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ZEITSCHRIFT
lur <Ho
Österreichischen
GYMNASIEN.
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Vcrantwortliclie Redactcure:
J. O. Seidl, H. Bonitz, J. Mozart.
Kiiner JalirKaiiK«
1860.
sjyaasr»
Druck und Verlag von Karl Gcrohrs Sohn.
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Inhalt des eil den Jahrganges
der
Zeitschrift für die dsterreicliisrlien Gymnasien.
Krste AlitheUmBir.
AbhaiuUunoen.
Kritische Bemerkungen zu Cicero de U§iöu$. Von J. Vahlen.
S. 1-32.
Ober den Begriff der deutschen Philologie. Von Rudolf v. Raum er.
S. 85—96.
Über den Schluss des Cap. I. im Agricola des Tacltus. Von J.
Meister. S. 96—102.
Über das VII. u. VIII. Buch der llias. Von J. L a R o c h e.
S. 153—172.
Zur Kritik und Erläuterung einzeluer Stellen aus griechischen und
römiaehen Schriftstellern.
A* (1. Zu Platon's Charmidea p. \hh d. — 2. Zu Platon's La-
ches 187 e, 188 d, 199 e, Eutyphron 8 d. — 3. Zu Sopho-
kles' Oedipus Tyrannos. V. 1495 u. 1513. — 4. Zu Theo-
phrastos' Charakterbildern , C. 3). Von Dr. K. Schenkt.
S. 173-181.
fi. (Zu Eurip. Ipb. Aul. V. 1464 ff. — Iph. T. V. 276 ff. —
Iph. T.V. 494 ff.). Von J. Kvidala. S. 181—185.
G« (Zu Tac. Agric. G. 9.)* Von Weniel K 1 o u 6 e k.
S. 185-186.
Über den Ursprung der Homerischen Gedichte. Von H. Bonitz.
S. 241—246.
Leopold 111. und die Schweizer Bunde. Von 0. Lorenz.
S. 277-310.
Aus der Schule. Von W. Zach. Ressel. S. 310—325.
Bemerkung zu dem vorstehenden Aufsatze. Von H. Bonitz.
S. 326—335.
(}ber die Mitbeschäftigung der Schüler mit dem Gegenstande des Unter-
richtes. Von A. Wilhelm. S. 335—338.
Ovidius und Liyius. — Zu Tacitus' Annalen, Buch 1 u. 2. — Die
Excerpte aus den Briefen des Symmachus in dem Speculuui
historiaece des Vincenlius Bellovacensis. Von K. Schenkt.
S. 401—416.
IV
Zo Platon's Laches. Von Stephan Cholava. S. 416.
Ober die Behandlung der lateinischen und der griechischen Leclurc
an dem Gymnasium. Von A. Wilhelm. S. 417—433.
Vergl. S. 705—708.
Ober Behandlung der griechischen Grammatik in den oberen Classcn
des Gymnasiums. Von A. Wilhelm. S. 433—440.
Eniehung und Unterricht mit Rücksicht auf Gymnasien. (2. Artikel.
Fortsetzung von Uft. 11 der österr. Gymn. Ztschrfl. f. d. J. 1859.
S. 849 ff.). Von G. Lindner. S. 440-451.
Zur Erklärung des Horatius. Von W. Klou6ek. S. 481—484.
Anmerkung zu dem voranstehenden Aufsatze. Von H. B o n i t z.
S. 484-485.
Über den zoologischen Unterricht im Obergymnasium. Von Oscnr
Schmidt. S. 486—492.
Ober die Anordnung des Lehrstoffes der lateinischen Grammatik an dem
Gymnasium. Von A. Wilhelm. S. 492—504.
Ober die schrifllichen Übungen im griechischen Unterrichte am Ober-
gymnasium und über den Gebrauch commentierter Schulausgaben
von griechischen und lateinischen Glassikern. L II. Von k.
SchenkL S. 505—515. 698—705.
Nachträgliche Bemerkungen. Von K. SchenkL S. 705—707.
Schulausgaben mit Gommentaren. Ein Rettungsversuch. Von L. Viel-
haber. S. 515—531.
Die Gonstruction der lateinischen Zeitpartikeln. I. IL Von Dr. Emanuel
Hoffmann. S. 569—606. 653—697.
Die Interpretation der griechischen und römischen Glassiker an unseren
Gymnasien. Von H. Bonitz. S. 607—625.
Zur Verständigung. Von A. Wilhelm. S. 626.
Einige Bedenken gegen die Abhandlung «Ober die Behandlung der la-
teinischen und der griechischen Leetüre an dem Gymnasium.*
Von A. Fleischmann. S. 707—710.
Ober den Hiatus und die Elision in der Gäsur des dritten Fulses und
der bukolischen Diaerese bei Homer. Von J. La Roche.
S. 749—779.
Nachträgliches über lateinische Grammatik, commentierte Glassikeraus-
gaben und griechische Obungen am Obergymnasium. Von A.
Wilhelm. S. 780—787.
Ober die Ordnung der Leetüre der Prosaiker und der Dichter am Gym-
nasium. Von St Gholava. S. 787—790.
Zor Erklärung des Sophokles. Von St. Gholava. S. 833—836.
Ober daa w B<pBX%v0tt%op in Hyperides. Von Johann Lifsner.
S. 836-839.
Ober die Lautv ermittelang im Polnischen. Von B. Trzaskowski.
S. 840—842.
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TIU
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junctionen und Relativa erweiterten Satze u. s. w. im Latei-
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S. 122. 123.
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Stammer (Dr. K.), Lehrbuch der Physik. Lahr, Schauenburg & C,
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Wien, k. k. Staatsdruckerei, 1868. angez. v. Dr. E. Hanslick.
S. 732—733.
Vani6ek (AL), Schematismus der osterr. Gymnasien und Realschulen
für das Schuljahr 18**/««* U* Jahrg. Prag, Tempsky, 1860. Bespr.
T. H. Bonitz. S. 746—748.
Vogel (J. G.), Illustrationen zu dessen Natur- und Landschaftsbildem
u. s. w. gezeichnet von H. Leutemann, geschnitten v. J. G.
FlegeL s. Holzschnitte.
Vogel 0>r.), Geographische Bilder zur LSnder- und Volker-Physiogno-
mik. 1. Lieferung. Garlsruhe, J. Veith, 1869. angez. v. A. Stein-
hauser. S. 462—466.
Wagner (Dr. G. Th.), Stein*s kleine Geographie, s. Stein (Dr. D.).
Wiggers (Julius und Moritz), Grammatik der italienischen Sprache
nebst Abriss der italienischen Metrik. Hamburg, Hoffmann und
Campe, 1859. angez. ▼. A. Mussafia. S. 193—218.
Wittstein (Dr. Theod.), Fünfstellige logarithmisch-trigonometrische
Tafeln. Hannover, Hahn, 1869. angez. v. Dr. K. Hörn stein.
S. 220. 221.
Wolf (Steph.), Lateinisches Übungsbuch für die 2. Glasse der österr.
Gymnasien. Wien, L. W. Seidel, 1869. angez. v. F. Hocb-
egger. S. 366—361.
— •— Lateinische Elementargrammatik lür die 1. u. 2. Glasse d. österr.
Gymnasien. 2. Aufl. Wien, L. W. Seidel, 1869. angez. v. Dr. K.
Beichel. S. 636—641.
Zeitschrift für ezacte Philosophie u. s. w. Herausgegeben
y. Dr. F. H. Th. Allihn und Dr. T. Ziller. Bd. L Hft. 1.
Leipzig, L. PemiUsch, 1860. Bespr. y. F. L. S. 901—903.
IX
Dritte AfctlieUmnv.
YiTQrdmmgeii ßr die öiierreichiichen Gpmnoiien.
ErUss Tom 26. JioDer 1859. Gleichförmige Verfassung des Ausweises
über ausgeschlossene Studierende. S. 378.
Grlatt Tom 4. Februar 1859. Gewährung des Aufstcigens in eine höhere
Classe. S. 379.
Erlass Tom 6. Februar 1859. Weisungen für die aus dotierten Fonden
oder aus dem Ärar erhaltenen Gymnasien. S. 379. 380.
Erlass vom 13« December 1859. Anvertrauung des Unterrichtes in
Nebenfächern an katholischen Mittelschulen an katholische Lehrer.
S. 380. 381.
Erlass vom 13. Janner 1860. Vorrückungsrechtc in die höheren Ge-
haltsstufen bei gleichzeitig angestellten Gymnasiallehrern. 8. 381.
Statistik.
Statistische Obersicht über die österreichischen Gymnasien und
Realscbulfn am Schlüsse des Schuljahres 1858/59. Heft XII der Zeitschrift
für die österreichischen Gymnasien. 1859.
Personal- und Schulnotizen.
(■it Kiab«taf d«r P«r»OB«a- und OrltD«iB«a in d«a Mitcellaa.)
Aiätummwiemf Andr v., Stip. 647. Alessio, Jak. Ant. d', Stip.
8t7. Almanzi, Gius. 2S7. Alt-Woifs'sche Stift. 827. Amerling, Dr. Carl.
735. Ampferer, Jos 819. Andrlik. 891. Angeloni-Barbiani , Dom. Nob.
8t5. Ankersbofen, Gotll. Frhr. v. 227. Arndt, Ernest Moritz. 141. Amdte,
I>r. Ludw. 137. 822. Ameth, Alfr. 889. Baclilecliiiery Greg. 151.
15t. Ballenberg, KarL 891. Bartelmus, Rudolf. 645. Barton. Jos. 889.
Bailaszeker Stiftungspl. 386. Bauer, Andr. 839. 240. Baumann, Frdr. 829.
Baumann, fleinr. 562. Baumgartner, Andr. Frhr. v. 563. 825. Baumgärtl,
Jos. 828. Bechstein, Ludw. 473. Beck , Dr. Ant. 822. Beck, Frdr. 226.
Beckmann, Dr. 387. Beer, Gust. Jos. 389. Beer, J. G. 825. Belgrado, Ant.
471. Belli. 565. Benke, Wilh. 76. Bernstein, Alfons. 224. Bernstein, Dr.
a H. 387. Biedermann, Dr. Ilerm. 823. Biehl, Wilh. 819. Bierkowski,
Dr. Ludw. 647. Biermann, Gottl. 230. 231. Bihler, Ant. 135. BillÄski,
Oen. 135. Binder, Karl. 892. fiiot, J. B. 889. Blackert, Dr. Georg. 78.
79. Blodig, Dr. Ilerm. 823. Blücker, Julius. 137. Blumröder, A. v. 565.
Bohrer, Dr. F. Ant. 889. Bopp, Frz. 889. Bordoni, Dr. Ant. 386. Borghesi,
Bartolomeo. 389. Brachelli, Hugo. 736. Breisach, Frz. 383. Bretterklie«
ber, Frans. 226. Brouck^re, Charles de. 473. Brück, K. Ludw. Frhr. v.
473. Bryk. Dr. Ant. 823. Budalowski. Franz. 820. Bürgermeister-Stiftungs-
fond-Stip. 890. Bumba, Jos. 562. Bunsen, Christ K. Josias, Frhr. v. 893.
Banfy6ski, Dr. Peter. 224. Burghardt. 829. Burkhardt, A. Ulr. 226.
CMHUdsaieM-Stipendien. (A. C. u. H. C.) 226. CapeUmann, Dr. AI. 387.
388. äelakowsky, Ladlsl. 150. Christanisches Handstip. 647. Cicogna,
Job. v. 826. Gipser, Job. 135. Clarus. 140. ClementI, Dr. Giamb. Nob.
826. Cochraoe, Graf v. Dundonald, Lord Alex. Thom. 89t. Codelli-Fahnen-
feld'sche Stip. 827. Composoh'sches Stip. 139. Concina, Natale. 821.
Colli, Aug. V. 892. Gsaufs, Dr. Mart. 829. Czerkawsky, Dr. Euscb. 188.
Ciermak, Dr. lob. 889. Ciifra, Dr. Frz. 384. D» €««tii. 566. Dala,
X
Jos. 473. Dcchant; Job. 890. Della Bona, Job. 224. Dclorme, Claude
Fr. 76. Denjelius, Dr. Gust 224. Demin, Giov. 76. Descamps, Alex. Gabr.
828. Dlauby, Dr. Job. 137. Dudik, Dr. Bcda. 22.'). Dum'scbes Stip. 139.
Dumeril, Andre-Marie-Conslant. 828. Dunajewski, Dr. Julian. 736. Dut-
kiewicz, Job. 135. Duyse, Prudens v. 76. Dworzak, Dr. Jos. 822. 823.
Eberle. 891. Edlauer, Dr. Frz. 822. Effenberger, P. Frz. 824. Egger,
Dr. Frz. 822. Ebrbardt, Vinc. v. 383. Ebrmann v. Falkenau'scbes Slip.
827. Eitelbergcr, Dr. Rud. v. 138. 384. 889. EHinger, Dr. Jos. 822.
Elphinstonc, Älounlstuarl. 76. Elsasser, J. 140. Emericb'sches Slip. 139.
Engelbarfscbe Slip. 139. 472. Erben, Eduard. 471. Erzavec, Frz. 821.
Escber, Heinr. 227. Espine, Dr. d'. 387. Ellingshausen, Dr. Andr. Ritt.
V. 137. Fabian, Dr. Job. 125. Fabini, Job. 149. 150. Fabris, Gius.
de. 828. Fabris, Placido. 77. Fäbry, Job. 161. 152. Parkas, Frz. 385.
Felder, Dr. Cajet. 825. Felix. Orlando. 473. Fellows , Sir Ctiarles. 892.
Ferdinandei'scbes Stip. 386. Femilz'scbes Stip. 140. Fefsier, Dr. Jos. 822.
Fetlinger, Ebrcnbert. 471. Ficker, Dr. Adolf. 823. Ficker, Dr. Julius. 384.
889. Fiedler, Jos. 889. Filippi, Francesco. 892. Firnhaber, Frdr. 891.
Fiscbbach, Aug. 141. Fiscber'sches Stip. 140. Fiumaner Slip. 472. Fon-
tano, J. B. V. 383. Foregg, Dr. Anl. 384. Franz, Friedr. 389. Frinder,
Jos. Stiftung. 647. Frilze, Frz. 891. Frodl, Rud. 820. Fröhlich, Alois.
77. Fufs, Dr. 141. «ebhardt, Dr. Frz. v. 824. Geefs, Job. 473.
Geifsler'sche Stip. 139. Germani, Heinr. 821. Geyer, Dr. Aug. 383. Gbega,
Karl Ritter v. 387. Girscbner, Karl. 647. Giseke, Nik. Dict. 393. 394
Glaser, Dr. Jui. 822. 823. GlasK Karl. 889. Glover, T. II. 564. Gmelin, Dr.
Cbrislian. 473. Gnad, Ernst. 888. Goldbcrg'scbe Stip. 139. 472. Goldegg'-
scbes Stip. 140. GoUschar, Joh. 138. Graschilsch, Joh. 829. Grafsl, Dr.
Ign. 137. 822. Greistorfer, Karl. 135. Grescbner, Dr. Job. 225. Grill-
parzer, Dr. Frz. 138. Grimm, Wilb. 77. Grois, Jos. 738. Guesotto, Ferd.
821. Günther, Jos. 384. Gutkowska, Gabriele. 563. Gyurcsek, Job. 889.
Haan, Ludw. Frbr. v. 822. Hagendorf, Dr. Hugo. 473. Haidingcr, Dr.
Wilh. 825. Haimerl, Dr. Frz. 822. Hamp, Peter. 150. 161. Handelsaka-
demie, Wiener Sliftungsplatz. 647. Handelsakademie, Wiener Freizög-
lingsplatz. 827. Hanu§, Dr. Ign. 824. Harrucker, Georg v. , Stip. 386. Uarum,
Peter. 226. Hauer, Frz. Ritter v. 889. Hausmann, Frdr. Ludw. 140. Hebbel,
Frdr. 890. Hegedus, Ludw. 738. Heiberg, Job. Ludw. 828. Heider, Dr.
Gust 384. 824. Helfert, Ant. Frbr. v. 818. Helmbolz, H. 137. Ucrsler,
Dora. 226. Herz, Leo. 75. Herzig, Frz. 820. Herzog, Michael. 151. 152.
Heyzmann, Dr. Ddalricb. 136. 823. Hillebrand, Jos. 80—82. 820. Hingenau,
Dr. Otto Frhr. v. 138. 823. Hirsch, Dr. Siegfr. 829. Hlasiwetz, Dr. Joh.
889. Hocheggcr. Frz. 819. Hochstetter, Dr. Ferd. 383. Hofken, Dr. Gust.
823. Hölzel, Dr. Ferd. 394. 395. Hörnes, Dr. Moritz. 137. 889. Hofbauer,
Hieronym. 824. Hofer, Mart 824. Hofmann, Jos. 891. Hofmann, Vinc. 820.
Hofsängerknaben-Pl ätze. 664. Hobenbalk'scbes Stip. 890 Holmberg, Werner.
829. Holmes, Ed. 76. Holzgetton, Dr. Georg. 738. Homicsko, Nik. 820.
Hopfgarlen, Wilh. 892. Hörn, (Jffo. 664. Hornig, Dr. Jos. 822. Horzalka,
Joh. Ev. 829. Hruschka, P, Job. 565. Huber, Martin. 471. Huc, Abbe.
387. Hyrtl, Dr. 138. Ideler, Dr. Karl Wilb. 738. Irving, Washington.
76. JTahn, Ed. 83. 84^ James, G. P. R. 566. Jameson, Mrs. 387. Jansa,
C. B. 141. Jarz, Dr. Anton. 471. Jaupp, Dr. Heinr. Karl. 829. Jeitteles,
Dr. L. H. 138. 826. Jendrassik, Dr. Eug. 823. Jonak, Dr. Eberhard. 225.
823. Jost, Dr. J. M. 893. Juga, Job. 384. 385. Jung, Amalie. 226. Jur-
koTi6, Job. 820. Juscbitz'sches Stip. 139. KArle, Dr. Jos. 136. 226.
Kaiserilz, Alois. 568. Kalessa, Dr. Frz. 822. 823. Kallmünzcr'scber Slif-
tungsplatz. 646. 647. Karajan, Dr. Tb. G. v. 138. 563. Karpinski, Andr.
820. Keller, Dr. Gust. 822. Kellner'sches Stip. 140. 386. Keralry, Aug.
Mil. Graf. 76. Kermavner, Valentin. 735. Kerner, Dr. Ant. 888. Kiel-
niannsoggo, Freihr. v. , Stip. 386. 827. KilberYillini'sche Stip. 139. 668.
XI
kirchbergcr 'scher Stiftungsplatz. ft26. fiiaid» Frz. 821. Klar, Paul AI. 892.
Kleemann, Frdr. 820. Kleinschrod, £. 224. Klemen6i£, P, Raphael. 236—238.
Klimscha, Phü. 819. Klotzsch, Dr. Frdr. 892. Klou^ek, Wenzl. 142—149.
KlupAk, Ferd. 383. Klub, Dr. Job. 383. Knafin'scbe Slip. 139. Koauer,
Dr. Blas. 736. Kner, Dr. Rnd. 889. Koch, K. Wilb. 473. Köhler, Dr. Jos.
562. Köne, Dr. 893. Kolarsky, Dav. 821. Kolisko, Dr. Wzl. 822. Kollar,
Vinc. 565. Kondinsky, Jos. 135. Kopczynski, Dr. Ferd. 823. Kosak, Georg.
821. Kosegarten, Dr. Job. Gottfr. Ludw. 828. Kosmazh, Ferd. 383. Ko-
väfik, Job. 820. Krabinger, J. Georg. 473. Kräl, Ant 824. Kramer,
Dr. Karl. 137. 822. Krausneker, Dr. Peter. Stip. 386. Krebann , Ant
565. Krenn, Eduard. 822. Kreuzberger, Dr. Jos. 822. Kreuzer, KarL
224. Kriecbbaum'scber Stiftspl. 140. Krist, Dr. Jos. 735. Kfiz, Job. 820.
kfizek, Wzl. 820. Krottentbaler, Anton. 645. KruschiU, Job. 735. Krynicki,
Dr. Onufr. 824. Kubinyi, Aug. v. 75. Kunst, Wilb. 76. Kurzmayr, Jak.
135. Kutschker, Dr. Joh. 822. Kuzmany, KarL 824. KtadunaiiMy
Dr. Johannes. 647. 738. Laizner, Joseph. 136. Lamprecht, Dr. Rud.
891. Landau, Alois. 224. Lanfranchi, Dr. AI. 829. Lan^, Dr. Donat. 383.
Lang, Jos. 82. 83. Lang, Romuald. 396. 397. Lankisch y. Homitz'scbes
Slip. 139. Laubheimer, Dr. Frz. 823. Laukotzky, Vinc. 819. Lazar, Graf
NikoL 138. Lazar, Theod. 135. Leake, William Martin. 141. Lehmann.
227. Lehrbaum'scbes Stip. 139. Lenormand, Charles. 76. Lepel, Frbr. y.
647. LeSeticky, Adalb. 821. Lesinski, Theod. 893. Lewicki, Dr. Adolf.
141. Libay, Ludw. 825. Licbtenfels, Dr. Joh. Peiihner, Ritter y. 384.
Lilienburs'scbes Stip. 139. Lifsner, Ambros. 562. List, Dr. Ed. 822. Lisst,
Dr. Frz. 138. Lobeck, Dr. Chr. Aug. 828. Lodron'sches ColL Mariano-
RuperL 736. Löwenburg'sches Stip. 386. 827. Lopata, P. Rudbert. 563.
Lopufsny, Frz. 824. Lott, Dr. Frz. 889. Lubienski, Graf Leon. 738. Lubis.
76. Ludwig, Alfr. 823. Lukesle, P. Ant. 136. WLmmim^wkj Dr. Frdr.
Bemh. 823. Macaulay, Thom. Babington. 140. Macun, Job. 735. Made-
laine, Jul. de la. 76. Madiera, Ant. 562. Mainardi, Ant. 824. MandeUi-
Bretschneider'sches Stip. 139. Mannagetla'sche Stiftungsplätie. 564. Mircbi,
P, Jos. 226. Marek, Dr. Jos. 735. Margo, Dr. Theod. 823. MArki, Dr. Jos.
136. Marko, Carlo. 893. Maschka, Jos. 819. Massalongo, Abramo. 564.
Mathematik, Stip. t höhere. 386. Matcoyiö, Peter. 821. Matzek, Frz. 562.
821. Mancher, Ign. 891. Maycen'scbes Stip. 139. Mayer, Dr. Dom. 136.
Mayer, Dr. Jos. 138. Mayer, Dr. Lamb. 384. Mayer, Theod. 84. Mayr, Jos.
232. 233. Mazaner, Job. 135. 136. Bfeerfeld'sches Stip. 140. Meiller, Audr.
Edler y. 889. Melkus, Dr. Mich. 822. Menin, Dr. Ludw. y. 820. Mennyer,
Jos. 562. Mercey. 829. Meschutar, Andreas. 819. MeCsne/, Dr. Frz. 75.
735. Mikö, Graf Emerich. 138. Milcoyick, Stanisl. 562. Millesimo'scbes
Stip. 139. 647, Miroszewski, Job. Ritter y. 472. Mitterndorfer, Thom.
738. Mocnik, Dr. Frz. 820. Möller, Adalb. 136. Mobl, Dugo y. 137. Mo-
lilor, Dr. Frz. 387. Moritz, Day. 829. Mosler, Prof. 227. Mottloch, Frz. X.
140. Mühlfeld, Dr. Eugen y. 822. Müller, Dr. Gottfr. 563. Müncb-Belling-
hausen, Dr. Elig. Frbr. y. 138. Mubi^, Dr. Paul. 825. Mure, William.
387. Mussafia. Adolf. 888. Mustoxidi, Andr.738. xMutinelli, Fabio Nobile. 889.
IVaderniaiiii. 892. Nagy, Paul. 141. Napier, Sir Charles. 892. Napier,
William Francis Patrik. 226. Nathan, Dr. Leop. 892. Naumann, Karl. 77.
Nedasek, Job. 232. 233. Nemethy, Jos. 889. Nelsmann, Jos. 825. Neu-
mann, Frz. 384. Neumann, F. C. 137. Neuwirth, P, Dr. Thcobald. 73».
Newald, P. Pankraz. 472. Niefsl v. Maycndorf, Gust. 136. Nitschen'scbe«
Stip. 139. Niziol, Andr. 76. Noyäk, Thom. 888. Noyotny, Frz. 735. Obem-
haber, Philipp. 383. Odier, Peter. 77. Oersted, Andr. Sandö. 473.
Orgler, Flay. 233. Orlich, Leop. y. 565. Oskard, Andr. 820. PacU-
nuuui, Dr. Theod. 822. Pagani, Marino Nob. 825. Palatzky, Dr. 138-
Pasch, Konr. 75. Paulding, James Rirk. 472. Payissich, Dr. Alois. 819. 8J
Pawlowsky, Dr. Alex. 826. Pecho, Karl. 820. Pergen, Graf, Stip. Sl
Xil
Petry, Basil. 383. Pfeiffer, Dr. Frz. 137.889. Pfilgenreiter'sches Stip. 140.
Phillips , Dr. Georg. 822. Pietrowski , Dr. Gust. 471. Pirona, Joh. 888.
Plapperfsche Stip. 827. Platner, Dr. Ed. 565. Pocksteiner'sche Stip. 827.
Podgoreiz, Joh. 384. Podich, Jakob. 821. Pohl, P. Rup. 472. Poinsot. 77.
Poirson, Delestre. 77. PolaAski, Michael. 224. Prammer, Ign. 820. Prandis-
Körber sches Stip. 827. Premru, Jos. 735. Preifs, Dr. L. 397. 398. Pfikril,
Jos. 891. Prutek, Dr. Georg. 225. Ptaschnik, Joh. 228. 229. Puff, Dr. R.
G. 234. Purkyn^,Dr.Joh.889. Radler'scher Familienstiftungsplatz. 737.
Rahly Karl. 75. Raindl, Dr. Eman. 822. Raming-Briccianisches Stip. 139.
Raschkc, Immanuel. 645. Rathke, Heinr. 829. Rauch, Dr. Jos. Adalb. Ritt. v.
647. Rechtenberg, Jos. Ambr. v. 75. Redtenbacher, Dr. Ludw. 736. Reh,
Ludw. 473. Reifsiger, K. Gotü. 76. Reilstab, Ludw. 893. Renn, Paul. 893.
Repich, Nazarius. 224. Reslhuber, P, Augustin. 825. Relhel, Alfr. 76. 77.
Retzuis, A. 389. Rhaden, Fr. v. 892. Ricci, Luigi. 140. Richtarid, Stepb.
821. Richter, Caroline. 141. Ricker, Dr. Anselm. 136. Rieder, E. 234—- 236.
Riopenhausen, Johannes. 892. Riels'sches Stip. 139. Roberts, Georg. 647.
Roder, Alois. 138. Rodler, Moriz. 233. 234. Rohrmoser, Jos. 735. Rohr-
weck, Frz. 471. Rokitansky, Dr. K. 137. Romunde, v. 227« Rosa, Fran-
cesca della. 395. 396. Röscher, Dr. Alb. 828. Rosen, Bar. Jegor Fedoro-
witsch. 387. Rosenburs'sches Stip. 139. Rofs, W.C.141. Rotschild, Frhr. v.
Sb'p. 386. 647. Ruczicska, Dr. Joh. 736. Rudhart, Dr. G. Thom. v. 892.
893. RySavy, Dom. 821. Saar, von, Familienstiftung. 226. Sachse, Dr.
Theol. 891. Sachlse, Dr. K. R. 140. Safafik, Dr. Paul. 823. 824. Salomon,
Joh. 822. Salzer'sche Stip. 139. 472. Sartori, Lor. 889. Sattlegger, Flor.
383. Say, Dr. Mor. 383. Scharf, George. 893. Schellenburg'scher Stiflgspl.
827. Schenker, Dr. Martin. 471. Scheider'sches Stip. 139. Scheuermann'-
sohes Stip. 139. 472. Schick'sches Stip. 139. Schidler, Dr. Theod. 738.
Schiestl, Dr. Leop. 822. Schindler, Ant. 240. Schindler, Karl. 821. Schitta-
wans, Jos. 821. Schlesisch-Bursa'sche Stip. 139. Schletzer, Matth. 141.
SchloCsberger, Dr. 738. Seh mid, Dr. Ant. 383. Schmidt, Frdr. 138. Schmidt,
Severin. 225. Schmit, Karl. 135. 735. Schnedar, Rud. 383. Schön, Jos.
820. Schönbach, Jos. 135. Scholz, Jos. 821. Schopenhaue, Dr. Arthur.
831. Schrader, Dr. Ed. v. 828. Schröder-Devrient (v. Bock), Wilbelmine.
141. Schroff, Dr. Karl Dom. 825. Schubert, Dr. Gotthilf Ucinr. v. 647.
Schubert, Michael. 473. Schulheim, Jos. v. 822. Schulze, Dr. 738. Schu-
mann, Jos. 819. Schurz, Ant. Xav. 140. Schuster, Ignaz. 645. Schwarz,
Karl. 232. Schwab, Dr. 76. Seback, Dr. Vinc. 822. Seitz, P. Leonhard.
140. Seilenati. Dr. A. E. 473. Semenoff, Theod. Alex. 564. Semlitscb, L.
Jul. 738. Setlik, Jos. 383. Siebinger. Dir. 232. Siegel, Dr. Heinr. 822.
Silcher, Dr. Frdr. 141. 828. Simpson, George. 829. Singer, Joh. Mich.
383. Skrzynecki, Joh. Boucza. 140. Sladovid, Franz. 471. Slotwiuski, Dr.
Felix y. 225. Smutek» Dr. Joh. 225. Solecki, Dr. Luc. Ritter v. 888. Somma-
ruga, Dr. Frz. Frhr. v. 891. Somogi. Ignaz. 647. Sorbait'sches Stip. 139.
Spatzenegger, Dr. Leop. 888. Springer, Dr. Joh. 134. 822. Ständischer
(N. ö.) Stiltungsplatz. 388. Stark, Dr. Frz. 384. Steger, Jos. 819. Stein,
Dr. Lor. 823. Steinbeck, Dr. Keller v. 829. Steiner, Jos. 383. Steinhauser,
Ant 135. Stenographie (Prüfungs-Commission für Lehrer der). 563. I^tlpan,
J. L. 229. Stephan, Dr. Jos. 889. Sternal, Joh. 562. Steyskal, K. 79. 80.
SUlke, Herm. 891. Stokfosi^ski, Rom. 136. Stonc, Frank. 76. Strahl, Dr.
892. Straub, Ant 892. Straufs'sches SUp. 139. Strcer, Ed. 821. Streb],
Joh. 136. Strofsmayer, Jos. 138. Stubenrauch, Dr. Mor. v. 822. 823.
StudsiAski, LadisL 135. Stumpfsches Stip. 139. Stuppacher, Ludw. 383.
Suefo, Dr. Ed. 889. SvlUik, P. Wzl. 736. Sykora, Karl. 471. Szab6, Dr.
Jos. T. 383. 825. Sz^chenyi, Graf Stephan. 388. Szckeres, Joh. 889.
Sienezy, Emerich. 386. Szidor, Ant 384. Szieber, Ed. 75. TalieMi,
no. Taddei. 565. Tafel, Dr. G. L. Frdr. 891. 892. Takics, Bornh.
)b, Dr. HcrmaDD. 471. Teichs, Adolf. 892. Tenningersches Stip.
XIII
3Se. Teuffenbach'ftcher Sti/lgspl. 47«. 887. Texlor, Dr. Cajet. v. 738.
Thaiüuiiueii, Crsula Gräfin v. y Stiflg. 647. Thiersch, Dr. Frdr. Wilh. 227.
TbomaDiiy A. 161. 162. Thun-Hohenstein, Sr. Excell. Graf. 818. 819. 888.
889. Tomaschek, Dr. Job. 822. Tomek, Wenz. Wladiwoj. 823. Trettenero,
Dr. ?irgil. 224. Travieg. 76. Trivellala. Jos. 227. Tuskan'sches Stip. 827.
rUe, Karl. 136. Chlir^, Jos. 820. üllik. Frz. 136. Umbreit. Frdr. Wilh.
Karl 473. Unger, Dr. Jos. 822. Taclena, Job. 820. Vableii, Dr. Job.
137. YAradi, Ladisl. 226. Yalek, Anf. 735. Viditz, Stepb. 820. Vintscbgau,
Dr. Max Ritter y. 823. Virgilianiscbes Stip. 386. 737. Viroszil, Dr. Ant.
825. Viszanik, Dr. Micb. t. 137. Vizkelety, Dr. Frz. v. 824. Vogel, Dr.
Ant Ign. 77. Vogt, Alexius. 224. Vonbank, Georg. 645. Vosyka, Jos. 888.
Valpi, Dr. Ant 825. lVacli«ls, Dr. Ant. 736. Wagner, Dr. Bened.
227. Wahlberg, Dr. Wilh. 822. 823. WaJler, P. Adolf. 647. Waller, P.
Castius. 389. Ward, James. 76. Waremski, Stepb. 821. Wejmann, Aug.
888. Weinberger'sches Stip. 139. Weinhold, Dr. K. 137. Weinzeltel, Ant.
563. Weifs, Andr. 563. Weifsl, Dr. Jos. 822. Wenzel'scbe Stip. 139.
Werner Karl. 385. Wersin, Karl, 824» Wessenbrrg, Ign. Heinr. Frhr. v.
738. Wieck, Frdr. Georg. 141. Wiedenfeld, Dr. Ed. v. 822. Wiegstatt,
Job. 136. Wiener Neustadter Stip. 386. Wiggers, Dr. Gust Frdr. 473.
Wild, Frz. 140. Wilezek, Jos. 562. Wilhelm, Andr. 820. Wilson» Dr.
George. 76. Wilson, Horace Bayman. 473. Windhag'sche Stip. 140. Wocel,
Job. Erasm. 384. Wincenz, Frz. 735. Wögerbauer, Jos. 821. Woldfich,
Job. 820. Wollerstorf u. Urbair, Bemh. Frhr. y. 825. 889. Wurm, F. X.
892. Wurm, Jos. 821. Wurzbach, Dr. Constant., v. Tannenberg. 75.
BadUp% Blagio. 825. Zahradnik, Jos. 820. Zalka, Dr. Job. 138. Zap-
pert, Georg. 76. Zdiarsky, Lohel. Jos. 829. Zegadl'owicz , Titus. 562.
Zegestowsii, Jos. 820. Zerich, Dr. Theod. 823. Zeynek, Gust. 136.
Zigno, Achill Frhr. y. 825. Zirownicky, Wenzel. 735. Zöllner, KarL 891.
ZoUer'sebo Stip. 140. 2ulid, Paul. 821.
DieNamen sSmmtlicher österreichischerGymnasien
und Realschulen (mit Angabe der Zahl der Lehrer und Schuler, der
Ergebnisse der Classification, der Maturitätsprüfungen u. s. w.) erscheinen
in der statutischen Obersicht, welche das XII. Heft dieses Jahrganges
bildet — Agram. 471. 735. 737. 820. O.-R. 737. 821. Lehrerbüdungs-
anst 646. Rechts-Akad. 825. — Altenburg (Ungarisch-). 646. — Bel-
luBO, 825. — BieliU. Ü.-B. (evang.) 737. — Bistritz, evang. Gymn. 151.
15^ — Bocbnia. 135. 562. 748. 8t0. ^ Böhmen. 824. -^ Böhmisch-Leipa.
394. 395. 820. — Bonn. 137. — Bozen. 233. 284. — Brixen. 151. 152.
— Brunn. 135. 735. 820. O.-R. 383. 562. 737. 821 ; Techn. Lehranst.
136. 139; Phil. Lehransi 389. — Brox. 230. — Cbrudim. Hpi- u. D.-R.
136. — CillL 75. 471. 735. 829. — Colocsa. Lehrerbildungsanst. 562. —
Coneordia. Biscböfl. Sem. 471. — Gzaslau. U.-R. 828. — Czemowitz. 78.
79. 7S5. 820. — Dalmatien. 819. — Drobobycz. 646. — Eger. 562.
645. 820. D.-R. 888. — Elbogen. O.-R. 888. — Epehes. 384. 820. —
Essegg. 820. 826. — Feldkirch. Comm. U.-R. 737. — Fiume. 75. 735.
820. 826. 890. U.-R 827. — Funfkircben. 823. — Oalizien. 138. 820.
— Götz. 383. 397. 398. 890. — Göttingen. 138. — Gospid. U.-R. 564.
— Qrao. 889. — Gratz. 234—236. 646. 820; Norm. Hpt.- u. U.-R. 226.
SSi; Joann. 385. 737; Univ. 137. 383. 823. Uniy. Bibl. 384. — Heidel-
bäig. 137. — HermannsUdt. Katb. SUatsgymn. 80—82. 820; Gymn.
A. C. 232; Reebts-Akad. 163. — Hradisch (UngaHsch-). U.-R. 385. —
XIV
IgUu. 136. 385. ^et, 735. — Iimsbruck. 232. 645. 829. O.-K. 471 ;
Dniv. 224, 383. 384. 562. 823. 824. 888. 889; Oniv. Bibl. 225. — Jena.
138. — Ji^in. 820. 827. 888. — JoachimsUial. U.-R. 888. — Kärnlhen.
890. — Karlsburg. 823. 825. — kaschau. 138. 383. 735. 820. 825. 826;
0.«R. 386. 471. 821 ; R(Krht$ Akad. 823. — Kikinda (Gross-). U.-R. 646.
•— KlageufurL 820. O.-R 383. — Klattau. 891. — Klausenburg. Gbir.
Anst. 383. 823. ^ Küuiggrati. 135. 826. 888. Borrom. 828. — Königs-
bwg. 137. — Komotau. 150. 647. — Krain. 820. — Krakau. 385. 472.
748. 827; Unit. 224. 225. 471. 562. 647. 736. 825; Univ. Bibl. 136.
325; Ot lehrte Ges. 138. Nonnenkloster. 563. — KremniU. (J.-R. 736.
^ Krems. 151. 152. ~ Kremsmünster. 396. 397. — Kreuz. Land- u.
Forste irthschaftssch. 563. 564. — Kronstadt. Rumän. D.>G. 384. — I^ai-
baoh. 232. 233. 384. 645. 735. 820; D.-R. 383. 890; Lyc. 892. — Leipa,
8. Böhmisch-Leipa. — Leipzig. 138. — Leilmeritz. 142—149. 646.820.
-.- Lcmberg. 820; Akad. Gymn. 472; O.-R. 136. 646. 821; Techn. Anst.
384; Univ. 138. 563. 736. 824. 888; Univ. Bibl. 136. 823. 890. —
Leobon. Montanlehranst. 736. — Linz. Norm. Hptsch. u. Lehrerbild^sanst.
383. — Lublau. 826. — Lussin piccolo. Naut. Seh. 821. — Mähren.
8d0. 824. — Mantun. StudienbibL 824. — Marburg. 234. 646. 819. —
Mariabrunn. ForstlehransL 564. — Martinsberg. 75. — Mediasch. Gymn.
A. G. 149. 150. — Melk. 84. — BTaszod. Lehrerbildungsanst. 383. —
Neuhaus. 562. 821. — Neusandec. Ü.-R. 821. — Neusatz. Ü.-R. 150. —
Neusohl. 135. 138. 229. 472. 820. — Neustadt a. d. Mettau. 828. —
Neustadt (Wiener). Haupt.- u. Ü.-R. 386. — NeusladtL 236—238. —
Neutra. Kathedr. Cap. 889. — Nikolsburg. 389. 562. 563. — Ofen. 385.
O.-R. 383. 735; Josephs- Polytechn. 384. 888. — Olmütz. 735; 0 -R.
139. 562. 821. — Padua. 224. 825. 888; Univ. 8%3. 890; Univ. Bibl.
821.. 824; Bischöfl. Sem. 889. — Pancsova. 225. — Pavia. Univ. 386.
387, 829. — Peslh. 819. 826; O.-R. 472; Univ. 138. 384. 736. 823.
824. 829; Univ. Bibl. 136. — Petrinia. U.-R. 564. — Pilsen. U.-R. 888.
— Pirano. U.-R. 821. — Pisek. 139. 239. 240. 385. 562. 646. 820. —
Prag. Kleinseitn. Gymn. 240. 562.646. 820; Neustadt. Gymn. 472. O.-H.
(deutsche) 136. 738. 821. 890; Neustadt. U.-R. 472 ; Stand, polytechn.
Inst. 736. 824; Ilauptsch. u. Lehrerbildungsanst. (böhm.) 735; Univ.
384. 819. 823. 889; Univ. Bibl. 823. 824; Coli. Cap. 225. — Prefsburg.
135. 136. 562. 645. 820. O.-R. 890; Rechls-Akad. 823. ^ Pfibram.
Mont Lebranst. 828. — Przcmysl. 135. 224. — Raab. U.-R. 383. 736.
— Ragusa. Naut. Seh. 821. — Rimaszombat, protest. Gymn. 151. 152.
— Rokycan. U.-R. 136. 736. — Rosenau. Sem. 889. — Rzeszow. 75.
562. 735. 748. 820. — Saaz. 820. — Salzburg. 232. 819; U.-R. 645.
821 ; TheoL Fac. 386; Philos. Fac. 389 ; Mcdic. Fac. 888; CoUeg. Mariano-
Rup. 736. — Sambor. 820. — Sandec. 562. 748. — Schemniti. 820.
826; Berg- u. Forst-Akad. 828. — Siebenbürgen. Mus.-Ver. 138. -- Sinj.
138. — Skalilz. 225. — Snialyn. 225. — Spalato. Naut.S. 821. — Slanis-
lawow. 75. 135. — Steiermark. 820. — Steyr. U.-R. 564. — Sluhl-
weilsenburg. Ü.-R. 224. 385. — Suczawa. 735. 826. — Sümegh. Ü.-R.
826. — Szathmar. TheoU Lebranst. 384. 889; Kathedr. Cap. 889. — Sze-
gediD. Ü.-R. 224. 389. 663. — TarnopoL 135 ; Ü.-R. 385. 821. — Tamow.
748. 820. 821. — Teschen. Ev. Gymn 230. 231. 645. 826; Hpt.- u.
Ü.-R. 225. — Treviso. 821. — Trient. 224. 395. 396. 819. — Triest.
564. 819. 820. — Troppaa. 83. 84. 385. 735; O.-R. 136. 385. 821. —
Tabingen. 137. — Udine. 888. — Uogarisch-AUenburg. s. Altenburg. —
Ungarisch-Hradisch s. Urtdisch. — * Ungarn. 225. — ünghvär. 75. 472.
820. — Tenedig. 224. 821. 825. 888; Gener. Arch. 889. —Verona. 383.
— Vicenza. 825. — UTarasdin. 820. 821; Ü.-R. 821. 827. — Weits-
WMMr. Forstlehranst. 139. — Wels. Ü.-R. 138. 139. <— Werschetc. U.-R.
186. — Wien. Akad. Gymn. 140. 387. 388. 819; Schotten-Gymn. 738.
XV
824. 889. 890; Josephstadt. Gymn. 233. 234; Theres. Gymn. 228. 229
O.-a am Schottenfeld. 738. 889; Nonn.-Haupt.- u. O.-IL su St. Anna!
136. 226. 563. 735; Ü.-R. bei St. Johann. 383; C -R. bei St. Thekla
735. 826. 827; DniT. 77. 136. 137. 138. 226. 384. 822. 823. 891 ; I3uiv
Bibl. 139. 224; Polytechn. Inst 226. 383. 384. 736. 821. 823. 828. 890
Et. theo]. Lehranst 824; Akad. d. Wiss. 137. 227. 563. 565. 825. 889
Geol. Reichsanst. 825; Central-Anst. f. Meteorologie. 226; Zooi. Gab. 736
Orient Akad. 890; Akad. d. bild Künste. 138. 828; Theres. Akademie
225. 383.386.821; Josephs- Akad. 646; Gartenbauges. 825 ; Waisenbaus.
646; Piaristen-GoUeg. 645; Minist f. Galtas u Dnterrieht 824. 888
889; Haus-, Hof- u. Staatsarchiv. 822. 889. 891. ^ Zara. 819; U.-R
383. 562; IVaut Scb. 821. r- Zloezow. 224. -* Znaim. 79. 80. 135
562. 820. 826. <^ Zombor. Norm.-Hpt- u. C.-R. 226. 821.
liierte Abtiiellunff.
Mticetlm.
8chu]programme österreichischer Gymnasien und Real-
schulen am Schlüsse des Schuljahres i8*%,.
(Fortsetzung und Sohluss.)
.4. Niederosterreicb. 2. Melk. (Mit e. Abbandl. v. Dir. Thcod. Mayer.)
Bespr. V. J. Q. Sei dl. S. 84.
K. Böhmen. 1. 3* Prag» Kleinseitner Gymn. (Mit e. Abhandi. v. Ant.
Schindler.) Bespr, v. A. Gernerth. S. 240. — VII. Pisek.
(Mit e. ÄbhandL v. Andr. Bauer.) Bespr. von A. Gernerth.
S. 239. 240.
M, Schlesien, i. Tfoppau. (Mit e. Abhandi. v. Eduard Jahn.) Bespr. v.
J. G. Sei dl. S. 83. 84.
Schulprogramme österreichischer Gymnasien und Real-
schulen am Schlüsse des Schuljahres 18**/if
.4. Niederosterreicb. I. 1. Wien. Theresian. Gymn. (Mit e. Abhand-
lung V. J. Ptaschnik.) Bespr. v. J. Asch b ach. S. 238. 229.
— 2. Josephsl Gymn. (Mit e. Abhandi. v. Moriz Rodler.) Bespr.
V. 0. Lorenz. S. 233. 234. — II. Krems. (Mit e. Abhandi v. A.
Thomann.) Bespr. v. K. B. Heller. S. 151. 152.
B. Oberösterreich. Kremsmünster. (Mit e. Abbandl. v. Romuald Lang.j
Bfspr. V. W. Volk mann. S. 396. 897.
r. Salzburg. Salzburg. (Mit e. Abfaandhing. v Jos. Mayr.) Bespr v.
0. Lorenz. S. 232. 233.
/?. Tirol. L Innsbruck. (Mit e. Abhandi v. Dir. Siebinger.) Bespr.
V. 0. Loren i, S. 232. -^ H. Bozen. (Mit e. AbhandL v. Flav.
Orgler.) Bespr. v. Ö. Lorcni. S. 233. — \\\. Brixen (Mit e.
Abbanfll. v. Gr«g- Baohlechner.) Bespr. v. Dr. K. B. Hell er.
8. 151. 152k — IV. Trient (Mit e, Abhandi. v. P. Franccsoo dalla
Rosa.) Bf^p^ V. W. Volkmann. S. 395. 396.
v%r"i-
XVI
E. Steiermark. I. GraU. (Mit c. AbhandL v. £. Ried er.) Bespr. v.
0. Lorenz. S. 234—236. — H. Marburg. (Mit e. Abhandlung v.
Dr. R. Puff.) Bespr. v. 0. Lorenz. S. 234.
G. Krain. Laibach. (Mit e. Abhandl. v. Joh. Neöasek.) Bespr. v. 0.
Lorenz. S. 232. 233 — IL NeustadtL (Mit e. Abhandi. v. P.
Raphael Klemen6i6.) Bespr. v. 0. Lorenz und Ed. Joseph
Schwamm eh S. 236—238.
ff. Küstenland. Görs. (Mit e. Abhandl. v. Dr. L. Preifs.) Bespr. v.
Wilh. Volkmann. S. 397. 39S.
M, Böhmen. 1. Komotau. (Mit e. Abhandl. v. Ladisl. äelakowsky.)
Bespr. T. K. B. Heller. S. 150. — 2. Leitmeritz. (Mit e. Abhandl.
y. Wenzel Klouöek.) Bespr. t. Alfr. Ludwig. S. 142—149! —
3. Brüz. (Mit e. Abhandlung v. F. Max. Komärek.) Bespr. t.
Dr. Si ekel. S. 230. — 4. Böhmisch-Leippa. (Mit e. Abhandl.
T. Dr. Frd. Hölzel.) Bespr. von W. Volkmann.
S. 394. 395.
Z. Mahren. Znaim. (Mit e. Abhandl. v. K. Seyskal.) Bespr. v. A.
Ludwig. S. 79. 80.
Jf. Schlesien. 1. Troppau. (Mit e. Abhandl. t. Jos. Lang.) Bespr. v.
Dr. Ed. HansUck. S. 82. 83. — 2. loschen, evang. Gymn. (Mit
e. Abhandlung v. GottL Bi ermann.) Bespr. von 0. Lorenz.
S. 230. 231.
N. Galizien und Bukowina. Czemowitz. (Mit e. Abhandl. v. Dr. Georg
Blacker I.) Bespr. t. L. Lange. S. 78. 79.
0. Ungarn. 1. Rimaszombat, prol. Gymn. (Mit e. Abhandl. v. J. F Ab ry.)
Bespr. T. K. B. Heller. S. 151. 152. — 2. Neusohl, kath. Slaats-
gymn. (Mit e. AbhandL t. J. L. Stipan.) Bespr. t. Max. Bü-
dinger. S. 229.
F. Woywodschaft und Temeser Banat. Neusatz, U.-R. (Mit e. Abhandl.
y. Pet Hamp.) Bespr. y. K. B. Heller. S. 150.
5. Siebenbürgen. 1. Hermannstadt (Mit e. AbhandL v. Jos. H i 1 1 e-
brand«.) Bespr. v. Alfr. Ludwig. S. 80—82. — Gymn. A. C.
(Mit e. AbhandL v. Karl Schwarz.) Bespr. y. 0. Lorenz. S.232.
2. Bistritz, eyang. Gymn. (Mit e. Abhandl. y. Mich. Hertog.)
Bespr. y. K. B. Heller. S. 151. 152. — 3. Mediasch, Gymn. A. C.
(Mit e« Abhandig. y. Joh Fabini.) Bespr. von K. B. Heller.
S. 149. 150.
A^Aamii9tn§eH im egwumiiai md RetiUckui-FrQfranmeH am Sekäuse
de$ ScMuVaAres /«*y„.
(Fortsetzung und Schluss.)
L Abhandlungen mathematisch-naturwissenschaft-
lichen Inhaltes.
23. (Pisek). Eine neue Formel der sphaerisehen Trigonometrie $ die
Ausmeasmig der Körper in der Elementargeometrie. Von Andreas
Bauer. Bespr. y. A. Gern er th. S. 239. 240.
24. (Prag, Kleinseitner Gymn.). Untersuchung über die Fehler, die
bei der Berechnung eines el>enen Dreieckes entstehen können.
Von Ant. Schindler. Betpr. y. A. Gernerth. S. 240.
XVII
II. Abhandlungen philologischen und linguistischen
Inhaltes,
83. (Troppau, 0.-6.) Anacreonteia. Von Eduard Jahn. Bespr. v. J.
0. Sei dl. S. 83. 84.
24. (Melk.) Einige Fragmente des 'Euripides. Von Direct. Theodor
M ayer. Bespr. v. J. G. Sei dl. S. 84.
Abhandlungen in Gytnnasiat' und Reabckul-Programmen am Sckiuue
de$ ScJUi(fakres i8*\,.
I. Abhandlungen philologischen und linguistischen
Inhaltes.
i. (Czernowitz.) Zur yergleichenden Etymologie. 1. Beitrag. Von
Dr. Georg Bl ackert. Bespr. v. L. Lange. S. 78. 79.
2. (Znaim.) Ober den Homerischen Genitiv. Beitrag zur Homerischen
Syntax. Von K. S t e y s k a 1. Bespr. y. Alfr. Ludwig.
S. 79. 80.
3. (Hermannstadt, kath. Staatsgymn.) Aeschylus' Agamemnon und
die gleichnamige Tragoedie des Tragikers Seneca, Parallele. Von
Joseph H i 1 1 e b r a n d. Bespr. von Alfred Ludwig.
S. 80—82.
4. (Leitmeritz.) Ober den sogenannten Nominativus absolutus hei
Thucydides. Von Wenzel Klou6ek. Bespr. v. Alfr. Ludwig.
S. 142—149.
IL Abhandlungen mathematisch-naturwissenschafnich cii
Inhal te 8.
1. (Troppau.) Versuch einer analytischen Entwickelung der diato-
nischen und der chromatischen Tonleiter. Von Jos. Lang. Bespr.
V. Dr. Ed. Hanslick. S. 82. 83.
2. (Mediasch, Gymn. A. G.) Der Weinbau in Siebenbürgen. Von
Joh. Fabin. Bespr. v. K. B. Heller. S. 149. 150.
3. (Komotau.) Ueber den Zusammenhang der fortschreitenden Stufen
des Pflanzenreiches. Von Ladisl. fielakowsky. Bespr. v. K. B.
Heller. S. 150.
4. (Neusatz, Ü.-B.) Die Vegetationsverhältnisse von Neusatz-Peter-
wardein. Von Pet. Hamp. Bespr. von K. B. Heller.
S. 151. 152.
6. (Brixen.) Verzeichnis der phanerogamen Pflanzen, welche in der
Gegend von Brixen wild wachsen. Von Greg. Bachlechner.
Bespr. V. J. B. Heller. S. 151. 152.
7. (Krems.) Synopsis der in der Omgegend von Krems wild wach-
senden Phanerogamen. Von A. Thomann. Bespr. von J. R.
Heller. S. 151. 152.
8. (Rimaszombat, prot. Gymn.) Rimaszombat virinya. Fäbry Jänos
UlnartöK Bespr. v. J. B. Heller. S. 151. 152.
XTfll
]II« AbbandlungCD aus dem historisch -gcograpb.ischcu
.Gebiete.
- i. (Wien, Thercsian. Gymn.). Die ordentliche BundesYersammlung
* der Actolcr. Von Prof. J. Ptaschnik. Bespr. v. J. As ebb ach.
S. 228. 229.
2. (NeusobI, katb. Staatsgymn.). Die Beziehungen der pannonischen
und grorsmährischen Slaven zu den Karolingern und zum päpst-
lichen Stuhle. Von J. St^pan. Bespr. v. Max Büdinger.
S. 229.
3. (Toschcn, cvang. Gymn.) Geschichte des k. k. ev. Gymnasiums
zu Teschen. Von Gottl. Bier mann. Bespr. v. 0. Lorenz.
S. 230. 231.
4. (Salzburg.) Die ehemalige üniYersitat Salzburg. Von Jos. Mayr.
Bespr. y. 0. Lorenz. S. 232.
5. (Innsbruck.) (veschichte des Gymnasiums zu Innsbruck. Von Dir.
Siebinger. Bespr. y. 0. Lorenz. S. %32.
6. (Hermannstadt, Gymn. A. G.) Vorstudien zu einer Geschichte des
Stadt. Gymnasiums A. C. in Hermannstadt. Von K. Schwarz.
Bespr. y. 0. Lorenz. S. 232.
7. (Laibach.) Geschichte des Laibacher Gymnasiums. Von Job.
Ne6asok. Bespr. y. 0. Lorenz. S. 232. 233.
8. (Bozen.) Leonhard Colonna y. Völs, Landeshauptmann an der
Etsch und Burggraf zu Tirol yom J, 1498—1630. Von Flayian
Orgler. Bespr. y. 0. Lorenz. S. 233.
9. (Wien, Josephstadter Gymn^) Ein Brief des Herzogs Maximilian
yon Österreich, Von Moriz Rodler. Bespr. y. 0. Lorenz.
S. 233. 234.
10. (Marburg.) Geburts', Trauungs- und Sterbeorte landesfürstlicher
Familienglieder in Steiermark. Von Dr. Rud. Puff. Bespr. y. 0.
Lorenz. S. 334.
11. (Graz.) Chrmicm Oitocari.in rebus, gt$ae ad Benricum abbatem
pertineni, ne Sit fms rerttm Stiriae scriptöribtis. Von E. R i c d e r.
S. 234-23C.
12. (Neustadll.) War Österreich nach dem Tode des letzten Babcn-
bergers ein Erbgut seiner Verwandten oder ein erledigtes Reichs-
lehen ? Von P, Raphael K 1 e m e n^ i ö. Bespr. y. 0. Lorenz uiul
y. Ed. Jos. Schwämme!. S. 236—238.
IV. Abhandlungen philosophischen Inhaltes.
1. (Böhmisch - Leipa.) Über Thierseele und Menschenseele. Von Dr.
Ferd. HölzcL Bespr. y. W. Volkmann. S. 394.. 395.
2. (Trient.) laiorno a cid ehe . feeero l Ronumi in materia di
ßlosafa. Von P, Franz dalla Rosa. Bespr. y. W. Volk mann.
8. 395. 396.
%. (Kremsmunster,) Das Unbewusste im Menschenleben. Von Romuald
Lang, ücspr. v. W. Volkmann. . S. 396. 397.
4. (Görz.) Analyse der Begehrungen und deren Begriffsbestimmung.
Von Dr. L. Prcifs. Bespr.. v. W. Volk mann. 8. 397. 398.
XIX
Zar Uorazfrage. Von W. Teuf fei. S. 390—393.
Nik. Dietrich Giseke. Von K. J. Sehr ö er. S. 393. 394.
Zu Uerodian« YonJ. La Roche. S. 470.
I>«r geographische und historische Unterricht Von J. Plaschnik.
S. 474—479.
Zur Krasis in Hyperides. Von Joh. Lifsner. S. 648. 649.
Das germanische Museum in Nürnberg. Von A. Egg er. S. 649 — 652.
Entgegnung auf Hm. A. Gerucrth's Kritik des A. Bekk er 'sehen
Lehrbuches der Algebra. Beilage zum IL Hefte. S. 1—5.
Gegenbemerkung. Von A. Gernerth. Beilage zum II. Hefte. S. 6 — 8.
Erläuterungen zur Anzeige von J. Deutschles Ausgabe des Platonischen
Gorgias, t. H. B o n i t z. Beilage zum II. Hefte. S. 9—20.
Erwiderung von H. Bonitz. Beilage zum H. Hefte. S. 20—28.
Hat das griechische Relativpronomen den F-Laut? Entgegnung von
Dr. Georg Bl ackert Beil. zu d. Hft IV u. V. S. 1.
Erwiderung. Von L. Lange. Beil. zu d. Hft. IV u. V. S. 2—5.
über den sog. Nominativus absolutus bei Thukydides. Entgegnung von
W. Kloudek. BeiL zu d. Hft. IV u. V. S. 5. 6.
Erwiderung. Von Alfred Ludwig. Beilage zu den Heften IV. u. V.
S. 6. 7.
Berichtigung. Von Wolfg. Bauer. Beil. zum X. Hefte. S. 1. 2.
Erwiderung. Von Joh. K v i ö a 1 a. Beil. zum X. Hefte. S. 2 — 4.
LUeraritcke Notiten,
Berichtigungen. Von Dr. R. von Raum er. S. 400,
11 off mann (K. A. J.) Acht Schulreden über paedagogiscbo Zeitfragen.
Für Freunde des Gymnasialwescns. Clausthal, 1859. S. 399— 400.
L ü b k e r (Dr. Frdr.) Reallexikon des classischcn Alterthums. 2. Aufl.
Leipzig, J. G. Teubner, 1860. S. 903. 904.
Planck (Adolf.) MeUmchlh&n, praeceptor Germaniae, Nördlingen, C.
II. Beck, 1860. S. 480.
Präparationen zu Homer's Odyssee, von e. Schulmanne. Gesang
1— V. Köln u. Neufs, L. Schwann, 1860. Bespr. v. K. Schenkt
S. 830—832.
Preisaufgaben (philologische) , der kais. Akademie der Wissen-
schaften. S. 566—568.
Spiefs (Aug.) Schillcr's Leben und Dichtungen. Wiesbaden, Kreidel
u. Niedner, 1859. S. 398—399.
.Statistisches. Von A. Wilhelm. S. 748.
V a n i 6 e k (AI.) Schematismus der österr. Gymnasien und Realschulen
für das Schuljahr 18*V««- 2- Jahrg. Prag, Temsky, 1860. Bespr.
von IL B. S. 746—748.
Verhandlungen der neunzehnten Versammlung deutscher Philologen,
Schulmänner und Orientalisten zu Braunschweig, am 26.-29. Sep-
tember 1860. S. 894—901.
Vcricour (R. de.) Tke life and times of Dante etc. London, J. F.
Ilope, 1868. Bespr. v. A. Mussafia. S. 739—746.
Versammlung (19.) deutscher Philologen, Schulmänner und Orien-
i«'kli>ten. S. 568.
Erste Abtheilung.
Abliandlanf^en.
Kritische Bemerkungen zu Cicero de legibu».
1
111,10,24: Quod enhn est iam detperalum eoUe§ium,
in quo nemo e decem sana menle HC ? Quin ipsum Ti. Orae-
chum non »otum nee tu 9 sed etiam »ublatus interee9»or
fueraL Quid enim iiium aliud perculiij nisi quod polesiü"
lern inlereedendi eoUegae abrogatfii? Diess ist die Überliefe-
rung der guten Handschriften, in welcher Manutius für neeius
onzweifelhaft richtig neglectus emendiert hat. Nicht gelungen
trotz vielfacher Versuche ist bis jetzt die Verbesserung des
ebenfalls verderbten fuerat. Denn nur hier ist das Verderbnis
zn suchen und nicht im mindesten zu bauen auf den in eini^
gen schlechteren Handschriften gemachten Verbesserungsversuch:
quin per ipmm Ti. Graeehum . . . wuhlatus interee$$or fuerat.
Daher die hievon ausgehenden Vermuthnngen Ralh's und Wag-
ners schon aus diesem Grunde unbrauchbar sind , von denen
jener : qui perdidit ipsum Tt. Oraeehum non »olum veiiCug sed
eiiam Mublatus iniercessor fuil, dieser : quin perdidit hoc Tt.
Oraeehum^ quod per ipsum non solum vetitus sed etiam subia-
tus intereessor fuerat vorschlug. Ihnen beiden hatte Puteanus
vorgearbeitet, der sprachlich be>ser aber init Anknüpfung an
das schlecht bezeugte per schrieb: quin perdidit ipsum Ti.
€hracchum non solum veiitus sed etiam sfihlatus intereessor.
Der Zusammenhang erfordert offenbar diesen Gedanken : 'den Ti-
berioB Gracchus bat sein College, der ihm Einsprache gethan,
trotzdem er ihn nicht nur nicht gehört, sondern abgesetzt hatte,
— gestürzt.' Nur so schliefet sich das folgende passend an:
Quid enim ilhtm aliud perculit nisi quod cet. Daher denn
loch die meisten Kritiker einen solchen Begriff aus fuerat her-
nstellen versucht haben. Auf das verschiedenartigste hat man
gersiben: freperai^ was Bentley wollte, fuderat, was Scheffcr
voficblog, stroPfrat^ woran Görenz dachte, ^^ofür die Varianten
S«ilMlwirt f. a. Sftitrr, Oymiiat. IMO. I. Haft. I
2 Krit. Brmerkiingen /.u Cfcerö de legibus, v. J. Yahlen.
nerueraC und semaueraC in einigen seiner Handschrirten, die zu
den schlechten gehören, eine schwache Slülze bieten, perculerat^
Vermuthung von Davies. Diese Versuche werden, abgesehen
von der Wahl des Wortes, die nicht bei allen angemessen ist,
durch die eine Bemerkung beseitigt, dass das Piusquamperfectum
keine grammatische Erklärung zulässt. In diesem Puncte fühlte
Puteanus richtiger als er perdidil vorschlug, und ebenso dach-
ten sowol Bake als Feldhügel, indem jener aus Bentley's frege-
rat das Perfectum fregit^ dieser aus Görenz' straverat die Form
sCramC adoptierte. Aber keinem von beiden ist es gelungen,
durch eine genügende Erklärung des Verderbnisses die Ver-
muthung zur Wahrscheinlichkeit zu erheben. Denn Bake's Be-
merkung, dass fregie und fecU, fracti und facti mitunter ver-
wechselt worden, lässt uns die Verwechselung von fregU und fuerat
nur wenig glaublicher erscheinen: und Feldhügel supponiert ein
Compendium von stravit (nämlich $lrat)^ das nicht vorauszu-
setzen ist, und wenn auch, an sich wenig nütze ist. Wir sehen
uns also von neuem auf die handschriftliche Oberlieferung zu-
rückgewiesen, aus der, wie ich glaube, mit voller Probabilität
Cicero's Hand in dieser Weise hergestellt wird : Quin ipsum
IV. Oracchum non solum neglectus^ $ed etiam subiaCus hUer-
cßMor EVERTIT. Dass evertere das an dieser Stelle passende
Wort sei, beweisen aufser anderen Stellen, in denen es genau in
demselben metaphorischen Sinne, wie unser stürzen gebraucht
ist, insbesondere Cicero's Worte in dem Briefe an den Proconsul
Hetellus (ad fam. V, 2, 8) , dessen Bruder auf Cicero's Sturz
gleich bei dem Schlüsse seines Consulatjahres hinarbeitete:
negue HU guicguam deliberaiiuM fuit quam me, quacunque
ratione posset, non iudicio neque diseepCalione sed vi atque im-
presH&ne evertere. Was aber die Änderung betrifft, so
ist klar, wie aus einem mit Majuskeln geschriebenen EVERTIT
zunächst fuertit entstehen konnte, das dann weiter durch Zufall
oder Absicht in fuerat übergieng, wie z. B. 111,8, 19 in einem
der codd. Bake's statt lex quae sanct't geschrieben ist ganat»
Volle Gewähr erhält aber die Vermuthung erst durch den Nach-
weis, dass die Hajuskelschrift , in welcher das Archetypon aller
unserer Handschriften geschrieben war, auch sonst in den Ver-
derbnissen der abgeleiteten Bücher Spuren zurückgelassen hat.
Nicht verschieden jedoch von jenem Falle ist es, wenn II, 14, 34
statt EORUMQDE in allen unseren Handschriften forumque^ und
umgekehrt 11,24,61 statt FORUM ebenfalls in allen ewrum über-
liefert ist. Auf derselben Verwechselung von E und F beruhen
ferner 11,7, 16 fie easque sit in fast allen Büchern statt NEFASQüE
SIT; II, 2, 5 gymfrantidem in den guten codd. statt SVIERANTIIDEM,
was Madvig fand: auch das y an Stelle von V zeugt für Ha-
jQskelschrifl. Dieselbe zweifache Verwechselung weist folgendes
Beispiel auf: II, S 5, 64 steht statt RADUNTO NEVE LBSSÜM in dem
f
Krit Bemerkungen zu Cicero de iepibuij v. / Vaklen, 9
Leid. G radunl oney fleßsum^ in dem cod. E radufU anei
fUintm, Endlich II, 19,47 pontifices ambo eC fidem hari» peri-^
tisHfm in allen codd., statt - nicht iidem^ wie die neuesten Herausgeber
schreiben, sondern £U)£M, wie denn überhaupt nicht einzusehen,
warum die Herausgeber auch da die Formen mit ä voriieheoi
wo einfaches i, oder ei überliefert ist, wie z. B. 111,8,6:
h$$ia imperia nmCo isque (so die 8 besten Leidener ; Feldh. und
Klotz nsgue} cHm . . parento und 111,8,10: Onmee magi^
Mtraiiu autpidum . . habento^ exque i$ $enatU9 esto: so der
Voss. B, und A nur mit falscher Trennung der Silben exgi$e
itte natus^ denen sich E anschlielst exguo U. Schreibt doch
Feldhügel selbst III, 4, 10: idem ad plebem . . . ferunto, weil in
den Handschriften idem, nicht iidem sieht: warum nicht auch
II, 21, 52 guod idem üsriM civiUe etiis peritissimi, wo idem,
nicht üdem überliefert ist. Doch dies beiläufig. Die aus der
Hajuskelschrift des Archetypons herrührende Buchslabenver-
wechselung beschränkt sich nicht auf e und F^ sondern eben
dahin gehören die Vertauschuneen von F und T, G und G, B P R.
So I, 18,86 fuisse in den codd. ABC statt TV 18 ES; HI, 18,80
itUeriaris in allen Handschriften statt INFEBIORIS; und mögli-
cherweise auch I, 19, 61 fortitudinem in guten Handschriften
statt TCRPiTVDlNEM. Für C und G vergl. man U, 15, 89 Ucee
für LEGES (Laid. C und E); II, 16, 4 1 iracoediae (ABGE) ; 11, 28, 59
eenas für GENAS (Leid. G und E) ; II, 26, 64 geramico statt
CERAMICO (BCE) ; III, 8, 6 acuncio für AGONTO (ABGE) u. a.
Für P und R: Ul, 8, 8 dieeertator (ABC) statt DI8GEPTAT0B;
Vl^S^lB pede uno in fast allen Handschriften für REDECMTO;
II, 8, 21 carüal esCo (neben eariia leeto, carit olesCo) für
CAPITAL ESTO. Dieselbe Veranlassung liegt 11,18,46 vor, wo
ducaiur quaeque PARS iuris in den Handschriften in dttcaiurgue
querar ei iuris (C d Gd. 2) oder ducatur quaeque rar ei iuris
(E) und ducatur quaeque ars iuris (AB) verderbt ward. Feld-
hügel erklärt die Verderbnis nicht richtig, und noch mehr irrten
diejenigen, welche auf die eigenmächtige Besserung in schlech-
teren Handschriften quaeque res et ars iuris ihre Yermuthungen
bauten. Eine ähnliche Bewandtnis bat es ferner mit 111,12,28:
praeelare vero firater isia lex; sed et LATE PATET, ut vitio
eareat ordo et censarem quaerit interpretem. So nach Manu-
tius' und Turnebus' Verbesserung: die guten Handschriften sed
et laterat ieciaterat A) etj ut\ woraus in den schlechteren sed
et altera ut ward , zugleich mit dem richtigen bieten dasselbe
die Ambrosiani ß und y : sed et täte patet altera ut, was Halm
im Philologus I, S. 178 nicht häUe vertheidigen sollen. Grolse
Verwirrung aber haben andere Kritiker an dieser Stelle aus
mangelhafter Einsicht in Ursprung und Fortschritt des Verderb-
nisses angerichtet. Auch prome (pro me) wie II, 4, 10 in den
codd. ABE statt ROMAE geschrieben ist, weist auf Majuskdn
1*
[
4 Krit. Bemerkungen tu fiäero de /ef/i6tiS, v. / tah/e^.
hin: hiermit sind zu vergleichen die entsprechenden Beispiele aus
Noniusydie ich AnalecCaNanianaf, 7 zusammengestellt habe. Bu. R
s'md z. B. an folgenden Stellen vertauscht worden: 11,25,(5
inirant (CE^) statt INIBANT; 1)5, 17 nons in allen Handschr.
für NOBIS. Bndlich B und P : 11, 8, 6 Ambio (Ambiu) in allen
guten Handschriften für AMPIO; 111,8,18 reabse (BE Gd. %)fär
REAPSE. Hiemach ist denn auch zu beurlheilen die Stelle U, 10, 28:
Conclusa quidem est a Ce magna lex sane quam brevi; seä ut
mihi videtur ceL, die zu mehr als einer Bemerkung Anlass gibt.
Jenes ist die Schreibung der meisten Ausgaben; nur dass in
einigen vor magna ein tarn eingeschoben ist, welches von keiner
der guten Handschriften bezeugt wird, sondern in einigen andern der
schlechteren Sorte und in den Ambrosianis aßy sich findet,
die auch sonst durch willkürliche Änderungen und Zusätze sich
auszeichnen und diejenige Geltung nicht verdienen, die ihnen
früher von Feldhögel und Hahn zuerkannt worden ist. Aufser-
dem steht nicht brevi sedj was Victorius schrieb, sondern breui»
ei in den guten und der Mehrzahl der schlechteren Handschriften
(in einigen wenigen breui et) ; jene Schreibung fuhrt aber auf
brevi $eC^ ebenso wie II, 18 in. isla video faiearque esse magna\
sed est in collegio aus der Cberlieferung der guten Handschriften
ABE magnas ety vielmehr magna, set herzustellen war. Auch
III, 2, 5 imperandi sed etiam civibus obtemperandi hat wenigstens
der Leid. E imperandis et d. i. imperandi set. Diese Bemer-
kung verliert dadurch nicht ihr Gewicht, dass III, ], 2 in den
codd. ABGE statt veris et proprits geschrieben ist veri sed
proprüs\ es beweist nur, dass den Abschreibern unserer Hand-
schriften die Form sed geläufiger war, so dass wir die Spuren
eines set um so sicherer auf alte Überlieferung zurückfuhren
dürfen. Endlich -und deshalb ward die Stelle hier erwähnt -
steht nicht a te \n den Handschriften, sondern in dem Voss. A
aptej in den übrigen guten Büchern alter^ woraus in den schlech-
teren willkürlich altera gebessert ward. Die Schreibung apte
nämlich führt auf ein ursprüngliches ABTE, woraus sich auch
alter besser als aus a te erklären lässt. Schon Hand im Tur-
sellinus I, p. 6 wollte ab te restituieren und verwies zugleich
auf de finn. V, 25, 75, wo in dem guten Erlanger Codex ab te
erhalten ist, was Madvig nicht anerkennt Auch $. 76 haben dort
einige Bücher apte, was ich ebenfalls lieber auf ab te als a te
zurückführen möchte; denn mit ante, das Madvig anfuhrt und
das nicht selten für a t& verschrieben ist, hat es doch eine
etwas andere Bewandtnis. Vielleicht darf man sogar de legg.
111,18,80 aus der Überlieferung des Voss. B repetam ab eis
tum eher auf repetam ab te istum, als auf das recipierte a te
schlieCsen. Übrigens ist die Form ab auch noch an anderen
Stellen in den Büchern de legibus wieder einzusetzen ; II, 22, 56
liest man bei Feldhügel und Klotz: in eo sepulero guod haud
Kril. BemerkuDgeo zu Cicero de iegibus, v. J, VaMen. 5
proeui a Fanüs mrm eu; diess ist A. W. Zumpl« im ganzen
gewiss richtige Verbesserang; denn in den Handschriften fehlt
Uud und für m Fontis ara e»e geben die Leidener AB CE ad
fmUu mrmsj welches auf die Schreibang ab fontii arasC zurück-
nfähren ist. Die Schreibang st statt est weisen manche Spuren
der Handschriften auch in diesen Büchern auf, die hier zu ver-
folgen ztt weit fuhren wurde; auffallig ist z. B., dass 1,8,25
htm vero üiriu» eadem in hoaUne ac deo e$t negue alio uilo
ia§mio praelerea. EH auiem virtus nihil aliud in den Leid.
iBCE praeiereas auiem oder praeter eas auiem geschrieben ist.
Die Präposition ab aber ist auch sonst in ad verdorben, wie
111,6, 14 ad hane famüiam 6d. 2. d für ab hae famiiia^ und
uifekehrt iU, 18,40 ab aueiorem in allen guten für ad aetorem.
II, 4, 9 : i4 partie enim^ Quime didieimue, ei in ius voeat
aique ai (oif) eiuemodi iegee alias naminare. So die Hand-
ficbriften. Der Gedanke Cicero's ist der: Wir sind von Jugend
aef gewohnt, das si in ius vocaC und andere Gesetze der Art
Gesetze zu nennen. An die Wortstellung in einigen schlechteren
Handschriften eius modi alias leges anknüpfend, wollte man
früher, am jenen Gedanken deutlicher in den Worten auszu-
drücken, eius modi alias ^ leges nominare oder eius modi
aHOy leges iumm. lesen und erklaren. Dies ist jetzt, da durch
die übereinstimmende Oberlieferung aller guten Bücher die
Reihenfolge eius modi leges alias gesichert ist, als beseitigt
ZQ betrachten. Wollte man sich aber dabei nicht beruhigen,
>o bliebe nur übrig nach HeindorFs Vorschlag (Zeitschrift
für gescb. Rechtswi^sensch. II. S. 485) zu lesen: etus modi
Ugts alias ^ leges nominare. Doch halte ich auch dies
nicht für nöthig, da sich wohl vermöge einer im Lateinischen
nicht ungewöhnlichen Altraction aus eius modi leges alias ein
anderes leges zu nominare ergänzen lässt. Man vergleiche z. B.
L»6, 19: Populariier inlerdum loqui necesse eriC ^ et appellare
legem quae scripta^) sancic guod vult\ eine Stelle, A\^
') Scripta schreibe ich, nicht weil ich die Vulgafe Scripte mit Bake
für unrichtig hielt, sondern weil es von allen guten Handschriften
(\BCE Gd. ty 9) einstimmig bezeugt wird und kein annehm-
barer Grund dagegen spricht Denn wenn Feldhügel bemerkt:
kec guidem loco necesse est addl, quo lex sanciatur (doch wo]
saaeiatT)f so ist ja von scripta nicht ausgeschlossen, dass
es, als ein aufgeschriebenes, durch schriniichc Satzung verfügt.
Scripta zog Cicero wol darum vor, weil er gleich fortfährt:
quae scripta sancit quod tun au t iubendo aut vetando;
zugleich gewinnt der hier ausgesprochene Gegensatz zwischen der
lex scr^ßta und der anderen , quae saeeulis omnibus ante nata
est, quam scripta lex Ulla, gröfsere Klarheit.
6 Krit. Bemerkungen zu Cicero de legibut, v. J, VaMen.
zwar mit der unsrigen nicht volikommen parallel ist, aber doch
zeigt, was man im Latein wagen durfte. Denn der Sinn ist
der: wir müssen Gesetz nennen dasjenige Gesetz, welches
schriftlich verfügt , was es will. Wichtiger ist die Frage nach
der Fassung des beispielsweise angeführten Gesetzes aus den
zwölf Tafeln. Da atque at oder ad^ wie in allen guten Hand-
schriften steht, offenbar verderbt ist, so glaubte schon Vic-
torius, und nach ihm andere, darin einen Theil des Gesetzes
selbst zu erkennen, und schrieb daher atque eaCj eiuatnodi:
wobei atque im Sinne von eonfeeiim gefasst werden sollte. Ist
diess auch vielleicht als möglich zuzugeben (man vgl. indessen
Hand im Tursellinus I. S. 482), so erheben sich um so gröfsere
Bedenken gegen eai. Denn mit Recht hat nicht erst Feidhügel,
sondern schon Unterholzner (Zeitschr. f. gesch. Rechtsw. II.
S. 488) bemerkt, 'dass der Gebrauch des Conjunctivs für den
Imperativ (eaC für ieo) nicht blols in dem Sprachgebrauch der
zwölf Tafeln, sondern überhaupt in der römischen Gesetzes-
sprache ganz unerhört ist:' und aufserdem erforderte die Ver-
besserung atque eat noch eine neue, indem nun, wofern man
nicht eine in der Ciceronischen Schreibart ungewöhnliche Härte
zulassen will, ein et einzuschieben ist. Diese Übelstände ver-
meidet FeldhügeFs Verbesserung si in ius vocat ito et eiuemodij
welche Klotz aufgenommen hat. Aber auch sie hat ihre groben
Bedenken. Denn erstlich ist doch die Änderung selbst, womit
ATQ AT in )T0 ET umgewandelt wird, nicht so leicht, wie es Feld-
hugeln erschienen ist. Doch dies zugegeben, so kann man
fragen, musste denn Cicero ein vollständiges Gesetz anführen,
und wenn das, hat er eben dieses anführen wollen, das, wie
Unterholzner a. a. 0. wahrscheinlich macht, vollständig so lautete:
Si in ius vocat ito : ni it testamino : igitur em eapito 9 Dass
Cicero auch sonst wohl Gesetze, wie es Sitte war, nur mit den
Anfangsworten bezeichnete, bemerkt Feldhügel selbst mit Bezug
auf Brutus 12, 48. Was in dieser Beziehung gebräuchlich war,
zeigt ungleich deutlicher Gellius XX, 1,25: Verba sunt haee
legis : 'Si in ius vocat. ^ Verba sunt haec de lege : Si in ius
vocat, si morbtts aevitasve Vitium encit, qui in ius vocabity tu-
mentum dato ; si nolet arceram ne sternito. Bevor Gellius die
Worte des Gesetzes selbst anführt, citiert er es erst mit den
Anfangsworten, wie mit einer Überschrift. Was hinderte es,
dass Cicero ebenso citierte? und da wir hier schon zwei ge-
setzliche Bestimmungen der zwölf Tafeln haben, die mit si in
ius vocat beginnen , warum soll Cicero gerade jenes und nicht
dieses erwähht haben können. Doch es sei, da auch der Aue-
tor ad Herennium II, 1 3 jenes Gesetz in ähnlicher Gedankenver-
bindung angeführt hat : lege ius est id, quod iussu popuU san^
eitum est, quod genus ut in tun eas cum voceris. Dennoch
spricht alles dafür, dass Cicero nur mit si in v$s vocat beispiels-
I^rit BemerVungen lu CUero de iegiöus, v. y. Vahien. 7
ein Gesetz der zwölf Tsfeln anführte, uad daran alque
wkoäi ieges alimB anknöpfte« Denn das einzige Bedenken,
das Feldhugel mit Schein für sich geltend gemacht hat, daas
MU nicht einsehe, wie ai oder ad hinter aigue in den Text
gerathen, lassl sich in evidenter Weise beseitigen. Nur muss
■an nicht mit Bake ai aus a/., d. i. alias, entstehen lassen, das
daao, nachdem es in aC überg^angen, noch einmal zugeschrie-
ben worden sei. Es ist viebnehr in aC nichts als eine nicht zu
Ende geführte Dittographie von ai^ue zu sehen. Hiefur wurde
es vieOeicht schon genügen auf die vielen Dittograpbien der
verschiedensten Art, kleinere und umfangreichere, hinzuweisen,
wekhe in den Handschriften dieser Bucher uns begegnen; aber
CS lässt sich diessmal, um jeden Zweifel zu beseitigen, das genau
zutreffende Exempel beibringen: III, 18, 40 liest man in allen
Texten, auch in dem Feldbiigel*schen : Quae cum popuio quaegue
im patribuB Ofßemtur^ moäiea suneo , id est modesta atque »e-
dmla. Aber hier haben die Leidenses BE atque ad sedata\ der
Bumeianus i aique at sedata. Was hier in einigen Hand-
schriften, ist an jener Stelle in allen geschehen.
Es verlohnt sich zur Charakteristik unseier Handschriften
diese durch Dittograpbien entstandene Gattung von Verderbnissen
noch durch einige Beispiele zu erläutern. Um von kleineren an-
zufangen 11,28,56 nee \nee] f>ero in GEd; 111,8,19 de [de\
ul« in BE; 111,3,6 pluree [im] im pioera in C Gd.2; 111, 7, 16
auxiUum \reiium\ reliquis in B ; Hl, 8, 1 8 in hominibu» est
lim Aom^inibuM et] hoc fortasse Vitium in ABE; 11, 12, 30
ad imierprelanda aiii praedic [andum alii praedic] ta vatium
ABC, und EGd. 8d nur mit dem Unterschiede, dass sie in-
terpreiandam haben, wie auch in ABC um übergeschrieben ist.
Daraus ist klar, dass interpretanda alii praedicta catum (oder
üßtium) das richtige ist, wie auch Feldhügel, der im Texte
mterpretandum hat, im Commentar anerkannt hat« Hiernach ist
1,11,31 zu beurtheilen, wo die von Feldhügel geübte Kritik,
die bei Klotz Beifall fand, wie ich glaube, nicht zu billigen
i«t. \am et voluptate eapiuntur omnen, quae etui est iilecebra
turpUudiniSj tarnen habet quiddam simile naturalis boni: leui-
taiis enim et suavitatis es enim et suavitate delectan» : sie ab
errore mentis tamquam salutare aliquid adsciscitur. Es handeil
»ich um die Worte levitatis . . . delectans , die , so wie ich sie
«ilgetheilt, in dem Archetypen unserer Handschriflen standen.
Gtnau to überliefert hat sie der Burn. d uiul Gud. 2. Ferner
»timmen damit überein der Leid. E, nur dass er enim an zweiter Stelle
au«lasst, und die Ambross«. a^, in welchen für es corrigiert i»t
ist. Und dieselbe Schreibung kehrt auch noch in anderen minder
guten Büchern wieder, die für uns keinen Werth haben. Klar ist
auf den ersten Blick, da«s die Verderbnis aus nner Dittographie
ait>land, indem der Ab^chr('iber von suavUath auf den gleichen
8 Krit. IkmerkuDgen zu Cicero de ie§ikuiy v. J, KoAJml
Ausgang von iecUatit zuräckgiill und das bereits geschridmie
noch einmal schrieb. Diesen Hergang erkannte der l^hreiber des
Voss. A, der die doppelt geschriebenen Worte nicht wiederholte,
aber dafür eine Lücke für gerade drei Wörter liefs. Dies und nichts
anderes ist der Grund der Lücke, in der Madvig und Hahn sonach mit
Unrecht das die Genitive r^erende Wort vermutheten : was jedoch
auf alle Fälle verständiger war, als Bake's Bemerkung : qyis enim
ignorai saepe inlegerriwM quaeque in Codd. Mss. vacuo spaüo
dislrmhi? cuius rei et aUae cmutae excogitari possutUj ei vUmm
guoddam in w^etnbranm. Noch in einem anderen Pttncte verfuhr der
Schreiber des A verständig: hinler ievilatis fehlte eei; dass es
aber ursprünglich dort gestanden, zeigte die Wiederiiohuig:
es {eeO enim et suav. Daher er est aus der Dittographie an
est
richtiger Stelle über der Zeile nachtrug: leeitstis enim et
sumeiteUis deleetems. Dies nahm der Voss. B, dessen
nahe Verwandtschaft mit A auch sonst hervortritt, mit Weg-
lassung der Lücke auf. Etwas anders verfuhr der Schreibar des
C: wofern ich Bakes Angabe über diese Handschrift richtig
deute, stand in ihr: leeitmiis etenim [^ et sumeiimte detee--
tmns *). Es ist nicht sicher zu entscheiden^ ob hier Abeidit
oder der Zufall waltete. Aber möglich ist es (^und mir wahr-
scheinlicher als absichtliche Besserung), dass der Schreiber dieser
Handschrift in der Cberlieferung seines Originals : ientmtis
emim et srnrntiimtis es enim et sumritmle von dem ersten cncM
sofort zum zweiten übersprang. Aus dieser Erörterung ergibt
sich nun zur Genüge^ mit welchem Rechte Feldhügel schreiben
konnte : Prarm est deteriemm (und doch sind darunter die Vo6-
siani A und B« die F. selbst in setner Einleitung und sonst zo
den meümres zahlte codKttm correetio: ieeümtis est enim ei
snmriimiis deiectmnsi cmi qmi coniecimrmm srnperstru^ermtU m
reeim rim mkerrmnmi^ Tnd weiteihin: rerme scriptmrme vesO^
fimm mnm mai cerreciiene ienemi codd. n^iores : lecitmiis emim
et smmriimtis es exim ei sumriimte. l^nde eiieiendm kmec snnij
leritmie est emim et smmtiemte deiecimms, Abtt diese correetio^
derni Veranbk^ung Feldhü«rrl nicht mit tiurm Worte erklärt^
hat ja keinen Sinn. Daher Madvig mit vollem Rctrhie ausgieng
^on der Überlielenuig , die nach Enifrmung der Ditlc^raphie
ülMrig I4eibt : terOmiis est enim et srnrntiimtis deiectms. Die
Sache« nicht die in dem Vosss. Ä erhaltesie Lücke beweist ^ dass
*) F<idbü^<S fuhrt au$ d^r^iknru Jin: terUmiis emim ei sämsUmits
es ouii ei immOmte. vas« mi<f ich Tennuthe. auf ':iii<m übn^eta
^tt^t-tihltchea IrrtbuB K^ytiIiI. mnui e$ vir tin uadiidsrliger
Gediak^f BaUs. :$<tiKfi Kichen huidsrhhtUicheti Ipparat nickt
m/itx dim Text. <4Wilfra ra IW<i:^lefffoinii lüaler de« Teil in
£«Ke3. AiKk FtfUkuzet 5 \p|VAral lis»t an Vv4l»ii»li^ieil « fie-
s^uBmlhtit Qsd kuppöicit ikr A^pLb<n n^h auBcbc^ Neraü>4:em.
lürit. Bcoierkuugt'o zu acero de tegiätu, v. / VaAten. 9
izs namen ausfiel, von welchem die beiden Genitive abhängig
sind. Denn Bake irrte offenbar, indem er dasselbe aus deiec^
tans gewinnen wollte, wofür er deleeeu schrieb. Welches Wort
Cicero gewählt habe, hat Madvig nicht gesagt und es lässt sich
auch nicht mit Zuversicht bestimmen; Halm vermuehete deleni-
menäSj das vor delecian» und hinter suaviiaiis leicht aus-
fallen konnte ; man könnte auch an biandUHt denken, das Cicero
1,17, 47 in ähnlichem Zu^^ammenhang gebraucht: volupCas . . .
cuius blanditiis corrupiij quae natura bona Munt . . . non cer-
nuni satis; vgl. de finn. 1,10,33 qui blandUii» praetentium
voiupialum delenUi atque corrupti. Wie man immer darüber
nrtheilen mag, im übrigen muss die Fassung der Stelle künftig
diese sein: Nam et voluptate capiunCur omneß, quae etn e»C
iUeeebra ^rpitudiniM ^ tarnen habet quiddam Mimiie fuUuraÜM
bani: leoUatU est enim et ttuavitatie delectane: sie ab er-
rore mentis tamquam saiutare aliquid adsciscitur.
11^11,28: Nam illud vitiosum Athenis, quod Cylonio
neelere expiato Epimenide CreCe suadente fecerunt CofUumeliae
fanum et lmpudentiae\ oirtutes enim et vitia conseerare decet.
So die Handschriften. Da^^s et verderbt sei, liegt auf der Hand,
und schon in alten Ausgaben hat man statt dessen dem Ge-
danken vollkommen angemessen non geschrieben-, möglich, dass
diess schon in dem Leid. C stand, aus welchem Bake, der im
Texte non hat, nichts anmerkt. Daraus würde dem einhelligen
Zeugnis aller übrigen Handschriften gegenüber nichts weiter
folgen, als dass der Schreiber des C sich eine den Gedanken
treffende, aber immerhin eigenmächtige Änderung erlaubt hat. Den
Herausgebern scheint es, im Vertrauen auf die Nothwendigkeit des
Gt^dankens, wenig Bedenken verursacht zu haben, an die Stelle des
bezeugten et ein schlecht verbürgtes non zu setzen. Nur Davies
wollte lieber virtutes enim, haut vitia schreiben; eine Ver-
muthung, die von den späteren nicht einmal der Erwähnung
werth gefunden worden; so sehr hatte man sich bei der Vul-
gate beruhigt. Ich glaube zwar nicht, dass Davies das Richtige
fand, aber er hatte Recht, nach etwas anderem zu suchen.
Trügt mich nicht alles, so schrieb Cicero: virtutes enim [mimm]e
vilia conseerare decet. Aus enim minime ward , weil beiden
die Silbe nim gemeinsam ist , in einer gleich näher zu belegen-
den Weise des Verderbnisses enime, das dann weiterhin fast
nothwendig in enim et übergieng, auch wenn e nicht die Be-
zeichnung für et gewesen wäre: vgl. indes hierfür III, 18, 42:
nihil minus e civiie est humanus in guten codd. statt des rich-
tigen niiUl minus et cicile et humanüst. Zur Erläuterung der
in unseren Handschriften gar nicht seltenen Verderbnis, dass
wegen der Wiederholung derselben oder ähnlicher Silben oder
10 Krit. BemerkuDgeo zu Cicero de iegibue, v. J. VahieH.
Wörter von deo Abschreibern einiges übersprungen wurde,
mögen folgende Beispiele dienen: III, 13,30 ;irae/ert#, in allen
Handschriften statt des von Feldhugel richtig verbesserten prae--
[ieriero. Cae]leris; II, 2, 5 unam naturam cMtaHs in der
Mehrzahl der guten für das schon in dem Voss. B gebesserte:
unam nalu[rae aUe]ram cioiCaiis^ und in demselben Capitel:
übt na[U et iUam qua ex€ep]ci sumuM ist das Eingeklammerte
in den codd. ABCE aus keinem anderen Grunde, als weil der
Abschreiber vom ersten ei zum zweiten übersprang, ausgefallen.
Die Beispiele lielsen sich noch um Vieles vermehren; die ange-
führten werden genügen, um die vorgeschlagene Verbesserung
zu bekräftigen. Zugleich werden sich auf Grund derselben noch
etliche Stellen anders, als es bisher geschehen, beurtheilcn lassen.
lU, 15,33: Dieam TUe et versabor in re difftciii ac muiium et
saepe guacsita, suffragia in magiMlratu mandando ac de reo
iudicando atque in lege aut rogatione »ciseenda clam an pa^
lam ferre melius esset. Bake*s Meinung, dass die Worte in
magistratu . . . sciscenda einem Interpolator gehören , kann ich
füglich auf sich beruhen lassen , da seine Bedenken von Feld-
hügel beseitigt sind. Auf letzteren geht die Fassung der Stelle
zurück, in der ich sie oben mitgetheilt habe. Davon weicht die
handschriftliche Überlieferung darin ab, dass nicht atque in^
sondern qui in oder, was davon nicht verschieden, quim in allen
Büchern steht, und sciscenda in allen Handschriften fehlt, mit
Ausnahme der beiden Ambrosiani ß und y. Oher letztere be-
merkt Feldhügel mit Recht, dass das Wort nur aus Vermuthung
in ihnen eingesetzt worden; denn dass dasselbe in dem gemein-
schaftlichen Archetypon aller unserer Handschriften fehlte, be-
weist die Übereinstimmung aller übrigen Codices. Ist dem aber
so, dann sind wir nicht daran wie an eine Überlieferung ge-
bunden, sondern berechtigt, diese Vermuthung, wie die eines
Kritikers, zu prüfen. Da vorausgeht in magistratu mandando
ac de reo iudicando^ so lässt die Concinnitat erwarten, dass
Cicero in lege aut rogatione nicht werde ohne ein ähnliches 6e-
rundivum gelassen haben, und ein passenderes als sciscenda
wird sich zu den Substantiven lex und rogatio kaum finden
lassen. Aber die Stelle , an welcher es seit Stephanus in den
Ausgaben steht , ist schwerlich diejenige , an welcher es Cicero
schrieb. Den Weg zeigt hier qui m, welches schon früher und
zuletzt von Feldhügel als que in gedeutet worden ist, wie II,
I9j A9 neminiqui eam^ in den codd. ABCE statt neminiqui* eam^
111,4, 10 eiqui quem in denselben Handschr. statt eique quem und
sonst. Wenn aber vor que in etwas ausfiel, so wird man, denke ich,
nicht itemque oder atque, was früher vorgeschlagen worden, sondern
dasjenige Wort hier einsetzen, das die Concinnitat vermissen lieCs
und dessen Ausfall an dieser Stelle seine einfache Erklärung in
der Ähnlichkeit der Endung des voraufgehenden Wortes findet.
Knt. Bemerkungen zu Cicero de legibus, v. J. VaMen, 11
Cicero schrieb: suffragia in magieiratu mandando ae de reo
mdicando \seisderhdd\que in lege auC rogaliofie. Zum Dberflatw
vergleiche man noch 1,8,24: llaq%$e ex tot generihus nuilum
est animuil praeter hominem i/uod habeai notÜMum aliquom dei^
ipsisque m hominibus nulla gens estj wo der Voss. A aUquam
dei gui hominibusy der Voss. B aliquam dei quin homi^
Hibus schreibt. '
Em ähnliches Verderbnis ist in folgender Stelle zu besei-
tigen 1,12,34: Bx quo perspicitur cum hane benecolentiam
tarn lote longeque diffusum vir sapiens in aliqüem pari f ir-
hUe praeditum contulerity tum illud effici^ quod quibusdam
ineredibile videatur, sit autem necessarium^ ut nihilo sese plus
guam aiterum diligat. Quid enim est quod differat cum cuneta
tint paria9 Quod si Interesse quippiam tantuium modo po-
tuerit^ amicitiae iam nomen oceiderit^ cuius est ea rt«, ut si-
mul atque sibi aliquid alter maiuerit, nulla sit. So schreiben
Feldhügel und Klotz, ohne dass diese Fassung der Stelle einen
erhdblichen Anstols gewährte. Gleichwohl fuhren die Spuren der
Handschriften darauf, dass Cicero in mehr als einem Puncte
anders schrieb. Statt sibi aliquid alter maluerit war die schon
in dem Ambros. y sich findende Vulgate sibi aliquid quam
alteri maluerit^ was nicht zu billigen, vreil das Subject zu
maluerit fehlt, da ja auf diesen allgemein gehaltenen Satz das
entfernte vir sapiens nicht mehr bezogen werden kann. Denn
Bakers Bedenken, dass man zwar lateinisch recht gut sibi all-
quid malle, aber nicht alteri aliquid malle sagen könne, wird
durch die Stelle selbst beseitigt , da ja zu sibi aliqiud malue-
rit in jedem Falle ^m quam alteri als Gegensatz hinzuzuden-
ken ist. Da indes jene Vulgate schlecht beglaubigt war, so
that man recht sie zu verlassen. Bake nahm zuerst aus dem
codd. C sibi aliquid alter maluerit auf, und dieselbe Lesart
bietet nach FeldhägeFs Zeugnis, der mit dem c meist zusammen-
stimmende Gud. 2. Hiermit ist das vermisste Subject gewonnen ;
aber der Gegensatz zu sibi beseitigt, den man doch leichter ver-
missen als überflüssig finden möchte. Von der Leseart des C
weichen die übrigen codd. in der Art ab, dass B und E aliquii
alteram maluerit^ D aliquid aiterum mal.^ A aliquid alteri ma-
luerit haben, und auch in B ist alteram durch übergeschriebenes <
in alteri corrigiert. Das Verhältnis unter jenen codd. ist nun
keineswegs ein solches, dass einer derselben allein durchweg als
zuverlässiger Vertreter der echten Überlieferung zu betrachten
wäre, sondern ans gemeinsamer Betrachtung aller muss das Ar-
chetypen restituiert werden : und da keiner von ihnen von eigen-
mächtigen Besserungen des Schreibers völlig frei geblieben, wird
man, wo offenbar Verderbtes geboten wird, dies vielmehr als
treulichen Abdruck der Überlieferung betrachten. Verfolgt man
hiemach die Spuren von A und B, so ergibt sich eine Schreibung,
12 Ki'it. Beuicikungcu zu Cicero de tegiöus v. / Vahten,
die nach jeder Seite dem Gedanken and der Sprache genügt and
aus der sich die verschiedenen Verderbnisse auf das einfachste
erklären : cuius est ea vis, ut simulatgue sibi aiiquid alter quam
altert maluerit, nulia sit. Denn alter quam ist in alferam der
codd. E und B angedeutet, das Bake gewiss unrichtig erklart,
wenn er am aus dem Anfange des folgenden maluerit herleitet.
Anderseits ist es nach den angeführten Beispielen von Auslas-
sungen klar, wie bei der Nähe der beiden Formen von alter in der
einen Handschr. ait^rquam, in der andern alteri vom Abschreiber
übersehen wurd«^. Übrigens ist dies nicht ein singulärer Fall,
dass erst die Verbindung der Lesarten zweier Handschriften,
die aus derselben Quelle flielsen, das Ursprüngliche ergibt. Man
vergleiche z. B. III, 4, 2 Ätque ut ad haee citeriora veniam,
wo a<l in BE Gd. 2, haec dagegen in AD fehlt: und doch isl
hier die Veranlassung der einen und andern Auslassung nicht so
deutlich, wie an unserer Stelle.
An dieser erscheinen ferner nach einer ähnlichen Betrachtung
der handschriftlichen Spuren auch die Worte amicitiae iam nomen
occiderit einer Änderung bedürftig. So steht allerdings in dem
Voss. E und Gud. 2. Der Leid. C dagegen hat, wenn ich Bake's
Schweigen richtig interpretiere, iam amicitiae nomen occ. Keines
von beiden ist an sich verdächtig, und schwer zu sagen, welches
den Vorzug verdient. Dass aber keines von beiden Cicero schrieb,
zeigt die Oberlieferung der Voss. A und B : inamititiae nomta
occiderit. Denn kein Zweifel, dass jenes von dem Abschreiber
zurecht gemacht, dieses getreue Fortleitung alter Überlieferung
ist. An sie also hat sich die Kritik zu halten, um daraus das
Ursprüngliche wieder zu gewinnen. Cicero schrieb: Quodsi tu-
tcresse quippiam lantulum modo potucrit in amicitia^ amicitiae
nomen iam occiderit. Dadurch gewinnt der Gedanke zunächst
eine Ciceronischer Rede nicht fremdartige Pointe : 'wenn nur ein
noch so kleiner Unterschied in der Freundschaft bestehen kann,
dann verdient sie den Namen Freundschaft nicht mehr.' Sodann
aber erkennt man deutlich, wie aus jener ursprünglichen Fassung
entstand, was jetzt in dem Voss. A und B geschrieben ist. Da
dies an sich sinnlos, so haben die Abschreiber anderer Hand-
schriften auf eigene Gefahr hinein zu corrigieren versucht, was
Sinn hätte.
Da sich aus den bisher angeführten Beispielen ergeben hat,
wie häufig in unseren Handschriften dadurch gesündigt worden,
dass wegen der Nähe ähnlicher Worte oder Silben von den
Abschreibern Einiges übersehen ward , so wird sich auch über
folgende Stelle zuversichtlicher urtheilen lassen: II, 17, 42 Quorum
scelere reiigiones tum prostratae afflictaeque sunc^ partim ea:
Ulis distracti ac dissipati iacent: qui vero ex iis et horum
scelerum principes fuerant et praeter ceteros in omni religione
impii, non solum vita cruciati atque dedecore verum etiam
Kiit. BemrrliuDgeti tu Cicero de tegitue, v. J. Vakien, 13
eepuiiurm ei Huli» extquiaram caruerunt. Da^^s die Worle viia
erucieUi verderbt sind, bedarf keines Beweises. Der Gedanke,
der an dieser Stelle gefordert wird, ist im aUgcmeinen klar.
Cicero bemerkt von jenen prindpee eceierumj dass sie nicht bloCs
im Leben von Schimpf und Schande gefoltert worden, sondern,
da« ihnen auch nach dem Tode die üblichen letzten Ehrenbezeu-
gongen nicht zu Theil geworden. Aber zur Herstellung der
Worte haben die Kritiker die verschiedensten Wege eingeschlagen.
Manche betrachteten earuennU als das Verbum, von welchem
beide Glieder des Satzes abhängig seien, und suchten demgemäls
in viim crueimii atque äedecore eine dem folgenden verum eCiam
Bepmiiura ete. entsprechende Bezeichnung. So Wopkens nan eolum
rite, crudaii^ atque deeore^ verum etiam sefntltura... carue-
rHfU, Görenx non MOlum vUa^ cruciati dedeeare, verum etiam
eepuUura... caruerunt^ und Zumpt non soium vita^ cruciatu
atque deäeeore^ verum etiam eepuitura.. carueruntj wobeier
die Ablative cruciatu atque dedecore 'unter Qualen und Schande'
iberselzt. Von demselben Gedanken ausgehend trug Lambin
wenigstens der Latinitat mehr Rechnung als jene, indem er vor-
»chlug: man eoium vUa cum cruciatu atque dedecore verum
etiam eep... caruerunt. Denselben Weg schlugen auch Halm
nnd Feldhdgel ein, indem sie non eoium nuito (Feldhugel non}
viiaa cruciatu atque dedecore verum etiam $ep,. carucrunt
beBserlen. Halm stützt sich dabei auf die Leseart des Ambros.
ff viiae cruciatu^ in der ich nichts als einen Verbesserungsver-
ftich des Abschreibers erkennen kann. Aber auch abgesehen
davon, dasa die diplomatische Grundlage dieser Vermuthung
schwach ist^ erscheint der Gegensatz: sie haben nicht nur nicht
die Qual des Lebens, sondern auch Begräbnis entbehrt, zumal
earere in doppeltem Sinne zu fassan wäre, wenig angemessen.
Besser genügt Klotzen s Vorschlag non eolum vitae iucunditate atque
äecore, verum etiam »epultura . . carucrunt^ bei der jedoch die
kandschriflUche Überlieferung zu wenig geschont ist, als dass
«an sich dabei beruhigen könnte. Andere Kritiker suchten in
cruciati ein anderes, dem caruerunt im zweiten Gliede entspre-
chendes Verbum. So Pearce: non soium vitae cruciati dede-
core MC. etmt; Ernesti non soium vivi cruciati dedecore sc, sunt,
Welche beide Vorschläge theils durch die blo&e Ergänzung von
«Ml/, das nicht fehlen dürfte, theils durch die Entfernung des
iberlieferten atque sich wenig empfehlen. Sprachlich ist nach
dieser Seite richtiger, was Ralh wollte: non soium vitae cruciati
iafamia atque dedecore sunt, aber seine Ergänzungen haben in
diplomatischer Räcksichl zu wenig Probabilität. Endlich wollte
Bake die angeführte Schreibung des Ambros. o. non soium vUae
erudaiu atque dedecore unverändert aufnehmen, so dass aus
^aruenmi zu dem ersten Gliede ein Verbum wie conflictati sunt
» ergänzen wäre; wogegen theils die Unzulänglichkeit der band-
14 MgU, Bmerimtta n Cfcvrv dt fcfüi, ▼. 7.
fdviftfidboiGnuKlIage, ikttU die i^racUche Uuwglichkcit spricht,
■cirai wir Bach dkarr Aabihhuf der TeiBchiedoKa Tcrevche,
TOB deMS kencr n^UkoBOMi bttntiigi, tmp die CioeroBische
Bede gefBdcxa TerBwIallrB, n der cchico hnubchrifUichni Ober-
üefiiife: «4« •■#!— eil« ermdmii mifme äeäeemne mwA, so ist,
wie Mir 8cheiBl, zweierlei klar: erstlich da» ermdmii das den
fötgOMlca emrmermml caisprechende Terima iailaB itl od ako
mmu aasgefaUea, oad xwdteas, dass, da rUm mifmm ämäeemremkM
hämmm Terhaaden werdca, eia aadcrcr aa äeäeemre gehöriger
AhhÜT TcfBüaBi wird, aiCa dagcgea die too deai Gegeaaati
▼crbagte ZeitbestiaiBiaag cethilt. Hieraach war die Vwssng der
Stelle arsprnglich diese: nom smiü m vUm [mmU tfnaaiMiaJ
ermeimii mifme dedmemre venum eimm^ Mepmiimrm ei meOe emee»
faiarai cmrmenmL Mit dieser VerbeucniBg wird die haad«
schriftliche Cberlieleniag aiehr als ia dea anialcii der iMgen
Vonchlige geschoaL I^ks hinler aalaat das aicht la ealhelH
raide im etageschobra, bedarf keiner Rechtfertigui^. Zwischen
wOm aber und dm Schlass Toa i§memdmim ist znaial in der
Haja^kelschnft Ähnlichkeit genug, aai dm AasfalL der Worte
mmU ifmemmmim za erklären: denn wie wenig es in aaaeiea Hand-
schriflca brdarfte, oai das Cbersehen einiger Worte zu TtfaalaBsen,
zeigen die fraher angeführten Beispiele. Iffioaitaaa aber and de^
deeme Terbindet Cicero de dttrinmOeme U, 9, %t : Mmrtmmt Crmeee
pmime miiie fmeee Amm, cum aiaxiBiiy opikme farimmieqme ßere-
kmij eeire Jt6t itUerfeelQ Rublio fiOo exerdimqme deieim trmne
Bm^krmiem^ cioa ifnomämm ei dedeeore esse pwremmdmm^. Uad
habe ich aach keia Beispiel für die Redensart crmdmri ifMonilfitfa,
so ist doch nach dies ebenso gut and der Sache angemessen ge-
sagt, wie wenn Cicaro an Atticns schreibt VHI, 1», 2 ofiea «le
deübermOo ermdmi crmdmeiiqme mdkue.
4
II, 8, 19 : IMrof ei eos qui ceeiesies sem^per MmbiÜ eehmio
ei eii&M quos endo eoeio mterkm ioeaverini^ Heremiem%, Mdbermm^
AesemiafnuwL, Cesiorem^ Poiiueeai, Quiriftum^ msi Mm prmpier
qmme dmiur kammm mdscensus m coe/ttai, Jfenleni Viriuiem^
Pieimiem^ Fidem^ eanamque imuäumk deimbra sunio^ neve uiim
9iiiorum^ So ist die Stelle von den Herao^gebern nach der band-
schrifilichen Cberliefernng im allgemeinen richtig ediert and deai-
geaiäÜB erklärt worden. Ein Bedenken erregt nur der Schhiss
des Gesetzes : neve uiim piOerum^ wie Feldhügel und Klotz nach
einer Vennnthung des GnÜelmos schreiben , die jetzt eine Bestä-
tigung zn finden scheint an der Überlieferung des Bnrn. d. Bake
dagegen hat aus den Voss. AB nee uiim aufgenommen: und es
lässt sich schwer sagen, welches von beiden den Vorzug ver-
diente. Diese Enlsc^idung kann indes auf sich beruhen, da
nach aller Wahrscheinlichkeit Cicero keines von beiden schrid).
Krit. BemerkuDgeo t« aeero de le^ihn, ▼. J, Vakien. 15
Dem «och kier weisen die ver(l(*rb(en Schreibungen einiger Hand-
«chhflen der guici Familie^ wie mir «cheiat, untrügliche Spuren
ciier ▼CM jener Terschiedeneii alten Cberliefemiig auf. Statt
mmi^ nee uUm der Voseiaai A B steht nämlich m dem Leid, c
mnu wme uneuisj und ahnlich in dem mit jenem meisi ubel^ein-
slimaiaideB Gad. 2 suni rnmneula^ ferner m dem Leid. K mmt
ktmitulm ; womii endlich noch zu vergleichen die Leeart des
Ambr. m mmt nee frineuim^ wofür am Rande ulia corrigierl isi.
WumtoUche Verderbnisse bei der Voraussetzung nämlich, dass in
dem Archelypon Munto nee utfa stand, was die Voss. AB bezeugHi,
oder neve uUm^ wofür Fddhugel in jenen Spuren nul wenig
Wahracheinlichheit eine Bestätigung finden will Ich denke, man
wird CS mir zugeben, dass sich jene Verderbnisse auf das evi-
dcaleale erklären, wenn ursprünglich geschrieben stand : earwn^
fne kmämm deiuöra eunie^ NINCVLA eiüerum. Aber auch diess
«i klar, wie ein Abschreiber statt des nicht verstandenen n^-
ciiln den Sinne ganz entsprechend nee uila verbessern konnte.
Aasi der Schreiber des A (und B) sich zuweilen eine eigenmäch-
tige^ wenn auch verständige Abweichung von seinem Original
erlanbl hat, wurde zu der Stelle I, ll, 81 bemerkt. Und zeigte
die Steife i, 12^34, dass A und B treulich die Verderimis ihres
Ohgmab referierten, wahrend C und E gebessert hatten, so haben
wir hier den umgekehrten Fall Jenes nineuim aber ist ein ver*
icbollenes Wort, dessen Kunde uns nur in einer Glosse des
Fest» erhalten ist p. 177 M. nkufulue nuUue, ut EntUm /. 1/:
firf ferro minUere ai^$e inie nineulue mederi gueai. Und dazu
6eT Epilomator Paulus: nin^niue nuiiue. Mmreius vatee: ne
nim§miue tnederi queaC. Ans der Vergleichung beider Zeugnisse
crgikl sich , dass dem Bmius nur die Worte : gui ferro mM-
iere mU§ue in U ningtUue gehören, und in folge der Wieder-
holung von ningmiue der Schluss des Verses und der Anfang
des Citntes aus dem Mareiue vatee ausgefallen ist. Vgl« m. Enn.
po^ reL p. 21. Will man hiernach auch bei Cicero lieber nln-
fif/«, so iMi dagegen um so weniger etwas einzuwenden, als
aadi den früher angeführten Beispielen die Verwechslung von
C und O in diesen Handschriften gar nichts seltenes ist, Bemer-
henswerth aber ist, dass auch Festus in dem Verse des Ennius
nhiktmiue schreibt und es steht dahin, ob nicht von etymologi-
scher Seite sich diese Form rechtfertigen liefse Denn es wird
jawdaus ne^unieuta ine^uncuia wie der codd. C schreibt)')
erwachsen sein durch eine ahnliche Deminutivbildung wie ein^
fmime aus dem in eimplem eimui eitnUur vorhandenen Stamme
9im (i^). Doch die Entscheidung über das etymologische bleibe
andern Aberlassen, wir begnügen uns dem Cicero ein archaisches
') lUn könnte leicht versucht sein, dies (oder nuneulä) geradezu
für das Richtige zii halten, wenn sich nur eine anderweitige Spur
dafSr finde.
i6 Krit. fiemerkungen zu Cicero de iepilnit, ▼. J, VnM&n.
Wort restituiert zu haben, das in der Gesellschaft Ton endo
eoelOy 90$ Mo datoij eecitj turboMtitur^ coerarej oesuSy oenue
ploera mit Fug seinen Platz behauptet. Dass in der von Cicero
mit Absicht gewählten antiken Form dieser Gesetze (11, 7, 18:
sunt certa legum verba negue ita ftrieea^ ut in veieribus XU
eacraiUque legibus et tarnen quo plue auctoritatie habeanty
paulo antiguiora quam hie $ermo est) in der Cberliefenmg
vieles verwischt ist, sieht man deutlich an Hl, 8, 6 minores am-
gistratus partiti iuris plures im ploera*) sunto^ wie aus der
handschriftlichen Oberlieferung unzweideutig hervorgeht: demi
schwerlich hat wie (Corfsen 1, S. 199 zu glauben scheint)
Cicero selbst diese Varietät beliebt. Um so sorgfältiger aber
sind die in den Spuren der Handschriften angedeuteten aiter-
thumlichen Reste zu verfolgen. Hier ist auch nach den neuesten
Herausgebern eine Nachlese verstattet. II, 9, 22 steht in den
Ausgaben luäis publicis. Aber da es neben iudus eine altere
Form loedos (und ioidos) gab, die auf Inschriften aus der Mitte
des siebenten Jahrhunderts vorkommt (vgl. Corssen Cber Ans-
sprache, Vocaiismus I, S. 195) und Cicero oesus^ coeret^ oenus
gebraucht, go dürfte man schon an sich nicht zweifeln, dass er
auch loedis werde geschrieben haben; um so mehr war diese
Form aufzunehmen, da sie in dem Voss. B erhalten ist: ioeäis
mit übergeschriebenen u; auch ledis in dem Leid. £ geht nicht
auf ludisy wol aber auf loedis zurück. — II, 8, 20 steht in den
Ausgaben: quod interpreteiur fatidicorum et valum effata. Die
Lddenses ABC E geben dagegen ratium et fata: nur A hat, wenn
Bake «Schweigen zu trauen^ effata. Was die Form fMtium be-
Iriffl, so hatte schon Görenz, der sie an dieser Stelle in vier
mmtf Handschriften fand, darauf aufmerksam gemacht: priseam
fifrwmm puto: sed shie exemplo sie seribere ausus non smn.
Vgl L. Schneider Lat. Gramm. II, S. 245. Aber sie ist nicht
Mo& an dieser Stelle, sondern auch II, 12, 30, wozu GOrenz nichts
m^aWHnki hat, in den Worten Cicero*s selbst, mit denen er jenes
Ceaetz erlaolerl, in allen guten Handschriften AB CE Gd. 2 d^ er-
MUu^ HO dass man dieselbe, da kein innerer Grund dagegen
fifridii, nicht ohne weiteres wird beseitigen dürfen. Für et faim
jdkr wird wum wol richtiger ecfata als effata schreiben, wie
l^miU^ tu Itf. Heaulontim. IV, 4, 22 et ferant der Handschrif-
Mf m ecftrant ändert. Denn das von Schneider lat Gramm.
1;2,K^<^I angeführte Zeugnis des Terent. Scaurus p. 2210 F.
ۤ0JUt0^ n4m exfaiMs nee ecfatus ut quidam putani^ beweist
f^iNtf«;^ da*a «lan eefatus wirklich schrieb. Auch Ritschi schreibt
M» nmtisL Tri». 4d3 eefodiam, wo der Ambrosianus es bietet,
$m4 tkiiu^mm kat in seinem Plaulus consequent vor f nicht eof
^t Md im ploera i«t zu vergleichen Cic. pro TuiL §. 20 im-
m00 fitr in meo.
Kril. Beneritnngen zu Cicere de tepttm, r. 7. faklen. 17
sondern ee geschrieben. Vgl. auch Ennius Ann. v. 60 ecfaiuMy
Trag. T. 24 eefari, 287 eeferreif wo zwar nirgend ee ober-
liefert ist, sich aber aus dem ee oder hec and haee der Hand-
schriften onzweifelhafl ergibt. Vgl. femer Pacuvius v. 292 Ribb.
eefiare {ei fitre d. Handschr.) ; Attius v. 216 eeferasj 592 eefer.
Vgl. de legg. III, 9, 28 eifero iaudi^u» in BE für effero oder
e^ere. Aber nicht blofs vor f kam jene Form vor: Enn. Ann.
86 war, wie Klotz in Jahn's Jahrböchem bemerkt hat, aus eieiia
der Wiener Handschrift eecita^ nicht exeUm aufzunehmen, und
lUbbeck hat Afranius y. 64 aus der Cberlieferung et poniie
eepanii0 in den Text gesetzt. Daher auch in unseren Geselzes-
formeln U, 9, 22 aus der Überlieferung des £ ee pianio vielleicht
eepiamio herzustellen sein möchte. Eine deutlichere Spur der
Form ee ist III^ 8, 9 erhalten in der Leseart des Voss. A oiüque
haee ee prodanto^ worin nach Aea oben angeführten Beispielen
ee ee liegt, worauf auch exe (d. i. eeee) des Leid. C und Burn.
d hinzuweisen scheint. Denn nicht blofs auf die Composition
war ee beschrankt, sondern auch als selbständige Präposition
vorhanden; so schreibt Ribbeck Com. Lat. Rel. praef. p. XII
feraU» ee iheatro in einem Verse des Varro, wo die codd. des
Noniiis et überliefert haben; und andere Beispiele aus Nonius
habe ich Anaieeia Noniana p. 86 f. erwähnt: ee fiamma^ ee
fanüöusy ee fenestra^ ee liguidoy die sich aus der Schrei-
bung et ergeben.
Auch III, 8, 10 schrieb Cicero nicht: Creaüo ma^etratuumy
iudieia populi^ iuesa vetita guum wuffiragio eanecUeentur^ opH"
matibue nota^ pleöi liberm sunio, wie in den neuesten Ausgaben
steht Zuerst ein Wort ober die Fassung des Gesetzes selbst.
Tumebus und Lambinus wollten mit einer Umstellung lesen cum
eaneeiseentury aufiragia optkmatibue noia ; und ebenso Stephanus
und Manutius, nur dass sie statt caneeieeentur schrieben eeie^
eeniur. Einem ahnlichen Gedanken folgte Davies: evm e^ragüe
eeieeentur^ ea oplimatibue noia^ und Bake, der vorschhig iueea
vetiia^ quae auffräße sciaeentur^ haee apiimatibus noia. Feld-
hügel dagegen glaubt alle diese Versuche beteiligt zu haben mit
der Erklärung : creatio fonngiitraiuum^iudiciapopuli^ iussa vetita^
cum euffragiie $ci»century noia e$$e nibenivr optimalibu»: iä
quod hone 9tm habet^ uC iaia omnla^ dum »ciscaniur, non sciia
dewmm noia esse velii: wobei das zweite Glied der Vorschrift
piebi Ubera s%mio keine Berücksichtigung findet. Noch weniger
aber kann man beistimmen, wenn er fortfahrt: Quod idem est
atgue si dieat^ suffragia in magistratibus creandis et in legibus
seiseendis opimatibus nota sunto. Dass dies allerdings der
Sinn der gei^etzlichen Bestimmung ist, geht klar hervor aus der
Art, viie Cicero in der Erklärung darauf zurückkommt 111,15,
88: Prowimum est auiem de svffragiis: quae iubeo noia esse
apiimatibus, popuio iibera; und gleich nachher versaber in r0
Zeittehrift f. d. 5tt*rr. Qyvnn»%, 1S60. I. H«ft. 2
iH krii. Bemerkungen am ffcero de iegihu, t. J. fmkiOL
diffUiU ae mulCum et saepe quaemia, mfirafia in
numdando ac de reo iudieando ecieeendatfue in iefe iuti rw^m^
Hone dam an paiam ferre meUu» eesei; und $. M Sie mta «
me reeitata Ua e»l de aulfragiis: optmmiibue nota^ pksH Oktn
eunlo. Aber zugleich ergibt sich hieraus, dass Licero »du
sagen konnte creaüo magislraluum, iwüeia populi ^ptknoMm
notaj plebi Uöera eunCOj sondern dass als Subject für ieistercs
nur $ulfragia gelten kann. Trotzdem möchte ich der von Lambni
und J'urnebus vorgeacbiagenen ümsietlung nicht beitreten, soiideni
Uebar annohmni, das vermisste auffragia sei eben der vekm
Wied(*rholung wegen ausgefallen, so dass* die ursprüngliche Fas«-
Mung des Gesetzes diese gewesen : CfeaHo maginratmam^ hmIM*
popuH^ im$a veUta quum mffragio conseieceniur, l^f^t/rmgiai
optima fibuß noia, pieöi iibera auuto. Denn mit Davies blob em
Hnzuselzen, würde auch im Vorhergehenden nicht sngrmfiOi,
Mondern $ug^agii$ erheischen und doch is4 an dem Singular niciil
der mindoNle Anstoss zu nehmen, wie Feldhigei mit üecht be*
merkt hat: (wann durch Abstimmung Beschluss gffas8t>wir«l,
Noilen die Stimmen frei stin). Aber auch an eonecisceniurtmU/b
man nioht zweifeln sollen. Hier war jedoch aus den Zügen irif
HHiidMehriflen nicht eonee. sondern vielmehr die allerthtailiohe
Vuvtn coeeieetfhtur zu gewinnen: A und B haben eoe eineenim^
i\ 000 dngtmmr^ I) endlich eo oci ceniuro ropMm aUlme. Dws
die Sehreibung co neben con vor v oA^^x e'ajmdveiuMetlmfoi
im (iebruuch gewesen, bemerkt Lachmann Lucr. p. 1S6 uad führt
aus dem S (>. de BaochanaKbus die VoTm toooieroiur «n; vmA
and4 it» Beispiele hat jetzt Corasen aufgesählt a. a. O» L 8« #7.
Auch opimfkmHbue^ das an dieeer Stelle der Voss. B aUein ^
wahrt hat, h«t1e aian unbedingt in den Text aifneimitn solM,
wie III, 3, 7 aus der Le«eart desselben Voss. B roMqm^ imV-
mehr roOn^onto^ nichl roOn^mut^o zu restituieren wnr^ und
umgt4[ekH III, 8, 18 peroeeumimr ans AB E. An joier Stvlte
haben alle Handschriften qumny obwohl kein Zweifel tem fcann,
dass Ciceio fwoni, wie Feldhügel hier gegen seine anneligeCoR-
seqnenz in den Text gesetzt hat, nicht blofe in den Geaelsen-
formein, sondern aneh in seiner eigenen Rede schrieb, wertter
nachher. Seikst popmioei^ als NomiaatiT war 111, 8, ü nicM m
verschmAhen, da in dem Voss. B diese Form unverdeibl erlMh-
ten, in anderen llandsciHriften ans den Verderbnissen erkcMIbnr
i^t: pmtioe me B; ppi* oflrmi Gnd. t. popmio eioe Ambr. y. --
Weniger znversichMich ist folgendes an benrtbeiten. 11,8,11
di^onm^ue *w pro9idenio «syw ^^^pmrmio hnl C jn^ntPi-
demo eie^fte appmrtnio, und E prmndemioa ioptOy aUe fibngen
Bücher pro9ideHio Oe^e. In jene«! eie nimitch kdnnle mSp-
Ikherwefee auch eine Dntivform von dem alten demonsAmlrven
IVoiMNBinalstannu sn^s^-erhahensein, xm welchem Ennte nech
die Aeensnlivformea t»es Sit^^nhir und Plural jmm, mm, m^ me^
Erit ■eAerfcnngen m Cleerß äe legi&u$, t. J. Vahlen. 19
(fgL doi liiil. SU IN. Aoisf.) gebraucht bat. Das« dieses Pro-
■omw an allen andern Steilen dieser Gesetzesformeln verschwun-
dn, isl tboMo leiok erklärlich, als es möglich ist, daes essich
IB einer tHungien fliGlllig erhallen hätte. Ob Cicero auch foa
lehriak Ar jue» wie 11^ ^y fti in den Ausgaben steht : f^f leio
4ai99f iat sweifelhafft, da in den guten Handschriften nos (in
teUeckteren koä) öberiieferl iet, woraus man ebensogut mos her-
iltikn kMate. Von jenem Possessivpronomen ist jetzt nur aus
Bonins Annalen der Dativ 9i$ erhalten in dem Verse: posequam
iMntfMi etfi ocuUm b0nu$ Aneui reUquii, den Lucrez III, 1026
aachahnite GorBRz' Bemerkung darüber ist ungenau.
Von alterthümlichen Formen in den übrigen Partien dieser
tehrift sei cnnächst gumn erwähnt, das an manchen Stellen
Mfenehrl in den Handschriften erbalten, an anderen aus den
VerdeilNiissefi erkennbar ist, und zwar nicht blob für die Con-
janetion, sondern aneh Ar die Präposition eum. Dass auch für
blilcre die Forn gu&m fai galen Bädiem sich bisweilen ünde,
tenerkl fiir die Pkinlinischen Ritschi in der Vorrede znm JStichus
8. XVI, und daes eine Grammatikerlheorie auch in spateren Zei-
\fu noch wiequom nnd U^fuom schreiben wollte, grht aus dem
verwerfenden Zeugnis des Terent. Scaurtis p. 2262 hervor, wel-
ches Schneider Lat. Chramm. I, 1 S. 32 und 387 richtiger auf-
ftssl als Hand im TnrseUinns II, 135. Ob auch Cicero seU)st die
PH^oaüion fuam sehrieb, mag man bezweifeln, dass er die Con-
janelion fwim nnd dem entsprechend die Formen des Relativ-
mäkm und 9if^ gebrauchte, bemerkt zu den Briefen
(Rhein. Mus. XI, J16) und für die Bücher de legg.
nardin 99 die folgenden Beispiele belegen ; I, 28, 62 guae cum
M rm ianimegue tint] C quo in; I, 28, 60 fiom cum anknus . .
iMmmwtrii] gu0 anitmit €£«7^, quod animu» AB; II, 1 1, 27
ajJMlf eumirnfknit 08M0ni] vstuti .quo infane esget kBE a ß y\
11,25,' n oftud quäM cmm' quidqtiid veri erat praeäieaium]
^uomni ipää veri A d, ^fiesn inquiä Gud. 2. eum omni gut
daertf B. 80 sicher an dieser Stelle die Überlieferung auf ^tiotn
kiDweist, KO wenig ist sie jedoch im Cbrigen zuverlässig her^
gfstelll; 1,21,55 cum deeus quod antiqui mmmum bonum
ۤm M^ehnUy kk ttmkum bonum dieai] quod deeus quod ARE;
ia gm9d ist qwtm hinfiger übergegangen, vgl. 1, 22, 57 quod
{wmifeum) j^aeaerUm üd id nihil periineat khC?.ai€, II,
6, II iteni omn in homine eet perfecta] quod CE. Auch in
fn«n «ad quem : vgl. 1, 6, 24 cumque aiia quibu» eohaererent
kaminee 0 moriaii penere »umpeerint \ quamq ue aliqtribue
ABC^E« 1, W^ M quippe eum\ quem E. Für die Präposition
tMn steht 1, 12, 3^ quompseueippo AB (statt cum JSfpeusippo^;
11,11, 81 quam avcfarHaie emviunclum k 6 \ 1, 16,48 mm
4aa| gumd ee k m\i ikltergoKchileb« nrm eum\ quod eae B und
iftier mm dein: U 8« 25 äomini quam dea eimilituda B» corr.
2*
tö Kril. Bemerkungen zu Cicero de ieffiöue, V. J. VaktetfL
cum; I, 20, 62 cum ista ratiane] quod uttam oraHonem GE tf.
Von Formen des Relativpronomens sei erwähnt I, 13, 89 qu0uis
partem D statt eulus; I, 80, 62 e%äu9 cauea] quoius eaum
A; quo vi» apiscendi causa ßy^ quo minus asdndi e&usa
mit übergeschriebenem cuius B, quo minus aseindi emtsm C
d^que insa scindi causasE, Hiemach war nnbedenUich fiioi^
apiscendi causa in den Text zu setzen: denn Bake und Feld-
htigel thuen Unrecht, dass sie nicht bloGs quoius^ sondern auch
apiscenii verschmähen, welches jener ganz beseitigt, dieser in
adipiscendi glaubte ändern zu müssen; s. jedoch s. Comm. Der
Dativ quoi ist I, 18, 49 erkennbar: eui referuni yratiam} quo
ire fuerunt graUam E.
Aach die von Lachmann wieder eingeführte Form ^ stiud
des Pronomens iste hat sich in ein par handschriftlichen Spure«
in diesen Buchern erhalten: I, 19, 60 steht in dem cod. E ac
mesCorum philosophorum^yio AB ac m^fslorum^ die Vulg. mesae
istorum. Jenes war in me stamm aufzulösen und dieselde Hand-
schrift, die auch sonst allein oder mit wenigen andern das ur-
sprüngliche gewahrt hat, schreibt III, 2, 6 mihi vero ei siudet
ordo iste verum plaeet , d. i. et stud et ordOj wie hier auch
der Burn. d hat, während die Vulgate et istud. Die sicheren Bei-
spiele, die sich sonst von dieser Pronominalform bei Cicero finden,
hat Lachmann im Lucrez S. 197 angeführt.
Schliesslich sei noch ascea erwähnt das 11,88,59 in ABCE
überliefert ist, eine Form, die mit eurea, fiiea^ tabea^ aismm
(worüber Ribbeck zu Pompon. 6) doteum^ palieum zusammen-
zustellen: vgl. Schneider lat. Gramm. I, i, p. 16; und die Schr^
bung accedere statt accidere^ auf welche Fleckeisen zuerst auf-
merksam machte (vgl. Ribb. Trag. Lat. fragm. praef. Vill u. IX
und über die entsprechenden Formen eiecere^ traieeere von iaeere
Lachmann's Lucrez S. 128, u. m. Conu in Varr.p. 188, 96). So
ist accedere delegg. II, 22, 67 in ACE erhalten; II, 17, 43 (
diese in E; accederis II, 18, 46 in 6, corr. aecesseris.
Sehr richtig hat man in den Schlussworien des zweiten
Capitels des zweiten Buches habet dvitates duas set unmm iUam
cimtatem pfUat\ die in allen Handschriften überliefert sind, eine
Interpolation eraknnt: es war, wie man deutlich aus dem Inhalt
des Capitels erkennt, eine an den Rand geschriebene Inhaltsan-
gabe , wobei habet und p%Uat auf Cicero als Subject zu bezie-
hen sind. Ganz ähnlichen Ursprungs ist die Interpolation II, 19,
48^ wo jedoch die Worte des Interpolators selbst noch einer
kleinen Nachbesserung bedürfen, welche von den Handschriften
gefordert wird, und die zugleich die Annahme der Interpolation
noch einigermaisen bekräftigen kann. So nämlich war auch hier
KhU Bemerkung«!! zu Ckero de iegiöUM, v. / Vühieu. 2i
ab zusammenfassende Inhaitoangabe auf den Rand geschrieben:
JSToec pomU (nämlich Cicero), et haec iurm poniifieum auctarüaU
cmueeuia mnt^ ulj ne marie pa(ri$ fkmiiias sacrorum memoria
oedderelj üs euenl em adiuneU^ ad quos eiusdem maric pe^
emUa venerü. Davon weicht die Überlieferung insoweit ab, das»
statt kaee panii et die Leidener ACE haee posUe (woraus man
auch kaee poeuU ei vermuthen könnte), Gud. 2 Aaec ponite
schreiben. Baee poeUa oder, wie meist in den Ausgaben steht,
hoc powUo sind nicht gegluckte Verbesserungsversuche nach An-
leitung des gleich folgenden : Moe uno ponio. Von hier nahm ohne
Zweifel der Interpolator den Ausdruck ponere. Das schleppende
in der Rede haee penU et kaee... eamsecuta mn/ charakterisiert
den Glossator ebensosehr ^ wie die Consecutio temporum occi"
deret.. eseenl.. emieriu Es ist aber i »s eM^it^ ea in AB richtig
geschrieben, wofür in andern Handschriften He est ea^ was Feld«
bigel nicht hatte aufnehmen sollen. Dass der ganze Salz an dieser
Stelle in un^träglicher Weise den Zusammenhang stört, hat
Hadvig 80 überzeugend dargethan, dass man Bake's Einwendun-
gen nicht begreift ; als Inhaltsangabe trifft es der Sache nach
vollkommen zu, wovon sich jeder überzeugen kann, der den In-
halt des 19. und folgenden Capitels damit vergleicht. Insbesondere
aber gehören hierher die Worte c. 20, 50 : Videtis igitur omnia
pendere ex uno iilo , ifuod pontiflces cum peeunia sacra con-^
mn^i voiunL
11,17,44 hat Feldhugel die Interpolation, aber nicht ihre
Veranlassung erkannt. Repritnam iam et non ineequar longius^
eogue mmue quo plue poenarum kabeo, quam petivL TaU'-
tum ponam merui dupUeem poenam esse divinum^ quod cou"
$tat et ex vewatuUe virorum animie et ea fama mortuorum^
ut eorum exiUum et iudicio eivorum et gaudio comprobelur.
So die Handschriften, nur dass statt ponam, wie Tumebus un-
zweifelhaft richtig verbessert hat, poenam oder poena und statt
merui in AB erebi oder merebi verschrieben war. Dass merui
an jener Stelle sinnlos sei, haben die Herausgeber langst gese-
hen, und die verschiedensten Vorschläge sind gemacht worden^
um aus dem verderbten ein passendes Wort zu gewinnen. So
schlug Turnebus erui, Lanibin brevij Davis rebus^ Görenz cerni,
Bake vere, Orelli propterea, andere sceieri oder trimiui, Zumpt
eideri vor. Von allen diesen Versuchen hat keiner besondere
Wahrscheinlichkeit. Dagegen ist der Stelle vollkommen geholfen
mit der einfachen Entfernung des störenden Wortes, wie schon
Hanutius auf die Auctorität zweier Handschriften gewollt, und
zuletzt auch Feldhugel. Aber volle Evidenz erhält die Vermu-
thung erst, wenn auch die Veranlassung des Einschiebsels er-
klärt ist. Darüber schreibt Feldhügel : erui (denn diess , nicht
menU hält er für das ursprüngliche), quo int^rpree se poe^
nam ex ihendo aliquo extrieacieee in marghie eignificamral^
22 Krit BemcrkuDgeD zu Cicero de legibus,, v. y. VakkUm
inde in verborum seriem irrepHeee. Doch diese Brkiänuig ist
80 gut wie keine. Deiw ist es «chon wonderlich genug,, dass
jemand soUle am Rande ein erui^A. i. ich hab's herausgdNradit
statt dessen, was er herausgebracht, bemerkt haben, so verliert
vollends diese Auffassung jeden Halt , da weder irgend in der
Überlieferung angedeutet, noch sonst abzusehm ist, was es d^nn
für ein schwieriges mendum gewesen, ub^r dessen glückliche
Beseitigung der inierpres sein freudiges enU an den Rand ge»
set2t habe. Eine einfache Betrachtung de« Sachverhältnisses hait^
mich längst auf den Gedanken gefOhrt, n^erui sei ursprünglich
nicht ffur die Stelle, wo es jetzt steht, bestimmt gewesen, son-
dern zu dem unmittelbar voraufgjehenden. peUüi ab Variante oder
Dittographie an den Rand gesetzt worden. Je zuverlässiger mir
diese Bemerkung schien, um so mehr wunderte, ich mich, nt
schon viel früher von Wyttenbach gemacht zu sehen, der fol-^
gendes angemerkt hatte (vgl. Moser Bxc VIII, p. dOO): deirn^
dum eH metui utpoie orium em vatia leeiione verbi peiif)i
pro quo aliqüie annoiator in tnargme potuerat merui^ Was
weder einer der früheren Bearbeiter, noch auch der letzte Her-
ausgeber beachtet hat, dem dadurch sein verunglückter Brida-
rungsversuch erspart worden wäre.
Ähnlich verhält es sich mit folgender Stelle: 11,14,84
steht in den Handschriften: Jam de aruspkum reUgione, de
expiationibus eade ee$e (oder satisse^ was von jenem nicht yer-
:>cbieden) iUane in ipea lege dictum pulo. Nichts als ein Ver-
beäserungsversuch ist es, welin statt dessen in anderen Hand-
schriften und auch in dem Voss. A geschrieben ist: eaü» att-
prague in ip$m^ Worauf die Vulgate eaUs euperque gegründet
ist« Bake hat mit Recht sich an jene Oberlieferung angeschlos-
sen und mit Ausmerzung von iUane gewiss richtig eaUe eese
in ipea lege geschrieben. Aber seine Erklärung Hin nei^s,Ula
in) sei verschrieben aus m ipsa ist nicht giaid>lich, und noch
weniger annehmbar ist die DeutUhg FeldhügeFs, der im übrigen
bich an Bake anschliefst: 'mihi videtur mendum illud (nämlich
illane} ex verbis e$$e iam Ua naCum eaae, ui iiUera $ verhi
praecedentis priori litierae e cow^pendii ee adkaereret^ alle*
rum aulem e compendii eiusdetn eoalescerei cum eocua iam
(elam), unde proclivie eane fitü mendi progreesio. Woher iam
an diese Stelle gerathen, sagt er nicht; aber auch abgesehen
davon ist jene Erklärung nichts ieiIs eine halllose Klügelei. IUane
ist ursprünglich Randbemerkung: so fragte nämlich ein aufmerk-
samer Leser verwundert darüber, dass Cicero meinte, er habe
de aruspicum religione^ de expiaUonibus schon hinreichend in
dem Gesetze selbst gesprochen. Denn dieses völUge Überspringen
eines gewichtigen und mehr als eine Bestimmung enthaltenden
Gesetzes ist in der That so auffällig, dass Bake praef. p. XXIV
mit Recht auch diesen Umstand unter die Indicien rechnete, dass
Kiit Bemerkungen zu Cicero de ie$ibuM, v. / VuAieu, 23
die Bächer de ieg^uB in nicht völlig aiugeführtttr Ge«talt über-
liefert worden.
1, 2, 6 FamiU muCem aeloH eoniuneeus Aniipaler pauUo
inßamt tfehemenäuM habuUque vire$ ai^resUM iUe quidem^ aique
karridas^ sine nUore ae palaeHre; sed iamett admonere re-
Ufuoe poiuUj ue aeeuraUiis seriberent. Ecee auiem suceessere
kmU belio Ciodiue, AseUio^ nihii ad CaeiHtm. An dieeer
Stelle ist beiio die handschriftliche Überlieferung, nur wenige
minder gute codd. haben belli. Statt dessen ist durchweg von
den Herausgebern Gnlielmus' Vermuthung Oellii aufgenommen
worden. Erst Nipperdey hat im Philologus VI S. 188 überzeu-
gend dargelhan, dass hier weder Oellii, noch auch der eine
wirklich zo den älteren römischen Annalisten gehörige Cn. Gel-
lios genannt sein konnte. Trotzdem erscheinen die Gellii nicht
bh)is bei Feldhügel, sondern auch noch bei Klotz. Auch das
i»t Nipperdey zuzugeben, dass in dem verderbten bello nicht
der Name irgend eines andern Histoilkers zu suchen, bello viel-
mi*hr^ wie schon längst Lambin gewollt, als Interpolation aus
dem Texte zu entfernen sei. Nur darin hat mich wenigstens
Nipperdey nicht überzcugl, dass jenes Glossem von jemand her-
rühre, 'der den Cälins in Bezug auf das Lob, was Cicero sei-
nem Stil ertheiit halte, bellue nennen wollto\ Ich glaube viel-
mehr, dass zu huie hinzugeschrieben war Cailie^ das in celio
überging (wie z. B. in den Handschriften des Valerius Maximum
p. 367 Keimpf. UUi geschrieben ist statt LaeUi) und dann in
das wenigstens verständliche Wort bello corrigiert ward. Pro-
nomina durch das beigeschriebene Nomen zu erklaren, ist auch
sonst nicht ohne Beispiel, und in diesen Büchern i8t z. B. II,
10, 24 in einigen Handschriften wenigstens illud durch oin
auch der Sache nach nicht einmal richtiges ineeelum erläu-
tert worden. An unserer Stelle aber lag noch eine besondere
Veranlassung zu. der Beifügung des Namens darin, dass Caelius
AfU^HUer kurz vorher Antipater, gleich nachher Caelius ge-
nannt wird.
Wie hier, &o hat sich auch 1,4,14 eine längst als nolche
bezeichnete Interpolation in den Texten erhalten: Quin igilur ad
iUa spatia nostra sedesque pergimu», ubi cum satis ehe am-
bulaluiik rcquivseemun : tiec profecto nobis deleclatio deeht
aliud ex alio quaerenlibus. Alt. Sos t>ero eC hac quidem
adire si plaeel^ per ripam et umbram. Dass adire zu strei-
chen sei, hatten Lambin und nach ihm andere bemerkt. Einige
suchten dem Worte durch eiiie Bnchslnbenänderurig den Platz
zu sichern, dagegen es von Görenz, Moser und zuletzt von Feld-
hügel gegen jede Änderung oder gar Ausmerzung in Schutz ge-
nommen worden. Wenn aber Feldhügel den Satz so umschreibt :
no§ vero et hae quidem per ripam et umbram pergemus , si
hoc adire placety so thut er damit dem Cicero ein offenbares
t4 Krit. Bemerkungen xu Cicerm de iegtäMS, v. J. IUIm»
Unrecht, indem jene Uoppelbeiieluii^ des kme nicht znUteig,
und wenn sie es wäre, dennoch in jener Form des Satses das
einfache jt pimeei nicht bloGs aosreichle, sondern einzig passend
war, um das auszudrücken, was Fddhigel mit m kme rnüre
pimeei bezeichnet. Sprachlich ist nur eine Eridärui^ des mäire
möglich, nämlich die, dass mäire st pimeei aufs engste zusam*
mengefalst werde zu diesem Gedanken: Wir sind bereit, uid
zwar auf diesem Wege im Schatica und am Ufer, wenn es
(überhaupt) beliebt, hinzugehen. Aber auch dies erweisl der
Zusammenhang des Dialogs ak unsMgtidi; denn das Belidicn
kann sich vernünftigerweise nur auf dK Wahl des Weges bezie-
hen, nicht aber darauf, ob man überhaupt hiagehea wolle. Da-
her ich nicht zweifle, dass Ciceros Rede aur durch Eatferswig
des mdire (das als gnunmatische ErUarung zu ei pimeei hinzn-
ge^schrieben werden konnte) in üurrr Uispriragiichkeil bergestdll
wird. Zum Cberflufs vergleiche man noch 11,17,69: HmkeÜe
i^Uur tjrpiiemiua^ omiiem Mi mrkiirmr ieemmu Q. S— Mra, firm^
iety ei copieee qmidemj und III,t,$: Qmme eioi Um eimij md
ipsas tMi iefee remämamsj ei pimeeL Jenes mäire ei pimeei isl
gerade so, wie wenn hier stände: md ipeme saai ie§ee vemim
mu^ remire jt pimeei^ oder gar nach FeMhageTs BikBrung md
ipeme aaai lef e» remimame^ md itfte remire ei pimeeL
Dieselben Heransgeber, die an jeiMr Slefle eines fremdea
Zusatz so hartaackig als (Soerouisch in Schutz uehaKB, haben
sich an einer andern zur Annahme einer hlerpobtion bcreil ge-
funden, wo fD^wissenhafle Kritik nur Worte des (Ticero seibat
irkennen kaim. 11,11,16: Ateri emimä kmee a^öun rel^'anam
M/ürm drümiikme: ei^midem H iiimd kerne ditimm^ eei m Wffikm^
«rem«, dmciieemmm rhre, tem ««jmnr H pieimiem^ ei reii^immem^
rersnri m hjimw a, non rekme dinmie epermm^ dmrtwmf, ei qmmd
Tkmiee. fwt empiemisssimms im eqßiemt fmiy temnitf« ejtisiim^mre
operiere emmim cermerei demrmam eeee piemm; /errcnirnnH»-
nee emeOeree^ reimii fuem tn fmmie eesemi mnnme raKftntla.
Stall cemerH^ welches ABE überliefem« steht in C * Gud. t
ermere; an letzteres halt sich FeMhi^, der daria nidrts als
eine falsche Zulhat eines Inlerpolalors erkennt aut Berafnng nttf
zwTi andere Stellen, an n^lchen in ahnhcher We« ein hinitiv
falschUch in den Text gedrangen «i Aber em der einen der-
.selben, L f SO« brraht diese Annahme auf einer sehr bedad(-
lichen Vermuthung FeldhügeFs seB^t, die andere ist aaderer Art.
Erwägt man die von guten Ilandsdirinen cebolene Srhrribnng
cermerei und die Stelle, an welcher das W^ni steht, fo kann
kein Zweifel sein, das^ ursprüairlich mamim Ifmme] eermeremi
hier geschrieben stand, mag tiiess nun von Cicero oder von
rinem GI«\^tor herrühren. Das^ fmme if«r> vor ee ansiel, ist
nicht anfilliger, als d«¥ 1, $« :24 rMraraato« fni^rmans
tejffiir) emekreUkme ein fvr vor cwe ^r^^waad. Aber an<A
Erit Bemerkungen zu Cicero de iegiöus, v. J, VaJUeH. Vi
samt ist der Anafall eines gue (wovon ja fuae in der Schrift
sich nicht unterscheidet) in diesen Bächern so haofig, dass jene
Ergänzung, die durch die Sache selbst verlangt wird, nicht das
mindeste Bedenken erregen kann. Und eemerei statt eemereni
(d. i. eemerei) hat sein Analogen an dem gleichfolgenden
essei statt eeeenCy dergleichen auch sonst nicht selten ist. Soll
nun nach dieser einleuchtenden Verbesserung, die bereits Manu-
lius gemacht hat, noch von einer Interpolation die Rede sein,
so wäre nachzuweisen i» dass Cicero diesen verständlichen und
grammatisch richtigen Zusatz nicht könne gemacht haben. Feld-»
hügel verweist darauf, dass ja der von Cicero angeführte Spruch
des Thaies xdvra xXij^^ 9sc5p slvat gelautet habe^ den auch
Cicero nur habe mit omrUa deorum ee$e piena wiedergeben
können. Aber dieser Grund ist nicht zwingend. Denn auch die
sabjectiv ethische WtTndung (hominee exieUmmre operlere —
fore emm omnee eaUiore»)^ welche Cicero dem Spruche gibt,
gehört ihm; dass sie von Thaies selbst herrühre, ist wenigstens
nicht überliefert und nicht einmal wahrscheinlich (man vgl. Zel-
ler Geschichte der griechischen Philosophie 1. S. 152 f.); wenn
aber Cicero oder sein Gewährsmann sich diese Abweichung er-
lauben durfte, so ist auch eine absolute Congruenz in dem
Spruche selbst nicht zu verlangen, um so weniger, als der Zu-
satz qtiae eemereni der Ciceronischen Argumentation besser ge-
nügt , als das allgemeine omnia. Der durch den Anblick der
Tempel genährte Glaube, sagt Cicero, dass die Götter dieselben
Städte mit den Menschen bewohnen^ erzeugt eine den Staaten
nützliche Ehrfurcht. So hat auch Thaies gesagt, die Menschen
müssten glauben, dass (nicht blols die Tempel, die sie schauen,
sondern) alles, was sie mit Augen sähen, Wohnplätze der Götter
seien, dann würden alle, wie wenn sie in den heiligsten Tem-
peln wären, ehrfurchtsvoller sein. Est enim quaedam opinione
»peeiee deorum in oeulin^ non soium in menti&us. In die-
sem Zusammenhange fallt denn auch das von Bake geltend ge-
machte Bedenken weg, dass überhaupt an dieser Stelle der Spruch
des Thaies habe keine Erwähnung finden können. In scharfer
Fassung seiner ursprunglichen Bedeutung konnte er es allerdings
nicht, wol aber in jener Umbiegung, die demselben Cicero
gegeben.
Mit Unrecht hat Feldhügel auch 11,169 4! zwar verderbte,
aber echte Worte des Cicero aus dem Texte entfernt: DiUffentia
eotorum »alis in lege dictum est ae voU spofisio qua deo ob-
iigamur. So die Überlieferung, nur dass diligentiam und voU»
in ABCE geschrieben ist Ein offenbarer Verbesserungsversuch
ist es, wenn man in schlechteren Handschriften dicta est liest.
Vielmehr schlofs Bake mit Recht aus der Lesart der guten codd.
dictum esty dass vor diligentia ein de ausgefallen sei: de dili-
gentia votorum satis in lege dictum est^ wie II, 1 4, 84 de aru^
t6 Kril. Bemerkungen zu Cicero de legibus, v. 7 Vnhkn.
spicunk religione . * . %M9 e»»e in ipsa lege dielum pulo. Um
so weniger aber kann sich dann das folgende ae voti sponsio
u. s. IV. anschlief^ien. Feldhägel macht sich hier die Sache
leicht, indem et jene Worte als ein 'foedum cod. arch. inter-
prelamerUum' aus dem Texte entfernt. 'Sam in lege de diÜ-
gentia in voHs reddundis adhihenda^ non omnino de voti gpon-
Miane dixic' Dies Ist freilich wahr und schon von Bake be-
merkt worden, aber diess begründet doch noch keineswegs die
Annahme einer Interpolation. Bake erkannte vielmehr eine kurze
Erläuterung des Gesetzes darin und vermuthete demnach ifA^^tini :
eJiC haee voli sponsio^ qua. Ich glaube nicht, dass Bakers Ver-
muthung das richtige trifft, obwohl Feldhägel sie nicht hätt^
mit einem 'Male Bakius' abthun sollen , indem sie den richtigen^
Weg vorgezeichnet hat. Cicero schrieb wohl: />•? diligentia 90-
torwn $aH$ in lege dictum e^L Est antem PoCi sponsio qua
deo obiigamur. Cicero halt es nicht für nöthig, das Gesetz
Caüie Poia reddunto des näheren zu begründen und zu erlSu-
lern , nur an die Bedeutung des voCum will er erinnern , und
wenn , wie et pro Caecina c. 8 sagt: qui quod spopondit^
qua in re verbo se uno obligavit, id non facit, condemnatur^
80 i^t klar, um wie viel gröfser die Sorgfalt in Erfüllung der
Gelübde sein muss, da man durch sie nicht Menschen, sondern
Gott verpflichtet ist. Hiernach begreift sich, wie durchaus an-
gemessen statt jeder Erläuterung jene Definition des volum an-
geknüpft wurde, so dass der Gedanke an einen falschen Zusatz
völlig beseitigt ist. Was aber die Änderungen betrifft, die ich
vorgenommen habe, so ist darin nichts, was nicht sowohl an
sich wahrj<cheinlich, als auch durch Beispiele aus diesen Büchern
zu belegen wäre. Für die Verdoppelung des esl^ die ich Bake*«
Vermulhung unbedingt vorziehe, vergleiche man III, 18,40: Quod
nisi in »enalu non difficile est; est enim ipse Senator^ wo das
eine eH in allen besseren Büchern fehlt. E1)enso wenig Bedenken
hat die Änderung des ae in autem (d. i. atiT), wenn man sich
erinnert, wie häufig die Wörtchen af, ac^ aul^ autem mit einan-
der verwechselt worden sind. So ist III, 20, 48 nos auiem de
iure naCurae statt autem ^ was Bake richtig hergestellt hat, in
guten Handschriften n/, ad oder «ü überliefert. Endlich sei noch
erwähnt, dass die Worte grammatisch so zu erklären sind, dass
aus voti sponsio ein anderes gponsio zu ergänzen ist: Est ati-
tem voti sponsio sponsio qua deo obiigamur: eine Construc-
tionsweise, die auch sonst nicht ohne Beispiel ist, wiewohl ich
nicht läugnen will, dass vielleicht est autem votum sponsio qua
zu schreiben sein möcht(\
1,28,61 liest man in den Texten: seseque non unius eir-
cumdatum mocnibus loci^ sed einem Cotius mundi quasi uniu*
urbis agnovent. Hieran nahm Bake Anstofs: ^qunenam enhn^
quaesOj ea oppositio est circumdatum moenibus et ei--
Krit. Bemerkuugen im Cicero de iegibuM^ v. J, YahleH. 97
9em Coiius mundi. Er änderte daher höh unis circumdali
moeniöus loci sed eivem CoCius mündig worin civem ano aioivoii
zu verstehen tti. Feldhügol dagegen , der die Deutung djto
wwov mit Recht verwirft, erklärt, umus drcumdaiuM maenibuM
^061 sei gleich unm» loci eivis. Aber auch die« wird «chwvr-
lieh viele befriedigen, man vermißt vielmehr bei ctrcuwHUUum
m dem cMm entsprechendes synonyme« Nomen. Und dies ist
in der Oberlieferang aller guten Handschriftiai gegeben: seseque
nou aamio {hominis CE. tmu ßye) eircurndtUum moeniöus
pwpukurem aiieuius definUi ioci sei cioeim. So mit Übergebung
etlicher kleinen Abschreiberversehen ABGE Gud. 2. Doch hat
die Worte popuiarem aiicuius definUi zuerst Davies aus dem
Texte verwiegen, hauptsächlich darum, weil er sie in seinen
Handschriften nicht fand, und keiner der folgenden Herausgeber
hat die einmal verbannten Worte auch nur einer Prüfung werth
gefunden« Nur A. W. Zumpt hat sich in seiner Übersetzung der
Schrift von den Gesetzen der Worte angenommen, indem er diese
Fassui^ vorschlägt: non tim'ti«, drcumdaium moenihus^ popu-
lärem aiicuius loeif worüber Feldhügel nur seine Verwunderung
äulepm kann. Freilich misfällt in jenem Vorschlag ini>be8ondere
die Trennung des Gen. unius von den Worten aiicuius locij zu
denen er gehört« Jetzt stellt sich überhaupt die Sache ganz
anders, seitdem Jene Worte durch die Überlieferung al'er gu*
ten Handschriften verbürgt sind ; es müssen gewichtige Grunde
Vorgebracht werden, ehe man den Worten ein foedum inCerpre-
UmsesUum^ aufdrückt« Vor allem leuchtet ein, dass circumdalum
WH^etMus populärem loci passender dem folgenden civem
Mkts mundi gegenübergestellt wird, als das blolse Participium.
Aber, wird man einwenden, popfäaris wird nicht wie ciris im
Sinne von Bürger, Bewohner einer Stadt gebraucht; aber doch
in der Bedeutung von Mitbürger, Landsmann gebrauchen es an-
dere und gebraucht es Cicero, und von dieser Bedeutung, die
sogar an unserer Stelle nicht unzulässig ist, ist der Übergang
zu jener so leicht und einfach, dass dartim an d^r Richtigkeit
noch nicht zu zweifeln sein möchte. Noch weniger dürfen die
Wiorte aiicuius defitUli bedenklich erscheinen; sagt doch Cicero
de or. II, 2^ d: beue dicereaulem . « . non habet definiiam ali^
quam regionem^ euius termUnis saepta leneaiur. Man vgl. noch
Somn. Scip. c. 3 certum esse in caeio el definitum locum. Der
eimdge wirkliche Anstofs^ der übrig bleibt, liegt in unius ^ das
nicht stehen kann, wenn nachher folgt populärem aiicuius de-
finiii loci. Aber dies ist auch nicht überliefert, sondern omnis
oder hominis in den guten Büchern. Hier ist also eine offen-
bare Verderbnis, so dass mit vollem Bechte an dieser Stelle die
Besserung angebracht werden kann. Cicero schrieb, wie ich
vermdthe: seseque non ulli$ circumdalum moetMus popula^
26 Krit. Bümerkuugen zu Cicero de legibus, v. J, Vaälen.
rem aOcuius defiaici loci sei civem tolius mundi quaU tmius
urbiM agnoveNl.
11,22, 57: Nam priutguam in o» iniecla gleba eü^ locus
nie, uhi Cremolum est corpus, nihil habet reUgionis: inieeia
gleba tumulus ubi humalus est ex gleba üoeatur me
tum defUque multa reiigiosa iura compleclitwr. So verbesserte
Madvig die in den Handschriften sehr verderbt überlieferte Stelle«
Die Varianten der Handschriften fähren unzweideutig auf fol-
gende Überlieferung des Archetypons: tumulis et humaius est
et gleba. Daraus ward tum Ullis, tum et Ulis (oder et in i^
lis) hum. und tum et ilUc hum. Auf jene Schreibung baute
Madvig wie billig seine Verbesserung auf, die Feldhägel insoweit
adoptiert hat, dass er statt des einfachen ubi schreibt is ubi^
und ex gleba als Interpolation beseitigt. Was jenes betriflTt, so
scheint mir weder ubi noch is ubi eine wahrscheinliche Ver-
besserung des handschriftlichen et. Dass aber ex gleba nach
dem voraufgehenden iniecta gleba, worin der Grund der Benen-
nung enthalten, ungehörig sei, hatte schon Bake mit Recht be-
merkt, wiewohl im übrigen sein Vorschlag iniecta gleba demum
illic (i. e. in pontificali iure) humatus vocatur schon darum
nicht gebilligt werden kann, weil, wie der Zusammenbang des
Satzes deutlich zeigt, Subject zu vocatur und complecCitur nur
sein kann locus ille ubi crematum est corpus. Dass jedoch Cicero
diesen Ort in so unmittelbarer Nähe noch einmal durch is ubi
humatus est bezeichnet habe, halte ich für unglaublich. Viel-
mehr ist dem Gedanken und der Sprache des Cicero vollkonmen
Genüge geleistet, wenn er so schrieb: nam priusquam in os
iniecta gleba est, locus ille ubi crematum est corpus, nihU
habet reUgionis: iniecta gleba tumulus vocatur ac tum deni^-
que multa reiigiosa iura compleclitur. Wir scheiden also nicht
blofs ex gleba, sondern et humatus est ex (et) gleba aus« Wie
jenes allein in den Text gedrungen sei, wäre nicht recht be«-
greiflich, dieses ergibt eine an sich richtige Bemerkung, die nur
Cicero an dieser Stelle nicht machen konnte; denn der Sinn
jener Worte, in denen allerdings ex statt et zu schreiben, ist
der: humatus ist er (nämlich der Bestattete) erst von der gMa
an, oder in folge der gleba: eine kurze Ausdrucksweise, die
nicht einmal als unlateinisch gelten kann. Dass aber nach dem
ius pontificale die Bezeichnung humatus für den bestatteten erst
mit dem Augenblick eintrat, wo der Leichnam mit der gleba
bedeckt war, hat Cicero unmittelbar vorher selbst bemerkt: et
quod nunc communiter in omnibuB sepultis venit usu, ut his^
maU dieantur, id erat proprium tum in iis, quos humus in--
iecta contegeret. Hiernach begreift es sich denn leicht, wie je-
mand am Rande humatus (oder et humatus) est ex gleba be-
merken konnte, was dann an falscher Stelle in den Text drang
KriL BemerkungeA tu Cleero de Uffihti, v. J. Vakien, f»
end ziisammengehörige Worte zerri&. Diej^s scheint mir ein
organischeres Verfahren za sein, als das von Bake und Feid-
higd beobachtete.
6
Nach diesen Erörterungen, durch welche die handschrift^-
liche Oberlieferang dieser Bücher nach verschiedenen Seiten cha-
rakterisiert werden sollte, sd es vergönnt, in der Kurze noch
ein par handschriftliche Lesearten zu empfehlen und einige Ver-
beaaeniiigen nitzotheilen, die keine eingehende Erörterung ver*
hngcii. I, 6, 18: Eadem ratio cum esi in hamM$ fnenU ean-
fbrwuUa et eonfeeta, lew est. Mich nimmt Wunder, dass
Bieraand an eanfeeta Anstofs genommen hat, das von der voll-
koanmcn ausgebildeten ratio nach feststehendem Sprachgebrauch
nicht gesagt werden konnte; denn eonfectum ist, was zu Ende
gebracht, abgemacht oder abgethan ist. Cicero schrid) auch an
dieser Stelle perfecta^ was er unendlich oft von derselben Sache
gebraucht hat. Die Verwechselung hatte hier wohl ihren Gntnd
ia den unmittelbar vorausgehenden eonftrmata , wie I, 8, 25
tmuuUo nobis nan fortMo der Leid. C eonfortuito. VgL 1, 9, 27
tenfinmat ipsa per ee rationem et perfieit. 1, 8, 26 Pirtus niiäi
eUmd niei perfecta et ad eummum perducia natura, 1, 7, 22
raücne . • • quae cum adoievit atgue perfecta est. II, 5, 11 ilia
dMna mens . . . cum in honUne est perfecta, Tusc. V, 13,89
kic (sc* atiimus humanus') si est exeullus . . . fU perfeetm
mem». de finn. III, 7, 28 itemque et ratio et perfecta ratio und
sonst
1,11,31: Nam et poiuptate a^uniur omnes, quae etsi
est iiiecebra turpitudinis, tamen habet quiddam simile naturalis
houi: ieeitatis est enim et suaMatis • « • delectans: sie ab «r»
rare mentis tanquam saiutare aliquid adsciseitur* SimUique
inseitia mors fugitur quasi dissohUio naturae. Dass Cicero
hier nx^iinseitia^ sondern inseientia %c\ki\^hj wird nicht be-
zweifeln, der Madvig's treffende Bemerkung über den Unterschied
beider Ausdrücke erwogen hat. Cic. de finn. 1, 14 in« Q^$od si
vitam omnem perturbari videmus errore et inscientia ; ebenso
konnte auch an unserer Stelle neben den error mentis nur die
inseienüa gestellt werden. Zu jenen Worten schreibt Madvig:
Perverse £ |, Spir.y Bas.^ inseitia^ qnae facultati aUquid teete
et crdinej höe esty scite agendi contraria est (ut inseitia io^
quenäiy negoti gerendi) non cognitioni et intellegentiae. Vgl
Acad« 1, 11,42 aber scientia und inscientia.
1,11,82 ist nach den guten Handschriften mit Bake zu
schreiben : propterque honestatis et gioriae HmUUudinem beati
qui honorati sunt videntur^ miseri autem qui sunt inglorO.
Peldhugel (der jene Lesart gar nicht einmal erwähnt) und Klotz:
qtd ingiorü.
95 iri(. BeEberkiiiigeii in tfeera de iegflmt, v. / Vaklem.
I, 21, 55. Ex hoc autem^ nan rerum^ »ed verborum dis^
eardia ecntroverida est na(a de finibus; in gua guoniam u$u^
capionem XU Cabulae intra quinque pede» e»MC hoimermUy
depasci veCerem postesstonem academiae ab hoc acuto ho^
mint non sinemus; nee Mamilia lege singuli sed ex Ais
Ire 9 arbkri fine$ regemu». So die Ausgaben, aber genau
befrachtet, erwartet man nicht A/«, sondern iUi$ oder Aü
namentiiche Beseichung der XII tabulae. Die Handschriften g*eben
entweder ex is res oder ex hi$ res. Hieraus haimi «hemaia
^erscbiedene e XU tres restituiert. Gegen die Aufnahme ^lieser
evidenten Verbesserung hätton sich, wie ich glaube, die Henm^
gfber nicht so gesträubt, wenn sie sich rechtzeitig arinnert halieii,
dass auch II, 7, 18 die Bezeichung der Xil in gleidier Weise
von den Abschreibern verkannt worden: ui in veteribuM XU
Mcratieque legibus. Dafär die Handschriften veteribus ex i$
oder ex hie. Ähnlich ist auch II, 25, 64 nostris- viri in aOef
guten Handschriften statt nostri X viri d. i. deeemviri vef«^
schrieben worden.
II, 7, 16. Quem Tero asirorum ordines^ quem dierum
tweiiumque HeiesOudines quem mensum iemperatio, quemgmw
€0 quae gignuntur nobis ad fruemdum non gratum ß99e
togunty hunc hominem omnkw numerari qui decett DMss
die Vulgäte, die nur duri^h wenige der minder gutea Handsohrif-
ne
Un t^esiätif t wird. Denn in dem Voss. A steht que deeäi^
Im dem Gnd. 2 negue decet, wahrend BCE S negua deeei
schreiben. Hiervon war auszugehen, denn nicht dieses, was sinidos
'«A, darf als Correcttir gelten, woM aber jenes, das wienfgstens
vierstindlieh ist. Cicero schrieb: hmtic Amnmani vmnino nume^
-rtwi negua gUam decet. Dasa mnnino vorhergeht, steht nidit
im Wiege, da dasMlba in eyigater Verbindung mit hominmn mtr
merari « fassen, nicht noch xu deeet zu ziehen ist. Negum^
-gmawi aber gieng in negua ober , wie I, 4^ 14 guawiquam in
fIMMI.
11, 13, SS. Quae (scieniia) mihi videiur apud ma^^rm
fiu'sMe dufiiex^ uC ad rei pubiieae tempug n^nnutnguam^ md
agenäi e^noMum saepieeitne pertineret. Statt Aei zweiton jul
«Ichl in allen Handschriften et. Dieses Indiciiim führt dahin, dnas
in ^m «fiten filiade hiater ut etn et anagefatleja. Vgl II, 17, 44
dupUeem paenam esse diminam guod eanstat et ex veman^
die rir^rum mUmit et ea fa9ui mortuarum. Dsi jedoch Usr
das Fehlen der Präjiositian bei dem zweiten Gliede eine abdtre
Erküning euUssl, so wird man an jener «Stdie schreiben
Inteene fitiese dstplex ut {et\ md rei pmbiieae iempue nönr
numguam et [oäl] agendi esneüium eaepieume pertimetH.
VgL II, bSi 44: gtwd et ad pontifieiüm ius et. ad eitfite
pertinenf.
Jkrit ßemerkungen tu Cicero de iegiMtM, v. 7. Vuhfen, 3ff
II, 16^ 40. Deineeps in iepe^ e$iy ui de ritibu9 paMiM
coUmtur optima. So AB; dagegen C£ Gd. 2 opümi^ was
FMhugel und Klotz vorziehen. Aber jenen ist nicht minder got
verbärgt, und bewahrt sich darum besser, weii Cicero in dem
Gesetze selbst das Neuhum gebraucht: E;p pairiis ritiöuo ^*
Umu eoiunio li, 9, 22. Feldhägel dreht die Sache um: weil in
deai Gesetze opiipui siehi^ iQ^sse es hier in den Handsohrifteii
AB corrigiert sein: als ob es nicht einen Abschreiber, deren
Gedächtnis nichi lang zu sein pflegt , naher gelegep hebe, um
der grammatischen Übereinstimmung mit riliUu9 pmiriiB wiHen
HfiMna in opHau' zu bes^er^.
ilj 20, 49. Baee noo a SeaeBola didietmuo^ non iia de^
scripta ab antiquiM. Die Überlieferung der guten Bucher fuhrt
wd deoeripiü 9f$ne^ was durchaus nicht verwerflich. Der
Voss. A hat: desoripU^ ,d. i. deoeripta #iml, wie UI, 3, <^
ncmndo» 4^ue B für agunto ofinioque, D^her auch hier in
dem B de$eripii8 richtig in de§oßripta »uni corrigiert ist. de-*
Mcrjpias haben auch €E d, deoeripla sunt D.
111, 2, 4.pmnes anCiguae ff^ni^M rogibuM ifu^ndäm paru'^
eruni. Quod y^us imp^rii priwMim ad komines hiUioBifmou
ei M^ienliMsHmoo defertbatur ; idque ut in re pubUea fta^
Ura maxime va/uU^ quaad ei, renalis p^ieoias ptaofuiL M
dem Voss. A fehlt uty dagegen es in B£ d Gud» 2 ei%alten iMi
Dayies vermuthete idque et; Bake id guod. Das Biohti^e traf
Görenz idque vei in republiea nottra. Feldhögel nennt zwar
diese Vermulhung eine inepta mit dem Zusatz quasi vero in
ea id minus ewpecCaveris. Aber vel bedeutet im Lateinischen
und auch bei Cicero nicht blofs*sogar' sondern auch 'zum
Beispiel': worüber sich Feldhügel selbst aus seinem Nizolius
beichten möge,
III, 8, 9. Plebes quos pro se contra vim auxilii ergo
decem ereassil^ et tribuni eius sunto. In allen guten Hand-
schriften (ABC DE) steht et, was keine Erklärung zulasst Bake
glaubt, es sei eine Variante zu der Endung des Verbums creassitj
da dergleichen Formen häufig mit den Formen des Plusquamperfects
asset vertauscht worden. Feldhügel hat jene Lesart nicht ein-
mal der Erwähnung werth gefunden. Es war zu schreiben: ei
tribuni eius sunto^
III^ 6, 12. Quae res cum sapientissime moderatissime^
que constituta esset a maioribus nostris, nihil habui sane
non multum quod putarem novandum in legibus. So die
guten Bücher: daher Bake nach dem Vorgange Anderer nihil
habuiy sane non multum verbindet, was, wie richtig bemerkt
worden, dem Gebrauch von sane entgegen ist. Die meisten
Herausgeber haben auf Grund der schlechteren Handschriften
non modo multum geschrieben; wogegen an sich nichts einzu-
32 Krit. Bemerkungen tu Cicero de iepibui, v. J, Vakien.
wenden, aber da die^ ein Verbesserungsversuch ist^ so wird es
uns gestattet sein^! nach Anleitung der echten Oberlieferung Cicero^s
Worte zu restituieren. Das Verderbnis erklart sich aber offen-
bar leichter, wenn so geschrieben stand : nihil hahui $ane^ non
[modo non] muiium. Denn so richtig auch non modo (&= ne
dicamj nedum) gesagt wird, so ist doch jenes nicht unlateinisch
oder unciceronisch. Vgl. Cicero Parad. 2 ne reeusanti quidem
evenen't, non modo non repugnanti, ad AU. XIV y i9, 4
eui faeile per$uasi mihi idj quod rogaret^ ne Ucere quidem^
non modo non lubere.
III, 10, 25. Quamobrem aut exigendi reges non /ue-
runt, aut plehi re non verbo danda libertas: guae tarnen
Sic data est, ut multis praeeiarissimis adduceretur^ ut
auctoritati principum eederet, Dass praeeiarissimis ohne
ein Nonnen nicht könne richtig sein, hat man langst erkannt,
ebenso, dass kein passenderes Substantiv als institutis zu fin-
den sei* Aber wenn Bake und Feldhügel dasselbe aus den
letzten Silben von praeeiarissimis zu gewinnen suchen, indem
sie praeelaris institutis schreiben, so ist dies zwar an sich
nicht unmöglich, jedoch wahrscheinlicher, wie ich glaube, dass
das Wort hinter multis wegen des gleichen Ausganges ausge-
fallen: multis [institutis] praelarissimis : denn an dem Super-
lativ ist kein Anslols zu nehmen.
Wien. J. Vahlen.
Zweite Abtheilung.
Literarische Ameigen.
Sophokles. Für den Schulgebrauch erklärt von Gustav Wolf.
Erster Tbeil. Ajax. Leipzig, B. G. Teubner. 1858. VIII und 152 S.
8. — 10 Ngr.
Sowohl für kritische Textausgaben als für commentierte Schulaus-
gaben der griechischen und römischen Schriftsteller nehmen jetzt je zwei
Dntemebmttogen in Deutschland ihren Fortgang ; auf dem ersteren Gebiete
ist neben die Bibttatkeea Mcrfptarum Gmeeorum et Romanarum Teub-
neriana seit einigen Jahren die von der Bernhard Tauch nitz 'sehen
fiachhandlung unternommene neue Sammlung stereotypierter Textausga-
ben getreten; und neben der «Sammlung griechischer und lateinischer
Schriftsteller mit deutschen Anmerkungen,' welche seit dem Jahre 1848
onter der Leitung von M. Haupt und H. Sauppe die Weidmann 'sehe
Buchhandlung herausgibt, ist fast gleichzeitig von der Teubner 'sehen
Buchhandlung die Herausgabe von «Schulansgaben griechischer und la-
teinischer Glassiker mit deutschen erklärenden Anmerkungen' unternom-
men und wird mit gleichem Eifer, wie die der Weidmann 'sehen Buch-
handlung fortgesetzt Da jede dieser Buchhandlungen die Garantie für
den Ertrag ihrer Unternehmungen in wissenschaAlicher Tüchtigkeit der
Leistungen sucht und die Kritik der Texte wie die Erklärung der Schrift-
steller durchweg bemüht ist Gelehrten zu übertragen, welche gerade
für den fraglichen Schriftsteller sich Achtung bereits erworben haben, so
kommt die so entstandene Concurrenz der Wissenschaft selbst und der
Schule zu statten. Weder in den Textausgaben noch in den commentier^
ten Ausgaben ist die eine Reihe der anderen in der Höhe des Zieles,
welches sie sich gesteckt, oder in der Gediegenheit des wirklich Gelei-
steten im allgemeinen untergeordnet; es vertheilt sich eben gröDseres
oder geringeres Gelingen ungleich, bald wird man eine Arbeit der einen
Reihe der entsprechenden der andern, bald umgekehrt den Vorzug an
sich oder in bestimmter Beziehung zuschreiben. Der Verfasser einer
commentierten Schulausgabe des Sophokles in der Teubner 'sehen Samm-
lung hatte insofern keine leichte Aufgabe zu lösen, als die ihm voraus-
gegangene Schneidewin'sche Ausgabe in der Verfolgung des gleichen
S«ltMlirlfl f. a. SfUtT. OyaiMt. ISSO. I. Haft. 3
34 Sophokles Ajax, erkl. v. G» Wolf, ang. v. J7. Banii».
Zweckes einen wohlbcgründeten Beifall und weite. Ausbreitung erlangt
und durch die nunmehr bereits an den meisten Tragödien ausgeführte
Revision von A. N a u c k für Texteskritik und Erklärung noch erheblich
gewonnen hat. G. Wolf, durch seine Schrift über die Laurentianischen
Scholien zu Sophokles und durch zahlreiche Recensionen über Sophoclea
der gelehrten Welt wohl bekannt, hat in dem vorliegenden ersten Bäod-
chen die Lösung dieser Aufgabe mit so viel Sorgfalt und Umsicht be-
gonnen, dass seine Ausgabe sicherlich neben der Schneidewin - Nauck'-
sehen eine geachtete Stellung verdient und einnehmen wird. Bei wesent-
licher Übereinstimmung in Zweck, Methode und Umfang der Erklärung
sind einige Unterschiede theils bei einem Blicke in die Arbeit bald zu
bemerken, theils in der Vorrede angedeutet.
Die Wolf sehe Ausgabe sucht wie die Schneidewin sehe durch eine
Einleitung die Auffassung der gesammten Composition der im einzelnen
erklärten Tragödie zu unterstützen. Dass Wolf dieselbe in zwei Abthei-
lungen trennte, deren eine « Vorausliegende Sage* S. 3—6 dem Texte
mit Gommentar vorausgeht, die andere «Rückblick' S. 132—139 dem-
selben nachfolgt, ist eine ziemlich gleichgiltige Äufserlichkeit ; es wird
ja doch immer, an welcher Stelle des Buches diese Erörterungen abge^
druckt sein mögen, im Wesentlichen von der Einwirkung des Lehrers
abhängen, ob und zu welcher Zeit derlei Erörterungen von den Schü-
lern gelesen und verwerthet werden. Dagegen zeigt sich in der Beband-
lungsweise selbst der Unterschied, dass sich Wolf auf die Erzählung der
Sage, Bezeichnung des leitenden Gedankens, Charakteristik der Persoöen
beschränkt, und die von Schneidewin sorgfältig durchgeführte Exposition
des Drama aufgibt; das Lesen der Tragoedic selbst, dies scheint die
Anordnung der i>eiden Theile vor und nach dem Texte bezeichnen tn
wollen, soll deren Stelle einnehmen. Damit ist denn auch die bei
Schneidewin in den Einleitungen bezeichnete Gliederung der einzelnen
Tragoedien nach den von den Alten selbst überlieferten Gesicbtspuncten
{nqoXoyos, naQodog, insiöodiu u. s. w.) in den Textesabdruck verwie-
sen, wo sich dieselbe als Überschrift über den einzelnen Theilen findet
Dass neben dieser Eintheilung nach antiker Terminologie und in Ver-
gleich zu ihr durch den Druck hervorgehoben noch eine andere nach der
jetzigen Weise in Acte und Scenen ebenfalls durch Überschriften in
den Textesabdruck aufgenommen wurde, scheint nicht blofs ein Ober-
fluss, sondern auch eine Verbindung von Theilungsgründen verschiedener
Art zu sein. Schwerlich dürfte diese Modernisierung zum Erzielen einer
anschaulichen Vorstellung von dem Drama erforderlich sein und Bei-
stimmung verdienen.
Was die Texteskritik anbetrifft, so gibt ein Anhang S. 140—147
über die Abweichungen des Textes von der handschriftlichen Überlie-
ferung, unter Angabe der Urheber von Gonjecturen, Rechenschaft und
bezeichnet zugleich fremde oder eigene Conjocluren zu solchen Stel-
len, die, obgleich schwerlich un verderbt, doch im Texte unverändert
Sopbokleg Ajax, erkl. v. 6, WoV, hng. v. ff. BmtiiM. 35
gelassen sind; in diasem krilischen Anhange ist zugleich die Abweichung
TOD der Überlieferung des €0d, Laur, a gegeben, jedoch nicht in unbe>*
dingter Vollständigkeit, wie es Nauck bei der Revision der Schnaidewin-
sehen Ausgaben getban, sondern mit Ausschlufs der blofs orthographi-
schen Eiganthumlichkeiten (vgl. S. Vlll). über das Mafs der Abweichung
Ton der handschriftlichen Überlieferung spricht sich W. in der Vorrede
so aus: «Ich habe daher die Kritik sehr beschrankt, nur wenige Gon>
jecturen in den Text gesetzt, alle, auch die von sammtlichen Heraus-
gebern aufgenommenen, durch gesperrten Druck bezeichnet, und ver-
dorbene Stellen, für welche noch keine sichere Heilung gefunden schien,
mit einem Kreuze versehen.* Mag man auch iiber die für eine Schul-
ausgabe gewiss fremdartige und unzweckmäTsige Hervorhebung der Con-
jecturen durch gesperrten Druck nicht einverstanden sein, im Übrigen
muss man gewiss die beabsichtigte Gewissenhaftigkeit gegenüber der
Oberlieferung billigen; nur unterliegt bekanntlich die wirkliche Ausfuh-
rung doch nothwendig einer subjectiven Verschiedenheit des ürtheils.
Man wird kein objectiv sicheres Mafs angeben können, nach welchem
an einigen Stellen sich der Herausgeber mit Setzen des kritischen Kreu-
zes begnügt, an anderen (z. B. an der vielbehandelten v. 601 IStU^L
fUffk^mv lu^mvia noitf ii,rfl,wf) eine von den zahlreichen Gonjecturen,
die in pabem Anschlüsse an die überlieferten Schriftzeichen Construction
und Sinn möglich machen, in den Text gesetzt hat. Manche SleHea
haben auch nicht einmal das Kreuz erhalten, sondern sind in den An-
merkungen ausdrücklich als richtig überliefert verlheidigt, an deren Echt-
heit zu glauben doch zu schwer ist. So behalt z.B. Wolf v. 360 «oif»^«'«»«'
bei, und ändert blofs inaQuiaarc in Inif^naavy also noiyLivmv inaffnt'
•iv «Beistand gegen die Heerführer.* Aber Homer nennt ja die Heer^
fübrer nicht noii^hsg schlechthin, sondern noi^hig lamv j und es ist
jedenfalls eine starke Zumutbung, wenn wir glauben sollen, Aias be-
zeichne mit dem blofsen noti^ipsg die Heerführer «nicht ohne Bitterkeit,
vgl. zo 175.* Also weil eine göttliche Macht den Angriff des Aias von
den Griechen und ihren Heerführern hinweg äffiuces navdipkovg ini
ßavg iftlaiug (v. 175), darum soll Aias «mit Bitterkeit* die Heerführer
durch das blofse, an sich dafür nicht ausreichende noifLivig bezeichnen?
Bei solcher Rechtfertigung eines überlieferten Schreibfehlers werden sich
wohl wenige Leser beruhigen. — v. 645 — Stccp, Sv ovn» tig if^^nfnr
ulmv Aianidäp itiQi^B xov8b, Dass almv nicht passt, ist von Schneide-
win so bündig dargelegt (in dem kritischen Anhange zu seiner Ausgabe),
dass es nicht zulässig war, die dadurch entstehenden Schwierigkeiten
einfach zu ignorieren, mochte nun der Hr. Herausgeber die Bergkiscbe
Gonjectur dlmif Aiccntdav für evident genug halten , um sie in den Text
aufzunehmen oder nicht. — v. 675 iv f 6 nuYn^tctrig Snpog Xvh
nfdi^öag. Wolf, eben wie Schneidowin und Bergk^ behält iv bei. Die
Auslegung Schneidewin's, dass «/n Aarum numero , de guiöut »ermo
e$t* so viel bedeute als ^pariier,^ hat nun zwar Wolf mit Recht
3*
J^iax; evkL ^ C W^g m^ r. ML
liitr 1MBB W. «r Jl ^iM» (tat ^forignt ergaBSI ^ ^^ ct^
■fflcpsnaMT« !)• IHM» «Mi #0 aügitiae gnaunakisdie
»i^iiettnt aoictar lfic|[Mna|^ ffmßtk igwilifcim; <te ürilMil aber ober
d» wiiUicte imsDMtaMifeMil ittwi OtüalHw ten bub jedem Leser
te^ jM die «kt t
LaaeK lier SteO^ sfli
b Beirrif der S>kl arttn $ ^Mm Mii W. in der Tonrede ane:
wckiie eine Be^ im Mammmmämi^ mät BÜapte&BB «ed iBt Ai^abe
is dK Oadiehhuit tvrick-
edMt» OB M Mir, als
Üeee stärkere Be-
iK Ter^Riek sv den
^re» r der ÜHMk'stften BeTisioii,
wng/L mek nicM nur in BefesBdten|p vmmIM' derl BieffgMiyiii'r spradi*
lieiier Pticale iind in haatgtee MMrasi^ der mgir^asfcflB Gramnalik,
aadi in necii reiffldiiifciiBn CUtai fBr poeUselM
ibetoriacJw BlyHnlaihiilriniin da» sfvackiMen Ansdiatkes. Es
Kegt i^bt, das dne »ufctn iMh ii<prtliiiMilrlleM Werthe derLdstmg
Dcta^ n tttMr iNreüerasif 4m Oürftefa Mi^; efl Wl
daa Inteeeaae dea Leferas beeüetelclUigl» itm es etwa ge-
aetaa iat. die ^ineinwlii Aiisltgifi «a «mt SIeBa vetenig
ai» daa des Sdiolers. fit den dea^ Viefalüdnia^ otcht die
de» SOfiteiaeiseien oder icagbdNa StnaülgaiMWBfcsa Anf-
iai. SeneinBal wird Mfpnr tc^end «n Ptiact der 9fw(taaL, l 1^ der
d^ nnl deae Sirenen andi TaB-
aftauBdiger Daiiegiuig aUer FSte s^s^dNn (tn ▼. St if^ f^^ m»^ Bi
aug «in* daoi bei der Mndüeben BHÜdtm^ di der SsBale nnter Ite»
eine Alt des Oebtanüiaa Ton ßi» okm usei'aniendiBreudeB dtf
da Aninea bcndttt wird» sei andere Wo
ein Mgendes ü wa ertanem; will man aber 1
Bache beane in gedtutUa T^rniifiammiiataiii inftinbaanB , ae wird bald
wieder jede Grenn iwiaeben Mbiiraedem Coaementar anf der ainB%
md Lexfton auf der aodefen Seite jchwinden,
iat besonders für SehnlaasiQdien ein un^efheücblii
in dieaer Bineicbt wird den Btn. Verlbsaer ^
and die Be^ision dea irarliegenden bebnfo eianr
in oidit fiemer Zeü m erwartenden nenen AoBUfe sebon Tan
das riebtige Kufe treflen teeen. Statt weiter «nf allgeaMine Be-
ober dttse ddreb soüden Pteil^ sieb rettet eaepfcbknde Ar-
beit nmmgrtien, wiU ich lieber die Eriüanm^ einiger Statten ana der
oatcn safte da Aias, an denen ieb dem Uro. Vir. niebt hnintimmnn
bann, bfhandefn oad dadnrcb m emenler Obetiegong eaepMIen.
Ai. tB: nfnd^ ow ^Mmt sc$ t»^ mhut» v^fMn Baan W.t «etf
«ibetaatlviert daa ns: jeder beUdn^e» Kri§tr 51, tB^ «.• Ber erale
Sophokles Ajax, erkl. v. G. Wolf, ang. v. H. SomUt. 37
Thoil dieser Bemerkung stimmt nicht mit der im «weiten aus Kroger
gegebenen Übersetsung (denn in dieser ist ja eben Mag als Adjecüv,
tlg als Substantiv betrachtet) und ist an sich unrichtig; nag ist nicht
mehr und nicht weniger substantivisch, mag nun vis dabei stehen oder
Didit, xag tig vifn* oder vv9 |frs nag aenaitzai. Dagegen enthält die
aus Krüger entlehnte Obersetsung «jeder beliebige,* eine den verbundenen
Worten und dem thatsächlichen Spracbgebrauche entsprechende Erklärung.
Der Unterschied des nag tig vom bloben nag tritt in den treffenden
Beispielen anschaulich hervor, die Elmsley ad Med. 548 anfuhrt, s. B.
Anst. Vesp. 620: ^p y ovv ^fnig ^OQvßijamfUv , nag xig tpfieiv ttSv
xa^iOTxwß' olo9 pQOPtf t6 dtnaatiJQiov. Man würde in den meisten
Fällen nag vis durch o tvx»v ersetzen können, ohne erhebliche Änderung
des Sinnes. Charakteristisch für die Modificatiou der Bedeutung, welche
die Zufiigung von t^g dem nag gibt, ist, dass es dann wie oattaovv
mit Genitiv verbunden wird (so an der Stolle des Arist. oder El. 984
näg %ig pQ0t»9 u. a. m.), was bei dem blo£sen nag nicht m<^glich
wäre. Sollte der Hr. Vrf. durch seine Angabe über «Substantivierung*
die Möglichkeit dieser Gonstruction haben andeuten wollen, so wäre da&
nicht verständlich und auch eine grammalisch nicht zu rechtfertigende
Auffassung.
Ai. 34: navxa yag ta x ovv ndgog tax siaintixa cy kv-
ßt^miiMi xigL Die Bemerkung Schneidewin's : «die Gegenwart
wird durch xa sicintixa vom Standpuncte des ndgog bezeichnet,*
hat, 80 paradox sie erscheinen muss, durch G. Wolf Billigung und spe-
dellere Begründung erhalten : ^inixa und iiüinnxa, das was augen-
blicklich folgt, bezeichnet wegen Flüchtigkeit des Augenblicks die
Gegenwart. Ant. 611 : x6 x inuxa wd x6 niXlov wd x6 nglv inag-
siee» voikog, Eur. 1. T. 1264: xa xi n^xa xa x inn^ a x fyellB
tv%i^v. So xaxtn Eur. Suppl. 550: tixvxovai, dl ot ^Iv Ta| , ot d*
hoMigy ot i {^1} pgoxmv,^ Und doch geben weder die angeführten
Stellen einen Beweis für die behauptete, nach der Natur des Wortes sehr
wenig glaubliche Auslegung, noch passt dieselbe zur vorliegenden Stelle.
In den beiden angezogenen Stellen Ant. 611. I. T. 1264 bedeutet xa
imita nichts weiter fds *das Folgende'; weil aber daneben ein Wort ge-
stellt ist, welches das erst in weiterer Ferne zu erwartende bezeichnet,
so wird dadurch xa inttxa auf * die nächste Zukunft' beschränkt, aber
erhalt keineswegs die Bedeutung der Gegenwart. Ein solcher beschrän-
kender Gegensatz, wie er dort im iiiXXov , a x ifLsXU liegt, fehlt in
der Stelle des Aias; es steht ihm naqog gegenüber, also muss inuxa
die Zukunft bezeichnen. Diese Auslegung ist auch allein dem Zusam-
menhange entsprechend. Noch hat Athene gegenwärtig kein Wort des
Rathes ausgesprochen, noch Odysseus keine That des Gehorsams gegen
Athene auch nur begonnen; vielmehr gibt Odysseus die Zusage: *wie
in der Vergangenheit, so lasse ich mich auch in der Zukunft ganz durch
deine Hand leiten.' Das Präsens {xvßsQvmiMu) hat im Griechischen so
98 Sophokles Ajax, erkl. v. G, Woif, aug. v. U, BanU%.
wenig etwas auffallendes wie im Deatschen in einem Satze, der, för die
Zukunft so giltig wie für die Vergangenheit, sich eben deshalb als all-
gemein giltig aussprechen lässt
Unmittelbar auf diese Worte des Odysseus erwidert Athene v. 36 :
iyvtov, 'Odvaaevy «ol naXai fpvhti ißiiv Tjf cj ngodviiog «fc idbv
nwuyüf. Dazu W. : ^iyvnv, es, dass Odysseus ihrer Leitung besonders
folgt.* Allein, wenn Athene diess sagen, also sich auf die in den letz-
ten Worten des Odysseus gegebene Versicherung beziehen wollte, so
musste sie olda sagen, nicht iyvmv, *ich weiCs, dass du dich stets von
meiner Hand lenken lässt,' nicht *ich bemerkte es etc.' Dagegen hat
Odysseus vorher gesagt, dass er, für sich allein rathlos, der Hilfe be-
darf, xa (f inninlfiyfMU %ov% i%m fta^eiv otav, femer dass er in Athe-
nes Nähe eine ihm zu rechter Zeit kommende Hilfe erkennt, tuu^op f
iq>ii%$i9. Hierauf allein kann man passend iyvioi^ beziehen, denn nur
80 wird es begründend für die folgenden Worte: «al nului. fpvXai
ißfiv htX. Diese Erklärung lesen wir bereits in den Scholien : iyvmp,
'Odvacev : tavta mfog %a ii »i^x^St ^'^^ #^ ^^iv ifvoBtv 17 ^hl %o
mfäyita, und auf dasselbe kommt im Wesentlichen die Erklärung
Schneidewins hinaus: «lyvcoi^, tiiv aiiv %vvuyiav,^
Ai. 40: xal n^og zi dvcloyiaxov if i^fsv 1^9«. Nach Wunder's
Vorgang verbindet Schueidewin dvcloytatov mit tli «zu was Unbe-
greiflichem, vgl. V. 21. Odysseus weifs noch nichts vom Wahnsinne
des Aias.* Derselben Construction scheint W. zu folgen, da er ii^v
%iqci, nicht iiiv SvcXoyiatov xii^a als Lemma setzt. Aber von der That
selbst weifs Odysseus, dass sie unerklärlich, unbegreiflich ist, also jl|ev
%iifa mds (so wie wir es sehen) SvaXoyiatov , die A b s i c h t des Aias
kennt Odysseus noch nicht, kann also diese, nach der er fragt, nicht
schon im voraus als unbegreiflich bezeichnen. Indem die Scholien, aus
denen der letzte Theil der Schn.'schen Bemerkung entlehnt ist, den v. 2t
vergleichen («to Sh ^vaXoytctov oiioiov to» *n(fäyog aanonov, ayposi
yccif hl tiiv ykavlav), haben sie ohne Zweifel dvoXoyiaxoif mit 2^^ ver-
bunden, denn nur so erhalten wir einen dem n^ayog ianoxop entspre-
chenden Ausdruck der Unbegreiflichkeit der That. Zur Bestätigung
dieser Construction dient noch der Umstand: nffog t£ ist in solchem
Mafse feste Formel zum Erfragen des Zweckes, dass es sehr auffallen
würde, in derselben zu ti ein substantiviertes Adjcctiv hinzugefügt zu
finden. Man vgl. 0. R. 766: nffog ti xavz iqf^eaav; 1207: mdoino^Big
Sh nifbg zi zovads zoifg zonovg; 1144: nqog zi zovzo zovitog tazoifii^g^
1174: mg nifog zi xQ^^c^g; 0. C. 71 : mg nf^og zi; Xs^aiv ij naza^vvamp
HoXsiv; Trach. 418. 1182. Phii: 836. Ei. 1176. Aesch. Ghoeph. 214. Ähn-
lich ig zi 0. C. 624. 869. EI. 887. Trach. 403.
Ai. 77 : *Od, fiii n(fOg d^emv ' aXX^ ivdov iqnsizm (livaiv, 'A9t, % i
fi^ TTOiifffoo; Die Erklärung der Scholien «fi^ zi yivrjzcu q>oß$i;^
ist, wie von Wunder und Schneidewin, so auch von Wolf beibehalten.
Die grammatische Möglichkeit dieser Construction lässt sich nicht in
Sophokles Ajax, erkl. v. 0. Woif, ang. v. U, Bontlz. 09
Abrede stellen ; so gut der auf den ganzen Satz bezuglichen ConjuneUon
fiii das Subject oder Object, durch ein Nomen, Pronomen demonstr. oder
relat ausgedrückt, vorangehen kann, ebenso gut ist es möglich, dass ihr
ein Fragepronomen vorausgehe. Auch zeigt sich gerade in dem Aus«
drucke xl ffrij yhrf^tw, die hier vorausgesetzte Bedeutung in einer Stelle
des Earipides Suppl. 544: xofiol yiikv r^l^^ dtlv imilijamv innj \
weuQOvg dl ta^f§itf ii ngvßijaovxour i^ovi; | t£ |»i] yipiitai; fkrj
ntnavnatpmci. yi^v \ tatpivtig vfimv ; ij tinv iv ftvxoig x^ovog \ tpvam-
9iv «t1. Hier kann ti fi^ yivfitM^ nichts anderes heifsen als: was
furchtet ihr denn, dass geschehen werde, etwa dass sie etc. Aber noth-
wendig ist es doch keineswegs , dass der Gedanke des Fürchtens , der
in der Euripideischen Stelle durch das vorausgehende Verbum toc^ßsits
gegeben ist und der in dem folgenden (l^ uataandipmai, %tl, fortherrscht,
überall da vorausgesetzt werde, wo man ein fiif mit Conjunctiv in einem
Fragesatze findet Wenn ti noiiiem bedeutet, * was soll ich thun?' so
ist tl n^ «oiif «reo; 'was soll ich nicht tbun?' Ebenso kann sich zu ti
ytvi]Tai; 'was soll geschehen verhalten ti ftri ysVi^Tai 'was soll nicht
geschehen.' Für die bezeichnete Bedeutung von ti (ivi noiriam ; ist die
SleJle El. 1276 ein schlagender Beweis: 'HX. im Z(f6vm tpiltatav \ odoy
htttiiacag idi fiot fpapjjpM^ | jüiij xi (ts noXvnovov iof iSmv 'Oq, t £
^fl noifiami 'HX. fuj (i dnoatsqtiofig \ tcov amv n^ocrnntnv ridopcep
jiMcd'ai. Elektra will durch ihre Worte etwas ablehnen fii} Tt xtA.;
ehe sie den Gegenstand ihres Ablehnens ausgesprochen hat, unterbricht
sie Orestes mit der Frage t£ fkii noniaa; die Frage kann keine andere
Bedeutung haben, als dass sie auf den Gegenstand geht, den Elektra
abzuwehren sucht ; (iri kann in der Frage keine andere Beziehung haben,
als in der Fortsetzung der Rede der Elektra, die zugleich Antwort aiif
die Frage ist. Also tl fi^ noiijam; hcifst nolhwendig 'was soll ich
nicht thun?' Vollkommen das gleiche Verhältnis ist in der vorliegenden
Stelle des Aias. Durch die vorausgehenden Worte hatte Odysseus noch-
mals, nachdem er schon vorher fiijdafico; atp' l|co %dXH gesagt, abzu-
wehren gesucht, dass Athene den Aias aus dem Zelte herausrufe: fi^
n^og 4^Bmv\' iXX' Mov &^%9ltm fkivmv. Wenn auf diesen Ausdruck des
Ablehnens Athene in derselben sprachlichen Form entgegnet, so darf
man ihren Worten t£ nrj yivfjxati doch nur dieselbe Bedeutung
geben, also: was soll denn nicht geschehen? oder: warum soll es denn
nicht geschehen ? Den Gedanken des Fürchtens mit den Scholien und
den angeführten Erklären) hineinschieben, ist eine unberechtigte Willkür.
Ai. 92: m toit^ , 'A^dva, %at(fe, Jioysvlg xi%vov, mg ev nuifstftrig.
qwg gibt den Grund für den frohen Orufs an.' Die Worte würden also
nach Wolfs Erklärung zu übersetzen sein 'denn du standest mir treff-
lich zur Seite' und nicht ausrufend: *wie trefflich standest du mir zur
Seite'. Gewiss keine glückliche Auslegung, wenn sie sich auch bei
einem sonst so feinfühlenden Übersetzer, wie Thudichum es ist, findet.
Begründen könnte Aias wohl einen Ausdruck des Dankes, aber
40 Sophokles Ajax, erkl. ▼. G, fMf, ang. ▼. H.
ein solcher ist doch in der Formel des Grafees tatiQB nicht enthaHen,
selbst wenn man derselben ans den Zusammenhange (denn die Formel
an sieb und ihr Gebraoch im Allgemeinen bietet dies nicht dar) die
JOeatang eines 'frohen Grofses' gibt Sollte der GruCs tai^B erst noch
einer Begründung bedürfen? Noch entscheidender wird aber gegen die
Wolfsche Auslegung ein anderer Gesichtspanct gelten. Wir 6nden hauOg
nach einem Ausrufe oder Anrufe einen folgenden Sats mit «g begonnen
in Fallen y in denen an eine begründende Bedeutung von mq nicht ge-
dacht werden kann, sondern der durch mq beginnende Satz ein Aasiaf
sein muss, z. B. El. 23: m tpOixax iv^^mv n^oonolmv , ig fMc
€aipri \ ifijpLtta tpaivng i0^log tig ^fUrg ytfmg. EL 87: m fpmog ifwiiß
«ftl y^g IßOfgoiQ ai}^. mg fun noUag |uir ^Qiivav »dag %tl. El. 504:
m niXonog a »^otfOYir «olmrovog Inntiit, mg ffgoltg ttUani »rl. El. 808:
'Ogieta tpClxa^^ mg pk anmU^mg 9u9m9. Ant. 320: o^, mg «liffMc
ifflov iuMB^^mtog bI. Ant 1270: oi^', »g ioimtig o^i r^ir dUii9 IStiw.
Eur. Andr. 394. 603. 802. Bacch. 178. 348. 1027. 1249. 1352. Hec 56.
619 u. a. m. (Mit den Fällen, in denen auf einen Ausruf oder Anruf
ein durch ig eingeleiteter Satz folgt, muss man sogleich diejenigen zu-
sammenfassen, in welchen der folgende Satz mit ofog beginnt, wie Ai.
641 : m tlaiimv nitiQ , otav 9B fUvn «vO^Otti sotdog dve^pogov
axav. O. R. 1317. 1395. Ant 1228. Trach. 1112. Phil. 786. 991. 1004.
Eur. Ale. 144. 384. Andr. 1071. Bacch. 1259. Hec. 197 u. a. m.) Gegen-
über diesen zahlreichen, in ihrer Form gleichartigen Fallen , in denen
der nach dem Ausrufe folgende, mit ig beginnende Satz als ausrafend
Terstanden werden muss, linden sich einige derselben Form, in denen
es allerdings möglich ist — zum Thcil freilich mit einiger Härte —
dem durch mg eingeführten Satze begründende Bedeutung zuzuschreiben,
aber die Auffassung desselben als .Ausruf ebenfalls vollkommen passend
ist; z. B. O. a 316. 1187. Ai. 15. (wo Wolf ebenlalls ig als begrün-
dend aufiasst) 354. Man verliert jeden objectiven Maßstab der Exegese,
wenn man die letzterer Gruppe von Stellen in ihrer Auslegung von der
ersteren trennen will.
Ai. 119: xinnov rlg av 90i xapdgog ij 7t^owov6tiQog y \ ij 9ifüp
iniivmv tvQi4hi xa %aiQia ; Wolf erklärt das in diesem Satze vorkom-
mende av in der Bedeutung der Wiederholung «oir mit Indic. für die
Wiederholung. Krüger 53, 10, 3* und citiert für diesen bekannten Ge-
brauch noch zum Überflusse ein paar Stellen Phil. 290. ArisU Ran. 911.
920. 924. 927, Der Ausdruck «Wiederholung,» der freilich der Kürze
halber für diese Gebrauchsweise des av oft genug angewendet wird,
kann über das Gnpassende, ja die Dnmöglicbkeit dieser Erklärung leicht
täuschen. Es darf als bekannt vorausgesetzt werden , dass ar mit In-
dicativ keineswegs zweierlei einander widersprechende Bedeutungen hat
oder haben kann, nämlich die der Wiederholung des wirklichen Gesche-
hens und die der Nichtwirklicbkeit Es bedeutet in allen Fällen ein
Eintreten 'unter Umständen, unter nicht weiter bezeichneten Bedingung
SoplioUes Ajax, erkl. v. G. Woif, ang. ▼. B. BmU%. 41
gel*, usd je naehdem der ZaiBammenhang ergibt, das« dieae Omstände
mä BediDgQogeo wirklieh and iwar öfters eintraten, oder dass sie nicht
ilatt iMUen« so Mgt daraus f&r «v mit lodici die ieine oder die andere
Autegung. Der Gegenstand ist von L. Lange in seiner Anzeige der
limleiB'scIieii Grammatik (in dieser Zeitschrift 1858. S. 56 ff.) so licht-
foO aueeinandergesetsty dass es genügt, darauf zu verweisen. Ein %a/^i€9v
h'ÄpUia %i9 ^ Niw^ lud^t«« (Ar. Ran. 911) heilst also nicht *er
pflegte verhallt hinzusetzen', sondern * gelegentlich , unter Cmstanden
kam et vor, dass er ete/ Gesetzt nun, man verwandelte selbst den vor-
liegenden Satz aus einer Frage in eine den Aias betreffende Aussage,
also: äSmq ev^l^ cev ar^rooevaTog xal 9^9 if^iatogy so erhielte man
4m ganz unpassenden Gedanken: «Aias wurde gelegentlich, unter Um-
stindett, als der überlegteste etc. befunden.* Und vollends in der Frage
tig cv ev^i^, welche einer Verneinung gleichkommt, ist die Annahme
jener Bedeutung der Wiederholung schlechthin unzulässig. Man sucht
■nter den laUreidien Beispielen dieser Gebrauchsweise von Sv vergeh-
Udi naeh Fallen, in denen ein ovdiig oder ein ihm im Sinn gleichkom-
Beodes tlg Subject wire; natürlich, denn es fehlt dann an jenem ver-
■ittelmien Gedanken, durch welchen erst ofv mit Ind. als Bezeichnung
«nes wiederholten wirklichen Eintretens ausgelegt werden konnte. —
Die Auslegung Wolfs wird um so unerklärlicher, wenn man die vor-
iiegeode Stelle mit anderen in der Form gleichen zusammenstellt, Ai.
ttO: miuij xig Sv not ^9^ ad' inmwvftov \ tov^ov ^waCBiv Svopku
wii ip^ uttuotg^ Ant 502: naitoi mo^^bp %liog y Sv svnUictSQov
tcvi«f09 «vi. Trach. 707: nod'iv yaQ Sv not ivxl tov &vij'
9wmv o %ii^ I i^ol na^io%* tvvouiv; u. a. m. Demgemäfs ist ohne
Zweifel auch die vorliegende Stelle des Aias zu verstehen: «wen hätte
■an flnden können, wer hätte sich bewährt etc.»
Ai. 194: iUi Sva i{ iSffovmv, onov pLanga l m v i \ otfi^i[8$
sevl vf^ iymvü^ ^X^l^. So die handschriftliche Überlieferung. I>en
luerst von Neue gemachten Vorschlag, iimiQainv für fMugtUmvi zu schrei-
ken, hat Wolf, in Obereinstimmung mit den meisten neueren Herausge-
bern des Sophokles, in den Text aufgenommen. Der Vorschlag ist aller-
üngs sehr wahrscheinlich, er entspricht dem bekannten Gebrauche der
Adjeetiva für Zeitangaben und vertheilt passend die näheren Bestim-
Boagen, statt sie als Epitheta zu demselben oxoXa zu häufen. Dagegen
Hat Wolf die von Ritschi und Wunder gemachte Conjectur notl für
90ti nicht aufjgenommen, und doch scheint diese nicht nur zweckmäfsig.
looderu nothwendig. Wolf verbindet fiax^a^oov noti und verweist für
4iese Verbindung auf Sei notB , Ai. 320, wo er die Hinzufügung von
woti als «zur Verstärkung von a«/* dienend bezeichnet. Was sich an
Jui überhaupt noch soll «verstärken» lassen, ist nicht wohl zu begreifen.
Man Kest Sti nott häufig im Thucydidcs und Herodot, immer , wie es
•ebeint, in solchen Fällen, wo bezeichnet werden soll, dass etwas schon
ehedem, vor Zeiten bestand und seitdem immer fort l>esteht (vgl. die
42 Sophokles Ajax, erkl. v. G. Wolf, ang. v. H. ßoHU%.
Stellen, die Krüger zu Thnc. 1, 13. 3, zu Herodot 1, 58 citiert), so dass
es wohl richtig ist, weun Schneidewin zu Ant 452^ darin «das UoTor-
denkliche* ausgedrückt findet. Aber aus der Verbindung von noti mit
ari und mit anderen Zeitadverbien (xiltu noxi, ixi noti, fjdfi 9oti
u. a.) kann man nimmermehr mit Wolf auf die Verbindung mit dem
Adjectiv schliefsen, und die nur scheinbare Aushilfe Schneide win's (zu
Ai. 195), noti «zu fi^ax^aCtovi und üxni^i^H^ zu ziehen, hat Wolf mit
Recht aufgegeben. Ist nun endlich anerkanntermafsen (s. Härtung zu
d. Sl.) die Verbindung von osrov mit noti durch die Wortstellung un-
wahrscheinlich, und in Betreff der Bedeutung unmöglich , so wird man
die leichte Änderung in noxi um so zuversichtlicher ergreifen, da sie
eine sehr treffende Verbindung ergibt. Denn n^og mit Dativ wird im
eigentlichen localen Sinne öfters von dem Verharren, dem Anhaften an
einer Stelle gebraucht Od. s 329: n^oq dXXfjXfjciv ^x^vtoci, Soph. 0 R.
179: ngog nidm Hiic^ai, Od. & 190: intfi^av notl yaCji, Soph. Ant.
1189: vnzia 91 %Xivoikai dslaaaa nffog Sf^maimv ; mit dieser eigent-
lichen Bedeutung ist die übertragene in Verbindungen wie ylyvBa^ai^
slvaty Stax^i^siv n^oq tivi, vollkommen im Einklänge.
Ai. 348: im tplXoi vavßatat , (Lovot iftmv q>lXmVj ^ovoi t ip^ii-
vovtsg o^d-tp voi^ip. «Seine Salaminier sind erstens nunmehr seine ein-
zigen Freunde, zweitens die einzigen Menschen , welche ihre Ver-
pflichtung gegen ihn erfüllen. Darum ts* So Wolf. Sollte es denn
aber irgend einem Erklärer entgangen sein, dass man zwei nach einander
erwähnte Eigenschaften desselben Subjectes, wenn man am Zählen seine
Freude hat, durch erstens und zweitens bezeichnen kann? Den-
noch hat seit 6. Hermann kein Herausgeber geglaubt %e beibehalten zu
dürfen, weil der Sprachgebrauch, übrigens aus leicht begreiflichen Grün-
den, in der Anaphora stets ^£ (Krüger 59, 1, 4. Elmsl. ad Eur. Med. 1039),
nicht TS aufweist. Die Ausschliefslichkeit dieses Sprachgebrauchs musste
Wolf in ausreichender Weise widerlegen, wenn die handschriftliche
Überlieferung n sollte behauptet werden.
Ai. 520: aXJlL tü%i Nafiov fiv^truv. avd^l roi x^eeov | i^v^fiTiv
nifoasipcn, te^nvov bP xC nov nad'rj. Die Beziehung, welche durch %eU
in xafiov bezeichnet ist, haben schon die Schollen richtig angegeben
und begründet, denen auch alle bisherigen Erklärer gefolgt sind : KaXmg
x6 xaftov, otov , itBxa xov naxif^a %al xov vtov ncifih iv xivt fiolff^
lutxd^ov. Nach aCdsaai filv naxi(fa v. 506, ccÜÖBaai dl fifixsQa v. 507,
otnxBiQB f, mvai, nuiSa xov cov v. 510, erwartet man unzweifelhaft
die Bitte der Tekmessa, dass Aias auch mit ihr selbst Mitleid haben
möge. Und diese Bitte folgt denn auch unmittelbar auf jene, nur mit
dem einzigen Unterschiede, dass der Bitte selbst noch die motivierende
Erklärung vorausgeschickt wird, das$ von Aias verlassen Tekmessa
vollkommen hilflos sein würde. Dieser Gang der Gedanken ist so klar
und bestimmt, dass nicht wohl ein Zweifel darüber aufkommen kann.
Dennoch erklärt W. ganz anders: ^xifiov im Gegensatze zu Ajax und
Sophokles Ajax, erkl. v. G, Woif, aog. v. H. BohU%. 4M
seiner Ehre.* Aber in dem %ai von «ofiov kann nur der Gegensatz be-
leichoet sein zu einem im Vorhergebenden wirklich rathaltenen Gedan-
ken; von dem, was Aias «seiner Ehre* schuldig sei, ist aber nicht die
Bede, sondern von den verschiedenen Verhältnissen der Pietät, die ihn
im Leben zurückhalten müssen.
Ai. 646 — 692. Der Monolog, den Aias spricht, bevor er zur Aus-
fuhrung seines Entschlusses schreitet, sich selbst den Tod zu geben, hat
bekanntlich entgegengesetzte Auffassung erfahren. Auf der einen Seite
liest man in ihm eine absichtliche Täuschung des Aias gegen die Seinen ;
um deq Entschluss des Todes, der bei ihm unerschütterlich fest steht,
ungehindert ausfuhren zu können, sieht er sich genöthigt, durch das
Vorgeben einer Sinnesänderung die Aufmerksamkeit der Seinen von dem
einsamen Wege abzulenken, den er zu gehen im Begriffe ist Auf der
anderen Seile findet man die Annahme einer Täuschung unvereinbar mit
dem offenen geraden Charakter des Aias und glaubt die Worte des
Monologs so auffassen zu müssen, dass in ihnen Aias eine wirklich in
ihm geschshene Sinnesänderung ausspricht, die nur in Folge der vom
Dichter kunstvoll gewählten Worte von den zuhörenden Seinigen so auf-
genommen wird, als sei der Gedanke an den Tod aufgegeben. Die letztere
Auffassung hat an dem sinnigen und gründlichen Kenner griechischer
Dichtung, Sage und Kunst, an Welch er ihren hauptsächlichen Vertreter,
(Hhein. Museum. 111. oder Kleine Schriften II. 264—355); indem die-
selbe in den Auslegungen der Tragoodie und in literarisch-historischen
Darstellungen fast durchaus abgelehnt ist, bat neuerdings E. Gcebel (in
dieser Zeitschrift 1857. S. 181—192) ihre Rechtfertigung unternommen.
Es liegt wohl nahe, bei Behandlung dieser Frage von bestimmten Vor-
aussetzungen über den Charakter des Aias auszugeben, wie die Sage ihn
dem Dichter dargeboten und wie dieser ibn dargestellt hat; mit diesem,
heiCst es, sei es unvereinbar, dem Aias eine bewusste, absichtliche Täu-
schung der Seinigen zuschreiben zu wollen. Aber so nahe gelegt und
ansprechend eine derartige Begründung sein mag, so darf man doch in
ihr eine sichere Entscheidung der Frage gar nicht einmal erwarten. Denn
gesetzt, es liefse sich wirklich zur Evidenz bringen, dass mit dem
Charakter des Aias,. wie er in der Sage sich gestaltet hat, eine solche
Täuschung sich nicht vertrage, so würde daraus doch noch nicht folgen,
dass Sophokles sie nicht wirklich dem Aias zugeschrieben habe. Die
einzig sichere Grundlage, auf welche man eine Entscheidung der Frage
stützen kann, sind meines Erachtens die Worte des Monologs selbst.
Sind diese der Art, dass wir alle als den Ausdruck der wahren Gesin-
nung des Aias betrachten dürfen, oder finden sich in dem Monologe
auch Stellen, die man anders, aufser als bewusste und absichtliche Täu-
schung, nicht verstehen kann ? Dies letzlere ist allerdings der Fall. Die
Erklärung, dass er lernen werde den Atriden Ehrfurcht zu be-
weisen, fitfdi^ffdfietf^a ^"Atifeidasffißeiv (667), ist in Aias Munde
keine Wahrheit; dieselben Atriden v e r fl u c h t Aias unmittelbar nachher,
44 Sophokles Ajax, erkl. v. 6. Xihlfy aog. v. B. BomÜ^
wo er ohne meiMchliche Zeugen seine GesiimuDg ungehindert ausspricht,
839: %ni ütpag «omovg maniüt« wd MOPmUf^^ovg \ ivpa^»ictu»y mentQ
eißOQa^ ilU %tX, Freilich sollen wir hierin dennoch keinen Widerspruch
finden. «Keiner, denke ich,* schreibt E. Gosbel a. a. 0., «wird ent-
gegnend fragen, wie kann er, wenn es ihm Ernst ist mit seiner Reue
und dem Vorsatze ' 'At^iiSug cißeiv^ den Atriden und mit ihnen dem
ganzen Heer so grasslich fluchen? Ein reuiger Christ könnte freilich dam
Feinde nicht fluchen in dem Augenblicke, wo er selbst von den Göttern
Vergebung für sich selbst erfleht; aber ein Ajax konnte es.* Aber diese
Ausgleichung trifft ja die Sache nicht, um die es sich handelt ; dass Aias
in demselben Augenblicke, wo er sich selbst dem Schutze der Götter
anempfiehlt, Flüche über die Atriden ausspricht, diese Verbindung bleibt
jedenfalls, welche Auslegung auch der (ragliche erste Monolog erCahre,
und zu ihrer Würdigung kann an den Unterschied griechischer Gottes-
verehrung und christlichen Glaubens erinnert werden. Es handelt sich
ja vielmehr darum, wie Aias über die Atriden, die er sofort auf das
ärgste verflucht, im ehrlichen, wahrhaften Sinne sagen könne, dass
er lernen werde ihnen Ehrfurcht zu zollen. Dass dieses beides
sich auf keine Weise ausgleichen lässt, ist durch das nachgewiesene
Ausweichen vom Fragepuncte nicht widerlegt, sondern indirect aner-
kannt Und wenn etwa an einer anderen Stolle die Worte «Ajax erkennt,
dass er in seiner Rachsucht und Widersetzlichkeit gegen die Atriden zu
weit gegangen ist, ohne aber darum ihr Unrecht gegen ihn zu vergessen
oder christlich zu verzeihen' (S. 191), eine Ausgleichung dos Widerspru-
ches geben sollen, so muss man das 'Ax^Mag aifinv in wunderbarer Weise
verflachen. Man kann einsehen, dass man gegen jemand in Rachsucht etc.
zu weit gegangen ist, in dieser Einsicht liegt noch kein ci ßtip. wir
werden uns also, wenn wir nicht den Worten des Sophokles willkürliche
Gewalt anthun wollen , wol entschliefsen müssen anzuerkennen, dass er
den Aias mit Bewusstsein gegen seine Herzensmeinung sprechen , dass
er ihn die Seinen täuschen lässt — Und diese Worte sind nicht die
einzigen, welche zur Annahme einer wissentlichen Täuschung des Aias
noth wendig führen. Wir lesen 651- ff.: — i&riXvp^p atoita ] npog
tfindi t^g yvvtunog, oIxxbIqw di viv \ %fi^uv nag ix&go^ naidd
X offtpaviv Imsiv, I alX'sli^i ngog xs lovxga %xl. Sollen wir glauben,
dass Aias seine wirkliche Gesinnung in diesen Worten ausspreche, und
nur die Stimmung der Seinen es mit sich gebracht hab^ dass sie ihn ihrem
Wunsche gemäfs misverstanden, so müssten wir diese Worte auslegen :
'ich wurde in meinem Herzen erweicht von diesem Weibe, und es thul
mir leid, dass ich sie als Witwe, mein Kind als Waise lasse. Aber ich
werde dennoch» obgleich mir dies leid thut, zu dem Sühnungstode
gehen.' Aber um einen derartigen Sinn zu erhalten, müssen wir wieder
den Worten Gewalt anthun. oUxii^m mit dem Infinitiv ist meines
Wissens nicht weiter im griechischen Sprachgebrauche nachgewiesen,
aber nach allen Analogien: oxvo, iXtulQm^ uloippouMi «oM^y, muss maa
S6|iboUci Ajax, erki i. ff. Wof, ang. t. B. IkmM. 4k
olnxni^m UntSw verstehet aus Mitleid unterlasse ich es» sie zur
Witwe, mein Kind zur Waise tu machen. Mit dieser Auslegung stete
daoB der folgende« durdi iXLi eingeführte Satz in richtiger Beziehung:
*lch will sie nicht Teriässen, sondern ich werde zum Bade gehen und
durch Reinigungen den Zorn der Göttin besänftigen.' Auch die ft>lgen-
den, das Tcrderbliche Schwert betreffenden Worte yuiag if^iixq, fpdtt
fiif «ftff oipstM, I iXl^ tmro rv{ '^Atdfit ti üwtfivtmv %itm kOnnen den
unbeihngenen Hörer und Leser nur auf den Gedanken fOhren, dass Aias
das Werkzeug« Toh dem er alles OngHick herleitet, in den dunkeln
SehoCs der Erde bergen will, wo kein menschliohes Auge es mehr sehen
wird, sondern es der Nacht und dem Herrscher der Dnterwelt angehört
Wer von dem Schwerte sagt: «ich wiD, eine Grube ausgrabend, es an
der Stelle der Erde bergen, wo kein Mensch es sehen wird, sondern die
Nacht und Hades es drunten bewahren sollen,* der kann nicht
wollen, dass man darunter verstehe : «ich will den Griff des Schwertes
in der Erde befestigen und in das Schwert mich stürzen,* also er täuscht
die Seinen über sein wahres Vorhaben. — Ich kann bei den angefahrten
Stellen aus dem Monologe des Aias durch keine überdeckende und mit
dem Zwielichte eines Doppelsinnes spielende Deutung den klaren Wort-
dnn mir entziehen lassen, und dieser zwingt zu der Annahme s Aias übt
bewusst Tauschung den Seinigen gegenüber. Wie schwer es dem Aias
ankommt, diesen, seinem Charakter fremden Weg einzuschlagen, ISsst
uns der Dichter lebhaft empfinden. Die Rede des Aias bewegt sich fast
durchweg Tom Anfange bis zum Schlüsse in allgemeinen Sentenzen, mit
denen er dem Aussprechen der Unwahrheit ausweichen möchte, und
doch, nachdem er die Täuschung ausgeführt und dadurch eireicbt hat,
dan er ungehindert von den Seinigen den Weg zum Tode gehen kann,
bricht zuletzt unwillkürlich die Wahrheit hervor. Denn wer zu den
Waffengenossen sagt: v^tiq ^, hteigoiy taita tydi fio» tiSt \ tiiiSti,
TtWQ^ ^, fjv ^0X|7 , aflpkfiv€Ct8 I lliXuv fllv l}fiOV , BVV09tv If VfLtP
Sfut. I ifm y&Q ilfi hiitJy onoi noQtvtsov — der nimmt nicht für den
Gang nach einem Sühnopfer, sondern nimmt für immer Abschied und
gibt seine letzten Aufträge.
Die Auffassung des Monologs, deren Rechtfertigung ich so eben
andeutete, gibt auch der Hr. Herausg. zu ▼.646: b — er musste nun die
Umgebung täuschen, um unbeobachtet zu sein. Zwar ist er ein offener
und wahrer Charakter; aber sein männlicher, fester Geist verstand, die
Consequenzen zu ziehen; da er seinen Vorsatz nicht anders ausführen
konnte, musste er sich auch jetzt überwinden und List anwenden, welche
auch dem Krieger ziemt* Aber mit dieser einfachen und unumwundenen
Erklärung ist es mir unvereinbar, wenn Wolf sich durch den ganzen
Verlauf des Monologs bemüht nachzuweisen, dass die Worte des Aias in
dem Sinne, in welchem er sie meint, nichts Unwahres enthalten. Sehen
wir , mit welchen Mitteln diese Nachweisung geführt wird. Zu v. 65%
ointidf» — XixBiv bemerkt Wolfs „oAirt/^o mit dem Inf. nach Analogie
4« Sophokles Ajax, erkl. v. G, Wolf, ang. v: ff. Banitt,
von 6%vm u. Shnl. — Dass Ajax diess leid that, isl ganz wahr; nur
konnte es eben nicht ändern.'' Ja, ointeigm viv wurde wahr sein, aber
olnti^Qu 9iv Xmstv, all' ilfLi %tl» ist nicht wahr, und um diese Worte
handelt es sich, nicht um willkürlich davon abgetrennte. — Zu t. 658 IT.
%ifvipn xod* iyzog %tl, lesen wir nach einer eingehenden Bemerkung
über die Vernichtung von leblosen Gegenstanden , an denen Mord oder
sonstige Befleckung haftete: »Die Anwesenden also denken an ein Be-
graben unter der Erde, Ajax dagegen an das Stecken in die Erde behufls
des Selbstmordes, cmii&vwtv iutt»y ins Grab mit Ajax selbst* Gewiss
dürfen wir voraussetsen, dass Aias, wahrend er den Seinen das Ver-
graben des gefahrlichen Schwertes ankündigt, an das denkt, was zu Ihun
er wirklich beabsichtigt. Aber die Frage ist ja vielmehr, ob er durch
die Worte, die er anwendet, sein wirkliches Vorhaben bezeichnete, und
dies muss man in Abrede stellen. Auch die Verse 666 ff. toiyag «o
Xoinov sleoiiBa^u %%l, sollen in Aias Sinne keine Unwahrheit enthalten:
«666 f. sagt Ajax in dem Sinne wie 100 ^avovttq ^dti xifl itpat,(^tU9^m9
onla, Ant. 308 ihr Wächter sollt gehängt werden, tva to lomov (ui^^fi^,
oti oi% ^1 aMavtog de^ to %$QSalP9iv q>il8tv. Auch 668 enthält keine
Unwahrheit; denn Ajax weicht den Atriden wirklich, indem er, statt
sich zu rächen, sich den Tod gibt.* Indem Aias seinen Entscbluss, ferner-
hin, TO Xomovy sich den Göttern unterzuordnen, den Atriden Ehrfuroht tu
beweisen, durch die allgemeine Ordnung der Natur erläutert und be*
gründet, will er unzweifelhaft so verstanden sein, dass er to ioft9rdy,d.h.
den noch übrigen Verlauf seines Lebens hindurch, diese Sinnesänderung
durchführen werde. Dass Aias den Entscbluss, den er ausspricht, nicht
wirklich gefasst hat, wissen wir; aber etwas ganz davon verschiedenes
ist, was W. behauptet, dass sich die Worte des Aias auch so auf-
fassen liefsen, dass sie seine wahre Absicht bezeichneten. Von allem
andern abgesehen beweisen die angeführten Stellen Ai. 100. Ant. 308
durchaus nichts; in beiden ist der Begriff des Sterbens, auf den es an-
kömmt, ausdrücklich bezeichnet. — Der Grundsatz der Klugheit -— oti | o
T i%^Qig fifiCv ig toaovd' tx^aiftiog, \ mg xal tpUiiaav ov^»^, ig tt
xov (pClov I xoauvQ'* vnovQymv dfpeletv povli^aoftai, \ mg alkv ov fis-
vovvxa — ist dem Charakter des Aias so entgegengesetzt, dass man
ihn unmöglich als aufrichtig von Aias ausgesprochen betrachten kann.
Auch hier findet sich dennoch ein Mittel, uns glauben zu machen, dass
Aias dies aufrichtig ausspreche: «680 f. {fg te top tpiXop %tl.) meint
er aufrichtig, im Hinblicke auf Agamemnon, dem er so groCse Dienste
erwiesen; 678 ist nur die entgegengesetzte Anwendung desselben Satzes.*
Also, wenn wir recht verstehen, das unbedingt unmögliche wird als
blols rhetorischer Gegensatz eliminiert. — Ich glaube, die Mittel, mit
denen Wolf nachzuweisen sucht, dass die Worte des Aias, obgleich die
Täuschung der Zuhörer nicht blols erreichend sondern auch beabsichtigend,
für ihn durchweg Wahrheit haben, bedürfen weiter keiner Kritik ; es ist
iqr nöthig, sie nicht einzeln, sondern in ihrem Zusammenhange zu €r-
SophoklM Aja8, erkl. V. 6. Wolf, ang. t. H. BoHüt. 47
w^en. Aber gesetzt, Wolf hatte , was er erweisen will, evident und
ohne alle Willkür in Deutung der Worte erwiesen, was wäre die Folge
«ifonf Wenn sich der gesammte Monolog des Aias so deuten lasst,
dast die Worte, aufgeftsst in dem von Aias gedachten Sinne, wahr sind,
<e aofriditige Meinung und Absicht des Aias ausdrucken : wie erweisen
wir den dann, dass Aias hat tSuschen wollen? Oder gesetst weiter,
die Abdeht der Täuschung wäre aus andern Gründen gewiss — eine
fenutsetsong, die ich nicht anerkenne, ich sehe allein in den Worten
telbil den Beweis — was erreichten wir dann, wenn sich nachweisen
lieiMy dieselben Worte, welche die Zuhörer unausbleiblich als ein Auf-
geben des vorher beabsichtigten Selbstmordes verstehen müssen, lassen
mdk a«cb so drehen und wenden , dass Aias darin das Verharren bei
•eiBeii Vorsatze ausdruckte? Will sich vielleicht Aias in schlauerweise
vor steh selbst rechtfertigen, dass zwar seine Zuhörer I3nwahres ver-
streu mssen, er aber doch selbst nichts Unwahres gesagt habe? Die
Kunet der Doppeldeutung, welche Wolf, hierin Schneidewin folgend,
angewendet hat, ist, furchte ich, weder mit den Grundsätzen gewissen-
hafter Eiegese vereinbar, noch wird dem Dichter dadurch ein Dienst
erwieeen.
Ai. 806. In dem Anfange der Epiparodos spricht der eine Halb-
ehor «fie Erfolglosigkeit seines bisherigen Suchens in den bekannten
Worten aus x 9690g nwnp wipop fpign. Schneidewin umschreibt diesen
Ven in folgender Weise: «Die Muhe, den Aias aufzusuchen, hat zu der
iriilieren Noth mit ihm noch neue Noth hinzugefugt, weil der Chor ihn
nicht gefunden hat.* G. Wolf wiederholt diese Erklärung fast gleich-
laalendt «Die Muhe des Suchens hat zum Mühsal, welches durch
Ajat That verursacht ist. nur den Schmerz gefugt, dass ich ihn noch
nicht gefunden.* Und dabei citieren doch diese Erklärer , so gut wie
alle andern, zu dem vorliegenden Verse Stellen aus griechischer Dichtung
and Frosa, in denen die Häufung desselben Wortes in verschiedenen
Pomen dem Gedanken einen besonderen Nachdruck zu geben bestimmt
ist Diese rhetorische Bemerkung, an deren Wahrheit sich gar nicht
zweifeln lisst, steht mit der eingeschlagenen Erklärung im Widerspruche;
wie soU denn die Wiederholung desselben Wortes Nachdruck geben, wenn
wir dasselbe in jedem einzelnen Falle des Vorkommens in einer andern
Bedeutung zu nehmen haben? Aber selbst abgesehen von dieser rhetori-
•chen Bemerkung, ist es denn denkbar, dass man dasselbe Wort
QBBittellMtf nacheinander in drei verschiedenen Casus gebraViche, und
dfoi Leser oder Hörer zumuthe, sich bei jedem Casus eine andere Be-
deutung des Wortes zu denken: novog die Muhe des Suchens, novm
die Noth des Aias, novov der Schmerz über die Erfolglosigkeit. Es ist
mir geradezu unbegreiflich, dass eine solche Willkür der Deutelei, wenn
üt wirklich einmal einem Erklärer in den Sinn kam, weitere Beintim-
nutig finden konnte? Sehen wir noch ab von dem Subjecte nopoq und
48 Sophokles Ajax, erkL t. G. Wo ff, ang. t. ff. BmUm.
betracbteD, unter Voraussetzung eines andern Subjectes z. B. Atavxo^
iiodogy nur die Worte fpi^n novm novov, so können diese nicht anders
aufgefasst werden als iiivffeip miiicttu nr^MCtv (Eur. Or. 1267), ^i^wir
di%qvu dd%^vüiv (E. Hei. 1^), xUtUMß ixia i%B9iif (Hei. 363) «900»-
9tZv alXov illip (S. 0. R. 175) also: 'Mähe über Mühe bringen.' (Seh.
knl novtp Movov tpigu), Darchweg tritt uns evident dieselbe sprach-
liche Form und dieselbe Bedeutung entgegen ; «überall Verbindung eines
Nomen mit dem Dativ desselben Nomen zur Bezeichnung der Hau*
fuDg, in weichereines über das andere sich drängt;' nur bei der Wieder-
holung desselben Nomens lässt sich dieser Gebrauch des Dativs
sieher constatieren '), ein Grund mehr, wenn es dessen bedarr, das Nomett
in den beiden F&llen seiner Anwendung in vollkommen gleichem Sinae
zu nehmen. — Dass nun in dem vorliegenden Falle dasselbe Nomen auch
noch Subject des Satzes ist, steigert noch den Nachdruck, der auf diesen
Begriff gelegt ist, kann aber an dem Grundsatze der Auslegung nichts
ändern; die Mühe des Suchens bringt nicht die Erreichung des Zieles,
«ondem bringt nur immer eine neue weitere Mühe, sie bringt Mühe über
Muhe. Dass der Chor diese Endlosigkeit, und was darin zugleich mit
enthalten ist, Erfolglosigkeit seiner Mühe des Suchens bezeichnen wUl,
beweisen noch zum Überflusse deutlich die nachfolgenden Variationen
desselben Gedankens: nqi yag ov% ißav iyco; %oidslg inlctaxtU fL$
<F«^|Mt^£rv (?) xonoq. näv iarißiixai nlsvgov ^ani(fOv vimv. nopov yc
nlijd^gy %oidlv ilg oifuv nXiov u. s. f.
') Die Beschränkung dieses Gebrauches des Dativs auf den Fall der
Wiederholung desselben Nomens habe ich in der Bemerkung
zu Soph. 0. R. 176 in dieser Zeitschr. 1856. S. 644 durch Ber-
spiele nachzuweisen gesucht. Ich kann es hiernach nicht für ge-
rechtfertigt halten, wenn zu Ai. 946 ff. äfikoij avcclyritav diaamv
id'(f6fiaag SvavSov i^yov'Ax^Bidav x£9^ Sxsi Wunder, Schneidewin
und Wolf den Dativ xipS* &i8i in gleicher Weise verstanden wissen
wollen, wie xovtp Ai. 866. Mit Thudichum und Härtung t^9§
&XBI zu avaXyr^xmv zu construieren, «welche fühllos sehen diesen
Schmerz,* muss man sich um der Wortstellung willen versagen.
Was hindert denn aber, To^e axn zu id'Qoriaag zu constniieren,
in dem Sinne «mit diesem Leide (d. h. durch die Erwähnung
dieses Leides), über das du eben klagtest, sprachst du eine
entsetzliche That des fühllosen Atridenpaares aus?' Vielleicht
haben die Schollen eine solche Erklärung beabsichtigt, indem es
in ihnen hoifst: xaS' aifn xfj naff ova^ evynpo^u,
Wien. H. Bonitz.
CfmlfMill; Sestiilcbte d. deatsefaen KaiBefzeit, tilg. v. Q. lOMm. 49
Gnchichte der deutschen Kmerzeit Ton Wilhelm Giesebrecht
Erater Band. OrÖodung des Kaisertbums. Zweite veränderte Auf-
lage. Mit eitter Obersicbtskarte von H. Eiepert. Braunschweig^
tebmeUchie. IMO. Lex. 8. 871 S. — 3 Tblr. 14 Sgr.
Die neoere GeachicbtsachreibuDg bat Birgendwo in den letzten
Jaknehntea einen eo giofaariigen AuÜMsbwung genommen and nirgend
tiae so hohe 8Uife der Volliiommenheit erreicht, wie in Deutschland.
Sie nka nirgend auf einer so tüchtigen Grundlage eingehender Studien
md DeUHarbeiten und steht auch in ihrer kunstmalsigen Entwickelang
IMer den Leittungen keiner anderen Nation zurück. Mau darf es ge-
Ktnwartig wohl ohne Scheu aussprechen, dass die Behauptung, die man
■icht aeiCen kort, wir Deutsche hätten kaum erst begonnen» eine den
Prantonen und Engländern ebenbärtige historische Literatur hervorzu-
bnngen, den ungerechtesten Irrthum enthält, den man ersinnen konnte.
Inaweifellufl Terhreitete die historische Muse jener andern Völker einen
^cwiaaen %uhem Olam schon früher um sich, als hei den Deutschen,
aber sehr treffend ist in dieser Beziehung die Bemerkung, welche der
VcrCMMT der deutschen Kaiseigeschichte in seiner Königsberger Habili-
tsüanarede im SonMner des vorigen Jahres gemacht hat, wenn er sagt,
(Usi man nur die gleichzeitigen Arbeiten der Franzosen und Deutschen
m Tergleicben brauche, um zu erkennen, auf weicher Seite «die Soli-
4iläl der Arlieit und die Unbefangenheit des Urtheils* zu Anden ist.
«Wer heute die Geschichte der Völkerwanderung studiert ^ dem sind
Vaaeov's Arbeiten noch heute unentbehrlich, während das damals sehr
bewunderte Buch des Abbe Dubos fast verschollen ist. Niemand wird
m fichrilUlelkrifieher Kunst Schlözer einem Voltaire zur Seile steilen,
«ber an Gründlichkeit der Forschung und Wahrheitsgefuhl ist der Qöt-
tiager Profeaaor dem Schöngeist von Femey weit überlegen* ').
Wie sehr man indessen auch die häufige Dnterschätzung der dcut-
«heo liisloriographie namentlich in ihren frühern Entwickelungsstufen
UiUgen mag, so ist doch nicht zu verkennen, dass ein gewisser Grund
ür diese Erscheinung vorhanden war. Früher als bei den Deutschen hat
«ich bei den Engländern und Franzosen ein nationales politisches Leben
ungebildet, welches auf ihre geschichtliche Literatur nicht blofs einen
Meutsamen Einfluss ausgeübt hat, sondern ihr selbst Richtung und Gha-
rftkler gegeben. Während anderwärts die nationale Geschichtsschreibung
') Es ist die Antrittsrede Giesebrecht's bei seiner Berufung als o.
Prefetser der Geschichte an die Universität Königsberg, welche
nachher in v. Sybefa historischer Zeitschrift veröffentlicht wurde.
Was Gtesehrecht hier ül>er die Entwickelung der deutschen Ge-
Nchichtsschreibun^ bemerkt, scheint uns überhaupt das bedeu-
tendste, was an diesem Orte oder anderwärts darüber geschiieben
wurde. Und wir wollen die Gelegenheit nicht vorübergehen las-
sen, hierauf aufmerksam zu machen.
so Gietehrechi, Geschichte d. deutschen Kafserz-eit, ang. y. O* Lmrent,
bereits ihre wirksame Vertretung gefunden hatte, ist es charakteristisch,
dass bei uns ein «Schlözer zuerst die Grundsätze einer strengeren Kritik
und methodischen Forschung an der Geschichte der Russen, Osmanen
und Mongolen zeigte* Und es ist, als ob sich damit noch ein eigenes
Misgeschick verbünde. Das früheste deutsche Geschichtswerk , welches
aus einem grofsen* nationalen Gesichtskreis erwachsen ist, blieb unvollen-
det, und auch in dieser fragmentarischen Gestalt der Welt bis auf die
jüngsten Jahre unbekannt. Jedermann sind die umfangreichen Arbeiten
bekannt, welche Leibnitz für die Geschichte der Deutschen gemacht und
vorbereitiet hat, aber seine Annales Imperii , die erst Pertz im J. 1843
herausgegeben, würden einen epochemachenden Einfluss auf die histori-
schen Studien gewonnen haben, wenn Leibnitz sie vollendet oder auch
nur in dieser ersten Gestalt verüfTentlicht hätte. Sie sind ein wunder-
bares Beispiel tiefer historischer Kritik in dieser frühen Zeit^ so dass
man auch mit unseren soviel weitergehenden Queilenkenntnissen in einer
ganzen Anzahl der wichtigsten Puncte nur zu den gleichen Resultaten
gelangen kann. Indem aber Leibnitzens Werk unbekannt geblieben ist,
verhielt sich die Geschichtsschreibung noch lange wie eine dienende
Magd anderer Disciplinen, und es ist erst ein in der neuesten Zeit ge-
wonnenes Resultat , dass die Geschichte eine selbständige unabhängige
Stellung im Kreise der Wissenschaften einnimmt Sie hat bis dahin die
Rolle eines Hilfsmittels der Theologie oder Jurisprudenz gespielt, und
wurde nur nach gewissen praktischen Zwecken behandelt. «Aus Col-
lectaneen ziir Kirchengeschichte und zu antiquarischen Studien, wie aus
den staatswissenschaflliehen Deductionen der Rechtslehrer sind die ersten
historischen Werke hervorgegangen.*
Der gewaltige Aufschwung, den dann die Geschichtsschreibung im
Anfange dieses Jahrhunderts genommen , hieng sogleich mit der politi-
schen Erhebung der Nation aufs innigste zusammen. Wahrhaft treffliche
Worte sind es, die Giesebrecht hierüber in der erwähnten Rede gespro-
chen hat, und es mag gestattet sein, dieselben hierher zu setzen, da
man die Bedeutung seines eigenen Werks, der Geschichte der deutschen
Kaiserzeit, nicht leicht so in das rechte Licht stellen kann, wie es durch
sie geschieht.
«Die nationale Erhebung war der Born, ans dem unsere Geschichts-
wissenschaft neues Leben schöpfte; der nationale Gedanke wurde die
treibende Kraft derselben, und der Glaube an die unerschöpfliche Lebens-
fülle der Nation und an das Vaterland gibt ihr immer von neuem Muth
und Frische. Das gröfste und folgenreichste Unternehmen für unser
modernes Geschichtsstudium ist in dem Wahlspruch begonnen und fort-
geführt: Sanctui amor patriae dat animvm. Wer sich nun in das
Studium der Geschichte vertieft, der hat es nicht mehr so sehr mit einer
abgestorbeneu Vergangenheil, mit den vorübergehenden Wirkungen vor-
übergehender Ereignisse, mit den Tugenden und Fehlern längst dahin-
geschiodenor Personen zu thun, als das Leben grofser Nationen, in denen
SieseöreeMi, Geschichte d. deutschen Kaiserzeit, ang. v. O. Lorenz 51
die Gedanken Gottes sich gleichsam Terkürpern, in seinem Ursprung und
Wachstbum zu verfolgen und zu begreifen. Da schlägt sich von selbst
die Brücke von der Vergangenheit zur Gegenwart; das Gestern gewinnt
Bedeutung durch das Heute, der heutige Tag durch entschwundene Zei«
ten; da erst lebt der Historiker nicht mehr im Tode, sondern im Leben,
aber in einem^reicheren und bleibenderen, als das schnell verrauscliende
Leben des Tages. Wird die Geschichte vom nationalen Gesichtspunct
erfasst, so gewinnt Bedeutung, was früher kaum beachtet wurde, und in
den Mittelpunct der Betrachtung treten Momente, die man bisher als
gleichgiltig ansah. Wer konnte da noch die CuUurgeschichte — ein so
vieldeutiger und vielmisdeuteter Name — als eine Olla potrida von
tausend Wunderlichkeiten oder als eine trockene Aufzählung neuer Er-
findungen und Moden betrachten? Wer das Leben der Nationen ergrün-
den will, muss den Innern Zusammenbang ihres Staats- und Kirchen-
lebens erfassen, muss ihre Sitte und ihr Recht, ihre Sprache und Lite-
ratur, wie sie innerlichst mit dem Wesen der Nationen verwachsen sind,
begreifen, sich in die ganze Denk» und Anschauungsweise der Völker
im Laufe der Zeiten hineinleben.'
Wenn mit diesen Worten die höchsten Aufgaben der Geschichts-
forschung nach unseren heutigen Auffassungen bezeichnet sind, so darf
man sagen, dass Giesebrecht's Kaisergeschichte dieselben wirklich er-
füllt Denn hier ist ein Blick in das Gesammtleben der Nation erttflfhet,
wie er sie heute und zu allen Zeiten charakterisiert, hier ist eine Dar-
stellung gegeben, welche uns das Culturleben des Volks nach allen gei-
stigen Richtungen hin zeigt und die Entwickelung desselben verständ-
lich macht. Aber Giesebrecht hat nicht nur die Forderungen, welche
die moderne Wissenschaft stellt, in gläqzender Weise erfüllt, sondern
sein Werk bezeichnet selbst einen bedeutenden Schritt in unserer ge-
schichtlichen Literatur. Seit jenen Tagen des Aufschwungs hat sich die
historische Muse der Deutschen, indem sie sich unserem Alterthum zu-
wendete, fast ausschliefslich mit der Erforschung des Materials beschäf-
tigt. Die aufserordentlichen Anstrengungen zur Herbeischaffung der Quel-
len unserer ältesten Geschichte haben eine tiefe Versenkung in die streng
gelehrten kritischen Arbeiten nöthig gemacht, mit welchen sich nicbf
hei allen die kunstmäfsige Darstellungsgabe verbindet; vierzehn Folio-
Bände reichhaltigsten, kritisch gesichteten Quellenstoffes waren bereits
vorhanden; und seitdem mit den Jahrbüchern des deutschen Reichs die
treffliche Grundlage einer eigentlichen Darstellung dieser Zeiten gelegt
war, sind noch fa<tt fünfzehn Jahre vergangen, ohne dass jemand, mit
diesem ausgebreiteten Material aufs innigste vertraut, zugleich an eine
dem modernen Geschmack allgemeiner zusagende Bearbeitung sich ge-
wagt hätte. Indem es Giesebrecht unternahm, hat er gleichsam, was
aus jener nationeilen Bewegung der Gemüther entkeimte, zur Frucht ge-
staltet, und der Nation selbst zum geistigen Genüsse bereitet. Er hat
jene Zeiten, die auch den weniger Rundigen in ahnungsvollen Bildeni
4*
6t 6ie$ebreeht, Geschichte d. deutschen Kaiserzeit, ang. v. 0. lortt»*
vor der Seele schweben, dem allgemeineren eindringenderen Verständnis
eröffnet; er hat die hohen Gestalten einer grofsen Vorzeit, die im sagen-
halten Gewände unsere Phantasie so gerne beschäftigen, uns menschlich
näher gebracht, er hat bewirkt, dass die dunkeln Vorstellungen nebel-
hafter Heldengrörsen , Welche dem Herzen unseres Volkes nahe stehen,
sich zur Erkenntnis grofser politisch nationaler Charaktere erheben, deren
Beispiel zur Nachahmung auffordert. Und Giesebrecht hat dies mit
jener so auCserordentlich seltenen Kunst gethan, welche in sich zwei
scheinbar verschiedene Momente vereinigt, dass sein Werk für den Ge-
lehrten ein unentbehrliches Hilfsmittel und für jedes deutsche Haus ein
verständliches und reizendes Familienbuch immer sein wird und theil-
weise schon geworden ist. Giesebrecht ist Meister der Erzählung. Er besitzt
den epischen Ton: die ruhige aber nie beruhigte Stimmung^ eine Eigen-
schaft, die sich weiC seltener unter den Historikern findet, als man glau-
ben sollte. Seine Reflexionen haben einen populären, man möchte sagen
Tolks verständigen Charakter, und ruhen überall auf der tiefen sittlichen
Grundlage einer innigen Überzeugung und nicht selten auf dem Anhauche
einer poetischen Anschauungsweise: er verschmäht es nicht, seinen Ge*
danken in Bildern Ausdruck zu geben, deren symbolische Bedeutung
auch dem Berechnenden, «der kalt von der Glosse trieft,* keinen Augen-
blick unverständlich ist, denen aber vor allen die weicher Gestimmten
entgegenkommen; eben hierin, in diesem Zug des deutschen Wesens
findet seine Sprache ihre Berechtigung ; denn auch in Vergleichungen
des menschlichen Daseins mit den Erscheinungen der Natur oder in
Bildern, die uns deu geistigen Gehall des Lebens anschaulich machen
sollen, oder in der Erinnerung an Zeit und Ewigkeit, in dem Hinweis
auf die waltende Gerechtigkeit, die göttliche Vorsehung darf der deutsche
Geschichtschreiber auf die innige Theilnahmc seines Volkes rechnen.
Man dürfte nun aber nicht denken, dass Giesebrecht neben der
Eigenlhümlichkeit seiner Darstellungsweise die kritische Schärfe und
philologische Genauigkeit in Untersuchung seines Stoffes weniger eigen
wäre. Wer erinnert sich nicht seiner meisterhaften Detailforschungen
über die Altaicher Aunalen, der sorgfältigen Arbeit des jüngst publicier-
ten Registrum Gregor's VII., jener ganzen Reihe von Untersuchungen in
den Jahrbüchern. Auch in den Anmerkungen dieses Werkes lassen sich
oft in wenigen schlagenden Bemerkungen die mühsamsten Untersuchun-
gen erkennen: auf die historische Darstellungsweise bleibt diese gei-
stige Reinlichkeit nicht ohne Einfluss; nicht allein, dass sie eine Sorg-
samkeit des Stils^herbeiführt, die nach dieser zweiten Auflage des Buchs
den höchsten Forderungen genügt, selbst in der Art und Weise der
Mittheilung flndet man diese Strenge und Schärfe des Verfassers gegen
sich selbst. Es ist schon hervorgehoben worden, wie schwierig es war,
in einer zusammenfassenden Einleitung die gesammte Bewegung der
deutscheu Geschichte zu zeichnen. Aber wie detailliert scheint uns da
bei aller Allgemeinheit die Erzählung. Indem nichts, was wirklich
€UM§reeAi, Geschiebie d. deuUcbeo Kaiserzeiti apg. v. 0. lonm. 69
#pocbemacheod wirkte, uiiver«laadlicb gelassen ist, merkt man kaum
die gedrängte Darstellung, Viie genau und präcise sind die Begriffe
der ältesten Hechts- und Staatseinrichtutigen gefasst, wie ist das Kaiser-
thum und seine Bedeutung so klar gezeichnet, wie gliicklich ist der
Hr. VrL bier mit wenigem den falschen Auffassungen entgegengetreten,
welche über dieses wichtigste Institut verbreitet werden, wie lebendig
leicbnet er das Entstehen des römischen Beichs deutscher Nation. Man
fioidet überall präcise, streng historiscbe Fassung mit anmutbigcr Er-
zäUung in schöner Vereinigung. In der Charakteristik der Personen
hat Giesebrecbt die Mitte gewählt zwischen der oft nur zu sehr will-
kürlich gearteten rein psychologischen Deductiou und der aus den äufsern
Handlungen der Mensehen entnommenen Erkläruugsweise. Wir lernen
seine Charaktere vor allem in ihren öientlichen Ankündigungen vor-
zugsweise durch ihre Handlungen kennen, aber nirgend lässt er uns
über ihre Ideen und Absichten, ihre natürliche Befähigung und geistige
Bildung, über ihr inneres, man möchte sagen häusliches Leben im Un-
klaren. Nicht blols von den rein politischeu Gesichtspuncten aus bc"
trachten wir die gewaltigen inoern Kämpfe unter den Ottooen, bis in
die Tiefe der Familie eröffnet uns Giesebrecht einen Blick er zeigt uns
in Otto dem Grofsen, wie er von seinem Sohn Ludolf angegriffen ist,
nicht Allein die beleidigte Majestät des Königs, er sucht vielmehr auch
den Schalen des Vaters zu schildern, und geht tief diesen Regungen
des Oetübls nach. Seine Charakterzeichnungen bewirken, dass der
Leser nidbt blofs den politischen Gedanken der Ottonen mit Interesse
folgt, sondern auch, dass er das säclisiscbe Maus liebgewinnen mag.
Indem wir uns aber die Vorzüge von Giesebrecht $ Geschichts-
schreibung klar EU machen suchen, müssen wir auch noch d<i8 hervor-
heben, was dem Buche ein aügemeineres als blofs deutsches Interesse
verleiht. Wenn wir es im eigentlichsten Sinne als ein echt nationales
Werk bezeichnen und begrüfsen durften, so ist doch dies nicht in dem
enghenigen Sinne zu verstehen, in welchem dieses Wort nur zu häufig,
wenn auch nicht von den Deutschen , gebraucht wird. Muss schon der
Gegenstand selbst einer deutschen Kaisergeschichte den Blick des Histo-
rikers erweitern und verallgemeinern, so gut dies von Giesebrecht ganz
besonders, und seine Darstellung deutsclier Verbälluisse, sein Sinn und
seine Begeisterung fir dieselben heben sich auf dem breiten Hintergrund
einer universalhistorischen Betrachtuugsweise nur desto besser hervor.
Er verfolgt mit gleichem Interesse wie die deutschen die italienischen
Zustände, nicht weniger iässt er sich da in die Details einer nalionell
sich verschieden gestaltenden Entwickelung ein. Von dem hohen Ge-
danken Roms, dessen Einwirkungen dem Mittelalter seinen Charakter
gaben, ist er in tiefer Seele erfüllt, und er zeigt überall die historiscbe
Bedeutung einer Idee, welche der romanisch-germanischen Nation ihre
Einheit und ihre gemeinsame Unterlage geschaffen hat Da Iässt sich
nicht VM einer einseitig nationalen Auffassung sprechen, welche Gedan-
54 GieseörecAi, Geschichte d. deutschen Kaiserzeit, ang. v. 0. idfrem.
ken der Gegenwart in die historische Arbeit tragen würde. Nor in dem
einen echten und berechtigten Sinne schliefst sich das Wort auf das engste
unserer heutigen Denkungsweise an, dass darin die Macht und Hoheit
des deutschen Volks als sein eigenstes selbständiges Product erscheint,
als das Resultat einer Innern lebensvollen Kraft, welche die edelsten Ge-
staltungen des Cultur- und Staatslebens aus sich selbst und allein auf
sich angewiesen hervorgebracht hat. Cnd weil das Kaiserthum in einer
so offenkundigen, in sich abgeschlossenen Periode der Geschichte den
gewaltigen Trieb staatlicher Gestaltung, der in der deutschen Natur
liegt, so klar beweist und so sehr zur Anschauung zu bringen geeignet
ist, darum muss es als ein glückliches und epochemachendes Unterneh-
men in unserer Zeit erscheinen, dass Giesebrecht in einem allgemein
zuganglichen Werk die Entwickelung und die Schicksale desselben be-
handelt hat
Die zweite Auflage des Werkes unterscheidet sich nicht so we-
sentlich von der ersten, als man auf den ersten Blick denken mOohte.
Wir können eben deshalb den Wunsch nicht unterdrücken, dass für die
Besitzer der ersten Auflage ein Verzeichnis der wesentlichen Änderungen
möchte ausgegeben werden , wie dies in neuerer Zeit öfters geschehen ist.
Von den neuesten seit dem Erscheinen der ersten Auflage heraus-
gegebenen Werken haben M. Büdinger's Österr. Geschiebte und unter den Ab-
handluogen wohl Fr. Löher's * König Konrad I. und Herzog Heinrich von
Sachsen die bedeutendsten Einflüsse auf Umgestaltung einzelner Puncto
hervorgerufen. Was die Quellenerweiterung in den letzten Jahren be-
trifft, so ist nur auf zwei neuentdeckte Schriften sagenhaften Charakters
hinzuweisen, welche aber Giesebrecht Gelegenheit gegeben haben zu
einem sehr interessanten Excurse, in dem namentlich das lang be-
strittene Verhältnis der sogenannten Historia Imperatorum zu dem Zeit-
buche Eikes von Hepkow völlig sichergestellt und erklärt wird. Es
ist nämlich eine Königsberger Handschrift, die eine Weltchronik enthalt,
welche dem Zeitbucbe zu Grunde liegt, und wornach die Historia Im-
peratorum als eine spätere Quelle und Rückübersetzung mit Gewissheit
sich erweist. Eben diese Königsberger Weltchronik zusammengehalten
mit dem von Pertz XVI. 48 veröffentlichten Annales Palidenses lässt aber
noch eine andere interessante Bemerkung machen. Durch diese beiden
sagenhaften Quellen werden wir nämlich über das Factum einer mythi-
schen Fortbildung der alten Kaisergeschichte viel genauer unterrichtet,
als diess früher der Fall war; und es lässt sich nun feststellen, wie in
Sachsen sich eine Tradition ausgebildet hat, die neben der wahren Ge-
schichtsdarstellung hergieng und ähnlich wie in den alten Völkerwan-
derungssagen dem geschichtlichen Inhalt eine rein erdichtete Gestalt ge-
geben hat.
Dass Giesebrecht überhaupt auch in seiner zweiten Auflage der
Quellenerörterung einen verliältnismäfsig grofsen Raum zuwendet, ist
hohem Grade zu billigen, und es wäre kaum zu rechtfertigen
^katrecki^ Geschichte d. diuUcheii Kaiserzeit, Dag. v. 0. Lorenz. 55
l^eseD, wcDO er sieh durch Wattenbach's Handbuch bätle bestimmen
iMsen, scioe treffliche Einleitung in das Quellenstudium wegzulassen.
Dton wahrend Wattenbach's Geschichtsquelien Deutschlands, wenngleich
fie dieselbe Zeit umfassen, dennoch nur dem strengeren Fachmanne von
Werth sein kOnoen, ist hier ein Bild der historischen Thätigkcit des
MittelallerB gegeben, welches auch der Laie nicht ohne den Eindruck
einer schon in jener Zeit gewaltigen geistigen Regsamkeit auf diesem
Miete aus der Hand legen wird.
Was an eigentlich sachlichen Änderungen die zweite Auflage dar-
bittet, das betrifft in erster Reihe eine Anzahl von Urkunden, welche
Giesebrecht früher noch für echt gehalten hat, die sich aber nachgerade
doch als sicherlich gefälscht erkennen liefsen. Zunächst gleich jener
trief Hatto*s von Mainz an den Papst Johann IX., der von Boczek her-
iusgegeben und in die Reihe der lange unentdeckten Falsificationen
gehört, die der erste Band des Codex diplom. Moraviae darbietet. Eine
andere Crkunde, über welche sich eine lebhafte Discussion entsponnen
hatte, ist die Bulle Papst Leo's VIL, welche die Ansprüche Pass&u's auf
die Mrtropolitengewalt erweisen sollte. Dümmler hat dieselbe zuerst
für iiiiecht erwiesen, und Bfidinger sich demselben angeschlossen. Giese-
brecbl bat nun von dieser und den andern ihr verwandten Bullen kei-
len Gebrauch mehr gemacht. Damit hängt es dann zusammen, dass
auch über die Bekehrung der Cngam zum Christenthum die Darstellung
auf Grundlage jener beiden genannten Schriftsteller geschah. Vergl. die
AoB. zu S. Vb% und S. 734—738.
lo Bezug auf anderweitige Änderungen scheint es sehr gerecht-
fertigt, dass die grosse Niederlage der Baiern auf den 28. iuni 907 ge-
Mtzt worden ist (Anm. zu 8. 169—174). Ober die Familiengeschichte
der Ludolfinger ist auch noch Waitz in den Jahrbüchern 1. 1. S. 132
herbeigezogen worden (Anm. zu 185). Der Todestag Ludwig I. ist ge-
genwärtig durch das Necrologium Augiense ermiUelt (S. 188). Die Vcr-
gleichung der königlichen Macht in Deutschland mit dem Brelwaldathum
ift mit Rücksicht auf Löher's Bemerkung weggeblieben (Anm. zu 208).
fiber Otto's Wahl und Krönung kann zwar hei dem klaren Quellenver-
baltois in dem factischun keine MeinungsdilTerenz bestehen ; die Hinzu-
fsgung von Phillips' Die deutsche Königswahl wird nur den Sinn haben,
dass dort das Material gesammelt ist (Anm. zu 241—246). Bei der Le-
beosgeschichte des hl. Adalbert wurde auf Büdinger 1. 319 ff. Rücksicht
genommen.
Auch in der Darstellung und Fassung selbst findet sich in der
iwfitcn Auflage manches neue, was nicht unwesentlich zur Hebung des
Ganzen beigetragen hat. In Bezug auf dns II. und III. Buch des Werks
ist dies schon aus den Anmerkungen zu erkennen. In Bezug auf das
I. Buch waren eine grofse Anzahl von Verbesserungen anzumerken. Be-
lOoders hervorheben wollen wir nur einiges. S. Ol vgl. alte Aufl. 86
ist die Geschiebte der Avarou vielfach nach den neueren Forschungen
56 €4e§€^e€kf, Geschiebte d. deutschen Kaiserzeil, ang. v. O. /arem.
rectificiert, auch die Regierungsjahre Samos' sind richtig angegeben.
S. 92 ff. ist die Darstellung des Verfalls des alten fränkischen König-
thums vielfach anders gefasst, auch eine besondere Überschrift *Die
Pippiniden als Hausmeier gewählL S. 100 wurde die Erzählung der
bai arischen Bekehrungen mit Rucksicht auf Büdinger's in diesem Theile
besonders interessante Forschungen umgestaltet. S. 150 ist die Hinzu-
(ügung des Titels sehr zweckgemäfs. S. 167 wird Ober die Wahl Lud-
wig's des Kindes in anderer Weise gesprochen als S. 153 der alten Auf-
lage, wie sich schon aus den Anmerkungen ergibt. Statt der in der
alten Auflage vorkommenden Tochter Baba Otto's von Sachsen ist S. 188
nur von einer Tochter die Rede. Der böhmische Krieg Heinrich's 1.
(S. 226) ist gleichfalls mit Rücksicht auf Büdinger's Österr. Geschichte
veraudert worden. S. 277 ff. weicht von 257 der alten Auflage in der
Darstellung nicht unerheblich ab. Bei S. 439 bemerken wir endlich mit
Vergnügen die Zurechtweisung der irrthümlich verbreiteten Ansichten
über die Grundlagen des deutschen Kaiscrthums.
Aufser diesen gröfseren Änderungen wären noch eine grofse Menge
stilistischer Verbesserungen anzugeben. Auf einige, die auch den Sinn
nicht ganz unberührt lassen, mag noch durch Citate aufmerksam ge-
macht werden. So ist zu vergleichen der alten Auflage S. 27 mit der
neuen S. 29 und 31» 49 und 51, 63 und 66, 67 und 71, 72 und 76,
83 und 88, 93 und 99, 136, 147, 260 und 279, 398 und 420 u. s. w.
Es ist dies hier besonders für die Besitzer der ersten Auflage
bemerkt und mag ihnen cinigermafsen ein Varianten Verzeichnis ersetzen*
Im übrigen sind auch last alle Capitelaufschriflen präclser und einfacher
gefasst worden, und erscheinen dadurch vielfach geschmackvoller; und
um endlich eine Äufserlichkeit nicht unerwähnt zu lassen , so sei be-
merkt, dass die Jahreszahlen, welche früher als Marginalien erschienen,
nun in den Text hincingcsetzt sind. Welches die bessere Form ist,
darüber lässt sich nicht leicht etwas sagen: Mommscn hat es bei seiner
römischen Geschichte gerade umgekehrt gemacht, er setzte die Jahres-
zahlen erst im Text, dann in margine bei. Jedenfedls ist dadurch, dass
Giesebrecht auf jeder Seite oben die betreffenden Jahreszahlen beifügt,
die Obersichtlichkeit hinlänglich gewahrt.
Eine schöne Bereicherung der neuen Auflage ist die Kiepert'sche
Karte Deutschlands um das Jahr 1000, eine Zeichnung , die in der That
noch nicht ihres gleichen hat in der mittelalterlichen Geographie. Die
grofse schwierige Aufgabe, die verschiedenen Gebiete und Stammesländer
auf einer deutschen Karte unter dem einheitlichen Bande des Reichs
erscheinen zu lassen, ist hier auf das glücklichste gelöst.
Die Elntheilung in die alten Stammesherzogthüroer bildet die Basis
der Karte, die vielen fürstlichen Territorien sind noch nicht sichtbar, —
vielleicht ist hierin etwas zu wenig getban, denn mindestens die erz-
bischöflichenGebiete halten wohl angezeigt sein können. Dici Karte
». Mfßke, denUclM ForschuDgen, ang. v. Jf. BSdHk§tr. 57
freilich eben dureh die Vermeiduiig vieler Striehe und Linien
fiMB so schönen und harmoui.schen Eindruck, aber die geistiicheii Ge-
biete und doch kaum lu entbehren. Einzelne Unrichtigkeiten haben
licfc eiBgeMfaiictien , tvie es denn sonderbar ist, dass gerade in Giese-
knchts Buch dai Squillaoe des Chronicoo cavense auf der Karte er-
«cieiat. Ebenso sind ü^Ui Grenzen von Öslerreicb gegen Ungarn, dann
die voa Klratben, Steiormark und Krain nicht ganz richtig gezogen,
fmer sollte Wien um das Jahr 1000 fiiglich weggelassen sein. Die
SehftilHing der Namen ist ungleich, B^joarien, A'echlam, Brno und 01-
möfz, Gdanek und Glogau. Dagegen finden wir Garde Frainet wieder
an seiaem richtigen Platz verzeichnet. Jedenfalls wird die Karte mit
einigen weaigen Besserungen für eine lange Zeit die brauchbarste und
nitilicbsle sein unter allen , die es versuchen , die unsichcm Momente
IcBfr frühes Oeschicbtsvcrhaltoisse zu Gxiercn.
Wien. Oltokar Lorenz.
Rudolf Köpke. Deutsche Fcm^chungen. — Die Anfänge de« Kö-
oigibuas bei den Gothen. Berlin, Weidmann sehe Buchhandlung.
1869. 8. tSe S. — 1 Thir. 6 Sgr.
Die deulache GeschichtsCorschung verweilt immer besonders gern
kei den Gotbe«, und In der That verdienen dieselben auch noch bei uns
Spilgeborenen vor anderen deutschen Stämmen eine eingehende und
liebevolle Betrachtung. Sie habenj zuerst den Beruf der germanischen
Volker, mit ihret eigenen Art den geistigen Erwerb des fiömerreiches zu
«crschmelseD, vor der Welt offenbart und denselben mit vollem Bewusst-
«eio und ernstem Willen zu erfüllen sich bestrebt: der Ostgothenstaat
ut wesentlich diesem noch vorzeitigen Bemühen zum Opfer gefallen.
Die kc-ldcnludte Art des ganzen Volkes, seine kühn und zäh zusammen-
haltende Ausdauer, dazu seine wunderbare Anstclligkeit für alle Künste
4es Friedens, ßr Ackerbau und Uandwerk, für Administration und Li-
teratur müssen bei jedem Beobachter, um wie viel mehr bei dem deut-
icbes, freudige Bewunderung erwecken.
Fir die gothische Geschichte ist denn namentlich in den letzten
JabrzefanleBy seil dem Beginne jener alle Gebiete des germanischen Al-
tcfthums umfassenden Quellenforschung, nicht weniges geleistet worden,
.dachst deo allgemeinere Zwecke verfolgenden Werken von Sybel und
Waili, die hier in erster Linie zu nennen sind und von denen u B« das
entert durch Ao/hellung des Phylenwesens bei den Gothen in der Zeit
des Donaufiberganges ein nunmehr allseitig anerkanntes Besultat gewon-
aen hat, ist eine Reibe von Einzeluntersucbuugen über die Quellen go-
Ikiicker Geschichte erschienen, darunter Arbeiten von Jacob Grimm und
Villenhoff, so dass ältere zum Theil so verdienstliche Werke ,wie Man-
«t'i OstgotheBgescbichte, völlig in den Hintergrund gedrängt sind.
Es niufte uttler diesen Umständen sehr erwünscht sein, wenn ein
68 R. äi^ke, deuUche ForbchungeOi aog. v. M, äädüiger.
Forscher von der Gelehrsamkeit und Sorgfalt des Hrn. Rudolf Köpke eine
neue susammenhängende Prüfung des Materiaies und damit zugleich
eine Zusammenstellung der bisher gewonnenen Resultate vornahm.
Denn diese umfassendere Aulgabe verfolgt das vorliegende Bach,
dem das Institut dos KOnigthums, welches kaum mit Recht den Titel
bildet, nur als Leitfaden dient, um eine lange Reihe von kritischen Un-
tersuchungen über Fragen der gothischen Geschichte und ihrer Quellen-
schriften daran zu knüpfen. Indem nun überdies beides, die Untersu-
chung des Thatbestandes und der Charakter der überliefernden Quelle,
zuweilen in einem Zusammenhange vorgenommen wird, wird das Ver*
standnis des Ganzen für den Leser nicht gerade erleichtert, und auch
für den mit dem Gegenstande vertrauteren erfordert es einige Mühe, bei
den zahlreichen Digressionen der Arbeit die Hauptrichtung nicht zu ver-
lieren. Es ist diese Gefahr aber um so gröfser, als der strenge Ton der
Untersuchung sich nicht selten in eine behaglich darstellende epische
Breite verwandelt
Es war um so unerlässlicher , diese Mangel der Anlage und- Form
hervorzuheben, welche wesentlich aus dem vergeblichen Bemühen einer
Vereinigung verschiedenartiger Zwecke hervorgehen, als wir die reich-
liche Belehrung bereitwillig anerkennen, die wir der vorliegenden Schrift
verdanken, und als uns die bedeutenden Ergebnisse erfreuen, welche
durch dieselbe gewonnen worden sind. Es sind dieselben, wie man
nach dem früher gesagten erwarten darf, dreifacher Art: für Quellenkri-
tik, für Institute des öffentlichen Rechtes, für einzelne Begebenheiten.
Grofses Verdienst darf der Hr. Vfr. mit gutem Grunde auch hier
wie bei früheren Gelegenheiten in ersterer Beziehung in Anspruch nehmen.
*Tacitu8, Jordanis, Cassiodorus' werden in drei nach ihnen genannten Ab-
schnitten einer eingehenden und für die beiden letzteren namentlich von
erwünschtem Erfolge begleiteten neuen Prüfung unterzogen, fn Bezug
auf Tacitus möchte ich namentlich hervorheben, dass in dem Nachtrage
des Werkes (S. 208 ff.) in durchaus überzeugender Weise dargethan
wird, wie dem grofsen Geschichtschreiber eine Schilderung der Sitten,
sei es der Germanen allein , sei es der skythischen Völker überhaupt,
zu denen dann auch Germanen gerechnet waren , in den Historien des
Sallustius vorlag, aus denen dieselbe Partie auch von Horaz für die
Schilderung der Geten, von Trogus Pompejus und Virgil für die der
Skythen benutzt worden ist. Sallustius knüpfte seinerseits wohl an die
entsprechende Schilderung der Germanen bei Caesar an, aber man wird
den Beweis völlig überzeugend finden, dass nicht dieser, wie sicher er
auch anderweitig von Tacitus benutzt ist, sondern nur Sallustius an den
betreffenden Stellen (Germania 18, 19, 26) vorgelegen haben kann. In«
dem der Hr. Vfr. ferner erinnert, dass andere Stellen des Buches über
Germanien nicht nur unmittelbar auf Caesar (in c. 9, 11) und der Na-
turgeschichte — schwerlich den von dem Autor selbst citierten * germa-
nischen Kriegen — des Plinius (in c. 1, 28, 45) beruhen, indem er über-
Ü. Jr#Ar, df ulKche Fonchungeu, ang. v. M, BwUnger, 59
dkm die Benutzung des Livius und Vellejus mindestens sehr wahr-
sehcinlieh nucht, eröffnet sich für das unschätzbare Schrifichen ein
iMer Gesichtspunct, indem" man die sorgfältige Vorbereitung desselben
Mcb Ton Seiten des alteren literarischen Materiales kennen lernt.
Nach allem , was über Jornandes gesagt ist » wobei Ref. gelc-
gciUieh bemerken will, dass er die germanische Form der handschrift-
Üek firtilich besser bezeugten, biblischen *Jordanis' fortwahrend vorzieht,
hu die vorliegende neue Betrachtung seiner Werke doch sehr erheb-
liche Resultate zu Tage gebracht ~ Ergebnisse, die um so mehr für
lesiehert gelten dürfen, als eikie gleichzeitig beendete Dorpater Disser-
tation von Schirren, die dem Ref. übrigens noch nicht zugekommen
in, ganz zu denselben Zielen gelangt ist Es ist hier nicht der Ort,
Mf die betreffenden Specialfragen einzugehen ; doch wollen wir consta-
ticrcB, dass der sogenannte Geschichtschreiber der Gothen sich mehr und
■ehr als ein Mann von eben so wenig Gelehrsamkeit als Einsicht, aber
ab einen leidlich fleiCsigen Abschreiber zu erkennen gibt, dem für seine
golhische Geschichte Cassiodors grofses Werk und nicht etwa Familien-
tradiUoa oder Volkssage alles werthvoUe geliefert hat. Dieses auf das
crwüntchteste begründete Ergebnis führt nun den Vfr. zu einer Cnter-
sschung ober Gassiodorus selbst; diese bringt zunächst werthvoUe Bei-
Irige für das Leben desselben (unter anderem stellt sie fest , dass er den
leinaaen Senator zum Unterschiede von seinem Vater führte, der eben-
fülfl in hohen Staatsämtern stand, S. 85 ff.); dann kennzeichnet sie die
■aturliche Richtung, welche seine historiographische Thäligkeit neh-
■cQ, wie sie durchaus auf Versöhnung der Römer mit ihren gothi-
ichen Gebietern hinwirken musste, denen Gassiodorus selbst sich mit
feinem ganzen Wesen ergeben hatte. Bei jeder Gelegenheit schärft er
namentlich den Provincialcn die^ Erlauchthcit des Königshauses ein
(S. 93), und indem er die Gothen, die Geten und die alten Skythen
idcntificierl, bringt er für das Königshaus einen in die Urzeiten reichen-
den Stammbaum zu Stande, welchem die Römer nichts ähnliches an die
Seite setzen können (S. 90 ff.). Tradition und Heldensage worden dabei
it bestimmter Absicht mit den Resultaten gelehrter Forschung verbun-
den.— In Bezug auf die in dem vorliegenden Buche geübte erfolgreiche
QoeUenkrilik mag das gesagte genügen.
Was die politischen Institute betrifft, so geht dasselbe von der
ältesten Gestalt des Königthums bei den Gothen aus, im Anschlüsse an
die bekannten Worte der Germania (c. 44). Wenn wir nun hierbei auch
■it dem Hm. Vfr. gern annehmen wollen, dass jenes Königthum, das
'pmk kum adäueäm' geübt wurde, ein vorherrschend kriegerisches
war (S. 11)» und dass es doch auf freier Unterordnung unter einen hö-
heren Willen beruhte (S. 6), wie das ^obMequiurri sie mit sich bringt,
so mÜMen doch die Schlussfolgerungen aus der Analogie des schwedi-
•eben Königlhums (S. 30—36) auf die uns schlechterdings unbi'kannte
llahir des ältesten gothischen bedenklich erscheinen, und selbst die drei
60 M. Mdphe, deutsche Forscbungeo, aog. v. M. BddHiger.
GrulKibegUDdtbeile des ältesten Staatslebens, wie sie Hr. Köpke S. 43
als Resultat dieses Tbeiles der Ontersuchung zeichnet! König, Fürsten-
ratb; Volksgemeinde, gehen nicht über das Mafs der Wahrscheinticbkeit
hinaus.
Als einen hohen Gewinn dieses Abschnittes betrachtet aber Ref.
die Auseinandersetzungen über den ältesten germanischen Principat, und
es dürften sich dieselben als die schönste Partie unter den staatsrecht-
lichen Untersuchungen dos Buches bezeichnen lassen. Wir bemerken
hier nur, dass der Hr. Vrf. wieder das Recht, ein Gefolge zu werben,
nicht an einen Stand fesselt, sondern jedem Freien vindiciert, der die
staatliche Genehmigung erhalten hat; dass er aber die Möglichkeit zu
einem solchen Unternehmen natürlich nur dann statuiert, wenn des Be-
treffenden Besitz und Ansehen dazu ausreicht. Im allgemeinen bedeuten
ferner nach, Hrn. R. die princlpet des Tacitus Mie Ersten, die Häupter,
die Grossen des Volkes, die im Besitze verschiedener Arten der Gewalt
und des Einflusses einen mächtigen Theil der Freien ausmachen/ Dane-
ben bezeichnet das Wort aber im Besondern gewählte richterliche Gau-
beamte, dann Gefolgsherren, endlich In dem princeps cMUUis de« Gau-
fiirsten. in der Gewalt dieses letzteren, die sich bei vielen, aber durch-
aus nicht bei allen deutschen Völkersohaften fand, sieht Hr. Köpke den
* ersten Keim des Königthums bei den westlichen Germanen.' Als ein
solcher Gaufürst der Cherusker, der die ihm übertragenen Gewalten su
dauernden, den thatsäcblichen Principal, die 9vvaaxBCay patefUia zum
rechtlichen machen, mit anderen Worten «in Königthum begründen wollte,
erscheint Armin, und di« nachträgliche Anerkennung seiner Gewalt fand
statt, als der Stamm der Cherusker den Neffen des Ermordeten als König
an seine Spitze berief. Der volle Gegensatz zu diesem Königthume ist,
wie Hr. Kopke schön hervorhebt, das im Kriegsgetümmel nach römi-
schem Vorbilde gebildete durchaus fremdartige des Mar(^od.
Aus dem folgenden heben wir besonders hervor, wie der Hr. Vrf.
darthut, dass bei den Gothen des vierten bis zum sechsten Jahrtnmdert
das Erbrecht in der Familie, die durch lange Behauptung der Königs-
gewalt einen Anspruch an dieselbe erworben, und das Wahlrecht einaoder
ergänzten, das den Tüchtigsten dieser, geeigneten Falles aber auch einer
anderen Familie erhob (S. 186 ff.); wie bei den Ostgolhen aber von dem
Vater Theoderichs des Grofsen an die Designation des IVachfotgers
durch den lebenden König eine Vermittclung zwischen Erbanspruch und
Wahl bildete (S. 188 ff.).
Zahlreich sind — um sehRefslich die dritte Gattung von Brgeb-
nts^en des Buches bervonsuheben — die einzelnen Begebenheiten, welche
dtirch Hrn. Köpke's Untersuchungen aufgehellt und sichergestellt worden
sind; doch können wir an diesem Orte sokhe Einzelheiten nieht wohl
verzeichnen. Nur mit einem Worte wollen wir auf die vortreffliche
Schilderung der Wirren im byzantinischen Reiche in den Anüngen des
Kaisers Zeno auteerksam machen, als die beiden Theodericbt, der giofise
Oeogr. Hilfiibicber v. Sektfvner, ÜU^^ ang. v. JT. nnmucAek. €1
foikilUtaug und der im riHnischen Kriegsdienste emporgekommene 8obn
4t$ Triariu«. eiModer bald mit di>m Kaiser, bald gegen ilm stehend be-
Um^tUü (S. 164 ff.).
Wir scheiden von dem inhaltsreichen Buche mit dem Wunsche,
4im der gelehrte Hr. Vrf. seine * deutschen Forschungen' baJd an einem
■nifD Gegcutaiiüe fortsetzen möge.
Wien. Max Budinger.
Hamwchatz der Lander- und Völkerkunde. Geographische Bil-
der aus der gesammten neueren Reiseliteratur. Von Dr. Alexander
Sehöppner. Mit tk Ansichten in Tondruck und 38 Vignetten.
Leipiig, J. J. Weber. 1868. Lex. 8. 617 8.-4 Thir.
Charsktcrisliken zur vergleichenden Erd- und Völkerkunde, in
abgertmdeten Oemfilden fQr Schule und Haus gesammelt und bear-
beitel TOn Wilhelm Putg, Oberlehrer am katholischen Gymnasium
lu Köln. Erster Band. Köln, Du Mont- Schauberg, 1869. gr. 8.
464 S. — 1 Thlr. 16 Sgr.
Em Ist gewiss ein gutes Zeichen^ wenn sich das Bedürfnis heraus-
hlrllt, die in der Schule gegebene Anregung auch aurserhalb derselben
dyreh passende Leolüre su befriedigen, und wenn demgemäfs erfahrene Pae-
d^ogcB Ar die Jugend Bücher verfassen, die den genossenen Unterricht
aoeh M einefli Gegenstände häuslicher Bcsohäfligung und eines edlen
VergMgeas 4iU die Schüler lu machen geeignet sind. Es zeigt dies,
dass dM* Gegenstand nicht in teilte Lectioaen zerCallen, sondern wirklich
ein Gegenstand des Interesses für die Schüler geworden ist. Je
•thr dieses letalere enielt ist, desto sicherer wird der Schluss sein auf
dto geistigen Charakter und das psodagogische Leben des Unterrichts,
babct erwachst die Pflicht, darüber zu wachen, dass das angeregte In-
Icrctte iiiebt durch ein wüstes Durcheinanderlesen, durch das Lesen
niiTfirluniirh und psedagogisch verwerflicher Schriften oder durch ein
forieitifca Le»efi von Büchern, die für eine spätere Bildungsstufe be-
Oimst sind, verkümmert werde und verderbe. Hier wird der denkende
Lehftr die trsachen suchen und wirksame Abhilfe treffen, wenn er, was
«n häufig geschieht) beobachtet, wie das unzweckmäbig befriedigte In-
IcffCise ausaugleiten beginnt auf der Bahn seines Unterrichts, den er mit
rmsigsr Sorgfalt in stufenmälsigem Fortschritt auf die grundlegenden
Hanplclemente beschränkt Ein sprunghaftes; flüchtiges Streben nach
WiMCB droht dann den Unterricht um seine Prüchte zu bringen. Da
Iritt der Schüler mit vorgreifenden Fragen, mit unverarbeiteten, hie und
da au^egrüTeneii Notizen an den Lehrer heran, flndet Misbehagen an
(lern langsamen und streng geordneten Gange des Unterrichts in der
Schule, hall diesen endlieh gar für trivial, und im Dünkel, bereits für
einn büheren Uslerrieht reif zu sein, entgeht ihm das einfadiste Wissen.
Rieht allein ergibt sich hieraus, wie wichtig und dankeuswerth es ist,
wcM die WisseiMchafl in ihren verschiedenen Gebieten Darstellungen
62 Oeögr. Hilfsbiicher v. Schifpjmerj Pütt, ang. v. JT, Towuuckek.
für die lernende Jugend erfährt, die nach den angedeuteten Zwecken
verfasst sind, auch die Wichtigkeit von Schülerbibliotheken, die man
glücklicherweise mehr und mehr einzusehen beginnt, gewinnt dadurch
ein helles Licht. Dass die Umsicht des Lehrers den Schüler auch hin-
sichtlich der Benützung der letzteren, so wie hinsichtlich seiner häus-
lichen Leetüre überhaupt nicht verlassen darf, versteht sich von selbst.
Man beklagt sich so häußg über den Genuss schädlicher Lectürc
von Seite der Jugend. Ein wehmüthiges Erstaunen überkommt den
Lehrer, wenn er von Zeit zu Zeit selbst Schüler der untern Classen so-
gar in der für das Lernen bestimmten Zeit bei der Leetüre schaler und
verderblicher Unterhaltungsschriften überrascht. Aber man ist nur wenig
geneigt, bei dieser betrübenden Erfahrung sich selbst zu fragen, in wie
weit mau unterlassen hat, diesem Hange vorzubauen. Gibt man selbst
den Schülern eine passende Leetüre in die Hand, und dazu ist man
pädagogisch verpflichtet, so wird man auch kaum oder gewiss nur sel-
ten über eine solche irregeleitete Jugend zu klagen haben. Die Lecture
des fortschreitenden Knaben aber auf seine Schulbücher beschränken
wollen, würde eben sowohl von paedagogischem als moralischem Kurz-
blick zeugen. Der vielseitig geweckte Schüler muss auch aufser der
Schule eine entsprechende geistige Nahrung flnden, er muss Gelegenheit
haben, so manches, was in der Schule nach getrennten Richtungen mit
getrennt wirkenden Geisteskräften behandelt ist mit seinem ganzen We-
sen aufzunehmen, und damit, wenn es erlaubt ist, so zu sagen, als mit
einem Gegenstande einer allgemein menschlichen Theilnahme sich be-
schäftigen lernen.
Innerhalb der ordentlichen Unterrichtszweige selbst ist der deutsche
Unterricht in der Lage, durch Benützung eines passenden Lesebuches die
bezeichneten Zwecke zu fördern. Lehrer, die in den Geist unseres Lese-
buches für das Unter -Gymnasium eingedrungen sind, werden gewiss
bald erkannt haben, welche Einigung und Belebung des gesammten Un-
terrichts durch einen verständigen Gebrauch desselben zu gewinnen Ist.
Aber die häusliche Lecture zu ersetzen, ist das Lesebuch weder be-
stimmt noch im Stande. «Es wird nur zu dieser hinüberleiten und ge-
wissermafsen die Mittelstufe bilden zwischen Schulbuch und Privatlectüre.
Bei keinem Unterrichtszweige stellt sich das Verlangen und damit
zusammenhängend das Bedürfnis nach häuslicher Leetüre so bestimmt
heraus, wie hei der Geschichte und Geographie. Lebhafl und laut tritt
hier der Trieb des jungen Menschen hervor, für sein in der Schule ge-
wecktes Interesse sogleich auch in ausgebreiteter Lcctüre Befriedigung
zu flnden. Während auf der unteren Stufe des Gymnasiums der Hang
nach geographischen und ethnographischen Schilderungen, nach Reise-
beschreibungen u. s. f. vorwaltet, dürfte auf der oberen Stufe im allge-
meinen gerade das Interesse an historischen Schilderungen das bedeu-
tendere sein. Ein geographisches Lesebuch wird daher, wenn es auch
nicht ausschliefslich den unteren Bildungsstufen dienen darf, auf diese
Geogr. Riirsbuicher ?. Sek^p^ner, m%\ ang. v. K, Tmasekek. 63
beiOBders Rücksicht nehmen müssen. Doch wollen wir diesmal bei
Gdegenbeit der Anzeige der in der Oberschrift genannten Bücher einige
Gfdefatipancte hervorheben, nach welchen unserer Ansicht nach solche
Leiebächer überhaupt eingerichtet sein müssen, wenn sie den Unterricht
fiirdemd begleiten sollen.
Mehr und mehr kommt man xur Erkenntnis, wie nothwendig es
ifl, die Oberhaufung des Knaben mit geographischen und statistischen
Dtten XU vermeiden, hingegen die Karte selbst in seiner Hand gewis-
fermalten xu beleben und ihm ein allgemeines, aber bestimmtes Bild
4er Bodeogeslalt einzuprägen. Die politischen und stilistischen Momente
lind auf die allgemeinsten und wichtigsten Daten, die durch Vergleiche
«dl leieht flxieren lassen, zu beschranken. Einfach und elementar wird
MMieii der Leitfaden sein müssen, der in der Schule dem geographi-
•ehea Coterrichte zu Grunde gelegt wird; er wird kein ^geographischer
Katalog' sein, kein in systematischen Zusammenhang gebrachtes geogra-
phiteh-tUtistisches Lexikon, sondern vor allem eine Anleitung zum Le-
sen der Schalkarten. Das Material des Leitfadens wird mit Verhältnis-
mibig nur geringer Erweiterung auch auf den höheren Stufen der Oe-
geMtand unablässiger Übung und Wiederholung sein, um in den unver-
KerbarfD B^itz des Schülers überzugehen. Schon diese Beschrankung
des Stoffs für die Schule lässt die Begleitung eines Lesebuches wün-
flekenfwerth erscheinen, welches die auf Grundlage der Karte und des
LeitÜMiens erworbene Kenntnis durch Belebung der Anschauung ergänzt
md erweitert.
Die Versuche sind zahlreich, auf diese Weise dem geographischen
Sdmlnnterriehte zu Hilfe zu kommen. Von Schriften der Art für Kin-
der, wie TOD den im einzelnen nicht unverdienstlichen Arbeiten von
DtHitx und Hoffmann, selbst von den für die * reifere Jugend' bestimm-
ten Reisebildem von Scheuermann kann abgesehen werden. Den Sinn
fir Geographie zu wecken und eine lehrreiche Unterhaltung zu bieten,
iind ue wohl geeignet. Aber um eine den Schulunterricht belebende und
efgiaxeiide Leetüre zu sein, müssten sie weniger auf Beschäftigung der
fkxDtasie berechnet und weniger mit frrthümern und unrichtigen Vor-
«teUmgen erfüllt sein. E. A. W. Zimmermann'» Taschenbuch der Rei-
sen, von Rühs und Lirhtenstrin forigesetzl, wird selbst der Jugend man-
ehe« passende bieten, doch reicht es in vielen Partien über den Horizont
dencfl^ hinaus und ist In einigen Puncten übrigens schon antiquiert.
Die Weltkunde von Harnisch und Heinzelmann ist zu ausgedehnt und
dabei xu kostspielig.
Mit klarem Bewusstsein haben Vogel und Grube in ihren ein-
«faligigen Schriften das bezeichnete Bedürfnis erfasst. Gegen die 'Na-
torbUder' von Vogel aber ist mit Reeht bemerkt worden, dass sie der
Slaflage entbehren, indem darin blofs die Natur, nicht zugleich aber dio
Mcnseben in den Kreis der Schilderung gezogen sind. Diesem Mangel
liat Grube in seinen mit Recht geschätzten geographischen Charakter-
Mildern abgeholfen. Er gHii>T«o der Erwägung aus, dass Landschafts-
liilder immer todt bleiben , wenn sie nicht um den Menschen als ihren
lebendigen MiUdpunct gruppiert and oül der Schilderung des Menschen-
lebens in lebendige WechselwirkuBg gesetei werden.
In der Art Grube s Ut auch das Werk von A. Schöppner auge-
legt Dankenswerth ist es, dass der Verlksser in der Einleitung klar
und bestimmt die GrundsiUe entwickelt, auf welche es k>ei Anlegung
solcher Sammlungen ankommt.
Auch Schöppner geht Ton der Koihwendigkeit aus, den Schulleit-
faden auf die Hauptelemente au beschranken.' Er beruft sich dabei auf
Schouw*), dessen behersigenswerthe Worle er anfuhrt: *lst es nicht
aweckwidrig, wenn man in einem Lehrbnche a. B. viele Hunderte oder
Tausende Ton Vorgebirgen und Meeresbuchten, Tausende von Inseln,
Tansende von Flüssen, Neben- und Zuflissen, Tausende von Bergen mit
Höhenbestimmui^en bis auf FuCs und 2oU aufgeaablt findet? — Ein
solcher Ballast ist für die geistige Entwickelung der Jugend geradem
schädlich*, und weiter sagt Schouw: *Oes Knaben Kopf soll ja kein geo^
graphisches Magazin oder Archiv werden, denn für jene Falle, wo die
Kenntnis und Auffindung von Einzciheiten noth thut, bestehen geogra-
phische Wörterbücher, Specialbeschreibungen und ausfiifarliche Karten*.
Jedoch scheint Schouw, indem er an das Lehrbuch der Erdbe^
Schreibung die Forderung stellt, *da8s es sieh lesen lasse*, das Bediirfnis
eines Leitfadens und eines begleitenden Lesebuches vermengt zu haben.
Mit Recht sucht Schöppner beides gelrennt zu halten, indem er, gerade
auf Schouw gestutzt, die Zweckmäßigkeit und NuUlichkeit geographi-
scher Lesebücher neben den schulmäfsigen Compendien als Mittel zur
Belebung, Veranschaulichung und Ergänzung des Unterrichts, und als*
dann die Nothwendigkeit methodischer Reformen der gewöhnliehen Lehr-
bücher fordert 'Die Lesbarkeit, sagt der Verfasser, hat ihre Grenzen,
sie kann sich nicht auf Specialschilderungen einlassen, sonst hört das
Lehrbuch auf, Schulbuch zu sein, es verwandelt sich in ein umfang-
reiches Werk, das für den Unterricht durchaus unpraktisch und unstatt-
haft wäre. Das Lehrbuch bleibe Anhalt und Leitfaden für den Sohul-
uDlerricht, das Lesebuch dagegen diene zur Veranschaulichung und Ver-
arbeitung des aus dem Lehrbuche gewonnenen Materials, hauptsachlich
mittelst häuslicher Leetüre'.
Für die Auswahl der eiiuelueu Lesestücke wird im allgemeinen
der Schnlleitladen selbst die Hauptgesichtspuncte an die Hand geben,
nicht allein was die Anordnung und Folge, sondern auch was den Cha-
rakter der Stücke betrifft. Aber die wissenschaftliche und pädagogische
•) Schouw 'Proben einer Erdbeschreibung', übersetzt aus dem Däni-
schen von Dr. H. Sebald, Berlin, 1851. Die Einleitung enthält
sehr beachtenswerthe Ansichten über die Methode des geogra-
phischen Unterrichts.
Oeogr. HilfsbScher v. SeMp]mer, ni%, ang. v. K. Tomaickek. 65
Schwierigkeit der richligeu Wahl wird auf diesem Gebiete noch gestei-
gert durch die aufoerordentliche Fülle der Quellen und durch die nach-
lässige, IGr die Schule unbrauchbare Form vieler derselben. Man denke
dabei nur an so manche sonst brauchbare Beisebeschreibungen und tou-
ristisdie Schriften, z. B. die von Kohl. Grofse Muhe und Sorgfalt musste
t. B. in dieser Beziehung die Beinigung der in Mozart's Lesebuch für
das Unter-Gymnasium zahlreich aufgenommenen geographischen Lese-
stucke gekostet haben. SchOppner hat es sich angelegen sein lassen,
die einschlägige Literatur möglichst vollständig für seinen Zweck ken-
nen zu lernen und ohne Einseitigkeil zu benützen, wie das dem Werke
angehängte Quellenverzeichnis darthut; methodisch und pädagogisch
Bedenkliches in den einzelnen Lesestücken wurde weniger durch Ver-
änderang, als durch Kürzung und Sichtung beseitigt.
Neben allen angedeuteten Bücksichten gilt es aber noch in der
Auswahl des brauchbar Scheinenden nach einer festen, in der Natur der
Sache gegründeten Norm zu suchen, wenn nicht bei der breiten Menge
desselben die individuelle Willkür entscheiden soll. Wir glauben, Grube
und Schdppner haben darin das Bichtige getroffen, indem besonders der
letEtere bei der Auswahl den Grundsatz entscheiden liefs, dass jedes
Lesestück einen allgemeinen Charakter an sich tragen müsse, der das
geschilderte Moment wie zu einem Beispiel einer ganzen Beihe ähnlicher
Erscheinungen erhebt. *Das Lehrbuch mag, sagt Schtfppner, alle bedeu-
tenden Vulcane^ Höhlen, Wasserfälle u. s. L namhaft machen, das Lese-
buch aber schildert einen oder den andern Vulcan , Wasserfall u. s. f.
als Typus der übrigen'. Auch den weiten Umfang, den der Verfasser
dem ethnographischen Elemente einräumt, können wir nur billigen, da
gerade daraus das geographische Bild seine reichste Belebung empfangen
wird. Dass statistische Angaben so erst eigentlich bildende Kraft em-
pfangen, leuchtet ein.
Es ist klar, dass theoretische Ausführungen, die nicht zur Bele-
bung und Veranschaulichung des bereits in der Schule Gewonnenen
dienen, sondern neue Einsichten und Kenntnisse begründen sollen, in
ein Lesebuch der Art nicht gehören. Die Theorie muss im Allgemeinen
der Schule vorbehalten bleiben. Es wäre verfehlt, wenn hierin das Lehr-
buch erst des Lesebuches als seines Commentars bedürfte. Indem Pütz
seine * Charakteristiken' ausdrücklich in der Vorrede als Commentar sei-
nes Lehrbuchs der vergleichenden Erdkunde bezeichnet, so erweckt es
wenigstens kein günstiges Vorurtheil für das letztere, wenn dieses erst
einer solchen Erweiterung bedarf. Und in der That, das besprochene
Lesebuch kann wie eine Erweiterung jenes Lehrbuches auf einen grö-
ßeren Umfang betrachtet werden. Pütz' geographisches Lesebuch ruft
den Schein hervor, als ob wir darin das fleifsige und mit Umsicht zu-
sammengetragene Quellenmaterial vor uns hätten, aus welchem der Ver-
fasser durch Verallgemeinerung und Auszüge sein Lehrbuch herausge-
bildet hat Es ist hier nicht unsere Aufg.ibe, näher zu entwickeln,
Z«itt«lirift f. d. otUrr. Oymnat. 1860. I. Heft. 5
6€ Geogr. Hilfsbiicher v. Sekäffmer^ Pmi%y ang. t. H Tmmukek^
warum diese« selbst wol kaum den AnforüeruDgeii entspricht, die wir
an ein geographisches Schttlcompendium steileD zu müssen glanben, aber
wir können es nicht unterlassen» bei dieser Gelegenheit abermals auf
die üblen Folgen aufmerksam su machen, die ein derartiges Verfahren
bei Abfassung von Lehrbüchern leicht nach sich zieht Da erscheinen
theoretische Anschauungen auf ihren kürzesten Ausdruck gebracht, welche
nur in der Breite ihrer Entwickelung und auf Grundlage des empirischen
Materials selbst, auf dem sie fufsen, zumal den Schülern versländlich
sein könnten, unvermittelt .und abgenssen wird dem Lernenden gebo-
ten, was nur die Blüte am frischen Grün der Thatsachen ist Ohne
Zweifel wäre es da für die meisten Partien besser, den Schülern gleich
ursprünglich die unverkürzte, breilere Quelle vorzulegen. Ein Lehrbuch
für die Schule darf nicht verallgemeinernde Kürzung, sondern muss eine
ursprüngliche Verarbeitung des Stoffes für das Bedürfnis des jugendli-
chen Geistes sein.
Man kann sich leicht denken , dass wo Pütz* Lehrbuch der ver-
gleichenden Erdbeschreibung im Gebrauche ist, das Lesebuch ein er-
wünschtes üilfsbuch für Lehrer und Schüler sein wint Etwas anderes
aber ist es, wenn man Pütz* * Charakteristiken' als geographisches Lese-»
buch überhaupt zu betrachten hat Da kann man nicht läugnen , dass
viele der aufgenommenen Lesestücke minder zur Belebung und Veran-
schaulichung vorausgesetzter Kenntnisse der Schüler beitragen, als viel-
mehr selbst neue Kenntnisse, neue theoretische Vorstellungen zu begrün^
den geeignet sein werden. Der festgehaltene Gesichtspunct der Verglei-
chung, dessen Fruchtbarkeit im geographischen Unterrichte wir aufs
lebhafteste anerkennen, hat, wie es scheint, diesen Obelstand nur be-
günstigt Dabei wird man bei vielen Stücken selbst dem Schüler der
höheren Stufe die leitende Erklärung des Lehrers wünschen müssen.
Wir wollen nur auf Leseslücke hinweisen wie *das Mittelmeer' aus Hum-
boldt's Kosmus, 'die horizontale Gliederung der einzelnen Erdtheile und
deren Eiufluss auf die Cultur* nach K. Ritters Einleitung zur allgemeineq
vergleichenden Geographie, oder * Landbildung der griechischen Halbinseln
nach Ernst Curtius u. s. f. Dem Bedürfnisse besonderer Rücksichtnahme'
auf die unteren Stufen des Unterrichts entspricht diess Buch nicht, und
ist es übcrliaupt im Allgemeinen kaum geeignet, als geographisches Lesebuch
neben dem Schulcompendium besonders der häuslichen Leetüre zu dienen,
so wird doch auf alle FäHe dt>r Lehrer d.-irin ein reiches , schätzbares
Material zur Belebung seines Unterrichtes finden. Wir möchten noch be-
sonders erwähnen, dass der Lehrer des Deutschen diesen Lesestücken
ein«* Fülle zweck niäfsiger Stoffe zu Sehulaufsätzen wird entnehmen können.
Der erste Band enthält Schilderungen allgemeinen Charakters und
Lesfstücke zur Länder- und Völkerkunde von Süd- und Mitteleuropa.
Der zweite Band soll d»*n Rest von Europa und die aufsereuropäischen
Erdtheile rnthnlleii.
Wien. Karl Tom.ischek.
SUeier'9 Handttlan. Neue lk*arbcitungfn, aug. v. A. Steinkauier. 67
Neoe Bearbeitangen aus dem Jahre 1858 zu Adolf
Stiel er's Handatlas. 5 colorierle Karten in Ruprerslich. Qolba,
Jostus Perthes, 1859. — V, Thlr.
Es ist bekannUieb bei dem nach seinem Gründer A. Stielcr be-
nannten Handatlas ein bisher unverbrüchlich festgebalfencr Grundsatz,
diese Tortreffliche Kartensammlung durch stete Auswechselung th eil weise
Teralteter oder wegen früheren Mangels an Materialien weniger vollkom-
«ener Karten stets auf der Höhe der wissenschaftlichen Anschauung und
des jeweiligen Standes der fortwahrend sich erweiternden Kenntnis un-
Mreff Erde in erhalten, nebstbei auch die Rechtfertigung der Darstellung
durch Benennung aller benutzten Materialien in eigenen Begleitworten
niedersulegen. Dieser Vorgang, in solcher Ausdehnung nur bei diesem
Atlas in Anwendung, sichert nicht nur dem Benutzer die stete zweck-
mäßige Neugestaltung seines nothwendigen Behelfes, sondern sie erhöht
auch das Vertrauen auf die Güte der Arbeit und macht mit den neuesten
Oripnalien bekannt, zu welchen weitergebende Forscher ihre Zuflucht
zo nelimeD haben. Eine Sammlung aller Karten dieses Allasses seit
«einem Entstehen bildet beinahe eine Geschichte der kartographischen
Darstellung der Erdräume und des Fortschrittes der Wissenschaft durch
die fortwährenden Entdeckungen nnd Vermessungen.
Die vorliegende Lieferung umfasst nebst dem gewöhnlichen Blatte
der Erläuterungen die Neustiche der Karten Nr. 5 a und b (der nörd-
liche und sudliche gestirnte Himmel), Nr. 9 (Erdkarte in Mercator's Pro-
jrction, zur Obersicht der christlichen Staaten und Colonien), Nr. 18
(Fluss- und Bergkarte von Deutschland und den anliegenden Landern)
und Nr. 48 (Westindien und Centroamcrika).
Die beiden Sternkarten, vollkommen homogen mit weifsen Sternen
auf Idaurm Grunde ausgeführt, treten an die Stelle der beiden altern
Itlitter, welche, unbeschadet ihrer sonst sehr flcifsigen Ausführung, sich
heterogen verhielten, insofern auf dem nördlichen Blatt die Zeichnung
drf Sternbilder augenfällig begünstigt erschien , während sie «luf dem
«idlicben Blatte beseitigt wurde. Auf dem dunkelblauen Grunde heben
^icb die weifsgebli ebenen Sterne der ersten (ünfGröfsen, die punktierte
Biilch^traÜMs etc. sehr deutlich hervor. Die Zeichnung der altern Stern-
bilder tritt l>cinahe bis zum Verschwinden zurück, mit ihr aber auch
die Schrift, zu deren Lesbarkeit sehr helles Licht erfordert wird. Di»
MrmbUder des Tbjerkreises sind ihrer Wichtigkeit wegen mit rothen
Linien contouriejrt , und noch feinere rothc Linien dienen zum Alligne-
nent der zusammengehörigen Sterne einer Gruppe. Eine dreifache Gra-
vierung umgibt die Karten, je für die Eintheilung nach Graden, Stunden
oder Jahrestagen. Hr. Uermajm Berghaus hat es an Mühe und Talent
hiebt fehlen lassen, eine möglichst tadellose Arbeit zu liefern, nur ist
die Angabe uiit(*rblieben , für welchen Zeitpunct die Karten riclitigge-
«teilt ftiml.
5*
68 Stieler'i Handatlas^ Neue Bearbeitungen, ang. v. A. SieMUttuer.
Von der Erdkarte, welche ebenfalls diesem fleifslgen Zeichner zu ver-
danken ist^ ist nicht mehr zu sagen, als dass in folge der Vermeidung einer
Wiederholung der Mafsstab gröfser genommen werden konnte, dass sie
dem vorgesteckten Zwecke einer Obersicht der Colonien entspricht, so
weit diess irgend möglich ist, und dass nebstbei auch im Innern der
Erdtheile die Entdeckungen bis zur letzten Stunde und die neuesten
Begrenzungen unlängst erworbener Gebiete ersichtlich sind.
Die Berg- und Flusskarte von Deutschland, eine sehr mühsame
Arbeit durch die eingeführten Isohypsen von 300, 500, 2000, 5000 und
8000 Pariser Fufs absoluter Höhe, ist auf die schon vorhandene bekannte
Grundlage basiert worden. So sehr sich dieselbe durch Deutlichkeit und
richtigen Ausdruck an den meisten Stellen auszeichnet, so ist dies doch
nicht an allen Stellen der Fall, woran zum Theil der kleine Mafsstab,
zum Theil die Schwierigkeit der Generalisierung verwickelter Terrain-
gattungen, zum Theil auch die Mangelhaftigkeit der damaligen Mate-
rialien Schuld trägt. Die Spuren der unvollkommenen Schraffierung zei-
gen sich deutlich bei dem Auftragen der Niveaulinien, welche hie und
da mit der Zeichnung nicht in Obereinstimmung gebracht werden konnten.
Es fehlt nicht an einzelnen Lücken und Obersehen insb^ondero bei Sat-
telhöhen, man muss jedoch bedenken, dass die Linien gleicher Höhe bei
diesem MaCsstabe uiid bei dem Besitz ausreichenden Materials einerseits
nur in grofsen, allgemeinen Zügen aufgefasst werden konnten, anderer-
seits vorhandene Detailarbeiten zur Benützung noch nicht vorlagen.
Wenngleich die Karte durch Verschiebung auf eine spätere Periode eini-
germafsen gewonnen haben würde, so bedauere ich doch keineswegs,
dass ihre Bearbeitung auf die vorliegende Weise schon jetzt versucht
wurde, und würde nur gewünscht haben, dass entweder die alte Grund-
lage einer sehr sorgfältigen Revision bezüglich der Bergzeichnung
wäre unterzogen worden, oder dass man eine neue orographische Zeich-
nmig zu Grunde zu legen vorgezogen hätte. Mehrfache Gebirgsdurch-
schnittc sind am untern Rande und an den Seiten zur Vervollständigung
des Bildes angebracht.
Die Karte von Westindien und Centralamerika ist mit grofser kriti-
scher Sorgfalt bearbeitet, und eine willkommene Erscheinung theils we-
gen der vielfach wechselnden Gestaltung der kleinen mittelamerikani-
schen Staaten, theils wegen der in Gartons und Durchschnitten darge*
stellten wichtigen Senkungsregionen, welche eine Oberschreitung der
Cordilleren mittels Eisenbahnen oder Canälen gestatten, endlich auch
wegen der verbesserten orographischen Zeichnung und der neu hinzuge-
fügten Profile. Die Karte reicht von den Mündungen des Missisippi bis
zu jenen des Orinoco, und es sind zu ihrer Zusammenstellung die be-
sten Quellen benutzt worden, deren Herbeischaffung von jeher eines der
Hauptaugenmerke der Verlagshandlung war und noch ist.
Wien. A. Steinhauser.
Decker^ Lehrbuch der Algebra^ aog. v. i. GemeriJL 69
Lehrbuch der Algebra für Ober- Gymnasien und Ober-Realschu-
len von A. Decker, Lehrer der Mathematik und Physik am k. k.
Ober-Gymnasium in Troppau. Troppau, Olto Schuler, 1859. 218 S.
8. — 1 fl. 60 kr. ö. W.
Das vorliegende Buch soll nach der Angabe des Hrn. Verf. 's «zu-
Dachst als Leitladen beim algebraischen Unterrichte in den höhern Clas-
sen der Gymnasien und Realschulen dienen.' Bei der Verfassung des-
selben suchte der Hr. Verf. «einerseits die vorgeschriebenen Grenzen
niclit SU überschreiten, anderseits aber das in den hohen Verordnungen
gewünschte grundliche Verständnis der Lehren der Elemen-
tar-Malhematik mit steter Hinweisung auf ihren Zusammenhang anzu-
streben.* «Wissenschaftliche Strenge jn der Beweisführung, Präcision
bei Aufstellung von Begriffen dürfte der Leser* nach der Versicherung
des Hm. Verf. «an keinem Orte vermissen.*
Ein durch den Zweck dieser Zeitschrift gerechtfertigtes näheres
Eingehen auf das vorliegende Werk möge darthun, in wie weit das von
dem Hm. Verf. dargebotene mit diesen Zusagen im Einklänge stehe.
Nach einigen allgemeinen Erklärangen entwickelt der Hr. Verf.
in Kurze die Begriffe der ersten sechs Rechnungsarten. Der Erklämng
des Subtrahierens (S. 5} folgt sofort die Definition positiver und ne-
gativer Zablen. Der Hr. Verf. vermeidet zwar das berüchtigte Bei-
spiel von Vermögen und Schulden, durch welches der lieben Schulju-
gend so lange Zeit hindurch der Gegensatz der Zahlen anschaulich ge-
macht werden sollte, gibt aber folgende unverständliche Erklärung:
«Zahlen, welche dadurch entstehen, dass man die Ein-
heit zur Nulle mehrmalals Subtrahend setzt, heifsen
negative Zahlen.* Diese Erklämng wird dem Schüler solange
unverständlich bleiben, bis man ihm nicht eben erklärt, was negative
Zahlen seien. Denn er wird, und zwar mit vollem Rechte, auf folgende
Art schliefsen: Das geht nicht, weil, wenn nach der Erklärung des Sub-
trahierens (S. 6) a um ö vermindert werden soU , a entweder gröfser
oder eben so grofs sein muss, als d ist. — Der Hr. Verf. hätte eben
aus der Dnmöglichkeit , in der absoluten Zahlenreihe die Sublraction
dann auszufuhren, wenn a kleiner als b ist, Veranlassung nehmen sol-
len, die negative Zahlenreihe zu construieren, was aber durch die obige
Erklämng keineswegs geschieht.
In dem ersten Abschnitte, welcher Sätze über die ersten vier
arithmetischen Operationen enthält (der Titel ist: «Die arith-
metischen Operationen*), sagt der Hr. Verf. folgendes: «Der in der
Einleitung aufgestellte Begriff der Multipli cation ist
noch zu unbestimmt, er hat nur dann einen Sinn, wenn
der Multiplicatoreine ganze positive Zahl ist.* Hieran
knüpft er folgende «für alle Fälle giltig* sein sollende, in so vielen
Lehrbüchern vorkommende Definition (S. 20): «Bei der MultipUcation
70 Deckety Lehrbuch der Algebra., ang. v. .4. Gemetik.
wird das Product aus einem Factor auf dieselbe Art gebildet^ wie der
andere Faetor aus der positiven Einheit entstanden gedacht werden kann.*
Dass diese Erklärung keine allgemein gütige sei, leuchtet ein ; denn nach
ihr wäre nie VT* v/ T«- 4, wohl aber wäre \/T« \/T=« V 8 v/T!
Alle Lehrbucher, welche diese allgemein giltig sein sollende Erklä-
rung geben, haben übersehen, dass sie dieselbe recht eigentlich er-
funden haben, um den Satz — nX — ^— + 0^ bewältigen zu können;
und die Scbluss weise, auf welcher diese Erklärung beruht, ist folgende:
Wir müssen beweisen, dass — «X— d=» + ö* «*> können dieses
aber mit Hilfe der Definition: Multiplicieren heifst, eine Zahl iBö Viel-
mal als Posten setzen, als eine andere Einser ienthält, nicht thun, for-
schen daher nach einer neuen Erklärung, welche dieses möglich macht,
geben diese Erklärung und beweisen dann anstandslos, dasd — n X — ^
^ + ab ist.
Den Satz: «Factoren^ in jeder Ordnung multipliciert, geben das-
selbe Product' (S, 25), durch Multiplication von Polynomen beweisen
zu wollen, scheint uns an und für sich bedenklich; nach der Anordnung
des Hrn. Verf. aber um so bedenklicher, als bereits S. 21 steht i dy^c
iB»cd, und er ihn auch voraussetzt, um die Multiplication von Polyno-
men vornehmen zu können. Der Hr. Verf. zeigt nämlich (S. 21), dass
(a + ö + c^n^s^na + nö + nc ist, und wendet sodann unmittelbar
darauf (S. 22) diesen Satz auf folgende Art an:
aOn — n + p)'^ am — an + ap^
setzt also voraus, dass es einerlei sei, ob man ein Aggregat mit einer
Zahl, oder diese Zahl mit diesem Aggregat multipliciert.
Der Ausspruch des Hrn. Verf.'st «Kommen im Dividende und Di-
visor Potenzen vor, so ist eine wirkliche Ausführung der Division nur
dann möglich, wenn diese Potenzen dieselbe 'Slammgröfse haben; im
entgegengesetzten Falle kann die Division nur angezeigt werden* (S. 97).
bedarf der Berichtigung in so ferne, als — «s r^ J '**•
Der (S. 27) von dem Hrn. Verf. gegebene Beweis^ dass a^ i€t^mm,
UTO— n isi^ es möge m = n sein, ist unrichtig. Der Hr. VerL setzt
nämlich voraus, dass o« :««««- iF sei ; folglich muss ± ein« ganz« po-
sitive Zahl sein , weil sonst a* nach allem Vorangehende kelM^n ^nn
hätte , und man nicht rechnen dürfte ä« . ö' «i ir»-»-'. Allerdings wäre
es erwünscht, die Division von Potenzen dei»s€lben Grundzahl mit fei-
ner Regel erledigen zu könnet. Das ist aber unmöglich, iföndenü rttiin
hat drei Regeln, entsprechend den Gteichnngen itfm+* : ik<^ «i: «»'■^
a*» : a*" « 1, a*» : 0»«+« = — . Hat man nun den Quotienten a» : a\
so ist man ohne speeielle Angabe des Gröfsenvei^iäiCnisses der Expo-
nenten 8 und e nicht im Stande zu entscheiden, welche von den obigoii.
Dßelur, Lehrbuch der Algebra » aog. v. i. Gernertk. 71
drei Regeln in Anwendang zu bringen ist Wenn man nun vcrsuchti
auch den i weiten und dritten Fall nach der für den ersten gelteudeo
Regel SU dividieren» so gelangt man eu den Ausdrücken Hfi und a«,
welche nach den vorhergegangenen Begriffen und Salzen über Potenzen
eine Bedeutung noch nicht haben, sie mithin eben erst durch die Ent-
stehung aus dieser Rechnung erhalten. Auf diese Art erhält man, nicht
in Folge einet Beweises > sondern als Definition
Dnd jetzt erst kann man getrost immer setzen
a* i aß ^ a*^K
Dean es ist entweder
$>if oder i^t^ oder # < /,
aiso faezäglieb entweder
# — /«SU, oder # — /=sö, oder # — f =« — n,
folglich o*-^ bezüglich entweder
••, oder <!•, oder «-«;
das heilst bezüglich
fl" , oder 1 , oder — .
Der zweite Abschnitt behaudeU die Lehre von den Brüchen. Bei
der Verwandlung eines gemeinen Bruches in einen Decimalbruch würde
es das Verständnis gewiss gefarder t haben, wenn der Br. Verf. erörtert
hätte, wovon es abhängig ist, ob man einen periodischen Bruch erhäU,
bei dem die Periode unmittelbar oder nicht unmittelbar nach dem De-
cittalpUBCte bogiUDt.
An der Spitze des dritten Abschnittes, die Potenzen und Wurzeln
enthaftend, befindet sich wieder eine aiigettein giltig sein sollende De-
finition: «a zur tntea Potenz erbeben heilst aus a mittels der nächst
hiAieren Operaition ein Resultat ebenso bilden, wie der Potenzexponent
m aus der positiven Einheit entstanden ist* (S. 83X Wir hätten gegen
diese Definition ähnliehes zu bemerken, wie über die obige angeblich
aJlgemeide Definition des MuHipiicierens, verweisen übrigens auf das
schon vor Jahren in dieser ZeitsehriA bei Oelugenhcit der Besprechung
von Toffoli's Algebra (Jahrg. 1854, S. 72 IT.) über diesen Gegenstand
gesagte.
Dass die geraden Würzet» aus negativen Zahlen weder in der
positiven noch in der tußgattven Zahlenreihe vorkommen, berechtigt noch
keineswegs, über die Existenz derselben den Stab zu brechen und sie
in das Reich der wesenlosen Schatten zu verweisen. Mit demselben
Rechte kann d^r Hr. Yiorf. auch die negaüve», gebrochenen und irra-
tionakn Zahlen für «eiogiebUdete oder unmögücbe' erklären. Wir ver-
weisen übrigens auch in dieser Beziehung auf das seit dem Bestehca
dieser Zeitschrift nn wiedccholten Maien gesagte.
l>^ Verwandlung der Wuraelgrölscn \/~b und \/44 in perio*
^2 Decker, Lehrbuch der Algebra , ang. v« i. Gemertk.
discbe Kettenbrüche (S. 101) hätte der Hr. Verf. fuglich weglassen kön-
uen. Mit solchen Bebpielen ist für den Anfanger nichts gewonnen» so-
bald er nicht die aUgemeine Methode, auf welcher diese Verwandlung
beruht, nebst den Eigenschaften derselben kennen lernt.
Im vierten Abschnitte, welcher den Verhältaüssen und Proportionen
gewidmet ist, vermissen wir durchgehends die Angabe» welche von den
bewiesenen Sätzen für GröliBenproportionen » in denen die Glieder des
einen Verhältnisses ungleichartig zu den Gliedern des andern Verhältnisses
sind, oder in denen alle vier Glieder gleichartig sind, und für Zahlenpropor-
tionen giltig sind. Dass dieses Schritt für Schritt zu Inconsequenien Ifib-
ren müsse, ist klar, und möge hier nur an einem Beispiel dargethan
werden. Der Hr. Verf. sagt (S. 116) ganz allgemein: «In jeder riehti-
gen Proportion verhält sich die Summe oder Differenz der Vorderglieder
zur Summe oder Differenz der Hinterglieder, wie jedes Vorderglled tu
seinem Hintergliede.* Nun ist
3fl. :6fl. — 2S:4S
eine richtige Proportion, folglich wäre nach dem obigen Satze
(3 fl. ± 2 8) : (6 fl. ± 4 ff) Ä 3 fl. : 6 fl. !
Die Untersuchungen über das Rechnen mit beliebigen Irra-
tionalzahlen fehlen gänzlich ; dadurch entsteht aber im wissenschaft-
lichen Entwickelungsgange eine Lücke, und der Hr. Verf. ist genothigt,
mit diesen Zahlformen, die in der Mathematik und ihren Anwendongoa
immer und immer wiederkehren, so zu rechnen, wie mit Rational-
zahlen, ohne je die Gründe angeführt zu haben, auf denen dieses
Rechnen beruht.
Im fünften Abschnitt, der Lehre von den Logarithmen, findet sich
S. 133 folgende historische Notiz: «Nebenbei sei hier bemerkt, dass
nicht (wie in manchen Lehrbüchern fälschlich angegeben ist) Heinrich
Brigg der Erfinder der Logarithmen ist. Es gebührt ihm nur die Ehre,
dass er mit mehreren seiner Zeitgenossen (Halley, Skarp* [vielmehr
Sharp], «Vlacq u. a.) die Lehre von den Logarithmen zu einer gewissen
Vollendung brachte, und mit Vlacq die Logarithmen für die Basis 10
berechnete. Nach Kepler erfand und entwarf die Logarithmen der Fran-
zose Justus Byrge, der astronomische Assistent des Landgrafen Wilhelm
von Hessen. In englischen Werken wird häufig Napier als Erfinder der
Logarithmen angegeben, was ebenfalls unrichtig ist ; Napier hat nur &9a
Verdienst, dass er in England zuerst den Gebrauch der Logarithmen
einführte.* Diese Notiz ist gänzlich unrichtig. Om nicht zu viel
Raum auf die Widerlegung des Hrn. Verf. verwenden zu müssen, wollen
wir nur bemerken, dass die ersten Spuren von Logarithmen sich bereits
in der den Namen Sandeszahl führenden Schrift des Archimedes
(man sehe die gediegene, mit Erläuterungen und kritischen Anmerkungen
versehene Übersetzung von Ernst Nisze, Archimedes von Syrakus
vorhandene Werke, Stralsund, 1824), und noch bestimmter in Michael
StifeTs arUkmetiea inieffra, 1544, beAnden, und begnügen uns, die
D€ck€r, Lelirbuch der Algebra, ang. v. i. GerneriJL 73
UiitUü JogarithmUcbeo Tafelwerke in chroDologischer Reihenfolge an-
xvfibren. Sie sind; 1. Von dem Scholtländer lohn Neper: Miriflei
Ifftwaämor^im emmiii duaipHo ^sgue ums in utrague irtgonome-
tri§, BdMmrgU 1614. 2. Von dem Engländer Henry Briggs: Loga-
nUmmwm ekiUa» ßtima^ 1618. 3. Von dem Englander Edmund Gun-
ter: Cmm trUm§9U9nun^ 1620, schon Brigg'sche Logarithmen der
Sinf ond Tangenien enthaltend. 4. Von dem Schweizer Jobst Byrg:
irithmelisebe und geometrische Progress - Tabulen , Prag, 1620. 5. Von
Bevy Briggs: ArUkmeiIca iofforUkmiea, Oxomim, 1624. 6« Von Ben-
jaain Orsinus, Gymnasiallehrer in Berlin: Ma0m$ canon triangulO'
nm hgmrUkwdeuM ex taSo ei cmuilio iUuiir. Neperi vigüi studio et
genfmari Mlusiria deduetus, Colanim, 1624. 7. Von dem grofsen Jo-
haiB Eapler: CkUias iogiuritkmorwn ad totidem numeros roiundos,
grmmissa dewumsirtaime legiUma artus togarUkmorum eorumque usus
am SfSfßiemaUOy Matgmrgii 1624—1625. 8. Von dem Holländer Adrian
Vlacq: irtikmMea IfigerUkmiea Site logaritkmorum ckiUades cen-
Im, Cmdm, 1628.
Der sechste Abschnitt behandelt die Gleichungen. Um darzuthun,
4ass «BeiiKitfs Methode zur Auflösung eines Systems von drei Gleichun-
gea Bit drei Bestinunongszahlen* in der Form, in welcher der Hr. VerL
lis darstelit (8. 148)» nicht immer angewendet werden kann, geben
wir Mgewles Beispiel : Es sei
2«+3y + 43» 15,
44; + 6|r+33B25,
30? — 4y + 53-13.
Miltipiiciert man die erste Gleichung mit »i, die zweite mit M, und
addiert zu ihrer Summe die dritte Gleichung, so erhält man
(t« + 4» + 3)« + (3»i + 6» - 4)|r + (4»i + 3 Ji + 5) 3 -
Seilt Biafl| um 3 zu bestimmen,
2m + 4ji + 3s0 und 30i4- ^Ji — 4 » tf,
10 eriialt man
15m + 25w+ 13
■" 4m + 3ii + 5 '
Die Zahlen m und Jl kann man aber aus den Gleichungen
201 + 411 — — 3und3//i + 6Jl--4
Dicht bestimmen, weil aus denselben
01 + 2»-— 4- und»l + 2Ji«-i
2 ^
3 4
Wgt, also — — — — sein müsste !
Im siebenten Abschnitte werden die Progressionen behandelt. Der
Ir. Verf. ist im Irrthum, wenn er (S. 199) glaubt, dass bei der Zinses-
iiMrecbnaog, unter A das Anfangscapital, unter p den lOOsten Theil der
74 Deekety Lehrbuch der AJgebra, ang. v. i. Gemerth,
Procenle, unter En dio Endsumme nach n Jahren verstanden, die
Gleichung
log ^n --iOff A
^^ SoffCi+p)
immer die Zelt liefere. Das ist, sobald der Bruch rechts zu keiner gan-
zen Zahl fuhrt, nie der FaU, sondern wenn der Bruch rechts zu dem
ResulUte Ji «- »' + —^ , wobei Jl' eine ganze Zahl und —— < 1 ist,
fuhrt, ist die Zeit gleich dem Ausdrucke:
^, , En -i(l+pK
Der achte und letzte Abschnitt, die Elemente der Combi nationslehre •
enthaltend, bietet nichts erwähnenswerthcs, als den (Jmstand, dass der
Hr. Terf. den binomischen Lehrsatz fßr einen beliebigen Exponenten
bewiesen zu haben glaubt, sobald er ihn IQr einen ganzen positi-
ven Exponenten bewiesen hat.
Ref. glaubte auf Ungenanigkeiten, wie die im obigen verzeichne-
ten, um 60 bestimmter hinweisen zu müssen, da es Gblich iisi, die Ma-
thematik ah Wissenschaft wtt i|o|i|ir zu bezeiofanen, trotzdem dass sich
in der Mehrzahl der Lehrbücher manch oberflächlicher Schlendrian sorg-
los verer4>t. Es wird durch die angeführten Beispiele gerechtfertigt ^iiiy
wenn Ref. das vorliegende Buch den vorzfiglicbon Loirtungcn in der
mathematischen Schullitenitur nicht feeizahlt. Ref. fügt aber, damit die-
ses Urtheil nicht misverstanden werde» ausdrücklich hinzu, dass dieses
Buch, mit unverkennbarem FUilse gearbeitet, den an unseren Schulen
jetzt im ganzen gebrauchten Schulbüchern durchaus nicht nachsteht
Wien. A. Gernerth.
Dritte Abtheilung.
Verorilnangen für die Asterreichtechen Gym-
nasien; Statistik.
Personal- ond Schulnoliien.
(Eriennvngen, B«fi^rderuiig«ii» VerBettungen q.s.w.T
— Der Aipplent am k. k. OyinAUiiim lu Cilli, Hr. Konrad Pasc h
mm wirkJiehen Lehrer an deraeiben LebraoMalt
— Der bialieiige Oymnaaftalsiippleiit, Hr. Joseph Ambros v. Rech-
te ob erg, min wirklicheD Lehrer am Gymnasium in Stanislawow.
— Der Rieaiower OymMeialsiippleBli Hr. Andreas Nizio^,
leii wirkliehei Lehrer an demselben 03rmnasi«m.
— Der Supplent am Gymnasiom zu Dnghvdr, Hr. Eduard
Stieb er, im wirkliehen Lehrer an «lerselben LehrahstaK.
-> Der 6«pt>kint am k. k. Gymiaasium m Fiumc, Hr. Dr. Franz
Mefsmer, zum wirklichen Lehrer an dieser Anstalt
— Der Historien-Maler Hr. Karl Rahl in Wien und der Minisierial*
MCTflir, Hr. Dr. Constantin Wurzbach v. Tannen borg haben die
AMcrtecfaste Gdaubnis erhalten , ersterer das Ritterkreuz des kön. grie-
cbischen Erlöser-Ordens, letzterer das Ritterkreuz 1. Cl. des grofsherzogL
Ssehsitt-Weimaf'seben Ordens vom weiCscn Falken annehmefi und tragen
n dirfrn. Die gleiche Allerhöchste Erlaubnis ist dem als Literat be*
kannten, Privatier Hm. Leo Herz, in Wie« hezigUc^ des ihm vcr»
lithcw Ottomanisdien Modsehidie^Ordens d. d. und dem k. k. Kam-
■erer und Director des «ngarisehevi JV.itioiial-llnseuttt in Pesth , Hm.
August V. K u b i n y i, hinsichtlich des ihm verliehenen fihrenkreuces des
k^ prtvbischen lohanniter-Ordens zu Theile gewordeti.
(Tod-esfälle.) — Za Martinsberg (l)ngam)am7.Novemlyer 185Y
drr hochwürdigc Hr. Bernhard Takdcs, Gapitular des dortigen Benedic-
lücr-StilUsy duneli vierzig Jahre Mi verschieden cTi Gymnasie« theils als
Ukrer, thaila als Director beschlftigt, durch tiefos Studium der Kirehen-
viler und classisohe Bildung, wie auch als Verf. lateinischer Gediehte
bekannt, im Alter von 63 Jahren.
-» Am 7. November 1899 zu Paris Hr. August Milarion Graf
leratry (seh. am fg. Deoemicr iTgf), eine parlamentarische Be*-
nikmtheit, auch als Schriftsteller bekannt.
76 Personal- und Schulnotizen.
~ Am 8. November 1860 zu Dresden Hr. Karl Gottlieb R e i f s i-
ger, erster k. sächsischer Hofcapellmeisler (geb. zu Beizig bei Witten-
berg, am 31. Jänner 1798)> als deutscher Lieder- und Opemcompositeur
allgemein kekannt.
— Am 8. November 1850 zu Paris der als Dichter und Roman-
schriftsteller bekannte Hr. Jul. de la Madelaine.
— Am 10. November 1850 zu Paris der bedeutende Geschicbts-
maler, Hr. Pierre Claude Francois Delorme (geb. zu Paris 1780).
— In der Nacht vom 16. auf den 17. November 1. J. zu Wien
der bekannte Darsteller tragischer Charaktere Ur. Wilhelm Kunsl (geb.
zu Hamburg), an 60 lahre alt.
— Am 20. November 1850 auf seinem Gut Hookwood Park
(Grafschaft Surrey) Hr. Mountstuart Elphinstone (geb. 1778), durch
seine amtliche Stellung in Indien, wie durch seine Geschichte dieses
Landes bekannt.
— Am 23. November 1850 in Wien Hr. Georg Zappe rt (geb.
am 7. December 1806 zu Altofen), correspondierendes Mitglied der kais.
Akademie der Wissenschaften, durch zahlreiche archsBologische und
historische Schriften und Abhandlungen UGravure en boU du XIL
iücle,^ ^Viia Petri AamimUi^ xx. v. a.) bekannt.
— Am 24* November 1050 in Athen Hr. Charles Lenormand,
Mitglied der Akademie der Inschriften und schönen Wissenschaften, als
Archasolog ruhmlich bekannt, in einem Alter von kaum 57 Jahren.
— Am 25. November 1850 in Berlin Hr. Wilhelm Benke (geb.
zu Berlin am 17. August 1826), als Bühnendichter und Romanschrift-
steller bekannt
— Im November 1850 zu Tarzo (im Venetianischen) Hr. Giovanni
De min, als tüchtiger Maler bekannt, im Alfer von 74 Jahren.
— Im November 1850 in England Hr. E. Holmes, bekannt als
Verfasser von «i Rambie amumg the MusicUuu In Gemumy^^ beson-
ders aber einer gediegenen Biographie Mozart's («i Life of Ma%art\
im vorgerückten Alter.
— Im November 1859 zu Gent der Advocat, Hr. Prudens von
Duyse, durch lange Zeit Archivar dieser Stadt, als vlaemischer Dich-
ter, wie als Gelehrter, geachtet.
— Im November 1850 in England der Nestor der Maler-Akademie
in London, Hr. James Ward, der Paul Potter der englischen Schule
genannt, im Alter von 91 Jahren.
— Im November 1859 in Frankreich der talentvolle Carricaturen-
zeichner, Hr. Travies^ und der Publizist und Schriftsteller Hr. Lu bis,
Verfasser einer ^BiMtoire de ia HeiUmraiitm,^
— Im November 1859 zu München der kön. Rath, Hr. Dr. Seh w ab ,
ehedem erster und dirigierender Professor der k. Veterinär schule , im
Aller von 80 Jahren.
— Im November 1859 in England Hr. Frank Stone, als Maler
in Wasserfarben in England vortheiihaft bekannt.
— Im November 1859 in Edinburg Hr. Dr. George Wilson,
Professor der Technologie an der dortigen Universität und Custos des
«Industreal Museum.*
— Im November 1859 zu Boston Hr. Washington Irving (geb.
am 3. April 1783 zu Newyork), der berühmte Verfasser oon «Brace-
bridge-Hall,* «Skizzenbuch ,' «Alhambra,' «Leben des Columbus»
u. V. a.
— Am 1. December 1850 zu Düsseldorf der ausgezeichnete Maler,
Hr. Alfred Ret hei (geb. zu Aachen 1816), durch seine Zeichnungen
Personal- und Schul notizen. 77
und Fresken-Cartons («Todtcntanz ,' «llannibalzug,» «Karl der Grofüe*
u. m. a.) bekannt
— Am 6. December 1850 zu Dresden der k. sScbsische Hof- und
Portätmaler, Hr. Karl Naumann, im 47. Lebensjahre.
— Am 7. December 1850 zu Venedij^ Hr. Placido Fabris»
Milglied der k, k. Akademie der schönen Künste in Venedig, als Maler
in der Kunstwelt vortheilhaft bekannt.
— Am 7. December 1850 zu Paris Hr. Poinsot, Mitglied der
franzosischen Akademie und Senator, als Mathematiker bekannt, im
Alter von 82 Jahren.
— Am 15. December 1850 zu Wien Hr. Alois Fröhlich, o. ö.
Professor der Verrecbnungskunde an der k. k. Wiener Universität, ord.
Mitglied der k. k. Landwirthschaftsgesellschaft in Wien , u. s. w. , im
Alter von 61 Jahren.
— Am 15. DecembeJ 1850 zu Breslau der emerit. katholische
Provincial-Schulrath Hr. Dr. Anton Ignaz Vogel, früher Professor am
Gymnasium zu Neisse.
— Am 16. December 1850 zu Berlin Hr. Wilhelm Grimm (geb.
zu Hanau am 24. Februar 1786), Professor und Mitglied der k. Aka-
demie der Wissentchaften , der Bruder des berühmten Sprachforschers
Jakob Grimm, wie dieser eine Grölse auf dem Gebiete deutscher
Sprachforschung.
— Anfangs December 1850 zu Paris Hr. Delestre Poisson, als
dramatischer Dichter geschätzt
— Anfangs December 1850 zu Genf Hr. Peter Odier, Professor
der Jurisprudenz daselbst
Vierte Abtheilung.
Rli^eelleii.
Programme österreichischer Gymnasien nnd Real-
schulen am Schlüsse des Schuljahres IS*^^.
1. Abhandlungen philologischen und linguistischen
Inhaltes.
1. Zur tergteiekenden Etpmologie. Erster BeUrag. (Abhandl. you
Dr. Georg Black er t, im Programm des Gymn. zu Czernowitz 1859.
18. S. 4.) — Diese Schria beginnt mit der Überschrift: ,1. Die mit Gut-
turalen anlautenden Wurzeln und Stämme* und enthält zwei Aufsätze:
«1. %d, niv. %i. (flfr) S. 5^13; tt «Oib«, nooog und andere Pronomina
S. 14—18.» Der erstere ist ein Nachtrag zu der vom Hrn. Verf. 1857
in Paderborn erschienenen «Griechischen Syntax,» die gleichfalls in ihrem
ersten Capitel xir. ni. %a. behandelt, oder auch, wenn man will, ein
Vorläufer der zweiten Auflage dieser Syntax (von der übrigens nur eine
Lieferung bisher erschienen ist), auf die wir wiederholt im vorliegen-
den Aufsätze verwiesen werden. Der Hr. Verf. , welcher in jener soge-
nannten Syntax den Satz durchzufuhren suchte, dass %h und ai^ nach
Form und Bedeutung grundverschieden seien, hat grofse Freude darüber
empfunden, dass A. F. Pott im ersten Bande der zweiten Auflage der
etymologischen Forschungen wenigstens die formelle Verschiedenheit der
Partikeln niv und av anerkennt Er nimmt daher Anlass «eine kritische
Übersicht über einige der neuesten Ansichten über dieses Wort» zu lie-
fern. Diese kritische Übersicht besteht in dem Versprechen , dass die
zweite Lieferung der griechischen Syntax den Beweis bringen werde,
der Unterschied von niv und av sei bedeutender, als der, den Pott bei
den deutschen Wörtern nur und bl ofs zugebe; in einem Excerpte dessen,
was der Hr. Verf. aus Potl's Anführungen über Kuhns und Benfey's
Auseinandersetzungen betreffend die Sanskrit- Partikel kam weiss; aus
einer kurzen Polemik gegen einen Anonymus der Wiener kath. Literatur-
zeitung vom 2. November 1857 (der vermuthlich des Hrn. Verf.'s grie-
chische Syntax recensiert hat), und aus der unbewiesenen Behauptung,
dass Krügers Darstellung der Partikeln niv und av sich dem, was der
Hr. Verf. für Wahrheit hält, nähere. Daran reiht sich noch die Andeu-
tung, dass niv nicht pronominalen Ursprunges, nicht indeflnitsei, sondern
zur Skr. W. di, coiUgere^ cumuUtre, gehöre, sowie eine etymologische
MiscelleD. TSf
Erörterung über die Partikel av, io der ein Dualis liegen, uud die mit
lat amö-, tm, li^, griech. ipd, ip^ipi^ av- verwaiidt sein solU Ref.
muss leider gestehen, dass er nächst der griechischen Syntax des Hm.
Verf.'s nicht leicht etwas methodeloseres und unkritischeres gelesen hat,
als diesen Aufsatz. Eine ahnliche Bewandtnis hat es mit dem sweiten
Aufsätze,^ in welchem der Hr. Verf. die Verwandtschaft von xoTos und
notog, %6cog und vocog laugnet und «oAiff aus der Wurzel xo / (goth.
skoPy skr. Mkav). notos dagegen ans der Wurzel Skr. tpap. paf^ lat
specfo ableitet. Es hat keinen Zweck, alle die Wunderlichkeiten zu re-
gistrieren, die der Hr. Verf. gelegentlich dieses Beweises beibringt. Wer
sich für grammatische Curiosa interessiert, möge die Schrift selbst nach-
lesen. Nur das sei noch zur Coostatierung der Befähigung des Hrn. Verf/s
für sprachvergleichende Untersuchungen bemerkt, dass derselbe am Schluss
mit grofser Zuversicht die Verwandtschaft des Relativpronomens o(, {,
0 mit Skr. Jas, Ja, Jai laugnet und wörtlich sagt : «Dagegen hege ich
kein Bedenken, o(, ^, S auf das Verbum raj^^i-Z/aij^i zuruckzumhren;
zu Tciifn, gehört offd» = J^OQcim, Sanskrit ap. Damach ist Sg der Be-
wusste, der Wahrffenommene.* Derselbe «Bewusste* steckt dann auch
nach des Hrn. Verf. s Meinung im Pronomen ov, ol^ I,
Qiefsen. L. Lange.
2. ßöer den BomeriMchen Genitiv. Beitrag sur BamerUcMen
^^Mtax. (Abhdlg. vom Gymnasiallehrer K. Steyskal im Programm des
k. k. Gymn. zu Znaim. 1859.) — Der Gedanke, einzelne Theile der
Syntax auf Grundlage möglichst vollständiger Sammlung zum Gegen-
stande für Programm-Abhandlungen zu machen, kann gewiss nur allge-
meine Billigung finden, namentlich in Bezug auf Homer, der ja ge-
wffsermafsen eine Sprache für sich vertritt. So hat denn der Verf., an-
geregt durch einen von Prof. Lange in der Anzeige von Krugers Syn-
tax der griechischen Dialekte gegebenen Wink, sich der Aufgabe unter-
sogen, den Gebrauch des Genetivs, und zwar vorerst den localen, tem-
poralen, absoluten bei Homer zusammen zu stellen; zugleich vervoll-
ständigt und berichtigt er die Citate bei Kruger. Im allgemeinen wollen
wir nur bemerken, dass der Hr. Verf.^dem von Prof. Lange gebrauchten
Ausdrucke 'Beobachtung, Observation eine etwas zu enge Deutung gibt.
Nicht sowohl das Zusammentragen und Mittheilen einer grofsen Anzahl
von Beispielen ist Beobachtung, sondern ihre Unterstellung unter richtige
Gesichtspuncte. Es ist ganz glcichgillig für die Beurtheilung , ob ich
vom Genetiv bei exidov ein Beispiel oder zwanzig besitze, dagegen sehr
erhebücb, wie z. B. das Verhältnis des einfachen Genetivs zu dem mit
einer Präposition oder einem Adverb verbundenen auffasse. So z. B.
wird die uns so fremdartige Verbindung von M mit dem Genetiv *ijtl
yaitjg, itp Znnmp auf der Erde' etc. klar durch den einfachen localen
Genetiv: viqiog foi qicttveto iciarig yaiijg ovd' o^imr P 37%, ebenso
im zeltlichen ^ovg und tnl nQOzigmv dv^gdnmr E 637, to ngip iii
^^^^€ J 403, welch letztern Gebrauch der Hr. Verf. gar nicht erwähnt.
Also das blofse Auffinden von Genetiven etc. kann nicht schon den
IVamen * Beobachtung' verdienen; zum Beobachten wird das Sammeln
erst, wenn das ürUieil dabei in wirksamem Grade fhätig ist. So aber
finden wir hier auffallige, wir wissen nicht sollen wir sagen Nach-
la^tsigkeiten oder Irrthümer: gleich S. 2 wird der Gen. naqinXaylBv d\
Kv^f(fnv t 81 und naf^nldylaäa MaXstav, xt^ovxo %bXsv&ov nuf
gleiche Linie gestellt mit t^sv xol%ov xov itiqov etc. S. 3 läsftt der
Hr. Verf. in dem V. /i 382 of f fitsl avv ipxovto Idh ngo o9oi iyi^
if09to* o8ov von %qo abhängen, was ganz unmöglich, odov ist gar
nicht abhängig von irgend etwas, es ist einfach Erklämng des adver-
80 Misceilen.
bleuen *%q6 vorwärts/ nämlich des Weges. Weiter sagt der Ur. Verf. :
*Da8S ayyeA/17« r206 ahnlich wie i^9ov als localer Genetiv aufzufassen
sei, sollte bei den eontroversen Ansichten der Gelehrten, die für und
dagegen sind (kommen Citate), nicht mit einer apodiktischen Ge-
wissheit gesagt werden, sondern dem Sachverhalte gemäfs als eine
Sache bisheriger Meinungsverschiedenheit angegeben sein.' Wir sind
der Ansicht, dass man über Meinungsverschiedenheiten ein Recht hat zu
urtheilen, ja sogar apodiktisch zu urtheilen, wenn man Gründe hat;
und was diesen speciellen Fall betrifft, können wir kaum glauben, dass
der Hr. Verf. alle die von ihm gebrachten Citate aufmerksam gelesen
bat, sonst wurde ihm die vollkommene Haltlosigkeit der Kruger gegen-
überstehenden Ansicht eingeleuchtet haben. Solchen Ansichten entgegen
nicht apodiktisch reden, hiefse ihnen eine Ehre erweisen, die sie wahr-
lich nicht verdienen. Unverständlich ist es, wenn der Hr. Verf. von
persönlichen Genetiven bei passiven Verben, Krüger 46. 1. 7, spricht.
Nichts derart kommt dort vor.
Warum femer der Hr. Verf. die localen Adverbia mit einer so
außerordentlichen Ausführlichkeit behandelt, die localen Adjectiva
aber übergeht, ist ebenso wenig klar.
Der ganzen Arbeit fehlt hinlängliche Durcharbeitung, dem Hrn. Vf.
fehlen feste , selbst erworbene syntaktische Oberzeugungen ; an dem
schwachen Faden der Krüger'schen Grammatik wankt er unsicher umher.
Auch in der ganzen Fassung der Abhandlung ist manches Anstofs
erregende. Die Berufung auf Prof. Lange hatte besser ihren Platz in
einer Anmerkung mit einfacher Verweisung auf die betreffenden Worte
dieses Gelehrten in der öst. Gymn. Zeitschrift gefunden, statt in so uner-
träglicher Breite mit wörllicher Anführung der ganzen Stelle an die
Spitze der Abhandlung zu treten.
Was endlich die Weise betrifft, Stellen aus 11. und Od. zu eitleren,
so rathen wir dem Hm. Vf., künftig zur Bezeichnung des Werkes und
des Buches die einfachere Weise anzuwenden, nämlich für die Bücher
der llias die grofsen, für die der Odyssee die kleinen Buchstaben des
griechischen Alphabetes. Gröfsere Leichtigkeit der fibersicht und ge-
ringere Möglichkeit von Druckfehlern gibt dieser Bezeichnungsweise
namentlich da, wo eine grofse Anzahl von Citaten vorkommt , vor jeder
andem bei weitem den Vorzug.
3. AeichyluMf Agamenmon und die gleicknamige Tragoedie des
Ttagiker» Seneca, Paraiiele. (Abhandlung von Jos. Hill ehr and Im
Programm des k. k. kath. Staatsgvmn. in Hermannstadt 1850.) —
Man kann über den Nutzen von Arbeiten, wie die vorliegende , verschie-
dene Ansichten hegen und Verschiedenes sagen; uns scheint er vorzüg-
lich darin zu liegen, dass dergleichen Versuche den Übergang von dem
einfachen passiven Aufnehmen eines Kunstwerkes zur beurlheilenden
Kritik desselben vermitteln. Man findet viel eher Anknüpfungspuncte zu
Bemerkungen, Aufschlüsse für Räthsel, wenn man zwei oder mehr gleich-
artige Objecte einer Beurtheilung unterwirft, als wenn man mit unge-
übtem Urtheile an die Beobachtung eines einzelnen Objectes geht Hier-
aus folgt, dass dergleichen Versuche ganz passend sind für Schüler-
und Schularbeiten; weniger für wissenschaftliche. Jedesfalls muss aber,
so dünkt uns, zwischen den verglichenen Gegenständen eine innere Be-
ziehung herschen, die den Anlass zum Vergleich leiht; so allein kann
derselbe einen wissenschaftlichen Anstrich erhalten , denn das blofs will-
kürliche ist der Wissenschaft fremd. Nun kann man nicht sagen, dass
zwischen Aeschylus und Seneca eine gegenseitige Beziehung be-
stehe, Aeschylus steht von Seneca natürlich ganz unabhängig da. Seneca
Büftcellen. 81
cbgcgen steht (oder kann stehen) in einseitiger Beziehung zu Aeschylus.
lei einer wisMoscbaftUchcn Form der Abhandlung muss also Seneca in
dea VanlergruDd gettlellt und seine Beziehungen zu AescAiylus festgesetzt
«cfüen. Wenn dagegen der Hr. Verf. meint, eine solche Vergleichung
ictie die beiderseitigen Vorzüge und Mangel in helleres Licht, so müssen
wir sagen, dass wir su denen gehören , denen die Schönheit der Venus
von Milo einleuebtel» auch ohne vorgehenden Vergleich derselben mit
den Azteken Bamuins. Hätte der Ur. Verf. das Stück Seneca's aufmerksam
grienen, und der Rrfihe ihre gestohlenen Pfauenfedern ausgerissen, so
würde er gemerkt haben, dass von einer Parallele Seneca's mit A e s c h y-
lis nicht die Rede sein kann.
Der Hr. Verl beginnt den Gang der beiden Stücke darzulegen.
Wenn derselbe sagt, dass Klyt. bei Aeschylus Agam. mit einem Netze
efsehligt, so hat er in ganz unbegreiflicher Weise den bildlichen Aus-
druck des Dichters misverstanden ; wenn ferner derselbe sagt, Aeschylus
beurkunde den groben Dichter, weil er sich von Homer mehr als 5eneca
cntleml hat, so müssen wir entgegnen, dass die Abweichungen beider
Diehler von Homer ziemlich gleich wiegen und zwar gerade in der Haupt-
sache dieselben sind.
Der ganze weitere, in abspringender Weise geführte Vergleich,
leidet an den ObelstSnden einer verfehlten und falsch gestellten Aulgabe,
und bietet weder etwas hervorragendes noch erquickliches dar. In Be-
treff der Sprache fasst der Hr. Verf. sich möglichst kurz. Gegen die Be-
aostandong von Ausdrücken wie 205 apayxag iSv Xi%advow,^^ %vva
9miunm9 müssen wir Protest einlegen. Was wird der Hr. Verf. wol
sagen, wenn er bei Hölderlin liest: «Als nun des Schicksals ehrne
Hechte, die harte DrSngerin, die Noth, dem übermütbigen Gescblechte
den teilten bilteni Kampf gebot.» Er hätte femer %^6%ov ßa<pai 224 ja
nicht nach der längst abgethanen Weise mit 'Blut' übersetzen sollen.
Gant unbegreiflich bleibt uns, warum der Hr. Verf. die beiden
Dramen aneh noch metrisch vergleicht.
Am Schlüsse drängt sich dem Hrn. Verf. die Präge auf, ob wol
Seweea den Aeschylus nachgeahmt habe. Wir glaubten, dieselbe hätte sich
ihm fchoa von allem Anfang aufgedrängt; er beantwortet dieselbe negativ,
weil nindich der Differenzen so viel sind, so ist auch die Episode mit
dewi Herolde, die «ich in beiden Dramen vorfindet, nicht zu urgieren,
d. iL weil Seneca sehr viel nicht nachgeahmt hat, kann er gar nichis
nachgeahmt haben. Dagegen meint er, Seneca könnte den Agamemnon
von Ion, von dem wir allerdings nichts wissen, zum Vorbilde genommen
habew. Von diesem Dichter gibt er nach Bemhardy eine au fserord entlich
genaue Charakteiistik, so genau, genauer könnten wir sie nicht haben, wenn
wir sammiliche Tragcedien desselben besäfscn, wobei wir nichts anderes
thuBkönneny als den Scharfsinn der Leute zu bewundem, die das Alles so
ai^fa Haar herausgebracht haben. Nicht nur was für Eigenschaften er hatte,
waib man jetzt (das zeigt sich ja manchmal auch im kleineu Fragment), son-
dern sogar, was er nicht hatte; so z. K. war er nicht originel, und darauf
bant der Hr. Vf. die schüchterne Hoffnung, er könnte ja manches (vielleicht
auch jene Episode) dem Aeschylus entlehnt haben. Wir wünschen dem
Um. Vf. nur eins, dass nie ein Stück Ions möge aufigefuiiden werden,
denn so weit wir die Fragmente zu beurthcilen im Stande sind, dürfte
lieh die ganze Charakteristik desselben als hohle Phrase erweisen.
Wa;- die Sprache des Hrn. Vf.'s betrifft, so ist diese nicht frei von Här-
ten, I. fi. gleich anfangs der Satz: «Dennorh sind sie als einzige voll-
itändige (Jberrette der tragischen Literatur der Römer immerhin von
Bedeutung, und eine nähere Betrachtung derselben, die jedenfalls mit
Inrecfat seit fast 30 Jahren keine Bearbeitung , deren doch keine genü-
gende vorlag, erlahrcn, ist daher wol genugsam gerechtfertigt* Im
Z»ittrlirifl r a. S*l«rr. Qymm»: IMO. 1. Heft. 6
89 MUcelien.
eitleren seiner Gewährsmänner geht die Gewissenhaftigkeil des Hrn.
Vt's manchmal zu weit^ wenn er z. B. citicrt: «Aeschylus* sagt Scholl
(p. %tB gr. Ltg.)» «entwirft die Charaktere mit wenigen starken aber
köhnen Zögen,* oder wenn Swoboda ausruft. Übers, des Seneca III,
pw 309: «Wenn nur nicht Strophius gar so (!) aus den Wolken fiele,
ein wahrer Dem ez mackina,* Dergleichen Gedanken können einem
kommen, wenn man auch nie von Scholl oder Swoboda gehört hat.
Wien. Alfred Ludwig.
IL Abhandlungen mathcmatisch-naturwissenschaftlichlen
Inhaltes.
I. Versuch einer anaiytiichen EnlwlckeluHg der dialoniichen und
der chromatischen Tanieiter. (Abhandlung von Josef Lang, im Pro-
gramm des k. k. Obergymn. zu T r o p p a u). — Der Hr. Verfasser ist
Lehrer der Mathematik und Physik, und nähert sich in dem vorliegen-
den Aufsatze der Tonkunst nur auf dem Wege mathematischer Berechnung.
Die Art, wie die Tonleiter in fast allen Lehrbüchern behandelt wird,
seheint ihm nicht befriedigend. Er findet dort «die relativen Tonwertbe
willkürlich hingestellt,* ohne eine tiefere Begründung, und schlägt fol-
genden Weg zur erschöpfenden Erklärung der Tonleiter ein. ?on dem
Begriff der Consonanz und Dissonanz ausgehend, entwickelt er zuerst den
Dreiklang als die Grundlage des ganzen Tongebäudes und zeigt hierauf»
wie die Töne der diatonischen und der chromatischen Tonleiter sich als
noth wendig zur Bildung von Dreiklängen herausstellen.
«Andeutungen* zu einer derartigen Entwickclung will der Hr. Verf.
nur in K unzek's Lehrbuch der Physik und in GriepenkerTs Aesthetik
geftinden haben. Offenbar sind dem Hrn. Verf. die musikalischen
Lehrbucher fremd geblieben, welche mit mehr oder weniger Gluck diesen
Weg bereits eingeschlagen haben. Am bewusstesten und wissenschaft-
lichsten ist dies in dem Werke von M. Hauptmann («Die Natur der
Harmonik und Metrik,* Leipzig 1853) geschehen, welche das Resultat der
gleichen Untersuchung S. 26 in folgendem Satze zusammenfasst : «Den
Inbegriff dieser organischen Gestallung, dieses Dreiklanges höherer Ord-
nung, dessen Quint in der Trennung des Ober- und Unter-Dominant-
Accordsy die verbindende Terz im Accord der Tonica, als vermitteltem
und vermittelndem besteht, nennen wir Tonart Sie enthält die Mo-
mente der Dreiklangsbildung ganz in derselben Bedeutung wie
der Dreiklang selbst, und ist nur eine potenzierte Erscheinung derselben.»
Wenn der Hr. Verf. diesen Gedanken in klarer, möglichst populärer
Behandlung ausgeführt hätte, so wäre der damit gestiftete Nutzen grofs
genug, um übersehen zu lassen, dass die Grundidee selbst, wie wir
sehen, nicht neu ist. Allein der Hr. Verf. eilt zu sehr von Berechnung
zu Berechnung , wovon überdies das meiste (Schwingungszahlen, Disso-
nanzen-und Consonanzen-Vcrhältnisse, Intervalle, Temperatur) von altersher
in jedem musikalischen und akustischen Lehrbuch steht, und verschmäht
daneben ein längeres erklärendes Verweilen bei dem, was diese mathe-
matischen Verhältnisse in und für die Musik eigentlich bedeuten. So
wird es denn für den Musiker, den Dilettanten, den Studierenden kaum
möglich sein, aus einem Aufsatz Belehrung zu schöpfen, welcher schwie-
rige Fragen, wie die von der «Temperatur* u. dgl., in wenigen Zeilen
abthut, und zwischen den übrigens verdienstlichen Zahlentabellen und
Kcttenbrücben die Anschaulichkeit der Erklärung verabsäumt. Von diesem
MUcellen. 8S
Mangel abgesehen, kann die Arbeit des Hrn. Prot's Lang jedenfalls als
ein Bewei« seiner eingehenden Stadien in den physikalisch-mathema-
tischen Theil der Tonkunst und seiner Exacthcit in Zusammenstellung
der einschlägigen Berechnungen gerühmt werden.
Dr. Ed« Hanslick.
(Zu den Progr. AbhdI. v. 18*7»,. Fortsetzung von 1859, Heft VI u. VII,
8. 58t ff.)
2a Anakreoäieim. [Fortsetzung.] f Abhandlung von Eduard Jahn,
im Programm des k. k. Obergymnasiums zuTroppau.) — Mit loben s-
werther Bescheidenheit bezeichnet der Hr. Verf. die Fortsetzung seiner
tiproiUMio^ für die von ihm in Aussicht gestellten mguatUUmeM anaerem^
teae gtuUuor,* die im Programme für das nächste Schuljahr erscheinen
sollen, als «Beigabe* zu zwei gröfseren Abhandlungen seiner Herren Gol-
legen H. Buhren und K. Kunz. Sie enthält die metrische Obersetzung
von vier Odarion Anakrcon's mit Inhaltsangabe und erläuternden Anmer-
kungen, ganz in derselben Weise und demselben Geiste, wie die von
13 anderen, im Programme für IS^Vst > welche Bef. im 7. Hefte des Jahr-
ganges 1858 dieser Zeitschrift Wprochen hat Das Streben des Hrn. Verf/a,
den Geist seines Auetors in sprachlicher und dichterischer Beziehung zu
erfassen und in annähernder deutscher Versform so treu als möglieh
wiederzugeben, ist auch aus diesen wenigen Proben ersichtiieb. Onter
die Mängel, mit denen übrigens jeder Obersetzer dieses Dichters zu käm-
pfen haben wird, gehört insbesonders die Anwendung einer entschie-
denen Länge in der letzten Sylbe des Verses (z. B. «Beträufle mich mit
Duft 51,' «Schau, wie beim Fruhlingsanbruch, Chariten Rosen aus-
streu'n* u. dgl.), oder die Zerfällung der beiden letzten Sylben in
zwei Wörter (z. B. Kredenze lautem Wein mir,* «Durchschritt'ne Jahre
kenn' ich* u. s. w.), namentlich wenn damit zugleich ein Hinfiber-
ziehen auf die erste Dipodie des folgenden Dimeters verbunden ist (wie
S. 41 in XVI, V. 6—8). In dem reizenden Fruhlingsgemälde XVIf, das
eben durch das lose Nebeneinander gleichzeitiger Erscheinungen so natur-
wahr und lebendig wird, scheinen Ref. die Verse:
NifpiXmv mnal Sovovrtai*
durch die Obersetzung:
«So hell erglänzt die Sonne;
Die Wolkenschatten flohen. (T)*
in einen Causalnexus gebracht, der ihnen fremd ist. Nicht weil «die
Wolkenschatten flohen (?),* erglänzt die Sonne so hell, sondern: In voller
Reinheit glänzt die Sonne, die Wol kenschatten gerathen in Bewegung.
Es sind zwei einzelne Schilderungen dessen, was zuhöchst am Firma-
mente und unten in den tieferen Luflschichtcn gleichzeitig dem Auge
sich darstellt. Und welch' schöner Contrast: oben die klare ruhige Sonne,
unten die ruhelosen Wolkennebcl, die, von jener verscheucht, über die
Landschaft hinfliegen, deren Beleuchtung dadurch in jedem Augenblicke
sich verändert! Derlei kleine Züge sind es, welche, wie Ref. schon a. a. 0.
bemerkt hat, so leicht verwischt, als schwer verraisst werden. Als Seiten-
stück zu dem im vorjährigen Programme mitgctheilten Odarion «der
verwundete Eros' (IX. S. 19) gibt der Hr. Verf. anhangweise eine metrische
Übersetzung des lieblichen Eidyllions von Thcokritos: ^KfUfionXinxTig*
Dass der Hexameter:
^Tov nlinrccv not "E^mxa nana nivrace (liXiccu*
in der Verdeutschung:
6*
84 Miscellen.
«Eros, den diebischen, traf mit dem Stachel ein arges Bienchen*
zu einem spondakus gemacht ist, will Ref. ebensowenig gefallen, als
im 2. Vers die Abschwächung des Trochäus «einen* zu einem, der
deutschen Sprache ganz fehlenden Pyrrhichius (einen) und im 7. V.
die unnöthige Inversion: «Lächelnd die Mutter versetzt >^
24. Einige Proffmenie des Euripides, (Abhandlung von Director
Theodor May^r, im Programme des k. k. Obergymnasiums zu Melk.)
— Die Theilnahme für die Bruchstucke classischer Schriftsteller auch in
der Schule zu wecken, ist jedenfalls ein Verdienstliches Unternehmen und
liefert einen für eni Gymnasialprogramm ganz geeigneten Vorwurf. Es
erhöht die Achtung vor den Musterbildern aus alter 2eit, wenn man auch
den kargen Resten ihrer in Verlust gerathenen Werke die allgemeinere
AviJnerkgamkeit zuwendet; die Beschäftigung mit denselben gewährt als
etioe Art stillschweigender Einladung zu dem Versuche , aus einzelnen
Sentenzen und abgebrochenen Dialogstucken sich ganze Charaktere und
Soenen zu reconstruieren, vielfache geistige Anregung; es ergibt sich
dabei der Anlafs zu lehrreichen Parallelen mit sinnverwandten Stellen
anderer Classiker^ zu deren Zeit jene Werke, von denen uns nur mehr
spärliche Überbleibsel vorliegen ^ noch in ihrer Vollständigkeit gekannt
Wdren; endlich drängt bei der Exegese solcher Fragmente sich unwill-
kürlich die Überzeugung auf, wie vorsichtig man zu Werke gehen müsse,
um einem aus dem Coatexte gerissenen Bruchstucke nicht einen Sinn,
unterzuschieben, der den^enigen^ den es in seiner ursprünglichen Stellung
hatle, vielleicht diametral engegongesctzt ist. Solcher Fragmente des
Euripides enthält die Ausgabe von Aug. Nauck: ^Tragicarwn Qroie^
omm frofßunia (Lipsiae, B. O. Teubner, 1856)* 1091, mit Ein-
schluss der ^dubia und epftriO» 1117. Der Hr. Verf: zählt deren 1066,
von denen er, mit einer kurzen Einleitung (S. 3—6), 60 in motrisclier
Übersetzung, tbeils mit Exegese, theils ohne eine solche, mittheilt. In
dflor Einleitung spricht der* Hr. Verf. zunächst über die Beliebtheit des
Euripides bei den alten Classikem, namentlich bei Cicero, über die Art
und Weise seiner Sprüche, auch über seine Fehler, ohne etwas beson-
ders charakteristisches zu sagen. Einzelnes klingt fast ironisch, so z. B.
wenn es (S. 3) heifst : «Lassen nicht Verse, wie folgender aus Alkmene
(Nauck, 89, p. 309):
Viel Epheu kroch herum mit schi^obelaubtem Zweig,
Der Schwalben (n. A. itidovmv statt %iUd6vatv) Muaensitz,
oder folgender:
Der Nase Nüstern mit der Zunge leckend,
gJisichsaiu als einzelne Glieder den Verlust der ganzen schönen Statue
oder ijlruppe bedauern?* .. Die metrische Übersetzung wird dem tragi*
schien Trimeter fast nirgend gerceht; die Exegese der einzelnen Frag-
mente verläuft sich grofsentheils in Gemeinplätze. Als Druckfehler be-
zeichnen wir $. 11 (Nr. 32.) €i,(infi statt aimniif ebendaselbst (Nr. 87.)
bounc ch^o statt ch^re. — Im ganzen verdient die Arbeit des geachteten,
ajuch auf anderem Gebiete thätigen Hrn. Dircctors aus den eingangs an-
geführten Gründen volle Anerkennung.
Wien. J. G. Seid».
Erste A 1) t h 0 i 1 II n f?.
AbliandlunK:en.
fbcr den Begriff der deulschen Philologie.
Auf die Frage, was die klassische Philologie sei, antwortet
itf grö&le jetzt' lebende Vertreter des Faches , August Böckh
in Berlin , sie sei die historbche und philosophische Kenntnis
di*s gesammten klassischen Alterthums '). Diese Ansicht, von
Friedr. Aug. Wolf begründet , unter seinen Nachfolgern insbe-
sondere von Bockh •) forlgebildet, hat sich mehr und mehr Bahn
gebrochen« Nur über die wechselseitige Stellung der einzelnen
Dbciplinen des Faches so wie über ihren Werth für die höhere
Geistesbildung sind die Meinungen gelheilt. Doch scheint man
iiunrr mehr darin übereinzukommen , dass den Sprachen und
Literaturen der beiden klassischen Völker innerhalb der von
Wolf und Böckh gezogenen Grenzen des ganzen Gebietes die
wesentlichste Stelle gebührt '), ohne dass deshalb den Alter-
tUnero, der Mythologie und der Kunstgeschichte ihr selbstän-
diger hoher Werth geschmfilerl werden soll.
') Yfrt. A. BoeckM orationes, Ups, 1858 ^ p. 105, und die Einlei-
luDg zum Cbrpmf intcrtptlanum.
'j Auf der von Wolf und Bockli gelegten Orundlagc stehen auch,
veno gleich to theilwei«o eigentbümliclier Ausführung, Bcrnhardys
Grundlinien zur Kccykiop. der Philologie.
') 2wf{ Dinge wenigstens wird man nicht in Abrede stellen : Er-
«tfttfi, dass der wissenschaniiche Betrieb der übrigen Disciplinen
eine gründliche Kenntnis der beiden Sprachen und Literaluren als
uDerlättftlicIi« Bedingung voraussetzt; und Eweiteus, dass jeden-
(aJU för die künftigen Lehrer an den Gymoasien die sichere und
geuaue Kenulnis der griechischen und lateinischen Sprache und
die fichUge Behandlung der klassischen Schriftsteller die Uaupt-
aacfae sind. Natürlich aber ist dies Lclxtere ohne kenntnis den
ganzen antiken Lebens nicht zu circit'hen.
ttiuclirilt f. 4. »«l^rr. Qymnm*. ISSO. II Hfft. 7
86 Über den Begriff Jer deutschen Philologie, v. Ä. r. Räumer.
Den allen Griechen und Römern gegenüber lassen sich nie
germanischen und romanischen Völker, wie sie aus den Mi-
schungen der Völkerwanderung hervorgegangen sind, bei allen
inneren Unterschieden doch als Eine grofse Ma^se betrachten.
Denn einerseits ist der Gegensatz zwischen den germanischen
und romanischen Völkern, so tiefgehend er auch ist, doch kaum
so grofs als der zwischen den antiken Griechen und Römern,
und andrerseits macht sich die Zusammengehörigkeit derselben
sowohl auf dem Gebiet der Literatur und Kunst als auf dem
des Staates unabweisbar geltend. Der antiken, griechisch-
römischen Philologie stellt sich so eine germanisch-
romanische gegenüber, deren Aufgabe die Erforschung der
germanischen und romanischen Völker ist, nach ihren
Sprachen und Literaturen, ihren Sitlen und Einrichtungen, ihrer
Kunst und Wissenschaft. Natürlich gliedert sich dies weitläuf-
lige Gebiet wieder nach den Sprachen und Völkern, die es um-
fasst; und obwohl die sprachliche Eintheilung nicht immer mit
der politischen zu>ammenfulll, so können wir doch drei ger-
manisch e Haupigruppen , nämlich die skandinavische,
die deutsche und die englische, und drei romanische,
nämlich die spanisch-portugisische, die französisch-
provenzali seile und die italienische als die wichtigsten
bezeichnen *). Wer den Umfang dieser Gruppen kennt, der wird
unbedenklich zugeben, dass jede einzelne die ganze Kraft des
Forschers vollständig in Anspruch nimmt. Ich will nur bei-
spielsweise an die englische Gruppe erinnern. Wer die englische
Sprache und Literatur und die Sitten-Einrichtungen und Gesetze
des englischen Volkes von den angelsächsischen Zeiten herab bis
auf die Gegenwart in ähnlicher Weise zum Gegenstand seiner
Forschung macht wie Böckh oder Olfried Muller die alten Grie-
chen, der wird sich Glück wünschen dürfen, wenn er auch nur
annäherungsweise sein Ziel erreicht. Aber obwohl die Theilung
der Arbeit unerlässlich ist, so würde man sich doch täuschen,
wenn man glaubte, die Theilung lasse sich auf dem Felde der
germanisch-romanischen Philologie bis zur völligen Auseinander-
reifsung der einzelnen Arbeitsgebiete treiben. Die verschiedenen
Gebiete greifen vielmehr so vielfaltig ineinander, dass der eigent-
liche Forscher immer bestrebt sein muss , sich neben der Kon-
zentration auf sein besonderes Fach einen möglichst klaren und
selbsterworbenen Einblick in die übrigen Gebiete zu verschaffen.
*) Einige an sich keineswegs unwichtige Nobengruppen , wie auf
germaiiischem Gebiet die niederländische, auf romanischem
die rumänische, können wir in dieser kurzen Skizze der deut-
schen Philologie nur beiläufig berühren. Eine Darstellung der
germanisch-romanischen Philologie hat natürlich auch
ihneu gerecht zu werden.
Ober den Begriff der deutschen Philologie, v. R. r. Raumer, 87
Wer zum Beispiel auf dem deutschen Gebiet die midellioch-
deutsche Dichtung zum Gegenstand seiner Forschung macht,
der leitet unser deutsches Volksepos zu diMi a 1 1 s k n n d i n a-
vi sehen Poesien, wahrend die höfirche Dichtung auf ihre
altfranzösischen Grundlagen zurückzuführen \sU
Aber wenn auch die Forschung eine Zerreißung des Ge-
sammtgebiets untersagt , so lässt doch die vorhin angeg« bene
Scheidung eine derartige Th<'ilung zu, dass jede einzelne Gruppe
als ein besonderes Arbeitsfeld betrachtet wird. Etwa wie die
griechische und römische Philologie sich zwar nicht von einan-
der trennen lassen, aber dennoch jede für sich ihr besonderes
Gebiet bilden. Auf dem Boden der germanisch-romani-
schen Philologie ist eine solche Scheidung um so mehr gebo-
ten, weil jede der genannten Gruppen mit einem Volk oder einem
Völkerpaar der Gegenwart in nächster Beziehung steht und sie
nicht blols für die Wissenschaft, s^ondern für die gesainmie Bil-
dung dieses Volkes eine ganz andere Bedeutung erhält als die
übrigen Theile der germanisch-romanischen Philologie. So gehört
natürlich die angelsächsisch-englische Gruppe zunächst
den Engländern, die deutsche den Deutschen, die skandi-
navische den Schweden und Dänen an; und wie sich die
germanisch-romanische Philologie in eine germa-
nische und romanische Ihcilen lässt, so scheidet sich wie-
der die germanische Philologie in eine englische, skan-
dinavische und deutsche ^).
Jeder dieser Theile gliedert sich dann wieder in ähnlicher
Weise wie das ganze Gebiet nach den einzelnen Seiten des in-
neren und äußeren Lebens des betreffenden Volkes. Was zuerst
die Ausdehnung in der Zeit anbelangt, so ist die deutsche
Philologie — denn diese machen wir von jetzt an allein
zum Gegenstand unserer Betrachtung — , durchaus nicht blofs
zu fassen als eine deutsche AI terthums Wissenschaft.
Viebnehr ist die ganze Entwickelung des deulschen Volkes in
ISprache und Literatur, Recht und Sitte, Kunst und Religion,
von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart der Gegenstand der
deutschen Philologie.
Die deutsche Philologie auf die älteren Perioden Unserer
Sprache und Geschichte zu beschränken , würde dem Begriff
dieser Wissenschaft widersprechen. Gerade darin besteht viel-
mehr eine der wesentlichsten Aufgaben der deulschen Philologie,
den ganzen ununterbrochenen Strom unserer Entwickelung zur
*) Naturlich ist dnmil nicht gesagt, dass sich nicht der Anpt hörige
des einen Volkes eindringend auch mit der Sprache und Literatur
des anderen beschäftigen könne. Ich brauche auf gennanischem
Gebiet nur an Grimms Gramm, iii erinneri) , auf roromuschem
an Pletz.
^
über den BegrifT der deutscheu Philologie; v. VI. 9. Rowner.
Anschauung zu bringen, das Neuere aus dem Alten zu erklären
und das Alle aus der unmiltelbarcn Kenntnis des Neuen zu
deuten. Und wenn auch die Forlbildung der WifFenschaft eine
noch weit mehr in's Einzelne gehende Theilung der Arbeit er-
fordert, so soll doch jeder das Ganze im Auge behalten. Eine
Zerreifsung der Aufgabe in eine allere und neuere Hälfle wurde
beiden Theilen verderblich t^ein. Das Neuere ist ohne Kenntms
^einer Wurzeln, die es tief in das Alterthum hineintreibt, nicht
zu verstehen; und wer sich mit Hintansetzung des Neuen auf
das Allerlhum boschrankt, der gibt den unschätzbaren Vortheü
preis, den die unmittelbare Beobachtung der lebend(*n Gegen-
wart bietet.
Also das deutsche Volk von den ältesten Anfängen seiner
Geschichte bis zur Gegenwart ist der Gegenstand der deutschen
Philologie. Ihre Gliederung empfangt sie von den einzelnen Sei-
ten, nach denen sich das Leben des deutschen Volkes äulserl.
Diese Gliederung wird al^o eine ähnliche sein wie die der antik
klassischen Philologie, obwol natürlich nicht ganz dieselbe, da
sich die Gliederung der Wissenschaft nach der Verschiedenheit
ihres Gegenstandes zu richten hat.
Als die Mille ihrer Aufgabe betrachlet auch die deutsche
Philologie die Sprache und Literatur des deutschen Vol-
kes. Die Sprache behandelt sie von Seite ihrer Form in der
Grammatik, von Seile ihres Inhalts in der Betrachtung des
Wortschatzes.
Die Grammatik ist überall, besonders klar vorgezeichnet
aber in der deutschen Philologie, zunächst eine geschichtliche
Wissenschaft. Die deutsche Philologie behandelt sie, mit Zu-
grundelegung des G ethischen als der ältesten und fornvoU-
kommenslen uns zugänglichen germanischen Sprache , nach den
Hauptperioden der deutschen Sprachentwicklung, nämlich der
althochdeutschen, mi ttalhochdeu tschen und neu-
hochdeutschen. Mit dem einen Ende, dem gotfaisch-
althochdeutschen^ knüpft sie an die vergleichende Gram-
matik der ganzen Indogermanischen Sprachenfamilie an, während
sie mit dem anderen, dem neuhochdeutschen in die Gegen-
wart hineinreicht. Die Grammatik verfolgt einen doppelten Zweck,
nämlich erstens , den Bau der Sprache selbst kennen zu lehren,
und zweitens, die Handhabe zu bieten zum Verständnis der in
der behandelten Sprache abgefassten Werke. Die erstere Seite
waltet beim Studium des Gothischen und Althochdeut-
schen vor, die zweite bei dem des Mittelhochdeutschen.
Das Studium des Gothischen und Althochdeutschen
führt aber nicht blofs in den Bau dieser beiden Sprachen ein,
sondern es bildet die Grundlage der ganzen deutschen Gram-
matik überhaupt. Nicht blofs der Bau des Mitlelhochdeut-
Ober d«ti Begriff dt-r deutscheu l'hilologic, v. R, v. Raumer ^ 89
«eben, sondern auch der de« Neuhochdeutschen isl nur
tann xu verstehen, wenn man auf die gothischen und alt-
kochdeutachen Formen zurfickgeht , welche den beiden
jinferea Sprachen cu Grunde liegen. Daa Hittelhochdeutsche
kihkt eioeraeita ein wichtiges Glied in der Bntwickelung der
deutacben Sprache, indem es die filtesle Zeit mit der neueren
Yerknfipn, andererseits besitzt es eine überaus reiche Literatur,
n deren Verslindnis die grammatische Kenntnis der Sprache
laentbebrlich ist. Das Neuhochdeutsche ist einer der wich-
tigste! Gegenstande der deutschen Philologie sowol durch seine
Bedeulnng fQr die Gegenwart als durch die Auf»chlusse, die es
itf Forschung bietet. Seine Bedeutung für die Gegenwart be-
darf keiner näheren Auseinandersetzung. Es ist eine Lebensfrage
der deutschen Philologie, sich in ein richtiges Verhältnis zum
Nrvbochdeulschen zu setzen. Dazu ist die Verknüpfung des
Nrahochdeuli'chen mit den älteren Sprachen, dem Gothisclien,
Allhochdentschen und Mittelhochdeutschen unentbehrlich, aber
licht minder wesentlich U\ die Einsicht in das Wesen der
Schriftsprache und deren Verhältnis zu den Volk s-
aandarten.
Die Behandlung der Literatur verlangt vor allem die
kritische Feststellung und das richtige Verständnis der vorlie-
gCMlefi Texte. Wie in der klassischen Philologie bilden deshalb
«cb in der deutschen die Kritik und die Auslegung die
neflibebriichsten Grundlagen alles Übrigen. Die kritische Fest-
fltdhmg der Texte hat in der deutKch<m Literatur die gröfste
AhttKchkeit mit der Behandlung der antiken griechischen und
römischen Schriftsteller. Ebenso ist dies der Fall bei der Er-
kÜrrnig deutscher Schriftwerke aus den alleren Perioden unserer
Sprache vnd Literatur. In beiden Beziehungen verlangt die
deulacbe Philologie dieselbe Schärfe^ Sicherheit und Genauigkeit,
wie sie von den Herausgebern und Auslegern der griechischen
ind römischen Klassiker gefordert wird.
Alls der Kenntnis der einzelnen sprachlichen Erzeugnisse
erwichst die Literaturgeschichte. Man kann natürlich
lehr wol zu bestimmten Zwecken einzelne Perioden der Litera-
largcachichte von den übrigen absondern und für sich behandeln.
Aber das Ganze der Wissenschaft darf dadurch nicht zerrissen
werden. Vielmehr muss dem Geiste des Darstellenden überall
der Zusammenhang des Ganzen gegenwärtig sein. Denn trotz
der scheinbaren Zerklüftung unserer Literaturgeschichte und dem
•pnmghaflen Gang unserer Geistesentwickelung erkennt die tiefere
Forschung auch auf diesem Gebiet den innigsten Zusammenhang.
Die Geschichte der deutschen Literatur gliedert sich chrono-
kigisch nach den Perioden der deutschen Sprache. Die gothisch-
ilthochdeulsrhe Periode führt uns einerseits in die älteste Diili-
fO über d€0 Begriff der deutscheo Pbilolo<;ie. v. B, 9.
lang: «Kr germanUcbeii Völker eio, während ^ie uns anderer8eiU
die liefgreifende Einwirkung des Ckrislcntboms auf die geistige
Bntwickeliing des deutschen Volkes vor Augen legt. Das Hiltel-
hochdeutMrlie in meiner überaus reichhaltigen Poesie scUielst sich
mit seimii deutschesten und herrlichsten Enu'Ugnissen an jene
älteste germanische Dichtung an, deren zersplitterte Oberreste
die golhisch-all hochdeutsche Periode kenneo Idirt, zugleich aber
zeigt es tu einer Fülle vorzüglicher Dichtungen den Einfluss
fremder Literaluren auf die deutsche , nämUch der altfrauzösi-
sehen und Iheilweise auch der proveuzaKschen«. Haben wir .in
drn ältesten Resten unserer Dichtung das urspränglieh Deutsche
rein und unvermiscbt erkannt, so besitzen wir daran einen Prüf*
?:tein, um auch in den folgenden Perioden das Deutsche vom
Fremdartigen zu unterscheiden. Nicht als sollte alles ans der
Fremde eingeführte verworfen werden. Eine gröfsere Verkehrt-
heit lie£>e sieh nicht denken; es biefse die ganze Bestimmung
unseres Volkes verkennen. Das aber gewinnen -wir aus der
Kenntnis der ahdentschen Literatur, dass vrir auch in den spa-
teren Perioden das echt Deutsclie, das aus keiner fremden Quelle
zu erklären ist, richtig würdigen und zugleich einen Mafestab
dafür erhalle, inwiefern es dem deutschen Geiste gelungen ist,
ein fremdes Element sich wiiUich anzueignen und im deu sehen
Sinne neu zu gestalten. Natürlich gehört deshalb zur Forschung
auf dem Gd>iet der deutsdien Literaturgeschichte die Kenntnis
der Literaturen, welche auf die deutsche bestimmend eingewirkt
haben. So wird nur der eine wissenschaftliche Einsicht in die
Bntwickelung der neueren deutschen Poesie gewinnen, welcher
die Griechen kennt. Und ist dies schon auf dem Gebiet der
Dichtung der Fall, so tritt es ans fast noch handgreiflicher auf
dem der Wissenschaft entg^en , deren Entwickelang unter dem
deutschen Volke den anderen Hauptthcfl der deutschen Literatur-
geschichte bildet
Wenn wir die deutsche Sprache und Literatur als die Mitte
der deutschen Philol<^ie beieiclHien, so ist doch mit diesen bei-
den Ciegenständen der Umfang der deutschen Philologie bei weitem
nicht erscK)pn. Viehnnehr gehören ihr die anderen Seiten des
deutschen Leidens nicht weniger an.
Es gibt Völker, in deren Leben nur die Poesie und bis-
weilen kaum diese eine nennenswerthe Rolle spielt, während die
übrigen Künste ganz in den Hintergrund treten. Nicht so das
deutsche Volk. Sowol die Musik als die bildenden Künste
sind in seiner Mitte zu einer grolsartigen Entfaltung gekommen,
und ihre Geschichte bildet deshalb einen wesentlichen Theil
der deutschen Philologie. Nicht nur die Geschichte der
deutschen Musiki sondern auch die der bildenden
Künste, obwol natürlich selbständige Disciplinen, stehen übri-
Ober den Begriff der deutsclifn Philologie, v. R. v. Hawner, 91
pm mit der Geschichte An deutschen Sprache und Lllcrafur
in engerem Zusammenhang als mancher denkt. Für A\e Musik
brauche ich nur an das Verhältnis von Lied und Melmlie zu
erinnern. Die Geschichte der bildenden Künste aber bit'tel in
jedem ihrer drei Theile, sowol in der Baukunst, als in der
Skulptur und Malerei, die merkwürdigsten Analogien mit dem
Entwicklungsgang der Literatur. Ich will nur beispielsweise auf
das Verhältnis der nordfranzösischen Poesie zur deutschen des
I2ten und J3ten Jahrhunderts und auf den engen Zusammen-
hang der nordfranzösischen Baukunst mit der deutschen hin-
w^en.
Entspricht die Geschichte der deutschen bildenden Kunst
dem Gebiet, welches die Archoßologie unter den Disciplinen <lor
klassischen Philologie einnimmt, ^o tritt den dortigen Antiqui-
täten die Geff'Chichtc von Staat und Gesellschaft,
Recht und Sitte auf deutschem Boden gegenüber. Öffent-
liches und häusliches Leben, die groben Formen des Staats, wie
die kleinen Verhältnisse des bürgerlichen Daseins bilden hier den
Gegenstand der Forschung. Doch wird der grofse Umfang und
die weit auseinandergehende Mannigfaltigkeit der Gegenstande
eine Sonderung der einzelnen Gebiete Ordern. Gewerbe und
Handel einerseits, häusliches Leben und gesellige Sitte anderer-
seits sind besondere Gegenstände der Forschung. Dem Ganzen
dient zur Grundlage die geographische und ethnographische Be-
schreibung des darzustellenden Gebiets. Darauf folgt die Ge-
schichte der öffentlichen Verhältnisse in Staat und Recht. Auch
hier wieder gilt es vor allem, das ursprünglich Deutsche zu
erkennen, wie es sich in den älteren Perioden unserer Geschichte
darstellt Doch wird es nicht möglich sein, eine gründliche
Kenntnis dieser ältesten Zustände zu gewinnen, ohne die anderen
germanischen Völker in den Bereich der Forschung zu ziehen,
so dass sich an vielen Stellen nothgedrungen und naturgemafs
die deutsche Philologie zu einer germanischen erweitert. Aber
auch hier wieder würde das Werk nur halb gethan sein , wenn
man die deutsche Philologie auf die Untersuchung jener ältesten
Zustände beschränken wollte. Vielmehr ist es gerade auch hier
eine der wesentlichsten Aufgaben, zu zeigen, wie in die ursprüng-
lichen Verhältnisse fremde Elemente umbildend eingedrungen sind.
Wie die neuere deutsche Poesie in naher Beziehung zu den
Griechen getreten ist, so weist uns das deutsche Rechtsleben
auf die Römer hin. Aber wie dort das Griechische erst dadurch
unserer Literatur wirklich zu gute kam, dass schöpferische Gei-
ster es im Sinne des deutschen Wesens neu schufen , so kann
auch das aufgenommene Römische unserem Volke nur dann zum
Heile gereichen, wenn es seinem Wesen und seinen Bedurfnis.sen
entsprechend fortgebildet wird.
9f Ober den Begriff der deuUcben Philologe, v. B. 9. Baumer.
Dberblicken wir den bisher geschilderten Umfang der dent-
sehen Philologie und vergleichen ihn mit dem der klassischen,
so vermissen wir noch eine Disciplin, welche auf dem Gebiet
der klassischen Philologie eine der wichtigsten Stellen einnimmt,
nämlich die^ Mythologie. Hatten wir schon im Bisherigen
neben den Ähnlichkeiten auch die Verschiedenheiten im Bau der
deutschen und der klassischen Philologie anzudeuten, so tritt
uns auf dem Boden der Religion die grölste Abweichung ent-
gegen. Durch den Übertritt des deutschen Volkes zum Christen-
Uium scheidet sich in der deutschen Philologie die Aufgabe in
zwei entgegengesetzte Hälften: die eine hat sich mit der ur-
sprunglichen Religion des deutschen Volkes, mit der deutschen
Mythologie, zu beschäftigen; die andere mit der Binffihrung des
Christenthums und dem dadurch begründeten religiösen Leben
des deutschen Volkes.
Die deutsche Mythologie, tonstreitig eine der wich-
tigsten Disciplinen, lästt sich nicht beschranken auf den Umfang
des Volkes, vielmehr sind in ihr die religiösen Oberlieferungen
aller germanischen Völker zusammenzufassen %
In Bezug auf die Einführung und die Schicksale
des Christenthums unter dem deutschen Volke berührt sieb
die deutsche Philologie in ähnlicher Weise mit der Kircheng«-
schichte wie bei der Behandlung von Staat und Recht mit der
Jurisprudenz. Aber während die Kirchengeschichte mehr die
Schicksale der Kirche und des Christenthums in den Vorder-
grund stellt, richtet die deutsche Phiklogie ihr Augenmerk haupt-
sichlich auf die Wirkungen des Christenthums in der Sitte, in
der Kunst, in der Literatur und in der Sprache des deutsche
Volkes. Denn auf allen diesen Gebieten, wie wir sie bisher als
wesentliche Theile der deutschen Philologie besprochen haben,
nehmen wir die tief greifenden Einwirkungen des Christenthums
wahr. Bis in den innersten Kern hinein, wie ihn die Sprache
des deutschen Volkes in sich birgt, ist die mächtig umgestal-
tende Kraft des Christenthums gedrungen, indem sie den deut-
*) Es ist ein völliges MissvtrstäDdufs, weuii man glaubt, Grimm
wolle prinzipiell die Darstellung der skandinavischen Mythologie
und die der deutschen trennen. Er setzt vielmehr in seinem bahn-
brechenden Meisterwerk die Kenntnis der skandinavischen My-
thologie überall als Grundlage seiner Beweisführungen voraus.
Auch das ist unrichtig, wenn man sagt, Qrimm gehe bei der Be-
handlung der germanischen Mythologie von der deutschen aus.
Vielmehr legt er überall die skandinavische zu Grunde und
schliefsl deren Darstellung nur deshalb von seinem Buche
aus, weil er sie als bekannt voraussetzt und Raum gewinnen
will für den Staunen erregenden Rcichthum seiner neuen Ent-
deckungen.
Ober deu Begriff der deuUcbeii Philologie, v. R. 9. Hmtmer, 93
sehen Wortocbalz in weitem Umfang mit chrisllicben Anschauun-
gen und Begriffen erfüllt hat.
Der Geist eines Volkes spricht sich endlich in dessen Tha-
ten aus. Wenn wir daher die Darstellung dieser Thaten oder
die deutsche Geschichte im engeren Sinn des Worts als
einen Theil der deutschen Philologie bezeichnen, so mochte viel-
leicht die Frage aufgeworfen werden, in welchem Verhällnis wir
uns überhaupt die deutsche Philologie zur Geschichte
denken und wie wir diese beiden Wissenschaften gegeneinander
abgrenzen. Von einer solchen Abgrenzung kann aber in der
That auf dem Boden der deutschen Philologie so wenig die
Rede sein als auf dem der klassischen. Denn der ganze
Inhalt der Philologie gehört der Geschichte an^ und der gana^
Inhalt der Geschichte gehört in den Bereich der Philologie«
Beide Wissenschaften haben denselben Inhalt, nur von verschie^
denen Gesichtspuncten aus betrachtet. Die Philologie geht von
den Zustanden aus, die Geschichte von den Handlungen und Er-
eignissen. Die Philologie hat deshalb zu ihrem Uaup (gegenständ
das scheinbar Unveränderlichste: die Sprache, wahrend die Ge-
schichte zu ihrem nächsten Gegenstand das in der Zeit Port-
schreitende macht: die Handlungen der Menschen. Aber wie die
Thatigkeit der Menschen auf die Zustände und deren Umwand-
lung einwirkt, so ist andrerseits die Unveränderlichkeit der Zu-
stände nur eine scheinbare. Selbst die Sprache gestaltet sich
um und gehört somit der Geschichte an. Nur dass ihr Vor-
rücken oft ein so langsames ist, dass wir, wie beim Zeiger an
der Uhr, wol die Veränderung, nicht aber die Bewegung selbst
wahrnehmen. Natürlich aber ist hier nur von den Gebieten der
Forschung die Rede, in welche sich die Masse des Stoffes zer-
legt. Die künstlerische Darstellung des Historikers wird sich
aus den einzelnen Gebieten das auswählen, was ihr zu ihren
jedesmaligen Zwecken dienlich scheint
Den Abschluss .der deutschen Philologie, wie den der klas-
sischen, bildet eine en cyklop aedi sehe Darstellung
dieser Wissenschaft nach ihrer historischen Entwickelung und
nach der Gliederung ihrer Theile. Die deutsche Philologie
erscheint dabei als ein Theil der germanischen und weiterhin
der germanisch-romanischen. Und wie diese Völker
trotz aller Verschiedenheiten und Gegensätze dennoch in nahem
geistigen Bezüge stehen, so wird auch die Wissenschaft sich
eine Ency klopaedie der germanisch-romanischen
Philologie als Ziel setzen ^).
') C. Sachs in seinem «Vorschlag zu einer Encyklopißdie der mo-
dernen Philologie" (in Herrigs Archiv 1858, Bd. 23. S. i fg.) hal
E» iPiüir^ Fnr* »t «Ir. ii wdrfcer Wffec die deutsche
TSMhtfim tat -ier Cn-^'^rsfÄ ▼•eztrtln werden soll. Diese Frage
Wirt ^ek xwir lai:^ ^ 5ilfer te Lehrenden and den Be-
inr^ii»^ ier L-nriitVa <cir ^«sckiedm beantworten ; aber
iicÄ rot ^ ^sBvc^ C^BR. Alf fir dk Fille feststehen, weil sie
in ter Samr «rr i*:^ fttf^rimiet Mi. Das Eine tet, dass die
iitf«r^-fe P^iiuüic!« mr at <«^^«dA Iterfe mit den ihr Yerwand-
1» Fk-^fTTi ^ lad tmächM, bam. St^si auf Ihrem eigent-
feäl^6s Geftiift. wti 'itm 4fr igijihtiiiihung, stützt sie sich
*fn»*T9«it& aif «fir kLs^äKke tVMa&tj wahrend sie andrerseits
■d An ^röwfiifürrfcpw .^Hiaffn öi Mklfr Bexiehung steht. In
tägr ficscücte ier Lttntm mtl dn- gHon geistigen Entwiche-
hu^ ififf infi^chei T«fcs skt äck die destsche Philologie im
wtiiiiita r«fa^ wti & IfriiBfilMiiii kisgewiesen, welche die
Mim aatik fcibgggAea Voüir wtt 4ii intsche ausgeübt haben.
E» kam «k^dk Kkt» fktkitoig f^^j *b wenn man die
tknrtsckr Fkkiftifii mX ier kfasEtsckn ii einen feindseligen Ge-
\ifSkmh dkrr mt itm BuA» ier ihrigen Disciplinen ist
ifir iK«^-ke Fkkrioeie giaifak ilur Slaide, ihre Aufgabe für
skk al« n erfUHL Biei Ana «rfsrrordentlichen Umfang, den
$ae kKr n w piwMi kit« Ee^ es nehnehr in ihrer Natur,
im A«$kM gawr Gehttle dära kesonderen Vertretern zu
ik^rtfcs$m> So isl «Iks iiMiBtfirh «I dem Rechlsleben des
imtsckes Volkes ior FaO« dessm Erforschung einerseits der
ie«tsckm Phik^cigie aag^-kCnt« wakrani es andererseits eine der
wkhti^tea Sciteo ier Jvtffrwdeat KMet.
D»s Zweite^ wss utier alea TaristindeB festgehalten werden
Hwss^ ergibt sich uuniltelkar ttts dem Gesagten, dass nämlich
«Ke devtscke PkiicJogie in eben der Weise und in fast noch
höherem Mals wie die klassiscke die Sprache und die Lite-
ratur als ihre nacksten oad wichtigsten Aufgaben zu betrachten
hat. Deutsche Grammatik in dem oben angegebenen Umfang,
vom Gothischen herunter bis zum Neuhochdeutschen, Auslegung
von Schriftwerken aller Periode!, und Geschichte der deutschen
Literatur werden deshalb die unerlasslichsten Aufgaben der deul-
schtm Philologie sein. Wie viel davon den Mittelschulen zuzu-
weisen, wie viel der Universität vorzubehalten sei, ist eine noch
nicht entschiedene Frage. Aber von der richtigen Entschei-
dung dieser Frage wird das Gedeihen der deutschen Philologie
zum nicht geringen Theil abhängen.
OS auf einen ganz anderen, viel enger bcgranztcn praklisclieu
Zweck abgesclicn, wie sich neben vielem anderen schon aus
der Ausschliefsung des Italienischen und Spanischen (S. 4 fg.)
•rxiSt.
Ober deu Begriff dtr dcuUcheu Philologie, v. H. v. Hawner, 95
B«i der Umschreibung der Aurgabe, i/velchc dem Vertreter
der deutschen Philologie vor allem obliegt, kommt ferner in
Betracht, daas er zugleich der Vertreter der germanischen
Philologie ist. Er hat demnach auch die übrigen germanischen
Sprachen: das Angelsächsische, Altnordische u. s. w. lehrend zu
vertreteffi. Dies kommt ihm um so mehr zu, als er die Kennlnis
jeser Sprachen auch für die Erforschung seines engeren, des
eigentlich deutschen Gebietes nicht entbehren kann. Denn nicht
lur die altere deutsche Sprache, sondern insbesondere auch die
alleste deutsche Dichtung steht mit jenen anderen germanischen
LileratHren in nahem Zusammenhang.^).
Wie weil sich der Vertreter der deutschen Philologie dann
■och ober die anderen Fächer seiner Wissenschaft lehrend aus-
breiten kinn und will, hängt von den Umständen ab. Aber
auch wenn er sich lehrend auf Sprache und Literatur be-
ichrinkt, kann er doch eben so wenig wie der Vertreter der
klassischen Phflologie die übrigen Disciplinen entbehren. Denn
Dur ans der Kenntnis des ganzen Lebens eines Volkes, wie wir
iie ab die Gesammtaufgabe der deutschen Philologie geschildert
haben, erwächst die rechte Einsicht in dessen Sprache und Lite^
ralar. Und andrerseits wird nur in dieser Weise die deutsche
Philologie ihre Aufgabe erfüllen, für alle jene, scheinbar aus*
ciaasdergehenden Offenbarungen des deutschen Geistes der zu-
ttsimenhaltende Mittelpunkt zu sein.
Erlangen. Rudolf v. Raumer.
*) Selbst wenn man, was vieles lur sich hatle, eine zwiefache Lehr-
stelle für deutsche Philologie gründen wollte, die eine für die
ältere, die andere fiir dio neuere, würde man dennoch von jedem
der Mden Vertreter eine gewisse Kcnuluis der ihm nicht spccicll
xogcwieseDcn Hälfte vcrlaugen müssea
96 Über den Schluss divs Cap. I im Agricola de» Tacitus, v. /. Meiiter,
Über den SchlUss des Cap. I im Agricola des Tacitus«.
(Nachtrag zu der gleichnamigen Abhandlung im 8. Heft 1859.)
Die von uns gegebene Erklärung der bandschriniicb über-'
lieferten Worte : ^^ai nunc narraturo mihi ffiiam defUneü Ao^
mkiiB venia opus fiiiCy quam non petiuem incu»aiuru9 tarn
saeou et virtutihus infeeta iempora*^ basiert auf dem GegensalEe
zwischen defitneti hominis und ciarorum virorum am Anfange
des Buches, auf der Annahme von Tempp. des Briefstils in füu
und petissem^ auf der Gegenseitigkeit von nmia und lfirii«a-
turus. Der gegen dieselbe erhobene theilweise Widerspruch (im
10. H. 1859 d. Zcilschrifl S. 784 u. 85) vermochte unsere auf
reiflicher Erwägung des für und wider beruhende Obenseugung
keineswegs zu erschättern. Unserer Auflassung von eiarus steht
weder dessen etymologische Bedeutung «hell, dtircb sich
selbst Ieuchtend,>> daher unserm erlaucht vergleichbar, noch
dessen factische Verwendung im Sprachgebrauch entgegen. Hin-
sichtlich dieser lese man z. B. Cic. de leg. 1, 28, 62 ^^sed eüam (es
ist vom sapiens die Rede) i\isa iatius perpeftta oraüone {sibi ufen-
dum putabil) qua regat populos^ qua stabiliat ieges^ qua easii-
geiimprobosj qua eueaiur bonos^qua iaudei ciaros niros,
qua praecepta salutis et laudis apte ad persuadendum edai
suis eivibuSj qua hortari ad decusy reoocare a flagiUo, conso^
iari possit affUctos^ factaque el consuiia fortium et sapientium
cum improborum ignominia sempUemis monumentis prodere.^
Hier sind wie unter improbi, boni^ sui cives nur Zeitgeiiassen
(von Rang) zu verstehen, die in der Rede, wie z. B. Pom-
pejus von Cicero, zu verheiTlichcn seien, während semp. monum*
prodere sich auf die originale Geschichlschreibung bezieht,
de leg. 11, 23, 58 wird in Erinnerung an das Zwöiftafelgesetz :
^^hominem morluum tti urbe ne sepei to neve urito^^ von Atlicus
gefragt: ^^quid quipost XU in urbe sepuiti sunt ciari oiri?^^
und von Cic. aUo geantwortet: ^^credo^ Tite, fuisse aut eos
quibus hoc ante hanc legem virtulis causa tributum est,
ut Publicoiae^ ut Tuberto^ quod eorum posteri jure te-
nuerunt (blofser Geschlechtsadel, der als solcher auf Nach-
ruhm keinen Anspruch erhebt) aut eos, si qui hoc, ut C.
Fabrieius, virtutis causa sotuti legibus consecuti siint,
cf. Tac. Ann. XVI, 16. Hier erscheinen demnach cL v. als Per-
sonen von meist durch ihre Abstammung ererbter, theilweise
vielleicht durch ihre persönliche Tüchtigkeit erworbener bevor-
zugter Stellung unter ihren Mitbürgern, vgl. Dr.
K. E. Georges Thesaurus der class. Latiuitat unter ciarus IL
Dass clari viri nicht magni, wie übersetzt werden will, sein
Ober den Schluss des Cap. 1 im Agricoia des Täcitu«, v. J. M^liUr, 97
müssen, zeigt der eben nicht seltene Zusatz von magni zu clati^
z. B. Stllufit. Jug. 92^ wa8 man doch wol nicht für Tautologie halten
wird. Ja Tacitus , auf den es doch hier vor allen Dingen an-
kommt, ist die clariiudo hin und Glieder ^o zi( mlich das Gegen-
Iheil von Gröise, oder wir versieben auch Stellen wie Üb. III, 65
der Annalen nicht : ^^ceferum ietnpora Uta adeo infeefa et adu^
imiiane »ordida fuerej ut non modo primores civitatis,
^ibuM eiariiudo »ua obseguii» protegenda erat^
td omneM ^ansutares^ magna par» eorum^ qui praetura fisnetf,
muttique e(imm pedarii senaiores certatim ex$urgerent foeda^
qtte ei mmia eeneerent,^ Hist. I^ 71 wird der designierte Consul
Manus Celsus mit den Worten ^eiementiae titutne e viro eiaro
et pmriibuM inriao petebalur^ ') als ein Mann bezeichnet, mit
dessen eiariiudo die Beliebtheit, die doch sonst mit dem ^«Ruhmund
der Grofse*' sich in der Regel verbindet, nicht gleichen Schritt
hielt. Hiat. II, ]0 will Tacitus in den Wortin ^.YibiuB Criepue
peeunim potentia ingenio inter etaroe magfs quam inter banoe,^
die elmri auch von den bani unterschieden wissen (vgl. die obige
Sielie aus Cic). Hist. II, 76 hat das Sfilzchen: safie eiarus est
epud Owiettiem^ quiequis iimetur doch wol dm Sinn, dass man
bei dem, der sich furchtbar zu machen versieht, nicht nach den
Ahnen fragt (vgl. ctarie fi/i/a/t6u« Hist. II, 8i und elaritatem
nmialium Hist: III, 89 , cf. Annal. II, 48; IV^ 44 — mutta etari-^
tmdine geneHe aed inproepera — VI, \0\ XH, 6; XIV, 47
fi o r a generie elariiudine).
Clari Hri (wie auch der Superl. o. etarieeimue z. B. Cic.
»d fam. X, 6) in dii»ser stereotypen Verbindung mit res publica^
iufjurandum^ »enaiua^ eaneultum u. s. w. vergleichbar, trägt
ganz die Natur eines Titels an sich (daher auch clarae feminae^
d. i. erlauchte Frauen bei Tac.) und kann eben deshalb
mir das Rangverhältnis zu den Un Staate Hillebenden be-
zeichnen '). In Verbindung mit genue^ nomefty famitia geht et,
natürlich über die Grenze eines Menschenlebens hinaus, ebenso
üati bei aeriptoree^ die ja als solche in ihren Werken
ewig gegenwärtig und leb endig sind. Dagegen wird
der momentane Schriftslellerrubm im dial. de orr. c. II nicht
durch clarita*j sondern durch notUia und nomen bezeichnet. So
Annal. I, 1; 111, 80 auch florentieeimue auetor^]B ior Positiv
ifiorenä) dieses öfters von Gröf^en aus drr Vergangenheit
gebranchten Superlativs erhält bei Tacitus, Annal. I, 1, von der
*) Sali. Jug. 7 freilich entgegengesetztes von P. Scipio.
*) Auch im Deutschen denkt jedermann, wenn man von «dem
Fürsten, dem König, Kaiser, oder dem Adet» so reden
anfängt, nur an die mitlcbenden Träger dieser Titel und nienyind
fallt es ein z. B. regierend u. dgi. hinzuzusetzen , während die
Beziehung auf Verstorbene sich nicht so von selbst versteht.
m CWf Atm SdblMft AaCa^.iim Aginb 4t% Tadtn, ▼. J. MeiMUr,
FirboD^ dtf AvdnKi» ab^tschn. rvndfzo die Bedeutung
Ton rtm« d«rdi dcB Geffcalz mtddermmL ^Tiberü Caique
ei (Umudii ae \ermmis res fimremiibms ipsis ob meium fai^
sme, pmUqumm •rrtäernmi. reeemiibms oäits eomposiiae sunt^
cf. Ann. n 71. An a;.dmi Sieücft fandim itir mfftietus und mUer
als Gf^fiKatze im ß^rem» iz. B. AasaL IT, 6S), wodurch der
Glaoz dt« Lebens aM^kr btloLl crscbeiat, fanz so wie eiarue
häufig durch ob^cmrms ein ahaücbcs Rclirf erhilt, wahrend da-
durch doch nicht ein Gc^easatz tob eämru» und defimdue aus-
geschlos^en wird. Ergiuzt um sich das in den absolut ge-
setzten dmntM ^ wie in ä^kmdmM ■ilgedadrte 9Ud {yg\. Vellej.
n, S4 11/ Htm eimruM Um if enia aMnawa), so wird man über
die Auffassanp ebruso weai^ in Zweifel sein können, als stunde
ein /iüremimm ffiramm den äefumeü kmmimiM gegenüber, zumal
in derselben Scfarifl Agr. 4^ eine ganz ihnKchc Gegonüber-
etelluDg in Tu9ero felix. A§riemlm, «•■ miime imniam eia-^
riimiej seä etimm opporiumiimie moriis slattfindd. Der
Einwurf, das:« die zu gro&e Batfemung des defimcH hmninH
von elaramm virormm unsere Auffassung unuiöglich macbe, zer-
fallt bfi der Betrachtung der douiinierenden Stellung von
eiarorum vhrontm^ zweitens der in den ftrfgenden fortwährend
festgehaltenen Biographie Lebender, so das;s uns eine feste
Brücke homogener Gedanken zu drm doch nicht gar so fernen
starken Gegensatz mi nume hinfährt. Drittens ist es undenkbar,
wie zwischen den Sätzen: «Biographien sind noch äblich^ und
^die Ton mir geschriebene bedarf der Entschuldigung^ keine
Beziehung und Gegensatz stattfinden sollte. Die ausschliefs-
liche ^Ziehung auf die unbeanstandeten Selbstbiographien eines
Rutilius und Scaurus gestattet aber schon das Fehlen von «nofi
meam Med* nicht, und widerspricht den veränderten Zeitum-
ständen, die einen derartigen Zwang keineswegs auflegten, im
Gegentheile nicht vermögend waren, die schriftstellerische Tha-
tigkeit, die so lange geschhimmert, bei dem Mangel an
Schriftstellern, so rasch als es nach so langer Ent-
behrung wünschenswerth gewesen wäre, wach zurufen
{natura tarnen inflrmitati» kuwutnae tardiora sunt retnedia
quam mala).
Wenn uns ferner bemerkt wurde opu9 fuit und petUaem
sei «allerdings nach Art des Briefstils^ ahnlich der Einleitung
des Thucydides: Sovx. ^A^r^v. l^vv iyQaip e tov xoXsfiöVj
so scheint uns ein bemerkenswerlher Unterschied hier obzuwalten.
Der griechische Geschichtschreiber, mit dem fraglichen Lati-
nismus unbekannt, wählle dieses Tempus, weil er, wie natür-
lich, die Vorrede erst nach Vollendung des Werkes schrieb,
und es demnach nicht angienp, ^vyy^qxo oder ^vyyQcctl^cj zu
setzen, während Taritus in narratnro opus fuit sich vor der
Cj[>er den Sohlu^s des Gap. I im AgricoU (lc<i Tncilu», v. J, Mmier. 99
At)fa$8uncr denkt und ohne Anstand auch apu» est und pe-
eerem schreiben konnte , kurz opus fisic und petU$em sind iiur
im Verhältnis zum spätem Leser, nicht so livviyQo^ey
gebraucht So wie Cic. ep. ad Ou. Fr. 111, I sagt: Et9i non
dubitabam^ quin hanc epistolam multi nunciij fama deni--
gue essei tpsa sua celeritate iuperalura — , tarnen exiati-
mavi a me guoque tibi huju$ molestiae nuncium perferri opor^
ler^j so ist der Sinn hier: obwol ich die Schuld, dass ich jetzt
das Leben des verstorbenen Agricola schreibe, und dies
zu seinen Lebzeiten gegjen die Sitte unterliefs, auf die ver-
gangene Schreckenszeit werfen könnte, glaube ich doch der Ent-
schuldigung zu bedürfen (d. i. venia mihi opus e$9e exisH"
mavi). Wem es trotz des ersten Satzes im Procemium zweifel-
haft ist, dass zu Tacitus" Zeit diese Sitte fortbestand, ja in ihrer
Blüte war, erinnere sich an die Geschichten der Kaiser zu ihren
Lebzeiten Ann. I, 1 und lese z. B. Piin. ep. II, 1 , wo es von
L. Verginius Rufus, Ami Tacitus als Consul suffectus die
Leichenrede hielt, heilst: tJegil scripta de se camdna^ iegit
kiaioriaM et posteritati euae inierfuit.^^ Rufiis war
nach der Besiegung des Vindex während dreier Decennien nicht
mehr in der Lage, den erworbenen Ruhm zu vermehren
(triginta annie gloriae auae supemixii)^ um so mehr scheint
er dahin getrachtet zu haben, ihn wenigstens durch die Schrift
verewigen zu lassen. Auch Agricola war von 85 bis 93 zur
Untbätigkeit verurtheilt und konnte durch Thaten nichts mehr
zu seiner Verherrlichung selbst beitragen, es blieb ihm nur
Selbstbiographie oder fremde Darstellung seiner Thaten zur
Sicherung des erworbenen Ruhmes übrig« Tacitus, von dessen
Feder man schon damals Unsterblichkeit erwarten konnte *),
schrieb nicht aus Rücksicht auf Domitian und inertiae duleedine
capiuBy die ja noch mehrere Jahre nach Domitian nach seinem
eignen Geständnis fortdauerte. Wenn man aber gewisse Lebende
wohidienerisch zuviel feierte, so vergals man, wenn nicht ärge-
res, der Todten. Des gefeierten Verginius Rufus Denkmal ist
im zehnten Jahre nach seinem Tode noch nicht fertig, Plin. VI, 10,
freilich inertia ejus cui eura mandata est^ obwol die von Rufus
selbst verfertigte Grabschrift:
ffic Situs est Rufus, pulso gut Vindiee quondam
imperium adseruit tum sibi sed patriae
unabweislich zur Herstellung drängte — itle mandaeerat eave-
ratgue. Daran schliefst Plinius die Klage: tarn rara in ami-
citiis fides^ tarn parata oblivio mortuorum^ utipsinobis
') Vgl. die Äufserunp des Plinius ep. VI, 16 nUam vides morti ejus
(aruncuti mef 1i 19) si celehretur o te immortalem
gtorinm propnsHam esse
100 Ober den Schlus<< des Cap. I im Agricola des Tacilus, v. J, Meiiter,
äeöeamuB etiam eonditoria exMtruere (vgl. Schiller und Mo-
zarl). So lobt er IX, 9 Colo wegen seiner so seltenen Pietät
gegen den verstorbenen Pompejus Ouinclianus, da er es nicht
gemacht ut plerigue ^ qui Cantum viventes amani aeu
poiius amare se gimulant ac ne »imulant quidem^ ni$i guos
florenUs pidene; nam mi»erorum non necu» ac deftineeorum
üMpiseuntur^ und I, 17 den Titinnius Gapito, dass er sich die
Erlaubnis vom Kaiser aui>ge>\irk(, dem L. Silanus auf dem Fo-
rum ein Standbild setzen zu dürfen, und ruft bezeichnend genug
ans: eae adhitc curae homnibus fides et officium^ mwU qtä
defunctorum quogue amicos aganL
Bezuglich unserer Definition des Verbs incusare im Ge-
brauche de« Tacilus mnd wol entscheidend Stellen vrie Bist. II, 47
praecipuum destinationis meae doeumentum habeie quod de
nemine queror, nam incusare deoM pel homines
eju$ ett^ qui vioere relit. Hist. III, 28 Hormi-ne id ingefiiwny
ui Me$$ala tradit^ an potior auelor Sit C. PliniuB qui An^
ton tum ineusat^ haud faciie discreverim^ und Hist. III, M
nee defuere qu4 ipitum Tu s cum et alioe $ed eriminosiue
Biae»um incuHarent; denn überall zeigt »ich, daps die Per-
sonen, denen etwas scliuldpogeben wird, nicht die Sachen be-
tont sind. Danach unterliegt es keinem Zweifei, dass wenn Ta*
citus sagt, er wolle die vergangenen Zeiten nicht verantwortlich
machen, er sich selbst für einigermafsen verantwortlich hält für
eine so spät und zur Unzeit *) gegebene Biographie Agricola^«.
Und wahrlich, dies Geständm's ehrt das ..Herz des grofsen Ge«
schichlschreibers so sehr, dass wir jede Änderung der Stelle als
unberechtigt mit Entschiedenheit abweisen zu müssen glauben.
Lipsius nach Rhenanus ni ineursaturus gebildetes ni ineusatunu
würde nach dem von Vahlen ohne Zweifel richtig angegebenen
Sinne auch die Änderung von petii (pelo) aus petiesem erheischen,
und verdient gewiss so wie viele andere seiner Conjecturen in
Tacilus, welche hier namhaft zu machen wol unnöthig ist, keine
Berücksichtigung, widerspricht sie doch geradezu der in 6teU«i
wie Ann. I, I postquam occiderant^ receniibue odiis com»
poeiiae kundgegebenen Gesinnung und der Selbstanklage im
cap. 3 dos Agricola, endlich seiner c. 42 ausgesprochenen Über-
zeugung, po»se etiam sub malis principibus magnoe viree esee,
geschweige, dass er die Nachwirkung eines schlimmen Re-
gimentes irgendwie als Entschuldigung gelten lassen wollte.
Der Zusammenhang und Gedankengang des ganzen Vor-
worts ist nun folgender. «Wenn trotz unserer Gleichgiltigkeit
*) Ein defunc/uSy der zu seinen Lebzeilen nicht verherrlicht war,
galt schon dadurch als weniger bedcntende Persönlichkeit, welcher
Annahme schwor zu br^ognon war.
Ober dfm Scl^luss ^ C^, i w Agr^l« des Ta^tus, y. J. MMr- <•!
g^en Mitlebeode bei auCserordentlichen liber Neid und Verlien-
mavig erhabenen Persödichkeilen gleicl|zeitige Aufzeichnung i|irei.
If^ben«, so wie früher, noch jetzt vorl^omrai, so verband «ipli^
4Qch in der glorreichen Vergangenheit ohne irgend i(ireU;he un-.
edle Nebenzwecke das schriflstelleriscbe Genie iitit dem prakr
tischen zur Verherrlichung des letzteren weit leichter, und selbst
die Vereinigung beider in einer Person gereichte weder zu
Anstols noch Mistrauen, so gern ertrug die Grofsthatcn erzeu-*
geade ipd sie begleiteivde Liebe (selbst euiseitige) Verlierrlichung
derselben. Wie sehr bedarf nun gar eines Verstorbenen
Lebensgeschichte de^* Entschuldigung, und doch brauchte \ch
nicht um sje zu ersuchen, wenn ich die jüngsten Zeiten mit
i^eo) alles gute ßtreben vernichtenden Dfuck für diese Verspä-i
tyng verantwortlich machen wollte. Die in aller Förmlich-
keit vorgenommenen Hinrichtungen des Anultnus Rusticus UQil
Herennius Senecio wegen ihrer bezüglichen Lobschriflen auf
Paulus Thrasea und Helvidius Pri^cus, |U)d die durch eine dazu
eingesetzte Dreimännercommission im Wahn, durch Feuer die
Stimme des römischen Volkes, die Unabhängigkeit des Senats,
dfs Bewusstsein der Hencchheit vernichten zu können, öffent*
lieh vollzogene Verbrennung der ausgezeichnetsten Geistesdenk-
iilttler ; dazu die Vejrtreibung der Lehrer der Weisheit und Ver«
bann^ng jeder nützlichen Kunst, um ehrbarem nirgend mehr
begegnen zu müssen, stellten wahrlich unsere Geduld auf eine
harte Probe, und die der schrankenlosen ^ügeliosigkeit der
alten Zeit gerade entgegengesetzte Aufhebung des mensch-
lichen Verkehrs im Reden und Anhören mittels drohender Unter-
suchungen, hätte uns mit dem Wort selbst die Erinnerung rau-
ben können, wenn vergessen ebenso leicht als schweigen wäre.
Jetzt erst leben wir auf, und trotz der schon unter Nerva
plötzlich eingetretenen entschiedenen Besserung durch Versöhnung
der Alleinherrschaft mit der Freiheit und solcher Steigerung des
Glücks unter Trajan, dass niemand an einen Ruckschlag mehr
denken durfte, trat ob unserer menschlichen Schwäche die Hei-
lung doch nur allmählich ein, und dem langsamen Wachsthum
und schnellen Dahinsterben unserer Körper entsprechend, er-
weist sich die Unterdrückung geistigen Strebens leichter als
die Wiederbelebung, weil die anfangs gehasste Unthätigkeit
uns zuletzt zur sülsen Gewohnheit wird, zumal uns während
der für ein Menschenleben bedeutenden Zeit von fünfzehn Jahren
der Tod oder die Grausamkeit so viele Mitslrebcnde von der
Seite riss, so dass wir zuletzt nicht blols andere, sondern uns
selbst überlebten, so anders war es durch die Unterbrechung
so vieler Jahre, die uns aus Männern zu Greisen gemacht,
als Greise fast bis zum Lebensschluss in stetem Schweigen ge-
führt hatte, mit uns geworden. Und doch will ich unverdrossen
Zeittchrirt f. d. otterr. Gymnat. ISSO. U. Uah. ^
102 Über den Schluss des Gap. 1 im Agricola des Tacitus> v. J, Meitier,
selbst in wenig geübter und unvollendeter Darstellung das An-
denken der überstandenen Knechtschaft und das Zeugnis für die
Guter der Gegenwart niederl^en, während die vorausgeschickte
Lebensbeschreibung meines Schwiegervaters als Äufserung meiner
kindlichen Liebe, sei's zum Lobe oder zur Entschuldigung, auf-
gefasst werden mag.
Aus dem Tone des cap. III geht unverkennbar hervor,
dass Tacitus sich auch deswegen entschuldigen will, dass er
auch die Jahre der Regierung des Nerva und einige von
Trajan ohne Lebenszeichen verstreichen liefs (die Germania,
welche nach c. 87 derselben im zweiten Consulat des Trajan,
d. i. 98 herauskam, ist hierbei als nicht eigentlich historisches
Werk unberücksichtigt). Bei bloGsen zwei Jahren des Nerva,
wie sie die früher angenommene Abfassungszeit September 97
bis Januar 98 n. Gh. statuierte, wäre diese Ausführung der
Nachwirkung schlimmer Zeiten unbegreiflich. Da ferner aus der
isolierten Ausgabe des Lebens von Agricola nach dessen Tod
der Schluss nahe lag, dass Tacitus die ganze Zeit des Agricola
in einer förmlichen Geschichte nicht zu behandeln gedenke,
wird am Ende ausdrücklich das Grgentheil behauptet, und der
kleinen Schrift eine ihrer Veranlassung entsprechende beschränkte
Bedeutung vindiciert. So ist hier excu$atu8 nicht ganz iden-
tisch mit dem früheren toenia^ weil dort der hier vorhergehende
Gresichtspunct fehlte; daher sind unsere bezüglichen Worte S. ü99
d. Ztschr. 1859 auf excusaeus zu beziehen.
Wien. J* Heister*
Die Redaction hat einen Abdruck des vorstehenden Auf-
satzes an Herrn Prof. Vahlen, gegen den derselbe gerichtet
ist, mitgetheilt, und ihm anheimges teilt, seine etwaigen Gegen-
bemerkungen gleichzeitig zum Abdrucke zu bringen. Prof. Vah-
len hat hierauf erklärt, ^«dass er es um der Sache willen nicht
für nöthig erachte, auf vorstehenden Nachtrag näher einzugehen,
zumal durch denselben die Unrichtigkeit der darin vertheidigten
Auffassung (namentlich so weit sie sich auf den vermeintlichen
Gegensatz zwischen cfarorum und defimcti stülzt) jedem wo
möglich noch deutlicher als zuvor in die Augen springe.'^
Zweite Abtheilung.
Literarische AiiKelKen.
Georg Curtios, Grundzüge der griechischen Etymologie»
£rster Theil. Leipzig, B. G. Teubner, 1858. XIV u. 37t S. 8.
— 2 Thir. äO Ngr.
Je rühmlicher Georg Curlius durch seine Wirksamkeit als
Lehrer an der Prager Cniversitat während der Jahre 1849 — 1854,
wie anch durch seine eben jetzt bereits in vierter Auflage erschienene
griecbiscbe Schulgrammatik in Österreich bekannt ist, desto gröfser ist
die Verpflichtung dieser Blatter, von dem in der Überschrift genannten
Werke desselben Notiz zu nehmen, und es würde dies schon früher
geschehen sein, wenn nicht der unterzeichnete, der gleich nach dem
Erscheinen des Buches (December 1868) die Anzeige desselben über-
nahm, in Folge seiner Berufung von Prag nach Giefsen längere Zeit
hindurch verhindert gewesen wäre, dem Wunsche der Redaction, das
Buch möglichst bald angezeigt zu sehen, zu entsprechen. Dass es ihm
zu besonderer Freude gereicht, endlich die eingegangene Verpflichtung
erfüllen zu können, bedarf kanm der Versicherung; denn selten wol ist
ein Recensent in der Lage, so unbedingt seine Zustimmung zu dem
von ihm anzuzeigenden Buche erkennen geben zu können. Diese Zu-
stimmung erstreckt sich sowohl auf den Zweck des Buches, als auch
im ganzen auf die Ausführung.
Gewiss ist es ein durch den gegenwärtigen Standpunct der Sprach-
wissenschaft dringend gebotenes Unternehmen : «den sichern Gewinn der
vergleichenden Sprachwissenschaft für griechische Wortforschung , von
luftigen Vermulhungen oder geradezu verfehlten Versuchen gesondert,
zu verzeichnen;'* und gewiss hat sowohl die vergleichende Sprach-
wissenschaft als auch die ciassische Philologie alle Ursache , dem Verf.
dafür dankbar zu sein , dass er sich diesem Unternehmen , das ebenso
schwierig als dankcnswcrth ist , unterzogen und ihm die Mufsezeit fast
cioes vollen Jahrzehends gewidmet hat. Hr. Georg Curtius betrachtet es
bekannllich als seine w isscnsrhaflliche Lebensaufgabe, die vergleichende
8*
104 6, CttrfMM, grieeh. Etymologie, ang. ▼. L, Lange.
Sprachforschung iiiul das grammatische Studium der cinssischcii Sprachen,
wie CS imicrhalb der classischen Philologie getrieben wird , r.a venniU
tcln ; darüber, dass dieses Streben nicht blofs berechtigt, sonderii durch
die Natur des wissenschaftlichen Objects dringend geboten ist, bedarf
es der Worte nicht mehr. Aber anzuerkennen ist als das llauptver-
dienst des vorliegenden Buches, dass es in noch höherem Grade als die
früheren Werke des Hrn. Vf/s bei den classischen Philologen die Ein-
sicht verbreiten wird, dass fernerhin ein Sichabschliefsen gegen die Me-
thode und die Resultate der vergleichenden Sprach wissensehafi nicht
mehr möglich ist. Mit berechtigter Zuversicht sagt der Verf. am Schluss
der Vorrede (S. XI): «Die beigegebenen Tabellen über die regelmafsige
Lautverlretung und über die Transscription des sanskritischen und kir-
chenslawischen Alphabets sind bestimmt, den Gebrauch und die Prüfung
dieses Buches einem jeden tu ermöglichen, der in diese Fragen ein-
gehen will. So wird man es denn holTentlich nicht mit der oft wieder-
hotten Bemerkung aus der Hand legen , man verstehe kein Sanskrit . . .
Mit dem wohlfeilen Einwände, «ich versiehe das nicht,* kann sich
niemand das Recht erkaufen, unsere Arbeit zu ignorieren.»
Die Ausführung des Unternehmens war besonders am deswillen
schwierig, weil es wol keinem Gebiete der Sprachwissenschaft so «ehr
an fester und sicherer, allgemein anerkannter Methode fehlt, aU gerade
der Elymologic. Der Verf. war in der Lage, bevor er an d«!« \Ott ihai
beabsichtigte Verzeichnis gehen konnte, die Methode erst feststcUei la
müssen. Er drückt sich darüber in der Vorrede S. VI mit Bescheiden-
heit so aus : ^Deshalb schien es mir bei meinem Versuche vor aHe»
nölhigj die Grundsätze und die Methode der vergleichenden Etymologie
in ihrer Anwendung auf das Griechische einer prüfenden Erörterung a
unterziehen. Doch war meine Absicht nicht, etwas ersehöpfeiules, sjrato-
stcmatisch abgeschlossenes zu liefern, sondero» dem gegenwärtigen Staad-
puncle dieser Studien entsprechend » eine Reihe wichtiger principidlcr
Fragen zu [versprechen, um dadurch für die darauf folgende Behandlung
des Einzelnen eine feste Richtschnur zu gewinnen.' Gerade solcher Be-
scheidenheit gegenüber scheint mir die Kritik um so mehr die Pfliebl
zu haben, anzuerkennen , dass durch die 98 Seiten lange Einleitung in
Bezug auf Feststellung der Methode alles geschehen ist, was bei dea-
gegenwärtigen Standpuncte der Sprachwissenschaft und der Kenntnis der
einzelnen indo-germanischen Sprachen überhaupt geschehen konnte Es
ist sehr die Frage, ob die vergleichende Etymologie jemals auf eine
systematisch abgeschlossene Darstellung ihrer Methode wird rechneii
können. Die Entwickelung der Sprachen in ihren Lauten, Wortförmen
utul Bedeutungen ist zu mannigfaltig, der sprachliche Organismus ist in
zu vielfältigen, bei aller Analogie doch wieder individuel verschiedenen,
Gliedern ausgebreitet, als dass es gelingen könnte, ein abschliefsendes
System von Lehrsätzen aufzustellen, durch welche die Methode in jedem
einzelnen Falle beherrsciit und geleitet würde. Es hat mit der ver^
C OwMin, grieeli. Etymologie, ang. v. £. Uniffe, 105
firicliciideii Etymologie rucksichdirti ihrer Methode eine ahnliehe Bo-
vtndlnts, wie mit der Scbriftstellerkritik. Auch die Methode der Schrift-
fMlettritik lissl sieh nicht in systematischer Abgesctilossenbeit dar-
ilclkB, wall die TbatMcben, die zu bewältigen sind, zu mannigfaltiger
Ad %mä , als Atm eine methodische Regel , die auf viele Fälle passt,
aack auf alla passen mfisste. Die Regeln, 6\e allenfefls gegeben werden
liaaca, sind aowobi bei der vergleichenden Etymologie, als auch bei
Irr 9ehrifUteflerkritik su allgemein, als dass sie ausreichten. Sic
fassen in den meisten Ffillen mehrere, an sich, wenn es eben nur auf
teobaditung der Regel ankSme, gleichberechtigte Ausfuhrungen zu, von
leaeo gleiehwol nur eine richtig sein kann. Mindestens ebenso wichtig
als jene allgemeinen Regeln sind für die Methode Warnungen gegen
aAcKegende, eben au^ der AllgemeHiheit jener Regeln erklärliche, Verir
rangen. Cm solche Warnungen ertheilen zu können, dazu gebt)rt frei*
lieh Tact und Erfahrung, die aber Hr. 6. Curtius unzweifelhaft besitzt und
dnreh acina linguistischen Arl>eiten doeumentiert hat. Auch hat die Rty-
Bologie, seit man sie auf der Basis der Sprachenvergleichung getrieben
hat, bereits eine geschichtliche Entwickelung von solcher Zeitdauer
dvrdigemaclit, dass der kundige Beobachter sehr wohl die Irrwege, die
hie und da eingeschlagen worden sind, als solche erkennen, und die
Fof)«ber durch Abmahnung von denselben auf den richtigen Weg zu-
lickffQbrra kann. Es l&sat sich sogar annehmen, dass die hauptsScIilichsten
ferkrungen, lu denen die Natur des Objects und der Dntersuchungs-
■iltel Veranlassung bieten, bereits factisch in Erscheinung getreten sind,
so da«s In der Thal mit dem Nachweise, dass dies Verirruiigcn sind, für
die schliefsliche Feststellung des methodischen Verfahrens mehr geleistet
ist, aii auf den ersten Blick erscheint.
Bei diesem Sachverhalte ist es durchaus zweckmäfsig, dass Hr. Cur-
tius in der Einleitung mit einer Skizze der Geschichte der Etymologie
in früheren Zeiten beginnt, und sodann die moderne Etymologie, deren
HuDplunlersuchungsmittel in der Vergleichung der verwandten Sprachen
besteht, in den verschiedenen Richtungen, die sie eingeschlagen hat,
tebüdeft und kritisiert.
Die Einleitung, deren Tendenz und Gehalt wir hiermit im allge-
meinen hinreichend charakterisiert zu haben glauben, besteht aus 16
Absehnitten, auf die es sich verlohnen wird in unserem Referate etwas
niher einzugeben. Der erste Abschnitt (S. 1—8) hespricht nach Fcst-
sldlang des Begriffs und der Grenze der Etymologie die Etymo-
loftie im Allerthum. Hier erklart es der Hr. Vf. für die Hauptgefahr der
Etymologie, wenn sie. ihrer Grenzen sich nicht bewusst, alles für erkennbar
ttiid rr^ehliefsbar hält, und beschränkt dieser Gefahr gegenüber die Aufgabe
der ßrieebi.Hchen Etymologie dahin, die Wörter und Wortformen der
lerirrhischeu Sprache bis zu dem /ritpunete hinauf zu verfolgen . da
dir iiido-germanisehcu Sprachen sich von einander abzulüscii begannen.
Ihc Etymologie im Alterthume kam von vornherein dadurch auf eine
106 O. CurtHtt, griech. Etymologie, ang. v. £. JUmge.
falsche Bahn, dass Pfato durch seinen Cratylus den Anstofs zu der Art
des Etymologisicrens gab, wobei man eine schon im voraus fertige
Vorstellung von der Sache im Worte wieder finden will , und über die-
sem Streben die Beachtung der Laut- und Sprachgesetze vergisst. Diese
Art des Etymologisierens wurde besonders von den Stoikern zum Ober-
mafse weiter ausgebildet, und die späteren Grammatiker suchten sie mit
Regeln über Wechsel, Einschiebung , Auslassung, Versetzung von Buch-
staben zu befestigen, deren KünsUiohkeit und Willkürlichkeit nur da-
durch entschuldigt werden kann , dass ihnen die Einsicht in das Ver-
hältnis der Dialekte zu einander fehlte, und die altgriechische Aus-
sprache zu ihrer Zeit bereits untergegangen war.
Im zweiten Abschnitte behandelt der Hr. Vf. die neuere Etymologie
von Henrious Slephanus bis auf Lobeck und Döderlein. Am ausfuhr«»
liebsten wird hier die Hemsterhuys-Lenncp'sche Methode gesohildertt
die darauf ausgieng, die Zahl der möglichen einfachen Verba zu be-
Fechnen und festzustellen, und deren nQmtop fpBvdog in der irrlhüm*-
liehen Meinung lag, dass wir mittels des Griechischen zu den Anfängen
des Menschengeschlechts aufsteigen könnton. Interessant ist der Nach-
weis, wie dieses ngatov ilftvdog auch aufserhalb der holländischen
Schule bei solchen, die jene in ihrer Übertreibung verdammten, einen
mafsgebenden Einfiuss auf ihre etymologischen Grundsätze übte, z. B,
bei G. Hermann und Lobeck. Auch Döderlein geht, wie der Verf. zeigt,
von einer vorgcfassten Ansicht über den ältesten Spraohzustand. den er
auch für den ältesten Zustand der griechischen Sprache hält, aus, nur
dass er ziemlieh die entgegengesetzte Vorstellung von der BeschafiTcnhcit
der ältesten Wörter hat, als Lobeck und die Holländer.
Der dritte Abschnitt bespricht Buttroann's Verdienste um die Ety-
mologie. Er wird wegen seines glücklichen Sinnes und Gefühles für das
Werden der Sprache als ein Vorläufer der historischen Sprachforschung
bezeichnet.
Der vierte Abschnitt führt uns den Standpunct der vergleichenden
Grammatik vor, schildert kurz die Verdienste Bopp's, Pott's, Benfey's u.a.
für vergleichende Etymologie, und verdeutlicht sodann das Verfahren
des vergleichenden Etymologen durch die Vergleichung mit dem des
Kritikers. «Die einzelnen Sprachen des indo-germanischen Stammes
gleichen ebenso vielen alten Abschriften des verlorenen ürrodex. Keine
bietet ein unverfälschtes Bild des ursprünglichen Textes, aber sie sind
uns sämmtlich wichtig als alte Zeugnisse von einem uns unmittelbar
nicht bekannten Zustande , der jn vielen Fällen dem ursprünglichen
wenigstens nahe kommt.... Bei etymologischen Fragen sich auf eine
einzige Sprache beschränken zu wollen ist ebenso unzulässig, als wenn
jemand im Plautus conjicieren wollte, ohne auf den Ambrosianus und
den vetus codex , im Sophokles, ohne auf den Laur. A. Rücksicht zu
nehmen, ebenso widersinnig, wie die alte Vulgatenreiterei, die nach-
gerade doch so in Verruf gekomn^en ist, dass niemand mehr damit
G. CHTfüu, gricch. Etymologie, ang. v. Z. latipe. 107
kcnronulretcn wagt* Der hauplsächlichslc Nutzen, den dio verglci-
ekfode Sprachforschung der Etymologie liefert, beruht darauf, dass sie
US EiDsieht in die Geschichte des Lautwcchsels verschafR, und dass
sie eine richtige Unterscheidung zwischen Stamm und Endung ermög-
licht Mit diesen Hilbmitteln ausgerüstet kann man die Fehler der auf
dem Boden der griechischen Sprachforschung aufgestellten Etymologien
leichl erkeaneD, aueh «ine grofse Menge stamm- und sinnverwandter
Wöfier der Terschiedenen Sprachen ohne grolse Muhe zusammenbringen.
DaatI isl aber nur erst die Grundlage für die Etymologie des Sprache
sebaliet einer einzelnen Sprache gegeben. Die feinere Arbeit beginnt
erst; es gilt zwischen den verschiedenen Möglichkeiten zu walilen, die
■ach der Geschichte des Lautwechsels in einzelnen Fallen scheinbar
fllrichberechtigt neben einander vorhanden sind; die Grenzen, unter
denen die Laulübergänge statt finden, aufzuspüren ; die minder offen zu
Tage liegenden Lautäbergange zu erkennen und festzustellen ; endiieh
die Entwiekelung der Bedeutungen historisch zu verfolgen.
Mit dem fünften Abschnitte beginnen nun diejenigen kritischen
Wamongen gegen naheliegende Irrwege, von denen oben die Rede war,
nd zwar wird zuerst vor 0 b e r s ch 5 1 z u n g der Sanskritsprache
icewamt Man h it in dieser Hinsicht namentlich festzuhalten, dass ein-
zcine Uinte im Sanskrit, z. B. die palatalen und cerebralen Laute,
Imrr k, Entartungen sind, die erst nach der Zeit der Spracheinheit sich
ealwickeltcn ; sie sind also für die Zwecke der Etymologie auf ihre
finmdgestalt zuriiekzufiibren und nicht etwa in ihrer entarteten Gestall
zun Ausgangspuncle der Etymologie zu machen, «Man kann nicht
i4rrDg genug an der Regel festhalten, nicht die individuelle Form einer
eiazelncn Sprache, sondern die durch richtige Combination gewonnen^
iado-gemianlBche Grundform an die Spitze einer jeden Verglcichung zu
Stelleo.* Eine besondere Cautel gegen Überschätzung des Sanskrit fiir
die Zwecke der Etymologie ist endlich durch die Unsicherheit über die
Bedeutungen der Sanskritwörter nolhwendig gemacht, eine Unsicherheit,
der erst durch Specialarbeiten auf dem Gebiete des Sanskrit abgeholfen
werden kann.
Ber sechste Abschnitt richtet sieh gegen die Benützung falscher
Analysen und den Misbrauch der Präfixe bei der Etymologie. Hr. Curtius
betont mit Becht, dass die Entwiekelung der einzelnen indo-germanischen
Sprarhen aus der indo^germanischen Ursprache eine andere, und zwar
•ebr organische gewesen sei , nU die der romanischen Sprachen aus
dem Lileint dass man «ilso von vornherein abgeneigt sein müsse gegen
die Annahme so gewaltsamer Processc , v^ ic der ist , vermittels dessen
z. B. iUau aus de inius entstanden sei. Als besonders willkürlich wird
io dieser Richtung die Annahme viTslümmelter Präfixe nachgewiesen,
Tenuitteis deren man Wurzeln, wie z. ü. pinf durch api-ang auflösen
uinl die so gefundenen einfacheren Wurzeln zur Verglcichung benützen
««•litt'. Dieses Verfahren ist um deswillen verwerflich, weil es auf der
i^ €, CHrtHu, gricch. Etymologie, ang. v. L lakffe,
irrigen Voraussetzung beruht, dass die PrSflxc gerade so wie im Saniskrit
auch schon in der indo*gcrYnanischcn Drsprachc vorhanden gewesen seien,
Uiut auf der weiteren Voraussetzung, dass sie schon in der Urzeit eine
lofiauflösliche Verbindtmg mit ihren Wurzeln cingegangeti hatten, Vor-
aussetzungen j die durch den hislorischeti Ttiatbestand der einzetnen
^Sprachen als irrig erwiesen werden.
Daran schliefst sich im siebenten Abschnitte dfe WaHiutag Vor ^et
Übertreibung des Bestrebens, die Wörter in ihre Elemente zu zeriegen.
Freilich liegt eben darin ein grofser fieiz, aber derartige Analysen fuhren
piT zu unbewiesenen und vorläufig unbeweisbaren Hypothesen, wahrend
aie für die Zwecke der Etymologie nicht nöthig sind. Dass z. B.
oatiovy 09, Oiiki sich in einem Stamme asH vereinigen, steht fest ; wie
aber dieses a9ti entstanden sei, kann man vorläufig nicht t^issen utod
t>raucht es zur Qegpundung jener Etyn^ologie nicht zu wissen. Hr. Ourtius
'sieih daher als Regel auf, man solle nur bis zu den Formen vorscbrci-
ten, welche sich aus der Vergleiehung der in den verschiedenen Spra-
'chen vorhandenen wirklichen Wörter klar ergeben. Er gesteht übrigens
ein, dass es in einer Beziehung schwer sei diese Grenze streng fest-
zuhalten , nämlich in Bezug auf die Wurzel Variation. Indem er dio
spbeinbar und wirklich dahin gehörigen Erscheinungen näher durchgeht,
bleibt er jedoch seinem Grundsatze voUkomnaen treu. Nachdem er den
Begriff der Wurzel dahin festgestellt hat, dass sie derjenige nach dcq
l^autgesetzen der bestimmten Sprache aussprechbare Lautcomplex
sei , \v^e]oher nach Abtrennung aller formellen Elemente übrig bleibe
^also trotz ^-yZ-yv-e-ro , nicht yv, sondern yfv), zeigt er zuvörderst,
dass man bei der Ermittelung der griechischen Wurzeln bisweilen
fiftif eine Doppelgestalt der Wurzel gefuhrt werde , z. B. ifiair , %l9%^
^x, in. Solche Formen lässt Hr. Gurtius seinem Grundsatze gemi^fs als
Doppelwurzeln neben einander stehen, obwol er recht gut weifs, dass sie
siel) aus pin er indo-germanisohen Wurzelform differenoiert haben. DavQi|
versobieden ist nun das, was man Wurzelvariatiqn genannt hat. Man glautft
päfniich zu finden, dass Wurzeln durch Vorgänge im Anlaut oder im Inlaut
oder im Auslaut jn Verbindung mit Bedeutungsrapdificationen yariirt
^eien, wo man dann nich( lerechtigt ist, die verschiedeiien ^fmen als
biofs lautlich verschiedene Doppelwurzeln anzusehen, llr. Gurtius nun ist
geneigt, diese Wurzelvariatiqn auf ein möglichst enges Gebiet zu be-
schränken, und zieht es bei scheinbarer Variation des Anlauts (frif^,
0iHbo) vor, gan^ zu trennen, weder eine Uoppelwurzel , noch eine
Wurzelyariation , sondern zwei verschiedene Wurzeln anzunehmen. Bei
Variation des Inlauts gibt er jedoch die Variation zu und macht sie an
dem Beispiele von tc^-tix-tvh deutlich, welche drei Formen bei ihrer
lautlichen Gleichheit weder ganz gelrennt werden können wie MCuipQ
und glubo, noch auch bei ihrer theilweisen Redeutungsverschiedenheit
fiir drei nur lautlich verschiedene Formen einer Wurxel (wie xila«-
^Ac9) erklärt werden dürfep. Ein ausgedehnteres Gebiet hat diete
tf. ClurUlti, griech. Etymologre, «ig. v. L.
WurselvariatioB im Auslaut, worauf Hr. Cnrtios im achten Abs elinitt«
naher eiogebL Es bestellen nämlich mehrfach iwei Wurxcln neben
einander, von denen die eine um einen Consonanten vermehrt ist,
Wuneln, deren Verwandtschaft nicht geleugnet werden kann, von denen
aber doch die eine aus der andern nicht durch blofs lautliche Vorgänge
hergeleitet werden darf, t. B. ya, yev; 4hy, xvtp u. s. w. in solchen
Fallen der Wurzelvariation nennt Hr. Gurtius die kürzere Form die pri-
mirOy die längere die secundare, und den in der Anhangung eines
Consonanten bestehenden Vorgang Weiterbildung. Als solche weitei^
iMidende Consonanten finden sicfh «, «, y, t, d, ^, «, ^, wofür Hr. Curtius
Beispiele anfuhrt, um sodann zu erklären, dass trotz aller Vermuthnngen
über den Ursprung und die Bedeutung dieser Zusätze, und trotz dor
Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhanges mit den Temporal bildungs*
elementen, bis jetzt nichts sicheres über sie gewusst werden künne.
Während bisher vor der Klippe des übertriebenen Zerlegens der
Wurzeln gewarnt wurde , warnt der neunte Abschnitt vor der identi-
icierung vollständiger Wörter, vor der Verwechselung partieller Gleich-
heit mit totaler, in welcher Richtung namentlich Kuhn und Ebel lu
weit gegangen sind, indem sie auch verschiedene Suffixe deshalb für
identisch erklärten, weil sie an dieselben Stämme gefügt wurden. Hr. Cur-
tius hält es in diesen Fällen für sicherer , die Suffixe zu trennen , als
sie gleiohznsetzen, also bei partieller Gleichheit stehen zu bleiben, weil
totale Oleicbheit nur durch ui^beweisbare Lautübergänge bewiesen wer-
den könnte.
Ebenso rügt er im zehnten Abschnitte die Identificiening lautlich
nicht augenscheinlich verwandter Wörter wegen ihrer etwaigen Bedeu*
tungsgleichheit. Die Bedeutungsgleichheit allein, und wenn sie noch so
evident ist. kann niemals etymologische Verwandtücbafl beweisen, denn
«die Sprache gelangt zu demselben Begriffe durch die verschiedensteB
Vorstellungen, zu denselben Vorstellungen durch die verschiedensten
Merkmale.*
I>er eilfte Abschnitt ist mehr positiven Inhalts, indem er die Kri-
terien angibt, nach denen die Zusammengehörigkeit und Verwandtschaft
von Wörtern verwandter Sprachen erkannt werden kann. «Augenschein-
lich gehören aber solche Wörter verwandter Sprachen zusammen, welche
sich in Laut und Bedeutung entsprechen.' Mit Recht stellt nun der
llr. Vf. fest, dass man vom Laute überall ausgehen müsse, stellt über-
sichtlich den Lautbestand der indo-germanischen Ursprache dar, und gibt
an, was sich von diesem Lautbestande im Griechischen unverändert be-
hauptet, was sich nach regelmäfsigen Gesetzen in einer keinen Zweifel las-
senden Weise regelmäfsig verändert habe. Dabei wird der in der Theorie
vollkommen richtige und für die etymologische Praxis überaus wichtige
Unterschied zwischen regclmäfsiger (wesentlicher, durchgreifender) und
unrcgelmäfsiger (unwesentlicher, sporadischer) Lautvcräuderung gemacht*
iene durchdringt den ganzen Bau einer Sprache, wie wenn gh, dA, ök
110 G, CuräUS, gricch. Etymologie, nng. v. L Lange,
zu %j ^y 9 verschoben, wenn a in a, c, o gespalten, wenn J ganz ein-
gebüfst wird. Die wesentlichen Lautveränderungen sind die allen
Mundarten gemeinsamen, auf den sporadischen dagegen beruht eben die
Verschiedenheit der Dialekte. Mit Rücksicht auf diesen Unterschied der
regelmäfsigen und unregeimäfsigen Lautvertretung hatHr.Curtius denn auch
das ganze Material seines Werkes in zwei Theile zerlegt, deren einer
(der bereits vorliegende) die regelmarsige Lautverlretung behandelt,
wahrend der zweite (noch nicht erschienene) sich mit der unregeimäfsi-
gen Lautvertretung beschäftigen soll.
im zwölften Abschnitte geht der Hr. Vf. auf das andere Kriterium
der Verwandtschaft , die Bedeutung näher ein , und stellt zunächst
fest, dass*^auf diesem Gebiete des Bedeutungswandels noch grofse wissen»
fichaftliche Aufgaben der Lösung harren, die aber eben ihrer Schwierig-
keit wegen vorläuflg noch zurückzustellen seien. «Es bleibt daher kauia
etwas anderes übrig aN vorläufig für jede einzelne Sprache den Stoff
mit möglichster Umsicht zurechtzulegen und die Ausführung einer, theils
indo-germanischen, theils speciellen Bedeutungslehre der Zukunft zu über-
lassen.* In Bezug auf diese Bedeutungslehre der Zukunft sei mir verstatlet,
ein Wort hinzuzufügen. Hr. Curtius hat bei dem Ausdrucke Bedeutungs-
lehre nur die Bedeutungen der Wurzeln und Wörter in ihrer historischen
Entwickelung im Auge; der Begriff der Bedeutungslehre erstreckt sich
aber ebensowohl auf die Bedeutung der flexivischen und wortbildenden Suf-
fixe. Dass auch diese eine historische Entwickelung durchgemacht
haben , wird der Verf. am wenigsten leugnen , der in seiner Abhand-
lung de nominum Graecorum formntiane vielfach auf die Bedeutungs-
enlwickclung der Nominnlbildungssuffixe hingewiesen hat, und dem es
gewiss nicht entgangen ist, dass die Bedeutung der Gasussuffixe, Tempus-
und Modascharakterc historischen Veränderungen unterworfen ist. Gm
der Lösung der letzten Aufgaben auf dem Gebiete des Bedeutungswandels
näher zu kommen, ist es nun meiner Meinung nach besonders nöthig,
die ßedeutungsentwickelung an den wortbildenden und flexivischen Suf-
fixen zu verfolgen und damit die Bedeutungsentwickelung der Präpositionen,
Partikeln, Conjunclionen, kurz aller derjenigen Wörter zu verbinden,
welche nicht sowohl einen materiellen Gehalt haben, als vielmehr for-
melle Beziehungsverhältnisse ausdrücken. Es fallt mir nicht ein zu glau-
ben, dass die Gesetze der Bedcutungsentwiokelung, welche auf diesem
Gebiete etwa gefunden werden , ohne weiteres auf das Gebiet der Be-
deulungsenlwickelung der verbalen und nominalen Begriffe übertragen
werden könnten. Aber, wie die Erkenntnis des Lautwandels feste An-
haltspunctc an der historischen Betrachtung der Lautform der flexivi-
schen und wortbildenden Suffixe gehabt hat, sO; meine ich, soll man es
nicht verschmähen, aus der jedcnf.ills in gröfseren Analogien vorliegenden
Entwickelung der Bedeutung eben dieser flexivischen und wortbildenden
Suffixe zu ermitteln, in welcher Richtung im allgemeinen die Bedeu-
tungsvcrtindcrungcn vor sich gehen. Wie die vergleichende Grammatik
G. Cttriiut, gricch. Etymologie, ang. v. L. latlffe. 111
sieh zunächst an dem Nachweise der Identität der wortbildenden und flexi-
Tischen Suffixe verwandter Sprachen geübt und gekräftigt hat, um dann
mit sicbererm Schritte an den Nachweis der lautlichen Identität der
Wörter und Wurzeln selbst zu gehen, so muss sie auch an der Bedeu-
tongsentwickelung der Sprach formen ihre Kräfte üben, um dann znr
Ermittelung der Bedcutungsentwickclung der Wörter and Wurzeln über-
zugehen. Dass diese untersuch ungen, ganz abgesehen von der Lösung
der letzten Probleme der Bedeutungslehre, schon jetzt von unmittelbarer
praktischer Bedeutung für die Etymologie der Wurzeln und Wörter sind,
leuchtet ein. Denn nicht selten beruht der scheinbare Bedeutungsunter-
schied einer griechischen und einer Sanskritwurzel eben nur darauf, dass
jene in tbeilweiso anderen Wortbildungen, als diese, fortgelebt hat, dass
ihre Bedeutung also theilweise anderen Einwirkungen ausgesetzt gewesen
ist. «ils die Bedeutung dieser. So ist es Hrn. Gurtius selbst nicht entgangen,
dass die seheinbare Differenz zwischen der griechischen Wurzel Xv9
(Nr. S41) und Sanskrit tup (rumpo) damit zusammenhängen möge, dass
in der homerischen Sprache zunächst nur IvxQog als Bezeichnung des
ärmlichen Bodens, dann erst Xvnri vorkomme. Ohne Zweifel wfirde die
Bedeutung der Wurzel in beiden Sprachen dieselbe sein, wenn im Grie-
chischen eine Verbalform IviiJta (Skr. lump-ami) sich entwickelt
hätte, resp. in Übung geblieben wäre. Das Absterben der Wurzel für
den Gebrauch eines einfachen Vcrbums, und ihre Erhaltung in verein-
zelten Nominalformen XvTC-Qoq. dann namentlich in dem schon an seinem
Suffixe als abstract zu erkennenden Ivnriy kann nicht ohne Einwirkung
geblieben sein auf die griechische Vorstellung von der Bedeutung des Laut-
eomplexes Ivn, die wir ja nur aus sämmtlichen zu jener Wurzel gehörigen
Wörtern erschliefsen. Ich bin weit davon entfernt zu glauben, dass ich
eine bestimmte Antwort auf die Fra^e, warum Xvn im Griechischen seine
Bedeutung gegenüber dem Sanskrit tup verändert habe, hiemit gegeben
hätte; es kam mir nur darauf an, auf die Wichtigkeit dieser Quelle der
Bedeutungsmodi ficationen der Wurzeln hinzuweisen, und ich bemerke
nur noch, dass Hr. Gurtius den Werlh der Tempuscharaktere und der No-
minalsufilxe für die Ermit^eluug der Grundbedeutung der Wurzeln in
den folgenden Abschnitten mehrfach anerkannt hat, wenn auch in einer
. Weise, gegen die ich noch Bedenken vorzubringen habe.
Der dreizehnte Abschnitt behandelt die für die Bedeutungslehre
principiell wichtige Frage: «Ist die Sprache von einer beschränkten Zahl
einfacher Begriffe ausgegangen?* «Oder war schon die Kindheit der
Sprache reicher, beherrschte sie schon eine gröfsere Mannigfaltigkeit nicht
sowohl von Begriffen, als vielmehr von concreten, aus lebendigen Anschau-
ungen entsprungenen Vorstellungen?® Mit Recht entscheidet sich der Hr.
Verf. für den zweiten Theil der Alternative. Wir stimmen vollkommen
bei, wenn er sagt: «Die Indo-Germanen bezeichneten früher die Differenzen
nis den allgemeinen Begriff des Gehens* u. s. w. Wenn er aber diesen
Satz durch die griechischen Verba des Sehens zu excmpliticieren sucht,
112 if. €Hrßiis, griech. Etymologie, ang. v. L lange,
und behauptet: «Das plötzliche Bemerken bezeichnen sie mit tS^tv, das
fortgesetzte Schauen mit dem abgeleiteten Verbum h^ävy wenn sie die Zu-
kunft, gelegentlich auch, wenn sie die vollendete Hmidlung bezeichnen
wollten, griffen sie zu der Wurzel o«,» so scheint mir diese Exemplifi-
oation nicht gerade glucklich. Denn dass die Vorstellung des plötzlichen
Bemerkens nicht der Wurzel J^iB als solcher, sondern eben dem Tempus
i9tiv zukommt, beweist das lateinische Video, das griechische olda.
Man kann also mit gleichem Rechte die Behauptung aufstellen, dass die
Wurzel JiB erst in griechischer Zeit die Bedeutung des plötzlichen Be-
meikens erhalten habe, weil sie hauptsächlich im Aorist gebraucht wurde,
ah die umgekehrte, sie wurde im Aorist gebraucht, weil sie das plötz-
liche Bemerken bezeichnete. Ich bin geneigt, die ßedeutungsdiffe-
renzen, die sich in den IdBüVy oQav, o^ofiori, onana der entwickel-
ten griechischen Sprache zeigen, eben ans dem vorhin berührten Ein-
^i«se der Tempus- und Verbalstammbildung auf die Wurzelbedeutung
zu erklären; daraus folgt dann aber nicht, dass ich etwa im Gegensatze
eil der Ansicht des Hrn. ¥erf.'8 die drei Wurzein für völlig gleichbe*
deutend hielte, und sie alle drei als völlig gleichen Ausdruck des B e-
griffes Sehen ansähe, sondern nur, dass ich genöthigt bin anzu-
nehmen, die ursprüngliche sinnliche Differenz der drei mit jenen Wurzeln
verbundenen Vorstellungen, wie beschaffen sie immer gewesen sein mag,
sei bei der späteren Entwickelung der Sprache so unbedeutend erschienen,
dass sich nicht alle drei Wurzeln in vollständiger Flexion erhielten.
Warum aber nicht zwei von i\hnon ganz abstarben , sondern jede einen
Theil ihrer Forfnen verlor, so dass schliefslich die Conjugation des
Verbalbegriffcs Sehen nur in jenem Dreiklange ausgedruckt werden
Itonnte, darauf lässt sich keine bestimmte Antwort geben, sondern man
kann nur im ^allgemeinen die Vermutbung aussprechen, dass jede der
drei Wurzeln im Gebrauche zu fest stand, um ganz- aus dem Sprach*
ibewusstsein zu verschwinden. Rücksichtlich der Wurzel 6n (Skr. aA)
wird weiterhin vonCurtius ermittelt, dass ihre Grundbedeutung gewesen
sei: aufblicken. Der Ur. Verf. fügt bei: «Vielleicht erklärt sich aus der
momentanen Beschaffenheit dieser Vorstellung, warum die Wurzel o»
im Griechischen nicht im Präsensstamm .vorkommt.» Aber ist denn aus
dem Aoristgebrauche der griechischen Sprache zu schliefsen, dass Verba,
die die Vorstellung einer momentanen Thäligkelt enthalten , eine prin<>
cipiello Abneigung gegen die Präsensform haben? Und musste man nicht,
wenn die Wurzel o» zur Grundbedeutung die des momentanen Aufblickens
halle, nach der Theorie des Hrn. Verf.'s schliefsen, dass sie gerade für den
Aoristgebrauch prädestiniert gewesen sei, den sie jedoch bekanntlich der
Wurzel J^i9 überlassen hat? Ich mache deshalb- diese Bedenken geltend,
um zu zeigen, dass es verfrüht ist, auf die Bedeutung der Wurzeln aus
den Temporibus, an denen sie vorkommen, zu schliefsen (ein Verfahren,
das Curtius im 14. Abschnitte noch weiter fortführt), ehe festgestellt ist.
weloho Bcdoutungscntwickelung die Tcmpuscharaktcre selbst durchge-
G. Cnfilui, griech. Etymologie; ang. r. L Lange. U9
macht haben, welches reslzustellen eben Aufgabe der vergleichenden Bedeu-
tungslehre der Flexioiisformen, auf deren Wichtigkeit ich vorhin im allge-
meinen hinwies, aein wird. Hr. Curlius gebt z. B. von der Voraussetzung aus,
dass die uns gelaufigen Bedeutungsunterscbiede des Perfiects. AorisUt
Imperfects ebenso alt wären, wie die griechische Sprache, folglich auch wie
die griechischen Wurzeln. Wenn sie es nicht sind, so folgt, dass niclil
der Zusammenhang zwischen der Bedeutung der Wurzel und der Tempus-
form sein kann> den Ur* Gurtiua statuieren möchte« Dass sie es nicht sind»
folgt für mich mit grofser Wahrscheinlichkeit aus der Thatsache, dass isi
Sanskrit wo] die drei Formen, aber nicht die griechischen Bedeutungsdifife-
renzen, sondern entweder gar keine oder wcDigstcna gana andere noch
nicht ermittelte vorhanden sind, sowie aus der Thatsache, dass im Lateini-
schen die Perfeciform die aoristische und Ferfectbedeutung in sich vereinigt.
Der Schluss dieses Abschnittes gibt uns noch zu einer andereo
Bemerkung Anlass. Der Hr. Verf. erklärt S. 84 sich den althcwährteo
Satz, dass die Abstracto aus Coucreüs hervorgegangen seien^ zu eigei
zu machen, fugt dann aber hinzu, es gebe trotzdem solche Wurzeln,
welche — ob vom ersten Anfange an, lässt er dahingestellt — , jeden-
falls schon vor der Spracbtrennung recht eigentlich geistige Tbätigkeiten
bedeuteten, wie z. B. many gnä, gmar. Den altbewährten Satz, dass
die Abstracte aus Concretis hervorgehen^ gebe ich um so bereitwilliger
zu, als ich überzeugt bin, dass alle Vorstellungen ursprünglich sinnlich
waren. Auch die Möglichkeit der Ausnahme, so beschränkt^ wie Ur. Curtiua
sie beschränkt, gebe ich zu, weil das indo-germanische Urvolk bereits
vor der Trennung aus den sinnlichen Vorstellungen zu den Vorstellungen
geistiger Tbätigkeiten durchgedrungen sein muss. Aber ich glaube, dass
der Satz «Abstracte gehen aus Concretis ben'or» eben seiner weitgrei«
fenden Wichtigkeit wegen einer näheren Untersuchung ub^r das Wio
dieses Vorganges bedurft hätte. Es scheint mir für das Verständnis
dieses Vorganges das Bestreben des Personificierens und der Vergleichung,
das den Völkern auf ihrer ältesten Entwickelungsstufe in besonderer
Kraft beiwohnte, und das ja auch in der Mythenschöpfung so sehr be-
langreich ist, von besonderer Wichtigkeit zu sein, und es würde gewiss
Nutzen bringen , wenn jemand den Wortschatz der griechischen Sprache
darauf hin untersuchen woUtCj um festzustellen, in weichem Umfange
jene Tendenzen gewaltet und welchen Einfluss sie auf die Bedeutungs-
entwickelung geübt haben. Die Tendenz des Personificierens spielt wol
nur auf dem Gebiete des Nomen eine Rolle, die des Vergleichens da-
gegen nicht h\oh hier, sondern auch auf dem der Veiba und Wurzeln,
liic Entstehung der abstracten Bedeutung «wissen* aus der sinnlichen
Bedeutung «sehen* z. B. erkläre ich mir daraus, dass man jene gei-
stige Thätigkeit mit der sinnlichen Thätigkeit des Sehens verglich, und
deshalb in Ermangelung einer kyriologischen Bezeichnung metaphorisch
mit dem Worte bezeichnete, das diese sinnliche Thätigkeit ausdrückte»
Ebenso würden Wurzeln, die sinnlich «zerreifsen* bedeuten, auf dem
114 G, Curiiut, griech. Elymologie, ang. v. L: Lange.
Wege clor Metapher zu der Bedeutung «kräiikeu, bekümmern* gelangen,
Dagegen würde es nicht sowol eine Metapher aJs eine Metonymie sein,
wenn ein Verb, d.is <i Vollsein» ausdrückt, die Bedeutung «seufzen* an
sich entwickelt (efflciens pro efflscio). Eine Stütze für diese Behaup-
tungen finde ich in der homerischen Diction, die ja so häufig bei Verben,
die Gemüthsbewegungeu oder sonst irgend eine geistige Thätigkeit aus-
drucken, ein &vfi£, q)Q86lv, xccv« ^iilov u. dgl. hinzufügt: log e tav^
äfffiaivs xoctä tpQiva xol nctta ^(lov, ctitaQ o iyvm r^otv ^vl tpQBöiv,
X»6^svog xiJQ u. 8. w. Diese Zusätze scheinen mir ursprünglich als
Stutzen für den metaphorischen Gebrauch der Verba aufgofasst werden
zu müssen. Die entwickelte Sprache, die mit feststehenden geistigen
Vorstellungen und Begriffen operiert, lässt die Stützen fallen, weil sie
ihrer nicht mehr bedarf. Die homerische Sprache, die in dieser Hin-
sicht sich in einem Obergangsstadium befindet, p)enützt sie noch um
des sinnlichen Effects willen, wenn sie ihrer auch, streng genommen,
nicht mehr bedarf. Die vorhomerische griechische Sprache wird sie in
vielen Fällen noch um des Verständnisses willen benutzt haben. Es wurde
hiernach eine der nächsten Aufgaben der Bedeutungslehre sein', die
Metaphern zu ermitteln, welche sich factisch in den Verbalbedeutungen
der griechischen Sprache vorfinden. Die Zusammenstellungen von Gurtius
liefern dafür sehr viel Material. Wenn ich liicht irre, so wird sich von
diesem Gesichtspuncte aus dann auch ergeben, dass der Satz, die Wur-
zeln bezeichnen ursprünglich die sinnlichen Differenzen des Gehens, Se-
hens u. s. w. , für die Erklärung der übertragenen Bedeutungen nicht
ganz so wichtig ist, wie es scheinen könnte. Denn gerade bei der Meta-
pher kann nicht immer die specielste Eigenthümlichkeit einer Vorstel-
lung, sondern muss häufig nur die generelle Grundlage derselben zur
Vergleichung benützt werden. So kommt es, dass verschiedene Verba
des Gehens, auf geistiges Gebiet übertragen, sich nicht so unterscheiden,
wie sie es auf sinnlichem Gebiete thaten. Sie können auf geistigem Ge-
biete sich von neuem differencieren, es ist aber eine, wie mir scheint,
unberechtigte Voraussetzung, dass sich auf geistigem Gebiete Analoga
derselben Differenzen nothwendig wieder finden müsstcn, die auf dem
sinnlichen Gebiete vorhanden waren. Ferner zweifle ich nicht, dass,
wenn man sich überzeugt hat, dass fast alle Wörter, die geistige Thä-
tigkeiten bedeuten, mit Sicherheit auf eine sinnliche Vorstellung zurückge-
führt werden können, dass man dann, wenn auch nicht die Wahrheit,
doch die praktische Wichtigkeit des Satzes, dass schon vor der Sprach-
trennung einige Wurzeln recht eigentlich geistige Thätigkeilen bezeichnet
hätten, für die Elymologie in Frage stellen wird. Was z. B. die von Hrn.
Curtius zum [Sachweisc einer sogenannten rückläufigen Bedeutungsent-
wickelung benutzte Wurzel man betrifft, so sehe ich in der That die
Nothwendigkeit nicht ein, warum wir den Begriff des Bleibens, Beharrens
(liiva, maneo) aus dem des sinnenden, zögernden Denkens ableiten
sollen, da der umgekehrte Entwickelungsgang nicht allein eben so mög-
6, CurtHtd, griech. EtymoJogic, ang. v. l. Umge. 115
Hchy'^tODderDf durch die Analogie der nicht ruckläufigen Bcdeutungsübcr-
ginge viel wahrscheinlicher ist Denn da auch im Zend upa-man bleiben
bedeutet, so ist die Annahme, dass die Bedeutung bleiben sich im
Griechischen, Lateinischen und Zend aus der Zeit der Einheit erbalten
hat, mindestens ebenso wahrscheinlich, als dass sie sich erst nachträglich
im Griechischen, Latein und Zend, in jeder der Sprachen naturlich
selbständig, entwickelt habe.
Im Tierzehnten Abschnitte wird auf die Wichtigkeit der Verben
far die AufiTiudung der Grund vorstell nng hingewiesen. Gegen die Art, wie
Hr. Curtius hier aus den Bedeutungsunterschieden der Tempora auf dio
Bedeutung der Wurzel schliefst, habe ich bereits im Obigen meine Be-
denken geltend gemacht. Außerdem wird hier aufmerksam gemacht
auf die Wichtigkeit der Genera verbi, der Präpositionen, mit denen sich
die Verba verbinden, der Casus, welche sie regieren. Nach einer Bemer-
kung über die Wichtigkeit der Nominal-Ableitungen zur Erkenntnis der '
Grundbedeutung der Wurzeln wird mit Recht dio Wichtigkeit der ho-
merischen Sprache für die Feststellung der Bedeutungen hervorgehoben.
Der fünfzehnte Abschnitt bespricht die Wichtigkeit der Analogie
«der grofsen aber nicht immer zuverlässigen Lehrmeisterin,» für die
Erspähung der Wortbedeutungen. Je spärlicher Analogien der Bedeutungs-
entwickelung bei der individuellen Beschafifenheit der einzelnen Fälle
Torhaoden, je spärlicher sie gesammelt sind, um so mehr muss man
dem Hm. Vf. dankbar sein, düss er einige^ recht einleuchtende Beispiele
von Analogien auf dem Gebiete der Bedeutung Torgefuhrt hat Sie be-
weisen den Zusammenhang der Vorstellung des Sehens mit der des
Glänzens, des Vollseins und des Seufzens, des Langsamen und des Zar-^
ten, des Schmutzes und des Bcnetzens, der Farbe und des Bedeckens,
des Mahls und des Austhcilens u. s. w. Diese Analogien werden hoffent-
lich viel reichlicher ausfallen« wenn man die Geltung der Metapher für
die Bedeutungsentwickelung untersucht haben wird. Ich erlaube mir
hinzuzufügen, dass auch die poetischen Metaphern von Wichtigkeit sind
für die Ermittelung der rein sprachlichen Metaphern in der vorhistori-
schen Zeit. Denn bei aller Individualität der dichterischen Schöpfungs-
kraft sind die Dichter doch auch von den in der Sprache selbst liegen-
den Tendenzen beherrscht und können nur im Geiste ihrer Sprache
Metaphern bilden.
Wer die Erörterungen des Hrn. Vf.'s über die Bedeutung der Wör-
ter gelesen hat , wird zwar nicht überall ganz feste Stutzen für die
Beurth eilung , ob ein Bedeutungsübergang annehmbar sei oder nicht,
finden; aber er wird auch nicht mehr behaupten mit Polt E. F. 1, 73,
dass «die Bedeutung etwas so wandelbares und vieldeutiges sei , dass
sich fast für jede mit jeder irgend eine Beziehlichkeit, irgend ein Ge-
dankenübergang finden lasse.'
Der sechzehnte Abschnitt handelt endlich über die Etymologie der
Eigennamen, und zwar wesentlich polemisch gegen die herrschende Nei-
lU ^. (^triiU9y griecb. Etymologie, ang. y. ^ £Mfe.
gung, gerade EigcDnaman von Localen und nythiscKea Pereonek lu eiy*
mologisierea^ Die Schwierigkeiteo, die der EtyBiologie der Efgcnaainen
sich entgcgenslelleiii sind sehr gut dargelegt, und daa Terfehlte saldier
Etymologieo ao tiince ichenden Beispielen dargethan.
Nach dieser Einleitung folgt eine Tabelle, welche die Umschreibung
des Sankrit- Alphabets, des eyrillisehen Alphabets, und einige Angaben
über die Geltung gewisser Buchstaben in litauischen Worten , auf dop
Ruckseite die regelmäfsige Lautveriretung im Sanskrit, Griechischen,
Italischen, Deutschen, Kirchenslavischen und («itauischen enthält
Darauf folgt die «regelmäfsige Lautvertretung ,^ welclie den Best
dfiß Bandes S. 10t— 3T1 einnimmt.
Diesen Theil liat der Ur VC nach der Reihenfolge der Laute lio-
handelt, und zwar mit den m^tis beginnend und den Vocalcn schliefsend.
Ell hat ihn dabei die Absicht geleitet, zur Anschauung zu bringen, in
wie ausgedehntem Mnfse ein festes Gesetz die Laute der griechischen
Sprache und damit unsere etymologische Arbeit beheivscht (Yorr. 8. VIL
vgl. S, 72)f So löblich diese Absicht ist und in SQ hohem Grade sie
auch crrficht ist, so kann ich doch nicht umhin, ein Bedenken gegen
die Sacbgcmilfsheit gerade dieser Anordnung zu äufsern. Es scheint mir
nämlich^ dafs derjenige, d?r es unternimmt, den Wortschatz der griechi-
schen Sprj^che nach seiner etymologischen Zusammengehörigkeit zu ver-
zeichnen, den Constanten Lautwaudel derselben aus der grieithisehen
Lautlehre als bekannt voraussetzen muss. Glaubt er das nicht zu können,
80 ist nichts dagegen einzuwenden , wenn er eioleitungsweise den con-
stantcn Lautwandel darstellt und durch Beispiele erläutert Die Anord-
nung des Wortschatzes selbst dagegen muss nach den erreichbaren Etymis
geschehen, d. h. also im günstigen Falle nach den Wurzeln, oder, da
diese nicht in allen Fallen zu erreichen sind, nach den Wortstammen.
Indem Curtius die Wörter und Wurzeln, die er in diesem Theile be*
handelt hat, gewissermafsen nur als Belege für die Thatsachen des Laut^
wandeis hinstellt^ hat er die Zwecke einer wissenschaftlichen Lautlehre
mit denen einer etymologischen Obersicht des Wortschatzes zu vereini-
gen gestrebt. Die Folge ist, dass beide Absichten theilweise verkümmert
sind. Da nämlich fast jeder der behandelten 619 Artikel (bei richtiger
Zählung sind es übrigens 635) als Beleg für mehrere Erscheinungen des
Lautwandels dienen könnte, so hätte, wenn der Zweck der Lautlehre
rein hätte durchgeführt werden sollen, jeder Artikel unter allen flauten,
für die er als Beleg gelten konnte, aufgeführt werden müssen, die
Wurzeln 9bq% und 9nt nicht blofs unter % sondern auch unter 9, jene
aufserdem unter <i, diese aufserdem unter i u. s. w. Naturlich hat
Curtius dies unterlassen , weil es für die Zwecke einer etymologischen
Übersicht allerdings überflüssig war. Davon ist aber nun die Folge, dass
die Laute, die Hr. Curtius früher behandelt, mit verhältnismäfsig mehr
Beispielen belegt sind, als die Laute, die bei der gewählten Reihenfolge
am Ende behandelt werden. So kommt es, dass der Lautwandel von n
G. Otram, griech. Etymologio^ ang. ▼. L. idm§e. 117
116 Artikel , d. i. mehr als den sechsten Theil aller umfasst, wibreml
4er Laatwandei simmtlicher Voealo nur 11 Beispiele hat, das Diganma
■or IS. Der Obelstand ist allerdings nicht so bedeutend, dass er sehr
ilark in's Gewicht fiele i denn wer sfimmlliche Belege für den Laut-
wsndel des Digamma x. B. xusammenstellen will, kann sie sich mit ver-
mtniiwMfsig leichter Muhe aus den unter die anderen Laute vertheilten
Aftikchi heraussuchen. Immerhin aber bleibt dies eine kleine Unbequem-
lichkeil, die zeigt, dass der Hr. Vf. wenigstens bei der regelmSfsigen
La«lTefftretaog besser gethan h£tte, den Qesichtspunct des Wandels der
eiuebien Laute nicht f um eigentlichen Eintheilungsgrunde des Materials
tu wihleii«
Anderseits lasst sich noch weniger leugnen, dass der Zweck,
eine Obersicht über die etymologisch erklärbaren Bestandtheile des grie-
chiscben Wortschatzes zu geben . eben durch diesen , dafür eigentlich
gleicbgilligeo Gesichtspunct, theilweise verkümmert ist. Man hat eine
llettge TOD Einzelnheiten vor sich, die unvcrbunden neben einaiuler
stehen. In bunter Folge wechseln Artikel, die eine Wurzel an der
Spitze tragen, mit solchen, denen ein Verbalstamm, und mit solchen,
dcnea ein ausgeprägtes Wort vorgesetzt ist. Ohne Zweifel wurde es,
■■ zu überblicken, wie weit die etymologische Arbeit in den griechi^
irhcn Wörterschatz bereits eingedrungen ist, dienlicher gewesen sein,
die sieber ermittelten Wurzeln für sich zu behandeln, darauf die Ver-
babtäBme und Verba folgen zu lassen, welche man noch nicht mit
Sieherheit auf eine griechische Wurzel zurückfuhren kann, endlich nach
den ledetheilen geordnet, die etymologisch bestimmbaren Substantive,
Adjective, Zahlwörter , Adverbien, Partikeln , welche nicht einmal mit
Sicherheit auf einen Verbalstamm zurückgeführt werden können. Ich
ÜB uuter diesem Gesichtspuncte die sammtlichen Artikel durchgegangen
Mwi habe geftinden, dass unter den 635 Artikeln des Buches 283 eine
Wurzel an die Spitze gestellt haben , eine Zahl , die gewiss erheblich
genug ist* um den Gedanken, diese eigentlichen Irvf&a in einer Etymo-
logie vor allen Dingen zusammengestellt zu finden, berechtigt erscheinen
zn lassen. Wenn auch der Versuch , den griechischen Wörterschatz
lediglich nach Wurzeln einzutheilen , selbst jetzt noch verfrüht ist,
wie er es in Benfey's Wurzellexikon war, so bindert dies doch nicht, den
Theil des griechischen Wörterschatzes, der sicher auf Wurzeln zuiück-
gefniirt werden kann, eben nach diesen Wurzeln zur Übersicht zu
brioges. Die Wurzeln selber, deren Zahl sich noch etwas ermärsigen
vürde, wenn man Wurzeln, die Hr. Curti US selbst für verwandt erklärt und
dcmioeh treonty nur einmal rechnen wollte, brauchten uicht nach dem
Alphabet ihrer Anfangs- oder Endbuchstaben verzeichnet au sein, son-
dern niaa könnte sie eintheilen je nach der Zahl der Laute, aus deneu
ue bestehen. Den Lesern dieser Recension sind vielleicht einige natiere
Aigaben hierüber interessant, die ich um so lieber binsulüge, aU si»
ugleieh ein Licht auf den Umfang des Materials werfen, weldies der
ZMHebrift U ^ StUrr. Ovmo«». lS6>i. H. Hvfi. 9
US €, CUrUtiSf grioch. Etymologie, ai>g. v. X. lange.
Verf. otyoiologisch bearbeitet hat. Aus einem Vocale besieht nur
die eine Wurzel i, gehen (615); aus ftwei Lauten, Cousonant unU Vocal,
bestehen ^S Wurzein, und zwar beginnen 31 mit dem Consonantea '), 17
mit dem Vocal ') ; aus drei Lauten, d. i. aus 2 Konsonanten und 1 Vocale,
bestehen 131 Wurzeln, und zwar haben 6 die beiden Gonsonanten im
Auslaut'), 24 beide Gonsonanten im Anlaut 0» 101 je einen Gonsonanten
im Anlaut und Auslaut *) ; aus Tier Lauten, d. i. aus 3 GoDsonanJteo und
1 Vocale, bestehen 62 Wurzeln, und zwar haben davon 37 zwei Goq>
80nanl^u im Anlaut, einen im Auslaut*), 15 .dagegen einen Gonsonanten
Im Anlaut, zwei im Auslaut'); aus fünf Lauten endlidb, d. i. aus 4 Gon-
sonanten und 1 Vocale, besteht nur die eine Wurzel attiitp (219). Es ist
kein Zweifel, dass mit diesen Wurzeln ein sehr erheblicher Theil des
griechischen Wortschatzes etyoiologisch bestimmt i»t, und dass die
') xt67, i«t>79, y« (y«i')128, a;a (zav) 179 , Z* 194, x««03, t«
(Ttttr, tev) 230, w 247, Sa 25«, Ss 264, di 208, So 270, »a (^)
307, »e 300, ^ 320, m 363, so (ni) 371, nv 383. 9« 407, 9a
(tpBv) ^iO, (pv M7, V5 436. vv 442, /*« 4G1, ^v 47a, Xa &Z%, Xv
' 546, Xv 547, 6a 571, av 578, av (v) 604.
*) «IC 2, /x24»», iy 117, vy 158, &% i^YX) ^60. ^* 27», o*288, »9
406>>), iv 419. ig 488, ig 492, 6q 500, ig 564, ^ 668, ia 616,
«/ 586, «j^ 587,
*) ayx 1, aU (a^x) 7, a^y 121, uqx 165, ««^ 253, ilq> 398.
•) xri78, xU60, xXv62, xilv 63, x^a (x^av) 72, x^i76, xpv 77,
yirco 136, x^i 201. *9Cf272, ^^cf 273, '0^va316, -^9« 317, ntv
{nvv) 382, nla 366, nXv 369, «fv 370, ngct 378, qpi« (9X», 9I1,
9X1;) 411, 9XV 113, 9ra2i6, ^tv 228, <ryv 443, apv 517.
•) xav 32. xcf« 34, xa« 36. xa/ 44, xcA 48, xs^ 53, %of 64b «o«
68»»), xv^ (xt;^)81, xaJ 284, xi;a'321, ya/ 122, yff* 127»>), 2«*
180, a:«? 185, x«* 186, ZBQ 189, Ta9 233, ts% 235. rfZ 236, «f*
237, t$if 239, rv* 248, tM 249, TV9 26i, *ax 9> *tx 14, dox 16,
Saf 258, ^aZ 250, a^ft 260, San idsn) 261, ^eji* 265, Sag 267,
*i/269, '^iyl4o, d«/308, ^ivU\, -^*ff3l2»>), ^e/313, ««i97,
sTixlÖO, wix 101, «er 214; wf^ 2^1, «1^327, «vO- 328, say343,
9rey354, «0^376, 9vy 163, 9ay 408, 9«^ 411, vs% U2, ii)vi%
424, «re|»43i. vsg 432, y»y (iri(J) 439, fiofx 90, fivx 92, fii^ 176,
l^sS 1^6, iitv (juav) 429, [lay 456, iiaS 466, fiep 467, (ug 468,
Aiiy 47^, fivd 479, (ey 154, ^e^r 513, la% 85, lax 86, Zvx 88, i«y
146, Zvy 148, Zt^ 173, ^^^174, Ztw 340, Zv« 341, Xaj^ 536, A«y
638, Xi(J641, Xi9 545, «ra^ 170, <ra* 280, «^«^281, <rep 618, /»x
17, /fx 19, J^n 160, /** 282, J=o» 324, /ef* 452, J^«? 498, fog
501, /fZ (/«A) 527, /eg 666, jay 118, fvy 144, fsß 567.
•) xtav (xT«v) 77*»), x^aa71, xU« 58, y(?a9 138, yZa9 134, yZii9
134»»), x^a^lOO, T^fxl78, r^«ß 244, t^s/a 245, a^üff* 274, «X*x
103, «Xcfy367, 9^«y 161, 99vy 162, 99«« 413, axay 573, c%b9
294. <Txia295, ffxa« 108, <jxa« 109, ansniU, ü%vX 114, mey
155, atix 177, ffrei» 220, axe^ 221, otatp 224, «ty 226, otog 227,
«r^ra^ 389, 09«^ 296, a9aZ 558 , aZi;y549, 0lMp (auap) 466,
<J «^252, <Tita283.
')xap7r4l, «9^240, tf per 241 , dapÖ- 262 , ^epx 13, «r^p* 292,
?r«v^326, f*fiyl50, /Afpy 161, ^«1^287, Za|[ijr389, «repir 338,
/fpy 141, i^fpy 142, /ax 22.
^. CkfUui, griech. Etymologie, atig. t. L Lan0. iiii
femert elyaiologitche Arbeit innertialb des griechischen Sprachschatzes
Wk si«, wie um •inen festen Kern, sich gruppieren muss.
Von den Verbalwnneln getrennt könnten die sogenannten Prono-
■inlwQrxehi llir sich aosammengestellt sein, da der betreffende Ab-
■etaitl in Bopp't vergleichender Oraminatik denjenigen, der eine über*
«cht des grieohisclien Sprachschatzes vobi etymologischen Standpuncte
au gaben will, der Verpflichtung nicht überhebt, auch auf dem Gebiete
der Pronomina das etymologisch Sichere aus der Menge des IJngewissen
beraoaiuheben. Unter den Artikeln des Curtius'schcn Buches beziehen
sieh 3& auf Pronomina und Partikeln. Verbalstamme der Verba finden
nch an der Spitze von 60 Nummern; 317 endlich beschäfligen sich
«it der Etymologie von Nominalformen (Substantive, Adjective, Zahl-
wörter). Auch die Zusammenstellung dieser nach gewissen Gesichts-
puDCten, etwa nach der Verschiedenheil der Bedeutungen (concrele , ab->
itrade^ Begrifft des Raumes, der Zeit, der Farbe, der Gestalt) u. s. w.
«irde nir LAsmig der Aufgaben der Bedeutungslehre gewiss sehr dien-
lich aetn. AUat dieses bemerke ich übrigens nicht, um es dem Uro. Vf.
sn Isgeo, dass er diese Gesichtspuncte nicht genommen hat^
ÜB anf die weiteren Aufgaben der etymologischen Forschung
isen, wobei dem Hm. Vf. der Dank aller, die sich mit griechi-
¥km Sprache besch&ftigen, dafür gebührt, dass er überhaupt erst eine
ietle ttmndlage für derartige weitere Untersuchungen geschaffen hat.
Wenn wir nun auf den Inhalt der einzelnen Artikel eingehen woll-
ten, so wirdc bei der Reichhaltigkeit und der gedrungenen Kürze des
lasbes noch sehr vieles theils beistimmend, theils zweifelnd gesagt wer«"
hm kOHwn. Aber das kann nicht die Aufgabe dieser Recension sein,
lamal da dieser Gesichtspunct in anderen Recensionen über das vorlie-
gende Buch genügend verfolgt ist *)• ^if beschranken uns daher darauf,
ansoerkennen, dass der Hr. Verf. mit grofser Umsicht und Be-
be! seinen Aufstellungen verfahren ist, dass er eine ebenso
scharfe Iritik wie umfangreiche Belesenheil documentiert , und dass er
ihsrall nüt strengster Gewissenhaftigkeit den gröfseren oder geringeren
ted dar Walirseheinliehkelt einer Etymologie angibt Dass bei so aus-
gadtbnUm und bisher so wenig gesichtetem Haterial einzelnes Verfehlte
Umeh einige unter sich unvertragliche Ansätze, wie z. ^. TumOy rumeü
sowohl bei lir 149 als auch bei 617) sich dennoch behauptet hat, kann
doB Weifte des Buches keinen Eintrag thnn. Trotzdem wenigstens Wird
*) Es interessiert die Leser dieser Recension vielleicht, auch die
anderen Recensionen, die das Buch bisher erfahren hat, kennen su
lernen. Es ist recensiert von C. im Centralblatt 1859^ S. %S% von
Leo Meyer in den Göttinger Gelehrten Anzeigen 1859, S. 459, von
Uuaperdinck in Mütseirs Zeitschrift für das Gymnasialwesen 1859,
S. 439, von Uugo Weber ebendaselbst S. 613» von Scbweiser in
Knbtrs Zeitschrift für vergl. Sprachforschung Bd. Villi S. 437.
9»
iSO Sekmki, Vorübungen i. griecbi Chrestomalhie , ang. v. J. MBlkakL
e$ Ton jetzt an der Ausgangspunct für alle Untersuchungen auf dem Ge-
biete der griechischen Etymologie sein, und ohne Zweifel wird es sieb
ilurchgehcnds als ein sicherer Führer im Labyrinthe erweisen. Zum
Schlüsse kann ich nicht unterlassen, nebst meinem Danke für tei^9
Belehrung und Anregung auch den Wunsch auszusprechen, dass es dem
Hm. Vf. vergönnt sein möge, den zweiten Band recht bald lu Tollenden.
Qiefs«n4 L. Lange.
Vorübungen zur griechischen Chrestomathie in Beispielen m
Einleitung in die griechische Syntax von K. A. Schmid. Zweite
durchgesehene Auflage. 8. Stuttgart, J. B. Metzler, 1855. IVu. MS.
— 84 kr. ö. W.
Vorliegendes Werkchen ist bestimmt «solchen Schülern, welche die
griechische Formenlehre absolviert haben, zu einiger Fertigkeit im Ober«
setzen in's Deutsche zu verhelfen, während sie zugleich in die wieh^
tigsten Regeln der Syntax eingeleitet werden und dann für etwas weiter
vorgerückte Knaben eine Syntax in nuce zur Wiederholung und Ein*
pragung zu bilden.' Die zweite Auflage unterscheidet sich Tmi der
ersten hauptsachlich darin, dass in den Anmerkungen alle die Beden-
tungen angegeben werden, deren Kenntnis man bei dem Schüler noch
nicht voraussetzen kann, während in der ersten Auflage nur die Be-
deutungen angegeben waren, die in dem Wöfterbuche, das der von
Schmid und Metzger bearbeiteten griechischen Chrestomathie beigegeben
war, fehlten — ohne Zweifel eine praktische Änderung, da dadurch dem
Schüler viel Zeitaufwand erspart, und er in Stand gesetzt wird, binnen
derselben Zeit ein gröfseres Pensum auszuarbeiten.
Zu dem Zwecke, zu dem der Hr. Verf. dies Hilfsbuch bestimml
hat, ist es recht brauchbar. In XVIH Abschnitten sind instructive Bei-
spiele zur Einübung der wichtigsten syntaktischen Regeln in hinreichen-
der Anzahl dargeloten; die Anmerkungen sind in einfacher und für die
Fassungskraft des Schülers ganz geeigneter Form gegeben; auch diiOr
ist Sorge getragen, dass der Schüler nicht blofs richtig, sondern anch
gut deutsch zu übersetzen sich gewöhne (vgl. z. B. Anm. II, 9, 8; IS, 7;
V, 16, 7; VI, 5,1; VU, 4, 10; XV, 12, 4); passend sind zuweilen lur
Verdeutlichung mancher sprachlichen Erscheinungen im Griechischen die
entsprechenden lateinischen' herbeigezogen (z. B. 11,8,15; 111,2,9; Uly
9, 1 1 V, 17, 2; VI, 25, 5 ; VI, 32, 3); auch das ist zweckmäfsig, dass
zuweilen kurze sachliche, meist historische, Anmerkungen zum Ver-
ständnis des Gedankeninhalts beigegeben sind (z. B. 111. 12, 12 ; V, 5, 6 ;
V, 18,4; VI, 8, 7).
In zwei Puncten können wir aber mit dem Hrn. Vf. nicht einver-
standen sein. Erstlieh scheint es uns nämlich, dass der Hr. Vf. den Schü-
lern zuweilen das Übersetzen viel zu leicht macht und dass diese oder
Vorübungen i. griech. Chrestomathie» ang. v. J. KtHMa. ftl
jene Anmerkung besser weggeblieben wSre, und zwar da, wo es keinem
Zweifel unterliegt, dass ein aufmerksamer Schuler das richtige heraus-
loden muss. So hatte i. B. die Anm. V, 5, 4 cals Dionys gestürzt
war* wegbleiben sollen ; denn hat der SchQler den Satz 1, 7 (OeoxpiTOs
lf«Ti|#t/g . . . efarrj^); I, 8; 1, 12; V, 3 zu übersetzen gcCrofTen, so ist
ei irar nicht zweifelhaft, dass er auch diesen Satz (Jövvaiog o vBci-
lifg hiMMmv x^g i(fz^9 • . . fyv) ohne jede Anmerkung gehörig über-
•fCzcn wird. -^ So ist Anm. VI, 12, 2 uberflGssig ; denn II, 10, 4 ist
ganz derselbe Fall in der Anmerkung besprochen; ebenso ist nicht ab-
f oseben , wozu der Verf. die Anm. IX, 6, 9 macht : «das Pcrf. hat im
Pftfs. und im Alcd. dieselbe Form.'
Doch finden sich solche uberflijssigc Anmerkungen Im ganzen
nidit häufig ; häufiger ist das Gegentheii der Fall, nSmlich dass manches,
das einer erklärenden Anmerkung bedurft hfitle , nicht erklärt wird,
obwohl der Hr. Vf. in der Vorrede versichert, er habe sorgfältig gesucht,
in den vorderen Abschnitten durchs die Anmerkungen alles dasjenige zu
ebnen» was dem Anfanger Schwierigkeiten machen könnte. Diese Sorg-
Cüt besieht aber häufig mehr darin , dass dem Schüler die Obersetzung
fertig dargeboten wird, als dass die Schwierigkeit durch eine Erklärung
beseitigt wurde. So wird z. B. XV, 25, 10 ntqioQ&v Tivor admovyLSvov
ibersetzt: «einem unrecht geschehen lassen,* oiler 11,17,19 ovxiti
cnicbt eben so* oder X, 14, 9 9naQ «wachend;* aber zu einem klaren
Tentindnts, das doch auch schon auf der untersten Stufe anzustreben
Qnd in solchen Fällen, wie die eben angegebenen, so leicht zu erreichen
i»t, mird dem Schüler dazu nicht vcrholfeii. Ebenso wäre eine erklä-»
rrndc Anmerkung zu wQnschen in dem Salze 11,11 ober te-*txi, in
VI, tl über Iniygaiptv, in XVIII; 21 Ober naqä fiinQhv invCyri (wo
dem Schuler das Fehlen des av sonderbar erscheinen muss), in XVIII, 23 .
aber die Satzstructur und über das ooxo^» am Schlüsse des Satzes.
Zuweilen hätte eine Bemerkung, die der Hr. Verf. erst in einem
itpitereo Abschnitte macht, schon früher beim Vorkommen derselben
spraehlicheo Erscheinung hingestellt worden sollen. Zwar hat dies der llr.
Verf. gefli.uentlich gelhan ; denn er sagt am Schluss der Vorrede i Wenn
Griei^tmen, die in den späteren Abschnitten erörtert werden, schon weiter
\orn vorkommen, so wurden sie gewöhnlich in den Annierkungen nicht
besprochen.'* Aber über den Grund dieser Anordnung spricht er sich
nicht aus und Ref. ist der Ansicht, dass das Gegentheii meist zweck-
Dif<»iger gewesen wäre ; denn der Schüler soll nichts unverstanden oder
halb\ erstanden in sich aufnehmen; er soll sich nicht begnügen, wenn
er den Sinn eines Satzes leidlieh zusammengebracht hat, sondern er soll
»iirh in den unteren Classen zu der Einsieht gelangen, wie es denn
komme, dass diese oder jene Worte diesen oder jenen Sinn haben; er
«oll, wo ein Unterschied zwischen der griechifchen und deutschen oder
lateinischen Sprache stattfindet, zum Verständnis desselben gebracht wer-
den — oder, wo dies seine Fassungskraft überstiege , da sollen lieber
19t B. Sieäier, das Wichtigste von den Coi^junct., ang. v. L Vieikuber.
dergleichen Beispiele, in denen dem Sph^ier immer elwas unklar bliebe,
^wegbleiben.
So meinen wir, dass ss, B. die Anm. XII, 21^ 10 «wenn der ab-
hangige Aussagesatz dasselbe Subject mit dem Hauptsatz hat, so steht
picht der acc. c. in f., sondern entweder der bloCse in f., oder, wenn
das Subjejct im Gegensatz gegen ein anderes hervorzuheben ist, wie
hier, der n o m. c. i n f.* schon in dem Satze VI, 1 hätte Platz findet»
aollen, und dass dann in allen den Salzen, in denen dieselbe sprachliche
Erscheinung vorkommt, nämlich X, 23 f XII, 21 ; XVI, 33 auf die an der
ersten Stellp gemachte Bemerkung hätte verwiesen werden sollen. Der
Hr. Verf. kann uns nicht einwenden, dass er es sich zum Grundsatz ge«
^acht habe, syptaktische Regeln erst da anzuführen , wo sie ex pro-
fe$90 eingeübt wurden und nicht blof9 nebenbei zur Anwepdung kamen ;
denn der J^II. Abschnitt eplhält ja Beispiele ober den Modus in abhän-
gigen Sätzen und erst der I^VI. A))schnitt Beispiele über den Infinitiv. —
ipasselbe gilt über qv und y.r^. Per aufmerksame Sphüler muss es son-^
derbar finden, dass das «nicht' bald durch pv, bald dufch f»if gegeben
^ird. Warum soll er nicht schon vorläufig auf die yyiphtigsten Ge-
)[>rj^uchsweisen beider Partikeln aufmerksam gemacht ^erc^ep? warum
^11 e^r garten, bis er zum letzten Abschnitt sieb du^cha|:f>eitct9 I)er
Sphifjer /f^uss ja immer neben der Einübung bcstimpitef syntaktischen
Jtegeln mapches nebenbei lernen , da natürlich in einepi längeren Satze
peben der Regel, die gerade eingeübt werden soll^ niancbe andere syn-
^ktische Erscheinung vorkommt, die e;r in den frifheren pbungsstückeii
npch nicht angetroffen hat.
Druckfehler findep sich V, 16 %a%a^a^ikBvoq\ X, 18,5 an einen^
fort: XV, 18 ndi'di XVlll, 4 i^Qmq, Eine Verwechselung fand statt
bei den Anmerkungen III, 2, 5 und 11, 2, 6, dann bei XII, 15, 3 und
'Xll, 16, 4.
Prag. Johann K v i ^ a 1 a.
Oag Wichtigste aus der Lehre von dem durch Conjunctionen und
Relatiya erweitertem Satze und von def Constructiop der Verba im
Lateinischen, zur Einübung und praktischen Anwendung übersieht--
lieh dargestellt von Dr. U. Siedler. 8. (43 S.) Lissa, Günther,
1859. — 34 kr. ö. W.
Wenn der Hr. Vf. am Schlüsse der Vorbemerkung sagt: ^sq möge
das Büchlein den Nutzen, welchen es bringen kann, denen, die ihn
gewinnen wollen, hilfreich gewähren,^ so scheint ihn ein dunkles
Gefühl beschlichcn zu haben, dass es Sphulleute gebe, die ihm seine
Mühe nicht danken werden ; Ref. bekennt offen auch zu diesen zu gehören.
Das (lanze zerfällt in zwei Theilc: 1. in eine tabellarische Über-
sicht der Falje, in denen tU , tie , quo, (jiiominus , quin ^ quod , cum,
dum douec quoad , antequam priu^quam, st nisi si mn sin und das
A tfürfto^ idas Wehti|;ite vo* dea OHiJwict., 11«. v. X. fMlMta^ n9
Relativ mit dem Conjuncti^ verbunden werden *) ; 2. in eine ziemlich
reiehhaltige alphabetische Auftlblung von Verben önkl verb vertretenden
Phrasen naeh Rücksiebt ihrer Ergänzungssätze und sotiverfretenden Vsr*-
balconstructionett: Man fhigt sich, Kir wen detth der Br. Vf. diese bei«
den Tabellen zusammengestellt bat. Fuir Lehrer nichts denn neues ist
ja weder im einzelnen noch in den leitenden Gcsiohtspuncten gegeben,
sondern die erste Tabelle ist nichts als ein Abdruck des in jeder Schü-
lergrammatik sih Bildenden, die zweite ist so elementar, da^ iie nur
für dtn Schüler auf der Stufe, auf der er das lateinische Wort nur alt
Wort anschaut, bestimmt sein kann. Aber auch für Schüler passi das
Bichleio nicht. hi9 erste Tabelle gibt ihm nichts, was er nicht ita seiner
tiratovkatik , die ihm du^eh dieselbe nicht entbehrlich wird, findet , ja
sie schlieft sich so eng an ganz bestimmte Schüiergrammatiken a»,
dass whr wiederholt aul das Titelblatt sahen, um uns an den Dr. H.
Siedler so überzeugen, dass wir nicht etwa eine aus der Grammatik
gezogene Tabelle, wie man sie von Quartanern häufig genug verfertigen
lässt, vor uns haben, zumal an den gewöhnlichen Ungenauigkeiten keiii'
Mangel ist. So, um nur einiges anzuführen , ist bei ui finale S. % Yom
dlem hieher gehörigen und nicht hieber gehörigen dio Rede, nur nicb^
von den eigentlichen Absichtssätzen; beim tti conseciitivum S, 4 zuertl
von immanent abhängigen und dann erst von eigentlichen Folgesäizenw
Von üi comparativum Wird behauptet, der herrschende Modus sei der
Ipdicativ. ui temporale soll «gleichbedeutend* sein mit poit^uam. War-
um ist von dem indirect interrogativen ui keine Rede? Warum sind
bei Mi die meisten Gebrauchsfälle angegeben , während nam quo fehlt?
quin S. S wird übersetzt: «dass, dass nicht, welcher nicht, ohne dass^
ohne zu.' Die für die Schule wichtige Trennung der Fälle , in deneo
wir quin positiv und in denen wir es neg«itiv übersetzen, ist nicht
durchgeführt; und so Jiefse noch gar vieles sich ausstellen. Die zweite
Tabelle ist praktisch ebenso unnütz wie dio erste ; oder soll der Schüler
auswendig lernen: ^iaborot ui ne, iaetorx acc. c. iuf. — quodi iameUw
iori acc. c. inf. — ^ir^^f; iaudoi quod" etc.? Da wird die Einsicht ilV
die Modalverhältnisse wahrlich nicht gefördert! Eine solche Tabelle kann
der Schüler sich aus jedem halbwegs brauchbaren Lexikon, wenn er
Lust dazu hat, ohne viele Mühe anfertigen. Kurz, um unser Urtheil
pochmals zusammenzufassen, für die Schule wäre das Büchlein unnütz,
und weil es dazu führen müssto, die Handhabung der Grammatik zu
vernachlässigen , ohne etwas anderes als geistlose Schemata zu bieten,
schädlich. Damit soll nicht gesagt sein, dass nicht Zusammenstellungen
derart wie die erste ist, unseren ßeifall haben; aber eben nur dann,
wenn sie von den Schülern selbst gemacht werden.;
Salzburg. L. Vielhaber.
*) Die Indicativconslructionen dieser Worte nehmen nur eine er-
gänzende Stolle ein.
tu fmül^, Büdcr Mii der lAdcr- n, VCIkafkoiide, «Bg> ^.J.PlMCkmk.
Bilder ans der Lieder- und Ydlkerininde, wie aadr aas der
Physik der Erde. Ein geographiselies Leselmeh für die oberen
Qassen böberer BildoagMngtaHeB and für Freund^ der Erdkunde
überhaupt Von Franz Lansing» Oberlehrer am Carolinum zu
Osnabrück. 8. (VIII u. Sit &) Omabruck, R^ekhorst, 1858. —
t IL 40 kr. ö. W.
Wer die Ersebeinangen der paedagogischen Literatur aufmerksam
▼erfolgt, dem wird die Bewegung niebt entgangen sein, welche sich
auf dem Gebiete des geographisch - historischen Cnterrichts geltend
maeht ')• Wir begrülsen diese Bewegung mit Freude; sie ist ein deut-
licher Beweis von der wachsenden SorgCslt, welche man diesem bisher
«o Yemaehlässigten Cnterricbtszweige widmet Auch in dem vorliegen*
den Werke erblicken wir deutlich die Symptome davoo, und wir er-
füllen nur eine uns angenehme Pflidit, wenn wir die Aufmerksamkeit
der Leser auf dasselbe hinlenken. Zwar ist es nicht so sehr der Sloff^
der das Interesse für sich in Anspruch nimmt — denn an Sammlungen
▼an Lesestucken erdkundlichen Inhalts fehlt es nicht t- aber die Idee,
welche den Hrn. Vt leitete, und welche er hier praktisch durchzuführen
▼ersuchte, verdient Beachtung. Hören wir darüber, was der Hr. Vf.
in der Vorrede sagt: «unser geographisches Lesebuch ist kein Lehrbuch
der Geographie, sondern es soll simmtlichen Lehrbüchern gegenüber
zur Veranschaulichung, Ergänzung und Erweiterung des Unterrichts
dienen. Durch die ihrer Natur nach trocknen Compcndien und Leit-
faden, die möglichst viel in kürzester Fassung geben wollen, kann
ebenso wenig das Interesse am geographischen Dnterricht, ab wahre
Pildung überhaupt gefordert werden: dies vermag nur die Einführung
in das Detail, die Anschauung frischer, lebensvoller Gestalten. Von dem
Unterricht selbst, von dem lebendigen Worte des Lehrers kann man die
Erfüllung dieser Forderung bei der dem geographischen Unterrichte,
zumal auf Gyqpin.isien so karg zugemessenen Zeit gewiss nicht erwarten.
Es genügt daher auch nicht, wenn dem Lehrer zur Veranschaulichung
seines ünteirrichtes passende Materialien zur Seite stehen, wie deren in
den letzten Jahrep ziemlich viele unter dem Titel: Geographische Cha-
rakterbilder, oder llausschatz der Lander- und Völkerkunde u. s. w.
erschienen sind, sondern es muss dem Schüler ein geographisches Lese-
buch zur anregenden und wahrhaft bildenden Leetüre in die Hand ge-
geben werden.*
Man sieht, die Frage, um die es sich hier handelt, ist dieselbe,
welche Peter in Betreff der Geschiebte behandelte und die Campe von
neuem aufnimmt Nur schlug der Hr. Vf. einen entgegengesetzten Weg
ein; statt die Frage theoretisch zu beleuchten, begnügte er sich damit
•) Der Ge^ichichUuuterricIil auf Gyrannsieu. Von Dr. Carl l»elcr.
Halle, 1849. — Gcschirlile und Inlerrichl in der Geschichte. Ab-
handlungen von Dr. Campe. Leipzig, 1859.
',KMeratt8derIAider-Q.V01kerkQiide^aiig.T.y./V4icMi: im
einige OesichUpaDde festzvBtellen und gieng dann sofort an die prak-
tiaehe Lösung.
Die Sache, nm die es sich hier handelt, ist in wichtig, als dass
wir blofs Torübergehend dieselbe berühren sollten; sie erfordert eine
allseitige Prüfung, die wir uns auf eine spatere Zeit vorbehalten. Jetzt
wollen wir im allgemeinen den Vorgang des Hrn. Yf.'s darlegen.
Der Hr. Vf. legt uns in seinem V^erke eine Sammlung von 94
Lesestücken erdkundlichen Inhalts vor und unterscheidet darin mit Rück-
sicht auf die in den Gompendien übliche Eintheilung drei Hauptab-
schnitte: matheraatisehe , physische, politische Geographie, von denen
der erste 4 Lesestücke (% von Dr. Völter, 1 Hebel, 1 J. Meyer), der
zweite 10 (nach Wagner 1, Zachariae 1, Wiltwer 1, Stcinhard 1, Schouw«,
A. Y. Humboldt 2, Martins 1, v. Zimmermann 1), der dritte 80 Lese-
stacke umfasst Diese bilden den Hauptinhalt des Werkes, und es er-
scheinen darin folgende Quellen: Roon 1, Steinbard 3, Rahlert 1, E. M.
Arndt 2, Kutzen 1 , D. M. Busch %, E. Kapp 2, Tschudi 1, Heeren 1»
Gurtius 1 , Pallmerayer 3 , Tb. Mügge 1 , Hackländer 1 , Tb. de Fer-
nere 1, G. Ritter 1, Ad. Thiers 1, Russegger 1, Duncan 1, M. Wagner 1,
Andree 8, Anderson 1, Neumann 1, Gregorovius 1, Illustrierte Zeitung 1,
Bericht über die erste Industrie-Ausstellung 1, Allgemeine Zettung 7,
Times 1, Ausland 1, Verschiedene Quellen 2; in den übrigen 36 er-
seheint der Hr. Vf. selbst als Autor, und zwar, wie er selbst erklärt,
mit den meisten der von ihm geschilderten Länder und Städte aus
eigener Anschauung bekannt.
Schon diese kurze Cbersicht der Quellen, welche der Hr. Vf. zu
Rathe gezogen, beweist die eifrige Umsicht desselben, nicht zu gedenken
der eigenen Betheiligung desselben sowol was seine Reisen als auch
seine eigenen schriftstellerischen Arbeiten betrifft, Umstände, die des Hrn.
Vf.'s hingebende Neigung zu dem Gegenstande deutlich kennzeichnen.
Was die Auswahl der einzelnen Lesestucke betrifft, so gieng sein
Bestreben dahin, die Hauptmomente des erdkundlichen Unterrichtes in
einzelnen Lesestücken zu repräsentieren. Mau wird jedoch manche Be-
ziehungen des Unterrichtes unberücksichtigt finden, namentlich in dem
zweiten Abschnitte «physische Geographie,* welcher doch d«is eigent-
liche Feld der wissenschaftlichen Literatur der Erdkunde bildet und
zugleich die reichste Ausbeute für Zusammenstellung mustergilliger
Lesestücke enthält. So willkommen uns daher der Aufsatz «(Aufgabe
der physischen Erdkunde, nach Wagner* erscheint, worin die ver-
schiedenen Richtungen angegeben sind, welche die physische Erdkunde
in Betracht zieht , so lässt uns doch eben dieser Aufsatz die verschie-
denen Lücken sehen, welche der Hr. Vf. in seinem Buche gelassen hat.
(Jm nur einen Punct hervorzuheben, so tindcn wir die Meteorologie gar
nicht vertreten, auch die Geologie ist wenig berücksichtigt. Wenn Tcrncr
die Auswahl aus Humboldts Werken eben nicht leicht ist und man sich
hier auf wenige Leset>tückc beschränken muss, so war doch die Stufe,
tS€ kmukii^ BiMer aus der Länder- aw Völkevkund«» aog. v. /« PtOMämlk.
für welche dieses Lesebuch bestiuimt ist, ganz geeigoek um passende
Lesestücke aus Rilter's Erdkunde zu producieren, und wir finden nur
eines. Es ist nicht genug, dass man auf den Namen Ritter in der
Geographie den Accent legt , n^n muss eben auch Anstalt treffen , dass
die Jugend den Meister wirklich kennen lerne ').
Wir übergehen die Rubrik «malhematisobo Geographie,* obwol
sie eigentlich zuerst genannt werden sollte; denn von den hier aufge-
nommenen vier Lesestücken verdient wol zumeist nur eines» und zwa^
jenes nach Hebel, hervorgehoben zu werden ; hierbei dürfte jedooh noch
immer in Erwägung gezogen werden, ob dieses Uni«um seiner Art
nicht für die mittlere Stufe passender sei als für die obere.
Den wichtigsten und umfangreichsten Bestandlheil dos Buches bil-
den Lesestücke aus der politischen Geographie, so zwar, dass, so wenig
die eben erwähnte Rubrik «mathcniaUscho Geographie» eigentlich ver-
treten ist, hier die Bezeichnung apolitische* noch am meisten gerecht-
fertigt erscheint Wir sagten den ^^ wichtigsten,» weil der Hr. Verf. selbst
einen besonderen Nachdruck auf die meist von ihm ausgearbeiteten stati->
stischen Übersichten legt. Und gewiss wird diese fleifsige Arbeit Lehrern
willkommen sein, welche den hiezu nöthigen Apparat selbst nicht be-
sitzen; allein, wjenn es sich darum bandeil, hieraus einen Nutzen für die
Schüler zu schaffen, so müssen wir die Zweckmäfsigkeit derselben be-
zweifeln. Wir ziehen in dieser Beziehung den mündlichen Vorgang des
Lehrers, der mit der Kreide auf der Tafel operiert, während die Sohüler
gleichzeitig mit dem Griffel mitarbeiten, jeder anderen Methode vor.
Auch handelt es sich auf Gymnasien nur um die Aneignung der wich-
tigsten Daten, deren es nur wenige geben kann. Damit sind wir jedoch
weit entfernt ein absprechendes Urtheil zu fällen und jene, welche gröfsere
Forderungen an ihre Schüler zu stellen sich berufen glauben, werden in
diesen Lesestücken eine reiche Ausbeute finden.
Was nun den Charakter der vom Hrn. Verf. gelieferten Aufsätze
betrifft — denn der Werth der übrigen oben aufgezählten Quellen wird
als bekannt vorausgesetzt — so sind sie, wie eben bemerkt wurde,
theils politisch' statistischen Inhaltes, theils rein topographisch mit histori-r
sehen Rcminiscenzcn, theils behandeln sie ethnographische Verhältnisse.
Daran reihen sich Reiseskizzen wie z. B. «Reise durch das südwestlicl^e
Deutschland, eine Eisenbahn- und Dampfschiff-Fahrt; Ausflug von Londofi
an die Südküste Englands nach Dover, Brigthon»; und es folgen nopl|
andere vermischten Inhaltes, z. B. «Krakau und der Fortschritt des Deutsph-
thums im Osten, besonders im ehemaligen Polen, die englischei^ Ui^y^
sitäten verglichen mit den deutschen» u. s. w.
Man kann es nur lobend hervorheben, wenn der Hr. Verf. sjcb
selbstthätig auf diesem Felde versucht; gewiss wird die dadurcb ei?-
') Lobf*ndc Erwähnung verdient in dieser Beziehung Dr. Bögekapip
in seinen geographischen Charakteristiken. Itfainz, 1856.
, Bilder «us der Linder- u. VttlkerkuDde^ aag. ▼. /. PiawtiOHk. in
hn^ Oewaidtheit in der Sebildening auch dem lebendigen Worte xu
gute koannen. Auch die hier behandelten Objeete werden geeignet sein^
eise freie Stunde des Schulers zweckmaleig auszufüllen und insofern
waltet kein 2weifel^ daas die Arbeiten des Hm. Verf/s eine anregende
Lectüre für die Jugend bilden. Allein in wie weit diese Stücke geeignet
icieny als muttergiltige Leseslucke in einem deutschen Lesebuche, wie
ff der Br. Verf. wünscht, behandelt zu werden, diese Frage zu beant-
worten wollen wir andern überlassen, und nur auf einen eigenthümli-
eben CniiUnd hinweisen. Der Hr. Verf. wünscht sein Buch als deut*
lebes Leitebucb benützt zu wissen ; was toll nun die Masse englischer Aus-
drieke in einem solchen Bache? Wir sprechen nicht Ton jenen eigen-
Ihümlichen Ausdrücken, deren die Erdkunde fuglich nicht entbehren
kann, fondem von solchen Phrasen, welche ganz verstSnd liehen deutschen
Ansdr^ken beigegeben sind. Nicht genug, ganze Oediehte in engli-
«eher Sprache sind eingerückt ohne Übersetzung, und dagegen er-
halten bekannte, der Aussprache nach jedem Schüler geläufige Ausdrücke
wie Bulwer, Greenwich etc. eine kurze Anleitung zur richtigen Aus-
sprache (spr. Buller, Grinnitsch)! Gilt es ein deutsches Lesebuch zu
•ebaffen, dann mögen auch Stellen aus alten Classikem fehlen; was soll
■an aber dazu sagen, wenn der Hr. Verf. in seiner unverwüstlichen Vor-
lirbe für das Fremde so weit geht, dass er in einem deutschen Lese-
buch bei der Schilderung Belgiens Verse wie
Hokiiiöui Bruxella viri», Antverpia tmmmit etc.
ohnr Bedenken vorbringt! Lm die wichtigsten Städte anzugeben? So
«igt er, und so scheint es ; allein mit nichtcn. Sieht or sich doch schliefs-
lich genöthigt, die wichtigsten Städte der Reihe nach aurzuzählen, und
4ieM Aulzahlung stimmt mit den versus mcmoriales nicht überein. Also
wozu dieses? Lag es im letztem Falle nicht näher, wenn schon Verse,
Wenn Poesie sein musstc, deutsche Verse, deutsche Poesie aufzunehmen:
«Denn auch der mächtige Burgund, der Länder —
Gewaltige, hat seine Mannen alle
Herbeigeführt die Lütticher* u. s. f.
Noch sei uns gestattet zum Schlüsse einen Irrlhum zu berichtigen,
örr sich in einem Aufsatze des Hrn. Verf. 's eingeschlichen hat. 6. Siclien
& 375-376 liest man: «In der Mitte erhebt sich ein Gebirge, der heräische
Bergrücken, welcher in drei Armen bis zu den drei Vorgebirgen sich
verbreitet; seine gröfsle Höhe erreicht das Gebirge au der IVordküste»
wo die Berge von Modonia sich bis zu 3650' erheben.' Die Bezeichnung
«beraische' existiert, so viel uns bekannt ist, in der neueren Geographie
nicht Die Beraei mo'Ues (xa "Hqaiu oqri) dürfton heut zu Tage die
MmHi 8ori sein, und man versieht darunter den Theil des einförmigen
hügeligen Plateaus , der den südöstlichen Theil der Insel erfüllt und
in Mamie Laura etwa 2^00' hoch ist. Von einem Gebirge oder Berg-
rücken findet Mich, wie «-in Blick auf diu karte Khrt, nichts vor, und
4Uch die drei Arme, welche von dem sogenannten Bergrücken auslaufen
1S8 SieWM u. Camnabich't kleide Geographien, ang. v. L SteMmuer,
sollen, können nur sehr allen Karten entnommen sein, wo in der Zeich-
nung von Plateau-Landschaften und Gebirgsketten gar kein Unterschied
gemacht wird. Auch die Angaben in Betreff der M. H. sind ungenau.
Die Gipfel des madoiiischen Gebirges (die Nebroth moniei NBVQoidtj cf^i})
erheben sich über 6000'.
Wien. J. Ptaschni^,
1. Dr. D. Stein's kleine Geographie oder Lehrbuch der
Erd- und Völkerkunde für Schule und Haus, von Prof. Dr. Carl
Theodor Wagner. ?5. Aufl. YIll u. 434 S. Leipzig, J. G. Hin-
richs, 1860. — 20 Sgr.
2. J. G. Fn Cannabich's kleine Schulgeographie.
Neu bearbeitet von Prof. Dr. Fr. Max. OerteL VI. u. 343 &
Weimar, B. Fr. Voigt. 1869. — 12'/, Sgr.
Beide hier angeführte Schulbücher haben seit einer längeren Reihe
von Jahren und in verschiedenen Auflagen in den weitesten Kreisen sich
verbreitet ; gewiss ein Zeichen, dass ihren Verfassern (von welchen Cau-
nabich erst im vorigen Jahre als 82j3hriger Greis starb) grofses Ver-
trauen geschenkt wurde und dem Lehrstandc Form und Inhalt dieser
Bucher hinlänglich zusagten. "^ Ihre Form war und ist noch die früher
gewöhnliche, sowohl in Bezug auf die Ordnung des Stoffes, als auf das
Fachsystem der Durchfuhrung. Die mathematische, physikalische und
allgemeine politische Geographie sind in eine vcrhältnismäfsig kur^e
Vorschule oder Einleitung zusammengedrängt , dagegen nimmt die spe-p
ciellc Geographie unter Bevorzugung des topographischen Theiles den
übrigen Raum ein. Diese Form genügte , als die Erdbeschreibung nur
als Hilfswissenschaft der Geschichte angesehen wurde, nicht als selb-
ständige, für den Vortrag auf Iniversilätcn ebenbürtige Wissenschaft.
Mit ihrer Einführung in die höhere Sphaere konnte die einstige Grund-
lage nicht mehr genügen, sie musste breiter werden, in einen Elemen-
tarb au und spätem Aufbau zerfallen, und damit änderte sich
nothwendig auch die Methode und die Form der Lehrbücher. Entweder
man bemühte sich mit Beibehaltung der älteren Malerienordnung in der
Vorrede einen Plan der Vertheilung des Lehrstoffes auf verschiedene
Perioden des Unterrichts vorzuschlagen, oder man folgte einer eigen-
thümlichen Ansicht, bald mit bald ohne Zugrundelegung bestimmter
Hilfsmittel (Schulatlanten, Wandkarten, Zeichnungsapparate u. s. w.) und
so entstanden die mehr und weniger spccifisch-mcthodischen
Lehrbücher , unter welchen sich Namen von bestem Klange befinden
(z. B. Schacht). Durch diese neueren Versuche, eine zweckmäfsigc Ein-
theilung der Materien je nach der gesteigerten Vorbildung der Schüler
dem Unterrichte fertig zuzurühren , haben die streug-syslematischen
Lehrbücher allerer Form ihren Werth nicht verloren; denn dem kundigen
Lehrer steht die Auslheilung und Verwendung des Inhalts wie früher zu
8M9 u. Ommablck'i kleine Geographien, ang. v. A. Steinkauter. 129
Gebote, ja er befindet sich dabei in vollkommen freier Wahl , während
die streng- methodischen Lehrbuch er seino Selbständigkeit desto mehr
beschrinken, je mehr die Leitfaden individuellen Ansichten entsprechen.
Daher mag es auch kommen, dass Lehrbücher älterer Form noch viele
Grltui^ haben, besonders wenn der Inhalt sonst gut entspricht , ganz
abgesehen von jenen Lehrern, welche aus Bequemlichkeitsliebe die ältere
Form voniehen, ja sogar ihr sklavisch folgen, ungeachtet ein syste-
iutisches Fortschreiten vom Schweren sum Leichten (wie es dabei
ttatlfinden muss) nur unreife Fruchte bringen kann.
Ilr. Dr. Wagner hat das Stein'sche Lehrbuch in seinem Gange be-
lasseo und sich begnügt, es so vollkommen als ihm möglich war, her-
tusteilcn; es kann in diestT Beziehung hier die gute Meinung nur
wiederholt werden, welche der Schreiber dieser Zeilen bei Gelegenheit
der vorletzten Auflage (Jhrg. 1856, S. 743) auszusprechen sich erlaubte.
Um nichts zu versäumen, was znr Verbesserung beitragen kann, wurde
dem durch mehre statistische Werke rühmlich bekannten Dr. Bracheli
die Bevision des den österreichischen Kaiserstaat betreffenden Tezt-
theiles übertragen. Grolsc Reicbb<iltigkeit bei geringem Omfange (durch
compressen Druck erzielt), Richtigkeit, so weit sie erreichbar ist, und
ein gutes Verhältnis im beschreibenden Theile sind die Tugenden dieses
Lehrbuches geblieben. Nur ist es kein Leitfaden in dem Sinne, dass
CS den Lehrer der Mühe enthebt den Stoff nach der Qualität zu ver-
Ibrilea , nach * dec Quantität zu sichten. Der Bearbeiter hat absichtlich
▼enDeideo wollen (s. d. Vorrede) den Lehrer zu einem «handwerks-
Däisigen* Lehrgang zu verfuhren und dadurch die Frische des Unter-
richts lo beeinträchtigen, auch ist er der Meinung, dass eine Unter-
weisung des Lehrers in der Methodik der Ausführlichkeit wogen besser
abgesondert behandelt werden soll; ich möchte hinzufügen, auch aus
dem Gründe, weil eine solche Abhandlung über Methodik in die Vor-
rede für Schüler nicht gehört und das Buch für dieselben xxiü einen ent-
befarlicheB Bogen vertheuert
Cannabich's Lehrbuch war für die Grundlage des geographischen
Cntt-rrichts berechnet, obwol die reichhaltige Topographie auch für eine
bohere Stufe noch ausgereicht hätte. Die einleitenden Abschnitte sind sehr
kurz, häufig fast zu kurz, am unzureichendsten aber ist die Vorschule (Einlei-
toog), welche nur 13 S. (47« des Ganzen, im Stein sehen Lehrbuche lOV«)
eionimmt, was um so mehr zu bedauern ist, als Hr. Dr. Oertel im späteren
Verlaufe sich einer Masse tcrminologfischer Ausdrücke bedient (z. B.
küstenentwickelung, Gebirgsconstruction, Tiefebene, Hochland, Gcbirgs-
sloek, Abdachung u. s. f.), wozu in der Vorschule die Begriffe nicht
gegeben sind, und deren aufhaltende Erklärung beim Vorkommen nöthig
wird. Cannabich hat diese Einleitung auf das Minimum für den An-
langer berechnet und auch den spätem Aufbau darnach eingerichtet, der
Hr. Bearbeiter scheint bei den Zusätzen und der gänzlichen Uberarbei-
hjig einzelner Abschnitte diese Harmonie unwillkürlich aus den Augen
130 eruke, Natur- und Culturlcbon, aiig. v. it. B. BeUer.
verloren zu haben. Im übrigen hat sieh derselbe bemüht das Buch
möglichst fehlerfrei heraustcUen und deshalb gute Materialien fleifsig
benutzt, jedoch zuweilen mit lu geringer kritischer Vorsicht, so z. B.
bezüglich der Höhe vom Orteis und Gro^lockner, welch letzterer ohne
Rückblick auf die erfolgte gründliche Einsprache zum höchsten Gipfel
der deutschen Alpen an mehreren Stellen erklärt wird. Übersehen dieser
Art sind jedoch nicht wesentlich genüge um auf die vielen guten Seiten
einen üblen Schatten zu werfen. Solche tbereilungen sind, so grofsen
\Verth man gerade auf Correctiieit legen muss, doch zu entschuldigen,
da der literaturkreis selbst der Nachbarstaaten einem Verfasser selten so
geuau bekannt sein kann, wie der des engeren Vaterlandes. Leichtere
Gebrechen, wie sie wol jedes Lehrbuch irgendwo aufzuweisen tuiben
wird, sind gewiss nicht Ursache ungünstiger Erfolge beim Unterrichte,
ebenso wenig als die alte Form und Ordnung an und für sich. Wenn
mit Schulbüchern, wie Gannabich's und Steins, schlechte oder keine Er-
folge erzielt werden, liegt die Ursache sicher nicht in diesen, sondern
hauptsicfalicli in dem Lehrer, der die Form seinen Zwecken nicht (üenst-
bar B« machen wusste, der die Bücher Zeile für Zeile vornahm , ohne
am Lehrstoff ein Jota zu andern oder zu verschieben , und vor allem,
der nicht verstand oder verstehen wollte, die Karle, das aller-
wesentlichste tülCsmittel de« geographischen Unterrichtes, mit dem Texte
in die inaigste und iweckmafsigste Verbindung zu setzen. Mit der Karte
md ohne Bvch kann ein fihiger Lehrer seiner Aa%abe völlig genage»,
mit dem Buche und ohne Karte aber nie!
Wien. A. Steinhäuser.
A. W. Grobe, Natur- imd Culturieben in vergieichendcR Bil-
dem. i. Bänddien. 8. IV. «. »46 S. Wiesbaden. Krcidel & Niedaer,
18&9. — 1 fl. 60 kr. ö. W.
Der durch seine «Geographischen Charakterbilder* and «Bio*
graphien aus der Naturkunde* rühmlichst bekannle Hr. Y^ gibt uns
in obigem Werke eine Anzahl von Bildern aus dem Natur- und Caltnr-
leben, die bestimmt sind, in der einfachen klaren, ihren Gegenstand
beherrschenden Dar^tellnng, durch Mittheilong positiver Kenntnisse, den
Verstand zu befriedigen und durch lebendige Sch'lderung die Phantasie
anznregen. Das «und' auf dem Titel soll nicht Hofs anreihen^ senden
ausdrücken, dass diese Natorlülder zugleich Cnlturbilder sind, und fit
sollen als solche eine Erginxung dessen bieten, was der Hr. Y. in
•einen froheren Werken nur kurz berühren konnle. Das Buch ist zn-
nicka für nichtgelehrte aber bildungslustige Leser, alte und jnnge,
geschrieben.
Der L Abschnitt bringt vergleichende Bilder aus der Alpenwirtb*
sc^t in der Schweiz , Tirol und Steiermark und einige damit in Ver-
bindong stehende Sagen. Dorrh selbe wird der Leser mit dem Leben
*y Nalur- und Cullurleben, ang. v. ü*. S, ffeiler. 18t
a«f der «Alp* (in SCeicrmark: «Alm^) so wie mit der in verschiedenen
Alpei^egendeo gepflogenen Wirthschan und ihren Erzeugnissen schnell
vefiraul gemicht und lernt, was für norddeutsche Leser besonders werth-
lall aein durfte, auch die Terschiedenen dialektischen Benennungen und
ikre Bedeutungen kennen. Unverständlich bleibt nur das Wort «Kellen*
S. 6» und nicht ganz richtig sind die /ur Steiermark angeführten Be-
MiehouDgeD «Schwaigerin* und « Seh wai gierin,* denn wenn diese Wörter
aaeh iweifelsohoe von «Schwaig,* einem alten Namen für die Kuhherdc,
abgekilet sind, so hört man dort doch nie anders als «Schwägerin*
sagen. Wo der Nr. V. das Gebiet der Botanik betritt, bedient er sich
der alten Linne^seben Nomenclatur, z. B. Synantheren, Apargien, Leon-
Moo aoreum , Cacalia alpina u. s. w. ; wir glauben , dass die neueren
KanieD: Conposites, Leontodonen, Crepis aurea, Adenostyles alpina
IL t. w. jelit schon bekannter und daher verstandlicher sind , als die
allto, wem wir auch ganz von dem «richtiger* absehen ; ebenso ist uns
die Sdireibweise Asteren statt Astern und Scharfgarbe statt Schafgarbe
asfjgefalle». — Die Sagen haben alles Reizende an sich, was die Poesie
dea «Aelplers* schafft und sind eine liebliche Randverzierung zu dem in
idurfiNi Contoren gezeichnetem Bilde von der Alpenwirtbschaft.
Der IL Abschnitt enthält aus Tirol und aus der Schweiz je drei
MMCriebilder foll Wahrheit und Leben. Der Vergleich gerade dieser
fahr! lu dem für uns leider etwas peinlichen und traurigen Re-
dass gewisse Industriezweige, in welchen T\to\ glänzte, ihrem
Verfalle entgegengehen, während solche in der Schweiz immer mehr an
Ausdebonng gewinnen. Dieser ganz subjective Eindruck kann natürlich
den Werlb dieser Bilder nicht beeinträchtigen, und wir geben ihm hier
aar deshalb einen Ausdruck, weil wir uns von unserem Standpuncte
aus, aameatlich für Tirol , interessieren müssen und gerne gesehen hät-
ten, weoD auch der Tiroler Woll- und Draht-Spinnereien gedacht wor-
den wire.
Der HL Abacbnitt bringt zunächst in dem «Appenzeller Witz* eine
ABBahl Anekdoten, als Belege für die geistige Schlagfertigkeit der Appcn-
idief* 60 wahr und gut diese auch sein mögen , so kann ihnen unter
den Cniturbüdem doch nur insofern ein Platz eingeräumt werden, als
Sit eine Ergänzung lu früheren Aufsätzen des Hrn. V. abgeben, denn an
owl fir sich betrachtet bieten sie weder neues noch den andern Bil-
dern elieoburtiges. Dagegen ist «das Schwingfest* ein vortreffliches
Bild voll anregenden Stoffes und voll lebendiger Frische. «Ein Blick auf
dk Spiele der Völker* ist eine nicht minder schöne , sehr fleifsige Ar-
beit und schliefst sich der vorigen würdig an, ist aber für «junge*
User von geringerem Werthe.
Der IV. Abschnitt enthält zwei besonders gelungene Bilder: «Vom
Wein und Weinbau* und «Die Dattel- und Cocospalme.* Es sind ihren
fiiganstand nahezu ganz beherrschende Arbeiten, wahre Natur- und
GulUirbllder, die aufiserordentlich viel Anziehendes und Lehrreiches ont-
las On^t Ifalor- und Cottorldbm, aag. ^r. M. M. MMer.
hsbheu, Eier ftndeD wir die jihrllete ndtttere Eneognngsmenge des
Weines in (kterrekh mit 38,53X0t Eimern za niedrig angegeben.
Jos. Hain weisi nimlich in seiner nach gnten (gellen bearbeiteten Sta-
tistik das österr. Kaiserstaates (Wien, 1863) schon 41,498.900 nieder-
österr. Eimer aus. Aach was die Bemerkang betriill. dass der Wein in
Mexieo und GoatemaU gut fortkommt, müssen wir erwähnen, dass dies
nur für einige, aber leider nnr sehr wenige, Ponete, z. B. for Presidio
del Monte, richtig ist nnd dass in Amerika derWcinstoek innerhalb der
Wendekreise in der Regel gar nicht cnltiTicrt wird. S. 9% Anmerkung
ist das Aufleben der Anastatica nicht so anfiniikssen , als ob sie wieder
zu vegetieren beginne, wenn man sie in's Wasser setzt Die sehr hydro-
skopische Pflanze breitet ihre Zweiglein, mit Wasser vollgesogen, nur
mechanisch aus und rollt sie ebenso, trocken geworden, wieder ein.
In der zweiten Arbeit finden wir S. 110 folgendes zu berichtigen: der
Stamm der Cocospalme ist nicht mit «Schuppen,* sondern mit ringför-
migen Narben der abgefallenen Blätter bedeckt, welche keine «Stumpf-
chen* zurücklassen, was wol bei anderen Palmen der Fall ist, wenn
die Scheidcntheile der Blätter stehen bleiben, nicht aber bei der Gocos-
palme, deren scheinbare Binde mehr oder weniger ziemlich glatt ist
S. 112 überrascht uns die Nachricht, dass aus der Gocusnuss schale
öl gepressl werden kann; wir begreifen nicht, wie dieses nur irgend^
wie möglich wäre und haben auch nie davon gehört. S. 114: «Palm-
wcin geht schon in 36 Stunden von der Wein- in Essiggährung uber;^
in der Regel dauert dieses selbst in beifsen Klimaten acht Tage, wenn
sonst alle erhaltenden Bedingungen einigennafsen erfüllt sind.
liier möchten wir auch ein Grtheil über den S. 113 besprochenen
Geschmack der Cocosmilch abgeben, da er so widersprechend von ver-
schiedenen Reisenden bald als sehr angenehm , bald als sehr fade be-
zeichnet wird. Die Cocosmilch wird, wenn sie gut sein soll, nur von
halbreifen Früchten genommen und ist nur so lange ein in der That
köstliches Getränke, als es frisch weg von eben gepflückten Früchten
genossen wird. Liegt die Nuss nur einige Zeit den heilsen Sonnen-
strahlen auf dem Markte ausgesetzt, und zeigt sich nur eine Spur des
Welkwerdens, so bekommt der früher fast wasserklare , nun aber molkig
aussehende Saft einen fad-süfslichen Geschmack. Daher kommt es auch,
dass die Cocosmilch, wie wir aus bester Quelle wissen, nur des Mor-
gens und meist auf den Cocos-Plantagen selbst getrunken wird. Die in
Seehäfen au Seefahrer verkauften Cocosnüsse gestatten nie ein richtiges
ürtheil über den wahren Geschmack dieses für wasserarme, heifse Ge-
genden unschätzbaren Pflanzensafles.
Ober die im Abschnitt V gebrachten Abhandlungen: «Wie der
Flachs in Sagen und Sitten des deutschen Volkes gefeiert wird* und
«Glauben und Aberglauben, Sitten und Sagen des Ackerbaues,* so wie
über die im Abschnitt VI und VII geschilderte «Bienenzucht,* «Seiden-
zucht,» ,die Baumwolle in der alten und neuen Welt,» «das Eisen im
A, SMU, der Ba« des Himmels^ ang. v. Dr. it, BanuMn. llM
Orient und Occident» und «die Eisenbahnen in England* können wir
uns im Allgemeinen nur überaus anerkennend aussprechen.
Der VI. Abschnitt bringt überhaupt nicht nur Cülturbilder, sondern
eine förmliche Anleitung zur Cultur der Biene und Seidenraupe und ist
roll interessanter, aus reicher Belesenheit geschöpfter Daten. Zu berich-
tigen finden wir nur S. 163: «die Spinne, als Crustenthier u. s.w.*
da niemand die Spinne zu den Crustenthieren zählt. Auch die auf
S. 156 angegebenen Einzelheiten der Bienenparung würden wir für
«junge Leser* lieber weggelassen haben , so interessant und wahr sie
anch sind, oder wenigstens hatten wir eine andere Form für diese Mit-
theilung gewählt; denn sicherlich läset sich dieser Abschnitt in dieser
Weise nicht gut in der Schule vortragen, und auf sie haben wir bei
Besprechung dieses Buches zunächst unsere Aufmerksamkeit gerichtet.
Werfen wir schliefslich noch einen Blick auf die ganze Samm-
lung dieser Bilder, so müssen wir zugestehen, dass sich überall die
bekannte Meisterschaft und die grofse Belesenheit des Hm. V. gerade in
dieser Literatur-Richtung neuerdings kundgibt Das Material ist sorg-
fältig verarbeitet, die Sprache klar und correct, der Gegenstand jederzeit
interessant und belehrend. Unter diesen Umständen wird eine starke
Verbreitung dieses Buches namentlich in Schüler-Bibliotheken nur als
erwünscht erscheinen können, um so mehr, wenn einiges, was wir als
ungeeignet oder unrichig notiert haben, in späteren Auflagen geän-
dert wird.
Druckfehler finden sich Viel mehr, als das kleine Verzeichnis aus-
weist. Wir wollen nur einige wichtigere herausheben: S. 65 eicaderoi
statt eMCUder^n S. 109 taiam aicihum st. iolam aMknm; S. 119
befruchten st befeuchten, herangewachten st herangewachsen; S. 156
Männchen st. Männchen; S. 163 Vorschwamm st Vorschwarm; S. 216
1883 st 1783; S. 240 raU-roads st. räU^roads, Aufserdem finden sich
noch viele, weniger sinnstörende Druckfehler, z. B. reifst statt reist,
Mutlar st Mutter, unmukalischeren st unmusikalischeren (S. 148)u. s. w.
Wien. Karl B. Heller.
A. Smith, Der Bau des Himmels, deutsch bearbeitet von
Mayer-Meng. Zweite Auflage, dritter Abdruck. 4. (IV u. 42 S.)
Stuttgart, W. Nitzschke, 1858. — 2 fl. 80 kr. ö. W.
Die Schrift, zu deren Besprechung wir uns anschicken, ist ein
eigenthumliches Gemenge von gutem, brauchbarem und werthlosem,
verfehltem. Da uns das (wahrscheinlich englische) Original nicht zu
Gebote steht, so sind wir nicht in iler Lage zu entscheiden, was diesem
und was der deutschen Bearbeitung allein zur Last fällt
Seinem Inhalte nach ist das Buch ein gedrängter Abriss des
wissenswürdigsten aus dem Gebiete der Astronomie für den ersten
Elementarunterricht, wobei die Hauptabsicht des Hrn. Vf.'s dahin zielte,
durch eine grofse Anzahl von Illustrationen (es sind im Ganzen 29 Ta-
Z«it«elirift f. d. «.Urr. Ojmn«». IMO. H. Hef». 10
1S4 A. SmUk, der Bau des Himmels, ang. t. Dr. iT. ffoouiein.
fein mit solchen beigegeben), die nur von einem kursgefassten Texte
begleitet sind, den Lehrstoff der Vorstellung des Schülers möglichst nahe
zu rücken. Diese Absicht ist eine sehr Ittbliche, kann aber nur dann
erreicht werden, wenn die Illustrationen sich der höchsten Einfachheit
und Verständlichkeit erfreuen, wenn alles unnütze Beiwerk, aller leere
Zierath unbedingt ausgeschlossen ist , und wenn endlieh der Text in
Form und Inhalt auf das klare Verständnis der Figuren hinwirkt. Die
Tafeln, welche die Obersicht des Sonnensystems und die Gröfsenver-
gleichung der Planeten (T. 1), die Darstellung der Jahreszeiten (T. 7),
der Bewegung des Saturn und seiner Ringe (T. 9), der Mondsphasen
(T. 11), der Sonnen- und Mondesfinsternisse und deren Zusammenhang
mit der Bewegung der Knoten der Mondsbahn (T. 15, 17) enthalten,
genügen den eben gestellten Anforderungen und können beim Unterrichte
sehr nützlich werden. Die meisten der übrigen sind theilweise oder
ganz mislungen, namentlich jene, welche Abbildungen von Himmels-
körpern oder einzelner Theile ihrer Oberflächen enthalten. So bringt uns
die Tafel 3 einige Sonnenflecken, die aber nicht einmal als eine An-
näherung an die Wirklichkeit zu betrachten sind; ähnliches gilt von
den Ansichten der Venus (T. 5), des Mars und Jupiter (T. 8). vor allem
aber von der Mondskarte (T. 12, 13 und 14; T. 12 und 14 sind ganz
überflüssig). Die vier Sternkarten .. welche in mancher Beziehung recht
lobenswerth ausgeführt sind, trifft der Vorwurf der Überladung mit vn-
wesentlichem Beiwerk. Bei ihrer Kleinheit sollten sie nur die Sterne, die
Grenzen der Sternbilder und allenfalls noch eine Andeutung der Milch-
strafise enthalten. Über einzelne Gnricbtigkeilen und Mängel auf diesen
Karten wollen wir hier wegsehen ; so fehlt i. B. auf T. 24 der Stern S
im grofsen Bären; die Stellung mancher Sterne ist beträchtlich fehler-
haft; ungebräuchliche Namen hier und dort eingeführt, was auch vom
Texte gilt, z. B. Planet Leverrier, Locke der Berenice u. s. w.
Der Text ist gröfstentheils in Fragen und Antworten abgefasst,
eine Form, die wir bei der Natur des Gegenstandes wenig billigen
können. Wenn der Raum, der zu den Fragen verwendet ist, und der
nahe ein Drittheil des gesammten Textes beträgt, zu einer angemessenen
Erweiterung des vorgeführten Materiales benützt worden wäre, so würde
das Buch weit brauchbarer geworden sein. Der Or. Verf. dürfte dieser
Ansicht vielleicht selbst beistimmen; wenigstens ist es auffallend, dass
er bei Gelegenheiten, wo es etwas schwieriger ist, naturgemäfise Fragen
und Antworten, die zugleich den Gegenstand mit Klarheit entwickeln,
zu erfinden, oder wo die Antworten den Fragen gegenüber eine unver-
hältnismäfsige Länge hätten erhalten müssen, oder endlich wo die Ober-
flüssigkeit der Fragen augenfällig hervortritt, seine Methode aufgibt.
^ i c n. Dr. Karl H o r n s t e i n.
Dritte Abtheilung.
Verordnungen fOr die Asterreieliisehen Gym-
nasien; Statistik«
Personal- und Schulnotizen.
(Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen, Aus-
sei chnungen u. 8. w.) — Se. k. k. Apost Miyestät haben mit Aller-
höchster Entschli eisung vom 5. Jänner 1. J. dem Hilfeamtsdirector im
Ministerium lur Cultus und Unterricht, kaiserlichen Rathe Anton Stein-
haaser, bei seiner Versetzung in den wohlverdienten Ruhestand, in
Anerkennung seiner wissenschaftlichen Verdienste auf dem Gebiete der
Geographie, das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens Allergnädigst tu
▼erleihen geruht.
— Se. Excellenz der Minister für Cultus und Unleiricht hat den
HUfMmt8-4)irectionsadjuncten, Hrn. Joseph Schönbaeh, zum HüÜBamts«
director bei demselben Ministerium ernannt.
— Die Hilfsamts - 0£fieiale beim F. Ministerium für Cultus und
Cnterricht, Hr. Jakob Kursmayr und Hr. Aoton Bihler zu Hilfs-
amts-Directions-Adjuncten.
— Der Supplent am k. k. Gymnasium zu Linz, Hr. Karl G rei-
st orfer ^ zum wirklichen Gymnasiallehrer.
— Der Gymnasiallehrer zu Neusohl , Hr. Joseph Konöinsky»
zum Lehrer am k. k. Gymnasium zu Königgrätz.
— Die Gymnasial supplenten, Hr. Karl Seh mit zu Brunn und Hr.
Theodor L aza f, zu Znaim zu wirklichen Lehrern, ersterer am I gl au er ,
letzlerer am Znaimer Gymnasium.
— Der bisherige supplierende Religionslehrer am Gjrmnasium zu
Przesmysl, Hr. Ladislaus StudziÄski, über Antrag des betreffen-
den hochw. bischöfl. Ordinariates, zum wirklichen Religionslehrer r//L
UUM nir alle acht Classen an derselben Lehranstalt.
— Der Gymnasialsupplent zu T a r n o p o 1, Hr. Clemens B i 1 i 6 s k i,
Eum wirklichen Lehrer desselben Gymnasiums.
— Der Supplent am k. k. Gymnasium zu S tan isla wo w, Hr.
Johann Cipser, zum wirklichen Lehrer an derselben Lehranstalt.
— Der Gymnasialsupplent, Hr. Johann Dutkiewiez in Bochnia,
zum wirklichen Lehrer des Gymnasiums in Neu-Sandec, unter einst-
welliger Dienstes Verwendung zu B o c h n i a.
— Der supplierende Religionslehrer am katholischen Gymnasium
zu Prefsburg, Hr. Johann Mazaner, Weltpriester, über Vorschlag
10*
186 Personal- and Schul notizen.
des fiirsterKbischöfl. Ordinarles zu Gran, zum wirklichen Religionslehrer
an der genannten Lehranstalt.
— Der geprüfte Lebramtscandidat , gegenwärtig Supplent am
Staatsgymnasium zu Padua, Hr. Johann WiegKtalt, zum wirklichen
Lehrer für die venetianischen Staatsgymnasieu.
— Der Lehrer an der Normalhaupt- und Unterrealschule sammt
Lehrerbildungsanstalt bei St. Anna in Wien, Hr. Johann Strehl, zum
Director dieser Schulanstalt.
— Der Supplent an der deutschen k. k. Oberrealschule zu Prag,
Hr. Joseph Laizner, zum wirklichen Lehrer des Freihandzeichnens an
dieser Anstalt
— Der Katechet und provisorische Director der Haupt- und Unter-
realschule in Chrudim, Hr. P. Anton Luke sie, zum wirklichen
Director dieser Schulaustalt.
— Die Lehrkanzel für praktische Geometrie und Silui^tionszeichnen
an der k. k. technischen Lehranstalt zu Brunn ist dem bisherigen
Supplenten dieses Faches, Hrn. Gustav Niefsl, v. May endor f Alier-
gnädigst verliehen worden.
— Der Lehrer und provisorische Director der k. k. Oberrealschule
zu Troppau, Hr. Adalbert Möller, zum wirklichen Director dieser
Lehranstalt.
— Der Supplent an der Dnterreatschule zu Rokycan, Hr. Franz
Ollik, zum Lehrer daselbst.
— Der provisorische Lehrer an der Obenrealschule in Lemberg,
Hr. Karl D h 1 e , zum wirklichen Lehrer an dieser Anstalt.
— Der Lehrer der Unterrealschule zu Werschetz, Hr. Gustav
Zeynek, zum Präparandenlehrer an der katholischen Lehrerbildungs-
anstalt dorttelbst.
~ Der bisherige Scriptor der Lemberger Universitätsliibliotheky
Hr. Rom'an Stoklosi^ski, zum ersten, und der beeidete Prakticant
der Krakauer Universitätsbibliothek, Hr; Dr. Udalrich Heyzmann,
zum zweiten Scriptor an der Universitätsbibliothek zu L e m b e r g.
— Der Official der Pesther k. k^ Universitätsbibliothek, Hr. Dr.
Joseph Märki, zum Scriptor dieser Bibliothek.
— Auf Grundlage ^t% über die Organisation der akademischen
Behörden unter dem 27. September 1849 erflossenen provisorischen Ge-
setzes wurden an der hiesigen k. k. Universität die Wahlen der aka-
demischen Würdenträger für das laufende Studienjahr vorgenommen und
es sind hierbei gewählt worden:
a) Bei der theologischen Facultät:
Zum Decan des Doctoren-Collegiums: der Hr.* Th^l.
Dr. Anselm Ricker, Capitularpriester des Benedictinerslifles zu den
Schotten und Gooperator an der Stiftspfarre zum heil. Laurenz im
Sehottenfelde.
und zum Decan des k. k. Professoren -Gollegi ums:
der Hr. Theol. Dr. Dominik Mayer, k. k. o. ö. Universiläts-Professor
der Pastoral-Theologie , Director des fursterzbischöflichen Alumnates,
Ehren-Domherr an dem Erz- und Domstifte beim heil. Stephan, geheimer
Kämmerer Sr. päpstlichen Heiligkeit etc. etc.
Als Pro-Docan des theologischen P rofes^soren-Gol-
legiums ist dessen letztjähriger Decan. Hr. Theol. Dr. Joseph Karle,
Weltpriester, k. k. o. ü. Universitäts-Professor der arabischen, syrischen
und chaldäischeh Sprache, dann der höheren Exegese des alten Rundes,
fürslerzbischöflicher Brixener Consistorialrath etc. etc. eingetreten.
. Personal- und Schulnotizen. 137
#) Bei der rechts- und staatswisseoschafUichen FacuUät wurden gewählt:
Zum Decan des Doctor eu-Gollegiumn der Hr. (3. J.
Karl K ramm er» Hof- und Oerichts-Advocat ete. etc.
und zum Decan des k. k. Professoren-Collegi ums:
der Hr. U. J. Dr. Ludwig Arndts, o. ö. Universitats-Professor des
römischen Rechts und wirklicher k. k. Regierungsratb etc.
Als Pro-Decan des ju ridischen Professor cn-Go 1-
legiums ist der Hr. U. J. Dr. Johann Springer, o. ö. (JuiversitSls-
Professor der Statistik und der österr. Finanz-Gesetskunde , wirklicher
k. k. Regierungsrath etc. eingetreten.
e) Bei der medizinischen Facultat:
hat als Decan des Doctoren-Gol legi ums der Hr. Med. Dr.
Michael v. Vissinik, Privat-Doccnt der Psychiatrie etc,, sein erstes
Decanatsjahr begonnen.
Zum Decan des k. k. Pro fessoren-Collegiu ms ist der
Hr. Med. Dr. Karl Rokitansky, o. ö. (Iniversitats-Professor der patho-
logischen Anatomie» wirklicher k. k. Regierung« rath etc. gewählt worden.
Als Pro-Decan des medizinischen Professoren-Gol-
legi ums ist der Hr. Med. Dr. Johann Dlauhy, o. ö. k. k. (Jniver-
siläts-Professor der Staatsarzeneikunde etc. eingetreten.
d) Bei der philosophischen Facuität wurden erwählt:
Zum Decan des Doctoren-Gollegiums: der Hr. Philos.
Dr. Moriz H ü r n e s , Vorstand des k. k. Hof-Mineralien-Gabinets etc. etc.
und zum Decan des k. k. Professoren- Gollegiums:
der Hr. Philos. Dr. Franz Pfeiffer, o. ö. Oniversitäts-Professor der
deutschen Sprache und Literatur etc. etc.
Als Pro-Decan des philosop hitichen Professoren-
Collegiums ist der Hr. Philos. und Med. Dr. Andreas Ritter v. ß t-
tings hausen, o. ö. Dniversitäts -Professor der Physik, Director des
physikalischen Institutes , wirklicher k. k. Regierungsrath etc. etc.
eingetreten.
Indem nach der Reihenfolge der Facultäten der Rector Magnißcus
der Wiener Hochschule für das Studienjahr 1860 aus der rechts- und
staatswissenschaftlichen Facuität hervorzugehen hatte , so wurden für
diese höchste akademische Würde sowohl von dem Docloren- als von
dem Professoren-Gollegium der genannten Facuität die Vorschläge er-
stattet, und der akademische Senat hat den Hrn. J. (J. Dr. Ignaz Orafsl,
0. ö. (Iniversitäts-Professor des österr. bürgl. Rechts , wirklichen k. k.
Regierungsrath etc. etc. in Anerkennung der wichtigen Verdienste, welche
sich derselbe um die Wissenschaft im vieljährigen Uni versitäts- Lehramte
und durch die Leitung der Staatsprüfungs-Goinmission erworben hat,
zum diesjährigen Dni vcrs itäts -Rector Magnificus erwählt;
am 14. Jänner 1. J. fand die feierliche Inauguration desselben sfatt.
— Se. k. k. Apost. Majestät haben mit Allerhöchster Entschliefsung
vom tß. Jänner I. J. den Professor der deutschen Sprache an der Gralzer
Universität, Dr. Karl Wein hold, zum wirklichen Mitgliede der Akade-
mie der Wissenschaften in Wien Allergnädigst zu ernennen und die von
der Akademie der Wissenschaften getroffenen Wahlen des Professors der
classischen Philologie an der Wiener Cniversität , Dr. Johann Vahlen,
Kum inländischen correspondierenden Mitgliede. der Professoren F. C.
Neumann in Königsberg und Hugo v Mohl in Tübingen zu aus-
ländischen Ehrenmitgliedern und der Professoren H. Helmholtz in
Heidelberg und Julius Blücker in Bonn zu ausländischen correspon-
dierenden Mitgliedern Allergnädigst zu genehmigen geruht
138 Personal- und Söhulnotizen.
— Dem k. k. Gymuasial-Inspector in Galizien , Hrn. Dr. Eusebius
Gzerkawski, ist das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens Allergnä-
digst verliehen worden.
— Dem Regieningsrathe und Professor der Rechte an der Wiener
Universität, Hrn. Dr. Leopold Neu mann, ist das Ritterkreuz des Franz
Joseph-Ordens Aliergoädigst verliehen worden.
— Dem Professor des österr. Bergrechtes und Redacleur der österr.
Zeitschrift für das Berg- und Hüttenwesen, Hrn. Otto Freiherrn von
Hingenau,, ist der Titel und Charakter eines Ober-Bergrathes Alier-
gnädigst verliehen worden.
— Se. k. k. Apost. Majestät haben mit Allerhöchster Entschlief sung
vom 26. December 1859 dem k. k. Hofrathe und jubil. Archivsdireclor
Franz Grillparzer die Annahme des ihm von der Leipziger Univer-
sität, und dem k. k. Hofrathe und ersten Gustos der k. k. Hofbibliotbek,
Eligius Freiherrn v. Münch-Bellinghausen, die Annahme des ihm
von der Hochschule zu Jena verliehenen Ehrendiploms eines Doclors der
Philosophie AUergnädigst zu bewilligen geruht.
— Der a. ö. Professor an der Wiener Hochschule, Hr. Rudolf v.
Eitelberger und der Professor an der k. k. Akademie der bildenden
Künste, Hr. Friedrich Schmidt, zu ständigen Mitgliedern der k. k.
Gentralcommission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale.
— Der Priester der Neusohler Dioecese, Hr. Schulrath Johann
Gottschar, zum Titular-Abte de Rolban, alias Koblan.
— Hr. L. H. J e i 1 1 e I e s , Lehrer am k. k. Gymnasium zu K a-
schau, zum Mitgliede der ungarischen naturwissenschaftlichen Gesell-
schaft in Pesth.
— Der Professor der Kirchengeschichte an der Pest her Univer-
sität, Hr. Dr. Johann Zaika, ist zum wirklichen Domherrn, und der
Professor der Religionslehre und akademische Prediger an derselben Uni-
versität, Hr. Alois Roder, zum Ehrendomherrn bei dem Graner Metro -
politancapitel Allergnädigst ernannt worden.
^- Se. k. k. Apost. Majestät haben die Wahl des Doclors und
Professors Joseph Mayer zum Präsidenten der gelehrten Gesellschaft in
Krakau für das Jahr 1860 Allergnädigst zu bestätigen geruht.
— Die Wahl des Grafen Emerich M i k ö zum Vorstande und des
Grafen Nikolaus Ltfzir zum Vice - Vorstande des Siebenbürgischen
Museum-Vereines ist Allerhöchsten Ortes bestätigt worden.
— Der bekannte Compositeur Franz L i s z t ist in den Ritterstand
des österreichischen Kaiserstaates Allergnädigst erhoben worden.
Die Herren Prof. Dr. Hyrtl und Dr. Theodor v. Karajan in
Wien und Hr. Dr. Palatzky in Prag sind zu corresp. Mitgliedern der
kön. Societät der Wissenschaften in Göttingen ernannt worden.
— Sr. Excellenz der Hochw. Hr. Bischof von Djakovar, Joseph
Strofsmayer, hat dem croatischen Gymnasium zu SinJ in Dal-
roatien 1000 fl. in Grundentlastungsobligationen zum Geschenke gemacht
(Concurse, Erledigungen, Stiftungsplätze, Stipen-
dien u. s. w.) — An der k. k.. Universität zu Lemb erg die Lehrkanzel
des Bibelstudiums a. B., dann der orientalischen Dialekte, mit einem
Jahresgehalte von 945 fl. o. W., dem Vorrückungsrechte in 1050 fl. und
1155 fl. ö. W. und einer Remuneration von 157 fl. 50 kr. ö. W. Con-
curstage : 26., 27. und 28. Jänner I. J. zu Wien , Prag und Lemberg ;
Gesuche bei dem Decane des Professoren-Gollegiums der betreffenden
theologischen Facultät zu überreichen. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 25.
December 1859, Nr. 328.)
— An der mit der Hauptschule verbundenen 2classigen Unter-
realschule zu W eis die Unteriehrerstelle mit dem Gebalte von 315 fl. ö. W.
Personal- und Schulno tizen. 139
ins den Scbulfonde und einer LocaUulage von 105 fl. ö. W. Termin t
ÜBOtn 14 Tagen nach der letzten Kundmachung, bei der k. k. ober-
(uterreicbiachen Staitbalterei. (S. AmtsbL z. Wr. Ztg. v. 31. December
im, Nr. 333.)
— Eine Amanuensis-Stelle bei . der k. k. Dniversitäts-Bibliothek in
Wies gegen daa Taggeld von 1 fl. 40 kr. 5. W. vorläufig auf die
Diocr eioes Jabrea. Termin: 25. Februar 1. J., bei der k. k. Statthaltcrei
ii Wien. (S. Amtabi. t. Wr. Ztg. v. 19. Jänuer I. J., Nr. 17.)
— An der k. k. Oberrealschule zu Ol mutz eine Lchrerstelle für
Natheinatik als Haupt- und ein anderes Nebenfach (Yorzugsweise Natur-
ffMcbicble und böhmische Sprache), mit dem jähri. Gehalte von 630 fl.,
cvealiiel 340 fl. Ö. W. und dem Anspruch auf die normalmäfsigen Decen-
iibnlageiL Termin: Ende Februar 1. J, bei der k. k. mahrischen Statt-
kallerei. (S. Amtsbl. i. Wr. Ztg. v. 27. Janner 1. J , Nr. 25.)
— Am k. k. Gymnasium zu Pisek eine Lehrerstelle für classische
nülplogie und ausbillsweise für das deutsche Sprachfach, mit dem Ge-
halle voo jibrL 735 fl., eventuel 840 fl. ö. W. Termin: 6 Wochen, bei
4er böhmiscbeo k. k. Slatthalterei. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 29. Jänner
L J., Kr. 27.)
— Au der k. k. technischen Lehranstalt zu Brunn neuerlich die
Stelle eiaes Assistenten der darstellenden Geometrie, des vorbereitenden
imd Projeetionszeichnens , aushilfsweise auch für Maschinen- und Bau-
leicboeo» mit dem Gehalte jährl. 316 fl. ö. W. Termin: Ende Februar
I. J., bei der k. k. mahrischen Slatthalterei. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v.
i Februar 1. J.. Nr. 32.)
— Ad der Forstlehranstalt zu Weifswasscr (Böhmen) 3 Leh-
rerstdlen, und zwar: 1. für die naturwissenschaftlichen Uilfsfächer,
1 lir forstliche Gegenslände und Zeichnen und 3. für Mathematik , die
erste nit 1230 fl., die zweite mit 840 fl., die dritte mit 630 fl. ö. W.
Malt, aänrntlich mit Naturalwohnung und Holsdeputat Termin: Ende
Pehrsar 1. J., bei der Forstschulcommission zu Prag (S. Wr. Ztg. vom
II. Februar l h, Nr. 38, Hptbl. S. 615.)
— Ober die Erledigung zahlreicher Hand-, Sliftungs-, Faculläts-
und anderer Stipendien als: 1) e. Joh. Adam Le hj bau mischen, 2) e.
Hitschen 'sehen, 3) e. iStraufs 'sehen. 4) e. Lankisch von llor-
■i t B 'sehen. 5) e. Dr. Johann Gomposch 'sehen, 6) e. Schick 'sehen,
7) dreier Wenzel'schen, 8) e. Ueinr. Riefs'schen, 9) e. Wein-
kcrg'scber, 10) e. Seh ei der 'scheu, 11) fünf Seh I esisch-Bur-
• ascber, 12) e. Emerich'schen, 13) e. Ju s ch i tz 'sehen, 14) c.
Stumpf 'sehen , 15) zweier Engelhart 'sehen , 16) sechs 6 c i f s-
1 e r scher , 17) vier G o I d h e r g 'sehen, 18) zweier K i I b e r v i 1 1 i u i-
»cbcD, 19) zweier KnaffTschen, 20) e. M a y c e n 'sehen, 21) e. Ra-
■ ing- Briccianischen, 22) zweier Rosenburs'scben, 23) zweier
Salze raschen, 24) e. Sc h euer m an n 'sehen und 25) c. Sorbait-
schcB, 8. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 14. Jänner I. J., Nr. 12.
— Über die Erle<ligung dreier l'niversitätsslipendien aus der Frau
M. H. Mandelli-Rretschneider 'hchen Erinnerungsstiftung , s.
AmtsbL Z.W7. Ztg. v. 19. Jänner L J.. Nr. 17.
— Über eine erledigte Elisabeth D u m 'sehe Studentensliftung,
L AmUbl. z. Wr. Ztg. v. 25. Jänner I. J.. Nr. 23.
— Ober einen erledigten gräfl. M i lle si m o'schen Stiflun^splat/
Bionlicher Abiheilung, s. AmtsbL z. Wr. Ztg. vom 20. Jänner 1. J.,
Xr. 27.
— Ober ein erledigtes L ilienbu rs'sches Universitälsstipendiuro,
1. AmUbL z. Wr. Ztg. v, 7. Februar L J., Nr. 34.
140 Personal- und Schulnotizen.
— Über einen im gräfl. Löwenburg 'sehen Gonvicte in Wien
erledigten Theresia v. Kriech bäum sehen Stiftsplalz, s. Amtsbl. x. Wr.
Ztg. V. 9. Februar 1. J., Nr. 36.
— Ober die Erledigung mehrerer Stipendien, und zwar: a) 8 Wind-
bag'scber, b) 1 G o 1 d e g g'schen, c) % Zoller 'scher, d) 1 Dr. Frz.
Ant. F i 8 c h e r'schen, e) 1 P fi Igen reit er'schen, 0 1 K e 1 1 n e r'scben,
g) 1 Balduin Frz. v. Meerf eld'schen und h) 1 Fernitz 'sehen, s.
Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 12. Februar 1. J., Nr. 39.
(Todesfalle.) — Am %i. December 1859 zu Triest der emerit
Verwalter der bestandenen Stiflsherrschafl Schotten, gewes. Director der
Blinden« Versorgungsanstalt in Wien, Ausschuss und Mitglied vieler Wohl-
thätigkeitsanstalten , Ur. Franz Xaver Mottloch, im 81. Lebensjahre.
— Am 25. December 1859 zu Rom der Maler Hr. J. Elsasser
aus Berlin, als einer der bedeutensten im Fache der Landschaft bekannt.
— In der Nacht des 26. Decembers 1859 zu Göttingen Hr. Johann
Friedr. Ludw. Hausmann (geb. zu Hannover am %i, Februar 1782),
Hofralh und Professor der Technologie und der Bergwerkswissenschaflen
an der Universität Göttingen, Ehrenmitglied der kais. Akademie der
Wissenschaften, als Geognost berühmt.
— Am 27. December 1859 zu Heidelberg Hr. Dr. K. R. Sachfse,
a. o. Professor der Rechtswissenschaft und Bibliotkekar an der dortigen
(Jniversitäts-Bibliothek , durch seine wissenschaftlichen Leistungen auch
in weiteren Kreisen bekannt.
— Am 28. December 1859 zu Kensington Hr. Thomas Babington
M a c a u 1 a y (geb. zu Bolhler-Templer in der Grafschaft Leicester am
25. Octobcr 1800), seit 1857 Baron und Pair von England, als Ge-
scbichtsschreiber berühmt.
— Am 29. December 1859 zu Wien Hr. Anton Xaver Schurz,
k. k. jubilierter Hofbuchhalter (geb. zu Asparn an der Zaya im J. 1794),
als Biograph Lenau's, dessen Schwestermann er war, so wie durch eine
Sammlung eigener Gedichte, bekannt.
— Am 1. Jänner I. J. zu Prag der bekannte Compositeur und
Musiker, Hr. Luigi Ricci, Director der städtischen Musikcapelle und
des Theater-Orchesters in Triest. im 51. Lebensjahre.
— Am 3. Jänner I. J. zu Wien Sr. Hochwürden Hr. F. Leonhard
Seitz, Piaristen-Ordenspriester , k. k. Rath . gewesener Gymnasial-
Professor, dann Director des ehcmal. k. k. Stadtconvicts und Präfect des
akademischen Gymnasiums, emerit. Proviucial der Piaristen öst. Provinz
u. s. w. (geb. zu Günsburg in bairisch Schwaben am 24. Mai 1785),
ein durch Bildung, Liebe zur Jugend, durchaus edles Streben und echte
Humanität ausgezeichneter Mann. (S. dessen Nekrolog in der Wr. Ztg.
V. 14. Jänner I. J., Nr. 12. Hptbl. S. 187.)
— Am 5. Jänner I. J zu Frankfurt a/M. der vielverdiente Senator,
Hr. C I a r u 8 , als Mitbegründer der Gesellschaft zur Beförderung nutz-
licher Künste und deren Hilfswissenschaften bekannt, im hohen Alter.
— Am 5. Jänner l. J. zu Venedig Se. Excellenz Hr. Baron Gal-
vagna. emerit. Präsident der k. k. venetianischen Akademie der schö-
nen Künste, im Lebensalter von 87 Jahren.
— Am 6. Jänner I. J. zu Wien Hr. Franz Wild, pens. k. k.
Hofopernsänger (geb. am 31. December 1792 zu Oberhollabrunn), seiner
Zeit durch seinen kunst- und seelenvollen Vortrag classischer Opern-
musik bekannt und noch bis in die späteren Jahre seines Alters auf
diesem Felde thätig.
— Am 12. Jänner 1. J. zu Krakau Hr. Johann Boucza Skrzy-
n eck i (geb. in Galizien am 8. Februar 1786), der aus dem polnisch-
russischen Kriege im J. 1831 bekannte (veneral.
Personal- und Schulnotizen. 141
-7 Am 17. Jänner 1. J. zu Leipzig Hr. Friedr. Georg Wieck,
als Schriflsleller über Gewerbe und Handelsangelegenbeiten vortheilhaft
bekannt, in seinem 69. Lebensjahre.
— Angeblich am 20. Jäuner 1. J. zu Tübingen Hr. Dr. S i 1 c b e r ,
Musikdireetor an der Universität daselbst, als Liedercomponist ruhmlich
bekannte
— Am 26. Janner L J. zu Coburg Frau Wilhelmine Schrödcr-
Devrient, später verheiratete v. Bock (geb. am 6. December 1805
zu Hamburg), als ausgezeichnete Repräsentantin classischer Opern-Cha-
raktere bekannt.
— Am 27. Jänner 1. J. Hr. Matthias Schletzer, als Sprach-
lehrer und Verfasser französischer Grammatiken und Übungsbücher
bekannt
— Am 28. Jänner 1. J. zu München Frau Karoline Richter,
Witwe Jean Paul Friedrich Richler's, 84 Jahre alt.
— Am 29. Jänner 1. J. zu Bonn der deutsche Dichter Hr. Ernst
Moritz Arndt (geb. am 26. December 1769 zu Schoiitz an der Meeres-
bucht der Insel Rügen), kurz nach vollendetem 90. Lebensjahre.
— Am 31* Jäuner 1. J. zu Lüttich der emerit. Professor der latein.
Litteratur an der dortigen Universität. Hr. Dr. Fufs (geb. zu Düren),
als Latinist, namentlich durch seine Übersetzung Schiller'scher Gedichte
in's Lateinische, bekannt, im Alter von 78 Jahren.
— Im Jänner 1. J. zu Brigthon Hr. Oberst William Martin Leake,
durch seine Reisewerke über Griechenland und Kleinasien, so wie durch
seine «Numismata Hellenica' rühmlich bekannt , im hohen Alter von
83 'Jahren.
— Im Jäuner 1. J. zu Eperies Hr. Paul N a g y , vordem ordcntl.
Professor an der Grobwardeiner Akademie, Verfasser mehrerer gelehrter
Werke, im Alter von 81 Jahren.
— Im Jänner I. J. zu Prag der hoffnungsvolle böhmische Dichter,
Hr. C B. Jansa, im 18- Lebensjahre.
— Im Jähner 1. J. zu London Sir W. C. R 0 f s , Mitglied der
kön. Kunstakademie, berühmter Miniaturmaler (geb. 1793).
— Am 2. Februar I. J. zu München Hr. August Fischbach
(aus München), Sohn de» berühmten Landschafimalers , als Genremnler
ausgezeichnet.
— Am 3. Februar 1. J. zu Krakau Hr. Dr. Adolf Lewicki, Di-
jeetor der Normalschule am Kazimicrz, als Verfasser mehrerer im Drucke
erschienener philosophischer Monographien bekannt.
Vierte Abtheilung.
Miscellen.
Programme österreichischer Gymnasien und Real-
schulen am Schlüsse des Schuljahres 18^%^.
(Fortsetzung von Uft. I des Jahrg. 1860. 8. 78 ff.)
I. Abhandlungen philologischen und linguistischen
' Inhaltes.
4. Über den sogetutnnien Notninälivui aösoiuiu» bei TAucpdides.
(Äbhaudlg. von Wenzel Kloudok, im Programm des k. k. Obergym-
nasiums zu Leitmeritz. 1859.) — In sehr ausführlicher Weise be-
spricht der Hr. Vf. (auf 14 enggedruckten Quartseiten) eine Reihe von
Stellen in Thucydides , die ihm unter die Classe der Nominativi ^b-
soluti zu fallen scheinen. Dm den Slandpunct des um. Vf.'s dieser Frage
gegenüber zu präcisieren, können wir nicht besser verfahren, als indem
wir die von ihm gegebene Eintbeilung der als Nom. abs. von ihm be-
trachteten Fälle folgen lassen, und dann das untersuchen, was er über
einzelne Stellen vorbringt.
«Die Stellen , in denen Thuc. ein Partie, im Nom. ab& gebraucht
zu haben scheint, zerfallen in zwei Glassen: entweder treten zwei Nom.,
der eine mit einem präd. Part, versehen, in ein Appositionsverhaltnis
neben einander, oder es findet bei der Beziehung des Nom. eines Subst.
und dazu gehörigen präd. Partie, oder eines blofscn präd. Partie, auf
den Hauptsatz eine Auakoluthie statt. Für erstcrcn Fall liefert unser
Auetor eine ziemliche Anzahl von Beispiclon, welche hier zuerst be-
sprochen werden sollen.»
«Wir finden nämlich Sätze bei Thuc, wo zwei Nom. zu dem
Verbum vorkommen, deren einen ein Prädicatspart. begleitet. In solchen
Sätzen herrscht zwischen den beiden im Nom. erscheinenden Begriffen
das Verhältnis des Theiles und des Ganzen appositionel ausgedrückt.
Dieses Verhältnis lässt seiner Natur nach zwei Mauptcombinationen seiner
Elemente zu , wonach sich auch die hieher gehörigen Beispiele in zwei
schärf getrennte Hauptgruppen ordnen, indem entweder der den Theil
darstellende Nom. zu dem des Ganzen in Apposition steht, in welchem
Falle das Verbum des Satzes fast durchgeheuds mit dem letztern con-
gruiert, oder umgekehrt der Nomin. des das Ganze bezeichnenden Be-
griffes dem des Theilbegriffes, auf welchen sich dann das Tempus fini-
tum der Aussage bezieht, als Apposition beigesellt ist. In jeder dieser
Gruppen hat man Nomin. abs. doppelter Art zu unterscheiden, je nach-
MiftcelleD. 143
dem entweder der Nöm. des Theiles oder der des Ganzen mit dem
präd. Part verbunden neben dem andern Satznominative al« absolute Gon-
stniction angesehen werden muss.*
Man vergebe uns die Länge dieser wörllicben Anfuhrung; allein
es war nothwendig, den Verf. selbst reden zu lassen; es ist auch zu«-
gleich das sicherere. Dass wir diese mühsame Einiheilung für reine Sache
der Liebhabereirausehen müssen, wird uns niemand verdenken; liegen
ihr doch rein zufallige Momente zu Grunde. Denn ob der Theil zum
Ganzen, oder umgekehrt, Apposition, und welcher Theil das Particip hat,
das ist rein äufserlich, die Sache selbst bleibt dieselbe. Die Sache,
aber, wie wir sehen werden, ist nicht, wie der Hr. Vf. sagt, der Nom.
absol., sondern einfach die Apposition, wie er es ja selber gleichfalls
sagt. Der Verf. nämlich läugnet zwar im Anfang der Abhandlung, dass
der Nom. abs. etwas absolutes sei, will ihn aber doch wieder als etwas
besonderes darstellen, und wir werden auf den Punct gleich kommen»
wo sich dieser Widerspruch grell genug darstellen wird.
Begonnen wird vorläufig mit Thuc. 5, 4, 2. ABOvtipoir ya^ noUtag
XB ixgy^dipavto noHovgj xal o d^iiog t^v y^y inüfOH avaSa€a9a&,
Obwohl der Verf. im Ganzen (wie ja auch nicht anders möglich) die
Stelle richtig versteht, so verdreht er doch sogleich den einfachen Sach-
verbalt durch die Behauptung, der zweite der beiden Sätze, der mit tuiI,
sei als der Grund der logisch wichtigere (der Verf. gebraucht nämlich,
wo andere von * Sinn' und * Gedanken' sprechen, immer die Ausdrucke
logisch und Logik), und dass die Eutwickeluog des Inhalts lehre,
hactoi sei in logischer Beziehung als das Uauptsubject auch des
ersten Satzes zu denken. Wir wissen nur soviel aus der Stellung des
fB nach Asovtivoi, dass dieses als Subject für beide Satzglieder bei-
uibehalteQ Absicht des Schriftstellers war, die erst im zweiten GUcde
sich änderte: Hauplsubject kann also nur ABomüpoi sein, und o 9^fL0g
ist nur das genauer bestimmte Abovxivoi ; über die relative Wichtigkeit
aber der beiden Sätze sind keine Betrachtungen anzustellen, die Con«*
stnictioD selbst macht es unnöthig.
Denselben Fehler begeht der Verf. bei der Besprechung von Thuc.
1,2,1 in einer Anmerkung: tpaivita^ yccQ 17 vvp 'EHicg nalovitipiii
ov natui ßBßaimg oUoviiivfj, aXXä iiBtcevaatacBig tB ovaai ta n^otsga
xal f^düog i%aatoi ttjv iavtmv inolBiuovtBg, «Auch hier,' sagt der
Verf., «berechtigt die Verbindung der beiden Glieder durch xb-imU die
Worte %%aa%oi'inBXBinov (wo steht das?) als Angabe des Grundes der
Aussage alXa ptetavaataastg ^cav (?) zu subordinieren.* Das ist in der
That wunderbar: die Verbindung durch xb-imU berechtigt zur Subordi-
nation! Uns dünkt, sie schlösse dieselbe geradezu aus.
Doch jetzt kommt erst die Hauptsache. Das waren ja bisher noch
keine absoluten Nominative, fehlte doch das prädicative Parüeip. Dies
folgt nun oder vielmehr seine Genesis soll beobachtet werden. Thuc.
4, 110, 2 heifst es: of Sl n^daaovxBg cevtiß (rtß BQcccid^) BldotBg, oti
fliot, xal TtQOBl^ovxBg xivlg avtav id^QU oUyoi hfJQOvp x^p ngoi/o-^
iop .... Ober die Umänderung des Satzes in oT d'^ nQaatrovxfg avxip
tldoxsg oxi {Jiot ixtjQOvv x-^v nQoaodov xal nQO^i96v xivBg avxmp
lod^a oUyoi, wodurch der Satz formel dem zuerst behandelten 5, 4, 2
gleich werde, ist nicht viel zu sagen; formel ist er nicht gleich, denn
es fehlt XB, logisch nicht, weil 5, 4, 2 der Satz des Thucydides ganz
einfach und verständig, die Dmwandelung des Hrn. Vf.'s aber ein sehr
unlogisches Belieben ist.
Die Willkür, die sich der Verf. hier erlaubt, geht in der That
in's Unglaubliche. Was ist doch einfacher als das xa/ der Thucydi-
deischen Stelle : sldoxBg nak nQO$l^vxBg ! Aber nein : nicht die Parti-
cipia werden miteinander^ sondern t^pig tiixwv oUyoi mit n^aüC^V'
144 Miscellen.
tig coordiniert! und das nQoiifx^cd'ai wird von ihnen in Gestalt eines
prädic. ParL ausgesagt. Die Conjunction nai aber, welche hier nicht
zwei verschiedene Begriffe verbindet, sondern den Theil seinem Ganzen
anreiht^ empfangt vermöge dieser naturlichen Beziehung der vcrknupflen
Glieder scheinbar die Kraft einer oxplicativen Partikel.* Mit
solchen Künsten erörtert der Verf. die einfachsten Stellen der Welt.
«Wenn nun das explicative xa^ . (kurz vorher noch war es
nur scheinbar explicativ) zwischen den beiden in der angegebenen
Weise als Subjecte einer Handlung fungierenden Begriffen wegfällt, und
alsOy was auch allein ihrem logischen (!) Verhältnisse angemessen
ist, der Theilbegriff dem Ganzen nicht mehr durch eine Conjunction
beigeordnet, sondern unmittelbar als Apposition nebengeordnet wird, so
bekommen wir jene oben bezeichneten Fälle der Nominat. absolut...,'
Die ganze Nichtigkeit dieser Erklärung wird vielleicht dem Hrn. Verf.
Mclbst einleuchten, wenn er, wie wir ihm dringend ratheu. eine kleine
Änderung in der Stelle 4, 110, 2 vornimmt, nämlich sldotsg weglässt:
of Sl nQaccopteg ait(ß nQOsX&ovteg t^vhg aitmv oXCyoi itiiQOVv t^v
TtQOCodop. Es zeigt sich dann , dass gar kein explicatives ntU auszu-
fallen braucht, um die Stelle ganz eleichartig mit 1, 49, 4 at'Attinul
v^8g .... fuixVS ^^ ov% ^QZ^^ ^sdioztg ol ctQcttriyol .... zu machen^
Von den weiterauf S. 5 vorkommenden Folgerungen und der Polemik
gegen Wentzcl's Schrift über denselben Gegenstand brauchen wir keine
weitere Notiz zu nehmen; Seite 6 kommen ein paar andere ähnliche SCcUen,
die der Verf. nicht näher bespricht, nur über 4, 58 spricht er sich kurz
aus: tlta xal ot SXXoi IkxsXiatai, ivvsX^ovteg ig ViXap ano nacmv
tmv Ttolsav ngBoßeig^ ig Xoyovg %axiaxriaav aXli^Xotg. «In dieser Ge-
stalt verdanken wir die Stelle der richtigen Interpunction Böhme's; nach
der alten, die das erste Komma hinter riXttv setzt (so noch Krüger),
klingt die Apposition etwas zu naiv.* Sehen wir aber nach dem unter-
schiede vorläufig, KO finden wir nichts, was die Bezeichnung naiv (doch
wol hier 'kindisch') rechtfertigen könnte. Nach Böhmo's interpunction
kann nur gemeint sein: 'indem Gesandte aus allen Städten zusammen-
kamen,' nach der alten Interpunction: 'indem sie zusammenkamen, von
allen Städten Gesandte ;' dies klingt nun Hrn. Klouöek zu naiv ; leider
ist es aber das einzig richtige, wie sich aus dem Vergleiche mit den
andern Stellen ergibt ^xcltoora» bleibt so lange Subjcct, als keine Be-
schränkung eintritt, bleibt es also auch noch für ivviX96vxsg\ erst bei
ano nacäv noXstav drängt sich die Nothwendigkeit einer genauem Be-
schränkung auf. Sollte das « was Böhme meint, erreicht werden , so
müsste man schreiben ^vveX^vteg ot n^iaßng eig FiXav ano n, n.
In einer Anmerkung bespricht hierauf der Verf. eine Stelle, in
welcher ihm der Nomin. abs. auf der «zweiten Vorstufe* seiner Ent-
wickelung stehend erscheint. Es ist .3. 102, 1 ysvofisvoi {EvQvXoxog tm
otgatm) dh iv ty Navnantiot xal oi AltmXol afia fjdrj nQoapeßori9'fi%o-
tig id^ovv tfiv yijv xal to ngodatsiov axBlxiatov ov stXov. Eine schwie-
rige Stelle; hören wir Hrn. Kloucek. «Ich erkläre diese Stelle.* sagt er
S. 6 der Abhandlung, «so, dass ich das aus dem vorausgehenden hinter
ysvoiisvoi , » . , Nttvna%r£qi zu ergänzende oi fista EvqvXoxov als dan
erste Subject von id^ovv durch , den mit dem prädicativen nQoaßißori»
dijxore« versehenen und mittels %ai «^ quidetn^ daran gereihten Nom.
ot AltmXoit welcher in jenem Plural inbegriffen, wie der Theil zum
Ganzen sich verhält, appositionel beschränkt werden lasse.* So sieht
nach Hrn. Kloucek's Ansicht ein Nom. absol. im zweiten Stadium seiner
Entwickelung aus. Im Subject von y€v6[ttvoi ist bereits ot AltmXol
begriffen, und doch soll jenes Subject, zugleich Subject von Id^ow,
durch AlxtßXoi beschränkt werden. Dabei ist erstens nicht wahr,
dass o( AlxmXol in ot Ev^vX6%ov inbegriffen ist, es koinmt vielmehr
MisceUen. 145
cfii hinso; sweileoSf und das ist vom eraten die Folge, kann es nicht
beidiriDken, sondern nur erweitern, kann auch kein Theil vom Ganzen
Mia. Die Stelle, wie sie vorliegt, zwingt aber gewissermafsen zur rieh-
bin AnffftMUng. £ine vereinte Auffassung der beiden Participia ftvo-
pBU und MQO^ßBßofidipiittg ist unmöglich ; man muss daher sie ein-
idn aullaaseii. Einzeln gefasst gibt jedes Parlicip mit dem Hauptverb
Tcrbmden eine richtige, oder besser, uns fassbare Construction ; da sie
na beide auch noch zu id^ow in ganz gleichem Verhältnisse stehen, so
iit in Griechischen nicht das geringste Bedenken gegen ihre Verbin-
dsi«; und löst man beide Part in Zeitsätze auf, so zeigt sich auch im
Deutschen kein Anstofs. Von einem Nomin. absol. aber im wie vielten
Stadius immer der Entwickdung zu reden, ist ein völliges Verkehren
der grammatischen Verhältnisse.
So wie bei der sben behandelten Stelle Kruger, so wird Böhme
bei der Besprechung von 4, 101,1 getadelt; dieser Gelehrte findet näm-
Ikk einen Nominal, absol. in den Worten: oC dh noXXol anovotuTtig
«Uoietff^f ifhamo titg fpmiutg aXXmg ts xal ßgafV f^^ 'A^vaimv
IffwltMtiop %6 dh 9Ut9¥ ivyL^ixzov. «Der erste Blick,» wir führen
4ie eigenen Worte des Vf.'s au, «lehrt, dass die Stelle mit jenen Fällen
pr nichts in thun habe. Es liegt uns hier auch kein Nom., son-
4ftnk wie die Anknüpfung durch SXXmg %9 %al und die Gegenüberstel-
lasg der beiden den ganzen Inhalt des Begriffs ot woXXoi erschöpfenden
filicder ß^^x^ 'A/^^ptUmv und zo wXHov vermittels fkiv und 9i zur Evi-
4cBS darthun, ein Accus, absol. vor.' Hier hat der erste Blick den Hrn.
Vfff. gewaltig irre geführt und die folgenden Blicke haben den Irrthum
iichl gnt gemacht. Die Gründe dafür, dass fynoXixwov Accusativ ist,
»iad ganz neu und eine genauere Auslührung derselben wäre wünschens-
weith. Wie die Sachen jetzt stehen, wird in aXXmg xi%ai und in [kiv
ii kein Philologe den evidenten Beweis für den Accus, abs. finden.
%ir verweisen den Hrn. Verf. auf ein Beispiel, das er in seinem Krüger
Siden wird: aiShß voiU[m avd(fl aXXmg xs %al aQ%ovxi naXXiov
Jmu «njfMt etc. Dies wird ihm beweiHen , dass die Übereinstimmung
Mihwendig ist, also iianoXixivov Nominativ. Dass es Neutrum ist,
Nllle ihn nicht zu der Verwechselung mit Fällen wie nQOCff^op etc. ')
Terleitel haben, man kann sich ja statt noXXoi nXij^og oder statt ßgcexv
iUyoi> denken und hätte dann Thucydides oder Hr. Klouick geschrieben:
iXlmg X9 «ad oX^yovg A9. iianoXixevovxagl Von dem, was der Hr. Vf.
über i^iw and di schreibt, will ich nichts reden, man muss dergleichen
Irfen, um zu glauben, dass es jemanden überhaupt einfallen kann.
Nicht glücklicher ist der Hr. Verf. in der Erörterung der Stelle
t. M, tt %9Ctui d\ ^ KifpaXXjiiißia maxa 'Anagpaviap %al Aivnada
fKfcsoicff oisa JlctXfjg K^atpioi Za^aZoi TlQOPaioi, Wir sehen unH
hier wieder gezwungen wörtlich zu eitleren : Es soll hierin ein unechter
Kon. absol. stecken. «Zu dem Ende fasse ich die Worte xizganoXig
•M«, wie man zu sagen pflegt, ano noivov, indem ich sie sowohl für
das Sohject ij Kt^, als für die Nom. IlaXijg etc. als Prädicat gelten
Uase, und deu so gewonnenen Nom. absol. xiXQunoXig oicu IluX^g etc.
la der esplicaliven Bedeutung PaiemibHM, Craniit . . . kanc ieirapoUm
tßtiaiMm$.* Dergleichen wäre zum Lachen , wenn es nicht eine sehr
trasrigc Seite hätte. Was mag sich der Hr. Verf. wol unter einem ano
isirsv (wie man zu Nagen pflegt) denken? oder von einem Nom. abs.,
4er zugleich imo uotvav i^tY Dann fügt der Verf. hinzu, die Verbin-
teg mfcsoliff oica FlaXtig erweise sich nach Anschauung und nach
') Aurh in diesen Fällen wie irgoarinov , /£oy, do^av vir, Hind \i ir
überzeugt. da^K appositionrile Nominative vorliegen.
14ft Miscellen.
gyntaktiseher Form ganz Tbuoydideiseli — naeh (hm vorausgehentleii
gewiss ein sehr swcifelhaftes Gompliment.
AHein der Wunder ist noch kein Ende — als Nomin. absot. wird
auch (wer sollte es denken!) 8,25,2 erklart: Mtli^aioi dh iitX96vr$g
uvToits. ..Kcd oC (Uta ;i;«Xiu^ia>ff iX96vtsf TleXonoinnjinoi xai Tiüüa-
^qnfOVf ti iiViTiop inixovQinov %al avthg Tiaoatpigpiig sror-
Qwp wd fi tnnog avxw ^wi^alB xotg 'A^vaioig. «Wer diesen Satt
mit Bedacht liest, dem durfte die Goordinierung des xal aitog Ti66.
nrngdv mit den übrigen Theilen der den Athenern gegenüberstehenden
Sireitmacht, zumal aber die sonderbare Reihenfolge der letzten drei Glie-
der nicht wenig auffallen.* (Dass nämlich Tiss. mitten unter seiner
Ueeresmacht genannt wird.) «Dieser Anstofs ist behoben, wenn man die
Worte xai avtog Ticc. nagdv mittels Beistrichen als absolute Nomina-
tivconstruction von dem übrigen trennt* Nebenbei setzt der Hr. Verf.
voraus, Tissaphernes habe in der Schlacht commandiert. Man wäre,
wenn man das eben angeführte liest , versucht zu glauben , der Hr. Vf.
treibe mit seinen Lesern Sehers. Wir haben hier fünf OKeder , welche
die Zusammensetzung eines Heeres angeben, zwei durch xB-waC verbun-
den, zeigen das griechische Element avtöite %id ot iista %. 6, Ilil^
dann kommen drei durch nai verbundene, die das barbarische Heer
angeben, die Söldner des Tissaphernes, Tissaphernes selbst, und seine
Reiter *). Hier findet ein bedachtiger Leser Anstofs, und glaubt «durch
ein par Beistriche* eine Gonstruction — doch, misbraucben wir das
Wort nicht , eine Verwirrung hineinzubringen , der nicht einmal der
Schatten eines Grundes unterliegt. Was der Verf. weiter über die Stelle
spricht, wollen wir übergehen ; auch was derselbe über den Cnterschied
von Nom. und Gen. absol. sagt, ist nichtig.
Der Verf. kommt nun zur zweiten Nebengruppe der auf einem
appositionetlen Verhältnisse des Theiles zum Ganzen beruhenden Nom.
absol.; die Irrthümer (der Leser wird ihre Wurzel längst erkannt haben)
sind dieselben, nämlich der Verf. will eine Gngenauigkeit des Ausdrucks,
eine Unbestimmtheit der Vorstellung in seinem Auetor mit aller Gewalt
auf eine Gonstruction zurückführen , und in diesem widerspruchs-
vollen Streben schreckt er, wie wir gesehen haben, vor dem aben-
teuerlichsten nicht zurück. Und diese Gonstruction, deren eigentliche
Existenz er in der Einleitung geläugnel hat, dringt er dem Auetor an
möglichst viel Stellen auf. Das merkwürdige dabei ist, dass, wo er das
grammatische bei Seite lassend, nur den eigentlichen concreten Sach-
verhalt, das, was vorgeht, darlegt, er meistentheils richtig urtheilt,
während die ReduCierung auf die Grammatik (um die es sich aber hier
eben handelt) so vollständig verfehlt ist
Indem wir nun die Gharakteristik dieser Nebengruppe übergehen,
wollen wir sogleich die Art in Betracht ziehen, wie der Verf. das erste
Beispiel, das er bringt, erörtert. I, 100, 3 heifst es: inl dh Zr^ftova
xfyi^apttg (die Athener) fikV(f£ovg o^xifropaff avtnv xb xol- xmv {vf^
ffka%atv vno xovg avxovg xQ^^ovQj ^g ol%i.ovvTBg tag toxB naXovfii-
vag *Evi^4a i^vg^y vvv Sh 'AiKpinoXiv, ttSv fthv 'Epvia hdmv avxol
inQ§ixfi<fap, . , nQOBXd'OvxBg Sh xrjg Bganr^g ig f^Büoyauxv dBB^aQTiüOP
iv jQoßi^ifKm 4 . . vno tmv BganSv ^vi^navtsg. Es ist klar, dass hier
dre Athener in der Stadt und die der Golonie nicht geschieden sind;
dazu trägt nalürlich noch der gemeinschaftliche Gegensatz beider gegen
die fremden Golonisten tmv |vfifMf%a>fr bei, und da ohuavpxBg unver-
meidlich auf 'A9^va^oi allerdings mit den athenischen Golonisten zu-
sammengcfasst zu beziehen ist, so folgt, dass Krüger ganz recht hat,
■) Wir verweisen Hrn. kl. für die Verbindung xB-naUnaUtiid auf
Prot. 329 D, 321 C.
MigeeUen. I47
W6DD er aitoi eben dahin bezieht ; es kann gich darin eigentlich nur
derselbe Gegensatz wiedersplegelo , der bereits in ttvrcSr vt Mtl vm
i^pfuixmp liegt; aitoi bezeichnet in unbestimmter Allganeinheit die
Athener und somit auch die athenischen Colonisten. Das Gegenstück
daio ist iiSpmarttg, wie nothwendig zu achreiben. Bei dorn n^at§i9
wird begreiflicherweise nur der Athener gedacht» der Untergang aber
wtf allen gemeinsam.
Weit anders der Hr. Verf. der vorliegenden Abhandlung. Ohne tu
denken, dass das naehdnicksvoUe aitoi nur den Gegensatz der Athener
gegen die untergeordneten Mitcokmisten ausdrucken kann» erklart er es
als die e/iii|se^es im Gegensatz zu den Ttifkffmvteg i das musste aber
evf«» heiben. So erklart er denn ('A^^vidoi) Mipi^img fiir einen
Nom. absoL, was unbegreiflich ist bei der Ailmahlichkeit, mit der dieser
Begriff verschwindety eine Allmahlichkeit, die er selbst anerkennt.
Es ist übrigens zu bedauern» dass der Hr. Verf., wie wir bereits
erwähnt haben, trotz der Ausführlichkeit, mit der er vorliegenden Ge-
genstand behandelt, doch eigentlich sich nicht ausspricht, in welchem
Verhältnisse seine Laugnung der Existenz eines abaoL Nom. in den ein-
leitenden V^orten zur versuchten Nach Weisung desselben an so videa
Stellen sieht Demi was er über die zunächst behandelte Stelle sagt,
ist mit Ausnahme der umiöthigen Annahme eines Nomin. absnL im
Ganzen riehtig. Freilich begeht er auch hier den Fehler, das voraus-
gehende Subject einer nachfolgenden Beschränkung zu Liebe su igno«
rierea Was Cerner den von ihm angenommenen Dnterschied von einem
Gen. absol. betrifft, so verweisen wir ihn auf die einfochen Home-
risehen Verse:
Wir möchten den Hru. Vf. fragen, ob nach dem,, was er so gewiss be-
baaptet, bei oxartav sich die Handlung (hier also der Zustand) eines
Subjeets unmittelbar als adverbialer Nebenumstand der
Baupthandlung darstellt, in ftoikiwn aber die Nehenhand«
In ng mittelbar durch ihr zugleich als daa der Handlung des Haupt-
Terbs auftretendes Subject auf diese adver biel bestimmend
wirkt. Die Griechen hatten wahrlich besseres zu Ihun, als solche
Dnterschiede auszudrücken.
Thuc. 6, 74, 1 ot 91 (die Gegenpartei der Athener in Messene)
tovg te ttvd^oee Si&p&Hifuv nffottQOv xol xots ctuciaf^OTCsg «od h
osioAff optBg hfSKQatovv ^ij Öiiacd-iu tovg *A^9uiovg ot Tavva fov-
lofifflrM. Hier begegnet dem Verf. wieder ein eigenthümliches Misge-
schick, or tttvra ßovXoiiLBvoi muss wieder beschränkende Erklärung sein,
denn der Act der AusschlieCsung gegen die Athener geht von der ganzen
Bevölkerung aus. Leider vergisst er dabei insx^tovv. Das hei (st doch
wol *sie setzen durch,' durchzusetzen pflegt man aber gegen einen Wider«
stand, hier gegen den Widerstand offenbar der athenisch Gesinnten. Gegen
diese konnten aber nur die syrakusisch Gesinnten stehen; folglich ist
9t xavK€C ßovlofnvoi nicht beschränkend, sondern epezegetisch. Ober
9%m€i4^n9 möge sich endlich Hr. Rlouiek nicht beunruhi^n^. wie von
der ganzen Stadt, so wird es auch von den Parteien gesagt. Und wie
es von den Parteien gesagt wird, so kann es auch von einer gelten».
In dieser Beziehung verweisen wir auf die Lexika..
Was nun herauskommt, wenn man, wie wir bereits bemerkt haben,
Ungenauigkeiten des Ausdrucks zu Constnictionen stempeln will, zeigt
am besten die gleich zunächst behandelte Stelle 3> SU, 2: ig ovv to«.
'A^vceg ftif^aTSig ot xwß Ätopxivmv ivpkfi>a%oi lunu xb n«Xaia9
ivfipa%ücp «tfl Ott "impsg ^üap mUtovoi tovg 'A^ipruloffg m^^^Ihxi €^la^
99tvg. Hier fühlt sich der Hr. Verf. genöthigt ni^ipttmH ot ivi^iM%oi
148 Miseellen.
1Ü8 Nominat. absol. su nebmeD: warum? erstens, weil Thucytlideg uns
das Subject ot Aeopttvoi supplieren lässt, und unter atpici «können
offenbar nur die Leontiner gemeint sein.' Das ist denn allerdings
etwas arg, es ist geradezu mutbwillig dem unzweideutigen Sachver-
halte in's Gesicht geschlagen; denn ütpiai ist unzweifelhaft toig xmv
A. iv^a%oiq. Und der Verf. sagt noch in der Anmerkung, die Athiener
führten Krieg nicht von Leontini aus, sondern aus Rhegion, d. h. fi^ra
tüv ivfkpLdx(oPf also mussten sie wol die Schiffe dorthin, nicht nach
Leontini schicken , das ja nicht so nahe am Meere lag , dass Schiffe
ohne Landtruppen wirksame Hilfe gewesen wären. Zweitens , weil^ in
dem folgenden Satze vno yi^ xmv Zvq. t^g te f^g sÜQyowto «tl. man
gezwungen Ist an die Leontiner zu denken. Was hat aber in aller Welt
dieser ganz unabhängige Satz für ein Recht den vorausgehenden zu be-
stimmen, der von diesem gar nicht abhängt? Obrigens scheint diesem
wunderlichen Einfalle noch ein weiteres Misverständnis zu Grunde zu
Hegen.
Immer begegnen wir einem willkürlichen Auldrängen dieses oiler
jenes Hintergedankens, immer lenkt der Verf. von dem ab, was die
Stelle unzweideutig zu bieten scheint. So wird auch 4, 49 behandelt:
näk innifiifavrig KoQiv^iovg avtol 'Aiut^pdvBg ino naptmp i€%09
x6 %m^Cov, aGewiss denkt jeder, der das vorhergehende gelesen, bei
innifLfpuptig angekommen, als Subject noch die Nom. *A^v€iiöi lurl
'Aiutif v&vBg* (diese hatten gemeinschaftlich den Platz erobert). Dies
wäre jedenfalls voreilig gedacht $ jeder wird vielmehr zurückhalten ;
wenn er aber dann *A%a^vuv^g hört oder liest, so müssle er in der
That ein sonderbarer Kauz sein, wenn er sich noch einbildete A^vaioi
%al 'AnaQpäveg seien Subject. Nach des Hrn. Vf. 's Theorie könnte dann
überhaupt kein Subjectswechsel eintreten, ohne dass man um der allzu-
grofsen Gedankenschnelligkeit des Lesers vorzubeugen, gleich zu allem
Anfange das neue Subject setzte.
Kleinlich, aber der ganzen bisher von uns verfolgten Auffassungs-
weise des Hrn. Vf. 's angemessen ist es, wenn er 6, 61, 2 xal yaQ ttc
ntttl ev^aTMc Aanidtufkovlmv ov noXXii itv%B xcrra xov %€Lif^ov zovxov
,,,pkixQi Tov la^pLOV xu^BMovaa x^og Boianovg xi n^aaaomBg zu
n^aaüovxBg aus Actniäaifkovinv den Nomin. plur. ergänzt wissen will.
Ks wäre auch in der That entsetzlich , wenn man sagen wollte «das
Heer stand im geheimen Einverständnisse...*
6, 114, I, wo es heifot:- «die Heerführer der Athenischen Truppen
vertheilten die Omwallung der Hauptstadt von Melos nach den Städten
unter sich,* ergänzt der Verf. einen Plur. Der Grund dafür: weil an
zwei andern Stellen (eigentlich einer} die eine 2, 78, 1 konnten wir
nicht finden) dislofievot sich aufs Heer bezieht. Der Verf. schliefst
also auf folgende Weise: beides ist möglich (denn dass die directe
Auffassung unmöglich wäre, kann er nicht sagen); dies eine findet
sich nun; also ist nur das eine möglich. Man muss noch dabei er-
wägen, dass es ausdrücklich heifst ot ar^ari^yol avtmv.
In dieser Weise fährt der Verf. noch auf zwei Seiten fort, wir
wollen ihm hier nicht weiter folgen, sondern nur noch in kurzen
Worten die Ausführlichkeit rechtfertigen, mit der wir eine Schrift erörtert
haben, die wir lieber unbesprocheu gelassen hätten. Ein Programm
nämlich, wie das vorliegende, charakterisiert den Schreiber in doppelter
Hinsicht: in wissenschafllicher und paedagogischer. Wenn wir auch
hoffen wollen, dass der Hr. Vf. seine Schüler mit Erklärungen, wie die
hier gegebenen, nicht heimsucht, so können wir nicht glauben, dass der-
selbe von syntaktischen Verhältnissen sonderlich klare Begriffe hat.
Ebenso wenig scheint er sich klar zu sein , wie man bei der Interpre-
tation von Schriftstellern zu verfahren hat Der Hr. Verf. versteht dem
Misoellan. 149
auadracklich ausgesprochenem lum TroUe, was ihm eben beliebt, auf
deo einfachen Grund hin^ dass es sosein könnte, vertauscht Subjecte,
bebt den Zusammenhang der Gonstructton auf, oft mit einer staunens-
werthen Ongeniertheit Wahrend ferner der Anlang der Abhandlung
glauben macht, der Verf. beabsichtige danulegen, wie der Nom. absol.
nicht absoluta sondern eigentlich doch nur ein gewöhnlicher Nominativ
ist^ und in der Weise eines* solchen steht, so macht er gerade im wei*
tem Verlauf sehr viele Nominative xu absoluten. £r schildert zwar (wie
schon oben gesagt) mehrmals, z. B. S. 8 das Verhältnis zweier Nominative^
von denen der spatere den vorausgehenden pracisiert, richtig, alleia
wunderbarerweise kommt er doch immer wieder zum Schlüsse auf deu
Nominativ absolutus zurück; nirgends spricht er das Richtige aus,
dass der Nomin. eben nicht absolut, sondern nur das Subject in
doppelter Gestalt vorhanden ist; vielmehr sucht er überall den Nomi-
nativ, statt ihn in die Fügung aufzunehmen, zu trennen. Freilich
kommen hiezu noch FiUle, wo die Construction von dem Um. Vf. ganz
und gar verkannt und in's unmögliche verzerrt wird.
Wir sehen in der vorliegenden Abhandlung ein Verfahren, das
von einer objectiven Auffassung weit entfernt ist. Einfachheit der Auf-
fassung und Darstellung sind aber nolhwendige Eigenschaftea ohne die
ein Lehrer nur sehr verderblich wirken wird; denn leider gewohnt die
Jugend sich an nichts leichter als an das gezwungene, unnatürliche; der
Gegensatz des phantastischen, ungewöhnlichen zu dem einfachen, wirk-
lichen, d. i. wahren, hat für sie einen gefahrlichen Reiz. Ihuptptlicht
des Lehrers ist es nun diesem entgegenzuwirken; es ist dies eines der
wichtigsten Bildangsmittel ; der Geist wird geschärft und bereichert,
indem er auf Rathen, auf eigene Gebilde verzichtend, im fremden Objecto
suchen und combinieren lernt, verbildet und entkräftet, wenn er sich
gewöhnt, den äulsem Gegenstand zu einem Zerrbilde seiner eigenen
Gedanken zu machen; Phantasterei war und ist überall leichter, als
objective Auffassung.
Wir können also nach dem vorliegenden dem Verf. nur rathen
mit der Behandlung der weitem Fälle des Nomin. absol. entweder ein-
zuhalten oder einen Weg einzuschlagen, der von dem bisher von ihm
betretenen ganz abweicht.
Wien. A. L u d w i g.
IL Abhandlungen mathematisch-naturwissenschaftlichen
Inhaltes.
2. Der Weinbau in Siebenbürgen, (Abhdig. von Johann Fabi ni,
im Programm des evangcl. Gymnasiums A. C. zu M e d i a s c h^ —
Eine vortreffliche Abhandlung, die sich ebenso sehr durch die schöne
Behandlung des Stoffes, als durch die reiche Zahl naturwissenschaft-
licher, historischer und statistischer Daten auszeichnet. — Der Hr. Vf.
bringt in dem 1. Abschnitt seiner Arbeit (der II. Abschnitt ist für das
nächste Progranun versprochen) nach einer sehr anziehend geschriebenen
Einleitung , die durchaus stilistische Gewandtheit und Bclesenheit zeigt,
einiges Gulturgeschichtliche über den Wein im allgemeinen und dann
speciel über den Weinstock und Wein in Siebenbürgen ; hierauf in einer
Weinchronik die Quantität, Qualität und den Preis des Weines vom
Jahre 1501 bis auf unsere Zeit so vollständig, als es die mit beharr-
lichem Fleilse aufgesuchten spärlichen Quellen gestatteten ; endlich das
wichtigste über die geographische Verbreitung des Weinstocks und eine
Reihe von Tabellen über die gesammte Weinproduction Siebenbürgens,
«•St*«W{ft f. J. 5«uty. oyMM«- iseo. II. Haft* ^ ^
150 MiscoUoD.
die das Erträgnis sammllicher alphabetisch und nach Kreisen geordneten
Orte für die Jahre 1847 und 1863 enthalten. Jeder dieser Paragraphe
zeigt, dass der Hr. Vf. mit alier Lust und mit allem Ernste seine Auf-
gabe zu lösen beflissen war, und erwägen wir, wie viele interessante
Daten darin für die Vaterlandskunde geboten sind, so können wir
dem Hm. Vf. zur Wahl seines Thema's nur Gluck wünschen. Die vor-
liegende Arbeit lässt auch mit Recht hoffen; dass der Hr. Vf. den ver-»
sprochenen II. Abschnitt in gleicher Weise gründlich behandeln werde
und da in demselben : die Natur und Behandlung des Weinstockes — die
einheimischen Rebensorten und die Weinbereitung besprochen werden
soll, so wird uns der Hr. Vf. vielleicht Dank wissen, wenn wir ihn auf
das fleifsig gearbeitete Werk: «Der Weinbau der Römer' von Dr. Adolf
Fried. Magerstodt (Sonderhausen, A. Eupel, 1868) aufmerksam machen.
Auch bitten wir ihn seiner heurigen Arbeit, die er selbst nur als einen
«ersten Schritt auf ungebahntem Wege* bezeichnet, alle später gewon-
nenen Ergänzungen und Verbesserungen folgen zu lassen.
3. ßber den Zusammenhang der fbrüchreUefidem Steifen des
PflitnAnreiches, (Abhdig. von Ladislaus äclakowsky, im Programm
des k. k. Gymnasiums zu Komotau. 1869.) — Der Hr. Vf. hat sich
ein schwieriges Thema gewählt und insofern gewiss seine Aufgabe
richtig erfasst, als er das Programm benutzte seine Studien auf dem
Gebiete der Pflanzen-Physiologie darzulegen. Ein Umstand , der um so
mehr Anerkennung verdient, als noch immer viel zu häußg in den Pro-
grammen Arbeiten geliefert werden, die bei sehr untergeordneter Selbst-
forschung Gompilationen aus einem Material enthalten, womit nur dem
Gymnasial-Schuler etwas zu Nutz und Frommen geboten werden soll.
Ist gleichwol in manchen Fällen auch der Schüler im Auge zu behalten,
so ist doch das ausschliefsliche Arbeiten für denselben aus der Tendenz
der Programm-Abhandlungen ausgeschlossen und es ist wiederholt in
diesen Blättern der wesentliche Zweck dieser Arbeiten in Erinnerung
gebracht worden.
Der Hr. Vf. der vorliegenden Arbeit stellt sich insofern auf einen
selbständigen Standpunct, als er den fortschreitenden Entwickelungsgang
der Pflanzen von den niederen zu den höheren Pflantcnformen durch
Vergleichung ihrer Organisation, mit Berücksichtigung der Übergangs-
formen, darzustellen versucht Man sieht, dass der Hr. Vf, Schieiden s,
Kützing's und Hofmeister's Werke fleifsig studiert hat, vermisst aber da-
gegen die Benützung der neueren physiologischen Arbeiten von ünger,
Reissek u. a., wohl aber nimmt man die Kennzeichen einer Schule wahr,
welche die Lehre von der Generatio aeguivoca aufrecht hält. So spricht
der Hr. Vf. von einer Urzelle, mit der das organische Einzelwesen
beginnt, von einer freien Zellenbildung durch chemische Vorgänge,
weist den Algen unter den Thallophyten den höchsten Platz an und sieht
in zu vielem einen den Thieren analogen Generationswechsel. Diese
Partien der Abhandlung machen uns den Eindruck , als seien sie dem
Hrn. Vf. nicht ganz klar geworden. Alles übrige zeigt, wie schon er-
wähnt, von einem sehr lobenswcrthen und fleifsigen Studium und lässt wün-
schen,* dass der Hr. Vf. auf dem von ihm betretenen, interessanten Ge-
biete fortarbeiten möge. Wir glauben nicht zu irren, wenn wir anneh-
men, dass der Hr. Vf. nicht in seiner Muttersprache schrieb, denn der
Ausdruck leidet namentlich zu Anfang der Abhandlung an einer eigenen
Härte und hie und da an einer Unklarheit, die sonst nicht zu erklären
wäre; z. B. «in der beobachteten Mannigfaltigkeit der buntesten Natur-
erscheinungen,' «Wissenschaft der Organismen,* fljextrcmcn zwei grofson
Gruppen* u. s. w.; selbst der Titel der Abhandlung erscheint uns nicht
als ganz gut gewählt. Der Druckfehler wollen wir, als unverschuldeter
Fehler, nicht gedenken.
ist
4. Die VegeiütkmmerkäHwiue wm NemmM Felerwmnim (AbMI.
TOD Peter Hamp, im Programm der Offeoll. OoterreaUckale in Neu-
saii. 1859.) — lo eioem Programm vom kleinslen Format, mit einem
Drucke, den wir nur noch in Büchern de« vorigen Jahrhunderts hinig
sehen, finden wir unter obigem Titel einen entsprechenden Animts yfm
eilf Seiten. Gerne hüten wir über dieses Programm geschwiegen, wenn
es uns nicht als Pflicht erschiene, durch einfache Dariegnng too Thai-
sachen gar SU argen VerstöCsen in den Programm-Abhandlungen enl-
gegensuarbeilen. Der Hr. Vf. ist Lehrer der Naturgeschichte und der
deutschen Spradie, einOmstand, der uns nöthigt, twei Seiten mner
Arbeit zu bdeucbten, damit er, was wir von flenen wünsehen, durch
unsere Bemerkungen von weiteren Arbeiten nicht abgeschreckt, son-
dem krallig aufgemmitert werde, diesen seinen beiden Bichtnngen alle
Sorgfalt xuinwenden.
Der Hr. Vf. gibt anünglich eine kurze Schilderang der Bodenge-
staltung seines Gebietes, mit der wir uns zufrieden stellen wurden, wenn
er nicht ausdrücklich in seinem Schlusssatze für seine Arbeit den Tilel
einer meteorologisch-phaBiiologischen in Anspruch nähme. Dazu Cehle«
aber nicht nur siehere Angaben über den Lufidrack, den Peuchtigkeitt-
grad und die Temperatur der Atmosphäre, sondern alles andere, was
die Meteorologie fordert, und sehr viel, was zur Phenologie gehört So
genügt es s. B. nicht für irgend einen Monat ein par Blümc^n aufini-
zahlen , ohne tu sagen , wann sie aufgeblüht sind. Es ist doch gewiss
nicht gleichgiltig, ob Galantbus nivalis am ersten oder letzten März auf-
blüht! Dnvierseihlieh aber ist es, wenn ein Lehrer der Naturgeschichte
an einer Realschule die harmlosesten Gewachse unter den Giftpflanzen
aufzählt, wie z. B. Nymphaea alba und lutea, Delphininm consofida,
Chelidonium majus, Hepatica triloba, Caltha palustris o. s. w., überhaupt
scheint es, dass der Hr. VI alle Banunculaceen für giftig hält
Was endlich den Stil anlangt, so müssen wir leider sagen, dast
das Naturstudium den «stilistischen Gedankenansdruck* des Hrn. Vf.'s,
was er 90 warm befürwortet, noch nicht lur Reinheit gebracht hat,
s. B. «die schlanke Staude des Mais.' «CxcnrBionen. bei weicher Ge-
legenheit vorhanden ist, an der Hand eines zweckmäfsigen Unterrichtes,
zur Kenntnis unseres grolsen, herrlichen. — aber in seiner Bodenge-
staltung so verschiedenen Gesammtvaterlandes* u. s. w. Ohne allen
Zusammenhang ist der Satz auf S. 4 , der mit «dieser Hügelzug* an-
fangt, zu salbungsvoll klingt der ganze Schlnss auf S. 10 und 11, und
endlich sollte der Hr. VI nicht unbescheiden seine Arbeit als eine An-
regung zu meteorologisch-phänologischen Beobachtungen bei seinen Col-
legen «im österreichischen Kaiserstaat* betrachten.
Die Druckfehler sind fast zahllos. Die Schreibweise: Fisik, Geo-
grafio, Kalligrafie u. s. w. im zweiten Theil des Programms int uns
selbst entsetzlich, überhaupt aber wol wenig zu rechtfertigen.
& Oöer die Pktmerogamem-Ftora van ßUtrUx, (Abhandig. von
Michael Herzog, im Programm des cvang. Gymii. daselbst. 18d9.) —
6. VerteUhnis der phaneroffamen PßoHxen , weiche im der Ge-
gend von Brixen wild waekten, (Abhdig. von Gregor Bachicchner,
im Programm des k. k. Gymn. zu Brixen. 1859.) —
7. Synopsis der in der Umgegend van Krem» wild wacksenden
Phanerogamen. (Abhdig. von A. Thema nn, im Programm des k. k.
Gymn. zu Krems. 1859.) —
8. Rimaswmbal virAnpa. Fäbry Jänos, länariöl. (Im Programm
des protestantischen Gymnasiums zu RImaszombat 1859.) — Vier
Arbeiten; die insofern in ein und dieselbe Kategorie gehören, als sie
II*
152 Miscellen.
einfache, mehr oder weniger vollständige Aufsählungen der Pflanzen aus
den Floragebieten der Herren Vf. enthalten, und die wahrscheinlich zu-
nächst, wie diefs auch bei einer dieaer Zusammenstellungen bestimmt
ausgesprochen ist, als Hifsmittel für die Schüler dienen sollen. Die
beigefügten Bemerkungen sind meist von untergeordnetem wissenschaft-
lichen Werthe und sind nur in dem ersten (4) und letzten (7) Pro-
gramme derart, dass man sich annäherungsweise eine Vorstellung von
den Boden- und Vegetationsverhältnissen machen kann. Die der Flora
von Rimaszombat beigcgebonen Tabellen über die 1868—59 gemachten
meteorologischen Beobachtungen und über das 1859 vergleichsweise
frühere Erscheinen und Entfalten charakteristischer Gewächse sind im-
merhin ein Beweis ,das8 der Hr. Vf. die grofse Bedeutung solcher Beob-
achtungen kennt, aber sie sind denn doch nicht einmal in der Form
gegeben, wie sie z. B. heutzutage sogar von den Wiener Zeitungen unter
der Rubrik «i meteorologische Beobachtungen* gegeben werden. Notierung
des Luftdruckes und des Wärmegrades ist noch keine für den Botaniker
mafsgcbende meteorologische Beobachtung , besonders wenn es sich um
Gegenden handelt, die noch wenig genau bekannt sind. Indessen kennen
wir recht gut das mühevolle solcher Zusammenstellungen und wissen
daher gewiss auch das verdienstvolle daran zu würdigen, müssen aber
jedenfalls wünschen, dass diese Mühe nicht nur den Schülern einer
Lehranstalt, sondern auch den Botanikern des ganzen Kaiserstaates frucht-
bringend werde. So würde ein sorgfältiger Vergleich der Local-Flora
mit der bekannten und genau beschriebenen Flora eines gröfseren Ge-
bietes zu der Beobachtung, bestimmter Pflanzenformen führen , sei es
nun, dass sie da als stereotyp, oder nomadisch oder als Ruderal-Pflanzen
auftreten; man wird femer finden, inwieferne das Vorkommen gewisser
Gewächse an gewisse Verhältnisse gebunden ist und auch der Pflanzen-
geographie nothwendig alle Aufmerksamkeit zuwenden. Selbst des Mafs-
stabes wird sich ein nach allen Seiten hin sorgfältig beobachtender Bo-
taniker mit Vortheil bedienen; denn es ist gewiss nicht uninteressant
zu erfahren, dass an einem Orte eine Pflanze 9— -10' hoch wird, wäh-
rend sie an einem anderen Orte kaum die Hälfte dieser Höhe erreicht.
Das Messen der Dicke und Höhe groCser Räume ist gleichfalls werthvoli
und die Bestimmung ihres Alters von Bedeutung für die Kenntnis des
Pflanzenlebens im Allgemeinen. Kurz, es gibt vieles, wodurch so eifrige
Botaniker, als die Herren Vf. sind, den Werth ihrer mühevollen Arbeiten
erhöhen können und wir zweifeln nicht, dass wir in der Folge aus
ihren Programm-Arbeiten ein reiches Material für die Wissenschaft ge-
winnen werden.
Wien. Karl R. Heller.
(Disem Hefle sind fünf Beilagen, eine kritische und vier literarische,
heigegeben.)
B c i 1 a ir c
zur
Zeilschrin fär die ö^terreicliisciitii GymnaMen.
(XL iahrgaog, IL Heft.)
Enl^e^DQiig
aaf Herrn A. Gernertb's Kritik meines Lehrbuches der Algebra für
Obef-Gymnasien und Ober-Eealsehulen.
In dem ersten Hefte dieses Jahrganges der österr. Gymn. ZiKhr.
ist eine Kritik meines Lehrbuches der Algebra fiir Ober-Gynnasieo und
Ober-Realschulen von A. Gemerth enthalten.
Niemals kam mir der Gedanke bei, mein Lehrbuch fiir ei u makel-
loses Werk xu halten, an welchem sieh keine Schwächen aufBndcn lieben ;
ich bin vielmdir von dem Vorhandensein derselben üest uberxeugt und
fühle mich jedem meiner Herren GoUegen tu grofiea Danke verpflichtet,
wenn er mir in einem aufrichtigen Drtheile über genanntes Buch die in
demselben aufgefundenen Fehler mitlheilt. Auch werde ich gewiss nieht
ermangeln, bei einer etwaigen xweilen Auflage') gegründete Ausstel-
lungen SU behenigen. Ausstellungen jedoch, welche nicht nur grundlos
sind, sondern an sich Unrichtigkeiten enthalten, weise ich entschie-
den surück. Um A. Gemerth's Kritik ist in manchen Puncten nicht
stichhaltig. Dass dies sich wirklich so verhalt, will ich in fügendem
nachweisen und überlasse das ürtheil , auf welcher Seile das Recht ist,
den geehrten fachkundigen Lesern dieser Zeitschrift«
1. Seite 70 sagt Hr. Gemerth, dass .die Definition: «Multiplicleren
heilst , das Product aus einem Factor auf dieselbe Weise bilden , wie
der andere Factor aus der positiven Einheit entstanden gedacht werden
kann,* nicht allgemein giltig sei. «Dass diese Erklärang keine allgemein
gilligc sei,* sagt Hr. Rcc, «leuchtet ein; denn nach ihr wäre nie
\/ T. >/F— 4, wohl aber wäre V/T- \/ S"— V 8 v^ «!* Bei Anfiih-
ruDg dieses Beispieles scheint Hr. Gerncrlh nicht daran gedacht su ha-
ben, dass (wie aus der Gleichung y/a. y/b « \/ ab folgt) die Mullipli-
cation zweier Radicale mit demselben Wurzelexponenten identisch i»t
mit der Multiplication der Radicande unter dem gemeinschaftlichen
Wurzelzeichen ; und ist dann für die Multiplication der Radicande unter
dem gemeinschaftlichen Wurzelzeichen die angefuhrte__Definition der
Multiplication nicht giltig ? Da der Ausdruck \/2Tv8 identisch ist mit
') Bei dem Cmstande, dass dieses Buch bereits in Troppau mit Be-
willigung des hohen k. k. Ministeriums fu^ Cultus und Unterricht
als Schulbuch eingeführt Ist, und von mehreren Lehranstalten um
Einfuhrang desselben gebeten wurde, durfte die zweite Auflage
am Anfange des nächsten Schuljahres su Stande kommen.
\/«.8, 60isl\/2.\/8 =\/2.8 = \/8+8 - \/l6- 4, nie aber
>/8V2!!
Hr. Roc. meint ferner, dass die angeführte DcGnition der Mutti-
plication nur darum erfunden sei, um den Satz -^ay^ — b^ + aö
bewältigen zu können. Diese Ansicht kann ich unmöglich als richtig
gelten lassen. Sagen wir: «multipli eieren heifst, eine Zahl so vielmal
als Posten setzen, als eine andere Einser enthSlt,' so ist nach dieser
Definition z. B. 5X4 = 5 + 5 + 5 + 5; da aber 4 = 1+1+1+1,
so wird hier aus 5 offenbar auf dieselbe Art das Product gebildet, wie
4 aus der positiven Einheit entstanden ist, und es sagen mithin beide
Definitionen genau dasselbe, nur mit dem Unterschiede, dass die vom
Hrn. Rec. verpönte Definition auf die Entstehungs weise der Zahlen aus
der positiven Einheit eingeht Dadurch, dass die von Hrn. Gernerth an-
gegriffene Definition das in der einfacheren Definition enthaltene auf eine
in die Entstohungsweise der Zahlen eingehende Weise darstellt, ge-
winnt sie allgemeine Giltigkcit Es ist diese Definition keine Erfindung
der Mathematiker zur Bewältigung des Theoremes — öX —ö^^^ + aö,
sondern ein Ergebnis des Bestrebens, die in der allgemeinen Arithmetik
vorkommenden verschiedenen Multiplicationsfalle unter einen Gesichts-
punct zusammenzufassen , was nur dadurch gelingen konnte,
dass man auf die verschiedene Entstehun gs we ise der
Zahlen aus der positiven Einheit eingieng.
2. Auf Seite 70 sagt Hr. Rec. t «Den Satz : a^Factoren , in jeder
Ordnung multipliciert, geben dasselbe Product** (S. 95), durch Mul-
tiplication von Polynomen beweisen zu wollen, scheint uns an und für
sich bedenklich.* Die Grunde, warum dies an und für sich be-
denklich sei, sind mit Stillschweigen übergangen, und doch wfire es
zur Belehrung der Leser nicht uninteressant gewesen, diese Gründe zu
vernehmen.
5. Seite 71, Z. 7 und 6 v. u. wird mir der Vorwurf gemacht,
dass ich über die imaginären Wurzelgröfsen den Stab gebrochen, sie in
das Reich der wesenlosen Schatten verwiesen habe. Abge-
sehen von dieser Recenscntenfloskel, so habe ich dadurch, dass ich das
Rechnen mit imaginären Gröfscn ausführlicher behandelte , als dies in
den meisten Elemcntarbüchern zu geschehen pfiegt, einen schlagenden
Beweis dafür gclicff^rt, dass ich die imaginären Gröfsen nicht in das
Reich der wesenlosen Schatten verbannt, sondern sie für sich sehr wich-
tig gehalten habe. «^Mit demselben Rechte kann der Herr Verfasser auch
die negativen, gebrochenen und irrationalen Zahlen für eingebildete oder
unmögliche erklären.* Welche Stelle in meinem Buche dem Hrn. Rec.
zu dieser Äufscrung Veranlassung gab, ist mir nicht bekannt. Hr. Ger-
nerth hat sich auch wohl gehütet, zur Belegung seiner Ansicht eine
Stelle anzuführen. Hr. Rec. verweist mich bezüglich der imaginären
Gröfscn auf «das in dieser Zeitschrift zu wiederholten Malen (nämlich
von ihm) gesagte.* Eine solche Aufserung klingt (gründe gesagt) etwas
anmafsend, namentlich von einem Manne, derauf dem literarischen Gebiete
noch nicht so gewichtige Leistungen aufzuweisen hat, so dass man sich
veranlasst sehen müsste, auf seinen Ausspruch schon darum, weil er
von ihm herrührt, ein besonderes Gewicht zu legen. Ilr. Gernerth be-
denke, dass ich kein Compendium der Algebra, sondern ein Lehr-
buch der Algebra für Ober-Gymnasien und Ober-Real-
schulen geschrieben habe, dass in einem solchen Lchrbuchc nur das
über die Natur und Bedeutung der imaginären Gröfsen gesagt werden
konnte , was zum Verständnisse der Rechnungsoperationen mit solchen
Gröfscn unumgänglich notbwendig ist In die Natur und Bedeutung der
imaginären Gröfsen näher einxugehen, ist nicht Sache des malhema-
tischen Onterrichte« am Gymnasium oder der Realschule, es muss dies
nolhwendig den Vorlesungen an der Universität oder der Technik vor-
behalten bleiben. Der taktvolle i'aedagoge wird seinen Schülern niehl
sein gesammtes Wissen mittheilen wollen, sondern den Stoff so xu wäh-
len verstehen, dass nur der Fassungskraft der Schuler zugängliche;
vorgenommen wird. Es kann daher die Anfertigung eines Lehrbuches
dem Verfasser nicht Gelegenheit bieten, ein Compendium seines ge-
sammten Wissens an den Tag zu fordern, und Hr. Gemerlh meine ja
nicht, dass das in meinem Lehrbuche aber imaginäre Gröfsen gesagte
der Inbegriff aller meiner Kenntnisse bezuglich dieses Gegenstandes sei,
oder dass ich, wenn ich den Schülern das auf der letzten Seite meines
Lehrbuches stehende vorgetragen habe , denselben nichts weiter mehr
zu sagen vermöchte. Hr. Gernerth weise mir eine unrichtige Stelle über
imaginäre Gröfsen in meinem Lehrbuche vor!
Nun, wenn der Hr. Rec. diefs nicht vermag, so gehen wir zum
vierten Punct über; hier will ich nachweisen, dass Hr. Gernerth un-
richtiges geschrieben hat, das er gewiss gerne ungeschrieben und nament-
lich ungedruckt machen würde, wenn es nur halbwegs möji^lich wSre.
Allein iUera teripta mtmei, und so hat sich Hr. Gernerth (gelinde ge-
sagt) etwas lächerlich gemacht.
4. Seile 7%, Z. It v. o. heifst es : «Der Herr Verfasser sagt ganz
allgemein: ««In jeder richtigen Proportion verhält sich die Summe oder
Differenz der Vorderglieder zur Summe oder Differenz der Hinlerglieder,
wie jedes Vordcrglied zu seinem Hintergliede." Nun ist
3fl. >6fl. -2flr:4G
eine richtige Proportion, folglich wäre nach dem obigen Satze
(3 fl. ± t ff) ! (« fl. ± 4 Ä) - 8 n. : « 11.!»
Diese Proportion hat Hr. Gernerth erfunden , um die Allgemeinheit
des obigen Satzes auf eine schlagende (mich lächerlich machende) Weise
zu widerlegen, und dennoch behaupte ich (Hr. Gernerth dürfte dies
vielleicht etwas kühn finden), die mit dem Ausrufungs zeichen
vom Herrn Recenscnten ausgeschmückte Proportion ist
ganz richtig! *)
Lehrer. Was ist eine Proportion?
Schul er. Eine Proportion ist die Verbindung zweier gleicher Verhält-
nisse durch das Gleichheitszeichen.
Lehrer. Welche Verhältnisse heifscn gleiche Verhältnisse?
Schüler. Diejenigen, welche gleiche Exponenten haben.
Lehrer. Wenn Du also untersuchen willst, ob eine Proportion richtig
ist, wie wirst Du dies beginnen?
Schüler. Ich werde die Exponenten der beiden Verhältnisse bestimmen;
sind diese einander gleich, so ist die Proportion richtig , im ent-
gegengesetzten Falle unrichtig.
Lehrer. Untersuche die Richtigkeit der Proportion (3 fl. + t Ä) :
(6 fl. ± 4 ff) » 3 fl. : 6 fl.
Schüler, (schweigt).
Lehrer. Bestimme den Exponenten des ersten Verhältnisses.
Schüler, (zögert mit der Antworl).
Lehrer. Nun vergleiche doch das Hinterglicd mit dem Vordergliede
etwas genauer.
Schüler, (schweigt noch immer).
') l]m allen Mis Verständnissen vorzubeugen, erkläre ich, dass die
obige Proportion 3 11. :6fl. «»2ff:4ff nicht in meinem Lehr-
buehe vorkommt. Hr. Gernerth hat dieselbe ersonnen , um mich
zu widerlegen.
Gegenbemerkung.
DJo Eigcnlhümlichkcit» mit welcher Hr. A. Decker einige Be-
merkungen meiner Besprechung, auf die ich verweise, als unrichtig
darslelll, veranlasst mich zu folgender Erwiderung:
Ad. 1. Das hier gesagte beruht auf einem mir unbegreiflichen
Misverständnisse von Seite des Hrn. Gegners. Er übersieht, dass. wenn die
von ihm aufgestellte Definition «für alle Fälle giltig'' sein soll, wie er
behauptet, die Gleichung \/«. \/ b^ s/'ab ebenso eine Conscqucnz
derselben sein müsste, wie es die Gleichung —«X — ^ = + 0^ ist.
fibrigens verweise ich von den vielen Lehrbüchern^ in welche die rich-
tige Auffassung des Gegensatzes der Zahlen bereits Eingang gefunden
bat, den Hrn. Gegner nur auf Dr. Wittstein 's Lehrbuch der Aritli-
metik; Hannover, 1846, und auf die lehrreiche Abhandlung Dr. Strüm*
^pelTs: «Einige Bemerkungen zum Unterrichte in der Elementar-Arith-
metik, besonders rücksichtlich des Gebrauchs der negativen Gröfscn*.
welche sich im Oetober- und Novemberhefto 1856 von Mager 's päda-
gogischer Revue, 8. 2!£7— 246 befindet.
Ad 2. Den fraglichen Satz durch Multiplication von Polynomen
beweisen zu wollen, scheint mir deshalb an und für sich bedenk-
lich, weil er sich einzig und allein nur mit Hilfe des Grundsalzes :
Posten, in jeder Ordnung summiert , geben dieselbe Summe , beweisen
lässt. Jeder andere Beweis für diesen Satz ist kein Beweis, sondern
eine Ertchleicbung Der Beweis des Hrn. Gegners ist eine solche, und
zwar eine sehr auffallende und offenherzige, was er auch einsieht, weil
er für ihn nicht in die Schranken tritt.
Ad 3. Zu der «Reconsentenfloskel,' wie der Hr. Gegner sich aus-
drückt, bin ich berechtigt, da er S. 90 seines Lehrbuches (in dem ich
mit dem besten Willen keine Spur entdecke, dass es «das Rechnen mit
imaginären Gröfsen ausführlicher behandelte, als dicfs in den meisten
Elementarbüchern zu geschehen pflegt*) wörtlich sagt: «Da weder
positive noch negative Zahlen existieren , die der Forderung \/ — A
entsprechen, jedoch solche Zahlen gedacht [eingebildet] werden können«
so bezeichnet man Radicalc dieser Art mit dem Namen imaginäre [ein-
gebildete oder unmögliche] Zahlen,' wobei ich allerdings nicht einsehe,
und wahrscheinlich aiich keiner der Leser, weshalb etwas, was ge-
dacht werden kann, unmögli ch sein muss. Wenn der Hr.
Gegner die geraden Wurzeln aus negativen Zahlen doshalb für «einge-
bildete oder unmögliche' Zahlen erklärt, weil sie weder in der posi-
tiven noch in der negativen Zahlenreihe vorkommen, 80 kann er auch
die negativen , gebrochenen und irrationalen Zahlen für «eingebildete
oder unmögliche' deshalb erklären, weil die negativen Zahlen nicht
in der Reihe der absoluten Zahlen, die gebrochenen Zahlen nicht in
der Reihe der ganzen Zahlen, und die irrationalen Zahlen weder in
der Reihe der ganzen Zahlen, noch in der Reihe der gebrochenen Zah-
len vorkommen.
Wenn ich auf das seit dem Bestehen dieser Zeitschrift zu wieder-
holten Malen gesagte verweise , so verweise ich damit nicht , wovon
der Hr. Gegner sich leicht hätte überzeugen können, auf eine mir eigen-
tbumlicbe Ansicht dieses Gegenstandes, was allerdings anmafsend wäre,
da ich keine «gewichtigen,' sondern nur sehr bescheidene Anfänge lite-
rarischer Leistungen aufzuweisen vermag. Ich verweise damit auf die
von Gaufs angeregte und von andern so folgenreich aufgenommene
Untersuchung über den abgestuften Gegensatz der Zahlen,
auf den aufmorksam lu maohcn ich wiederholt Gelegenheit halte, und
den der Hr. Gegner, so ausgebreitet sein Wissen im Imaginären sein
mag, nicht kennt , wie seine obige Erklärung imaginärer Zahlen- über-
zeugend dartbut.
Übrigens bekenne ich mich nicht zu der mir von dorn Hrn. Gegner
aufgebürdeten Ansicht^ dass «der taktvolle Peedagoge' seinen Schü-
lern alles mittheilen soll, was er weifs. Meine Überzeugung ist nur die,
er soll wissen, was er mittheilt
Ad 5. Dass der von dem Hrn. Gegner seinen Schulern «alljähr-
lich mündlich mitgethcilte Kunstgriff* das Wesen des
Gegenstandes, um den es sich handelt, gar nicht berührt, will ich so-
gleich darthun, hoffend, dass dieses auch manchem Leser /der nicht
Fachmann ist , interessant sein werde. Der Hr. Gegner kann ohne
seinen «Kunstgriff aus den in meiner Besprcchnnc; angeführten
Gleichungen den Wcrth von % nicht finden, und deshalb dürfen nach
seiner Ansicht «nicht diese beiden Gleichungen mit m und m mulüpli-
ciert werden, sondern eine von diesen und die dritte.' ich finde ihn
aber, und zwar nicht etwa auf eine, sondern auf unendlich viele ver-
schiedene Arten ohne den Kunstgriff des Hrn. Gegners auf fol-
gende Weise: Man multipliciert die Ito Gl. mit fli, die 2le mit «,
die 3Cc mit r. addiert, und erhält
(««i + 4ii + 3r)a? + (3»i+6ii — 4r)y + (4wi + 3 w + 6r) « «
- 15«i + 25ii + 13r.
Setzt man, um % zu bestimmen,
2«i + 4il + 3rs=0 und 3«i + 6ii — 4r-» 0, also
«i + 2ii-|-|r — ö und m+tH-^^r^o, so ist
i/ r ■= 0, mithin r » 0, folglich
4JW 4-811
Wählt man nun entweder fli oder H beliebig, aber so, dass 4 fli + 3»
nicht Null wird, setzt man etwa n » 1, also m « — %, so ist
* ■" Q . o = * ohne den «Kunstgriff* des
— O "T" u
Hrn. Gegners.
Dass aber auch mit dem «Kunstgriffe' des Hrn. Gegners
die Bczout'sche wesentlich von Gramer herrührende Methode in
der Form, in welcher der Hr. Gegner sie darstellt, nicht immer ange-
wendet werden kann, möge folgendes Beispiel darfhun. Es sei
Äa? + 3y+48=16, 4a? + 6y — 5» « 19, 8a?+ 12y— 9» = 39.
Man braucht den Werth von %, will also x und p nicht berechnen, wenn
dieses nicht unumgänglich nothwendig ist, um s zu fluden.
Jetzt kann der Hr. Gegner die Gleichungen numerieren , wie er will ;
nach seiner Methode und mit seinem Kunstgriffe findet er den Werth
von % nicht. Ich finde ihn aber, und zwar auf unendlich viele ver-
schiedene Arten durch die richtig angewendete Methode , welche der
Hr. Gegner in Prof. PetzvaTs Theorie des Gröfstcn und Kleinsten,
Wien, bei Braumüller, 1848, S. 15 u. s. w. gründlich kennen lernen
kann, auf folgende Weise:
Ich mullipliciero die Itc Gleichung mit m, die 2te mit u, die
3te mit r, addiere, und erhalte
(2w + 4ii+8r)ar+(3»i4-6ii + 12r)y+ (4»i-6ii — 9r)»-.
« 16 »i 4- 19 « + 39 r.
Nun setze ich, um 9 zu bestimmen,
2m + ^U + Sr=o und Zm + en-{'i2r ^0, und erhalte
Um-hi^n+Zdr
*= 4»,-,5fi ~9r ""d>^ + g» + »^-^
Sodann wähle ich zwei von den drei Zahlen m, m, r beliebig, aber
80, dass 401—5» — dr nicht Null wird, setze etwa r^o, n=*if also
fli e» — 2, und erbalte
% 5=» "ZTg^ZTö" ** ZTTä — * ohne allen Kunstgriff.
Noch bemerke ich ad 5, dass ich nicht wegen, sondern trotz des
veralteten Schlendrians erklärte, das Werk des Hrn. Gegners sei mit
unverkennbarem Fleifse gearbeitet, weil etwas thcilweise, ja sogar ganz
unrichtig, aber doch mit unverkennbarem Fleifse gearbeitet sein kann.
Ad 4. Dadurch, dass ich in meiner Besprechung bemerkte, es
müsse Schritt für Schritt zu Inconsequenzen führen, wenn man in der
Lehre von den Verhältnissen und Proportionen nicht angibt, welche von
den bewiesenen Sätzen für GrO fsen Proportionen , in denen die Glieder
des einen Verhältnisses ungleichartig zu den Gliedern des andern Ver-
hältnisses sind, oder in denen alle vier Glieder gleichartig sind, und für
Zahlenpropörtionen giltig sind, und dieses an einem Beispiele nachwies,
habe ich mich in den Augen des Hrn. Gegners «lächerlich* gemacht,
bin reif für die Secunda des Hrn. Gegners, um dort zu lernen, wie man
Gulden und PfUnde addiert, und würde nach seiner Ansicht meine Be-
merkung «gewiss gerne ungeschrieben und namentlich ungedruckt
machen, wenn es nur halbwegs möglich wäre.' Darauf bemerke ich
folgendes.
Ich habe den wissenschaftlichen Standpunct des Hrn. Gegners in
meiner Besprechung für den sachverständigen Leser auf eine
äufserst zarte und schonende Weise dadurch bezeichnet, dass ich sagte,
der Hr. Gegner glaube den binomischen Lehrsatz für einen beliebigen
Eiponenten bewiesen zu haben, sobald er ihn für einen ganzen
positiven Exponenten bewiesen hat Mit viel geringerer Schominp
für sich selbst bezeichnet ihn der Hr. Gegner durch die Erklärung,
(3 fl. ± 2 S) : (6 fl. db 4 ^) sei ein richtiges Verhältnis, und durch die
mit seiner Nachhilfe bewirkte Bestimmung des Exponenten dieses schreck«
liehen Verbal luisses. Allerdings, wenn man «kühn* genug ist, in der
Wissenschaft so weit zu kommen, um Gulden und Pfunde zu ad-
dieren und zu subtrahieren, wird man ohne Gewissensbelästigung auch
mit so gräulichen Verhältnissen rechnen, wie das obige von dem lim.
Gegner als «ganz richtig' bezeichnete ist. Allein so lange der Be-
griff der Summe, der Differenz und des Verhältnisses so sp iefsbü rger-
lich aufgefasst wird, wie er eben von allen, die auf Erden gerechnet
haben, aufgefasst wurde, und von allen, die da rechnen, mit alleiniger
Ausnahme des Hrn. Gegners, aufgefasst wird, nämlich: man kann nur
i^leldiartli^e« zu einander addieren, von einander sub-
trahieren und mit ei nander vergl eichen, kann man billi-
gerweise nur sein volles Entsetzen über so harsträubemlc Fortschritte»
welche die Wissenschaft erleidet, zu erkennen geben. So tief bin ich
in die Geheimnisse der Wissenschaft allerdings noch nicht eingedrungen,
und werde zuverlässig auch nie so tief in dieselben eindringen, habe
aber die tröstende Überzeugung, dass dieses noch keinem, den
Hrn. Gegner ausgenommen, gelungen ist. Der Hr. Gegner
hat damit jedenfalls eine Entdeckung gemacht, wie sie noch nie dage-
wesen ist, geeignet, das gerechteste Erstaunen aller auf sich zu ziehen,
und doch so beschaffen, dass ihn um dieselbe niemand auch nur im
entferntesten beneiden wird.
Wien, im Februar, 1860. A. Gernerth.
Briialeraif ea
lu der TOD H. BomU §■ de« !•. Helle dts Jahrg. 18Sf (& 7» W8>
der Zeitschrift for teterreiekudie Oyiiif fcu^fcX^a Annge der Iw-
gibe des PlalocitclMi <Sorgiai i«b J. PrmaMt.
Hr. Professor Boails kat io des !•. Belle des lifcrg^yy fSS9
dieser XeiUchnft, & 78t— 8t8 eioe biük der yob i
besorgten Anisgabe des PUlOMseiies Gorgias yc
C. dadurcb cu doppeltem Daake Terpflicktc^
Arbeil eiser so eiagebendeB Dwehsicbt «ad
gewürdigi hat, vmI daai^ weil daich die Alt
die Gelegeoheit gleidnaa tob seUnst eBlgegc^gctngca vvd«
H. B. Tomigsweise besprocheiie« EigeolialickkcileB der Aos-
§ahe aosiiihrlichere Erläutervigen so gehe«, als es ia der fomde Mig-
lieh sehien. Sie onögefl ankaiplnHl an die HaBpifvakie der irwikoH«
Kritik den «prineipiellea* Bedeakea des kockfeickrte» ■». ftcf. cfllgv-
geotreleB und mit diesen die Grondl^en sa bcoeüigca tnckm , tob
welehen das Gfsamwtiirthett des H. B. gesttel nnd gffciilf vM.
Geben wir mit H. B. aus Ton jenem dem erUen Anka^ge (d. In-
giscben Analyse) entnommenen Beispiele. Die Frage ist ob der $jio-
gismas, durch welehen G. p AM E der Cntersckied Ton isiotipf «nd
nUng festgestellt wird, der ersten oder der awcücn Figur angckfifc Jenes
ist die ErUining d. U. , dieses die Ton B B. Yertrclene Aaäckl. Anf
den ersten Anblick seheint es allerdings unmCgIirk, wie H. B. «ag|»
«einem regelrechten Schlosse der aweiten Figur ausanweacken.* Der C
hat aber über diese Stelle mehr nachgedacht als aber ii^end eine andetn
in der logischen Analyse, und das Resultat seines Warhdenkens war, dam
er dennoch ausweichen mnsste, wollte er nickt, was skkctliek nn-
statthall ist, in der Beweisführung Piatons ein»
Alles kommt anf den liittdb^griff an, der hier dnrrh die Worte
wd iln^ gebildet wird. Dieser Mitlelb^riff kcstekl die Piifcmt
er ist nur der Form nach derselbe, sein Gehall in bcidenSilacn mn
Terscbiedener. H. B. enielt eine bcgrimiche BinkeH indem er cfklart
«zwischen Wahrheit und Irrtum schwankend.* Akcr einmal reitrigl
sieh diese wiUkürliche Deutuqg der Worte nicht mit der «peiniacken
Gewissenhaftigkeit,* mit welcher, wie IL & rukml, Plalon Sckntt fir
Schritt rorwarls geht '). Denn der eigentliche MiHelb^riff wird soi
«schwankend' gebildet, den Plalon nickt ansipri^
reicht damit auch nicht mehr als den Schein eines giltige« I
Denn was heilst schwankend swischen Irrtum und WakrkeH oder
%aL aXii^s in Wirklichkeit? Unmöglick kann damit gesagt
dass etwas sogleick wahr und fabcfa sei —das widerspric
ersten gerade Ton Piaton festgestellten Gmndgesctie der Logik;
wenig richtig wäre aber die Annahme, dam die ir^Mif wcdo' cigtjtlirh
falsch noch eigentlich wahr sei, sondern ein Mittlefes (schwmit mdfs)
iwischen wahr und falsch. Diese Annahme Terlrigl sieh nickt mit Pla-
tonischen Bestimmungen. Viehnehr ist der wirklicke Gekall des Sataes
nur der, dass die w. bald — nämlich die eine — falsch, bald — nimbc^
die andere — wahr seL Dagegen kann nmgekckrt ron der ^sMnjfif
Dicht die Wahrheit mit ausgeschlossen, muss fiir sie rielmehr unbedingt fest-
') Sie würde auch erheischen« dass der SchlnSBsatx (nach der tweitm
Figur) laute: iwiatfiini ovs l«ri nUn^ Aber der V. rerzichlH
auf den Vortheil, den die Herrorheboflg des Ausdruckes ov r«vror
iaxi seiner Erklärung geben könnte, freiwilfig.
10
gehalten werden. Nach dem wahren Gehalte dieses Mittelbegriffs
bleibt daher die Möglichkeit übrig, dass die imatriiirj eine Art der
nfatig sei — nämlich die wahre, oder man müsste denn auch solche
dem vorliegenden Beispiele nachgebildeten Schlüsse gutheifsen wie:
Baume haben Blätter und Nadeln.
Eichen haben keine Blätter und Nadeln,
Folglich sind Eichen keine Bäume ').
Der Platonische Schluss ist aber dennoch richtig, nur nicht un-
mittelbar nach der zweiten Figur. Das Eigentümliche ist hier, dass die
Mittelbegriffe wahr und falsch logische sind und über ihr Verhältnis
SU einander ein logischer Fundamentalsatz existiert. Aus diesem muss
daher ebenso gut wie sonst aus einem Grundgesetze der Physik die
Wahrheit des Schlusses erwiesen werden. Denn derselbe spricht nicht
blofs das Wesen der zweiten Figur, wie H. B. meint, sondern speciell
ein aus dem Verhältnis der Begriffe wahr und falsch zu einander her-
vorgehendes Gesetz aus, das eben wie gesagt — sowie der Gegenstand,
am den es sich hier handelt, fiberhaupt — zufällig logischer Natur ist.
Wenn also d. U. dieses Gesetz als Obersatz herstellt und das Prädicat
der beiden Glieder des nunmehrigen Untersatzes in seinem wahren Ge-
halte aufdeckte, so glaubt er damit wol «seinen Spaziergang* nicht weiter
ausgedehnt zu haben als nötig war, zumal in einer Schulausgabe nötig war.
Genug von diesem Beispiele. Es ist das einzige, welches H. B.
aus der logischen Analyse des Dialoges einer Besprechung unterzogen
hat Daraus soll jedoch keineswegs der Schluss gewagt werden, dass
H. B. nicht auch an anderen Stellen dieses Anhanges Anstofs genommen
habe. Verweilen wir jedoch noch einige Augenblicke bei diesem thcile
überhaupt. Derselbe enthält einen im Wesentlichen neuen Versuch, die
Gesetze der Logik an den in dem Dialoge vorkommenden logischen Func-
tionen aufzuzeigen. Eben weil nun dieser Versuch so neu ist, hätte
d. U. von einem sachverständigen Manne wol eine besonders eingehende
Besprechung erwarten dürfen. H. B. spricht nur im Vorübergehen über
diesen Theil um zu zeigen, dass derselbe nicht Ersatz sein könne für
die Darlegung der Gliederung und des Gedankenganges des Dialoges oder
eine sogenannte Inhaltsangabe. D. U. weifs nicht, wodurch er zu dieser
von H. B. mit Recht beseitigten Annahme nur möglicherweise Anlafs ge-
geben haben könnte. Denn was Zweck und Aufgabe dieses Anhanges
sein soll, darüber bat er sich in der Vorrede positiv ausgesprochen.
H. B. hat dies nicht genauer in Erwägung gezogen, weil er nicht für
alle Gymnasien diese Analyse für zweckdienlich hält, da nicht alle so
glücklich sind, wie — nach des U. Ansicht — die Prcufsischisn Gym-
nasien, welche seit mehreren Jahren Logik und philosophische Propä-
deutik nicht mehr systematisch zu lehren brauchen. Doch abgesehen
von diesem principiellen Gegensatz, der, meint d. U., eine Erörterung
der hochwichtigen Frage um so mehr herausforderte und um so loh-
nender SU machen verhiefs — abgesehen hiervon, hat II. B. die Aufgabe
der log. Analyse auch misverständiich dargestellt. H. B. sagt: «Wie man
die Lecture eines Schriftstellers dazu benützen kann, nicht um in diesen
selbst und in sein Verständnis einzuführen, sondern um mit Hilfe des
von ihm dargebotenen Stoffes Formenlehre oder Sytitax zu Ichren, in
diesen Sinne bebandelt der bezeichnete Anhang den Platonischen Gorgias.'
Diefs Verfahren nennt H B. weiter unten ein «stetes Ablenken von den
*) Dass nlatig und imati^iifi einander coordinirte Arlbegriffc zu dem
G a 1 1 u n g s begriff der ün^m sind, wird von Piaton erst als R c-
sultat des obigen Syllogismus hingestellt — auch dieses
stützt d. ü. Auffassung jenes Schlusses^ denn so lange dieses Re>
sultat nicht feststand, war jede andere Annahme zulässig.
u
Gedanken des SehrifUteUers auf besUoMile AbtckniCte der Logik.* Oende
diefii ist (ur den OorgtMH Mcht luiageben. Preilidi einen SdwHUIeller
nur benfitzen in wollen, um Grammatik so lehren, statt diese ananwenden
nm ihn sellist au erklaren, heilst ablenken Ton seinen Gedanken. Aber
in einer pbilosoph. Schrift gegebene DefiaitioBen nnd ihre Wideriai^Big
erörtern, die Beweise logisch seigliedem, kun das Wesen der geübten
logischen Functionen erklaren, heilst nur recht einfuhren in das Ver-
ständnis der Gedanken, und den gro&artigcn Bau des Dialoges -~ nur
▼om Gorgias ist die Rede — in seiner Binlachhrit und GenetaBilsigkeit
begreifen lehren. D. 0. kann aus seiner eigenen Brfahnuig besengea, daas
diese wissenschaftlich strenge Behandlung ihm selbst ein genaueres,
schärferes Erlassen der oft gelesenen DednctioneB Plalons Terschaft hat.
Zweierlei ist aber snxQgebenx einmal das logische Analysieren isl nicht
avf jedcA Schriftsteller und nicht bei jeder Schrift so anwendbar und
iweckdienlich wie bei Piaton und an dem vorliegenden Dialoge. Ein«
Rede Cicero's in dieser Weise durehnebasen , kann ein Mlsbcuich der-
selben heilsen. Aber der Inhalt der Platonischen Philosophie hingt aufs
engste snsamflieB mit der Methode Piatons. Die NothwendigkeU der
logischen Methode im Gegensata zu der rhetorischen beweist
Ptalon im Gorgias. Wir handeln nur in seinf m Sinne, wenn wir vnsccn
Schiler seine Beweisführung nicht blofs rhetorisch somlem auch
logisch Torstehen lehren. Ja Yon keinem derSchnllecture sn»
gleichen Dialoge wird sie sosehr gefordert wie ?om Gorgias. Der Stoff
jener Dialoge erlaubt es nur auf einselne Abschnitte der Logik inriick-
sngdien und liir diese Lehre im weiteren Omfaage vonnlMuicn nnd Tor-
sobersiten. Der Gorgias aber bietet in überraschender Weise das Ganae
der I8r den Schuler wissenswerten Logik in mustergültigen Beispielen,
und wss noch merkwürdiger ist und die Schule gleichsam mit lauter
Stimme mr Ansbeutung auffordert, auch Cut schon in wisaensehaftlieh
strenger Ordnung. Wenn nun in «Ktercr Stunde, insbesondere im deut»
sehen Onterriehte *) ein Grand gelegt worden ist ISr logische Erörlerangen»
so wird diese im erweiterten Mabe, das Verständnis der Schrift fördernd,
Am Gorgias vorgenommen werden können. Derselbe wird auch in dieser
Beaielning gleichsam der Schlussstein des Oyaumsialnnlerrichles werden.
Zugleich wini die in der Theorie so oft erstrebte Concentration des 6n-
terriehtn aof diesem Gebiete su einer Thatsache. Statt abgelenkt an
werden , wird die Spannung der Schüler erhöht «nd verstärkt werden,
weil sie besMC eoncentriort wird, als wenn der Dolerricfat in der philoa.
Propädeutik snsanunenhangslos uAtn den anderen IMtecrichtsgegenstanden
erteilt wird. Das Verständnis des Gorgias wird aber sichtlich an Ge-
di^enheit gewinnen. Wer längere Seit im I ehrsmis steht, wird die Er-
fahrung gemacht hat>en, dass man die Schüler nicht vielseitig genug an-
regen und denselben Gegenstand nicht genugsam vo« verschiedenen Seiten
betrachten kann. Was fördert mehr als die AnfsMisamkeit des Sehiälers
nöglichst lange an einen Gegenstand fesseln und diesen sa einer Mannig-
faltigkeit von Erkenntniss fruchtt»ar machen? Was endlich der Unterricht
in der Logik dadurch auch seinerseits gewinnt, dass er an mustergültige
Beispiele sich anlehnt, bedarf gar nicht der Erwähnung. — Zweitens
aber ist ausugeslehen, dass eine fiilsche, wirklich von den Gedanken des
Schriftstellers ablenkende Methode sich mit dem Gebrauche dieser Analyse
verbinden kann. Eine solche falsdic Methode scheint aber H. B. im
Auge gehabt su haben. Aber davor kam der Gegenstand selber nicht
bewahren , noch macht er das nötig. Man wird wolthnn , wenn man
') Die Stunde, die früher der Propädeutik zugewiesen war, ist jetzt
in preufs. Gymnasien meist dem fleut«chen unterrichte zugelegt
worden.
19
nur wöchentlich oder noch seltener — so oft eben ein Abschnitt durch-
genommen ist im Dialoge — vielleicht in einer Stunde diesen Abschnitt
DoehmalS; als Wiederholung zugleich für den Inhalt, logisch bespricht.
Selbstverständlich wird — was durch die Verfügung des preufsischen
Ministeriums für den Unterricht auch ausdrücklich zugelassen ist — in
diesem Falle die sonst der Propädeutik gewidmete Stunde der griechi-
schen Prosalecture zuzulegen sein. Damit werden beide Gegenstände
wesentlich gewinnen.
H. B. hatte von der «logischen Analyse' reden zu müssen ge-
glaubt, da er vergeblich nach einer Inhaltsangabe suchte und in zweiter
Linie nach einem Ersätze dafür*). Diese Mühe würde sich der hoch-
verehrte Hr. Ref. erspart haben, wenn er den an der Spitze der Vorrede
zum Oorgias stehenden Hinweis auf die in der Vorrede meines theuren
Freundes und Mitarbeiters, Herrn Prof. Gron zu seiner Ausgabe der Apo-
logie und des Kriton (p. Vil u. VUl) dargelegten Grundsätze beachtet
hätte. H. G. gibt an dieser Stelle die Gründe an, die ihn bewogen haben
eine Inhaltsangabe der betreffenden Werke seiner Einleitung fern zu
halten, und bezieht sicl^ dabei ausdrucklich auf eine Äu&erung des 13.,
die derselbe bei Gelegenheit einer Anzeige der von A. Ludwig besorgten
Ausgabe der Apologie und des Kriton (Jahrb. f. Phil. u. Päd. Bd. LXXI,
Hft. 7) getban hat. Der 0. würde sich also selbst untreu geworden sein,
hätte er eine zusammenhängende Darlegung des Gedankenganges im Gor-
gias seiner Ausgabe einverleibt Auch die Gegenbemerkungen des H. B.
kitnnen in seiner Ansicht nichts ändern, weil diese auf eigene Erfahrung
sich gründet. Um der Sache willen kann er das Bekenntnis nicht unter-
drucken , dass ihm das Bedürfnis nach einer Inhaltsangabe — xal d
if^inoteifov el^rjc&tu — nur einer mangelhaften Unterrichtsmethode
EU entspringen scheint. Wenn das nicht Frucht der Leetüre, einer Lec-
türe mit Primanern, sein soll, dass sie den Gedankenzusammenhang des
Gelesenen wiederzugeben und nach Anleitung des Lehrers auch zu dispo-
nieren im Stande seien, dann muss sich der Lehrer mit sehr geringen
Ansprüchen an die geistige Selbstthätigkeit seiner Schüler einerseits und
die Leistungen des eigenen Unterrichts andererseits zufrieden geben.
Nicht blofs die Forderungen, die das Leben alsbald an diese Jünglinge
stellt, müssen dann als unbillig erscheinen, sondern die der Schule selbst.
Im deutschen Unterricht verlangt man Dispositionen über freie Themata,
ja es ist eine in alten Zeiten wie neuerdings — und mit Recht — viel
empfohlene Aufgabe für Primaner, den Inhalt einer von ihnen privatim
gelesenen Schrift s. B. von Lessing oder Schiller, oder einer philoso-
phischen Abhandlung von Cicero, einer Rede des, Demostbenes wieder-
-sugeben d. h. aber den Gedankengang solcher Werke in wohlgegliederter
Öffnung darzustellen. Diese Arbeit mutet man ihnen zu selbständig zu
machen und sollte ihnen nicht zutrauen, die Art wie man den Gedan-
kengang eines Dialogs sich geistig erwirbt und das Niedere dem Höheren
unterordnet, bei der Schullectüre zu lernen? H. B. wendet ein, diese
Arbeit sei zu schwierig, denn die Erfahrung zeige, dass «unter den ge-
wissenhaftesten Forschern über Piaton erhebliche Differenzen über die
Gliederung einzelner Dialoge, eben den Gorgias eingeschlossen" statt-
fSnden. D. U. möchte diesen Ausspruch nicht gethau haben, um damit
Auf den gegen den vierten Theil der Einleitung (die Bestimmung
der Zeit, in welcher der Dialog gehalten sei) durch H. B. gerich-
teten Angriff hab' ich nichts zu erwidern. Zur Sache ist nichU
widerlegt. Die Schwierigkeit wird von H. B. in dem Begriffe der
«idealen Zeit* selbst gefunden, eine Schwierigkeit, deren Lösung
ich getrost dem Nachdenken der Leser jener Anzeige wie meiner
Ausgabe glaube überlassen zu dürfen.
19
die EialQhning einer solcheo Darlegung in einer Schulausgabe su recht-
fertigen. Es beweist offenbar eher für das Gegenteil. Bei solcher Lage
der Dinge bleibt es immer iweifelbaft, ob der Heransgeber der Schul-
ausgabe den Lehrer nicht in so wesentlichen Puncten gegen ihn bu po-
lemisieren swingt *). Aber abgesehen daron, so kommt es auch gar nicht
darauf an, daas die OUederung des Dialogs, welche als Resultat der
Leetire gewonnen wird, wissenschafUicher Kritik gegenüber tadellos und
probehallig erseheine — ihr Wert liegt Tielmehr in der gemeinschaft-
liehen Oeistesarbeit von Schülern und Lehrer, darin eben, dass jene
ein geistiges Bigentam selbst erwerben. Dagegen mun der Wert des
*) OeseUt der U« halle eine nach Stelnhart's oder Susemihl's Anord-
nong gegliederte Inhaltsnbersicht in seine Schnlausgabe aufge-
nommen, so wurde iweifelsohne H. & dagegen begründeten
Widerspruch erhoben haben. — Da H. B. in einer längeren Anm.
Sw 1W n. 796 d. b. A. mit Besug auf die Obersetsung, die der U.
besorgt hat, einige Vermutungen über dessen Stellung su der
Frage nach der OUederung des Oorgias ausgesprochen hat, so
darf ich mir auch hienu eine Erläuterung su geben erlauben.
Jene OberseUung in der Metsler'sohen Sammlung, welche Anfangs
1399 erschienen ist, befand sich über ein Jahr ror dem Erscheinen
der Platonischen Studien des H. B. in der Druckerei, und der Druck
war bereits begonnen als diese Studien mir su Händen kamen.
An der früher entworfenen, Ton Susemihl durchaus abweichenden
Inhaltsübersicht ist in Folge jener Studien nicht dasllindeste
geändert worden. Wo die Resultate beider üt>ereinstimmen, beruht
dies beiderseits auf selbständiger Forschung, in jener Inhaltsüber-
sicht habe ich die beiden Gespräche des Sokrates mit Oorgias und
Polos swar als untereinander gleichstehende Theile behandelt aber
beide zu einem Uaupttheile cusammengefasst und dem Gespräche
mit KallikJes gegenübergestellt. An dieser Anordnung glaube ich
auch jetst nodh festhalten su müssen, und sie aus Piatons eigenen
Andeutungen rechtfertigen und fest begründen su können. Wenn
nun aber in der logischen Analyse nach diesen Gesprächen durch
Obenehriften drei Theile getrennt sind, so würde man mit Unrecht
daraus sohlieCsen, ich stimme nunmehr auch in diesem Puncto
H. 6. bei. Eine Andeutung, wie der Dialog als Ganzes su dispo-
meren sei, sollte durchaus vermieden werden. Dagegen waren
äufserlich kennbare Abschnitte erforderlich, um dem Schuler
die Obersicht über den su analysierenden groben Stoff zu erleich-
tem. Aus diesem Grunde jene trennenden Überschriften. Beiläufig
sei hier bemerkt, dass auch meine Inhaltsübersicht zum Theaitetos
in der bereits 1866 erschienenen Übersetzung des Dialoges von
Susemihl und Steinhart nicht unbedeutend abweicht. Aber air dieses
sace ich nidit um mir ein Verdienst aosueignen, das mir nicht
gebührt y vielmehr nur um su erklären, dass, wo mir in diesen
elementaren Fragen eine bessere Einsicht zu Theil ward, dieses
nur auf Grund der trefflichen Ontersuchungon dieser Männer mög-
lick war, auch wenn diese in einzefaien Puncten irrten. Man be-
denke, dass die Einsicht in elementare Bestandtheile eines Ganzen
sowie bei Objeeten der Natur, so aueh bei Geistoswerken das letzte
Siel der Forsdiung ist, zu dem alles frühere beiträgt Nach diesem
2iefte streben auch wir/ die wir die von dem unvergofsUchen K.
Fr. Hermann gebahnten Wege wandebi und sind überzeugt, dass
jede bessere Einsicht in jenen Elementarüragen unserem Principe
in setner Geltung keinen Eintrag thun, sondern sie in Wahrheit
nur befestigen könne.
t4
von aufsen dargebotenen und wäre es das Allerbeste (das freilich als
Muster für ähnliche Arbeiten immer von «günstigem Einfluss' sein kann),
geradezu verschwinden. Dieser Erwerb wird aber auch nicht über-
schwer su erzielen sein. Einmal hat die Schulausgabe in dem, was sie
bietet, den Schüler vor falschen Auffassungen des Gedankenganges mög-
lichst zu bewahren. Sodann aber sollte der Lehrer im Anfang einer
jeden Stunde den Inhalt des vorher Gelesenen von einem Schüler
reproduoieren lassen, und zwar zunächst nur in kleinen Abschnitten,
bis zur Beendigung eines gröCsern Abschnittes, der dann in stufengc-
malsem Fortschritt selbst zur Besprechung kommt. Dabei hat er Ge-
legenheit stets auf den Zusammenhang des Einzelnen unter einander und
zum Grundgedanken des Ganzen vorbereitend hinzuweisen. Dieses Ganze
wird so allmählich in seiner geselzmäfsigon Gliederung im Geiste des
Schülers selbst sich aufbauen und am Ende der Lecture auch die Fixie-
rung dieses Erwerbes in Dispositionsgestalt möglich werden. Für den-
jenigen, welcher in dieser Weise in seinem Unterrichte verfahren will,
ist eine Inhaltsangabe in der Ausgabe, welche die Schüler in der Hand
haben, geradezu störend. Sie kann nur verderblich wirken, weil der
Schüler statt in dem lebendigen Unterricht durch Aufmerken und zu
Hause durch selbständige Repetition und Nachdenken das vom Lehrer
Geforderte sich anzueignen, dies mit leichter Mühe ohne tieferes und
bleibendes Verständnis der Ausgabe entnehmen wird. Also aus Schul-
ausgaben mögen solche Darlegungen fem bleiben! Sie gehören der
Wissenschaft und ihre Veröffentlichung (z. B. in Zeitschriften) ist nur
im Interesse der Lehrer zu wünschen, und wird von diesen gewiss als
verdienstlich erkannt werden.
Neben dem eben besprochenen Vorwurf, nimmt sich, nach des ü.
Meinung, eine Rüge sehr wunderlich aus, welche H. B. gegen einen
in der Vorrede ausgesprochenen Gedanken sich richten lässt. Der 0.
hat dort gesagt, dass der dritte Tbeil der Einleitung nicht, wie die
beiden ersten Theile schon vor der ersten Leetüre mit den Schülern
durchgenommen und besprochen werden solle. H. B. bekennt den Ge-
danken (dem er eine positive Wendung gibt) nicht zu begreifen, dass
also der zweite Theil vor der ersten Leetüre durchgenommen werden
solle. Dieser handelt von dem Zwecke und Grundgedanken des
Dialoges. Gewis wird Niemand leugnen, dass jedenfalls eine Milthei-
lung über die Veranlassungen, welche für Piaton zur Abfassung
des Dialogs vorlagen, nicht nur unschädlich, sondern für das Verständnis
förderlich , ja notwendig sei. Diese Veranlassungen liegen zeitlich vor
der Abfassung dos Dialoges, sind gegebene Thatsachen, deren Mitthei-
lung noch keineswegs den Inhalt des Dialoges selbst blofslogen kann,
selbst wenn wie in diesem Falle die Veranlassung in der herrschenden
Denkrichtung der Zeit mitzusuchen ist Wir müssen dieses Sachver-
hältnis als ein gegebenes den Schülern zur Orientierung für die
nachfolgende Leetüre mittheilen und greifen. damit sicherlich dieser selbst
nicht vor. Zieht man nun diesen Abschnitt ab als selbstverständlich
über den von H. B. ausgesprochenen Tadel erhaben , so kann dieser
nur die — kurze — Angabe des Grundgedankens des Dialoges treffen
wollen. Aber damit ist in der That kein Geheimnis vorschnell aus-
geplaudert und nichts weiter mitgeteilt, als was etwa in modernen
Schriftwerken ^ ich will z. B. sagen einer Abhandlung Schillers oder
Lessings — die Cberschrift, oder in Reden zumal die sogenannte
Angabe des Themas ausspricht — nicht das Mindeste mehr. Gewis
wird Niemand zu behaupten wagen, dass durch diese Überschriften, oder
jene Angaben des Themas, selbst wenn noch keine Erklärung hinzukäme
wie dieses zu verstehen sei, die Spannung der Leser oder Zuhörer von
vornherein aufgehoben oder, uro mich der Worte des H. 0. zu be«
dienen, «das Wort dee Rathseb sudringlieh «ugesprodien sei, cIm dae
RSUuel selbst aach nur ▼eruommen wäre.* im Gegenlheil wird die
Spannung der Leser und Hörer eine grölsere , wenn sie, von der Wict-
tigkeit des Gegenstandes unlerricbtet, ihre ganze Aulmerksaflikeit auf die
Art der AnslQhrung, die eigentümliche Begründung auligesteUter Thesen
lenken können über die sie noch nichts wissen *). Der müsste wol auf
einer wunderbaren Höhe geistiger Einsicht stehen, der, wenn er nur
weifsy wovon eine Schrift handelt, damit sugieich die Innere Gedanken*
entwicklung , den Autbau des Gänsen aus dtfn Cinxeinen su erfassen im
Stande wäret Doch selieint U. B. auch sieh selbst su widersprechen,
wenn er neben diesem Tadel die Aufnahme einer speciellen Inhaltsan-
gabe in der Schulausgabe verlangt Dagegen lielseo sich doch ganz
dieselben Gründe geltend machen, welche fl. B. in so beredten
Worten gegen den Vorschlag des 0. vorträgt Soll man vielleicht glau-
ben, dass keine Schüler, auch die fleüsigen nicht, wie man »ie sieh
wünschen muss , vor Beendigung der gansen Leetüre einen Blick in
diesen Theil der Einleitung werfen und 90 Plalons «in kunstvoUsler
Weise durchgeführte Absicht sich vereiteln sollten.* Glaube das wer
kann! D. 0. hat gleichwol diesen Grund oben nicht geltend machen
können, weil nach seiner Meinung die Kunst der Platonischen Darstel-
lung in jeder Beziehung so ungemein groCs ist, dass selbst die ausführ-
lichsten Mittheilungeu dem Leser die natürliche Überraschung und Be-
wunderung Platonischer Kunst nicht ersparen — Piatons «Absicht
nicht vereiteln werden.* Ja der Genuss wied eben mit jeder erhöhten
Einsicht in Ziel und Zweck des Dialoges nur steigen und wachsen.
Doch genug hiervon. So viel wird gewis Jeder zugeben, dass für den
Wert der Schulausgabe als solcher die Meinung d^ Ver&ssers . die er
über den Gebrauch eines an sich notwendigen Theiles in der Vor-
rede äuf^ect, ebenso wie die entgegenstehenden Ansichten Anderer gleich-
gillig sein müssen.
in den Anmerkungen hat d. 0. mehrmals die Prageform ange-
wandt IL B. erklart sich principiell dagegen. D. U. legt dieser Form
auch keinen hoben Wert bei und ist der Ansiebt , dass ihr Gebrauch
jedenfalls nicht allzusehr ausgedehnt werden dürfe. Er selbst hat nur
einen sehr knappen Gebrauch davon gemacht und sie insbesondere
nur da zugelassen, wo sich voraussetzen liefe 9 die abweichende Satz-
fonn oder der Unterschied zweier Constructionen sei bei einer früheren
Leetüre — namentlich der Apologie — bereits besprochen, oder lasse
sieh der Grund der au dieser Stelle gerade angewandten Form mit An-
wendung einer bekannten Regel dur^ Nachdenken von Seiten des Schü-
lers selbst finden; die Frageform ist dann einer Abkürzung der Erklä-
mng gleich zu achten. Dem 0. mnsste es nun sehr überraschen, dass
H. Professor Bonitz einige Fragen gefunden hat, die er selbst nicht be-
antworten so können erklärt und daher als coockisch* zurückweist
Wahrscheinlich bat der hochverehrte Herr Ref. gemeint, d. (J. wolle eine
besonders tiefliegende Weisheit mit seiner Frage an den Tag locken,
während es diesem nur darum zu thun war das Selbstdenken der Schü-
ler ein wenig in Bewegung zu setzen um eine einfache Regel oder eines
planen Unterschiedes sich bewnsst zu werden. ^ Wenn also zu 469 B
gefragt ist, warum o oüic Mmg aber 6 fi^ larffog^ so sollte der Schüler
sich einfach daran erinnern, dass sidivcu gerade so wie q>dv€u u. a.
*) Man beachte auch, was Lessing über die Spannung der Zuschauer
im Drama sagt: Hamburger Dramat 1, 48 u. 49> wobei er sogar
mit feinem Witz den Euripideischen Prologen eine tiefere Be-
deutung für diese Spannung abzugewinnen weifs, die 9ie schein-
l>ar aufheben.
16
mit der Negation ov zusammen als ein Begriff » ayvostv gefasst und
daher auch die Negation ov gebraucht werden kann, wo die allgemeine
Regel (kii verlangt Vgl. Apol. 26 D äats ov% ddhat 25 B. iav ov tpiitB
Üp te 9^s. Krueger 67, 1, 2; 4, 1 $ 9, 2. Als Hauptregel soll der Schu-
ler festhalten, dass, wie Baeumlein es ausdruckt , bei dem mit dem
Artikel verbundenen Particip oder Adjectiv, wo es eine Gattung
beseichnety fiif steht. Warum in der vorilegenden Stelle oi% insbeson-
dere zweckmäfsig war, ist außerdem in des D. Anmerk. s. d. SL in den
von H.^B« nicht mitgeteilten Worten erklart 459 A. dient iv totg
fMI Mociv nur zur Erläuterung des Gattungsbegriffes oxXtp » alle Welche
nicht wissen. — Zu 609 A wird die Frage aufgeworfen , warum hier
nmi si dagegen 486 C el nui^ H. B. scheint anzunehmen, es könne in
beiden Stellen je die andere Form mit gleichem Rechte zugelassen wer-
den; er gibt zwar einen Dnterschied des grammatischen Verhältnisses
aber nicht der Bedeutung zu. In Wahrheit ist aber eine Vertauschung
keineswegs in allen Fäll<m am wenigsten in den beiden hier berührten
möglich. D. D. beschrankt sich in der Besprechung auf die Anwendung
beider Formen in den bekannten Redensarten iy^oiiiottifop (fslototB-
Qop) $in${v (dQ^ü^ai), Leicht ersichtlich ist dass es auf den Inhalt
der Redensart selbst nicht ankommt; denn sie bleibt aach in den uns
vorliegenden Fällen wesentlich dieselbe ; vielmehr kommt es auf d i e
Stellung des Redenden zu der von ihm zu machenden Aussage
an, ob er jene Redensart mit el noI oder ntd d einleitet. Diese Stel-
lang ist eine gegebene, daher auch die Wahl darnach notwendig; bI
itttl wählt er, wenn er der Plumpheit des Ausdruckes zum Trotze die
GiUigkeit der Behauptung in der Wirklichkeit festhalten, also den An^
stofs, den der Ausdruck erregen könnte, für gleichgültig erklären
will, itol ti wenn er die Wahl des Ausdruckes entschuldigen und somit
auf das ihm zu Grunde liegende Wahrheitsmafs hinweisen will. Daher
gehört bI nctl der zuversichtlichen, %al el der bescheidenen
Rede an. Diesen Unterschied bestätigen unsere Parallelstellen in charak-
teristischer Weise. Im Munde des Kallikles würde ebenso wenig wA d
wie in dem des Sokrates später s/ «öl am Platze sein. Man vgt auch
ApoL 30 B ')• Hier bedient sich Sokrates des nt ncA, weil er den Aus-
druck, den er gebraucht, nicht entschuldigen, sondern rechtfertigen will.
Man mag ihn lächerlich flnden , die Sache ist doch recht eigentlich
(ittzpmg) so. Hiernach versteht es sich von selbst, dass d. U* die von
G. Hermann ad Viger. 882 aufgestellten Unterschiede in ihrer Unbestimmt-
heit zu vertreten nicht geneigt ist ; aber auch das dürfte nicht zu über-
sehen sein* dass der eben von ihm entwickelte Unterschied auch von
einem Schüler nicht unschwer aus Krueger 65,6,16 abgeleitet wer-
den kann. — 468 E wird zu üov Xiyoptos gefragt, warum nicht para-
taktisch? Der H. Ref. stellt die Parataxe, welche U. im Sinne hatte,
richtig her, erklärt aber keinen Unterschied von der wirklich von Piaton
angewandten Satzform zu kennen. Dem U. kam es vor allen Dingen
darauf an die Schüler daran zu erinnern — worauf sie bei der Leetüre
de^ Apologie häuOg genug aufmerksam geworden sein dürften — dass
der Grieche in Gegensätzen die Form der Parataxe mit fihf und dh der
Hypotaxe vorzieht, die der Deutsche liebt Dennoch kann ein rheto-
risdier Grund vorliegen, der sie zu meiden bestimmt So hier. Inner-
*) D. U. weifs aus der Praxis, dass an dieser Stelle oder bald nach-
her 32 A Mal et fiiXXH iXlyov %q6vo¥ oot^cecOin ein aufmerk-
samer Schüler selbst die Frage nach dem Unterschiede beider
Constr. erheben wird. D. U. hat sich hierbei nie zu der Antwort
verstehen können es existiere keine und man könne an beiden
Stellen beliebig tauschen!
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halb jener Parataxe stehen beide Glieder im Gewicht einander vollkom- y
men gleich ; es werden s w e i Behauptungen oder Urteile aufgestellt.
In dem vorliegenden Falle aber lässt es Platon den Sokrates absichtlich
vermeiden, das Urteil: «Gor glas habe wol Recht* selbständig hervorzu-
heben.^ Er sollte nur eine Behauptung aussprechen, durch welche sein
teofMct« begründet würde; d. i. dass Sokrates möglicherweiso des
Gorgias Rede nicht richtig verstanden habe. Durch die Wahl des Par»
tidps wird die Einheit des Urteils hergestellt Hierbei hat der U. auf
460 E verwiesen, weil dort die Bedeutmig dieser Satzform noch deut-
licher erkannt vmden kann, wahrend das VerhSltnis ein so ganz an-
deres ist, dass die Parataxe nicht einmal stattfinden könnte.
Durch diese Brlluterungen mag wol das Recht der Prageform in
den von H. B. iNsproehenen Fallen erwiesen sein. Dieser Punkt ist an
sich von untergeordnetem Werte. Ihre eigentliche selbständige Bedeu-
tung sollte die vorliegende Ausgabe in der Erklärung der einzelnen Ge-
danken nach ihrem Zusammenhang mit dem Ganzen aus dem Garnen
und unter einander suchen. Auf dieses Gebiet ist H. B. eben nicht weit
eingegangen. Er beschrankt sich abgesehen von einigen Worten allge-
meiner Anerkennung auf die Jedenfalls immer sehr beherzigenswerte
Warnung vor sobjectlver Deutelei. Dazu gebe, wie H. B. in fünf Bei-
spielen aufzuzeigen bemüht ist, die Ausgabe des U. Veranlassung. Allein
in Bezug auf das erste (448 A) muss der ü. trotz des künstlichen
Gegenbeweises des H. B. bei seiner Erkiflrang so lange verharren,
bis ihm bewiesen ist, dass zwischen persönlicher und sachlicher Aus-
drueksweise überhaupt, so wie zwischen nnigav Xa^ßapav iftov und
nft^' ifi^v sc 9^dffkin6g ti¥og wie Platon auch bitte sagen können,
kein Unterschied existiert. Das zweite Beispiel lässt jedenfalls eine
doppelte Auffassung zu (vgl. auch Prot. 317 D); das dritte gehört, wenn
auch oe^x^i^rT« nicht richtig erklärt ist, keinesfalls in diese Kategorie.
Das vierte und fü nfte aber sind von H. B. mis verständlich aufgefasst
Der Einwand ^ nämlich des H. B. zu 527 A schiebt der Erklärung des
Comparativ ilfi^irnffa einen Gedanken unter , den der U. gar nicht
hatte, als er sie niederschrieb. H. B. meint, der U. wdle an zukünftige
Untersuchungen über die von Sokrates erwiesenen Wahrheiten gedacht
wissen, während man doch in Wirklichkeit an die abgeschlossene Un-
tersuchung zu denken habe. Genau genomnien ist nun freilich keine
der beiden Annahmen richtig, denn avxap so wie Tovroiy beziehen sich
zunächst nnr auf den Inhalt des Mythos. Allein wie gesagt, der U. hat
auch jenen Gegensatz vergangener und zukünftiger Untersuchungen gar
nicht im Auge gehabt, sondern lediglich den Comparativ von aXi^dtf^
erklären wollen. Streng genommen kann ja etwas nicht wahrer sein,
als wahr, ist also jener Comparativ in eigentlicher Bedeutung in sich
unmöglicb. Von der Redensart tovr alri^iatt^av sl^^fi%€cg Gorg. 493 D
abgesehen wird H. B. aus allen Platonischen Schriften, in denen doch
der Begriff wahr so unendlich häufig vorkommt, nur sehr wenige
Stellen für diesen Comparativ anführen können (Ast nennt in seinem
Lex. Piaton. nur noch eine einzige!)- Daher bedurfte die Bedeutung
dieses Comparativs einer Erläuterung. Den Inhalt derselben hat auch
II. B. in seiner Bemerkung als richtig anerkannt, indem er sich selbst
des Ausdrucks «begrOqdeler* bediente. — Platon hat 507 C durch
die Vermittlung eines sprachlichen Ausdrucks (bv fCQattBiv) einen Be-
weis hergestellt, wonach tugendhaftes Handeln auch Glückseligkeit in
sich schliefse. Diesen Beweis sucht eine Bemerkung des U. auch sach-
lich zu rechtfertigen und den Schein der Erschlcichung durch ein Uo-
monymon fem zu halten. H. B. fordert nun den U. auf — in der Zu-
versicht, dass es unmöglich sei — diesen Beweis auf einen bestimmten
Modus einer bestimmten Scblussflgur zurückzuführen, Wolan es ge-
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schehe ! Doch natürlich gerade von Sokratiscb - Platonischem Stand «
punkte aus.
Tugend ist ein Wissen.
Wer tugendhaft handelt muss wissen.
Wissen ist gluckselig sein.
Wer also tugendhaft handelt muss glückselig sein.
Figur und Modus wird H. B. nun wol selber zu finden im Stande sein.
Der D. glaubt aber auch nicht einem so ausgezeichneten Kenner Piatons
gegenüber zur Rechtfertigung der oben stehenden Prämisse auf Zellers
Geschichte der Philosophie verweisen zu müssen. Ihm kam es, als er
die berührte Anmerkung schrieb nur darauf an dem Lehrer anzudeuten^
durch welche Mittelbegriffe die Richtigkeit der Folgerung sich erhärten
lasse. Wer aber noch zweifeln könnte, dass Wissen nach Piaton wirk-
lich ein Sein, ein bleibender Zustand sei der lese nur den Theaitetos
nach. Eine andere Art von Glückseligkeit aber als die im Wissen selbst
liegende kennt Piaton gar nicht. Dass wahre Tugend ohne Wissen un-
möglich sei war schon in dem jedenfalls vor dem Gorgias geschriebenen
Protagoras nachgewiesen !
Welche Fälle aufser den berührten in ähnlicher Weise dem Herrn
Ref. misfällfg sein mögen, ist nicht zu sagen. Reinenfalls sind die vor-
liegenden glucklich gewählt, wenn sie für eine sichere Kritik Zeugnis
ablegen sollen. Folgen wir ihm noch zu dem letzten Theile seiner An«
zeige, in welchem grammatische Erklärungen und sprachliche Bemer-
kungen einer Prüfung unterzogen werden. Obwol in der Ausgabe dieser
Seite der fbterpretation, von dem Anbange 11 abgesehen, der geringste
Spielraum vergönnt ist, ist in der vorliegenden Recension die gröfste
Zahl von Gegenbemerkungen diesem Gebiete zugedacht. Auf diese
sämmtlich im Einzelnen einzugehn wäre unstatthaft. Eine allgemeine
Bemerkung aber wird hier wol am Platze sein ; sie betrifft die einge-
schlagene Methode der Erklärung. D. D. glaubte nämlich, einer Schul-
ausgabe für Primaner komme es nicht zu alle sprachlichen Schwierig-
keiten durch Zufügung einer Übersetzung oder Applanierung und Auf-
lösung der Gonstruction direct zu heben. Bekanntlich sucht eine ge-
wisse Klasse von Schulausgaben mit deutschen Anmerkungen eben darin
ihren Ruhm und ihre Stärke. Aber diefs Verfahren kann nur nachteilig
wirken. Die Präparation der Schüler wird eine oberflächliche werden,
wenn sie einen Ersatz für dieselbe in den kurzen selbst während des
Obersetzens in der Lehrstonde leicht zu überblickenden Noten unter dem
Texte finden. Selbstthätigkeit und Selbständigkeit des Denkens wird
auf ein geringes Mafs zurückgeschraubt. Im Gegensatz hierzu glaubt
d. 13. Übersetzungen in den Noten möglichst vermeiden zu müssen. Gut
angelegte Sacherklärungen werden den Primaner meist leicht auf ein
richtiges Sprachverständnis hinweisen. Wo aber sprachliche Bemerkun-
gen dennoch notwendig oder zwcckmäfsig schienen, sollte durch sie der
Schüler nur auf den Punkt aufmerksam gemacht werden, von
dem aus eine Lösung der Schwierigkeit möglich ist. Diese soll er d.inn
durch eignes Nachdenken finden. Dieses Princip der Erklärung hätte
H. B. bei seiner Beurteilung berücksichtigen und nicht leichthin über
Unbestimmtheit des Gedankens und Ausdrucks klagen sollen, wo dieses
Princip ein blofses Andeuten rechtfertigte. Das möge im Allgemeinen
genügen. Im Einzeln hat H. B. für manche treffende Bemerkung nur auf
den Dank d. D. Anspruch; aber einige jener kritischen Bemerkungen
kann derselbe anzuführen nicht unterlassen, weil sie unter jeder Be-
dingung mit einer gerechten und die Sache fördernden Art der Kritik
sich nicht vertragen. Obergeben wir sogar solche Bemerkungen die
wie zu 487 G und 491 A (S. 802) in sich selbst zerfallen und wählen
zunächst ein Beispiel, welches absolut die Grundlosigkeit des Angriffs
19
recht deotlich leigen kami. Zu der Bedetart «b igßh ■«& gf^f»
ytjroWfft 470 D hatte der D. hemerkt sie leite ihreD Ur sprang \ob
Homer B. 303 f ^>{k tc «oI «^«f H. B. hehaoptel ihr VorkoaneB an
Homer beweise, dass ne «eine bereits übliche Formel* gewosc«.
Wer leugnet diese Möglichkeit? In der griech. Literatar aber igt
ans Homer aHeste ond orspröoglicbe (hwUe vnd man hat für das li to-
rarische Vorkommen einer Redensart das Bocht n sagen sie leite
dorther ihren Ursprung, gleichfiel ob im gewOnlicben GesprEche irgend
ein Hellene oder Indogermane sich derselben schon froher bedient hat
Einer hat sie sieheilidi luerst gebraacht Wem aber H. B. diese Be-
deomrt zn einer schon so Homers Zeit abliehen PonMl stempehi
wollte, so mnsste er wenigstens noch eine s weite SleUe in 0MMr
nachweisen, in der sie auch gebraacht ist Ihi dieses nnmo glich
ist, so ist es wol mehr als wahrscheinlich, dass die Bedensart
wirklich dem Mnnde des erfindungsreiciien Ithakasiers soenl ent-
sprungen ist Welche Schwierigkeit ihre Erklärung Tcrursaeht bat
kann man bei Naegelsbach s. d. St nachlesen. — Oders in MS C er-
gänzte der 0. lu dem Bedingungasatse tl frv» ys m. c 1. als Wachsati
mcUh «I«^. Dass damit wüklich nur der Inhalt des Torhergeheaden
Satzes aufgenommen wird versteht sich von selbst Die Beschränkung
seiner Gültigkeit liegt nur in dem Zusats Ton 7s. Warum soll man
diesen Satz — der Gegensatz tl A ft^ folgt doch auch — anders er-
klären als die von Kmeger 54, 12, 12 angegebenen Fälle? Bas Fehlen
des (ihf kann unmöglich entscheiden. Wenn nun aber weiter H. B. mit
E. Jahn igniq httv nach Sn ergänzt um davon nottUiv abhängen
zu lassen« so ist das entschieden unhaltbar. Denn formell müste
diese Ellipse zuerst nach ti M ^s^ b>^^ J^ nach Sxi stattfinden.
l>ann musste aber statt «ovto wenigstens aSni stehen. Ein so unmo-
üfiertes Abspringen von einem Prädikate und dann Wiederaufnahme
desselben und dennoch Weglassen in einem Hebensatze dritten Grades
darf man Piaton nicht zumuten. Aber auch materiell ist die gedachte
Ergänzung unmöglich. Denn nirgends hat Sokrates tugestanden oder
das ZuReständnis von Kallikles erzwungen (Swt^ h %^ «^^^ lo/«
jfMrftitfS^pwv ijfisA»^ ipoUty^tv) dass es Tugend sei inumUlw -^
A (ihf tmw lM&9if(ump «Aii^ovfiSf^a» ßilxlm «ocov#i xiw £9^^909%
was vielmehr Tugend sei, wird gerade Inder nachfolgenden
Erörterung erst festgestellt! Man darf sieh daher auch nicht hinter die
allgemeine Bedeutung von i^nn hti es ist Pflidit n df^ flGehten, wie
E Jahn thul; hier, wo Sokrates seine Meinung der Behauptung des
Kallikles (dass die Tugend in der Befriedigung der Begierden bestehe)
entgegenstellt, ist eine solche Verflüchtigung des gegensätz-
lichen Mittelbegriffes unerträglich. Endlich aber bringt man
in der angegebenen Weise in die nach d. 13. Erklärung leichtverständ-
liche Stelle eine Schwierigkeit der schlimmsten unheilbarsten Art hinein.
Denn neben agitti Jett wird das nachfolgende xavto dl tix^fj tt$ ilvm
schleppend ja so wie es lautet unmöglich. Des ü. Erklärung des In-
finitivs, als entstanden aus einem Conjunctiv adhort. der or. recta hängt
wie H. B. zu 487 C richtig vermutet mit einer durchgreifenden Theorie
der griechischen Moduslehre zusammen, für welche d. D. aber keines-
wegs allefn steht (Vgl. dazu u. a. die trefflichen Abhandlungen von
Aken in den Jahrb. f. Phil, und Pädag.) Damach braucht man ein Sti
überhaupt nicht zu ergänzen. Seine Kraft liegt schon in dem Infinitiv
an sich. — Das sind Fälle, in denen die Grundlosigkeit - des Angriffs
wol nach dem Mitgeteilten ersichtlich werden wird. Einige andere sind
derart, dass ü. D. denselben Nachweis zu liefern aus gewissen Gründen
nicht versuchen darf. So ist es für ihn ganz unmöglich auf die
Bemerkung des H. B. zu 50t^ B (S. 80t unten) zu antworten. Zu seinem
20
Bedauern nämlich hat er wirklich die Feinheit derselben nicht verstehen
können, trotz nicht geringem Aufwand von Nachdenken. Der Grund mag
vielleicht in ihm selbst gelegen sein , vielleicht aber auch darin , daaa
H. B. in die Worte des C. hineindachte was gar nicht darin liegL
Mögen denn Andere in Entzifferung des Räthsels glücklicher sein als
d. U. war! Nicht viel besser steht es mit der sich anschliefsenden Be-
merkung zu 460 A. Auch hier wird ein unbefangenes Drteil finden, dass
des H. B. Angriff nicht des U. Erklärung sondern eine durch subjeotive
Deutelei h in eingelegte Meinung trifft —
Genug dieser Beispiele, die sich auch leicht vermehren liefsen.
D. U. ist überzeugt, dass seine Arbeit noch gar manche Fehler enthalten
wird, die H. B. nicht aufgedeckt hat, auch dass es H. B. nicht schwer
fallen dürfte die Reibe dessen, was er für fehlerhaft erklärt, erheblich
zu vermehren. Der Hauptfehler aber, den der U. nur allein kennt und
hiermit offen bekennt ist entschieden der, dass er allzugrofses Vertrauen
auf entgegenkommendes Verständnis eines sachverständigen Beurteilers
hegte, ein Fehler, der auf Umfang und Inhalt der Vorrede entscheidend
einwirkte. Doch wird der D. auch nach dem vorliegenden Erfolge die
Hoffnung nicht aufgeben, die Erfahrung seiner Fachgenossen werde ihm
in der Zukunft noch am besten zur Stütze gereichen. —
Berlin im Januar 1800. Julius Deu sohle.
Erwiderung.
Unter dor Überschrift ^Erläuterungen' gibt im vorstehenden
Aufsätze Hr. t'rof. De us chic eine umfangreiche Replik gegen die
von mir in dieser Zeitschrift veröffentlichte Anzeige seiner Ausgabe dos'
Platonischen Gorgias. Obgleich Hr. D. mir darin ein Verfahren zur Last
legt, das sich * mit einer gerechten Kritik nicht vertrage' (S. 18),
obgleich er einige Bemerkungen mit dem geheimnisvollen Makel kenn-
zeichnet, dass 'gewisse Gründe' ihm die Widerlegung derselben
unmöglich machten und endlich mit einer Andeutung von Allgemeinheit
meine Entgegnungen auf eine «durch subjective Deutelei hinein*
gelegte Meinung* zurückführt, so würde ich mich dennoch nicht
zu einem einzigen Worte der Erwiderung entschließen, wenn ich er-
warten dürfte, dass jeder Leser dieser «Erläuterungen* meine Anzeige
und die Deuschle'sche Ausgabe des Gorgias zur Vergleichung zöge. Da
ich dies nicht voraussetzen darf, so will ich durch einfache Darlegung
des Thatbestandes dem unbefangenen Leser die Beurtheilung erleichtern.
Die Antikritik des Hm. D. behandelt folgende Puncte: 1. die
logische Auffassung des Gorg. 454 D vorkommenden Syllogismus, 2. den
Zweck der in D.'s Ausgabe als Anhang gegebenen Mogischen Analyse,'
die Unzweckmäfsigkeit einer von mir als zur Einleitung gehörig er-
forderten Übersicht des Gedankenganges, die Angemessenheit «Zweck
und Grundgedanke* des Dialogs «vor der ersten Lcctüre* «mit den
Schülern durchzunehmen,* 3. die Zweckmäfsigkeit der von mir bean-
standeten Fragen zu 450 B , 500 A , 458 E, 4. die Aufgabe des Schul-
commentars in sprachlicher Hinsicht, Zurückweisung meiner Bemerkun-
gen zu 448 A, 527 A, 507 €, 470 D, 503 G; darauf folgt endlich über
meine Bemerkungen zu 487 G, 401 A, 500 B, 460 A die Erklärung, dass
sie in sich selbst zerfallen, oder dass es dem Ref. aus * gewissen Grün-
den' unmöglich sei auf meine Entgegnungen einzugehen.
1. Logische Auffassung des Syllogismus 454 D. — Piaton schreibt:
^A^ iozi Ti^y <o To^la, niüxtg ^tv^^g ncd iXridiig; q>airis av, ig iya
9€f
P€ M.
Jede«<MK ist
Keine hnm€^pl^ igt
ErlMd>cB wir
PUtow «Bier
wwi0tl^ff^ ist des In
Abo steric ist vckt
o h o e die TcrlNaAag ^nm ff#^ wJL elftii ia
Begriffes dabei ra ^nttüAtm, se kille er a khb
Anlast. Aber Hr. D. hat dasselbe »Hd
lieb ageweodet, iadea er das afiimalive i
scbreibi, «was wabr and £üscb sein kann,'
wabr sein anss,* also in desselben Siim
lichkcil des leyiffea, der die SUlInng des T«
anerkannt, so ist doreh MmM, ^^ JT die
hergestellt, und man ist bereebtigt, das ragiiin dies
Wesen dann Hr. D. sun Obenatze macbl, als einen «Is
gang* m belraeblen. Drr wesenilicbe rntenchied 4
#vUo7(#|Mg and des mm^mlrnft^m^ s>V^ «* ^XV«
Hr. D. als eine far nniafsafninT Lencr frappante b
besteht eben darin, dass in jcaea die TerÜDdvng de
hing des Terminos mcdios einaebaeaden Bqffifle nnd
Der Anerkennong als ein einbeitCcber Begriff litrtrüel
in diesem dagegen es niebtkann; et b£«t aioo &c
cmt s
die SM-
TeigJfiefc-
wd. CUi-
barkeit der fnstans Mit dem Fall, fir den sie ^rwabll
gens würde sieb Hr. D. diesen ganzen Tersncb eiipafl
er dabei der Pradiion des Plafonifcben gcbi—nalfif» «stef lad
ini9tfifkn ist oiebt dasselbe* trea geblieben mZgt ; dna in dienern Faie
lautete die Folgeniiig aas seinen Pramitam; «Eicbes isd Banme önd
nicht dasselbe* — und dieser Folgenais ist gam neblig, keanefwe^
ein absordom. Art and ihre Gattn^g ist gewiss nicbl idcnüneb. Frei-
lich der Ton Hrn. D. gewählte Ansdmek cEicbcn and keine BiMif*
wird versUnden wie «Eiebe ist keine Art der Cittnng Banme,* wm
allerdings absurd wäre.
2. Was die Frage betrilll, ob es zweckmafög sei, in die Endet-
toDg commentierter Schulausgaben, namenllieb pbüosopbiscbcr Scbriftem.
eine Obersicht der Gliederung und des Gedankenganges •} - —
*) In der Anmerkung S. 13 gibt Hr. D. Eriislenneen
VermutbuDgen,* die ich ober seine
n «eil
Frage
t2
80 sind mir die Gründe, welche Prof. Gron in der Vorrede zu seiner
trefinicben Ausgabe der Apologie und des Kriton dagegen geltend macht,
wohl bekannt; es ist auf dieselben von anderer Seite in dieser Zeitschrift
bereits früher eingegangen worden (1859. S. 696 f.). Den von Hm. D. be-
sonders hervorgehobenen Gegengrund, dass die Einsicht in die Gliederung
zu verschaffen der Tbatigkeit des Lehrers angehöre, habe ich in meiner An-
zeiger bereits berührt, und darauf hingewiesen, dass man durch conse-
(fuentes Pesthalten desselben «zugleich den Stab über commentierto Ausgaben
für den Schulgebrauch überhaupt* (S. 795) bräche. Hr. D. scheint dies
nicht bisachtet zu haben ; sonst würde er schwerlich überdies gerade
solche Gründe vorbringen, welche derselben Folgerung anheimfallen;
denn ein Anlass zum «Polemisieren,* den Hr. D. in einer Angabe der Glie-
derung besorgt, kann, wie Hr. D. sich erfahrungsmäfsig überzeugt haben
wird, durch einzelne sprachliche oder sachliche Bemerkungen ebenso
wohl dargeboten werden, wie durch eine Inhaltsübersicht. Der Anspruch,
dass eine solche in der Einleitung gegeben werde, scheint Hrn. D. «nur
einer mangelhaften Unterrichtsmethode zu entspringen.* Das äygoino-
X9Q09, welches Hr. D. in dieser Erklärung selbst anerkennt, trifft keines-
wegs mich allein oder vornehmlich mich — ich höre mit Resignation
das Gompliment an und die ihm beigefugte ausfuhrliche Belehrung; für
welcherlei Dnterrichtsmethode ich in Wort und Schrift arbeite, liegt
offenkundig vor; welcherlei Methode ich selbst in meinem Gymnasial-
Unterricht mir zur Aufgabe machte, das lebt zu meiner Beruhigung
in der Erinnerung zahlreicher Schüler aus mehr als zwölQährigcr Gym-
nasialthätigkeit — Hr. D. trifft mit seinem dygoinotsgow vielmehr zu-
gleich alle jene verdienten und hochgeachteten Mönner, deren Schulaus-
gaben das von mir als zweckmafsig bezeichnete Verfahren eingehallen
die Gliederung des Gorgias ausgesprochen' haben soll S. 795 f.
Ich habe dort Vermuthungen weiter gar nicht ausgesprochen,
als dass ich aus Hrn. D.'s eingehender Recension über die Suse-
mihl'sche Behandlung des Gorgias, da er über die von S. getroffene
Gliederung schweigt, seine damalige Zustimmung zu der-
selben als wahrscheinlich betrachtet habe. Im Übrigen ent-
hält jene Bemerkung nur Thatsachen über die Verschiedenheit
der Ansichten in dieser Frage. In den Zeitangaben habe ich mich
dabei einfach an die auf den Titeln stehenden Jahreszahlen ge«
halten, ohne irgend eine Vermuthung über einen möglichen
Zusammenhang auch nur anzudeuten. — Des beiläufig an diese
Bemerkungen geknüpften Preises der Verdienste von K. F. He r-
mann bedurfte es in einer gegen mich gerichteten Antikritik
nicht; meine Achtung vor dem bewundernswcrthen Umfang der
Leistungen des Verstorbenen wird dadurch nicht beeinträchtigt,
dass ich in einigen wesentlichen Puncten seiner Platonischen For-
schung nicht vermag ihm beizustimmen. Soll diese Bemerkung
etwa eine Entgegnung darauf sein, dass ich erklärt habe (S. 790),
das Verschweigen von Schlei er mache r's Namen, wo Hr. D.
die Männer nennt, deren Vorarbeiten er zu danken habe, sei, wenn
mehr als ein Zufall, «ein schweres Unrecht*? Die Entgegnung
würde wenig passen. Wo ich unter jenen Männern auch meinen
Namen finde , der ich mir bewusst bin , zur Erklärung Platons
literarisch kaum ein Schärflein beigetragen zu haben, ist die Ver-
wunderung darüber berechtigt, dass der Begründer der Plato-
nischen Studien in der Gegenwart, der Reüitutor Piatonis ,
wie ihn L Bekker treffend und neidlos genannt, der Erwähnung
nicht gewürdigt ist.
haben. Einen mit deriei Obersichten verwandten Zweck in der Ton Hm.
D. gegebenen 'logischen Analyse' vorausiusotzen, gaben und geben fira.
D/t eigne Worte in der Einleitung zu dieser Analyse dra Anlast:
c — — Daher ist es an sich schon lehrreich^ jener Gesetse (namlieh der
logischen) und Formen an solchen Mustern sich bewusst in werden;
aJMr je mehr die Einsicht in die Form eines Platonischen Dialoges, in
die Gesetzmalsigkeit der Untersuchung sich vertieft, um $o klarer and
sicherer muss sich die Erkenntnis seines Inhalts, der Theile wie des
Ganzen, gestalten. Diesem Zwecke soll die nachfolgende Analyse
der im Oorgias zur Anwendung kommenden logischen Functionen an
ihrem Theile dienen' (8. 195). Hr. D. hatte daher keinen Grund, diese
Ansicht einfach als Misverstandnis zu bezeichnen, ich habe dagegen
diese logische Analyse als ein «Ablenken von den Gedanken des Schrifll-
steUers auf bestimmte Abschnitte der Logik* bezeichnet, und muss dabei
beharren. Die einfiiche Blofslegung der Gedanken des Schriftstellers in
ihrer Verbindung gibt ihren logischen Verhaltnissen die Evidenz der
Wirkung und f&hrl zum Verstandnisse der Schrift; die Reflexion auf
die «logischen Functionen* macht diese Verhältnisse als soldie zu«
Objecte des Denkens und verlSsst somit die Vertiefung in den Ge-
dankengang des Schriftstellers. Man kann einen Abschnitt der Naturge-
schichte, einen Beweis aus der Mathematik, einen Dialog Plalons, eine
philosophische Schrift oder eine Rede Ciceros, eine nicht logische Ab-
handlung des Aristoteles, einen Aufsatz von Lessing oder Schiller — ja
welche Abhandlung überhaupt nicht t — zum Gegenstände der Reflexion
auf die «logischen Functionen* machen ; es wird sicherlich der Unter-
schied bestehen, dass die Ausbeute für die Logik einmal beschrankter,
das andere mal mannigEsItiger ist; aber darin werden und müssen sich
diese Bearbeitungen gleich sein, dass für die Reflexion auf die «logi*
sehen Functionen* der specielle Inhalt der BegrilTe, an welche die Re-
flexion sich anlehnt, gleichgiltig ist und durch jeden beliebigen
andern in der Form gleichen ersetzt werden kann, und dass, so lange
die Reflexion auf die «logischen Functionen* als solche gerichtet ist, die
Vertiefung in diejenigen bestimmten Gedanken, um die es sich han-
delt, unterbrochen wird. Kurz logisches Verständnis eines be-
stimmten Gedankencomplexes und Verständnis der Logik sind
zweieriei wesentlich verschiedene Dinge. Will jemand diesen Unter-
schied, statt ihn allgemein zu erwägen, lieber an der vorliegenden
«logischen Analyse* selbst prukn, so wolle er die erste beste Seile der-
selben aufschlagen, und sich fragen, ob ein Satz, wie: «Wir haben darin
einen kategorischen Syllogismus der ersten Figur mit
Namen Celarent,* namentlich mit Einrechnung der Erklärungen, die
er erfordert, wenn bei dieser Gelegenheit erst Logik gelehrt werden soll,
die Vertiefung in die bestimmten Gedanken Piatons erhält und ver-
stärkt, oder von ihr ablenkt. — Die Frage, ob es zwcckmäfsiger ist,
die Aufgabe der philosophischen Propaedcutik an andere Lehrgegenstände
gelegentlich anzuknüpfen und ob dadurch der Idee der Concen-
tration des Unterrichts Genüge geschieht, habe ich nicht von neuem be-
rührt, weil es sich hier vor allem um die Schulausgabe eines Plato-
nischen Dialoges handelt« und weil ich über jene Frage früher öfters in
dieser Zeitschrift mich ausgesprochen habe. Ich mache nicht den An-
spruch an Hrn. D. davon Kenntnis zu nehmen; aber damit Hr. D. sich
überzeuge, dass Männer von anerkannter Einsicht und Erfahrung auf
diesem Gebiete keineswegs jene Anknüpfung an einen anderen Lehr-
gegenstand als Bedingung des Erfolges der philosophischen Propssdeutik
betrachten , sondern ihre selbständige Stellung vollständig anerkennen,
wolle er den Aufsatz lesen, welchen der hochverdiente jetzige M. R. für
die evangelischen Gymnasien Preufsens, Geh. R. Dr. L.Wiese vor zehn
u
labren vcröffenUicht hat (Mützell's Gymn. Ztschr. 1850, S. 2tl~2t9). —
Dasf der zweite Abschnitt der Einleitung «Zweck und Grundgedanke
des Dialoges* nach des Hrn. Vf.'s Absicht vor der ersten Leetüre itait
den Schülern durchgegangen werden soll, das lege nicht ich ihm unter,
sondern sagt Hr. D. selbst; denn wenn er in der Vorrode in Betreff des
dritten Abschnittes ausdrucklieb hervorhebt, «dabei war es nicht meine Mei-
nung, dass derselbe wie die beiden ersten Theile, schon vor
der ersten Leetüre mit den Schalem durchgenommen und be-
sprochen werden soll,* so muss dies jeder so verstehen, dass eben die
beiden ersten Theile vorher sollen durchgegangen werden. Auch erkennt
Hr. D. trotz der Rüge gegen die positive Wendung, die ich seinen Gedan-
ken gegeben hStte, indirect dies als seine Absicht an. Er übersetzt dann
«Zweck und Grundgedanke,' wie er selbst Jonen Abschnitt überschrieben
bat, in «Veranlassungen* und «Oberscbrift.* Jene Veranlassungen seien
ja doch ein «Sachvorhaltnis , das als Gegebenes den Schülern mitzu-
theilen ist,* und ebenso wenifs lasse sich gegen eine der Leetüre vor-
ausgehende llittheilung der «Oberscbrift* einwenden. Ich bitte die Leser,
in den fraglichen Abschnitt einen Blick zu werfen, um sich tu über*
zeugen, wie wenig diese rechtfertigenden Namen * Veranlassungen' und
* Oberschrift' für den Inhalt desselben passen. Nicht um historisch con-
statierto Thatsachen handelt es sich, welche als die Veranlassungen vor-
her zu kennen Bedingung wäre zum Verstandnisse dos Dialoges, sondern
vornehmlich um die «inneren Motive,* welche Piaton zu seiner Ab-
fassung sollen bestimmt haben; diese sind, so weit man sie aner-
kennen kann, aus dem Dialoge selbst erschlossen und werden erst durch
seine Leetüre wahrhaft begreiflich, aber keineswegs sind sie die Be-
dingung für das Verstehen des Dialoges. Noch wunderbarer ist die
Vergleichung der Angabe des Grundgedankens mit einer blofsen * Über-
schrift.' Fürs erste, Piaton hat uns nun einmal eine solche Überschrift
nicht gegeben, sie ist also unsere Zutbat; und dann, was Hr. D.
in den Brennpunct einer blofson Oberschrift möchte zusammenfallen
lassen, nimmt doch einen Cmfang ein, noch weit über die Ausführlich-
keit jener Büchertitel aus dem 17. Jahrb., welche für Bibliotheksscrip-
toren ein Gegenstand verdienten Hasses sind. Kann man in der unbe-
gründeten Obersetzung von «Zweck und Grundgedanke'^ in «Veranlas-
sungen und Oberschrift* etwas anderes lesen, als eine Anerkennung der
Richtigkeit meiner Einwendung, nur vorkleidet in die Form zuversicht-
licher Zurückweisung?
3. Hr. D. wendet in seinem Commentar öfters die Form der Frage
an; ich habe dieselbe, von dem Zweifel über ihre Zweckmäfsigkeil an sich
abgesehen, als unzulässig bezeichne! in allen solchen Fällen, in welchen
nicht die blofse Hinweisung auf den Fragepunet hinreicht, den Schüler die
Antwort finden zu lassen. Aus denjenigen Fragen, bei denen dies nicht der
Fall ist, habe ich herausgehoben 469 B, 500 A .^ 458 E. In der SJlelie
459 B sind die betreffenden Worte Piatons: Oynovv ro iv rip oxlip
tovxo iütiv iv TO^g fiii iCdoaiv; ov yicQ dtjnov iv rotg bI 9 6 ci
htI. -- *0 81 fifi taxQog ys drinov av9ni€xiiiikmv iv o latgog
iniütfjiimv. — *0 ov% tldng aga xov ildotog iv ov% Btdoai
M^avtiteQos iotai. — Zu den letzten Worten fragt Hr. D. in seiner An-
merkung den Leser; «Warum o oi% Mmg aber 6 fii? latQog^* Diese
Frage muss doch heifoen , warum in jenem Falle ov das Nolh wendige
oder doch das Angemessene war, in diesem dagegen fii]. Hierüber, habe
ich erklärt, möchte ich lieber von dem Hrn. Vf. Erklärung erhalten, als
von ihm befragt werden; «denn schwerlich lässt sich zwischen dem
Verbältnisse der Negation in diesem Falle und in dem unmittelbar vor-
ausgehenden iv totg i^fi tMüiv ein wesentlicher unterschied nach-
weisen* CS. 797). Hr. D. gibt mir nun, um die Angemessenheit seiner
m ar iap. «-
diejeDigeo GrenzlinieD^ welche Hr. D. in den angeführten Worten zu
sieben unternimmt, vor einer aufmerksamen Betrachtung verschwinden,
das« Krüger in den bekannten» von Hrn. D. angeführten Stellen vor-
sichtig genug ist, dies nicht einmal zu unternehmen, das lässt sich mit
Zuversicht erklären. Darum muss ich dabei verharren, jene Frage für
unangemessen zu halten, da sie in wissenschaftlicher Hinsicht schief
gestellt, in didaktischer Hinsicht nachtheilig ist Aus der Gombination
von zwei, drei Stellen ein Gesetz, eine feine Distinction abzuleiten, sind
denkende Schüler der oberen Glassen an sich geneigt. Dieses Streben
ist scbatzenswerth und wird erfolgreich unter besonnener Leitung; aber
man darf nicht durch Kragen, wie die vorliegende, zur Einbildung eines
exquisiten Wissens verführen, das vor näherer Prüfung nicht Stand hält.
Man wird nach der umfassenden Behandlung der einen von mir
gemisbilligten Frage es mir wol verzeihen oder danken, wenn ich die
Rechtfertigung meines Drtheiles über die beiden anderen unterlasse; ich
habe auch bei ihnen noch keinen Grund gefunden, mein Urtheil zu
ändern.
4. Wer die Bemerkungen in Hm. D.'s Antikritik über die wahre
Aufgabe eines Sciiulcommentars in Beziehung auf sprach-
liche Erklärung liest, kann leicht zu der Ansicht bestimmt werden, als
hätte ich in meiner Anzeige eine solche Art der Erklärung erfordert, welche
jede, auch als bekannt vorauszusetzende sprachliche Erscheinung mit
einer Bemerkung versehen oder die selbständige Thätigkeit des sie be-
nutzenden Schülers überflüssig machen sollte. Dass dem nicht so ist,
wolle der Leser so gefällig sein aus S. 7S6 und 801 der bestrittenen
Anzeige oder aus meiner Anzeige des Sauppe'schen Protagoras 1868.
S. 842 zu entnehmen. Ich habe daher das. Rechten über das Mehr und
Weniger der sprachlichen Erklärung ausdrücklich abgelehnt, und nur
auf die Forderungen gedrungen, dass dasjenige , was gegeben wird, in
Bestimmtheit des Ausdruckes keinem Vorwurfe unterliege, dass es richtig
sei, dass es nichts willkürlich, als sei es ein Gedanke des Schriftstellers,
demselben unterlege. Nur auf diese Puncte sind daher meine Bespre-
chungen einzelner Stellen gerichtet. Einen Theil derselben erkennt Hr.
D. als richtig an, es muss ein sehr kleiner Theil sein; denn von 23
Stellen, die ich in ein oder der andern dieser Hinsichten habe zur
Sprache gebracht, werden II ausführlich oder mit einem verwerfenden
kurzen Ausdrucke von Hm. D. beseitigt, und zum Schlüsse gesagt, dass
die Beispiele «subjectiver Deutelei,* aus welcher Hr. D. einige
meiner Entgegnungen ableitet, sich leicht vermehren liefsen. Wenn hier-
nach das Zugestandene auf ein Minimum sich reduciert , so ist es mir
dagegen an keiner Stelle gelungen, mich durch Hrn. D.'s Gegengründe
eines anderen zu überzeugen; mögen die geehrten Le^er versuchen, ob
es ihnen besser gelingt
Zu i%^ls nal nptifiv 470 D bemerkt Hr. D. es «bezeichnet das vor
ganz kurser Zeit Geschehene. Diese Redensart hat ihren Ursprung
im Homer %^itd rt nal ngm^ A 303.? Ich habe diesen Ausdruck
üls ungenau bezeichnet; statt dieser mindestens nicht erweisbaren
Behauptung hätte nur das Thatsächliche gesagt werden sollen: g^Dcr
Ausdruck findet sich in dieser Bedeutung bereits bei Homer.* In der
Entgegnung nun beschränkt Hr. D. selbst die Worte «hat ihren Ur-
sprung* auf die Bedeutung des für uns ersten literarischen Vorkom-
mens. Ich war nun bisher der Meinung , dass , wo man nicht mehr
mit Sicherheit behaupten kann noch will , man auch nicht mehr sage;
d^rum erwähnte ich diese Anmerkung des Hm. D. unter denen, deren
Ausdruck präciser und bestimmter zu wünschen sei. Diese meine
Bemerkung, erfahre ich jetzt, ist «mit einer gerechten Kritik
unvereinbar.*
■d Mrvnr (^Bialiefa nc Simmu
«•IfUtt. Oorgias kaso aicht
fr weib nidil, voria diese Lckre ihcfkai^ ifUffcw »ly &
vorans — imw rvff fif Mmg — dlMft JeAer «cteB ««bT MthA
dareh Zafall vkte« wat recht «^ nOlMk mL Bit Stfllcax
¥0D ^9 lach %i%§ itt daher hcacrkeatwertk.* Ich
dagegoi (S. 8tS) crilart, da« air die
fOB M riihadhaft sei, veü ucht la ichca ta. väc^ aaderc
maa mr fitj hatte ervartea hftBaea. «ad aar dvch Ihveichaaf
fOD der itt ervarteadea Slfflaag virde äe dsch fecBciieMcA w>
den; aad ich hahe die ii _
dieser Bemerkoag, tan^Bifa mü dcadvch 4tm Tcxi aarhi v<
lasstea AoAdracke «darch ZaCül.* Miachfa Srhan Tiigh la hii
TvXf sl* I^ti¥ TOB Tvjf assehea la wsflca, 4u
ihrea Zweck, das Nachdcakca des gchüeii aid di
lenkea» TerfehleB wöide. Wcbb Br. D. diese Bemt^
woUle» so durfte ich erwartca, er verde anhaiiwa . wm m äa Shci-
]aBg TOB fitj heaierkeaswerlh sri. Stall dfaiea iiir§ihl Br. B. iräar
aosdnicUiche Pkage ähcr die Stcflaac^ vaa n> n^ht dMac StcCe des
Kategorie deijeaigeD aa^aadewa er 1
*aas gewisaea Greadea' aichl tc
vabelaDgcnes Crtiieil verde fiadca, da«
D.'s Erklaroagy «soodera eiae dareh sahfccÜTc
Deatelei* trefe. Ich stclie eiafach dea ~
(Jrtheile der Leser aahri«.
ZaStTAe^d^r Sw fw ^mwpmmtmp aaray gsiifr laawr, s{ «f
{yarrsc ^I^P*^ avra« p§lxim sid alf#i£aiafa ppfrfir. 9W9 de i^m^
«rl. sehreihi Hr. D. im CoaiBealar: ^ml^Hnt^m, der CaaparaliT. vcid
die erkaaate Wahrheil dareh aeae ErkraalBJasi Hsd Ciiaii aach
mehr geslotil oad TettieA vetdea kaaa.* Ich hahe digegra cns*
nert: «flicht am die vettere oad liefere Be^iadaag der tob fadniet
bevieseaea Sitae haadelt es sich ja, sondrra diraai djBi »aa Lct
Muhe des Porschens nicht andere Salie fiadra koBB>, dM sich
besser aad hegräadeter erviesea hattca, ab die de« Soinln.*
diese meiae Enigegniaig soll ich de« Hra. TL Gedaakea
die er gar aidit hatte.* Ilaa volle artheilea, oh ia
irgend eine Willkfir lu finden «iL Wer dea CifsrMiT alftrfaMfa
dadurch erküit, dass die bereits erkaaale Wahrheit dtfth
n e a e Erkenntnisse nnd Grande noch mehr gesiof tt verde, der hiadrU.
unleugbar Ton einer Steigerung der WahrhetI desselben Ccgf^aa-
des; derselbe Qegeostaad soll, vie etwa mitmw mmUsmp, mmtmw
luitoPf so flrvfov alif^leT^ov Verden. Anden lassen sich die Werte
des Hm. D. durch kern Mittel der Eiegese deatcn. Daei diese Bcatfr-
^u^K S^^ <^ Sinn der Stelle ist, habe ich erianert, aad »ass es
trotz der Belehrung durch den Hm. Vt vinlerh^en. Es haadelt sich
nicht um Gradunterschiede der Wahrheit desselben, leadcm Ter-
scbiedener Gedankenobjecte. Auf diesen Paoct, aaf dea alleia sich
meine Entgegnung bezog, übrigens noch durch Herrorhcbea der eal-
scheidenden Worte im I>rucke Ycrdentlichl, geht Hr. D. gar nicht ein,
und dies in einer Beplik , an deren Anlange er ssir (al«ches Laler^ehie-
b«n von Gedanken vorvirfl und am Ende die Anerkeaaaag der Bichtig-
keit seiner Anmerkung aus meinen Worten Mgerl.
Zu 507 C, wo Piaton Ton ea n^attH9 in der Bedeatong * recht
handeln' zu ti n^attHP in der Bedeutung 'sieh vohl befinden, frtuck-
lich sein' übergehl, bemerkt Hr. D. ganz richtig «ev x§ ssd mmltH
MqaxxHP wird in zwiefacher, in traositiTer and intran«itiTer Bedeutung
gebraucht und dient so zum Obergange zu dem Synonymon * glücklich
sein .* Sodann aber fahrt Hr. D. fort: «Darin liegt aber keine Erschlei-
cbnng; denn dieses Sein muss mit jenem Handeln zusammenfallen,
weil auch dieses auf einem Sein, dem Wissen beruht. So er-
leichtert die Sprache nur die ErgSntung des Beweises.* Ich habe hierzu
den Wunsch ausgesprochen, dass Br. D. «diesen Beweis der Identität
auf einen bestimmten Modus einer bestimmten Schlussfigur zurückführe*
und überdies zeige, dass «diese Beweisführung in Piatons Sinne ge-
lehrt sei.* Es lässt sich wol kaum deutlicher sagen, dass ich den eben
in Rede stehenden, in der wörtlich angeführten Anmerkung angedeute-
ten Beweis meine, dessen Angelpunct in «diesem Sein* und «einem Sein*
idi noch besonders markiert hatte. Hr. D. erfüllt auf das Bereitwilligste
meinen Wunsch, indem er schreibt :
«Tugend ist ein Wissen.
Wer tugendhaft handelt muss wissen.
Wissen ist Glückseligkeit
Wer also tugendhaft handelt muss glückselig sein.*
Die Frage, ob die dritte PrSmisse mit dem Inhalte des Platonischen
Philebus in unbedingtem Einklänge steht, lasse ich unberührt; alles
sei Platonisch , alles richtig geschlossen. Was hat denn die hier gege-
bene Ausführung mit der in der Anmerkung enthaltenen räthselhaften
Andeutung gemein, als den Begriff Wissen ? Den in der Anmerkung ge-
gebenen Beweis habe ich erklSrt nicht zu yerstehen, für den dort gege-
benen Beweis habe ich um die logische Analyse gebeten, und erhalle
als solche einen andern Beweis. Hr. D. legt dann wenigstens
seine eignen Worte so aus , wie es selbst die äufserste Willkür einer
«durch subjective Deutelei hineingelegten Meinung* nimmermehr wagen
würde.
Die geneigten Leser, die mir etwa bis hieher willig gelplgt sind,
werden begreifen, dass ich wenig geneigt bin, gegen Einwendungen
dieser Art meine Bemerkungen zu einzelnen Stellen noch weiter zu
rechtfertigen; sie werden mir auch vielleicht Qlauben schenken, wenn
ich versichere, zur Rechtfertigung der anderen gegen die von Hm. D.
miigetheilten Qegengründe bereit zu sein. Ein weiteres Schreiben wäre
f&r jetzt unnützer Zeitaufwand; Hm. D. darf ich jetzt nicht hoffen, zu
überzeugen, und was zur Wahrung in der Sache beispielsweise mir
erforderlich schien, habe ich in der Anzeige bereits gesagt. Und dennoch
berafo ich mich schlierslich auf Hrn. Deuschle's eignes Zeugniss in der
Sache. Seine Ausgabe des Gorgias wird über kurz oder lang eine zweite
Auflage erfahren. Warten wir ab, an welchen der von mir besprochenen
Stellen (unter denen ich noch ausdrücklich die nicht mir allein unbe-
greifliche Lehre von der «idealen Zeit* erwShne) Hr. D. sich zu einer
Ändemng bestimmt finden wird. Für diejenigen, an denen dies nicht
geschieht, bin ich dann bereit die Discussion von neuem aufzunehmen.
Wien im Januar 1860. H. B o n i t z.
Erste A b t h e i 1 11 n g.
Aliliandluiif|;cn.
Ober das VII. und VIII. Buch der II las.
Die beiden genannten Bücher der Ilias enthalten die Ereig««
nisse von vier Tagen, des 22ten, der mit B beginnt, bis zum
25ten^ der mit K endet. Wir führen dieselben hier in gedrängter
Obersicht an. Zweiundzwanzigster Tag (spät nach-
mittags): Rektor und Paris kommen aus der Stadt zurück und
beide, sammt Glaukos, erlegen drei unbedeutende Achaier (Hl 6);
dadurch bewogen kommt Athene vom Olymp herab, um den
Achaiem beizustehen, was Apollo dadurch verbindert, dass er
sie bestimmt, den allgemeinen Kampf einstellen zu lassen und den
Rektor zu bewegen, einen der Achaier zum Einzelkampfe her-
auszufordern (42). Dies thut Hektor, von seinem Bruder Helenos
von dem Götterbeschluss benachrichtigt (91), aber keiner der
Achaier stellt sich demselben, so dass sich endlich Menelaos ent-
schlielst, den Zweikampf anzunehmen, was ihm jedoch der für
seinen Bruder besorgte Agamemnon ausredet (122). Auf Nestor^s
tadelnde Rede, wobei derselbe wieder eine der Heldenthaten seiner
Jugend erzählt (160), melden sich neun Helden, das Los ent-«
scheidet für Aias, der sich wapnet und dem Hektor entgegen-
tritt (245): nach kurzem Zwiegespräch beginnt der Zweikampf,
der für Hektor ungünstig auszufallen droht, wenn nicht die Nacht
und die Herolde die streitenden getrennt hätten (312). Die
Achaierfursten finden sich zum Nachtmahl bei Agamemnon zu-
sammen, wobei Nestor den Rath erlheilt, einen kurzen WaiTen-
stillstand mit den Troern zu schliefsen, um die Todten zu ver-
brennen und das Lager zu befestigen (343). Zu gleicher Zeit
versammeln sich die Häupter der Troer bei Priamos auf der
Burg; der Rath des Antenor, Helena sammt den Schätzen zurück-
zugeben, wird verworfen (380). Dreiundzwanzigster Tag:
Sendung des Idaios in das achaiische Lager wegen der Ver-
brennung der Todten (413), darauf die Bestattung derselben
Z«ittehrift f. a. dtt«rr. Ojnnat. 1860. III- Haft. 12
154 Übt! ilas VII. u. VIII. Buch der IlLis, v. / La Roche.
beidcr.scils (432). V i crundzw anzig s ler Tag: Mit Anbruch
der Morgendämmerung wird der Grabhügel aufgeschüllel (441),
der Bau der Mauer ist mit Einbruch der Nacht vollendet (4()o,
inzwischen das Ge.^präch des Zeus mit Poseidon 443 — 464).
Von Lemnos kommen Schiffe mit Wein, wovon die Achaier kau-
fen (475) und darauf das Nachtmahl zu sich nehmen. Zeus don-
nert dazwischen, und erschrocken begeben sich die Achaier zur
Ruhe (482). Fünfundzwanzigster Tag: Göllerversamm-
lung, Zeus verbietet den Göttern am Kampfe Iheilzunehmen (ß
1 — 40) und fährt dann auf den Ida (62). Die Achaier nehmen
das Frühmahl und rüsten sich zur Schlacht (59). Nachdem der
Kampf bis zum Mittag gleich war, entscheidet Zeus durch
die Wage zu Ungunsten der Achaier und schreckt sie durch
Blitz (77), so dass sie alle den Schiffen zueilen. Auf dieser
Flucht gerälh Nestor in Gefahr von Hektor getödtel zu werden,
wird aber von Diomedes gerettet, der diesem entgegentritt und
— die Troier beinahe aliein nach Ilium zurückgeschlagen hätte
(131), 80 dass Zeus sich veranlasst sieht, gegen den achaiischen
Ritler ohne Furcht seine Blitze in Anwendung zu bringen (133,
170). Die durch Hektor aufgemunterten Troer (197) drängen,
nachdem Here den Poseidon vergeblich aufgefordert den Achaiern
beizustehen (212), diese hinter die Verschanzung, und es fehlte
nicht viel, so hätte Hektor die Schiffe angezündet (217). In
dieser Noih ermahnt Agamemnon die Achaier und fleht zum
Zeus (244), der den AcTiaiern wieder günstig wird und ihnen
ein glückverheifsendes Zeichen sendet (250), worauf diese, neun
Helden an der Spitze, die Troer zurückwerfen. Vor allen zeich-
nen sich dabei aus Diomedes (260) und Teukros, der acht Troer
nach einander mit seinen Pfeilen erlegt und deshalb vom Ober-
feldherrn belobt und ermuntert wird (299) ; zulelzt aber wird
er von Hektor, auf den er zweimal vergeblich den Pfeil abge-
schossen, mit einem Steinwurfe kampfunfähig gemacht (384), und
die Troer, denen Zeus mittlerweile wieder seine Gunst zuge-
wendet hat, drängen wieder, voran Hektor, die Achaier zurück
(849). Da rüsten sich dem Verbot des Zeus zum Trotz Hero
und Athene zum Kampfe gegen die Troer und schon haben sie
sich zur Fahrt auf das Schlachtfeld angeschickt (396), da sendet
Zeus zu ihnen die Iris und schreckt sie dergeislalt durch die
schwersten Drohungen (432), dass den Göttinnen aller Mulh ver-
geht und sie zum Olymp zurückkehren. Ihnen folgt Zeus und
kündet ihnen an, dass es den Achaiern noch weit Schimmer
ergehen werde (483). Sonnenunlergang; die Troer versammeln
sich auf der Ebene vor der Stadt und als die Herren des
Schlachtfeldes nehmen sie im Freien ihr Nachtmahl und nehmen
daselbst ihr Nachtlager (565).
Ober das VU. u. YIIL Buch der IHas, v. 7. La Rock0, tlß
fis lassen sich unter den Begebenheiten^ welche in den
beiden Bächern eiilhalten ßtnd, folgende zwei gröbere zusam-
mengehörige Erzählungen erkennen:
1. Heklors Zweikampf mit Aias fl 1 (?) — 312;
a. die Ereignisse des 25ten Tages 0 1 — 488,
während H 819 — 482 und 0 489 — 565 mit dem vorhergehen-
den nicht y wenigstens nicht wesentlich zusammenhängen, wie
sich bei der Betrachtung des einzelnen auch ungesucht ergibt.
Lachmann (Betrachtungen, S. 22> nimmt yon Zl — //S12
das 6te, von 9 258 — 484 das 7te, von 0 485 bis zum Ende
von / das 8te Lied an, während er in ^818 — 9 252 eine
ungeschickte Erzählung erkennt, die mit dem vorhergehenden
(H 821, 822 und 851 etwa ausgenommen) in ktinem Zusammen-
hange .steht, indem sieh die Ereignisse bei nicht einmal sicherer
T»gesrechnung drängen, und die, wie wir hinzufügen können,
von ättfserst geringem poetischem Werthe ist. Zu einem theil-
weise ähnlichen Resultat , jedoch auf ganz verschiedenem Wege,
i;elangte Hoffmann in seinen Qucestiones Homericae; dieser er-
klärt für die älteste Partie 0 1 — 488 mit Ausnahme einer Interpo-
lation in dem Abschnitte 881 — 896; einer späteren Zeit gehört'
Hl — 812 und einer noch späteren fr312— 482^, ^489—565
an, wozu dann noch einige interpolierte Verse kommen, wie
H849y S6i^, 0 6 und natürlich auch H 68. G. Hermann
(Opuscula V, pg. 68) findet 0 i — 51 an unpassender SteHe. Augv
Jacob (über die Entstehung der Ilias und ^Odyssee) hält die
Wage des Zeus (ß 69) für eine Einführung der späteren Zeit
des Heldengesanges und hebt aufserdemr noch hervor^ dass im
8ten Buche Diomedes besonders geehrt wird, während Odysseus
schimpflich flieht, und während Odysseus in den vier ersten Ge-
sängen eine hervorragende, Diomedes aber eine untergeordnete
Rolle spielt, sie in den vier folgenden ihre Rollen wechseln '>
•) Man vergreiche besonders if 138, 145 und T 141— 233, wo jedes-
mal nur Agamemnon, Odysseus, Aias und Idomeneus als die her-
vorragendsten Danaerhelüen genannt werden. Bei der Musterung
des Heeres werden wiederun», aufser Nestor, der besonders in den
beiden ersten Büchern hervortritt, nur Idomeneus und die Aias
ehrenvoll erwähnt, auf^erdem Odysseus bei all dem Tadel, den
er verdient, dennoch gelobt, Diomedes dagegen hart mitgenommen.
In dem gleich darauf beginnenden Kampfe zeichnen sich beson-
ders Antilochos , Aias , Odysseus , vor dem sogar Hektor zurück«
weicht {J 505) und Tboas aus, erst mit E tritt Diomedes beden«-
tungsvoir in den Vordergrund und verrichtet Thaten, wie sie her
Homer nicht ehima) dem AchiHeus zugeschrieben werden, und
setzt die Troer in bei weitem gröfseren Schrecken als vordem der
Sohn der Tbetis (£ 98 ff.). Gleichzeitig tritt Odysseus, nur noch
einmal (£ 669) ehrenvoll genannt und sonst nur beiläuGg erwähnt
(E 519, Z 30. H 168), in den Hintergrund, er muss sich von
Diomedes den Vorwurf der Feigheit (S 92) gefallen lassen und
wird unter den neun hervorragenden Helden der Achaier gar nicht
12*
M Ober das VU. u. VIII. Buch der llias, v. A La Rocke.
Der Zweck dieser Arbeit ist, aus der genauen Betrachlung der
Einzelnheiten zu einem möglichst sicheren Resultat über die Zu-
sammensetzung der beiden vorliegenden Bücher zu gelangen.
H 1 — 812.
Im allgemeinen passt hier alles vorlreflPlich und ist zugleich
von hohem poetischem Werth: die Handlung ist in stetem Fort-
gange und contrastiert insofern aufserordentlich mit dem folgen-
den, worin die einzelnen dürr erzählten Begebenheiten sich gegen-
seitig drängen, die Schilderung des Zweikampfes gehört zu den
anziehendsten der ganzen llias, so dass man von diesem Stand-
puncte Lachmann nur beistimmen kann, wenn er Hl— 312 und
Z dem nämlichen Dichter zuschreibt. Doch findet sich auch
hier, wie überall, manches Anstofs erregende, so gleich die Verse
9 und 10 :
"Aqvtj vttietdovxa Msviü&iov, oV TiOQVviqtrjg
ys£vat *AQi^£&oog xccl <^Xo(ii9ovütt ßcovcg.
Dabei sind auch schon den alten Grammatikern Bedenken auf-
gestofsen. Menesthios, den hier Paris erlegt, war der Sohn des
Keulenschwingers Areithoos, der von Boeotien nach Arkadien zog
und dort grofse Beute machte (Schol. A), aber von Lykurgos,
nachdem er ihn aus einem Hinterhalte überfallen, getödtet und
seiner Waffen beraubt ward (ff 136 ff.)- Nachdem Lykurgos alt
geworden, gab er diese seinem Waffengenossen Ereuthalion, ßeeen
welchen Nestor, als er noch sehr jung war (veoitatog anav^
rav 153), kämpfte und ihn tödtete. Da nun Nestor schon in
sehr hohem Alter stand, so hätte Menesthios gar nicht mehr
leben können, oder hätte viel älter sein müssen als Nestor, der
doch überall in der llias als der älteste erscheint und von den
Achaiem vor Ilion ausschliefslich durch d yiq€ov bezeichnet
wird. Die Schoben geben zwei Wege zur Hebung dieses Wider-
spruchs an, Menesthios wäre demzufolge beim Tode seines Va-
ters noch ein kleines Kind gewesen, und Areithoos sei von dem
schon bejahrten Lykurgos getödtet worden, der bald darauf dessen
Waffen dem Ereuthalion übergeben habe; diesen habe dann Nestor
kurze Zeit nachher getödtet. Auf diese Weise hätte Nestor frei-
lich um weniges älter sein können als Menesthios; ich zweifle
aber, ob der gelehrte Scholiast unter den heutigen Homerikern
auch nur einen einzigen Anhänger seiner Meinung zählt. Das
hätte wenigstens der Dichter nicht unerwähnt gelassen, dass
Menesthios schon so hochbetagt war. Heyne nimmt an, Menesthios
sei der Enkel des Keulenschwingers Areithoos und der Sohn des
seinem Vater gleichnamigen Areithoos gewesen; doch abgesehen
einmal erwähnt. Das können nicht Lieder desselben Dichters sein,
in denen die gleichen Persönlichkeiten so verschieden aufgefasst
sind. Das lOte Buch, worin beide Helden vereint auftreten, kann
dagegen schwerlich als Beweis gellen.
über das VU. u. VlIL Buch der llias, v. J, La Bocke. 157
davon^ dass es zu keiner Zeit griechische Sitte gewesen ist, da^
der Sohn wie der Vater hiefs, lässt sich ov nur auf Henesthios
und nicht auf Areithoos beziehen. Aristarch hilft sich hier mit
der Annahme einer Homonymie, wie es deren ja viele in der
Dias gibt, welche schon die alten Erklärer meistens aufgedeckt
haben (vgl. Schol. zu ^184,517,856; ri44; -^228; £39,
76,148,676,705; ff 9, 138; ÖJ14; Jl70; J:2e6; >i302,
422,620; ilf 189, 198, 394; iV 643, 658; 0 515,525,532;
iI197, 811; P78,218, 806; 3^612; Ä251), aber die Homo-
nymie ist nirgends derart, dass auch die Eigenthümlichkeiten
der beiden Personen die gleichen sind, da hier wie dort {H 138)
Areithoos den Beinamen xoQvvijtrjg hat. Verdacht erregt auch
das Epitheton der Phylomedusa ^^ßoämg^^: dies ist stehendes
Beiwort der llere wie yXavxmxig das der Athene und findet
sich, wie schon Aristarch bemerkt, als Beiwort einer Slerb-
h'chen auCser hier nur in dem unechten Verse F 1 44. Verwerfen
lassen sich die beiden Verse auch nicht, da es der epischen Ge-
nauigkeit widerstreitet, irgend eine Persönlichkeit, wenn sie nicht
sehr bekannt ist (wie z. B. Tvdiog^ "AtqBog vt6g\ nicht nament-
lich, sondern nur als Sohn seines Vaters anzuführen, für gewiss
aber halte ich es, dass die Worte ov xoQvvijtrig bis ßoämg
interpoliert sind, was aber durch ov xoQvvTjtrig xxX. verdrängt
ist, lasst sich nicht ermitteln. Unsrer Stelle wird auch nicht
geholfen, wenn man in der Rede des Nestor die den Areithooa
betreffenden Verse, etwa 136— 167 oder 138— 14J und 143—145
ausscheidet, die zweifellos echt sind, wenn man auch sonst dem
redseh'gen Nestor manches untergeschoben hat.
Mit Recht muss es auffallen, dass Athene (17) den Achaiern
zu Hilfe eilen zu müssen glaubt, nachdem Hektor, Paris und
Glaukos drei sonst unbekannte Achaier getödtet haben, wodurch
die Schlacht gewiss keine ungünstige Wendung für diese nehmen
konnte. Weit minder auffallend wäre ihr Erscheinen, wenn die
Verse 8 — 16 gar nicht da wären. Von ihrem Weggehen ist
nichts gesagt und bei dem Zweikampfe hilft sie nicht mit (frei-
lich scheint Aias nicht ihr Liebling zu sein), obgleich sie sich
mit Apollo ia Gestalt eines Raubvogels (die Vogelgestalt der
Athene kehrt dreimal in der Odyssee wieder) auf die Eiche des
Zeus setzt, gewiss in der Absicht dem Zweikampf beizuwohnen.
Apollo, der sich in Troja aufhält, kann den Hektor retten, so-
wie später noch mehrmals und vordem den Aineias, ohne be-
sonders aufgeführt zu werden, Athene aber muss sich, um per-
sönlich einzugreifen, jedesmal erst vom Olymp auf das Schlacht-
feld begeben ; dass sie dies jetzt thut , ist , nebenbei gesagt, an
diesem Tage das viertemal, nämlich 5 167, -^74, iE 733 ff., von
-^74 bis E 133 scheint sie auf dem Schlachtfelde geblieben zu
»ein, aber £418 ist sie wieder auf dem Olymp. Dass die Götter
den Kampf der Achaier und Troer für diesen Tag beenden
158 Über das VII. u. VIII. Buch der llias, v. / Im Roche,
wollen (29), war keineswegs nölhig, da es schon sehr spat an dem
Tage sein musste, der mit jB beginnt; auch der Vers 26 erregt
Anstofs, da Athene den Achaiern, die den ganzen Tag über im
Vorlheil waren , nicht erst kurz vor Abend ixBQaXycia vCH-qv
zu verleihen brauchte, der dadurch sich doch unmöglich auf die
Seite der Troer neigen konnte, dass der alte Menesthios sammt
zwei anderen unbedeutenden Achaiern gefallen war. Im Uten
Buche müssen erst Agamemnon^ Piomedes, Odysseus, Eurypylos
und Machaon verwundet und Aias dusch Zeus in Schrecken ge-
setzt Wjerden, ehe der Kampf zu Gfunsten der Troer ausfällt.
V. 53 wird von den alten Kritikern verworfen, die o%
axovöa wörtlich verstanden und diesen Vers zunächst. auf den
vorhergehenden bezogen; denn das hatten die Götter allerdings
nicht gesagt, dass Qektor beim Zweikampfe nicht fallen würde,
dies ist vielmehr eigne Zuthat des Helenos, auch stellt Hektor
nachher selbst (77 ff.) nach Heyne's richtiger Bemerkung die
Bedingung, dass wenn er falle, die Waffen dem Sieger und sein
Leichnam den Troern gehören sollte, so dass man eher annehmen
könnte, der Vers 52 sei obelisiert worden. Wenn aber das Götter-?-
^espräch mit dem Zweikampfe des Hektor und Aias in keiner
Verbindung steht, so muss V. 53 fallen, sowie auch die Verse
58 — 62 nicht zu diesem ursprünglichen Liede gehört zu haben
scheinen, so dass nach V. 7 ungeföhr ein Vers wie ivd'^ ^EXevog
IlQiafLOv Ttdvg '^ExtoQa slns jtuQaöxdg^ darauf V. 47 un|l die
folgenden mit Ausschluss von 68 — 62 folgten.
V. 68 wird von Hoffmann für unecht erklärt.
V. 108 ist das Digamma in i^og nicht berücksichtigt:
Bekker schreibt mit Beniley gegen dieAucloriIät der Mss. dagt-
XBqriv IIb xerp^r.
VV. 113, 114 widersprechen dem von Achilleus (J 352)
gesagten und der ganzen Auffassung des gröfslen Homerischen
Helden. Sie sind an diesp Stelle gekommen um überhaupt den
Achill wieder einmal zu erwähnen, vgl. Schol. B L dvajtokBt
dh navtaxov r6 Svofia *A%tXlimg vtcIq xov {iri Iij^-tj öo^-
vai, wogegen die Bemerkung Heyne's nicht Stich hält,
V. 162 ist das Digamma des Wortes «r«! vernachlässigt,
Bekker setzt nach Bentley's Cpnjeclur TCQcixiöxa für XQcixog ^bv,
Die Verse 195—199 werden von den allen Grammatikern,
darunter von Zenodot und Aristophanes (Schol. A zu 198) für
unecht erklärt, weil dieselben sie im Munde des Aias unpassend
fanden; von den neueren Kritikern nahm keiner Anstofs daran
und das mit Recht, da für Aias nichts entehrendes darin liegt,
wenn er die Achaier auffordert für seinen Sieg zu beten, zuerst
still, weil es die Troer sonst vielleicht ihm als Furcht aus-
legen könnten, dann aber schnell hinzufügt «oder auch offen, da
ich mich vor keinem furchte und keinem an Tapferkeit und
Kriegskennlnis nachstehe.*^
über das VII. u. VllL Buch der lUas, v. / Im Rocke. 159
Die Verse 229 und 230 sind ungeschickte luterpolationeii
und stehen jB 771 am rechten Platze: von den alten Erklärern
nahm keiner Anstols an diesen beiden Versen, sie boten ihnen
nur Veranlassung zu einer inoffCa mit höchst interessanter Lo«>
sung. Auch die neueren lassen sie unangefochten, es gilt jedoch
dasselbe von diesen wie von 118, 114.
VV. 256 und 267 wurden von einigen alten Grammatikern
verworfen, sie finden sich wi^tr hier noch E 782, 783. Sit
acheinen von denjenigen in Schutz genommen worden zu sein,
denen die Verbindung %m d* i7cöxa0öa(iipm .... JUgia^^dtis
fihv ixena fiiöov öaxog ovzaöe^ . . . jiiag d* äözCda vvl^Bv
anstölsig war (dergleichen findet sich jedoch häufig z. B. U 8,
806; 17 129; ft 73 ; 0 95; v230; o 483 auch >i833; i 462^
vgl. Apoll, de Constr. p. 35, 23 Bekk«). Düntzer (Zenod. 163)
ist der Ansicht, dass Zenodot die drei Veree 255 — 257 aüsge-
stofsen habe, da er durch den Ausdruck ixöxaööafiiva} ver»
leitet unter iyx^^ ^^^ Schwerter verstanden habe, welches dem
V. 273 (vgl. Schol. daselbst) widersprisht Ich möchte nicht
leicht dem Zenodot eine solche Übereilung zutrauen.
V. 277 ist das Digamma in slxs unberücksichtigt geblie*
ben: die Änderung öX'^xtQov (nicht oxrintga wie Bentley)
(f%i^B^ die nicht einmal so kühn ist wie die V. 108 und 162,
wurde von Bekker nicht in den Text aufgenommen.
V. 293 (vgl. Schol. A zu 282) wird von Aristarch ver-
worfen: der Grund, den der Herold zum Aufheben des Kampfes
gegeben hat, braucht nicht nochmals von Hektor wiederholt zu
werden. Ebenso unpassend ist der Vers 295, den Heyne in
Schutz nimmt, nicht minder 298 , man vergleiche nur damit
£ 376, aus dem die Redensart %elov ävöovtai ayäva herge-
nommen ist: dies iäs^t sich von einem sagen, der sich in die
Versammlung der Götter, nicht aber in den Tempel begibt, in
dem sich doch jedenfalls nur ein einziges Götterbild befand *).
Der Vers 294 steht aufser aller Verbindung, wenn er nicht
unmittelbar auf 290 folgt: kurz die Verse 293 — 298 sind
interpoliert.
Hit 312 schliefst das Lied vom Zweikampf des Hektor und
Aias, was darauf folgt steht mit dem früheren auiser allem Zu»
sammenhange mit Ausnahme des Verses 821, in dem Aias noch-«
mals mit Ehren erwähnt wird.
H 313 — 482.
Die Verse 313 — 825 scheinen zur Verbindung des vorher-
gehenden mit dem folgenden hinzugedichtet zu sein , namentlich
*) Man vergleiche E 445 CT., wo Aineias, von Apollo in seinen
Tempel gebracht, dort von dessen Mutler und Schwester Leto i"»**
Artemis gepflegt wird.
1«0 über das Vil. u. VUL Buch der Iüas» v. /. La Roel^4
bezeugen dies 321 und 825: in Betreff dieses Verses verweisen
die Schollen auf die Rede Nestors ^ 387— 368 (namenilich 863)^
vgl auch 870. Die Verse 314 — 327 kehren sämmtlich in an-
deren Theilen der llias oder Odyssee wiedor, so 314, 815 = J3
402 f. 316 «:r 421. 317— 320 =^ 46Ö ff. Ä 428 ff. g 340 f.
r 422 ff. 321 =S 437. 322 » ^ 102. 328— 825 = J 92 ff.
«9 52 f. 826 s A 253, B 283. 827 =» A 17.
Im Verse 330 ist der Ausdruck af/xa iiSxidaöe^ in 332
HvxX7J60[i€v vfxQovg ßovöi auffallend. 334 und 885 wurden
schon von Aristarch, als der Sitte des Homerischen Zeitalters
widersprechend, ausgestoisen, vgl auch Schol. A zu £ 322. Der
Rath eine Hauer zu bauen und der Hauerbau selbst 436 ff. ist
hier gewiss am unrechten Ort, wenn ihn auch einige dadurch
zu erklären suchten, als sei er früher nicht nothwendig gewesen,
80 lange Achilleus noch nicht zürnte, da sich Rektor nie (vgl.
7 352; £789; 0 722) bis gegen die Schiffe wagte, auch wenn
sich Achill (J 348 f.) ausdrücklich darauf bezieht , dass die
Mauer seit dem zwischen ihm und Agamemnon entstandenen
Zwist gebaut wurde. Auffallend ist auch die gro£se Schnellig-»
keit, mit der das jedenfalls bedeutende Zeit in Anspruch neh-
mende Werk zu Stande kam. Da später Hauer und Graben
wiederholt erwähnt werden, so ist nichts leichter, als anzuneh-f
men, dass die Achaier diese in einem der vorhergehenden neun
Jahre, und zwar sicher zu Anfang des Krieges zum Schutz der
Schiffe erbaut haben ^ was um so nöthiger war, als der Sage
nach Achilleus und Aias und gewiss auch andere oft lange Zeit
mit ihren Schiffen auf Beutezügen abwesend waren (vgl. 1325 ff.
664,668,129,271; ^625; T296; 7^106; Z4I5; jB 228).
Über den Hauerbau vergleiche man Heyne Exe. I zu L. VII,
Fäsi zu J7 334.
Der Ausdruck iniß(fiöjj noXsfiog V. 343 weicht von dem
sonst im Homer üblichen Gebrauche dieses Verbums ab, man
vergleiche besonders 3f 286, 414.
Die Verse 344 --^432 scheinen ursprünglich gesondert für
sich bestanden zu haben, ebenso vielleicht die Verse nach 433,
und dies ist um so wahrscheinlicher, als, wenn man von diesem
Gesichtspuncte aus die Rede des Nestor (327 — 343) betrachtet,
man deutlich das Bestreben in ihr erkennt, eine Verbindung
zwischen diesen einzelnen Bruchstücken gröfserer oder kleinerer
Lieder des troischen Sagenkreises zu bewerkstelligen: 327 — 335
beziehen sich auf 344 — 432, 336 — 343 auf die Verse nach 433.
V. 345 ist das Digamma bei "lUog^ 349 bei stna ver-
nachlässigt, ogxuc TCiöta ifsvödiuvov (351) ist ein bei Homer
sonst nicht gibrauchlicher, überhaupt auffallender Ausdruck.
V. 353 wird von Aristarch mit Recht verworfen.
Der blofse Accusativ i^fidrefov d(S) nach Sysi^v findet
sich im Homer nicht mehr (390 steht Tfoiijvös, statt dessen
Ober das VU. v. VUL Buch der Uiav, ▼. i. U Hacke. l«i
jedoch auch Tipo^qy stehen könnte, wie umgekehrt ^ftitsQovds^
TgL 27 385, 424; d 89; /197, an welchen Stellen beide Les-
arten nebeneinander vorkommen und W Sß ^yayev vfiiteQovds)^
doch iat es eine alte Constructioneweise (ygl. Z 88 ; O 706\
die auch von spateren nachgeahmt wurde, siehe ApolL Rhod.
n, 289.
In den Versen 864 und 391 ist das Digamma unberück-
sichtigt gelassen: es lässt sich allerdings herstellen, wenn man
It streicht, Ober die Zulässigkeit eines solchen Verfahrens aber
lie&e sich viel streiten. Ebenso kann man im V. 875 bei slTci--
fiwui das Digamma retten, wenn man %6if in x6 ändert, wie
Hoffmann und Bekker gethan.
Die Verse ZQS und 869 (letzterer wurde bekanntlich öfters
eingeschoben, wie auch in der Odyssee der bekannte SioyBvlq
JoBfttddiij noXviirixav *08v66€V x 456; A 60,92,473, vgl
auch X 189, 430, 482; 9 276) fehlten schon in den meisten alten
Ausgaben nach SchoK A iv aXXp (welches sich doch jedenfalls
nur auf eine oder einige Ausgehen bezieht , vgl. meine Ab-
handlung über Didymus, Triest 1859, S. 5) xal ovroi oC
arfxo^ xetvxM ^xixXvti [isv . • « • xsXsvei^^^ gerade so wie
SchoL A zu 379 iv aXXp xal ovtog 6 CtCxog ^^doQXov ixsid^*
bUovxo xata cxQotov iv tsXis66tv.^^ Sie stehen auch nicht
im Venetus, auffallend ist es aber, dass keiner der mir be-
kannten Herausgeber die beiden erstgenannten Verse eingeklam-
mert hat«
V. 407 steht vxoxQtvofiat in der Bedeutung ^«antworten^'
(dazu Aristonicus <<or^ XQobsöig ivijXXaxtai avxl tov äxo^
xQivovtcu): es findet sich so noch /! 111, sonst hat es die Be-
deutung «(auslegen, deuten'^ r 535, 555; o 170 und ilf228,
welche Stelle jedoch ebenfalls bedenklich ist.
Bei den Versen 421, 422 (= t 433 f.) wird die Tages-
rechnung unsicher: einige nehmen hier den Beginn des folgenden
Tages an, andere fassen die Worte von dem weiter vorgerück-
ten Tage. A 784 holen die Troer neun Tage lang Holz zur
Bestattung des Hektor, da der Wald sehr weit von der Stadt
entfernt ist (A 662), ? 110 ff. brauchen die Achaier nur einen
Tag, um das Holz vom Ida zu holen und die Leiche des Pa-
troklos zu verbrennen. Die Schilderung der Todtenbestattung
ist auiserst trocken und dürftig.
Die Verse 443 — 464 werden schon von den alten Kriti-
kern verworfen, vgl. Schol. A, AV (nach diesem von Zenodot,
Aristophanes und Arislarch), ferner Schol. A zu Ml 7 und das
weiter unten zu 9 198 bemerkte; doch gehört auch V. 242 mit
zur Diaskeuase. Zu der zweisilbigen Form des Dativs rJQm (453)
hat schon Aristarch seine Diple gesetzt : sie findet sich nur noch
einmal in der Odyssee ^ASS. Zu vergleichen ist auch Schol« A
zu 0 446 1} ii^xi'^ XQog tr^v iv totg ixavio (if452) a^i-
16t Über das VII. u. VIII. Buch der llias, v. 7. La Roche,
tfiCiv ^ ort Siatptovat tavra iv olg ipti^i ^j6 r' iyti xal
0otßos 'j^TCoXXmv ^QO) Aaofisdovzi.
Im Vers 467 ist das Digamma in olvov vernachlässig;!,
3enlley schrieb deshalb na^iotav, AuiTällig ist hier der Um-
stand, dass nach dem Untergange der Sonne und dem Einnehmen
des Spälmahles, welches immer bis in die Nacht hineinreichle,
SchilTe aus Lesbos mit Wein kommen und die Achaier davon
zur Nachtzeit kaufen. Auch navvv%iog (476 und 478) ^<dic
ganze Nncht hindurch'^ ist hier unpassend, es findet sicli jedoch
^PlOo in ähnlicher Bedeutung, vgl. besonders Schol. AB zu /iC I,
AD zu iC2, A zu A A12. Mit der ganzen vorigen Stelle sieht
im Widerspruch, was Nestor Il\ sagt:
ein Beweis, dass das Lied von der Gesandtschaft an Achiileus
mit der vorliegenden Stelle in keiner Verbindung gestanden ha«
ben kann.
Der Vers 476 wurde wegen des Wortes dvdQanodeaöt
verworfen, ort vsGitSQLxfj ovofiaöCa xov avS^ditodov ^ vgl.
Lehrs bei Friedländer Aristonicus zu diesem Verse. Aus dem-
selben Grunde verwarfen auch einige ,S 142, vgl. Schot. V
nBQioooq o o%C%oq xal ^ li^ig (nämlich das Wort aitpk^fSeu)
e 1 — 488.
Den Anfang des 8ten Buches (VV. 2 — 52) reiht Zenodol
(Schol. S 1, ö3, Düntzer p. 154) dem 7ten an, jedoch mit Aus-
schluss von H 482, vgl. Schol. AB Zrjvodotog äh xal rovrov
xal xov ngmxov xrjg i^^g ^a'^tpdCag riQxe (Bekk. für eCQtjxe)
öxixov und lässt das 8te Buch mit V. I beginnen, worauf dann
gleich V, 53 folgt. G. Hermann findet auch die 52 ersten Verse
hier nicht am fechten Platze und möchte sie lieber nach N 4
setzen; denn allerdings ist es auflfallig, dass dem strenge ausge-
sprochenen Verbote zuwider Athene und Here den Achaiern zu Hilfe
auf das Schlachtfeld eilen wollen ^ nicht wie Athene sagt (36),
um denselben Rath zu ertheilen, sondern um am Kampfe Antheil
zu nehmen, vgl. 388 tBv%BCiv ig n6Xs(Wv d^ooQrjöiSsxo. Schon
früher sucht Here den Poseidon zu verleiten, den Achaiern bei-
zustehen und sagt hier im Gegensatz zu den Worten des Zeus,
der von sich behauptete allen Göltern gewachsen zu sein, dass
wenn alla den Achaiern gewogenen Gölter den Zeus hindern
wollten den Troern beizustehen, so würde dieser bald einsam
auf dem Ida sitzend sich grämen, mit anderen Worten nichts
gegen sie ausrichten können. Doch diese Verse gehören späterer
Diaskeuase an, stimmen aber eher zu A 399 ff., wo es heifst,
dass Here, Athene und Poseidon den Zeus fesseln wollten und
dieser nur durch den Beistand des Briareos davon bewahrt wurde.
Üher das VII. u. Vlll. Buch der Ilias , yi. J, La Rocke. 16S
ab die Rede des Zew zu Anfang des 8(en Baches. Ebenso fallt
es auf, dass Zeus, der doch entschlossen zu sein scheint die
Achaier zu verderben und, nachdem er die Niederlage derselben
durch seine Wage (69) entschieden hat, den Diomedes, der noch
allein den Troern wirksamen Widerstand leistet, durch seinen
Blitz zuräckschreckt, sich so bald wieder durch die Thranen
des Agamemnon (245) erweichen lasst und den Achaiern auf
einige Zeit wieder den Sieg verleiht.
V. 6, den Hoffmann för ganz spSte Interpolation hält, fehlt
in Venetus.
Den Vers 15 verwirft Bekker, er hat einen entschieden
Hesiodeischen Charakter, sowie auch der folgende, der sich in
der Theogonie 720 findet und den man an letzterer Stelle für
unecht erklart; vielleicht ist es umgekehrt; so stammt auch i$2 45
aus Hesiod Op. 316, vgL auch zu B 475,476.
Die beiden Verse 25 und 26 hat Z^odot verworfen und
gewiss mit Recht ^ wenn wir nicht annehmen wollen^ dass der
Dichter absichtlich Zeus mit unmöglichem prahlen lasse. Denn
die Worte lassen sich nicht anders deuten, als dass Zeus sich
anheischig mqcht, die Gölter sammt Erde und Meer vom Uranos
aus empor zu ziehen und dann (ßnsixd) den oberen Theil der
Kette um die Spitze des Olymp zu schlingen und festzubinden,
fio dass dann alles in der Schwebe hänge; der Dichter müsste
also im Widerstreit mit seiner sonstigen Ansicht sich den Olym-
pos von der Erde getrennt denken. Anders erklart die Stelle
Aristarch (vgl. Lehrs p. 171), er fasst nämlich die beiden Verse
als nachträgliche Erklärung, 'wie Zeus es anstellen wolle, um
Erde und Meer empor zu ziehen und erklärt innxa durch oxav
^iXi^^m ifvöai (wofür aber weder er selbst noch sonst jemand
bis jetzt einen Beleg beigebracht hat), d. h. wenn ich nämlich
euch (die Götter) sammt Land und Meer heraufziehen wollte, so
würde ich zuerst die Kette (am unteren Theil) um die Spitze
des Olymp binden und dann — würde alles in der Schwebe
hängen ; es müsste wol heiüsen ^^und dann würde ich ziehen*^ etc.
Auch dadurch lässt sich nicht helfen, dass man 25 und 26 vor
24 stellt, wir sind vielmehr genöthigt Zenodot beizustimmen (so
auch Heyne) und die beiden Verse für Diaskeuasten^-Hachwerk
zu halten, die noch näher erklären zu müf^scn glaubten ^ auf
welche Weise Zeus die Kette an die Erde befestigen würde^ um
sie heraufzuziehen, oder wirklich daran dachten^ dass Zeus die
mittels der Kette emporgezogene Erde an den Olymp aufhän*
gen werde.
Die Verse 28 — 40 hält heute jeder, der nicht zu den streng-
gläubigsten gehört, wie z. B. Dindorf und Fäsi, für interpoliert :
Heyne glaubt sogar sie seien von den Ordnern eingeschoben.
Auffallig ist schon das, dass von 28 — i)2 alle Verse mit Aus-
nahme von 48 und der ersten Hälfte von 51 Wiederholungen
I«4 Über das VII. u. VIU. Buch der lUas, v. 7. La Backe.
sind. So ist 28 » r 95 ; H 92, 898 ; i 29, 430, 693 ; ÜC 2 1 8,
813; 3*^676; ;r 393. 29=7431,694. 30 = if 94,399; /3I,
432,696.31 = ^45,81; 0 478.32—37 = 463—468. 34=3ö4.
38—40= -X 182— 184. 41—44 = iV23— 26. 45 = jS;366,
768; -X400; y 484, 494; o 192, 46 = -£769- 47—Ä283;
O 151. 49=^:368,775; iNr34- 50 = £776, cf. ig369; iV85.
51 =^405; £906; >4 81. 52=^82.
Die beiden schon von Aristarch verworfenen Verse 78 und
74 verrathen sich auf den ersten Blick als Interpolation, worin
das Bestreben den Ausdruck ^ijCBj der etwa unverständlich sein
könnte, durch weitere Ausführung näher zu erklären, zu deutlich
hervortritt.
Der Vers 89 hat, wie auch schon Aristarch bemerkte,
das auffällige, dass Hektor hier iqvioxog heifst, man vergleiche
damit 119 und 312.
Nach 131 finden sich in einigen allen Ausgaben (A/ r«yt
täv xalatäv) folgende zwei Verse: nTfilSeg vx ^Agyeiav,
iUnov di xsv "ExToga dtov xalx^ dijiOCDi/ra, iafiaOöB dd
luv z/tofiifdi}$,>> wiederum ein Beweis, wie sehr die Diaskeua-
sten alles in's Breite zu ziehen bemüht waren. Barnes, der die
Vermuthung aufstellte, dass hinter 131 ein Vers ausgefallen sei,
würde sich sicher sehr gefreut haben, wenn er von dem be-
ireffenden Scholion des Viclorianus Kenntnis gehabt hätte: übri-
gens ist die Lesart dtiiocßvta im zweiten Verse sinnlos, es ist
ijjmd'ivta zu schreiben.
Die Verse 164 — 166 wurden von Aristophanes und Ari-
starch als unpassend verworfen, «nicht blofs deshalb, weil sie
den Ausdruck SaC^ovu Sidovai xivi für unhomerisch hielten
(Zenodot schrieb ndifos zol notiiov ^9>if<Tc7); die ganze Stelle
ist unhomerisch.
Wahrhaft albern aber ist der Vers, den eine oder mehrere
Ausgaben vor Aristarch (der dazu seine Diple setzte) nach
V. 1 68 enthielten «^ fiifr« ötgirlfav fiijV ainCßvov fiaxdtfaöd'au^
Der Vers 188, der auch im Venetus und aulserdem noch
in sechs anderen Handschriften fehlt, ist wiederum müfsiger Zu-
satz eines Diaskcuasten : avzovg im Gegensatz zu v^ccg bedeutet
schon dieAchaier, vgl. ff 888, 437; ^408,417; ^47,66,68;
«521; A499; t40; Jir26;g265; p 434. Der interpolierte
Vers konnte aus 1243 an diese Stelle kommen.
Der Vers 185 wird allgemein verworfen (vgl. auch Fäsi),
weil aufser i/ 81 bei Homer kein Viergespann erwähnt wird,
siehe Lehrs Arist. p. 195 ff. und aufser den dort angeführten
Scholien noch K 473. Auch der V. 189 wird mit Recht von
Aristophanes und Aristarch verworfen, überhaupt aber enthält
die Ansprache des Hektor an seine Pferde so viel bedenklichcM,
dass schon Heyne (zu V. 185) sie für das Machwerk einer spä-
teren Zeit erklärte, vgl. auch Grashof ^.Fuhrwerk» S. 2, A. 1.
Uen 8old|
jr PanÄT
9 \ 'y
Ober das Yll. u. VIII. Buch der Man, V. J. La Motke. I«5
Wir hören hier zam erstenmal von einem Schild des Nestor,
dessen (des Schildes) Rohm bis zum Himmel gedrungen, und^
der ganz von Gold ist (armer Greis, dem die Diaskeuasten
schwere Last aufbürdeten), auch weiCs Heklor, dass der ~
des Diomedes ein Werk des Hephaistos ist (Schol. A ano yaf
riavxov ilaßevj nach Seh. AD zu 192 ist auch der Schild
des Nestor aus der göttlichen Schmiede hervorgegangen) und
hofft, im Besitze dieser beiden Waflfenslucke, die Achaier noch in
der nächsten Nacht zum Besteigen ihrer Schiffe zu nölhigen
(siehe auch Jacob S. 223). Weiter erfahren wir, dass Andro->
mache die Streitrosse ihres Gatten futtert, während son^t nur
Webstuhl urid Spindel (Z 490) und die Besorgung des Maus-
wesens Beschäftigungen des weiblichen Geschlechtes waren. Ich
hflle diese Verse für das Werk desselben Diaskeuasten, der auch
Z 433 — 439 hinzudichtete und dort die Andromache ihrem Ge-
mal einige strategische Winke in Betreff der Verlheidigung der
Stadt geben lässt: er wollte eben die Andromache dem Hektor
recht ebenbürtig an die Seite stellen.
Unecht sind auch die Verse 198 — 212, von denen einige
an anderer Stelle ganz gut passen mögen: auch Heyne verwirft
dieselben. ^AvxCov aviav mit einem Nomen proprium ^tebt
auber hier nur noch i2 330 und s 28, und zwar in der Bedeu-
tung «anreden ;^^ sonst steht es nur mit dem Demonstralivum
tav oder tifv in der Bedeutung «entgegnen, antworten.'^ Ober-
haupt aber ist das * ganze Gespräch unmotiviert. Ein äufseres
Kennzeichen der Interpolation ist der Vers 212: äg oC [ihv
touivta nQog dllijXovg dyogsvovj der überall vorkommt, wo
solche Unterredungen eingeflickt werden, so ff 464; 27 308;
0 514 (Nitzsch Sagenpoesie S. 128); '9*333; q ]66-^ 0)203;
auch £241 — 274 ist wahrscheinlich unecht, ebenso jC 853 — 431.
Sonst bildet dieser Vers den Übergang vom Gespräche zur Er-
zählung wie ^620; i}334; £409; o 498; «321; p 290; cd 882.
Die Verse 224 — 226 stehen in keiner Handschrift, nur Eu-
stathios führt sie an, sie sind aus dem Anfang des lllen Buches
hierhin gekommen, vgl. Heyne.
Zu V. 231 bemerkt Schol. A mfiztog 6 0xi%og: er ist
allerdings mcht unumgänglich nolhwendig, dies ist aber noch
kein Grund ihn für eingeschoben zu erklären. Doch ist, wie
schon Heyne bemerkt, das Asyndeton auffallend. Dass Aristarch
ihn ausstieis, lesen wir bei Athenaeus II, p. 39, vgl. Wolf Proleg.
p. 271, a. 56, welcher den V. 232 für noch jüngeren Zusatz halt.
Bei dem Vers 285, den auch Aristophanes und Aristarch
verwarfen, sehen wir wieder recht klar das Bestreben der Dias-*
keuasten nach gröfserer Deutlichkeit. Dass unter ivog Heklor
gemeint ist, versteht jeder, deshalb war es unnöthig '^ExroQog
hinzuzufügen; die folgenden Worte o^ Ta;i;a vilag ivmQijaet sind
eine ungeschickte Hinweisung auf das kommende, worüber mehr
IM Ober das Vli. u; VIII. Buch der Ilias, v. J. La Rock^.
bei G 475. Der fast ganz gleiche Vers O 507 ist dort ganz
an seinem Platze. Die Lesart ovdsvog (234) verdient übrigens
auch dann nicht den Vorzug, wenn der Vers 235 ausfällt.
V. 244 fehlt im Ambrosianus (Buttmann Schol. p. 591):
er ist streng genommen nicht mehr nöthig und könnte möglicher-
weise aus 0 376 hierhin gekommen sein; doch ist das Fehlen
dieses Verses in einer einzigen Handschrift durchaus kein Grund,
denselben zu verwerfen.
Vom V. 273 an beginnt eine ganz schöne Kampfesschilde-
rung, eine Art kleine Aristie des Teukros, der zuletzt von Rek-
tor verwundet wird, aber schon Af387(Af350, 363, 371,372
werden verworfen) wieder in der Schlacht thätig ist. Ganz
ähnlich ist die Schilderung O 437 ff.; wo ebenfalls Teukros zwei-
mal auf Hektor seinen Bogen vergeblich spannt, bis ihm dagn
sein Geschoss von Zeus unbrauchbar gemacht wird. Die letz-
tere Erzählung passt insofern eher in unsere jetzige Ilias, als sie
mit keiner anderen Stelle derselben im Widerspruch steht.
Die Verse 278 — 277 sind unecht: der letzte fehlt in vielen
Handschriften. Zur Aufzählung der acht von Teukros erlegten
Troer mag der Vers 297 die Veranlassung gegeben haben. Der
Vers 284 wurde von Zenodot, Aristophanes und Arislarch ver-
worfen, vgl. Düntzer Zen. p. 168, der i|iit Recht in diesem Verse
nichts anstöfsiges findet. Im folgenden fallen wieder die vielen
Wiederholungen auf, so sind 318— 317 = I2lff. 321«:£;302.
829 = 0 465. 381— 334 =iV 420 ff» 842^^178. 348—45 =
Ol ff. 345—347 = O 367 ff. In den Versen 339 und 340
scheint ebenfalls eine Interpolatioii zu stecken, entweder der Vers
840, oder was wahrscheinlicher ist die Worte nooCv bis ykov-
XOVg TB.
Die Verse 371 und 372 werden von Zenodot und Aristarch
als überflüssig verworfen, vgl. Düntzer p. 163. Aristarch nahm
auch Anstofs an xtoliieoQd'og als Attribut des Achilleus, welches
sich auch noch O 77; 0 550 und i^ 108 findet. Die beiden
letzten Verse sind, soviel wir wissen, von Aristarch nicht an-
gefochten worden. Darüber vgl. Schol. A zu O 56; 0 öTiO;
jB278, V zu O 77, E zu a 2, Lehrs bei Friedländer Arist. zu
0 56, Cicero Epist. ad Fam. X, 13,2, Strabo I, p. 17, Wolf
Proleg. p. 249, a. 44.
Die Verse 385 — 887 (=-B784 — 786) werden von Zenodot,
Aristophanes und Aristarch verworfen, vgl. Düntzer Zen. p. 164,
Lehrs bei Friedländer Arist. zu dieser Steile, Nitzsch Sagenpoesie
S. 151. Athene zieht den Chiton des Zeus an, den dieser selbst
(43), als er auf den Ida fuhr, angelegt hatle, siehe darüber auch
Aristonicus zu V. 43.
Die Verse 390, 391 werden ebenfalls von Arislarch für
eingeschoben erklärt (aus 2^746 f.), desgleichen 420 — 424, die
im Munde der Iris unpassend sind, vgl. Nitzsch a. a. 0. S. 151
über cLiK VII. u. VIII. Buch der iliai, v. J. La Rache. 167
und 1.52. Die Verse 466 — 468 fehlen in den besten Handschriflen
und sind hier ebenso uenig am Platze wie vorher ^37 — 89.
Die Verse 475 und 476 sind wiederum übel angebrachter
Diaskeuastenzusalz, die bei jeder Gelegenheit auf zukünftige Er-
eignisse hinzuweisen und das ganze dadurch ^<iii plauderhafter
Weise'' zu verdeutlichen suchten. Dies geschieht besonders bei
Göllergesprächen , wovon bei Nitzsch p. 132 einige Falle ange-
führt sind. Die meisten derartigen Interpolationen haben schon
die alten Kritiker, vor allen Zenodot, aufgedeckt. Die haupt-
sächlichsten sind folgende: E 694 und die vorhergehenden,
jB724, 725; S 535—587; O 56—77, 231—285, 610—614;
iJ48l— 461; P404— 4tl; Ä 28— 30; fi 374—890; v838— 338;
898—401; o31, 82; ;r 281—298; p 475— 480, außerdem
Af9— 84 (Nitzsch S. 182); A^ 848 — 850; O 596— 602; 7146,
47: X%% — 71, 454—456. Wahrscheinlich sind aber nicht blofs
diese beiden Verse unecht, sondern die ganze Stelle 473 — 488,
in der besonders die Be^^chreibung des Tartarus auiTällt, die
eher für eine Poesie wie die Hesiodische passt. Ähnliche Sl eilen
sind noch ö 15, 16; T 92-94; % 42—47; x 850, 851;
A 88— 48, 157—159, €02—604.
0 489 — 565.
Diese 77 Verse sollen offenbar zur Verbindung dos vor-
hergebenden und des folgenden Liedes dienen , welches dir Ge-
sandtschaft an Achilleus zum Inhalte hat, von der jedoch die
auf das 9tc Buch folgenden nichts wissen. Mit dem vorher-
gehenden hängen diese Verse insofern zusammen, als die Troer,
nachdem sie die Achaier zu den Schiffen zurückgedrängt haben
und zu ihrem Verdruss und zur grofsen Freude der Achaier die
Sonne untergegangen ist, auf der Ebene des Skamandros die
Nacht zurückbleiben, um des anderen Tages bei guter Zeit den
Angriff zu erneuern; und in der Rede des Hektor besonders auf
Diomedes Rücksicht genommen wird , der bis dahin den Troern
das gröfste Leid angelhan und dem Hektor den kräftigsten Wider-
sland geleistet hat. Von Aias ist merkwürdigerweise im ganzen
Sten Buche nur vorübergehend die Rede. Auch mit dem lOten
Buche hangen diese Verse zusammen (vgl. JiT 11, 100, 160, 189,
209), aber mit dem Jlten und den folgenden nicht mehr: dort
ist weder auf die Beiwacht der Troer, noch auf die Gesandt-
schaft an Achilleus und noch weniger auf die Doloneia Bezug
genommen. Überhaupt scheinen @ 489 bis zum Ende von K mit
zu den spätesten Partien der Ilias zu gehören und ihrer Ab-
fassung nach in diejenige Zeit zu fallen, in der der gröfste Theil
der Odyssee gedichtet ist.
Die Verse 493 — 496 klammerte Zenodot ein (itSQtygä^stj
über den Ausdruck vgl. Düntzer Zen. p. 162 A. 8): dieselben
Verse finden sich noch Z 818 — 320, B 109, doch können sie
t«8 Über das VIL u. Vfll. Buch der llias, v. / La Roche.
anmöglich ausfallen, da nach Dünt2er'8 richtiger Bemerkung
p. 164 auf iLvd'ov axovov (492) nicht unmittelbar die Rede des
Hektor folgen kann.
DieVerae 528 — 529 werden von Bekker mit Recht verwor-
fen. Sie sind nicht wetth im Homer zu stehen und das Product
irgend eines Rhapsodfen^ der die Erzeugnisse seiner eignen Phan-
tasie unkundigen Hörecn für. echte Ware feilbot. Schon Aristarch
verwarf 424, 423 und 428; die Verse 428—426 enthalten gar
keinen Gedanken, als etwa den höchst prosaischen : ^so soll's sein,
wie ich sage, das wisst ihr jetzt, das andere werdet ihr morgen
erfahren ;'' 526 und 527 modificieren nur das, was schon friUier
(498 f.) gesagt ist und gleich darauf wieder gesagt wird. Der
Vers 428 ist nur etymologische Erklärung des Wortes xrnfBft-
Ci^oQYltovg : ahnliche Spielereien haben wir i7 261, i7 1 42 ff. = T
889 ff. (vgl. Porphyrios zu Z 201), solche Zui$ätze zur näheren
Verdeutlichung sind auch O 471; X \ll\ B 206, 319; / 59;
li:51, 253; iVf 450; Ä 114 5 il614; 3*^269 ff. Ä772; -0^58;
o 74; C9 535. Der Vers 529 enthält dasselbe, was schon 521
gesagt ist. Auch Heyne nahm an diesen Versen Anstols, vor-
zuglich wegen der Inhalt- und Kraftlosigkeit derselben und des
unhomerischen Ausdrucks vytrig (524).
Zu den Versen 535 — 537 setzte Aristarch das Antisigma
zu den folgenden drei die Stigmen. Diese drei sind nach Pluy-
gers' Ansicht, dem auch , Friedlinder gefolgt ist, 588, 589 und
541, indem der Vers 540 gar nicht in der Recension Aristarch's
gestanden habe, nach Düntzer (p. 164) 538 — 540. Jedenfalls
kann V. 541 allein nicht stehen bleiben, und wenn Aristonicus
sagt rovg sliig rgstg^ so hat er bis 541 wirklich bei Aristarch
nur drei Verse gefunden (es könnte dann ebenso gut 588 als 541
gefehlt haben), oder statt rgstg ist riöiTagag zu schreiben*
Aristarch erklärt die folgenden für besser und Zenodot schreibt
die drei ersten gar nicht. Wolf^ Heyne, Bekker (Ite Ausgabe),
Grusius, Dindorf, Fäsi, Biumlein lassen diese Verse stehen, während
Bekker in der neuen Ausgabe mit Recht die Verse 585 — 541
tusstöfst. Dies that schon Nitzsch S. 141 f., weil dieselben
ganz müfsiger Zusatz sind und zu deutlich verrathen, dass sie
der Rede des Hektor am Ende des 13ten Buches nachgebildet
sind, was auch Fäsi anerkennt. Zum Vergleiche sind hier beide
einander gegenüber gestellt.
ö 535 »f X* ifiov iyxog fi^Bivfj N 829 aC ic« xulaaajjg fisivai
in^QXOILBVOV. ifiOV dOQV HCCTIQOP.
e 536 ist inhaltlich gleich N 830 ff.
S 538 ^i ycc^ iyav mg tCrjv N 825 bI yciQ iymv ovro) ys
ad'dvatog xal ayi^Qtog Jtog naCg alytoxoio ftriv
^fiara ntxvza. rjuara ndvta.
O 538 ist fast derselbe Vers wie f 186; rj 2->7; <p 336.
9 540 — 541 ^ N 8«7 — 828.
Ober iiüH Vll. u. VlIL Buch der llias, v. J. La Ro€ke. tC9
Im Verft 532 ist das Digamma bei ^v verntchlmigt^ auch
ist ifu^xofksvov auffallend und wird einzig hier von der Lanie,
sonat nur immer von Personen gebraucht^ hier wäre jedoch
durch Änderung in ixBQ%oiisvov zu helftiu JEheneo unpawend
ist ig mpAOir, vgl. ^ 818; A 3dl; Hee. Ot>. 408«
Die Vers« 648, 560—562 stehen in keiner Hotterhanikchrif^
werden auch von keinem Grammatiker citiert, sondern sie Gnden
sich nur in dem pseudo-platonischen Dialoge Alcibiades IL, und
twnt in indirecter Rede. Dort heifst es p. 149, D:
^9#l r«9 (9C.''Oft>ri(fOi) tavg Tf^mag ixccvliv naiovithovg
toStiv i9avaxoi6i xilriicaag inatoußag
x^9 di%pt^av i% tov ntilov ivinovg tpi^tiv 0VQap6v tFcm
^^thnr T^ d* oi XI 9zovg \La%aqag daxiwtai
oM' MUiP' fuila fuQ 9^iv intix^ixo xtI.
fiine InavXig der Troer kommt aulser am Ende des 8ten
Baches nur noch im ISten vor: dort könnten die Verse den
Sinne nach zwischen 310 und 814, etwa vor dem letzten Verse
stehen (27 810 = 9 642), wahrend sie da, wo sie Barnes hin-
setzte, unmöglich sind, denn sie stehen im Widerspruch mit dem
Willen des Zeus, der den Troern so lange den Sieg verleihen
wiD, bis Achills Zorn gesühnt ist: von da an sind die Troer
dem Verderben geweiht. Aber der Vetfasser des Dialogs könnte
sto Mt Ük seinem Homer an nhsret Stelle geles^ haben, wo sich
der Vsrs nviöt/v d* ix mdlov avifiot <pif09 ovquvov «Am
noch findet. Dass weder Aristarch noch sonst einer der alten
Kritiker diese Verse kannte ^ bezeugt ihr Stillschweigen. Von
den netteren Herausgebern werden sie einstimmig, bei einigen mit
Ausnahme von 549, bei anderen sammt diesem, verworfen, vgl,
tmondeM Koppen zu tfnseret* Stelle, dann Wolf Proleg. p. 87,
a. 7. Mir schdnen diese Verse ein ebenso falsches Cital aus
irgend ehiem der pseudo-homerischen Gedichte zu sein, wie
fnfL^ (f etg ^xQoxov rik^B bei Aeschines gegen Timarch f. 12S
oder Tq^crog vniQ ovdov dfieiinxg bei Schoi. Theocrit II, 104
und andere.
Die beiden Verse 657 und 668 werden von den alten und
neuen Kritikern fast einstimmig verworfen, sie sind an ihrem
Platze i7299, 800 vgl. Schol. A zu unserer Stelle und V zu
/7299, Düntzer pag. 164. Auch der Vers 569 scheint mir noch
zu der Diaskeuai^e zu gehören, da etdtraL a6tifa vollkommen
äberflfissig ist, nachdem schon oben äörga q>aCvet* äputgiitia ge-^
sagt ist. Die Wiederholung desselben Gedankens erklärt sich dadurch,
dsss der Diaskeuast sein yiytj^'e tpQivec noi^rjy anbringen Wollte,
welches er aus ^688, %\M oder iV498 recht gut hernehmen
konnte; eine ahnliche Bpanalepse findet »«ich AT 128; 9'642. Ober«*-
hstipt ßllt in diesen Wenigen Versen die häufige Wiederhohing
derselben Worte oder Begriffe auf, so «toro 654, 668 1 irt;^6
564, dtfl, 562, 6683 mCäto 654, 562, 561 (M^otnranr); itftpa
Z«iuekrift df. oiterr. Gymoa». ISÖO. Hl. Heft. 18
170 Über das YII. u. VIII. Buch der llias v. J, La Roche.
555, 559; (pasLViiv 555, q)aivsrat 556, 561, l<pav8v 557 dazu
das inhaltlich gleiche aQiXQsxia und stöstai; ai&7J(f 556, 558.
Der Ausdruck fit^ivsLV i^fS kommt in der llias nur in Rhapsodien
spateren Ursprunges vor so /662; 27255; yi723 (in der inter-
polierten Erzählung des Nestor), iv^govov i^cJ i^C^vaiv in der
llias nur an dieser Stelle, aufserJem <y818; r342.
So stellt sich denn als Resultat dieser Untersuchung heraus,
dass in diesen beiden Büchern mit Ausnahme der an den betref-
fenden Stellen namhaft gemachten Interpolationen ursprünglich nur
zusammengehörten H\ — 812 mit Ausschluss des Anfangs und
^I — 488; dass 489 — 565 späterer, noch durch Interpolationen
vermehrter Zusatz ist, um den Übergang zu den beiden folgenden
Büchern zu bilden, dass if 813 — 482 ebenfalls späterer Zusatz
ist, aus dem sich folgende Theile für sich absondern lassen
813 — 344 als Anknüpfung zwischen dem Vorhergehenden und
845—432 einerseits und 433 — 482 andererseits, wozwischen
wiederum die Verse 442 — 464 eingeschoben sind.
Als Anhang füge ich noch die Erklärung zweier bisher
verschieden aufgefasster Stellen hinzu. Die erste ist If 238, die
gewöhnlich so gelesen wird: oW inl d^gta, old' i% aQUSxeQa
vaiiijöai ßäv d^aXiviVy z6 no£ iövi zaXavQcvov nolsfi^^s^v.
Die Schwierigkeit entsteht nur dann, wenn man an der alten
Schreibweise to fio^ ioti festhält, wovon meines Wissens nur
Fäsi abgewichen ist und Ameis, der (zu Od. d 882) an dieser
Stelle to als Beziehungsaccusativ fast. Diese Auffassung ist
übrigens schon alt, da der Paraphrast übersetzt, dco ftot vnu(^
X6i zXritixdg xal vxofisvijTixcSs xoXffistv^ jedenfalls also ge-
lesen haben muss to fiot iöti,. Aristarcb fasst to relativ und
bezieht es nach der bekannten Constructionsweise XQog to öf^iiai-
vofievov auf ßävj als ob dem Dichter nicht dies sondern öaxog
(warum nicht das viel gewöhnlichere aOjcCg'i) vorgeschwebt habe,
vgl. Schol. A VI öinkif ort jCQOtaiag dTjXvxov ovöhsQov inr^-
vsyxBv^ to 11,0 C iati x^ogto aii(uciv6(i€vov, tog f^v£g>dXfj äe
(UVy to fikv ovTCOts^^ (p 74). TO di takavQivov Tcagiixzat^
svtol(iov vgl. Schol. A zu 2^515. Das heilst also «ich weifs
den Stierschild nach rechts und links zu wenden,
den ich habe um muthig zu kämpfen.'^ Diese Erklärung
des To ist ganz unhaltbar und auch in fi 74 steht ro nicht für
vitpog anstatt vatpikti^ sondern bezieht sich nach Ameis rich-
tiger Bemerkung auf den ganzen Gedanken, auch empGehtt sich
die Construction 0axog f^oi ioti xoleiUtsiv durchaus nicht.
Eine andere ebenso unhaltbare Erklärung ist die Dammische,
wonach to auf den ganzen vorhergehenden Satz bezogen wird
^uod fnihi prodesC ad audaci^r et feliciter de-
Ober das VII. u. V1IL Buch der Uias, v. J, La Rocke. 171
pugnandum^^^ auch dies liegt nicht in den Worten. Die neueste
Erklärung ist die von Döderlein, Gloss. 2880. Dort wird takuv-
Qivog erklärt <<aus dauerhaftem Riudsleder bestehend,» eine Er-
klämng, deren etymologische Richtigkeit ich durchaus nicht in
Zweifel ziehe. Döderlein nimmt dann mit Aristarch die Metalepsis
des To für ^ an und übersetzt ^«ich weiss den Stierschild
nach rechts und links zu bewegen, den trockenen,
der mir aus dauerhaftem Rindsleder besteht zu
kämpfen.» Abgesehen von der Unrichtigkeit der Annahme einer
Metalepsis gibt es auch für den Infinitiv nach einem Worte wie
talavfivosj welches einen Stoif bezeichnet, kein Beispiel, da
sammtliche Adjective, bei denen ein solcher Infinitiv vorkommt,
eine subjective Befähigung bezeichnen. Gesetzt aber auch, dass
ein Infinitiv dabei stehen könnte, so kann es in keinem Falle das
intransilive TtokBfUtetv sein, da das Substantiv, auf welches sich
das den Infinitiv regierende Adjectiv bezieht, entweder Subject
oder vom Verbum regiertes Object zu dem Infinitiv sein muss,
vrie z. B. «401 dsivov yivog ßaöiXfitov iati xteivecvy M6S
xwpQOS (mmJL* agyakhi TtsQciav u. a. Schreibt man ro fioi iöti
so fallen alle Schwierigkeiten und der Sinn ist ^<ich weiss den
Stierschild nach rechts und links zu wenden, den
trockenen, deshalb kann ich auch standhaft (mit
Ausdauer) kämpfen.» Der Infinitiv nach iati sieht noch SSl^'^
0 557} Y246, öfters nach ovk iatt; tctXavftvov xolsiit^siv
kommt zwar nur hier vor (das Adjectiv talavQcvog steht hoch
X267), ist aber in derselben Weise gebraucht wie aXX'rixtov
«oAsfUtsiv jB462; ^12; ^15(. ivavxCov (idxsö^ai r488;
M377; Y97, 257; x6b. dvtißiov fiaxeC^acT 20; ff 40, 51,
vgL r43(, ivavtißvov xolsfiiisiv £ 461 ; O 1 79 ; Y 86 ; 0 477
oder iiä%ßa»ai, S 168, 255; J:233.
An den Versen ff 409, 410 scheint bisher jeder Erklärungs-
versuch gescheitert zu sein, nicht als ob der Sinn unverständlich
wäre, denn dieser lässt sich leicht errathen; aber der Beweis,
dass eben dieser Sinn und wie er in den Worten liegt, ist bis
jetzt noch nicht geführt worden. Abgesehen davon, dass tpeiSoi
und fUiXiöC^fisv nur hier in derllias vorkommen, ist die Wort-
stellung äulserst verschroben und von Homerischer Einfachheit
und Deutlichkeit weit entfernt; der Sinn der Worte scheint schon
den Alten zum Theil unverständlich gewesen zu sein. Ov yaQ
tig (pstdfo yCyvBtai, kann nur heilen: bei den hingeschiedenen
Todten gibt es keine Schonung, die Todlen werden nicht ge-
schont (diese Conslruction mufste gewählt werden, da tpsidofiat
kein Passiv hat); von einem ^<dürfen*> ist hier keine Rede, so
dass Übersetzungen wie ^jnora adhibenda est^ man darf nicht
säumen, keiner keiner sei unwillfährig, ist zulässig'^ alle etwas
in die Worte hineinlegen, was grammatisch nicht darin liegt.
18*
17t Über das VII. u. Ylll. Buch der üias, v. J, La Roche.
^En^C KB d'av»0iv sagt noch einmal dasselbe was venvtop und
xuttttB^vTimiovi fiHÜufadf^v gehört zmp^idm y^yv^m ta^ ov
yi(f q>eiSoiiii^^ xäv pskv^v fi^iAuTif/fitv, dass wir sie erfreuen
(denn dazu ist vixvag aus dem obenstehenden Genetiv ak Object
zu ergänzen) «vfog mit Feuer (partitiver Genetiv wie ^erp^«^
a6'ai tivosy man vgl. damit die Construction des reduplicierten
Conj. Aor. von Xayxävdp ff 79; ^342; O360; ^76 09^^
nvQog (i€ AsAajjroHfO* ^^ ^^^ nun aber einen Simi gibt ^<die
hingeschiedenen Todten werden nicht geschont,
nachdem sie gestorben sind, dass man sie schnell
mit dem Scheiterhaufen (d. h. derVerbrenüUfig) %t^
freut (versöhnty% kann jeder entscheiden, wenigstens liegt
der einfache Gedanke ^^die Todten muss man gleich btdstalten'^
nicht darin. Aus den Scholien ist auch nur wenig 2u entnehmeii :
«(0 vovg^ ov g>Bid6(ied'€c ßöti ixfieM60Biv lifuig trot;^ P^ov^^
(Seh« A.) gibt keine Aufklärung, ebensowenig ^^ovdiv i^i niigSos
tovs tdv nolsiU&v v$xQ(yd$ dtdq>ovg ilvui*^ (Seh. ALY),
obwol dieser Gedanke ganz gut für unsere Stelle passt, aber
^udci und xiifdog sind zwei ganz verschiedene Begriife. Die
einzig brauchbare Erklärung in den Scholien ist die von fisiAttf-
0ilkBv iwtc\i %aqCiB6^ttv. Den besten und allein möglichen Sinn
bietet wieder die Übersetzung des Paraphrasten, die bisher von
den Erklären! Homers viel zu wenig zu Rathe gezogen ko sein
scheint ^^ovöBfiia di q>Q0Ptlg TtBifl tmv vbxqiSv dxo9ap6vt0p
vnägxei^ ixB^Suv diiod'ävaöi.^ äia nvQog ^int&sdtct Ta%img^
d. h. denn man nimmt keine Rücksicht auf die dahingeschiedenen
Todten (lässt ihnen keine Sorgfalt, keine Schonung angedeihen),
so dass man sie nachdem sie gestorben sind schnell bestattet.
Agamemnon bewilligt also die Bestattung als einen Act der Hu-
manität, da es rücl^ichtslos wäre , die Todten lange unbestattet
zu lassen, wie denn auch Patroklos (9^70 ff.) sich beschwert,
dass ihn Achilleus so lange unbegraben liegen lasse. So ist der
Sinn «die Bestattung der Todten verweigere ich
nicht, denn es ist rücksichtislos gegen die Todten
gi*handclt, wenn man sie nicht gleich bestattet.'^
Triesl. J. La Roche.
Zur äriUk unU Erklärung •iiaeln«r Stellen etc., v. K. SchtnkL 1 73
Zur Kritik und Erklärung einzelner Stellen aus
griecbischen und römischen Schriftstellern.
t. Zu Piatwu CAarmides p. iSS d.
Über diese bekannte Stelle bemerkt Becker in seinem Cha-
rikles, Bd. 2, S. 226 folgendes: ^.Nicht leicht möchte sich eine
Stelle finden lassen, welche geeigneter wäre uns über die Natur
der attischen Knabenliebe zu belehren. Es ist unverkennbar,
welchen Anthdl Sinaenreiz daran hat, und wenn bei den Edel-
alHi dieses Volks es dieser Boden war, dem sie enlsprosst, so
dfirfen wir bei der groben Menge, ohne deshalb immer das
SddimoMte vorauszusetzen , doch jedenfalls annehmen , dass das
t^ff^ i(fäv nicht die Ihuptsache war'\ Und einige Zeilen
früher hei&t es: «Man kann es sich in der That nicht verbergen,
daas sich hier etwas mehr als die bloGse Huldigung, die der
Schönheit an sich gebührt, ausspricht. >» In gleicher oder doch
sehr ähnlicher Weise sprechen über diese Stelle Heier (Bncykl.
V. Brach, und Gruber, Sect. III, Bd. 9, S. 178), Steinhart (zur
Obers. Piatons von H. Müller, Bd. 1 , S. 279) , K. F. Hermann
(FhiloL Bd. V, S. 738), DöUinger (Heidenthum und Judenthum
a 686), SusemihI (Genet. Entw. der Plat. Phil. Bd. 1, S. 41) ^).
Dagegen hat schon Zeller in der ersten Auflage seiner Geschichte
der griechischen Philosophie (2te Aufl.; Bd. 2, S. 68 Anm. I)
knrs angedeutet, dass Sokrates auch hier, wie an so vielen an-
deren Stellen nur ironisch spreche, eine Ansicht, der ich voll-
kommen baipflichte und deren nähere Begründung im folgenden
geg^n werden soll. — Wenn nämlich diese Worte des Sokrates
im buchstäblichen Sinne verstanden werden sollen, so ist einer-
seits das Urtheil Ast's (Piatons Leben und Schriften S. 426) voll-
kommen berechtigt, welcher darin den Ausdruck einer widerlichen
Lüsternheit erblickt *), anderseits muss es uns gewiss befremden,
dass Piaton hier seinem Lehrmeister eine Leidenschaftlichkeit
und sinnliche Glut andichtet, welche, so wie sie gewiss dem
Wesen des Sokrates fremd war, in keiner anderen Stelle der
') Am wenigsten beiriedigend ist die Erklärung Stallbaums (Opp.Plat.
Vol. V, Sect. 1, 2te Auü., S. 107): ^Quod ipium setUiem Socra-
iei PtatonicuM nott tarn corpori» formosi adspectu^ quam animi
modeati atque pulcri cogitattone (?) ahripHur et perceUitur,^
*) Unter dieser Voraussetzung würde auch das Urtbeil des Atbanaios
(p. 187j 1^ ed. Meinekc) nicht ungerecht ersolieinen: «t« S' iv
%^ XciQ^idy ivcivTtoifiocta iä avtov tov diaXdyov o ßovXonBVOs
fHasTai. Tcaiei yaQ avtov aavfi^tpdvmg «qt^ fihv ototQ&ivimvta
xal fi^^aHOfLevQv xtp tov Tutidog^ i'Qimti, %€a ycirofinrov i^säffop
xal Had'dnBQ vsßQov vn9%B%TWiQTit UQP%o^il%i, ufuc dl «ccra-
(p^ovBiv qpi^ai tijg äifdcg avtov (was sich auf Synip. 29%, a
bezieht).
174 Zur Kritik und Erklärung einzelner Stellen etc.^ v. K. SekenML
Platonischen Dialoge hervortritt '). Wie unwahrscheinlich muss
auch diese Behauptung erscheinen, wenn man an das Bild des
Sokrates im Lysis denkt, welcher Dialog, was die Art der Be-
handlung anbetrifiPt, die entschiedenste Verwandtschaft und eine
{«gleichsam geschwisterliche Ähnlichkeit mit dem Charmides hat'^ ^).
Müsste da nicht jener Sokrates im Charmides eher an den Hippo-
thales im Lysis erinnern ? Allerdings war Sokrates, wie Steinhart
(S. 338) sagt, kein Askete , er war ««durch und durch Grieche,
ein Mann aus dem innersten Marke seiner Nation, ein Charakter,
der Fleisch und Blut hat, und nicht den allgemeinen moralischen
Leisten fär alle Zeiten abgibt'^ (Zeller S. 56); aber von jener
Leidenschaftlichkeil, von jenem stürmischen Wesen lässt sich sonst
nichts bei ihm bemerken; überall erscheint er als der Mann des
nüchternen praktischen Verstandes. Am wenigsten kann, wie
Steinhart wiU (a. a. 0.)) das im Gastmahl geschilderte, tagelange,
mit Nachsinnen verbundene Stehen auf einem Platze als ein Zug
der Schwärmerei gedeutet werden. Es mochte dies wol vielfach
seinen Zeitgenossen als Schwärmerei erscheinen, in der That aber
ist es nur eine Äufserung seines rastlosen Strebens nach Er-
kenntnis und Klarheit (Zeller S. 61). Bezeichnend für den Ein-
druck, welchen der Anblick eines schönen Jünglings auf die von
einem züchtigen Eros Begeisterten machte, ist der Anfang des
Xenophontischen Symposion. Dort heifst es von der Schönheit
des Autolykos, dass sie gleich einem Lichtstrahl in dunkler Nacht
aller Augen auf sich zog und bewirkte , dass die Anwesenden
wie von einem Gotte ergriffen ihre innerliche Bewegung auch in
ihrem Äulseren zu erkennen geben. «<Aber die von einem an-
deren Gotte Begeisterten gewähren eher einen furchtbaren, als
einen heiteren Anblick, oC d' vno öcitpQOVog igonog ivd'soL
xa T£ ofifiata q)Uo(pQov£öTdQ(X}g Ixovöv xal trjv q)0}vijv 7tQcc~
otBQov noiovvrac xal rä öxtjfiara slg ro iXsv&sfLcitarov
ayovöLvy Man vergleiche nun mit dieser Stelle jene im Char-
mides und man wird dann hoffentlich die Unmöglichkeit der ge-
wöhnlichen Erklärung einsehen. — Betrachten wir aber auch
den ganzen Zusammenhang, in welchem die vorliegende Stelle
erscheint. Sokrates fragt gleich im Beginne des Dialoges, st
TLVsg iv avTotg {iv rotg vioig) SiafpiQovrag rj ootpCa ^'
xdkkBif fi d (i(p OT i Qo vg iyysyovoTsg sUv (153, d), er be-
zeichnet sich scherzhaft als eine Isvx^ öta&ii'^ TtQog tovg xaXovg
*) Die Stellen, welche Ocbmann in seinem Programme: ^Charmides
Piatonii qui fsrtur diatogui num »U genuinus guaeritur^ Bres-
lau 1827, p. 16 ff. und Stallbaum S. 107 aus den Platonischen
Dialogen anfuhren , beweisen nur, dass Sokrates sein Verhältnis
zu den Junglingen öftrrs als ^qmq bezeichnete, haben <aber mit der
vorliegenden Stelle keine Ähnlichkeit.
•) K F. Hermann I, S. 443, Zeller S. 338, Steinhart S. 233, Susc-
mihl 1, S. 31.
Zur KriÜk und Erklärung einzelner Stellen etc., v. K. SchenkL 175
Juan ihn gefielen so ziemlich alle, welche in der Blüthe der
Jigend ständen'» (154, b), und erwidert auf die Reden, mit wel«
dMi^man ihm die Schönheit des Charmides anpreist: agtixleig^
mg fffMTZay liyste %6y avÖQa^ d hi avtp dv iiovov xvy%i'
ffi MQOöov öiiixQov Ti, namUch elf^v tl^vx^v xvy%avii bv
Mifvu$igil54,A)\ der erste Eindruck, welchen derAnUick des
Jngliii|{8 auf ihn macht, wird ganz einfach mit den Worten: dvag
9tw dfi xal iroT£ ixstvog ifiol ^avfiaötog itpavri to te (li-
yi^og xal to xaXiog (164, c) bezeichnet und auf die Bemer-
tang Chairephons, da^cs erst, wenn sich der Jungling entkleiden
«oOlt, seine volle Schönheit sich oiTenbaren würde, antwortet
Sakrales: Ti ovv ovx axcdvöa^Bv avtov avto rovto
(rfv ^x^) ^ i^iaßdfLB^a xqotbqov tov etdovg
(IM9 e). Wer wollte wol nach diesen Äufaerungen annehmen,
da» jene Worte: slöov ti xä ivxog xov t^axlov u. s. w.
cnsUiek gemeint seien 1 Miissen «e nicht vielmehr als Ironie
■il deutlicher Beziehung auf jene Äufserung des Chairephon er-
acheinrnf Und wenn dann Sokrales trotz seiner Versicherung,
dtBS er nur allmählich wieder zu sich gekommen, gleich den ihm
fon Kritias angegebenen Vorwand gebraucht, dem Jünglinge sein
Hilld anpreist und durch die Erwähnung der ix^9ri (vgl. K.
F. Hermann S. 445^ Anm. 294) auf sein Ziel lossteuert, die Seele
des Jöngtings zu prüfen , wenn endlich weder im Verlaufe noch
an Sektasse des Gesprächs die Schönheit des Charmides irgend-
wie berährt wird, so wird man wol jene Worte kaum anders
als scberskaft gesprochen denken können. Würde Sokrates in
diesen Diakge nicht als blober Erzähler, sondern als Mitunter-
Tfdner mit einem itatgog auftreten, so würde dieser gewiss be-
swrken^ dass Sokrates immer scherze, und sein Verhalten gegen-
aber schönen Knaben in ähnlicher Weise, wie Alkibiades im
Syaiposion (216, d) schildern« Man vergleiche noch die auch
fthon von Zeiler angedeutete Stelle in Xenophons Symposion,
4, 17« Als Sokrales die Junglinge aufgefordert sich des Küs-
•ens der Schönen zu enthalten, bemerkt Charmides; Warum
»tcksl du ans durch Schreckbilder von den Schönen wegzu-
«cheachen, während ich doch neulich sah, wie du mit Kritobu-
las etwas in einem Buche suchlest und dabei Kopf und Schulter
m Kopf und Schulter de>selben lehntest. Darauf erwidert Sokrales:
j9n tarn aga iym &6jcbq vno ^tiglov x^vog Ssifiyn^vog
xip X9 mpLOV nkBtov ij nivxB r^^kigag ädal^ov xal iv xjj otaQ-
Utt möMBQ xv^öpM xi idoxovv Sxeiv.^^ Und dann heifst es:
«ttrl ovxoi iihv dfj ovx€9g dvafdi iöxcaifdv xb xal iönov-
litfay,^ wobei letzteres sich auf die oben mitgetheilte Warnung
des Sokrates bezieht. Endlich ist noch die schlagende Ähnlich-
keit zu berücksichtigen, welche unsere Stelle mit jener bekannten
in Platons Protagoras 889, e hat, wo Sokrates erzählt, dass ihm
bei dem Beifalle, welchen man dem Protagoras spendete, schwindelig
176 Zur Kritik und Erklärung einzelner Stellen ctc.^ v. X. Sckenki.
geworden sei. Auch hier ist der Scherz nicht zu verkennen;
und nicht um Zeit zu gewinnen, wie es dort heifst, ruftSokrt<*
Xo8 den Prodikoa m Hilfe, sondern um ihn als Schildknappen zu
get^rauchen und die beiden Sophisten gegeneinander tn's Oefixht
fu fuhren ^).
2. &i Pla(an$ Loches §87 e^ 088 d, §99 e, Euthyphron 8d.
Es ist nach den Ergebnissen der neueren Kritik als aus-
gemacht anzusehen, dass seihst der treffliche codex Bodleinnus,
welcher die ersten sechs Tetralogien der Platonischen Dialoge
enthält, durch so manche Interpolationen entstellt ist So haben,
um nur einige Beispiele aus dem Laohes und Euthyphron an^n^
fahren^ Stallbaum und K. F. Hermann Lach. 182 c, 199 e, Euth.
6 a, 7 b einzehie Wörter und auch Sätze mit Recht als Inter-
polationen beseitigt. Doch sind, wie ich bei öfterem Durchlesen
dieser Pialoge bemerkt zu haben glaube, noch so manche Bin*
Bchiebsel ruhig an ihrer Stelle belassen worden, über welche ich
im Folgenden berichten will.
Fl. Lach. 187 e (c. XIII) geben die besten Handschriften :
Ov i^oi doKStg elSivai ore, og av iyyvtata UmxQatovg g
loyp xal nlriötäifj dialsyofisvog x. r. A. Dass diese Stelle in
der überlieferten Gestalt eine genügende Erklärung gestatte, wird
wol Niemand im Ernste behaupten. Auch Stallbaum, der früher
äöTtiQ yivBL mit Beziehung auf das vorausgehende iv rolg Sri-
lAotaig erklären wollte, worin ihm H. Hüller in seiner Über-
setzung folgte, hat in der zweiten Auflage diese Erklärung auf>
gegeben, mit dem Bemerken, dass ydv€v von Zunflgenossen nicht
gesagt werden könne. Aber auch die Conjeclur, welche er da-
selbst vorschlägt, nämlich ^.äaxsQ Sgxst'^ statt ^iätfnBQ yevsv^'^
hilft den Schwierigkeiten nicht ab. Denn einerseits lässt sich xal
MXfiaid^jj äiaAsyoiisvog nach dem vorausgehenden iyyv-
rata jj kaum entsprechend erklären und anderseits stimmen die
folgenden Worte nsQiayofHvov rjo Xoyoi nicht zu dem mit äönsg
Sqxsi angedeuteten Bilde. Auch ist zu' beachten, dass uns nicht
t^ koyc) sondern Xoy^ überliefert, und die Verbindung von
iyyvg mit dem Dativ der Platonischen Sprache fremd ist. Noch
weniger befriedigend istdieVermuthung: ^^2](oxQätovg % Idycn^
SöXBQ ywavxl bI nlij^ia^oi^^ welche K. F. Hermann nach dem
Vorgange Hommels (vgl. dessen Ausgabe von Piatons Symp.
S. 122) und Sauppe's (Epist. crit. p. 89) aufgestellt hat; denn
ohne eine beigefügte Erklärung würde man kaum den Sinn der
Stelle erfassen, und noch weniger den Witz herausfühlen, der
*) Es bat fast den Anschein, als ob schon Athenaios die Ähnlichkeit
dieser beiden Stellen gefühlt und das ianoxci^-riv te xal lUy^Cuaa
aus der besprochenen Stelle in seine Schilderung der Sccnc aus
Charmidcs übertragen habe.
Zur Kritik und Erklärung ciiizeincr Stellen otc, v. K. SchetM, 117
übrigens selbst in der Paraphrase utmlich frostig erscheint« Da*»
gegen hat schon Schleiermacher einen sehr beachtungswer««
then Schrill rar Herstellung unserer Stelle gethan, indem er die
beiden Wörter ffiöHBQ yiv$t^ als eine Glosse beseitigte. Sehr leicht
konnte sich Jemand versucht fühlen äansQ yivet su \dyp er<*
kürend beizufügen, da iyytkata iiyyvtat(o) yivBi (ydvovg) eine
im Attischen sehr gebräuchliche und auch bei Pialon sehr häufige
Verbindung ist (vgl. Leg. 866 a, b, 873 d, Soph. 264 e, ApoL
80 a, Hipp. Hai. 804 d). Da aber die Stelle hiemit noch nicht
geheilt ist, sondern die oben angeregten Bedenken »och fort-'
dauern, so scheint es am geratheasten , eine gröfsere Interpola«
Hob anzunehmen, in der Weise, dass zuerst die Wörter ^loyfi
äaxBQ yivsi*^ als Glosse an den Rand geschrieben qnd dann
unter Beifügung von rj und Kai in den Text übertragen wurden.
Nur in dieser Gestalt: «og iv iyyvtatm SoHQOtavg icli^0uiifl
dutlByo^svog^ erhält dieser Sali einen richtigen Sinn Ufid eine
eulsprechcnde Verbindung mit dem Foigend«*n. Über iyythafia
IL nkt^iilBLv vgl. Eur. Med. 102 nal p,ri nBlaöfit* o^/Merog
iyyvg^ PlatEpist 842 d tovtmv dh iyyvtavu ptkv ^vyyBVBÜf
«k1 ofiOiorqrt xov Tcifintov vovs ^BnlniöütHB^ Aeneas Tacl.
a 89, p. 114, 11 jtQOönBhiiovav x^ %Bl%Bi iyyvxBQOV toi
Mfo&ijxovrog.
PL Lach. 188 d (c. XIV) dXla x^ ovxi t^v '^QiMOö^ivo^
ov avtog avtov rot/ ßiov öv^qiayuov totg loyotg ngog %m
i^ya. Auch diese Stelle hat augenscheinliche Verderbnis erjfahren,
wdche man einfach dadurch zu beseitigen glaubte, dass man
nach Heusdes Vorgang ov tilgte. Doch so bleibt die ganze An«
Ordnung des Satzes eine unnatürliche, da man nach aXXa ein
dem vorausgehenden entsprechendes Satzglied erwartet. Daher
hat H. Müller (S. 393) richtig erkannt, dass r^ ovti, i^v ver^
derbl sei. Aber was er selbst vorschlagt, r^ ovn täv ist nicht
befriedigend, da der Sinn, welchen er in seiner Übersetzung aus-
drückt: «sondern In Wahrheit so lebt, dass er selbst im eigenen
Leben, Wort und That zusammenstimmend machte,'^ nicht in
den Worten liegt, welche vielmehr besagen müssten: «indem er
wahrhaft lebt, durch ein wahrhaftes Leben,'^ Dieser Sinn aber
widerstreitet dem Zusammenhange; denn ein Leben, wo Wort
und Thal zusammenstimmen, ist ja eben ein t^ oinr^ ßiog. Daher
vermuthe ich, dass t'^v ein Binscbiebsel sei, und indem ich ov
nach dem Vorgange Orelli's in bv andere, und nach ßiov inter-»
pungiere, glaube ich der Stelle ihre richtige Gestalt wieder zu
geben : «aAAce tp oi/rt '^Qiioöiidvog bv avtog avtov roi/ /)A>v,
öv(iq)(ovov totg Xoyoig ngog tä i^ya,^^ Dann steht t(ß owi
scharf dem vorhergehenden naidiAg oQyavu gegenüber und tfvfi-
tpan/ov tritt erklärend zu dem früheren kin^tt«
Lach. 199 e (c. XXIX) p ya iiovp npoötisui. wkL itBifl
^Bovg nal mfl iv^Q&novg i^Bv^aßsU^af ta ta dawi m
198 Zur Kritik uud Erklärung einzelner Steilen etc., v. K, SckenhL
xk (ii]^ xal taya^ä aoQiisö^av^ intatafiivoi oQ^cig ngoöo-
liiüstv. So interpungieren Slallbaum und K. F. Hermann, und
ersterer übersetzt sogar die Stelle: ^^res fomUdolosas con^
irariasque eav^e et bona Mi camparare.*^ Aber wie kann
man sich vor dem nicht zu furchtenden (ra fitj Saiva) hüten?
Und wird denn nicht ausdrücklich im Vorhergehenden (199 b)
%a ÖBiva durch ta ^ilXovta xaxa, ra ^aQQakia (oder xa f$^
dBiva) durch xa iiillovxa dyad^d erklärt? Daher hat H. Müller
in seiner Übersetzung nach xa Ssiva interpungiert und dem-
gemafs übersetzt : «^dass er in Bezug auf Götter und Menschen
das zu fürchtende ganz vermeide, das nicht zu fürchtende und
Gute sich verschaffe, da er sich gegen sie wohl zu benehmen
weils.'^ Aber eine Verbindung dieser beiden Begriffe durch Ttal
ist nicht zulässig, vielmehr müssen dieselben in ein appositionelles
Verhältnis treten und xal somit gestrichen werden.
Eulh« 8 d (c* IX). Ovx aqa ixetvo ys d(iq)iößi^xovöiv^ mg
ov xov aövxovvxa det öidovai ÖCxr^v^ dXX ixstvo t6fog diig)i6--
fif^xovötj x6 xlg iöxiv 6 ddixäv xal xl Öq&v xal xoxb. Es ist
auffallend, dass diese Zeilen noch keinem der Herausgeber ein
Bedenken erregt haben. Betrachten wir sie näher , so sehen wir,
dass die ersten Worte einfach das wieder aufnehmen, was bereits
im Vorausgehenden bestimmt ausgesprochen worden ist; die fol-
genden Worte aber behaupten etwas, was offenbar nicht hieher
gehört« Denn es handelt sich hier nicht, wie bei einem Inqui-
sitionsprocesse darum, wer der Thäter, was für ein Verbrechen
seine That sei und wann er sie verübt habe. Auch streitet man
nicht über solche Puncte, sondern darüber, ob die That gesctz-
maüsig oder gesetzwidrig sei. Bedenken wir ferner, dass die
folgenden Worte: Ovxovv'a'dxd ys xavxa xal ol ^eol nsnov-
^aöiv u. s. w. sich ganz genau an den früheren Satz : Ovx aga
näv ya noiovöi ^ ydQ'^ anschlielsen, dass es hier durchaus
nicht eines Zwischengedankens zur Vermittlung bedarf^ vielmehr
ein solcher nur störend wirken kann, dass endlich die Eintönig-
keit der Anworten (<<Wili^^ Uyei.g^> unmittelbar wiederholt und
dann nochmals ^tNav^ xovxo (liv dlrj^hg XiyHg^>) befremden
muss^ wahrend Piaton sonst hierin eine ungemein reiche Manig-
faltigkeit offenbart. Dieses Alles zusammengenommen scheint mir
unzweifelhaft zu sein, dass hier ein kecker Interpolator eine jeden-^
falls ganz unzweckmäfsige Ausfuhrung der früheren Gedanken
versucht hat, und zwar in einer Richtung, welche Piaton un-
möglich im Auge haben konnte.
3. Zu Saphokle»' Oedipus Tyrannos r. i49S und /S/3.
v. 1493 '^^S ovtog iatai, zig naffaf^fiipsiy xi%vcc,
roucvx ovBlBri XanßivaiVy a Toig iuotg
yovivaiv iaxai otptpv ^* Ofiov ^i^Xi^fiotor.
Dass diese Stelle in der überlieferten Gestalt keine genü-
gende Erklärung gestatte, hat schon Brunck und neuerdings Har-
Int Kritik und ErkläniDg ciuzclner Stellen etc., v. A". SckenkL 179
long mit einleuchtenden Gründen nachgewiesen. Aach Wunder,
welcher firfiher an der Erklärung Erfurdt's festhielt, gibt in der
vierten Auflage dieselbe als unhaltbar auf und vemiuthet, dass
xotq ifiotg verderbt sei. Schneidewin hatte gleich Anfangs die
Brfurdt'sche Erklärung als einen unklaren (kdanken verworfen
und statt totg iftotg: totöde rotg vermuthet, später aber die
Vermuthung Amdt's yaiißQotöiv statt yovevöiv als eine sichere
Heilung der Stelle freudig aufgenommen. Dagegen bemerkt aber
Nauck mit Recht, dass Oedipus nicht von seinen Schwieger-
söhnen sprechen könne, da er ja seinen Töchtern ein eheloses
Leben in Aussicht stelle, und somit diese Vermuthung unhaltbar
sei* Diese so oft behandelte Stelle lässt sich nun, wie ich meine,
durch eine sehr geringe Veränderung herstellen; man braucht
nämlich nur yovBvövv in yovoiöiv zu verwandeln, um einen
voUkonunen entsprechenden Sinn zu erhalten.
V. 1511 ütpmv d\ m xM, d ^hv slxitTiv rjdrj tpoivag,
noix* Sv nctQ'Qvovv' vvv d\ rovz Bvx^<f^ ^M^^,
ov naiQog acl ijiVj zov ßiov dl l^ovog
vfMCff xvQ'^aai tov tpvtsvcavxog TtatQOS'
Das Verderbnis dieser Stelle muss sehr alt sein, da sich
nn cod. Laur. zu ot; xaipog das Scholion findet: xa^* "Aidov^
welches uns bezeugt, dass der Scholiast auch die Worte: ael
i^v in seiner Handschrift las. Schneidewin und Wunder billigten
die Vermuthung DindorTs: ov xaiQog iqi t^qv^ obwol Härtung
das Ungenügende derselben nachgewiesen und den Sinn, welcher
in der Stelle liegen muss, im Ganzen richtig angedeutet hatte.
Kaum glaublich klingt die Bemerkung Bergk's : «rov, quod ean^
ceiHs eireumtcripsi ^ om. Aläma^ seä pideCur gravius t^iCium
deüeescere: conieci vvv dl rovx^ bv%b6^* ifio£^ ov xaiQogj
a^BiVy tov ßCov 81 X^ovog vfiäg xvq^^öul tov gyvtevöavtog
xtttQog. a^siv gramm, Bekkeri An» I, 348, 17, ex Sophocln
afferty et ötdveiv interpreCaliir, sed videiur potiu» esse avitam
ex9pirare^^ guemadmodum idetn grammaticuM Nieocharin eo-
micum adhibens öiä tov ötofiatog a^gomg ixnvslv interpre-
taiur.*^ Aber abgesehen von den Bedenken, welche den früheren
Vers treffen und durch diese Conjeclur nicht behoben werden,
abgesehen davon, dass der Sinn, den so die Stelle bekommen
würde, durchaus kein entsprechender ist, wie kann man nach-
weisen, dass ä^eiv vicam exspirare bedeute? An der bezeich-
neten Stelle in Bekker*s Anekdota heifst es ja ausdrücklich: aieiv:
to 8ui tov ötofiatog d&QOfog ixnvBlv a^evv kdyovöiv ^Atti-
xoly (ii(iov(i€vov tov fi%ov tov nvev^atog. ovra Nix6%aQig
(vgl. Schmidt zu Hesych. p. 58, 45). Da sieht man nun offenbar,
dass hier nur von dem sogenannten «Pfnausen^^ die Rede ist.
Einen entscheidenden Schritt zur Herstellung dieser Verse machte
Bonitz durch seine treffliche Emendation: ev%B6^^ i%(ü Ky^
laO 2MJr Kniik und Erklärung eiutelner Stellen etc., v. K. SchetM,
diese Z^it^hrift Jahrg. 18^7, S. 195). Unter Zugrundelegung
dieser Conjeclur versuche ich nun die Stelle in folgender Weise
zu emendieren:
vvv ^\ xovt' BPised"' itio
ig Httif otr vpiv iriv, ß{ov Sh Xo^ovog
isl HVQHfai XQV ^t9V9avtog navgog,
Dass hiedurch ein ganz entsprechender Sinn gewonnen ist,
dürfte wol Niemand läugnen. Sollte aber Jemandem die Conjectur
allzakühn erscbeineui so möge er bedenken, dass die unmetrische
Form, in welcher v. 1518 vorliegt, auf verschiedentliche Bes-
semngei) und Umstellungen schliefsen läfst, die jedenfalls durch
den Fehler svx^^^* ^V'^oC hervorgerufen wurden. Auch darf nicht
übersehen werden, dass die Verwechselung von vfitr, v^klv und
vftrv sehr häufig zu Verderbnissen Anlass gegeben hat, in welcher
Beziehung ich auf das Lexicon Sophocleum II. p. 744 verweise.
^ Zm THeopkrastn" CAarakter^Uikm, C a.
In dieser ergötzlichen Schilderung des Schmeichlers wird
auch als ein Charakterzug eines solchen Menschen angeführt^
dass er bei einem Schmause, welchen sein Gönner gibt, den
Wein und die Speisen lobt, um durch sein Vorgehen die anderen
Gfete zu gleichem Lobe aufzumuntern. Diese Stelle überliefern
nun die beiden besten Handschriflen (Paris. Au. B) in folgender
Gestalt: ^ual räv iatimnivcav ngätog inaivsöai %6v olvov
%mv Äno ri^g tQaniißis qyqoai,*^ Tovxl igcc ^g X(^6x6v iöti.^^
Daes n»Qafniv«iv verderbt sei, bedarf wol keines Beweises; der
09d. Rhedig. gibt dafür naQ<KX9k($dvmfy was E. Petersen in
seiner Ausgabe dieser Schrift Kiel 1859 als eine blolse Correc-
tor hinstellt, und zwar so, dass der Corrector diesen Genitiv
von dem vorausgehenden sc^ro^ abhangig machen wollte. Aber
da auch schlechtere Codices « die vom cod. Rhedig. ganz unab-
hängig sind, nuQidfn^tvog haben, so durfte denn doch hier
mehr als ome blofse Correctur anzunehmen sein« Ehe wir also
zu der Annahaie Peter&en's greifen, dass die Stelle voa dem Epi-
tomator ganz verstümmelt worden sei, wollen wir ein leichteres
Miitel versuchen. Ich schlage demgemäfs vor xaQaxstikdvG^ zu
sehreiben, wodurch dann die ganze Stelle einen passenden Sinn
und eij»en entsprechenden Zusammenbang mit Aßm Vorausgehen-
den erhält. Der S4?bmeichler lobt vor allen Gästen der erste den
Wein; er sagt zu einenK der nehen ihm auf demselben Ruhebette
li#gt: «(Dn hasV ein delikates Essen !^^ und hebt dann eine Schussel
vom Tische mit den Worten: «das ist doch etwas Küstliches!''
— Im Folgenden lesen die besten Handschriften : ^^xal igattiiUcL
fi^ ^if ot uml et iMßall€^99ct> ßtovUtta a(«l irt asgiötsilf]
iKiHM)i».^^ Auf Grund dieser l^esart schlägt nun Petersen vor:
Zar Kritik und ErkISrung einzelner Stellen etc., v. / KH^ttiä. ISt
it XL n^i6ttllui avtiv tu schreiben , indem er besonders auf
das folgende: xal ^Iv tavta Xiymv hinweist, \\'elches ohne
diese Besserung seinen Plafs nicht behaupten könne. Wenn auf
solche Weise der Stelle geholfen werden könnte, so müssfe
jedenfalls die Lesart der besten Handschriften sr^tMe/Ait bei*
behalten werden; aber es erscheint nicht nur diese Frage
nach dem vorausgehenden: d inißälXe^&ni ßo^Xntci tber^
Oössig, sondern es ist auch die Constructfon Mft<niXX0 TiMr
u ohne alles Beispiel. Bedenkt man dagegen, welch massenhafte
Fehler auch die Pariser Handschriften enthalten, so dürfe«! nvir
auf die Lesart neQiötsiXjj kein grofses Gewicht legen. Unter
solchen Verhaltnisaen scheint es mir am rathsHmsten bei der
Leaart nsQUftetXai des cod. Rhedig. und der schlechteren Haad*
schrifteti zu bleiben. Fasst man die Worte x^l hi n. a^iif
parenthetisch, so kann die Beziehung des twßttc auf die vorher«^
gehende Frage nicht so befremden. Der Schmeichler fi-agt den
Gönner, ob er den Hantel umnehmeit wolle, und legt Ihm noch
daiu wirklich denselben um. Und bei dieser Frage neigt er sieh
zu seinem Ohre hin und flflstert ihm diele Worte au^ als ob er
ihm etwas Wichtiges mitsutheilen hatte.
Innsbruck. Dr. Karl Schenkl.
Zu Surip, Iph. Aui. V. 1464 IT.
KA. i thptp, ätxn ; J^. )cal niXiP^ y' öv uii (i6Xti.
An der hdsehr. Lesart haben die Herausgeber mit Recht
Anstofs genommen; aber der dafür gewöhnlich torgebrachte
Grund ist nicht der richtige. So sagt z. B. Flmhaber : ,<Matthiä
mehit, eine Klage über das Schicksal pasae sich noch für Iphig.
und lässt die Yulg. Aber einer Klage kann Iphig. nicht mehr
fähig aein, wo sie mit so sichtbarer Freudigkeit dem Tode ent->
gegen geht und selbst für den Schmerz der Trennung, der lei«-
denden Mutter gegenüber ^ keine Thranen hat.'^ Offenbar hat
Pimhaber Imovaa (und folglich wol auch XQoUnfjg) in der
Bedeutung «verlassen'» genommen. Aber die Betrachtung des
Zusammenhanges unserer Stelle ttrit den unmittelbar vorausgehen«-
den Versen lehrt, dass XbCkbiv und nQokBC%Bt,v hier ^zurück-
lassen'^ und nicht «verlassen^^ bedeute. Kl. hatte auf die Frage
der Iph. %ig f(' il0t>v fi^ot/ ^qlv önaifaiiCd-ai xofiifff; erklart,
Sie werde mit ihrer Tochter gehen; dies lehnt aber Iph. ab und
indem sie einen Diener auffordert, sie nach der Wiese der Arte-
mis zu geleiten^ reifst sie sich von der Mutter los. Da fragt
sie nun KL in vorwurfsvollem Tone: 10 xixvov 0txii Xinovöa
fLfltiq'y und es kann somit keütnv nur «zarüoklassen^^ bedeu-
ten. Kl. verlangt durchaus nicht mehr, dass Ate Tochter bei ihr
t88 Zur Kritik und Erklärung einzelner Stellen etc., v. J. Xviiaia,
bleibe, sondern nur, dass sie sie mitnehme. Wenn nun aber
iBlnsLv an unserer Stelle diese Bedeutung hat, so ist sofort klar,
dass es ganz ungereimt ist, wenn Iph« sagen soll (wie sie nach
der Yulg. wirklich sagt), dass sie ovx aiCtos die Mutter zurück-
lasse; denn wenn sie dies zugesteht, warum gestattet sie nicht
der Mutter mitzugehen? — Statt nun die Conjectur Hermann's
^i; ttalCfoq zu billigen ')) könnte man vielleicht geneigt sein,
der Stelle durch blofse Interpunction aufzuhelfen, nämlich so,
dass nach y* ein Punct gesetzt und ovk a^ioag als Frage ge-
nommen würde. Aber bei näherer Prüfung der Stelle und bei
genauerer Erwägung des Zusammenhanges derselben mit der
ganzen Scene wird man, meine ich, auch diese Änderung, so
leicht und annehmbar sie auch auf den ersten Blick erscheinen
qdag, nicht billigen. Denn die Worte oi$ OQ&g y" enthalten
dann, weil man sie auf das unmittelbar vorausgehende Xinovöa
^iltiQ beziehen muss, einen sehr befremdlichen Gedanken. Sie
sind entweder ein mattes, unnützes Einschiebsel zur Ausfüllung
des Verses, oder, wenn man sie nicht dafür ansehen will, dann
sind sie eine sdmippische und lieblose Erwiderung der Iph.
Dieser Übelstand wird beseitigt, wenn man mit einer sehr unbe-
deutenden Änderung, bei der aufserdem die Entstehung der Cor-
ruptel sehr leicht begreiflich ist, schreibt dg OQag y\ ovx
äiiiS — . Dabei muss man annehmen, dass Iph. gleich daran an-
knüpfen wollte ötdisiv ddxQV'^ aber durch die Bitte der Kl.
iPX^Si f^q' f^£ XQoXinyg) in ihrer Rede unterbrochen spricht sie
erst im folgenden Verse das vollständig aus, was sie schon früher
sagen wollte, indem sie dabei den Satz von vorn anfängt und
statt des früher gebrauchten ovk al^td nun das synoyme ovx
iä gebraucht. Die ganze Stelle ist somit zu übersetzen: «Kl.
0 Kind, du gehst? Iph. Und zurück werde ich sicher nicht
kommen. Kl. Die Mutter zurücklassend? Iph. Wie du ja siehst,
ich halte es nicht für geziemend — Kl. Halt ein, lass mich nicht
zurück. Iph. Ich lasse es nicht zu, Thränen zu vergiefsen.^^
Diese Änderung wird man, glauben wir, noch annehmbarer fin-
den, wenn man die ganze Scene aufmerksam verfolgt. Iph. fragt
V. 1433 die Mutter, warum sie weint und bittet sie V. 1435 mit
dem Weinen aufzuhören, um nicht sie selbst muthlos zu machen.
Darauf beruhigt sich nun Kl. etwas, bis sie, wie ^ es scheint, bei
") Dieser Conjectur steht ein, wie mir scheint, gewichtiges Bedenken
entgegen. Wie kann nännlich Iph. der Mutter das zumuthen, was
sie ihr mit den Worten ms oQ^g y\ ^ xa^^mg zumuthen würde?
iph. konnte wol im V. 1461 es als ihre eigene Ansicht aussprechen
mg ifiol T£ ao£ tu xdXXiov xods; aber sie kann sich nicht in
der Weise auf das Urtheil der Kl. berufen , wie sie es mit den
Worten mg hQ&g y* thun würde; denn die Ansicht der KI. ist
eine von der der Iph. grundverschiedene und sie würde gegen
jeQe ZumulhuDg unfetilbar Widerspruch erhoben haben.
Zur Kritik und ErkISmng einzelner Stellen etc., v. J, g9i6aia, 189
der Frage der Iph. tig ft' elüiv «£(ov mqIv önafdisiS^ai
ffofii^ ; wiederum in Thränen ausbricht und nun, durch Schluch-
zen unierbrochen, nicht mehr ganze Verse, sondern nur Vera-
Iheile spricht. Iph. geht nun nach V. 1468 fort und da ruft
ihr Kl. nach: cd xixvov^ ot%Bi i^icovöa ii'qtdQ*. Auf diese
einen Vorwurf in sich schliefsende Frage kann Iph. antworten,
dass sie die Mutter deshalb zurücklasse, weil sie bei dem Opfer-
tode ihre Thränen nicht zurückhalten würde. Statt aber dies
gerade herauszusagen, wählt sie eine mildere Form, mit der sie
äer doch dasselbe erreicht; sie sagt: ^wie du ja siehst (näm-
lich an mir), ich halte es nicht für geziemend, ich lasse es
nicht zu Thränen zu vergicisen.'^ Darin liegt selbstverständlich,
dass sie die Mutter nicht mitnehmen wolle, weil diese ihre Thrä-
nen nicht beherrschen und dadurch vielleicht ihr selbst bei dem
Opfertode den freudigen Muth benehmen würde.
Die Handschriften haben : Iph. T. V. 276 ff.
Kai ßoji xvvaybg mg, . . .
IlvXadfiy di9oQ%ag TrjvdB^ trivds d' ov% OQSg
'*Aidov d^anaivttv, mg fic ßovXwttn mavstp
diivaig i%idvaig dg ifu' inofiapkimi,
Hermann schreibt xvvayov £g^ was sich so sehr empfiehlt,
dass man wirklich nur wünschen kann , Bur. hätte so geschrie-
ben. Denn das blofse didoQxag tijvSe steht den Schiiderungen
der beiden andern Furien zu kahl gegenüber. Femer haben wir
im V. 277 eine Art von Anakoluth, indem das r^qvde vorange-
schickt ist, nachträglich die Apposition Z/iidov dQaxaivav hin-
zukommt und nun ohne streng syntaktische Verbindung ein Satz
mit 01^ folgt Bei der Schilderung der dritten Furie bemerken
wir ein Hyperbaton ; denn die regelmäfsige Wortfolge wäre
^(xsifolg igiööst^ TcixQvvov ox^ov^ (iritiQ* ayxakavq l%ov6*^
Q^ iTCsiißttlij. Jedes der beiden Glieder {xtsQoTg — o;k^oi/ und
{iT^tiQ — insfißdXji) ist in zwei Theile zerschnitten und es folgt
auf je einen Theil des einen Gliedes ein Theil des andern Glie-
der. Sowol das Anakoluth als das Hyperbaton malt vortrefflich
den Zustand des Orestes. Nehmen wir nun Hermann's Änderung
auf, so sehen wir auch bei der ersten Schilderung die Auf-
regung des Orestes charakteristisch und analog mit den zwei
folgenden Schilderungen durch die ungewöhnliche Wortfolge be-
zeichnet; denn die regelmäfsige wäre: SidoQxag f^vdsj xwa-^
yov Sg. Beachtenswerth ist alsdann auch der Chiasmus, da dem
xwayov im folgenden Satze '^Aidov dQaxaivav^ dem tfjvde das
zweite tijvSe entspricht, während die beiden Verba dddoQxag
und ovx oQ&g in der Mitte stehen. Endlich ist noch zu erin-
nern, dass die Vorstellung der Furien als Jägerinnen viel passen-
der ist, denn die Vergleichung des Schreiens des Orestes mit
i84 Zur Kritik und Erklärung eiiiEcliiiT Stellen ctc.^ v. J, K9itala*
dem Rufe eines Jägers. Über jene Vorstellung vgl. Aesch. Euin.
160, 230) Stl. Die überlieferte Lesart aber gibt einen etwas
befremdlichen Vergleich. Denn wenn auch ein lautes Schreien
mit dem Jägerruf verglichen werden kann, so fragt es sich doch,
ob die kürzen, abgebrochenen Jagdrufe ein passendes Bild für
die längere Rede des Orestes abgeben.
Ipk. T. V. 494 ff.
OP* t6 ükupov ''A^f9g nax^id* ifi^v i%Bv%OfLui,
I^ nQog ^Bmv ultjMg, a ^iv * bI nsi^ev ysyrng;
Op4 in xäv MvHfivmv, aZ nox' ^üav okßicii.
Kirchhoff schall/i^t nach dem Vorgang der Cambridger Ausgabe
nach Myzi^pav ein / ein. Aber ^ne ähnliche Steilen, wie z. B. I. A.
869. Cycl. 124, 149, besonders i^b6rCycM41 und 280 lehren, dass
yd hier nicht nöthig ist; ja es zeigt sich sogar bei genauerer Be-
trachtung, dasd die überliefert« LesArt weit passender ist. Setzen
wir nämlich yd, dann lässt sich die Antwort des Orestes auf
die Frage der Ipb. so übersetzen: «gewiss ^ und zwar aus My-
kenä, dem einst glücklichen.'^ Die hdschr. Lesart ohne yi ist
aber anders zu erklären. Orestes hatte nämlich der Iph. nach
lAtagem Sträuben in ernstem, feierlichem Tone (man beachte das
iiievxoftai) witgetheilt, Argos sei seine Vaterstadt. Iph. ist
durch diese Hittheilung vor Freude aufser sich und als ob sie
bei der überraschenden Nachricht ihren Ohren kaum trauen
wollte, ruft sie aus: dkij^cSg el xet^ev ysycig. Aller Nach-
druck liegt hier auf dki^^cSg. Orestes aber, der durch sein
Unglück reizbar gewordene Orestes , dessen Antworten fast
durchgängig ein düsteres, mismuthiges, barsches Gepräge tra-
gen^ fasst diese Frag« als einen Zweifel an seinen Worten auf,
Und so liegt denn auch in der vorliegenden Antwort der Sinn:
14 Aus Mykenä bin ich, wenn du es gründlicher wissen willst;
wenn Mykenä in Argos liegt, so muss ich doch wol ein Argiver
sein.^ — Dass wir damit nicht allzu viel in die Stelle hinein-
tragen, sondern dass die Antwort wirklich diese Färbung trägt,
das lehrt die Betrachtung der angeführten Parallelstellen. So ist
es^ Um ein einziges Beispiel herauszuheben, Cycl. 141. Odysseus
katte dem Seilenos gesagt, Maron habe ihm den Wein gegeben.
Diesen HaroA kennt aber Seilenos ganz gut: hatte er ihn doch
selbst grofsgeaogen. In freudiger Überraschung ruft er darum
aus: c<Der Maron, den ich auf diesen meinen eigenen Armen
herangezogen habe?'^ Odysseus fasst dies aber so auf, als ob
Seilenos schwer begreife oder nicht begreifen wolle und er-
widert etwas gereist: o Buxxiov TCatg, tig ca<pdot6QOv ud-
^g. — Das yd in einer Antwort schliefst oft in sich die Be-
jahung der gestellten Frage und die Mittheilung von etwas neuem.
2ar Kritik und Erklärung einMlner Stellen etc., x. IR MimUek. 185
i&t Fragende gar nicht erwartete *); es bat also eine
aolelie Antwort das Gepräge der Mittheikamkeit und einer ge-
wttaen Bereitwilligkeit, den Fragenden über alles aufzuklären.
FeUt hingegen yi, so kann die Antwort leicht etwas schroffes
und spitziges haben. Wir können V. 496 (nach Analogie von
Cyd. 141) am besten erklaren: ixtäv MvxiprmVy 6göaq>i9%B^
Prag. J. Kvicala.
Tac, AffHc, c. P.
Aus dem Satze UrUUHam ei adroganUam et üvariäam
exuerüt\ scheinen die Worte et avaritiam als unecht entfernt
werden zü müssen. Wex verwirft den ganzen Satz , nicht der
Schwierigkeiten in Betreff der avariiioy sondern des misverstan-
deaen Verbalbegriffes exuere wegen. Doch seine Echtheit im
Ganzen unterliegt keinem Zweifel (vgl. Kritz); nur die oben
genannten Worte werden auszuscheiden sein. Umsonst haben
sich die Ausleger bemüht, das Substantivum anaritia neben den
beiden andern durch höchst gezwungene Definitionen zu erklären.
AvarUia bleibt die Habsucht und passt daher durchaus nicht in
den Kreis der Gedanken, welche der Schriftsteller eben mit den
Worten ^trisn'tiam et adrogantiam exuerat* entwickelt. Diese
sollen doch wol das vorausgehende nulla ultra pote$tati$ per-
sona gewissermaßen noch erläutern , indem in ihnen Eigen-
schaften als fremd dem Wesen des Agricola bezeichnet werden,
welche aus der zu strengen Wahrung der Amtsmiene, aus einem
Zuviel in der severitas und gratritas entspringen. Daran schliefst
sich in dem Satze 'nee HU . , , .* ein engverwandter Gedanke,
auch äufserlich durch das frühere veranlasst, an. Was will nun
in solcher Umgebung die plötzliche Erwähnung der Habsucht?
Sollte das Wort dem Schriftsteller wider Willen zu früh ent-
schlüpft sein, und er die Störung nicht bemerkt haben, welche
es in die streng logische Darlegung seines Charakterbildes
bringt? Erst mit 'integritatem u. s. w.' sagt Tacitus, einer
anderen Seite im Agricola sich zuwendend, dass derselbe auch
*) So ist z. B. in Eiir. Hipp. 94 f., wo der Diener fragt: iv ^
svnQOGTjyoQOtaiv iazt zig z<)^9^?; <lie Erwiderung des Hippolyt:
nlsiatri y« %(d nigdog ys cvv (loxOtp ßQ€L%st nicht eine blofse
bejahende Antwort, sondern Hippolyt überbietet damit gleich-
sam die Frage., indem er nicht einfach zugesteht, dass xaQig
Tis stattQnde, sondern behauptet, dass sich die xäifi'S im höchsten
Grade zeige.
ZatUehrift f. d. öst«rr. Oymnat. 1860. HI. H«ft. 1 4
186 Zur Kritik und Brkiftrung einzelner Utellen etc., <r. W. KlmtUM.
die Habgier nicht kannte. Ans dieser Erwägung des Zusamraen-
lianges ergibt sick, wie mnr scheint, oiizweifelhaft die UneAt-
heit der Worte eC apariiiam. Weiter aber folgt daraus , dass
diejenigen sich einige Cbereilurig zu Schulden konrunen lassen,
welche dem hier dodi ganz unhaltbaren et avariUmm zu Liebe
den ganzen Satz: 'iniegrUatem aique abHinentiam in tmnio
Piro referre iniuria virtuttnn fuerit* als Einschiebari verdäch-
tigen^ weshalb sie auch innerhalb desselben das in tmnto viro
ohne hinreichenden Grund beanstanden (so Ritter und nach ihm
Hälsenbeck im Progr. des k. k. kathol. Gymn. in Teschen 185>^).
— Nun fragt es sich, wie die in Rede stehenden Worte in den
Text gerathen sind. Wahrschcinisch entstand durch Dittographie
des adrogafUiam das verstümmelte a..r.Mam^ welches ein Ab-
schreiber ohne Rdcksiehl auf das folgende durch Conjectur in
anaritiam verbesserte, was die Versetzung eines ei nothwendig
madite, offenbar von dem Wunsche geleitet, durch diesen Zu-
satz den Agricola gleich aadi von diesem Cardinallasser aller
ProvinziaUStatthalter frei erklärt zu wissen, — oder die Worte
et avariCiam bildeten urspitünglich eine in der angegebenen Ab-
sicht gemachte Randbemerkung, die sich unvermerkt in den
Text eindrängte.
Leitmeritz Wzl. KlouJek.
Zweite Abtheilung.
liiterarisohe Anseilen.
GrammatikeB der italienischen Sprache.
Erster Artikel.
Von der Redaclion dieser Zeitgehrift freundlichst eingeladen , die
lM«ie«ten in DeulAcMand erschienenen^ Lehrmiltel tur Erlernung der
Üalienisehen Sprache zum Gegenstände einer Besprechung su maehen,
halle ich für nütslich einige Bemerkungen über den Zustand und die
iMitffnisse des italienischen Unterrichtes voraniurichicken. Die Pest-
stellung einiger Geticbtspuncte wird es ermöglichen, manchen Ausspruch
durch bloCse Anführung der Thatsachen zn rechtfertigen fnnd manche
Wiederholuag zu vermeiden.
Der Zweck y den man bei Erlernung einer fk*emden, vorzuglich
einer neueren ^ Sprache erstrebt, ist ziemlich verschiedenartig; und
ebeaso verschieden müssen sich natürlicherweise die Mittel gestalten,
die angewandt werden, um denselben su erreichen. Sind die Beziehun-
gien , in denen man zum fremden Laude steht , keine näheren , so be^
sohränkt sieh d(is Studium der bezüglichen Sprache gewöhnlich auf eine
relativ geringe Anzahl gebildeter Leute, die sich aus wissenschaftlichem^
zunichst literarischem, Interesse denselben widmen. Die Sprache er-
scheint dabei lediglich als eines der Mittel für den ebengenannten Zweck ;
das Studium der Geschichte» das Reisen in's fremde Land u. s. w.
tragen dann wesentlich datu bei, das Volk und seinen Geist, wie er
ach in Sitten und Sprache kundgibt, zu studieren und sich dem er-
strebten Ziele, dem kemitnisvollen Genüsse der literarischen Erzeugnisse,
XU uabera — Wenden wie diese Betrachtung auf das Verhältnis Deutsch-
lands zu Italien an, so finden wir, dass letzteres Land die mächtige
Wirkung, die es auf jedes Volk ausübt, auch auf die Deutschen zu
äufsem nicht verfehlte. So hat es, um uns blofs auf die Literatur zu be*
schränken, eine Zeit gegeben, wo die italienische Dichtung, fireilich erst
die sj>ätere schwächliche, einen bedeutenden, wenn auch nicht gerade
segensreiehen Einfluss auf die Entwickeking der deutsclMu Literatur
14*
188 Orammatiken der italienischen Sprache, ang. v. i. Muiiofia.
gewann; und auch seither hat es in Deutschland nie an Männern ge-
fehlt, die sich mit besonderer Vorliebe der italienischen Literatur wid-
meten, und sich sogar durch die derselben geleisteten wesentlichen
Dienste ein Anrecht auf die Dankbarkeit der italienischen Nation in nicht
geringem Grade erwarben. Die Wahrheit nun der Behauptung , dass
man ohne gründliche Kenntnis der Sprache zum vollkommenen Genüsse
der Literatur nie gelangen könne, diese Wahrheit, welche für die clas-
sischen Sprachen schon seit lange anerkannt ist, musste bei der Gründ-
lichkeit, mit welcher die Deutschen jedes Studium betreiben, nothw endig
zur Abfassung wissenschaftlicher Grammatiken anregen, solcher näm-
lich, die, zwar nicht jedem Anfänger zugänglich, ein tieferes Eindringen
in den Geist der Sprache, wie sie von den besten Schriftstellern gehand-
habt wurde, erleichtern sollten. Hier bieten sich zuerst die Namen von
Fernow und Jagemann dar, deren Werke viel schätzenswerthes
enthalten, aber unter anderen Mängeln den wesentlichen gemeinsam haben,
dass sie, zwischen der praktischen und der rein theoretischen Richtung
schwankend 9 weder in der einen noch in der anderen vollkommen ge-
nügea Überdies sind ihre Grammatiken schon lange aus dem Buch-
handel verschwunden, und an eine Wiederbelebung derselben dürfte wol
Ifaum mehr Jemand denken. Ein höheres Ziel steckte sich der auch
um die italienische Literatur verdiente Blanc; er wollte eine wissen-
schaftliche Grammatik verfassen, und dies ist ihm auch zu gutem
Theile gelungen; noch heutzutage nimmt sein Werk (1844 erschienen)
den ersten Platz unter den Werken jener Art ein. Einen wesentlichen
Vortheil schöpfte Blanc aus dem Umstände, dass es ihm möglich war
die Forschungen Friedrich Diez's zu benützen, und in der Tbat sind die
Laut- und die Formenlehre (die Wortbildungslehre nahm er nicht auf)
die am umständlichsten und gediegensten bearbeiteten Theile seines
Werkes. Eine zweite Ausgabe oder ein neuer Bearbeiter hätte da man-
ches hinzuzufügen, einiges zu berichtigen oder anders zu ordnen ; am
Gnindplane wäre ohne Nachtheil für das Buch nichts zu ändern. Es
braucht aber kaum erwähnt zu werden, dass die historische Auseinan-
dersetzung des Ursprunges und der allmählichen Veränderung von Lau-
ten und Formen eigentlich ein für sich bestehendes Studium bilden,
die einzelnen Wortformen und Wortelemente haben eine von dem Zwecke,
zu dem die Worte verwendet werden, unabhängige Bedeutung, welche
zu ergründen in das Gebiet der Linguistik gehört. Die genaueste
Kenntnis solcher Thatsachen und der sie bedingenden Gesetze trägt
nicht wesentlich zur Kunde der eigentlichen Sprache, zum Verständnisse
der literarischen Erzeugnisse bei. Dazu soll die Syntax dienen in jenem
weiten Sinne des Wortes , welcher diese Lehre einerseits mit der Sti-
listik, anderseits — in Bezug auf die jeder Nation eigenthümlichen
Redeweisen — mit der Lexikologie verbindet. In dieser Richtung nun
ist Blaues Grammatik sehr lückenhaft; die Behandlung der SaUlcbre
steht bei ihm in gar keinem Verhältnisse zu der der Laut- und Formen-
Oranmatiken der ilalieniscben Sprache, nng. v. A, Mu$9äßa. 189
lehre, sie ist nar fragmentarisch. Dieses Gebreehen zeigt sich schon in
dem Umstände anfs denilichste, dass Etymologie und Syntax nicht
getrennt, sondern mit einander nach Redetheilen vermischt vorkommen.
Eine solche Einrichtung, die schon bei gewohnlichen Lehrbüchern sehr
naehtheilige Folgen mit sich führt, wird beim Werke Blanc's um so
loblbarer, als sie sich nicht einmal durch den vermeintlichen prak-
tischen Nutzen entschuldigen lasst. Dadurch soll das Verdienst des
hochgeschätzten Mannes nicht im geringsten geschmälert werden, viel-
mehr erklärt sich jeder, der mit dem Zustande grammatischer Studien
in Italien vertraut ist, das Verfahren desselben sehr leicht, und kann
nicht umhin seinem grofsen Fleifse das gebührende Lob zu zollen. Denn
eine Syntax, welche den Anforderungen der Wissenschaft auch nur an-
nähernd entspräche, ist noch zur Stunde auch in Italien ein frommer
Wunsch. Wann und in wie weil derselbe befriedigt werden wird , ist
schwer abiusehen, da bei den meisten Gelehrten Italiens die Ansicht
vorherrscht, man könne seine eigene Sprache nur durch aufmerksame
Leeture grolser Schriflsteller und durch Umgang mit dem rein sprechen-
den Theile der Nation mit gutem Erfolge lernen , während die Anhän-
fbng von Regeln diesem Studium eher zum Schaden als zum Nutzen
gereiche, Gewiss lassen sich in einer lebenden Sprache, die wie alles
Lebende stetem Wechsel unterworfen ist, keine festen Regeln aufstellen;
gewiss bietet eine mäfsige Freiheit in der Handhabung der Sprache eine
gröbere Mannigfaltigkeit und Selbständigkeit: dies alles hindert aber
nicht, dass eine anspruchslos verfasste Syntax wesentlich dazu beitragen
wurde die Einsicht in die Sprache zu erleichtern. Ich sage anspruchs-
los; denn wenn überhaupt jeder Grammatiker, so muss der italienische
Grammatiker insbesondere berichtend, nicht gebietend auftreten, der
dogmatischen Methode fast in allen Fällen die historische vorziehen,
kurz, seine Formel darf nicht lauten: Es muss so gesagt werden; viel-
mehr: In der und der Zeit, bei dem und dem Schriftsteller finden wir
diese Wendung, später trat diese andere ein u. s. w. Gelegentliche An-
deutungen ttber den historischen oder logischen Grund der verschiedenen
Wendungen würden der Darstellung wol nützen, nur müssten sie kurz,
einleuchtend und fern von jeder Spitzfindigkeit sein; denn das wesent-
liche bleiben doch die Thatsachen. Eine solche Arbeit wäre, wie ge-
sagt, gewiss von gröfstem Nutzen für den Italiener selbst ; unentbehrlich
wird sie jedem Deutschen, der, an Gründlichkeit gewöhnt, den Bau der
fremden Sprache so genau als möglich zu kennen wünschte. Diese Auf-
gabe gehört aber keineswegs zu den leichtesten^ denn einmal muss sie
fut gänzlich auf eigener Bearbeitung des weit ausgedehnten Feldes be-
ruhen — das Sammeln der zahllosen unzusammenhängenden Notizen
wäre bei weitem mehr zeitraubend und unerquicklich als das Studium
der Quellen — anderseits dürfte dabei nicht wie bei todten Sprachen
verfahren, sondern es müsste dem besseren Gebrauche der Zeitgenossen
vollkommene Rechnung getragen werden, weshalb eine bedeutende Fer-
190 Gfanmaliken dei italienischen Sprache, aug. v. A. Muuefia.
tigkeit in der Handhabung der Sprache und ein ausgebildeter Sinn fir
ihre feineren Nuancen als unerlassliche Bedingungen erscheinen. Da nun
der Deutsche zu ersterem Punctc zwar die nöthigc Geduld und Beob-
aohtuugsscbärfe mitbringen wurde, sich aber die zweite Eigenschaft nur
sehr schwer aneignen kann i <ier Italiener dagegen den Geist seiner
Sprache zu ergrunden wol eifrig bemüht ist, aber zu einer geordneten
Darstellung der Weise, wie sich derselbe kundgibt, keinen Beiz fühlt:
so ist es leicht zu erklären, warum man noch immer kein Werk besitzt,
wie ich es oben in Kürze anzudeuten versuchte. Di« Bodeutuog jedoch,
welohe die neueren Literaturen immer mehr und mehr erlangen, be-
rechtigt zu der Hoffnung, dass sieh früher oder später in Deutschland
Jemand mit Kenntnis und Liebe an diese Arbeit machen werde. Gewiss
wird es niemand unbillig finden, dass man von Deutschen eine Leistung
erwarte, die man mit gröberem Rechte von den Einheimischen fordern
wurde. Findet doch dasselbe Verhältnis in Bezug auf das Französische
statt. Allerdings haben französische Grammatiker ihre Sprache sehr genau
untersucht: über eine engherzige Anhäufung von Regeln und Ausnahmen
sind sie jedoch nicht gekommen; und, durch dogmatische Aussprüche
nur zu häufig die Freiheit der Sprache hemmend, gelang es ihnen nie
echte WissenschaftUchkeit zu erreichen. Deutschland dagegen hat einige
Arbeiten aufzuweisen, welche neben der feinsten Kenntnis der Sprache
in allen ihren Entwickeln ngsperioden eine tiefe Einsicht in das Wesen
derselben von Seite der Verfasser bekunden. Die Grammatik Mätzncr's
hier namentlich anzuführen ist nicht ohne Nutzen , da das Erscheinen
eines ähnlichen Werkes für das Italienische sehr wünsohenswerth wäre.
Bis dahin wird noch immer lür jeden, der einen höheren Zweck ver-
folgt, die Grammatik von Blanc das einzig zu empfehlende Werk sein.
Ich gehe nun zu einer anderen Gattung von Lehrmitteln über, zu
jenen nämlich, welche bestimmt sind die Anfangsgründe der Sprache
beizubringen, zu den Lehrbüchern im engeren Sinne des Wortes. Ihr
Zweck ist ein anderer : sie sollen die Kenntnis der Sprache für eine die
verschiedensten Abstufungen von Verstand und Bildung enthaltende
Menge vermitteln ; sie dienen als erste Stufe des Unterrichtes ebenso
Qir den Uandlungsschüler , dessen gröfster Ehrgeiz darin besteht einen
kaufmännischen Brief mit möglichst wenig Fehlern zu schreiben, wie
für den Gelehrten, der in einigen Jahren Forschungen über italienische
Literatur anstellen wird. Daher die grofse Anzahl solcher Lehrbücher,
weiche besonders in jenen Ländern erscheinen, wo in Folge geographi-
scher und politischer Verhältnisse die betrefifende Sprache sieh einer
gröfiseren Verbreitung erfreut, und deren Verfasser man schon weniger
unter den Männern der Wissenschaft zu suchen bat Die kritische Be-
sprechung solcher Bücher ist gewöhnlich eine misliche Aufgabe. Man
möchte gern jeder Wissenschaftlichkeit entsagen . ja sogar jeden Prunk
mit etwas derartigem als schädlich erklären; anderseits kann man das
unwahre nicht gleichgiltig hinnehmen, denn es ist doch einer der be-
Grammatiken der italieoischen Sprache, ang. v. A. Muua/Im. 191
wikrtesteo paedagogigchen Sätse, das» jede weitere Stufe des Unter-
richtes wel ergansend, aber nie berichtigend, lu wirken habe. Das
Handwerk treibt überdies hei solchen Buchern ganz besonders seinen
Oofug; neue^ leichtere Methoden werden jeden Augenblick verjieirsen,
und je Kühner die Versprechungen, desto gröfser ist gewöhnlich die Tau-
srhnng. Der erste Mafestab, welchen man demnach bei der Beurtheilung
solcher Rücher anlegen muss , ist der Grad von Kenntnissen , die der
VeHasser in der Handhabung der Sprache seigt Man sollte zwar meinen»
daas die jedem Lehrer obliegende Pflicht, seinen Gegenstand genau lu
kennen, von demjenigen am lebhaflesten gefühlt werden müsste, der
seine Belehrungen auf eine weit gröfsere Aniahl von Menschen berech-
net; und dennoch weifs jeder, der einige Vertrautheit mit Sprach-
boaticni hat, wie selten deren Verfasser eine solche Meisterschaft der
Sprache bekunden, dass man ihnen die Fähigkeit xumuthen könnte, in
derselben einige Seiten mit Reinheit und Ceioem Gösch macke zu schrei-
ben. Stöfst man also in einem solchen Lehrbuche auf Wörter und be-
sonders auf Wendungen, die dem Gebrauche widersprechen, fliefst nicht
durch dasselbe eine reiche und reine Ader lebendiger Sprache , so ist
dasselbe unbedingt zu verwerfen, möge es auch mit sehr schöner und
leichter Methode verfasst sein; denn es nützt am Ende äuCscrst wenige
mit bester Methode dürftiges oder verfehltes zu lernen. Ich kann nun
nicbi laugnen, dass hei Vergleichung der von Deutschen und der von
llalienom verfasstea Büchern dieser Art man im allgemeinen unter den
ersteren *- lob vermeide es absichtlich Namen zu nennen — wol einige
findet, welche von Gewohnheit in grammatischer Genauigkeit und von
ernsterem Streben zeugen, die aber zu gleicher Zeit in den angeführten
Beispielen und Übungen nur zu deutlich verrathcn, dass ihre Verfasser
in der Handhabung der Sprache keineswegs so fest sind, um ihre eigenen
Schüler zu einem weiten Ziele führen, geschweige denn ihre Collegeu
dabei unterstütsen zu können. Die Italiener trifift dann der entgegen-
gesetzte Vorwurf; sie bieten vielen Stoff, freilich nicht immer edelster
Art, verstehen aber selten denselben geschickt zu bewältigen.
Reichthun und Reinheit der Sprache (über letztere wird weiter
unten die Rede sein) als wesentliche Bedingung eines ersten Lehrbuches
vorausgesetzt, bleibt noch die Frage zu erledigen, welches der kürzeste
und leichteste Weg sei, um sich die ersten Kenntnisse in einer Sprache
zu verschaffen. In dieser Beziehung kann man zwei Arten von Lehr-
büchern unterscheiden: die systematischen (methodischen) Grammatiken
und die tJbungsbücher. Erstere führen gewöhnlich ihren Namen mit
keinem guten Rechte, denn sie erfüllen nicht die vorzüglichste Bedi»-
gung eines grammatischen Systems: strenge Scheidung der verscbie«
desen Lehren. Man findet nämlich in denselben Formen und Fügungen
nach Redetheilen hinter einander vorgetragen, welchen dann, gleichsam
als Anhang, und auch dies nicht immer, dürftige Notizen über den Satz»
bau beigefügt werden. Daraus ergeben sich zwei tlbelstande. Erstens
192 Grammatiken der italienischen Sprache, ang. v. A, MUBSafla.
bestehen in der Sprache die Redethei le nicht nach einander y sondern
neben einander; so kann z. B. nicht der einfachste Satz gebildet wer-
den ohne Hilfe des Zeitwortes, dessen Lehre bei methodischen Gram-
matiken erst gegen die Mitte des Werkes zu treffen ist; einen Satz zu
bilden, in dem ein Adverbium vorkommt, ist nur dem möglich, der
sich schon durch den ganzen dickeu Band gearbeitet hat; und dies gilt
ebenso von allem anderen. Für Sprachen, welche, wie die italienische,
höchst einfache Flexionen haben, passt eine solche Methode am aller-
wenigsten, und ist jene, welche auf den Satzbau ihr besonderes Augen-
merk richtet, viel erspriefslicber. Anderseits berücksichtigen die metho-
dischen Lebrbucher nur eines der Momente einer Sprache, das gram-
matische, während sie das leiikaliscbe ganz aufser Acht lassen. Da
wird nicht die geringste Sorge getragen den Sprachstoff in allmählicher
Stufenfolge mitzuthcilen; vielmehr wird er gleichsam schon ganz vor-
ausgesetzt. Dieses zweite Gebrechen ist besonders empfindlich, und es
ist kein Mittel vorhanden ihm abzuhelfen ; dem ersten sucht man ge-
wöhnlich dadurch vorzubeugen, dass man dem Gange des Buches beim
Unterrichte nicht folgt, sondern bei der Behandlung eines Redetheiles
schon auf die anderen hinweist. Von dieser Vortragsweise zu der der
Übungsbücher ist nur ein Schritt ; nichts war daher natürlicher, als dass
man sich von mehreren Seiten veranlasst fühlte, die gleichzeitige Be-
handlung der Redetheile, der man sich im mündlichen Vortrage unmög*
lieh entziehen konnte, in gedruckten Lehrgängen zu fixieren, und dabei
den höchst wichtigen Vortheil zu erlangen , nicht blofs die Gesetze,
sondern auch das Material der Sprache in einer gewissen Gradation
mi tzutheilen. Es entstand die Methode der Übungsbücher, welche man
mit verschiedenen Erfindernamen benennen hört, die aber aus innerer
Nothwendigkeit ebenso alt sein muss als überhaupt fremde Sprachen
gelehrt werden. Aber auch gegen diese Methode werden manche Be-
denken rege. Denn einmal ist die t^ixierung des praktischen Verfahrens,
welches nach den Umständen der Lehrenden und Lernenden die mannig-
faltigsten Gestaltungen erfordern kann, ziemlich schwierig; anderseits
kann das Recht, sich an keine bestimmte Ordnung zu halten, zum Vor-
wande der gänzlichen Verworrenheit dienen: bei den gröfsten Unge-
reimtheiten kann man sich auf den praktischen 'durch eigene lang-
jährige Erfahrung erprobten* Werth berufen. Beispiele sind nur zu viele
Torhanden. Daher besteht bei vielen, und gerade bei den tüchtigeren
Lehrern, eine nicht ungerechte Scheu Tor solchen Übungsbüchern, und
sie ziehen beim Unterriche in der Regel eine geordnete Grammatik vor,
die den Lehrer in seinem Verfahren nicht bestimmt, sondern ihm den
praktischen Weg frei lässt, welchen er nach den Verhältnissen für den
besten hält. Indessen hebt der Misbrauch den Brauch nicht auf. Selbst
eine mitteimä(sige systematische Grammatik wird viel bessere Dienste
leisten als ein ungeschickt eingerichtetes Übungsbuch; ist aber letzteres
mit Verstand bearbeitet , so wird es jedenfalls einer Grammatik vorzu-
WI§§erB Grammalik der italienischen Sprache, aDg. v. A, MuSH^. 193
sieben sein, welche durch Nichtbeachtung des Wortvorrathes und Nacb-
einanderreihen der Redetbcile den praktischen Vortrag erschwert, und
dennoch , indem sie die verschiedenen Lehren vermengt und die bisto-
riseben Verhältnissen nicht berücksichtigt , keinen Anspruch auf Wissen- ,
sehafUicbkeit machen kann. Von einem guten Obungsbuche bat man
nun, meiner Ansicht nach , zu fordern , dass es wirkKcb den Spracb-
vorratb, den es aufnimmt — Wörter, Flexionen und Fugungen, — in
einer geordneten Reibenfolge und nach einem durchdachten Systeme
eintbeile , und dabei besonders die SatEverbaltuissc berücksichtige.
Wovor mau sieb am meisten zu hüten hat, ist das Vorgreifen: keine
Form, keine Wendung darf aufgenommen werden, welche in ihrem Zu-
sammenbange mit den analogen dem Lernenden nicht erklSrlicb wäre.
Ein Obungsbucb. welches etwas anfuhrt, das man ohne Bewusstsein
auswendig lernen muss, entsagt dem ganzen Vortbeile der Methode, und
verliert dadurch seine Berechtigung. Endlich muss eine derartige Arbeit
sich zum Gesetze machen, dem Lernenden wol vieles vorzuenthalten,
nichts aber auf eine unrichtige Weise darzustellen . vielmehr einen
soleben Weg einzuschlagen , dass selbst derjenige , welcher spater das
höchste Ziel erreichen will, denselben nicht zu verlassen braucht.
Von diesen allgemeinen Betrachtungen wende ich mich nun zur
BespreebuDg einiger der neueren Erscheinungen auf diesem Gebiete, in-
dem ich dabei mit einer Arbeit den Anfang mache, welche eine um so
gröfoere Aufmerksamkeit zu verdienen scheint, als sie die bisher ge-
machten Bemerkungen in mehr als einer Hinsicht bestätigt ; nämlich mit
der Grammatik der Hm. Julius und Moritz Wiggers.
1« Wiggers, Julias und Moritz. Grammatik der italienischen
Sracbe nebst einem Abrlss der italienischen Metrik. 8. (X u. 448 8.)
Hamburg» Ht)ifmann und Campe, 1859. — 1 Thir. — 2 fl. ö. W.
Die Verfasser, unzufrieden mit der Weise, wie neuere Sprachen
gewöhnlich vorgetragen werden , stecken sich ein höheres Ziel vor.
Die Sprachformen sollen nicht blofs mechanisch beigebracht werden , es
soll auch ihr inneres Wesen beobachtet und klar dargestellt werden.
Die Grammatik muss auf die Geschichte der Sprache und auf die Eigen-
tbümlicbkeit des Volkes , das sie spricht , Rücksicht nehmen. Das
Sprachmaterial ist vor allem aus den grofsen Schriftstellern des 14.
und 16. Jahrhundertes zu holen, dabei sind aber die vorzüglichsten
Autoren jeder Zeit wie auch die neueste Tageslite'ratur zu berücksich-
tigen. Dadurch soll wissenschaftlicher Werth, mit wahrhaft praktischer
Brauchbarkeit gepaart, erzielt werden. Wie man siebt, stimmt das
Programm in diesen allgemeinen Omrissen so ziemlich mit dem von
mir entworfenen über ein, und dennoch scheitert die Ausführung an den
oben angedeliteten Schwierigkeiten so vielfältig, dass ich bei dem vielen
guten, das ich in der Wiggers'scben Grammatik mit Freude und Dank
bezeichnen will, dennoch werde zu dem Schlüsse kommen müssen, dass sie
194 Wippers Grammatik der italienischen Sprache, ang. v. i. Mussafta.
dem Vorhaben der Verfasser nicht entspricht, und den Bedürfuisseu der
Lernenden bei weitem nicht Genüge leistet. Auf den (Jmtitand, dass es
fast unmöglich erscheint mit dieser Grammatik den ersten Unterricht
zu beginnen, will ich am wenigsten Gewicht logen, da ich meine A.n-
siebt über diesen Punct oben schon hinlänglich auseinandergesetzt habe.
Daher rechne ich es auch dem Bucho nicht als Mangel an, dass es keine
Obungen enthalt, denn ich will es als eine Grammatik ansehen, die be-
stimmt ist denjenigen, die schon einen hinlänglichen Keichthum au
Worten und einige Fertigkeit in den Formen und einfachen Wendungen
besitzen» ein systematisches Bild der Sprache vorzuführen, und das tiefere
Eindringen in das Wesen derselben zu erleichtern.
Dies ist der praktische Zweck, nach dem ein solches Werk
streben soll> und der desto eher erreicht wird, je zahlreicher die an»
geführten Thatsachen sind, je durchdachter die innere Oekonomie des
Werkes und je deutlicher die Darstellung ist Nun will es mir scheinen,
als hätten die Verfasser diesen Bedingungen nicht die gebührende Rech-
nung getragen. Von den zwei Richtungen grammatischer Forschung,
der historischen und der philosophischen, vernachlässigtea sie die erste
fast ganz, um der zweiten einen hervorragenden Platz einzuräumen.
Wahrscheinlich leitete sie dabei der Gedanke > dass es, um die Formen
richtig zu gebrauchen , genügend sei ihr Vorhandensein zu kennen,
während die syntaktischen Wendungen nur demjenigen in ihrer Bedeu-
tung vollkommen klar werden , welcher die ihnen zu Grunde biegenden
Beziehungen richtig erkannt hat. Ich meine jedoch, dass eine Gram-
matik, welche, einen wissenschaftlichen Weg einschlagend, die Kenntnis
des Lateinischen voraussetzt, nurmehr die Darstellung der geschicht-
lichen Entwickelung der Sprache selbst dann nicht unterlassen durfte,
wenn sich dadurch die Schwierigkeiten für den Lernenden vermehren
sollten: sie darf es aber um so weniger, als durch die historische Dar-
stellung in der That das Studium der Formen bedeutend leichter und
anziehender wird. Wie viele Verbalformen, um nur ein Beispiel anzu-
führen, scheinen sehr unregelmäfsig und müssen von dem Laien unver-
standen dem Gedächtnisse eingeprägt werden, die sich dem des Latei-
nischen Kundigen aus allgemeinen Lautgesetzen ganz einfach erklären.
Anderseits lehrt dann die Erfahrung , dass weitläufige Erklärungen und
umständliche Analyse der Gedanken zur Auffassung syntaktischer Ver-
hältnisse nicht sonderlich beitragen, und dass der Raum und die Auf-
merksamkeit, welche auf solche Erörterungen verwendet werden, mit
gröfserem Nutzen der Anführung noch zahlreicherer Facta gewidmet
werden sollten. Ich halte es kaum für nöthig hinzuzufügen, dass ich
damit nur die auf Kosten anderer Disciplinen ausgedehnte Anwendung
eines an sich richtigen Grundsatzes hervorheben wollte; denn da ich
weit entfernt bin dem Empirismus unbedingt das Wort zu reden, so
fallt es mir auch nicht bei zu längnen, wie wichtig, ja wie nothwendig
die Erörterung der logischen Gesetze der Sprache ist
.mfiKfr# Grammatik der italienificheD Sprache, ang« ▼. A Mmaaßi. It5
Die Laut! ehre hi, nach dem gesagten , sehr kurz und enUuUi
nur die Regeln der Avsspraohe , unter denen hie und da einige Andeo-
tungeii über die Verwaadlung des einen oder des anderen lateinischen
Laute« eingestreut bM, Diese sind aber hier so wenig an ihrem PUlie»
das« zur selben Zeit, als man den Abgang einer grtindliclMii Lautlehre
bfflauerty man dennoch diese einseloen unsusammeohangenden Notizen
gern vermissen wurde '). Ebenso hat g. 4 , der von den Gonsonante»-
?<rhiiidungeB handelt, keine Berechtigung. Denn ist es auch von dem
Standfwnote des Lateinischen sehr wichtig au untersuchen, wie die be-
sItiMndnn Verbindungen behandelt wurden und welche neue hinzuge*
kommen sind» so bietet sich vom rein italienischen Standpuncte niohiii
derartiges zur Betrachtung. £s ist eben nur ein abgerissenes Stuck aus
der historischen (.autlehre. Ich will nun einige Bemerkungen feur Lautr
lehre folgen lassen.
Was von den Diphthongen gesagt wird ist mehrCach unrichtig.
Nach der Meinung der Verfasser (8.2) entsteht im Italienischen aus der
VtfbtnduBg mehrerer Vocale 'niemals ein Doppellaut,' so dass es nur
eine metrische Freiheit Ist, wenn im Verse das Wort miei nicht drei-
sylbigy sondern zwei- oder einsylbig ist« Damit wird ohne weiteres
dM9 verglichen, welches manchmal zweisylbig vorkommt, so dass eine
entschiedene und sehr seltene Ausnahme mit dem, was nicht nur im
Verse, sondern auch in Prosa Regel ist , vermengt wird. Miei ( » lat
mü) kann in keinem Falle dreisylbig ausgesprochen werden ; es enthalt
einen reinen Diphthong -/«-, und einen unreinen »et- ; je nachdem man
die unreinen Diphthongen beurtheilen virill, ist das Wort als zweisylbig
oder einsylbig au betrachten. Befremdend ist es aber , dass die Verf.
gleich darauf ihrer Ansicht widersprechen, indem sie in der Verbindung
U0, die einem betonten lateinischen d {ö nur bei ttö90 aus öPum) ent-
spricht, wirklich einen Diphthong erkennen. Man musste meinen, dass
zwischen den zwei ganz parallel laufenden Vorgängen ie aus if und ue
aus ö nicht der geringste Unterschied zu machen wäre, und folglich
miei und gimeo vollkommen gleichgestellt werden sollten. Dass ursprüng-
liches tt0 getrennt ausgesprochen werden muss, ist ganz richtig; nur
halten die Beispiele, wo der Ton auf o fällt -fhUiuoeO' von denen
unterschieden werden müssen, bei welchen der Ton auf u fällt -mo-i
denn im ersten Falle nähert sich die Aussprache des uo der eines Diph-
thonges bedeutend, während das zweite Wort ganz entschieden zwei-
') Eine Ungenauigkeit des Ausdruckes scheint es mir zu sein, wenn
es S. 4 heifst, die Orthographie verändere ein ursprung-
liches ^ in r und umgekehrt: atere aus habere, serbare neheh
servare. Auch ist es nicht ganz richtig, wenn S. 6 vom J gesagt
wird, dass es vor a i» an die Stelle des lat. r getreten seL Es soll
heifsen: des lat. ri (oO, denn r ist eigentlich ausgefallen und das
consonantierte ^geblieben. Ebenso entspricht % niehl lateinischem if
(S. 7), sondern Ist di (40» dem ein andeier V4>cal folgt i ra9W
aus radius, ra%%o aus rudius, nicht aus rudk u. s. w.
196 \Vi§§ett Grammatik der italienischen Sprache, ang. v. i. Muuafa,
sylbig ist *). In tuoi endlich ist uo nicht ursprünglich ; einer der zwei
Vocale wurde eingeschoben ^ und aller Wahrscheinlichkeit nach haben
wir wieder ein Beispiel der gewöhnlichen Umwandlung von öi aus lal.
M^ 9Öi wurde nämlich ital. itto/> wie ital. scuoio aus excülio, zu-
nächst txcötio, gebildet ist
S. 3 Nr. 4 enthält ebenfalls einen Widerspruch. Wir lesen zuerst:
'unter die Regel, dass jeder Vocal für sich ausgesprochen wird, fallen
auch die Verbindungen gu und ^tf mit folgendem Vocale: guardia, gueiid
und unmittelbar darauf wird hinzugefügt, dass * durch rasche Hinanziehung
an den folgenden Vocal, u in den w-Laut übergeht, so dass gwardia,
gwa ausgesprochen werden muss.* Man sieht gleich ein, dass eine solche
Gonsonantierung nichts anders sein kann als die weitere Stufe einer
diphthongischen Aussprache^ und dieselbe gleichsam voraussetzt Wich-
tiger aber als den Widerspruch nachzuweisen ist es vor der unrichtigen
Angabe zu warnen, da gwa^ qwa im Ital. auszusprechen ein Fehler ist,
den die Deutschen nur zu häufig begehen , und dessen Beseitigung jeden
anfknerksamen Lehrer nicht geringe Mühe kostet Bei dem ital. gueiie
ist das u viel flüssiger und lässt seine vocalische Natur viel lebhafter
fühlen, als bei dem homonymen deutschen Worte. — Oberhaupt verdiente
die Lehre von den Diphthongen im Italienischen eine genauere Erwägung
als ihr bis jetzt zu Theil geworden ist
*gn in der Mute von Wörtern hat den Laut von nfi im Anfange
nicht minder: gnocco, gnaffif.
* Folgt auf ciy sei, gi ein anderer Vocal« so verschwindet in der
Aussprache der Laut i! Das gilt nur dann, wenn der andere Vocal a,
Of u ist, denn in diesem Falle ist / nur ein graphisches Zeichen und
könnte von jedem anderen beliebigen ersetzt werden; vor e ist es ein
wahrer Laut und muss gehört werden. Wollten wir uns einfacher Zei-
chen bedienen, so würden wir wol ciancia, sdocco mit ianoa, ^eco
transcribieren ; eiecOy MCienie müssten aber 6ieeo, siente geschrieben
werden. Bei cieco entspricht das ie lat ae und hat also das / seine
eigene Bedeutung wie bei fleno aus lat. ftiemtm*). ScietUe dann ist
ganz entschieden dreisilbig; man spricht sci-^ente aus.
*# hat vor einem Consonanten und zwischen zwei Vocalen den Laut
des deutschen f: Kfitere, siatieo, esaminare; in den übrigen Fällen den
Laut des fl: sera, $oreUa* Der erste Theil dieser Angabe enthält eine
Unrichtigkeit, denn das 8 vor BcriMre, stanco ist scharf, gleich dem
deutschen f. Dass bei Verbindungen des 8 mit einem anderen Consonanten
letzterer die Aussprache des 8 bestimmt, ist eine Bemerkung, die in jeder
Grammatik zu finden ist und die sich übrigens aus organischer Nolh-
') Ich spreche natürlich immer von der Prosa, denn die Metrik folgt
ganz anderen hier nicht zu berücksichtigenden Gesetzen.
*) Das nämliche gilt von dem ebenfalls angeführten gieio (gSiUy vgl.
trieira anapifira), eine übrigens veraltete Form, für die man jetzt
gewöhnlich geio gebraucht.
*s Orammatik der italienischen Sprache, ang. ▼. i. Mit$$0ßä. 197
wendigkeit von selbst ergibt Ein gelindes 9 vor Tenuis — 9pa, tta^
«M — ist ebenso schwer auszusprechen als ein scharfes vor Media nnd
Liquida — «to, Mia, $90 f 9ia, itia, sra.
*s lautet in der Endung -Uta wie fl: ioHaina, temut! Keines-
wegs; denn diese Aussprache ist nur ein Fehler einiger Mundarten, dessen
Ausrottung den Schullehrem der betreffenden Provinzen genug Kummer
macht. Man spreche sema u. s. w. mit ganz scharfem, hellem »,
*t lautet wie % nämlich gelinde, bei den Fremdwörtern, in welchen
» einen weichen Laut mitgebracht hat wie terOy welo, gm»etta?* Diese
Weisung ist sehr unbestimmt Zero ist arabischen Ursprunges; brachte
es wirklich den weichen Laut mit? Woher kommt ganetta^ Wurde <&
in ^tio^y woher dann sl0, gelinde ausgesprochen f Auch findet hauflg
bei ganz gleichem Ursprung ein Unterschied in der Aussprache statt:
9oee0i0 aus woeaUuB mit scharfem s; tavarray tampogna aus Botnurroj
tgmpkaiUa mit gelindem.
S. 14 — 15. 'Die nicht accentuirten Wörter haben den Ton ent-
weder auf der vorletzten oder auf der drittletzten Silbe/ Abgesehen von
der Anfügung eines Encliticons, gibt es einfache Verbalformen mit dem
Tone auf der viertletzten : äöenmo, m^Uaaw^). Die Angabe der FSlle,
wo das Zeichen der Betonung, der Acceut, geschrieben wird, ist zu aus-
gedehnt und daher weniger deutlich. Viel kurzer hätte sie so gefasst
werden können. 'Alle mehrsylbigen Wörter mit dem Tone auf der letzten
Sylbe bezeichnen diese Tonstelle. Die einsylbigen nur, wenn sie zwei
Vocale (als Diphthong oder / als Schriftzeichen) enthalten und bei Con-
currenz mit Homonymen.' Es wäre aber vortheilhafl gewesen , die in
jeder Orammatik vermisste Bemerkung aufzunehmen, dass im Falle con-
currierender Monosyllaba, diejenigen den Ton bezeichnen, die ihrer Be-
deutung wegen wirklich einen Ton haben, während die gleichlautenden
tonlosen (prociitischen oder enclitischen) Wörter unbezeichnet bleiben.
Man vergleiche »^ 'weder' und neMavon ; lä 'dort' und la 'die'; si
'so' und J^'sich*; di* Tag und lÄ 'von u. s. w.
Die Grenzen der Formenlehre sind in unserer Grammatik sehr
weit gesteckt Es werden nämlich darin nicht nur die Flexionen von
Nomina und Verba und die verschiedenen grammatischen Wörter ange-
führt, sondern es wird auch über die Bedeutung und Anwendung der
letzteren ausführlich gehandelt, wodurch mehrfach in das Gebiet der
Syntax gegriffen wird. Ich wurde bei jedem Werke, das nicht dem ersten
Unterrichte gewidmet ist, eine strengere Scheidung anempfehlen, denn
zu nahe liegt die Gefahr, dass man am Ende solche Bemerkungen in
die Formenlehre aufnehme, die derselben durchaus fremd sind. Und dieser
*) Als Ausnahmen von der richtigen Bemerkung, dass wenn die vor-
letzte Silbe eine geschlossene ist, der Ton auf die drittletzte nicht
fallen könne, merke man sich pöihia'der Zettel,' die Familiennamen
'üftüsi, JirHM und die Fälle der Inclinatiou, z. B. menAramia^
ragunüramt
%9ß Wig^äti ftpAnuiiatlk der ltalU>niA«hea SpraßhA. ang. v. A. MHMMaßaf
Gefahr sind in der That auch die Verf. nicht entgangen, wovon nur ein
Beispiel angeführt werden möge. Die wichtige und in jeder anderen
Grammatik vermisste Bemerkung über die Verscbränkung der Relativ-
sätze, wBlche, im Deutschen unzulässig, im Italienischen fast dieselbe
Ausdehnung hat wie im Lateinischen, ßndet sich in unserer Grammatik
«cbon in der Formenlehre, wo sie sich in der That wunderlich ausnimmt.
Meinem Zwecke scfaeiat es angemessen, hier das rein formeUe heraus-
zuheben, und darüber sogleich kurz zu berichten, um spater Alles, was
sich auf Syntax bezieht, im Zusampoenbange untersuchen zu können.
Die Regeln über Genus und Numerus sind sehr gut erörtert; nur
haUen die über Numerus kürzer und deutlicher gefasst werden können.
Wenn die Grundregel «inmal sagt'accentuierte Wörter bleiben unverändert
so scheint es nicht sehr richtig unter den Ausnahmen *der allge-
meinen Regel gemäfs alle accentuierten Wörter' anzuführen. Überhaupt
lassen sich alle Regeln über den Numerus in diesen wenigen Worten zu-
sammenlassen: * Jedes Nomen geht im Plural auf i aus; nur weibl. auf
a haben e. Oxytooa und Wörter auf ie bleiben unverändert.* MogH ist
keine unregelmäfsige Pluralbildung aus moffii^, denn dieses Hauptwort
gehört nicht unter die auf /«, sondern das i ist blos ein SchriRzeichen,
welches, in der Einzahl nöthig, in der Mehrzahl überflüssig wird. Wollte
man transcribieren, so würde man im Sing, molef im Plur. moit schreiben.
S. 29. Unter den Wörtern auf ^ico mit dem Tone auf der dritt-
letzten Sylbe flnden wir auch mendico. Nach den Weisungen der Verf.
würden amico und nemieo in der Mehrzahl gutturales c haben.
S. 31. ^uorno uomint Die Anomalie besteht eigentlich darin, dass
der Singular nicht nomine hcifst, sondern gegen die sonstige Analogie
der Ableitung: uomo' In diesem Falle müssten alle die zahlreichen No-
minativbildungen wie moglie, sangue^ Muara u. s. w. als anomal ange-
sehen werden. Betrachtet man das Verhältnis empirisch , so ist uomini
die von der Regel abweichende Form; betrachtet man es historisch, so
findet man zwar den Grund der Form, muss aber dennoch immer die
Abweichung von der allgemeinen Gewohnheit der Sprache erkennen,
nach welcher bei Nominativbildungen aus der dritten Deolination der
Singular auch für den Plural bestimmend ist, und die lateinische Sylben-
vermehrung nicht berücksichtigt wird : moglt^ iuore, nicht mogUeri, sarorL
Die Verf. meinen e990 habe einen verschiedenen Ursprung, je nach-
dem es eigentliches Fürwort der dritten Person ist, oder pleonastisch an-
gewandt wird -ccn esso ie mani, iungh^estoU flume^; im ersten Falle
soll es aus ie, im zweiten aus ipse kommen. Es braucht kaum gesagt zu
werden, dass dem nicht so ist Wie hätte auch aus it, esso entstehen
können? Und spricht nicht etwa schon der Umstand, dass esso gewöhn-
lieh nur auf Sachen bezogen wird, gegen die .Ableitung aus is?
S. 109. in dem Verzeichnisse von Verben der ersten Conjugation,
welche in den stammbetonten Formen den Ton auf der drittletzten Sylbe
haben, findet sich auch reguläre. Man sagt aber regdio, regäli nicht
Uranmatlk der tUlfeiiisohAn ftpracHe, ang. v. A
>-0, #. Über die Falle, in wetehen die Proftodie unbestinmt ist («os-
sehliefslich ^Composita aus einer Präposition und einem Primitive mit
knnem Slammvocale: pMparo, $epar&, edueo^ arrogo) waren einige
Andeutungen erwünscht*).
Die zweite Per«. Sing, im Praes. Conj. der sweiten Conjogation
wird überall auf i angegeben, und nur unter den Formen, welche blofe
t>el einigen, meist alteren, Schriftstellern vorkommen, findet sich (S. iW)
-« angefSbrt* Die Sache verhält sich umgekehrt; -n ist die Endung,
weklie etymologiscb riehlig (/AwevfaJ, cr0äa[i]) und allgemein gebräuch-
lich ist, nur im Munde des florentinischen Volkes und bei älteren oder
volksthömlichen Schriftstellern findet sich -<
S. *ltt wird mrter den Zeitwörtern , die das lateinische kurae e
im Italieniacfaen verlfingerten iemäere sap&e) mch studiere angeführt.
S. 184.* In der tf-Gooj. ist der Bindevocal i ausgefallen.' Auch in
der tf-G*i4ngation das #/ Ume^, iemo. Anf den Einflnis, welchen dieser
Vocal in vielen Fällen ausübte, wird nicht aufmerksam gemacht, und
die bezaglicben Formen werden blofs als unregelmäfsig erwähnt.
8. 186. *Die dritte Person Sing, (des t. Perf.) hatte hinter dem
jetBigen Endvocale noch ein aus dem lateinischen w entstandenes o! Das
gilt nur von der zweiten und dritten Gonjugation ; die erste hatte ein e.
Wie ist nun dieses z« beurtheilen? Entspricht es lateinischem I, so dass
mn&e aus lat. amaui[i] zu deuten wäreY In diesem Falle wäre auch
tke aus fki[i] entstanden. Man darf aber nicht aufser Acht lassen, dass
sieh ein paragogisches e häufig in Wörtern findet, für die keine iat«
OneHe nachznweisen istt irtue, piue, me u. s. w.
Daseihat bcifst es, dass im Futuro und Conditionale der Accent
eine Verkürzung des « in e liewirkt. Der Ausdruck ist ungenau;
es soll wohl heifsen : eine Schwächung*).
S. If4 wird ßedert als Nebenform von /Smdlrrtf angeführt. Sie
sind ganz verschiedenen Ursprunges: fmdert kommt aus lat. ßulere;
fMare ans fMre {ä^ ie; r^d, vgl. quaerere ckMere; und das Zeit-
*) Sehr bemerkenswerth ist pUm^ina, -imi ist ohne Zweifel das
Diminntivsuffix, sollte also wie gewöhnlich den Ton haben. Das
eingeschaltete SufiTlx -igp verdient Aufmerksamkeit. Ein anderes
Beispiel gibt es, meines Wissens, nicht. Das Substantiv besteht
nicht, wol aber im Yenetianischen ia phvetina mit richtiger Be-
tonung. Dieser Mundart gebt dann das Verbum ab.
*) Ich benutze diese Gelegenheit nm zu bemerken, dass diese Schwä-
chung von or zu er unmittelbar vor dem betonten Vpcale ein phor
netischer Zug ist, den die Sprache in allen Arten von Wörtern
zur Geltung bringt: caryopkffttut gkeröfano; marpnrUa msr-
gkenm\ CiUkwrinm,Caierim\ La9»aro und Un%ereUog Baldassmne
und ßtUdasier^Hii Canarie und caneriaoi massaro Imaaafß)
und nuui€riida\ comparare separare neben comperare und sce-
verare u. s. w. Die Wahlverwandtschaft zwischen e und t ist
übrigens aus dem Lateinischen hinlänglich bekannt; siehe Gorssen,
fiber Aussprache etc. I,t73 ff.
MO Uiß^eti Orammatik der italienischen Sprache, ang. y, A. Mussafta.
^Bvorl trat von der vierten £ur dritten Gonjugation über» vgl. redire,
riedere).
In das Verzeichnis von Zeitwörtern der dritten Gonjugation (S. 196),
welche die Einschiebung von -isc zwischen Stamm und Endung irichl
gestatten, haben sich manche Dngenauigkeiteu eingeschlichen. Wir fluden
darunter <fe/W*^e, diUUHire (für 'berauben ein veraltetes Wort, für 'ab-
setzen ein zu vermeidender Neologismus), digesiire (heutzutage unge-
bräuchlich), incaUire.Ingefirsi, esatirire (S. 197), vagir€{S, 198); lauter
Zeitwörter, die das -de einschieben müssen. Formen wie defero, digesle,
fneaUanOy s'ingera, esaurano^ vagono sind unerhört.
Andere Zeitwörter , von denen die Verf. sagen , sie können auf
keinen Fall - iiC einschieben, besitzen dennoch solche Nebenformen, und
die Belege dafür werden von den besten Schriftstellern geboten. Von
OPPerf^üeOt iiei findet man Beispiele bei Caro, Adriani, Davanzati,
Qrazzini; von rugg^iico, Uci bei Cavalca, Redi und anderen; ja von
arroiUre enthält das Wörterbuch der Akademie nur solche Formen die
'i$c einschieben, und der tägliche Gebrauch stimmt damit überein. Man
hört häufiger arrosiiice, arrostiscano als arraUe, armttmo, ^emire^
welches nach der Meinung der Verf. ebenfalls nur -o hat, ist eine ganz
Terschollene Form, wurde aber von den Alten nur mit -Uc gebraucht,
flrmniBCono (Bart da S. Gonc), flremUce (Varchi). Die Formen mit -0
shid aus dem Infinitive ftemere herzuleiten.
Endlich wird von manchen Zeitwörtern gesagt , dass sie beide
Formen zulassen, während sie in der That nur nach der auf -^ite abge-
wandelt werden. Unter diese gehören cmtodire (die Form cuttodi bei
Dante Pd. 31, 88 steht vereinzelt da) ferire und perirey die in der ge-
wöhnlichen Sprache nur ferisco und perisco bilden können. Die Formen
^ere, fsras pere, pera (andere kommen höchst selten vor) gehören der
dichterischen Sprache an. Auch können die ersten aus dem lofinilive
firere (Parte, fermio vgl. ßedere) ei klärt werden.
S. 239 *udire verwandelt in der betonten Sylbe u in o; uscire
verwandelt u in e' Richtiger hiefse es: Diese Zeitwörter behalten in
der betonten Sylbe den ursprünglichen Laut 0 (» au) und e, verändern
denselben in der unbetonten. Vgl. auch d^o, dov^ie mit d^beo, debdlis.
Die Wortbildungslehre, die von den meisten Grammatiken ganz
unberücksichtigt bleibt» wird, obwol sehr kurz, in einem Anhange zur
Formenlehre (S. 306—313) abgehandelt. Dazu kommen bei den Präpo-
sitionen einige Andeutungen über Präfixe, die dort nicht ganz an ihrer
Stelle sind. Sehr zu loben ist es, dass die Verf. endlich den Muth hatten,
der abgeschmackten Anfügung eines Abschnittes dei nomi aUeraii zur
Lehre des Nomens zu entsagen, und die betrefifenden Suffixe im Zusam-
menhange mit allen anderen abbandelten. Bergamoico möchte ich nicht
als imregelmäfsige Ableitung bezeichnen; denn wir finden hier das Suffix
»atco, welches sowol Gentilia, besonders aus lombardischcn Städten:
Cremasco, Onnasco, als auch andere No;nina bildet: fUggiasco, [ajina-
fN§§er9 Grammatik der IValieiii sehen Sprache, nng. v. A. MuiMßa. 901
rm9C4»f u. 8. w. Auch 8ame$e ist keine unregelmiirsige Ableitung,
denn das Suffix ist ganz regelrecht ; die Veränderung des e im a in der
unbetonten anlautenden Sylbe ist eine die ganze Sprache durchziehende
Neigung und kann daher als keine Unregelmäfsigkeit angesehen werden.
Sonst müfsten maravtgiia, danaro u. s. w. ebenfalls alsi, unregelmäfsige
Bildungen t>etrachtet werden.
S. 281 wird gesagt, das PräGx diM- verwandle sich vor Vocalen
in iif welches wol zu unterscheiden ist von dem aus ex entstandenen
$L Als Beispiele werden VSa dU-i sciacquarc. scioffura, sciaito, Mckh-
perare; für ez: icial^are angeführt Dieser Unterschied besteht aber
nicht und das Präfix $€ leitet immer auf ex zurück.
Schliefslich ein paar etymologische Bemerkungen. * iddio aus iHo
mit angefugtem Artikel' (S. 32 u. 36). Blanc und Diez erklären das i
durch die geläufigen Redeweisen merci di DiOy per amor äi Dio. —
Seitimtma wird (S. 80) mit sessenio , temesire verglichen und durch
*Zeit von sieben Morgen übersetzt; sollte demnach aus Septem nume
hergeleitet sein. Wird man daran glauben? Ist dieses Wort nicht viel-
mehr eine Ableitung aus sepfimus durch das Sufiflx -onus? Vgl. deeu^
manUM aus decumus. — Ba%%a aus gener atio (S. 7) int eine kühne Deu-
tung, der schwerlich jemand beistimmen wird. — Bei coteUo, eotetiui
(S. 125) möchte ich nicht ein eingeschobenes /, wie im franz. tabaliire
cafMer^ prendra-i-an vermuthen, da eine solche Einschiebung sich im
Italienischen sonst nirgends findet (letztere Sprache schiebt nämlich nur
weiche Consonante — ^, rf, ff, J, v — ein) , sondern diese Formen mit
Diez (Gr. 2, 421) durch eine Einmischung des Pronomens // deuten^
wodurch sich auch erklärt, warum sich diese Formen vorzugsweise au^
die angeredete Person beziehen.
Und nun zur Syntax, zu jenem Theile nämlich der Grammatik,
welcher, unbestritten von der gröfsten Wichtigkeit, mit besonderer Sorg-
falt von den Verf. bearbeitet wurde. Es ist für mich eine sehr ange-
nehme Pflicht anzuerkennen, dass in dieser Beziehung das vorliegende
Werk sich über den Stand aller gewöhnlichen Grammatiken bedeutend
erhebt und eine Fülle von Stoff darbietet, welche von ausgedehntem und
verständigem Studium der Quellen zeigt. Die schon oben angedeutete
Bemerkung über die Verschränkung der relativen Sätze, die feine Unter-
scheidung im Gebrauche von cäe und // quale^ die Darstellung der Modi
und besonders der wechselseitigen Beziehungen zwischen dem Verbum
finitum und inßnitum u. s. w. sind lauter wichtige Belehrungen, die
man umsonst anderswo suchen würde. Bisweilen aber lassen sich die
Verf. in Erörterungen ein, die ziemlich gezwungen erscheinen , und die
Neigung, den Gedankengang auf eine zu umständliche Weise zu zerlegen,
verleitet sie Unterschiede aufzustellen, welche die Sprache in der That
nicht anerkennt. So ist die Lelire des Partitivs, welche an sich eine der
einfachsten ist, nicht nur auf eine sehr weitläufige und daher wenig
deutliche Weise erklärt, sondern sie enthält schon im Anfange eine un-
ZffiUehrift f. d. ö»terr. Oymii««. IMO. III. Heft. 16
902 WiggerB Orammtik der italienisctien Sprache, ang. v. A. Mntiafia,
richtige Bemerkung, auf die sich dann weiter die ganze Argumentation
gründet. Die Verf. haben nämlich eine Stelle mit falscher Interpunction
gelesen, und daraus eine Wendung entnommen, die der Sprache unbe-
kannt ist. In der Stelle per impetrare dal papa Boccono^ di öenari e di
iruppe^ sind dmaro und truppe keineswegs Accusative von impetrare,
sondern von ioccorso abhängende Genitive, und der Beistrich ist zu
tilgen. Per impetrare dal papa di denaro e di truppe ist eine unmög-
liche Construction 0* Befremdend klingt ferner die Bemerkung, dass ad-
verbialische Ausdrucke wie di continuo, di rado (vgl. deutsch *von
neuem') auf ein partitives Verhältnis zurück zufuhren seien , während
Wendungen wie im pezzo di pane darai|s streng ausgeschlossen werden
müssen.
Ein anderer Fall, in welchem das Misverständnis der untersuchten
Quellen die Verf. zu ganz unberechtigten Schlüssen führte , ist folgender.
S. 140 wird behauptet che,,, che mit einem Substantive in der Mitte
bedeute, 'welcher auch immer.' Die Sprache kennt nun diese Fügung
ganz und gar nicht: che cosa che tu desideri, io volanlieri la farö
wäre geradezu unverständlich. Es ist schwer zu begreifen, wie die Verf.
aus den zwei citierten Stellen eine solche Folgerung ziehen konnten.
Die erste ist aus Boc. 7, 7 entlehnt: [renditi eicuro di guesto] che
cosa che tu mi dica ,...io nan dirö mai ad altrui. Das erste che ist
die den Satz einleitende Conjunclion, com ist Accusativ zu dird und
steht ohne Artikel, da der Satz negativ ist: rendili certo ch* io nan dird
mml ad altrui cosa che tu mi dica *sci gewiss, dass ich Nichts (keine
Sache) was du mir sagen wirst, anderen erzählen werde.' Die zweite ist
aus Dante, Inf. 7, 5: Chi poder ch' egli abbia. Die Construction ist
eigenthümlich aber von den Commentatoren hinlänglich erklärt: chS muss
mit dem Accentc bezeichnet werden und bedeutet *weil, denn'; poder
eh* egli abbia steht statt per pod, cHe, a, *wie gross seine Macht
auch sei.'
Wir flnden auch unbegründete Angaben , zu deren Veranschauli-
chung solche Sätze angeführt werden, welche die Verf. gewiss nirgends
gefunden haben, und die der Sprache völlig unbekannt sind. So:
S. 138 che als sächliches Relativum, dem Chi zur Seite stehend.
Che produce la corretione, non i fira, ma la ragione. Che vale ptü
ehe doni i ramore.
S. 144 che als adjectivisches sächliches Fragefürwort von einem
sächlich gebrauchten Adjectiv: che assai chiaro conosco come io
ti sia poco caro!
0 Auch die S. 55 angeführte Stelle (das Citat Dec. 3, 3 ist ungenau)
temendo de' pericoli possiöili enthält keinen partitiven Artikel, da
temendo peric. poss. oder alcunip.p, unstatthaft wäre, vielmehr
ist das de* ein echter Genitiv, welcher von temere abhängt, fe-
rnere di una cosa ist eine sehr gebräuchliche Wendung.
W9§$era Grammatik der iUlieniHchcn Sprache, ang v. A, MuMUtfU». SOS
leb glaube, dass schon diese wenigen Beispiele hinreichen um die
Schwierigkeiten zu kennzeichnen, gegen welche die Verf. bei der Bear-
beitung ihres Werkes zu kämpfen hatten. Man merkt deutlich, dass
ihnen das sicherste Kriterium zur Prüfung der erzielten Resultate fehlte,
der für den Geist der Sprache ausgebildete Sinn , die Sicherheit in der
Handhabung derselben. Aber nicht nur in der Benützung, sondern auch in
der Wahl der Quellen gibt sich dieser Mangel deutlich kund. Die Vert
nahmen nämlich zum Gegenstande ihrer Untersuchungen einige der bes-
seren älteren Schriftsteller; von Dichtern Dante, Petrarca^ Ariosto, selten
Tasso, von Prosaikern mit besonderer Vorliebe Boccaccio. Die neuere Li-
teratur wurde von ihnen nur so weit benützt, dass sie fast ausschließ-
lich (die wenigen Beispiele aus Silvio Pellico und die etwas zahlrei-
cheren aus Goldoni abgerechnet) ans irgend einer Zeitung, oder einer
im Zeitungsstile verfassten Schrift schöpften, die, wie es scheint, vom
letzten Krimkriege handelte. Nun aber haben einerseits grofse Schrift-
steller ihre Eigenthümlichkeiten , welche alle anzumerken einer Gram-
matik von dem Umfange der vorliegenden kaum zusieht, und die in
jedem Falle nicht, wie in unserem Werke mehr als einmal geschieht,
zur Bedeutung allgemein giltiger Regeln erhoben werden dürfen. Ander-
seits ist nicht alles, was mit italienischen Worten geschrieben ist, gut
italienisch: grammatiee iogui und taUne iogui ist bekanntlich nicht eines
und dasselbe. Gibt es nun in jeder Sprache verschiedene Abstufungen
der Reinheil und der Eleganz, so gilt dies insbesondere von der italieni-
schen. Die Herrschaft der Mundarten, die Leichtigkeit der Einführung
eines fremdartigen (französischen) Elementes, der noch nicht ganz über-
wundene üble Einfluss der Verwilderungsperiode im vorigen Jahrhunderte,
dies alles bewirkt, dass eine reine, anmuthige, den inneren Geist der
Nation abspiegelnde Schreibweise im Italienischen keineswegs so leicht
zu erreichen ist. Am allerwenigsten ist sie aber bei Zeitungsschreibern
zu treffen. Auch die Wahl von Goldoni ist als eine sehr unglückliche
zu bezeichnen. Allerdings ist es nützlich in der komischen Dichtung dem
volksthümlichen Gebrauche nachzuspüren, Wörter, Wendungen, Redens-
arten daraus in möglichst reichem Mafse zu sammeln; nur müssen die
Quellen rein sein , und eine solche ist Goldoni nicht. So grolse Ver-
dienste er als tiefer Kenner und gewandter Darsteller menschlicher Cha-
raktere hat, so anmuthig er auch sein Venezianisch schreibt, so unbe-
holfen ist er doch in der Handhabung der reinen, der ganzen Nation an-
gehörenden Sprache; er schreibt eben nur seine Mundart mit gramma-
tischen (auch nicht immer richtigen) Flexionen, und überall wo er nicht,
die Mundart mit Bedacht vergessend , matt und farblos wird , ist er
durch und durch provinziel. Zwischen den zwei äufsersten Puncten,
welche sich die Verf. auswählten, liegt ein sehr ausgedehntes Feld, dessen
Bearbeitung eigentlich dem Zwecke ihres Werkes am nächsten lag; die
moderne, edlere Literatur. In ihrer gegenwärtigen Gestalt macht unsere
Grammatik häufig einen wunderlichen Eindruck; denn auf classische
16*
994 Wippen Grammatik der italienischen Sprache, ang. v. A. Mutm/Ia,
Wendungen, die man nur höchst sparsam anwenden dürfte , folgen un-
mittelbar Sätze, die kein Schriftsteller, der sieh selbst achtet, geschrieben
haben möchte. Dass dadurch der Werth des Buches als Lehrmittel nicht
wenig beeinträchtigt wird, liegt auf der Hand, leb betrachte es daher
als meine PflielH, aber den syntaktischen Theii unseres Werkes etwas
weitläußger zu berichten, sowohl um meine Ansichten mit zahlreicheren
Belegen zu unterstütEen, als au6h um einige Bemerkungen mitzutheHen.
die den geehrten Verf. bei eine# etwa vorzunehmenden Umarbeitung viel-
leicht von trgeiid einem Nutzen sein könnl^n.
Die Leilre vom bestimmenden Artikel ist im ganzen gut vorge-
ti'agen; nicht erschöpfend ist die Anführung der Fälle, in welchen der
unbestimmte Artikel keine Anwendung findet. Die italienische Sprache
ist im Vergleiche mit der deutschen so karg in dem Gebrauche dieses
Form Wortes, dass eine genaue Angabe der einzelnen Fälle noth wendig
erscheint. So wird z. B. der Pall^ wo erti Hauptwort als Prädicat vor-
kommt, nur durch die Anfuhruftg eines Satzes berücksichtigt, welcher
mit vielen anderen ganz verschiedener Art vermengt ist, während ander-
seits der Apposition , die doch nur eine der verschiedenen Arten ist,
in denen sich das prädicierende Verhältnis darstellt , ein eigener Ab-
schnitt gewidmet wird. 8e p* ^ linpua che tia armaniota; cercaie
äio§o piü ttanguittoi a tttode äi werpente; imcUiAcoeipepoiosau.s.w.
sind Fügungen^ die zu ebenso vielen Bemerkungen hätten Anlass geben
können. — S. 47 finden wir folgende unitalienische Construotion i //
eoliepio dei HobUi e queilö permanieo unparico. Die Verf. haben
die, übrigens auch nichts weniger als musterhafte, Wendung! aliri
dirHii ehe queiii sommMüraii daiki puölica sicmre%wt nachgeahmt,
ohne auf den Unterschied zu merken, der zwischem einem Participium,
welches einem relativen Satze gleichkömmt, und einem reinen Adjcc-
tive besteht.
Die Reget über den Gebrauch von di und che in vergleichenden
Sätzen ') ist richtig; nur hat sich S. 65, Zeile 12 ein Versehen einge-
schlichen. Wir lesen dort nämlich, dass wenn Substantive in Bezug auf
eine Eigenschaft verglichen werden nur che gebraucht werden kann.
Es soll wol heifsen: in Bezug auf die Menge. Auch möge man mit
den gewöhnlichen Grammatiken bemerken, dass der Ausdruck *nach Be-
lieben' in Hinsicht auf die Anwendung von di und che dahin beschränkt
werden muss, dass, wenn die mit einander verglichenen Substantive durch
zwei Infinitive dargestellt werden, oder wenn das zweite Substantiv ein
•) Ai^ der Lebre der Vergl^ichuttg mtige niaA wöl bmerken, dass
einige Winke über die Bedentung von fhappiore und minore u. s. w.
nöthig gewesen wären : sona könnte man sich berechtigt glauben
den Satz *dieses Haus ist gröfser als jenes' mit questa casa i
mäpptör^ di iUetia zu übersetzen. Dass ottimo, petsimo
besttrt-, scMeditester* bedeuten, ht nicht richtig: sie sind kcino
vergleichenden A«sdrücke nnd bedeuten '«ehr gut, »ehr schlecht.'
'# GrammaUJi dor UMieniücheD Sprache» aug. v. A, Mmmß9 9M
afttkeUoaeg Appellativuia ist, our che gebraucht werden kann — ^ ea90
pik pmämUe taeere € he pm-kare di cose a tßoi ignoie ; piü bitmem
ehe meee fwol aber äeiia nepe), — und wenn dagegen das zweite
Glied der Vergleicbaog ein iiersönliebee Fürwort iiit, our di zuliUsig
isi ^ piu pmOetUe äi me, nicht ck' ie. — AnOeneila soUte, um die
Sprache uiofal ohne Orund zu beschranken» daran eriiwert werden, daas
sowohl der Sata io I» crede »iü rieco dj eue fraieUo, in welchem
noch immer zwei Subatantive in Bezug auf eine {Eigenschaft verglichen
werden, als dieser andere i [otfgijMte megüo di Jeri, wo der Vergleich
iwisebeii zwei Adverbien geschieht , ganz richtig cofi^rMiert siad. Über
die IXe^aüoii im aweiten Gliede der Vergleichung wird genau berichtet,
aucb finden wir die treffende Bemerkung, dass wenn im zwetie« Gikde
daa Zeitwort unterdruckt wi|\d, das mm ehenfiüs we^zufaUeo habe.
Ond in der That kommt das biofse «flu nur bei oaiier«p Schriftstellem
vor; die lilereo wi<>derholen gewöhnlich das Zeitwort, ^er lassen aueb
das mm weg. Dieselbe Rückisieht für den bci«eren Gebrauch wäre aueh
in Bezug auf solche Sätze fäthiicb gewesen, welche ml di fueile ehe
begianen. Allerdings findet sich auch bei ähnlichen Sätzen hie und da
das «OH; da aber durch di gueilo ehe das Verhältnis ganz /oA^jootiv dar-
gestellt wird, so ist das mm^ welches auf einer subjeotiveo Auffassung
beruht, in einem solchen Falle unlogisch und aus mustergUtigen Schrift-
slelleni our schwer zu bellen. Die als gewöhnlicher angeführte
Gonatruotion piü ehe ei poeeiede, piü si hrama (vgl. auch S. ilS uod
wiederholt S. 317 aus Goldoni, memco ehe ei faiica, ei eta piü eanO
ist vielmdir ein rügenswerthcr Provinzialismus; es soU hciüsen: piü ei
paeeiede e piü ei bmma.
Die Unterscheidungen in Bezug auf den relativen Superlativ, je
nachdem er mit dem Artikel construiert ist oder nicht, sind unbegründet
und die folgenden als Belege gebildeten Sätze nicht italienisch: ii
9ignorN ,quel prefeeeore piü dotto deita mietra wüeereitäf Vi iroeö u
eigmfr X, euo piü fedele amieog miila di piü ammiraöile ehe am
suoiö ii piü fertiie eoUo ii eUnui ii piü beilo *).
Die Bemerkung, dass der Comparaliv manchmal mit dem Artikel
vorkommt, ohne dass dadurch seine Bedeutung verändert werde, ist
genau und zur Erklärung mancher Stellen aus den besten Schriftstellern
etaprierslieh ; nur haben die Verf. ganz verschiedenartige Beispiele mit
einander vermengt. Es gehören nämlich hieher nur die Stellen aus Orl.
Ftir. 82, 95 nelia pran eala di ehe mm er« ai momio Ja piü heOa;
40, 79; 42, 11. in diesen Sätzen ist der Artikel, wie von Blanc selion
irefflicfa bemerkt wurde, in einem prägnanten Sinne gebrauebi. der 4bm
die Bedeutung des unbestimmten Artikels oder eines Demonstrativs ver-
*) Ich zweifle selbst an der Richtigkeit des deutschen Satzes:
* Nichts herrlicher als ein fruchtbarster Boden unter dem schönsten
Himmel.'
206 WiggefM Grammatik der italienischen Sprache, ang. v. A. Muuaßa,
leibt, er lehnt sich nicht proklitisch an das Beiwort, steht vielmehr ihm
gegenüber, und das Beiwort ist beinahe prädicierend. Man vergleiche
den ähnlichen Satz : di cui non v'ha ul nwndo ia pari. Im Deutschen
wurde man überall den unbestimmten Artikel gebrauchen. Die demon-
strative Kraft des Artikels wird auch von dem umstände bestätigt, dass
das Substantiv fast nie in Begleitung des Adjeclivs vorkömmt; und
finden wir auch Orl. Für. 45, i(^b ni Ia piü onesia via vedea di gueita,
so ist doch nicht zu leugnen, dass hier die Construclion weder so schön
noch so deutlich ist, wie in den Sätzen, wo das Substantiv fehlt. End-
lich müsste bemerkt werden, dass diese Wendung nur bei negativen
Sätzen zulässig ist. Die anderen cilicrten Sätze gehören nicht hieher:
la maggior parie braucht nicht als Gomparaliv aufgcfasst zu werden,
es bedeutet *der gröfste Theil.' In der Stelle aus Boc. 4, 3: tiver po-
iremo ii pHt cantenü uomini che aiiri che al mondo sieno besteht
die Eigenthumlichkeit der Gonstruction in der Anwendung des Wortes
aliriy welches in der That den Superlativ aufhebt, sich aber durch eine
leicht zu begreifende Unachtsamkeit einschlich. Cura dei tuo piii de-
Ö0ie vicino ist endlich ein Satz, dem das italienische Gepräge abgehl.
• Die Anwendung des Gomparativs mit superlativer Bedeutung wurde
ebenfatls weit über die ihr von der Sprache gesteckten Grenzen gerückt.
Sie findet nämlich in der Regel nur bei relativen Sätzen statt:
queila che dipiü etä era; le per tone che avevano maggior eniusiasmo;
di cid che ie datme sogiiono essere piü vaghe, in capo deiia scala
ov* i piü scuro, sind passende Beispiele'^). Aber in der Stelle aus
Ort. Pur. 28, 33 : // palco fa d^ aria pHt chiara un raggio uscire darf
man nicht 'aus klarster Luft,' sondern *aus klarerer Luft* übersetzen.
Dimostravano maggior confttsione, als Hauptsatz kann nur 'sie zeigten
gröfsere (nicht 'die gröfste') Verwirrung' bedeuten: gueiÜ che dim.
mag, canf. wäre etwas anderes. Das nämliche gilt von quei sentitnento
di maggior soiiiudine, das an und für sich eine unschöne Wendung
höchstens 'das Gefühl gröfserer Einsamkeit,' nie aber 'gröfster' be-
deuten könnte.
Fürwörter. S. 90. Dass egii ella lui iei unbedingt auf Sachen
bezogen werden können, und nur, wenn eine Präpositon vorhanden ist,
der Gebrauch beschränkt sei, ist nicht genau. Auf Sachen können sich
die bezeichneten Fürwörter in der Regel nicht beziehen; und die übri-
gens häufigen Beispiele, bei welchen eine solche Beziehung dennoch
stattfindet, gehören mehr der älteren Sprache an, welche die Etymologie
lebhafter fühlte , und beruhen meistens auf Personificationen. Dass
eeS'O, 0, /, e als Accusative sehr selten vorkommen, ist richtig; nur
'^) S. 265 bei der Besprechung der Adverbien wird ebenfalls gesagt:
'Die Comparative sind zugleich comparative Superlative,' und doch
gilt dies, wie alle angeführten Beispiele zeigen, nur von relativen
Sätzen. Nur die Redeweisen piü presto che potrö , megtio che
saprd u. s. w. scheinen eine Ausnahme zu bilden.
W4§§mrM Grammatik der ilalienischen Sprache, ang. v. A. äUisafiu. 907
findet sich nirgends erwähnt, dass dafür die conjunctiven Formen io ia
a ie tAs Ersatz dienen.
S. 93. i4f als Pradicat ist eine unclassiscbe Wendung, weiche
sich erst im 16. Jahrhunderte? (bei Ariosto nur einmal) zeigte und in
den iwei folgenden überhand nahm. Heutzutage ist sie häufig, wird
aber von den besseren Grammatikern mit Recht gerügt, und von jedem
Schriftsteller, der auf Reinheit der Sprache hält, sorgfältig vermieden.
Der Volkssprache ist dieser Gebrauch des io ganz unbekannt. Andere
Pagungen, die sich erst zur Zeit des beginnenden Spracbverfallcs ein-
schlichen , zwei Jahrhunderte lang gebraucht wurden , aber heutzutage
nur mehr bei nachlässigeren Schriftstellern zu treifen sind, wären fol-
gende, die, um Wiederholungen zu vermeiden, hier angeführt werden
mögen. Der doppelte Artikel bei relativem Superlative: i öisoffHi i
piu urgenii statt / bUogni piu ur§enii (S. 69); seco statt ctm lei^mW
Ihnen;' seco M, teco iei statt am iui, con iei (S. 102); die Stellung
von di lui, tU iei (S. 121) und von di cui (S. 132) zwischen Artikel
und SubsUntiv: // di iei flgiio statt // ßgUo di iei; ia di cui ca$a
statt ia cui casa oder ia casa di cui; cosa als fragendes Pronomen
sUtt che caea (S. 145), avungue für da per iuiio (S. 268); der Gon-
ditional als Ausdruck einer aus fremder Quelle entnommenen Mitthei-
lung (S. 345) sind Wendungen, welche die Verfasser als unbedingt gut
aulstellen, für welche sie aber keine oder nur zweifelhafte Belege aus
classischen Schriftstellern finden durften. Das Vorkommen dieser Wen-
dungen darf die Grammatik keineswegs verschweigen , denn , abgesehen
von ihrer historischen Berechtigung, erfreuen sie sich noch eines mehr
oder weniger ausgedehnten Gebrauches: ein warnender Wink muss je-
doch die betreffende Angabe begleiten. Noch eindringlicher aber ist zu
warnen vor dem Gebrauche ganz altcrthümlicher Wörter und Wendun-
gen, die schon seit langer Zeit verschollen, nunmehr kaum verständlich
sind. Die Verf. führen S. 140 nebst chtungue und guaitmgue auch
ckeungu^ an, als ob diese drei Fürwörter ganz gleich in Bezug auf ihre
Brauchbarkeit wären. Nun wird aber das letztere gar nicht angewandt,
und wer den von den Verf. gebildeten Satz: ha perduto cheungue
opeva, *er hatte alles, was er hatte, verloren,' gebrauchen wollte, würde
von dem Laien nicht verstanden, von dem Kenner der älteren Sprache
angestaunt werden. Eben dasselbe ist der Fall mit aiguaniunOy von
dem es S. 152 ohne weitere Bemerkung heiCst es bedeute * Jemand.' Das
Wort bt ganz verschollen, wurde auch nie im Singular gebraucht, son-
dern kommt nur im Plural und folglich mit der Bedeutung *Einige' vor.
JVuiio Ckein, Reiner' S. 154), als Adjectiv oder Substantiv bei Dichtern
und älteren Schriftstellern sehr häufig, ist nunmehr aufser Gebrauch.
Das angeführte riconoiciuio da nuiio * von Niemand erkannt' findet sich
zwar bei Boccaccio, dürfte aber in der heutigen Sprache niemand an-
zurathen sein. Auch guaniungue (S. 161) in der Bedeutung von guatUo
mai war im 14. Jahrb. häufig: Boc. guaniungue voite *so oft als;'
208 Wigper$ Giammaük der iUlicnischen Sprache^ ang. v. A, Muuafia,
Petr. iiUttHi. puö natura 'wie viel die Natur vermag;' Dante: quani.
gradi tuoi che giu sia messo . guanf. caritä st siende , guant. giä
perd6o t antiea maäre. Diese Beispiele liefsen sich bedeutend ver-
mehren , heutzutage aber fällt niemand bei , ein solches Pronomen an-
zuwenden, und dies sollte bemerkt werden. Eitere ianio für * genug sein
(S. 161), ist eine mir unbekannte Redeweise, die etwa in irgend einem
ganz alten und unsicheren Texte einmal vorkommen mag, aber keiner
Nachahmung würdig gefunden wurde.
Bei den Affsii (S. 104) sollte bemerkt werden , das« sie nur bei
bejahendem Imperative und selbst dann blofs in der ersten und
zweiten Person incliniercn. Dio Art der Verbindung mehrerer Affissi
(S. 106) hätte genauer angegeben werden müssen. Die erste Person
geht der zweiten und dritten ")» die zweite der dritten
voran. Sind beide der dritten, so steht Dativ vor Accu-
sativ und Oenitv; Acc. und Oenit. wechseln mit einander
(te ne scuid; tie lo pregö). Dies die Regel für den gewöhnlichen
Sprachgebrauch ; die Schriftsteller weichen davon mannigfach ab. Zwei
Accusative können n i e zusammentreffen. Im angeführten Satze la danna
sapeta a cui farlOMi ist ai nicht, wie die Verf. meinen, ein Accu-
sativ, sondern ein ethischer Dativ; man übersetze nicht *wem man es
erwies,' sondern *wem si e es erwies' => la dotma Mopeva a cui etta
lo ii facesie, vgl. non sa che $i faeeia.
S. 117. Das pleonastische eiso kommt nicht nur in Verbindung
mit COM, sondern auch mit anderen Vorwörtern vor. So mit iungo:
iUHgh' esso ii flume (auch iunghesso geschrieben); mit &&vrai sovreaso
f acgua Pg. 31,96 und bei D. häuflger; t0ttetM P ambra Teseide, 1,1
(heutzutage ungebräuchlich)» Dagegen ist der Gebrauch eines solchen
pleonastischen CHO ohne vorhergehende Präposition durchaus nicht
sicher, da die Weise, wie die übrigens einzeln dastehende Stelle aus
Dec. 5, 2 l0 guaie esea Sei che /brte darmita chiamä erklärt wer-
den soll, mehrfach bestritten wird. Ich hätte daher diese Bemerkung
nicht aufgenommen , da die Berücksichtigung solcher Stellen nur einem
Commenlar über den betreffenden Schriftsteller, nicht der Grammatik
zukömmt
S. \%% 'Hat das Subst. den Artikel nicht, so kann auch das blofse
cui dem Subst. folgen; Dec» 4, 8 // bwm uomot in casa cui morio
era! Hier wird ein Gebrauch, welcher sich auf die blofse Verbindung
in (a) casa beschränkt, verallgemeinert, in com aii entspricht voll-
kommen deir Fügung in catä ii medteo^ das vui hat also dabei keinen
'0 Daher Ui io mi 9i ranwmricai keine Freiheit älterer Schrift-
steller, sondern allgemeiner Sprachgebrauch. lo vi mi ramm, ist
nie gesagt worden. Man berichtige bei dieser Gelegenheit die
Übersetzung der darauf folgenden Stelle aus Ariosto (45, o3): se
gii vide (nicht ifide) impnittdir ia gunHcfn *m^n sieht ihm'
(nicht 'er sah ihm sich').
Stflftfr« Grammatik der iUlienischeu Sprache, ang. v. A, MuMsafki, f09
Einfluss, und ebenso wenig als man in name U fnedUo sagen könnte.
isl es erlaubt in name cni zu sagen. Das darauf folgende Beispiel be-
ruht auf einem Misvcrständnisse: Noi cui natura ka p&ito in wumö ii
freno Petr. Gs, 29. Hier ist cni nicht Oen., sondern Dat; und in mamt
a €Ui ist mit in eima ai monie^ in riva ni mare u. s. w. tu
vergleichen.
Die Stelle aus Petr. (fuetta vita ierrena i gumi un prato Ca e 7
Merpenie piaee (S. 134) . die mehr eine dichterische Freiheit enthält
hatte ich nicht mit den anderen ungemein häufigen Beispielen zu>
sammengestellt, in welchen eine vor dem Demonstrativpronomen gestctttr
Präposition vor dem Relativpronomen, welches dieselbe Präposition er-
fordern würde, nicht wiederholt wird: a gueiU maii che Mono $oHo
patU pH uamifUi di cid cht le donne »ogtiano euere piü vapke u. s. w.
S. 135. * Hängt che (das sich auf ein sächliches Fürwort bezieht)
von einer Präposition ab, so kann dem che ein ii vorangehen; Dec. 41,
ftMi io Vi farei pndere di gueiio, senza ii che niuna fe$ia tf
/Mk* Auch hier finden wir aus einer einzelnen Stelle eine allgemeine
R«gel ohne Berechtigung abgezogen. // che b Ai qtaU coea kann sich
nur auf einen Satz beziehen "), und es ist nur eine Eigenlhnmlichkeit
Boeeaedo's, der ihrer so viele bietet, wenn wir es in der obigen Stelle
auf ein einzelnes Wort bezogen finden. Dass übrigens die Präposition
durehans keinen Einfluss auf diesen Gebrauch ausübte, wird durch eine
andere Stelle, in der keine Präposition vorkommt, deutlich bewiesen !
Dec. % 8 eap^ queUo poteese oaervarey ii che promeeeo aeea. An-
dere Belege für diesen Gebrauch sind mir im Augenblicke weder aus
Boc* noch aus anderen Schriftstellern erinnerlich; jedenfalls ist es sehr
selten, und der heutigen Sprache unbekannt.
S. 136. *Die Präpos. kann zwischen // und r^ stehen: // per che!
Nicht jede Präp., sondern blofs per, ii di che, ii am che sind unmög-
liche Stellungen.
S. 155 fassen die Verfasser mai als negatives Adverbium auf.
Dies ist aber nicht der Fall: PUii aus mapis herrührend hat an und für
sich keine negative Bedeutung und erhält dieselbe erst durch ein hin-
Bugeliigtes negatives Wort. Non vidi mai coea ti beUa bedeutet wört-
Hefa * weiter (bei anderer Gelegenheit, bisher u. s. w.) sah ich nicht eine
■o schöne Sache.' Es ist dann nur eine leicht erklärltbhe Ausdehnung
des Gebrauches, wenn in der Umgangssprache manchmal das blofse mai
vor dem Zeitworte genügt, um die Negation auszudrücken. Bei guten
^*) Dem scheinen die zwei auf derselben Seite angeführten Fügungen
zu widersprechen : Is pena mm ei puö ehiamar piutia, ii t he
vuai dire tucessariai f inguisiiione, ii che vuoi dire ia per^
secutione : es ist aber leicht einzusehen, dass bei diesen (übrigens
weder schönen noch von guten SchriflstcUem gebrauchten) Wen-
dungen das // che den ganzen Begriff des vergleichenden Wortes,
also ein Ideencomplex, einen Satz darstellt.
210 Wig§er9 Grammatik der italientscbiii Sprache, aiig. v. A. Mussafta.
Schri fistellern jedoch findet sich dies nur höchst selten'^ und gewissen-
hafte Grammatiker warnen davor. Dadurch soll auch das S. 258 gesagte
auf sein richtiges Mafs beschränkt werden.
S. 161 — 162 wird der Unterschied zwischen comparativem
und intensivem tanto. taie nicht mit der nöthigen Schärfe hervor-
gehoben ; auch ist der angeführte Satz lanta fu t impresa che non
poieisero /* esffuire ganz unitniienisch. Denn iafUa in der Bedeutung
*80 grofs' ist ein hier unpassender Latinismus; der Conj. poteisero statt
poierono ist fehlerhaft; die Stellung des Affisso f ist unpassend; es
sollte beifsen ia poi. eseg. oder eieguirla.
Das Genus verbi ist im ganzen sehr gut abgehandelt; nur wäre
eine deutlichere Darstellung der wechselseiligen Beziehungen zwischen
den transitiven und intransitiven Zeitwörtern erwünscht. Diese werden
nämlich blofs in Bezug auf die Anwendung des Auxiliaria untersucht, und
durch dieses allzu äufserliche Verfahren werden die verschiedensten Fälle
miteinander vermengt. So finden wir (S. 199) cetsarey creacere, sonare,
welche, ursprünglich intransitiv, durch hinzugetretene factitivische Bedeu-
tung transitiv geworden sind, neben partire, welches, ursprünglich tran-
sitiv, durch den Verlust des reflexiven Pronomens intransitiv wurde, und
zwischen beiden wieder saiire, welches nur durch Hinzufügung eines
inneren Objcctes als transitiv gebraucht werden kann. Es sei auch bei
dieser Gelegenheit bemerkt, dass cretcere als transitiv jetzt ungebräuch-
lich ist; dass discendere in der Bedeutung * herablassen' sich wol durch
ein par Stellen aus anerkannten Schriftstellern belegen lässt, heutzutage
aber den meisten ein Gallicismus scheinen würde ; dass tnorire nur im
Partie. Perf. die Bedeutung 'getödtet' annehmen kann. L ha morto ist
richtig, lo mori unverständlich, ffa Sonata ie guattro (S. 218 wieder-
holt) ist grammatisch untadolhaft, aber dem besser sprechenden Thcilc
der Nation nicht geläufig. La tempesta ha cessafo findet sich nur bei
nachlässigeren Schriftstellern ; richtig heifst es i cetsaUi, Überhaupt
muss man darauf bedacht sein, dass Mundarten und Schriftsteller, die
sich dem Einflüsse derselben nicht ganz zu* entziehen wissen . das Zeit-
wort avere bei manchen Intransitiven anwenden,' die im besseren Ge-
brauche essere fordern: i piavuto **)y i öastaio, i piaciuio, i costato,
nicht ha, Bocc. geht noch weiter und sagt: fürono godiUi, ^ cam-
nUnaio, füitudaio für ebbero pod.y ha eam,, ebbe sud., was aber nicht
nachzuahmen ist.
Die Darstellung des reflexiven Zeitwortes ist mit besonderer An-
erkennung hervorzuheben. Es wird genau unterschieden zwischen den
FSUen, in welchen einem transitiven Zeitwort ein Pronomen von der
gleichen Person mit dem Subjecte als Accusativ oder als Dativ
hinzugefügt wird. In letzterem Falle ist eigentlich von keiner Reflexion
") S. 219 meinen die Verf. ha piomUo sei das regelmäfsige, i piov.
dagegen bei Macch. als eine Ausnahme zu belrachtan.
Wi§§era Grammatik der italienischen Sprache, ang. v. A. ifUMiafla. 211
die Rede, im ersiercn kann das Zeitwort seine transitive Kraft unge-
schmälert behalten , oder sich bis zu einem intransitiven schwächen.
Ich möchte nnr hinzufugen, dass sich bei solchen intransitiv gewordenen
Zeitwörtern die Neigung kundgibt, das Pronomen abzuwerfen, wodurch
dann die Sprache im Stande ist sehr feine unterschiede zu machen
lamegare ist transitiv — annegare uao ; — aimegarai kann seine volle
transitive Bedeutung haben und einen Selbstmord anzeigen, oder die
intransitive ein Unglück bezeichnende annehmen. Im ersten Falle darf
das Pronomen nicht fehlen, im zweiten unterdrückt man es gerne. Der
Unterschied zwi sehen dUgerato s* annegd und ia nave n$ppe ad UMO
MC^Hof onde molie persane annegarono fällt gleich auf.
Nur in Bezug auf den reflexiven Gebrauch der Zeitwörter, welcher
das deutsche unbestimmte Subject ersetzt, findet sich (S. 213) eine
Bemerkung, der ich unmöglich beipflichten kann. Die Verfasser meinen
nämlich, rs müsse in dem Satze si dava tuone cagioni statt des un-
gemein häufigen •/ dapano. das si als Siibjcci und cagioni aU Objeet
aufgefasst werden. Dies widerspricht gänzlich dem Wesen der reflexiven
Construction. Cagioni bleibt immer Subject, und dass das Verbum in
Bezug auf Zahl nicht übereinstimmt, lässt sich sowohl durch viele an-
dere Beispiele von nicht reflexiven Zeitwörtern (vgl. e* i malte per$one
und S. 318) als durch die Bedeutung der fraglichen Construction sehr
leicht erklären , da bei dem häufigen Gebrauche sich allerdings das Ge-
fühl für das ursprüngliche Verhältnis im Volke verdunkeln mussle. Auch
werden die Verf. von der unrichtigen Voraussetzung, dass eagioni als
Objeet aufzufassen sei , zu einer ebenso unrichtigen Folgerung geleitet;
sie meinen (S. 214): der Satz *die Verpflichtungen, welche man über-
nommen hat' könne mit gii oblighi che si i assunii übersetzt werden.
Dies geht aber nicht an, da mir si sono zulässig ist, und si i nur*er
hat' bedeuten kann.
Ebenso unbegründet ist die S. 213 enthaltene Bemerkung, welche
wieder Gelegenheit bietet zu bedauern, dass dem grofsen Fleifse der
Verf. die genaue Kenntnis der Sprache nicht gleichkommt. Es wird da
aus der bekannten Stelle des Dcc. 1, 1: ia fnia usan%a suole essere
di confessarsi, die Bemerkung abstrahiert, dass sich häufig ein un-
persönlicher reflexiver Infinitiv auf ein Pronomen der zweiten und ersten
Person bezieht . Eine ähnliche Wendung ist aber im Italienischen höchst
selten und die angeführte Stelle schon von den Deputati mit Recht als
sehr eigenthümlich bezeichnet '*). Nachahmung von Seite anderer Schrift-
*) Die andere Stelle aus Dec. 3, 7 quäl cagione vi dotea mttavere
a torgltPisi war bis jetzt unbemerkt geblieben, und man soll den
Verfassern zu Danke verpflichtet sein, dass sie darauf hingewiesen
haben. Die Anhäufnng mehrerer Affissi erklärt leicht, wie sich
das überflüssige si eingeschlichen bat, und wie es der Aufmerk-
samkeit der zahlreichen Commentatoren des Boc. entgangen ist.
Mit diesen zwei Stellen aus Boc, von denen jedoch nur die oben
tl2 Wiggers GrammaUk der itaüemschen Sprache^ ang. v. A. Muisafla.
steller oder gar Ginführung in die lebende Sprache ist dieser Wendung
nicht zu Theil geworden. Von den 'weiter angeführten Sätzen ist der
von den Verfassern gebildete Hi emwemie partirsi durohaas unitalie-
«isch, und die Auslegung des zweiten aus Goldoni enllchaten beruht auf
ekiom Misverständnisse Vi tvoi fanto a i^esiirsi? bedeutet nicht * braucht
I br so viel Zeit, um £ueh anzuklcideii 9' sondern 'braucht man ... .
«Hü sich.' Vi entspricht hier tiamlieh nicht lat. tobii, sondern lat. iM,
franz. |f, und wir haben hier die aooh von den Verf. (S. 217) eiwähnti'
Rcidewolse vi puoie (mit besserem Klange ci tuok) für *man braucht/
«. 6. €i tmi tempo, ci tuoi paziemm, d wgiiüno di öe'doiiariii.s.w.
Man berichtige demnach S. 108—109, 6. 375, S. 382 und S. 384, wo
sieh die hier besprochene Anmerkung wiederholt angeführt findet. An
•letzterem Orte bemerke man auch, dass die dem unrichtig verstandenen
H tuoie nachgeahmte Fügung mi tuoie für 'ich bedarf' in der Sprache
nicht vorkommt.
Ober den Gebrauch der Negation im abhängigen Satze wird
(S. 264—267) umständlich l>erichlet. Es ist dies eines der schwierigsten
Gapitel in der italienischen Syntax, da nirgends in gleichem Mafse wie
hiBr das Sehwanken zwischen der classischen subjeotiven and der mo>
demen objectiven Auffassung hervortritt. Ist dieses Verhältnis von den
Verf. auch nicht mit der gehörigen Deutlichkeit dargestellt worden, so
darf man ihnen daraus bei der Schwierigkeit des Gegenstandes fürwahr
keiften Vorwurf machen: ich will nur bemerken, dass negare mit
proiöire Heiare guardarsi nicht hätte vermengt werden tollen, da blofs
110« negare die Negation im Nebensatze fordert Der von den Verf.
angeführte Satz: Taluno negherä ehe que^o nan iia vero 'mancher
wivd läugnen, dass dieses wahr sei,' wird kaum zu belegen sein.
Auch was über die Construetion von dubitare gesagt wird , ist nicht
ganz genau.
Der Abschnitt über Präpositionen ist deutlich, bündig, erschöpfend.
Die Bemerkung (S. 271), dass Präpositionen manchmal einen ganzen
Sat^ regieren können, ist ebenso wie die aus Boo. entlehnte Stelle voll-
kottnnen vfehtig; der Satz nber Mm pnö da tfke lo ha fiuto eteeme
punitö für* er kann dafür, dass er es gethan hat, nicht bestraft werden,'
Ist spi'achwidrig.
Die 'S. 296 litt b enthaltene Bemerkung bedarf mancher Einschrän*
Imng. Die Wiederholung einer vorhergehenden vermittels che zusammen-
9eft(^tzten Gonjunction t)ei efinem zw€iten oder dritten Gliede des Satzes
durch das blofse che ist im Allgemeinen ein Gebrauch , welcher der
angeführte überzeugend ist, Itefsen sich die zwei folgenden aus
Pelrairoa vergleichen. Son.^ 1: de9 mio taneggiar vergogna ä 7
ftutlo ^*i penUrsi (da» *Beue fühlen' wird objeclivisch aufgc-
fjksst: ii peniirsi »^ ii pemimenu^, Son. 188: ^ una fede amo-
rosa, un c&r nnn flntö, S' emer aliruü pH coro di si slesso Son
le cagion ch' amando f mi distempre.
'# Ommmatik der italienischen Spjache, ang. y. A. MwMfifUi. ti%
italienischen 8praohe nicht beaondera zusagt; bei den besten Schrift-
■tellern wird man ihn nur selten treffen. Noch seltener aber ist er,
wenn die vorhergehende Conjunclion das che nicht enthält, wie z. B.
^mmdOy we u. s. w., und jeder, der auf Reinheit der Sprache halt, wird
sich so viel als möglich vor ähnlichen Constnictionen, wie die von den
Verfassern angeführten, huteo.
Die Coojwiction «011 ckt (8. 301) wurde blofs in solchen Sätzen auf-
gefQbrt, in welchen sie sich auf ein einzelnes Wort bezieht. 13m den Ursprung
der Wendung deotlicber darzulegen, hätte es jedoch genützt, auch voll-
stiadige Nebensätze^ die durch diese Conjunction eingeleitet sind, anzu-
fubreii. Dabei hatte man über die verschiedene Bedeutung, welche sie
annehmen kann, Aufschluss geben müssen. Man vergleiche mm eke fmrt
(oder faeeki^ eid cAe gä ordim, prevtene i miei deMeri, und non ehe
(mn eio eke gli &nhnOy nU wekemlsee. Im ersten Falle bedeutet der
Nebensats * nicht nur thut er alles, was ich ihm befehle,' im zweiten
'nicht nur thut er nichts von dem, was ich ihm befehle/ Ebenso:
qßiMia medieina , non che guarire / infermo , lo rende piü vigorow
che per i* aätUetro mm era und mm che guarire t inferwH^^ V uccide.
Eine g^Miue Erörterung dieser Conjunction ist bis jetzt nicht versucht
worden, und doch wurde es sich der Mühe lohnen.
Von .gleichem Nutzen wäre eine ausfuhrliche Untersuchung der Gon-
slfuetion der Zeitwörter flure iauiare MetUire u. s. w. bei folgendem Inßni-
tive. Die Verf. haben (8. S96— 328) zu enge Regeln angestellt, und dadurch
als allmein giltig eine ConstrucUon angegeben, welche nur bei einzelnen
Fällen geläufig, bei anderen aber mir den älteren Sehr iflstellern eigenthümlich
ist, dagegen eine echt volkstbümliche gänzlich ausgeschlosnen. Ich meine
nämlteh den Gebrauch von a vor dem (logisches) Subjeclc des transi-
tiven, von seinem Objecto begleiteten, Infinitivs. Egii fa eoHtire ai
reü ki pemi deU Hmocenle; fo tedere aiV amtco ii mio iaooro sind
populäre Constructionen , in welchen niemand an der Stelle des a das
Vorwort da setzen würde; aber dies nur, weil fa BOß\rire =» infiigge,
fa vedere ^ mouro sind, io feci eeppeiire ii cadavere a due miei
eetaUori; mi eeniii graaar ia /tonte alio epiendore sind Sätze, welche
den vorhergehenden ganz genau entsprechen, und dennoch ist hier der
Gebrauch des a heutzutage nur eine gern gesuchte Eleganz; geläufig
ist es nicht, und man braucht dafür da. So wäre des Satz (8. 327)
/boe aiie eue danme cäiamaNo beinahe unverständlich« wozu aber die
unpassewle Wortstellung beiträgt, ijo fece chiamare aiie eue domne
llitle einen classischen Anslrich; in der Umgangssprache biefse es nur
ia fece chiamare da He eue dornte. So würde jeder 'sie hörten ihn
Gott bitten' laüi io ndirtmo pregar Dio übersetzen, schon deshalb, weil
gU leicht eine Zweideutigkeit hervorbringen würde. Das GelSgo una
iignora avendo veduto dipfgnere ia sua figiiuoia hat durchaus nicht
den bestimmten Sinn ^ den ihm die Verf. beilegen , es lüssl ebenso gut
beide Bedeutungen zu, wie das entsprechende *eine Dame, welche ihre
214 Wigpera Grammatik der italienischen Sprache, ang. v. A. Mmiofla.
Tochter hatte malen sehen.' Eine gute Darstellung dieser Constructiouen
wäre^ ich wiederhole es, dem Fleifse irgend eines Lehrers anzuempfehlen.
S. 319 wird richtig bemerkt, dass wenn ein Relativsatz an ein
Demonstrativum anknüpft, welches als Prädicat eines Pronomens erster
oder zweiter Person erscheint, das Zeitwort des Relativsatzes in der
entsprechenden Person stehen soll. Vollständiger aber hätte die Angabe
80 gelautet: *Das Zeitwort eines Relativsatzes, welcher sich auf ein Prä-
dicat bezieht, richtet sich gewöhnlich in Bezug auf Person und Zahl
nach dem Subjecte.' Nicht nur io 9ono queilo che eereo, daher dann
siecome coiui ehe cerco, sondern auch io mi son un che piango,
Sam ii iuo zio che t'ho nutricato. Dec. 7,6 Son Tingoccio U
quaie eono a te tomalo '*). Ich sagte aber 'gewöhnlich', denn es finden
sich auch Beispiele, in welchen das Zeitwort mit dem Prädicate über-
einstimmt. Dec. 10,3 acciocchi tu tum fossi solo coiui che di qui ei
partissei 3, 7: non Heie ia prima ia quaie i ingaunata, Dante:
Se*tu quei Virgiiio e queila fonie Che spunde, wo aber manche
epandi lesen.
In dem Satze Dec. 10, 8: temo che non ia dieno ad un aiiro, ii
quai foree non sarai desto tu (S.319 und schon früher S. 117) möchte
ich nicht mit den Verf. ii quaie als Subject und desso tu als Prädicat
aufitassen. Mir scheint unzweifelhaft, dass tu das Subject ist, ii quaie und
desso sind Prädicate, wovon das letztere der Deutlichkeil wegen das
erste wiederholt, wie denn überhaupt nach relativen Fürwörtern verstär-
kende Demonstrativa aufserst häufig vorkommen. Diese Erklärung schliefst
auch die Annahme einer Verbindung von desso tu aus, welche von
der Sprache nicht anerkannt wird. Die andere Stelle, welche die Verf.
zum Belege dieser Verbindung anführen, gehört unter jene , welche sie
flüchtig untersucht und daher misverstanden haben. Dec. 9, 1: // priega.,,
[d'J entrare in queiia sepoitura, dove Scannadio i seppetUto, e met-
terti i suoi panni indosso e stare, come se tu desso /bssi, inflno a
ianto che per te sia venuto. Jeder sieht gleich ein , dass hier keine
Verbindung tu desso als Subject vorliegt, sondern tu ist Subject und
dessOy auf Scannadio bezogen, ist Prädicat; die gewöhnliche Wortstel-
lung wäre: se tu fossi desso.
Ich will gleich hier noch einige andere Stellen angeben, in welchen
die Verf. , den Zusammenhang nicht beachtend, ihre Quelle unrichtig deu-
teten. S. 325 finden wir aus Dec. 4, 10 ie chiese consigiio, citiert mit
der Bemerkung ie sei hier Acc. Plur. Schlagen wir die betreffende Stelle
nach, so finden wir, dass die Frau ihre Zofe ruft und sie um Rath
fragt: ia donna.. .. chiamö ia sua (ante e. .. ie chiese consigiio,
Le ist also Dativ Singular. Der aus der falschen Deutung der Stelle ger
zogene Schluss, chiedere oder domandare regiere einen doppelten Accu-
*) Noch weiter geht Sacchetti, nov. 19: io sono uno di queiii che
addomando.
W§$er9 Grammatik der italionischen Sprache, ang. v. A, MuMiafla. 215
sativ, ist unrichtig. Die zwei anderen Stellen beweisen äufserst wenig.
Bei (Dec. I, 3: // giudeo d') ogni gwmiiiä ehe U Saladino ii ricMese
{ii tervi) ist das zweite äi wegen des oben angeführten bei Boc. bestan-
digen Sprachgebrauches ausgelassen. Dec. 3, 10 40 damandö gueiio
ek^tila andasse eeramdo. Auch hier liegt keine dem Zeitworte damandare
eigenthumliche Construction vor, sondern ein auch von den Verf. $.-356 be-
merkter Gebrauch der älteren Schriflstcller, kraft welches ein abhängiger
Fragesatz gern in einen solchen umgestaltet wird, in welchem auf ein
demonstratives Purwort (oder Nebenwort) ein relatives folgt. So bei
Dante, Pg. 9: Ackitie ii riscoite., . N(m tappiendo lä dove si fosse
statt 09e ti fo9$e,
S. 331. Als Beispiel der Hinzufugung eines persönlichen Fürwortes
zu einem dem Zeitworte vorangehenden Objecte — ie coie bitogna
dirie^ ie ckiati mm te ie darmmo — wird auch aus Boc. 3,9 came
catiH f ebbe veduiü angeführt, und mit* als er diese gesehen halte' über-
setzt. Die unerträgliche Härte einer solchen Construction hätte die Verf.
unschlüssig machen, und sie veranlassen sollen, nach ihrem Autor noch
einmal zu greifen, um die Stelle besser zu untersuchen. Hätten sie dies
gethan, so würden sie folgendes gelesen haben: {Em giovHui) nei co-
tpeUo dei re vemuaj di ffra%ia chiese che ia sua infermiiä gii ma-
Uraeee. Ii re... mm giieie seppe diedire, e tmpitragiiele. Ceme costei
i*Me oeduia, coii Huontanente ti cemfortö di daterio guerire, e
diae,... Es ist also klar, dass cosiei Subject ist und sich auf ia gia^
tine bezieht, ia ist Object und stellt das Wort infermiiä dar; man über-
5{etze:*und als das Mädchen das Gbel ansah"*).
Die Vergleichung der Stelle in ihrem Zusammenhange möge noch
dazu dienen, ein anderes Citat der Verf. zu berichtigen. Es wird nämlich
S. 367 unter den Beispielen über die Auslassung der Gonjunction ehe
auch Dec. 8, 10 a Saiabaetio fa detio ii di seguenie ia doteese aspet-
tare angeführt. In Boc. aber lesen wir: a Saiab. /U deiio a quai
bagno ia d&veese aspet. Wir haben also einen abhängigen Fragesatz,
in welchem das ehe gar nichts zu thun hat. Aus diesen wiederholten
Verstöfsen, welche durch gröfsere Aufmerksamkeit sehr leicht hätten
vermieden werden können, glaube ich den Verf. einen gegründeten Vor-
wurf machen zu dürfen.
Ein befremdender Misgriff findet sich auch S. 398. Mit dem Satze
depo disMbuiie'ie tue genii, penne, vergleichen die Verf. auch Dec.
6, 1: gueiia (noveiia) che cominciaia avea tenza finita iatciö ttare.
Sie fassen nämlich finiia als Mittelwort auf und übersetzen *obne sie
beendigt zu haben.' Finiia ist aber hier unbestritten ein Substantiv, wor-
'*) Man berichtige auch S. 338 *als der Ritter gesehen hatte, dass die
Dame ihn (den Falken) ganz gcfi^cssen halte.' Es soll hcifsen *es
(das Herz).' Die Verf. haben nämlich die 39. Novelle mit der 49.
verwechselt.
tl6 Wi§9tr9 Orammatik der italienischen Sprache, ang. v. A. MtüMaßa.
über das Wörterbuch der Akademie und alle Commentatoren nachzu-
sehen sind. Die von den Verf. aus dieser misverstandenen Steile herge-
leitete Bemerkung ist ganz unstatthaft.
Die Erörterungen über den Unterschied zwischen dem ersten oder
Kweilen Perfectum (S. 335— 336) sind ziemlich weilläuhg, ohne jedoch
da^ Hicbtige zu treffen. So ist der zwischen mori i 13 di G. und ^
m0rto i 13 di $• nur eine von der Sprache nicht anerkannte Spitz-
findigkeit» und der weiter unten angeführte Satz oggi moUi foresUeri
arrivarono veratüfet gegen den besseren Sprachgebrauch.
Die S. 359 litt. f. mitgetheiitc Hegel ist zu allgemein gefasst und
bedarf grofser Einschränkung. Der Sal/.: mi domandd se niefite dl ciö
8i fotse detto wientre ehe vivesee ist mir sehr verdächtig. Von einem
neueren Schriftsteller ist er gewiss nicht; er mag allerdings irgend einem
alleren stark latinisierenden entnommen sein, ab^r ich wäre versucht zu
glauben, die Verf. hätten ihn selbst aus dem Lateinischen übersetzt. In
jedem Falle ist er heutzutage wenig verständlich. Durchaus unitalienisch
ist dann der folgende: Se U mio piacere fouero segMii?), avrei falto
funo, mentre che nell'altro foeee etato occttpato. Kein Italiener
hätte hier die zwei Pronomina 1o und egii^ die des Gegensatzes halber
unentbehrlich sind, weggelassen.
Eine unpassende Nachahmung eines Satzes aus ßoc. finden wir
S. 367. Per Chi non sla riccOy etOti credettero che lo foisi ist ein
kaum verständlicher Satz, der mehrfach gegen den heutigen Sprachge-
brauch verstöfst. Es ist bekannt, dass perchi eigentlich nur dann als
concessive Conjunction wirken kann, wenn der Hauptsalz verneinend
ist. * Deswegen, dass er mich beleidigt hat, werde ich ihn doch nicht
strafen, trifft genau mit dem Satze zusammen *Obwol er mich beleidigt
bat u. s. w.\ daher im Itaiiemschen : Perchi m*aöö1a offeio^ tum lo punirö.
Ist der Hauptsalz bejahend, so ist natürlicherweise ein solches Umschlagen
der Bedeutung der causalen Conjunction nicht möglich. Dass sie dennoch
im Allitalienischcn stattgefunden hat, erklärt sich aus einer ungeschickten
Nachahmung der richtigen Construction ; aber erstens sind die Fälle, wo
der Hauptsatz bejahend und die Construction folglich unberechtigt i^i,
verschwindend gering gegen die Anzahl jener, in welchen der Haupt-
satz verneinen«! ist , und zweitens ist dieser Gebrauch schon seit dem
16. Jahrhunderte ganz in Vergessenheit gerathen. und es ist mit Recht
kein Versuch gemacht worden ihn wieder zu beleben. Der obige Satz
würde im Italienischen lauten: Sebbene io non sia ricco, tuUi cre-
devano che foasL
S. 386. */^/ verbindet sich mit dem Infinitive nach solere. Die
Verbindung mit dem blofsen Infinitive ist die gewöhnliche.' Nicht nur
die gewöhnliche, sondern die ausschliefslichc. Der angeführte Satz mote
dt teparsi ist nicht italienisch.
Ich will nun meine Übersicht durch Anführung einiger Ausdrücke
und Wendungen beschliefsen, welche der Berichtigung bedürfen.
Grammatik der italienischen Sprache, ang. y. A, Muaafla, 217
8. 21 Ml cono femmHUnOy una 9olpe femmHUna statt femmimi.
— S. 22 WM dottera *eine Dattel' kommt nicht vor; es soll heiCsen
4utter0. -— S. 24 |M||^//l0ii^* Schmetterling'; ein unbrauchbarer Latinismus
liir farfiaia. — S. 88 / inregi 'der Preis* statt // ]^e*%o; denn / prepi be-
dtutet * die Vorzüge/ — S. 53. Pauarano dei n^/i^nZ/ertf* Freiwillige
statt woämlari. — a 168 n/Aim/iiare* anzünden' statt aceendere; denn
miLy übrigens veraltet, bedeutet 'erleuchten.'
8. 48. Cki paträ dimtgat€ ia nta eommiiennione a M, Stuart,
gm€Mt0 tfifeHctnima regina? Ein solcher Gehrauch des queHo als
ApposiliOD wird mit Recht von den Grammatikern als unitalienisch be-
leichiiet
8.51. ^1^/10 noti%ia mm ha de Ha proöadiiUä. Der Satz istver-
neineiidy und das Subst. abstract, folglich ist der Theilungsartikel ganz
unpassend. NOM ha firoöaöititä statt fum i prohahite ist ebenfalls keine
schöne Wendung.
8. 17 // «10/0 'das Schlechte'. ~ S. 135 <l öuono ehe voieva
das Gute was er wollte.' — S. 354 i öuono che gti uomMmm aap-
wUma quamdo marratmo statt // maie^ U bene, i öene.
8. 263. 'S^ p'i niiiuuo ehe abbie bisoffno detF ecommia. it
reettante deite commedie dovrebbe euere queeto. Ist das
italienisch f
8. 301. Lo credo bene, ma non po$$o soceorrere*\ch kann
nicht helfen.' Ein Germanismus. Man sagt: non ci poeeo rimedtare,
nem pouo far nutia u. s. w.
8.326. Cht gti manda a farlo? 'Wer heifst ihn dies thun.' un-
gebräuchlich, d/ gli ordina (comando, impone) di fario?
S. 335. Queeto pe%%o s'e rappreeentato, 'Dieses Stuck.' Wir
sagen wol wi peno di formaggio, un pe%%o dipane, aber von Theater-
stacken ist pet%o unverständlich.
8. 363. Mise um amboiciatore 'er schickte.' Die Verf. dachten
an lat. mieit. Ital. miee bedeutet aber 'er legte;' 'er schickte' heifst
maudd tnpiö,
8. 371. // eontiderare i'uno ^ V e$cludere raltro, Moltiplicare
gU aeiti ^ it formare taute piccole eotrauitä. In allen solchen Fällen
muss un statt // gesagt werden.
S. 378. ffa dimoslraio eseere it vatentieiimo neti' arte, 'dass
er sehr bedeutend ist.' Richtiger essere vaient, ohne Artikel; und sollte
der Superlativ relativ sein, 'der bedeutendste,' dann hiefse es (falls man
keinen verschollenen Latinismus gebrauchen wollte) ii piü patente.
Im Verhältnisse zu der geringen Anzahl von Sätzen, welche die
VerL selbst gebildet haben, erscheint dieses Verzeichnis, welches übrigens
keinen Anspruch auf Vollständigkeit macht, ziemlich grofs.
Die Gorrectheit des Druckes lässt viel zu wünschen übrig. S. 7
gautta (pan.); 8 tise {tief), maniatio {tuen,); 26 Lepoti iLeop.); 30
ZaiUehrift f. d. Saterr. Ovinnat. 1860. HI. H«ft 16
918 IF<ki«rf GrAmmatik der UAlieniachen Sprache, ang. t. i. MMi«/l0.
fir0igia, flregii (freiio\\ 56 earraUere (cor.); 65 rieotUgatfe {ricon-
ktrwey\ 136 ovvi?^ iatrH); \U^ äfpinir {ßHvm); l49 <if>^ *lfiv»a (M-
9»§uo)'^ 150 q^kMMHOy %67 OfMW^e («1»); ft&fr <ift(aa/tf (-11/0)» »64
rUpia44ujfS0 irime0.)i 960 /» «tf& ph^ lfm)\ 683 v^T/iA? (rM.). Gegen
die Hegelu der SylNneinlbeilung finden wir //' am Ende der Zeile s. b.
S. 6^ d0U'i 9-n X, B %\. m-nem\ 41 siß^nora; 373 regionäre.
Manche Wörter erinnern so lehhaU an d^ Lateiniscke» da»« man ge-
neigt wäre, keinen Druckfehler lu vermuthen. &3^ toifo i%0L)\ 45
intraf € inntr.); 57 desiruUmi (<K(f/r.); 67 aipiß»H& {dip.}; 66
flMtonarnUi W4on.)i 70 Pi4^ (C^*).- 164 pßroißirt Uferc^p,}; 6^3
i//r^tf (dire); 301 mwido (mofido). Soll das befremdende äeiia
Mie (S. 51) auch ai»f Rechnung doe S^Uar« gesetot werden? Ich
glaube kaum, dass den Yerfasseni das ilal Genus des lat. [SouiruiAs k§c
unbekavot war.
Zum Schlüsse will ich auch eine mehr äufserliche Bemerkung bei-
lugen. Sin nicht geringer Übelstand für die praktische Handhabung des
Buche« ist de««en Anordnung, Die Paragraphe sind ungemein lang und
zerfallen in eine Menge von Abtheilungen und DnterabtheliiNigen* Da*
durch ergeben eich Citale wie folgendes: S, 14» 1, 1» «» aa^ deren Auf-
findung, da am Anfange dar Seite der betreffende g. nicht angeführt
ist, sehr schwierig wird. Daher war ich genöthigt nach Seiten su
citieren.
Ich hoffe, es werdn au« dem bisher geaagten erhellen, dass das
Werk der Hrn. Wiggcrs in jedem Falle eine« Fortsehritt in der Behand-
lung der italienischen Grammatik beieichnet, und der Aufmerksamkeit
nicht unwürdig ist, welche wir uu«eren laCS^rn ^ugemuthet haben;
daas es aber in seiner jetzigen Gestalt wecler den atreng wissenschaft-
lichen Forderungen, noch dem praktischcu Zwacke de« Unterrichtes voll-
kommen entspricht Ich glaube, das«, wenn die Verf. aotti den Fleifse,
der ihnen eigen m sein scheint, die verbeasemde Haad daran legen,
und sich bemühen werden immer gröfsere Sicherheit in der Hand-
habung der guten, reinen Sprache %u erlangen, sie uns reolit bald eine
Bearbeitung ihre« Werke« bieten werden, welclie die Lücke, die wir
noch immer bei den italienischen Lehrmitteln bedauern, su gutem Tbeile
ausfüllen wird.
Wien. Adolf Mussafia.
4)l. f^pnüfin, Se^hs Holsgcbnitte u. s. w., ang. v. i. SieinJUtUser. 219
Sec|i8 Holzschnitte zur Charakteriati^ der sechs
Ejrdtbeile. lllugtrationen zu Dr.|C. VogeTs Natur- und Land-
scbaflsbildern , so wie zu allen Lehrbüchern der Geographie. Ge-
zeichnet von m. Leutemann. Geschnitten von J. G. PlegeL
Mit Vs Bogen Text Leipzig, J. C. Heinrichs, 1859. — 45 Ngr.
Wei^n in diesen B|attern das vorliegende kleine Bilderwerk zur
Anzeige komint, so geschieht es weniger wegen der Anerkennung des
künstlerischen Werthe^ der Abbildungen und ihrer Eignung als Zierden
geographischer Lehr-^ind Handbucher, als um die verdienstlichen Werke
Dr. G. Vogersy seine Natur-, Landschafts- und Geschichts-
bilder bei dieser Gelegenheit in Erinnerung zubringen, welche sämmt-
lieh, in ihrer innigen Verbindung mit seinem bekannten Atlas mit Rand-
zeiclinungen, eine Reihe trefflicher Lesebücher bilden und schon lange
einen weit reichenden (bei uns jedoch noch erweiterbaren) Wirkungs-
kreis nach Gebühr sich erworben haben. Da sowohl die Volkschule als
die Mittelschule Gelegenheiten genug findet, die Vorstellungen von Land
und Leuten auf der grofsen Erde durch etwas ausfuhrlichere Schilde-
rungen lebendiger zu machen, so sind in neuerer "^Zeit viele Compila-
tionen entstanden, um diesem Bedürfnisse zu genügen, und es ist das
weite Gebiet der Erdkunde in den nieisten Richtungen mit mehr und
weniger Geschick ausgebeutet worden. Dr. Vogel's Werke waren unter
den ersten , und erleben neue Auflagen , weil sie an innerem Werlhe
nicht die letzten sind, sondern wissenschaftlichen Fleifs mit paedago-
giscbem Tacte vereinigen.
Mit den sechs sehr gelungenen Holzschnitten von Hrn. Leutemann
und Hm. Flegel (beide bereits vortheilhaft bekannt) hat die neue Auf-
lage der Naturbilder eine zweckgemäfse und ansprechende Zierde erhalten.
Es sind keine Beigaben, welche den Gegenstand erschöpfen; sie können
aus den tausendfältigen Gestalten der Natur uns nur sehr wenige vor
Augen bringen, nur eine gut aufgefasste Zusammenstellung einiger weni-
gen Züge, aber dieses wenige leisten sie befriedigend. In der Regel
ist aus jedem Erdtheile nur ein Land, und in diesem eine Sccnerie
als charakteristisches Bild gewählt worden, in Europa Deutschland, in
Asien Ost-Indien, in Africa Aegypten, in Nord-America die Polarwelt,
io Süd-America Brasilien, in Oceanien Neu-Holland. .Vorzugsweise ist es
der Wald mit seiner reichen Pflanzenwelt, in welcher jene Thiere grup-
piert werden, die eben passend schienen. Vor allem der Raum, dann
aber auch künstlerische und andere Rücksichten (machten diese Be-
schränkung nöthig, welche jedoch den Wunsch erregt, nach und nach
Fortsetzungen dieser Bilder zu erleben , in weichen die Lücken durch
Aufnahme anderer Gegenden mit anderer Staffage ausgefüllt werden.
Gerne möchte man auch den Löwen, die Giraffe, den Straufs u.^^s. w.
in ihrer natürlichen Umgebung erblicken, oder eine Ansicht der verti-
ealen Polarwelt und anderer oft gelesener Naturwunder gewinnen. Freilich
220 Th, IVUfsteiH, fünfstellige logar. trigon. Tafeln, aog. v. Dr. K.HormUin,
würde sich dadurch vielleicht zu jedem Abschnitte der Natur- und
Landschaflsbilder eine Beigabe ergeben, gewiss nur zur Förderung
des Lernens durch das Auge. Der Mensch und seine Werke wurden
principiel ausgeschlossen, weil sie auch in dem Buche« zu dem die
Illustrationen gehören, nicht vertreten sind. Der Text nennt im Flusse
anregender Schilderung die dargestellten Gegenstände, die meist ohne
Schwierigkeit erkannt werden können. Die technische Ausführung ist
lobenswerth; ein Kunsturtheil bleibe den Kennern vorbehalten.
Wien. A. Steinhauser.
Fun fst ellige logarithmisch-trigono metrische
Tafeln von Dr. Theodor Wittstein. (XXVIll u. 13t S.) Han-
nover, Hahn, 1859. — 1 11. 34 kr. ö. W.
Vorstehendes Werkchen verdient sowohl für den Schulgebrauch
als auch zur Verwendung bei gröfseren Rechnungen aufs wärmste em-
pfohlen zu werden. Es enthält auf dem sehr mäfsigen Räume von nur
118 Seiten folgende Tafeln: Tafel 1 (Seite 1—24), die gewöhnlichen
Briggischen Logarithmen der natürlichen Zahlen von 1 bis 9999 mit
Angabe der Proportionaltheile zur Erleichterung der Interpolation ; Ta-
fel II (S. 25—29), die natürlichen trigonometrischen Zahlen für die
Winkel des ersten Quadranten von Viertel- zu Viertel-Grad mit den bei-
gefügten Differenzen für eine Minute; Tafel 111 (S. 30—97), die Loga-
rithmen der trigonometrischen Zahlen für die Winkel des ersten Quadran-
ten von Minute zu Minute mit den beigefügten Differenzen für eine
Secunde; Tafel IV (S. 98 und 99), die Länge der Kreisbögen für die
einzelnen Grade , Minuten und Secunden für den Halbmesser Eins ;
Tafel V (S. 100—116), die Gaufs sehen Logarithmen für die Summen
und Differenzen von Zahlen; Tafel VI (S. 116—118), die natürlichen
Logarithmen der ganzen Zahlen von 1 bis 404. Der Anhang (S. 119—131)
gibt noch die wichtigsten Formeln zur Auflösung'ebener und sphaerischer
Dreiecke, sowie zur trigonometrischen Auflösung der quadratischen und
kubischen Gleichungen , endlich die Dimensionen des Erdspha^roides
(nach Bessel) und deren Logarithmen.
Auf die Anordnung der Tafeln ist grofse Sorgfalt ver^-endet, und
überall die möglichste Einfachheit angestrebt. Tafel I hat die bei sechs*
und siebenstelligen Logarithmentafeln gebräuchliche Einrichtung ; des-
gleichen die Tafel der Gaufs'schen Logarithmen. Bei Tafel II und III
folgt nach dem Argumente zuerst der Sinus, dann der Cosinus und zu-
letzt die Tangente und Cotangente. Hier möchten wir die Ordnung:
Sin., Tg.. Cotg^ Cos. vorziehen, indem dadurch eine Gleichrörmigkeit
der Tafel für den ganzen Quadranten erzielt wird. Erv^üascht wäre
auch eine Erleichterung für das Aufsuchen der Logarithmen der Sinus
und Tangenten kleiner Winkel.
i. «/. ß4fffinafm, Abriss der Logik, ang. v. W, Voikmann. 221
Die AusstattuDg des Werkchens ist vortrefflich, die in Anwen-
dung gebrachten Ziffern sehr deutlich und gut leserlich. Auch verdient
die grofse Gorrectbeit der Tafeln erwähnt zu werden.
Wien. Dr. Karl Hörn stein.
Karl Aug. Jul. Hoff mann (Director des 6ymn. zu Luneburj^).
Abriss der Logik für den Gymnasial-Unterricht entworfen. (Vlll «.
49 S.) Rlausthal, Grosse, 1859. — V, Rthlr.
Ref. begrufst die vorliegende Arbeit des um Philologie und Gram-
matik wohlverdienten Hm. Vf.'s als einen erfreulichen Beweis, wie viel
pädagogische Einsicht und Geschicklichkeit mit den bisweilen gering-
geschätzten Mitteln der alten Aristotelischen Logik zu leisten vermögen.
Die Zahl der Lehrbücher der Logik für die Zwecke des Gymnasiums ist sehr
beträchtlich und bekanntlich noch in steter Zunahme, und so gerne wir
zugestehen, dass vielleicht kein einziges gänzlich verfehlt ist, so wenig
scheint uns doch anderseits irgend eine der neueren Leistungen dem
vorhandenen Bedürfnisse volle Rechnung getragen zu haben. Der Haupt-
mangel liegt in dem Zuviel des Gebotenen , und zwar in doppelter Be-
ziehung, einmal so zu sagen, was den Raum des Territoriums der Logik
und einmal was den zeitlichen Standpunct ihrer Entwickelung betrifTt.
Wir sehen nämlich die neueren Erscheinungen der bezuglichen Literatur
in dem Streben befangen, einerseifs den ganzen Lehrstoff der Logik zu
einem möglichst systematischen Abschlüsse zu bringen und so ihr Ziel
in eine Art von encyklopaedischer Darstellung zu setzen, so wie ander-
seits sich auf den Standpunct einer neuen ja allerneuestcn Schule zu
steUen, um den Schuler ja möglichst schnell in die bewegte Gegenwart
einzufuhren. Beiden Hegt ein Verkennen der Stellung der Logik auf
dem Gymnasium zu Grunde, welches die psedagogische mehr äufserlichc
Bedeutung derselben mit dem rein innerlichen Selbstzwecke wissen-
schaftlicher Entwickelung und Systematisierung verwechseln lässt. Und
80 muss denn sogleich an dem vorliegenden Abrisse der Logik rühmend
hervorgehoben werden, dass der Hr. Verf. sich mit aller Entschiedenheit
auf den Standpunct stellt, den wir für den allein angemessenen erachten.
Einem bekannten Vorbilde folgend, schliefst er sich möglichst getreu an
die Aristotelische Logik an. und geniefst dadurch gleich von vornherein
den doppelten Vorlheil , sowohl dem Scheine erschöpfender Systematik
aus dem Wege zu gehen, als auch durch das in gewisser Beziehung
neutrale Gebiet des alten Organons der Polemik der modernen Schule
entrückt zu sein. Allein auch dieser Standpunct würde, rücksichtslos
festgehalten, gewiss eine Verschuldung dem Schüler gegenüber hei bei-
führen, dem schon aus äufseren Gründen nicht vorenthalten bleiben darf,
dass die Aristotelische Logik denn doch auch ihre Geschichte hat, der
es an späteren Errungenschaften nicht ganz fehlt. Dass demnach der
«22 i. / ßofffnam, Abris:* der Logik, ang. v. IF. Mkinam.
Hr« Vf. erklärt , bei allem möglichst genauen t^esthalteu an Aristoteles,
doch auf ein eklektisches VerfäbreU ikift angewiesen geWtsen zu sein,
zeigt gewiss nur von dessen Einsieht, Und die Verbindung beider Prin-
cipien erweist sich bei der Durchführung im Detail leichter, aU es von
Vornherein den Anschein haben möchte.
Der Hr. Vf. beginnt mit der Hervorhebung der Hauptpunctc der
bekannten Aristotelischen Erkenntnistheorie — und hier hätten wir vor
allem etwas mehr Ausführlichkeit und Klarheit gewünscht (man vergl.
z. ü. die Formulierung von 7) — und bandelt sodann in drei Abschnitten
vom Crtheile (§. 2), vom Beweise (g. 3--16)> von der Definition und
€iassif!cation <g. 17 — 19). Man sieht schon au)3 dieser Abtheilung, wie
sich der Hr. Vf. den gewöhnlichen SloflT der reinen Logik: die Lehre
vodä Begriff, Drtheii und Schluss turccht legt Ist es nun auch schon
höehsl schwierig, ja vielleicht geradezu unmöglich, ein allgemein gil-
tiges Regulativ für das Quantum des aus jedem einzelnen Theile aufzu-
nehmenden zu bestimmen, so dürfte der umsichtige Hr. Vf. wt)l selbst
zugeben, dass bei dieser Disposition die Lehre vote Begriffe denn doch
namhaft zu kurz gekommen ist. Ein par flüchtige Andeutungen in der
Beweislehre abgerechnet (S. 19), treten einzelne Hauptpunctc der Bc-
griffslehre erst im letzten Capitel (S. 40) vor, und auch hier kommt es
weder zu einer Erklärung der für die Schlusslehre wichtigen Umfangs-
verhältnisse, noch zu einer wirklichen Erörterung des Begriffes des Om-
fanges selbst, von dem doch schon S. 7 und 19 Gebrauch gemacht wer-
den musste. Entsprechender scheint uns schon die Theorie des Urlheils
behandelt. Was wir hier noch vermissen, wäre nur die Scheidung der
analytischen und synthetischen Urtheile. Diese Trennung hat das merk-
würdige Schicksal gehabt, von ihrem Urheber ausdrücklich von der
Logik ausgeschlossen und auf die Vernunftkritik beschränkt worden zu
sein . während sie doch im Verlaufe der späteren Entwickelungen der
Philosophie längst aus der Erkenntnislehre verschwunden ist, in der
Logik hingegen ihre reichen Früchte trägt und tragen wird. Ref. glaubt
es eben als einen Hauptfortschritt der neueren Logik bezeichnen zu
können, dass sie neben die alle Aristotelische Theorie, die sich nur auf
das analitische Urtheil beschränkt, die Behandlung des synthetischen
Urtheils gesetzt hat, deren Anwendung auf manche Puncte der Theorie
der Naturwissenschaft von gröfstem Interesse zu werden verspricht. In
diesem Abschnitte tritt uns auch die Scheu des «Hrn. Verf.'s vor allge-
meinen, schulmäfsigen Definitionen am auffälligsten entgegen, und der
Schüler muss hier mit manchem «Gewöhnlich* (S. 6), mancher blofsen
Uindeutung auf Beispiele (S. 5 und 7) und auf den sprachlichen Aus-
druck (S. 8) vorlieb nehmen. Um so rückhaltsloser können wir uns mit
der trefflichen Weise einverstanden erklären , in der die Lehre vom
Schlüsse abgehandelt wir/d. Der geehrte Hr. Verf. weifs hier ein tieferes
Eindringen in das Wesen der syllogistischen Figuren mit der Überliefe-
rung des alten formalistischen Schematismus glücklich zu verbinden,
A. y. HoffintmH, Abriss der Logik, aug. v. W. Voikinami. 223
und dit». so wie die zwcckmäfsig gewählten Beispiele und die knappe
geschmackvolle Darstellung in kurzen leicht übersichtlichen Gliederungen
haben auf Ref. einen wahrhaft erfrischenden Eindruck ausgeübt und
sichern dem Hm. Vf. die Theilnahme aller Sachverständigen.
Ein Eingehen auf einzelne Puncte scheint nach dem gesagten wol
überflüssig. Ref. bekennt mit manchem derselben gar nicht, mit einigen
nur nach präciserer Fassung einverstanden sein zu können. Als Beispiele
der zweiten Art erinnert er nur an die zu weite Definition der Logik
(S. 2), an Sätze, wie «das allgemeine Gesetz, dass man von den Dingen
nur das ihrem Wesen Entsproehetde aussagen kann , stellt über der
Logik und gilt also auch für sie' (S. %), oder «das Crthcil ist der allge-*
meinste Ausdruck über Sein und Nichtsein' (S. 4), an die Auffassung
singulärer Drtheile als particulär (S. 6), an die Definition des inducto-
ittdie& Beweites <S. 2t) > an da« oft gerügte: der Begriff ist gleich der
Summe seiner Merkmale (S. 41) u. s. w. Auch besteht zwischen den
beiden Behauptungen, die Definition berücksichtige nur das Verhältnis
zu dem übergeordnetem Begriffe (S. 42), und es sei bei ihr die Angabe
der Unterschiede zu den nebengeordneten Begriffen nothwendig (S. 44),
ein leicht zu entfernender Widerspruch. Da ein weiteres Eingehen in
diese und ähnliche Puocte die Tendenz und den Raum dieser Zeitschrift
weit überschreiten würde, so begoügle sich Ref. mit dieser unvollstän-
digen Andeutung seiner Bedenken , und zwar um so lieber , je be-
stimmter eine neue Revision des gewiss bald verbreiteten Werkchens
den Hm. Verf. selbst zur Modificieriing manches einzelnen Ausdruckes
fühf«n dürfte.
Prag. Wilhelm V o I k m a n n.
Dritte Abtheilung.
Verordnangen für die österreieliteehen Gym-
nasien; Statistik.
Personal- und Schulnotizen.
(Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen, Aus-
eeicbnungen u. s. w.) — Der bisherige Supplent am Gymnasium zu
Priemysl, Hr. Michael P o 1 a Ä sk i , zum wirklichen Lehrer desselben
Gymnasiums.
— Der Tiroler Schulrath , Hr. Johann D e 11 a Bona zum Schul-
rathe, Volks- und Realschulinspector in Venedig, und der bisherige
Leiter des dort aufzubebenden Ober - Schulinspectorates , Hr. Johann
Codemo zum Statthaltereisecretär extra statum bei der venetianischen
Statthalterei.
— Der provisorische Director des Staatsgymnasiums zu Treviso,
Hr. Nazarius R e p i c h , zum wirklichen Director des Gymnasiums in
T r i e n t.
*- Der Supplent an der Cnterrealschule zu Stuhlweifsenburg,
Hr. Alexius Vogl, zum Lehrer daselbst.
— Die provisorischen Lehrer an der Unterrealschule zu Szege-
din, Hr. Alfons Bernstein und Hr. Alois Landau, zu wirklichen
Lehrern an dieser Lehranstalt.
— Der Doctor der Rechte, Hr. E. Klein sehr od aus Fnankfurt
a/M., zum ordentlichen Professor des gemeinen deutschen Givilprocesses
an der Innsbrucker Universität,
— Der aufserordentliche Professor des römischen Rechtes an der
k. k. Krakauer Universität, Hr. Dr. Gustav Dcmelius, zum ordent-
lichen Professor desselben Faches daselbst
— Der Rathssecretär zuj Zloczowy Hr. Dr. Peter BunzyAski,
zum o. ö. Professor des französischen Civilrechtes , dann des polnischen
Rechtes und seiner Geschichte, an der k. k. Universität zu Krakau.
— Der Adjunct an der Sternwarte zu P a d u a , Hr. Dr. Virgil
Trettenero, zum a. o. Professor der Astronomie ander dortigen
Universität
— Der bisherige Scriptor an der Bibliothek des polytechnischen
Institutes zu Wien, Hr. Karl Kreutzer, zum zweiten Gustos an der
V^ i e n e r Uni versitätsbibliothek.
Personal- und Schulnotizen. ff5
— Der Amanuensis der Wiener Dniversitatebibliothek, Hr. Franz
Bre iterklieber, zum Scriptor an der Innsbrucker Oniversitats-
bibliotbek.
— Den Schulratben in Ungarn, Hm. Dr. Johann Greschner
und Hm. Severin Schmidt, ist in Anerkennung ihres bisherigen ver-
dienstvollen Wirkens das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens Alier-
gnädigst verliehen worden.
— Dem Katecheten an der Haupt- und Cnterrealschule zu Te scheu,
Hm. Dr. Georg Prutek, ist in Anerkennung seines verdienstvollen
Wirkens für Schule und Gemeinde das goldene Verdienstkreuz AUergnä-
digst verliehen worden.
— Der kaiserliche Rath und o. Professor der Pastoral-Theologie,
Hr. Dr. Johann Fabian, Capitular-Canonicus, ist zum Dechant und der
o. Professor der Kirchengcscbichte , Hr. Dr. Johann Smutek, fürsterz-
bischöfl. Titular-Consistorialrath, zum Capitular-Domherro am Collegial-
capitel zu Allerheiligen in Prag AUergnädigst ernannt worden.
— Se. k. k. Apost. Mi^estät haben mit Allerhöchster Entschliefsung
vom 7. Febraar 1. J. AUergnädigst anzuordnen geruht, dass dem ordent-
lichen Professor der Rechte an der Krakauer Universität und kaiser-
lichen Rathe Dr. Felix v. Slotwinski, aus Anlass seiner Versetzung
in den wohlverdienten Ruhestand in Anerkennung seiner vieljährigen
und ersprie£slichen Dienstleistung im Lehrfache die Allerhöchste Zu-
friedenheit bekannt gegeben werde.
— Dem mährisch-ständischen Historiographen , Sr. Hochw. Hm.
Beda Dudik, ist die Allerhöchste Bewilligung ertheilt worden, das ihm
verliehene Ritterkreuz des Ordens der kön. Württemberg'schen Krone
annehmen und tragen zu dürfen.
— Dem k. k. UDiversitäts-Professor , Hrn. Dr. Eberhard J o n a k,
ist die Allerhöchste Erlaubnis ertheilt worden, das Ritterkreuz des kön.
Württemberg'schen Friedrich-Ordens annehmen und tragen zu dürfen.
— Dem Diener bei den naturwissenschaftlichen Sammlungen der
Theresianis eben Akademie in V^ien , Joseph Nefsmann, ist
das silberne Yerdienstkreuz AUergnädigst verliehen worden.
(Concurse, Erledigungen, Stiftungsplätze, Stipen-
dien U.S.W.) — An der Unterrealschule zu Pancsova eine Lchrer-
stelle für Freihandzeichnen als Hauptgegenstand nebst Befähigung zum
Vortrage der Geographie und Geschichte oder für Rechnen und Natur-
geschichte, mit dem Gehalte von jährl. 630 fl. ö. W. und sonstigen
Emolumenten. Termin: Ende Februar 1. J., bei dem k. k. serbisch-banater
Landes-General-Commando zu Temesvär. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 18.
Febroar 1. J., Nr. 44.)
— An der neuerrichteten vollständigen Gomrounal-Cnterrealschule
zu Sniaty n (Kolomeaer Kreises Galiziens) 2 Lehrerstellen, jede mit dem
Jahresgebalte von 630 fl. ö. W. und dem Vorrückungsrechte in 840 fl.
und 1060 fl. ö. W., und zwar die eine für Freibandzeichnen und Schön-
schreiben, die andere für Chemie, Physik und Arithmetik. Termin:
Ende. April 1. J., bei der k. k. Statthalterei in Lemberg. (S. Amtsbl. z.
Wr. Ztg. v. 23. Februar 1. J., Nr. 48.)
— An der Krakauer Universitäts-Bibliothek eine Amanuensis-
stelle mit dem Adjutum von jährl. 315 fl. ö. W. Termin: Binnen 6
Wochen, beim Krakauer k. k. akad. Senate. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v.
24. Februar 1. J., Nr. 49.)
— Am k. k. Untergymnasium zu Skalitz eine Lehrerstelle für
das Lateinische und Griechische, bei deutsch- slavischer Unterrichts-
926 Personal- utid 8cbulüOiizeii.
Sprachü, mit (lem JahiHJsgchallo fon 735 fl. ö. W. und deoi Ansprüche
auf DcoeaaalKulagen. (S. AmtsbL z» Wr. Zig. v. t9. Februar 1. J., Nr. 53.)
— An der k. k. Normal- Haupt- und Unterrcalschule bei 6i. Ann a
zu Wien die Stelle eines technÄchen Lehrers (namentlich für Chemie,
Baukunst und Freihandzeichnen), mit dem Gehalte jähri. 630 fl. ö. W.
und einem Quarlier^elde von 1^6 ö. W. (S. Aintsbl. z. Wr. Ztg. v. 29.
Februar 1. J., Nr. 63.)
— An der Ünterrealschule in Zombor eine Lehrcrstellc fiir Frei-
handzeichnen als Hauptfach und seomclrisches Zeichnen in Verbindung
mit Baukunst und Bauzeichnen als Nebenfach, mit dem Jahresgchalte
von 525 fl., einem Quartiergelde von 105 fl. und einem Holzrelutum von
63 fl. ö. W. Termin: 20. März i. J. , bei dem Magistrate der k. Frei-
und Kreisstadt Zombor. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 4. März 1. J., Nr. 57.)
— An der Bibliothek des k. k. polytechnischen Institutes
itt Wien eine Scriptorstelle mit dem Jabresgehalte von 740 fl. und dem
QUärtiergelde von 160 fl. ö. W. Termin t 15. April 1. J., bei der k. k.
n. ö. Statthalterei. (S. Amstbl. z. Wr. Ztg. vom 4. März 1. J., Nr. 57.)
— Ober einige erledigte Stiftpl&tze aus der Friedrich von Saar'-
scheo Familienstiftung, s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 25. Februar 1. i.» Nr« 50.
— Über die Erledigung eines Areiherrl. Kirchberg<er 'sehen
Siiflungsplatzes in der k. iL Theresianiscben Akademie, s. Amtsbl. s. Wr.
Ztg. V. 29j. Februar 1. J., Nr. 53.
— Über die Gründung von 10 Stipendien zur üotei^tützuog 4en
Superintendenzen augsburger und helv^etischen Bekenntnisses angehöriger
Candidaten, s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 2. Ute I. J., Nr. 55.
(Todesfälle.) ~ Am 18. Jänner 1. J. zu Mannheim die Vor-
steherin des dortigen Fräuleinstiftes, Frau Amalie Jung, eine Tochter
Jung-Slillings (geb. zu Marburg am 20. October 1796), eine der Zierden
der paBdagogischen Welt.
— Am 1^. Februar 1. J. zu Rom der berühmte Archaeolog, Hr. P.
Joseph Marchi (geb. 1795 zu üdine).
— Am 12. Februar 1. J. in London der General-Lieutenant Sir
William Francis Patrik Napie r (geb. am 17. December 1785 zu Castle-
(own in Irkmd), ein Bruder des Scinde-Eroberers Sir Gh. Napier, als
Krieger uud Schriftsteiler («Gesdnchie des Ualbinselkrieges,' «K^ro^erung
von Scinde,' ^Lebeo und Meinungen von Sir €. Napier^ u. m. a.)
bekannt.
— Am 18. Februar 1. J. zu Wien Hr. Friedrich Beck, (J»iver-
sitäts- Buchhändler, Geincinderath und Mitglied mehrerer gelehrter Ge-
sellschaften, verdient um die Förderung der Schulliteratur, im 58.
Lebensjahre.
— Am 19. Februar 1. J. in Siebenbürgen der junge hoCTnungs volle
Biohter Hr. Lad. Väradi (pseudonym: Phaon und Martin Kerekes), im
27. Lebensjahre.
— - Am 21. Februar 1. J. zu Grate Hr. Peter Harum, als Lehrer
an der dortigen k. k. Normalbauptschule 45 Jahre lang thätig , durch
Herausgabe grammatischer Schriften («Lehrbuch der deutschen Sprache,'^
Praktische Anleitung zur Erlernung der deutsclien Rechtschreibung^
a. m. a.) bekannt.
— Am 22. Februar 1. J. zu Kiel Frau Doctorin Dora H e r s 1 e r ,
Schwägerin und ttographin Nie buhr 's , eine Frau von umfassendem
Wissen, selbst in der classischen Philologie, im 90. Lebensjahre.
— Am 25. Februar 1. J. zu Wien Se. Hochw. Hr. Th. Dr. Joseph
Kaerle, Weltpriester, o. ö. Professor der arabischen, syrischen und
Personal- und Schuluotizen. 227
ehaldäiscbcn Sprache, dann der höheren Exegese des alten Bundes an
der Wiener Universität, Decan des Professoren-Collegiums der theol.
Facultäty fürsterzbischöfl. Brixener Consistorialrath u. s. w. , im 58.
Lebensjahre.
— Am 25. Februar 1. J. zu Wien Hr. Anton Olrich Burkhardt
(geb. zu Salzburg am 9. December 1826), Assistent der k. k. Central-
anstatt für Meteorologie u. s. w., durch seine Leistungen in diesem
Bereiche, namentlich durch seine «Naturkalender.* wohlbekannt
— Am 25. Februar 1. i. zu Müncheh der k. bayr. Geheimrath,
Hr. Dr. Frdr. Wilh. Thiersch (geb. zu Kirchscheidungen bei Frei bürg
an der Dustrut in Thüringen, am 17. Juni 1784), zahlreicher Orden
Commaudeu^ utid Bitter, Vorstand der kön. bayr. Akademie der Wissen-
schaften und General-€onservator der wissenschaftlichen Sammlungen
des Königreiches Bayern, corr. Mitglied der kais. Akademie der Wissen-
schaften in Wien, als Philolog, Philhellene und vielseitiger Gelehrte,
so wie durch werihvolle schriftstellerische Leistungen auf alhen Gebieten
seines reichen, vielumfassenden Wissens, gleich ausgezeichnet.
— Am 27. Februar L J. zu Dusseldorf Hr. Prof. M Osler, früher
durch lange Jahre Lehrer der Kunstgeschichte bei der Kunst-Akademie,
in vorgerücktem Alter.
— Am 28. Februar I. J. zu Zürich Hr. Heinrich Esc her, Pro-
fessor der Geschichte am Gymnasium daselbst.
— Im Februar I. J. zu Hamburg der Professor der Botanik am
akademischen Gymnasium und Direclor des botanischen Gartens . Ur.
Lehmann.
— Am 4. März 1. J. im Haag Hr. von Ro munde, früherer Cul-
tusrainister für die katholischen Angelegenheiten.
•^ Am 6. März 1. J. eu Klagenfnrt der k. k. Appellationssecretär^
Hr. Gottlieb Freiherr von Ankershofen (geb. zu Klagenfurt am 22.
August 1795), Ritter des Franz Joseph- Ordens, wirkt. Mitglied der kais.
Akademie der Wissenschaften , Conservator für das Kronland Kärntben
u. 8. w., als Forscher und Schriftsteller auf dem historischen Gebiete
seines Vatertandes («Geschichte des Kroulandes Kärntben,' «die ältesten
kirchlichen Bauten Kämthens' u. m. a.) rühmlich bekannt.
— Am 8. März l. J. zu Triest, Hr. Girseppe Almanzi (von
Padua), als Orientalist und Bibliothekar in Italien und Deutschland rühm-
lichst bekannt, im Alter von 59 Jahren.
— Am 9. März I* J. zu Padua Se. Hochw. Hr. Abbate Joseph
Trivellata, als einer der letzten, aber auch eifrigsten und begab-
testen Vertreter der alten Richtung des ^GymnaUum Patatinum,^ nainent-
lieh durch seine lateinischen Übersetzungen italienischer KAnacr€ontiche>^
bekannt, im Alter von fast 70 Jahren.
— Am 12. März I. J. zu Wien Hr. D. Benedict Wagner, k. k.
Rath, pens. Professor, emeritierter Rector der k. k. Dniversität zu Lem-
berg u. s. w., im 78. Lebensjahre.
Vierte Abtheilung.
Miscellen.
Programme österreichischer Gymnasien und Real-
schulen am Schlüsse des Schuljahres 18*%9.
(Fortsetzung von Hft. 11 des Jabrg. 1860. S. 142 ff.)
111. Abhandlungen aus dem h i slori scb-geographi sehe n
Gebiete.
1. Die ordetUliche Bundewersofnmlung der Aioler. (Abhandlung
von Prof. J. Plaschnik im Progr. des Gymn. der k. k. Theresianischen
Akademie in Wien. 1859. 4. 25 S.) — In der vorliegenden Abhandlung
geht der Verfasser von der Stelle des Livius (XXXI, 32) aus, worin
derselbe in der ätolischen Bundesverfassung zwei ordentliche Versamm-
lungen — conciiium Panaetoiicutn und conciHum Pylaicum — unter-
scheidet. Die frühere Kritik hatte festgestellt, dass das conciUum Pan-
aetolicum gleichbedeutend mit der synoduM Thermica des Poiybius
sei, gegen welche Ansicht aber von Dukerus in seiner Interpretation des
Livius gewichtige Bedenken erhoben worden sind. Der Verfasser der
Abhandlung hat sich die Lösung nachstehender Fragen gesetzt:
a. Ist der herrschenden Ansicht, dass das conciHum Panaetoiicutn
des Livius und die Sffnodus TAermica des Poiybius ein und dasselbe
sei, oder der Meinung des Dukerus beizupflichten, der diese Identität
bezweifelt?
ö. Welche Ansicht hat Livius selbst von dem conciiium Panae-
ioiicum und dem conciHum Ppiaicum^
c. Wie verhält sich die Ansicht des Livius zu dem Berichte des
Poiybius?
Demgemäfs handelt der Verfasser zunächst von dem conciHum
PanaeioHcum , welches er für eine ordentliche ätolischc Bundesver-
sammlung erklärt, die über Krieg und Frieden zu Naupactus an einem
bestimmten Tage, wahrscheinlich im Frühjahr, gehalten wurde. Sodann
wird das conciiium Pylaicum besprochen. Der Verf. meint, dasselbe
erscheine bei Livius in doppelter Gestalt: einmal als conciiium Pylai^
cum Aeioiontm, dann schlechthin als conciiium Pyiaicum. Beide hätten
die locale Beziehung auf den Ort Thermopylae, nber sie seien wesent-
lich von einander unterschieden ; jenes erstere sei eine gesetzliche Ein-
richtung des ätolischen Bundes und habe gleiche Kraft über Krieg und
Frieden mit dem conciiium PanaeioHcum, das andere erscheint als con-
venitü Graeciae.
Miscellen. 929
S. 16 aufgert er sich näher dahin, dass die Ausdrucke napaita-
ai«« und SiQfiiTid als termini iechnici in die Gesetzgebung der Ätoler
aufgenommen wurden, um die zwei regeimäbig in jedem Jahre statt-
findenden Bundesversammlungen der Ätoler zu kennzeichnen und zu
unterscheiden; die SsQiit%d zu Anfang des Herbstes in Thermen, wo
die Wahl der Bundesbeamten stattfand und vorkommenden Falles auch
über Krieg und Frieden ein Beschluss erfolgte, dagegen die Tlapaixm'
XiHM zu Anfang des Frühlings in Naupactus, wo über die Unterneh-
mungen der kriegslustigen Ätoler, über Krieg, Frieden, Bündnisse be-
ratlien und beschlossen wurde.
Zur weiteren Begründung dieser Ansicht wird aus dem Zusam-
menhang der Begebenheiten in der Geschichte des ätolischen Bundes
im ersten Jahre der 147. Olympiade nachgewiesen, dass in dasselbe
drei Versammlungen, zwei ordentliche und eine aufserordentliche fallen,
und zwar 1. ein eoncitiwn PanaeMicum in r^aupactus im Frühjahr,
2. ein coneiUum Tkermieum {Fplaieum) in Thermon zur Zeit des
Uerbstaquinoctiums und 3. ein concitHtm indictum zu Lamia im
Spätherbst.
Wenn man auch hinsichtlich des Ganges der Gntersuchung und
Beweisführung in manchen Stücken mit dem Verfasser nicht ganz über-
einstimmen wird, so muss doch anerkannt werden, dass die gelehrte
Abhandlung dem griechischen AI terthums forscher jedenfalls einen beach-
tenswerthen und interessanten Beitrag liefert zur Beleuchtung der Ver-
fassung des ätolischen Bundes , über dessen innere Einrichtungen nur
noch unvollständige Nachrichten vorliegen.
Wien. J. Aschbach.
2. Die Begehungen der patmonUcken und groTa-mäMachen
Siapen %u den Karolingern und tum pdpatitchen Stuhle. (Abband-
lung von J. Ludm. St^pan im Programm des k. k. kath. Staats-
gymnasiums zu Neu sohl. 19 S. 4.) — Es ist ein misliches Ding, irgend
eine historische Arbeit ohne die ausreichenden Hilfsmittel zu versuchen;
vollends das vorliegende Thema mit seinem mannigfachen Quellenstoffe
lässt sich nur in anhaltender Benützung einer gröfseren Bibliothek in
genügender Weise behandeln. Der Hr. Verf. seheint aber nicht in der
Lage gewesen zu sein, auch nur die gewöhnlichen Sammlungen, wie die
späteren Bände der Monumenia Germaniae , deren fünfter, eilfter und
dreizehnter Band ihm nach seinen Citaten unbekannt geblieben sein müs-
sen, sich zu verschaffen. Wäre ihm überdies eine der neueren Arbeiten
über die Frage zu Banden gekommen, so würde er es wol aufgegeben
haben, einen so schwierigen und in so verschiedene Literaturen übergrei-
fenden Stoff zu behandelt^ wobei wir gelegentlich bemerken wollen, dass
es besser ist gar nichts über byzantinische historische Literatur zu be-
sitzen, als die ungenügenden Auszüge eines flüchtigen Pedanten, wie der viel-
berühmte Stritter war. Genug, wir verzichten lieber auf ein Drtheil über
das Sachliche der vorliegenden Arbeit, indem wir gern anerkennen, dass
sie — das stoCsweise Vorkommen von pathetischen Sätzen und Wendungen
abgerechnet — in einem recht fliefsenden Deutsch geschrieben ist Indem
Ref. schliefslich uoch bemerkt, dass ein so gänzliches Misverständnis
seines Buches, wie es S. 17 der vorliegenden Schrift in Bezug auf die
Berufung der Ungarn vorkommt, sich vielleicht auch aus dem erwätm-
ten Büchermangel des lim. Verf.'s erklärt, kann er nicht umhin, auch
bei dieser Gelegenheit den Rath zu wiederholen, dass doch die in öster-
reichischen Programmen leider noch so seltenen Beispiele von histori-
schen Arbeiten, welche speciel locale Gegenstände in wissenschaftlicher
Weise behandeln, mehr Nachahmung finden mögen.
Wien. Max Büdinger.
990 Miscellen.
3. Ge$cAicäie des h. h. epangHUchen Gymna$iumB vu Tescäen.
(Abhandlung von Qottlieb Biermannim Programm des ovangel. Gym-
nasiums SU T eschen. 1869.) — Hr. ßiermann, der sich schoo durch
einige frühere Arbeiten auf dem Gebiete der Geschichtsforschung vor-
tbeilhaft und bekannt gemacht hat, benützte den Umstand der hundert-
fünfzigjährigen Jubelfeier des Bestandes der Teschener evangel. Kirche und
Schule zur Veröffentlichung von zwei sehr werthvoUen Schriften über
die Geschichte von Kirche und Schule daselbst. Die eine davon bat den
Titel: CetcA/cMe der evangeüichett Kirckß öHerreiekUch ScJkU9^en$,
mii öesanderer RüchaUhi auf die GnadenHirohe tm TeeckfH. Denk-
echrifi vtm iSUäkripen Juöeifeste der eaang. JeiUsif4rcMe vom Teechen.
Teichen, Kari Prociaska, f86». Die andere behandelt die Gescbichie
d^r Schule und liegt in der angeführten Programnarbeit uns vor. Obwohl
nun hier zui^chst nur Anlass wäre, diese letztere Arbeit zu besprechen,
so können wir doch nicht umhin auch auf jene dem Gegenstande und
der Veranlassung nach engverwandte Schrift einzugehen, von der wir
Wünschten, dass sie in weiteren Kreisen die Aufinerksamkeit auf sich
zöge. Denn wenn eine Denkschrift dieser Art zunächst auf dea beson-
deren Zweck berechnet ist, so wird es ihr unzweifelhaft zum höchsten
Lohe gereichen, wenn behauptet werden darf, dass sie ein allgemeineres
histofisches Interesse mit Bccht in Anspruch nimmt.
Die mannigfaltigen Schicksale der evangelischen Kirche in Schlesien
haben in älterer Zeit mancherlei historische Darstellung gefunden, in
Innerer 2eit dagegen ist uns kein Werk in dieser Richtung bekannt ge-
worden. Hr. Biermann hat sich imb der Aufgabe unterzogen, aus dem
ziemlich zerstreuten Material eine zusammenfassende Geschichte des Pro-
testantismus im Teschener Gebiete zu liefern. Es ist natürlich, dass da
gerade die Partieen der älteren Zeit, in welchen auch in diesen Gegen-
den dar Kampf der neuen und der alten Dootrin alle Qemüther in Bewe-
gung gesetzt hat, das meiste Interesse in Anspruch nimmt Der Verf. hat
nicht allein gedruckte Quellen für seine Darstellung zu Rathe gezogen,
sondern es standen ihm auch handschriftliche und urkundliche reichlich
zu Gebole. Von der Zeit seit der Gründung der Jesuskirche in Teschcn
war in den Acten derselben viel interessantes zu finden, aber auch für
die frühere Zeil bringt der Verf. einige nicht werthlose Urkunden aus
Bjelitzer Archiven» die über die scblesische Ueformaüon Nachricht geben.
Eine weitläufige handschriftliche Geschichte der Religionswirren hat der
Verf. endlich in dem Werke des h/erzogl. Briegischen Käthes Buckisch
benutzt, dessen viele FoJiobände füllende Sammlung von Nachrichten
und Acten in der Tesclxener Bibliothek aufbewahrt wird. Dabei müssen
wir indfiB bemerken, das« wir uns nicht erklären können, warum der
Verf. über Fundort, Umfang, über die Natur und den Charakter seiner
handschriftlichen Quellen nur so spärliche und unvollkommene Notizen
gibt Geschah es aus übertriebener Bescheidenheit oder bewahrt er ein
Geheimnis? — Jedenfalls ist es das erste Gesetz wissenschaftlicher Ar-
beilen, namentlich über unbekannte Quellen dem Leser volle Rechenschaft
SU erstatten.
Aus dem gesagten wird man indessen leicht erkennen, mit wie
gripfsom Fleifse und welcher Sorgfalt sich Hr. Biermann den Untersu-
chungen über die Geschichte der evangelischen Kirche und Schule hin-
gf^iebeu hat. Dabei hätte vielleicht auf ein oder das andere Moment
gröfseres Giewicht gelegt werden können. So scheint die Zeit nach dem
weftphäliscbcn Frieden bis zur Altranstädter Convention in ihrer Bedeu-
tung für die Entwickelung der evangelischen Kirche kaum hinreichend
gewüfdigt. Sie ist doch nicht spurlos für die protestantische Bewegung
in Schlesien vorübergeg^mgcn. Gerade für die sclilc^ischen Angelcgon-
heiten unter Leopokl 1. enthält selbst Wagner (llistoria Leopoldi I.) ein so
MisceUen. 931
reichet Material, das« es der M&be werth gewesen wäre, den politischen
Verwicketungeo, die gerade durch die Bedrückung der sehlesiscben Pro-
testanten »ich ergehen hahen, näher nachzugeben. K. A. Mensel, dem
die schleaischen Verhältnisse nahe genug gelegen, hat nicht unterlassen
in dieser B^xiehung die richtigsten Gesichtspuncte festzustellen. Die po-
litische Stellung Schwedens zu Österreich war namentlich durch das*
jenige bedingt, was in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundorts in Schlesien
TOT sich gegangen war.
Doch wanden wir uns su der Abhandlung zurück, welche Hr.
m«npami im vorjährigen Programme des Gymnasiums geliefert hat Es
is| die Geschichte des Gymnasiums, voll von sehr interessantem Detail;
dM viobtigate darin jedenfalls die mit Hecht umständliche Mittheilung
dw »iir Zeit der dntstobu^g der Schule abgefafsten Lehrplanes. Die
jWbMliegea vor die Doceutes et Discentes* sind ein durch und durch in*
tecfsWKter P^Urag zur Gesqhicbt des Dnterrichtswesons. Die Darstellung
Qienniinn'a hätten wir etwas prägnanter gewünscht, namentlich ist die
Menier bald mit den eigenen» bald «lit den Worten der Schulleges bunt
dorchaiqander zu reden, in hohem Grade störend und unklar ; aber man
verkeimt doch keinen Augenblick die Wichtigkeit der hier gemachten
MHibeilmig^n. pie Angaben über Methoden des Unterrichtes, die strenge
Verweisung auf den In halt des zu lehrenden im Gegensätze gegen die
so^enaiwte formale Bildung der Jesuitcnschulen, die Pflege des griechi-
schen und hebräischen, alle diese Dinge lassen unzweifelhaft ein fortge-
scbrJtteiies Unterrichtssystem erkennen. Ks entsteht nun aber die Fraget
VO sind die Erfahrungen gesammelt, deren Product und Resultat der
mitgetÜieilte Lnterrichtsentwurf sein mussteV Hr. Biermann scheint erkannt
zu haben, dass die Beantwortung dieser Frage von grusstem Belange ist^
und er ha^ deshalb nicht unterlassen zu bemerken, dass der Arbeit des
Yerfassefs der Schulleges der sächsische Lehrplan zu Grunde gelegen
habe. Nur bedauern wir, dass dies nicht im einzelnen und genauer
naphgewiesen worden ist, denn gerade in dem Zusammenhange der Dingo
dieser Art liegt ihre eigentliche Bedeutung. Geschichtliche Arbeiten über
UnterrichtsanstaJten könnten überhaupt weit fruchtbarer gemacht werden,
wemi man, anstatt die äufsere Geschichte derselben in den Vordergrund
zo stellen, mehr dem Geiste nachspüren wollte, von dem sie beseelt
waren. Arbeiten dieser Art würden für die allgemeine Geschichte äufscrst
wichtig werden, wenn in denselben die verschiedenen Gruppen und Sy-
steme der geistigen Entwickelung und des Unterrichtes klar dargelegt
würden. Man müsste dabei verfahren, wie die Juristen, welche bei der
Beirachtung irgend eines Rechtsdenkmals vor allem die Frage aufwerfen,
welker Familie von Rechtsanschauungen dasselbe angehört Man hat in
den letzten Jahren vielfach in Österreich und im übrigen Deutschland in
Programmen die Schulgeschich tcn geschildert, wir vermissen aber bei
den meisten dieser Arbeiten die Darstellung des eigentlich inneren Lebens
der Schule. Das äufsere Gerippe, das freilich mehr in die Augen springt,
wird fast immer als die Hauptsache angesehen.
Doch wollen wir diese Bemerkung hier nur gelcgenllich und im
allgemeinen gemacht haben. Die Abhandlung des Hin. ßicrmann wird
sieh ohne Zweifel bei jedem Leser die verdiente Anerkennung erworben
haben. Doch können wir zum Schluss nicht umhin beizufügen, dass das
Ende des Aufsatzes besser weggeblieben wäre. Denn solche Dinge, wie
die ungemes!<ene Hervorhebung und Belobung der Verdienste des eigenen
Vorgesetzten, wobei noch der bis dahin ruhig gehaltene Ton der Erzäh-
lung völlig aufgegeben wird , werden immer ein zweideutiges Gefühl
erregen, sdbst dann, wenn alles, wie dies hier sicherlich der Fall sein
mag, auf der strengsten Wahrhaftigkeit beruht.
nt Miscellen.
4. Die ehemaüge UniPersUdi Saitburg, (Abhandig. von Joseph
Mayr im Progr. des Gymn. su Salzburg. 1869.) ~ Es ist nicht unsere
Sache, hier auf die Veranlassungen näher einzugehen, welche, wie er sagl^
den Hrn. Verf. bestimmt haben , die Geschichte der ehemaligen OniTer^
sität Salzburg einer Darstellung zu unterziehen. Was uns an der Arbeä
in erfreulichster Weise entgegentritt, das ist der Werth derselben ak
einer gediegenen historischen Arbeit. Wir sind eigentlich nicht bemfei
dieser Abhandlung gegenüber, welche durchaus auf einem sehr en«
gehenden und fleifsigen Studium der betreffenden Acten und Quellen dei
ehemaligen Universität beruht, ein Drtheil abzugeben, da ein so spedcllei
Gegenstand eine vieF gröfsere Vertrautheit mit der Sache ▼oraossMi^
als wir sie besitzen, denn dem Verf. sind auch ungedruckte MaterialiM
zu Gebote gestanden, und jedenfalls hat er in umfassender Weise die
Localgeschichten von Salzburg für seinen Gegenstand benutet Wir kMiM
also nur den Gindruck eines unbefangenen Lesers, der mit vielem li-
teresse der Darstellung gefolgt ist, hier wiedergeben. In den Citdn
hätten wir gewünscht einige gröfsere Genauigkeit beobachtet £u teheii]
unter anderm ist nicht einmal gesagt, wo die Originale der Acten liegeii]
die der Verfasser eingesehen und benutzt hat. Von den MännerD, walehc
als Lehrer an der Universität gewirkt haben, wären Notizen literaiieeiiei
Art zu verlangen, wenn man nicht wüsste, dass die kleinen Stidte li
Österreich der nothwendigen bibliothekarischen Mittel leider meist n
entbehren pflegen. Zur praktischen Orientierung wären statistisclie A»
gaben sehr nöthig gewesen, denn in der That scheint es doch, da«
die Salzburger Universität nicht blofs durch die bairischen Gommi»
säre, sondern auch durch den eigenen Verfall ihr Ende gefunden bat
6. Geschichte des Gymnasiums fiti /fmsömek, (Abhandlungen rm
Dir. Sie hing er in den Programmen des Gymn. zu Innsbruck. 18H
u. 1859.) — Hr. Director Siebinger hat bereits im vorjährigen Pro-
gramme eine sehr eingehende und treffliche Geschichte seines Gymnasiums
zu liefern begonnen, welche in der diesjährigen Abhandlung ihren Schlusi
findet. Von den einzelnen Partieen der gründlichen Darstellung gdiei
^ir den früheren entschieden den Vorzug. Die ältesten Schulzu^ndc
Tirols sind mit seltener Sachkenntnis behandelt, dann scheint uns df<
Geschichte des Gymnasiums unmittelbar nach der Aufhebung des Jesuiten*
Ordens sehr dankenswerthe Zusammenstellungen der so sehr zerstreulei
Gesetze und Erlässe zu enthalten. Bei der Darstellung der neuesten Ge-
schichte seit 1815 hat der Verf. offenbar mit gewissen RGcksichteD^
einmal gegen die Anhänger des alten Lehrsystems und dann gegen die
Väter der Gesellschaft Jesu, zu ^kämpfen gehabt ; er beschränkt sich dabei
auf rein thatsächliche Mittheilungen. Da aber bekanntlich unser altei
vormärzliches Lehrsystem mit demjenigen der Jesuiten dem Wesen nicb
völlig identisch ist, so hat der Hr. Verf. consequenter Weise sich ent-
halten müssen, in das Für oder Wider irgend einzugehen.
6. Vorstudien zu einer Geschichte des städtischen Gpmnasimm
i. r. in Hermannstadt, (Abhandlung von Karl Schwarz im Prograna
des Gymn. A. C zu Hermannstadt 1859.) — Sehr umfangreiohf
Studien scheint der Hr. Verf. über die Geschichte seines Gymnasium
angelegt zu haben. In dem diesjährigen Programme ist die Oarstellwif
bis zum Ende des 16. Jahrhunderts geführt. Wir gedenken eingehende
über diese sorgfaltige Arbeit zu sprechen, wenn dieselbe vollendet HB)
vorliegen wird.
7. Geschichte des Laibacher Gpmnasiums, (Abhandlung von Jol
Nedasek im Programm des Gymnasiums zu Laibach.) Auch ii
t34 Miscellen.
Man könnle nicht sagen, dass Gymnasial -Programme ein geeigneter Ort
für Mitlheilungen historischer Actenstacke sind. Weder der eigentliche
Zweck der Programmarbeiten, noch der Zweck der Mittheilung wird
damit erreicht. Der erstere nicht, weil der Abdruck eines Actenstuckcs
noch keine historische Arbeit ist, und der letztere nicht, da Programme
doch nur selten die nöthige Verbreitung in denjenigen Kreisen von spe-
ciellsten Fachgenossen finden, für welche Urkunden allein einen Wcrth haben
können. Der Brief selbst, den Hr. Rodler milthcilt, ist recht interessant,
und auch die Anmerkungen beweisen viel Sorgsamkeil; nur wissen wir
nicht recht, für wen sie grofsentheils bestimmt sind; wenn zum Beisoiel
über Albrecht Achilles, über Herzog Georg den Reichen u. a. m. nur be-
merkt ist, wer diese Männer waren, und etwa beigefügt wird, was von
genealogischen Notizen sich aller Orten findet, so zweifeln wir, ob dies
nöthig gewesen ist. Ebenso enthält die Einleitung nur die bekanntesten
Sachen^ manches was nicht verbürgt ist, was Münch in seinem roman-
haften Buche über Maria von Burgund erzählt, und worüber doch auch
hier keine eigentlichen Untersuchungen angestellt worden sind. Indessen
begreifen wir, dass der Verf. des Schmuckes dieser Art nicht entbehren
mochte, um seinem Stoffe einem gröfseren Publicum gegenüber ein an-
ziehenderes Gewand zu verleihen.
10. GeöurtS", Trauungi' und Sterbeorte tmidesßrttlicher Fa-
mtlienfftieder in Steiermark. (Abhandlung von Dr. Rud. Puff im Progr.
des k. k. Gymn. zu Marburg. 1859.) — Hr. Dr. Puff gibt ein Ver-
zeichnis von Fürsten und Fürstinnen, die in Steiermark geboren, ver-
mählt oder gestorben sind, als «Beitrag zur Landesgeschichte' Dabei
beschränkt er sich nur auf die vorzüglichsten Familien , da er sich
sonst, wie er sagt, auch auf die Geschichte römischer Imperatoren
aus Pannonien u. s. w. einlassen müsstc. Mit den Worten: «xfiei wie
vielen wahrhaft grofsen Schemen im Bereiche unserer alt-steierischen
Dynastien finden wir in ihrem Streben die Idee eines unserer ernstesten
deutschen Philosophen und Historikers (?) verwirklicht*: «Edlere Fürsten
sind immer der wichtigste Gedankenstrich im Buche der Geschichte* —
mit diesen Worten beginnt Hr. Puff sein Verzeichnis, welches auch
weiterhin mit Stellen wie die angeführten reichlich gewürzt ist. So
bemerkt der Verf. von Albrecht !.: „Längst wandeln die beiden ritter-
lichen Nebenbuhler um die deutsche Kaiserkrone friedlich versöhnt in
einer bessern Welt, ihr Zusammentreffen dort kann nicht an Rrutus und
CaBsar's Wiedersehen mahnen* u. s. w. Dann wird wol Karl II. der
.edle Hausvater von Innerösterreich* genannt und Ferdinand II. . heifst
es, hat «an Hurter einen ebenbürtigen Biographen gefunden.' Wir
glauben nicht erst erwähnen zu müssen , dass die Arbeit ohne allen
historischen Werth ist. Die Gattung von Geschichisvergnügungen , wel-
cher dieselbe anffehört, ist zwar ganz unschädlich, wir wünschten aber
solche Notate lieber in den Aufgaben der Quarta, als an der Spitze der
Programme zu finden.
11. Chronicon Ottocari in rebus ^ quae ad Benricum abbatem
pertinent, ne $it pmB rerum Stiriae scriptoribus. (Abhandlung von E.
R i e d e r im Programm des Gymn. in G ra z. 1859.) — Kaum eine andere
Programmarbeit beansprucht, wie diese, in gleichem Mafse die Aufmerk-
samkeit der Geschichtsforscher. Es ist eine Abhandlung, die von keinem
Bearbeiter der Geschichte des 13. Jahrhunderts, von keinem der über-
haupt an die Reimchronik Ollokars als an eine historische Quelle heran-
tritt, übersehen werden darf. Damit glauben wir von derselben das beste
gesagt zu haben , was sich überhaupt von monographischen Arbeiten
MiiceUen. t8A
sagen Itot. Es ist io neuerer Zeit mehreres über die Reimchronik er-
tpbienen. Dass aber diese verbältnismäfsig Ideineu Arbeiten über das
ungeheuere Werk nur so wenig trenügeude Resultate gegeben haben,
davon scheint ein Hauptgrund darin zu liegen, dass sich Jacobi und
Schacht ihre Aufgaben zu weit gesteckt haben, über die Reimchronik
lasst sich nicht mit einemmale urtheilen, dazu ist sie ein zu vielgestal-
tiges Werk. Ich habe bei meinen eigenen Arbeiten immer wieder den
Grundsatz bewährt gefunden, den ich gleich anfangs aufgestellt habe,
dass man die Kritik dieser historischen Quelle nach Perioden und nach
Sachen genau unterscheiden und trrnnen muss. Ja man kann sagen, man
muss für jeden einzeben Fall sich immer wieder von neuem die Krage
nach der Glaubwürdigkeit der von Otlokar gebrachten Nachrichten vor-
legeu. Der Hr. Verf. hat eben von diesem Standpuncte aus seine Un-
tersuchung zu einem sehr schönen Besultate geführt Indem er sich
seine Aufgabe möglichst begrenzt hat, hat er, wie uns scheint, unzweifel-
haft den an die Spitze gestellten Satz, dass die Reimchronik in den An-
gelegenheiten Heinrichs von Admonl nicht als Quelle dienen könne, er-
wiesen. Der Hr. Verf. prüft die Nachrichten derselben an mehreren der
hervorragendsten Puucte in dem Leben des Abtes von Admont. Er zeigt
die Verhältnisse desselben zu seinen Verwandten During de Griez, dann
diejenigen zu dem Salzburger Erzbischof und endlich die Beziehungen
SU dem steierischen Adel. Besonders aus diesem lelzten Abschnitte wird
die SteUung des Ritters Ottokar di m landesfürstlich gesinnten Abt gegen-
über deutlich. Während der Abt von Admont die landesfürstlichen In-
teressen in eminenter Weise vertrat, zeigt sich der ritterliche Dichter
und Geschichtsschreiber als ein leidenschaftlicher Anhänger der Interessen
des Adels. Hieraus entspringt denn auch die überall leidenschaftliche
und verkehrte Darstellung der Thaten jenes Heinrich von Admont Es
ist das bedeutende Verdienst Böhmer's, zuerst die wahre Geschichte
Albrecht 1. ermöglicht zu haben, in seinen R^gesten , besonders in dem
zuletzt herausgekommenen Additamentum 11. der Kaiser - Regesten von
1246 — 1313, hat Böhmer die laudesfürsttiche Regierung gegen die Vor-
wurfe, die seit der ältesten bis auf die neueste Zeit gemacht worden
sind» vertheidigt; was von Albrecht I. gilt, kann man aber auch von
seinem klugen und gewandten Landeshauptmanne bemerken, und es ist
hödist erfreulich, dass der Hr. Verf. der vorliegenden Abhandlung nun
begonnen hat die Entstellungen des geschichtlichen Herganges jener Zeit
gleichsam in ihren Hauptwurzelu anzugreifen. Indem wir uns auf diese
Weise mit den Resultaten der Untersuchung lür vollkommen einver-
standen erklären, können wir indessen das gleiche nicht von der Me-
thode und der Darstellungsweise des Hrn. Vrf.'s rühmen. Es macht einen
eigen thümli eben Eindruck, der uns häuOg genug bei unsern einheimi-
schen Pubiicationen entgegentritt, wenn wir bei Arbeiten von sachlich -
aaüserordentlich grofsem Werthe, ja selbst bei solchen, welche unzweifel-
haft historische Befähigung und Geschick verrathon, eine methodisch-
ungnschulte und ungelenke, man möchte sagen, rüde Form finden, in
der vorliegenden Abhandlung ist eine ganz sonderbare Beweisführung
versucht Zuweilen kommen wol Ausrufe des Erstaunens oder der Ver-
wunderung bei den Stellen, die aus der Reimchrouik der ganzen Länge
nach mitgetheilt sind, vor, wie z. B. 0 lepidum capuil und ähnliches,
aber wo es sich darum handelte, klar und deutlich aus den Quellen das
Gagentheil zu erweisen, wo nun der Hr. Verf. die entgegengesetzten
Zeugnisse ins Treffen führen müsste, da lässt er uns fast durchaus auf
unsere eigene Kenntnis beschränkt Er nimmt sicli nirgends die Mühe,
was er als wahren Sachverhalt, — nach unserer Überzeugung mit Recht —
bintlellt, auch wirklich zu beweisen. Wird man es wol für möglich
17*
986 MiMelleu.
balien, dass bei einer so specieltem Untersuchung, wie die vorliegende
ist, auch kein einziges Citat vorkommt V Ja selbst die Stellen , die aus
der Reimchronik angeführt werden , sind keineswegs durch die bei der
Beimchronik so sehr nöthigen Anfuhrungen kenntlich, man muss es dem
Hm. Verf. aufs Wort glauben, dass diese Stellen sich unter den lau-
senden von Versen wirklich befinden, wenn man nicht einige Übung in
diesem ordnungsiosen Werke gewonnen hat. £s mag dies genügen, um
die durchaus ungerechtfertigte Darstellungsweise des Hrn. Verf.'s zu
charakterisieren; bat derselbe etwa geglaubt, weil in den modernen Ge-
schichtswerken, wie von Mommsen und Ranke wol geschieht, die Citate
80 spärlich sind, dass dies in einer Specialuntersuchung auch angehe?
Je höher wir den Werth der vorliegenden Abhandlung in sachlicher Be-
siehung gestellt haben, desto mehr scheint uns ein ernster Tadel nach
der Seite der Methodik hin gerechtfertigt. Von der Art und Wei^^e, wie
sie in den besten Specialuntersuchungen geübt wird, kann und darf man
nicht ungestraft abirren.
la*. War öiterreich nack dem Tode des leisten Babenbergere ein
Erbgut seiner Vertcandlen, oder ein erledigtes Reicksteben? (Abhand-
lung von P. Raphael Kieme ndiö im Progr. des Gymn. zu Neustadtl.
1869) — Die Frage üt>er die staatsrechtliche Stellung Österreichs nach
dem Aussterben der alten einheimischen Dynastie, hat in der letzten Zeit
mehrere Bearbeitungen erfahren. Es macht gleich an der vorliegenden
Abhandlung einen sehr guten Eindruck, dass dem Hrn. Verf. genau be-
kannt ist, um was es sich im Augenblicke nach dem ganzen Stande der
Frage handelt, denn das ist ja doch im Grunde das Kriterium einer
wissenschaftlichen Arbeit, dass sie wirklich auf demjenigen Standpuncte
steht, den die Wissenschaft selbst, die vorhergegangenen Arbeiten und
Leistungen darbieten. Dass nach dem Tode des letzten Babenberger's
die erledigten Reiehslehen von Österreich und Steiermark nicht n.ich
Gründen des Rechts oder nach Überlegungen bestimmter Gesetze oder
Privilegien factisch vergeben worden sind, das scheint nun doch eine
Ansicht zu sein, die sich im Gegensatze zu der von Palacky in der Ge-
schichte Böhmens zuletzt ausgesprochenen mehr und mehr einer altge-
meinen Beistimmung erfreut. Die Ansprüche, welche von den verschie-
densten Seiten her auf die erledigten Reichsländer erhoben worden sind,
haben gewiss keine rechtliche Bedeutung, sofern sie nicht in dem deut-
schen Reichs- und Lehensrechte wurzeln. Nun tritt aber hiebei die Frage
über den Werth und die Auslegung der sogenannten österreichischen
Freiheitsbriefe entscheidend ein. Die Deutung, die einmal Chmel den
Ereignissen dieser Zeit gegeben hat, dass es sieh um das Privilegium
niajus dabei gehandelt habe . kann natürlich heutzutage von niemand
mehr ernstlich angenommen werden, da das majus bekanntlich mehr als
100 Jahre später erst entstanden ist. Es kann also nur davon die
Rede sein, ob das sogenannte Minus hier als rechtliche Grundlage in
Betracht kommen kann oder nicht. Da nun Ficker in seiner Abhandlung
über das Priv. minus die Echtheit dieses Freiheitsbriefes neuerdings be-
wiesen, hat und bisher noch niemand gegen die dort ausgesprochenen
Gründe aufgetreten ist, so hat sich Hr. Klemenßtd die Frage vorgelegt:
wie verhält es sich mit den Ansprüchen d^r verschiedenen österreichi-
schen Parteien unter der Voraussetzung, dass die Privilegien, auf welche
man sich häufig berief, in der That echt sind. Man sieht, dass der Hr.
Verf. mit dem Stande und der Sachlage der Forschung über diese Zeit
vollkommen vertraut ist Indem er nun die aufgeworfene Frage zu be-
urtheilen und zu beantworten sucht, geht er einen ganz trefflich metho-
dischen W>g. Er prüft znnächst mit all«r Umsicht und Sorgsamkeit die
MiaedleB. 117
einfehMii hrade des PrlTilegt. woraus sidi ergibt, dass sie in keiner
Weise auf die Fille passen oder aufwendet Verden kutanen , die naeh
dem Tode Fritdricb's II. von österrsidi eingelretea waren. Weiter
stellt dann der Hr. Verf. die Steilen ans den pipstlidien Briefen und
Chroniken in sehr entsprechender Weise susammen. wo ausdröcklieh
davon die Rede ist, da»s llenog Friedrich olme rechtmaürigen Erl>en ge-
storben sei. Ebenso treffend scSbeinen uns die Bemerkunj^en ober das
PriTilegium von Fleusladt, wo allerdings vou «Erben* die Rede ist, aber
gi;wiss in einem andern Siime als in demjenigen der Erben des ganxen
leidislandes. Es herrscht überall iu der Abbandlung ein klarer verstin-
diger Sinn 9 der die Dinge in ihren rechten Zusammhang zu bringen
strebt Wenn bei der Frage, wie sie der Hr. Yert stellt, etwas unklar
bleibt, so ist es dies, dass sich unter der ¥oraussetsnng der Echtheit
des Privilegiums doch nie vöDig entscheiden lassen wird, in welchem
Sinne die Bestätigung von tt4d von Kaiser Friedrich II. geschehen sein
sollte, wenn nicht in dem, dass die weiblichen Verwandten Friedrich's
nach seinem Tode ein gewisses Kachlölgerecht hätten. Doch hiemit be-
rühren wir einen Pnnct, wo eine vttU^ Aufklärung der verwickelten
Vi-rhältnisse vielleicht noch längere Zeit uns nicht su Theil werden
dOrfte. Es würde durchaus unberechtigt sein, dem Cmstande, dass diene
Untersuchung noch neu hinzuzunehmen ist, Einfluss auf die Beurthei-
lui^ der vorliegenden Abhandlung zu geben. — Wenn übrigens mehrmals
von der Rhein -Chronik die Rede ist, so kann man das für einen lapsus
calami nehmen. Schlimmer ist, dass Pemold bona fide als Caplan Mar*
gtfelhens erscheint ; wir verweisen den lim. Verf. auf den VI. Al»schnitt
von Wattenbach 's Abhandlung über die österreichischen Freiheitsbriefs im
8. Bande des Arch. f. k. österr. Getchq.
Wien. Otlokar Lorenz.
If^. War 6uerreUh mach dem Tode de9 teMem Babemk€r§er9 tim
Btkgmi BeHttr ferwaMdtem, oder ein erUdtgtet ReUkOeken? (Abband*
lung von P. Haphael Klemen6i£ im Progr. des k. k. Oymn. zu Neu-
stadtL 1859.)^) —Als den «Zweck dieser Abhandlung* bezeichnet der
Hr. Verf. «zu zeigen die Lrsachen der wunderbaren Verwirrung von
Rechtsansprüchen und das Entstehen der darauf Ixasierenden Parteien,
welche Österreichs Frieden untergruben, bis es Rudolf I. au sein Haus
brachte; femer wie Österreich trutz dem Privilegium Kaiser Friedrich I.
als ein dem Reiche heimgefallenes Lehen betrachtet werden konnte.*
An eine bis auf die Zeiten der Völkerwanderung zurückgebende Einlei-
tung reiht sich zunächst die Betrachtung der auf die Erbfdlge Bezug
nehmenden Stelle des Minus wie der Bestätigung dieses letzteren durch
den Kaiser Friedrich II. vom Jahre 1245; aus dem Wortlaute dieser oft
besprochenen Actenstücke wird der Beweis gezogen, dass die babenbergi-
sehen Frauen kein Erbfolgerecht geltend machen konnten. Von grofser
Belehrung wäre es für den Hm. Verf. c^wesen, wenn er die treffliche
*) Die Programmat»handlung des Hm. P. Klemenöic war von der Red.
nebst anderen historischen Abhandlungen an Hm. Privatd. 0. Lorenz
zur Anzeige übergeben , und diese Anzeige von Hrn. 0. Lorenz
bereits der Red. zugestellt, als Hr. Prof. Schwämmet die vorlie-
gende Anzeige einsandte. In Kenntnis gesetzt, dass über die Ab-
handlung des Hrn. P. Klemendid eine anderweite wesentlich ver-
schiedene Ueurtheilung eingesandt sei, sprach Hr. Lorenz den
Wunsch aus, dass dieselbe zur Veröffentlichung kommen möchte
A. d. Red.
Arbeit des Hrn. Prof.'s Dr. Julius Ficker zu lunsbruck: «Ober die EcbU
beit des kleineren öslerrcichiscben Frei hei Ubriefes* (Sitzungsberichte der
Wiener Akademie Bd. XXIII. pag. 489 flg.) gekannt hätte. Im Vergleich
mit den dort mit grofser Gründlichkeit durchgeführten Beweisen, haben
die bezuglichen Bemerkungen des Hrn. Klemenöid keinen Werth. Aber
auch sonst hat sich der Hr. Verf. wenig um das nothwendige Quellen-
material umgesehen. Ref. will nur einige Beispiele anführen. Die von
Ottokars Reimchronik gebrachte Nachricht, Margaretba habe ihrem Gemal
Ottokar U. eine Urkunde mit goldenem Siegel übergeben, auf welche
gestützt sie Ansprüche auf die österreichischen Länder erheben konnte,
wird ohne weiteres verworfen; und doch hätte sich der Hr. Verf. durch
die Einsicht in die Continuatio Garstensis ad annum 1253 (Pertz Monum.
XI. pag. 600) von der Richtigkeit dieser Erzählung überzeugen können.
Das8 die einzig brauchbare Ausgabe der österreichischen Chroniken von
Wattenbach nicht zu Ratlie gezogen wurde, ist gewiss ein ebenso ge-
gründeter Vorwurf, als die Folgen dieser mangelhaften Quellenbeuülzung
an der Arbeit klar hervortreten. Bei dieser Gelegenheit möchte Ref. den
Wunsch nicht unterdrücken, in Bälde Uandausgalen der österreichischen
Chronisten nach dem grofsen Pertz'schen Werke veröffentliclit zu sehen,
ein unternehmen, welches, seiner Überzeugung nach, von der österreichi-
schen Lehrerwelt mit Freude begrüsst würde. — Ebenso würde sich bei
einer genauen Prüfung des Bestätigungsbriefes des Papstes für Margaretba
ergeben haben/ dass Innoceuz keineswegs «in allgemeinen Ausdrücken,
welche auf keine Gewissheit scbliefseu lassen* Friedrich des Streitbaren
Schwester als Erbin erklärte, sondern, dass diese Urkunde wo möglich
noch deutlicher denn die für Gertrude ausgestellte, das Erbrecht betone.
Es folgt hierauf eine mangelhafte Darlegung der Bemühungen des Papstes,
die dem Erbrechte der weiblichen Nachkommen günstige öffentliche Stim-
mung zu Gunsten der babenbergiscben Frauen zu benutzen. — In einem
dritten Absätze sucht der Hr. Verf. aus den Angaben der österreichi-
schen Chroniken Beweise für seine Behauptung vorzubringen. Freilich
wol muss Ref. gegen die hier befolgte Art und Weise der Untersuchung
Protest einlegen. Dass Wattenbach's Ausgabe nicht benützt wurde, ist
bereits angeföhrt; die österreichischen Chronisten sind demnach in sechs
Zeilen abgefertigt. Vorgeführt werden nur: aDer österreichische
Chronist," dann die «Rhein-Chronik,' welche nicht nur an
dieser Stelle, sondern überall, wo sie angezogen wird (pag. 6; p. 7.
A.IO** ; p. 9; p. 11. A. '^2.), mit diesem Namen bezeichnet wird. Und
als dritter im Bunde erscheint der seit 20 Jahren als Fälschung be-
trachtete «Pernoldus, Margaretheus Kaplan,* der «zwar anderer An-
sicht* ist, dessen «parteiische Berichte aber in diesem Puncte keinen
Glauben finden.*
Doch Ref. glaubt durch diese Bemerkungen den Werth der Arbeit
hinlänglich charakterisiert zu haben. In stilistischer Beziehung ist die
Arbeit ganz darnach angcthan, das Urthcil zik bestätigen , welches das
aufserösterreichische Deutschland so oft über vaterländische Arbeiten
gefällt hat
Pesth. Eduard Jos. Schwammel.
Xisc«Ufn.
(Zy den Prap.-lbhdL %. 18*%.. ForUeliUDg \oü 18^0, UfU 1. 8.83- 84.)
L Abk a ad 1 vagen Batheoiati sch-Balarwissenschafllicbeii
Inhaltes.
äer Mßkmriscken M§mmmetrUi äie Atu-
wmtmmg äer Mirper im äer Eiememimr§e0meirie. (Athandi. voo Andreas
Baver, ib laircsberichl des k. k. Gymnasiuns lu Pisek. 1858.)
(ff 8. 4. Bit t FigureataL] — In der ersten Abiheilung der vorliegen-
dn Abhuidhnig, «ein« neue Formel der sphärischen Trigonometrie»'
ntwickeH der Bt» Verl den Eicess s eines sphärischen Dreiecks durch
die drei SritcB «, ^, e desselben, nnd suar bestimmt er luerst sin^i.
sodaia eon^a; nnd schliefel mit der Ableitung der nach L'Uuilier be-
■MBten Femd liir tang^ &
Die «merkwyrdige Relation*
Cggig ^1/^CO»?* cos \ (#~g)CO*? ; (#— #)COS H^— ^)
COS^tfCOSj^COS^C
«wdebe,* wie der Hr. Verf. sagt, «unseres >Yi8sens bisher nirgends
^ntwiekelt worden* ist, ist nicht neu. Sie ist ebenso wie die Formel
fSr sin Ja und die nach L'Huilier benannte Formel für langet nur ein
specieller Fall allgemeinerer Formeln, welche in der Ab-
handlung: De jn^mietQÜhu eiremlontm im euperßcie spkaerica äe-
eer^ßienam, die sich in den Actis mcaäemiae eciemUarum itmperiaiie
MMfOUiemme , pare /., 178Z, befindet, von A. J. Lex eil mitgetbeilt
wurden. Sind nämlich k^B^C.D die Winkel und a, b^ c^ d die Seiten
eines in einen kleinem Kugelkreis beschriebenen spbaerischen Vierecks,
und beseiebnet c den Excess der vier Winkel über 380*, so findet man,
da in jedem solchen spaerischen Vierecke die Summen der Gegenwinkel
einander gleich sind, sogleich
cosjt — sinH^ +^).
Dafür entwickelt L e x e 1 1 in der genannten lehrreichen Abhand-
lung, 8. 88» folgende höchst merkwürdige Beziehung:
-.^ • . 1 /cosJ(ö + * + ^ + <OcK("-^ + * + ^-"*-
®^**"|/ CO8^(fl-^+g-tf)C08i(fl + ^ — g — rf).
r cos^tf cos^6 cosjr cosj^f
Setsl man in dieser Gleichung d=^Oy also /^«sigo*, d. h. lässt man
das sphasrische Viereck in ein sphärisches Dreieck übergehen, so gebt
dieeÄn« wenn man der Kürze wegen die Bezeichnung a+^ + ^«-2'
anwendet, in die von dem Hm. Verf. für neu gehaltene Formel über.
Wir glauben , es dürfte dem Hrn. Verf. angenehm sein , wenn wir ihm
einige leicht zugängliche Werke mittheilen , in welchen diese von ihm
als neu bezeichnete Formel zu finden ist. Dieselbe befindet sich in
Grunert's Elementen der ebenen, sph» fischen und sphaBroidischen Tri-
gonometrie, Leipzig, 1837, S. 180; in Breymanns sphaBrischer Trigo-
nometrie, Wien, 1840, S. 57; in Müllers ebener und sphärischer
Trigonometrie Halle, 1852, S. 278 u. s. w. Wir bemerken hierzu nur
noch , dass keines der genannten Werke diese Formel als neu be-
zeichnet.
Der zweite Theil der vorliegenden Abhandlung ist der Ausmessung
der Körper gewidmet. Der Hr. Verf. bestimmt den Inhalt des Parallel-
epipedon's, des Prismas, der Pyramide, des Obelisken, des Cylinders,
des Kegels nnd einiger Rotationskörper. Diesen noch jetzt nicht selten
oberflächlich behandelten Gegenstand entwickelt der Hr. Verf. gründlich
Misteileifo
und klar , und seine Schuler werden diese streng begründete Darstel-
lung der Ausmessung der Körper mit Interesse und Nutzen lesen.
24. Ontermekung über die Fehler, die bei der BerecAnunff eines
ebenen Iheieckee enfsteben binnen, (Abhandl. von Anto« ScbindUr^
im Programm des k. k. Kleinseitner Gymn. zu Prag. 1858.) [10 S. 4.]
— Der Gegenstand der vorliegenden Abhandlung ist die Beurtheilung
det Einflusses , veMcfd die doreh die Unvollkommfiiheit der Hessin-
strumente und unserer fRiut Ter^ntasstem Fehler in den BestiDMiirngs-
'bUkl^^ ^^^^ ebenen Dreieckes auf die aus demselben durch trigono-
wmsche Berechnung abgeleiteten Stucke ausüben. Diese Au%abe wird
loCto und elegant durch die Anwen^ng der Differentialrechnung gelttst.
Der Hr. Verl wählt aber die bekannte elementare, nur die ienntois der
ebenen Trigonometrie erfordernde Methode, um auch seinen Sehnlem
verständlich zu sein. Er entwickelt zuerst die PundamentaUormelD der
Pehlerberechnung für die ebenen Dreiecke, und wendet dieselben sodann
auf drei Fälle an, welche bei der Auflösung der ebenen Dreiecke vor-
kommen. Jedem einzelnen Falle ist ein entsprechendes Zahlenbeispiel
beigegeben. Der Voltständigkeit wegen hätte der Hr. Verf. auch den
vierten Fall: «Gegeben sind zwei Seiten und der einer dieser Seiten
gegenüberliegende Winkel nebst ihrep Fehlern ; man bestimme die Fehler
der dritten Seite und der zwei andern Winkel* der Betrachtung unter-
ziehen soHen.
Wien. A. Gerncrth.
(Diesem Hefte sind drei literarische Beilag m beigegeben.)
Erste Abtheilun^.
Abliandlanffen.
über den Ursprung der Homerischen Gedichte.
Der vorliegende Vortrag verfolgte den Zweck, einem gebildeten
Znhörerk reise, der an der Frage über den Ursprung der Homerischen
Gedichte das allgemeine literar- historische und assthetische Interesse
nimmt, über die Motive und Mittel dieser Untersuchungen und über die
Ergebnisse, zu denen dieselben geführt haben, gewissenhafte ReehenschafI
zu geben. Nur die widerholte Aufforderung von schätzbaren Seiten be-
stimmt mich zur Veröffentlichung eines Aufsatzes, der nichts eigentbüm*
liches darbietet, sondern in der übersichtlichen Zusammenstellung der
Untersuchungen anderer seinen ausschliefslichen Werth sucht. Dem Ab-
drucke des Vortrages selbst glaubte ich die Verweisung auf die Stellen,
auf denen er im einzelnen beruht, und auf die Abhandlungen, in denen
man die Gründe eingehend erörtert finden kann, beifügen zu müssen;
die Verweisungen sind mit der Beschrankung geschehen, welche schon
der Umfang der über diesen Gegenstand fortwährend anwachsenden Lite-
ratur gebietet.
Der Abdruck eines die Homerischen Untersuchungen betreffenden
Aufsatzes in einer Zeitschrift für «Gymnasien* führt unausweichlich zu-
gleich zu der Frage, welche Stellung und Bedeutung im Gymnasial-
u n I« r richte diese Forschungen einnehmen. Für den Lehrer, der
den 9emer mit den Schülern zu lesen und ihnen zu erklären hat^ ist es
ein änerlässliches Erfordernis , dass er durch genaues Studium der Ho-
merischen Gedichte selbst und der die gruudlegenden Untersuchungen über
ihren Ursprung enthaltenden Werke, nicht blofser encyklopeedischer Über-
siehten, zu klarer Einsicht über die Fragen, um die es sich handelt,
gelangt sei$ Unklarheit hierüber wird in zahlreichen einzelnen Fällen
Unsicherheit der Erklärung zur Folge haben. Aber für den Unterricht
bezeichnet gewiss G. Cu.rtius das richtige in den Worten, welche
seine «Andeutungen über den gegenwärtigen Stand der Homerischen
Frage» (in dieser Zeitschrift 18ö4. S. 115) schliefseni «Der Eifer für
das frisch erkannte kann leicht manchen Gymnasiallehrer zu dem Mis-
griff verführen, die Homerische Frage in das Gymnasium vor die Schüler
zu ziehen. Dahin gehört aber sicherlich nicht mehr, als eine kurze
Andeutung über den Ursprung der Homerischen Gedichte. Die Schüler
wird der Lehrer in diese Gedichte einzuführen, nicht zu Urtheilen über
sie zu verführen haben , welche schon deswegen für jene keinen Werth
haben, weil sie keine selbst erworbenen sein können.' Nur darf das
ZeiUabrift f. d. 8tt«rr. Qymnt: 18S0. IV. n. V. Hvft. ]8
24t Über den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. B. Bonit%.
Bemühen, die «Homerische Frage* von dem Gymnasialunlerrichte enf-
fernt zu halten , nicht zu dem entgegengesetzten Abwege veranlassen,
dass man Schwierigkeiten des Zusammenhangs , wenn sie sich den
Schülern selbst bei der Leetüre aufdrängen, durch künstliche Mittel zu
verdecken unternehme , die mit gesunden Grundsätzen der Erklärung
nicht vereinbar sind. Dass diese Warnung nicht unveranlasst ist, wer-
den Beispiele aus den schätzbarsten und verbreiteisten Hilfsmitteln der
Erklärung Homer's zeigen, welche gelegentlich in den Anmerkungen zu
dem nachfolgenden Vortrage erwähnt sind.
An der Schwelle der griechischen Literatur, als ihr ältestes
Werk nicht nur für uns, sondern schon für die Griechen selbst
auf dem Höhepuncte ihrer historischen Entwickelung ^), stehen
zwei grotsartige Dichtungen, denen an allseitiger Einwirkung auf
das geistige Leben der eigenen Nation, an bewundernder Aner-
kennung bei allen höher gebildeten Völkern noch jetzt, nach mehr
als dritthalb Jahrtausenden, wenige Werke der Profanliteratur
gleichkommen dürften, die Ilias und die Odyssee Homer's. Die
unvergänglichen Werke der griechischen Literatur, vornehmlich
der poetischen, erschienen schon dem Alterthume als die man-
nigfach entwickelten Blüten an dem Baume, dessen Wurzel und
Stamm die Gesänge Homer's seien '). Die epische Dichtung der
Hellenen ist anfangs ein Nachhall, später eine bewusste Nach-
ahmung der Gediente Homer's. Der Begründer der griechischen
Tnigoedie in ihrer classischen Grofsartigkeit , der gewaltige
Aeschylus, erklärt selbst seine Dichtungen für Brosamen von dem
reichen Mahle Homer's'), und an dem Meister der tragischen
Dichtung, dessen Dramen noch jetzt, in schwacher Erneueiung,
des unersetzlichen Duftes der Sprache, der rhythmischen Bewe-
gungen des Chores, des ganzen Fesiglanzes der Aufführung ent-
kleidet, die Zuhörer mit reiner Bewunderung erfüllen, an Sopho-
kles rühmt das Alterlhum am liebsten, dass vornehmlich in
seinen Tragcedien Homerischer Charakter sich zeige *). Die Ge-
schichtschreibung der Griechen lehnt sich zuerst in gläubiger
Annahme der Sagen und unwillkürlicher Nachbildung der Erzah-
hingsform , dann in kritisch pragmalischer Deutung des Inhaltes
an die Gedichte Homers an *). Wenn die griechische Philosophie
in ihrem Bestreben, die höchsten Probleme der Menschheit den-
kend zu lösen, allmählich zu dem volkslhümlichen Glauben und
zu seinen gcachtefsten Vertretern, den Gedichten Homer's, in ent-
schiedenen Gegensalz tritt*), so sucht sie doch zugleich mit
Vorliebe in eben diesen Gedichten die Grundlagen ihrer Über-
zeugungen wiederzuerkennen ^). Auf Homer, auf bestimmte
Verse der Ilias, führt in der Blütezeit griechischer Plastik Phi-
dias das Ideal des Zeus zurück, den er in Olympia der Verehrung
seines Volkes zur Anschauung gebracht halle ®). An dem gröfs-
*en Nationalfesfe der Alhener, deren Staat für ganz Hellas der
Ober den Ursprung der Homerischen Gedichte, ▼. ii, ßOHit*. S49
geistige Mittelpunct wurde, war seit dem Anfange des sechsten
Jahrhunderts v. Chr. durch eine Einrichtung Solon^s der geordnete
Vortrag Homerischer Gedichte ein wesentlicher Theil der Fest-
feier *). Seit Lesen und Schreiben zu lernen als unerlässliches
Element in die Erziehung der athenischen Jugend aufgenommen
war, bildeten die Gedichte Homers^ vor allem die Ilias, den
ersten und nothwendigen Gegenstand für diesen Unterricht und
für die kindlichen Obungen des Gedächtnisses und des Vortra-
ges *®) ; und wenn im fünften Jahrhundert ein athenischer Jüng-
ling aus edlem Geschlechte in geselligem Kreise sich rühmt, Ilias
und Odyssee noch jetzt vollständig auswendig zu können, so
findet darin keiner der Genossen etwas unglaubliches^'). Welches
Werk griechischer Classiker aus Poesie oder Prosa *') wir lesen,
welche Seite griechischer Cultur wir betrachten mögen, die Ver*
trautheit mit den Gedichten Homer^s ist eine unerlassliche Be-
dingung, um dem Verstandnisse naher zu kommen*, so ist mit
den Gedichten Homer's die griechische Literatur und das ge-
«ammte geistige Leben des hellenischen Volkes durch tausend
Faden verknüpft.
Dieser Allseitigkeit der Einwirkung im eigenen Volke, von
der das angeführte nur Andeutungen gibt ^'), entspricht der
Umfang der Ausbreitung, welche die Gedichte Homer's gefunden
haben, weit über die Grenzen hinaus, welche der Anerkennung
auch der herrlichsten Werke des menschlichen Geistes der Abn
stand der Jahrhunderte, die Verschiedenheit der Nationalitat
endlich die gänzhche Umgestaltung der Bildung zu setzen pflegen
Seit diejenigen Völker, welche die Trager der modernen Ge-
schichte sind, den Zusammenhang ihrer eigenen Cultur mit jener
der classischen Völker des Alterthums zu bestimmtem Bewusst-
sein gebracht und dieser Überzeugung in der Gestaltung dea
höheren Unterrichts einen Ausdruck gegeben haben, der im Laufe
der Zeiten wechselt und wechseln muss, nehmen für alle die-
jenigen, deren Jugendbildung für die Eindrücke griechischer
Literatur Raum gestattet, die Homerischen Gedichte eine vor-
zügliche Stelle ein. Mag der Unterricht im Griechischen auch
hier und da sehr verkümmert sein, so dass die Erinnerung des
Mannes an diesen Theil seiner Jugendbeschäftigung fast nur die
Erinnerung an fruchtlos vergeudete Zeit ist : die Leetüre Ho-
mer^s hebt sich gewöhnlich von diesem dunkeln Hintergrunde
ab; denn ist nur der erste Verdruss über den erdrückenden
Reichthum an Formen und Worten übervi'unden , so wirkt mit
unwiderstehlichem Reize die ewige Jugendfrische seiner Dich-
tung ^^). Und wird ihr auch der Blütenstaub abgestreift durch
Aufgeben der Klange des Originals und Übertragung in eine
andere Sprache, so bleibt doch ein gesunder Kern wahrhafter
Poesie so unvertilgbar, dass jedes der Cullurvölker der moder-
nen Zeit die gelungene Übersetzung Homer's als einen Gewinn
18*
944 Über den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. U. ßoniiz.
für seine eigene Nationalliieralur belrachlen durfte. Welch ein
Ereignis für unsere deutsche Nationalliteratur die classische Über-
setzung Homer's von Vofs war, das steht durch die zahlreichen
Briefwechsel und persönlichen Mittheilungen gerade aus jener be-
wegten Zeit unserer Literatur noch jdzt im hellsten Lichte, und wird
an den Nachwirkungen auf dem Gebiete der deutschen Dichtung
auch dann noch bemorklich hieben, wenn jene Erinnerungen
längst Avcrden die Frische ihrer Farben verloren haben **). Die
Dichtungen Homer's in der Übersetzung von Vofs wurden zu
einem poetischen Gemeingute aller Gebildeten, an welchem nicht
Theil zu haben niemand sich verzeihen mochte. An Wohlklang
der Sprache, an natürlicher Leichtigkeit des Rhythmus, an leben-
diger Bedeutungsfülle und Bildsamkeit der Beiwörter mit dem
Originale verglichen zu werden, musste die Übersetzung ableh-
nen**); aber charakteristische Züge der Dichtung, welche sie
treu und unverletzt bewahrte, trugen dazu bei, dass auch in
weiterem Kreise der Name Homer's und Homerischer Poesie aus
nebelhaft allgemeiner Bewunderung zu bestimmter Bedeutung ge-
langte. Jene unbefangene Hingebung und sichere Schärfe sinn-
licher Auffassung, jene Kraft der natürlichen Leidenschaft, jene
Anschaulichkeit in Darstellung; jedes äufseren Vorganges, jeder
geistigen Bewegung, dies alles getragen durch ein besonnenes
Mals, welches die glückliche Mitgift des hellenischen Geistes zu
sein scheint: diese Charakterzüge in Homer's Dichtungen wurden
wie zu einem Kanon der Naturwahrheit, an welchem jede dar-
stellende Dichtung sieb zu messen habe ''')« Denn , um Gcethe's
Worte anzuwenden, ^«Homer stellt die Existenz dar, wir ge-
wöhnlich den Effect; er schildert das Fürchterliche, wir fürch-
terlich, er das Angenehme, wir angenehm*^ *®). Wenn Lessing die
Darstellungsmittel der Poesie mit denen der bildenden Künste ver-
gleicht und in überzeugender Kritik feste Grenzlinien beider Gebiete
Zieht, da Ondet er die Normen der Poesie vornehmlich im Homer,
dessen Naiurwahrheit er zuversichtlich wie der Natur selber
vertraut. Kein Dichter unserer Zeit und unseres Volkes kommt
wol jener Objectivitat so nahe, wie eben Goethe , der den Con-
trast der Homerischen Dichlungsweise gegen die moderne in so
bezeichnenden Worten aussprach-, und Goethe selbst gibt einen
ihm liebgewordenen, bereits entworfenen Stoff, Nausikaa, wieder
auf, denn niemand würde ungestraft mit Homer in die Schran-
ken treten *^).
Überblicken wir diese Wirkung der llias und Odyssee, so
begreifen wir, dass den Urheber dieser Dichtungen, den Ho-
meros, sein eigenes Volk heroischer, ja fast göttlicher Ehren wür-
digte *^), und wenn es vom Dichter schlechthin sprach, den
Homer meinte. Was in dieser Form die nationale Bewunderung
aussprach, das hat in seiner wahren Bedeutung das Zeugnis der
nachfolgenden JtEihrhunderte bestätigt.
über dvu ilrsprimg der Uomcriüchen Gcdicblc, v. M, BoniU. 245
Aber die göUlich« Verehrung dieses Dichlerlieros in (hinein
eigenen Volke, seine unbeslriltenc Auerkemiung durch mehr als
zwei Jahrlausende ^oIlte ihn nicht davor schützen, dass plötzlich,
man möchte «agen^ feine Existenz selbst in Zweifel gezogen wurde,
und über den Ursprung der Uias und Odysaee Ansichten ganz
entgegengesetzter Art auftauchten. Wir können diese neu auf-
tretenden Ansichten ungefähr in folgender Wme formulieren.
^Was wir Gedichte Homer's nennen, die liias und die
Odfseee, das sind nicht die Werke eine§ Dichters, sondern
jedes derselben — mindestens von dem sicherlich älteren , der
Ilias, lässt es sich zuversichlUch aussprechen — ist eine Ver-
bindung von dnzelnen Liedern verschiedener Sänger. Jahrhunderte
lang waren Heldenh'eder über die Ereignisse aus dem troischen
Sagenkreise unter den hellenischen Stämmen verbreitet gewesen,
jedes von mä&igem Umfange, nur eine einzelne Handlung in sich
befassend , nur bestimmt für den mündlichen Vortrag unter Be-
gleitung der Kithara, zum Anhören für eine Versammlung, die
nach fröhlichem Mahle oder sonst bei heiterem Genüsse der Hufse
sich der Erinnerung an die Groüsthaten ihrer Ahnen erfreute«
Ersi allmählich sind diese einzelnen Lieder nach dem Zusammen-
hange der Sagen in gröisere Gruppen, dann zu dem geschlosse-
nen Ganzen, ungefähr wie es jetzt vorliegt, vereinigt, und zuerst
im sechsten Jahrhundert vor Chr. auf Befehl des Pisistratus
durch die Schrift fixiert« Nicht das Werk eines Hannes, sondern
die dichterische Production eines langen Zeitraumes ist es, die
wir in der Uias vereinigt finden und mit wohlbegründeter Be-
wunderung betrachten.'^
Das sind einige der wesentlichsten Gedanken, welche am
Schlüsse des vorigen Jahrhunderts der Begründer der philolo-
gischen Wissenschaft in ihrer jetzigen Bedeutung, F. A. Wolf
in seinen Prolegomenen zu Homers Gedichten niederlegte **). Wie
die Achtung vor dem Namen Homer's, durch die wenige Jahre
früher erschienene Vofsische Übersetzung erhöht, nicht auf den
engen Kreis der Fachgelehrsamkeit sich beschränkte, so wirkte
apch die Erschütterung, die WoIFs Schrift hervorrief, weit über
diesen Kreis hinaus '*). Der geniale Fichte erklärte in leb-
hafter Theilhahme an Wolf, dass er selbst a priori zu den
nämlichen Ergebnissen gelange, welche Wolf durch historische
Forschung gewonnen habe — ein Beifall, den Wolf mit scher-
zender Ironie erwiderte '*). Gewichtig war die vollständige
Beistimmung des feinsinnigen Forschers W. v. Humboldt '*). Mit
W. V. Humboldt über die wichtigsten Fragen der Aesthetik in
lebhaftem Gedankenaustausch und förderndem Einverständnis er-
klärt es dagegen Schiller **) für <<nothwendig barbarisch'% an
eine Zerstückelung der Uias und an eine Aneinanderreihung aus
ursprunglich selbständigen Liedern zu denken. Und damit man
nicht glaube, hierin das allgemeine Urlheil wahrhafter Poesie
t46 Ober den CrspruDg der llomeriscben Gedichte, v. U. BoHiit.
über Hypothesen der Pliüologie zu vemehmeR, i^e hören wir
gleichzeitig Goethe's begeißterten Beifall"):
«Erst die Gesundheit des Mannes» der, endlich vom Namen Homero»
Kühn uns befreiend, uns auch ruft in die vollere Bahn!
Denn wer wagte mit Göttern den Kampf, und wer mit dem Einen?
Doch Homeride zu sein, auch nur als letzter, ist schön.'
Aber derselbe GcBthe wendete sich im späteren Alter von
den störenden Hypothesen WolTs wieder ab, und mochte Homer
lieber ^«als Ganzes denken, als Ganzes freudig ihn empfinden^^ '^).
Das Bild dieser mannigfachen und wechselnden Eindrücke
der WolFschen Gedanken lielse sich leicht weiter ausführen; die
wenigen Data, an hervorragende Namen angeknüpft, mögen ge-
nügen und als Typus dessen betrachtet werden, was in der ge*
aammten gebildeten Welt vorgieng. Die Wogen würden sich
allmählich gelegt haben und die frühere Spiegelglatte fnedlicher
Fortdauer der ererbten Ansichten würde zurückgekehrt sein,
wäre durch die Schrift WolTs eben nur eine leidige störende
Paradoxie in die Welt hineingeworfen. Aber nicht in der Kühn-
heit des Gegensatzes gegen eine allgemein verbreitete Überzeu-
gung liegt das Verdienst der WolPschen Schrift, nicht durch
diese ist sie ein bedeutendes und fruchtbares Ereignis auf dem
Gebiete der historischen Wissenschaft geworden, ihr Werth liegt
Tor allem in der Gewissenhaftigkeit der Methode. Fast zwei
Jahrzehnte hindurch hatte Wolf die Gedanken^ die er in den
Prolegomenen entwickelt, unausgesprochen gehegt und geprüft^®);
wa^ die unermüdlich gesammelte Tradition des Alterlhums, was
die Homerischen Gedichte selbst, was endlich der allgemeine
Gang der Cultur dem unverwandt darauf gerichteten Blicke zu
zeigen vermag, das allos ist mit strengster Gewissenhaftigkeit in
Rechnung gebracht, ehe sich Wolf, und dies noch mit unver-
kennbarem innerem Widerstreben •*), entschliefet, von einer ihm
nicht minder als allen andern liebgewordenen Überzeugung sich
loszureifsen ; nur die unerbittliche Gewalt der Gründe zwingt
den strengen Forscher dazu. Diesen Werth der Wolfischen Schrift
bezeichnet niemand treffender, als Fr. Schlegel, ein Mann, dem
man Freude an der Erschütterung oder dem Umsturz eines durch
Jahrhunderte gefestigten Bestandes gewiss nicht zuschreiben kann.
«Das WolFsche Werk,'> sagt Fr. Schlegel •^, <,isl durch den Geist
der Wissbegierde und der Wahrheitsliebe, den es athmet, durch
die strenge Bestimmung und feste Verkettung einer so langen
Reihe von Gedanken und Beobachtungen dieser Art und dieses
Stoffes ein Urbild geschichtlicher Forschung über einen einzelnen
Gegenstand des Alterlhums, das von den Anhängern fast noch
weniger verstanden, geschweige denn benützt worden ist, als von
den Zweiflern.'* Was F. Schlegel bei den Zeitgenossen Woirs
nr^isste, hat die spätere Zeit nachgeholt; eine folgende Gene-
n hat, nicht mehr beirrt durch den erschütternden Eindruck
Ober den Ursprung der Homerischen Gedichte, t. H, Boniin. 247
der Neuheit, die Forschungen Wolfs wahrhaft verwerthet, in-
dem sie die Keinrie der mannigfaltigen durch Wolf zuerst be-
gründeten Uniert^uchungcn sammtlich zu ihrer Entwickel|ing ge-
bracht hat: die Durchforschung der Gedichte selbst in ihrem
Zusammenhange, in ihrer sprachlichen und rhythmischen Form,
die Prüfung der gesammten Nachrichten des Alterthums über
Homer und die Homerischen Gedichte, die Verbindung dieser
Untersuchung mit der Betrachtung der allgemeinen Culturent-
ivickelung des hellenischen Volkes, die Vergleichung mit ver-
wandten Erscheinungen bei andern Völkern: alle diese Momente
mussten, jedes zu seiner selbständigen und vollen Geltung ge-
bracht werden, wenn ein gesichertes Ergebnis sollte ermöglicht
werden. Dem scharfsinnigen Forscher auf dem Gebiete der alteren
deutschen Poesie, K. Lachmann'')) gebührt unzweifelhaft das
hervorragende Verdienst, in strenger Beschränkung auf ein ein-
zelnes Moment, nämlich den inneren Zusammenhang der Ilias,
und in eindringender Gründlichkeit innerhalb dieser Grenzen ein
Muster für diese Untersuchungen und einen wichtigen Beitrag
zur Lösung der Frage gegeben zu haben. Aber seine Arbeit
steht keineswegs isoliert; auf demselben Gebiete und auf den
übrigen, die jedes für sich durchforscht sein müssen, haben an-
dere Gelehrte der durch Wolf eingeschlagenen Richtung weitere
Gewähr gebracht; und zugleich ist mit nicht minderem Auf-
wände von Scharfsinn und in der gleichen Absicht die Wahr-
heit der Sache zu finden alles aufgeboten, was die hergebrachte
Oberzeugung von der ursprünglichen Einheitlichkeit der Ilias und
der Odyssee und von Homer als dem Dichter dieser grofsartigen
Schöpfungen zu stützen vermag'*). Die Bedeutung, welche die
Homerischen Dichtungen in der griechischen Literatur und Ge-
schichte, welche sie ferner in der epischen Literatur überhaupt
einnehmen, hat zur Folge, dass die «Homerische Frage, *^ um
den üblich gewordenen Ausdruck zu gebrauchen, wie bei ihrem
ersten Auftreten, so im weiteren Verlaufe der Discussion, das
Interesse der Gebildeten auch aufserhalb des Bereiches der Fach-
gelehrsamkeit sich bewahrt hat. Aber durch das Labyrinth der
mannigfaltigsten einzelnen Untersuchungen , die bereits eine sehr
umfangreiche Literatur bilden, den leitenden Faden zu finden,
ist für den femer stehenden schwer, ja kaum möglich"). Die
Ermüdung über diese Verwickelung bringt daher jetzt eine ähn-
liche Wirkung hervor, wie das überraschende des Gedankens es
hatte, da er zuerst auftrat. Überzeugungen, die, an sich schon
feststehend, mit der Frage, um die es sich handelt, nichts zu
thun haben, Sympathien und Antipathien entscheiden mehr, als
die Erwägung der Sache selbst; verwerfende Parteinamen treten
nicht selten an die Stelle besonnener Würdigung der Gründe.
Eine thörichte Gespenster furcht glaubt in der Bestreitung einer
Überlieferung von zwei Jahrtausenden — denn so erscheint
t48 Über deu Ursprung der Homerischen Gedichte, v. ff. BonU*,
zunächst dem oberflächlichen Blicke die von Wolf begonnene
Richtung der Forschung — eine Verwandtschaft mit anderwei-
ten Tendenzen zu erblicken, die einer rein historischen Unter-
suchung vollkommen fremd sind; «ine aesthetische Doctrin, die,
wie wir sahen, Schiller's und Goethe's Namen zu ihrem Schilde
nehmen kann, höhnt die gelehrte Barbarei atomistischer Zer-
stückelung der grofsen poetischen Schöpfungen; und ein Leicht-
sinn, der sich nicht scheut die Miene souveräner Wissenschafl-
Uchkeit anzunehmen, wirft gelegentlich mitleidige Blicke auf die
längst abgethane Wolfische Paradoxie. Es kann nicht der Ge-
genstand eines einzebien Vortrages sein, der sich überdies von
gelehrtem Detail frei halten muss, die vielverschlungene Unter-
suchung selbst auszufahren, und es wurde sich nicht geziemen,
in einem solchen Falle Specialitäten der eigenen persönlichen
Überzeugung über die noch fraglichen Puncle zur Geltung brin-
gen zu wollen. Wohl aber lässt sich darstellen, worin die Be-
rechtigung der ganzen Frage über den Ursprung der Homeri-
schen Gedichte liegt, welches die Mittel sind zu ihrer Lösung
und in welche engere Grenzen das zwischen den entgegenge-
setzten Seiten noch streitige Gebiet bereits wirklich eingeschränkt
ist. Diese Fragen sind es, die uns im Nachfolgenden beschäf-
tigen werden.
Wer es in Zweifel zieht, dass Ilias und Odyssee im wesent-
lichen in der Gestalt^ in der wir sie jetzt haben, das Werk
eines Dichters sind, des Homeros, jedes eine ursprünglich ein-
heitliche Conception , der widerspricht damit der einhelligen
Überzeugung des gesammten Alterthums. Wie kann man, be-
schränkt auf kärgliche Trümmer aus einer einst so reichen Lite-
ratur, von den Ereignissen selbst durch Jahrtausende getrennt,
thöricht oder vermessen genug sein, der einstimmigen Über-
lieferung des eigenen Volkes des Homeros widersprechen zu wollen.
Dieser Gedanke, in den mannigfachsten Variationen vorge-
bracht, schneidet von vornherein die Frage nach dem Ursprünge
der Ilias und Odyssee als eine unzulässige und unberechtigte ab.
Er würde von nicht geringem Gewichte sein, wenn er volle
Wahrheit hätte. Aber Homer als Dichter der Ilias und Odyssee,
an eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Ort fixiert, wie
dies bei einer wirklichen Einzelperson der Fall sein muss, ist
wohl allmählich Inhalt der Geschichtsbücher geworden, aber ist
nicht unmittelbarer Inhalt der wirklichen historischen Überliefe-
rung. Betrachten wir, was in den Hauptpuncten über Homers
Person und was über Ilias und Odyssee der wirkliche Inhalt der
Überlieferung ist").
Das griechische Alterthum besafs neben Ilias und Odyssee
noch eine Anzahl anderer auf den troischen Sagenkreis bezüg-
licher ••) umfassender epischer Gedichte, welche zu Ilias und
Odyssee in dem Verhältnisse standen, dass sie die diesen beiden
Ober deu Ursprung der Homerischen Gedichte, v. H* BomUt. 849
Dichtungen vorausgehenden und nachfolgenden Theile der troi*
sehen Sage behandelten. Das Vorhandensein dieses Schatzes yor
epischen Gedichten'^) können Wir hi» erheblich über die Zeit
politischer Selbständigkeit der Hellenen hinaus verfolgen. Wir
finden uns zwar jetzt auf spärliche Fragmente derselben, aUf
Auszüge des Inhaltes und einige sonstige Nachrichten beschränkt;
aber selbst diese Data reichen noch aus, dass wir nicht nur des
grolsen Umfang der griechischen Epen über den troischen Sagen*
kreis uns veranschaulichen, sondern dass wir auch erkennen
können, wie diese anderen Epen des troischen Sagenkreises,
wenngleich verwandt mit Ilias und Odyssee, doch in charakte-
ristischen Puncten von ihnen verschieden '^) waren. Für jedes
dieser die Ilias und Odyssee gleichsam umgebenden Epeti aus
dem troischen Sagenkreise besteht nun eine einhellige Überliefe-
rung über den Ort d^ Abfassung, und eine bei einigen ein-
stimmige, bei anderen zwischen zwei Namen schwankende Cber-
lieferung über den Namen des Dichters '^ ; auch fällt die Zeit
der Abfassung in eine Periode^ welche dem Lichte historischer
Sicherheit näher steht. Und dennoch werden zugleich diese epi-
schen Dichtungen, in Verbindung mit Ilias und Odyssee, dem
Homer zugeschrieben; Homer wird zum Dichter nicht nur der
Ilias und Odyssee, sondern dazu noch der Epen des troischen
Sagenkreises überhaupt, entweder der meiste, oder aller, oder
aller und noch überdies einer Anzahl epischer Hymnen an Götter.
Diese umfassende Bedeutung gebeii dem Namen Homer's nicht
etwa Männer, die dem geistigen Leben des hellenischen Volkes
und seiner Literatur ferner stehen, sondern in der classischen
Zeit der hellenischen Entwickelung die Koryphäen der Literatur,
Männer, deren Wort uns unverbrüchliche Auctorität sein müsste '').
Homer's Namen ausschliefslich auf die Ilias und die Odyssee zu
beschranken ist in der classischen Zeit eine fast noch vereinzelte
Überzeugung; sie befestigt sich erst in jener Periode, als seit
dem dritten Jahrh. vor Chr. Alexandria Mittelpunct griechischer
Bildung und griechischer Gelehrsamkeit wurde *^); sie ist also
das Ergebnis einer Reflexion, welche ein halbes Jahrtausend nach
der Zeit, als mindestens die Ilias bereits vorhanden war, sich
erst consolidierte; die nächste historische Überlieferung dagegen
aus der classischen Zeit führt auf den Namen Homer dichterische
Schöpfungen von solchem Umfange und solcher Verschiedenheit
des Charakters zurück, wie selbst die kühnste Phantasie sich
scheuen dürfte der dichterischen Produclion desselben Mannes
zuzuschreiben.
Wann und wo lebte nun dieser Dichtergenius ohne gleichen?
Es ist ein bekannter, in griechischen Epigrammen gefeierter Satz,
dass sieben Städte sich um die Ehre stritten, Homers Geburtsort
zu sein^'); die poetische Lösung ist leicht, dass eben kein Ort
der Erde, sondern der Himmel selbst Homer's Vaterland sei **),
t60 Cber den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. B, Bonit%.
aber für die historische Lösung der Frage ist durch dieses sin-
nige Witzesspiel eben nur die offene Stelle gelassen. Denn die
Vielheit der Geburtsorte Uomer^s ist nicht nur der Inhalt zuge-
spitzter Epigramme; die mannigfachen prosaischen Nachrichten
über Homers Leben weisen vielmehr eine noch gröfsere Zahl
von Orten nach, welche diesen Anspruch erhoben, und mögen
nun griechische Orte an der kleinasiatischen Küste, Smyrna,
Kolophon, Milet, oder auf dem Festlande, z. B. Athen, oder
Inseln, los, Chios, Kypros, Kreta genannt werden, immer wird
die Nachricht, so spater Zeit auch ihr letzter Vermittler ange-
höre^'), auf eine unverwerfliche Auclorilät des Alterlhums zu-
rückgeführt, so dass wir schlechterdings kein Recht haben, einer
vor der andern einen unbedingten Vorzug zu geben. Übrigens
findet sich bei den meisten der Orte, die Homer's Vaterland zu
sein sich rühmten, neben dieser Nachricht noch die andere, dass
dort eine der Pflege des epischen Gesanges sich widmende Sänger-
schule bestand **), verbunden durch die Tradition der Kunst zu
einer der natürlichen Verwandtschaft vergleichbaren Genossen-
schaft; das Bestehen solcher Sangerschulen wird uns auch über-
dies noch für einige andere Orte constatiert, bei denen die Nach-
richt, dass Homer dort geboren sei oder sich dort aufgehalten
habe, vielleicht nur zußllig uns verloren gegangen ist*'). —
Und wann lebte Homer? Wir werden in der Periode, um die
es sich handelt, das Schwanken um ein halbes oder ganzes Jahr-
hundert noch nicht aufi'allend finden ; aber wenn die Nachrich-
ten, welche Homers Leben in die Zeit der Übersiedelung griechi-
scher Stämme nach der Küste Klein-Asiens , um die Mitte des
eilften Jahrh. setzen, bis zu denen herab , welche ihn um das
letzte Drittel des siebenten Jahrh. leben lassen, und die sämml-
lichcn die Zwischenzeit innerhalb dieser Grenzpuncte reichlichst
besetzenden auf gleich unverwerfliche Aucloriläten zurückgehen *^),
so haben wir es off'enbar mit etwas anderem, als mit einer blofsen
Ungenauigkeit chronologischer Bestimmungen aus älterer Zeil zu
thun. Homer's Leben erstreckt sich ja nach diesen Nachrichlen
über mehr als vier Jahrhunderte, und zwar über einen Zeitraum,
in welchem für das Mutterland Hellas wie für die Griechen Klein-
Asiens die wichtigsten Veränderungen vorgiengen. — Die Man-
nigfaltigkeit zugleich der Ortsangaben und der Zeitbestimmun-
gen*') über Homer's Person auf ihre wirkliche historische Be-
deutung zurückzuführen, ist einer Forschung der neuesten Zeil
gelungen, bei der es schwer zu sagen ist, ob man die einleuch-
tende Einfachheit des Grundgedankens öder die peinliche Strenge
des historischen Beweises höher schätzen soll ^^). Jede Zeitangabe
nämlich gehört eben der Tradition eines bestimmten Ortes an*^);
nicht die Geburt Homer's überhaupt setzen die Smyrnaer in die
Zeit der ionischen Wanderung, die Chier um zwei Menschenalter
später, die Samier in das neunte Jahrhundert u. s. f., sondern
über den Ursprung der Homerischen Gediehte, v. U, BoHii». t5f
den Aufenthalt Homer's auf Samos und die Gründung der dor--
tigen Sängerschule setzten die Samier und mit ihnen Herodot ^
in das neunte Jahrhundert, die Geburt Homer's auf Chios und
die Gründung der dortigen Sängerschule der Homeriden die Chier
in den Anfang des zehnten Jahrhunderts o. s. f. Wenn nun der
Name Homer's, wie sich vorher zeigte, der Träger ist der ge-
flammten auf den troischen Sagenkreis bezüglichen epischen Dich-
tungen, wenn dieser Homeros im Verlaufe von mehr als vier
Jahrhunderten in verschiedenen Städten der griechischen Welt gebo-
ren wird, und jedesmal an seine Geburt oder seinen Aufenthalt an
einem Orte die Entstehung einer epischen Sängerschule an eben
diesem Orte sich anschiiefst: so ist für einen jeden, der kein
Moment dieser Nachrichten vereinzelt anzunehmen oder vereinzelt
zu verwerft^n sich gestattet, die Folgerung zwingend : die Nach-
richten über Homer's Geburt an verschiedenen Orten zu ver-
schiedenen Zeiten sind Nachrichten über den Beginn des epischen
Gesanges daselbst; die Folge der Zeit und der Orte ergibt eine
Geschichte der Ausbreitung epischer Dichtung auf der griechi-
schen Küste Klein-Asiens und den Inseln. Die Reihe, in welche
die Orte Smyrna, Chios, Kolophon bis endlich zu dem entlegenen
Kypros und Kreta nach der Folge der Zeitangaben sich ordnen,
entspricht dabei zu ungesuchter Bestätigung dieser Auffassung *')
der geographischen Lage oder der politischen Verbindung der
«M'nzelnen Orte zu einander.
Nehmen wir zu diesen historischen Daten über die Person
Homer 's diejenigen hinzu, welche über die Gedichte Ilias und
Odyssee, abgesehen von dem Namen Homer's als ihres Urhebers,
feststehen.
Ifias und Odyssee sind ursprünglich nicht schriftlich auf-
gezeichnet gewesen, sondern nur mündlich vorgetragen worden.
Dieser Salz ist, seit F. A. Wolf ihn begründet, durch jeden
dagegen gerichteten Angriff nur zu gröfserer Festigkeit gelangt ••).
Schon die Gedichte selbst machen durch Inhalt und Form die
Annahme eines blofs mündlichen Vortrages wahrscheinlich. Nir-
gends findet sich, so oft auch dazu Anlass gewesen wäre, in
der Erzählung der Gedichte selbst oder in den zahlreichen Gleich-
nissen die leiseste Andeutung von der Existenz der Schreibe-
kunst*'); und die Sprache der Gedichte zeigt in der äufsersten
Leichtigkeit des Anschmiegens an den Rhythmus durch Dehnung
und Kürzung, Zerlegung und Zusammenfassung von Vocalen eine
Biegsamkeit, wie sie nach Fixierung der Sprache durch die Schrift
schwerlich bleiben konnte. Aber die Annahme, von dieser Seite
her schon mehr als wahrscheinlich, erhält durch andere Mo-
mente volle Gewissheit. Im achten Jahrhundert war mindestens
die Ilias bereits abgeschlossen vorhanden ; dies ergibt sich daraus^
weil andere in dieser Zeit verfasste epische Gedichte in ihrer
Umgrenzung des Sagenstoffes sich an die Umgrenzung der Ilias
952 Über den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. //. Ikmii*,
ab eine schon vorhandene anlehnen **). Erst ein volles Jahr-
htmdert spater dagegen finden sich bei den Griechen die ersten
historisch sicheren Anfange der Anwendung der Schreibekunst
und zwar zur Aufzeichnung von Gesetzen**). Aber von der
Anwendung der Schreibekunst zur Aufzeichnung kurzer Gesetzes-
fbrmeln bis zu dem Aufschreiben langer Gedichte liegt noth-
wendig, durch die mannigfaltigsten Bedingungen, die dazu erst
erfüllt sein mässen, noch ein langer Zeitraum. Man schreibt ja
auch Gedichte von einem Umfange wie Ilias und Odyssee, von
1^000 und 12000 Versen, nicht auf, so lange man nicht hoffen
darf Leser zu finden, sondern noch ausschliefslich die Gewöh-
nung des Hörens besteht. Die Erhaltung der Gedichte in blofs
mündlicher Tradition durch ein par Jahrhunderte, an sich
keineswegs beispiellos in der Geschichte des Epos *^) , hat um
so weniger auffallendes, da das Bestehen von Sängerschulen,
welche die Pflege des epischen Gesanges, den Vortrag und die
Bewahrung der Heldenlieder sich zur Aufgabe machten, eine hislo-
. riftche Thatsache ist.
Die erste sicher constatierte schriftliche Aufzeichnung der
Ilias und Odyssee geschah in der zweiten Hälfte des sechsten
Jahrhunderts in Athen auf Befehl des Pisistratus durch eine von
ifatn eingesetzte Commission^^). Dass dies die erste schriftliche
Aufzeichnung überhaupt, mindestt^ns die erste vollständige schrift-
liche Aufzeichnung gewesen, darf man aus der Art und dem
ganzen Tone der zahlreichen Nachrichten darüber mit Zuversicht
»chliefsen. Wäre sie bloCs ein berichtigtes Zusammenschreiben
aus schon vorhandenen schriftlichen Exemplaren gewesen, so hätte
sie nicht als ein so grolses Ereignis, als Lösung einer so schwie-
rigen Aufgabe gefeiert werden können, als es wirklich ge-
sdiieht; und als vor Pisistratus Solon die Ordnung des Vor-
trages der Homerischen Gesänge am gröfeten Feste Alhen's, den
ftmalhenaeen, bestimmte, so wäre dies sicherlich in anderer Weise
geschehen, wenn er sich auf schon vorhandene schriftliche
Exemplare hätte beziehen können. Nach Pisistratus, insbeson-
dere seit vom Ende des fünften Jahrhunderts an das Bedürfnis
der Leetüre allgemeiner wurde, vermehren sich die Exem-
plare der Ilias*®); verschiedene Städte haben jede ihr eigenes
Exemplar, das vermulhlich bindend war für die Feslvorträge
Homerischer Dichtung; Alexander hielt sein Exemplar der Ilias
hoch in Ehren und bestimmte ihm ein Kleinod der persischen Beute
zur Capsel**). Auf die schriftliche Aufzeichnung unter Pisistratus
giengen, mit Beseitigung mancher allmählich eingeschlichener Feh-
ler, die Gelehrten Alexandria s im dritten Jahrhunderte zurück ^^);
dem Texte, wie sie ihn herstellten, suchen unsere jetzigen Aus-
gaben möglichst nahe zu kommen ^^).
Fassen wir die historisch sicheren Puncte zusanunen, die
sich ergeben haben. Ilias und Odyssee sind ein par Jahr-
über den Ursprung der Homerischen Gedichte, r. U. BofüH. 26S
hunderte lang in mündlichem Vortrage fortgepflanzt, ehe sie
schriftlich aufgezeichnet wurden. Homeros ist in der vorwiegenden
Überzeugung der classischen Zeit der Hellenen nicht der Dichter
blob von Ilias und Odyssee, sondern der Trager und Urheber
der gesammten epischen Poesie, mindestens des epischen Gesanges
über den troischen Sagenkreis; die Tradition über sein Leben
gibt uns nicht eine auf bestimmte Zeit und an bestimmten Ort
fixierbare Einzelperson, sondern gestaltet sich zu einer Nachricht
über die allmähliche Ausbreitung des epischen Gesanges in den
Stddten und unter den Stämmen der Hellenen, die ihn vorzugs-
weise gepflegt haben. D i e Frage , ob Ilias und Odyssee jedes
»HS ursprunglich einheitlicher Conception eines Dichters hervor-
gegangen oder erst durch Zusammenfassung einzelner Lieder des-
selben Dichters oder verschiedener Dichter entstanden seien, diese
Frage ist dadurch noch gar nicht unmittelbar berührt; mit den
gewonnenen historischen Thatsachen vereinigt sich möglicher-
weise die eine wie die andere Beantwortung dieser Frage. Das
eine aber ist allerdings erreicht: die Beantwortung dieser Frage
ist von den Schranken angeblicher historischer Thatsachen
befreit. Wenn jemand anderweite Gründe dazu zwingen sollten,
in der Ilias oder in der Odyssee nicht eine ursprüngliche Ein-
heit, sondern eine Verbindung ursprünglich selbständiger Elemente
zu sehen, so kann man ihm nicht eine sichere, festbegrenzbere
historische Tradition entgegenstellen, der zu widersprechen er
wagte. Die Antwort aber auf die Frage über ursprüngliche Ein-
heit oder nachträgliche Vereinigung ursprünglich selbständiger
Lieder kann nur in den Gedichten selbst gesucht werden.
In den Gedichten selbst. Das mag theoretisch recht
gut klingen, aber in der wirklichen Ausführung wird es doch
wohl bedeuten, dem subjectiven Belieben und der persönlichen
Stimmung die Entscheidung anheimgeben. Sahen wir ja doch
Männer des gediegensten Urtheils auf dem Gebiete der Poesie,
welche sich unzweifelhaft eben durch die Gedichte selbst in
ihrem Urtheil bestimmen liefsen , im schärfsten Widerspruche
stehen. Und sollte es überhaupt möglich sein, bei Dichtungen
aus einer uns so fem liegenden Zeit zu bestimmen , welches Hafs
inneren Einklanges erforderlich ist, um sie als ursprünglich ein-
heitlich anzuerkennen ? •*) — Die angedeuteten Bedenken müssen
gewiss zur Vorsicht bestimmen; aber die Thatsache des Wider-
streites unter den Überzeugungen darf die Hoflhung nie auf-
geben lassen, dass der eindringenden Vertiefung eine giltige
Entscheidung aus der Sache selbst möglich sei; und Gedichte
von einem Umfange wie Ilias und Odyssee bieten durch die ge-
genseitige Vergleichung ihrer einzelnen Theile nach Inhalt und
Form einen MaCsstab für die Einheit dar, welcher die Zufällig-
keit subjectiver Ansicht in sehr enge Grenzen beschränkt. Dass
in diesen Momenten die Möglichkeit einer giltigen Entscheidung
t54 Über den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. U, ßanilt,
liegt und aus ihnen zum Theil bereits gewonnen ist, will ich
darzulegen versuchen. Richten wir unsern Blick zunächst auf
die Ilias.
Die Reihe der Begebenheiten und Handlungen, welche die
Ilias unserer geistigen Anschauung vorführt, verläuft in leicht
übersichtlichem Zusammenhange. Bereits im zehnten Jahre ist
das Heer der versammelten Acheeer bemüht, zur Rache für die
Frevelthat des Paris Troja zu erobern ; da wird der tapferste der
Achaeerfürsten, Achilleus, von dem Führer der Gesammtheit, Aga-
memnon, in seiner Ehre gekränkt, und beschliefst, durch Zurück-
ziehung vom Kampfe sich für die erlittene Schmach zu rächen.
Die göttliche Mutter des Achilleus, Thetis, erbittet und erreicht
von Zeus die Zusage, dass die Achieer so lange in Noth gerathen
sollen, bis Agamemnon sein Unrecht bereue und Genugthuung
gebe. Und so geschieht es. Anfangs hält noch die Tapferkeit der
übrigen Achseerfürsten den Troern die Wage, aber bald gerathen
die Achaeer so in Nachtheil, dass Agamemnon durch eine Ge-
sandtschaft der Edelsten den Achilleus um Verzeihung bitten und
ihm volle Genugthuung anbieten lässt. Aber Achills Rache-
durst ist noch nicht befriedigt; die Noth der Achaser muss noch
gröfeer werden; das Eindringen der Troer in das Lager, der
Brand der Schiffe muss ihnen volle Vernichtung drohen, ehe er
sich entschlösse, seinen Groll aufzugeben und aus seiner Unthä-
tigkeit herauszutreten. Schon der nächste Tag führt zu diesem
äulsersten. Die tapfersten der Achseerfürsten müssen verwundet
den Kampfplatz verlassen, Hektor durchbricht Thor und Mauer
des griechischen Lagers, des riesigen Aias Widerstand vermag
sein Vordringen nicht mehr zu hemmen, schon beginnt ein Schiff
der Griechen zu brennen. Da bittet den Achilleus sein treuer
Waffengefahrte Patroklos, in diesem Augenblicke der gröfeten Noth
selbst zu helfen oder mindestens ihm und den Hyrmidonen-
schaaren die Theilnahme am Kampfe zu gestatten. Nur diese
Erlaubnis gibt Achilleus. Durch die glückliche Wendung, die
sein unerwartetes Auftreten dem Kampfe gibt, lässt Patroklos sich
fortreifsen, gegen den gemessenen Befehl des Achilleus von der
blofsen Vertheidigung des Lagers zum Angriffe auf die Troer
überzugehen. Im weiteren Vordringen fällt er; nur mit Mühe
gelingt es, seinen der Waffen entkleideten Leichnam den nach-
stürmenden Troern zu entwinden. Auf die Schreckenskunde von
dem Tode seines Freundes tritt noch am späten Abend Achilleus
in den Kampf ein und hemmt durch seine blofse Erscheinung
das erneute Vordringen der Troer. Am nächsten Morgen gibt
Agamemnon dem Achilleus volle Genugthuung; Achilleus entsagt
seinem Grolle, glühend vor Begierde, den Fall seines geliebten
Freundes zu rächen. Diese Rache übt er in dem sogleich von
neuem ausbrechenden Kampfe; zahlreiche Troer fallen unter seinen
Händen und zuletzt der allein ihm noch Stand hielt und allein
über den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. H, Boniit. S5A
der Troer Hoffnung war, Hektor. Die Bestattung des Palroklos,
die Leichenspiele zu seiner Ehre, die Rückgabe der Leiche des
Hektor an den greisen Priamos und die Todtenklage um Hektor
schlielsen das Gedicht.
Diese flüchtige Skizze wird hinreichen, dem Leser der
Ilias das Gedicht in seinen grolsen, allgemeinen Zügen zu ver-
gegenwärtigen. Man kann es sich unmöglich vorstellen, ohne
sich zugleich von dem klaren Zusammenhange des ganzen, dem
Abschlüsse innerhalb passend gesteckter Grenzen, der Gruppierung
des einzelnen um einen gemeinsamen Hittelpunct zu überzeugen.
Aber die Bewunderung der Homerischen Dichtung hat namentlich
in der neuesten Zeit noch um einen Schritt weiter gehen und
zu der Entdeckung gelangen lassen, dass die gesammte Ilias von
einem Grundgedanken, einer leitenden Idee getragen und be«
herrscht sei, die man in folgender Weise bezeichnete^:
^<Dem vollkommen berechtigten und gerechten Zorn des
Achilleus sichert der höchste Lenker der Welt selbst die Erfül-
lung zu; aber die menschliche Leidenschaft treibt den an sich
gerechten Zorn in's maislose. Hit der Zurückweisung der ange«
botenen Versöhnung wird Achilleus strafbar, und durch den Tod
seines theuersten Freundes büfst er die Strafe für die Mafslosig-
keit seines Grolles.^
Wer möchte langnen, dass die Folge der Handlungen und
Ereignisse,' welche die Ilias uns vorführt, vollkommen geeignet
ist, zum Ausdrucke dieses sittlich ernsten Gedankens zu werden)
und wer könnte verkennen, dass das richtige Hafs derjenige Be<r
griff ist, unter welchem durch einen nationalen Tact die Griechen
zu allen Zeiten das Ideal des sittlich guten und edlen betrachteten.
Aber etwas ganz anderes ist die Frage, ob in der Ilias, wie sie
uns vorliegt und dem classischen Alterthume vorlag, mag sie
nun eine einheitliche Conception oder eine Vereinigung ursprüng-
lich verschiedener Elemente sein, ob in dieser Ilias wir die Dar-
stellung jenes das ganze beherrschenden Gedankens finden, ja
ihn auch nur hineinlegen dürfen. Und diese Frage muss unbe-
denklich verneint werden. Nicht um der Gerechtigkeit willen
sagt Zeus dem Zorne des Achilleus vollständigste Rache zu; er
ist der Thetis für frühere Wohllhaten Dank schuldig; diese
Wohllhaten macht Thetis geltend , um Zeus zur Gewährung zu
bestimmen'^). Die Abweisung der versöhnlichen Anträge des
Achilleus bildet keinen Wendepunct im Gange des ganzen, es
wird auf sie im folgenden da , wo der dringendste Anlass wäre,
gar keine Rücksicht genommen '"), und Zeus hält unverändert,
ohne die leiseste Andeutung einer Misbilligung über Achiira
Unversöhnlichkeit, sein Versprechen aufrecht, durch der Achseer
steigende Nolh dem Achilleus Rache zu verschaffen ••). in Pa-
troklos' Tode findet keiner der Menschen oder Götter eine Strafe
für Achills mafslosen Zorn; Patroklos fallt durch das Eingreifen
856 Über den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. U, ßofiiiz.
einer den Troern befreundeten Gottheit, er fällt, da er dcsAchiileus
bestimmtes Geheils über die Grenzen seiner Theilnahme am
Kampfe überschritten hat. — Also an allen jenen Knotenpuncten
des ganzen ist nicht etwa blofs dasjenige Motiv, welches wir
uns denken sollen, nicht zur Darstellung gebracht, sondern ein
anderes, wesentlich davon verschiedenes, damit unvereinbares
angewendet. Man muas fürwahr in sehr weite Entfernung von
der Ilias selbst treten und sich der Erinnerung an das in ihr
wirklich enthaltene möglichst entschlagen, um dahin zu gelangen,
dass man jenen Gedanken, der das ganze beherrschen könnte,
der wirklichen Dichtung unterzulegen wagt.
Aber auch gegen die blolse Continuitat des Zusammenhanges
in der Erzählung erheben sich, sobald man von den allgemeinsten
Umrissen dem einzelnen der Ausfuhrung näher tritt, die gewich-
tigsten Bedenken. In soweit diese auf der Verschiedenheit des
Tones und der Darstellungsweise beruhen, muss auf den Versuch
ihrer Andeutung verzichtet werden*'); sie würden sich unter
Beziehung auf die deutsche Übersetzung nicht aufzeigen lassen,
die, so treiflich sonst, doch das ganze mit ungefähr gleicher
Farbe überkleidet hat. Auch bei denjenigen Gründen des Zweifels,
die, auf dem Inhalte beruhend, in der Übersetzung unverlöschbar
bleiben, kann man von der Menge und der Verwickelung, in
welcher sie die ganze Ilias durchziehen, eine Vorstellung nicht
erreichen, ohne das Gedicht bis in das einzehiste durchzugehen.
Wohl aber lasst sich selbst an einzelnen Beispielen die Art der
Zweifel insoweit kennzeichnen, dass sich ergibt, ob in ihnen
ein Recht zu sicheren Polgerungen liegt. Man kann derlei Dinge,
dass derselbe Held zweimal an verschiedenen Kampfeslagen durch
die Hand verschiedener Feinde gelödtel wird •®), als Kleinigkeiten
unbeachtet lassen; diese Fälle treffen nur untergeordnete Namen,
derlei Widersprüche in einem langen Gedichte wird man dem
Gedächtnisse des Dichters leicht zu gute halten. Aber anderes
greift weit tiefer in den Gang der Hauptbegebenheiten selbst ein.
Drei Kampfeslage sind es, deren ausführliche Erzählung den
gröfsten Theil der Ilias einnimmt; der erste, noch durchaus
gunstig für das von Achilleus verlassene Aceeherheer, reicht vom
2. bis fast zum Ende des 7. Gesanges; der zweite, der uns die
gröüsle Noth des Achaeerheeres, Patroklos' Kampf und Tod dar-
stellt und mit dem plötzlichen Auftreten des Achilleus endigt,
umfasst den II. bis 18. Gesang; der dritte endlich, des rache-
glühenden Achilleus mörderischer Kampf gegen die Troer und
der Fall Hektor's, ist vom 20. bis 22. Gesänge ausgeführt. Ver-
suchen wir nun z. B. in der Darstellung jenes wichtigsten mitt-
leren Schlachttages uns einheimisch zu machen , so stofsen wir
überall auf die gröfsten Schwierigkeiten. Über den Anfang des
Kampfes geht die Erzählung rasch hinweg ; schon nach 80 Versen
hören wir, dass so lange die Sonne stieg, das Glück gleich ver-
über den ürspruDg der Uomcriächen Gedichte, v. U, ßoniit. i5f
theilt war, aber von da an, also vom Hiitag an, die entschei-
dende Wendung eintrat. Und nachdem wir dann durch fünf Gef
sänge dem mannigfaltigsten Wechsel der Kämpfe gefolgt sind,
und Ereignisse vernommen haben, welche geraume Zeit erfordern:
den Kampf um die Mauer der Achaeer, die Erstürmung des
Thores nach hartnäckigem Widerstände, Poseidons Hilfe für die
Achaser, Here s Vorbereitung um Zeus zu bethören, die Bethörung
des Zeus durch Here, damit Poseidon ruhig fortwirken könne,
Zeus Schlaf, sein Erwachen und die Hilfe, die er den Troern
bringen iasst, Umkehr der fliehenden Troer, den Kampf um Aias
Schiff, Patroklos' Bitte an Achilleus, den Achseern helfen zu dürfen,
Rüstung des Patroklos und tier Myrmidonen, einen gro&en Theil
vom Kampfe des Patroklos selbst: da, mehr als 4000 Verse
nachdem wir ausdrucklich vernommen, dass es bereits Mittag
war, hören wir wieder, dass es noch Mittag ist oder wieder
Hitlag wird, dass die Sonne mitten am Himmel steht *'). Wir
mögen von dem, was alles zwischen den beiden Bezeichnungen
des eingetretenen Mittags liegt, noch so viel ausscheiden wollen,
als sei es eine spätere Erweiterung der ursprunglich wohl zusam-
menhängenden Erzählung : wir erreichen dadurch nichts , denn
die gesammte Entwickelung des Kampfes, die das Auftreten des
Patroklos motivieren soll, und ein gro&er Theil seines Kanipfes
selbst fällt eben in gar keine Zeit, denn es fallt zwit»chi:) die
beiden ausdrücklichen Angaben desselben Zeitpunctes. — Nicht
besser ergeht es uns noch in einer anderen Hinsicht mit dem
Auftreten des Patroklos. Bei dem Beginne der ungünstigen Wen-
dung im 11. Gesänge wird Patroklos von Achilleus abgesendet,
sich schnell nach einem Verwundeten zu erkundigen ^ den eben
Nestor aus dem Kampfe führe. Patroklos ist so beeilt, den Ber
fehl seines ungeduldigen Herrn auszuführen, dass er es sogar
ablehnt, sich nur zu setzen. Aber diese Eile ist bald vergessen ;
während der mannigfachsten Wechsel des Kampfes, die vier lange
Gesänge fällen, bleibt Patroklos in ruhigem Gespräche im Zelte
eines griechischen Führers sitzen ^^ ; ja noch mehr , da er end-
lich im 16. Gesänge zu Achilleus tritt, ist von einer Antwort
auf den Auftrag, davon, dass er überhaupt ausgesendet war,
nicht die Rede'*). — Ähnh'chcn Dissonanzen sind wir durch den
Verlauf der ganzen, lebhaft und im einzelnen anschaulich aus-
geführten Erzählung ausgesetzt: in unmittelbar aneinander sich
anschliefsenden Theilen der Erzählung herrscht nicht dieselbe
Voraussetzung über den ganzen Stand des Kampfes, über seine
Art, über den Ort wo er vorgeht''*); desselben Poseidon's Auf-
treten zu Hilfe der Griechen zu derselben Zeit wird uns zweimal
auf verschiedene, mit einander unvereinbare Weise erzählt"),
derselbe Zeus verkündet an demselben Tage über den Verlauf
der nächsten Zukunft verschiedene, mit einander unvereinbare
Weissagungen ^^), über desselben Patroklos Ende bekommen wir
Z«if$chrifl f. a. oüiorr. Gymn»«. 1(^. IV. u V. Heft. 1^
tM Ober den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. U, BonÜt.
unmittelbar nach einander unvereinbare Darstellungen ^^ u. s. f.
Wir werden von der Lebendigkeit und der Kraft der einzelnen
Darstellungen hingerissen ; aber das Bemühen, einen Faden in der
Erzählung festzuhalten, also die Erzählung als einheitlich zu
▼erstehen, die ja doch, für mündlichen Vortrag bestimmt, selbst
beim blofsen Zuhören anschaulich auffassbar sein musste, dieses
Bemühen hat keinen Erfolg. Wir befinden uns wie in einem ge-
waltigen Wogendrange, in welchem es nicht gelingen will, irgend
wo einen festen Standpunct zu gewinnen^').
Ganz anders ist der Eindruck der Erzählung vom ersten
Kampfestage (vom 2. bis 7. Gesänge); da dürfen wir uns mit
ganz unerheblichen Ausnahmen überall des hellsten Lichtes voller
Anschaulichkeit erfreuen. Welcher Leser der Ilias gedachte nicht
in lebhafter Bewunderung jener lieblichen Hauerschau mit ihrer
treffenden Charakteristik der Helena, des Priamos und der grie-
chischen Helden; des feingezeichneten Bildes vom Bogenschüsse
des Pandaros, dessen Werth Lessing ^^) in sein volles Licht ge-
setzt hat; der großartigen Darstellung der Heldenthaten des Ty*
diden Diomedes, und dann der freundlichen Scenen, Glaukos und
Diomedes, die ab Feinde einander begegnend sich als Gastfreunde
erkennen und gegenseitig beschenken, endlich des Abschiedes
Hektor's von Andromache, einer Scene, die vielfach nachgeahmt,
ober in der ergreifenden Wirkung einfacher Naturwahrheit schwer-
lich zu übertreffen ist« Aber so herrlich jede einzelne Erzählung
iat, dass es schwer hält, nur einiges bevorzugend herauszuheben,
80 gro&e Bedenken birgt ihre Verbindung. Schon die Hasse
der Ereignisse droht uns zu erdrücken, sobald wir einmal uns
besinnen, dass sie an einem Tage nacheinander vorgehen sollen,
und der innere Zusammenhang verschwindet uns fast bei jeder
der Erzählungen in ihrem Cbergange zur nächstfolgenden. Die
Rüstung des griechischen Heeres wird uns prachtvoll dargestellt,
das Aufzählen der ganzen Streitmacht mit den Namen auch der
geringeren Führer nimmt fast 400 Verse ein, alles weist auf den Be-
ginn eines grofsen allgemeinen Kampfes hin, da folgt — Waffen-
ruhe und Zweikampf des Paris mit Henelaos^^). Das heilige,
mit Opfern und Eiden feierlich besiegelte Versprechen, dass, wenn
in diesem Zweikampfe Henelaos siege, Helena und ihre Schätze
sollten zurückgegeben werden, wird freventlich gebrochen; und
an demselben Tage bietet Hektor einen zweiten Zweikampf an,
ohne nur einen ähnlichen Preis zu setzen, des ersten Zweikampfes
kaum leichthin gedenkend. Dennoch nehmen die Griechen, ohne ein
Wort des Vorwurfs über den Frevel, den Antrag an, ja noch mehr,
an einem Tage, an weichem bereits ein Zweikampf für sie günstig
ausgefallen war, an welchem der allgemeine Kampf die Troer in
die äufserste Noth gebracht hat, fürchten sich die tapfersten
Führer den Zweikampf zu bestehen, und müssen erst durch Ne-
stor'» Slrafrede aus ihrer Bestürzung herausgerissen werden'*).
Oller den Ursprung der Homerischen Gedichte ^ v. H. BanÜB, tat
Unter diesen Furchtsamen ist auch Diomedes, der an demselben
Tage kurz vorher sogar mit Ares den Kampf aufgenommen und
siegreich bestanden hat. Freilich ist uns die Unerschrockenheil
das Diomedes schon vorher auf unerklärliche Weise verschwunden.
Kaum hat er, durch Athene zum Kampfe selbst gegen die Götter
ennttihigl, die Aphrodite und den Ares besiegt und vom Schlaohl-
felde verjagt, so hören wir ihn beim Zusammentreffen mit deai
ihm unbekannten Glaukos in besorgter Frömmigkeit fragen, ob
es nicht etwa einer der Götter sei, mit dem er hier zttsanmien-
treffe; mit Göttern solle der Mensch sich nicht vermessen zu
kämpfen«^.
Doch ich breche ab, derlei Widerspruche weiter auCnn
zahlen, so sehr der Reichthum des Stoffes dazu reizt; audh inner-
halb der beiden allein in Betracht gezogenen Partien der Uias,
ungefähr der Hälfte des Ganzen, ist es nicht möglich, von der
Menge der sich erhebenden Bedenken eine Vorstellung zu geben^
sondern es konnte nur die Absicht sein, an einigen leicht nadn
weisbaren Beispielen ihre Art und Bedeutung zur Anschauuag
zu bringen. Wer für das Gewicht dieser Widersprüche eina
ättlserliche Bestätigung zu haben wünscht, der wolle dieselbe
nicht in den Schriften der Männer suchen, die mit überzeugender
Evidenz jene starken Dissonanzen aufgezeigt haben *^), sondern
vielmehr in den bedeutendsten Schriften der Gegner, welche, umi
die Einheitlichkeit der Composition möglichst aufrecht zu halteUi
die Gründe zum zweifeln zu entkräften suchen**); die Kfinata
der Auslegung und die verwickelten Hypothesen, welche für ua^
vereinbare Gegensätze den Schein der Ausgleichung bringen
sollen**), sind der schlagendste Beweis für die Berechtigung des
Zweifels an dem ursprünglichen Zusammenhange und für die Ridi«
tigkeit der daraus gezogenen einfachen Folgerung. Wenn ein Ge«
dicht, wie die Uias, bäd durch ein par hundert, bald durch
nahe an tausend Verse Situation und Charaktere streng einhiU
und bis in die kleinsten Zuge zur vollkommensten Anschaulich^
keit ausprägt, und mit den unmittelbar folgenden Versen aus dar
Voraussetzung dieser Situation, dieser Stimmung der Handelnden
heraustritt; wenn sich diese Art des Widerspruchs bald schärfer,
bald mälsiger, durch den Verlauf des ganzen Gedichtes**) hin-
durchzieht, und überall nicht in den einzelnen Erzählungen,
sondern ausschUefslich in ihrer Verbindung zu einem gröfseren
Ganzen aller Anstofs enthalten ist: so finden wir uns mit Noth-
wendigkeit zu der Annahme geführt, dass jene einzelnen Erzäh-
lungen das ursprüngliche waren, ihre Vereinigung dagegen erst
hinzugekommen ist. Die Erzählung von Diomedes^ Gespräch mit
Glaukos ist in ihrer Art so tre^ich, wie die von Diomedes'
Heldentbaten; aber als Fortsetzung derselben kann sie nicht ur*-
sprüngUch gedacht und gedichtet sein. Hektor's Antrag eines
Zweikampfes, die Scheu der Achfeerfürstea , dem tapfersten der
19*
t0O Ober den Drsprung der Homerischen Gedichte, v. B. BaHüi.
Troer entgegensatreten, Nestor's Straf- und Ennabnungsrede, ist
alles trefflich erzählt, aber als eine Scene desselben Tages, da
am den Preis eines andern Zweikampfes die Achceer betrogen
sind, eines Tages, an dem sie überall siegen, ist diese Darstel-
lung nicht möglich. — Derlei Thatsachen sprechen mit so lauter
Stimme, dass man sie nicht überhören kann ; ihre Beachtung aber
hat über gewisse Puncte bereits Einhelligkeit unter den einander
entgegengesetzten Seiten herrorgerufen. Daran, dass in ursprüng-
licher Selbständigkeit ein Dichter^ er heifse Homeros, den Sagen-
atoff seines Volkes zu der Dichtung Ilias gestaltet habe, denkt
jetzt niemand mehr, der die Fragepuncte wirklich kennt **);
dass dem Urheber der Ilias ältere Einzellieder vorlagen , dass^ er
solche in seine zusammenfassende Dichtung ohne erhebliche Än-
derung aufnahm, dass die Widersprüche — oder wie man mil-
dernd zu sagen beliebt, die Unebenheiten — die sich zeigen,
eben aus dieser Aufnahme und Verknüpfung von älteren Liedern
herrühren, das wird von den entschiedensten und durch ihre Lei-
stungen bedeutendsten Wortführern der einheitlichen Composition der
Ilias anerkannt ^^. Der Gegensatz beschränkt sich im wesentlichen
nur noch darauf, dass die Vertheidiger der Einheit das Wieder-
herstellen der aufgenommenen älteren selbständigen Elemente nicht
für ausführbar erklären*^), dass sie das Mafs des aufgenom-
menen gegenüber der ursprünglich selbständigen Dichtung in der
Ilias möglichst beschränken, und dass sie den wahren" Werth
der Ilias nicht in der Poesie der Einzellieder, sondern in der
grofsartigen Composition des ganzen suchen *^). Der erste Punct
bezeichnet kaum einen Gegensatz; denn nicht darum handelt es
sich, ob sich die ursprünglich selbständigen Elemente an allen
oder an einigen Stellen sicher wieder herstellen lassen , sondern
ob die gegenwärtige Gestalt aus solchen und zwar im wesent-
lichen unverändert gelassenen Elementen hervorgegangen ist —
und hierüber ist innerhalb gewisser Grenzen Einhelligkeit erreicht.
Ober das Mafsverhältnis der aufgenommenen älteren Lieder
und des selbständig neuen Inhaltes der Ilias wird die fortschrei-
tende Untersuchung des einzelnen immmer mehr das Gebiet des
Streites beschränken. Die Frage aber, ob man den Werth und
die Bedeutung der Ilias in der Poesie der Einzellieder oder in
der grofsartigen Composition des ganzen zu suchen habe, könnte
man, insoweit sie nicht durch alles frühere schon mit beant-
wortet ist, ganz unberührt lassen. Aber zur Orientierung des
Urtheils wird es zulässig sein , ohne der persönlichen Überzeu-
gung einen ungebührlichen Einfluss in diese Darstellung zu ge-
statten, an zwei Momente zu erinnern. Die Composition umfas-
sender epischer Dichtungen gegenüber einfachen, nur ein einzelnes
Abenteuer enthaltenden Liedern bildet unzweifelhaft einen sehr
bedeutenden Fortschritt in der epischen Literatur *•); war nun
in dem griechischen Epos, wie liöchst wahrscheinlich, die Ilias
Ober den Ursprung der Homeritdien Oedicbte, y. B. BomUt. %$i
die erste Composition von solchem l mfange, so gebfihrt selbst
in dem Falle, dass die Ilias fast gänzlich eine blo(se Vereinigung
früher einzeln vorhandener Elemente ist, der umfassenden Com«
Position eine hohe Bedeutung in der Bntwickelung des griechi*
sehen Epos. Aber ganz unterschieden davon ist noch die Frage,
ob in dieser Dichtung sdbst, wie sie nun vorliegt, der gröfsere
Werth den einfachen Elementen oder der Architektur des Ganzen
zuzuschreiben ist. Hierüber mag einfach eine Thalsache sprechen.
Die Widersprüche in der Ilias sind so einleuchtend und so tief
eingreifend, dass sie, einmal aufgezeigt, nicht können abgeläugnrt
werden, so sehr man auch bemüht sei, sie als kleiner erscheinen
zu lassen. Wenn dennoch von dem Alterthume bis zur Gegen-
wart tausende von Lesern durch die Homerischen Gedichte er-
hoben und begeistert sind, ohne einen solchen Anstofs zu nehmen,
so wäre es gewiss sehr unrecht, diese fast wunderbare Erschei-
nung einem allgemeinen Hangel an Aufmerksamkeit zuzuschreiben;
man kann vielmehr den Brklärungsgrund nur darin flnden, dass
eben das einzelne mit unwiderstehlicher Gewalt anzieht und den
Blick von dem Zusammenhange ablenkt. Lesen wir was Goethe
an Homer feiert, was Lessing aus ihm einleuchtend deduciert, es
bezieht sich immer auf die einzelnen Erzählungen und bleibt in
seiner Wahrheit^ ja es gewinnt noch, wenn wir uns denken, dass
wir statt der eine Continuität der Erzählung uns darbietenden Ilias
achtzehn oder zwanzig oder wie viele einzelne nur nach dem all-
gemeinen Gange der Ereignisse geordnete, epische Lieder hätten.
Unsere Aufmerksamkeit war bisher ausschliefslich der Ilias
zugewendet; es sei gestattet, in gedrängter Kürze noch die
Odyssee zu berühren. Gesetzt wir hätten in der Odyssee eine
Dichtung von ursprünglich einheitlicher Conception anzuerkennen,
welche die Voraussetzung einer Zusammenfassung aus ursprüng-
lich selbständigen Elementen schlechthin ausschlösse, so würde
dadurch von dem, was sich über den Ursprung der Ilias als
sicher oder wahrscheinlich ergeben hat, nichts in Frage gestellt.
Es ist ja sehr wohl möglich, dass Dichtungen, die jetzt für uns
verschwistert erscheinen und die schon das Alterthum auf den-
selben weit umfassenden Namen Homer's zurückführte, in ihrer
wirklichen Entstehung wesentlich verschieden seien. Ob dies
wirkUch der Fall ist, darüber ist im Augenblick der Streit noch
nicht in so weit auf engere Grenzen beschränkt, als man es in
Betreff der Ilias sagen kann; die Einzeluntersuchungen haben
sich später'^) und noch nicht so erschöpfend der Odyssee zu-
gewendet wie der Ilias, und so stehen sich in Betreff der
Odyssee im Augenblicke die Oberzeugungen noch in unvermit-
telter Schrofflieit gegenüber. Auf der einen Seite wird es für
eine bare Unmöglichkeit erklärt, die Odyssee aus ursprünglich
nicht zusammengehörigen Elementen entstehen zu lassen^'), auf
der anderen Seile glaubt man diese Entstehung schon bis auf die
MI Über den Drepmog der Iloaierischen Gedichte, v. U, BonU%.
einzelnen Verse zur vollen Evidenz nachweisen zu können '*)•
Es wäre übereilt, jetzt, da die Untersuchung über die Odys£ee
unverkennbar einen entscheidenden Charakter anzunehmen be-
ginnt ^') , die Grenzen ahnen zu wollen , auf welche sich das
streitig bleibende Gebiet beschränken wird; aber gewisse unbe-
streitbare Gesichtspuncte der Entscheidung lassen sich bereits mit
Sicherheit aufstellen.
Für die Überzeugung von ursprünglich einheitlicher Con-
ceplion der Odyssee liegt ein Hauptmoment in der kunstreichen
Verwickelung dieses Epos« Die Odyssee erzählt die Schicksale
des Odysseus auf seiner Rückkehr von Troja und den Sieg über
seine Feinde im eignen Hause, die Freier der Penelopc. Diese
Erzählung nun ist nicht einfach nach der Zeitfolge der Begeben-
heiten geordnet, sondern der Beginn des Gedichtes versetzt uns
bereits an das Ende der Irrfahrten des Odysseus; die Erzählung
der früheren wird nicht vom Dichter selbst gegeben, sondern er
lasst den Odysseus sie erzählen, als dieser eben, bei den Phseaken
gastlich aufgenommen, der Rückkehr in seine Heimath sicher ist
Zwei, ja drei Fäden der Erzählung — die Vorgänge in Odys-
seus' Hause, die Reise des Telemaehos zu den Waffengenossen
seines Vaters, Odysseus' Irrfahrten — gehen anfangs selbständig
neben einander, bis sie dann in einen gemeinsamen Knoten verknüpft
werden, Vater und Sohn fast gleichzeitig zurückgekehrt den
l^ieg über die heimischen Feinde gewinnen. Dass diese kunstvolle
Anordnung das Ergebnis einer bereits vorgeschrittenen Über-
legung ist, dass sich in dieser Verschlingung eine höhere Stufe
der Kunst der Composition zeigt, als in dem geradlinigen Gange
der Ilias, ist unbedenklich anzuerkennen; dadurch ist aber die
Frage, ob die Odyssee selbständige Dichtung, oder ob sie eine
wohl überlegte Composition, Verbindung und Umdichtung aus
schon vorhandenen Elementen ist, nicht entschieden, ja nicht
einmal berührt. Für die letztere Annahme sprechen aber am
entschiedensten drei Momente. Erstens, gerade die Knoten-
pancte der verschlungenen Erzählung, diejenigen Stellen also, auf
welche für die Behauptung ursprünglich einheitlicher Conception
besonderer Werth zu legen ist, führen jedesmal in unleugbare
Widersprüche. Welcher Art dieselben sind, möge ein einziges
Beispiel zeigen. Um von der Erzählung über des Odysseus An-
kunft in Ithaka zu der über Telemaehos zurückzukehren, im 16.
Gesänge, bildet die Göttin Athene die leichte und sehr passende
Vermittelung. Athene ist dem Odysseus nach seiner Ankunft auf
itkaka durch Ralh und That behilflich gewesen, dieselbe Athene
geht nach Lakedoemon, um Telemach zur Rückkehr Qftch Ithaka
aufzumuntern. Aber sie verlässt den Odysseus lange Zeit nach
Ttgeaanbruch, und kommt an demselben Tage vor Anbruch der
Morgenrölhe nach Lakedsemon. Die beiderseitige Zeitbestimmung
ist ausdrücklich gegeben und für den ganzen Inhalt jeder der
über den Ursprung der Homerischen Oediebte, v. U, BomiiM. 863
beiden hier zusammenlaufendeii Erzählungen unentbehrlich, ihre
Unvereinbarkeit ist einleuchtend und aneriiannt '*). Ein solcher
Widerspruch ist bei selbständiger Conception nicht denkbar; er
ist begreiflich, wenn die kunstvolle Anordnung Elemente verband,
die aU bereits bekannt und beliebt auch in ihrer neuen Ver-
bindung möglichst unverändert gelassen wurden. — Zweitens
spricht für die Annahme ursprünglich selbständiger Elemente der
Umstand entscheidend, dass solche Grundlagen der Erzäh-
lung, welche demselben Dichter unzweifelhaft in voller Bestimmt-
heit vorschwebten, in verschiedenen Partien der Odyssee nicht
gleich bleiben; z. B. über die Gottheit, deren Zorne die ausge-
suchten Leiden des Odysseus zuzuschreiben sind '*), über die
ungefähre Menge der Freier um Penelope '') , über die äuüsere
C^stalt des Helden selbst ''), über den Namen einer für die Hand-
lung besonders wichtigen Person in Odysseus' Hause '^) u. ä.
finden wir die unläugbarsten Differenzen, die sich durch keinerlei
Mittel überdecken oder entfernen lassen. — Bndlich drittens zeigt
uns der Ton und der dichterische Werth der Erzählung in der
Odyssee eine Verschiedenheit, welche selbst die ausgleichende Macht
der deutschen Übersetzung nicht zu verdecken vermag. Man wolle
unmittelbar nach dem sechsten Gesänge, Odysseus und Nausikaa,
den zwanzigsten lesen, Ereignisse zunächst vor dem verhängnis-
vollen Bogenschielsen ; man dürfte unbesorgt einen Preis darauf
setzen, dass jemand es über sich vermöchte, die durchsichtige
Klarheit jener ersteren Erzählung und die verworrene Zerfah-
renheit der letzteren demselben Dichter zuzuschreiben *'). In-
wieweit freilich in der Odyssee ursprünglich selbständige Ele-
mente vorauszusetzen sind, die erst zu einem Ganzen vereinigt
v¥urden, wie weit dagegen erweiternde Einfügungen in ein schon
vorhandenes Ganze, das zu entscheiden wird durch die Eigen-
Ihümlichkeit der Odyssee sehr erschwert; denn ein wiederholtes
Vorkommen des wesentlich gleichen Sagenstoffes in etwas ver-
schiedener Behandlung, man möchte sagen Doppelgänger der Er-
zählung, bilden namentlich für die letzten beiden Drittel einen
Charakterzug der Odyssee, zu dem die Ilias kaum Vergleichungs-
pancle darbietet. So schon in den Abenteuern des Odysseus :
die zwei einsamen göttlichen Wesen Kirke und Kalypso^ die zwei
wunderbaren Geleiter über das Heer Aeolos und Alkinoos, die
gleichen Weissagungen der Kirke und des Teiresias, der Schlaf
des Odysseus zweimal Verderben bringend. Und vollends nach
Odysseus' Eintritt in Ithaka: die Geschichte, dass Odysseus, der
Herr des Hauses, in Bettlergestalt unerkannt im eignen Hause von
dessen Schmarotzern mit einem Schemel oder einem Knochen ge-
worfen wird, einmal charakteristisch, kommt mit mäfsigen Varia-
tionen dreimal vor '^^) ; die Spürkraft der Hunde wird uns vier-
mal ztt Gemüthe geführt ^^^); die täuschenden Erzählungen des
Odysseus über seine Person und sein Schicksal finden sich vier«
t§4 Über den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. Ü- Baniiz.
mal, ähnlich, aber doch nicht einmal in den Hauptpuncten gleich,
obschon zum Theil dieselben Zuhörer getäuscht werden sollen *°*);
Penelope's ruhiger Schlaf auf dem Söller, zu welcher Zeit des
Tages es auch sei **'') , des Odysseus nimmer ermüdendes Essen
und Betteln, die Häufung ähnlicher Wahrzeichen *°^), als müsste
der ganze Olymp unablässig um Odysseus' Haus beschäftigt sein
— alles weist darauf hin, dass zu der Vereinigung ursprünglich
selbständiger Lieder noch eine sehr geschäftige Nach-, und Zu-
dichlung hinzutrat, um endlich das herzustellen, was uns jetzt
in 24 Gesänge bestens abgetheilt als ein ganzes vorliegt. Mag
aber auch die Entstehungsgeschichte dieses Gedichtes mit der
der Ilias keineswegs zusammenfallen ^^^) , dass man in ihm ver-
schiedene Elemente, verschiedene Stufen der Enlwickelung des
epischen Gesanges anzuerkennen hat, diesen wesentlichen Charak-
terzug theilt es mit der Ilias.
Was ich im «Eingänge als Aufgabe dieses Vortrages be-
leichnele: die Berechtigung zu der Frage über den Ursprung der
Homerischen Dichtungen darzulegen, die Mittel zu ihrer Lösung
anzudeuten, und die Grenzen zu zeigen, innerhalb deren das
noch streitige Gebiet bereits eingeschränkt ist, das habe ich in
dem bisherigen auszuführen versucht. Es ist ein wohlberech-
tigtes Verlangen, dass die einzelnen positiven Momente, die sich
inmitten der schärfer heraustretenden negativen ergeben haben,
gesammelt und dadurch ein Überblick über die Entstehungsge-
schichte der Ilias und Odyssee in den Hauptumrissen gewonnen
werde. Einem solchen Versuche mögen zum Schlüsse noch wenige
Worte gewidmet werben *®*).
Wie bei allen Völkern, bei denen wir den Verlauf der poe-
tischen Enlwickelung bis zu den Anfängen zurückverfolgen kön-
nen *"^), so zeigt sich bei den hellenischen Stämmen der epische
Gesang als die ursprünglichste Gattung der Poesie. Ihr Gegen-
stand ist die Sage des Stammes und des Volkes. Zur Sage aber
wird die Geschichte nicht schon dadurch, dass die blofs münd-
liche Überlieferung ihrer Sicherheit und Beglaubigung Eintrag
thut, sondern erst dann, wenn aus den Ereignissen und Personen
einzelne in solcher Bedeutung hervortreten, dass in ihnen das Volk
seinen Charakter am vollständigsten ausgeprägt, in ihnen die
leuchtenden Vorbilder dessen sieht, was es selbst zu sein und
zu schaffen wünscht *^®). Schliefet ja selbst die schriftliche Ge-
schichtsüberlieferung die Bildung von Sagen über dieselbe Zeit
— z. B. über Karl den Grofsen, über die Kreuzzüge — nicht
aus, wenn gewisse Ereignisse und Charaktere ein ganzes Volk
in seinem innersten Wesen ergreifen und begeistern. Solch ein
Gegenstand erhebender glorreicher Erinnerung war für griechische
Stämme von Hellas der langdauernde Kampf, den sie gegen ver-
wandte Stämme an der kleinasiatischen Küste geführt hatten,
der trojanische Krieg. An die Heldenthaten in diesem Kampfe,
Ober den Ursprung der Homerischen Oediclite, v. B, Jkmli», tB5
an die Abenteuer auf der Rückkelir wollte matt beim fröhlichen
Mahle, beim heitern Genüsse der MuGse erinnert sein. Darum
darf in dem Hause eines Fürsten der heroischen Zeit der Sänger
nicht fehlen, der zu den einfachen Klängen der Kithara den Ruhm
der Helden singt und sagt: hochgeehrt in Heimat und Fremde
ist der Mann, dem die Gottheit die Gabe des Gesanges Ter-
liehen^^*). Mneme, Melete, Aoide, d. h. Gedächtnis, Sorgfalt,
Gesang, sind die charakteristischen ältesten Namen der Musen,
von denen die Gabe des Gesanges kommt ^^^). Denn des Sängen
Verdienst liegt nicht in Erfindung des Stoffes, man begehrt
ja von ihm zu hören, was man selbst schon weife, und begehrt
es zu hören, weil man es kennt und sich daran erfreut. ^<ln dem
natürlichen Organismus der Sage hat,^^ wie ein hochverehrter
Forscher unserer Zeit treffend sagt***), ^dev einzelne Dichter
ungefähr soweit eingegriffen, wie ein sinniger Gärtner den na-
türlichen Wachsthum der Pflanze nach seinen Gedanken regelt
und gestaltet.)» Der Sänger bringt die Gestalten der Sage zo
vollkommener Anschauung und gibt der Erzählung die rhyth-
mische Form^ die den Hörenden erfreut, sein eignes Gedächtnis
unterstützt; Vortrag der Lieder, die er selbst zuerst gestaltet^,
und Erhaltung der Lieder eines andern Sängers, die den Beifall
der Zuhörer gefunden haben, ist nicht getrennt. Sein Lied um-
fasst ein einzelnes Ereignis, das in mäfsigem, leicht überschau-
barem Umfange sich abschliefst. So führen uns die Homerischen
Gedichte selbst die Sänger vor in der Zeit, deren Begebenheiten
sie uns darstellen. Das Lied, welches die Odyssee dem Phußa-
kischen Sänger in den Mund legt, über Ares und Aphrodite, um-
fasst nicht mehr als hundert Verse. Es wäre übereilt, aus die-
sem Beispiele, das überdies unverkennbar erst eingeschoben ist,
ein ungefähres Mals für die Verszahl ältester epischer Lieder
entnehmen zu wollen; aber dass jedes Lied eben nur ein ein-
zelnes Ereignis ; z. B. den Bau des hölzernen Pferdes, umfasste
und von mäfsigem Umfange war, das zeigen uns die anderen
Beispiele des Heldengesanges in der Odyssee und die Art ihrer
Anwendung; denn das Anhören dos Sängers bildet bei oder
nach dem Mahle nur einen Theil der geselligen Freuden und
wechselt mit anderen Spielen. Eines weiteren Ausholens, um das
einzelne Ereignis seinen Zuhörern verständlich zu machen, be-
durfte es für den Sänger nicht; seine Hörer waren ja eben an
jeder Stelle der Sage schon heimisch.
Die Zeit der Übersiedelung aeolischer und ionischer Stämme
nach Klein-Asien war besonders geeignet, die Erinnerung an die
Ueldenthaten des trojanischen Krieges zu beleben; hatte man ja
doch in denselben oder benachbarten Gegenden die gleichen
Kämpfe zu führen ; die Erinnerung an die Vergangenheit war
eine Erinuthigung für die Gegenwart**'). Es ist daher bezeich-
nend, dass die Nachricht, welche Homers Leben am weitesten
tf6 Öbef den Urt prung d«r HomerisdieD Gedichte v. U, Stmii%.
zurück datiert, ihn der ionischen Wanderung gleichzeitig setzt.
In den rasch gedeihenden Ansiedelungen des ionischen Stammes
fand die epische Dichtung Pflege durch Sängerschulen; die un-
gefähre Folge ihrer Entstehung während der nächsten vier Jahr-
hunderte fanden wir in den verschiedenen Daten von Homer's
Geburt in verschiedenen Städten bezeichnet. Das Bestehen der
Singer schulen erklärt die Erhaltung der einmal vorhandenen
Heldenlieder, es bildet auch den natürlichen Übergang zu dem
ndchaten Gebiete, welches die epische Dichtung sich gewinnt.
Das glückliche Aufblühen der einzelnen griechischen Städte
Klein-Asiens, ihr lebhafter Verkehr unter einander gibt den An-
lass zu regelmälsig wiederkehrenden Festen, bei denen eine grobe
Versammlung längere Zeit einem edlen Genüsse der Hülse widmet.
Einen wesentlichen Theil der Festfeier bildet der Vortrag von
epischen Liedern^''), nicht mehr blofs von einem Sänger oder
Rhapsoden'^*), sondern von mehreren nacheinander in gegen-
seitigem Wetteifer. Was ist natürlicher, als dass man für das
längere Zuhören und für die durch die Gewöhnung gesteigerten
Anforderungen die einzelnen Lieder in die Abfolge bringt, welche
lier Inhalt der Sage bereits vorzeichnet. Das Aneinanderreihen
wird um so leichter, da es der natürliche Gang der Sagenbil-
dung ist, sich um gewisse feste Mittelpuncte zu gruppieren.
Die alten Gesänge auch in ihrer neuen Verbindung möglichst
unverändert zu erhalten, gebot schon die Beliebtheit, welche sie
bereits besaEsen. Dass mit bescheidenem Hal]$e des Um- und
Zudichtens die ursprünglich selbständigen Elemente, die einzelnen
Heldenlieder, sich zu einem grölseren Epos vereinigen lassen,
das kann der gelungene Versuch eines neueren deutschen Dich-
ters zeigen, einen Theil der serbischen Volkslieder aus ihrer
Einzelheit zu einem Epos zu gestalten ^^*), oder die Vereinigung
der mehr als 22.000 Verse zählenden Volkslieder des finnischen
Stammes zu einem gesammten Epos, neben dem die ursprüng-
lichen Lieder noch fortbestehen ^*^). Und dass in der historischen
Entwickelung des Epos dieser Gang in manchen Fällen wirklich
eingeschlagen ist, das zeigt, wenn man wirklich die Entstehung
des deutschen Nationalepos, des Nibelungenliedes, noch als offene
Frage betrachten sollte, unzweifelhaft das altfranzösische Ge-
dicht von der Schlacht im Thale Roncevaux "^). In welchen
Abstufungen niui bei den griechischen Heldenliedern von Achil-
leus' Zorn und Odysseus' Heimkehr diese Vereinigung unter
theilweisem Um- und Zudichten vorgegangen ist, das ist bis jetzt
noch nicht sicher ermittelt* Oase es geschehen ist, zeigen uns
die Gedichte selbst, die wir jetzt besitzen ; dass die Vereinigung
bald einfacher durch ein NebeneinandersteUen , bald künstlicher
durch ein Ineinanderfügen erreicht wurde, liegt in der unter-
schiedenen Gestalt verschiedener Partien der Ilias noch jetzt zu
Tage'*'). Abgeschlossen war bei der Ilias der Process dieser
Ober den UrspruBg-d«r Homeritelieii aediehte^ v. H, BomÜb. §9f
Vereinigung sicherlich im Beginne des achten Jahrhunderts. Es
ist nicht wahrscheinlich, dass mit der Vereinigung sogleich die
älteren einzelnen Lieder verschwunden wären; es liegt ferner in
der Natur der Sache, dass auch aus dem Gksammt-Epos häu-
figer nur einzelne Partien vorgetragen wurden; denn nur be*
sondere festUche Veranlassungen gaben den Raum zum Vortrage
des Ganzen. Indem Solon für das gröfste Fest Athen s die Ord-
nung des Vortrags der Homerischen Gesänge gesetzlich bestimmte,
that er den ersten Schritt dazu, um einer neuen Zertrümmerung
der gewonnenen Einheit zu wehren; nur eine Fortsetzung davon
ist die Anordnung des Pisistratus, die Homerischen Gedichte
durch die Schrift zu fixieren, der wir ihre Erhaltung bis zur
Gegenwart verdanken.
Das sind freilich nur Umrisse zu einer Geschichte des Ur-
sprungs der Homerischen Gedichte, nur ein Gerüste, das an viele«
Stellen erst seine Ausfüllung erwartet. Manches wird wohl für
immer unausgefüllt bleiben, anderes wird die fortschreitende For-
schung ausfüllen und so den Bereich .des unsichern allipähliG^
j^chränken, indem sie dieselben Grundsätze festhält, welche die
philologische Wissenschaft der Gegenwart charakterisieren: Ge-
wissenhafte Feststellung der wirklichen Überlieferung des Altern
thums — die Homerischen Untersuchungen seit Wolf brechen
nicht mit der Überlieferung des Alterthuras, sondern haben viel-
mehr an diese zuerst wieder coosequent angekn^ft; unermüd-
liche Genauigkeit in Erforschung auch des Einzelsten und Klein-
sten — > so wenig wie den Naiurwiesenschaflen, so wenig ist der
Philologie irgend ein Gegenstand der Untersuchung schlechthin
klein, er kann in seinen Beziebmigen habe Bedeutung erhalten;
endlich Ausdehnung des Blickes .über die gesammte Literatur
demselben Volkes, um das es sidi handelt , und über die ver-
wandten Erscheinungen bei anderen Völkern'^*). Das sind die
Mittel, durch welche die Philologie der Gegenwart das classische
Alterthum in seiner wahren Gestalt vor unsern geistigen Blicken
herzustellen versucht ; sie sind es, deren Anwendung sich in den
Homerischen Untersuchungen deutlich erkennen lässt. Was auf
dem Gebiete dieser Frage erreicht ist, um der historischen Wahr-
heit näher zu kommen, das ist nicht dem Ungefähr glücklicher
Einfalle zu danken, sondern der Strenge der Methode, der un-
ermüdlichen Vertiefung, der reinen Hingebung an die Sache.
S68 über den lirsprung der Homerischen Gedichte ^ v. ü. BonÜZ.
Anmerkungen.
*) Her. 2, 5a Weitere Nachweisungen Bemhardy 6r. Lik. %, Aufl.
L S.251. Ygl. Sengebusch Homerica dissertatio I. S.91. ') Zahlreiche
Vergleichungen in diesem Sinne citiert Lauer Gesch. der Hom. Poesie
S. 69. *) Athen. 8, 39. 0 Die Stellen hierüber s. bei Sengebuscb,
Hömi. diss. 1. S. 171.
*) Stellen der Alten hierüber bei Sengebusch I. S. 144. *) So
zuerst Xenophanes in den^ bekannten Versen: navza d'eoCg avi^%av
OlifiQOg 9"' ^Haiodog te \ oaaa na^* av^qmnoiciv oviidBct xal 'tffoyog
iütiv xtX. bei Sext. Emp. Math. IX, 193. 1.289; am eingehendsten und
ausfuhrlichsten Piaton Rep. II. 377 D ff. ') Vgl. z. B. Plat. Theaet.
180 D. Aristot. de an. 3, 1. 427« 25 und dazu die Anmerkung Trendelen-
burg's S. 449. *) Valer. Max. 3. 7. *) Lycurg. adv. Leoer. %. 102.
Diog. Laert ±, 57, zu letzterer Stelle die Auslegung von Sengebusch
Hom. diss. IL S. 107 f.
"") Plat. Prot 326 E. Isoer. Paneg. %. 150. Hermann, griech.
Antiq. HL g. 35, 6 u. 7. ") Xenoph. Conv. 3, 5. ") VfiL z. B. über
Piaton die Nachweisungen bei Sengebusch I, 121 ff. '') Zu diesem
gesammten Abschnitte über die nationale Bedeutung Homers vgl. Lehrs
de Arist stud. Hom. S. 200—229, Lauer a. a. 0. S. 5—58 und den gröfs-
ten Theil der Hom. diss. I von Sengebusch. **) Ober die Bedeutung,
welche die Homerleotüre für einen bildenden und erziehenden Unterricht
SU gewinnen vermag, spricht sich treffend Herbart aus, in seiner Allge-
meinen Paedagogik S. 31—36 und in der Vorrede zu Dissen's Anleitung
für Erzieher, die Odyssee mit Knaben zu lesen (Herbart, kleinere phil.
Schriften. L S. 269 ff.).
^*) Gervinus, Geschichte der deutschen Dichtung. 4. Auf). V. S. 52 f.
'*) Was sich an der Vofsischen Homerübersetzung zu tadeln findet,
ist in A. W. v. Schlegel's Recension derselben beigebracht; man vgl.
dagegen Goethes Äufserung im Briefwechsel mit Schiller Nr. 312 und
Gervinus a. a. 0. ") Zur wirklichen Einsicht in die Charakter-
züge und die eigentl)ümlichcn Vorzüge der Homerischen Dichtung hat
schwerlich eine andere Schrift so entscheidend eingewirkt, wie Les-
8 i n g*8 Laokoon ; auf die einfachen und klaren Bemerkungen Lessing's
geht ein guter Theil der späteren zahlreichen Abhandlungen über diesen
Gegenstand zurück. Dnter diesen verdient wegen der Weite des Um-
blickes, der sinnigen Vertiefung iu den Gegenstand und der verständigen
Klarheit vornehmlich W. Wacker nage 1 's Abhandlung «Die epische
Poesie* (Schweizerisches Museum für histor. Wissenschaften Bd. 1 u. 2)
hervorgehoben zu werden. '*) Italiänische Reise II. Werke, Octav-
ausgäbe von 1827 ff. Bd. 28. S. 237. '*) ßriefw. mit Schiller Nr. 424.
■®) Nachweisungen darüber bei Lauer a.a.O. S. 59 f. ") Pro-
legomena ad Ilomerum, sive de operum Homericorum prisca et genuina
forma variisquo mutationibus et probabili rationc cmendandi. Scripsil
Frid. Aug. Woißus. Vol. !. (ein zweiter Band ist nicht ersrhicucn).
Ober den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. B» BanüM. Mf
1795. — Neuer Abdruck. 1859. Ober frühere Ahnungen des von Wolf
begründeten Gedankens vgl. Bernhardy gr. Lit. II, 1. S. 98 f. ") Ober
die Wirkung der Wolfischen Prolegomena in weiteren Kreisen vgl. Friede
ISnder, die Homerische Kritik von Wolf bis Grote, 1863. S. 1—6. Benn
liardy gr. Lit H, 1. S. 99—103. ") J. G. Fichte*s Leben und lit
Briefwechsel, von seinem Sohne eic. U. S. 43%— 436. '*) W. v. Uum-*
boldt, Lebensbild und Charakteristik von R. Haym. S. 139. Körte, Leben
F. A. Wolfs. L S. «76.
'*) Schiller, Briefwechsel mit Goethe Nr. 459. '*> In dem Ge^
dichte Hermann und Dorothea, Werke, Octavausgabe von 1827 ff. Bd. L
8.295. *') Goethe, Werke Bd. 3.S.156. ") Körte, Leben Wolfs. L
S. 64 f. 73 f. 265. '*) Vorrede zur Ausgabe der llias , Leipzig bei
Gitochen 1804. S. XXI— XXIY.
'*) Fr. Schlegel, Gesch. der Poesie S. 158, citiert von Bernhardy
gr. Lit II, 1. S. 102. *0 K. Lachmann, Betrachtungen über die
ersten zehn Bücher der llias, Abhandig. d. Berl. Akad. d. W. 1837.
Fernere Betrachtimgen über die llias, ebend. 1841. Vereinigt in : Lachmann
Betrachtungen über die llias, mit Zus&tzen von Moritz Haupt. Berlin
1847. — Schon vor die erste Abtheilung der Lachmann'schen Betrach«
fangen fällt die wichtige Abhandlung von G. Hermann, de interpola-
tionibus Homeri, 1832, Opusc. Vol. V. p. 52— 77. In welchem Grade
Lachmann's Schrift in dieser Frage Epoche macht, zeigt sich darin, dass
die gesammte umfangreiche Literatur über die Einheit der llias besliti-
gend, modificierend oder bestreitend auf Lachmann's Ontersuchungea
surückffeht
") Als zusammenfassender Abschluss der Homerischen Dnter-
enchungen in dieser Richtung kommt vornehmlich das Werk von G. W.
Nitzsch in Betracht: «Die Sagenpoesie der Griechen kritisch darge*
stellt,* 1852 (vgl. dazu die gediegenen Beurth eilungen Schömann's in ded
lahn'schen Jahrbüchern 69. 8. 1—31. 129—141, und in der Abhandlung
De reticentia Homeri 1853 , Opusc. Vol. 10. p. 1 — 26.). Aufserdem hat
den Gegensatz gegen die Lachmann'sche Sdirifl am umfassendsten in
mehreren Abhandlungen dargelegt W. Bäumleio: Kritik der Lach-
mann'schen Schrift in der Zeitschr. t A. W. 1848. Nr. 41-43. 1850.
Nr. 19^22; Commentatio de compositione Iliados et Odysseae, Maul-
broDn 1847, Vorrede zur Tauchnitz'schen Ausgabe der llias, Abhandlungen
im Philologus Jahrg. 7 u. 11 und in den Jahn'schen Jahrb. 75. S.34— 46.
— Als Bestreitung der Lachmann'schen Schrift in den meisten und wich-
tigsten Puncten ist auch die von Friedländer zur Bechtfertigung der
Grote 'sehen Ansicht über die llias geschriebene Abhandlung «Die Ho-
merische Kritik von Wolf bis Grote, 1853* zu betrachten (vgl. die da-
gegen gerichtete Abhandlung von W. Ribbeck im Philologus 8. S. 461—509,
«Prüfung neuerer Ansichten über die llias*). — Einige andere in diese
Richtung gehörige einzelne Abhandlungen werden spater gelegentlich
angeführt
*') Selbst für Faehmänner sind in neuerer Zeit wiederholt Dar*
Stellungen des gegenwärtigen Standes der cHomerischen Frage* unter-
nommen ; so von K. A. J. H o f f m a n n , der gegenwärtige Stand der Unter-
•ochungen über die Einheit der llias (Allg. Monatsschrift für Wiss. und
Lit 1852. S. 275— 293), G. Gurtius, Andeutungen über den gegen-
wärtigen Stand der Homerischen Frage (Zeitschr. f. d. österr. Gymn.1864.
S. 1-h£3. 89—115), Hiecke, der gegenwärtige Stand der Homerischen
Frage (Stralsund, 1856).
) In diesem Abschnitte ist versucht, einige Hauptergebnisse der
inhaltreichen Abhandlungen von M. Sengebusch, Homerica disser-
tatio prior et posterior, kurz zu bezeichnen.
S70 Ober den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. H, MoHiiM,
'*) Die Uesiodischen Epopoeen und die nicht dem troischen Sagen«
kreise angehörenden cyclischen Gedichte sind zur Vereinfachung des
Gegenstandes absichtlich unerwShnt geblieben, als eur Einsicht in die
Gesichtspuncte der Frage, nm die es sich hier handelt, nicht unbedingt
erforderlich. **) Ein Bild der einzelnen epischen Dichtungen des
troischen Sagenkreises ist durch Gombination der zerstreuten Ifacbridi-
ten und der spärlichen Fragmente hergestellt von Welcker, der epische
Cyclus oder die Homerischen Dichter. Bd. 2. S. 1—310. **) Welcker
a. a. 0. S. 1—82. ") Sengebusch Diss. U. & 23—26. **) Einen
Oberblick Gber den Umfang epischer Dichtungen, welchen auf Homers
namen Pindar, Simonides, Aeschylus, Sophokles, Aristophanes, Thucydides
Buruckführten, gibt Sengebusch Diss. ü. S. 14. Der Beweis für die ein-
zelnen daselbst ausgesprochenen Behauptungen Ist an den entsprechen-
den Stellen der Diss. I gegeben.
*^ Sengebusch Diss. II. S. 16. *0 Zusammengestellt von Senge-
buch Diss. 11. 13. *') Anlh. Pal. II, p. 716, 296^und 296 (in Jacobs
Delectus epigrammatum Graecorum IV, 6). **) Ober die Abfassungs-
lei t der auf uns gekommenen Lebensbeschreibungen Homers s. Senge-
bnsch Diss. I, 1 — 13, die Obersicht der in den Lebensbesehreibungen
angeführten Quellen ebend. S. 19 f., zu ihrer Würdigung dient die ge-
sammte Diss. L ^ Sengebusch Diss. II, 47—69.
**) Sengebusch Diss. II, 70. **) Eine Obersicht der Zeitansfitce
mit Bezeichnung der Orbeber, auf welche sie zurückgeführt werden, gibt
Sengebusch Jahn. Jahrb. Bd. 67. S. 611 ff., Diss. II, 78. Mit eigenthüm-
licher Naivetat fuhrt Roth (Gesch. der abendl. Philos. 11. S. 38) nur die
Zeitangabe des Herodot an, als ob überhaupt nur diese existierte. Mit
solchen Mitteln ist es allerdings leicht, über die ^esammten, von F. A,
Wolf ausgegangenen Homerischen Forschungen als über eine «jetzt schon
heseitigte Paradoxie,* die «aus halbwahrer Gesohichtsknnde hervorge-
gangen* sei, zu triumphieren. Ich erwähne dies, weil thatsachlich diese
siegreiche Sprache auf Leser, welche der Saehe selbst nachzugehen
nicht in der Lage sind, einen imponierenden Eindruck macht; und weil
noch neuerdings (Lit. Centralblatt. 1860. Nr. 7) der Vorwurf erhoben
ilt, dass von philologischer Seite dem Rtfth'schen Buche ein tendenziöses
SohWeigen entgegengesetzt werde. Dass dieser Vorwurf nicht wahr ist,
kann ein Blick in die zweite Auflage von Zeller's Phil, der Griechen
leicht zeigen; ein Verfahren aber, wie das in der Frage über das Zeit-
alter Homers eingeschlagene, erfordert keine andere Kritik, als dass
man die grundlose Willkür desselben sich selbst richten lässt *') In
beiden Fällen nämlich nach Ausscheidung derjenigen, die nicht auf einer
wirkliehen Oberlieferung, sondern auf blofser gelehrter Conjectur und
Gombination beruhen, Sengebusch J. J. 67. S. 669 ff. Diss. II, 69.
**) Sengebusch, zuerst in der Recension von Lauer's Geschichte der
Homerischen Poesie^ Jabn'sche Jahrb. 67, 241—269. 362—416. 609—644,
dann in der Hom. diss. 11. Gegen die in diesen Untersuchungen zur
Geltung gebrachten chronologisc&en Principien richtet sich die Abhand-
lang von J. Brandis, de temporum antiquissimorun Graecorum rationi-
bos. Index lect Bonn. 18*'/«». S. 1 f. **) «Jeder dieser Ansätze g^
hört an einen bestimmten Ort Griechenlands und bezieht sich nur auf
dessen Oberlieferung von Homer; seine Zahl ist das runde Datum für
das Auftreten der Homerischen Poesie an diesem Orte; eine Tabelle dieser
Ansätze liefert also die bisher schmerzlich vermisste kritisch sichere
Grundlage für die ältere Geschichte der Homerischen Poesie.* Senge-
busdi, Jabn'sche Jahrb. 67. S. 611.
*^ Sengebuscb, Jabn'sche Jahrb. 67 S. 873 ff. *0 Sengebusch
a. a. 0. S. 614. '*) Wolf, Prolegomena S. 40—94. Sengebusch Diss.
Ober den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. H, BonH%. 2T1
II, 41—44. ") Roth freilich a. a. 0. S. 41 schreibt: «Homer selber
erwähnt die Schreibekunst, und twAr ala schon im Heroenzeitalter gt"
fibt,» und allerdings, in seiner Üb^rsetaong von Z 169 ist die «Scbrifl*
erwihnt; dass in den Homerischen Worten eine soVehe Erwähnung
•ich nicht findet, ist so bekannt, dass es für Leser des Homer gewiss
nicht nOthig ist, darüber erst noch auf Lehrs de Aristarcbo 8. 103 oder
Sengebuscli Diss. II. 8. 42 ff. zu verweisen. *0 Die Al^toni^ und
*IU9V nigaif des Milesiers Arktinos, Welcker, ep. Cycl. 11. S. 169—236.
Über die Zeitbestimmung der aicfnf des Arktinos auf Ol. 1, 2>b776 vgl.
9engebusch, Jahn'sche lahrb. 67. 8. 378 f. 410.
**) Die Gesetze des Zaleukos , um Ol. 29 « 664 n. Chr. , vgL
Wolf, Proleg. 8. 66 ff. **) 8engebu8Ch Diss. 11, 4& *') Die ge-
tammten Zeugnisse über dieses wichtige Datum s. bei Sengebusch^Diss.
II, 27—41. *') Sengebusch Diss. 1, 193—197. Vgl. aufserdem über
den Buchhandel in Griechenland seit^dcm Ende des peloponnesischen
Krieges Becker Charikles II. 8. 113 ff. (2. Aufl.) **) Strabo 13. p. 594.
Sengebusch Diss. I, 71 f. 186.
**) Sengebusch Diss. I, 200—203. *') Eine bundige, lichtvolle
Obersicht über die seit Wolf zur Geltung gebrachten Grundsatze für die
Textesrecension der Homerischen Gedichte gibt L. Friedländer bei Ge-
legenheit seiner Kritik der zweiten Bekker'schen Ausgabe des Homefy
Jahn'sche Jahrb. 1859. Bd. 79. S. 808 ff. **) Goethe, Briefw. mitScb.
Nr. 472: «Ich bin mehr als jemals von der Einheit und Üntheilbarkeit
des Gedichtes überzeugt, und es lebt überhaupt kein Mensch und wird
nicht wieder geboren werden, der dies zu beurtheilen im Stande wäre.
Ich wenigstens finde mich allen Augenblick einmal wieder auf einem
subjectiven Urtheilt so Mb andern vor uns gegangen und ^ird andern
nach uns gehen.*
**) Nitzsch Sagenpoesie S. 89 9 «Die llias hat in dem zum eigenen
Leid umschlagenden gerechten Zorn Achills (A 303» 214, 558) das ruch-
barste und feinste Beispiel der büfsenden Mafslosigkeit, wie der bereeb-
iigtste und insoweit vom höchsten Zeus anerkannte Ehrenanspnieh die
mafslose Menschennatur zu Leid führt, Wi^l Zeus die mafolose Dnversöhn-
Uchkeit nicht duldet und namentlich die Führung der etwa bestimmenden
Umstände sich selbst vorbehalten hat* Dieser Gedanke ist sodann durch-
geführt im Ga^. 29 -"48 des ersten Buches, S. 184—273. Vgl. Bäunilein,
eommentatio de Homero eiusque earminibus (vor der llias der Tauchnitz'-
sehen Textausgabe) S. XX— XXVll, besonders S. XXlil: ^-^ negue quin
tma, enfuey m quod NUuekim manuii, trü§icü sentinUu univer$ae
ittadi »ubMü guiiguam dubitabU.*
^) Schömann de reticentia Homeri p. 11 .f. (Opusc. III. 12 f.)
Derselbe in den Jahn'scben Jahrb. Bd. 69. 8. 27.
**) Grote, Geschichte Griechenlands (in der M ei fsner 'sehen Über-
seteung 1^ S. 530 ff., in der Fischer'schen II, 169 ff.). Ober die Mittel,
durch welche Ifitzsch die wichtigen Stellen A 609 f. H 72 ff. mit dem
Inhalte des neunten Gesanges in Einklang zu bringen sucht, vgl. Schü-
mann Jahn'sche Jahrb. a. a. 0. Sw 28 f. De reticentia Homeri p. 13—15
(Opnsc III. 15—18). Noch oitonbarer beweist Fäsi'i selbst in der 3. Auf-
lage unverändert beibehaltene Anmerkung zu 77 72 mit der Absicht, den
Widerspruch zu Gberdecken zugleich die Anerkennung seiner Oi^üsbar-
keiU **) O 68 U 593. SchOmann Jahn'sche Jahrb. 69. S. 29.
*') Wie mislich es sei, diesen Gesichtspunct in den Vordergrund
stellen zu wollen, spricht warnend Lachmann aus^ (Friedländer, die Hom.
Kr. S. Vll). Vor übereilten Folgerungen aus den anai slfftipkiwa und aus
dem Onterschiede des Wortvorrathes der Odyssee gegen die llias, warnen
die Nach Weisungen von L. Friedländer : die kritische Benützung d«r
«««{ wi^fiiva, Philol. VI, 228 ff. und Dissertatio de vocabuiis Romeriois,
t7S Cber den Ursprung der HoDicrischen Gedichte, v. 0. BohU%,
quae in altenitro carmine non inveniuntur. Pars 1, 11, HL (ÜDiversiläts-
Schriften, Königsberg, 1858> 59). Dies nimmt jedoch den mit voller Vor-
sicht und Gründlichkeit in dieser Hinsicht angestellten Beobachtungen
nichts an ihrem Werthe; es genüge zu erinnern an C. A. J. Uoffmann,
Quaestiones Bomericae. Clausthal 1848. 2 Voll. L. Friedländer, die Gärten
des AlkiDous und der Gebrauch des Präsens bei Homer. Philol. VI. 669 ff.,
oder an einzelne Bemerkungen, wie: Liesegang, zwei Eigenthümlicbkeiten
des 16. und 17. Buches der llias. Philol. VL 563 ff., über das Vor*
kommen gewisser Formeln in manchen Theilen der llias, anderer für
dieselbe Sache in andern Theilen Koch, PhiL VIL 593—605 u.a.m.
Es lässt sich mit Zuversicht erwarten, dass die erst im Beginne begriff
fene genaue Durchforschung der Homerischen Gedichte in syntaktischer
und lexikalischer Hinsicht zur Ergänzung oder Berichtigung der bisher
hauptsächlich von anderen Gesicbtspuncten aus gewonnenen Ergebnisse
wesentliches beitragen wird.
**) Eine Zusammenstellung einiger dieser Kleinigkeiten findet man
in Fäsi's llias, Einleitung S. 7, zugleich mit Verweisung auf diejenigen
Anmerkungen, welche den Widerspruch zu mindern bemüht sind.
**) Vgl. n 777 mit A 86. Schümann , Jahn'sche Jahrbücher 69,
S. 18, wo zugleich auf Nitzsch's Rechtfertigungsversuch Rücksicht ge-
nommen wird. Einen andern Versuch, den Widerspruch zu verklei-
nern« kann man in der Anmerkung Fäsi's zu J7 777 finden.
'^) Schümann, Jahn'sche Jahrb. 69y S. 19; ich verweise bei diesem
in jeder Abhandlung über den Gegenstand bemerkten Puncte auf die
Erörterung Schömann's, weil diese zugleich auf den Rechtfertigungsver-
such von Nitzsch Rücksicht nimmt Für die Mittel, durch welche selbst
dem Widerspruche und dem Mangel an Zusammenhang ein rechtferti-
gender Ausdruck gegeben wird, ist besonders charakteristisch Nitzsch
Sagenpoesie S. 237 f. 239 (z. B. S. 237: «War- die Sendung des Pa-
troklos damit genugsam motiviert, so hatte ihr Verlauf seine von der Ab-
sicht des Absenders unabhängige eigene Gestalt*), und S. 247,
wo zuversichtlich aus demjenigen argumentiert wird, was der Dichter
nicht sagt. '*) Selbst in der Fäsi'schen Anmerkung zu ilAnfg. an-
erkannt, wiewohl durch die Anmerkung zu 17 2 wieder möglichst ausge-
glichen. ") Verschiedener Stand des Kampfes in unmittelbar auf-
einander folgenden Erzählungen, z. B.'im Schlüsse von A und im An-
fange von M, vgl. .^824 mit M35— 39, Lachmann Betrachtungen
8. 45. — Verschiedene Voraussetzungen in Betreff des Ortes vgl. Schö-
mann de reticentia S. 18. Anm. 8, 9 (Opusc. IH, 21 f. Anm. 8, 9). Jahn'sche
Jahrb. 69, 27.
") JV 345—360 verglichen mit JV 10-38. Vgl A.Jacob, über
die Entstehung der llias und Odyssee S. 270 f. Fäsi zu iV352 sucht
den unläugbaren Widerspruch in der Erzählung über das Auftreten des
Poseidon durch eine sprachlich unmögliche Erklärung von ka&qri vnBia-
9«dvi zu überdecken, und behält diese gewaltsam beschönigende Aus-
gleichung selbst in der 3. Auflage bei, obgleich er in dieser zu iV345
das Zugeständnis hinzugefügt hat (nach Nitzsch Sagenpoesie S. 34),
dass der Abschnitt 345 — 360 ursprünglich nicht möchte hieher gehört
haben. *0 Ausführlich dargelegt von A. Jacob a. a. 0. S. 284 ff. Vgl.
Lachmann Betrachtungen S. 35. Versuche, die Widersprüche durch
Deutung zu verkleinern oder durch Athetesen zu entfernen vgL bei Fäsi
SU ^193, Friedländer die Homerische Kritik S. 35 f.
'•) JI793— 815, verglichen mit P13, 16, 125, 187, 205. Die
Anmerkung Fäsi's zu P13 verfehlt den wahren Fragepunct. Allerdings
«konnte der Dichter nicht annehmen , dass Apollo die Waffen des Er-
sdilagenen mit sich genommen habe,* aber nicht darum handelt es sich,
sondern darum, dass dem Patroklos, nachdem er yvf^rog war 17 81 5 und
über den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. H. BonU%. t73
die GOUer ihm in äfimp xBvxt* ülovto 17846, dann niemand die Ru-^
stung erst noch abziehen konnte. Über die Verbindung verschiedener
Erzählungen in der Patroklie Tgl. Schütz, de Patrocleae composition^.
Aneiam. 1854. '*) Über den Gesammtcharakter der Erzählung von
AS vgl. die unverholene Erklärung Schömann's Jahn'sche Jahrb. 69.
S. 19; die Mittel, eine Ordnung in dieser Masse aufzuzeigen s. Nitzscb^
Sagenpoesie S. 240 ff. 274 ff., vgl auch S. 137; namentlich gehört dahin
die Entdeckung, dass Abschnitte der Erzählung als «Parallelacte' zu be»
trachten seien, bei denen uns nur leider der Dichter gar nicht ange-
deutet hat, dass sie gleichzeitig vorgehen. In den eingehenden Abhand-
lungen über diese Partie der llias von G. Hermann (in der Anm. 28
cilierten Abhandlung), Lachmann Betrachtungen S. 37 ff. , E. Cauer (über
die Urform einiger Rhapsodien der llias, Berlin 1850), W. Ribbeck (Pbilol.
8. S. 461 ff. vgl. Anm. 29), A. Jacob a. a. 0. 8. 240 ff. ist über die
Widersprüche, die sich in diesem Abschnitte finden, die Differenz so grofs
nicht; die Hypothesen über die wahrscheinlich vorauszusetzenden ur-
sprünglichen Elemente gehen erheblich auseinander. '') Lessing, Lao-
koon XVL *') Statt der Hinweisungen auf das Auffallende dieser Ver-
bindung (z. B G. Hermann, de interpolationibus Homeri. Opusc. V. S. 57)
wolle man das begeisterte Lob lesen, welches Nitzsch Sagenpoesie 8. 212,
ihr zollt. **) Lachmann Betrachtungen, S. 22. A.Jacob a.a.O. S.215
'0 A. Jacob a. a. 0. 8. 209. 'N Einige der bedeutendsten unter
denjenigen Abbandlungen, welche für die gesammte llias odi-r für eine
bestimmte Partie derselben die Widersprüche nachweisen, sind in den
bisherigen Anmerkungen angeführt. Pur den nicht philologischen Leser
am zugänglichsten ist die Schrift von A. Jacob, indem sie theiU der
Nachweisung von Widersprüchen eine eingehendere Darstellung widmet,
theils in dieselbe die hauptsächlichsten Stellen sogleich in deutscher
Obersetzung aufnimmt. ") VgL die Ausführung dieses Gesichtspunotes
in Köchly's de lliadis carminilms dissert 111. S. 6 ff.
**) Unter diesen Künsten der Ausgleichung nimmt die bedeutendste
Stelle ein die Annahme, dass der Dichter etwas — und zwar ein zi:m
Verständnis der Erzählung nothweodig erforderliches Moment — nicht
ausgesprochen, sondern es hinzuzndeoken dem Leser überlassen habe.
Bis zu welchem Mafse der Umöglichkeit dieses Mittel, xoera x6 auanto-
{ispor, von Nitzsch angewendet ist , erweist Schümann in der öfters
erwähnten Abhandlung De reticentiallomori (vgl. Röchly, de lliad. carm.
diss. Hl 8. 6). Man kann das gleiche Mittel stillschweigend von Päsi
angewendet sehen z. B. in den Anmerkungen zu r249, dt, £510
u. a. An andern Stellen wird durch eine dem Gegensatze die Spitze ab*
brechende oder sonst den Leser beruhigende Erklärung die That.<<ache
des Widerspruchs verdeckt, vgl. Päsi's Anmerkungen zu z/ 169, Z157
(Nitzsch S. 146, 149 erkennt nach Friedländer, Philol. 4, 677 ff., das
Nebeneinderbestehen doppelter Recension an diesen Stellen an), E 578,
und an den in den Anm. 68, 69, 71, 73, 74, 76 erwähnten Stellen. —
Erfolgreich zui Entfernung von Widersprüchen ist besonders die Annahme
von Interpolationen ; dass deren in ein episches Gedicht bei langdauernder
mündlicher Tradition viele eingedrungen sind, ist gewiss; aber darin,
dass eine Stelle für den einheitlichen Zusammenhang der ganzen llias
störend ist, liegt noch durchaus keine Berechtigung , sie für interpoliert
zu halten. Das Verfahren von Nitzsch Sagenpoesie 8. 180 ff., um die
Rede des Achilleus U 49—91 mit dem neunten Gesänge in Einklang zu
bringen, ist in dieser Hinsicht besonders bezeichnend» und wird eben
deshalb von Schömann, De reticentia Hom. S. 13—15. Jahn'sche Jahrb.
69, S. 28 f. , eingehend gewürdigt. Auch der von Friedländer (die Ho-
merische Kritik S. 21 u. a.) öfters noch subsidiarisch hinzugenomroeiic
Gedanke, dass die «Discrepanzen und Incongruenzen' «in den meisten Fallen
Zaiuehrift f. 4. ;i»terr. Oymna». 1800 IV. u. V. lieft. 20
874 über den Ursprung der Uomeriscben Gedichte, v. B. Boniit.
fSr stehen gebliebene Merkmtle einer langen Trennung' des «Ursprung*
lieb einheitlichen Gedichtes zu halten seien, reicht keineswegs so weit,
als er angewendet ist, cur Erklärung aus.
'*) Die Thatsache, dass sich durch das ganse Gedicht in seinem
ganzen Verlaufe diese Widerspruche hindurchziehen , spricht gegen die
vermittelude Hypothese Grote's (Gesch. Griecheul. übers, v. Meifsner L
S. 597 ff. , von Fischer II. S. 166 ff.) , welche Friedländer (die Ho-
merisebe Kritik etc.) voUsiändiger zu begründen unternommen bat, näm-
lich dass die gegenwärtige llias aus der Verbindung von zwei umfas-
senden Gedichten, einer Achilleis A, G. A — X und einer in dieselbe ein-
geschobenen llias , B — H, K entstanden sei. Vgl. W. Ribbeck, in der
Anm. 29 angefahrten Abhandlung. In entgegengesetzter Richtung , näm-
lich dass sie der Trennung zu viel einräume, bestreitet die Grote'sche
Hypothese Bäumlein. Philol. II, 405—430.
'*) Roth, Abendl. Philos. II. S. 39 f., setzt allerdings Homer als
den Dichter, der in selbständiger Gonception und ursprünglicher Einheit.-
lichkeit die llias, die Odyssee, die Thebais und uoch einige grofse Epo-
pöen schrieb; dass aber Roth, bei aller sonstigen Gelehrsamkeit , die
wirklichen Fragepuncte der Homerischen Untersuchungen aufzufassen
sich nicht entschlossen hat, ist schon Anm. 46 erwähnt '*) Dass
der Dichter der einheitliehen llias ältere Lieder ganz oder groCsentheils
unverändert in seine Dichtung aufgenommen habe, erwähnt Nitzscb
häufig, Sagenpoesie S. 109. 123. 126. 148. 220. 225. 254 t 257. 273. (vgU
S. 76. 87), ebenso Bäumlein, commentatio de Homero eiusque carmini-
dus (vor der Ausg. der llias) S. XX, XXIII, XXXI. Wie wenig sich hier-
nach die von Nitzscb vertheidigte Ansicht von derjenigen unterscheidet,
bie er bekämpft, erweist Schümann de retic S. 7. 20. Köchly, de Iliad.
earm. diss. 111. S. 10. ") Nitzsch Sagenpoesie 8. 281 f. **) VgL
Anm. 63; und darüber, dass Nitzsch selbst nicht eine Einheitlichkeit
der Dichtung, sondern einen Zusammenhang der Redaction nachweist,
Köchly a. a. 0. '*) VgL die vortreffliche Entwickelung dieses Ge-
genstandes von yf, Wackernagel in der Anm. 15 angeführten Abhandlung
II. S. 76 ff:
**) Nur der schon von Aristarch verworfene Scbluss der Odyssee
von ip 297 an wurde bald nach Wolfs Prolegomenen Gegenstand einer
gründlichen Untersuchung, von F. A. W. Spohn, commentatio de extrema
Odysseae parte etc. 1816. *').Iu diesem Sinne erklären sich nicht
nur Nitzsch, Bäumlein, Grote (übers, v. Meifsner 1. 8. 519 ff., v. Fischer
IL S 156 ff.), Priedländer (die Homerische Kritik S. 23 ff.) , sondern auch
Schömann in der oft erwähnten Recension Jahn'scbe Jahrb. 69. S. 129:
«Die Odyssee als ein aus früher nicht zusammengehörigen Liedern com-
poniertes Stückwerk zu betrachten, halte ich für baarcn Aberwitz, wenn-
gleich allerdings das gewiss ist, dass sie einzelne, zum Tbeil ziemlich
omiaiigreicbe Interpolationen erfahren bat , die denn aber auch mit
Sicherheit als solcbe zu erkennen sind. Sie selbst aber ist die geniale
Gonception eines vorragenden Geistes , der in dieser Gattung weder ein
Vorbild hatte, noch, so viel wir zu urtheilen im Stande sind, würdigt
Nachfolger fand.* Worüber Sengebusch bemerkt Hom. disserL IL S. 88:
«Quod ne futurum sit aliquando ut sibi ipsi acerbius quam rectius
iudicasse videatur Seboemannus admodum voreor.* *') Kircbhoff, die
Homerische Odyssee und ihre Entstehung. 1859. — Vgl. die Anzeigen
dieser Schrift in den Jabn'scben Jahrbüchern von W. Ribbeck Bd. 79.
8. 657—666, von L. Friedländer ebend. S. 832— >83ö, in dem Päda-
gogischen Archiv, von R. Volkmann 1859. S. 762 ff. *') Ober einige
neuere den Zusammenhang der Odyssee betreffende Monographien be-
richtet L. Friedländer, Jahn'scbe Jahrbücher 79. S. 585—593.
**) Fäsi zu 0 1. Und dennoch ist es auch in diesem Falle roög-
Ober (Ion Uritprung der Homerischen Gedichte, v. B, BomUM. 976
licby ein scheinbar ausgleicheiides Wort zu finden, Nitzsch Sagenpoesio
S. 108: «0 zu Anf. kommt Athene in derselben Frühe, wo sie
den Vater gesprochen, zum Lager des Sohnes in Sparta.' — Nicht ge^
ringere Schwierigkeit, wenn gleich anderer Art, entstehen an allen den-
jenigen Stellen, welche für die Verknüpfung der verschiedenen Fäden
der Erzählung in Betracht kommen , so bei dem längeren Bleiben des
Tdemaohos in Sparta trotz seiner Weigerung (vgl. Fäsi, Odyssee, Ein-
leitung S. XXXIX, und dagegen die Bemühung Fricdlander's , über
diesen Anstofs hinwegzuführen, die Hom. Rr. S. 24), bei dem Ober-
gange von der Erzählung über Telemachs Reise zu der über das Geschick des
Odysseus s 1 (vgl. Schmitt, de secundo in Odyssea deorum concilio
interpolato eoque oentone, 1852), bei der Einreihung der Erzählungen
des Odysseus in seinen Aufenthalt bei den Phaaken, welche offenbar
die ursprüngliche Anlage der Darstellung dieses Aufenthaltes durchbricht.
Fäsi a. a. 0. S. XXXVIII, A. Jacob a. a. 0. S. 408 fll
**) Vgl. A. Jacob, über die Entstehung der Uiaz u. Od. S. 421 ff.
**) Fäsi a. a. 0. S. XU. A.Jacob S. 481. *') » 399, «176. Mit
den auf verschiedene Weise den Widerspruch verdeckenden Anmerkungen
Yon Fäsi und Ameis zu n 176 vgl. die klare Auseinandersetzung von
^ Jacob S. 463. *') Eurykleia und Eurynome, Fäsi a. a. 0. S. XLL
A. Jacob S. 477. Noch mancherlei dieser Art s. bei Fäsi a. a. 0.
**) Ober den zwanzigsten Gesang der Odyasee wolle sich niemand
versagen, 1. Bekker's inhaltreichen Aufsatz zu lesen, in den Monats-
berichten der Berliner Akademie, 1852. S. 643—662.
'''*) « 360-491. <r 846— 428. v 284—344. VgL Meister, Betrach-
tungen über die Odyssee. Philol. 8 S. 1— 13. '*') £ 29 ff. « 4 f.
162. 9 29t ff. '*^ ^ 256-286. £ 199—359. 9 419—444. % 172—248,
nicht einmal gerechnet die fünfte, in dem Schlussgesa nge der Odyssee
sich findende Wiederholung 0 303—314. Vgl. A. Jacob S. 453 ff.
•••) Vgl. A. Jacob S. 480. '••j o 160-165. 525-528. 9 160
541. % 535 ff. o 103. 345 ff. 9 413. % 240.
^'**) Ober den verschiedenen Charakter der Composition der Odyssee
gegenüber dem der llias finden sich treffende, aber schwerlich durchweg
haltbare Bemerkungen bei W. Wackemagel a. a. 0. 11. S. 83 f.
""*) In Löbell's Weltgeschichte in Umrissen, 1846. L S. 600 ff.
ist mitgetheilt, in welche Ordnung und Abfolge Ritschi die einzelnen
Momente in der Entstehung der llias und Odyssee setzt} «1. Periode.
Existenz einiger Heldenlieder von kleinerem Umfange, gleich vom troja-
nischen Kriege an, den sie besingen, erst unter den Acbäern im Mutter-
lande, dann in den kleinasiatisäien Golonien. — II. Periode y etwa
900 — 800 V. Chr. Unverfälschter Gesang Homers und der Homcriden
ohne Schrift mit der Aussprache des Digamma. Aus einer reichen Fülle
epischer Einzellieder wählt der hervorragende Geist Homers eine Anzahl,
verschmelzt sie mit eigenen, und verknüpft sie kunstgemäfs zu einem
Ganzen, in welchem sich Alles auf einen Mittelpunct, der eine sittliche
Idee enthält, bezieht Es ist ein Verdienst, welcnes weit iiber eine bloCse
Zusammenstellung hinaus liegt; es ist die erste Schöpfung eines groben
organischen Ganzen. So entsteht der Umkreis der echten Uias und
Odyssee, welche in den geschlossenen Schulen fortgepflanzt wurden,
während daneben auch die einzelnen Lieder, aus denen sie entstanden
waren, forlgesungen wurden. — HL Periode, 800—700 v. Chr. Vortrag
der Homerischen Gedichte noch immer ohne Schrift, aber mit allmäh-
lichem Verschwinden des Digamma und Vereinzelung der Gesänge durch
Rhapsodik, indem das Rhapsodieren nicht mehr bloä das Eigentbum der
Homeriden ist. Zugleich Erweiterung der Gedichte durch Einschaltungen. —
IV. Periode. 700—600 v. Chr. in zwei Stufen. 1. Erste Aufzeichnung
Homerischer Gesänge ohne Digamma (denn die Alexandriner fanden keine
20*
f76 Ober den Ursprung der Homerischen Gedichte, v. H, Bonii%,
Spur mehr davon) ; daneben weitere VereinEelung der Gesänge durch
Rhapsoden, aber ohne dass diese ihre eigene dichterische Thatigkeit
dabei fortsetzen, welche zur Zeit des Pisisiralus nicht mehr statt gehabt
haben kann, da dieser die Homerischen Gesänge als etwas Altes vor-^
findet. — 2. Sammlung einzelner Theile zu gröfseren Einheiten. Daneben
noch mündlicher Vortrag, beliebige Vereinzelung und Verknüpfung, aber
Sorge (Solons) für Nichtverfalschung durch Fixierung des Oberlieferten
in geschriebenen Exemplaren einzelner Gesänge , die immer häuOger
werden. ■— V. Periode, 600—200 v. Chr. Der Fälschung, der Verein-
zelung, der beliebigen Verknüpfung wird zugleich ein Ziel gesetzt durch
des Pisistratus schriftlich fixierte Anordnung des Ursprünglichen , so
weit es wieder zu gewinnen war; daneben, durch Hipparchs geordnete
Einrichtung, zusammenhängender mündlicher Vortrag noch lange hin ;
zugleich aber Vervielfältigung der schriftlichen Exemplare des ganzen
Homer ; erste gelehrte Behandlung durch Liebhaber (inaivhai) . Um-
setzung in das neue Alphabet. — VI. Periode. Die Thatigkeit der
Alexandrinischen Kritiker.* — Die eingehende Beziehung, welche Ritsclil
der Art und den Mitteln der Aufzeichnung widmet, musste in der obigen
Darstellung ihrem Zwecke gemäfs übergangen werden. Im übrigen liegen
die wesentlichen Unterschiede dieser Umrisse von der obigen Darstel-
lung theils in Momenten, denen ich glaubte ausdrücklich entgegnen zu
müssen («Mittelpunct, der eine sittliche Idee enthält'), theils in solchen
speclelleren Bestimmungen, für welche ich, so wahrscheinlich sie an
sich sein mögen, den sichernden Beweis nicht kenne.
••*) W. V^ackemagel a. a. 0. I. S. 341 ff. "•) Ober das Ver-
hältnis von Sage und Geschichte vgl. Lauer, Gesch. der Hom. Poesie.
S. 163—171. *••) Ober die Aöden s. Welcker, ep. Cycl. I. S. 340—357.
*'*) Diese Folgerung aus den Namen s. Wackernagel a. a. 0. I.
S. 343. '") V^elcker, episch. Cycl. II. S. 11. "•) E. Curtius
Griech. Gesch. I. S. 108 betrachtet den trojanischen Krieg selbst als die
sagenhafte Darstellung der Kämpfe bei der Obersiedelung griechischer
Stämme nach den Küsten Rlein-Asiens. So sinnreich diese Combination
ist, so wird doch ein bestimmterer Beweis derselben abzuwarten sein.
"■) Die Nachrichten über agonistischen Vortrag epischer Gesänge
s. bei Bernhardy gr. Lit. I. S. 252 ff. (2. Aufl.) ^'•) Der Unterschied
von Aöden und Rhapsoden hat durch diese Verbindung keineswegs in
Abrede gestellt werden sollen , sondern ist nur als für den voriiegenden
Zweck minder erheblich übergangen. Vgl. über den Dnterscbied Welcker
ep. Cycl. f. 8. 353—406.
^'*) Lazar der Serbencar. Nach serbischen Sagen und Helden-
gesängen von Siegf. Kapper. 1851. Auf dieses Beispiel weist M iklosich
hin in der Eröffnungsrede der Philologen-Versammlung in Wien , Ver-
handlungen der achtzehnten Versammlung deutscher Philologen etc. S. 3.
"•) Miklosich a. a. 0. "0 Wackernagel a. a. 0. II. S. 81.
Eine neuerdings erschienene auf diesen Gegenstand bezügliche Abhand-
lung: H^ricault, Gharies d', Essai sur V origine de 1' 6pop^e fran^aise
et sur son histoire au moyen age, Paris 1859, ist mir bis jetzt nur aus
Anführungen bekannt. *") B—K einerseits und A — Z anderseits.
"*) Welche entscheidende Bedeutung die Erwägung dieser Ana-
logien in den Homerischen Untersuchungen hat, bezeichnet in über-
zeugender Evidenz M. Haupt, der diesen Gesichtspunct geltend zu
machen ein vorzügliches Recht hat, in der Festrede über «den Gewinn,
den die deutsche Philologie der classischen Philologie gewährt,' Be-
richte über die Verhandlungen der kgl. sächs. Gesellsch. d. Wis«. 2. Bd.
1848 8. 90 ff, besonders 8. 100.
Wien. H. Boni tz.
Leopold 111. und die Schweizer Bunde, v. 0. Loren». t97
Leopold III. und die Schweizer Bfinde.
Seit fuDfiindzwanzig Jahren hat sich die Auffassung der ältesten
Schweizer Verhaltnisse in den geschichtlichen Darstellungen wesentlich
verändert. Wenn bis dahin das, was durch zwei bedeutende Geschichts-
schreiber der Schweiz, durch Tschudi und Johannes Muller, geleistet worden
ist, mit blindem Autoritätsglauben angenommen wurde, so bat nun eine
gründlichere Forschung in den urkundlichen Quellen jener Zeit, fast eine
gäniliche Omgestaltung der Ansichten über die Beziehungen Österreichs zu
der Schweiz und über die daraus entstandenen Kämpfe bewirkt. Indem man
aber die Grundlagen der früheren Traditionen beseitigte, konnte nicht fehlen,
dass alles in's Schwanken gekommen ist Mannigfach sind die Fragen, die
sich nun ergeben haben, und zahllos die Beantwortungen, die in den ver-
schiedensten Schriften dafür Yersucht worden sind; aber noch fehlt eine
zusammenfassende Darstellung dieser neuesten Forschungen, aus welcher
man sich über dasjenige, was als festgestellt anzusehen und was noch
sweifelhaft geblieben is^ orientieren könnte. Nur in den rechtsgeschichtli-
chen Werken findet man zuweilen in gedrängteren Obersiebten die Ent-
Wickelungen dieser ältesten Schweizer Zustände. Da aber diese ihrer Natur
nach die Ereignisse nicht eigentlich in ihrer historischen Gontinuilät auf-
fassen, sondern lediglich auf die Hervorhebung der rechtlichen Momente
der ältesten Bundesacten berechnet sind, so wird dieser Vortrag geeignet
sein, eine Anschauung von dem zu bieten, was die neuesten Forschungen
auf diesen Gebieten ergeben haben. Diejenigen Puncte, wo ich in meiner
Auffassung einen Weg zwischen den Extremen der Parteimeinungen gefun-
den habe, oder wo ich durch consequente Durchführung, der einmal fest-
gestellten Principien zu einigen neuen Resultaten gelangt bin, der mit Hilfe
meiner genaueren Bekanntschaft mit den in Wien vorhandenen Archivalien
manches Unbekannte beibringen konnte, wird der Leser leicht herausfinden.
Cber einiges habe ich in den Excursen, die dem Vortrage beigefügt worden
sind, Rechenschaft abgelegt.
Immer ein besonderes Interesse wird es dem Beobachter
vergangener Zeiten gewähren, den Auffingen eines Staatslebens
nachzuspüren, die Umstände zu ergründen, aus denen sich ein
Gemeinwesen gebildet; oder den Ideen nachzugehen, welche den
staatlichen Organismen zu Grunde liegen, deren gereiflere Exislenz
noch die Gegenwart vor Augen stellt. Vorzugsweise dann wird
dies der Fall sein , wenn ein Staat eine so eigenthümliche Stel-
lung inmitten der greisen weltbeherrschenden Mächte einnimmt,
wie das kleine innerlich vielgestaltige Alpenland, das durch die
lebendige KrafI seiner Bewohner zu allen Zeiten eine hervor-
ragende Rolle auch in den gesammteuropäischen Angelegenheiten
gespielt hat. Es ist ein Verhältnis eigener Art, welches die
politische Stellung des Schweizer Freistaates von jeher bestimmte.
In den Zeiten jener gröfsten politischen Kämpfe , in welche die
romanisch-germanische Welt verwickelt war, in den Zeiten der
französisch-österreichischen Kriege haben die Schweizer mit ihrem
überlegenen Fulsvolk fast immer die entscheidenden politischen
Combinationen bevirirkt, und seitdem ihre staatliche Selbständig-
keit von den greisen europäischen Mächten rechtlich und ver-
tragsmaüsig anerkannt worden ist, bat ihr Staat gleichsam eine
tfe Leopold m. und dio Sofanrefser BQnde, ¥. 0. lorm^
geheiligte fast unantastbare Existenz bewahrt. Ich meine nicht,
dass diese Anerkennung durch die besondere Eigenthfimlichkeit
ihrer Verfessung hervorgerufen wäre: viebnehr scheint die neu-
trale Stellung der Schweiz auf etwas anderm zu beruhen. In-
mitten der abendlandischen Völkerfamilie an den Grenzen, wo
gich das romanische und germanische Element an strategisch
wmi politisch entscheidenden Puncten berührt^ scheint dieser Frei-
staat bestinmit zu sein die Gegensitze zu Termittebi^ welcJbe
zwischen jenen beiden Yölkerelementen doch immer bestehen.
Aber allerdings von der Anerkennung seiner Selbständigkeit konnte
die Anerkennung des Principe seines Staatswesens nicht ausge-
schlossen werden. Die Existenz der Schweiz hat sich als pcv-
Ktiseh unvermeidlich gezeigt und eben in dieser Nothwendigkeil
liegt die Berechtigung der Dinge für ihre geschichtliche Auflbssung.
Ich werde mir erlauben die Aufmerksamkeit der b. T. auf
die EntMehuttg und Begründung dieses Schweizer Staatswesens
hinzulenken. Wir werden da die Kan^e zu besprechen haben,
welche das habsburgische Haus mit <Irii ersten Bänden zu be-
stehen hatte. In Leopold*s III. Auftreten werden wir gegen Ende
dieser Kämpfe noch einmal die verschiedenen Richtungen der
Politik seines Hauses charakteristisch zusammengefasst finden, mit
seinem Untergange aber die erste dauernde Festsetzung des eid-
genössischen Gemeinwesens erkennen.
Suchen wir gleich von vorherein einen Standpmict ffir die
Beurtheilung dieser Kampfe zu gewinnen, so mag sich in der
Ausbreitung der Eidgenossenschaft Gewaltsamkeit und Unrecht
mancherlei Art nicht verhCdlen lassen; aber im ganzen und
grofsen der historischen Betrachtung erscheinen diese Kämpfe
doch als berechtigte. Denn die Geschichte darf nur den letzten
Zweck des Erreichten zun Mafsstab ihrer Beurtheilung OMicben,
und de die Schweiz eine europäische Bestimmung erfüllt, sd
mOssen auch die Kämpfe um ihre Gründung als historisch noth-
wendige dargestellt werden.
Die Bildung und Entstehung des schweizerischen Staats-
wesens fiel eben in diejenige Zeit, wo auch die landesfurstBcbe
Macht ihren ersten raschen und entscheidenden Aufschwung ge-
nommen hat Neben der Landeshoheit der fürstlichen Macht ent-
wickehi sich im Verlaufe des 14. Jahrhunderts die freien ridge-
nössischen Bunde. In diesem Gegensatz bewegt sich der geschicht-
liche Verlauf der Dinge. Schnell muste ee zwischen den Ideen, welche
der Ausbreitung der Landeshoheit, des Fürstenthums — und den-
jenigen, welche diesen freien Genossenschaften zu Grunde lagen,
eben in diesem Jahrhundert zum entscheidenden Conflict kommen.
Die Anfange dieser eidgenössischen Bünde schienen aber
big auf die neuesten Forschungen in ein undurehdringbares Ge-
webe von Segen und Mythen gehüllt, welche das Wesen der-
selben nur undeutlfcb erkennen liefiien. Wol hat es eine Zeit
Ober Leopold 111. und di« Schweizer Bunde, v. Q. loten». tl9
gegeben, wo e» den Schweizern als sträflich und uüpatriotlsch
erschien, diese Schleier zu zerreilseni manche Bücher^ die es
gewagt haben, an den liebgewordenen Yorstellunge* zu zweifeln,
fttnd noch im vorigen Jahrhundert zum Feuer vettirtheilt wor-
den. Heutzutage gibt es keinen Forscher mi^hr, der einem Wilhelm
Teil auch nur die mindeste Bedeutung für die Bntstehong det
Sdweiz zuschreiben oder den Apfelscfauss f&r etwas anderes er-
klären könnte, als für eine, germanischen Stänraien gemeinsame,
alt -religiöse Mythe. Ein Vogt mit NameH GefJer bat nk
existiert. Die Erzählung von des Landvogts Hut zu Altdörf hat sich
als eine Erindung spatester Art gezeigt. Ja selbst der HütU-
sehwur und die Gestalten eines Waitber Fürst, Melekthal und
Stauffacber haben das Feld vor der emslereti historischen Kritik
geräumt. Hatten diese Mannet ja gelebt , so misste doch, was
von ihnen erzählt wird, zu tndever Zeit un< in anderer Weise
geschehen sein.
Indem aber die Wissenschaft mit Traditionen dieser Art
völlig gebröchen hat, isl sie doch im Stande gefwetsen positive
das Wesen der Schweizer Kämpfe treuer sckildernde Resultate
zu finden.
Kaum ein anderes deutsches Reichsgebiet iSerfiel in ito zahl-
lose Herrschaften, verschiedene Jurisdictionen, als das alte Her-
zogthum Schwaben, wo die ersten eidgenössischen Bände gestiftet
worden sind. In der Zeit des Niedergangs der staufischen Kaiser
erhoi>e» sich mehr und mehr die^e dynastischen Crewallen. Da
es an einer starken vereinigende» RrfdisgewaU fehlte, so setzten
sieh die vorwaltenden GsschlecMer »ehr und mehr in den Besitz
von Gebieten und oberhoheitliehen Rediteit In Schwaben nahmen
in der Mitte des IS. Jahrbunderti die Grafen von Habsburg
entschieden die hervorragendste Stellung ^im Es waren Männer
von glänzenden Eigenschaften: Sdion Albreeht der Reiche, der
die Landgrafschaft im Elsaß an sich bringt, Rudolf der Alle,
der die Besitzungen des Hauses beträchtlich vermehrt : dann aber
vor allen AlbrechfiB des Weisen Sohny jener Rudolf, der nachher
berufen wurde, die deutsche Königskrone zH tragen. Wir kennen
ihn, wie er die gänzlich versonk^M Reiciisgewait widerberzu-
steHen sich bemuht, aber erst wenn mlin seine Thätigkeit vor
seiner Thronbesteigung in Schwaben in'den Angelegenheiten seines
Hauses betrachtet, bekommt matt ein richtiges Bild seiatr Be-
deutung. In seiner Persönlfchkeit lag etwas höchst po|mläres :
Vietorlei erzählt sich das Volk von senen Thaten und Kriegs-
listen. Etwa wie er eine Burg, die er lange nicht erobern kann,
auf dem Uettliberg einnimmt, indem er in dem gewöhnUcfaen
Aufzug d«B Besitzers, seines Gegners, mit zwölf weiüsen Rossen
und Jagdhunden dahergesprengt kommt, und die getäuschte Be-
satzung die Thore cSati. Oder er belageft das Stadtchen
Glanainberg. Da lisst er gfolse Weinfässer dm Rheiii hinab in
teo Leopold III. and die Schweizer Bände, y. 0. L&tewe^
die Stadt bringen. Da angelangt öffnen sie sich plolzUch und
bewaffnete Männer brechen henror, welche die Einwohner in
Verwirmng bringen, während der Graf die nnbewachtea Maoem
ersttnnt. Aber keineswegs in so abenteuerlichen Zögen liegt
RudolTs Bedeolong, sondern in dem praktisch politischai Blick,
wA dem er die Gröfse seines Haoses zu begründen weils. Wenn
ein alter Geschichtsschreiber von ihm sagt, dass er eine onbe-
siegle Willenskraft mit Tapferkeit und Klugheit verband, so be-
zeichnet ihn dies besser.
In Schwaben, wo es neben der habsburgischen kaum eine
ebenbürtige Macht gab, dennoch aber die Traditionen eines alten
Stammes-Herzogthums vorhanden waren, schien der Boden voll-
ständig geeignet zur Begründung eines neuen dynastischen Für-
stenthums« Nach der Erreichung dieses Zweckes gieng das rast-
kise Streben des Grafen von Babsburg. Den ehemal^n Besitz
der Herzoge von Zahringen in Oberschwaben seinem Hause zu
vereinigen, dahin zielten die zahllosen Fehden und Kriege, die
^er mit Ta^erkeit und Klugheit unternommen hatte. Schon dehn-
ten sich die erblichen Besitzungen des Hauses im weitesten Um-
fange aus. Alles kam darauf an diese Macht zu arrondieren und
innerUch abzuschließen. Rudoirs Tendenz war keine andere, als
die Gründung einer formlichen umfassenden Landeshoheit in
Schwaben. Von dieser einmal gegebenen Richtung war die Politik
seiner Nachkommen im 14. Jahrhundert beherrscht.
Aber ein Element — auf einer rechtUchen Basis unzwei-
deutig begründet, stellte sich der Arrondierungspolik und schon
Rudolf I. entgegen. Seit den Tagen Kaiser Friedrichs II. und
seines Sohnes Heinrich stützten sich die Landleute in Uri auf
kaiserliche und des Reichs Privilegien, durch welche sie von jeder
landesfürstlichen Gewalt ausgenommen unnuttelbar dem Reiche
untergeordnet worden sind. Auch die Leute inSchwiz und Unter-
waiden nahmen diese reichsunmittelbare Stellung in Anspruch:
Am Vierwaldstattersee, da, viro die Natur den Bewohnern gleich-
sam eine natürliche Festung geschaffen hat, haben sich in den
Zeiten des Verfalls des deutschen Kaiserthums diese lebendigen
Erinnerungen einer freien reichsunmittelbaren Stellung gegenüber
den territorialen Bestrebungen mächtiger Dynasten geregt Allein
bald trat eine veränderte "Sachlage ein. Da Rudolf von Habs-
burg die deutsche Krone erhielt, so schien fast die Reichsgewalt
selbst in den Dienst der territorialen Bestrebungen zu treten.
Und wenn man die Macht verglich, die nun das Haus Habsburg
gewann, da es das Erbe von Österreich erlangte und damit
schnell zu einem der vornehmsten Häuser in Deutschland ge-
stiegen war^ wer hätte da meinen sollen, dass sich die kleinen
Urcantone der Schweiz unter so ungünstigen politischen Ver-
hältnissen der landesfürstlichen Gewalt entziehen könnten?
In der That hat König Rudolf I. die si^hwäbischen Ange-
Leopold III. und die Schweiser Bunde, v. 0. Loren*. S8t
iegenheiten seines Hauses nicht als die letzte seiner Thätigkeit
angesehen. Er befahl unter anderm, dass man in diesen schwä-
bischen Gegenden sorgfaltig die Gerechtsame des Hauses prüfe
und sein Einkommen verzeichne. Wir besitzen noch die Bücher^
die hierüber geführt worden sind. Als sie unter Albrechfs Re-
gierung vollendet waren, konnte man deutlich die Funda-
mente eines Fürstenthums, die Grundlagen einer landeshoheitlichen
Macht erkennen. Die Frage war, ob sich dieselbe vollenden und
abschlielsen lassen wirdi
Denn auch die Landleute am Vierwaldstattersee erkannten
ihre durchaus misliche Lage und hatten eine klare Vorstellung
von dem, woran sie festhalten wollten. Waren sie von den
dynastischen Interessen bedroht, so hielten sie um so fester an
ihrer reichsunmittelbaren Stellung. Sogleich nach dem Tode
Rudolfs von Habsburg haben sich die drei Länder zu ihrem
ersten ewigen Bündnis vereinigt. Da traten die Landammänner
von Schwiz, Uri und Unterwaiden zusammen und beschworen
nach alter Form feierlich einander zu schützen und zu helfen
und beizustehen in der Noth. Der Schwur geschah nicht etwa
heimlich oder bei Nacht, sondern frei und öffentlich, in den ge-
wöhnlichen Versammlungen leistete ihn jedes Thal und jede Ge-
meinde. ^<In Anbetracht der gefahrvollen Zeit und um sich und das
Seinige besser zu schirmen und in gehörigem Stand zu erhalten
— so heilst es in der merkwürdigen noch heut bewahrten Ur-
kunde — wollen die Eidgenossen in guter Treue verbunden sein
durch Rath und That mit Leib und Gut, nach allem Vermögen
und mit festem Enischluss gegen alle und jede, welche ihnen
Gewalt anthun oder Beschwerde und Unrecht zufügen möchten.
Sie wollen keinen Richter annehmen, der sein Amt um einen
Preis oder um Geld erkauft habe, oder nicht innerhalb des Lan-
des wohne und zum Lande gehöre. Sie wollen unter einander
ihr Recht finden, und sich mit Minne oder durch Urtheil der
mehreren vertragen. Dem Übelthäter setzen sie Strafe und ge-
bieten den Frieden im Namen des Bundes.^^
Es ist eine Volkserhebung von ganz eigenthümlicher Art.
Sie geht auf die friedlichste Weise vor sich, aber sie birgt in
ihrem SchooCse eine unversöhnliche Zukunft. Denn wenn der
Bund zunächst nur einen abwehrenden Charakter zeigt, so ist
doch nicht zu verkennen, dass er sich drohend gegen die habs-
burgische Macht wendet. Und es h'egt nicht in der Natur mensch-
licher Dinge sich selber Schranken zu setzen. Noch repräsentiert
die Eidgenossenschaft eine conservative Richtung gegenüber den
Neuerungen des Fürstenthums , aber in ihrer offenbaren Tendenz
gegen eine bestimmte Herrschaft verkündigt sie zugleich den
Krieg. Niemals sind sich conservative und revolutionäre Elemente
so nahe getreten, wie in diesen Schweizer Bünden!
• Auf diesem Wege würden sie nun freilich nicht zu einer
982 Leopold 111. und die Sdiweiser Bunde, y. O, Urei».
MachteDtwickelung gelangl 8eiD, wenn ihnen nicht die allgemeinen
politischen Verhältnisse des deutschen Reiches gleichsam m Hilfe
gekommen waren. Denn da das habsburgische Haus im Laufe
des 14. Jahrhunderts in weitgreifendere Kampfe verwickelt worden
war, so fand der Schweizer Bund Zeit und Gelegenheit zu in*
nerer Stärkung und äuCserer Entfaltung.
Schon dass Rudolfs Sohn Albrecht sctne Wahl zum deut-
edlen König nicht aogleich durchgesetzt hat, brachte dem Hanse
und seiner Politik einen tiefgehenden Nachtheil K. Adolf von
Nassau hat seinen österrefehischeH Gegner nieht leicht an einer
empfindlicheren Seite treffen können, als indem er die Opposition
der Thäier am Yierwaldslättersee aoch mehr ermunterte und die*
selben wie K. Friedrich IL neuerdings in des Reiches Schutz
und Schirm nahm. Da wandte sich nun fireilich Albrecbt direct
gegen K. Adolf: in der Schlacht am Hasenbühel hat er ihn er-
schlageB.« Indem er hierauf die deutsche Ktone selbst erhielt,
hatte er die volle Gewalt um seine Angel^nheiten in seinem
Sinne zu ordnen. Er hat die landesfutstliche Macht sowol in
seinen Stammianden wie in Österreich, sowol dem Gemeindewesen
der Städte wie dem Adel gegenüber zu einem hohen Grade von
SeAstamdigkeit erhoben. Den Waldstätten durfte er unzweifel-
haft als deutscher König ihre Richter ernennen. Dass dabei Ge*
waltsamkeiled vorgekommen, wird von alten Zeugen nicht be-
richtet, und die Deklamationen gegen die Vögte K. Albrecbt's,
die bis auf die neueste Zeit wiederholt werden, sind nichts als
Reden gegen ein Gespenst, das keine Wesenheit hat.
Das ekie allerdings muss festgehalten werden^ dass, wenn
die Habsburger nach AlbrechCs Tod im Besitze der deutschen
Königskrone geblieben wären^ die Entwickelung der Schweiz durch
den Einflufs des Königthums eine andere geworden wäre: all-
mählich und geräuschlos wären die Länder dem arrondierten
Färstenthum von Österreich eingefugt worden. Man darf be-
haupten, dass dann die habsburgische Macht über den ganzen Süden
des deutschen Reiches in einer engen Vereinigung der schwäbi-
schen und österreichischen Länder ausgebreitet worden wäre.
Aber eben hier liegt der Wendepunct der Geschicke. Die
deutsche Königskrone wurde für eine lange Reihe von Gene-
rationen den österreichischen Herzogen entzogen. Sie wurden
der Mittel verlustig, welche die höchste Würde des Abendlandes
ihtem Besitzer zur Erweiterung seiner Hausmacht noch immer
bieten konnte. Die Kaiser, die aus dem hixemburgiscben und
bfaerisehen Geschlecht den deutschen Thron bestiegen hatten,
aehdrten mit kluger Hand in den schwäbischen Ländern den
Widerstand gegen ihre habsburgischen Gegner.
Die Eidgenossen am Vierwaldstätter See erhielten durch
die kaiserliche Macht Heinrich's VIL und durch Ludwig den
Baier, die unbedingteele Bestätigung ihrer Vorrechte und Frei-
Leopold III. and die Schweizer Bande, v. 0, Lonm%. fSS
heiiei. Die beiden Briefe , die Heinrieb VIL am 8* Juni 1309
den Eidgenossen ertbeilte, müssen als die eigentlichen Gründungs-
Urkunden des Schweizer Staatswesens angesehen werden. Schon
hallen die Eidgenossen in der Schlachl am Morgarten die BIuU
laufe ihres Bundes erhallen, den sie noch im selben Jahre 1815,
9. De&, erneuerten und ausdehnten. Kaiser Ludwig bestätigte auch
diese Erweiterung des Bundes: der Ausbildung der territorialen
Macfal Österreich's schien wenigstens in Oberschwaben ein Zie)
gesetzl zu sein.
Es ist ein eigenthumlicher Gang der Dinge, der una in
14. Jahrhundert in der Geschichte Öslerreich's entgegentritt.
Nicht nur dadurch isl diese Epoche so merkwürdig, weil aus
dem habsburgischen Geschlecht bis zu seinem Aussterben damals
die bedeutendsten Manner aufeinander folgten, sondern deshalb
besond^s, weil eben in diesem Jahrhundert der Grund gelegt
wurde zu derjenigen Vereini^ng von Ländern, die nachher den
österreichischen Staat gebildet haben* Es war das Jahrhundert,
wo in Deutschland die Politik der grolsen Fürstenhäuser vor*
waltete. Man müsste eine Reihe von diplomatischen Verwicke-^
lungen der feinsten Art aulzählen , wenn man die Entstehung des
heutigen Besitzstandes in Deutschland schildern wollte, wie er
in diesem Jahrhund^t vornehmlldi seinen Ursprung genommen
hat* Wenn es sich zunächst um die politische Vorherrschaft
zwischen drei Nachbarstaaten handelte, Zwischen Baien, zwischen
den Luxenburgem in Böhmen und dem Haus Österreich, so hat
doch das letzlere die entscheidenden Erfolge davon getragen.
Es hat Kärnten erobert, Tirol erwDrben, es hat seine ersten Be-
ziehungen zu Ungarn geknüpft, es hat selbst die Luxenburger
gezwungen sich mit ihm in Erbschaftsvorträgen zU verbrüdem.
Nach den heftigsten Kämpfen, die stattgefunden hatten, eröffnete
sich mit einem Male die Aussicht auf die Erwerbung von Lan-
dern wie Ungarn und Böhmen. Man sieht, wie glücklich in
diesen südöstlichen Gebieten dem Hause Habsburg altes ge-
lingt, während an den südwestlichen Grenzen des Reiches,
dort in den angestammten Besitzungen dieselbe Dynastie ein Mis-
geschieh nach dem andern erfährt, gegenüber einigen Landge-
meinden, welche die Reichsunroittelbarkeit in Anspruch nehmen
und sich der fürstlichen Landesherrschaft entgegensetzen : Herzog
Leopold L, iitx als der tapferste Ritter seiner Zeil galt, wird
von den Eidgenossen geschlagen* Die Herzoge, welche Kärnten
erwarben, die sich gegen 20,000 Böhmen siegreich gewehrt
haben, gegen die Eidgenossen halten sie nicht Stand, da müssen
sie schon zufrieden sein den faktischen Besitz aufrecht zu er-
halten. An einer Ausbreitung der Macht über die eidgenös-
sischen Gebiete lässt sich bedenklich zweifeln, denn das deutsche
Kaiserthum, welches Österreich vergeblich zu erringen strebte,
konnte allein über diese streitigea Prägen des Rechts ent-»
S84 Leopold 111. und die Schweixer Bunde, v. 0. Loren»,
scheiden , und es entschied , wie wir gesehen haben , gegen
Österreich.
Und hier möchte vielleicht der Raum zu einer Bemerkung
sein, wie sie sich uns aufdrängt, wenn wir sehen, wie eigens
in der Geschichte oft die liebsten Pläne der Menschen mislingen,
sich gegen ihren Willen entscheiden und doch im Grofsen der
Bntwickelung zum besten späterer Geschlechter sich wenden.
Die. Ausbreitungen Österreichs im Osten gelangen in denselben
Tagen, in welchen die Arrondierung im Westen an ein paar
kkinen unscheinbaren Gemeinden scheitert.
Indessen hatten die eidgenössischen Gemeinden von Uri,
Sdiwiz und Unterwaiden sich allerdings auch ihrerseits durch
ein Element verstärkt, welches eben in dieser Zeit des spätem
Mittelalters, eben jetzt begonnen hatte die gewaltige innere Kraft,
die in ihm ruhte, allüberall im deutschen Reich zur Entfaltung
zu bringen, ein Element, das zwar noch keineswegs die Aner-
kennung als vollberechtigter Stand erworben hatte, das nber
mit dem Anspruch der Arbeit und Thätigkeit, menschlichen Cul-
lurfleilses sich Geltung verschaffte — das war das Bürgerthum
der Städte. Fast erscheint es heute als eine äberflussige Sache
der Bedeutung des Städtewesens nachzuforschen, aber nicht so
in den Jahrhunderten, die vergangen sind, wo der kühne Ritter
es wagen konnte, den städtischen Kaufmann mit Abgaben oder
Entschädigungen zu beschweren, wenn er mit seinen kostbaren
Wäaren die unbeschützten Strafsen an den hohen Burgen vor-
beizog. Damals war es eine Frage ernster Art, wie diese Ele-
mente nebeneinander bestehen können. Und hatte nicht auch der
Adel Grund genug gegen die Städte zu klagen 1 Kam es nicht
täglich vor, dass die eigenen Leute ihren Herren sich entzogen
und hinter die Mauern der Städte flüchteten und da Schutz
fanden? Wer vermöchte alle die Stöfse und Späne — wie es in
den Urkunden immer heilst — zu beschreiben, welche die von
Lenzburg oder Rapperswil und viele andere bald mit Zürch und
bald mit Luzern oder Bern um kleiner Dinge willen gehabt haben.
Aber innerhalb dieser Mauern der Städte h(*rrschte ein
grofses, politisches, gewerbliches und geistiges Leben. Wenn
man die alten Stadtpläne ansieht, und es gibt schon aus sehr
früher Zeit manche, so erblickt man mit einem fast peinlichen
Gefühl die vielen schmalen Häuser durch den Gürtel äer Stadt-
mauern gleichsam eng aneinander geschnürt, aber es macht den
Eindruck, dass sich da ein Element bewegt hat, das sich aus-
breiten möchte, Raum bedarf, während es dort in den Burgen
der Ritter allmählich beginnt schon stiller und leerer zu werden,
da die Knechte besoldet sein wollen, und ihre Forderungen kaum
mehr zu befriedigen sind.
Doch hatten nicht alle Städte eine gleiche Verfassung. So
unterschied sich diejenige von Luzern sehr wesentlich von der
Leopold III. und die Schweizer BQnde, v. 0, Larent. t85
Zurchs oder Berns. Luzem war eine Stadt, die ursprünglich
tU8 Leuten bestand, die zum Kloster Murbach gehörten. Als
diese Ministerialen ein städtisches Gemeinwesen errichteten, be-
hiell doch das Kloster die Vogtei über die Stadt. So lange übte
es seine Gerichtsbarkeit über Luzern , bis es die Vogtei an K.
Rudolf von Habsburg verkaufte, der sie erblich seinem Hause zu-
brachte. Es war einer der wichtigen Schritte Rudolfs zur Er-
langung der Landeshoheit in Schwaben. Aber schon im Jahre 1382,
7. Dec, liefs sich Luzern durch die Herrschaft Österreichs nicht
abhalten mit den Eidgenossen in einen ewigen Bund zu treten«
In dem Bündnisbrief wurden zwar die Vogteirechte der Habs-
burger ausdrücklich anerkannt, aber in seinen letzten Conse-
quenzen war doch der Bund gegen die Herrschaft Österreichs
gerichtet. Eine Reihe von Verwickelungen mufsten sich daraus
ergeben.
Anderer Art waren die Zustande in Zürch. Seit lange war
es eine alte freie Reichsstadt« Es beanspruchte eine hohe Bedeu-
tung unter den schwabischen Reichsstädten. Es ist ein reiches
inneres Leben, das sich da seit dem Anfange des 14. Jahrhun-
derts entfaltet. Hier hatte der Rath der Stadt ausschliefslich die
Grwalt in Händen. Noch war er ganz nach der ursprünglichen
patricischen Verfassung organisiert« Da waren die Patricier,
d* s. die alten freien Grundbesitzer und Adeligen, aus denen zu-
erst das Gemeinwesen entstand, noch ganz und gar im Besitze
der Regierung. So lange diese conservative Richtung vorherrschte,
war man in Zürch nicht geneigt mit den Eidgenossen in blei-
bende Verbindung zu treten. Es kam wol vor, dass man in
Zeiten der Gefahr auf einige Jahre mit ihnen in Bündnis trat,
aber nicht leicht würde sich das alte Regiment zu einer ewigen
Eidgenossenschaft entschlossen haben, wie sie eben von Luzern
eingegangen worden ist.
Aber da ereignete sich, dass die Patricierherrschaft gestürzt
wurde. Es lag in der Natur der Sache begründet, dass nämlich
die Handwerker und Zünfte aus Neubürgern bestanden. Die alte
Verfassung entsprach nicht mehr den Verhältnissen, da die Zünfte
und Innungen eine immer gröfsere Ausdehnung und Bedeutung
gewonnen hatten. Nun gab es heftigen Streit. Man erhob sich
gegen den Rath. Es war ein Führer an der Spitze der Volks-
partei, Rudolf Brun, der zu den bedeutendsten Menschen der Zeit
gehört. Er stürtzte den Rath und die alte Verfassung. 1 3 Stellen
besetzten nun die Neubürger im Rath, die Zunftmeister traten
den Räthen an die Seite. Das Bürgermeisteramt hat Brun selbst
durch viele Jahre verwaltet. Den Ideen , durch die er gehoben
worden war, musste er natürlich auch in den äußeren Bezie-
hungen sich anschliefsen , denn noch wogte der Kampf der Par-
teien. Auch die Conservativen halten sich wieder gesammelt
Man staunt über die Kühnheit ihrer Unternehmungen. Sie haben
t9ß Leopold III. und dio Schweizer Bunde, v. 0. LorenM,
neb gegen Bnin verschworen, und sind mit dem Grafen von
Ripper8wii und andern vom Adel in Verbindung getreten. Ihnen
und ihren Reisigen sollen des Nachts die Thore geöffnet werden,
Brun und die neuen Räihe unter den Messern der Verschwomen
fallen. Es ist ein gefahrlicher Anschlag. Von 700 Verschwomen
hatte sich kein Verräther gefunden. Aber ein Bäckerjunge, sagt
Hian, belauschte die berathenden in dem Augenblicke, wo sie an
das blutige Werte giengen. Schon tönte die Sturmglocke. Brun
hat sich in Waffen geworfen. Die Bürger griffen zur Wehr. Der
Adel wurde geschlagen. Die Verfassung Brun's war gerettet. So
endigte die Hordnacht von Zürch mit der Befestigung des bär-
gerlichen Wesens. Nun dürfte nicht zu läugnen sein, dass doch
vornehmlich dieser mislungene Anschlag es war, der die Stadt
Zdrch in den eidgenössischen Bund trieb, denn mehr und mehr
hatten die Neubürger ihrer Stimme im Rathe Geltung verschafft*
Es war klar, dass man in so gefährlichen Zeiten Allianzen suchen
mufiste* Für Österreich, an welches Brun in der That ernstlich
gedacht hat, fehlte die Sympathie unter den Neubürgem. Mit
Bestimmtheit drangen sie auf den ewigen Bund mit den unab-
hängigen Schweizern. Er wurde wirklich am l. Mai 1351 ge-
schlossen« Zürch ward eine eidgenössische Stadt. Das Bündnis
selbst war sehr umfassender und inniger Art.
In dem Bundnisbriefe fällt uns das als ein neues Moment
der Entwickelung auf, dass gleich im Eingang ein geographisches
Gebiet genannt wird, innerhalb dessen die Eidgenossen sich zu
Hilfe und Beistand verpflichten. Innerhalb des Flu^sgebiets der
Aar bis an die Mündung der Thur, die Thur aufwärts bis an
ihre Quelle, von da durch Churwalchen bis jenseits des Gotthart
an den Berg Platifer und die Grimsel werden die Eidgenossen
einander helfen mit Leib und Gut. Sie werden in Gefahr ein-
ander mahnen mit Boten oder Briefen oder wenn ein Ort plötz-
lich überfallen würde, werden sie ohne Verzug einschreiten zur
Rettung und Rache. Sie werden ihre Tagsatzungen halten zu
Binsiedeln bei dem Kloster. Sie werden ihr Schiedsgericht haben
für ihre Streitigkeiten. Sie anerkennen die Rechte des deutschen
Königs und heiligen römischen Reichs und die Aufrechthaltung
ihres alten Bunds. Die neue Verfassung der Stadt Zürch wer-
den sie schützen und schirmen und dieser gegenwärtige Bund
aoll ewig, stet und fest verbleiben.
Nun traten rasch noch andere Orte in den ewigen eidge-
nössischen Bund: Zug und Glarus schon im folgenden Jahre.
Dann aber war durch den Beitritt der alten Reichsstadt Bern
eine Ausdehnung gewonnen bis an die burgundischen Lande und
durch den Zufluss eines neuen bürgerlichen Elements eine innere
Kräftigung bewirkt. So waren es acht Orte, deren Vereinigung
in der zweiten Hälfe des 14. Jahrhunderts als vollendete That-
aache anerkannt werden musste. Uri, Schwiz, Unterwaiden, Lu-
Leopold III.' und die Schweizer Bunde, y. 0, larent, 287
md Zflrcli, Zog, Olarns und Bern. Das sind die acht alten
de.
Ausgegangen von der Ansicht einer freien reichsunmiltel-
Steliung, grofsgezogen in dem Gegensatze gegen die lan-
Btliche Gewalt, unterstützt und gehoben von einer Anzahl
*eich feindlicher Kaiser bildeten die Eidgenossen, wie m
hstanden, unzweifelhaft eine geschlossene Macht Dass sie
nach den Grundsätzen strengen Rechts entwickelt hatten,
man nicht behaupten können. Schrittweise drangen sie in
echtagebiet des Hauses Habsburg ein. Den Wassern ahn-
lie von ihren Bergen herabstürzen, bahnten sie sich, bald
durchbrechend, bald zur Seite ausweichend, ihren Weg
das Felsengestein, das in dem Wesen des bestehenden sich
entgegengtemmte. Werden sich Mittel finden lassen diesen
enden Strömen Dämme zu setzen? Das war die grobe
^ welche sich^Österreich vorlegen musste. An rechtlichen
Zungen und Beeinträchtigungen hat es längst nicht mehr
t. Das Urbar, von welchem wir schon gesprochen haben,
richterliche Befugnisse Österreichs in Glanis und Zug nach,
eine Anzahl von Einkünften an, die in den jetzt von den
lossen beanspruchten Gebieten seit Alters den Habsburgem
rten. Besonders gefährlich war das Verhältnis in Luzern,
e Vogtei noch immer factisch von Österreich geübt wurde,
pfne Bürgerschaft, welche notorisch in den Bund eingetre-
ar. Herzog Albrecht IL hat sich gleich bei der Einver-
g von Zug und Glarus zum Kriege entschlossen. Er war
bedeutende Resultate geführt. Man war doch in die Noth-
gkeit gesetzt Frieden zu schlielsen« Er kam zu Stande :
lidgenossen verzichteten formell auf Glarus und Zug, aber
erzöge mussten nachträglich doch versprechen den Glarnern
aus den Zürchem und den Zugem aus den Schwizern zu
. Im übrigen sollte alles im frühem Stand der Dinge blei-
So schien zwischen Österreich und der Schweiz eine halt-
Yereinbarung gefunden zu sein und Herzog Aibrecht IL
die Genugthuung auch nach dieser Seite hin seinen Söhnen
»rrschaft im Frieden zu hinterlassen.
Aber die Natur von Friedensschlüssen stellt sich der histo-
n Betrachtung der Dinge anders dar, als der politischen.
ige erscheinen hier als der abschlielsende Ausdruck für das,
;e8cbohen ist, aber sie wirken nicht hindernd auf denFluss
ilgenden Ereignisse. Sie sind der Schlusspunct vorange-
ner Epochen, der Charakter der folgenden kann erst aus
esultaten der folgenden Zeit erkannt und beurtheilt werden.
Ib pflegen wir mit Recht in der Geschichte die Perioden
mit Friedensschlüssen zu beginnen, sondern die vergangenen
abzuschliefsen. Denn die in der Welt wirkenden Kräfte
n niemals zum Stillstand gebracht. Sie nehmen ^ ihren
S88 Leopold III. und die Schweizer Bunde, v. 0, Lorenz,
mechanischen Portgang über den Schicksalen des Einzelnen in
der rastlosen Veränderung des allgemeinen menschlichen Daseins.
Wie sehr dies Moment in dem Frieden Albrechfs II. hervortrat,
hat sich in den Schicksalen seines Sohnes Leopold bewahrt.
Herzog Albrecht II. hat vier Söhne hinterlassen , die ihm in
spälem Alter geboren wurden, nachdem es fast den Anschein
gewonnen hatte, als wäre der habsburgische Slamm seinem Er-
löschen nahe. Er hatte über die Regierung und die Nachfolge
die Verfugung getroffen, dass die sämmtlichen Brüder gemein-
schaftlich ihre Angelegenheiten besorgen und leiten i^ollen, alles
miteinander in Liebe und Eintracht abmachen, einer für alle und
alle für einen stehen mögen. In dem ältesten und in dem jüngsten,
in Rudolf und Leopold, war der alte angestammte Geist unzwci-
fdhaft am gröfsten zur Erscheinung gekommen. Friedrich slarb
in früherer Jugend, Albrecht hat während seiner langen Regie-
rung immer mehr ein stilles, beschauliches Gelehrtenleben ge-
führt. Aber jene beiden dürften unzweifelhaft zu den bedeutend-
sten Fürsten ihrer Zeit gerechnet werden. Man niuss bedauern:
noch harren sie bis auf den heutigen Tag tüchti^r Biographen,
die ihre Geschichte mit tieferer Erkenntnis ihres Wesens und
ihrer Zeit zu schreiben wüsslen, denn schon die Zeitgenossen
haben fast nur verzerrte Schilderungen ihres Lebens hinterlassen.
Die Geschichtsschreibung war damals überhaupt in einem tiefen
Verfall. Mit dem Höhestand des deutschen Reichs der frühern
Jahrhunderte, war auch diese Kunst mehr und mehr herabge-
kommen. Auch der Umstand, dass man der Ausbreitung des
Landesfürstenthums von Seite der Corporationen, in deren Händen
die Gelehrsamkeit des Mittelalters war, nicht günstig gewesen,
hat zu der parteiischen Färbung der Quellen gerade über die-
jenigen Männer beigetragen, welche vorzugsweise Vertreter dieser
Richtung gewesen sind. Herzog Rudolf IV. — es sind eben in
diesen Tagen fünfhundert Jahre verflossen, dass er sich, der erste
seines Hauses, den Titel eines Erzherzogs und Erzjägermeisters
des deutschen Reichs beilegte — Herzog Rudolf hat die Pn'«ro-
gative der landesfürstlichen Macht in der Unabhängigkeit nach
Oben gegenüber dem Kaiser und in der unbedingten Unterord-
nung der Corporationen mit einer beispiellosen Kühnheit in An-
spruch genommen. Wie persönlich Rudolf den Begriff der Staats*
gewalt fasste, zeigt vielleicht nichts mehr als dies, dass er seine
Staatsffcten nicht blob wie andere Fürsten nach den Regierung»-
Jahren, sondern auch nach seinem Lebensalter datieren liefs. Dass
er KarPs IV. Schwiegersohn gewesen, hinderte ihn nicht mit
aller Kraft gegen die Pläne des luxemburgischen Hauses aufzu-
treten. Er hat da die Absichten KarFs IV. nach jeder Richtung
zu durchkreuzen gewusst. Er hat gegen ihn ein Fürstenbündnis
zu Stande' gebracht, welches den Kaiser in die ernstesten Ver-
legenheiten versetzte, er hat die luxemburgische Macht in Italien
Leopold 111. und die Schweizer Bunde, v. 0, Lorent, 1811
irelähmt, und war der erste seines Hauses, drr, die italienischen
Verhaltnisse ins Auge fas-send, hier eine selbständige Politik ent-
wickelt hat, seinen Bruder, eben jenen Leopold, hat er mit der
Tochter Barnabos Visconti, mit Viridis, vermählt. Sieht man auf
seine innere Verwaltung, so mag das eine genügen, dass er einer
der wenigen Fürsten in dieser Zeit gewesen, der sich des Ge-
brauchs der sogenannten Hunzverschlechterung freiwillig begeben
hat, und dafär ein gordnetes Steuer- und Finanzsystem einführte.
In den Vorlanden hat er keineswegs auf die Ideen verzichtet, die
sein Vater fast aufgegeben, eine arrondierte Hausmacbt zu be-
gründen; er dachte nur einen klügeren, wenn auch langsamen
Weg einzuschlagen.
Ganz^ bez(*ichnend für die Klugheit des Fürsten ist es, wie
er den Bürgermeister von Zürch, jenen Brun, den wir schon
kennen, in sein Interesse zieht. Er ernennt ihn zu seinem ge-
heimen Ralh mit einem Gehalt von 100 fl. , und in der Thal
verpüichlel sich Brun zu persönlicher Freundschaft und Treue.
Dann kaufte er die Herrschaften Altrapperswil , die Hark und
Wägi. Damit halte er seinen Besitzstand, wie einen Keil zwi-
schen den Zürchor-See und dass Gebiet von Schwiz hineinge-
schoben. Eben über den See liess er eine grofse, prachtvolle
Brück» bauen, wie er erklärte, um den frommen Pilgern die
Wallfahrt nach Einsideln zu erleichtem, in der That aber brachte
er dadurch die Handelsstrafse aus Italien nach Deutschland unter
seine Botmälsigkeit. Dann stärkte er sich durch Bündnisse nach
allen Seiten hin mit den benachbarten Dynasten und zugleich
mit Basel und eilf andern Reichsstädten.
Milien in diesen Planen der weitgreifendslen Art starb er
in Mailand, 26 Jahre alt. In seine Ideen scheint sein Bruder
Leopold tief eingeweiht gewesen zu sein , wenigstens finde ich,
dass derselbe Graf von Schaumberg, der auf Rudolf so grolsen
Einflufs hatte, auch dem jungem Leopold zur Seite stand.
Ihrer Natur nach waren die beiden Brüder sehr verschieden.
Rudolf hätte sich nie in eine Unternehmung eingelassen, bei
welcher mehr die Bravour der That, als die Überlegung der un-
bedingten Nothwendigkeit das Motiv abgab. In Leopold's ganzem
Wesen herrs^chte ein ritterlicher Charakter vor. Rudolf hat sich
nur schwer zum Krieg entschlossen, aber er schien immer gep-
rustet und bereit dazu. Leopold liess kaum ein Jahr ohne Kampf
und Fehde verstreichen, obwol er nicht immer hinreichend vor-
bereitet war. Nur in einem waren sich beide Brüder vollkommen
gleich: in einem fast schwärmerischen Streben nach der Grofse
und Ehre ihres Hauses. War Leopold unzweifelhaft in die Erb-
schaft der Pläne und Entwürfe getreten, die sein Bruder mit
scharfem Blicke ausgesonnen hatte, so zeigt sich in der Aufein-
anderfolge ihrer Regierungen recht deutlich ein Verhältnis, das
•Z«iltchrirt r. a. 9tterr. Gymnat. ISSO. IV. u. V. H«f^. 21
190 Leopold III. und die SchwoUer ßümlo. v. 0, Loreu%.
^ch in ihrem Wesen individuell widerspiegelte, ein Verhältnis wie
vom Gedanken sa der That.
Dem jugendlichen Leopold haben sich denn auch mit Ver-
gnügen die Ritter und Adeligen Herrn in Schwaben angeschlossen.
An ihm fanden sie ein Kriegshaupt, das den Ehrgeiz an sich fes-
selte« Bis in die entferntesten Gegenden folgen sie ihm zu den
gröfsten Unternehmungen. Aber unter diesen adeligen Herren, die
sich zu ihm hielten, wusste er doch mit richtigem Blick zu
wählen. Zu Ämtern beförderte er doch vorzugsweise die, welche
Geschick und Popularität besafsen. Zum Vogt in Elsafs und
Schwaben ernannte er sogleich den Grafen Rudolf von Nidaa,
ein Name, der durch manche Erzählung dem Volke geläufig war.
Wenn unter demselben Leopold selbst ab der fromme Ritter be-
zeichnet wurde, so dankte er diesen Beinamen mehr seinem Bie-
dersinn, seiner Volksthämlichkeit als einer eigentlich kirchlichen
Gesinnung. Ähnlich, wie von seinem Enkel, dem letzten Ritter
Max, erzählt man vielerlei von seinem menschenfreundlichen und
ritterlichen Wesen. In Basel vertheilt er Brot und Geld unter
die armen Leute, denn die Stadt hatte sich noch nicht von dem
schrecklichen Erdbeben erholt, durch welches sie in der Nacht
am 18. October 1356 völlig zerstört worden ist. Ein andermal
sieht er sich in verratherischer Weise von einer Übermacht an-
gegriffen, die ihn gefangen nehmen will — gerüstet, wie er ist,
in vollem Harnisch stürzt er sich da in die nahen Pluthen des
Rheins und entkommt auf das andere Ufer. Zu einer schönen
Frau in Schwaben trägt er einmal eine so schwermüthige Liebe,
dass er sich längere Zeit den Staatsge^chäften entzieht und seinen
Aufenthalt verbirgt. Gewissen mystischen Richtungen, wie sie
die Zeit hervorgebracht hat, ist er sehr geneigt. Jener Ulrich
von Schaumburg, der als Mystiker bekannt ist und so groCsen
Binflufs auf Albrecht's Söhne nahm, mag ihn mit diesen Lehren
vertraut gemacht haben. In der That hielten schon damals die
Herzoge einen eigenen Hofastrologen und man sagte von Leopold,
er sähe künftige Etreignisse vorher und habe seinen Tod in der
unglücklichen Schlacht prophezeit.
Indessen war er doch neben diesen Eigenthümlichkeiten
seines Wesens, den praktischen Geschäften, wie sie die aufkom-
mende fürstliche Gewalt nöthig machte, durchaus nicht abge-
neigt In einer Anzahl von Briefen trägt er seinen Amtleuten
die strengste Gerechtigkeitspflege auf. Er spricht es mehrmals
in Urkunden aus, dass es einer fürstlichen Regierung zur höchsten
Zierde gereiche, das Wohl ihrer Unterlhanen befördert zu haben.
Is seinen Ämtern musste Alles in bester Ordnung gehalten und
r^istfiert werden. Wir haben ein Verzeichnis — sehr merk-
würdig in seiner Art — welches er eigens über den Urkunden-
schatz, den er auf seinem Schloss Baden imArgau bewahrt, hat
anfertigen lassen.
Leopold III. und die Schweizer Bundo, v. O, LarmiM. S9I
Seine Stärke wat aber jedenfalls das Kriegswesen. Er
selbst erscheint noch in der schweren eisernen Rüstung mit der
ritterlichen Lanze, die er in manchen Turnieren mit gerühmter
Meisterschaft gehandhabt hat. Aber schon sind die ersten Ver--
suche gemacht von dem Schirfsputver, das man aus dem Orient
hat kennen gelernt, für die Kriegführung Gebrauch zu machon.
Diese Entdeckung des südlichen Deutschlands, in den Gegenden
gemacht, wo sich Leopold am lieknien aufhielt, wurde von ihm
sogleich in ihrer ganzen Wichtigkeit erkannt. Es ist authentisch
bezeugt, dass er in den Venetianerkriegen sich zuerst der Mörser
bedient hat. Aber sogleich trat nun ein eigenes Verhängnis her-
Tor. Die Ritler, die auC ihren Arm und ihre Eisenschienen ver-
trauten, mochten sich des unritterlichen Kriegsmittels nicht be-
dienen: Dem Bürgerstande war es vorbehalten der Schusswaffe
ihre Geltung zu verschaffen. In den ritterlichen Eiferen der Zeit
fand sich keine Mannschaft für dieselbe. Es war des Herzogs
Misge^chick, dass er nur zu sehr durch seine Natur an das
Ritterwesen geknüpft war. Als der lebendigste Ausdruck dieser
seiner Richtung erscheint uns der grofse Ritterzug, den Leo-
pold 1370 gegen die heidnischen Preuben unternahm. Kein
tieferes politisches Interesse dürfte man dieser verspäteten Kreuz-
fahrt zuschreiben. Der romantische Schein, den sie um Leopold's
Thaten verbreitete, war die einzige Folge davon. — Man dürfte
aber nicht memen, dass alle Unternehmungen Leopold's von dieser
Art gewesen wären. Die meisten hatten vielmehr einen tief
politischen und durchaus praktischen Zweck und Charakter. Ins-
besondere die Kriege zur Ausbreitung der österreichischen Macht
gegen Süden, gegen das adriatische Meer hin wurden mit einem
aufserordentlicben Scharfblick in die zerrütteten politischen Ver-
hältnisse daselbst unternommen und durchgeführt. Wie hat da
Leopold die Streitigkeiten der kleinern politischen Mächte in
Fnaittl und in Oberitalien so trefflich zu benätzen gewusst, dass
er dem venetianischen Freistaat mit Glück Schach bieten konnte.
Der Druck, den Venedig auf Triest und die Küstenlande übte,
trieb diese Gebiete zuerst zum Bündnis, dann zur Vereinigung
mit Österreich. Auch in Friaul erwarb Leopold eine Anzahl
Städte. Dem glücklichen Sieger über Görz, Aquileja, Venedig
fielen diese südlichen Länder in der territorialen Vereinigung mit
Österreich gleichsam von selbst zu. Zwar schien es, als ob die
Theilungen des gesammten Länderbesitzes von Österreich zwischen
Leopold und seinem Bruder Albrecht, die in einer Reihe von
Verträgen stattgefunden hatten, ihre beiderseitige Macht schwä-
dien müsste, aber man sollte hierin doch keineswegs den rich-
tigen Gedanken verkennen, der dem zu Grunde lag. Indem Leo*
pold gerade die Grenzländer, diejenigen, von wo eine weitere
AoKbreitung angestrebt werden musste, in Besitz nahm, war es
möglich, dass die friedlichere Natur Albrecht*s für die innere
21*
MI Leopold III. iiiul die Schwriicr Bunde^ v. 0, LareUM.
Verwaltung des eigentlichen österreichischen StammTandes mehr
wirken konnte. Leopold hatte nun freiere Hand seine Absichten
nach allen Seiten hin geltend cu machen. Auch nach Osten konn-
ten die Blicke hoffnungsvoll gewendet werden, wie es schon von
den Vorfahren geschah; welche Aust>ichten eröffneten sich ßr
Loopold's Haus, da er seinen Sohn Wilhelm mit der Tochler des
Königs Ludwig von Ungarn und Polen verlobte. Im Westen aber
wurden bedeutende Erwerbungen theils durch Kauf, Iheib durdi
Vertrag gemacht. Vor allem der Breisgau mit der allen Stadt
Freiburg ward österreichisch. Markgraf Budolf von Baden wurde
zum Vogt der Landgrafschaft von Leopold ernannt. Von dfB
Moniforts sind Feldkirch, Sulz, der innere Bregenzerwald md
viele andere Herrschaflen durch Leopold erworben, dann die
Grafschaften Hohenberg und Lauffenburg nebst den Vogteim
Hettau und Keisten an das österreichische Haus gebracht
worden.
So vorwiegend war die Macht Leopold's geworden, dass
ihn selbst der schwäbische Städtebund einmal zu seinem Hau]>t-
mann wählen musste^ und als solchen längere Zeit anerkannt hat.
In allen diesen Unternehmungen dürfie die deutlich ausge-
sprochene Absicht, ein vollständig arrondiertes, einheitliches, sU
deutsches Furstenthum zu gründen, nicht zu verkennen sein. Danil
wäre den Habsburgcni schon damals die politische VorherrschiR
in Deutschland unzweifi'lhaft zugefallen. Aber da blieben die
Verhältnisse zu den Schweizer Eidgenossen ein um so grölse-
res Hemmnis, als dieselben in ihren Bestrebungen weiter vor-
drängten.
Noch war zwar die vertragsmäfsige Auskunft, die Al-
brecht II. getroffen, durch den sogenannten Thorbergischen Frie-
den 1368 aufrecht erhallen worden, aber schwer war ea tu
verkennen, dass man sich nur mit Muhe zwischen den Spitzen
bewegte, welche überall aus diesen Friedensinstrumenten drohend
hervorblickten. Denn, was man auch sagen möge, es wird inner
eine Anomalie bleiben, dass die Verträge die Herrschaft Öster-
reichs in Luzern, Glarus und Zug anerkannten und nebenher die
eidgenössischen Bünde, die doch die weiteste Interpretation U-
liefsen, factisch fortbestanden. Besonders in Luzern wurde die
Bürgerschaft bei j>der neuen Friedensverlängerung sich ihrer
Macht mehr bewusst. Die Gewalt des österreichischen Vogli
war fast ins wesenlose zurückgetreten. Man hat nun geglaubt,
dass es endlich doch zwischen Bürgerschaft und Herrschaft aas
dem Grunde zum Kriege gekommen sei, weil der Herzog eiaca
neuen Zoll zu Rotenburg errichtet hatte; aber bei näherer Be-
trachtung zeigt sich, dass dieser Zoll nur an anderer Stätte
immer zu Recht bestanden hat. Wenn auch die Unhaltbarkeil
der Zustände überall hervortrat, so waren es doch weit gröTsere
Motive, welche den Ausbruch des Krieges herbeigeführl habea.
Leopold III. und die Sohweiier Bundo, v. 0. lorem. tBt
Ab K. Karl IV. starb, war die Reicfasgewalt an seinen
m Wenzel übergrgangen. Sie hörte mit diesem Regierun gs-
Bhsfl fa^t gänzlich auf. Hersog Leopold erlangte leicht \on
a neuen König, dass er ihm die Reich8\ogtei in ganz Ober-
I Niedervchwabrn übertrug. Damit hatte er eine neue Hand-
le für die Durchführung seiner Absichten und zugleich einen
ilnaa auf die eidgenössischen Gebiete gewonnen. Dem Adel
I den Städten gegenüber nahm er durch diese Würde eine
poolennde Stellung ein. Aber schon hatten sich die Verhalt-
le hier >o abgeklärt, dasH diese beiden Elemente sich in
iroff^ter Scheidung gegenüber standen. Durch die Aufnahme
I Aa^bärgern oder Pfahlbürgern erlitten die Herren überall
kroch an Leuton und Rechten. Da vereinigten sich auch
rraeits die adeligen Herren immer mehr zu Genossenschaften
i Bünden. Die zahlreichen Orden, die um diese Zeit gegründet
nlni, die Ritler vom Löwen, die Gesellsüchaft Sl. Wilhelm, der
irgsorden hatten eine grofsartige Verbreitung in Schwaben. Die
ilnlen solcher Gesellschaften enthalten nur Aufzeichnungen und
iingungen für die allgemeinen Ritterpflichten. Ihre politische
le wird sich nur aus den aligemeinen Verhältnissen erkennen
len. In Schwaben hallen nun einmal die Ritterverbindungen
e Richlung gegen die Städte genommen.
Befrachten wir da die Stellung des Herzogs von öster-
di. Er fand sich inmitten zweier sich lebhaft bekämpfenden
rteirn , ohne Möglichkeit eine Verständigung zu bewirken.
erall »ah er sich in seinen Absichten gehemmt. Noch ver-
:hle er sich möglichst neutral zu halten, indem er den Thor-
rgVchen Frieden zwar aufrecht^ aber die Ritter auch ihrer-
ils gewahren lässt Es fragte sich aber, ob er in dieser ab-
irlenden Stellung den Moment finden werde, wo er dem Landes-
vlenlbom in Schwaben die Herrschaft über beide Elemente
Verben möchte. Wird sich hier durchführen lassen, was in
terreich, und eben erst auch seinem Bruder, dem Grafen von
bannberg gegenüber mit so viel Glück gelungen ist?
Mitten in diesen Schwankungen des Herzogs traten Ereig-
ae ein, die ihm schnell eine entschiedene Richtung geben
lasten.
Von den Grafen von Kiburg wurde die Stadt Sololhurn,
I der sie Späne hatten, plötzlich und nächtlicher Weile über-
len. Kaum noch hatte die Wache Zeit, Lärm zu machen, die
>ckc zu ziehen, aber man vereitelte den Anschlag. Ein blu-
er Krieg halte damit seinen Anfang. Denn obwol Sololhurn
bl im Schweizer Bund war, so nahmen sich doch die Eid-
NMfen der Stadt an. Die Ritter wurden überall auf das
.ildrücklichste bekämpft, ihre Heere geschlagen, ihre Burgen
krochen. Noch fragten die Eidgenossen bei dem Herzog Leopold,
t er sich verhalten wolle, da gab er eine ausweichende Ant-
004 Leopold III. UDd die Sohweuer Bunde, v. 0. loremk.
wort, aber seine Verstimmung trat deutlich hervor. Denn in der
That, sowie sich einmal das bürgerliche Element gegen das ihm
feindliche Princip in Fluss gesetzt hatte, so gab es keinen Halt
mehr. Die Eidgenossen waren in die Offensive übergegangen.
Da geschah, dass sie in massenhafter Weise die Leute des Adels
fiberall als Ausbürger aufnahmen. Auch Luzern zögerte nicht
mehr die umliegenden österreichischen Ortschaften allenthalben
in den Stadtverband zu setzen. Der kiburgische Krieg hatte
zur Folge, dass die Verträge als beseitigt angesehen worden
sind. Aber zugleich hatte die Niederlage des Adels denselben
angespornt seine ganze Kraft noch einmal in die Wagschale des
Kriegsglücks zu werfen. Für Leopold konnte es keine Frage
sein, dass dies der Augenblick war, wo er des gosammten
Adels sicher sein und sich seiner bedienen konnte, um die
Herrschaft Österreichs in ihren alten Grenzen wieder herzustellen.
Noch einmal sah er sich an der Spitze eines grofsartigen
ans allen Theilen des Landes freiwillig zusammenströmenden Rit-
terheeres. Von allen Seiten kamen die Absagebriefe an die Eid-
genossen. Man hatte über anderthalbhundert gezählt. Noch einmal
hatte es in der That den Anschein, als könnte die habsburgische
Macht, von den Stromschnellen der Parteiungen selbst emporge-
hoben, ihre traditionellen Tendenzen hier zur Ausführung bringen.
Und nun entschloss sich Leopold den Krieg mit der besten Vor-
bereitung zu unternehmen. Nicht an eine Fehde dachte er, wie
er so viele gefuhrt, um den Abfall einiger Gemeinden zu strafen,
sondern einen grofsen gewaltigen Streich zu fuhren, der der
Unbotmäisigkeit von Schwaben für immer ein Ende machen sollte.
Er rief seine Vasallen aus den gesammt^'n österreichischen Län-
dern herbei. Endlich erschienen auch Herren benachbarter Ge-
biete, der Markgraf von Baden, die Grafen von Würlemberg mit
ihren Reisigen. Nach allen Angaben war es das stärkste Heer,
das bis dahin gegen die Eidgenossen geführt worden war. Nach
einem leichten Sieg^ den Leopold eben über mehrere Städte im
Elsafs davongetragen , zweifelte Niemand in dem Heere, das sich
jetzt versammelte, an der völligen Unterwerfung der Schweiz.
Nach Möglichkeit suchten sich auch die Eidgenossen zu rüsten
und in Vertheidigungsstand zu setzen. Sie waren auf einen langen
Krieg gefasst. Man verbarricadierte die Slädte und richtete sich
in Zürch für eine Belagerung ein. Sofort trat alles unter die
Waffen. Auch Zug und Glarus stellten ihre Mannschaften, obwol
es gegen die Verträge war. Aber jetzt dachte Niemand mehr
an dieselben; man erkannte, dass es sich um die Lebensfragen
zweier Gewalten handelte.
Herzog Leopold sammelte seine Macht bei Baden im Argau.
Wie das aber bei Kriegen dieser Art der Fall zu sein pflegt,
so waren die Schweizer von den Bewegungen des Herzogs besser
unterrichtet, als dieaer von den Verlheidigungbanslalten der Eid-
Leopold lil. und die Schweizer Böndo, v. 0, lar^H*. 996
genosden. Dort hatte man sich von dem Scheinangriff, den der
Herzog durch Herrn Hans von Bonfttetten auf Zdrch unlernehmen
Hess, nicht tauschen laaseiu Man war genau unterrichtei, dasa
das Hauplheer gegen Sempach seinen Marsch richte. So schnell
hatten hier die Eidgenossen aus den versckiodeosten Thetlan ihre
gesammie Strettmacht conceniriert , dass der Herzog unerwartet
auf sie gestoisen war, da er mit der Hauptmacht an Sempach
vorüber den langen Bergabhang über dem östlichen Seeufer in
der Richtung von Rothenburg gegen Gislikon marschierte«
Die Schweizer hatten sich auf der Höhe des langsam aufstei-
geuden Berges gesammelt, so dass sie den Feind von seiner linken
Seite bedrohten. Der Herzog war genöthigl eine Schlachtord-
nung eilig zu formieren, da die vordersten Reihen schon zu weit
vorgedrungen waren, und ihr Bäckzug ohne bedeutende Verluste
wol nicht mehr möglich sein mochte.
Es war der 9; Juli 1S86. In der Mittagszeit auf dem un*
günstigsten Tarrain für die Reiterei entspann sich die Schlacht.
In Kalbsuters ^«Sii^gt'sJiet vom strit ze Sempach'^ ist sie wol am
ausführlichsten geschildert. Da lässt er in fröhlichster Weise die
Bitter vor der Schlacht jubeln : «Die Schwitzer wollen wir jetzt
bezwingen und ihnen einen Herrn geben.'' Dann rathen 9i% wol
dem Herzog, sich vom Kampfe fern zu halten^ aber er gelobt
mit ihnen zu siegen oder zu sterben. Nun fingen sie an die
Speere zu schleudern und mit vorgehaltenen Lanzen vorzudringen.
Denn die Ritter waren abgesessen, und fest, stark und breit
war des Adels Heer, wie eine Mauer. Da sprang ein Winkel-
ried aus den Reihen der Eidgenossen, empfahl ihnen Weib und
Kind, umfasste mit gewaltigen Armen die Speere der Ritter,
drückte sie in seine Brust und machte im Fallen eine Gasse.
Hier drangen die Eidgenossen ein. Die Scfalachtreihe der Ritter
ist gesprengt. Ihre Knechte entweichen dem Kampf mit den
Rossen. Da sank in der Hand Heinrich's von Bscheloh das
Hauptbanner von Österreich. Aber auf den Ruf: «Rette Öster-
reieh, rettet^ kommt Herzog Leopold herbei, ergreift das Ban-
ner, halt es aufrecht. Aber rings um ihn sind die Treuen ge-
fallen. «cEs ist so mancher Graf und Ritter, sagte er, mit mir
in den Tod gegangen , ich will mit ihnen sterben,^ drang in
die feindlichen Schaaren und ward von einem Schwitzer er-
schlagen.
Dies ist die Erzählung der Schlacht, wie sie aus Kalbsuler s
Siegeslied in die spätem Chroniken übergegangen und durch die
treffliche Beschreibung Johannes von Müllers uns geläufig ge-
worden ist« Gleichwol kann man nicht anders sagen, als dass
kein Titelchen wahres daran isk Donn jene Dichtung erweist
sich als eine willkürliche Zusammenstellung und Erweiterung von
zwei echten unmittelbar nach der Schlacht entstandenen Volks-*'
liefen, welche in ursprünglicherer Form, ohne epische Darlegung
996 Leopold III. und die Schweizer Bünde, v. 0, Lorent.
des Herganges, nur das Resultat des Kampfes in's Auge fassen.
Wir haben hier ein recht anschauliches Beispiel, wie diese ältest«
Schweizer Geschichte verfälscht worden ist
Die That des Winkelried , den die spälern dann noch in
einen Arnold Strutthahn von Winkelried verwandelt haben, ist
wahrscheinlich nicht geschehen, und wenn der Erzählung irgend
ein Ereignis zu Grunde liegt, so hat dasselbe doch ganz sicher
keine entscheidende Bedeutung für den Erfolg der Schlacht Die
Winkelriede, wie die Attinghausen, mögen Familienüberlieferungen
gehabt haben, ähnlich wie die alten Geschlechter in Rom. Es
sind Familiensagen, die hier wie dort dann in die Chroniken auf-
genommen würden und die Geschichte in Mythen verwandelt haben.
So haben die spätem den Winkelried's eine besondere Bedeutung
för die Schweizer Kämpfe Oberhaupt zugeschrieben. Bei allen
hervorragenden Ereignissen erscheinen ihre Namen genannt. Wenn
die Geschichte von Wilhelm Teil und dem Apfelschuss aus alten
Sagen der germanischen Urzeit in die Schweizer Geschichte auf-
genommen wurde, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass die
Tbat von Sempach der Lectüre des Livius ihre Entstehung ver-
dankt Dort findet sie jedenfalls ein Vorbild in dem ähnlichen
Opfertode der Decier.
Auch davon, wie Herzog Leopold sein Leben verlor, wissen
wir nichts anzugeben. Aber selbst an dies Ereignis knäpfl sich
die Sage. An der Stelle, wo Leopold's Leichnam eingegraben
worden war, sei eine grobe herrliche Blume roth und mit einem
weifsen Streif, wie das österreichische Wappen, emporgewachsen,
80 dass auf diese Weise der Herzog aufgefunden und in Königs-
felden feierlich bestattet werden konnte. Die Blum« aber wurde
in der Kapelle, die nachher auf dem Schlachtfelde gebaut worden
ist, aufbewahrt und blühte fort, und erhielt sich frisch. Ja im
Jahre 1516, am Schlachttage, sei plötzlich eine gleiche Blume
an der gleichen Stelle hoch emporgeschossen und dies bezeugt
der Pfarrer von Sempach urkundlich und die alten Leute in seiner
Pfarre bestätigen ihm die Identität dieser Blume und der von
1886 mit der in solchen Dingen bekannten Bereitwilligkeit —
Ereignisse wie die Schlaqht von Sempach sind willkommene Stoffe
für die Sagenbildung.
Über den historisch beglaubigten Verlauf der Schlacht lässt
sich nur sehr wenig sagen. Di» Niederlage des österreichischen
Heeres war grofs, wie man aus einem amtlichen Verzeichnis der
vornehmsten Todten, das mehr als 200 Mann zählt, ersehen
kann. Im äbrigen wird sich weder über die Zahl der Käm-
pfenden, noch über die beiderseits Gebliebenen irgend Hallbares
angeben lassen. Dagegen ist aus dem sogenannten Sempacher
Brief zu entnehmen, dass die Schweizer sich des Vortheils die
fliehenden zu verfolgen, durch Plünderung und Beutemachung
begeben hätten. Und es gewinnt damit eine Notiz grolse Wahr-
Leopold 111. und die Schweizer Bunde, v. 0. Lorenz, tVt
scheinlichkeit, dasB zwei der bedeotendsteo österreichischen An-
führer sich voreilig auf die Flucht gemacht halten. Jedenfalls wird
man auf eine eigentliche historische Darstellung der Ereignisse
während der Schlacht verzichten müssen. Das Obergewicht der
Schweizer entschied aufeer ihrer wohlbezeugten Tapferkeit auch
hier die leichte Beweglichkeit ihres trefflichen Fuisvolks, und
das ungünstige Terrain für eine ifchwer bepanzerte Reiterei. Es
war eben ein Sieg des Fubvolks über die Ritter, d^^s Bürger-
thums der Städte über das Feudalwesen, die Niederlage Leo-
pold's aber eine Folge der Coalition des Fürstenthums mit den
Ritterbünden.
Die Entwickelung der Schweiz war nun für alle Zeilen gesichert.
Noch einmal wurde bei Näfels gestritten, auch hier siegten die Eidge-
nossen. Der vollzogenen factischen Ablösung der Herrschafksrechte
Österreichs im obern Schwaben folgte im Frieden die rechtliche. Auf
alle Voglei in Luzern, Glarus oder Zug ward für immer von den
Söhnen Leopold's Verzicht geleistet. Die eidgenössischen Bünde
hatten das Territorium, welches sie schon 13dl als eidgenössisch
bezeichnet hatten, zur vollständigen Reichsunmittelbarkeit er-
hoben, frei gemacht von der landetifürstllchen Oberhoheit Hun-
dert Jahre waren vergangen , seit sie jenen ersten ewigen Bund
geschlossen, jetzt erst konnten sie ihn für gesichert und be-
gründet hallen. Im folgenden Jahrhundert geschah die Erweite-
rung desselben in die burgundischen und romanischen Gebiete.
Jedes Stück ward da erstritten. Dem Tage von St. Jakob folgte
Granson, Hurten, Nancy. Es hatte sich ein Staatswesen gebildet,
das auf den Erinnerungen der alten Reichsverhältnisse beruhte,
aber unter den vielen eigenthümlichen Sonderexistenzen im Reiche
doch nicht wieder seines gleichen fand. Für seine Nothwendig-
keit ist vielleicht nichts bezeichnender als die Beobachtung, dass
die Interessen desjenigen Hauses, dem die Erhebung der Schweiz
sich vorzugsweise entgegenstellte, nachher durch die fertige
Existenz derselben am meisten gefordert wurden: Was im 14.
Jahrhundert die Habsburger an Familienbesitz beeinträchtigt sind,
wurde seit dem 16. durch den politischen Vortheil, den ihre
Selbständigkeit darbot, aufgewogen. Schon hatte die Schweiz
in ihren äulseren Beziehungen bei dem Zusammenstofs der öster-
reichischen und französischen Macht ihre selbständige Politik
geschaffen, die von ihrer Lage an den Grenzen der romanischen
und der germanischen Länder bestimmt war. Schon im 17.
Jahrhundert wird von Frankreich wie von Österreich die Er-
haltung dieses Staatswesens als eines neutralen Gebietes zu den
vornehmsten Interessen der beiderseitigen Politik gezählt, im Wiener
Congress ihre Integrität besonders von Österreich betont. So
trat die Schweiz als ein kleines, aber nothwendiges Glied in
die Rahe der modernen Staaten. Darin ist sie grols, dass sie
vielleicht anter allen aus den kleinsten Anfängen bervorgegan-
t99 Leopoia IM. und ditj Schweizer Buiule, v. 0, LorefiZ,
fen i8t. Denn bei den Staaten wie bei Individuen beruht die
Existenz auf der ihnen innewohnenden natürlichen Kraft ^ und
ihre Bedeutung in dem Einflüsse, den sie auf die allgemeine
EntWickelung der CSeschichte nehmen«
B X c u r 8 I.
Der ewige Bund von 1201.
Es ist kaum ein Werk in neuerer Zeit erschienen, welches für
die Beurlbeilung des Verhältnisses von Chronik und Urkunde» wie es
sieh im 13. und 14. Jahrhundert feststellt, so eniseheidende Aufschlüsse
geben würde , wie Kopp's Geschichte der eidgruöstiischen Bunde. Die
Sache ist die, dass vor ihm der praktische Beweis nicht geliefert war,
iA98 die wahre Geschichte schon im 13. und 14. Jahrhundert fast
ausschliefslich auf urkundliches Material gestutzt werden müsse und
dass die Chroniken daneben nur die untergeordnetste Bedeutung haben.
Besonders für die Schweizer Geschichte ist dieser Grundsatz epoche-
machend geworden, weil die Chroniken hier so zahlreich aber spät und
sehr geschwätzig sind. Aus diesem Grunde wird man denn auch das
Erscheinen von Kopp's Urkunden zur Geschichte der eidgenössischen Bünde
1835, als den Markstein einer neuen Aera der Schweizer Geschichtsforschung
ansehen. Nun ist es nicht zu verwundern, dass man das durch die
Urkunden angegriffene Gebiet doch nur schrittweise aufgibt, und wenn
kürzlich in der historischen Gesellschaft zu Basel noch geäufsart wurde,
dass man weit entfernt sei zu glauben, dass der Mann, der in unsern
Tagen die Schweizergeschichte in ausschliefsliche Pacht meint genommen
zu haben , den passenden Schlüssel zu diesem Geheimnisse schon ge-
Itinden habe, so bezeichnet dies am besten die UnversObnlichkeit der
Gegensätze in den Ansichten. Dass wir uns von Grund aus der Kopp'-
acben Richtung angeschlossen haben, dürfen wir nicht erst besonders
erwähnen. Doch wird e» gestattet sein eine Meinungsdifferenz näher zu
begründen, welche die Beurtheilung des ewigen Bundes von 1291 und
sein Verhältnis zum Haus Habsburg nicht unwesentlich modificiert.
In der Urkunde Heinrich's Vll. dd. Hagenau 26. Mai 1231 (Tschudi
Chronik 1. 125« a, u. a. a. 0.) muss doch eine indirecte Beziehung auf
die Urkunde Friedrichs II. vom 17. März 1218 für die KIo»terleuto in
2ürch gedacht und angenommen werden, denn was sollte es sonst für
einen Sinn haben, wenn es hei£st, dass ein früher bestandenes Verhältnis
wieder eingeführt wird. Die Obergabe Uris in den Besitz eines Herrn,
wie Kopp selbst bemerkt durch Verleihung oder Pfandsehaft (Gesch. d.
eidg. B. IL« 272) ist also eine zeitweilige gewesen und hatte ein lös-
liches Verhältnis begründet. Dast Uri unter König Rudolf, nicht unter
Hermann von Bonsletten oder Ulrich von Rüssegg gestanden , die des
Reiphs Vögte in Zürch waren, beweist^ wia uns scheint, nichts; da es
zwar möglich ist, dass König Rudolf — das von Heinrich VII. gelöste
Verhältnis wieder herzustellen bemüht — besondere Vögte in Uri or-
nannte^ aber diese waren dann königliche, nicht gräfliche. Wenn nun
i|ber Rudolf von Uababurg als Graf schon im Jahre 12d8, 20. Mai eine
Gerichtsurkunde ausstellt, in welcher er in dem Streite der Izeli und
Gruba entscheidet, so scheint dies keineswegs einen Schluss auf den
Besitz eines landgräflichen Rechts in Uri zurulassen. Dagegen spricht
«Q entscheidend der Umstand, dass auf eine solche Würde in der Urkunde
keiB Bezug genommen ist, vielmehr Rudolf mir als Obmaoo «ttoticiam
Leo|K)IJ in. und die Seh weiser üuode, v. 0, Lerett»- S99
sobscriptoram^ verkQfidigt Es ist ein MisversUndDis der Srgsten Art,
fQ meinen, es habe sich bei diesem Handel in irgend einer Art um
Landrecht oder Oemeinderecht gedreht. Es ist gewilll[urtes Recht, wel«
ehes durch den Suhnbrief von 1257, 83. December (Tschudi I. 155)
fsstgesetst. und weiches Rudolf nidit in seiner Eigenschaft als Graf^
sondern als Obmann dann 1^68 zur Geltung bringt (Kopp, Orkunden
8. 10). Er fSlIt da den Spruch: juxta promissionem et obli-
gationem eorondem. quam in se antea voluntarie dictarant. Da kann,
wie wir glauben, nicht der mindeste £weifel Qber die Natur dieses
Priedensgerichts rein privatrechtlicher Art bestehen, und wir hoffen bei
dieser Interpretation der Zustimmung der Rechtskundigen sicherer fu
sein, als es Kopp Oesch. der eldg Bunde IL* %8d ff- sein dörfle.
In Dri hat das Haus Habsburg keinerlei Oereohtsame beansprudit,
und die Leute daselbst erscheinen uns als durchaus unabhSngig ?oo
irgend einer gräflichen Gewalt. Ihr Verhältnis zu der Abtei Praumünster
in Zurch berührt im entferntesten nicht die Grafen von Habsburg *>.
Dagegen befanden sich die Leute in Sohwiz und Onterwalden
nicht in einer gleich günstigen Lage. In Bezug auf die älteste Geschichte
von Schwiz werden die Ausführungen Kopp's Gesch. der eidg. ßfinde H. •
S99 ff. kaum zu erschüttern sein, wobei wir von den mehr oder minder
erheblichen Bedenken Meyer^s, Heufsler's u. a. *) ebenso, wie von den
auf die Spitze gestellten Behauptungen Lichnowsky's absehen können.
Hier haben also die Grafen von Habsburg nach den Lenzburgem Herr-
schaften besessen, aber wie verhält sich der Brief Kaiser Friedrioh's IL
vom December 1240, Tschudi I. 134, dazu? Dieser spricht nicht etwa
von der Gründung neuer Verhältnisse — wie könnte er auch fi*eie Leute
creieren wollen — sondern er setzt das Vorhandensein freier Leute
voraus y welche als «freie Leute ihre Zuflucht zu ihm nahmen und nur
auf ihn und das Reich Rücksicht zu nehmen haben.' Damit scheint aber
eine natürlichere Erklärung gefunden mi sein, dann die freien Bauern-
schaften können als Enclaven mitten in den herrschaftlichen Besitzungen
gedacht werden. Dass nun die Herrschaft die politischen Verhältnisse
wie überall auch hier benützen wollte, um ihre Macht auszudehnen,
zeigt vor allem die Anrufung der päpstlichen Intervention gegen den
Brief Friedricb's IL, vgl. Kopp eidg. Bünde 11, 327, und dann das Benehmen
Rudolfs als König gegenüber den Schwizern. Da scheint uns, dass aus
der Orkunde von 1201, 10. Homung (Kopp Orkunden Nr. 18i keineswegs
gefolgert werden kann, dass den Leuten In Schwiz eine neue Concession
gemacht, sondern vielmehr ein beeinträchtigtes Recht wiederhergestellt
worden sei. «Inconueniens nostra reputat serenitas, dass bei den Schwi-
fcrn ein Dienstmann als Riehter eingesetzt werde;* wenn also ver-*
sprochen wird , dass dies nicht mehr geschehen soll , so ist zu
sehliefsen, dass Verletzungen des gewohnheitsmSfsigen Rechts geschehen
seien. Es müssen Kämpfe und Streitigkeiten nicht näher bestimmbarer
Art der Ausstellung einer solchen Orkunde vorangegangen sein. Man
sieht schon, wie die Landleute nur das hergebrachte schätzen wollen.
0 Was Rem. Meyer «Die Waldstädte vor 1201' etc. 8. 16 als Beweis
gegen Kopp vorbringt, scheint nicht stichhaltig gewesen zu sein,
denn wenn in den Orkunden von 1257 und 1258 eine landgraf-
srhaftliche Gerichtsbarkeit liegen würde, so wäre damit allerdings
Kopp's Ansicht mehr als hinlänglich begründet.
^ Am stärksten und bezeiehnendsten ist wol, dass von diesen Ge-
lehrten die angeblichen gleichlautenden Briefe fü( Onterwalden und
Oll ikaiser Friedrioh's IL noeb immer oitiert werden, vgL Remigius
Meyer a. a. 0. 8. 15.
Ur^^ia lU. iiDd die SHivrarr tiade, t. #.
Dies kcsweckl udi der Binid, doi ne bald danaf ichloicaL Bevor
wir iodeisca aa die Bctracktsag dcMelbe» iKrangckes, ist es Bdthig
■eck die VcrfciUahie tob Catervsldea io's A^ge z« fuscn.
Cad ia dieses tmmtAe crUarea wir aas auf der Bewctsfohnnig
Meyers «Die WakMatle etc.' S.3«CT<rflkoMMea eiaTenUadea; deoo es
scheiat aas sehr gelibrlick aw Crkaadea des 14. JakrtaadefU Sdüosse
BMckea SB wottea aof ZasUade des iZ. JaMudcrts. Voa GmadbesiU
des BaaKs Habsbarg ia Calcrwaldea Mag naa sprechea, aber aicfat yob
HobritsredMea irgead weicber Art Eiae aaflalkade Erscbeiaaog bleibt
es aaa firdlicb iaMier, dass das östcrr. Crbar, TgL Kopp ürk. S. 70 imd
rfcifer: Das Habsbarg. teterr. Crbarbacb, Torrede S X, aicfat die ge-
riagite Heidaag that Toa Bcsitzaagea des Haoses ia Catcrwaldea oder
Schwis. Maa hat sieh diese Merkwardige Erschciaoig dadarch tu er-
fclirea Ycnocht, dass aua seinte, das Lrfaarboeh sei dbea aiefat YoUeadet
wardeo; sileia dörfle saa aaaeluaca, daas aaa gerade die göostige Zeit
& die Abfassvag desselbea ia dea Jabrca 13t3 fl« wird babea Ter-
sireiehea lastea, wSiread bsb ia dea ohaehia gesichertea Besitsungen
ia Elsa£i sorgsaai «fie aöthigea Notiiea sasssMlte. Die ErkJamog
■Achte ich ia eiaer ?fotix des Crbars selbst sochea. Da heifct es bei
Altdorf: «Des selbeo boYes lialea sollea helfea stiarca die liate des boves
so Altorf. aa ist das ietze mit bete aberhebt der stiore aod ist oaeh das
bescheheo voa des banges geböte, uad da Mite siat oodi die liote leU
▼erdorbea , waal der bof ze Altorf solle Til bi tragea dea halben teil
der stinre.* Ooler dem GdMte des Eöaigs dürfte nieht Albrecbt zu
deafcen sein. Denn da ist iauaer yob der Herrseliaft die Bede. Vielmehr
«scheint mir in der Stelle eine Berofaag aaf die Crkuadea Friodrich's U.
aad Adolfs zu liegea; «doreh des KOoigs Gewalt,* so soll es Yerstan-
dea werdea, «betrachlen sich diese Leute von den Pfliehlea gegen die
HerrKhall enthoben.* Man sieht also aas diesem eiaen Falle, und es
lie&ea sieb noch mehr anfahren, dass an vielen Orten sieh die Ein-
wohner der Herrschaft nicht unlem orfen haben , sondern auf ihren Pri-
vilegien der Reicbsunmitlelbarkeit beharrten.
Onter diesen Voraussetzungen k&nnen wir jetzt an eine anbefuigeDe
Prüfung des Bündnisses von 1S91 selbst gehen, und laugnea nicht,^dass
wir davon eine wesentlich von Kopp's Auffassung verschiedene €ber-
zeugung gewonnen haben.
Sehen wir zunächst auf den Zweck des Bündnisses, so findoi wir
ihn in der Orkonde selbst ganz offen ausgesprochen, Kopp, Drkunden
S. Zt: maliciam lemporis attendentes, ut se et sua magis defendere
Taleant et in statu debito melius conservare fide bona promise-
mnt inuiceni sibi assistere etc. Der Bund will also die bestehenden
Zustande wahren, und hat ihre Erhaltung zum Zwecke (vgL auch
Blontscbli Gesch. des Schweiz. Bundesrecbtes I. 62, wo aber die Frage
ober die Beicbsunmittclbarkeit aller drei Lander und aller Gebiete
darin voreilig bineingemengt wird, da doch davon gar nichts in der
Orkonde steht). Die Urkunde setzt einen bestimmten Zustand als bekannt
voraus, und sieht den Frieden unter der Bedingung der Aufrechthaltung
desselben gesichert an. In dieser Beziehung kann ich zwischen diesem
Schweizer« und den Stadtebiinden am Bhein und in Schwaben im 13.
und 14. Jahrhundert auch nicht den mindesten Unterschied finden. Die
Stadtebundnissc vom Jahre 1255 (vgl. Pertz legum II. 374—381) sind
die eigentlichen Vorbilder des Schweizerbundes. Dass diesen lelztero
nicht lauter reichsunmittelbare Leute geschlossen haben, ändert ebenso
wenig hier an der Sache, wie dort, wo man ohne Rücksicht auf den
Umstand, ob Reichsstadt oder nicht, die einzelnen Bündnisse zur Wah-
raog des Friedens aufgerichtet hat Ganz besonders zutreffend erscheint
die Vergleichung dieses Schweizer Bundes mit dem Bündnis der schwS-
Leopold III. und die Schweizer Bunde, v. 0 Lorent. 101
bischen Städte vom Jahre 1331 (s. Datt. De pace publica S. 30). Auch
hier werden, wie in dem eid/renössiscben Bundesbrief, gewisse Normen
lur Aufrechthaltung des Landfriedens gegeben. Ganz ähnlich sind da die
Bestimmungen der Strafen, welche diejenigen treffen, welche gegen den
Frieden etwas verbrochen. Wie sehr aber der Bund nur den Zweck hat
das bestehende aufrecht zu erhalten beweist die Stelle: Ita tarnen, quod
-quilibet homo iuxta sui nominis conditionem domino suo conuenienter
subesse teneatur et seruire. Dies zeigt so deutlich den rein conserva-
tiven Charakter des Bundes, dass es Wunder nehmen muss , wie man
über seine Natur nur einen Augenblick zweifelhaft sein mochte. Den-
noch hat Kopp in den Anmerkungen zu der Urkunde die Fragen aufge-
werfen: 1. Da die drei Thäler nicht Herren der Gerichte in ihren Mar-
ken sind, wer gab ihnen das Recht, den Gerichtsherrn in der Wahl
seiner Richter durch was immer für Bedingungen beschränken zu wollen?
und 2. da der Blutbann unbestritten von dem Landgrafen geübt ward
und von dieser oberrichterlichen Gewalt den drei Thälern noch viel
weniger etwas anwohnte, woher haben sie die Befugnis diese landgraf-
schaftlichen Rechte sich anzueignen? Dagegen ist zu erwidern, dass
diese Absicht in beider Beziehung sich in der Urkunde entfernt nicht
ausspricht. Die Stellet «ut in vallibus prenotatis nullum iudicem, qui
ipsum officium aliquo precio vel peccunia aliqualiter conparauerit , vel
qui noster incola vel proiuncialis non fucrit aliqualenus accipiamus vel
acceptemus* — Diese Stelle spricht nicht einen neuen Grundsatz aus
(wie schon Urkunde Nr. 18, S. 29 ebd. zeigen konnte), sondern sie ist
einfach der Ausdruck gewohnheitlichen Rechtes; wie man denn im
Mittelalter bekanntlich solche Dinge nicht decretiert, sondern das ge-
wohnheitsmäfsige feststellt. Ebenso Hegt in Bezng auf die Straferkennt-
nisse, die für bestimmte Rechts- und Friedens Verletzungen angegeben
sind, nicht die Absiebt den rechtmSfsigen Herren den Blutbann zu neh-
men, sondern es war blofs die Nolhwendigkeit hervorgetreten, das ge-
wohnheitsmäfsig geltende durch die Schrift zu fixieren. Wollte man in der
Auslegung Kopp folgen, so wäre das fast so, als ob man behauptete
in den Rechtsbiichern des Mittelalters seien neue Rechte statuiert worden.
Anders stellt sich nun aber die Frage, wenn man das Verhältnis
des Hauses Habsburg zu dieser Feststellung des von alters geltenden
Rechts betrachtet Da soll nicht geläugnet werden, dass es an dem
Bund einen Feind seiner neuemden Ideen gefunden hatte; denn dass
die Ideen des LandesfQrstenthums des 14. Jahrhunderts seit Ursprung
der deutschen Geschichte bestanden hätten, wird wol niemand behaup-
ten wollen, wenn ich auch recht gut weifs, dass sich die neueste Ge-
schichtsforschung mit grofser Geschicklichkeit zuweilen abmüht die
staatlichen Begriffe des 14. Jahrhunderts schon in's 12. und wo möglich
noch höher hinauf zu rücken.
Noch bleibt mir nun eine Bemerkung über die Folgen des Bundes
von 1291 zur Rechtfertigung meiner oben ausgesprochenen Gedanken zu
machen übrig. Dass dem Bund von 1291 von Seite Herzog und König
Albrecht's I. Gewaltsamkeiten entgegengesetzt worden seien, wird be-
kanntlich von echten Quellen nicht berichtet , und Kopp hat in dieser
Beziehung mit der siegenden Überlegenheit reine Bahn gemacht, die ihm
überall, wo es sich um die Feststellung des streng historischen — des
thatsSchlichen ~ handelt, eigen ist Wenn selbst Bluntschli a. a. 0. S. 70 ff.
nicht unterlässt in Tschudi*s Manier von den Vögten K. Albrecht's zu
sprechen, so hat mich das nicht hindern können, die Quellen des 15.
und 16. Jahrhunderts über dieses Factum nach historischer Methode zu
ignorieren. Über die Schlacht am Morgarten und was ihr vorangieng
durften Kopp's Arbeiten, die auf dem reichen Urkundenmaterial voll-
st findig sicher sich bewegen, wol nicht so leicht zu erschüttern sein.
SM Leopold 111. und die Schweizer Bunde, v. O, Lore9%,
E X c u r 8 n.
Winkelried und die Schlacht bei Sempach.
Ober die Ursachen des Sempacher Krieges und die Beziehongen
Lusems cu Österreich wfihrend Leopold's III. Regierung hat t. Segesser
in der Rechtsgeschichte der Stadt und Republik Luzcm mit erschöpfender
Orundlichkeit 1. 262 ff. gehandelt. In Betreff der Schlacht selbst wird
mit Recht auf die ausgezeichneten Bemerkungen des Herausgebers von
Rafs's Chronik S. 175 fL verwiesen. Nur über einen Punct, der bei der
Darstellung der Schlacht in Betracht gezogen werden muss, hat er sich
in keiner Weise ausgesprochen. W*enn darauf gestutzt Lichnowsky IV.
i86 sagt: von Winkelried könne keine Rede sein, so fehlt doch hiefur
bia heute noch der Beweis, und vollends lächerlich ist es, wenn man
Winkelried's That ISugnen, aber anderes doch aus derselben Quelle be-
natieD wollte, aus welcher die Erzählung von Winkelried selbst herge-
nommen ist Eine genauere Untersuchung über diesen Gegenstand mag
im folgenden angestellt werden.
Halbsuter's oder wie Wackemagel jetzt schreibt Kalbsnter's •) (sieh.
Altd. Lesebuch 2. Aufl.) «Slegesliet von dem Strit ze Sempach' ist hand-
schriftlich nicht älter beglaubigt, als durch Tschudi's Chronik If. 76. der
Zürcher Handschrift. (Ettmiiller Eidgen. Schlachtlieder Mittheilungen der
antiquarischen Gesellsch. zu Zürch. U. 2. 65 ff. womach ich eitlere).
Es beschreibt in 65 gleich gebauten Strophen zu sieben Zeilen,
den ganzen Hergang der Schlacht mit vielen Nebenumstanden, und man
kann vermöge der durchaus gleichartigen kunstmäfsigen Form wol nicht
zweifeln, dass es mit dem Anspruch eines einheitlich-concipierten Ge-
dichts auftritt, wenn sich auch die letzte Strophe, wo Halbsuter aus
Luzem als Verfasser genannt wird, sogleich als eine freiwillige Zuthat
selbst unverholen kund gibt, da es ja heifst, dass der unvergessene
Halbsuter, der zu Luzem gesessen und ein fröhlicher Mann war, dies
Lied gedichtet habe. Diese Nachricht scheint auf den ersten Blick um-
•omehr Glauben zu verdienen, als in Luzem in der Zeit der Schlacht
von Sempach in der That ein Halbsuter urkundlich im Rathsprotocoll
erwähnt wird (vgl. Mittheil. d. antiq. Ges. Bd. IX. 2, 48).
Sehen wir uns aber neben diesem angeblich Halbsuter'schen Liede
nach andern Denkmalen über die Sempacher Schlacht um , so begegnen
wir dem durch die Autorität des ersten Mittheilers trefflich bezeugten,
handschriftlich schon im 15. Jahrhundert beglaubigten Liede in Melchior
Russ' Chronik. Russ sagt ausdrücklich: «Diz Ist daz lied so nach der
Sempacher Schlacht gesungen wart.* Auf den ersten Blick erkennt man,
dass beide Lieder in einem gewissen Zusammenhange stehen, der von
Jedermann zugestanden und anerkannt wird. Die Frngo ist nur: welches
ist das Verhältnis der beiden Lieder zu einander?
") Wenn in der zweiten Auflage des Lesebuches das sogenannte Halb-
sutersche Gedicht und dasjenige, das nach Rufscn's Chronik in
Chland's Volksliedern erschien, an den betreffenden Steilen statt
nebeneinander hintereinander gedmckt ist, so fürchten wir sehr,
dass dies bei dem Leser einen Irrthum in Betreff der handschrift-
lichen Überlieferungen leicht möglich machen wird. Was Wackcr-
nagel's Ansicht' über das Lied selbst angeht (Lit. Gesch. §. 67, S. 224),
so scheint dieselbe zwar das Wesen der Sache schon ganz treffend
zu berühren, aber nicht vollständig zu erschöpfen.
Leopold 111. und die Schweizer Bunde, v. 0. Ijorem» SOS
Mit der Strophe 7 des groben Liedes hebt dasjenige an, das wört*
lich^ nur mit wenigen Ändernngen, auch in dem Ton fiuss mitgetheillen
kleinen enthalten ist Die Art und Weise der Dmgestaitimgen kann gleich
an der ersten Strophe klar gemacht werden.
Ru8s : Die niderlendsch en Herrenn Ir nideriändschen Herren Tschudi
a 1 Die zugent Ions oberlandt ir ziend ins oberland b 7
wendt sy derselbe reyse pflegen wend ir uch da emeren
Sy söndt sich basz bewaren es ist ach noch unbekandt
8y sollent bioht verjehen he ir soltentz vor bycht verjechen
Ton den oberlendschen Hern in oberländscher erne
Tst Inen gar we beschechen. möcht uch wol wee beschechen.
Was zunächst die Form betriiüt, so sieht man, dasa das kleine Lied
es damit nicht sehr streng nimmt, namentlich die Reime sind in dieser,
wie in den folgenden Strophen, fast ohne Gesetz. Dagegen hat das grofse
Lied hier wie überall vollständig gereimte Zeilen, sogar strenge wech-
selnd zwischen weiblichem und männlichem Ausgang. Was aber den
Inhalt betrifft, so herrscht in dem kleinen Gedieht entschieden die gröfsere
Klarheit. Da ist kein Satz unverständlich, während wir in dem grofsen
nicht recht wissen, was mit der «oberländschen erne' anzufangen ist
Es heifst da: sie sollen beichten, da in der oberländ'schen Ernte ihnen
wehe geschehen möchte. Erinnert man sich nun, dass bei «bem' oft genug
das H weggelassen ist, so mochte es scheinen, dass der Vers des grofsen
Gedichtes auf einem Misverständnis des kleinen beruht, oder man wird
geneigt sein, einer Einwirkung eines in spätem Strophen vom mähen
hergenommenen Bildes, diese Änderung des ursprünglichen Gedichtes zu-
zuschreiben. Ganz ebenso ist in Strophe b 8, entsprechend a 2, Vers 3,
blofs wegen des Reims geändert: da ist aus gesessen das seltenere be-
schaffen geworden. Und in Strophe b 9, entsprechend a3, ist Vers 5 blofs
wegen der Vermeidung der Wiederholung des Wortes yemer in gezierter
Weise geändert: «he wem söltind wir es klagen.' Man sieht leicht, dass
man es in dem kleinem Gedieht mit ursprünglicheren Redensarten und
Wendungen zu thun hat, in dem gröfseren mit kunstmäfsigeren Formen.
Mit der 10. Strophe unterbricht das gröfsere Gedicht den ein-
fachen Gang des kleinen und schaltet ein neues Bild und eine neue mit
dem frohem in keinem Zusammenhange stehende Erzählung ein. Erst
bei der 22. Strophe kehrt es zu dem kleinem Gedicht zurück. Da steht
dem Inhalt nach das gröfsere ebenfalls dem kleinern nach, denn in jenem
fehlt offenbar ein Verbum, welches in diesem allerdings in dem «vill*
(tid) klar ausgedrückt ist In der folgenden Strophe ist wieder der in
a 6 Vers I. fehlende Reim in b 2S durch das gekünstelte «uff min eide*
ersetzt Ebenso wird die Deutlichkeit nicht erhöht, wenn es wegen des
Reims «Morgarten' heifst:
inbSiUnd an dem Morgartcn An dem Morgarten a6.
Erschlugt mir mengen man da erschlügt mir mengen man
von mir musts hüt erwarten Ich will es dir tiie vergelten
ob ichs gefügen kan. ob ich es gefügen kan.
Strophe b26 entspricht unter ähnlichen Veränderungen der Verse
(rauszen uszhen) der Strophe 7 des kleinem Gedichts Hierauf folgt ohne
den mindesten Zusammenhang mit dem frühem die Erzählung von Winkel-
ried, an deren Ende mit einer Reminiscenz an den Grundgedanken des
kleinen Lieds zu dem letztem selbst zurückgekehrt wird. Damit aber ja
kein Zweifel über die Art der Arbeit bleiben kann, so sind die ersten
Verse der 8. Strophe des kleinen Lieds, die jetzt, da im grofsen Gedicht
der Kampf schon längst begonnen hat, keinen Sinn mehr hätten, durch
ein paar Lückenbüfser ersetzt.
Im kleinen Lied schliefst sich an die Kampfherausforderung un-
mittelbar daran:
SM Uopdd III. uinI die Sehweirer Böodc, v. 0. Loren%.
a S. 8y begoondeo susamiiieotreCteD, Der pbaff bat inen gebycbtei b 33
Sy griffents frolicb an Die bim oocb ietzuod geben
biaz daaz derselbe lewe Der lew fieng an ae wychen
gar schier die fluchte nam Die flacht fogt imm gar eben(!)
Er floch bin bisz an den berg he er floch hin gen dem berg
Wo wiitu rieber lewe Der stier sprach zu dem lewen
Du bist nit eeren wertt Du bist keiner eeren wert
Nun aber tritt das auffallendste ein. Wahrend das kleine Lied sehr
•ehOn damit endet, dass der Lowe besiegt heimkehrt zu seiner schönen
Frau, bringt das groise diese letzte Strophe gleich hier an mit den hie-
dorcb nothwf ndig gewordenen Veränderungen, und läfät dann erst Strophe
9 und 10 6!t% kleinen Gedichtes folgen. Bei der letztern ist es bezeich-
nend, dass ans den 10 eroberten Hauptbannern des kleinen Gedichtes im
groben 15 geworden sind. In der Zusammenstellung der Strophen in b
geht natfiriich aller Zusammenhang verloren. Die Strophen 11, \%, 13
erscheinen dann durch eine grofse Ansaht von Notizen zu 377-6 1 gleichsam
erweitert , wo nur noch zwischen all und b 37 eine Ähnlichkeit zu
finden ist Die schöne Strophe a 14, die mit der vorhergehenden in
bester Obereinstimmung ist, erscheint in b am Schlüsse, während in
Strophe 61 eine Erinnerung an Strophe a 13 vorangegangen war.
a 14 Ka blümle sprach zum stiere Ku brüne sprach zum stiere b 65.
Ich musz dir yemer klagenn ach sol ich dir nit klagen
Mich wollt ein schwöbischer mich wolt uff dieser riviere
herre
gemulhen habenn ein herr gemulikeD haben
Ich schlug In In den graben he ich hab im den l^übel umb-
gscblagen
Ich schlug In daz er da lag ich gab im eins zum Ore
Ich In und noch mer das man in muszt vergraben.
daz im der köpf derbrach.
Man sieht wie auch hier die Form und die Rucksicht auf Reim
und Wortlaut in dem gröfseren Gedicht zu entscheidenden Veränderungen
geführt hat, während der echt volksmäfsige Abschluss des kleinen Lieds
gänzlich fehlt
Aus diesen Zusammenstellungen dürfte mit voller Sicherheit der
Schluss gezogen werden, dass man es in dem gröfsern dem Ualbsuter
von Luzem zugeschriebenen Gedichte mit keinem ursprünglichen Er-
zeugnis zu thun habe, sondern mit einer Bearbeitung, welcher das ur-
sprüngliche von Russ mitgetheilte Schlachtlied bereits vorgelegen hat.
Sieht man sich nun die übrigen Strophen des angeblich Halbsuter-
schen Gedichtes genauer an, so findet man darin sehr verschiedene Be-
standtheile. Onter andern ein in sich zusammenhängendes, dem kleinen
von Russ mitgetheilten Gedicht sehr ähnliches Lied, welches unter einem
einheitlichen Gedanken in anderer Weise das Ereignis der Schlacht zu
einem Gesammtbild zusammenfasst.
Die Strophe 10 hebt nicht blofs wie zu einem neuen Anfang an,
sondern es bieten auch die vier folgenden Strophen ein offenbar zusam-
mengehörendes Ganze dar. «An einem Mentag frue ;* heifst es , haben
sich Mäher eingefunden, die in dem Taue zu mähen begannen. Aber da
habe man ihnen das Morgenbrot von Sempach hinaus gebracht. Rutsch-
mann von Rinach habe die Eidgenossen herbeigeführt und ihnen das
Morgenbrot gereicht, dass die Mäher den Löffel fallen liefsen. Wie
dort in dem Lied von Russ die Beichte es ist, welche den einheit-
lichen Gedanken des Ganzen mit glücklicherSatire gegen die Besiegten
zuspitzt, so ist es hier die Geschichte von dem Morgenbrot, das die Eid-
genossen ihren Feinden darreichen. Es mag unausgemacht bleiben, ob
sich an dieses Bild noch die Erzählung von Facten angereiht hat oder
Leopold Hl. und die Schweizer ßundf, v. 0. lßren%, 3a5
nicht, gewiss scheint das, dass wir also hier in dem grorwen angeblich
Halbsuter'schen Gedicht zwei kleinere Ganze gefunden haben, von denen
das eine urkundlich beglaubt ist, das andere durch die sprechende Ähn-
lichkeit mit dem Jetztern erschlossen werden konnte. Wir wollen das
erstere unter dem Titel der «Beichte,' das andere unter dem des «Mor-
genbrots* kennzeichnen. Die Einfachheit ohne epische Darlegung der Er-
eignisse charakterisiert sie beide; und von diesen beiden kleinen Lie-
dern unterscheiden sich wesentlich die Strophen des Halbsuter'schen Ge-
dichtes, welche mit gröfster Ausführlichkeit eine Reihe von Ereignissen
mit epischer Behaglichkeit schildern.
Nun mag man versuchen Strophe 1—5 inclusive 14—21, 26 — 30,
37 — 65 mi( Ausschluss von 41 nach einander fortzulesen, so zweiflcn wir
nicht, dass man den richtigen Eindruck eines innerlich abgeschlossenen
epischen Gedichtes von der Schlacht bei Sempacb haben wird. Die Strophen
6 31, 32, 41, 56—66 bleiben dann allerdings als Verbindungs- und Mittel-
glieder unerklärt, sie erscheinen als die Zuthaten des letzten Bearbeiters, dir
sich unter dem Namen Halbsuter's verbirgt, und werden aus den alteren
Bestandth eilen auszuscheiden sein *). Die Strophe 6 wird gerne aufgegeben
werden; 31, 32, 41 dagegen müssen aus dem Grund ausgeschieden werden,
weil sich da Reminiscenzen an die Bilder aus der «Beichte* finden, die
nur dem letzten Bedacteur, der die Theile in der Hand hielt, geläufig
sein konnten. Ebenso beruhen die letzten 10 Strophen auf Anklangen
oder Nachbildungen der «Beichte.* Auch findet sich Strophe 13, ein Theil
von 12 und 14 des letztem Liedes, wie wir schon oben gezeigt haben,
in diesem letzten Theile des grofsen Gedichtes wörtlich wieder vor.
Auch von dem «Morgenbrot' sehen wir eine Reminiscenz in der Bemer-
kung: «bettinds zmäyen lau sine so war inn nit gschechen wee.'
Wenn wir nun das Resultat dieser Ontersuchung zusammenfassen *),
so spricht es sich in folgenden Sätzen aus:
1. Das durch Tschudi zuerst mitgetheilte Gedicht, welches an
seinem Ende dem Haibsuter von Luzern zugeschrieben wird, ist eine
Recension mehrerer älterer Gedichte Ober die Schlacht von Sempach.
2. Von den einzelnen Theilen dieses ganzen Gedichtes lassen sich
drei deutlich als in sich zusammenhängend aber unter einander ohne Zu-
sammenhang unterscheiden.
3. Davon sind zwei, die wir unter dem Titel der Beichte und des
Morgenbrotes bezeichnet haben, kleine volksthumliche nur das Resultat
des Kampfes in's Auge fassende Lieder augenscheinlich sehr alt, und
eines davon auch handschriftlich und durch die Autorität des Russ als
ursprünglich beglaubigt
4. Ein drittes, eigentlich historisches kunstmäfsiges Lied, schildert
in breitester epischer Weise den Hergang der Schlacht.
5. Diese gesammten Lieder sind durch die Hand eines spätem
Bedtcteurs in ungeschickter Weise vereinigt und auf den Namen Halb-
futer's von Luzern geschrieben worden.
6. Von einer gewissen absichtlichen Mystification wird man den
Redacteur des Liedes hiebei nicht freisprechen können, — hätte er genau
fein wollen, so hätte er sagen müssen, was in einem ähnlichen Falle
*) Nur als eine Wahrscheinlichkeit mag man es annehmen, dass der
Verfasser eines der beiden altem Theile, der «Beichte' oder des
«Morgenbrotes' Haibsuter aus Luzern gewesen ist, dass aber der
Redacteur des Liedes, wie es von Tschudi mitgetheilt wird, diesen
f&r den Verfasser der zusamroengefalsten drei Theile, also seiner
eigenen Arbeit ausgegeben.
*) Eine ausfuhrlichere Begründung denke ich demnächst noch in
Prof. Pfeiflfer's Germania zu geben.
Z«it«ehrift f. a. 3«terr. Oymnat. IRÖO. IV u V ll^ff. 22
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l^p^^^ru iMflKT TOT d(f SctiUcbt At GfVvi^^bfd kälte« a«f 4m laie«
4fiHb >ii>>iemrtM»»» ond «Mftrad >fgficlKr fnf f ä^crMtstcr uad fünf
«ve U^rt^* %\u «feilt. diM ait dief«« Cioibku Gebete 4gt Eidgenossen
MN «» «Mir tm 1b»atfalj«cbfr EDrcf brzwrckt M, weil n d«r TOfber-
I^MMfidM Mf*»^^ ab Go?»«*ti dam die Ritter ovr Boiaesworte gegeii
di« «Butlern* tub^m, Ciyl gerade liiebei woHeo wir auHi aicM die Be-
mnkunfi tmU;rdrneken, daM obetliaapt die ▼orsteDong. als lial>e sich in
dl^Ui» fkthwfittrkimpUm das Bewafttvin des Baaers ge^^enaber der
H^^frwdiaft ireregt. «<;hr ftarfc in diesem biftonschen Epos daretisebls»-
fn«ft '- p'ui^. Voritl^liiJng, die sich in den Chroniken erst im t6. Jabr-
hfindert findet und die onzweifelhaft nach der Analoi^ie der Baoernkriege
•f«h firMdA hnX, ftfuet mtKs aU Töllig anhistorisch die Behauptung
de« Uedi)« frksnnt werden, daw das gerammte österreichische Heer ab>
ReMUdf^n «ef und 6n%% die Ritter sSmmIlich zu Rufs gekämpft hätten. Die
lAf^hridit dei ffemparher Briefen und die Notiz in Hagen's Chronik, dass
einige voreilig grflohen Neicn, läsflt das Gegentheil sehliersen , und es
WMr« fffhwitr %\\ errathen , warum die Eidgenossen ein eigenes Gesetz
Itmpaoher BrieO xii geben fiSr nöthig gefunden hätten . wenn die
Leopold \\\. und die Schweizer Büiidf, v. 0. Lorem%. 307
RiUer alle tu Fur»e kämpfend umgekomnien wären, vgl. auch Suchen-
wiri Strophe 17. Aber der angebliche Halbsutcr lässl in der That nur
einen einzigen entkommen: «E in herre was entrunnen/ und auch dieser
geht auf der Fahrt über den See zu Grunde.
Alle diese Nachrichten sind so thöricht, dass man nicht glauben
kann ein dem Ereignis nahestehender hätte sie seinen Landslcuten mit-
theilen können. Pas Gedicht schliefst endlich damit , dass ein Bote die
Herzogin von Österreich ?on dem Tode ihres Gemals unterrichtet, den
sie jbeweint und in Königsfelden zu begraben dann Befehl gibt. Von
seioem Tode habe man am Rhein die Bemerkung gemacht: «in, um
und auf dem seinigen sei Herzog Leopold ersehlagen worden,* dazu
setae der Verfasser noch hinzu; «^wär er daheim geblieben, so hätte
ibia niemand leids gethan.*
Diese Umstände durften genügen, um den ganzen historischeu
Werth dieses Liedes in das richtige Licht zu stellen. Zwei kleine Momente
aber haben wir noch unberührt gelassen, welche etwas sehr eigenthüm-
liches enthalten, und welche vielleicht über die Zeit der Entstehung des
historischen Liedes Auskunft geben können. In Strophe 18 findet sich die
Notiz, dass die Ritler von ihren Schuhen die Schnäbel abgehauen hätten.
Und in Strophe 54 wird die von allen spätem Chroniken begierig mit-
getheilte Nachricht auch hier vorgeführt, dass zwei Wagen mit Stricken
dem Herzog von Österreich gefolgt seien, zu dem Zwecke, um alle Eidge-
nossen daran zu henken. Nun finden wir, dass diese beiden doch nichts
weniger als bedeutenden Züge fast wörtlich auch in Rufs's Chronik er-
wähnt werden. Die Frage ist also, bat RuCs das historische Lied , oder
das Lied die Chronik von Rufs gekannt? Dass das letztere der Fall,
scheint ganz evident nachweisbar zu sein. Wir wollen uns nicht auf
die groCieo Ereignisse berufen, welche Rufs alle nicht kennt, wiewo]
sie in dem Uede höchst bedeutend gemacht werden, und wiewol Rufs
mit dem gröf^ten Fleifse alle N<ichrichten über die Schlacht von Sem-
pacb zusammengetragen hat. Vielmehr scheint sich die Sache aus einem
kleinem unverfänglichem Dmstand mit mehr Sicherheit zu ergeben.
Rufs bat sich grofse Mühe genommen die Anzahl der auf österreichischer
Seite gefallenen festzustellen, und es ist sehr erklärlich, dass er da nicht
sparsam ist; er fugt widerholt bei «und noch viele andere,' auch wenn
er keine Namen weiter anzugeben weifs. Dennoch wagt er nicht eine
Gesammtsumme als bekannt vorauszusetzen. Anders unser Lied. Dieses
weifs natürlich mit der gröfsten Genauigkeit anzugeben, dass über 600
Mann auf der Wahlstatt geblieben seien. Wenn man also auch behaup-
ten wollte, Ruls habe alle die vielen Einzelheiten, die das Epos ihm
hätte darbieten können, aus irgend welchen Gründen ignoriert — diese
eine Notiz von den 600 gefallenen Österreichern hätte er sich gewiss
nicht entgehen lassen ; danach würde er begierig gegriffen haben, wenn
ihm das historische Lied bekannt gewesen wäre. Da aber dies nicht
der Fall war, so bleibt wol nur übrig anzunehmen , dass die Schuh-
Schnäbel und die Stricke jtum henken ihre Quelle in Rufsen's Chronik
selbst haben, und dass das historische Epos von der Schlacht bei Sem-
pach eine sehr späte Arbeit ist.
Nun dürfte man mit einiger Sicherheit ein Drtheil über den Haupt-
beiden des Liedes über Winkelried gewinnen. Wir glauben uns nach
allem vorausgeschickten kurz fassen zu können; denn alle Geschichts-
schreiber schweigen mit Beharrlichkeit von dem Opfertod des VVinkelried.
Die drei Geschichtsschreiber, die hier entscheidend sind, wollen wir ihrem
ganzen Werthe nach hier nicht bcurtheilen. Justinger, Buss und Etterlin
geben alle drei ziemlich ausführliche Besehreibungen von der Schlacht
bei Seropach. Davon ist «ier erste dem Ereignisse der Zeit nach, die
beiden letztern sind dem Orte nach sehr nahe stehend. Sie schreiben
22*
906 Leopold 111. und die Schweizer Bünde, ▼. 0. Loretn.
alle io ewer gaox bestimmt ausgetpfoehenen Färbung, sind alle Ton
Herzen anti-Osterreicbisch und lieben es alle drei Sagen und Gesebichten
ans allen Winkeln der Scbweiz, wenn sie aucb nur einigerraafeen glaub-
würdig sind, zusammenzosucben. Ton einer eigentiicben Cnbekanntschaft
mit Nachrichten, die anderen ihrer Zeitgenossen gelau6g gewesen sind,
kann bei Ereignissen die auf so kleinem Raum Tor sieh gegangen waren,
kaum die Rede sein. Wenn ein bedeutendes Ereignis wie das, welches
das Lied Ton Winkelried erzahlt, überhaupt bekannt gewesen wäre, so
wSre es eine Thorheit zu meinen, dass es nur diesen drei Oeschichts-
Schreibern unbekannt gehlieben sei. Wir stellen einfadi ein Dilemma
auf. Entweder bat Winkelried die Schlacht entschieden, und es ist das,
was das Lied sagt, eine allgemein bekannte Sache gewesen, oder das
Lied erzahlt etwas sonst gänzlich unbekanntes, und dann kann es doch
unmöglich um etwas bedeutendes sich handeln.
Es scheint nun wirklich, dass im 16. Jahrhundert noch gar wenige in
der Kenntnis dessen gewesen sind, was nachher so fest geglaubt worden
ist; denn auch eine Constanzer Chronik der Wiener Hofbibl., die aus dem
Ende des 14. oder Anfang des 15. Jahrhunderts über die Schlacht be-
richtet, weifs nichts von Winkelried *), und eine andere handschriftliche
Schweizer Geschichte, die ich zufallig kenne, weifs auch im 16. Jahr-
hundert noch nichts von den Ereignissen, die in dem historischen Liede
berichtet sind. Bei alledem sehen wir ganz ab von den österreichischen
Berichten y deren Schweigen als PaHeilicbkeit aufgefasst werden würde.
Nun ist es aber doch auch in der That ein eigeuthümliches Verhältnis
mit den Winkelried's. Es ist ein Rittergeschlecht uod da ist es denn
gewiss auffallend, dass Tschudi einen Winkelried in dem Kreise der
otliverschwomen auftreten lasst, und da grobes Lob für den Mann von
Adel hat, der mit den Landleuten znsammenhalt, I. 23A. Auch im Jahre
lt91 soll Heinrich Winkelried am Bund der Landleute Theil genommen
haben, obwol man da überhaupt auch nicht einen einzigen Namen ur-
kundlich genannt findel. Dann aber vor allem ist der Drachentödter
Winkelried eine Persönlichkeit, welche hoch gefeiert wurde. Nun darf
man fragen: was weiss man näheres von dem Sieger von Sempach?
Allein hier stocken wir schon, denn wir wissen überhaupt nicht, von
welchem Winkelried — es gibt ihrer sehr viele, das Lied eigentlich
redet. Hat man in einem ursprünglichen Gedicht überhaupt je eine
Angabe gefunden wie diese: «Ein Winkelried*? Wenn man es sich so
leicht sein lasst wie Tschudi , der aus den bekannten Urkunden jener
Zeit schnell einen Arnold Schrutthahn (ein Beiname eines der ältesten
Winkelried's) zurecht gemacht, so mag man Leichtgläubige auch dazu
bringen, in einen Stammbaum der Winkelriede zu Arnold Winkelried ge-
trost das Sterbejahr zu setzen (vgl. Zürcher antiquar. Mittheilg. IX. %. kS).
Doch wollen wir in der Tbat der Tradition nicht so nahe treten, als
sollte nicht wirklich irgend e i n Winkelried in der Schlacht bei Sempach
in ehrenvoller Weise den Tod gefunden haben. Gewisse Erinnerungen
der Familie, zu deren Verherrlichung wol das historische Lied haupt-
sächlich dienen musste, mögen hier vorhanden gewesen sein, unter den
Einwirkungen des besseren Geschmackes, den die classischen Studien
im fünfzehnten Jahrhundert gebracht haben, wurden sie dann zu der
Darstellung zusam menge fasst , deren wenig gewissenhafte Art wol im
übrigen klar geworden sein dürfte.
*) Gütige Mittheilung des Hrn. Prof. Pfeiffer.
Leopold 111. oDil die Schweizer Bünde, v. 0, Lorem%. a09
E X c u r 8 III.
Die Registratur in Baden im Argau.
Es ist bekannt, dass die österreichischen Herxoge in Baden im
Argau ein grofses Archiv halten, welches im Jahre 1416 , da die Veste
von den Eidgenossen eingenommen worden ist, hinweggefuhrt und in
bedauemswerther Weise zerstreut wurde. Nur Register und Protocolie,
die sich gegenwärtig in Wien im k. k. geh. Staatsarchive befinden, geben
Zeugnis von der grofsen Reichhaltigkeit dieser schweizerisch-österreichi-
seben Registratur des Mittelalters. Auf welche Art nun diese Register
und Proiocolle im Besitz der österreichischen Herrschaft geblieben sind,
laset sich nicht sagen. Es ist möglich, dass sie nachtraglich von den
Schweizern zurückgestellt wurden. Da man aber aus den Verhandlungen,
die über die Rückgabe des ürbarbuchs geführt worden sind, schon er-
sieht, wie wenig die Eidgenossen zur Auslieferung solcher Dinge sich
bestimmen lassen wollten (vgl. Pfeiffer: Das Uabsb. österr. Crbarbueh.
Vorrede S. XI ff.), so wird man auch annehmen können, dass diese
merkwürdigen Bücher vielleicht von den Österreichern selbst bei der
Obergabe der Ve&te gerettet worden sind. Man kann sich vorstellen,
wie ein für seine Urkunden begeisterter Notar den freien Abzug be-
nutzen mochte, um wenigstens diese alten Register unbemerkt den Hän-
den der Feinde zu entreißen. Besonders deshalb musste der Besitz d^rr
selben von Werth sein, weil man auf Grundlage derselben in bessern
Zeiten die Acten selbst requirieren zu können hoffen durfte.
Die beiden Register, welche $len (Irkundenschatz , nach Locaten
geordnet, verzeichnen, hat Kopp i^ seiner Gesch. der eidg. Bünde be-
nützt und hat Auszüge daraus in Band 11. 738 und V. 1. 497 gegeben.
Aber es ist sehr zu bedauern, dass er eine so ungenaue Beschreibung
davon gemacht hat, welche vieles unklar lässt Das eine Register ist
im Jahre 1384 auf Leopold's Befehl von dem Notar Rudigerus abgefasst
und verzeiehnet nach den mit Buchstaben oder andern Zeichen versehenen
Laden des Archivs die gesammten Urkunden. Man sieht da recht deutlich
die Einrichtung eines alten Archivs. Da die Buchstaben nicht mehr aus-
reichten, so hat man allerlei Merkmale den einzelnen Kisten aufgedrückt:
Einen Stiefel oder eine Krone . ein Schwert oder einen Kopf u. dgl. m.
Was sich in einer Kiste fand, ward unter dem gleichen Zeichen in das
Register geschrieben. Die Kisten liefen nicht nach chronologischer Ord-
nung, sondern sachlich geordnet fort. Meistens sind die Urkunden, die
einen bestimmten sachlichen Zusammenhang haben , in eine Kiste zu-
sammengelegt und Raum gelassen für weiteres dazu gehörendes. Das
Register vom Jahre 1384, welches im ganzen 70 Foll. enthalt, wovon
die ersten 63 von einer und weitere sieben von einer späteren Hand
beschrieben sind, scheint aber im 15. Jahrhundert zu klein geworden
zu sein. Und der Fortschritt, der sich ja auf keinem Gebiete menschlicher
Thatigkeit deutlicher erkennen Jässt , als auf dem des Schreiber- und
Kanzleiwesens, forderte gebieterisch ein neues Register, welches in zcit-
gemifser Erweiterung 106 Foll. erhielt, und mit dem Pergament einer
unbrauchbar gewordenen päpstlichen Bulle eingebunden worden ist. Es
wurde natürlich ganz so eingerichtet wie das frühere, nur dass eine
grofse Anzahl Laden mehr verzeichnet ist, und dass die goldene Regel
als Maxime vorausgeschickt wird , dass wer etwas aus einer Lade her-
ausnimmt es an demselben Ort wieder einzulegen habe. Hier findet
sieh dann auch die Notiz von der «gebaren trukhen.* in welcher das Ur-
barbach aufbewahrt ist. Dass bei Fol. 70 eine neue Hand beginne , ist
'310 Aus drt Sciraie, ▼. W. TL iUftei.
dorrbaas unrkbtig. Dieser IrrthuB ist daraus entstanden, dass bis
FoL 70 die Abscbrift des alten Leopoldiniscben Registers reicbt, von da
an aber die später zugewachsenen ArefaiTSstücke Terzeichnei werden.
So genau uie bri dem Leopoldiniscben kann man oun freilieb nicbt sagen,
wann dieses zweite Register gmarht isL ledonfalh tot 14ld, das ist
klar; denn nach der Tbeilung des Archivs hätten die Zeichen keinen
Wetth und Sino mehr gehabt Wenn auten von Ticl späterer Hand
14tt auf den I3mschlag gcscfariebeB worden ist, so ist dies ein Irrthnm
eines Registraaten des 17. oder 18. Jahrhonderts. Die späteste ver-
leichnete Crkunde ist von Freitag nach SL Michael 14«ft.
Aber neben den Verzeichnissen dieser Art verwahrte das fertge-
sehrittene kanzleiwesen in Baden im Argau eine An von FrotoeoHee,
wo bestimmte Geschäftsstöcke zmanmiengeKhriebeii worden sinds das
mir bekannte enthält fonfiehn FolL» wovon die ersten blofe Urkunden
erkennen lassen, die sich auf das Rechnungswesen Leopolds Ul., auf
Sachen der vorderösterreichisdieB Kammer bezogen haben. Da in diesem
Verzeichnis zum Cnterschiede von den früher genannten Registern die
Urkunden datiert sind, so werden die verloren gegangenen durch das-
selbe fast vollkommen ersetzt Das Register, dM durch seine Einrich-
tung und Anordnung interessant ist, besteht eigenlUch ans twei Theilen«
obwol es ganz von derselt>en lland geschrieben ist Der erste Theil ent-
hält eine Anzahl durchaus bbher unbekannter Urkunden, welche zu lYach-
trägen für Lichnowsky 's Regesten benützt werden können, der zweite Theil
▼erzeichuet ohne Hinzufdgung des Datums eine Reihe thefls im Original,
theils durch die früher genannten Register bereits bekannt gewordener
Briefe; einige von den Kaisem konrad III., Heinrich VII., Ludwig, Karl IV.
u. V. a. Jedenblls geben alle diese Aetenstncke Zeugnis von der Thätigkeil
der Registratur in Baden und dürften meine oben gemachte BetterkuDg
ober das Kanzleiwesen Herzog Leopold III. zur genüge rechtfertigen.
Wien. Ottocar Lorenz.
Aus der Schale.
Bei der Bedeutsamkeit, welrhe die Mitlelschaleii fuv die
Bnlwickelang und Geslailung des Volkslebens haben, nnussfe es
für Österreich ein vielfach entscheidender Augenblick sein, als
das neue Uaterrichlsgeselz für Gymnasien vollständig in das Leben
trat. Doch ist es leicht erklärlich^ daas ein so enUchiedener
Bruch mit dem alten nicht ohne vielfachen Widerstand vor sich
gehen konnte; auch jetzt ist dersilbe noch nicht völlig bewilligt.
Und es ist gut, wenn die Meinungen allseilig sich aussprechen;
selten ist der Sireit von der Art, dass man nicht auch von der
Opposition etwas lernen könnte. Auch das vollkoramensle Werk,
das der MenschenkrafI seinen Ursprung verdankt, ist oft nicht
frei von Schattenseiten; es bedarf der Verbesserung und Forl-
bildung. Was insbesondere das Unterrichlssystem anbelangt, so
muss es den äuiseren Verhältnissen entsprechende Rechnung tragen,
sowie dem Geiste, der die Zeit bewegt; selbst die Voik^einung
darf bei dem Umstände, da^s die Wirksamkeit des Lehrers nur
Im Einverständnisse mit der erziehenden Thätigkeil des Hausens
völlig gelingen kann, nicht ganz ohne Berücksichtigung bleiben.
Übrigens ist ja diese Wirksamkeit, insofern sie wesentlich Er-
xiehiMg ist, bedingt durch die Keontnis der höheren Menschen-
Aus der Schule, v. W. 2. ^ftel Sil
natur, die eben entwickelt und herangebildet werden soll. Nun
ist aber das Gebiet des höheren Henscheokbens noch lange nicht
so aufgehellt, wie es wol zu wünschen wäre; es ist noch viel-
fiich ein unbekanntes Land, jedenfalls der umfassendste Schau-
platz fär menschliche Forschung. In dem Grade nun, in welchem
dit'se Forschung vorwärts schreitet, muss auch die Weise der
Erziehung, als eine der praktischen Anwendungen derselben,
sich mehr klären, näher bestimmen und erweitem.
Die folgenden Bemerkungen sind nicht im Entferntesten be-
stimmt, den hier angeregten Gegenstand zu erschöpfen; die-
selben berühren nur einige hervorragende Puncte. Cbrigens sind
sie individuelle Ansichten, aus vieljähriger Lehrerthätigkeit her-
vorgegangen, und sollen eben nur als solche gelten.
I.
Das erste, was dem denkenden Beobachter sich darstellt,
ist die — allerdings vollkommen begründete — ungewöhnlich
tengc Frist, in welcher die Gymnaialstudien sich vollenden. Acht
Jahre — welch' eine Zeit! Es ist ein reichliches Drittel der
ganzen Jugend, und die Jahre derselben müssen theilweise zu
den schönsten des Lebens gezählt werden. Dem Kindesalter kaum
entwachsen^ betritt man die Schwelle des Gymnasiums und als
werdender Mann verlässt man die Anstalt. Bedenkt man, wie
in dieser Periode die Jugend nicht nur körperlich, sondern auch
geistig in beständigem Wachsen begriffen ist, d. h. in fortwäh-
render Wandelung, in unaufhörlicher Strömung — be-
denkt man, wie rasch nicht selten die einzelnen Phasen dieser
Wandelung vor sich gehen, so rasch, dass der kundige Beob-
achter denselben Schüler in nicht gar langer Frist geistig kaum
wieder erkennt; so lässt sich ermessen, wie schwer eich allge-
meine Regeln für die Methode des Gymnasialunlerrichtes geben
lassen, und wie bedeutend die Modificationen sein müssen, die in
den verschiedenen Phasen des langen Zeitraumes einzutreten haben.
Allerdings erkennt unsere Studienordnung dies an, und hat daher
dieaen Zeitraum in zwei grofse Hälften getheilt; allein auch vier
Jahre sind im Leben der heranwachsenden Jugend eine sehr
lange Frist, und es wird die Aufgabe des denkenden Lehrers
sein müssen — keine kleine Aufgabe! -^ innerhalb den von
dem Studienplane gezogenen Grenzen den sich ergebenden Verän-
derungen gemäüs seine Handlungsweise einzurichten.
Es wird somit anerkannt, dass es in Unterricht und Me-
thode einen bedeutenden Unterschied mache, ob der Schtler in
der Prima und Secunda, oder in der Septima und Octava, d«h.
ein Knabe von 10 bis 12 Jahren oder ein Jüngling von 18 bis
SO Jahren ist$ sind doch im jetzigen Gymnasium drei ehemalige
Stufen des Unterrichtes, die Grammaticalclassen, die Humanitäts-
dassen nnd die philosophische Lehranstalt enthalten! Und dennoch
Sit Aus dir Schule, v. W. Z, Refsei.
werden die Lehrer der obengenannten Classen ganz auf gleiche
Linie gestellt ! Man verlangt von dem Lehrer der Septima und
Octava ebenso wie von dem der Prima und Secunda wöchentlich
17_20 Stunden; es wird also angenommen, dass eine Slunde in
der Septima und Octava ganz von derselben Bedeutung sei, wie
in der Prima und Secunda.
In Preufsen ist man noch weiter gegangen, wo man in der
Belastung von Lehrer und Schüler das iufserste gethan hat,
was ül)erhaupt möglich war. Es wird, indem ich dies be-
merke, durchaus nicht beabsichtigt, die Lehrer der unteren Classen
in ihrer Stellung zu beeinträchtigen; aber die auCseren For-
derungen können nicht dieselben sein. Es muss zugestanden
werden, dass eine ganz andere wissenschaftliche Vorbereitung
nöthig ist, einem Jünglinge von 18 bis 20 Jahren etwas neues
und interessantes zu sagen, als einem Knaben von 10 bis 12 Jahren.
Es kann doch kaum als gleichgeltend angenommen werden, die
Elemente der classischen Spractoi beibringen oder einige gram-
matische Formen einüben, und den Horaz oder Virgil, den So-
phokles oder Piaton zu erklaren. Im ersten Falle ist eine ober-
flächliche Kenntnis der Sprache immerhin ausreichend; dass aber
eine solche im zweiten Falle nicht genügen könne, dürfte wol
nicht nöthig sein nachzuweisen. Das Minimum der Anforderungen,
das man an den Kenner einer Sprache machen kann, ist wol,
dass er ein in denselben geschriebenes prosaisches Buch ohne
Anstofe lesen kann; was aber dies z. B. bei dem auCserordent-
liehen Reichthume der griechischen Sprache zu bedeuten habe,
wird jeder einsehen. Doch langt dies bekanntlich bei dem Lehrer
der höheren Gymnasialclassen bei weitem nicht hin , insofern ja
die Sprache hier nicht Selbstzweck, sondern nur Mittel ist. Der
Lehrer soll ein Stück griechischen Geisteslebens vor dem Schüler
vorüber führen; um aber denTheilzu kennen und zu würdigen,
muss er früher das Ganze wohl erforscht haben, und das blofse,
einfache Vorüberführen genügt nicht; er muss tiefer in jenes
Leben eindringen, damit die Flamme desselben den Geist der
Jugend erleuchte, erwärme und kräflige. Dazu gehört aber nicht
nur ein umfassendes materielles Studium, sondern — was noch
mehr sagen will — eine vollendete geistige Reife! — Ähn-
liches tiefte sich auch iii Beziehung auf die übrigen Gegenstände
anführen. Kaum dürfte es nöthig sein auf den unermesslichen
Umfang dessen hinzudeuten, was heul zu Tage der Name ^^Natur-
wissenschaft en>^ umfasst; und ein oberflächliches Wissen in
denselben w ird wol niemand in Beziehung auf die höheren Classen
für genügend halten. Was die deutsche Sprache anbelangt, so
hat der Leh rer in den höchsten Classen es dahinzubringen, dass
der Schüler im Stande sei, in Beziehung auf einen, im Kreise
seines Denkens liegenden Gegenstand ein organisches, bis zu einem
bedeutenden Grade in sich vollendetes Gedankenganzes zu
Aus der Schule, v. W. Z. Ref^tU %\%
schaffen; was aber dies bedeute, wird jeder einsehen, der nur
eine Ahnung von der Sache hat, um welche es sich hier handelt.
Dass der Lehrer der Geschichte in den höheren, namentlich in den
beiden höchsten Classen sich nicht begnügen dürfe, das Stoffliche
dieser Wissenschaft vor dem Geiste des Schülers auszubreiten,
sondern, soweit dies auf dem geistigen Standpuncte desselben
möglich ist, auch auf das Verständnis des Geschehenen hin-
arbeiten müsse, durfte wol kaum Jemand ernstlich in Zweifel
ziehen; nur so kann der geschichtliche Unterricht werden, was
derselbe für die heranreifende Jugend sein soll, ein Bildungs-
mittel für Geist und Herz, und eine höchst erspriebliche Vor-
schule für das Leben. Auch ist das Ziel, wenn es nicht zu hoch
gesteckt wird, wol erreichbar. Dazu gehört aber von Seite des
Lehrers selbst ein klares Verständnis der Geschichte — eine Auf-
gabe, die aufserordentlich schwer ist, und um gelöst zu werden,
ein langes, ernstes und allseitiges Streben erfordert —
weit mehr, als z. B. nöthig ist, um aus einer Anzahl von Quellen-
schriften eine Reihe geschichtlicher Notizen zu einem historischen
Sammelwerke zusammenzustellen.
Dazu kommt noch ein anderer Umstand. Der Schüler der
unteren Classen ist nicht nur in dem besondem Fache des Lehrers,
sondern auch in allen übrigen Gegenständen ein Neuling; bei ihm
lässt sich wenig voraussetzen. Anders ist es mit dem Schüler
der höheren Classen; er hat nicht nur durch längeren Unterricht,
sondern auch vielleicht durch Lesung oder eigene Erfahrung sich
mannigfache Kenntnisse erworben. Der Lehrer darf sich keine
Blölsen geben; er kann sich in seinen Studien mit seinem eigent-
lichen Fache nicht begnügen, sondern muss in bedeutendem Grade
eine allgemeine Bildung haben. Zudem greifen ja die Ge-
genstände in einer Weise ineinander, dass eine nähere Kenntnis
der verwandten unentbehrlich wird; ja eine entsprechende Berück-
sichtigung der Nachbargebiete des Wissens gibt dem Vortrage
Mannigfaltigkeit, erweitert den Blick des Schülers zu umfassender
Oberschau und gibt Gelegenheit zu freierer, allseitig sich ent-
wickelnder geistiger Thätigkeit. Auch liegt bekanntlich ein solches
Zusammenwirken in den Zwecken des Gymnasiums als einer Mit-
telschule; die einzelnen Strebensrichtungen sollen nicht neben-
einander hinlaufen, sondern, soweit dies möglich, ineinander
eingreifen, so dass in dem Schüler eine allseitige, harmonisch
geordnete, organisch entwickelte Gesammtbildung erwachse.
Allen diesen erhöhten Forderungen zu genügen, hat der
Lehrer der oberen Classen eben auch nur vier und zwanzig
Stunden während des Tages zur Verfügung. Es ergibt sich somit,
dass eine stufenweise Verminderung der Lehrstunden
für die oberen Classen wol zu wünschen wäre. Es ist bekannt,
in weich' weitem Abstände in dieser Hinsicht die frühere phi-
losophische Lehranstalt sich bewegte.
314 Aus der Schule, v. IK Z, RefteL
Doch höre ich einen Einwurf« ^^Wol wahr, das« der Lehrer
der oberen Cla«sen eines höheren Mafees von Wissen bedarf.
Dafür ist aber seine psedagogische Thätigkeit eine leichtere..
Denn je tiefer der Lehrer zu den Kleinen hinabsteigt, desto mehr
ist sein Wirken Erziehung; während man den reiferen Schüler
in fortschreitendem Mafse sich selbst überlassen kann, muss der
Lehrer des Kindes oder des Knaben beinahe alles thun. Somit
dürfte sich der Unterschied beider Verhältnisse so ziemlich aus-
gleichen.^ — Es ist dies ein Umstand, der namentlich von den
tfäanern des Yolksunterrichtes geltend gemacht worden Ist
Ein solcher Einwurf zeugt -— ich will nicht sagen von Ober-
flächlichkeit — von völliger Unkenntnis der Sadie, um die es
sich handelt. Es kann nichts nachtheiliger für den Lehrerberuf
sein, als anzunehmen, der Lehrer z. B. an der Hochschule, habe
nichts anderes zu thun, als sein Wissen einfach vor seinem Hörer-
kreise auszubreiten, wie der Kaufmann seine Ware; die Erfah-
rung lehrt, wie außerordentlich verschieden die Erfolge sind,
je nachdem mit dem Umfange und der Tiefe des Wissens auch
die pcedagogischeKunst verbunden ist. Ja, nicht allein dort,
sondern überall^ wo es gilt auf Menschen einzuwirken und sie
au lenken , ist eine gewisse Art von Psedagogik — im weitesten
Sinne dieses Wortes — nöthig; es bedarf sie der Chef eines
Handelshauses oder einer gröberen gewerblichen Anstalt nicht
minder als der Leiter eines politischen, kirchlichen oder militäri-
schen Verwallungszweiges, und die Geschichte liefert aus allen
Zeiten zahlreiche Beispiele, wie ausgezeichnete Männer Vor-
zugs weise dadurch eine grofse Rolle spielten, dass sie tie-
fere Blicke in die Menschennatur thaten und die so gewonnene
Kenntnis mit kluger Umsicht zu benützen wufsten. Darum ist
Erziehung auf den höheren wie auf den niederen Stufen des Un-
terrichtes nöthig, nur freilich eine andere und jedenfalls — eine
schwerere^
Allerdings muss zugestanden werden, dass der Erzieher
von Kindern und Knaben in mancher Hinsicht mehr Ihun muss,
als der Führer von Jünglingen und jungen Männern; allein dies
ist bei weitem nicht in der Ausdehnung der Fall, \vi weteher
es oft genommen wird; jenes System der Bevormundung, wel-
ches in dem Kinde und dem Knaben nur einen willenk)sen Thon-
khimpen sieht, der beliebig zu formen ist^ widerspricht der hö-
heren Menschennalur und ist entschieden verderblich.
Demgemäls ist die Vielgeschäftigkeit dc4 Erziehers selten nöthig ;
es geht gewöhnlich von selbst weit besser, wenn man nur die
Kraft, auf welche es in dem gegebenen Falle ankommt, in genü-
gender Weise zu wecken versteht. — Und die Einwirkung ist
auf den unteren Stufen der menschlichen Entwickelung viel leichler.
Denn auf diesen Stufen ist der Mensch noch mehr physisches
Wesen, folgt somit in Miner inneren Bewegung mehr physischen
Aus der Schule, ^. fF. Z, BefM. 315
Ge^cteen,*d.h. solchen, wdche mit N othw endig ke i i wirken.
Die«e liegen ySIlig im Kreise mensohlicher Berechnung und können
mit voller Sicherheit des Erfolge« benützt werden» Das Wirken
des Ersiehers ist daher ein weit leichteres ab dort, wo die
freie Willenskraft mehr entwickelt ist, wo also der Erfolg
liöchstens mit Wahrscheinlichkeit termalhet, nie aber mit
Sicherheil vorausgesehen werden kann. — Femer ist die
Seele des Kindes ein unbeschriebenes Blatt; du kannst
den Raum ausfüllen wie du willst. Anders ist es bei dem Jung*
linge. Hier finden sich Eindrücke vor, die bleibend sich einge-
prägt, Ansichten, die fest sich eingewurzelt, Vorurtheile, die
Platz gewonnen haben; hier hat das neue nicht selten einen
Kampf mit dem alten zu bestehen, das seine Stelle behaupten
will. Besonders ist die sittliche Seite des Seelenlebens in's
Auge zu fassen ; dieselbe muss das Hauptaugenmerk jeder
Erziehung bilden, weil ein Gelingen auf diesem Gebiete Bedingung
und Grundlage aller übrigen Erfolge ist. Wer wird wol be-
haupten wollen, dass das Kind oder der Knabe, in dieser Hin-
sicht schwerer zu behandeln sei, als der JOhgling? Die gefähr-
lichste Periode in der ganzen Jugendzeit ist bekanntlich jener
Moment, in welchem der Knabe auniört und der Jungling beginnt;
hier ist der eigentliche Scheideweg zwischen Gut und Böse —
hier fallen so viele, um vielleicht nie wieder sich völlig zu er-
heben. Hier ist es, wo der Erzieher volle Gelegenheit und Ver-
pflichtung hat, seine schöne Kunst zu üben. — Zudem ist es ja
bekannt, wie die Jugend, Je minder entwickelt und daher auch
minder selbständig sie ist, um so vollständiger und ruckhalts-
loser sich der Führung überlässt; es gibt keine Auctorität der
Weif, welche in den Augen eines neun- bis zwölljährigen Knaben
der des Herrn Professors gleichkommt, natürlich, wenn dieser
sein Geschäft versteht. Anders ist es in den höheren Classen.
Hier schwindet allmählich der Nimbus, der den Lehrer sonst um-
geben, und der Schüler beginnt selbständig zu erwägen und zu
urtheilen; der Lehrer mu.*s des Schülers Achtung erworben
haben, wenn sein Wirken den vollen Einfluss üben soll, und die
Kritik, die von dieser Seite kommt, ist oft eine sehr scharfe
und eine sehr strenge. Und während der Knabe, don eben alles
neu ist, jede Beschäftigung gleichmäßig annimmt, falls sie nur
in einer seinem Charakter entsprechenden Weise ihm geboten wird,
so pflegt der reifere Schüler in der Regel zu prüfen und zu
wählen; er muss für den Gegenstand gewonnen werden, wenn
er mit Liebe demselben sich hingeben soll.
Daraus dürfte sich ergeben, dass die Erziehung beim Jüng-
linge nicht minder nöthig ist, als bei dem Knaben^ aber schwie-
riger; auch dürfte das klar sein, dass die Kunde des hö-
heren Menschen, die jedem Lehrer, welcher über das Hand-
werk sich erheben will, unerlässUch ist, bei dem Lehrer der hö-
316 Aus der Schul», v. W. Z. RefteL
herenClassen tiefer und umfassender sein muss, als bei dem der
unteren Kreise des Gymnasialunterrichtes. Da aber diese Kunde
eine' schwer zu erwerbende ist, und keine Frucht auf dem Felde
des Wissens dem Menschen mühelos in den Schos geworfen
wird — eine solche ist auch in der Regel ein unbrauchbarer
Schatz — sondern mit ganzer Kraft der Seele erstrebt und er-
rungen werden muss, so würde sich auch aus diesem Umstände
folgern lassen, dass dem Lehrer der höheren Classen eine Ver-
minderung der Lehrstunden wünschenswerth wäre, weil er nur
auf diese Weise die nöthige Mufse gewinnen kann, um den an-
gegebenen Verpflichtungen zu genügen.
Ich kann mich nicht enthalten, gelegentlich eine Bemerkung
hinzuzufügen. Aus Lehrerverzeichnissen an Gymnasien lässt sich
nicht selten ersehen, dass Lehrer gleichzeitig in sehr verschie-
denen Classen beschäftigt waren, z. B. an den höchsten Classen
des Obergymnasiums und zugleich in einer oder mehreren nie-
deren Classen des Untergymnasiums« Ich muss gestehen, dass ich
dies nicht begreifen kann. Es mag allerdings in mancher Hin-
sicht für den Lehrer an der Septima und Octava als Erholung
gelten, zu den Kleinen hinabzusteigen und mit ihnen zu ver-
kehren; allein ersprießlich für das Gedeihen des Unterrichtes
wird ein solches Verfahren kaum sein können (den Fall ausge*
nommen, wenn es sich um den Vortrag der reinen Mathematik
handelt, da Ideen und Sprache derselben in völlig eigenthüm-
iichem Kreise sich bewegen). Es ist bekannt, wie verschieden
in Beziehung auf Gedanken und Ausdruck die Rede ist, je nach-
dem dieselbe an höher oder minder Gebildete gerichtet ist; eine
Predigt z. B. wird ganz anders beschafl*en sein müssen, wenn
sie für einen Kreis gebildeter Zuhörer oder für das schlichte
Landvolk bestimmt ist (dort Begriffe, hier Anschauungen — dort
allgemeine Urtheile, hier specielle Fälle — dort umfassende Satz-
gefüge, hier einzelne Sätze u. s. w.)* Beide Arten der Rede, als
solche betrachtet, sind aber einander nicht untergeordnet, son-
dern beigeordnet, können in eigenthümlicher Weise zur
Kunst entwickelt werden und sollen dies auch, wenigstens
für diejenigen, deren Beruf eben in derselben besteht; eine solche
Bntwickelung ist aber nur durch ernste, allseitige Obung
möglich, die sich natürlich nicht auf die Schulstunde beschränken
kann. Der Lehrer muss auf dem Standpuncte, auf den er ge-
stellt worden ist, heimisch zu werden suchen. Und je ernster
er dieses Geschäft treibt, desto mehr wird sich seine ganze
Weise zu denken und zu sprechen dieser Sphäre anpassen; ein
Mann, der mit gebildeteren Kreisen zu verkehren pflegt, wird
bei gleicher Höhe der Bildung sich in dieser Hinsicht scharf
unterscheiden von jenem, der gewöhnlich mit Leuten minderer
geistiger Entwickelung umgeht. Es wird daher für einen solchen
Lehrer, wenn auch nicht unmöglich, so doch wenigstens schwer
Aus der Schule, v. IF. Z, ReM. 3t7
werden, mit dem Glockenschlape, der ihn z. B. aus der Octaya
in die Secunda ruft, seine ganze Denk- und Sprechweise völlig
zu wechseln (wie man statt des Winterrockes das Sommerkleid
anzieht); er wird in Gefahr kommen, entweder in der Secunda
nicht verstanden, oder in der Octava fad und langweilig zu
werden. — Auch die Behandlung der Schäler kann nicht
überall dieselbe sein; es kann nichls falscher sein, als die Schüler
aller Classen über einen Leisten schlagen zu wollen. Namentlich
ist dies in Beziehung auf die Septima und Octava der Fall, die
den Cbergang zur Universität bilden. Jene Bevormun-
dung z. B., die hinter jedem Schritt und Tritt des Schülers über-
wachend und rügend stehen zu müssen glaubt, kann vielleicht in
gewissen Verhaltnissen der unteren Classen ihre Berechtigung
finden, dürfte aber in den beiden obersten Classen schwerlich am
Platze sein; es ist vielmehr hier dem Schüler eine freiere Be-
wegung zu gestatten, damit er sich selbst bestimmen
lerne; kann er dies nicht, so ist er unreif, und wenn er
auch die glänzendste Maturitätsprüfung abgelegt hat.
IL
Es ist schon oft der Grundsatz aufgestellt worden, es
müsse in der Jugendbildung, soweit sie dem Kreise des öffent-
lichen Unterrichtes angehört, möglichst vieles, oder vielmehr
alles in der Schule geschehen, so dass der Privatthätigkeit ein
möglichst geringer Spielraum gelassen werde, welche sich höch-
stens als nebensächliche Ergänzung in der Anfertigung zeitwei-
liger Hausaufgaben äu&em dürfe. Ich muss mich gegen diesen
Grundsatz (der namentlich im preufsischen Unterrichtswesen mafs-
gebend gewesen zu sein scheint) mit aller Entschiedenheit er-
klären.
Es ist eine jedenfalls seltene Erscheinung , dass — in der
Erziehung der Individuen wie der Völker — die einfachsten, all-
bekannten Wahrheiten nicht beachtet werden. Wer kennt den
Grundsatz nicht, dass die Jugend vor allem zur Selbstthätigkeit
angehalten werden müsse ; ja man würde manchen zu beleidigen
glauben, wollte man ihm Unbekanntschaft mit der Grundmaxime
aller Paedagogik zumuthen. Und jener Grundsatz verdient diesen
Namen! Denn wenn es sich um die Entwickelung und Heran-
bildung der Menschen handelt, so muss doch vor allem das
Wesen derselben in's Auge gefasst werden; dieses muss ent-
faltet werden und zur allseitigen Gestaltung kommen, wenn die
Bildung eine naturgemälse und erfolgreiche sein soll. Das Wesen
des geistigen Menschen liegt aber in seiner Willenskraft.
Denn durch diese unterscheidet er sich vom Steine, d(T zu
seinen FüTsen rollt , sowie von dem belebten Naturwesen , dem
Thiere; während jener durch äufseren Anstols bewegt wird,
dieses durch einen Reiz, den ein äufserer Gegenstand auf das-
3ia Aus der Schule, v. W, Z. Refsel.
gelbe ausübt — Icann der Mensch den Grund der Bcwi^gung i n ,
sich selbst haben, er kann wollen. Dies ist entscheidend
für alle seine Verhaltnüsse, für seine ganze Entwickelung und
seine Bestimmung; sein ganzes Sein, und alles, was mit dem-
selben verbunden ist, zielt nach einem leuchtenden Puncte —
dass er wollen kann, dasa er frei ist. Und der Grad dieser
Freiheit, die Stufe nämlicJi, welche die Kraft zu wollen in ihrer.
EntWickelung erstiegen hat, bestimmt nicht nur den eigentlich<in
Werth des Menschen, sondern auch seine Stellung im Leben,
insofern diese Kraft Grundbedingung jeder erfolgreichen Thätig-
keit ist; allein sie geht auch über die Grenzen dieses Daseins
hinaus, und bestimmt, falls sie auf das Gute gerichtet ist, alle
seine HoffnungeD für die Zukunft.
Ich sage «Stufe dieser Entwickelung.^' Denn jedes Vermögen
im Menschen muss geweckt werden, wenn es zum Leben kom-
men soll Es rouss fortwährend in Thätigkeit erbalten, geübt
werden, es ermattet sonst und erlischt endlich, wie die Flamme,
welcher die Nahrung entzogen worden ist. \Vie aber in dieser
Selbstbewegung, in dem Wollen das eigentliche Leben d(s
Geistes besteht, so ist das Erlöschen desselben des Geistes Tod;
denn nur so können Geister sterben! Es ist das furcht-
barste Loos, das ein geistiges Wesen treßen kami.
Ea ergibt sich daraus, auf welches Ziel vorzugsweise alle
Erziehung gerichtet sein muss ; dieselbe muss der gerade Gegen-
satz sein vom dressieren. So nennt man das Abrichten eines
Thieres zu einem bestimmten Zwecke. Es ergibt sich von selbst,
dass alles duroh den Dressiermeister erfolgen muss, da man ja
nicht voraussetzen kann, dass das Thier aus eigenem Antriebe
das geforderte thun werde. Demnach gilt es hier unablässige
Einübung unter persönlicher Anleitung des Meisters; derselbe
lässt das Thier die entsprechenden Übungen in angemessener
Stufenfolge vollführen. Das Thier hat sich dabei ganz passiv
zu verhalten; es wird von ihm nichts weiter gefordert, als auf
den Meister zu achten und seinen Andeutungen gemäls sich zu
bewegen. Die Mittel um das Thier zum Gehorsam zu bringen
sind in entsprechender Stufenfolge sanfte und rauhe Worte, Ver-
sprechungen und Drohungen, Belohnungen und Strafen. Man
sieht, dass z. B. die Dressur eines Jagdhundes ganz mit der Un-
teiTichtsmethode derjenigen zusammenfällt, welchen jener Grundsalz
angehört, den ich zum Ausgangspuncte meiner Abhandlung an-
genommen habe: nur dass — was natürlich auf eins hinaus-
läuft — die Peitsche (insofern der aitehi würdige Baculus aufser
Mode gekommen ist) durch ähnliche Mittel, nur anderer Natur,
ersetzt wird (scharfe Rüge, Abschreibenlassen ^ Einsperren im
Schulzimmer, Hausarrest, Veranlassung der Strafen im elter-
lichen Hause u. s. w.).
Den gerade entgegengesetzten Weg hätte somit die Er-
Aus der Schule, v. W. Z, Refiti. 319
Ziehung und Heranbildung der Menschen einzuschlagen; dieselbe
^)ä^8te auf den Grundsatz basiert sein, dass sie eben ein freies
Wesen zum Gegenstand ihrer Tbätigkdl habe — ein We«en so-
mit, das seiner inneren Natur nach in dem entschiedenslen Ge«»
gensalze zum Thiere steht und in Folge dieser Freiheil eine
▼öllig eigenthfimliche Stellung und Bestimmung hat. Demgemäfs
müsste die Stellung des Schälers zum Lehrer nichl eine pas-
sive sein, d. i. eine solche, kraft welcher der Schüler sich
fanz der Leitung des Lehrers überlässt, die erfolgten Eindrücke
eben nur willig in sich aufnimmt und der Anweisung gemäfs
Terarbeitei — sondern eine wesentlich active; alles, was
er Tollbringt, muss, soweit dies möglich, eigene That sein.
Der Lehrer hat dieses Thun nur anzuregen und zu leiten,
auch, wenn nöthig, zu unterstützen; er hat daher immer
nur die einleitenden Schritte zu thun, den Schüler bis zu jenem
Puncte zu geleiten, auf welchem er sich selbst forthelfen kann —
dann strenge Aufsicht zu fuhren, so dass nichts, was in
^em geistigen Entwickelungsprocesse von Bedeutung vorgeht,
seinem forschenden Auge entgeht. Er wird somit thatsachlich
den ganzen Process leiten, ohne dass der Schuler davon eine
volle Kunde hat; es geschieht, indem demselben der entspre-
chende Gegenstand so nahe gelegt wird, dass er diesen
selbst aufzufinden im Stande ist. Die Einwirkung des Lehrers
wird somit eine wesentlich moralische sein; es wird darauf
ankommen, alle geistige Elemente im Schüler zu wecken, zu be-
leben und in fortwahrender selbständiger Thatigkeit zu erhalten.
Erfolgt nun alles dies in entsprechender Weise, so gelangt
der Schüler frühzeitig zum Bewusstsein seiner selbst als einer
Persönlichkeit; sich selbst überlassen lernt er sich bestim-
men; er lernt seine Kräfte kennen und gebrauchen« Thatigkeit
ist ein Vergnügen für den Mann von Kraft, um so mehr für die
Jugend; doch muss derselbe frei sein, wenigstens scheinbar
frei. Ist daher der Schüler einmal zu wirklicher Thatigkeit
gebracht worden, so ist die Hauptsache schon gewonnen; es ist
so schwer nicht den Schüler bei der einmal begonnenen Be-
schäftigung festzuhalten. Denn mit freudiger Überraschung nimmt
er wahr, wie viel ihm gelingt; und es ist eigene Errungenschaft,
was er sich erworben. Die Erfahrung lehrt, wie leicht die
Kinder lernen, was sie auf eigene Hand betreiben, wie schnell
sie im Umgange eine Sprache sich aneignen, wie scharfi^innig
und erflndsam sie oft in ihren Spielen sind 3 bekannt ist, welphe
aufserordentliche Fortschritte Autodidakten machen, wenn ihnen
von einem kundigen Führer nur eine geringe Unterstützung zu
Theile wird. — Und, was wohl zu beachten ist, dieses angeregte
mächtige Streben beschrankt sich nicht auf die blofsen Studien-
jahre; es ist dem Schüler Bedürfnis geworden für's Leben,
und der Mann setzt fort, was der Knabe begonnen. Jeder weifs
no Aus der Sehale, v. IT. Z, Refiei.
ja, wie bald die Scliiilkeimliii»e Terflog^en nnd ^ wenn sie nicht
emeoert und forteDlwickelt werden, nod da«s oft erst im Leben
das eif cntficbe Stadimn beginnt ; wie wird aber derjenige dieser
Pflicht genügen , der inmer sich stoben und leiten lieCs, somit
nie eigentlich studieren gelernt und den edlen Chuuss eines
freien Strebens nach Wahrheil empfanden hat? Und wer auf die
angegebene Weise sane Jagend vollbracht hat , wer auf diesem
Wege nun Manne geworden ist, der ist nicht blols ein Mann
der Wissenschaft, er ist aach, was allem Wissen erst das Siegel
aardröcki — er ist aach ein Charakter!
Doch ist hiebei noch etwas in's Auge zn fassen. Ein Mann
dirsi'r Art wird seine geistigen Kräfte in ungleich umfassenderer
und erfolgreicherer Weise entwickelt haben, als jener, der immer
nur das that, was man ihn zu tbun gebeifsen, und nur jenen
Weg gieng, den man ihm vorgezeichnet ; er wird den Muth
besitzen, der vor keinen Hindernissen zuruckbebt, die Willens-
kraft, ohne welche im Leben nichts tüchtiges vollbracht wird;
er wird die Gewandtheit haben , die in alle Verhältnisse sich zu
finden weifs und die Selbständigkeit, die überall auf eigenen
Fülsen steht, eine eigene Meinung hat und eine eigene That Doch
wird dies alles erst dann einen wahren Werth haben, wenn das
Streben auf das Gute gerichtet, ein srttliches ist Dies muss
somit das Hauptaugenmerk des Lehrers sein. Demnach darf
äufserer Zwang nur selten und unter besonderen Umständen, im-
mer aber nur im ersten Stadium der Wirksamkeit angewandt
werden; Strafen dürfen nur als Züchtigungen für sittliche Ver-
gehen, nie aber als Sporn zu höherer Thätigkeit Anwendung
Gnden; Belohnungen sind entbehrlich^ sehr oft nachtheilig. Eine
Handlung, die aus Zwang geschieht, ist sittlich gleichgiltig;
dieselbe kann zu irgend einem Zwecke ersprielsiich sein, kann
Vortheil bringen, aber zur Kräftigung des sittlichen Selbst , zur
Besserung des höheren Lebens im Menschen wird sie nicht bei-
tragen. Da nun aber letzteres das Endziel alles Strebens von
Seite des Erziehers sein muss, so muss die ganze Thätigkeit des
Zöglings in diesem Sinne benutzt werden; es erfolgt dadurch,
dass derselbe dem Schüler als höhere Verpflichtung dargestellt,
und ausschliefsli ch als solche demselben nahe gelegt
wird. Wird dies mit Erfolg durchgeführt — und es lässt sich
durchführen — so wird jede auch moralisch gleichgiltige Hand-
lung, jede einfache Übung der geistigen Kräfte zur sittlichen
That Dadurch wird das Gute im Menschen in wunderbarer
Weise gekräftigt; das ganze Streben wird, so mannigfach auch
die Beschäftigungen sein mögen, nach dem einen hohen Ziele
hingelenkt, das dem Menschenleben gesteckt ist; es entwickelt
sich ein bleibender sittlicher Charakter. Es ist ersicht-
lich, dass ein solcher Schuler leichter die sittlichen Gefahren be-
stehen wird , die in der Übergangsfrist zwischen dem Knaben-
Aus der Schule, v. W. Z. RefieL 321
and Jünglingsalter einzutreten pflegen — ieichler ab jener, der .
willenlos einer fremden Fähruiig sich hingebend, ohni* Selbstän-
digkeit 4ind ohne die nöthige Übung d(*r sittlichen Kräfte in jene
gefihrliche Periode übergeht; gewöhnt sich zu enlschliefsen und
der Mahnung der Pflicht zu folgen , wenn auch ein «mtgegen- .
wirkender Drang ihn abzuhalten sucht, wird er auch in sittlichem
Kampfe fest stehen und inmitten niederer Verlockungen die Rein-
heit seines höheren Selbst erfolgreich bewahren. L'ud tritt er dann
als Mann in's bewegte Leben ein, so i^t auf ihn zu zählen,
wohin auch sein Beruf ihn fuhren mag, in Gedanken, und That
gleich tüchtig; an ernstes Tbun gewöhnt und sich dessen freuend,
denkt er kaum an Genuas, sondern für ihn ist das neue Leben
die Zeit neuer Thätigeit und rastlos schreitet er fort auf der ein-
geschlagenen Bahn.
Es wurde den beschränkten Raum dieser Zeilen weit übei-
schreiten, wollte ich es unternehmen, tiefer in den Gegenstand
einzugehen , die Art nnd Weise des Unterrichtes , den ich hier .
in allgemeinen Zügen bezeichnet habe, im einzeliien anzugeben;
ich muss mir dies auf eine spätere günstigere Gelegenheit auf-
sparen. Ich wollte die Sache nur einfach andeuten und die
Männer des Unterrichtes auf die Frage aufmerksam machen, ob
die gegenwärtig in Deutschland allgebräuchliche Methode des
Unterrichtes in der That die beste sei ; jene Methode, die, wenn
auch nicht gerade Dressur ist, doch sehr oft nahe an derselben
hinstreift, bei welcher eine fast unablässige Bevormundung des
SchülerA Regel ist, so dass der freien Thätigkeit des Schülers
ein mögliehst kleiner Spielraum gelassen wird; ich will nur an
die Frennde der vaterländischen Jugend die Frage stellen, ob es
nicht zwedcmälsig wäre unser Unterrichtssystem in einer Weise
abzuändern, dass dem Bedürfnisse freierer Entwickelung Rechnung
getragen und der Jugend in angemessener Stufenfolge eine selb-
ständigere Bewegung gestattet werde. Ob dadurch an Lehrper-
sonal erspart werden würde, kommt nicht in Frage; jedenfalls
würden die Lehrer, indem sie von manchen materiellen Arbeiten
befreit würden, an Mulse für ihre eigentlichen Studien gewinnen.
Was aber an materiellen Anforderungen vermindert würde, würde
reichlich ersetzt durch die höheren paed agogischen Ansprüche,
die man an den Lehrer machen niüsste; er müsste mehr, als das
jetzt der Fall ist, Erzieher sein. Und gelänge es nur -einiger«
ma&en zu verwirklichen, was ihnen eben nur als Problem auf-
gestellt worden, so könnte es für die Jugend nur erspriefslrch
sein; ein geistig -entwickelteres, sittlich -kräftigeres Geschlecht
würde aus den Mittelschulen hervorgehen, befähigter für die
freiere Bewegung, wie sie an unseren Hochschulen in neuester
Zeit Sitte geworden ist.
Ich weifs es, dass das hier gesagte manchen paradox er-^
ZciUehrtft f. a. Stterr. Oymnas. ISSO. IV. u. V. Heft. 28
3^ Aas der Schule, v. W, Z. RefseiJ
schieinen wird solchen nämlich^ die von Jufeiid auf gewohnt,
nur Vorgeschriebenes zu Ihun, nach der gegebenen Schablone zu
arbeilen, den ihnen Torgezeichneten Weg zu gehen, — kaum
eine leise Ahnung haben von dem, was eine freie Thal heirsi,
selbst beschlossen und selbst vollföhrt, und die somit unwillkür-
lich Scheu fühlen vor einer Freiheit, die sie nicht begreifen^ wie'
der an die Zimmerluft gewöhnte zurüökscfarickl vor dem frischen^i
kräftigen Zuge der freien Atmosphaere; manche werden dagegeu.
sein, weil sie das gesagte für einen Traum halten , der sich nicht
durchfAhren lassL Derjenige aber, der frühzeitig zur Selbständigkeit/
sich erhob, auf eigenen Wegen zum Ziele sich hinan arbeitete,
die edle Frucht des eigenen Wollens an sich selbst erprobte —
der wird UMcfa verstehen!
Nur noch einige Bemerkungen. Es wird sich aus dem
ganzen ergeben, dass — im allgemeinen wenigstens — die Er-
ziehung und der Unterricht in kleineren Kreisen, also «als Privat-
erziehung und Privatunterricht, in Beziehung auf den Erfolg gün*
stiger gestellt sind, als wenn sie auf eine gröfsere Zahl von
Zöglingen ihre Wirl»amkeit ausdehnen. Was man für den öffent-
lichen Unterrirbt anführt — mehr Vielseitigkeit und Wetteifer —
ist wahr, allein die erstere lässt sich auch in genügendem Grade
bei der Leitung einer kleinen Zahl von Zöglingen (weniger ab
drei sollten nie sein) erreichen , und der Wetteifer kann unter
den ptedagogischen Hilfsmitteln immer nur in zweiter Linie ste-
hen — a^^esehen davon, dass das Beispiel nahestehender ungleich
wirksamer ai sein pflegt als das Vorbild, das wir an fremden
wahrnehmen. In Bezielning auf Erziehung dürfte das wol unter
Paedagogen so ziemlich überwiegend anerkannt sein. So sehr
eine fabriksmälsige Betreibung des Geschäftes auf dem Gebiete
materieller Thätigkeit sein mag, — Theilung der Arbeit, höberia
Schnelligkeit und Gleichmäbigkeit der Bewegungen — so ent-
schieden ungünstig stellt sich dieselbe im Reiche des Geistes dar;
denn hier sind nicht todte Massen zu formen, sondern freie
Menschen zu bilden — hier kommt es nicht auf schablonen-
mäfsige Herslelinng von Industriewaaren an, entsprechend einem
bestimmten äurseren Zwecke, sondern auf die selbständige Bnt-
wickehmgvon menschlichen Individuen, von denen jedes Selbst-
zweck ist Bei einer fabriksmälisigen Erziehung (in soge-^
nannten Ckmvicten, Seminarien u. s. w.) kann der nöthigen
äuCieren Ordnung wegen der persönlichen Freiheit viel weni-*>
ger Spielraum gelassen werden; es ist Gefahr vorhanden, dass
die 2iögUnge nicht zu freien Menschen gebildet, sondern zu
Automaten abgerichtet werden. Anstalten dieser Art sind
nur für solche Zöglinge zu empfehlen^ die entweder gar
keine oder eine entschieden schlechte Erziehung
haben können*
Aua d«r Schale, v. W. Z. RefMt. ass
Anders ist es mit den öffentlichen Unterrichtsanstai--
tenf diese sind unter den g^ebenen VerhältnisseH durchaus nicht
zu entbehren. Diese werdt^n immer bedeutende Schwierigkeiten
zu fiberwinden haben, falls sie eben nicht blolse Abricfatungs*
Institute für einen bestimmten äufseren Zweck, sooklern wahre
Bildungsanstalten sein sollen. NatütUch habe ich hier
dia Miitelscbulen hauptsachlich im Auge. Hier muss ich vor
allem einen Umstand auffassen, der gewöhnlich weniger be-
achtet wird. Das Mittel, durch welches der Lehrer Seinen Beruf
erfüllt, ist vorzüglich dus lebend i ge Wort; es wird viel von
der Ihcht desselben gesprochen. Allein diese Macht übt ^ we-
niger an sich, auch wenn es zweckmälsig gesprochen wird,
sondern vorzugsweise durch diePersönlichkeit des Lehrers
selbst, insofern es nämlich unmittelbare Ansprache ist,
und das Geheimnis seines Einflufses liegt in der Macht jener Per-
sönlichkeit auf die Schüler, in der unmittelbaren Wechselwirkung
von Geist und Geist. Dass diesem Einflüsse des Lehrers, von
dem zunächst seine sittliche und dann jede andere Wirksamkeil
abhängt, in öffentlichen Schulen viel weniger Spielraum gegönnt
ist als in dem unmittelbaren Yet'kehre des Privatunterrichtea^
liegt am Tage. •'^ Dazu kommt ein zweiter Umstand. Jeder Weib,
wie schwer es ist, die Schuler wahrend der Schulzeit zur vollen
Thitigkeit' zu bringen. Denn Interesse an dem Gegenstande an
sich lälst sich nur selten voraussetzen; es kann nur die Be-
haadking sein, was denselben interessant madit; der Schüler muss»
anregend beschäftigt werden, weil eine solche Beschäftigung «chon
an sidi Vergnügen gewährt. Doch dann muss die Thätigkeit eiue
volle seiu, uiä jenen Reiz ab SpOm derselben haben, der in
der Hoffnung 4iegt, immer etwas Neues, Interessantes aufzufinden.
Die Thätigl^it des Schülers während der Schulzeit — die Falle,
wenn mathematische oder stilistische Aufgaben zu lösto sind,
oder besonders interessante Lesestücke behandelt werden, ausge-
nommen — ist gewöhnlich nur eine halbe; er hat blob dem
vorgezeichneten Gedankengange zu folgen , gegebenes treu in sich
aufzunehmen. Dies ist aber ungemein ermüdend, und setzt eine
bedeutende Willenskraft voraus, wenn es eine längere Zdt fort-'
geaetzl werden soU — eine Bedingung, die jedenAlls nur selten
vorhanden ist. Demgemäfs findet sich nur allzuhäufig bei den
Schülern ein Zustand, der nicht entfernt mit dem Namen «Thä*
tigkeit>» bezeichnet werden kann, ja der gerade Gegensatz der-
selben ist — ein Zustand des halbwachen Traumens^ in welchem
der Mensch in träger Apathie sich den Bildern hingibt, wie sie
von selbst kommen und gehen, ein Zustand, der in geistiger
Hinsicht kaum Leben genannt werden kann. Nun ist es aber
Thatsache *— die leider bis jetzt allzuwenig beachtet worden
ist — dass (von moralischen Gefahren g;ar nicht zu reden)
28*
9U Abs der Schule, v. W. Z. Befhei.
nichts für die geistige Entwickelang nachthei-
liger ist, ak dieser Mittdaistand zwischen Wachen und Schlaf;
derselbe ist kein Wachen, da es verlorene Stunden sind, und
doch auch kein Schlaf, da er nicht stärkt; die Kräfte sinken,
das ganze Leben erechlaffi und ermattet; der Geist wurde Ter-
modern , wenn nicht das frische Leben anlserbalb der Schalzeit
dem um sich greifenden Verderben hemmend entgegenträte. Es
ist dies keine Obertreibung! Daher die vielen Scfaattengestalten,:
welche dorch die Schulen sich hinaufschleichen, »nur mechanisch,
sich bewegend, kaum in halben Jahren sich mühsam aneignend,
wozu sie bei regelmäßiger Thätigkeit in wenig Wochen gelangt
wären; daher die vielen Marodeurs, die am Wege liegen bleiben,'
nicht selten verloren fSr sich, wie für das Leben!
Auch aus diesem Grunde durfte es zweckmäfeig sein, den
eigentlichen Unterricht auf das nöthigste zu beschränken, und
das, was auf jeder Stufe der Entwickelung ein gewöhnlicher
Schüler sich aneignen kann, der Selbstthätigkeit zu überlas!^en/
insbesondere wäre dies bei Sprachen der Fall, welche im Ver-
kehre des Lebens nicht mehr Geltung haben, sondern nur ab
Mittel der Bildung dienen sollen , wie die lateinische und grie-
chische ; hier könnte ein groiser Theil der praktischen Binabung
der Privatthätigkeit anheimgestellt werden. Auch bei andern
Gegenständen könnte diese Methode mehr oder weniger Anwen-
dung finden, (für manche Partien der Ge^hichte in den höhercii.
Classen). Weniger durfte dies der Fall sein in Beziehung auf
Mathematik; auch die deutsche Sprache als praktischer G^en-
stand, würde die Thätigkeit de^« Lehrers in höherem Grade in
Anspruch nehmen, insofern der Unterricht in derselben vorzugs-
weise als praktische Denklehre gelten muss, da ja das Denken
auf allen Stufen seiner Bntwickelung sich an die entsprechenden
Phasen der Sprachentwickelung knüpft. — Natürlich müsste ein
groCser Theil der Unterrichtsstunden dazu benützt werden,
dass der Lehrer den Schuler über das, was sie gethan haben,
Rechenschaft ablegen lässt; am Schlüsse eines jeden Jahr«-'
ganges müsste -eine strenge Prüfung erfolgen. Dieselbe
würde die Stufe bestimmen, auf welche jeder einzelne Schüler
zu stellen sei; und wie der unfähige und nachlassige zurückge-
halten wird, so kenn der talentvolle und strebsame rascher vor-
wärts kommen und seine Studienzeit beschleunigt werden, — da
es jedenfalls misslich ist , beide zugleich an einen Karren zu
spannen.
Der neue Organisations-Entwurf für Gymnasien hatte die
Schwierigkeit, die Schüler während der Unterrichtsstunden ange-
messen zu beschäftigen, sehr wohl im Auge; daher erhielt nebst
den Sitten und dem Fleilse der Schüler auch die Aufmerk-
samkeit eine Zeugnisciasse. Ich halte diese Neuerung nicht
Aus der Schule, v. IK Z. Befiei. 8S5
für hinreichend begrflndet Ffir's erste lasst aich , namentlich in
zahlreicheren Claasen, die Aufmerksamkeit nicht immer mit Sicher-
heit bestimmen; man kann sich hierin sehr oft tauschen. Wie
kann man auch immer aufmerksam sein? Man ist kränklich, lei-
dend; ein Unglück ist eingetreten, Sorgen, Kummer drücken die
Seele. Nun muss aber jede Classenbezeichnung, als einUrtheil,
wenn sie paedagogisch von Werth sein soll, die strengste
Wahrheit sein ; es ergibt sich somit , ob Ausdrücke , wie
«immer rege und wach,^ «stets gespannf^O!) zu billigen sein
werden. — Endlich ist in dieser Beziehung eigentlich nur der
erste Augenblick in unserer Macht: wir wollen acht geben. Es
kommt nun darauf an, ob das gesagtwerdende von Interesse ist;
ist dies nicht der Fall, dann dürfte sich kaum jemand an einen
seichen Vortrag bleibend fessebi lassen. Es ist somit Sache des
Lehrers, seinen Vortrag so einzurichten, dass derselbe In-
teresse erregt; darin besteht die eigentliche Lehrerkunst,
und vom Grade derselben hängt vorzugsweise der Erfolg des
ganzen Geschäftes ab. Demnach wurde die Aufmerksamkeit der
Schuler nicht sowol auf das Zeugnis des Schülers, sondern viel-
mehr auf das des Lehrers gehören. Ein Lehrer somit, der
auffallend viele gute Aufmerksamkeitsclassen gibt, streut sich selbst
Weihrauch, und ein anderer, der das Gegentheil thut, stellt sich
selbst ein Armuthszeugnis aus (wie ein Prediger, der sich
beklagt, dass seine Zuhörer oinschlafen).
Dagegen dürfte es vielleicht angemessen sein , zur alten
Sitte zurückzukehren, wie sie an der ehemaligen philosophischen
Lehranstalt gebräuchlich war, nämlich die Fleibclasse speciel
aus jedem einzelnen Gegenstände anzugeben, namentlich im
Obergymnasium. Hier scheiden sich ' schon die Strebensrich-
tungen, und der thatkräftigere Geist wählt sich seine Bahn;
ich habe den Schüler, der zwar in allen Gegenständen gut ist,
aber in einem freigewählten Fache ausgezeichnet, lieber als
jenen, der alles studiert, was man ihm vorlegt — weil man
es ihm eben vorlegt. Allerdings lässt sich jene Wahl des
Schülers auch aus der Fortgangsciasse schlielsen; allein ich
lege auf das Urtheil über den Fleifs, als vorzugsweise das
Streben bezeichnend, mehr Werth. Jedenfalls würde das Zeug-
nis ein anschaulicheres y vollkommeneres Bild vom geistigen Zu-
stande des Schülers geben.
Brüx. W. Z. Refsel.
Voo B.
BeBerkvBgea iv 'ea T^rstekenden A vfsa tze.
Eibst ein üieWger BKek
Md gtKtiliciieB BBrieb.
di» ist fir aeiBe AnfiialiBe
gcv«scm; kk 4«f n 3iaBCB irr Irtbrtira erklirea, dass
J«dtr M «cscfte Wffwdilc, anf die •estreiloac der
£*«"^«^^»ge» Einrickfjige» gerickMe AsCMte abgedmekt
Mt, sley Mgfct s^ tas, ^vgcMber de« tathmuigen des rro-
^ttcl «1^ die Gnade «ad TMcUage de* Hn. f ft n MendHeo
^iB ?(r. I teiMS Asinties ileOl der Br. n. des telrag, dM« die
lÄw der okcfUr« GjMiiiiirliieiB che« aBsscftüeidicIl ia diesen
•kenleB Cfaeeem Wtduflisl werdn, «ad dw sie m ei^r geriogereo
XakI ▼«■ Uhntnadea ferpiichtel sei« mBc«, als die Lekffer der UDleren
dasse«. Ibs crslm deskalb, weO fie Methode des Catemcto und die
tchisd^agswebe der ScMler a des eberslc« CUssea tob der la deo
—terra sa irciAcfcitdca sei. dass ia beideflci Claasea mX Notsea far
die Schale aa wiriea fir dcaicfca Lekier a—Bgrali scL Das aadeie
dei^islb, weil der Calerricfal ia dea oberea danea dank die Vorbe-
fcttaag, die er eHbidere, dorch die aUgeveiae Büdaag, welchs der
Ixiver aa seiaer iweekaafngea AasülaaBg bedarfe, aad dueb die
gralscre Tertiefdag des padagegiscbea Pfaebdeakeas , wdebe das er-
siebcade Moneat dieses Caterncbtes erbeiscbe, eiaea w«H gfafteren
Aasprndi aa dea Lebrer »icbe. als der Caterricbt ia deo aaterea Classen.
Betraebten vir etwas geaaaer die Fräaüssea des Um. Vf.'s und
dann seine Folgemagea.
um «die Eleoiente der dassiscben Spraebcn beisnbringen* ist
«eine oberflieblicbe Keantais der Spraebe imai^TbiD genügend.* Das
Gleisbe spricbt for dea Cntrrrieht ia dea .Natarwisseascbaflea der Hr.
feri mittelbar, aber ebenso bestimmt ans, iadem er an r Ton dea Leh-
rern dieses Gebietes in den oberen Classen, eben um sie Toa den io
den unteren Cltssen xn unterscheiden, bemerkt, dass IQr sie «ein ober-
flSchliches Wissen* nicht genüge. Hier trennt sich, sogleich bei dem
Beginne der Erdrtemngm, meine Übeneugung Ton der des Hrn. S\a
auf das bestimmteste: Oberflätkiickk^it des Wisseas, das ist
meine Oberxeugung, bst in allem Cnterriehte sehlechthin t erderb-
liche Folgen. £s ist möglich, dass ttr Hr. VI. bei dem Worte «Ober-
flächlichkeit,* so sehr der wiederholte Gebrauch des nimlichen Wortes
auf überlegte Wahl desselben tu schUefsen gebietet, etwas anderes
gemeint babe, als das Wort eigentlich besagt, etwa einen geringen Um-
fing des Wissens. Indessen selbst unter Vonussetsung dieser, übrigens
durchaus anberechtigten Correctur des Ausdruckes hat der Sats keines-
wegs die Giltigkoit, welche der Hr. Vf. ihm zuschreibt. Betrachten wir
ihn gerade an denjenigen Beispielen, die der Hr. Vf. selbst anfuhrt, dem
Sprachunterrichte und dem Cnterriehte in den Naturwissenschaften. Also
z. B. der Dnterricht im Latein in den unteren Classen. Anders als durch
reichliche Übung in wohlgewählten Beispielen lässt sich eine Sprache,
lassen sich vor allem die Elemente einer Sprache nicht erlernen; seihst
auf die Gefahr hin. dass der Hr. Vf. ein solches Verfahren als «Dressur*
vcrurtheile, worauf zu Nr. II zurückzukommen ist, muss ich es für er-
forderlieb erklären, dass solche Übung in den Lehrstunden selbst reich-
fietterkongeD zu dem f oretehenden Aufinlzc. Von B* Bamiiz. 997
Hch8t geschehe, und muet einen Unterricht , der sieh auf dss Aufgeben
▼on Paradigmen und Regein zum b&uslichen Lernen, and für die Lehr-
stnnden auf das Übersetzen der etwa in einem eingeführten Obungsbuche
enthaltenen Beispiele bescbrinkt^ für ein schweres Unrecht gegen die
.Schuler erklaren. Es ist nun ven der gröfoten Wichtigkeit, dasS alle
Beispiele, welche der Lehrer durch die Schüler herstellen laset, zu wirk-
lich spraehcorrecter Form gelangen; der Schüler gewöhnt sich an
das Richtige ebenso leicht, als an das halb oder ganz Falsche, an ein
wirkliches Latein ebenso leicht, als an ein Deutsch mit lateinischen
Flexionsendungen, und Quo gemei eH imäuiat Wer bei diesem Reich-
thom der Beispiele, dieser Beweglichkeit in ihrer Handhabung, wie sie
der Sprachunterricht schon in den Elementen unerlasslich erfordert,
die volle Sicherheit correcter Spreche haben will , der muss nicht
allein in der Grammatik unbedingt fest sein, sondern er muss auch hin-
längliche Lecture in der Sprache haben; sonst bringt, bei allem didak-
tischen Geschicke und bei aller, trotzdem erforderlichen Vorbereitung,
sein Unterricht den Schfilern einen Nachtheil, der sich spater nicht leicht
wieder gut machen läset. Man ist leider nur zu sehr geneigt ^ auf den
Sprachunterricht in den unteren Glassen mit Oeringschätsung herabzu-
sehen, als auf einen Unterricht, fir den eine «oberflächliche Kenntnis
immerhin ausreichend* sei; aber man übersieht, welche strengen Er-
fordernisse nicht nur an die didaktische Gewandtheit, auf die man so
• gern alles zurückfuhren möchte, sondern an die Gediegenheit des
Wissens gestellt werden müssen, wenn die Aosfühcong dieses Unterrich-
te« gesichert sein soll. Wenn die angedeuteten Grtinde den Um. Vf. von
der Unhaltbarkeit seiner Ansicht nicht überzeugen, so lässt sich auf eine
unbestreitbare Thatsache hinweisen. Der Sprachbücher für den Elementar-
unterridit -erscheinen fortwährend sehr viele; der Hr. Vf. wolle nun bei
einem Cberblicke über dieses Gebiet der ScftniUiteratur seit dem Beginne
-des jetzigen labrhonderts untersuchen, welche Bächer vornehmlich es
waren, die dem Unterrichte einen erfolgreichen Impuls gegeben, die eine
weite Ausbreitung gewonnen und eine lange Dauer behauptet haben;
er wird finden, dass sie von Mannern verCasst waren und sind, die zu«
gleich auch in der wissensichafllichen Literatur eine geachtete Stelle
einnehmen.
Förden naturwissenschaftlichen Unterricht, also z.B. für
den naturgeschicbtiichen Unterricht in den unteren Glassen, soll nach des
Hm. Vf/s Ansicht eine «oberflich liehe* Kenntnis immerhin genügen.
Man muss im Gegentheil erklären, dass durch den principiellen Wider-
stand, den hier und da dieser Gegenstand erfährt, der naturgesehicht-
liche Unterricht bei weitem nicht so gefährdet ist, als durch eine aus
«oberflächlicher* Kenntnis hervorgehende Ausfuhrung. Ein Lehrer der
Naturgeschichte in den unteren Glassen muss in der Wissenschaft voll-
kommen einheimisch sein, um richtig eben das auszuwählen , was dem
Anfänger zugänglich ist, seine Aufmerksamkeit schärft, eine beständige
Anregung zu geistiger Thätigkeit enthält, nnd zugleich Grundlagen
schafft, auf denen sich später weiter bauen lässt; betrachtet man die
fhatsäohlichen Fälle, in denen der naiurgeschichtliche Unterricht zu einer
blofsen Anforderung an das Gedächtnis der Schuler gemacht wird, und
durch den mafslosen Druck berechtigten Anlass zu Klagen gibt, so mag
zwar zuweilen Mangel an richtiger Werthschälung dieses einen Gegen-
standes im Verhältnis zu dem Ganzen des Gymnasiums die Ursache
des Verfehlens sein, in den meisten Fällen aber entstehen die Fehler
des Unterrichts vielmehr aus Mangel an sicherer Herrschaft über den
Gegenstand.
Die Beispiele des Sprachunterrichtes und des naturwissenschaft«
•Kehen Unterrichtes fuhrt der Hr. Verf. selbst an, unverkennbar in der
388 tfeMerküDgcn zu %\em vorstehenden Auftalze. Von ä,
■ VöraoMetzabg, dass sich an ihnen recht ievident eine «oberflichUche'
Renntnis als genügend für den Lehrer der unleren Classen erweise; die
geehrten Lesser werden, die so eben gegebenen Andeutungen erwägend,
entscheiden, ob diese Beispiele des Um. Vf.'s Ansicht bestätigen oder
- widerlcgea Mögen unsere Gymnasien vor dem Unheile bewahrt lileiben,
dass ffir irgend einen Theil ihrer Lehrer eine «oberflSchliche Renntnis*
ihr^r Gegenstände als genügend ausdrücklich anerkannt werde; von
demselben Augenblicke an würde die innere Zersetiung unserer Gym-
nasien entschieden sein.
Aber nicht nnr In Betreff des Wissens statuiert der Hr. Vt iwisehes
der Qualificalion eines Lehrers der oberslen und eines der unteren
Classen einen bis zu vollkommen trennendem Gegensatz reidienden Dntcr-
schiedy sondern betont dann noch femer das Moment, dass,* im Unter-
schiede von dem Lehrer der unteren Classen, der der obersten «allge-
-meine Bildung* bedürfe, um seinen Gegenstand mit Erfolg zu lehren.
Der Hr. Vf. scheint darunter zu verstehen, dass ein Lehrer in denjenigen
Gebieten, welche zu seinem unmittelbarsten Lehrlache in mannigfaltigen
.Beziehungen stehen, heimisch genug sein müsse, um diesen Beziehungen
in seinem Unterrieht gerecht werden zu können. Hiedureh ist ja aber
keine andere Forderung ausgesprochen. aJs die der Gründlichkeit im
eignen Fache; denn eine Leclüre griechischer oder römischer Classiker»
welcher die zu Grunde liegenden historischen Zustande fremd wireiiy
eine Kenntnis griechischer oder römischer Geschichte, der die Quellen
- ein verschlossenes Bpch sind , wird doch niemand dieses Namens für
wcrib halten wollen. Also bei dieser durch den Um. Vf. selbst gege-
benen Auslegung von «allgemeiner Bildung* fügt dieser Anspruch zu
dem vorigen nichts neues hinzu; es ist daher nicht nölhig. diesen Punet
von Neuem in Erwägung zu ziehen Versteht dagegen der flr. Vt unter
allgemeiner Bildung dasselbe, was der übliche Sprachgebrauch bei iSesem
Worte zu denken gebietet , so ist auch hierin durchaus nicht eins For-
derung anzuerkennen, welche nur die Lehrer der oberen Classen träfe.
. In welchem Mafse dieselbe bei allen Lehrern erforderlich ist, wenn diese
wirklich ein einheitliches Collegium sollen bilden können, welchen Nach-
theil ihr nicht zu verkennender noch zu verschweigender häufiger
Mangel den Gymnasien bringt, h«ibe ich vor Kurzem Anlass gehabt dar-
zulegen (Jahrg. 1859. S. 867) und erlaube mir darauf zu verweisen.
«Die psBdagogische Einwirkung in den oberen Classen ist viel
schwieriger als in den unteren.* Ich unterlasse es wissentlich , dem
-Hrn. Vf. in das Gebiet seiner psychologischen Hypothesen von dem cun-
beschriebenen Blatte,* welches die Seele des zehnjährigen Knaben sei
u. ä. m.zu folgen; in dem beschränkten Räume eines Joumalaufsatzes
liefse sich ja doch nicht Verständigung über die Principien der Psycho-
logie erreichen. Statt dessen will ich mich lieber auf Facta berufen,
die aufserhalb alles Streites liegen. Man höre die Erfahmngen an ver-
schiedenen Schulen, oder an derselben Schule die Erfahrungen aus ver-
schiedenen Zeiten oder von verschiedenen Lehrern; hier oder jetzt oder
für diesen Lehrer sind es die unteren Classen, dort oder dann oder für
jenen Lehrer sind es die mittleren oder die oberen, in denen die Auf-
rechthsltung der äufseren Zucht und der moralische Einfluss schwerer
zu erreichen ist. Wäre schlechthin und an sich die paedagogische Seite
des Unterrichtes in den oberen Classen schwieriger als in den unteren,
so wäre eine solche Verschiedenheit der Erfahrungen^ wie dieselbe that-
säclilich vorliegt, nicht möglich.
Verschieden sind allerdings die Mittel des Unterrichtsund
der erziehenden Einwirkung nach dem verschiedenen Alter und dem
verschiedenen Bildungsgrade der Schüler. Und darum, sagt der Hr. Vf.,
darf man nicht verlangen, dass ein Lehrer der obersten Classen auch in
Bemerkungen su dem vorstehenden Aubatte. Von K, BomU%, SS9
einer mittleren oder unteren Unterricht gebe ; wenn er jenen Onterricht
gut ertheilt^ so wird und muss ihm dieser mislingen. — Wunderbar!
Wer kfime nieht oft genug in den Fall, dass er über denselben Oegen«>
stand bald mit Männern, die ihm an Bildung gleichstehen, bald mit
unmündigen, sum Urthiile voreiligen Knaben und Junglingen, bald mit
Leuten von beschränkter Einsicht zu sprechen, dass er unmittelbar nach
einander mit Vorgesetzten, Gleichgestellten, Untergebenen , mit Männern,
mit Frauen, mit Kindern, zu verkehren hat — und doch nicht den Ton
des einen Verkehres in den anderen überträgt Ist denn gerade der
Lehrer der oberen Oymnasialdassen einem Instrumente gleich, das nur
auf einen einsigen Ton gestimmt ist, und l>ei jedem Versuche eines
anderen Tones Misklänge geben mussf Es mag sein, dass Neigung und
Talent dem einen in den unteren, einem anderen in den oberen Classen
einen eminenten Erfolg des Unterrichtes geben ; solchen Umständen ge-
l»fihrend Bechnung zu tragen ist eine wesentliche Aufgabe einer wahr-
haften Directoriallhätigkeit ; aber etwas ganz anderes ist die prin-
cipielle Ausschliefsl ich keit, welche der Hr. Vf. als noth«
wendig zu erweisen sucht; diese Ist nicht erwiesen und nicht erweisbar.
Das sind die Prämissen , auf welclie der Ur. Vf. seine Anträge zu
Umgestaltungen gründet. Es wäre hiernach nicht nöthig, die Anträge
selbst erst noch in Betracht zu ziehen , da sie natürlich mit den Prä-
missen stehen oder fallen. Indessen selbst abgesehen von ihrer unhalt-
baren Begründung nOthigen dieselben zu ein paar Bemerkungen«
Indem der Hr. Vf. für die Lehrer der obersten Classen eine exi-
mierte Stellung beansprucht, ist es seine Absicht durchaus nicht, «die
Lehrer der unteren Classen in ihrer Stellung zu beeinträchtigen.* Ob
der Hr. Vf. dies beabsichtigt oder nicht, das kommt für die Sache
gar nieht In Betracht, da dasjenige , was der Hr. Vf. nicht zu beabsich-
tigen erklärt, die nothwcndige und unausbleibliche Folge seines Antrages
sein würde. Das Collegium würde in die zwei scharf unterschiedenen
Theile der Bevorrechteten und der Minderberechtigten zerfallen, und
diese Trennung des Collegiurnji würde in weilerer noihwendiger Folge
die Zerklüftung der Lehranstalt selbst in die entsprechenden Theile
nach sich ziehen. Also mag dies nun in der ausdrucklichen Absicht des
Hrn. Vf. 's liegen oder nicht, die unvermeidlichen Consequenzen seines An-
trages fuhren zu der Wiederheritellung dir ehemaiigen pkfiotcpkiicken
Citne und zur Aufhebung ihrer durch a. h. Entschlielsung sanctioniertcn
organischen Verbindung mit dem Gymnasium. Dass übrigens eine solche
Trennung, mag sie ausdrückliche Absicht sein oder nicht, dem Gedanken-
gange des Hrn. Vf.'s sehr nahe liegt, geht aus den besorgten Äufserun-
gen hervor, mit denen derselbe die für das Gymnasium bemessene Zeit
von acht Jahren betrachtet, als einen Zeitraum von zu grofser Ausdeh-
nung, um ihn in den Rahmen der8elk)en Anstalt einzuschlieÜBen. Aber es
ist kein Zufall, dass gleichmäfsig in einem weiten Gebiete, das in den
aUgemeinen Culturverhältnissen nahe verwandt ist, die Gymnasialzeit zu
ungefähr gleicher Dauer sich ausgebildet hat, und dass in Österreich
anderthalb Decennien hindurch vor dem Eintreten der jetzigen Organi-
sation die Verbindung der philosophischen Curse mit den Gymnasien
Gegenstand der Anträge von fast allen Länderstcllen war, daher auch
diese Vereinigung verfügt wurde, ehe noch irgend Specielleres über die
Neugestaltung sich hatte feststellen lassen. Der Anfang und der End-
punet des Gymnasiums sind durch unläugbare Erfordernisse in der Natur
der Sache selbst bestimmt: das Gymnasium beginnt da, wo der Unter-
richt derjenigen Knaben und Jünglinge , welche einst im Dienste der
Kirche und des Staates, als Prediger, Richter, Beamte, Ärzte und Lehrer
ihren Beruf finden werden, andere Grundlagen erfordert, als für diejeni-
gen, welche den bürgerlichen Gewerben, dem Handel, der Industrie einst
330 Benerkungen zu dem voratehenden Aufsätze. Von U, Baniit.
ibre Thatigkeit widmen wollen; das Gymnasium schlierst, wo aus dieser
allgemeineren Grundlage des Wissens und der Bildung übergegangen
werden muss zu den speciellen Facbstudien und die fieife su ihrer
Wahl wie zu ihrem selbständigen Betreiben vorausgesetzt werden darf.
Aus dieser Gleichheit in der Natur der Sache, nicht, wie «in fluchtiger
Blick etwa mikihte vermuthen lassen, aus zufalliger Nachahmung, ist die
nahezu gleiche Bestimmung über die Dauer der Gymnaslalseit in einem
weiten Bereiche hervorgegangen. Es ist möglich,* dass weitere Versuche
das an sich wünschenswerthe Ziel (vgl. Organisations-Entwnrf etc. Vor-
rede S. 4) erreichbar machen, die Jugend der Gymnasien und die Jugend
der Realschulen in den ersten Theilen ihrer Schulzeit noch vereinigt zu
lassen. Aber ein früherer Abschluss der Gymnasialzeit widerspricht
der Natur der Aufgabe, und welche Nachtheile das Einschieben einer
Zwittergestalt bringt, wie die der philosophischen Gurse es war, darüber
besteht eine feste Oberzeugung bei Tausenden, die selbst jenem ünter-
richtsgange unterworfen waren und jetzt an ihren SOhnen die Wirksam-
keit der gegen wirtigen Gymnasien beobachten.
Der Hr. Vf. beantragt ferner für die Lehrer der obersten Classen die
Verpflichtung zu einer geringeren Anzahl von Lehrstunden. Die
Gründe des Hm. Vf.'s sind bereits besprochen und als unhaltbar abge-
lehnt; ich darf daher den Antrag nunmehr eben nur als einen indivi-
duellen Wunsch des Hrn. Vf.'s^betrachten und ihm einen individuellen
Wunsch nach meiner innigsten Überzeugung entgegenstellen: ich wünsche
dem AflterreichiBchen Lehrstande zu seinem und der Schulen Heil eine
nicht blöls für den Anfang der amtlichen Thatigknit ausreichende, son-
dern auch f&r ihren femernen Verlauf mit der natürlichen Zunahme der
Bedürfoisse günstiger werdende ökonomische Stellung; Freiheit von
drückenden Sorgen um die Existenz ist erforderlich, wenn sich ein
Lehrer tnit freudiger, opferwilliger Hingebung seinem wichtigen Berufe
widmen und überdies zu den für seine Amtsthätigkeil selbst unerlass-
lichen wissenschaftlichen Studien Kraft und Lust bewahren soll. Eine
Verringerung der durchaus billig bemessenen Verpflichtung zu bestimm-
ter Zahl von Lehrstunden würde ich ohne Misgunst betrachten aber
darin einen Segen für den Lehrstand oder für die Schulen zu hoffen
verbietet mir die Rücksicht auf Erfahrungen, gegen die ich meinen Blick
nicht verschliefsen kann. Es gibt bekanntlich innerhalb des österreichi-
schen Staates Gebiete, in denen es die Verhältnisse mit sich gebracht
haben, dass die Gymnasiallehrer zu einer geringeren Anzahl von Lehr-
stunden verpflichtet sind, als in den übrigen Kronlandem, und die Er-
fahrung zeigt , dass die Leistungen in diesem Falle , um den mildesten
Ausdruck zu gebrauchen, keineswegs höher stehen. Mit Entsetzen weist
der Hr. Vf. auf Preufsen hin , wo man «in Belastung der Lehrer und
Schüler das Äufserste gethan* habe. Er hätte, um die Sache richtig zu
bezeichnen, nicht von Preufsen, sondern von dem gesammten nicht-
österreichischen Deutschland reden sollen , denn in dieser Hinsicht sind,
wie den Hrn. Vf« ein Blick in die Schulprogramme überzeugen kann,
die Verhältnisse im Wesentlichen gleich. Einen Tadel von solcher Schärft
und Bitterkeit sollte niemand aussprechen, ohne erst den thatsächlicheu
Bestand genau kennen zu lernen und eingehend zu erwägen. Dnd dass
die dort übliche Verpflichtung zu 18, 20, auch %Z wöchentlichen Lebr-
«tunden sammt den dazu erforderlichen Correcturen keine Überbürdung
ist für einen Gymnasiallehrer, der die solide Basis gründlichen Wissens
bereits auf der Universität erworben hat und nicht erst
allmählich im Amte auf Anlass des jeweiligen Bedarfes gewinnen will:
das liegt auch für den, der nicht aus eigner Erfahrung die Verhältnisse
4er dortigen Gymnasialleh/'er kennt, durch eine edatante Tbatsache be-
zeugt vor. Die gesammten deutachen Bundesstaaten ^ mit Ausschluss d^s
Bemerkungen su dem vorstehenden Aufsatse. Von B, Bowli%» SSt
Oaterreiehisoben Staates, haben ungefähr !M0 Gymnasien. Der Hr. Tt
wolle nan gefälligst die Literaturen der einzelnen M^issenschaften , di«
Monographien in den didaktischen und Fäcbjoiimalen beachten > um
lu ersehen, welcher Antheil werthvoller Publieatiouen aiuf *den Stand
der 65naana8iallehrer Deutschlands jahrlich f&llt, Poblioationen , nielit
hiofs'fur das BedQrfnia der Schule, «ondem cur Förderung der Wissen-
schaft. Pnblicationen, lu denen keine äufsere Verpflichtung, keine irgend
in Betracht kommende Aussicht auf pecuninSren Gewinn antreibt ^ das
Honorar fQr wissenschaftliche Arbeiten ist bekanntlich nicht der
Rede werth. Es kann sein » dass diese thfitige Betheiligung des Lehr«
Standes an den Fortschritten der Wissenschaften bei manchen ein an*
günstiges ürtheil erfahrt , als ziehe sie von der «Praxis' ab , w&hrend
sie in Wahrheit dem Lehrstand der Gymnasien die geistige Frische er-
halt — um dieses ürtheil handelt es sich hier nicht, wir können es
ganz dahingestellt sein lassen. Die Thatsaehe, auf die ich hinge*
wiesen habe, beweist, dass den Gymnasiallehrern «draufsen im Reiche'
zu dieser die unmittelbaren laichten des Amtes überschreitenden
Betheiligung die Zeit und die Frische der Lust und Kraft bleibt , und
dass des Um. Vf.'s Entsetzen über das Extrem der Belastung eine sub*
jective Phantasie ist, welche in dieser Bestimmtheit als Vorwurf ausni-
sprechen die historische Prüfung der Thatsachen abhalten sollte.
In Pfr. II handelt der Hr. Vf. von der Methode des Onterrichtes
im Allgemeinen und von dem Verhältnis der Lehrstunden zu den häus-
lichen selbständigen Beschäftigungen der Schüler. Sehen wir von eini-
gen am Schlüsse eingefügten beiläufigen Bemerkungen ab, so ist der
hauptsichliehe Gedankengang folgender?
Das Wesen des Dnternchts ist Entwickelung der Selbstthätigkeit ;
der Onterricht soll nicht dressieren, sondern den Gegenstand dem si?hüler
geistig nahe legen ; daraus geht für das Leben Bildung des Charakters
hervor, und zwar Bildung eines sittlichen Charakters. Allein «in dem
preufsischen Unterrichisystem.* «in der gegenwärtig in Deutschland all-
gebräuchlichen Methode* herrscht ein Verfahren, das «wenn es nicht
gerade Dressur ist, doch sehr oft nahe an derselben hinslreift* Om diesem
Obel zo steuern ist die Anzahl der Lehrstunden zu vermindern ; dadurch
wurde für den Schüler der nöthige Raum gewonnen zu «selbsfündigerer
Bewegung' und zur Bildung des Charakters; die Lehrer würden, durch
Minderung mancher materieller Arbeiten «Mufse für ihre eigentlichen
Studien gewinnen.* und es würden an sie höhere paedagogische Anfor-
derungen gestellt werden können.
Der Aufsatz des Hrn. Vf.'s ist, wie ja schon das Vorwort aus-
drücklich besagt, in polemisch-kritischer Tendenz geschrieben, ich habe
dalier bei wiederholtem Lesen dieses zweiten Abschnittes zur Gewissheit
darüber zu gelangen gesucht, gegen wen der Hr. Vt in demselben
seine Kritik richtet.
«Das preufsische Dnterrichtssystem,* «die in Deutschland allge-
brauchliche Methode* nennt der Hr. Vf. mit unverhohlenem Unwillen;
dort findet nach seiner Darstellung eine Lehrweise statt, die liart an
Dressur streift, «unablässige Einübung unter persönlicher Anleitung des
Meislers,* also in den Lehrstunden; solchem Verfahren gegenüber ver-
langt der Hr. Vf. in seinen Reformvorchlägen weniger Lehrstunden und
mehr Zeit für die Schüler zu häuslicher Beschäftigung. Es unterliegt
daher keinem Zweifel, der Hr. Vf. glaubt in diesem Abschnitte die in
PreuCien und überhaupt in dem aufserösterreichischen Deutschlande üb-
liche Dnterrichtsweise zu kritisieren. Leider muss ich auch hier wieder
dieeef Meinung des Hrn. Vf.'s einfach die Thatsachen entgegenstellen.
333 Bemefkunge« zu dem vorstehenden Aufsätze. Von H. ßtmiit.
Es ist noeh nicht allzulange her, dass der Lorinser'sche Streit die
preufsische Schulwelt in Bewegung setzte. Der Anlass zu den gegen
die Gymnasien erhobenen Anklagen lag bekanntlich nicht etwa darin,
dass man' alles in den Lehrstunden «unter persönlicher Anleitung des
Meisters* zu erreichen suchte, sondern vielmehr eben darin, dass der
häuslichen Thatigkeit der Schüler, also jener von dem Hrn. Yf. so
nachdrücklich empfohlenen cselbstandigen Beschäftigung* derselben, in
Wirklichkeit oder doch nach der Ansicht der Anklager der Gymnasien,
zu viel zugemuthet werde. Ein Zustand des Gymnasialunterrichtes, wie
ihn der Hr. Vf. als Object seiner Eritik voraussetzt, macht den ganzen
Streit, sammt den eingehenden daran sich anschlieisenden Untersuchun-
gen, zu einer haaren Unmöglichkeit. Sollte die Erinnerung an diese
Thatsache den Hm. Vf. noch nicht überzeugen, dass die Lebhaftigkeit
seines Unwillens gegen deutsches Unterrichtswesen ihn hier die Wirk-
lichkeit hat vergessen lassen, oder sollte ihm jener Lorinser'sche Streit
schon ^iner zu fernen Vergangenheit anzugehören scheinen, so ersuche
ich ihn, aus der Gircularverfügung des preufsischen Unterrichts-Hiniste-
riums vom 20. Mai 1S54 (Gentralblatt für die gesammte Unterrichls-
"verwaltung in Preufsen. Jahrgang 1S59. S. 71) zu ersehen, welches
die that sächlich vorhandenen Obelstände sind, deren Beseitigung
die Unterrichtsbehörde fordert, oder in der jetzt erscheinenden «En-
cyklopsedie des gesammten Erziehungs- und Unterrichtswesens,* welche
sich als ein Ausdruck der In Deutschland herschenden oder, bei
noch streitigen Puncten, der einander bekämpfenden Oberzeugungen be-
trachten lässt, den trefflichen Aufsatz Roth's über «Aufgaben* Bd. L
8 ^3 nachzulesen. Der Hr. Vf. wolle gefalligst mit den angeführten
Thatsachon, mit den Worten der Behörden und der Schulmänner, die
inmitten der von ihnen geschilderten Zustände leben, das Bild ver-
gleichen» das er selbst davon entwirft, und dann entscheiden, ob dieses
irgend einen Anspruch auf historische Wahrheit hat
Aber unter dem Ausdrucke «preuOsisches Unterrichtssystem,* «die
in Deutschland allgebräuchliche Methode* ist vielleicht nichts anderes
gemeint, als die in Österreich gegenwärtig gesetzlich gilUge Einrichtung
des Gymnasialiinterrichtes. Eine solche Auffassung ist keine willkürliche
Deutelei, sondern zeigt sich bei näherer Betrachtung als Nothweudig-
keit. Der Hr. Vf kündigt seine Aufsätze ausdrücklich als eine Kritik
des in Österreich jetzt geltenden « Unterrichtsgesetzes* an; es kann also
«inmöglich ein Hauptabschnitt derselben blofs gegen auswärtige Zustände,
er muss zugleich gegen die einheimischen gerichtet sein. Ferner, in
den Folgerungen, den Anträgen auf Veränderung des Lehrplanes, tritt
diese Beziehung auf die in Österreich geltenden Eiorichtungen augen-
«cheiulich hervor. Also an der Absicht des Hrn. Vf. 's., auch durch diesen
Abschnitt Kritik zu üben über die jetzige Organisation der Gymnasien
lässt sich schwerlich zweifeln; aber es ist mir unmöglich, in der gegeo-
wärtigen Organisation etwas zu finden, worauf die Kritik des Hrn. VL's
wirklich Anwendung fände. Ober das Verhältnis der Lehrstunden zu
den Aufgaben für häusliche Beschäftigung spricht der Organisations-
Entwurf S. 100 Grundsätze aus, welche in allen nachfolgenden Erlässen
des Unterrichts-Ministeriums nur wiederholt oder bestimmten Anlässen
gegenüber eingeschärft worden sind. Die hieher gehörige Hauptstelte
des Org. Entw. lautet:
«Im Allgemeinen folgt hieraus zunächst, dass ein Unterricht, wel-
cher ausschliefslich oder auch nur vorherrschend ein blofses Vortragen
der Lchrgegenstände wäre, etwa nach der Art des Universitäts-Unter-
richtes , dem Standpuncte der Gymnasien völlig unangemessen ist
Gerade im Gegentheile fordert dieser Standpunct, dass den Schülern so
wonig Zeit als möglich gelassen werde zu einem blofs passiven Zuhö-
'ü Bemerkungen zu dem vorstehenden AufsaUe. Von it, B0nli%. 333
ren, welches jeden Augenblick in Oedankenlosigkeit oder Zerstreutheit
übergehen kann, und wobei der Lehrer zu spät erfahrt, wie oft seine
Rede misverstanden worden , während der ganze Unterricht jener Erre-
gung und Freudigkeit der Schüler entbehrt, welche in diesem Alter nur
da entsteht, wo der Unterricht ein fortwährendes Arbeiten der Schüler
ebenso wohl als der Lehrer ist.
Die Aneignung der Kenntnisse durch die eigene Thätigkeit der
Sehüler zu bewirken, muss femer vornehmlich die Aufgabe der Lee«,
tionen selbst sein. Uiedurch soll keineswegs der Werth des häuslichen
Fleilses und der Aufgaben för ihn herabgeselzt werden, im Gegentheü
fordert eine gesunde Schuleinrichtung, dass die Schule ihre Wirksam-
keit auf den Schüler über die Zeit der Lehrstunden hinaus erstrecke»
und in der Regel für jede folgende Lehrstunde eine Leistung, und sei
sie auch noch so gering und unbedeutend, zur bestimmten Pflicht mache.
Aber im den leärsitmdem ielöst tmd durch di€$eiben mu$$ der Seküier.
z» arbeUen gelerm kaben^ um t« Umue okm de$ Lekrere Biife ar-
heUen •» kdtmem. Dies gilt in besonders hohem Grade für die unter-
sten Lehrstufen; denn auf diesen ist es eine Hauptaufgabe, eine solche
Aufmerksamkeit der Schüler zu erreichen, dass der Gegenstand des Un-
terrichtes der Hauptsache nach in der Lehrstunde selbst gelernt wird»
und die häusliche Arbeit nur das feste Einprägen des schon im Wesent-.
liehen Gelernten zu vollenden hat. Mit dem Aufsteigen zu den höheren
Lehrstufen gewinnt allerdings die häusliche Beschäftigung der Schüler
eine selbständigere Bedeutung; aber für die gesammte Schulzeit, von der
untersten Glasse bis zur oberslen, bleibt es unerlässlicbe ForderwHf am
die Sekuie, daes eie, wae für die AnleUung dee Scküieri m eeiiiin
eigenem hämeliekem Arbeiiem erferderiiek iei, aHe$ eeibH in ihren Lekr-'
Mtumdem ieiete,*
Ich bitte die geehrten Leser, diese Stelle, welche wir als den Aus-
druck der gegenwärtig giltigen Grundsätze betrachten müssen, mit der
Kritik des Hrn. Yerf.'s zu vergleichen und selbst zu entscheiden, ob sie
zwischen der Kritik und ihrem angeblichen Objecte irgend einen Zusam-
menhang finden können. Die angeführte Stelle spricht Grundsätze aps,
deren Richtigkeit und Nothwendigkeit niemand in Zweifel zieht; wohl
aber möchte gar mancher ein gerechtes Bedenken dagegen haben, ob es
sich gezieme, Dinge, die jeder Lehrer sich selbst sagen wird und muss,
erst noch besonders in einer organisatorischen Verordnung auszusprechen.
Aber manche Umstände erweisen, dass ein solches ausdrückliches Aus-
sprechen^ mit Recht für nöthig erachtet ist. Die höchste Unterrichtsbe-
hörde würde nicht bei verschiedenen Gelegenheilen diese natürlichen und
selbstverständlichen Grundsätze des Unterrichtes eingeschärfl haben, wem»
sie überall oder in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle bereits zu
voller Verwirklichung gebracht wären. Das gegenwärtige Heft enthält
auf den unmittelbar folgenden Seiten einen Aufsatz des Hm» Schulrath
Wilhelm, welcher der Red. gleichzeitig mit dem des Hrn. Prof. Ressel
zugieng, «Über die Mitbeschäfligung der Schüler mit dem Gegenstaude
des Unterrichtes;* Hr. Schulraüi Wilhelm hätte sich unmöglich ent-
schlossen, diese speciellen Anweisungen und Ausfuhrungen des vorher
bezeichneten allgemeinen Grundsatzes zu veröffentlichen, wenn er, n\it
dem wirklichen Zustande des Unterrichtes in einem weiten Kreise genau
bekannt, jene Grundsätze schon zu durchgängiger Geltung gebracht
fände. Und wer darf denn endlich gegen unerfreuliche Tbatsachen Auge
und Ohr verschliefeen ! Wenn z. B. in einer unteren Glasse einer sehr
tüchtigen Mittelschule der geschichtliche Unterricht darin besteht, dass
aus dem eingeführten Buche Schüler eine Anzahl Seiten vorlesen müssen,
deren Inhalt, ohne dass irgend eine Erklärung des Gelesenen gegeben und
das Verständnis sicher gestellt wird, die Aufgabe fürdienäctiste Stunde
94 BemerlLUDgen lu dem vdrstebendeo AufsaUe. Vou B, BoHiin.
bildet, und die 8ohuler, unfifaig aus dem Onverstandenen einen Auszug
zu machen, sich genöthigl sehen (die meisten naturlieh nur so oft» als
sie besorgen müssen, wieder «geprüft* zu werden), das Vorgelesene
möglichst auswendig zu lernen; wenn in gleicher Weise der geogra-
phisehe, der saturhistorische Unterricht ein biolses Aufgeben zu hausli-
chem Memoriren und Prüfen des Meroorirten ist: dann ist doch wol noch
Anlass da, an die wahre Aufgabe des Unterrichtes zu erinnern, und
die Besorgnis, dass durch die Wirksamkeit der Lehrstunden die hius»
liehe ThäUgkeit entbehrlich gemacht werde, liegt in sehr weiter Ferne. Und
wenn nun solchen offenkundigen und durch die Worte der Behörden
deutlieh genug anerkannten Zustanden gegenüber der Hr. Verf. eine Üb*
terrichlsweise bekämpft, bei welcher «möglichst vieles, oder vieknehr
alles in der Schule geschehen müsse , so dass der Privatthätigkeii ein
möglidist geringer Spielraum gelassen werde,' so erstaunt man über die
Kühnheft der Phantasie, mit welcher der Ur. Verf. sich seine veimeint-
Heben, leider nicht vorbaDdenen Gegner zeichnet.
Aufser diesen principiellen kritischen Erörterungen über das Ver-
hältnis zwischen den Lehrstunden und den häuslichen Beschäftigungen,
treten In dem zweiten Aufsatze des Hrn. Veif.'s vornehmlich noch drei
Bemerkungen hervor, die Ermahnung, man solle in den Leetionen die
Schüler nichl fn einen hsiben Schlaf versinken lassen , die Polemik
gegen die In die Zeugnisse aufgenommene Note über Aufmerksamkeit,
und das verwerfende Drtheil über Convicte.
Mit plastischer Wahrheit stellt der Hr. VerfL jenen Zustand zwi-
schen Wachen and Schlafen dar, in welchen die Gleichgiltigkeit gegen
etwas eben vorgetragenes die Schüler versetze. Wer sollte dem Wehe«
rufe, den der Hr. Verf. dagegen erhebe nicht aus voller Seele beistimmen?.
Aber eine Frage muss man hinzufugen: steht ein Dnterriditsverfaliren,
das solche Folgen hat, im Einklänge zu den gegenwärtig gesetzlichen
Einrichtungen oder im direclesten Widerspruche dazu? Die Einleitung^
durch welche der Hr. Verf. seine Aufsätze als .eine Kritik der jetzigen
Einrichtungen bezeichnet, muss zu der ersteren Annahme führen. Der
Ur. Verf. hätte daher bestimmt bezeichnen sollen, welche Puncto der
gegenwärtigen Einrichtung es sind, die zu so entsetzliehen Folgen ge*
führt haben.
Dass in die halbjährlichen Zeugnisse ein Urth eil über die Auf-
merksamkeit aufgenommen ist, verwirft der Hr. Verf. als eine un-
passende Einrichtung; der Lehrer beurtheile damit nicht die Schüler,
sondern seinen eigenen Unterricht. Auf die psychologischen Ansichten des
Hm. Verf.'s über die Aufmerksamkeit, als sei die unwillkürliche Aufmerk-
samkeit die einzige Art der Aufmerksamkeit, muss ich es, wie schon
in einem früheren Falle, unterlassen näher einzugehen; es wurde ja zur
Entgegnung darauf genügen, das betreffende Capitel irgend einer Psy-
chologie anzuführen. Im Übrigen werden wenige Bemerkungen zur
Orientiemng ausreichen. Unzweifelhaft kann jemand so langweilig spre-
chen oder schreiben, dass es auch dem ernstesten Willen und der besten
Obung unmöglich wird, aufmerksam zu bleiben; aber auch von dem
Interessantesten Unterrichte vermag Flatterhaftigkeit oder eine Versun-
kenheit in andere Gedanken rieh vollständig zu entfernen. Ein Lehrer,
welcher bei einer grofsen Zahl seiner Schüler, überdies noch im Wider«
Spruche mit dem Urtheile seiner Collegen über dieselben Schüler, Mangel
an Aufinerksamkeit zu tadeln hat, gibt freilich zu der Besorgnis Anläse,
dass er selbst einen guten Theil der Schuld trage; aber wenn unter
ähnliehen Verhältnissen ein Lehrer bei einer Mehrzahl von Schülern
Mangel an Flelfs, Mangel an Leistungen zu rügen hat, so ergibt sich über
die Ursache dieses Tadels die gleiche Folgerung. Die Formeln für das
Urtbeil über die Aufmerksamkeit, mögen öfters das Lob in zu starken
Ober die Mitbescbafligung der Schüler u. s. w., v. A, Wiikeim. 335
Farben auftragen; nur finde ieh nicht, dass dies bei den andern Kate-
gorien der Zeugnisse weniger der Fall sei ; der Missbrauch der Sprache
verdient in dem einen Falle ebenso wenig Billigung oder Nachsieht, wie
in dem anderen. Dassrs möglich ist, über das Vorhandensein oder den
Mangel der Aufmerksamkeit sich eine sichere Oberzeugung zu verschaffen,
brauche ich nicht weiter zu erweisen; ich darf mich in dieser Hinsieht
auf den unmittelbar folgenden Au&aiz des Hrn. Schulrath Wilhelm be-
rufen. Die Voraussetzung des Hrn. Verf.'s, das Urtheil über die Aufmerk-
samkeit sei in die Zeugnisse auijgenommon , weil der Org, Entw. «die
Scbwierigkeil, die Schuler während der Unterrichtsstunden angemessen
zo bescblftigen , im Auge hatte,* ist unrichtig; der Org. Entw. weist
ausdrücklich nach , dass diese Rubrik in die Zeugnisse dämm aufge-
D«iiiiDCD ist, weil Aufmerksamkeit, Fleife, Leistungen drei Factoren für
das Gesammturtbeil über den Schüler sind, von denen keiner durch den
andern oder die beiden andern ganz ersetzt wird. Der Hr. Verf. wolle,
um sich von der Grundlosigkeit seiner Voraussetzung zu überzeugen,
S. 187 des Org. Entw. nachlesen.
Endlich über Gen vi et e, als über Anstalten zu «schablonenmifsiger
Herstellung von Industriewaaren* bricht der Hr. Verf. den Stab in einer
Weise, dass er alle zusammen in ein und demselben Verdammungsurtbeile
zu befassen scheint. Ich glaube der Versicherung des Hm. Verf.'s, dass
es schlechte, recht verderblich wirkende Convicte gibt; aber abusui
mm ioiüt Uium. Selbst Schüler eines Alumnates , dem ich von meinem
zwölften bis zum achtzehnten Lebensjahre angeborte, würde ich mich
d«r Impietat schuldig machen, wenn ich je vergafse. was ich der
ieperiJM äUeipUnae Parien$i$ verdanke , und ich weiüs, dass mit mir
tausende dieser Pflanzstätte in gleicher Anhänglichkeit gedenken, so wie
ihrerseits die (üma maier Porta ihren ehemaligen Zöglingen, sobald sie
von deren Tode Kunde erhält, einen Nachrnf der Liebe im Abendgebete
widmet. Von einem einstigen Schüler und jetzigen Lehrer eine« andern
ATumnates kann man in der vorher erwähnten Encyklopädie des Er-
siebungswesens Bd. 1. S. 74--S8 den Gegenstand eingehend und über-
zeugend behandelt lesen. Dass es in Österreich ebensowenig an Alum-
naten (Convicteu) fehlt, an welche ihre ehemaligen Schüler mit un-
wandelbarer Liebe und Dankbarkeit gedenken, ist mir wohl bekannt.
leb muss daher die Allgemeinheit des Verwerfungsurtheils mit aller Bnt-
sehiedenheit ablehnen; der Geist, der in den Einrichtungen seinen
Ausdruck gefunden hat, der Geist , der in dem Lebreroollegium forter-
halten wird, dieser allein gibt das Recht zu einer Verwerfung, wie der
Hr. Verf. sie ausspricht, oder zu der dankbaren Anerkennung, von
welcher andere erfüllt sind.
Wien. H. Bonitz.
Ober die Mitbeschäftigung der Schüler mit dem
Gegenstande des Unterrichtes.
Der Gymnasialunterricht hat (Org. Entw. S. 99, 100) bei
den Schfilero Aneignung des vorgezeichneten Mafses von Kennt-
nissen za sicherem Besitzthume und freier Beherrschung zu ver-
mittebi, und die zu dieser Aneignung erforderliche Thäligkeit
der Schüler zu wecken und fortwährend zu beleben und zu
leiten. Der Unterricht soll daher auf keiner Stufe ausschliefi^lich
oder auch nur vorherrschend ein bloGses Vortragen des Gegen-
standes für die passiv zuhörenden Schüler, er soll vielmehr ein
336 Ober die fifitbescbaftigung der Schüler u. s. w., v. A. Wiikelm.
fortwährendes Arbeiten der Schüler ebensowol als des Lehrers
sein. Hieher gehört zunächst die Forderung;, dass nichts von
dem Lehrer als fertig gegebenes mitgetheilt werde, was die Schüler
wissen oder nach leitenden Fragen finden können, und was ihnen
daher abgefragt werden soll.
Es ist ferner Aufgabe des Unterrichtes, vollständige Auf-
fassung und verhältnismälsige Durchübung der Lection in der
Schule zu bewirken, und zwar nicht blofs bei einzelnen Schülern, ,
sondern bei der ganzen Classe« Daher muss sich die Belebung
und Leitung der Thätigkeit auf alle Schüler erstrecken. Dies
geschieht dadurch, dass die einzelnen Fragen über den Gegen-
stand der Lection an möglichst viele Schüler gerichtet weisen,
und der Lehrer nie durch eine längere Zeit sich ausschliefslich
mit einem Schüler beschäftigt, sondern, stets die ganze Classe
im Auge haltend, bald diesem bald jenem Schüler eine kurze
Frage zuweist. Es ist nicht gemeint, dass man sich nie durch
längere Zeit überhaupt mit einem Schüler zu beschäftigen habe;
aber während an einen Schüler vorzugsweise die Fragen gerichtet
werden, können und sollen 10, 15^ 80 andere Schüler durch
kurze Fragen mitbeschäftigt und in die lebendige Theil-
nahme an der Beantwortung aller Fragen bineingezogc^n werden.
Hiebei handelt es sich nicht darum, das9 in einer Unterrichts-
stunde alle oder die meisten Schüler zur Beantwortung einzelner
Fragen aufgerufen werden, weil dann jeder Schüler nach Be-
antwortung seiner Frage sicher sein würde, keine zweite zu er-
halten $ sondern darum, dass die Fragen rasch von einem Schüler
auf den andern abspringen, wobei ein und derselbe Schüler
auch mehrmals aufgerufen werden kann, damit jeder Schüfer
bei jeder von dem Lehrer gestellten Frage gefasst sein müsse,
zur Beantwortung gerufen zu werden. Die Fragen müssen ferner
nicht durch eine bestimmte Zeit sich ausschliefslich auf eine
Reihe oder Abtheilung der Schüler beschränken, so dass die.
übrigen Schüler indessen sich unbeachtet wissen; sie müssen bald
hierbin bald dorthin und an Schüler bald in den ersten bald in
den letzten Bänken gerichtet werden. Auch ist zuerst die Frage
zu stellen, dann der Schüler aufzurufen, nicht umgekehrt.
Für die Nothwendigkeit dieser MKbeschäfligung der ganzen
Classe mit dem Gegenstande der Lection, sprechen aufser der
Vorschrift folgende Gründe.
1. Nur durch diese Hitbeschäftigung kann die Aufmerk-
samkeit aller Schüler rege erhalten werden. Davon kann sich
jeder , der beobachten will und nicht den äufseren Schein (z. B.
ruhige Haltung, Hinstarren) für wirkliche Aufmerksamkeit nimmt,
täglich durch eigene Anschauung überzeugen.
2. Die Aufmerksamkeit aller Schüler wird zugleich intensiv
gesteigert, weil jeder Schüler, keinen Augenblick sicher, ob ihn
nicht eine Frage treffen werde , auf jede an andere Schüler ge-
Ober die Milbesehaftigung der Sehftler u. s. w., v. A. Wiikelm. S37
richtete Frage die Antwort in Gedanken zu rormulieren, defti'naoh
wirklich und eindringend mitzudenken genöthigt ißt.
3. Die Aufmer^amkeit wird durch fortgesetzte Cbung zur
Fertigkeit.
4. Die Schüler werden im Sprechen und fertigen Ant-
worten geübt.
5. Da die gehingene Antwort Seibetbefriedigung erzeugt,
80 wird dadurch die Lemlust gesteigert.
6. Durch die rege Lebendigkeit wird der Unterricht für
Lriirer und Schüler angenehmer.
7. Der Lehrer, der ohne Überzeugung von der vollstän-
digen Auffassung seines Unterrichtes keinen Schritt weiter gehen
soll, kann diese Überzeugung nur durch die verlangte Mitbe-
schfiftigung gewinnen.
8. Die Schüler selbst können zu der Überzeugung von der
richtigen und voUstindigen Auffassung des Unterrichtes nur durch
diese Mitbeschäfligung gelangen, bei welcher die Mängel der Auf-
fassung zu ihrer eigenen Beruhigung berichtigt und ergänzt werden.
9. Nur durch diese Mitbe8chäfki|ung kann der Lehrer sich
in fortwährender Kenntnis von den Fortschreitenden Leistungen
der Classe erhalten und alle Schüler wirklich genau kennen
lernen. Wer daran zweifeln wollte, mag z. B. in zwei Classen
hospitieren, während in der einen drei oder vier Schüler geprüft,
jn der andern alle Schüler mitbeschäftigt werden; von den L<^i-
slungen der letzteren Classe wird er sich ein richtiges, von denen
der ersteren kein Urtheil bilden können. Sollle aber jemand
meinen, es könne ein sicheres Urtheil über die Leistungen der
Schüler nur durch förmliche Prüfung der einzelnen erlangt werden,
so irrt er sehr. Durch formliche Prüfung überzeugt man sich
von der Auffassung bestimmter Abschnitte des Gegenstandes,
aber nicht von der Auffassung des gesammten fortlau^nden Un-
terrichtes. Da ferner formliche Prüfungen nur mit einzelnen Schü-
lern nacheinander, demnach mit demselben Schüler nur nach
Zwischenzeiten vorgenommen werden können, so bleiben die ^n-
mal geprüften Schüler durch längere Zeit sich selbst überlassen;
und dass, wo eine solche Ordnung besteht, die Schüler ziemlich
genau den Zeitpunct berechnen, wann sie wieder geprüft werden
dürften, und während der Zwischenzeit theils in Folge einer ge-
wissen Abspannung nach der Prüfung theils aus Bequemlichkeit
mehr oder weniger im Fleifse nachzulassen pflegen, ist eine alt-
bekannte Sache. Dass dagegen der Lehrer, der stets die ganze
Classe in der angedeuteten Weise mitbeschäftigt, einer formlichen
Prüfung einzelner Schüler, seltene Ausnahmen (Org. Entw. $. 75,
1 und S. 1 84) abgerechnet, gar nicht bedarf, um die Leistungen
aller ganz genau kennen zu lernen und sich in steter Kenntnis
der fortschreitenden Leistungen aller zu erhalten, ist längst durch
die Erfahrung bestätigt.
Zcittehrift r J. S.t0rr. Oymn««. 1860 IV. u. V. Heft. 24
338 Obfr tUe MUbeschafligung der ßehuler u. s. w., v. A» UMAeim,
Die für die bezeichnete MilbeschäfUgung angeführten Gründe
gelten bei jedem Lehrgegensiande und auT jeder Unterridttskufei
daher ist die«e Miibeschäriigung bei allen G^ensiänden und auf
allen Stufen zu fordern. Am ausgedehntesten kann sie stattfinden
beim Unt^richte in den.iSpracfaen und der MalheAialik; abtsr auch
bei den übrigen Gegenständen ist sie ohne alle Schwierigkeit an*
wendbar, denn so oft eine Frage gestellt wird, kann (muss je-
doch nicht) ein anderer Schuler zur Bean(\^ orlung gernfeu werden«
Bezüglich der MaJ^heinatik ist zn bemerken , dass , während ein
Schüler an der Tafel arbeitet, alle Schüler in den ßaaken —
nicht das giehörte nachschreiben oder das auf ler Tafel ge-
schriebene abschreiben sollen, weil gedankenloses Schreiben und
mechanische Beschäftigung zu Geisteslragheit führt, sondern — >
schreibend mitzuarbeiten haben und bald dieser bald jener auf-
zurufen ist, dass er, obne auf die TäEel zu sehen, qus seinem
Hefte weiter aorbeite. Es ist ferner im allgemeinen richtig, dass
die Mitbeschaftigiing auf den unteren Stufen und bei gröfserer
Schulerzahl nothwendiger ist als in den oberen und in minder
zahlreichen Classen; dies soU jedoch keineswegs so verstanden
werden , als ob dieselbe ün den letzleren Fallen von geringerer
Wichtigkeit sei odei* gar unterlassen werden dürfe.
In der Gewandtheit richtiger Hitbe&chäfligung der ganzen
Classe mit dem Gegenstande der Lection , zeigt sich hauptsäch-
lich die fwaktisoiie Lt^irbefÜhigung und die Berufsfreudigkeit.
Der Lehrer muss den Gegenstand seines Unterrichtes nach Inhalt
und Umfang sowie nach der entsprechenden Behandlungsform
sicher beherrschen und zugleich die Bedürfnisse der Classe sowie
der einzelnen Schüler stets richtig wahrnehmend im Auge hallen;
sind diese zwei Bedingungen nicht vollständig vorhanden, so
mislingt die Mitheschäftigung und es treten in den Fehlern der-
selben die Mängel bezüglich der einen oder der andern Bedia-
gungen sogleich hervor. AbsichtUche und ernstliche Einübung
der Behandlimgsweise »nd genaue Vorbereitung für jede
Unterrichtsstunde «ind die Mittel, wodurch die erforderliche Ge*-
wandtheil «rlangt werden muss.
Es ist «cht zu iäugnea, dass die verlangte Uilbeschäftigung
mehr Anstrengung von Seite des Lehrers erfordert als das lei-
dige, leider noch nicht durchaus überwundene sorglose «Vor-
tragen und Prüfen;^* aber die Anstrengung, die übrigens durch
die steigende Gewandtheit erleichtert wird, soll und wird nie-
mand scheuefl, wo sie zur Erzielung des Erfolges erforderlich
ist. Ein Unterricht ohne die bezeichnete Mitheschäftigung, aa
Gymnasien wie an Beal- und Volksschulen, verdient nicht den
Namen des Unterrichtes.
Krakau. A. Wilhelm.
Z 'weite Abtheilung.
liitentfrteefae Amelgciii«
1. Gr!e<}hische 'Ponneniehre von J. KTeüßet. gT.8. (VI th 2718.)
Päderf)orn, F. Sfjböningb, 1856. — 28 Ngf.
t. Gramtnäfica elementare e pratica detta Ihigua greea di
V>ederigo ßüiüer. Ptimti ytaämaime Itaiiana dl £. Femti.
Ftar4e prima, kl. 8. (XV u. «M 8) ßttetne, F. nggi, iS67^ ^
3. Otningi^buch ffir den erslen UnVerricht in der frtiecliischeii
Sprache vob H. Hottem ro^tt^ Oberiehrer am Gymnasfuin zu Em^
oiericb. Zweiter und dritter TbeiL gr. 8. (Vi u. 8i8 S.) KüIb, M.
Du MoBUScbauberg, 1857. — 28 Ngr.
4. BeispielsammluDg zum Olierselzen -au8 dem Deutschen in^g
Griecbiscbe von A. F. Gottscbick, JDirector des köoigl. Peedv
gögiums zu Pulbus. Erstes Heft für Quarta und Tertia. 8. (IV ti.
115 S.3 Beirlin, R. Ofirtner, 1868. — T Thlr.
5. AnTelfting com 'Übersetzen ans dem Deutschen in's Griechische
fttf Anfinger zur Einübung der Formenlehre ausgearbeitet von Dr.
Ph. K. Hess, Professor und Director des berzogl. Gymnasiums zu
JieJmstedt. Seclisto vermehrte und vielfach berichtigte Auflage, kl. 8.
CXXIV u. 314 S.) Frankfurt a/M., U. L. Drönfler, 1868. — % Tblr.
0\ Praktische Anleitung zur Erlernung der griechischen Sprach-
clemente , für die SebuJer der Quarta und Tertia bearbeitet von J.
Quos^elK^ Oberlehrer. 2weite verbesserte Auflage, gr. 8. (VI u.
«70 S.) Köln und Ncufs, Schwann, 1868. — V, Thlr.
7. Höhieri^che Formenlehre, auf Grurrd der <<kurzen Übersicht
«ber die Poi*men des noraetischen Dialektes von E. A. Wigand,*
neu bearbeitet von . Dp. J. D d o s c h 1 e , Professor am Prledricb-
Wilhelms-Gymnasimn tu Berlin. 8. (V4 u. 6$ S.) Berlin, Tb. Gh.
Fr. Ensliu, 1859. — V4 Thlr.
Die vorliegende '^Reeension bildet eine Fortsetzung der Anzeige
f(Heebischer Elementar- und Übungsbücher, welche, im Jahrgange 1858
dieser Zeitschrift S. t77 ff. erschienen ist. Airs dem Umstände, dass es
füit die Leser und für den beschränkten Raum in diesem Blatte gleich
Wttosobenswerib istj wenn derlei Bücher nicht vereinzelt, sondern in
24*
340 Gricch. Grammaliken u. Ohungsbucher, ang v. K. SchetikL
grurscrer Anzahl angezeigt werden, durfte es sich hinreichend erklaren,
warum einige dieser Schriften verhaltnismafsig etwas spät einer Rccen-
Rion unterzogen werden. Der Aufgabe eine allgemeine Charakteristik
von derlei Büchern zu geben, glaubt Ref. nach den vielseitigen Erörte-
rungen dieses Gegenstandes in der vorliegenden Zeitschrift (Jahrgang
1859, S. 24 (f., 1856, S. 355 ff., 1857, S. 152 ff.) überhoben zu sein
nnd will daher unmittelbar zur Besprechung der angegebenen Werke
übergehen.
Der Verfasser der zuerst aufgeführten griechischen Formenlehre,
Herr J. Kreuser. beginnt seine Vorrede mit folgenden Worten: cAn
griechischen Sprachlehren haben wir jetzt Überfluss. Wozu also eine
neue unnOthige Arbeit, zumal da das beste Schulbuch ohne guten Lehrer
wenig hilft, ein mittelmäfsiges durch die VortrelTlichkeit des Lehrers
zum besten wird? Die elufaobe Antwort lautet: seit mehr als vierzig-
jährigem Lehramte ward ich oft um diese Arbeit gebeten, ja sie gerielh
sogar durch fehlerhafte Schülerabschriften in den Verkehr und Handel,
so dass ich mir selbst wenigstens eine fehlerlose Darlegung meiner
Lehrweise schulde. Auch möchten Viele mit mir darin übereinstimmen,
dass eine bestimmtere Fassung der Formenlehre keineswegs zu den
überflüssigen Dingen gehöre, während die Syntax nach Matthiä wol
durch Beispielsammluugen, weniger um Wesentliches nach meinem Da*
fQrhalten gefordert werden kann.* Jeder Philologe wird, wenn er diese
Worte liest, billig erstaunen müssen. Allerdings hat Matthiä durch seine
griechische Syntax, wie Thiersch sagt, sehr viel zur Verbreitung gründ-
licher griechischer Studien beigetragen ; aber die Kritik hat gewiss nicht
mit Unrecht gegen die zweite und dritte Auflage den Tadel erhoben,
dass sie nicht im Verhältnis zu den fortschreitenden Forschungen ver-
vollkommnet worden seien, und was das jetzige allgemeine Urtheil über
das Buch anbelangt, so lautet es dahin, dass diese Syntax wol ein
brauchbares Reperlorium von Beispielen sei, aber in Bezug auf wissen-
scbaflliche Anordnung und Behandlung dem gegenwärtigen Stande der
Forschung in keinerlei Weise entspreche. Also alles das, was Thiersch,
Bäumlein, Krüger u. A. auf diesem Gebiete geleistet, soll als keine För-
derung erscheinen? Die Resultate der sprachvergleichenden Forschungen,
welche auch in der Syntax so viel Licht verbreitet haben und noch
verbreiten werden, sollen für Nichts gelten? Aber man wird noch mehr
staunen, wenn man hört, dass der Hr. Verf. S. 225 den sogenannten
AccusatiTus der Beziehung ganz ad modum Vigeri durch ein ausge«
lassenes %etti erklärt und S. 128 sogar einen Conjunctiv des Futurum I
annimmt. Wir wollen uns nicht auf die Widerlegung einer solchen
Behauptung einlassen und ersuchen nur den Hrn. Verf. auch Formen
wie ayysUmy in^p'^v^Sf die doch erweislich aus ayyiA<ra>, iuqidva^g
entstanden sind (vgl. G. Curtius, die Bildung der Tempora und Modi,
S. 287) als Conjunctivo des Futurum nachzuweisen. Diese zwei Bei-
spiele charakterisieren vollkommen das ganze Buch« Der Ur. Verf. steht.
Orieeh. Orainmatik^D u. Obungsbucber, ang. Y. M, Sekenki, 941
trotidem dan er hie uod da auf neuere Forschungen verweist, wie z. B.
S. 183 auf Bopp's Gonjugationssystem der Sanskrilspraehe (Frankfurt
VM. 1816), auf einem gani yeralCeten Standpuncte. Aber er begnugl
sich nicht blofii damit die neueren Forschungen zu ignorieren, sondern
er holt mit besonderer Vorliebe längst Terworfene und vergessene An-
sichten wieder hervor und stellt seine willkürlichen, oft abenteuerlichen
Erkläiungs versuche ohne nähere Begründung gleich festen Thatsachen
bin. Belege für diese Behauptungen bietet jede Seite des Buches dar.
So lesen wir S. 1: «Das Alphabet, dessen wir uns jetzt bedienen, heifst
dasjonische, weil es von einem jonischen Dichter, Namens Simo-
nides, nach morgenländischer Weise angeordnet worden.* Wie viele
Unrichtigkeiten in diesen paar Worten enthalten sind, wird man leicht
bei Verglcichung derselben mit dem Artikel «Alphabet* von Bäumlein in
der Pauly'schen Real-Encyklopasdie ersehen. S. t wird über die Aus-
sprache der griechischen Buchstaben bemerkt, dass man darüber viel
und unnütz streite, da alle Streitigkeiten eine gestorbene Sprache nicht
in' 8 Leben zurückfuhren, und in einer Anmerkung unter dem Tezte heif«t
es buchstäblich: «Wenn vorauszusetzen ist, dass die Römer zu ihrer
Zeit dtis noch lebendige Griechenthum wiedergaben, so muss nach Ni-
lus, Aristides, Iphigenia, Medea mancher Diphthong schon früher ver-
schwunden sein. Dass 17 und v früher als * gesprochen wurden, zeigen
das Kirie Eleison {Kv^it iXiffiov) und Evangelium (e««yy^Ico«r). um ifO
mehr als religiöse Ausdrücke nicht leicht einer Veränderung unterliegen.*
Ref. ist der Meinung, dass derlei Fragen in einem Schulbuchc entweder
gar nicht oder doch nicht in einer so unklaren und ungenügemlen Weise
abgehandelt werden sollten. Warum hat der Hr. Verf. hier nicht die
fleifsigen Zusammenstellungen von Matthiä (Band 1, S. 34 ff.) benutzt?
Dass übrigens die allerdings schwierige Frage über die Aussprache der
Vocale und Dipththonge doch nicht so ganz unlösbar sei, wird die
treffliche Behandlung dieses Punctes in W. Christ's «Grundzügc der
griech. Laotlehre* Leipzig 1859 , S. 8 ff.« 29, 48 ff., womit die gründ-
lichen Forschungen von W. Corssen «Ober Aussprache , Vocalismus und
Betonung der lateinischen Sprache* Leipzig 1858, Band 1, S. 139 ff.,
162 ff. zu verbinden sind, hinlänglich erweisen. S. 3 finden wir fol-
gende Bemerkungen über die Aussprache des (: «( wird wie % gespro-
chen; aber man muss sich bewusst sein, dass dieses fehlerhaft ist (!).
Wie nämlich unser deutsches % aus di oder ti besteht (dazu die An-
merkung: Bücher 1499 gedruckt, setzen noch % statt $ und f% statt I9 (!) )
so besteht ( umgekehrt aus #^.* Wir sehen , der Hr. Verf. spricht so,
als ob weder Grimm noch Schleicher über die Natur des germanischen
und griechischen f Untersuchungei^ angestellt hätten. — S. 4 wird bei der
Aufzählung der Diphthonge o» übergangen; als unreine Diphthonge wer-
den ifo und mv aufgeführt, ohne beizufügen, dass letzterer nur im
jouischcn Dialekte erscheint S. 5 wird bei der Regel, dass mit Aus*
nähme von i% und ovk kein griechisches Wort auf andere Gonsonanten
«1«! attf 9,: ^, ri eodigit bdin^lt» a^iikf'lmmf^.diatM^ 'lC€Ui%r 'l^im^
maobaii och, alaa sl^n durt^. di» Eodunf^ ab FfendwMcr keDotli^h.*
&6 l«(ieQ wir bei CrwibHiin^cUr* Aapjrierqng einer Teouis durd^t eiociD
|olgende^ Spicito aspers «abor if«> aua. wir4 nie it^^ Ala ob j0) Ipc vor
Vocalen ereebienel— S« 9 b<^reii wir» daas. der ai^liacbe Dialekt gans
sicher die Mutter (?) der lateinischeii. Spraefa0 iet. Ee. ist wahrlioh on*
glaubliclli dass nach den eiagebettden Ufitersiichungen der neueren. Zeit
Qooh immer soiche Ansiohteo BulJKetisebt werden kennen. Wir venweiaen
einfach auf ; den BOfaönen< Vortrag von G^.Gurtius. in den VerbandluagMi
der fönfaehnt^n. V^TMinmlung deutscher Philologen'^ Hamburg t86<b
fi. 41 (f.; Auf eben dieser 8eHe wird. hemerktd «Auch das ^ ki^note au
den Hauohzeiehen gerechnM werden, da ea bekanntlich; (4 stalt 9^)
wegfällt, wie das latbtiiiflehe 9 w^peüei,, petii u. 8i w.* Wie kann der
Hrw Verl je einen Bliok in die Werket B^ppf's gethan haben, wenn er
Bolche Behau|>lungen. aufstellt i -^ Doahtea kann unmöglich unsere Auf*
gäbe sein filatt für glatt dieses Quches sa- prfifen {. wir wollen, daher «1
denjenigen Tiiai1e:des Werlbea überigehen,, in welohenu; der Hr. Verl*
selbst eine weaentliche Fördei^ng der Foraienlebre erzielt lu hai)en.hc«
hauptttt, nimlich zur Lehre vom Verhorn. S. IDO ff» I>a 0«den wir nun
gleich anfange (8. 96) die: Bemerkung:, «das Aotivum endet, auf <a, das
Passivum auf fioi» das Uediumi ebenfalls auf fio* und bat häufig reflexive
Bedeutung, a. B« low» wasche, Ao^o|mi*< wasche mich.' Wenn » als
Ausgang des aetiven Venbum hingeatellti wird> so muss doch. als Endung
das Medium und Passivümo'^fMM; angenommen, werden;, übrigens ist
die reflexive Bedeutung beim Medium gewiss nicht hau6g, sondern auf
eine ziemHch geringe Anzahl von Fallen, beschr&nkt, Jn demselben Para-
graphe hciftt es : «das griechiaehe« Vecbum> hat; ferner nur eine einzige
Gonjugation (die £ndung fM a« spater).* 8. 183. betrachtet, der Hr. Verf.
fiehlig die bindevocaiioee Gojgugation, Ws die ält^re^; wie kann also hier
nur von einer, e inaigen Gonjugation- gesprochen werden?i Einige Zei*
len spater leaeA wirs «Dnt. griroh. Ycrbum. hat einen Modus mehr als
das lateinische^ den Optali¥ (iVunschform :) ich würde , mUohte,, durfte,
kOnnteO.* Wie soll ein 8chüjl«r eine solche £rJüärnng; verstehen.?. —
Si. lOjl» g«.B7 wird als Hauptimterscbied der Nßbenzeilen. vour den Haupte
zelten beaeichnei» dais erstere alle, vorue einen Zuwachs erhalten, näm*
lieh das Augment a (bisher fand nmn diesen Hauptu^terschied in den
Personaiendungen), und, gleich darauf wird; die Rcduplication als eine
Verbindung des Anfsngseonsonanten mit de» Augmente erklärt, und um
diese Theorie aufrecht za halten, sogar ein. Augment » angenommen, wobei
der Ur Verf. S..184 bemerkt: «dass zwischen s und i ebenso wenig ein
Unterschied als im Lateinis<;hen zwischen her4 und lUri (QuinliL)> leuchtet
ein, und so könnte iaiicilaTO, Tc^9y«(/f}ir u«. s. w» ebenso richtig durch
ini%X»%o (uMa^attt) erseUt werden.* Mit solch abenteuerlicher Willkür
wird nun die ganz« I^mpushildung behandelt» Als Beispiele des Fut. II
orspheinen % iS^tvnimy, Toy^, aoivf^^o),^««^, wpim, (cupim,^
Ori ech. lirammaliien u. Obungslmeher, aag. %. g. Sckenki. SI8
iauter Fomen, welch« nifgondis' in (Trieebischeii uachc« weisen sind,
tffts Perfeotum PMsivi wird di 14t vom PeffeclatD kpiWi gebildet, vi«
ta%fMi von xita%a, ate Paradigmata (ur dleCoi^jugat^» der¥erba äuf^i
erseheiaen S. 187 ß^ßwh 9i9^y^ nütiLm^^, thtfu, d^^a»fM» nCtpvfut, Dio
Oberaehrift dea g. 136 (S. tO0> lautet: «fioo, 2^, tlfüi; ich gebe, will,
werde gehen* und einrge Zeilen apäter hetfat eti: «Daa ImperfeeCum iitt
nicht gebrSucbiich. An seiner Steile gebraucht man von Um, fiov,
PuL ^1», Aor. ijfrtfcr, Perf. ^rxo, ^ta^ 90, PI. iitxH9y f^ny,* u. dgl: m.
Und da will dor Hr. Verf., wie er anlbat Vorrede S. VI sagt, auf der
von Hatthia und Thiersoh angebahnten Sfrafso fbigerecht vorgegangen
sein? Hat er denn nie gelesen, was Thierscb in der dritten Auflag«
seiner griechiijchen Grammatik. 8. 70ft' ff. gegen die Barbaren , welche
die griechische Sprache mishandeln , bemerttt hat? Müssteii wir nicht
aaoh dieser Methode auch oint «gewinnCe, habe gesingt u. dgl.* in der
deutschen Sprache xn Reeht anofrkennen? -- IHt der gleichen wunder*
liehen Willk&r verfährt der Ittr. Verf^ iu seiner. Daristeliung der Lehre
vom Accente, welch« er' abehfalla durch seine GramsMlik bedeutend
gefordert au haben behauptet. Er lebt in der £inbilduiig, dass dio Ac-
eentfehre überall durch Grillen und Spitafindigkeiten der neugriechischen
Scholiasten entstellt warden sei , will auch die Sebular nicht aaoh dem
Acceute lesen lasse»,, bchaudelt aber dessenungeachtet die Acoentlehre
in der gröfsten Aasdehnuug mii Aufuhning aUer, auch der gering-
fügigsten Kinzellieilvn« Es wird hier genügen* darauf hinzuweiaea, dass
fio|»p In der Zeitsehrift für VergL Sprachforschung, 1664> S; 1-26 und
dann iä- »einem verglbichenden Acecnluationssystam des Sanakrit und
Orieehiacben, Barhn 1864, die genaue Obereinatimmung der Accantuation
in beiden Sprachen dargethan hat^ welche somit auf anderen Grundlagen
beruhen muas , als der Hr. V«rf. annimmt Um das VerAih^nl öea Hrn.
¥erf.'s durch tin paar Beispiele m verdeuliichen , erwähnen wir • dass
nach den Bemerkungen auf S. 62 wMmwj tptittop nur als grammatische
SpitK8ndlgkeiten gelten aolien,- wfihrend doch daa Homerische scr»^,
0piog diese AcceniuaÜon aU vollkommen regelDuUsig eiveisen; S. 201
wird die Enklisis von tpriiii, eiiU dadurch motiviert, dass diese Wörter
aiusgejassen werden könnten, ohne daa Verstanduia dos Satsea au ätbren
U; dgl. m. — Schliefdlich haben wir iioch über einige Worte der Vorrede
au sprechen. Der Hr. Verf. bemerkt nämlich: «Ohne daran an erinnern,
dass es sehr gewagt ist, bestimmen lu wollen , was voreinst im leben-
digen Spracbschatse vorhanden und mehr oder minder gebräuchlich war,
so befasat sich die jetzige 'Gelehrsamkeit viel zu wenig mit den grie^
chischen Kirchenvätern und den Byzantinern,, und beraubt sich s» aelbst
alner Erkeantnisquelle , die für die Geschichte der Sprachentwickelung
nicht hoch genug angesehlagen werden kanni leider aber unbeachtet bei
Seite galaaaen wird> weil sie — unclassisch hcilaU Ooi nur eine
laiae Andeutung zu geben', so bildet Ba^ileios von ßaatat» ißdasaas
(fip. 111), und dieser weltgesohicbtliche Kopf, der zu Athen mit Kaiser
344 Gri«ih. GrAmmatiken u. Obungsbucher, ang. v. K, Sckenki.
Julian atudieple, verstand sein Grieehisch gewiss so gut als alle jcUigon
Griechen und Griechler. Ferne» gebraucht Cbrysostomas \on ia^i,
(Medium von Upkl^ tl^C) hSufig den Imperativ ioo und schwerlich hat
dieser Geü^tesriese an eine Nachachmung des Dichters gedacht , da es
ihm mehr darauf ankam, seinen Zuhörern sich verstandlich zu machen^
als sogenannte Dichterblumchen zu sammeln. Ähnliche Bildungen gibt
es unzShIigei und der Schuler ist zu ihrem Verstandnisse heranzubilden,
nicht dazu , wie ich mir einbilde ; um ein griechischer Classiker zu
werden.'* Ohne uns um die sonderbare Logik dieser Stelle zu kümmern,
bemerken wir nur, dass wol niemand, der etwas von Sprachforschung
^versteht, die einzelnen Entwiokelungsperioden einer Sprache zusammen-
werfen und so alle Obersieht zerstören wird, jeder wird vielmehr die-
selben strenge soödern und in der Grammatik, je nachdem er ihren
Dmfang begrenzt, genau gesichlet behandeln. Nur so kann der Schüler
ein Verständnis der Sprache erlangen. Was aber die beiden beigebrach-
ten Beispiele anbelangt, so hat sich Hr. Kreuser seltsam vergriffen. Denn
wenn der h. Basileios ipictccüa und nicht ißittait schrieb, so geschah
dies, weil er gut wusste, dass ersteres die classische, letzteres eine un-
classischc Form sei. Wahrend nämlich früher durchaus die Form
ißdata€a die herrsehende ist, Ondet sich ißina^a erst gegen Ende
d«s ersten Jahrhundertes (vgl. Thes. Steph. s. v. ßacxaim). Was hin-
gegen den Imperativ i€o anbetrifft, so war er, wie mehrere Beispiele
bezeugen, in der Sprache jener Zeit gebräuchlich. In das Helleni-
stische, auf welphes ja alle Dialekte einwirkten, ist er aus dem aoli-
schen oder lakonischen Dialekte eingewandert (Ahrens de diall. graee.
I, p. 146, lli p. 321)* Sowol der h. Basileios, als der h. Chrysostomos
bedienten sich der hellenistischen Sprache, mit dem Unterschiede, dass
ersterer sich theilweise dem Atticismus nähert, letzterer sich an die
damalige Volkssprache anschliefst übrigens ist die Bemerkung des Hrn.
Verf.'s, dass man bisher die Eigenthumlichkeiten der Sprache der Kirchen-
väter gar nicht berücksichtigt hat, durchaus nicht begründet. Allerdings
ist auf diesem Felde noch vieles zu leisten ; aber in Lobeck's trefflichen
Werken, dem Thesaurus Stephani in der Pariser Ausgabe, den Ausgaben
einzelner Schriften der Kirchenväter von Hefele, Tischendorf, Dressel,
Dindorf u. A. wird man bereits sehr vieles erörtert finden. Es muss
nun natürlich die Frage entstehen, was denn Hr. Kreuser nach solchen
Phrasen in dem vorliegenden Buche geleistet hat. Die einfache Antwort
ist: Gar nicht». Aufser dem schon besprochenen Imperative iao führt
er nur noch S. 129 an, dass Chrysostomos u. A. ein Fut aakniam ge-
braucfafe, welche Form doch bereits im N. T. 1. Cor. 15, 52 erscheint.
Parturtuni m&ntes etc. — Die Ausstattung des Buches ist entsprechend;
Druckfehler gibt es bei weitem mehr, als das der Vorrede beige-
schlossene Verzeichnis ausweist, z. B. S. 2» Z. 3 v. o. Sanpi statt
üamj^i, S. 102, Z. 10 v. u. yiytoiuii, Z. 8 v. u. ißXdaxtjuay S. 136,
Z. 16 V. 0. ist Xaoacooq unrichtig zu aiia statt zu aeva gesetzt,
Gricch. Grammatiken u. Obangatmoher, ang. v. K, SchenM. S45
& 145» Z. 9 V. a Titvfifiiiroi u. dgl. Der Preia ist nicht gerade billig
Nr. t ist, wie schon der Titel ailaeigt, eine Obersetzung der
Uimentaire et prniique de ia Umgue greegve von Fr.
Diese Grammatik ist gans und gar fQr die Bedürfnisse der
ftaHflaiseben Studienanstalten berechnet und zeichne! sich als Schulbuch
fw im gewöhnlich in Frankreich gebrauchten Lehrbuchern durch ver-
Anordnung, klare Fassung und strenge Gorreclheit aus, ohne
irgendwie den trefflichen Werken gleichzukommen, welche die
Schulliteratur auf diesem Gebiete aufweisen kann. Der Ober-
iHnr bat sieh seiner Arbeit mit Lust und Liebe und gründlicher Sach-
gewidmet und man kann daher die Obersetzung als eine gc-
I beieiehnen. Das verständig und klar abgefasste Vorwort, welches
Ir. Pcrrai seiner Obersetzung vorangeschickt, zeugt von seinem red-
icbea Eifer das Studium der griechischen Sprache in Italien zu beleben,
• wie auch von seinem Streben sich mit der einschlägigen Literatur,
■wät sie ihm zugänglich war, bekannt zu machen. Wir finden hier
ie hohe Wichtigkeit der sprachvergleichenden Forschungen für grie-
Grammatik und Syntax nachdrücklich hervorgehoben und G.
d's Epoche maehendca Werk : de emendanda ratione pramma-
1km §rmeeme allen Studierenden aufs wärmste anempfohlen. Es wäre
■r M woDSChen , dass der Hr. Obersetzer sich auch mit den neueren
Forschungen bekannt machen und auf solcher Grundlage ein
fQr die Studienanstalten Italiens schaffen möchte. An redlicher
kihilie von Seiten deutscher Gelehrten wird es ihm gewiss nicht fehlen,
rm fleh einmal die Sturme blinder Leidenschaft in seinem schönen
VatarUade wieder gelegt haben. — Ein Hauptvorzug dieses Buches vor
ito ia llalicii gedruckten griechischen Schriften ist auch die gröfsero
CofWdheiC des Druckes, obwol sich auch hier noch zuweilen die alten
ihgfl riagestcllt haben, z. B. S. 25, Z. 3 v. o. dnykoq , Z. 6 idiktpo^t
K. 7 Wtff, Z. 8 oMq, Z. 16 oxloy u. dgl.
Mr. 3. Der erste Thcil dieses Obungsbuches, welcher 1855 cr-
icUca« ist bereiU von dem Ref. in dieser Zeitschrift, Jahrgang 1856,
L SM ff. angezeigt worden. Hier liegt uns nun der zweite und dritte
Ihcii deMeÜKrn vor, welche beide, jedoch mit besonderem Titel und be-
■■iftHT Paginierung, in einen Band vereinigt sind. Was nun zuerst den
traten Tbeil anbelangt, so enthält derselbe S. 1— 61 griechische Obungs-
iUeket Ton welchen Nr. 1—30 zur Wiederholung des in der Quarta
wgdrageiieD Lehrstoffes l>e8timmt sind, 31 — 35 die Praposi^nen,
H— iS die Verba auf ^», 54—76 die Verba anomala, endlich 77—79
lilfcrlMladjeetiva, den Infinitiv und das Partie! pi um behandeln. Hierauf
W||iB 8. 61—100 äsopische Fabeln, Anekdoten, mythologische und hi-
liffiiche Eniblungen, endlich einige gröfnere Abschnitte aus der Kyro-
iHia, der Anabasis und den Göttergesprächen des Lukianos. S. 101 bis
M fiUt das griechisch-deutsche Wörterverzeichnis aus. Wenn wir nun
S44 Gmch. Grammatikou Q. Obungsbüoher, aDg. v. ä. Scäenki.
ttadft dieser lobaftsangabe unser: Ür4heil. übep das vorliegende Bueb ab-
geben sollen, 80 lautet es dahin, dass diese Ablbeilung wol. iusoferue
einen Vorzugs vor dem ersten TbeQe babe^ als nach den Andeutungen des
Ref. in der Itecension des ersten Tbeiles bei der Einübang der Formen
aubb gelegenheitlieh einaelne syntaktische Reigeln angewendet und. erklart
worden (tgL die Vorrede S.. IV) , dass aber diejenigen Mängel , welche
Ref. bei dbr Besprechung des ersten Bandes hervorhob, sich auch hier
und tbeilweise in noch grölserem Matse o£fenbareb. So findet sich eine
grofse Anzahl, von Sataen, welche dam Inhalteodet der Form nach schlecht
tecdings verwerflich sind, besonders solche, welche der Hr. ^rf. selbst
gebildet oder umgeformt hat, z. B. S. % tt.. 3,. S. 3 «^ opkiKttcc wvov
f^oTO« {(ifiXif^kP y^iM» iiau»), 0. 4, S. 31 oi£ iniQBg xal MQcate^ f«air#a-
90v<fi dialiYM^tibC^), 8. 6, 0. 9, S. 3 Ot 'ivdol toig ßaciUBat, %olg
p9t^o^ tovs wovcttitovs üffvinioav i'i) , S. 8, 0. 14, AIwuav icw»
Tor ifUipw tdv xedifopog vUop ixBk» nun zow 9v9atcitSQ09 %üd ddvvct^
Totipotf (eine saubere Moral!) u. dgl. So wenig hat dei llr. Verf. die
Sesetse der griechischen Satzverbindung beachteC, dass er. Salze aufluhri
wieL.S-18, 0. 26, & 18 TlMQUmB^oq Ko^ip^ivg ovx 9((t iu Sctu fi^m
xinff ßovhoit4povg»''H%p^ai^ (d^?) «t^i trip tguntoavtiv 6yä6fiw'Oivfiagiada
X fi i.f so wenig die Regeln der Grammatik, dass Aoriste, wie Sttnet^opp
iatalotif welche im Griechischen niemals existiert haben^ in mustergtl*
ligen Sätzen (vgl. S. 13, Ü. 18, & 17^ 8. 16, Ü. 23,, SL 3)' gebraucht
werden ^ so wenig die Regeln über die Betonung, dass uns so grobe
Schnitter begegnen, wie Si 3. Ü. 4, S. lü otrx; iazi^ S. 14, Ü. 21, S. 10
(pvdseig iaviv u. dgl.. Aber last unglaublich wird es erscheinen , wenn
man httrt, dass der Hk*. Verf. gegen die Regel: vom Gebrauche des soge-
nannten p i(p8X%v9tiw6p fast auf jedem Blatte Verstössen liat. So findet
man S. 2, Ü. 2, S. 6. Acysf zovg^ S. 6, tt. 9, S. 5 iyri^iP Tlvf^qav,
8. liO, 0. 16> S. 8 ila^B hj S. 11, Ü. 16, S. 26 ißaaUmos hri u. dgl. m.
Überdies gebraucht der Hr.. Verf.. ohne alle Scheu in den Musterbeispielen
unattische und späte Formen. So erklärt er S. 1, 0. 1, S. 4 den Genetiv,
f^otr durch ein ausgelassenes ^i»fias» und lugt demselben noch den Ar-
tikel bei %ip vo 9 qJlov^^' welcher sonst nie in dieser Phrase erscheint ;
S< 4, 0. 6, S. 17 wird die Form' cugicauv gebraucht » während doch
tfcr^aair dhs Riehtigere ist^ Sl 7, 0. 12» 8. 9 werden die bekannten Verse
N. 2, 216 ff. in Prosa au^elöst also wiedergegeben: Twv Big 'Uiop
atg«t9V9€tiUpap aCoxß'^tog jfv Stifaün^g. tpoXuos yäg v^ xod xtoXog ton
dregop noda» xm äl ä^M' cevtav nvgtoif trjp dl itefpal^v qio^os ' ^-
9iat09 d"A%ULXU:%ai'Oäif4asl, S. 19, C. 28, S. 2 wird der pass. Ao.
ton ^faofiai : S'sa^Big in eiiiem Beispiele angeführt, obwol derselbe der
späten Prosa angobort', vgl. Bdissonade zu Philoätratos p^ 421. Ferner
miiss Ref noch enlsebieden tadeln, dass der Hr. Verf. so oft dieseibeu
8ätBe mit nur sehr geringen Veröndeningen wiederholt) z. li S. 4, Ü. 7,
S. 2. 'O XdXog »Qtofios iifzt. nliiQfjg. l%^(OPy S. 5, 0. 8. S. 14 'O X,
;r. itfu 9r. 1%^(ap fteymlMP^ nak ngaitovj^ oug ol £ogol droits ^vd^ifov,
^iecb. .GrammatikfiD u. Obiugabuqher, ang. v. K. ßcktHkL, M
S» 19» Ol 27^ & 12: Tav^ h «9. XiXq^ wn(tik^ i^g ot üigtoi. ^ov$
ipoi^tiov %cd idimüß ov% afnir u. dgl. m., das« in den OhoiigastuokeD
f iiweileo Formen etschdoen , welche dem 5chülQr auf der Stufe ^ wo er
sich befindet^ nicht verständlich sind, z. B. S. 10, 0. 16| S. 19: u. tUl
da» Partieipium ßtovg, endlioh dass bei maochea Sätzen, wo eine be-
atinmte syntaktische fiegel hiozugefagt werden soUta, dlßs nicht ge-
scbthen ist und somit, diese. Beispiele lur den Schüler nicht vollkommen
erklärbar sind, z. B.. S., a;^ 0. 4, &. 11« Jlolio^g yi^ovcir o ß^£ ov%
Im j^aiasov, S. 4,. (L 6« S. 20. M^ bmXUiit igß u%Q,a%$i av-
^^•«^y. &.S» CL 12».&t %n9 %s(palfi,p yoliiß. u. dgU Doch derlei
Verkehrtheiteni, so. wenig aia auch zu entsoiiuldigen sein, mog^n, sind
doch geringfügig gegen die: vollkommene Abgeschmacktheit, die der Hr.
yer(. bei der Zuaammensetzung eines größeren Lesastückess «Zug; des
ÜiogereQ Kyros von Sarges bis Babylonien' (ß. 94—100) aus Stellen des
ershm Buches der Amd^Bua offenbart. So wird z. B. das. dritte GapiteL
des ersten Buches in der W«isQ sugescbniiten, dass nur der erste und
zweite Paragraph bis su den Woiüan o£ dh. «^cSttreg Mttv/M(£oir ««l
icuoMWP aufgenommen ondl dann sogieioh.da» folgende Capiteii^SiiTtii^ap.
i|sA«vM^. . .,. M top Wigon «»ror^oV' aogescfalossen. wird. £s iai
wirklich unbegreiflich, wie man einem Sohülef! solch sinnloses Zeug
vorlegen kann. Das ^griechiscb-dentsobe Wörterverzeichnis ist meist ;voll^
ständig $: Bei. bat nur wenige Wörter in demselben nicht vertreten ge-
fooden, wie: o^oifus, (xpogif vttnyuxt^, Aamq, — Der dritte Theil
enthält zuerst & 1 — %^ deutsohe Obungastüoke zur Wiederholung des in
der Quarta vorgetragenen Lesestoffes, 8. 28—00 deutsche Beispiele zur>
£inubung: der Lehre von. den Präpositionen, der Conjugation der Verba
auf fit und' dM Verba aiomala^ des Lehre von den« Vertaladjeotiven^ dem^
ioQniiiy und dem; Partieipium« S^ 60— -75 einige Regeln aus der Casus-
lehre mit «ntspreichenden deutschen Obungsbeispieleut woran sich dann
S« 75—85 eine Sammlung zuaanunenhängender deutscher Übungsstücke,
und endlich Si 86^118 ein dsutscb-griechiscbes Wörterverzeichnis an-
acbliefst» Auch hier fehlt: es nicht an unpassenden und sinnleeren Sätzen,
z. B. S. 6, ß. 5, S. 29 In dem Vaterlande feiger Menschen gibt es
Verräther, S. 15. 0. 15,, S. 18, Cleopatra tödUte sich, S. t7, Ü. 17, S. 9
die alten Deutsehen waren in grofsen Gräbern beerdigt, S^ IQ, 0. 17,
S. 20 die. Allen erzählen, dass Apollo auf die Erde herabgeschickt w ärc^
SL 19^ 0. I81 S. 25 die Scepter der alten Könige waren mit goldenen
Nägeln d.urehboh^t, S«. 44» (}« 38, 8.8. 0 wenn doch das ganze Ge-
sohleeht der Schmeichler auigcbäogt: würde ! u. dgl. m« In so manchen
dieaer. Salze wird man auch die sjtUistische Fertigkeit dos Hrn. Verf. 's
bewundern. Auch fehlt es nipbt an Wiederholungen eines und dos*
üslben Satzes, z. B. S, 34, 0. 30, S. 12 die Hellenen macbten^en Ale-
xander zvm Fcldberin gegen die Perser, Ü» 3t, S« 16 A. war von deu
V; zum F. — ornamit worden, S. 36, Ü. 32, S. 4 die IL eruauuton den
A«-;tuBi F^-^v» dgl. m* — Mie AusstalU^g dps BuchQs, ist eine ireffliche/;
348 Oricch. GrammaUken u. Obungsbuchcr, ang. v. K. SchenhL
der Druck meist corrcct. Druckfehler sind, S. 3, Z. 14 v. u. Jlgoüfinei,
statt ÜQoarixUf S. 13, Z. 8 v. o. in-emigoiito, Z. 9 v. o. »rcSjag statt
svToxag, S. 20, Z. 10 v. u. 'AititovBg stall 'Afia^opeg u. a. Der Preis ist
uicht hoch angesetzl.
Nr. 4. Diese Beispielsammlung zum Obersetzen aus dem Deutschen
in's Griechische von A. F. Gottscbiok, bildet gewissermafsen einen An-
hang zu dem Lesebuche dieses Gelehrten, welches 1857 in dritter Auf-
hige erschienen und von dem Ref. in dieser Zeitschrift: Jahrgang 1858,
S. 284 ff. besprochen worden ist. An dieses Lesebuch schliefst sich die
Beispielsammlung meistentheils so an, dass die in den betreffenden Lese-
stucken vorkommenden Vocabeln vorausgesetzt werden; daher denn auch
unter den Beispielen wenig Vocabeln bemerkt sind, sondern durch Über-
schriften auf die entsprechenden Stücke des Lesebuches hingewiesen wird.
Eine geregelte Stufenfolge der Formen ist stets beobachtet worden: nur
die Beispiele über die Zahlwörter und Pronomina machen zum Theil
eine Ausnahme, weil diese gewöhnlich erst nach den Verbis eingeübt
zu werden pflegen. — Was nun jedem, der auch nur einen Blick in
dieses Buchlein geworfen hat, nothwendig auffallen muss, ist, dass der
Hr. Verf. sich im deutschen Ausdrucke dem Gri^Hshischen möglichst an-
genähert hat, in der Absicht dem Schuler die Obersetzung zu erleichtem
und ihn zu einer richtigen Stellung der Wörter im Griechischen anzu-
leiten. Man muss diesen Grundsatz allerdings billigen, so lange dabei
der deutschen Sprache keine Gewalt angethan wird ; wenn aber dadurch
undeutsche Wendungen und Ausdrucke hervorgerufen werden, dann muss
mau ein solches Vorgehen mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Ond
gerade in dieser Beziehung gibt jedes Blatt des vorliegenden Buches zu
gegründetem Tadel Anlass. So lesen wir S. 5, 1, S. 2 der Vater wird
dem(?) Fehler des Sohnes verzeihen, S. 6, 1, S. 8 durch die Strenge
der alten Lebensweise waren die Lakouen stark; als sie aber dicuelbe
aufgelöst hatten (?) und der Schwelgerei und Weichlichkeit gehorchten (f),
waren sie weder tapfer noch machtig, S. 7, 1, 3 höret nicht auf, o
Schüler, vor vollendeten (?) Arbeiten, S. 8, a. E. Polydektes, König von
Seriphos, befahl dem Perseus nachstellend (?) die Gorgo zu tödten. Indem
Athene und Hermes Bundesgenossen waren (?) , tödtet er (wer ?) die
Gorgo, S. lOy II, S. 6 Aristeides, weil er arm seiend(?) Griechenland
von den Barbaren befreit hatte, wurde der Gerechte genannt, S. 15, V,
S. 11 Dolon war Späher des Hektor für die Schiffe der Hellenen iu der
Nacht u. dgl. m. Auch finden sich uicht selten Sätze, welche ihrem In-
halte nach unpassend oder fehlerhaft aus dem griechischen Originale
übertragen sind, z. B. S. 8, H, 11 Ihr Bürger, errichtet Denkmäler dem
Feldherrn des Heeres, der sich selbst auf dem Feuer für das Vaterland
gcopfertj^at, S 14, IV, 3 die Feinde plünderten S ädte und Tempel und
raubten alles Vieh, Kinder und Schafe und Ziegen (Y), S 2, 111, S. 0 des
meisteu Goldes und Silbers werth möchte wol sein ein gewaltiger(?)
Wohlthäter in einem schweren Zwiespalte (vgl. Theog. 78 D.), S. 13,
Qricch. Grammiitiken u. Obungftbiieher, ang. v. M. Sckemki. S4f
f, S. 5 Nach der 6e8chichUenahlung(?) des Thukydidea des GeschiehU-
Schreibers, war die Würde (?) des Perikles grob bei den Älhenem und
seine Einsicht ausgezeichnet (vgl. Thuc. 2, 65, 5). Nicht sehen werden
auch in den Anmerkungen griechische Ausdrücke empfohlen, welche der
spaten Qräeität angehören oder ganz und 'gar unpassend sind, je. B. S. 3,
III, S. 11 für «geschrieben* y^irrdg, welches sich nur im N. T. oder
bei Rirchenschriftstellem findet, S. 11 , II, S. 15 für «schlagen (die
Feinde)' »oilovo, welches nie in solcher Bedeutung erscheint, u. a. Der
Hr. Verf. hat es auch versucht unter diese einseinen Obungsstücke hie
und da grölsere zusammenhangende Stücke einzureihen, die nun, da in
ihnen die genannten Mängel noch starker hervortreten, ihr Inhalt ein
sehr armlicher, die Zusammenstellung eine geschmacklose ist, einen
wahrhaft widrigen Eindruck machen, t. B. S. 5, 111, %i «Kyros, der
Sohn des Kambyses und der Mandane, war oft an dem Hofe des Grofs-
Yaters Astyages. Geeignete Lehrer unterrichteten ihn in den Künsten
der Mcder. Die Meder ritten besser als die Perser, da diese in bergigen
Gegenden waren ; aber die Perser schössen besser [mit dem Bogen], weil
sie viel wilde Thiere jagten. Die Wahrheit aber zu reden war den
Medern und Persem wichtig. Kyros aber betrieb die. Künste eifrig und
zeichnete sich in kurzer Zeit vor den Altersgenossen aus.» Ganz in der
Weise, wie hier Stellen aus der Kyropädie zusammengestoppelt werden,
behandelt der Hr. Verf. S. 28—31 sogar Capitel aus Platon's Apologie
und Kriton. Nach allen diesen Bemerkungen kann Ref. keineswegs
das Buch Gebrauche anempfehlen. — Die Ausstattung ist entsprechend;
Druckfehler finden sich in ziemlicher Anzahl, z. B. S. 4, Z. 4 v. u.
Veji *) st. Veji *)j S. 5 Z. 4 v. u. eiust st. einst, S. 14, Z. 13 v. o. un-
dankbar St. undankbar'), S. 21, Z. 5 v. u. Rechte*) habe *) st. Rechte *)
habe*), S. 64, Z. 3 v, u. vnoviino st. itnonipm u. dgl. Der Preis ist
entsprechend.
Nr. 5. Die Anleitung zum Obersetzen aus dem Deutschen in das
Griechische von Ph. K. Hess liegt uns in sechster Auflage vor, ein Beweis,
dass dieses Buch seit dem Jahre 1820, wo die erste Auflage erschien,
an vielen Lehranstalten eine weite Verbreitung gewonnen haben muss.
Aus dieser Thatsache müsste man nun folgerichtig den Schluss ziehen,
dass wir es hier mit einem Obungsbuche zu thun haben, welches wirk-
lich vortrefflich ist, also durch zweckmäßige Anordnung, sorgfältige
Wahl der Obungsbeispiele u. dgl. sich auszeichnet. Ref. muss aufrichtig
gestehen, dass seine Erwartungen bei näherer Einsicht in das Buch be-
deutend enttäuscht wurden. Wenn man die ersten Seiten des Buches
betrachtet, so begegnet man sogleich der Unsitte, dass ganze Blätter mit
blofsen Gasusformen angefüllt sind, z. B. die Ehre der Tugend, der Zorn
der Schwester, dem Schlage der Axt u. dgl. Derlei Beispiele kann nun
jeder Lehrer in reichlicher Fülle bilden, wenn er einige Wörter auf die
Tafel geschrieben, ohne dass es nöthig ist mit solchem Zeuge Druck-
seiten anzufüllen. Aber noch schlimmer ist es, dass unter diesen Bei-
i56 Grieeti. Qrramiaiikcn u. Übungsbücher, nng. v. K. Sehetiki.
spWlidn nieht selten gans sinnlose nnd algeschmacklc Zusanimenfitelltingcii
eraeheinen, t. B. O nsrslictikcit des Blutigels und der Otter, O Einklang
der Tonkunst u. dgl. , und dass die angegebenen griechischen Ausdrucke
SohSuflg gegen den Gebrauch der guten attischen Prosa verstorsen, z. B.
(ite 'Prucbtbai^keit des Feldes iyva) , dem Glänze (ufltitd) des Tages,
die 'Ermordung '{tpoTfi) des Kaisers Qalb» geschah tu Rom u. s. w.
Mei^kwfirdfig ist es übrigens, dass bei der ersten Declination auch Bei-
spiele aurgefubrt werden, welche offenbar die Kenntnis der zweiten De*'
MinaHon voranissetzen . z. B. die Thiere (^^iov) suchen den Schatten
des Waldes (als Obersetzung von «suclien* ist dazu noch trjtovci ange^
geben'!), die Sclavinnen setzen die Speisen (ro oh^ov) auf den Tisch in
dem Zelte u. dgl. m. In dieser Weise wird nun die Sache fortgesetzt.
Die Beispiele sind fast sSmmtlich von dem Hm. Verf. gebildet, und dazu
noch ohne Inhiilt, ja znweÜen ohne allen Sinn; in den Anmerkungen
finden sich Fdliler aller Art , z. B. S. 11 y Z. 4 v. o. Liebes (Aizfjs)
(doch das ist ja die jonische Form), S. 20, Z. 17 v. u. Hyperides C^srt-
9/9i7g; docti wol *l^eps^)7P) , 'S. 14, Z. 4 v. o. der ton hat oft ver-
borgene (ytffVfttofiwogy 17 , ov) Obel enthüllt (vielmelir KtüQvpbithos),
S. 116, Z. 2 die Besseren i^Bltitov - ipLhlvmv \ als ob die beiden Com-
parative ganz gleiche Bedeutung hatten) unterliegen oft den Schlechteren
u. dgl,, naturlich abgesehen von den Fällen, wo Wörter der poetischen
oder späteren Sprache ohne Unterschied neben anderen in SStzen ange-
wendet werden; denn Beispiele hiefür findet man auf jeder Seite. —
Man sollte nun glauben, dass vielleicht die Beschränktheit des Wortvor-
ralhes auf die Auswahl der SStze bei den Declinationen einen ungünstigen
Einfluss ausgeübt hat, und dass die Obungsbeispiele in den spateren
Theilen des Buches nach Inhalt und Form entsprechender sind. Leider
ist dies nicht der F^ll. 80 finden wir S. 95 Sätze, wie: «Ich habe die
Nachricht von meinem Oheim gehört. 0 Pompejus, wie bist du unglück-
lich gewesen in der Schlacht bei Pharsalos und bist nach Ägypten ent-
flohen. Wir trauen deiner Ehrlichkeit Der Dieb ist im Hause verborgen,
wo ihn 'Niemand aufspüren wird, u. dgl. Selten treffen wir einen schönen
Spruch, ein passendes Beispiel aus der Geschichte, der Mythologie oder
der Naturgeschichte. — Unstreitig der beste Theil des ganzen Buches
ist der achte Abschnitt (S. 254—314), welcher kleine zusammenhangende
Erzählungen enthält. Hier ist die Auswahl eine ganz verständige, die
Übersetzung der griechischen Originalstellen getreu und richtig und auch
die Bemerkungen unter dem Texte entsprechen vollkommen ihrem Zwecke.
Dieser Abschnitt wird auf Schulen jedenfalls mit Nutzen gebraucht werden
können. Was dagegen die andern Theile des Buches anbetrifft, so ist
es dem Ref. schlechterdings unbegreiflich, wie man dieselben noch ge-
genwärtig, wo an guten Übungsbüchern kein Mangel ist, benützen kann.
Vielleicht lässt sich die Sache so erklären, dass dieses Buch zu einer
Zeit erschienen, wo die Schul-Literatur sich noch nicht so entwickelt
hatte, als brauchbar befunden, und schnelle Verbreitung fand und
Qneeli. GramiBAlikenu. t]boiig8li86liery aiig: r^ tül iSlcÜMü/. t5l
•• am -Oewolmhdts^iMsithtini tioh >bis in AinM#e Z^ten an dein flchul«n
erimlten bat — Bie AuMUltiMig ut entoprtebend; dofeh der Dhick ein
whr meorvectar; f^anz geWdhnliiSh lUdat neb d6ir 'fipirüor tei HifilKi
lboo|9e|i fidsch gestdlt, i. i. a 7, Z. 13 v. u.. oim k^ ük^ fi. 11^
Z. 11 V. u. «tdbfoffy 6. 1G,'Z. 8 t. u. 17 o^f <i afQrtXafi/f, ihiBjote sUb-
scriptum vernaisbläsiigt, Aceente doppelt geäitil n, dgL Det l^rd» wt^
wenn man den Umfang des Bnefaea berneksichtigt; billig Bi nennen.
Nr. 6. Die praklincbe Anleitung aur Erlernung dcfir grieefai^cbäl
8pr«Dli<4evierite von J. Quosaek, wetehe il839 in erster Auflage erscktien«
id ein :fur dieQuaila und Terlia der preufsiscbeo Gymnasien beiAimmtes
Elemenkarbucb, ^-elches in iler Weiae abgeordnet i^ ^ dass sieb an die
einielnen grammatiteben Hegeln unmItteUbar enlspr^ch^de grieefalscbe
nnd deutsche übersetfeungsbeispieie anreiben. An die Formenlehre ediUefiil
sich S. 184 — 231 ein kurser Kursus der Syniax; dann folgen S.931 bis
t3ft Fabeln, mytbologis^e EriSblungen und ein grdfseres Lesestucki
Die 8cblacht bei Eunäzä (Xen.An. :1« 8, 1— -M), S.ft37-*S44 «ina kurt^
Übersiebt der üomeriscben Formetdebre, «ndlieb 8. 145^2.70 ein grie^
chisch * deuiscbes lind ^eütocb - griechisclies WÖBterveeseidmia. ** Was
nun überhaupt die Frage nber dieiNoIhwendigkeit and.Nfltalicbkcit eines
Reichen Bticbes anbetrifft, sa ist sie bereits so oft tind so eingehend in
dieser Zeitscihrift erörtert wordem. dass es unnlMbig wäre notfhmidB eine
Bespreclrang derselben Torftonetamen. Eben dem Umstände, dass an defl
meisten unserer Ojrmnasien die Graminatik von CtuHos gleich in den
untersten Oiassen benotst witd, ^rordaaken wir zum grofsem Thdle den
ginstigen Aufschwung, welchen der Ubterriohl im Odechischfen seit einigen
Jahren genommen bat, wahrend der lateinische Ccterriobt eben durch
den Gebrauch verachi edenartiger Elemcntarbucher gehemmt wird. Doch
sehen wir von dieaem Umstände ab und fragen wir nach dem Werthe
des vorliegenden Buches, so muss das Urtheil einfach dahin lauten, dass
diese Formenlehre sieh, weder was Vorbereitung noch was Anordnung
des grammatischen Stoffes anbelangt. Ober das gewöhnliche JMafs von
derlei B&chem erhebt und gegen gute Schnlgrainmatlken , %i D. gegen
die von Baumlein und Curtius, in jeder Beziehung sur&oksteht. So lesen
wir, um nur einige Beispiele anzuführen, 8. 3« 8- 6: «Kurz sind ge-
wtthnlieb<?) die Voeale a, i^ ».* 6. 9, §.14 wird bemerkU dass 1 bei
der Gontraction auch ausgestofsen werden könne, z. B. nlctwing «• %Uir
%ovti doer sloxovg und 9X4xn6Big sind von einander ganz unabhüngig
aus nXa^Bvtg hervorgegangen. S. 21, g. 93 finden wir die Betonungen^
frt^, wtiv, PBiß, ißBißv (vgl. Göttling, Aocentlebre 8, 8BS ff.). 8. 73,
8. 46 heilst es: «fängt ein Vertmm mit einem Doppelbuchstaben (?) an»
so hegnägt sich das Port mit dem f statt dier Beduplication.'^ 8. 82»
%, 67 wird als Paradigma tvxt» conjugiert, wobei all' die schönen
Sachetoben des Theoüosius gramm. p. 166 wieder hervorgeholt werden,
z. fi. %hv^€C, xhvnuy iwnaify hvq>^fi9, tfMj^^aoftui ; ebenso wird
8. ItO, 8. 63 von iyyilhn ein Aor. IL Med. lyyysvldfftijv gebildet, der
352 Orieeb. Grammatiken u. Obungsbucher. ang. v. K. SckenkL
nie bei einem griecbiscben Autor vorkommt. S. 114, §. 62 werden von
den Verben, welche im Perf. Pass. die Endung ff^t annehmen, nur
inava, ^^avo, «alavo, {im, ctia aufgezählt, aber tiXia, <nraa> u. a.
ohne (iruiMl übergangen. S. 125, §. 64 wird ein Aor. Pass. ißakifv auf«
gefuhrt, der nie im Griechischen erscheint. S. 242 finden wir die un*
richtige Schreibweise Mltja^ i^iXinöt, (vgl G. Guitius. die Bildg. der
Tempp. u. Modi S. 24 ff.) u. dgl. m. Auffallend ist es auch, dass der
Hr. Verf. die Accentlehre in einer Ausdehnung behandelt, wie sie wol
einer gröfseren Grammatik, aber nicht einem Elementarbuche entspricht.
Selbst die Kruger'sche Schulgrammatik enthält nur die wichtigeren all-
gemeinen Regeln und überlässt die Einzelnheiten richtig der allmählichen
Einübung bei der Leetüre und den schriftlichen Übungen. — Ist nun
diese Formenlehre mit bewährten Grammatiken durchaus nicht auf gleiche
Linie zu stellen, so können die eingereihten Obuiigstücke noch weniger
gerechten Anforderungen entsprechen. So finden wir auch hier anfangs
blofoe Casusformen als Obungsbeispide , z. B. at mtsiXcä tidv lucxn^»^^
^ tpmpfi %mr nogav, q Swt^ üvp yo^c ^tiftttititmg h taCg fuixaiii 9vp
dl Tofg 9coXitM6 ip ty ilifi^Tijy ot d^%a9tal h x^ iyoif^i u. dgL m.,
welche Beispiele auch sowol gegen die Syntax, als gegen den Gebrauch
der guten attischen Prosa verstofsen. Die Sätze sind fast durchaus von
dem Hm. Verf. selbst gebildet, meist inhaltsleer und zuweilen über alle
Mafsen abgeschmackt, z. B. S. 54 h*Ellaäi nalal %al ti^nval »al
^iag a^uit x£(ftti dfSiv (ifc) «ol atp^ovoi aypol ical noXXk vli^ipxa
{ilc), v^rßi, oq^uty fffVXQct «ol noXvväifa (iic) opij. noXvap&Blg,
diaQffiftoi »ol niäivol Actficovsg »ol fiangal %al tfnnagal noiXiaäsg, Auch
finden sich, wie schon dies Beispiel zeigt, in demselben sehr häufig
unattische Wörter, Formen und Schreibweisen, wie S. 42: ndpxeg
^fj^ig SitXcc Ijovtfi, Tto9 dh av^^mnmp onX« Xoyog %al aotpüx iifriVy
S. 128 'HQoxXijg TJf x^^V ^V9 A^i^ißttCag vdqag xovg 6'ttfxovg fßaipBVf
S. 218 Siqiia Xiysxcu anovaavxa xuvxa elnai u. dgl., und auch
Fehler in Bezug auf die Setzung des p itpsXn,, z. B. S. 133 xitti in»-
if^aninxag, S. 175 iXii§ idt u. ä. Die deutschen Obungsbeispiele sind
oll schlecht stilisiert, z. B. S. 162 Charondas verordnete, dass diejenigen,
welche in der Schlacht die Reihe verlassen, drei Tage in V^eibertracht
auf dem Markte sitzen, S. 200 die Ätbiopcn fristen das Leben mit
dem Fleische und (der?) Milch von ihren Herden; oder enthalten unrich-
tige Bemerkungen, z. B. S. 176: Den Griechen war es erlaubt die Schwerer
zu heirathen (vgl. Becker Cbarikles, 2. Aufl. , III, S. 288 ff.) u. ä. End-
lich finden wir auch hier die Unsitte einzelne Stellen aus der Anabasis
herauszugreifen, und dann mit beliebiger Umformung den Übungstücken
einzureiben, vgl. $. 160, 175 u.dgl. Es ist klar, dass solche aus ihrem
Zusammenhange gerissene Stellen des Verständnisses entbehren und daher
auch dem Schüler kein Interesse abgewinnen können. — Die Ausstattung
Buches ist ganz entsprechend, der Preis billig; Druckfehler gibt es
HDlicher Anzahl, z. B. S. 10, Z. 8 v. u. im st. in, S. 30, Z. 14
Qrieclk GramroaUken u. Obungsimcher, ang. ▼. K. SeMenkL 853
*T. o. fU, S. 137, Z. 15 V. 0. ii£%8ilap, S. 149, 2. 9 v. o. tetaad'ov^
'S. 15t, Z. 12 V. u. tituu^ 6. 160, Z. 10 v. o. at^atimta st. tff^o-
TMtna u. dgl.
Nr. 7 ist eine neue Bearbeitung der «kurcen Obersicht über die
Formen des Homerischen Dialektes als Einleitung in die Leclüre des
Homer,* 'von G. A. Wigand, Professor am Friedrich* Wilhelms-Gymnasium
in Berlin, welche zuerst im J. 1826 und zuletst in dritter Auflage 1837
erschien. Der Bearbeiter der neuen Auflage, Hr. Prot J. Deuschle, durch
«eine Platonischen Studien vortheilhafl bekannt, war, wie er selbst in
■der Vorrede S. tV bemerkt, eifrig bemuht das Wcrkchen zu einem guten
Sehulbnohe zu vervoll kommen ; demgemäfs entfernte er die für die Schuler
werthlosen und gleichgilügen Stcllencitate und suchte den Ausdruck
praeiser zu fassen und durch Unterordnung der Einzelnheiten unter all-
gemeine Gesetze die Obersicht zu erleichtern; er führte femer eine neue
selbständige Anordnung des Stoffes ein, während das Buöh in seiner
früheren Gestalt sich an Buttmabn's Grammatik ansehioss und diese nur
ergänzen sollte; endlich suchte er auch im Einzelnen Manches zu ver-
vollständigen und die Besultate der wissenschaftlichen Forschungen,
•welche gerade in den beiden letztverflossenen iahrzehenten unsere Ein-
-sieht in den Bau der griechischen Sprache und die Eigenthümlichkeit
des Homerischen Dialektes weientlich gefördert haben, auch für die Schule
möglichst zu verwerthen. -*- Ob nun ein solches Uilfsbuch wirklich ein
dringendes Bedürfnis sei, darüber will Ret hier nicht weitläufig spre«
eben, da er diese Frage bereits im Jahrgänge 1858 dieser Zeitschrift,
S. 278 ff. bei Gelegenheit der Recension eines ähnlichen Wcrkchens voi
G. Drogan genügend erOrtert J^ai. Er bemerkt also nur wiederholt, dass
er solche Hilfsbuchlein eher für einen Schaden als für einen Nutzen an<^
sieht, indem dadurch die Aufmerksamkeit des Schülers zersplitlert und
die Anknüpfung der Homerischen Formen an die früher erlernten altischen
erschwert wird, während durch eine gute Grammatik, welche die dialek-
tischen Formen im unmittelbaren Anschlüsse an die Formen der attischen
Mundart behandelt, die Aufmerksamkeit concentriert und das Verständnis
der Sprache ungemein gefördert wird. Ref. hat auch an dem früher be-
•ceichneten Orte darauf hingewiesen, wie derlei Hilfsbücher selten mit
gstea Grammaliken auf gleicher Stufe stehen, und besonders, was die
Benützung der neueren wissenschaftlichen Forschungen anbetrifft, viel
zu wünschen übrig lassen. Und so müssen wir denn auch bei der Be-
urtheilung dieses Büchleins, so wenig wir auch dem Hrn. Verf., was die
Anordnung des Stoffes und Präcision des Ausdruckes anbetrifft, unsere
Anerkennung versagen wollen, bemerken, dass es die Resultate der neueren
•Homerischen Forschungen keineswegs in entsprechender Weise verwerthet
und somit gar manche unrichtige und unvollkommene Bemerkung ent-
hält, während wir z. B. in der Schulgrammatik von G. Curtius derlei
Puncto klar und erschöpfend behandelt finden. Der eng zugemessene
Raum nötbigt uns statt einer eingehenden Prüfung nur einige Belege für
Z«iUchrirc f. d. 5tt«rr. Gymaa«. 1860. IV. u V. Haft. 25
a&4 Orie^h. Gnmmaüken u. CkiiDgsUicher» ang. v. K. Schenkt,
diese Bebauplung beitabrüigen. So wird gleich S. 2, S- t> «» ß der
l^aU iubergai««ii, 4»s 4er Hlutq« sich aueh jaeim weibUcben Einsehnitte
im dritten Fufse findet, vgl. CuH. g. 63 D, 3 und Thierscb 8.151, 3, %^
S.3, 8. 5 aprioht der Hr.Terf. von derDieereais oder Trennung der Diph-
Ihonglaute, wShrei4 doch bekanntlich 9wi^9i^ nur ein TenniDus der
grieebiachen Oranunatik^r ist, welche die epntrahierte Form als die or*
sprungliehe .4>eftraehfieten und so, gleichwie in ihrer Lehre von der Tme-
«is, den ganeen jSaehvtrti^U umkehrten; in nit^^ ivg, iioymi liege»
uns also die ursprünglichen Formen vor, wahrend «a<g u. s. w. dureh
ZusamsMüsiehuDg eotataiiden sind« Man vergleiche nur, wie Gurtius
f. 35 D, 1 diesen Pund behandelt haL - Ebenso unrichtig werden auf
derselben Seite 8*7 als Falle der Aphaoresis %^voQy evc^esr^ aufgezählt^
denn solche Formen sied die ursprünglichen, während uns in inMipog»
müTiQintii deutliche Fälle von Prosthesis vorliegen (vgl. W. Christ griech.
Lautlehre, 8. 82 #.), worOlier der Hr. Verf. nirgends gehandelt hat. Auf-
fallend ist es aueh, dass Hr. Deusohle g. 6 immer «f^ «e^^ov, %in mBifnßy
«DM* itS9«I4g u« ä. acbreibt, während doch in allen Ausgaben, auch in
der neuen Bekker'sphea , richtig «f» «. , %»% u.^ %ct% «. u. s. w. ge«-
eebrieben wird. 8. 4, 8- 7 wird als Beispiel der Synkope yl«HT09«y<vr
angefahrt; doch yX«7og weist offenbar auf einen Stamm ylax hin, der
dann durch voeaUsche Epenthesis erweitert worden ist (vgl. 0. Gurtius,
Qrundx&ge der griecb. Etj^iftologle S. US, Nr. 120); eben daselbst 8. ^^
Anden wir als Belege für die Dehnung des sr in oi beigebracbti nrn^ai^
aUi, uUtogf Formen, die hier nichts beweisen können; denn nafftU ist
wie Kcnra^y i%ai eine Locativform (vgl. Zeitschrift f. vgl. Spracht III,
8. 134) und ulti^ uUtog (urspr. afi$i^ ij^etoq) sind die ursprünglichen,
hingegen AiCy ietog die geschwächten Formen (vgl. Benfey gr. W. i,
8. 7 u. le); auf derselben Seite 8« 11 heilst es: «SUtt des e tritt häufig
^ ein, namentlich in den altischen Diphthongen bv und h, e. B. ßatii^
lijos (-sog). Doch dieae Ooppelformen erklären sich sehr einfach durch
pamUf'Big (vgl. Christ S. 62); S.k, 8- 10 wird von dem VorseUage
einee Vocales geaproeben uad dabei bemerkt: «e wird öfter einer langen
Sylbe vorgeschlagen» l)esonders als Ersati fdr ein weggefallenes Digamma
oder (, B. B inxov., itfw^ ^x«;> die beiden letzteren Beispiele sind un«-
riehtig; denn irjv st. iarjv ist regelmafsig, nur mit Obergang in die
bindevDcalisohe Gonjugation gebildet und Iffjxa st. jiji^xa ist ebenfalls
ganz der Regel gemaCs. Doch derlei Fehler könnte man noch leichter
entschuldigen; schlimmer aber sind diejenigen, die sich in der Lehre
von der Tempusbildung finden , wo der if r. Verf. doch so leicht das
treffliche Buch von 6. Gurtius: «Die B«idang der Tempora und liodi im
Oriechieohen und Lateinischen' Berlin 1846, hätte benützen können. So
wird S. 27« 8* 65 eine Verdopplung des S nach dem au gm. syll. ange-
nommen in Eädiiaa (aber dies steht ja entweder durch Assimilation st.
UfHca oder ist als eine unrichtige Schreibweise aezusebeu, vgl. Benfey^
il, S. 224); 8* 68 wird wieder von einem doppelten Augmeute in
6i. W»if^ lateinischos Übungsbuch, ang. v. P. JlnKJ^ipggr. asd
^iim8upo9 «. dgl g«spr«cben (vgl. Ebel Z. f. v, 'S. IV, 161); S. 28,
g. 69, d Mfot es: «im PerC fehlt die Redupi. nur it diyiMi (^iyiu^g)
€u Sitofita neben SidtypMi* (aber ^ix«««* II. 1« , 174 isl gewiss eine
imriohUg ^bildete Form, u. z. scheint es durch diyfU9!Bt entstandeti
ju seiD^ das man falschlich als Part. Perf. ansah, wahrend es doeh
'Offenbar Part des ein/achen nach der tandeTOcalloaen Conjugation ge«-
iMfkklen Aoristes ist); S. 8t, g. 79, a werden di« uralten Bildungen
«MK90»9, xizXiimt u. L durch ein ausgelassenes •% erklart, th^inti wM
eine unregelmärsige Bildung genannt, während es doch gans Ngelsiarsig
vom Stamid« Tf«2, vgl. tfaz^«, aud dem sich dann ^döaa (tpaxjo)
«nd durch voealisehe Epenthesis capccM» (taQa%in) entwickelt hat,
gerade wie iiXfi^ gebildet int (vgL Gurtiui^ Temp. u. Ifod. 8. 195 ff.);
S. 38, g. 86 finden wir die unricShtigen Sohreibweisenje 4^iXfia»m und
Hhilfiütj S.91, g. 99, % werden ^ßlii^, IWtei*, kfidi^iifi^ ju. 4i. als synko-
pierte Aoriste beieiohnet u. dgl. m. Aue dem gesagten wird sioh hin-
reichend ergct>en, ob ein solches Büchlein dine gute Grammatik, wie
die von Curlius, ersetzen kann. Ref. ist dttfchaus nicht der Meinung,
dass man die Schüler in das spraehvergleichende Stndium einführen
solle, er wurde viehnebr ein solchen ¥^gelMn als einen tnlschieden^n
Aiisgriff bezeichnen; aber so vier kann man doch «nit Recht verlangen,
dass die sicheren Resultate dieser Forsebnngen in dem (intem
•rlchte verweithet, oder doch wenigstens einfhoh die sprachlichen Tbat-
saciien ebne die ungenn^nden Erklärungen der frih^reu Zeiten aufge-
führt werden^ wer diesenFofdemUgcn sioh su entgehen wagt, wolle
sieh nur einfach fragen, was man &ber einen physikalischen. Aber einen
naturgescIiioMHchen Schulunterricht, der ein paar Jahraebnte hinter den
sichern Ergebnissen der Wissenschaft suriickbliebe , urtheilen und
mit Recht urtheOen würde. — Die Ausstattung des Büchleins ist eine
trefriiohe; der Druck mit wenigen Ausnahmen öorrect, s. B. 8. 4t Z. 10
V. 0. PTJ^g St. 99f99', S. 81) -Z. 18 fv. u. %m%a^im vt «Ifo^i^tcr; der
•Preis entspveehend.
Innsbruck. Dr. laii Sohenkl.
LateiiH«che6 Übungisboch für die «weite Chsse der uBlerreicIiiMlien
Gymnasien von Steph. Wolf, Director des k. k. Oyninasiuas in
Czemowits. Vllt u. 191 S. 8. Wien, L. W. Seidel, 1859. — 83 Nkr.
In der Vorrede bemerkt der Hr. Verf., dass er dieselben Orund-
sStze, die bei Abfassung seines t}bungsbuelies für die erste Ctasse mafs-
gebend gewesen seien, auch in dem vorliegenden for die iweite Classe
bestimmten Theile festgehalten hal>e. Indem wir daher bezüglich dieser
Qrundsfitze im allgemeinen auf das verweisen, was darüber in diesen
filfiltern (Jahrg. 1859, S. 715 ff.) bei Besprechung des ersten Theiles
gesagt wurde, geben wir unmittelbar an die nähere Betrachtung der Art
und Weise, wie die erwähnten Grundsatie im gegebenen Falle in Anwen-
dung gebracht wurden.
25*
356 51. Wolf, lateinisches Übungsbuch, ang. v. F. Hoekegger.
Der Hr. Vf. hält sich genau an den Lehrgang, der in seiner
Elementär-Oramroatik vorgeseichnet ist; daher zcrfalll auch vorliegendes
Obungsbuch in zwei Haupttheile , deren erster (S. 1—78) Beispiele zu
Einübung der unregelmarsigen Formenlehre, deren zweiler (S. 78—164)
Beispiele tu Einübung der wichtigsten syntaktischen Regeln enthält. In
einem dritten Theile ($,155 — 18%) sind anhangsweise zusammenhangende
Dbungsstcicko enthalten^ mit dem Zwecke, «den gesammten Lehrstoff der
ersten Stufe zu wiederholen und zugleich den Übergang zu der Lecture
der dritten Classe zu vermitteln.*
In dem ersten Theile vermissen wir nun vor allem eine Eigen-
schaf!, die uns für ein elementares Übungsbuch, soll es anders seinem
Zwecke entsprechen, unerlasslich erscheint, eine Eigenschaft, die auch
der Hr. Vf. als von der elementaren Unterrichtsstufe gefordert anerkennt
(vgl. Vorr. S. Vl)t Einfachheit« Nach unserer tiefsten, durch Er-
fahrung gewonnenen Oberzeugung handelt es sich auch in der zweiten
CUsse beim Lateinunterricht nicht darum, dass dem Schuler eine Reihe
möglichst vieler Ausnahmen in Beispielen vorgef&hrt und zu diesem
Zwecke eioe Art Musterkarte aus den verschiedensten Schriftstellern
vorgelegt werde, als da neben den bekannteren sind: Cato, Varro, Lu-
eilius, Aemilius Macer, Petronius, Mela , Columella, Paulus Diaconus,
Festus. Nonius, Diomedes, Priscianus, Solinus u. a. m $ sondern darum,
dass derselbe in einem auf die gewöhnlichen Fälle beschränk-
ten Gebiete durch wiederholte Übung einheimisch werde. — Damit
stimmt auch vollkommen die Instruction überein, die für den latein.
Unterricht am Dntergymnasium durch den Org. Entw. vorgezeichnet ist,
nämlich, dass seltenere vereinzelte Fälle sowohl der Formenlehre
als der Syntax nicht eigens eingelernt, sondern nur gelegentlich bei der
Leetüre erwähnt werden sollen. Wir glauben zu dieser Weisung noch
hinzufügen zu müssen« dass auch in Bezug auf den eigentlichen Sprach-
stoff, d. h. den Wortschatz , der Grundsatz der Einfachheit es fordert,
dass man sich anfangs auf jene Worte beschränke, die am häufigsten
vorkommen, damit der Schüler sich dieselben fest in's Gedächtnis präge
und sich derselben augenblicks erinnern könne. Was hilft es auch,
wenn er sein Gedächtnis mit Worten belastet, die ihm bei der folgenden
Leetüre der Glassiker erst recht spät oder gar nie wieder vorkommen?
iBr hat sie dann eben nur in fiOwrum rei obUvionem eingelernt. —
Nicht minder scheint es uns gegen den Grundsatz der Einfachheit zu
sein , wenn Dichterstellen , in denen sich der Sprachgebrauch zu sehr
vom prosaischen Ausdruck entfernt, gleich auf den ersten Stufen in allzu
verschwenderischem Mafse ausgestreut werden, und dazu noch häufig
in veränderter Gestalt, als wären sie Prosa. Es gewöhnt sich da-
durch der jugendliche Sinn nur allzuleicht an eine buntscheckige Aus-
drucksweise , die weder poetisch noch prosaisch ist , sondern ein un-
leidliches Zwitterding von beiden , mit dem ernste Lehrer eines reinen
Stiles, dessen Muster eben die Glassiker sein sollen, später ihre arge
St. Waif^ lateinisches Übungsbuch^ ang. v. F, Bockegger. 367
Notb haben, ohne dem einmal angewöhnten Obel je recht gründlich ab-
helfen XU können. — In allen eben erwähnten Richtungen scheint uns
nun der Hr. Vf. nicht selten das richtige liafs überschritten und dem
Grundsatze der Einfachheit dadurch Abbruch gethan zu haben, und wir
erlauben uns zum Belege dieses unseres Dafürhaltens aus der nicht un-
bedeutenden Zahl von Beispielen, die uns aufgefallen sind, nur einfach
folgende anzuführen:
Als Satze, die, nur seltener Ausnahmsfalle wegen gewählt, iheils
Absonderlichkeiten enthalten, theils ihrer Fügung nach zu schwer sind,
bezeichnen wir ähnliche: S. 5 von Plin. 18 , 30, 72 ^Meuli tarie e$i.
raifo: iiifiulae aiibi mediae faice praeciduntur afque inier duns
mergifei ipica dearingilur, aiibi ab nssUee peiinni,* wobei
der Wechsel des Subjectes durch unvollständige Anführung der Stella
mit veränderter Interpunction noch auffallender und für Anfänger gewiss
nicht leichter fasslich wird. Und all dies um ein Beispiel für merges
als femininum zu haben, welches Wort doch dem Schüler höchstens
noch in Virg. Georg. 2, 516 vorkommen dürfte. S. 16 wird die Stelle^
aus Petronius ^i^ri aUuierwU tmguenium iu argeniea peive* sy.
nur deshalb neben die folgende Stelle aus Plin. gesetzt, um ein Beispiei
des Abi. peive neben peiPi zu haben , obgleich dies Beispiel ganz ver-
einzelt dasteht, während, sollte schon auf solche Einzelheiten eiugegan«
gen werden, Beispiele für ciuvi^ ciave, ciasii, ciatu u. ä. ebenso nahe,
lagen. Dasselbe gilt vom Beispiele S. 15 zu febre aus Plin., nachdem
die gewöhnliche Form febri aus Cic schon belegt war. Ferner, um ein
Beispiel für den Abi. Novembri zu haben, war es nicht nötbig S. 17 zu
Calp. eel. t, 82 zu greifen und dem Schüler das fast nur an dies<r
Stelle in der Bedeutung «stachelige Kastanienschalen* vorkommende
ecMini mit in den kauf zu geben; es waren ja Beispiele, wie etwa
llor. Sat. 2, 7—4 Äge , iiberiüie Decembri uiere u. ä. a. zur Hand.
So steht S. 67 der wol für Laudwirthe vielleicht interessante Satz aus
Col. 6, 3 wiJamuirio meme iinguiit bobui frtti ei aqua maceraii ervi
quttiermoM »exiarioi miüoi paieis dare canvenii* nur des Part, fresi
wegen, eine Form^ die doch dem Schüler möglicherweise nur noch in,
Virg. Ecl. 3« 100 vorkommen könnte, aber auch nicht in der Schul-
lectüre, da bekanntlich diese Ekloge der anstöfsigen Verse 8—10 wegen
in der Schule nicht gelesen wird. Dasselbe gilt von dem Beispiele aus
Hör. S. 2, 7^15 ebend. ^Suerra VoianeriUM* sq., das blofs wegen des
Perf. cofUudii gewählt ist, wobei der Schüler aber noch das nur bei
Hör. an dieser Stelle vorkommende phimut mitzunehmen hat, an das
er in der Schule nicht leicht wieder erinnert werden wird, da bekannt-
lich die erwähnte Satire aus noch begreiflicheren Gründen, als die oben
bezüglich der Virgil'schen Ekloge angeführten , keinen Theil der Schul-
lectüre bildet. Und für coniudü liefscn sich doch andere Beispiele finden I
Derlei absonderliche Seltenheiten bieten auch Stellen wie die aus Prise.
S. 67 wegen des Perf. demeaui, wofür doch in class. Prosa die Formen
a69. Si. fMT, IMeinischeiB' fibmgsbttoli, ang.^ ▼. f. ffocßtfffger,
TM il€it€ür0, odef in fettadtieft^nv Sinne Muccidere, a. R. bei €»sar
und Liviwfr sieb finden^ ferner jene aus Diom. S. 73 bu den nur hier
Yorkommenden- Perf. itmfeni nndl aml9i, au9 Claud. su cofmexui
ebend. u. a. m.
Ifeeh mebr aber wird' Sebüf^m der zweiten GTlasse in sebr vielen
detttfs^henr Betepielto sugemnlbel, m dene» oft niebi mir ibr Ge^
dScbtnis, sondern aucb ihre Gewandtheit in der Wertf&gung auf lu-
• etarbe Weise ia Anspradtf genesHöen wM. Z. Ri 8. 4 : t^as Gelreide
wird Dil' der aus Weidewnitben gefloehteofn Sebwinge geworfelt;''
S. 9r cNSohsi den Stör* wird von den Alten der Lippfiscb gelobt, der,
wie Aristoteles lehrt, allein unter den^ Fischen wiederkaut ete.* S. 8:
«Der Kaiser Tiberius lieble die Otirken so sehr, dass ihn täglich frische
▼•rgesetst werden niisste». Die Gärtner sog^n aho dieselben in sob we-
bendes GSrten, welche auf RSdern bdd in« die Sonne geeoheben, bald'
11 Glashäuser Borficbgebraefat wurden; diese waren aber an der Stelle
dae Glases dnreb eiiren dtirc^sicbHgen Stein ver der Kälte gesobülzt*
(vgl. Plin» f9, b^fZt woraus der Sebulier aleo wegen cueumU auch
0HUr, JtofMr« peHiUf», ipeeuSmUmi nmnim^ta mitnehmen nrnss); Als
dhnliehe Beispiele mögen noch gelten 8; 66 : Bei den« Vegelflugdeutun •
gen ff. 8. 68': Zermahntb und' im Wasser erweiobte Wicke IT« 8. 16:
Tböridit wür der Aberglaube jener' Mutter IT. u. ai m Oberhaupt wiixl
ein* Wörterverzeichnis, soll aftderf da? Buch von SdbSIem' und' Lebrern
^rauebt werden- können , seb^ dVingend nolbwendig sein , und wir
fGrehten nur, dass es flu umfttngreicb, wenigstens für diese Stufe, aus-
fkllen muss.
Aber auch dem 0rund!satze, «dkiss ein Vorgreifen der 8ynfax hier
ebenso wenig stattfinde , als in dem fibungsbuefae für die erste Classe*'
(Vorr. 8. VI) , ist der Hr. Vf. nicbl durchweg gerecht geworden. Wir
führen nur Sätze an, wie S.'S: ^Farg Graecerum formidine tmrpi Hh
§entem seanditnt e^uum ei 9a$fa cmthmiur tn atifa,* wobei wir
weder die Wahl der Constr., noch das Abgehen von der bandsohrifütchen
Leseaft mit Störung^ des Metrums billigen können (vgl. Virg. Aen. t, 460)..
So greift auch der Satt aus Liv. t, 10'. 8. 10: ^PfffM suöUcius Her
pmene keeHbue dedit^ m umn tirlHHaer^ MtfraUnt €$eM^ den Re^
gehl elementarer Syntax vor, niebt minder def an» Aur. Vict. 49r «/*.
Scfpto AMcbrme tum ^ffOd^vdm priu9 eoepU gmm Ai eeiH Joi^f
dhUieetne sediseei, ^uoH divikam menfem eiccepinei,^ und viele
andere dergleichen. Aucb sollten poetiscbe Stellen, wie t. B. jene aus
Lueretius 5> 1205 (so win» faleeb eitler» statt V. 1285) S. 21}
Frkm aerti erat fumn ferri eognütw neun
Aere eoium terrae mutalmta aereqne Ml$
Fiuctme miecebmu et tfutuerm vmtu Hfeöant «fi
aiilf den ersten Seiten« eine» elementaren Übungsbuches kleinen Fiats
fiddenj und e^ manche andere ähnliehei -^ Aber aueh g^gen die Gcsttie
dar deutsche» Spraebei erlaubt sieb Mx Br. Vf. manche Vltrstifser., die
rt<Mb dasu Aicht hmner gtfeif^t sind , die htlieiiii^olie Ubersettung iir
•fflielefiterti. 8a c. B. S; i$t «Die Blefthinfen tragen bei d«ii AlCenr Tbüfme
««y MbkeBf* S. 14#: «NieBNind, obwo( er teidk wire, kaim der Hilfür
d* Ffevndflf entbehren,' wobei; nooh^ obgleich S-. tStf das Beispiel vor-
««•gegiflgen iati mQuBiimU §b i^a emuentug iii mipi^iti, amkU im
oßm dlfi,^ dae rfotfb niemand intt «obtrel der Wei«« mit sidh seibat e9^
Med«ff n^Sre' dbeneUeii wird, mit Ifr. 66 auf die Anmerkung vei^
wiese» wird, h» der einfaeb ateMt cConji Pria.!* Daa War dureh eine
richtige deutsche Cbersetzung leichter zu erreichen. Dasselbe gillr
tMf diem ieispifOe 8i i^i «Vor aliein ^Ügt* ^to it -^ Ferner S. 2:
«i>ie Aötter der Orüetshen ^ wollen.* — So atehl 9. 59: «Dem
VaKerim wtirde der Mnamen Cofvas gegeben ^ Weil ein Rabe sieh
a-nf dem Helme des fttapfend«» gesetsi halle 9' S.^: cDnaere 8eelo
kann nie h t jem al s> nntiergehen )^ S. $%t ^^idi schliefsemle tt u n d e
(es ist 4m Verzeichinssa: der VeityMserangen' Mn Drvefcfslirer angemerkt)
anfgekratil z» hidfte«, bringt den grftfsten* Sohadeff.* tbefnd> w. u»
«ProserpffM -^ ward von Kulo geravbl« Jupiter gestadlete der traueiiK
dte« Mutter, das« die Toehler sur Obei^eit znrfiokfcehren m (T c h t e ,
wenn sie H.* M\s gOBObmaclclose und leitbt su nnaieinlicher Heiterkeit
Anläss gebende 8fitze müssen wir z. B. folgende lezeichnen. S. %&i «Der
grausame und sehwelgeriaelie fefaisrer ViteHiils tbeilte sein Mahl in drei
und bisweilen in viar Tlkdle — i6od allen Tbeüan pflegte er zu^ ent-
spreehew dbmh die dielbafte Gewotmlieit dies Brbreohens;*^ 8.47: «duroh
gei^slstesi Oelreide ist der Leiiv angefüllt und der Hunger erleiohtert
worden»)* 9. 99t «ninius ersMl, da»s dem Könige Pyrrhua ^ die ab*-
gehauenen ftopto der Opferlhien gekrdehen seien und ihr ßlni geleckt
haben.* BbenM dif 8atx 8.8: «Auf den Hreuzwegen* ff. — Inhaltsleer oder
in viertieifender Passung nicht terstindlieh erscheinen derlei S&tze
wie 8. 13: tM0 htm Matihuf^ ^nikutß oeeisuM €$i !ÜUU9 Cnemr, wm
deieeiaHt. -^ mutta Jam Mmtm Mtirmrmn eit c(mi»MiPf €x$im esi
enim mr%^, nm etuüu^*' S. 20: ^Pu6tfm M ämo Caewft$^ guondam
umt9 ftt A^/,*' welche 8ttelle sich aruch Auf anstdndi)i(e Weise nioht
wohl genan erkl&renr UUat. Nieht minder unpassend seheint uns die
Wahli «09' friv(slen Siatces aus Cic; Tuse. 1, %\. 8. 12; ^QuM 09$ amii
iam Smi^i qna» Mü Hmeat, quae de infirm ffuduMn^f itfr, heraus^
g^niiisett aus dem Gtfnte)(t^ und no^W dksii verSoderl, nur um eo IHvoler
laufet, über sotehe OegenstSnde, mag man es minf mit diristlTCher Wa(hr-
beit oder heidnieeber Torstellung ra IBun habeo*, soll nimmermehr An-
lass zu unrlemlfchem 8pfotte gegeben werden, utfd der Hr. Vf. h&tte sieb
auch in Beaug auf die Heiden wohl der Worte drs 8okrates an Ralli-
Mee in Ph 6org. p. dtZ erinnern können : "Amv ^ fkilu imlov Xoyov^
yap 9vtu 4oy liiia & liiXXn liynp. Faiftdh IberseUl endlich ist die
Stelle aus Gic. Bi^. 9, 4«« tOtmomkemm terüHi ^kaiere&§ eum Rko
dkere nequiMi eMfetenoikme ficiue, m pumtisime ^eteP mit ^deae
900. ^. KM/; lateipisches Obungsbueb, ang. v. F. Hockegger,
er sehr döntlich redete,* da als Object zu diceret naturKch
Rko zu ergänzen iat Falsch ist S. 5 in der Stelle aus Terent Phorm.
2, 1—18 die Quantität in pislrjfno angegeben (in dem Druclifeblerver-^
zeichnis findet sich keine Verbesserung); überflüssig die Angabe der-,
selben in so bekannten Fällen wie S. 3: wiclriees, immfsit, olUfoe, in--
tenfricem, S. 5 in tuM, merciäet^ agricölae, ja noch S. ii^ Caesü'
rem, S. 150 pecörii u« s. w., während sie bei seltener Torkommendea
Wörtern, wo man eher eine Vergesslichkeit bei den Schülern vermutbea
könnte, fehlt.
Können wir nadi dem bisher gesagten uns mit der Durchfuhrung
des ersten Tbeiles in vorliegendem Obungsbuche vielfach nicht einver-
standen erklären, so bleibt uns noch übrig, über das Verhältnis des
zweiten und dritten Theiles desselben zur Aufgabe des Ganzen zu spre-
chen. Wir werden uns hierüber sehr kurz fassen können. Wenn der
erste, die unregelmäfsige Formenlehre behandelnde Theil, uns vielfach
auch syntaktisch zu schwer erscheinen musste, so ergibt sieh
bei Betrachtung des zweiten, syntaktischen Theiles, das Gegentheil: er
ist im Verhältnis zum ersten Theile auffallend leicht. Es sind fast,
durchgebends kurze, einfache Sätze , die sich auf die eben einzuübende
syntaklische Regel beschränken, ohne dass eine Unterbrechung und Ab-
wechselung durch längere Sätze oder Abschnitte einträte, in denen
meh rere Regeln zugleich in Verbindung wiederholend
eingeübt würden. Und dies scheint uns ein Hauptmangel des frag-
lichen zweiten Theiles zu sein, dem durch die erst an das Ende ge-
stellten, wieder nicht systematisch fortschreitenden zusammenhangenden
Lesestücke nicht abgeholfen wird. Kurz, eben die stufenweise fort-
schreitende Verbindung der Formenlehre mit der Syntax, die Abwechse-
lung einzelner Übungsbeispiele für einzelne Formen und Regeln mit zu-
sammenfassenden längeren Übungsstücken fehlt, und damit die nach
unserem Dafürhalten einzig fruchtbare Methode eines wahrhaft prak-
tischen Unterrichtes, eine Methode, die wir so ansprechend und glikk-
lich z. B. in BonneTs, Schmid's und anderer erprobter Schulmänner
lat. Übungsbüchern angewendet finden. Ja selbst L. W a g n e r's Florei ei
fiructus iaiinfp über welche sich der Hr. Vf. (Vorr. S. VI A.) eben nicht
beifällig ausspricht, scheinen uns gerade in Bezug des allmählichen
Aufsteigens vom einfacheren und leichteren zum verwickelteren und
schwierigeren, wenn auch ein streng methodischer Lehrgang nicht
durchweg eingehalten ist, vor dem vorliegenden Übungsbuche entschie-
den im Vorthcile zu sein, abgesehen von der im ganzen sehr anspre-
chenden und geschmackvollen Wahl der Stellen. Wir sind dabei voll-
kommen überzeugt , dass dem Hm. Vf. ein sehr reichhaltiges Material
von höchst achtbarer Hand zu freier Benützung für sein Werk zu Ge-
bote Stands der erste Theil desselben < legt davon auf jeder Seite Zeug-
nis ab. Aber es scheint uns bei einer solchen Arbeit wenigstens
ebenso viel Yop der Art^UBd Weise, wie ein solches Ma^rial benutzt
»4äen, Handb. d. Erdkunde, aog. v. S, Su^. Mi
wf rd , abtnluiDgei», als 7on der Reichhaltigkeit des Materialea Selbst«
Eben die rfehtige Mitte twischen dem zuTiel und zuwenig lu trefien,
ist schwer, sehr schwer. Dnd so glauben wir denn, dass der Hr. Vt
gnl ttiun werde, sein Werk einer durchgreifenden Oberarbeitung %vt
ontersiehen, und das Torliegende Materiale su sichten, wenn er es für
die Schule wahrhaft brauchbar machen und so einem Bedurfnisse un^
serer Gymnasien abhelfen will.
Prag. F. ffoehegger.
Handbuch der Erdkunde Ton Gnst. Ad. von Klöden.
Iter Band (auch unter dem Titel: Handbuch der physischen Geo*
graphie). XIV. u. 995 S. und 2ten Bandes S. 1-- 670; im ganzen
bisher 18 Lieferungen. 8. Berlin, Weidmann, 1858—1860. Die Lie-
ferung ä 10 Sgr.
Als vor längerer Zeit die ersten Hefte dieses Werkes erschienen
waren, konnte man voraussehen^ dass dasselbe einst schon durch seineB
Umfang einen hervorragenden Rang unter den geographischen Hand-
büchern einnehmen werde nnd man konnte ans dem damals veröifent«
lichten Programme des ersten Bandes ersehen, wie sehr der Hr. Verf.
bemüht war, jene zahllosen Beruhrungspuncte hervorzuheben, welche
zwischen der Erdkunde und anderen Zweigen der Naturwissenschaften,
namentlich der Geologie und der Naturgeschichte, bestehen. Der letztere
umstand war es, welcher damals schon Ref. und seinen lieben Freund
Prof. Grailich zu dem Vorhaben brachte, nach dem ganzlichen Erscheinen
des ersten Bandes an eine gemeinschaftliche Besprechung desselben
einige Bemerkungen über die Wichtigkeit solcher Studien ffir den Natur-
historiker zu knüpfen, — ein Vorhaben, welches durch Grailicb's Tod
auf die traurigste Weise gestört worden ist, und welches Ref. jetzt leider
allein auszuführen versuchen muss.
Bas Buch ist unterdessen regelmafsig weiter erschienen ; der erste
Band ist vollendet, von dem zweiten liegen bereits mehrere Lieferungen
vor, und die Erwartungen, welche an dasselbe geknüpft worden sind,
sind nicht getauscht worden. Man kann im Gegentheile sagen, dass der
vollendete erste Band gut angelegt und auch mit grofser Sorgfalt aus-
gearbeitet ist, dass eine bedeutende Anzahl neuer Erfahrungen in dem-
selben ihren Platz gefunden hat und dass es überhaupt nicht viele Hand-
bücher der Erdkunde ^bt, aus denen so klar hervorgeht, für wie viele
andere naturwissenschaftliche Studien die Erdkunde die erste Grundlage
bilden müsse.
V. K 1 tf d e n's Handbuch der Erdkunde soll drei BSnde füllen. Der
erste Band behandelt die physische Geographie, der zweite, be-
gonnene Band handelt von der politischen Geographie Europa's
und der dritte wird die politische Geographie der übrigen
Welttheile enthalten.
Das Werk ist A. v. Humboldt gewidmet und auf dessen specielle
iOSaen, Bamlb. d. E^dktittde, dng. v. '£. Sä^fi:
AiiffMerong v^hsst Eiiie BiiAMIoilg eifttffnet dtlsselbey deten Aufgabe
es iBt, die oinEekien Zwei|s« der fiNikundb gegen, eitfander absugrenEeti»
ah4T Wäier denr hiev gegebenem B^nttioilen ist eiiie^ welcher Ref>
dncbauflf ntobt beisliibmeD hUDDi «Ei« anderer wichtiger Tbeil,» beifai
09 nimHeh S. t, «ist) du» Oeogtiosi^ ordei^ Geoloigie, welche den Bau der
festen' Erdrinde ermittelt,, did firsofaeinangeo riadiwteifll^ welche aue dem-^
selben für die Bedeckung, d. h. für die dhraul lebende Pflaosett^ und
Thierwelt u^d die • Von ihr abhängigen klimatischen und .atmos|)häro-
logischen Verhältnisse hervorgehen, und die Gesetze erforscht, nach
^elollen didser Bau' gich im' Laufe/ der* 2eil Bö geitaltet hat^ wie er iat^
Di«' L^bi^ vont der EMwiokelting^gätfcbiebte der Erde wird< zuweilen
9M€b* mit' der - Benemiung Oeoloj^ie- o d e r' b <^8fi e r ^ e-dgb n i e bezeich-
nef, "^^^et^d dann utfter G'eög-nosfe die Kenntnis von dem
jetzigen Zustande des Erdinneren befassV wird> Eine
ael<di6 Erklärung eBispticbi u«der der Bedeutung dieser drei Worto^
nechi dm B^gnSen , welche mtfn gewObaKob an^ dieselben zu knüpfen
pflegi; In d^' Regel V'erBtebi man nlmlieb. unter Geogocnie oder
K.#»inag^onie'jiine Uypotbesen». welche • sioh' auf die En>t<stehuA^ der
Erde/ oder de» Welü beziehen.^ ae'ol.O'gie dagegen nennt man jene*
WIsieAscbaft^ welche <tie aufeinanderfolgenden V e r ä n de r un g en. uo-
tereoobi. die in den oiiganiectieBy und uaorgauiscbeD Reidien der Natus
8Utl(geXiiBdi}n habe», weUhe' deoi Dmchen ditoe« Veränderungen nach*
foceobt'y und dem Einfloase, den sie auf die Oberfläche und die äufsere
SkticUgt unsere» Plenetei. auageäbt badi)en').*. «Geologie ist vorf
Kioan^ogonie ebenso versebfeden, als Betrachtungen über die Art der
Erschaffung des- ersten Sfteaschen von Gesobicble verschicdea sind *)^.
Itater Geognosie verstetit man die Kenntnis von der Besebaffenbeit
und. der Verbreitung der eiozelfien. Gebitgsarten^ Da ea aber nicht mög-
lich ist, sich von der Beschaffenheit und der Verbreitung einer Gebirgsart
ei». ^Idtäpdlges Bild zu schaffen,, ohne dass man über die Arb ihrer
Bildung nactigedaicbt halte, und da andereeita^ ein SUidivm der VeraBde-
r^mgen. unserer EDdaberftäebe- ahne geegnostiscbe Kenntoisse nicht aus-
f^bcbar ist,, sieht maa iü neuener Zelt diese bcidea Zweige fast in allen
bedeutendeoea Weeken unteif demi gemeinscballlioben r^omeu Geologie
veveinig^
Ea knöpfti sieb, an diese Ab^enzungen ein besonderes, localcs In-
temaae^ Seii Jahren aiebt man ia öj^lerxeieh Lehrbücher der Geog n o s i c
eitBotaeinen, welche mit nehr oder weniger Glück versuchen, die
Gebirgsarten «naturgeschichtlich zu behandeln ,* dieselben gleichsam
a)a« einen: Anhai^ zur* Naturgeacbichle der Alineralien' daczuslellen und
eiAei sobarla Grenze awiscbeü Geologie und« Geoguoaie zu' ziehen. M^au
kaiH»' sagen, dass. die. Fähigkeit dieser Bücbec zu belehren und an-
*>'llyell, PriHcipM of tiiotogy^ Ä eM, p. ti Naumann und andere
Auetoren schliefsen die Betrachtung der orgaiii^chen Welt ans.
.»)Lye:ll, BbdL p; 8i . . . 1 ,i .1 /
KiMen, HMidk d. Entkunde, tng. Tw E, Suefsi aST
luregmi' liuy scr grofser ist^, j« weiter die V-crfanor Ton üntm Pro^
grammett abgeWiobeD sind, d. h. je mehr geotogiscbe BrltbtuiigeD feiet
trotz de8se!beo in ilire fieogoosien^aargernyiiimefl haben. Der Gnnd dieser
Braoheimmg Kegt daHir, dä$9 eis- beraliQiler Mraeratoge, der in. Öster-
reich auch heute noch vielfach als eine untrügliche Autoritft in allgt^
mefneren nafnrhfsloriseben Fragen t^etreeblet tlrird, in dnem Lehrhucbe
der Geognosie^ welehes, wie der THel angibt,- «fiip junge, praktischem
Bergfeute* abgeCasst wunle, das aivr an mseren LebranstalUn; ibsr-
baupt sehr Terbreitet ist, gesagt bal: cDie^ Geogaeeie ist Dichte, als« die-
Wiseeasehaft von der Zosemmeneeteulig der Erde aoi diexi Indrvidnear
des Mineralreiches. Wenn man den Begriff di^reeNitni über düese Grensem
ansdehnt, so wird sie epectdativ «od bypothetisoh, und! kdrli in erbe«
demMafseavf, nütilioh lür d:eii pTaktsse-ken BergbaiK.
zu sein, als sie dies gewordea^ *). 80 bat siehf MohisdorA
den obergrofeen Eifers sein Bnoh von' aitem' f^ei- cu htltstt, was seinen:
engeren Ansichten über natmigeschicbtliebe Darstellung nicht: entspratih^
zu einem vollkemnien ungereekrtfertigtev ilbipi«ebeo äbtv dem Phiteeiir
einer Wissenschaft terteitsn lassen, welobe 1« jener 29sU ecbe« iftoiMß
und keniichr heninrgeblübt war, und trotzdera, dtse «nees boebgeeMer
Zipp>e^ aiisdnicklicb öiier der eigentKchea Naturgiscliiobte der Mine*'
ralien noch höhere Gebiete der WissensobaCl mcskennt., zu denen dio
Geologie gehört; trotzdem«, dlus die jäbrlvcbi sick wMerlwlcDden ^er^-
Insle, welche man in OsUerreieh an grofeeren Mnitllbhen Bauteni dureb.
den Mangel geologisctier Henntnssse erleidet,, wahrhaftig sehen: geefiif.
genug sind, um ihren praMiseiemWerth zu zeigen, «»d trotz- der Triumpbe^
welche diese WissenBobaft seither bei ins in anderen Kreisen ersungea
bat, Insfet der Bann, welchen Mobs über dieselbe aosgesprooben. bat, iw
den Aagcn vieler Lehrer immer noch anf ihr. Heute noch; kann man:
hier und da em ähnliebe» trtbeil über die geologischen 9u(tien böreuy
ohne dass überlegt wunle, welche Ongeroektigkeit dabei gegen) Hunderte
von ausgeseicftnelen und hoohverdientien forschem und> gegen eine
Wissenschaft! begangen wird, welche, wie* Herscbel sagt, asi Grofsärtig^
keft der Anscbnuüngen der Astronomie zunächst stiebt, und deren «specu-
lativer und hypothetischer" Tbeil« gans* ibr Otegentbeile' dem Berrgbaue
so aufserordentliche Dienste leistet, dass man ihn heute in jeder gut
ermgeriofateten Bergsohfvle für einen der wichtigsten 2weige dies Unter-
riebtes hält, in Frankreich u«id England aber geologische Kifnntnissei
als die Grundlage des montanistiseben Wissens betrashtet und den höheren»
montanistischen Unterricht den geologischen Instituten untergeordnuf baU
Der erste Band, die physische Geographie, sollte nach dem
ursprnogliehen Programme des Hm. Verf.'s aus eilf Abschnitten bestebeiv
*> M 0 h s , Die tr.<9ten Begriffb der Minemlogie und Geognosie fär
junge praktische Bergleute dor k. k. österr. Staaten;. IKiTbl^..
tieagnasie, & 3. 184Ä.
) Zippe, Lebrbdch der Mineralogie, Vorbericht, S. Vll, 1869.
3«« KUSden, Uandb. d. Erdkunde, aiig. v. E. Suefs,
Tmi diesen ist jedocb einer, der AbsohniU X «Laudscbaniiches Bild der
Efde, als Ergebnis der natürlichen Bedingungen in ihrer Gesammlheit;
(als Beispiel: Sudamerika)' bei der weiteren Ausführung des Werkes
leider übergangen worden. Die sehn Abschnitte, wie sie jetzt vorliegen,
MDd die folgenden:
1. Abschnitt Astronomische Geographie. Dieser handelt
von der Erde als Planet Es ist sehr lehrreich, diesen Abschnitt mit
dem entsprechenden Theile irgend eines nur um wenige Jahre älteren
Handbuches zu vergleichen, und so i. B. aus den Angaben über die Be-
wegung der Fixsterne (S. 12) oder über die Planelen (S. \k) zu sehen,
mit wie viel Eifer und mit wie viel Gluck man sich heute dem Studium
der Natur hingibt Ja man braucht zu diesem Ende nicht einmal ein
älteres Buch zu Ralhe zu ziehen; das Klcden'sche Handbuch gibt allein
sehon ein Beispiel. Die erste Lieferung (gegen Ende 1857) nennt 5.3
Maneten, indem sie (S. 14) 45 Asteroiden zwischen Mars und Jupiter
ajaCzählt; die zwölfte Lieferung (bis Ende 1858) fögt unter den Verbes-
seruDgen schon neun neue Asteroiden hinzu und erhebt die Gesammtzahl
der Planeten auf 62. Heute hätte der Hr. Verf. bekanntlich eine noch
unerwartetere Interpolation zwischen Sonhe und Mercur vorzunehmen,
und die Summe mindestens auf 66 zu erhöhen — Die Saturn-Ringe
bitten nicht «(gewissermafsen zusammengeschmolzene und abgeplattete
Monde* genannt werden sollen, denn es ist doch gar nicht wahrschein-
lich, dass sie je die sphseroidiscbe Gestalt von Monden gehabt haben;
auch spricht der Hr. Verf. selbst an einer späteren Stelle (S. 298) aus-
drücklich von dem «nicht zu mehreren Monden zersprungenen platten
Ringe des Saturns.* An dieser letzteren Stelle aber sollte gewiss das
Wort Ring im Plural gebraucht sein. Ein solcher Mangel an Schärfe in
den Ausdrücken, findet sich leider ziemlich oft, und er bildet eine Schat-
tenseite des Buches. — Bemerkungen über Gestalt und Bewegung der
Erde (Foucault's Pendel und Gyroskop), über Mafse, Orts- und Zeitbe-
stimmungen, dann über Projections-Metboden und endlich ein eigenes
Gapitel über die Beziehungen zum Monde und seine Beschaffenheit bilden
den hauptsächlichsten Inhalt dieses 67 Seiten starken Abschnittes, welchen
einige Angaben über die Beschaffenheit der Sonne sehr vervollständigt
hatten.
IL Abschnitt Die Erdoberfläche. Dieser Abschnitt schil-
dert nicht nur die Vertheilung von Wasser und Land und die Haupt-
formen des Reliefs auf dem Festlande und dem Meeresgrunde, sondern
enthält auch eine etwas ausführlichere Darlegung der Gletscher-Erschei-
nungen. Die Korallen-Riffe sind recht gut nach Darwin geschildert, (nur
bauen die Korallen nebenbei gesagt, zwar sehr langsam, aber nicht
unendlich langsam in die Höhe; S. 86). Man vermisst jede Hindeu-
tung auf eine der auffallendsten Erscheinungen der Erdoberfläche, näm-
lich die Wüsten.
Es ist zu bedauern, dass der Hr. Verf. es (S. 115) nicht für au-
47AEfeM. Handb. d. Erdkunde, ang. v. S. Ai«/«. M5
gemessen gehalten hat, etwas eingehender über die Ursache der Bewegung
der Gletscher zu handeln, ja es scheinen demselben sogar die neueren
Untersuchungen über diese keineswegs einfache Frage gänzlich unbe»
kannt geblieben zu sein. Drei Ansichten sind es, welche sich in Bezug
auf diese Erscheinung nach einander geltend zu machen gewusst haben.
Zuerst dachte man, dass die Gletscher einfach auf einer geneigten Flache
herabgleiten, und dass ein leichtes Auflhauen an ihrer Basis statt-
finde, welche dieses Gleiten begünstigt Es ist das auch die einzige
Meinung, welche der Hr. Yerf. hierüber ausspricht, obwol man langst
eingesehen hat, dass sie nicht zur Erklärung aller Erscheinungen aut"
reiche. Später nahm man an, das Wasser, welches täglich an der Ober»
fläche der Gletscher durch Abschmelzen entsteht und in die Spalten und
Schrunde der Eismasse in zahllosen kleinen Bächen und Cascaden hinein*
fliefst, gefriere dort, und da Wasser im Gefrieren sein Volumen ver-
mehrt, dachte man, dass auf diese Weise die Gletscher fortgeschoben
würden. Heute, nachdem man eingesehen hat, dass Eis keine gam
starre, sondern eine viscose Masse sei, glaubt man, dass es von den
Höhen herab fliefse wie ein zäher Strom. Aber der Begriff des Fli^e-
fsens ist wesentlich verschieden von jenem des Gleitens der ganzen
Masse. — Die Bemerkungen über erratische Blöcke sind kurz aber hin-
reichend. Es ist nothwendig, dass über diese Erscheinung etwas rich-
tigere Begriffe verbreitet werden, denn man hört immer noch hier und
da das ungereimteste Zeug davon sagen*).
Hl. Abschnitt. Vulkane und Erdbeben. Der erste , die
Vulkane betreffende Theil dieses Abschnittes muss, so fleifsig er auch
ausgearbeitet sein mag, in diesem Augenblicke bereits als veraltet ange-
sehen werden. Dem Hm. Verf. soll damit kein Vorwurf gemacht sein;
dieser ist ganz den noch vor wenigen Monaten herrschenden Ansichten
Humboldt's, L. v. Buch's und Du fr^noy's gefolgt, Ansichten, welche
eben durch die neuen Schriften von Lyell*) und Poulett Serope')
einen schweren Stofs erlitten haben. Der Unterschied zwischen Erup-
tions- und Erhebungs-Krateren scheint in der Natur nicht zu bestehen. Es
gibt keine Erhebungskrater; jene Vorstellungen von blasenförroigen Aul-
treibungen der Erde, welche seit Ovid so viel besprochen worden sind
und denen man die Entstehung insbesondere gewisser domförmiger Berge
*) ISiederrist, Naturgesch. d. Mineratreiches für den praktischen
Bergmann, 11. Theil, Geognosie. Brunn 1858, S. 99. Dieses Buch
ist ein Auszug aus dem oben erwähnten Lehrbuche der Geognosie
von Mohs, aber greller noch als in jenem tritt hier eine Anzahl
ganz irriger Meinungen hervor und es zeigt dasselbe, dass es
leider kein Phantom sei, gegen welches Ref. hier ankämpft (vgl
z. B. S. 38 über Schichtung, S. 52 über Basalt, S. 67 über ein-
greifende Formationen u. s. w.).
•) On Lüva't Ol MomU Erna etc. Phil. Trans. 18S9.
') On the Mode of forma tion of Cones and CraUrt; QuarL Journ.
geoL Soc. 18S0, XV, 605-549.
»^pesefai^ebcta jfattt, «nlii^i^ben d^r ^ahfheit nichi. Alle vulkauischcu
&egel und »Dome «ind liur übereinander erstarrte Lavagüsse Qod üaufen
-von AuswfirfiiDgeD. Bclhit die berubmtfln lErbebungs-^ErscheinuDgen des
ioruUo <S. 195) werden jeUt sebr in Zweifel gezogen. Man glaubt
UMbUcby d«88 die ringsumi durcb einen 90—- 35 Fufs hoben Abfall be-
giiBZlo GonvexiliA -des Malpays, auf weleber «oder vielleicht richtiger in
•«elehei* die Vulkane stehen» keineswegs fline blaaeoförmige Anfireibung
tkiB Landes, sondern einfhcb die erstarrte Oberfläche eines mächtigen
fitroBies basaUisoher. Lava sei, avf Wjekhem noob zu fluaboldt's Zeit di«
<iioniito'B f aucMea, und dass das Vorgebirge von Lara , auf welchem
flimiboldft ;fiuiii Krater des Jkrullo brnaufklett^rte, eben der obere Theil
idieses Selben Lavesrtromet sei und den Ort andeute, an welchem der-
«slbe bervorquoil uad v«fi dem aus sr sich über die £bepe ergoCs^).
Ret begreift, wie gesagt» recht gut, dais der Hr. Verl in diesen
(TheSle seines Buches den Ansichten flumboldt-s gefolgt ist, da zur Zeit
des Erscheinens dieser Lieferung die «Erhebiings-Tbeorie* noch in voller
Blüte stand un4 die eiiitge|»Hgeset£te Meianng, obwol sie schon bestand,
4o!(ih besonders :in . Deuiseliland «wir wenig im Ansehen wan Aber um so
änderbarer bt es, daas in :6indm anderen srntergeoffdasten Puncto der
Hc ffvL von des Ansidhtsn des grofisen OOnners dieses Werkes abgewi-
chen ist Wäbrestfl es nämlieh Huaboldt als einen «besonderen Gewinn*
feelracbtfrt hat« dass er uiltor dem iKamea Yuloaaismus oder Vulcanicitai
«den ganzen Complex der Erschsiaungen zusammengefasst habe, welche
^er foftwahresid wirltsamen Beaction des inneren der Erde gegen ihre
Oberfläche zuzuschreiben sind' *)^ hat der Hr. Verf. hier die iSohilderung
4er beifaen Quellen von jener der Salsen und Gasquellen getrennt und
;erst dem fünften Abschnitte (das Wasser) beigegeben.
Der IV. Abschnitt, di« Erdrinde, bebandeU die krystallinir
«eben und die sedimentären Gesteise. Der speeielk Thcil ist der Haupt-
sache nach dem treflliohen Lebcbscbe von Naumann entnommen (An-
merikbng, 8. 229) und enispricbi so .ziemlich seinem Zwecke. Ais einen
Fehler muss es Ref. beeeichn^n, dass bei Uesprechung der sedimentären
uid der ihnen gleicbseili^eii firuptiv-Gesteine die Aufschrinen der «in-
achieA aufeinander/olgendeo Psragraptie auf gleiche Weise gebildet sind,
obwol sie gans verschiedene Dinge bezeichnen sollen. So hei (st es i. B.
III. Übergangs-Formationen, IV. Grünstein-Formationen, V. Ophiolit-For-
jAstiooSn, VL Steinkohlen -Fomiation , VIL Die Permiscbe Formaiion.
HH. Porphyr- und Melaphyr-Formation u. s. w. Welchen Begriff soll
da der Leser mit dem Worte Formation verbinden? Indem man
auf diese Weise vollkommen ungleichartige Dinge einander coordiniert,
erschwert man dem Leser die richtige Auffassung derselben ungemein. H!s
ist wahr, dass durch die Einschaltung von Lyeirs Tabelle (S. 291 bis
*) Poulett Scrope, a. a. O. 6. 508.
*) Kosmos, insbesondere IV. 212.
tt6) ciie tcUKt&idige >ÖbeMioht der Mdiii»Dt€ten «FornHtliooeD* gtr
geben iet, aber die neuen Aeedrucke, »wekhe Skr dep Leeer erst io diea^
Tat>elIe.«nftiiuQliee, wie %. B. der aebr erweiterte Begriff Ttn PoeUf liocan,
wird es demeelben sehr aebwer maehen, die aue einem deutschea Boebe
eUbMmiBiMien Einiellieit^ mit ider aue einem engiimbe» Biiobe enttebn-
Aen läMirfttcht in Eiokiang lU bringe«.
Aueb in dieee m Abacbnitte trifft mas öftera «uf jene kleineo ün-
rinhtigkeiten, wekbe Bet scboo bei einepr früheren fielegenbeiU gerügt
^t GleiiQb der erete Abeots desselben sebeini 'dureb eine unJIilare Fas-
sung sagen tumoliea, dass ein in Kntlenberg au 3^46 Fnfc Tiefe nieder-
gebraobtef Scbaobt nricbt unter dne Meanea - lüvean reiebe ($. 204). Die
ailuriseben AJi)lagerungen Böhmeu liegen keineswegs im nordweatlicbeo,
sondern im westlicben und etwas südwealliebeD TheiijB des Landes
(S. 206). Es wird 6. 261 der .Pebier manoher norddeulseber Oeoiogen
'wiedertMit, welobe Wealden-Fennalion durc^ Wälder-Formation überr
aeisen. Will man eelcbe Local-Ausdrucke einer anderen Nation in deiilr
sehen Buchejrn gebraueben, bo muss man sie eben unverlndert aafnebme%
iiicht ebier naeb Willkür ein anfSIligerweiee äbnücfa klingendes deut-
,»ch%8 Wort dafür setaea« wMieg jioeb dasn tiel passender eine 8ber*-
«eUung des engtisobeq ;Foreat Marble wäre n. s. w.
Der grofete Mangel der ganaen Darsstellung beateht für den Oster-
reieber aber dnrin« daas er In er wol manaberlei über franstfsiscbe, eng-
l^cbe und weeldenisebe Vorkommnisse boren mag, der naterreichiscben
und namentlich dw so m^iiwurdigeo Alpinen Oeateine aber kaum hier
und da mit einigen Worten Orwi^nu^g gethan wird. Mit fieeht bat ein
geistieicher Het vor kumem in dieser JZeAteebriA gesagt: «Wir muasen
ea geseheben lassen, dass nuaere Knaben von der Sobiehten/olge in J&igi-
land und den IVersteinerungen des Pariaer Ckobkalkes sebwataeD, ohne
au wissen, welcher Formationagruppe die Berge der fieimat engeli^ren»
und weJcbe Vereteinerungen man vor den Thoren von Wien am b&ifr-
figsten Badet* '*). Anob diese Lftcke iat nicht Um. Kltfden vortuwerfen,
aondern Jener namüehen Schule, welche den speculativen Tbeil der
iieoioigie perborneaciert und es daditrcb so weit gebracht hat, dass man
heute zwar in jedem flandbucbe hinreichende Belehrung über den Bau
des Bodens in der Heimat aller anderen gebildeten Nationen finden kann,
dass der an den groAiertigaten und lehrreichsten geologiaeben £rsobeir
nungen so reiche Boden von Österreich dagegen nicht nur noch in
keinem Lefarbuobe gesobildert, aondern in Österreich selbst bisher nur
einem engeren Kreise von Fachmännern seinen Omrissen nach bekannt
iat. Manobes freilich hätte der Hr. Ver/. wol aualDbrJicher bieten kttenen,
aumal wenn er dafür einielne uobeglaubigte Behauptungen, wie namen^
lieh jene vom Au/treteu der Jura^Fonnalion an den Boeky Mountains
und dem Llano eatacato ($. 2^9) und dann die «Übersicht der Bildui^pa»-
•) Prof. Peters; (iymn. Zeitschr. 1859, X. 8. 141.
at» WMen, Hatidb. d. Erdkunde, ang. v. E, Siitf».
Perioden der Erde' (S. 206—804) iveggeläasen oder die lange Liste der
'Verbreitung einzelner cbemi scher Stoffe und Mineralien abgekürzt hätte.
Der V. Abschnitt, das Wasser, nicht weniger alslöOSeitcn
stark, kann dagegen als ein gelungener bezeichnet werden. Er zerfällt
in Tier Theile: Quellen, Flüsse, Seen und Meere, und enthalt neben guten
Schilderungen der hieher gehörigen Erscheinungen , eine Anzahl gar zh
-ausführlicher Tabellen. In der Tabelle der Seen (S. 420) Ist Afrika
noch durch den einzigen Tsad repräsentiert. Man erkennt S. 442 ff. die
lebhafte und lehrreiche Schilderung des Golf tronies wieder, mit welcher
Maury seine PApsicai Geograpkif of the Sea eröffnet hat.
Die Abschnitte VI. Die Luft und VII. Verbreitung der
Warme, gehören ebenso wie der fünfte Abschnitt zu den besten Theilen
des Buches. Der siebente Abschnitt enthält besondere Abtheilungen für
die Verth eilung des Erdmagnetismus und das Klima; von
diesen ist die ersteire nach einer Arbeit von Becquerel entvirorfen und
-erwähnt auch (S. 630) schon den Zusammenhang der periodischen Stö-
fungen der magnetischen Declination mit den Sonnenflecken.
Die drei letzten Abschnitte endlich sind der Verbreitung der orga-
nischen Wesen auf der Erde gewidmet, und zwar VIII den Pflanzen,
IX den Thieren und X dem Menschen. Der Hr. VerL hat bei der
Ausarbeitung des ersten derselben Unger, B. Seemann und mehrere andere
Autoren, bei dem zweiten insbesondere Schmarda zu Rathe gezogen;
bei dem dritten hat er den aufserordentlichen Fortschritten, welche in
diesem Fache durch die amerikanieMshe Schule, besonders durch Morton,
Agassiz, Nott und Gliddon veranlasst worden sind, gebührende Rechnung
getragen, was um so dankenswerther ist, als namentlich die beiden
-Werke der zwei letztgenannten Auetoren hier noch sehr wenig bekannt
sind. Manche der eingeschalteten Auszüge sind so ausgedehnt (wie z. B.
die Skizze der Sprachen-Vertheilung nach Maury), dass diese drei Ab-
-schnitte eine Stärke von 276 Seiten erreichen; sie sind durch eine be-
sonders grofse Zahl von Holzschnitten illustriert und enthalten eine reiche
Fülle von Tbatsachen, welche sich auf die Verbreitung organischer Wesen
beziehen. In Bezug auf die Anordnung des ganzen Stoffes glaubt aber
iRef. einige Bemerkungen nicht unterdrücken zu dürfen.
Es wird allgemein zugegeben, dass gewisse äulsere Existenz-Be-
dingungen zum Fortkommen einer jeden Art organischer Wesen noth-
wendig seien, dass man aber dennoch die Art keineswegs als das Pro-
d u c t solcher äufserer Existenz-Bedingungen betrachten dürfe. Das ist
wenigstens der Standpunct, welchen der Hr. Verf. selbst anerkennt
(S. 867). Darnach wirken also die äuCseren Verhältnisse nur auf eine
verbietende (oder allerböohstens vielleicht auf eine modiQcierende) Weise;
sie gestatten, wie Hr. Bronn sagt'*), auf negative Weise die Verfolgung
eilies Planes. Folgerichtig hätte nun der Hr. Verf. seine Schilderungen
') Entwidkelungs-Gesetze, p. 487.
KMeu, flandb. d. Erdkunde, ang. v. E, Stufi. 8€9
der PflaBzen- und Thicr-Geographie nicht mit Bemerkungen über diese
negativen Einflüsse (Warme, Licht, Feachtigkeit a. s. w.) beginnen sollen,
eondeni mit denjenigen Erfahrungen, welche man über den positiven
Tbett dieser grofoen Frage weifs. Es h&tte nach der Meinung des Ref.
an die Spitze dieser drei Abschnitte eine Darlegung der Erfahrungen
über die Einheit des Ver brei t ungs - Bez irkes der
einzelnen Art gestellt werden sollen, welcher die Grundlage jeder
weiteren Betrachtung über diesen Gegenstand bildet Dann hatte von
dem Grade geographischen Zusammenhanges die Rede sein können, den
man zwischen Arten bemerkt, welche derselben Sippe angehören, uml
dann von dem beschränkten Auftreten einzelner Uauptgruppen u. s. w.$
in dieser Richtung hätte der Hr. Verf. seinem Werke eine Reihe der
allerwichtigsten Erfahrungen hinzufügen können. Alle diese Puncto wären
am besten in der ganzen organischen Welt im allgemeinen betrachtet
worden, und hierauf erst wäre es angezeigt gewesen, von den äufseren
Existenz-Bedingungen und dann von dem Detail der Beobachtungen über
die Verbreitung u. s. w. zu sprechen. Dieses Detail hätte dann freilich
auf eine gleichmälsigere Weise behandelt werden sollen und nicht so
wie es sich eben aus anderen Büchern sammeln liefs. liier sieht man
bei den Pflanzen zuerst die Verbreitung charakteristischer Pflanzen, na-
mentlich z. B. der Palmen geschildert, dann folgen nur kurze Angaben
über pflanzengeographische Reiche (S. 76tK— 756) und dann in einem
Anhange eine Reihe von Daten über die Verbreitung der Nutzpflanzen.
Bei den Thieren dagegen werden die einzelnen thiergeographischeH
Reiche (nach Schmarda) nacheinander geschildert. Der letztere Vorgang
schrint für ein geographisches Handbuch der vorzüglichere zu sein«
Denn so viel man auch gegen eine solche Abgrenzung von ttUcichen*
überhaupt einwenden mag, und so schwer es auch vielleieht wäre, die
Reiche iXos Pflanzen-Geographen mit jenen des Thier-Geographen in etwas
besseren Einklang zu bringen, so sieht Ref. doch keinen anderen Weg
um eine geographische Übersicht der Verthcilung organischen Lebens zu.
geben. Auf diese Weise allein sieht man ganze Faunen und Floren vor
sich treten, erhält man einen kleinen Einblick in die verschiedene Art
der Vergesellschaftung und sieht man, was in einem geographischen
Handbuche doch die Hauptsache ist, den Gesammtcbarakter der belebten
Natur in den einzelnen Bezirken.
Es hält also Ref. Schmarda's Schildcrungs-Melhode hier für die
zu befolgende; aber so ungethcilte Anerkennung das schöne Schmarda'Hche
Werk gefunden und auch vollauf verdient hat, so sehr es hervorgehoben
zu werden verdient, dass bis auf den heutigen Tag Hr. Schm.irda der
einzige ist, der es gewagt hat, eine wissenschaftliche Übersicht der Ver-
breitung des ^csammtcn Thierreiclics zu geben, so wird doch dieser
gelehrte und vielgereiste Forscher gewiss der erste sein, welcher zugibt,
dass die allgemeinen Anschauungen der Thiergcographen seit 185.3 we-
sentliche Fortschritte gemacht haben. Was vor allem Noth thiit, ist ein
Zeiuchrift f. d. ö»terr. Gymna». 1860. IV. u. V. Haft. 26
9U KMem, Hawib. d. ErdknOt, aog. y. £. JSBf/k
•ebaHem HenroriieW» der groCica VenduedMilieiU welebe iwischen der
VcffWcituBg YCMi Land- «iid tos Secttiiercn bcfneht Der AWata S. 8t0
lOMe MHfoiirlielMr seia soUea mid bei tioer etwaigen iieaen Anlage
wird der Hr. Verf. Ider mil groiKm Vortbeile den Aufnli tob E. Forbes
wm phynkalisehen Alks yos JobMto« mid die neue Natnrgesebichle der
MirapSifldleD Meere tos Porbea «ad Godwin-AusteD benutxen kdnnen.
Hiermil wäre das Bild der beutigeo Verbreitung organiseber Wesen
abgeseblossen gewesen, md nun bitte der Hr. ¥erf. ia einem besonderen
Anhange jene merkwordigen Erlabrungen tienrorbebrn können , die im
Lanfe des leisten JabrteiMnIs über die Veränderungen gesammelt worden
sind, welebe ein Tbeil der beuligen Faunen und Floren in Besag au(
seine Verbreitung erlebt bat Es ist wdlr, dass hiervon einiges in dem
Abaatse fiber die ursprüngliche Verbreitung der Ptanaen (S. 695—698)
erwibnt ist, aber das ist viel su kurs, und es verrath dieser Absatz keine
binreiehende Vertrautheit mit den Arbeiten der wichtigsten Autoren, mit
Fdrbes, Hooker, De Candolle und Heer. Noch sieht man die Identität
alpiner und nordischer Pflansenarten als Beispiele für die Mehrheit der
Behöpfungs-^ntra angeführt (8. BB6), wahrend ein immer gröfserer
Kreis fon Faohmännem sie als die Beste der heute sertrennten Flora
der Gletscfaerzeit sn hetrachten sich gewöhnt, und während die eigen«
thfimlichen Locken der irischen Flora dem Hrn. Verf. (8. €97) bekannt
sind und er sugibt, dass Irland, Spanien und die Acoren einst einen su-
sammenhängenden Gontinent gebildet haben mögen, findet man auf der-
selben Seite die canarisehen Inseln in eine Beihe mil den Oalopagos ge*
stellt und als Beispiel eines selbständigen Vegetationsgebietes angefOhrt
Es ist aber bekannt, dass die Übereinstimmung der canarisehen Flora
mit der westeuropäischen noch gröfser ist, als jene der Azoren-Flora,
und dass bi>ide Inselgruppen zu den Überbleibseln der versunkenen At-
lantis gezählt werden. Es zeigen diese Erläuterungen indes, wie unrecht
man thut, wenn man bei solchen allgemeinen Fragen die Tbierwelt von
.der Pflanzenwelt scheidet, da sie doch in allen diesen Erscheinungen
denselben Oesetzen folgen. Nicht nur Pflanzen sondern auch Thiere gibt
es, die den Alpen und dem Norden, oder den atlantischen Inseln und
West-Buropa gemein sind, oder die in England leben und in Irland fehlen.
Durch alles dieses wäre nun der Leser hinreichend vorbereitet,
um die neuen Erfahrungen über die Verbreitung des Menschen würdigen
lU können. Durch das Vorausschicken des Satzes über die Einheit der
Verbreitungs-Bezirke hätte auch der X. Abschnitt so sehr an Verständlich-
keit gewonnen, dass dem Hrn. Verf. der Vorwurf vielleicht erspart wor-
den wäre, den er in dieser Zeitschrift (1859, S. 409) hat erfahren müssen.
Der Hr. Verf« hat sich hier strenge an die von der ^atur gebotenen Er-
scheinungen gehalten ; eine andere als die objective Darstellungsweise darf
in einem Handbuche der Erdkunde niemals Platz greifen. Nach der Auf-
zählung der Erscheinungen nun sieht er sich unwillkürlich zu Ansichten
hingezogen, welche der herrschenden und seiner bisherigen Denkungs-
Kiöden, ilandb. d. Ertlkunde, ang. v. E Snefs. 87t
enticegeii sind ; daH TeranUsst ihn (S. 867) am Schlüsse des allge-
wiMren Theilo» dieses Abschnittes sich mit einigem Rückhalte auszu-
faen. Ref. hätte hier dem Hrn. Verl mir den einen Vorwurf zu
dan das Argument, welches an dieser Stelle gigen die Morton-
Mbn Meinungen vorgebracht wird, kein süchhältiges ist. Jedenfalls ist
4ki Hr. Verf. hier auf eine bessere Weise verfahren , aJs eine berühmte
lidarittt in ahnlichen Fragen, welche ein langes Referat über das letzte
Wofc von Nott und Gliddon nicht mit einer Widerlegung, sondern mit
gendeau unverstandlichen Salze sehloss").
Nach diesem allgemeineren Thcile folgen Einielheitcn über die
BDg und Verbreitung der Gruppen, Familien und Racen, dann
Mge Bemerkungen über Schädel-Gestalt und dann die schon erwähnlei
flkr nafiihrliehe Obersicht der Sprachen nach Maury, diu Obersicht der
%nclMB von Steinthal, die Individuensabl der Ra^en nach Om. d' Halloy
■i «kllieh einiges über die Gesammlsahl der Menschen , welche der
Ir. Vwf. auf 1390 Millionen scbfitzt.
Eine Tabell« der Lange , Rreite , Höhe und mittleren Jahrcstem-
pMtar vieler Orte, ein Veraeichnis der Sternwarten, und endlich ein
«kr amfcsieDdes Sachregister seldiefaeo diesen erslen , 905 S. starken
Imd^ welcher, wie gesagt worden ist, auch den selbständigen Titel:
cliyiiiriie Geographie* tragt und ala ein abgescblostieacH Werk be-
werden kann.
Der grofse Voreug dieses Ruches, welcher es dem Uhrer werth
Buas, besteht in dem sehr allgemeinen Standpunctc, von dem
m M cntwiirfcn ist, und in der grofsen Anzahl von Fächern, die es um-
taiL SeiM Nachtheile bestehen in einer etwas ungleichmäfsigen Rc-
IndhiBg des Stoffes (wie schon in Petermaun's Mittheil. ISoS, iV, 441
snd in der ZeUschr. f. allg. Erdkunde, 1859, VI, 84 gerügt worden ist)
«d in wiedeiliolten kleineren Unrichtigkeiten. TroU dieser Mangel sUht
kr. nicht an, das Ruch jedem Lehrer aufs wärmste tu empfehlen. Ein
Nleker Oesammtblick auf unseren Planeten, suerst auf seine Stellung als
■■■cbkBrper, dann auf seine sUrren und seine flilssigen Theile, dann
nf die Vertheilung von Wirme, Licht und Magnetisrons auf seiner
Ikerfliebe, endlieh auf die organische Welt, die auf ihm Übt, leigt am
Mn die gegenseitige Abhängigkeit der einzelnen Zweige der Natur-
limenaehaflen von einander, und lehrt wie wahr der Salt sei, welchen
als Motto seinem Kosmos vorangeseUt hat: «ATi/z/rae per»
Hi atqne rnntettat m omnibui mnmentit flde cnrtt, si qua
H* parif 0U9 ac non toiam cmnpiectaiHr HUimo' "l Am eindring-
UMen Buu dies dem NatiirhiHlorikrr zugerufen werden. Denn wenn
(•«Kh ^-ollkommen wahr ist, dass, v^ie Linne sagt, alle Kenntnis auf
'^ Vgl. Carus in: Nene Zeit. Suppl. zum r.onv. Lexik. II. Rd.
'^ Plin. Ili«t. nal. \ll. eap. 1.
•iti*
97t Klddm^ Handb. d. Erdkiindc, ang. v. E, Sni'fg,
der Kenntnis der Species beruht, so berubt sie eben nur darauf, aber
sie besteht nicht darin.
Ein naturhistoriscber Unterricht, welcher sich darauf beschrankt,
den Schüler mit den unterscheidenden Merkmalen der einzelnen Arten
und Gattungen vertraut lu machen , kann es im günstigsten Pnlle nur
dahin bringen, dass dieser die JM a n n i g f a 1 1 i g k e i t der Natur erkennt,
aber so wenig Farbenpracht in einem Bilde hinreicht, um zu fesseln*
M> wenig kann ein solcher Unterricht einem denkenden Geiste genügen.
Dieser verlangt lu erfahren, in welchen Beziehungen die erkannte Fülle
von Formen ni den übrigen tellurischen Erscheinungen stehe, und wenn
er so glücklich ist, hinreichende Quellen der Belehrung zu finden, sieht
er zuerst mit Staunen ein , wie irrig jene Grundanschauung von dem
Vorhandensein dreier Naturreiche, jener erste Satz seines naturhisto-
rischen Schulunterrichtes, sei, und wie man im Gegentheile als gleich-
werthig nur eine organische Gesammtheit einer unorganischen gegen-
überstellen könne. Er lernt femer, wie der Begriff der Art ein anderer
in der organischen Welt sei, in welcher sie sich fortpflanzt, und ein
anderer in der unorganischen Welt, in der das Individuum vereinzelt
bleibt, und lernt, wie ganz verschieden in beiden Fallen die Bedingun-
gen der Entstehung und der Existenz seien. Er sieht, wie in dem einen
Falle der Bestand des Individuums an einen geregelten Stc^wechsel ge-
bunden sei, in dem anderen aber nicht, und dass endlich die Gruppen
seiner naturhistorischen Systeme in der organischen Welt geographisch
abgegrenzt seien. In ihre Vergangenheit zurückgehend bemerkt er,
dass sie auch historische Einheiten seien. Hingezogen zu immer weiteren
Anschauungen, sieht er nun endlich ein, dass das System niemals eine
blodie Bequemlichkeitssache sein dürfe, und dass die Aufgabe des Syste-
matikers nicht die sei, einen Schlüssel zur Bestimmung der Arten zu
liefern, sondern einem grofsen Plane nachzuforschen, der in der Natur
angedeutet ist ; denn er hat eben gelernt, dass die Abgrenzung der Grup-
pen nicht durch morphologische Kennzeichen» sondern auch durch ihre
geographische Vertheilung und die Aufeinanderfolge ihrer Glieder ge-
geben sei; Die organische Welt von diesem höheren Standpuncle aus
betrachtend, findet er fortan eine unerschöpfliche Quelle der Anregung
nicht so sehr in ihrer Mannigfaltigkeit, als in dem Erkennen
einiger und dem Ahnen einer Anzahl anderer grofser Gesetze, welche
alles Leben auf unserem Planeten beherrschen. Diese sind es , deren
Nachweis aus den einzelnen Erfahrungen uud deren wunderbarer innerer
Zusammenhang dem kühnsten wie dem ehrgeizigsten Denker als Auf-
gabe zu dienen und deren endlich erkannte Majestät das Gemüth eines
jeden zu erfüllen würdig sind. Indem er auf diesem Wege das Ver-
ständnis gewonnen hat für Fragen, welche ihm früher fremd geblieben
waren, und gelernt hat, des aufrichtigen Strebens sich zu erfreuen , wo
immer es sich zeigen mag, haben jsicb seine speciellen Liebhabereien in
Liebe zur Natur verwandelt und jetzt gibt er gerne zu, dass solche all-
HAHm, Handb. d. Erdkunde, ang. v. E. Skef^. 9tZ
gemeiDerc Aoschauungeo es sind, welche vor allem verdienen, aU das
veredelnde Moment in den Natnrwissenschaflen genannt eu werden.
Die enge Grenze, welche man um das Wort Naturgeschichte ge-
lOgen hat, mag sich vielleicht, wo es sich um eine Definition dieses
Wortes handelt, behaupten lassen, wollte man aber den naturge-
schiehtl ichen Unterricht in so enge Grenzen sperren, so wurde
biedurch gerade der anregendste und erhebendste Theil derselben ausge-
schieden und es wurden die Bracken abgebrochen werden , welche von
der Naturgeschichte zu Studien einer höheren Ordnung hinfuhren.
Es denkt Ref. nicht im entferntesten daran, vorzuschlagen, dass
man den Schüler der Mittelschule in diese höheren Studien einfuhren
solle; hier soll der Unterricht auf die Naturgeschichte beschränkt blei-
ben, diese aber soll so gelehrt werden, dass nicht nur das Auge, son-
dern nach Möglichkeit auch der Geist des Schülers beschäftigt werde.
Der Lehrer, welcher bedenkt , dass seine Aufgabe nicht ist , Naturhisto-
riker, sondern gute und fQr das Schöne und Edle empfangliche Manner
lu bilden, begreift, dass das Entzucken, welches jedes reinere Gemuth
beim Anblicke einer schönen Landschaft erfüllt, für diesen Zweck mehr
Werth hat, als die Vertrautheit mit hunderten von lateinischen Benen-
nungen. Dieses Gefühl ist es, welches er als den ersten Keim eines
Streb«ns nach allgemeiner Naturanschauung sorgfältig pflegen wird.
Etwas ausfuhrlichere Bemerkungen über das Vaterland, die Lebensweise
u. s. w. der Thiere, über gegenseitige Abhängigkeit im Vorkommen der
Wesen und über alles das, was man die Oekonomie der Natur zu nennen
pflegt, können den naturgeschichtlichen Unterricht aufserordcntlich be-
leben. Aber Ref. muss hinzufugen, dass während auf diese Weise in
der Mittelschule schon der Charakter der wichtigsten thier- und pflanzen-
geographischen Provinzen allenfalls angedeutet werden können, das Hin-
fuhren auf allgemeinere Beziehungen in der unorganischen Welt nur
unler der Bedingung möglich ist, dass man in dem «geognostischen*
Unterrichte einen Gang befolgt, der von jenem des Mohs'schen Lehr-
buches der Geognosie ganz und gar verschieden ist. Ref. ist überzeugt,
dass in diesem Puncte die weitaus überwiegende Mehrzahl der öster-
reichischen Geologen mit ihm einverstanden ist.
Nach . diesem Excurse begreift es sich leicht , welche Anforde-
rungen Ref. an den geographischen Unterricht stellen möchte. Als der
Reisende Bruce einem Muselmann das Bild eines Fisches zeigte, rief
dieser erstaunt aus: Wenn am Tage des Gerichtes dieser Fisch sich
gegen Dich erhebt, und Dich anklagt: Du hast mir einen Körper gege-
ben, aber keine lebende Seele, was wirst Du ihm antworten? Ein
solches todtes, klagendes Bild bleibt der 'naturwissenschaftliche Unter-
richt immer, so lauge er sich darauf beschränkt, die Wesen einzeln und
nur «nach naturhistoriscben Principien* zu betrachten, ein Bild, das
Formen und bunte Farben zeigt, des inneren Lebens aber entbehrt.
Damit aber die Wechselbeziehungen hervortreten, welche beleben, ist
8f4 MHkIm, Uandb. d. Erdkunde, ang. v. E. Snefs.
et nothwendig, diss ein geographischer Dnterridit vorhergeht, «dessen
Zweck und Ziel Dicht eine Messe des Wissens, die Kenntnis eines aus-
gebreiteten Details ist, sondern die Erde als Ganzes in ihren verschie-
denen BesiekuBgen -« als flimmebkörper, als Product und Schauplatz
physischer Kräfte und als Wohnsitz vernünftiger Wesen — zur An-
schauung zu bringen and eine klare Vorstellung von diesen YeihSlt-
Bissen und ihren Resultaten hervorzurufen' '').
Da von dem zweiten Bande erst ein Theil erschienen ist, be-
schränkt sich Ref. auf eine kurze Erwähnung desselben. Reich an De-
tail, in welches viel eeaes aufgenemmen ist**), mit einem guten über-
sichtlichen Gapitel aber die Alpen (das aber viel mehr geologische
Kenntnisse voraussetzt, als der vierte Abschnitt des ersten Bandes bietet),
und ohne jene grofsen Tabellen des ersten Bandes bitten diese ersten
Lieferungen alle Anerkennung verdient, wenn nicht in der Anordnung
des Stoffes eine Inconsequenz zu finden wäre, die strenge gerügt werden
muss. Der Hr. Verf. hat versucht als Grundlage für die Schilderung
der politischen Geographie unseres Welttheiles eine auf physi-
schen Erscheinungen beruhende Eintheilung anzunehmen. Sei es. Bei
der pyreniischen Halbinsel, mit der der Hr. Verf. beginnt, geht
das vortrefflich. Dann f<^t die Alpen-Halbinsd , zu deren Verständnis
der Hr. Verf. die Übersicht der gesammten Alpenkette und des Jura
voraussendet, dann die nähere Schilderung Italiens mit der Lombardei
und Venedig und die Schweiz, welche von den deutschen Alpenländern ab-
geschnitten wird, und dann kömmt Frankreich. Hier aber scheint dem Hrn.
Verf. plötzlich die politische Einheit des Gebietes so viel wichtiger als die
physische, dass er lieber ganz Algerien in seinen Band über Europa
aufnimmt, als dass er Frankreich zerrisse. Wenn man physische Grenzen
schon als die ersten betrachten vnM , lässt sich gar nichts dagegen ein-
wenden, dass das gesammte Italien cusammengefasst und Österreich zer-
theilt werde , aber nie darf man zugeben , dass in demselben Bande die
hundert Meilen des mittelländischen Meeres, welche Frankreich von
Algier trennen , als nur eine geringfügige physische Grenee betrachtet
werde. Wie hat der Hr. Verf., wie hat ein deutscher Geograph so
verfahren können?
Wien. Prof. Ed. S u e f s.
'*) Metger^ Der syst.-meth. Unterricht in der Geographie auf d.
gemischten Gymnasium. Jabresber. üb. d. Gymn. zu Emden«
1858. S. 4.
^*) In der Brüchrcibung der Alpenstrafsen (8. 147 ff.) findet man eine
höchst auffallende ^Ähnlichkeit mit einigen von Bädeker gegebenen
SchildcruDgeu ; wer sich die Mühe nimmt Bädeker's Reisehand-
buch für die Schweiz, die ital. Seen u. s, w. vom J. 18ö7 zu
vergleichen, dem \iird es leicht sein zu sehen, wie sehr viele
Ansditicke und Fragn>entc von Sätzen genau übereinstimmen , so
z. B. bei der frrnhaidstraiäe , klöd. 147, Bad. 216 ff., Simplun
KlOd. 148, bäd. 230 ff., Gollhard Klöd. 148, fiäd. itb ff. Warum
ist hier die Quelle nicht genannt?
ßerpkaui, allgemeiiM Erdkarte, ang. v. i. &eMUm§er» 9tS
Allgemeine Erdkarte in Mercatpr'^ Projection, nach dem
Stande der iiautiDcheu Aufnahmen im J. 1858» gezeichnet von Her-
mann Bergbaus. (Aequatorial - Mafsstab » i ; 557, Millionen.)
4 Blätter« kl. Fol. Gotha, J. PerUies, 18^9.-1% Tbl/. Aufgesogen
in Mappe 1% Thlr.
Der Name flerm. Bergbaus, dureh fleiCsige tmd gediegene karto-
graphisdie Leistungen bereits in weiten Kreisen bekannt, erweckt bei
dem Erscheinen neuer Arbeiten gespannte Erwartungen, <U« bisher noch
nicht getfiuscht worden sind. Auch diese vierblfilterige Karte ist ein
Beweifl, wie gewissenhaft und verstindig Hr. Herrn. Bergbaus die aus-
gedehntetsten MateriaKeii zu benutzen verstetit, um Im kleinstes Räume
das Erreicht^are zu leisten. Hauptzweck war, f&r <len nautischen
Unterrieht eine entsprechend genaue und ironstindige tSbersichtskarte
EU schaffen , und dieser Zweck ist im VerbfHnisse cum Raune auf die
genügendste ¥^eise erfüllt worden. Der Rand ist nach Bogen- und Zeit-
mafs getbeilt; die veKügbaren Riume unter dem südlichen Tierkreise
sind mit Kärtehen ut)er Windrichtung, magnetische Abweichung {¥. 1656)
und sehr h&bsch gestochenen Piauigiobe« mit den Meeresströmungen aus-
gefüllt 1 das Oradneti vollständig Ober die Oceane und Meere ausgezogen.
Das Land erscheint grau dureh feinste Punctierung und enthält, unge-
achtet es Webensache war, doch so viel Detail^ als zur Übersicht der
Staate« und Golonien, des hydrographischen Netzes u. s. I. erfordert
wird. Selbst ausgezeiehneie Bergspitzen vermissi men nicht, wenn bin-
länglicber Platz vorbanden war oder sie in des Meeres Nähe fallen. Es
ist ebenso wenig im Zweifel zu ziehen, dass eine geographieelie Anstalt,
wie die Oothaer, das nöthige umfangreiche MaAeriale besitze, als dass
Hr. Bergbaue dasselbe mit einer ihm eigenthfimliehen Borgfatt für CJmriss
und richtige Lage benutzte, einer Sorgfalt, die sich bis dabin erstreckt,
wo der ^absticfael der Mikroskope das Feld räumen muss. Schiffahrts-
eurae sind nicht gegebea, weil sie durch des beräbmten Capitains
Maury ftetnüfattogeo nicht unweseoUichen Neuerungen unterliegen durf-
ten, Sondenangaben scheinen nicht im Principe der Anordnung gelegen
gewesen zu sein, verstünden sich auch nur bei sonstiger Vertrau eos-
wünligkeit an einzelnen, durch besondere Tiefe ausgezeichneten Stellen.
Wenn noch ein Wunsch übrig bleibt, um der schönen Karte eine erhöhte
praktische Brauchbarkeit zuzuwenden, so ist es der, dass man Abdrücke
auf geleimtem Papiere erfaaJten k<)ente, um neue Entdeckungen von In-
seln u. dgl., Gorreeiuren berichtigter Steilen u. s. w. bei eintretender Ge-
legenheit selbst vornehmen zu können, wozu sich das dazu fpmlioh
voriiereiteie Netz so willkommen eignet.
Wien. A. Steinbauser.
376 J.^ Mepieri opera od. C MtcA, aiig. von C, r. UUrow.
Joannis Kepler! opera omnia edidit Chr. Frisch. Vol. I.
Francofurti et Erlangae, Hey der & Zimmer. Vol. 1. 1858.
Eine Ehre, deren sich manoher wenig bedeutende Schriftsteller in
Deutschland rühmt, war einem der gröfsten Namen unseres Vaterlandes
bisher nicht widerfahren : wir besafsen keine Gcsammtausgabe der Werke
Kepler's. Dnd doch gehört Kepler su den wenigen Auserwähllen , bei
ienen jedes Epithet überflüssig , die nicht dem Fachmanne allein, son-
dern jedem Gebildeten bekannte, ruhmgekrönte Gestalten sind. Rein
besonderer Gau kann ihn sein eigen nennen, die Orte seiner Geburt,
seiner Erziehung und selbständigen Thatigkeit machen ihn zum Deutschen
im allgemeinsten Sinne des Wortes. Er hat den deutschen Geist für
immer und alle Zonen yerherrlicht durch Tiefe der Gedanken und un-
verwüstlichen Humor, durch Autdauer sonder gleichen und ungebrochene
Phantasie, durch unerschütterliche Ehrenhaftigkeit und seltene Ortheib-
krafi. Und die Produote dieses Geistes existieren grofeentheils nur in
wenigen Exemplaren oder sind geradezu blofs handschriftlich Torhanden.
Sollen die widerlichen Erbärmlichkeiten, welche einen der edelsten
Menschen , die es je gab , sein ganzes Leben hindurch verfolgten , sich
noch an seinen unsterblichen Arbeiten fortsetzen, und uns Epigonen be-
schieden sein, die allenthalben zerstreuten Erzeugnisse seiner Hand nach
und nach dem Untergänge geweiht zu sehen, wie seine Zeitgenossen
einst umsonst die Stätte suchten, wo seine irdischen Cberreste ruhen?
In echt vaterländischer Weise hat Professor Frisch seit vielen
Jahren in aller Stille daran gearbeitet, diese Schmach von uns abzu-
wenden, und tritt nun mit einem völlig geordneten , aus den verschie-
densten Quellen mit bewundernswürdiger Aufopferung gesammelten Ma-
teriale für nicht weniger als acht ziemlich starke Bände vor die Ver-
ehrer Kepler's hin, deren Zahl Legion — sein sollte. Zwei bereits er-
schienene, den ersten Band bildende Hefte enthalten : Mysterium Cosmo-
graphicum, Apologia Tychonis, Calendaria, Opera Astrologica, mit wich-
tigen, hauptsächlich aus Kepler's Briefwechsel geschöpften Gommentaren,
und zeugen für die Umsicht und Sorgfalt, welche hier aufgewendet
wurden, um uns die Werke des unvergänglichen Todten in würdiger
Gestalt vorzuführen. Aber das treffliche Unternehmen stockt — aus Mangel
an Theilnahme. Schon einmal ') erhob ich meine Stimme im Vereine mit
meinen Gollegen: Argelander, Hansen, Encke, Gould, Peters,
Rümker, Struve d. ä. u. j.. Zech, leider nicht mit der gewünschten
Wirkung zu Gunsten dieser so höchst verdienstlichen Publication, die
nicht nur eine alte Schuld Deutschlands an einen seiner herrlichsten
Söhne bezahlen, sondern die heutige Welt in^den Stand setzen soll, an
der Quelle zu schöpfen, was ihr nachgerade unzählige Male unlauter
') Augsburger Allgemeine Zcituiig, 14. Juli 1857, Beilage.
y. Mepieri opera cd. C Frisek, ang. vou C v. liUraw S77
geboten wurde. Ich wähle heute zu diesem wiederholten Aufrufe ein
Organ *), das als Reliquie des deutschen Reiches doppelt berufen ist,
sich Sr. römisch kaiserlichen Mi^^^^ Mathematikers anzunehmen. Möge
die patriotische Begeisterung für einen anderen grofsen Deutschen, deren
Nachklange wir noch vernehmen, sich auch hier bewahren! Kepler litt
im Leben hauptsachlich unter der unglückseligsten aller Spaltungen un-
seres Vaterlandes; möge die Erinnerung an ihn versöhnt werden durch
die Einigkeit, mit der wir beitragen zur Errichtung ehies Denkmales,
das in unseren Tagen von der Presse dauernder und erfolgreicher ge-
gründet wird als dareh Meilsel und Marmor! Wenn nur einige Lander
noch dem von PreuCsen und Österreich gegebenen schönen Beispiele in
Unterstützung dieses Unternehmens beitreten, wenn insbesondere öffent-
liche Bibliotheken es nicht versehmähen , ein Werk zu erwerben, das
ieder derselben zur Zierde gereichen wird, so ist die Bereicherung nicht
bloCs der deutschen, sondern der gesammten Literatur um einen wahren
Schatz gesichert, dessen universeller Charakter in der glänzenden Libe-
ralität der russischen Regierung einen sprechenden Ausdruck gefun-
den hat.
Wien, 17. Dec 1850. K. v. Littrow.
') Die Anzeige ist ursprunglich in Nr. 9 der Leopoldina, der Zeit-
schrift der kais. Leopoldinisch-Garoliuischcn Akademie gedruckt»
Die Wichtigkeit des Gegenstandes an sich und seine specielle Be-
ziehung zu Österreich bestimmte die Red. zu dem Wunsche, die
Anzeige auch in dieser Zeitschrift zu veröffentlichen, wozu der
ilr. Vf. im Interesse der Sache seine Zustimmung gab.
Anm. der Red.
Dritte Abtheilung.
Verordnongen fAr die AisterreiehiseheD Gym-
nasien; Statistik.
Erlässe.
Erlass des Ministers für Cultus und Unterricht vom %Ö.
Jänner 1859 an sämmtliche Land erst eilen (mit Ausnahme
Venedigs),
womit die Verordnung der Studien-Horcommissiop TOip 25* August 1832,
beziehungsweise der ungarischen HofKanzlei vom 20. November 1832
Z. 10,731 und der siebenburgischen Uolkanzlei vom 12. September 1832
Z. 4149, in Betrefif der gleichförmigen Verfassung der Ausweise der von
öffentlichen Lehranstalten ausgeschlossenen Studierenden in Erinnerung
gebracht wird.
Es ist der Fall vorgekommen, dass ein Gymnasialschuler, über
welchen die Strafe der Ausschliefsung von sämmtlichen Lehranstalten
verhängt worden war, als öffentlicher Schuler an einem Gymnasium
wieder Aufnahme gefunden und die Maturitätsprüfung bestanden hat,
ungeachtet die erfolgte Ausschliefsung dem gedachten Gymnasium kund-
gegeben und seither in Geltung geblieben war. Man nimmt hieraus Anlass,
die in Kraft bestehende Verordnung der Studien- Hofcommission vom
25. August 1832. der ungarischen Hofkanzlei vom 20. iSovember 1832.
der siebenburgischen Hofkanzlei vom 12. September 1832 in Betreff der
gleichförmigen Verfassung der Ausweise der von öffentlichen Lehran>
stalten ausgeschlossenen Studierenden mit dem Beisatze in Erinnerung
zu bringen, dass es den Directionen öffentlicher Lehranstalten zur strengen
Pflicht gemacht werde, bei der Aufnahme insbesondere solcher Schuler,
deren Documente eine Unterbrechung des regelmäfsigen Studiencurses an
einer öffentlichen Lehranstalt erkennen lassen, oder welche angeben,
häuslichen Unterricht genossen zu haben , mit der gehörigen Vorsicht
vorzugehen und sich mit Hilfe des mit der cilierten Verordnung vorge-
schriebenen alphabetischen Verzeichnisses gegen jeden Unlerschleif zu
sichern.
Erlässe. S7f
Erlass des Ministers für Cultus und Unterricht vom 4.
Februar 1859 an eine Statthalterei,
womit Punet 7 des %, 73 des Gymnasial-Organisations-Cntwurfes, betref-
fend die Gewahrung des Aufsteigens in eine höhere Classe, erllutert wird.
Über die Anfrage, ob Punct 7 des 8. 73 des Organisations- Ent-
wurfes blofs von den OegeuHtänden des zweiten Semesters eines Schul-
jahres handle oder in einseinen Fällen auch auf die Gegenstände des
ersten Semesters bezogen werden müsse, wird eröffnet, dass die Ge-
währung oder Versagung des Aufsteigens in die höhere Classe von dem
Urtheile abhängig ist, welches im Laufe des ganzen Schuljahres
die Lehrer der Classe über den Schüler gewonnen haben (Organisations«
Entwurf §. 73, Punet 1).
Die Anwendung dieser Bestimmung wird aber mit Rücksicht auf
die selbständige Classification des ersten Semesters in folgender Weise
durchzuführen sein.
Bei allen jenen Gegenständen des Gymnasialunterrichtes, bei wel-
chen der im zweiten Semester behandelte Unterrichtsstoff nur eine Fort-
führung des im ersten Semester begonnenen in der Art bildet, dass bei
einem günstigen Erfolge im zweiten Semester auf eine nachträglich er-
folgte Ergänzung in der Aneignung des Unterrichtsstoffes des ersten Se-
mesters geschlossen werden muss, bildet eine im ersten Semester wahr-
genommene ungenügende Leistung in einem solchen Gegenstande kein
Hindernis der Versetzbarkeit des Schülers.
Betrifft aber die ungenügende^ Leistung im ersten Semester einen
solchen Gegenstand, der ein für sieh abgesolilossenes Ganzes bildet (wie
dies s, B. bei der Mineralogie in der 3. und 5. Classe der Fall ist), so.
dass der an seine Stelle tretende Lehrstoff des zweiten Semesters ein
planmäfsiges Zurückgreifen auf den ersteren als Grundlage nicht zulässt.
und daher genügende Leistungen in demselben keine Beruhigung über,
die nachträgliche Ergänzung des im ersten Semester Versäumten ge-
währen können, so wird nach Analogie des g. 73 Pnnct 7 gestattet, mit
dem Schüler eine Wiederholungsprüfung in diesem Gegenstande in den
ersten sechs Wochen des zweiten Semesters abzuhalten und erst darnach
das Semestralzeugnis auszufertigen« Im Falle eines ungünstigen Prüfungs-
ergobnisses wird es von dem Ermessen der Lehrer derselben Classe mit
Zustimmung des Directors abhängen, ob eine zweite Wiederholung dieser
Prüfung zur Zeit der Versetzprüfungen zu gestatten sei; die Gewährung
derselben wird jedoch immer dadurch bedingt sein, dass der betreffende
Schüler den Forderungen des Lehrzieles in den übrigen Gegenständen in
befriedigendem Mafse Genüge gethan und über seine Reife zum Auf-
steigen in die höhere Classe kein Zweifel obwaltet.
Erlass des Ministers für Cultus und Unterricht vom 5.
Februar 1869 an sämmtliche Länderstellen (mit Ausnahme
Venedigs),
womit in Absicht auf die Allerhöchst angeordnete Beschränkung im
Staatsau fwande einige Weisungen für die aus dotierten Fonden oder aus
dem Ärar erhaltenen Gymnasien gegeben werden.
In Absicht auf die Allerhöchst angeordnete Beschränkung im ^ats-
aufwände, ßndc ich die k. k auf folgende Umstände, in wie
fcrnsie die aus dotierten Fonden od c r aus d em Ärar
erhaltenen Gymnasien berühren, aufmerksam zu machen*
880 Erlässe.
Es wird häufig die Wahrnehmung gemacht , dass bei der Druck-
legung der Gymnasialprogramme, namentlich was den Umfang und die
typische Ausstattung des Programmes und die Anzahl der Exemplare an-
belangt, die Rucksicht auf das Mafs des strengen Erfordernisses auber
Acht gelassen und in den bezeichneten Beziehungen Kosten aufgewendet
werden, von denen ebenso der innere Wcrth des Programmes unabhängig
ist, als sie sich durch den Zweck dieser periodischen Druckschrift nicht
rechtfertigen lassen. Auch kann nicht unbemerkt bleiben, dass, da es
den Gymnasien nicht zur unerlässlichen Pflicht gemacht ist, jährlich ein
Programm zu YeröflTentlichen, die Herausgabe eines solchen nur in jenen
Fällen gewünscht oder erwartet werden muss, wo dadurch wissenschaft-
lichen Zwecken in beachtenswerthem Malse gedient und dem ergangenen
Auftrage rucksichtlich des Programmen-Austausches mit den preufsischcn
Gymnasien entsprochen werden soll. Es wird daher bei aller Anerken-
nung, welche die Veröffentlichung von Programmen verdient, und zwar
um der wissenschaftlichen und literarischen Anregung, die darin für die
Lehrer liegt und um der erfreulichen, wissenschaftlichen Ausbeute willen,
welche diese periodischen Druckschriften bisher zu Tage förderten, durch
Einhaltung der oben bezeichneten RGcksichteu sich immerbin einige
Beschränkung der Rosten und des «Erfordernisses für theoretischen und
praktischen Unterricht* herbeifahren lassen, ohne dass dem Zwecke im
Wesen nahe getreten wurde.
Eine besondere Beachtung verdient ferner der Umstand, dass für
den Unterricht in den unobligaten Gegenständen, in Betreff dessen kei-
nerlei, daher auch nicht eine relative Verpflichtung der Gymnasialschuler
. besteht, regelmäfsig Remunerationen aus den Mitteln der dotierten Foude
in Anspruch genommen werden. Rucksichtlich dieses Unterrichtes muss
an dem aufgestellten Grundsatze festgehalten werden, dass die Remune-
rierung aus dem Honorar, das die an einem solchen Unterrichte theil-
nehmenden Schuler zu entrichten haben, bestritten werde. Ausnahmen
hievon, beziehungsweise die Bewilligung von Zuschuss- Remunerationen,
sind nur bei überwiegenden Gründen der Billigkeit und der allgemeinen
Bildungsinteressen, daher nur in höchst seltenen Fällen zulässig. Nament-
lich kann der häufig angegebene Umstand , dass die*» geringe Frequenz
bei einem solchen Unterrichte ein ausreichendes Honorar nicht gewinnen
liefs, in keinem Falle den Anspruch auf Bewilligung einer Zuschuss-
Remuneration begründen, indem der betreffende Lehrer nicht daran ge-
bindert ist, einen Unterricht aufzugeben oder nicht zu übernehmen, der
ihm die angemessene Entlohnung nicht bietet.
Für die Beachtung der yoranstchcnden Weisungen hat die k. k
selbst Sorge zu tragen und durch die Directoren der betreffenden Lehr-
anstalten Sorge tragen zu lassen.
Erlass des Ministers für Cultus und Unterricht vom 13.
December 1859 an eine Landesstclle,
womit bedeutet wird, dass der Unterricht in Nebenfächern an katholischen
Mittelschulen grundsätzlich nur katholischen Lehrern anzuvertrauen ist
Der Unterricht in Nebenfächern an katholischen Mittelschulen ist
grundsätzlich nur katholischen Lehrern anzuvertrauen, und wird jede
dauernde Verwendung eines der Kirche nicht angchörigcu Lehrers als
dem Artikel Vll des Goncordatcs widersprechend anzusehen und zu ver-
meiden sein, zumal es auch nicht gerechtfertigt wäre, aus dem katho-
lischen Studienfonde nicht katholische Lehrer zu honorieren. Ausnahmen
von diesem Grundsatze werden jedoch nicht unbedingt ausgeschlossen
Erlässe. 381
sein, w^n es sich lediglich darum handelt, einen NobenuntcrrichC, wcU
eher nur gegen Honorar der Schüler ertheilt wird, und für welchen eben
ein befähigter katholischer Lehrer nicht vorhanden ist, zeitweilig von
einem nicht katholischen ertheilen zu lassen.« vorausgesetzt, dass dabei
ein störender Einflufs auf die religiöse Oberzeugung der Schüler, wozu
jeder ühterricht misbraucht werden kann , in keiner Weise zu be-
sorgen ist
Erlass des Ministers für Cultus und Unterricht vom 13.
Jänner 1860 Z. 20.081) an eine Landesstelle.
Ober die gestellte Anfrage, nach welchen Grundsätzen das Recht
auf Vorrückung in die höhere Gehaltsstufe bei solchen Gymnasiallehrern
zu beurtheilen sei, deren auf Grundlage der h. o. Verordnung vom
16. September 1855 ausgestellte Anstellungsdecrete den gleichen Tag der
Ausfertigung aufweisen, wird der k. k. —folgendes eröffnet: Nachdem über
die gedachte Vorrückung ausschliefslich nach dem Momente der ver-
gleichsweise längeren Dauer der anrechnungsfähigen Dienstzeit, welche
die Lehrer im Gymnasial-Lehramte (selbstverständlich in ununtcrbro-»
chener Reihe) zugebracht haben, zu entscheiden ist, so entspricht es
diesem Grundsalze, dass in den, ohnehin selten vorkommenden Fällen,
in welchen sich vermöge des Zeitpunctes der Ausfertigung der AnsteN
lungsdecrete eine Gleichheit der Ansprüche bei zwei oder mehreren
Lehrern herausstellt, in welchen Fällen die Entscheidung nur aus Billig-
keltsrücksichteu gefällt werden kann, der Anhaltspunct zur Unterschei-
dung der Ansprüche in der vergleichsweise längeren Dienstzeit, voraus-
gesetzt^ dass dieselbe eine befriedigende war, gefunden werde, welche
vor ihrer Anstellung die Betreffenden in der Eigenschaft als Supplenten
oder provisorische Lehrer bei einem Lehramte zugebracht haben, wor-
über jedesmal die h. o. Entscheidung einzuholen ist Die Reihenfolge,
in welcher die Lehrer bei dem Anlasse ihrer gleichzeitigen Ernennung
in einem Ministerial-Erlasse erscheinen, kann nicht mafsgebend sein, weil
die Reihung nicht in der Voraussicht solcher Folgen geschehen ist,
sondern auf ganz zufälligen Umständen beruht
Erlass des Ministers für Cultus und Unterricht vom 8.
März 1860 an eine Landessteile.
Die. Sprachenfrage ist durch das Allerhöchste Handschreiben vom
9 December 1854 und die in Folge desselben erlassene Ministerini-Ver-
ordnung vom 16. December 1854 (U. G. Bl. 1854 Nr. 315) für die Gym-
nasien so gelöst worden, wie es aus didaktischen Gründen im Interesse
der studierenden Jugend zweckmäfsig schien. Es handelt sich darum,
den Zweck zu erreichen, dass die Schüler bei ihrem Austritte aus dem
Gymnasium sowohl der deutschen Sprache, deren Kenntnis der prakti-
schen Bedürlnissc des Verkebrslebens wegen, wie als Mittel zur weiteren
wisseusctiaftlicben Bildung nicht ohne grofsen Nachlheil entbehrt werden
kann, als auch ihrer Muttersprache, wo diese eine andere als die deutsche
ist, im vollen Mafsc mächtig seien. Unzweifelhaft und durch Erfahrung
bestätigt ist es aber, dass die gründliche Kenntnis einer lebenden Sprache
und Gewandtheit im Gebrauche derselben nicht dadurch allein erlangt
werden kann, dass sie durch einige Jahre Lehrgegenstand sei, souderu
dass dazu auch eine ausgiebige Übung im Gebrauche derselben uner-
lässlich ist.
88f Erlässe.
Wo QUO das Leben und der Verkehr aufser der Schule nicht so
geartet sind, um lu solchen Übungen in der deutschen Sprache ausrei*
chende Gelegenheit und Anregung eu bieten, muss um so mehr Gewicht
darauf gelegt werden, dass die Gymnasialschüler, sobald sie diese Sprache
verstehen gelernt haben, angeleitel werden, sich derselben auch im
Denken und Sprechen über Gegenstände ihres allmählich sich erweiternden
Ideenkreises zu bedienen. Hierin liegt der Grund, weshalb angeordnet
worden ist, dass der Unterricht im Untergymnasium theilweise und im
Obergymnasium Yorherrschend in der deutschen Sprache ertheilt werden
soll. Dadurch wird auch die Ausbildung in der Muttersprache, welche
unausgesetzt Lebrgegenstand und in einem oder dem andern, oder wie
es an dortländlgen Gymnasien der Fall ist, auch in mehr als einem Ge-
genstande Unterrichtssprache bleibt^ und auch durch den Verkelir aufser
der Schule machtig gestützt und gefördert wird» keineswegs beeinträch-
tiget; vielmehr steht zu erwarten, dass in dem Mafse, als durch diese
Einrichtung aus den Gymnasien junge Männer hervorgehen, welche eine
vielseitige Bildung erlangt haben, und denen zur weiteren Entwickelung
derselben auch der reiche Schatz der deutschen Literatur vollkommen
zugänglich geworden ist, die Pflege ihrer heimischen Sprache und Lite-
ratur gewinnen werde, indem deren Aufschwung unter allen Verhältnissen
von der Zahl von Männern abhängig sein wird, die mit einer gründ-
lichen Kenntnis ihrer Muttersprache einen hervorragenden Grad mehrsei-
tiger, allgemeiner Bildung verbinden.
In der in Folge Allerhöchster Entschliefsung vom HO* Juli v. J.
erlassenen Ministerial-Verordnung vom 8. August v. J, (R. G. B. tVr. 150)
ist das in Beziehung auf die deutsche und anderen Landessprachen an
den Gymnasien bereits durch das Allerhöchste Handschreiben vom 9. De-
cember 1854 vorgezeichnete Ziel aufrecht erhalten worden. Die kaiser-
liehe Regierung hat lediglich erklärt, dass sie denjenigen, welche aus
eigenen Mitteln Gymnasien erhalten und die Lehrer derselben anzustellen
berechtigt sind, die Mittel, dieses Ziel zu erreichen, nicht unbedingt vor-
schreiben wolle, vielmehr deren Wahl ihrem Ermessen und ihrer Ver-
imtwortung anheimstelle. Ob aber jenes Ziel auf einem anderen Wege
für die Mehrzahl der Schüler mit Sicherheit erreichbar sei, ist zum min-
desten bisher durch die Erfahrung nicht bewiesen. Je gföfser die Ver-
antwortung ist, die Schüler durch acht Jahre einen Weg zu führen, der
die Gefahr enthält, dass sie nach Ablauf dieses Zeitraumes nicht im
Stande sein werden, den gesetzlichen Anforderungen"^ der Maturitäts-Prü-
tuüg zu entsprechen, desto weniger darf eich das Unterrichts-Ministerium
erlauben, in Beziehung auf diejenigen Anstalten, für deren Erfolg ihm die
Verantwortung obliegt, einen solchen Weg einzuschlagen.
Je entschiedener übrigens an den Gymnasien des Verwaltungsge-
bietes die Bestimmungen der Ministerial-Verordnung vom 16. Decem-
ber 1854 bezüglich der deutschen Unterrichtssprache aufrecht zu halten
sind , um so gewissenhafter muss auch darüber gewacht werden , dass
anderseits gleichzeitig der Landessprache thatsächlich diejenige Stellung
eingeräumt werde ^ welche ihr nach eben jener Verordnung gewährt
werden kann.
Personal- und Schubiottzen. 88S
Personal« und Schulootizeiu
(Ernennungen, Beförderungen, Versetiungen, Aus-
xeiohnungen s. 8. w.) — Se. k. k Apost. MajesUit haben mit Aller-
bdehsler Enuebliefsung von 2t. April I. J. dem Sectionsrathe im Mini-
sterium f8r Gultus und Dnterriohl, Dr. Johann Bapt von Pontana»
taxfrei den Titel und Charakter eines Ministerialrathea Atlergnfidigst in
verleihen geruht.
— - Se. k. k. Apost Majestfit haben mit Allerhöehster EntschKefsung
vom %%. April I. J. die im Ministerium für Gultus und Onterricht er-
ledigten Ministeriai-Secretfirsteilen den M i nist er iaiconci pikten in diesem
Ministerium, Dr. Johann Klufs, Philipp Obernhuber und Vineens
von Ebrhardt Allergnadigst lu verleihen geruht.
— Der PrSfect an der k. k. Tberesianischen Akademie, Rr. Joseph
Steiner, sum wirklichen Lehrer am k. k. Gymnasium lu OOrs.
— Der provisorisctie Direetor des Gymnasiums zu Kaschau,
Hr. Dr. Anton S c h m i d , mm wirkliehen Direetor dieser Lehranstalt.
— Der geprüfte Gymnasial-Lehramtscandidat und derzeit Supplenl
für deutsche Sprache am k. k. Slaatsgymnasium zu Verona, Hr. Job.
Michael Singer, zum wirklichen Gymnasiallehrer.
— Der wirkliebe Lehrer an der Oberrealschule zu Riagenfurt, Hr.
Jos. Setlik, in gleicher Eigenschaft an die Oberrealsehule in Brunn,
und der Supplent an der ünterrealscbule zu Laibaeh, Hr. Ferdinand
Kosmazh, zum wirklichen Lehrer an der Oberrealschule in Kla-
genfurt.
— Der Lehrer an der Brunner Oberrealschule, Hr. Rudolf Sehne*
dar, zum wirklichen Direetor der Unterrealscbule in Laibach.
— Der Lehramtscandidat Hr. Franz Breisach zum wirkliehen
Lehrer an der k. k. Unterrealscbule in Zara.
— Der Lehramtscandidat und Supplent, Hr: Dr. Moriz Say, zum
wirklichen Lehrer an der k. k. Oberrealsehule zu Ofen.
— Zu wirklichen Lehrern an der Dnterrealscbule zu Raab der
dortige provisortMche Lehrer, Hr. Ferdinand Klupäk und der Neben-
lebrer an der unterrealscbule bei St. Johann in Wien, Hr. Ludwig
Stup pacher.
^ Der Lehrer an der Normal-Hauptschule in Linz, Hr. Florian
Sattlegger, zum Direetor dieser Schul- und der Lehrerbildiingsanstelt.
— Der HaupUcbullehrer zu Naszod, Hr. Basil Petry, zum
P raparandeniehrer an der dortigen Lehrerbildungsanstatt.
— Die Lehrkanzel der Mineralogie, Geognosie und Palaeonlologie
zammt Zoologie und Botanik am k. k. polytechnischen Institute in
Wien ist dem Hrn. Dr. Ferdinand Hoehstetter Allergn£digst verliehen
worden.
— Dbt Primararzt an der Irrenanstalt su Oratz, Hr. Dr. Donat
August Lang, in seiner Anstellung daselbst, zum a. o. Professor der
gerichtlichen Medicin an der rechts- und staatawissenscbafllicben Fa-
eultat der Universitil zu Gratz.
— Der Privatdocent an der Prager Universität, Hr. Dr. August
Geye r, zum ordentlichen Professor des Strafrechtes und der Rechts-
philosophie an der Universität zu Innsbruck.
— Der Doctor der Medicin und Professor an der chirurgisehen
Lehranstalt zu K lausen bürg, Hr. Joseph v. Szab6, zum Direotor
dieser Anstalt.
394 Personal- rnitl Schulnotiien.
— Der Domioonant in Borsan, vordem Assistent der Lehrkanzel
der Anatomie in Peslh, Hr. Dr. Franz Czifra, zum Professor der de-
scriptiyen und der damit verbundenen topographischen Anatomie an der
chirurgischen Lehranstalt zu Klausenburg.
— Der AcUunct der Gratser Universitätsbibliothek» Hr. Dr. Anton
Foreggs mm Scriptor an der Bibliothek des k. k. polytechnischen In-
stitutes zu Wien und der Privatdocent für deutsche Sprachwissen-
schaft und Literatur an der Wiener Universit&t , Hr. Dr. Franz Stark,
Eum Scriptor an der 6 ratz er Dniversitatsbibliothek.
— Se. k. k. Apost Miyostat haben mit Allerhöchster Entschlicrsung
vom 31. März 1. J. den Wiener Uni versitats- Professor, Dr. Job. Peith-
ner Ritter von Lichtenfels» über dessen Ansuchen in den bleibenden
Ruhestand zU' versetzen und ihm bei diesem Anlasse in Anerkennung
seiner vieljährigen und erfolgreichen lehramllichen und literarischen
Thatigkeit den Titel eines k. k. Regierungsrathes taxfrei Allergnädigst
zu verleihen geruht.
— Dem Lehrer am k. k. Gymnasium zu Laibach, Hrn. Johann
Pogorelz« ist, bei dem Anlasse seiner Versetzung in den bleibenden
Ruhestand, in Anerkennung seiner vieQührigen eifrigen und erfolgreichen
Wirksamkeit im Gymnasiallehramte, das goldene Verdienstkreuz Aller-
gnSdigst verlieben worden.
— Dem PrSmonstratenser Ordenspriester und Director des katho-
lischen Gymnasiums zu Eperies, Sr. Hochw. Hm. Anton Szidor,
ist in Anerkennung seines vieljäbrigen und verdienstlichen Wirkens auf
dem Gebiete des Onterrichtswesens , das goldene Verdienstkreuz mit der
Krone Alleigoidigst verliehen worden.
— Sr. Hochwürden dem Primonstratenser Ordenspriester und Di-
rector des Joseph-Polytechnikums in Ofen« Hrn. Dr. Lambert Mayer,
ist, in Anerkennung seines verdienstvollen Wirkens im unterrichte, das
Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens Allergnädigst verliehen worden.
— Dem Ministerialsecretär im Ministerium für Cultus und Unter-
richt, Hm. Dr. Gustav Heider, ist, in Anerkennung seiner wissen-
schafilichen Leistungen auf dem Gebiete der Kunstarobsoologie, das RiUtsr-
kreuz des Franz Joseph-Ordens Allergnädigst verUehen, und dem Uiii-
versiläts-Professor , Hrn. Rudolf v. Eilelberger, für seine Mitwir-
kung bei Herausgabe des Werkes: «Mittelalterliche Kunstdenkmale des
Oesterreichischen Kaiserstaates* das Allerhöchste Wohlgefallen Allergnä-
digst zu erkennen gegeben worden.
— Dem k. k. Uuiversitäts-Professor , Hrn. Job. Erasmus Wocel
zu Prag, ist Allergnädigst gestattet worden, das Ritterkreuz des königl.
dänischen Danebrog-Ordens annehmen und tragen zu dürfen.
— Dem Professor und cmerit Uni versiiäts-Rector zu Innsbruck,
Hrn. Dr. Julius Ficker, ist das goldene Verdienstkreuz mit der Krone
Allergnädigst verlieben worden.
— Der Professor der Theologie an der theologischen Lehranstalt zu
Szathmär, Se. Hochw. Hm. Joseph Günther, ist zum Ehrendomherrn
au dem Kathedralcapitel zu Szathmtfr Allergnädigst ernannt worden.
— Dem Diener an der technischen Akademie in Lemberg,
Franz Neu mann, wurde in Anerkennung seiner mehr als fünfzigjäh-
rigen treuen und redlichen Dienstleistung das silberne Verdienstkreuz
Allergnädigst verliehen.
— Der am 26. März 1. J. zu Kronstadt verstorbene Raufmann Hr.
Johann Juga tostamentierte, unter anderen wohlthätigcn Legaten, auch
ein Capital vou 12.600 fl. zu Gebalteu für die Prorcssorcn an dem
romanischen Untergymnasium und ein Capital von 6300 fl. Silber, dessen
Porsoiial- und Schiilnotizcn. " 365
Interessen zu dem Gehalte eines Professors ebenfalls .in dem Kronstudter
romfinischcn Cntergymnasium j&hrlich zu verwenden sind.
— Der Jablonowski'schü Preis (ur eine bestimmte historische Auf-
gabe wurde Hrn. Karl Werner, Gymnasiallehrer in Iglau, zuerkannt.
— Se. Hochwurden Hr. Franz Parkas, Grofspropst zu Stuhl-
weifsenburg, hat der dortigen Realschule zur Anschaffung physicalischer
Instrumente und anderweitiger Lehrmittel die Summe von 1000 fl.
geschenkt.
(Concurse, Erledigungen, Sti ftu ngsplätze, Stipen-
dien u. s. w.) — An der k. k. Oberrealschule zu Troppau eine
Lebrerstelle für die deutsche Sprache und Literatur als Hauptfach (in
besonderer Rücksichtnahme auf Kenntnis der böhmischen oder polnischen
Sprache), mit dem jährl. Gehalte von 620 fl., eventuel 840 fl. ö. W.
Termin: Ende Mai 1. J. , bei der k. k. Landesregierung in Troppau.
(S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 17. März 1. J., Nr. 68 )
— Am steierro. stand. Joanneum zu Gratz die Lehrkanzel der
darstellenden Geometrie und des vorbereitenden Zeichnungsunterrichtes,
mit dem jahrl. Gehalte von 1%60 fl. und dem Rechte der Decennal-Vor-
rückung in 1470 und 1680 fl. ö. W. Goncurs: am k. k. polytechnischen
Institute in Wien, am k. k. Josephs-Polytechnicum zu Ofen, am stand.
Polytechnicum zu Prag, so wie an den k. k. technischen Lehranstalten
zu Brunn und Lemberg am 14. und 16., Probevortrag am 16. Juni 1. J..
bei den bezuglichen Studien-Directionen oder an den st. st. Ausschuss
zu Gratz. (S. Amtsbl. c. Wr. Ztg. v. 20. März 1. J., Nr. 70.)
— An der neu errichteten k. k. selbständigen Dnterrealschule zu
Tarnopol 2 Lehrerstellen (eine für deutsche und polnische Sprache,
Geographie und Geschichte, dann Naturgeschichte, die andere für Frei-
handzeichnen, Mathematik [Arithmetik und Geometrie] und Physik), je
mit dem jährL Gehalte von 630 fl. ö. W. und dem Vorrückungsrechte
in 840 und 1050 fl. ö. W. Termin: Ende Mai 1. J., bei der k. k.
galizischen Statthalterei. (8. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 21. März I. J.,
Nr. 71.)
-— An der Sciassigen Communal- Dnterrealschule zu Ung. Hradisch
die Lehrerstelle für Freihandzeichnen und Kalligraphie, mit einem jährl.
Gehalte von 626 fl. ö. W. Termin : Ende April 1. J. , bei dem Ge-
meinderatbe der Stadt Hradisch. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 24. März
I. J., Z. 74.>
— Am k. k. Gymnasium zu Pisek die Gymnasial-Directors-
Stelle mit dem Gehalte von 840 fl* und einer Directionszulage jährl.
316 fl. ö. W. Termin: Binnen 6 Wochen, bei der böhmischen k. k.
SUtthalterei. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 24 März 1. J., Nr. 74.)
— Am k. k. Gymnasium zu Troppau 2 Lehrerstellen für das
Lateinische und Griechische, mit dem Jahresgehalte von je 840 fl.,
eventuel 046 fl. ö. W. Termin: Ende Mai I. J., bei der k. k. schles.
Landesregierung. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 30. März I. J., Nr. 70.)
— Am vollständigen Gymnasium zu Krakau 3 Lehrerstellen,
nämlich 2 für Lateinisch und Griechisch, 1 für Naturgeschichte, Mathe-
matik und Physik, mit dem Jahresgehalte von 946 fl., eventuel 1050 fl.
ö. W. Termin: Ende April I. J., bei der k. k. Landesregierung Krakau.
(S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 1. April I. J., Nr. 81.)
— Am Ofener k. k. Staatsgymnasium mit deutscher Unterrichts-
sprache eine Lehrerstelle für altclassische Philologie, mit dem Jahres-
gehalte von 945 fl., eventuel 1050 fl. ö. W. und dem Ansprüche auf
die normalmäfeigen Deccniialzulagen. Termin: Ende Mai I. J., bei der
k. k. Statthalterei-Ablheilung Ofen. (S. AmtsbL z. Wr. Ztg. v. 6. April
1. J-, Nr. 84.)
Z«iliehrift f. a. Hsterr. Gymnas. IMG. IV. n. V. H«ft. 27
3iC Persoiul- und Schutnotiion.
— Au der Saltburcer thrologi$chen FacuUal ilie LehrkaiiZi'I
ijkr PjLSlonUThfokMrie mit dem Jahresgehalle too 840 fl. ö. W. Am
tl. ued tt. Jomi t J. Coocorsprüfuii^ an deo theologischen Facultäien
n Wiem. fnc. GraU und SaUburg. i$. Amt$bl. z. W'r. Ztg. v. 5. April
L 1. Nr 54 V
— A= drf k. k. Ob^rr«alseliide tu Raschau % Lehrerstclleo,
Mhi zwar I. für flnr^ik in der Oberrealscfaule als Uauptfach und t. für
deutsche Sprache als Hauptfach und slawische Sprache oder Geographie
ab Nebenfach, jede mit dem jahri. Gehalte von 630 fl., resp. S4d fl.
6. W. nnd dem Ansprüche aaf Decennalxulagen von je 210 fl. ö. W.
Termin: Ende Juni l. J. (S. AmtsbL i. Wr. Ztg. v. 13. April 1. J., Nr. 9«.)
— An der mit der k. k. Muster-Hauptsci.le verbundenen Cntcr-
redsdinle zu Gratz die Stelle eines Adjuoeten mit dem jäbrl. Gekalte
TOn 400 fl. 6. W. Termin: 15. Mai 1. J., bei dem fürsterzbiscböft.
Seckauer Ordinariat in Gratz. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 19. April
l. J., Nr. 95.)
— Ober ein erledigtes medicinisches Stipendium aus der Stiftun«
des M. Dr. Peter Krausneker, s. Amtsbl. s. Wr. Ztg. v. 1$. Min
l. J., Nr. ß7.
— Über mehrere erledigte Con viets-Hand-Sti pendien , als m) zwei
Georg V. Harrucker*sche, d) ein Helena ApoUonia Kel Iner'scbe^
c) ein Tenninger'sches, s. Amtsbl. z. W>. Ztg. ▼. 7. März 1. J., Nr. C8.
— Über ein erledigtes pa^dagogisches Stipendium an der llaupt>
und Cnterrealscbule zu Wr. Neustadt, s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. t. t3.
März l. J., Nr. 73.
— Ijber einen an der k. k. T h e r e s 1 a n i s e h e n Akademie io
Wien erledigten v. Sc helle nburg'sehen Stiftungsplatz, s. Amtsbl s.
Wr. Ztg. V. 23. März 1. J., Nr. 7.3.
— Über 2 bei der Freiherr v. Rothsch i Id 'sehen Stiftung für
Pohtecbniker erledigte Stipendien, s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 27. März
l. J., Nr. 76.
— Über ein erledigtes Stipendium für höhere Mathematik,
s. AmUbl. z. Wr. Ztg. v. 8. April 1. J., Nr. 87.
— Ober die Erledigung eines Freib. v. K ie Imannsegge'schen
und eines Löwe nuurg sehen Stiftungsplatzes im gräfl. Löwenburg-
sehen Convicie in Wien, s. Amlsbl. z. Wr. Ztg. v. 14. AprilL J.. Nr.9l.
— Ober mehrere erledigte StiAungsplälze in der k. k. Therc-
si an i sehen Akademie, nämlieh 1 Battaszeker, 1 Ferdinan-
(lei 'sehen und 1 V irgil ia nischen, s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 21.
April I. J., Nr. 97.
— Ober einen in der k. k, Th er esianiscb en Akademie er-
ledigten n. öst. stand. Stiftplatz , s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. vom 26. April
i. J.j Nr. 101.
— Über ein erledigtes auf der vormaligen Herrschaft Poltcnbrunn
in Niciler- Österreich haftendes gräfl. Pergen'sches Sliftungsstipen-
diiim für den Sohn eines armen Mainzers, der in den kais. österr.
Erblinden sich niedergelassen bat, s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 27. April
1. J., Nr. 102.
(Todesfälle.) — Aiii 2. März 1. J. der hochw, Abt des Csor-
naer Prämonstratenserklosters, rir. Emerich Szenczy, eines der älte-
sten Mitglieder der ungarischen Akademie, als Übersetzer altclassisohci:
Werke in's Ungarische («Jul. Cäsar,» »Agrieola von Tacitus,* «Quiu-
etilians In^tiliones* u. a.), *o wie als Verfasser theologischer Schriften,
bekannt, im 62. Lebensjahre.
PersPtmal- und Schalnotizen. 887
^ Am 2.- März ). /. zu PaTia Hr. Dr. Anton Bordoni (geb. am
SO. Juli 1789), Comthur des öst. Pranz>Joseph-, und Ritter der eisernen
Kron-Ordens 3. d., Ehren-Di rector der mathematischrn FacuHSt und em.
Professor der Gcodaesfe und Hydrometrie an der dortigen Universiläty
Mitglied der kais. Akademie der Wissenschaften, als Mathemaliker
berühmt
— Am f4. März I. J. zu Wien Hr. Karl Ritter y. Ghega (geb.
tu Venedig im i. 1800), k. k. Ministerialrath, Director der Central-
direction für ^taafseisenbahnbauten, Ritter des Ordens der eisernen Kron^
3. Cl., des k. k. Leopold-Ordens, Comthur des k. k. Franz Joseph-Ordeni
u. m. fremder Orden u. s. w., als praktischer Ingenieur^ Erfinder geo-
daetischer Instrumente, insbesondere aber durch Anregung und Ausfiili-
mng der weltberühmten Ersertbahn über den Semmering, in den wei-
testen Kreisen bekannt.
— Am 15. März 1. J. zu Genf Hr. Dr. d'Espinft^ durch seine
Arbeiten auch in Deutschland bekannt.
— Am f7. März 1. J. in England die Schriftstellerin Mrs. Jame-
son, Tochter dos Miniafur-Porträt-Malers Murphy, als Jugendlehrerin
und Schriftstellerin auf dem Oebiete der Biographie und Touristik («Tito
dUirp of an Enrntp^e,* ^Laves af the PoetM^^ ^Ute of femaU Sote-
reigm,^ mCharacteristia of Women^) und durch Obersetzungen aui
dem Deutschen bekannt, ungefähr 66 Jahre alt.
— In der Nacht vom %%. auf den 23. März 1. ^. zu Munster Hr.
Prof. Dr. Franz Molilor (geb. am 8. Juli 1778), als Forscher und
Schriftsteller auf dem Gebiete der katholischen Philosophie rühmlich
bekannt
— Im März 1. J. zn St Petersburg Hr. Hofrath Baron Jegor Fe-
dorowitsch Rosen, als Schriftsteller bekannt
— Im März l. J. zu Paris der hochw. Hr. Abb^ Huc, als Mis-
sionär und Schriftsteller {^V Empire ehinofs* u. m. a.) fast zu euro-
päischem Rufe gelangt, im kräftigsten Mannesalter.
— Im März 1. J. in England der Oberst Hr. William Mure (geb.
in Schottland, zwischen 1790—1800), als Hellenist (^ffistorp of the
Lilerature of Aneient Greece,* bisher 5 Bde.) bekannt
— Am 2. April 1. J. zu Göttingen Hr. Dr. Beckmann, a. o.
Professor der pathologischen Anatomie an der dortigen Universität , im
29. Lebensjahre.
— Am 5. April 1. J. zu Lauban der geh. Regierungsrath Hr. Dr.
Georg Heiniich Bernstein, ordentl. Professor an der philosophischen
Faoultät der Breslauer Universität, im 71. Lebensjahre.
— Ana 7. April 1. J. zu Wien Hr. Dr. Alois Capellmann,
Director des k. k. akademischen Gymnasiums allhier, im 64. Lebensjahre.
Ober dessen Leben sind der Red. von schätzbarer Seite folgende Notizen
zugegangen :
l^. Job. Alois Capellmann ist am 20. October 1806 zu Barden-
berg, e<inem Dorfe in der Nähe Aachens geboren. Da sich seine Neigung
zu wissenschaftlicher Beschäftigung frühe zeigte, so wurde C. im Jahre
1820 auf das Aachener Gymnasium geschickt, das er aber nach andert-
halbjährigem Besuche verliefs, seinem alteren Bruder, der die Universität
Bonn bezogen hafte, folgend, um die Gymnasialstudien in Bonn fortzu<*
setzen. Nachdem er hier durch alle Glassen hindurch unter seinen Mit-
schülern den ersten Platz behauptet und die Maturitätsprüfung mit rühm-
lichem Erfolge bestanden hatte, bezog er die Universität um Philologie
zu studieren. Am 30. October 1829 zum Dr. der Philosophie promoviert,
gieng er als Erzieher in einem angesehenen Hause nach Berlin, woselbst
er unter Meineke's Direction am k. Joaöbimstharschen OvmDasinm aeia
Probejahr itbhiell, und seine wiSsenschafUielie Bildung dnrcll die
27 •
888 Personal- und SchulnotiEen.
cberlei Mittel der reich mit bibliothekarischen und musealiscben Schätzen
ausgestatteten Hauptstadt zu ergänzen und zu erweitem suchte. Kurz-
nach bestandenem Probejahr aber am 22. August 18S1 wurde er als
Lehrer an dem Gymnasium zu Düsseldorf angestellt, für welches er aus
drei ihm zur Wahl überlasseneii Lehrstellen zu Coblenz, Aachen oder
Düsseldorf, sich entschieden hatte. Nach eilQährigem Aufenthalte id
dieser Stadt» der er immer eine besondere Zuneigung bewahrt, und wo
er auch das Band einer glücklichen Ehe geknüpft hatte, wurde C. aok
23. Februar 1842 als Oberlehrer an das Gymnasium zu Goblenz beför-
dert, in welcher Stellung er sowohl als Lehrer, wie auch als Stadtrat Ik
zu welchem Posten ihn das Vertrauen seiner Mitbürger erwählt hat, in
guten und bösen Tagen für daß Gemeinwesen die ersprieÜBÜchste Wirk-
samkeit entfaltete. Nachdem sich schon im Jahre 1846 Unterhandlungen
mit der herzogl. nassauischen Regierung wegen Obernahme der LeUung
des Gymnasiums zu Hadamar angeknüpft hatten , die aber zu keinem
Ergebnisse führten , folgte er freudig der Berufung Sr. k. k, Apost,
Majestät vom 4. September 1850 als Director des k. k. Theresianischen '
Gymnasiums, an welcher Anstalt er drei Jahre tbätig war ub4 endlich
am 5. Septenober 1853 zur Direction des k. k. akad. (tyranasiums über-
trat, welche er bis zu seinem unerwartet schnellen^ bmU kurzer Krank-
heit erfolgten Tode verwaltete.
Die wissenschaAlichen Arbeiten Gapellmann's sind zum Thcil in
Gymnasialprogrammen zerstreut, wie in dem Düsseldorfer von 1841, diin
Coblenzer von 1843 und 1860, dem Theresianischen von 1851, dem dt-Ji
akad. Gymnasiums von 1856, zum Tbeil sind es fiecensionen in p»da-
gogischen und philologischen Zeitschriften , wie d. Darmstädler SchnU
Zeitung, d. Zeitschrift f. Altertbumswisseifscbaf^ und d. Ballisehen Lite-
ralurzeitung, endlich der Zeitschrift f. österr. Gymnasien. Selbständig
erschien Afexandri Aetoii firagmenia coilecia ei iHusiraia, Bmmae i829,
Pkaedri fabulae seieciae, DütteidarfiSaS. Griechisches Elementarbneh.
Grammatik und Übungsstücke in zwei Cursen für das öntergvmnasiura.
Wien 1853 und 1854.
Die gröfsere Menge wissenschafllicher Arbeiten in früheren Jahren
wird in den späteren durch eine gröfsere pädagogische Wirksamkeit
aufgewogen. Der Schule, die er zu leiten hatte, ganz und gar ergcbm.
hat er ihr seine letzten Gedanken noch zugewendet, denn so lange ihm (lic
Krankheit lichte Augenblicke vergönnte, war er mit der Anstalt beschaff
tigt Die Vergröfserung des Gymnasiums durch vier Paralleicurse hat
ihn zwar veranlasst, seine Theilnahme am eigentlichen Unterrichte mehr
zu beschränken, gleichiiol war er fort und fort jeder wissenschaftlichen
Frage oder Besprechung mit ganzem Wesen zugethan, und die Jugend
selbst trat ihm nicht femer, fand vielmehr stets einen gutigen Freund
an ihm. Cnter seinen mannigfachen Vorzügen als Vorstand des Lehrkörpers
wird ihm gewiss dieser das wärmste und ehrenvollste Andenken ver-
schaffen, dass er in Meinungsversehiedenheiten immer Person und Sache
zu trennen wusste und so natürlich auch die rückhaltslose Äufserung
jeder Ansicht in der Conferenz erleichterte. Auch die Kunst mit den
verschiedenartigsten Elementen seines Lehrkörpers den freundlichsten
Verkehr erhalten und unter seiner Führung ein wahrhaft herzliches Ein-
vernehmen im Lebrercollegium bewahrt zu haben , kann nicht zu laut
gerühmt werden. Daher denn der unerwartet schnelle Tod des so lebens-
kräftigen Mannes in den nächsten wie in fernen Kreisen die ehrendste
Theilnahme hervorgerufen hat.
— Am 8. April I. J. in der Irrenheilanslalt zu Oberdöbling närlisl
Wien Se. Excellenz Hr. Stephan Graf Szechenyi von Sirvär und
Felsö-Videk (geb. zu Wien am 21. September 1791), k. k. Kämmerer.
lehrerer Orden Ritter, £rbherr der Burg in Pölöske, Directions-Mitglied
P«noiial- und SchulnoÜEen. 389
^r uagariseben Gelehrten-Akademie, als Schriftsteller rühmlich bekannt,
«m dß. Ubre seines Lebens.
— Am % Aprit 1. J ra Szegedin Se. Hochw. Hr. P. Dr. Phil, und
Theot Anton Rohr er, Fiaristeaordenspriester , Director des dortigen
Obergymnasiums, im Alter von %5 Jahren.
— Am 19. AprH 1. I. zu Neureisch (Mahren) Sc. Hochwurden Hr.
Friedrich Franz, Prälat des Framonstratenserstiftes daselbst , früher
Professor an den philosophisehen Lehranstalten zu Brunn und Salzburg.
— Am 16. Apiil 1. J. zu San Marino der berühmte Archaeolog
und Philolog Hr. Bartolomeo Borghesi (geb. zu Savigniaoo am 11.
Juli 1781).
— Am 18. April 1. 1. zu Stockholm Hr. Professor A. Retzius,
«Is Naturforscher bekannt
— Am 25. April 1. J. zu Nikolsburg (Mähren) , Se. Uochwürden
Hr. F. Cafsius Walter, Piaristenordenspriester , Professor am dortigen
k. k. Gymnasium, Präses des lauretanischen Seminariums, Regeos-Chori
u. s. w., im 67. Lebensjahre.
— Im April L J. zu Prag Se. Hochw. Hr. Gustav Joseph Beer,
Chorherr des Prämonstrateoserstiftc» Tepl, emertt. Gymnasial professor,
im 68^ Lebensjahre.
Berichtigungen.
XL Jahrg. Hfl. 3. S. 227, Z. 10 v. u. statt «Bibliothekar* lese
«Bibliophile* und Z. 11 t. u. statt «Girseppe* lese «Giuseppe.*
•.h>
Vierte A b t h ß i 1 u n i>-.
niiseelleii.
Z^r jH.or^*fr9ge.
Wenn man von der Horazfrage spricht, so kann man heutzutage
damit vernünftigerweise nur die Fundamental frage meinen, welche nun-
mehr ein Vierteljahrhundert, seit Peerlkamp's Odenausgabe, wieder in
gröfserem Umfange die Gelehrten beschäftigt, die Frage nach der Beglau-
bigung der Horazischep Liedersapinlvng in der Gestalt, in der sie auf
uns gekommen ist, oder anders gewendet, die F/^ge nach der Berech-
tigung der Annahme gröfserer Interpolationen. In Bezug auf diese Grund-
frage hat der Unterzeichnete vor einigen Monaten eine ältere Arbeit wieder
aufgefrischt, die ihm geeignet schien, gröfsere Klarheit in die Erörterung
zu biingen. Eine Stimme aus dem Freundekreis des Hrn. 0. F. Gruppe
hat sich beeilt, den Stab über jene Arbeit zu brechen. «Da Gruppe
(meint Hr. IL J. Heller, Philologus XV. S. 180) die Peerlkamp'scbe
Kritik theils ablehnend Iheils beistimmend in sein Werk aufgenommen
hat, aber noch weit über dieselbe hinausgeht, so ist merkwürdigerweise
der TeufTerschc Aufsatz (über die Peerlkamp'scbe Kritik) bei seinem
Wiedererscheinen sogleich antiquiert.* Hr. Heller hat ohne Zweifel das
Bewusstsein, mit diesem letztern «Donnerwortc* die Arbeit des unter-
zeichneten zu Boden geschmettert und vernichtet zuhaben; und gewiss,
wenn man auch im übrigen Deutschland, wie vielleicht in Berlin, in
erster Beihe darnach fragen würde, was im jeweiligen Augenblicke neueste
Mode sei, so wäre es um den Erfolg meiner Arbeit geschehen. Indessen
ist dem hoffentlich nicht also. Freilich wäre es für Hrn. Gruppe sehr
bequem und erfreulich, wenn die übrige Welt auch so dächte wie Hr.
Heller und eine der seinigen principiel und diametral gegenüberstehende
Ansicht als «antiquiert* einfach bei Seite schöbe und dafür den Ruhm
aus vollen Eimern über das glückliche Haupt des Hrn. Gruppe ausleerte.
So rasch wird das aber doch schwerlich gehen. Vielmehr darf wol der
unterzeichnete mindestens mit demselben Rechte von seiner Arbeit be-
haupten, dass sie nicht gelegener hätte wieder auf den Plan treten können,
sofern dadurch Hrn. Gruppe's Minos «bei seinem Erscheinen sogleich'*
im Princip widerlegt ist. Denn was von Peerlkamp gilt, das gilt thciU
weise in noch weit höherem Grade von Gruppe , der über Peerlkamp
«weit hinausgeht.* Zwar geht auch mein Weg eine gute Strecke weit
mit Hrn. Gruppe zusammen: Hr. Gruppe und ich sind darüber mit ein-
ander einverstanden, dass in den Horaz'schcn Oden im ganzen wie im
einzelnen manches Unvollkommene sich finde. Hier aber trennen sich
unsere Wege: während ich jene UnvoUkommenheiten dem Horaz selbst
Miscelleu. 391
auf Rephnung setze und au seiner DichlcrgröCse in Abzug bringe, $p
schreibt Ur. Gruppe sie unbekannten Intirpolaloren einer unbekannten
Zeit zu, und schöpft aus der Lnterschicbuijf; dieses Phanlom's den Mulb
gegen die fra.^lichen Cnvollkommenheiten mit grimaiigcn \Vorten loszu-
ziehen und dieselben oft ins ungeheuerliche auszumaltn. Ganz dasselbe
war schon Peerlkanap's Standpunct^ und ein diesen bekänipruider Auf-
satz hätte daher zu seinem Wiedorcrscheinen sich einen geschickteren
Zeitpunct gar nicht wählen können, als der vom Zufall ihm angewiesen
ist. Gruppe wie Peerlkamp gehen darauf aus, den Uoraz, selbst dem iloraz
zum Trotze, zu einem grofsen lyrischen Dichter — wie sie sich einen
solchen denken — zu erheben, unabgeschreckt durch sein eigenes, ehr-
liches, jeder Verdrehung y^'id erstrebend es Bekenntnis operosa parpus car-
mina fin§o, unerschültert durch die erwiesene Thatsachc. dass er erst
in den Mannesjahren überhaupt begonnen bat Oden zu dichten, auch
nicht irre gemacht durch den Umstand, dass in seineu übrigen Gedichten
als seine groDicn , jeuchtenden , unvergänglichen Vorzüge Eigenschaften
hervortreten^ welche auf der Seite des Verstandes liegen und für die
Virtuosität als Lyriker daher nicht eben begünstigend wirkten: eine un-
vergieichlicbe Klarheit pnd Schärfe des Drtheil's, eine gewiegte nüchterne
Anschauung vom Leben und ein feiner weltmännischer Tact. Hechncn
wir dazu noch einen in der besten Schule ausgebildeten Sinn für Form-
schönheil, so sollte man meinen, dass damit Eigenschaften beisammen
seien, welche für sich schon genügen , um einen Schriftsteller der [In-
sterblichkeit würdig zu machen. Euripides hat nicht einmal die aufge-
zählten Vorzüge alle, und wer nimmt Anstand dies auszusprechen? Wer
ist so thöricht^ deshalb den ganzen Mann zu verachleuV Bei Schiller
gibt jedermann willig seine Jugendproducte preis und bewundert nur um
so mehr die grofsartige Energie, die nach solchen Anfängen einen Wal-
leustein und W. Teil geschaffen. Nur bei Horaz soll all' das nicht gelten :
er muss schlechterdings ein grofser Lyriker sein, grofs von Anfang an
und grofs in jedem Gedichte und in jedem Theile eines Gedichtes. Und
warum? Weil man sich das einmal in den Kopf gesetzt hat. Gern würden
wir sagen: weil er ein Schulauetor ist, und der Schüler Ideale braucht,
an die er sein ganzes Herz hängt, an denen er alles und jedes be-
wundert; aber bei Urn. Gruppe wäre es gewiss nicht richtig, das letztere
Motiv vorauszusetzen. Ober dieser forcierten Bewunderung vergisst mau
dann häufig genug, da*«)jeuige an I^raz anzuerkennen^ was in Wahrheit
bewundernswerth ist: die geistige Kraft, womit er auf einem Gebiete, fijjr
das er von der Natur nioht besonders ausgestattet war, so ganz ach-
tungswerthes zu erreichen gewusst hat . den sicheren Tact, womit er so
viele Klippen vermieden, so überwiegend oft das rechte getroffen, die
ethische Selbständigkeit, womit er ihm innerlich wenig zusagende Auf-
gaben so lange als irgend möglich von sich fern gehalten, die bewusst-
voUe Durchsichtigkeit seines Planes, die architektonische Sauberkeit
seiner Compositjion^ die wohlberechne ie Angemessenheit und Gefeiltheit
seines Versbaus , die vollendete Classicität seiner Sprache. Reicht das
nicht schon aus, \isß dem lloraz auch als Lyriker einen geachteten Platz
zu sichern, und muss man durchaus ihn zum unbedingt mustergilligen,
in keinem einzigen Stücke fiinter sich selbst zurückbleibenden Dichter
gemacht haben? J)ieser Grundirrlhum ist Uru. Gruppe mit Peerlkamp
gemein. Daneben aber verkenne ich nicht, dass Ilr. Gruppe mit einer
ganz andern aesthetischei^ Bildung als der Holländer an die Aufgabe einer
aBsthetischen Kritik der Horaz'schen Oden herangetreten ist, dass er ebenso
viel Geschmack und Kunstsinn beweist wie Peerlkamp Pedanteiie, und
dass daher seine Ausstellungen viel häufiger erheblich und begründet
sind als die seines Vorgängers. Auch räumen wir ihm willig das Ver-
dienst ein, dass er die bluuleu Horazaubctcr wieder einmal aus ibrcoi
392 Mtscellen.
Schlafe aufgerüttelt, und dass er die Frage so auf die Spitze getrieben
hat, dass fernerhin Ausweichen und Halbheit nicht mehr möglich ist
und jeder seine Stellung fest wählen muss. Nur aber furchten wir, dass
letcteres nicht zu Hrn. Gruppe's und sogar auch nicht zu der Sache
Vorlheil ausfallen wird. Der logische Schnitzer, alles was den Kritiker
aas irgend welchem Grunde (mit Recht oder Unrecht) misfallig ist,
dem Horaz abzusprechen und einem willkürlichen geschaffenen Inter-
polator zuzuschieben, ist ein so greHer, jedem gesunden Verstände
einleuchtender , dass er bald allgemein als solcher erkannt sein muss,
und andererseits hat Hr. Gruppe, eben in dem guten Bewusstsein nur
auf einen Interpolator loszuschlagen, seine Streiche mit solcher Derbheit
ja oft Leidenschaftlichkeit geführt . dass dies von dem Augenblicke an,
wo man zu der Erkenntnis gelangt ist, dass es auf Horaz selbst zurück-
fallen würde, unfehlbar gegen das ganze Buch einnehmen wird; man wird
es unbequem finden und daher in wenigen Jahren vergessen haben, und
damit auch das viele Gute und Anregende, das es enthalt. Denn auch
ich glaube mit Hrn. Heller, dass aus Gruppe's Minos, gerade wie früher
aus Peerlkamp's Ausgabe, «ein Gewinn für die Interpretation und für die
»slhetiscbe Würdigung der Horaz'schen Oden hervorgehen' werde. Da-
gegen bin ich mit Hrn. Heller darin nicht einverstanden, dass er meint,
der Streit werde nur durch eingehendere und die einzelnen Stellen genau
in Betracht ziehende Prüfung gefördert werden können. Eine solche För-
derung ist nur dann möglich, wenn man sich zuvor über die Grund-
und Vorfrage klar geworden ist, wie ich sie in dem angeführten Auf-
sätze aufgeworfen und besprochen habe, die Frage, ob aus der etwaigen
aeslhetischen Mangelhaftigkeit einer Stelle ihre Dnechtheit von selbst folge.
Ohne Klarheit hierüber wird die fragliche Prüfung zu keinem Ergebnis
führen und wird man fortwährend verschiedenartiges durcheinander-
werfen. Wenn man in Folge dessen vielleicht zugleich seine Ausdrücke
gemäfsigter und vorsichtiger hält als Hf. Gruppe, so wird das gewiss
kein Nachtheil sein: man setzt sich dann auch nicht der Gefahr aus,
seine Streiche in die unschuldige Luft zu führen oder gar denjenigen,
dessen Ritter man sein will, tödtlich zu verletzen. Endlich muss ich noch
darüber meine Verwunderung aussprechen , dass Hr. Heller an Gruppe's
Buch das besonders erwäbnenswerth findet, dass darin «alle Versuche,
von Guyet an bis auf Buttmann, Peerlkamp, Meineke, G. Hermann
herab (G. Linker findet nämlich bei Gruppe erst in den Nachträgen Be-
rücksichtigung), unechte Verse oder Strophen aus Honi^ auszuscheiden
zusammengestellt und zu eineqi System verbunden werden.* Literarische
Vollständigkeit und systematische Planmäfsigkeit und Ordnung sind Dinge,
welche so wenig zu den Glanzseiten von Hrn. Gruppe's Buch gehören,
das ein Freund desselben besser daran thun würde, darüber den Mantel
der Liebe zu breiten, statt mit Fingerp darauf zu deuten; er küniile
sonst andere Leute veranlassen, ihre Glossen zu machen über das zap-
pelige Hin- und Herfahren von einer Steile zur andern, die selbstge-
fällige Breite, womit alle Wandelungen der Ansichten des Hrn. Gruppe
seinen Lesern vorgeführt und im Laufe der Arbeit einkommende Vervoll-
ständigungen und Berichtigungen, statt sie zur Verarbeitung des Geschrie-
benen zu benützen, nach Ffauenzimn^erart in gehäuften «Nachschriften*
aufgetischt werden, und noch anderes der Art, was für Hrn. Gruppe und
seine Freunde minder angenehm zu hören ist.
Einen Punct von besonderer Wichtigkeit für die Auffassung dieser
ganzen Frage, das Verhältnis der Meineke'schen Entdeckung von der
Vierzeiligkeit der Horaz'schen Gedichte und der hiernach sich ergeben-
den Strophen zu der inneren Beschaffenheit des uns vorliegenden Be-
standes, habe ich im vorstehenden absichtlich unberührt gelassen , weil
ich diesen Theil der Frage erst kürzlich in meiner Übersicht über dtc
iMiscellen. 398
lyrischen Vcrsmafsc des Iforaz (Corrcspondenzbiatt für die Gelehrten- und
Realsehulen 1860, Nr. 3, S. 63), eigens erörtert habe, worauf ich mir
frlaiibe hier einfach lu verweisen.
Tübingen. W. Teuffei.
Nikol. Dielerich Giscke.
Es ist neuerer Zeit schon wiederholt die Berichtigung? aufgetaucht
N. D. Giseke sei nicht in Güns, wie man bisher geglaubt hat, sondern
in Csolia in Ungarn geboren'). Diese Berichtigung musste mir, da mir
mein Heimatland doch ziemlich genau bekannt ist, insofern auCTallen, als
ich Ton einem Orte dieses Namens nie vernommen habe, so wie ein
solcher Ort auch in der That nicht vorhanden ist Wenn man aber die
Sylbe -Aa als das madjarische Suffix (mit der Bedeutung: tn) fasst, so
bleibt C$Oy C$ö und so beifsen allerdings zwei ungarische Orte. Dass
die ungarische Flexion in die andere Sprache hinüber genommen wird,
erscheint freilich seltsam, aber das bat sich schon der ungenannte Notar
des Königs Bela im Lateinischen erlaubt, wenn er im Dativ Bungemee
für Bunger, ixmämmee für Omhm u. s. w. sagt, s. die Ausgabe End-
licher's S. 63. Ebenso ist das Suffix in die deutsche Sprache überge-
gangen in dem Worte katduk kutduekef der Nominativ ist hajdu
und das k ist hier madjarischc Pluralendung, vgl. Schröer Beitrag zu
einem Wörterb. der deutsch. Mundarten des ungar. Bergiandes S. 68
unter Katanake. — Die beiden ungarischen Orte Cs^ (bei den Deut-
schen Tschabing genannt) Hegen nun in der Eisenburger Gespanschaft
und werden durch die Beiwörter nemes- (edel-) nnApustia- (wüste-)
unterschieden. Ersteres liegt bei Güns und die Vermutbung liegt nun
nahe, dass Giseke in diesem Orte Edel-Tschabing (nemes Cmö) ') geboren
sei. Ich wendete mich mit einer Anfrage an den evang. Pfarrer Mi-
chaelis in GünSf der für eine Biographie Giseke's sammelt (ebenso
GiJiither Giseke, Pfarrer in DnterrissdorQ, durch dessen freundliche Mit-
theilung meine Vermutbung völlig bestätigt ward. Die deutsche evange-
lische Gemeinde zu Güns besafs seit 1654 ihre eigene Kirche, welche
ihr 1681 genommen wurde. Im Jahre 1701 kaufte sie sich daher in
dem 1'/, Stunde entfernten Articular-Ort Edel-Tschabing eine adelige
Curie, auf weleher sie eine Kirche , Schule und Pfarre errichteten , und
fortfuhren eine selbständige, deutsche evangelische Gemeinde (unabhängig
von der ungarischen evang. Gemeinde in Tschabing, zu bilden, welche
von Guns aus verwaltet wurde. An diese Gemeinde schlössen sich nun
sämmtliche evangelisch-deutsche Gemeinden des Eisenburger Comitates
an, die spater wieder nach dem Toleranz-Patente sich ablösten und jetzt
0 Zuletzt in Goedeke Grundriss 1, S. 577. Auch in Mozart's Lesebuch
für Obergymnasien, hat die Notiz Eingang gefunden. — Die Notiz
verdankt dem Büchlein, Nachrichten von der Familie Giseke, zu-
sammengestellt von Günther Giseke. Eisleben 1843, ihren Ursprung.
') Es ist unrecht, wo deutsche Namen vorhanden sind, in deutscher
Rede die fremde *Namensform, die der Deutsche oft gar nicht aus-
sprechen kann, beizubehalten. Vgl. Weinhold über deutsche Recht-
schreibung , wo sich Beispiele flnden. Es sollte jeder trachten
diesem Misbrauch zu steuern Ich erwähne hier nur, dass z. B.
Felsö'Eör von wo sich Pyrker schrieb, an Ort und Stolle
allenthalben in deutscher Rede'aOberwarl* beifst; klingt das nicht
auch gut?
394 i^iscellen.
12 Gemeinden bildeq. •*- Paul Giseke, der Vater von Nicolas Uielerich,
geboren zu Hamburg 1686, war nun demnach Prediger der ovaDgelisch«
deuUchen Gemeinden der Eisenburger Gespanscbafl , war von den Gun-
gern «auf Empfehlung seines Vorgängers Heinr. Ferber, auch eines Ham-
burgers) gewählt^ wohnte jedoch in Tschabing, einem ungarischen Orte,
wo man ihn kurzweg den G uns er nannte. Güns heilst aber ungarisch
Kd9%€g, der Gunser Köttegi, was zufällige Ähnlichkeit hat mit dem
Namen Giseke. Daher erklärt sich die verbreitete Angabe (die ich
schon in meiner Geschichte der deutschen Literatur S. 151 bezweifelt
habe) , er habe ursprünglich KÖinegM geheifsen. Eine Familie dieses
Namens ist allerdings vorhanden, Giseke hat mit derselben jedoch nichts
gemein. Giseke's GroCsyater, geb. zu Osterwiek 1656 schrieb sich schon
Nicolas Dietrich Giseke, dessen Vater Heinrich Giseke geb. 1590, dessen
Vater Henning Gisekfi lebte um 1668, 8. das oben angeführte Buch «^Nach*
riehten von der Familie Giseke.*
Prefsburg. K. J, Schröer.
Programme österreichischer Gymnasien und Real-
schulen am Schlüsse des Schuljahres 18^%«
(Fortsetzung von Uft. VW «tes Jahrg. 1860. 8. 246 ff.)
IV. Abhandlungen philosophi/B eben Inhaltes.
1. Ober Werseeie und MemcAiHneie. (Abhandlung von Dr. Ferd.
Holz el im Pro|;ramm des k. k. Obergymn. zu Döbmisch-Leipa.
1859. 8. 3—14.) — Die Frage nach dem Verhältnis der Thierseele zu
der Menschenseele bildete, in der Psychologie des vorigen Jahrhunderts
eine mit Vorliebe geführte Controverse, deren Unfruchtbarkeit hauptsäch-
lich darin ihren Grund hatte, dass man die L()sung derselben zumeist
von rein apriorischen, aufserhalb der Psychologie gelegenen Principien
abhängig machte. Wenn nun auch die neuere, ja neueste Psychologie
diesen alten Streitpunct wieder anregte, so geschah dies von der ganz
entgegengesetzten Seite der Naturwissenschaft aus, und es ist leicht zu
erkennen, dass diesen Versuchen die Hoffnung zu Grunde liegt, der Psy-
chologie durch Anwendung der «vergleichenden Methode' dieselben glän-
zenden Resultate zu TheU werden zu lassen, welche diese Methode in
der Anatomie, Physiologie und anderwärts bereits rei^cblich zu Tage ge-
fördert hat In dieser Beziehung geht die vergleichende Psychologie von
einer möglichst genauen Zusammenstellung der einzelnen Erscheinungen
des menschlichen und thierischen Seelenlebens aus und schliefst von der
M()g]ichkeit oder Unmöglichkeit der Subsumtion derselben unter dieselbe
Gruppe von Gesetzen auf die Gleichartigkeit oder Ungleicbartigkcit der
Träger dieser Phänomene- fief. bedauert, dass der Hr. Verf. geradezu
den entgegengesetzten Weg eingeschlagen hat. Vx)n der unbestrilleneu
Annahme der Materialität der Thierseele ausgehend, entwickelt er aus
derselben eine Reihe von Gesetzen^ und schliefst mit dem Nachweise der
Ziilänglichkeit dieser Gesetze zur Erklärung des Thierseelenlebens. Rof.
mu88 gestehen^ keinem dieser drei Puncte völlig beistimmen zu können.
Auffassung der Thierseele als reine Materie ist durchaus nicht so
tein, als der Hr. Verf. meint (S. 3), ja es scheint, dass der Hr. Verf.
ea mit der Materialität nicht ganz strenge nimmt; denn ist die
eele Lebenskraft (S. 3 u. 4) und muss sie dcmgeBläüs dynamisch
Miseellcu. 996
gt'fassi werden, 8u stebt sie schon hiedufch io eicem <iegeDstUe zu dem
«Stoffe des Körpers.' Aber auch die IdentifleieruQg der Tbieraeele mit
ifßt blofoen Lebenflkrafl, c]velche durch ihre Wirkaamkeit das einzelne
Individuum ausgebildet bat, so wie aus dem SavBben eine Triebkrtfl die
Pflanze treibt ^^ — langt nicht aus, weil das Thierleben vom Pflaxueoi-
Leben durch jene Merkmale unterschieden ist, welche bereits die Aristo-
telische Psychologie in mustergiltiger Weise hervorgehoben hat. Die Ab-
leliung der beiden Grundgesetze des Thierseeienlebens aus dem Begriffe
der Materialität ist keineswegs streng bindend, wie denn auch die oft
gebrauchte Analogie zwischen deq ResidueB des Thiergedachtnisses ku
der Wirkung des Einblasens bei musikalischen iMtfumenten unzureiehend
ist Ebensowenig vermögen wir endlich den Maehtspruch» dass das Thier
keine andere Begehruogen habe, als die auf Ifahnnig und Gesundheit
bezuglichen (S. 7) mit den entgegenstehenden Erfahrungen in Einklang
zu bringen. Das Resultat fasst der Ur. Verf. iq dem Satzfi zusammen,
der Thierseele komme im Gegensatze zu dem Mensehengeiste kein Be-r
wusstsein, geschweige denn Selbstbewusstsein zu (8. 9). Di« weitere
Auseinandersetzung dieses Punctes, wie namentlich die Eniwickelung der
inneren Anschauung und des Selbstbewusstseins (S. 11), fuhren den llrn,
Verf. in eine Reihe von Schwierigkeiten, deren Auseiaandersetzung die
Grenzen dieser Anzeige weit überschreiten würde. Es erübrigt somit
Ref. nur noch die klare Anordnung, die ruhige« volikommen angemessen«
Darstellungsin eise, die Geschicklichkeit Jl)ei Weckupg und Forterhaltung
des Interesses hervorzuheben, und zu Gunsten des Hrn. VerC's auf di«
Schwierigkeiten aufmerksam zu machen, welche der genügenden Behand-
lung eines mit allen Grundfragen der Psychologie so innig verwachsene«
Problems aus dem knapp zugemessenen Räume einer isolierten Abha«d^
lung immer entstehen werden.
2. P. Franeeseo dßll0 Rosa prof. orä. JtUorno a cid che feeero
i Romani in maieria di fUctofia, (Programmu deU i. r. ginnasco ii-
ceaie di Trento 1859, p. 9S2,) — Nachdem die ältere kritiklose Ge*
ftchichtschreibung der Philosophie die Bedeutung der römischen Philo-
sophen weitaus überschätzt hatte, vcrflel die neuere» wie es scheint, in
das entgegengesetzte Extrem, wenigstens zeigen die Urtheile der neuesten
deutschen Historiker über den Hauptträger der römischen Philosophie,
über Cicero, von einer gewissen Animosität, welche zu der Verehrung
^llsam absticht; deren sich Cicero's Name zum grofsen Thcilo noch
immer in Italien, Frankreich und England zu erfreuen hat. Es wäre
demnach eine ganz zeitgemäfse Aufgabe, zwischen den beiden entgegen-
stehenden Ansichten, oder genauer zwischen den entgegengesetzten Stand«
puncten, die rechte Mitte zu suchen, und in dieser Beziehung kann die
Wahl des Stoffes der vorliegenden Arbeit nur gebilligt werden. Hält man
pun die Frage nach den philosophischen Leistungen der Römer ganz im
Allgemeinen und so iha sagen ganz aufserUch, oiine weder ein Eingehe«
IMif Detaiiuntersuchungen, noch die Festhaltupg eines höheren Gesichts*
puDctes zu fordern, so muss man wol zugeben, dass der Hr. Verf. sein«
Aufgabe mit Geschick und Umsicht genügend gelöst bat Nach einer
ganz kurzen Skizze jener griechischen Schulen, die für die Geschichte
der römischen Philosophie von unmittelbarem Einiluss geworden sind,
j^cbeidet er diese in drei Perioden : von der ersten Zeit bis zu den Gracchi-
sehen ünruheji, von da bis zum Tode Augustus und endlich den Rest
bis zu Boethius, dem letzten römischen Schriftsteller über Philosophie
(S. 8). Das GesammUirtheil lautet: che fijffono (f Romani) in genere
mediocri neila fllosofia, che etti uon /' amarono , n^ mai si spiMcro
ß Piste origtnaU appagain4osi d'eeeere colUvatori e depofiiarii 4^
grecm fiioeofla (S. 9), Man flieht aus der Anführung dieser StcUc» *
396 Miscelleu.
der Ur. Verf. es liebt, seine drtheite in einer gewissen Allgemeinheit und
niebt selten Unbestimmtheit stehen zu lassen, welche sich anstatt einer
acharfen Charakteristik mit einer rhetorischen Wendung begnügt. (Man
V|sl. das drtheil über die speculative Begabung der Griechen S. 27, über
die Zeithesiebungen der stoischen und epikureischen Philosophie S. 30
u. s. w.) Das Uauptaugeumerk des Hrn. Verf.'s ruht begreiflicher Weise
auf dem dUino dcenme^ gegen den Seneca auffallend surücktritt. Auf
ihn wendet der Hr. Verf. den bekannten Ausspruch an : come im 9e rae-
C9gtte$ie tmua saptenta, qumUä $paritta im pik boitata $areMe a
fMrmare piü wmUni grmuli (S. %k\ (ein Wort, das diesseits der Alpen
leicht in seinem üblen Sinne genommen werden könnte); für seinen Eklek*
ücismus, der im günstigsten Lichte geschildert wird (S. 36) , hat er die
etwas banale Entschuldigung bereit, dass Originalität nach den grofscn
Bewegungen der griechischen Philosophie nicht mehr möglich gewesen
wSre (S. 25), er ist und bleibt dem Hr. Verf. der groCse Philosoph , der
einen Plato und Demosthenes in sich vereint (S. 42), am fUoiofo^ tum
€§me «' iiUenäe camwumametüe dai poipo, mn nel gefuo riipefUiMe che
m gmesto nome dava Plaione, ii gitaie voieva rke /Itotoß f appelUnuero
eokrOf che peneiraii äagii oöbiigki tacro9anit impotli da ianio name
mam0 ie profeuate doürime testimontar coiie ifpere (S.* 66). Bei SchiU
derung des allgemeinen Charakters und Aufzahlung der einzelnen Haupt-
werke der philosophischen Mufse des grofsen Redners kommt der Hr.
Verl über den bloCs literarhistorischen Standpunct nicht hinaus, der ihm
nun freilich am nächsten liegt, und wobei wir anerkennen, dass manche
treffende Bemerkungen mit einfliefsen (z. B. über den Einflufs der fo-r
rensischen Thatigkeit Cioero's auf dessen philos. Mnfse S. 40). Bietet
der Hr. Verf. nun auch im Allgemeinen wenig Neues, so weifs er doch
manches gute Alte mit Geschmack und Mafs zu wiederholen. Auch muss
rtthmlicb hervorgehoben werden, dass er, obwol der antiken Philosophie
eben nicht günstig gestimmt, wie aus seiner scharfen Abweisung der
Erneuerung der antiken Systeme in unseren Tagen (?) hervorgeht (S. 82),
doch der Onlerschatzung derselben; die nun in einer gewissen Richtung
der franzosischen Literatur modisch geworden zu sein scheint, mit Ernst
und Würde entgegentritt (S. 61 u. 46).
3. Doi OnbewuiUe im Menuken. (Abhandlung von Romuald Lang
im Programm des k. k. Gymn. zn Kremsmünster. Linz 1869. S. 3
bis 22.) — Der Umstand, «dass die Schilderung des Menschen als selbst-
bewusst strebenden nur die halbe Wahrheit ist und dass diese ihre Er-
gSnsung in der Anerkennung einer bewusstlosen Nothwendigkeit finde,
die er nicht von sich abzuschütteln vermag, mit der er sich aber ver-
tragen kann und soll* — bestimmt den Hrn. Verf. die Nachweisung des
Wesens und Umfanges des Unbewussten im Menschen sich zur Aufgabe
zu setzen. Im Leben des Leibes zeigt sich ihm nun die Energie des
Dnbewussten als das Walten der schaffenden, erhaltenden und heilenden
Lebensidee (S. 7), im geistigen Leben bildet das dnbewusste einerseits
die Begründung, anderseits die Zurückspiegelung des Bewussten (S. 12),
und in dem Seelenleben, das aus der lebensvollen Einheit und Wechsel-
wirkung von Leib und Geist hervorgeht, tritt uns das Unbewusste sowol
in der Empfindung entgegen, mittelst welcher der Leib sein Dasein in
den Geist reflectiert, als in den Rückwirkungen des Geistes auf die Le-
bensempfindung, als endlich in der Wechselwirkung des leiblich und
geistig Unbewussten (S. 14—16). An diese Betrachtung des isolierten
''hen knüpft nun der Hr. Verf. die weitere Blofslegung des Dnbe-
m im Verhaltnisse des Menschen zu der Natur und zu andern Men-
und findet auch hier seine allgemeine Oberzeugung bestätigt, dass
bewusste viel zu wenig erkannt und gewürdigt worden, während
Miscetleii. 997
es doch das Alpha und Omega unseres selbstbewussten Lebens ausmacht
(S. 22). Diese kurze Inhaltsangabe zeigt, dass die Verfolgung des aufge«
nommencn Problems den Hrn. Verf. fast mit allen Theilen der Psychologie
in Berührung gebracht hat, und wenn wir hinzufügen, dass dies allent-
halben mit Sachkenntnis und einer gewinnenden Lebhaftigkeit der Dar-
stellung geschehen ist, so liegt hierin gewiss eine nicht geringe Anem-
pfehlung des vorliegenden Scbriflehens. Aber gleich wol kann Ref. der
ganzen Fragestellung nicht füglich beitreten i denn die Bezeichnung des
ünbewussten für die Thätigkeiten des Leibes, die doch schon an sich
Tom Bewusstsein des Geistes ausgeschlossen sind, scheint nicht recht
passen zu wollen, und wäre wol zweckmfifsig Regen die des Bewusst-
losen auszutauschen, und die Frage nach dem Dnbewussten im Geiste zu
stellen gewesen. Aber selbst in dieser engeren Fassung wäre noch die
weitere Unterscheidung zwischen dem Selbstbewusstsein und dem Bewusst-
sein festzuhalten, da es jedenfalls nicht genau ist, wenn der Ur. Veif.
dem Unbewussten nicht das Bewusste, sondern sogleich das Selbstbe-
wusstsein entgegenstellt (S. 5), wobei wir dann die Gruppe jener Seeleii-
erscheinungen vermissen, welche neben dem eigentlichen Selbstbewusst-
sein und dem Unbewussten die so wichtige Rolle des blofs bewusstea
Seelenlebens zu spielen übernehmen« Hindern uns nun also diese Be-
denken an einem principiellen Ein Verständnisse mit dem Hrn. Verl, so
sei uns doch vergönnt, die Anerkennung der Tüchtigkeit seiner Leistung
um so bereitwilliger zu wiederholen.
4. Anaiysf der Begehrungen und deren BegrlfTköeOimmimg. (Ab-
handlung von Dr. L. Preifs im Programm des k. k. Obergymn. in
Görz 1859. S. 28—43.) — Der Hr. Verf., Kennern der einheimischen
Programmenliteratur bereits durch eine Abhandlung über die Analyse
der Gefühle (1864) in freundlicher Erinnerung, gibt in der angezeigten
Arbeit einen Pendant zu seiner früheren. Von der Ansicht ausgehend,
dass die Psychologie der Herbart'schen Schule bisher die klarsten und
dabei einfachsten Darstellungen, wie der Seelenphanomene überhaupt, so
der Begehr ungen insbesondere zu gewinnen gewusst hat, stellt sich der
Hr. Verf. die Aufgabe, zu prüfen, ob die betreCTenden Theorien ^6.em
Sprachgebrauche und der darin manifestierten allgemeinen Auffassung
entsprechen.* Nach einer kurzen Anführung einiger der innerhalb der
genannten Schule übHchsten Formeln, zergliedert der Hr. Verf., Drobisch'
bekannter Glassilication folgend, die Vorgange der Begehrung und kommt
(ähnlich wie in seiner früheren Schrift) zu dem Resultate, man habe bei
der bisherigen Darstellung im Allgemeinen die Wichtigkeit der Rolle des
Ich unterschätzt und eine genauere Auffassung oder doch Formulierung
liefse im Begehren ein Streben des Ich, im Verabscheuen ein Wider-
streben desselben erkennen. Ref. nimmt keinen Anstand, dieser Modi^
fication beizutreten, sobald man sich nur zu einer etwas weiteren Fas-
sung des Ichbegriffes entschlossen hat, der gemäfs das Ich eben nur den
Gesammlinbegriff der älteren Vorstellungen im Gegensatze zu deu neueren
(S. 38) und nicht das einheitliche Oesammtresultat derselben bedeuten
soll. Denn es gibt in der That Begierden, welche in dem aufgespei-
cherten Vorstellungsschatze ihr Spiel so fernab von den Erregungspuncten
des Selbstbewusstseins abspielen, dass ihnen vom Standpuncte des leh
wie einem objectiven Geschehen zugesehen wird, wie z. B. die mannig-
faltigen Begierden bei Verfolgung eines musikalischen Themas in Varia-
tionen und Fugen einer Eiuzelnstimme , im Quartett u. s. w., Be-
gierden, bei denen nun auch der Sprachgebrauch sich nicht ganz zurecht-
zußnden weifs, der sich hier lieber eines «Es wird begehrt,* als d'
«Ich begehre* bedient. Auch könnte wol gefragt werden, ob der bei
mende Gegensatz bei dem Begehren und die dem leh widerslebMi
a9S Miscellen.
VoYslclItfng beim Verabschcuofi immer nur selbst im Zustande des Strc-
bens gedacht werdeit müssen, od^r ob nicht schon in vielen Fällen das
blofso Fixierlwerden derselben genüge. — Die tüchtige Methode, die ge-
danket)reicbe präcise Darstellung und dio feste Beherrschung des Stoffes
sichern der kleinen Abhandlung eine mehr als blofs vorübergehende Be-
d^Utulig, und verpflichten die Herbart'sche Psychologie, bei der bekannt-
lich die Theorie des Begehrens ein noch nicht gebührend gepflegtes Ter-
rain abgibt, zum anfrfohtigen Danke.
Prag. W. Volkmann.
Litevarlsche^ Notizen.
Sthiiiefä Ubm und Dichiu^pen von August S p i e fs. 8. kWb S.
Wiesbaden, Kreide! nnd Niedner , 1859. — Der Zwecke den der Ver-
fatsser in diesem M wie in seinem früher erschienenen Buche *Goetho's
Loben und Dichtungen' glücklich verfolgt, *in die wichtigsten Lebens-
Tc^haHnisse des Dichters 9 in den Gang seiner Geistescntwickelung,
so wie in die bedeutendsten Schöpfungen seines Genius einzu-
fübreii,' machen das Buch auch vom Standpuncte der Schule zu einer
willkommenen Erscheinung. Das Verlangen fortgeschrittener Schüler der
höheren Glassen nach einer derartigen LeCtüre tritt um so lebendiger
bervory je mehr die Schule ihrer Pflicht genügt, das Interesse für die
KoryphsBen der Literatur zu wecken. Da liegt nun der Wunsch nach
Bdehern nahe, die wie das vorliegende, ohne der historischen Treue
abzubrechen, aus den biographischen Momenten das psedagogisch brauch-
barste enthalten und durch Analyse ein tiefeies Verständnis der Haupt^
^erke anregen. Nach diesen Rücksichten ist die Darstellung der äufse-
ren Lebensschicksale des Dichters die gelungenste Seite des Buches.
Schlicht, aber mit woblthuender Wärme wird das Lebensbild in seinen
HAuptzügen uns vorgeführt. Es ist anerkennenswerth , dass sich der
Verf. sorglich alles Anekdotenkrams aus trüben Quellen enthalten und mit
Bedacht t\it den durch die neueren Biographien, für die Jugendzeit ins-
besondere den durch Boas sicher gestellten Stoff berücksichtigt hat
Hie Beziehungen zu Frauen, für SchiUer's Enlwickelung so bedeutend«
und riiit richtigem Tacte hervorgehoben ; betreffs des Verhältnisses zu
Gbiarlotte von Kalb ist Köpke gut benützt, nur hätten wir gewünscht,
die später groCsenlheils veränderten Urtheile Schiller's über seine geist-
volle Freundin nicht verschwiegen zu sehen. Die Besprechung der poe-
tischen Werke, die wie natürlich in der zweiten Lebensperiode des Dich-
ters vor der biographischen Schilderung in den Vordergrund tritt, be-
echränkt sich auf eine durch allgemeine assthetische Gesichtspuncte be-
stimmte Entwickelung ihres Inhalts. Wenn aber dabei häufig genug
eine aeslhetische Terminologie in Anwendung kommt, die am einzelnen
in ihrer Bedeutung nicht vollständig entwickelt, sondern als fertiger
Mafestab zur Beurthcilung herangezogen ist, so mochten wir dies dem
Zwecke, in das Verständnis der Werke einzuführen, minder förder-
lieh finden. Mit der Hinwegräumung der Hindernisse des einfachen
Verständnisses ist dabei überall mehr gewonnen, als durch allgemeine,
schwer zu verarbeitende Bezeichnungen, wenn sie auch so landüblich
sind, wie die Ausdrücke: poetische Wahrheit, Idealismus und Realis-
mus u. s. f. Die dichterischen Fragmente sind mit Absicht unbeachtet
geblieben, und ebenso wenig findet in den biographischen Gapiteln Schil-
ler als Philosoph und Geschiohtschreiber Berücksichtigung, gleich wie
in dem Buche über Goethe dieser nicht als Kunstkenner und Natur-
Miscelltfn S99
Forscher goscbilüert ist. Diese Beschränkung lag dem Verf. im Zwecke
des Werkes. Doch wollte der Verf. der philosophischen und geschicht-
lieben Studien SchiJler's insoweit Erwähnung thun. als sie auch auf
seine Entwickelung als Dichter Einfluss ausgeübt haben. Naturlich ist
hier nur der nächstliegende Einfluss gemeint; wir glauben, der Verf.
hätte gut daran gethan, in die Biographie selbst genauer die Geschichte
der wissenschaftlichen Beschäftigungen und Arbeiten in den Haupt-
puncten einzuflechten. Dadurch wird das Bild des angestrengten arbcits-
vollen Lebens des Dichters erst vollständig. — Dem Buche ist ein
Bildnis Schiller's beigegeben, eine Copie nach dem Stiche des Bildes
von Nie. Guibal (um 1780).
AcJU Sekuiredeu über paedagagisehe Zeiifragen, für freumte
des Cgmnasiaiwesens kerautgegebem ton K, A. J. BoffmanUy Dlrec--
iöT des Joäanneums in Läneöwg. Clausthal. 1859. 72 S. 8. — K. A. J.
Uoffmann ist einem grofsen Theile der Leser dieser Zeitschrift bokanDt
als Verfasser der mit Reeht geschätzten «neuhochdeutschen Grammatik,'
die in jeder neuen Auflage neue Beweise von den genauen Studien und
der strengen Selbstkritik des Verfassers geben (vgl. darüber fi. v. Raumer in
dieser Ztschr. 1859. S. 721); andere werden den mit gewissenhafter Ge-
nauigkeit ausgeführten Forschungen Uoffmann's in seinen ^QuaestUm§9
Homericae^ und in den «Homerischen Untersuchungen* reichliche Be-
lehrung und Anregung verdanken; noch andere wird der wohlgelungene
Versuch Uoffmann's interessiert haben, für den Unterricht der «Logik*
auf Gymnasien einen Leitfaden in möglichster Einfachheit darzubieten
(vgl. in dieser Ztschr. 1860. S. 221 ff.). Derselbe Mann, dessen wissen-
schaftliche Leistungen auf diesen verschiedenen Gebieten in so wohlbe-
gründeter Achtung stehen, ist Director eines Gymnasiums, dessen aner-
kannt blühender Zustand seiner umsichtigen Leitung zu einem grofsen
Theile zuzuschreiben ist. Aus seiner Directoriallhätigkeit ist das vor-
liegende Buchlein hervorgegangen; die acht in demselben enthaltenen
kurzen Reden sind in den Jahren 1849 bis 1859 bei dem feierlichen
Schlussactus des Gymnasiums vor den Schülern und einer zahlreichen
Versammlung von Freunden des Schulwesens gehalten. Dass sie wirk-
lich «Zeitfragen* behandeln, zeigen schon die den Inhalt der einzelnen
Reden genau präcisierenden Überschriften, z. ß. «1. Über nationale Bil-
dung, 2. über die Stellung der höheren Schulanstnlten zum Leben der
Gegenwart, 6. Worin besteht die Eigenthumlichkcit des Gymnasial-
unterrichls? 7. Das Lateinische als Mittelpuiicl des Sprachunterrichts
auf den Gymnasien , 8. Wie hat sich der Unterricht im Lateinischen
seit dem secbszehnten Jahrhundert auf unseru Gymnasien geslaltet?* —
Fragen dieser Art, zumal wenn sie vor einer gröfseren gemischten Ver-
sammlung behandelt werden, verfuhren nur zu leicht dazu, dass mit
geistreichen Wendungen die wahren Schwierigkeiten überdeckt werden.
Davon sind diese Reden vollkommen frei ; vielmehr werden wir stets,
auch wo den Gegenstand zu erschöpfen die beschränkte Zeit nicht zu-
liefs, auf das Wesen der Sache selbst hingeführt und vernehmen darüber
klare, scharf ausgeprägte Gedanken in einfach treffendem Ausdrucke.
Wir begreifen, dass diese Reden mit grofsem Interesse von den Zu-
hörern aufgenommen sind ; denn sie enthalten wesentliche Beiträge zur
Verständigung über wichtige Fragen, und überall tritt uns in ihnen ein Mann
entgegen, der über die Aufgabe der Anstalt, die er leitet, sich klar ist
uid seine wohlüberlegte Überzeugung auch Jeweiligen Zeltstörungen ent-
gegen (z. B. in der Rede «über nationale Bildung^ aus dem J. 1849)
400 MUecllen.
riihig und unumwunden darlegt. — Der Verf. spricht in der Vorrede
die Hoffnung aus, das« «diese kleinen Abhandlungen manchen Freunden
des Gymnasial Wesens nicht unwillkommen* sein wurden. «Für Fach-
genossen sind sie nicht bestimmt.* Kein Fachgenosse wird es bereuen,
dieser bescheidenen Äufserung des Vf.'s nicht gefolgt zu sein.
Berichtigungen.
In der Abhandlung über den Begriff der deutschen Philologie, im
% Heft dieses Jahrgangs S. 85—96, sind folgende Druckfehler zu ver-
bessern: S. 86, Z. 27 lies: Sitten, Einrichtungen und Gesetze. S. 87,
Z. 3 lies: den leitet S. 87, Z. 16 lies: und so nicht blodB. S. 87, Z. 1
V. u. lies: Diez. $.91, Z. 8 v. u. lies: In nahe Beziehung. S. 92, Z. 18
lies: auf den Dmfang des deutschen Volkes. — Aufserdem ist die Anm.
auf S. 92 zu streichen und statt ihrer zu setzen: Es ist ein völliges
Alissverständnis, wenn man glaubt, Grimm wolle principiell und für
immer die Darstellung der skandinavischen Mythologie und die der
deutschen trennen. Vielmehr ist gerade der Nachweis der nahen Ver-
wandtschaft und ursprunglichen Einheit beider Mythologien eins der
wichtigsten Ergebnisse Grimms. Auch darin hat man sehr Unrecht,
wenn man es als einen Tadel ausspricht, dass Grimm die skandinavische
Mvthologie voHäufig von seinem grundlegenden Meisterwerk ausge-
scldossen hat. Wo die skandinavische Mythologie zur Begründung der
deutschen nöthig ist, hat er sie keineswegs aufser Acht gelassen. Dass
er aber ihre selbständige und ausfuhrliche Darstellung vorlaufig von
seinem Werke ausgeschlossen hat, das ist demselben in doppelter Weise
zu gute gekommen. Erstens weil dadurch die Mythologie der anderen
germanischen Völker, auch in ihrem Unterschied von der skandinavischen
um so ungetrübter zu ihrem Rechte gekommen ist, und zweitens weil
dadurch Kaum gewonnen worden ist für den Staunen erregenden Reich-
thum von Grimms neuen Entdeckungen.
Erlangen. Dr. Rudolf von Raumer.
(Diesem Hefte sind fünf Beilagen, eine kritische und vier literarisrhe,
beigegeben.)
B e i 1 a ip e
zur
Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien.
(XI. Jahrgang, IV. u. V. Heft.)
Hat das griechische Relativpronomen den F-LautP
Ober diese Frage will ich — mit Beziehung auf meineu in dieser
Zeitschrift 1860. I. angezeigten ersten Beitrag zur vergleichenden Ety-
mologie — die Hauptpunctc verzeichnen:
Hr. Prof. G. Gurtius stellte in seinen Gruudzugen der gr. Ety-
mologie I, 364, Nr. 606, den Gebrauch des F-Lautes in mehreren Fällen
als einen misbräuchlichen dar, namentlich auch in der 1854 herausge-
gebenen Lokrischen Inschrift, in welcher Z. 6 /ort steht. «Wenn,'
sagt er, «dies f für das Zeichen eines ursprünglichen F-Lautes gelten
dürfte, würde es die Zusammenstellung des griechischen Relativpronomens
mit Skr. foi u. s w. widerlegen.' ^ Auch A. J. U offmann nahm in
seinen Quaest. hom. keinen F-Laut am gr. Relativum an.
In meiner genannten Abhandlung stellte ich den F-Laut als wohl-
berechtigt und die Scheidung des gr. og vom skr. Jas als nothwendig,
freilich im Widerspruche gegen die allgemeine Meinung der Sprachge-
lehrten, dar.
Darüber heifst es in jener Besprechung 1860. 1.: «Nur das sei
noch zur Gonstatierung der Befähigung des Ilrn. Verf.'s für sprachver-
gleichendc Untersuchungen bemerkt, dass derselbe am Schluss mit grofser
Zuversicht die Verwandtschaft des Relativpronomens off, ^, o mit Skr.
Job, Ja, Jai läugnet.*
Nun bringt nach.mir ein Mitarbeiter an A. Kuhn 's Zeitschrift
für vergleichende Sprachforschung Bd. 8. H. 6, S. 401—408 einen aus-
führlichen Beweis, dass das griech. Relativpronomen den F-Laut habe.
Mehr habe ich nicht zu wünschen. — Auch in einem anderen
Puncte stimmt ein Mitarbeiter an jener Berliner Zeitschrift, in dem ge-
nannten Hefte, nämlich in der Auffindung einer griech. Wurzel nttx,
welche Sehen bedeutet, nahezu mit mir überein.
Haben Forscher ersten Ranges, wie A. F. Polt, Bcnfey, A.
Kuhn meine Forschungen auf dem Gebiete der griech. Syntax in allen
Hauptpuncten bestätigt, so kann auch die diesmalige gänzliche oder
theilweise Zustimmung bewährter Sprachforscher bei mir die Erwartung
bestärken, dass noch andere Puncte meiner Forschungen als richtig wer-
den erfunden werden. Anfänglicher Widerspruch und nachherige Be-
stätigung sind ja die sichersten Zeugnisse für die Wahrheit, welche
zuerst immer für ein Curiosum gilt.
Lemberg. Dr. G. Blackeri.
Erwiderung.
Wer Vorstehendes liest, wird glauben:
1. Hr. flackert habe die Frage, ob das griechische Relatifprono*
men den K- Knut habe, in seiner MhnhAUing ex profesio, uod iwir
einigerranfsen cingelicnd erörtert ;
2. der untorz Verf. der Anzeige seiner Abhandlung habe ledigliek
den rmstand. dass Hr. Blackcrt die Verwaudlschafl des ReUtiprtoomcM
og, rjy 0 mit Skr Jas, Ja, Jai läugnet, und Ewar eben wegen der Ai-
nabme des V- Lautes , als Beweis der Unfähigkeit des Um. BL n
sprachvcrglcicheiulen Lntersuchungen angerührt ;
3. der Mitarbeiter in Kuhu's Zeitschrift (Sa velsberg Bd. VIII, 8.411)
stimme mit Uro. Blackert io der Auffassung des griechiieheD ReliliT-
prouomens im Wesentlichen , namentlich aber in der TrenDung dei Sf
von Jas, überein.
Wenigstens hat die Auseinandersetzung des Hm. Bltekert offenbar
keinen andern Zweck, als diese drei PuDCte den Leseni einturcdeB, nnd
dadurch einen für sich günstigen, für seinen Reccnsenten ungfinstiffCB
Eindruck hervorzubringen. Wer indessen jene drei Pmiote {lauEei
wollte, würde sich gewaltig irren. Denn:
1. hat Hr. Blackert die oben bezeichnete Frage keinesweii tf
pr^fesso und keineswegs Jrgendwie eingehend erörtert. Vielnehr iil
alles, was er über og, tj, o sAgt (S. 16), Folgendem i
«Es bleibt für diese Audi«ulungen '; noch übrig, die gevälwliflbe
Erklärung von dem griechischen articuJus postpositivus ofi, ^, S lulid-
zuweisen. Erstlich *) ist für dieses Pronomen eine Wui^l zu findA
und zwar eine verbale. Mit einem sogenannten PfonomipaUUinii ifl
da'iei nichts auszurichten, vielmehr wird A. Webers Bemwliung« HT-
balo Wurzeln zu Grunde zu legen , ^auf ^ricliligere Bahne» kitou (k'
wübulich hat »«ich zu Griecliischem 09, ij, S, Sanskrit Jos, JA, M^ ^^S^
müssen, und wird auf fal.sclirm Wege zu der Behauptung fortgeichritkii
dass Spiritus asp< r für Sanskrit / stehe. Dagegen liege icb Mb ^
denken, off, ^. o auf das Verbuni toTi\Li*) J^iarjfii zurückzufiibiti; P
r<F]7fi» gehört oQcttü'^i'oQ/im, Sauskrit (ip. Danach ist og der AfWUfsICt
der Wahrgenommene. Dass der Spiritus asper uicbt für Saoikrit/, lor
dern für einen F-Laul stehe, beweist unwiderleglich eine huchrifti )P wel-
cher vor ort Ana sogenannte Digamn^a .steht.* '*) In dcf AqpA. tH'^
nur der Titel ciliert: «Ludwig Bors: Alte Lokrische Inscbrifl vAp Chi-
leion oder Oeantheia mit den Bemerkungen von Oekonoinide^. }8i4.S.i'
Es geht hieraus hervor, dass für Hrn. Blackert di« HaupUi^ i*
der Zurückführung von og auf die Verbal wurzel von faijfif , 094« • ITi
nicht aber in di'm Nachweise bestand, dass og piit Üigamnui aoUal'-
Dass das, was er zur Unterstützung seiner verbalen £ty0iDlogie Bfiki-
bei über den diganimatischen Anlaut von og sagt , keineswegs d^ f'
Laut als ^wohl b erechti gl* und die Trennung des q$ vpn jÜV*^
') Nämlich für die Andeutungen , dass die iouiscbep ywmtu s^
%Qaog von den gewöhnlichen noiog nocog elymologiech gaV
trennen , und jene von Wurzel »0/, diese von Wurzel fmf 9^
leiten seien.
p Diesem ^erstlich* entspricht durchaus kein .zweiten^.*
) So, mit spir. asper. schreibt llr. Bl. die Formel s^ciinab ^
meint damit die zur Erklärung von taaai vorausgc^etzle Fo(*
farifitf die im Dorischen als Caafit wirklich vorkommt.
.nolhweii (lig* erscheinen lasst, hätte er schon (l«mals, als er ilio
denkwürdige Etymologie aufstellte, aus der jetzt von ihm' crtierten Stelle
der Grundzüge von Curtius, S. 364 *) lernen können, und kann es jettt
auch aus den inzwischen erschienenen Orundzugen der grieehischeff
l^autlchre von Christ S. 154 lernen.
2. Angesichts des angezogenen Passus aus Hrn. Bl.'s Abhandlung
wäre ich ohne Zweifel vollkommen berechtigt gewesen, die grofse
Zuvor »i cht, mit der Hr. Bl. die Verwandtschaft des Relativpronomens
og, 5, 0 mit Skr. /w, jä^ /ö/ läui^nel, d ie grofse Zu versieh t,
mit der er das r durch das ^ix% der Lokrischen Inschrift für unwi-
derleglich bewiesen* hält, als einen Beweis seiner Unfähigkeil su
sprachvergleichende» Untersuchungen anzuführen. Allein ich habe erstens
über die Annahme dvs F-Lautes kein Würtchcn gesagt, ja ich habe*
zweitens nicht einmal die grofse Zuversicht, mit der Hr. Bl. die*
Yoc^'aodtsohaft vjOo 09 und ^a« läugnet, für sich genommen a4s
einen Bitweis Heiner Unfähigkeit angeführt, sondern ich habe sie in Ver-
bindung mit der positiven Etymologie . die llr. Bl. für oq aufstellte,
und die ich, was: Ur, BL nnninehr perschweigt, wörtlich citierte,
für einen solchen Beweis ausgegeben. Meine Worte, die jeder auf S.79<
dieses Jahrganges nachleeen kann, lauten nämlich unverkürzt: «Nur das
sei noch zur Gonstatierung der Befähigung des Hrn. Verf.'s für sprach^
vergleichende Untersuchungen bemerkt, dass derselbe am Sehluss mit
grofser Zuversicht die Verwandtschaft des ReKitivpronomens oq j ij , S
mit Skr. Jas, Ja. Jat läugnrt und wörtlich saxt: Dagegen
hege ich kein Bodenkon oe, ^. o auf das Verb um Ttri^fti-
fiarifii zurückzuführen.; zu tarjfAi. gehört o^acoa/o^aa»,
Sanskrit ap. Dauach ist 09 der Bewusste. der Wahrge*-
n 0 m m e n e.>
1b d/er Thal, wer nach dem Erscheinen von Curtius Grundzüge»/
solche Abenteuerlichkeiten vortragt . wie die llerleiiung des 09 von«
taripLt, die Zusammenstellung dieses tarjfii mit b^aco *), endlich die Zu-
sammenstellung von o^aoo mit Skr. af*); wer sodann «kein Bedenken*
hegt* eine solche Etymologie an die Stelle der Zusamaienstellung des
og m\i JaSt die er nur ajigezweifell, nicht widerlegt hat, zu setzen, der
hat Ursache, es als einen unverdienten Euphemismus anzusehen , wenn
man von ihm nichts weiter sagt . als dnss er unfähig sei zu sprachver-.
gleichenden Untersuchungen. Für die Bezeichnung übrigens, die die so.
eben nachgewiesene Unterschlagung meiner Worte, zum Zweck der Her«
vorbringung eines dem Hrn. Bl. günstigen . mir ungünstigen Scheins^
verdient, steht mir leider kein druckfähiuer Euphemismus zu Gebote.
3. Der Leser wird sich hiernach kaum noch wundern , zu hören,
dass Savelsberg mit Hrn. Bl. keineswegs- in der Auffassung des
•) Curtius fährt nämlich nach den von llrji. Bl. ausgeschriebenen
Worten folgendermafsen fort: «Aber da sich t- auch in einigen
andern Fällen misbräuchlich und in einem andern da geschrieben
findet, wo wir auf alles yschliefisen können {TkoLülaJ^o korcyr. Inschr.
Aufrecht ZeiUschrift 1, 118), so dürfen wir uns, wie ich Jahn's
Jahrb. Bd. 71, S. 354 zu zeigen gesucht habe, durchaus nicht,
irre machen lassen."
*J Dass tGaai und Dor. l'caiLi auf W. fid beruhen , konnte Hr. Bl.
aus Curtius Tcnip. und Modi S. 183 lernen, dass J^iS und o^M
nicht verwandt sind, aus Curtius Grundz. S. 82. 83,
•) Weslergaard führt zwei Wurzeln af an, die eine nach cl. 5. /V/*-
tneare occupare; die andere nach cl. 9. comedere, vesci. Welche
mag Hr. Bl. meinen? und wie vermittelt er Form und Bedeutung V
griechischen Relativpronomens, namentlich aber nicht in der Trennung
von og und Jas, deren Zuversicht bei Hrn. Bl. ich gerügt hatte, über-
einstimmt. Savelsberg versucht zwar allerdings den Spiritus asper voo
og aus dem Digamma zu erklären , aber er begnügt sich erstens nicht,
wie Hr. Bl. mit dem /ort der Lokrischen Inschrift als Beweis, son-
dern er sucht Spuren des Digammas von og in den Homerischen Ge-
dichten nachzuweisen, so dass schon in methodischer Hinsicht ein grofser,
dein Hrn. Bl. natürlich völlig unverständlicher, Unterschied zwischen
dem Savelsberg'schcn Aufsatze und der Aufstellung des Hrn. Blackert
ist '). Zweitens aber stimmt Savelsberg mit Hrn. Blackert in dem,
was nir diesen die Hauptsache war, nämlich in der absurden Herleitung
des og von r<r?2fii, o^aos, af selbstverständlich durchaus nicht überein ;
vielmehr hält er an der Ableitung von einem Pronominalstamme fest,
mit der nach Hrn. Blackert «nichts auszurichten* ist; ja er er-
klart sowohl Jas, als auch og aus demselben Pronominalstamme Jka,
kUf hi des Interrogativpronomens, indem er die Formen kvas und Va$
voraussetzt
Ob diese positive Ansicht von Savelsberg richtig ist, ist hier gänz-
lich gleichgiltig. Hielte ich sie für richtig, was ich übrigens nicht thuc,
so brauchte ich kein Wort von dem zu ändern, was ich über Hm.
Blackert's Behandlung des Relativpronomens og gesagt habe. Denn Sa-
velsberg ist soweit davon entfernt, die Trennung von og und Jas mit
Hrn. Blackert für «noth wendig^ zu halten, dass er trotz des digam-
malischen Anlautes anerkennt (S. 408): «dass die beiden eigenthüm-
lichen Formen in einer höheren Einheit ihren gemeinsamen Ursprung
wiederfinden.* Der Leser wird begreifen, dass ein Mann, der, wie ge-
schehen, über Savelsberg's Aufsatz referiert, und dann hinzufügt: «mehr
habe ich nicht zu wünschen,* vollständig unfähig ist, sprachverglei-
chende Untersuchungen auch nur zu verstehen und ihren Resultaten nach
zu würdigen.
Dafür liefert Hr. Bl. im vorstehenden Aufsatze übrigens noch eine
andere eclatante Bestätigung. Legerlotz versucht nämlich in Kuhn's
Z. 8, S. 418 nunttthoi aus einer Wurzel war, sehen, zu erklären, die
er aus den Glossen des Hesychius Iftndtaov j IvHandtaov , ävendra^sv
zu erschliefsen glaubt. Wenn nun Hr. Bl. sagt : «Auch in einem andern
Puncte stimmt ein Mitarbeiter an jener Berliner Zeitschrift in dem ge-
nannten Hefte, nämlich in der Auffindung einer griechischen Wurzel
ntct, welche sehen bedeutet, nahezu (NB! nahezu) mit mir überein,»
so wird jeder glauben, Hr. Blackert habe wirklich eine Wurzel nat auf-
gestellt und diese nahezu auf dieselbe Weise oder nahezu mit dem-
selben Materiale ermittelt wie Legerlotz. Man lese die ßlackert'sche Ab-
handlung über noiog t aocog u. s. w., so wird man die Wurzel nax
vergeblich suchen ; wohl aber wird man finden , dass spaitum nebst
patere, und griechisch dsanotrjg mit der Skr. W. pdf, latein. spec-
zusammengewürfelt sind. Das nennt Hr. Blackert: «in der Auffindung
einer griechischen Wurzel nat nahezu übereinstimmen!»
Hiernach kann man aiich ermessen, welche Bewandtnis es mit der
Behauptung hat, dass Forscher wie Polt, Benfey, Kuhn Blackert's For-
schungen auf dem Gebiete der griechischen Syntax in allen Haupt-
puncten bestätigt haben.
') Freilich ist der Beweis trotz der grofsen Sorgfalt, mit der Savels-
berg ihn führt, keineswegs gelungen. Denn das, was er als
Spuren des Digamma ansieht, erklärt sich ebensogut bei der An-
nahme, dass der Jod -Laut von og zur Zeit der Homerischen
Sprache noch nicht vollständig sein consonantisches Element auf-
gegeben halte; vgl. Christ^ S. 154.
5
Obrigcii:} kann ich zum Schlüsse nur den Wunsch aussprechen,
dass die Leser dieser Zeitschrift die sogenannte griechische Syntax des
Verf. 's und sein Gzernowilzer Programm selbst lesen mögen , um selbst
zu beurlhcilen. ob die als Wahrheiten vorgetragenen Curiosa (z. U. die
Verwandtschaft von %hv mit caeare) Aussicht haben, jemals als Wahr-
heiten anerkannt zu werden.
Giefsen, 29. März 1860. L Lange.
Zu Heft II. S. 142 — 149.
L Das Februarheft für 1860 dieser Zeitschrift enthalt eine Recension
meines Programmaufsalzes *über den sog. Nominativus absolutus bei
Tliukydides' vom Hrn. Alfred Ludwig. ~ Gegen den Hauptpunct der*
selben habe ich folgendes zu erwiedern. Wenn Hr. Ludwig in meiner
Arbeil einen Widerspruch findet, indem er behauptet, ich läuguete an-
fangs die Existenz eines absoluten Nominatives und dränge ihn dann
wieder an vielen Stellen dem Thuk. auf, so beruht dieser Vorwurf auf
einem Misverstandnisse von seiner Seite. An mehr als einer Stelle meines
Programmes, so bes. 8. 5 und 8, — unwahr ist des Hrn. Recens^enten
Behauptung, dass ich nirgends das Richtige ausspreche — habe ich in
unzweideutigen Worten meine nach Hrn. Ludwig's eigenem Zugestand*
nisse, richtige Ansicht über den sog. Nom. abs. dargelegt. Daneben
kommen da, wo ich Stellen aus Thuk. nur in der Weise der so^. abs.
Nom. erklaren will, Ausdrücke vor wie: 'Diese Worte fasse ich als abs.
i^om.' oder *hier statuiere ich einen abs. Nom.' u. s. w. Wer wird nuo
diese der Kürze halber wol erlaubter mafsen etwas ungenauem Wendungen
neben jenen klaren Äufserungen misverstchen und auf eine in Wider-
spruch zerfallende Anschauung von dem Wesen der sog. abs. Nominativ-
construction überhaupt schliefsen wollen? Hr. Ludwig thut es. Und doch
wird er in einem Satze wie: *iCt;^ot; ßaaiXsvovtog tavta iyivBxo die
Worte KvQOv ßaa, dem Schüler gegenüber gegen seine bessere Ober-
zeugiing und Erklärung, dass diese Gcnitivi nichts absolutes sind, son-
dern in der engen Relation einer adverbiellen Bestimmung zu dem Salz-
vcrbum stehen, wol auch absolute Genitive nennen. Ganz ebenso besagen
jene meine kurzen Ausdrücke nur, dass ich hie und da im Thuk. eine
der unter dem Namen der absoluten Nom. gehenden, gleiche Gonstruc-
lion sehe; ich hielt es eben nicht für nöthig, übejall das nach dem S. 5
Gesagten selbstverständliche 'sogenannt' aus der Überschrift meines Auf-
satzes immer wieder hinzuzufügen ; keineswegs aber verrathen sie einen
Abfall von meiner früher ganz bestimmt ausgesprochenen Ansicht über
die Natur solcher Construclionen ; nirgends versuche ich, wie der Hr.
Recensent meint, den Nom. cum participio, statt ihn in die Fugung auf-
zunehmen, zu trennen. — Von den andern Punclen hebe ich nur noch
einen hervor. Hr. f^udwig sieht meine Scheidung, der sog. Nom. abs.,
die auf dem appositioncllen Verhältnisse des Theiles und des Ganzen be-
ruhen, in die vier S. 1 näher bezeichneten Abtheilungen für eine müh-
same und für reine Sache der Liebhaberei an. Ich weifs nur so viel,
dass die von mir behandelten Fälle, durch die Apposition wesentlich zu
einer einzigen grof^en Clnsse p:ehörig, doch nicht alle ganz gleich seien.
Oder sollte es wirklich «illes eins sein, ob der Theil zum Ganzen, oder
umfiekelirt, Apposition ist V Mir scheint es nicht; den Unterschied habe
ich S. 8 (unten) meines l*ro«^rammes anzudeuten versucht. Deshalb hielt
ich eine Sonderung dir Fälle nach irgend einem Gesichtspuucte behufs
der loichtern Übersicht für angezeigt. Ohne Mühe ergab sich mir bei
n$|i.9icex. V^|^eij9h\mg in, dem. Appositioasverbältnis selbst der fiinthei-
lun^sgicundv hk di<{se9^ Y«rhaUiU9. zwisoben dem Gaozen und seinem
Theilo ein auTserliphes^ so dass dfit Hr. Recensenl. die auf dasselbe sieb
gjcundendß Ejii^eilung, als eine solche bezeichnen könnte , welcher nur
rein äurserlicbe Momente zu Grunde liegen ? — M^U* ^u entgegnen« er*
achte ich nicht für nöthig. Am allerwenigsten werde ich mich. ict7.t auf
eine Vertheidi^ung der einzelnen Stellen einlasse^* (Uren CrkläniAg Hr.
Ludwig nicht mit ausreichenden Gründen widerlegt; bisweilen bekämpft
er sie einfach mit nichtssagenden Frage- und Ausrufungszeichen; ich
mufste mich also in der Mehrzahl der Fälle nur wiederholen. — Be-
zeichnend für den Charakter der Recension sind Hrn. Ludwig's Worte
zu 4, 106, 1 (S. 145): *Vo» dam, was der Hr. Verf. über [liv und de
sagt, will ich nichts reden; man muss dergleichen lesen, um zu glau-
^eo» daM es Jenumden AbeibaMP^ eanfalteR kann ; diese Be^korkuAg, die
dfnü Ärgste gl<^uben ipacbi^« gilt o)einer Behauptung, dass^aMd^ft g^anulto
Stella zweiGIMer e^niw^i durch ju^it^. und 9i g<^en^b^r ji^clU w«pden!.
04er um mif; (Jv^kJarljcLt du^ l^'^ife vorwerfen zu l^i^Mieii^ vendreht Hr.
Ludwig mei^ Eikläiung- von 2|^ ^,. ^: *^!u ^tß EmW fa^&e ich die*
Wo^^ xfitgctaßX^^i oifm:, wie t^m^ zu sskgfiiv p^egt,. in^ wtßß^v^ indem
i^b. sie soi^g] fpr das^ ^1^. ^ Jtf9y aj^i för 4i<4 CMjava..{r(¥^^ u,,^ w. als
Prädicat ^fff\\ [^aa. uii^ 4ft) sf) gew^oi^^ei^^ Noo^, dlük,''ß^inoli£
opaOi Ücckijs^ u,> w. EU (kr uxpliq^iKün Med/eutung- /'/i/^M^c/f . .... Aanc
tf^ trapolink efTiclmii^Hd i^o, ^Lh ob ich hier das vec^. opfta ildd^s zu-
gleich für [kri'idipatn ('^ Parliri|) s^u %Bßixat, durch; dio Au^assung ino
%pi,vov, währavüi dus t^cAi ]^]oh von xB%ifcinolig ov0Ch beh^u^et wird»
und. für sog, ub^ ^m. hiül^' ^^ den|3 dps laute Lacheq blpfsi uqtordfü-.
ck^d, weil um. (]cfgl^icli(!ii eine. s«hrVau|i^e. Seite z^i/ h^lKin s^che^nt,
ff^^ CsTt Waa m^fff sich de^ 11^^ Ver^ w.ol unUsr ^i^em. asf^ %oi.vfiv dea-
l^V. 04icr. vp^fc. eAf^om Nofji, aba. , 4er z^gl^cb: <V>fo, ^^vov ii4V-
l^e^tiB,qriit,z. W. iyilouiCek.
Auf die vorsjt,ehu)fl,(;n B/\o)crkfii^geu Hrn. KIpq6ek|s wird folgendes
genijigeu;.
1. Aa mehfereji $Mlen mi^incr^ Anzeige hab<^ ich unumwunden an-
' llr. Ri; ■• • ' ...
ricl^ig (^rkf^t^ (&9 S., i.i^ , ... ua^s,, wo d^r Hr. verr. dz^s. gramn^atiscne
b'^ Seite l^^^s^ii^^^ ngjr den eigenllicben. S^pb verhalt, das., was vorgeht,
e;rl(annt| ^^^ Ürl Kl.' diQ, e i n z,e 1 n.e Stelle richtig versiebt , und den
s^i{ e c i eil ^ i^ ^a|l , sp. weit qr sich.' voq) A,u p t;0 r s e 1 b s,t leiten lässt,
rlclj^ig C|rM^.t, (^9: S*. H^ •*'* ^^^^1. ^^ ^^f Hl'- ^'crf* ^^^ gramn^atische
<fejCleg^ er 'm^jgKl?tb?il8 richtig ufthejlt';. S. 147'.... was er über die
j^D^st bf^ha^ejlß, Stelle^ sagt». *.••• ist iip Ga|izcn richtig'); w,as ich
aU verfehU bezeichnen mus^te, war *di« ReduQi|[;rung,auf dj^ Grammatik'
S, 146 M.itti, *
%, Wenn. Hr. Kl. weiter sagt, «»r habe sich des Ausdrucks Nom.
abs^ an vielen Stelj^n n,ur der l^ürze halber bedient, und es wäre somit
der Vorwuijf des Widerspruches^ ungeijechlf^rtigU so verweisen wir ihn
hinwiederum auf seine Beband|png der Stelle Thuk. 8, 25, 2, wo er die
Worte %ccl avtog TtaaatpiQvric naQtav * mittelst, U(»istrichen a)s absolute
Nominativconstr. von dem Obrigc^n trennt*. Aufserdem unte.rschei4et ja
Hr. Kl. versichiedene Arten» ja sjpgar zwei Vorstufen de>' Nom, abs.; so
muss er dpnn doch wol, ct^yas besonderes sein; denn von dem gewöhn-
lichen Nominativ liefse sich dergleichen wol nicht auch nur crßnden.
Es richtete sich aber unser Tadel weiter noch eiuer.seits gegen die un-
richtige, ungenügende Erklärung w:irklicher (d. h. allgemein als solcher
glO^ljetidciO ^^^' abs. (S. 146.... der Hr. Verf. will eine üngenauigkcil
des Ausdruckes u, s. w., ebenso S. 147 am Ende), anderseits nicht minder
gegen das Strcbtn iirn. Kl. in den einfachsten Stellen trotz Sinn und
Consiruction einen Nom. abs. ausfindig zu machen. Dies trifft Stellen wie
3, 102, 1. (S. 144); 8, 30, 8. (S. 145); 8. 25, 2. (S. 146) u. s. w.
Die Stellen sind ausfuhrlich auf sieben Seiten mit wörtlicher An-
führung von Um. Kl. Worten (seine Abb. ist 14 Quartseilen stark) be->
sprocheii; Hr. Kl. wird hoffentlich nicht behaupten, ich hätte die sieben
Seiten mit Frage- und Ausrufungszeichen ausgefüllt.
Der Vergleich mit dem Genetiv, abs. ist unglücklich. Dieser ist
einfacher Zeitgenetiv, stört also die Fügung so wenig, als irgend ein
anderer einen Nebenumstand gebender Casus, als irgend ein anderes einen
Vordersatz vertretendes Farticip. Beim Nominativ absol. (wie man ihn
allerdings nicht unpassender nennen kann) theilt sich ein und derselbe
Satzcomplex zwischen zweien Subjecten; das Subject tritt in zwei
Formen auf, wie es sich allm&hlich im Kopfe des Schreitenden genauer
pracisiert hat.
Eine Zumuthung des Hm. Verf.'s muss ich noch zurückweisen.
Derselbe bemerkt, meine von ihm citierten Worte: *Was der Hr. Verl
über fiiy und di sagt, müsse man lesen um glauben zu können u. s. w.'
bezieben sich auf seine Bemerkung, dass durch fiiv und di zwei Glieder
einander gegenüber gestellt werden. Es klingt fast lacherlich, so was
auch nur widerlegen zu wollen. Nicht dies konnte ich meinen, sondern
dass Hr. Kl. durch diese Gegenüberstellung sowie durch SXXmg ts %al
einen acc. absol. *bis zur Evidenz erwiesen fand, davon
glaubte ich würde es genügen Act xu nehmen.
Vielleicht findet sich Hr. Kl. durch diesen kleinen Irrthum ange-
regt, meine Anzeige aufmerksam zu lesen. Die übrigen von ihm vor-
gebrachten Puncto will ich in dieser Hoffnung übergehen, und kann es
auch getrost; denn ich habe, zu eingehender Anzeige von der Redaction
aufgefordert, die undankbare Mühe nicht gescheut, den Beweis zu führen,
die Stellen ausgenommen, wo ich es für unmöglich hielt, dass das Rich-
tige verkannt würde.
Wien. Alfred Ludwig.
Erste Abtheil II ng.
Abliandlanfl^en.
a. OvidHu und UvHu.
Schon Neapolta Qiid>N. Heinsius l^ben in ihren Commen«-
taren zu Ovid's Fasti bemerkt, das« in* einzelnen Partien und
Stellen dieses Gedichtes eine offenbare Nachahmung des Livius
hervortrete; später haben Burmann und Gierig noch mehrere
Stellen dieser Art nachgewiesen. Aber so wie wir überhaupt
statt eines entsprechenden Commentar's zu dieser Dichtung nur
eine unvollständige Sammlung von Materialien besitzen, so sind
auch in diesem Nachweise gar manche Stellen, wo offenbare
Nachahmungen vorliegen, fibergangen und wieder andere als
Nachbildungen bezeichnet, welche bei näherer Betrachtung nicht
dafür gelten können. Es dürfte daher nicht überflüssig sein, hier
eine genaue Zusammenstellung der betreffenden Stücke und ein-
zebien Verse zu versuchen, um so die Art und Weise der Be-
nützung des Geschichtswerkes von Seiten des Dichters fest-
zustellen.
Die erste Spur einer solchen Benützung Gnden wir in der
Cacussage I, 548—586, für welche Ovidius sonst in den meisten
Stücken die Darstellung des Vergilius Aen. VIIL 185—272 als
Vorbild benützt hat. Wir wollen nicht auf die Übereinstimmung
von exeussus sonmo (v. 547) mit $omno exeüt$$ (Liv. I, 7, 6)
oder von: Traxerai aversos Cacu$ in antra fero» (v. 560)
mit: aversos boves caudis in speiuncam traxii (Liv. 1, 7, 5)
ein Gewicht legen ; denn solche Anhaltspuncte sind zu schwach,
und an der zweiten Stelle könnte man ebenso gut an eine Nach-
ahmung des Propertius V, 9, 11 {Aversos cauda iraxii in antra
boves) denken. Hingegen dürfte wol nicht zu zweifeln sein,
dass die Worte des Livius 1, 7, 10: ^^Jove nate^ Bereutes,
satve; te mihi mater^ veridica interpres doum^ aucturum eae^
lestium numerum cecinW^ die Quelle für die Schlussverse dieser
Erzählung (v. 583 und 584 : Nee tacef Evandri maier prope
tempus adesse^ Bereute quo letlus int satis ma suo) gewesen
Zeiurhrift f. H. otterr. Oymnas |860 VI. Hon. 28
402
Zu Ovidius u. s. w ., v. h. Schenkl,
V. 197 Una doitms vires et
onus susceperal urbis.
V. 198 Sumunl gentiles ar-
ma professa manu
V. 199 u. 200 Egreditur ca-
siris ') mites generosus ab isdem,
£ quis dux fteri quilibet aplus
erat.
sind. Eine viel bedeutendere Nachbildung iriil in der Erzählung
von der Niederlage der Fabier am Cremera (II, 195 — 242) hervor.
Man vergleiche folgende Zusammenstellung:
Liv. II, 49, 1 famiiiam unam
subisse civiiatU onus ; 49, 4 unius
famUiae viribus Vejenlt populo
pestem minitanUs.
49,4 omnes unius g entis;
49, 3 g entern omnem suam.
49, 3 consui paludaCus egre-
diens in vestibulo gentem omnem
suam instructo agmine videt; 49,4
JSsx et trecen/i mlites — quorum
neminem ducem spermret egre-
gius guibustibet temporibus se-
natus.
49, 8 infelici via dextro Jano
portat} Carmentatis profecti.
50, 3 iruie consitiwn ex re
naium insidits ferocem hosiem
captanüi,
bO,^ haec spes provexit, ui
ad ^önspecta procut a Cremera
magno campt intervatto pecora^
gsiämguam rura apparebant ho^
siium arma, decurrerent,
50, 6 patat/que passim vaga
raperent pecora.
50, 8 quae res et paucitatem
eorum insignem et muttitudinem
Etruscorum ~ fticiebat.
50> 11 Fabii vaesi ad unum
omnes — trecentos sex perisse sa-
tis convenit.
50, 11 unum prope puber em
aetate ') relietum, turpem genli
Fabiae dubiisque rebus poputi Ro-
maui saepe dornt öettique pet ma-
xtmum futurum auxitium *>
V.201 CarmetUisporlae dextro*)
est via proxima Jano,
V. 214 insidias armaque teeta
^rant.
V.. 215 Campus erat, campt
ciaudebatii uttima cott^s, — fn
inedto paucos armentaque rara
-retinguunt.
V. 223 Sic Fabii vattem iatü
discurMus imptent,
V. 229 Quid faciant pauci con-
tra tot mitia forte sf
V. 236 Ad betium ntissos per^
didit una dies (vgl. v. 196).
V. 239— 292 Sam puer impu-
•bes et adhuc non utitis armis
Vnus de Fabia gente reliclus eratx
bittest nt possBs otim tu, Maxi*
me, noßci, Cut res cunctando re-
ititufiuda föret.
') emtris ab itdem tagt Ovid. mit Beziehung auf das folgende
mites gen. Indem namlicb alle mannbaren Fabier zu den Waffeil
griffen, war das Haus dos Goosul K. Falius, welcher der Vertreter
. des ganzen Geschlechtes war, zu einem Heerlager geworden.
'J Es ist auffällig, dass Merkel trotz dieser Parallelslello und dep
treffenden Bemerkungen Beeker's, Handbuch der röm. Alterthümer
(Bd.l, S. 138; vgl. ISiebuhr Bd. % S. 222, Anm. 445, Scbwcgter
11, 1, 529, Anm. 1) auch tu der neuen Teubner'schen Ausgabe
(1866) die Lesart dextra, welche doch leicht durch das folgende
via veranlasst sein konnte, beii>ehalten bat.
•) Vgl. Schwegler 11, 1, 525, Anm. 2.
*) Was den Tag anbetrifft, an welchem die Fabier der List der
Vojenter erlagen, so steht hier bekanntlich Ovidius mit allen an-
deren Schriftstellern (Liv. VI, 1, 11| Tac. Hist. H, 91 ; Plut. Cam. 19)
im Widerspruche ; indem er den 13. Februar als den Unglückstag
Zu Ovidius u*. s. w., v. K. SekenkL iOS
Die im folgenden Abschnitte v. 381 — 422 behandelte Sagt
von der wunderbaren Reizung und Ernährung der göttliche«
Zwillingssöhne zeigt nur ein2^elne Spurren einer solchen Benölzung,
Man vergleiche v. 393 neque enim proceäere poiaunl lof%gim9
mit Liv. I9 4, 4 nee adiri usquam ad iusU cursum poterai am-^
ni»^ v. 411 und 412 Arbor erat. RemanetiC vesligia^ quaeque
voeatur Rumina nunc ficuSy Romula ficm erat mit Liv. 1, 4, 5
ubi nunc ficus Ruminali» est (^Romularem vocatam ferunt).
Viel mehr ist dies bei der unmittelbar folgenden Erzählung voq
der Verklärung des Romulus der Fall. Denn es stimmt der
ganze Gang der Erzählung auffallend mit derjenigen des Livius
überein, Julius Proculus gilt dem Ovidius wie dem Livim
J, 16,5 als ein angesehener und bedeutender Mann (vgl.v. 5i0)
und der Schluss der Rede des Romulus lautet bei Ovidius (v. 508
et patriae artee^ miUtiamque colant) ganz ähnlich wie bei Li-
vius (I, 16, 7 ^^roinde rem mililarem colanP^^). Die Schluss-
bezeichnet, während ofich der gewöhnlichen Tradition diese
Niederlage tu dem Jahreslage der Schlacht bei der Allia er-
folgte, d. i. nach dem julischcn Kalender am 18. Juli (vgl. Nie-
buhr 2, S. 698, Anm. 1179, Schwcgier H, 1, S. 751, Aniki. 3).
In Beziehung auf diesen Widerspruch hat bereits Niebuhr (2, S.222,
Anm. 441) ganz richtig bemerl^, dass Ovidius den Tag des Aus-
zuges mit jenem der Niederlage verwechselt haben müsse. Merkel
(Pfolegg. p. 62) und Sehwegler (S. 752) haben dies bezweifelt,
jedoch mit unrecht Denn Ovidius ist ja in seiner Erzählung
selbst mit sich im Widerstreite. Cr lasst die Fabier mitten Im
Winter ausziehen und an den Cremera gelangen (v. 206 TurbidUi
hi 6er nie ilie fluebat aquii)\ die Gegend aber, wo ihre Nieder-
lage sich ereignete, schildert er uns als eine Sommerlandschafit.
Man vergleiche nur v. 210 ff. Si/vaque tnontanae oc entere
apta feroi. In media parvoi armentaque rata relifiquuni,
cetera virgulli» abdita turöa tatet. Es ist dies übrigens
auch nicht der einzige Fehler, welchen sich Ovidius bei der Be-
arbeitung drr Fasti zu Schulden kommen liefs.
') Vahlen in seinen trefflichen Quaettionee Ennianae (p. 32) nimmt
an, dass io dem ersten Buche der Aanalen des Cnnius, nachdem
die Zwillingssöhne den Fluten preisgegeben worden, ein GOtter-
rath abgebeten wurde, in welchem Jupiter dem Mars die kOnf-
tige Vergötterung seines Sohnes verkündigte. Da aber hiefur kein
. sicheres Zeichen spricht, vielmehr der Umstand, dass Venus bei
Ennius der verzweifelnden llia erscheint, sie Iröstet und über das
Schicksal ihrer Kinder beruhigt (fr- 40 cetera quos peperiHi lU
€Ures), dagegen zu sprechen scheint, so nehme ich mit Neapolis
aD> dass die Götterscene, die bei Ovidius die Erzählung von der
Verklärung des Romulus einleitet und die sich in ganz ähnlicher
Weise Metam. XIV, 806—817 findet, eine getreue Nachbildung
des Ennius enthalte, was auch durch Ilorat. Od. 111, 3, 16 bestätigt
zu werden scheint In diesem Falle würde ich folgende Fragmente
bieher beziehen: fr. ine. 102, üb. I, fr. 43, 44 (mit RücksicIH
auf Verg. Aen. X, 1), dann üb. I, fr. 4ö, ine. 69, endlich fr. ine.
70, wefches ganz gut zu Ovid. F. II, 489 stimmen wQrde.
28*
Zu 0?idiu8 u. 8. w.. Y. K. SchenhL
ersählung des zweiten Buches, welche die Einnahme von Gabii
und den Tod der Lucrelia behandelt, ist, wie schon Neapohs
ganz richtig bemerkt hat, ex LMo ad unguem desumpCa. Wir
wollen auch hier eine Zusammenstellung der beireffenden Stellen
versuchen.
Liv. 1, 53, 1 Nee ut iniuslus
in pace rex , iia dux belli pra^
vus flilt.
53, 4 Gaöios — minime arte
Romana, fraude ac dolo, aggres-
9UM eil.
53,5 Sextui ftlius eine, gui
minimus ex triöus erat,
54, 5 Uague posfquam satte
Vitium coUectum ad omnee cana-
lue videbaty tum ex euis unum
eeieeitaium Romam ad patrem
mUiit, guidnam ee facere teilet.
54, 8 tfrlmaree civitatis — in-
teremit, 64, 10 donee orba eon-
eiiio auxitiogue Gabina res regi
Romano eine Ulla dimicatione In
mmißim iraditur.
■ . 56, 8 ex induetria factus ad
Imitaiianem etuMtiae.
57, 3—8 ubi idparum proeessit,
öMdiane munUionibuegue coeptt
premi kastes. In kie statiPie, ut
fit longo mogle guam acri bello,
eatis tiberi commeatue erant. —
regit guidem iuvenes Merdum
otium eonviviis comisationibusgue
inter se terebant. Forte potanti-
bue Ms apud Sextum Targuinium,
ubi et Contatinue cenabat, incidit
de uxoribue mentio : euam guis-
gue taudare miris modle,
inde certamlnä aeeenso
Conlatinue negat verbie opue
eese — guiny si vigor iuventae
Inest, eonscendimue eguos. -— in--
catuerant vino ^age sane^ omnes.
citatls eguie avolant Romam,
57.9 regiae nurue, guae In
eonvivio luxugue cum aegualibue
viderani tempue terentes.
57, 9 Lucretlam nocte eera
deditam tanae inter tucubrantes
ancitlas in media aedium seden-
iem Invetiiunt.
57. 10 cum forma tum epectata
castitas incUal.
58, 8 hostis pro hospite; 58, 2
exceptue benigne.
V. 686 Ultima Targulnlus Ro-
manae gent/s babebat Regna, vir
iniuslus, fortis ad arma tamen,
V. 690 El Gabios turpt fecerai
arte euos,
V. 691 Namque trium minimue,
prolee manifesla Superbi.
V. 700 u. 701 Jamgue potene
mieso genitorem appeUat amico
Ferdendi Gabios guod eibi man-
eiret Iter.
V. 709 u. 710 Nee wtora prin-
etpibus caeeie ex urbe Gabina
Traduntur ihtcibue moenia nuda
suis.
V. 717 ßrutue erat eiuiti ea-
piens imitaior.
V. 721—733 Cingiiur Interea
Romanie Ardea eignis, Et pail"
iur lentae obsidione moras. Dum
vacat et metuunt hostes commlt-
tere pugnam , Luditur in caetris,
oUamitesagIt, Targulnlus luvenie
socios dapibusgue merogue Aecl^
pii. ex Ulis rege creatus alt:
Dum nos difficills pigro tenet Ar-
tiea bello — Ecguld in officio
torue est soeialis? — Quisgue
euam laudaty etudiis cer^
iamina crescuntj Et fervent
muUo linguague corgue mero.
Surgli cui dederat darum Cölla-
iianomen: ^Non opue est ver-
bie ^ credtte rebue* alt *Nox
euperestt tollamu^ eguie Vrbem-
V.739U. 740 Ecce nurum re-
gle fttele per coUa coronle In-
venhmt poslto pervigllare mero.
V. 741 u. 743 Lucretia nebat,
Lumen ad exiguum famutae data
penea trakebant.
V. 763 u. 765 Forma placet —
H guod corrumpere non est.
V. 786 u. 787 Uostis, ut Jkospes,
Mi peneiratia Coltatina. Coml-
ler excipiiur.
Zu Ovidlos u. 8. w., V. K, Sekenki.
V. 792 Nox erat ei toia Ht-
nUna nulia domo.
T. 795 Ferrum j Lticretia, me-
cum Sei. Naius regii TarquHuui-
gue Ufguor.
V. 803 posids wguentur pe-
eiora pa/mis.
V. 805 iHitai amant Aosüs
precibue, preUogue mMsque.
V. 811 Quid Victor gaude$7
T. 835—843 Bnttui adeet —
Fixaque semiamimi eorpora tela
rapit, Stiiittntemque tenens pene-
roto sanguine euitrum Sdidii im-
popidos vre minanle softost *Per
tibi ego AuHc iuro ftfrtem ca-
stumqtte cruorem -- Targuinium
profuga poetuu cum sOrpe da-
turum!
V. 848 £i eeeum lacrima^.H^
vidiamque trakit. v. 849 BriUiui
clamore Quiritet Concitai. '
58, 2 poiiquam satie tuta circm
sopitigue omnee videöaniur,
58, 2 Sex. Targuinius «mii
ferrum in manu eet.
58, 2 sinistrague tnanu muiie^
ris pectore oppreseo,
58.2 Targuiniui fiiieri amo*
rem, orare, miscere preeitUM
wUnae.
58, 5 TarguMui ferox expU"
gnaio decore muiieöri.
59, 1 ßrutue ^ euitrum ex
toinere imcretiae extractum ma-
nante cruore prae se tenene: ^per
Anne, inguH, caetiuimum ante
regiam iniuriam sanguinem iuro
— me P^ Targuinium Saper&um
cum iceierata eoniuge et omni
iiäeroram stirpe ferro igni gum-
cumgue dekinc vi pouim, ex»
secuiwam!
59. 3 concientgue miracuio rei
novae.a/gue indignitate kominee.
Brutus caMiigaior taerimarum ai»
gUe inertium guereiiamm aueior-
gte, güod vtros deeeret, armm
capiendi adversue Moetitia aueoe»
Wenn uns nun der zweite Gesang der Fasli eine grobe
Anzahl von derlei Nachbildungen offenbart, so finden ivir in den
folgenden Büchern nur wenige, vereinzelte Anklänge. So erinnert
111, 52 (In eicea pueri destituuntur humo) an Liv. 1, 4, 6 (cum
fluitantem aloeum tenuie in sicco aqua deetituieeeO ^ v. 63
und 64 (ßaepe domum veniunt praedonum sanguine tarti, Ei
redigunt actos in eua rura boveä) an Liv. 1, 4, 9 {in latroneo
praeda onuslos Hnpetum facere paetoribueque rapta dividere)^
v. 213 und 214 (Crineeque resoivunC Maestaque funerea cor^
pora veste tegunt] an Uv. I9 18, 1 (crinibue paeeie scissague
veete). Im vierten Gesänge stimmen die Verse 815 — 817 (aiter
adit nemoroH saxa Palati i Alter Aventinum mane cacumem
iiiit. Sex Remus^ hie volucree bis sex videt ordine) mit Llt."
1,6,4; 7, 1 (^Palatium Romulus^ Remus Aventinum ad inau^
gurandum templa captunt. Priori Remo augurium venisse figr»
tur sex miltures — cum duplex numerus Romulo sese osten^
disset). Endlich finden sich noch im sechsten Gesänge in der
Erzählung von dem Horde des Servius (v. 587 — 610) deutliche
Spuren der Benützung des Livius. Man vergleiche v. 591 und 592
(^Vivere debuerant et vir meus et tua coniunx^ si nultum au-
suri maius eramus opus) mit Liv. 1,47,8 (sin mif^us^ eo nunc
peius mutala res estj quod istic cum ignavia est scelus)^ v. 597
solio phvatus in alto sederat mit Liv. 1,47,8 (Jn regia scde
i$$ Zq TacHus^. u.; s., w.. v.y AT. Sehmkh
pt^e curia sedenä), v.605 lacrimis auriga profusis reHUÜ mit
Liv. 1, 48, 6 (reftiCiC pavidut. atque inhibuU frenos is i/ui iu-^
menta agebat% v; 609 dicius SceleraCuB ab ilia vicus mit Liv.
I, 48, 7 (Sceleratum vicum vocant).
Mag nun auch unter dem angeführten vielleicht manches zwei-*
felhaft oder unbedeutend er£Qheineri, es ergibt sich doch mit
Sicherheit, dassOvidius bei der Behandlung desselben Stoffes nicht
blofs einzelne Zage und Ausdrücke entlehnt, sondern auch zu-^
weilen den ganzen Gang von Erzählungen, wie er bei Livius
erscheint; beibehalten und nur diejenigen Un^änderungen vorge-
nommen hat, welche bei der poetischen Behandlung als dringende
Nothwendigkeit erschienen. Es ist übrigens bezeichnend, dass
fScfa diese Nachbildungen durchaus nur auf das erste und zweite
Buch des Livius erstrecken und da, wo Ovidius Dinge behandelt,
welche in späteren Büchern des Livius berührt werden, sich
keine Spur einer Ähnlichkeit auffinden lasst« Denn das erste und
Ikeihfveise auch das zweite Buch des Livius tritt ja durch seine
wundervolle, wahrhaß dichterische Darstellung vor den anderen
^eit hervor. Und dass dies der grofse Dichter durch seine
Nachbildung anerkannt hat, ist gewiss kein geringes Lob für
Livius. Deshalb sollte wol dieser Umstand in einer römischen
Litdralurgeschichte nicht fibergangen werden. Endlich sind diese
Bemerkungen auch für die Beurtheilung der Darstellung und des
Stiles des Ovidius nicht ohne Interesse. Man hat bisher in all-
zureichlichem Mafse die schöpferische Originalität dieses Dichters
bewundert. Eine genauere Untersuchung wird zeigen, dass auch
er im einzelnen vielfach von Vergilius, Lucretius, Tibullus und
Propertius abhängt. Freilich darf man bei ihm kein mühevolles
Zusammensetzen und Einordnen des entlehnten voraussetzen;
^eine Nachahmungen sind Früchte einer ungemeinen Belesenheit
und eines sehr treuen Gedächtnisses ; sie sind nicht ängstlich ge-
sacht, sondern gewiss oft dem Dichter selbst unbewusst entstanden.
b. Zu TacUui' Attn^cHi ßucä i und 2,
Die folgenden Bemerkungen betreffen Iheils die Kritik, theils
^ Erklärung einzelner Stellen des ersten und zweiten Buches
yon Tacitus' Annalen, und sind Ergebnisse der Vorlesungen,
iVelche ich über diese Bücher im Wintersemester 1859 gehalten
habe. Dass ich bei diesen Erörterungen hauptsächlich auf die
Nipperdey'sche Ausgabe (2. Aufl. 1855) Rücksicht genommen,
wird bei der Bedeutung, welche dieselbe für Texteskritik und
Erklärung hat, gewiss Billigung finden.
Zu Ann. ], 15 Negue populus ademptum ins queslus eH
ni»i inani rumore bemerkt Nipperdey: Jmani rumore 'nach
leerem Gerede.' Es gieng das Gerede das Volk beklage sich :
das Volk that es aber nicht. ^' Gegen diese Erklärung inuss man
zu Ttfcitufl( u. IB. w.^ V. K. SckenkL 407
tiAw^nden, dass erstlich eine solche AblkitivconstniGlion, wie sie
hier angenommen werden müsste, ohne alles Beispiel dastehe
tweitens der Ausdruck gue$tu$ ese nUi und das Beiwort IvtniM
noihwendig tiuf die tisherige Deutung : ^mit leerem Gemurmel^
hinweisen. Der Ablaiiv steht hier in ganz gleicher Weise wie
m qmri rauco siridore bei Ovid. Met. 14, 100. Was die ur-
sprüngliche Bedeutung von rümor anbetrifft, so hat Lubker in
Kiots'a Handwörterbuch dieselbe ganz richtig bezeichnet, nur bat
er nicht den etymologischen Zusammenhang mit rdniB, rmt^euM^
ru'ä'O^ ru'ff''i0y griech. G>-pt;-o/Kat , m-pv-y-ij, ij-Qv^yov
(Ygl. Pott Etym. Forsch. 1,218) angedeutet. Aufiser dieser Stelle
erscheint noch rumor in seiner ursprünglichen Bedeutung Ann.
3,29 iseeundo rumwre, vgl. Verg. Aen, 10,266). Cbrigens ist
es merkwürdig genug, dass Bötficher in seinem Lex. Tac. unsere
Stelle nicht einmal unter rumor anführt und auch bei Citierung
von Ann. 8, 29 nicht die eigentliche Bedeutung, welche riimor
hier hat, hervorhebt«
Die Stelle Ann, I, Mi Pöstrema promptU iam et aiUs $€*
didoni» miniaifis erklärt N^ ^«nachdem sje schon (im allgemei-
nen) bereit und Andere (als die, webihe blols bereit waren)
Heirer zum Aufruhr waren.^' Die Beispiele^ welche zur Recht-
fertigung dieser Interpretation angeführt werden, wie c. 6S Cme'»
cinae easira meiari in foeo placuie^ ut opus ei aiii proelium
incipereniy scheinen mir niclit vollkommen entsprechend zu sein.
Denn das Eigenthümliche derselben besteht darin, dass der Salz
so begonnen wird, als ob er sich auf das Ganze beziehen sollte,
und nachträglich noch eine Bestimmung hinzutritt, aus welcher
man ersieht, dass auch die crstere Aussage nur von einem Theile
des Ganzen gilt (ganz ahnlich im Griechischen, z. B. Xen. Cyr.
1, 4» 22 u. ö.). Im vorliegenden Falle aber bezieht sich prompHs
jedenfalls auf das vorausgehende deferrimum quemque und mit
alHs wird ein neues, keineswegs schon in prompCis enthaltenes
Moment hinzugefügt. Doch warum sollte man nicht viel ein-
facher und natürlicher a/iis $, mimslris als das Subject des
Abi. abs. auffassen können? aliie steht, wie gesagt, nicht mit
Beziehung auf Percennius, sondern auf delerrimum quemque^
so dass wir die Stelle übersetzen müssen: ^<Zuletzt, als schqp
auch andere Milhelfor des Aufruhres bereit waren.*' Tacilus wili
sagen: Endlich da die Ansteckung im Lager weiter um sich ge*
griffen halte und Percennius nicht mehr blofs über den Aus-
wurf, sondern bereits über eine bedeutende Anzahl der Soldaten
verfügen konnte. Nur bei dieser Erklärung treten die Worte
poslremo und iam in ihrer eigentlichen Bedeutung hervor.
Ann. 1, 19. Agfjerebalur nüulo minus eaespes, Ualm em-
pGehlt die Besserung Walther's ^^aggerabatur^^ mit den Worten:
(iCaespiCem congeslum esse iam supra c. 18 dictum esty ma-
gisque conoenil iis qnac acquuntuv vcrbum aggcrandi quam
loa 2u Tacitus u. 8. w.^ v. AI SehenhL
adgerendu Quo aeeedit qvod Medkeus primus semper habei
adgtrere (2, 57; 3, 67), adgestus (], 35), adgredi^ nusquam
aggerere etc.^^ Doch im Torausgehenden heifst es nur: Simui
ebngerunt eaespitea, exstrwtni Mbunal, woraus wir ersehen,
daas einige Rasenstücke herbeischleppten, andere dieselben auf-
schichteten. Auf dieses eongemne bezieht sich nun aggerebatur
und deutet an, dass trotz der Ermahnungen des Blasus die Arbeit
unausgesetzt gefördert wurde; das exslruere wird nicht beson-
ders er>iähnt, da es sich aus dem aggerebatur von selbst er-
gibt. Was endlich den letzten Grund anbelangt, so bedenke man,
das« doch im cod. Med. I. die Schreibweise öfters zwischen Assi-
milation und Nichtassimilation schwankt, z. B. in adpeilo neben
appeiio (4, 2, 65 u. ö.) und somit eine definitive Entscheidung
nicht möglich wird; auch Baiter's Bemerkung: ^9ed offendie asH-
mUaÜo agg. inter verba adceierabo ei adcreveraP> ist nicht
entscheidend ; denn wer kann bestimmen, was hier dem Schreiber
des Codex und dem Schriftsteller selbst zuzuschreiben ist? —
Im folgenden gibt der cod. Med. iamque paeiori eiusque ad*
ereveralf was man theils in peeiori usque^ theils in pecCori
ehu uMgue umänderte. Könnte man nicht mit bloiser Trennung
der überlieferten Zeichen schreiben : ^^peetari ei u$que^^ 9 So hat
Linker in dieser Zeitschrift QN, S. 292) das Ann. 1, 11 über-
lieferte rariae diseerebai richtig jn varia ediaaerebai verbessert.
Ann. I, 36 ei rnUea nomine CaiuaidiuM airicium obiuHl
giadium^ addUo acutiorem eaae. Man sollte doch in einem Com-
mentare mit einigen Worten auf den bitteren Hohn aufmerksam
machen, welcher in diesem acuiiorem eaae liegt. Der Soldat
will damit sagen, dass er im Kampfe sein Leben auf das Spiel
setzen müsse, während der Imperator das seinige schonen und
daher sein Schwert ruhig in der Scheide lassen könne. Darauf
scheinen sich auch besonders die folgenden Worte : ^^mali moria^>
zu beziehen.
Ann. I, 41 schreibt N.: «iVo/i floreniia Caeaaria neque
auia in caairia aei velui in urbe vicia faciea; gemituaque ac
pianUua eüam miiiium aures oraque advertere^^^ und fügt die
Bemerkung hinzu : <<iVoii faciea^ Ausruf des Schrinstellers, welcher
zum Vorhergehenden im Verhältnis einer Apposition steht. Zu
dem Gliede »ei — faciea ist nicht wieder Caeaaria zu denken:
es ist allgemein 'ein Bild, wie es in einer besiegten Stadt vor-
kommt'.*> Durch diese Erklärung wird aber der ganze Zusam-
menhang gestört. Aus den Schlussworten des vorhergehenden
Capitels ersehen wir, dass Germanicus selbst mit seinen Freun-
den die abziehenden Frauen begleitete und dieselben zur Eile
drängle; schon dies deutet auf eine Verbindung von faciea mit
gemituaque ac pianclua hin, welche auch durch die Wortstellung
und durch aurea oraque empfohlen wird. Ferner ist es nicht
recht denkbar, dass bei der scharfen Entgegenstellung des veiut
Zu Tacitus u. s. w.^ v. K, Sehenhi. 409
in urbe vkta zu suis in castris das zweite Glied allgemein za
fassen sei, sondern die ganze Anordnung drängt dazu auch hieher
Caesaris zu beziehen. Warum soll nun dieser gekünstelten Er-
klärung gegenüber m'cht die ursprüngliche einfache ihr Recht be-
halten? Man übersetze: «Die Erscheinung des Caesar, der nicht
im Glänze seiner Macht, nicht in seinem Lager, sondern gleichsam
in einer besiegten Stadt zu weilen schien u. s. w.^^ Der Vergleich
ist ganz passend ; denn auch in einer eroberten Stadt suchen die
Bürger ihre Weiber und Kinder zu flüchten und drängen die
Weinenden zu gröberer Eile (vgl. c. 40 quae simul irahe^
banlur). Die Conjectur von Pluygers (Spec. emend. in C. T.
liöros priores Leyden 1869, p. 2) negue quae suis in casCris
verdient keine Beachtung.
Ann. 1, 42. Coniugem el liberos meosy quos pro gioria
vestra Hbens ad exilium offerrem^ nunc procui a fiirenlibus
summoveo, Hiezu bemerkt N.: ^JUberos meos^ auGser Caliguia
die beiden in Rom befindlichen Nero und Drusus. Zu den bei-
den letzteren passt aus summoteo nur der allgemeine Begriff des
Femhaltens. An das Kind, mit dem Agrippina schwanger gieng,
zu denken, wäre übelangebrachte Spitzfindigkeit^ Um diese Er-
klärung zu verwerfen, bedarf es nur einer richtigen Beachtung
der Worte: nunc procut a f. summoveo; wer kann wol hier
an die in Rom weilenden Söhne denken? Ob übrigens die Be-
ziehung von liberos auf den kleinen Caius und das noch unge-
borene Kind wirklich so spitzfindig sei , als N. meint, wird man
leicht bcurtheilen können, wenn man C. 40 poslremo uCerum
eius ei eommunem filium multo cum flelu amplexus (vgl. c. 59
subieelus sereiiio uxoris Uterus') und in unserem Capitel das
Folgende: neee occisus Augusii pronepos^ interfecia Tiberii
nurus nocentiores pos faeiai vergleicht.
Ann. 1, 52. Gaudebat (Tiberius) oppressam sediiionem;
sed quod largiendis pecunüs et missione festinala favorem nU"
Htum quaesivisset y bellica quoque Qermanici gioria angebatur,
erklärt N. folgendermafsen : «Er hatte darum geworben, weil
Germanicus in seinem Namen handelte und er seine Zugeständ-
nisse bestätigen musste.'^ Aber können wol die Worte : missione
festinata favorem militum quaesimsset auf Tiberius be-
zogen werden? Deutet nicht das zu den beiden Ausdrücken,
sowol zu dem durch quod eingeleiteten Salz als auch zu dem
Ablalive bellica O. gioria gehörige angebatur darauf hin , dasa
wir auch bei quaesimsset nur Germanicus als Subject denken
können? Der Schriftsteller hat das Subject des abhängigen Satzes
absichtlich für den Zusatz bellica quoque gioria aufgespart, um
es hier mit vollem Nachdrucke hervortreten zu lassen.
Ann. 1, 59 nie delectus Tiberius erklärt N. delectus ^jxkxa
Herrscher durch den Staat erkoren, wie sich Tiberius den Schein
gab*> und vergleicht c. 7: dabat et famae ut vocalus elec^
410 Zu Taoitus u. s. w., v. K. Scketihl.
tM^gue polius a re publica videreCar quam peruxoHum am-
kUUm et sefUU adoptione inrepsüse. Wir entgegnen hier mit
denselben Worten, mit welchen Fr. A. Wolf die Erklärung
Gronov'«: «zum Thronerben erkoren'^ zurückgewiesen hat: Quid
hiHS ad heroem öarbarum? forli hellandique perico sese fbr-
iiorem fert. iniellige ergo cum Freinshemio ex oplimis elecium
petendo hello. Man muss sich erinnern, dass nach der Nieder-
lage des Varus Tiberius 763 u, c den Oberbefehl am Rhein er-
hielt (vgl YelL II, 180, 1, Suet. Tib. 18, Dio Cass. LVI, 23),
und somit derjenige war, dem man in dieser Gefahr die Be-
schutzung der Reicbsgrenze anvertraute. Diese nähere Bestim-
mung von deleciue ergibt sich leicht aus dem ganzen Zusammen-
hange. Hätte Tacilus etwas anderes im Sinne gehabt, so würde
er nicht deleclue so einfach hingestellt haben. Übrigens bemerkt
Walther ganz gut, dass deleclue dem folgenden inperiium
aduleecenlulum gegenübersteht.
Ann. 1, 7.4 schreibt N« Sei Marcellum ineimulabant statt
des überlieferten Sei üf. ineimulahai^ mit dem Bemerken, dass
das vorhergehende nur vom Hispo verstanden werden Jiönne, der
aecusalor in den nächsten Worten aber Crispinus sei, wie auch
das folgende Addidil Biepo zeige. Aber mit ineimulabanl würde
nicht das folgende deUgerel aecusalor obieelaretque reo stimmen,
wofür wir deligerenl obieelarentque erwarten müssten; auch ist
mir nicht bekannt, dass aecusalor und subscriplor irgendwo so
in einen Plural zusammengefasst werden, abgesehen davon, dass
die Mithilfe des Hispo erst im folgenden ausdrücklich bezeichnet
wird. Unter solchen Uiqstanden muss man den Satz : Nam egens
u. s. w. parenthetisch aulTassen. Er ist eine blofse Digression,
Dach welcher der Schriftsteller mit Sed Marcellum u. s. w. zur
Hauptsache zurückkehrt und dann insimulabat an das vorher-
gehende postulamt anschlielst. Ebenso wenig scheint mir eine
andere Yermulhung Nipperdey's zu billigen, welche den Schluss
unseres Capitels betrifft. Er nimmt hier an dem Ausdrucke
poenüenlia paliens lulit Anslofs^ da man weder ferre allein in
der Bedeutung 'ertragen', noch paiienlenh ferre ^ sondern nur
jl^aHenler ferre sage, endlich auch die Freisprechung nach der
•Aufwallung des Tiberius ohne seine Initiative nicht denkbar sei«
Die Construction von ferre in der Bedeutung: ^<sich gefallen
lassen» mit folgendem Acc. c. Inf. findet sich ebenso Horat. Epod.
1$, 13 Nam si quid in Flacco viri esl^ \on ferel assiduas
poliori te dare noctesy was den Gebrauch des Adjectivum statt
des Adverbium anbelangt, so verweise ich auf das Lex. Tacil.
p. 87 und bemerke, dass an unserer Stelle auch noch der Ablativ
pocnüenlia auf diese Construction eingewirkt hat; endlich wolle
man bedenken, dass Tiberius früher erklärt hatte se quoquc
in ea causa lalurum senlentiam und nun, seine Unvorsichtigkeit
bereuend, bei der Abstimmung sich jedweder Äußerung enthält.
; Z\i Tacilu3 1). s, \v., V. K. acketiki: 411
^Asni I, 79 sphlagt N. slall des überliererten refigionei
$9eiorum: rHigione» maiorum voi:, indem er zur Begründung
anfährt, dasa darunter die Bewohner der Provinzen nicht ver-
standen werden könnten , weil für sie die Flüase Italiens teiü^
vaterländischen (patrii» amnibuM) waren, und es gar nicht glauln
lieh erscheine, dass sie dieselben je verehrt haben; aber auch
von den Anwohnern der Flüsse könnte das Wort nicht verstan-
den werden, da dies^ allerdings früher $ocU^ aber damals seit
einem Jahrhundert und theilweise 9uch noch früher römische
Bürger waren, somit von ihren Nachkommen odei: Nachfolgern
Qiin^öglidi ibcii genannt weYden konnten. Ge'wiss kann sota nur
von den Anwohnern der Flüsse verstanden werdeu ; der Ausdruck
aber scheint hier gewählt zu sein, um an die Vertrage zu er-*
innem, durch welche sie socii der Römer geworden waren und
in welchen ihnen ihre Autonomie garantiert war« Ich vermuthe,
dass er eine wörtliche Entlehnung aus einer im Senatspro locoUe
verzeichneten Rede ist.
Ann. 2, 6 verdächtigt N. mit Recht den zwischen Slliui
und Ciecina aufgeführten Nanlen Anteiiis, d|i!eben diese Stel-
hing und die Unterlassung der Angabe des . Vornamens darauf
hhiweiat, dass hier eine bedeutende und bekannte Persönlichkeil
bezeichnet werden solle; ein Anteius wird aber zu dieser Zeit
sonst nicht genannt. Dagegen hat die Besserung Apronius, welche
N. vorschlagt, manches Bedenkliche. Urlichs meint, dass Anteius
einer Dittographie aus dem vorhergehenden d Antio seinen Ur«-
sprung verdanke. Ist nicht vielleicht richtiger anzunehmen, dass
Anteius ans einer Randglosse Anteio entstanden, welche die sinn«*
lose Überlieferung Cantio verbessern sollte? Auf eine solche
Vermuthung konnte ein Leser des Tacitus leicht verfallen, dn
der Name Anteius Ann. 18, 22; 16, 21 vorkommt.
Ann« 2, 8 Claais Amisiae relicta laevo amne; erralum*
que ffi 00, quod non subeexU CransposuiC miUlem dextrad in
terras üurum. Diese vielbesprochene Stelle dürfte sich meiner
Meinung nach am einfachsten so herstellen und erklären lassen.
Amisiae kann, wie N. richtig bemerkt, nur als Name des Flusses
und als von laeoo amne abhängiger Genetiv gefasst werden,
Die Construclion hat gar nichts auffallendes, und die Voranstel-
lung des Genetives erklärt sich dadurch, dass Tacitus hervor-
heben will, die Flotte sei im Flusse selbst, nahe bei der Mündung
desselben, stationiert worden (denn im Vorausgehenden war nur
uMque ad Amisiae flumen gesagt worden). Hiezu verhält sich
l^eüQ amne gewissermaßen als eine nähere Bestimmung. In dem
folgenden Satze scheinen die Versuche, subvexU oder tranapoeuit
für Einschiebsel zu erklären, verfehlt. Wenn man die beiden
Verba im Verhältnisse zu einander betrachtet, so sieht man leicht,
dass transposuic die Folge des subvexiC ist; Tacitus bezeichnet
es als einen Irrthum, dass Germanicus nicht mit der Flotte, den
412 Zu Symmachus u. s. w.^ v. K. Schenhl\
Strom hinauffuhr und dann das Heer mitten im feindlichen Lande
an das rechte Ufer übersetzte. Dieser entsprechende Sinn lässt
sich nun leicht durch ein zwischen die beiden Verba eingefugtes
ae herstellen. Übrigens scheint der Tadel des Tacitus wohlbe-
gründet zu sein. Bei diesem Feldzuge kam es insbesondere darauf
an, die Feinde ungerustet zu überraschen; dies hätte leicht auf
die eben bezeichnete Weise geschehen können, wahrend der mehrere
Tage dauernde Brückenbau, der auch nach einer Landung am
rechten Ufer in Angriff genommen werden konnte, alles dies zu
nichte machte.
Ann. 2, 13 erhebt N. gegen die überlieferte Leseart: per
teria per iocos eundem animum die Bedenken, dass ioei von den
Soldaten durchaus nicht zu der Person des Germanicus passten,
wie sie Tacitus 2, 72 schildere, und dass, wenn beim Germa-
mcus vom Bewahren der gleichen Gesinnung die Rede sein soll,
Scherz und Ernst ein schwacher Ausdruck sei, und schlägt dann
vor eundem in anhnum zu lesen. Wir. wollen uns nicht auf die
Vt^iderlegung dieser Besserung einlassen, sondern die Überlieferung
zu erklären sucheo* Die Worte besagen, dass Germanicus im
Ernste und Scherze sich gleich blieb, dso, wenn ich mich so
ausdrücken darf, ei hilariiatem graviiaie ei graviiaiem camiiaie
iemperabai, Allzugrolser Ernst ist für einen Feldherm nicht
passend; er muss sich dem gemeinen Mann nähern, mit ihm
nach seiner Weise verkehren können, ioea atque seria cum hu*
millumis agere^ wie Sallustius Jug. 96 von Sulla sagt. Und
jener Xenopbontische Kyros, den ein Scipio als das Ideal eines
Feldherrn betrachtete, scherzt er nicht oft im Augenblicke der
Gefahr mit den Kriegern, und sagt nicht Cicero von ihm (adQ.
Fr. 1, 8, 28) cuius summa gravitas ab illo phihsapho cum
singulari comiiate coniungiCur? In einer allgemeinen Charakter-
schilderung des Germanicus wäre der Ausdruck bedeutungslos,
in der Charakteristik des Feldherrn und zwar im Munde der
Soldaten ist er von höchster Bedeutung.
c. Die Exeerpte aus den Briefen des Symmachus in dem Speculum
historiale des Vinceniius Bellovacensis.
Auf diese Exeerpte, welche der Dominicanermönch Vin-
ccntius von Beauvais (gest. 1264) in seinem Speculum historiale
lib. XXI, c. 14 millheilt, hat, soviel ich weifs, zuerst Th. Ob-
barius in seiner Ausgabe der Bücher de consolalione philo-
sophiae von Boelhius (Jena, 1843, p. 38, not. 26) aufmerksam
gemacht. Die Herausgeber des Symmachus hatten wol mehrfach
Citate aus dessen Briefen bei millelallerlichcn Schriftstellern an-
geführt, diese gröfseren Exeerpte aber gänzlich unbeachtet ge-
lassen. Obbarius hält mit Vincentius von Beauvais diese Stellen
für Reste von den Briefen des jüngeren Symmachus, des Schwie-
Zu Symmacbos u. s. w., ▼. J*. Sekenki. 413
genraters des Boethius, was freilich kaum glaublich Uingt.
Denn man braucht nur das erste Stück aus der Briefsainmiung
des älteren Symmachus durchzulesen, um sich zu fiberzeugen,
dass diese Stellen Excerpte aus den Briefen jenes berühmten
Vertheidigers des sinkenden Heidenthums sind. Dies hat nun
auch Suttner in seinem Programme : ^^Boethius, der letzte Römer^^
(Eichstätt, 1852, S. 21, Anm. 28) richtig gegen Obbarius be-
merkt, aber eine eingehende Untersuchung dieser Auszuge ist
noch nie vorgenommen worden. Ich gebe daher im folgenden
den Text des bezeichneten Capitels nach der undatierten editio
prineeps (vgl Ebert 1, 1082 ff.), indem ich durch die beige-
setzten Zahlen die Briefe andeute, aus welchen die mitgetheilten
Stellen entlehnt sind, und in den unter den Text gestellten An-
merkungen die Übereinstimmung der Lesarten in den Excerpten
mit denen der bisher verglichenen Handschriften bezeichne.
G. 14. De apnmaeh^ FtOrMo Boeiii »ocer9 et dictU eins.
Sigebertus (in Chronicis ann. 502, vgl. Hon. Germ, bist.,
Tom. VI Script., p. SlS)r mEodem tempore Symmachus Pa^
Meius rem publicam (Romanäm)*) illuitratHt et cum eo gener
ein» Boetius vir conmiarie^ congpieuui in utraque lingua {et
praeetans) eruditiane amnium Uberalium arlium, quas paene
amnes a Oraeco in Latinum transtulit et exposuit.^^ Scripsit
auiem Symmachus epistolarum tibrüm unum^ de quo paucas
istas notabiles sententiolas Mc excerptas suhieci.
Omnis ostentatio non caret suspicione mendacii, quia
quiequid assumitur^ proprium non putatur (I, 1 ed. Sciopp.
Mogunt. 1608).
Faeü affectio tenerior^), ut sit querela proclivior (l^^i).
Moltis est animus diligentis et ad omnem sensum do^
loris arguitur*)) si negligentius tractes^ cito marcescit^) ut
rosoy si durfus teneas^ tiquescit^) ut lilium^) (1,84).
Laetitia loquax res est atque ostentatrix sui (1,37).
Semper natura gaudet aequalibus et familiäre sibi est
omncy quod simile est (1, 43).
Natura rerum est^ ut qui balbutiunt plus loquantur;
affeetant enim copiam sermonis pudore *) defeetus (1, 76).
*) Die eingeklammerten Wörter, welche sich in allen Handschriften des
Sigebertus finden, fehlen in der genannten Ausgabe dos Yincentius.
') Alle Codd. tenerior affectio,
*) Alle Codd. argutus.
*) Gto marcescil cod. Bertin. Vat. 11, c. marcescet cod. Bamberg,
c. marcet cod. Div., c. muicet codd. Fuld. Boss. ed. Argcnt. I,
c, mucet ed. Frob.
*) liguet cod. Bamberg, ed. Prob., candet et liquet ed. Argent I,
Itvet cod. Div.
*) cQuidam codd. Ut lilium^ cd. Jur. II ; gew. ut iilia,
0 Alle codd. copiam pudore.
414 Zu SyiJiinacluis u. s. tv,^ v. /f. SckenhL .
Ouomm me/M honesta eity imbecHIa'') frons est (I, 90):
Jti4t/a conieclura esCj quae de atnicorum pondere et
aeBHmatione colUgltur (2, 16).
Pro optimii viris quisquis intercenil^ non magit illorum nide^
iur iueare commodum^ quam suum commendare iudicium (2, 29).
Levatur aegritudine animuSy quoUens in officia amica
mrigUur (2, 82).
Minus est aiiemtm sentenliam spernere^ quam a propria
äieerepare (2, 91).
Odi in pareo corpore longa velamina\ iUa^ veetis de*
eenler ütduitur^), quae non Crahit puiveremnee in humum^^)
dimista **) caicatur (3, 10).
Seio senes ad eapeecendum lahorem iegnes fieri ''), sed
qufß ereecunt nitia cum tempore (3, 13), apUuM e$t negotiis
inlimandie**) vivae eoda inditium (3,80).
Supereacanei ktboris est '^) commendare conspicuos '^),
ut 8i in 8ole positiv fäcem praeferas (8, 48).
Ex meo animo metior *') amieüidm non posse sentire
officiorum satietatem (8, 61).
In re apertä piget esse prolixtsmi in arduis autem re^
bus ^^) muUum t>alet longiör ^^) diiigentia (4, 59).
Re Vera omnis affeclio impatiens est eliam ^^) iustae et
iegitimae *^) tarditatis (ö, 80).
*) AJle codd. est eorum imbeciHa\ ed. Argent I eorum et imbecüiiL
*) Alle codd. ^Ula enim vestts* und so schreibt auch die Douayer
Ausgabe des Vinc. (1624).
*) decenter induitur cod. Bamberg., ed. ArgcnL 1, cd. Frob., d, in-
dutui est cöd. Div., decens inäti/ui est ed. Ven.
'0 Aurni cod. Bamberg.
") Alle codd. demissa,
") Wie schon die Zahlen andeuten, sind hier, mag nun Vincentius
dies so io seiner Handschrift gefunden haben oder mag es durch
seine oder seiner Herausgeber Unachtsamkeit geschehen sein, zwei
nicht zusammengehörige Sätze zu einem sinnlosen Ganzen ver-
bunden. Übrigens finden sich die Anfangswoiie in allen lland-
schriflen in folgender Gestalt: Seio lentos ad capessemium labo-
rem senes fteri nur mit der Aussnahme, dass ed. Prob, taäore^
und ed. Argent. L eapescendum hat.
*") Ebenso die bekannten codd.; nur cod. Bamberg, negoctis ifUi^
tnandis mutuo, ed. Jur. II negociis mutuo intimandis.
'*) SHpervacanei iaboris est ed. Frob,, Supervacaneus labor est ed. Yen.,
Superforanei labot4s est co6, Div. Pith. II. Bamberg, ed. Argent. I.
'*) Alle codd. conspicuos; nur cod. Bamb. conspicatos.
'•) Alle codd. metior; nur ed. Argent. I meliar,
) Auch hier sind zwei gar nicht zusammengehörige und durch ein^
langen Raum von einander getrennte Sätze eines und desselben
Briefes mittelst einer kecken Änderung (/» arduis auttm rebus
multum valet statt : mullum enim talei eiusmodi in rebus) zu
einer Einheit verbunden.
*•) longior codd. Div. Bamberg., largior edd. Argent. I. Frob.
'•) impatiens etiam cod. Div. edd. Argent. I. Frob.
*°) ei leg. cod. Bamberg., ac, leg. ed. Argent. I, ac leg. est cd. Frob.
Zu Symmacbus u. s. w., v. K. ScAeMki. 415
Mediocribus scripiis omicorum benigniCäs seil favere^
aiiorum auiem inüidia ^*) nescit ignoscere (6, 80).
Patriam defeciu aümentorum iaboranUm *') perieulo-*
gum e$i inhabilare'f crudele el impium*^) deserere (6, 18),
Non deest nobis '*) %uu» adversa tolerandi) fu»m erebro
Mum ferre foriunae didicimus (6, 22).
Sieut *^) in veslUu hominum eaeteroque vitae euUu ioco
ae eempori apta sumunCur , Ua ingeniorum varieiaM in fami^
Uaribus »criptis negligenliam guandam debei Hnitariy in foren*
8ibu$ auiem acuere '*) arma facundiae (7> 9).
Bimis familiäre est »tudia bona^'') cumulare^ quorum
gratiam sentiuni non perire (4, 72).
Hit Rücksicht auf den Umfang der Excerpte und die bei-
gegebenen kritischen Anmerkungen stellt sich nun- folgendes
heraus. Die Handschrift, welche dem Vincentius vorlag, enlhiBU
eine ahnliche, nur etwas vollständigere Auswahl, wie sie die von
mir verglichene Bamberger Handschrift und derjenige Coäejt
zeigt, welcher der Stralsburger Ausgabe von 1610 zu Grund^
liegt. Briefe des zehnten Buches fand^ sich in dieser Samm-«
hing entweder gar nicht oder, wenn etwa, dergleichen vorhanden
waren, so waren es solche, wie in der Stra&burger Ausgabe
p. 46 und 47, und entbehrten jeder Cberschrift. Die berühmt«
relaCio de ara VicCoriae, welche sich sonst öfters am Schlüsse
solcher Sammlungen Tindet^ wie z. B. In der Bamberger Hand^
Schrift, fehlte hier ganz sicher; denn sonst . liefse sich der Irr«
thum des Yincentius, dass diese BrieCsammlung dem jüngereij
Symmaohus angehöre, nicht erklären. Was den kritischen WeiÖk
der Handschrift anbelangt, so war sie für die Constituierung des
Textes ebenso bedeutungslos, wie der Bamberger Codex, ja iht
Text war jedenfalls noch mehr verderbt und entstellt. Übrigens
hat sich Tincentius, wie aus den Anmerkungen erhellt, keines-
wegs getreu an den ihm vorliegenden Text gehalten, sondern
manches nach Gutdünken geändert. Man ersieht hieraus, dass
diese Excerpte gar keinen Werth für die Kritik haben.
Übrigens ist der bereits gerügte Irrlhum des Vincentius
um so auffallender, als er sich in dem Chronicon des Sigebertus
leicht hätte Rathes erholen können. Denn dort heilst es bei dem ^«.
") Alle codd. alienorum invidia.
•") Alle codd. graviter taöoraniem.
") Alle cod. ivtpium ei crudele,
'*) nobit und didicimus sind eine willkürliche Änderung des Vincen-»
lius statt vobis und didicistiSy um dem Satze eino selbstandigcro
Form zu geben.
") Alle codd. tu.
'') acuere cod. Bamberg, cd. Argent. I; guaiere cod. Div.
*'') siudia bona cod. Bamberg, ed. Argoot. I; siudia benigna cod.
Div« ; bona siudia bat die Douayer Ausgabe.
416 Zu Piatons Ladies u. s. w., v. St. Cholatn.
J. 407 (p. 305): ^Jinter quos praecipue Symmachus oralor
/urebatj qui etiam scripCis epistolis agebat de idolalria
et de repetenda ara Victoriae.^^ In der Douayer Ausgabe wird
am Rande bemerkt: ^Jiarum epistolarum autorem non esse
Symmachum virum Optimum iudicat Onuphrius in commen-
tarii$ in Pastos, sed alterum quendam impium et idolorum
wttUtatis paüronum^ qui pro restituenda idololatria ad Valen-
tinianum librum edidit.^^ Um so unbegreiflicber ist es, wie
Obbarius den Irrthum des Vinc^ntius Iheilen konnte.
Innsbruck. Karl Schenk!.
Zu PlaUm's Lackes i8? E,
Die Stelle lautet: Ov p,ov doxetg sidivai otiy og ccv iy-^
yvtata ZmxQotovg jj AoVjo, Söxsq yivBi, xal xlfjöiä^jj dcaXe-
yofisvog xtl. So finden sich die Worte in allen Handschriften
bis auf die Stellung des av, und für iyyvtaxu geben zwei mit
der Vulgata iyyvtdtto. Die verschiedenen Erklärungen und Ver-
besserungsversuche dieser Stelle kommen vor bei Slallbaum in
der Anmerkung zu derselben. Im Jahrg. 1860 dieser Zeitschrift
H. III. S. 177, wurde von Prof. K. Schenkl eine neue Änderung
der Stelle gegeben.
Meist hat man an SöitsQ yivsi Anstols genommen, mir
scheint yivsi. nach Weglassung von Xoya äöitBQ ganz passend
zu sein; koym ist auf keine Weise zu erklären. Ich berufe mich
auf die auch von Engelhardt und Held verglichene Stelle in der
Apologie 80 A. Da heilst es: xavxa xal veardgc) xal ngsa-
ßwig^j oro av ivzvyxavm^ tcoct^Oo^ xal ^ivay xal dötä^
ftaXXov de Totg dötotgj odm (lov iyyvtiQo iaxs
yivsi. Etwas ähnliches scheint die Stelle im Laches auszu-
drücken, gleichsam als ob Nikias hätte sagen wollen : Wer immer
von den Athenern u. s. w. Dass die Stelle der Apologie auch
von |/i/f> spricht, hat gegen unsere Ansicht nichts beweisendes.
Ich verkenne nicht, dass die Stelle auch so etwas schwieriges
behält, indessen kann man dieselbe in der überlieferten Gestalt
nicht erklären und ist eine Auslassung nothwendig, so wird man
natürlich dasjenige beibehalten müssen, was doch irgendwie einer
Erklärung fähig ist. — Was auf die citierte Stelle der Apologie
aus des Sokrates Leben Bezug hat, ist hinlänglich bekannt und
stimmt auch mit der Stelle des Laches, wenn man die von mir
angegebene Änderung vornimmt, vollkommen überein. Ich ver-
weise hier auf Kriton 52 B, welche Stelle ganz umständlich das-
jenige bespricht, was die aus der Apologie citierte, ferner Pha?dr.
230 C f, und Henon 80 B. Auf welche Weise übrigens die
Worte koym äansQ in die Handschriften gekommen sein mögen,
kann ich nicht enträthseln.
Krakau. Steph. Cholavn.
Ober lat u. griech. Leclüre u. s. w., v. i. Wiikeim. 4tf
Ober die Behandlung der lateinischen und der
griechischen Leetüre an dem Gymnasium.
Der nächste Zweck der lateinischen und der griechischen
Leetüre ist auf allen Unterrichtsstufen im allgemeinen derselbe:
Verständnis des Gelesenen^ dann eben dadurch und durch Ver-^
werthung des Gelesenen Förderung der Sprachkenntnis und der
verhallnismäfsigen Fertigkeit im Gebrauche der Sprache. Waa
die Schule zu Ihun und zu meiden hat, damit dieser Zweck
und durch ihn zugleich das im Gymnasialplane vorgezeichnele
Ziel des Unterrichtes erreicht werde , ist L aus der richtig auf-
gefassten Instruction zu entnehmen, wobei auch II. fertige Ober-
setzungen, III. commentierie Classikerausgaben, IV. abwechselnde
Leetüre zweier Schriftsteller, V. Umfang der Leetüre in Betracht
kommen.
I. Für die lateinische Leetüre werden, wie für den Unter-
rieht in der lateinischen Grammatik, drei Haupislufon unter-
schieden: die zwei untersten, die zwei mittleren, die vier oberen
Classen.
In den zwei untersten Classen ßllt die lateinische Leetüre
mit dem grammatischen Unterrichte zusammen. Die erklärten
und übersetzten Beispiele des Lesebuches sind zu Übungen in
der Sprache zu benutzen, und zwar in der ersten Classe
anfangs zuerst durch mündliche Rückübersetzung derselben Sätze
in das Lateinische, indem sie der Lehrer in der Muttersprache
vorsagt; dann durch mündliche Übersetzung der dieselben Vo-
cabeln in andern Verbindungen enthaltenden Sätze in das Latei-
nische. Die Übungen der letzteren Art haben sich auch auf die
deutschen (in der Muttersprache gegebenen) Beispiele des Lese-
buches zu erstrecken. Sobald die in der Neuheit liegende Schwie-
rigkeit überwunden ist, wird wörtliche Rückübersetzung in der
Regel nicht mehr erfordert. Präparution ist ausgeschlossen; denn
alles Neue ist den Schülern zuerst in der Schule vorzufuhren.
In der zweiten Ciasse werden die Übungen im Obersetzen
und Rückübersetzen geänderter Satzformen forlgesetzt. Die vor-
gelegten Sätze für diese Übungen müssen aus Wörtern der
gelesenen Beispiele gebildet werden; daher ist z. B. senecitUem
eolere debemus keine passende Übung zu dem Satze seneciuM
ipsa est morbus^ der übrigens nur einfache Declinationsütung
zulässl (z. B. morbi senectutit^ Die Übungen sollen ferner, wo
es sich um Einübung der Declination handelt, nicht auf das
Verbum beschränkt werden; daher sind z B. an den Salz: /ah-
damus mililem fortem^ nicht laudo^ iaudaCis^ laudant militem^
sondern laudamus miiites forte» ^ laudatur mite» foriin^ lau-
dnntur militea^ laus milHum fortium als Übungen anzuknüpfen.
ZriiKchrin f. d. ö»terr. Oymnas. l860 VI. Ifeft. 29
4ta Ober lat. u. griccb. Lecture u. s. w., \. Ä, Wilhelm.
Die Salze für die Übungen müssen endUch kurz sein; denn es
handelt sich um möglichst viele und rasch fortschreitende
Übungen unter reger MitbeschäfUgung der Classe durch ab-^
springende Fragen an einzelne Schüler; dies aber lässt sich durch
lungere Sätze nicht erreichen, weil dieselben theils wegen des
Umfonges, theils wegen der mehrfachen grammatischen Beziehun-
gen nicht von den Schülern überblickt werden können und ibrt
Bearbeitung so viel Zeit erfordert, dass der dürftige Gewinn für
den Zweck verloren geht, der Unterricht langweilig wird und
die Thätjgkeit der Schüler ermattet. Praparation tritt erst all^
mählich, und zwar als regelmäfsige Forderung in dem letzton
Theile des Schuljahres ein. Org. Entw. S. 23, 104, 105, 106.
Ausgiebige Übungen unter steter Mitbeschafligung der gan*
zen Classe bei strenger Beschränkung auf die Unterrichlsaufgabe
und festes Vocabellernen sind die Bedingungen des wirklichen
Erfolges^ der nicht erreicht wird, wenn auch nur eine derselben
unvollständig erreicht werden sollte.
Wie die lateinische Leetüre in den zwei untersten, so wird
-die griechische in der 3. und 4. Classe behandelt.
Bei der lateinischen Leetüre in der 8. und 4. Classe steht
die Rücksicht auf die Sprache, im Obergymnasium die Rücksicht
auf das Gelesene voran« Für beide Stufen gelten bozü^lieh der
Behandlung der Leetüre im allgemeinen, dieselben Forderungen,
die sieh auch auf die griechische erstrecken (Org. Entw. S. 1 16, III).
Die allgemeinste Forderung ist, dass der Unterricht bei der gröfs-
ten Klarheit alle für den Zweck in Betracht kommenden Thätig-
keiten in möglichster Kürze vollständig umfasse. Die Schwierig-
keilen hiebei können nur überwunden werden, wenn eine be-
stimmte Ordnung eingehalten wird, die vor Unvollständigkeit^
Unklarheit, Zerfailenheit des Unterrichtes und vor Zeitverlust
sichert. Es sind daher vor allem die zur Vollständigkeit er-
forderlichen Thätigkeiten nach den zwei Hauptrücksichten : 1. di-
reete Vermittelung des Verständnisses und 2* mittelbare Förde-
rung desselben, streng zu trennen.
Die nothwendigen Thätigkeiten für die erstere Hauptrück-
sicht, welche unmittelbar zum Verständnisse fuhren, sind nach
der von der Sache geforderten und im Org. Entw. S. 111 vor-
geschriebenen Ordnung: \. Lesen, 2. Übersetzen, 3. Erklären.
Dazu können, und müssen je nach Beschaffenheit der behan-
delten Stelle, noch kommen die im Jahrgange 1858 dieser Zeit-
schrift S. ö92 und ö93 angeführten Thätigkeiten, welche dem-
nach bedingt nothwendig sind. Ob eine oder einige dieser Thä-
tigkeiten und welche von ihnen, in welcher Beschränkung und
in welcher Form sie Anwendung finden sollen, muss der Lehrer
ermessen, der stets und überall und ohne Zeitverlust das rich-
tige und treffende zu thun und zu sprechen hat. Es ist über-
flüssig zu bemerken, wie sehr hiezu Geübtheit und Taet und
Ober lal. u/ griccbr Lcctürc u. 8. w.> ¥. i. Wilhelm. 419
sorgfältige Vorbereitung erfordert wird. Dasselbe ist der
Fall bezuglich der Erklärung, die (Org. Entw. S. 111, 112)
in aller Kürze das enthalten muss, was zur Vermittdung voll-
standiger Auffassung nothwendig ist, nichts mehr und nichts
weniger. Dass gegen diese Forderung, wenn nicht alle Bedin«
gungen der Erfüllung vollständig vorhanden sind, vielfach ge-
fehlt werden muss, ist offenbar. Keine Erklärung ist es,
wenn man die Worte des Schriftstellers zu be-
quemer Anknüpfung von allerhand grammatischen
Bemerkungen benutzt (Org. Entw. S. 112, 118), z. B.
Themisloclesj quae regi pollicitua erat^ praeslare non poiuti^
^<ob hier gm ausgelassen werden könne!» ~ finis et Galii$
territandi et pacendi fiut Romanis ^ ^^nach welchen Wörtern
der Genitiv des Gerundium stehe!» Richtig wäre in dem letzten
Beispiele die Frage, warum hier der Genitiv des Gerundium
stehe; dergleichen Fragen aber werden durch die Darlegung dea
grammatischen Zusammenhanges meist überflüssig gemacht. Es
kann nicht dringend genug ennnert werden, dass die Erklärung
stets von der Darlegung des nackten Satzes (Haupt-
satzes) ausgehen soll, und dass die Schüler anzuhalten und zu
gewöhnen sind, den grammatischen Zusammenhang, wo er nicht
schön offen vor Augen liegt, stets von selbst und unauf-
gefordert blofs zu legen.
Oft besteht die Schwierigkeit für den Schüler nur darin,,
dass ihm der grammatische Zusammenhang nicht klar ist, z. B.
erat eo tempore Scytharum regina Tomyri$; in allen Fällen
aber ist die Darlegung des Zusammenhanges die erste Bedin-
gung des Verständnisses, und ohne dieselbe die ganze Erklärung
2;ielios zerfallend und ungenügend. Nicht blo& um einzelne
Worte und CSonstructionen handelt es sich: der Satz muss auf-
gefasst werden. Aber die Erklärung eines Satzes ist vollendet^
wenn der' grammatische Zusammenhang nebst allen Worten und,
Beziehungen und der Sinn des Ganzen richtig und vollständig
aufgefasst ist; was weiter hinzugethan wird, ist. gefehlt und
kann nur dazu dienen, dass das Verständnis wieder verdunkelt
und die Aufmerksamkeit von dem vorliegenden Satze abgelenkt
und zerstreut wird. Die goldene Regel, deren richtige und
sichere Anwendung durch Vorbereitung und Übung erlernt wer-
den muss, heilst: bei dem Satze bleiben.
Von den zur zweiten Hauptrücksicht gehörigen Thälig-
keiten, welche das Verständnis mittelbar fördern, sind die aus-,
fuhrlicheren Sacherklärungen und die Verwerlhung durch Heraus-
hebung von Phrasen und Rückübersetzungs-Dbungen näher zu
würdigen.
Die ausführlicheren Sacherklärungen sollen sich nicht über
das Bedürfnis hinaus erstrecken. Es ist wenig daran gelegen,?
ob die Schüler diese oder jene Notiz wieder vergessen und wie,
29*
420 Ober lat. u. griech. Lecture u. s. w., v. ^4. Wilhelm.
viele Notizen sie überhaupt im Gedächtnisse haben; daran aber
18t alles gelegen, dass die Lecture von ihnen vollständig aufge-
fasst und gründlich verarbeitet werde. Da die sogenannte reale
Erklärung auf das allergeiingste Mininuim für den jedesmaligen
Bedarf zu beschränken ist, so folgt von selbst, dass sie nur
mündlich gegeben werden kann, weil nach Verschiedenheit der
gelesenen Stellen sowol als der Bedürfnisse der Schüler Inhalt
und Mals derselben verschieden sein muss. Hiemit kann auch
von der Zulässigkeit eigener Compendien, welche das für das
Gymnasium erforderliche Hafs von Realien in übersichtlichem
Zusammenhange enthalten sollen, keine Rode sein, weil es ein
solches Hals nicht gibt und die Schüler am Gymnasium nicht
£. B. Alterthumskunde lernen, sondern nur aus dem Gebiete
dieser Disciplin bei vorkommenden Anlässen das mitgetheilt er-
halten sollen, was zum Verständnisse dieser oder jener Stelle er-
forderlich ist.
Die Vcrwerthung des Gelesenen durch Heraushebung von
Phrasen und Rückübersetzungs-Obuagen ist in den mittleren und
oberen Cla^scn zur Vollständigkeit des Unterrichtes und des zu
erzielenden Erfolges ebenso unerlässlich , wie das Abfragen der
Vocabeln und die im Org. Entw. S. 106 angedeuteten Übungen
in den unteren Classen. Die Verwerthung ist anzuwenden nach
Vollendung der Erklärung entweder eines längeren Satzes oder
eines kurzen Absatzes; sie kann bei der lateinischen Lecture
sich auch auf lateinische Fragen aus dem Gelesenen erstrecken,
in der Regel aber ^oll sie in Obersetzungsübungen bestehen,
wobei auch auf früher gelesene Capitel oder Partien zurückge-
gangen werden kann. Die aus dem Texte zu entnehmenden
Sätze sollen auch auf diesen Unterrichtsslufen, da es sich eben-
falls um möglichst viele Übungen handelt, verhältnismäfsig kurz
sein, jedoch allmählich bei fortschreitender Geübtheit der Schü-
ler länger und schwieriger werden, aber niemals zu schwierig.
Dabei selbstverständlich rege Milbeschäftigung der ganzen Classe.
Z. B. Interea et Darius^ quum bellum infttaurarei, in ipso
belli apparatu deredil, relicUs multis filiis (in der 3. Ciasse) —
bellum intlaurare bellum instauralum ent^ Darius bellum in-
ßfauraturus erat, belli apparalu» , Dan'ui in ipso belli appa-
ratu deeessiCj Darius mullos filios reliquit^ der letzte Satz
imssiv gegeben — deutsch vorgesagt und sieben Schüler rasch
fMich einander gefragt. Die Übungen sind , wie das Vocabelab-
fragen stets, auf allen Stufen in der Regel bei zugemachten
Büchern vorzunehmen. Es muss jedoch nicht nothwendig
Jeder einzelne Satz so behandelt werden.
Wie ungemein wichtig die Verwerthung der Leetüre ist,
kann nicht verkannt werden. Denn 1. den Schülern werden die
Formen und Constructionen des Textes durch wiederholte Vor-
führung in verschiedenen Wendungen bekannter und geläufiger
Ober lat u. grwcb. Lecliire u. g, w., v. i. Wiikeim. ' 4tl
und es wird ihnen daher der Text selbst bekannter und ver-
standlicher. 2. Die Schüler gewinnen durch diese Übungen an
Sprachmateriale , weil sie von dem wiederholt Gehörten doch
manches merken, was sie dann bei sich darbietender Gelegenheit,
namentlich in den lateinischen Aufgaben freudig anwenden.
8. Dadurch wird zugleich das Interesse für die Leetüre erhöht,
weil die Schüler, um unvollständig gemerktes richtig anzuwen-
den, die Stellen des Textes, welche Aufschluss geben, nachlesen.
4. Die Praparation wird eine genauere und ein dringendere, weil
die Schüler sich auch für diese Übungen von selbst und eifrig
vorbereiten. 5. Die Schüler gewinnen nicht nur an Geübtheit im
Ausdrucke überhaupt, sondern es ist diese Verwerthung das
einzige Mittel, wodurch verhaltnismäfsige Fertigkeit im freien,
namenth'ch lateinischen Ausdrucke, erzielt werden kann« Denn
da der Stoff, der den Schülern zur Übung ihrer Kräfte in An-
wendung der bereits erworbenen Kenntnis vorgelegt wird, ihnen
sowol dem Inhalte als dem Ausdrucke nach bekannt ist, so
gehen die Übungen mit raschem Erfolge von statten, mit dem
immer besseren Gelingen wächst das Vertrauen in die eigenen
Kräfte und die Sicherheit in freier Bewegung, und die hiedurch
gesteigerte Lernlust äu&ert sich in eifrigerer und ausdauernder
Thätigkeit; während Übersetzung fremder Sätze viel schwieriger
ist und kaum die besten Schüler allmählich zu verhaltnismäfsige r
Fertigkeit und Leichtigkeit im Gebrauche der Sprache führt.
Wenn über Mangel an Fertigkeit namentlich im mündlichen Ge-
brauche der lateinischen Sprache geklagt wird, so ist eine
Hauptursache davon in Unterlassung oder unzweckmäfsiger An-
wendung dieser Übungen zu suchen, deren Wichtigkeit bisher
überhaupt bei weitem noch nicht allgemein anerkannt worden
ist. Die Entschuldigung, es fehle für die verlangten Übungen an
Zeit, heilst nichts anderes als: es fehlt an GeschlcklichkeiU
Sichere Gewandtheit in richtiger Behandlung derselben ist uner-
lasslich ; und es muss nur noch beigefugt werden, dass die rich-
tige Behandlung keineswegs leicht^ durch Vorbereitung und Übung
Jedoch erlernbar ist.
Die Benutzung der Leetüre für den Zweck der Wieder-^
holung grammatischer Regeln und der Befestigung der gramma-
tischen Kenntnis so wie für Pensa und Compositionen gehört in
das Gebiet des grammatischen Unterrichtes, daher in die gram-
matischen Stunden. Davon sind jedoch zu unterscheiden die
Hinweisungen auf grammatische Regeln, deren kurze Recapitu-
lierung zum Verständnisse der vorliegenden Stelle noihwendig
ist; nur diese Hinweisungen gehören zur Leetüre.
IL Zwei Momente bezeichnet der Org. Entw. S. 1 1 1 als
für den Zweck der Leetüre besonders wichtig: erstens dass die
Thätigkeit der Schüler für die Leclüre durch vorherige Präpa-
rtiion beansprucht werde, weil liicdurch allein der Schüler all-
ktt Ober lat ir. gricch. Leetüre u. 8. w., ▼• i. WUheim^
Itoählich zu Belbständiger, ihn erfreuender Leclüre ohne Hilfe
ton Lehrer, Commentar oder Übersetzung er-
starkt; dann dass die Spannung der Aufmerksamkeit durch
die Erklärung erhalten und dass , als zu einem befriedigenden
Abschlüsse, zu einer treuen und geschmackvollen Übersetzung
gelangt werde. Der Schlusssatz dieser Stelle und die Bemerkung
S. 113, dass das Ergebnis der Erklärung eine treue und ge-
schmackvolle Übersetzung sein müsse, sollen nicht so misver-
standen werden, dass die Übersetzung als Zweck der Leetüre
anzusehen sei. Die Übersetzung ist, wie die Erklärung, nur eines
der Mittel zum Verständnisse, weil sie das Gelesene durch Dar-
stellung in der dem Schüler geläufigen Sprache deutlich macht;
sie ist aber auch zugleich Probe des Verständnisses, weil sie nur
nach erlangtem Verständnisse möglich ist und desto tieferes Ein-
dringen in das Verständnis des Textes und die Eigenlhümllch-
keiten beider Sprachen erfordert, je genauer sie sein soll. Die
letzlere Rucksicht ist es hauptsächlich, welche von dem hohen
Werthe der Übersetzung überzeugen muss, wenn die Über-
setzung, wie der Org. Entw. verlangt, das Ergebnis der
eignen Thätigkeit der Schüler ist*
Wird dieses Verhältnis der Übersetzung zu dem Zwecke
d( r Leetüre aus den Augen gelassen und die Übersetzung selbst
als Zweck hingestellt, so enSallt mit dem aufgegebenen höheren
Ziele der Antrieb zu tieferem Streben, die Übersetzung verliert
Ihren Werth, die Erklärung ihre Bedeutung, und die Leclüre
sinkt zu oberflächlichem und mechanischem Tagewerke herab.
Denn mit der wie immer zu Stande gebrachten Übersetzung, die
den Sinn des Textes mehr oder weniger wörtlich wiedergibt, ist
dann die Hauptsache abgethan ; alles übrige, was abgerissen und
planlos nach mechanischer Gewohnheit etwa noch bemerkt wird,
erscheint als unwesentliche Zuthat, und ob einzelne Schüler in
das wirkliche Verständnis des Textes nach allen Beziehungen,
das keineswegs immer in der, wenngleich richtigen Übersetzung
hervortritt, eingedrungen sind, bleibt unentdeckte Zufälligkeit*
Die Folge davon kann keine andere sein, als dass die Schüler,
\rcnige etwa ausgenommen, ihre Thätigkeit blofs auf die Erlan-
gung der Übersetzung richten; und ist dieses der Fall, dann
Wäre es in der That zu wundern, wenn nicht auch fertige
Übersetzungen eifrig: gesucht werden sollten. Gewiss lässl
sich der oft beklagte Misbrauch fertiger Übersetzungen so wie
die Beschränkung der Präparation auf die Übersetzung nur da-
durch erklären, dass die Schüler mit der Übersetzung alles ge-
than zu haben meinen und die Schule diesem Wahne wider Wissen
und Willen Vorschub leistet, indem sie neben der Übersetzung
die übrigen Thätigkeiten zu wenig hervorhebt und das Zusammen-
streben aller Thätigkeiten zum Versländnisse als dem Zwecke
der Leetüre nicht klar und kräftig genug ersichtlich macht«
Ober lat u. giieoh. Lecture u. s. w., v. i. Wiihitm. 49S
Dies geschieht namentlich stets, wenn man in unrichtiger Auf-
fassung der Stelle S. 114 des Org. Entw. die Widerholung der
Lection auf die blofse Obersetzung beschränkt. Dem Obd kann
nur die Schule abhelfen: durch ausdrückliche Belehrung über
den Zweck der Lcctüre und am gewissesten durch gründliche
und vollständige Behandlung derselben nach den gegebenen An-
deutungen. Es ist nur noch beizufügen, dass die Schüler anzu-
halten und zu gewöhnen sind, stets wörtlich zu übersetzen
und auch, wo wörtliche Übersetzung nicht durchaus zulässig
ist, von derselben auszugehen.
IIL Man hat in der Absicht, die fertigen Übersetzungen
zu verdrängen, commentierte Classikerausgaben em-
pfohlen. Gewiss hat nebst dem Einflüsse des seit den letzten
Jahren gebesserten Unterrichtes auch die Verbreitung commen-
tierter Ausgaben zur Verminderung des Absatzes jener Waare
beigetragen ; ob man aber nicht durch das Mittel, wodurch man
das vorhandene Übel beseitigen wollte, ein gröiseres herbeige-
führt hat, wird sich zeigen. Denn fertige Übersetzungen wer-
den von vorzüglichen und strebenden Schülern, deren einige
doch jede Classe zählt, verschmäht und nur von dem trägermi
Theile der Schüler als verbotenes Hil&mittel gebraucht, während
die commentierten Ausgaben für alle Schüler erlaubt sind. Es
ist nun zu entscheiden, ob durch den Gebrauch commentierler
Ausgaben der Zweck der Leetüre gefördert werde.
Die commentierten Ausgaben enthalten gewöhnlich zwei
Abtheilungen von Erklärungen: Einleitungen zum Ganzen und
Anmerkungen zum Texte.
Einleitungen, und zwar möglichst kurz auf das Noth-
wendigste beschränkte, sind nur gerechtfertigt, wo ohne Einlei-
tung das Schriftstück nicht verstanden werden könnte und das^
was die Einleitung zu geben beabsichtigt, nicht aus dem ge-
lesenen Schriftstücke sich entnehmen läi^st. Dagegen sind solche
Einleitungen, welche sich auf Angabe des Inhaltes der zu lesen-
den Schrift in was immer für einer Form und Ausdehnung er-
strecken, schwerlich zweckmäfsig.
Das Gold, welches in den Schriften der alten Classiker
aufbewahrt ist, wird nur demjenigen zu Theil, der es durch
eigenes Suchen selbst findet; und je mühsamer das Suchen, desto
kostbarer und werthvoller das Gefundene. Dass aber der Gym-
nasialschüler frühzeitig angeleitet werden muss, auf richtigem
Wege zu suchen und das Gesuchte durch eigene Thätigkeit zu
finden, liegt im Zwecke des Gymnasialstudiunis, und die oben
angeführte Stelle des Org. Entwurfes hebt es ausdrucklich her-
vor, dass er nur durch eigene Thätigkeit allmählich zu selb-
ständiger, ihn erfreuender Leetüre ohne Hilfe von Lehrer^
Commenlar oder Übersetzung erstarken kann. Wird an diesem
Grundsatze feilgehalten , eo kann auch diT EiToIg nicht fehlen.
i24 Obier Ut u; griccb« Leotüre u. s, yr., v. A, WMhebn,
Den Lernenden erfrcak jede durch eigenes Streben erlangte Kennt*
ih6 nicht nur als sein erwor))enes Eigenthum, sondern vorzüg-
lich auch als Erz^eugnis der erkannten Leistungsfähigkeit seiner
zur Thätigkeit geweckten geistigen Kraft, und jeder Schritt vor-
wärts ist ihm neue und erhöhte Freude über die zunehmende
Kenntnis und die erstarkende Kraft und zugleich neuer Antneb
zu weiterem Streben. Man kann es sehen, wie das aihnählicbe
Bindringen in das Verständnis eines schwierigeren Satzes durch
die gewonnenen Resultate erfreut und die Aufmerksamkeit fesselt,
wie Freude und Streben erhöht wird durch weiteres Eindringen
in den Zusammenhang der Sätze, wie endlich nach erlangtem
Verständnisse des Ganzen die vollendete Leistung mit Befriedi-
gung erfüllt.
Die^e Freude und Strebsamkeit wird in voraus getödtet,
wenn den Schülern in Einleitungen (oder Inhaltsangaben von
Gedichten) fertig gegeben wird, was allmähliches Resultat ihrer
Thätigkeit sein soll. Es ist dann nicht die Aufgabe, unbekanntes
schrittweise zu entdecken; die ganze Entdeckung ist gemacht,
noch (he man darauf ausgeht, und man hat einen Weg vor sich,
auf dem man suchen soll was schon gefunden ist Welches
Interesse könnte eine Erzählung haben, wenn Hauptmomente und
Ausgang derselben voraus bekannt wären? Allerdings hat die
Leetüre aufscr dem Inhalte des Ganzen noch andere Seiten,
welche das Interesse beleben können; dies gibt jedoch den In-
haltsangaben nicht die mindeste Berechtigung, weil durch die-
selben nicht nur der Reiz der Neuheit, sondern auch Reiz und
Nöthigung zu ernstlichem Streben aufgehoben wird» Denn wozu
sollten sich die Schüler erst anstrengen, um mühsam in dem
Texte zu suchen was fertig in der Einleitung steht? Schwierig-
keiten sucht man bei keiner Arbeit absichtlich auf; man ver-
meidet sie, wo sie vermieden werden können, wenn nicht be-
sondere Strebsamkeit zur Übung im Schwierigen anspornt. Man
frage nur einen Schüler, der nach einer commentieren Ausgabe
Inhalt und Plan eines Schriftstückes geläufig dargelegt hat, an
welcher Stelle des Textes dies und das von dem Gesagten stehe;
oder man lasse sich die Hauptpuncte des Inhaltes aus dem
Schriftstücke angebrn und. in demselben aufzeigen: selbst die
besten Schüler, die ohne die gedruckte Einleitung sich zu gründ-
Iich(*m Verständnisse des Ganzen würden durchgearbeitet haben,
werden nicht immer vollkommen entsprechen; und kann man es
ihnen verargen, wenn sie in der gedruckten Einleitung ihres
Schulbuches eine Aufforderung erblicken, dieselbe so zu be-
nutzen, dass sie auf dem kürzesten und leichtesten Wege zum
Ziele gelangen? Es ist kaum nöthig beizufügen, dass aufser
fieser Oberflächlichkeit, welche ganz geeignet ist, das classische
Studium immer mehr in Abnahme zu bringen, die bezeichneten
Einleitungen auch Dünkel erzeugen müssen, weil der Schüler,
Ober laU u. gricch. Lcclure u. 8. w., v. A. Wilhelm. An
der dieselben auswendig gelernt hat, doch über den Inhalt der
Schridstücke zu sprechen im Stande ist und daher sich einbil-
den muss, er wisse etwas, während er nichts weirs. Man eifert
mit Recht gegen das Anlernen von aulsen, und will nur wirk-
liches Aneignen durch Selbsllhäligkeit: warum fördert, ja pre-
digt man denn das Anlernen bei dem schwierigsten Theile des
Gymnasialunterrichles, bei d<T Lecture?
Oder hält es vielleicht jemand für möglich, dass ein solcher
Gebrauch von den Einleitungen gemacht werde, wodurch aller
Schade sich verhüten lässt?
Aber man kann sagen: manche Schriftstucke seien zo
schwierig, als dass man die Schäler durch die Lectüre derselben
zu voltständiger Auffassung des Ganzen führen könne. Darauf
ist folgendes zu erwidern. Wenn einige Schriftstucke wirklich
so schwierig sind , so gehören sie nicht für das Gymnasium,
Dies ist aber schwerlich der Fall. Denn gewiss ist es möglich,
auch von jenen Schriftbtücken , die man für so schwierig z«
halten versucht sein könnte, die einzelnen Capitel oder Absätze
den Schulern durch die Lectüre zu vollem Verständnisse zu
bringen; ist aber dies möglich, so ist es auch das Eindringen
in die weitere Gedankenverbindung bis hinauf zum Überblicke
des Ganzen. Und das ist dann ein auf gründlicher Einsicht und
eigener Überzeugung stehendes w rkliches und sicheres Ver-
ständnis, das wol der Mühe und Anstrengung, wodurch es er-
strebt werden muss, werth ist; und sollte es auch nicht unter
allen Umständen (z. B. bei grö&erem Umfange des Schriftstückes)
vollkommen erreicht werden können, so ist, aufeer dem viel-
fachen Nutzen, den die Lecture mit sich bringt, ein gewiss nicht
hoch genug anzuschlagender Gewinn der Anstrengung dieser,
dass die Schüler durch eigene Kraftaufbielung gelernt haben,
wie viel zum Eindringen in das volle Verständnis gehört , aber
auch wie viel durch ausdauernde Thätigkeit erreicht werden
kann; dass sie Achtung vor dem Schriftsteller, Achtung vor
ernstlichem Streben und bescheidenes Vertrauen in ihre Kräfte
gelernt haben.
V^as von der Schädlichkeit der Einleitungen mit Inhalts-
angaben gesagt worden ist, darf im allgemeinen auch, und in
noch höherem Grade von den Noten zum Texte behauptet
werden.
Was sollen die Noten? Sollen sie eine solche Präparation
ermöglichen, dass der Lehrer nur wenig hinzuzulhun hat? In
der That scheint die Betchaffeiiheit nicht weniger Noten darauf
hinzudeuten, als ob dies wenigt^lens zum Theil durch dieselben
beabsichtigt werde. Aber dies können die Noien nicht leisten;
denn es ist nicht möglich, in der Beigabe derselben das rechte
Mafs zu treffen, weil die Bedürfnisse der Schüler nicht immer
und überall dieselben sind und den verschiedenen Bedürfnissen
426 Über lal. u. gricch. Leclürc u. s. w^ v. A, WUhehn.
nur der lebendige Unterricht zu genügen vermag. Man kann
sich hievon aus Commentaren selbst überzeugen; denn wenn
man die Noten zu einzelnen Partien desselben Schriftstückes in
zwei verschiedenen Ausgaben vergleichen will, so wird man Gn-
den, dass in der einen dieses^ in der andern jenes erklärt, und
demnach hier dieses, dort jenes übergangen ist; zugleich ein
offenbarer Beweis, dass die Noten in beiden Ausgaben entbehrt
werden können*
Aber, pflegt man zu sagen, die Noten sollen nicht das
Lernen leicht machen , sondern vielmehr zu angestrengterer und
ausgedehnterer Thätigkeit anregen, und in dieser Beziehung
müsse man zugeben, dass durch die Noten vielmehr die Schwie-
rigkeiten erhöht werden, durch deren Oberwindung die Jugend
Ausdauer und Gründlichkeit lernen müsse« Das wäre ganz schön,
wenn es nur auch wahr wäre. Aber die Wirklichkeit lässt etwas
anderes wahrnehmen. Die Noten stehen doch zu keinem andern
Zwecke unter dem Texte^ als um das Verständnis desselben zu
erleichtern oder, wenn man den beschönigenden Ausdruck lieber
will, zu ermöglichen; sie w^iren ja sonst eine planlose Zuthat.
Und was thut der Schüler mit den Noten? Er benutzt diejenigen,
die ihn zur Auffassung führen, als willkommenes Erleich tcrungs-
mittel, jene aber, mit denen er nichts anzufangen weils, lässt er
stehen» — Doch es ist näher in Betracht zu ziehen, wie es sich
mit der beabsichtigten Steigerung der Thätigkeit verhalt? Di^
Noten enthalten Andeutungen für die Übersetzung, auch fertige
Übersetzung einzelner Sätze und Ausdrücke, sogenannte sach-
liche Notizen, Hinweisungen auf die Grammatik, Aufzeigung
der Beziehungen und des Zusammenhanges der Gedanken, An-
sichten über die Auffassung gewisser Stellen, Hinweisung auf
Parallelstellen, endlich auch Bemerkungen von nicht zu enlräth-
selnder Bestimmung.
Vorerst ist es offenbar, dass die Noten geeignet sind, das
Interesse am Unterrichte zu schwächen und die Aufmerksamkeit
herabzustimmen, da mancher Schüler, was Ihm in der Schule
entgangen ist, zu Hause in den Noten Gnden zu können meint,
wenn diese auch nicht das rechte bieten.
Was den Inhalt der Noten betrifft, ist die Übersetzung nebst
den Andeutungen für dieselbe schon durch das oben Gesagte
abgewiesen.
Die sachlichen Notizen sind für das grammatische Verständnis
nicht schlechterdings nothwendig, und was für das volle Ver-
ständnis des Sinnes erforderlich ist, thut, wenn es der Schüler
nicht findet, der Lehrer hinzu.
Die Hinweisungen auf die Grammatik, überflüssig für den,
der die Grammatik inne hat, und so ziemlich unnütz für den,
der sie nicht inne hat , sind ein Ihatsächliches Geständnis , da^s
man sichere und vollständige Kenntnis der Grammatik nicht bei
über lai. u. grieob. Lcclürc u. s. w.^ v. A» Wiihein, 427
den Schülern voraussetzt, und können zu dem Wahne verleiten,
als ob eine solche Kenntnis auch nicht nothwendig und die
Grammatik mehr zum Nachschlagen als zu festem Erlernen da
sei. Aufserdem greifen die Hinweisungen auf die Grammatik, in-
sofern sie den Weg zum Verständnisse der Stelle zeigen sollen,
der Thätigkeit der Schüler vor. Endlich liegt in diesen Hinwei-
sungen allerdings, wenn auch noch lange nicht ein Antrieb oder
gar eine Nöthigung, so doch eine Aufforderung zu ausgedehn-
terer Thätigkeit, aber zu einer zerstreuenden Thätigkeit, auf
welche die oben angeführte Stelle des Org. Entwurfes S. 112,
118 anzuwenden ist. Das letzte gilt auch von vielen sachlichen
Notizen. Man muss die «goldene Reger^ nicht vergessen.
Durch das Aufzeigen der Beziehungen und des Zusammen-
hanges der Gedanken wird der Thätigkeit der Schüler vorge-
giiflVn und eines der bildendsten Momente der Leetüre, das in
dem Auffinden gelegene, aus dem Gymnasialunterrichte ge-
strichen.
Die Ansichten über die Auffassung gewisser Stellen zu wür-
digen, vermag nicht, wer erst lernt, sondern wer schon gelernt hat*
Es ist dies ein Gebiet, welches nicht dem Gymnasium an-
gehört; wird es dennoch betreten, so nimmt der Schüler ent-
weder die in der Note ausgesprochene Ansicht ohne weiteres als
gegebene Erklärung auf, die ihn des Nachdenkens überhebt, oder
er prüft und verwirft sie — und lernt absprechen.
Hinweisung auf Parallelslellen durch Noten ist überflüssig,
wenn die Parallelstellen den Schülern bekannt sind, zerstreuend,
wenn sie ihnen nicht bekannt sind.
Da demnach die Noten theils ungehöriges enthalten, theils
und meistens fertig geben, was dio Schüler durch eigene Thätig-
keit selbständig oder unter nachhelfender Leitung des Lehrers
finden sollen, so wird durch conimentierte Texte Bequemlichkeit
und Flüchtigkeit gefördert, verflachtes Wissen ohne Bindung und
Haltung unter dem Scheine gründlicher Kenntnis erzeugt und
das Unterrichtsziel thatsächlich herabgedrückt. Und auch grund-
sätzlich. Denn die Vorschrift verlangt, dass der Schüler die für
das Gymnasium bestimmten Schriftsteller ohne Commentar ver-
stehe; eine Forderung, die sich nach dem gesammten Gymnasial-
plane von selbst verstehen müssle, wenn sie auch nicht in dem
5. 23 mit der Angabe des Unterrichtszieles für das Untergym-
nasium, dann S. 111 und 114 mit der Beiehrung über die Prä-
paralion ausdrücklich angedeutet wäre. Die commenlierlen Texte
aber sind ein Ihatsächliches Zugeständnis, da^s es mit der For-
derung nicht ernstlich gemeint und das Ziel niedriger gesteckt
sei. Wenn irgendwo die Schüler noch nicht so weit sind, dass
ihnen nackte Texlausgaben dieses oder jenes Schriftstellers ge-
nügen, so> sind sie überhaupt noch nicht so weit in Sprach-
kenntnis und geistiger Entwickelung vorgerückt, dass sie diese
428 Ober lat h. griech. Lecture u. s. w., v. i. Wilhelm^
Schriflsteller verstehen können, und es ist besser, dieselben mit
ihnen gar nicht zu lesen, als durch Ausgaben mit Noten ihren
mangelhaften Bildungszustand thatsächlich für zureichend anzuer-
kennen und in ihmn den Wahn zu erwecken, als befänden sie
sich schon auf der Höhe, die sie doch nie erreichen werden.
In nackten Textausgaben soll ihnen das Ziel vorgehalten werden,
das zu erklimmen sie sich anzustrengen haben.
Ausgaben mit commentierten Texten können das Übel man-
gelhafter Leistungen einigerma&en verdecken, nicht heilen; ein
verdecktes Übel aber greift desto sicherer um sich. Heilung ist
nur möglich durch Erweckung wirklicher Lernlust in den
Schülern, und Lernlust entspringt nur aus wirklichem Verständ-
nisse und dem angenehmen Bewusstsein zureichender Kraft zu
selbstthäüger Aneignung von Kenntnissen. Es müssen daher die
Schüler zu wirkh'chem Vertändnisse durch ihre eigene Thätigkeit
geführt und zu richtiger und erfolgreicher Übung und Anwen-
dung ihrer Kräfte angeleitet werden — auf dem Wege der Prä-
paration und des Unterrichtes. Über den Unterricht ist bereits
gesprochen worden. Dit Präparation soll streng gefordert wer-
den, aber, wie der Org. Entw. wiederholt andeutet, nicht zu
streng. Die allgemeine Forderung, die an die Clasbe gestellt
wird, erleidet mannigfaltige Hodificationen in ihrer Anwendung
auf die einzelnen Schüler, deren Individualität und Leistungs-
fähigkeit der Lehrer genau kennen und richtig zu würdigen
wissen muss. Die richtige Beachtung dieser Rücksicht und die
richtige Bemessung der Forderung an die einzelnen Schüler
gehört zu den schwierigsten, aber auch wichtigsten Aufgaben
des Lehrers. Die Ursachen der Schwierigkeiten, die sich dem
ungehemmten und sicheren Erfolge der Leetüre entgegenstellen,
sind nirgends anders zu suchen als entweder in unrichtiger Be-
handlung der Präparation oder in fehlerhafter Behandlung der
Lectüre, oder was am häuBgsten der Fall sein wird, in beiden.
Das Übel kann daher nur durch Beseitigung dieser Ursachen,
nicht durch äulsere Mittel behoben werden.
Es mag behauptet werden, dass commentierte Texte für die
Privatleclüre erforderlich seien. Aber es bedarf kaum der Erinne-
rung, dass auch in Bezug auf die Privatleclüre die angeführten
Gründe gleich starke Geltung haben. Der Schüler, welcher Privat-
leclüre treibt, gehört jedenfalls zu den ernstlich strebenden; ist
aber dies der Fall, so zieht er es gewiss vor, auf eigenen Füfsen
zu stehen; und ist ihm etwas dunkel, so merkt er es an und
fragt zur Zeit seinen Lehrer. Mit dem Erfolge steigert sich das
Streben, und zugleich wird das Verhältnis zwischen Schülern und
Lehrer inniger. Privatleclüre aber, die nicht auf echter Streb-
samkeit beruht, unterbleibe lieber. Freilich kann die Gelegenheit
vorhandener Erleichterungsmiltel auch strebende Schüler zur
Benutzung derselben veiführen; obwol anderseits commentierte
Ober lat u. griech. Lecturc u. s. w., v. i. Wiiheim, 4td
Texlc selbst für die Schulleclüre von manchen Schülern ver-
schmäht werden. Um somehr können und sollen sie fern gehalten
werden.
Ausgaben mit commentierten Texten könnten höchstens mit
der unüberschreitbaren Einschränkung zugelassen werden, dass
dieselben nur jene sachlichen Notizen in kürzester Angabe ent-
halten, welche zum Verständnisse des Sinnes unen'behrlich sind,
und die der Schüler weder selbst wissen, noch irgendwo finden
kann. Eine Note dieser Art wäre z. B. am Platze zu der Stelle
in der zweiten Olynth. Rede J. 6 : x6 d-QvXov^svov noxa ano^^^
rov ixstvo Tcaraöxevdöai. Doch ist es nichts weniger als ein
Hindernis des Forlschrittes, wenn in den wenigen Fällen, wo
solche Noten zulässig wären, der Schuler bei der Präparation
sich mit dem grammatischen Verständnisse begnügt, um mit
desto gröfserer Spannung die nähere Auskunft von dem Lehrer
zu erwarten. Es könnten noch Noten zur Aufklärung besonderer
grammatischer Schwierigkeiten gestattet werden. Aber dies ist
eben das Gebiet, welches wegen seiner Unbegrenzbarkeil lieber
gar nicht zu betreten wäre; denn dem einen scheint dies, dem
andern jenes schwierig. Die Schwierigkeiten aber sind entweder
selbst für Gelehrte Gegenstand des Streites; dann möge man sie
unberührt lassen und dem Lehrer die Erklärung anheimgeben.
Oder sie sind dem Kundigen erklärbar; dann gebe man in der
Note lieber zu wenig als zu viel, und gibt man gar nichts, so
ist nach dem kurz vorher Gesagten für die Schüler auch nichts
verloren.
Ausgaben mit zweckmäfsigen Commentaren, zweckmäfsig
gebraucht, können von Nutzen sein und sind es auch für Can-
didaten der Philologie. Es ist kein Zweifel, dass auch einzelne
ausgezeichnete, der Philologie mit Vorliebe zugewandte Schüler
der obersten Gymnasialclassen im Stande sind , solche Ausgaben
mit Nutzen zu gebrauchen, denen man daher den häuslichen
Gebrauch derselben zwar nicht empfehlen, aber doch gestatten
kann. Eine weitere Ausdehnung commentierter Ausgaben kann
für das Gymnasium nicht als heilsam bezeichnet werden ; ja man
wird selbst die sehr wenigen auserwähllen Schüler nicht ohne
genaue Überwachung und scharfe Beobachtung lassen dürfen und
mehr als einmal dahin zu wirken sich veranlasst finden, um
einzelne von dem fortgesetzten Gebrauche der Commentare ab-
zubringen.
Der Gebrauch commentierter Classikerausgaben am Gym-
nasium hat sehr viele und gewichtige Stimmen für sich. Aber
alle oder wenigstens fast alle, welche dergleichen Ausgaben für
eine Nothwendigkeit halten, sind darüber einig, dass unter den
bisher erschienenen keine den Forderungen entspricht, die man an
commentierte Schulausgaben stellen müsse; und ein genau präci-
siertes Programm einer entsprechenden derartigen Schulausgabe
436 Ober Ui. u. griec^. Leclurc u s. w., v. A. WilAelni:
mit einer Probe der Ausführung, hat noch Niemand geliefert.
Um 80 mehr schien es an der Zeit, den Gegenstand in Betrach-
tung zu ziehen.
IV. Zwei Schriftsteller gleichzeitig zu lesen, so dass die
Leetüre derselben entweder nach Tagen oder nach Wochen oder
auch nach Monaten abwechsle, ist gegen den Grundsatz der Con-
Centration des Unterrichtes. Die Schüler sollen Sprache und Aus-
drucksweise des Schriftstellers verstehen lernen und in den Ge-
dankenkreis desselben eindringen; beides ist nur möglich durch
ununterbrochene Beschäftigung mit demselben. Dass z. B. eine
Tragoedie von Sophokles oder ein Dialog von Plato zerrissen und
zwischen die einzelnen Stücke Stellen oder Partien aus Xenophon
oder Homer eingeschoben werden, wird Niemand billigenswerth
finden; nicht minder unzweckmafsig ist Einschiebung von Partien
aus andern Schriftstellern, z. ß. zwischen einzelne Reden von
Demosthenes oder Gedichte von Horatius, weil durch den Wechsel
die Aufmerksamkeit getheilt und Vertiefung in das Gelesene ver-
hindert wird — ganz abgesehen von den Schwierigkeiten der
Sprache und des Ausdruckes, welche nur durch gesammelte Auf-
merksamkeit auf einen Schriftsteller überwunden werden. Die
Schüler sollen ferner angeleitet und gewöhnt werden, jede ihnen
vorgelegte Aufgabe gründlich zu erfassen und durch ausdauernde
Anstrengung vollständig zu vollenden; durch die Abwechslung
aber werden sie an Flüchtigkeit und Unstätigkeit gewöhnt. Eg
ist eben ein Zeichen von mangelnder Lust zu ausdauernder An-
strengung und eindringender Verliefung in den Schriftsteller, wenn
man als Grund für die Abwechslung anfährt, dass dieselbe vor
Ermattung schütze und zu frischer Anregung der Kräfte diene.
Dass es an der auf Abwechslung beruhenden Anregung nicht
fehle, dafür ist durch die, wenn auch nicht zunächst für diesen
Zweck in den Gyronasiallehrplan aufgenommenen Gegenstände ge-
sorgt, und gerade das Eindringen in dieselben ist es, wodurch
die Anregung nicht blofs erhalten, sondern gesteigert wird. Das
abwechselnde Lesen zweier Schriftsteller weist, wo es angetroffen
wird, auf Verkennung der Bedürfnisse der Schüler hin, wenn es
nicht, was wol meistens der Fall sein wird, hauptsächlich in der
Neigung des Lehrers seinen Grund hat. Dass in der 5. Classe
während der Liviuslectüre die aus der vierten mitgebrachte
Kenntnis von Prosodie und Metrik, in der 6. Classe während der
Homerlectüre der attische Dialekt aufser Übung komme, sind
mögliche Nachlheile, denen der Unterricht vorzubeugen hat, und
zwar in der 5. Classe durch Beifügung von einigen in lateinische
Hexameter oder Disticha zu übersetzenden Zeilen zu den ein-
zelnen schriftlichen Aufgaben, in der 6. Classe durch die schrift-
lichen Übungen und die vorschriflmäfsige Verwerthung der Lee-
türe. Die fortlaufende Leetüre hat sich auf einen Schriftsteller
ZU beschränken; erst nachdem das Pensum aus diesem vollendet
Ober lat u. gricch. Lcctürc u. s. w., v. A. WiiMmi 49%
ist, soll zu dem zweiten Schriftsteller übergegangen werden.
Dabei ist zu empfehlen, dass nach Vollendung der Aufgabe aus
dem Classenschriflsteller einige oder mehrere Stunden am Schlüsse
des Semesters ungelesenen Partii^n früher behandelter Schriftsteller,
gewidmet werden.
V. In Bezug auf den Umfang der Leetüre steht die
Forderung fest, dass aus jedem Schriftsteller so viel gelesen
werden soll, als bei gründlicher und vollständiger Behandlung
des Gelesenen möglich ist. Dass unter dieser Bedingung zu viel
gelesen werden wird, ist nicht zu besorgen. Es soll aber auch
nicht zu wenig gelesen werden^ weil dadurch ]. den strebenden
und besseren Schülern nicht hinlängliche Beschäftigung geboten;
2. Langsamkeit, Theilnamslosigkcit und Trägheit erzeugt wird^
während der Unterricht durch rasches Fortschreiten die Schüler
in rüstiger Thätigkeit mit sich fortreifsen soll; 3. die Sdiülcr
das wenige vorgenommene als Aufgabe zum Erlernen anzusehen
verleitet werden, auf welche dann ihre Thätigkeit beschränkt
bleibt, so dass sie darüber hinaus alles fremd und schwierig
finden und keinen Schritt selbständig weiter zu thun im Stande
sind; 4. weil endlich durch das Zuwenig sowol wegen dieser
drei Nachtheile, als auch überhaupt das Ziel der Leetüre nicht
erreicht werden kann. Nach dem Org. Entwürfe ist aus denn
Lateinischen in der 4. Classe von Caesar's bellum Gallicum der
gröfste Theil zu lesen; in der 5. Classe ^<müssen^^ aus Livius
«nolhwendig gelesen werden*^- das erste Buch, wichtige Partiea
aus den Kämpfen der Patricier und der Plebejer, der KampC
Roms gegen Hannibal u. s. w. ; aus der Ilias sind in der 5. Ciasso
vier, im ersten Semester der 6. Classe sechs ganze Gesänge zu-
lesen, und es wird erwartet, dass die regsameren Schüler den
in der Schule nichtgelesenen Theil derselben für sich lesen; im
zweiten Semester der 7. Classe sollen die kleinen Staatsreden des
Demosthenes und, wenn dazu Zeit ist, die Rede über den Kranz
genommen werden u. s. w. Wenn aber in der 4. Classe kaum,
mehr als drei Bücher aus Caesar, in der 5. Classe nur 80 bis
40 Capitel aus Livius, von der Ilias im ganzen nur 5 bis 6 ab-«
gekürzte Gesänge (nach Hochegger), in der 7. Classe nur
2 bis 3 von den kleinsten Reden des Demosthenes gelesen werden,
wie wollte man erwarten, dass die Schüler durch diese dürftigen
Leistungen Vertrautheit mit den behandelten Schriftstellern und
Geübtheit in selbständigem Lesen derselben erlangen sollten? Es
ist wahr, dass nicht überall und selbst an einem und demselben
Gymnasium nicht mit jedem Schülercötus genau dasselbe Mafs
sich erreichen lässl; aJber der Unterschied kann, da die erfor-
derliche Vorbildung und Reife der Schüler für die Stufe voraus-
gesetzt werden muss, kein bedeutender sein, und wäre er es
ausnahmsweise dennoch, so müsste einer der vorgeschriebenen
Schriftsteller übergangen und die Strenge der Forderung auf die
432 Ober lat u. gricch. Lcctüro u. s. w., v. A. WUheim»
übrigen angewandt werden. Der an sich richtige Grundsatz,
dass lieber wenig und gründlich als viel und flüchtig zu lesen
ist, leidet demnach in seiner Anwendung eine sehr wichtige Be-
schränkung, und kann niemals zur Rechtfertigung geringer Lei-
stungen Geltung behaupten. Berufung auf diesen Grundsalz, Kla-
jren über mangelhafte Vorbildung der Schüler oder sogar über
Mangel an Lerneifer sind Selbstanklagen *, wenn es mit der Lectfire
nicht vorwärts will, so sind die Ursachen davon — abgesehen
von einzelnen Schülern, die nicht in Betracht kommen — nur in
dem Unterrichte zu suchen. Es wird nämlich in diesem Falle
stets wahrzunehmen sein, dass es an strenger Benutzung und
richtiger Verwerthung der Zeit fehlt. Leicht kann es geschehen,
dass durch äufsere Verrichtungen, welche entweder vermieden
oder schnell abgethan werden konnten, lo Hinuten von der
Stunde verloren werden; dadurch aber werden 6 Stunden in der
Woche auf 5 rcduciert. Noch mehr Zeit kann verloren gehen
durch unrichtige Verwerthung der Stunde, wenn es an Gewandt-
heit der Hitbeschäftigung der Classe durch sogleich treffende
Fragen an einzelne Schüler fehlt und zwischen den einzelnen
Fragen häufige Pausen eintreten, indem der Anlass zur Frage
erst im Buche gesucht wird; wenn die richtige Ordnung beim
Unterrichte und das strenge Mals der Erklärung nicht einge-
halten wird ; wenn Sinn und Bedeutung der Instruction nicht er-
fasst ist, und besondere von derselben abweichende Wege zum
verkannten Ziele in unklarem Streben versucht werden. In allen
diesen Fällen geht wenigstens der dritte Theil der Schulzeit ver-
loren und bringt man noch die der Grammatik zu widmende
Zeit in Abrechnung, so werden von 6 wöchentlichen Stunden
kaum anderthalb Stunden für die Leetüre wirklich verwendet,
und auch diese nicht zwi^ckmäfsig und daher nicht mit dem zu
erwartenden Erfolge. Wo solche Fehler vorkommen, darf man
sich nicht wundern, wenn nicht nur extensiv, sondern auch in-
tensiv wenig geleistet wird.
Wenn Jemand glaubt, ein rasches Fortschreiten der Leclüre
lasse sich dadurch erzielen, dass man der Grammatik mehr Zeit
widme, so irrt er. Grammatik und Leetüre unterstützen und
fördern einander im allgemeinen; Sicherheit in dieser wie in
jener kann nur durch Übung auf dem eigenen Gebiete erworben
werden; das ist von selbst klar, und wer Beweise will, kann
dieselben, wenn er richtig beobachtet, in der Erfahrung finden,
auch ohne dass er vor das Jahr 1849 zurückgehl.
Die Forderung, bei durchgängiger Gründlichkeit
und Vollständigkeit möglichst viel zu lesen, kann
nur erfüllt werden durch Behandlung der Leclüre nach der be-
sprochenen Instruction und Vermeidung der angedeuteten Fehler
und Verirrungcn.
Da die Lectüre durchaus gründlich und volli^tändig be-
Ober die Behandlung der griech. Grammatik u. s. w., v. A. Wiiheim. 43t
handelt werden eoU und der Zweck des Gymnasialunlerrichtes
iberhaupt grändliche Durcharbeitung der Gegenstände Terlangt,
80 ergibt sich vonselbet die Ausschliefsung der cursori-
sehen Leetüre von dem Gymnasium, die zu Flüchtigkeit und
Oberflächlichkeit fuhrt. Wenn im Org. Enlw. S. 118 von einer
eursorischen Homerlectüre die Rede ist, so muss hierin nicht
eine Gestattung cursorischer Lectöre im allgemeinen erblickt
werden; denn es ist wohl zu beachten, dass die dort angedeutete
cursorische Homerlectüre nach einer umfassenden statarischen
Homeriectüre eintreten und dazu dienen soll, die Kenntnisse der
Schüler auf diesem Gebiete in Erinnerung zu bringen. In diesem
und in jedem ähnlichen Falle, wo nach Vollendung der Aufgabe
aus einem Schriftsteller auf denselben später zurückgegangen
wird, soll und wird die cursorische Leetüre nicht eine flüchtige
und oberflächliche, sondern nur eine schneller fortschreitende sein,
welche zwar nicht nothwendig auch auf die zur zweiten Haupt«»
rücksicht gehörigen Thätigkeiten sich erstrecken , stets aber a^f
Erzielung vollständiger Auffassung gerichtet sein muss. Eine
andere cursorische Leetüre ist an dem Gymnasium nicht zu«»
lässig.
Aus dem Vorstehenden möge zugleich ersehen werden, dafs
zu richtiger und vollständiger Auffassung der Bestimmungen def
Org. Entwurfes mehr als blolses Lesen derselben erfordert wird;
dann, dass es bezüglich des Unterrichtes überhaupt nicht genügt,
in jeder Stunde so viel zu leisten, als man eben zu Stande bringt,
sondern dass aus jedem Gegenstande das Mafs der Aufgabe für
jede Stunde mit Rücksicht auf die Jahresaufgabe voraus richtig
berechnet sein muss. •
Krakau. A. Wilhelm..
Cber die Behandlung der griechischen Grammatik
in den oberen Classen des Gymnasiums.
Wenn nach den allgemeinen Bestimmungen über den gram-
matischen Unterricht im Lateinischen und Griechischen für die
oberen Classen des Gymnasiums eine gleiche Behandlung der
griechischen wie der lateinischen Grammatik angemessen scheiul^
so ist dies nur insofern richtig, ab ein fortlaufender gramma-*>
tischer Unterricht in beiden Sprachen nicht stattzufinden hat;
insbesondere muss sich die Behandlung der griechischen Gram«^
matik wesentlich anders gestalten als die der lateinischen. Die
Verschiedenheit der Behandlung ergibt sich aus der Ungleichheit
der Unterrichtsaufgabe und der Unterrichtszeit, und ist auch inf
Org. Entwürfe angedeutet.
Der Unterricht in der lateinischen Grammatik bat
(Org. Entw. S. 25, 114— 116) nebst der Aufgabe, Ermög^
^eiuohrifl f. d. dtUrr. Gymnat. IMO. VI. H«f^. 80
414 Über (Ke Bebamlfiing der griecli. draininahk u. s. w., v. A. WHktim.
Üchong vin« grumtlichen VersISndiiist^es der Classiker, nock die
Eweite Aufgabe: Erzielung einer verhöltnismai^igm Sickerfaeit
im ^rrecien schrifUichen Gebrauche der Spracke. Diei^e Sicher-
keil soll erreicht \verden hauptsächlich — nicht ausschlieb-
lioh, weil einerseits auch die Behandlung der Leetüre mitvrirken
aoH, anderseits freie Aufsätze über angemessene Stoffe nicht aus-
cuschliefsen sind — durch Obangen im Cbersetaen in^s Latei-
niscke, an welche die planmäfsig mitmtheilenden und mit der
vorhandenen Kenntnis «delr Schäler in Verbindung bs bringenden
grammatis<;h - stilis tischen Bemerkungen anzulmupfen
sind. Diese Obungen veifolgen demnach ihren selbständigen Zweck
«iid es ^mh Rlr dieselben besondere Obungs bücker EUge-
hüen; die Scküler aber ^ind für solche Cbungen gehörig vor-
bertilet, weil ste die <u freier Bewegung im schriftlicheB Aus-
drucke erforderliche Bedingung, vollständig angeeigaeie und ein-
Yi^lbte Kenntnis der Formenlehre md der Syntax, bus dem
iJillergymnasiun in^s Obergymnasium miAringen.
Der Unterricht in der griecliisch>en Grammatik (S« 27,
f 17) hat nur den einen Zweck, das grundliche Verständnis der
Schulclassiker zu ermöglichen. Zur Erreichung dieses Zweckes
sind ebenfalls Übungen vorgeschrieben, schrifttiche sowol als
mfindliche, aber nicht grammalisch-stilistisdbe , sondern gram-
matische, demnach von beschränklerem Inhalte, «nd wegen
des niedrigeren Zieles und der beschränkteren Unterrichtszeit
auch von geringerem Umfange, ohne Übungsbücher: der
Vorbildung der Schüler entsprechend. Denn die Unterrichtszeit
In allen 6 Classen betragt wöchentlich 28 Stunden, so viele als
für das Lateinische im Untergymnasium. Aufgabe für die 8.
und 4. Classe ist, bei 9 wöchentlichen Unterrichtsstunden, die
Formenlehre des altischen Dialectes nebst den nothwendigsten
und wesentlichsten Puncten der Syntax. Da die Formenlehre,
üuf deren fester Eriernung und sicherer Einübung vor allem der
Erfolg des igesammlen Unlerrichtes beruht, fast die ganze Thä-
tigkeit und Zeit in Anspruch nehmen muss, so kann die Syntax
imr wenig berücksichtigt werden. Die Schüler beeiten daher
lieim Eintritte in die 6. Classe nicht die zu freier Bewegung im
schriftlichen Ausdrucke erforderliche grammatische Kenatnts und
^übtheit wie im Lateinischen , sondern nur die keineswegs un-*
terlierbar befestfgte Kenntnis' der frisch gelernten und eingakbtea
Formenlehre nebst einer sehr dürftigen Kenntnis von dnigen
Puncten der Syntax. Auf dieser Grundlage können nichi, wie
beim Lateinischen, selbständige Übungen in Übersetzur^ von Auf*
gaben iii-s driechische mit Anknüpfong von BemeAungen zur
Befestigung und Erweiterung einer noch nicht vorhandenen Kennt-
nis der Grammatik, nämlich der Syntax, vorgenommen werden;
vielmehr hat der Unterricht im Obergymnasium durdiaus auf
Befestigung der Formenkenntnis sowie auf firzielung und Siehe-
Ober die Behandlung der grieeh. Graniaaatik u. 8. w;, v. A, WilAeim. 4S5
nag der nöthigen Gewandtheit in der gewöhnlichen Satzbildung
nelwt fortschreitender Vermehrung des Vocabel- und Phrasen-
inarrathes sorgfaltigo Röcksidit zu nehmen und aalserdeBA auf
Beibringung und verhältnismälsige Einübung der wichtigsten
syntaklischen Regeln hinzuarbeiten. Dies alles hat der graii'^
■mtische Unterricht nur in einem solchen Hafse m leisten, als-
es cur Sicherung einet gründUcben Verständnisses der Lectün
ertorderlicii ist; und nur in einem solchen Mafse hat er der
Lee iure, die im Obergymnasium vorzüglich und fast aus-
scUieblieh die Beschäftigung der Schüler in Anspruch nimmt,
zur Seite zu gehen (Org. Entw. S. 1 1 7). Die gramRialisckrn
Obungen haben sich daher, um dieser Forderung zu entsprechen,
nach der Leetüre zu richten und soUen demnach nicht als eine
(Ihr sich abgesonderte Aufgabe mit einem selbständigen Zwecke,
sondern in enger Verbindung mit der Leetüre behan-
delt werden. Darauf weist auch der Lectionsplan S. 180 dra
Org. Entw. und ymn 10. September 1855, Z. 10811 hin, indem
er für die 7. und 8. Classe ««zuweilen ein an das Gelesene ^ck
anschliefsendes Pensum^' vorschreibt.
Die gramimtischen Übungen können und sollen mit der
Lecture auf eine zweifache Arl in Verbindung gebracht
werden. Die ersiere Art besteht in der Verwerthung der
Leciüre. Es sind nämlich, wie schon an andern Orten gezeigt
worden ist, zu richtiger und vollständiger Behandhing der latei«
nisehen sowol als der griechischen Leetüre zwei Hauptrück«
siditen zu unterscheiden: directe Vermittelung des Verständ-
nisses und mittelbare Förderung desselben. Zur zweiten Haupt««
rücksicht gehört die Verwerthung der Leetüre durch Heraus-
hebung von Phrasen und Anknüpfung von Cbungsen im Rück-
übersetzen geänderter Satzformen. Diese Gbuagfn haben den
Zweck , Gewandtheit und Leichtigkeit in der gewöhnlichen Satz«-
hüduBg zu erzielen und die erzielte inuner mehr zu fördern und
zu sichern; und indem dadurch die Schüler zugleich zu einer
eindringenderen Präparation genöthig^ werden, um den Forde-
rungen der Schule auch in Bezug auf diese Obungen zu ent»
sprechen, gewinnen sie sowol an tieferem Verständni^e des
Textes ^ak an Spradimateriale und iGeubtheit im Ausdrucke. Es
ist leicht zu eehen , dass eine solche Verwerthung der Lectüro
in einem bezüglich der einzelnen Sätze nach und nach verhält-
üismäfeig erweiterten Umfange sehr nutzbringend in den Kreis
der müiiudlichen grammaitischen Obungen eintreten wird, und ge*
«risse Abschnitte aus <ler Lectüre zu diesem Zwedce für jede
grammatische Stunde den Schülern voraus bezeichnet werden
können, die dann von selbst die Absdinitte zu Hause lesen und
auf diese Art sich einer Präparation unterziehen werden, die
nicht hoch genug angeschlagen werden kann, einer Präpanitiop
welche zugleich den Erfolg der Lectüre nachhaltig sichert.
80*
4M Gbdr die Behandlung der griecL Grammatik u. s. w., v. A. WHhelmi
t)ie s weite Art der Verbindung der grammatischen Übuiw
gen mit der Lectüre ist diese: dass die Beispiele für die
syntaktischen Regeln aus der behandelten Lectüre ge«
nommen werden. Dies ist eine Nothwendigkeit. Manche Regeln
der Syntax (s. B. aus der Tempus- und Modusflehre) lassen sich
durch einzelne, wenn auch die fraglichen Beziehungen vollständig
unrfassende Sätze doch nicht so gründlich erklären und anschau-
lich darlegen, wie dies durch Sätze im Zusammenhange ihrer
Stellen möglich ist; und es fet ein ganz änderer, lebendiger und
anregender Unterricht, der auf dem Boden der Lectüre steht und
von dem frisch belebenden Hauche derselben durchweht wird,
als der sich in vereinzelten Sätzen langweilig hindehnt. Die
Beispiele hat der Lehrer zu wählen; in vielen Fällen wird er
auch hier die Abschnitte voraus bezeichnen können, in deneii
Beispiele über diese oder jene Regel zu finden sind, und dies
vrird für die Schüler abermals eine Veranlassung zu einer in
Bezug auf Förderung der grammatischen Kenntnis sowol als
Sieherung des Erfolges der Lectüre sehr fruchtbringenden Prä-
paration sein.
Es lässt sich einwenden, dass die behandelte Lectüre nicht
Ittr alle syntaktischen Fälle Beispiele darbieten und namentlich
die Dichterlectüre weder für diesen Zweck noch für den Zweck
der Verwerthung zureichenden Stoff liefern könne. Dies wird
nicht bestritten; und es muss allerdings der Lehrer, wenn nicht
alle zur Vollständigkeit für diese oder jene Regel erforderlichen
Beispiele in der Lectüre sich darbieten, die fehlenden Beispiele
aus andern Schriften hinzuthun; was aber die mindere Brauch-
barkeit oder die Unzulänglichkeit der Dichterlectüre für beide
Arten von Übungen betri^, ist zu bemerken, dass in den Hän-
den der Schüler von der 5.Classe an doch Xenophon, von der 7. De-
mosthenes sich befindet und die Benutzung dieser zwei Schrift-
steller zu grammatischen Übungen während der Homer- und
Sophokleslectüre für fortwährende Üebung in der attischen Prosa
wie fQr tieferes und zu weiterer Privatlectüre reizendes
Bindringen in die Schriften der beiden Attiker nur sehr erspriefs-
lich sein kann.
Bs mag femer eingewendet werden, dass wol die Verwer-
thung der Lectüre ohne Anstand stattfinden könne, die Forderung
der Heranziehung von Beispielen aus der behandelten Lectüre
rar Verdeutlichung und Einübung syntaktischer Regeln aber einen
Widerspruch enthalte, da man nicht vorher die Stellen übersetzen
und die Erklärung der darin vorkommenden Regeln, ohne deren
Verständnis die Übersetzung nicht möglich sei, auf spätere Zei-
ten schieben könne. Darauf ist zu erwidern, dass die Erklärung
für das Bedürfnis zum Verständnisse der vorliegenden Stellen
allerdings sofort bei der Lectüre ganz kurz zu geben ist
und ohne Zeitverlust gegeben werden kann, diese gelegenheit-^
Ober die Behandlang der grlech. Grammatik u.a. w., v.i. Wiikeim. 437
Uche Erklärung bei der Leetüre aber weeeutlich verschieden ist
von der in die grammatischen Stunden gehörenden eingehenden
Behandlung syntaktischer Partien in planmaisigem Zusammen-
hange und daher auch nicht die Stelle der letzteren vertreten
kann. In den grammatischen S tunden soll das bei
der Lecture zerstreu t vorgekommene unter den
entsprechenden Gesichtspun cten zusammenge-
fasst und ergänzt den Schülern in überschauli-
chem Zusammenhange vorgeführt und zu bleiben-
dem Eigenthume derselben gemacht werden. Und
weil auch die für die grammatischen Übungen verstattete Zeit
in Betracht kommen muss, so ist es oflfenbar^ dass dieselben,
abgesondert behandelt, in der 7. und 8. Classe gar nicht wür-
den Platz finden können, weil von den zwei grammatischen Stun-
den im Monate die eine für die Composition, die andere wenig-
stens gröfatentheils für die Verbesserung derselben zu verwenden
ist und nur in dem Falle, wenn statt der (Tomposition ein Pen-
sum gegeben wird, eine Stunde für mündliche Übungen sich
gewinnen lässt Dagegen wird für die grammatischen Übungen
in der bezeichneten Verbindung mit der Leetüre in dem Falle,
wenn die zwei grammatischen Stunden für die Composition und
deren Verbesserung verwendet werden, dennoch eine oder die
andere Viertelstunde gewonnen, nämlich von der Zeit für die
Leetüre abgebrochen werden können, weil dadurch, wie so eben
gezeigt worden ist, der Leetüre selbst kein Abbruch geschieht,
sondern Vorschub geleistet wird.
Es mag scheinen, dass die bezeichnete Verwerthung der
Leetüre in den grammatischen Stunden für den Zweck nicht
nothwendig sei, da sie nicht Einübung bestimmter Regehi der
Syntax beabsichtigt. Es ist aber gezeigt worden, wie sehr die
Verwerthung an sich der Leetüre förderlich ist; aufserdem kann
nur durch die Verwerthung jene Geübtheit in den elementaren
Formen und Constructionen erzielt und gesichert werden, welche
für den weiteren Unterricht und namentlich flkr die Übungen
über syntaktische Fälle unerlässlieh ist; denn von diesen Übun-
gen läset sich kein sicherer Erfolg erwarten, so lange die Schü-
ler durch hemmende Rücksichten auf Bildung einzelner Formen
und einfacher Constructionen gehindert werden, ihre Aufmerk-
samkeit dem einzuübenden syntaktischen Falle zuzuwenden. Die
Verwerthung muss daher unter allen Umständen gefordert werden»
In welcher Ordnung die syntaktii^chen Regeln zur Übung
kommen sollen, dafür ist eine besondere Vorschrift weder mög-
lich noch nöthig, weil die Beispiele zunächst aus der Leetüre zu
nehmen sind und diese jedenfalls allmählich Beispiele über alle
wichtigeren Regeln bieten wird. Selbstverständlich wird der
Lehrer nicht sofort alle in der Leetüre vorkommenden syqtidir
4dB Ober die Behaadiuiig d4r gtimh* GrMDiDatiL u. s. w.» ? ^ A WfikBim.
ttoclieB Pille in die Lenrnufgibe ziehen, sondern nach einer pk»-
Inlftigen Ordnung die Auswahl IreflFeii.
Die Beiepiele för die Regeln der Sjnlax aas der bebandel-'
len Lectüre zu nehmen und nölhigeniaUs andere Beispiele hinzu-'
zUthun^ ist allerdings eine mulevolle Arbeit, uud es liegt die
Präge nahe^ ob ni^ B Acher mit den erforderlichen Beiapiekii
den Schülern in die Binde ii geben wären«
Gegen den Gebrauch von Büchern im aUgnneinen sprechen
swei Gründe. Erstlich werden die Schüler durch mündliche Vor-*
k^ang der Beispiele genötUgr) sich an gesammelte Aafmerhsam-
heit zu richtiger und Fester Erfassung des mündlichen Unter-
richtes und des lebendigen Wortes des Lehren zu gewöhnen,
w^l sie sich nicht darauf terlassen hönnen , da» durch Unacht^
samkeit augenbiicUich Verlorene nachtriglich im Buche wiederzu-*
finden. Dim wichtige Rücksicht wird beim Gymnasialanterrichle
überhaupt, namentlich beim Sprachunterrichte ^ bei weitem zu
wenig beachtet. Was der Unterricht zu geben hat,
seil man den Schülern nicht in Büchern darbieten.
«— Zweitens wird durch freie mündliche Obongen mehr Leichtig*«
keit und Gewandtheit im Gebrauche def Sprache innerhalb der
votfezeichneten Grenzen, daher auch albnihlich ein rascherer
Fortschritt erreicht, als durch Obersetzung aus Büchern, die den
Schüler nte zu dem Bewusstsein der Krirft für freie Bewegung
gelangen lisst.
Die Bücher, welche gebraucht werden könnten, waren ent->
weder die bereits vorhandenen, nämlich die Schulgrammatik und
das Lesebuch för die 4. Classe, oder besondere Übungsbücher
für das Obergymnasium» Die Erklärung und Einübung der syn-
taktischen Regeln nach der Schulgranunatik mit Benutzung der
Beisniele aus dem Lesebuche für die 4. Classe hann nicht be-
friedigen; denn es ist dies ein leerer, langweiliger und, wenn
auch fQr den nächsten Zweck, Beibringung des Wichtigsten aus
dfT Syntax, nothdürftig und augenblicklich genügender, doch im
ganzen wenig leistender Unterricht. Es fehlt demselben rasches
Fortschreiten wegen der zur Berichtigung von Fehlem noth-
wendigen Bemerkungen, und ans dies^ Ursache sowol als wegen
des reizlosen Obungsstoffes belebende Kraft und lebendige Be-
wegung, daher auch ein nachhaltiger Erfolg, da das Gelernte
bei aller Langsamkeit des Unterrichtes dennoch nur flüchtig ein-
geübt ist und als isoliertes Wissen ohne Zusammenhang mit der
Lectüre nur selten zufällige Anwendung findet und in dem Er-
kenntniskreise der Schüler keine sicheren Anknüpfungspuncte zu
fester Verbindung mit der vorhandenen Kenntnis hat.
Besondere Übungsbücher würden ei^en nicht mehr, ja für
den Zweck des griechischen Unterrichtes noch weniger leisten.
OaSB von ahnlichen Übungsbüchern, wie für das Lateinische,
Ober die Bebandluiig der grieeb. GrammaÜk u. e. w., v. i. WHkeim. 4^
welken der mangelnden Vorbildung der Scbüter für den GebraMh
derselben keine Rede sein kann, ist adbon togedeulet worden;
«ach würde zu einer so ausgedehnten Behandlung der Dbung«Q
wie im Lateinischen beim Unterrichte im Griechiseheu die Zeit
nicht ausreichen, selbst nicht in der ^ und 6. Classe, wo
wöchentlich eine Stunde den Übungen zu widmen ist. WoUte
man aber der Leetüre einen Theil der Zeit abbrechen und den«*
selben der Grammatik widmen , auf die Ansicht ge^^tütst , dasa
durch Sicherheit in der Grammatik ein rascherer Fortschritt in
der Leetüre ermöglicht werde und dieser raschere Fortschritt
Ersati für jenen Abbruch an Zeit biete^ so würde man sich sehr
täuschen. Sicherheit in der Grammatik hilft die Schwierigkeittn
der Sprache im allgemekien überwinden, ein rasches Fortsehrei-
ten der Leetüre aber wird nur durch Eindringen in den Schrift-
steller ermöglicht. Was wollte man s. B. CIr Förderung der
Leetüre eines Demosthenes und Plato von der Obersetzung ein-
zelner Satze über syntaktische Regeln oder von der Rücküber-
setzung einiger Bruchstücke aus andern Schriftstellern erwarten 1
Der Verlust an Zeit für die Leetüre würde daher durch den
Gewinn an grammatischer Kenqtnis nicht ersetzt werden, um so
weniger, da durch die Übungen nur eine sehr beschränkte Lei*
stung sich würde erzielen {ßosen. Lehrt ja doch die Erfahrung,
dass auch im Lateinischen die grammatisch-stilistischen Übungen
nur langsam von statten gehen; weichen Fortschritt wollte man
von einer ähnlichen selbständigen Behandlung der grammatischen
Übungen im Griechischen erwarten, wo aufser der Syntax auch
die Rücksicht auf die Formenlehre niemals aus dem Auge ge-
lassen werden darf? — Bin Aufgabenbuch für grammatische
Übungen im Griechischen am Obergymnasivm, wie solche Übun-
gen dem Bedürfnisse der Schüler im altgemeinen ent^prä*
chen, müsste enthalten: 1) für die 5. und 6. Classe Beispiele
in einzelnen Sätzen mit Einmischung verhältnismäfsig leichter
zusammenhangender Stücke über die wichtigsten Regeln der
Syntax; 2) für die 7. und 8. Classe einige zusammenhangende
Slücke, worin namentlich die schwierigsten syntaktischen Fälle
zur Widerholung kämen. Aber auch durch ein solches Auf-
gabenbuch würden die erwähnten Schwierigkeiten und Übel nicht
beseitigt werden; den wirklichen Bedürfnissen der Schüler
würde es ebenso wenig entsprechen wie irgend ein anderes
Übungsbuch, weil die Bedürfnisse der Schüler, abgesehen von
andern Umständen, nach dem Gange des Unterrichtes und vor-
nehmlich der Leetüre verschieden sind und sein müssen und
diesen Bedürfnissen nur der mündliche Unterricht wirklich ge-
nügen kann. Dass demnach auch ein solches Übungsbuch dem
Unterrichtszwecke, Sicherung eines gründliehen Verständnisses
der Leetüre, nicht entsprechen würde^ ist offenbar.
Der entsprechende und sichere Erfolg wird sich schwerlich
440 Ober EriiebuDg und Ünlerriebt u. s. w., v. G. lAndtur.
ainders «rreichto lassen , als durch die angedeutete enge Ver-
bindung der grammatischen Übungen mit der behandelten Lee-
tftre, nämlich durch' die bezeichnete Verwerthung der Lectdre
ttnjl durch Heranziehung der syntaktischen Beispiele aus der
Leetüre. Den Schölern wird bei dieser Verbindung des gram-
matischen Unterrichtes mit der Leclfire.^ain einem ihnen bekannr
tcüi und für sie interessanten Stpflh jGS^ftnheit zur Übung ihrer
KrSfte und zu freier Anwendung. dbL^^lemten geboten, sie
werden, zumal wenn sie bereits* durcJi richtige Behandlung der
Leclure selbst einige Gefibtbeil. erlangt haben, immer mehr an
Gewandtheit im (n>er8etzen der vorgelegten Sätze, und hiemit
an Vertrauen in ihr^ Kräfte und an Arbieitslusl gewinne» , der
Unterricht wird rasch fortschreiten und der Erfolg sowol eben
durch den Unterricht selbst als durch die Wechselbeziehung
desselben zu der Lectflre gesichert sein.
Kr a kau. A. Wilhelm.
Erziehung und Unterricht mit Rucksicht auf
Gymnasien.
; (Zweiter Artikel '.)
Der im 11. Hefte des vorigen Jahrgangs dieser Zeit-
schrift unter obigem Titel gebrachte Artikel hat sowohl von
Seite der verehrlichen Redaction dieser Zeitschrift, als auch von
S^ite des schulmännischen Publicums eine solche Beachtung ge-
funden, dass ich glaube, tfUf den dort angeregten, für das in-
nerste Wesen der Gymnasialbildung so hochwichtigen Gegen-
stand noch in einem zweiten Artikel zurückkommen zu dürfen.
Die Stellung der Hittelschule gegenüber der Hoch-
schule kann durch nichts marquanter bezeichnet werden, als
durch die Bemerkung, dass in der Hittelschule das erziehende
Moment dem didaktischen das Gleichgewicht halt, während die
Hochschule von eigentlich erziehender Thatigkeit als solcher gar
iiichts weifs, indem sie die Förderung der Wissenschaft um
dieser selbst willen ab ihren letzten Beruf ansehen muss. Der
Gegensatz zwischen Schule und Universität ist kein anderer, als
jener zwischen dem rein wissenschaftlichen Vortrage und dem
ergehenden Unterrichte '). Dieser Gegensatz gibt sich schon
*) S. österr. Oymn. Ztschrfl. 1859. Hft. 11. S. 849 ff.
- *) Dieser Gegensati überwiegt sogar den anderen der systematischen
Strenge. So wird z. B. die Mathematik am Obergymnasium mit
einer Wissenscbaftlicbkeit gelebrt, welche in Bezug auf Schärfe
der Beweisführung der Universität nur wenig nachgibt, allein sie
wird eben gelehrt, nicht blofs vorgetragen, und hierin Hegt allei^
' dings ein erheblicher Uotericbied.
Ober Eniohuog und Dnterricht o. s. w., t. G, LindMer. 441
dalserlich in der Verfassmig dieser Lehranstalten kund, indem
der Lehrer an der Universität eine gewissermafsen selbständige,
von seinen CoUegen unabhängige StdUung besitzt; der Verband
der Lehrer unter einander auf gewisse mit dem Unterrichte nur
mittelbar zusammenhängende Verhältnisse beschränkt bleibt, ohne
das unabweisliche Element tftr das Gedeihen des Unterrichts zu
bilden — während der Lehrer am Gymnasium seiner eigen thüm-
lichen Stellung nach nicht anders erfaisst werden kann, denn ab
Glied eines größeren und untheilbaren Ganzen, des Lehrkörpers,
welcher in ununterbrochener Wechselbeziehung an der gemein-
schaftlichen Aufgabe des Gymnasiums, der Erziehung mitteb dea
Unterrichts arbeitet. Der Universitätslehrer geht seinen eigenen
geraden Weg weiter, einzig und allein geführt von dem leuch-
tenden Sterne der Wissenschaft und unbekümmert darum, was
für andere Wissenschaften seine Zuhörer noch überdies betreiben,
oder ob und wie sie dasjenige, was er ihnen bietet, sich aneignen ;
der Gymnasiallehrer würde seine Stellung wesentlich verkennen,
wenn er seine didaktische Thätigkeit isolieren wollte von den
Ganzen, an welchem er lehrt, oder wenn er bei derselben nicht
reflectieren würde darauf, in welcher Wechselwirkung die von
ihm dem Zöglinge beigebrachten oder beizubringenden Kenntnisse
stehen mit der Gesammtbildung des Schülers.
Die Erreichung paedagogischer Erfolge ist überall an die
Einheitlichkeit der pcedagogischen Einflüsse geknüpft. Diese Ein-
heitlichkeit ist bei der Vielheit und dem natürlichen Gegensatze
der lehrenden Persönlichkeiten, zu welchem noch derGegensats
der Lehrfächer hinzutritt, nicht anders zu erzielen, ab durch
gegenseitige Verständigung und durch Organe, welche eine
solche Verständigung vermitteln. Diese Organe sind der Gym-
nasialdirector ab der natürliche Einheitspunct der 6ym«>
nasialverfassung und die Lehrerconferenz als die Einheit
sämmtlicher Lehrer. Das Verhältnb dieser beiden Factoren zu
einander und zu der Erziehung^aufgabe des Gymnasiums erscheint
mir so wichtig, dass es erlaubt sein wird, bei demselben etwas
länger zu verweilen. Es versteht sich von selbst, dass wir bei
Besprechung dieses Gegenstandes die Auffassungen und Bestim-
mungen des 0. E. unverrückt im Auge behalten.
Die Persönlichkeit des Directors und die Art und Webe,
wie dieser seine Stellung crfasst und handhabt, ist für das Ge-
deihen der Gymnasiallehranstalt von unberechenbarem Belange.
Wahrhaft beherzigenswerth ist der Standpunct, von welchem der
0. E. diese Stellung auffasst und normiert. ^<Der Wunsch, jedem
Lehrer den ungeschmälerten Einfluss seines Wissens und Könnens
auf die Anstalt, an welcher er beschäftigt ist, zu sichern, und
den Geistesmuth, welchen seine Arbeit erheischt, ihm ungekränkt
zu erhalten, könnte zu dem Gedanken führen, dem Lehrkörper
selbst die unmittelbare Leitung anzuvertrauen, stritte nicht die
14% Ober Erhebung und Uutcrricfal lu t. w., v. G. Urnkter.
Natnr dieser Lehranstalteil dagegen «od hätte nichl die Erfüb^
nuig die Nolhwendigkeit einer einheitlichen starkes Leitung in
solcher Weise dargethan, dass ein Zweifel dagegen in weiteren
Kreisen gar nie Raum gewann* . . . Um aber jedem Lehrer sein
Recht und seinen Kräften den ihnen gebührenden Binfluss zu
aichem, reicht es hin, wenn der Directqr je nach der Wichtig-
keit oder sonstigen Beschaffenheit der Angelegenheiten, welche
eine Verfügung erheischen, entweder an die Zustimmung des
Ldirkörpers gebunden oder verpflichtet ist denselben wenigstens
zo hören, und wenn zugleich die Lehrer in regelmä£sig wieder-*
kehrenden Conferenzen die Gelegenheit haben, über jeden Gegen-
stand ihre Ansichten und Wünsche oder auch Beschwerden in
ein ProtoooU niederzulegen, welches in kürzester Zeit vor die
Augen der vorgesetzten Behörde kommt*^ S. 0. E. Vorbemer-
kni^ S. 11 f.
Durch diese aflgemeine Erörterung ist das Verhältnis jener
beiden Organe didaktisch-psedagogischer Einheitlichkeit mit kur-
zen, aber treffenden Strichen so gezeichnet, wie man es, wenn
man sich auf den Boden der Erfahrung stellt, nur irgend wün-
schen kann. Allerdings ist die Sendung des Lehrers eine mora-
lische und der eigentliche Erfolg dieser Sendung beruht fast
ausschliefslich auf dem Geiste, von welchem getragen der
Lehrer an die Lösung seiner Aufgabe hinangeht. Dieser Gei^t
und die Erfolge, welche er zeitigt, bedingen einander wedisel-
weise. Das Gefühl gelingender Thätigkeit, welches den Werk-
mann beim Anblicke der fertigen Resultate seiner Wirksamkeit
erhebt und durch die Freude des Gelingens seine Nerven und
Muskebi zu ausdauernder Fortarbeit stählt, ist auch des Lehrers
vornehmster Lohn. An dem Anblick der Geistesblüten und Geistes-
früchte, welche sein belehrendes Wort, seine erziehende Mafe-
regel in*s Dasein rief, schöpft er den Geistesmuth zur Ausdauer
in seiner stillen, aber consequenten Wirksamkeit, wienn auch die
Talentlosigkeit seiner besten Bemühungen spottet, wenn Unfleifs
und sittliche Verwahrlosung seine besten Malsregehi durchkreu-
zen. Soll nun dieser Geistesmuth, dessen Nothwendigkeit zum
gedeihlichen Wirken im Lehrerberufe der 0. E. so sehr aner-
kennt, dem Lehrer nicht entsinken, soll die sittliche Ideenslärke,
welche seine Wirksamlieit einzig und allein zu befruchten ver-
Hiag, ihm nicht abhanden kommen und seine geistige Mission
nicht zur Niedrigkeit handwerkmäbigen Treibens herabsinken:
^0 muss ihm der Einfluss, den er vermöge seines Wissens und
Könnens auf die Anstalt auszuüben berufen ist, und den er nicht
aufgeben kann, wenn er nicht seine eigentliche Stellung auf-
geben will, ungeschmälert gewahrt bleiben, und es dürfen seiner
Berufswirksamkeit keine willkürlich herbeigezogenen Hindern itise
und überhaupt keine anderen Schranken in den Weg gelegt
werden, als diejenigen sind, welche aus den gleichen Ansprächen
über EciicbuDg und üot«rhcbt u. s. w., v. 6, Umlner, 44S
der lehrenden IndiYiduen auf diesen Einfluss and aus der Ver-
antwortlichkeit des DirectOTs ffir den Ge^ammtzustand der Gym-
sasinllchranstaU naturgemäß bicb ergeben. Das Verhältnis dea
Lehrers zum Direclor, welches nach dem Auswege, den der
0. B. aus dem oben angeführten Dilemma zu nehmen sich ge-*
zwungen sah, allerdinga ein Verhältnis dienstlicher Unterordnung
ist und sein muss, wird nur dann auf seiB richtiges Mafs zu-^
rückgeführt werden, wenn 2sa der aufs er liebten Autoritil
der dienstlichen Stellung auch noch die innere Autorität gei«^
stiger und didaktisch-pasdagogischer Präponderanz von Seite dea
Directors hinzutritt, und wenn dieser so viel collegialen Sinn
besitzt, dass er den eigentlichen Erfolg seiner amtlichen Mals-
regeln weniger auf das Gewicht seiner Amtsgewalt, welche auf
diese Weise gebraucht der Gefahr baldiger Abnutzung preisge-
geben würde, als vielmehr auf das Gewicht innerer Grunde zv
basieren gewohnt ist. Nur auf diese Weise wird er sich nicht
blofs den Willen, sondern auch die Überzeugungen der Lehrer
unterwerfen und den letzteren ihr Geistesmuth, die sittliche Af^
mosphäre ihres Wirkens ungeschmälert gewahrt bleiben. Es wäre
eine arge Verkennung der hier in Betracht kommenden Dinge,
wenn man sittliche Erfolge durch rein äulserliche Maisregeln er-*
zielen, und die Thätigkeit des Lehrers durch ein System rein
äufserlicher Controlmittel zu fördern gewillt sein könnte. Da-
durch würde man ihm nur den Boden entziehen, auf dem er
steht. Nie darf man vergessen, dass das Geschäft des Erziehers
eine Kunst ist, und dass die eigentliche Atmosphäre der Kunst
freie, durch keinerlei Hemmnisse eingeengte Beweglichkeit bleibt.
Vergeblich wäre daher jeder Versuch, die Lehrer in die Stel-«
lung der Räder einer Maschine zu verurtheilen, an deren Kurbel
der Director steht; dies wäre vielmehr der sicherste Weg, um
dem Lehrer die Lust am Lehren zu benehmen, und seine Thätig-
keit auf das Minimum gewisser äulserlich controlierbarer Lei-
stungen herabzusetzen. Nicht die todle Maschine — den leben-
digen Organismus muss die Gynmasialverfassung nachahmen;
den Organismus, in welchem jeder einzelne Theil, z. B. das
Auge dem Ganzen dadurch dient, dass es frei und ungehemmt
seine natürliche Function ausübt.
Es ist leicht zu zeigen, dass Auffassungen der hier ange-
führten Art zugleich jene des 0. E. sind. Auf S. 207 (Instruc-
tionen Nr. XV. B. 7) wird bei Gelegenheit der Bemerkungen,
die der hospitierende Director dem Lehrer allenfalls zu machen
hat, ausdrücklich bemerkt, der Director habe zu erwägen^ <(dass
der wirkliche Einfluss dieser Erinnerungen weniger von seiner
amtlichen Stellung an sich, als von dem Gewichte abhängen
wird, welches gereifte Erfahrung, Übersicht des Ganzen und
treffender Blick für das Einzelne seinen Überzeugungen und An-*
sichten zu geben vermag.'^
444 Ober Erziehung und Unterricht u. 8. w., v. G. LMbnier.
Wenn man abo zugeben wird, dass bei der moralucka
Natur des Lehrerbenifes die Einhelligkeit didaktisch -pasdagogi-
schen Wirkens nicht zu erzielen sein werde durch eine rat
aurserliche Unterordnung der Meinungen und Verschiedenkeflea
des Wollens unter eine einzige Meinung und ein einziges WoUei:
so folgt daraus unmittelbar, dass das gegenseitige Verstindniiy
wovon jene Einhelligkeit abhangt, nur herbeigerührt werden köaai
durch den Austausch der Meinungen, woraus, wem
dieser Austausch innerhalb der logischen Schranken gefuhrt wird,
die vernünftigste Meinung nothwendigerweise als die Siepm
hervorgeht. Das Organ dieses gegenseitigen Meinungsaustauoei
ist vor allem die Lehrerconf erenz, in welcher der Dinctor
den Vorsitz führt und die Lehrer Sitz und Stimme haben, ^
deren Competenz zwar durch das Gesetz eingeschrinkt ist, ii
welcher aber nach $• HI9 Abs. 3 des 0. E. jeder lekrer das
Recht und die Pflicht hat, Gegenstande , welche du Wohl te
Schule und einzelner Schüler betreffen , in Anregung und nr
Discussion zu bringen.
Der Unterz. kann sich nicht enthalten, es hier oBea ad
freimüthig auszusprechen, dass nach seiner unerschütterlich
Überzeugung und nach den Erfahrungen einer zehnjährigen f
mancher Beziehung noch nicht dasjenige thut, was sie
und kann.
Es wird vielleicht für die Erreichung obiger Aufgabe er-
spriefslich sein, auch diei>en Gegenstand in den Kreis der öllieBt-
lichen Bei>prcchung zu ziehen. Vielleicht werden sich durch ii-
regung diei^es Gegenstandes auch andere Beobachter veraiM
fühlen, mit den Resultaten ihrer Beobachtung vor die ÖOBaÜicfc-
keit zu treten, und durch den also geweckten Meinuaplli-
tausch zur Förderung der guten Sache, die uns allen geMB-
schafllich am Herzen liegt, beizutragen.
An Gegenständen einer conferenziellen Besprechung wffd •
bei einem geweckten Schulleben niemals fehlen , und überall, w
sich das Bedürfnis einer solchen Besprechung in erhöhtem GrtM
kund gibt, wird man dasselbe für das untrügliche Zeichen eil»
gehobenen predagogischen Sinnes im Lehrkörper nehmen könaci.
Wo dagegen dieses Bedürfnis nicht gefühlt oder durch grok
Misstände nicht seiner Befriedigung zugeführt wird, wo nua A
Conferenzen nur deshalb abhält , weil sie angeordnet sind , nai
man sich mit den Protocollen derselben ausweisen muss: dl
werden die Meinungen und vielleicht auch die Grundsatze dK
einzelnen Lehrer unvermittelt neben einander fortbestehen , jeder
Lehrer wird unbekümmert um das, was um ihn vorgeht, seiaea
\f^% ruhig fortgehen , die Organicität und EinheUigkeit aller
Clier Erziehung und Unlerriclit u. g. w., t. G. Undner, 445
ieder dos erziehenden Unterrichtes blofser Schein bleiben. Die
iUheilungen aber den Stand des Unterrichtes und der Zucht
i einzelnen Schülern und in einzelnen Classen, die der Lehrer
der Conferenz zu hören bekommt, sind für ihn ein sehr
Ulzenswerlhes Material, welches er nicht missen kann, wenn
ii Urtheil über die Classe und seine pnedago^sriscbe Behandlung
•raelben nicht einseitig bleiben soll. Diese Hitlheilungen müssen
loch, falls sie ihren Zweck nicht verfehlen sollen, diejenige
mn annehmen, die im J. 111, Ab. 2 des 0. E. ihnen gesetz-
;k Torgezeichnet ist, und welche darin besteht, dass der Direclor
tch Beendigung des allgemeinen Urtheils über die einzelne Classe
B Namen der Schüler dieser Classe verliest. Nur auf diese
ciM kann das Verhalten der einzelnen Classen und Schüler zu
kn der Lehrer gegenseitig confrontiert und einer summari-
ben Schlussfassung entgegengeführt werden, was offenbar der
vedc der Conferenz ist. Wo man jedoch, wie es an einzelnen
ihranstalten vorkommt, alle Schüler einer Classe und alle Classen
tcheinander zunächst mit Bezug auf einen einzelnen Lehrgegen-
nd durchnimmt, d. h. die Conferenz nach Fächern^ nicht nach
iHen leitet: da wird die natürliche Ordnung der Sache um-
fahrt und eine Vergleichung eines und desselben Schülers in
mg auf die Totalität seiner Leistungen beinahe unmöglich ge-
acht, abgesehen davon, dass die Verhandlungen dadurch, dass
a Lehrer in einem Alhemzugc über die ganze Schülerzahl einer
laaae oder gar über mehrere Classen nacheinander referiert,
id die übrigen Lehrer während der ganzen Zeit ruhig zu-
ken, schleppend werden und ein lebendiges Eingreifen der Hei-
mgen in einen und denselben Gegenstand und somit auch eine
laeilig durchgreifende Ventilierung desselben erschwert wird,
n i^ube ja nicht, dass durch die Befolgung des gesetzlichen
orgingca, nämlich durch die Namenablesung, die Konferenzen
tanaehr in die Länge gezogen würden, im Gegentheile, sie
erden in raschem Flusse vorwärts gehen, sobald die nothwen-
igen Bennerkungen über einzelne Schüler mit charakteristischer
Ane und mit Vermeidung alles nicht zur Sache gehörigen ab-
egeben werden, und man sich bei jeder Monatsconferenz nicht
■f Wiederholung des bereits in früheren Conferenzen bespro-
benen oder anderweitig bekannten einlässt, sondern nur auf Hit-
leilang der thatsächlichen Veränderungen, die sich
a dem betreffenden Blonate ereigneten, beschränkt.
JBe grobe Anzahl von Schülern ist so beschaffen, dass sie auf
er Linie der aurea mediocrUat stehend mit von Monat zu
bwat sich gleichbleibendem Erfolge in allen Fächern gleichmäfsig
rheitet, ohne dass an ihrer gesammten Haltung etwas zu mab-
rgeln oder zu bemerken wäre. Sie leisten so viel oder nahe so
id, ab man nach Mafsgabe ihres Talentes und unter Berück-
idbtigung aller Umstände von ihnen billigerweise erwarleu k^Mi^
44€ Ober Erziehung uml Unlcrricht u. s. w., v. G, Lindner,
sie genMgen. Über die Namen dieser Sdiüler kann die Conferenz,
wenn kein besonderer Grund hinzutriU, kurz hmweggehcn, ebenso
über die nicht unbedeutende Anzahl jener guten Schüler, deren
Forlgang gegtn den vorigen Monat nicht die geringste wahr-
nehmbare Veränderung nachweist, weil man sonst nur dasjenige
wiederholen musste, was im vorigen Monate gesagt wurde«
Länger verweilen wird die Verhandlung blois bei jenen Schülern,
bei 4enen die Disharmonie zwischen Talent and Leistung oder
die Uagleichheit der Leistungen in den einzebien Fächern oder
den einzelnen Monaten zu einen längeren Verweilen herausfordert.
Auf diese Weise wird die Zeit, welche dea Erwägungen der
CoBfereoi gewidmet wird, keine verlorene sein; an die ouimiig-*
Gachen Erscheiftuogen des Fortganges in einzelnen Classen und
Fächern und bei einzelnen Schülern werden sich Bemerkuagen
über Unterricht und Methode knüpfen, welche fn* die einzelnen
Lehrer wichtige Atiregungspuiicte eines weiteren fruchtbringen-
des Nachdenkens bilden können.
Insbasondere wird es aber der Zustand der Sittlichkeit
nad Zucht sein, der zu mannigfachem Gedankeaanstansche und
au viel&chen Besdblussen des Lehrkörpers führen wird. Die Auf-
rechthatlung der Disciplin und, was mehr noch ist als dies, die
Förderung einer reUgiös-moralischen Gesinnung unter der Schüler-»
sdkaft dl« Gynmasiums, ist ein Gegenstand, dem das einm&ihige
SiusamBienwirken aller Lehrkräfte ununterbrodien zugewandt sein
sollte. Durch alle Maf^^regeln der Schule, welche zur Aufrecht-
haltung eines religiös-moralischen Zustandes eingeleitet werden,
muss sich der rotbe Faden einer unerbittlichen, unerschütterlichen
Gonsequenz hindurchziehen, welche Conseqaenz nur dann hervor-
treten kaim, wenn die leitenden Grundsatze, nach denen sich die
disdplinare Behandlung der Schüler richtet, in der Hauptsache
bei ;allen Lehrern dieselben sind. Bei der Durchfuhruag dieser
Grundsätze muss sich der individuelle Taot der letzteren zeigen,
welcher in der glpichmäl]Bigen Berücksichtigung aller Verhältnisse
der ünterricfatsanstalt und ihrer Pflegebefohlenen seinen wahren
Ausdruck findet. Es gibt nicht zwei Gymnasien, in denen in
Bezug auf Begabung, Vorbildung, häusliche Unterbringung der
Sehüler, Einflüsse der ÖiTentbchkeit, Mischung der Nationalitäten
und Confessionen die gleichen Verhältnisse wiederkehren aiöchten.
Die erziehende Aufgabe der Schule drängt zur gleichmäCägen
Berücksichtigung aller Verhältnisse, in welche der Schuler gestellt
Ist, und was de« einen Lehrer entgangen ist, wird vielleicht dem
andern aufgefallen sein. Soll der Einzelne den Sehatz seiner
Beobachtungen fOr sich selbst behalten? Es wäre dies »ne arge
Versündigung an der Wohlfahrt der Gymnasialzöglinge, deren
geistige Zukunft oft durch eine einzige ptedagogisch- kräftige
MaCsregel zum Heäe derselben abgeändert werden kann. Jeder
gewissenhafte fidirer wird also £ese seine Beobachtungen den
über Erziehung und Unterricht u. 8. w^ v. €. Littäner. 447
GoOegen mn «o lither millheikn, j« mehr ^ bei ihnen beeuglicb
«elcher Mittheihingen auf ein empföngliches Ohr rechnen darf.
Oberhaupt iM eine gegenseitige Verständigung und ein «orgfü-
ÜgcB Berücksichtigen der Parlialurtheile einzelner Lehrer nir-
gends so unabweislich geboten als dort, wo es sich iiin die
endgiiiige Feststellung des Urtheils ober den Sittlichkeitszustand
eines Schdlers und dessen Ausdruck in der Sittennote handeh;
denn die Fehler, welche eine einseitige Beurtheilung des Schülers
nach sich ziehen könnte, können nur dadurch eliminiert werden,
^ss man BÜe einzelnen Urtheile glekhmalsig berücksichtigt und
in die Wagschale der Beurtheilung legt. E» gibt, um concreter
zu reden, Temperaments- und Brziehungsschwächen, welche in
einzehien Fäßen den Schein efn«r groben «ittlichen Verletzimg
annehmen mid leicht für eine solche gehalten werden können;
der finstere Blick, das mürrische Wesen, das herbe Wort könne»
ebensogut Wirkungen eines schwarzgalligen Temperamentes als
eines bösen, in den Grund Terdorbenen Herzens sein. Wenn ait
nun auch in keinem Falle ungeahndet bleiben dürfen, so wird
doch die disciplinare Behandlung des Schülers in beiden Fallen
eine ganz enigegengetzte sein müssen»
Allein wie l^ei jeder menschlichen Einrichtung auf das
<<Wie^ der praktischen Durchführung sehr viel ankommt, so
hangt auch bei den Conferenzverhandlungen der eigentliche Brfdg
-von dem Geiste ab, in dem sie gepflogen und geleitet werden.
Hier kommt es nach unserem Dafürhalten zuvörderst auf zwei
Umstände an: erstens, dass jedem einzehien Mitgliede die volle
Freiheit der Heinungsaufserung und Abstimmung gewahrt bleibe,
und zweitens, dass dieser Freiheit ungeachtet der geschdftsord*
nungsmäbige Fortgang der Verhandlungen energisch aufrecht ge*
halten werde. Nach der einen Seite ebeneowol wie nach der
anderen sind Ausschreitungen denkbar, welche für daa gedeih-
liche Wirken des Instituts der Lehrerconferenzen von gro&em
Nachtheile sind, ja den Zweck dieses Instituts geradezu gefährden.
Wo der einzelne Lehrer in seiner ruhigen Meinungsabgabe ent-
weder durch die ausgiebigeren Stimmen stärkerer Kehlen oder
durch die auf das Prädicat der fnfallibiiitat Anspruch eitcibende
Meinung des Vorsitzenden terrorisiert wird : dort wird man sich
vergebens nach jenen Bedingungen umsehen, welche ein gegen-
seitiges Abwägen der Meinungen und eine Schlossfassung nach
objectiven Gründen ermöglichen. Diese letztere wii^ vid-
mehr von jener Partei dictiert werden, auf deren Seite sich ent-
weder die Stimme des IMrectors oder die kräftigsten Kehlen be-
finden. Ein solcher Vorgang wäre allerdings in hohem Grade
beklagenswerth. Wenn in einer beratbenden Versammlung nicht
mehr das Gewicht innerer Gründe, sondern das Zusammentreffen
rein zufälliger Umstände die Entscheidungen leitet, wenn die Mei-
nungen der Hitglieder im bunten Wirrwar durcheinander fliegen^
448 Ober EniehuDg und üntenriGht u. s. w.^ v. G, LfndHer.
Äußerungen und Beschlüsse nach den Eingebungen des Augen ^
blickes in einer und derselben Sitzung abwechselnd hingestellt,
abgeändert und zurückgenommen werden, und man nach mehr-
stündigem Hin- und Herreden genau dort angelangt ist, wo man
arsprünglich ausgegangen war; da wäre es viel erspriefslicher,
wenn man in einem solchen Falle das Princip der Berathung
überhaupt fallen Hesse und die am Conferenztische verschwendete
Zeit nützlicheren Beschäftigungen zuwenden würde. Es wäre
odios, das hier aufgerollte Bild durch thalsächliche Belege spe-
eialisieren zu wollen; wichtiger scheint es uns, auf ein Mittel
hinzuweisen, was nach unserem Dafürhalten dazu angethan ist,
Obelständen dieser Art zu steuern. Dieses Mittel ist ganz ein-
fiich; es betrifft die Aufstellung einer förmlichen Ge-
schäftsordnung für die Conferenzverhandlungen*
Eine solche Geschäftsordnung wird gegenwärtig noch vermisst,
denn dasjenige, was der 0. E. in den $$. HO bis 114 darüber
enthält, sind nur die äulsersten Umrisse einer solchen und lassen
sehr viele Bestimmungen über das Verfahren bei Conferenzver-
handfaingen offen» Wir sind weit entfernt davon, die Conferenz
zum Schauplatze parlamentarischer Vorgänge machen zu wollen;
glauben jedoch gleichwol, dass einige detailliertere gesetzliche
Bestimmungen über verschiedene Modalitäten dieser Coi^ereazver-
hlndlungen zur Wahrung eines ruhigen, geregelten Fortganges
derselben nur beitragen könnten. Wir meinen hier Bestimmungen
über die Art der Wortergreifung, über den Verlauf der Debatte,
über die Beilegung von ordnungswidrigen Vorfeülen, über die
Abstimmung und Beschlussfassung, über die Wahrung von Mino-
ritätsgutachten, insbesondere aber, wovon wir das meiste Heil
erwarten würden — Bestimmungen über die ProtocoU-
führung. Hier sollte der Grundsatz entschieden an die Spitze
gestellt werden, dass das Protocoll Aie Bestimmung habe, den
wesentlichen Gang der Conferenzverhandlungen sammt allen im
Schofse der Conferenz vorgefallenen Zwischenfallen zu consta-
tieren, die wesentliche Meinungsabgabe der einzelnen Conferenz-
nitglieder in möglichst getreuer Fassung aufzunehmen und da-
durch ein Bild der Conferenz zu liefern. Unter diesen Voraus-
setzungen virürden die Conferenzprotocolle ihre gegenwärtige,
meist dürftige und monotone Fassung abstreifen und von dem
Charakter unbedeutender Schriftstücke zum Range interessanter
und hochwichtiger Documente erhoben werden, in denen die innere
Bntwickelungsgeschichte einer jeden Lehranstalt niedergelegt wäre.
Solche Protocolle dürften der Oberbehörde den Geist einer jeden
Lehranstalt besser bezeichnen, als es durch die besten geheimen
Berichte nur möglich ist. Es versteht sich von selbst, dass ein
solches Protocoll unmittelbar während der Sitzung aufgesetzt,
nicht etwa nachträglich erst zusammengestellt werden dürfte;
ebenso ist auch leicht abzusehen, dass durch eine solche Pro-
über Rraiebung und rntcrricbt u. 8. w., v. €, Undner. 449
locoliräRrung, wo jedes Conferenzmilglied es sich gefallen lassen
mflsste, seine Äuf^erungen auch prolocoljiert zu sehen, alles im-
nutze Hin- und Herredrn beseitigr, die Conferenz der Gefahr, in
eine rebultatlose Discussion verwandelt zu werden, am besten ent-
rückt ^ein wurde.
Alterdings kann das hier in Anregung gebrachte Mittet den
ruhigen und ordnungsmafsigen Fortgang der Conferenzen nur
innerhalb gewisser äufserster Grenzen aufrechlhalten; seine volle
Wirkung wird es erst dann erreichen*, wenn es von dem Tacte
des Vorsitzenden und der Häfsigufig alter Conferenzmitglieder
unterstützt wird. Die Mäfsigung im Aufstellen und Verfechten
von Meinungen, von denen man auf das lebhafteste überzeugt
i^ein kann, welche aber dessenungeachtet nur Meinungen bleibt,
ist diejenige Bedingung, an welche die segensreichen Wirkungen
des Meinungsaustausches geknüpft sind. Wer von seiner einmal
gefassten Meinung so eingenommen ist, dass er es nicht über
sich bringen kann, den Auseinandersetzungen der gegnerischen
Meinung zu folgen , dessen Meinungen werden den Charakter der
Einseitigkeit niemals ganz abstreifen, für ihn werden die bedeu-
tenden Vortheile, welche das menschliche Nachdenken ans der
wechselseitigen Mittheilung und Vergleichung mannigfacher An-''
sichten schöpft, verloren gehen. Wer dagegen von dem uner-
schütterlich feststehenden Grundsatze ausgeht, dass jede Ansinh,
so begründet und in sich vollendet sie auch sein mag, einer viel-«
fachen Berichtigung, Erläuterung, Ergänzung fähig ist, der wird
auch jeden Augenblick bereit sein , die eigene Meinung durch
eine be.«sere, wenn auch gegnerische, zu berichtigen. Wenn nun
alle Conferenzmitglieder von diesem Geiste der Mfifsigung durch-
drungen in dem gemeinschaftlichen Streben nach Briielong paeda-
gogischer Einhelligkeit einander die Hände reichen, dann und
nur dann werden die Debatten über einzelne Controversen, so
lebhaft sie auch sein mögen, nur zum Besten und Frommen der
erziehenden Aufgabe des Gymnasiums ausschlagen. Wir wissen
recht wohl, dass jene leidenschaftslose Ruhe der Erörterung,
welche wir hier postulieren, bei Personen, denen ein menschlich
erregbares Herz im Busen schlagt und in deren Adern heifses^
oft auch jugendliches Blut rollt, eine ideale Forderung ist; wir
wissen aber auch, dass jeder gebildete Mann, sobald er einmal
die Überzeugung gewonnen hat, dass diese Bedingung für das
Gedeihen der Schule eine unerlassliche sei, so viel sittliche Stürk»
und Aufopferungsfähigkeit besitzt, um seine persönlichen Gefühle
der guten Sache unterzuordnen.
Die Verständigung zwihchen den einzelnen Lehrern wird
natürlicherweise auf die Conferenz keineswegs beschrftnkl Meibeui
sie wird vielmehr, sobald ihr Bedürfnis einmal geweckt ist^ man-
nigfache Wege sich eröffnen. Je mehr der einzelne Lehrer seinen
Zaitsahrift f. d. dttvrr. Gyma«s. 1860. VI. Haft. 31
450 Über Erxithung und Unterriebt o. s. w., v. C, UmlHer.
Blick von der Specialilät deg Faches, das er verlrilt, über das
Ganze der bumanen Bildung, dem die Gymnasien dienen, ver-
breitet, je allgemeiner jene pbilosopbiscbe Bildung wird,
welche das in einzelnen Richtungen erstarrte Wissen in leben-
dig»*n Fluss bringt : det^to vollkommener wird auch die Einheit-
lichkeit des Zusammi'nwirkcits aller Lehrkräfte werden, wie dies
in den Zusatzbemerkungen delr verehr!. Redaction zu dem I. Ar-
tikel im 11. Hefte des v. J. dieser Zeit^chrifi auf treffende Weise
dargethan wurde. Nach Allgemeinheit der Bildung drängt
der Mahnruf der Zeit-, dif«er allgemeinen Bildung dienen insbe-
sondere die Gymnasien, welche die breite Basis legen^ auf wel-
cher die Universität das Gibäude des Wissens in die Höhe und
tiefe fortzufuhren bestimmt ist — dadurch, dass die Lthrer der
Gymnasien selbst auf der Höhe die^^er allgemeinen Bildung stehen
und von ihr aus den umschauenden Blick über alle Felder der
letzteren frei schweifen lassen, wird jene Einhelligkeit der ver-
schiedenen Factoren der Gymnasialerziehung herbeigeführt, welche
wir in diesen Artikeln einer genaueren Untersuchung unterzogen
haben.
Ea sei nun gestattet, die Reihe der hier angeführten Be-
merkungf'n und Andeutungen mit einer allgemeinen Betrachtung
zu »chlieC^en.
# So wie das wahre Wissen, des Menschen geistiges und
ünveräulserliches Eigenthum, welches nach allen Seiten erfasst
und nach allen Richtungen verarbeitet zu einem Bestandtheile
des eigenen Ich wird und den Geist mit jener eigenthümlichcn
Macht umgibt, auf der die Überlegenheit des wahrhaft Gebilde-
ten beruht, himmelweit verschieden ist von der äuCserlichen
(auswendigen) Aneignung angelernter Kenntnisse, welche nur
durch die Anstrengung des mechanischen Gedächtnisses zusam-
mengehalten werden können, ohne den Geist wahrhaft zu be-
reichern und mächtig zu machen: so ist auch die Sittlich-
keil, wie sie sich als selbsteigene Schönheit der Menschen-
natur auf ihrer höchsten Offenbarungi>sIufe in den harmonisch
vollendeten Zögen des sittlichen Charakters ausprägt, unendlich
yerschieden von den guten Sitten, in dienen der junge Mensch
Hnler dem Malsregeluiigssystcm seiner Erzieher in heuchlerischer
Einfalt dahinwandelt. Was diese «guten Sitten^^ bedeuten, zeigt
sich nur allzubald, wenn der Zögling der Disciplinargewalt seiner
Erzieher entrückt wird^ wenn beispielsweise der Abiturient mit
dem Zeugnis der Reife in der Hand von der Lehranstalt scheidet,
um in der ungewohnten Atmosphäre äufserlicher Freiheit seine
geistigen Schwingen zu versuchen.- Gibt es doch noch Schüler,
<)ie Tom Gymnasium scheiden, ohne es für nothwendig zu finden,
den Männern, die mit jahrelanger Selbstaufopferung und mit
einem Aufwand unbezahlbarer Mühe an ihrem geistigen Wohle
Ober Erziehung und Unterricht u. s. w., v. G. Undner. 451
gearbeitet haben, eine Formel des Dankes zu sagen! oder die
gar, Schlangen vergleichbar, welche die Lehranstalt an ihrem
Busen wärmte, den sittlichen Giflschaum thatsachlicher Verhöh-
nung gegen sie ausspritzen ! . . . OiTenbar hat in solchen Fällen
die Erziehung nur äufserlich, nicht innerlich gearbeitet;
sie hat es unterlassen, die Anständigkeit und Gesetzlichkeit des
äulseren Verhaltens auf den Unterbau sittlicher Grundsatze, die
Gesittung auf Sittlichkeit zu stützen. Allerdings ist es
eine unthunliche Sache, dem Zöglinge in das Herz hineinzu-
schauen und ihm sittliche Grundsätze unmittelbar beizubringen,
und wahr bleibt es, dass, so wie die Kenntnisse den Mafsslab
des Wissens, so auch die Sitten das Mafs der Sittlichkeit ab-
geben werden ; allein den eim n Grundsatz sollte die Schule nie
aus dem Gesichte verlieren, sondern vielmehr in der Gesammt-
heft ihrer Mafsregeln und im bestundigen Verkehr mit dem
Schüler offen und frei zur Schau tragen , den Grundsatz , daisä
in ihren Augen das Wissen höher stehe, als Kenntnisse
die Sittlichkeit höher als die Sitten!
C i 1 1 i. Gustav L i n d n e r.
31
Zweite Abtheilung.
Literarische Anzeigen.
Covneliiu Nepo8, erklärt von J. Siebeiis. 3. Auflage, gr. 8.
(XIII u. 197 S.) Leipzig, Teubner, 1859. ^ i% Ngr.
iüöer Aepoi ai$ SeJtuileetüre.)
Es ist in neuester Zeit fast Modesacbe geworden, gegen Nepos
als den Anctor, durch den unsere Gymnasialjugend in die Lecture latei-
nischer Schriftsteller soll eingeführt werden, anzukämpfen. Dass solchen
Anpriffsn, wie er sie zu erfahren halte und noch hat, bestimmte Thal-
Sachen zu Grunde liegen, ist von selbst verstandlich und besonders durch
Nipperdey's Ausgabe klar geworden, aber dennoch lohnt es sich noch
einmal die Frage zu untersuchen, um so mehr als man, wie uns scheint,
bei dem ganzen Streite allmählich die Frage immer schiefer stellte, indem
man den psedagogisch- didaktischen Gesichtspunct , von dem die ganze
Differenz ausgieng, nämlich den, ob Nepos für unsere Tertia (resp. IV.)
drr geeignete Schriftsteller sei, nach und nach aus den Augen verlor und
unvermerkt die Frage nach der literarischen Bedeutung des Nepos über-
haupt substituierte. So wenig natürlich geläugnet werden soll, dass die
Schnllectüre eines Schriftstellers auch von seinem literarischen Gehalt
abhänge, so springt doch ebenso sehr jedem unbefangenen in die Augen,
dass bei Knaben von 12 Jahren noch gar manche Rucksichten aufser
diesem in Betracht kommen. Wenn die folgende Untersuchung sich zu-
niobst an den Aufsatz Wagler's im vorjährigen Augustheft der Mützell-
sehcn Zeitschrift für Gymnasien hält, so glauben wir dadurch gerecht-
fertigt zu sein, dass derselbe alles, was gegen Nepos bis jetzt vorge-
bracht ist, berücksichtigt und durch seine mafsvolle Haltung am ehesten
la einer ruhigen Erörterung geeignet ist. Die gegen Nepos vorgebrach-
ten Gründe sind nun folgende: 1. eine ziemliche Anzahl der von ihm
geschilderten Männer ist nicht bedeutsam genug, dagegen fehlen höchst
wichtige Erscheinungen, so die exceifenies ducei Romanorum; 2. die
einzelnen Biographien sind in der Regel keine Lebensbilder, sondern
^88^8^^ ^^^ allerlei Anekdoten, daher denn 3. Ausführlichkeit in Be-
Ober Nepos als SchunBctOre, v. L. fUtlMer. 4llS
Randlinig zur Bedeutsamkeit der Fersonen In ieinem VerfaSRdls stellt^
unwichtiges des Breiten gegeben, Wichtiges übergangen Ist; 4. Nep^s ist
in Beurtheilung seiner Helden nicht nnbefangen genng; 5. ttiU seiher
historischen Glaubwürdigkeit steht es sehr schlecht; 6. In fSormaler Bl^
Ziehung ist sein Latein vielfach nicht nachahmenswerth , und 7. HiAttL
steh der logisch-grammatischen Vcrstöfse wie Anakoldthey dem Gedan-
kenzusammenhange nicht entsprechende Satzyerbindangen , Tautologlcln
u. s. w. in nicht geringer Zahl.
Was nun den ersten Punct betrifft , so geben wir gerne zu, dsife
es für unsere Schulzwecke noch besser wSre, Wenn statt des Dion>
Ghabrias, Timotheus, Datames, Eumenes u. s. w. uns Biograplrien rMf-
scher Feldherren erhalten wSren. Indessen kann die Schule selbst 'dfe>
welchen man «eine nur sehr relative Bedeutung zugestehen kann*, «ehr
gut verwerthen. Biographien wie die des Dion, Iphikrätes, Chabflas,
Timotheus, Phocion, Timoleon, behandeln Partien der griechischen ' Qo>
schichte, die bei dem Unterrichte in alter Geschichte, wie er der 'Lee-
türe des Nepos regelmäfsig vorangeht, aus guten Gründen müssen utibA-
rücksichtigt bleiben. Liest nun den Nepos ein Lehrer, der so viel Ge-
schick hat, bei der Leetüre selbst den historischen Zusammenhang, Hi
dem die einzelnen dieser Personen mit ihrer Zeit stehen, kürz hetVoN
zuheben und diese Zeit selbst in wenigen Strichen an die dhi Knaben
schon bekannten Puncte der griechischen Geschichte anzukiiupflsni' so
hat er, dachten wir, eine höchst wünschenswerthe Erginzung des gel^
schichllichen Unterrichtes in seiner Hand, um so wünüchenswerther, wette
man bedenkt, dass das Untergymnasium die Aufgabe hat, nach und ttkcli
zu dem in der II. Classe gegebenen geschicbllichen Wissen wettere Daten tu
fügen, die dann durch den historischen Unterricht im Obergymhasium zti
einer Geschichte Griechenlands zu vereinen sind. Dasselbe gilt von dea
zwei MSnnern, die zwar den Geschicken des hellenischen Volkes etwas
femer stehen, uns aber in die Verhältnisse der mit Griechenland In so
vielfacher Wechselbeziehung siehenden persischen Monarchie und in die
auch für Hellas entscheidenden Kämpfe der Diadochen einführen. Dazu
kommen noch zwei beachtenswerthe Umstände. Der Geschichtsunlerrieht
in II. wird sich aus wol allgemein anerkannten Gründen biographiseh
zu gestalten haben. Man sehe nun Geschichtsbücher nach, die entweder
förmlich Biographien enthalten, wie das von Schwarz, oder doch das
biographische Moment sehr hervortreten lassen, wie das von Welter u. a.,
fso wird man finden, dass im Grunde wenig von Miltiades, Themistokles
u. a. erzählt ist, was nicht auch im Nepos steht. Es fragt sich, ob es
gerathen ist, in materieller Beziehung die Lateinlectüre der^llL rein zur
Wiederholung des historischen Unterrichtes in 11. zu machen, wir
glauben vielmehr, dass dem lebhaften Geiste der Knaben etwas neues
manchmal soll geboten werden. Das geben die getadelten Blogniphieo»
Hiebet haben wir den zweiten Punct schon vorausgesetzt, utalieh dasa
die erste zusammenhangende Leetüre eines lateinischen Behriftstdlers
4H Cbw Nepos aU Schulleoiüre, y. L. Vieihaber,
hUlovischen Inhaltes sein muss, ans dem wol nicht zu bestreitenden
^nde, dass kein anderer Stoff der Fassungskraft zwölf- bis vierzehn-
jähriger Knaben entspricht, und zwar historischer Inhalt in möglichst
^lacber, Kindern fassbarer Form, also wo möglich ebenso wie der Ge-
qobiehlsunterricht in H. in biographischer. Diese Forderungen erlülU
Qfeposdoch so, daas man zufrieden sein kann; wenn also noch durch
das oben Gesagte die Biographien von nicht so sehr hervortretenden
MSnnern als für die Schule brauchbar nachgewiesen sind, dürfte der
crsCit Einwand so ziemlich sein Gewicht verlieren.
An das zuletzt Gesagte knüpft der zweite Einwand an. «Lebens-
biidec kann m^n die meisten dieser Vitae gar nicht nennen.' «Nicht
schritt-, sondern sprungweise wird von einem Gegenstande zum andern
übergegangen, und nur auf grammatikalischem Wege für eine ganz
Sulserliche Verbindung des bunten Inhaltes nolhdilrfüg Sorge getragen.'
Gewiss wire es sehr wünschenswerth , wenn Nepos vollendete Lebens-
biider geliefert hatte, ob aber füir die Schule ganz entsprechend, das ist
fraglich. Es bat seinen guten Grund, dass die für den ersten Unterricht
bestimmten Handbücher für den biographischen Geschichtsunterricht, von
40nen manche recht belobt, häufig gebraucht und in mehrfachen Aus-
gaben wiederholt sind, ebenso wenig «eigentliche Lebensbilder' enthal-
ten als die Sammlung des Nepos. Die Knaben sehen ja an einem be-
cieutandea Manne nicht die eine Persönlichkeit und verstehen sie gar
nicbt, sie sehen nur einzelne Thaten und Schicksale derselben; die Zu-
sammensetzung der einzelnen Züge, die sie z. B. von llannibal hören,
SU vollziehen, dazu ist ihr Geist ebenso wenig reif genug als zur syste-
Qiatischen Zusammenfassung der botanischen Species zu Genera, der Genera
zu Familien u. s. w. Wer in der II. Glasse Geschichte gelehrt hat, hat wol
fUe Erfahrung gemacht, dass die der Natur der Sache nach anekdotenhafte
Darstellung des Herakles oder des trojanischen Krieges die Knaben viel
mehr fesselte und, was ein sicherer Mafsstab ist, viel fertiger und si-
cherer reproduciert wurde, aN eine noch so verständlich gehaltene Er-
zählung über Miltiades und den persischen Krieg. Auf der Stufe der
Neposlectüre dürfen wir vollkommen zufrieden sein, wenn die Jugend-
lieben Geister eine Reihe einzelner Züge einer bestimmten Person, die
aur dur(;h die Beziehung auf diese Persod verbunden sind, sich merken;
daa Coustituieren 4er Persönlichkeit gehört einer zweiten Dnterrichts-
stufe ap.
...Ferner ist, so wendet man weiter ein, die Ausführlichkeit der ein-
zelnen Vitae in keinem Verhältnis zur Bedeutung der betreffenden Männer.
Dusf hierin etwas wahres liegt, ist nicht zu läugnen; aber wenn auch
Gfiinde, duroh die der Schriftsteller Nepos zum Theil entschuldigt werden
könnte, . hier, wo wir es mit dem Schulautor Nepos zu thun haben, nicht
apgeführt werden dürfen, so soll doch nicht übersehen werden, dass bei
minchen kurz behandelten Männern eine vollständige Darstellung gerade
PtiMte hinzufügen müaste» die Knaben unverständlich sind. Dem Schrift-
ober Nepos aU SchuUectüre, v. Z. Vielkaber, 4M
steller Nepos ikiuss es zum Vorwurf gemacht werden, dass er des Art*
stides staatsmannische Wirksamkeit mit Ausnahme seiner Sehatimeisler-
thätigkeit unbeachtet liefs, bei dem Scbulautor wird man sie nicht T6f^
tnissen. Ebenso ist's beim Gimon und Pbocion. Dagegen manche dcü
Breiten erzählte und, legt man den Afafsstab der künstlerischen BeurtUel-
iung an die Vitae, ungehörige, unwichtige Anekdote für Rnaben wiö
geschaffen ist. Die Vertheidigung des Epaminondas c. 7 ist gewiss im
Verhältnis zu ihrer Wichtigkeit viel zu ausführlich, aber wir zweifelA
nicht, dass die Ankläger des Nepos ebenso wie wir von kaum einer
Stelle der Biographie mehr angezogen wurden. Hannibal gegen Eumenes
ist im Verhältnis zu Hannibal in Italien ganz unverhältnismäfsig aiisge|-
dehnt geschildert, aber gar viel mehr als Nepos c. 4— 6 über letztereb
sagt, wird auch der Geschichtsichrer im Unterg. seinen Schülern nicht er:-
zählen (iongum e»t omnia enumernre proelia) ohne sie schlaff zu finden,
während die echt Hanni baiische List gegen Eumenes des Interesses der
Knaben sicher ist und, wenn man sie vielleicht auch in der Geschiefati^
stunde der II. absichtlich übergeht, als ein sich^gelegcntlich darbietender
Strich zu dem später auszuführenden Bilde des an Listen unerschöpflidheii,
stets eigenlhümliche Wege gehenden Puniers willkommen sein muss.
Der weitere Vorwurf, Nepos sei in der Beurtheilung seiner Heldeh
nicht unbefangen genug, ist gegründet, hat aber, wenn unsere frühere
Auseinandersetzung über den einem Knaben von 13 Jahren zu bicteDdön
historischen Stoff richtig ist, wenig Bedeutung, zumal bei dem OmstUdd,
dass unser Schriftsteller mehr zum Loben als zum Tadeln geneigt ist.
Für Lysandcr und Paus»nias mag der Lehrer durch ein paar Worte d«is
besonders bei dem ersten schiefe Urtheil richtig stellen. — Bevor wir weiter
gehen, wollen wir kurz betrachten, was man statt des verbannten Nepos
der Schule bietet. Es sind entweder Sammlungen von allerlei histori-
schen, mythologischen, moralischen, biographischen Stücken, oft aus den
mannigfachsten Schriftstellern unter dem Namen von Chrestomathien zu- '
sammengelesen, oder Sammlungen von kleineren Ganzen aus verschie-
denen Schriftstellern besonders mythologischen und historischen Inhalts;
oder man versucht es endlich aus Nepos, Justin, Eutrop, Valcrius Ma-
ximus, Caesar, Livius, Plorus einen kurzen Abriss der alten Geschichte
zusammenzustellen. Mit der ersten Art von Büchern sollte man die Rnaben
in III. doch endlich verschonen , sie haben in II. schon genug hievon
verkostet, um der kurzen Notizen aus den entgegengesetztesten Gebieten
satt zu sein. Die zweite Art hat scheinbar etwas für sich, es hat aber
noch nicht recht gelingen wollen, tüchtige Bücher der Art herzustellen,
weil die Stücke aus Cicero z. B. , die man auswählen zu dürfen glaubt,
in den wenigsten Fällen so sich herausschneiden lassen, dass das gebo-
tene Kopf und Fufs hat, weil endlich die sprachliche Schwierigkeil der»
selben für Tertianerkräfte zu grofs sind. Dazu kommt, dass das Leichtere
und Beste meist von den Übungsbüchern für IL, die nicht blofs ein-
zelne Sätze bringen können, weggenommen ist, von der Auswahl leichter
4M tibet Nopos als Schulleeiiirei v. L Vi^hab^r.
£«waruni<cher Stellen wol die Erwäguog abhalten musa, daa9 für die
den Schulern leicht eiofbrmig werdende und sie ermüdende Leetüre des
gallischen Krieges ohnehin der ganze folgende Jahresours bestimmt ist.
Die Bucher der dritten Art unterliegen von der sachlichen Seite dem Be-
denken^ dass sie su leicht den Charakter trockener Breviarien annehmen,
xUtfs historische Ungereimtheiten kaum zu vermeiden sind ; von der for-
malen Seite dem, dass es gewiss nicht paedagogisch ist, heute eine einfach
onahlte Partie aus Nepos oder Justin, morgen eine unerträglich schwuU
jtige aus Florus oder in's mafslose übertriebene aus Curtius den Knaben
.vorzulegen, dass die sprachlichen Schwierigkeiten solcher Stücke fiast
regelmafsig über die Kräfte der Tertianer gehen , dass , wie man auch
.über Nepos Sprache urtheile, sie doch der des Cicero und Caesar weit
niher steht, als Justin oder gar spätere. Kurz vergleicht man, was bisher
statt des Nepos geboten wurde, mit Nepos selbst, so wird man immer
.wieder sagen müssen, für die Bedürfnisse der Schule sei er immer noch
besser als das, was ihn ersetzen soll. Wirklich als Ersatz für ihn könn-
ten wir nur eine Art von Büchern betrachten, nämlich von einem mo-
dernen Philologen geschriebene Biographien bedeutender Männer aus dem
Alterthume, die mit der einem G. Hermann oder F. A. Wolf eigenen
Herrschaft über die lateinische Sprache und mit dem tiefen Verständnis
der kindlichen Geister, wie es Fr. Jacobs besafs, abgefasst wären. Aber
solche Bücher haben wir nicht und werden sie wol nicht bekommen.
Wjir haben diese Yergleichung vorausgeschickt, weil wir für den nun
folgenden Punct der Anklage allerdings von anderswoher Unterstützung
brauchen. Hätten wir ein Buch , das nach den bis jetzt besprochenen
Gesichtspuncten den Nepos überträfe oder ihm nur gleichkäme, so mü$s-
ten wir, sobald die Frage auf des Nepos historische Verstöfse kömmt,
dasselbe, wenn es deren nicht hätte, allerdings ohne Weiteres in die
Schule einführen. Die historischen Unrichtigkeiten, wie sie besonders
Nipperdey's Fleifs aufgedeckt bat, sind zahlreich, und wir wollen nicht
versuchen, einen oder den andern zurückzuweisen, da doch noch immer
eine reiche Menge bleibt. Noch schreckeucrregcnder sieht die Zusam-
menstellung im Wagler'schcn Aufsatz aus, und Zahlen sprechen, wie man
sagt, laut; aber doch nur, wenn man alle hiebei zu beachtenden Mu>
mente in Betracht zieht. Ein solches ist die Natur vieler solcher Un-
richtigkeiten; sie betreffen oft Nebendinge oder doch solche Puucte, die,
so wichtig sie an sich sind, bei der Weise wie, und dem Mafse, was
Knaben auffassen und festhallen, ziemlich ungefährlich sind auch bei
unrichtiger Darstellung. Zu letzteren rechnen wir eine grofsc Zahl der
chronologischen Verstöfse, besonders wo sie nicht in zusammenhängenden
Ereignissen vorkommen, sondern die Aufeinanderfolge in keinem Zusam-
menhang stehender Ereignisse betreffen. Der Grund für unsere Ruhe in
Betracht solcher Dinge liegt in dem schon oben Ausgeführten, wie
Knaben Gelesenes festhalten, nämlich nur als einzelne Thaten oder Schick-
sale, denen im Grunde nur der Name der thätigcn oder betruffenen
ßbef Nq>08 als Scbolieclüre, v. Z. ViefMer. 4M
PcjetOD 2iM«aiiieob«ng MhL DaEu noch Falgendes. Mab liM in «aaeifi
Jabre Dicht sämmUiche Biographien, über 6—10 dürAe man in im
wenigsten Fällen hinauskomoien. Liest man nun Milt., Arist.» GioMn»
Lysand.y Epain., Pelop., Ages., Timol., Phoc. und Gato oder AtticM,
so wird die Zahl der historischen Onrichtigkeiten iwar noch immer grok
genug, aber doch nicht so grors sein, als man auf den ersten Anblifk
einer Zusammenstellung glauben möchte, besonders wenn man die ebmi
geltend gemachte geringe Bedeutung einer ziemlichen Zahl derselben
für den Schulzweck mit in Betracht zieht. Wie der Lehrer in Betreff der
nach Abzug dieiier noch übrigbleibenden zu yerfahren habe, muas dam
individuellen Taote desselben und der gröfseren oder geringeren Rtife
seiner Schuler überlassen bleiben ; wir halten für unsere Person ein Dar-
legen derselben für gerathener als ein Übergehen; nur muss und kann
dieses in einer Weise geschehen, dass der Lehrer weder sich noch seine«
Schriftsteller etwas vergibt.
Ein weiterer Vorwurf ist davon hergenommen, dass des Nep^i
Sprache vielfach nicht nachahmenswerth ist; das heifst eigentlich nioliti
anderes als: Nepos ist nicht €icero. Für die Versuche der Modernen Im
Lateinischen ist mit Recht Cicero als Muster hingestellt, aber will B|an
darum alle anderen Schriftsteller von der Schule entfernen? Schon ^bT
reinste Schriftsteller nach Cicero, Caesar, wird oft genug Anlass geben pi
bemerken : diese Construction, dieser Gebrauch des Wortes ist vollkomnan
lateinisch und an der betreffenden Stelle ganz begründet, aber dariNB
noch nicht nachzuahmen. Das Factum ist anerkannt, dass Nepos LaloMp
im Ganzen rein ist, jedenfalls viel reiner als das aller, die man mit Avtr
nähme Gaesar's und Cicero's an seine Stelle setzen könnte. Es köunls
da jemand einwenden : warum versucht man es nicht mit einer ckr$U$T
tnathki Ciceroniana, vielleicht lassen sich die oben gegen solche Bücbar
erhobenen Bedenken vermeiden? Wir rathen jedem, der etwa nach saiaer
Erinnerung an die zahlreichen Episoden in den philosophischen SchriRoii
oder in den Verrinen das für möglich hält, entweder selber eine solohf
Zusammenstellung zu versuchen oder eine von andern versuchte sich
durchzugehen, er wird wol finden, dass es gar nicht so leicht ist, eii^
halbes Hundert kleiner nur nothdürflig verwendbarer Stücke aufzutreiben»
Endlich wendet man ein, finden sich im Nepos nicht wenige grain-
matisch-logische Verstöfse. Von Anakoluthien ist kein alter Schriftstetter^
Cicero und Caesar so wenig als andere, frei; Nepos hat deren wenige,
auffällig nur eine Cim. 4, 1. Tautologien werden ihm mehrfach zur Last
gelegt, und allerdings finden sich deren einige, aber von den circa Ih^
die man anführt, sind etwa die Hälfte nur von einem mit sehr guter Loupo
bewaffneten Auge zu entdecken, ein paar, wie Milt. 1,2, schwinden
bei genauer Interpretation. Wie viele würde man aus Caesar hervor-
suchen können , wenn man wirklich ein maiacia et tranguiiiUat u. a.
für Tautologien erklären wollte. Dass die Satzverbindung mehrfach ein-
förmig und UDgelenkt ist, dass hie und da sehr eigenthümliche und ein
^458 Ober Nepos als Scbullectore, v. L. Viethaber,
ptrmal wol nicht zu rechtfertigende Conjunctionalverbindungen ange-
wandt sind (manches übrigens, was hieher gezogen ist, lasst sich durch
aufmerksame Interpretation als ganz richtig erweisen, so z. B. Ages. 4, 8)
ist wahr, aber für den Zweck, den wir hier zunächst im Auge haben,
iiOchte er selbst Cicero und Caesar vorzuziehen sein. Seine Sprache ist
«iofach, eine reiche periodische Gliederung, die, so sehr sie die Meister
der romischen Literatur auszeichnet, doch bekanntermafsen den Knaben
tiniiberwindbare Hindernisse in den Weg legt, fehlt ihm; die Gedanken-
^rbindung ist in der Regel durch die einfachsten Mittel hergestellt, kurz
¥011 dieser Seite betrachtet, möchte nicht ein Schriftsteller so sehr zur
ersten Leetüre sich eignen als gerade Nepos. Was man endlich betreffs
tief Schwierigkeit einer guten Obersetzung und der Gefahren, die für
4ie Muttersprache darin liegen, anfuhrt, heifst ungehöriges berbei/iehcn.
•flor um tadeln zu können. Dass in einem echt lateinischen Schriftsteller
S£tze vorkommen, die für eine Überlragung schwierig sind, ist natürlich,
dtonn wir haben es eben mit den Sprachen zweier, in ihrer ganzen Ent-
wiekelung heterogener Völker zu thun ; ein Latein, das Satz für Satz ohne
Miwierigkeit könnte in's Deutsche übersetzt werden, wäre eben ein Deutsch-
^Latein, aber kein römisches; oder glaubt man Caesar, Cicero, Sallust
Irfeten keine Cbersetzungsschwierigkeiten ? Zudem ist Nepos Verhältnis-
ttiiafsig auch in dieser Beziehung noch der leichteste lateinische Schrift-
•leller. Das ganze Bedenken könnten wir überhaupt nur gelten lassen,
Wenn Nepos ohne Lehrer sollte gelesen werden, und wenn es nicht Aus-
gaben gäbe, welche gerade dieser Seite mit sehr viel Sorgfalt ihre Auf-
merksamkeit schenken, z. B. die gleich zu besprechende von Sicbelis.
Wo der Knabe nicht allein sich zurechtfindet, da tritt ja erst so recht
eigentlich die Thatigkeit des Lehrers ein, dessen Aufgabe doch nicht
Ist, nur abzuhören, wie gut der Schüler sein Pensum verstanden hat.
sondern hauptsächlich die , ihn das Verstehen durch stets fortgesetzte
Thitigkeit zu lehren. Ebenso ist die Gefahr für die Muttersprache eine
erträumte, es müsste ja jede Übertragung aus einer fremden Sprache für
dieselbe gefahrlich sein, während die Erfahrung das gerade Gegentheil
leigt, dass eine volle Herrschaft über die eigene Sprache erst dadurch
gewonnen wird, dass sie in einen Wettkampf mit einer fremden tritt.
Aber freilich auch hier gehört zur Schule eben auch der Lehrer, nicht
Moßi die Schüler.
Als Resultat unserer barlegung ergibt sich nun folgendes: Lnler
den auf uns gekommenen Schriften des römischen Alterthumes ist keine
fSr den ersten Unterricht so geeignet als die Vitae des Nepos, nach
Inhalt und Form; von den gegen dieselben erhobenen Bedenken ver-
schwindet ein grofser Theil, wenn man den Standpiinct, dass es sich
iim den zuerst im Zusammenhange zu lesenden Autor hnndrll. also den
Standpunct der Tertia consequent festhält und nicht in eine scheinhar
tön diesem Standpuncto ausgehende Untersuchung die mit demselhen
nur entfernt zusammenhängende Frage nach dem absoluten Werthc der
Com. Nepos> erkl. y. 7. SieMi9, ang. t. L Vfeika^n 4M
ViUe stillsehweigend eiomiscbt; die Surrogate, die man an die Stelle der-
selben gesettt hat, unteriiegeu noch gröfseren Bedenken; daraus folgte
das8 wir für die Tertia die Beibehaltung desselben, wo er noch Schal*
buch ist, die Wiedereinführung dort, wo man ihn entfernt hat, für wün-
schcnswerth halten.
Indem wir uns nach diesen einleitenden Bemerkungen lu der 3- Am*
gäbe des Nepos von SiebeUs wenden, sprechen wir das uneingeschränkt*
ürtheil aus, dass dieses Buch die beste Schulausgabe des Nepos ist,
Schulausgabe namentlich in dem Sinne genommen, dass zur Schule Tor
allem die Schuler gehören. Dass es so genau auf die Stufe berechnel
i«t, auf der in unseren Schulen Nepos gelesen wird , dass es also fik
Tertianer (resp. Quartaner) und nicht für Septimaner oder OetaYaner
pas^t, gereicht ihm nicht nur nicht zum Tadel , sondera begründet tbeu
unser obiges Lob. Man m<>ge übrigens ja nicht glauben, dass nicht aaeh
andere als Tertianer daraus lernen können; so ist, um nur eines am»»
führen, gleich durch die Art der Anmerkungen zur Praefatio dem Lehr«r
der sehr beachtenswerthe Wink gegeben, mit der Praefatio nicht die Nepos*
lectüre zu beginnen, sondern zu scbliefsen. Während der Herausgeber
es sonst sich zum Gesetz gemacht hat, nur Rackcitate zu geben (nur eia
paar Male sind noch Citate nach vorwärts geblieben: Arist. 3, t. Giin*
4. 2. Lys 2. Ep. 1, 4.), enthält die Praefatio viele grammatische Citate
auf die Biographien. Gines weiteren Eingehens auf die Vorzüge des
Buches halten wir uns überhoben, da wol kein Schulmann mit des Ver<»
lassers Weise unbekannt ist; dafür wollen wir einige Kleinigkeiten an*
führen, die uns beim Durchgehen desselben auffielen. — MilL 1, 1, 3 Itf
si fecissentj incepta prospera fiUnra, Es ist bemerkt, dass die Deutsehen
oft ein Imperf. brauchen, wo der genauere Lateiner das Plusquamp. setzt*
Es wäre zur Erklärung dessen, worin die Versehiedenheit liegt, gut
darauf aufmerksam zu machen, dass in solchen Fällen der Deutsche das
erzählende Imperf. anwendet, aho im Grunde derselbe Fall vorliegt,
wie wenn der Lateiner poMtqiuim mit dem histor. Per f. construierL Zu
vergleichen ist die Weise , wie die Sprache des gewöhnlichen Lebens
für allePraeterila unterschiedslos das Praeteritum Perfectum gebraucht. —
Milt 1,3, 1 ist daran, dass quo» secum ex lonin et AeoUite duxeraif
guidus singulis ipsaruin urblum perpelua üeilerat imperia, beides
«über die Städte eben dieser Landschaften* kaum zu glauben;
dazu steht ipsaruin doch zu unmittelbar vor urbiwn. Da anderseits ip^
iarum urbium verbunden keinen irgendwie erträglichen Sinn gibt, ist
ip$turuin doch wol zu ändern. Ob mit Nipperdey in iunrum oder in
iUaruin ist indifferent. ^ MiU. 1,3, 4 Uberas a Persarum futuro» do^
miHftHone et pericuto soll Pennrum zu domintUione Gen. subject, lu
pertcuio Genit objectivus sein. Dass Persaruin auch zu pericuto au
construieren ist, zeigt das Fehlen der Präposition, aber Persarum peri-i
cuinm heifst «die von den Perseni ausgehende Gefahr* also Gen« aubjoct«.
um Gorn. Nepos, erkL y. L SMeHi, aog. t. L. Y^Jkaktr.
tue folgende Bemerkmng 2u i^faeik wfßei p9t$ey daes auch <9 snwetten
Jls Subj. des Aoe. c. Ini. fehle, wo es Bich leicht ergibt, passt hier nicht,
4a Kier das SubJ. der Torige Sats nmn Mi — et perictUo ist , Tgl. Tac.
<Agr. Z Id. — Mit ^ 6 ei eiPiätu tminrnm mcceseurum, cd er Muth
wachst mir* ist nicht ganz der eDtsprechende Ausdruck. Da es eigeot-
lich ist «Muth kömmt zu dem schon vorhandenen hinzu,' wäre treffen-
der: .«iiiehr Math bekownen.* — Blilt. 5, 5 nuiia enim umquam tarn
•Jrtipiw wumm imUoM $pe9 pr&9iriwfi fasst S. nuiia als Abi. {jßMgntt)^
.wirdo aber da wwftuww stehen? Es ist wol Nomin. zu mamte. fibeo
"^ort ist vpeg mit «äriegsmaoht* abersetzt; das ist wol zu speciell,
indea weht Uofs an die Soldaten , sondern an die gesammten Macht-
miiltel der Perser zudenken ist. Vgl. ;|r^«oo9d9fliy Mr^^mv iaxo^
Tffmm Mvapkip. -^ Milt. 7, 5 guoä cum Parum expU09are possei, a
€w§9 emrsmius inf^seiis rebus discessissei ist riehtiger eoneessit als rein
MmsponA zb fassen. — Them. %,2 Mkenienses aedifieanies prohi-
dm MM eamüi wird wegen der Auflösung des Partie, durch ein Ver-
i«isiibstMit auf Milt. t, 1 ktrkMranm eopiis disi'eviis toia repiaue
ßfHiim Torwieaen, aber das pridicative nediUeanies ist von diesem doch
«Kit Tvrsehieien. — Them. 8, 4 verdiente nm prtus egressus esi, guum
fffr ismm daiu äsxint im pdem rectperet^ so regelrecht das Pronomen
aMl^ .doeh wegen der ungenauen Passung -der Regel über die Re&exiva
in ^nsen Grammatiken Erwähnung. — Arist 2, 1. Ob wirklieh dem
M«pos der Satz quo Murdaniits /Usus barbarorumque exercitus fHierfectus
€9t zar Last lilltf oder ein confuser Abschreiber die Stelle der Partie,
verwechselt hat ? ^ ib. %, t in factum est, ui ist ui nicht consecutiv,
\i«ndem Gonjunctiou der immanenten Abhängigkeit. — Paus. 2, 4 in kis
ide rebus st quid pertvoiueris, certum homtnem ad eum mittas face ist
kis de rebus nicht allein auf si quidperi poiueris, sondern anch zu mittas
ko beziehen. — Paus. 5, 3 war zu dem bekannten Satze dicitur eo
mwkpare mairem Pausuniae vixisse nicht blofs vor der Nachahmung zu
4Ninieii, sondern auch anzugeben, in welchem Sinne Nepos so schrieb,
WodHWh die Gonstruction vollkommen wSre gerechtfertigt worden. Vgl.
Fromm Sohulgr. Synt. g. 30, t. — €im. f, 2 ist in huius canubii cu-
pidUs CUiUas qufdam wol kuius ebenso wenig wie oben Mill. 3, 1
t^arum vom zweiten Genitiv abhängig, sondern nach einer bei Pro-
UMMn bSnflgen Erscheinung, fcf. Lys. S, 1 qutf doiare incensus) so viel
als *na<A dieser Ehe begierig/ Blume, prakt. Schulgramm. S« 480. — Gim.
S, 1. Dass iucimt lu eandem inpidiam, quam pater suus eeterique
iMenieusium princ4pes nicht ^euus mit Nachdruck' gesetzt ist , zeigt
vehon die Stellung, die dann suus pater sein mussle. und die g&nzliche
tftigereimtheit eines *sein eigener Vater.' Es ist vielmehr derselbe Sprach-
gebraneh anzuerkennen, nach dem die Seinigen, die Ihrigen immer sui
hfifsen. Cf. Meiring. lat Gramm. §.926 a) 3. — Lys. 3,3. Muiium
eum auiistiies iasis fefeiteruui. Man sollte doch einmal in Grammatiken
iMid Gommentaren aufhören^ jeden neutralen adjocti vischen Inhaltnaocusativ
Gore. Nepos, erkl. ▼. L SMHU^ ang. v. L YHiktiker. 4%t'
«nbeMTgl für eil Adrerb lu erkliren. im Griee)ii9eh«n ist man a»
iiemlich darüber hinaua« ^ Lya. 4» 2 fln. vevditnl« eiin amtritUm per»
fUUamqme aecusarai eine Bemerkimg. — Alo. 8» & ^/IM m&99e0, Imxtm^
Meiern eastra habea$ nanUem; petienium eü tnim, ne tmmäniUt
miiUum peürorum occasio deiur Lysarndfö wesiH apfrimenäi ertr-
ctiUM wird gedeutet: «Er ermahnt, weil er dem Feinde so naiM aei, em
Schiflslagar anzulegen.* Aber abgesehen daTon, dass emtra wmH$a niehl,
wie es weiter angedeutet wird, bedeuten kann x «Zum Sohulaedar Sehiflb
am(!) Lande Befestigungen mit einer Besatzung anfEustellen^* daaa ma»'
nicht sieht, was bei einer Seeschlacht die Besatzung auf dem Lande, weiche
die yerfugbaren Kräfte nur schwachen wurde, eigentlich soll; dass ütf-
bea» kaum ohne localeu Zusatz zu construieren ist: so wurde Nepoa,
wenn er iuxta hoUtm causal hätte genommen wissen wollen, diesev
gewiss durch eine andere Wendung bezeichnet haben. Die sonstige, Ton
Nipperdey treffend dargelegte Erklärung ist zu behalten. — Ttaraa. 1 , %■
fe€U iucri war der Gen. zu erklären. — Dion. 1, 3 Hu$fue emuUlm
nmitum 9UH>€baiur tyratmus. ntsi qua in re mai^r ipwittM eupkhim
Mereesterai ist statt *eine eigene zu mächtige Leidenschaft' zu erkllnni
*eine Leidenschaft von ihm allzumächtig.' — Dion. 4, t aüquU moh Jl
n« ä. ist nicht sowol unser *irgend welcher' als: dereine nnd andere. -—
Timoth. 2, 3. Die €itate aus Sali. u. Gas. sind nberflissig. — Dat 3* 1r
Zu Tkuun^ kominem umximi corifwrir terribiUgue fatit Itefis sick redit
leicht die in den Schulergramroatiken fehlende VetchiedenMt des Gen.
n. AbL quäl, nachweisen. Vgl. Fromm lat. Gramm. Synt %. 936* — Dat
4,3 ferriy teki u. ä. lassen sich geradezu als Deponentia betraehten. ^-
Epam. 2, 1 in nemo TAeöantßs u. ä. ist wol nemo Sahst, und der Vel-
kemame Adject — Epam. 4, 6 qtumiam une koe toiumine wiian^ exe$§^
kniium virorum compturium concludere cenitiMmme war enf den
Singul. aufmerksam zu machen. — Pelop. 2, 5 das bekannte eune MkmUo
interdhi exiteent, ui vesperascenie coeto Tkebat poeeeni perpewite^ eum
eanibui venaUci» ieruni^ das dem Nepos öfter aufgemutzt wird, war
zu besprechen. Vielleicht ist des Nepos Sünde doch so arg nieht^ wenn
man nur nicht glaubt, dass die Verschwornen Jagdhunde, Game etc.
schon von Athen aus mitgenommen haben , sondern erst von der böo-
tischen Grenze an sich zu Jägern herausstaffiert haben. — Ages. 4, 8
eorum ist nicht Neutrum in Beziehung zu iinmiäerm araeipte , sonder»:
Maac. auf tempia deorum. — Ag. 3, 2 namgue ilia mmHiiuäine
euppiieitim Persae dare poiufue ist wol nicht au deuten *mit dem Opfer
von 10,000 Griechen' sondern, wie es der Zusammenbang zunächst for-
dert, so dass Agesilaus diese 10,000 als Heer gegen Peraien wfinscht.
Waren ja doch seine Truppen in Asien geringe genug gewesen, mit
denen er solche Vortheile errungen, und dachte er ja doeh niebt an eise'
Eroberung ganz Persiens wie Alezander. — Ag. 3, 4 das Fat ezaet im.
Hauptsatze, deutet nicht eine gleichzeitige Vollendung der Haupt« uiid
Nebenhandlung an— was hier bei ei eoi extinguere eoiuerimue . .noemei
4ß% Voff€t$ geographische Bilder etc., ang. V. i. SieMlauser.
ip9i n&s expugnaverimui sinnlos ist — , sondern stellt den Leser auf
den Standpunet na eh dem Eintreten der Handlung, lässt ihn das Resultat
derselben öberbliekeny etwa: *so wird dann die Folge sein, dass wir uns
selbst werden vernichtet haben, ebenso Hannib. 2, 6. — Ag. %y% kann:
ui eorum mr$uUu$ non modo in ki» regem neminem eignißcarei weder
dem Zusammenhange nach noch wegen der Wortstellung heifsen * keinen
EOnig' Es ist nämlich schon Rücksicht genommen auf die königlichen
Gesandten, die ja wussten. dass Agesilaus darunter sei. Es ist : Niemanden
als König kenntlich machte. — Eum. 7« % ist intidla nicht sowol Neid
als Gehässigkeit ^ Eum. 10 2 eed ianta fuü mnnuUorum PirMis ob-
trectaiio hangt nonnultorum nicht von obtrectaiio allein, sondern von ob*
ireciatio tiriuih ab. — Phoc. 3, 2 ist Nipperdcy's Erklärung des capiii»
ämmmatoß patrin propuiit ungenau wiedergegeben. — Timol. 3, 5 nam
qmod eeieri reges imperio potuentni, hie benivoientia ienait passt
die Erklämng *als Könige' zu eeteri nicht. Es ist vielmehr: Die übrigen
Ktoige »*' die übrigen, nämlich die Könige, nach der bekannten auch
ifli Lat nicht seltenen Kürze. — Hann. 7, 1. Die Weglassung des et zwi-
schen den Namen der Consuln ist nicht blofs *häuiSg', sondern Regel. —
Bann. 10t 6 ^ in unam Eumenis regis concurrani navem, wozu Eum.
3, 1 «mnee eoncurrerum ad Perdiccan opprimendum citiert wird, ist
nidik recht abtoseben, da in der Stelle des Eumenes concurrere im über-
tragenen Sinne gebraucht ist — Att. 2, 5 nam neque indnigendo inve-
Urmtcere eorum ae$ aiienum patiebaiwr^ neque muiäpiicandi» uiurfs
ereseere. Da das erste sich unzweifelhaft auf das vorhergehende ni,,
neque iongiue quam dictum eeset, debete passue sU, mura zumal nach
quod ntrumque erat M$ eahtiare das zweite neque muitiplicnndis
uturii ereuere sich ehiastisch auf ut neque usuram infquam ab his
aeceperU besiehen, d. h. es darf nicht von Darlehen anderer , sondern
muss von denen des Atticus verstanden werden. ~ Att 18. 6 ist der
GonjuQCtiv in quod Pix credttndnm sie, lantns res tarn breriter po-
Mtee deeiarari kein anderer als in quod fnihi qnidem tidentur. qnod
meminerim. quod sctam u. a.
Salzburg. f.. V icl h abe r.
Dr. VogeTs geographische Bilder zur Länder- und Völker-
Physiognomik. Erste Lieferung: Polarländer ~ Brasilien ^ Schweiz.
Royal-Folio. Carlsruhe, J. Veilh, lg59. ~ 4 Rtblr. Einzelne Blätter
1 Thlr. 16 Ngr.
Die guten Folgen der Einführung des Anschauungs-Unter'
rieht es in den Schulen haben eine lange Reihe von Bestrebungin
WACh gerufen, den Anforderungen dieses Princip's in Beziehung auf die
Erdbeschreibung thunlichst zu genügen, und es entstanden jene Samm-
Imigen von Schilderungen durch Wort oder Bild, und Vereinigung bei-
der, mit und ohne Hinzutreten der Karte. Mehrere hieher gehörige Gn-
Vogels geographische Bilder ctc, ang. v. A, SielnhaUitr, 49^
lemehmungen sind in diesen Blattern bereits besprochen worden, ihnen
schiieCst sich mit dem obenerwähnten Werke ein neues an, das durch
Anlage und Ausführung die Vorgänger lu überbieten trachtet Dr. Vogel
war in Deutschland der erste, der vor 20 Jahren durch seinen Atlat
mit Randzeicbnunjren und die denselben spater begleitendcii Natur«;
Landscharts- und Geschichtsbilder den ersten Anstofs gab* An ihn, den
allbekannt gewordenen Meister, wandte sich der Verleger J. Veith,
um den Yon Dr. Fr. Haupt (damals Oberlehrer an der Gantonsschule
in Zürch, nun Pfarrer zu Gronau in Hessen) im J. 1844 gefassten, aber
nach dem Beginnen der Ausfuhrung nothgedrungen aufgegebenen Pias
einer Länder- und Völkerphysiognomik fortzufuhren und in's
Leben treten zu machen. In der Textbeigabe wird die Widmung f&r die
Schulen («für welche sie recht eigentlich bestimmt sind' lauten Dr.
V^gel's Worte) deutlich ausgesprochen; die Blätter sollen Illustrationen
zu allen erdkundlichen Schilderungen sein, eine «geographische,
naturgeschichtliche und enth nographische Bildergal-
lerie nach den Anforderungen eines recht lebendigen
Unterrichts in der Erdkunde,* eine «malerische Zim«
merreise* für die Gebildeten. Wer die weite Erde nicht selbst sehen
kann und mit dem Hören sich nicht begnügt, zu dem sollen die Bildor
sprechen, richtige Vorstellungen an die Stelle der Phantasie setzen und
belehrend unterhalten.
Es ist keinem Zweifel unterworfen, dass Bilder höchst anregend
wirken, indem sie den geeigneten Lehrstoff in Kürze, im Zusammenhange
und auf einmal bieten und daher zweckmäfsig verwendet beim
Unterrichte in der Erdbeschreibung vom gröfsten Nutzen sein können.
Auch der Schreiber dieser Zeilen erinnctt sich lebhaft, wie sehr die
Bilder auf den Homann'schen Karten ihn ansprachen und gesteht gerne,
dass die seit früher Jugend nicht mehr erkaltete Liebe zur Geographie
der zweckentsprechenden Methode seines ersten Professors zuzuschreiben
ist, welcher es verstand, seinen Vortrag durch Karte und Bild gehörig
zu unterstützen, und das Interesse seiner kleinen Zuhörer stets wach su
erhalten. Und doch gab es dazumal noch so wenig Hilfsmittel, müh-
sam musste man einzelnes und zerstreutes zusammenstellen! Nun
aber, wo eine Auswahl zu Gebote steht, fast in jedem Formate und
Umfange, in Umrissen und ausgeführt, schwarz und farbig, wäre es
Sünde, nicht so viel davon zu nützen, als dem Zwecke zusagt und den
Verhältnissen der Erreichbarkeit, des möglichen Aufwandes u. s. w. ent-
spricht. Vor allem wird es darauf ankommen, dass das gewählte Mittel
nach Stoff und Anordnung geeignet ist, beim Anschauungs - Unter«
richte den beabsichtigten Zweck zu erfüllen, dass es zeige, dass die
Hand des tüchtigen Künstlers — denn nicht umsonst sagt ein altes
Sprichwort: für die Schule ist nur das Beste gut genug! — mit dem
maCsgebendem Urtheile des bewährten Paedagogen sich verbündete, dass
sonach nicht das entbehrliche statt des nöthigen vorhanden , nicht He*
401- K0#0l^ geographische Bilder etc., ang. v. Ä. Siefn/üituer,
teragimefl siisaniiieog^wfirfelty nichts wesentfiches ausgelassen sei, ab-
fggmkkn von mkiern Rucksiehteiiy die nooh Beachtung Terdienen. Schwer
liig KQW^llefe die Wahl fatten zwisehen gleichberechtigten Gegenstand
dmi, -dt oelbBl bei BesohrSoltong auf einen mäfsigen Baum oft so vieio
darflfflltensw^efthe Objecto aus dem Gebiete der Landschaftscharakteristik,
dos Volkslebens , der historischen Monumente sich aufdrängen , von
wetchen %ur wenige Aufhahme finden können. Was nun das vorliegende
lltfl anbelangt, so wXre es vergebliche Mühe, es im allgemeinen beiug-
lioh paedagogischer Eignmg und möglicher nützlicher Verwendung für
Mnfle xnA Raus prüfen zu wollen, da der Nutzen des gelegenbeitlichen
«DgeoMBsenen Bildergebrauchs, unbestritten feststeht, mid von einem AK*
miäsM Im geographischen Dnterrichtsfache, wie Dr. Vogel, voransgesetzt
weiden kann, dass er seinen wohlverdienten Ruhm durch Befürwortung
unwirdiger Erzeugnisse und Theilnahme an unbedachten Unternehmun-
gen nieht untergniben werde. Es mnss sich mehr darum handeln, ob
diireli di^ neue Erseheimmg ein Fortschritt in dieser Gattung illu-
strierte!^ ErtIbeecbreibuDg bekundet wird, und wte das neue Gewand
beeebiffe« ist, in welches der alte Gedanke nun eingekleidet erscbeint.
Noch liegt das Werk nicht ganz vor, auch keine Andeutung seines
viNli«daehten Umfanges. Nur beilSufig erfährt man, dass der ursprüngliche
fSaXwwrt auf 218 Blatter berechnet war. Es scheint, als ob bei der Ver-
theilung nicht zu sehr gekargt worden sei, auch lüsst die gewählte
AmfühniBg in grOlstem Pormate genügende ReiehhaUigkeit hoffen. —
Die erste Lieferung umfasst Darstellungen aus allen Zonen 1. der pola-
ren, tt der tropisehen (Brasilien), 8. der gemäfsigten (Schweiz). Die
schon angemeldete zweite wird Südamerika vervollständigen (Peru,
BoÜvra, ChiB), Australien vermuthlicb mit einem Blatte abeebliefsen und
vo« Europa die pyrcnäische Halbinsel bringen. Und nun wollen wir
die drei fertigen Blätter näher betrachten und ihren Inhalt ein wenig
zergUedem. Auf einer Fläche von beiläufig ^V. DScbuh sehen wir ein
Mittelbild umgeben von einer ungleichen Anzahl von Randbildern (10
bit 18) bald im geschlossenen Rahmen, bald sinnig ineinander und
übereinander gebaut, und (bei Brasilien und der Schweiz) begleitet von
Srtrelfed mit den Gbarakterthieren und Pflanzen. Die Darstellungen, den
besten Reisewerken entnommen und dem Kundigen angenehme Rückerin-
nerungOB, sind tbeils Landschaftsbilder mit und ohne Staffage
ana der Tbier« und Pflanzenwelt, meist mit volkstbümlichen Scenen be-
lebt, tbeils fahren sie in das Innere des Volksthumes, in die Hütten
der OOmadiseben Wilden und des eulti vierten Bodenbebaners, in die
Sladte und au den Monumenten der Vorzeit. Was so nicht Platz findet,
ist in die geeonderten Randbeigaben verwiesen. Der Farbendruck
macht einen Schritt weiter, nicht nur, weil die Farbe zur vollen Auffassung
beiträgt» sondern auch, weil durch seine Anwendung die Möglichkeit
geboten wurde, durch das Zusammendrängen der vielerlei Bilder auf
einem Räume und somit viellacbe Ersparung der Druckkosten die
VogetB geographische Bilder etc;, ang. ¥. L Steiukmuer. 4ii
möglichste Wohlfeilbeit bu ersielen. Seine unabweislichen ünvoUkom-
meDheiten yersch winden gegen solche Vorlheiley so wie auch ein slren*
geres Gericht über den Knnstwerth hier nicht am Platze wäre, wo efi
sich in erster Linie um geschickte Nachahmung gegebener Vorbilder,
und erst in zweiter Linie um cesthetische Anordnung und Harmonie
handelt. Ebenso wäre es zu hart , einzelner Stellen wegen, wo der Na«
tur oder Perspective etwas Gewalt angethan wird, das Gesammtver-
dienst zu übersehen , kurz den höchsten Matsstab der Kunstkritik anzu-
legen, wo die Kunst nicht der Zweck, sondern nur die Vermittlerin ist
Die Bilder wirken weniger durch den Totaleindruck , vielmehr erfordert
ihr zerstreutes buntes Wesen ein langsames Detailstudium, dann aber
gewähren sie auch mehr, als sie anfanglich versprechen und werden
manchem eifrigen Beschauer, der sich in der Erdbeschreibung bereits
Erhebliches zutraut, t>ei Bestimmung der Thiere, Pflanzen u. s. w. durch
ihre Reichhaltigkeit in Verlegenheit setzen. Wer bei solchen Versuchen
sich auf Lucken seines Wissens ertappt, wird von der Wirkung der
Worte ohne Bild Proben erleben , insofern ihm gar manche Dinge , di«
ihm dem Namen nach wohl bekannt sind, im Bilde unerkannt vorüber-
gleiten werden, nicht weil sie schlecht getroffen sind , sondern weil er
zum Namen keine Vorstellung in sich trSgt Daraus ergibt .sich im
Gegensätze der Nutzen der Bilder, und es mag bei ihnen ergehen wie
bei den Landkarten, man vergisst zuweilen den Namen, aber seltener
das Bild, weil die Eindrücke desselben zahlreicher und lebhafter sind
und daher langer haften. Nicht umsonst empfiehlt Dr. Vogel dem Be-
schauer ein «Hineinleben* in die Darstellungen, und zwar in jedes ein-
zelne Bild für sich allein, denn nur auf diesem Wege hofft der Autor,
dass die Beschauung eine wahrhaft belehrende und der Zweck der Bit«
der erreicht werde. Auch setzt er als natürlichen Stufengang voraus,
dass das Sehen dem Hören folgen muss.
Die Anordnung der ausgewählten Pflanzen- und Thierbilder nach
der absoluten Höhe des Vorkommens (nur auf dem Schweiserblatte , bei
den beiden übrigen fällt diese Rücksicht hinweg) muss als sehr zweck-
mäfsig anerkannt werden, und wird hoffentlich wieder erscheinen, wo
die Gelegenheit dazu vorhanden sein wird. Ob einigen Landschafts-
bildem aus der Schweiz, darunter dem Haupt-Mittelbilde, eine wirkliche
oder ideale Gegend zu Grunde liege, klärt der Text nicht auf, es steht
jedoch zu hoffen, der Zeichner werde bei dem übergrofsen Reichthum
an den schönsten Gebirgsscenerien seine Auswahl in der Natur getroffen
haben. Bei der Rundschau von Rigi wird die weifse Farbe des Boch-
gebirgs ungern vermisst. Dass ein oder das anderemal aus Raumerspa-
Tung getrennte Naturbilder verschmolzen wurden, ist bei Darstellungen,
die mehr den allgemeinen Begriff verkörpern sollen, als ein individuelles
Portrait liefern , nicht von Wesenheit Mehr Bedenken dürfte erregen,
dass bei den historischen Momenten der Schweizergesohichte wirkliche
ThaUachen mit der Sage (von Wilhelm Teil) vermengt erscheine^,
Zeiuchrift f. d. ottarr. Gymu»%. 1860. VI. Haft. 32
4^ ff. Barik, Reisen u. Entdeckungen etc., ang. v. JT. B, ffeiier,
ohne da88 dieses Onterschiedea in den Begleitworten ErwSbnnng ge-
sebieht Ungeili ficht der Patriot, der ROnstler solche PerstfnNcbkeiten
Y<nr der Strenge der Geschichtsforschung verschwinden, aber die Wahr-
heit mnss ihm doch theurer sein, als der Irrthum.
Der Text ist ein notbwendiges Anhingsei Eur ErkISrung der auf
dta Bildern vorkommenden Zahlen; bequemer wäre wo) ein Anbringen
im untern Rande gewesen. Ritte man die Quellen angeben wollen,
welchen die Bilder entnommen wurden, so würde damit der Vortheil
erreieht worden sein, ober die benutzten Materialien Kunde zu erbalten
mid'zu weiterer Forschung AnsfQhrlieheres in den Original werken selbst
auftnehen zu können.
Der Verleger hat die Kosten nicht gescheut, entsprechendes zu
•dhaffen, und Im Verbiltnisse zur Leistung ist der Preis von zwei Silber-
gidden IGr ein so grofses Blatt im kostspieligen Farbendrucke nicht
übenpannt, und da die Lieferungen schwerlich rasch ersoheinen werden,
kOlinen auch ärmere Schulen nachkommen. 7ur Betheilung daran sind
alle berufen, keine ist zu nieder, keine zu hoch, um nieht naeh Um-
sllnden guten Gebrauch davon machen zu können, desto besseren, je
weniger lahlreieh die Classen sind. Vielleicht wird in der Zukunft
einmal versucht solche Wandbilder im grofeen und wohlfeil mit öl-
(kfbendruck herzustellen, wenn anders die in Vergessenheit gerathene
Erfindung des Gemildedrucks diese praktische Höbe erreichen kann.
Gehört eine solche Sammlung geographischer Bilder auch nicht in die
Reihe jener absolut indispensablen Hilfsmittel, wie z. B. die Landkarten
sind, so gehört sie doch zu denjenigen, mit welchen der versündige
Lehrer des Faches bedeutende Erfolge bei seinen Schülern erzielen
kann durch Erweckung richtiger Vorstellungen und geläuterter Begriffe.
Dnd aus diesem Gesichtspuncte ist dem löblichen (jnteraehmen ein ge*
deihliches Fortschreiten und eine nicht zu ferne und gluckliebe Been-
digung zu wünschen.
Wien. A. Steinhäuser.
Dr. H. Barlb, Reinen und Entdock^ngen in Nord- uud Cenlrnl-
Africa in den Mktfn 1849— 1S&5. Im Auszug bearbeitet. 2 Bande
myjt vielen. Holzschnitten, vier Ansichten in Farbendruck , dem Por-
trait des Verfassfirs und einer Übersichtskarte von Dr. A. Peter-
mann. Gotha, Justus Perthes, 1859— fgeOi (1.-6. Lief, des L Bds.
gr. a 608 & 7-^tt. Lief, des IL Bds ) — 77. Sgr fir. Lieferung,
pr. eompL 3 Thlr,
Es gibt wenige Reisen, die durch den Erfolg, welchen die eiserne
Beharrlichkeit und Ausdauer eines Einzelnen möglich machte, eine so
allgemeine Bewunderung und eine so gerechte Anerkennung in allen
Kreisen der Gebildeten gefunden haben, als die unseres berühmten Lands-
mannes Dr. R. Barth. Neben Cook und Humboldt, den Entdeckern und
Erforschern des Wellmeeres und Amerlka's, steht Barth unübertroffen
B* Barth, Reisen u. EnldeckuDgCD etc^ ang. v. K, B, BeUer. 4tff
als Entdecker Inner-Afrioa's da, ein Slolz Deutschlands, eine Zierde
unseres Jahrbunderts ! Nicht iron Tiden einer, sondern der Einsig e,
ist es ihm gelungen das Dunkel, \ielches über diesen Erdtbeil lagerte»
SU erbellen. Richardson, Overweg, Vogel und andere in Africa reisende
Zeitgenossen haben dort ein frühes Grab gefunden , anderer Manner nicht
KU gedenken, die wie Mungo Park, Denham Clapperton, Laing u. t.
schon lingst Yorher ihr kühnes Cnternehnen mit dem Leben besaUten
und uns um so hohen Preis kaum mehr, als eine wirre Kenntnis eines
Landes, toU der bewunderungswürdigsten Verhältnisse, binterliefsen.
Rarth's Reise ist daher ein Ereignis von ganx aulserordenllicher Art
und der allgemeinsten Würdigung vollkommen werlh. Dm den Werth
der Forschungen Barth's besser ersichtlich zu machen, wollen wir
seine ^\»t und den Plan und Inhalt seines Reisewerkes hier nach
jenen Daten skizzieren, die sich in Dr. A. Petermann's geographischen
Mitiheilungen Jahrg. IBM, S. 230 und 307 ausführlich niedergelegt
finden.
Am 8. December 1849 schiffte sich Dr. Barth in Begleitung Dr.
Overweg's nach Tripoli ein und bewerkstelligte mit diesem im Laufe
des Monats Februar 1850 eine genaue Aufnahme des Ghurian-Gebirget.
Am 23. Mars traten sie in Gemeinsdiaft des Tcrstorbenen James Ri«
ehardson, dem die Leitung der Expedition anvertraut war, ihre Reis»
in das Innere an. Sie nahmen ihren Weg über Hamida, Mursuk uiul
Serdaltts und langten den 16. Juli am Kasr Dschanun oder dem Teufela«-
schlosse in der Nahe von Ghat an. Hierauf passierten die Reisenden
Ghat, überschritten das hohe, felsige, öde und unbewohnte WüsteiH
plateau von Adschundscher und Tadschetterat und gelangten am 21. Au«
gust an die Grenze des nie zuvor von einem Europäer besuchten
Tuareg-Königreiches Air oder Asbeo. Nur Barth's Energie war es su
danken, dass die Expedition hier eine schmachvolle Umkehr nach Nor-
den wieder aufgab. Seine Gefährten blieben später in Tin-tellust, et
selbst aber unternahm vom 4. October bis 6. November allein die
Reise nach der Hauptstadt Agades und erzielte dadurch wichtige Re«
sultate.
Am 1. Jänner 1851 zogen die Reisenden im Sudan ein und trenn-
ten sich alle drei zu Taghelel am 11. Jänner, um sich in Kukaua wie-
der zu treffen. Barth reiste zunäctist über Katsena nach Kano, wa et
höchst wichtige Nachrichten über ganz Central-Afirtca einsammelte. Mitt-
lerweile (am 29. Februar) starb Richardson zu Nghurutua, etwa sechs
Tagreisen westlich von £ukaua und Barth lenkte in grölster Eile nach
diesem Orte ab, um seinem Gefährten den letzten Dienst zu erweisen,
für ein anständiges Grab zu sorgen und seine Papiere und Effecten zu
retten. Alles diese geschah in der wackersten und umsichtigsten Weise
und Barth traf schon am 2. April , noch vor Overweg , in Kukaua ein.
Abermals war jetzt die Expedition nahe daran ein frühzeitiges Ende zu
nehmen, denn die pecuniären Mittel waren nicht nur erschöpft,, sondern
32*
4«B B. Barth, Reisen u. Enlileckiingen de, ang. y. K B Beller.
Riehardson hatte überdies nicht unbedeutende Schulden hinterlassen.
Barth allein schaCFte Rath, indem er leihweise von dem Vesir von Borna
Geld erhob und die Weiterreise ermöglichte. Am 29. März 1851 unter-
Babm Barth seine denkwürdige Reise nach Adamaua, auf welcher er
den machtigen Binue-Strom entdeckte , der als schiffbare Strafse uns
das grofse und so lange unerreichbare Herz Africa's sicher erschliefsen
wird. Barth kam bis Tola und war dem Puncto nahe, den im Ter-
gangenen Jahre die Dampfboot-Expedition erreicht hatte. Am %t. Juli
kebrle er nach Rukaua zurück und erforschte von da aus io Gemein-
schaft mit Overweg wahrend der Monate September, October und No-
Tember das Land Kanem, nordostlich von Kukaua; dann drangen sie
sttdOstlich von da, bei Mandara vorbei, durch Musgu hindurch bis zum
10. Grade nördlicher Breite vor, durch jene grofse , vom Tsad-See siid-
lidi sich erstreckende, fast horizontale Alluvial-Ebene. — Ende März
bis Ende August führte Barth allein die wichtige Reise nach Baghirmi
aus» auf welcher er den Schari überschritten, die Hauptstadt Messeiia
erreicht und ausgedehnte Forschungen über die Linder Ostlich und süd-
östlich vom Tsad-See bis zum Nil-Bassin angestellt, so wie die erste
genaue und umfiissende Beschreibung der zwei wichtigen Königreiche
Baghirmi und Wada7 geliefert und eine Karte davon construiert hat.
Am S6. September 1862 verlor Barth auch seinen zweiten Reisc-
gefihrten, seinen einzigen Freund, Dr. Overweg, welcher an den Ufern
des von ihm zuerst befehrenen Tsad-Sees leider einen zu frühen Tod
starb. Aber selbst dadurch nicht abgeschreckt, fasste Barth, auf den
Wunsch Lord Palmerston's, den heroischen Entschluss, die gröfste und
berühmteste seiner Reisen, die nach Timbuktu, zu unternehmen. Diese
Reise, seine Rückkehr nach Europa mit eingeschlossen , nahm nahe an
drei Jahren in Anspruch: er verliefs Kukaua am 85. November 1852,
erreichte Katsena im Februar 1853, S6koto im April und hielt am 7.
September als Gesandter des Sultans von* Stambul seinen feierlichen
Einzug in Timbuktu. Nach einem fast einjährigen Aufenthalte daselbst,
trat er seine Rückkehr nach dem Sudan an, erreichte Kano am 17. Oc-
tober 1854 und traf unerwartet mit dem jungen und kühnen Reisenden
Dr. Vogel (der nun langst schon in Wadaf als neues Opfer für Africa
gefallen ist) am 1. December auf dem Wege zwischen diesem Orte und
Kukaua zusammen. Erst am 17. Mai 1855 konnte Barth das Bomu-Reich
verlassen und durch das Reich der Teda's nach Mursuk ziehend, er-
reichte er von da aus am 27. August Tripoli und am 8. September
wurde ihm das seltene Glück zu Theil in Marseille nach einer Ab-
wesenheit von fast sechs Jahren seinen Fufs wieder auf europaischen
Boden zu setzen, in dieser seiner letzten unvergleichlichen Reise nach
Timbuktu , welches vor ihm nur zwei Europaer , der englische Major
Laing 1826 von Tauat aus, welcher aber auf der Rückreise ermordet
wurde, und der Franzose Rone Caillie 1828 von Sierra Leone (an der
Westküste) aus, glücklich erreicht hatten, entdeckte und erforschte
M. Barth, Reisen u. £otdeckuDgen elc, ang. v. H #. IMkr^ 4f9
Barth zwei grolse Reiches Oando und Hamdallahi, die nicht einmal dem
Namen nach bekannt waren, er lernte die Geschichte, BevölkemngHikl
alle Beaiehungen der «Königia der Wüste* kennen, wie die Eingebomen
Timbuktu mit Recht nennen, machte die erste genaue Aufnahme des
grofsen Stromes Kuara (Kwora, Niger) von Ssai bis Timbuktu und sam-
melte femer die umfangreichsten und genauesten Nachrichten über Nord-
Africa. Nichts spricht aber so deutlich für den Dmfang und die Wich-
tigkeit dieser Reisen, als die Vergleichung der Zahlen, die sich bei
genauer Bemessung der von verschiedenen Reisenden in Afrioa lurfiek-
gelegten Routen ergeben. Diese sind in englisch-geographischen lleiltD
(60 auf einen Grad):
Bruce's Reisen 1769—1779 tSOO Meilen,^
Mungo Park's Reisen 1795—1797 1600 «
Galton*s Reisen in Damara-Land 1851 ItSO «
Livingston's Reise von Kolobeng bis Loando . . . tOOO «
Barth*s Reise nach Timbuktu und zurück (1849—1854) 12000 « .
so dass gegenüber dieser enormen Strecke alle anderen in den Hintar-
grund treten. — Barth halte das grolse Glück, das sammtliche reiche
in Tagebüchern, Karten und Zeichnungen gesammelte Material vollst&ndig
in Europa vorzufinden und konnte sofort zur Bearbeitung und Veröffent-
lichung desselben schreiten. Es erschienen bis zum Jahre 1859 alle 5 Binde
seines grofsen Werkes , das mit 16 Karten , 60 Bildern und 154 Holz-
schnitten geziert ist und alle Ergebnisse der Reise voUstSodig enthalt.
Er versprach «das jedesmalige Land und seine Bewohner in innigster,
lebendigster Verschmelzung darzustellen und die Oberflache des Bodens
in ihrer feinsten Gliederung und mit allen ihren Eigenthümlichkeiten
ebenso zu beschreiben, wie er den Menschen in seiner jedesmaligen
Nationalitat, in allen Beziehungen seines Lebenskreises darstellen wiixi,*
und er hat redlich Wort gehalten, aber dieses grofse Werk ist unge-
achtet seiner starken Verbreitung, des hohen Preises wegen (30Thlr.)
nicht so in*s Publikum eingedrungen, als es überhaupt zu wünschen ist,
und Barth entschloss sich daher, bald nach dem Erscheinen des letzten
Bandes seines grofsen Werkes, zu einer Bearbeitung desselben im Aus-
zuge seine Einwilligung und Mitwirkung zu gewahren, um die Anschaf-
fung dieser Ausgabe einem jeden zu ermöglichen, der sich für eine der
merkwürdigsten Reisen unserer Zeit interessiert.
Dieser Auszag ist es, den wir hiemit allen Freunden der Lander-
uud Völkerkunde, allen Lehrern und Schülern unserer Lehranstalten auf
das wärmste empfehlen. Er enthalt alles wesentliche und wissenswerthe,
und bietet manche Einzelnheiten, die Barth verhindert war im grofsen
Reisewerke mitzutbeilen ; dabei erscheint die Darstellung des erlebten,
weil die Tagebuchform nicht beibehalten wurde, zwar gedrängter, ab«r
deshalb um so lebendiger und anziehender.
4t0 ff. tnfik, Reihen n. EntdeckuDgen e(c.; ang. v. AT. B. Beiler,
8elb8l ^s bedeutende lingaistische , naturwissenschaftHohe und
hiatPiiscfae Material, das dem groften Werke in ÄDhfingcD und tabellari-
sehen Obersichten beigegeben ist, wurde, so weil es dienen konnte ein
anschauliches Bild des Landes zu geben, in die Reiseerzahlung ange-
•ehm bineingewdi>t, und es genügt dieser Auszug daher jedem, der nicht
als Fachgelehrter gerade an besonderen Binz^elnfaeiten dag grtffste In-
teresse findet.
Der 1. Band des Auszuges entspricht dem Inhalte nach den zwei
ersten Bänden, der % Band den übrigen Binden des grofsen Reisewerkes.
Die Austattüiig ist elegant und der Preis (3 Thlr.) ein verbfitnismafsig
sehr billiger. Das Buch verdient daher mit Recht eine aUgeineine Ver-
breitung und wird diese sicher um so mehr finden, als Barth's Werke
durchaus so geschrieben sind» dass sie ohne Bedenken der reiferen Ju-
gend in die Hand gegeben werden können, und der tiefe christliche
Sinn, den der VerCasser mit Heldenmuth selbst den wildesten Völkern
gegenüber mit Offenheit bekannte, auch aus allen seinen Arbeiten be-
scheiden hiTYortritt
Wien. Karl B. Heller.
Dritte Abtheilung.
Verordnangen f Ar die Asterrelclilscheii CSym-
naslen; Statistik«
Personal- und SchulDoüzen*
(Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen, Ava-
seichnungen u. s. w.) ^ Die Gonceptsadjoncten im Ministerium IQr
Cultus und Unterricht, Hr. Franz Rohrweck, Hr. Karl Sykora und
Hr. Dr. Martin Schenker, sind zu Ministerialeoneipisten in diesem
Ministerium ernannt worden.
— Der Supplent an der k. k. Oberrealschule zu Innsbruck^
Hr. Martin H u b e r , zum wirklichen Lehrer an dieser Anstalt.
— Der Lehrer und provisorische Director der k» k. Oberreal-
schule in K a s c h a u , Hr* Dr. Hermann T a u s c h , zum wirklichen
Director dieser Lehranstalt.
— Der supplierende Lehrer, Hr. Eduard Erben, zum wirkliohoi
Lehrer an der k. k. Oberrealschule zu Kaschau.
— Der bisherige Supplent der Lehrkanzel lur Physiologie und
Mikroskopie an der Krakauer Universität , Hr. Dr. Gustav P i o-
trowski, zum wirklichen Professor dieses Lehrfaches.
— Se. k. k. Apost. M^gestat haben mit Allerhöchster EntschUelning
vom 28. April L J. den Director am Gillier Gymnasium, Benedictiner
Ordenspriester Ehrenbert Fettinger, auf Ansuchen, von seiner bis-
herigen Dienstleistung zu entheben und demselben in Anerkennung seiner
vieljährigen erspriefslichen Wirksamkeit im Gymnasiallehramte das gol-
dene Verdienstkreuz mit der Krone Allergnädigst zu verleihen geruht
— Se. k. k. Apost. Majestät haben mit Allerhöchster Entschliefsung
vom 11. Mai L J. dem Schulrathe und Gymnasial-lnspector in Agram,
Dr. Anton Jarz, die Propstei S. Pauli de Nyir Päiyi in der Grolt-
wardeiner Dioecese Allergnädigst zu verleihen und den dortigen Sdml-
rath und Volksschulen-Inspector Franz S 1 a d o v 1 d zum Ehrendomherm
des Agramer Gapitels Allergnädigst zu ernennen geruht.
— Der Professor der Moral- und Pastoraltheologie am bisohO^
liehen Seminar zu Goncordia, Se. Hochw. Hr. Anton Bel^rado, ist
zum Ehrendomherm am dortigen Katbedralcapitel Allergnädigst ernannt
worden.
4Tt Personal- und Schulnotizen.
^ Der Majoratsherr Johann Ritter von Mirossewski hat, von
der Absicht geleitet, die Bildung der vaterländischen Jugend zu fördern,
dem Minister des Innern die Erklärung überreicht, für die Stiftung von
drei Studentenstipendien am Gymnasium zu Krakau die Summe von
1S.(H>0 fl. CM. in Grundentlastungs-Obligationen widmen zu wollen.
— Bei der am 14. und 16. Mai 1. J. in Prag abgehaltenen Triennnl-
vertammlung des Ordensdicasteriums der Böhmisch-Mäbrisch-Schlesi-
sohen Piaristen-Provinz wurden Hr. P, Pankraz Newald, Director der
Prager Neustadter Unter-Realschule, und Hr. F, Rupert Pohl, Director
des Prager Neustädter Obergymnasiums , zu Gonsultoren des Ordenspro-
viDcials gewählt.
(Concurse, Erledigungen, Sti ftu ngsplätie, Stipen-
dien n. 8. w.) — Am Sclassigen katholischen Staatsgymnasium zu
, 0 n g h V A r fünf Lebrerstellen für classische Philologie (bei Kenntnis der
deutschen und ungarischen Sprache als Dnterrichtsspracbe) , jede mit
dem Jahresgehalte von 736 fl., eventuel 840 fU ö. W., dann Anspruch
auf die systemmäfsigen Decennalzulagen. Termin: Ende Juni 1. J«, bei
der k. k. Stalthalterei-Abtheilung Kaschau. (S. Amtsbl. i. Wr. Ztg. v.
4. Mai 1. J., Nr. 108.)
— An der städtischen Oberrealschule zu Pest h die Lehrerstelle
fSr Arithmetik und Geometrie, mit dem jährt Gehalte von 1060 fl. 0. W.
Termin t Binnen 4 Wochen , bei dem Magistrate der k. Freistadt Pestb.
(8. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 6. Mai 1. J., Nr. 109.)
. — An dem k. k. Staatsgymnasium zu Neusohl mit deutscb-
slavischer Unterrichtssprache 3 Lehrerstellen für classische Philologie.
Termin: 16. Juni 1. J., bei der k. k. Prefsburger Statthalterei-Abthei-
lupg. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 11. Mai 1. J, Nr. 114.)
— Am k. k. akademischen Gymnasium zu Lemberg3 ond am
zweiten Gymnasium daselbst % Lehrerstellen für classische Philologie an
ganzen Gymnasium, oder für dasselbe Fach im Unlergymnasium in Ver-
oindung mit Philosophie und einer der in Galizien gangbaren Sprachen
(der deutschen, polnischen oder ruthenischen) am ganzen Gymnastun,
mit dem Gehalte jähriicber 046 fl., eventuel 1060 fl. ö. w'. Termin:
20. Juli 1. J. , bei der k. k. galizischen Statthalterei in Lemberg (S. Amtsi>l.
s. Wr. Ztg. V. 19. Mai 1. J. Nr. 120).
— Ober einen an der k. k. Theresianischen Akademie
in Wien in Erledigung kommenden freiherrlich Teuffenbach'scben
Stiflungsplatz, so wie über einen zweiten freiherrl. Teuffenbach 'sehen
ebendort, mährischer Abtheilung, s. Amtebl. z. Wr. Ztg. v. 3. Mai l J.,
Nr. 107.
— Ober mehrere erledigte Universitäts-Handstipendien, als 1 En-
gelhart'sches, 1 Salze r'sches, 1 Scheuermann'sches und 1 Gold-
er g'sches, s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 6. Mai 1. J., Nr. 109.
— Ober die Erledigung von 9 Stipendien des Flu man er Con-
▼Icts- oder Stipendienfonds, s. AmtsbL z. Wr. Ztg. v. 17. Mai L J.,
Nr. 119. _^
(Todesfälle.) — Am 4. April L J. zu New-York Hr. James
Rirk Paul ding (geb. am VL August 1779, zu Pawling am Hudson),
einer der fruchtbarsten americanischen Schriftsteller auf den Gebieten
der Geschichte, Touristik und Poesie («TV»« dutchmam Fireiide,*
^Weitward ffo,* «Biographie Washingtons für die Jugend,* saltriscbe
Gedichte u. s. w.).
Personal- und Schulnofizen. " 4t3
— Am 5. April ). J. xu Genf der General-Major, Hr. Ortando
Felix, als Aegyptolog rühmlich bekannt
— Am 17. April ). J. in Berlin Hr. Dr. Hugo Hagendorf, als
Dichter bekannt.
— Am 20. April 1. J. zu Brüssel Hr. Charles de Brouckert,
gewes. Professor der Staats- und Volks wirthschafl an der DniversilSt
dortseJbst (geb. zu Brügge 1796), seit 1848 Bürgermeister von Brüssel.
— Am 23. April 1. J. zu Wien Se. Excellenz Hr. Karl Ludwig
Freiherr von Brück, Finanzminister (geb. am 1& October 1798 lu
Elberfeld).
— Am 24. April in Darmstadt der grofsherzogl. hessische Land-
richter, Hr. Karl Ludwig Reh (geb. 1796), durch seine Kriegslieder zur
Zeit des Befreiungskampfes bekannt
— Am 26. April 1. J. zu Heidelberg der ord. Professor der Theo-
logie an der dortigen Universität und Senior der theologischen Faeultal,
geh. Kirchenrath, Hr. Friedr. Wilh. Karl Dm breit, ausgezeichneter
Orientalist, im Alter von 66 Jahren.
— Am 1. Mai 1. J. in Dänemark der Geheimrath und Ex-Minister,
Hr. Andreas Sandö Oersted (geb. am 21. December 1778 zu Rudkjö-
bing, ein Bruder des 1854 verstorbenen Naturforschers), unstreitig unter
den dänischen Schriftstellern der Gegenwart der erste.
— Am 3. Mai L i. in Friaul Hr. Dr. A. E. Sellenati, Secretar
der Friauler Landwirthschaftsgesellschaft, durch seine Bestrebungen im
Unterrichtswesen, so wie im landwirthschaftlichen Fache, um seine Hei-
mat verdient
— Am 4. Mai l. J. zu Bostock Hr. Consitorialrath Dr. Gust Friedr.
Wiggers, Professor der Theologie an der dortigen Universität , im
Alter von 82 Jahren.
— Am 10. Mai 1. J. zu \(ien Hr. Karl Wilh. Koch, borgl.
Handelsmann, Senior des k. k. pr. Handelsstandes, emer. Gemeinderatb,
Ehrenbürger von Arad, Besitzer der grofsen goldenen Salvator-Medaille
ü. s. w., der Schwiegervater des verstorbenen Dichters Deinhardstein,
«elbst als dramatischer Dichter und Belktrist bekannt, im 75. Le-
bensjahre.
— Am 13. Mai L J. zu Tubingen Hr. Dr. Christian Gmelin,
(geb. 1792), seit 1817 ordentlicher Professor der Chemie an der dortigein
Hochschule, als Fachschriftsteller bekannt
— In der Nacht vom 16.— 16. Mai 1. J. zu Meiningen der herzog-
liche Cabinetsbibliothekar u. Uofrath, Hr. Ludwig Bechstein, (geb.
zu Weimar am 24. November 1801), als fruchtbarer SchriftsteUer auf
dem Gebiete der Belletristik, bekannt
— Am 16. Mai I. J. zu München der quiscierte Bibliotheoar , Hr.
J.Georg Krabinger, Mitglied der kön. Academie der Wissenschafttfn,
im Alter von 76 Jahren.
— Im Mai 1. J. zu London der berühmte Sanskritist, Hr. Pro-
fessor Horau Haymnn Wilson, in dem Alter von 76 Jahren.
— Im Mai l J. zu Venedig Hr. Joseph Dala (geb. 1788), als
Kupferstecher durch ausgezeichnete Leistungen («Madonna mit dem
Kinde* nach Sassoferrato, ^St. Katharina's Trennung' nach Paolo Vero-
nese, die Porträtsammlung: «Panteone Veneto' u. m. a.) bekannt
— Im Mai 1. J. zn Warschau Hr. Michael Schubert, Professor
der Botanik, längere Zeit an der ehemaligen Warschauer Universität be-
schäftigt und Begründer des dortigen botanischen Gartens, im Alter von
73 Jahren.
— Inii Mai 1. J. zu Antwerpen Hr. Johann Geefs, Professor an
der königlichen Akademie daselbst, einer der ausgezeichnetsten Bildhauer
Belgiens, in der vollsten Blüte des Lebens.
Vierte Abtheilung.
nUdcellen»
=Ber geographische und historische Unterricht.
Das Daeenberheft 1859 ätos «Gentralblatt lur die geeanunte Cnterrichte-
Verwaltung in Prtmlsen* yeröffenllieht eine vom Minitter der geistUcbeo
elo. AngelegenheiteD unter dem M. August iS60 genehmigte Instruetion
für den gescbicbtlichen und geographischen Unterricht an den Gymnasien
udA Bealsehulen der Provinz Westpbalen, bestehend in 16 SS.» deren
weseiBlKcber Inhalt hier im Auszuge folgt
Der Unterricht in der Geschichte und Geographie ist unbeschadet
der Selbständigkeit beider auf allen Stulen in enge Beiiehung zu setzeu.
A. CeMcAicAie.
1« Omferg BUdungiMiufei Der historische Dnterrieht propaedeutisch?
lur Vorbereitung auf den spfitem zusammenhangenden Vortrag uud zur
Weckung des Interesses für geschichtliche Dinge.
Sexta und QuMa: Biblische Geschichte des a. und n. Testamentes
im Rdigionsunterrichte; die wichtigsten und schönsten Sagen des Alter-
thums und der germanischen Völker im deutschen Unterrichte dureh
■indliche und schriftliche Gbungen.
II. Mutiere Bttdmi§ittufe i l^et historische Unterricht ethnographisch.
Griechen, Römer, Deutsche, Anknüpfung desjenigen aus der allgemeinen
Geschichte, was mit denselben in Verbindung steht
Owtrtai Geschichte der Griechen bis auf den Tod Alezander's des
tiiofiMn, hiezu eine Übersicht über die auf die Diadocbenzeit folgenden
Staatenbildungen. Geschichte der Römer bis auf Titus; Erscheinung des
Cbristenthums und Ausbreitung desselben, Auftreten der Deutschen, ihre
K&mpfe mit den Römera
ttUer-Terttai Geschichte der Deutschen von der Völkerwanderung
bis 1648. Hierin die Ausbreitung des Christenthums, die Entwickelung
der Hierarchie, die wichtigsten Kreuzzüge, die Eroberung von Constati-
tinopet die Er6ndung des Schief spul vers und der Buchdruckerkunst, die
Entdeckung des vierten Welttbeiles und des Seeweges nach Ostindien.
Ober-Tertia : Anscfalielsung der deutschen Geschichte an die bran-
denburgisch-preufsische Geschichte mit kürzerer Berührung der französi-
schen Revolution und der daraus hervorgegangenen Kriege, zu beendigen
mit den deutschen Befreiungskriegen. Der geschichtlichen Darstellung
geht auf dieser ganzen Stufe jedesmal die geographische Obersicht der
Länder voran.
Miseellen. 475
111. &bere BUdungMitufe ^ Der historische Unterricht universalhi-
storisch. Darstellung des pragmatischen Zusammenhanges und der Entwicke-
liing der Verfassungen, letztere bei der griechischen , römischen und
deutschen Geschichte. Literaturen der wichtigsten Völker, übersichtlich
und durch Mittheilung von Proben zu charakterisieren. Erörterung der
Epochen in der Geschichte der bildenden Künste an Abbildungeni Mit-
theilungen aus dem Gebiete der Wissenschaft , der Religion, der Erfin-
dungen, des Verkehrs, des Handels, der Sitten und Einrichtungen, die
geeignet sind ein möglichst anschauliches Bild von der Individualitat der
einzelnen Völker und dem Fortschritte in der Entwickelung der gesammten
Menschheit zu erzeugen. Beachtung des teleologischen Zusammenhanges
der Weitgeschichte und Anerkennung der ewigen Gesetze Gottes nnd
das letzte Resultat.
OMer-Seeunda: Orientalische und griechische Geschichte, letztere
abschliefsend mit der Geschichte der Diadochenreiche, welche als ein
innerlich zusammenhängendes Ganzes zu behandeln ist
Oöer-Setunda: Römische Geschichte bis zum Untergänge des west-
römischen Reiches.
Onier-Fttmai Geschichte des Mittelalters, neuere Zeit bis xum
Ende der Regierung Carl V. oder zum Anfang des 30jährigen Krieges.
Ober-Pfima: Geschichte der neueren Zeit bis 1815; kurze Ober-
sicht der politischen Geschichte von 1815—1830 oder 1840.
Methode. Weise Mafshaltung in der Auswahl des Stofles, gröbere
Rücksichtsnahme auf das, was dem Bedurfhisse des Schtilers, als was
den Anforderungen der Wissenschaft als solcher entspricht. Einfaehe,
natürliche Diction im Vortrage des Lehrers ohne Benützung eines Hilfs-
mittels während der Lehrstunde. Die Quellen sollen, wo thunlich, dem
Inhalte und Ausdrucke nach produeiert und zuweilen die Gewährsmänner
selbst redend angeführt werden. Vorzeigen bildlicher Darstellungen von
Personen, einzelnen Begebenheiten, Gegenständen der Kunst, des privaten
und öffentlichen Lebens.
Die wissenschaftliche Kritik kann nur zuweilen und zwar auf der
oberen Stufe aber immer mit Vorsicht und Begründung des Urtheils eis-
treten. Bei sittlicher Beurtheilung der Zustände und staatliehen Einrieb-
tungen muss der Unterschied zwischen Inhalt und Form, Wesentlichem
und Vorübergehendem hervortreten, das Vaterlandsgefühl in dem Schüler
gestärkt werden; bei Beurtheilung der Personen und einzelnen Hand-
lungen muss der christlich-religiöse Mafsstab angelegt aber dabei ra-
gleich die Anschauungen und Verhältnisse der betreffenden Zeit berüek-
sichtigt werden.
Von besonderer Wichtigkeit sind die Wiederholungen in der Sehol-
stunde, bestehend theils im Wiedererzählen ganzer Abschnitte , theils im
Recapitulieren des Faktischen nach Zahlen und Namen, theils in einer
mehr selbständigen Umarbeitung des Lehrstoffes und dies auf der oberen
Stufe. Der Geschichtslehrer soll die Schullectüre der Schriftsteller (na-
mentlich der griechischen und römischen) berücksichtigen, die Privat-
lectüre deutsch geschriebener Geschichtswerke aus der Schülerbibliotbek
empfehlen und beaufsichtigen; nur ausnahmsweise ist der Schüler in
seiner Leetüre auf die Quellen selbst zu verweisen.
Zu den Hilfsmitteln gehören Karten, ein Lehr- oder Handbuch
für je zwei Classen und nach Umständen eine chronologisch-tabellarische
Obersicht, welche entweder gedruckt in den Händen der Schüler ist,
oder unter Anleitung des Lehrers von den Schülern entworfen wird.
B. Geographie,
I. untere BUdungsitufe: Topische d. i. oro- und hydrographische
Verhältnisse.
476 Miseellen.
Sexlat Verständnis des Globus und der Landkarte (das letztere am
besten nach der nächsten Heimat); das Wichtigste aus der mathematischen
Geographie. Topische Verhältnisse von Africa, Amerika, Asien, Australien.
^tf/Ji/ä.* Wiederholung der Elemente der mathematischen Geogra-
phie; topische Verhältnisse YOn Europa.
Anmkg. Zur Belebung des geographischen Bildes an geeigneten
.Stellen Mittheilungen über die wichtigsten Naturproducte aus dem Pflan-
.zen- und Thierreiche und die Art ihrer Bearbeitung; die hauptsächlich-
sten politischen Namen der Hauptländer und Hauptstädte und derjenigen
Städte, welche an bezeichnenden Stellen des topischen Bildes sich ein-
f&gen lassen; relative Ausführlichkeit bei Deutschland. Einzelne Notizen
.mit Jahreszahlen über den Schauplatz wichtiger Thaten im Krieg und
Frieden, kurze Darstellung von den Entdeckungen fremder Länder und
den Ansiedlungen darin und anderer bedeutenden Begebenheiten.
U. Mutiere BUdungistufe: Die gegenwärtige politbche Eintheilung
nach ihren wesentlichen Theilen.
Quarta: Politische Eintheilung ' der aufser europäischen Länder.
Der Grad der Ausführlichkeit richtet sich nach der politischen oder hi-
storischen Wichtigkeit der Länder und Städte und nach der räumlichen
Entfernung vom Vaterlande.
Onter^Tertia : Politische Eintheilung der europäischen Länder mit
Ausnahme Deutschlands und Preufsens.
Ober-'Tertia: Politische Eintheilung Deutschlands und Preufsens,
am tpeciellsten bei Preufsen und Westphalen.
Anmkg. Der politischen Geographie der einzelnen Erdtheiie und
.Lvider wird jedesmal eine Wiederholung der topischen Verhältnisse vor-
^i^eschickt Das oft dürftige Bild ferne liegender Länder ist durch Mit-
theilungen über Volksverwandtschaft, Religion, Staatsverfassung, Sitten
und Gebräuche möglichst zu ergänzen und zu beleben und die früher
erworbene Productenkunde in dem Mafse, wie sich die Darstellung nähert,
zu erweitem.
IH. Obere Bitdungatüfe t Repetition und gelegentliche Erweiterung
.des früheren, besonders des politischen Theiles (alle 14 Tage eine Stunde).
Secundas Geographie der aufsereuropäischen Länder.
Prima: Geographie der europäischen Länder.
Anmkg. Es bietet sich manche Gelegenheit früher gemachte, cul-
lurbistorische Mittheilungen über entlegene Länder zu vervollständigen,
ferner geschichtliche Daten anzuknüpfen, welche sich z. B. auf das Ver-
.hä|tqis der Colouien zu deren Mutterlande und auf die räumliche Aus-
dehnung des deutschen und preufsisctfen Landes zu verschiedenen Zeiten
beziehen, ebenso auch einen geschichtlichen Überblick über die Erdan-
.flchauung von den ältesten Zeiten an zu geben, endlich auf den Handel,
d^n Verkehr und dessen Mittel, überhaupt auf solche Dinge einzugehen,
welche die äufsem Beziehungen der Völker zu einander kennen lernen.
Methode. Das wesentlichste Erfordernis für den geographischen
Unterricht ist die Anschaulichkeit Hiernach ist als Grundsatz festzu-
halten, dass unter den Hilfsmitteln die erste Stelle überall die geogra-
phische Karte, nicht das Lehrbuch, einnehme. Sorgfältige Behandlung der
im topischen Cursus vorkommenden hydro- und orographischen Begriflfe
Dicht durch Beschreibung sondern durch Hinweisung auf Erscheinun-
gen, die in der Umgebung des Schülers vorliegen.
Damit das topische Bild dem Schüler auch ohne Karte gegen-
wärtig sei, so erscheint als ein sehr wirksames Mittel das Kartenzeichneu.
Die Wiederholungen in der Stunde sind so oft als möglich anzustellen,
60 dass die häusliche Arbeit des Schülers sich auf ein Minimum rcduciert.
Als Hilfsmittel dienen Globus, Wandkarte, ein Handallas und
da die Benützung eines geographischen Lehrbuches, wenn auch nicht
Miscellen. 477
nothwendig, doch wuDschcnswerth ist, um die Fühning eines Heftes über-
flussig zu machen, so wird ein «Leitfaden*, der sich auf die nothwen-
digsten Angaben beschränkt und wo möglich für beide Lehrstufen aus-
reicht, genügen.
Der wissenschaftliche Vortrag der mathematischen Geographie fült
dem physikalischen Unterrichte der Prima zu; die Benützung wenigstens
eines kleinen Planetariums ist nothwendig.
Die im Auszuge mitgetheilte Instruction ruht auf einer Grund-
lage, welche durch ein Gircular-Rescript des kOnigl. Ministeriums der
etc. Angelegenheilen communiciert unter dem 18. October 1830 an sammt-
licbe königl. ProYinzial - Schul -Gollegien, ausschlielslich derjenigen zu
Münster geschaffen worden ist ')• Eine Erfahrung von nahezu 30 Jahren
stand also hier zu Gebote und lieferte Anhaltspuncte , um die entspre-
chenden Modificationen in der alten Instruction vorzunehmen. In wie
weit Wünsche und Forderungen, welche der Unterricht in diesem langen
Zeiträume laut werden liefe, in dieser neuen li struction ihre Berück-
sichtigung fanden, werden die Schulmanner Preufsens am besten zu be-
urtheilen im Stande sein. Ref. beschrankt sich darauf ein paar Puncto
hervorzuheben, welche den Unterschied zwischen der alten und neuen
Instruction charakterisieren und von allgemeinem Interesse sind.
Die wesentlichste Modification besteht in der vollständigen Aufhe-
bung des g. 16 der alten Instruction (diese zählt 17 gg.), worin dem
Lehrer-Collegium ein freierer Spielraum gestattet war um Modificationen
in der Vertheilung des geographischen und historischen Pensums unter
die einzelnen Glassen nach seinem Ermessen eintreten zu lassen. Die
Folge der Aufhebung dieses g. 16 ist nun die bestimmte Abgrenzung
und Anordnung der Aufgaben in den einzelnen Glassen, wie dies in der
neuen Instruction zu Tage tritt. Als erwähnenswerthe Änderungen anf
historischem Gebiete erscheinen:
1. Die Verlegung der Geschichte des Alterthums in die zwei Glassen
der Secunda; nach g. 16 der alten Instruction, konnte die alte Geschichto
auch in Prima behandelt werden. Irren wir nicht, so wurde von dieser
Modalität weitaus am häufigsten Gebrauch gemacht und über die Zweck-
mäfsigkeity ja absolute Nothwendigkeit, die alte Geschichte in der ober-
sten Glasse des Gymnasiums zu behandeln, hat sich eine Ansicht gebildet,
die viele Verfechter bat. So hat z. B. Campe seine kürzlich herausge-
gebene Sammlung historischer Aufsätze unter dem Titel: «Geschichte und
Unterricht in der Geschichte', mit dem Satze geschlossen: «Mein Plan
kann im Einzelnen manche Modificationen erleiden. Aber die beiden
Puncte stehen fest, dass der Unterricht mit der alten Geschichte beginnen
und mit der alten Geschichte schliefsen muss. . Man wird sich noch
lange sträuben; aber die Sache selbst wird sich Bahn brechen. Campe
glaubt, «dass das Alter, welches bei Secunda durchschnittlich voraus-
zusetzen ist, d. h. das von 15—17 Jahren, eines wirklichen Verstehens
der griechischen noch mehr aber der römischen Geschichte noch nicht
fähig sei»").
2. Eine andere Modification besteht darin, dass in der Ober-Tertia
vom westphälischen Frieden an, die deutsche Geschichte an die bran-
denburgisch-preufsische Geschichte anzuschliefsen ist, während nach der
alten Instruction «die deutsche Geschichte den Mittelpunct bildete, und
die Geschichte des preufsischen Staates entweder bei einzelnen Veranlas-
sungen in der deutschen Geschichte oder zum Schlüsse als ein Ganzes
behandelt werde.* Ref. übergeht diesen Punct mit Schweigen und wenn
') Neigebauer's Sammlung der Verordnungen. S. 167—172.
') Campe, S. 246.
478 Miscellen.
et hier einige Worte beifugt, ao sind es Worte eines preufsischen Schul-
maiinei^ dessen Ansicht über Stellung und Behandlung der Geschichte
des deutschen Reiches beachtenswerth erscheint ^Mag es nun»* so
sdireibt Prof. Heydemaun über den Osterreichischen Lehrplaa für Geo-
grapliie und Geschichte"), «um ohne Rückhalt ku sprechen, in mancher
Rexifhung für unser deutsches Gefühl verletzend sein, dass man In einem
Staate, dem Deutschland doch wahrlich nicht ein fremdes Land ist, und
der SQ vielfach seine Absicht bekundet hat, von ihm sich nicht tu
tfennea oder getrennt zu werden, dennoch die deutsche Geschichte eben
nur so nebenher und in ihrer Beziehung zu — hier muss Ref. statt
«Osterreich* jetzt «zu der brandenburgisch-preufsischen Geschichte' sub-
stituieren — behandelt wissen will* ; denn bekanntlich ist der ursprüng-
liche Plan bereits 1850 modificiert worden.
3. Endlich erscheint die erste Unlerrichtsstufe dem Inhalte wie
der Form nach in der neuen Instruction wesentlich modificiert. Wahrend
nSmUch nach der alten Instruction auf der ersten Stufe «das ganze Feld
der Geschichte vom biographischen Standpuncte ^us zu durchlaufen
war*9 eoU jetzt der geschiehtliehe Unterricht propffideutisch behandelt
werden, eine Änderung, die so unscheinbar sie ist| doch von durch-
greifenden Folgen begleitet ist
Dadurch nämlich, dass der propädeutische Unterricht auf die Be-
bandlung der biblischen Geschichte des a. und n. Testamentes und der
wichtigsten und schönsten Sagen des Alterthums und der germanischen
Vttlker beschränkt ist, wird das Princip der dreifachen Gliederung in der
Bekaodlung der Geschichte aufgegeben und es gibt von nun an nur zwei
Stafbii für den geschichtlichen Unterricht , vom ethnographischen und
unireiffalhiatorischen Standpuncte, ein Factum, das der g. 2 der neuen
hislmction auch constatiert: «Der geschichtliche Unterricht geht als be-
sonderer Fachunterricht nur durch die mittlere und obere Bildungsstufe
des Gymnasiums und der Realschule*.
Wichtiger jedoch als die Einrichtung dos propaedeutischen Unter-
richtet muss uns die Thatsache erscheinen, dass der biographische Un-
terricht als solcher fallen gelassen ist ^). Warum . drangt sich hier die
Fkage unwillkürlich auf, ist eine so beliebte Modalitat , die bekanntlich
bis nur Stunde viele energische Verfechter hat *) und der zu ihrer ge-
deihlichen Entwickelung eine so lange Periode zu Gebote stand, jetzt
aufgehoben Y Diese Modalitat hat — und das ist die natürliche Annahme —
den hieran geknüpften Erwartungen nicht entsprochen; Beweis dafür ist
das Fallenlassen des biographischen Unterrichtes, Beweis daßr die in
der 9euen Instruction aufgestellte Ansicht in Betreff des ethnographischen
Unterrichtes: «Die Thaten des Volkes stellen sich wesentlich als die
Tba&eii seiner Führer dar, so dass, wie es sich namentlich in der alten
Geschichte von selbst ergibt, der Vertrag zugleich ein biographi-
sches Element enthält*, eine Ansicht, die in den Blättern dieser
ZeitsehKft ihre Vertretung hat
Die Instruction für den geographischen Gnterricht enthält beacb-
teiwwerthe Momente und dürfte bei uns ein um so gröfseres Interesse
erwecken, als bekanntlich unser Org. Entw. gerade in dieser Partie viel-
*) Mulzell Zeitschrift für Gymnasial wesen, S. 192.
*) Bekanntlich wurde auch bei uus seiner Zeit der Antrag an das h.
H inisterium gestellt, die Geschichte vom biographischen Standpuncte
in der 1. und $. Classe des Untergymnasiums zu behandeln, ein Antrag,
den das h. Ministerium in Festhaltung der aufgestellten Principien
nicht acceptirt hat, v. Zeitschrift für öst Gymn. 1851. S. 88% ff.
') Vergl. Campe's Geschichte und Unterricht in der Geschichte, 6. der
biographische Unterricht, S. 115—149.
Miseellen. 479
lache Anfechtung erfahren hat '). Ihr wesentlicher Vorzug besteht nun darin,
dass sie in bündiger Weise jeder Classe eine bestimmte Aufgabe zuweist.
Ref. kann es nur billigen» wenn die Instruction an der herkömm-
lichen Bezeichnung «Geographie* festhSlt und von Oesicht^puncten, die
entweder zu unbestimmt lauten, wie z. B. «populäre Vaterlandskunde,*
oder die dem Bereich des Gymnasiums nicht angehören, wie «Statistik*,
völlig Umgang nimmt Dadurch hat sie der Schule einen wesentlichen
Dienst erwiesen und, soweit eine legislatorische Verfugung im unter-
richte Ordnung schaffen kann, ihre Pflicht erfüllt; wenigstens ist die In-
struction sichergestellt vor Anklagen, Vorwürfen, als lasse sie den Gegen-
stand verkümmern; als überlasse sie ihn der Willkür oder Bequemlichkeit
der Lebrer^-Erseheinun^en, die in unserm Schulleben nur zu bekannt sind.
Mit Bezug auf die ältere Instruction ist, so weit es sich um den
Stoff und dessen Verthellung handelt, eine wesentliche Änderung nicht
eingetreten ; nur was dort mehr ein Vorschlag war und eine Modification
nicht ausschloss, ist in der neuen Instruction genau begrenzt und be-
stimmt, so z. B. ist die wissenschaftliche Behandlung der malhematischen
Geographie defhaitiv dem physikalischen Cnterrichte der Prima zugewie-
sen worden.
Dagegen ist in der methodischen Anleitung ein wesentlicher Fort-
schritt geschehen*). Unter den praktischen Vorschlägen verdient die
Aufstellung des Grundsatzes, dass unter den Hilfsmitteln die
erste Stelle überall die geographische Karte nicht das
Lehrbuch einnehme, gewiss den ungetbeilten Beiftill, and es bleibt
nur zu wünschen, dass man dort in der Durchfuhrung dieses Grundsatzes,
zumal die Benützung eines Lehrbuches als blofs wünschenswerth nicht
als BOthwendig bezeichnet wird, glücklich sei und wachsam, wenn
es gilt ein -Lehrbueh als solches anzuerkennen. Denn mit dem Einwan-
deni der sogenannten wissensehafHiohen Gompendien werden, man täusche
sieh nicht, die Karten in den Schulstuben wol hängen, aber Staub und
Spinnengewebe werden sie überziehen: der durch den unermüdlichen
Eifer der Kartographen In ihren Werken niedergelegte Schatz wird nur
dann gehoben werden, wenn der Weg in den Schacht offen und rein
gehalten nicht aber durch dickleibige Compendien verbaut wird.
Im ganzen bildet die Instruction einen unverkennbaren Fortschritt
in der Anordnung nnd meHiodischen Beleuchtung der Aufgabe i sie hat
zugleich den Vorzng einer auf historischer Basis gewordenen Bntwieke»
luDg und soweit RdT. hier ein Urtheil sich eriauhen darf, ist sie bemüht
gewesen, den auf psedagogischem Gebiete sich geltend machenden Orond-^
Sätzen Rechnung zn tragen. Möge die Instruction die erwünschten
Früchte tragen!
Wien. i. Ptaschnik.
^) Dass man die Lücken und Unebenheiten, welche der Organ. Entw.
in der Instruction Ar den geographischen Unterricht zeigt, bei uns
nicht übersehen hat, beweisen die Propositionen für den geographi*
sehen Unterricht in der Pqblioation der ModifieationsvorsotiUlge.
*) Als üeitrag zur Würdigung dieses Punctes diene 9. 14 der alten
Instruction : «Die Wandkarten begründen einen entschiedenen PeH»
schritt jenes Unterriehte», indem sie Ansohanliehkeit nach groben
Mafsstahe und in gleichem Mal^stabe für alle Schüler und das
Übersehen gröüserer Landmasseo gewähren und zugleich den
Lehrer ndthigen von seinem Hand buche abzusehen,
sich selbst zu ori enti ren, zu übe» und Gewandt-
heit zu erwerben und eben dieses ist das Mittel, dass auch
die Schüler das AUes erwerben.
4M ^ lIlBeeUen.
Zn Herodia n.
In meiner Abhandlung über Didymus (Triest 1859) S. 7 C habe
ich dem Didymus einige Schollen tugetheilt, die mit dt^^ff beginDeii
und sich auf die Prosodie beziehen; diese sind nicht too ihm, sondern
wahrscheinlich Ton Herodian. Seh. Harl. d tft dt2«>ff n yo^'Vn (79«-
yffrci uai i^i%Q09 %al l^iy'Of d.h. naxmßgoititw und naxm-
pf«{ci<v wie wir aus SchoL E sehen. Bari ij 140 diims mtgi-
''**Siik j*-.S**' *«^ MiQixtvs. Harl. ^ 365 di2«>ff ivdi^ia %tU ivSt^ia.
'^.- Mm sind die drei Schollen, ich habe jedoch schon damals in Betreff
'''**^^, der beiden letzteren mein Bedenken geäufsert Dazu fuge ich noch
folgende: Seh. Pal. d 311 diy^ff magiiBv «ol «a^rtsv. P. E. Q.
• %40 Six^Q MBQinfila *ai mbqI %^la, Q. x 39 di^^ff Sttmv
Md mtBrnw' Ix^Ti^s dl St§m9 M^tMtm^oitnovmg. Dass letzteres Ton
Herodian ist, wird jeder zugeben, der sich auch nur ein wenig mit
ihm beschäftigt hat Dass Herodian auch anderwärts derartiges be-
merkt, sehen wir aus Schol. A zu Z 260 tovto dijiK i9ajiy9m€MST€u,
niadich di %' uMs und dl noMg,
TriesL J. LaBoche.
Literarische Notiz.
Adolf Planck, G>iaconus zu Heidenheim an der Brenz.) Melrnmek-
/Jmi» wrmeeplar Cermamtoe. Eine Denkschrift zur dritten Sicularfeier
seines Todes. Nördlingen 1860. C. H. Beckseber TerUg. IV, 183 S. 8. —
Man wird das vorliegende Schriftchen eines wärttembergischen CTange-
liseben Geistlichen gern durchlesen: in anspruchsloser Fonn bringt ts
reiche Belesenheit und ein gediegenes ^'issen zn Tage, Der Hr. Verl
betrachtet sich aU einen spätgebomen Schüler Melauchthon's, und seine
Schrift soll* ein Zeichen und Zeugnis des Dankes* sein (S. IV). Über die
Angemessenheit der Anordnung des Stoffes (L Melanchtbon's Leben S. 9
bis 46 II. M.'s Arbeiten 46—85, 111. M.'s Bildungsideal 86—154) liefse
sich streiten: die Momente in M/s Stellung zur Interimsfrage z. B., eine
der bedeutendsten Episoden seines Lebens, mnssten durch die äufser-
liehe Disposition des Gegenstandes an drei oder vier Terschiedenen Stelleu
(S. 37, 55, 118, Ul) behandelt werden. Auch soll nicht unbemerkt
bleiben, dass das Einschieben lateinischer und griechischer Citate (hier
nicht nur in den Text, sondern mitten in deutsche Sätze) jede Darstellung
Teranstallen muss und heutzutage mit Becht als etwas Teralletes ge-
mieden wird; denn ein Schriftsteller zeigt durch solche centonenartige
Einschiebsel immer einen gewissen Mangel in der Beherrschung seines
Stoffes. Sachlich hat Bef. bei Erwägung des Verhältnisses, in welchem
M. zn den früheren Humanisten steht, eine Beziehung auf die Besultate
▼ermisst, welche D. Strauss in Hütten 's Leben niedergelegt hat. Zu S. 1t^
wire noch zu bemerken , was Bänke (Französ. Gesch. 1. 180) bereite
•ebarf lietont hat, dass Calvin selbst in Michel Serret ein für die mensch-
liehe Gesellschaft gefährliches Wesen erkannte, so dass M. die Verdam-
mung desselben von einem äholichen Gesichtspuncte billigen konnte;
seine *peripatetische ünentschiedenheit* in der betreffenden dogmatischen
Frage hebt Hr. Planck überdies selbst hervor (S. 147 fll). — Diese kleinen
Aasstellungen mögen mindestens zeigen, dass der Bef. das Schriftchen mit
Interesse gelesen hat: der soliden Arbeit, ausgebreiteten Kenntnis und ge-
wissenhaften Überlegung des Hrn. Verl 's, welche ihn auch lu einer mafs-
vollen Beurtheilung seines Helden geführt bat, wird kein Leser wanne
Anerkennung versagen.
(Diesem Hefte sind zwei literarische Beilagen beigegeben.)
Erste Abtheilung.
Abhandlansen.
Zur Erklärung des Horatius.
Cann. IV. 4, 13—16.
Qualemve laetis caprea pascuis
Ini^nta füivae matris ab ubere
lam iacie depulmm leonem
ßerUe novo peritura Pidit
In dieser Strophe sind die Worte fulvae matri» ah ubere
iam iacte depuleum leonem der Gegenstand mannigfacher Er-
klärungsversuche. Bis auf Hofmann Peerlkamp fasste man aie
zusammen als nähere Bestimmung des Objecles leonem und zwar
so, dass man ubere entweder als Substantivum oder als zu laete
attributives Adjectivum nahm. Letztere Auffassung hält Dillen-
burger fest nach dem Vorgänge des Xylander und Chabotiua,
erstere, von Orelli (Döring, ßraunhard und andern) repräsentiert,
ward, da man dabei das Verhältnis zwischen ab ubere und laete
in Bezug auf depuUum misverstand, seit Benlley's mane und
eponte die Quelle vieler Conjecturen, durch welche das als ver-
meintlicher Pleonasmus störende lacle beseitigt werden sollte.
Neben diese beiden Erklärungen stellte Peerlkamp eine dritte,
indem er die Worte fulvae matris ab ubere zu intenta con-
struiert, so dass dieselben mittelbar zur bestimmteren Ausmalung
des Subjecisbegriffes caprea dienten; ihm folgt mit einiger Mo-
dificalion Nauck. — Ich erlaube mir hier eine neue Interpre-
tation vorzuschlagen.
Die Worte fulvae matris ab ubere sind nicht auf intenta^
sondern auf depulsum zu beziehen , und ab ubere gehört nicht
als Adjectivum zu laete, sondern beide Begriffe müssen jeder
für sich als Substantiva aufgefasst werden. Auf dieser Grund-
lage will ich meine Erklärung zu entwickeln versuchen, wobei
ich von der Bedeutung und dem Gebrauche des Verbalbegriffes
depellere in Verbindungen, wie die vorhegende ist, ausgehe. In
solchen Verbindungen nämlich (s. Bentley und Orelli zu unserer
Zeitschrift f. d. dtterr. Gymnas. 1860« VlI. H«ft. 33
4aS i^tir Krklärung dos Horatius, v. W. äloutek,
Stelle) bcdeulel dieses Verbum das deutsche '(behufs der Ent-
wöhnung) ulselzen, abslellen und wird in der Regel nur von
Kindrrn und von den Jungen der Hauslhiere gebraucht. Dabei
veriungl es die Nennung eines terminus a quo seiner verbalen
Thäligkeil, der durch die Ausdrücke: a lade oder blols lacie^
mb ubercy a mamma oder wohl auch a malre angegeben zu
worden pflegt; manchmal inde^ bleibt er als selbstverständlich
weg. Der Urheber der Thäligkeit d«*s depelUre ist in der Sphäre
der G«*8ohöpfe , auf welche dasselbe angewendet wird , für ge-
wöhnlich der Mensch, welcher die Jungen der Hauslhiere ge-
waltsam i^daher bisweilen auch raptre) von den Müttern ent-
fernt^ und versteht sich in den passiven Wendungen: depuisi a
Imtte iiffii\ porci u. s. w., in denen ausscUielslich dieses Ver-
bum vorzukommen scheint, von selbst — Betrachten wir nun
die Horatianischc Stelle. Dort wird das äepuisMm esse von einem
jungen Löwen ausgesagt. Den terminus a quo dieses Znstandes
brauchte Horaz^ da sicJi als H>lchtT natürlich nur die mkerm der
Löwin dniken lassen, nicht auszudrucken; nicht $%x den Urheber,
wv'lcher hier genannt werden mnssle; denn äl^purdl nM einem
Lö^i'en pr^diciert gestattet nicht, wie bei seiner sUirv^typirti Be-
tiehnng auf die Hausthiere, den Mrnschen ab V^rBilllfr des
Al^tzens vorzustellen. Def Dichter hat beide Moawcte bezeich-
net: das Von\ittweg durch fuit^e sMiAnü •§ mkere^ das jenen
Zustand veranlassende oder bewirkende durch den cansalen Ab-
lativ tocfe Die HUch« deren der junge Löwe in drs Entern
der dnr<^ langes Sangen ei^chöpflen Mutter nur Tfodi wenig
indel^ also der Mangel an Milche treibt iki v<*n d«- Löwin
wefT^ gleichs4iHi ihn so abstellend» und nöthigi ihn andt-rer Nah-
rung naohzugt^hen. Es^ is4 hier aUo von Horaz d^e res pro rei
deSectu gesetzt, wtis bcC;$nerhisdKn und lateinisrlien Djdilem
land TVais^eni nicht acltcii fttsdiirht : 5s. Haase zu ReisigV Vorl.
& S#T. Aaai. Sä4 b, der Ovid. Met Vll, ^ts c^tjcrt: "pr^
w1»inf: Mf at jMnahtMir ra««K«i:«rr rire#« cmrpmrm äit*&itmu(
Ihirch umaere AufTa^UT^ erhaH das ^mUm in Anfange d-r
Slrhphe erst den von de« Vergl irhe gpfordtrtrn Siim: wild.
»em der lüynala reum» r^Ms» g«7iiar^« w^e oben t. 1* dei
A4)er mm^r äspis iO^me |njnai treibt, sJtm der L^WT
'") Hitmt 5:«^bst h^M «Df r»niUt4e; 6pxm die Kt^DJimc Catil IJL
3L tl 14. «: SPMrmii/ ilem wterreäe pmrsm LmnmeOmi i.rir.»£ du
fk»n(«r «i» d*»! «iKi^i)uiLCt'ii(*ti lolit. »jiL mti.L n«4L lurir. maßr^
^^d* pmi^m as •!)> hiu unc! äemm^re tür sicl. alitji n. aih^it-
U^aSikiu iu*hi»ri. miU nur dorrl) Anncihiiif f.iit'r it»ii.»rhfL Va-
itunc drr Tt^ fvc» ri defer4ii erklirticli ss^ ^^ryya^ MKSa mepue
lea LfMNH^ I wt$
2ur Erklärung des üoratius, v. IK Kiou^k. 483
auf die heiftersehnte Beute, die in dieser Wildheit das unent-
rinnbare Verderben sieht und zittert.
Die gegebene Erklärung, welche dem bisher so anstöüsigen
lacte wie auch der Absicht des Dichters ohne Zwang vollkommen
gerecht wird^ schlie&t die Widerlegung der drei oben erwähnten
in sich. Peerlkamp'.s Verbindung intenta fulvae matris ab ubere
verbietet der Gebrauch des depeilij da man hier^ wo sich de^
puisms auf einen Löwen bezieht, das dabeistehende lacCe nicht
als tenninus a quo (^^= matris ab ubere) gelten lassen kann,
weil dann bei lacCe depuUum leonem nach dem sonstigen Usus
der Mensch als Urheber des depulsum e$»e gedacht werden
müsste. Oder sollte Horaz dem gewöhnlichen Gebrauche zuwider
an die Löwin denken? Diese Annahme wäre an sich betrachtet
nicht ganz unmöglich, wenn auch die Vorstellung einer Löwen-
nmlter, die ihr Junges durch unwillige Bewegungen von sich
stöbt, in aesthetischer Hinsicht einem Dichter nicht eben nahe
liegt, wird es aber, wenn andere Grunde uns zwingen, die Worte
fuivae mairie ab ubere zu depuleum zu ziehen, wegen der als-
dann eintretenden Nothwendigkeit das lacte neben ab ubere
als Ausdruck des causalen Momentes anzusehen. Solche Grfinde
sind in der That vorhanden. Denn einerseits hat Peerlkamp den
Gebrauch von ab dem griechischen ano für ait&d^ev gleich, dem
zufolge ab ubere matris so viel als procul a maCre, separaia
a maire bedeuten würde, durch die Qitnte aus Plaut. Poen. III9
8, 77, Val. Flacc. VI, 204, Jul. Cap, in vita Ant. Phil, cp, 7,
Appul. Apolog. T. II, pag. 617 für Horaz und die classischen
Dichter überhaupt nicht erwiesen — näher als a6 ubere matrie
stünde jenen Stellen vielleicht a maCre — , anderseits spricht
der Gebrauch des Adjectivums /Ulcus ebenso sehr dafür, unter
fiilva maCer die Löwin zu verstehen, al9 es sich nur wenig zur
Bezeichnung einer Hindin eignet, f Ferner ist der Löwe das lo-
gische Subject des Vergleiches m\\ Bekug auf Drusus; daher
wird der Dichter den Begriff /eo, wie in dem ersten Gleichnisse
den Adler^ mit mehr näheren Bestimmungen ausgeschmückt haben
als capreaj auf das es ihm hier weniger ankommt. Durch die
Vorstellung eines er.«t entwöhnten, noch schwachen Rehes einem
Löwen gegenüber, welche Nauck abweichend von Peerlkamp in
die Worte fuloae malris ab ubere hineinlegt , verliert bei dcgon
so gesteigerten Gegensatze der Vergleich etwas von seiner Wur4e.
Die gekünstelte und nichtssagende chiastische Antithese 'das «at-
wöhnte Reh, den bereits entwöhnten Löwen' aber, die von Nauck,
wie es scheint, zur Anempfehlung seinT Auffassung der Peerl-
kamp'schen Verbindung geltend gemacht wird, konnte ein Horaz
nicht beabsichtigen. Was nua Orelli s Erklärung betrifft, welche
ab ubere von dem zu einem Begriffe verschmolzenen l€i€le de'-
puUum abhängen oder in einer anderen Modification durch Imeie
genauer erklärt werden lässt (gleichsam ab ubere malris lacle^
88 ♦
484 Zur Erklärung des Horatius, v. W. Kkmtek,
gue)j 60 ist diese, zugegeben auch, dass die oben festgestellte
Gebrauchsweise des depellere eine solche Manipulation mit dem
Worte lacte erlaubte, im ersten Falle als unlaleinisch zu be-
2ieichnen, da sie dem Verbum depellere zumuihet die Worte ab
ubere durch das Medium eines lacce regieren zu können, was sich
wol im Griechischen, kaum aber irgendwo im Lateinischen findet,
und belastet im zweiten den dichterischen Ausdruck mit einem
bei Horaz auf keine Weise zu rechtfertigenden Pleonasmus. Jene
Auffassung aber, nach welcher ubere Adjectivum zu laete sein
soll, wäre nur unter der einen Bedingung möglich , wenn man
zu depuhum im Gedanken ein insito tarnen vigore (s. Dillen-
burger) supplierte, eine Vorstellung, die etwas zu fern zu liegen
scheint, als dass Horaz sie zum Verständnis seiner von dem ge-
wöhnlichen Gebrauche abweichenden Wendung beim Leser sup-
poniert hätte. Aufserdem dürfte in Erwägung der Thatsache,
dass die freiere Wortstellung im lateinischen Verse gerade bei
Horaz durchaus nicht willkürlich odet für den Sinn gleichgiltig
ist, der ganz besondere Nachdruck, den das Wort lacte durch
den auf seiner ersten Silbe ruhenden Versictus empfängst, neben
dem schwach betonten ubere ^ dessen Begriff doch in der Ver-
bindung ab ubere laete im Gegensalze zu dem vorschwebenden
in$Uo tarnen vigore den Höchlon des Gedankens tragen müsste,
beweisen, dass lacte für sich einen selbständigen Sinn beansprucht,
wodurch ubere frei wird und sich als von ab abhängiges Sub-
stantivum darstellt.
Leitmeritz. W. Kloudek.
Anmerkung.
Ad den Worten fülvae mairii ab ubere lam iacte depultum ieo-
nem schciDeu alle Mittel der interpretatioD bereits erschöpft zu sein;
dass keines der bisher angewendeten befriedigen kann, wird man dem Hrn.
Vf. des vorstehenden Aufsatzes gern zugestehen, wenngleich zum Theil
aus anderen als den von ihm geltend gemachten Gründen; ebenso leicht
wird man in die Verwerfung der Vorschläge mane und sponte einstim-
men, die übrigens von Beutley selbst nicht mit der Zuversicht einer
Emendation ausgesprochen werden, sondern nur als ein Zeichen für die
Nothwendigkeit einer Änderung und für den wahrscheinlichen Sitz der
Gorruptel. Ein neuer Versuch, in die dunkeln Worte Licht zu bringen,
kann daher an sich nur erwünscht sein; aber ob der vorliegende Ver-
such besser gelungen ist, als die bisherigen, ist eine davon ganz ver>
scbiedene Frnge. Mich haben die Argumentationen des Hrn. Verf.'s nicht
überzeugen können; ich erlaube mir, zugleich mit Hrn. Kl.'s Interpreta-
tion meine Gegengründe gegen dieselben in möglichster Kürze der Er-
wägung der geehrten Leser vorzulegen.
Grundlage für den von Hrn. Kl. eingeschlagenen Gang der Inter-
pretation ist die Bc hau p tung: zu depelli, wo es von einem Löwen
gesagt wird, muss der Urheber bezeichnet werden: «denn depelli von
einem Löwen prädiciert, gestaltet nicht, wie bei seiner stereotypen Be-
ziehung auf die Haustbierc, den Menschen als Vermittler zu denken"
Zur Erklärung des Horatius, v. IP. Alouiek, 485
(S. . • . .)• Ich neuDO diesen Satz eine blofse Behauptung, denn
weder aus dem Sprach gebrauche, den der Hr. Verf. nach den durch
Bentley's Belesenheit dargebolencu Sammlungen bezeichnet, noch aus der
Natur der Sache ist ein Beweis dafür gegeben, es wird auch nicht mög-
lich sein einen Beweis dafür zu geben. Über den Urheber, oder rich-
tiger gesagt über die Ursache und die Art des Absetzens werden bei
anderen als den Hausthieren die Beobachtungen schwerh'ch so reichlich
und so allgemein bekannt sein, dass eine Bezeichnung derselben zur
sprachlichen Sitte hätte werden können, und in der Form des
Passivs äepeiii wird niemand die Nöthigung finden, an einen bestimm-
teo Urheber zu denken oder ihn zu bezeichnen.
Von dieser Behauptung ausgehend, die mir als ein ngatov tpsvdog
erscheint, findet der Hr. Verf. eben in dem bisher die Conslruction stie-
renden Ablativ iaete die Ursache des depetli bezeichnet; die Redeform
res pro rei defectu wird dazu verwendet, um in lacie den Sinn lo
legen «durch den Mangel an Milch.' Die Belege für diese Redeform
scheint der Hr. Verf. nicht glücklich gewählt zu haben. Das von ihm
selbst aufgefundene Beispiel aus Horatius ex quo deatituii deot Mercede
pacia Laamedon wird sich schwerlich jemand entschiicfscn, mit ihm auf
res pro rei defectu zurückzuführen; destUuH hat mit der Bedeutung von
fraudari auch dessen Construction angenommen. Das Ovidische Beispiel
hat der Hr. Verf. der Bemerkung Uase's zu Reisig's Vorlesungen ent-
lehnt ; aber sollte denn in dem prohibent comiitere vires wirklich res
pro rei defectu stehen, oder bezeichnet nicht vielmehr in solchem Falle
vires ebenso allgemein das Mafs der Kräfte, wie so häufig valetudo den
Gesundheitszustand? Nun gibt es allerdings für die fragliche Redeform
bessere Belege, deren einige Reisig a. a. 0. darbieten konnte. Aber an
derselben Stelle deutet Reisig auch an, dass dieser Gebrauch seine engen
Grenzen habe. Nach Beispielen, welche den von dem Hrn. Verf. voraus-
gesetzten Falle ähnlich genug wären, habe ich bisher vergeblich gesuchL
Bedenkt man überdies , dass dem depelii ab ubere im thatsächlichen
Sprachgebrauche depetli a lade vollkommen synonym ist, so wird ein
iac depellU ab ubere, d. h. a iucte vollends unglaublich.
Aber gibt man dem Hrn. Verf. die uncrwiesene Behauptung zu
und glaubt ihm was wenig glaublich ist, welcher Gedanke ist das Er-
gebnis aller dieser Concessionen ? Wir erhalten, denn anders wüsste ich
die Worte nach des Hrn. Verf.'s Anleitung nicht zu übersetzen, «einen
jungen Löwen , der bereits durch den Mangel aYi Milch von dem Euter
seiner Mutter vertrieben ist,* der also so lange, als es nur irgend mögr
lieh war, sich die mütterliche Nahr>mg in Ruhe hat behagen lassen und
nun endlich durch den Mangel zum Versuche der eigenen Kräfte getrie-
ben wird. Wie ganz anders wird uns in dem vorausgehenden parallelen
Bilde der junge Adler gezeichnet, den iuventas et patrius rigor
Mdo laborum propulit insciuml Man mag über die sprachliche und
handschriftliche Wahrscheinlichkeit der von Lachmann einmal ausgespro-
chenen Conjectur : /am nutete l denken wie man will; die Färbung, welche
das ganze Bild hiedurch erhält, ist richtig, während die vorliegende
Erklärung in das Bild einen entstellenden Gedanken hineinbringt , und
nur von neuem die Überzeugung Bentley's bestätigt, dass dieser Stelle
nicht durch Künste der Interpretation, sondern nur durch eine glückliche
Emendation wird zu helfen sein. Dass man jedoch mit Gruppe gegen die
ganze Strophe das bequeme Universalmittcl der Athctcse anwende, um
sich mit einem Schlage aller Schwierigkeiten zu entledigen, dazu sehe
ich in den überlieferten Worten noch keine Berechtigung.
Wi üu. H. Bonitz.
486 Über den lulerr. i. d. ^aturgescb., v. 0* Schmidt.
Über den zoologischen Unterricht im Ober-
gymnasium^).
Durch h. Ministerialerlass vom 10. September 1855 ist
der zoologische Unterricht im Obergymnasium auf einen einjäh-
rigen Cursus in der 6. Ciasse mit wöchentlich zwei Stunden der-
art festgesetzt, dass eine systematische Übersicht über die Wirbel-
und Gliederthiere gegeben, die übrigen grolsen Abtheilungen der
thiere aber nur beiläufig ganz summarisch, mit Hervorhebung
besonders wichtiger und interessanter Puncte berücksichtigt wer-
den sollen.
Wir sind vom Anfang an mit dieser Beschränkung einver-
älAnden gewesen; eine Umschau unter, den für das Obergymna-
sium allenfalls passenden Lehrbüchern zeigte aber, dass alle ohne
Ausnahme auf eine gröisere Zahl von Unterrichtsstunden ange-
legt waren und eine solche Masse von Detail darboten ^ wie sie
unmöglich bei den Verhältnissen des Gymnasiallehrplanes be-
wältigt werden konnte. <* ;••
Die anerkannte Schwierigkeit einer Einführung in die wis-
aenschaflliche Zoologie liegt einmal in dem Wesen des thieri-
schen Organismus an .sich, welcher .weit compliciei^ter ist als der
der Pflanze, und im Zusammenhange damit in der unerschöpf-
lichen Mannigfaltigkeit der thierischen Formen oder Arten, womit
wiederum die Menge dar Pflahzenarten keinen Vergleich aushält.
Je bt'schränkter nun aus dieser Fülle von Thatsachen die
Auswahl für das Gymnasium und — können wir ohne Weiteres
hinzufügen — für die Realschule sein muss, um so gröiser ist
die Gefahr, auf Kosten der Wissenschaftlichkeit deutlich zu wer-
den. In diesen Fehler verfallen fast alle, man darf wol sagen
alle Lehrbücher der Zoologie für das Untergymnasium; es kann
auch kaum anders sein. Hingegen scheitern die auf das Bedürfnis
junger Leute von 16 bis 18 Jahren berechneten Handbücher an
der oben berührten Massenhaftigkeit, wobei nicht wenige, auch
renommirte Wf^rke, selbst den wissenschaftlichen Erfordernissen
durchaus nicht gerecht werden.
Die Herstellung eines nach beiden Seiten befriedigenden
'j Der vorstehende Aufsatz nimmt zwar eingehend Bezug auf das so
eben erschienene Schulbuch des Hrn. Verfassers: ^ Leitfaden der
Zoologie. Zum Gebrauche an Gymnasien und höheren (Jnterrichls-
Anstalten Mit 188 Holz^schnitten. Wien, Gerold, 1860. Vlll u.
%%K S. 8.*. und kann insofern die Stelle einer doch nur für den
Lehrer bestimmten Vorrede zu jenem Schulbuchc vertreten. Da es
indessen dem Hrn. Verf. in diesem Aufsalze wesentlich darum zu
thun ist, über die Grundsätze und die Methode des nalurhislori-
schen Unterrichtes am Obergymnasium eine Verständigung herbei-
zufuhren, so glaubten wir den Aufsatz in die erste Abthetlung auf-
nehmen zu sollen. A. d. Red.
Ülicr den Uulcrr. i. d. Naturgesch., v. 0, Schmidt, 487
Handboches, woran der Unterricht in jener von dem neueren
zweckmäGsigen Lehrplane vorgezeichneten Ausdehnung angeknüpft
werden kann, ist daher gewiss eine sehr verdienstliche Sache.
Ich habe den Versuch unternommen, wie ich versichern darf,
nicht ohne reifliche Vorbereitung, Überlegung und Besprechung
mit praktischen Schulmannern, zu denen ich mich auch zähle;
und ich gestehe, dass mir diese scheinbar kleine Arbeit schwerer
geworden ist, als schon vor Jahren die Abfassung eines ausfuhr-
Uchen Lehrbuches der Zoologie, und nachdem ich das ganze Be-
reich der Zootomie in den wi(*derholten Auflagen eines weit ver-
breiteten Handbuches der vergleichenden Anatomie durchgearbeitet.
Ich will nun die Einrichtung des neuen kleinen Werkes be-
sprechen und die Gedanken darlegen, welche mich bei der Aus-
arbeitung geleitet haben.
In der Einleitung sind nur fünf Puncte behandelt: I. Um-
fang undAufgabe derZoologie. — 2. Einige Haupt-
puncteausder Geschichte der Zoologie. — 8. KünBt-
iiches und natdrliches System. — 4. Die Lebens-
thätigkeiten und ihre wichtigsten Organe. — 5.D|e
thierischen Grundformen oder Typen. Diese Reilnen-
folge dürfte eine natürliche aein. Von den Autoren, welche erst
eine Einleitung zur Einleitung für nothig erachten, und zur gröfs-
ten Plage der Schüler eine ganze Bncyklopadie der Naturwissen-
schaften geben, weichen wir völlig ab, indem wir gleich mit der
Sache selbst beginnen und sie limitieren. Gleichsam eine Fort-
setzung des ersten Capitels ist das zweite, worin einige hervor-
ragende Bestrebungen angedeutet werden, die Aufgabe der Zoo^
logie sich klar zu machen und jxk bewältigen. Da das Ziel di^
wissenschaftlichen Zoologie das natürliche System ist, so musa
im dritten Capitel eine Verständigung über dasselbe und aeiu
Verhältnis zu den künstlichen erfolgen.— Schon die erste vor-
bereitende Übersicht über die Gliederung des Thierreiches basiert
auf inneren Abänderungen der Organisation, daher )yar im vierten
Capitel ein Abriss der Organsysteme des thierischen Körpers zu
geben. Hier hat der Lehrer sich sehr zu hüten, von Einzel-
heiten zu sprechen, die erst im Verlaufe des Unterrichtes, wo
es sich um bestimmte Formen bandelt, erörtert werden können.
Wir müssen bei diesem Puncte einen Augenblick verweilen.
Es gibt Pasdagogen, welche bei dieser Materie gerade den ent-
gegengesetzten Weg einschlagen und rein synthetisch zu Werke
gehen, alles schematische vermeidend. Am consequenlesten hat
dies Eichel berg in seinen Lehrbüchern durchgeführt. Abge-
sehen von den Bedenken, welche an und für sich dagegen gel-
tend gemacht werden können, ist wohl zu merken, dass diese
Methode einen in mehreren Jahrgängen sich wiederholenden Cursus
und eine ansehnliche Stundenzahl voraussetzt. Man kann auf den
Cursus im Untergymnasium hinweisen, allein wir befürchten, und
488 Über den Unterr. i. d. Naturgoscb., v. 0, Schmidl,
eingezogene Erkundigungen bestätigen es, dass an die im Unter-
gymnasium vor mehreren Jahren gelegte Grundlage der Unter-
richt im Obergymnasium sich direct nicht wird anschlieCsen
lassen. Kann er es aber, so werden die Schüler des Obergym-
nasiums um so eher befähigt sein, einen in etwa zwei oder
drei Stunden abzuhandelnden Abriss über die Organe und or-
ganischen Systeme des thierischen Körpers ganz im AilgemeineB
zu verstehen.
Das Abstracte dieses Capitels ist auch nur scheinbar, in-
dem es unmittelbar seine erste praktische Anwendung im Folgen-
den findet, welches die thierischen Typen oder Grundformen fest-
setzt. Dieses Capitel, so kurz wir es im Leitfaden behandelt
haben^ ist von der allergröfsten Wichtigkeit; es erfordert von
Seiten des Lehrers alle Lebendigkeit und Anschaulichkeit der
Demonstration, und der Schüler , der hier ist gefesselt worden,
dessen Interesse ist in der Regel für den ganzen Cursus gewonnen.
Es versteht sich von selbst, dass dem Schüler, auch wenn er sich
specieller nur mit den Wirbelthieren und Gliederthieren zu be«
schäftigen hat, doch die Bedeutung der Würmer, Weichthiere und
Strahlthiere schon hier klar gemacht werden muss.
Wir schlie&en dieses Capitel und damit die ganze allge-
meine Einleitung mit wenigen Bemerkungen über das Verhältnis
der Classen zu den Typen. Der Lehrer wird bisher vielfache
Gelegenheit haben zu weiteren Ausführungen, wenn sie nicht zu
zeitraubend sind.
Andere Fragen in der Einleitung zu behandeln, z. B. All-
gemeines über den Winterschlaf, Wanderungen, geographische
Verbreitung, halte ich für unzweckmäßig, weil sie nicht unbe-
dingt als Vorbereitung nothwendig sind und Kenntnisse antici-
pieren, welche erst erworben werden sollen. Sie werden bei der
specielleren Systematik bei . den einzelnen Thieren berücksichtigt,
am Ende des Cursus aber,' wenn hinreichende Detailkenntnis an-
geeignet worden, erst dann wird man mit Nutzen diese allge-
meinen Verhältnisse zusammenfassen, namentlich ist dies mit dem
Überblick über die vorwel Hieben Thiere und über die geogra-
phische Verbreitung der Fall.
Der specielle systematische Theil behandelt zuerst
die Wirbelthiere. Als Einführung gebe ich eine ^<Db er sieht
über die wichtigeren Organe des menschlichen
i Körpers, namentlich des Skeletes.'^ Dies geschieht je-
I doch nur unter der ausdrücklichen Voraussetzung, dass nicht
1 nach Abbildungen, sondern an einem wirklichen Skelct demon-
, slriert wird. Leider wird dies oft mangeln. Die Erfahrung zeigt,
dass man die jungen Leute hiermit aufcerordenllich fesseln kann;
\ sie bekommen von vorn herein einen interessanten Mafsslab für
die Beurtheilung der thierischen Organisation in die Hand.
Ist kein menschliches Skelet da, so wird der Lehrer sich
}
1
über den üntcrr. i. d. Naturgesch.^ v. 0. SckmidL 489
wenigstens ein Säugethierskelet , gleichgiitig welches, wenn es
nur nicht zu klein ist, zu verschaiFen suchen und gleich mit
der Naturgeschichte der Säugethiere beginnen. Das Lehrbuch
kann hier von den allgemein betretenen Pfaden kaum abweichen;
nur über das Mafs des zu gebenden ist man nicht einig. Dem
Lehrer sind an literarischen Hilfsmitteln, die auch wir benutzt,
sehr zu empfehlen, GiebeTs Naturgeschichte der Säugethiere
und das meisterhafte Werk von B 1 a s i u s , die Säugethiere Deutsch-*
lands. Sehr gute Dienste werden auch die von Lüben neulich
herausgegebenen Abbildungen leisten.
Schon die Classe der Vögel kann nicht mit der Ausführ-
lichkeit behandelt werden, welche für die Säugethiere zulässig
und wünschenswerth ist; immerhin aber gibt das tägliche Leben
so viele Anknüpfungspuncte, dass die Schilderung bis zu den
Familien herab und von einer ganzen Anzahl Gattungen und
Arten den Schulen angenehm gemacht werden kann. Ich glaube^
man wird mit mir übereinstimmen, wenn ich sage, .dass in der
Naturgeschichte der Erfolg gerade nur so weit reicht, als der
Schülers eine aufrichtige Lust am Unterricht hat. Griechische und
lateinische Paradigmata müssen eingelernt werden, sie sind nie
amüsant: Naturgeschichte muss anziehend sein, sonst schadet
der Unterricht.
Daher erfordern die Reptilien, Amphibien und Fische die
gröfiste Beschränkung. Ich würde es für baren Unverstand hal-»
ten, wenn man im Gymnasium z. B. das Dutzend höchst schwie*
rig zu unterscheidender Familien der Eidechsen auch nur nennen
wollte. Keine Universiläts-Vorlesung, wenn sie nicht gerade auf
eine solche Speciaütät gerichtet wäre, kann sich auf solches
Detail einlassen. Die Fische, wie g<*sagt, bieten ähnliche Schwie-
rigkeiten in gewissen Partien, während andere handlicher sind«
Berechnen vrir die Zahl der auf das ^Winterh^j'fhr fallenden
Stunden auf vierzig, so werden übrigens für die\ Fische kaum
drei bis vier übrig bleiben. Unser Leitfaden gibi von ihnen
eine bis zu den Hauptfamilien hinabgehende Übersicht, wobei die
systematische Vollständigkeit im Auge behalten werden konnte*
Ich habe mich nach häufigen Verseuchen im Vortrage über-
zeugt, dass das Müller'sche System, obwohl mehr als andere auf
anatomische Merkmale gegründet, doch wegen seiner strengen
und verhältnismäfsig einfachen Durchführung dem Lernenden noch
am meisten zusagt. Der Lehrer muss aber an einem frischen
Fische die wichtigsten Organe zu anatomieren und zu demon-
strieren im Stande sein.
Von den Gliederthieren gibt der Leitfaden auch noch eine
eingehendere systematische Übersicht. Behält man im Auge, dass
im Sommersemester nicht nur die Gliederthiere tractiert werden
sollen, sondern daneben auch von den übrigen wirbellosen Thie^
ren einige der wissenswürdigsten Seiten hervorzuheben sind, dies
490 Über den (juterr. \. d. Naturgoscb. , v. 0. Schmidt.
alles in kaum mehr als einigen dreifsig Lehrstunden, wovon doch
auch etliche auf die Repelilion des Winterpensums zu verwenden,
60 wird man es gerechtfertigt finden, dass der Leitfaden sich
der grö&ten Sparsamkeit befleifsigt. Ich bin von dem Grund-^
satz ausgegangen, wo immer möglich nur das und so viel in
das Buch aufzunehmen, als wirklich berührt und bewältigt wer-
den kann» Es imponiert dem Schüler gar nicht, wenn er eine
Menge von Namen und Diagnosen verzeichnet findet, die über-
schlagen werden. Im Buche verwirren sie nur. Dass die Na-
tur unendlich reicher ist, als die dürftigen Aufzeichnungen des
Leitfadens nachweisen, davon zu überzeugen bedarf es jenes un-
pcedagogischen Mittels nicht, dass man den Schüler ein möglichst
dickes Buch in die Hand gibt. Der Reich thum der Natur, die
Achtung vor der Naturwissenschaft drängt sich theils von selbst
auf, theils wird es eines geringen Geschickes des Lehrers be-
dürfen, den Blick über die Grenzen des Leitfadens hinaus zu lenken.
Wir schildern von den Insecten auüser den Ordnungen im
Allgemeinen nur wenige Familien, notleren aber besonders merk-
würdige Gattungen und Arten entweder kurz, oder widmen ihnen,
z. B. der Biene, dem Seidepschmetterling, ausführliche Beschrei-
bungen. Andere Gruppen,. an denen dem Entomologen und Phy-
siologen sehr viel gelegen ist, z. B. die Strepsiptera, haben wir
gar nicht erwähnt. Wur-jzvreifeln nicht, dass der eine und an-
dere Lehrer der Nalurgeachichte auch diese und andere merk-
würdige Thiere kennen , die meisten aber, hofl'en wir , werden
es mir Dank wissen, dass solche ungeläufige Namen aus dem
Leitfaden und mithin aus dem Unterrichte entfernt sind. Das
uns allen bekannte Schmarda'sche Lehrbuch hat in solchen Fäl-
len fast immer den entgegengesetzten Weg eingeschlagen; es ist,
was Namen und Abtheilungen angehl, systematisch vollständiger,
aber — soweit meiqe Erfahrungen und Erkundigungen reichen,
zum Nachtheile des Unterrichtes. Man muss sich nur klar machen,
dass ein solcher Leitfaden der Naturgeschichte kein Werk zum
Bestimmen und zum Nachschlagen ist. Wozu ali^o jene illuso-
rische Fülle in elementaren Schulbüchern? Ein Lehrbuch der
Zoologie, das eine absolute Vollständigkeit erreicht hätte, auch
nur in Aufzählung der Familien des gesammten Thierreiches, gibt
es überhaupt bis zum heutigen Tage nicht«
Nach diesen Grundsätzen sind nun noch mehr die folgen-
den Abschnitte ausgearbeitet. Einige Ordnungen, z. B. diejenige,
für welche der Flusskrebs ein Repräsentant ist, sind ausfuhrlicher
berücksichtigt; andere erwähnen wir kaum, die der Anschauung
des täglichen Lebens total fremd bleiben, auch ohne minutiöses
Eingehen in die Morphologie der Segmente, Mundlheile, Fühler
und Beine nicht klar gemacht werden können. Die Anleitung
dazu, wie die Zoologie hierin zu verfahren hat, ist bei der Sy-
stematik der Insecten gelehrt worden.
über den (Jnterr. i. cL Naturgesch , v. 0, Schmidt, 491
Nur wenigen Lehrern durfte es passend erscheinen, auf die
Spinnen und Myriopoden mehr als zwei bis drei Stunden zu ver-
wenden. Wer aus dem Gymnasium oder der Realschule genü-
gende Begriffe über eine ordinäre Spinne, einen Scorpion und
eine Kratz- oder Käsemilbe mitbringt, hat meiner Ansicht nach
sehr viel erreicht. Die Aufzählung von acht Familien der Mil-
ben, welche im Schmarda'schen Buche sich findet, die Aufnahme
der Diagnosen der Pycnogoniden und Arctiscinen vermag ich in
keiner Weise zu rechtfertigen. Ich habe diese Gruppen nicht
ausgelassen, weil sie mir unbequem wären — ich kenne sie im
Gegentheile recht sehr gut — ; sondern weil ich weils, dass selbst
mancher Universitätslehrer nicht in der Lage ist, sie den Zuhö-
rern klar zu machen.
Wie soll nun der Leitfaden AnRnupfungspuncte geben für
die vorgezeichnete Aufgabe: ^Atm Schüler eine Torstellung zu
verschaffen von dem unendlichen Reichthum der übrigen Thier*
welt?'^ Ich halte diese Aufgabe für uni so schwerer, als in der
Regel die in mehreren Fächern zugleich thätigen Gymnasialleh-
rer nicht so sehr in/ dem Detail der Wärmer, Mollusken und
Strahlthiere bewandert sein werden, wie es nölhig erscheint, um
fesselnde Resum^'s zu geben« Man könnte sagen, der Leitfaden
solle sich zunächst mit dieser Aufgabe g^ar nicht befassen, sowie
es bei den vorhergehenden Classen ge$ch^hien, die Systematik aus«»
einandersetzen und das Zusammentraten zu übersichtlichen Re-
sümees dem Lehrer überlassen. Dieser Weg wäre für den Ver-
fasser allerdings der bequemste; nichts leichter, als den Leit-
faden so um einige Bogen stärker zu machen. Ich billige aber
den Unterrichtsplan auch in diesem Theile so vollkommen^ und
nicht etwa erst seit neuerer Zeit, wie meine seit 1855 in dieser
Zeitschrift niedergelegten Äufserungen beweisen können, dass ich
ihm auch in dieser Partie gerecht zu ^werden den Versuch ge*
macht habe. ' '
Der Leitfaden unternimmt es also, in den den genannten
Abtheilungen der Wirbellosen gewidmeten Capiteln die grö&em
Gruppen nach ihren hervorragenden Eigenthümlichkeiten , der
Verbreitung, nach ihren zum Theil sehr wichtigen Beziehungen
zum Menschen mit möglichster Vermeidung systematischen Bal-
lastes zu schildern. Ich hoffe, dass diese Darstellungen so ge-
halten sind, dass sie den Schüler, auch wenn er sie nur priva-
tim liest, mit positiven Kenntnissen bereichern, namentlich aber
zum weiteren Nachdenken anregen, und femer, dass für den Leh-
rer viele der dort ausgesprochenen kurzen Sätze Themata zu be-
deutenden Excursen sein werden. Ich habe jedoch noch die
Mollusken \n ähnlicher Weise wie die Weichthiere behandeil, na-
türlich auch eklektisch, ohne der Wissenschaftlichkeit etwas m
vergeben, soweit nämlich die Bedingungen für die wissenschaft-
liche Darstellung vorhanden waren.
493 Ober die Anordnung d. lat. Gramm, otc. , v. i. Wilhelm.
Den Schluss des Leitfadens bilden zwei Capitel, in welchen
eine Menge von Einzelheiten, die zum Thcil schon während di*8
Jahrescurses vorgekommen , unter allgemeinen Gesichtspuncten
und Gesetzen zusammengefasst werden. Das eine handelt von
dem Verhältnis der vorwel tlichcn Thiere zu den
jetzt lebenden, das zweite und letzte über die geogra-
phische Verbreitung der Thiere. Nicht in der Ein-
leitung, wo die Anhaltspuncte, das ABC für diese Capitel noch
fehlen, sondern hier, nach Ansammlung von zahlreichen That-
Sachen, auf deren gesetzlichen Zusammenhang vorübergehend
schon hinzuweisen war, ist der Ort dafür.
Noch ein Wort über die Holzschnitte. Die Verlagsbuch-
handlung war in Besitz der Gliche's, welche zum gröfsten Theile
ans einem verbreiteten französischen Werke stammen (Cours
dl^mentaire d'histoire naturelle. Zoologie, par Milne Edwards)
und für die Heransgabe des Schmarda'schen Handbuches ange-
kauft wurden. Sie konnten .mit einiger Auswahl jetzt wieder
benutzt werden, ohne den Preis meines Buches zu vertheuern.
Sie sind daher eine dankenswerther und zweckmäCsige Zugabe.
Gratz. Oscar Schmidt.
i, ^
Ober die Anordnung des Lehrstoffes der lateini-
schen Grammatik an dem Gymnasium.
Richtige Anordnung des Lehrstoffes ist in jedem Gegen-
stande eine Hauptbedingung eines sicheren Unterrichtserfolges.
Ohne sie würde schon die Auffassung im Einzelnen schwierig,
Aneignung einer zusammenhängenden Kenntnis des Ganzen aber
unmöglich sein.
Für den Unterricht ' im Latein an dem Gymnasium werden
drei Hauptslufen unterschieden: I. Die zwei untersten, 2. die
zwei mittleren, 8. die vier oberen Classen. Dieser Unterschei-
dung entsprechend ist dem grammatischen Unterrichte auf der
untersten Stufe die Formenlehre, auf der zweiten die Syntax,
auf der dritten Ergänzung der Grammatik mit Rücksicht
auf stilistische Form als Aufgabe zugewiesen. Dem Unterrichte
ist in der ersten und zweiten Classe entweder ein Elementarbuch
(Lesebuch mit einer Elementargrammatik zu einem Ganzen ver-
bunden) oder, was der Uebersichtlichkeit wegen vorzuziehen ist,
ein Lesebuch neben einer Elementargrammatik (Org. Entw. S. 103,
104), in der 3. und 4. Classe eine passende Schulgrammatik
(S. 28) zu Grunde zu legen.
Schwierigkeiten hatte bisher die Anordnung des Lehrstoffes
für die zwei untersten Classen, weil hier nebst der For-
menlehre auch die Syntax nach Erfordernis berücksichtigt wer-
den muss. Die Schwierigkeiten beheben sich, wenn man fest-
Ober die Anordnung d. lat. Gramm, etc., v. A. Wiiäelm, 493
hält, was als bestimmte Vorschrift des Org. Entw. nicht über-
sehen werden kann : dass der syntaktische LehrstoflF nicht abge-
sondert zu behandeln, sondern in Verbindung mit der Formen-
lehre vorzunehmen ist. Die hieher gehörigen Steilen sind : $. 24,
S. 22: {(Grammatischer Unterricht und Leetüre sind (in der 1.
Classe) nicht getrennt, sondern derselbe Lehr- und LemstoflF
dient für beides u. s. w. Um dieses möglich zu machen, wird
bei der Formenlehre des Verbum der Gebrauch des In-
finitivs und der Gebrauch des Conjunctivs nach einigen
Conjunctionen gelernt und eingeübt.** — S. 104; «Wie
hiemach aus didaktischen Gründen — > — von der systematischen
Anordnung der Formenlehre abgewichen werden muss^ so muss
auch die völlige Trennung der Syntax von der Formenlehre auf-
gegeben und vielmehr in das Erlernen der Formenlehre
das Verständlichste, zur Satzbildung Unentbehr-
lichste aufgenommen werden, und zwar an den Stellen,
wo es sogleich in Gebrauch kommt; z. B. mit dem Erlernen
der Declination des Nomen muss sich sogleich die Kenntnis eini-
ger besonders häufigen Präpositionen verbinden, sammt ihrer Rec-
tion, mit dem Adjectiv die Lehre von der Congruenz desselben
u. s. w.** — S. 106: «In derselben Weise — verfahrt die
zweite Classe bei der Erlernung des Unregelmä&igen — aus
der Formenlehre, und verbindet .dfi mit zugleich die fernere
AuflFassung syntaktischer Formen u.s. w.» — S. 108: «Für die
grammatischen Aufgaben der 8. und 4. Classe ist übrigens durch
die in der 1. und 2. befolgte Methode schon ein reichliches Ma-
terial vorbereitet, da die Schüler die Casusconstruction vieler
Verba und Präpositionen, die Modusconstruction vieler Verba und
Conjunctionen kennen. Dies bereits Gewusste wird nunmehr ge-
sichert und vervollständigt, indem es in bestimmter Ord-
nung unter die Rubriken allgemeiner Regeln tritt.'^
Die Behandlung des syntaktischen Lehrstoffes nach den an-
gezogenen Stellen des allgemeinen Lehrplanes und der Instruction
ist aber nur dann möglich, wenn die Lehrbücher darnach ein-
gerichtet sind. Die Elementargrammat ik soll nichts ab
die für die zwei untersten Classen gehörende Formenlehre
enthalten; der mit der Formenlehre zu verbindende syntak-
tische Lehrstoff muss aus den Übungsbüchern zu ent-
nehmen sein. Wer die Richtigkeit dieser Forderung Inicht schon
in dem Lehrplane und der Instruction für die zwei untersten
Classen erkannt hätte, der könnte doch die zuletzt angeführte
Stelle nicht misverstehen. Die Forderung, dass der syntaktische
Lehrstoff in Verbindung mit der Formenlehre beigebracht und
somit weder beim Unterrichte abgesondert behandelt, noch in die
Elementargrammatik aufgenommen werde, ist demnach in der
Vorschrift gegründet.
Sie hat aber auch ihre Begründung in sich selbst.
494 Über die Anordnung d. lat Gramm, etc. , v. A. Wilhelm.
Es ist nämlich zu beachten, dass der für die zwei untersten
Classen gehörige syntaktische Lehrstoff nicht als selbständiger
Theil der Unterrichtsaufgabe, sondern hauptsächlich aus Noth-
wendigkeit für die Einübung der Formenlehre auf dieser Unter-
richtsstufe vorzunehmen, und demnach die Formenlehre Haupt-
aufgabe, die Syntax Nebenrücksicht (jedoch keineswegs unwich-
tige Nebenrücksicht), wie in der 8. und 4. Classe die Syntax
Hauptaufgabe, die Formenlehre (Wiederholung und Ergänzung
derselben) Nebenrücksicht ist. Nun aber ist os ein grofser Un-
terschied, ob der syntaktische Lehrstoff in Verbindung mit der
Formenlehre oder als abgesondert fortlaufendes Ganzes behandelt
wird. Im ersteren Falle bleibt die Thätigkeit stets vorzugsweise
der Hauptaufgabe zugewendet und' der .Rücksicht auf die Syntax
ihre bestimmte Grenze gezogen ; im letzteren wird die Aufmerk-
samkeit für zwei selbständig hingestellte Aufgaben, von denen
jede die ungetheilte Aufmerksamkeit erfordert^ gelheilt in Anspruch
genommen, daher weder der einen noch der andern Genüge ge-
leistet« Das mit der allgeiieinen Anordnung des grammatischen
Unterrichtes gegebene Yeffiiittnis der Syntax zur Formenlehre
darf nicht verrückt we'rdeR, wenn nicht der Erfolg in Frage
gestellt oder preisgegebrc^ werden solL - Auch würde sich zu
abgesonderter Behandlung der' Syntax die erforderliche Zeit nicht
finden lassen , weil für die Formenlehre , wenn feste Aneignung
und sichere Einübung erzielt werden soll, die Unterrichtszeit
nicht verkürzt werden darf, damit ein Theil derselben für die
Syntax gewonnen werde.
Es lässt sich einwenden, dass aus der Forderung, den syn-
taktischen Lehrstoff in die Übungen über die Formenlehre auf-
zunehmen, keineswegs die Nolhwendigkeit der Ausschliefsung des-
selben aus der Elementargrammatik folge; und dass vielmehr
eine geordnete Zusammenstellung des syntaktischen Stoffes im
Lehrbuche zur Erteichterung und Sicherung des Unterrichtes bei-
tragen müsse«
Dagegen ist zu bemerken, dass eine dem Unterrichtsbe-
dnrfnisse entsprechende Zusammenstellung überhaupt unmöglich
ist, und wenn sie möglich wäre, auf viel längerem Wege als
durch das Beispiel zum Ziele fähren würde. Die Zusnammenstel-
lung würde nämlich nur dann dem Unterrichtsbedürfnisse ent-
sprechen, wenn in derselben der Lehrstoff sowol nach den
zwei Classen als auch nach den zwei Semestern der ersten Classe
getrennt würde; eine Forderung, deren Unerfüllbarkeit am Tage
Uegt. Bleibt aber diese Forderung unerfüllt, so mangelt der
Zvsammenstellung eine wesentliche Bedingung praktischer Brauch-
terkeit«
Anfserdem bringt es der Zweck der Zusammenstellung, einen
Überblick des syntaktischen Stoffes zu geben, mit sich, dass man-
ches aufgenommen werden muss^ was die Schüler ohnehin wis-
Ober die Anordnung d. laU Gramm, etc. , v. A. Wilhelm, 495
sen, und dass bei aller Kürze der Darstellung an sich eine ge-
wisse Weitläufigkeit dennoch nicht zu vermeiden ist, theils weil
die Regel doch in relativer Vollständigkeit gegeben werden moss,
Uieils weil Bemerkungen von geringerer Wichtigkeit für die Stufe
eich aufdrängen, die bei etwa (nicht nothwendig) vorkommen-
den Fällen sich in kürzester Andeutung mündlich beibringen
lassen.
Diese Rücksicht bei Seite gelassen, kann der Gebrauch eines
Lehrbuches für den syntaktischen Stoff den Fortgang des Unter-
richtes nur hemmen^ nicht fördern. Deutlich erkennt und über-
blickt der Schuler die in dem Beispiele angeschaute gerade auf
den vorliegenden Fall beschränkte Regel und er bedarf zu sicherer
und fester Aneignung denselben keines anderen Mittels als der
Durchübung der Sätze im Lesebuche; das Nachlesen der Regel
in der Sprachlehre zerstreut die Aufmerksamkeit schon durch
die Ablenkung von einem Buche auf das andere, und dazu kommt
noch das weitere Hemmnis, dass die Regel in der Sprachlehre
meist erst von den dieselbe umgebenden Bemerkungen abgeson-
dert werden muss; daher dann itkA die Oberblickung des Ge-
lernten erschwert wird, weil vireder flas Lesebuch noch die Sprach-
lehre einen einfach leitenden Fadca für den Unterricht darbietet.
Dabei ist noch eines zu beächten. Der Fehler nämlich,
dass man nicht selten das Lehrbuch sprechen lässl, wo nur der
Lehrer sprechen sollte, und die Schüler zu wenig gewöhnt, detoi
lebendigen Unterrichte achtsam zu fofgen, ist schwerlich überall
gründlich beseitigt. Diesem Fehler aber^ der überdies leicht zu
Bequemlichkeit, häufig zu mechanischem Auswendiglernen führt,
wird durch den Gebrauch eines Lehrbuches für den syntaktischen
Stoff gerade auf einer Stufe Vorschid) geleistet, wo er am mei-
sten schadet
Wenn endlich weitläufiges Regelwerk überhaupt als ein
Hemmnis des Unterr ich Iser folge» bezeichnet werden muss, so gilt
dies um so mehr und ganz besonders von dem Elementarunter-
richte. Die Regeln müssen in jedem Gegenstande auf das ge-
ringste Mafs beschrankt werden.
Als leitender Faden für die Hittheilung des
syntaktischen Lehrstoffes soll allein das Lese- oder
Übungsbuch dienen, und zwar vor allem durch besondere Übungs-
stücke, welche an passenden Stellen eingereiht werden, dann
durch Noten zu einzelnen Beispielen.
Besondere Übungsstücke werden über jene streng
zur Aufgabe gehörigen syntaktischen Partien gegeben , die einer
besonderen Einübung bedürfen. Die Regel für jedes Übungsstück
wird entweder 1. durch die bloise Überschrift angedeutet, z. B.
Congruenz des Prädicates; oder 2. durch die Überschrift mit
einem ganz kurzen Beisätze bezeichnet, z. B. das Adjectiv als
Substantiv (multi Viele = viele Menschen; muUa Vieles, viele
496 Über diu Anordnung d. lat. Gramm, etc., v. A. Wilhebn.
Dinge) ^ dativus commodi (a) wem? für wen? b) wozu?); oder
8. durch ein bearbeitetes Beispiel vertreten, z. B. participium
futuri passivi mit 9um (man muss einen Brief schreiben, ein B.
muss geschrieben werden, ein B. ist zu schreiben episCola teri'-
benda esc)'^ oder 4. in kürzester Fassung angegeben, z. B. die
Städtenamen (stehen ohne Präposition auf die Fragen: a) wol
im Genitiv die Singularia der 1. und 2. Declination, im Ablativ
alle übrigen; für die deutschen Präpositionen in, zu; b) wo-
hin? im Accusaliv, für nach; c) woher? im Ablativ); oder:
Accusativus c. infinitivo — steht 1) nach den Verben und Aus-
drücken, die ein Empfinden, Wahrnehmen, Denken, Glauben,
Wissen andeuten (verba senliendi) ; i) nach den Verben und Aus-
drücken, die eine Anzeige, Nachricht, Behauptung bezeichnen
(verba declarandi) ; 8) nach den unpersönlichen Prädicatsaus-
drücken: eanstat^ palet^ apparetj manifestum est u. s. w. Alles
übrige hat, hier wie überall, der Lehrer hinzuzuthun.
Die Noten zu einzelnen Beispielen sind auf wenige
wegen ihres häufigen Vorkommens nicht zu übergehende Fälle
zu beschränken. Dahin gehört z. B. der Gebrauch des Ablativs
auf die bekannten Fragen, Ab sich in zwei Abtheilungen trennen
lassen. Zu dem ersten vorkommenden Satze (z. B. mit den Au-
gen sehen wir) werde die Note beigefügt: ^^der Ablativ steht
auf die Fragen: womit (Mittel, Werkzeug); wodurch (Mittel,
Werkzeug; Ursache); wann?*^ Diese Note wird nicht sogleich,
und überhaupt nicht eigens gelernt, sondern dadurch allmählich
ohne Mühe gemerkt, dass in der Folge bei jedem hieher gehöri-
gen Beispiele auf dieselbe zurückgewiesen wird. — Die zweite
ebenso zu behandelnde Abtheilung der Ablativfragen ist: wo-
von (abhalten, befreien, frei sein, entfernt sein) ; woraus (be-
stehen); woran (übertieffen, reich sein, Überfluss oder
Mangel haben an — ); wornach (beurtheilen, bemessen); wo-
rauf (sich stützen, sich verlassen, vertrauen); weswegen,
worüber (sich freuen, sich betrüben; aus Furcht, aus Hass);
wofür (kaufen, verkaufen). — Hieher gehören ferner: der ob-
jective Genitiv nach einigen ausdrücklich zu nennenden Substan-
tiven (Erinnerung an, Furcht vor, Liebe zu u. dgl.) ; der Abla-
tiv bei utor^ fruor^ das Supinum auf tim; und einige andere
leicht fassliche und leicht zu merkende Fälle, für welche daher
die Aufnahme besonderer Übungsstücke nicht nothwendig ist.
Aufser diesen zur Beibringung des syntaktischen Lehrstof-
fes nothwendigen Noten sind auch für vorgreifende Fälle, die
sich in Übungsbüchern für die untersten Classen kaum je gänz-
lich werden vermeiden lassen^ ganz kurze Noten erforderlich, die
jedoch nur das Verständnis des vorliegenden Satzes zu vermit-
teln beabsichtigen und mit der Lernaufgabe in keinem Zusam-
menhange stehen. Je seltener solche Noten nothwendig sind,
deslo besser.
Ober die Anordnung d. lat. Gramm, etc., v. A. Wilhelm, 497
An welchen Stellen der in besondern Übung^sslücken zu
behandelnde syntaktische Lehrstoff in dem Übungsbuche für die
erste Classe anzubringen ist, lässt sich aus den wenn auch nur
allgemein gehaltenen Andeutungen des Org. Entwurfes entnehmen.
Bei der Conjugation ist vor dem ersten Übungsstücke über den
Conjunctiv die Regel über den Gebrauch dieses Modus in den
gewöhnlichsten Fällen kurz anzugeben: ^<Der Conjunctiv steht:
1. in Hauptsätzen die 2. Person statt des Imperativs (Jega$y
iegatiM st. lege, legile) und die 1. Pers. Plur. bei Aufforderungen
(legamuM lesen wir, lasset uns lesen, wir wollen le^en); IL in
abhängigen Sätzen: 1. in indirecten Fragesätzon>
2. mit ue a) in Absi.c^htssä tzen (dass, damit, auf
dass) und b) in Folj^esätzen (so dass, dass also;
nach: so, so sehr, so gfofo, solcher, von der Art; machen, be-
wirken, streben, sorgen, bitten, ermahnen, auffordern, aufmun-
tern, antreiben, rathen, befehlen); 8. mit ne nach verhüten-
den Sätzen (dass nicht, nach: verhüten, verbieten, verbitten,
widerralhen, abmahnen), daher auch. in verneinten Absichts-
sätzen (dass nicht, damit ttJchl). Dazu die allgemeine
Regel über die Zettfolge. — Die 'weit verbreitete Unrichtigkeit,
von den Verben bitten, ermahnen u. s. w. abhängige Sutzo
Absichtssätze zu nennen, die aufser der falschen Auffassung auch
zu unrichtigem Gebrauche des damit für dass führt, sollte
endlich aus den Sprachlehren entfernt werden. Die Unrichtig-
keit liegt vor Augen, wenn man einen wirklichen Absichtssatz
beifügt, z. B. ich bitte dich, zu mir zu kommen, damit ich dir
das Buch zeige ; ilague ut (damit) caedes manifesla aliquo ta-^
men piaculo luerelur (Absicht), imperafum patri^ ut (dass, kei-
neswegs : damit) filium expiaret peeunia publica (Livius). Ge-
nau genommen sind die meisten dieser Sätze Objectssätze , sie
können aber ebensogut als Folge^sätze, nie als Absichtssatze auf-
gefasst werden« — Die allgemeine Regel über den Gebrauch des
ne ist, dass es nach verhütenden Sätzen steht; denn auch die
verneinten Absichtssätze lassen sich als Sätze der Verhütung auf-
fassen, indem man einen vorausgehenden bejahten Absichtssatz
hinzudenkt, z. B. gallinae pennis foeent pullos', (ut eaceant\
ne frigore laedantur.
Das unvermeidliche quum kann beim ersten Vorkommen
mit folgender Bemerkung abgethan werden: ^.Quutn steht a) als
Causalpartikel (da, da doch, weil, indem) immer mit dtm
Conjunctiv; b) als Zeitpartikel in der Bedeutung als, da meist
mit dem Conjunctiv des Imperfects und des Plusquamperfects, in der
Bedeutung wenn, so oft als, damals, als gerade stets
mit dem Indicativ.'^
Für nachdem genügt die Note (beim ersten Vorkommen):
^«Mit nachdem, sobald als steht im Deutschen das Plusquam-^
perfecl, das im Latein gewöhnlich durch dasPerfect gegrben wird.'^
Zeitschrift f. d. cltterr. Oyrnn««. 1860. VH. Ifcrt. 34
4$6 Ober die Anordnt^ug d. lat. Gramm, etc., v. i. Wilhelm.
In dem Obun^sbuche für die zweite Classe darrte die
Anordnung des gerammten Lehr- und Lern8toffe.s folgende sein.
K Verba anomal a. Diese sind vorauszuschicken, damit
.Gelegenheit zur Einübung derselben in möglichst vielen Beispielen
und zugleich zu freierer Bewegung überhaupt gewormen werde.
Auf ähnliche Rücksichten gründet sich die folgende Einreihung
<l«8 syntaklischen Lehrstoffes.
S. Congruenz des Prädicates (mit Übergehung der im Übungs-
iHiche für die 1. Classe vorgekommenen Fälle einfacher Congruenz>
8. Erste und zweite.Declination (Ausnahmen in Fleiion
und Genus).
4. Doppeller Nominativ (des Subjecis und des Prädicats) —
siiht auGser Bum bei den Verben: 1. flo^ evada, maneo^ nascor;
2. genannt werden; 3. zu etwas erwählt, gemacht werden; 4. für
etwas gf'halten werden«
5. Dri t te Deel ina t io n. — 6. Apposition (wie 2. Congruenz).
7. Vierte und fünf4e Declina tion.-
8. Das Pronomen man (jf^enn es nicht schon in der ]. Classe
vorgekommen ii$t). Statt der J^egel : man lobt mich == ich wcrdt^
gelobt /atiilor; man lobt die Tugend virluß laudalur ^ virtutem
imudamus^ lauäani,
9. Anomala substantiva (ohne die griechischen).
10. Nominativus c. inf. — steht bei den verbis passivis
u. s. w. Dazu Beispiele mit: dicor, diceHSy dicitur (soll), es
scheint, dass (als ob) wir = wir scheinen — als Ei^ilärung voraus.
11. Unregelmäfsige Comparalion.
12. Die Conjunctionen ut^ ne^ qua^ quo minus ^ %U nouj
guin^ qtiod^ in 5 Cbungsstücken : 1. «/ (Absicht, Folge) sieht
auber den bereits bekannten Fällen (Zurückweisung auf die
I, Classe) auch nach fic^ aceidil, conUnyity eoenit; 2. n« (Ver-
hütung, verneinte Absicht); uC dass nicht, ne dass nach
den Ausdrücken der Furcht, Besorgnis, Gtfahr; 3.. quo damit
desto (st. uC eo) vor einem Comparaiiv; quo minus, dasa
nicht nach Ausdrücken des Verhindorns; 4- ut non, dass
nicht (verneinte Folge); quin a) dass nicht, ohne dass,
ohne zu (für ui non^j welcher nicht (für qui non) nach
verneinendem Hauptsatze, b) dass nach: nicht zweifeln; &. quod
dass (weil indem) in erklärenden oder begründenden Sätzen, ge-
wöhnlich in Beziehung auf ein im Hauptsatze vorausgehendes
oder verstandenes Demonstrativ (dies, darin u. dgl.); der Con-
junctiv steht mit quod, wenn der Redende die Erklärung oder
Begründung nach der Meinung eines andern angibt* Dazu ein
sedistes Übungsstück über el^el u. s. w. autem u. s. w. ne-quidem.
13. Pronomina und Nunieralia
14. Accusativ — zwei Stücke: 1. Ausdehnung (a) Zeitmafs:
wie lange quam diuf b) Raummafs: wie lang quam lonßttm
über di€ AnofduUng <t. fot. Grämni« etc./v. A. WiiMm. %M
u. 8. w.); 2. Doppelter Accus, mit: nennen; zü etwas erwählen,
machen; für etwas halten; haben, erkennen, beweisen als — ^
16. Adverbien.
16. Genitiv — 6 Stücke: 1. objectiver nach Substantiven;
2. objectiver nach adjectivis relativis: avidus^ cupidua u. s. w.;
8. Gen. der Eigenschaft, statt der deutschen Präposilon von —
nach einem Substantiv, das jedoch im Prädicate meist fehlt;
4. partitiver, für die deutschen Präpositionen unter, von, aus
nacli uter u. s. w. , dann nach Comparativen, Superlativen und
Ordinalzahlwörtern ; 5. Gen. der Quantität , nach Substantiven, die
eine Menge, ein Mafs, Gewicht anzeigen, <]ann nach lantum^ mulhum^
nihii^quid^ »aH$ u. s. w.; 6. Gen. bei etae es ist Eigenthum; Sache,
Gewohnheit^ Zeichen, Beweis, Pflicht; meum (oficium) est.
J7. Prä posi tonen, dann Städtenamen (wenn sie nicht
schon in der I. Classe vorgekommen sind).
18. Ablativ — 6 Stucke: I. der Ursache: wodurcht
weswegen? worüber? (Zurückweisen auf.die 1. Classe, hier
und weiter); 2. der Rücksicht: worant wornach? (an, nack;
re^ nomine u. s. w.); 8. der Art» und Wei8^:*wie? mit oder
ohne ct«m, ohne Adjectiv stets mit cum^ dazu modo^ more^ ''^);
4. der Trennung: wovon? 5. der Eigenschaft (wenn dieser Fall
nicht sogleich beim Genitiv berücksichtigt worden ist; 6. des
Mafses, beim Comparativ: um wie* viel? Daher auch: wie
lange vorher, nachher («■ um wie viel früher, später)?
wenn nicht dieser Ablativ schon beim Comparativ und den Nif*
meralien vorgekommen ist.
19. Verba i mperson ali a.
20. Dativ — doppelter auf die Fragen : wem? für wen? und
wozu? bei eae, ducere^ vertere. Est MM tas ich habe. Nur ein
Stück, dessen Stelle jedoch zwei g^egenheilliche Noten vertreten
können.
21. Perfecta und Supina der 1. Conjugatlon.-
22. Accusatrvus c. infinitivo bei ju^eo und peio. VoraBB:
z. B. paCer jussU ms libras emere (befahl mir zu kaufen, befahl
dass ich kaufe, b.efs mich kaufen), jussit iibro» emi n. s. w.
23. Perfecta und Supina der 2. Conjugation.
24. Acc. c. inf. oder uC nach : wollen, wünschen, erlauben,
zulassen. Acc. c. inf. oder ipsod nach: sich freuen, sich beird*
ben, sich wundem.
2*^. Perfecta und Supinn der 8. Conjugation.
26. Gerundium — 6 Stücke: I. Genitiv steht u. s.w.; 2. Dativ;
3. Acoxsfttiv ; 4. Ablativ ; 5. Geiundivum. Bei zwei oder drei Belsf»:e-
len über das Gerundivum ist in Parenthesen das Gerundium beizuriigon.
27. Perfecta und Supina der 4. Conjugation.
28. Auslassung des qui und einige lateinische Stöcke über
die Auflösung der Participien.
29. Die Verba depo nentia.
34*
509 Ober die Anordnung d. lat. Gramm, etc., v. A. Wilheim,
80. Einige lateinische Stücke über die Auflösung der Abla-
tlvi absolut!* Voraus die Bemerkung: «Der Ablativ des Particips
(oder stall dessen eines Adjectivs oder Substantivs) mit seinem
Substantiv verlrill oft eine adverbiale Bestimmung der Zeit, des
Grundes, der Bedingung, des Zugeständnisses. Dieser von der
Conslruction des Satzes unabhängige Ablativ heissl ablativus ab^
solutus oder consequentiae.
Die Einreihung der Partien aus der Syntax in die Formen-
lehre an den bezeichneten Stellen ist keine noihwendige, und kann
es auch nicht sein oder durch irgend eine Änderung der Ord*
nung werden, yreW die Formenlehre nirgends besondere Anknü-
pfungspuncte für die einzelnen syntaktischen Fälle darbietet. Wollte
man die Fälle aus der Casuslehre bei der Declination, den Nom.
c. Inr. beim Verbum anbringen u. dgL, so wäre dies doch nur
eine ganz äufserliche Verbindung, die sich auf einige Partien be-
«chränken musste, während dann Tür andere (z. B. Congruenz,
Apposition) keine passende Stelle sich finden und eine dem Unter-
richtsbedurfnisse entsprechende Anordnung unmöglich sein wurde»
Es könnte scheinen, dass, da eine engere Verbindung des
syntaktischen Lehrstoffes mit der Formenlehre nicht möglich ist,
die Zerstückelung desselben lieber aufzugeben und die Übungs«
Stucke über die syntaktischen Fälle wo nicht ganz, doch zum
gröberen Theile nach der Formenlehre anzubringen wären. Nichts
weniger als dieses. Denn dadurch würde die Syntax aus ihrem
untergeordneten Verhältnisse hervorgehoben und als zweiter Theil
der Classenaufgabe neben die Formenlehre so hingesielll werden,
dass im ersten Semester oder doch in nicht viel längerer Zeit
diese, im zweiten Semester jene vorzunehmen wäre. Die Formen -
lehre ist aber Aufgabe für das ganze Jahr, und muss das ganze
Jahr hindurch behandelt werden , weil — man lasse sich ja nicht
durch augenblicklichen Erfolg täuschen, dessen Nachtheile nicht
ausbleiben — feste und sichere Einübung derselben in kürzerer
Zeit nicht erreicht werden kann. Durch diese Ausdehnung der
Formenlehre wird zugleich für die syntaktischen Fälle der Vor-
theil gewonnen, dass diese im Laufe des Schuljahres nach und
nach vorgenommen, sicherer eingeübt werden, als wenn sie in
ununterbrochener Folge rasch nach einander behandelt würden.
Endlich ist es offenbar, dass ununterbrochene Beschäftigung mit
der Formenlehre ermüdend auf Schüler und Lehrer und erschlaf-
fend auf die Schüler wirken müsste.
Dass es nicht angeht, die syntaktischen Übungsstücke im
Bache nach der Formenlehre anzubringen und Einreihung der-
selben in die Formenlehre beim Unterrichte zu verlangen, braucht
nur erinnert zu werden.
Hinweisungen auf die Grammatik sind nicht statlhaft: für
die Formenlehre nicht, weil die Formen für das jedesmalige
Übungsslück voraus gelernt und durchgeübt sein müssen, übrigens
Ob€r dio Anordnung d. lat. Gramm, ctc , v. A. Wllheim. 501
erfahruugsmäfsig der fleifsige Schüler im Falle eines Zweifels von
selbst in der Grammatik nachschlägt (und nach den Dberschriflen
der Übungsstücke, das Gesuchte sogleich findet), der minder
fleifsige aber auch durch die Hinweisung nicht zum Nachschlogen
bewogen wird; für die syntaktischen Falle nicht, weil die nötht-
gen Andeutungen hierüber das Übungsbuch geben und die Ele*-
mentar-Grammatik keine Syntax enthalten soll.
Für die dritte und vierte C lasse bedarf es über die
Anordnung des grammatischen Stoffes an sich keiner Worte,
wol aber über die Lehrbücher. Es erheben sich hier zwei
Fragen: 1. darf und soll in der 8. Classe ein neues Lehrbuch
der Grammatik in Gebrauch genommen werden, und 2. darf und
soll dieses Lehrbuch nur für die 3. und 4. Classe eingerichtet
sein oder zugleich für den weiteren Gebrauch im Obergymnasium?
Die erste dieser Fragen ist sowol nach dem Org. Entwürfe
las nach dem dargestellten Unterrichtsbedürfnisse zu bejahen. Da
die Lehrbücher für die zwei untersten Classen, mögen es Übungs*
bücher mit einer Elementargrammatik oder Elementarbücher sein,
nur den Lehrstoff für die zwei* untersten Classen enthalten dürfen,,
so muss in der 3. Classe nach der bestimmten Andeutung des
Org. Entwurfes S. 28, S. 107 Annierkung, S. 110 ein neues Lehr-
buch der Grammatik, eine Schulgrammatik (S. 23), in Gebrauch
genommen werden. Dies darf geschehen, weil in der 8. Classe
der in geordnetem Zusammenhange fortlaufende syntaktische Un*
terricht erst angefangen, die bereits gelernte Formenlehre abef
nicht zugleich mit der Beseitigung der Elemenlargrammatik be-
seitigt, sondern den Schülern auch in der neuen Grammatik dar-
geboten wird. Für die Kenntnis der Formenlehre sind von dem
Wechsel des Lehrbuches keine Nachtheile zu befürchten; im Ge-
gentheile ist es gerade und nur die Formenlehre, welche den
Wechsel ohne Nachtheil für den Unterricht gestattet. Denn in
der Formenlehre sind nebst der Einth^ilung nach den bereits aus
der Elementargrammatik bekannten Capiteln die in die Augen
springenden Paradigmen die Wegweiser, nach denen sich die
Schüler von selbst so zurecht finden müssen, dass sie in der
neuen Grammatik sogleich das alte und bekannte wiedererkennen ;
und Anlässe zum Zurückgehen auf die Formenlehre bringt der
Unterricht mit sich, der nicht nur das Gelernte zu ergänzen,
sondern auch überhaupt zugleich rückwärts und vorwärts zu
schauen hat.
Was die zweite Frage betrifft^ kann kein Zweifel sein, dass
die neue Grammatik nicht blofs für die 3. und 4. Classe, sondern
zugleich für das Obergymnasium eingerichtet sein darf, weil die
Aufnahme des Lehrstoffes für das Obergymnasium ohne Eintrag
für den unbehinderten Gebrauch des Buches in der 8« und 4.
Classe möglich ist; dass sie so eingerichtet sein soll, ist ebenso
wenig zweifelhaft.
faa Ober die AQorflnuiig d. Ja(. Gramm, elc, V. A» Wilhelm.
■ Mit der 4. ClaJ=se wird nämlich der ordenlliche Unlerrichl
in der Grainmalik äb^<>schlo>8en ^ und an dci^iien Stelle tritt im
Oberg y mnasiuin d^r gra mma lisch-sl ilistische Un-
lerrichl, der den Zweck hat, ^«die grammatische Kenntnis zu
Ixwahren nnd zu erweitern und den Sinn für die Eigenthfimlich-
keit des lateinischen Ausdruckes in Hinsicht auf Worte und Satz-
biidung zu erwecken, hauptsächlich durch Übungen im Übersetzen
in's Laleini.^che, an welche sich »m angemessensten die allge-
meinen grammatischen und stilistischen Bemerkungen anschliefsen.
I£iu Vortrag über lateinische Stilistik, wenn dieser zuweilen
slatlfindel, kann nur die Absicht haben, die im Laufe der Übun-
gen und der Leclüre vorgekommenen Bemerkungen unter etwaH
allgemeinere Gesichtspunct^ 2U sammeln.'^
Die Erfahrung stellte heraus, dass die in diesen Bestim-
mungen des Org. Entwurfes (S. 25, 114, 115) vorausgesetzte
grammatische Sicherheit nicht in dem erforderlichen Mafse bei
den Schülern anzutreffen war, und es ist daher nachtraglich auch
für das Obergymnasium eine Grammatik, jedoch nur als Hilfe-*
und Nnchschlagebuch zur Ergäneung und Befestigung der giam*
malischen Kenntnis zugelassen worden.
Ein Haupthindernis dea (Jnterrichtserfolges hat man in un-
sur«ichender Aneignung und Einäbitng der Formenlehre gefun-
den; die Zulassung einer Hilfsgrammatik für das Obergymnasium,
war zugleich eine Hinweisung auf das vorhandene zweite wenig-
sliMis eben so grof^e Hindernis, auf mangelhafte Kenntnis und
Durchubung der Syntax. Es fragt sich, ob durch das gebotene
Mittel das letztere Hindernis beseitigt werden könne.
Eine Grammatik, blofs zum Nachschlagen bei dargebotenen
Anlassen ist nur für den von wirklichem Nutzen, der eine in
d<'U Uaupipuncten vollständige grammatische Kenntnis bereits als
sicher«^ Biginthum besitzt; wo diese Sicherheit noch mangelt,
kann das Nachschlagen nur dahin führen, dass an die Stelle der
geordneten Kenntnis ein zusammenhangsloses Wissen zerstreuter
Einzelheiten tritt. Soll dies verhütet werden, ^o muss die Hilfs-
grammatik dem Schüler zugleich wirkliches Lehrbuch sein , das
seinem Wissen die Grundlage bietet und Bindung sichert. Das^
ihm hiebet die Schule zu Hilfe kommen soll, ist in dem Org.
Entwürfe durch das ^«Sammeln der vorgekommenen Bemerkungen
unter ellgemeine Gesichtspnncte^' angedeutet; denn von den zer-
streuten Bemerkungen aus Anlass der Übungen und der Lecture
werden, wenn die Zusammenfassung unterlassen wird, manche
behalten, viele vergessen, und die jedesmalige Hinweisung auf die
Grammatik kann dann nur dazu dienen, die Verwirrung zu ver-
mehren. Aber auch die Zusammenfassung kann nicht leisten, was
»ie soll, wenn sie auf alles und jedes, was vorgekommen ist,
lOhne Unterschied und Wahl sich erstreckt; sie muss in plan-
über die Ai»ordi)ung d. tat. Gramm, ete., ?. A. IVMeim* M9
mafsiger Ordnung auf Berestigang und Erweiterung der
vorhandenen zusammenhängenden grammatischen Kenntnis
gerichtet sein, daher stets an Bekanntes anknüpfen, näm-
lich an Begeh), die der Schüler aus seiner Grammatik kennt und
sofort in derselben zu finden weifs. Wie daher einerseits die
Thätigkeit des Lehrers bei der Mittheilung der grammatischen Be-*
merkungen durch die Bäcksicht, nicht auf die Grammatik über-
haupt oder auf die Beihenfoige der Lehrpartien in derselbcHi
sondern auf zweckmäßige Anordnung der Bemerkungen für
leichte Überschaulichkeit nach der von den Schülern gebrauchten
Grammatik geleitet werden muss, so ist es anderseits zur Siche-
rung des Erfolges unerläfslich, dass äxfd Schüler mit der Gram-
matik, auf die sich der Unterricht bezieht, vollkommen vertraut
und in derselben sicher heimisch sind. Ob dies der Fall ist Uud
sein kann, wenn ihnen m der 5. Classe eine neue Grammatik in
die Hände gegeben wird, braucht kaum erörtert zu werden.
Die Aneignung der Syntax zu festem und sicherem Besitzthume
ist schwieriger als die der Formenlehre, weil die Mannigfaltigkeit
des Lehrstoffes wegen der mannigfaltigen Beziehungen der Worte
im Satze und der Satze in der Rede eine gröfsere ist und die
Auffassung nicht vrie bei der Formenlehre zugleich theilweise
durch mechanische Gedächtnisthätigkeit erleichtert wird. Es kann
daher auch nicht befremden^ wenn die Schüler — einige ausge-
nommen, die gegen die Gesammtzahl nicht in Betracht kommen —
nicht die erforderliche Sicherheit in der Syntax in's Obergym-
nasium mitbringen. Schon aus dieser Rücksicht muss es wun-
schenswerth erscheinen, dass die in der 8. und 4. Classe ge-
brauchte Grammatik den Schülern auch im Obergymnasium be-
lassen werde. Dazu kommt noch eine zweite Rücksicht. Die
Syntax bietet keine so äufserlich hervorspringende und leicht
überschauliche Einlheilung und Darstellung des Lehrstoffes dar,
wie dicj« bei der Formenlehre der Fall ist;^ es kann daher auch
nicht leicht erwartet werden, dass bei einem Wechsel der Gram-
matik die Schüler sich in der neuen Syntax gehörig zurecht
finden Und sicher heimisch tnachen.
Demnach erscheint es als eine richtige Forderung, dass die
Grammatik für die 3« und 4. Classe zugleich für den Gebrauch
im Obergymnasium eingerichtet sein soll.
Diese Forderung liegt auch, wenn gleich nicht in den Wor-
ten, doch desto gewisser in dem Sinne der Verordnung '), welche
') In der ministeriellen VerordDuug, auf welche der Hr. Verf. Bezug
nimmt (vom 10. luni 1654, Gymn. Ztschr. 1854, S. 567), lauten
die den vorliegenden Gegenstand betreffenden SteUen wörtlich:
«Wenn im Üntergymnasium eine bestimmte lateinische
oder griechische Sprachlehre einmal gewählt ist, so darf diese fuir
5#i Ober die Anordnung d. lat. Gramm, etc. , v. A. Wilhelm.
den Grullds^alz festgehalten ivictsen will, dass im Obergymnasium
ala Uilfabuch keine lateinische Sprachlehre benutzt werden soll,
die einen von der im Unlergymnasium benutzten Sprachlehre
Terschiedenen Verfasser hat. Es ist bekannt, dass die Festhal-
tung dieses Grundsalzes dem Wortlaute nach bisher nicht von
dem erwarteten Erfolge begleitet war.
Dass eine lateinische Grammatik für das ganze Gymnasium
zu den nie erfüllbaren Wünschen gehört, ist gewiss. Denn eine
solche Darstellung des gesammten für das Gymnasium gehörigen
Lehrstoffes in einer Sprachlehre, dass daraus der für die unter-
sten Classen bestimmte Tbeil von den Schulern ohne Beirrung
erlernt weidrn könne, bleibt undenkbar, wie man auch immer
den Lehrstoff nach Stufen- unterscheiden wollte, abgesehen von
der Fassung der Regeln. In den Elementarlehrbüchern muss den
Schulern nur das geboten werden, was für sie Lernaufgabe ist;
alles übrige stört, hemmt, beirrt, verwirrt. Es müssen daher
die Wünsche sich auf eine Grammatik für die sechs Classen von
der dritten an beschranken ; und sie dürfen es auch, denn durch
dieselbe wird vollkommen erreicht^ was von einer Grammatik
für das ganze Gymnasium erwartet wird: dass die Schüler mit
ihrer Grammatik genau vertraut und in derselben sicher hei-
misch seien.
Hit dem Gesagten ist zugleich nachgewiesen, dass Darstel-
lung des grammatischen Stoffes in zwei Sprachlehren, von denen
die eine für das Untergymnasium, die andere für das Obergym-
nasium bestimmt ist, nicht zweckmäfsig genannt werden kann*
Krakau. A. Wilhelm.
dieselben Sctiüier bis sum Schlüsse des Untergymna-
s i u m s niclit mehr gewechselt werden.*
«Von Lehrern und Schülern ist der Grundsatz feslzuhalten,
dass^ im Obergymnasium als Hilfsbuch keine lateinische GrammatitL
benutzt werden soll, die einen von der im Lnlergymnasium be-
nutzten Spraolilebre verschiedenen Verfasser hat.*
Mit dem ersten der beiden angeführten Sätze steht die vom Hrn.
Verf. für die im Unlergymnasium anzuwendenden lateinischen Sprach-
lehren empfohlene Einrichtuuf? in unverkennbarem Widerspruche.
Es wäre su wünschen, dass dieser Gegensatz gegen eine unseres
Vyissens noch bestehende Verordnung ausdrücklich bezeichnet wäre.
Die (Überzeugung übrigens, aus welcher bei dem Hrn. Verf. der
Gegensatz hervorgegangen zu sein scheint, nämlich, dass unmög-
lich dieselbe lateinische Grammatik für das ganze Gymnasium
zweckmäfsig sein könne, ist bei den Schulmännern nicht so all-
gemein, wie der Hr. Verf. vorauszusetzen scheint.
A. d. Red.
Ober schriftl. griecb. Obungen etc., y. ä. Schenkt, 50S
Über die schriftlichen Übungen im griechischen
Unterrichte am Obergymnasium
und über den Gebrauch commentierter Schulausgaben von griechischen
und lateinischen Glassikern.
L
Das vorhergehende HeA dieser Zeitschrift enthält zwei Auf-*
satzc des Hrn. Schulrathes A. Wilhelm, in welchen zwei Fragen
von hoher Wichtigkeit für unseren Gymnasialunterricht berührt
werden. In dem zweiten spricht nämlich der Hr. Verfasser über
die Behandlung der griechischen Grammatik in den oberen Classen
des Gymnasiums und über die Übungen im Übersetzen aus dem
Deuttüchen in's Griechische; der erste Aufsatz enthält in seinem
dritten Abschnitte ein entschiedenes Verwerfungsurtheil gegen
commentierte Schulausgaben griechischer und lateinischer Clas«
siker. Je wichtiger nun die hier angeregten Fragen für den
Gymnasialunterricht sind, desto mehr glaubt der Unterzeichnete
im Interesse des Unterrichtes zii kandeln, ivenn er es unternimmt,
die aufgestellten Sätze und vorgebrachten Gründe einer einge-
henden Erwägung zu unterziehen. Er glaubt auch gleich im
Eingange bestimmt aussprechen zu müssen, dass die Gründe^
welche Hr. W. für seine Behauptungen vorbringt, ihn nicht über*
zeugt, sondern vielmehr in seinen schon früher gefassten An-
sichten bestärkt haben. Nach diesen einleitenden Bemerkungen
geht nun der Unterzeichnete unmittelbar zur Sache und zwar
zunächst zur Besprechung der Frage über die schriftlichen Übun-
gen im griechischen Unterrichte am Obergymnasium.
Hr. W. deutet gleich anfangs mit Recht darauf hin, dass
der grammatische Unterricht im Obergymnasium, was die grie-
chische und lateinische Sprache anbetrifft, verschiedene Zwecke
verfolge. Dies zeigt sich ganz besonders darin, dass den schrift-
lichen Übungen in der lateinischen Sprache ein ganz anderes
Ziel vorgesteckt ist, als denjenigen, welche auf dem Gebiete
des griechischen Unterrichtes zur Anwendung kommen. Denn
bei ersicren kommt hauptsächlich die stilistische Seite in Betracht;
der Schüler soll nicht blofs die Regeln der Grammatik und Syntax
genau kennen und anwenden lernen, sondern er soll auch aus
dem Schatze der Sprache die für seine Arbeiten erforderlichen
Wörter, Ausdrücke und Phrasen selbständig auswählen, und über
Salzstellung, Satzverbindung u. s. w. nach eigenem Urtheile ent-
scheiden. Dagegen können die Übungen im Übersetzen aus dem
Deutschen ins Griechische blofs den Zweck haben, den Schüler
in der Kenntnis der grammatischen Formen zu befestigen und
ihm die Regeln der Syntax durch lebendige Übung zur klaren
Anschauung zu bringen und bleibend anzueignen. Die stilistische
M$ Ober schriftl. ^ciecb. Übungen etc., v. K, Schenkt.
Seile wird hiebei nicht berücksichtigt; es müssen somit, mag
man nun ein Übungsbuch gebrauchen odor mag der Lehrer die
Ut«saufg«ben andictieren, die ungewöhnlicheren Bedeutungen und
Phrasen den Schülern angegeben und auch über Satzverbindung
und Satzstellung das Nolhwendige bemerkt werden. Natürlich
wird man derlei Bemerkungen anJfänglich im reicheren Mafse ge-
ben müssen; späterhin aber, wenn sich die Kenntnisse der Schüler
befestigt und erweitert haben, wird man dieselben immer mehr
be«diranken können. Solche Übungen dürfen, wie mich daucht,
Hiebt hintangesetzt werden, wenn nicht die gründlichen Kenntnisse
itt der Formenlehre schwinden und an ihre Steile eine seichte
Oberflächlichkeit treten soll. Und auch zur Befestigung und Er-^
weilening der Kenntnisse in <Ier Syntax werden solche Übungen
sehr viel beitragen; denn es ist etwas ganz anderes einen syn-
toklischen Fall, dem man in einem griechischen Schriftsteller
begegnet, zu beurtheilen und zu erklären, als bei einem in der
Muttersprache vorgelegten Satze zu entscheiden, welche Construc-*
tioii hier im Grieehischen anzuwenden wäre. Nur durch solche
Übungen kann der Schäler ein sicheres, klares Verständnis der
syntaktischen Regeln erlangen, und man wird ungescheut behaup*
ien können, dass die richtige Beurtheilung eines solchen Falles
den Schüler mehr in seinen Kenntnissen fördert, als wenn bei
der Leetüre eines Schriftstellers dieselbe Conslruction mehrmals
hervorgehoben und erklärt wird. ^ Was ferner die Wortstellung,
den Gebrauch von Präpositionen, von satzverbindenden Partikeln
u. dgl. anbelangt, so kann eine sichere Kenntnis dieser Partien
eben wieder nur durch solche Übungen vermittelt werden. Es
genügt nicht allein bei der Leclüre die richtige Erklärung zu
geben, sondern es muss auch noch die praktische Anwendung
hinzukommen, wenn anders ein lebendiges Wissen erzielt werden
soll. Durch mündliche Übungen, sei es bei der Leetüre oder in
eigenen Stunden, wird man nie das Gleiche erreichen, wie durch
schriftliche Übungen. Denn abgesehen davon, dass bei ersteron
nie volle Correctheit erzielt werden kann, wie dies z. B. in Be-
Biehung auf die Accentlehre jedermann klar sein wird, so muss
die fortwährende Wiederholung derselben Dinge in den oberen
Clsssen das Interesse an der Leetüre nothwendig verkümmern, um
so mehr, als ja nicht alle Schuler einer Clas^ie auf denselben Stufen
stehen und die vorgerückteren bei derlei Übungen keine entspre-
chende geistige Beschäftigung finden. Bei schriftlichen Übungen
aber wird die Thatigkeil aller Schuler der Classc \n Anspruch
genommen, durch sie werden die Schüler genöthigl ihre Gram-
matik fleilsig zur Hand zu haben, bald diese, bald jene Partie
SU wiederholen und sich selbst so in beständiger Übung zu er-
halten. Der Unterzeichnete weifs aus Erfahrung, wie auf solche
Weise auch bei Schülern, Welche keine ganz genügende Vorbe-
reitung genossen haben, in kurzer Zeit die Lucken ergänzt und
Öltor sehriJU. grieotu Obungeii etc., t. M. SeketM. M7
bedeutende Fortschritte erzielt werden können; er weils, wie
solche Cbungen, weit entfernt eine Last für die Schüler zu wer-*-
den, vielmehr mit Lust und Liebe von denselben betrieben wur-i*
den und sie zu einem eifrigen Studium der in der Schule gele-
senen Autoren, ja auch zu einer ziemlich umfangreichen Privat*
lectüre anreglen. Darum wird auch an allen deutschen Gym-t>
nasien diesen Übungen eine sorgfällige Berücksichtigung zuge-
wendet und bei den schriftlichen Maturitätsprüfungen in den
meisten Studieneinrichtungen die Anforderung gestellt, dass der
Examinand ein sogenanntes griechisches Scriptum correct ausar-?
bellen könne; auch zeigen die wiederholten Auflagen der Über«^
Setzungsbücher von Rost, Pranke, Blume u. a., welches Gewicht
man diesem Theiie des griechischen Unterrichtes beilegt.
Der Unterzeichnete ist nun weit entfernt von dem Gedanken^
l^ine gleiche Ausdehnung von derlei Übungen, wie an den deut«*
sehen Gymnasien, auch für unsere Schulen zu beanspruchen;
Dagegen spricht schon der Umstand, dass die dem griechischett
Unterrichte an unseren Gymnasien zugemessen^ Zeit eine bedeu-
tend geringere ist. Auch kann man wol nicht läugnen, dass an
manchen deutschen Gymnasien das Bhifs der Nothwendigkeit bis-
weilen überschritten wird, wie wenn man z.B. statt sich an ein
bewährtes Übungsbuch mit 'einem entsprechenden Wörterverzeich-
nisse zu halten, anderweitige Stücke den Schülern vorlegt und
so dieselben nöthigt, eiii ausführliches deutsch-griechisches Wör-»
terbuch zu gebrauchen. Dass dieses geschieht, dafür zeugt die
Existenz und Verbreitung solcher Wörterbücher, wie der von
Rost, Franz, Pape, Jacobitz, Seiler u. a., welche zum Theiie in
wiederhotten Auflagen erschienen sind. Doch in einem Mafse^
welches der Ausdehnung des griechischen Unterrichtes an un-
seren Gymnasien entspricht, müssen diese Übungen betrieben
werden und ihre Vemachlässigong wird überall nur traurige Re*
sultate aufweisen. Zeigt ja doch die>. &fahrung, dass da, wo
diese Übungen mehr hintangesetzt werden, der griechische Unter-
richt sich nur kümmerUch dähinschleppt, während er da, wo
man dieselben ernstlich berücksichtigt, schnell zur Blüthe gedeiht.
Auf Grund dieser Beobachtungen und ermuntert durch den Rath
hochgeachteter Schulmänner, hat der Unterzeichnete ein Übungs^
buch zum Übersetzen aus dem Deutschen und Lateinischen in*8
Griechische für das Obergymnasium verfasst, welches im vor*
hergehenden Jahre im Drucke erschienen ist. Ob dasselbe seiner
Aufgabe entspricht, mögen Andere beurtheilen, der Verfasser hat
es wenigstens als eine Herzenssache betrachtet, durch dieses Buch
eine sichere Grundlage für die bezeichneten Übungen darzubieten
und ihre wirkliche Ausführung zu fördern.
Herr W. spricht sich dagegen entschieden gegen jeden Ge-
brauch eines Übungsbuches^ aus , indem er einerseits das nied-
rigere Ziel, welches dem grammatischen Unterrichte in der gnt'^
ۥ6 Ober scbriftl. griech. Cbungcn clc , v. K, SohenhL
chi^chen Sprache am Obergymnasium vorgesteckt ist, die be-
schrankte Unterrichtszeit und den Umstand betont, dass bei den
noch geringen Vorkenntnissen der Schüler in den ersten Classen
des Obergymnasiums derlei Übungen im Übersetzen zusammen-
hängender Stücke schwerlich Platz greifen können, anderseits
auf den Organisationsentwurf (S. 180, Min. Erlass vom 10. Sept.
1855, Z. 10, 312) verweist, welcher für die siebente und achte
Classe «zuweilen ein an das Gelesene sich anschliefsendes Pen-
sum'^ vorschreibt. Wenn nun auch dem granmia tischen Unter-
richte im Griechischen am Obergymnasium ein niedrigeres Ziel
gesetzt und die ihm zugewiesene Zeit eine beschränktere ist, als
dies bei der lateinischen Sprache der Fall ist, so kann man
doch daraus nicht den Schluss ziehen, dass deshalb der Gebrauch
eines Übungsbuches ausgeschlossen werden müsse. Denn schrift-
liche Übungen sind angeordnet, und zwar für die fünfte und
sechste Classe alle vier Wochen ein Hauspensum und zeitweilig
eine Schulcomposition. Soll nun der Lehrer zu zeitraubenden
Dictaten seine Zuflucht nehmen, welche jetzt und zwar mit gu-
tem Grunde beseitigt sind, während sie in dem früheren Stu-
dienwesen eine so grofse Rolle spielten, oder soll er sich an ein
gutes Buch halten, aus welchem er je nach Bedürfnis der Schü-
ler entsprechende Stücke auswählen kann? Ich glaube die Frage
ist nicht schwer zu entscheiden. Was weiterhin die für die
siebente und achte Classe vorgeschriebenen Übungen anbelangt,
so können die Worte : «ein an das Gelesene sich anschließendes
Pensum'^ wol nichts anderes bezeichnen, als dass der Lehrstoff
für solche Aufgaben benützt werden solle. Der Unterzeichnete
erlaubt sich nun hierüber eine bescheidene Ansicht auszusprechen.
Dass die Verarbeitung von gelesenen Stellen zu Compositions-
sloiTen ein vortreffliches Mittel ist, um zu erproben, wie die
Schüler die Leclüre aufgefasst und sich angeeignet haben, und
dieselben durch den Hinblick auf derlei Übungen zu gröf^erem
Eifer anzuregen, bedarf wol keiner weiteren Auseinandersetzung.
Aber abgesehen davon, dass solche Bearbeitungen die Zeit des
Lehrers sehr in Anspruch nehmen und einen bedeutenden Takt
erfordern, möchte ich sie doch nicht ausschliefslich als
Stoffe für Compositionen anempfehlen, da es doch auch wün-
schenswerth sein muss zu sehen, wie der Schüler sich auf einem
ihm unbekannteren Felde bewegt. Es dürfte daher nicht un-
zweckmäfsig sein solclie Übungen mit anderen, welch<i mit der
Leetüre in keinem directen Zusammenhange stehen , abwechseln
zu lassen, und zwar so, dass den Schülern bei den ersteren nur
eine kürzere, bei den letzleren hingegen eine längere Frist zur
Ausarbeitung der Aufgabe geslaflet würde. Viel weniger aber
eignen sich Verarbeitungen des LesesiüfTcs für häusliche Auf-
gaben, da hier dasjenige wegfällt, was ihnen als Schulaufgaben
einen so grofsen Werth verleiht, nämlich dass der Schüler, was
Ober schriftl. griech. Übungen etc., v. K. Schenki. d09
die Wahl der Bedeutungen, der Constructionen u. s. w. anbe-
langt, lediglich auf sein Gedächtnis angewiesen ist. Dazu kommt^
dass der Inhalt solcher Übungen eben nur eine blolse Repro-
duction des Gelesenen sein kann und sich somit wol für halb-
stündige Compositionen, aber nicht für Pensa eignet, welche für
mehrere Wochen aufgegeben werden. Endlich durfte auch jene
Bestimmung des Organisationsentwurfes kaum im buchstäblichen
Sinne auszuführen sein, da in zwei Semestern der obersten Clas-
sen Tragoßdien des Sophokles gelesen werden, deren Inhalt sich
schwerlich zu solchen Übungen verarbeiten liefse, und die Lec-
türc des vorhergehenden Semcstersi, Demosthenes oder Piaton
hiezu zu verwenden wird auch nicht angehen, weil derlei Auf-
gaben nur da, wo das eben Gelesene und Erklarte noch im fri-
schen Gedächtnisse ist , mit Nutzen angewendet werden können.
Es dürfte sich somit auch für die obersten Classen der Gebrauch
eines Übungsbuches als eine Nothwendigkeit herausstellen. Dabei
erlaubt sich der Unterzeichnete noch die ganz unmafsgebliche
Bemerkung, dass es mit Rücksicht auf die Nothwendigkeit und
Nützlichkeit solcher Übungen wol dicht unzweckmäfsig erschei-
nen dürfte, wenn dem Lehrer des Griechischen in der fünften
und sechsten Classe gestattet würde, je nach der Vorbildung
und den Fortschritten der Schüler alle vierzehn Tage oder alle
vier Wochen ein Hauspensum von sehr mäfsigem Umfange
zu geben, in den beiden obersten Classen aber für jeden Monat
eine häusliche Aufgabe vorgeschrieben würde. Auch könnte man
bisweilen statt die Reinschrift eines Pensums zu verlangen, die
Schüler sich auf ein Übungsstück zu Hause vorbereiten und dann
dasselbe in einer für die grammatischen Übungen bestimmten
Stunde mündlich übersetzen lassen. So würde jede Überbür-
dung der Schüler vermieden und das oben bezeichnete Ziel sicher
erreicht.
Hr. W. wendet weiter gegen den Gebrauch eines Übungs-
buches ein^ dass die Schüler beim Eintritte in die fünfte Classe
noch nicht die Vorbildung haben, um mit ihnen, wie im Latei-
nischen, selbständige Übungen im Übersetzen von Aufgaben ins
Griechische mit Anknüpfung von Bemerkungen zur Befestigung
und Erweiterung einer noch nicht vorhandenen Kenntnis der
Grammatik, nämlich der Syntax, vorzunehmen. Auch dieser Grund
ist nicht stichhaltig. Wie solche Übungen im Griechischen von
denen im Lateinischen verschieden sind, ist schon früher ausein-
andergesetzt worden. Dazu kommt, dass man beim Unterrichte
in der griechischen Formenlehre nach ganz anderen Grundsätzen
verfahren kann, als bei dem in der lateinischen Formenlehre.
Die Schüler sind nämlich nicht blofs im Alter weiter vorgerückt,
sondern sie haben schon wahrend der ersten zwei Jahre des
Unterrichtes eine Anzahl von Hauptsätzen der lateinischen Syn-
tax kennen gelernt, welche Kenntnisse bei dem fortschreitenden
6t0 .Über »chiTJflU gritclu ßbunge ii etc. , v A, SrhtukL
Unlerrichle in der driUni und vielUn Cla^;st' immer mehr er-
>ieilerl werden. Auf Grundlage dieser Vorkenntnisse lassen sich
ihnen nun gar manche Regeln der Syntax schon bei der Ein-
übung der Formenlehre auf die einfachste Weise beibringen, in-
dem man dieselben an die ihnen bekannten Satze der lateinischen
6yntax anknöpft. Darum hal auch der Unterzeichnote in seinem
Elementarbucbe überall^ wo es angieng, auf syntaktische Regeln
Rücksicht genommen. Bedenkt man noch, dass in dem zweiten
Semester der vierten Classe die in dem Elementarbucbe enthal-
tenen Lesestückt^ mit den dazu gegebenen Bemerkungen durch-
genommen werden und man auch ganz füglich, wie dies an meh-
reren guten Gymnasien geschieht, mii der Leclöre des Xenopbon
beginnen kann, so dürfte sich soviel herausstellen, dass dem
Schüler bei seinem Eintritte in die fünfte Classe eine grofse An-
zahl von Regeln aus der Casuslehre und die wichtigsten Haupt*
Sätze der Tempus- und Moduslehre bekannt sind. Ich vermag
somit nicht einzusehen, warum es unter solchen Verhältnissen,
tumal bei dem Fortschreiten des syntaktischen Unterrichtes, nicht
möglich sein sollte, die Schüler der fünften Classe leichte zu«
sammenhängende Übungsstücke aus dem Deutschen ins Griechische
übertragen zu lassen. — Doch wir haben bis jetzt nur gehörig
dass Hr. W. den Gebrauch eines Übungsbuches verwirft, und
müssen nun die Frage stellen, wie er selb^t derlei Übungen eia-*
gerichtet wissen will. Hierüber bemerkt er nun folgendes: ^fiie
grammatischen Übungen können und sollen mit der Leetüre auf
eine zweifache Art in Verbindung gebracht werden. Die
erstere Art besteht in der Verwert hu ng der Leetüre durch
Heraushebung von Phrasen und Anknüpfung von Übungen im
Ruckübersetzen geänderter Satzformen.^^ Und nachdem er noch
des Weitern über den Zweck solcher Übungen gesprochen^ fährt
er also fort: <,Es ist leicht zu sehen, dass eine solche Verwer-
thung der Leetüre in einem bezüglich der einzelnen Sätze nach
und nach verhältnismäfsig erweiterten Umfange sehr nutzbrin-
gend in den Kreis der mündlichen granmiatischen Übungen
eintreten wird.'^ Wir sehen, es ist hier blofs von mündlichen
Übungen die Rede, die schriftlichen sind gar nicht berück-
sichtigt. Aber auch solche mündliche Übungen, wie sie Hr. W.
vorschlägt , dürften kaum ihrem Zwecke entsprechen. Im Ele-
mentarunterrichte wird man solche Umstellungen von Sätzen in
den Plural oder das Passivum, Umänderungen des Indicatives
in den Optativ oder Imperativ u. dgl. mit Nutzen anwenden, in
den oberen Classen des Gymnasiums können sie dem entwickel-
ten Verstände der Schüler nicht mehr zusagen. Man vergesse
nur nicht, dass die fünfte Classe des Gymnasiums durchaus nicht
mit der dritten Classe, wo im lateinischen Unterrichte noch ein
ahnliches Verfahren befolgt werden kann, auf gleicher Linie steht.
Bei der Lee Iure wird der Lehrer allerdings auch in den oberen
über sohrlfll. griecb. Übungen ete., v.. Jt. SchenkL 611
Cla^8fn mauclies der Art vornehinen; er wird Verse dos Homer
in die attische Sprache tiberlragen las&en, um die Eig^entbumlich-
keiten des epischen Sprachgebrauches zu veranschaulichen , er
wird einzelne synlaklische Constructionen umändern lassen , um
eben dadurch die Wesenheit des vorliegenden Falles klar zu
machen ^ und derlei Übungen hat wo! kein tüchti»er Lehrer je
bei der Leetüre unterlassen; aber ganze Stunden mit derlei in-
kallKieeren Variationen zuzubringen, das ist etwas, was meiner
didaktischen Überzeugung entschieden widerstreitet. Dazu kommt,
das8 derlei Übungen, wo der Scbüler! den ihm vorgelegten deut-
schen Satz alsogleich griechisch wiedergeben soll, sich nur auf
einfache Satzforinen erdirecken können, alles Schwierigere abei
ausgeschlossen bleiben nriuss. Der Söhüler kommt also nie dazu,
mehrere Satze im Zusammenhange zu übersetzen und die Lehre
von der Satzstellung und Satzverbindung irgendwie praktisch
anzuwenden. Ganz etwas anderes ist es, wenn der Lehrer den
StofT der Leclüre mit geschickter Auswahl zu einem zusammen-
hangenden Übungsstücke verarbeitet und dieses den Schülern zur
scbriflllchen Übersetzung vorlegt. Bei mündlichen Übungen aber
wird man nie in dieser Weise vorgehen können; denn es gehörl
doch viel Idealität dazu, um anzunehmen, dass alle Schüler einer
Classe ein ganzes Übungsstück ohne alle schriftliche Aufzeich-
nung im Kopfe behalten werden; auch müsste man, wenn maa
so vorgehen wollte, consequenter Weise dahin kommen, von dea
Schülern eine gewisse Fertigkeit im Griechischsprechen zu ver->
langen, was unmöglich die Aufgabe des griechischen Unterrich-'
tes sein kann und selbst beim lateinischen Unterrichte nur ia
einem beschränkten Mafse ei'strebt werden soll. Übrigens setzen
solche Übungen von Seile der Lehrer einen sehr feinen Takt und
eine volle Beherrschung nicht blois der eben gelesenen Schrift,,
sondern der Sprache überhaupt voraus, Eigenschaften, welehe
sich gewiss nicht bei allen Lehrern im gleichen Mafse vorfijiden
werden. Es muss Wunder nehmen, dass Hr. W. hier solche
Voraussetzungen macht, während er doch in dem anderen Auf-
satze weitläufige Instructionen über die gewöhnlichsten Dinge
Ae& elementaren Unterrichtes gibt. Bei solchen Verhältnissea
dürfte in der Praxis nicht selten nur das Zerrbild dessen zu»
Vorschein kommen, was in der Theorie mit so schönen Farben
gemalt wird, abgerissene Sätze ohne eigentlichen Inhalt in uo-
gefügtem oder gar schlechtein Griechisch, bisweilen auch getreue
Rockubersetzungen , bei welchen sich der Schüler durch einen
geschickten Blick in ^m griechischen Text hilft und so die be-
queme Folgerung macht, dass derlei Übungen doch nicht ernst-
lich gemeint seien. Und gesetzt auch, dass durch solche Übun-
gen wirklich das angedeutete Ziel erreicht werden sollte, so
könnten doch dieselben, wie schon oben bemerkt wordea, die
ht2 Ober schrifll. griech. Übungen etc. , v. A". SchenkL
übrigens gesetzlich angeordneten schriftlichen Übungen
durchaus nicht entbehrlich machen.
Als die zweite Art der Verbindung der grammatischen
Übungen mit der Lectüre bezeichnet Hr. VV. das Verfahren, das8
die Beispiele für die syntaktischen Regeln aus der behandelten
Lectüre genommen werden. Allerdings wird nun jeder Lehrer
darauf Gewicht legen, dass der Schüler treffende Beispiele für
syntaktische Regeln der Lectüre entnehme und dieselben zugleich
mit einer genauen Übersetzung memoriere; er wird ferner da,
wo ein syntaktischer Fall vorkommt, den der Schüler bereits
kennen gelernt, auf das frühere Beispiel verweisen und wenn sich
mehrere einzelne zu>ammengehörige Fälle ergeben, dieselben un-
ter eine allgemeine Regel zu.'^ammenfassen , z. B. die verschie-
denen Constructionen von icqCv^ mdte u. dgL Dieses alles muss
man bei der Lectüre leisten ; hier, wo die Stellen eben übersetzt
ond in ihrem Zusammenhange betrachtet worden sind, muss die
genaue Erklärung gegeben werden; den grammatischen Stunden
bleibt blois überlassen, gröfsere Partien der Syntax übersichtlich
durchzunehmen. Übrigens mu.^'s der syntaktit^che Unterricht sei-
ner Hauptsache nach in der fünften und sechinten Classe beendet
werden; in den beiden obersten Clai^sen wird nur noch eine Er-
gänzung mancher Einzelheiten und nach Bedürfnis die Wieder-
holung der einen oder der anderen Partie slaltzufinden haben*
Mag man nun aber der hier bezeichneten Methode folgen oder
sich der von Hrn. W. vorgeschlagenen anschliefsen, nach welcher
man sich bei der Erklärung auf das Noihwendigsle beschränken
und das Weitere in grammatischen Stunden behandeln soll, so viel
ist gewiss, dass alle mündlichen Übungen der Art doch schrift-
liche Übungen nicht entbehrlich machen können. Der Schüler
muss die syntaktische Regel nicht blofs verstehen, sondern auch
anwenden lernen. Das aber wird nie im vollständigen Mafsc
erreicht werden, wenn man dem Schüler blofs einzelne Satze vor-
legt, die natürlich in ihrer bestimmten Fasf'ung hinlänglich an-
zeigen, welche Constructionen angewendet werden müssen, und
sich somit wol für Vorübungen, aber nicht für eigentliche syn-
taktische Übungen eignen. Diese können nur an gröfseren zu-
sammenhängenden Stücken nutzbringend vorgenommen werden,
weil die einzelnen Sätze erst im Zusammenhange einen wahren
Inhalt, eine bestimmte Bedeutung erhalten. Ob z. B. in einem
Bedingungssatze idv oder ei mit Optativ anzuwenden sei, das
kann man gar häufig nicht aus dem Satze selbst, sondern nur
aus dem Zusammenhange entscheiden. Wir sehen somit, dass
man, weder was Formenlehre noch was Syntax anbetrifft, schrift-
liche Übungen entbehren kann. Und damit scheint mir auch
die Nothwendigkeit des Gebrauches eines Übungsbuches hinläng-
lich erwiesen. Hr. W. hat in seinem ganzen Aufsalze über die
schriftlichen, vom Gesetze angeordneten Übungen nicht ge-
Ober schrifU. gricch. Übungen elc, v. K. Sehenki, AI3
sprochen, er hat b]o& die mündlichen Cbungen und ihre Ein-
richtung berührt und dennoch entschieden über jedes Obungs*
buch den Slab gebrochen.
Es erübrigt nur noch einige Bemerkungen am Schlüsse des
Aufsatzes des Hrn.W. in näheren Betracht zuziehen. Er bringl
hier gegen den Gebrauch eines Übungsbuches noch zwei Grunde
vor. Erstlich^ sagt er, würden die Schüler durch mündliche
Übungen genöthigt, sich an gesammelte Aufmerksamkeit zu rich-
tiger und fester Erfas&ung des mündlichen Unterrichtes und des
lebendigen Wortes des Lehrers zu gewöhnen. Was der Unterb-
richt zu geben habe, solle man nicht den Schülern in Büchern
darbieten. Zweitens würde durch freie mündliche Übungen mehr
Leichtigkeit und Gewandtheit im Gebrauche der Sprache, daher
auch alimählich ein rascherer Fortschritt erreicht, als durch
Übersetzung aus Büchern, die den Schüler nie zu dem Bewusst-
sein der Kraft für freie Bewegung gelangen lasse. Was den
ersten Grund anbetrifft, so müssle derselbe so ziemlich gegen
alle Schulbücher gelten; man müsste darnach ganz folgerichtig
ein Rechenbuch mit Beispielen, eine Geometrie mit Entwickelung
der Corollarien verwerfen, beim Unterrichle in der Geschichte
sich auf blofse Tabellen beschränken u. dgl. Ich überschätze
gewiss nicht die Bedeutung eines Schulbuches, glaube aber, dass
ein gutes Buch in den Händen eines Lehrers, der es geschickt
zu benutzen weifs, ungemein reichen Nutzen stiftet. Und was
die Schuler anbelangt, so huldige ich durchaus nicht idealen
Anschauungen und will daher Mittel, welche dazu dienen die
Aufmerksamkeit des Schülers festzuhalten und dem schwächeren
Schüler eine verständige Nachhilfe zu gewähren, nicht vom Un-
terrichte ausgeschlossen wissen. In Betreff des zweiten Grundes
habe ich nach dem, was ich früher auseinandergesetzt, nichts
Weiteres zu bemerken. Hr. W. wendet sich nun zu der Frage,
welche Bücher in dem Falle, dass man sich überhaupt zu dem Ge-
brauche eines Buches entschliefse , angewendet werden könnten.
Er spricht zuerst von dem Lesebuche für die vierte Classe und
erklärt sich gegen die Methode die syntaktischen Regebi nach
der Schulgrammatik mit Benützung der Beispiele aus dem Ble-
mentarbuche durchzunehmen. Der Unterzeichnete hat dies auch
bei der Abfassung des Buches nicht im Geringsten beabsichtigt,
sondern diese Beispiele nur nach der Folge der Grammatik in
gröfseren Abschnitten zusammengestellt» Daraus wird nun der
Lehrer der vierten Classe nach Mafsgabe der Leetüre diejenigen
Beispiele, welche sich für die mündlichen und schriftlichen Übun-
gen dieser Classe eignen, auswählen, wiewol man einige Übungs-
stücke auch im ganzen übersetzen last^en kann, z. B. die über
die Präpositionen. Einiges wird dann auch noch in der fünften
Classe seine Verwerthung finden können. Weilerhin spricht sich
Hr. W. nochmals gegen den Gebrauch eines besonderen Übungs-
ZciUehrift f. d. Sttorr. Oymn«*. l860. Vll. Haft. 35
614 Ober schriftl. griech. Übungen etc., v. K, SchenhL
huc\m für die oberen Clas^sen aus, indem er auf die bescliränkle
Zeit des griechischen Unterrichtes hinweist, worüber ich schon
oben gesprochen habe. Er polemisiert ferner gegen einen Salz
in der Vorrede zu meinem Übungsbuche, wo ich bemerkte:
^Sollte man vielleicht noch das Bedenken hegen, dass dadurch
bei der ohnehin nicht reichlich zugemessenen Zeit der Umfang
der Leciüre geschmälert werde, so wolle man erwägen, dass die
Festigkeit und Sicherheit im Gebrauche der Formen und Hand-
habung der syntaktischen Regeln, welche durch solche Übungen
erzielt werden muss, gewiss einen schnelleren Fortschritt in der
Leetüre un(i «o einen reichlichen Ersatz darbietet. ^^ Hr. W.
wendet dagegen ein: «Sicherheit in der Grammatik hilft die
Schwierigkeiten der Sprache im allgemeinen überwinden, ein
rasches Fortschreiten der Leetüre aber wird nur durch Ein-
dringen in den Schriftsteller ermöglicht. Was wollte man z. B.
für Förderung der Leetüre eines Demosthenes und Plato von der
pbersetzung einzehier Sätze über syntaktische Regeln oder von
der Rückübersetzung einiger Bruchstücke aus anderen Schrift-
stellern erwarten?'^ Allerdings können solche Übungen nicht
gerade die Leetüre eines bestimmten Schriftstellers fördern,
wiewol man dies von der Leciüre attischer Prosaiker im all-
gemeinen recht gut behaupten könnte, aber sie fordern die Lee-
töre überhaupt, indem sie, wie schon früher bemerkt ist, die gram-
matischen Kenntnisse befestigen, die syntaktischen Regeln zur
klaren Anschauung bringen und bleibend aneignen, endlich, was
die Lehre von der Satzstellung, dem Gebrauche der Partikeln
u. dgl anbetriift, überall dem Schüler ein tieferes Verständnis
erschliefsen. Jedermann wird zugeben, dass die schriftlichen
lateinischen Übungen die Leciüre der Classiker fördern, ohne zu
verlangen, dass sie gerade der Lectüre eines bestimmten Schrifl-
stelhTs Vorschub leisten iiojlen. — Endlich gibt Hr. W. noch einige
Grundzuge an, wie ein Übungsbuch, das den Bedürfnissen der
Schüler am Obergymnasium im allgemeinen entsprechen
könnte, eingerichtet sein sollte. Es mü^sle, sagt er, 1) für die
fünfte und jsechste Classe Beispiele in einzelnen Sätzen mit Ein-
mischung verhältnismäßig leichter zusammenhängender Stöcke
über die wichtigsten Regeln der Syntax, 2) für die siebente
und jichte Classe einige zusammenhängende Stücke, worin na-
mentlich die schwierigsten syntaktischen Fälle zur Widerholung
kämen. Doch, fügt er weiter hinzu, würde ein solches Buch
den wirklichen Bedürfnissen der Schüler eben so wenig
entsprechen, wie irgend ein anderes Übungsbuch, weil die Be-
dürfnisse der Schüler nach dem Gange des Unlerrichles und vor-
nehmlich der Leciüre verschieden sind und sein müssen und
diesen Bedürfnissen nur der mündliche Unterricht wirklich ge-
nügen kann. Was die Übersetzung einzelner Salze zur Einübung
der syntaktischen Regeln anbelangt, so habe ich mich schon oben
Schulausgaben m. Commenlarcn elc. , t. L, Vieihaöer. 515
darüber ausgesprochen und bemerkt, dass ich dieselbe nur als
leichte Vorübung betrachten kann, die eigentlichen Übungen aber
nur mit zusammenhangenden Stucken vorgenommen werden können.
Daher habe ich in mein Übungsbuch nur derartige Stücke auf-
genommen und zwar für die beiden unteren Classen kleinere und
leichtere mit reichlichen Bemerkungen, während in den für die
beiden oberen Classen bestimmten Übungsstücken der Umfang
vergröfsert und die Anmerkungen mehr beschränkt sind. Daraus
mag nun der Lehrer diejenigen Stücke auswählen, welche für
die von ihm behandelten syntaktischen Regeln Beispiele darbieten,
und welche sich für seine Schüler nach dem Grade ihrer Vor-
bildung eignen. Selbständig derlei Übungsstücke zu bildet] und
gewisse syntaktische Fälle in dieselben hineinzuzwängen , dazu
konnte ich mich durchaus nicht entschliefsen und bin der voIlen^Über-
zeugung, dass mein Verfahren entschiedene Billigung Gnden wird.
Wenn ich aufser den deutschen Übungsstücken auch lateinische
gegeben habe, so kann ich mich dabei auf den Vorgang der be-
deutendsten Schulmänner berufen. Es gibt gewiss nichts so be-
It'hrendes für den Schüler, als die Eigenthümlichkeiten der bei^
den Sprachen durch eingehende Vergleichung kennen zu lernen,
und dazu gibt es wol kein besseres Mittel, als solche Übersetzun-
gen «16 dein Lateinischen in das Griechische.
Soviel nun über den einen Punct; über den andern werde
ich im folgenden Hefte sprechen. ' ^
Innsbruck. Karl Schenkl.
b
Schulausgaben mit Commenlaren.
EinBettungsversucb. ;
Herr Schulrath Wilhelm in Krakau veröffentlichte Im 6;'
Hefte dieser Zeitschrift einen Aufsatz 'über die Behandlung def
Lateinischen und griechischen Leetüre an dem Gymnasium;' l^'xit
Erwarlung von einem so gewiegten Schulmanne, wie Hr. Seh. W:
es h{^ reiche Belehrung durch Mittheilung einer nmfassenderi^
Beobachtung zu finden, ist auch in diesem erfüllt und -es isf-
der Ausdruck aufrichtigen Dankes, wenn ich ohne irgend w^lchett*
Rückhalt erkläre, vieles aus demselben gelernt, und wo ich auch nicM^
glaube beistimmen zu können, doch vielfach angeregt worderiT
zusein. Und gerade weil ich mir dessen bewusst bin, fQhle icfr
mich veranlasst, meine abweichende Meinung ebenso offen aus-^
zusprechen, sei es auch nur zu dem Zwecke, andere, denen vn^'
chere Erfahrung, ausgedehnteres Wissen, gröfserer Scharfsinn als
mir zu Gebote steht, zur näheren Prüfung zu veranlassen. - Zwar
bin ich fast ein Neuling auf diesem Gebiete, jedoch mag zui^
Entschuldigung dieser Entgegnung der Umstand dienen, dtJss ieK
einen Gesichtspunct, den Hr. Seh. W. ausführlich bespricht, IS«»*
35*
516 Scbiüausgabeu m. Commcntaren etc., v. Z* Vielhaber,
gere Zeil im Auge habe und denn wenigstens einige Erfah-
rung besitze. Es ist dieses gerade der Punct, der in Hr. W's.
Aufsatz am meisten hervortritt: die Frage, ob in den Schulaus-
gaben der lateinischen und griechischen Autoren Comnientare und
Einleitung nothwendig, zulässig, unnölhig, ifchädiich sind.
Meine Ansicht ist nun, um gleich von vorneherein meinen
Standpunct zu fixieren, dass so gewiss auf demGebiete des
Unterrichtes es allgemeine Grundsätze gibt, auf
welche die ganze Thätigkeit des Lehrers sich stützen muss, es
der Wege, durch die man diesen Grundsätzen ge-
recht wird, sehr viele gibt, dass es nicht selten geradezu
unmöglich ist, einen als allein giltigen aufzustellen, sondern in
dem einen Falle der, in dem andern jener besser und schneller
zum Ziele führt, dass die Auffindung des jedesmal
passenden Weges ein Resultat mehrer wohl in Be-
tracht zu ziehender Factoren ist. Auf unseren Gegen-
stand angewandt heilst das: 1. Mit blofsen Texten und
mit Commentaren ist das Ziel zu erreichen. Daraus folgt
aber: die Frage darnach hat keine principielle Wichtigkeit, wie
ihr Hr. W. beimisst, sondern nur eine secundäre. 2. Die Be-
urtheilung im einzelnen Falle hängt besonders von vier Factoren
ab: a) vom Lehrer, b) von den Schulern, c) von dem zu lesen-
den Schriftsteller, d) von der Beschaffenheit der bis jetzt vor-
handenen Commentare.
Soviel zur Orientierung über meinen Standpunct; ich wende
mich nun zu Herrn Schulrath Wilhelm, und zwar will ich, da
derselbe commentierten Ausgaben überhaupt die Berechtigung zum
Schulgebrauche abspricht, nur die Gründe beleuchten, die er für
diese seine Überzeugung ausspricht.
Die Argumentation des Hrn. Seh. W. zerfällt in zwei Theile.
Der erste behandelt die Einleitungen, die den Ausgaben mit Com-
mentaren meist vorgedruckt sind, der zweite die Noten unter
dem Texte. Was den ersten Punct betrifft, so befand sich Hr.
Seh. W., als er den Aufsatz schrieb, wol unter dem frischen Ein-
druck der Einleitungen meiner werthen Freunde A. Ludwig zur
Apologie und zum Crito, E. Jahn zum Protagoras und Gorgias« Die-
sen gegenüber unterschreibe ich das Urtheil: 'solche Einleitungen,
welche sich auf Angabe des Inhaltes der zu lesenden Schrift in
was immer für einer Form und Ausdehnung erstrecken,
aind schwerlich zweckmäisig,' bis auf die gesperrt gedruckten
Worte vollständig. Auch ich bin der Ansicht, dass eine so
weitläufige Inhaltsangabe, wie sie besonders Jahn gibt, nicht in der
Ausgabe schon stehen darf, sondern der Thätigkeit des Schülers
überlassen bleiben muss. Aber eine wesentliche Frage ist dann
noch übrig: Ist der Schüler, natürlich nicht der ideale, den Hr. Seh.
W. wol zu sehr im Auge hat, sondern der, der auf der Schulbank
sitzt, im Stande, ohne Anleitung in einem Piaionischen
Schalausgaben m. Gommentaren ete«, v. L VMhaöer, Ai7
Dialoge von dem Umfang des Gorgias "bder der Mannigfalligkeit
des Protagoras den Gang jeder einzelnen Erörterung, den Zu-
sammenhang der einzelnen Erörterungen im ganzen Gespräche
festzuhalten, zumal wenn man bedenkt, dass die Lectüre des
Gorgias sich leicht durch einen ganzen Semester hinzieht? Wird
diese Frage, wie von selbst klar ist, verneint, so ist eine wei*
tere die: Die nölhige Anleitung kann vom Lehrer allein, durch
die Ausgabe allein, oder durch das Zusammenwirken beider
kommen; welcher der drei Falle ist vorzuziehen? Den zweiten
Fall brauchen wir nicht weiter zu betrachten, er ist bis jetzt
woi einstimmig verneint ; desto wichtiger ist die Betrachtung des
ersten, und hier müssen wir auf einen Mangel in dem Aufsatze
des Hr. Seh. W., der sich sowohl hier als bei der Frage nach
den Noten fühlbar macht, * eingehen, nämlich den, dass eine scharfe
Unterscheidung dessen, was die Schule und was die der Unter-
richtsstunde vorausgehende Präparation zu leisten hat^
fehlt. Das Hauptargument des Hr. Seh. W. gegen die Inhalts-
angaben liegt nämlich in folgender Stelle: Veil durch dieselben
nicht nur der Reiz der Neuheit, sondern auch Reiz und Nöthi-
gung zu ernstlichem Streben aufgehoben wird/ Man muss von
dem Schüler, der auf ein Lesestück praeparirt zur Schule kömmt,
nicht nur verlangen, dass er das gelesene im Ganzen übersetzen
und erklären kann, sondern auch dass er im Ganzen es ver-
standen hat. Oder glaubt Jemand im Ernste, 'der Reiz und
die Nöthigung zu ernstlichem Streben' wachse, wenn trotz des
besten Willens zu genügen, es dem Schüler unmöglich ist, z. B.
im Platonischen Protagoras c. 35 ff. in der Erörterung über r^dv
und aya^ov den Gedankengang oder im selben Protagoras den
Zusammenhang der Erklärung des Simonideischen Gedichtes mil
dem übrigen Gange des Dialoges zu gewinnen ? Wird es für ihn
ein Sporn zur Thätigkeit oder Faulheit, wenn er sich mehrere
Male bei seiner Präparalion sagen muss, ich bin nicht im Stande,
das Verständnis zu gewinnen, ich werde eben warten, bis der
Lehrer mirs morgen eröffnet?'). Allerdings sucht man wie Hr.
Seh. W. sagt, Schwierigkeiten nicht auf, sondern vermeidet sie,
aber er hätte noch hinzusetzen sollen: Durch die öfter eintre-
') Vgl. die trefflichen Worte Krüger's im Braunschweiger Programm
1848 S. 12. Dazu noch ein anderer Umstand. Hr. Seh. W. verlangt
den Umfang der Leclure, wie ihn der 0. E. beieichnet, z. B. im
ersten Semester der VI. 6 Gesänge der Uias. Kann man bei sol-
cher Masse, bei dem Umstände, dass die andern Unterrichtsgegen-
stände auch Zeit in Anspruch nehmen, von den Schülern (ein paar
eminente Köpfe kommen nicht in Betracht) verlangen, dass sie alles
und jedes ohne Hilfe finden? Plan, Gedankengang einer Schrift
im Ganzen richtig zu finden, braucht Zeit 'Wird ferner bei einer
Lecture, die sich ein paar Monate hinzieht, der Schuler doch gar
nichts vergessen, 'was für den späteren Zusammenhang von Vi^ich-
tigkeit ist?
518 Sebulaasgaben m. Cummcntaren etc., v. L. Vielhaber.
Ivnde Unmöglichkeit Schwierigkeilen zu überwinden, durch die
Nolhwendigkeit, sie erst vom Lthrer iiberwindi^n zu lai^sen, wird
der Schüler leicht dazu kommen, auch überwindbares für an-
überwindbar zu halten, weil er eben denkfaul geworden ist. Gibt
man dagegea nicht die Lösung der Schwierigkeit selbst, aber
den Wegzeiger zur Löi^ung, dann wird nicht nur vom ersten
und zweiten sondern von der Mehrheit der Classe verlangt wer-
den können, dass sie auf dem angedeuteten Weg selbständig*^
d b. eben bei der Präparation, die Schwierigkeit, die dem gt)-
nügenden Verständnis entgegensteht, lösen. Also ein Yf^g zur
Lösunis: muss wol nicht selten angegeben werden; soll ihn nun
etwa der Lehrer in der Stunde vor der Präparation an-
deuten? Gewiss wird das niemand wollen, denn die Schüler wer-
den ihn einfach nicht verstehen. Es muss also der Schüler irgend
eine Anleitung zur Hand haben, die er unmittelbar bei der Prä-
paration zu Rathe ziehen kann. Diese ist denn doch am ein-
uicbsten mit seinem Texte des Schriftstellers vereint, in welcher Form
iat ziemlich Nebensache, wenn sie nur dem Zwecke, nicht voll-
ständig zu lösen, nicht eine'schon gemachte Entdeckung' vor-
i;ttführen, sondern zur Lösung anzuleiten, wirklich entspricht.
Bs kann das eine kurz gehaltene Inhaltsangabe, die nur die
Bavptpuncte der Erörterung als solche kennzeichnet, sein. Wenn
z. B. der Schüler für die zweite Unterredung zwischen Prola-
foras und Sokrates die Inhaltsangabe in Sauppe's Ausgabe des
Protagoras $. 15 vor sich hat, so hat er die Hauptmomente der
Brörlerung, die wenigstens der gröfste Theil der Classe gewiss
für sich allein nicht herausgefunden hätte; aber er hat, um der
Forderung der Schule zu genügen, noch genug zu thun, um
dieses Skelet mit Fleisch und Blut zu versehen. Oder Hör. c.
1, 12, obgleich an sich lange nicht das schwerste fürs Verständ-
nis, ist zum genügenden Verständnis des Schülers zu schwer.
Der Schüler muss sichs im günstigsten Fall genügen lassen, die
Folge der Gedanken ziemlich mit Horazens Worten sich zu merken.
Wird er nicht den Text mit ganz anderen Augen ansehen, wenn
er bei Nauck liest: 'Den Ziel- und Gipfelpunct aber bildet der
Schluss, Jupiter im Himmel, Augustus auf Erden.' Man vergleiche
noch Hör. c. 4, 16. u.a. Noch lieber sehe ich für meinen Theil
einen andern Weg eingeschlagen, den Krüger in der Ausgabe der
Horazischen Satiren und Episteln, theilweise Deuschle in seiner
Ausgabe des Gorgias, am entsprechendsten, freilich da, wo es am
wenigsten nölhig war, der gewiegte Praclicus Ameis in der Odyssee
verfolgt haben, nämlich den, dass von Abschnitt zu Abschnitt
auf Inhalt und Gedankengang aufmerksam gemacht wird. Es
ist für den Schüler nicht möglich, Hör. Sat. i, 1 ohne Weisung
zu verstehen. Slatt ihn jedesmal auf den folgenden Tag zu ver-
trösten, gebe man ihm Krüger's Bemerkungen (ich rede jetzt nicht
vom eigentlichen sprachlichen Commentar) und beobachte ohne
Schulausgaben m. Gommentaren etc., v. Z. Vieihaber, b\^
irgend welche Voreingonommenheil, ob wirklich nur 'anlernen'
von aufsen/ nur 'Oberflaehlichkeil/ ob gar kein Virkliches an-
eignen durch Selbstthäligkeit' stattGndet. — Aber die Inhaltsangabe
ist meist nur Nebensache und fehlt in den Einleitungen zu histo-
rischen und rhetorischen Schriften meist ganz. Dagegen gibt es
gar manches, was der Schäler zum Verständnis der betreffenden
Schrift wissen muss, nicht weniges, dessen Kenntnis nicht un^
umganglich nothwendig, aber doch sehr wünsch ensWerthf
ist, und zwar sind das Dinge, die der Schüler nicht selbst Gndeir
kann, sondern solche, die er erfahren muss. Zu den ersten
gehören die politischen Verhältnisse, unler denen Demosthenes und
Cicero Staatsreden gehalten, die Veranlassungen zu den Priyat«
reden, Stand des Processes u. ä., die Zeit, in der Tacitus Ge-
schichtswerke geschrieben, mehrere Daten aus dem Leben des
Horaz, Ovid u. ä. Zu letzteren gehören biographische und litera-
rische Nachrichten über die Schrif (steiler u. ä. Ist es nun bes-
ser, dass solche Gedächlnisdaten, die memoriert sein wollen, vom
Lehrer vorgesagt, vom Schüler entweder ungenau gemerkt oder
gewöhnlich nicht sehr genau nachgeschrieben, dann wieder abge-
fragt werden? Es ist wol nicht nöthig darüber weiter zu spre^
chen, ganz abgesehen vom Zeilaufwand; denn dieselben Gründe,
die es nothwcndig machen, dass beim Geschichtsunterricht ein
Lehrbuch zu Grunde gelegt werde, walten hier ob, ja selbst
einige Ausführlichkeit besonders in dem Theile, den ich als wün^
schenswerth bezeichnet habo, halte ich nicht für schädlich. Jeder
Lehrer wünscht, dass die Hauslectüre des Schülers sich im Kreiscf
des Unterrichtes bewege, warum nun eine so gute Gelegenheit
von der Hand weisen? Dieser Theil der Weidmannischen Samm-
lung wurde auf der Wiener Philologen-Versammlung selbst von
Männern anerkannt, die dem ganzen Unternehmen gerade ntehl
günstig sind. Die Gefahr, die Herr Seh. W. glaubt fürchten
zu müssen, dass ein Dünkel von eingebildetem Wissen erzeugt
werde, diese zu paralysiefen hat de? Lehrer ganz in seiner Hand«
Was der Leetüre vorausgehen muss, das lasse er als histori-^
sches Material lernen, was aus der Lectüre selbst sich ergeben
kann, das lasse er eben nur daraus sich ergeben'). So hoch
ich sonst Nipperdey's Einleitungen zum Tacitus schätze, so halte
ich sie wie die ganze Ausgabe nicht für ein ganz entsprechen-
des Schulbuch; aber was dort über Tacitus Philosophie nnd Le^
bennansicht gesagt ist, das so zu behandeln, dass kein eitles
Schwatzen herauskömmt, ist dem Lehrer möglich; er halte nnr
in der Schule strenge darauf, dass keine Sentenz aus Nipperdey
gebracht wird, die der Schüler nicht schon aus seiner Lectüre
des Tacitus belegen kann. Am Schlüsse der Lectüre würde dann
') Vgl. die treffende Auseinandersetzung Krüger's im Braunschweiger
Programm 1849 S. tS fg. ■ *
h90 Schulausgaben m. Commenlarcn etc., v. L Vieihaber^
eine Äusammenhängende Übersicht nicht ohne Nutzen gegeben
werden. Es könnte dies in der Form sein, dat^s eine solche Ein-
leitung prüfend durchgenommen wird. Doch will ich das Ge-
sagte nicht so verstanden wissen, als wollte ich der Schule die
Einleitungen aufdrängen; es genügt mir, wenn ich gezeigt
habe, dass sie recht behandelt nicht schaden, sondern nutzen;
im übrigen muss der Individualität des Lehrers, den Fähigkeilen
und dem Bildungsgrad der Classe so viel Spielraum gelassen werden,
dass die Frage hierüber als für jedesmal neu zu beantwortend
offen bleibt. Nirgends schadet ein Einschnüren in allzustarre
Fesseln mehr, als auf dem Gebiete des Unterrichtes, der es ja
nicht mit stets gleichen Gesetzesnormen, sondern mit dem gestal-
tenreichsten der Natur, dem Knabengeiste zu thun hat.
In ein eigenthümliches Verhältnis hat Hr. Seh. W. den,
der die Commentare retten will, dadurch gesetzt, dass er an-
fangs mit aller Entschiedenheit der Überzeugung gegen Noten
unter dem Texte auftritt, hinterher aber Noten realen Inhaltes,
wie z. B. zum bekannten ro ^qvXoviisvov note aicoQQrixov
ixBtvo der zweiten Olynth, 'am Platz' Gndet, auch erklärt, dass
'Noten zur Aufklärung besonderer grammatischer Schwierigkeiten
gestattet werden könnten'; denn hiemit gesteht er mir eben zu,
was ich erweisen will, dass Noten bestimmter Art und Fassung
gestattet werden können, doch wol nur darum gestattet, weil
sie eben einen Nutzen haben oder haben können. Doch die Sache
iat zu wichtig, um hiemit abgethan zu sein, ich will vielmehr
den angedeuteten Passus als nicht geschrieben voraussetzen, und
nur an die Einwände des Hrn. Seh. W. gegen die Noten mich
halten. Diese sind aber hauptsächlich folgende: 1. Die Noten
gollen den Unterricht des Lehrers fast entbehrlich machen; das
können sie nicht, denn an verschiedenen Schulen sind die Be-
dürfnisse sehr verschieden, in verschiedenen Ausgaben stehen ver-
schiedene Noten. 2. Die Vertheidigung der Noten damit, dass sie
die Schwierigkeit erhöhen, ist unwahr. 3. Sie schwächen das
Interesse am Unterrichte, denn der Schüler verlässt sich häufig
auf seinen Commentar und gibt nicht acht. 4. Die Übersetzungen,
die sich in denselben finden, sind absolut zu verwerfen. 5. Sach^
liehe Notizen sind unnöthig, da sie der Lehrer geben kann.
6. Grammatische Noten beweihen nur, dass der Schuler die Gram*
matik m'cht inne hat. Der Antrieb zur Thätigkeit, der in ihnen
liegt, ist schädlich, da die Thätigkeit, die sie hervorrufen, zer-
streuend ist. 7. Noten über Gedankenzusammenhang greifen der
Thätigkeit des Schülers vor und rauben ein sehr bildendes Mo-
ment 8. Kritik ist immer schädlich, sie führt zum Absprechen.
9* ParaHelen sind überflüssig oder zerstreuend. Daraus wird ge-
folgert: Noten fordern nur verflachtes Wissen, drücken das Un-
terrichtsziel herab ; stehen mit demO. E. in Widerspruch; wo ein
Scbriftsteller ohne Noten nicht kann gelesen werden, da sind die
Schalaasgaben m. Commentaren etc., v. l. Vielkaber, 52t
Schuler in Sprachkcnntnis und geistiger Entwickelung noch nicht
80 weit, da<«s man den Schriftsteller lesen darf. 10. Zur Privat*
lectüre taugen sie ebenfalls nichts.
Man sieht es den Binwänden des Hrn. Seh. W. an, dass
sie unter dem Einfluss der Debatten auf der Wiener Philologen-
Versammlung und von Ausgaben wie der Protagoras und Gor-
gias von E. Jahn entstanden sind. Prüfen wir denn dieselben.
1. Allerdings sind die Bedurfnisse jeder Schule anders, aber
gewisse Bedürfnisse gibt es, die jede Schule hat. Ich führe nur
ein sachliches und ein sprachliches Beispiel an: Hör. c. 1, 2, 88
quem iucai eitunor galeäeque leves \ acer et Mauri pedilis cruen-
tum\fDoltus inhostem versteht kein Schüler; was zieht man vor,
dass der Schüler sich tröste damit, dass er morgen Aufschluss
erhalte, oder durch eine Note auf den rechten Weg geführt
werde? Stellen der Art finden sich in den Oden, der Satiren und
Episteln nicht zu gedenken, zu Dutzenden. Der Taciteische Agri-
cola ist häufig gelesen, kein Schüler wird c. 6 ohne Anleitung
verstehen: vixeruntque mira conrordia per mutuam cariiaiem
ei invicem se anteponendOy ni»i guod in bona uxore tanto
maior iaus^ quanto in mala plus eulpae eeC; denn er kennt den
der silbernen Latinität eigenthümlichen elliptischen Gebrauch von
nisi quod nicht. Ebenso sicher nicht Tac. A. 2, 59 proßciscitur
eognoecendae antiquitatis. Solche gewisse Bedürfnisse hat jede
Schule und solchen trägt jeder Commentar, der für
Schulen bestimmt ist, Rechnung, vielleicht den von
Schultz zu den Ciceronis orationes XI Y ausgenommen. Dass in
der einen Ausgabe derselben Schrift etwas steht, was eine zweite
nicht enthält, ist denn doch kein Beweis dafür, ^dass die Noten
in beiden Ausgaben entbehrt werden können'. Oder was wollte
man etwa zu dem Schlüsse sagen: der Lehrer A findet eine
Bemerkung nöthig, die der Lehrer B zur selben Stelle unnöthig
findet; ergo beide Bemerkungen können entbehrt werden, und da
dieses sich in jedem Capitel wiederholen wird , auch die Lehrer
selbst. Ich kann darin nur sehen, dass der Verfasser des Com-
mentars unter dem Eindruck einer bestimmten Schülerart ge-
schrieben hat, und die Aufforderung für den Lehrer, den Com-
mentar zu empfehlen, dessen Standpunct dem seiner Schüler am
nächsten steht. Die Noten sollen den lebendigen Unterricht nicht
unnöthig machen, sondern vorbereiten. Z. B. der Schule r-
commentar kann (aber nicht muss) sich Tac. A 2; 59 genügen
lassen zu sagen, der Gen. Ger. stehe bei Tac. allein oft in dem-
selben Sinne als stünde cauea dabei, denn nun versteht der
Schüler den Sinn der Stelle; nicht so der Lehrer. Der muss
den Ursprung und die Analogien dieser Construction klar ma-
chen. Dass die Noten nicht genau das individuelle Mafs treffen,
ist klar; wer von uns wagt denn zu behaupten, dass er nie zu
viel| nie zu wenig erklärt habe und täglich erkläre? Das sollen
49f Schulausgaben m. Gomm^ntaren eta, v. L, \ielhaber.
sie nicht Wenn sie nur das angedeutete Allgemeine treffen, dass
sie die wirklichen Schwierigkeiten zu lösen anleiten, so ist ihnen
die Schule viel Dank schuldig; die individuellen zu lösen, das
ist Aufgabe des Lehrers; und desto besser die Schule, je we-
niger von letzterer sie hat, und die beste die, in der der Lehrer
nur die Controle zu führen hätte, dass die Noten richtig ver-
wendet worden sind.
2. Dass die Bestimmung der Noten sei, die Schwierigkeiten
zu erhöhen, diese Vertheidigung ist allerdings unwahr und wol
nur einem Sprecher auf der 18. Philologen-Versammlung in der
Hitze der Discussion entfahren. Dagegen zu polemisieren war
kaum der Mühe werth.
8. Die Noten schwachen das Interesse ^ heifst der dritte
Vorwurf. Daran ist etwas wahres, aber kaum in der Weise wie
Hr. Seh. W. es darstellt. Die Gefahr nämlich, dass die Schuler,
statt in der Schule aufzumerken, sich auf die Noten verlassen,
hätte einen Grund, wenn der Schüler seine Noten dann, wenn er zur
Schule kömmt, nicht schon kennte, oder wenn der Lehrer gar
nicht Rücksicht auf die in den Händen aller oder doch vieler
Schüler befindlichen Noten nähme. Geschieht aber beides, dann
merkt der Schüler gleich^ was zu dem, was er aus den Noten
kennt, noch neues hinzutritt^ und er wird sich bemühen, dieses
Neue dem Grundstamm, den er schon hat, anzufügen'). Einigen
Grund hat der Vorwurf in anderer Form, die aber Hr. Seh. W.
nicht berührt hat. Sie können das Interesse schwächen, zumal
wenn der Lehrer, nicht in der Voraussetzung, derselbe Com-
mentar sei in aller oder doch der meisten Hunde, es unlerluss',
an sie anzuknüpfen, weil der Schüler vieles schon bekannte
hört. Aber denselben Vorwurf könnte man und hat man (z. B.
Jacob) der Präparation überhaupt gemacht, und zwar träfe
er um so sicherer, je besser und gewissenhafter die Präparation
ist. Hiegegen wollen wir nur auf das schon angezogene Programm
Krüger's 1848 verweisen, S. 14 ff. Ist die Unlerrichlsslunde,
wie sie Jacobs so treffend verlangt, 'eine fortgehend e be-
lehrende Prüfung,' so ist die Gefahr, dass das Interesse für
die Schulstunde ermatte, sehr gering.
4. Dass die Commentare häufig auch Übersetzungen ein-
zelner Worte und Stellen geben, ist schon öfters gerügt, so von
F. Schultz in der Vorrede zu den Cicoronis oraliones XIV. Die
Commentatoren , die ihre Anmerkungen mit sorgfälliger Über-
legung der Schulbedürfnisse abfassen, haben guten Grund dazu.
Man sehe doch unsere gewöhnlich in Schülerhanden befindlichen
Lexica durch! Dazu sind gerade solche Noten oft sehr anregend,
wenn sie durch die blofse Übersetzung ein Stück Sprachverglei-*
chung geben. Scheinbar kleinlich ist Nauck's Bemerkung zu Hör.
*) Vgl. Worte von Fr. Jacobs bei Krüger. Brauuscbw. Frogr. 1848. S. 2(K
Schulausgaben m. Commentaren etc., v. L. Vielhabtr, 62^
Od. 4, 4, 30 t%t in iuveneig est in equis patrum vtrtu» 'für
iuveneis, equi$ sag'en wir umgekehrt : Stieren, Füllen/ und doch
reizt sie ganz eigens zu weiterem Nachdenken an nach ähnlichen
Fällen. Ähnliches ist bei Nauck und in Halm*s Commentaren zu
Cicero's Reden nicht selten zu finden.
5* Dass 'sachliche Notizen für das grammatische Verständnis
nicht schlechterdings nothwendig' sind, kann in dieser Allgemein-
heit keinesfalls behauptet werden. Man denke nur an Schlacht-
berichle, z. B. an die Nervierschlacht im 2., die Kämpfe um
Gergovia im 7. Buche von Caesar's Commentaren des Gallischen,
an die Kämpfe bei Dyrrhachium im 3. Buche des Bürgerkrieges.
Wird ferner mit dem blolsen Lexicon der Schüler dazu kommen
Hör. Sat. 2, 3 auch nur halbwegs richtig zu übersetzen? Und
doch muss das der Präparation möglich sein, weiln sie anders
einen Sinn haben soll. Denn, was Hr. Seh. W. hinzufügt, dass
das, was 'für das volle Verständnis des Sinnes nöthig sei,
wenn es der Schüler nicht findet, der Lehrer hinzuthut,' läofi
auf das schon früher gelegentlich der Inhaltsangaben gesagte
hinaus. Wenn eine etwas längere Satire durch vierzehn Tage be-
handelt wird; so ist bei fünf Sechsteln der Schüler anzunehmen,
dass sie Stunde für Stunde nicht nur das volle Verständnis,
sondern überhaupt das Verständnis erst von der Schule er-
warten müssen. Die Lust, mit der sie an die Präparation gehen,
dürfte da sehr gering und die Aussicht auf 'ernstliches
Streben' doch wol Täuschung seia Der Schüler wird sich
präparieren, weil er muss, aber er wird es ohne Liebe und Lust
thun und so eilfertig wie möglich. Man kann sagen, das Reale
muss eben der Schüler anderwärts sich zusammensuchen, und hat
es auch gesagt. Da jedoch Hr. Seh. W., wie aus einer andern
Stelle seiner Abhandlung her^^orgeht, nichts als Lexicon und
Grammatik in den Händen der Schüler wissen will, so fällt dieser
Einwand von selbst weg. Anderseits begreife ich überhaupt
nicht, was denn für ein Gewinn, darin liegen soll, dass der
Schüler antiquarische, historische, mythologische, biographische
Daten nicht unmittelbar mit seinem Texte, zu dessen Erklärung
sie dienen sollen, verbunden haben, sondern autf anderen Büchern
sich verschafften soll, die ihm entweder schwer zugänglich, oder,
da sie in einem anderen Zusammenhang, als er sie eben braucht,
abgefasst sind, schwer benutzbar sind; oder liegt im Herum-
blättern und Indicesdurchsuchen auch ein bildendes Moment!
Selbst für den Schulgebrauch gearbeitete Realencyklopädien, wie
die von Lübker oder KrafTt, geben oft genug nicht das, was man
für eine einzelne Stelle braucht.
6. Nicht überzeugend ist das schlechthin verwerfende Ur-
theil, welches Hr. Seh. W. über die grammatischen Noten fällt«
Allerdings mit solchen Hinweisungen auf die Grammatik, wie sie
Jahn's Ausgaben des Gorgias u^ Protagoras bieten, als ob zwi->
624 Schulausgaben m. Commentaren etc., v. L, Vielhaber,
ßchcneinemOuinlaner, der SchenkrsXenophonchrestomathie liest, und
einem Oclavaner, den man für fähig hält, ein Platonisches Gesprach,
wie Gorgias es ist, zu verstehen, gar kein Unterschied bestünde,
))in ich auch nicht einverstanden, sowie überhaupt mit dem
ganzen System, fortlaufend die $$. der Grammatik zu citieren«
Wo keine grammatische Schwierigkeit ist, soll auch keine gram-
matische Erklärung gegeben werden, und es ist verkehrt, den
Text nur als Beispielsammlung zur Grammatik zu machen. Aber
Hr. Seh. W. setzt voraus, dass die Grammatik alles gebe, was
die Lecture eines Schriftstellers braucht Zwar die griechischen
Grammatiken sind in Folge dessen, dass Meister wie F. A. Wolf,
G. Hermann, Lobeck, der griechischen Grammatik ihre Haupt-
tufmerksamkeit zuwendeten, sowie des Umstandos, dass sie nicht
wie die lateinischen zweien Herren dienen sollen , dem Bedürfnis
der Lecture und der eigenen stilistischen Versuche, besser be-
stellt; aber wie sieht es mit den lateinischen aus? Nicht als ob
ich dickleibigen Grammatiken wie Zmnpt und Schultz das Wort
reden wollte, man reicht mit kleinen und mit grofsen zur Lecture
der Dichter und Prosaiker wie Livius, Tacitus nicht weit. Es
ist eben deren Sprache von dem, was mit Recht dem Schüler
als mustergiltig hingestellt wird, zu verschieden. Verlangt man,
dass die Schüler auf die Lecture des Tacitus sich gleich vom
Anfang an präparieren, so wird es fast nöthig, ihnen entweder
die vorhergehende Stunde immer die Hauptschwierigkeiten des
folgenden Abschnittes zu erklären — wie wenig wirklich nutzbar
dieses Mittel ist, habe ich schon früher angedeutet — oder ihnen
einen Commentar, der ihnen das nothwendigste an die Hand gibt,
zu gestatten. Es ist nicht blofs meine Beobachtung, dat^s Ocla-
vaner trotz des Interesses, das sie an dem gröfslen aller römi-
schen Schriftsteller nehmen, nur sehr allmählich zu einiger Ver-
trautheit mit ihm kommen; der grö&te Theil der Schuld fällt
auf die sprachlichen Schwierigkeiten. Hätten wir eine Ausgabe,
die neben den unentbehrlichen sachlichen Notizen grammatische
der Art böte, dass sie die eigenthümlichsten Abweichungen von
der mustergiltigen Prosa in einfachster Form erklärten, so würde
nach meiner Überzeugung die Tacituslectüre viel eher zu relativer
Sicherheit und zu festem Gewinne kommen. Vielleicht dass uns
die von Junghans bei Teubner angekündigte Ausgabe des Agricola
ein Bedürfnis befriedigt. Hr. Seh. W. meint, Hinvveisungcn auf
die Grammatik greifen der Thätigkeit des Schülers vor, indem
'sie den Weg zum Verständnis der Steile zeigen sollen'. Es
mag sein, dass ich diese Worte nicht ganz verstehe, soll ge-
meint sein^ der Schüler darf z. B. Prot. 809 B nicht durch den
Commentar auf C. 625, 2 für ovr^-T^ verwiesen werden, son-
dern soll selber den J. finden, so ist das so indiiTerent, dass es
sich nicht lohnt davon zu reden. Versteht er die Stelle, so wird er
ohnehin nicht nachschlagen, versteht er sie nicht, so darf man ihm
Schulausgaben m. CommeDlaren etc. , v. L, Vieiha^er, 526
eine Abkürzung des rein mechanischen Geschäftes des
Nachschlagens wol gönnen, da er dann ohnehin genug zu thnn
hat« Die Besorgnis, es könnten die Schuler zu dem Wahne yer*
leitet werden, grammatische Kenntnis sei überhaupt nicht nöthig
und die Grammatik nur zum Nachschlagen da , stellt sich durch
den einfachen Umstand als unbegründet heraus, dass ja zwei
Jahre nur Grammatik, Lccture aber gar nicht, (grammatische
Übungsbücher wird man nicht dahin rechnen) getrieben wird,
und auch in den folgenden der Grammatik besondere Stun-
den gewidmet sind. Darin liegt ja doch , sowie in der steten
Forderung grammatischer Erklärung der Leetüre, für den Schüler
der stärlute Beweis von der Nothwendigkeit der Grammatik.
Endlich wird eingewendet in grammatischen Noten, d«h« wol in
der bestimmten Form als Citaten einer Grammatik, liege die Auf-
forderung ^zu ausgedehnter aber zerstreuender Thätigkeit,'
und dagegen eine Stelle des O.E. S. 112, 113 angeführt. Das
Citat zeigt schon, worin das Unzulässige dieser Behauptung liegt.
Der O.E. spricht dort nicht von der Vorbereitung, für die er,
wie später zu erweisen sein wird, Commentare empfiehlt,
sondern von der Schulstunde. Dass der Lehrer bei
der Sache zu bleiben hat, ist eine nothwendige psedagogische
Forderung, anders steht's mit der Vorbereitung zu Hause. Der
Lehrer der Naturgeschichte und der Physik wird es billigen,
wenn der Schüler aufser dem, was von Naturerscheinungen in
seinem Handbuch verzeichnet ist, oder in der karg zugemessenen
Zeit vom Lehrer abgegeben wurde, diesen oder jenen Nalurge-
genstand^ dieses oder jenes Phaenomen, sei es selbst beachtet
oder durch seine sonstige Leetüre kennen lernt. Dem philologi-
schen Lehrer soll eine solche Thätigkeit verhasst sein? In dem
Sinne, in welchem Hr. Seh. W. das Wort 'zerstreuende Thätig-
keit' fasst, darf und soll bei der Vorbereitung die Thätig-
keit des Schülers, i)esonders der obersten Classen, bei denen der
unteren ist allerdings Beschränkung nöthig, zerstreut sein, er
soll die Grammatik nachschlagen — Dinge, die er zu wissen
überzeugt ist, wird er ohnehin nicht nachschlagen — ja, er soll
nicht blols die einzelne Regel, sondern die Reihe verwandter
Fälle, in welche die jeweilige Stelle fällt, durchgehen. Hat ihn die
Einzelheit von der Betrachtung des Satzes abgezogen, so wird
er, zumal wenn der Unterricht in der Schulstunde darnach ist,
von selbst das Bedürfnis empfinden, sich den Satz, die Gedanken-
reihe als Ganzes nochmals durchzugehen. Wer wollte das zer-
streuende Thätigkeit nennen? Wünschen wir doch, dass recht
viel solch' zerstreuende Thätigkeit in den Schülern sei ! Und end-
lich, was will Hr. Seh. W. an die Stelle derselben setzen ? Dbi>8
ein Schüler der Grammatik entralben kann, wird man nicht be-
haupten wollen, braucht er sie aber, ist es dann nicht auch
ebenso zerstreuend in ihr suchen zu müssen? Der ganze Unter-
$%6 Schulaufgaben m. GommeDtareu etc. , v. L. VieiAaöer,
schied zwischen Note und bloCsem Texte läuft dann, wie schon
oben gesagt, darauf hinaus, dass die Note dem Schüler einiges
Herumblättern erspart« Der ist denn doch wol so gering, dass
er keinen Grund zu einem Vorwurf abgeben kann.
Übrigens schwebten Hrn. Seh, W. hiebei wol ganz be-
stimmte Ausgaben vor, wie die erwähnte des Protagoras oder
Gorgias von E. Jahn. Die grammatischen Bemerkungen dieser
überschreiten allerdings alles Mafs; denn so sehr der FieiDs an-
zuerkennen ist, der auf die Abfassung dieser Commentare ver-
wendet ist, so ist doch klar, dass mit Schülern, die man für ro
inayysXfia o inayyikXo^ai, oder für avayxri ohne iöxCv und
so unzähligemale auf die Grammatik verweisen muss, eben nicht
Protagoras lesen soll ; daraus folgt aber eben nur, dass für einen
grofsen Theil der österreichischen Gymnasien solche Ausgaben
nicht passen, und dass an den Gymnasien, an denen das Grie-
chische auf so. schwachen Füfsen steht, dass solche Citate nöthig
^ind (dass es deren gibt, daran brauche ich Hrn. Seh. W. am
wenigsten zu erinnern), die Leetüre von Plato, Demosthenes,
Sophokles einfach ein grober paedagogischer Schnitzer, und
nur Xenophon in der Schenkl'schen Auswahl der einzig mögliche
Schriftsteller isl. Darüber braucht es keiner weiteren Bemerkung.
Ferner kann ich aus anderen Gründen mit der Form der Noten
nicht einverstanden sein. Es ist reine Papierverschwendung, die
grammatische Regel hinzusehreiben und dann noch den §. der
Grammatik, in dem eben dasselbe steht, zuzufügen. Das eine
oder das andere, oder vielmehr nur das eine, keine oder
sehr sparsame Grammatikeitate; denn Ausgaben, wie sie C. W.
Krüger von der Anabasis und Herodot geliefert (Thueydides unter-
scheidet sich wesentlich) leiden als Schulausgaben an einem Haupt-
fehler. Es kommt einem beim Gebrauch derselben vor, als sei
Herodot's Geschichtswerk eben nur da, um Belegstellen zu des
Verfassers Dialektgrammatik zu liefern. Wie die grammatischen
Lehrbücher das Posterius sind, so ist das Bedürfnis an der
grammatisch schwierigen Stelle zunächst Erklärung dieser Stelle,
die allerdings unter ein bestimmtes Spraehgeselz füllt, aber doch
in der Regel ihre ganz specielle Besonderheit hat. Aus der Stelle
ist die Stelle zu erklären, und Commentare dieser Art gibt es
gottlob mehr als der ersten Art; gegen diese musste sich viel-
mehr Hr. Sch.W.'s Polemik richten, statt sie zu ignorieren.
7. Über Bemerkungen zu dem Zwecke, die Beziehungen und
den Zusammenhang der Gedanken aufzuweisen, habe ich schon
gelegentlich der Einleitungen gesprochen. Ich will hier nur noch
auf ein paar Einzelheiten aufmerksam machen. Wird selbst die
beste der wenigen Classen, mit denen Sophokles zu lesen über-
haupt fruchtbringend ist, den Zusammenhang der einzelnen Stro-
phen und Antistrophen eines Chorgesanges, die Bedeutung des
ganzen Chorliedes für die betreffende Stelle der Traguidie auf-
Schulausgaben m. Commenlaren etc., ▼. Z. VieUMer. 6f7
faßsen? Unter den Iforazischen Oden sind viele, deren Gedanken«
Zusammenhang und kunstvollen Bau der Schuler ganz aus eigenem
nie auch nur annähernd erfassen wird. Ja selbst die Beziehung
asyndetisch nebeneinander gestellter Sätze bei den Dichtern und
den poetisicrenden Historikern kann oft so sein, dass der Schuler
sie nicht aus sich selbst findet. Bel(*ge geben z. B. die drei An-
fangscapitel der Agncola. Warum ihm nicht Winke geben,
wie deren in der Nauck'schen Ausgabe hie und da recht treffend
stehen? Vgl. Kruger Braunschweiger Programm 1849. S. 17, 18«
8. Das Feld der Kritik als solches gehört nicht dem Gym-
nasium an, aber so unrecht haben die Schulmanner denn doch
nicht, die kritischen Fragen der Art, dass Schäl er sie ent-
scheiden können und die irgendwie anregend wirken, behandelt
wissen wollen, naturlich wenn die Classe darnach ist; und soll
der Schüler sich solche nicht zu Hause überlegen dürfen? Ob
z. B. eine Bemerkung, wie sie Nauck zu Hör. Od. 1, 12, 57
ie minor laetum reget aequus orbem zur Verlheidigung der
Lesart laetum gegen latum macht: 'Die einer solchen Regierung
frohe Welt«. Schiller hat sich wol gehütet, die Gotter Griechen-
lands anzurufen: Da ihr noch die weite Welt regiertet', den
jugendlichen Geist nicht übt, ist denn doch nicht so stricte za
entscheiden. Aber entweder 'nimmt der Schüler die in der Note
•Ui^gesprochene Ansicht als gegebene Erklärung auf, oder er
prüft und verwirft sie und lernt absprechen/ Wenn die Ansicht
richtig ist, warum nicht? Nimmt er nicht die Angabe des Le-
xikons, des Lehrers ebenso auf? Und doch hat man darin noch
keine Gefahr erblickt. Aber darin, dass er prüft? Ja, wenn man
mit Quartanern Kritik treiben wollte, aber Octavaner, die viel-
leicht in einem halben Jahre als Universilä Issludenten so zu sagen
in eine neue Welt hinaustreten, wo es gar viel zu prüfen gibt,
haben doch wol ein Recht darauf, dass auch ihr Urtheil geübt
wird. Ist der Lehrer nur sich vollkommen klar, und behandelt
er in den Fallen, wo er das kritische Feld betritt, es mit Ernst
und Würde, so wird weder die Prüfung vor der Schule, noch
die Behandlung des Lehrers zum Absprechen führen. Auch hier
gilt, was C. Nauck treffend sagt: 'Der Lehrer glaube an die
sittliche Macht und denke sich die Jugend nicht schlechter als
sie ist.' Und — ist denn bei blofsen Texten und der Voraus-
setzung, dass der Lehrer keine Kritik treibe (obgleich dieses
Verlangen manchmal heifsen kann: er soU als wahr ausgeben,
was seiner Überzeugung nach falsch ist) am Ende nicht dieselbe
Gefahr denkbar, wenigstens bei Schülern , die recht sorgfältig
präpariert sind? Ist denn der Fall nicht möglich, dass ein den-
kender Schüler eine Ansicht über eine Stelle sich gebildet hat,
die mit der Erklärung des Lehrers nicht stimmt und die er für
treffender hält. Er ist nicht überzeugt, trägt dem Lehrer privatim
seine Zweifel vor, wie nun , wenn . er noch nicht überzeugt ist?
528 Schulausgaben m. Commenlaren etc., v. L Vielhaber,
So sehr er Achtung vor der Autorität des Lehrers hat, wer
kann, wer will ihn von genauerem Prüfen abhalten? Es mag
sein, dass Fälle derart selten sind , aber möglich sind sie , und
je besser und tüchtiger die Schüler, desto öfter können und wer-
den sie vorkommen. Wollen wir etwa deshalb wünschen nur
miltelmäfsige Köpfe auf den Schulbänken zu haben?
9. Was die Parallelstellen betrifft, so bin ich allerdings
auch der Ansicht, dass sie häufig in Schulausgaben unnützer
Spitzenbesatz sind (was soll z. B. ein Quartaner mit den Samm-
lungen in Kraner's bell, gall.?) und halte Citate aus fremden
Schriften oder Verweisungen auf spätere Stellen derselben Schrift
in der Regel (mehr möchte ich nicht behaupten, da nicht
so selten eine treffende Parallele mehr als lange Erklärungen er-
klären, man vergleiche z. B. zu Tac. Agr. 39^ 3 id sibi maxime
formidolosum cet. A. 6, 39 nullam ob eximiam virlutem sed
quod par negoClis nee supra erat.) für unnütz, obgleich auch
hier die verschiedenen Stufen und die oft grofse Verschiedenheit
derselben Classen an verschiedenen Anstalten gar mannigfach mo-
dificierend einwirken können. Etwas zu viel scheint Krüger Progr.
1849 S. 22 zuzugestehen. Aber darf man dem Schüler wirklich
ein solches Gedächtnis zutrauen, dass er an jede Einzelnheit, die
er im Laufe eines Jahres gelesen hat, im gegebenen Falle sich wirk-
lich erinnert? So wenig man die Jugend schlechter machen darf
als sie ist, so wenig darf man sie sich auch besser vorstellen.
Hiemit sind Hr. Seh. W. Einwendungen gegen die Cora-
menlare, wenigstens soweit sie die SchuUectüre betreffen, beendet;
gegen das Resultat, welches sodann aus ihnen gezogen wird, dass
durch Commentare 'Bequemlichkeit und Flüchtigkeit gefördert, ver-
flachtes Wissen ohne Bindung und Halt unter dem Schein gründlicher
Kenntnis erzeugt und das Lehrziel Ihatsächlich herabgedrückt' werde,
noch weiter zu sprechen ist überflüssig, wenn meine Entgegnungen
gegen Hr. Seh, W. begründet, vergeblich, wenn sie unbegründet
sind, aber gegen eine specielle Behauptung muss ich noch mich
erklären. Hr. Seh. W. argumentiert so: derO. E. verlangt, dass
der Schüler die für das Gymnasium bestimmten Schriftsteller ohne
Commentar verstehe. Der Gebrauch commentierter Ausgaben
aber gesteht Ihatsächlich zu, dass das Ziel niedriger gesteckt
sei, drückt also grundsächlich das Lehrziel herab, und erweckt
nur in den Schülern den Wahn, als hätten sie das gesteckte Ziel
schon erreicht. Was Hr. Seh. W. den 0. E. sagen lässt, sagt er
nirgend, wol aber das Gegentheil. S. lil u. 113 ist überhaupt
keine Stelle, die hierauf bezogen werden könnte, §. 23 wird als Ziel
im Unlergymnasium : 'Fertigkeit und Übung im Übersetzen eines
leichten lateinischen Schriftstellers' bezeichnet. Es ist hier wiederum
schwerlich zu verkennen, dass Hn Seh. W. Präparation von Schul-
unterricht nicht scharf genug sondert : der betreffende Passus sagt
nur: ^«Am Ende des Untergymnasiums muss der Schüler
Schulausgaben m. Commcntaren etc. , v. L. \ielhaber, 629
,Cte8ar und Nepos im allgemeinen übersetzen können'% natürlich
,den Text des Schriftstellers, über die Wege, wie das erreicht
;wird, ist gar keine Andeutung. Auch das 'ohne Commentar'
ist aus dem 0. E. ungenau herübergenommen, denn wenn S. 11 1
über die Ltctüre der lateinischen Autoren gesagt ist: 'Hiedurch
(nämlich durch Präparation) allein erstarkt der Schüler allmählich
zu selbständiger, ihn erfreuender Leclüre, ohne Hilfe von
Lehrer, Commenlar und Übersetzung,' so heifst das
soviel als: nur dadurch wird's möglich, dass der Jüngling nach
seinemAbgangvom Gymnasium lateinische Autoren ohne
Commenlar und Übersetzung lesen kann. Ob dieses Ziel mit oder
ohne Commentare im Gymnasium erreicht werden soll, davon
steht kein Jota. Dass sich die Forderung, keinen Commentar
zu dulden, 'nach dcmgesammten Gymnasialplan' doch nicht 'von
selbst versteht,' das spricht zum Glück dir 0. E. selbst klar aus
S. 112, Anm. : 'Unter den zahlreichen mit erklärenden Anmerkun-
gen versehenen Ausgaben der auf den Gymnasien gelesenen latei-
nischen Schriftsteller mögen hier einige erwähnt werden, welche
die Lehrer mit Nutzen gebrauchen können, und deren An-
schaffung auch Schülern empfohlen werden kann,
wenn sie in dem Falle sind, auf Anschaffung ihrer
Bücher mehr als das unbedingt nothwendige zu
verwenden.' Daraus ergibt sich die Unrichtigkeit der angeführ-
ten Behauptung, dass die Commentare das thatsächliche Zuge-»
ständnis des niedriger gesteckten Lehrzieles seien. Das Lehrziel
ist und bleibt dasselbe, die Commentare sind ein Hilfs-
mittel zur Erreichung desselben. Zu erproben, wie
weit man im Augenblicke von diesem Ziele noch ist, dafür gibt
es noch gar mancherlei Wege; freie Übersetzungen, sei es aus
der commentierten Ausgabe oder einem blofsen Texte u. ä. Auch
für die äufserliche Verwendung der Commentare lässt sich ebenso
gut wie über ihre äufsere Form eine Verschiedenheit denken.
Der eine Lehrer mag es vorziehen, in der Classe nur Texte zu
dulden, während er den häuslichen Gebrauch der Commentare
gestallet oder empfiehlt, ja es haben darauf schon manche Her-
ausgeber Rücksicht genommen durch die Trennung des Commen-
tares vom Texte.
10. Auch von der Privatlectüre möchte Hr. Seh. W. die
Commentare so viel als möglich ferne gehalten wissen. Er be-
trachtet nämlich die Privatlectüre ganz auf derselben Stufe mit
der Schullectüre stehend , und den Lehrer im selben Verhältnis
zu dem Privatlectüre treibenden Schüler wie zu ihm, wann er
von der Schullectüre Rechenschaft gibt. Gewiss hat der Lehrer
die Privatlectüre zu controlieren , gewiss wird er gerne bereit
sein Auskunft zu geben; wird aber doch nicht seine Zeit zu
sehr in Anspruch genommen, wenn mehrere Schüler Privatlectüre
treiben und für jede ihnen aufstoßende Schwierigkeit seine Hilfe
ZeiUohrift f. d. dttarr. Qymnat. IS«0. VlI. Haft. ^^
530 Schiilaiif gaben in. Commentnrrn elc, v. L Vieikabef.
in Anspruch nehmen? wird es der Schüler nicht öfter vorziehen,
sich bei nur halbem VerslAndnis zu beruhigen, als den Lehrer,
dem die Zeit auch Worth hat, zu sehr zu beiästigen ? Dazu kömmt
noch ein sehr wichtiges Moment. Die Schwierigkeit ist meistens
der Art, dass augenblickliche Hilfe nölbig ist, um überhaupt das
Weiterlesen möglich zu machen, anderseits ist es eben oft für den
Schüler nicht möglich, den Lehrer augenblicklich zu fragen. Es
kann leicht sein, dass hiedurch der Schüler von der Privatlec«
türe überhaupt abgeschreckt wird, was nicht geschehen würde,
wenn er aus einem Commentar sich die nöthige Auskunft holen
könnte. Die Forderung strengerer Dbemachung ober die Schu-
ler, die Commentare benutzen zumal zum Zwecke der Privatlec-
türe, würde nur vom Übel sein. Gute Bucher zu letzen aus den
verschiedensten Wissenszweigen ist dem Schüler doch noch nic-
«als verboten worden, muss vielmehr, soviel in den Kräften der
Schule liegt, soweit der unmittelbare Schulzweck nicht beein-
trächtigt wird, gefördert werden, und gute Commentare gehören
ja doch auch untet die nützlichen Bücher. — Bigenlhümlich ist
endlich ein SchloßS des Hr. Seh. W., durch den er die Unzviässig-
keit der Commentare anch zur Prtvatlectöre darthun will: com-
menlierte Texte werden selbst für die Schulleclüre von manchen
Schülern (doch w*ol nur von faulen oder die mit Commentaren
nicbt umzugehen wissen, oder endlich von solchen, deren Bildung
über die Stufe, für die ein bestimmter Commentar passt, schon
hinaus ist) verschmäht ; um so mehr können und sollen sie ferne
gehalten werden. Mit eben dem Recht schliefse ich: Übersetzun-
gen werden von den meisten Schülern gesucht, also sind sie ein-
zuführen.
Als eine Art von Grund geg^en die Verwendung der Com-
mentare zum Schulgebrauch wird auch der Umstand geltend ge-
macht, dass unter den bisher erschienenen keiner den Forderun-
gen entspricht, und dass noch niemand ein genau prae^isiertes
Programm einer entsprechenden derartigen Schulausgabe mit einer
Probe der Ausführung geliefert habe. Aber diese Behauptun-
gen sind denn doch ^iel zu apodictisch hingestellt. Um von der
zweiten zh beginnen, so kennt Hr. Scb. W. unzweifelhaft das
Programm der Weidmännischen Sammlung. Fast überall 2kistim-
mung verdient auch G. T. A. Krüger's Programm: Die Ein-
richtung der Schulausgaben der griechischen und lateinischen
Classiker. Braunschweig 1849. Ferner gibt es denn doch Com-
mentare, welche die allgemeinen Schnlbedürfnisse und auch viele
der Specialbedürfnisse berücksichtigen und befriedigen, ich rechne
dahin den Nepos und die Metamorphosen von Siebeiis, den Cav^^ar
von Doberentz, von SeyfTert, die Anabasis von Vollbrecht (wenn
diese auch im einzelnen manchem Tadel unterliegt), den Horaz
von Nauck und Krüger; Apologie und Crito von Cron, Demo-
sthenes Staatsreden von Doberentz und so noch gar manche andere.
Schulausgaben m. CommciitarcD etc., v. L Vielhaber, 531
Was Hr. Seh. W. über den Gebrauch der Commentare von
Seile der philologischen Lehramtscandidaten sagt, böte zwar eben-
falls Anlass zur Entgegnung, doch kann es, da es aufserhalb des
Kreises liegt, den ich mir aus Hr. Seh. W. Abhandlung zur Ent-
gegnung gewählt habe, unberücksichtigt bleiben. Nur gegen
ein hartes Urtheil über die Lehrer glaube ich noch im Namen
aller Fachgenossen protestieren zu müssen. Hr. Seh. W. sagt:
' Die Ursachen der Schwierigkeilen , die sich dem ungehemmten
und sicheren Erfolge der Leclüre entgegenstellen, sind nirgends
anders zu suchen, als entweder in unrichtiger Behandlung der
Praparalion oder in fehlerhafter Behandlung der Leetüre oder,
was am häufigsten der Fall sein wird. In beiden zugleich.' Hie-
bei ist denn doch ein sehr wichtiger Factor ganz aufser Acht
gelassen; dass nämlich der Lehrer nicht eine homogene Wachs-
masse, die er nach Belieben formen kann, sondern Menschen
vor sich hat, deren Geist sich zwar lenken und bilden lässt^ ab^
doch nur innerhalb gewisser durch die natürlichen Anlagen und
durch die aufserhalb der Schule liegende Erstehung bestimmter
Grenzen* Sollte sich Hr. Seh. W. nicht aus seiner Lehrerfahning
auf Fälle besinnen können, dass es trotz des redhehsten Strebens,
trotz der besten Methode, mit einzelnen Schülern, ja mit ganzen
Classen nicht so recht vorwärts wollte?
Mit der nochmaligen Erklärung, dass es sich bei gegenwär-
tigem Aufsatze nur darum handelte, die Zulässigkeit der Com-
mentare darzutbun und auf die Nolhwendigkeit einer gewissen Frei-
heit der Bewegung für den Lehrer , soviel unbeschadet des End-
zweckes angeht, hinzuweisen, und mit dem Wunsche, es mögen
sich sowohl hierüber, als auch über einen anderen von Hr. Seh.
besprochenen Puncl, die Frage, ob zwei Schriftsteller zu gleicher
Zeit zu lesen rälhlich sei, noch mehr Stimmen vernehmen lassen,
scheide ich von Hr. Seh. W. mit dem Ausdrucke des Dankes
für die Anregung dieser nicht oft genug zu ventilierenden Fragen
und für die manm'gfaehe aus seinem Aufsalz mir gewordene Be-
lehrung.
Salzburg. L. Vielhaber.
36^
Zweite Abtheilung.
Literarische Anzeif^en.
Cmrmina Hameriea. Immanuel Bekker emendabat et adnotabat,
2 voll. F/, 694. 480, Batmae, Marcus i8S8. — 4 Rthlr, {8 fi.)
Das Erscheinen dieser neuen Ausgabe des Homer mit Anmerkun-
gen von dem Jiiewahrtesten Kritiker der Neuzeit, der sich schon über
ein halbes Jahrhundert mit unserem Dichter beschäftigt , wurde gewiss
Yon jedem Freunde der griechischen Literatur freudig begrOrst , denn
man durfte mit Recht etwas bedeutendes erwarten. Mit ihr tritt die
•Homerische Kritik in ein ganz neues Stadium; denn während keiner der
neoesten Herausgeber des Homer selbständige Kritik geübt hat, sondern
sie sSmmtlichy der eine mehr, der andre weniger von Bekker abhängen,
hat dieser einen bisher noch unbetretenen Weg eingeschlagen und die
Analogie zur Fuhrerin gewählt, so dass sein Text mehr als irgend ein
anderer von der Deberlieferung abweicht Es ist freilich schon ein alter
Grundsatz, den Homer aus dem Homer zu erklären und in vieler Hinsicht
wird man damit immer zu dem sichersten Resultat gelangen, aber bei der
strengen Durchfuhrung desselben stöfst man auf unüberwindliche Schwie-
rigkeiten: diese wäre nur dann möglich, wenn die Homerischen Gedichter
das Werk eines einzigen Dichters oder wenigstens einer und derselben
Zeit wären, nicht aber das Product von mehr als einem Jahrhundert,
während dessen sich Sprache und Sitte der Griechen bedeutend geändert
haben; denn woher kämen sonst die grofsen Verschiedenheiten in beiden
Gedichten? Die bedeutendste Änderung Bekker's ist die Aufnahme des
Digamma in den Text, worüber sich dasselbe sagen lässt, was von der
Analogie im allgemeinen: sie ist nicht vollständig durchführbar. Bekker
gieng dabei viel behutsamer zu Werke als Bentley (er sagt selbst caute
pedetentimgue reduxi) und hat gewaltsame Änderungen nur selten ge-
wagt: hier ist eher zu wenig als zu viel geschehen, denn er hätte bei-
spielsweise recht gut ^232 ov anBvSovra ^idoi, ^516 fisd^iivta J^idotxo,
H 277 aif^ntQOv a%i&B feine schreiben können und dadurch weniger
geändert als £683, 792; Z 72, 101, 283, 289, 493. Dass die Alexan-
driner sich vielfache Änderungen erlaubten , wodurch die Spuren des
Bomeri carm. ed. J, Behher, ang. y. /. Em Rocke. 533;
Digamma verwischt wurden , darf mit Sicherheit angenommen werden,
und eben deshalb lässt sich das ursprungliche nicht mehr überall her-
stellen; es scheint aber auch festzustehen, dass viele Theile beider Ge-
dichte in eine Zeit fallen, wo manche Wörter in der Aussprache schon das
Digamma eingebüfst hatten, welches um so leichter möglich war, als
die beiden Gedichte erst lange nach ihrer Entstehung aufgeschrieben
wurden, wobei das Aeolische Schriftzeichen nicht berücksichtigt wurde.
Die Athetesen haben sich in der neuen Ausgabe im Vergleich zu der
früheren bedeutend vermehrt; vielleicht siüd ihrer noch lange nicht ge-
nug, vielleicht auch schon zu viele, doch hängt diese Sache so enge
mit der noch nicht erledigten Homerischen Frage zusammen, dass eine
Entscheidung hier vor der Hand unmöglich ist.
Die bedeutendsten und zahlreichsten Änderungen Bekker's fallen
in den Bereich der Orthographie und hier ist die Analogie eine sichere
Führerin. Was den Versbau anlangt, so gibt Bekker im ersten Fufs
dem Spondaeus, im fünften dem Dactylus den Vorzug (B 409, 723 ; F iöO»
B 718 ; Z 150), das syllabische Augment fallt nach der Arsis des zweiten
und vierten Fufses (ri07, 360; E 37. A 199, 357, 414.) und nach der
weiblichen Cacsur des dritten und fünften Fufses (if464; B317; £99.
Ä 108, 251, 266.) weg. Getrennt werden das affirmative ^ zoi von dem dis-
junctiven ^to», der Artikel 6 vom Pronomen o, so schon Eustath. zu
A 9, pg. 23, während sich Buttmann A. Spr. 1, 299, A. 5. gegen die
Trennung erklärt, co? schreibt Bekker nicht blofs nach %a£ und oidi^
sondern überall, wo es gleich ovrcoff ist, ebenso axaxijTa und ftritihu,
während die Alten andnrita und (iritiBta betonten; vgl. Schol. A 175,
508, 540; Gram. A. P. 111, 126; 141, ebenso iXto und oUovde während
die Alten iXto und oImv ds schrieben. Was Accentuation betrifft, so
dürfen wir von den Regeln der alten Grammatiker nicht abweichen, die
vor uns das voraus haben, dass sie das Griechische als lebende Sprache
redeten, mithin hierin für uns mafsgebend sein müssen. Bei den Im-
perfecten der Verba auf fn schreibt Bekker überall den langen Vocal
statt des Diphthongs, also ididm, iti&ri, itpiri: wir finden auch Formen
wie itpl'n, wiewohl selten, in den Handschriften (z. B. £ 280, 880; Z523)y
welche Verwechslung schon wegen der Aussprache leicht möglich war,
nie aber ididm, überhaupt dürfte dieser Punct schwer zu erledigen sein,
ebenso ob noU, Svvaiki, vtiiiaai zu schreiben ist oder die jetzt üblichen
Formen auf et: Buttmann A. Spr. 1, 191, A. 6 glaubt, dass hier ursprüng-
lich Einheit geherrscht habe. Wo es der Vers forderte, schrieb Bekker
stog für £00$, änderte an vielen Stellen fi^iv und di in iii^v und ^if, wo
es der Sinn zu erheischen schien, und ersetzte überall aP und (mv durch
sl und fiTjy. Statt der synthetischen Composita setzte ßk. vielfach para-
thetische, so svqv (iav, svqv nQBioov, iv (pqovmv, iv vaiofiBvog, doch
hätte er consequent auch iif utifisvog schreiben sollen. Die Compositi^
mit tv und Verbaladjecliven behandelt er synthetisch und betrachtet sie
ab Adjecliva dreier Endungen. Für oßQitiog schreibt Bk. aus metrischen
534 mmeri earm, ed. / Behker, ang. v. J. La Roche.
Gründen mit einem Theile der Handschriften oiißgtfiogj ^vv statt avv
am Versanfange und nach einem v, und setzt abweichend von Aristarch
(▼gl. meine Abhandlang über Didymus S. 13, 12.) vor Wörter, die mit
muta cum llqnida beginnen, das paragogische v z. B. x£v T^ooeg, %bv
tfkalri, &f8P tqbCq, ebenso zieht er die seit Wolf üblich gewordenen volleren
VersaosgSnge vor, setzt also das paragogische v überall am ßnde auch
in Plasquamperfectformen wie avmyBiv ßBßi^%HVf ebenso ovtoDg für ovrto,
Rathsamer durfte es sein in diesem Falle den Handschriften, namentlich
dem Tenetus A zu folgen, worin sich mit seltenen Ausnahmen das para-
gogische V nur dann findet, wenn der nächste Vers mit einem Vocal
beginnt; so schreiben auch Clarke und Heyne.
Dies sind die hauptsächlichsten Änderungen , die ßekker fas
sSmmtlich in seiner diesmal über drei Seiten langen Vorrede anführt
Auch eine ziemliche Anzahl Conjecturen hat Bk. in seinen Text aufge-
nommen, >;<roVon die meisten wirkliche Besserungen genannt werden
d&rfen: aber diejentgett, die dies nicht zu sein scheinen, wollen wir
iHeht voreilig urtheilen, sondern erst das versprochene peculiare libellum
abwarten, das uns gewiss hinl^gtich darüber belehren wird. Pricdlän-
der hat bei der Besprechung des Bekkerischen Homer's in den Jahn 'sehen
JlihrbtÜchera 1859, lt. Heft, S. 827 f.| die meisten davon erwähnt und
dieselben, sowie auch die übrigen von mir eben berührten Pnncte seiner
umsichtigen Kritik unterzogen, so dass ich mich darüber kurz fassen
könnte, um mich desto länger bei der AdnoUUio aufzuhalten, welcher
FVIedländer nur wenige Zeilen gewidmet bat.
Bekker lässt gerne im Dunkeln» wie er es auch hier gelhan hat.
die Varianten sind zwar ziemlich vollständig angeführt, aber das beein-
trächtigt den Nutzen der Angabe derselben wesentlich, dass die Quellen
att einer bedeutenden Zahl von Stellen verschwiegen oder nur durch
ein V (penn äilquU grarnmaiicus) oder R (auctor recentior) allgemein
bezeichnet sind, so dass es oft viel Mühe macht, ja manchmal sogar
unmöglich ist, dem wahren Urheber auf die Spur zu kommen. An man^
dien Stellen fehlt auch das gewöhnliche R oder V. Eigene Besserungen
bezeichnet Bk. mit einem Sternchen (*), doch hat er dieses oft wegge-
lassen , wie auch anderseits zu Lesarten gesetzt , die vor ihm schon
andere in denTett aufgenommen hatten, oder die sonst irgendwo schon
eiistierten. teberhaupt sieht man es den Noten an, dass sie für Bk.
ein MpwiestUm ttegotium* waren, womit er dieselben in der Vorrede
Entschuldigt Ich habe die Mühe nicht gescheut, die Varianten dreier
Bücher der llias, soweit meine Hilfsmittel reichlen, genau zu vergleichen,
um einestheils zu sehen, wie weit der Apparat Bekker's vollständig ist,
namentlich aber zu sehen. Welche Quellen Bk. mit V und K bezeichnet,
und glaube vielen damit einen t)ienst zu erweisen ; denn wenn irgend
etwas, so ist eine Zusammenstellung dos kritischen Apparates bei Homer
eine sehr lästige und mühevolle Arbeit.
tttmert carm. eä, J. Behlter, ang. v. y. ta Boche. 535
Uias z/.
%''Hpil^^''liQiq ApoH. Lex. unter f&m. 3 f; t^vozosiz ivatwo-
fin 2euodotu8. fiach ScboL A o. EusL sohrieb Hefodian itpvox»^, so
auch die mei«tea Mcs» u« Ausgaben. Dass ArisUrch ^ipöx^t schrieb^
erwILhat Didymut ausdrücklich zu J 598 und ol41 (Seh. Ilarl.) ; dort
ist es leicht möglicfay weil das Wort am Versaufang steht, hier aber
kooute Aristareh nuf die augmeulierte Form schreiben, da er das Di«
gamma nicht kannte. Bekker aber mussle /•n^d^on setzen, worauf das
UigauHBa Üihrt und wobei auch der Spomiavu« im ersten Fufsc gewahtt
bleibt ; io bat auth Faesi in dvf zweiteu Auflage , während er in der
diitten sur Vulgata Burfickgekehrt i$L Ob Zeuodot ivmvox^u schrieb
ist nicht gtwise, wenigstens Ifisst uns Didymut darüber im Zweifel,
während Eustath. es för sicher angibt. Varianten wie ^Bidinut^
(Vrat. a) eü 4, itaQa%XTidrj9 (Lip8%) zu 6, (pUo/Midij^ (Eust. Lips. Flor.
Akl. 3) tu 10, #eoMMxt (Barn.) zu 7, wtr^ (iarn.) tu 11 bat ßk» nicht
erwähnt, die meisten gans mit Recht, sie werden im folgenden Varian-
ten Verzeichnisse auch sieht bvräckiiehtigt it ai nm^ Aristarchus,
ov T«ff Yd avr«g Aristophanes Bk. mavm% Ist die Vulg^ta, die auch der
Veneius bietet, und so schrieb Aristophanes nach Didymus {ivzni bei
Villoisson), während in den Bekkerisobea Scholien^ ich weifs nicht
wofa«r> ai tag stdit, -Welches M. Schmidt geirealich nachgesehriebenr
hat IQfihwi %tP R (1 Vhid.)« Wiiiifi^itiv bei Gram. A.P. III,
37S, 31* 21 nXiic{9lf Codi Eton. sup^asor. 9» ij ^oi — tj ftikp
1 Viad. S3 * iifHPi «y^« fehlt bei «k« 24 "'H^^;: '"Hqii ▼
(Schol. Y)» m if$inBs — J»«^«rg Cod. Mor. VrAt. a; auch in dem
gleichen Verse A 552 und an den meisten übrigen 8tellen haben einige
Handschriften die Form auf «f > welob« die Attisch« ist« Dass Aristareh
slnag scfarieb> erwäfanl Didymus zu A 106 und 108. ob er es aber überall
schrieb, lässt sich nicht ermitteln, jedoch ist m bei seiner bekannten
Consequenz wabrschdntioh. 27 fjr*oie r«r«oi R (Cod. Cantabr. 8choL
V zu A 7i6). Wichtiger ist, das« Eustatlik eine Lesart inafiov 9i p,oi
Zkxoi anfahrt) die eich jedoch in keiner Handschrift findet. Vielleicht
durfte die VermUthmig, dass dies die urspsthngtiche Lesart war und tob
Zenodot umgeftudert wvrde, inn den Hiatus lu vermeiden (der aber an
dieser Stelle sTtatthafi ist), nioht ^ gewagt erscheinen, wenn man folgende
BeiHpieie veri^leichti r4i^9 schrieb Zenod. dn^httov (vielleicht ist
auch Q 186 av^^tiinte zu schreiben) für aittftivnB, wofür die meisten
Herausgeber anoTipipL9i^ gesetzt haben, S öOd ifponXCisad'ov für i^nU-
tfOfteeO-tt, O 847 ini€^s4$c^p für tniwiisa^ki (? iinWBVBaes)^ E 28t
^B%6^tl9^op für «ene^t/eO'e, '9*251 naiMoxop für nai§ixte, ferner Z fl2
ifivvevov für aftv^tte, iV 627 ofx^^^op fär o^xta^s, wofür wir jetft
ftreilioh ganz andere Leearten im text haben, nämlich (tvi^aaa^t dh ^o«-
ifiSoq ulHrjg und otx^€^ »pdyovtig, welche mir keineswegs die ur-
sprüuglicben zu sein scheinen. Vielkficht schrieb auch Zenodot £660
536 Üomeri carm. ed. J, Behkery aiig. v. J, La Roche,
(itvsa^vSTOv für (isvsaivBtB, welches nach Heyne^ Ahrcns und Bekker
die richtige Lesart ist und wofür man jetzt fast überall [iBveaivifisv
liest. Man sieht, dass die alten Grammatiker an diesen beiden Stellen,
der Caesur des dritten Fufses und der bukolischen Caesur, den Hiatus
für unerlaubt hielten und ihn durch Emendation wegzuschafifen suchten,
wobei Zenodot für die Pluralform des Imperativs die Dualform substi-
tuierte, während Aristarch den Inßnitiv gesetzt zu haben scheint. Einige
dieser Fälle führt Ahrens de Malus U. leg. quib. legibus, Hannover
1851 an, eine genauere Untersuchung wird noch manche derartige Fälle
ermitteln. 41 iyy Byauaiv — l%ysyaaaiv vuig. 46 nzQl — niqt
Clarke, Heyne, Wolf, Dindorf. 49 Tivlarig — nvlaarig Cl. H.
53 äianiQaai: diansQaov R (3 Vindd.) 54 ov xi (vulg.): ov xoi
U (Codd. Yen. Town. Eton. Mose. 1, 3.) 66, 71 xcv Tqmeq — x«
Tpcocg die meisten Mss. und Herausgeber, der Yen. hat zwar hier das tr,
aber an den meisten übrigen Stellen fehlt es. 67 fehlt * aq^atavi
iq^taai. vn\Q OQHia — vnsQOQxut Yen. Mor. 86 nazsdvat^' i xa-r-
BÖvaa^' R (Yrat, a, Mor. Cl. W.), hingegen Yen. Town. Yrat, b. xata-
dvas&\ 92 pro his ngoaetpri ylav%mnig 'AQ"riv7i R (3 Codd. Benll.).
95 xev — X6 Eust. Yen. und die meisten neueren Ausgaben, x£y haben
2 Yralt. und die allen Ausgaben.
109 * nBtfV¥,Biv — nBvpvuLBi» 112 nozl — nqoxl H. 113
iynLXlvag — iyuXlvag Li ps. Yrat a, Eton. 115 'AxQsog v£6v: iQX09
'Jxaimv R (II. Cl. aus vielen Mss. deren einige, darunter der Yen. Ambros.
2Yin(ld. 'Ax^iog vtov, andere beide Lesarten haben). 116 sIbx: bIbv
R. (1 Yind.). 117 fiBXaivicov — fiBlaivciv Cl. II. Edd. vett., {iBlai^
vufov Schol. A, Eust. Apoll. Lex. u a^li\xa. 118 xarexo^fies R (Caiit.
Lips.) : xarffxo(Jfi£t alle übrigen Mss. und Ausgaben. 129 xoi Xristarcb,
andere <Fot, 1 Yind. yc. 131 ^Bf^yQ (Yen. Town.) — U^yBi H. >V.
Xi^Bxai die Codd. — Xi^axo Edd. vett. Cl. 137 * itpoQBiv — iipoQBi.
139 iniyQarf)BV -^ ^»«y^a^e Aristarch vgl. Did. S. 13, 12. 142 ?««»
Aristophanes: tnntov cf. 145 Bk. Das Scholion des Didymus gibt andere
Aufklärung darüber: nach ihm schrieben Aristophanes und Aristarch in
der ersten Reoension tnnm {Tnnoiv'i) 9v'i%(og, Aristarch in der zweiten
Recension tnnmv nXrid^vxinmg, da aber tnnco unmöglich ist, so wird
wol tnnq) zu schreiben, sein vgl. Grashof, Fuhrwerk S. 39, und das
Scholion müsste dann gelautet haben Sizdog xal tnnm (Cod. tnnto)
Bv^nmg (Cod. dv'uSg) xal tnnmv »Xi^^i/Ttxcog, iv dl xfj xaira 'Aq^oxo^
(pdvri ikovoag ivtuSg (Cod. öv'inäg). Wie das Scholion bei Yilloisson, Bekker,
Schmidt und mir Did. S. 7 steht, ist es entschieden falsch. 143 xb ftivi
di fiiv R. (1 Yind.), 147 xb Idi Yen. 2 Codd. Bentl. — x' ^dh Cl. H.
Sp. D. Edd. vett. und die meisten Codd. 151 dl Cdsv: $' bIöbv Y.
Hie letztere Lesart führt Herodian zu diesem Yerse an, erklärt sie aber
für unstatthaft: jedenfalls las auch Aristarch $1 t^BV und so haben die
besten Mss. der Ven. Town. HarL Lips. Yrat. a. 1.j3 hier scheint
die Yariante xovg dl ßa^v üxBvi%<ov nqooBtpri bestanden zu haben. 2
Bomeri corm. ed, J, Behker, ang. v. 7. üi Rocke. W9<
Codd. BentK u. 1 Vind. haben nämlich nQoaitprj und Seh. \ zu A H%
Tovff iifts(pfi, doch könnten das auch blofse Versehen sein, vgl. B 795;
2 69. 155 (fÜB Barnesius: (piXs, so Bk. ; letztere Lesart steht in den
BIss., u. die Schollen enthalten nichts, aber Eustathius zu £359 pg. 55S
erwähnt, dass Ptolem. Ascal. €piX8 accentuiert habe, statt Barnesius war
also V zu schreiben. 161 ix Sh: i% zb letzteres alle Mss. u. Aus-
gaben, ix di scheint Bekker aus eigener Vermuthung gesetzt zu haben
und nicht ohne Grund: eine derartige Variante ist mir nicht bekannt.
MZ XinoiykBv •— XinoiBv Cant. Lips. Eton. 176 eod' iqini^^ fsgiet.
Hoffmannus (Quaest. Hom. II, pg. 101). 181 vrjval: x^Q^^ B (Cod.
Gant.). — 182 tots fioi — tot igioi Apoll. Lex. u. altpa,
183 ini^aQOvvav — ini^a^aiiaas Vrat. c. Flor. 191 navajicit
navaij as R (1 Vind.) 195, 205 'Jt^ios vtovx igxow 'Axaimv V
(Seh. A zu 195). Bk. schreibt an beiden Stellen 'Atgios viov^ die mei-
sten anderen Herausgeber ap^ov *AxaimVy Heyne und Clarke 205 'Atgio^
vtov, so an der ersten Stelle Ven. Town. , während beide und aurserdem
Eton. 2 Vindd. an der letzteren igxov *Axam9 haben. 195 otpgu
td^i 0(pQ Btdji, so scheinen Ven. B, Town. Hart, gehabt lu haben, wo
wir jetzt lesen otpq Cdjj,
203 nQoarivda : ayoifBVBv (so Schol. A, es fehlt also wohl V).
210 Txavov •— t%avBv Bentl. 229 naf^iüxiy^Bv — naQccaxifiBv 3 Codd.
Bentl. Vrat. A, Mose. 1. 230 dia noiQuviovta (wohl wegen der bu-*
koiischen Caesur) — dianoiffaviovta Ven. Gl. H. Xdßfi — idßoi Harl. 1
Vind. Thiersch Gr. g. 321, 8. 236 vnhff o^xta — vnBQOQnia Eust.
und mehrere Codd. darunter Ven. Gant. 242 ilByx^^S — iXiyxBa
Ahrens de hiat. etc. pg. 33. 245 yiyvBxai — ylvBxat Edd vett. u.
einige Mss. darunter (wenn auch nicht hier) der Veuetus, der auch
meistens yivmana für ytyvoiaxat hat. 260 xBQcivtai (Eust.) : »i^coy-
tat V (Schol. L, Eustath. Hesych.). 257 vbqI — niifi vulg.
263 ivtoyrii ivmyoi vel avoiyBi Bk. ivmyoi ist die vulgata, die auch
in den besten Mss. steht, ävoiyBi haben VraL a u. b, letzterer von zwei-
ter Hand und Eustath. ivdyg scheint Gonjectur Bekker's zu sein, doch
fehlt das übliche Zeichen *. 264 Bvx^ai R (Ven. Gant. Harl. 2 Vratt.
2 Vindd. Aid. 2, 3, Junt): bvxbo, 279 (Cyn^iv tBi (iyriOBv di R
(nicht gefunden).
301 yäg — iilv Ven. Gant. Harl. 2 VratL 301 * avoiyBiv —
avdysi» 310 £tqvvb — ozqvvb HarL 320 ad'BXBitaiy im Venetus
steht der Obelus dabei. 331, 334 ictaaav — iaxaaav Ven. Gl. H.
351, 52 folgt Bk. der gewöhnlichen auch von Nikanor anempfohlenen
liiterpunction, Döderlein Emend. Hom. (Erlangen 1858) pg. 5 tilgt mit Recht
nach (tsd'iinBv das Fragezeichen und setzt es hinter 'AQria. 353 ^v
— Tjv % Veu. 361 ^^vBa: fii]8Ba R (1 Vind.) 363 liBtaftoiviä
Apoll. Sophista (Eustath. Ven. Eton.): fistocfioaXia (Eust 1 Vind. vulg.)
367 IcFrifxn Aristarch — «fari^xe» \ulg. 368 xal tov ft^y Ven. Lips.
Eton. Vrat. a, Mose. 1, 3 — xal (ihv tbv vulg. 375 hbqI —- ni(fs
M8 Odmeri earm. $a. J. Bekker^ ang. v. /. La RoeMe.
GL II. Yulg. 377 aytl^iBv — aj^i^aq Vch. 378 oT (er: oT ^i R
(Ven. Vind.) 381 iroe^a^ur — na^odaiyM llesych. Schot. D.
38t ^xovxo 191 — Ätov^ ri9\ H. D. 384 im II. W. Schol. A —
ini das nllein richtige, da ccyyMrit hier nicht Botschaft bedeutet
388 BMpktCoiniv — KüoäyisifMCi Bentl. 00 auch £u8Uth. 395 Ho-
l9fpivtiriqi Av%&ip6vtfii V (Scho). A, Eilst. 1 Vind.)
kittitta (Ven. tdtyu), oian^ i{*o — xitliMdt ciyij ^* ^#0 ftentl.
415 l^tttti -- l^er«» ed. ftotn. Barn. 424 t» «^Mta Ven. Vral« c
-^ «« «9«t« die mrisften Mss. Cl. II. W. D. 485 inf^ovotu Ven.
-^ ihtovoatM vulf. 436, 449 * i^difHv ^ öpm^n. 438 ylmv^
iliifii7iz9 — yitoDtftftt f&ifu««ro Vrat. h, H. 450 ^t^Oa ^ ^ hf^dif
1 ViAd. fi. 405 Ti}A4Nf» ^ Yi}Xd^ Schol. 6, H^ri, 46t, 5«6
jkrcft iiaio^»r -^ oirfl^ ikaJl«i^ll^ vulg. Tgl. Grashof, Augnftf i)t S «9.
459 * ^alfir ^ |||}«l«. 468 * #Attßey -- I^Xa/)e, Gant« «Ue.
467 yfl^ A (To>vn. Harl. Lips. Etmi. edd. Flor Aid. 1. 11.): ytiq f.
469 |iNrv^ -- a^olic^ Gant. 47% idvondltiwp *^ idvoTtdliisw ApoU.
Lex* Vr«t. a. 496 ^BJ# -^^ Uw Schol. B. L.
518 onfiotMt.^ <K9vo«i^ 1 Vind. Edd. vett. 690, 59d llt/^
900g— 77e/^(0ff Ven. Gl. H. vulg. 524 ^£9: fiipH (Gant. Vind H.).
539 oiivhi Ptolem. Ascal. beim Schol. Sopti. Trach. 19 — 9JI %i tt
Sobol. A. 649 ilov(f^ uvtä^ -^ ilovaa, atd^ fiastath. od* Flur.
Dies ist die einzig riobtige Lesirtj V|fl. Ahreus de hiat» pg. 11.
3 yivoito Idi Godd, — yivoit ^dl Dentl. 4 ßuttm Schol.
pag. 589> a 2 glaubt eine andere Lesart sei gewesen dais di ot «o^.
ohne tny welches allerdings eher entbehrlich ist als di, doch führt auch
Eustath. pag. 514 die Lesart daia di ot in hoq. Die auch der Ambros.
bat, an, und scheint auch die Lesart datev ot gekannt zu haben, indem
er bemerkt xtoQlf xov v iv noXXoig avtiyQa(poig (psgofisvov , was er
aus Üidymus geschöpft haben mag. 5 iczig oncoQivtp — aatigi
ontoQiv^ Eust 8 %koviovxoi xal o^MJTOi U (nicht gefunden).
10 vtiBq f^oxriv — vtiB ^aav Vit. Ilom. l'seudo IMut. 12 ««ox^tv-
9ivxB die meisten Godd. — ino%qiv&ivxBq Eust Marl., aTcox^t^crce
Ambros Lips. ed. Born, ivavxim (die meisten Godd.): ivavxiov K (Schol.
Vy Viüd. Lips. suprascr. ed. Rom.), ivavxloi Eustath. (OQfirid'iixfiv 2
Vratt. Mose. 1, Eton, — offfiri&iixTiv Ven. Town. Ilarl. Lips. etc.
14 lovxsg — iovxe Aristarch, vgl. zu Z 121. 32 ovx Sv drj Tgtaag
nlv — ov% av d^ xal Tqmag ed. Turn. 33 oqi^Bi aufser Schul.
BLV zu H 171 noch Vrat. c und 1 Vind. 45 ftax^oo: zceZxco H (nicht
gefunden). 49 ^xafiavd^tov — iTafiavd^ioy mehrere Mss. wie auch 77
KcciidvÖQOv und sonst, vgL SchoL A zu i4 1. Eustath. pg. 449, 20.
70 ixQatp» Towul. 71 noas'i — xinsi Aid. 2, 3, Juut. 75 iv
fff^meri earm. ed, J. Bekkery ang. v. / La Roehe. 539
%fivi'^ — IC0W17? Von. Schol. A. 77 Kccfiavd^ov \\ (Mss. Vral. b,
edd. Aldd. Rom. Jiint). 86 ofiiXioi — ofiiXhi Eiist. Yrat. ».
87, 96 all nfdioif — apLU^lop Yen. vul/^. vgl. Schol. Pal. zu s 329.
89 r» om Viiiil. tt Na«gelsbachus (Anm. tut llias S. 37).
104 ivifxii^eüd'cct Aristarchus fton aexyi<fsod'ai, Tgl. Did. S. 14. Die
Lesart 9i]9u tf^T^fffCFdirt haben Eust. und Schol. br. dif^' aytttf^ifffetf^a» Lips.
wld. Aid. % 3, Junt. Rom. 109 Spao — o^<F£t> Ven. Vrat a, c, Mose.
8, SifüB Cant. Vrat. A. 116 i^sv R (Cant. Harl. 1 Vind.)j jiot die
meistet) Mss. darm^tcr Ven Town. Lips. Edd. vett. Ct. H. Sp. 117
avt i(i^ tpiXtci -^txirifit Cant. Lips. ^ Vratt. Mose. 1 , Flor. Aid. 1.
avti fit Eustath. fpClcci Eust. Gl. H. Sp. tpiXs Mor. 3 Vratt. Vindd. Mose.
3, EusL US ti fi ^ -^ i(i Apoll, de synl. pg. 243 ed. Bk. 128
Yiyv(6<i%fis t yifvmöuoi^ R (Vrat. c), yivaanotg Ven. Mose. % Vindd.
Schol. BL KU 128 und 451. ISS ov^^: ov d^ Schacferu« (app. ad
Bast ep. criL pg. 130), tpcdafi — XQ^^*- Eustath. SotfiCiaüfj — da-
pkoiü9H Eust. Town. Vrat. A, letzterer mit einem tf. 141 ayxvottvai
— ctyxn^'^^^^'' Schol. BL, Seh. V in ö 131, ApoU. Lex. Ven. Vrat. c,
Edd. vett. iyxi'^iftn Apoll, de pröB. pg. 109 ed. Bk. und Knstath. gar
iyxfiatrivax, i^'Tnddövtc — ' TÄ^/^opOf Edd. vett Cl. ü. 148
TloXvtSov Vou. Lips Edd. vett. — Itölindw Cl. H. D. aus einigen
MsS. 153 • ifhttpsto (so schon Eust. edd. Steph. Turn. Cl.): 91
zBiQito Ven. 3 Vratl. Plor. Aid. 1. 164 tintv H (nicht gefunden
vgl. Z 154). 155 huQ^ — hixQtit Caut. 3 Vratt. Mo«(5. 1, 3.
166 ißtpotiQöiP Aid. %, 3, Junt. Cl. natiQi 9h : ^itcctQl piv y« H (nicht
gefunden). 167 Ae^offtijtfttmp* Ven. — fii poatiiaartt vulg. 158
9atiovto — 9atiovt€ii Heraklides, Vgl. Osann Quaest Hom. IV, 20.
160 iovtctg — ^o»t8 Ahrens de hiat. pg.20. 162 natu px>ö%ofisvdtov
— nataßoßnoftivdmp Eust. 174 ftpsg — Sqfsg Vral. a, Aid. 2, 3>
Junt. 178 tni fiiitii Aristarchus, dieser las jedoch impiijvis vgl.
Scholl. 185 i y — 89* Eustaih. 191 ti^i totB (1 Vind.).
198 ivi: ev R (Vrat. a).
205 ^(ibXXbv Eust Ven. Vindd. 21 4 nu^ti — hAq^v Vindd. 221
iX^ ay — dXXi y Flor. ^% tpfaviiGavxtg , ßdvxeg — qxov-q^uPtB,
ßdvts Vindd. Mose. 1, welche Lesart Ahrens de hiat. pg. 12 u. 17 för
die richtige erklärt, ebenso wie pag. 20 ix^vt^ (v. 246), welches 3 Codd.
haben der Harl. Mose. 1 , Vrat b. 255 cevtcos : ov-ttog Town. Lips.
Aid. 2, 3, Rom. Junt Turn., avttog Eust Ven. Flor. Aid. 1. 25«
ivtCov — avxCog Cant if — icc Ilcrod. Eust Aid. 2, 3, Junt.; von iä
sagt Eustathius ^oits^ Jlyitota iv totg naXaiotg sS^titai.^ 261 fihp
mTLiag — naXXitgixccg Schol. Vrat b. 270 yBVs^Xri Eust Ven. u. andere
Mss. — ysvi^Xjj Lips. 2 Vratt Vindd. edd. Plor. Äld. 1, Argent, yBvi^Xai
1 Vind., ysvi&Xrig Aid. 2, Rom. Stcph. Ct ü. 273 «€v Codd. Cant
Barocc. Lips. 3 Vratt Town. 2 Mose. 1 Vind. Edd. velt. — its Ven. u.
andere nebst den meisten neueren Ausgciboii. ditonaiaBod'ai — inonav-
oaa^cu fabt alle, darunter die besten Mss. U. Flor. Aid. 1, avanavcaa&at
540 Homer i carm. ed. J, Bekker, ang. v. / La Roche.
Town. 297 anoqovaB die besten Codd. — inoQOvas 1 Viiid. und
die Ausgaben bis auf Heyne.
300 ndvzoG itaT^v — ndvroös tariv Town. u. der Venetus an allen
Stellen mit Ausnahme von dieser und ^61; N ib7 , 160, 405, welcher
Schreibart auch Grashof, Fuhrwerk S. 31 A. 28 den Vorzug gibt. 301
avT^og die besten Mss. — avz^ov Eust. Aid. 2, Rom. Cl. il&oi> — il9ji
Vrat. A. 306 loxCqt — IvCtp = vsvqtp Gram. A. 0. 11, 372, 28. 308
ano Herodian — uno Ptolem. Asc. Heyne. 310 d\id' aq Bentleius,
di z Heyne, <Ji ol Eust. 314^ l^hv (d* Vov Gl. H. Bk. 1. , D. F. aus
den besten Mss.) : ^^ ov Gant Vind. Sp. 317 ix: ano R (1 Vind.
vulg.). 324 * i^iXaßiv — i^iXaas die Mss. und übrigen Ausgaben.
329 * (li&Bnsv — (uid'BnB die Mss. und anderen Ausgaben. 334
(' l%C%avB — (a %liavB H. aus 1 Vind. 336 dovqCixaX%m apud
PMarcäum (Symp. Qu. IX, 4) aufserdem 3 Godd. Bcntl. u. die altea
Ausgaben aufser der Florentiner. 337 aßlrjxQriv : aiißXTjxQiiv R {a^-
ßXiixQ^^ schrieb bei Gram. A. 0. 1, 95. 11 Heraklides aus Milet, vgl. auch
Os.iun Quaest. Hom. iU, 5, doch nach Eust. und Uerod. zu 9 178 las
er aßXi]xifflv; eine Variante ifißXrjxQ'n^ ^Sihe ich nicht gefunden).
343 nafirßaXev Vindoöon. duo (erwähneswerther war, dass der Ven. so
hat) : HaßßaXsv die meisten Godd. 344 iqvoaazo — iqvaaxo Eust.
die Godd. u. Edd. vett. H. 346 Uoito — eXrizat Aid. 2, 3, Junt
Rom. Gl. 350 si d^ av y : bI dl xal V (Schol. L V). 352 inB-
ßriGBzo — unBß-qaazo die besten Mss. auch der Venetus, der aber sonst
überall die Form ßr^OBzo hat, die auch Aristarch für besser hält, vgl.
Schol. A zu r 262, aber doch an einigen Stellen wie £35, T 262
beibehält. 352 dXvova — aXvova Plol. Asc. 359 q>CXB : tpiXs
vgl. zu J 115. 363 d' (Ven. nebst den besten Mss ) : d' ig' R
(5 Mss.). 366 * afB%ovzB {iBnovzB schon H. aus 2 Mss.) : a%ovzB.
374 y^. hini V (Seh. L V). 387 d* deest R (nicht gefunden).
Z^^^Eqy^iri cum Barnesio ThierscMus (Gramm. §. 178, 28, auch Spitzner):
'£^ft£a vulg.
402 * y« xBzvnzo (schon fl. aus Vrat. A, 1 Vind.) : y izizvHzo. 406
vi^nios i VT^ntov R (1 Vind.). 406 Tvdiog vtog — xal xara d^fiov
Eust. 407 (idxrizM Eust. Harl. Lips. Ambros. t Vrat. 2 Vindd. —
fucxotzo Ven. u. andere Gl. H. 408 ovdi zl ^iv, dLX(os xal ovdi xb
liiv Schol. V. 412 firj d^v:fiij nmg R (l Vind.). 413 iyB^gy —
dys^QTj Lips. Mose. 1. 416 Ix^ Ven. Ambr. Mor. Eusl. Et. M. — ix^Q
Gant. ed. Rom., ix^oQ 1 Vind. Flor. Aldd. Gl. Gloss. im Ambros. 422
dvifCaa — iviBtaa Ambros. 423 * Sfia cnsc9'ai (so schon 11. aus 3
guten Mss. Town. Harl. Mor. auch der Syrische Palimpsest hat Af 350,
363 afi-a aniad^oa statt dfi iania&to) : ufi Bania^ai Eust. Veu. Lips.
u. a. 425 igvoBTn — %Qva^ Eust. Lips. Edd. vett. 428 ov rot,
xB¥,vov ifiov — xEKvov ifiov, ov TOi Gicero ad Attic. XIV. 13, 2. 444
aXsvdiiBvog — äXsvofiBvog H. aus den besten Mss. Ven. Town. GauL Lips.
2 Vratt. Mose. 1. 445 indxBgd'Bv — andvBvd^sv Ven. Gant. vgl. Did.
Bomeri carm, ed, /. Behker, ang. v. J. La Roche. 641
SU 9 10 anavw^s, iv t^ ^AQiatotpdvovg iitdtsg^Sy Zrivodorog (itto-
ma&s, 446 * ya titvato (schon 11. aus 1 Vind.) : y ixitvxto. 450
Tofoy : xoio R (Mor. 1 Vind.)* 452 <rT})^e<r(n : (mf&eirqpi R (Vrat. b,
aueh M 425 in dem gleichen Verse ebenso M 151 , 401 und oft wech-
seln beide Lesarten). 461 fehlt die Angabe der Lesarten Tgadg
Lobeck Paralip. pg. 88 u. Dindorf und TQtoav Vcn. A, Schol. br. Aid. %,
Steph. 463 niXsvBv : nilsvasv R (Ven. Town. Canl. Lips. 3 Vratt.
Mose. 1, Flor.). 466 nach der Angabe des Schol. ist es wahrschein-
licher, dass Aristarch ev 3f oti^TOter» schrieb, parathetisch, und nicht tvnoiri'
Toici. 468 in 2 Mss. findet sich nach diesem derselbe Vers, der
schon 248 steht six^tat iny, %xX. aber auch dort wahrscheinlich nicht
echt ist. 470 äxQWB — Sxqvvb Vrat b. 472 «^ (andere nrj) —
not Vrat. b, Mose. 1. 475 iym — iymv Eust. Barn. 478 * Tx«:
ii%at letzteres alle Mss. u. Ausgaben, jetzt aufser dieser Stelle nur noch
V 325, während 2;406 (Ven. Tkcd) u. o 328 schon von Wolf die richtige
Lesart hergestellt wurde; denn Homer schrieb überall ßc« (8id xov 0>
so nach Choeroboscus in seiner o^^oy^a^^a bei Gramer A. 0. II, 222, 30 ff.
und im Etym. M. Dasselbe sagt Eustath. II. pg. 109, Od. pg. 1432 (ot^
dh x6 tnsi dvxl xov iq%ixay ael o notrixiig Sia ro« i ygatpH, i£ ov
nal x6 tndvm yivsxai, ov% iaxiv avxnnstv) und Maximus Planudes bei
Bachmann Aneed. II, 55. 25; erst die Altiker führten die Schreibweise
mit 71 im AcÜv ein und behielten die mit t im Medium bei. 483
ftax^oaa^ai Aristarch — iLa%iaaa(t^ai> Herakleon nach Schol. B L zu il 298,
Gram. A. P. III, 5, 11 vgl. Did. S. 5. Beide Lesarten wechseln fortwäh-
rend in den Mss. , die letztere hat der Ven. 487 Uvov nov aXovxB
Glarke. 488 yivria^B — yivoia^e 1 Vind. 491 xriXsulsixäv —
xrjXtHXfixmv Ven. Vind. Gl. H. 492 KQaxsgriv : x^cXenriv R (Ven. Canl.
2 Vratt. 1 Vind.). 498 * ovSh (poßri^iv (schon H. aus Vrat. c,
Mose. 1) : ovd' iqtoßrj^sv.
500 oxs X8 : evx av V (lUolem. Asc). 601 ngivtj : hqivh R
(Eust. Turn. Gl), hq^voi, 1 Vind., hq^vs edd. Aid 2, 3, Junt. Rom. 503
vneQ0'' iyivovxo R (Vrat. c, Mose. 1, Vindd. hsLVn.) : vnsQ^s yivovxo Ven.
u. andere. 509 * avoiynv — avcayst. 511 i^riyog 1 Vind. 516
ov T* — ov xot, Ven. Aid. 2, Gl. 520 äxqvvov — mxQvvaVy 1 Vind.
Mose. 2, Aldd. Rom. Junt. ot &l — '^dh Town. Harl. Mose. 1. 525 £«-
XQV^v : taxQSimv R (Apoll Lex. Eust. Ven. GL U.). 527 * ovdh tpißovxo
schon H. aus 2 Vratt. 528 noXXä — yg. (lanQoi Eust. 538 x^^'
%6g : xal xijg R (H. aus mehreren Mss.). 540 dovTCfjaiv X8 nscatv —
f}^i7tB dl nqrjvrig Harl. Mose. 1. 546 xinex' — xi%ev Mose. 2. 'OqcC-
Xoxov i'OqxlXoxov V (so schrieb 549 Zenodot nach Schol. Q. H. zu y 489,
vgl. dazu die Anmerk. v. Buttmann, an unserer Stelle hat auch der Town.
'O^xCXoxov), 559 SafnivxB — SafiivxBg Godd. Mor. Barocc. 560
io^xoTeg die meisten Mss. — ioi%6xB 1 Vind. Mose. 1 und wenn wir dem
Schol. V Glauben schenken dürfen auch Aristarch, was ich indess be-
JKweifle ; dass der Dual hier die richtige Lesart sei, zeigt Ahrens de biat.
H2 B^meri carm. ed. y. Bekker, ang. v. J. Ui Bache.
pg. 24. 561 *A^T\Upilo^ : ßo^v aya^os V (ich linde keinoH allen Gram-
matiker, ckr so geschrieben hätte, die Scholien u. Eiistath. schweigen
gänElicby wol aber stebl so im Cod. Lips. u. den altcu Ausgabeu auch bei
Cl. u. H. es muss also wol heirseo R.) 563 tov — %^ Mose. 1. 667
7ii^9% 1 Vind. — sa^]} alle übrigen Mss. Edd. vett. Cl. H. 579
YLuzk X ncLQOL R (Town. HarL). 582 %Bt,Qav — z^*^Q^S Vrat. A. 583
9iaovi ndasv R (1 Vind.). 587 itaxiquBi Schol. B. Eust. Yen. Vindd. —
iaxiiTLU Aristarch, Did. S. 9* yiQ q' apMdi>io:Y^Q ipafid^^io R (Vindd.
Aid. 2f Rom. Junt Steph.). 589 to^s : %wiq d' R (die meisten Mss.)
male, dies wird sieb wol nidit auf die Lesart tovg d' beziehen , die ja
Bekker selbst im Text hat, sondern auf tov^, welches der Ven. Hart. u.
mehrere Vind. haben. 595 pott. 595 R : aXlats d' amov ia» dvvtv
Qsog SvSqa noQvaaiov : diesei Vers steht in keiner Handsehrift, ist aber
unter den Fragmenten des Homer bei Ernesti angeführt, aus welcher
Quelle, gibt er nicht an,
608 xazinxavsv «- Twzinzav £o Edd. vett. 625 i — xol Ven.
640 09 — mg Ambros. 641 ofjps cvp -^ oCffai Mose. 1, oi^yciv Thiersch
Gramm. %, 164, 6. 644 zi die meisten Mss. — ts Lips. Edd. vett. 646
i^ol t i^ov R (einige llas. n. die Edd. vett.). 650 SiQ^aina : f^
tavxa R (Vrat a). 651 ip — wv Ven. t Vind. 662 d' hi ^
Si T» Vindd. Edd. vett 671 t^e^fiiigiSe R (Vrat b, 1 Vind.). 697
dass Aristarch iiinvvv&ti schrieb ermähnt Did. ausdrücklich zu X 475.
709 KnvtciSt -^ KtiV^o^CSt Ven. Vindd. Eust, aber JB 522 f. hat der
Venetus nur ein ff. 722 oxitaai-^ hihatpi Ven. Towu. 2 Vratt 2 Mose.
Vindd., ijfOi i^ktplq o%B6(pL 3 Codd. BentL 725 yQ. oniaamxQa V
(Schol. A). 729 nilBv — nsXti BenÜ. 738 alyCda — aanlSa
Codd. Mor. Barocc am Rande vgl. Schol. A zu $ 400 xar' aanida * y^a-
ipixat, %ax alyldcc, * d'vaavoeaaav : &vaaav6eaaav Aristarchus; dass Ar.
so geschrieben habe, 6nde ich nirgends ausdrücklich angegeben, doeh
halte ich es für gewiss , da das Metrum zwei ca verlangt , vgl. B 448,
AI8I. Die Schreibweise &vaav6ia6av findet sich bei Eust. Lips. Flor.,
doch liefsen sich viele Beispiel«» anführen, in welchen dort der einfache
Consonant statt dc8 doppelten unrichtig gebraucht wird , wie ^10,
£ 375 9Uo|M»dijs , zi 324 ulxfkdaovoi , J 445 ofpilovaa , d 498 axovxi-
C€Cvxoej z/ 535 2<y<^£y^6) £ 344 igv^axo, E 725 imaongu. 744 «o-
Xi»v — woUmv Seh. B L V, Scb. A zu zi 308 , vulg. 747 tgaoai^:
otaiv R (nicht gefunden). 756 mqachtMBv — ijuxinns Eust 1 Vind.
Mose. 2. iieigno — i^OQ^'^o Lips. Edd. veU. 757 1*^/ aidiiXa ScboL
A, Apoll. Lex. C&nt Hart : luigxega igya Aristarch ; dass Apollonius hier
m u. 09C09 schrieb, beruht bei ihm anf der Verwechslung dieses Verses
mit 872, wo auch in unserem Text ogav steht. 763 i^anodia^aL —
l{ inodlatpMh Ven. die moisten neueren Ausgaben. 768 ai%ovx9 R
(Heyne aus Vrat a). p^aoxiiBv — ^düxiiiv Lips. 774 ^xl Aristarch,
Sidonius nach Schot A zu il 607, Cr. A. P. III, 6, 29 — ^t* ^g*- Cr. A. O. I,
185, 13. h&cc Schot Q zu « 15. 778 «3 (alle Codd.) : tcd Schot
/f»meri earm. eä, J, Bekker, ang. v. y. La Ro€ke. 549
Soph. El. (997, OccL Col. 1676, Burip. Ale. 924, an leUhrer Stello aucb
Ofioio»), 781 ^axaaan — htaaav Ch H. 785 iiaafiivfi : $i^a-
nivfj R (Gant. Vrat. b). 791 S' Fxa^cy ArUtarchus, öh i%ig Aristo-
phanes et Zenodotus (so Did. su dem gleichen Verse N 107). 797
9v%vnXov — i(iq>ißQQxi]g Eust. vgl. B 389, M kO%, 7 281. 798 ^»o*
lU^yvv — insfiQQyvv Eust. Vindd. Edd. vett.
802 noXtfiitipLSP Bk. aus 1 Vind. — noXBfi^nv i!6e anderen. 81 1
a9vi68 R (nicht gefonden), didvHBv: liXvxiv R (1 Vind.). 813 Ixyo*
9og — §yy9vog Vrat. b, 1 Vind. vgl. Schol. A u. BustatK 81« €ia}v — i-
en9 Eust. Edd. vett. 821 Aristarch Si^xag rq^ '/ omdfifP u. t^i^
oircSf»«r, Zeoodot tiqv y ovtdaai, Didymos cu £ 132. 824 yivoiani»
Apoll. Lex. Q. ^ya, Eust. Ven. avd xoiQovioitxa — ivti%oi.Q€ivivrwa Eust.
Mor. Cant. V>ndd. Flor. Aid. 1. 827TOre Vind. (aufserdem Ven. A,
B, Mor. Baroce. 2 Vratt. 2 Mose.) v69Yf Town. VraL a , Eust. SXXo9 —
aXXmv Cant. Vrat. a. 833 ftaxiiosed-ai -<- fLUxiioat^at, Vrat. A, Mose. 3,
A)d. 2, 3, Junt. Rom. XiXaatai t XiXrjatai fi {i y\nd,}. 830 if»(Ktt-
Tiimg — yq. iiifiefiaeif Vrat. b am Rande. 844 iiivi^it», soll wol
heifsen ivagt^s R (Cant. Harl. 2 Vratt. Lips. 1 Vind. Flor. Aid. 1. H.).
846 91 198 — 9' Mb Vrat. b. 848 nq^xop tenivM^ i it^mta ntB^vag R
(f Vind.). 853 to ye — toxs Town. Harl. 1 Vind. 854 vx^x —
vn^Q Ven. 862 vno : vno (Spitzner aus Seh. A). 874 9' amiite»
banialU (Eust. Town Cant. Uarl. Mose. 2, Wolf, Aristarch schrieb ^').
880*ffy^i7^ (so Apoll. Lex. unter dviaaifti u. Lips. suprascr.) : ayi^ri;
vulfr. 883 Tcqata R (Vrat. b, 1 Vind.). 887«» — ««v Schol. V
£u 9 11 1 , Apoll. Lex. Eust. Et. M. Lips. Edd. vett. 892 htW —
cellv Et. M. 1, 80. 898 MffxtQog — ivigtatog Zenod. nach Aristo-
ntcus. Dass Aristarch ivi^rsgog geschrieben habe scheint mir unwahr*
scheinlich, ich glaube er schrieb vBQTBQog , auch nach SeboK Lips. W^
TfQog, ovxmg'jQioragxog, o 91 Zfjv69oiog higxBQOg {^ivigxatog); dies
ist das Zeugnis des Didymus, das im Ven. fehlt. T57 schrieb Aristarch
vigd^ Cianag) statt ivsQd^, O 225 Zenodot nach Arislon. vigtaxot, nach
Seh. V ivigxavot, wahrscheinlich das letztere u. Aristarch vigtegoi, wenn
es bei solcher Confusion überhaupt jioch möglich ist einen Schluss zu
ziehen. Heyne vermuthet, dass Ar. geschrieben habe fjir^d yg vig^
tegog. 899 uvmytiv Townlelanus : avtiyst (Ven. awmytv Eust.).
901 * ys thvnro (schon B. aus Cant.). 902 in$iy6^svog ; ^i-
yofkivoif R (Eust« Vind.). 905 9\ — r» Vrat. a. 907 — 9 stehen im
Lips. von zweiter Hand. W^^^Agr^v Herodian — "Agif Cant
Z.
9 j' ißttXs : (d ßdXB 1 Vind. ßk. ißaXiv. 11 oa(f indXvipsv die
Mss. aufser Ven. Mor., Edd. vett. 15 ya^ — filv SchoL 2:305. 21
Ilr^ducov : Ur^gfxov vel Tr^gBxov V (Aristarch). 27 fi^f R (Mose. 1):
filv. Z^^AßXrigov i ayi^ßXrigov R (nicht gefunden). 34 ox^ag —
544 Oomeri carm. ed, J. Becker, ang. v. y. La Boche.
ox^tiig Sirabo XIII, pg. 903. 35 ^vlaxov — Zx^SCov Herod. mqX
fiov. X££. 18 pg. 56 Lebrs. 47 nBtxui : hbCvtcii K (Barocc. 1 Vind.)-
56 nsnoir^zai — nsnoirjvtai Town. 59 (psQOL — tpigfi Schol. A. 62
ino ^d'sv — tivlg iisxayQcitpovaiv ^anal sd'sv^ Eustath. 69 xcv —
UV Eust. Rom. 72 mxQvve — oxQvve Vrat. a, Lips. pr. man. 77
viLi^i — viiiii Veu. 1 Vind. Flor. 87 äh i d^ K (Mor. Barocc). 91
Eust. hat nicht (ksyaQOis sondern iLiyccQoiaiy da für ihn, der das Digamma
nicht kannte, xal vor folgendem Vocai kurz war, fisydcQOig haben die
Edd. vett. aufser Flor. Aid. 1. 94 rjniatag — aHsarccg K (nicht ge-
funden). 96 anoaxji — anoaxot. Vrat. a. 99 y fehlt im Vrat. b, Lips.
100 i^sniiBvai — 1£ ifiyksvai. Eust Sp. i05 (laxiooca^ai —
liaxhc0'aiEusi, Flor. Aid. 1, Rom. 106 ivavxioi — ivavtiovK (hier
finde ich keine Variante, auch nicht in dem gleichen Verse £ 497, ^214,
vgl. Did. S. 5, 3). 111 rrjle^XBixoi — xriXsHXrixoC l\. W. aus einigen
Mss. auch Apoll. Lex. 121 es wird ausdrücklich angegeben . dass
Aristarch Uvxe schrieb u. bei Schol. L zu £630 heifst es, dass Aristarch
iovxM u. lovxsg geschrieben habe: so hätten demnach (vgl. Did. S. 7)
Zenodot, Aristophanes u« Aristarch a lovxs , Aristarch b lovxsg gehabt,
letzteres steht in allen Mss. u. Ausgaben, nur 1 Vind. zu ^816 u. Aid. 3
zu N 604 haben den Dual, der nach Ahrens de hiat. pg. 16 vorzuziehen
ist. 125 vvv ysivvv [ihv R (Vrat. b), es muss aber heifsen filv
vvvivvv iiiv R. iZO v[6g — naig Vit. Hom. Pseudo-Piut. 134
Kaxix^vav — naxixevov Barocc. 1 Vind. 143 aaaov — Scaov Hero-
dian ns^l {tov, L pg. 129 Lehrs, Eust. pg. 112 u. zu dieser Stelle. 148
d* iniyiyvexaiioxB ylyvBxai R (1 Vind.) nliU9 insys^vaxo (Vrat. a).
159 ot:^tv V (Seh. A, Ven. Vrat. a, Mose. 1). 160 BlfAvxuai
Jidvxna V (Schol. B L, 1 Vind.). 165 l'-O'fXfv tpiXoxrixi ^ E^bI* iv
(piX6xfixi\raLa u. Cr. A. 0. IV, 316, 23 wie JB232; S 314, 331, 360;
Ä 130; -fr 313; Hym. IV, 263, 287; VI, 57; Will, 4; XXXIII, 5. Diese
Lesart hat sogar den Vorzug vor der anderen, denn das blofse tptXoxrixi
lit^yrivat findet sich bei Homer viel seltener und fast nur in dem üemi-
8tichion iit^yri tpiXoxrixL xal svvj. Wenn hier die Präposition iv aus
dem Text verschwunden zu sein scheint, so gibt es ein paar andere
Stellen, wo sie in den Text hineingekommen ist, deren ich zwei Did.
S. 13 angeführt habe, S 337 wo Aristarch "Etixcsq 8h TtQoaxoiat für S' iv
nqüixaiaiy und £8 wo er ilasv 8h Zx^q^jj für 8' iv Zjijf 9^17 schrieb. Zur
Vervollständigung fuge ich noch folgende hinzu: ^202, 303 ot fi^' iv
atpotai so Aristarch nach SchoL V, welche Angabe ich aber für falsch
halte; denn zu 303 heifst es bei Schol. A yq. oV fi' iv acpotai ohne dass
Aristarch genannt ist; ich glaube vielmehr, dass Aristarch geschrieben
habe of f&e atpoiai und finde jetzt eben, indem ich zufällig bei Villoisson
nachschlage, zu meinem grofsen Erstaunen und zu weiterer Rechtfertiguug
der von mir Did. S. 13 aufgestellten Behauptung ein Schol. des Didymus
^ot [IS aq>oiai ' ovxmg 'Aqloxaqxog , aXXoi 8' of ft* iv acpotai'', welches
unverzeihlicher Weise weder bei Bekkcr noch bei Schmidt steht; ersterer
Bomeri carm. ed, J, Behher, ang. v. J, La Boche. 545
bemerkt zu & 202 yk h Aristarchus , non [li, TI 469 nad' d* insa' iv
xovCjjaiy der Vrat d hat insatv, ebenso steht bei Gram. A. 0. 1, 253, 9;
18 . 281» 17 imcB nov^'^ai, dies könnte möglicherweise die Lesart Ari-
starch's sein, wie auch xl63) <r97, r454. Es findet sich zwar nCnxHv
noviffoiv nicht weiter, sondern immer iv novitjai {J 482, £ 683, Z 453,
-4 425, N205, 508, 620, 617, AT 418. 452, O 423, n741, P316, 428,
V437, <r398) aber die Construction von ninxto, die bei Homer aufser-
dem nur noch E82 vorkommt, ist wohlberechligt (Matth. §, 401, ZX _^ ^
findet sich auch bei Aeschylus u. Sophocles und ist analog der Constr. '""^^
anderer Verba mit dem blofsen Dativ; auch iay,aCy das öfter bei nCnrm
steht (£583, i\r630, 678, 617, <£7418, 71741, 803, a 397) ist eine alte
Dativform. 1^296 xal Xova' iv norafuß , Schol. L V zu £905 hat xal
Xovae fcotaiifß, statt dessen lovaev zu schreiben ist. »315 findet sich
neben noXXm Sh (oCim die Variante d' iv (oCi<p offenbar um durch Po^
sition eine lange Sylbe zu bekommen, die hier unnöthig ist. 169
nxvMx^ — nvHx^ Apoll. Lex. Schol. Harl. zu ß 141, Gant 2 Vratt. 2 Mose.
2 Vindd. Lips. Flor. Aid. 1. 184 ftaxiftraro— (laxioaaxo Eust Yen.
187 96Xov : Xoxov R (Yen. 2 Vindd.). 191 ylvmOM Eust. viele Mss.
u. die Edd. vett.
200 xal x£tVoff Aristarch vgl. Did. S. 10 — K^%Btvog Lips. Edd.
vett. Gl. H. xal ovtog Aristot. Probl. 30, 1. 201 nannsiCov Eust.
Yen. Lips. Edd. vett Schol. Find. Ol. XIII, 130. 20Z ''laavdqov i
TIsCaavdQOv Strabo (pg. 573 ; 630). 206 ^ ifi — di ft Eust. Gl. ü.
217 ^B^viö' ivli^tCviaiv iv Seh. A, Yen. Mor. i^CviaJ iv 1 Vind.
227 ifiol Tqmsq — Tqmg iftoX Harl. 1 Vind. Aid. 2. %XhxoI — xli^ro/
Mor. Barocc. Vrat a, 2 Vindd. 228 noqri — noQOi Eust. Harl. Gant.
Lips. 1 Vind. Rom. xe R (Gant.):ye. 230 inaiLsitffOfi'ev : ifcaiiBiipO'
/*€«■' R (2 Vindd.). 237 tprjyov (Seh. Dinvgyov Apoll. Lex. unter mg
und die meisten Mss. 241 naaagznäai iidX' (Seh. A). *i47
ivavxiot — ivavxiov Vrat. b. 24» ivd'a dh — iv^d ye Vrat. b , iv-
»ddB Gl. H. 251 ivavxCri — ivavxCov Mose. 2. 260 9^ %avxog :
9b % avxog Ptolemaeus Ascolonita (nach Uerodiau); wichtiger wäre
die Angabe gewesen, dass Aristarch di % avxog schrieb, dies sehen
wir aus Aristonicus zu T311 ^ dinXrjy oxi nBQiaaog 6 %bv ij
9h dvatpOQcc ngog tag xoiavxag dvayvoiaBig, oxi ^nQtSxov [ibv, inBtxä
9b n avxog ovi^OBai^ (Z 260), «^aXtffra 9i n avxog avByvo)» (N 734).
266 9' omitta ApoUanfus SapMUa cum Yeneio: dass dies die Lesart
Aristarch's ist, erfahren wir aus Eustath. pg. 641, auch fehlt 9
in den meisten und besten Mss. 271 nknXog Codices duo (Mose, f,
3, Vrat. b, aufserdem ed. Flor. Aid. 1, 3), ninXcav tertiui (Barocc.
Harl. Mose. 2 , Vrat. a , 2 Vindd. Lips. suprascr). 277 anociri —
an6c%oi Barocc. Mor. 1 Vind. 282 ixqB(pB\ ixqaipB R (Eust.). 281
%Bv Eust. Lips. Edd. velt. — xe Yen. Gant. Mor. Mose. 1, xal Town.
Mose. 2, 9h Bk. 2. 284 y« Wotf^^ — y e»oifi* Mor. 286 i%XB-
Xa9ia^ai — iniXa^ia&ai Vrat. A. 293 aBi^afiBvii — aBigoiiivfi
Zaitachrifk f. d. ösUrr. Gymoat. IgOO. VH. Heft. 37
546 üfmßfPf fßrtß, ed, y. B€Mkr, a^ig. v. /, Iß MofAfi,
IJikrl, 295 ßnilap^tv — iU^cjimßv 1 Vi^d. Jl»7 a? d' $ all'
CSch. W. 3^98 T^t — wff ye 1 Vi^cl
7c4nntv B#ra<^eon, Aie^iPP). 32;? fp|a fpimvjt^ V C54>. l. V). ;äJa
/»#T «e« »^,^«f» ^ Eu8^ fian*- Ä0I9. 333 P»^' — f^% Vr^i. b, 33»
ovS\ — pvTjB TqwpI ^«ff.Wt EJL M. pupi ü (V/jo. l^ips.). .34? /aw^
'^otatf' ^lifCßßjo iCa yvvm^^p Capt 351 P^ ^9^ (Yen Tx)Wtt, llurl.
Mor. V/-at. a, J Yipd,). : h i' i^n f^mpiures ()Li|)3. ^d^. y^tl.). 353
^^4 Yep. U^rl, yr^t, l>, 1 Yiftd- l*o.»C, 1 -^ 1W gust, I,ip^^. yMJg, 3J&6 fy^jv :
4^^(49 ApoUfn^m 4e ßl/moßi m, 18 f^. 133 B|^. aufferd^ Yrat. <;, Flor.
414, J); n^ ArisUojcuÄ ;^U T \(^ ^ri#b 4prt 4jrist4riib aqgii^. it--
nodot «rijg^ vgl. Sohol^ A zai i^J8 jffi^^ * h SIX9 iQZVS M- 3<:bpl. V
«Tijff, i?^x^5 V^^^Wx^lOff, r IPO bajl (}ex Yen. fif x^f »» 4^P J)ei4ep ap^
(IfifeD Stellep aFi}^ iMiul ,>Q scbripb ;(^brjspbc|plic|i ajieb Ari8t4rcbf 357
im4 -^ »€f C94 364 ^' : (i Oarn, P), 90^ Oipga tSa^i^m, EH»t,
Yen. Qab*. MV. Al9«9 J — P9>j?' fl?» f?«M** Lips. 1^^ audere M»s. Hr die
E.d^. VPH- Die |-ewl Mhovde ilsvapfAfti, yieboD fnit R^ecjit vor Abr^m
de hiat. pg. 22, Kayser Progr. Sagan 1857, pg. 11. ß73 nvgytp —
^fi^ffoif iSra$J?p( l^iOii-werk S, 16, A. 11, 3ß| ai^' : 4xv JUlips. Kdd.
v/Btt.). 393 Tj y^f — ^ö*' «v' C^«l. Vi#t, a T^a^ Vpn, Harl. Mprapc,
¥9^.9f }j 3ÖÖ ^«^ /7^K9 — 'T^OT^a^ax^ l,ips. fidd. velt
j^ ^n\ f^hn9 y«fl- ¥Q8C, 1 - ^W xpijTfio Eu^. ßarppp. Yjp^d,
l«l xpA^fpv Ljps. B()d, vell. Cl, fl. «vrcotf r- ptv^«)^ Vci|. Eust, 40«
^ftdvdgiqr g VjndiJ. AU«. ^^ 3, Junt. iQ3'*JE»f fl?^ -.- Ti^jjy 3arpcp.
413 P^^i (10^ — oyd' iiiol Sc^ol. Soph. Ai. ^)4. 414 «fipy Apoll,
dp pro«, pg. 141^ ejt. Yen — i^ov tips. Cant EiJ(J. veU. nßtiQ^i Vd»
Yf^l. A, «ftpv Gl. H. 418 xaxixijff : ^ßxi^^9 R (nicht gefypden),
431 nvgyqt -r- ipvffYOv Qrashof FMbrwerJt S. 16. A. ^1. 435 f^ y :
T»#' (pchQl. A > ypp. TQwnl.). 438 ^sqn(fo^ii^v ; ^ip^r^o^lVf ß.
CLips.), ^«QÄjjfl?«©v NaucJtJM». it^qTfgpff^Sfs ß^fPPe. Mp»-. ^43 ff s — 9
^list, vgl. Soft. L. 4H ovd^ fiB-^ßpf ii^h Si-n, TowPt Mftsp, ?.
W7 ya^ <yai p^st Yeq, ^pwp. JlafL Pftpt, — i^hv y^q Lips. Edd vetl.
I^hv iym Vr^f. ^), JJP3P, ?, yjpdd, '46» ^f ''Aqys'i ovga Y (Sphftl. A,
Yen, 9, TP^«. Vr^t, A, ^losp, t, 2. «fXiqg r^ i^l^g Ven. 2 ViocM, i^«/-,
f oiff — iygfiVflg J-ip?. pr, in^n. ^#p,?, 1 Yjad, 457 «»p^f^i« ^ fp^^
fßfig 1 yind. 46|1 af^g?.€ffflEj|OVTp -r ^^i^pl i^<)fK91^fP Yrat, c, Äl08C. 3.
F|pr. 41d. I, ?,Jupl. 4^*;p^>n (^o sp^on ^poll. Lex. Eus^p Yindd.
Flor, 41dr U h f^l^^^)'XVTfl 464 rs^ytipziit Ari^l^rpb, Yra|. b, t VinU.
Flor. Aid. 1, Rom. — n^vaiattn Yef^. Ef^ß\, Lips. |j;dd. veU. 46^ ^l-.
itij^po*> : llifti^fioro a (jMor. Barocc. 2 Mogp.). {^9 t« /di 1 t li^h
Yind. (aufserdem TQ^p. Benlj. H. YY.), t ^4' aiS Vit. Hom. Pueurio.
P|ul. 479 anEfvtßv — «f&f/yo» Scbql. iV 352. 484 iXirjat i iliai^t
R (llarl. Mose. 1, Lips. 1 Yipd.). ^^ zn^ite i^iv Titctigs^B -Jv z igm
9f 9V X«*?^ fi lp\cb\, gefunden). 488 nstpvyiiivQv — mtpBvyfj^ivoM
Bimtfi €turm. Mf. /. BMufT^ ahg. y. /, iM itnche, h\r
AfH>)l. Lex. unter fm^m^ ^^ni, 493 lyyvffiamv — licyfyaairt Mose. «,
Vrat. b pr. nan.
607 #M^ «nr^^^ifttfv — ^sfffic^ ^itt^pifeaff Et. M. 61, 13» «la/ff *^
de^M Eust. Lips. Edd. vett. 613 S9 t ^ ng Ups. Edd. veU»
614 Sl jrodtff *- d' i n^is MOr. I Viod. Baril. 619 4uiX$üet ^ ixi-
l€V6ag i VkMi. 621 toi--«Oi Bk. Aneod. 177, 1. 522 tov^7«lr
Vrat. b. 5a3*fUJ»^i9g (so schofi Eust. Vrat.b, Lips. 1 Vind.) 53«
<rfi7<rfttftei — unftfMrtwt Eust. Et M. 3«ö, 52. VraU b, Aid. 2,3, Junt.
629 ilttotantcs ^ iliica9%9q Lips. Edil. vett.
Aus TOdtefaeudem wird sich wol über dl« kritischen Anmerkungen
ein hinlSeglich sicheres Drtbeil lallen lassen. Dass die Varianten nicht
vollständig v^rseichiiet sind^ dürfen wir fiekker uitht twt Last legen, er
wollte eich der listigen Arbeit nicht unteniehen: wir sind ihtn viel-
mehr für das, was er uns darin neues geboten hat, cu grofsem Danke
verpflicbtei. Was nun die Benennungen viäu fffwnmaUcm und €meUMr
receniior betrifft, so ertiebt man leicht, doss Bk. su den ersteren die
Alexandriner und ihre Nachfolger reebnet bis auf die Zeit« in welche die
Abfassung der Scholiensammlung des Venetus A fallt» zu den sweitea
Eustathius und die sümmtlichen Handschriften. Ans den übrigen Büchern
derllias und aus der Odyssee hebe ich nur das heraus » was mir gerade
bei der Durchsicht besonders aufgeftillen ist.
A 8 Dass Zeuodol e^AM u. Seleucus 9900 las, versichert ApoU. de
synt pg. 167, 6 Bk. A 120 la^<re»rt t ItioBxt V. Wenn wir dem
Sehol A Glaubea sehenken, so schrieb Aristardi swei tfe, doch beisst es
bei Gramer A.P. 111, 332» 16 in dem sonst gans gleichen Mio\/Aqlctuqioq
^ 9 Y^atpsi. und ebenso bei Gram. Epimerism. 262, 19 und 109» 3t
ebendaselbst heifst es ovdinoxe ngo xmv dvo aa svQlansttti iitp^oyyoi.
Ferner steht bei Eust. pg. 64 ozt l§v» i^hf Xevam w li^d$» B%' Mg
yqdtpixiu c vofi^ f^ilXovzogf Uvaam 9h to ßXinto h dvA n^o^igstai
96 %al nifig duiatöXriP k%§iiwü x«l mg hBütmg, d tmI aXlmg oidiitott
mQ9 %mv dvo 00 BVQldnsteu Si^^'oyyog nX^p tovtov %ai nXifp to«
%Qsia6m9 »«l tov i^ avtoi (i^pLmtog tov KQuaem, Wenn es nun im
Schol. B L keifst 'A^ütta^x^g [liXXoptu 919^9, so kann er umnOgiicIi
xwei 0» geschriebeB haben, auch hat das Schollon, welches Sehmidi
dem Didymus sutheilt, wie es bei ihm, Bekker u. ViUoisson steht, gar
keinen 8ian, lasst sich aber mit Hilfe von Gr. A.P. 111, 332« 16 u. A.0. 1,
262, 19 leicht emendieren ^A^laxamog y^dtpu 8ta xov ivog tf.* Das
folgende gehofft nicht mehr dem Didymus, aoodero wahrsibeinlieh ilero-
dian. if 176 wird verworfen, siehe Bekk. Anecd. pg. 737. A 203
Idjig Zenodot (vgl Did. S. 11), so SchoL V zu N 449 u. Gram. A. 0. 1,
209i 16 Znvodoxog y^f^n «099a CB^* (r 163) nai c^« vß^tP CdfiQ*
{A 203), 'AfiatoQxog Sh ^o^qu Cdji* (denu ao ist statt I9ig u. idirig z«
achreiben), ^umti^mg dl at^^H'qv i%9u 19 ^^ Zr^podoxov ß' iogicto9,
il dl 'AQiaxaQXOv (i4c0v ioqUxoiV m, «ov «a> yii^ xoiovg Cdop ivigag
ßvdh tdmpai^ iA 262), %al x6 diiktgop fdp, . %ak 1} ^p Zi^PQdoxim
87*
548 Bmneri earm. ed. J. Bekker, ang. v. J, La Rocke.
7a«i}, 17 ^^ 'Aqiata^%ov noivi^, ovdinots oStm xoivod xQtitaiy aXX*
InBXQatfiasv rj 'A^iatd^x^v, ^^ Herodian. il 218 «vxov — ai xov
DöderleiD Emend. Hom. 1858» pg. 11. Ai7i inagidfikevot — inaff-
XOfiivoi Gram. A. 0. I, 107, 27.
B 1 aXloii mXXot {mXXoi) Zenodotas, vgl. Schol. X B i u. K i.
Apoll, de synU 5^ 27; 38, 15. Philemon pg. 217, 316 (Osann), Gram.
A.P.11I, 146. Lebrs Arist 377. fil39 ^yo (nicht iymv) Btna Scliol.
BLV u. Eust zu Z71. B 670 wird verworfen bei Schol. Find. Ol.
VII, 62* B 772 anoiiffviaag — inipffviaag, so soll Aristarch gc
flcbriebeD haben, wenn wir dem Schol. V zu H 230 glauben wollen, zu
vergleichen ist Osann Qu. Hom. lY^ pg. 19, Philemon pg. 271, 59 (ed.
Osann). B 795 * ngooiipfi, so hat schon der Venetus.
ri53 nvgyat — nv^fov Grashof, Fuhrwerk S. 16, A. 11.
r273 vgl. Gram. A 0. I, 239, 1. IV, 329, 4. r406 über die Lesart
mnosmB xiXivdavg, die auch der Venelus hat, vgl. Philemon pg. 269,
57. r4ll %i{vav — *si9tß Grashof, Hausgeräthe S. 19, A 16.
F 424— 426 werden verworfen bei Bekk. Anecd. pg. 737. F 459
iftotivifiLtVf CM ist zu schreiben dnoxivtxt.
H 239 ist zu schreiben to (loi hxty so auch Faesi.
9 37 TBoio vgl. Apoll, de pron. pg. 1.18, de synt. pg. 163. Dass
Zenodot diesen Vers in seiner Ausgabe nicht hatte, sehen wir aus Schol.
V, dort ist zu bessern ovSh h r^ Zi^voSotov itpigsto, to yaff xsoCo
üvfxei tov Xoyov. B 206 Aristarch schrieb Z17 und begann den
folgenden Vers mit v' nach Schol. A zu Sl 331, so hat auch der Venetvs
und an den beiden anderen Stellen ^265, Sl 331 der Syrische Palim-
psest, vgl. Villoisson Proleg. IV, adn. 1. 9 530 vn tioIti Bekk.
Anecd. 573, 8.
/ 634, 636 iXX' 6 und dsiafiivip bei Schol. Soph. Elect. 210.
ÜT 159 Eust. scheint noch einen anderen Vers nach diesem gekannt
zu haben, er sagt zu E 40 pg. 519 Sio %al 6 NiartoQ tm JioiiiiSff
minivqi %ov tprialv. iyqeo . . . . /L117 x£g toi %a&8vdovti (?) iLStatpgiv»
h dogv n'niv ^gl- ^ 05. K 200 u. 201 sind späterer Zusatz.
K 252 schrieb Aristarch naQoixo>%Bv, K 428 aQyvgoto^oi (?) Gram.
A. 0. II, 458, 12. K 515, iV 10, S i^ hat der Venetus aXaog isxonl^v,
A 363 i^vocato — iqvoato Ven, vgl. Grashof, Augment, Progr.
Düsseldorf 1852, S. 21, A. 35. A 388 taQöov — tdqam Apoll. Lex.
unter ygantig,
M 243 i^vvao^ai Schol. Eurip. Phoen. 902. M 260 ^ioring
— iiBaiiyvg A. Goebel epithet. in tig pag. 42 (Progr. Wien 1858).
N 6 ißiatv Ven. Ap. Lei. 3, 17. Nie. Damasc. bei Slob. flor. V,
73 (1, 130 ed. Meinecke). iV^275 wird statt otog zu schreiben sein mg
vgl. X 336, wo bei wmg ebenfalls der Beziehuugsaccusativ sieht.
iV470 hier ist ip6pog XdßB ein unhomerischer Ausdruck und statt dessen
ist ein Substantiv zu substituiren, welches «Furcht* bedeutet: das ge-
eigneUte ist «^o>09 vgl. r 34, 9 452, A 170, E 862, T 14, X 136
Bomeri carm. ed J. Bekker, ang. v. J. La Rocke, 549
und es ist zu sehreiben 'iSopttviia tqo^og Idßi, oder wono tq nothwen-
dig Position bildet 'Idofitv^ tgofikog iXlape. Wenn Aristarcb zu diesem
Verse die Diple setzte Ott aatpmg ipoßog ayrl xov 9^717, so musste er
zuerst nachweisen, dass der Ausdruck <pvyri Xanpdvsi tiviy die Flucht
ergreift einen, möglich ist, oder sollte hier 90^09 unhomerisch «Furcht*
bezeichnen ?
X 182 ip (f aga — ip di ot Pal. Syr. SS 288 /tfrax^OTavi}
— pMnqotix^ Pal. Syr. oder sollte a%qozatji zu schreiben sein, da ohne-
hin schon mq^furflLBtov vorhergeht?
O 126 statt eHcTo ist bUbv zu schreiben, da das Medium nur
dann gebraucht werden kann, wenn das Subject die Handlung an sich
selbst vollzieht. O 306 'Axatmv aitoviovto — ino atqcttov insviopto
Schol. Find. Pyth. II, 86. O 9Z9 ai^Xmv Schol. Find. (Ol. III, 60).
27 12 ni(pda%Bai Apoll, de synt. pg. 137, 4. 17 31 t/ tftv . . • .
o^lyovoQ — t(gc'... o^ifovatv Gram. A. 0. III, 389, 21 ; 390, 14.
72 68 ffr' f^Xno Doed. Emend. Hom. pg. 11. 77 88 nviog — Kvdi
Gram. A. O. II, 363, 18. 77 169 die ursprungliche Lesart muss ge«
Wesen sein naQfjta und tpoivd, welches die Alexandriner in den Sin-
gular umänderten, um den Hiatus zu vermeiden, der aber hier statthaft
isU 77 213 ßiag — ßiav Tzetzes in Uermog. Gram. A. 0. IV, 117,
13. 77 431 da tovg nicht von ISnp abbSngen kann, indem das be-
stimmende Parti cip nie den Gasus regiert, sondern das Hauptverbum, so
ist tov zu schreiben d. b. Zagntiiova vgl. O 12, 44; P 441 ; T 340;
A 332. 77 660 muss statt der fehlerhaften Goiijunctive ^v^Ofi und
Uritai der Optativ gesetzt werden ; es ist nur Schade um die Muhe, die
man sich genommen hat, dergleichen Stellen künstlich zu erklären.
77 736 onqioev^' opi die Elision, die Bentley dem Digamma zu Liebe
in den Vers hineingebracht hat, ist an dieser Stelle nicht zu dulden
und die Lesart der Mss. onqiotpta top beizubehalten. 77 867
hat Bk. ein neues Wort iqtü'qxa statt ipdqotiitcc oder i&QOtijta gebildet
P 46 aan^' ipi — äanidt h Ven. P324 »i7>tm 'HnvxtB^
<- Nif^tm» 'HnvxCdy Herodian, vgl. Gram A. 0. I, 233, 17; 111, 286, 3,
so auch der Ven. P 660 ipiMovaiP — aninavoip SchoL Find.
Pyth. IV, 650 P 672 U%updtf -- liapdtf a Hermann zu Aesch.
Suppl. 816. P 609 9üpQ0v Orashof, Fuhrwerk S. 16, A. 11.
P 748 titvxfimg Reraclides, vgl. Osann Quaest Hom. IV, pg. 21.
S 231 diitpl otpoig — dfiktplg olg Grashof Fuhrw. S. 27» A. 22.
T23lT^cooff — T9(0lGr.A. 0, I 404,29. T261 vgL Apoll
de pron. pg. 97, de synt. pag. 163, 8. T 486 vgl. Orashof Fuhrw.
8. 28, A. 23.
X 308 u. CD 638 iipinmitig — vipmottiHg Ooebel epitb. in Big pg. 43.
W 43 oaxtg te — Sex iotl Grashof Fuhrw. S. 26, A. 21.
V 300 Iciapomaap — Ixapomaap Herm. zu Aesch. Suppl. 816.
^ 651 nsiiop Sa^lop Aristarch nach Apoll. Lex. 11, 14.
A 62 yd(kov »eo£ Schol. Find, Pyth. 111, 165. Die Umstellung
IMM^ M$meri airm. €d. J, Jfeä&er, aug. v. J. La Kocht.
sch^iat g<M9(lPht t\\ $^in« um d«o Hialn» lu eitfemen, der hier sUtthaft
« y« xvaec«» -^ iniiki^ystt» SehoL Pinä^ Fyth. 111, 141.
ot7 wwi R: •mwäi' vgl.Apolk de prcÄ pg.l31i. d« symt. pg. 62,
t0« Kaysep dei vffM. al Hoi» OdyssL dm. eciUca, Sagan 1A64 pg. 10.
a 36 vgl. Schol. AB zu T 30, A zu B 155, Pal. zu e 436, ApoU. Lex.
160.18 Cü. i. 0. tt 419; 49^ « SA i«rqp^nt> w. trolv^fo»«» Kayser
1^ «. (K pag. 14. «(119t Haya^f pg. 14. m 12» ö^ifi^ei^ —
sroiijTOto Pal. a 225 Sh — ^«t Ap^l. de ayaL, pg^ T8, 2.
« 337 ^gl. Cr. A. Q IL 4«. 4-
^ lia«-^T«v4ff 0 SidIk QarU |Si lU no^-^wnt Hatl.
jl 21310 ir6(i^«MM' «ya«o« f« iMei Do^d« Bm^ad. Hom. pg. 12
y lOi QefOdiMk MhiioljL i^tcM luxAttyovTo. tf ' soodern maayawz
.n9'. dftsd ev^tQPe Lesart di« ri«Wig^ >s^ beswetifeU oÄra^nd ; was Hcro-
diaii M Artstar9U sclptiFicbfny sind SQ9aenMg«v«raitcbe, udx den (liab^a s«
QI^MijrDea. y 6l9 (V«^v' — • j«^ t' hm. y^ 182 JDroeo«» — fmaat»
Ah». «A7 ??»«» -- «Jn»«v y 267 ^' «9' - r^ $cK EQ, ^^
^: 7%X, 21. y 304 t vgl. S0I1OI, S9^, fil 261^ Kayaer Progf.
«•«99: 18^7 PAg. 5, i y 36a q( ^ «f^ioi. ^ if^t &kiaa Sek Pal.
# 29 94;}<riBi Affi«^rfb. Kaywr- ». ai. OL pg. t^ ^^ 244 aixi^
-^ c|itv<ifi Apoll, de pr«ik Ml. 10^ ItO^s ^30A ^Iwff ^ dKO^ SchoJ.
R. im erskven Falle ipMiB» iMycf^ctt^ geschrieben wenden däl4 Ir*-
fiHff 1- lK¥Vrfr S<^ 0, 4 371 WffMwoi» 0^94. Sm. Hon. pg. 12
f. 4 46a 4«if8(y^f ^r^MAf^bk 9 379, 466 Imwa Zenodol vgl.
Biu^e« pg. 61 . d 466 «ffToUs^Qt' — iyo^Bv^iqit Scbol Paj. HarL
d 618 a^' fofi - ftff» Jff P^k
» 27 fo Tqfff it) 'i^t«A». (Q 372 ff.) Niqxo^^q avj^ /mtck^s^u-
«ü». 9 281 aufsoT' di^ SiebQll. imiVf 103^ II8 aiiid doksI» au vergjbeich«n
St^, i zu e ^28, P4Kpby4iu« he^ Ciaou A. P. lU, 17^ 9 e ^34 ««<
^^'itfiFqk TT. onAiif^a« v^. lM^»r d. ü^mu Q^i^i^t^r de«, (irimefrr und
McMehengie9^I(Ji?chJtSj GöttingeA 18A9> & 19^ ff. » a7ft ovi^irctf^cM
Craoi^ A. a I, 440| 18,
t t 2leood04 saheieb nioh4 iMx^etf^a^ souderu hi^Bv^M vgl Seh.
A M i<i61t, Ha^l. y. 46^, DOnlzer, pg. 66. i 38 ye<e<P«'<tff. Pal.
dabei muv aber ts. weg/alleo. f 160« Koto^ofr — Toiowd«: Aipv.
9^ 29- ^. ^ AriatopbaaAj, naob Sohol Pv II. ArüstaDohi, i| 167
Koi^aaidpKAfistarcli* 17- 146 «^s^aarcv u. «e^Aj^v«« Did;. S. 8.
iy.!|22 Sftqv^M^aif ich Yeraiiilhe, da&s Zenod<)tt nicht av^^^vs^r^v, welches
.di» sichtige Lesart iat| sondern OMi^thnMO^oit^ geciQhrieben hjaijb|ü, vgl. 9u
^27. n 235 It€v|8 Seh. P. 2ö0 ^ilffffff — ilo^OKXff, 4i(^aa««
-w hiABtWB ^Q\ Pv H..
6( 63 ^<M qpAifffa Apolh de aynt. pg. V%kb, 20» ^266 vgl.
Schol. Ansbdpb. Pax 788. %" 26ft Ao^mm^iv : anoK^o« Sehok dabei
ist jedoch zu benuM-ken , dasa der Soholiaal den fiolgende» Vers aus7.M^
alofsau achciul, denn «r sagt % OfiiiTa(ig icn^ sa 3«^^ fiiyqaav iv
Bmeti eatm. ed. J. Bekktt^ ang. v. J, La ttoche. 551
Zif i %mi hea^iXfi'tpiv y die letilen Worte «eigen, dass *HfpaCcxoio
uvanttoi einmal ausgd^flott ist : ffdüth abriebt gegen die Annahme einer
ßptmaltpjts d^ B^efkung Aristatich'r, das« Bimtfäiei)[)8en hr der Ahts
häufig seien, in (fev Myssee sfoft äher nur t^ einzrgitf (ä 23) dnde.
» 10 tpoqiff&t ^ nccpixuäi Atfaett. prg. 513. » IM vgf. t)o^(f.
Emend. Hoiitf. pg. 8. ^ 2^ Tottnr &p.Biftv SchoT. » dS4^ ^tffi
— «r^fTD Scbor. Söf^h^ Ocd. Cbl. fl^J^. i 456 n&tt fptiv^^ (loehel
epith. in tüg |)g. 4Sf.
« fl vgl. äayrfcf a*^ Äy 0. pg. 14. ir 74 og; %t ^ Jaif» Doed.
EoMudr. ifoim p^. 14. H f^ 0vitit!tsatt ^chfieb Wedkr Arisftopfiäncft
noch Aristarch (Schol. Harl.) , sonderu Aristoteles vgl. Sichol. P Q tf £ti
c334, WO atlfsdrüc^lieH'erwihift^wfrtf, dasrAr^fophanesctid^effira schrieb:
die Vef wetihslmig dicmr dkti Namtiti' fst Bvkanni^. 4^ Sh-^f i¥ Am.
X 1 fyftftor SI<A. Harri. X Itß X^^^ Zenorfot. 1 58 ns[$g
l(ov Schol. Harl. 9ie» ist «fte einzig* ifeftfige Lesart, Tfiö ich in diesen
Mäftern 18^, Ul. H%IV, S. ttf nMWg^^kseti thrh«^.- 1 11^ «ori^oisir
9ch. Harl. zw ß 9ft, X ^m ^Rol. ApoTF. Rhod. Ifl, 99? ^ifv nott
BflitBvg fiifiag 0^ ^feSvfttff,* Dilsif deT' Versr 393 einv^scHoben s^i
(sicher von efn«m Altikefr) Stfgt der* StcHolSist gant detitfich 9t» d\ &St9
Mfvws cw^x^V^^^ ^ 7Ki»o# 'A^ui&vfjt €fSx^ ^"äf^ et^t^v Big
'A0"rfVag GfiCBvg "Ofn^^og tpfj&i ffjtSg. X ^nh n&XXong
Aristartfr, noXttt 2feneKl<^¥ vgl. IWd. 91 25*. X 39^ &^ hk Doed.
Ea». H'om. pg. 13^. l SW indvxwf ^ ftiaist&g ? vgl'. K ZWy N 19,
« 597: X 5641 4n^wf vgK SisHoH. A 557, r 83, £ 83%, ^ 24^,
2: 191«, 4aöi # 4Ö6. X ffe« vgl. SdwiR. -^ «, B 905, 2} 117.
X 699^ itff^ofliif(op 9ch. IftirL iP 649^ »^etfl^ Am. attr Cifsf.
ffr 70 nact,y,iXovaa vgl. Hef odlan M 6l'52P7. fi ÜsO* 3vc(ir9>' j[^
M — es ist zu schreiben wiirta io" A^: fi^ tSiSC ihNxi^: HvaWii
vgl. Gram. A. P. III, 37$, 4. A. 0^. f, 9W, 8. |i^ SW «>fo/ urid v^09
Ari^thTCh vgl: Did. S. 6.
V 152 afkfpi%aXv^(a Aristarch, eine andere Lesart scheint af&^ft-
xaXv^cD gewesen zu sein. v 419 ^Sovciv — i&mciv Am.
{ 112 Aristarefr fltMeil)* nicht h^hdf <riev<pDv; sondern auch mit
AriKtopbanes wttütßo^ Did; S. 7. t IM futtswijvBntm^ in tcBv ££^1;
(V 304>)« if PTß Msistütth snhriel^ töv' nach* Aristomei» zu^ dieser
Steilier bei 6ram. A*. P. UT, 488; 6, weltihes Sfchol. ungefShr so herzustellen
sein dürfte «TOf S£ tig: [17 dixXijf oti] h cxri^uxi {Bt^finBv] &g xo
^fwaikuTB 9^aattr>iMt6v*\Si' SS) xol' ^otV AeiX"^ {Cbdl ötg täxstX^g)
aVii awaXixM^cfvxai^ (^* iti), vgl. Firiedl: Arist pg: 20.' ( 299
aufsrt:r 6iram. A. CT; r, fl^f, C^sind'nocli z\i vergteicbfen A O. H, 451, 9, Rt.
Anecd. pg. 25, 24; 600. 26: £ ZW «tatV (fot ist fftS zu si?U^n, dk
dlT Dativ unUomeri'sTh isf, vgl. das von mir in diesen' ßlattti*n 18^,
nt. MVrt; s: 21 6 gBsagtfc.
&bz oneoti. Uhungsbucher v. Bäumlein u. a., ang. v. J ß^nlatu,
o 118 od-' iog, so Aristarch nach Apoll, de pron. pg. 135, andere
ots OS welches die allein richtige Lesart ist. o 120 x^^Q^ — X^9^^ ^^b-
Harl ebenso 130. o 128 a^ix^at — atpCyioio Vind. 56. o 172
Havxsvaofiai — f^vd^oofiai Scb. Harl. o 181 ^ocl xct'O'i — %a%eC^i
Seh. H. 0 314 nsQ^ipQOvi — dattpgovi, Kayser pg. 18.
n 42 wenn Aristarch xarafAvforo, inivi^vtov u. vnooBUto schrieb,
80 schrieb er auch wohl vnoH^sv und nicht vnhi^Bv^ wie es in dem
Scbolienfragmcnte des Harl. heifst. «106 % h — mv Seh. H.
q 29 vgl. Did. S. 26, Kayser pag. 12. q 30 avtog f — ccvxceQ
0 Apoll, de synt. pg. 8, 27. 9 118 nolXoi Seh. Vind. 133.
n 6 ysvstfjg u. ysve^g Aristarch dixtog Seh. H. ff 58 ind^
(iLvvov Schol. ß H Vind. 133, Did. S. 26. <t 178 %7ido(iiVTj p^Bta
xov i Seh. Harl.
T 215 ieiv' it Doed. Em. Bona. pg. 14, welche Conjectur eine
verunglückte genannt werden muss, wahrscheinlich ist y zu streichen.
X 341 xo^rct Vind. 56 gebilligt von Grasbof, Hausgerälhe S. 14, A.
13. X 389 in — an Grashof a. a. 0. S. 6, A. 5.
V 133 Si X agsiov — d'ixsgov Schol. Find. Ol. VHI. 30, let«.
leres unstreitig richtiger als die jetzt gangbare Lesart, da die Elision
vor der Caesur des dritten Fufses hier nicht zulässig ist, es liefse sich
auch aQsCm schreiben. v 204 mg c* ivoijtfa Doed. Em. Hom. pg tl.
9 151 axqinxovg Gram. A. 0. Hl, 244, 24. 7 306 intiximg
Aristarch nach Apoll. Lex. 72, 2.
X 69 als Beweis dafür, wie wenig man sich bisher getraute, in
den Text des Hoqier eine Conjectur aufzunehmen, kann dieser Vers gel-
ten, da es noch kein Herausgeber gewagt hat, gegen die Ceberlieferung
das sprachlich unrichtige ngoasqxovss in nsxeqxovss zu ändern; bei Amcis
hoflfe ich letzteres sicher zu ßnden. x ^97 nag* — an' SchoL V
zu T 1, möglicherweise die richtige Lesart.
iff 206 avayvovö'g Kayser a. a. 0. pg. 7.
00 133 ima^idvia — iisxaiimXia Schol. Harl.
Triest. J. La Roche«
Griechische Übungsbücher.
I. Thnnata zur griechischen Composition nfiit granfimatischen und
lexicalischen Anmerkungen für obere Classcn herausgegeben von
Wilh. Bäum lein, Carl Holz er und J. Rieckher. 8. Stuttgart,
J. B. Metzler, 1859. XVI. u. 219 S. — 24 Ngr.
Es ist eine wahre Freude, unter der Flut von griechischen Übungs-
büchern, mit denen in neuester Zeit der Büchermarkt überschwemmt
wird und von denen sich in der Regel wenig Gutes sagen lässt (vgl.
z. B. Zeitschr. f. d. ösL Gymn. IX, 3 u. 4, S. 277—297 u. IX, 10 und
II, S. 862—867), doch auch wieder Werke von unverkennbarem VVerthe
auftauchen zu sehen; zu diesen gehört zweifelsohne das von Bäumlein,
Griecb. Obungsbucher v. BäumMm u. a. , ang. ¥• J. JMiaia. MS
Itolzer und Rieckher herausgegebene. Es schliefst sich an die 1867 von
Holser und Gaupp zu BSumlein's Grammatik gesammelten c^^A^^rialien
zur Einübung der griechischen Grammatik* an und ist in drei Curse
getheilt, von denen der 1. von Holzer, der 2. von Rieckher, der 3. von
BSumlein bearbeitet ist. Der erste ist für die mittleren Classen des
Gymnasiums, die zwei anderen sind für die oberen bestimmt.
Ober die Zweckmäfsigkeit, ja Nothwendigkeit des Übersetzens in's
Griechische hat Bäumlein (Programm des Seminars zu Maulbronn 1851)
so treffliches gesagt, dass es sehr zu wünschen ist, die daselbst ent*
wickelten Gründe möchten aHgemeine Würdigung finden. Man glaube
ja nicht, dass Übersetzungen in's Griechische nur so lange anzustellen
seien, als der Schüler mit dem Erlernen der Formen und der syntakti-
schen Regeln beschäftigt ist und dass man dann, wenn die Leetüre der
Schriftsteller beginnt, diese Obungen als unnützen Ballast über Bord wer-
fen könne. Nur von der YemachlSssigung dieser Obungen rührt es her,
dass sich so häufig bei den Schülern der oberen und obersten Classen
Unklarheit des syntaktischen Wissens, ja oft sogar Unsicherheit der For-
menkenntnis einstellt, während man eine immer wachsende Fertigkeil
und Sicherheit erwartet. Der Schüler erräth nach und nach beim Lesen
der Autoren zuweilen instinctmässig und mechanisch den Sinn der ein-
zelnen Stellen, und selten findet, wie das die Erfahrung lehrt, ein oder
der andere der gexvrissenhafteren und strebsameren Schüler es für nöthig,
die Grammatik nachzuschlagen, um sich gröfsere Klarheit der Einsicht
zu verschafiTen — kurz, es ist eine traurige Thatsache, dass da, wo nar
die Leetüre der Schriftsteller betrieben und das griechische Componieren
ganz vernachlässigt oder nur lau betrieben wird, die Gefahr der Ver-
flachung des grammatischen Wissens sehr nahe liegt. — Anderseits ist
es nicht in Abrede zu stellen , dass es nicht gleichgiltig ist, welches
Obungsbucb der Lehrer anwendet, wenn er nur überhaupt eines anwen-
det In den oberen Classen soll und muss der bei weitem grösste Theii
der für den griechischen Unterricht bestimmten Zeit der Leetüre gewid-
met werden, und, was das griechische Componieren betrifft, so müssen
hiebei mit dem möglichst geringen Zeitaufwand möglichst grofse Resul-
tate erzielt werden. Dies ist natürlich aber nur dann zu erwarten, wenn
ein zweckmäfsiges Übungsbuch zu Grunde gelegt wird ; denn vom Lehrer
lässt es sich nicht verlangen, dass er jedesmal selbst derartige Übungs-
stücke aussuche und zweckmäCsig einrichte; zudem würde auch durch
das Dictieren viel Zeit versplittert werden.
Mit um so gröfserer Freude muss daher das vorliegende Buch von
jedem, der der guten Sache gedeihlichen Fortschritt wünscht, begrüfst
werden; denn das Prädicat eines zweckmäfBigen Übungsbuches verdient
es in vollem Mafse ')•
*) Freilich müssen wir aber dies Urtbeil auf die zwei ersten Curse
beschränken, wie sich weiter unten zeigen wird.
154 Qri«MK Ohungsbocher v. BäumMtk u. a., ang. v. J, AficaUL
( itoepkenMing verdient ersüich da» Strebe«, eki giufenmäCsiges ForU
sebreiteii von lekkleren Aulgaben m scbwierigtren ckirchiufubreH. Der
erstä Cutbus beginot mil etoig/eft kk^htercn Siockea, die der Schuler so
nemlKch in dieselben FassuRg^ die im dettUchen. oder lateiniseheD Test
«ngcwa&dt iat> wird übertragjsn kttnoen} ec braucht nkhAersI dasThena
sich für die Obersetzung. in's Gridcbisehe. durch eine andere Wendung
tuiieeblaulegen« (kiecbisebe B«deiitüBgen für ernieLoß Wörter und ganze
Phrase» stndi im de» ARffieffkAngeii im. aUen Übongsatucken lelcbiich vor-
hüAdea, dach so, dass du» tichligi» IMUtie a^wi^ben dem zu viek und zu
Mseoi^ kut überall eiagefoalles istj. auf die GraHuaaiik (roik ßäumlcin)
.wirdi sefac häufig Kermiesen.
ijucb ' den zweite» Gursus. sindi zahkeicbe Anmerkauig^ baigegeben.
IWf F«rUichrin besteht hUx einerseifcs scboa daria:,, dass der gewäblte
^off gröf^ef e Scbwieriglteiten dariM&tet, daSB der Schüler sieb d^oeeibeu
;ittin ftehiifö das Obdrsetoeos. oll erst zarecbt legßn und drmsclbea ein«
aadece: Faasunif geben lauasu an zabiaeicben. Stellen^ nämlich, da , wo
dies (ür dett S«buler eiaA« zw scbwierig^ Au/gabe wäre, wird in der Aat
merkung: der dmitäcbe* oder lateüischa Text in, gräsisierender Fassung
hiageslatttii utid durah AAmerkungeik dieset Art wird der Schüler in Stand
gesetat^ «Mb eimgec Zeit dies in. ander» Fällen^, wo ibm die Anmerkun-
gen^ keine AasiiUfo darbieteo, selbst macbeo) zu können. — Anderseits
JbkSsM^ disr Farlscbcitl. dario^ dass die g^wöhnUchen; syntaktischen Reg^eLn
biet ata bakanat vagausgßMUt werdan, und dass au£ die Grammatik nur
in saUbe&. Fäjyien veswieaea wird.t in* denea scbw/ierigera oder doch
miiDdefl bokanole Hegeln zur AAwenduag kommeo. Auch, ist hia und
wieden ek)& knrzat grammatische Bemerkuiig. beigjegeben und zwar da,
wo diie ScbuigcammatiL aiehti auszureichen schien. — Endlich, ist es, ein
Fortsebritt aum subiweiwreai,. das& die Phrasen oft nicht einfach hinge-
alalll,. sondiacn ela^scdke Stellao angeführt werden, ausi denen der Schüler
d<itfah< eigeaesi IHaefadienlLaa das fiii seioeu Zweck Bcauchbaüe heraus-
^iiduoi muae^
Dtm dsittcik (SMVsiia« endlich, sind, zijemlich wenige Anmerkungen
l»etgegebeo> BedeuUmgiBn. noA setärlichangcfühoty, aul die Grammatik wird
stlbenoff iiecv^S€Hu
Über die EiarijQbtuogi der erstea zwei Curse kann »icb Ref. nur
büligesod uad. aseriiennend aosspcechea; was aber die Themata d^
driUtem Gursus. betri/Tt^ so hält Ret. die Schwierigkeiten,, die, der
Schüler beim übersetzen derselben übeswindea müsste, für viel zu grols,
•la datisi Ae EjoriAbtuag dieses Gursus. zweckmässig genannt werden
Uiniita. Est b^UaJi in, den v;orredaf S^ XU.: «Das Verhältnis dei» zweiten
Guraus. zum diitlsnt betreffend,, so, gij}t der driUe im. Allgemeinen nicht
eine höhere Stufe gegen den zweiten weder im Gedankeninhalt, noch in
der Schwierigkeit der Stücke, wol aber in dem Mafs der dargebotenen
Erleicbtecung^., die imi drittea Gursusi sich aul ein Minimum beschrän-
ken und darum gfiäbteire Schüler vorarosaetzen^ denea der zweite Cursus
Ori^h. ÜhungsMcher v. JcftMuArAi u. a., ang. t. A äBi6attL ftflüi
noch mi Tfe( Vorschub leistm würdt.^ Unsttfrs Etachteit hatten aber
dit> (l^rgebolfettefli EyleidHaruageB nidit s* spärltofa, bemessen, nicht aitf
ein Mimmun hesobrinkt wvrftao aolle»; und wir swi-Üoln aehr, ob sclbat
talentvolle 9eha)er der oberateo Classoo, wenn« «ie auch die VornbuDg
^et zwei ersten CUfiie dttrobgefiiaellt haben, es so weit brii^en können,
un die sieb it^sf» bler entgegensteilendleu: Schwierigkeiten obnoi unver-
btttnlsfiiSfsigen Aafwand vo» Zeit und Kvaft zu besiegen. Xoat zwdten
SU1B drHilen Gursua iai keifn Übergang, sondern ein Sprung. In diur Kegel
sind in den Anmerkungen mir gan9 wenige und nnir die allerschwierig«-
sten Bedeutungen^ z. B. tickniaali« Ausdrucke», deren keintiiis bei Al'U
'Sehulera (Kirchana nicht \K)rau8gesstzt wenfoui kann. aBgefu^t;t bezug-
lieh der Satvslruotur sind böehat selten Winke gegeben 9 tob elassiscben
Stellen. cKe im zweiten Gupsus reichlich angeführt werden-» und die so
ungemein inelructiv sind, Ihidet dth hier auch nicht etue «iasigcv — £s
Hegt bei^ dieser Bisrüeh9i»ng diiS'Mbbi^ s«^ nahic> d!ii»>derScbiier,. wcnA
er sich lange abgemüht hat, das Thema gut und docb aueb wintes nicbt
altzu trei m'ii 6rJeeh4M)he tu (Hersetzen, scbüelalieb. skh begnageft dürfte,
den deutcoben odvp kiteini^oben Wortlaut nur ao bejlävfig undi ««näbenid
und oft oberilSebliel^ iv-4ederzugebeD> kuri?, gtndei das Stiwbca de? Ver-
ftMser», ättk Siebdltm d^ Saob^ nfebt au Msht ai» Hifteheit, dürftfi sie
verteile«, sieb durch oberflichlicke und nur im Allgemeioen an den Te4t
sieh bauende Hbersetzanj^ übe» die Schwiatigkeitea hinwcgztiheMMi.
Wenn sieb nun^ Reit mU der Biupi«blung dca dtttt&n Qaraiia nicltt
Hnveratanden erkUb^e» kaMi^ so. vocdieneifc dalagen die zstci erst«ft€H9ae
volles Lob-i sowot was* die Racsiuig der AnneckMrgen aia au A w«a die
WaM der Tbemta selbst* beinffk Gana besondarsi iek der* Hliiatend hee^
v<|j9tihebef^ d)Kia überall' danunf geoaken iat^ dasai der ScbiUe» au erspffieit»
Ncber'Se^batMl»gkei4 angelial^n« weade. Kcaen^cck babesy ii&wt saboB
oben bemerkr worden , die angeführlea okaasiseban Stellea, iodeM der
Sahülei» daa aum« tt)«rsetzen noUswendiigiß MmleriaL nicb^ schift fertig bc^
kommt, a^udera es mit beilsaaM« inataengung erat aelbsk gewinneii mimBi
deoeelbea ZWeok baben> die Verweisunge» and diC' Gciamfiialik ,. dcor*
aelben die mannigfachen' Wioba ürber Wortabellan^, Saiaba«! und Yicff»-
bindung'dsr Sätze unter eittaadefv dieBemenkiingeniütMr Wabl dsaXcmpuAy
Rlod«« u^ s. w.; häufig wird dev Schüler nur duccb: ein Fcageaeichen
aufinerkaam gemaobt (zl 1. l, 1^ 69 1,1» 16i| h, 9^ 18^ l., ^^ IB.UkS. w.)
und das Weitere blaibi ihm überlasseiK
Yide von» disn foiapiele» und Anmarkungen; sind geea^fnet ^ den
St^bolerein riobüges V\srs^&ndms derflabraticbaweiscnx«ianobaff^afAikelii,
die sich ofir so sahwei« daotlicb machen lasaen , nahe zui he^ui^ (z. %
1^ d% 90 und 56, 10; Ih, ^06, 9)9 vLete Anmerkungen maclran den
Schotet auAaerksam a«il 0cu|it*iisni des griechisobfln> Spracbgii'bfvuiches»
au/ Idiotu^aMiis eudliab ^Aitt so aianohea;,» was. io: e'metr SchuJgrammalil^
Rieht Platz ftudeo. kani> (vgl. ftfr^ Mp;» 74i>. ^ iOi^a, 3)« UbaufaUs zu.
lobe» ial, dass 2««reilen> auli de« Qu^molufid gnwiaaea Synonyma biagflr
154 Ork^fav Ol^uiigsbncher v. BäumMm uv &,, amg. v. J. i^ncaUk
I ikterkeniiiing verdient eraüich 4MSireb€a, ein gtufenraäCsiges F«rU
sefareiten von ^ickteren Au|gab«B so schwierigeren durchiu fuhren. Der
erstö CuTSua begin&t mil eiokgfim &ttchter«a Slöckea, di« der Schüler so
memlish in dieselben FMSungv die im dettticben« oder lateinUehen Text
juigewandt iai, wird übftrtragisn können} er braucht akhkecsl dasTbeau
sich für die Obefsetzang. in's Gpiöcbisehe. durch eine andere Wendung
iiateebtoulegen. Gfieehisebe Bedeutungen für enadac Wörter und ganze
Ptmifleft sind ia den Inmerkjzngett an. aUen Übungastücben lelcUich vor-
bände», deefa sOy dass die» ticbtiger Blirtl« zwischen dem zu viel und zu
M«eni(g^ fgät überall eingebaltei' ist;, auf. die Grammatik (von ßäumlcia)
.wird! sehe häufig vier^ieeen.
Ajucb dem. zweite» Curiu» siadi zahlreiche AnmerJunig^ beigegeben.
^Utf PevtechriCI besteht bies einerseits sehoa dari»,, das« der gewählte
^toff gröf^ere^ Schwierigjutiten darbieiet, dal8 der Schüler sich d^iwelbeu
^um ftebttfe dits OberBdtzenf« o& erst z«recbt iegpn und demselben eine
aadef»! Faasunir geben muasii An aaUaedchen. Stellen^ nämlich, da , wo
d*es (uf deik S«huler einA> zu scbcwierig^; AulgaiiuQ wäre, wird in der An.-
üMerkaing: der dmiiscbei oder lateinische Text m. gräisisierender Fassung
jkingesletttjL und dureh AAmerkiBigen. die&et Axb wird der Schükr in Stand
^«s£t^t^ mah einigec Xek dies in. andern Fällen,, wo ihm die Aumerkun-
gßft keine AAsiiUfo dunbieteDy selbst, mftcken) zu können. — Anderseits
jbeatebA disr Fortscbntl daria», dass die g^wöbnUchen: syntaktischen Regeln
biec aftq bcri^aDiit venausg/asetot werdisn, und dass au£ die Grammatik nur
in soiehea. FäJllsn vsEwiesea wird., in. denen, schwieriger» oder doch
4Biindei bekanoAe Regeln zur Anwendung kxMumen. A>uchi ist hin. uivd
wiedec einfr kürzet grammatische Bemerkung, hei(2;egeben und zwar da,
wo düe Sehulgcammatik. nicht auszureichen schieu. — Endlich, ist es eiu
Fortscbritt ^m sahiwentren«,, dass. die Phrasen oft nicht einfach hinge-
sAsllI,. sondiacn eiassise2»e Stella« angeführt werden, ausi denen der Schüler
d«Mreh eigenesi IKacfadMali«! das 0> seinen Zwecib Brauchbace heraus-
fludüni muWkr
Dem dirittcik (fluisoA endlich sindv zi^emlich wenige Anmerkungen
heimgeht n> BedmttuiigfBn. sinil spärlich. angefülmt,, aul di£ Grammatik wird
a^itenof viec^^seiu
aber die Eimiubluagi der erstea zwei. Cucse kann sich Ref. nur
htUigood und. snerkemnend ajisspcecben:; was aber die Themata des
driUteni Cursus. betrifft« so hält Ret. die Schwierigkeiten, die, der
Schüler beim Obersetzen derselben übeowinden. müsste, für viel vi grod«
a^ dassi 4ie Eioriebtung dieses Gursus. MreckmäTsig genannt werden
kiünitte. Est MiaJk m den Vorrede* S- lUl.t «Das Verhältnis den zweiteii
Funsus, zum dritlan. betreffend,, so, gibt der dnUa im. Allgemeinen nicfati
eine höhere Stufe gegen den zweiten weder im Gedankeninhalt, noch h^
der Schwierigkeit der Stücke, wol aber in dem Ma/s der dargeboten
CrU'icbteuingfn,, die inb dritten^ Gursusi sich aul ein Minimum bescbräi
keu und darum geübtere Schükr voraosftetzmn^ denen« der. zweite Gursu
Orfeeti. Übimgsl»^fk-r v, MmmAe^ u. a* , nn^. y. A A^i^mim^ liS
[dii^ dirg£i'botct}«ti EviifichleruiigeD tiiehl 90 ipü'Ucti bemr^f^eu, nichi »f
l^^riii Mtnimutt) bfschrinkt wenleii Atollen; umL wir iwrifolii si.hr <»(j ülliftt
r Um die siüh itlni^fi hitff 4'iit^rgeii.steikndeii Scb Widrigkeiten obti« im^vcr-
I hiltnbmnr^ij^Ei AufwainJ lan Zrit und Kraft lu beilegen. Yoia zwi'iUu
tum üritli'D Gureiü» j»t kt^in üborgang, sondern ein Sprung. hi djur Ke^i4
Mild )t] d<n) Anmt'HLiiti^R nur g^n^ wmil^e und mir di? alitT^icbwit^ri^
nlcn Ui'deutuugeti^ Xp B. Itdliiificli« Ausd pikktf^i icven keniiiiiU bei ika
Söhülem durchiLYM tiicbe vorau^igeacUt wotiltün kann. ais^^rüiJift;! bumg-
licb dtv Satx$Lruct(tf shid bdfbsl gelten Winke ^«§^ben; too oIassi^^Im'«
|*S(i 114^11^ die HO zweiten Gursu^ reichlich fiiifreführt wenlLU « üihI die m
^ tigern (.'jn inäirucfiv »lud, iiidel üth hier aucb nicijt cinü i^ioilg«^ — E^
Ht^gt bet dieser fSiivH^htiitig di« 4^^bp m*^ nahv^ d^iw diT Scbikr, «i«ft
er sijch lange abgemübi bal, das Tbema gut und docb auetminAa miM
stfEK frei iu's Griuehi^be Au tillerjieUeH. s«liH«Mch skb beg
deu deuiiühün oihf lalüiiii^cben Woftlaut nur «o bdlävSK
itti^^ oft oberHiH^lifffi ^ttfifvrzygvbcn, kufii itnde^ du
f^aer»-, dei^ Setvilkrti- die Sa«b& oicill sn M:«ät
verteitrn. «icb durch obi^fnacbUcba und mur im Atigei
[lieb bidieiide dbrnt^tzung üb<>p dio Schwicrigkeiteft
Wenn ^irh niin IWH miti d«r fiiumbtupf dii»
^MVer^iMiditn erilarua« kaan, go vatdieiiott iipijTn» iir f
Vollr^s Lobj «owol waj die FMSitng d«r AüimiiMliiB i^-«
IfnW der Tbomta stlbfl bt^lffifft, Gan» ^»pivkr» i« äp^
(»r»ubebqn) da^ uhcfail darä«! gestbnu hi^ 4mm§^^s^^^^
li^htr 84.4biaiMt>f^c^l aDg^lviHen> wevdc.
'oi}€n beroerkt worden « iUe Mig#f5brleii
Sdbujer da« Mim tn>iffsetiGn noUiwotidi^
pkommli »ondi^'nes mit beil&aititi»
JHi4io|boii l'm^ok haben' diu Vcrwc
in di« matiTirgfachen Wirkkt Q^cr ü^
ung dvrSälEe i«iiUif fiJ4nAiiderf itli lui»^ ^1^
D<ki« u« N. <w ; bäy|ig> wird 1^^
nfmfrksani g^rttiüchl (Jb^ i« U 1, «*
jliid dfii Wettrre blnibl
Vivle voti d«»ii Itoiifife^if
rbülür e4u ri^b' t^m 1^
lo Hieb ufl so Airh%ti0
t^^» tO uod d^. 1
rbiilcr AuAaifrkjttai
Mtf tdiolMiuAM^ enflt
lieht Platx IMk*«!
|»bt*f} iidj d«
ilolUnd
M6 Griech. ObuDgsbücher v. BäutnUin u. a., ang. v. 7. KvüMa.
iviesen wird (vgl. 11, 4 über ^royog und iqyov\ 11, 11 über xi%vov und
«aiff; 16, 15 über Syalfia und avdguigi 24, 6 über dvvccftai und ofDg t
c^/i^; 24, 14 über verde und ofißgog; 93, 2 über avayxi], dar, x^if)» worauf
leider häuGg bei dem griechischen Unterrichte wenig gesehen wird.
Was den Gedankeninhalt der Themata betrifft, so ist es zu billigen,
dass die Übungsstücke (sowol die deutschen als die lateinischen) in der
Regel dem Schüler eine an und für sich interessante Leetüre darbieten;
denn ohne Frage wird der Schüler anziehende Erzählungen mit mehr
Lust und in Folge dessen bei übrigens gleichen Umständen mit mehr
£rfolg übersetzen, als trockenes und langweiliges Material.
Wenn nun Ref. zum Schlüsse einzelne Unrichtigkeiten oder Unge-
uauigkeiten, die sich hie und da in den Anmerkungen finden, namhaft
macht, so geschieht es nicht, um den Werth des Buches herabzusetzen,
sondern hauptsächlich um zu zeigen, dass er mit Interesse dasselbe prüfte.
Wir heben beispielsweise einige Anmerkungen zu den Themen des zwei-
ten Gursus heraus.
Sonderbar ist die Bemerkung 117, 17 (zu den Worten «durch ihre
Treue gerührt verzieh der Kaiser um der Frauen willen auch den Män-
nern*): «Dem. 19, 195: mg d' anovaai toifg nuQOvtag, xoaovtov inaivov
wagä navxav ysviad'My Sati xov ^Uinnov nad'eiv xi »al dovvcu, dass
Ph. gerührt wurde und das Geschenk bewilligte. Solche Stellen sind
aber gewiss selten. Der Grieche war, scheint es, geneigter, statt der
Rührung die Bewunderung auszudrücken, und so lässt sich auch hier
iyaad'at setzen.* Wir glauben nicht, dass der Grieche so arm an Aus*
drücken für die Rührung war: warum könnte der Schüler nicht über-
setzen mvij^sig (etwa noch mit dem Zusatz xr^v ipviriv) oder nad-tov
«i nach der vom Hrn. Verf. angeführten Stelle oder ovS* avttta&ijxmg bIxsv
0 avxo%QdxaQ ? auch ^lyydvsiVj 'tpaveiv 'fpvxfjg, q>QSV(ov (obwol dies ge-
wöhnlich die Bedeutung «verletzen, kränken' hat) wäre wohl anwend-
bar. — Anm. 136, 1 heifst es : «Hier lässt sich B. §. 589 anwenden und
der Relativsatz in den Infinitiv setzen; man wird dies jedoch nicht leicht
finden, aufser wo der abhängige Satz einen Fortschritt in der Erzählung
enthält, also leicht in einen Hauptsatz verwandelt werden kann.' Aber
diese Construclion ist auch sonst, wo die Verwandlung in einen Haupt-
satz nicht wol zulässig ist, etwas gar nicht ungewöhnliches; vgl. die
von Kühner (§ 849) gesammelten Beispiele (insbesondere Thuc. 1, 91 ;
Her. VH, 148; Thuc. H, 102; Xen. Cyr. V, 2, 4 u. a.). — Anm. 173,
17 (zu den Worten des Livius: LabetUe deinde pauiUUim discipUna,
veitu desidenies primo mores seguatur animo; deinde ut tmigis magU-
gue iapsi eint; tum ire coeperM praecipUes) bemerkt d. V.: «Das Bild
zu vervollständigen: er gebe Achtung auf die Sittlichkeit,
die, wie ein von einer Anhöhe rollender {nvltvdsiad'at) Stein zuerst in
eine geringe Bewegung kam (figiiut luvBted'ai), dann schneller fiel und
ftuletzt in vollsten Lauf gerieth ((pigse^'ai).^ Aber Livius hat ja sein
Bild nicht vom Rollen eines Steines, sondern vom Verfall eines Gebäude:»
Griech. Übungsbücher v. Bäumtein u. a. j ang. ▼. / KHiala. 55T
entlehnt! — Anm. 179» 4 (zu den Worten: tempiu guod . . . excideöai}
sollte nicht a^iiyai, sondern na^iivat angegeben werden. — Anm« 176,
3 ist für vis in ocuiis die Bedeutung to yo^yoy angegeben und ebenso
heifsl es 186, 19 (zu den Worten: sein grofses Auge voll Feuer): q^Das
Bild wird sich schwerlich wiedergeben lassen ; die Griechen haben dafür
yoqyog,^ Dieser Ausdruck ist jedenfalls unpassend, da yoQyog den Be-
griff des Schrecklichen, Finsteren nie aufgibt; vielleicht liefse sich sagen :
TO Tc»y 6tp^ttl(iäv tploysgov.
Zum Schlüsse wollen wir noch mit einigen Worten die abgeson-
dert von diesem Übungsbuche erschienene Übersetzung desselben be-
sprechen. Die Verlagshandlung hat nämlich gewünscht, dass auch die
den Anmerkungen zu Grunde liegende Übersetzung für Lehrer gedruckt
werde. Diese erschien zugleich mit dem Übungsbuche unter dem Titel:
«Griechische Übersetzung der Themata zur griechischen
Composition für obere Glassen gefertigt von Wilh. Bäum-
lein, Carl Holzer und J. Rieckher,* (8. Stuttgart, J. B. Metzler,
1859. 121 S. — 1 Rthlr.) und es sind alle Buchhandlungen gebeten wor-
den, dieselbe nur an Lehrer abzugeben.
Wir können uns über dieselbe kurz dahin aussprechen, dass die-
selbe in jeder Hinsicht für eine wahre Musterübersetzung anzusehen
ist, was um so mehr Anerkennung verdient, als sehr viele Themata (z. B.
die aus Sallust und Livius oder die aus den Schriften neuerer Gelehrten
entnommenen) grofse Schwierigkeiten darbieten, um nur eine kleine
Probe davon zu geben, wie geschmackvoll die Übersetzer bei ihrer Ar-
beit verfuhren, heben wir beispielsweise einige selbstgeschaffene Bezeich-
nungen hervor, die den Griechen fehlten, weil ihnen die Sache selbst
fehlte. Nro. 140, Z. 2. ilcsld'ovTBg dh tag ti vivXag nXs^ovet nal tag
dvQ^ag Ud'oig anotpqaxtovci d laat liiiata S lali inovttg o ca
110 vop i^anovt^ieiv (so dass nur Scbiefslöcher offen blieben.)
Nro. 145, Z. 2 xal fCQmtov {ihv r äv o nlix mv oingdtiOtot tat
onla i^svto onia^e xmv toi%mVy tÜ ifinQtiad'ivtmv xmv nqoamlmv
^eav vnoXomoi ' bI%ov dlnalaiiov nvQ o ß olov hiaaxog (zuerst
stellten sich die Janitscharen mit ihren Handrohren hinter dem Gemäuer
der zerstörten Vorstädte auQ* Nro. 191 a. E. xov dl ZriQmov notov
(o<päv %al tov'AnsQt%ttvov nanvov lc%vqmg fidexo^ atp' ov tlg Bcnaßovg
ane9ii(trjasv (dagegen war er (Heumann) seit seiner Reise nach Holland
ein grofser Freund vom Theetrinken und Tabak rauchen).
Fehler finden sich in dieser Übersetzang nur selten; so heifst es
z. B. VI Z. 12 f^ed'Blg If in\ tovta (o ovog) inA vattgov not 8 anoyyovg
tpigatv notaftov diißaive, xo/, el naXiv nieoiy xal tots kXufpqoxBqog
ivaati^aea^ai oloftsvog inmv mXiad'sVf wo das erste %ai wegbleiben
muss. In derselben Nummer kommt (Z. 6) das in guter Gräcität unge-
bräuchliche nQOoiQTpug vor. — XIII, Z. 3 ncddeg yuQ %aintq xqjitstol
ovtig tu fjd'fi ietiv 0T£ n«Q«ivetioi> (Knaben, wenn sie auch von guter
Gemüthsart sind, haben bisweilen eine Erinnerung nöthig). wo es heif:M;n
Sas üri^ch Oi)iwg^5cher v. MkenkiM. a., aoK- v. J. /fr/Ma.
]«(iH: ««fi^^ff yag, -uivitB^ tict xqr^atol % x X. oder: xal yaQ XQ^atai
xm {^if naCStg i0tiv Zxb umq, ^ XVJII, 2. 14 sind m der ÜberseUiiog
die Worte ^acctiOi MepeU^H^ au«gt^lassen.
2. ÜbuDfsbuch zum Übersetzen aus dem Deutschen und Lateiniscbeii
in's Griechisclie fär d\» Classen des Obergymnasium« bearbeitet yoa
Dr. Karl Sehen kl. (IV. u. 176S.) Prag. Tempsky, 1860. — 80 Nkr.
Der Hr. Verf. , rühmlichst bekannt durch seine eifrigen Bemühiroi^eii,
den Gymnastalunterricht in Österreich 211 fordern, wie seioe zahlreichen
für den 8chulgebrauoh bestimmteD Leistungen bekunden, liefert hier ei«
für das Obergymoasium bearbeitetes griechisches tlbungsbuch, wie er
«aeh dem Erscheinen der Gurüus'acben Grammatik ein griechisches Ele«
menlarbuch verfassthaL Es verdient das vorliegende Übungsbuch volle An«
erkennungi und wie sich das Biementarbuch des Hrn. Verf. 's in der Schul-
praxis als sehr sweckmafsig erwiesen hat, was von verschiedeneu Seite«
gemachte Erfiahrungeo beseugeo, so wird sicherlich auch diese neue Lei*
siung dem griechischen Unterricht nur sehr förderlich sein kennen.
Das Übungsbuch zerfällt in zwei Curse, deren zweiter für vorge*
rücktere Schüler bestimmt ist, und enthalt deutsche (1 — 75 und 106—139)
und lateinische (76—165 und 140 — 17'') Themen. Dass auch lateinische
ÜbungsstLLcke aufgenommen sind, kann nur gebilligt werden, und die
Oberaeugung von der Zweckmafsigkeit solcher Übungen ist jetzt wohl
eine allgemeine, wie schon der Umstand beweist» dass lateinische Themen
(ast in allen neueren Übungsbüchern (Bäumlein, Böhme, Bauer, Franke
u. a.) Aufnahme gefunden haben. — Die Übungsstücke sind meist lehr-
reiche und interessante Erzählungen, die eine Chrestomathie im wahren
Sinne des Worte« bilden und mit deren lobait sich der Schüler gewiss
auch sonst gern vertraut machen wird.
Die jedem Übungsstücke beigegebenen Anmerkungen sind zweck-
mäfsig eingerichtet und fast durchweg ist die richtige Mitte zwischen dem
i;u viel und zu wenig eingehalten. Besondere Erwähnung und Anerkennung
verdienen die den lateinischen Übungen beigegebenen Anmerkungen^ die
von der umfassendsten Belcsenheit des Hrn. Verf. s zeugen und den
Schüler nicht blols) zu richtiger, sondern auch geschmackvoller Über-
setzung anleiten, (Im anzudeuten, was wir damit meinen, führen wir
z* B. Anmerkung 79» 3 an: «denn obwohl er sich durch treffliche Eigen-
schaften auszeichnete (la/ns^off y/yvofica), so Ihaten ihm doch Fehler
Eintrag UnLanoximy (zu den Worten: Nam ui virtuUhtis eiuxit^ sie
tUiU e$t QbruttU); ebenso Anm. 171. ix «bin ich so viele Nächte in
Sorgen (qp^oi'T^o)) und Gedanken (Aoy/tpfia») wach geblieben icLygvnvioi)^
(zu den Worten: in quo evigiiaverurU curae et cogitutiones meae);
ebenso Anm. t73y 24: nOi^ntQ xon^QvxBg xal icgndSovxes i^avtlijaovin
tag i«.» (zu den Worten: [tfimi$iiOH^ Höeriornm] ad feneramias diri*
piemiasgue protincias) — Unter den /Anmerkungen bcfiiHlen sich auch
|(urze historische und geographische Augaben.
1IVe{<eKtli<;h trigt jEor Br«adhbarieii des Bochas der bei^eg^^ixpiie
deutsche uud laieiuischt InJei bei« in welcben die deutsche«! ^ind latei«.
üHcAien Wörter, far wdehe in den Aunerkiiogen iieine Bedeutung ange-«
geben ist, und deren iMhlige Übertragung in«^ieebi«cbe he\ denSchu««
Wtn nicht ohne weitei«« Taraaageftvtzt werden kano^ ver^icbnet sind.
Mfeno wir nun zum Sohiunsp noch angeben« ^a9 wir «n dem 3uchn
anders wünschten, ao thun wir es nicht etwa weil wir dar Ansicht i\'Bt
ren, ein Recensent müsse unter allen Umständen und um jeden Preis an
jeden Buche etwas tadein, sondern Ißdiglicb nur defibajb« uio für
den Fatl «iner sicherlich bald erfDnlerfilcben ntum Auflage de» Interessen
des Buches selbst förderlich zu sera.
Dar zweite Curs eftthSlt Obangan für Vt^rgaruditera Schüler* Nun
scheint as uns aber, daas in denaaelban manohe Übangaatücka aufget)OiQ'«>
man sind, die besser in den ersten Cura verwiesen warden iLÖonteSi
da sia verhältntsmdfsig »i leieht aind. Ein Mldiea Stunk iat «, B. dia
Nunmer 114 (das Grab des Kfros), die aus lauter gaotS 9inf«4}hen Sätzen
undSälzchen bestehe und überhaupt viel leiehter iat, als sehr vi^ie dar
im ersten Cursa vorkaoimanden fibungen. -«^ Ferner ist en eine übH*-
fldssige Rrleichternng, dasa durch das ganze Buch hindurch fast jmmar«
auch wo es der Beurtheiliingskraft des 8ehüler« anheimgestelU werden
könnte, angegeben wird, wo eine Participialoonstruetion anznwendeo fio'i %
z. B. 69, S, 7, 24; 60: I, 9, 16, IB, 2t n. a. w. Dia« macht dem Schü-
ler die Baeha zu bequem, und aa würde wohl er^pri^(flich^ sein;
ilin einmal oder einig^ouil auf die Vorliebe dar OHecben für Par^
tieipialeonstructionen aufmerksam zu machen und hei Wiederholung der-
selben Fälle die Anmerkung wagzulassen oder dann und waPD auf ?ina
frühere Anmerkung lu verweisen, -r- Dasa^lbe betrifft dia Avw^^nduiig
von iar oder ig im. Da z. B. N. 3, 3 und 3» 16 der Schüjer ange-
wiesen wird og an und imv zu gebraucli^qj aQ ist q^ vollkoroman übar^
flüssig und auqh nicht prakJiaeh, wcm nun aiicb f^ B. 4» 4; 4 14); 4»
tS$ 6, 16; 5, 20 und sonst aahr oft in ganz dtmnelben Falle (Mfmtlba
Anmerkung immer wieder gemacht wird. -^ Vberflüaaig aind femer aiJCh
solche Anmerkungen, wie 111, 12 1 114, 69 iH^ 30 (Ygl. M4> 1|2)4
114, 26 (vgl. 114, 19); 116, 4 (vgl. 11$. U) und Aonst. — Qnnt&thigar
Weise wird auah oft bei Adjeelivan und ParCioipien, deren genaue i^aimt«
nis durehaua vom Sohüler gafardert werden mviss, dif Zah) der Aue«
* gange angegeben; z. a 84, 13 bei f04erv«f ; B7, 0 bei «i^^fve^ 1 B7»
2 bei iy^mfAfuno^ und aonat. -m- Anah köoneil wir ea nioht billigen,
dass die allergewöhnliohaten Verba und Adjeotiva roptraota nuc^ntra^
hiert angegt^bea «erden, z. B, 73, 29 XQtiQikW,; 76, 24 ffQ^imi 7A. 36
itpo^amy 101, 14 mviwi 102, 43 fpoßin(ifH. X^ch ist der Mr. V^rf,
sich dabei nicht consequenl geblieben ; denn daneben findet sieb z. H.
74, 26 »otov^ixi; 76, 32 diccvQoüncn i 85» Z^ z^^^^^g^
Mit der vom Hrn. Verf. angewandten Sehreibung griephiacher Ei-
gennamen können wir uns nicht einverstanden erklaren und es nicht
1^ Orieeh. Übungsbücher v. Böhme u. a. , aog. v. J. Kvi^a,
billigen, wennz. B. geschrieben wird «Athenaier, Syrakosier» u.s. w. Warum
sollte man z. B. Anstofs nehmen an dem von «Athen' vortrefflich abgelei-
teten Worte «Athener*? In solchen Dingen hätte dem Usus Rechnung getra-
gen werden sollen, und zwar um so mehr, als dem Um. Verf. nicht entgehen
konnte, dass eine consequente Durchführung seines Grundsatzes unmöglich
ist Er schreibt z. B. A t h e n , Theben, Karthager, nicht Athen ai,
Thebai, Karchedonier oder Karthaginienser.
8. Aufgaben zum Übersetzen in's Griechische. Für die oberen Classen
der Gymnasien. Von Dr. Gottfried Böhme, gr. 8. (Vill u. 29(( S.)
Leipzig, Teubner, 1859. — 24 Ngr.
Auch dieses Übungsbuch verdient volle Anerkennung, da überall
sowohl in der Wahl der Aufgaben als auch in den stets unter dem Texte
hingestellten Bemerkungen und Andeutungen Sorgfalt und richtiger Takt
ersichtlich ist Es zerfällt in zwei Gurse, von denen jeder erstlich Obungs-
beispiele zur Syntax und dann zusammenhängende Stucke enthält; dem
zweiten sind als Anhang 28 lateinische Übungsstucke beigegeben. Der
Umfang des Buches geht über das sonst bei derlei Übungsbüchern gewöhn-
liche Mafs hinaus. Wir wissen recht wohl, wie wichtiges ist zu verhindern,
dass einmal fertige Obersetzungen sich von Glasse auf Classe vererben und
dass dies Übel am besten dadurch beseitigt wird, wenn den Lehrern eine
reichere Auswahl von Übungsstücken zu Gebote steht: es scheint uns aber
doch, dass der umfang des Buches ohne Schaden um ein Drittel hätte be-
schränkt werden können. Diese Bemerkung gilt ganz besonders von den
«Übungsbeispielen zur Syntax.' Dem Artikel sind z. B. zehn Seiten ge-
widmet, dem Genitiv acht u. s. w. Ohne Zweifel kann der Lehrer nur
einen verhältnismäfsig kleinen Theil davon zu Aufgaben bestimmen.
In einzelnen Beispielen hätte auf den deutschen Ausdruck etwas
mehr Sorgfalt verwandt werden sollen. Sonderbar ist z. B. der vierte Satz
des zweiten Übungsstückes: «Das Volk in Argos, sich in Gruppen zusammen-
rottend und neu ermuthigt, griff die Oligarchen an, indem es gerade die
Gjrmnopädien der Lacedämonier abwartete.* Der zweite Satz in Nro. 4 lau-
tet: «Thrasylus und Alciphron giengen zum Agis und sprachen mit ihm,
dass er keine Schlacht herbeiführen möge» {iUyov avtm fAi} noisiv
f^axfiv soll übersetzt werden). Der erste Satz in Nr.?: «Wenn wir den
Philosophen und den Arzt betrachten, welcher von beiden dem Staate
am meisten nützt, so werden wir finden* u. s w.
Ebenso ist der lateinische Ausdruck in den anhangsweise hinzuge-
fügten lateinischen Übungsstücken zuweilen nicht ganz correct, was auf
den lateinischen Stil der Schüler keinen vortheilhaften Einfluss üben kann
und grundsätzlich vermieden werden soll. Die Übungsstücke 251—254,
die dem Platonischen Protagoras entnommen sind, enihalten manches
derartige. So heifst es z. B. S. 227, Z. 7: ^si^eriori nocte, profunda
adhuc äiiueuio, Hippocratet, .. oitium meum . . . puUavU^ {adhuc
in dieser Bedeutung ist mindestens ziemlich selten). Ebenso Z. 16 «jcii-
Griech. Obungbucher v. Bauer u. a., ang. v. J, Avi&a/a. 561
öeito contrectato ad pedes meos subsedil* (Prot. p. 310 C imtpfj-
latprioag %ov a%£tino9og). S. 228, Z. 15 ^IUppocratern cognotninem
Cdum.^ Ebenso Z. 6 v. u. ^dic miA(, gualinam homtni Protagoräe co-
pUatit pecuniam erogare^ (un versländlich stall: qualem hominem Pro-
iagoram iudicantes cog. p. er,).
Die äufsere Ausstattung des Buches ist, wie immer bei den in
Teubner's Verlag erscheinenden Werken, elegant; Druckfehler äufserst selten.
4. Aufgaben zu griechischen Slilubungen für die oberen Gymnasial-
Classen vonWolfg. Bauer, gr. a (Yill u. 162 S.). Bamberg, Buchner,
1860. — 22 Ngr.
Der Ur. Verf. hat sein Buch hauptsachlich nur für die baierischcn
Gymnasien bestimmt und verweist deshalb bei Citierung grammatischer
Regeln nur auf die Buttmann'sche Grammatik, die in Daiem fast an allen
Gymnasien, in andern Ländern an manchen Lehranstalten, bei uns schwer-
lich irgendwo als Schulbuch gebraucht wird. Aber auch in Baiern wird
man sich wol überzeugen, dass dies Übungsbuch ans mehr als einem
Grunde unpraktisch ist. Bekanntlich kann die d:n grinchischen Stilübun-
gen Eugemessene Zeit überall nur eine verhältnismäfsig beschränkte sein
und der Verfasser eines solchen Übungsbuches hat daher dafür zu sorgen,
dass die Schüler in der auf diese Übungen zu verwendenden Zeit mög-
lichst viel leistetk Dies ist aber unserer Überzeugung nach hei vorlie-
gendem Obungsbuche nicht möglich. Es ist unpraktisch und bemmand^
dass gar häufig bezüglich syntaktischer Regeln und bezuglich der An-
wendung einzelner Phrasen auf die Übungsbücher von Halm verwiesen
wird, während doch, ohne den Umfang des Buches irgendwie wesentlich
zu vergröfjiern, die betreffende Regel kurz hingestellt , die betreffende
Phrase einfach angegeben werden konnte. Man lä^st sich in einem
übungsbuehe Verweisungen auf die Grammatik gefallen; es ist aber der
Fall noch nicht vorgekommen« dass in einem Obungsbuche auf ein an-
deres Übungsbuch verwiesen würde.
Zu rügen ist es ferner, dass dem Buche kein Wörterverzeichnis
beigegeben ist, was hier um so nöthiger war, als bei vielen Übungs-
stücken (besonders bei den angehängten lateinischen) die Bedeutungen
gar zu spärlich angegeben sind; man vergleiche z. B. Kr. CXXVl^ CXXVII.
Ferner ist es aus paedagogischen Rücksichten uieht zu billigen, wenn ia
den Übungsstücken solche Sätse vorkoranen, wie z. D. XUI, 1: «Trotz-
dem, dass Apollo ihm (dem Latus) das Orakel gegeben, er solle kein
Kind zeugen, denn der Gezeugte werden (1. werde) seinen Vater tödtea,
wohnte er dennoch des Götterspruches uneingedenk seiner Gattin bei.*
Cad weiter unten: «Der Knabe wuchs heran und zeichnete sich unter
ifeinen Altersgenossen dnrcfa Stärke aus, weswegen er von ihnen aus
Neid den Schimpfnamen «Bastard* erhielt* — Druckfehler finden sich
aufser den am Schlüsse angegebenen noch ziemlich hänfig.
Prag. Johann Kvfdala.
Zaittehrirt f. d. .".«tarr. Gymna». iSdO VII. Haft. 38
Dritte Abtheilung.
Verordnangen für die Asterreieliidclien Gym-
nasien; Statistik.
Personal- und Schulnotizen.
(Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen, Aus«
Zeichnungen u. s. w.) — Der Gymnasiallehrer am Prefsburger Gym-
nasium, Hr. Anlon Madicra, über sein Ansuchen, in gleicher Eigen«
tchaft an das Gymnasium zu Pisek.
•— Der Supplent am Kleinseitner Gymnasium zu Prag, Hr. Ambros
LiTsner, zum wirklichen Lehrer am Gymnasium zu Eger.
— Der Katechet an den vier unteren Classen des Gymnasiums la
Neuhaus, Hr. Joseph Bumba, Weltpriester, über Vorschlag des
bischöfl. Ordinariates zu Budweis, zum Keltgionslebrer für alle acht
Classen an derselben Lehranstalt.
— Der Supplent am Iglauer Gymnasium, Hr. Heinrich Baumann,
zum wirklichen Lehrer am Gymnasium zu Znaim.
— Der bisherige Supplent am k. k. Gymnasium zu San de c, Hr.
Johann Sternal. zum wirklichen Lehrer dortselbst.
— Der gewesene Supplent am Gymnasium in Bochnia, der grie-
chisch-katholische Priester, Hr. Titus Zegadlowicz, zum wirklichen
Lehrer am Gymnasium in Rzeszow.
— Der Professor der allgemeinen Naturgeschichte an der üniver-
sitSt zu Innsbruck, Hr. Dr. Joseph Köhler, und der suppl. Lehrer an
der k. k. Oberrealschule zu Brünn, Hr. Franz Matzek, zu wirklichen
Lehrern an der k. k. Oberrealschule zu 0 1 m ü t z.
— Der provisorische Lehrer an der k. k. (Jnterrealschule zu Zara,
Hr. Stanislaus Milcovich, zum wirklichen Lehrer an dieser Anstalt.
— Der Präparandenlehrer zu Colocsa, Hr. Joseph Mennyei,
zum Director der dortigen Hauptschuie und der mit derselben vereinig-
ten Lehrerbildungsanstalt.
— Der Ehrendomherr des Tarnower Kathedralcapitels und Professor,
Hr. Joseph Wilczek, zum Professor der Pastoraltheologie an der Kra-
kauer Universität
— Se. k. k. Apost. Majestät haben mit Allerhöchster Entschlicf^ung
vom 18. Mai 1. J. dem Rector des Piaristencollegiums und Direclor des
Gymnasiums zu Nikolsburg, P, Rudbert Lopata, iu Anorkenuiuiir
Personal- und Schulnotizen. 563
seiner vieljährigen ausgezeichneten Wirksamkeit im öffentlichen Schul-
dienste, das goldene Verdienstkreuz mit der Krone AUergnadigst zu ver«
leihen geruht.
Se. k. k. Apost. Majestät haben mit Allerhöchster Entschliefsung
vom 3. Juni 1. J. den beiden Lehrern an der Normalhaupt- und Cnter-
realschule zu St. Anna in Wien, Anton Weinzettel und Andreas
Weifs, in Anerkennung ihres vieljährigen und yerdieustlichen Wirkens
im Schulfache, das goldene Yerdienstkreuz AUergnadigst zu verleihen
geruht.
— Dem Director der k. k. Rechtsakademie zu Hermannstadt,
llru. Prof. Dr. Gottfried Müller, ist, in Anerkennung seiner Verdienste
um diese Lehranstalt, der kaiserliche Kathstitel mit Nachsicht der Taien
AUergnadigst verliehen worden.
— Se. k. k. Apost. Majestät haben, in Anerkennung der Verdienste,
welche die Vorsteherin des Nonnenklosters Praesentationis B. M. V. zu
St. Johann in Kr akau, Gabriele Gut kowska, und ihre Ordensgemeinde
um die Hebung der mit diesem Kloster in Verbindung stehenden Mäd-
chenschule und Lehrerinnen-Bildungsanstalt sich erworben haben, der
besagten Vorsteherin das goldene Verdienstkreuz mit der Krone AUer-
gnadigst zu verleihen geruht.
— Dem Dniversitäts- Pedell iuLemberg. Um. Alois Kaiseritz,
ist das silberne Verdienstkreuz mit der Krone AUergnadigst verliehen
worden.
— Die Wiederwahl Sr. Excellenz des Hrn. Andreas Freiherrn von
Baumgartner zum Präsidenten der k. Akademie der Wissenschaften
und des Hrn. Dr.'s Theodor Georg v. K a r a j a n zum Vicepräsidenten der-
selben ist genehmigend zur Allerhöchsten Kenntnis genommen.
•— Das Ministerium für GuUus und Unterricht hat die Bestellung
von Prüfungscommissionen für Lehrer der Stenographie beschlossen. Eine
solche Commission wird zunächst in Wien errichtet, und sodann diese
Mafsregel auf die Hauptstädte anderer kronländer ausgedehnt werden.
Die Anstellung eines Lehrers der Stenographie an einer öffentlichen Lehr-
anstalt kann von nun an nur nach Beibringung eines Befähigungs-Zeug-
nisses, welches von einer dieser Commissionen ausgestellt ist, erfolgen.
Sowohl den Prüfungen der Lehrer als dem Unterrichte der Schüler
wird das Gabelsberger'scbe System der Kurzschrift als Grundlage dienen,
um den Nachlheileu zu begegnen, welche von der ungleichartigen Aus*
bildung derjenigen, die sich diese Fertigkeit aneignen, unzertrennlich sind.
Damit jedoch das Studium anderer Systeme nicht aufgeschlossen
werde, wird es unbenommen sein, an Hochschulen oder höheren tech-
nischen Lehranstalten andere, von dem Gabelsberger sehen abweichende
Systeme der Kurzschrift, insoferne damit kein Anspruch auf de6nitive
Anstellung erhoben wird, zu lehren.
(Concurse, Erledigungen, Stiftungsplätze, Stipen-
dien u. s. w.) — An der mit der Hauptschule in Verbindung stehen-
den 2classigen UnterreaUchule zu S t a n i s 1 a w o w die neu systemisierte
technische Lehrerstelle mit dem Gehalte von 525 fl. ö. W. Termin: Ende
Juni 1 J., bei der k. k. Statthalterei in Lemberg. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg.
vom 26. Mai I. J., Nr. 126.)
— An der in's Leben tretenden Land- und Forstwirthschaftsschule
zu Kreuz die Stelle eines Directors, zugleich ersten Lehrers der Land-
au*
5M Personal- and Schulnotizen.
wirihsrhafN mit dem Jahresgehalte Ton 2000 iL und Freiwohnung,
iK'hrrrii für {Naturwissenschaft, mit 900 fl. und Anspruch auf Deeeeoal-
zulagon und die eines Lehrassistenten für Mathematik und Physik mit
#00 11. ; Aufserdem mit Antheil am Schulunterrichtsgelde. Terrain : 30.
Juttt 1. i. bei der k. k. croat siav. Statihaileret. (S. Amtsbl. u Wr.Ztg.
V. 9. Juni L J. Nr. 136)
— Ao der neu in's Leben tretenden 2cl«s8igen ünterrealschule m
Petrinia die Stelle eines Glassenlehrers und zugleich LoeaUohuldireo*
tors mit dem Jahresgehalt von 735 fl., dem Quartiergelde von 89 iL 25 kr,
und dem Schreibespesen-Pauschale von 8 fl. 40 kr. ö. W., dann eines
technischen Lehrers mit dem Gehalte von 525 fl., eventuel 630 fl. ö. W,
Termin: 10. Juli 1. J. bei der baoal-slavonischen Grenzschulen-Commis-
sion, (S. Amlsbl. z. \Vr. Ztg. v. 9. Juni I. J. Nr. 136.)
— An der zu 0 o s p i d neu zu eröffnenden Sclassigen Dnterreal-
üchule die Stelle eines grammatischen Lehrers, zugleich liocaldirectoni,
mit dem jährlichen Gehalte von 735 fl., und eines technischen Lehrers
mit 525 fl., nebst den systemmäfisigen Emolumenton mit demVorrückungs«
rechte in 630 fl. t>. W. Termin: Ende Juli L J. bei der Grenzschulen*
Commission zu fcarisiadL (S. AmtsbL 2. Wr. Ztg. v. 12. Juni 1. J. Nr. 138.)
— Am k. k. Gymnasium zu Tri est die Lehrerstelle für italieni-
sche Sprache und Literatur, mit dem Jahresgehalte von 945 fl., eventuel
1050 fl. und einem Quartiergelde von 126 fl. ö. W. Termin: Endo Juli
1. J . bei der k. k. küstenländischen Statthalterei (S. Amtsbl. z. \Vr. Ztg.
V. 15. Juli 1. J. Nr. 141.)
— An der Dnterrealschule zu Steyr die Lehrerstelle für die gram*
matischen Fächer und die damit verbundenen Unterrichtsgegenständey
tiiit dem Gehalte jährl. 420 fl. und einer Localzulage von 105 fl. ö. W.
Termin: binnen 3 Wochen, bei der k. k. Statthalterei f. OberOsterreich
und Salzburg (S. AmtsbL z. Wr. Ztg. v. 15. Juni 1. J. Nr. 141.)
— ' Über die Besetzung von zwei neu creierten Man naget lauschen
SliftungspIStzen s. Amlsbl. z. Wr. Ztg. v. 3. Juni 1. J. Nr. 132.
— über erledigte Kilbervillinische Üniversitäts-Handstipcn-
dien s. Amtsbl. i. Wr. Ztg. v. 9. Juli L J. Nr. 136.
— Über die Besetzung einiger k. k. Hofs Sngerknaben p lätze,
durch Concursprüfung am 2. August 1. J. im gräfl. Löwenburg'schen
Convicte in der Josephsladt in Wien s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 17. Juni
1. J. Nr. 143.
— Ober die Aufnahme von Zöglingen för den Lchrcurs 18*7» , an
der k. k. Forstlehranstalt zu Mariabrunn nächst Wien s. Amtsbl. z.
Wr. Ztg. vom 21. Juni I. J., Nr. 146.
(Todesfälle.) — Am 29. April 1. J. zu Kursk der durch seine
astronomischen Forschungen bekannte Ur. Tbeod. Alexejewitsch S c ra e n o f f.
— Am 18. Mai 1. J. zu Zürich Ur. Dr. J. J. 11 o 1 1 i n g e r , Professor
der Geschichte daselbst und historischer Schriftsteller^ 77 Jahre alt.
— Am 23. Mai 1. J. zu Trautenau in Böhmen Hr. DfTo Hörn, als
lyrischer und dramatischer Dichter vortheilhaft bekannt, im 43. Le-
bensjahre.
— Am 23. Mai L J. zu London Hr. T. H. Glover, Bibliothecar
der kön. Privatbibliotheken, durch schätzenswerthe antiquarische Aufsätze
bekannt.
— Am 25. Mai 1. J. zu Verona Hr. Prof. Abramo Massalongo.
als Naturforscher in gelehrten kreisen wohlbekannt, im 36. Jahre seines
Lebens.
Personal- und SchulDOdsen. 505
— Am 30. Mai 1. J. zu Wien, Hr. Vincenz Kollar (geb. am 15.
Jänner 1797 zu Kranowitz in Preurs. Schlesien), Ritter des k. k. ö. Franz-
Joseph-Ordens , k. k. Regierun gsrath, Vorstand des k. k. zoologischen
Hofkabinets, und Mitglied der k. Akademie der Wissenschaften u. s. w.
als Forscher und Schriftsteller auf seinem Gebiete ruhmlichst bekannt.
— Anfangs Mai I. J. zu Amsterdam Hr. Da Costa (geb. 1798
im Schoofse einer judischen Familie, deren Vorfahren aus Portugal nach
Holland eingewandert waren, 1820 zum Ghristenthum übergetreten), als
Dichter geachtet.
— Am 2. Juni I. J. starb zu London plötzlich der preufsische
Major, Hr. Leopold v. Orlich, bekannt durch seine Schriften über den
grofsen Kurfürsten und den Krieg in Schlesien, so wie durch seine in-
dischen Studien.
— Am 2. Juni L J. zu Böhmisch-Leipa der um Schulwesen und
Volksbildung hochverdiente Hauptschullehrer, Hr. Anton Rrehann.
— Am 6. Juni I. J. zu Marburg (Hessen) der Hofrath, Hr. Dr. Ed.
Fiat n er, ordentl. öffentl. Professor des Römischen Rechtes und Beisitzer
des Spruchcollegiums an der dortigen Hochschule (geb. am 30. August
1785), als Fachschriftsteller rühmlich bekannt
— Am 13. Jnni L J. zn Sondershausen der lurstl. OberstlientenanI
a. D., Hr. A. von Blumröder, als Belletrist, Verfasser humoristischer
und popularphilosophischer Schriften u. dgl. bekannt, in einem Alter von
beinahe 86 Jahren.
— Anfangs Juni 1. i. Se. Ilocbw. Hr. /'.Jobann Hrusobka, Br.
der Theologie, Decbant «u Qosau, früher Pjrofessor am Bodweiser bisohOA.
Seminar, u. a. w. in 51. Lebencyahre.
— Anfangs Juni 1. J. «u Pavia der bekannte Mathematiker und
Physiker, Hr. Prof. Belli, und zn Florenz der Senator, Hr. Professor
T a dd e i , durch seine ausgebreiteten Kenntnisse in den Naturwissenschaf*
lea, namentlich in der Chemie, bekamt
— Im Juni 1. J. zu Venedig der englische Oeneralconsul, Hr. 0«
P. B. James, als belietrialiacher Sobrifkstetter auf dem <}ebiete der Er-
zählung, bekannt
Vierte Abtheilung.
niiscellen.
Philologische Preisaufgaben der kaiserl. Akademie
der Wissenschaften,
Die kaiserl. Akademie der Wissenschaften bat in ihrer feierlichen
Sitzung vom 30. Mai I. J. die Entscheidung über die Bearbeitungen der
am 31. Mai 1858 ausgeschriebenen, die Zeitfolge der Platoni-
schen Dialoge belreflfenden Preisfrage und zugleich die Ausschrei-
bung einer neuen Preisfrage publiciert. Wir entnehmen aus dem bei der
feierlichen Sitzung ausgegebenen gedruckten «Commissionsbericbte» das
Crtheil über diejenige unter den eingelieferten drei Bearbeitungen der
Preisfragen, welcher der Preis zuerkannt ist, und den Wortlaut der neuen
Preisfrage.
Die des Preises würdig befundene Abhandlung trägt das Motto:
Sine ira et studio! Nee tarnen sine ira nee tine studio!
«Die Abhandlung, 3f>4 Seiten foL, gibt in ihrem ersten allgemeinen
Theily S. 1—118, eine Geschichte der Forschungen, welche in der neueren
Zeit seit Tennemann über die Zeitfolge der Platonischen Dialoge ange-
stellt sind; die Ontersuchungen Schleiermacher's und Hermann's werden
am eingehendsten erörtert, aber alle anderen Forscher auf diesem Ge-
biete finden an geeigneterstelle volle Berücksichtigung ; die genau charak-
terisierende Darlegung der in den verschiedenen Forschungen leitenden
Grundsätze enthält zugleich die principielle Kritik derselben. Die Kritik
der einzelnen Ergebnisse der früheren Forscher, namentlich Schleier-
macher's und Hermann's, hat der Verfasser mit dem zweiten speciellen
Theil (S. 118—304) verbunden, der seine eigenen positiven Untersu-
chungen des Gegenstandes enthält. Nach der erforderlichen Fixierung eini-
ger Hauptmomente aus Platon's Leben, 8.119—135), unterzieht der Ver-
fasser die Zeugnisse über die Echtheil der Platonischen Schriften einer
genauen eingehenden Prüfung, S. 138—212. Um sodann für die meisten
derjenigen Dialoge, deren Echtheit erwiesen ist, die Zeitfolge mit der
erforderlichen Sicherheit festzustellen, discutirt der Verfasser zunächst
die äufseren historischen Zeugnisse, und zwar nicht nur diejenigen, welche
unmittelbar auf die Schriften Platon's sich beziehen, sondern auch solche,
die mittelbar zu giltigen Schlüssen über die Zeitfolge derselben berech-
tigen, S. 213 — 236; sodann prüft er die historischen Daten, welche sich
aus Platon's eigenen Schriften zur Bestimmung ihrer Abfassungszeil ge-
winnen lassen, S. 237 — 272, und zieht endlich einige der wichtigsten
Miscellen. 567
inneren Beziehungen in Platon's Schriften in Betracht, die entvv'eder an
sich oder in Verbindung mit den vorher untersuchten äufseren Zeug-
nissen einen Schluss auf die Zeitfolge der Abfassung mit Sicherheit zu
ziehen gestatten, S. 272—304.
Die Abhandhing ist in einer Weise angelegt, dass dadurch die Un-
tersuchung des fraglichen Gegenstandes vollständig umfnsst wird , und
zeigt in ihrer gesammten Durchführung die vollkomroeu freie Beherr-
schung des umfangreichen Stoffes. Der erste allgemeine Theil gibt in
strenger Objectivität ein scharf und rein gezeichnetes Bild von der charak-
teristischen Eigenthümlichkeit der verschiedenen Forschungen auf diesem
Gebiete und entwickelt ihren Zusammenhang unter einander und mit
den Bewegungen auf dem philosophischen Gebiete; dieser Theil wurde
schon an sich als eine treffliche literar-historische Monographie zu be-
trachten sein. Die Prüfung der Zeugnisse für die Echtheit der unter
Platon's Namen überlieferten Schriften bildet durch die Umsicht und dea
Scharfsinn, mit welchen sie augestellt ist, einen werthvollen Zusatz zu
den über diesen Gegenstand vorhandenen gründlichen Arbeiten. Die
Untersuchungen des Verfassers über die Zeitfolge der Platonischen Schrift-
ten sind unverkennbar aus dem philosophischen Interesse für eine treue
Reproduction der Gedanken Platon's hervorgegangen, und die Frage nach
der Zeilfolge der Schriften wird mit diesem philosophischen Zwecke,
dem ihre Beantwortung zu dienen hat, stets in genauem, die Sache
wesentlich förderndem Zusammenhange gehalten. Dadurch ist aber kei-
neswegs eine Zurücksetzung des literarischen Apparates der Untersu-
chung veranlasst; vielmehr ist das gesammte, über diesen Gegenstand vor-
handene literarische Material verwerthet (man vermisst fast nur die Be-
rücksichtigung des von Spengel untersuchten Verhältnisses zwischen
Isokrates und Piaton) und dies mit einer Sicherheit, dass dadurch der
Selbständigkeit der eigenen Forschung nirgends Eintrag geschieht —
Vor der Publication der Abhandlung durch den Druck würde allerdings,
wie der Verfasser selbst im Vorworte bemerkt , eine nochmalige Über-
arbeitung wünschenswerth sein, da die beschränkte Zeit den Verfasser
gehindert hat, manchen Abschnitten die letzte Feile zu geben. Aber
diese unerheblichen, leicht zu beseitigenden Mängel kommen gegen deo
wirklichen Werth der Arbeit nicht in Betracht.
Die Gommission hat unbedenklich und einstimmig die vorliegende
Abhandlung als eine gelungene Lösung der gestellten Aufgabe anerkannt
und darauf angetragen, dass derselben der ausgeschriebene Preis zuer-
kannt werde.
Dieser Antrag der Gommission wurde von der Akademie in ihrer
Gesammtsitzung vom 26. Mai d. J. zum Beschlüsse erhoben, und dem-
gemäfs der Abhandlung mit dem Motto: ^Sine ira et studio etc.' der
Preis zuerkannt.»
In der feierlichen Sitzung vom 30. Mai 1. J. wurde der mit dem
gleichen Motto bezeichnete versiegelte Zettel vom Präsidenten der Aka-
demie eröffnet, und es ergab sich der Name des Verfassers: Dr. F. Über-
weg, Privatdocent an der Universität zu Bonn.
Die neue von der kaiserl. Akademie der Wissenschaften ausge-
schriebene philologische Preisaufgabe lautet:
«Von dem Vulgärlatein oder dem sermo plebeius ist in Autoren,
bei Grammatikern und Glossographen und auf Inschriften eine beträcht-
liche Summe von Thatsachen erbalten, theils in eigenen Wörtern, theils
in Formbildungen und Structuren solcher Ausdrücke, deren sich auch
die Schriftsprache bediente. Eine umfassende, quellenmäfsige Samm-
lung und Bearbeitung dieses Materiales dürfte einen erheblichen Bm-
M9 ftUsoelleiw
trag «ir Bereiqberuiig der lateinisoben GrAmmatik und des lateiauchen
Lexikons ergeben.
bi der Untersuchung muss der Gesichtspunct mi^glichst strenger
Sonderung des vulgären von dem Schrift-Gebrauch majTsgebend sein;
und in dem Vulgären selbst, neben dem was überhaupt aJs plebejisch
lu gelten bat, auch Rucksiebt genommen werden auf das. was etwa nur
einzelnen Provinzen des römischen Reiches eigenthumlich war. Als Grenz-
scheide für die Heranziehung von Autoren ist die Zeit des Justinian zu
nehmen.
Eine Umfassung des ganzen hiebor gehörigen Materiales würde
für die Sache selbst am wünscbenswerthesten sein; jedoch kann unter
Umständen auch eine nur auf die Autoren sieb beschränkende Bearbei-
tung als Lösung der Preisfrage angesehen werden.'
Der Termin der EiuUtferung ist der 31. Deoember 1862; der Preis
von 125 k« k. Munzducaten wird in der feierlichen Sibeung am 30. Mai
1863 zuerkannt.
Bekanntmachung^.
Mit höchster Genehmigung wird die im vorigen Jahre ausgesetzte
neunzehnte Versammlung deutscher Philologen, Schulmänner und
Orientalisten in deo Tagen vom 26. bis zum 29. September d. J.
zu Braunschweig statlflnden. indem dio Unterzeichneten sich be-
ehren, zu derselben ganz ergebenst hiermit einzuladen^ erklären sie sicU
gern bereit, Anfragen und Wünsche, die sich auf die Theilnahme an der
Versammlung beziehen, zu welcher nach g. IV der Statuten «jeder Phi«
Möge und Schulmann, welcher durch bestandene Prüfungen, durch eia
öfifentliches Amt oder literarische Leistungen dem Vereine die nöthige
Gewähr gibt, berechtigt ist,* entgegen zu nehmen und zu erledigen.
Zugleich bitten sie um vorläufige Anzeige der von einzelnen Theilneh-
mern beabsichtigten Vorträge.
Braun schweig und Wolfe nbütlel, den 6. Juni 1860.
a T. A. Krüger. J. Jeep.
Berichtigung.
HfL VI. S. 473, Z. 12 v. w. lies afloraee Hftymann» sl.itl „Horau
Haymiiu.^
(Diesem Hefte ist eine liierarische Beilage beigegeben.)
Erste Abtheilung.
Abliandlangen.
Die Construction der lateinischen Zeitpartikeln.
Nicht leicht ist eine andere Conjunction Iiei den lateinischen
Schriftstellern so häuGg angewendet als die Partikel cum, und
doch herrscht über keine andere hinsichtlich des Modus , mit
dem sie zu construieren sei, im ganzen so wenig Klarheit, wie
gerade über cum. In allen Grammatiken ist der Satz zu lesen:
^<ctim cauaale steht mit dem Conjunctiv, cum temporale
mit dem Indicativ,^' und doch wenn eine Regel ungenügend. ist
und den historisch vorliegenden Gebrauch nicht erschöpft, so
ist es offenbar diese, wenigstens in ihrem zweiten Theile. Zahlen
sprechen am deutlichsten. Wenn man bei irgend welchen Schrift^-
stellern vorzugsweise das temporale cum^ und dieses mit dem
Indicativ, erwarten müsste, so wären dies die Historiker, —
aber gerade bei diesen bilden die Stellen mit dem Indicativ bei
dieser Partikel die kleine Minderzahl gegenüber der grofsen Mehr-
zahl, wo der Conjunctiv angewendet ist. In Caesar's sieben
Büchern über den GaUischen, und den drei über den Bürger-
krieg, findet sich cum mit dem Indicativ mit Hinzurechnung von
fünf Stellen, wo das sogenannte ^eum des Nachsatzes' angewen-
det ist, im ganzen nur 85 mal, wahrend der Conjunctiv an 888
Stellen steht 0* In den verbundenen Conunentaren in dem 8*
0 Bei den letzteren sind allerdings aoch dii^ Stellen mit cum emt^
aale gezählt, aber es lassen sich auch diese schwer sondern, da
cunif auch wo es nach der herkömmlichen Auffassung als causal
bezeichnet werden kann, zunächst doch nur eine Handlung mit
obwaltenden Umständen irgend welcher Art in Verbindung setzt,
die ihrer Natur nach vielleicht jene Handlung begründen können,
nicht aber nothwendig auch es müssen. Mehr darüber bei der
Behandlung von cum. — Ausgeschlossen bei der Zählung sind
jedoch 11 Stellen, wo der Conjunctiv zunächst durch die indirecte
Aede oder dadurch bedingt ist, dass er die Meinung eines ande-
ren enthält. — Die Vertheilung ist: b. 6. 1 : 42 Stellen mit dem
Conjunctiv gegen 2 mit dem Indicativ ; 11 : 37 gegen 0 ; 111 : 26 — 3 ;
Z«ittohrift f. il. ötterr. Ojmnat. 1860- VIII. Heft. 89
570 Ober die Constr. der lal. Zeitparlikehi, v. E, Uo/fmann.
Buche des Gallischen Krieges, den Büchern über den Alexandri-
nischen und Africanischen Krieg, findet sich nur einmal der
Indicaliv bei cum primum (b. Alex. 48, 8), zweimal cum im
Nachsatze (b. AI. 74, 4. b. Afr. 61, 3), gegen 238 Stellen mit
dem Conjunctiv. Der Verfasser des bell. Hisp. braucht den In-
dicativ 4 mal, den Conjunctiv 80 mal. Rechnen wir die Stellen,
wo cum den Nachsatz beginnt, ab, da diese ersichtlich anderer
Naiur sind , so stehen in dem ganzen Corpus der Commentare
über Caesar'» Kriege 702 Stellen mit dem Conjunctiv nur 86 mit
dem Indicaliv gegenüber. — »Bei Cornelius Nepos kommen
auf mehr als 300 Stellen mit dem Conjunctiv nur 15 mit dem
Indicaliv, nebst 2 Stellen, wo cum des Nachsatzes sich findet.
— Bei Livius habe ich die Zählung in 20 Büchern vorge-
nommen*), und auf etwa 1735 Stellen mit dem Conjunctiv nur
97 mit dem Indicaliv, da2u 75 Fälle von ct/m im Nachsatze ge-
funden. — Velleius Paterculus hat auf 165 Stellen mit
dem Conjunctiv n^nr 2 Stellen mit dem Indicaliv, nebst 7 Stellen
mit cum im Nachsalze'). — Bei Sali ust, der sich für die
temporale Verknüpfung vorzugsweise ' der Partikeln postquam und
uhi bedient, gestaltet sich das Verbaltniss für cum mit dem In-
dicaliv günstiger, indem in Cat. und Jug. auf etwa 40 Stellen
mit dem Conjunctiv, 18 mit dem Indicativ, nebst 7 Stellen mit
cum im Nachsätze kommen. Dabei ist itber zu beachten, dass
bei Sallust und ebenso auch bei deü übrigen aufgezahlten Auto-
IV : 35—3; V : 44— 4; VI, 14 — 11. (Zu beachten ist, dass diese
sä'mmtlichen 11 Stellen in den langen Excurs, die Schilderung
Germaniens und die Vergleichung der Germanen mit den Galliern
entbalteud, von c. 11—28 incl. gehören, also nicht in die eigent«
liehe Geschichtserzählung; es sind dies die Stellen 12, 1. 13, 2.
15, 1. 16, 5. 17. 3 (his?). 18, 3. 19, 3. 23, 4. 27, 4. 5.). VII : 53
— 2; b. c. 1:26 — 2; 11:17 — 1; 111:90 — 3.
*) Es sind dies die Bücher I— X, XXI— XXVI, XXXI— XXXIV. Die Ver-
tbeilung ist: l : 100 gegen 7; II : 86 gegen 3; III : 121 gegen 7;
lV:114gegen2; V:91— 12; VI:70~5; VI1:81— 3; VIII : 88-3 ^
1X:81— 7; X:67 — 3; XXI:93-4; XXn:103— 6; XXIII:90— 5;
XXlV:79-3; XXV:82 — 6; XXVKungerechnetc. 41—43): 104-2;
XXXI : 74 — 4; XXXII s 63 — 2 ; XXXIII : 64 — 2; XXXIV : 84 — 11.
Es sind bei dicsej^ Zählung die Stellen nicht ausgeschieden, vto
der Conjunctiv durch die indirccto Rede etwa oder durch Bezie-
hung auf die Meinung Jemandes bedingt ist. Aber wenn man
auch für solche Stellen und für die, wo noth wendig ein causales
cum angenommen werden miisste, die Hälfte der Conjunctiv-Stel-
len abrechnen wollte, so bliebe das Misverhältniss der Stellen mit
dem Indicaliv doch immer noch ein eclatantes.
•) unter den Stellen mit dem Conjunctiv sind die zwei mit qnippe
cum (l, 2, 2. II, 109, 2) natürlich nicht gezählt. Per Indicaliv
steht I, 17, 5 icousas cum requirö), und 11, 129, 3 {cum
id facere potutt). — cum des Nachsatzes: II, 28, 2. 47, 2.
61, 1. 70, 3. 101, 1. 110, 1. J17. 1.
über die Constr. der lat. Zeitpartikeln, v. E, Uollfnann, 571
ren die Stellen, wo der Indicativ bei cum gebraucht ist, meist
nicht erzahlender, sondern beschreibender oder refleclierender
Art sind.
Die angegebenen Zahlen und der Satz: ^cum temporale
steht mit dem Indicativ,^ harmonieren also schlecht miteinander,
nnd es dürfte demnach wol keine überflussige Mühe sein, den
Gebrauch dieser Conjunction etwas genauer zu uniersuchen, als
es bisher geschehen ist; vielleicht dürfte es sich dann heraus-
stellen, dass die Grenzen für die Zulässigkeit des Indicativs doch
wol enger zu stecken seien, als man jenem Satze gcmäfs zu
glauben gewohnt ist.
Für diese Untersuchung ist es aber nöthig, dass wir zu-
gleich auch die übrigen Temporal-Partikein hinsichtlich des mit
ihnen zu verbindenden jHodus mit in Betracht ziehen, denn ge-
rade dies ist meiner Ansicht nach der Hauptgrund, weshalb es
bis jetzt noch an einer klaren Einsicht in den Gebrauch des
temporalen cum fehlt, dass man nicht auf das gemeinsame in
dem Gebrauche aller lateinischen Zeitpartikeln geachtet hat.
Als dieses gemeinsame aber' in dem Gebrauche der Con-
junctionen posiquam \p9»tea quam]^ ubi [ubi primum]^ ui
[uC prhnum]y simul [simul aCj eimui uC]; ferner der Conjunc-
tionen anCeguam^ priuequam; endlich dum^ donec,
quoad^ ergibt sich aber, dass sie sich nur mit dem Indicativ
der Hauptzeiten verbinden, sei es, dass die Nebenzeiten, Im*
perfect und Plusquamperfect, überhaupt ausgeschlossen
sind mit Ausnahme des Falles, wo das Imperfect nicht sowol die
relative Gleichzeitigkeit gegenüber einem anderen Präteritum be-
zeichnen, sondern vielmehr ein vergangenes Sein nach Mafsgabe
der Beschaifenheit desselben als Zustand charakterisieren soll, so
dass es in gewisser Weise die Geltung eines selbständigen, nur
besonders qualificierten Präteritums erhält, — oder dass. nur der
Conjunctiv jener Neben Zeiten zulässig ist. Das letztere gilt
für aneequam und priusquamy das erstere fär alle übri-
gen aufgeführten Partikeln.
Daraus folgt somit, dass diese Conjunctionen eigentlich nur
dazubestimmtsmd, selbs tändiges und siohco^r diniert es
in temporale Beziehung zu einander zu stelli^; dass sie dagegen
für die Beziehung und Verknüpfung von nichfco ordiniertem,
also für die Verknüpfung;' eines F actum s mit untergeord-
neten Umständen, die ab solche in den relativen Zeiten,
Imperfect oder Plusquamperfect, gegeben werden mössten, sich
entweder gar nicht eignen, oder dass sie dann den Conjunc-
tiv bedingen.
Der Verlauf dieser Abhandlung wird zeigen, dass in dem
eben aufgestellten Satze zugleich auch die Regel über den mit
dem temporalen cum zn verbindenden Modus ausgesprochen ist ^
dass nämlich der Indicativ nur zulässig ist, wo cum d^xa T^^xV
572 Cbcr die Constr. der lat. Zcitparlikcli^ v. E. UoH^nanfL
ausdrucknach coordiniertes verbindet; dass dagegen bei tem-
poraler Unterordnung der Conjunctiv eintreten muas.
I.
Indem wir nun daran gehen, die Fälle zu untersuchen, wo
die übrigen Zeitpartikeln, mit Ausschluss von cum, sich mit dem
Indicativ der relativen Zeiten des Präteritums
verbunden finden, so wcrden'^n^^^tiam und priu$guam^
da sie so gut wie nie mit defä Indicativ dieser ZHten construiert
sind'*)} fiuch weiter nicht in Betracht kommen können-, ebenso
können wir auch dum^ donec^ guoad übergehen. In der Be-
deutung ,w§hrend,^ wo sie Pr^terita auf einander beziehen,
schliefsen sie nach mustergiltigem Sprachgebrauch das Imperfect
aus und stehen mit dem historischen Präs^. Dass sie in der Be-
deutung ,80 lange als' unter anderen Zeiten auch mit dem
Imperfect sich verbinden können, kommt hier nicht in Betracht,
da wir es dann nicht mehr mit temporaler Unterordnung unter
den Hauptsatz , sondern mit der yoUkommensten Coordination
zweier in der Vergangenheit parallel qnd glei chlang neben
einander existierender Zustande zu. thya haben %
In Betracht können also nur die Qonjvnctionen postguam^
ubi, ue, simuly simui ac kommen, und zwar hauptsächlich
hinsichtlich ihrer Verbindung mit dem Indicativ des Plusquam-
perfects; denn was das Imperfect bei diesen Conjunctionen
'«) Wir werden auf die wenigen Ausnahmen von dieser Regel später
zurückkommen.
*) Die natürliche Zeitgebung in beiden Gliedern ist das Imperfecta
doch kann in dem einen wie in dem anderen oder auch in beiden
zugleich das Perfect eintreten, wenn die betrefifenden Zustände
-vom Standpuncte des Sprechenden aus als vollendet und nicht
mehr existierend bezeichnet, oder schlechthin als Momente in die
Erzählung eingefugt werden sollen. Cic. Tuscl. I, 42, 101: fuiC
haet gem fortis, dum Lycurgi leges vigebant, — ad Att. VII, 26,
3: biöngsio, dum exiatimabam nos vagoa fore, nolui mo-
iesius esie: — Liv.XXVll, 27, 6: tion tarnen omiaere piignam
deaerti ab EinücU Fregeilani^ donec UOegri conaulea hortando
ipaique ex parte pugnando rem auaiinebant. XXXIll, 18, 16:
Macedanea, u$.gue dum orditiea et velnti atipata phalanx
conatabai, thoverinequiverunt, — Sali. Jug. 14, 10: Dum
Carthaginienaea incolumea fuere, iure omnia aaeva patieba-
mur. — Liv. II, 49, 9: et donec nihil aliud quam in popu-
lationibua rea fuit, nan ad praeaidium modo tutandum Fabii
aatia erant, aed tota regione, qua Tuacua ager Romano adiacet,
aua tuia omnia fecere, — In beiden Sätzen das Perfect: Cic. in
Verr. IV, 3, 6: C, Claudiua , . . uaua eat hoc Cupidine tarn
diu, dum forum.., äabuit omatum. — p. Rose Am. 43,
126. p. Sest. 8, 7. 17, 39. 60, 127. p. Lig. 10, 30. Caes. b. c.
I, 51, 6. Liv. IV, 39, 6. u. a. m. — Alle drei Partikeln dum,
doneCf quo ad, zur Verbindung solcher im Perfect resümierten
sich parallelen Zustande finden sich bei Tacit. An. VI, 57 (61.).
Ober dio Constr. der lat. Zeitparlikeln, v. B, üolfinatm, 573
betrifft, so kann dies ebenfalls nur als selbständiger Zeitausdruck
eines Zuständlichen in der Vergangenheit, nicht aber als relative
Zeit in Rücksicht auf die Handlung des Hauptsatzes aufgefasst
werden. Wie ein solches Imperfect als Ausdruck des zuständ-
lichen den Hauptsatz bilden, und hinsichtlich seines Eintretens
durch einen Satz mit posiguam etc. und dem Perfect be-
stimmt werden könnte '), so kann denn auch umgekehrt der Satz
mit poatquam etc. das zuständliche enthalten, so dass das
Ereigniss des Hauptsatzes hinsichtlich seines Eintretens bestimmt
wird durch das Eintreten jenes Zustandes. Wie indifferent die
Imperfect-Natur des Satzes mit poitquam für den Hauptsatz ist,
zeigen namentlich die Fälle, wo aulser dem Imperfect auch noch
ein Perfect mit posiquam zur Bestimmung des Hauptsatzes ge-
braucht ist, so dass beide Tempora, Imperfect wie Perfect, den
Grund ihrer Zeitgebnig: in der Beschaffenheit ihrer betreffenden
Handlungen haben, für den Hauptsatz aber schlechthin als Prä-
terita gelten; immer ist es das eintreten des einen, wodurch das
des anderen bestimmt wird. Caes. b. c. III, 60, 5: postquam
id difficiliua visumest neque faeultaa perficiendi dahatur.^.f
ad Pompeium iransieruht — SalL Cat. 12 y 1: Posiquam
dMtiae honori es$e eoäpete et eas gloria^ impenum, po^
ieniia sequehalur: hebeaeere virtus, paUpertas prohro haberi
ceU. eoepit. — Jug. 70, 6: Ja postquam magnUudine faci"
noris percuisus ad tempus non veniC metusque rem impe^
diebae, Bomilcar... litteras ad eum mieeie. — Liv. II. 7, 8:
Nam postquam illuxit nee quisquam hosiium in conspeetu
erat, contul spolia legit...^ Romamrediit, — XXXV, 88, 2:
postquam resedil terror et prodi et deseri non patriam
modo sed etiam Romanorum socielatem cernebant^,. adie-
cerunt cett. XXV, 88, 8: Scipio postquam soeii... retineri
non poterantj nee se aut parem sine iliis hosti esse aut
fratri rursus coniungi vidit posse^.,. statuU eett. — Vgl.
*) Cie. p. Ro80. Am. 6, 16: PosteaquamHetoriäeonsiituia
est ab armisgue recesstmus^,., erat iiie Romae flrequens
atque in foro et in ore omnium eotittte persabatur, -- Caes.
b. G. Vll, 82, 1: posteaquam proptus (GalU) successe-
runt, aut se stimuUs induebantj^aut. . . transfodie-
baniur, aut,.. interibant, ->^.Gal.53, 5: Sed post-
quam luxu atque desidia eipitas corrupta est, rursus res
publica magnitudine sua imperatorum atque magistratuum vitia
stutentabat. — Jug. f4, 10: Postquam illa pestis ex kfrica
eiecta est, laeti pacem agitabamus. — Ebd. 52, 6: Iiie,
ubi aceepit komines claros . , . venisse, primo commotus, metu
atque tubidine divorsus agit ab atur. — Liv. XXlll, 49, 1:
übt ea dies venit,... aderant, VI, 32, 8: etutsemei
inclinavit pugna, iam intoierabiUs Romana vis erat. —
Cic. ad fam. III, 10, 1 : ut me collegi cetera milU faciUima vi-
debantur.
674 Ober die Gonstr. der lat. Zcltparlikeln, v. E, Hoffmann,
Tac^An. II, 82 Aucl. bell. Afr. 79, 1. — Sali. Cat. 10, 1: Sed
uöi labore atque iuititia res publica crevit, reges magni
hello domiCij naliones ferae et populi ingenCes vi $uhactiy
Carthago., . ab stirpe interiit^ cuncta maria terraeque pa^
leb an t, saeoire fortuna ac miscere omm'a coepit. — Liv.
IX, 3, 7: Quae ubi apre Ca sententia eaC^ iterumque eodem
remeante nuntio consulebatury cenauitceU. Vgl. XXII, 5, 6. —
Liv. VI, 24, 7 : ui circumagi sigfia abverlique aciem viderunf
in h09tem et dux . . . inter prima »igna^ ubi plurimus iabor peri"
culumque erat^ se offerebat^ increpare singuU se quisque
el alios cetL — XXII, 14, 3: ut vero in extrema iuga Maa^
aici montis ventum et hostessub oculi» erant Falerni agri
colonorumque Sinuesaae tecia urenfes^ nee ulla erat mentio
pugnae ... inquil cett^
So \&i denn auch die SelbständigkeU des Iinperfects gegen-*
über dtm HaupUatoe keinem Zweifel unterworfen, wo dieses allein
das mit poatquai^ etc. gegebene bestimmende Glied ausmachL
Cfies« b. G. VII, 87, 5: Labienusy postquam neque ag^
geres neque foaaae vim ho$tium sustinere poterant^ Cae^
sarem facit certiorem cett.^)^ — 3&1K Cat. 6, 3: poatquam
res eorum».. satis prospera aatisque poUens videbatur^..,
invidia ex opulftnlia orta est, 56, .4: postquam Antonius
cum exercita adventabat'^^ Catüina per montes Her facere
cett. — Ebenso Jug. 28, 2 und 36, 4: postquam comitionim
dies adventabat^ Albinus . • . Romam decessit. 13, 5 : posC-
quam omnis Numidiae potiebatur, timere cett, — 58, 7 :
postquam nox aderat .* , revortitur^), — Liv. I, 23, 6:
postquam structi ulrimque stabant^,.. duces prodeunC.
*) Aufser an dieser und der vorher citierten Stelle b. -c. IH, 60, 5
braucht Caesar das Imperfeet hei pos/quam nur noch b. c. 111, 58, 5,
von welcher Stelle unten noch die Rede sein w ird. — Sonst komml
post,quam mit dem Imperf. noch vor bei dem Auct. b. Afr. 5,
1. 78» 3. 7, und zugleich mit demPerfect 79, 1.; — in den übri-
gen Gommentaren nie. — ubi mit dem Imperf. bei Caesar nur b.
c. II, e, 5 — 7; davon unleoi ferner im b. Afr. 29, 4. — »/ mit
dem Imperfeet nur einmal, wo es sich um Wiederholung bandelt:
b. G. 111, 4,2s Nostri... ftrUter repugnare,.,, ut quaeque pars
castrorum nudata d^ensortbus premi videbatur, eo occurrere et
auxtäum ferre. \ *•
'J Zu diesem lusiaodlioben adwetUabat » «er war im Anmarsch*
vgl. Sali. Jug^.69, It equitalum omnem in ea parte, qua regis
advenlus erat, pro castrts agttare iuöet.
*) Sonst noch Jug. 63, 7. iiist. 111, fr. 37 ed. Dictsch. Das Imperfeet
bei übt bat SalJust Jug. 35, 6(?). 55, 4. 7. 99, 1. 106, 2. iMit
simul ac Cat. 7, 4: iam primum iutentus, simul ac belli
patiens erat, in caslris miiitiam dtscebal. (Sonst bei Sallust
keine Stelle, wo simul ac überhaupt angewendet wäre; — ut mit
dem Imperfeet findet sich nie bei ihm, mit dem Perfect nur eiiioial
ut primum Hist. IV, 28, ed. DieUch.)
Cber die Constr. der lat. Zeitpartikcln^ v. E, Uoffmann, 675
54» 5: postquam sads virium coliecCum ad omnes conalus
videbaC, tum miUU e. q, 8, — 56, 2: postquam ad alia
traducebanlur opera. 58, 2: postquam satis tuta circa
sopiti'que omnes videbantur^).
Sehen wir nun, wie es sich mit dem Gebrauche des Plus-
quamperfccls bei diesen Conjunctionen verhält. Allerdings
gilt dieses Tempus als ausnahmsweise Zeitgebung, doch sucht
man seine Anwendung in der Art zu begründen, dass es eintrete,
einmal ^<wenn zwischen dem vorhergehenden und dem folgenden
Ereignisse ein längerer oder auch bestimmt angegebener Zeitraum
liege, so dass der Zusammenhang der Ereignisse aufgehoben
werde'^ (in dieser Art Zumpt J. ö07, b; Madvig J. 888, b.
A. 1; Schultz, $. 327, 2. A. 2), ferner wo es sich um wieder*
holt Eingetretenes handle.
Was das letztere betrifft, so soll die Richtigkeit dieser Ob-
servation nicht in Abrede gestellt werden; aber es ist damit doch
nur eine Benennung für eine gewisse Art von Fällen gegeben,
eine Begründung dieses Gebrauches aber kann man in der
Benennung noch nicht finden; eine Begründung wird nur erreicht
durch Vermittlung der Natur des Plusquamperfects überhaupt
mit der Anwendung, die es. in solchen <<VViederhoIungsfullen^^ hat,
und ferner durch Vermittlung eines solchen Plusquamperfects bei
postquam mit der gesetzmäfsigen Zeitgebung bei dieser Partikel.
Ebenso wenig kann die an erster Stelle aufgeführte Begrün-^
dang des Plusquamperfects bei postquam als wirkliche Rechtfer-
tigung gelten. Abgesehen davon, dass der Annahme, es trete
das Plusquamperfect in solchen Fällen ein, wo ein längerer
Zeitraum die verglichenen Ereignisse trenne, solche Stellen wider-
sprechen würden, wo der Hauptsatz und der Satz mit postquam
und dem Plusquamperfect durch tum oder selbst s tat im in
engste Zeitverbindung gesetzt sind'^), während umgekehrt in
*) Andere Stollen bei Livius sind: II, 25, 3. 52, 2; 111/88, 12. 46,
9. 60, 4. 66, 5. IV, 10, 1. 51, 8. V, 10, 11. 12, 6. 30, 2. VI, 10,
4. 13, 3. 20, 15. 29, 1. 3. 6. 30, 7. 32, 1. Vll, 2, 11. 7, 8. 37,
7. Vlll, 2, 6. 28, 3. 38. 7. IX, 26, 16. 30, 7. 31, IS. 9. X, 14.
16. 24, 4. 34, 1. 43, 6. XXI, 12. 4. 28, 4. 33, 10. 51, 3. 59, 6.
XXII, 6, 6. 40, 8. XXIII, 27, 1. 33, 4. 42, 3. XXIV, 31, 2. 36, 8.
46, 6. XXV, 10, 6. 33, 8. 36,4. XXX 18,^ 3. XXXI, 36, 5. 45, 4.
XXXII, 22,7. 23, 6. 24, 2. 39, 1. XXXI II, Ä, 3. 7, 9. 17, 4. XXXIV;
28, 7. XXXV, 5, 12. — Das Imperfect bei ubi: 1, 58, 4. lll>
62, 8. VII, 17, 4. 1«, 45, 14. XXII, 5, 6. 6, 7. XXXI, 21, 11.
27, 3. — Bei utt III, 20, 6. X, 28, 12. XXII, 14, 1. 3. 44, 1.
XXIII, 8, 10. XXIV, 1,6. 13, 7. 26, 11. 32, 5. XXV, 26, 15.
XXVI, 51, 11. XXXIII, 8, 11. XXXVI, 18, 6. — postquam mit
dem Imperfeclom bei Taci tus: An. I, 4. 39. 11, 23. Hl, 21. 26. IV,
49. 72. 73. VI, 21 (15). 31 (25). 57 (51). XV, 45. — liisU I, 22.
26. II, 19. III, 45. 4a u. 5. — Bei ubii An. II, 4. 69. 71. VI, 48
(42). Ilist. III, 10. — Bei uti llist. III, 31.
'^) Liv. XXII, 48, 4: po St quam omnium animos oculosque pccu-
576 Ober die Constr. der lal. Zeitpartikeln, v. E, Bo/Tmann,
Fällen, wo die verglichenen Handlungen in der That durch einen
beträchtlichen Zeilraum getrennt sind, doch das Perfect bei
poÄ^ywam gesetzt ist *'); abgesehen also von diesen Gegengründen
rouss man doch überhaupt die Motivierung des Plusquamperfects
durch den gröfseren oder auch bestimmt gemessenen Zeitabstand
zweier verglichener Ereignisse schon an sich für durchaus un-
gerechtfertigt erklären, weil für die Wahl dieser Zeitform nur
das relative früher liegen eines Präteritums vor dem anderen
in Betracht kommt, das gröbere oder geringere Mafs des Zeit-
intervalls dagegen volkommen Indifferent ist. Insofern nun der
Begriff von postquam selbst es bedingt , dass das durch diese
Partikel verglichene Präteritum als ein relativ früher liegendes
zu gelten habe — ut^ ubi, simui vergleichen der Zeit nach con-
gruierende Ereignisse — , so müsste eigentlich das Plusquam-
perfect das regelmäfsige Tempus in Sätzen mit postquam sein.
Sind nun aber umgekehrt die regelmäfsigen Zeiten in Sätzen mit
postquam vielmehr Perfect und (historisches) Präsens, oder, wenn
es sich um Zuständliches handelt, das Imperfect, also Zeiten, in
denen selbstredend die volle temporale Selbständigkeit des be-
stimmenden GUedes sich ausspricht, so sieht man, dass das re-
lative früher liegen desselben; eben nur durch die Partikel aus-
gedrückt wurde, ohne die Selbständigkeit der Zeitgebung selbst
zu behindern. Man darf daher auch das Plusquamperfect nicht
auf Rechnung des die beiden Präterita trennenden Zeilraumes
schieben ; vielmehr wird man in diesem Tempus entweder eine will-
kürliche Abweichung von dem muslergiltigen Gebrauch erblicken,
oder man wird zusehen müssen, ob denn ein solches Plusquam-
perfect wirklich durch die Relation auf das Präteritum des Haupt-
satzes veranlasst, oder ob es nicht vielmehr gleich dem Imperfect
in gewisser Weise als selbständige Zeitform gebraucht sei.
Zu diesem Zwecke müssen wir uns eine kleine Abschwei-
fung über die Natur des lateinischen Plusquamperfects gestalten.
Es ist klar, dass das Verhältniss des Plusquamperfects zur
Vergangenheit, die man im Auge hat, dasselbe ist, wie das dos
Perfects zur unmittelbaren Gegenwart des sprechenden: beide
bezeichnen das von dem betreffenden Slandpuncte aus bereits
vollendete. Wie nun aber das Perfect in die beiden Arten des
aoristischen und logischen zerfällt, je nachdem es gebraucht
paverat eeriamen, ium arreptis scuiis e. q. s. Vgl. XXI, 33,
10 u. ö. — Auct, b. Afr. 37, 1: CmsaVy postquam copias
suas ex secundo commeatu auxsrat, naves aneranas s tat im
tuM Ulybaeum proflciscL
*') Gic. p. Rose. Am. 43,126: Posteaquam ab armis rece ssum
est, in sumtno otio rediensacena Romae occisus est. Den da-
zwischen Hegenden Zeitraum gibt g. 127: Atiquot post tnenses
{post Katendas Junias, dem Sclilusse der ProscriptionslistcD) et
komo occisus est ei ötma venisse dicuntur.
Ober die Constr. der lat. Zeitpartikeln, t. £. BoPnann, 577
wird, um etwas schlechthin als in der Verpngenheit liegend zu
geben, oder, um mit ausdrücklicher B<'ziehung auf die Gegen-
wart ein Sein oder eine Thatigkeit als bereits abgeschlossen und
in dieser Abgeschlossenheit und Vollendung in der Gegenwart
dem Resultat nach vorliegend zu bezeichnen : ebenso rouss offen-
bar auch das Plusquamperfect eine doppelte Auffassung zulassen :
die aoristische, wenn schlechthin ein Präteritum als seiner
Zeit nach vor einem anderen liegend angegeben wird, — die
logische, wenn in stricter Beziehung zu einer bestimmten Ver-
gangenheit eine Thatigkeit als früher begonnen und nun — in
der Gegenwart jener Vergangenheit — als vollendet in ihrem
Resultat vorliegend bezeichnet wird. Erhält nun das Perfectum
loo^icum^ als gegenwartiges und (zuständlich) vorliegendes Re-
sultat einer abgeschlossenen Handlung den Sinn eines Präsens^
so muss jenes logische Plusquampcrfecl in gleicherweise
ein Präsens für die Gegenwart des verglichenen Präteritums wer-
den, d. h. also ein Imperfectum. Die Form des Plusquam-
perfects im Passivum lässt über die Möglichkeit einer solchen
doppelten Auffassung dieses Tempus nicht füglich einen Zweifel,
indem einfach durch Umgestaltung des Hilfsverbums zur Copula^')
das Particip adjectivisches zuständliches Prädicat wird.
Aber auch bei activer Form des Plusquamperfects gibt es
Fälle genug, in denen die Imperfect-Natur, falls es logisch, nicht
aoristisch gefasst wird, nicht füglich zweifelhaft sein kann.
Kaum bedarf es der Erwähnung von Plusquamperfecten wie
consueveraCy assueveraC^^} = solebat. (Der Beginn
*•) Csesar — nicht so auch Sallust und Livius — hat in solchen
Fällen erat b\s Copula meist dem Particip vorangestellt; vgl. tU
erat imperatum —praeceptum ~ dictum — constitutum b. G.
I, 22, 2. 43, 2. n, 11, 6. Hl, 26. 2. IV, 11, 1. V, 7, 9. 48, 7. —
b. c. 111, 93, 2, u. 0.; retiquum erat certamen positum in
tirtute b. 0. 111, 14, 8. — quod egregia virtute erant cogniti
b. G. 1, 28, b.-—labore erant confecti b. o. III, 97, i.-^omneg
itUroitus erant praecluii b. G. V, 9, 5. — b. c. 1.1.1 , 92, 1:
tantum erat relictum epatit Ebd. 88, 2: in dextro comu
erant cotiocatae,^ Uia erat rebus effectum b. c. 111, 84, 4. —
In Ms rebus fere erat Fufius oecupatus ebd. 56, 3. — An-
dere solche FäUe s. b. G. 111, 3, 1. 14, 3. 29, 1. VI, 35, 6. 36,
3. 38, 1. 40, 4. 7. VII, 62, 1. 68, 3. 81, 4. b. c. III, 95, 1. 2.
u. a. m. Die umgekehrte Stellung findet sich zwar auch öfters
(z. B. b. G. III, 13, 1: naves ad hunc modum factae armataeqiie
erant), doch durfte 'sich schwerlich ein Fall finden, wo bei aori-
stischer Natur das Hilfsverb, dem Particip vorangestellt wäre.
*•) Cic. inVerr. IV, 12, 30. Caes. b. G. I, 22,5. III, 1, 2. IV, 6, 1. V,
1, 1. VII, 18, 1. 33, 1. 49, 2. 50, 2. 65, 4. 88, 1. — b. c. I, 5,
2. 44, 4. 75, 2. II, 40, 1. III, 18, 3. 36, 4.^37, 5. HO, 5. 111, 3.
Sali. Jug. 47, 1. 84, 5. — Corn. Ncp. Ale. 4, 6. 10, 6. Pelop. 2,
2. 5, 1. Dat. 3, 1. Hann. 12, 5. Vgl. usu venerat ebd. Ale. 4, 5.
— Caes. b. c. III, HO, 2: Gaöiniani mitfteSy gut iam in con-
suetudinem Atexandrinae vitae ac ticentiae r«iieran(.—
578 Über die Constr. der lat. Zeitpart ikcln, v. E. Boffinann.
des coniuescere liegt vor einer durch den Zusammenhang ge-
gebenen Vergangenheit; in der Gegenwart dieser Vergangenheil
liegt nun das vollendete consuevisge als Resultat vor «» solere.)
Andere solche Plusquamperfecle sind: cognoveraC, per^
spexerat^ perdidiceraC, perceperat^^) u. a., die
logisch gefasst gleich kommen einem »ciebal. Ferner ataCue-
rat^ consCiiueraif decreveraC^ in animum indua^e-^
raC u. dgl. = in animo habebat^^)\ constiCerat^^) sub^
sCiCeraC^'') consederaC^^), insbesondere als militärische
iermini^ <=: Fufs gefasst haben auf einem Platze und diesen nun
inne haben; eircumsteterat «* circumdabal '^). Namentlich
sind es Plusquamperfecte von Verbiß der Bewegung, die insofern
die Wirkung eines Imperfects haben müssen, als aus der
vollendeten Bewegung das «sich befinden auf einem Puncte**
resultirt: venerat^ pervenerat^ convenerat^ ob-
Im Sinne von »olebai Siuch imtiluerat. Sali. Jug. 18, 9. Caes.
b. G. VI, 3, 4. VII, 13, 1.
'') Cognoverat Sali. Cat. 53, 3: Sciebam saepe numero parva
manu cum magnis legionibus hoitium contendissey cognoveram
parvia eopiii bella geita cum opuletuis regibus, — Cic. Verr.
IV, 33, 73. CaD5. b. G. I, 19, 2. HI, 14, 4. V, 1, 2. 2, J. 6, 1.
u. ö. — per$pexerat, Caes. b G. II, 11,2. V, 6, 4. — per-
didicerat. Tac. An. IV, 33. — perc eperat. Cic. Cat. m.
7, 21: TAemiitoctei omnium civium perceperat nomina ceii.
*•) Beachlenswcrth ist die Stelle Cic. ad Alt. VI, 6, 3: dum impen-
dere Parthi videbanlur , staiueram fratrem relinquere
atU etiatn relpublicae causa contra senatus consuUum remanere :
qui posteaquam incredibiti felicitate diseesserunty sublata dubi-
talio est. Hier ist mit statueram die mit dem . . . impendere
videbantur gleich lang dauernile Absicht ,volebam^ gegeben. Vgl.
Caes. b. G. IV, 17, 1. V, 5, 4. 6, 1. 63, 2. VI, 35, 1. b. c. I, 59,
3. 82, 5. III, 44, 1. 6. — In animum induxerat. Sali. Cat.
54« 4. u. ö.
*•) Caes. b. G. I, 13, 7. 24, 3. II, 2, 3. 1, 4. 26, 1. III, 4, 4. VI,
40, 6. VII, 42, 5. 49, 3. — b. c. I. 47, 5. 86, 2. HI. 61, 6. 95,
4. — Liv. IV, II, 4. VI, 15, 3. VlH, 38. 7. IX, 27, 8. XXII,
46, 6. XLII. 58, 11: sie regii conatiter ant.
") Caes. b. c. II, 41, 3. Liv. XXV, 19, 13. XXXI, 10, 5. XXXII, 7, 1.
") Caes. b. G. I, 49, 1. VI, 32, 4. 34, 2. VII, 67, 5. — b. c. II, 38,
3. III, 98, 1. Sali. Jug. öl. 3. — Liv. I, 25, 2. IX. 37, 7. X, 4,
11. — insederai. Liv. IX, 31,8. Vgl. iocum ceperat = tenebat.
Sali. Cat. 61, 2. — Ebenso obstiterat. Sali. Jug. 98. 1 : Marius . . .
tnodo suia aucurrera modo kostia, ubi confertisstmi obstiterant,
invadere. — adatiterat Tac. Hist. I, 27. HI, 63, 68.
'*) Liv. I, 25, 6: Romanae tegtonea iam spea tota^ nondum tarnen
cura deaeruerat, exanimea vice uniua, quem tres Cun'atii cir-
cumateterant. III, 46, 1. XXV, 34, 10: anceps proetium Ro-
manoa circumateterai, — - Tac. Hist. I, 17: circ umate-
terat interim paiatium publica exapectatio. HI. 31. IV, 79.
Vgl. Liv. HI, 37, 6: Et decemvirij qui primo tribunicios homi-
nea . . . circum ae oateniaverant plebei, patriciia iutenibus saep-
aerani ialera, Eorum catervaa Tribwuttia obaederant.
über die Constr. der lat. Zeitpartikelu, v. E, HofTmann. 579
venerat^ redieraCj reverierat, recesseraty acces-
seraty exieraty Cransieral^^) u. a. ra. Ferner ver-
leraly mutaverat (beide intransitiv)^^), descieraij de-
feeerat **), creverai, eoaluerat^ inveeeraverae^^)^
••) Caes. b. c. I, 72, 1: Caesar in eam spem venerat, se passe
cett. — Liv. II, 48, 5: res in formatn latrocinii venerat. IX,
17, 10: disciptina mititaris in artts . . , tnodum venerat. —
Uly 20, 5: nondum haec, quae nunc tenet saeculum negtegentia
deum vener at. — Caes. b. c. 1, 61, 1 : fitmtiatur Afranio ma-
gnos commeatus . , .ad flumen consii/isse. Yenerant eo sagit-
tarii ex Rutenis., .; erant praeterea cett. — Caes. b. c. I, ö2,
2: Jamque ad denarios L in singulos modios annona pervene-
rat [et miiitum vires inopia frumenti deminuerat, 'atque
incommoda in dies augebantur etiam]. b. G. v, 46. Ic res ad
paucitatem defensorum pervenerat. Liv. XX1V% 90, 9: dum
Aaec geruntur, iam Tarentwn pervenerat Uanniöal, Cic. in
Verr. V. 35, 91. — Caes. b. G. III, 16, 1: Quo proelio belturn
Venetorum . . . confectum est, Nam cum omnis iuventus, omnes
etiam gravioris aeiatis . . . eo convenerani [ytum navium
quod ttbique fuerat in unum iöcum coeg erant]. Ebd. 17, 4.
VII, 48, 1. 55, 6. Liv. XXIII, 35, 13. XXXill, 23, 2. — Ebenso
conßuxerant Sali. Cat. 37, 5. — Caes. b. G. II, 23, 1: Nam
his ea pars Caciei) ebvenerat. VII, 81, 6. — evenerat Tac.
Ad. vi, 22 (16). — redierat Liv. 111, 32» 6. XXI, 59, 2: con-
sut — iam enim redierat ab Roma — detrectavit certamen.
Anders Caes. b. G. V, 48, 1: Cäsar... etsi opinione trium /«-
gionum deiectus ad duas redierat, tarnen auxiiium in ceieri-
tote ponebaL -- revorterat {matum muttos posf atmos in civi-
tatem.) Sali. Cat. 37, 11. — Liv. XXVL 20, 6: in hibema diversi
concesserant. — reeesserat Nep. Chabr. 3, 4. — suc-
<r^«««rar Nep. Dio, 10, 2. — accesserat {ad haue corporis
flrmitatem plura etiam animi bona ace esse rant) Nep. Ep.
3, 1. — fatna exierat —pervaserat — praevenerat.
Nep. Ages. 2, 1. Liv. XXIV, 21, 5. Tac. An.l, 69. Hisi. III, 68. —
exierant indutiae Liv. 1, 42, 2. IV, 58, 1. — iam trans^
miserant ad vastandam Italiae oram et urbem ierre-
bant Liv. XXI, 51, 4. — transierat superbia' negtegentiaque
ad Aequos Liv. IV, 47, 1. — Caes. b. c. III, 25, 1: Mutti iam
menses erant et Atems praecipitaveraty neqtie Brundisio-
naves iegionesque veniebant. — Tac. An. 11, 17 : Arminius susteti-
tabat pugnam incubueratque sagittariis,
") Liv. V, 49, 5: iam verterat fortuna, iam deorum opes . . .
rem Romanam adiuvabant. — Tac. An. VI, 12 (6): adeo fad-
nora atque flagitia sua ipsi quoque in suppticium verterant.
Hist. III, 58: ea simuiatio officii a metu profecta verterat in
favorem. Ebd. IV, li saevitia verterat in avaritiam. — c. 27:
vidi — quod tum in morem verterat — perfidiam tegaii
culpabani. — Liv. XXIV, 19, 3: Omnia repente mutaverant
imperatore mutato. IX, 12, 3: adeo animi mutaverant. —
Vgl. Liv. VI, 34, 2: fama et corpore iudicati atque addicticre-
ditoribus satisfiiciebant poenaque in vicem fldei cesserat.
") Nep. Timotli. 3, 1. Defecerat Samus, descierat HeUespon^
tusy PAitippus . . . multa motiebatur. Ebd. Con. 3, 1. Sali. Jug.
61, 1. Liv. IX, 23, 2 u. ö.
") Caes. b. G. VII, 55, 10: Liger ex nivibus creveraL — Flor. III,
580 Ober die Constr. der lat. Zcitpartikeln, v. E. Boffmann.
exarseraC**)^ descieraC^ remiserat (inIrans.) ^*) u. a. m., bei
denen der resultirende Imperfect-Sinn nicht minder ersichtlich ist
Wie diese Plusquamperfecle logisch gefasst, den Sinn einer
Zuständlichkeit in der Vergangenheit ergeben, so können denn
auch die Plusquamperfecte activer Verba, logisch gefasst, als
Äquivalent eintreten für den aus der betreffenden Thätigkeit für
das Object derselben sich ergebenden passiven Zustand. Es
kommt also ein Satz mit einem solchen Plusquamperfect derje-
nigen passiven Fassung desselben gleich, in welcher dem Object
der activen Handlung als nunmehrigem Subjecte durch die
Copula erat der Zustand^ in den es durch die an ilim vollen-
dete Handlung versetzt worden ist, in der Form eines Partie.
Perf. pass. als Eigenschaft prädiciert wird. Natürlich kann auch
das Imperfect eines eben diesen passiven Zustand bezeichnenden
(intransitiven) Verbums für erat mit jenem Parlicip eintreten *•).
10, 22: hteme creterani Älpei. — Liv. XXV, 18, 4: cre-
verat eontueiudo, — I, 37, 1: viribus crev erat Romanus
exercitus. 11,27,7: plebi creveraut animi. — Nep. Ale. 7,
4: Qua ex re creverat cum fama tum opihus \magnamqne
amicitiam stöi cum quibusdam regibus Thraciae pepererai],
— Liv. XXllI, 35, 9: brevigue Santa Concor dta coaluerant
animi, ut c'ett. — Anders Sali. Jug.-93, 4: forte in eo loco gran-
dis Hex coatuerat inter saxa. -^ Caes. b. c. 111, 110, 6: In-
veteraverant hi omnes compluribas Atexandriae bellis,
■*) Liv. III, 30, 2: adeo exarser ant animls. Vcrg. Aen. Vlll,
219: Hie vero Alcidae furiis exarserat atro Felle dolor ^ rapil
arma manu cell. Tacit. An. VI, 7 (1). XII, 1. Hist. I, 68. II, 27.
Anders An. XI, 12: in C. Silium ila exarserat ceti. — Dazu
incatuerat vino Liv. I, 57, 8. —
'*) Liv. VI, 6, 6: desierant iam Ulla contemni bella. — 111,
28, 8: hie instabat nova pugna; Uta nihil remiserat prior.
XXVI, 20, 11: annona iaxaverat, — Dazu: Sali. Jug. 70, 2:
omnis res exsegui solitus erat, quae Jugurtha fesso aut maiori-
bus astricto superaverant.
'*) Da sich später wiederholt Veranlassung ergeben wird, auf die nach-
steh'enden Beispiele zu verweisen, so stelle ich diese der Bequem-
lichkeit des Citierens wegen, nach der ungefähren Sinnverwandt-
Schaft der Verba in Gruppen zusammen.
a) Cic. d. imp. Co. Pomp. 9, 23 : erat etiam alia gravis atque tsehe-
mens opinio, quae animos gentium barbarorum pervaserat. —
Sali. Cat. 36, 4 : tania vis morbi uti tabes pterosque civium animos
intaserat. Jug. 32, 4 : tanta vis avaritiae animos invaserat.
Cat. 5, 6: hunc libido invaserat. Vgl. Jug. 84, 3. 89, 6. Liv.
XXIV, 2,8. — Anders Sali. Jug. 20, 6: totum eius regnum animo
iam invaserat. — Tac. liist. V, 9: Sitno qnidam regium
notnen invaserat. — Liv. 111, 59, 1: Ingens metus ine es-
serat patres. XXIV, 13, 6: tpsum ingens cupido incesserat.
Vgl. Caes. b. c. lll, 44, 7. Sali. Cat. 7, 3. Liv. IV, 50, 7. —
Caes. b. G. VI, 41, 3: animos timor praeoccupaverat. —
Liv. V, 38, 5: pavor occupaverat animos. IV, 57, 1:
ilaec conlentio occupaverat cogitationes hominum. XXXIll,
32, cxlr.! nullius nee animi nee ocuti speclaculo intenti erant:
über die Conslr. der lat Zeitpartikeln^ v. E, ffoffinann, 681
Nur bei dieser Natur des Plusquamperfects wird man
es erklärlich finden^ dass dasselbe zu dum statt eines Imper-
adeo unum gaudium praeoccupaverai omnium aiiamm
sensum voluptatium, — Sali. Jug. 40, 5 : pieöem ex gecundia
rebus imoientta ceperat, — Vgl. defixerat {ptuor cum ad-
miratione Gallos.) Liv. Vir, 10, 12; incusserat (lerrorem
pleöi.) Liv. VI, 38, 9. — fldem - gloriam - terrorem addiderat
Tac. H. I, 14. n, 11. 31.
b) Liv. in, 20, 1: mover at piebem oratio eonsulis; erecti
patres restitutam credebant rem publicam, — Ebd. VIII, 38, 9:
auxerat id maxime anlmos. — Sali. Jug. 84, 4: alla huius^
cemodi animis traheban/, ei eos non pauilum oratione sua Ma-
rias arrexerai, — Ebd. 64, 4: Quae res Marium conira Me^
ieUum vehementer accenderat. — - Liv. vi, 18, 4: iram ac-
cenderat ignominia .* ., spiriius dabat cett.
c) Liv. XXIV, 4> 1: /n Sicilin Romanis omnia mutaverat
mors HifTonis, VI, 33, 10: adventus Romanorum mutav erat utri-
usQue partis animos: Tusculanos ex ingenti meiu in summa/n
alucritatem, Latinos , , .in exiguam de se ipsts spem terterat,
Tac. U. IV^ 11: civitas .verterat se transluleraique, —
Liv. X, 29, 8 : haec in sinistro comu Romanorum foriuna variave-
rat. — Ebd. 11,5,6: Consuiis tiberi omnium in se averierant
ocutos, miserebatque cett, XXVI, h, 16. — VI, 23, 8: Bis ser^
monibus toia in se averterat castra. — Vgl. averterat
Gaes. b. c. ill, 79, 2. — flumina averterat b. c. Ill, 49, 4.
d) Sali. Cat 7, 5: non tabos tnsolitus,,non locus ullus asper
aut arduus erat . . . .* virtus omnia domuerat. Ebd. U, 5:
Loca amoena . . . feroces miHtum animos molliverant.— -Liv.
XXV, 26, 10: iia efferav erant animos,
e) Prop. V (IV) 7, 7 ff.: (schildert Cynthia's Schalten): Eosdem
habuit secum quibus est elata capillos, Eosdem oeulos: laier i
vesiis adusia fuit\ Et solitam digito beryllon ad ed erat ignis,
Summaque Leihaeus triverat ora liquor. — Tac. An. I, 32:
fiec iegatus (sediliosis) obviam ib at; quippe plurium vaecordia
constantiam exemerat.
f) Liv. XXXIII, 7, 2: tarn densa caligo oecaecaverat diem.
(vgl §.4: dies &6«r«r»i). Verg. Cul. 197: timor oecaecaverat
[Wagn.: timidos caecaverat] artus, — Vell. Pat. II, 118, 4: At
obstabant iam fata consiliis omnemque animi eins ac lern prae-
strinxerant, — Liv. VI, 16, 8: amotus abdicatione diclaturae
terror et linguam et animos tiberaverat /dominum, — XXI, 62,
11: Jkaee levaverant religione animos.
g) Liv. III, 36, 4: (Die Decemvim des zweiten Jahres werden
characterisiert): centum viginii lictores forum impteverant, et
cum fascibus secures intigatas praeferebant. Caes. b. G. VII,
69, 5 : hunc omnem tocum copiae Gallorum compleverani. —
Liv. V, 37, 8: omnia hostium plena erant. et nata in vanos tu-
multus gens truci cantu ctamoribusque variis horrendo cuncta
compleverant sono. — X, 46, l: nives iam omnia oppie-
verant nee durari extra tecta poierat — repteverat, Vell.
II, 103, 1. — nix adeo pluleos obruerat Liv. XXI, 61, 10.
ä) Sali. Jug. 7, 7 : tiuc accedebat muniflcentia animi et ingenti
solleriia, quis rebus sibi multos ex Romanis familiuri amiciiia
coniunxerat, Liv. VUI, 16, 2: Äusonum gens Cales urbem
incolebat. Sidicinis finitimis arma coniunxerat, — Nevi«
582 Ober dio Conslr. der ]at. Zeitpartikeln, v. E. Hofftnofm.
fecfs tritt, wie Liv. XXXII, 24, 6: dum in unam pariem
oeulos animosque hoslmm cer tarnen averteraC, pluribus
Ale. 3, 4: MaUos enim liberalUate devinxerai, plures eiiam
opera faremi suoa reddiderat.
0 Liv. ly 66, 7: comes ii$ additiu L. Juntus Brutus, iuvenii
kmge alh ingenio, quam cuiua aimulatlonem induerat. *-
Ebenso in, 33, 7. IX, 18, % Tac. Ag. 9: trUtitiam cett. exuerat.
An. VI, 14 (8). 50 (44). Hist. III, 42.
k) Sali. Jug. 97, 5: catervatim uti quotque fora congtoba-
teraty in nostroa ineurrunt. — Caes. b. G. V, 43, 5: ut aese
aub ipao taito conatipaverant receaaumque primia uUimi
non dabant.
t) Sali. Jug. 57, 6: Sed ne itloa quidem, qui procul manae-
rani, timor animt aatia muniverat: na/n plerosque iacula
voinerabant, parique periculo, aedfama impari boni atque ignavt
erant. — Liv. I, 38, 6: tnuro tapidao urbem, qua nondum
mu nierat, etngere parat. — Caes. b. c. III, 49, 4: flumina,..
magnia operibua obatruxerat , ^ , , vattea aublicia in terra tn
demiaaia praeaepaerat terramque adiecerat, ut aquam
conttneret, — Liv. XXVI, 20, 7: ciauaerat omnia ad arcem
adttua, — Tac. Ilist. V, 11 : urbem arduam aitu opera tnolesque
firmaverant, quia tei plana aatia munirentur; nam duoa
cotlea in inmenaum edilos claudebant muri cell. — Tac. II. IV,
18: nudaterat ainiatrum eomu Batßcorum ata transfUgiena.
M) Caes. b. c. 111, 79, 4: tiaec [fitma] ilinera infesla reddiderat,
haec civitatea nonnultaa ab eiua amtcüia averiebai. — Ebd. 111, 40,
4: molea, quae paene inaulam oppidum effecerat (Kraner.
dem dieser Gebrauch des Plusquampcrfectums nicht klar war, setzte
efflciebat y gegen die Handschriften, da es sich um ein «seiner
Watur nach dauerndes und bestehendes Verhällniss® handle). —
Sali. Jug. 37, 4: circnm munttn planitiea limosa hieinaHöua
aquis pa ludern fecerat. (Vgl. Tac. An. I, 76: Tiberls plana
urbia atagnaverat.) — Caes. b. G. II, 17, 4: rubla aetuibus-
que interlectlaque effecerant, ut instar muri hae saepea
munimenta praeberent. — Liv. II, 1,2: Quae libertas ut laetlor
esset, proxumi regis super bla fecerat. — IX, 24, 13 : quos
retlquos fortuna ex nocturna cuede ac fttga fecerat, in dedi-
tionem acciplunt. Vgl. ebd. 41, 9. 11. 42, 5. III. 31, 6. — Tac.
An. XI, 5: nam cuncta legum et maglatratuum munla tn se
trahens prtnceps materiam praedandi paiefecerat.
n) Wie venerat, convenerat u. s. w. das Imperfect a^^^ro/ vertreten,
so ersetzen die activen Plusquamperfecte : quem miaerat, ad-
duxerat, raduxerat u. dgl. die passive Satzform: qui
erat miasus — adduetua, reductua. Liv. III, 43, 3: datur
negotium mititibua^ quoa mia erant expeditlonis eiua comiies,
ut eum ... tfderflcerent. (Dazu bemerkt Weissenborn ; «die sie
zur Begleitung bestimmt hatten.») — VII, 31, 3i ad ea princeps
tegatlonis •— sie enim domo mandatum attuterant — ttiqult
cett. (— «so lautete — so verlangte es der erhaltene Auf-
trag»). — re duxerat im Sinne von redegerat, Caes. h. c. I,
62, 1; tkuc tarn re duxerat rem. Man beachte weiter die mil
Imperfecten abwechselnden Plusquamperfecte, mil denen Disposi-
tionen z. B. für dio Aufstellung des Heeres gegeben sind : Caes.
b. c. 111, 88, 3: Citlcienaia teglo eum cohorttbus Hispanis . . .
in dextro cornu erant cottocntae. Rellquas inter actem
über die Constr. der lat. ZcKpnrliLeJn, v. E. Unffinainn, 583
locis ncaNs capiCur murus armatique in urbem tranncen^
derunC *').
Solche Plusquamperfecte sind es insbesondere, die im Nach-
satze angewandt, wo ein erzählendes Tempus erwartet wurde,
der Bezeichnung in den Grammatiken zufolge das rasche Ein-
treten eines Ereignisses ausdrücken sollen **). Ob man nun so
die Wirkung derarliger Plusquamperfecte fasst, oder ob man mit
Haase *^) in ihnen ^<eine gewisse Gemülhlichkeit, ein naives Staunen,
über das Unerwartete*^ erblickt, immer doch ist der Zweck dieser
Zeitgebung nur der, gleichzeitig mit dem Eintreten eines gege-
benen Ereignisses das stattfinden eines Zustand es zu setzen,
und insofern dieser unmittelbar aus der Vollendung entspringt,
ist stalt seiner, ako statt des Imperfects •") , die denselben her-
beiführende Thüligkeit als bereits in der Vergangenheit des Vor-
dersatzes vollendet gegeben, und sodann das Plusquamperfect
gesetzt'*).
fnedlam ettmuaQtie interiecerat numeroQue eohortet CX ex-
pleperai. Uaee erani milia X L V, etocatorum circiter duo
. . . tota acte diiperaerai. ReUqua$ cohortea . . . praesidio
disposiieral. Dextrum carnu rUut. .. muniebat; ... eguiia-
tum Ceti, in aintstro ct^rnu ob i teerat. c. 89: Ctesar , , . de-
ctmam legtonem in dextro carnu, nonam in sinistro coltoca-
verat . . . alter am alteri praesidio esse iusserat. Cohortes
in acte KXXV constitutas ha bebat , , . cohortes duas
castris praesidio religuerai. Slnistro comu Antonium . • .
praeposuerat.
*') Vgl.Anm. 26, c Auch Weissenborn erklärt ^averterat* « «i/r«r-
(erat et aversos tenebat,* und verweist auf Cic. p. Rose. Am. 32,
91, "WO wir es jedoch mit einem reinen Imperfecl zu thun haben:
dum is aliis rebus erat ocaipalus,
") Weissenborn, Syntax g. 12, Anm. ; Zuropt g. 508. Madvig §. 338,
A. 6 * spricht nur von Plusquampcrfecten überhaupt, die «^ungenau
statt des Perfectums in der Erzählung durch eine anticipirende
Beziehung auf einen folgenden Hauptpunct der Begebenheit oder
auf das endliche Resultat' gesetzt sind.
'*) Uaase zu Reisig's Vorles. ü. ). Sprw. A. 456, S. 505.
'*) Dieses Imperfect ist nicht selten auch wirklich gesetzt, z. B. Vcrg.
Aen. VIII, 228: [Cacus,,. ui sese inclusit, ruptisque catenis
deiecit saxum . . . fitUosque emuniit obice postis:] Ecce furens
animis ad erat TürpniMius omnetngue Accessum tustrans huc
ora ferebal et iltuc.
") Zu der von Haase a. a. 0. aufgeführten Stelle Prop. III, 27 (H, 22),
1 ff.: Extrema,., cum potus nocte vagarer. Nee me servorum
dueeret Ulla manus, Obvia^ nescio quol pueri , mihiturbami-
ttuta Yen erat, — verweise ich auf die A. 20 gegebenen Bei-
spiele über venerat «- aderat. — Die von Zumpt citiorten Stellen,
Curt. X, 17: JVec muris urbis luctus continebalury sedproxitnam
regionem ab ea, deinde magnam partem Asiae eis Euphraten
tanti mall fama pervaserat, und ebd. X, 15: Nobiles pueri
custodiae corporis eius assueti nee doloris magnitudinem ea-
pere, nee se ipsos inlra vesttbutum regiae tenere potuerunt, vagi-
que et furentibus similes totam urbem luctu ae maerore e o m-
5Si Ober die Conslr. der lat. Zeitpartikeln, v. E. HoffnumaiL
Dasselbe logische oder imperfectische Plusquamperfectam
werden wir ferner nachher als Yorderglied eines als Nachsatz
durch cum angeknöpften Ereignisses finden, und nur dieses
Plusquamperfect ist es, mit welchem posCguam und
die synonymen Partikeln construiert sind.
Vollkommen zweifellos müssen diejenigen Fälle erscheinen,
wo das Glied mit postquam neben dem Plusquamperfect zu-
gleich auch ein Imperfect enthält, und ist obenein jenes Plus-
quamperfect das passive, so ergibt sich selbstverständlich die
Zerlegung desselben in die Copula erae'\-äem adjectivischen Par-
ticip. Eben darum ist auch in solchen Fällen die Copula meist
weggelassen, da sie sich aus dem verbundenen Imperfect von
selbst ergibt So bei Caesar^ b. c. III, 58, 5: postquam
non modo hordeum pabulumque omnibus locis herbaeque de*
sectae [sc. erantjj sed etiam fructus ex arboribus defi-
p ieverani, — sind zu beurtheilcn nach A. 26, a und g. — In
der von Weissenborn und Madvig citierten Stelle Sali. Gat 24, 1:
IffUur comitiis habitis consutes deelarantur M. Tultius et C. An^
Umius. Quod factum prtmo poputaris coniurationis concus-
serat, ist wie oben bemerkt wurde, die activc Handlung in ihrer
zu jener Zeit vorliegenden Vollendung statt des daraus hervorge-
gangenen Resultates: concussi er ant populäres, gesetzt (Vgl.
moverat A. 26, b.) — Die zweite von Weissenborn citierto Stelle,
Sali. Cat. 36, 5: tarUa vis morbt animos inv aserat, fand schon
A. 26, a ihren Platz. — Für verterat in der letzten von W.
citierten Stelle Liv. XXXll, 12, 3: postquam muUis tulneratls in-
terfectisque recepere se regii in loca aut munimento aut natura
tuta, verterat pericutum in Romanos temer e in loca in f qua
proffressoSj — gibt A. 21 entprecheude Parallclstellen. — Ähnlich,
doch im transil. Sinne verteral bei TibuU, 1, 5, 37: Saepe ego
tentavt curas depellere tino: AI dolor in lacrimas verterat
omne merum. (s. A. 26, c.) — Andere Stellen sind: Liv. III,
24, 9: quia Silentium de lege erat, perculsos magna pars cre-
debant tribumts, At Uli — etenim exiremum anni iam erat —
quartum adfectantes tribunalum in comitiorum disceptationem
ab lege certamen averterant. (s. A. 26, c.) — 1, 29, 4: ut
vero tarn equitum clamor exire iubentium instabat, . . . raptim
quibus qutsque poteral elatis , cum larem ac penates tectaque
relinguentes exirent, tarn continens agmen migratUium imple-
verat vias. (s. A. 26, g.) — Sali. Cat. 49, 4: Sed ubi consulem
ad tantum facinus impellere negueunt, ipsi singulatim circum-
eundo atque etnentiundo, quae se ex Vollurcio aut Allobro-
gibus audisse dicerent, magnam Uli (CtBsari) invidiam c onf la-
ver ant. — Noch einfacher sind die Stellen mit Inlransitivis: Liv.
XXIV, 32, 9: confusoque haec omnis multitudo Uippocraten atque
Epicyden creant praetores; Spracusaeque, cum breve tempus 11-
bertas ad/Ulsisset, in antiquam servilutem reciderant. — VMA,
VI, 25, 10: tnter cetera tristia eins attni consul alter App. Clau-
dius in ipso belli apparatu moritur , redierantque res ad
Camillum, — wozu Weissenborn in d. Ausg. die lichlif^o Bemer-
kung macht: ^redierant schliefst zugleich den Kr folg des
redire ein.*
Ober die Constr. der lat. ZeHpartikeln, v. E. Boff^amu 583
ciebat eetl. — Sall.Jug. 106^ 2: uhi cantra locataet diei ves-
per erat. — Liv. XXXI, 26, 13; et postquam non tarn ira
satiatG quam irae exercendae materia deerat^ agro ho^
stium in BoeoCiam excessU. — Tac. An. III, 55: postquam
caedibus saevitum et magnitudo famae exitio erat. Agric.
38: übt incerta fugae foestigia neque usquam conglobari
hosles c ompertum^ et exacta iam aestate spargi bellum
nequibat,.,. exercitum deducit.
Ein solches in erat -{- adject. Particip aufzulösendes schein-
bares Plusquamperfect passiv findet sich darum auch wie andere
Imperfecle (s, o.) zugleich mit einem Perfect bei postquam : Liv.
IX, 46, II: posteaquam eam lectionem [senatus] nemo ra-
tarn habuit^ nee in curia adeptns erat [Appius]^ quas
petierat opes urbanaSj humilibus per omnes Cribus dioisis forum
et catnpum corrupit.
Falle nun, wo das acUve, logische Plusquamperfect zu-
gleich mit dem Imperfect mit postquam construiert ist: Liv. YII,
2, II: postquam lege hac fabularum ab risu ac soluto ioco
res avocabatur et. ludus in artem paulatim verterat,
iuoentus • . . ridicula intexta versibus iactitare coepit. (Zu p,
perterat vgl. Anm. 21.) Liv. XXXIII, 7, 9: postquam
nuntii instabant et iam iuga montium detex erat nebula
et in conspectu erant Macedones cett. Ebd. XXIV, 36, 8: üi-
milco secutus nequiquam Marcellum ... postquam [pugnandi
occasio] nulla contigcrat tutumque ad Syracusas et muni-
mento et viribus hostem cernebat, ne frustra... tempus te-
rerety castra inde movit. — XXV, 10, 6: postquam lux
certior erat^ et Romani, qui caedibus suporfuerant^ in arcem
e onfugerant^ conticiscebatque paulatim tumultus^ tum
Hannibal Tarentinos si'ne armis conoocare iübet, — I, 29, 4 :
U t vero iam equitum clamor exire iubentium instabaty iam
fragor tectorum quae diruebantur ultimis urbis partibus audie-
baturj puloisque et distantibus locis ortus oelut nube inducta
omnia impleverat: raptim etc, (Über impleoerat vgl. A. 26, g.)
Was nun den Gebrauch des Piasquamperfects mit
postquam u. s. w. bei Cicero betrifft, — abgesehen zu-
nächst von den Fallen, wo post von quam getrennt und als
Präposition oder Adverb mit einem Accusativ oder Ablativ des
Zeilmafses verbunden ist, und abgesehen auch von denen, wo
jene Partikeln (mit Ausschluss von postquam") die Zeitbedingung
für wiederholt eingetretenes ^ geben — von beiden Fällen wird
unten die Rede sein, — so beschränkt sich dieser Gebrauch des
Plusquamperfects auf einige wenige Stellen , in denen jedoch die
erörterte logische Natur dieses Tempus unzweifelhaft ist : divin.
in Caecil. 2J, 69: Cuius consuetudinis atque instituti patres
moloresque nostros non poenitebat tum,», cum P. AfricanuSj
hoff^o virtute^ fortuna^ gloria^ rebus gestis amplissimu^^ po^tea-
ZeiUchrift f. d. Ssterr. Gvmnat, 1860. Vlll. Ueft. ^^
68^ Ober dio Constr. der lat. Zeitparlikeln, v, E, Ilotfuißnn.
quam bis eonaul et eensor fueraty L. CoUam in uidieium
ftoeabat. Da es dem Redner darauf ankommt, das gehässige der
gegen Verrcs übernommenen Klage durch Verweisung auf be-
rühmte Männer, die in ähnlichen Fällen Ankluger waren , zu be-
seitigen, so liegt das Hauptgewicht in den Eigenschaften, die
Scipio damals besafs, als er gegen Cotia auftrat, auf eine Zeit-
bestimmung des Prozesses aber kommt es ihm nicht an. Mit
posteaguam wird daher nur die zuständliche Charakteristik,
die mit amplissimus begonnen ist, fortgesetzt, und wenn Cicero
nicht die von Scipio bekleideten Ehrenstellen als weitere Be-
gründung des iiamplisstmus^ den anderen Gründen für dieses
]^*ädicat beifügt: ,^rebus geslis, duplici consulaCu et een-
»ura amplissimus,^^ so geschah es eben nur, um ausdrücklich
zu bezeichnen, dass ihm damals bereits die Eigenschaft eines ge-
wesenen zweimaligen Consuls und Censors dinhsiHeie ^sapoateaquam
erat bis consuiatu et censura fvnclus ^**)« — Ebenso deutlich ist
eine zweite Stelle in Verr. IV, 24, 54: Posteaguam tantam
multitudinem collegerat emblematum^ ut ne unum quidem
euiquam reliquisset, instituit offlcinam Syracusis sa ^nachdem
er eine solche Menge Verzierungen b« i s ti m men hatte«. •,
errichtete er eine Wcrkstälte'* (um diese Verzierungen auf neu
gefertigten Gefäfjien anbringen zu lassen). — Zu der Stelle ad
Att. V, 10, 1: Vt Athenas vener am^ expectabam ibi iam
quartum diemPomptinum^ genügt es auf A. 20 zu verweisen. —
In der Stelle d. imp. Cn. Pomp. 9, 25 : Nam cum se in regnum
suum recepisset (^Mi(hridaCes\ non fuit eo contenluSy quod ei
praeter spem acciderat^ ut illam posteaguam pulsus
erat^ terram umquam altingeret, sed in exercilum nostrum
darum ac victorem impetum fecit^ — hier ist pulsus erat
reines Imperfect. — Coelius bei Cicero ad fam. VlII, 8, 2:
M. Sercilius^ postquam^ ut coeperat, omnibus in rebus tur-
baraty nee quod non vetuleret euiquam religuerat maxi-
maegue nobis traditus erat invidiae: negue Laterensis
praetor recipere voluü e. g. s. Hier zeigt schon das zuständ-
liche traditus erat^ dass turbar at und religuerat
statt ihres Resultate omitta turbata erant^ nihil relic--
tum erat gesetzt sind. Der gleichen Auffassung dürften sich
denn wol auch die sonst -noch etwa bei Cicero sich findenden
Plusquamperfecte bei postguam fügen.
Caesar hat das Plusquamperfoct weder bei postguam
noch bei simut ac, einmal dagegen bei übt, b. c. II, 9, eine
•*•) Die beste hitcrpretalion gibt Cic. p. Mur. 28, 58: bis consui
fuerat P. Africanus, et duos ter rotes huius imperii, Kar-
thaginem Kumaniiamque deteverat, cum accus avit L.Cat-
tam Saepe hoc maiores natu dicere audici, hanc accn-
satoris extmiam dignitatem plurfmum L, Cottae pro-
fuisse.
Ober die Constr. der lat Zcitpartikeln, v. E. EofTmann, 587
Stelle, die insofern interessant ist , als hier jene Partikel in drei
aufeinander folgenden Sätzen mit allen drei Zeiten, dem Perfect,
dem logischen Plusquamperfect und dem Imperfcct construierl ist,
J. 6 — 7: Übt vero ea pars lurris^ guae erat perfecta^ tecta
atque munita est ab omni ictu hostium, pluteos ad alia
opera abduxerunt ; turris tectum per se ipsum pressionibus ex
contignatione prima suspendere ac tollere coeperunt. Ubij
quantum sloriarum demissio paiiebatur , tunlum elevarant^
inlra haec tegimenta abditi atque muniti parietes lateribus ex-
struebant rursusque alia pressione ad aedificandum sibi locum
expediebant. Ubi tempus aller ius contignationis vide^
batur^ ligna item Ut primo tecta extremis iatehbus in--
struebant cett, Dass tier elevarant statt des durch das
suspendere ac tollere erreichten Resultates elevatum erat Coder
ubi altitudo tanta erat) steht, ergibt sich aus der Natur der
Sache, da das Fortbestehen jenes Resultates, der Hebung des
Thurmdaches, die Bedingung für die nun folgenden weiteren Ar-
beiten (parietes lateribus exstruere cell.) und natürlich auch für
die Errichtung des folgenden Stockwerkes ist«
Nach ut findet -sicLidas Plusquamperfect b. c. III, 63, 6:
Nam ut ad mare nbstrai cohortes nonae legionis excubu-
erant^ accessere subita prima luce Pompeiani. Dass hier
excubare in dem Sinne unseres «auf Wache ziehen, einen Posten
beziehen^' genommen werden muss, so dass excubui s=3 «ich habe
die Wache bezogen, und bin nun auf Posten>> ist, leuchtet wol
ein« Würde excubare in dem Sinne «auf Wache s e i n^ genommen,
so hätte das Plusquamperfect überhaupt keinen Sinn in dem obi-
gen Zusammenhange. Das Plusquamperfect excubuerant ist also
zusammenzustellen mit den A. 16 — 18 erwähnten militärischen Ter-
minis : constiterant, eonsederant cett. — An zwei linderen Stellen
legen zwar die Herausgeber der Partikel ut comparativen.Sinn bei,
doch dürfte die temporale Bedeutung wol die richtigere sein:
b. G. H, 19, 6: Ubi prima impedimenta nostri exercitus ab
iis^ qui in sihis abditi latebant^ visa ßunt^ quod tempus inter
eos committendi proelii conoenerat, ut ifUra Silvas aciem or^
dinesque constituerant atque ipsf sSßöton firm ave ran t
subito Omnibus copiis prooolaverunt. Ijier W mit wie, in der
Art zu übersetzen, ist namentlich in Bezug auf das ut sese
eonfirmaverantiKrsiner: «in der Art... wie sie sich ge-
genseitig ermuntert hatten, nämlich subito omnibus copiis pro--
polare P^) in hohem Grade gezwungen. Wie ubi ein dem pro^
volaverunt Torangängiges Ereigniss angibt, bo werden mit ut
Tollendete und nun in ihrem Resultate fortbestehende
Handlungen gegeben ex ^^ut acies constituta erat^ ut eonfir-
mati erant.^^ — Eher könnte man dies vergleichende ut zu-
geben in der anderen Stelle b. G. II, 23, 1 : Legiones nonae et
deeimae mililes^ ut in sinistra parte aeie con«<fCera%Kt^
\0*
588 Ül)cr die Conslr. der lal. Zeilpaiükiln, v. E. Boffmann.
pilis emisisi» dursu ac„. lassiCudine exanimatos vulneribustque con-
feclos Atrebates {nam his ea pars obcenerat) celeriter ea: loco
superiore in flumen compulerunt. Kramer erklärt: ^^xU-con-
stiterant: demgemäfs, dass sie diese iSlellung einnahmen, hallen
sices mil den Alrebalen zu Ihun, nam his ea pars obvenerae'^ — ,
doch bei der damaligen lumultuarischen Aufteilung von Ca^sar's
Heer (s. c. 22) erscheint es nafu'rlicher in dem ut - constiCerant
die Zeilbestimmung für den Kampf der beiden Legionen zu er-
blicken = «wie sie auf dem linken Flügel sich aufgestellt —
und 60 diesen nun inne hatten.'^
Was den Gebrauch dieser Zeilpartikeln mit dem Plusquamper-
fecl '\n den übrigen mit Cäsar's Commenlaren vereiniglcn büchern
betrifft, so ist zu bemerken, dass Hirtius, der Verfasser des YIII.
Buches deb. G. dieses Tempus nur einmal bei ul angewendet hat,
80, ], doch so, dass man bei der Zeilunlerordnung, die seinerseits
das zugehörige demonstrative Glied erfahren hat, nicht weifs, ob
darum auch das relative Glied in das Plusquamperfect gesetzt ist, oder
ob er bei dem Plusquamperfect {defecerat) die daraus resultierende
Zuslandlichkeit des «in Aufruhr sein>> im Sinne halle: Qua ex
fuya cum constaret Drappetem Senone)n^ gui^ ut primum de-
fecerat Qallia^ coUectis undigue 'pirditis hominibus^ servis
ad iiberiatem vocatis . . . impediftidnta et commeattia Roma"
uorum inCerceperaCj non amplius hominum milibus ex
fuga guingue coUectis provinciam petere cetL Jedenfalls würde
auch bei Aufhebung der Unterordnung des dcmonslraliven Glie-
des das Plusquamperfect in dem angegebenen Sinne dem Sach-
verhällniss entsprechender sein als das Perfect: Drappes , ut
Qaliia defecerat (= rebellabat)^ . . . interccpit. (s. Anm. 22).
In dem Commentare ^de bello Atex.^ findet sich das
Plusquamperfect bei den in Rede stehenden Partikeln nie; dagegen
wird von dem Verfasser des ^belL Afr} postguam an drei
Stellen mit diesem Tempus construiert, doch kann die eine davon
kaum in Betracht kommen, da wir es daselbst nur der Form
nach mit einem passiven Plusquamperfect zu Ihun haben, in
Wahrheit aber mit" dem Imperfecl der Copula esse^ und zwei
adjeclivischenParticipien: 6,4: Postguam rcpnlsi et con-
iecti erant intra munitionesy Caesar Her constilutum ire
ron/endit. — In der Stelle 37, I: Caesar^ postguam legio"
nibus veteranis duabus, eguitatu ieoigue armatura copias suas
ex secundo commeatu auxerat^ naves onerarias statim iubet
Lilybaeum proficisci^ — kann die in dem Plusquamperfect lie-
gende Zuslandlichkeit nicht füglich verkannt werden. Ebenso
wenig kann der Begriff der Zuslandlichkeit zweifelhaft sein, wenn
auch der Beschaffenheit des Verbums wegen das Plusquamperfect
auffallen muss in der Stelle 87, 4: Itague postguam castra
non potuerant potiri^ Uticam se in oppidum conivcerunt.
Wir würden erwarten postguam non potucre od- r pote-
Cber die Couslr. der laU ZcilpartikelD, v. E. Uoffinann. 589
rant'^ der Schriftsteller aber fasst das non posse wie irgend
eine andere Tbatigkeit, die in ihrer Vollendung zu der Zeit vor-
gelegen habe, wo das Factum se coniecerunC eintrat'*). — Der
Verfasser des ^bellum Hispaniense^ bedient sich dieser
Zeitpartikeln gar nicht, mit Ausnahme einer Stelle 37, 2, wo
er simul (mit dem Perfecl) gebraucht. Sonst wendet er nur
cum an.
Bei Salin st sind es im' ganzen neun Stellen, wo post-
quam oder ubi — nur diese beiden Partikeln — mit dem
Plusquamperfect verbundc^n sind'. Jug. 11, 2: P osiquam HU
more regio iunta magnifice fe cerant^ reguli in unum con-
reneruntj ut inier se de cunctis negoliis disceptarent. Hier ist
das Plusquamperfect wohl gewählt, weil jene ^^iustä*^ keine einzelne
Handlung, sondern eine Reihe von Ceremonien waren, wie sie der
^mo8 regiu»^ bedingte: ^<als nun alle jene schuldigen Ehren dem
Todten gezollt — und nun vorüber waren.** (Vgl. A. 26, m.)
Jug. 44, 4: Nam Albinus, Au/i fratris exercitusque clade
percuUus^ post quam decrev erat non egredi pronincia^
') Gerade potuerat findet sich öfters so angewendet, dass es un-
genau stritt des «Imperfects gesetzt zu sein seheint, wie in der
von Haase zu Reisig's Vorles. Anm. 456 S. 505 citiertcn Stelle aus
Vell. II, 3, 2: Gracchus vitam, quam gloriosisaime degere po-
iuerat, immatnra morte ßnivit, — Daher suchte Reisig g. 292
in der Art aus potueram den Sinp eines Imperfects zu ent-
wickeln, dass er es gleich setzte mit facuUatem nactus eram d. i.
poler am. Mit Recht hat sich Haase a. a. 0. gegen diese ller-
leitung des Gebrauches ausgesprochen und betont, dass überall
eine verglichene Vergangenheit ein solches Plusquamperfect recht-
fertigen müsse; in der Stelle des Velleius sei es die Zeit, ehe
Gracchus die ihm verderblichen Unternehmungen begann, auf die
das Plusquamperfect sich beziehe ; doch bei einem Autor wie dem
Verfasser des bellum Africae dürfte es schwer sein überall eine
Ratio herauszußuden. Gerade was den Gebrauch des Plusquam-
perfects betrilTt, so Gndet sich dies wiederholt in auffallender
Weise bei ihm statt des Imperfects gesetzt : 89, j : Caesar Us^
selam pervenil, ubi Scipio magnum frumenli numerum , arma-
rum telorum ceterarumque rerurn cum parro praesUtio habue-
ral. Id adveniens polilur ^ — somit rausste es habebat
heifsen. — Gleich darauf §. 2: Quo [kdrumelum] cum inlroisset
, , . Q. Ligario, C, Constdio fttio, qui tum ibi fuerant, viiam
conceisit, — 88, 3: Calo . . . liberis suis L, Caesari . qui tum
ei pro. quaestore fueratj commendatis . . . Andere solche
Fälle s. bei [Sipperdey, Caes. ed. raai. p. 22. — Das Plusquam-
perfect bei postquam dürfte übrigens noch an einer anderen
Stelle dieses Commentars 38, 4 herzustellen sein. Die mafsgeben-
den Handschriften nämlich , die zweite Pariser (a) und die von
mir verglichene erste Wiener (/■), wozu noch die erste Leidener (^)
kommt, geben : Qund poslquam Scipio Labienusque animad-
verterant, equilatu omni ex castris cducto . . . circiter p/is-
sus mille progrediuntnr cell. Das Plusquamperfect anlmadter-
terant ist dann zu beurtheilen nach Anm. 14.
590 Über die Constr. der lat. Zeitpartikiln, v. S. BoßTmaWL
gitanium temporis aesiirorum in impen'o fuU^ pltrumque tnHi*
ie» statifiin caMlris habebat ^ nisi cum odos au£ pabuii e§esta$
loeum mulare gubegeraL Hier fühlt sich leicht heraus, das«
rs nicht füglich heifäcn konnte: pos tquam deer^vii —
habebaC\ nicht zwei Ereignisse werden verglichen, sonden
das neben dem gefassten Beschlüsse und dem daraus nun rasol«
lierendcn Willen (vgl. Anm. 15) einhergehende Verhalten des
Albiiius. — Kaum bedarf es einer Bemerkung über die folgen-
di^n Stellen: Jug. 79, 4: Postguam utrtmgue legiones Htm
classes saepe fusae fug ataeque e£ aUeri aiteras mUquMn-
tum allrioerani^ verUi . . . , per induCias spontionem /«-
chint, — Ebd. 88, 1: Metellus • « . plebi pafribusque^ poii^
quam invidia decesseraCy iuxla carus. — 97, 1 : Jm*
gnrtha posCquam oppidum Capsam aliosque iocos mumt9$
et »ibi utilis si'mul et magnam pecuniam omiserat^ id
Bocchum nuntiOB miltit, — 108, 1 : Ibi cum Boccho Xuwudn
qitidam Anpar nomine multum et familiariter agebatj praemiM'
sus ab JugurlhGy postquam Sultam aceitum audierMt^
orator celt, (= «seil er Kunde halle,'* vgl. cognoveratn.%»
A. 14. Dazu Stellen, wie Caes. b. G. V, 1, 5: in lUyricum pra-
ficiscitur, qnod a Pirustis ... vastari audiebat. Ebenso b.
G. VI, 33, 3. 36, 1 u. 6., ferner Stellen wie: postquam viU--
bat — cernebat bei Liv. I, 54, 5. V, 39, 2» XXXV, 38, I.
XXXVHI, 48, 12 u. a. m.) — Cat. 13, 4: Haee iuventuiem^ uki
familiäres opes defeceranCy ad facinora incendebani.{\gi
A. 25) — 16, 2: posty ubi eorum famam aique pudorem
attrioerat^ maiora alia imperabat. (A. 26, e.) — 114, 3:
po»t^ ubi aeian tantummodo quaestui neque iujturiae modum
fecerat^ aes alienum grande conflaoerant (s. A. 26, 1.)
Bei Cornelius Nepos sind im ganzen drei Stellen, die
hier in Betrachl kommen: Lysand 4,3: Hunc {librum} Lgun-
der domum cum redisset, postquam de suis rebu$ gestii
apud maxlmum magistratum^ quae rolueratj dixeraty testi»
ffionii loco librum a Phamabazo datum tradidit. Hier kornffll
es nicht auf eine Zeilbestimmung des tradidit an, dass dies nach
Beendigung der Rede, sondern unter welchen Umständen es er-
folgt sei. Es soll der Conlrast hervorgehoben werden, in wel-
chem der Inhall — das Resultat — von Lysander's nach Will-
kur ausgestatteter Rede mil dem Inhalte der als vermeinte Be-
glaubigung vorgelegten Schrift des Pharnabazus sland : = «bscIh
dem er einen willkürlichen Bericht abgestallet hatte — und di^
ser Bericht so nun zu seinen Gunsten laulete.^ — Zu der
Sli'lle Alcib. 6, 2: Neque id sine causa arbitrari widtbantur
[Atheniensea]. \am postquam excrcitui praeesse coept-
raty neque terra neque mari hostes pares esse patueranty-^
bemerkt Nipperdey: «das Plusquamperfect hd postquam y weil
der Hauplsalz diese Zeit hat/^ — doch würde auch bei anderer
über die Gonstr. der lat. Zeitpartikeln, v. E, üoffmann. 591
Zeitbeschaffenheit des Hauptsatzes (potuerunt^ poteranl) das
Plusquamperfect coeperant gerechtfertigt sein, da nichts hin-
dert^ es in dem einen wie in dem anderen Falle als bekanntes
Imperfect zu fassen. — - Zu diesen beiden Stellen kommt noch
eine dritte mit ut^ Dion.9,4: r7//, ut limeti eins intrarant^
foribua obseratis in leclo cuhanlem invadunt, {intrarant
=s [intfa limenj erant^ vgl, A. 15.)
Dieselbe Natur hat auch das mit pottquam u« s. w.
verbundene Plusquamperfect in den Stellen, die ich bei Livius
\\\ den Büchern I— X, XXI— XXVI, XXXI— XXXIV gefunden habe.
II, 8, 7: id omnibus modi» impedire conati^ po9tquam
alia frustra temptata erant^ poslem tarn tenenti consuli
foedutn nuneium incutiunt. Derselbe Satz: poslquam alia
(Vustra temptata e r an ^ kehrt wieder X, 6, 4. — III, 23, 6:
postguam moenibus iam Romanis puUo hoste periculum
esse desierat, et ipse ab Roma profectus* («*» p, non amplius
nderat s. A. 26.) — 26, 3: [Minucius] nnlla magnopere clade
(iccepta castris se pavidus tenebat, Quod ubi senser ant
hostesy creoit ex metü alieno^ ut fit^ audacia^ et noete adorti
rastra^ postquam parum vis aperta profecerat, munitio-
fies postero die cireun^dant, (Zu senserant vgl. A. 14, zu
postquam parum profecerat vgl. Liv. X, 84, 1 : postquam ea
parum procedebant; XXXIII, 5, 3 : postquam nihil con^
ceptae temere spei suceedebat.) — 44, 4: hane virginem
. . . pretio ac spe perlicere adortus^ postquam omnia pudore
saepta animadverterat^ ad crudeiem superbamqne vim
animum convertit. — Für die Stelle X, 45, 5: ad Aequos inde
. . . foersa arma Romano^ quod . . . unioersa prope gens . . .
ad hostes descitferat ; et postquam icto Romac cum Samniti"
bus foedere feliales vener ant res repetitum , temptationem
aiebant esse celt. gibt es eine doppelte Erklärung; einmal
lasst sich venerant in dem besprochenen Imperfect « Sinn ade^*
rant fassen (s. A. 20, und äüzu postquam aderat
oben, bei Sali. Jug. 58, 7. Liv. XXV, 36, 4.), da bekannt-
lich die Fetialen durch dreissig Tage hindurch {iusti dies) in
der feindlichen Stadt verweilten, ehe sie mit dem Endbescheide
derselben nach Rom zurückkehrten, so dass also mit postquam
venerant nicht der Termin ihrer Ankunft, sondern die Zeit
nach ihrer Ankunft und während ihres verweilens bei den
Aequern als diejenige bezeichnet ist, mit der die — wieder-
holten •— Äusserungen der Aequer, aiebant, zusammenfielen;
— oder insofern für aiebant, wenn das Moment det Zuständ-
lichkeit und Wiederholung unberücksichtigt geblieben wäre, das
Plusquamperfect dixerant (wie desciveraty als vorhergängiger
Grund für das versa arma ad Aequos) hätte eintreten müs-
sen, 80 liefse sich das Tempus bei postquam auch aus dieser
Zdtunterordnung des Hauptsatzes erklären. — XXI, 33, 10;
592 Über die Constr. der laU Zcitpartikcln, v. E. Holtt/iann.
po»lquam liherata iUnera fuga monlanornm erant \»X
üben A. 9 unler den Stellen mit dem Iniperfecl aufgezahlt. —
XXII, 48, 4 : Ae dum proeUum ab omni parte conseriitirj
quieti manserunt: postquam omnium animos oculosque oe~
cupaverat cer tarnen^ tum arrepfis »cutis . . . aversam ad"
oriuntur Romanam ar.iem (Vgl. A. 26, a.) — XXII, 28, 2;
qnae (^Fabii runctatio) ut Hannibalem non mediocri cura sol-
(icitum habebat^ ita coulempta erat inter civis armatos parUer
loyatosque^ utique p o stquam absente eo temeritate magistri
equitum laeto verius dixerim quam prospero enentu pugna-^
tum fuerat (= <<soildem gekämpft worden war und nun ein
glucklicher Erfolg des Magister Equilum gegen Hannibal
vorlag'^ •^). — XXIV, 36, 4: postquam ab Eippocrate oc-
cupatae Syracusat erant. — XXV, 23, 8 : aiia ßubinde spes,
postquam haec ttana eoaserat^ excepit (= postquam haee
vana erat^ wie XXIV, 32, 5: ut omnia vana erant) —
XXVI, 5, 17: ceterum postquam iam ad Signa pernenerat
liispanorum^ tum undique in eum tragulae coniectae. (A. 20) —
17, il: postquam pars maior emissa exercitus erat. —
40, 17: quattuor milia hominum erant^ mixti ex omni collu^
rione exules^ obaerali^ capitalia ausi pierique^ et cum in civi-
tatibus suis ac sub legibus vixerant^ et postquam eos ex
variis causis fortuna similis conglobaverat Agathyrtiam^
per latrocinia ac rapinam tolerantes vitam, (Vgl. A. 26, k.
VVeissenborn bemerkt richtig: ^^et- et - conglobaverat gibt die
Zeit an, in welcher das tolerare ritam cett. stattfand... post-
quam^ seitde m.**) — XXXIII, 3, 1 : Philippus quoqne primo
rere , postquam legali ab Roma nihil pacati retul erant^
delectum per omnia oppida regni habere instituit. (Vergl. die
zu Anfang aufgeführten Stellen: postquam frustra temptata
erant; ferner Liv. XXXIII, 17, 4: postquam pacati nihil
ostendebatur).
Mit ubi: Liv. XXIII, 27, 3: Quam ubi ncglegcntiam
ex re, ut fit^ bene gesta oriri senserat Hasdrubal^ cohor-
latus milites e. q, s. (s. A. 140 — XXV, 36, 7: ut tamen
aliquam imaginem valli obicerent^ clitellas inligaCas oneribus
pclut struentes ad altitudinem solitam circumdabant ^ cumulo
sarcinarum omnis generis obiecto^ ubi ad moliendum clitellac
defuerant, {defuerant^ wie «tipcr/'w^ra ^ XXII, 2, 10 :
elephanto, qui unus super fueraly vectus. Vgl. ebd. 58, 11.—
Mit ut: XXI, 47, 3: Iransire pontem non poluit^ ut extrema
') Wcisseiiborn sieht sich im Commcntar zu dieser Stelle zu der
Bemerkung veranlasul, dass «Livius oft so das IMuscjuanipcrfccl
nach postquam brauche, ohne gerade bezeichnen zu wollen, dass
zwischen der Handlung im Haupt- und Nebensätze eine längere
Zeit verflossen sei." Diese Bemerkung ist leider nur noch zu
eng gefasst.
über die Constr. der lat. Zeiipartikcln^ v. E, Hoffinann, 593
resolula erantj iota rate in secundam at/uam labente, —
A'XVJ, 18, 10: ut tarn reseder al impetus animorum ardor-
//MC. (A. 25; vgl. XXVI, 19, 2: ut ardorem^ qui resederai^
excUareC.) — XXXII, 31, 1: consul primo peragrar^erat ßnis
Botorum^ deinde ut relictis Insubribus ad sua tuenda rece-
per an t »ese^ castris se tetiuit. (Vergl. XXXIV, 28, 7: poat-
quam nemo hostium contra ewibat^*).
Bei Tacitus finden sich 30 Stellen mit dem Plasquam-
perfect'*), doch fügen sie sich alle der von uns aufgestellten
Regel über dieses Tempus hei postguam u. d. a.
An. I, 1 : Tiber ii Oaique et Claudii ac Neronis res /fo-
rentibus ipsis ob metum fatsae^ postquam occiderant^
recentibus odiis compositae sunt. — c. 49: et quidam bonorum
caesi^ postquam intellecto in quos saeviretur , pessimi quo^
que arma rapuerant. — II, 65: postquam dolum in-
tellexerat^ sacra regni . , , obtestantem catenis onerat, (s.
A. 14.) IV, 10: ea fraude tum sencm^ postquam conmmum
in i erat eique iam int er erat exceplum poculum Druso
tradidisse. — IV, 54: pernicitate equi profugusj postquam
salluostoa locos attigerat^ dimisso equo per derupta et avia
sequentis frustratus est: (vgl. A. 20.) — VI, 14 (8): fate-
bor et fuisse me Seiano amicum et postquam adeptus
eram^ iaetatum. — c. 27(21): Thrasulius, postquam per^
contantem common er at^ imperium ipsi et futura solerter
patefaciens^ interrogatur, (Vgl. A. 26, b.) — XII, 12: post"
quam adtßenerat\ — c. 59: postquam revenerant
(A. 20). — c. 15: postquam c ognoverat (A. 14). — XIII,
36: Paccius Orfitus . , , rupfo imperio ^ postquam paucae e
proximis castellis turmae advenerant pugnamque imperitia
•*) um hier eine Bemerkung über den Gebrauch dieser Zeitpartikeln
bei Velleius Paterculus einzuschalten, so wendet dieser
postquam gar nicht an, aufscr wo post mit dem Accusativ
eines Zeitausdruckes verbunden, also Präposition ist. (Davon un-
ten.) Die andern Partikeln betrcCfend, so gebraucht er ut im gan-
zen siebenmal und nur mit dem Perfect (!) 10, 2. II, 49, 4. 52,
3. 59, 5. 62, 1. 85, 3. 90,1.); uöl zweimal mit dem Perfect (II,
3, 4. 85, 3) und in verallgemeinerndem Sinne mit dem Coujunctiv
Imperf. oder Plusqpf. an drei Stellen (s. u. A. 37 z. E.) ; simui
findet sich nur II, 88 an zwei Stellen, beidemal mit dem Conjunc-
tiv des Plusqpf., g. 1, weil der Satz aus der Meinung des Sub-
jedes gegeben ist, §. 2. verallgemeinernd, (s. Anm. 57.)
**) In der Germania kommt nur die Partikel ut vor, und diese nur
an zwei Stellen c. 28 mit dem Plusquamperfect, wo es sich um
wiederholt eingetretenes handelt, c. 31 mit dem Perfect. — Im Agri-
cola finden sich postquam, ut und ubi, von diesen aber nur
das letztere und zwar bei Schilderung von wiederholten Ereignissen,
-^ lüit dem Plusquamperfect c. 20. Der Fall, wo sich nach übt ein
Farticip mit Weglassung von fr a^ neben einem Imperfecta
Satze findet^ c. 38., wurde schon oben erwähnt.
594 Über die Gonstr. der lat. Zeitpartikein, v. E, UolTmann.
poscebanlj congre»su8 cum hoste funditur (über advene-
ranC = aderant^ s. A. 20). — c. 44: postulatus apud con-
suleSf p 08 tquam tribunatu abier a t^ condemnatur. — c.
o4: postguam audiveranC, — X1V,37: legio , . , posCquam
propiuB 8uggres8us hosti« cerlo iactu tela exhauserat^ velul
tuneo erupit (= ;>. ho»U non amplius tela erant), — c. 39:
poslquam Oceanum Cransmiserat (sc, et in Britannia
erat). — c. 49: postquam discessionem consul permi-
8 erat ( = />. liceb at disceesionem facere), — XV, 15: [a
Vologese] fama moderationis quaerebatur^ postquam super^
öiam expleoerat (A. 26, g). — c. 20: Paetus Tärasea^ post-
quam de reo censuerat Creta depellendum , haec addidit
(= ^^nachdcm er sein Volum abgegeben hatte und dieses dahin
lautete^^ — fugte er — ImAnschluss an dieses Votum — einen
entsprechenden Antrag hinzu). — Hist. I, 26: Infecit ea tabe8
legionum quoque et auxiliorum motas iam mentes, postquam
vulg atum erat labare Oermanici exercitus fidem. — Hi^t. 11,
68 : igilur duobus militibus altero legionis quirUae^ aitero e Oailis
auxiliaribus per lascimam ad eertamen luctandi accen8i8^ post-^
q ua m legionarius procideratj insultante Gallo et iss qui ad
spectandum conoenerant in studia diductis^ erupere legionarii in
perniciem auxiliorum. — IIJ, 47: Anieetus^ Polemonis libertus^
praepotens olim^ et postquam regnum in formam provinciae
»erterat j mtttationis impatiens (s. A. 21). — 111, 72: Qtem-
plumJovis O M.) isdem rursus vesligiis situm est^ postquam
interiecto quadrittgentorum quindecim annorum spatio L, Sei-
pione^ C* Norbano consuUbus^ flag rarer at (=s igne com-
bu^Cum erat). — IV., 3: Civilia arma^ postquam Aeggptum^
Judaeam^ Syriamque et omnis prorincias exercitusque l u st ra-
rer an t^ relut expiato terrarum orbe cepisse finem videbautur
{=: p, orbis terrarum armis cirilibus iam lustralus [et relut
rxpiatus] erat), — c. 39 : dein postquam inanem animum
spe et cupidine impleverat^ vires aboiet demissa in hiberna
legione septima (s. A. 26, g.). — C 62: duplicatur flagitium^
postquam desertis Bonnensibus castris altera se legio mi-
scuerat (s. A. 26, h.). — V, 9 : mox cioili inter nos belfo^
postquam in dicionem M. Antonii provinciae cesserant^
rex Parthorum Pacorus Judaea potitus est (s. A. 20). —
Mit ubi: An. XIII, 40: ubi nihil temeritate sola tum nee
amplius quam decurio equitum audentius progressus et sagittis
€onfixu8 ceteros ad obsequium exemplo firmarer a l^ [Tiri^
dates] propinquis iam tenebris abscessit (A. 2Ö, I.) — XV, 10:
ubi adrersus urgentes casus fir malus erat* — Hist. I, (i6:
Viennenses , velamenta et infulas praeferenles , ubi agmen
incesseratj arma^ genua , restigia prensando flexere mili^
tum animos (i«. A. 20). — 111, 20: ubi aspeclu et auctoritate
Silentium fecerat (== e^ iam Silentium eral^ s. A. 26, ni. ).
über die Constr. der laL Zeilpartikeln, v. E. Eofftnünn. 595
Bei Floras findet sich das Plusquamperfect nach po»t^
guam^^) an zwei Stellen: III, 8, 12: Cimbri posC^
f/uam retinere amnem frustra eenCaveranty ingetta silva
obrutam transiluere. (Vgl. oben die Stellen aus Livius 11, 8, 7.
X, 6, 4 und die zu II, 26, 3 citierten Stellen von poitq. mit
analogen Imperfeclen.) — 111, 5, 10: Mox subrulo JPiraei
porlu postquam domuerat ingratissimos hominum^
famen uC ipse dixiC, in honorem morCuorum ^ sacris 8uia /a-
maeque donaoit* (Statt postquam domuerat^ wozu vgl. A.
26, d. , hätte können auch das Particip angewendet werden:
dornt Co 8 sacris suis fämaeque donamt.) — Eine dritte Stelle
mit postquam coeperat (IV, 2, 79: Sane et ipse ante
aciem moestior non ex more Caesar^ sive respectu fragililatis
humanaey sice nimiam prosperorum suspeclam Habens conti'^
fiuationem^ vel eadem timens^ po stquatn idem esse coe^
perat^ quod Pompeius\ kann bei der anerkannten und schon
oben zu Com. Nep. Ale. 6^ 2 berührten Imperfect-Natur dieses
Yerbums kaum gezählt werden.
Mit diesen Fällen des Gebrauches der Conjunction post^
quam mit dim Plusquamperfectum hat derjenige nichts gemein,
der in den Grammatiken freilich als vollkommen gleichartig be-
trachtet wird, wo post von quam getrennt und entweder als
Präposition mit dem Accusativ oder als Adverb mit dem Ab*«
lativ eines Zeitmafses verbunden ist Hier haben wir es eben
nicht mehr mit der Conjunction postquam zu thun, die
Ereignisi^e ohne Rucksicht auf den sie trennenden Zeitraum nur
in der Aufeinanderfolge ihres Eintretens vergleicht; vielmehr
handelt es sich hier um eine durch post nebst dessen Casus
gegebene adverbielle Zeitbestimmung, für welche ein Satz mit
quam ganz wie nach jedem anderen Comparativ-Ausdruck den
S^'rgleichungspunkt, hier also den Anfangspunct der Zeitrechnung
für den \x\ dem Casus gegebenen Zeitraum abgibt. Ueber die
Zeit dieses Satzes mit quam kann es dann keine anderen Bestim-
mungen geben, als die für die Zeitwahl überhaupt feststehenden,
dass, je nachdem der Anfangspunct der Zeitrechnung für einen
^^) Sonst findet sich postquam bei Florus noch an neun Stellen mit
dem Perfeck (I, 12, 3. II, 10, 3. 17, 4. III, 8, 6. 18, 4. 9. 21, 13.
IV, 2, 71. 12, 30), an einer mit dem hislor. Präsens IV, 12, 50;
an drei Stellen mit dem Imperfect (p. non poterat I, 10, 4; p.
liquebat 1, 13, 14; p, dies aderat III, 14, 4). — ubi mit dem
histor. Präsens findet sich: I, 3, 7. I, 13, 14. III, 5, 21. 14, 5 (au
allen diesen Stellen ubi videt, wie bei Sallusl s. A. 48); ferner
I, 10, 4. III, i, 16. IV, 2, 28. Mit dem Porfect: II, 6, 9. III, 6,
13. IV, 2, Ö8. il, 10; mit dem Imperfect II, 18, 13; ferner ein-
mal mit dem Conjunctiv dieses Tempus II, 2, 10 bei Angabe wie-
derholter Handlungen, worüber unten A. 47. — tt / mit dem Perfecl
steht II, 4, 2; ein audeTe&malut primumW, iZ, Z%.^ simul
iac) kommt nie vor.
596 Über die Conslr. der lat. Zeitpartikcln, v. E. Hofftnann,
gegenwärtigen oder für einen vergangenen Termin zu geben isf,
da8 Perfeclum oder das Plusquamperfectum eintreten muss. Dass aber
der Satz mit quam nur einen Theil der adverbielien Zeitbestim-
mung ausmacht^*«), zeigt sich namentlich in denFäilen, wo ohne
dass po8t gesetzt wäre, der Satz mit quam die Beziehung der
in einem Zeitablative durch eine Ordinalzahl gegebenen Zeitrechnung
auf ein als Anfang dieser Rechnung betrachtetes Ereigniss gibt.
Nep. Arist. 1, 5: nam posCquam Xerxes in Graeciam descen-
dit^ [Aristides] sex Co fere anno quam erat expulms po-
puli scito in patriam restitiUus est. — Liv. HI, 8, 2: teriio
äie^ quam interregnum inierat. — Ebd. 83, J : Anno tre^
eentesimo aller o^ quam condiCa Roma erat. Vgl. IV,
7, 1. 47, 6. Vi, 29, 10. VIII, 18, I. AXV, 13, 14. XXIX,
85, 10 u. ö. — So auch bei einer Zeitbestimmung durch eine
Cardin alzahl : Vell, II, 4, 2: inlra annum ac Iris menses
quam eo veneraL
JVicht also, dass das Plusquamperfect bei dem durch einen
Zeitcasus getrennten postquam befremden könnte, muss es
vielmehr umgekehrt aufTailig erscheinen, wenn einmal der den
Zeilcasus bestimmende Salz mit quam als ein dem Hauptsalz
selbst coordiniertes Ereigniss behandelt ist, wie Liv. XXI, 32, 1 :
P. Cornelius consul triduo fere posC quam naunibal a
ripa Rhodani mooily quadrato agmine ad castra ho»tium
t^enerat^ nuUam dimicandi moram facturus. Hier wird man
jedoch triduo als Abi. temp. zu fassen, nicht mit po»t zu
verbinden haben; der Salz mit postquam aber enthält das
Hauptereignis , an welches sich zunächst das zusländliche venerat
(= aderat) anreiht, bis dann rediit in dem folgenden Satze
(ceterum ubi deserta munimenta nee facile se tantum pro-
gressos adnecuturum videl, ad mare ad nares rediil) auf
gleicher Linie mit dem mocit die Erzählung weiter forifuhrl.
Was nun das Plusquamperfect in den Fällen betrifft, wo
mit tif, ubi^ simul {ae) das stetige Antecedens von etwas
wiederholt eingetretenem gegeben wird, so muss dieser Gebrauch
im Zusammenhange mit dem betrachtet werden, dass das mit
jenen Partikeln gegebene Antecedens einer in der Gegenwart
sich wiederholenden Handlung in dem Perfect sieht. Vgl. Cic.
p. Mur. 10, 22: »imul atque increpu it suspicio tumul-
■•») Wenn es bei Cicero Cat. m. 12, 42 heifst: Inriftts feci ut for-
iissimi viri T. Flaminini fratrem L. Flamininum e senatu eiice'
rem Septem annis post quam consul fui s sef, sed no-
tandam putari libidinem, — so erkennt man dcullicli, dass es
hier nicht auf eine Zeitbestimmung des eiicere ankommt, sondern
dass durch die Zeitangabc ySeptem annis post und den ergänzen-
den Relativsatz ^quam consul fnisset eine Charakteristik des l..
Flamininus (hinsichtlich seines Alters und seiner Würde) beab-
sichtigt ist 1- qui Septem annis ante consul fuissct.
über dio Gonsir. der lat. Zeitpartikeln, v. E, Uofflnann. 597
tu9^ arte» illico noHrae conticescunt, — p. Rose. Am.
8^ 22 : cum tarn muUi occupalionem eius obsernenl tempusque
aucupentur ^ ut »imnl atque Ute despex erit^ aliquid
huiusce modi moiiantur, — Sali. Jug. 1, 4: üb i per sO"
cordiam rirea ^ levipuH ^ ingenium diffluxere^ naturae in-
firmitas accusatur. In solchen Fällen haben wir es mit dem
logischen Perfecl zu thun; das Antecedens liegt in seiner
Vollendung prasenlisch und zuständlich vor, während das Con-
sequens eintritt. (Statt des Perfecls kann daher auch das Prä-
sens eines entsprechenden Verbums eintreten. Die angeführten
Beispiele gestalten leicht eine solche Substiluierung.) Überträgt
man nun eine derartige Verbindung zweier in der Gegenwart
wiederholt cougruierender Ereignisse in dio Vergangenheit, so
müssen die vorher im Perfecl und Präsens gegebenen Glieder
nun in das Plusqua mperfect und Imperfect gestellt,
werden; in dem Zeitverhältnisse der Glieder zu einander kann
aber nicht füglich eine Änderung eingetreten sein; vielmehr muss
auch jetzt noch das Antecedens ein in der Gegenwart des Con-
sequens vollendetes und in seinem Resultat dauernd vorhegendes
sein: das logische Perfect setzt sich also bei jener Über-
tragung in die Vergangenheit in das logische Plusqua m-
perfect um, und dass dieses einem Imperfect gleichkommt,
ist in dem früheren genugsam bewiesen. Wie daher bei gegen-
wärtig sich wiederholendem in dem Gliede mit ubi das logische
Perfect durch ein gleichbedeutendes Präsens ersetzt werden kann,
so denn hier das logische Plusquamperfect durch ein entspre-
chendes Imperfect. Wenn ein Beweis dafür noch nöthig wäre,
so würde er sich durch Heranziehung solcher Fälle geben lassen,
wo in beiden Gliedern das Imperfect steht und durch An-
wendung eines entsprechenden Verbums sich dann ebenso das
Plusquamperfect in das relative Glied setzen liefse, wie umge-
kehrt für das Plusquamperfect das Imperfect eines entsprechen-
den Verbs subsliluirt werden kann. Vgl. Sali. Jug. 55, 4 — 7:
übt fruwenlo aut pabulo opus erat^ cohortes cum omni
equilatu praesidia ag itabant ^ exercitus parlem ipxe^ reli"
quo» Mariun dncebat , duobns locis haut longe inter
»e caslra fa c iebant'j ubi vi opus erat^ cuncti aderant^
celerum dicor»i a gebaut. Das Zeilverhältnis der Glieder zu
einander würde vollkommen dasselbe bleiben, wenn etwa die
Sätze mit ubi lauteton; ubi frumenti aut pabuli egestas
{exercitum dieidere) aubegerat (vgl. Jug. 44, 4), und:
ubi occasto pugnando acciderat.
Nach dieser Erörterung bedürfen die nachfolgenden Bei-
spiele des Plusquamperfects in Fällen der Wiederholung keines
weiteren Commentars ■^).
'0 Zu beachten ist ubrigenS; dass dieselbe Zeitgebung auch eintritt,
wo die wie Antecedens und Conscquens sich verhaltenden Glieder
598 Ober die Conslr. der laU Zeitpartikela, v. E, Hoffinann.
Instructiv wegen der Verbindung von Plusquamperfecl und
Imperfect ist Nep. Ale« ], 4: Idem nimul ae se remisera f
neque causa suherat quare animi laborem perferrelj
luxun'osus rep eriebatur^
Cic. in Verr. IV, 21, 47: Qui simul atque in oppi-
dum quoppiam i^eneratj immitteb antur Uli conUnuo
Cibyratiei cane$. — Ebd. 8, 5: Messanam ut quisque no^
strum venerat^ haec visere aolebat. (Über venerat
8. 0. A. 20.) — V, II, 27: Deinde^ ubi paulisper in cubi'
eulo pretio^ non aequitate iura descripserat, Veneri
iam et Libero reliquum tempus deberi arbitrabatur. —
Ebd. 55, 143: Ut quisque istius animum aut ocuios of^
fenderaty in lautumias statim coniciebatur. — p.
Cluent. 19, 52: ut quicquid ego appr ehender am^ atatim
accusator extorquebat e manibus, u. ö.
Sali. Cat. 6, 5: [Romani] ubi pericula Pirtute pro^
puler ant y eoeiis atque amicis auxilia por tabant ,
beneficiis amicitias parabant. — Ebd. 9, 3 : Duabue Ais
artibusy audacia in bello^ ubi pax evenerat, aequitate
seque remque publicam curab ant, — 51, 33: Namuti
quisque domum aut villam alicuius concupiverat^
dabat operam^ ut is in proscriptorum numero esset. —
Jag. 60, 3 : Uli qui moenia defensabant ^ ubi hostes pau-
lum modo pugnam remiserant^ intenti proelium equestre
p ro spe ctab ant.
Liv. II, 27, 2: Quod ubi cui militi inciderat (se.
ut nexus traderetur creditori) , collegam [sc, alternm eon^
sulem) app ellabat. Ebd. 48, 5: res proxime in formam
latrocinii venerat: legionibus Romanis [Veientes] cedebanl
in urbem; ubi abductas senserant legiones y agros in-
eursabant cett. — IV, 56, 7: ut ad quosque \jtopulos\
ventum erat, numerus iuniorum conscrib ebatur. —
IX, 31. 9: dein postquam, ut quisque Itberav erat se
onere aptavcratque armiSy ad signa undiquc coibant^
consul ex equo desilit cett. — X, 35, 8: circumeundos ad-
loquendosque milites ratus, ut ad quosque venerat
nicht durch eine jener Partikeln, sondern durch ein ReLitivuin ver-
bunden sind. Cic. in Verr. V, 56, 145: guaecumqne natU ex Asia
ex Syritty qnae Tyro, quae Atexandria venerat, siatim certis
indiciöus et custodibus tcneöatur; tectores omnes in lautu-
mias conUiebatiittr cett. Vgl. ebd. §. 14«. — Caes. b. c. I, 81, 3:
quantum apere processeranl et caatra protulcrant, tnnto
aber ant ab aqua long ins ( — quantum castra prolata er ant,
tantum ab er ant). — Nep. Dion 1, 3: Aderat inmagnis rebus,
eiusque constllo multuin mov ebatur tyrannus, nisi qua in re
maior ipsius cupiditat interc esserat i = oögtfibot). — Sali.
Jug. 74; 1: itfi qmcumque intenderat, res advorsae er ant.
über die CodsIt. der lat ZeitparUkelo, v. £ tioffinaim, 599
cunctantes arma capere, iner epabat eeU. — Ebenso XXI,
42, 8. XXIV, 15, 4. XXVII, 49, 1. — Ein Fall, wo zugleich
auch in dem Hauptsatze das Piusquamperfect (eines Verbi der
Thätigkeit) statt des Imperfects (eines zuständlichen Verbums)
gewählt ist, Liv. XXVII, 51, 4; et ut quisque audier at
exereitum hostium Imperator emque occisum, legiones Ro^
manas incolume»^ salvoa consules esse^ exlemplo aliis porro
impertierant gaudium 8uum. (Durch Anwendung des
Passivs durften diese Plusquamperfecte am leichtesten klarwerden:
et ut nunttus erat auditus^ extemplo gaudium
erat impertitum Omnibus (-s= extemplo omnium commune
erat gaudium^,
Tac. An. IV, 23: priores duces^ übt impetrando tri-'
nmphalium insigni sufficere res suas crediderant^ hostem
omittebant. — XV, 10 : [PaetusJ ubi a tairis militaribus ad-
versus urgentes casus firmatus erat^ rursus^ ne alienae
sententiae indigens videretur^ in diver sa ac deteriora tranS"
ibat, — Hist. I, 46: [miles] ubi sumptibus exhaustus so-
cordia insuper elangu erat, inops pro locuplete et iners
pro strenuo in manipulum redibat. — Ebd. III, 33: faees
in manibus, quas, ubi praedam egesserant, in vacuas
domos et inania templa per lasciviam iaculaban tur. —
Ebenso Germ. 28. Agr« 20.
Horat. Sat. II, 1, 71: Quin ubi se a volgo et scena
secreta remorant Virtus Seipiadae et mitis sapientia
Laeli, Nugari cum illo et dis einet i ludere soliti.
Wenn wir somit nun gefunden haben, dass alle die mit
postquam und den synonymen Partikeln verbundenen Plusquam*
perfecte logischer Art sind, d.h. Imperfect-Natur haben, das
Piusquamperfect somit nicht durch die Relation und temporale
Unterordnung unter den Hauptsatz bedingt, sondern der Ausdruck
des aus einer abgeschlossenen Handlung resultierenden Zustandes
ist, der neben dem verglichenen Ereignisse oder Zustande fort-
besteht: so wird sich von selbst die Folgerung ergeben, dass in
Fallen, wo wir es nicht mit diesem logischen, sondern mit dem
aoristischen Piusquamperfect zu thun haben, und ebenso auch in
Fällen, wo durch Wahl des Imperfects ein Präteritum nicht so-
wol seiner Natur nach als Zustand qualificiert, sondern nur als
relativ dauernd gegenüber dem verglichenen Ereignisse, somit
als subjective Zeilbestimmung desselben gefasst werden soll, —
dass in diesen Fällen nach der am Eingange angedeuteten Grund-
regel über den Modus der Zeitpartikeln auch nicht mehr der
Indicativ zulässig sei, vielmehr der Conjunctiv dieser rela-
tiven Zeiten, des Imperfects und Plusquamperfects einzutreten
habe. Wenn diese Fälle im ganzen nicht sehr zahlreich sind,
so liegt der Grund dafür in dem bereits am Eingänge bemerk-
600 Über die Goiisif. der lat. Zeitpartikeln, v. £. üoffinann^
ten, dass die Zeitpartikeln überhaupt nur dazu dienen sollten,
Ereignisse oder Zustande in ihrer temporalen Selbständigkeit
mit einander zu vergleichen und diese in gewisser Weise' sich
gegenseitig durch Correlation bestimmen zu lassen.
Beachlenswerlh ist es jedenfalls, dass gerade bei Cicero
eine verhäitnismafsig grofse Zahl von Stellen sich findet, \xi denen
postguam mit dem Conjunetiv des Imperfects oder Plusquam-
perfecls construiert ist, — und wenn auch fast allen diesen Stellen
von Seiten der Kritik der Krieg erklärt worden ist, so war es
doch nur Misbehagen an dieser Construction überhaupt, nicht
aber die Beschaffenheit der handschriftlichen Überlieferung, welche
diese Stellen verdächtigte.
Diese Stellen sind : d. imp. Cn. Pomp. 4, 9 : MUhridates . . .
posCeaguam maximas aedificasset ornassetque clas"
»est exercUusque permagnos guibuscumque ex gentibns potui*$et
c omparasaet et se Bosporanis^ finitimia suis^ bellum inferre
simularet^ usque in Hispaniam legatos ac lUteras misU ad
eos duces^ guibuscum tum bellum gerebamus^ ut,.. vos anci'
piti contttUione districti de imperio dimicaretis, — p. Ctuent.
64, 181: Oppianicus primo recusavit. Poateaquam Uta ab-
ducturam se filiam^ mutaluram esse tesfamenlum minitare-
tuVy mulieri crudelissimae sereum fidelhsimum non in quae-
»tionem tulit, sed paene ad supplicium dedit. — p. Deiot. I3,
36: Elen im si Antioc hus Magnus^ ille rex Asiae^ posteaquam
a L. Scipione dericlus Tauro tenus regnare iusaus esset
omnemque haue Asiam^ quae est nunc nostra proeincia^ ami-
sisset^ dicere est soiitus^ benigne sibi a populo Romano fac^
tum esse e, q. s.^^), — ad div. II, 19, I: posteaquam mihi
nihil neque a te ipso neque ab ullo alio de adoenlu tuo scri-
beretur^ verebar^ ne id ita caleret^ quod etiam nunc vereor^
ne ante^ quam tu in procinciam venisses ^ ego de pronincia
decederem ■^). Wie an dieser Stelle, so dürfte auch ad Att. \I,
*•) Nur so glaube ich, muss diese Stelle lauten gegenüber der Vulgata:
Elenitn si knliochns M. ille rex Asiae, cum posteaquam a
L. Scipione deviclns , Tauro tenus regnare iusaus esset om-
nemque hunc Asiam am Isis sei, dicere est soiitus. Wie c u //i,
das offenbar nur als Erklärung, oder als lümendation des durch
die Construction mit dem Gonjuncliv-Plusquamperfect auffälligea
fPOStea quam' in den Text kam, bis jetzt geduldet werden konnte,
muss billig befremden. Halm suchte cum dadurch zu retten, dass
er est nach devictus einschob, doch die Häufung der Conjunclionen,
wo das Particip devictus die eine entbehrlich machte, spricht
gegen diesen Emendationsversuch.
'*) Der cod. Medic. (XI. Jahrhdt.), bekanntlich die Hauptquellc oder eigent-
lich die einzige für den Text jener Briefe, da die übrigen jungen
Handschriften (XIV. u. XV. Jahihdt.) unmillelbar oder miltcibar aus
ihr geflossen sind, g\hi,postea quam*, und so edierten auch die
älteren Herausgeber, bis Manutius ,postea quu m*" glaubte emeiulicren
zu müssen, was dann auch die späteren gewissenhaft beibehielten.
Ober die Gonatr. der lat Zeitpartikeln, y. ^5*. Roffman», eoi
12, 1 auf Grund der Handschriften posteaguam mildem Con-
junctiv des Plusquamperfects herzustellen sein: Posieague quam
mihi liUerae a Balbo Comeiio minore missae easent iilum
exi^Ümare Quintum fratrem lituum meae profeclionis fuisse —
his verbis ad Caesarem scripgi — *^).
In de legg. II, 25, 64 hat Feldhugel wieder die durch
Manutius verdrängte handschriftliche Lesart hergestellt: posiea"
fuaffi, ul scriöiC PhalereuSj mmpiuosa fieri funera et la*
meniiahiiia eoepisnent^ Soionis lege sublata sunC*^).
Wie an diesen letzteren Stellen, so därfte vielleicht auch
noch an manchen anderen bei Cicero derConjunctiv bei postquam
sich finden, wenn erst überall die handi^chriftliche Lesart wieder
zu ihrem Rechte gekommen wäre. Stellen anderer Autoren sind:
Auct. b. Afr. 91, 4: Pos iquam Juba ante portas diu
multumque prima minie pro imperio egieeet cum Zamen^
eibus , dein cum se parum proficere inteUextaset, precibus
oraeeetj utise ad suos deoe penatee admilterent^ ubi
eo8 perstare in sententia animadvertit y , , . . petit ab eie
ut 8ibi coniugee liberoeque redderent ^*).
^*') OrelU ist der 2. Edlt. Vict. und der des Bosius gefolgt, indem er
Posiea QUUm schrieb. — Von Bosius gesteht aberOrelli selbst,
dass Wenn dieser auch einen reichen Apparat bcsafs, er doch viel-
fach eigene Gonjecturen einmischte, fPieraegue autem ipsius Boiii
coniecturae iongius tuni peiitae, eoniortae, saepegue toti Ciee-
rofUs consueiudini profMue repugttant (Ed. pr. p. XXIU), und für
eine solche Gonjectur wird man wol auch das ypoitea quum*' ku
halten haben. Der Med. , mit welchem die Edit. I. (Ascens.) so wie
die 1. Victor, übereinstimmen, gih\ poetea quam; die beiden
Oxforder Udschrft. haben potieaque quam., was auch Manutius
und Lambin edierten, und wie ich glaube, mit vollstem Recht
Dass der Satz eine solche Anknüpfung durch que verlangt, zeigt der
Zusammenhang. Voraus gebt: Nihil opus est mihi novo ratione (sc.
profectionismeae, quamCtesari afftramy Saepe enim ad eum
scripsi muUisque mandavi non potuisse, cum cupissem^ ser-
mones hominum sustinere; muUaque in eam sententiam. nihil
enim erat, quod minus eum vellem existimare, quam me tanta de
re non meo conslUo usum esse, Posteaqucj quam mihiliterae . . .
missae essent, .... Ms Peröls ad Ctesarem scripsi e.q.s.
*') Der Art, wie Feldhugel diesen Conjunctiv begründet, p. 243,
stimme ich freilich nicht bei. Er meint posteaquam könne so wie
antequam (/) mit dem Conjunctiv gesetzt werden ,«/ non faclorum
quaedam successlo, sed talis quaedam sententlarum necessltudo
declaratury quae cogitatlone tantum comprehendatur,' Diese
Erklärung mag gelten, wenn antequam mit dem Conjunctiv einer
Hauptzeit steht; der Conjunctiv der histor. Zeiten dagegen ist
Gesetz, nicht willkürliches Belieben.
^*) In zwei Stellen desselben Commentars wird das an die Spitze des
Satzes gestellte postquam nachträglich durch cum ersetzt:
40, 6: Postquam Sclplone elusque coplls campo colllöusqtte
exturöatls atqUe In castra compulsls cum receptul Cossar cani
iusslsset equltatumque omnem Intra suas munltlones rece» '
pisset, can^o purgato anlmadsertit mirlfica corpora GalUirtim
Zcitaehrifl f. A. dsterr. Ojmaai. 1860. VlU. H«fl. ^^
e09 Ober die Constr. der lat. Zeitpartikeln, v. E. Hofflnann.
Liv. XXII, 1, 2: Gallig quoB praedae populationumque
eoneit>erat spes^ posCquam pro eo, ut ipsi ex alieno agro
raperent agerentque^ stuts terra» sedem belli esse premtfue
utriusque partis exereituum hibernts viderenty üer-
terunt retro in Bannibalem ab Romanis odia.
Vitruv. II, 9, 16: Postquam flamma circa illam ma-
ieriam vir gas eomprehendisset^ ad coelum sublata
effecit opinionem uli videreiur iam tota moles concidisse.
Valer. Max. V, 7, ext. 2: postquam filium in comu
seribae humiliorem fortuna sua locum obtinentem con"
spexisset ^ non sustinutt infra se collocatum intueri^^.
Tac. An. XU, 54: Sane praebuerant Judaei speciem
motus orta seditione p o stquam cognita caede
eins (jCaligulae) haud obtemperatum esset ^ manebal
metus ne quis principum eadem imperitaret ^^),
In allen diesen Stellen werden nicht coordinierle Ereignisse
oder Zustände in Bezug auf ihr Eintreten verglichen, vielmehr
wird ein Hauptereigniss in Zeitbeziehung gesetzt zu vorbereiten-
den, untergeordneten und darum nicht coordinierbaren theils früher
liegenden, theils gleichzeitigen Umständen.
Beachtenswertb ist insbesondere eine Stelle des Livius, in
der postquam zugleich mit Perf. Indic. und Imperf« Conj.
verbunden ist, IV, 18, 10: Quae postquam sunt audita
et undique primores patrum et prioris anni consules in
er eparent y quod eas largitiones coetusque plebis in pri-
vata domo passi essent fieri^ et novos consules, quod ex-
spectassenty donec a praefecto annonae tanta res ad sena-
tum deferretury quae consulem non auctorem solum deside-
rar et, sed et iam vindicem: tum Quinctius consules inme-
Germanorumgue. — 50, 4: Cwiar postquam equitatu ante
praemisso inscHss insidianim cum ad eum locum venisset,
abditi sive obliti praeceptorum Labieni, Site veriti cett. Dazu
bemerkt Nipperdey p. 17: ^his duobus locis mihi quidem veri-
similius videtur scriptorem prioris particulae oblitum alteram
superaddidisse^, — mau konnte jedoch auch vcrmulben, dass
cum ebenso wie in der oben besprochenen Stelle des CicerO; p.
Deiot. 13, 36 als Glosse zu postquam mit dem Conjunctiv in den
Texl gekommen und somit zu streichen sei.
*') conspexisset für die Vulgata conspexit, hat Kempf aus den
Handschriften hergestellt.
**) Die Mehrzahl der Herausgeber nimmt eine Lücke nach seditione
an; Haase setzt dieselbe nach postquam und ergänzt (nach Hist.
v, 9) postquam [a C. Ctesare iussi erant efflgiem eins in
templo locare; et quamquam] coffnita caede e. q, s. Doch die
Worte postquam cognita caede eius haud obtemperatutn esset
scheinen im richtigen Verbände zu sein ; die Anknüpfung durch
quamquam — gewählt von Haase, um durch das Homoioteleuton
den Ausfall der Worte nach postquam zu motivieren — ist jeden-
IaIIs mmder entsprechend als die darch postquam.
Ober die Constr. der lat. Zeitpartikeln, v. E, Ba/finann. 4108
rito increpart ait e, q. 8. *•). Die ihrer Aufeinanderfolge nach
verglichenen Hauptpuncte der fortschreitenten Erzählung sind mit
Recht coordinierl gegeben : postquam sunt audita — ait^ «auf
diese Kunde (nämlich von den Plänen des Spurius Mälius)
— erklärt der Consul, er werde einen Dictator ernennen ;'' ein
untergeordneter, und wenn man will, die Rede des Consuls zu-
gleich motivierender Umstand, der nicht in die coordinierten Mo-
mente der Erzählung hineingehört, ist das inzwischen einge-
tretene ^increpare^j in dessen Zeit das ,atV fallt.
Den ganz gleichen Fall bei ubi finden wir bei dem Auetor
b. Afr. 78, 4: Quod ubi coeptum est fieri et equis eon-
citatin Juliani impetum fecissenty Pacidiu$ muos equt'Ces
exporrigere eoepit e. q. s.
Bekannt ist der Conjunctiv bei ubi in der Stelle des Tacitus,
An. n, 40 : Celso et Paulino abnuentibus mitttem itinere fessum
sarcinia gravem obieetare hoeti , Titianue et Proeulue^ ti 6 1'
consiliis vineerentur^ ad ius imperfi transibant ^^).
**) So die Leseart der mafsgebenden Handschriften. Aischefski suchte
den Anstoss zu beheben, indem er statt ,el undique increpareni,'
,cum undique increparent schrieb, ein Auskunflsmiltel, das hof-
* fentUch nach der hier gegebenen Darstellung nicht mehr nöthig
erscheinen wird. Die seltsame Erklärung Madvig's zu Gic. d. fin.
p. 249, dass man aus poüquam ein .quomf^ für increparefU heraus-
zudenken habe, bat wol noch nirgends Glauben gefunden. Ebenso
wenig kann die von M. Haupt (N. Rh. Mus. 1846, IV, S. 150)
empfohlene und von Weissenborn in den Text aufgenommene Lese-
art einer jungen und sonst auch unbedeutenden Handschrift, des
Harlei. 2. (aus dem J. 1464, wie die Unterschrift zeigt, s. Draken-
borch, Stuttgart. Ausg. XV, 1, p. 614), Beifall finden. Nach Tilgung
des et vor undique soll increparent in den Infinitivus histo-
ricus increpare verwandelt und so Hauptsatz werden; mit
,tum Qutnetfus . . . att^ aber soll ein neuer Satz beginnen. Lieber
mit Aischefski cum einschieben, als so den sacbgemäfsen Fortschritt
der Erzählung zerreifsen, ein untergeordnetes Moment in die Reihe
der Facta aufnehmen, und das ^ait seiner temporalen Bedingung be-
rauben. So muss auch der letzte Herausgeber des Livius, M. Hertz,
geurtheilt haben, da er wieder zu der Lesart der mafsgebenden
Handschriften zurückkehrte. — Das anstössige, das die gleichzeitige
Verbindung derselben Partikel mit verschiedenen Modis etwa hat, kann
nicht so hoch angeschlagen werden, wenn wir ganz denselben Fall
mit ubi bei dem Auetor des bell. Afr. (s. oben) finden, und wenn
selbst Cicero, wie wir später sehen werden, dasselbe bei cum thut.
'*> Bötticher im Lexic. Tacit. p. 109 betrachtet als gleichartig dieser
Stelle An. III, 26: Vetuetisiimi mortalium nulla adhuc mala
libidine, eine probro sceiere, eoque sine poena out coercitioni-
aus agebant, Neque praemiis opus erat, cum honesta suopte
ingenio peterentur, et ubi nihil contra morem cuper ent,
nihil per metum vetabantur. Hier ist aber ubi ^hi nicht Zeit-
partikel in dem in Rede stehenden Sinne, vielmehr ist es einfaches
correlatives Adverb zu einem zu ergänzenden ibi-. Der Conjunctiv
aber ist gewählt, um die Sache als Annabme des Schriftstellers,
als seine Vermuthung, nicht als etwas factisohes erscheinen zu lassen.
41*
604 Ober die Constr. der lat. Zeitpariikeln , y. E. HoffinanH.
Auch Livius scheint ubi &o construiert zu haben, da we-
nigstens für die nachfolgenden Stellen sich als Grund des Con-
junctivs nicht jene Verallgemeinerung und Ungewissheit des Ein-
tretens eines Antecedens denken lässt, die sonst in Fällen der
Wiederholung diesen Modus veranlasst hat*^). XXI, 42, 8: ut
euiugque sors exciderat^ alacer inter gratulantes gaudio
exultans cum sui moris tripudio arma capiebat, ubi vero
dimicarenty ia habitun animorum erat e. q. a. Ebd.
46, 6: dein^ quia turbabant equo» pedilea intermixti^ mul"
ii$ labeniibus ex equU aut deaHienlibuM ubi auoa premi
circumventos vidisseni, tarn magna ex parte ad pedes
pugna venerat cett, — I, 32, 18: id ubi dixiaaet (/2f-
tialia% haatam in finea eorum emittebat. In allen diesen Stellen
ist mit ubi ein untergeordnetes Zeitmoment gegeben; der Ge-
danke an eine Ungewissheit des Eintretens, liegt dem Sinn der
Stellen durchaus fern, und würde wol auch Niemandem ge-
kommen sein, falls cum statt ubi gesetzt wäre.
Ein Fall, wo ut oder aimul mit einem solchen Conjuncliv
construiert wären, ist mir nicht bekannt
Solche Conjunclive nun bei poatquam und ubi aus
der etwaigen begründenden Natur der betreffenden Sätze erklären
zu wollen, muss als durchaus ungerechtfertigt erscheinen, theils weil
es unbegreiflich wäre, warum dann der Conjuncliv des Imperfects
und Plusquamperfects nur so selten bei diesen Partikeln in der
historischen Erzählung angewendet ist^ da doch fast die Mehrzahl
der Stellen von der Art sein dürfte, dass man leicht durch ähn-
liche Interpretationen, wie manche Grammatiker sie für die Er-
klärung der zahllosen Stellen des et/ m temporale mit dem Con-
junctiv der relativen Zeiten des Präteritums geglaubt haben an-
wenden zu müssen, irgend einen Causalnexus zwischen dem mit
poatquam^ ubi gegebenen Antecedens und dem Hauptereignisse
*V Liv. V, 25, 2: nulla rea alia maniöua temperare plebem coge-
bat, quam quodubi rixae committendae causa ctamor ortua
eaaet, principea aenatua primi turbae ofTerentes aepeti feriri-
que atque occidi iubebant. Vgl. ebd. III, 65, 8. VIII, 8, 9. 12.
XXI, 36, 4. XXII, 2, 7. 38, 3. XXIII, 19, 13. XXVI, 1 1, 3. 25, 7. XXVIII,
26, 6. XXXI, 43, 2. XXXII, 17, 13. XXXV, 28, ^ XLII, 65, 8. Vel-
leius braucht in demselben Satze ubi und aimul mit solchen
CoDJunctiven : II, 88, 2: C, Maecenaa,,,, vir ubi rea vigitiam
exigerei, aane exaomnia, pravidena atque agendi aciena,
aimul tero aliquid ex negotio remitti poaset, otio acmol-
litiia paene ultra feminam fluena. Vgl. ebd. II, 29, 2: civia in
ioga, niai ubi tereretur, ne quem haberet parem , mode-
atiaaimua. — hei Tacitus s. An. II, 2. III, 21. XV. 44. 68. HisL
I, 49. 79. II, 63. 88. III, 33. Einmal nach ut, Hist. II, 27: Co-
, hortea Batat>orum auperbe agebant, ut cuiuaque legionia ten-
toria acceaaiaaent , coercitoa a ae quartadecimanoa cett. iac-
tantea, — Florus, II, 2, 10: Duilliua Imperator, per vitam
omnem, ubi a cena rediret, praelucerc funalia et prae^
cinere aibi ttbtaa iuaait.
über die Goiistr. der lat. Zeitpartikcin, v. £. HoffHumn, 605
auffinden könnte ^"), und weil man ferner auch erwarten müsste,
dass in Fällen, wo po$tquam und ubi mit dem Präsens
oder Perfect etwas in der Gegenwart des sprechenden eintreten-
des, oder als Resultat eines früher eingetretenen vorliegendes
und nun fortwirkendes in Beziehung auf eine dadurch motivierte
Handlung setzen, dass in solchen Fällen nicht minder der Con-
j u n c t i V jener Zeiten wäre angewendet worden *^).
*'; um nur einige derartige Stellen anzuführen: Cic. ad div. IH, 7, 6:
PoMtea vero, quam ita et cepi ei getsi maxima imperia,
ut mihi nihil neque ad honorem neque ad gloriam acquiren-
dum jmtarem, superiorem quidem nunquam, sed parem voöis
(Appiity Leniuiis) me sperari esse facium. (Man könnte hier
nicht nur das vieldeutige cum causale, sondern selbst quoniam
substituieren). — in Yerr. IV, 19, 12: posiea vero quam in'
tellexerunt isti virum fortem, quem summe provincia eX'
spectaöai, Q. Arrium non succedere, staiuenmi nihil se tarn
clausum neque tarn reconditum posse hadere e, q. s. — Ebd.
29, 66: uöi videt eum nihilo mngis minis quam precihus
removeri, repente hominem de provincia iubet decedere. Vgl.
ebd. 20, 44. 66, 148. — Bei Sallust vgl. insbesondere die Stellen
miiposiquamvidei — iniellegii: Cat. 21, 5. 40,3. 67,5.
60, 7. Jug. 6, 2. 15, 5. 20, 1. 53, 3. 61. 1. 76, 6. 79, 7. 86, 1.
Ebenso ubi videt — intellegit Jug. 2.3, 9. 51, 3. 52, 3.
53, 1. 54, 5. 56, 1. 64, 1. 69, 1 u. 0. Vgl. weiter Jug. 69, 4: Tur-
pilius . . ., iussus a Metello causam dicere , postquam sese
parum expurgat, condemnatus verberatusque e. q. s. — •
70, 5: Is postquam magnitudine facinoris perculsus ad
tempus non venit metusque rem impediebat, Bomilcar
.... anxius litteras ad eum mittit, 71, 5: postquam id
frustra fuit, 80, 1: postquam nihil satis flrmum contra
Metellum putat. Vgl. 84, 1. 5. 92, i u. a. — 11, 9: Quae
ubi tardiusprocedunt, neque lenitur animus ferox, sta"
tuit cett. 27, 3: Sed Ubi senatus delicti conscientia populum
timet, lege Sempronia provinciae futuris consulibus Mmidta
atque Italia decretae. ~ Liv. VI, 10, ii: postquam obtineri
non poterat, tarnen labefactandae legis Treboniae causa
efTectum est cett. — VI, 10,4: deinde postquam deditionis
quam societatis fides sanctior erat ... , ductus ad moenia
exercitus. Ebd. ii, d: postquam inter patres non quantum
aequum censebat excellere suas opes animadvertit , primum
omnium ex patribus popularis factus e. q. s. Vgl. VII, 40, 10.
XXII, 40. 8. XXIII, 17, 4. XXIV, 14, 2. XXXII, 23, 5. XXXV, 38, 13.
XXXVI, 18. 2. XXXVII, 23, 9. XL. 40, 9 u a. m.
^*) Es sind dies Fälle wie der bei Terenz Adel. prol. 1: Postquam
poeta sensit seripturam suam ab iniquis observari , , •, In-
dicio de se ipse erit, — wodurch Donat sich zu der Bemerkung
veranlasst fand: postquam pro quoniam, cuius reciprocum
quoniam pro postquam Plautus in Äulul. [prol. 9]: Quo-
niam is moritur, ita avido ingenio fUit [nunquam indicare
id fllio soluit suoj. Als solche Stellen, wo postquam begründenden
Sinn habe, citiert Hand Tursell. IV, p. 498, 2. Plaut. Cure. V,
3, 5 (postquam nihil fit, clamare hominem posco), Truc.
II, 3, 24 (postquam scio e, q. «.), Tac. An. I, 38: (postquam
intutae latebrae cett); wie er aber unter diese Stellen als
606 Ober die Constr. der lat Zeitpartikeln , v. E, ffeffimmm.
Es versteht sich natürlich, dass, wenn der Conjunctiv Ober-
haupt der Modus der subjectiven Aussage ist, er diese Natur
auch in den Fällen haben müsse, wo er bei postquam und
ubi eintritt; nur darum also kann es sich handeln, die Fälle
zu bestimmen, wo dem Lateiner die Form der objectiven Aus-
sage unstatthaft, die der subjectiven nothwendig erschien. Wenn
nun in den Fällen, wo Facta oder Zustände, gegenwärtige wie
vergangene, in der ihnen zukommenden selbständigen Zeitform
gegeben sind, sei es im Präsens oder Perfect, im Imperfect oder
imperfectischen Plusquamperfect , der Lateiner der Subjectivitat
keinen Raum gegönnt hat, wenn der Conjunctiv vielmehr nur bei
den relativen Zeiten des Präteritums eintritt, so müssen doch
wol eben die Fälle der relativen Zeitgebung, wo also verglichene
Ereignisse oder Zustände nicht mehr in ihrer objectiven Zeitform,
sondern in der durch das Urtheil des Sprechenden bedingten rela-
tiven^ der Zeit des Hauptsatzes untergeordneten Zeitform gegeben
sind, — eben diese Fälle müssen es doch wol sein, in welchen der
Lateiner auch den Modus der subjectiven Aussage für nothwendig
erachtete. Von welcher Ansicht er dabei geleitet wurde, was ihn be-
stimmte, da auch den Modus der subjectiven Aussage eintreten zu
lassen, wo er an Stelle der objectiven die subjective Zeitform an-
wandte, das kann für unseren Zweck zunächst indifferent sein, da
es uns nur auf die Feststellung des Gebrauches selbst ankommt
Als Resultat unserer Untersuchung können wir somit die
Regel aufstellen : ^^dass postquam, uhiy ut^ simul (ac) zunächst
nur geeignet sind, Ereignisse oder Zustände, welche in dieselbe
natürliche Zeit gehören, in der Form der Coordination unter
Bewahrung der ihnen an sich zukommenden Zeitgebung ihrer
Zeitlage nach zu vergleichen; dass jedoch postquam und
ubi auch untergeordnete, relativ gleichzeitige oder früher lie-
gende Umstände in Zeitbeziehung zu einem (historischen) Ereig-
nisse oder Zustande setzen können, in diesem Falle aber den Con-
junctiv der betreffenden relativen Zeit des Präteritums bedingen.'^
Dass für den Modus bei cum das vollkommen gleiche Ge-
setz gilt, soll der folgende Abschnitt zeigen.
Wien. E. Hoffmann.
gleicharlig auch die folgenden setzen konnte : Caes. b- G. I, 27, 3 :
eo posig. Caesar pervenit, obsides poposcit ; Liv. XXXI, 7, 6:
locus,.,, haud quaquam prospere , postquam ad effectum
operis ventum est, coeptis succedebat; endlich Tac. An. I, 68 :
Cermani postquam haesere munimentis, datur Signum legioni-
bus, — das ist schwer einzusehen. — Vgl. dagegen : Ter. Eun. 84
(ed. Fleckeis.): tremo äorreoque, postquam aspexi Aanc,
Cic. inVerr. V. 39, 103: quae omnia nunc intelligit sibi nihil
prodesse, posteaquam cerlis litteris , testibus auctoritati-
busque convincitur. — Liv. XXXI, 13, 4: postquam nee
ab Romanis vobis Ulla est spes, nee vestra tos iam aut
arma aut moenia satis defendunt, pacem adfero ad tos
magis necessariam quam aequam, — u. a. m.
Ober Interpretaüoo der Glassiker etc. , v. B. ßanU», Wf
Die Interpretation dergriechischen und römischen
Classiker an unseren Gymnasien.
Wenn der philologische Gymnasialunterricht nach der ge-
genwärtigen Einrichtung seinen Schwerpunct, namentlich für die
oberen Classen^ in einer wohlgewählten Lectüre der griechischen
und römischen Classiker hat, so ergibt sich daraus, dass die-
jenige Lehrthätigkeit, durch welche das eingehende und nach
der jedesmaligen Bildungsstufe der jugendlichen Leser vollstän-
dige Verständnis vermittelt wird, also die Interpretation der
Classiker, von entscheidendem Einflüsse auf das Gedeihen oder
das Mislingen des Unterrichtes ist. Eine Schullectüre , welche
sich einzig darauf beschränken wollte, dass die Schüler den auf-
gegebenen Abschnitt übersetzen, ohne dass etwas geschähe, um
das Verständnis da, wo es erforderlich ist, zu vermitteln,
dürfte sich gar nicht für einen Theil des Unterrichtes aus-
geben wollen; man könnte ja dann ebenso gut die Schriftsteller
den Schülern zur Privatlectüre überlassen und ihnen etwa zur
Controle für ihre Auffassung eine gute Übersetzung empfehlen.
Der guten Interpretation eines Classikers am Gymnasium ver-
dankt mancher den Anfang einer Liebe zu dem Schriftsteller,
in dessen Verständnis er sich wohl eingeführt fand; aber zahl-
reicher sind die Erfahrungen, dass unpassende und verkehrte Schul-
interpretation einen Unwillen hervorruft, der sich, wenn nicht auf
die Philologie überhaupt^ so doch mindestens auf den mishandel-
ten Schriftsteller überträgt und die Schulzeit weit überdauert,
ja in vielen Fällen unverlöschbar bleibt und allen Gegengrönden
trotzt. Schon die Häufigkeit dieser Erfahrung, in welcher ein
wesentlicher Grund der verbreiteten Stimmung gegen die Phi-
lologie zu suchen ist, kann beweisen, dass der Wichtigkeit der
Aufgabe der Interpretation die Schwierigkeit ihrer Ausführung
mindestens gleichkommt. Zu der gründlichen Kenntnis des Schrift-
werkes, um dessen Erklärung es sich handelt, zu der genauen
Bekanntschaft mit dem Bildungsstande der Schüler, ihrer Lei-
stungsfähigkeit, ihrer Auffassungsgabe, ihrer Bedürfnisse, zu dem
sicheren, die ganze Thätigkeit durchdringenden Bewusstsein von
der Aufgabe der Interpretation — Bedingungen, die schon an
sich in manchen Fällen nicht gering anzuschlagen sind, — muss
noch jene Kunst der Ausführung hinzutreten, die es ermögUcht,
dass der Schüler m'cht auf die Erklärung, sondern fortwährend
auf das Schriftwerk selbst hingelenkt und seine Vertiefung in
dasselbe wahrhaft gefördert wird* Das Bewusstsein von der
Wichtigkeit und der Schwierigkeit der Interpretationsaufgabe hat
in neuerer Zeit Männer von ebenso gründlichem Fachwissen als
freudiger Hingebung an den Lehrberuf ihr Nachdenken diesem
Gegenetande zuwende hissen; er hat in so eingehender und
008 Ober InterpretatioD der Glassiker etc., v. B. BonU%.
treffender Weise Erörterung nach seinen verschiedenen Seiten
gefunden, dass neues und iivahres darüber sich nicht viel mehr
dürfte hinzufugen lassen* Insoweit gedruckte Commentare ein
verallgemeinertes, der Beziehung auf die speciellen Bedürfnisse ge-
rade dieser Schüler entkleidetes Abbild der mündlichen Schul-
interpretation zu geben vermögen, zeigen die commentierten Schul-
ausgaben, welche seit einem Jahfzehend in rühmlichem WetfeifM'
verfasst werden und umfassende, dem Unterricht vielfach forder-
liche Verbreitung finden, schon dem flüchtigen Blicke einen we-
sentlichen Unterschied gegen solche, die ihnen um ein oder swei
Jahrzehente vorausgehen; die gröfsere wissenschaftliche Strenge,
welche für den Inhalt der ErUärung erfordert wird, ist ein&ch
das Ergebnis der gegenwärtigen Gestaltung der philologischen
Wissenschaft; aber die Auswahl dessen, was überhaupt eine Er-
läuterung erhält, das beschränkende Hab der Erklärung, endlidi
ihre Form legt bei den gelungensten Arbeiten auf diesem Ge-
biete Zeugnis dafür ab, dass sie aus bestimmtem, klarem Be-
wusstsein über die Aufgabe der Schulerklärung und aus beson-
nener Erwägung der Mittel zur Lösung dieser Aufgabe hervor-
gegangen sind* Die Programme der umfassenden Sammlungen
commentierter Schulausgaben haben den an sie zu stellenden
Forderungen ihren präcisen Ausdruck gegeben; in den Vorreden
zu einigen derselben, in Aufsätzen der didaktischen Zeitschriften
und in Schulprogrammen finden wir die, wenn auch in einzelnen
Nebenpuncten differierenden, doch im Wesentlichen übereinstim-
menden Erörterungen und Begründungen dazu; ich erinnere nur
an eine einzige dieser Abhandlungen, welche durch ein genaues
Eingehen in die verschiedenen Seiten der Frage sich ein wohl-
begründetes vorzügliches Ansehen erworben hat^ die vom Di-
rector G. T* A. K r ü g e r in den Programmen des Braunschwei-
ger Gymnasiums von den Jahren 1848 und 1849. — Wie die
Methode gedruckter Schulcommentare zu den Classikem in ge-
lungener wirklicher Ausführung sich vollständiger ausprägt als
in der genauesten theoretischen Abhandlung, so ist für die
mündliche Schulinterpretation das Vorbild eines Lehrers,
durch dessen Erklärung man in einen Schriftsteller wirklich ein-
geführt wurde und dauernde Neigung für ihn gewann, ein-
flussreicher und bildender, als selbst die besten Abhandlungen.
Darum verlieren diese jedoch ihren Werth nicht; sie können, na-
mentlich wo Jemand das Glück nicht hatte aus einem wirklichen
Vorbilde Belehrung zu schöpfen, das Nachdenken und die stete
Selbstprüfung auf die wesentlichsten Puncte lenken und so mittel-
bar einen günstigen Einfluss ausüben. Es genügt, an die Ab-
handlung eines jüngst verstorbenen Mannes zu erinnern , dessen
gründliche und sinnige Auffassung des classischen Allerthums in
seinen geachteten Schriften niedergelegt, dessen segensreiche Lehr-
thätigkeit in der dankbaren Erinnerung zahlreicher Schüler be-
Ober lolerprelaüon der Classiker etc. , v. B, BonÜt. 609
zeugt ist; die Abhandlang Nägelsbach 's aber die Schul-
interpretation der Classiker ') wird schwerlich einem philologi-
schen Lehrer unbekannt geblieben sein; die treffenden Weisun-
gen, die in jedem Satze dieser Abhandlung das klare Bewusstsein
über den Gegenstand und den reichen Schatz wohlverwertheter
Erfahrung bekunden, sollten von keinem philologischen Lehrer
unbeachtet gelassen werden, dem sein Lehrberuf Gewissens-
sache ist«
Wer möchte es wagen, nach einer solchen bei aller Kürze
doch in den wesentlichen Puncten vollständigen und erschöpfenden
Entwickelung, den Gegenstand sogleich von neuem zu behandeln 1
Dennoch kann eine didaktische Zeitschrift Anlass haben, ihn
wiederholt zur Sprache zu bringen, wenn auch in der Sache
selbst nichts neues hinzuzufügen sein sollte; die Rücksicht auf
besondere Mängel der Ausführung in demjenigen Kreise, dem die
Zeitschrift zunächst sich widmet, rechtfertigt es, dass eben diese
speciellen Puncte der Aufmerksamkeit der Leser wiederholt em-
pfohlen werden. Solche Erfahrungen sind es unverkennbar ge-
wesen, welche einen geschätzten Mitarbeiter dieser Zeitschrift,
Hrn. Schulrath Wilhelm, bestimmt haben, vor kurzem in meh-
reren Aufsätzen*) seine Überzeugungen über diesen Gegenstand
darzulegen, und möglichst durch Beispiele, gewiss mit Rücksicht
auf wirkliche Beobachtungen, zu erläutern. So unmittelbare Er-
fahrung über die wirklichen Vorgänge an unseren Gymnasien, wie
sie unverkennbar jenen Aufsätzen zu Grunde liegen, stehen mir nicht
zu Gebote. Die Interpretationsübungen in der griechischen Ab-
theilung des hiesigen philologischen Seminars, die schriftlichen
Arbeiten in der philologischen Lehramtsprüfung, selbst einzelne
gedruckte Abhandlungen in Schulprogrammen zeigen allerdings,
zu welcherlei Fehlern und Mängeln in der ganzen Weise der In-
terpretation vorwiegende Neigung vorhanden ist; doch entbehren
jene mündlichen Cbungen und diese schriftlichen Arbeiten eines
bei der Schulinterpretation wesentlich in Betracht kommenden
Momentes, nämlich der Beziehung auf das specielle Bedürfnis der
Schüler. Vertrauensvolle Mittheilungen jüngerer Lehrer über ihr
Verfahren beim Unterrichte und Anfragen über dessen Zweck-
mälsigkeit ergänzen zwar einigermafsen das aus jenen Prämissen
erschlossene Bild, bezeichnen aber doch bei vollster subjectiver
') Eocyclopaedie des gesammten Schul- und Cnierrichtswesons von
K. A. Schmid. Bd. 1, S. 800 ff., ein Abschnitt des vortrefflichen
Artikels »Glassische Schullecture» S. 797 ff.
') Aus dem Aufsatze: cOber die Behandlung der lateinischen und grie-
chischen Leetüre" S. 417 ff. gehört hieher insbesondere der erste
Abschnitt S. 417 — 421 ; mittelbar bezieht sich auf^ diesen Gegen-
stand auch ein früherer Aufsatz desselben Verf.'s : «Ober die Mitbe-
schäftigung der Schuler mit dem Gegenstande des Dnterrichtos*
8. 835—888.
6i0 Ober loterprctation der Glassiker etc., ▼. B. BaminL
Wabrheil immer mehr das beabsichtigte als die Wirklichkeit der
Ausführung. Durch die Voraussetzungen , zu denen diese man-
nigfachen Data führen, würde ich mich noch nicht bcstumat
sehen, den Gegenstand in diesem Organe zur Sprache zu bringei,
wäre nicht mein Mangel an unmittelbarster Erfahrung in dieses
Falle ersetzt durch eine Mitlheilung von entscheidender Stelle^ an
welcher sich die Beobachtungen aus dem weitesten Bereiche oon-
centrieren. Die Erklärung der lateinischen und griechischen Ol-
siker, so lautet ein Ergebnis dieser Beobachtungen, verliert sich
häufig, und zwar nicht am wenigsten bei jüngeren , um ihrer
Kenntnisse willen achtbaren Lehrern, von ihrer eigentlichen Aif-
gabe in grammatische Subtilitäten, die bei manchen mehr des
syntaktischen, bei andern dem etymologischen Gebiete angeköm.
Es würde mir von dem grölsten Werthe gewesen scia,
wenn es mir möglich gewesen wäre, statt dieses summarisch
charakterisierenden Tadels oder zu demselben die bestimmten di-
zelnen Fälle kennen zu lernen, die in ihm zusammengefasst siid,
also bei welchem Schriftsteller, in welcher Classe, welcheria
Art grammatischer Spitzfindigkeit es war, deren Eintreten aa die
Stelle der eigentlichen Erklärung den Tadel veranlasst hat; imd
diejenigen Männer, welche ihre Beobachtungen in jener swdmh
rischen Formel präcisiert haben , werden durch Hittheilong der
darin enthaltenen speciellen Facta der Sache einen Dienst leisten.
Nur eine solche Hittheilung des wirklichen Einzelnen würde
es möglich machen, in das Specielle des Gegenstandes einzogehea;
die Beschränkung auf den allgemeinen Ausdruck für eiae
Summe von Beobachtungen muss auch die Behandlung des CSegcn«
Standes auf seine allgemeinen Momente beschränken. Unter-
kennbar ist nun in jenem allgemeinen Ausdruck für die Beob-
achtungen ein zwiefacher Tadel über die Schulinterpretation aos^
sprechen. Erstens ist der grammatischen Erklärung ds
solcher, deren Verdienst doch in klarer Einfachheit liegen naas,
der Vorwurf der Subtilität gemacht. Es ist sehr wohl erklärlich,
wenn sich zu einem derartigen Vorwurfe Anlass findet. Bis
Sprachwissenschaft hat in der neueren Zeit die grofsartigalei
Fortschritte gemacht. Die Formen der einzelnen Sprachen habet
aufgehört, vereinzelte und in dieser Vereinzelung zufälUge That-
sachen zu sein, sondern sind durch die vergleichende Sprach-
forschung in den weitesten Zusammenhang mit den Formen ver-
wandter Sprachen gebracht, und für diesen Zusammenhang iuihI
bestimmte Gesetze theils aufgefunden, theils werden sie erforscht;
in einem Lande, in welchem viele charakteristisch unterschiedeof
und doch grofsentheils verwandte Sprachen in lebendiger Friscke
neben einander bestehen, hat das sprachvergleichende Studium
eine Anziehungskraft, wie kaum irgend wo anders. Anderweit«
hat auf den Zusammenhang des sprachlichen Ausdruckes mit da
psychologischen Gesetzen des Vorstellens und Denkena» eines
Ober Interpretation der Glassiker etc., v. B. BalUa. 61 i
Zusammenhang, der nie hat gänzlich verkamit oder übersehen
werden können, das Nachdenken von Forschern sich eindringen-
der und consequenter gerichtet Dass die wirklich gesicher-
ten Ergebnisse der Wissenschaft ihren mittelbaren Einfluss
auf die Gestaltung des Unterrichtes auszuüben haben, ist eine
vollkommen berechtigte Forderung; aber eine schwere Gefahr
erwächst dem Unterrichte, wenn eine noch nicht abgeklärte Auf-
fassung von manchem an sich noch unsicherem die Schule dazu
benützt, um das eigene Interesse mehr als die Bedürfnisse der
Schüler zu berücksichtigen. Dass derartige Fälle vorkommen, ist
aus bestimmten zu Tage getretenen Erscheinungen wahrscheinlich.
Gegen einen aus schätzbaren Studien und regem Eifer hervor-
gegangenen Versuch, den ersten Unterricht in der lateinischen
Formenlehre in linguistischer Weise auszuführen, hielt eine an-
erkannte Autorität auf diesem Gebiete sich verpflichtet, Ein-
sprache zu thun'); in einer erst voriges Jahr zum Schulge-
brauche zugelassenen Schulgrammatik für die untersten Classen *)
ist das Lehrpensum der neun- und zehnjährigen Anfanger im
Latein mit zahlreichen, übrigens zum Theil unsicheren und schiefen
Sätzen aus linguistischen Werken belastet, welche des Verfassers
Interesse für derlei Studien zeigen, aber dem Unterrichte, für den
sie bestimmt sind, um so mehr Gefahr bringen, je mehr bei uns an-
erkanntermaßen die gebrauchten Lehrbücher auf die Gestaltung des
Unterrichtes selbst Einfluss haben. Thatsachen dieser Art machen es
höchstwahrscheinlich, dass in dem etymologischen Theil unseres
philologischen Gymnasialunterrichtes gar manchmal in der besten Ab-
sicht eine Verstiegenheit vorkommen mag, die dem dauerhaften Er-
folge wesentlichen Eintrag thutund zu jenem Ausdrucke der gram-
matischen ^«SubtilitäV^ den Anlass gegeben haben kann ; und ähn-
liches mag sehr wohl in verfrühten und unklaren Versuchen ra-
tioneller Behandlung des syntaktischen Theiles vorkommen.
Dies erstere Moment in jenem allgemeinen Ausdrucke für
Erfahrungen bei dem philologischen Unterrichte an unseren Gym-
nasien beabsichtige ich jetzt nicht zum Gegenstande der Erör-
terung zu machen; Prof. Lange hat in dem Aufsatze, auf den
so eben Bezug genommen wurde, so bestimmt und überzeugend
darüber gehandelt, dass ich einfach darauf verweise. Vielmehr
möchte ich dem zweiten in jenen Beobachtungen enthaltenen
Momente , welches sich auf die Interpretation be-
zieht, die Aufmerksamkeit der Leser zuwenden. Wenn es heifst,
da^s die Interpretation sich von ihrer eigentlichen Aufgabe hin-
') Vgl. die eingehende Recension von Prof. L. Lange über A. Va-
nicek's lal. Schulgrammalik, in dieser Zeitschrift 1857, S.36 — 63,
129—152.
*) Vgl. die ReecnsioD von Prof. K. Reichel über die erste Auflage
von St. Wolfs lal. Elementargrammatik, in dieser Zeitschrift 1859^
S. 529—539, und zwar besonders S. 531—536.
612 Ober Inlerprckalion der CUMiker elc, y. B.
weg in grammatische Subtilitäten verliere, 80 ist darin logleid
ab Thatsache ausgesprochen, dass der grammalischen ErkUnug
ein gröberer Umfang gegeben sei, ab mit der wirklichen Aaf-
gabe der Interpretation vereinbar erscheint. Es kann dabei der
Verdacht gar nicht aufkommen, ab sollte durch diese Bemerfcong
einem leichtfertigen Errathen statt gründlich grammatischen Yer-
standnisses das Wort geredet werden ; wer das VeiBtindms der
gelesenen Schriftwerke auf einen anderen Boden gründen wollte,
ab auf die gewissenhafte Auffassung der Worte und ihres gram-
matbchen Verhältnisses, der würde den philologbchen Uoler-
richt an unseren Gymnasien statt zu einer strengen Zockt der
Gedanken, vielmehr zu einer wissenschaftlich und sittlich ver-
derbenden Schule des Leichtsinnes machen. Aber etwas ganz an-
deres und himmelweit verschiedenes bt es, die Grammatik so
weit, ab es die jedesmal vorliegende Stelle und der jedesmalige
Bildungszustand der Schüler erfordert, streng verwerlhen zu ge-
nauer Auffassung des Textes, und den vorliegenden Text an-
wenden zur Erörterung syntaktischer Regeln oder etymologiBcher
Worterklärungen. Dies letztere bt es offenbar, was ab chank-
teristbcher Fehler an der Schulinterpretation der griechbchea
und lateinischen Classiker bei manchen unserer Gymnasien beob-
achtet ist Man mag zur Entschuldigung eines soldien Ver-
fahrens immerhin mit einiger Wahrheit sagen, dass es doch
besser sei, auf Anlass der Leetüre Grammatik zu behandeln, ab,
was auch zuweilen vorkommen soll, auf diesen Anlass sich allen
möglichen, der Sprache und dem Inhalte des Gelesenen gMch
fremden Expectorationen hinzugeben. Aber das Gewicht eines
Fehlers wird dadurch nicht vermindert, dass es einen anderen
noch gröfseren und noch unverzeihlicheren gibt. Und daes jene
Umkehrung des Verhältnisses von Zweck und Mittel in der Er-
klärung ein Fehler ist, bedarf keines weiteren Bewebes; gewarnt
ist vor demselben bereib im Org. Entw. S. 111 — 118 und dam
in der Instruction des h. Unterrichbministeriums vom ii. Min
1854, Gymn. Zeibchr. 1854, S. 325 ff. und dem ihr beige-
fügten Gutachten, und dies in so unzweideutiger Weise, dacs ei
ein unnützes Unternehmen wäre, der Enbchiedenheit jener Wei-
sungen irgend etwas hinzufügen zu wollen. Zweckmabiger ist
es vielleicht, auf einige Bedingungen hinzuweisen, die noih-
wendig erfüllt sein müssen, wenn die Erklärung der griechisdei
und lateinbchen Classiker soll in gelungener Weise ausgefttit
werden können; der Inhalt der ausgesprochenen Beobachtungci
und die thatsächlichen Zustände unseres Studienwesens werdet
für die Auswahl dessen, was ich glaube hervorheben zu soUci,
leitende Gesichbpuncte sein.
Der beste Interpret eines Schriftwerkes bt dieses Schrift-
werk selbst in seinem ganzen Umfange. Es bt ein thörichlei
und unfehlbar mbUngendes Unternehmen, Abschnitte
Ober Interpretation der Classiker etc. , v. B, AmÜM, 613
Schririwerkes anderen erklaren, andere in das Verständnis der-
selben einrühren zu wollen, wenn man nicht selbst in 4ein gan-
zen Schriftwerke vollkommen einheimisch ist« Es sollte daher
der Fall nicht vorkommen, dass ein Lehrer die Erklärung eines
griechischen oder lateinischen Schriftstellers übernimmt oder zu-
getheilt erhalt, mit dem er sich nicht bereits durch wiederholte
Lectüre und durch eingehendes Studium vertraut gemacht hat.
Und wenn dennoch, wie dies bei der gegenwartigen Lage un-
seres Gymnasialwesens kaum zu vermeiden sein wird, der Fall
einer solchen an sich zu misbilligenden Zutheilung nicht selten
vorkommt, so hat es der Lehrer als seine Gewissenspflicht, als
die unerlasslichste Bedingung für den Erfolg seines Unterrichtes
zu betrachten, dass er, was vorher nicht geschehen war, im
Laufe seiner Lehrthätigkeit selbst ununterbrochen auf das um-
fangreichste nachhole. Die Erklärung einer Tragoedie des So-
phokles durch einen Lehrer, der kaum mit der eben zu lesen-
den Tragoedie vertraut ist, geschweige denn mit Sophokles über-
haupt, eine Erklärung des Homer von einem Lehrer, der nicht
Uias und Odyssee vollständig und wiederholt gelesen hat und in
ihnen so einheimisch ist, dass die wirklich erklärenden Remi-
niscenzen sich ihm von selbst darbieten — und so in allen an-
deren Fällen — ist für den Unterricht und für die Schüler ein
Unglück, das sich durch fleiüsige und geschickte Benützung der
besten für die Erklärung vorhandenen Hilfsmittel dem ober-
flächlichen Blicke verdecken, dessen nachtheilige Folgen aber sich
nicht beseitigen lassen. Wer anderen noch Unerfahrenen ein
Führer sein will, muss selbst in der Gegend, in die zu führen
er unternimmt, durch häufigen Besuch sich einheimisch gemacht
haben, sonst verscherzt er bald, von Schritt zu Schritt unsicher
und auf zufallig sich darbietenden Rath angewiesen, das Ver-
trauen zu seiner Führung. Auf der anderen Seite lässt sich die
Förderung, welche die Schullectüre eines Schriftstellers dadurch
erfahrt, dass der Lehrer in ihm vollkommen zu Hause ist, nicht
hoch genug anschlagen* Um Interesse an einem Gegenstande zu
wecken, gibt es kein wirksameres Mittel^ ja es gibt kaum irgend
ein anderes, als die Frische und Natürlichkeit des Interesses bei
dem, der uns in den Gegenstand einführt; für ein solches Ver-
ständnis eines Claissikers, das nicht blofs die Worte der fremden
Sprache wohl oder übel in die Muttersprache umzusetzen sich
genügen lässt, liegt — und darin eben besteht ein unersetzbarer
Vorzug des mündlichen Unterrichtes — das wirksamste Mittel
in dem lebendigen und eindringenden Verständnisse des Erklärers
selbst. Man mag lobende Worte über ein Schriftwerk oder eine
einzelne Stelle desselben nicht ausschliefsen, Erklärungen des Ge-
dankenganges und Gedankenzusammenhanges sind unzweifelhaft
öfters nöthig; aber jenes ausdrückliche Lob des Schriftwerkes
bringt bei den Zuhörern leicht die entgegengesetzte Wirkung
614 Ober Interpretation der Classiker etc., v. £r. BonU».
hervor^ und bei diesen Erklärungen will das Mafs auf das iact-
vollste eingehalten sein, wenn sie die Aufmerksamkeit fortwäh-
rend dem Schriflsteller zuführen , statt von ihm abziehen sollen.
Die eigene Vertrautheit mit dem Schriftwerke und das eigene ein-
dringende, selbstthätig gewonnene Verständnis sind die unerlässlichen
Bedingungen für ein Gelingen der Aufgabe der Erklärung, und sie
üben ungesucht und natürlich eine Wirkung, die sich durch kein
anderes Mittel erreichen lässt; denn eben weil jenes Verständnis
aus der Auffassung des organischen Ganzen hervorgegangen
ist, so wird es dieselbe auch vermitteln, es wird auf die Ele-
mente der Schönheit und Kraft hinweisen und zeigen, wie sie
anders in ihrer Vereinzelung und anders in ihrer Verbindung
wirken, wie hieraus sich gröfsere Partien entwickeln, und wel-
chen Werth die Elemente und Bestandtheile für das Ganze haben ;
es wird dahin drängen, dies nicht blofs zu lehren , sondern es
dem Genriüthe nahe zu legen, möge es sich um geschichtliche,
rednerische oder dichterische Darstellung handeln. — Es findet sich
leicht Gelegenheit genug, die Bedeutung zu beobachten, welche
die eigene Vertrautheit des Lehrers mit dem zu erklärenden Schrift-
steller für den Erfolg des Unterrichts hat Eine der kleineren De-
mosthenischen Staatsreden liest mit seinen Schulern hier ein Lehrer,
der selbst kaum mehr als eben diese Rede gelesen hat und aus
den trefflichen, dazu vorhandenen Hilfsmitteln sich von Stunde
zu Stunde auf das gewissenhafteste und genaueste vorbereitet^ es
liest dieselbe Rede mit seinen Schülern dort ein Lehrer, der mit
Lust und Freude die Demosthenischen Slaatsreden wiederholt
gelesen hat und mit ihnen vollkommen vertraut ist; setzen wir
dabei übrigens die gleiche allgemeine didaktische Geschicklichkeit
bei beiden Lehrern voraus. Es kann rocht wohl sein, dass in
Folge der sorgfältigen Einzelvorbereitung jener dasselbe oder fast
dasselbe zur Erklärung sagt, wie dieser, und doch ist der Er-
folg in dem letzteren Falle ein ganz anderer. Die eigene Vertie-
fung in den Schriftsteller gewährt eine Fülle der Einsicht , die
der beste Commentar nicht zu geben vermag, und befähigt nicht
nur das richtige sondern das treffende in jedem gegebenen Falle
zu sagen; der Eindruck des selbstgedachten, selbstempfundenen,
selbstdurchlebten lässt sich — man müsste denn den Unterricht zu
einer beständigen Ausübung der Schauspielerkunst machen — durch
mchts anderes ersetzen; Wärme und Klarheit lässt sich anderen nur
von dem eigenen Feuer und dem eigenen Lichte mittheilen. — Ich
weib sehr wohl, dass ich hiermit nur wiederhole, was bereits
tausendmal gesagt ist und wirksamer gesagt ist, als ich es hier
wiederholt habe; aber zwei Gründe bestimmen mich, dass ich
diese Wiederholung nicht scheue. Erstens, Mangel an Vertraut-
mit dem Schriftwerke und dem Schriftsteller, um dessen Er-
klärung es sich handelt, ist in vielen, vielleicht in den meisten
Fällen die Ursache » aus welcher der eben speciel bezeichnete
Ober Interpretation der Classiker etc., v. B, Btmii», 615
Fehler der SchulerklaruDg hervorgeht. Es soll eben nicht blofs
übersetzt, es soll auch etwas erklärt werden ; da bieten sich, durch
Unterstützung von Lexikon und Grammatik, die einzelnen Wör-
ter und Constructionen als der nächste Gegenstand dar, und diesem
blolsen Zerpflücken und Zerbröckeln tritt da keine Scheu hin-
dernd und beschränkend entgegen, wo nicht die Vertrautheit mit
dem Schriftsteller und das Interesse für ihn die ganze Thätigkeit
der Interpretation durchdringt. — Zweitens, dass nicht selten
die Erklärung von Schriftstellern an Lehrer übergeben und von
diesen übernommen wird, die in denselben nicht einheimisch sind
und auch während der Schullectüre selbst diesen Mangel nicht
ersetzen, ist eine Thatsache, die ich sicher weifs und auf deren
Tragweite ich daher mit dem ganzen Nachdrucke, den die Wich-
tigkeit der Sache erfordert, hinzuweisen mich berechtigt glaube.
Viele unserer philologischen Gymnasiallehrer stehen beim Beginn
ihrer Lehrthäligkeit erst in der Mitte derjenigen Studien, welche
sie für den Unterricht unerlässlich bedürfen. Das viel mis-
brauchte Sprichwort Docendo discimus erfahrt dann, und dies
ganz vorzugsweise bei der Interpretation der Classiker, eine An-
wendung, die vielmehr im Interesse der Lehrenden als des Un-
terrichtes und der Schüler liegt.
Zu diesem ersten auf das zu erklärende Object selbst be*
züglichen Momente füge ich ein zweites hinzu, das speciel auf
die Thätigkeit des Lehrers den Schülern gegenüber sich be-
zieht: Kenntnis des Bildungsstandes und der Leistungsfähigkeit
der Schüler und Aufrichtigkeit auf Grund dieser Kenntnis. Frei-
lich ist auch dies ein Erfordernis, das sich von selbst versteht,
ja in seinem letzteren Theile enthält es eine so allgemeine sitt-
liche Forderung, dass schon der Gedanke an die Möglichkeit einer
Vernachlässigung verletzend erscheinen könnte. Die eigenthum-
lichen Verhältnisse unserer Gymnasien geben aber dieser For-
derung eine Bedeutung, welche ihre Hervorhebung erklären und
zugleich zeigen wird, dass sie nicht überall leicht zu erfüllen ist.
Die Gymnasien des österreichischen Staates haben, wie ein gleiches
Lehrziel, so im wesentlichen eine gleiche Einrichtung; aberfdie
wirklichen Leistungen der verschiedenen Gymnasien sind zur Zeit
noch sehr verschieden; Schüler, Lehrer, Mischung der Sprachen,
mannigfache andere Verhältnisse tragen das ihrige dazu bei, diese
erhebliche Verschiedenheit selbst über ein Jahrzchend hinaus nach
dem Beginne der Reformen zu erhalten. «Die im Entwürfe vor-
liegenden Einrichtungen werden an vielen Lehranstalten sich rasch
verwirklichen lassen, für andere werden sie aber nur das Ziel
bezeichnen, dem man allmählich, vielleicht durch eine längere
Reihe von Jahren^ sioh zu nähern haben wird,^^ diese Worte aus
dem Eingange des Org. Entw. haben noch jetzt, nach mehr ab
zehn Jahren, ihre volle Wahrheit; von einem Durchschnitte, einem
Mittehnafse der Leistungen zu reden, das sich fiberall an unseren
616 Ober Interpretation der Glassiker etc., ▼. H. Bonita.
Gymnasien erreicht fände, würde auch jetzt noch übereilt und nii-
gerecht sein. Nimmt man nun hinzu, dass Versetzanrai voa
Lehrern an andere Gymnasien aus nahe liegenden Gründoi ftr-
hältnismafsig häufig vorkommen, so begreift sich, dass jene genaue
Kenntnis der Bildungsstufe und der Leistungsfähigkeit der Sdiohr,
ohne welche sich kein Unterricht mit Erfolg geben, und ohK
welche namentlich die Erklärung von Schrinstellem zwecfaBibig
auszuführen unmöglich ist^ um vieles schwieriger zu erradm
ist, als dies bei vollkommen normalen Verhältnissen der Fall tm
würde. — Hiedurch erhält auch der zweite Theil der aiis|M|Nno-
ebenen Forderung: Aufrichtigkeit auf Grund der wirklichen KBUtBis
der Schüler, seine specielle Bedeutung. Nehmen wir an, die Er-
klärung des Sophokles wird dazu verwendet, um bei jeden Vor-
kommen eines bedingenden oder eines finalen Satzes oder eiaer
indirecten Rede u. ä. m. die betreffenden syntaktischen Begeh
in Erinnerung zu bringen oder gar ausdrücklich m erläutern, oder
die Leetüre einer Rede des Demosthenes wird ab Gelegenheit
benützt, die Kenntnis der Formenlehre bei den Schalem m er*
ganzen oder sicher zu stellen — und Fälle dieser Art koanM
allerdings vor — , so ist hiedurch gewiss eine der estrentlai
Mishandlungen bezeichnet, welche ein Schriftsteller durch die
Interpretation erfahren kann; wer so interpretiert, der veriierl
sich zwar nicht in grammatische «Subtilitäten^, aber er ver-
wandelt einfach die Erklärung des Schriftstellers in eine gran-
matische Lection, für welche der Schriftsteller, der zufällig n
Grunde gelegt wird, der vollkommen gleichgiltige Anlaas ist.
Nun ist aber allerdings in manchen der angedeuteten Fälle fär
die Schüler, mit denen man den Demosthenes oder den Sopbokki
liest, die Behandlung jener grammatischen Partien das onerlitf*
liebste, wenn sie in ihren griechischen Kenntnissen nicht dMr
bodenlosen Unsicherheit sollen preisgegeben werden. Fälle diesff
Art sind es eben, in denen ich die volle Aufrichtigkeit gegeattcr
dem Bildungstande der Schüler als Pflicht der Schule benichM;
ich erwähne sie in dem gegenwärtigen Zusammenhange dcdialhi
weil ein Hisverhältnis zwischen der Aufgabe der Lectfire la'
den wirklichen Kenntnissen der Schüler, abgesehen von den soft-
stigen grofsen Gefahren, die es mit sich bringt, auch natürlick
dahin führt, dass die Grammatik aufhört Voraasaetxnng ni
Mittel der Erklärung zu sein, und zu ihrem ausschließlichen Zweck
und Inhalt wird. Für Schüler, welche eine solche Umkehnaf
der Interprelationsaufgabe rechtfertigen und bedürfen, gehört ckci
die Leetüre des Demosthenes und des Sophokles nicht; man sol
dann so aiifrichtig sein, den Demosthenes und vollends den So-
phokles bei Seite zu legen, und eine Xenophonchrestomathie
und sich freuen, wenn man es vermag, die Schüler noch
dies im Homer einheimisch zu machen. Das Unrecht
Mangels an Aufrichtigkeit fällt zuweilen den Lehrern selbst
Ober Interpretation der Classiker etc., ▼. H, BanÜM. 617
Last, welche die fraglichen Schriftsteller lesen; in anderen Fällen
findet die Hinweisung der Lehrer auf die Nothwendigkeit, in der
Lecture um eine oder zwei Stufen herabzusteigen, bei den un-
mittelbar oder mittelbar Vorgesetzten einen schwer zu beseitigen-
den Widerstand; man mag eben nicht eine geringere Leistungs-
fähigkeit der Schule thatsächlich eingestehen^ und begünstigt einen
Schein, der nicht nur den eben vorhandenen Schulern verderb-
lich ist, sondern auch dazu beiträgt das Cbel zu befestigen* Der
Nimbus, den man der Schule durch solche Scheinlectüre zu ge-
ben vermeint, erhält sich nicht bis zum Übertritte der Schüler
an die Universität; es kommt oft genug vor, dass von Gymna-
sien, die aufrichtig genug waren sich auf Xenophon und Homer
zu beschränken, Schüler mit besseren Kenntnissen zur Universität
kommen, als andere mit gleich günstigen Maturitätszeugnissen
von Gymnasien, welche den gesammten durch die gegenwärtige
Einrichtung als Ziel, nicht als unerlässliche Bedingung vor-
gezeichneten Umfang der Leetüre erschöpft haben. — Möchte
dieser Umstand die Beachtung finden, die er verdient; so lange
die Bedingungen, unter denen eine bestimmte Lectüre überhaupt
erst zulässig ist, nicht von allen Seiten die gewissenhafteste, un-
befangene und einsichtige Erwägung finden, so lange ist es un-
nütz, über die Behandlung der Lectüre^ über das Wie der Er-*
klärung sich ernstlich zu ereifern.
Neben den beiden bisher besprochenen Momenten, welche in
unmittelbarer Beziehung zu dem Gegenstande unserer Erörterung
stehen, möge noch ein drittes kurz berührt werden, das mittel-
bar in Betracht kommt. Es ist anerkanntermaßen ein an unseren
Gymnasien noch häufig vorkommender Brauch, eine Unterrichts-
stunde, und so auch eine der Interpretation eines Classikers ge-
widmete Stunde, in der Weise anzuwenden, dass vier, fünf, sechs
Schüler «geprüft» werden; ihnen ist während der ganzen Stunde
die Thätigkeit des Lehrers so ausschließlich gewidmet, dass man
sehr idealen Phantasien huldigen muss, wenn man das ruhige Sitzen
der übrigen Schüler für Aufmerksamkeit auf den Gegenstand an-
sieht. Auf das Unrecht dieses Vorganges hat vor kurzem (Hft. IV,
V. S. a35 fl".) Hr. Schulrath Wilhelm mit jener Bestimmtheil hin-
gewiesen, zu welcher die häufige Beobachtung derThatsache den
umsichtigen Freund der Jugend treiben muss; ich hatte es daher
nicht für nöthig, über den Gegenstand im allgemeinen noch ein
Wort hinzuzufügen, sondern nur auf die nachlheiligen Polgen
hinzuweisen, welche speciel bei der Interpretation der Classiker
diese Sitte nothwendig hat. Freilich liegt in der Beschränkung
der Thätigkeit des Lehrers auf einige wenige Schüler nicht noth-
wendig die Versuchung, die Aufgabe der Erklärung in die einer
grammatischen Lection umzuwandeln; aber die Folge ist von
einem solchen Verfahren nicht wohl zu trennen, dass ein zusam-
menhängendes Interesse für den Schrift&teUex odL«t d^iu^ €t^^xv ^^^^
%»lt99hri{t e. «f. BtUrr. Ojmna*. 1860. VlU. H«ft.
618 Über Interpretation der Glassiker etc. , v. B. BmUi%.
lesene Schriftwerk gar nicht aufkommt, der Erklärung also An-
fang und Ziel ganzlich fehlt. Wie sollte denn auch in aolchea
Falle bei den Schülern durch den Unterricht ein Interesse f&r
das gelesene Schriftwerk aufkommen — wenngleich glücklielier*
weise manchmal trotz der Fehler des Unterridites der onyer-
wüstliche Werth des Gelesenen diese Theibiahme erweckt — , leigl
ja doch der Lehrer durch die That nicht ein Interesse für öm
Gegenstand und für seine Auffassung durch alle Schüler, sondern
nur das Bestreben, die häusliche Praparation von ein paar SiM-
lem zu controlieren , eine allerdings unerlassliche Aufgabe, die
man aber viel richtiger und in Wahrheit nur dann erfüllt, weoa
man sie nicht zur alleinigen macht und noch weniger als solche
erscheinen lässt. Darf man sich dann wundern, dass auch die
Schüler im ganzen nur das Interesse haben, wenn sie «geprifl*
werden, sich eine «gute Classe'^ zu verschaffen, der Gegen-
stand selbst aber ihnen fremd und fem bleibt. Man kann sick
von der Wahrheit dieser Folgerung leicht überzeugen. Man köre
Gynmasialschüler kurz nach Beendigung ihrer Lectionen mit einuH
der von dem Unterrichte sprechen; sie haben über geschichtlichen,
geographischen, naturgeschichtlichen, mathematischen, physikali-
schen u. a. Unterricht zu erzählen, was darin vorkam, ob ei
schwer oder leicht, interessant oder langweilig war; überlater*
pretationsstunden beschränken sich in der Mehrzahl der Fälle
ihre Hittheilungen darauf, ob sie selbst geprüft wurden oder
nicht, ob sie mit guter Classe durchkamen, ob andere durch-
fielen u. a. m. — Durch das bezeichnete Verfahren lässt sich
allerdings, bei gehöriger Strenge und Vorsicht von Seiten des
Lehrers, Pleils für die Schulzeit erreichen; aber die Aufgabe der
Lectüre der Glassiker und ihrer Erklärung ist verfehlt, denn ei
ist für den Gegenstand selbst kein Interesse geweckt, das
über die Grenzen der Schule hinausreicht.
Genug und vielleicht schon zu viel über Dinge^ die bereits
oft gesagt wurden und die allgemein bekannt sind oder es doch
sein sollten; auch würde eine weitere Ausfuhrung des Einzelnen
unnütz sein. Meine Absicht war nur, den Mangel in der Schul-
interpretation der Glassiker, der in zahlreichen Fällen beobachtet
ist, auf einige seiner hauptsächlichsten Ursachen zurückzuführen;
diese hängen wieder mit thatsächlichen Zuständen unseres Stndien-
wesens so eng und so nothwendig zusammen, dass selbst die
eingehendste theoretische Darlegung daran keine sofortige er-
hebliche Änderung würde hervorbringen können. Wenn die in
dem obigen bezeichneten Momente wirklich als Ursachen des ge-
tadelten Mangels anerkannt werden, und wenn sich in einem oder
dem anderen Falle der Blick gewissenhafter Selbstprüfung den-
selben zuwendet, so ist alles erreicht, was durch eine Erörte-
rung dieser Art erreichbar ist So wenig ich übrigens daran
denke, dass eine Nachweisnng wirklicher Ursachen, gesetzt auch
Ober Interpretation der Classiker etc. , ▼. H. BonUz. 619
sie habe überall das richtige getroffen, auf deren Beseitigung
sofort einen erheblichen Binfloss gewinne, ebenso weit bin ich
von dem Gedanken entfernt, dass im obigen auch nur die
Haaptmomente vollständig bezeichnet seien, welche für eine
wahrhaft bildende Schuterklärung derClassiker in Betracht
kommen, vielmehr bin ich mir sehr wohl bewusst, indem ich
zunächst nur auf das am unmittelbarsten Nothwendige hin-
wies, eine andere wesentliche Seite des Gegenstandes noch gar
nicht berührt zu haben. Es sei mir gestattet, dies noch in mög-
lichster Kürze anzudeuten.
Setzen wir bei verschiedenen Lehrern die volle Vertraut-
heit mit dem zu erklärenden Schriftwerke, die strengste Rück-
sicht auf die Bildungsstufe der Schüler, ferner die gleiche di-
daktische Geschicklichkeit voraus: unter all diesen Bedingungen
wird sich die Erklärung des einen von der, welche der andere
über denselben Schriftsteller denselben Schülern gibt, in ihrem
ganzen Charakter und Geiste wesentlich unterscheiden. Denn
jede Brkärung ist ja nur der Ausfluss derjenigen Auffassung,
welche, der Erklärer selbst von dem fraglichen Schriftwerke ge-
wonnen hat; sie ist nur der Versuch, zu dieser Auffassung
hinzuführen, insoweit es die Fähigkeil derer gestattet, denen die
Erklärung gegeben wird. Und dass in der Auffassung der Li-
teraturwerke, bei aller Strenge und Gründlichkeit des Studiums,
die grölsten Unterschiede des Grades und der Art stattfinden,
ist eine Thatsache, an die es genügt durch ein einziges Beispiel
zu erinnern. Die Homerischen Gedichte können für den einen
das älteste Denkmal der griechischen Sprache sein, in welchem
die Grundlage für die späteren Entwickelungen in Formen und
Fügungen und die schon innerhalb jener Gedichte selbst erkenn-
baren Unterschiede aufzufinden die Forschung nie ermüden wird ;
dieselben Gedichte können sich dem andern als ein Moment in
dem gesammten geistigen Leben der Hellenen darstellen und in
bestimmte Beziehung zu den übrigen Entwickelungen desselben
in Literatur, Kunst und Sittlichkeit, in bestimmtes Verhältnis zu
den Gestaltungen des Epos bei anderen Völkern treten. Aehn-
liches gilt von allen Werken der Literatur; die Unterschiede der
Auffassnng sind um so bedeutender, je höher in ihrer eigenen
Bedeutung diejenigen Werke stehen, um die es sich handelt.
So wenig nun eine Schulerkläning der Classiker zu der einen
oder der anderen der beispielsweise bezeichneten Auffassungen un-
mittelbar hinzuführen unternehmen kann, so macht es doch schon
für die Schulerklärung einen wesentlichen Unterschied, welcher-
lei Auffassung in dem Geiste des Erklärers ihr selbst zu Grunde
liegt. Niemand kann in dem angeführten Beispiele der Homeri-
schen Gedichte die wissenschaftliche Berechtigung der ersteren
Auffassung und die unerlässliche Nothwendigkeit ihrer vollstän-
digsten DurchfQhning verkennen; aber diese AnSwMsaw^ uw^ «c^^
620 Ober Interpretation der Glassiker etc. , v. H, B0HU9.
von ihr getragene Erklärung reicht in diesem Falle . — und das
Entsprechende überträgt sich leicht auf das ganze philologisch^
Gebiet — nicht aus, um die Stelle zu rechtfertigen, welche in
den Gymnasialstudien dem philologischen Unterrichte zugewiesen
ist« Die Berechtigung des philologischen Unterrichtes zu dem
Umfange und der Bedeutung, die er in der Gesammtheil der
Gymnasialstudien einnimmt, beruht wesentlich darauf, dass er in
eine Literatur einfährt, welche durch ihre eigene Hustergiltig-
keit an sich und durch ihr Verhältnis zu den Literaturen der
modernen Culturvölker einen bedeutenden bildenden Einfluss aus-
üben kann; der bildende Einfluss aber, den dieser Unterricht
wirklich ausübt, ist dadurch bedingt, dass in dem Lehrer
selbst philologisches Wissen und Können zu einem Momente
classischer Bildung geworden sei. Auch ohne weitere be-
griffliche Entwickelung des hier angedeuteten Unterschiedes wird
das Gewicht dieser Forderung anerkannt werden; und der Ein-
fluss, den ihre Erfüllung auf den Erfolg des philologischen Un-
terrichtes hat, namentlich auf denjenigen Theil desselben, der nur
als die reifste Frucht der gesammtcn classischen Bildung gedeiht^
nämlich die Erklärung der Literaturwerke. Und dass in dieser
Hinsicht der gegenwartige Stand unseres Studienwesens noch
weit von dem zu erstrebenden Ziele entfernt ist, das kann sich
niemand verbergen, der dies Ziel fest im Auge behält und vor
den Thatsachen die Augen nicht verschliefsen will. Auch liegt
ein guter Theil der Ursachen dieses Mangels offen vor Augen.
Man vergleiche die Vertretung der Philologie an unseren Univer-
sitäten mit der an den deutschen Universitäten; gegenüber der
auch an den kleinsten deutschen Hochschuten vorhandenen mehr-
seitigen Vertretung dieses Gebietes ist die an den meisten Uni-
versitäten Österreichs eben nur als nothdürftig zu bezeichnen —
zu grofsem Nachtheile der Universitätslehrer, an welche die man-
nigfachsten Forderungen gestellt werden, und der Studierenden
der Universität, die sich in den meisten Fällen auf einen oder
zwei Lehrer angewiesen sehen. Auf die nachtheilige Einwirkung,
welche anderseits die Hast der Studien ausübt, wurde schon
vorher hingewiesen. Von einem grofsen Theile unserer Gym-
nasien eben nur mit nothdürftigen und kärglichen philologischen
Kenntnissen zur Universität gelangend, haben die meisten Stu-
dierenden der Philologie alle Ausdauer und Energie aufzubieten,
um den nothwendigsten Umfang wirklicher Kenntnisse sich zu
sicherem Eigenthum zu machen, c^e Aufgabe, die in den meisten
Fällen noch dadurch unberechenbar erschwert wird, dass die
Sorge für die Mittel der Existenz der Sorge für geistige Bil-
dung vorausgehen muss. Wenn unter diesen Umständen eine
freudige, zum Beginne selbstthätiger Forschung fortschreitende
Vertiefung in die classische Literatur, ein Erweitern des geisti-
gen Blickes durch eingehendes Interesse für Kunst und für Ge-
Ober Interpretation der Classiker etc., v. U, ßtmiit. . 621
schiebte, eine Sicherung der aesthetischen AuOassung durch Studium
der Nationalliteratur eines modernen Culturvolkes nur ein selte-
ner Fall ist, so darf man sich darüber nicht wundern, sondern
hat allen Grund in vollstem Mause das anzuerkennen, was unter
so ungünstigen Umständen solider Fleilis und strenge Ausdauer,
gar manchmal mit dem Opfer der frischen Jugendkraft, dennoch
wirklich erreicht. Die Zeit der Amtsführung kann nur in sehr
wenigen durch die Umstände besonders begünstigten Fällen er-
hebliches dazu beitragen, die Bildung zur Reife zu bringen, zu
welcher die Universitätszeit eben nur die Keime zu legen ver-
mochte; der nur für die ersten Jahre ausreichende Gehalt zwingt
für den weiteren Verlauf noch nach anderen Erwerbsquellen um-
zublicken; die Gymnasialbibliotheken bieten fast nirgends die li-
terarischen Mittel dar, welche der philologische Lehrer für den
Unterricht, geschweige denn für seine eigene weitere Bildung und
Arbeiten auf seinem Gebiete bedarf; und selbst die Hoffnung,
durch Vorzüglichkeit der Leistungen im Wissen und im Unter-
richte von diesem Übel der literarischen Isolierung sich zu be-
freien und sich den Zugang zu Orten mit umfassenderen litera-
rischen Hilfsmitteln lu eröffnen, findet sich, was nun auch im
einzelnen Falle die erklärende oder zwingende Ursache sein mag,
nicht selten getäuscht.
In den Beobachtungen über Mängel der Schulinterpretation
der Classiker zeigte sich mittelbar eine Klage über die unvoll-
ständige philologische Bildung der Gymnasiallehrer enthalten. Aus
den wenigen so eben ausgesprochenen Bemerkungen — ich habe da-
bei absichtlich auf jede Annäherung an Vollständigkeit ver-
zichtet und mich auf solche Puncte beschränkt, die offen und
unbestreitbar vorliegen — schon aus diesen Bemerkungen wird
hervorgehen, durch wie zahlreiche Fäden der beklagte Mangel
mit den mannigfachsten thatsächlichen Zuständen zusammenhängt.
Meine Worte werden keinem Misverständnisse ausgesetzt sein.
Ich will Mängel nicht rechtfertigen dadurch, dass viele ihrer
Ursachen klar vorliegen; ich will ihre Beseitigung oder Minde-
rung nicht aufschieben dadurch, dass ich auf ihren Zusammen-
hang mit sehr zahlreichen, nur allmählich zu hebenden Ursachen
hinweise; nur davor will ich warnen, dass man etwa hoffe, es
sei durch irgend welche Vorschriften oder irgend welche einzelne
Ma®eln dem Übelstande abzuhelfen. Abgeholfen wird ihnen
nur durch alles, was das philologische Studium im weitesten
Umfange auf den Gymnasien und den Universitäten positiv för-
dert, oder Hindernisse desselben hinwegräumt. Von wie mannig-
fachen Seiten zusammengewirkt werden muss, wenn dieser Zweck
erreicht werden soll, ist aus der bisherigen Darlegung schon zu
ersehen; es wird kaum nöthig sein, dass ich an einige der Haupt-
puncte noch ausdrücklich erinnere.
Es wurde früher erwähnt, dass Mangelhaftigkeit der philo-
628 . Ober Interpretation der Glaesiker etc., v. B. Sanii^
logischen Vorbiidung, welche Stadierende von den Gymnasien
zur Universität bringen, die Aufgabe, welche der Universiiit ob-
liegt^ erschwere und bedeutend herabdrücke. Dieses Übel wird
sich allmählich mit der Ausbreitung eines besseren philologischen
Unterrichtes an den Gymnasien mindern; aber es wäre ein Irr-
thum, wenn man den Gesammterfolg des philologischen Unter-
richtes ansschlielslich von den für Latein und Griechisch be-
stimmten Lectionen erwartete, es wäre ein Unrecht, wenn man, den
Blick nur hierauf gerichtet , den Beitrag übersähe , den andere
Unterrichtsgegenstände dem philologischen Unterrichte zu geben
vermögen und geben sollen* Der Unterricht in der Mutter-
sprache, und neben dieser, wo sie davon verschieden ist, der
in der deutschen Sprache, nehmen in dieser Hinsicht eine beson-
ders vrichtige Stelle ein. Wer nicht an der Muttersprache den
Sinn für Correctheit und Schönheit der sprachlichen Form ent-
wickelt hat, wer nicht an der Literatur der Muttersprache dazu
gelangt ist, Kunstwerke als ein Ganzes aufzufassen: wie soll
dieser das eine oder das andere da erreichen, wo die fremde
Sprache imd der Unterschied der Anschauungsweise bei jedem
Schritte Schwierigkeiten entgegenstellt? Für den Gymnasial-
unterricht im Deutschen .ist der durch die gegenwärtige Einrich-
tung eingeschlagene Weg : wirkliche Beschäftigung mit der clas-
sischen Nationalliteratur und Übungen der Schüler in eigener
Darstellung der Gedanken, aber nicht Theorien wie Stilistik, Rhe-
torik, Poetik zur Grundlage und zum Inhalte des Unlerichtes
zu machen, allmählich gegenüber dem anfanglichen Widerstände
als der einzig richtige anerkannt. Dass aber die wirkliche Aus-
führung beider Seiten dieses Unterrichtes noch häufig hinter
mäfsigen Erwartungen zurückbleibt, ist wiederholt in Aufsätzen
dieser Zeitschrift zur Sprache gebracht und liegt jedem Univer-
sitätslehrer, der mündliche Übungen der Studierenden leitet und
schriftliche deutsche Aufsätze corrigiert, in evidenten Erfahrun-
gen vor. Die Fähigkeit, das selbstgedachte in correcter Sprache
und klarem Zusammenhange mündlich oder schriftlich darzulegen,
hat bei vielen in die Universität eintretenden Studierenden —
ich meine solchen, deren Muttersprache die deutsche ist — bei
weitem die Höhe nicht, welche für ein gutes Gymnasium erreich-
bar ist und von ihm wirklich erreicht wird. Blicken wir in die
Programme der Gymnasien, so bemerken wir, dass gar manch-
mal der deutsche Unterricht, auch in den so wichtigen oberen
Classen, Männern aufgetragen ist, die von ihren Studien auf die-
sem Gebiete keine Beweise gegeben haben und es wahrscheinlich
als eine drückende Last empfinden, sich selbst in diesem Unter-
richte nicht zu genügen. Ich erwähne dies speciel von der
deutschen Sprache, weil nur bei ihr die mangelhaften Ergebnisse
des Gymnasialunterrichtes mir in bestimmten Erfahrungen ent-
gegentreten; dass im allgemeinen der Unterricht in anderen Lan-
Qb«r Interpretation der Classiker eto. , v. H. BtmUz. CM
desfiprachen nicht in höherem Mafte, als der deutsche, auf eine
wahrhaft dem Zwecke entsprechende bildende Weise «rtheilt wird,
kann ich nur aus manchen Umstanden combinieren. Es kommt
auch hierbei vor, dass Lehrern, die eine Landessprache, z. B. eine
shivische Sprache, eben nur von ihrer Kindheit her sprechen,
auch nothdürftig schreiben können, der Unterricht darin selbst
gegen ihren Wunsch zugetheilt wird. Mögen specielle Umstände
diese und die vorher bezeichneten Fehler in der Vertheilung des
Unterrichtes an die Lehrkräfte entschuldigen oder sogar voll-
ständig erklaren : der nachtheilige Erfolg bleibt doch derselbe ;
es fehlt dann der unersetzliche Beitrag , den ein zweckmäfsiger
Unterricht in der Muttersprache, vornehmlich wenn diese eine
reiche, mannigfach gebildete Literatur besitzt, der Entwickelung
des philologischen Interesses gewähren und dadurch den philo-
logischen Studien auf der Universität vorarbeiten kann. Möge
niemand glauben, diese Bemerkungen über den Zusammenhang
verschiedener Unterrichtsgegenstande seien nur Ergebnisse einer
Theorie und doctrinären Hypothese; es liegt erfahrungsmäfsig
vor, dass jener Mangel im Gymnasialunterrichte, wo derselbe
nicht eine gebildete Literatur der Muttersprache zum Gegenstande
eindringenden Interesses ffir die Schuler gemacht hat, das
philologische Studium auf der Universität empfindlich hemmt,
und dass anderseits eine günstige Wirkung des Gymnasiums in
der bezeichneten Sichtung den Sinn für sprachliche Form, das
Bestreben, auch in den chissischen Werken der alten Literatur
durch genaues Verständnis des Einzelnen zur Auffassung des
Ganzen zu gelangen, schon geweckt entgegenbringt. Inwiefern
Übungen im Vortrage von classischen Mustern der alten und neuen
Literatur, welche auiser den Schulstunden unter der Leitung von
Lehrern veranstaltet werden, die humanistische Aufgabe der Gym-
nasialbildung zu fördern vermögen, und wie sie eingerichtet sein
müssten um ihren vollen Nutzen zu bringen, dies ist eine Fragfe,
der eine weitere^) specielle Erörterung von Seite hiezu voll-
kommen berufener Männer zu wünschen wäre. Wir halten die-
selben, namentlich von dem Gesichtspuncte aus, den wir hier ver^
folgen, für erspriesslich , vorausgesetzt, dass sie recht geleitet
werden, und durch Erfüllung der zu ihrer Einrichtung unerläss-
lichen Bedingungen zur Entfaltung eines fruchtbringenden Einflusses
gedeihen. Dieser Binfiufs der Gymnasialunterrichtszeit wird auf
den Betrieb der Universitätstudien sicher nicht ohne heilsame
Ruckwirkung bleiben.
*) Auf die Wichtigkeit dieser Frage ist bereits vor längerer Zeit in
dieser Zeitschrift hingewiesen auf Anlafs der lehrreichen Schrift
von R. V. Raum er «Der Unterricht im Deutschen' (1. Aufl. 1852,
3. Aufl. 1857), Jahrg. 1852, S. 816—823; denselben Gegenstand
bat neuerdings (Jahrg. 1859, S. 187 ff.) unser geschätzter Mitar-
beiter Prof. K. R)Biehel eingehend behandelt.
€24 Ober Interpretation der Glasaiker etc. , ▼. H. BaMm.
Eine reifere aus dem Gymnasium mitgebrachte Bildung
wird die von der Universität dargebotenen Mittel amfaMender
und mit glücklicherem Erfolge zu benützen vermögen. Dtnit
dies aber wirklich geschehe, ist einerseits erforderlich , dass' die
Universitäten eine reichere und vielseitigere Vertretung darbieten,
als dies bisher grofsentheils der Fall ist^ und zwar die Univer-
sitäten überhaupt; denn es würde ein Unglück sein, wenn nur
ein paar Hittelpuncte begünstigt und die übrigen Hochschulen
in dürftigem Zustande belassen würden. Anderseits ist Studieren-
den der Philologie zu ermögUchen, dass sie, ohne unter ängst-
lichen Sorgen zu erlahmen, die wirklich erforderliche Zeit doi
Studien widmen. Wie grofses in dieser Beziehung die Liberali-
tät der höchsten Unterrichtsbehörde fortwährend zur Mäfsiguog
des Übels thut, dafür kann nicht lebhaft genug gedankt werden;
die Unterstützungen, welche dieselbe aus öflfentlichen Mittebi reich-
lich gewährt, werden sich als ein gut angelegtes Capital um m
bestimmter erweisen, wenn sie erstens vornehmlich in den Fallen
gewährt werden, wo Vorzüglichkeit des Talentes und des FleiCses
bereits zu guten Leistungen geführt hat und die gewährte Unter-
stützung einer Verlängerung der Studienzeit dient, und wenn
zweitens die so gewonnenen tüchtigen Kräfte auch wirklich so-
dann eine entsprechende Verwendung finden.
Soll endUch in der Amtsführung nicht ein versumpfender
Schlendrian, sondern ein wirkliches Fortschreiten auf Grund wei-
terer Studien und wohl benutzter Erfahrungen eintreten, so ver-
dienen, abgesehen von der Nothwendigkeit, den Druck der äufseren
Sorgen zu ermäfsigen, zwei Puncte besondere Beachtung* Es
muss ermöglicht werden, dass die Gymnasiallehrer in ihrer Gym-
nasialbibliothek eine ausreichende Unterstützung für ihre fortschrei-
tenden philologischen Studien finden, und es ist dringend wün-
schenswerth, dass Bemerkungen des Directors, welche die noch
mangelnde Erfahrung angehender Lehrer zu ergänzen die Aufgabe
haben , nicht blois in der amtlichen Stellung des Directors ihre
Autorität suchen, sondern in dessen eigener wissenschaftlicher und
didaktischer Auszeichnung, insbesondere, was wohl zu beachten ist,
auf humanis tis&h e m Gebiete sie wirklich besitzen. Was den er-
steren Punct anbetrifft, so ist es leicht, über das Hindernis, welches
die thatsächlichen Zustände den philologischen Studien der Lehrer
während ihrer Amtsführung entgegenstellen, eine genaue Vorstel-
lung zu gewinnen. Man vergleiche den philologischen Thcil vie-
ler Gymnasiatbibtiotheken — aber nicht nach der statistischen
Zahl der Bände und Hefte, sondern nach der bestimmten Einzel-
angabe der Werke selbst — , mit der Buchersammlung, welche
mancher Studierende der Philologie sich als den unentbehrlichsten
Bedarf aus dem Erwerbe durch Privatstunden während seiner
Studienzeit zusammenbringt. Eine solche Vergleichung wird den
Contrast zwischen den woblbegründeten Forderungen an den Gym-
Ober Interpretation der Glassiker elo., v. i7. Boniit, 6S5
nasialunterricht und den dazu vorhandenen . Bedingungen unwi-
derleglich aufzeigen. Bei dem zweiten Puncte aber möge die
Andeutung genügen , dass die Neugeelaltung des Unterrichts an
Hittelschulen keinem Director gestattet, die ihm übertragene Aufr
gäbe zu lösen, wenn die wissenschaftliche Begabung mit seinen
sonstigen persönlichen Vorzügen nicht Hand in Hand g^ht. Es idt
nicht zu verkennen, dass, wenn es sich um Besetzungen solcher
Posten handelt, Rücksichten auf die Örtlichkeit, nicht allzu un-
reifes Lebensalter oder sonstige Verhältnisse eintreten können,
welche die Wahl erschweren. Allein da hier eine wunde Stelle
des Unterrichtet berührt wird , so darf eines der wesentlichen
Mittel zur Heilung derselben nicht mit Stillschweigen übergangen
werden. Es ist meine begründete Überzeugung, dass der rechte
Einfluss auf das Verfahren der jüngeren Lehrkräfte beim Unter-
richte wesentlich von dem Vertrauen abhängt, das sie in die
wissenschaftliche Einsicht des Leiters der Anstalt, setzen; wo
dieses fehlt, wird im besten Falle nur unfruchtbare legale Nach-
giebigkeit sich erzielen lassen. Übrigens dürften die angedeuteten
Schwierigkeiten jetzt nicht mehr so bedeutend sein, als sie in
früheren Jahren gewesen sein mochten.
Die im obigen berührten Momente, sämmtlich bestimmten
Erfahrungen entlehnt und einer praktischen Berücksichtigung
fähig, scheinen mir am dringendsten stete Beachtung zu erfor-
dern, wenn das philologische Studium gefördert und dadurch die
am philologischen Gymnasialunterrichte beobachteten Mängel all-
mählich gemindert werden sollen. Die Beseitigung derselben ist nur
von einem ununterbrochenen consequenten Einwirken zu hoffen;
am wenigsten würde es nützen, den Mangel, dessen Beobachtung
den Anlass zu diesen Bemerkungen gegeben hat, durch specielle
Vorschriflen bekämpfen, das heifst das Symptom statt des Übels
heilen zu wollen. Bei einem Studium, dessen Pflege bei uns erst
seit der jüngsten Zeit erneuert ist, wolle man nicht die Früchte,
welche am langsamsten und schwierigsten reifen, schon in der
Zeit der Aussaat erwarten; man darf sie überhaupt nicht er-
warten, wenn nicht alle die mannigfachen dazu erforderlichen
Bedingungen sich allmählich günstig gestalten.
Wien. H. Bonitz.
«M Zur VerstaodigUDg » v. A. WUkelm.
Zur Verständigung.
Etwas rasch haben auf meine im 6. Hefte der Gymnasial-
Zeitschrift 8. 428 ff. und 488 ffl veröffentlichten Ansichten über
commentierte Classikerausgaben und Behandlung der griechischen
Grammatik in den oberen Classen des Gymnasiums, zwei Herren
im 7. Hefte S. 505 und 515 ff. ihre Gegenansichten entwickelL
Ich habe weder die Absicht noch die Zeit, sofort darauf
XU erwidern, was sich erwidern Usst; und ob ich überhaupt an
dem Streite, wenn er fortgeführt werden sollte, weiter Iheil-
nehmen werde, wird nicht nur von dem Gehalte der Gegen-
äulserungen, sondern auch von der Haltung derselben abhan-
gen. Nicht darum handelt es sich, wer recht hat, sondern was
recht ist.
Die gegenwärtigen Zeilen hat mir der Aufsatz des Hm. Prof.
Dr. SchenU abgenötUgt. Derselbe sagt 8. 518 mit Bezug auf
die von mir 8. 488 angedeutete Unzulänglichkeit des Lesebuches
für die 4. Classe zur Behandlung der Syntax am Obergymnasium,
er habe dies auch bei Abfassung seines Baches nicht im gering-
sten beabsichtigt. Zu dieser Entschuldigung gibt mein Aufsatz
nirgends eine Veranlassung. Ich habe nicht gesagt: ^«Das Lese-
buch von Dr. K. Sch.^, sondern : {<Da8 Lesebuch für die 4. Classe'^,
das heilst dasjenige Lesebuch , welches an diesem oder jenem
Gymnasium, das man sich denken will, för die 4. Classe ge-
braucht wird.
Hr. Dr. Seh. sagt femer S. 514: ich hätte gegen einen Satz
in der Vorrede zu seinem Obungsbuche polemisiert Gegen den
angeführten, seit je häufig misverstandenen und besonders seit zehn
Jahren vielfach vernommenen Satz gibt es nichts zu polemisieren;
er ist bis zu einer gewissen Grenze wahr, und auf diese Grenze
habe ich hingewiesen. Dass aber der Satz und seine allzuweite
Ausdehnung viel älter ist als die Vorrede zu dem Übungsbuche
des Hrn. Dr. Seh., kann aus der Stelle S. 482 ersehen werden.
Ich habe eine allgemeine Frage in den allgemeinsten An-
deutungen bebandelt, und wenn ich auch von Büchern im allge-
meinen sprechen musste, so steht es jedem Leser frei , dabei an
dieses oder jenes bestimmte Buch zu denken, weiter nichts.
Hr. Dr. Seh. spricht endlich mehreres über die Nothwen-
digkeit schriftlicher Übungen, und sagt S. 512, ich hätte in
meinem ^<ganzen Aufsatze über die vom Gesetze angeordneten
schriftlichen Übungen nicht gesprochen.'' Ich habe von den schrift-
lichen Übungen S. 485 und 487 genug gesprochen, um dem
Misverständnisse zu begegnen, als hielte ich dieselben nicht für
nothwendig.
Krakau. A. Wilhelm.
Zweite Abtheilung.
Literarische Anzeigen.
Pindar 8 Siegesgesanf^e. Deutsch in den Versmaben der Urschrift
von J. J. G. Donner. 8. (VIII u. 341 S.) Leipxig und Heidelberg,
C. F. Winter. 1860. - 1 Thlr. 15 Ngr.
Minder vollständig als die Thierseh'sche und Mommsen'sche, auch
die Fragmente umfassende Obersetsung Pindar's zeichnet sich die neue
des um manches classische Kunstwerk hochverdienten Übersetzers durch
maffi volle, nirgends gezwungene Sprache und fast durchweg richtige
Auffassung des Originals aus. Wenn man die grofsen Schwierigkeiten be-
denkt, die sich der Übertragung von Kunstformen aus dem Griechischen
in's Deutsche überhaupt entgegenstellen, die bei Pindar insbesondere das
gröfstmöglichste Mals erreicht haben durften, so kann man dem Ober-
setzer den ZoU einer gerechten Anerkennung und Bewunderung nicht
versagen. Nirgend findet man jene verzweifelten Sprünge um das hoch
sich erhebende Original zu erreichen, welche den ungeübten Übersetzer
so sicher bekunden; es flieüst alles in ruhiger Strömung, keine Ver-
renkung des Sprachbaues verrith Mühe des Nachringens.
Die Frage , ob man Kunstformen der Griechen in derselben Form
wiederzugeben habe, oder ob eine andere Form, oder endlich gar keine
Form das vorzuziehende wäre, ist yielleicht im allgemeinen gar nicht
zu entscheidea Sicher ist, dass mit der Form des Kunstwerkes auch das
Kunstwerk selbst verändert wird, und dass, wenn man die Form aufgibt,
auch das Kunstwerk aufgegeben ist. Das sicherste ist also jedesfalls
Beibehaltung der Form. Anders gestaltet sich freilich die Sache, wenn
die Frage gestellt wird: ob, was im Griechischen Form ist, es auch im
Deutschen ist oder sein kann, d. h. ob, da die Form immer etwas zu-
gleich geistig und sinnlich aufzufassendes ist, bei Übertragung eines
bestimmten Gebildes aus dem Griechischen in's Deutsche die Auffassung
auch gleich bei der Hand ist. Erst mit der Lösung dieser Aufgabe, das
Metrum nicht nur wiederzugeben, sondern in einer Weise, welche un-
mittelbare Auffassung desselben ermöglicht, ist die änfserste Grenze des
628 Pindar, übersetzt v. J. J. C. Dmmerj ang. v. i. Ludwig.
wünschenswerthen erreicht, ein Resultat, das freilich auch wieder von
dem Grade der Fasslichkeit abhängt, die die verschiedenen griechischen
Metra für uns haben. Auch hierin hat die Donner'sche Übersetzung an-
erkennenswerthes geleistet.
Einige einzelne Bemerkungen mögen noch folgen, theils gegen die
Obersetzung, theils sonst gelegentlich sich uns aufdrängendes.
1 Ol. V. 81 folgt der Obersetzer der Lesart ^evrara x^sioy, was
gewiss nicht zu billigen ist, noch viel weniger aber, dass er es mit^Schluss
des Mahles* übersetzt. Es ist klar, dass weder dies noch die andere
Auffassung von dtvtttxu HQBmv passt Es kommt in beiden Fällen etwas
der Stelle fremdes hinein, das auch nicht deutlich gemacht werden kann.
Dagegen steht dsvfLata in unmittelbarer Beziehung zu dem kurz- voi-
hergehenden vdatog nvQi ^ioiaav a^Ltp ixfiav. — V. 83 ifiol fino^a^
'fem sei's von mir', Warum nicht: 'fern ist's von mir?' — V. 131.
o ykiyag dl %Cvdvvog avuX%iv ov qxora laitßdvei, 'grofscr That Gefahi
begeistert nie den Schwachen, das müsste wol sein avalniog ov
ipmtog XaiißavBtai, Es kann hier nur sein : recipU,
4 Ol. V. 11. 'Typhons stürmische Bürde', so wird Inog allerdings
gegeben, wir glauben nicht ganz entsprechend. Man vergleiche In-vig
Ofen, tn-vri^ Baumhacker, In-iSy ein bohrender Wurm. Es herrscht
überall der Begriff des Bohrens vor; txzBO&ai und Inovad'at, die man
mit 'pressen, drücken übersetzt, widersprechen keineswegs; sie lassen
sich alle als quälen auffassen, gerade so wie zeigm von der Wurzel uq
'bohren' abgeleitet 'quälen' heifst. Von 'bohren' zu 'drücken' ist der
fibergang leicht. Inog wurden wir mit 'Schornstein' übersetzen, an-
schließend an Invog, Ofen. Dass die Griechen Schornsteine kannten,
weifs jedermann, wenn nicht anderswoher, so doch aus den Wespen. —
V. 16. xQOvioitcetov q>ttog Bvqvad'Bvimv agstäv 'das unendlich dauernde
Licht' ist ganz unrichtig aufgefasst; es ist vielmehr: 'das endlich (spät)
erschienene'. — V. 37 — 42. Während der tJbersetzer sonst die Reden An-
derer in Anfuhrungszeichen schliefet, ist dies hier nicht geschehen. Der-
selbe lässt also die Streitfrage unentschieden; aber im ganzen ist doch
das wahrscheinlichere, dass die letzten drei Verse nicht zur Rede des
Erginos gehören, sondern Reflexion Pindar's sind. Wundern muss man
sich über die durchweg herrschende Beziehung von ioi%6ta als Acc. sing.
zu x^ovov. Nimmt man dies an, so entsteht eine Tautologie, denn was
in nuqii top iXtniag loixora xQOvov liegt, ist bereits in vioig iv av-
d^utti enthalten; aber abgesehen davon, würde die Steigerung bei iden-
tischen xal na^a t, a, etc. nicht passend sein. Wir fassen hi%6xa als
neutr. plur. und als verallgemeinernden Zusatz zu noXial: 'Es zeigen
sich auch bei jungen Männern oft graue Haare und überhaupt Erschei-
nungen, die mit der Altersstufe im Widerspruche stehen*. naqU ist zu
iotnotu das negative Element.
6 Ol. V. 11. 'Den Göttern sechs Doppelaltäre geweiht'; 'geweiht'
ist nicht richtige Cbersetzung von ifi^a^sv.
Pindar, übenetst v. J, J. C. Donner, ang. t. i. Ludmig. €99
6 Ol. V. 14. auMvvot iffstai sind nicht *der gefahrlos winkende
Ruhm', sondern *die in Gefahren nicht erprobte Tüchtigkeit' — V. 47.
iv Sq(f, Weder Mommsen^ noch Thiersch, noch der Verf. der voidie-
genden Übersetzung übersetzen richtig mit: *zur Stunde' oder * schleu-
nig'. Der Hinweis in der Schneidewin-Dissen'schen Ausgabe Pindar's
auf Herod. I, 31 musste auf das richtige zu führen hinreichen, wenn
überhaupt der Sinn zu verkennen möglich war, nämlich auf *zur rech-
ten Zeit (noch)'. — V. 103. 'Mit völkerbeglückendem Ruhme' gibt das
Griechische sehr unvollkommen wieder. Tifia ist hier dem Homerischen
yi^aq gleichbedeutend, und statt Xaoxqitpov wird man wol doch schrei-
ben müssen Xa6%qotpüin *ein vom Volk zu bestreitendes Ehrenamt'. Fast
komisch klingt in der Schn.-D.'schen Ausgabe die Warnung zu der
Stelle: eave vero ex schoi. cum qutbusdam ßaatXiniiv aqxriv eredoi
poHuiatanL — V. 123. Ganz dem Original fem: * jeder glänzt durch
eigne That'. — Nicht minder falsch V. 171 *Heil bringt es fürwahr in
stürmischer Nacht, wenn an dem schnell hineilenden Schiff zwei Anker
haften' ; ayad'al dh nilovt^ iv %H\tBql(f w%xl ^oäg i% vaos inecnif^^M
dv* Sy%v(fai. awoaninntBU^at steht hier vom Hinabfahren des Ankers
auf den Meeresgrund; denn nur, wenn derselbe am Grunde der See
haftet, gewährt er Heil dem Schiff; wieviel am Schiff hängen ist
gleichgiltig.
8 Ol. v. 18. Zrivl yiviJ^XC^^ unrichtig: Zeus, dem erzeugenden
Gotte. — Ebenso v. 28 'das Verwickelte, das vielfältig schwankt,
Ott yaQ noXv xal noXXa (i%H, statt: 'was nach vielen Seiten Beziehungen
hat'. — Zu den unbegreiflichen Dingen gehört die bisherige Auffassung
von 60—61 ^a itoXBfiov iUL%av xs naaap x^9^9 i^avitoip. Durchweg
bezieht man a^avdtmv auf x^9^9 anstatt auf 7e6Xe(i,op [laxctv ts, im Sinn
'Streit und Kampf mit Angriff auf die Götter'. Thiersoh lässt den Sinn
dadurch unklar, dass er den genet. obiect mit dem genet. übersetz^
was unzulässig ist. Der Zusammenhang lässt über die Richtigkeit unserer
Constrüction keinen Zweifel. — Ganz unzulässig und feherhaft ist am
Ende des Hymnos die Transscription von 'OiXevg mit Oeleus ; dies reicht
auch zur Beurtheilung der griechischen Leseart aus.
10 Ol. ist gleich der Anfang willkürlich geändert, ictiv av^^cinoig
avifimv Sts nXitisxa Zifn^ig: oft erscheint den Menschen belebender Wind-
hauch heilsam.
11 Ol. V. 17. 18. ona ts %oivhv Xoyov tpiXav tiöoftsv ig ti^iPi
* wohin bezahl ich den Dank des Lieds allen zu süfser Lust?' Es heifst
vielmehr: wohin zahl' ich die Erzählung (die Geschichte, das Lied), das
ja allen gemeinsam ist, dass es als Liebesgabe aufgenommen werde?
d. h. das Lied gilt für alle Menschen , einer aber wird dem Dichter
Dank wissen. — V. 32. I^yotr nf^o Tcivtatv ßiotip (puog^ *dle8 Lebens-
licht heller, denn jede That' ; aber nf^a heibt hier 'vor', denn ^anz des
Lebens, ehe sie noch Mühen bestanden haben. Dies bereits Hermann's
Auffassung. — V. 96 finden wir, dass der Verfasser nicht der unstreitig
iM Pindar, überseUt ▼« J. J. a ihnmer, ang. v. A. LwhUg.
besseren Leseart evv 9 ' ivuy%ai^ folgt, sondern der L. <sv9 d ' awiyn^ fup ;
dass dies letatere gani unpassend ist, sollte man meinen, liege auf der
Hand. Mit 9V9 yt fulrr tap d^do»Ti}t«o dlwtv elc. geht der IMebtar
Bcm Vergleich mit Philoktet über, ein Obergang, den die attgemeine
Senteac Termittelt, dass selbst ein OroÜBbeniger sich oft einen ron der Noth-
wendigkeit aufgedrungenen Freund muss gefallen lassen. Jedoeh gans ab-
gesehen davon ist die im anderen Fall eintretende Besiehong de« fM-
fulapmQ auf den nothgedningenen Freund Hieron's für diesen nichts weni-
ger als schmeichelhaft ^V. 122. itfxop ist nicht *baun'. — V. 16S. wöUü
^ftv^sg ifk^ati^o^g mnxoiy * viele sind untrügliche Zeugen jeglicher
That'. Sehr ungenau. Allgemein nimmt man &i/^ffo%iq9iq für die guten
und biteen Thaten; schwer xu glauben: erstens stunde dann aptpoti^mPt
Bweitens würde die Bexiehung su wenig klar sein, «^^rc^» können
hier nur Personen sein und zwar Hieron und die von ihm Beherrschten.
Mommsen übersetst: * Vieles bezeugt Beides', und in der Anmerkung:
Absichtlich dunkel. Wir wissen nicht, bezieht sich dies auf seine Ober-
setiung (dann ist es anerkennenswerthe Offenheit), oder auf Pindar. —
V« 146. *Denn wie der Kork, wo das andere Oeralh im Meeresgrund
arbeitet, noch oben schwimmt, schwinune ich unversenkbar über dem
Zaun der Fluthen\ af ji^ tiwaXtop 96pov i%oia«g ßa^ (ßa^vp^)
euBväg Mf^ag ißafniatog c/fft», tpeXlog äg inl^ F^xog, alfurc Bas
Gleichnis und das Verglichene treffen in ulfuxg gewissermaÜMn wie in
einer Spitxe susammen. Dies macht die Beziehung zu aßanxiatog nO-
thig. MQ%og ist überdies dann Netz.
4 Pyth. V. 77 *denn des Tags erhoben sich' statt * erheben sich.
lfk%%m»UtainM vielleicht Druckfehler. — v. 398 *«a/ xtva olpov tömfu
ß^Zvv ' noXlot^^ d* aff^ftat öQipiag M^oig *wol weiCs ich auch kür-
zere Pfade zu gehn, bin vielen andern Führer in weisem Gesang.' Mit
merkwürdiger Hartnackigkeit halt man die Deutung des noXXoig Mffag
auf Menschen fest. Wir können keine andere Beziehung als durch den
Zusammenhang gewährleistet anerkennen, als die auf ol(iog: auf noch
viel anderen Wegen der Weisheit bin ich Führer.
6 Pyth. V. 20* und dein Auge sieht, wie hochgeehrt sei dieses
KönigthuniT; abgesehen von dem Soloecismus *sei' ist 6(p&alß6g ganz
fslsch aufgefasst. cvyyip^g otp^aXuog ist angeborner Glanz, angebomes
Glück. Schon Thiersch und neuerlich Mommsen fassen die Stelle richtig,
wenigstens in Bezug auf oip^aliUg.
In dem ersten Nemeischen Hymnus bilden v. 64—59 eine aner-
kannte Schwierigkeit; Boeckh's, Hermann's, Heimsoeth's Scharfsinn scheinen
hier nicht das rechte getroffen zu haben. Bissen dagegen verdankt man
die vollkommen richtige Schreibung fM^f» und die eben so tactvolle
Zurückweisung einer Beziehung auf Nessos. Ober die gänsliche Dnbe-
rechtigtheit einer solchen Beziehung ist's eigentlich überflussig ein Wort
zu vertieren, da auch der Hr. Obersetzer dieselbe verworfen hat Nur
über ipd^mw wollen wir bemerken, dass es nicht zu xiva sondern zu
Pindar^ überaeut v. / J, C. Dmmer, ang. v. i. iMdmig. SSI
ictf^o) 2u sieben ist; Titrcf übrigens kann wie der Artikel rovbei i^d'^otu-
T9P beweist, nur ein bestimiiter gemeint sein, den wir in xc/iroo, das
sieh nicht auf Herakles besiefaen kann, wieder finden. Es ist offenbar
Porphyrion gemeint, vgl. Äpollod. Bibl. 1, 6, 2.; damit fällt die wunder-
liche Ansicht Heimsoeth's, xofia beziehe sich auf y«^«, die wir in vor-
liegender Übersetzung befolgt finden. Daher üvv nXayitp av9^6v %6qm. Er
verachtete Herakles als sterblichen^ daher <nBl%09xa den heranschreitenden.
S Nem. 54—57 *Pel6us, der Held» obwol ergraut im Kampf, freut
sich doch an der riesigen Lanze Schwung.' naXaiatci d' h i^itaig yi-
ya^t üfiliig iniffoXlav al%^v xa^mif. Die Obersetzung verfehlt, wie
uns scheint, den Sinn vollständig. Man erinnere sich des vorhergehenden :
ovd' iXlot^imv iQtotsg ipdQl tpii^Btv n^icaovtg ' oAco^sy (Mitmc. Der
Sinn ist: Peleus, der eine von keinem ubertroffene Lanze sich abgeschnit-
ten hat, bat seine Freude in uralt ererbter Tüchtigkeit ; d. i. obwol Pe-
leus durch Thatkrafl und Starke so hervorragte, war es doch nur er^
erbte {otno^sv) Tüchtigkeit, deren er sich freute. Ziemlich so Tbierscb,
nicht ganz so Mommsen, der namentlich in der Anmerkung grundlialsches
hineinbringt
8 Nem. 51 ff. ganz falsch: Doch schlugen sie wahrlich dem Feind
nicht wie Aias Wunden in's warme Herz etc.; schon Tbierscb , deutiicher
aber Mommsen konnten auf das richtige weisen, dass der Gegensatz zwi-
schen Aias und Odysseus gemeint ist.
Auffallend ist im 1 Jsthm. v. 65 *denn aller Lohn aus allen Be-
strebungen ist den Menschen sufs' ptuidvg ycr^ SXXoig SXXog itp l^y-
lucctp ivd'^mnoig yXvnvg.
Störend ist nur manchmal, dass der Hr. Obersetzer zuweilen das
einfache Wort des Originals ohne Noth durch ein gesuchtes schön klin-
gendes ersetzt, hie und da wirklich mit Einbufse des Charakteristischen.
So 3 Ol. 59 *bei der Rennbahn zwöl/knal umflogenem Ziel*, warum
nicht * zwölfmal umbogenem' da^twiyvanfnov. 5 Ol. 32 *von Unthatig-
keit auf zum Licht schwingend dies rege Volk der Stadter.' aymv
ist einfach führend. 7 OL Ende iv dl füa fioi^q^ xqopov ist ungenau
und unpassend übersetzt *mit Eines Pulses Schlag'. Dasselbe gilt vom
Schlussvers des achten Ol. aXX* ainffftarrotr ayap ßünov avtovg % i,i\oi
%ai noXiv: *ohne Leid lass' er ihr Leben entfliehen . . .', im Text steht
hiervon nichts. Am Anfang des 10 OL ist *bel eben der Windhauch'
ein wenig pkssender Luckenbülser. Warum hat ferner der Hr. Obersetzer
3 Pyth. 31 flg..igeschrieben: Onter den Sterblichen ist am tbörichsten jenes
Geschlecht, das der Heimat Schatze verachtend zur Ferne stets den
Blick lenkt, und nach Eitlem nur in ungestilltem Sehnen hascht * Schätze'
kommt im Original nicht vor, nur inixoSquc^ also warum nicht beschei-
dener Mer Heimath Güter, warum 'hascht' statt *iagt'? V. 50 'längere
Weile' unpassend für 'längeres Weilen. V. 227 'unserer Zukunft Heil zu
bauen , warum nicht wie im Original 'weben ?
«82 Pindar, Auswahl, erklart v. IF. FurtwängleTy ang. v. A. EmA^.
Doch genug. Im ganzen und grofsen wird man anerkennen müssen,
dass diese Übersetzung gegen die bisherigen ein angeheurer Schritt vor-
wärts ist, und Laien werden aus ihr begreifen lernen y warum Pindar
für einen Dichter gilt
Wien. Alfred Ludwig.
Die Siegesgesange des Pindaros in einer Auswahl nach den wesent-
lichen Gesichtspuncien erklärt, von Wilh. Furtwängler, Professor zu
Freiburg im Breisgau. gr. 8. (VI u. 399 S.) Freiburg, Wagner 1859. —
. IV, Rlhlr.
Voraus geht eine 24 Seiten starke Vorrede, wir hätten fast gesagt
Abhandlung^ die sehr mannigfaltiges behandelt, worauf einzugehen hier
zu weit führen würde. Ein Hauptpunct der Vorrede ist die Erörterung,
dass man bei der Betrachtung der Dichtungswerke vorzüglich von den
Werken der bildenden Kunst ausgehen müsse; ein anderer handelt von der
Wichtigkeit der Mythen im Pindar. Ober beides zu sprechen , wird uns
der Gommentar Gelegenheit geben.
Das Buch ist so eingerichtet, dass bei der Besprechung jedes Hymnus
zuerst die demselben zu Grunde liegende Idee, dann sein Organismus,
hierauf die Veranlassung, endlich die Erklärung des Hymnus selbst kommt.
Freilich könnte man gegen diese Anordnung manches einzuwenden haben.
Man würde lieber gleich zuerst die Veranlassung wissen, dann den
Hymnus selbst, dann dessen Organisation , die übrigens zugleich im
Laufe des Commentars könnte behandelt werden, endlich nach erbaltenem
vollständigem Überblick das kurz gefasste Abstractum des Inhaltes, das
man Idee zu nennen beliebt. Wir können zu Gunsten unserer Ansicht
auch des Hrn. Verf.'s eigene Worte anfuhren ; er sagt (S. 27 unten), der
Dichter spreche seine Ideen nicht aus, er stelle sie dar: dies ist voll*
kommen richtig; aber es folgt hieraus unmittelbar, dass die Darstellung
die Hauptsache, d. h. das künstlerische Moment ist. Die blofse Idee ist
nichts künstlerisches, so lange sie sich nicht in einer Form verkörpert hat.
Doch genug davon. Wichtiger ist die Frage über das, was der
Hr. Verf. Organismus der Hymnen nennt. Von den Formen der grie-
chischen Tempelbauten ausgehend, findet der Hr. Verf. in dem Eingange
des Hymnus den Pronaos des Tempels, in der Mitte, wo meist der Mythos
seine Stelle hat, die Cella, in dem Ausgange den Opisthodomos. Zuweilen
findet sich vor dem einem Pronaos entsprechenden Theile etwas, was der
Hr. Verf. den Propyläen der grofsen Tempel vergleicht. Anderseits er-
innert die Entsprechung einzelner Strophen und Strophengruppen den
Hrn. Verf. an die Gruppen der Giebelfelder« Strophe und Antistrophos mit
der Epodos repräsentieren ein Säulenpaar mit dem Epistylion, das Ober-
greifen aus einer Strophe in die andere die Juncluren der Baukunst etc.
Außerdem theilt der Hr. Verf. jede Strophe in drei Theile, die in Strophe
und Gegenstrophe sich dem Inhalte nach entsprechen sollen. Zu der
bisher erkannten äufserlich sichtbaren Zerfällung der Hymnen Pindar's
in Strophen triaden fügt der Hr. Verf. zwei hinzu, die ersterc hat er zwar
Pindar, Avswahl, erkllrt t. W.FuHwängUty ang. v. i. Udmlg. SSS
mit der Strophentrias in Eioklang gebracht, die xweite aufterlicb aach;
nicht aber haben die innerhalb zweier Strophen oorrespondierenden Drit-
tfaeile die gleiche Ausdehnung. Diese Dritttheile sind also nicht Porsi.
Es kommen aber noch folgende Erwägungen hinzu i Die GreBMB des
Mythos nach vor- und rückwärts schlieCsen weder noch begiMMD sie
mit einer Strophentrias, wie der Hr. Verf. uns überreden will, die vom
Hrn. Verf. geiogenen Grenaen sind also rein willkürlich und dem wirk-
lichen Sachverhalte widersprechend. Man braucht, um sich davon su
überzeugen, nur des Hrn. Verf.'s eigene Darlegungen der Organismen bei
den verschiedenen Hymnen au . lesen. Ebenso wenig bestätigt sich die
behauptete und zum Schein durchgeführte Dreitheilung der Strophe.
Mit aller Willkür, allen Kunstgriffen ist nur ein schwacher Schein einer
Dreitheilung erreicht; um dies darsuthun sollen einige Beispiele folgen.
So zerfallt der Hr. Verf. gleich Str. und Oegenstr. a der 1 Ol. in
folgender Weise:
Str. «'. Oegenstr. «'.
a) Der herrlichste Gegenstand der «) Herrliche Vorzüge Hieron's*
Lobpreisung.
fi) Die Olympischen Spide die er- f) Anhub zur Verherrlichung seines
sten. Ruhmes,
y) Der Olympische Siegesruhm be- 7) Sein Rossesieg zu Olympia,
geisternd die Sänger an Hieron's
Hoflager.
Dies- Beispiel kann hinreichen zu. zeigen, wie durch die Zerstücke-
lung die Auffassung des Oanzen erschwert, — und gerade die 90 kunst-
volle Verknüpfung des vielen in eines (eine Haupteigenschaft der grie-
chischen Sprache) ignoriert wird. Wollte man wirklich eintheilen ohne
vorgefasste Meinung und eintheilen so weit es eben miiglich, so müsste
man dem zweiten Theile zwei (Jnterabtheilungen zufügen t/ d* Sa^Xa ^
apffni^' aXiav -r*. ß ikvfi* OX.\ aber was ist der Gewinn einer solchen
Zerstückelung? Uns ist er nicht klar geworden. Eine neue Form etwa,
beschränkteren Umfanges als die umscbliefsende Strophenform , hat sich
dabei nicht herausgestellt. In der Oegenstr. sind die Theile a) f) voll-
kommen gleichartig untereinander. Ein Entsprechen mit den ersten Tbei-
len der Strophe mögen wir auch nicht finden. Epodos a:
a) Olympia, eine Colonie des Lyders Pelops.
ß) Pelops schon bei der Geburt von den Göttern beschützt und zu
Gröberem ausersehen.
y) Das Wunderbare oft durch die Sage entstellt
Der Theil a) ist iv tiapoQi Avdov JliXoMog inoinfy, also ein
PräposiUonal-Ausdruck (dergleichen wird öfters angenommen).
Für S(r. 4 finden wir folgende Abtheilung:
a) Sieg und unsterblicher Ruhm des Pelops ; der erste unter den Heroen.
ß) Erhabener Ruhm der Sieger auf der Pelopsbahn.
y) Unverwelkliche Siegeakrone der Olympioniken.
Z«iUe1irift f.a. 6»frv, Ojmmm; 18S0. Vm. H«ft ^"^
6S4 Pindar, Aaswahl, erUfirt y. IF. FUrnDänffler, ang. v. i.
Zwischen ß) und y) vermögen wir keinen Unterschied au finden.
Für Str. 2. Gegenstr. 2.
«) Berückender Zauber der «) Entrück ung des Oelieblen
Dichtkunst; doch siegreich im- aum Olymp,
mer die Wahrheit
Für Str. 3. Gegenstr. 3.
7) Der blühende Jüngling sinnend y) Die blühende Jungfraa entm-
auf die erwünschte Hoch* gen den verwünschten
leit. (mittelst Conj.) Freiera.
Derlei kann doch wol für nichts anderes als für müfsige Spielerei
gelten. Epodos f :
«) Ursprüngliches Glück des Tantalus.
ß) Obermuth auf der Höhe des Glücks.
y) Sturs des Frevlers in den Abgrund des Verderbens.
Dabei ist ein gutes Stück der Epodos vergessen worden: iia^l d* as#^
yaatQ£(ia(fyop fiaua^^mpuv' elneüv * atpicxuiLUi. iniqdsta liloyxBv ^cifuva
naiuxyo^og, ein Stück^ das an und für sich so aiemlich ein Drittel der Epodos
ausmacht. Auch die versuchte Zurückführung der Compositionsweise Pin-
dar's auf Denkmale der bildenden Künste ist nur unfruchtbare Spielera.
Denn was wird für die Einsicht in den Bau der Lieder Pindar's ge-
wonnen, wenn wir statt der allgemein bisher üblichen Ausdrücke von
Propyläen, Pronaos etc. sprechen ? Ist denn Entsprechung der FUNrm eine
der Dichtkunst fremde Erscheinung, dass wir sie durch ein ans der
Ferne geholtes Beispiel uns deutlich machen müssen? Und hat der Hr.
Verf. irgend etwas gebracht, was sich nicht in letzter Instanz überall auf
dem Gebiete der Poesie der Griechen nachweisen liefse? Hat er bestimmte
Zahlen Verhältnisse nachgewiesen? Aufser jener unhaltbaren Dreithei-
lung der Strophen nichts. Wir müssen daher den Versuchen des Hrn.
Verf.'s in dieser Richtung jede innere Berechtigung absprechen. Aus den
bei Pindar zerstreut vorkommenden Vergleichen, Anspielungen, Tropen,
die von Gebäuden, Tempeln hergenommen sind , kann man nicht sofort
auf Grundlagen der gesammten Formenanschauungen des Dichters schUefren.
Da Pindar auch vom Schiff hergenommene Ausdrücke in gleicher Weise
verwendet, so könnte mit demselben Rechte oder Unrechte ein anderer
Erklärer Pindar's Liederbildung ans der alten Schiffsbaukunst herleiten,
und von einem Vorderbug, Verdeck etc. des Hymnus reden. Gab es doch
auch heilige Schiffe.
Was die mythologischen Erörterungen des Hrn. Verf.'s betrifft, so
befinden wir uns in einem ähnlichen Gegensatze zu ihm. Dieselben sind
ein Gemisch von altem Euhemerismus, neuerem Forchhammmsmus, ver-
setzt mit Ahnungen einer neuesten vergleichenden Mythologie, die mehr
bösen Träumen gleichen. Dies gewürzt mit den neckischesten Etymologien,
die frischer lebendiger Witz nur erfinden kann. Denn wir zweifehi keinen
Augenblick einen Scherz darin erkennen zu müssen, wenn der Hr. Verf.
Jii^na auf ein vermuthetes f^ina und das nordische Frigga zurückführt,
Pindar, Aaswahl, erkl&rt v. IT. Purtwängler, ang v. 4. Ludwig, «S5
und dabei auf Sanscrit vrip verweist, welches zufallig vrith, vnh heifst,
also nicht, wie nöthig wäre um des Hm. Verf.'s Vermuthung zu best&-
ttgen, auf vare, sondern auf vari zurückgeht. Zugleich wird Irmin mit
'JaiiTivog zusammengestellt. 'lofirivog ist offenbar 19 - (trivog, eine alte
mediale Participform * der Wissende', während Irmin durch die Zwischen-
stufen Irimin, Ariman auf Aryaman zurückgeht.
'Dionysos', heifst es ein andermal, 'ist ein Sohn von Thorr-Thonar.
Das V scheint mir zum Stamme zu gehören, -cos zur Wurzel su er-
zeugen, aus der sich auch griech. vtog (goth. sunus) gebildet (hat),
th, wahrscheinlich als Zischlaut gesprochen, ging in das verwandte (!)
9i über.' Nach diesen kostbaren Bereicherungen über Runde der Laat-
veränderung fügt der Verf. hinzu: 'jedenfalls können die bisherigen Ety-
mologien nicht genügen.' Wir begreifen! der Hr. Verf. scheint einer et-
was starken Kost zu bedürfen.
S. 191 wird der Name der Hyperboreer erklärt. *Dass die Hyper-
boreer dem Namen nach die über dem Boreas hinauswohnenden {om^tp
ßoQi» , wie Pindar sagt) gewesen seien , ist wol erst spatere Deutung.
Das Wort bezeichnet sie vielmehr als solche, die über die Sphsere
der Vergänglichkeit {vnhQ ßiffn - ßiß^danm ' ßQorog) und des ir-
dischen Jammers hinaus ' wohnen. Ebenso werden die Cttara Kum ah
die nördlichen (uttarader obere nordliche) gedeutet; es kann aber aadi
an uttaram (iniff) und gri (pers. Khurden, ßoqm - ßißQmanm) gedacht
werden.' Eine Widerlegung solcher Scherze ist wol unnöthig.
Eine der unglückseligsten Erklärungen ist die des gewaltigen
Helden Bellerophontes. Dieser soll der Seewind sein, der in den Mor-
genstunden eintritt. Der Wind dürfte weniger in der Gestalt des Belle-
rophoD, als in des Hm. Verf.'s Erkifimng selbst stecken.
Wir glauben derlei, wenn es auch meist nur als Beiwerk gegeben '
ist, nicht übergehen zu dürfen. Seichtes Gerede ohne Sachkenntnis hat
der Mythologie schon genug geschadet; nirgend finden wir in Werken,
die von Philologen blofs der classischen Sprachen herrühren, eine auch
nur annähernd richtige Auffassung der Mythen, nirgend ein klares Be-
wusstsein über den Umfang und inneren Zusammenhang derselben. Überall
herrscht noch die lächerliche Ansicht, die Menschen hätten der Reihe
nach alles personiflciert, Baum, Fluss, Meer, Bach etc. Von dem Aus-
gangspuncte und der inneren Verkettung alles dessen, was man mythisch
nennt, fehlt jede Vorstellung. Wohin sich die classische Philologie zu
wenden habe, ist längst kein Geheimnis mehr; längst weifs man, dass
man Jak. Grimm's deutscher Mythologie den ersten Einblick in das
wahre Wesen derselben verdankt. Längst weifs man, dass aus der ver-
gleichenden Sprachkunde die Mythologie in einer neuen Gestalt und zwar
in ihrer echten wirklichen sich entwickelt hat. Wer also über Mythologie
sprechen will und vorzieht, statt sich an diesen Quellen das ürtheil sa
schärfen und Methode anzueignen, leeres Geschwätz in die Welt zu
schicken, darf nicht hoffen, entschuldigt oder ungestraft davon zukommau«
4Ä^
«M Sr. W0if, Lat Elem. Grammatik, anges. v. fl Beiekel
Ein erquicklicheres Bild kömien wir von dem Commentar des Hm.
Verf. bieten. Ein bischen Breite abgerechnet, finden wir manches recht
hübsch. Zahlreiche Belegstellen Eeugen nicht nur von der Vertrauthdl
des Verf. mit seinem Auetor, sondei'n helfen auch sehr wesentlich den-
selben aus sich selbst su verstehen. So finden wir gleich das a^Mver
fkH vdmff X. t, X. vollkommen richtig aufgefasst, und durch alles, was
in Pindar sich auftreiben lasst, aufgehellt. Diese reiche allseitige Be-
leuchtung durch Parallelstellen ist die beste Seite des Buches; denn das
phrasenhafte überwiegt im ganzen doch auch hier; man vermisst ein-
tache, klare, bestimmte Sprache, überall stötst man auf Oberschweng-
lichkeit Dies erschwert die Leetüre sehr, was in Anbetracht des mannig-
fachen darin enthaltenen Guten zu bedauern ist.
Warum der Hr. Verf. nicht tpittip, l, v. 28. billigt, sehen wir nicht
ab. Sein ngictv befriedigt nicht, tpitig lieCse sich ganz gut als * Meinung'
auffassen. — Mislungen ist die Deutung der t^iav novmv , dieselbe ist
auch unverstandlich. — Bezeichnend für die Stellung der meisten Phi-
lologen in Fragen der Formlehre ist, was über ^ieauv v. 64 einstimmig
gesagt wird. Wir wissen natürlich nichts über die Quelle der Leseart;
sie kann allerdings unrichtig sein, aber sie muss es nicht. Die Form
^a-ea-v geht auf die Wurzel ^te zurück, wovon ^ta-ito-g, ^ie-ipatw
ausgesprochene Satzung'; aber auch T^-^ft-fiiOi geht darauf zurück
und, o Wunder, Nem. V, 10 finden wir ^ieeano ganz unbehelligt Auch
bei Hesiod kommt ^seaaii^Bvog vor.
Es ist uns nicht möglich hier alle Einzelnheiten darzulegen, in denen
wir von dem Hrn. Verf. abweichen zu müssen glauben (z. B. Ol. VI, 61 u. ff.
S. 261 —65). Aber im allgemeinen können wir nicht verbergen, dass wirnar
zu häufig strenge Methode in der Exegese vermissen; oft wird nicht dem,
was der Dichter gesagt hat, der Vorzug gegeben , sondern dem , was er
gesagt haben konnte (S. 261 AnnL 2), und im Jagen nach den Höhen
und Tiefen des Dichters das in der Mitte liegende Wahre verfehlt. Trotz
dieser Mängel ist aber das Buch nicht ohneWerth durch Sammlung von
vielem Material und Erledigung mancher bisher zweifelhafter Stellen.
Wien. Alfred Ludwig.
Lateinische Elementargrammatik für die I. u. IL Classe d. österr.
Gymnasien von Stephan Wolf, k. k. Direclor des Gymnasiums in Czer-
nowitz. 2. Auflage, gr. 8. (X u. 179 S.) Wien, L. W. Seidel, 1859. —
72 Nkr.
Sehr schnell ist der Ausgabe dieses Buches eine neue und zwar
vielfach veränderte Auflage gefolgt, deren Verbesserang der H. Verf. ^der
theilnehmendsten Freundschaft und den eingehenden Bemerkungen' zweier
um das österreichische Schulwesen hochverdienter Männer dankend zu-
erkennt Da auch wir das Buch einer ausfuhrlichen Besprechung in
dieser Zeitschrift (Bnd. X, p. 529 ff.) unterzogen haben, und die meisten
unserer Ausstellungen in dieser neuen Bearbeitung ihre frühere Begrün-
dung nun verloren haben, so können wir uns die Genugthuung, mit jenen
Si. W0(f, Lat EHem. 6ramiii«Uk, aoges. v. JT. R^kkei. eS9
MäDDern in unseren Ansichten gröCiteniheils zusammengetroffen su sein^
durch das ahsichtlich scheinende Schweigen des IL Verfs. über dieseii
Punct doch nicht verkümmern lassen. Die Wichtigkeit und der Ernst
der Sache, um die es sich hier handelt, fuhrt uns zu dem Buche zurück,
wie anderseits die Debereinstimmung mit solchen Männern uns er-
muthigen darf, mit einer neuen Reihe von Bemerkungen vorzutreten,
die vielleicht auch noch zu denen gerechnet werden können , « welche
zur Vervollkommnung des Buches beitragen durflen.'
Wir beginnen diesmal mit der Syntax, die in der neuen Gestalt
bedeutend gewonnen hat, bei der alle unsere Bedenken in Erwägung
gezogen, und der Text vielfach geändert, zum Theil gebessert worden
ist. Ausgenommen von dieser Berücksichtigung blieben nur vier von
uns angeregte Puncte, die Lehre vom prädicativen Zusätze g. 151 und
162, die Regel vom ausgelassenen gtutm bei Gomparativen §. 163, die
über quomimu nach impedire etc. S- 170, und die angeführte (schein«
bare) Doppelfrage mit tmm — ne. Der Terminus prädicativer Zusatz,
meint der U. Verf. in derVorredf, sei «nicht, wie von mancher Seite
geglaubt wird, eine Neuerung des Verfs. , sondern der deutschen Sprach*
Wissenschaft entlehnt (vgl. Heyse's deutsche Schulgr.' 18. Aufl. p. 359).*
Indem wir zunächst unsere Freude darüber aussprechen, dass wir nicht
allein an diesem Terminus Anstofs genommMi» bemerken wir dagegen,
dass wir dem Hrn. Verf. die Erfindung desselben nicht zugeschrieben, son-
dern einfach die Onzweckmäfsigkeit dieser Bezeichnung an zwei Bei*
spielen des Buches dargetban tuben (vgl. Zeitschr, X, p. 638) und noch
immer der Meinung sind, .dass die Bezeichnung jener Erscheinung durch
Prädicatsnomen besser sei. Gegen die Regel vom ausgelassenen umm
und den Ersatz desselben durch den Ablativ müssen wir unsere Bedenken
aufs nachdrücklichste wiederholen« Eine so mechanische ErUärungs-
weise gehört in unsere heutigen Gymnasien nicht mehr« Zudem ist
auch die Regel sehr unglücklich ausgedrückt, es heifst: 2) «Ohne quam.
Wenn die verglichenen Gegenstände im Nominativ (oder beim Acc o.
inf« im Accusativ) stehen, so ist es sehr gQH'Ohnlich , dass man quam
weglässt und das darauffolgend» Nomen oder Pronomen in den
Ablativ setzt* Demnach könnte d^r Ablativ des Vergleiches bei vergli-
chenen Gegenständen immernur die zweite Stelle einnehmenf
Da ferner dieee Art den Vergleich auszudrücken ohne Zweifel die ältere
war, al« die Casus noch eine grössere Kraft hatten, so ist sie der spä-
teren Umschreibung durch quam gewiss ebenbürtig, und die Regel sollte
wol so lauten: %) statt (der Umschreibung mit) quam: Wenn die ver-
glichenen Gegenstände im Nom stehen, so tritt die Bezeich-
nung des Gegenstandes, der beim Vergleiche das Mafs zu
demselben abgibt» in den Ablativ. Die von uns beanstandete Regel
über den Gebrauch von quomkiUi und ne nach den Verben impMre etc.
8« 170 hat zwar eine leise Änderung erfihren ; denp in der ersten Fas-
sung hie£B es (p. 129). «Nach den Verbis verhindern, abhalten u. ä.
€38 Si. Wolf, Lat. Elem. Gramtnalik, aogez. v. JT. Reiekel
wird das blofse dass oder der Infinitiv mit zu durch qwminM$ ausge-
drückt. In diesem Falle geht im Hauptsätze eine Negation voraus^* In
der zweiten (p. 138): «Im Hauptsatze geht gewöhnlich eine Negation
voraus.' Aber in der Vorrede zur zweiten Auflage sagt der H. Verf.:
«Die Lehre^ dass nach den Verbis des Hindems quominus besonders dann
stebty wenn der Hauptsatz negativ ist, dass aber gewöhnlicher ne (blgl,
wenn dieser affirmativ ist, ist nicht der Beobachtung eines Einzelfalls
entlehnt, sondern stützt sich auf eine bedeutende Summe von Beobach-
tungen, welche der Verf. an einem andern Orte mittheilen wird.* Bis
zu dieser Mittheilung halten wir die Regel in der vorliegenden Gestalt
für falsch, und glauben, dass der Hr. Verf. jedesfalU besser gethan bitte,
eine Behauptung, die erst noch des wissenschaftlicheD Beweises bedarf,
einem Schulbuche ferne zu halten. Was endlich die Form der Doppel-
frage mit num -^ ne betrifft, so waren wir für die Weglassung derselben,
weil der an und für sich den Schülern schwierige Gc/;enstand durch
Beseitigung einer solchen, die von den drei Formen der wirklichen Dop-
pelfrage wesentlich verschieden ist, vereinfacht würde. Der Hr. Verf. ist
darauf nicht eingegangen.
Da uns bei der erneuten Durchsicht des Buches noch einiges frü-
her nicht berührte aufgefallen ist, so wollen wir auch das nachtragen.
Es ist bekanntlich sehr schwer, Knaben den Unterschied von Atisichts-
latzen und Folgesätzen geläufig zu machen, schon um deswillen, weil
unsere Sprache in beiden Fällen th«ilweise dieselben Gonjunctionen an-
wendet. Das Buch macht auch auf diese Schwierigkeit aufmerksam, und
sucht die Sache zu erleichtern, (g 166 Anm. 1): ^Ob ein Satz mit dass
eine Absicht oder Folge ausdrückt, erkennt man auch daran, wenn im
Hauptsätze gewisse Verba vorkommen.* Diese worden dann unter a, b,
c angeführt, aber nicht so unterschieden, dass der Schuler sogleich weifs,
welche Abtheilung der einen, welche der andern Kategorie zufallen. —
Bei der Angabe der Gonstruction der Verba des Fürchtens mit ne und
tu (g. 167), vermissen wir neben ui die sehr gangbare Gonstruction
mit ne nan. — Die früher ganz unklare Definition des Genitivus subj.
und obj. ist nun abgeändert, dk fehlerhaften Beispiele beseitigt; aber
die Erklärung hätte vielleicht in fdtgender Fassung an Schärfe gewon-
nen: der Genitivus subj. bezeichnet die Person oder Sache, von welcher
etwas veranlasst wird oder ausgeht, oder in deren Gewalt oder Besitz
etwas steht etc. — g. 212 wird ein Parallelismus des Gebrauches der
Tempora im Lateinischen und Deutschen behauptet, der in Wirklichkeit nicht
besteht. Lassen wir eine öftere Übereinstimmung im Präsens , Pcrfcct
und Plnsquamperfect auch gelten, so ist dies doch beim Futur und beim
Futurum exactum sdten der Fall. Die deutsche Sprache entbehrt des
Futurums und hat diesen Mangel seit den ältesten Zeiten zum Theile
durch Anwendung des Präsens ersetzt ; das Futurum exactum ist in der
zusammengesetzten Form so hässlich, dass es fast nie angewendet, und
dafür wieder durch eine Art Perfeclum (d. h. die Zusammensetzung des
Si. IPMK Lau Elem. Grammatik, aagex. v. JT. Mekkei. eS9
Part, mit haben oder sein) angedeutet wird. Da nun diese Elementar-*
grammatik überall auf den dSutschen Sprachgebrauch Riickaicht nimmt,
so wäre es, scheint uns, angemessen gewesen, auf diese Verschiedenheit
aufitnerksam su machen, und besonders heryorzuheben , wie das Latein
hierin genauer sein kann und muss, und überall ein solches futurales
Paesens durch ein Futurum zu übersetzen hat. Das gegebene Beispiel»
dimee eri$ fiUx nrnttot numerabU amicoM, übersetzt ja der Deutsche a
so lange du glücklich bist, wirst du viele Freunde haben; und das
andere: ui temeniem fieerii, Ha meies, wie du gesaet hast, wirst
du ernten. Ein zweimaliger Gebrauch der umschriebenen Formen in
demselben Satze wäre unserem Ohre unerträglich. — Endlich noch eine
Bemerkung über die Regel vom Gebrauche des Gonjunctivs Praes. statt
des Imperativs (g. 216). Für die dritte Person Singul. und die erste
Pluralis ist bekanntlich dieser Gebrauch unbedenklich, nicht so für die
zweite Singul.; diese wird vorwiegend nur gebraucht in der allgemeinen
Anrede mit man, also faeias, dicas, man thue. man sage, (wie ja auch
die zweite Pluralis in diesem Sinne gilt). Dagegen ist es ein von Ge-^
schlecht zu Geschlecht sich fortschleppender Wahn, dUas sei artiger zu
sagen als die, und der gute Imperativ kommt dadurch bei der Jugend
ganz auCser Gebrauch. Das vorliegende Buch hat nun auch diesem Wahne
Vorschub gethan, indem es (g. 216) die beiden Ausdrucksarten als völlig
gleichbedeutend erklart«
Auch in der Laut- und Formenlehre ist nicht unerheblich geändert ;
die Vorrede zur neuen Auflage weist selbst sogleich auf vorgenommene
wichtige Umwandlungen hin, und es ist natürlich auch im einzelnen
vieles anders geworden, dessen Aufzählung einer Vorrede nicht zukommt
Vergleicht man die beiden Ausgaben, so wird sich in den meisten Fäl-^
len eine Anerkennung unserer früher gemachten Ausstellungen ergeben.
Daher ist die Lautlehre sehr bedeutend zusammengeschrumpft, und würde
sogar noch immer Kürzungen vertragen. Die Eintheilung der Gonsonan«
ten nach den Organen der Uervorbringung ist nämiich stehen geblieben,
ohne dass doch in der Formenlehre Bezug auf dieselbe genommen würde«
Dadurch werden die Schüler das aus diesem Paragraphe gelernte alsbald
ganz vergessen haben, und es bleibt nicht einmal der Vortheil, dass sie
das hier ohne Noth mit erlernte in der grieoh. Formenlehre würden ver-
werthen können. Ein offenbarer Fehler ist es, J unter die Dentalen zu
zählen, da es vielmehr den Gutturalen angehört — Wir haben uns auch
dagegen erklären müssen, dass ei, 9/, tri, ^ als uneig entliche Diph-
thonge bezeichnet werden; denn ei, oi, $u sind als altlateinische Diph*
thonge nachgewiesen (vgl. Corssen i. 164 IT.), ui kommt fort und fort
in emi, kuiCj namentlich im Verse als Diphthong gebraucht vor, und es
sollte die Bemerkung daher etwa so heifsen: ei, oi, ui, eu, altlatei-*
nische Diphthonge finden sich nur noch in Interjectionen und dichteri-
schen Formen spärlich erhalten. — In den natürlichen Genusregeln g. II
ist die falsche Folgerung : «männlich sind die Namto der Männer und
€40 St. Woif, Lat Elem. Grammatik» angex. v» JT. JUiekei.
männlichen Wesen, daher anch der Völker* stehen gehlieben. Es
konnte ja einfach «und der Völker* gesetzt werden» um so mehr». da
auch die Besiehuog der Namen der Flüsse, Winde, Monate ohne weitere
Begründung unter dieselbe Regel stattfinden konnte. Zu den nun we^
gelassenen unpassenden Ausnahmen von dieser Regel dürften auch noch
LM€ und air« su werfen sein, die dem griechischen* Geschlechte loi-
gen^ und sich dann in der dritten Glasse, wie die früher angefihrte mm
gleichfalls ausgeschiedene griechische Declination, von selbst orgeben
müssen. Übrigens findet der Hr. Verf. seine Anordnung der Qenusregahi
der dritten Dedination eine «sprach- und naturgemäCse,* eine Ansicht»
die wir auch im entferntesten nicht theilen. — Zur Onhalibarkeit und
Grundlosigkeit der Regel, dass die Adjectiva eines Ausganges und die
Comparative im Ablativ swaT e und i annehmen können, dass im
allgemeinen jedoch die Endung i vorsusiehen sei (g. 44, 1), liefert das
Buch selbst den Beleg, da es in demselben Paragraphen (§• 44 S, c)
Wörtlich heifct: die Gomparative haben weit lieber e als i. Da das nim-
lieh eine Sache ist, die für den einseinen Schriftsteller, mindestens aber für
jede Periode der Literatur, durch genaue Beobachtungen festgestellt werden
musst so genügt es für eine Schulgrammatik, auf den doppelten Gebrauch hin«
Buweisen. — Ferner hat unsere Anfechtung einer Bemerkung über AU, Aaee,
ä§e, eine seltsame Änderung des Textes veranlasst In der ersten Bearbei«
tung hatte nämlich der Hr. Verf. unter die Dedination die Anmerkung gesetst:
An alle Casus dieses Pronomens kann die Sylbe ce zur Verstärkung an-
gehingt werden, als: Aoeee, Aniawc^, Aisee. Obwol jene Regel gerade
durch diese drei Beispiele scheinbar Bestätigung findet, so ist sie den-
noch falsch, und der Hr. Verf., durch das Entgegenhalten der Form
Aonm^ce bedenklich gemaeht, hat nun so geändert: «An die Casus
dieses Pronomens* u. s. w. Nun ist zwar auch diese Fassung noch immer
irrthümlich, und wir wollen, da es vielleicht auch zur Vervollkommnung
des Buches beitragen könnte, den gansen Sachverhalt der Frage kurz
andeuten. Dieses Pronomen ist bekanntlich ein zusammengesetztes, aus
dem Pronominalstamme Ai, Aae^ Aed und ee, einer irürzung der Locativ-
form cei vom demonstrativen Pronominalstamme co — (vgl. Corssen 1. 219).
Das schon gekürzte ee wird nun in der Zusammensetzung wieder zu c
'gekürzt und es entstehen die Formen Aie^ neben Ai-ce, Aaec, Aaect,
AoCf Aocee (weil dieser gleich Aoä-ee, alsod dem folgenden c assimi-
liert). Es stellt sich demnach die Regel, dass überall neben dem ge-
kürzten € die volle Form ee zulässig sei, und dass diese Form ce auch
an solche Casus angefugt werden kann, wo sie im gewöhnlichen Ge-
brauch« geschwunden, also Auius-ce, Ais-ce und für den Plur. Fem.
Atu-^ce und Aaee neben Aae. Nie mit ce verbunden wurden Aonm,
Amrum, Aerumi eine scheinbare Verdoppelung &ber gibt nur das Neu-
Souli Aeece, aus Aedce entstanden. In gleicher Weise verhält es sich
denn auch mit Aluc», iiUme, UUmce neben Alnc, idiincy isüm. Da nun
jedoch eine solche Ausführung der Sache einer Elementargrammatik fremd
SL VMf, Lat. Elem. Grammalik, aoges. v. H JMcM. MI
bleiben muss , so wird es bei der früher vorgescblagenen Bemerkung
sein Bewenden haben müssen, dass die auf 9 auslautenden Formen und
das Neutrum Singul. ee anfügen können (also kufUB-ee, Msee, hoe€e) —
damit doch nichts falsches gelernt wird, was spater auszumerzen wäre. —
Dass Mer im Genitive allein ein kurzes i habe, also aiierht»^ findet sich
zwar noch behauptet, allein man macht uns doch das Zugeständnis, dass
nun §. 82 in der Reihe aller derer , «die wie Uie dediniert werden*,
aUeriUM steht, wo in der ersten Ausgabe (g. 90), aUerha geschrieben
war, indes freilich die Anmerkung «das i des Genitivs dieser Wörter
ist lang, nur in aUerkti ist es kurz*, als wunderlicher Widerspruch
auf seinem früheren Posten ausdauert g. 53 ist femer das Wort aedei^
aedi$, das Gotteshaus, aedei, ium^ die Gotteshäuser, zweitens das Haus
übersetzt, eine Erklärung, die das Wesen der Sache nicht berührt und
das Zusammentreffen der verschiedenen Bedeutungen im Plural ganz un-
begreiflich erscheinen lässt. Es müsste heifsen aidet^ die Kammer, das
Gemach, überhaupt der abgeschlossene Raum, also auch der Tempel,
aede$ tum, die Kammern, die Gemächer, also das Haus.
Den gerügten nichtigen Prunk in einzelnen Anmerkungen, die über
den Gesichtskreis dieser Glasse, überhaupt des Dntergymnasiums, hinaus-
geben, hat die neue Auflage gleichfalls beseitigt, nur von prikUus (8. 89)
konnte sieb der Hr. Verf. nicht trennen. Erwägt man jedoch, dass Varro
wahrscheinlich gar nicht t^odUu geschrieben hat, sondern dass dafür
prapiui in jenem Gitate gelesen werden muss, dass ferner nur allge-
mein anerkannte Resultate der WissenschafI in die Schule und besonders
für diese Altersstufe gehören, so kann es keinen Augenblick zweifelhaft
sein, dass auch diese Anmerkung zu entfernen ist. — Zur Bekräftigung end-
lich unserer früher ausgesprochenen Behauptung, dass die Verdeutschung
der grammatischen Termini unnütz, ja oft geradezu verwirrend sei, re-
gistrieren wir noch zwei solche Verdeutschungen aus g. 87, nämlich die
«Vorzukunft* für das Fut eiactum, unter welchem Worte sich schlech-
terdings gar nichts denken lässt, und die Obersetzung des Gonjunctivus
mit «verbindende Art*, die zu Irrthümem führen muss. Die Erklärung
des badicativus (st anzeigende Art) als Aussage eines Wirklichen, facti*
sehen, des Gonjunctivus als der Aussage eines Vorgestellten, bioCs. Ge-
dachten nennt das Wesen der Sache, und baut dem späteren Begreifen
der ganzen Lehre vom Gebrauche des Gonjunctivs eine gute Grundlage.
Schliefslich noch zum Besten des Buches einige angemerkte stö-
rende Druckfehler, wie p. 36 r9btn als abl. singul. st rtf; p. 4$, g. (M^, 1,
mit Stamme st dem Stamme, p. 47 tma, a, um st. $mu9 a um, p. ST
aecurnm st occursum, p. 87, g. 106 das Supinum äium st, äium und
die Bemerkung, dass (las Buch auch in der neuen Gestalt mit einer
unseres Wissens nicht aufgehobenen gesetzHohen Qqistimmung im Wider-
spruche steht; wir verweisen in dieser Beziehung auf die Anzeige der
ersten Auflage, in dieser Zeitschrift 1859. S. 629 f.
Wien. Dr. K. Reiehek
64t AT. Simmer, Lehrbuch der Physik, nng. v. £. BeUUmer.
Lehrbuch' der Physik von Dr. Karl Stamm er. 2 Bde. gr. 8.
Lahr, Schaueoburg u. Comp., 1868, 1859. — %V. Thir.
In der Wahl der behandelten Gegenstande folgt der Hr. Verfasser dem
beut! utage gewöhnlichsten Sprachgebrauche, indem er Chemie aus seinem
Lehrbucbe der Physik völlig ausschliefst. Wenn man aber auch an ein
solches nicht die Forderung stellen kann, wie an ein System der Ma-
thematik, dass es sich an jedem Puncto nur auf Früheres zu bezieben
habe, so ist doch unbestreitbar diejenige Ordnung die beste, bei welcher
man sich an jedem Puncto des Lehrgebäudes möglichst wenig auf Spa-
teres bezieht Die Ordnung, in welcher Licht, Wärme, Magnetismus und
Elektricitat besprochen werden, richtet sich nach dem Stande unserer
wissenschaftlichen Kenntnisse über deren wechselseitige Beziehungen
und Analogien. Die wichtigsten neueren Forschungen betreffen den Zu-
sammenhang dieser vier Gegenstände, und bei einem neuen Lehrbuche
der Physik wünschen wir eine Anordnung unter völliger Berücksichti-
gung der neueren Portschritte. Noch vor kurzem war es ziemlich glelch-
giltig, ob man Licht vor oder nach Elektricitat lehrte, aber seit die
Spectra der elektrischen Lichterscheinungen einen wichtigen Gegenstand
der Forschung bilden und doch wegen ihres Zusammenhanges mit den
Entiadun^fen nur im Al>8chnitte über Elektricitat besprochen werden
können, ist kein Zweifel, dass es zweckmSfsiger ist^ Licht vorauszu-
schicken, damit man in Betreff der Vorstellung Spectrum sich nicht auf
spateres zu beziehen braucht Aber ist die Frage, ob Licht oder Elek-
tricitat früher zu behandeln sei , eine erst durch die neueste Zeit ent-
schiedene, so ist es doch unzweifelhaft, dass der speeielle Fall der
Wärmestrahlung erst nach der allgemeinen Wellenlehre an der rechten
Stelle ist, und da der gröfste Theil der Lehren von der strahlenden Wärme
durch Analogie mit dem Lichte gefunden ward , so ist die strahlende
Wärme am zweckmäfsigsten nach dem Lichte zu behandeln. Die sonst
sehr verschieden eingetheilten, trefflichen Lehrbücher von Etlingshausen,
Kunzek und Müiler-Pouillet stimmen in diesem Puncto völlig überein.
Indem der Verfasser diese Ordnung v^rliefs, ist er Bd. 1, S. 110 gleich
am Anfange seiner Behandlung der Wärmestrahlung genöthigt, selbst zu
bemerken: «Sie (die Wärmestrahlung) entspricht der geradlinigen Fort-
pflanzung des Lichtes, und die Wärmestrahlen zeigen ganz ähnliche Er-
scheinungen und Eigenschaften, wie die Lichtstrahlen, welche wir noch
später kennen lernen werden.* Man sieht auch nicht ein, warum die
Wellenbewegungen fester und flüssiger Körper nicht gleich nach den
übrigen Bewegungserscheinungen folgen, sondern erst nach der «Anwen-
dung des Elektromagnetismus.* Die Ordnung des Hrn. Verfassers : Wärme-
lehre, Magnetismus, Elektricitat, Wellenbewegung, Akustik, Licht ist also
aus den angedeuteten Gründen nichts weniger als zweckentsprechend.
Jedenfalls müsste die strahlende Wärme den Wellenbewegungen und dem
Liebte folgen. Doch glauben wir wegen der Fortschritte der Lebren vom
K. Stammer, Lehrbueh der Physik, ang. v. E. ReUihiger. 643
elektrischen Liebte und der durcb Etektricilät entwickelton Warme, den
künftigen Verfassern von Lehrbnebem die folgende Ordnung der obigeil
Materien empfehlen zu sollen: Wellenbewegung, Akustik, Licht, Wärme,
Magnetismus, Elektricität, wie sie Kunzek*s trefflich zusammengestelltes
aLehrbuch der Physik mit mathemalischer Begründung* besitzt.
Noch viel mehr als die allgemeine Reihenfolge lässt die Anordnung
der sich auf Elektricität beziehenden Abschnitte zu wünschen übrig.
Die Elektricität wird in drei Abschnitten behandelt, deren Oberschriften
Elektrostatik , Elektrodynamik und Anwendung des Elektromagnetismus
sind. Der letzte Abschnitt nimmt eine isolierte unsystematische Stellung
im Lehrbuche ein, indem die öbrigen Anwendungen neben ihren theore-
tischen Grundlagen angeführt werden , z. B. Galvanoplastik bei Behand-
lung des Galvanismus, die Anwendungen des Elektromagnetismus aber
einen eigenen Abschnitt bilden. Die Wichtigkeit der elektrischen Tele-
graphie scheint den Verfasser hierzu veranlasst zu haben. Verwundert
findet man den chemischen Telegraphen (8. 268) in der «Anwendung
des Elektromagnetismus.' Wie der Verfasser selbst erwähnt (Bd. I,
S. 169)> vermag er kein unterscheidendes Merkmal für die Gegenstände
seiner Elektrostatik und Elektrodynamik aufzustellen. Er verfährt hier
ganz willkürlich , indem er z. B. den Galvanismus mit Inbegriff der
Elektrolyse zur Elektrostatik zählt. Am meisten erstaunten wir, «die
Wirkung des Erdmagnetismus auf elektrische StrOme* (Bd. I, S. 259)
vor der «Wirkung der Magnete auf die elektrischen Ströme' (Bd. I,
S. 263) abgehandelt zu sehen.
Aber nicht nur in der Anordnung, auch im Inhalte findet maft in
Dr. Stammer's Buch wesentliche Gebrechen. So wird die Erregung des
Magnetismus im Eisen unter dem Einflüsse eines Magnetes nach der älteren,
durch den Diamagnetismus widerlegten Ansicht erklärt. Hören wir, was
die neueste Auflage des vortrefflichen Lehrbuches von Ettingshausen in
dieser Hinsicht sagt : «Vor Entdeckung der diamagnelischen Erscheinungen
konnte man sich immerhin der Ansicht hingeben , dass der Grund der
Erregung des Magnetismus im Eisen unter dem Einfluss eines Magnetes
in der Anziehung zu suchen sei, welche zwischen ungleichnamigen
Magnetismen besteht, der zufolge die Scheidung der Magnetismen in den
Elcmentartheilchen des Eisens bewirkt wird. Die diamagnetischen PhaB-
nomeiie gestatten nicht mehr diese Ansicht festzuhalten und mit ihr
fällt duch die Voraussetzung zweier eigenthümlichen entgegengesetzten
magnetischen Stoffe, welche man zur Erklärung der magnetischen Phae-
nomene mit der Beschränkung zu postulieren pflegte, dass die magne-
tischen Materien von einem magnetischen Elemente in ein anderes nicht
übertreten, sondern sich nur innerhalb des ihnen angewiesenen Elemen-
tes bewegen können* '). Diese durch den Diamagnetismus widerlegte
') Anfangsgründe der Physik von A. Ritter v. Ettingshausen. 4. Aufl.
Wien 1860. S. 396—397.
644 ü mammer, Lehrbuch der Physik, ang. v. E. BeiiUtiftr.
VorautseUuDg finden wir aber von Dr. Stammet seinen ErkJinii^en
Bd. I, 8. 15i sn Grunde gelegt und mit folgenden Worten empfokien:
«Die Richtigkeit dieser Annahme einer unwägbaren magn^tisohen nässig-
keit, welche doppeller Natur ist, lasst sich swar weder diirch ein Ei*
periment noch durch eine Schlussfolge mit Gewissheit nachweisen, alleio
es kiVnnen mittelst dieser Annahme alle bis jetst beobachteten Erschei-
nungen cur Genüge erklart werden und es widerspricht dersel*
ben bisher noch keine einsige Thatsache.' AU ob der Dia-
magnetismus keine Thatsache wäre. Als solche wird er ja im Buche
selbst, Bd. 1, S. 167, mitgetheilt. Je weniger aber der Leser eines Lehr-
buches durch dessen gekürzte Fassung in der Lage ist, das gesagte za
prüfen, desto mehr soll der Hr. Verlasser bemuht sein, für die BiehÜgkcit
seiner Behauptungen einstehen zu können.
Wir unterlassen es, noch andere kleinere Mangel des vorliegeadei
Buches anzuführen und glauben vielmehr, noch auf einige recht scbaticM-
werthe Seiten desselben hinweisen zu sollen« Die EinschaltuAg yob
Aufgaben zur eigenen Berechnung, um «ein klareres und aicberera Ver-
ständnis der physikalischen Gesetze zu erzielen*, ist allerdii^ gM>80^
diesen trefflichen Zweck zu fördern. Ferner scheint uns die verfaillDis-
mafsig ausfuhrliche Behandlung der Wirmelehre zu den Vorziigea dei
Buches zu gehören. Endlich glauben wir noch die Sorgfalt erwihoei
SU müssen, -die der Hr. Verfasser den physikalischen Anwendungen widiMtei
Diese zeigt sich sowol in der Behandlung einzelner AnweadwigeB, sb
auch in dem Streben, keine der wichtigeren zu übergehen, wie er i.]!.
S. SM den Augenspiegel bespricht
Wien. Ed. Rsitlinger.
Dritte Abtheilung*
Verordnungen fflr die Osterreieliischen <*yin-
nasien; Statistik.
Personal- and Schalnotizen.
(Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen, Aus-
leichnungen u. s. w. — Der Gymnasiallehrer in Laibach, Hr.
ßtofg Vonbank, Wellpriester, lum Lehrer am k. k. Gymnasium su
Inpsbrock.
— DerSupplent am evang. Gymnasium tu Teschen, Hr. Rudolf
Bartelmus, zum wirklichen Lehrer an derselben Lehranstalt
— Der Supplent am evang. Gymnasinm zu Teschen, Hr. Imma-
mul Rasehke, zum wirklichen Lehrer an derselben Lehranstalt.
— Dem Religionslehrer am Gymnasium zu Bger, Se. Hochw.
Hm. Ignaz Schuster, Weltpriester, ist anlasslioh seiner nachgesuchten
YeneUmig in den bleibenden Ruhestand in Anerkennung seiner vieljSh-
rigen ausgezeichneten Wirksamkeit im Gymnasiallehramte das goldene
¥erdieiislkreuz mit der Krone AUergnadigst verliehen worden.
— - Se. k. k. AdosL MajestSt haben dem fursterzbisch. Consisto-
rialralhe, SchuldistrlAs-Aufreher , Rector des Josephstadter (Piaristen-)
Collegtums, Provincial-Assistenten und Pfarrer zu Maria Treu in der Jo-
•epbstadt zu Wien, Anton Krottenthaler', in Anerkennung seines
Yieljahrigen sehr verdienstvollen Wirkens das Ritterkreuz des Pranz-
lotepb-Grdens Allergnidigst zu verleihen geruht
(Concurse, Erledigungen, Stiftungsplatze, Stipen-
llen u. s. w.) — An der k.k. Dnterrealschule in Salzburg die mit dem
Lchnunte der Arithmetik und Physik verbundene Directorsstelle mit 630 fl.,
ereiitael 840 fl. und 1050 fl. ö. W. und einer Remuneration von 316 fl.
6. W. Termins binnen vier Wochen; bei der k. k. Statthalterei für
OberOsterreich und Salzburg zu Linz. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 26. Juni
L J^ Wr. 150.)
— Am k. k. Staatsgymnasium zu Prefsburg mit deutscher
Ihitcrricbtssprache, eine Lehrentelle der dassischen Philologie. Termin:
lt. loU 1. J. , bei der Ofener k. k. SUtthalterei. (S. Amtsbl. s. Wr. Ztg.
r. S. iDli 1. 1., Nr. 155.)
646 Personal- und Schulnotizen.
— Am k. k. Waisenhause iu Wien die Stelle eines paddago-
gischcn Stipendisten (zur Aushilfe im Zeichnen und in den tcchnischcD
Fächern) mit einem Jahresbeiträge von 126 fl. Ö. W. Termin: 5. ku^.
1. J.y in der fursterzbisch. Gonsistorialkanzlei in Wien. (S. Amtsbl. z. Wr.
Ztg. V. 3. Juli 1. J. Nr. 166.)
— An der k. k. Oberrealschule zu Lemberg eine Lehrerstelle
für deutshe Sprache als Hauptfach in den oberen Glassen, mit dem Jah-
resgehalte von 630 Am eventuel 840 fl. ö. W., und dem Vorruckungs-
rechte in 1060 und 1260 fl. ö. W. Termin: Ende Juli, bei der k. k.
galiz. SUtthalterei. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. vom 5. Juli I. J., Nr. 157.)
— An dem neuerrichteten Sclassigen städtischen Franz-Josephs-
Gymnasium zu Drohobycz (Samborer Kreises Oaliziens) 4 Lehrer-
stellen für classische Philologie nebst Befähigung zum Dnlerricbte im
Deutschen , Polnischen oder Ruthenischen für das Obergymnasium , mit
dem Jahresgehalte von 736 fl., eventuel 840 fl. ö. W. Termin: Ende
Juli 1. J.y bei der k. k. galiz. Statthalterei in Lemberg. (S. Amtsbl. z.
Wr. Ztg. V. 8. Juli 1. J., Nr. 160.)
— An den Gvmnasiea Btthmen's u.zw.: am Gymnasium zu Pisek
eine Lehrerstelle für allclassische Philologie, am Gymnasium zu Leit-
meritz eine Lehrerstelle für die böhmische Sprache und das geogra-
phisch-historische Fach und am Gymnasium zu Pisek eine Lehrerstelle
für die böhmische Sprache mit Aushilfe in der classischen Philologie
oder im mathemathiseh-physikalischen Fache, jede mit dem Jahresge-
halte von 735 fl. ö. W. und dem Vorruckungsrechte in 840 fl. ö. W.
Termin : binnen 6 Wochen, bei der k. k. Statthalterei in Prag. (S. AmtsbL
z. Wr. Ztg. V. 8. Juli I. J., Nr. 160.)
— Am k. k. Gymnasium zu Gratz eine Lehrkanzel für Geschichte
und Geographie, am k. k. Gymnasium zu Marburg eine Lehrkaazel
für die lateinische und griechische Sprache, jede mit dem Jahresgehalte
von 736 fl., eventuel 840 fl. ö. W. und dem Ansprüche auf alle übrigen
den Lehrern an Staatsgymnasien zustehenden Emolumente. Termio:
31. 1. J.y bei der k. k. Statthalterei zu Gratz. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. ?,
11. Juli 1. J., Nr. 162.)
— An der Dnterrealschule zu Gr. Kikinda eine Lehrerstelle für
Geographie und Geschichte, für deutsche Sprache und Naturgeschichte
mit dem Jahresgehalte von 525 fl. und einem Quartier- und HoUpau-
schale von 168 fl. ö. W. Termin: 20. August 1. J., an die Districts-
Oekonomie-Verwaltung zu Gr. Kikinda. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. vom
12. Juli LJ., Nr. 163.)
— Am Kleinseitner Gymnasium zu Prag eine Lehrerstelle für
classische Philologie, mit dem jährl. Gehalte von 945 fl. , eventuel 1050 fl*
ö. W. Termin; binnen 6 Wochen, bei der k. k. Statthalterei in Prag.
(S. AmtsbL z. Wr. Ztg. v. !^6. Juli l.J. Nr. 175.)
— An der Agramer katholischen Musterhauplschule und der mit
ihr vereinigten Lehrerbildungsanstalt, die neu systemisierle Dircctorsstelle
mit dem Jahresgehalte von 800 fl. ö. W. u. der Decennalzulage von
50 fL ö. W. Termin: 15. August L J. beim Agramer crzbischöfl. Ordi-
nariate. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 25. Juli 1. J. Nr. 174.)
— Ober die Aufnahme von Zöglingen in die k. k. mediciniscb-
chirurgische Josephs-Akademie für das Schuljahr 18*7., s. Amtsbl.
z. Wr. Ztg. V. 3. Juli 1. J., Nr. 155.
— über die Aufnahme von Zöglingen an der k. k. höheren land-
wirthschaftlichen Lehranstalt zu Üngarisch-Altcnburg s. Amtsbl.
z. Wr. Ztg. v. 14. Juli L J., Nr. 165.
— Über einen erledigten Kall münz er 'sehen Sliflungsplats im
Personal- und Schulnotizen. €47
grafl. Löwenburg'schen Convicle s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. vom %Z, Juni
1. J., Nr. 148.)
— Über den Genuss der vom verstorbenen k. k. Ministerialconci-
pisten Joseph Fr Inder gegründeten Stiftungen s. Amtsbl. z. Wr. Ztg.
vom 7. Juli 1. J., Nr. 159.
— Über die Erledigung von drei Stipendien der Ursula Gräfin
Thanhause n 'sehen Stiftung (Stipendium des Fiumaner Gonvicts, nun-
mehr Stipendienfondes) s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 8. Juli 1. J., Nr. 160.
~ Über einen an der Wiener Handelsakademie erledigten
Stiftungsplatz seitens des Gomite's der Credit-Theilnehmer der Nieder-
österreichischen E«compte- Gesellschaft s. Intelligenzblatt der Wr. Ztg.
V. 11. Juli i. J., Nr.- 162, S: 2836:
— Über einen erledigten gräflich Millesimo 'sehen Stiftungs-
platz s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 14. Juli 1. J., Nr. 165.
— Über eine Valentin Andreas v. Adamovics'sche Stipendien-
stiftung s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 18. Juli 1. J., Nr. 168.
— Über 2 erledigte Jahresstipendien aus den Interessen der Sa-
lomon Maurer Freih. v. Rothschild'schen Stiftung s. Hptbl. d. Wr.
Zig. v. 24. Juli 1. J. Nr. 173 (im aufseramtl. Theile).
— Über ein erledigtes Christ an isches Handstipendium s. Amtsbl.
z. Wr. Ztg. V. 27. JuU 1. J. Nr. 176.
(Todesfälle.) — Zu Komotau am 17. Juni 1. J. .8e. Hochw. Hr.
F. Adolf Waller, Priester des Gistercienser-Ordens, Director des Ober-
gyronasiums und Rector des ProfessorencoUegiums, bischüfl. Notar u. s. w.
— Am 21. Juni 1. J. zu Kupa (Ungarn) der hoflTnungs volle ma-
gyarische Dichter, Hr. Jgnaz Somogi, 20 Jahre alt.
— - Zu Krzeszowice am 26. Juni 1. J. Hr. Dr. Ludwig Bierkowski,
0. ö. Professor der theoretischen und praktischen Chirurgie, Director der
Chirurg. Klinik, an der k. k. Universität zu Kr a kau, Mitglied mehrerer
Gelehrten-Gesellschaften u. s. w. , im Alter von 60 Jahren.
— Im Juni 1. J. zu Liboume (DeparL de la Gironde) Hr. Karl G i r s c h-
ner, früher Professor am Conservatorium zu Brüssel, als deutacher Com-
ponitty namentlich von Männerchören, bekannt, im 57. Lebensjahre.
— Im Juni 1. J. zu Dover Hr. Georg Roberts, Mayor der klei-
nen Stadt Lyme in Dorsetshire, früher Archivar daselbst, als Verfasser
mehrerer historischer und geologischer Werke, sowie dadurch bekannt,
dass er dem berühmten Macäulay schätzbares Materiale zugeführt.
— In Laufzom bei Grünwald am 1. Juli 1. J. der kgl. bayr. Ge-
heimrath, Hr. Dr. Qotthilf Heinrich von Schubert, Mitglied der Aka-
demie der Wissenschaften und Professor der Naturgeschichte in München
(geb. in dem Schönburg'schen Städtchen des Königreichs Sachsen Ho-
heustein am 26. April 1780), als fruchtbarer populärer Schriftsteller auf
dem Gebiete der Naturwissenschaften, der Naturphilosophie und ver-
wandter Zweige allgemein bekannt.
— Am 4. JuU 1. J. zu Prag der hochw. Prälat und Archidiakon
des Metropolitaocapitels bei SL Veit, Hr. Dr. Joseph Adalbert Ritter von
Rauch (geb. zu Prag am 23. April 1781), wegen seiner Verdienste um
das Schulwesen durch Verleihung des Ordens der eisernen Krone 3. Gl.
ausgezeichnet.
— Zu Darmstadt am 7. Juli 1. J. der Präsident des Oberconsisto-
riumsy Hr. Freiherr v. Lepel, auch als staatsrechtlicher Schriftsteller
bekannt, im Alter von 70 Jahren.
— Am 7. Juli L J. zu Poppeisdorf bei Bonn, Hr. Dr. Lach mann,
Lehrer der Naturwissenschaften an der dortigen landwirthschaftlichen
Lehranstalt, in der Blüte seiner Jahre.
Vierte Abtheilung.
Mtocellen.
Zar Krasis in Hyperides').
Franke bat in seinen Lectiones Aeschineae (1. Supplbd. desPbilolo-
gusy Heft 4. S. 430) den Satz aufgestellt ^ dass Aeschines, wenn in ir-
gend etwas, so in der Anwendung der Krasis sich constant geblieben
sein mussei und dass demnach alle Formen, die anderen ähnlichen, von
den Codices mit Krasis überlieferten, widersprechen, su corrigieren seien.
Da Franke sonst in seinen Lectiones den Hyperides fast erschöpfend^ be-
rücksichtigt hat, bei der Krasis ihn aber nur an zwei Stellen berührt,
so schien es nicht überflüssig, den Thatbestand etwas vollständiger su
verseichnen.
Vollzogen ist die Krasis s
I. 6. 22 tidinfiiueta, 6. 15 towfavtlovj 13. 19 und 17. 14
xavoptltt, 8. 13 riXiiiiif 9.6 iv tüvtm tm iprjtpieaaTt. 12. 2 TcrXl«.
II. 24. 11 tiXXa, 23. 18 %6%Bt^sp\ 30. 6 TiapLi.
lü. §. 28. 10 — Cob. 188 und §. 29. 7 = Cob. 197 %i%stpoi.
Nicht vollzogen ist sie z. B«:
I. 3. 9, 4. 17, 6. 20, 13. 16, 13. 22, 13. 24,^ 14. 3, 17. 3,
Tff &^i9ta, 7. 6 ical iyci, 12. 3 (tiXla navxa) xa «Nolov^a, 12. 13
xn instt 12. 7 xa i^xliffiora.
(11. 26. 11 dvotv x6 hs^ov) 27. 3 «ol iiil
Betrachten wir diese Stellen näher. Zuerst xä a^iexa. Pur
Aeschines schliefst Franke wol mit Recht p. 431 : ' übtque xaXXa^ xuXri-
9if, xiXfi&ii ^^ Tffya^a icNpium est. Quidni igitur x&giaxa (3, 49. 101.
237) seriöamus?* In Hyperides dagegen scheint es denn doch, dass^ man
xä iqitnn nicht ändern dürfe, obgleich sich xiXXuj xaXri^ri, xadi%r{ftctta
findet. Denn es steht in der Oesetzformel I. 5. 19 : ^olv xi.q
jijroop äv fi4 ^hv ''^ Affioxei xm difiim xm 'A9'rivai(ov xQi^ficeta licfft-
ßoivmv , oder an Stellen , wo Bezug auf' dieses Gesetz genoBUnen wird.
Zudem bietet der Codex an allen acht Stellen nicht ein einziges Mal xagiaxa.
Dagegen stimme ich L 12. 3 Gobet, der xinoXovdtt cmendiert
(cfr. Caesar in den Noten), bei. Auch IL 27. 3 wird xal iiki in %etfLi
') Benützt wurden für die Reden vnl^ Ev^ivUnov (I) und in^Q
iltmJqp^oiroff (II) Schneidewin's Ausgabe. Güttingen 1863 und Julius
Caesar's Ausgabe. Marburg 1857; für den £pitaphios: Cobet's
Ausgabe, Leyden 1858 und die treffliche Ausgabe von H. Sauppe
im I. Supplementbande des Philogogus. Hfl. 4. Ich citiere für I.
und 11. nach Schneidewin, für III. nach Sauppe und merke bei
letzterer Rede die Zeilen in Cobet's Ausgabe an.
Miscellen. &4^
EU verbessern seio, wie es II. 30. G der fiOdcx richlig hat. Ein Glei-
ches gilt von I. 12. 7. Betreffs I. 7. 6 xoi iya und I. 12. 13 ta
inst Anden sich in Hyperides , aurser 11. 23. 18 , IL 30. 6 und 1, 13.
19 y I. 17. 14 keine Anhaltspuncte. Ersteres lautet nach Franke in
Aescbines stets xaydy letzteres 2. 114 xanei^j obwol in tinsivav die
Codices schwanken. Eine von unseren Stollen 11. 26. 12 dvoi^v x6
IhsQov hat auch Franke berührt. Er will sie unbedingt in dvoiv Q'd-
zfQov corrigieren : 'aui qui$ $emel biu>e dvoiv tö ^tbqov dictum credai
(Hyp 26. 11, Andocid. 1. 57)« quum aexcenties Svoiv &d'csQov se le-
gere meminerU\ Man wird nicht umhin können, trotz des Alters des
Codex, Franke beizustimmen.
Ferner emendiert Franke in Aeschines iyoiv statt 6 aydv 3. 189,
1. 89 und 1. 9!iy zdymvog 1. It6, arij^ und ccdBltpog einzig aus dem
Grunde, weil 3. 189 drei Codices dyrnv statt 6 aymv der anderen Go>
dices bieten. In Hyperides dagegen steht unzweifelhaft 1. 14. 13 und II. 23. 4
6 dycivf I. 4. 11 rov aymvos. Man wird daher dies unangetastet lassen
müssen, sowie andere Stellen, in denen zwar die Krasis eintreten konnte,
aber der Codex auf keine Spuren einer früher vorhandenen Krasis
schliefsen lässt.
Egcr. Johann Lif 8 ner.
Das germanische Nationalmuseum in Nürnberg').
Seit dem 16. Jahrhundert tauchte im Kreise deutscher Gelehrten
wiederholt der Gedanke auf, einerseits die vorhandenen, aber weit zer-
streuten Reste deutscher Vergangenheit als Geschichtsquellen zu ver-
zeichnen , anderseits die bedeutendsten schriftlichen Denkmäler kritisch
zu würdigen und durch Herausgabe allgemein zugänglich zu machen.
Aber der Ruf der Einzelnen verhallte wie die Stimme in der Wüste, das
Volk war für ein wissenschaftliches und zugleich vaterländisches Unter-
nehmen noch nicht reif genug. Erst die gewaltige Bewegung der Frei-
heitskriege in unserem Jahrhundert, die das Volk in seinen Tiefen auf-
regte, war im Stande die Ausführung groüsartiger patriotischer Ideen
vorzubereiten. Die Noth der Zeit mahnte den Volksgeist zur Einkehr
in sich selbst und die vaterländische Wissenschaft nahm einen nie ge-
ahnten Aufschwung; die Brüder Grimm schufen mit einer begeisterten
Schar von Jüngern die deutsche Philologie, die echte «Wissenschaft vom
deutschen Volke» und auf Anregung des grofsen Patrioten, Freih. von
Stein, trat 1819 zu Frankfurt a/M. ein Verein in's Leben, der bald eine
für die deutsche Geschichtswissenschaft unendlich segensreiche Thätig-
keit entfaltete. — Die von ihm ausgehende national-wissenschaftliche Be-
wegung sezte sich in allen Breiten und Tiefen des Volkes fort, und allent-
halben, von der Schweiz bis zu den Ostseeprovinzen, von den südöst-
lichen Grenzmarken deutschen Lebens bis Friesland hin, bildeten sich
in kurzer Zeit Vereine znr Erforschung der Geschichte der engern Hei-
math. — Diese sogenannten historischen Vereine blieben aber nicht bei
der Aufgabe des Frankfurter Hauptvereins, der Aufsuchung und Bekannt-
machung schriftlicher Quellen, stehen, sondern dehnten unter dem Ein-
flüsse der frisch auflebenden deutschen Philologie ihre Forschungen auf
alle Gebiete der Culturgeschichte aus. — Sollten die Resultate dieser
Einzelbestrebungen nicht durch Zersplitterung für die allgemeine deutsche
') Vergl. die orientierenden Aufsätze über das germanische Museum
in der «deutschen Vierteljahrschrift» 1859 und im «Weimarer Jahr-
buch för deutsche Sprache und Literatur*' 18^.
Seittehrift f. <l. dcUrr. O/mnai. IMG. VIU. HeCX. ^^
«50 Miscellen.
Alterthumsliunde ▼erloren gehen, so musste ein neuer Einigungsptinct
geschaffen werden. — Man fühlte bald dies Bedtirfnis^ und der BegrCmder
des ersten deutschen Specialgeschichtvereins, Paul Wigand in Westfalen,
beschloss (1831) Jahrbücher herauszugeben, die für sämmtliche Vereine
ein Vermittlungsorgan werden sollten. Bald darauf (1832) wurde dieser
Gedanke vom Freih. von Aufsess in Nürnberg weiter ausgebildet. Er
gründete einen „Verein für Erforschung upd Bewahrung der Denkmäler
deutscher Geschichte und Kunst* stellte die Zeitschrift «Anzeiger för
Kunde der deutschen Vorzeit* allen Geschichtsvereinen als GxsntralorgM
zur Verfügung, und sprach die Absicht aus, Generalversammlungen vob
Abgeordneten sämmtlicher Vereine zu veranstalten. Zugleich sollte auf
Begründung eines Institutes hingearbeitet werden , das als Central-
m u s e u m einen factischen Einigungspunct abgeben könnte , indem es
alle Theile der deutschen Geschichtswissenschaft in S»chrift und Bild, in
Original oder Copie zu umfassen bestimmt sei. Hartnäckiger Wider*
stand in nächster Nähe vereitelte die Ausführung dieses Planes und be-
weg Freih. von Aufsess sogar, vom Vereine und der Zeitschrift sich zu-
rückzuziehen. Doch wurde er seinem grofsen Plane nicht abtrünnig,
sondern versenkte sich immer mehr in den nationalen Gedanken und
machte seine Durchführung zur Aufgabe seines Lebens. — Mittlerweile
waren andere mit ähnlichen Gedanken hervorgetreten, ohne jedoch durch-
zudringen. 1846 kam endlich auf einer Germanistenvcrsammlung zu
Frankfurt a/M. ein Verein deutscher Forscher zu Stande, der sich die
Aufgabe stellte, eine organische Verbindung zwischen den einzelnen Ver-
einen herzustellen und zu wahren. Hier trat auch Freih. von Aufsess
mit seinem Vorschlage zur Errichtung eines Centralmuseums wieder auf;
doch nochmal predigte er tauben Ohren, man hielt das Unternehmen für
unausführbar. — Die weitere Verfolgung des Planes unterbrachen die
Stürme des Jahres 1848. Erst nachdem sich die Wogen des politischen
Lebens wieder gelegt hatten, fand die Idee eines germanischen National-
museums auf einer Versammlung deutscher Altertbumsforscher zu Dres-
den (1852). die unter dem Vorsitze des damaligen Prinzen, jetzt Königs
Johann von Sachsen tagte, den lebhaftesten Beifall; der vorgelegte Plan
wurde mit einstimmigem Beschluss genehmigt , Freih. von Aufsess zu-
gleich zum Vorstande gewählt und so das Nationalinstitut begründet.
Da Aufsess sicherbot, seine reichhaltigen Privatsammlungcn dem Museum
auf 20 Jahre zur Verfügung zu stellen, und vorläuGg die geeigneten Lo-
calitäten zu überlassen, so wurde Nürnberg der Sitz des neuen Institutes.
Die Aufgabe des Nationalmuseums ist nach dem von der Dresd-
ner Versammlung genehmigten Plane eine zweifache: 1. Soll es durch
seine vielgegliederten Organe überall nach den Spuren forschen, welche
der germanische Volksgeist als sichtbare Zeugnisse seines Bildungsganges
hinterlassen bat, sei es in Kunst oder Wissenschaft, in Sitte oder Sage,
im häuslichen oder öffentlichen Leben; das Museum dient also der Wis-
senschaft vom deutschen Volke in der weitesten Bedeutung. 2. Was
die Forschung da und dort zu Tage fördern mag, soll in diesem Mu-
seum gesammelt werden, indem es entweder im Original, in Abbildung
und Abschrift oder wenigstens durch einfache Verzeichnung in seine
Räume übergebt — So wird das Institut alles in sich aufnehmen, was
in einzelnen Vereinen und Sammlungen zerstreut ist, und wird dem For-
scher entweder die Quellen unmittelbar bieten, oder ihm wenigstens die
sichern Wege zu denselben weisen. — Diese doppelte Aufgabe ist aller-
dings zu grofsartig und umfassend, als dass sie in wenig Jahren, ja in
einem Menschenalter ausführbar wäre; aber an der Gröfse der Aufgabe
wächst ja die Kraft, und der immer vorwärts schauende Blick lässt die
Thätigkeit nie erschlaffen. Nur zaghafte Naturen können aus derGrofs-
Miscellra. «51
artigkeit des Zweckes dem Museum einen Vorwurf machen ; wer weifs,
was Begeisterung leisten kann, wird ihm vom Herzen ein «Gluck auf» zurufen.
Eine so vielverzweigte Thatigkeit erfordert auch einen vielglied-
rigcn Organismus. — Es sollen die mannigfaltigsten Kräfte in Be-
wegung gesetzt, in harmonischem Zusammenwirken erhalten und das
Resultat ihres Strebens für die deutsche Wissenschaft in ausgedehntester
Weise nutzbar gemacht werden. — Die Leitung der ganzen Anstatt liegt
in den Händen eines DirectOriums mit dem Sitze in Nürnberg; ihm
zur Seite steht einVerwaltungsausschuss, der sich jährlich ein-
mal versammelt und sich ständig durch einen engern Localausschuss
vertreten iässt. Zur Besorgung der Kanzleigeschäfte werden zwei Se-
cretäre angestellt und die verschiedenen Sammlungen : Archiv, Bibliothek,
Kunst- und Alterthumssammlung sachkundigen Männern als ständigen
Beamten anvertraut. — Die Thatigkeit aller Museumsbeamten sammelt
sich zu einem Brennpuncte in der Abfassung eines Generalreperto-
ri ums sämmtlicher Quellen deutscher Geschichte in allen ihren Zweigen.
— Dadurch gewinnt das Museum eine höhere Bedeutung, als die einer
Schaustellung gewisser interessanter Dinge, die einer Arbeitsstätte
im antiken Sinne, in welcher eine nie ruhende, stets vorwärts schrei-
tende Thatigkeit ein weitgestecktes hohes Ziel anstrebt. — Zur Errei-
chung dieses Zieles bedarf die Anstalt aber allseiliger Unterstützung in
allen deutschen Gauen, die zunächst durch den Geiehrtenausschuss
geboten werden soll. Er besteht aus einer unbestimmten Anzahl von
Männern der Kunst und Wissenschaft, die, über alle Länder zerstreut. Je
einen Zweig der in das Bereich des Museums fallenden Wissenschafteh
vertreten und die Aufgabe haben die Anstalt sowol mit ihrem geistigen
Fonde und Ansehen, als auch wenn nöthig durch Arbeit zu unterstützen.
— Zur Vermittelung des Geschäftsverkehrs werden eine möglichst grofse
Anzahl von Agenten (Pfleger genannt) bestellt, die der nationalen Idee
die erforderliche Zeit und Mühe zum Opfer bringen. — Ihre Hauptauf-
gabe besteht darin, die Sache des Museums dem Laienpublicum gegen-
über zu vertreten, das Verständnis des nationalen Onternehroens zu ver-
breiten und die Tbeilnahme des Volkes zu wecken. Denn das Mu-
seum soll nicht eine Angelegenheit des Gelehrtenstandes bleiben, es soll
im ganzen Volke Wurzel fassen; es bedarf zu seinem Gedeihen nicht
blofs der geistigen, sondern auch materieller, und sogar bedeutender
Kräfte, die ihm nur durch rege Beiheiligung aller Volksdassen zugeführt
werden können. Das Mafs der Unterstützung ist nicht festgestellt, son-
dern dem Belieben der Einzelnen überlassen. Die Gaben sind entweder
Geschenke ein für allemal, oder jährliche Beiträge, oder Actien zu 100 fl.,
die dem Museum aul 10 Jahre zur Nutzniesung überlassen werden.
Aufserdem steht es nocb in jedermanns Belieben, die Sammlungen durch
Urkunden, Drucksachen, Werke der Kunst und des Gewerbsfleifses zu
bereichern. — So soll die Anstalt durch das Volk gedeihen, und für sei-
nen Gemeinsinn, seine Achtung idealer Güter ein lebendiges, achtungge-
bietendes Zeugnis abgeben.
Das Museum muss aber auch mit all seinen wissenschaftlichen
Schätzen dem Publicum zugänglich gemacht, die Benützung derselben
möglichst erleichtert werden. Dazu ist ein eigenes Anfragebureau
eingerichtet, das auf Wunsch über jede Specialität nach Mafsgabe des
gesammelten oder verzeichneten Materials und des im Geiehrtenausschuss
repräsentierten Fondes von Kenntnissen bereitwillig Auskunft gibt. — Ein
rcgelmäfsiger Verkehr mit der gelehrten Welt wird durch die Zeitschrift
«Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit* als Organ des Museums her-
gestellt und in den zeitweilig erscheinenden «Denkschriften* werden die
wichtigsten Resultate des Wirkens des Nationalinstitutes niedergelegt,
über die der «Jahresbericht* regelmäßig Auskunft gibt.
44*
6ft2 MiflCeUen«
Das germanische Nationalmuseum wurde am 15. Juni 1853 in
Gegenwart der Nolabilitaten der Stadt Nürnberg und der Universität Er-
langen feierlich eröffnet. Die sechs Jahre seines bisherigen Bestehens
können für eine glänzende Feuerprobe gelten , denn sie bewährten die
Lebensfähigkeit des Institutes; rascher als man es erwarten konnte,
wuchs die Theilnahme des Publicums, der Regierungen wie der Privatea.
und unter dem Segen des allgemeinen Antheiis gediehen die Arbeiten
des Sammeins und Ordnens. Der deutsche Bundestag nahm die
patriotische Anstalt in Schutz, empfahl sie der Unterstützung der einzel-
nen Regierungen mit Nachdruck und überlicss ihr die für einen bedeu-
tungsvollen Zeitabschnitt der Geschichte des Vaterlandes höchst wich-
tigen Acten der Frankfurter Nationalversammlung. —
Seither wird das Museum von 42 regierenden Häusern und Staatscassen
mit Geld im Betrage von 7600 fl. unterstützt, wozu Se. Majestät der
Kaiser von Oesterreich 1200 fl. beiträgt. Ebenso haben im Laufe der
Zeit 90 fürstliche Häuser, 257 Städte, politische, militärische und wis-
senschaftliche Corporationen dem Institute ihre Theilnahme zugewendet,
indem sie seine Zwecke entweder durch namhafte Geldbeiträge oder
durch Schriftenaustausch fördern. Der Gemeinderath von Wien z. B.
spendet jährlich 100 fl., 380 deutsche Buchhandlungen haben ihre ein-
schlägigen Verlagsartikel der Bibliothek zugesagt; bei 300 Männer der
Wissenschaft (davon 50 aus Oesterreich) schlofsen sich als Mitglieder
des Gelehrtenausschusses dem Museum freundschaftlich an, und 200 Agen-
ten vertreten die Sache desselben in allen Gegenden Deutschlands. —
Die Theilnehmer, d. h. jene Private, welche durch einen regelmäfsigen
Beitrag irgend welcher Art das Museum unterstützen, haben die Zahl
von 40.000 fast erreicht und es geht durch dieselben der Anstalt eine
nicht unbedeutende jährliche Summe zu, die im Vorjahre aliein um
7000 fl. zugenommen. — Das Nntionalmuseum besitzt demnach bereits ein
Grundeigcnthum von 100,000 fl., Sammlungen im Werthe von 160*000 fl.
und eine Jahresrente von etwa 16,000 fl. In Nürnberg hat es sich durch
dem Ankauf der Karthause grofsartigc, dem Zwecke entsprechende Ge-
bäulichkeiten und eine bleibende Stätte erworben. Es besitzt bereits
eine deutsch-historische Bibliothek von 30,000 Bänden, ein Archiv von
mehr als 14,000 Urkunden, eine Kunst- und Alterthumssammlung von
39,000 Stücken. Vom General repertorium sind bereits 472,000 Blätter
zum Handgebrauche angefertigt und in häuGgen Fällen war das Anfrage-
bureau bereits in der Lage, von Behörden oder Privaten gestellte An-
fragen in befriedigender Weise zu erledigen. — So steht das Institut be-
reits als ein freier und lebensvoller Organismus innerhalb der deutschen
Welt; doch ist es von seinem hohen Ziele noch weil entfernt, seine
wahre Bedeutung liegt in der Zukunft, wenn die Unterstützung des Pu-
blicums noch nachhaltiger und kräftiger, dec Anthcil der Gelehrten noch
reger und allseitiger geworden sein wird.
Lehrer ah Mittelschulen sind in der Lage die Sache des Museums
in mannigfacher Weise zu fördern. Wollen sie ihre Theilnahme nicht
in Form eines kleinen Geldbeitrages an den Tag legen, so sind sie zu-
nächst berufen als Agenten die Nalionalanstalt dem Publicum gegenüber
zu vertreten, oder durch Anfertigung von Localrepertorien, Beiträge für
den «Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit"^ die Bestrebungen der
lluseumsbeamten zu unterstützen. Nach dem sechsten Jahresberichte
(über 1869) sind bereits 7 Gymnasien und eine Realschule in Oester-
reich mit dem Museum in Verbindung getreten; auch findet sich unter
den Beiträgem eine grofse Zahl von Lehrern an österreichischen MiUcl-
sehulen und von den Agenten in Oesterreich gehören eilf dieser Sphäre an.
Wien. A. Egger.
Erste Abtheilung.
Abliandlangen.
Die Constrnction der lateinischen Zeitpartikeln.
(Fortsetzung von Hft. VIII, S. 569 ff.)
II.
Seiner Natur gemafs bezeichnet cum^ mag man es nnn
für identisch halten mit der Präposition, oder es strict nur als
correlative Partikel za dem demonstrativen tum betrachten, die
temporale Verbindung und Zusammengehörigkeit zweier Hand-
lungen, Urtheile u. s. w. Beide Handlungen müssen der Zeit nach
zusammenfallen; die Zeit der einen muss zugleich auch die der'
anderen sein ; sie müssen coincidieren, wenn auch nicht in ihrem
Verlaufe sich vollständig decken. Sollen wir Beispiele für die
Gnindanwendung des temporalen cum geben, so brauchen wir
nur die Stelle des Grammatikers Charisius*^ herzusetzen,
der den Gebrauch von cum mit dem Indicativ vollkommen
richtig durch Beispiele präcisiert, p. 200 P.(p. 226 Keil): it[cum]
finitims iufigitur ^ quotiens ad id iempus quo agebam r«-
fertur : ycum de clamo v enit^ ^ id est ipso tempore quo
declamo , yCum de clamabam^ ^ [id est ipso tempore quo
declamabam]^ ut apud Vergilium [Aen. 1, 697] ^eum venit,
aulaeis iam se regina süperb is aurea conpo-
suit sponda^y id est tempore ipso quo veniebat; et apud
Ciceronem [in Cat. I, 10, 27] ^tantum profeci cum te
a c onsulatu reppuli^^ [id est ipso tempore quo rep^
pult] profeci. sie quoque et futuro iungitur finiCivorum^ ut
apud Vergilium [Aen. I; 687] jcum dabit amplexus
atque oscula dulcia figet^^ quod est ipso tem"
pore quo dabit amplexus et figet oscula; sie et Cicero [in
Cat. I, 11, 29] yun cum bello vastabitur Italia^
*®) Das gleiche gibt Diomedes p. 386 P. (392 Rcil.)«
Z«iuchrift f. d. Stterr. Gfinoai. 1S60. IX. Heft. ^^
654 Ober die Gonstr. der lat Zeitpartikeln, y. E. Boffttunm,
vex abunCur urbesy teeta ardebunt^ Cunc te non
existimas?' significat enim illo tempore esse invidia con-
flagraturum quo vastabitur Italia^ tecta ardebunt.'^^
Wenn demnach fär das temporale cum mit dem Indi-
caiiv die noihwendige Forderung Gleichheit der Zeit ist,
80 liegt die Folgerung nahe, dass, wo ^ixit solche Gleichheit
nicht stattfindet^ der Conjunctiv einzutreten habe. Aber
wenn von Gleichheit oder Ungleichheit der Zeiten die Rede ist,
so kann damit zunächst nur die Beschaffenheit der natürlichen
Zeiten, nicht aber jenes relative Verhalten zweier in demselben
natürlichen Zeitraum, in der Vergangenheit, liegender Hand-
lungen gemeint sein, welches Charisius allein nur im Sinne hat,
indem er fortfahrt: hoc pacto [eum\ iungilur flnieivis; #u6-
iunctMs verOy cum post factum aliquid significat^ ut ^^eum
vent'ssetf deelam-avi^^. sigmficat enim prius venisse et
Sic se coepisse declamarcy ut apud Ciceronem [in Caf. 11,
6, 13], f^cum nie homo audaeissimus conscientia
convictus reticuissetjpatefeci.^^namprimum Catilina
tacuit et tunc Cicero patefecit.' Wie es mit der Anwendung
von cum bei solcher relativen Zeitungleichheit sich verhalte,
werden wir bald nachher sehen; zunächst werden wir noch den
Fall in's Auge faj«sen müssen, wo Handlungen von natürlicher
oder absoluter Zeitungleichheit zu einander in Relation treten
sollen. Da ergibt sich nun aber von selbt, dass zwischen so be-
schaffenen Handlungen, von denen die eine in die absolute Ge-
genwart, die andere dagegen in die absolute Vergangenheit (der
Ausdruck dafür ist das aoristische oder historische Perfect) oder
in die Zukunft gehört, keinerlei Zeilberührung stattfinden kann,
und dass somit eine objective Correlation derselben durch Ver-
mittlung von cum ganz undenkbar ist. Es hieße dies eben
nichts anderes, als das nicht mehr seiende oder das noch
nicht seiende für gleichzeitig mit dem jetzt seien-
den erklären. Falls nun überhaupt eine Beziehung zwischen
dem Eintreten solcher durch ihre natürliche Zeillage auseinander
gehaltener Handlungen stattfindet, so kann diese nur subjectiver
Art sein, und es wird ganz von der Beschaffenheit der betreffen-
den Handlungen selbst abhängen, wie in den einzelnen Fällen diese
subjective Beziehung und Verbindung etwa näher zu formuliren
wäre. Das ist nun aber dann das Terrain des sogenannten cum
eausalCj das sich nur insofern noch weiter ausdehnt, als
Handlungen von jedweder Zeitbeschaffenheit hinsichtlich ihres
Eintretens in subjective Beziehung gebracht und so durch cum
mit dem Conjunctiv verbunden werden können.
Handlungen von ungleicher natürlicher Zeit wird man nicht
leicht durch cum mit dem Conjunctiv zur blofsen temporalen
Bestimmung der einen durch die andere verbinden; wir haben
ja eben die absoluten Zeiten im Auge, und diese bestimmen
Ober die Constr. der Itt 2ei^artikelii, t. E. Bofiiumik US
8ich selbst. Um die unmittelbare Gegenwart zn erkennen, be-
darf es nicht der Zeitbeziehang auf die Vergangenheit« Wenn
es sonach scheinen könnte, als ob überhaupt das Eingehen auf
die Frage über die durch cum auszudrückende temporale Re-
lation von Handlungen in absolut ungleicher Zeit ganz mulsig
gewesen wäre, so wird sich doch später die Gelegenheit finden,
von diesen allgemeinen Sätzen praktische Anwendung zu machen,
wenn wir zur Erörterung des Gebrauches von cum interea
(im Zusammenhange mit dem Gebrauche des sogenannten ^cum
des Nachsatzes^ kommen werden« Es wird sich da nämlich die
Nothwendigkeit herausstellen, manchen Herausgebern entgegen zu
treten, die den Indicativ bei cum interea auf alle Fälle für
gerechtfertigt und wol gar für nothwendig erachten, unbeküm-
mert um die Zeitbeschaffenheit des anderen Gliedes.
Einige Fälle, wo scheinbar heterogene Zeiten durch cum
mit dem Indicativ in objective Relation gestellt sind, werden wir
bald zu erwähnen Gelegenhrit haben.
Was bis jetzt über die Unmöglichkeit einer objectiven durch
eum vermittelten Relation von Handlungen von ungleicher Zeit-
beschaffenheit gesagt wurde, galt, wie in vorhinein bemerkt
vnirde, nur von ihrer Lage in der natürUchen Zeit; anders da-
gegen verhält es sich, wenn zwar der grammatische Zeitausdruck
verschieden ist, gleichwohl aber 2^itidentität zwischen den ver-
glichenen Gliedern stattfindet«
Von diesen Fällen, wo die grammatische Zeitform im Wi-
derspruche zur objectiven temporalen Relation zu stieben scheint,
wollen wir zunächst den betrachten, wo Präsens und Futur*')
durch eum verbunden sind.
Die beiden möglichen Formen dieser Verbindung sind, dass
entweder das Präsens oder das Futur in dem relativen Gliede
steht.
Steht das Präsens im relativen Gliede, so bedeutet
es nicht mehr die unmittelbare, absolute Gegenwart des Spre-
chenden, sondern eine beliebig mögliche, also logisch noch
in der Zukunft liegende Gegenwart, in welche hinein die an-
dere, vom gegenwärtigen Standpuncte aus als zukünftig bezeich-
nete Handlung des demonstrativen Gliedes fällt. Durch die hy-
pothetische Beschaffenheit des relativen Gliedes ist es dann nahe
gelegt, eum mit ,wenn^ zu übersetzen. Cic. p. Rose« Am.
**) Z^^ischen dem Futarom simplex und exactum brauchen wir far
unseren Zweck keinen Dnterschied zu machen, da beide Formen
nicht besondere Arten von Zukunft bezeichnen, sondern nur eine
besondere Art des Seins als zukunftig setzen. Das Futur simplex
gibt die Zukunft eines Seins in der Bedeutung, wie sie das Prä-
sens enthalt; das Futurum exactum dagegen gibt die Zukunft in
der Bedeutung, wie sie in dem Perfect, d. h. in dem Prisens rei
perfectae, vorliegt.
656 Ober die GoDstr. der lat. Zeitparükeln, v. E. BaffinamL
40, 116: ad cuius igilur fidem eon fugtet [fVr, qui cum al"
tero rem communicavit] - cum per eius fidem laeditur, cui
ae committeric? — in Verr. V, 69, 177: AC quo tempore fu-
turum est [de te , Q. Hortensie iudicium]? nempe eo [$e,
tempore futurum est], cum populus Romanus aliud genus
hominum atque alium ordinem ad res iudicandas requirit^
lege de iudicii» iudicibusque nom promulgata, — p. Flaca
17, 40: Qui de tabulis publicis recilat iis, quae ith aecusaioris
potestate fuerunt, non debet habere auctoritatem : .... cum
vero iSf quem nemo veslrum vidit unquam^ nemo ^ qui mor^
iaiis esset ^ audit^ity tantum dicit , dedi ^ : dubitabiliSy iudi^
ces, quin ab hoc ignotissimo Phryge nobilissimum cicem rt«*
dicetisi^^), — d. legg.III, 10, 24: cum deni ereanCur, iton-
nutlos in omni memoria reperies pemiciosos tribunoa.
Insofern das logische PerTect Präsensbedeutung an-
nimmt, findet sich auch dieses zuweilen im relativen Gliede ge-
genüber einem Futur im demonstrativen, — jedoch nur bei Dich*
tern •*). Verg. Aen. XII, 206 : Ut sceptrum hoc . . . Numquam
fronde levi fundet vir gutta nee umbras^ Cum semei in silvis
imo de stirpe recisum Matre caret^ posuitque comaa ei
bracchia ferro, (posuit kommt in seiner Bedeutung dem Präsens
caret gleich).
Steht dagegen das Futurum in dem relativen Gliede,
in dem demonstrativen das Präsens, so bezeichnet das
letztere die Gleichzeitigkeit mit jener in dem relativen
Gliede gegebenen Zukunft. Cic. Lael. 22, 82: In laiibus..^
stabilitas amicitiae confirmari polest^ cum homines primum
cupiditaCibus imperabunt^ deinde aequitate iustitiaque gau-
debunt e, q, s. — Ebd. 22,85: cum iudicaveria diligere
**) Es ist wol kaum iiölhig zu bemerken, dass in einem Falle wie
Cic. ad Att. 111, 22, 1 : Sed tum, cutn adventare miUtes dlcun-
tur . faciendam nobis erit, ut ab eo discedamus — nicht fa-
ciendum erit das demonstrative Glied bildet, sondern dass dieses
vielmehr in dem iam (— ^o tempore, cum,,,) involviert ist.
Vgl. Liv. XXXVl, 7, 2: 67 adhibitus essem in consitium . . . , ean-
dem sententiam dixissem, guamhodie, cum de TAessalis agi-
tur, dicam.
••) Nach Orclli fände sich freilich eine solche objeclivc Zeitrelation
zwischen Perfecl und Futur auch bei Cicero, Phil. XIV, IJ, 30:
Sed id quldem restat victoribus, quibns senatiis fldes praesfaiur;
quam cumdifftcHUmo rei pubUcne tempore secuti suntn cos
nunqum oportebtt consilii sui poenitere, — allein hier kann
man den Indicaliv ,^««1 seculi sunt' nur monströs nennen, da
das Perfecl kein logisches, vielmehr ein historisches ist, etwas
absolut vergangenes angiebt. Ernesli und Wernsdorf haben daher
mit richtigerem Gefühl ,sint' gesetzt, doch ist die ganze Stelle
zweifelhaft, da die Handschriften und ältesten Ausgaben theils
quamquam id, theils quam quia, quontam u. dgl. statt quam
cum geben.
Ober die GoDStr. der lat. ZeitpartilLeld^ v. E. Hoffmann. 657
oportet^ non cum dilexeri$ iudicare. — ad Att. I, 7:
Omnem spem deleclationis nostrae, quam cum in otium ve-
nerimusy habere volumus, in tua humanitate posHam habe^
mun. In diesen drei Stellen erleichtert es die Natur der eine Disposi-*
tion ausdrückenden Yerba posse^ oportere^ velle^ das demonstrative
Glied in die Zukunft zu räcken. Seltener sind Fälle, wo andere Prä-
sentia das demonstrative Glied bilden. Cic. Orat. 55, 183 : quos (ver-
8us) cumcanCu spoiiaveris^ nuda paene rem an et oratio.
— Val. Max. IV, 8init. : Nam cum ab his [fontibug] orietur
[liberalitas]^ tunc demum ei ratio consta t. — Vielmehr ist zu be-
achten, dass in den seltensten Fällen das demonstrative Glied im Prä-^
sens schlechthin gegeben ist ; dass es meist in einer oder der anderen
Art der Bedeutung eines Futurs nahe gebracht ist, sei es, 1. dass
es durch Anwendung des Conjunctivs das Gepräge der Ungewissheif^
der (in der Zukunft liegenden) Möglichkeit erhalten hat, oder 2. dass
es als Imperativ oder imperativischer Conjunctiv gestaltet ist, oder
8. dass es als Final- oder Consecutivsatz, abhängig von einem
Präsens, auftritt^ oder 4. dass es ein Infinitiv Präsens ist, der
nach Beseitigung der Abhängigkeit als Futur gegeben werden
müsste.
Belege für diese vier Fälle sind:
1. Cic. ad. Att. IV, 17, 1 : Credo enim te putasse tuas
muUere» in Apulia esse: quod cum seciis erit^ quid ie
Apulia moretur'i — Ebd. IV, 9, 1: et^ opinor^ usquequaque
de hoc \Pompeiö\ cum dicemusj sit hoc quasi xal rode
OoxvkCdov, Or. 18, 41: minume mirum fiUurum sit^ si
cum aetate processerit^ ,,* retiquis omnibus praestet^
2. Cic. p. Rose. A. 20, 67: deinde si voleti'Sj etiam /um,
cum veri simile erit aliquem commisisse^ latratote. —
in Verr. V, 59, 164: Cum ego P. Oranium testem pro--
duxero^ refellito^ si poteris. — p. Mur. 81, 65: resi-
stito gratiaCy cum officium et fides postulabit, — p. Marc.
9,27: tum tCj si voles^ cum et patriae quod debes solceris
et naturam ipsam expleceris satietate .vivendi^ satis diu vixisse
dicito. — ad div.XVI, 4: Cum valetudini tuae consulueris^
tum consulito navigationi. — ad Alt. III, 8, 4 : Quare^ cum
me afflictum et confectum luctu audies^ existimato me
stultitiae meae poenam ferre gravius quam eventi. — p. Flac«
8, 19. — Liv. XXIV, 38, 7: cum toga Signum dedero^ tum
clamore sublato turbam invadite ac sternite omnia ferro. —
Tac. An. I, 22: Cum oculis^ cum tacrimis dolorem meumim-
pleveroj me quoque (rucidari iube. — Cic. in Verr. IV,
22, 48: Cum testes ex Sicilia dabOy quem volet iile eli"
gat. — de off. I^ 34, 122: cum relaxare animos volenti
eaveant intemperantiam^ meminerint verecundiae. — Ebd.
III, 10, 46: Cum autem in amicitia, quae honesta non sunt^
postulabuntur^ religio et fides anteponatur amici^
«56 Ober die Gonstr. der lat. ZeiKpartikeln, t. M.
Üae. — Phil. XIV, 1, 2. ad Ali. V, 1, 6. 10, 2, 6. — LiT. III, 25, 8 :
»acrata quercu» et quidquid deorum esC audiatU foedu9 m «o«
bi9 rupium noslrisgueee nunc guereiis ad Mini et mow mrmä$y
€%tm deorum honUnumque eimul vioiata iura eareeguemmr»
Ebenso V, 64, 8. IX, 16, 16. — Verg. BcL 10, 4: Sie Mi
CUM fluciu» »uhteriabere Sicanosj Doris amara euamnon
intermieceat undam. — 6eo. IV, 2K Aen. I, 685. IV, 618.
XII, 76. 821. — Tibull. I, 1, 69: Te epe eiern, ntproma
mihi cum venerii hora.
8. Cic* ad Att« VI, 8, 4: Formam ißitur mihi loiius rei^
publieme^ ei iam ee Romae, aut eum eriej veiim miitae.
Ebd. IV, 10, 2: ea veiim^ eum poierie^ inüisme.
Ebenso 1, 10, 8. II, 7, 2. IV, 1 ], 1. ad dir. lU. 1, 2. V, 2, 4. OraL
84, 120: eumque iUa dMna eognoverity volo ne igmo^
rei ne haee qtMem humana. PUL II, 6, 10 : eimui iiiud or», ne am
hodie^ eum isH, ui provoeavii, responderoj obiitum eeee
puteiis mei. — Sali. Cat. 68, 8: qua propier voe maneo,
Uli eum proelium inibitis, memineriiie eett. — Cic.
ad div. I, 7^ 4: eeae ei iuae ei noeiri imperii dignUaÜM^ t§
eum eiaese proficieci Alexandriam^ ui eam cum pace prao*
eidioque firmaris^ Ptolemaeus redeat in regnum. — PhiL
II, 6, 10^ aiterum ipee effieiam ui^ eonira iUum eum die am,
ailenie audiaiis. — p. Quint. 2, 8. 18, 43. in Verr. Ad. L
18, 64. p. Flac. 27, 66. ad div. I, 7, 6. 9, 19. III, 10, 8. ad
AU. II, 14, 1.
4. Cic. in Verr. V, 71, 188: O^am ob rem mihi opta-
tum ilhtd esi^ in hoc reo finem accueathdi facerCj cum H
populo Romano »aiisfacium et recepCum officium Sictüis
erit pereoiuCum. (Ohne die Abhängigkeit des demonstra-
tiven Gliedes von optatum eet s=> finem aecusandi faciam,
eum erit satisfaetum — pereoiutum.) — Sali. Cat 12, 3:
Operae pretium est^ cum domo» atque villas cognoveris,
in urbium modum exaedificata», visere iempla deorum eetL
— 61, 24: qui convenii in minore negotio legem timere,
eum eam in maiore neglexeris? — 62, 17: quare cum
de P. Lentulo eiatuetie^ pro eerto habelote, vo» eimui de
exereiiu CaUlinae et de omnibu» coniurati» decernere. — 68,
16: Nam in fuga aalutem eperare, eum arma^ qui» c&r^
pu» tegitur, ab hosUbu» avorieri», ea vero dementia e»i.
Ganz dem entsprechend, dass das Präsens in Zeitrelation
za einem Futurum sich nur auf die Gegenwart des letzteren be-
sieht, die Gleichzeitigkeit mit diesem ausdrückt, bezeichnet auch
das Präsens, wenn es durch cum in Zeitrelation zu einem
Perfect gesetzt ist, stets nur eine Gegenwart, die gleichzeitig
liegt mit der Vollendung der im anderen Gliede gegebenen Hand-
lung. Dabei ist es im Grande gleichgiltig, ob dieses Perfect
Ober die CoD8tt. der lat Zeirpartikeln, t. S, Bat^nmm. 659
ein historisches ist, oder ob es logisch zu fassen ist als Prä-
sens actionis perfectae: das Zeilverhilrniss der verbundenen Giie«
der zu einander bleibt dasselbe. Wenn wir jedoch beide Arten
von Perfect sondern, so werden sich vier Fälle anterscheiden
lassen :
1. Im relativen Gliede steht das historische
Präsens^ im demonstrativen das historische Per«*
fect. Cic. p^Rosc. A. 41, 120: Cum oeeidilur S. Ro$eimßj
[servil ibidem fueruni. Zweifelhaft wegen der Formgleich-
heit von Präsens und Perfect ist: in Yerr. II, 62, ISO: Bero^
äoCuß cum Roma revertilur^ offendit eum mensewk, qui
comequilur m^nsem eomitialem. — Terent^ Euo. 792 Fl. :
guom iiöi do ietam virginem, Dixtin ho$ mihi dies sali
dare /«?")
Zwei scheinbare Ausnahmen werden wir mit diesem Falle
in Verbindung zu bringen haben , je nachdem nämlich dem h i-
storischen Präsens des relativen Gliedes ein logisches
Perfect im demonstrativen, oder dem historischen Per*
fect im demonstrativen ein wirkliches, absolutes Prä-
sens im relativen GUede gegenüber zu stehen scheint. Beide
Fälle sind aber nur scheinbare Verstöfse gegen die Forderung
der Zeitgleichheit. In dem ersteren Falle ist das Perfect ent-
weder in resümirender Art an die Stelle eines zuständlichen
beschreibenden Imperfects getreten, oder es wird über etwas in
der historischen Vergangenheit liegendes vom Staadpuncte des
Sprechenden aus ein Urtheil gefallt: immer aber gibt das hi-
storische oder aoristische Präsens ein Ereigniss oder einen Um«*
stand, der genau in dieselbe 2^it fällt, in welcher jenes vom
StandpunctQ der Gegenwart aus resümierte oder beurtheilte liegt.
*) Weissenborn bat im Hinblicke auf diesen Oebraueh des Präsens
bist, nach cum diese Conjunetion an einigen Stellen des Livius
statt der gewöhnlichen Lesart dum aufgenommen: XXlll, 39, 1(
Cum haee Romant parani aguntgue, ad PMlIppum cnpiiva
navis una refugit; XXIV» 17, 1: Cum haec ad Benepentum
fferuniur, Bannibal ad Noiam castra movei. An der ersten
Stelle geben die Handschriften übereinstimmend dum, wenigstens
erwähnt Drakenborch keine Variante; an der iweiten Stelle findet
sich cum zwar in einigen Handschriften Drakenborch's (ob es
auch im Puteanus steht, dessen Varianten Weissenborn im Anhange
miltheilt, lässt sich aus dem Schweigen desselben wol noch nicht
mit Sicherheit entnehmen); die grofse Zahl von Stellen aber, in
denen bei Livius durch dum mit dem Präsens die voranstehenden
Ereignisse resümiert werden, und daran die Erzählung dessen ge-
knüpft wird, was inzwischen auf einem anderen Schauplatze der
Ereignisse sich augetragen hat, muss die Änderung von dum in
eum um so bedenklicher erscheinen lassen, als letiteres mit dem
historischen Präsens immer nur ein einzelnes Factum in
Zeitbeziehung zn einem anderen setzt, nieht aber wie dum die
ganze Zeitiage resümiert
660 Über die Goiistr. der lat Zeitpartikeln, v. M, Bofinmm^
Cic CaU Dl« 4, 11: Tarenium vero qua vigUantia^ quo eoN-
9iHo recepit! cum quidem me audiente Saiinaiorij qui atHii$§
oppido fugerat in arcem^ glorianti aCque ita dieenii: ^tmea
opera^ Q. Fahi^ Tarenium recepisti,' ^certe, inquit ridenij
nam nisi tu amisisses^ nunquam recepi$sem'. — Flor. 1, 18y
1 9 : Quae autem eorum (»c. veCerum Romanorum) in repa-
rando exercitu festinatio [fuil]! Cum Pgrrhus idem ,o «^
inquit^ plane BercuHs »idere procreatum e. q. s.^
Was den anderen Fall betrifft, dass das Präsens des re-
lativen Gliedes sich auf die unmittelbare Gegenwart zu beziekei
scheint, während in dem demonstrativen der Aorist steht, so
ist auch hier die Ungleichartigkeit der Zeit nur eine scheinbare.
Mit dem Präsens ist dann nur ein wiederholt in der Vergangen-
heit und auch jetzt noch möglicher Fall gemeint, bei dessen \m*
herigem Eintreten jedesmal die in dem Perfect des demonstrati-
ven Gliedes enthaltene Folge stattgefunden hat. Cic. ad Att IV,
18, 1: Pulo te existimaro, me nunc ohlilum consuetudinii $t
instittUi mei rarius ad te scriberej quam eolebam; sed cum
loca et itinera lua nihil habere certi video^ neque in Bpi*
rum neque Athenas neque in Aeiam neque cuiquam nid ad
te ipeum proficiscenti dedi litera». (Das cum Video hier abo
sssB quoUen» video,) — Verg« Geo. III , 457 : Quin eäam ima
dolor balantum lapsu» ad oesa Cum furit aique mrtue
depascitur arida febris^ Profuit incenso» aesiu» avertere
et inter Ima ferire pedi» »alientem sanguine venam. — Ebd.
I, 287: Mulla adeo gelida melius ee nocte de der e^ Aut
cum eole novo terrae inrorat Eous,
2. Im relativen Gliede steht das historische
Perfect, im demonstrativen das Präsens* Letzteres
kann natürlich nur das historische sein. Cic. in Yerr. II, 25, 62 : Ciiai
L. Melellus in promnciam profectus est, tum isti . . . ti na p r •-
ficiscuntur. — Nep. Dat> 11, 1 : Id^odium) cum satis se eei^
firmasse arbitratus est^ certiorem fa c i t Datamem e. q. s, —
Auct. b.Hisp. 3, 6: Cumad eum vener unt^ iubetcett, Etwu
seltsam nimmt sich das Präsens aus in der Stelle 8, 6: Nam cum
inter Ateguam et Ucubim Pompeius habuit castra eonstituta ia
conspectu duorum oppidorum^ ab suis castris eirciter wUlia pes^
suum quatuor grumus est excellens natura^ qui appellatur castra
Postumiana •*). — Zweifelhaft wegen der Form des Verbums
ist Liv. IV, 44, 10: nihilo demissiore animo cum dies venit^
causa ipse pro se dicta . . . . damnatur. — Plaut. Most
**) Die Lesart dieser Stelle ist übrigens nicht ganz sicher, cum stttt
der Vulgala ubi, ist jedenfalls durch die Aactoritat der besten
HandschrifteD gesichert ; aufser der zweiten Pariser und der erstM
Leidenergibt es auch die erste Wiener Handschrift; dagegen schiebt
die Pariser \or kabuit ein ut ein, wihrend die Wiener den Cod-
junctiv des Plusquampcrfects kaöuisset gibt.
Ober die Constr. der lat. Zeitparti^elD> v. E. ffa/fintmiL 661
1050 R.: Quam eum (ßenatum) eonvocavi^ alque Uli me
ex »enatu segregant.
8. Im relativen Gliede steht das Präsens, im
demonstrativen das logische Perfect. Je nachdem das
Präsens des relativen Gliedes sich auf die unmittelbare Ge-
genwart bezieht, oder eine beliebig angenommene bezeich-
net, lie&en sich noch zwei Unterarten aufstellen, doch sind die
Beispiele für beide nicht sehr zahlreich. Ein Fall der ersteren Art
ist Ter. Hec. 482 F.: haud invito ad auris sermo mi accessiC
luo$^ Quam tc po8tpula»se omni» res prae parenCe i nie Heg o.
Der Causalnexus, der zwischen beiden Gliedern stattfindet, ist
indifferent; ganz ähnliche Fälle mit entgegengesetzter Zeitbeschaf-
fenheit der Glieder werden wir bald nachher bei dem vierten
Falle kennen lernen. Wie in diesen muss auch hier das ac-
e es sie als reines Präsens rei perfectae genommen werden, so
dass der Sinn des Satzes gleichkommt der präsentischen Fassung
beider Glieder: graCus mihi est sermo tuus^ quom intel^
lego. — Ein Beispiel der zweiten Art gibt Livius VIII, 8, 11 :
inde rem ad triarios redisse^ cum laboratur^ prooerbio
increbuit. Nach Beseitigung der Abhängigkeit würde der Satz
lauton: cum laboratur^ res rediit ad triarios, — Andere
Stellen, in denen die beiden Glieder das angegebene Zeitverhält-
niss haben, weichen insofern ab, als die Anordnung der Glieder
nach Analogie der Fälle ist, wo cum den Nachsatz beginnt*
Und es begreift sich auch leicht, dass diese Anordnung bei so
beschaffenem Zeitverhältnisse vorzugsweise in Anwendung kam, da
der Anschluss einer eben geschehenden Handlung an eine bereits
vollendete, in ihrem Resultate gegenwärtig vorliegende, jeden-
falls naturgemäfscr erscheint, als das umgekehrte Verhältniss.
Vgl. Verg. Geo. III, 420 ff.:' Cape saxa manu, cape robora,
paslory Tollenlemque minas et sibila colla tumentem [viperam]
Deice, Jamque fuga timidum caput abdidit alte ^ Cum
medii nexus extremaeque agmina caudae Solvuntur tar^
dosque trahit sinus ullimus orbis,
4. Im relativen Gliede steht das logische Per*
fect, im demonstrativen das Präsens« Hier werden
wir nicht umhin können, die beiden möglichen Fälle zu sondern,
je nachdem a) das Perfect des relativen Gliedes in
seiner Vollendung sich auf die unmittelbare Ge-
genwart des sprechenden, oder 6) auf eine beliebig
angenommene Gegenwart bezieht, — oder, was dasselbe
ist, je nachdem das Präsens des demonstrativen Gliedes die un-
mittelbare Gegenwart des sprechenden, oder eine beliebig ange-
nommene bezeichnet.
Unter a) werden Stellen zu bringen fein, wie : Cic. ad Alt.
II, 15, 8: Hoc estHomae decedere? quos ego homines effugi,
cum in eos incidi? — III, 23, 4: Quo maior est suspicio
6$9 Ober die Constr« der lat Zeitpartikelo^ y. S,
malUiae aUcuiui^ cum idy quod ad ip$09 nihil periinebaij ermt
autem contra «le, scripserunt^ uC e, q. s. — ad div.
VI, 3, 8: Idque cum opiime penpexi^ iaie video^ niäii
ut maii videatur futurum e. q. s. Besondere Beachtung ver-
dienen aber Stellen, die man ganz ebenso wie die unter 8. be*
sprocbenen gewöhnlich als Fälle nachlässigen Gebrauches des
causalen cum zu betrachten pflegt, während für uns das schwie-
rige einzelner Stellen nur darin liegen könnte, dass das in re-
lativen Gliede stehende Perfect nicht sowol das präsentische als
vielmehr das historische Perfect zu sein scheint. Die Beschain-
heit der meisten dieser Stellen ist aber von der Art, dass sich
das demonstrative Glied als (logische) Folge oder als Urtheil
an die in dem relativen Gliede enthaltene vergangene und voll-
endet vorliegende Handlung anschlielst. Dasa das relative Glied
die Bedingung für das demonstrative enthält ^ bleibt uiAcachtel;
nur der temporale Anschluss der in der Gegenwart eintrelodea
Folge oder des gefällten Urtheils an das in der Gegenwart vor-
liegende Besultat, an den Ausfall und den Erfolg jener Handluig
ist ausgedrückt. Man könnte in solchen Fällen cum im deut-
schen umschreiben mit: «unter diesen Umstanden — bei der
Sachlage, dass^ u. dgL — Von der Art ist die Stelle: Cic ad
div. XIII, 24, 2: tibi maxima* graUas agOy cum OmiAmi
Ulerae meae poCuerunCy ut ii$ iecHt omnem ogemtiomtm
»U9pMoni9, quam habuera» de Lysone^ depontres (as «wenn es
die Wirkung — das Verdienst meines Briefes ist, dass a.& w.»)^
— Ebd. VII, 15, 2: Cum vero in C. Matii wuavüiimi dec^
tisiimique hominis familiaritatem venisiij neth diei päteat,
quam valde gaudeam (= cum in MaCii familiariiaiem 9$*
nisti et iam amicu» es, gaudeo). Vollkommen überflüssig
ist die zuerst in der Edit. Neap. (1474) sich findende und daaa
von der Mehrzahl der Herausgeber beibehaltene Corredir
^quodK — . So dürfte es denn auch zweifelhaft sein, ob Dietscl
recht that, indem er Sali. Jug. 102, 5: Rew Boeci^, magm
laetitia nobis est, cum te talem virum dei monuere^ M
aliquando paeem quam bellum malles e. q. «., auf Grund dd
einzigen cod. Vatic, in wekhem die Reden bei Sallost ezcerpierl
sind, quod setzte, während alle übrigen Handschriften es«
geben. — Liv. VIII, 33, 10: ybene agit^j inquily jcum is
'*) Man beachte den Zusammenhang: IIa enlm scripsit ad me [l9»i
sibi meam commendetionem maximo adinmsnto faisss, qmä ei
te delaium diceret, sese contra dignitaiem tuam Mamae de H
Ufgui sotitutn esse. De quo etsi pro iua fmeiiitaisit
humanitate purgatum se tibi scribii esse, umm
primum ut debeo, tibi maximas grattas ago^ cum iamtum ü-
ierae meae potueruni ceU. Es bildet d\90 .cum toHtam Ih
terae meae poluerunf den GegensaU m ^eHi pra IM /MÜ-
iale es kumanOaie purgaius tibi est.*
Ober die Gonslr. der kt. Zeitpartikeln» v. E. MoffHunm. 6C3
n09 deduei iussisti^ unde et prioati vocem mittere posie^
mu$.' (<<Du thu8t wohl daran, wenn dein Befehl derartig
ist, dass man uns dahin führe u. s. w.'^. — Terent. Andr.
770 F.: Dis pol habeo gratiam^ Quom in pariundo aliquot
adfuerunt Hberae. — Heaut. 881: Edepoi ie mea Anliphila
iaudo et forlunatam iudico^ Id tu quom »tudui$tiy
fortunae ui mores consimiles forent, — Verg. Aen. IX, 246:
yon tarnen omtUno Teuer oe delere parotis^ cum talie
animo^ iuvenum et tarn certa tulistis Peetora (»s cum
[pro-] lata euni et ad sunt). — Unerträglich ist der Indi-^
cativ, den Aischefski aus den Handschriften aufnabiiL, in der
Stelle Liv. V, £, 4: quid? illud quod proprie ad milites per-*
tiuety quibus boni tribuni plebie cum Stipendium ex tor quere
voluerunty nunc conßultum repente voiunty quäle e$t1
Hier wäre es nicht mehr ein logisches Perfect, sondern ein Ao r i s t,
der objectiv durch cum mit einem wirklichen Präsens verbunden
und so diesem gleichzeitig gesetzt würde *^). — Eher lasst sieh
der Indicativ rechtfertigen in der Stelle bei Tacitus An« XIY, 4S
nach Haasens Lesart, die am engsten sich an die Überlieferung
des Medic anschlielst: ^ieeemite hercule inpunitatem^ ut quem
dignitae $ua defendmiy cum praefectura urbi» non pro-*
fuit! quem numerus »ervorum tuebüur cum Pedanium seeun^
dum quadringenti non protexerint?
Klarer ist die Zeitrelation bei dem oben mit b) bezeich-«
neten Falle: mit dem Vollendetsein der im relativen Gliede ge->
gebenen Handlung tritt die Handlung des demonstrativen Gliedes
ein. Sa also die Vollendung der einen Handlung die temporale
Bedingung für das Eintreten der anderen ist, so begreift sich^
dass dies die Zeitgebung für Handlungen sein muss, die sich
ihrer Natur nach zu einander wie das stetige temporale Ante«
cedens zu seinem stetigen temporalen Consequens verhalten. Es
ist dies also ganz derselbe Fall wie der, den wir früher bei
u^, ti6t, eimui ac besprochen haben, wenn diese Partikeln
mit dem Perfect das Antecedens einer in beliebiger Gegenwart
eintretenden Handlung geben« Cic. ad div. IX, 16, 1: omnia
sunt incertaj cum a iure diseeseum e»t. — p. Deiot*
6, 18: inpunius fit^ quod cum est factum^ negari pa*
test. — d. orat. I, 88, 158: ut condtato namgio cum re-
miges inhibuerunt^ retinet tamen ipsa navis molum ei
cursum suum. Ebd. II, 64, 260: ex quo cum quawi de*
eepti sumus exspectatione ^ ridemus, — in CaeciL 5, 18:
civibus cum sunt ereptae pecuniae^ eivili fere actione ei
'} Ich sehe, dass auch Madvig in seinen eben erscbieDeoen .Emen-
dationes Usianae* p. 112 den lodicativ ootuerunt nach cum
für einen Solöcismus erklärt, und deshalb die Aufnahme des von
einigea Handsobriltem gebotenen tum statt cum vorscU>*
684 Cber die Consfr. der lat. Zeitpartikeln, v. E, Boffmaim.
prioaCo iure repetuntur, — in Cat. IV, 6, 12: cum vero
mihi proposui regnantem Leniulum^ purpuralum esse huie
Qahinium • . . tum lamentaHonem matrum familias^ tum fugam
Hrginum cett.^ perhorresco. — p. Süll. 16, 47: Quod si
esses usu atque aelate robustior^ essem idem gui soleo^ cum
sum lacessitus. Vgl. p. Quiiit. 14, 47. in Caecil. 7,28.inVerr.
AcU I, 18, 55. — II, 13, 32. p. Mur. 26, 63. p. Flac. 5, 11. p.
Plane. 12, 29. 25, 62. p. Sest. 46, 99. p. Lig. 2, 4. p. Deiot. 2, 4.
p. Marc. 9, 27. Phil. II, 28, 68. — Brut. 4, 16. 24, 93. — Oral. 9,
82. 27, 94. 55, 184. — ad div. IX, 14, 1. 16, 4. ad Att. I, 6, 2. 17,
6. III, 16. — TuscI. I, 11,24. — d.Iegg. I, 8, 9. 6, 18. 7, 22. 17,
47.11,4, 10. — d. nat. d. II, 20, 51.— d. divin. II, 15,86.22, 49.
84, 72. — Cat. m. 15,51. 19, 68. Lael. 19, 70.25,94.27, 100.—
d. oflf. I, 8, 26. 17, 55. 20, 66 (?). 27, 94. II, 6, 19. 15, 54. III, 8,
15. 8, 85. 36. 21, 84. — Caes. b, 6. IV, 83, 1 : Cumse inter equi-
iumturmas insi'nuaveruntj ex essedis desiliunt^ et pe»
dibus proeliantur. — Ebd. V, 21, 8: Oppidum autem Bri^
ianni v oc ant^ cum Silvas impeditas vallo atque fossa
munierunt. — VI, 15, 1: Hi {ßquites^ cum est usus
atque aliquod bellum incidity amnes in hello versan-
tur. — VI, 16, 5: Supplicia earum^ qui in furto aui
iatrocinio aut aliqua noxia sinC Comprehensi , gratiora die
immortalibus esse arbitrantur; sed cum eius generis copim
defecit, etiam ad innoeentium supplicia descendunt, —
S. ebd. 17, 8. 18, 3. 19, 3. 27, 4. 5. — Liv. XXII,
9, 8: pervicity ut quod non ferme decernitur^ nisi cum
tetra prodigia nuntiat a suntj decemmri libros Sibyl-
linos adire iuberentur, — XXXIV , 31, 4 : nunc cum vos
intueor Romanos esse video^ qui rerum divinarum foe-
deruj humanarum fidem socialem sanctissimam habeatis \ cum
me ipse respexi^ cum esse spero cett. S. ebd. XXXII,
20, 8. XXXIV, 7, 10. — Tac. An. III, 30 extr.: an gatias
eapit aut illos cum omnia tribuerunty aut hos^ cum
iam nihil reliquum est quod cupiant. Ebd. c. 54 extr.:
sin aecusare ritia voluntj dein^ cum gloriam eius rei adept i
aunty simultates faciunt ac mihi relinquunt^ credite
e. q. s, — Germ. 14: Cum ventum in aciem^ turpe prin-
dpi virtute vinci. Ebd. c. 21: pro fortuna quisque apparatis
epülis excipiiy cum defecerCy qui modo hospes fueratj mon-
strator hospilii et comes, — c. 24: aleam . . . exereent tanta
lucrandi perdendive temeritate^ ut cum omnia defeceruntj
extremo ac novissimo iactu de libertate ac de corpore con^
tendant *®). Zahlreiche Beispiele liefsen sich aus Dichtern
**) Die bei Csesar und Tacitus sich fiDdenden Stellen sind vollständig
angegeben; ebenso sind die vier aus Livius beigebrachten Stellen
die einzigen, die sich in den bezeichneten zwanzig Büchern finden.
Nepos, Sallust, Yelleius, Florus haben kein Beispiel dieses Ge-
brauches von cum.
Ober die Constr. der lat Zeitpartikeln^ v. S. Uoffmann. 665
beibringen, namentlich in Vergleichen mit ut- veluCi- ceu^
qualis^ non secus ac" cum. Verg. Geo. I, 612. II, 279*
HI, 196. 237. Aen. I, 148. II, 223. 496. XII, 587 u. a. m,
Horat. Sat. I, 9, 20 u. ö.
Wenden wir uns nun zu den Fällen, wo die durch cum
in Relation gestellten Handlungen derselben natürlichen Zeit an-
gehören.
Wenn wir oben als Grundsatz aufstellen mussten, dass der
Conjunctiv bei cum dann einzutreten habe, wenn eine objective
Zeilbestimmung einer Handlung durch eine andere in Form der
Correlation und Coordination durch die natürliche Zeitungleich«
heit dieser Handlungen unmöglich ist; so werden wir auch da
den Conjunctiv für nothwendig erachten müssen, wo zwar hin-
sichtlich der Zeitbeschaffenheit eine solche objective Correlation
und Coordination möglich wäre, darum aber nicht angewendet
werden soll, weil man den in ihrer Zeitlage aufeinander bezo-
genen Handlungen nicht gleiche Geltung einräumen, sondern die
eine nur in untergeordneter Weise als Zeitbestimmung der an-
deren heranziehen will^ so dass sie auch nicht mehr in der ihr
objectiv zukommenden Hauptzeit sondern in derjenigen JVebenzeit
zu stehen hat, die ihrer relativen Zeitlage zu der anderen über-
geordneten Handlung entspricht. Verzichtet man also in solcher
Art auf die Form der objectiven Correlation und Coordination,
so muss nicht minder der Conjunctiv nölhig erscheinen als in
jenen Fällen, wo die Zeitbeschaffenheit der Handlungen eine Be-
ziehung in objectiver Form unmöglich machte. Damit sind wir
aber wieder bei der Regel angelangt, die wir früher für die
Hoduswahl bei den Zeitpartikeln im allgemeinen aufgestellt haben,
dass die Bedingung für Anwendung des Indicativs die Wahrung
der Zeitselbständigkeit der als Bestimmung herangezogenen Hand-
lung sein mü^se. Diese Zeitselbständigkeit des bestimmenden, re-
lativen Gliedes hört aber auf, sobald an die Stelle seiner objec-
tiven Zeit die relative, aus der Unterordnung unter das
demonstrative Glied sich ergebende Zeit tritt.
Relative Zeiten in demselben natürlichen Zeitraum hat die
Sprache nur in Bezug auf die Vergangenheit ausgeprägt; nur
im Bereiche dieser sondert sie die relative Glei chz ei tig-
keit und das relative Früher-liegen gegenüber einem an-
deren Präteritum« Somit wird selbstverständlich auch nur für
das Präteritum der Fall eintreten können, dass Handlungen, die
in derselben natürlichen Zeit liegen, unter Anwendung der rela-
tiven Zeitgebung durch cum in Beziehung zu einander gesetzt
werden können.
So erklärt es sich dann, dass cum temporale gerade in
seiner häufigsten Anwendung, wenn ein Präteritum zur Bestim-
mung seiner Zeitlage in Beziehung gesetzt wird zu 8ubordüi\&^-
•M Ober die Ck)D6tr. der lat Zeitpartikeln^ v. M.
ten Ereignissen und Umständen vorangängiger und gleicbzeitiger
Art, also wenn der bestimmende Sata mit ctim im Plusquam<»>
perfect oder Imperfect zu stehen hat, dass dann cum stets
nur mit dem Conjunctiv dieser Zeiten construiert ist«
Was also nach der herkömmlichen Formulierung der Regel
aber den mit dem temporalen eum zu verbindenden Modus ab
vninderliche Anomalie erscheinen musste, die man sich vergeh*
lieh mühte, durch Aufsuchung irgend welchen Causalzusammen*
banges erklärlich zu machen, das wird nach der hier gegebeaen
Darstellung nur als consequente Durchfährung des Grundgesetxes
im Modus-Gebrauche bei den Zeitpartikeln erscheinen müssen, und
wir werden somit nur ebenso wie früher bei pottquam u.d. a.
die wenigen Fälle zu untersuchen haben, wo cum mit des
indicativ der relativen Zeiten des Präteritums cos-
struiert ist.
Wie wir nun aber bei Erörterung der Verbindung ynm
poniguam und den synonymen Partikeln mit dem Indicativ
des Imperfects oder Plusquamperfects gefunden haben , da» ii
solchen Fällen die Wahl dieser Zeiten nicht durch die Unicrord*
nung unter das Tempus des Hauptsatzes bedingt war, dass viet»
mehr Imperfect wie Plusquamperfect ihre Berechtigung in sieh
trugen und als selbständige objective Zeitgebung des betrefleidca
Vergangenen Seins zu betrachlen waren, indem sie dasselbe als
Zustand entweder unmittelbar charakterisierten (Imperfect), oder
mittelbar, insofern der Zustand das Resultat des in der belref*
fanden Vergangenheit bereits vollendet vorliegenden Seins ist
(logisches Plusquamperfect): ganz dieselbe Erscheinung wieder-
holt sich denn auch bei dem Gebrauche von cum.
Die Form der objectiven Zeit-Correlation ist aber nur be-
dingt durch die gleiche Zeitlage; die Qualität der verglicheaei
Präterita kommt dabei nicht in Betracht. Wie zwei Prälerila
schlechthin, so können denn auch zwei Zustände, femer Zu-
stände einerseits, Ereignisse anderseits in Form der Correlatioa
sich gegenseitig bestimmen.
Der erste Fall, die objective Zeit-Correlation zwischia
Präteritis schlechthin, bedarf zwar keines Beleges, doch mögca
einige solche Stellen hier ihren Platz finden, in welchen dasPer^
fect in dem einen oder dem anderen oder auch in beiden Glie*
dern anstatt eines Imperfects gesetzt ist, indem es eine Zustand*
lichkeit involviert, die entweder vom Standpuncte des Spreebes«
den aus als nicht mehr existierend bezeichnet, oder schlechtUii
als Moment in der Reihe der historischen Ereignisse gegebci
werden soll. Cic. in Cat. I, 5, 11: Cum prowiwäB cowUtUt
consuiaribus me consulem in campo et conpetitores iuos inU^
fieere voiuisii^ conprei»i conaiun tuo» nefarioM teU. —
P. Süll. 29, 61: Cfii cum adfuit po$e delaUm md mm prkmm
iiiam eoniuraiionem, indieavii 9e audi$§e nUquoS^ mm^er§^
Ober die CoDstr. der Ui ZeitparUkelii, r. B* Bcffimmn. €67
didhse. — Nep. Iph. 2,4: Cum Artaxerxei Aegyptio regi
hellum inferre tfoluiC, Iphieratem ab Alheniensibus ducem
petiviC. — Ebd. Pelop. 4, 3: Spartam cum oppugnavit
[Epaminonda9\ ^ [Pelopidas] a Herum tenuit carnu. — Liv«
II, 40, 7: non [£ibi] cum in contpeelu Roma fuiCj stic-
cesserie e, g. 8, — XXXIV, 8, 7: procul abest abHtque
semper iaU$ fortuna rei publicae: sed tarnen cum fuit^
n egas ti» hoc piis precibuM e. g, e. — Cic. p. MiL 14,
36: Quid? egOj iudices^ cum maerenlibuB vobia urbe ecMsij
iudiciumne timui? — 15, 40: Cum in Cn. Pompeium pro
Milane dicentem impetus f actus est, quae tum non modo
oceasio sed etiam causa illius {Clodii) opprimendi fuiti —
Li\. XXXIY, 81, 12: de nomine hoc respondere possum^ me,
guoiiscungue sum^ cum esse, qui fui, cum tu ipse mecum
socielatem pepigisti, — Tac. An. XI, 24: tune solida domi
quies, et adoersus externa floruimus, cum Transpadani
in civitatem recepti cum specie deductarum per orbem terrae
legionum, addi/is provincialium validissimis, fesso imperio sub^
ventum est, cf. Bist« I, 11. — Liv. VI, 40, 17: si hodie
bella sint, quäle Etruscum fuit, cum Porsena laniculum in*
sedit, quäle Oallicum modo, cum praeter Capitolium atque
arcem omnia haec hostium erant.
Auch der zweite Fall, wo gleichzeitige Zustände in ihrer
Zeitlage auf einander bezogen sind, in beiden Gliedern also das
Imperfect steht, braucht nur flüchtig erwähnt zu werden, da
hier die volle Zeit-Congrueiiz ersichtlich ist. Cic. Brut. 85, 298:
risum 9ix tenebam, cum comparabas ^«fi «•-— Ebd. 14»
15: Appio Caeco comilia contra leges habente^ cum de
plebe consulem non accipiebat e. q. s. (ss eomitia contra
leges habebaty cum non,.. accipiebat.^ — Or. 13, 41:
cum a nostro Caione laudabar, vel reprehendi me a CC"
teris facile patiebar. — div. in Caecil. 21, 69: Cuius con-
suetudifiis alqtse instituH patres maioresque nostros non paeni^
tebat tum cum P. Lentulus ... accusabat M' Aquilium,
aut cum P. Afiricanus... L. Cottam in iudicium vocabat —
In Verr. Act. L 15, 4A: tribuniciam potestatem cum posce-
bat Ipopulus], rerbo illam poscere videbatur^ re vera
iudicia poscebaL — Ebd. Act. II. I, 14, Z6, 46, 112«
II, 6, 18. 10, 26. 11, 29. 18, 38. III, 48, 115: Id cum
impetrabatury hoc videlicet impetrab atur e. q. s. —
IV, 21, 46: Credo tum, cum Sicilia florebat opibus et
copiis, magna artificia fuisse ( tss e r an t) in ea insula. —
S. ebd. 24, 68. 85, 77. 59, 138. 62, 188. — V, 20, 51:
cum hoc munus imponebatur tam grave civilati, in-*
erat nescio quo modo in illo foedere societatis quasi nota
quaedam seroitutis, — 21, 54: ütrum tobis consilium tandem
praetoris recitari videbatur ^ cum audiebatis nomina
668 Ober die Constr. der lat Zeitpartikeln, v. E.
e. q. s. — Vgl. 24, 60. 48, 127. 68, 163. 68, 176. — p. imp.
Cn. Pomp. 17, 53: An tibi tum imperium esse hoc videba"
tur^ cum populiRomani legatiy quaeslores praeloresque co-
piebantur? cum ex omnibus protoinciis commeatu et pri'
vato et publica pr ohibebamur? cum ita clausa nobis
erant maria omnia e. q, «. S. ebd. 14, 41. 18, 55« — p.
OuinL 19, 60. 61. — in CaL I, 3, 7. HI, 2, 8. 7, 16. — p.
Flac. 1, 1. 4, 9. 13, 80. 25, 61. 31, 76. 83, 83. 41, 103. —
p. Süll. 6, 19. 10, 31. — p. Arch. 4, 7. 5, 10. — p. Sest. 11,
26. 21, 47. 32, 69. 48, 108. — in Pis. 1, 2. 11, 26. 18, 29.
24, 56. 57. — p. Mil. 12, 33. 21, 55. — p. Lig. 6, 18. —
p. Deiot. 1, 8. 8, 23. — Phil. I, 15, 36. II, 18, 45. 30, 76. 89,
101. V, 17, 47. VI, 4, 11. XIII, 8, 17.X1V, 10,28.— ad div. I, |,
1.9, 6.111,7,3.10, 2.11,1.4. 13, 1.2. IV, 14,2. V, 12, 2. VI, I,
3. 5. 2, 2. 4, 1. 4. 21, 1.2. VII, 1, 4. VIII, 3, 1. IX, 3, 1. 16, 7. 24,
2. — ad Att. I, 11, 1. II, 7, 4. III, 21. IV, 8, 2. 6. V, 2, 1. 15, 8.
— de oflf. III, 10, 40. 22, 88. 27, 100. — Cat. m. 6, 15. — SalL
Jug. 81 , 20. Hist. 1 , 48 , 6. D. — Nep. Alt. 9,6. — Liv.
III, 68, 6: At hercules^ cum stipendia nobis consulibus
non tribunis ducibuSj et in castris non in fbro faciebatis^
ei in ade vestrum clamorem hostes non in conlione p«-
ires Romani horrebant^ praeda parta, agro ex hoste
capto , pleni fortunarum gloriaeque simui pubticae simul pri-
vatae triumphantes domum ad pßnates redibatis. — S.
ebd. VI, 40, 17. VllI, 8, 13. XXV, 6, 14. XXXIV, 4, 10. —
Bei Florus und Tacitus findet sich nur je ein Beispiel, Epit I,
24, 1 und Hist. I, 62; beide Stellen jedoch werden passender
mit den Fällen zu verbinden sein, y,'0 cum den Nachsatz beginnt.
Der dritte Fall ist der, dass Zustände einerseits und
Ereignisse anderseits in Zeit-Correlation gesetzt werden. Die
Selbständigkeit des relativen Gliedes unterliegt keinem Zweifel,
sobald in demselben das Factum gegeben ist, bei dessen Eintritt
der in dem demonstrativen Gliede enthaltene Zustand vorlag. Ist
letzterer das Besultat einer zur Zeit, wo das Factum des rela-
tiven Gliedes eintrat, bereits vollendeten Handlung, so wird das
demonstrative Glied auch im Plusquamperfect gegeben werden
können. Hinsichtlich des relativen Gliedes ist noch zu bemerken,
dass das Factum statt im historischen Perfect natürlich auch im
historischen Präsens gegeben sein kann.
Caes. b. G. VI, 12, 1: Cum Caesar in Oalliam venie,
atterius factionis principes erant Haedui^ alterius Sequani. —
Cic. Brut. 48, 161: haec Crassi cum edita oratio esty quat-
tuor et triginta tum habebat annos totidemque annis mihi
aetate praestabat. — in Verr. V, 69, 178: Cum primo
agere coepimus , lex non erat promulgata, — p.
Flacco 13, 30: praedones tum, cum Uli bellum marilimum
gerendum datum esly toto mari dispersi vagabantur.
Ober die Conslr. der lat. Zeitpartikcin, v. E. Boffmmn. 699
— in Pis. ], 2: nam tUy cum quaestor es faciutt, eliam
qui te nunquam viderant^ tarnen illum honorem nomini man*
dabant tuo, — Phil. II, 21, 62: Quid cupide a senatUj
quid temere fiehat^ cum tu unus aduiettcens Universum
ordinem decernere de salute reipublicae prohibuisti^ we-
que semel^ sed saepius^ neque tu ttcum de senatus auctoris
täte agi passus es*} Quid autem agebatur^ nisi ne
deleri et ererti rem publicum funditus veliesj cum te ne-
que principcs civitatis roganao neque maiores natu monendo
neque frequens senatus agendo de vendita atque addicta sen-
tentia movere po tu $t? — Ebd. III, 4^ II. VII, 4, 1 1. ad div.III, 10,
l: Cum est ad nos all a tum de temeritate eorum^ qui tibi ne-
gotium facesserent , . • . cetera mihi facillima videbantur^.,..
multaque mihi veniebant in mentem e. q. s. — SalK CaU
51 , 52: Sulla cum Damasippum . . • iiigulari iussitj quis
non factum eius laudabat? — Jug. 71, 1: Sed cum hae
litterae allatacy forte Nabdalsa in lecto quiescebat —
Liv. II, 5], 1: Cum haee accepta clades estj iam C, Ho-
ratius et T. Menenius consules erant, — XXIII, 49, 5: Cum
hi commeatus venerunty Iliturgi oppidum ab Hasdrubaie
oppugnabatur.
Verg. Aen. VIII, 560: O mihi praeteritos referat si Jup-
piter annos^ Qualis eram^ cum primam aciem Praeneste suh
ipsa Stravi scutorumque ineendi victor acernos^ Et regem
hac Erulum dextra süb Tartara misi.
Cic. p. Mur. 28, 58: Bis consul fuerat P. AfrieanuSj
et duos terrores huius imperii^ Karthaginem Numantiamque^
deleverat^ cum aceusatiit L» Cottam, (Vgl. oben Anm.
81 a, und das zu der Stelle in Caecil. 21, 69 daselbst be-
merkte.) — Caelius bei Cic. ad div. VIII, 6, 5: Hoc nondum
feceraty cum prior em partem epistolae scripsi, —
Sali. Jug. 62, 7: pauci, cum primum deditio cepitf ad
regem Bocchum in Mauretaniam abierant, — Liy. I, 41, 7:
And liberi iam tum^ cum conprensi sceleris ministri suntj
ut vivere regem et tantas esse opes Servii nuntiatum est^
Suessam Pometiam exsulatum ierant. (So nach Heerwagen;
andere: iam tum^ conprensis sceleris ministris^ ut e, q, «.) —
XXI, 39, 4: cum Placentiam consul venitj iam ex stativis
moverat Hannibal, Taurinorumque vnam urbem ... vi ex^
pugnara t. — XXXIV, 16, 6: cum Tarraconem venit^ iam
omnis eis Hiberum Hispania perdomita erat^ eaptivique . . .
donum consuli a barbaris reducebantur, — Ebd. 31, 15:
iam feceram haec qualiacumque sunt, cum societatem
mecum pepigistis et auxUia in bello adversus Philippum ac^
cepistis,
Cic. in Verr. IV, 14, 32: Eo cum venio^ praetor
quiescebaty fratres iVi Cibgratae inambulabani. —
Zoitiohrifc f. d. Ösierr. O/oinai 1860- IX. Heft* 46
€70 Ober die Constr. der lat ZeitparUkelo, t. B, Bogimmm,
ad Alt. X, 16, 5: Seif cum redeo^ Hortensms venerat
et ad Terentiam salutatum deverterat\ sermone erat
usus honorifico erga me, — Terent.Eun. 342 F.: ^ifo« kuc
respicio ad tfirginem^ lila sese interea commodum hue ad-
vor t erat In hanc noetram plateam . • . • Hue quom ad-»
veniOj nulla erat. — Ebd. 725: quom inde abeo^ iam tma
ineeperat Turba inier eo$.
Wie in diesen Füllen die verglichenen Praterila onabhäDgif
von einander in ihrer objectiven Zeitgestalt und als Ereignifie
oder Zustände characterisiert in Relation gestellt sind, so brancU
sich an der objectiven, coordinierten Fassung der Relation nichts
zu ändern, wenn das zuständiiche in das relative, das
alsFactum schlechthin gegebene in das demonstra-
tive Glied gestellt ist
Zur besseren Übersicht mögen die Beispiele, je nachden
im relativen Gliede als Ausdruck der Zustandlichkeit dat Im-
perfect oder logische Plusquamperfect gebraucht iil|
demgemäfs gesondert werden.
1. Cum mit dem Indicativ des Imperfecta.
Der beste Beweis , wie solche im relativen Gliede stehende
Imperfecta ihre Begründung in der Beschaffenheit des betreffen-
den Seins haben , nicht aber durch die Beziehung auf das de
monstrative Glied, als relativ dauernd neben der Handlung des-
selben veranlasst sind , geben Stellen , in welchen — ganz so,
wie oben bei postquam — der Indicativ des ImperfecU
zugleich neben einem Perfect in dem relativen Gliede gesetxt
ist, so dass also das eine wie das andere Tempus, je nach der
Qualität des Seins, nicht im Hinblick auf das demonstrative Glied
gewählt sein muss. So Caesar, b. c. II, 17, 8: Postea ter^^
cum [Varro^ Caesarem ad Maesiliam delmeri eognotit^
copias Petrei cum exercitu Afranii esse coniuncta$y ms§M
auxHia conoenisstej magna esse in spe afque exspectsri H
consentire omnem cileriorem provinciam quaeque postea acei'
derantf de angustiis ad llerdam rei frumentariae ^ accepitj
atque haec ad eum latius atque inflatius Afranius perscrh
bebaty se quoque ad molus fortunae moeere coepiL Du
Imperfect perscribebat — von dem (bleibenden) Wortlaote
des dem Varro vorliegenden Schreibens — rangiert also in Toliig
gleicher Linie mit dem schlechthin als Factum gegebenen eogno-
Vit und accepit. — Eine ähnliche Stelle Gndet sich bei Ta-
citus, An. 15, 64: Nam cum secum seroilis animus praemie
perfidiae reputavit simulque inmensa pecunia et polenUe
obversabantur^ cessit fas et salus palroni et aecepUa
Hberialis memoria *®). Will man hier eine Relation für das ta-
**) Aufser der oben citiertcn Stelle, llist. 1^ 63» wo im relativen osd
demonstratiTcn Gliede das Imperfect steht, ist dies die einiisc,
Ober die Constr. der lat. Zeitpartikeln, v. £. Ikß^namL 671
perrect ohver$ahanlur suchen, so kann eine solche nttr zu
repulavit^ zu welchem sich der mit que angeknüpfte Sats
epexegelisch verhall, nicht aber zu cessit angenommen werden.
— Wenn ferner Caesar, b. G. I, 40, 6 selbst mit Vernachlässi-
gung der Forderung der indireclcn Rede cum mit dem Indi-
cativ des Imperfects setzt; so kann man darin nur den Be-
weis erblicken, wie angelegentlich er es zu vermeiden suchte,
dass jenes relative Glied als untergeordnete Bestimmung für das
Eintreten des im demonstrativen Gliede gegebenen Factums auf-
gefasst würde *°): Factum [e89e\ eius hontis periculum />fl-
irum no$troritm memoria^ cum Cimbri» et Teulonis a Gaio
Mario puUin nan minorem laudem exercilus quam ipse im--
perator meritus videbalur. Hätte Caesar in der directen
Rede ^cum . . . . viäerelur^ gesetzt, so wäre dies factisch
unrichtig, da in dieser Unterordnung das relative Glied die Zeit
bezeichnen würde, in welche das ^factum est periculum^ hinein-
fiel; es würde dann also die Folge des Ereignisses, das. Urtheil
über dasselbe, als schon bestehend angenommen, ehe dieses Er-
eigniss selbst noch eintrat Sachgemälser wäre es vielleicht ge-
wesen, wenn videbatur ceit. das demonstrative Glied gebildet,
das relative aber gelautet hätte ^cum factum est periculum
cett.'; dass aber Caesar in anderer Weise die Glieder anordnete,
hat darin seinen Grund, dass aus der Veranlassung der Rede
selbst sich die Nothwendigkeit ergab, zum Haupttheil des Satzes
den Gedanken zu machen, «dass die Römer sich schon mit den
Germanen einmal versucht haben.» Daran ist dann das vide-
batur als ein ganz unabhängiger und selb^andiger gleich*
zeiliger Zustand angeknüpft**).
wo Tacitus den Indicativ dieses Tempus bei cum bat. Abge-
rechnet sind naturlich Stellen, wo cum mit dem Iroperfect den
Nachsatz bildet. (An. I, 61. VI, 5 (V, 10), XI, 26.) Den Indicativ
des Plusquamperfects bei cum hat Tacitus nie. — Sallust und
Nepos haben ebenfalls nur den Indicativ des Imperfects da, wo
auch das demonstrative Glied im Imperfect sieht (s. o.); den In-
dicativ des Plusquamperfects haben beide zweimal ; ersterer nur,
wo es sich um wiederholt eingelretenes handelt. Die Stellen s. u. —
Florus hat cum mit dem Indic. Imperf. nur einmal und zwar
im Nachsatze I, 24, 1. — cum mit dem Indic. Plsqpft. hat er nie.
'*) Vergleichen lässt sich die ähnliche bei Caesar sehr häufig vor-
kommende Goncession an die Deutlichkeit, dass nicht selten in
der Oratio obliqua insbesondere hypothetische Sätze in dem Tempus
der directen Rede gegeben sind, um nicht durch Anwendung der
für die Orat obl. historischer Art gesetzmäfsigen Gonjunctive des
Imperf. oder Plsqpft. die Qualität der Bedingung zweifelhaft er-
scheinen zu lassen. S. b. 6. I, 8, 3 (wo Kraner gegen die Hand-
schriften conarentur statt conentur setzt); 14, 6. 17. 18
(in beiden Gapiteln ist die durchgehends präsenlische Gonstruction
durch diese Rucksicht bedingt)'; 31, 11 ff. 34, 2. 40, 15.44. II, 14, 5u.ö.
') Sehr ungenügend, um von Doberenz, Hinzpeter u. a. abzusehen,
ist die Bemerkung über dieses ^cum videöafur* bei Krancr: ,ein
46*
672 Ober die Conslr. der lat. Zeitpartikcln, v. E, liofftnann.
Noch weniger aber kann in den Fällen die Selbständigkeit
und Unabhängigkeit des relativen Gliedes zweifelhaft &t\ii , wo
das demonstrative Glied zwar durch Anwendung des Perfects
als etwas schlechthin vergangenes charakterisiert ist, im Grunde
aber eine Zuständiichkeit bezeichnet, die, so lange sie bestand,
parallel lief mit der im relativen Gliede gegebenen Zuständiich-
keit. (Vgl. das A. 4 über das Perfect bei dum^ donee^ quoad^
in der Bedeutung <<so lange als^ gesagte.) Wenn also nicht der
Sprechende das Perfect in dem demonstrativen Gliede darum an-
gewendet hätte, um den in demselben ausgesprochenen Zustand
entweder schlechthin als ein in der historischen Vergangenheit
liegendes Moment, oder als in seiner Gegenwart nicht mehr exi-
stierend zu bezeichnen — ebenso konnte dieser Zustand auch
von einem in der Vergangenheit liegenden Standpuncte aus als
nicht mehr existierend bezeichnet und dann in das Plusquam-
perfect gestellt werden : — so hätten beide Glieder als sich pa-
rallel laufende Zustände in Imperfeclform gegeben werden mCbsen«
Von dieser Art ist der gröfsere Theil der Stellen, in denen Ci-
cero cum mit dem Indicativ des Imperfects gegenüber einem
Perfect oder Plusquamperfect angewendet hat. de invent. I, 2,
2: fuit quoddam tempun^ cum in agris homines passim be-
sti'arum more pagab antur et sibi vicCu fero vitam pro^
pagabant, nee ratione animi quidquam sed pleraque niribui
corporis administrabant. Die relativen Glieder geben die
Beschaffenheit der Zeit an, von der es im demonstrativen
Gliede heifst fuit. Diese Zeit kann natürlich nicht kürzer als
ihre zuständliche BeschaiTenheit gedauert haben. — de erat. I,
30, 185: ratio ^ qua quondam Uli sum solitus^ cum mihi
in isto versari adoiescenCi lic eb at {= xiti so l ebatn oder
utebar ^ cum l icebat), — Ebd. II, 37, 1 5 4 : referia qnon-
dam Italia Pylhagoraeorum fu i t tum^ cum erat in hac gente
magna illa Graecia, — p. Quint. 17, 54: Ego pro te nunc hos
consuiOy post tempus et in aliena re, quoniam tu in hia rc,
cum tempus eraty consuiere oblitus es (= ^<so lange
es Zeit war, so lange dachtest du nicht daran>^). — in Verr.
I9 43, 112: Quam po»tea tibi tu defensionem relinquebas^ in
ea maxime offendisti^ cum tuam auctoritalem tute ipse
edicto proüinciali repudiabas. (In dem Satze mit cum ist
nur die Erklärung des offendisti enthalten, worin dieses be-
stand.) — in Verr. V, 37, 97: quo (sc, usque ad forum Sg^
racusanum) [accedere] ueque Carthaginienxium gioriosissimae
ciasses cum mari plurimum poterant^ multis bellis »aepe
conatae unquam adspirare potuerunt e. q, s, — p. Mur.
auffallender Übergang in die direcle Rede. Slali die Sache als ein
Argumente?) indirecl anzuführen, gibt er den wirklichen Tbal-
bestand mit dem temporellen cum » quo tempore,''
über die Constr. der lat. Zeitpartikcln, v. S, ffoffinann, 678
3,6: Quod si tum, cum res publica vim et seceritatem
desiderabat, vici naCuram et tarn vehemens fui, quam
cogebar, non quam volebamx nunc cum omnes me causae ad
mitencordiam atque ad humanitatem vocent^ quanto tandem
studio debeo naturae meae consuetudinique aereire? — p.
Flac. 7, 17: Quod ni haec Athenis tum, cum illae non so-
tum in Graecia. sed prope cunctis yentibus enitebanty ac-
cidere sunt solila e, q. s. — Ebd. 22, 53: Vidi ego
in quodam iudicio nuper Philodorum testem TralUanum, Pidi
Parrhasium^ vidi Archidemum , cum quidem idem hie mihi
Maeandrius quasi ministrator aderat, subiicienSy quid in
suos cioes cimtatemque, si vellem, dicerem. — Ebd. 40, 102:
O nox illa, quae paene aeternas huic urbi tenebras aCtU'
iisti, cum Qalli ad bellum^ Catiiina ad urbem, coniurati ad
forum et flammam vocabantur: cum ego te, Ftacce, ob-
testabar^ cum tuae fidei salntem urbis et cieium commen-
dabam. Die Exclamation ,0 nox illa' kommt natärlich gleich
dem fragenden Ausruf ,quae fuit nox illa!^, und die Sätze
mit cum geben nun im einzelnen die BeschafTenheit jener Nacht.
— Ganz ähnlich p. Pianc. 42, lOl : Memmi enim, memini, neque
unquam obli'm'scar noetisilliusy cum tibi vigUanti, assi^
denti^maerentty vana quaedam, miser, atque inania pollice-
bar. — Vgl. in Verr. 11^ 6, 18: O praeclare coniectum a vulgo in
illam promnciam omen communis famae atque sermonis ! cum ex
nomine istius, quid in promncia facturus esset, perridicule ho-
minesaugurabantur. — p. Sull. 17, 49: At nero, cum honos
ag eb atur familiae vestrae amplissimus , hoc est consulatus
parentis tui, sapientissimus vir familiarissimis suis non suc-
censuit pater tuus^ cum Sullam et defenderent et laudarent :
intelleg ebat hanc nobis a maioribus esse traditam disri^
plinam e. q^ s. — p. Plane. 18, 45: Isto in gener e et fui-
mus ipsi, cum ambitionis nostrae tempora postulabant,
— p. Sest. 52, 112: Cum de dignitate mea ferebatur, nemo
sibi nee valetudinis excnttationcm nee senectufis satis iustam ul-
lam putaeit; nemo fuit, qui »e non rempublicam mecum simul
reeocare in suas sedes arbitraretur. — Vgl. 51, 109. — in Pis.
] 3, 31: An cum proficiscebamini paludati in procincias
rel emptas rel ereptas, consules vos quisquam putavit? —
p. Lig. 7, 20: Atque ille eo tempore paruit, cum purere
senatui necesse erat, ros tunc paruistis, cum paruit
nemo nisi qui ooluit. (Mit paruit ist nicht ein einzelner Fall
des Gehorisam leisten gemeint, sondern das andauernde Verhallen
des Ligarius. Dem Redner kommt es aber auf das Resultat des bei-
derseitigen Verhaltens an, darum wählte er das Perfect. Dass er die
beiden Glieder des Vordersatzes nicht gleichmäfsig als Perfecte gab:
ille eo tempore paruit, cum purere senatui necesse fuit, hat
seinen leicht erklärlichen Grund in der Scheu vor der Folgerung, zu
674 Cber die Conslr. der lat. Zeitpartikcln, v. E, üoffimam.
welcher ein solches Perfect Veranlassung geben könnte.) — PhiL
II, 9, 22: quod igilur^ cum re» agebatur, nemo in me df-
wit^ id tot annispoft tu es inventus qui diceres? — XIII, 20,
47: gut (Pansa et Hirtiu») quasi cornua duo te$iuerunt
Caesaris lum^ cum illae vere partes vocabantur. — Ebenso
d. prov. cons. 18, 43. addiv. VU, 14, 1. ad Alt. VIU, 9, 1.
Liv» VII, 82, 13: Fuit, cum hoc dici poterat^ y^pa^
tricius enim eras cett^ Nunc iam nobis patribus robisque
plebei consuiatus patet^*). — XXI, 18, 4; praecepM restra
et prior leyatio fuil, cum Hannibaiem Camquam suo consiÜB
Saguntum oppugnantem deposcebatis, (Der Satz mit cum
gibt das Wesen jener Gesandtschaft an.) — Terent. Hec. 420 F.:
Die» triginta aul plus eo in naoi fui^ Quom interea semper
mortem exspectabam miser. — Verg. Ed. 10, 9: Quae
nemora aui qui vos habuere^ pueliae Naides^ indigno cum
Gaiius amore peribat?^^) — Acn. IV, 696: Infeliw Dido!
•') Weissenborn erklärt richtig, ^fuit, die Zeit ist vorüber;* vie
er aber zu poterat bemerken konnte: «gewöhnlicher ist der
ConjuDctiv,* und wie er zur Erklärung des Indicativs es Hir pass-
end finden konnte auf Zumpt g. 518, also auf solche Fälle zu
verweisen, wo der Lateiner bei posse ebenso wie bei oportet, 9f-
cesse est, dcbeo u. dgl. den Indicativ setzt (aber doch nur in
einem freien Satze!), statt des nach deutscher Construetion erwar-
teten Conjunctivs, das muss nicht wenig befremden. — Das fuit
gleicht in seinem Verhältnis zu dem relativen Gliede ganz dem
{tetnpus) fuit in der oben aufgeführten Stelle Cic. d. invent I,
2, 2. Während in ,cum ., .poterat* die Zeit ihrer Beschaffen-
heit nach gegeben ist, ist sie in fuit abstract gcfasst und als
bereits verflossen hingestellt. Somit findet zwischen beiden Glie-
dern logisch die vollständigste Zeitcongruenz statt.
*') Wagner in der Annot. crit. zu dieser Stelle sucht in eigenthüm-
licher Weise die Differenz der Construetion von cum mit dem In-
dicativ oder Conjunctiv des Imperfects zu formulieren: ,Quum
subiecto Conjunctivo Jmperfecti simpliciter indicat rem guandam
eo tempore evenisse, quo aiterum a/iguam; sequente indicatiro
eiuidem temporis hanc saepe habet tim , ut duas res nee tess-
pore diversas, et ipta natura sua ita comparaias st-
gniflcet, ut mutua quaedam inter ipsas intercedat
ratio. Beträfe diese Erklärung die Verbindung von cum mit
dem Conjunctiv des Imperfects, so könnte sie nicht eben be-
fremden, da sie nur eine Wiederholung der vielfach aufgestellten
Ansicht wäre, dass wo cum temporale mit dem Conjunctiv stehe,
zwischen den Sachen selbst nicht blofs ein äufserlicher temporaler,
sondern auch ein innerer causaler Nexus gedacht werden müsse;
dem indicativ aber, dem Modus der objcctiven Aussage, der seiner
Natur nach keinerlei subjectives Urtheil in sich einschliefst, ge-
rade im Gegensatz zum Conjunctiv eine solche Wirkung beilegen
zu wollen, das heifst die Begriffe auf den Kopf stellen. Vielleicht
schwebte Wagner etwas ähnliches vor, wie das, was wir wieder-
holt zu den oben aufgeführten Stellen aus Cicero und Livius be-
merkt haben, dass der Satz mit cum und dem Impf. Indic. nicht
selten seinem Wesen nach identisch ist mit dem demonstrativen
Dber die Constr. der lat. Zeitparlikeln^ v. E. ffoff>nann. 075
nunc te facta impia tangunt ? Tum decuity cum seeplra d n*
bas, — Tib. I, 10, 7: Nee belia fuerunt^ Faginus ad-^
stabat cum Mcyphu» ante dapen^ Non arce», non vallut
erat^ 9omnumque petebat Securut varias dux gregis inter
oves. — Ebd. V. 19: Tunc melius tenuere fidem^ cum pau-^
pere eultu Stabat in exigua ligneus aede deut.
Im demonstrativen Gliede das PJusquamperfect : Cic. p. Mil.
33, 88: Senatu9j credo, praetorem cum circumscripfinset, Ne
cum volebat quidem id facere in prieato eodem hoc^ ali'*
quid profecerat — d. off* II, 24, 84: At vero hie nunc
Victor y tum quidem tictu» quae cogitarat, cum iptiu» in-
t er erat j ea perfeeit^ cum eiut iam nihil int eresset ^*), —
Liv. X, 7, 2 : qui cum eadem ferme de iure patrum ae pfe^
biSy quae pro lege Licinia quondam eontraque eam dicta
erantf cum plebeis consulatus rogabatur, disseruissenC
e, q. 8.
In anderen Stellen, wo das demonstrative Glied nicht den
Sinn einer Zastandlichkeit involvirt, gibt cum mit dem Itidicativ
des Imperfects die objective Beschaffenheit der Zeit an, welcher
das Factum des demonstrativen Gliedes angehört, Cic. in Yerr.
III^ 90, 210: ab Ulis hovkinibus^ qui tum v er sali sunt in
re publica^ cum et optinU mores erant^ et hominum existi-^
matio gravis habebatur^ et iudicia severa fiebant cetf, —
Ebenso II, 70, 172, lU, 82, 215. — p. Sest. 26, 66: re-
ducti [sunt] exsules Byzantium condemnati tum cum in-*
demnati cioes e civitate eiciebantur. — Phil. II, 36, 90:
tum^ cum Optimum teputabant, me quidem dissentiente^
funer i t grannig ti illud funun fuU^ sceleratissime praefuisti^
— Ebd. 44, 114: Tarquinium Brutus bello est persecutus^
qui tum rex fuil, cum esse Romae licebat. — Ebd* III, 13,
33. Caelius bei Cic. ad div. VIII, 5, 2. d. orat« 1, 14, 62. — Liv.
XXXIII, 34^ 3 : iis (regis Antiochi legatis) eadem fere quae Romae
egerant verba sine fide rerum iactantibu» nihil iam perplexe
ut ante, cum dubiae res incolumi PhiUppo erant, sed
aperte denuntiatum^ vt excederet Asiae urbibus e.q,s^ (■» cum
dubiae res erant, perplexe denuntiatum est.) — Verg.
Gliede, indem er das in seinem zustandlichen Verhalten gibt, was
in dem Demonstrativ -Satze schlechthin als Präteritum hinge-
stellt ist.
**) Den Satz yCum ipsius intererat' gibt zwar nur die dritte Bemer
Handschrift, doch gerade im 11. B. d. ofif. bietet sie allein eine
Anzahl Lesarten, über die noch nicht das letzte Wort gesprochen
ist. Wäre ^cwn ipsius inlererat^ ein blofser Erklärungszusatz
eines Reccnsenten, so muss es jedenfalls befremden, den Indicativ
intererat gesetzt zu finden, wo die grofse Mehrzahl äufserlich
ähnlicher Fälle, namentlich aber das unmittelbar darauf folgende
yCum . . , inieresset' zur Setzung des Conjunctivs hätte ver-
leiten müssen.
676 Ober die Constr. der lat. Zeitparlikeln, v. E, HoffmamL
Aen. VII, 148: Poslera cum prima luttrahat lampade terra»
Oriadie»^ urbem et finis et litora gentis Diver ni explorant.
%. cum mit dem Indicativ des Piuequamper-
fects. Hier wird es zunächst nöthig sein, solche Stellen aus-
zuscheiden, in drnen das Plusquamperfect in dem relativen Gliede
nur darum gesetzt ist, weil auch das demonstrative Glied durch
temporale Unterordnung unter ein anderes Präteritum in dieses
Tempus gerückt ist. Dabei ist jedoch zu bemerken, dass eine
solche temporale Unterordnung des Demonstrativ-Satzes nur dann
auch die des relativen nach sich zieht, wenn letzterer, wie wir
dies eben bei Beispielen von cum mit dem Indicat. Impf, gegen-
über einem Perfect fanden, seinem Inhalte nach identisch mit
dem Demonstrativ-Satze ist, indem er den zustandlichen Verlauf
oder das Wesen desselben enthält^ namentlich aber dann^ wenn
das demonfiitrative Glied nur durch ein Adverbium der Zeit an-
gedeutet ist, und in seinem Wesen dann durch das relative Glied
erläutert wird. Cic. p« Sest. 16, 37: ad suam enim quandam
magi» ille gloriam quam ad pernpicuam rei pubUcae tum
»p ectaraty cum unu» in legem per vim lat am iurare
noluerat, — ad Att. III, 18, 1: Ex»pectationem nobis non
paroam attulera»^ cum scripseras Varronem tibi
pro amieitia confirmasne causam nostram Pompeium eerte
»uscepturum. — p. MiL 22, 59 : Proxime deoe acces»it ClO'"
diue^ propiua quam tum^ cum ad ipsot p enetraratj
cuius de morte tamquam de caerimoniis violatis quaeritur.
— Liv. V, 28, 1: CamHlus meliore multo laude y quam
cum triumphantem albi per urbem vexerant eqiiiy in^
»ignisy iustitia fideque hostibus victis cum in urbem re-
disset cett.
Auch in dem Falle wird das relative Glied mit in die
Unterordnung des demonstrativen Gliedes hineingezogen, wenn
beide Zustände ausdrücken, die in ihrer Dauer vollkommen con-
gruent sind , so dass wenn der eine als abgeschlossen und vol-
lendet vom Standpuncte eines Präteritums aus bezeichnet wird,
nothwendig auch der andere abgeschlossen sein muss. Liv. XXVI,
40, 17: quattuor milia hominum erant, mixti ex omni con-
luffione exsules^ obaeratiy capitalia ausi plerique et cum
in cipitatibus tuit ac »üb legibu» vixerant et postquam
eo» ex varii» cau»i» fortuna »imili» conglobaverat Aga^
thyrnam^ per latrocinia ac rapinam to le r ante» vitam.
Aus tolerante» ist zu cum — vixerant herauszunehmen
toter averant*^).
**) Vgl. dagegen die schon oben citierte Stelle Cic. p. Mil. 33^ 88:
Senafu», credo, praetorem cum eircumscripsistet. Ne cum
V olebat quidem id facere in privato eodetn hoc, aiiqufd profe-
cerai. — p. Sest. 7, 15: Fuerat ilie annus iam in re pu~
blica, cum in magno motu et multorum timore intentu»
Ober die Gonstr. der lat Eeitpartikeln, v. £. ffoff>naim, 677
Die Fälle nun, wo mit cum der Indicativ eines Io-
nischen Plusquampe rfects in dem Sinne eines zuständ-
iichen Imperfects construiert ist, sind, wenn wir von denjenigen
absehen, wo cum mit dem Plusquamperfect das stetige Ante-
cedens einer wiederholt in der Vergangenheil eingetretenen Hand-
lung gibt, nicht eben zahlreich.
Cic. de invent. I, 3, 4: ämc nimirum^ cum ad gubernacula
r ei public ae temer arii atque auäacea homines accesser ant^
maxima ac miserrima navfragia fieban t. (= cum guber^
nacula tenebant.) — Ebd. II, 42, 1 24 : (i>), qui cum leXy gui^
bu8 diebus in legationem proficiseeretur , praestituerai^
guia sumptum quaesior non dedit , profeetus nan est, —
in Verr. IV, 13, 80; [Tiepolemus et Hiero] quod Verrem arti'^
ficii sui cupidum cognoverant tum, cum iste Cibyram cum
inanibus syngraphis v eneraty domo fugientes ad cum se
exsules, cum iste esset in Asia , contuierunt. (Über venerat
.= aderat s. o. A. 20 ; der Sinn ist : ^<sie hatten ihn kennen gelernt
zu der Zeit, wo er in Cibyra sich aufhielt.'*) — Ebd. V, 69,
178: Itaque cum primum agere coepimusy lex non erat pro^
mufgala; cum iste vestra severitate permotus multa signa dC'»
deraty quam ob rem responsurus non videretur, mentio de
lege nuila fiebat: postea quam iste recreari et confirmari
Visus esty lex statim promulgata est. (Mit cum signa dC'*
derat [= cum signa aderant] ist der Zeilraum gegeben,
mit welchem vollkommen con^nient war, ^fiebat nulla men^
tio de lege [Aurelii Cottae]^). — de imp. Cn. Pomp. 7, 19:
tum , cum in Asia res magnas permulti amiserantj
scimus Romae solutione impedita fidem concidisse, (Vgl.
oben bei postquam Sali. Jug. 97, 1: po st quam oppidum
Capsam celt. et magnam pecuniam amiserat e. q. s,J
— ad div. III, 7, 5: Cum ea consecutus nondum eram,
quae sunt hominum opinionibus amplissima, tarnen ista
vestra nomina numquam sum admir atus: viros eos, qui
ea robis reliquissenf, magnos arbitrabar, (Das * nondum
er am consecutus ist reines Imperfect; neben ihm in voll-
kommen congruenler Zeitausdehnung bestand das — vom gegen-
wärtigen Standpuncte des Schreibers aus als vollendet gegebene
est areus in me unum traductione ad plebem fiiribundt ho-
tninU e. q, s. — ad Alt. VIII, 11, D, 6. Liv. VII, 16, 2: Falisei
quoque hoiies exortiy quod eos qui Falerios perfugerant, cum
male pugnatum est^ repetentibus fetialibus Romanis non red-
diderant, — Ebd. 1. 41 , 7. — Ovid. Met. VI, 148: Ante suos
Mobe ihalamos cognoverat iliam^ tum cum Maeoniam virgo
Sipyiumque c olebat. In allen diesen Fällen findet nur Zeit-
gleichheit, nicht zugleich auch jene innige Zusammengehörigkeit
der Glieder statt, wie sie oben als Bedingung für die Ausdehnung der
temporalen Unterordnung auf das relative Glied hingestelU wut<&A«
678 Über die Constr. der lat. Zeitpartikeln, v^ E. Bofffnanm.
— numquam aum admiratu9^ und das arhitrabar\
— In der Stelle de legg* III, 20, 48: Quamobrem^ si de Ma-^
crorum aiienatione dicendum putasti^ cum de religiane
leges propotucras ^ faciendum tibi esty ut magistraUhu»
lege conntitutie de potestatum iure disputes. (^Das Verhält-
ni&s von cum proposueras zu putasti ist ganz dasselbe
wie es das des präsentischen, ^cum prop oeuiet^ zu *pu^
tai sein würde) •^j.
Bei Caesar findet sicK eine Stelle: b. G. VII, 85, 4:
Cum tarn ex diei tempore coniecturam ceperat in caetra
perventumy iedem »ublicisy quarum pare inferior remane^
baty pontem reficere eoepiC» (Über coniecturam ceperat
es einem zuständlichen exietimabat ^ vgl. die ahnlicheii
Plusquamperfecte o* A. 14); ebenso auch nur eine Stelle bei
Nepos, Dat. 6, 5: Hoc re probata exercitum educii, Me^
trobarzanem pereeguitur tantum\ qui cum ad hoetes per^
veneratf Datame» signa inferri iuesit.
Bei L i V i u 8 findet sich in den bezeichneten zwanzig
Büchern so gut wie keine Stelle, in der, ohne dass es si<£
um wiederholt eingetretenes handelte, cum mit dem Indi-
cativ des Plusquamperfects verbunden wäre. Hinsichtlich der
Stelle XXII, 60, 25 : haec vobis istorum per biduum militia
fuit, cum in ade etare ac pugnare d-eeuerat^ tum in
castra refugerunt\ cum pro vallo pugnandum erat^ ca*
8tra tradiderunty — ist es bekannt, dass decueraC Con-
jectur der Ed. Ascens. 1513 ist, während die Handschriften
decuerit (eine decrev erit) geben. Ob nun decuit zu
setzen sei, wie Weissenborn vermuthet, oder ob mit Rücksicht
auf das zweite relative Glied 'cum pugnandum erat^ viel-
mehr decebat zu emendieren wäre, — als Livianische Schreib-
art kann das Plusquamperfect decuerat auf keinen Fall gel-
**) Es darf jedoch nicht unbeachtet bleiben, dass nur in den schlech-
teren Handschriften ausdrücklich cum oder quom sicht^ während
die besseren, darunter Voss. A., Gud. 2 und cod. Perizon. ^ zugeben,
was die jüngeren zu derselben Familie gehörigen Handschriften in
quoniam auflösen. Da letztere Partikel dem Sinne der SteUe
durchaus angemessen ist, so durfte die Eintragung von cum troti
der grammatischen Richtigkeit des Indio. Plusqpft. doch um so
mehr bedenklich sein, wenn man die Seltenheit der Fälle, in denen
Cicero selbst ein logisches Plusquamperfect im Indicativ mit cum
verbindet, berücksichtigt Die oben angeführten Stellen sind nämlich
die einzigen, die sich im Bereiche der nachstehenden, von mir zu
diesem Zwecke vollständig durchgesehenen Schriften Cicero's fin-
den: in 40 Beden (p. Quint , p. Kose. A., inCaecil., in Verr. Act.
I u. n. B. 1— V; d. imp. Cn. Pomp.; in Cat. 1— IV: p. Mur. ; p.
Flacco; p. Sulla; p. Archia; p. Plancio; p. Sestio ; d. prov. cons. ;
inPison; p.Milone; p. Marc.; p.Ligar.; p.Deiot. ; Phil.l— XIV.);
ferner dcinvent.; d. orat. ; Brutus; Orator; d. opt. gen. orat ; Epist«
ad div. I— X; ad AtL I— X; d. legib. ; de offic; Gato m. ; Laelius.
Ober die CoDstr. der lat Zeitpartikeln, v. £. Boffhfumn. 679
ten. *cum — de euer at^ würde heissen: ^<als es sich ge-
ziemt hatte und nun nicht mehr ziemte.'^ — Eine
zweite Stelle IX, 33, 3: Permultt anni tarn eranCj cum
tuter patricios magittratua tribunoaque nulla certamina
fuer an t ^ cum ex ea familia , cui velut fatalU Hb cum
tribunis ac plebe eraty cerfamen orilur^'')^ — liefse sich in
gewisser Weise den vorher besprochenen Fällen beizählen ^ wo
das relative Glied, wegen seiner innigen Zusammengehörigkeit
mit dem demonstrativen Gliede, dessen Erklärung es enthält,
mit in die Unterordnung des demonstrativen Gliedes hineinge-
zogen ist. Nun steht hier allerdings das Imperfect eranty
aber selbstverständlich vertritt dieses erant seinerseits nur ein
(logisches) Plusquamperfect ^ die vom Standpuncle des 'cer^amen
oritur* aus vollendeten Jahre sind in ihrer Summe zu-
ständlich gesetzt. Wie es also vom Standpuncte der unmittel-
baren Gegenwart aus hätte heilsen müssen : permulti anni tarn
8unty cum inter patriciOB magi$tratUB Iribunosque nulla
certamina fuerunt^^\ — so sind durch Beziehung auf das
historische Präsens oritur die beiden Glieder in die ganz ent-
sprechenden Formen des Präteritums gerückt worden: erant
— fu erant.
Dass Sallust^ Velleius, Florus, Tacilus kein Bei-
spiel des Plusquamperfect-Indicativ bei cum haben, ist früher
schon bemerkt worden.
Bei Dichtern findet sich das logische Plusquamperfect
öfters. Ennius bei Cicero, Brut. 18, 71 (v. 221, sqq. ed.
Vahl.) : scrfpnere alH rem Voraibua quOM olim Faunei uate$^
que caneb ant ^ cum neque Muaarum sropuloä quUquam
*'j Die Worte ,cui velut fatalis li§ cum tribunis ac plebe erat,
nach Madvig's Emendaliori; a. a. 0. p. 183 statt der gewöhnlichen
Lesart .fatalis ad lites^. Die Handscbrifleo geben: guae vettU
fatales cum tribunis e. q. s.
**) Vgl. Cic. d. off. II, 21. 75: Nandum centum et decem anni sunt,
cum de pecuniis repetufidis a L. Pisone tata lex est. (£ine
Stelle, die seltsamer Weise in den Grammatiken als Beispiel für
die Anknüpfung des Nachsatzes durch cum citiert zu
werden pflegt, Madvig §. 358, Anm. 1. Schultz g. 365, B. y.) —
ad Att. IX, 11. A, 2: aliquot enim sunt anni, cum tos
duo de legi, quos praecipue coterem, — In beiden Gliedern das
Präsens: Pbil. XII« 10, 24: Vigesimus annus est, cum omnes
sceierati me unum petunt. — Orat. 51, 171: Etapud Graecos
quidem iam anni prope quadringenti sunt, cum hoc proba-
tur, — Verg. Aen. III, 645: Tertia iam Lunae se cornua lumine
conplent, cum vitam in silvis inier deserta ferarum Lustra
domosque traho cett, — Vgl. ebd. V, 626. — Bedingt durch die
Eigenthümlichkeit der Zeitgebung im Briefstil: Cic. ad Att. 111, 21 :
Triginta dies erant ipsi, cum has dabam litter as, per quos
mitlas a vobis acceperam, (Für die Gegenwart des Schreibenden
mussle es heifsen : triginta dies sunt ipsi, cum has do titteras,
per quos nultas a tobis accepi.)
680 Ober die GoDstr« der lat. Zeitpartikeln, v. E, Hoffmann.
super araC Nee dicCi studioms erat. (Das relative ond
demonstrative Glied sind in ihrer Dauer sich vollkommen con-
gruent.) — Terent. Andr. 517: quom intellex era» Id
consilium capere, quor non dixtiextemplo Pamphilo. (Vgl.
A. 14.) — Verg. Aen. V, 42: Po$lera cum primo Stellas
Oriente fugarat Clara dies^ socios in coetum litore ab
omni Adv ocat»
Es bleibt nun nur noch der Fall zu erwähnen übrig, wo
cum mit dem Indicativ des Plusquamperfec ts das
stetige Antecedens gibt für eine in der Vergan-
genheit wiederholt eingetretene Handlung, die
darum ihrerseits in das Imperfect gestellt ist. Da dieser
Fall durchaus derselbe ist wie der, den wir oben bei utj übt,
simul {ae) bereits erörtert haben, indem auch hier das Plus-
quamperfect ein 1 o g i s c h e s ist ^% welches sich zu dem Imper-
fect des demonstrativen Gliedes genau so verhält, wie sich das
(logische) Perfect zu dem Präsens in den Fallen verhält,
wo für eine wiederholt in der Gegenwart eintretende Handlung
die Vollendung einer anderen als Zeitbedingung gesetzt ist, so
können wir unmittelbar an die Anführung von Beispielen gehen.
Cic. in Verr. I, 46, 120: a qua mutiere cum erat ad
eum ventum et in aurem eius insusurr atum, alias re-
voeabat eos^ inter quos iam decreoerat^ decrefumque mu^
tabatj alias intef alios contrarium sine ulla religione de^
cernebat j ac proximis paulo ante decreverat, — III, 9,
23: nie erat in tribunali proximuSj in cvbiculo solus, in
convieio dominus^ ac tum maxime ^ cum accubante prae^
textato praetoris filio in concivfo saltare nudus coeperat.
— Ebd. 67, 156: Quis istuc Apronio attribuebat^ cum
aratorem aliquem eaerterat? aut Timarchidi^ cum ob
iudicandum, aut decernendumy aut imperandum aliquid, aut
remittendum , pecuniam acc e p er at? aut Sextio Uctori^
cum aliquem innocentem securi percusserat? — Ebd.
IV, 61, 137: Itaque Syracusis cum cicibu» Romanis eram:
eorum tabulas exquirtbam, tniurias cognoscebam: cum diu-
tius in negotio curaque fueram^ ut requiescerem curamque
••) Wie bei Uöi u. d. a. auf solche Fälle von wiederholt verbunden
eingetretenen Handlungen aurmcrksam gemacht wurde, wo statt des
logischen Plusquampcrfects das Imperfect im relativen Glicdc
sich findet, so findet sich auch bei cum diese Zeilgebung: Cic.
in Verr. II, 13, 34: Ex lege Rupilia sortilio nulla [sc, fieöat],
nisl cum nihil inier erat islius. — Cajs. b. c. I, 79, 2: Si
mons erat ascendendus, facile ipsa loci natura periculum re-
pellebat, — cum talits aut locus dec litis suberat, neque ii,
qul antecetierant , morantibus opem ferre poler ant, equites
vero ex loco superiore tela coniciebanl, tum magno erat
in periculo res. Ebenso b. c. HI, 44, 6.
über die Constr. der Jak. Zeitpartikeln, v. E, Hoffmann, 681
animi remUCerem^ ad Carpinatii praeclaras tabulas rever^^
(ebar e, g. 8, — Ebd. V, 10, 27 — 29: Cum auCem ver
esse coeperat — cuius initium iste non a Favonio neque
ab ali'quo astro notabat ^ sed cum rosam viderat^ tum
incipere ver arbitrab atur — da bat se laboribus atque
itineribus . . . . Sic confecto ilinere^ cum ad aliquod oppidum
veneraty eadem lectica usque in cubiculum defereba^
tur ..,. Cum vero aestas summa esse coeperat^ pul^
cherrimo Syracusarum loco stativa sibi eastra faciebat.
— In Catil. III, 7, 16: Neque vero cum aliquid manda^
rat, confectum putabat. — p. Flac. 7, 16: Cum in
theatro imperiti homines consederant^ (um bella inutilia
suscipiebant\ tum seditiosos homines rei publicae prae^
ficiebant; tum optime merito» e civitate eiciebant. Ebenso
10,21. p. Sest. 59, 126. Phil. V, 6, 18. — Oral. 32, 113: Zeno
manu demonstrare solebat ^ quid inter has artes inter esset.
Nam cum conpr esserat digitos pugnumque fecerat^
dialecticam aiebat eiusmodi esse; cum autem diduxe"
rat et manum dilataveraty palmae illius similem elO"
quentiam esse dicebat. — d. orat. I, 20, 90. d. legg. 11,25,
63. d. off. III, 9, 38.
Caesar, b. G. III, 14, 6: Eis (falcibus) cum funesj
qui antemnas ad malos destinabant^ comprehensi ad"
ductique erant^ navigio remis incitato praerumpc"
bantur. — Ebd. 15, 1: disiectis antemnis cum singulas
binae ac ternae naves cir cumsteterant^ milites summa
vi transcendere in hostium naves cont endebant. -*
Ebd. IV, 17, 1: Haec (tigna) cum machinationibus immissa
in flumen de fix erat fistucisque adegerat,... Ais item
duo ad eundem modum iuncta ,,, ab inferiore parte contra
vim atque impetum flumini» statuebat, — Y, 19, 2:
cum equitatus noster liberius praedandi vastandique causa
se in agros eiec erat ^ [Cassiveilaunus] omnibus viis $e*
mitisque essedarios ex silvis emittebat e. q. s. — Ebenso
V, 85, 1. 3. VU, 22, 2. — b. c. I, 58, 2.
Sallust, Jug. 44, 4: quantum temporis in imperio
fuitj plerumque milites in stativis castris habe bat y nisi
cum odos aut pabuii egestas locum mutare subegerat ^%
— Ebd. 92, 8 : Vineae cum ingenti periculo frustra agc'^
bantur; nam cum eae paullo proces serant, igni aut
lapidibus corrumpebantur,
Cornelius Nepos, Epam. 8, 6: eam summam cum
fecerat^ priusquam acciperet pecuniam^ adducebat
'*) Vgl. die ganz ähnliche Stelle Jug. 18» 2: Vagi ßalantes, qua fiox
coegerat, sedes habebant.
$S2 Ober die Gonstr. der lat. Zeitpartikeln, v. E. ffn/pnanH.
eumy qui quaerebaty ad eo9y qui conferehant^ eique ut ipti
numerarent faeiebat cett.
Bei Li vi US findet sich in den Büchern I — X, XXI — XXYI,
XXXI— XXXIV kein Beispiel; ebenso wenig bei Plorusund
Tacilus.
Nachdem wir nun die Bedingungen erörtert haben, unter
denen cum m\X dem Indicativ der relativen Zeiten
des Präteritums construirt werden kann, und als Resultat ge-
funden haben, dass dieser Modus nur da gestattet ist, wo voll-
ständige Coordination der Glieder stattfindet, wo also die An-
wendung des Imperfects oder Plusquamperfects nicht durch die
Unterordnung unter das demonstrative Glied, sondern durch die
Beschafl^enheit des betrefi'enden Seins selbst bedingt ist, insorern
dieses ajs ein mit einer bestimmten Qualität behaftetes Prä-
teritum ausgeprägt werden soll, so bleibt nur noch übrig,
auf die verschiedene Wirkung hinzuweisen, welche die Zeit-
bestimmung durch cum mit dem Indicativ gegenüber der
durch cum mit dem Conjunctiv hat. Diese Wirkung nun ist
selbstverständlich schon in der grammatischen Form der Coor-
dination oder Subordination ausgesprochen: cum mit dem In-
dicativ nennt und beschreibt die Zeit, welcher eine Hand-
lung oder ein Zustand angehört, cum mit dem Conjunctiv da-
gegen gibt dieZeftgrenze dieser Handlung oder dieses Zu-
standes entweder durch Beziehung auf ein früher liegendes Sein,
welches also nach rückwärts, nach der Vergangenheit zu die
Bedingung für die zeilliche Lage des anderen abgibt, oder durch
Beziehung auf ein gleichzeitiges Sein, welches den Zeitpunct um-
schliefst, in welchem das andere eintrat oder stattfand.
Es hindert nichts, dass nicht ein und dasselbe Sein gleich-
zeitig beide Arten von Zeitbestimmung zu sich nehmen könnte:
es kann einmal durch cum mit dem Indicativ die Zeillage cha-
rakterisiert werden, durch Nennung eines gleichzeitigen Ereig-
nisses oder Zustandes; es kann ebenso auch die Handlung oder
der Zustand selbst charakterisiert werden, indem mit der Angabe
ihres Statlfindens durch cum mit dem Indicativ ihr eigenes der
Zeit nach natürlich vollkommen paralleles und congruentes eigen-
schaftliches Verhalten, ihre innere Natur und Wesenheit in Ver-
bindung gesetzt wird; — anderseits kann aber auch zugleich
eine engere Zeitbestimmung durch cum mit dem Conjunctiv
hinzugefügt werden, indem ein anderes früher liegendes oder
gleichzeitiges Sein herangezogen wird, um in untergeordneter
Weise eine Zeilgrenze der besprochenen Art abzugeben.
Cic. ad div. II, 8, 3: Ego cum Athenis decem fpstos
dies fuissem^ mulCumque mecum Gallus noster Caninius,
proficiscebar t'nde pridie Nonas Quintilesy cum hoc
ad ie litterarum dedi. — p. Plane. 36, 89: Ergo ille cum
Ober dio Gonstr. der lat Zeitpartikeln, v. E. Boffhumn. 683
$uum^ non cum senatus factum defenderety cum per--
severantiam senlentiae auae^ non salutem rei publtcae re-'
tinuisael^ tarnen cum illud voluntarium vulnus acce-
pity iU9CiMsimos omnium Metellorum et clarisaimos tnum-
pho8 gloria et laude super av it. — de imp. Cn» Pomp«
20, 59: Qui (Catuluä) cum ex vobis guaereret, $i in
uno Cn, Pompeio omnia poneretisy si quid eo factum esset,
in quo Bpem essetis habituri^ cepit magnum suae virtutis
fructum ac dignitatis^ cum omnes una prope voce in ipso
vos spem habituros esse dixistis. (Hier gibt i; um quae-
reret kein selbständiges gleichzeitiges Ereignisse sondern es
ist nur eine untergeordnete Zeitbestimmung für das fructum
cepit \ mit diesem aber musste coordiniert werden, was demsel-
ben seiner Natur nach durchaus coordiniert und congnient ist,
da es identisch mit demselben ist, sein Wesen ausmacht, der
Zuruf des Volkes* Stunde cum diceretis^ so wäre mit
diesem nur eine weitere untergeordnete Zeilbestimmung für das
fructum cepit gegeben, nicht aber das Zusammenfallen beider
ausgesprochen). — d. orat. II, 67, 272 : Est huic finitimum
dissimulationi y cum honesto verbo vitiosa res appellatur:
u t cum Africanus censor tribu mov eb a t cum centuriO"
nemy qui in Paulii pugna non adfuerat y cum ille se cu^
stodiae causa di cer et in castris remansisse quaere^
retquCy cur ab eo notaretur : ,\on '' amo , in qui t y
nimium diiigentes.^ — Ebd. 70, 282: Huic similis est etiam
admonitio in consilio dando familiaris: uty cum patrono
maiOy cum vocem in dicendo obtudissety suadebat
Granius , ut mulsum biberet , simulac domum redisset :
yVerdamy inquit, vocem, si id fecero^ ^Melius est , inquit,
vocem^ quam reum.'
Bekanntlich ist in einer Stelle bei Cicero, auf die bereits
oben A. 45 hingewiesen wurde, de fin. II, 19; 61 cum, ohne
wiederholt zu sein , gleichzeitig mit dem Conjunctiv und dem
Indicativ verbunden: num etiam P. DeciuSy cum se devo^
veret et equo admisso in mediam aciem Latin orum ir~
ruebaty aliquid de voluptatibus suis cogitabat? Die
Wahl des Modus in beiden Zeitbestimmungen ist vollkommen
gerechtfertigt. Mit cum se devoveret ist die Zeilbedingung
für das eogitabaty m\{ cum irruebat dagegen ein dem
cogitabat paralleler Zustand ^ das gleichzeitige eigenschaftliche
Verhallen des Subjects gegeben ^^).
'') Wenn zu ändern wäre, so könnte am ehesten die Gonjectur von
Dayisius gebilligt werden: ,ettm se devoverat et , , , irruebat,*
Dann würde auch das logische Plusquampcrfect ebenso wie das
Imperfect eine Charakteristik der Lage des Decius geben^ mit der
das jCogitaöat* gleichzeitig war.
684 Über die Gonstr. der lat ZeitparUkeln, v. E, BoffmoMü.
Es bleibt nun noch der Gebrauch des sogenannten ,cum
im Nachsätze^ zu erörtern übrig.
Das Eigenlhümliche dieser Construction besteht bekannt-^
lieh in einer gewissen Umkehrung der Glieder, insofern das,
was durch cum als Zeilbestimmung entweder in der Form der
Coordination oder der Subordination mit einem anderen Ereig-
niss oder Zustand hatte in Verbindung gesetzt werden sollen,
in Form der selbständigen Aussage und mit der seiner Qualitit
entsprechenden Zeitgebung auftritt, während das Hauptmoment
der Erzählung äufserlich durch das wieder zum verknüpfenden
Adverb gewordene cum daran angereiht ist.
Es liegt in dieser äufserlichen Nebeneinanderstellung eine
gewisse Naivetät, insofern der Schriftsteller darauf verzichtet,
die vorbereitenden untergeordneten Facten oder Umstände auch
in diejenige syntaktische Form zu bringen, welche ihrem Ver-
hältnisse zu dem übergeordneten Momente der Erzählung ent-
spricht. Indem man femer nicht schon in vorhinein durch die
Conjunction und wol auch durch den Modus auf den Zusammen-
hang vorbereitet wird, in welchem der schlechthin als bestehend
ausgesagte Zustand oder die als bereits vollendet berichteten
Ereignisse mit einem nachfolgenden Ereignisse etwa stehen, so
muss diese Satzanordnung insbesondere da als wirksame Ein-
kleidung erscheinen, wo bei dem Hörer oder Leser derselbe Ein-
druck des Unerwarteten, Oberraschenden soll hervorgebracht
werden, den in der Wirklichkeit das unter dem Obwalten jener
Umstände plötzlich eintretende Ereigniss ausübte.
Demgemäfs ist auch die am häufigsten vorkommende Zeit-
gebung bei dieser Anordnung der Satzglieder die, dass an die
Schilderung eines Zustandes im Imperfectum, oder insofern
der Zustand aus der Vollendung einer Handlung resultiert, im
Plusquamperfectum, die Erzählung eines Ereignisses im
historischen Perfect oder historischen Präsens mit-
telst cum angeknüpft wird. Zur Verstärkung des Eindruckes des
plötzlichen und unerwarteten tritt zu cum meist noch repenle
oder subito''^) hinzu, während in dem Vordersalze meist
'') Statt dieser Adverbia treten auch die entsprechenden Adjectiva re-
pens, repentinus y subitu» ein. Liv. XXXIII, 15, 6: iam
hnud procul castrU aber an t peditesque equitesque et Thracum
quidam in vagoa patatosque per agroi hostis impetum fecerant,
cum repem terror castris infertur. — XXIII, 3Ä, 7: erant
qui Magonein cum ctnsse copitsque omissa llatia in Hispaniam
averterent, cum Sardiniae recipiendae repentina spes ad-
futsit. — Verg. Aen. II, 679: Taiia vociferans gemitu tectum
omne replebat, cum subitum dictuque oritur mirabile
monitrum. — Geo. IV, 488.
Ober die Gonstr. der lat Zeitpartikeln, t. S. HoffKnanM, 685
iam^ nondum, und bei Anwendung des Plusquamperfecla
viXy aegre^ oder tantum''^^ steht
Cic. in Verr. II, 29, 72: Non duhitabat Minucius^
quin iate, quoniam consilium dimisisset^ illo die rem iliam
quaetiturus non esset : cum repente iubetur dicere,
— III, 14, 36: Ferebat hanc quoque iniquitatem Septi^
Cius^ et imbri frumentum corrumpi in area patiebaturi
cum illui edictum repente uberrimum et quaestuosissi'^
mum nascitur celt. — Vgl. ebd. 34, 79. IV, 40, ^6. V, 7,
16. 62, 161. in Pis. 5, II. p. Sest. 14, 32. Phil. V, 8^ 23*
XIII, 9, 19. ad div. IX, 7, 1. ad AU. IV, 2, 3. IX, I2, 1.
Caes. b. G. VII, 26,3: Jamque hoc facere noctu ap"
parabantj cum matres familiae repente in publicum
procurrerunt. — Ebd. VI, 7, 2: iamque ab eo (LU'-
bieno) non longius bidui via aberantj cum duas veniase
legiones missu Caesaris cognoscunt.
Ebenso Sallust Jug. 101, 8. 106, 5. — Livius I, 86,
I, 50, 1. II, 10, 10. 12, 2. 23, 14. 25, 8. 46, 5. 63, 2. 65,
6. III, 28, 7. 30, 4. 44, 8. 49, 5. IV, 48, 5. 55, 1. 59, 7«
V, 7, 1. 16, 8. VI, 8, 7. 14, 1. 17, 6. 24, 8. VII, 86, 5.
VIII, 1, 1. 38, 12. IX, 38, 3. 37, 5. XXI, 38, 2. XXII, 1, 1.
21, 6. XXIII, 82, 7. XXIV, 5, 9. XXV, 3, 19. 19, 4. 87, IK
XXXI, 39, 1. XXXII, 4, 7. XXXIII, 37, 2. XXXIV, 47, 1. —
Velleius If, 28, 2. 47, 2. 61, 1. 110, 1. — Florus I, 11,
13. 18, 4. III, 17, 7. IV, 10, 8. — Tacilus An. I, 16, 51.
III, 1. IV, 1. 27. VI, 5 (V, 10). 8 (2). 66 (50). XI, 26. 37.
89. XIII, 20. XIV, 14. 26. 34. 61. — Hisl. I, 29. 48. 54. 69.
II, 41. 54. III, 16. 32. IV, 28. 57. 66. 71. 75. V, 18. —
Agr. 26. 29. 33.
Vergil, Aen. I, 36. 223. 509. II, 567. 589. 680. 730.
III, 18^7. 345. 622. V, 328. 867. VII, 27. VIII, 28. IX, 872.
895. XI, 783. XII, 249. 941.
Im Vordersatze das ImperTect zugleich mit dem logi-
schen Plusquamperfect, im Hauptsatze das historische
Perfect oder Präsens:
Livius III, 59, 1: Ingen» metus incesserat patres
vuUusque iam inde tribunorum eranty qui decemvirorum
fuerant: cum M. Duillius . . . inquit cett. — Ebenso III,
60, 9. IX, 43, 17. XXII, 29, 6. XXXIII, 15, 6. — Tacilus
An. XIII, 54: iamque fixer ant domosj semina arnis^
intuierant uique patrium solum exercebanty cum
") Letzleres bei Cic. ad dlv. VII, 23. 1: Tantum quod ex Arpinatl
venerum, cum mihi a te litterae redditae sunt, — Vellei.
II, 117, 1: Tantufn quod uitimam imposnerat Pannonico
ac Delmatico hello Cxsar mamim, cum fnnestae ex Germania
epiitulae caesi Vari... [nuntium attulerunt],
Zeittehrift f. d. dttarr, Oymnat. 1860. I>. Haft. 47
6S6 Ober die Gonstr. der laL Zcitpartikoln, t. B. HolMamn.
DubiÜM Avitu» minitando vim Roman am perpulit Ver-
ritum et Malorigem preces susa'pere^ — Ebenso An. XV, 69.
.i— Verg. Gco.IV, 485: Jamque pedem referent casus eva-
serat omnis, Redditaque Eurydice superas veniebat ad
auras . . . Cum subita ineautum dementia cepit aman'
tem. — Ebenso AenJII^ 5^8. IV, 8. V, 838. IX, i08. XI, 904.
Im Vordersatze das logische Piusquamperfec t, im
Hauptsalze das historische Perfect oder Präsens:
Cicero in Verr. II, 88, 93: Vix ille hoc diofermt^
e^m iste pronuniiat celt. — p. Ciuent. 9, 28. d. ortt.
II , 21, 89. ad Air. II, 12, 2. IV, 8 b. 1. V, 19, 1. IX, 2 A,
8. X, 16, 1. ad div. IX, 26, I. Caelius ebd. VIII. 12^
8. — Caes. b. 6. VI; 8 , 1 : Vix agmen novissimum
extra munitiones proe&s serat, cum Galli cohor"
tati inter se e. q. s. — "Sallust, Jug. 60, 6. — Nepos
Eum. 9, 1. — Livius I, 2J> 8. III, 18, 8. IV, 33, 1. VII, 24,
4. 33, 11. 36, 2. VIII, 38, 2. IX, 24, 13. X, 41, 5. XXI,
25, 2. XXII, 19, 10. XXIII, 16, 13. XXIV, 32, 5. 33, 8.
XXV, 24, 1. XXVI, 17, 12. 45, 6. XXXIV, 60, 8. 60, 1. —
Velleius 11,70,3: Deeiderat Cassi caputy cum eoocO'
tus advenit nuncians Brutum esse victorem. — Ebd. 101,
1. 117, 1. — 'Florus III, 19, 9. — Tacilus An. I, 19. II,
8. 52. IV, 64. Vlj-8I (25). XI!, 32. 49. — Hist. I, 66. II,
36. III, 21* IV, 88. V, 8. — Vergil Aen. I, 586. II, 323. IIL
656, V, 84. 69S. VI, 45. 190. 372- VII, 104. VIII, 98. 276.
XII, 154.
Neben diesen Hauptarten der Zeitgebung in Vordersatz und
Nachsalz finden sich noch mancherlei Variationen, je nachdem
entweder in dem durch ctim angeknöpften Nachsatze zustand-
liches gegeben ist, oder umgekehrt in dem Vordersatze Facta
(oder auch die einzelnen Momente eines Zustandes) aufgeführt
werden, mit denen gleichzeitig das im Haupt satze gegebene statt-
findet. Danach ergeben sich folgende Möglichkeiten der Zeit-
gebung für beide Glieder :
1: im Vordersatze dasimperfect oder logische
Plusquamperfect, im Nachsatze a) das Imperfect, b)
das Plusquamperfect.
I, a. Cic» in Verr. Act. I. 6, 17: Libelli nominum ve-
strorum conciliique huius in manibus erant omnium. nulla
notaj nullus color , nullae sordes videbantur his sen^
tentiis allini posse: cum iste repente ex alacri atque
laeto sie erat humilis atque demissus cett. — II. Act. II,
36, 89: Una nox intercesserat ^ cum iste Doroiheum
Sic diligebaty ut e. q. s. — Tac. An. I, 51, XI, 26. —
Verg. Geo. IV, 425 : Jam rapidus torrens sitientis Sirius
IndosArdebat caelo et medium soi igneus orbem HaU"
serat] arebanC herbae et eava flumina siccis Faucibus
über die Gonstr. der lat Zeitpartikeln, v. S, ffoff>naim, 687
ad li'mum radii tepefäeta eoquehant: Cum Proteus con^
Mueta peten» e fiuctibus antra Ibat. — Aen. V, S70.
b) Hieher wäre die bekannte Stelle VergiFs zu ziehen, Aen.
II, 254 (F., die den Interpreten so viel Mühe gemacht und manch
unnölhigen Emendationsversuch veranlasst hat: Et iam Argiea
phalanx instructis navtbus ibat A Tenedo, tacitae per
amica »ilentia lunae Litora nota petens: fiammas cum
regia puppis Ex tulerat fatinque deum defensu$ iuiquis
Inciusos utero Dariaoe et pinea furtim Laxat ciaustra
Sinon. Fasst man extulerat logisch (als anticipiertes Re-
sultat, s. 0. A. 31) = ,da hatte das Admiralschiff die Signal^
fackel ausgesteckt^ (=5,da war... die Signalfackel ausge-
steckt') so sindsich ex tulerat und laxat insofern voll-
kommen coordiniert, als beide etwas geben, was eintrat, als der
im Vordersatze ausgesagte Zustand bestand; nur sind beide in
ihrer Qualität verschieden, indem das erstere seiner Natur nach
etwas zuständliches, das andere dagegen ein Factum schlechthin
ist. (Vgl. übrigens das unten unter 2, b. gegebene Beispiel aus
Livius.)
2. Im Vordersatze steht das historische Perfect
oder historische Präsens, im Nachsatz entweder a) das hi-
storische Präsens oder Perfect, oder b) das Imper-
fect oder logische Plusquamperfect.
a) Cic. p. Sest. 87, 79: Itaque fretue »anctitate tribu^
natu» venitin templum Caetoris ^ obnuntiavit eoneuli:
cum »ubito manu» Ulm Clodiana exclamatj incita^
tur^ invadit cett. — Phil. U, 29, 73: Itaque excu»»is
tuis vocibus et ad te et ad praede» tuo» milite» mi»it:
cum repente a te praeclara illa tabula prolata e»t.
— ad Att. IV, 1, 3: cum pontifices decressent ita..,,y mihi
facta »tatim est gratulatio: cum subito ille in con^^
cionem ascendit. — Cses» b. c. II, 11 , 4 (im Vordersatze
das histor. Perfect zugleich mit dem Imperfect): Compluribu»
iam lapidibus ex ea quae suberaty turri subductis repen^
tina ruina pars eius turris concidit^ pars reliqua con-^
sequens procumb ebat, cum hoste» urbis direptione per^
territi inermes cum infulis se porta foras unieersi p rori^
piunty ad legatos atque exercitum supplices manus tei^^'^'
dunt, — Auct. b. Afr. 61 , 2. — Liv. V, 7, 5. XXIV, 29,
1. — Verg. Aen. I, 534: Hie cursu» fuit: cum subito
adsurgens fluctu nimbosus Orion In vada caeca tulit cett.
Hirtius, b. G. VIII, 29, 1 : Cum aliquamdiu summa con-
tentione dimicaretur, Dumnacus instruit aciem^ ...cum
repente confertae legiones in conspectum hostium veni-
unt. — Liv. IV, 32, 1: Romae terror ingens erat, accito
exetcitu a Veiis eoque ipso ab re male gesta perculsOj ca^
stra.lo e antur ante portam Collinam et in muri« armaVi
41*
e88 Ober die Constr. der lat. Zeitpartikeln, ▼. E, Baginmv^
di8p09iti et iustitium in foro Cabernaeque elautae^
fiuntque omnia castris quam urbi iimiliora: cun^ irepi"
dam civitatem dictator increpuit cett. — XXIII, 18, 3.
XXVI, 18, 7. — Verg. Aen. VII, 160: lamque Her ementi
turri» ac tecta Latinorum Ardua eernebant t'uveneß mu^
roque »ubibänt\ Ante urbem pueri . • . Exercentur
equis domitantque in pulvere curruSj Aut acn's ten*
dunt arcusy aut lenta laeerti» Spicula contorguenl
cursuque ietuque lacessunt: Cum praevectus equo ian-'
gaevi regis ad auris Nuntius • •• reportat e. g. m. —
Ovid. Met. X, 479: Perque novem erravit redeuntis eor^
nua lunae, cum t andern terra requievit fessa Sabaee.
b* Liv. II, 46, 3 : vix explicandi ordines spatium
Etruscis fui t^ cum pifis interprimam trepidationem abiee»
tis temer e magis quam emissiB pvgna iam in manus, iam
ad giadios^ ubi Mars est ätrocissimus, venerat (=> ^kaain
halten die EtruskerZeit ihre Reihen zu entwickeln, da war das
Gefecht bereits Handgemenge und Schwertkampf geworden.^)
3. Eine weitere Variation entsteht endlich dadurch, dass
in dem einen oder dem anderen Gliede der Infinitivus hislo-
ri^cus eintritt (Stellen, in denen in beiden Gliedern dieser Iq'*
finitiv gesetzt wäre, sind mir nicht bekannt.)
a« Der Infinitivus historicus im Vordersatze: Lir.
V, 46, 1 : , Romae ' interim plerumque obsidio segnis et
utrimque Silentium esse^ . .. cum repente iuvenis Ro^
manus admiratione in se cives hostesque convertit. —
Yerg. Aen. V, 654: At matres primo ancipites oeulisque
malignis Ambiguae sp ectar e rates . . . ; Cum dea se
paribus per caelum sustulit alis Ingentemque fuga «e-
cuit sub nubibus arcum,
b. Im Nachsatze: Liv. II, 27, 1: Fusis Auruncis vieler
Romanus promissa consulis fidemque senatus exspectO"
bat: cum Appius quam asperrime poterat ius de creditis
pecuniis dicere. — Tac. An. II, 31: cingebatur interim
milite domus, atr epebant etiam in vestibulo^ cum Libo
vocare percussorem^ prensare servorum dextrasy in-*
serere gladium. Ebd. c. 40. VI, LO (44). XI, 84. XIV, 5.
Hist. III, 31.
Tacit. An. IV, 60 : ingruebat nox nimbo atrox^ ho-
st isque clamore turbido\ modo per vastum Silentium y in-'
certos obsessores effecerat: cumSabinus cir cumire^
hortari cett. — Flor. III, II, 8: Itaque vixdum rr-
nerat Carras^ cum undique praefecti regis ostendere
Signa cett.
Bei cum, wenn es so den Hauptsatz anknüpft, ist die
Frage nach dem Modus eine völlig müssige, da beide Glieder
über die Constr. der lat ZeitparUkeld^ v. S, W^iflnaim, 689
in vollkommen freier SatzForm auftreten, und die Zeitgleichheit
selbstverständlich ist, da cum nach Art eines addierenden
Adverbs (etwa s= simul)^ zu schon bestehendem oder eben
geschehendem neu entstehendes hinzufügt.
Anders verhält es sich dagegen, wenn bei gleicher Anord-
nung der Glieder der Vordersatz auch wirklich der Hauptsatz
ist, während durch cum nachträglich ein untergeordnetes oder
beigeordnetes Moment der Erzählung angeknüpft wird. Hier
müssen natürlich wieder die allgemeinen Regeln über cum in
Kraft treten '*), und es wird demnach nur dann der angeknüpfte
Satz in freier Zeit und Modusform auftreten können, wenn die
Grundbedingung objpctivcr temporaler Vergleichung zweier Hand-
lungen stattfindet, nämlich Gleichheit ihrer natürlichen Zeit.
Da nun cum in den Fällen, wo es zu einem Hauptsatze
noch ein Moment der bezeichneten Art hinzugefügt, meist mit
den Adverbien interea^ inierim, etiamtum verbun-
den ist, so ist es sehr erklärlich^ dass da diese Adverbia über
die volle Zeitgleichheit keinen Zweifel lassen, der Indicativ als
iTgelmässige Construction erscheinen muss, falls nicht irgend
welche subjective Nüancirunof des Gedankens durch Setzung des
Conjunctivs beabsichtigt wird '*). Aber trotz der Setzung von
interea kann zuweilen doch die Zeitgleichbeit nicht vorhanden
hein, falls nämlich interea sich nicht sowol auf die Zeit der
Handlung des Vorder- und Hauptsatzes bezieht, als vielmehr
auf eine dem Verbum desselben beigegebene, eine Zeitrechnung
enthaltende adverbielle Bestimmung. Ein Beispiel der Art U\
die Stelle Cic. p. Rose. A. 5, 11: Longo int erv allo
iudicium inter $icarios hoc primum committituvy cum
interea caedes indignissimae maximaeque faetae »int.
Hier bezieht eich interea nicht auf die Zeit des commit-*
'*) Die aufsere Ähnlichkeit mit den Fallen , ViO cum den Hauptsatz
anreiht, war es, die Livius an zwei Stellen auch einen mit cum
inter im angereihten Satz als Hauptsatz behandeln und in den
Accus.c. Inf in. stellen liefs: IV, 51, 4: iacere tarn diu inri-
ias satictioMs quae de suis commodis ferrentur , cum inte-
rim de sanguine ac supplicio suo latam legem confestim
exerceri et tantam rim habere. — VI, 27, 6: eam iudiß"
cationem plebis triöuni ferendam negabant: fugere senatum testes
tabultts pubilcas census cuiusgue , . . . cum interim obaeratam
piebem obiectari aliis atque aliis hostibus.
'*) Cic. in Verr Act. I. 6, 15: Simulat se eorum praesidio conßderet
cum interea aliud quiddam iam diu machinetur, — Ebd.
11. Act. II, 9, 25. — III, 25, 62: Statuitur eques Romanus prope annos
XC naius, in Apronii cönvitio, cum interea Äpronius Caput atque
OS suum unguento perfricaret. — p. Sulla 6, 16: Qiiod fla-
gitium Lentulus non cum Autronio concepil? quod sine eodem
Uta CiUiiina facinus ndmisit? cum interim cum eisdim Ulis
non modo noctem solitudinemque non quaerer et, sed ne me-
dtocri quidem sermone et congressu coniungereCur.
«90 Oter die Constr. der lat. Zeitpartikeln, v. E. Bofftiunm.
tituTj denn diese ist die unmittelbare Gegenwart des sprechen-
den, sondern auf den Zeilablativ, ^longo intervallo^^ eine ob-
jective Beziehung der Glieder auf einander ist somit unmög-
lich^*). — Wirkliche Zeilgleichheit ist also die Grundbedingung;
im übrigen kann die Zeilgebung der beiden Glieder noch man-
nigfacher sein, al^ bei dem ^cum des Nachsatzes.^ Der Raum-
ersparniss wegen ^tzen wir nur die Zahlencitate.
1. In beiden Gliedern a) das wirkliche Präsens: Cicp.Clu.
SO, 82. — Sali Hist. I. fr. 48, 17. II; f. 41, 7. III, f. 61, 6
ed. D. — Liv. V, 54, 6. — b) das präsentischc Perfecl mit
dem Präsens abwechselnd: Cic. d. prov. cons, S, 5. ^^)
2. In beiden Gliedern das historische Perfect oder histo-
rische Präsens : Cic. in Pis. 88, 98. ad Att. V, 2, 2. Piancus
b. Cic. ad div. X, 24, 4. — Nepos Ages. 7, 1. — Sali. Hisl.
IL f. 96, 2. — Tac. Hist. II,' 76. — Verg. Aen. X, ee^. —
[cum tarnen Cic. in Verr. V,^29, 74. in Pis. 12, 27. — Lir.
*') Es muss daher befremden, dass Halm in zu äusserlielier Berfick-
sicbtigung des sonst mit ^cum interea* verbundenen Indicati?«
auch hier diesen Modus fCum interea . . . , faclae sunt*
gesetzt hat. Dass in den Handschriften der Indicativ stQnde , ist
mir nicht bekannt. — In Betracht kommt noch eme Stelle bei
Valerius Maximus 11, 9, 1 : Accedit Ms quod eltam fortuma Im-
pam praestandt Autusce [sc. paretUum] mtmeris adtocationem
estis 4idsfcuti\ cum interim consumpti sint anni
V es tri ei ti^aritt et patris nomine vaciti. Kempf hat den In-
dicativ gesetzt, cum consumpti sunt, und bemerkt darüber, in-
vitis optimis iibris indicalivum restitui, quem \alerins
constanier cum particuiis cum interim coniunxit, elimn u^
iemporaiis notio a sententia prorsus aiiena est/ Aber eben der
Cmstand, dass sonst die Handschriften den huiicativ, hier dagegen
übereinstimmend den Conjunctiv geben , musste zur Berücksichti-
gung des Zeitverhältuisses der beiden Sätze auffordern. Dies ist
aber meiner Ansicht nach von der Art, dass der Hauptsatz Aorist,
der mit cum interim angeknüpfte Satz dagegen reines Prä.
sens ist: ,durch das Gluck erhieltet ihr (das Glück wies
euch zu) eine lange Frist, diese Pflicht zu erfüllen, während in-
zwischen eure Jahre verstrichen sind u. s. w.' Der Con-
junctiv scheint mir darum nicht nur gerechtfertigt^ sondern allein
richtig.
*0 Der Nachsatz in dieser Stelle ist ein abhängiger Infinitiv
Praes.: (JUacedonid) nunc consuiari imperio atque exercitu
itft vexntaestj vix ut se possit dluturna pace tecreare:
cum interea quis vestrum hoc non audivit , quis ignorat,
Achaeos ingentem pecuntam p ender e L Pisoni quotannis?
Ein Beispiel, wo im Vordersatze das logische Perfec t zugleich
mit dem wirklichen Präsens, in dem mit cum [tarnen] an-
gefugten Satze das logische Perfect steht, ist Cic. Brut. 36,
138: Quam mutti enim iam oratores commemorati sunt et
quam diu in eorum enumeratione versamur, cum tarnen
spisse atque Pix, ut dudum ad Demos fhenem et Hyperidem, sie
nunc ad Antonium Crassumque pervenimus!
Ober die Constr. der lal. Zeitpartikelo^ v. ß, Bofituum. d9i
VI, 42, 10. — cum nihil 0 magis Nep. Dat. 10, 3. —
cum quidem Cic. in Pis. 9, 21. 34, 84.]
3. Im Hauptsätze das historische Perfect oder Präsens,
im Nachsatze das Imperfect: Caelius bei Cic* ad div. VIII, 9, 2.
Flor. II, 15, 15. IV, 2, 69. 12, 33.
4. Im Hauptsalze a) das Imperfect oder, b) das logische
Plusquamperfect, im Nachsalze das historische Präsens oder Per-
Tect: Cic. ad div. III, 6, 8. — Auct. b. Alex. 74, 4. — Tac.
Hist. I, 60. V, 23. Agr. 25. [Ohne inierea Cic. in Pis. 5,
ll. p. Lig. 1, 3. — cum quidem Cic. Phil. IX, 4, 9. —
cum tamen Verg. Aen. IX, 512] — b. Tacit. Hist. IV, 42.
5. Im Hauptsatze a) das Imperfect oder b) das logische
Plusquamperfect, im Nachsatze das Imperfect a. Cic. in Verr. V,
62, 162. ad div. III, 6, 4. — [cum tamen Tac. Hist. I, 62.
Flor. H, 15, 11.] — b. Cic. in Verr. V, 84, 88. SalL Jug. 51,
S. (In beiden Stellen cum eliamtum.) — [cum allein Cic.
p. Cluent. 26,72. r. tarnen Flor. 1,24,1.] ^•).
6. Im Vordersatze der historische Infinitiv, im
Nachsalze das historische Präsens oder Perfect: Sali. Jug.
12,5. 49,4.
7. Im Vordersalze das Imperfect oder logische
Plusquamperfect, im Nachsatze der historische In-
finitiv: Liv. 111,35,4. — [cum tamen SalL Jug. 98, 2.]
Bis jetzt ist noch nicht von dem pariitiven cum — tum
die Rede gewesen ^^ *). Natürlich können für unseren Zweck nur
die Fälle in Betracht kommen, wo das Object der Partition
Handlungen sind, und beide Glieder somit ihr besonderes
Verbum besitzen. Fragen wir nun, wann bei einer solchen
Partition der Conjunctiv bei cum eintreten müsse, abge-
sehen natürlich von allen den Fällen, wo durch irgend welche
subjective Nüancierung des Satzes dieser Modus veranlasst sein
könnte, — so wird auch darauf die Antwort in Gemäfsheit zu
der Grundregel über die Modus-Wahl bei cum lauten müssen:
dass der Conjunctiv nothwendig d a eintreten müsse , wo die
") Ein Fall, wo der mit cum angereihte Satz im logiseben P 1 u s q u a m-
perfectsteht: Liv. XXVUI, 2^ 1 x Triamiiiaferme aber at, cum
h auddum quisgtLom hostium » em e r a i, — In b e i d e n Gliedern
das Plusquamperfect ebd. XLV, 34. 11 : Yer primwn ex domo
excivU. iamque Synnada pervenerant, cum Eumenes ad
Sardet undiQue exercUum contraxerai. — Zuweilen sind Salze,
die sich in gleicher Weise zu einander verbalten, asyndetisch neben
einander gestellt: Verg. Aen. X, 146: //// Inter sese duri ceria-
minabeiU Contuleranl: media Aeneat freta nocie eecahoL
'"*) Die Stellen mit diesem cum ^ tum sind von der am Eingang
dieser Abhandlung gegebenen Zählung der SteUen, wo cum mit
dem Indic. oder Gonj. verbunden ist, ausgeschlossen geblieben.
$9t Ober die Constr. der lat. Zcitpartikcln/ v. £. Bo/finaim.
Handlung^en, welche die Theile der Partition bilden, absolai
verschiedenen Zeiten angehören« Ein solcher Fall ist Cic
ad div. XV, 9, 1: Nam cum te a pueritia iua unfee di^
lex er im tuque me in omni gener e semper amplteeimum
esse et volueris et iudicarit: tum hoc vel tuo facto
vet populi Romani de te iudicio multo acriue ffehemen-'
tiusque diligo. Hier wird das frühere Verhalten des Cicero
gegen Marcellus (so wie das Benehmen des Harcellus gegen
jenen) dem Verhalten in der unmittelbaren Gegenwart gegen-
übergestellt; es sind also ein historisches Perfect und ein
wirkliches Präsens auf einander bezogen, somit ist auch d^
Indicativ nicht zulässig ^'). Ganz gleich ist ad div. IX, 14^ 4:
Nam cum te eemper tantum dilexerim^ quantum tu t'n^
tclligere potuisli, tum hie luie f actis sie incensue äum^ ut
nihil unqum in amore fuerit ardentiua. — Ein Beispiel, wo der
Conjunctiv gesetzt ist, weil die Zeit des relativen Gliedes die u n-
**) Reisig, Vorles. u. lat. Sprw. g. 308 vergleicht diese Stelle mit der
ad div. XV, 7, 1: Nam cum te semper amavi dilextquey
tum mei amantissfmwn cognovi in omni varietate rerum me-
arum ceU,^ und ßudet den Grund für den Conjunctiv in der oben
aufgeführten Stelle in der Gleichheit des Verbums in beiden
Gliedern: dilexirdiligoi der Conjunctiv sei gesetzt «ans dem
Grunde der Zierlichkeit; denn sonst könnte, wenn beide iMale der
IndicaUv stände, das eine ganz weggelassen werden, da beiden
Sätzen der Begriff gemein sein soll.'^ Von einer Gleichheit des
Verbums in beiden Gliedern, und der Möglichkeit, dasselbe nur
einmal zu setzen, könnte aber nur dann die Rede sein, wenn der
Relativsatz nicht noch ein zweites Glied hätte ,vumgue tu...
volueris et iudtcaris/ — Der Grund aber, weshalb iu der
Stelle XV, 7, 1 der Indicativ steht, ist nicht, wie Reisig meint, die
Verschiedenheit der Verba, sondern die Gleichheit der
Zeit der durch diese Verba ausgedrückten Handlungen. — (Zwi-
schen logischem Perfect und dem Präsens findet naturlich
Zeilgleichheit statt, daher Cic Orat. 16, 52: Afim cum est oratio
mollis et tenern et Ha flaxibilis, ut sequtttnr quocumque torqueas,
tum et na/urae turiae et voluntales muitum inter $e dittantia
effecerunt gencra dtcendi.) — Im graden Gegensatz zu Reisig
wird man den Indicativ auch bei wirklicher Zeilverschiedenheit
• der Glieder da für zulässig finden müssen , wo entweder dasselbe
9der ein synonymes Verbum ste|it, und somit nicht sowo] ver-
. schiedcnc Handlungen durch cum- tum sich entgegengestellt
werden, als vielmehr dieselbe Handlung zu verschiedenen
Zeiten, so dass es eigentlich die in einem solchen Falle stets
dabei stehenden adverbiellen Zeitbestimmungen sind,
welche die Theile der Partition ausmachen. Cic. ad div. XII, 30,
2: Nam cum antea disttnebar mnximis occupatfonibus,
ptoffferea quod omnibus curia rem pubUaun mihi tuendam co-
gitabam : tum hoc t empor e multo distineor vehement ins,
— Ebd. VII, 1, 4: nam tne, cum antea tue de bat, cum et
aetas et ambitio me hortnbatur et ticebat denique, quem noiebam,
non defenderci tum vero hoc tempore vita nutia est.
über die Constr. der lat Zcitparlikeln, v. £, Eoffmaim. €93
mittelbare Gegenwart, die des demonstrativen dagegen die
dieser Gf'genwart entgegenstehende Zukunft ist, gibt Velleius II,
48,6: Barum praeter Üarumque rerum ordo cum iustis aliO"
rum voluminibus promaeur^Cum, uti sperOy nostris exp li^'
eabitur. Ebenso muss die andere Bedingung eingehalten
werden, dass das relative Glied in seiner objectivcn,
nicht in der durch Unterordnung unter das demonstrative
Glied bedingten relativen Zeit gegeben sei« Von den zahl-
reichen Fällen, wo aus diesem Grunde der Conjunctiv gesetzt
ist, nur einige wenige Beispiele: Cic* p. Rose. Am. 6, 16: 1$
cum omni tempore nobilitatis fautor fuiise t^ tum hoc
tumultu proximoj cum omnium nobilium dfgnita$ et salus
in discrimen veniret^ praeter ceteros in ea vicinitate eam
partem causamque Opera, studio, auctoritate defendit. —
p. Deiot. 4, 12: eins t>iri auetoritati rex Deiolarus cessit,
quem nos omnes »ecuti sumus, ad quem cum di alque
hominea omnia omamenta eongessissent, tum tu
ipse plurima et maxima [sc, eonge$ 8i$ti], — ad div,
IV, 4, 2: Consilium tuum cum iemper pro b av i» semj
tum multo magi9 probavi lectis tuis proximis h'tteris, —
Auct. b. Alex. 11,8: proelium commissum ett magna con^
tentione Rhodiorum; qui cum in omnibus dimicationibus
et »cientia et virtute praestitis $enty tum maxime illo
tempore totum onus sustinere non recusarunt.
Fassen wir nun das Resultat unserer Untersuchung über
den Gebrauch des temporalen cum zusammen, so wird die
Regel lauten müssen:
«cum temporale kann in den Fällen mit dem Indicativ
construicrt werden, wo es Handlungen, Ereignisse, Zustände
mit einander verknüpft, die in derselben natürlichen
Zeit liegen, jedoch unter der Bedingung, dass das mit cum
als Zeilbestimmung gebrauchte seine volle Zeitselbstän-
digkeit bewahrt; wobei zu bemerken ist, dass auch Imper-
fectund logisches Plusquamperfe c t als selbständige
Zeitgebung zu gelten haben, wenn sie zusländliches in der
Vergangenheit als solches ausprägen sollen : dagegen muss der
Conjunctiv eintreten, wo cum Handlungen u. s. w. von
absolut ungleicher Zeitlage zu einander in Beziehung
setzt, oder wo das zur Zeitbestimmung gebrauchte nicht in
seiner selbständigen objectiven, sondern in derjenigen rela-
tiven Zeitgestalt gegeben wird, welche durch die Unterord-
nung unter das zu bestimmende Satzglied bedingt ist. Hinsicht-
lich der Fälle aber, wo man bei Gleichheit der natürlichen Zeit
die Wahl hat, die objective oder relative Zeitgebung und da-
nach den Indicativ oder Conjunctiv anzuwenden, ist zu beach-
ten, dass bei Anwendung des Indicativs, also bei AaV:^^^^^^^%,
ed4 Ober die Constr. der lat. Zeitpartikeln^ v. S, Bt^nawL
der correlativen und coordinierten Satzform, der Satz mit cum'
die Zeit der Hauplhandlung durch Nennung eines gleichzeitigen
Ereignisses oder Zustandes beschreibt, dass hingegen eine
wirkliche Bestimmung des Zeilpunctes, den historische Hand-
lungen oder Zustände eingenommen haben, nur durch Ver-
gleich un^.()er bezuglichen Zeit anderer Ereignisse oder Zu-
stände, also darodi Anwendung der relativen Zeitgebung
und somit des 'Conjunctivs erreicht wird.'^
Indem wir nun am Schlüsse unserer Untersuchung über
die Zeitpartikeln angelangt sind und darin nachgewiesen zu
haben glauben, dass für alle diese Partikeln ein und dasselbe
Grundgesetz in Bezug auf die Zulässi^keit des Indicativs be-
stehe, nämlich Bewahrung der objecliven Zeilgestalt des bestim-
menden Gliedes, — und wenn unsere Aufgabe insbesondere die
war^ die selbständige Natpr der Imperfecte und Plusquamper-
Cecte in .solchen Fällen nachzuweisen, wo post quam und
dessen Synonyma so wie cum mit dem Indicaliv dieser Zeiten
auftraten: so müssen wir schlürslich noch einmal auf die am
Eingange dieser Untersuchung nur vorübergehend berührten Par-
tikeln dum^ apteguam^ priu squ am zurückkommen,
um der Frage zu begegnen, woher es komme, dass nicht auch
diese Partikeln unter der gleichen Bedingung wie die vorher
genannten mit dem Indicativ des Imperfects und logischen Plus-
quamperfects verbunden worden sind.
Bei dum begreift es sich leicht, dass es in seiner Bedeu-
tung ^^während'^ nicht fuglich mit einem Imperfect gege-
ben werden konnte, ohne dass nicht, eben der Bedeutung der
Conjunction wegen, diese Zeilform der Zuständlichkeit in der
Vergangenheit zunächst als Ausdruck der relativen Dauer
gegenüber der Handlung des Hauptsatzes und als dessen Zeit-
grenze hätte erscheinen müssen. Nur da, wo zugleich auch der
Hauptsatz etwas zuständliches ist, wird es möglich, das
mit dum gegebene Imperfect als selbständigen Ausdruck einer
Zuständlichkeit zu fassen; es wird dann besagt, dass <<während
das eine bestand, neben demselben das andere bestanden
habe,^^ und so entwickelt sich von selbst die Bedeutung
.'Wührend' zu der Bedeutung 'so lange als,' von der be-
reits oben die Rede gewesen ist. Sollte nun aber ein Ercigniss
oder ein Zustand, während dessen stattßnden etwas anderes ein-
trat, mit dum in einer Zeitform gegeben werden, die beiden
Forderungen gerecht würde, indem sie einmal das Ereigniss oder
den Zustand in selbständiger Zeitform und zweitens als
etwas in der betreffenden Vergangenheil noch nicht abge-
schlossenes hinstellte, so blieb für die Wahl fuglich kein
anderes Tempus übrig als das historische Präsens. Sollte
dagegen in dem Satz mit dum die relative Gegenwart und
Ülyer die Gonfttr. der lat Zeitpartikeloy v. B, ffoff^amL 6E95
Dauer als solche gegenüber dem Präteritum des Hauptsatzes
durch das Imperfect ausgedrückt werden, so musste — nach
dem von uns nachgewiesenen Grundgesetze — noth wendig
der Conjunctiv eintreten. Den Schriftstellern stand also die Wahl
frei, i^um entweder mit dem In dicativ des hist. Präsens,
oder mit dem Conjunctiv des Imperfects.zu construieren ;,
Cicero, Caesar, Sallust, Florus, Tacitus haben sich
für das erstere entschieden; Livius, Velleius, Valerius
Maximus, Justin u. a., ebenso auch die Dichter ge-
brauchen beide Constructionen.
Der Indicativ des Imperfects dagegen muss als
Solöcismus gelten, und aulser der Steile bei Nepos, Hann. 2, 4:
Quae dMna res dum confi eiehaturj guaesivtt a me
e. q. »., wüsste ich auch keine, wo diese Ze.lform stünde, ohne
dass nicht das Tempus des Hauptsatzes einen Zustand invol-
vierte, der dem mit dum und dem Imperfect gegebenen pa-
rallel ist »").
Beispiele von dum mit dem Conjunctiv des Imperfects:
Liv« I, 40, 7: dum intentu» in eumtfe rex totu» avcr^
teret^ alter elatam securtm in caput deieeit cett^ —
II, 47, 6 : in quae i^casträ) haud magno certamine impetu
facto ^ dum praedae magi$ quam pugnae memores tere^
rent tempus , triarii ad praetot*ium redeunt cett, —
IV, 25, 9: Interim Romae principe» plebis iam diu nequi-
quam inminentes spei maioris honoris^y dum foris otium
esset ^ coetus indicere' in domos trihunorum plebis ; ibi
secreta consilia agitare cett. — X, 1 8, 1 : j9 u m ea in Sam-
^^) Ober Stellen wo angeblich bei Cicero und Tacitus das Imperfect
mit dum ia der BedeutuDg »während' gebraucht sein soll s.
Haasc zu Reisig g. 288, A. 450. — Vgl. o. A. 4. — In den Stellen
wo bei Livius dum mit dem Indic. Imperf. sich findet, besagt
auch der Hauptsatz einen parallelen congruenten Zustand: V, 47, 1:
Dum haec Vei» affebantur, Interim arx Romae CapitoUumgüe
in ingenti periculo fuit. — X, 36, 16: dum haec in Apulia ge-
rebantur, altera exercitu Samnites Interamnmn coloniam oc-
cupare conati urbem non tenuerunt. Ebd. 40, 9 : dum- kis
internus imperator eratj altere atio inier pullarios orta de-
auspicio eius diei cett, (« puilarii altercabantur) -^ XXI,
63, 6 : stimulabat et tempus propinguum comiUorum, ne in novos
consutes bellum diffierretur, et occasio in se unum vertendae
gloriae, dum aeger conlega er al. {occasio vertendae gloriae
und dum aeßer conlega erat congruieren selbstverständlich voll*
kommen.) Von gleicher Art ist XXXI, 4^, 5. Ebenso Sali. Uist.
1, f. 10 D.: Postquam remolo metu Punico simullates exercere
vacuom fuit, plurnmae turbae, seültlones et ad postremum bella
civllia orta sunt, dum pauci potentes ., . dominaltones ad^
fectabant, — Ebd. IV, 61, 5: dum a Carthnginiensibus pre^
mebaniur y amicitiam [cum Phiitppo] simulantes.
€96 Cber die Gonstr. der lat. Zeitpartikeln, v. B. BofftnantL
nio.,.gererentur^ Romanis in Etruria int er im bellum
ingens concitur. — Auch die Stelle XXI, 34, 8 scheint auf
Grund der HandgEchriflen lauten zu müssen: nam, dum eune*
lurefur (die Herausgeber setzen theils cum cunctaretur^ theib
dum eunctatur) Bannihal demiteere agmen in angustias
e, p, «. *') -^ Veli. I, 2, 3: sed hie {Medon) insequentesque
arcAonte» usque ad Charopem dum viverent eum hono-
rem usurpabant. — Yal. Max. III, 3, 2: Dum iegationis
ofpicio fungeretur^ a Oentio rege interceptus. (Kempf
edierte, gestützt allein auf die Epilome de» Paris ^dum,. . fun^
gitur>) — IX, 12, 7: Consimili impetu mortis C, Licinius
Macer repetundarum reus^ dum sententiae diriberentur^
in Maenianum conscendit. In dieser Stelle und so auch in der
des Cornelius Nepos Timol. I, 4i Nam dum res conficere^
iurj procul in praesidio fuit^ ne quis satelles posset suc"
currere^ — ist die gewöhnliche Auffassung des ^dum'' ss ^bis^
das beabsichtigte Ziel ausdrücHend, in hohem Grade gezwungen,
und auch von Seiten des Tempus nicht eben wahrscheinlich. —
Justin. IX, 6, 3: ad quorum (ludorum^ spectaculum Philippus
dum sine custodibus corporis medius int er duos Alexandros
eontender et^ Pausanias occupatis angustiis Phiiippum in
transitu obtruncat, (Die Vulgata ist natürlich wieder , eumeon"
eenderet^) -^ Zweifelhaft ist G e 1 1 i u s (nach Ennius) N. A. II, 29,
6: Dum igitur ipsa (cassitä) iret cibum pullis quaesitum^
monet eo» cett. — Vcrg. Geo. IV, 457: lila quidem^ dum te
fug er et per flumina praeceps ^ tnmanem ante pedes hy^
drum moritura puelia . . • non vidit in herba. (Stünde nicht
per flumina praeceps dabei, dann könnte man allenfalls dum
im Sinne von ^dummodo^ nehmen. Diess hat Wagner nicht be-
achtet, indem er bemerkt ^dum fuger et /. e, prae fugiendi
studio^ und auf ^dum conderet urbem' Acn. I, 5 verweisl.)
Ebenso Aen. X, 799: so cii magno clamore sequuntur, Dum
genitor nati parma protectus ab iret.
Was endlich antequam und priusquam betrifft, so
musste ihre Verbindung mit dem zuständlichen Imperfect oder
Jogischen Plusquamperfect ebenso überflüssig sein, wie die \er-
)>.indung dieser Tempora mit den Partikeln dum^ donec,
qu»0:ad in der Bedeutung ,bis^ Indem antequam und
priusquam die Lage eines Seins als vor einem anderen be-
•') stellen, wo sonst noch die Handschriften zwichcn dum und cum
schwanken, s. bei Drakenb. z. Liv. 1, 40, 7. — Ganz nnf^laublicli
ist jedoch dum mit dem Conj. IMusqpft., wie Drakenborch \XI,
43, 1 ediert: Dum sie aliquot spectatis paribus ad/eclos dimi-
sisset, concione inde adcocata cell. Stünde dum sie,., ad-
fecti essen t, so wäre dies überciu^timmeud mit den oben ge-
gebenen Steilen.
Ober die'Constr. der lat Zeitpartikeln, t. E. ffcglmam. €97
findlich bezeichnen, so kommt dieses andere Sein schlechthin nur
in seiner — objecliven oder relativen — Zeitlafein
Betracht (in letzterem Falle wird natürlich stets der ConjunctiY
des Imperfect oder Plusqnamperfect gesetzt werden müssen): da-
gegen muss die 0 D a 1 i t ä t desselben ab vollkommen gleichgiltig
erscheinen. Wie daher bei ifi/m, donecy quoad in der Be-
deutung ,bis^ das die Zeitgrenze bildende Sein nicht leicht als
etwas zuständliches im Imperfect wird ausgeprägt werden '^,
so denn auch nicht der mit aniequam und priusfuam
gegebene Zeitpunct, vor welchem ein anderes Sein eintrat
In dem Bereiche der von mir Tür die«e rntersichnng spe-
ciell berücksichtigten Autoren habe ich auch nur drei Stellen
finden können, und zwar bei Livius, wo au i equ am und
prtusquam mit dem Indicativ des Imperfecta ver-
bunden sind. YII, 34, 1: Corneiius eonsvl exercitum in 9al^
tum induxit nee p riu$ quam recipi tuio 9i§na non p o-
i er ani , inminentem capili ho$iem vidit. — XXIll, 80, 3:
postremo cor üb herbnque ei radieibus , . « nix er e^ nee ante
quam vire» ad siandum in muris ferendaque arma de^
eranty expngnaii eunt. — Ebd. 48, 1 : nee ante [con9ul\
violarit agrum Campanum^ quam iam altae in segetibus
herbae pabuium praebere poterant. Weissenborn bemerkt
zu der zweiten Stelle, der Indicativ sei wol durch die Trennung
des ante von quam veranlasst. Doch factisch sind nur in der
dritten Stelle die Partikeln getrennt, in der ersten Stelle dagegen,
über welche W. ganz schweigt, ist die Trennung reine Willkür,
— und ob mit der Annahme einer Trennung überhaupt etwas
für die Zulas^igkeit des Indicativs bewiesen wäre, würde eine
weitere Frage sein. — Der Grund des Indicativs liegt vielmehr
in dem nec^ welches in allen drei Stellen den Partikeln voran-
geht: indem verneint wird, dass vor dem Eingetreten-
sein eines gewissen Seins die im Hauptsatze gegebene
Handlung stattgefunden habe, entwickelt sich selbstverständlich
der Sinn, dass erst nach dem Eintritte dieses Seins die Haupt-
handlung stattgefunden habe. Indem so durch diese Verneinung
die Partikeln antequam und prtusquam in den positiven
Sinn von postquam übergehen, muss es denn auch möglich
sein, dasjenige Sein, welches bereits vorhanden war,
bevor das andere eintrat, als Zustand zu charakterisieren und
80 im Indicativ des Imperfecta zu geben.
Wien. B. Hoffmann.
") Ein Imperfect, welches den Zustand anlicipiert, den die mit dum
donec als Zeilgrenze gegebene Handlung nacti sicli zieht, findet
man in der Stelle des Tacitus, Hist. 1, 9: inferioris Germantue
legiofies diutlua tine comulari fuere j donec missu Gaibae i.
VUelUus aderat.
698 Ober scbrifU. griech. Übungen etc., v. R. SchenkL
Über die schriftlichen Übungen im griechischen
Unterrichte am Obergymnasium
und über den Gebrauch commentierter Schulausgaben you griechischen
und lateinischen Classikcrn.
.:-^?-^ • II.
Der zweite Tbeil dieses im siebenten Hefte begonnenen Auf-
i^atzes erscheint in wesentlich anderer Gestalt als urs^prüngUch
•beabsichtigt war. Der unterzeichnete hatte sich, wie dies aus
den Eingangsworten des ersten Theiles erhellt, zur Aufgabe ge-
macht, die vom Herrn Schulrath Wilhelm aufgestellten Ansichten
einer eingehenden Prüfung zu unterziehen, und somit sollte dieser
«weite Theil eigentlich eine ausführliche Vertheidigung des Ge-
l)rauches von commentierten Schulausgaben enthalten. Inzwischen
ist in demselben siebenlen * Hefte ein umfangreicher , denselben
Zweck verfolgender Aufsal^^.von Herrn Leopold Yielhaber er-
schienen, welcher mit solcher. Gewandtheit und solch überzeugen-
der Kraft geschrieben ist, dass es fast überflüssig erscheint, die
;Sache einer weiteren Erörterung zu unterziehen. Ich glaube
daher nur im Interesse der Leser zu handeln, wenn ich mit
Vermeidung jeder unnöthigen Wiederholung mich blofs darauf
beschranke, einige wenige . Gesichtspuncte nachträglich hervorzu-
heben und die . Erfahn^ngen , welche ich durch meine Schul-
praxis gewonnen habe, in. aller Kürze darzulegen.
Als auf der Philologenversammlung zu Witn diese Streit-
frage angeregt wurde, da machte der Vorsitzende mit richtigem
Tacle den Vorschlag, die Discussion der T/||täsit in der Art zu
theilen, dass zuerst die zweckmäfs ige Einrichtung von
Schulausgaben mit Anmerkungen zur Erörterung kommen , so-
dann ihr Gebrauch mit dem der blofsen Textausgaben in Ver-
gleichung gestellt werden sollte. Der Umstand, da^s man auf
diesen ganz praktischen Vorschlag nicht eingehen wollte , hatte
£ur Folge, dass die ganze Discussion schliefslich kein bestimmtes
Resultat erzielte, sondern die beiden Ansichten unvermittelt neben
einander stehen blieben. So lange die Gegner von commentierten
.£[ehjulausgaben sich als Object ihres AngriiTes eine solche Aus-
jgabe.tdenken können, welche mit allen möglichen Fehlern be-
. haftet ist, so lange kann die Discussion unmöglich eine wahrhaft
unparteiische sein ; denn unter diesen Verhältnissen wird man
in solchen Verkehrtheiten immer hinreichende Gründe finden, um
iQberhaupt Commentare von dem Gebrauche in der Schule aus-
zuschlieisen. Es dürfte daher nicht unbillig sein, wenn wir von
unseren Gegnern verlangen, dass sie im Eingange ihrer Erörte-
rung aus den vorhandenen Programmen von ganzen Sammlungen
oder einzelnen Ausgaben diejenigen , welche ihnen am meisten
über schrill}, griecb. Gbungen etc., t. K. Schenkt 699
gelangen zu sein scheinen, auswählen und dieselben bei der
- Entwickelung ihrer Ansichten fortwährend in Betracht ziehen^
Nur so kann das unstäte Schwanken in der Discussion vermie-
den und eine feste Grundlage für dieselbe hergestellt werden.
Hr. W. hat dies nicht für nothwendig erachtet; sein Aufsatz
bewegt sich mehr in allgemeinen Bemerkungen, ohne aus dem
reichen Yorrathe der in den Schulen gebrauchten Ausgaben
nähere Beweise für die aufgestellten Ansichten beizubringen.
Nur am Schlüsse desselben erfahren wir, dass alle oder wenig-
stens fast alle, welche dergleichen Ausgaben für eine Nothwen-
digkeit halten, darüber einig seien, dass unter den bisher er-
schienenen keine den Forderungen entspreche, welche man an
commentierte Schulausgaben stellen müsse, und ein genau präci-
siertes Programm einer entsprechenden derartigen Schulausgabe
mit einer Probe der Ausführung noch von niemand geliefert
worden sei. Wir vermögen nun durchaus nicht zu ersehen,
durch welche Thatsachen Hr. W« diese Aussprüche begründen
könnte. Haben denn nicht die Herausgeber der Weidmännischen
Sammlung vor dem Beginne derselben ein klar und bestimmt
abgefasstes Programm ausgegeben? Und sind denn nicht gar
viele Ausgaben dieser Sammlung, ich will hier Jiur an den
Schneide win'schen Sophokles und Cicero'« Orator oder Brutus
von 0. Jahn erinnern, weit und breit als gute Schulbücher be-
kannt? Freilich ein Programm, das bis in alle Einzelnheiten
genau bestimmt wäre, das wird man bei einer solchen Samm-
lang nie erwarten können, da ja für die einzelnen Ausgaben
auch die Stufe, für welche sie bestimmt sind, und die Eigen-
thümlichkeit des :3chriftst ellers mafsgebend sein muss. Bei Au-
toren, weiche iiT.iiiejderen Classen gelesen werden, können die
Anmerkungen umfangreicher, die Verweisungen auf die Gran|i-
matik zahlreicher sein, bei solchen, welche den Gegenstand der
Leetüre für höhere Classen bilden , wird man die Noten auf ein
knapperes Mafs zurückführen müssen und grammatische Citate
nur bei schwierigen Fällen anführen dürfen. Anderseits werden
natürlich Herodot und Caesar bei weitem weniger Erklärungen
in Anspruch nehmen, als Tacitus oder Demosthenes u. dgL Dass
übrigens auch die beste Schulausgabe noch immer etwas zu
wünschen übrig lässt, das wird niemand befremden , der be-
denkt, wie überhaupt unter dem Monde eine absolute Vollkom-
menheit nirgend zu finden ist. Und insbesondere schwer ist es
wol für den Verfasser einer Schulausgabe, allen Anforderungen
gerecht zu werden. Solche Ausgaben müssen nämlich Resultate
einer Schulpraxis sein. Wer nie in seinem Leben als Lehrer in
einer Schule thätig gewesen, der wird auch nie ein gutes Buch
dieser Art zu Stande bringen. Gerade aber in der Schulpraxis
ist der Individualität der weiteste Spielraum geöffnet. Jedes
Schulgesetz begnügt sich damit, blols allgemeine Normen (üx ^vt
700 Ober scbriflL griecb. Übungen etc., v. K, Schenki,
Methode aufzustellen und höchstens vor einzelnen Ausschreitungen
zu warnen. Darin, dass das übrige dem Ermessen des Lehrers
überlassen wird, liegt die Anerkennung, wie unmöglich es ist,
durch genaue Bestimmungen die Individualitäten zu regeln. In-
dem nun aber in jeder Schulausgabe sich die individuellen An-
schauungen des -Verfassers über die Lehrmethode ausprägen , so
kann es -nicht anders kommen^ als dass der eine Lehrer diese,
der andere jene Schulausgabe vorzieht, wie nämlich dieselbe
mit der von ihm als richtig erkannten und im Unterrichte be-
folgten Methode übereinstimmt. Weit entfernt darin einen Nach-
theil zu sehen, freue ich mich im Gegentheile der reichen und
mannigfaltigen Entwickelung, die dadurch auf dem Gebiete des
Unterrichtes hervorgerufen wird, und bin der festen Überzeugung,
dass dieselbe dem Ganzen nur zum Heile gereichen kann. Aus
dieser ganz unbefangenen Darstellung möge man ersehen, in-
wieweit das unbedingte Verwerfungsurtheil des Hrn. W. be-
gründet ist.
Ebenso wenig richtig scheint mir das, was Hr. W. über
das Verhalten der Schüler gegenüber den commentierten Aus-
gaben bemerkt. Hr. W. scheint in dieser Beziehung viel zu sehr
idealen Anschauungen zu huldigen, wodurch der Standpunct für
eine richtige Bcurtheilung des fraglichen Gegenstandes nicht un-
bedeutend verrückt wirdi Wir wollen diesen Anschauungen
gegenüber die durch die Erfahrung festgestellten Thatsachen in
aller Kürze darzulegen versuchen. Man denke sich einen talent-
vollen und fleifsigen Schüler des Gymnasiums, der mit Gram-
matik und Lexikon allein ausgerüstet daran geht, seine Präpa-
ration zu arbeiten. Es wird ge\^iss nicht lange dauern, so wird
er auf eine dunkle Stelle stofsen, welcher er mit seinen Hilfs-
mitteln bei allem Nachdenken nicht Herr werden kann. Derlei
Stellen finden sich in jedem, auch dem leichtesten Schriftsteller.
Wo der geübte Philologe gezweifelt oder wol gar sich ver-
griffen hat, wie soll da ein Schüler sich zurecht finden? Wie
oft hat die Kritik gesunde Stellen angetastet ^ welche durch eine
richtige Erklärung von allem Verdachte befreit worden sind ;
wie oft hat man sicher verderbte Stellen durch alle möglichen
'Künste der Erklärung zu verlheidigen gesucht, und wie vieles
bleibt noch übrig, worüber die Acten auch jetzt nicht ge-
schlossen sind, wo vielleicht nie eine sichere Entscheidung mög-
lich werden dürfte. Man erwäge ferner, wie oft ein leichter
Wechsel der Construction , eine kleine Änderung der Wortstel-
lung u. dgl. auch eine an sich leicht verständliche Stelle in ein
geheimnisvolles Dunkel hüllt und für den Schüler zum Räthsel
macht. Man erwidert wol hierauf, dass der Lehrer eben nur
das von dem Schüler fordern könne und auch fordern werde,
was er nach seiner Individualität, seiner Leistungsfähigkeit und
Aer Schwierigkeit der Aufgabe zu fordern berechtigt sei-, er
Ober BchrifU. grieeh. Obungeo etc., t. K. SekenMi. 701
werde sich damit begnägen , dass der Schüler nach einem Ver-
stündniase gesfrebt hat, wettn auch dieses Streben nicht voll-
kommen das Ziel erreicht hat. Das lasst sich allerdings gani
gut hören; in der Wirklichkeit aber ist die Sache ganz anders«
Wenn man bedenkt, wie wichtig oft eine Stelle für das Ver-
ständnis des Ganzen ist, wie, wenn man eine Stelle nicht er-
fassen kann, auch der Sinn eines Capitels verschlossen bleibt, so
wird man zugestehen müssen, dass auf diese Weise die Prapa-
raiion öfters zu einem blolsen Mechanismus, zu einer gramma-
tischen Analyse herabsinkt, welche fähige und sirebeitde Schüler
gewiss nicht befriedigen wird. Auch werden derlei Schüler sich
nicht so leicht damit begnügen, dass sie die Auflösung der
Rathsel morgen durch den Lehrer erhalten werden , zumal sie
auch schon der Ehrgeis antreibt, nicht mit einem blofs mecha-
nischen Verständnisse des Abschnittes vor den Lehrer hinzu*
treten. Wenn nun derselbe sie nicht auf gute Schulausgaben
hinweist, und diese ihnen unbekannt bleiben, so werden sie zu
einem Mittel greifen, das ihnen zu jeder Zeit zu Gebote steht,
nämlich zu gedruckten Obersetzungen. Sind aber diese einmal
in den Händen der Schüler, dann ist gewiss auch die Verlockunf;
da, dieselben immerfort zu gebrauchen* Der Schüler findet et
so bequem, zuerst die Übersetzung durchzulesen und, nachdem
er so das Verständnis erlangt hai, das Capitel mit Hilfe seiner
Grammatik und seines Wörterbuches zu analysieren. Ich brauche
kaum darauf hinzuweisen, wie dadurch das Stadium ganz ver-
loren geht, und an die Stelle desselben ein rein handwerksmäfsi-
ges Arbeiten tritt. Wenn nun dies am grünen Holze geschieht,
was soll man erst vom dürren erwarten? — Zwei anderweitige
Vorschläge, welche man zur Vermeidung der Cbelstände bei dem
Gebrauche blofser Textausgaben empfiehlt, verdienen kaum eine
ernstliche Prüfung. Man sagt, es könne ja auch der Lehrer
am Ende einer Stunde die schwierigen Stellen bezeichnen und
das zur Erklärung erforderliche in aller Kürze mittheilen; auch
stehe es dem Schüler frei, sich an den Lehrer selbst zu wenden
und von ihm die noihwendige Aufklärung zu verlangen. Was
den erifteren Vorschlag anbetrifft, so bemerken wir nur, dass der
Schüler die Stelle eben noch gar nicht kennt und somit auch
eine vorläufige Erklärung nicht erfassen kann; will aber der
Lehrer den Schülern einige kurze Bemerkungen andicticren, die
sie dann bei der Präparation verwenden sollen, so muss man
doch fragen, worin sich ein solches Verfahren von dem
Gebrauche commentierter Schulausgaben unterscheidet, und wie
man bei einem derartigen Vorgange gegen den Gebrauch solcher
Ausgaben eifern kann. Fast möchte man vermuthen, dass hinter
einem solchen Vorschlage nichts steckte, als das Bestreben, dem
ew cathedra dictum die gehörige Achtung zu wahren. Der
letztere Vorschlag beruht auf einer Verwechselung dft% ^tv«^-
Zeittohrilt t, «i. d«t«rr. Gymiiat. iSdO. IX. B«CC \%
703 Ober sehriftl. griech. Dbungen etc., y. M. SckeuhL
und Schulunterrichtes. Wenn ein Lehrer nur einen oder ancb
zwei Zöglinge zu unterrichten hat, dann kann er mit denselben
in einem so lebendigen Verkehre stehen, wie ihn dieser Vorschlai^
voraussetzt. Im öiTentlichen Schulunterrichte aber wird ein 8ol«
ches Verfahren auch da, wo die Classen schwach besetzt sind,
kaum Platz greifen können, zumal da ja der Unterricht nicht in
den Händen eines Lehrers vereinigt, sondern unter mehrere Per-
sonen vertheilt ist. Jeder Lehrer wird sich gerne bereit erklären,
Schülern, die nickt das volle Verständnis des Lehrstoffes in der
Lehrstunde. erfeiobt haben, einiges zur Erklärung zu wiederho*
len, er wird * schwächere Schüler, deren Kenntnisse lückenhaft
sind, zu Privatarbeiten ermuntern und dieselben prüfen; aber
keiner wird den Ansprüchen aller Schüler einer Classe in dieser
Weiiee zu genügen vermögen.
Hr. W. behauptet, dass fähige und strebsame Schü er öfters
commentierle Texte verschmähen; ich kann nach meinen, freilich
nicht langjährigen, Erfahrungen gerade das Gegenlheil versichern.
In den Classen, in welchen ich Unterricht ertheilte, griffen die
fähigsten Schüler mit besonderer Vorliebe. zu Commentaren und
bewiesen in ihrer Präparation, dass sie die Anmerkungen wohl er-
fasst und verwendet hatten. Minder flcifsige Schüler benützten
wol die Erklärungen, aber nur mit Auswahl; sie begnügten sich
eben mit dem nofhdürftigsten und, wo an eine Stelle eine gröfsere
Erörterung geknüpft war^ übergiengen sie dieselbe. Die Hefe der
Clause bekümmerte sich gar nicht um die Commenlare. Wie reimt
sich mit solchen Erfahrungen, die wol nicht ich allein gemacht
haben werde, der Vorwurf, dass durch den Gebrauch von Com-
mentaren die Selbständigkeit und Lernlust geschmälert werde?
Auch das kann ich durch meine Erfahrung k^aläligcn, dass der
Gebrauch von guten Schulausgaben die Schüler zu einer umfang-
reichen Privallectüre anregte. Hr. W. selbst gesieht zu, dass
seit dem Gebrauche commentierter Ausgaben die Übersetzungen
bei Weilern nicht mehr in dem Mafse gebraucht werden , wie
früher, und gleiche Äufserungen sind auf der Philologenversamm-
lung laut geworden. Warum will man also die aufgeführte
Schranke niederreifsen, ohne doch dem Schaden, der dann wiederum
sich einschleichen müsste, ein wirklich praktisches Mittel entge-
genhalten zu können'? Man sagt, dass die Schüler durch den
Gebrauch solcher Bücher über ihren eigentlichen Bildungszustand
getäuscht und zu dem Wahne verleitet werden, als befan-
den sie sich schon auf der Hoho , die sie doch nie erreichen
werden. Könnte man nicht eben so gut sagen , dass durch den
Gebrauch blofser Textausgaben in ihnen der Wahn ri^e werde,
als ob sie durch eigene Kraft das Verständnis der Bücher ge-
winnen könnten , auf deren Erklärung so viele hochbedeulende
Männer die besten Jahre ihres Lebens verwendet haben ? In Wahr-
heit wird wol weder das eine noch das andere eine Selbstüber-
Ober schrifU. griech. Übungen etc.^ v. K, Schinhi, 708
dchätzang bei den Schülern hervorrufen. Diese Gefahr könnte
nur dann wirklich eintreten, wenn ein Lehrer nichts anderes den
Schülern vorzubringen vermöchte, als was eben in der commen-
tierten Ausgabe steht, weiche die Schüler benutzen. Und wenn
die Schüler vor einem solchen Manne nicht die gleiche Achtung
haben, wie vor einem, der ihnen in seiner Lehrstunde tüchtiges
zu bieten weiss, haben sie denn wol so Unrecht? Für den
Schüler kann es wahrlich nur heilsam, sein, wenn er aus der
Einleitung und den Anmerkungen seiner Ausgabe erfahrt, dass
der ihm vorliegende Cofnmentar die Frucht «6 vieler mühsamer
Studien ist. Wenn er dtes erkennt und wenn iba der Lehrer
noch besonders darauf verweist, so wird er vor den Bestrebun-
gen dieser Männer und vor der Wissenschaft selbst Achtung ge-
winnen. Möge dies nur in allen Unterrichlszweigen den Schü-
lern zum lebendigen Bewusstsein gebracht werden ; es wird dies
für die allgemeine Bildung nicht ohne bedeutenden Nutzen blei-»
ben. — Dass übrigens der Organisationsentwurf durchaus nicht
wider den Gebrauch commentierter Ausgaben spricht, hat Hr.
Vielbaber hinreichend erwiesen. Man müsste auch wirklich sonst
eine seltsame Anschauung von dem Verfahren dir höchsten Unter-»-
richtsbehörde gewinnen, da dieselbe derlei Schulausgaben theila
für zulässig erklärt, theils ausdrücklich empfohlen hat.
Von den anderweitigen Puncten will ich hier nur noch einen
hervorheben, nämlich die grammatischen Noten und Citale in den
Commentaren. Ich stimme Hrn. Vielhaber vollkommen darin bei,
dass derlei Anmerkungen in den für die oberen Classen bestimm-r
ten Schulausgabea möglichst zu beschränken sind und nur dann
angewendet werden ..dürfen, wenn eine wirkliche, in den früher ge-
lesenen Autoren nicht behandelte grammatische Schwierigkeit vor-
kommt. Dagegen kann ich mich nicht mit dem Urlheile befreun-
den, welches er über die Krüger'sche Ausgabe der Xenophonti-
schen Anabasis fällt. Allerdings sind der Citate bei Krüger hie
und da zu viel, und manche Anführungen muss man geradezu als
kindisch bezeichnen; im ganzen genommen aber halte ich die
Methode, durch die Ausgabe eines leichteren Schriftstellers mit
solchen forllaufenden Citalen, wobei aber ganz bekannte Dinge
nicht berührt werden, die Schüler in das Studium der Gram-
matik einzuführen, für eine ganz treffliche'*). Der verzeichnete
•) Sollten nicht eben diese Worte beweisen, dass die beiden geschätz-
ten Herren Mitarbeiter unserer Zcitsclirift in ihrem üiiheile auch
über diesen ganz speciellen Punct nicht soweit von einander ent-
fernt sind» als es für den ersten Blick erscheint? Prof. Schcnkl
hebt den Nutzen hervor, den die Krüger'sche Ausgabe der Anabasis
thatsächlich gebracht hat, in allen den Fällen, wo man diese Lec-
türe dazu benutzte, ein das Studium der Grammatik einzu-
führen.* Prof. Vielhaber verwirft das Verfahren jener Ausgabe nur
in dem Sinne, dass es als eine Methode det E.t>kV^t>\\v^ ^^^
704 Ober schrifU. griech. Übungen etc., v. K, Schenkt.
Paragraph ist für den Schüler ein Merkzeichen, da88 er nicht
oberflächlich, mit einem halben Verstandnisse über den syntakti-
schen Fall hinweggehen darf, sondern dass er dem Lehrer die
genaue und präcise Kenntnis der betreffenden Regel ausweisen miis&
Er weils, dass es hier keine Entschuldigung gibt, sondern der
Lehrer mit unerbittlicher Strenge fordert, dass er das Citat be-
nützt und den viui^uhrten Paragraph sich zu eigen gemacht
habe. So ist rain ein solches Buch , um mich der Worte Sin-
tenis' zu bedienen, für den strebsamen und eifrigen ein Sporn,
für den trägen und faulen ein heilsames Kreuz. Durch das fort-
währende Nachschlagen wird der Schüler mit seiner Granunatik
so vertraut, dass er, wie der Jurist den Paragraphen seines Ge-
setzbuches, so den Paragraphen seiner Grammatik nennen kann,
in welchem sich diese oiimjf^V^gA findet Ja man wird sicher-
lich dem alten Schulmanne nicht Unrecht geben können, der da
verlangte, dass der Schüler dasselbe von seiner Grammatik sagen
solle, was Cicero von der Xenophontischen Kyropädie, nämlich:
paene contriveram leg endo. Die . Kruger'sche Anabasis hat
als Schulbuch sehr groben Nutzen gestiftet, und dasselbe wird
man wol auch von Büchern sagen können, die nach denselben
Grundsätzen bearbeitet sind. Man bedenke sich doch wohl das,
wofür die Erfahrung spricht, aufzugeben, bevor man nicht etwas
besseres hat, das man an die Stelle desselben setzen könnte.
Schliesslich • möchte ich noch auf 'dfe gehaltvollen Worte
aufmerksam machen, welche Herr Geh. H^th Wiese bei der
Erörterung dieser Frage auf der Philologenversammlung zu Wien
gesprochen hat. Sollen solche coromentierte Ausgaben etwas
nützen, so ist ein unerlässliches Erfordernis, dass alle Schüler
derselben Classe auch dieselbe Ausgabe benützen. In diesem Falle
habe ich den Brauch beobachtet, dass demjenigen Schüler, der
eben zur Erklärung aufgerufen worden war, ein Text ohne alle
Anmerkungen vorgelegt wurde, der aber mit dem Texte der ge-
brauchten Ausgabe vollkommen übereinstimmte. Ich wollte mich
Bimlich überzeugen, dass der Schüler nicht blofs die Anmerkun-
gen gelesen, sondern auch in sich aufgenommen und für seine
Prfiparation verwendet habe. Da es aber nicht immer möglich
iat, dass eine ganze Classe sich eine commentierte Ausgabe an-
schaffen kann, so genügt es, wenn man für die ganze Classe eine
und dieselbe Textausgabe einführt und daneben eine Schulausgabe
mit Noten empfiehlt. Die wohlhabenderen Schüler der Classe
Schriftstellers betrachtet werden will. Offenbar sind die
Gesichtspuncte der Beurtheilung nicht dieselben. — Über die Weise,
wie sich zweckmäfsig die Einführung der Schüler in die Elemente
der griechischen Syntax an die erste Prosalectüre derselben an-
schlielsen lässt, hat unterz. schon früher in dieser Zeitschrift (Jahrg.
1857. S. 462 ff.) sich ausgesprochen.
H. Bouitz.
Ober schriflL griech. ODungen etc., ▼. K. Sckenki. 705
werden sieb natürlich diese Ausgabe anscbaOen, und werden, falls
nicbt aller coUegialer Sinn in der Classe erstorben ist, die fir-
meren Schüler ihre Exemplare benützen lassen. Der unterzeich-
nete weils aus Erfahrung, dass auch auf diese Wei^e die Be-
nützung einer guten Schulausgabe von Seite einer ganzen Classe
ohne Schwierigkeit ermöglicht wird.
Dieses sind die ganz unmaisgeblichen BemMrangen, welche
ich zu dem Aufsätze des Hm. Vieihaber :lljwn|ZiifBgen hatte.
Mögen sie dazu beitragen, diese für uns nicbt unwichtige Frage
in das gehörige Licht zu stellen.
Innsbruck. Karl Schenkl.
Nachträgliche Bemerkung.
Herr Schalrath Wilhelm haj^wp TOrlgen Hefte dieser Zeit-
schrift (S. 626) einige Zeilen untei^'SPPnMlrsehrifl: «Zur Verstän-
digung* mitgetheilt, welche ihm, wie er selbst sagt, mein Aufsatz in
dem siebenten Hefte S. 505 ff. abgenöthigt habe. Ich hatte nämlich mit
Rucksicht auf die Bemerkung des Um. Seh. W. S. 438: «Die Erklärung
und Einübung der syntaktisehen Regeln nach der Schulgrammatik mit
Benutzung der Beispiele aus dem Lehr'buche für die vierte Classe kann
nicht befriedigen; denn es ist dies ein leerer, langweiliger und, wenn
auch für den nächsten Zweck , Beibringung des wichtigsten aus der
Syntax, nothdürftig und augenblicklich genügender, doch im ganzen
wenig leistender Unterricht' S. 513 meines Aufsatzes gesagt, dass ich
dies auch bei der Abfassung des Buches nicht im geringsten beabsich-
tigt, sondern diese Beltpiele nnr nach der Folge der Grammatik in
gröfseren Abschnitten xusammengestellt habe. Hr. Seh. W. entgegnet
nun, dass zu dieser Entschuldigung sein Aufsatz nirgend Veranlassung
gebe. Er habe nicht gesagt: «das Lesebuch von Dr. K. Schenkt,* son-
dern: «das Lesebuch fiir die 4. Classe«* das heifst dasjenige Lesebuch »
welches an diesem oder jenem Gymnasium , das man sich denken will,
für die 4. Classe gebraucht wird. Nun enthalten aber einmal nur sehr
wenige Lesebücher solche Beispiele zur Einübung der syntaktischen
Regeln, und anderseits ist die Voraussetzung berechtigt, dass Hr. Seh. W.
in dieser für österreichische Gymnasien bestimmten Zeitschrift und in
einem Aufsatze, in welchem uberaU die Bestimmungen des österreichi-
schen Organisationsentwurfes zu Grunde gelegt werden, doch haupt-
sächlich diejenigen Bücher berücksichtigen werde, die an unseren
Gymnasien eingeführt oder doch weit verbreitet sind. Ond mag nun
diese Bemerkung im allgemeinen oder besonderen ausgesprochen sein,
immer liegt in ihr ein gewisser Vorwurf auch für mich als den Verr
fasser eines solchen Lesebuches; es war daher allerdings die Veran*
lassung dazu gegeben, dass ich mich gegen einen solchen Vorwurf in
ruhiger Weise zu vertheidigen suchte.
Das gleiche gilt von dem anderen Puncte, welchen Hr. Seh. Vf.
berührt. Die Worte, deren sich Hr. Seh. W. S.439 bedient: «Wollte man
aber der Lecture einen Theil der Zeit abbrechen und denselben der
Grammatik widmen, auf die Ansicht gestützt, dass durch Sicherheit in
der Grammatik ein rascherer Fortschritt in der Leetüre ermöglicht werde
und dieser raschere Fortschritt Ersatz für jenen Abbruch an Zeit biete,
80 würde man sich jehr täuschen,* stimmen mit den Worten aus
der Vorrede meines Übungsbuches: «Sollte man vielleicht noch das Be-
denken hegen , dass dadurch bei der ohnehin nicht reichlich zugemes-
senen Zeit der Umfang der Leetüre geschmälert werde, %q '«^>&a \&s:sl
TM Ober schriflU grieeh. Übungen etc., v. h\ SekMki,
erwSgcDy dass die Festigkeit und Sicberheit im Gebrauche der FqrmM
und Handhabung der syntaktischen Regeln, welche durch solche Obun«
gen erzielt werden muss , gewiss einen schoelleren Fortschritt ^in der
Leclüre und so einen reichlichen Ersatz darbietet,' so vielfach uberein,
dass sich der Gedanke an eine ausdrückliche Beziehung auf meine
Worte nicht leicht abweisen lässt. Dazu kommt noch: mein Obung9-
buch, in dessen Vorrede jene Stelle sich findet, war nicht lange vorher
erschienen, und Bra.- Schul rath Wilhelm hatte bei seiner eingehenden
Sorge besonders fGr den philologischen Unterricht unzweifelhaft die Frage
beschäftigt, ob mein Buch zum Gebrauche an österreichischen Gym-
nasien geeignet sei; ferner, obwohl Hr. Seh. W. in seinem Aufsatze den
Gebrauch eines gedruckten Übungsbuches zum Übersetzen aus dem
Deutschen in's Griechische für, das Ober-Gymnasium entschieden ver-
wirft, so stellt er doch für den Fall, dass ein solches gebraucht werden
sollte, gewisse Gruudzüge für dessen Einrichtung auf, Grundzüge, welche
von der Einrichtung meines kurz vorher erschienenen Buches in einigen
wesentlichen Puncten abweichen. Es ist hiernach gewiss eine nicht
unberechtigte Voraussetzung, dass Hr. Seh. W. an jenen Stellen eine in-
directe Kritik gegen mein Buch geübt habe. Unzweifelhaft stand es Hm.
Seh. W. ebenso gut zu, indirect, wie direct und ausdrücklieh seine
Kiitik über mein Buch auszusprechen, und ich bin weit entfernt, dies
Recht zu bestreiten; nur sollte auch mir kein Vorwurf daraus erwachsen,
dass ich dem gegenüber meine in jenem Übungsbuch durchgeführten
Oberieugungen in ruhigem Tone zu begründen unternommen habe.
Hr. Seh. W. bemerkt weiterhin, dass die Worte meines Aufsatzes
(S. 512): «Hr. W. hat in seinem ganzen Aufsatze über die schriftlichen,
vom Gesetze angeordneten Übungen nicht gesprochen* eine Unrichtigkeit
enthalten. Denn er habe S. 435 und 437 genug von den schriftlichen
Übungen gesprochen, um dem Misverständnisse zu begegnen , als hielte
er dieselben nicht für nothwendig. Allerdings wird S. 435 erwähnt,
«dass der Organisaiions-Entwurf für die 7. und 8. Classe zuweilen ein
an das Gelesene sich anschliefsende Pensum vorschreibe,' S. 437, «dass
von den zwei grammalischen Stunden im Monate die eine für die Com-
Position, die andere wenigstens gröfstentheils für die Verbesserung der-
selben zu verwenden sei und nur in dem Falle, wenn statt der Com-*
Position ein Pensum gegeben werde, eine Stunde für mündliche Übungen
sich gewinnen lasse,' aber wie die schriftlichen Übungen überhaupt
eingerichtet werden müssen, in welchem Verhältnisse sie zu den münd-
lichen Übungen stehen sollen, eine Frage, die doch nothwendig erörtert
werden musste, davon wird nirgend gesprochen; wir erfahren nur,
dass Hr. Seh. W. sich entschieden gegen den Gebrauch eines Übungs-
buches erklärt. Dnss sich darauf meine Bemerkung bezog, erhellt ganz
bestimmt aus den unmittelbar folgenden Worten: «Hr. W. hat blofs die
mündlichen Übungen und ihre Einrichtung berührt und dennoch
entschieden über jedes Übungsbuch den Stab gebrochen.'
Endlich muss ich noch den Vorwurf berühren, dass ich in meinem
Aufsatze nicht diejenige Haltung, welche bei solchen Erörterungen noth-
wendig erfordert wird, beobachtet habe. Denn etwas anderes können
wol die Worte des Hrn. Seh. W., dass die Fortführung der Discussion
nicht nur von dem Gehalte der Gegenäufserungen, sondern auch von
der Haltung derselben abhängen werde, nicht bedeuten. Ich glaube
die ganze Discussion in ruhigem, leidenschaftloscm Tone, aber auch mit
derselben Scharfe und Bestimmtheit und mit demselben Freimuthe ge-
führt zu haben, wie dies in dem Aufsätze des Hrn. Seh. W. geschehen
ist. Hr. Seh. W. wusste gewiss, dass seine Aufsätze Entgegnungen her-
vorrufen werden ; er hat sie auch sicherlich aus keinem and ereir Grunde
veröffentlicht, als um seine Ansichten von Anderen eingehend beleuchten
Liier die BehandluDg der Jat. u, gneco. teeidro, y. a. Jl^ieisekma$m. 707
und prQren zu lassen. Das geht klar aus den Worten seiner Gegenbe-
merkungen hervor: «Nicht darum handelt es sich, wer recht hat, son-
dern was recht ist.* Ich erlaube mir also, so lange ich nicht eines
Bessern belehrt worden bin, diesen Vorwurf einfach zurückzuweisen.
Ich brauche hier kaum mich darüber auszusprechen, dass ich die
Verdienste, welche Hr. Seh. W. sich um unser önlerrichtswesen er-
worben hat, von ganzem Herzen anerkenne und demselben diejenige
Achtung zolle, welche dem verdienstvollen Manne. gebührt. Erörterungen
streitiger Puncte haben mit Persönlichkeiten nichts zu Jthun. I3ro 90 mehr
glaube ich berechtigt zu sein, die Überschrift der Gegenbemerkungen
des Hrn. Seh. W.: «Zur Vers t and i gun g* dahin aufzufassen, dnss
da, wo nur der Gedanke mafsgebend ist, den Cnterricht in jeder Weise
zu fördern, durch freimuthige Erörterung gewiss eine freundliche Ver-
ständigung erreicht werden wird.
Innsbruck. .' Karl S c h e n k I.
Einige Bedenken
gegen die Abhandlung «Über die Behandlung der lat u. der gricch. Lecturc*
(Ha. VI, 8. 417— 433.)
Abhandlangen Ober die Methode des Unterrichtes mui>sen
jedem Lehrer willkommen sein, zumal wenn sie von Mannern
kommen, welche sich in einer langjährigen Ausübung des Lehr-
amtes einen Schatz von Erfahrungen erworben haben und über-
dies in ihrer amtlichen Stellung das Verfahren vieler Lehrer und
die Resultate desselben kennen lernen. Eine solche Abhandlung
hat die Gymnasialzeitschrift im sechsten Hefte d. J. unter dem
Titel: ^^Über die Behandlung der lat und grieclkc Leetüre an dem
Gymnasium^^ gebracht. Es finden sich darin Wahrheiten, die es
im höchsten Grade verdienen, dass wir daran erinnert werden.
So ist es ein Verdienst der erwähnten Abhandlung, dass sie auf
die im Org. Entw. gegebene Instruction für den Unterricht im
Lateinischen und Griechischen überall eingehend Bezug nimmt
und so dem Leser dieselbe in's Gedächtnis zurückruft. Die In-
structionen des Org. Entw. sind nicht nur durch ihren Inhalt
für den angehenden Lehrer reich an IreiTenden Weisungen und
für den älteren Lehrer durch Vergegenwärtigung der sämmilichen
Momente dos Unterrichtes von Werlh ; der darin herrschende Ton
der Achtung und des Vertrauens, welches die Regierung den^
Männern bezeigt, denen sie das wichtige Amt des Unterrichtes
übergeben hat, gibt zugleich die erhebendste Ermulhigung in Er-
füllung der Pflichten dieses Amtes* Wahr und wichtig ist auch
ferner z. B. was in dem angeführten Aufsatze über die Unzu-
lässigkeit der Compendien der philologischen Hilfswissenschaften,
über die Noth wendigkeit der Verwerlhung der Leclüre, über die
Mifsbräuche bei der Erklärung, über die in einer bestimmten Zeit
ununterbrochene Leclüre Eines Schriftstellers, über die Verwen-
dung der Unterrichtszeit gesagt wird.
Aber auch manche Bedenken hat diese Abhandlung in uns
rege gemacht.
tos Ober die Behamllung der Ut. u. grlech. Lecture, v. L Fleiickmk.
Unter I ist eine Erläuterung der Instruction für die Lectfire
enthalten« Da heilet es in dem Abschnitte von der mit dem
grammatischen Unterrichte zusammenfallenden LectQre in den zwd
untersten Classen: ^Jn der zweiten Classe werden die Dbungen
im Cbersetzen und Rückübersetzen geänderter Satzformen fort-
gesetzt Die Übungen sollen ferner, wo es sich um Binfiboag
der Declination handelt, nicht auf das Verbum beschränkt werden;
daher sind z. B. an den Satz: laudamuM militem foriem^ nicht
laudo, taudaiitiy laudant miiiiem^ sondern iauäamu» miiiie»
fortes^ iaudaiur mUe$ forcig u. s. w. als Übungen anzuknüpfen«*
Natürlich, wie etwa die arithmetischen Übungen, wo es sich um
Einübung der Division handelt, nicht auf die Addition beschränkt
werden können. Allein sollte eine solche Belehrung nothwendig
sein? Ist sie nicht geeignet, wenig schmeichelhafte Vorstel-
lungen von dem geistigen Zustande des Gymnasiallehrstandes zo
erzeugen?
In derselben Abtheilung wird von der Verwerthung der Lee-
türe durch Hervorheben der Phrasen and Rückübersetzangs-
Übnngen gesprochen und ab Beispiel dieser Hervorhebung ange-
führt: Inier ea et DaHuSj guum bettum (neiaurarei^ in ip»o
belli apparatu deceesii, relictie mulUe fiiiie — bellum insiaw
rarey bellum in*(auratum esi^ Dariue b. inelauralurus eraty
belli apparatu*^ Darius in ipso belli apparatu deeeseitj Dariue
multos filioe religuU, der letzte Sats passiv gegeben« — Einer
möglichen Einwendung wird begegnet mit den. Worten: ^Die Ent-
schuldigung, es fehle für die verlangten Übungen an Zeit, heitt
nichts anderes als: es fehlt an Geschicklichkeit.'' Sollten aber
diese Übungen wirklich eine ungewöhnliche Geschicklichkeit er-
fordern? Und wäre die ^«Entschuldigung^' wirklich ganz unge-
gründet, zumal wenn die Hervorhebung bei den meisten Sätzen
und in so reichem Ma&e geschähe? Würde nicht die Leclur-
stunde gröfätentheils zur grammatischen Stunde? Und würde das
Interesse an der Leetüre des Plato, Sophokles, Horaz, Homer
durch solche Übungen gesteigert? Eine reichliche Hervorhebung
der Phrasen in der griech. Leetüre des Obergymnasiums und
Yariierung der Phrasen, scheint uns auch mit der Instruction
wenig im Einklänge zu stehen; denn wenn nachdem Org. Entw.
S.. 117 im Obergymnasium die Beschäfligung der Schüler mit
dem Griechischen fast ausschliefslich der Leetüre gewidmet ist,
' und! der grammatische Unterricht nur in solchem Ma£»e der
Leetüre zur Seite zu gehen hat, um zu sichern, dass das über-
setzen niemals auf einem unsicheren Ralhen , sondern auf einem
gründlichen grammatischen Verständnisse beruhe , so lallt natür-
lich die Übung im mündlichen Ausdrucke weg, die Kenntnis des
lexikalischen Theiles der Leetüre ist weniger durch Hervor-
hebung desselben während der Leetüre, als durch wiederholtes
Memorieren zu befestigen, die Formenlehre und Syntax sind in
Ober die Betiandhing der Ut. tt. grieclt Leetfire, ▼. i. Fkinkmmm. 709
den grammatischen Stunden und durch achrifkliche Cberselzungen
zu üben. Auch wird in der Abhandlung selbst die Nolhwen-
digkeit der Cbung im lateinischen Ausdrucke betont, und
doch wird die Verwerthung des gelesenen durch Hervorhebung
von Phrasen und Rückübersetzungen in den mittleren und obe-
ren Classen ohne alle Einschränkung als unentbehrlich behaup-
tet. Wir glauben daher, dass eine derartige Verwerthang der
Leetüre nützlich, aber dass sie in ausgiebigerem Malse nur
in den unteren und mittleren Classen vorzunehnien ist; dass, wenn
die Hervorhebung unmittelbar nach der Erklärung und Über-
setzung eines Satzes geschieht, nur diejenigen Phrasen hervor-
gehoben werden sollen, welche bei der Erklärung nicht bespro-
chen wurden; dass die hervorgehohenen Phrasen nicht weiter
variiert werden sollen; dass diM^ Hervorhebung minder zweck-
mäfsig unmittelbar nach der Übersetzung eines jeden Satzes ge-
schieht, weil in diesem Falle die Reproduction in den mittleren
Classen mit keiner Schwierigkeit verbunden^ die Aufmerksamkeil
nicht sonderlich zu spannen geeignet ist, sondern dass sie mit
gröDserem Nutzen bei der Wiederholung eines gröDseren Ganzen
vorgenommen werden dürfte; endlich dass die meisten der ange-
führten Vortheile auch durch fleilsiges Memorieren erlangt wer-
den. (Vgl. Ouint. IL .7.)
Nach U lässt sich der Misbrauch fertiger Übersetzungen
so wie die Beschränkung der Präparation anf die Übersetzung nur
daraus erklären, dass die Schüler mit der Übersetzung alles ge-
than zu haben meinen und die Schule diesem Wlhne wider Wissen
und Willen Vorschub leistet. Aber gewiss gibt es auch solche
Lehrer^ welche diesem Wahne nicht Vorschub leisten, sondern
ein gründliches Verständnis der Leetüre bei den Schülern zu er-
zielen streben; und doch müssen auch solche Lehrer über den
Gebrauch fertiger Übersetzungen von Seite mancher Schüler kla-
gen. Also dürfte es nicht richtig sein, dass dieser Misbrauch nur
in jenem von dem Lehrer genährten Wahne des Schülers gegründet
sei. Nein, die Schüler wissen recht wohl, dass mit der Über-
setzung nicht alles gethan ist ; aber Trägheit, Leicht»nn, die von
dem Ehrgeize eingeflölste Begierde, eine elegante Übersetzung zu
geben, Mangel an Selbstvertrauen und die Furcht, die Lectftm
nicht überall richtig aufzufassen, Verführung durch. Mitschüler
und selbst durch Hauslehrer können die Schüler bestimmen,, sich
fertiger Übersetzungen zu bedienen. Zwar können auch die ge-
nannten Gemülhszustände durch den Lehrer verschuldet worden
sein, aber nichts desto wem*ger enthalten sie Erklärungsgründe
des besprochenen Misbrauches, die von dem in der erwähnten
Abhandlung ausschUefslich anerkannten verschieden sind. Der
Hr. Verf. selbst sagt (III init.): «Fertige Übersetzungen werden
nur von dem trägen Theile der Schüler als verbotenes Hilfs-
mittel gebraucht.'^
TIO Ober*die Behandlung der Ut. u. griech. Lecture, v. A, fielsekmam.
Was die coromentierten Schulaa8ga1)en betrifft, so
glaube ich, dass der Rettungsversach im 7« Hefte dieser Zeit-»
Schrift gelungen ist.
Ich will nur noch bezüglich des Umfanges der Lee-
tfire bemerken, dass es nicht thanlich ist, an alle Gymnasien
der Monarchie dieselben Forderungen zu stellen. Es ist sicher,
dass Gymnasien mit deutscher Unterrichtssprache aber mit Schalem,
von denen ein grofser Theil eine andere Muttersprache hat, min-
der rasch in der Ldctüre fortschreiten können, als jene mit Schü-
km deutscher Muttersprache. Aber auch die letzteren könnten die
Aufgabe aus Livius, wie sie im Organisationsentwurfe S. 25 ge-
stellt wird, nicht bewältigen, wenn sie in dem Sinne aufzufassen
wäre, dass die dort genannten Partien gani gelesen werden
sollen. Das I. Buch nimmt ntfchGrysar's Ausgabe 67 Seiten ein;
nehmen wir nur vier wichtige Partien aus den Kämpfen der Pa-*
Iricier und Plebejer ». B. II, 23—38., II, 33—43., IV und VI,
so sind das 41 Seiten; die Geschichte des Kampfes Roms gegen
Haiinibal, erstreckt sich von dem Anfange das zweiten Bandes
wenigstens bis Seite 275; demnach müssten 383 Seiten gelesen
werden. Da nun Livius ungefähr 20 Wochen je 5 Stunden, also
ungefähr in 100 Stunden gelesen wirdf so müssten in einer Stunde
beinahe 4 Seiten gelesen werden. Da. djeses aber nicht möglich
ist, so kann jene Vorschrift nicht in dem Sinne, dass diese Partien
ganz zu lesen seien, gefasst werden; •..
Wien. -^A. Fleischmann.
Zweite Abtlieilung.
IÜterari8che Anmigen.
Aeschyli quae Bupermnt Irägmdiaet Vol. L Sect. 11 Choephari^
recensuit^ adnoUUionem criiicam ei exegeücam adiecH Henricu»
Weil, in faeuüaie lUerarum Veeoniina profeuor. 8. 132. S«
Gissae, Rielter, iSeo, — 1 fl. 34 kr. ö. W.
In der Vorrede handelt der Hr. Herausgeber ausfuhrlich über das toq
ihm entdeckte Gesetz der Abfassung der Tragoedie nach sich entsprechen-
den Vcrszahlen. Bei aller Ajbsfuhrlichkeit herrscht aber solche Kurze,
dass einen Auszug daraus zu geben nicht möglich ist. Es ist dies gewiss
eine Entdeckung von ungeheurer Wichtigkeit; sie enthüllt uns die ganze
Formgewaltigkeit des Diesters. Ein Kriterium jedoch für Echtheit oder
ünechtheit dieses oder jenes Verses kann sie nicht immer unbedingt ab-
geben. Schon in den Chöeph. werden wir in einzelnen FSllen, wie Re«*
ferent meint, im Stiche gelassen.
Die dem Texte beigegebenen Anmerkungen sind ausfuhrlicher ge-
halten als beim Agamemnon, und zeichnen sich durch Uerbeischaffung
reiches Materiales aus. Da nun bei den Choeph. das interessanteste die
Textesänderungen und das Verständnis zweifelhafter Stellen sind, so
werde ich unmittelbar daran gehen« wie sich versteht, nur das wichtigst^
mitzutheilen ; denn wollte ich alles besprechen , so musste ich eine
Ausgabe verfassen. Da ich aber in einer vor kurzem in den Sitzungs--
berichten der kais. Akademie erschienenen Abhandlung eine grofse An-.,
zahl Stellen der Choephoroe behandelt habe , so wird es begreiflich er-
scheinen, wenn ich fortwährend theils einfach verweisend, theils aus-
führlicher erörternd auf diese Abhandlung Rücksicht nehme.
Vollständig weiche ich in Auffassung und Herstellung der Verse
61 — 65 ab:
(onri 9* iniayiOTiBt 9CyLaq
xaxiia xovg filv iv (pdsi,
xa d* iv iiBxccixiiloii a%6xov
axrj XQOviiovta ßgvHv.
zovs 9' a'KQavtOi ^x^^ *'^S'
7t3 AeHkifH quae sufiersuni iragteMie, ed. Weit, ang. v. i. £mkrt^
Hier Terwirft der Hr. Herausg. die Ansicht, es seien hier drei
verschiedene Menschengenera gemeint. *al sententiarum nexus äame Mi-
milesgue inierpretattone$ retpuitf verba iptc suadetu, cum %ovg p^,..
xa 9\.,. xovg 9\,,. te exctpiani, iiiud ad kominei , aiierum ad reit
tertium ad tOMdem Mos homtnei referre; ut öreviter rem ab$ai9am^
hoc dicü ckarmt Ne admireris improborum pro$perUatem. iuBiiUme
Impreisio nAita iceleüoi invenit in luce tenantei^ $naia {guae iiüM
raerpantur) im tem^brarum conflmiis iam iam eruptura $ed tardemiia
impeium iuum aigue horae momenio ueletH profunda tenentttr necte.
haec imaginem exhibent tere Aackpleam etc.* Die Worte maim quae
bis conftniii sind uns ein Rathsel, so unverständlich wie die Änderung
im Texte; aber im höchsten Grade befremden muss die Zumuthung, im
letzten Oliede toig 9* cjfx^arrog l^n vv^ (abgesehen von dem ungenau
übersetzten azri und dem nicht vorfindlichen Aorae momento) das erste
wieder finden zu sollen. Wenn man liest tovq filv iv tpan — xa d' h
p^ai%iU«p o%6xov — Tovg 9* S»^9xog i%H vvi^ so muss es gewiss ganx
gerechtfertigt erscheinen» wepn man drei verschiedene Glieder darin er-
blickt, die sich auch auf verschiedenes Cwir woUen noch gar nicht ent-
scheiden was) beziehen müssen, indem id. den Ausdrucke eine offenbare
Steigerung liegt. Hatte der Dichter das nicht beabsichtigt, so hätte er sich
einer unbegreiflichen Verkehrtheit de? Ausdrucks schuldig gemacht, und
jede Möglichkeit eines geregelten Versljin^nines musste aufhören. Dass
nun mit xovg plkv iv tpaet' und Tovg d' anqap%os i%n vvi verschiedenes
gemeint ist, darauf weist die Form find ^i^ sehr auch der Inhalt
Es fragt sich, was ist xa i* iv f^ixii^i^ etc.f Däss der Hr. Herausg.
Pqvbiv behält, und fii^nweglässt, is^ uns als Folge seiner falschen Auf-
fassung erklärlich. Pqvhv hat sich aber ganz offenbar aus v. 63 ein-
geschlichen. Wir haben bereits gebessert:
xä 9* iv iiSTaixii>itp ctiOTOV
l^ivei x^ovCiovcav am ((oni^v),
*In der Mitte zwischen Nacht (Verderben) und Tag (Rettung)
schwankend erwarten die Leiden die zögernde Entscheidung des Rechts*.
0le Leiden sind naturlich die Leidenden.
(onrf 9' inicxonst dCuriq
xa%Bia Tovg ftly iv tpdsi.
• . *Die Rechtsentscheidung trifft schnell die im Lichte (im Glücke)
wap^elnden (Bösewichter).' Natürlich! Für die Glücklichen kommt die
Rache früh, die für die Leidenden spät kommt.
xoifg 9* a%Qcexog i%H vv^.
*Für die dritten ist alles vorbei. Kein Wechsel ist mehr für sie
zu erwarten; unveränderliche Nacht umfängt sie.'
Da nun mit xovg (ilv — xoifg 91 -^ unzweifelhaft Personen , mit
xovg fihv — die im Glücke lebenden, mit xovg 9h — die allem fernem
Wechsel der Leiden entruckten gemeint sind, so ist unmittelbar klar, dass
das Mittelglied der Steigerung auch Personen und zwar weder glückliche
änekißU gaae wßemm tr^mHäe, ed. Well, ang. ▼. A. lÄtd»l§. 713
noch rettungslos verlorne beieichoet. Auf welche Persönlichkeiten diese
Sebilderang nun passt, brauche ich wol nicht des weiteren auseinander
lu setzen.
V. 68a/a9ifg furdiolyifg, weil der Schol. 17 diaimvCiovaaux'ri, Aber
der Schol. wollte wahrscheinlich das ftia in dtaXyif e erklären. — V. 73 wun-
dem wir uns^ wie der Hr. Herausg. die ganz sinnlose Gonjectur Bam-
berger's n^ofaivovxMg aufnehmen konnte; dergleichen Ändferüngen ent-
behren aller inneren Wahrscheinlichkeit. — Gelungen Ist dagegen V. 145
xuvx* h fki^Bi t{4hifu trig «. a. — V. 191 würden wir schreiben ovdafimg
i' iuiiwfiop tpQOTfiiia ituiül ävü^tog mncciiirri. Vgl. V. 525.
Die Verse tt60— S96 behalt der Hr. Herausg. bei, mit einigen Än-
derungen, die sie nicht tohderlich annehmbar machen, und Annahme
des Ausfalls von drei Versen nach 284» einer wenn auch nicht unwahr-
scheinlichen so doch nfcfat zwingendetf Annaliiarfe. Vgl. unsere Abhandlung
Zur Kritik des Aeschylos/ das Gapilel «ber Ibtert^lationen und Glosseme. —
Treffend scheint uns 305 4 ^' ^f^^ ^ ^'^ f^4* "^ ^^^^ unglücklich ist
die Unterscheidung nach 318 IWte J Ijch^W' ttifal; es ist schlechter-
dings nicht begreiflfeh» Wie die Erklärung des Scholiasten zu a%6tip
». T. 1. Moki xo fftffrat« «üi^t^rroy »al xB^hnpioxmVy die Billigung des
Hm. Herausg. haben kann. Die RScksicht auf die gleiche Interpunction
in der Gegenstrophe kann dufchävs hiebt mafsgebend sein. — V. 362
wie jemand mit seinen Hltide^h das ihm zugewiesene Loos erfüllen
könne, ist Referenten wenigstena ^ Räthsel; das mSsste der ;Tezt
nach des Hm. HcrausgL fiberibtibüg besagen ; denn er constraiert
ßaailivg nutXavxMw *reX'-€0ht0 fuf^ repium muma adHnplebani!
Bei dieser Obersetzung wird jeder üeinen, de^llr. Heraus^, tasse jre^orir
als Dativ. Dagegen erklärt er es selbst als Genitiv, ohne hinzuzufügen,
von welchem Nomen abhängig. Zu fiOQifiop Xaxog getogeti hat es keinen
Sinn; zu ntialfQ. ßanx, ist es nur mit Gewalt gegen die Stellung er-
reichbar, und immer bleibt die sinnlose Beziehung von nmXavxmp zu
ßanxQov, — V. 367 fallt die Form nxavopxeeüiv, wie der Hr. Herausg.
schreibt, auf.
Die Behandlung von V. 376—379 genügt nicht äovuog t%vHx9t^
soll heitsen * iamenialio In Oreum penetrai'. x^odt muss sich aber
auf das Folgende beziehen, wie das Asyndeton x£v fihp zeigt — V. 389
bis 390 construiert der Hr. Herausg. tpQBPog olov fyitag noxaxai mit
Verweisung auf Agam. 932; allein dort steht 9irfia ngoaxuxii^tiöp nm^'
düxg x8Qa0%6xov Moxäxati also offenbar n(foax€exiiQio9 noxaxM zusaiD*-
mengehörig; ungenau ist feraei tfoxSxm mit *aä tolat* wiedergegeben.
V. 423— 428. Da es im folgenden heifst avta-nsv^ficixav hlag
ivolfimxxov av9qa »dtpaiy glaubt der Hr. Herausg. einen Widerspruch
zu finden, wenn man wie gewöhnlich fxo'^a. .« liest. Er ändert, um
diesem Widerspruche zu entgehen, die ganze Strophe in die Frageform
{'»o^a...; allein diese ganze Frage ist ungemein schwerfällig, und die
Form sowohl als der Inhalt unpassend; denn bei einer rhetorischen Frage
714 AeichpU gtioe tupenunt trafftediae, cd. Weii, ang. v. A. Ittäm/g.
tritt immer eine Herabdruckung ein; das passende wäre beiläufig in der
Weise : Durfte ich auch nur das geringste Zeichen der Trauer geben, niebt
aber: Zerschlug ich Haupt und Brust etc. Endlich die lange fast über*
baufte Schilderung passt am wenigsten zur rhetorischen Frage? Was
nun den Widerspruch betrifft, so löst sich dieser gar leicht. Die Todten-
klage war keine Jusla lameniatio^ wie sie von der Gattin selbst su aller«
erst musste angestimmt werden. Hier fehlte der richtige Anfang. Es war
also eine Klage; die weiter keine Wirksamkeit, keine religiöse Bedeu-
tung hatte, es war der zufällige für den Todten gleiehgiltige Ausdruck
des Schmerzens.' Daher konnte Aeschylos ganz richtig Elektren yod EL
sagen lassen ixlaq d' avoCykmuxov ivdga ^dfpa^ Ja die lebhafte Trauer
des Chores musste ihr den Gegensatz um so schärfer hervortreten lassen,
und sie zu dieser Äufserung bringen. Wie die Betheiligung der nächsten
Blutsverwandten an den Leichenfeierlichkeiten von Wichtigkeit war, gebt
daraus hervor, dass die den Todten zunächst berührenden Handlungea
nur von diesen vollbracht werden durften» nicht blutsverwandte geradezu
von der Betheiligung daran ausgeschlossen waren«
Nicht billigen können wir die Versetzutig ion V. 434 — 438 nadi
455. Ober die Anordnung der Strophen siefasr'^Von unserer Abb. *Zur
Kritik des Aeschylos' das Cap. , das über diesen Kommos handelt
Den Ghorgesang 585^661 haben wir tbeil weise in unserer Abband«
lung besprochen. Der HauptgegeflsatSc i in dem Referent zu dem Hm.
Herausg. steht, ist, dass Referenl^^^ossfeme ent^ckt zu haben glaubt
aufser dem bereits anerkannten ßXketivat/'^&t W. Herausg. aber nicht
nur dies, sondern überhaupt alles ll^lässt, ja sogar überdies nicht weni-
ger als vier Wörter einsetzt. Bei den beiden ersten und der fünften
Strophe üt(f / hat uns der Hr. Flerausg. nicht überzeugt ; aber da wir
bereits über diese ausführlich gehandelt haben , so geben wir lieber zv
atQ. 9\ und zwar zum dritten und vierten Vers derselben V. 641, 642.
Der erstere ist mit einem unbegreiflichen Überflusse von Negationen ge-
segnet, der geradezu unsinnig ist Der Hr. Herausg. emcndiert to /i^
^ifitff yaq ov% iot Xa^ nidoi nocroviiBvov und bezieht naQeKßävvag zu
ovt^ V. 640. {ri^C%ri ovn iqi x6 {iri ^iiiig nidoi natovusvov: ein in der
Tbat unfassbarer Gedanke). Es ist aber zu schreiben: -to d' 17 ^ifiig yaq ovv
lii ni9oi natoviiivTi'XO näv Ji6$ oißag nagsTißdvTag nzi mit Ausstos-
' sung von dial^ Ebenso wenig ist die vom Hrn. Herausg. aufgestellte Bezie-
hung zu ovtqi haltbar; dass 9ucl unsinnig ist, liegt auf der Hand. Es ist
offenbar durch Dittographie entstanden. Zunächst wird es heiisen müssen»
To 6' iyxt, nvsvfiovtov i^q>og
diavzaCttv 6ivnBv%\g ovtqi
/iC%ag'xo 8* ij ^iyng ydq ovv Aa{ niSoi 7Caxov[iivri
x6 näv Jiog asßag nagiußavxag ov d^s(i,iaxtog.
In der Bemerkung des Scholiaslen zu dem letzten Verse ist so viel
richtig, dass eine Ellipse des Verbum finitum sich findet, eine Ellipse
von noisl, diwxg hängt natürlich von i^og ab. I^ der nächsten Strophe
M^Wi Quae ßupeniaU tragiBdiae^ ed. WM^ ang« v. i. LutMg. 716
verdirbt der Hr. Herausg. das Original n(^o%aX%BVBi d* Mau tpaayuv^
pvQyog durch die Hinzugabe der Wörter viov ^itpog. Das poetische in
der Ausdrucksweise des Originals liegt offenbar darin, dass da man aus
nQOZ€iX%svsi und q>acyavovQyo9 (der Accent der Überlieferung hat sprach-
liche Berechtigung) das Object mit Nothwendigkeit im Gedanken ergänzen
muss, die directe Ausdrucksweise vermieden ist. Es ist eine arge Ver«»
kennung des poetischen, es durch ein so triviales Anhängsel lächerlieh
zu machen; denn das ist der Eindruck, den die Gon/ec^ur dem Original
gegenüber macht
V. 684 schreibt der Hr. Herausg. ganz richtig vvv 9'^icsq ^p
do^. Für nuQOvaav aber gefällt fftiJsoT' ovaccv keineswegs. Es ist
vielleicht zu schreiben ov% a^* ovaav. Für ßauxB^tcg xaX^;, dessen Un-
richtigkeit der Hr. Herausg. anerkennt, wüssten wir nur zwei zu billi«
gende Abhilfen. Entweder das von ihm vorgebraphte iXfjg, oder vielleicht
wahrscheinlicher calrig, -. o .
vvv 3 * ^nsQ f^v doiLOia^ Pa%%ȟ[i aalrjf
latQog iiMig ov% a^' ovaa» iyyf^tpa,
664. i^8l9hm %$$ demdtav teXsatpoQog , fvvii r ' av a^xog
avdga d' BvxqsnictBq^mi,' Diese sonderbare Schreibung rechtfertigt der
llr. Herausg. in folgender noch sonderbarerer Umschreibung i yvv^ %iv
ciQxos i^BX^ovau, si yvpfi iqx^S nccffBirj, Nicht einmal diese Umschrei-
bung ist erträglich. Küonte mai^ vagen .gpvf if y ^avaqxmv (Satfuitav) ?
V. 756 Hegt doch difi isniM^mg Bi^XiiUg ^ .ditpii viv ^ XiipovQÜt
^XBi nahe genug. — HP W^Bi7« : M wdrda uns zu weit fuhren , auf
des Hrn. Herausg. Behaodlang "dieüt« Ckorliedes einzugehen. Derselbe
lässt alles als Text gelten, wihre^d wir bedeutende Glosseme darin ge-
funden zu haben glauben. — Dasselbe gilt ypn 936—972. Nur erlau-^
ben wir uns hier zu fragen, wie der Hr. Herausg. die Worte dvaoifiov
tvxecg v. 945 construiert Uns ist dies weder a priori klar, noch auch
durch die Anmerkung klar geworden. -^ V. 965 halten wir navtBX^g
ZQovog als Subject für unmöglich; weil die Kraft der Zeit, wie schon
au und für sich begreiflich, nicht eine rasche, plötzliche, sondern nur eine
allmähliche sein kann. — Die letzte Änderung t^i^toitsv Sg tdatv axov-
cai xBy bezogen auf die Ennnyen und die Bedeutung von nBCoi^v%«% alft
i%TCBaovvtai,, sind das gerade Gegentheil von dem, was man anspreehendi^
Änderungen nennt
Das Hauptinteresse concentriert sich bei dieser Ausgabe natürlich
hauptsächlich auf die vom Hrn. Hrsg. gemachte Entdeckung der symmetasctten
Composition der Epeisodien. Dieser gegenüber nimmt die, wenn auch nicht
unbedeutende Anzahl glücklicher Besserungen doch nur untergeordnetes
Interesse in Anspruch« Von der verbal tnismäfsig groCsen Anzahl von
Versumsteliungen kann man nur sagen, dass sie mindestens eben so sehr
zum Vorlheile des Sinnes als zur Herstellung einer Entsprechung dienen.
Nicht gilt dies allerdings von v. 670 %al ^bqihc Xovxq« %al novmv
»iXux^Qiu, den der Hr. Herausg. nach 714 versetzt. Der Sinn ist untadel-
716 itftrJ^r/i guae wpermmt iragmtüae, ed. Weiiy ang. v. i. tmimti.
h&ft, wenn man ^%X%Tii^\o% schreibt. Die umfangreichen , Ton Dlndorf
ausgeschiedenen Stellen, besonders y. 269 — 296 , behält der Verf. beL
Doch sind die zu diesem Behufe gemachten Aenderungen nicht geigDet,
die ausnahmslose Echtheit der Verse glaublich zu machen.
Diese Reihe von Verandemngen wollen wir jedoch hier besprechen,
weil sie von besonderer Wiehtigkeit ist für die vom Herausg. aufgetteUta
Eintheilung; nicht etwa für das Princip, denn dieses halten wir für hin-
ISnglich gesichert, sondern nur für die vom Hrn. Herausg. angenommene
Gestaltung desselben an den Stellen v* 269—296 und 973—1043. Die
Form an der ersten Stelle ist 2 + 3 + ^ + % (-- 279) 5 + 6, 5 + •
(— 296) 2 + 3+^ + 2 (— 305). Dies han gt nun ab erstlich von der
Anerkennung der Echtheit der ganzen Stelle, zweitens Ton der Annahme
eines Ausfalles von drei Versen vor y. 285 (dasi ein Ausfall stattge-
funden hat, durfte nicht ganz unzweifelhaft sein), drittens von verschie-.
denen Veränderungen, um das unverständliche verständlich zu machen,
das unzusammenhangende in Zusammenhang zu bringen. Der dritte
Punct muss der Natur der Sache nach zuerst besprochen werden, und
zwar gleich die Umstellung von v. 275, der sonst nach 577 stund. Ab-
gesehen von den auffallenden i%o%^yMxoi tfifiiM passt das Ganze auf
ixag bezogen nicht; y. 271, 272 besagen nur so viel, dass Apollo den
ohnehin schon Ergrimmten antrieb. Wai aber der Grund dieser ^t^-
ftoTijff war, das muss man allerdings aus dem „Ganzen entnehmen, nicht
aus anox^fk, t- ««t'^- i wie unzart wQrde •• «ein , wenn der Dichter
sowol Orest als auch den Gott darin ein eptseheMandes Motiv erblicken
liefsen ! damit stünde das folgende im Widerspnfeh. Wenn der Herausg.
sich auf V. 301 beruft, %al nqog niitn z^pmtmp izrjwiaj der durch
die Dmstellung von v. 275« an eine zu diesen symmetrische Stelle kommt,
so können wir nur eine Verschiedenarligkeit der beiden Verse fühlen,
eine Verschiedenartigkeit, die freilich auch an des Verses bisheriger
Stelle sich geltend macht. Vers 301 spricht von dem Mangel an Mitteln
offenbar als von einem nur sehr untergeordneten Beweggrunde; die ersten
und vorzuglichsten sind ^sov % * itpstnul %cä. natQog niwd'og fi^iya , und
nun sollte gerade dieser Umstand im Eingange dieser nachdrücklichen
Rede oitoi ngoSoiasi Ao^lov x. t, A. , so besonders in den Vorder-
grund treten?
Im folgenden waren, um das überlieferte behalten zu können,
naturlich bedeutende Äuderungen nöthig. Wir können (y. 305 ausge-
nommen) weder mit den Änderungen, noch mit der Auslegung derselben
stimmen. Zunächst 276, 277 schreibt der Hr. Herausg. aitov d' itpacnt
Tjf tpilTj "iffvxi tdda fM}';cofrTa (ist wol zu schreiben fiif^o*^«) ^n^Hw
nolXa dvatSQuij «axa. Nun soll «eithv auf Agamemnon gehen, was
offenbar unmöglich ist aitov, das hier ipsum sein muss, kann ohne
weiters nur entweder Orest oder Apoll bezeichnen. Sollte es auf Aga-
memnon gehen, so müsste noch ein Pronomen hinzukommen. Auch die
Änderung eines « in ^ bat keine g rolse Wahrscheinlichkeit. Endlich wird
AeMckifU quae sttpersuni iragadiae^ ed.. WeU^ ang. y. i. Ludwig, 717
der Ausdruck %i tp^jj '^vxv durch die Auffassung tod aitov als
Agamemnon in seiner Bexiehung 'befremdlich. — V. 278. ta phv yaq
i% yijg dvstpQOvmw fietX^/fiara ßQOxoi^g ni(pavc%(ov Bim xag dstXnv
(der Herausg, für dh v£v) vocovg , ctcQ%6v inBftßaziJQag x. t. l. Ja
diesen und den folgenden Versen sucht der Hr. Herausg. einen ganz
allgemeinen Inhalt : Nam cum praeciperet mnrtalibUM quomodo mamium
ex inferii ira plaeanda e$$et (eidelieet fortUer in. Merfeetorei ani-
madvertendo) igfutvorwn {videlicet pericuia expaventium xmv anodsi^
Xiivxmv) praedicavU tnorboi. Ond dazu beruft sich der Ur. Herausg,
auf ein Scliolion: al %QXaang xdv udinovvxap iisiUfftaxd tici täw
aSi^fjd'ivxov, Allein v/ie unbestimmt, wie undeutlich wäre hier der
Ausdruck gegenüber der Weitläuflgkeit der folgenden Schilderung. Da|
Vieldeutige (tsiUyitaxa haben wir uns, bei der Undeutlichkeit des vor-
ausgehenden, noch nicht zurechtgelegt» so kommt diiXnw^ das gleich
anodBiXK09X(09 xr^p xi(tmQia9 sein soll, f^e weder grammatisch noch
stilistisch zu billigende Auffassung» wahrend die Omgebung, die sonstige
Weise der Wortstellung und Fugung fast gebieterisch die Constructioi^
von 9hX£v zu aa^xaiv Teriangen» Nicht besser passt das allgemeine
hier; denn in welche Beziehung würde diese allgemeine Belehrung (^^o-
tofff ni<pu'oc%mv , v. 279) zu dem Orest ertheilten Ausspruche stehen«
War sie darin enthalten, so ist fqotoig verkehrt; an andere Ausspruche
überhaupt aber zu decken, ist «io Ausweg, zu dem man sich wol zwin-
g en kann, den man aber kaoni; ^wUlig einschlagen wird.
Der Annahme soKsNlMCalles von Versen' nadi 284 kann man bei-
stimmen. DerHrsg. scUUbtVi285 ^^nvva Xufkm^ov iv anottgt, vm^k^vx*
itpQvv und übersetzt?' jUßfMtdam ntitio quam specieht (was im vor-
ausgebenden ausgefallenen Verse mussle gestanden sein) ciaram per iene*
brae videre, ocuioe circnmagenteM (7 circumageniem). Ganz unnölhig
und unmöglich ist die Trennung von iv anoxtp von vaitmvx' oipQvv»
Diese Auffassung ist ganz gut möglich, zwingend dazu ist die Gestalt
des Verses nicht, ogmvxa XaitJtQOv lasst sich ganz gut auffassen als
einer der *klar aussieht', das heifst epeciem praebei ciare tideniie^
aber doch seine Augen im Dunkel bewegt. Freilich wäre bei dem Man-
gel an bestimmten Anhaltspuncten auch möglich bf^civ xb Xaii^n^bp tp
anoxm v(o(t<ov t^6(pQvv, Doch hatte eine solche Vermuthung weder si*
cheren Vortheil, noch bestimmtes klares Ziel.
Im folgenden Xvcaav xb xal yMxuiov in vvnxtov tpoßov ilivbCv
taQuacBiv, ...
Wir müssen also gestehen» dass trotz des grossen Aufwandes von
Scharfsinn die Bedenken , die gegen die Echtheit einzelner Theile dieser
Rede sich dem Leser aufdrängen, weder durch die Textesänderuugen,
noch durch die Interpretation uns gehoben erscheinen können.
Das letzte System symmetriscb-correspondierender Perioden um-
fasst V. 973—1076. Zunächst erregt Bedenken, dass die zehn ersten
Trimeter dieses Systems den zehn Schlussanapästen 1064 — 74 entspre-
ZeiUekrift f. d. 5«Urr. Gyaiaa«. 1860. IX. Haft. \^
tl8 F. F. ilmkj Allgemeine u. Hindelsgeographie, ang. v. t. ^ffmkäudek
eben sollen. Zwar ist die Zerfallüng der beidno Stucke dieselbe % + %
4-2 + 3 und 3 + t + S + t ; allein bei den Anapeesten, die eine kun*
gefasste AufsSblung der Unglücke des Hauses enthalten, fallt diesdoeh
minder schwer in's Gewicht« — Die acht Verse 997—1004, die den Zn^
sammenhang der Rede unterbrechen, versetzt der Hr. Heraoag. nach
T. 1013. Für diese Stelle macht derselbe zwei Grunde (abgesehen tob
der dadurch erzielten Responsion) geltend: dass nqoatpmißwf^ y. 1016«
sreh auf «pogetvo»* beziehen müsse, und dass Orest das Badegewand
doch nicht eher ansprechen könne, als bis es auseinander gefaltet ist Was
den letzteren Grund betrifft, so lasst sich darauf entgegnen, dass es gana
passend ist, wenn Orest in der steigenden Aufregung in der er sieh be-
findet, erst nach kurzer Schilderung des Mordgewandes sagt: *nun breitet
TS aus nnd zeigt es u. s. W.'. Ebenso wenig ist der andere Oniad
Schlagend; die Anrede ist ja kaum vorüber, und die wenigen dazwischen
gesprochenen Worte kann man doeh nicht f&r ein ernstliches Hindernis
halten. (Die Umstellung von v.lOlS vor 1014 ist wegen des ^ß^ ganz
tnzulSssig.) Dies wSre über Versverstellung. — Ebenso wenig können
wir mit der Behandlung der Verse 991—996 einverstanden sein. Diese
Verse, die schon vielfachen Anstofs erregt haben, belisst der Hr. Heransg. ;
er interpungiert mit Bamberger 994 ifpv\ und 996 tpi^ov^ifunog , und
schreibt ^lyova* £9 tnutvog. Construiert wird 991 ijtis — 994 ti eo<
Sü%it. — Durch die Interpnnction iipv; soll der Sdiein verhindert wer-
den guoii muraenae et vfperae per nefarlum animum m^rdemUi
dies wird aber keineswegs erreicht^ denn Vers 99d geht so gut auf die
pLVQotiva wie auf Klytiemnestra , und kann folglich v. 996 nicht allein
auf letztere bezogen werden. — Der Vers 993 tpilov xias, vvv d^ ix^gaw,
mg tpttivBi, nccnov, der sich offenbar nur auf Orest beziehen kann, ist hier
vollständig unpassend und selbst in seiner Fassung ((pikov ximg bis jetzt)
hier auf Orest nicht recht anwendbar. — Endlich ist , wie uns scheint,
klar, dass v. 996 tolitrig llnati x. t. l. keine andere erträgliche Bezie-
hung haben kann als auf v. 991 fing 9' krt uvdql tovz* ifiiiffceto ovvyog^
woraus folgt, dass das zwischenliegende nicht echt sein kann.
Wien. Alfred Ludwig.
Allgfemeine und Handelsgeographie. Ein Lehrbuch
für commercielle und technische Lehranstalten, für Kaufleute und
Industrielle , von Dr. V. F. K I u n , Prof. der Geographie und Sta-
tistik an der Wiener Handelsakademie etc. Erster Theil. Allgemeine
Geographie. Wien, C. Gerold's Sohn, 1860. XIV u. 540 Seiten. 8. —
4 fl. 50 kr. ö. W. •
In einem kurzen Vorworte entwickelt der Verfasser die Grundsätze,
nach welchen er den Stoff gesondert, behandelt und dem Zwecke gemäfs
verarbeitet hat Er rechlfertigt damit die analytische Form, die Hervor-
hebung der physischen und technischen Cultur, die Herrichtung des Ma-
terials zur Obung der Selbstthätigkeit der Schüler und das Gewicht, das
er mit Recht statt auf eine Anhäufung von Einzelheiten auf ein gedrängtes
Fi f. ikm, Allgomeloe u. Handebgeographio, ang. v. i. ßtHnkam^r. 7iSt
CuUurbild von Land und Leuten und auf eine xur Vergicichung taug-
liche Charakteristik der bedeutendsten Besiehungen der Staaten legt —
Das Lehrbuch zerfällt in swei selbständige Theiie, die als Vorbereitung
zur Uandelsgeographie dienende allgemeine Geographie und die
(erst zum Drucke kommende) eigentliehe Bandoisgeographie.
Erstere hat einen Wirkungskreis, der über die Fachschule hinausreicht,
indem auch die Realschulen, welche für das künftige praktische
Leben und für höhere technische Studien vorbereiten sollen, davon Nutzen
ziehen können, und zwar die Oberrealschulen, weil sich Form
und Darstellung nur für eine vorgeschrittenere Onterrichtsstufe eignen.
Dr. Klun gliedert sein Lehrbuch in die astronomische Geographie
(10 8.)» in die topische Geographie (65 S.)» in die physische
Geographie (t5 S.) und in die politische Geographie, In dieser um-
iasst die Einleitung 7 S., Oesterejch 97 S., Deutschland 79 8., die übri-
gen europäischen Staaten 173 S. , die* Staaten der anderen Erdtheile;
79 8. Die scheinbar stiefmütterliche Behandlung der physischen Geo-
graphie seheint ihre ErklaroDg darin zu finden» dass der Verfitisser, als
für höhere (blassen schreibend» eine Grundlage schon vorausznsetzen be-
rechtigt war, und daher mit der.gedräi>gten Obersicht der wichtigsten
physikalischen Verhältnisae mehr . eine theilweise bcrichligte Wieder-
holung in der Wesenheit schon, bekannter Gegenstände bezweckte, als
eine Erweiterung der Wissenschaft s überdies bedingte der 2weck ein
gewisses Mafs in jene« Pai;tieDy welche vom Standpunct ^der allge-
meinen Bildung nicht- ignöcicfftwei^den können.#nd ei^e.gröfsere Ver-
breitung in dem Theilev 4er aur praktisehan Tendenz die gröfsere
Verwandtschaft zeigt.
Die kosmische und tellurisehen HauptverbäUnisse sind klar und
richtig hingestellt, von Zahlen und Beispielen ist ein mäfsiger und ent-
sprechender Gebrauch gemacht; nur bei der Messung der EnMernungen
zweier Orte scheint das gesagte im Verhältnis zu dem nicht erwähnten
zu relehhaUig. Denn die FäUe« wo Orte unter demselben Met i diso
oder auf demselben ParaUelkreise liegen, sind sehr selten gegen jene,
wo sie in anderen Biehtungen auseinander liegen, und von dieser grolseu
Mehrzahl der Fälle schweigt der Verfasser. So compliciert die Lösung
mit dem Beehensüft ist« so einfach ist das für oberflächliche Besuitat^
hinreichende praktisiche Verfahren der Abn«ihme der Entfernung mit dem
Zirkel und das Ablesen der von den Zirkelspilzen auf dem Aequator um-
fassten Länge. Manchen Globen ist zur Lösung solcher Fragen ein gra-
dierter Meridian aus dünnem Messingblech beigegeben, welcher an die
beiden Objecte angelegt wird und au/ dem die Entfernung in Graden
sogleich abgelesen werden kann.
Über die Correcturen, die fortwährend neue Entdeckungen von
Planetoiden und Planeten nöthig machen, kann hinausgegangen werden;
ein Buch , das Monate zum Erscheinen braucht , kommt immer zu spät,
um dem Stande am Tage der Ausgabe haarscharf zu entsprechen.
TtO F. F, äUatf AlIgemdDe u. UandclBgeögraphio, ang. ▼• i. SieMkmueti
Bei der Angabe des Vertaaltnisses zwischen Land und Wasser auf
der Erde findet man gerade die Extreme der continentalen und ooeani-
sehen Hälfte nicht in Ziffern ausgedrückt. Auf ersterer überwiegt das
Wasser das Land nur um 10Vo# &uf letzterer aber stellt sich das Ver-
h&Unis auf 1 zu 16! — In der Tabelle der Fläohenräume d6r Gontioente
8. iZ, kommen durch ein Obersehen bei Amerika 5000 DM. Inseln yor, statt
25,000 (Grönland wird ja allein auf 20,000 DM. angeschlagen); weshalb
die Summe der Inseln auf 119,900, die Summe für Amerika auf 088,000
und die Haoptsummo auf 2,444,000 zu erhöhen ist Dadurch andem
sich auch die Percente, bei Welchen^ die Bruchtheile so grofs werdeo
f^V, » OV« und 85%) . dass in ganzen Zahlen richtiger 5 V« för di«
Itiseln, 10 V« für die Halbinseln und 85 7« für die Conlinente anzutielh-
sind. Das Verhältnis der Gröfse der Erdlheile unter sich ist, wenn
Europa als Einheit angenommen wird, für Australien 0,95, öder 'Vm*
für Afrika 3V«, für Amerika 4 und fär Asien ft'/^, yerändert sich jedoch
nach Abschlag der Inseln für die dann entstehenden Summen ton 138,000
(Austr.), 160,000 (Eur.), 534,000 (Afr.), 663,000 (Amer.) iind 830,000
(Asien) in %« 1, S'/,, 4'/« und 57«» Werden Süd- und Nordamerika
getrennt und bleiben die Inseln weg, so löset sich die Verhältnis-
zahl 47« für Amerika auf in 27« ^r Nordamerika Und 2 für Süd-
amerika. Graphische Darstellungen wirken besser auf die Vorstellung
als Zahlen. Gonstruiert man auf eiser in 100 Theile getheilten Linie
Quadrate über die Längen 37,' 40, 57, 59, 73 und 91 , so hat man das
Verhältnis der Gröfse der Erdtheile (ohne Inseln) durch die augenfällig
wachsende Gröfse der Gevierte. Für das vereinte Amerika (ohne Inseln)
würde die Länge 82 genommen werden müssen. Solche Cbungen schei-
nen Tändeleien, aber sie haben für Schüler das gute, die Selbsttbätig-
keit rege zu erbalten und das Gedächtnis durch öftere Beschäftigung mit
dem Gegenstande zu unterstützen.
Bei dem« Abschnitte, der «Beschreibung der Meere* über-
schrieben ist, scheint die Absicht des Verfassers gewesen zu sein, die
geringen Elementarkenntnisse der Schüler durch Hinzufugung eines aus-
führlicheren Materials zu erweitern. Die dazu bestimmten 7 Seiten des
Buches sind nicht viel mehr als eine Anhäufung von Namen, zu wenig
niärquiert, um auf einer Karte ohne Schrift immer zweifellos gefunden
zu werden, und entbehrlich für diejenigen Schüler, die bereits gelernt haben
Karten zu lesen, und sich den darauf beschränkten Theil der topisehen
Geographie selbst zu machen. Freilich kann ein Lehrer der höheren Classen
auf so vorbereitete Schüler mit Zuversicht jetzt noch nicht rechnen, und
das mag die Ursache sein, warum die Verfasser von Lehrbüchern für
spätere Stufen noch immer nöthig finden, herabzusteigen und so wenig
als möglich vorauszusetzen. •
In dem Abschnitte «Beschreibung der Erdtheile^ begegnen
wir den Fläcbenverhältnisseniwischen Stamm (unrichtig innerer Gon-
P. F. Mim^ Allgemeine u. Sandelsgeographie, 4mg. v, i. SteManset. lt%
t i n e n t betitelt), Gliedern und Inseln » der Küstenentwickelung and den
bekannten einfachen geometrischen Gestalten der Rumpfe,
In den Zahlen der Quadratmeilen finden sich grofee Abweichungen
gegen bewährte Quellen. Vergleicht man z. B. die angegebenen Gröbeii
der Inseln mit Engelhardt's fleifeig bereobneten Angaben (Berlin lB59y,
so ergeben sich einige bedeutende unterschiede, z. B. Candia, K. I99»
E. 145; Sicilien, K. 495, E. 477; GrofsbriUnnien, K. 3900, E. 4188;
Irland, K. 1400, E. 1526. Wahrscheinlich hat Dr. Klun eine Quellt«, wo
die geographische Quadratmeile bei der Umrechnung bekannter Flachen-
inhalte zu klein angenommen war. Man darf solche Versehungen i^icbt
hoch anrechnen 9 auch Engelhardt's Zahlen sind von der imaginären
tiröfse der geographischen Meile abhängig, und ^ir wissen ja noch gar
nicht, wie grofs sie eigentlich ist! Durch des russischen Generalmigolb
Schubert Berechnung scheint mit Wahrseheinlichkeit hervorzugehen, dass
die mittlere Aequatormeile (denn et gibt dann, wegen der Ellipsen^
gestalt des bisher als Kreis angenommenen Aequators eine grofse und
«ine kleine Aequatormeile) 3807*7 1% Toisen grofs ist, etwa V, Tpise
gröfser als Bessel's Bestimfoungen ergaben. So unsicher die geogr.
Meile (bezüglich auf ToUe Schärfe des Werthes) ist, muss doch au ihr
festgehalten werden, da kein anderes bestimmtes und iiberaU ange-
nommenes EinheitsmafiB besteht.
Die elliptische Qestalt Alirika's.ist wohl dae ärgste, was die
geometrische Zwangsjacke einer Ecdtheilform anzuthun. vensag. Cui
bonof möchte man dabei ausrufen ^. denn grofe kann «um sich den
Nutzen nicht vorstellen f ^eo • solche ^waltmadaregeln auf. die Repro-
duction des Bildes ausüben 'sollen. Kommen die On^risse nicht durch
öfteres Zeichnen oder sehr häufiges Ansehen in's Gedächtnis, die Hilfs-
mittel der Geometrie werden dies V^under nicht bewirken.
Der Abschnitt der verticalen Gliederung ist mit Rucksicht auf die
höhere Stufe des Onterrichtes entsprechend durchgeführt und die Trocken-
heit der Anfuhrung so vieler Eigennamen durch zweckmäfsige bild-
gebende Beiworte gemildert. Die Zahlen der absoluten Höhen erscheinen
bei den Gipfeln und Sätteln im österr. Kaiserstaate in W. Fufsen, bei
den übrigen in Pariser Fufsen angegeben, was einen genauen Vergleich
schwierig macht, weil von den W. Fufsen zuvor 2V4 V« abgezogen wer-
den müssen, um sie den Pariser FuCsen gleich zu stellen. Geht man ins
Detail ein , so finden sich hie und da Anlässe zu Bemerkungen , welche
aber nur kleine Mängel betreffen oder vermeintliche Verbesserungen.
Statt der Einsattlung am Katschberge würde Dr. Klun besser die Ari-
scharte gewählt haben, welche gerade vor der Theilung des Hauptzuges
liegt. Der südliche Ast sinkt zwischen Mur und Gurk zu niederen Sät-
teln herab, die sich nahe wiederholen. V^eit zusammenhängender ist
der grofse Gebirgsbogen vom V^echsel bis zum Bacher, der nur im Mur-
und Draudurchbruche tiefe Einschnitte zeigt , sonst nur auf ziemlich
hohen Sätteln überschritten werden kann. Dieser Bogen hat eine i n-
722 V. F. MUm, Allgameine n. Handeltgeograpliio^ ang. y. i.
nereParallelei die sprungweise die Tbaler der Raabraflosite über^
setzt und zu welebcr der Scböekel gebort, den der Verfasser als TheO
des Hauptbogens auffubrt Aeufsere Parallelen bilden die Zwischen-
glieder bis zurOnrk hin, wo der abgebrochene Haupttug erreidil wird.
Schneidet man die steirischeb Gebirge etwa bei der Waldgrenze ab^ so
tritt der Uauptbogen in seinem Zusammenhange unverkennbar heraus, und
es kann kein Zweifel mehr walten, dass man denselben als Haoptglied und
aicht als untergeordneten Zweig zu betrachten bat. — Die Lage des Oetsdier
ist bezeichnet durch Erlaf- und Traisenquelle. Statt letzterer sollte eher
Ipsquelle stehen, bbwol aueh das toicht scharf genommen werden darlL
Die Benennung Gruppe g^^miucht Hr. Dr. Khin unter Verhilt*
nissen, welche es zweifelhaft machen, in welchem Umfange er diesen
Begriff nimmt. Strenge definiert sollte er einer Mehrheit zerstrenter Borge
lukommen, die keinen gemeinschaftlichen Stock durch Zusammenwachsen
bilden, die sonach zu Inseln werden, wenn man sich das Meer bis auf
Ihre halbe Höhe gestiegen denkt Eine verwachsene Gruppe, deren
Gipfel und hohe Joche sich durch den Schnitt in halber Höhe nicht
trennen, verdient den Namen Stock. Der Hochschwab mit seiner Um-
gebung ist z. B. so betrachtet ein Stock, wSbrend die Berge zwischen
Mariazeil und der Mürz zusammen eine Gruppe bilden. Stock und Gruppe
verhalten sich dann wie Kette und Reibe | Masse und Stock jedoch
müssen für synopjAm genommen werden. — Es ist ein kühner Schritt,
voh den Gebirgen der Bretagne zu jenen der Auvergne überzugehen;
die Verbindung beider ist viel zu lose, weil das Flachland an der Loire
als Zwischenglied angenommen weiden müsste. — Die Eistbaler Spitze
in der Tatra ist zu niedrig angegeben, nach übereinstimmenden Aussagen
aller Besteiger der Lomnitzer Spitze ist sie höher als diese«
Der Name Li p tauer Gebirge wird von Hm. Prof. Klun für den
nördlichen Theil (die Tatra) gebraucht und zwar, wie es scheint,
für die westliche Fortsetzung des Rohacz, während andere Geographen
unter den Liptauer Alpen die südliche Kette verstehen, in welchen
der Djumbir die höchste Spitze ist und die im Osten mit der Kralowa
Hora (dem Königsberge) endet, gerade gegenüber der hohen Tatra, wes-
wegen man auch den Namen niedere Tatra eingeführt bat. — Der Höhenzug
'Von den Pisoquellen biszurSzamos scheint übergangen zu sein, oder er ist,
was nicht zulässig, im neu auflauehenden Borszeker Gebirge enthalten. Die
in der Regel flcifsig geübte bildliche Schilderung des Hauptcbarakte»
der Gebirge vcrmisst man zuweilen, doch wird bei späterem nochmali-
gem Vorkommen das früher mangelnde ersetzt. — Bei den Höhen des
Himalaja erscheint eine dritte Maf^ieinheit: englische Fufse, von welchen
6'6 V« abgezogen werden müssen , um sie in Pariser Fufse (des Ver-
gleiches wegen) umzuwandeln, z. B. M. Everest 29,000 E. F. — (1740
+ 174) =» 27,086 , oder in runder Zahl 27,100 P. F. — Der Ausdruck
Parallel kellen wird zuweilen (s. B. beim iUukasus) das Befremden
der Scbüier erregen, welche (iiese P«raUelketten auf ihren KaHon suchen
fi F. ilm, AUkemeiiia ^*> HaadeUgeograpbi^ Mig. v. i. eißfmkaitur. 79%
and nicht finden werden. Ohne nähere Beseichnong werden sie sicl^
eine ähnliche Vorstellung , wie bei den Alpen machen» wenn nicht er«i
klart wird, dass es sich beim Kaukasus nicht um solche Parallelketten
handelt, die der Centralkette weuig nachgeben, sondern um unter-
geordnete Höhenzuge, die nur selten zusammenhangen, sondern deren
Anschwellungen eine Vorreihe bilden« Bei Beschreibungen im ganzen:
und grofsen sollte man den Begriff von Parallelketten nur dann ein-»
iübren» wenn das Vorhandensein von bedeutenden Langentbalern (dior
beim Kaukasus so selten sind) dazu die vollste Berechtigung gibt* — *
Der Verfasser nimmt in Afrika ein Drittel als Tiefland an, nach einer
veralteten Schätzung Roon's, die «iner sehr bedeutenden Minderung,
bedarf, aufser man wollte das Tiefland über 1000' Höhe ausdehnen!
Gerade die neuesten hypsometrischen Aufklarungen durch Barth, Vogel
etc. sollten Veranlassung werden, die einer alteren Periode angehörigeu
Angaben Roon*s einer kritischen Dntersuchutog zu unterziehen. Es dürft«
sich ergeben, dass das afrikanische Tieflands-Drittel zum Sechstel oder
gar Siebentel wird. Hr. Dr. Klun schliefst die Plateauerhebung Sud»
afrika's mit der Ebene des Oranjestromes , wir kennen jedoch seither
noch mehr Stufen, s. Er das Tafelland der Wüste Kalihari etc. — Mit
einer Art Vorliebe behandelt der Verfasser die Gebirge Amerikas, und:
man erfahrt genaueres von den Anden als vom Himalaja, dessen cha«
rakteristische totale Durohbrüche (durch jenseits entspringende
Flüsse) unerwähnt bleiben. — Bei den Pampas it^ ein Qjbarakterzug
übersehen worden; sehr .wenige Flüsse, dafür viele Lachen., — Im gaur
zeu ist die Schilderung der -verticalen Gliederung zufriedenstellend durch
richtige Charakteristik, 4urcb sachgemäße Gliederung und sichtliches
Studium neuester Quellen. Gut wäre es übrigens gewesen, wenn Hr*
Dr. Klun dem Abschnitte über vertieale Gliederung statt des ungenSgen*
den §. 23 eine dem Inhalte des späteren 8* 42 ähnliche Einleitung hätt«
vorhergehen lassen. Erachtete er die Vorbegriffe aus den unteren
Classen nicht für hinreichend« um ohne eine Erneuerung oder Vervoll»
släodigung derselben die Hydrographie einzuführen, warum hielt er das-
selbe für die Orographie entbehrlich? Es wäre um so mehr gerathen
gewesen, darauf einzugehen, als auf eine dieslaliige tüchtige Grundlage,
mit Sicherheit jetzt noch nicht gerechnet werden kann.
Die Hydrographie ist genügend vertreten, da sie in der Form und!,
so weit es die Kürze zulief«, auch im Geiste Roon's durchgeführt wiirde
und nur wenige Gelegenheiten zu Bemerkungen bietet Der Ursprung det
Rheins wird bezeichnet: «aus dem kleinen Tomasee des St Gotthard.*
Hier würde richtiger stehen in der Umgebung des St Gotthard, wenn
man an diesem Sattel als bequemsten Orientierungspunct festhalten wül,
denn jener Ausdruck verleitet den Unkundigen, der keine grofse und
genaue Karte der Schweiz zur Hand hat, zur Annahme, der Tomaseo
liege auf dem St. GotthacdspaCs, während er eine Meile weiter hinter
dem zweiten .Queraste nach dem St Gotthard liegt, getrennt durch*
i24 F. F. Khm, Allgemeine u. Handelsgeographie, ang. y. i. SieHUbmiBetl
das Unteralpthal , und gespeiset durch die Gletscher des SixmoduD, de«
Rofshodenstoks und des Badus. Die Scbiffbarkeit des Rheins erstreekt
sich weiter als der Verfasser angibt, da durch die grofsartigsten Waner*
bauten und Durchstiche von Seite Badens und Frankreichs sein Bett re*
guliert worden ist. Wie würden Mannheim und Ludwigsbafen sich so
heben, wenn der Strom bis Bingen selbst «für die Tbaifahrt nur wenig
schiffbar* wäre ? Der Verfasser schreibt Canal la Manche ; entweder (ätt
Canal schlechtweg, oder der englische Canal, oder das Ärmelmeer (la
Manche), die Zusammensetzung beider Namen würde in Baltische Ostseo
einen Pendant finden. — Den Namen £ t s e h führt schon d^r Bach, der
aus dem Reschensee in den Mittersee abfliefst, dieser aber empfangt den
Bach, der vom Langtauferer Ferner kOmmt, und Karlinbach beifst In
den Reschensee ergiefst sich der Roienbach, sonach ist der Reschenseo
als der eigentliche Etschursprung su bezeichnen. Die grofse Kürze macht,
dass Hr. Prof. Klun auf die interessante Beckenbildung der fliefsenden
Wasser nicht eingehen kann und sein Augenmerk mehr auf die dem
Zwecke des Buches viel naber liegende Schüfbarkeit richtet. — Bei dtt
Angabe der Innquelle hat wahrscheinlich (wie oben bei der RheinqueUe)
die leichtere Orientierung dem Verfasser bewogen zu schreiben auf dem
Septimer; der Septimer ist ein Pals, der durch denPiz Lunghin von dem
Silsersee getrennt ist, in welchem die Bache lusammenkommen, die beim
Abflüsse den Inn bilden, darunter «neh jener aus dem sehr kleinen Lung*
hin-See. Die ailergröfste Genauigkeit solcher Angaben kann aber (je nach
dem Zwecke eines Buches) eben so zum Fehler werden , wie es der
Mangel aller Genauigkeit durch höchst oberflaeUiche Ang«iben ist, die man
jeder Sohulkarte entnehmen kann. — Die reichhaltige und ausgezeichnete
Seegruppe von Finnland, die keinen einzigen Repräsentanten (z. B. den
Saima S.) in der Tabelle erhalten hat, ungeachtet ihre Gesammtfläche
760 D Meilen übersteigt, b&tle schon in der Einleitung Erwähnung ver-
dient, später kommt sie wol vor. — Statt der Anführung des einzelnen
Traunsee's würde vielleicht die Tollständigo Anführung der Seen des Salz-
kammergutes angezeigt gewesen sein, sonst hätte der doppelt so grofse
Attersee den Vorzug verdient. -^ Bei den hinterindischen Strömen fällt
auf, dass Hr. Prof. Klun Anstand nimmt, den Brahmaputra und Dzangbotsiu
als zusammengehörig zu betrachten, während die Gründe der Identität
noch schlagender sind, als sie beim Djoliba und Quorra waren, um ihn
als einigen Niger anzuerkennen , wenn auch bis auf den heutigen Tag
Stellen seines Laufes noch punctiert werden müssen. Die Stelle ist über-
haupt etwas verworren. Der Verfasser wollte sagen, der Dzangbotsiu soll
der Oberlauf des Brahmaputra oder des Irawaddy sein, drückt sich aber
dabei sehr undeutlich aus. Diese Ansicht einst durch Klaprotb hervor-
gerufen, ist zwar nicht vollständig als Irrthum erwiesen, allein so un-
wahrscheinlich, dass weder Ritter noch sonst ein bewährter Geograph
(den in solchen Dingen etwas vorschnellen Ur. Berghaus ausgenommen)
es gewagt hat, auf Karten dieser Meinung Folge zu geben. Don Ursprung
f. F. Mäm, Allgemeioe u. Handelsgeograpbie, aiig.jr. i. SleMUaUer^ 785
des DzangboUiu kennt man so genau , als es zur richtigen Orientierung
nölhig ist, während die Drsprijnge der anderen indischen und chinesi«*
sehen Flusse uns meist völlig unbekannt sind, und wir seit Jahrhunder-
ten darüber keine Aufzeichnungen haben als die alten Karlen der Je«
Suiten. Unter den Zuflüssen des Indus hatte der Beas (im Oberlaufe
Sutletsch) eine besondere Rücksicht verdient, weil er, so wie der Indus
und einige andere Flüsse Indiens, hinter den llimalajaketten entspringt,
und sie sämmtlich durchbricht. Die Erscheinung von Querthälem gleich
Spalten durch das g a n z e mehr kettige Hochgebirge, kommt aufser
diesem colossalen Randgebirge Hochasiens auf der Erde in so ausgezeich-
neter Weise nirgends mehr vor, es ist daher der Mühe werth, auf solche
seltene Verhältnisse aufmerksam zu machen. — Der Gambia ist nicht
unter die Flüsse mit Mündungsdelta zu rechnen.
In der physischen Geographie behandelt Hr. Prof. Klun nur das
nöthigste, aber mit wenigen Ausnahmen klar und dem jetzigen Stande
der Wissenschaft gemäfs. Unbedeutend sind die Lucken, die meist durch
zu grofse Kürze entstehen, oder einzelne Mängel an Präcision des Ausdruckes»
So z. B. hätte es dem Verfasser nur wenig Worte mehr gekostet und
wäre noch mehr Licht auf die Sache geworfen worden, wenn er auf
das Wandern des Gewittergürtels zwischen den Tropen mit dem senk-
rechten Stande der Sonne deutlicher hingewiesen hätte. Der Anfänger
wird diesen regelmäfsigen Schraubengang des Gewitterringes aus dem
gesagten schwer herausfinden»' »-«Die Gezeiten sind etw»s zu kurz ab-
gethan, und einige AusUuteluigeM dürften ohne Ergäozung beim Vortrage
die schnelle und richtige Aiiffiasung TersOgem. Prot. Klun schreibt: «Die
höchsten Fluten (Springfluten) finden deshalb auch zur Zeit des
Voll- und Neumondes statt etc.* und lässt den Grund, auf den er des*
halb hinweiset, unerwähnt, nämlich das Zusammenwirken von Sonne
und Mond in einer Richtung, zuweilen sogar in einer Linie, während
zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche wegen des rechtwinkeligen Ausein-
anderstehens der drei Körper, Erde, Sonne und Mond die (niedrigen) Nipp*«
fluthcn eintreten, also kein verstärkendes Mitwirken der Sonne
stattfindet, sondern die fremden Kräfte sich gegenseitig stören. Dieser
kurze Absatz ist einer der undeutlichsten im Buche und wichtige Erschei-
nungen, z. B. die gleichzeitige Flut und Ebbe in 180* Entfernung^
die Unterschiede der Hafenzeit u. m. a. bleiben unaufgeklärt. — Der
g. 60 ist ein kurzes Lexicon einiger der bekanntesten Seemannsausdrüoke
und mit Rücksicht auf den Endzweck des Buches am rechten Platze. —
Bei dem Abschnitte über die Erdrinde gebt der Verfasser kurz über die.
schwankende Hypothese der Geogonie hinweg und beobachtet im wei-
teren Verfolge eine angemessene Kürze. Im §. 63 (vulkanische Thätig-
keil) wird auf den hypothetischen glühenden Erdkern der Vulkanisten
viel zu bestimmt hingewiesen, und es wäre gut gewesen, wenn der Ver-
fasser auch die Meinungen der Gegner zuvor einer Prüfung unterzogen
halte. Lobenswerth sind die Abschnitte über Pflanzen- und Thier-«
786 V: K Om, Allj^emeine u. Handelsgeognphie^ ang. ▼. i. SUhMnmr'.
geographie bearbeitet, nur wenige Stellen lassen einen Wunsch nach Ver-
besserung aufkommen. So x» B. werden die Sandwich-Inseln als Haopt-
stationsort des Wallfischfanges angegeben » ohne dass dies in dem vor-
hergebenden seine Begründung findet; denn es fehlt die Angabe, dasa
der Streifen im grofsen Ocean um den SSsten nördlichen Parailelkreis
eine günstige Fangregion ist
Auch die sechs Paragraphe, welche die Einleitung cur politischen
Geographie bilden, enthalten das n&thige für die Oberschule im recbtaa
Mabe und guter Darstellung. Im ganzen kann man simmtliebe vier
Abschnitte zu den gelungenen und brauchbaren Gompilationen rech-
nen, welche, mit den besten Mitteln ausgerüstet, dem Zwecke genügend
lu entsprechen vermögen und bei einer wiederholten Auflage von d^n
noch anklebenden Onvollkommenheiten befreit werden können. Nun er-
ibHgt noch die Hast V« des ganzen einnehmende Staaten beschreibuQg,
Welche einer genaueren Durchsicht nicht minder werth ist
Fast hundert Seiten sind der österreichischen Monarchie gewidmet,
davon ein Sechstel der allgemeinen Obersicht Die Schilderung der
Ebenen lasst einiges zu wünschen übrig. Ebene und Flachland wird
^eichgestellt, auch Thalsolen von unbedeutender Entwickelung werden
•ingerechnet, z. B. das Lavantthat Bei dieser Ausdehnung hatten noch
Tide Specialiliten erwähnt werden müssen, z. B. das Etsohthal, das Lum«
feld, das Turopolyerfeld u. y. a. Die Ebeaen Böhmens wären besser an
^c Elbe und Lusdinitz angeschlcs^n werden, als an die politische Ab-
^enzung, wobei aveh der Ji6iner und fiunzlauer Kreis als Theilnehmer
hätten genannt werden müssen ; man kann jedoch darüber hinweggehen,
weil bei der Beschreibung der Kronländer nochmals Platz zur Ergänzung
und Berichtigung ist — Zu den Kronländern, welchen schiffbare Flüsse
ganz oder gröfstentheils mangeln, hätten auch Mähren und Schlesien ge^
zählt werden können. — Der Wiener-Neuslädter Canal wird als abge-
leitet aus derLeitha angegeben, während er seinen Anfang jenseits der
Leitha hat und dieselbe überschreitet; bekanntlich sollte er bis zum
adriatischcn Meere geführt werden. In den Abschnitten «pol i tische Ein-
theilung*, findet man die Hauptorte (mit ßevölkerungsangabe) und eine
Anzahl Namen anderer Orte ohne die geringste nähere Bezeichnung. Es
scheint als dienten diese Namen hier nur als Mittel zum Aufsuchen auf
der Karte, denn die daran sich hängenden Memorabilien folgen im Ab-
schnitte Gultur Verhältnisse. Bezüglich der Verhältnisangaben zwischen
Ackerland, Wald, Grasland etc. wäre erwünschter gewesen, wenn Hr.
Prof. Klun die Percentantheile beibehalten hätte, statt der zum Ver-
gleiche minder tauglichen Brüche '/,, Vn» V» etc. — Richtiger sollte Erz-
herzogthum Österreich als Gemeintitel für die zwei Theile Land unter
und Land ob der Enns gebraucht werden; es ist ungeschichtlich, wenn
zwei getrennte Erzherzogthümer aufgeführt werden, obwol dies durch
zahlreiche amtliche Übung in der Neuzeit entschuldigt werden könnte.
Aus den Worten über den Aufschwung der Landwirthschaft, der Industrie
K F. ääm, AUgenekie u* Oandelflgeognipliie, ang. t. A. ßUinkamer, 7tf
uDd des Verkehrs im Lande ob der Eons könnte man sohlierscn, es sei
auch die Landwirthschaft weniger cultiviert gewesen i das wäre aber ein
falscher Schluss, denn von jeher war der ob der Ennser Bauer gezwun-
gen, seinen weniger guten Boden mit desto gröfserer Sorgfiilt su bear*
beiten, um ihm den möglichsten Ertrag abzulocken, und noch heut 114
Tage könnte der niederösterreichisehe Landmann bei dem oberöster*
reichiscben in dieser Beziehung in die Schule gehen. Steyr und Bir«^
mingham stehen wohl ziemlich weit auseinander, und Sheffield würde
vielleicht noch zusagender gewesen sein, doch handelt es sich hier mehr
um das qualitative als quantitative, und so mag auch der Vergleich^
trotz einiger Nullen Differenz, gelten« Könnten wir die grofeen Eisenwerke
von Maria Zell» Neuberg, Pr&vali u. a., die Maschineniabriken Wien'«
u. 8. f. auf einen Punct vereinigen, so wurden wir allerdings von einem
österreichischen Birmingham (mit Soso) mit Recht sprechen können. *^
Pas obere Murlhal ist nicht überall Engthal; man darf nur an da§
Eichsfeld bei Knittelfeld erinnern, um einen modifioierenden Zusatz rätb**
lieh zu finden. — Die Hoffnungen auf den Rarstbewaldungsverein durfeii
nicht hoch gespannt werden, und die angeblich «gelungenen* Versuche
bei Optschina u. a. 0. gewähren ein trauriges Bild gröbster Vemach-'
lässigung. — Einer Verbesserung bedarf die Stelle bei Tirol , wo vom
Jaufen-Obergange die Rede ist» indem das Fürwort «derselben* auf
die unmittelbar vorhergehendeo Oletscher bezogen werden miM%
wihrend nur die Alpenkette Im allgeiheinen gcmdilii sein kam. Dem
Unterrichteten hilft schon. der Ausdruck Saumpfad vior dem Misverstehenv
aber der Schüler mit sefoen dürftigen Karten ist einer solchen Vorstellung
leichter zugänglich. — V^arum macht Hr. Prof. Elun die Isar (Isara Vin-
deliciens) mannlich, ebenso die Eisaek (etymologisch richtiger Eis«
ache) ? — Als nicht gelungen wird der Topograph die Terrainbeschrei-.
bung von Mahren bezeichnen, wie überhaupt die Stärke des Verfassers
nicht in einer festen Terminologie der Terrainformen und ihrer Gliede<-
rung zu suchen ist Solche Stellen, wie «erhebt sich — bis zum
Thale*, statt senkt sich, oder «^hü gel förmige Verzweigungen bilden
das Gebirge* etc. werden dem Kundigen in der Terrainlebre immer
anstöfsig bleiben. — Die böhm.-mähr. Platte scheidet das Querthal der
Sazava, oder die Furche, in der die Brünn-Prager Eisenbahn läuft, vom.
Adler- oder Erlitzgebirge , nicht die March; diese aber scheidet es vOn
dem hohen Gesenke. — Bei der Schilderung der Oncbenheiten der Militär-;
grenze ist an das isolierte Gebilde der Titler Platte nicht gedacht worden,
dessen Abgeschiedenheit freilich mehr eine strategische Wichtigkeit bat,
als eine handelsgeographische. Auch die Sandsleppc bei Alibunar wird
vermisst — Man kennt allerdings einige starke Abflüsse an der croatt-
schen Meeresküste, nur ist noch nicht die Identität mit den verschwin-
denden Flufschen des Innern festgestellt Deber die Verhältnisse dec
Militargrenze wird manches angeführt, dem ein Fragezeichen angehängt
9¥erden konnte ; es wäre jedoch zu weitläufig , auf ein kleinliches Ab«.
iZS V. F. Jfiun, Allgemeine u. Handelsgeographie, ang. y. i. SUHükmuer^
^agen gebrauchter Ausdrucke oder angegebener Ziffern einzugehen. <—
Wie kommt Hr. Prof. Klun dazu, die kleine ungarische Ebene nodi zum
Wiener Becken zu rechnen? Noch niemand hat dieser Benennung so
grorsen Umfang gegeben, und mit Recht, da das Wiener Becken (aus
zwei getrennten Theilen bestehend) das kleinere ist, und auch sonst in
Tielen Beziehungen von zu yerschiedenem Charakter. — Es ist eine herge-
brachte Gewohnheit, den Bakonyerwald als ein Vorgebirge der Alpen an-
zusehen, während ein genaueres Betrachten eine weit innigere Verwandt*
Schaft mit den Karpathen herausstellen dürfte, so dass man mit mehr
Recht sagen könnte, er sei ein Vorgebirge der Karpathen. Er yerhSlt
sich zu diesen mittels der eog anschliefsenden Zwischenglieder (Vertes,
Pills) ähnlich wie der Bacher zu dem Halbkreise der Mittelalpen. Durch
einen kurzen aber tiefen Schnitt getrennt vom Neograder Gebirge, schei-
det ihn dagegen ein meilenbreites, mehrfach quer gespaltenes Hügelland
yon den letzten Ausläufern der Alpen. Die Ansicht, Flussbetten müssen
Gebietsgrenzen der Gebirge sein , ist nicht durchaus stichhaltig ; bald
ist es der Zusammenhang, bald die ganz gleiche Formation, welche Aus^
nahmen bedingen. Erst wenn kein entscheidender Grund yorhanden ist,
bleibt die Verlheilung einer isolierten Gebirgsinsel der Willkür überlassen.
Man denke sich z. B. Ungarn bis 900' abs. Höhe mit Wasser bedeckt, dann
wird der Bakonyerwald eine durch eine schmale Meerenge yon den
Karpathen getrennte Insel sein und ein breiter aber seichter Meerbusen
mit zerstreuten kleinen Inseln wird ihn yon den Vorhöhen der Alpen im
Plussgebiete der Mur und Raab trennen. — Bei Venezien ist in einer
Note die Aussprache italienischer Eigennamen' erklärt, ein Verfahren, das
auch an anderen Orten erwünscht wäre, z. B. bei öcchischen, polnischen«
magyarischen Namen. Angenehm überraschen die den Namen aufge-
setzten Accente, die zur richtigen Betonung sehr wichtig und nöthig
sind. Bei englischen und anderen Eigennamen ist die Aussprache in
einer Klammer beigesetzt — Alle Beschreibungen der Kronländer haben
billig ihren Schwerpunct in den Culturverhältnissen (Bodenwirthschaft,
Viehzucht, Bergbau, Industrie, Handel und geistige Cultur); diese Be-
ziehungen sind möglichst gleichförmig und dem Zwecke entsprechend
durchgeführt, indem nicht nur auf Quantität und Qualität der Er-
zeugnisse die gehörige Rücksicht genommen wurde, sondern auch
bei Örtlichen Gegensätzen diese gebührend hervorgehoben erscheinen.
Sind die Angaben zum Vergleichen absolut verwendbar oder dazu leicht
adaptierbar, so ist der grofse Vortheil gewonnen, durch zweckmäfsige
Vbungen die Schüler nützlich zu beschäftigen, das Memorieren des Kerns
zu erleichteru und zu gesunden Ansichten einen Grund zu legen. Hr.
Prof. Klun hat gute Quellen gut zu benützen verstanden, und seine Arbeit
gehört zu dem besten, was über diese Partie und in diesem beschränk-
ten Umfange geschrieben wurde.
Nach gleichem Grundsatze der Anordnung des Stoffes wie bei den
österreichischen Kronländem, sind auch die deutschen Staaten behandelt;
F. /V Mtun, Allgemeine u^ Handelsgeograpble, wag. v. i. Sieinkauter 729
eine kurze Wiederholung der physischen Verhaltnisse (Bodei^ Gewässer),
eine Übersicht der politischen Eintheilung mit Angabe des Flächenin-*
halts, der Bewohnerzahl , der Hauptorte und eine ausfuhrlichere Schil-
derung der Culturverhältnisse mit der scharf ausgeprägten stetigen TeiH
denz einer Handelsgeographie, lösen einander folgerichtig ab, und wenn
dabei ein Unterschied aufTällt, so ist es die weit gröfsere Sparsamkeit der
Zahlenangaben, wodurch selbstverständlich manche Gelegenheit zu einem
bestimmten Vergleiche verloren geht. Die Kleinheit der Staaten lässt
einige Restrictionen zu und überhaupt möchte man geneigt werden zu
glauben, es wurde mit einer Zusammenziehung dieser durch den Zoll-«
verein in Handelsbeziehungen geeinten Staaten in gröfsere Gruppen
mancher Vortheil erzielt worden sein. Später hat der Verfasser unter
ähnlichen Verhältnissen (bei Italien) von der Verschmelzung Gebrauch ge«
macht, ungeachtet dort kein solches Bindemittel besieht, und der Par-*
ccllen viel weniger sind. Der Zollverein als ganzes ist wahrschein«
lieh der eigentlichen Handelsgeograph io vorbehalten worden, hier wir4
seiner nur fluchtig gedacht Dass vorzügliche Industrieländer (z. B«
Sachsen) eine gebührende Detailbehandlung erfahren haben, ist beinahe
überflüssig zu erwähnen.
Die schon erwähnte Form der Darstellung ist auch bei den übrigeq
europäischen Staaten beibehalten, die einzelnen Abweichungen davon bei
dem Beginne der Schilderung der übrigen Erdlhcile werden durch die
Sachlage gerechtfertigt, sind jedocfai nie so bedeuten^ i^ um auf die Har-^
monie des ganzen störeDd einzuwirken. Oberall wird hochculti vi erteil
Staaten und deren Colonien die gehörige Aufmerksamkeit geschenkt und
in ihre Produclions- und Handels Verhältnisse so weit eingegangen, aU
es der allgemeine Gesichtspunct gestattet, so dass auch kleinere Staaten^
z. B. Schweiz, Belgien entsprechend gewürdigt werden. Consequent
verfolgt der Verfasser seinen Hauptzweck : Production und Verwerthung,
mit vielleicht zu grofser Auschliefsung aller sonstigen Andeutungen
(z. B. über Kriegsmacht in der ganzen Ausdehnung (Landheer, Flotte,
Festungen) Finanzen etc.), nur die Verfassungen werden in Kürze be-
rührt Manches der Gesammt-Tendenz analoge Object wird wahrschein-
lich dem zweiten Theile, der eigentlichen Handels-Geographie vorbehal-
ten sein, z. B. Handelsverträge zwischen Staaten, bezüglich ihrer Wir-
kungen' auf Industrie und Absatz der Erzeugnisse u. s. w. Ich unterlasse^
weites zu weit führen würde, das weitere Eingehen in Details, und bemerkii,
blofs, dass (Druckfehler abgerechnet) die spätere Hälfte des Buches sehr
wenig Stoff zu Berichtigungen liefert, und diese geringfügiger Natur sind,
Im allgemeinen muss daher anerkannt werden, dass der Hr. Verfasser
seine Arbeit von bedeutenderen Fehlern rein zu halten verstand; kleinere
Gebrechen im Obersehen von Einzelheiten, im Ausdrucke, auch bezüglich
mancher Zahlenangaben, beeinträchtigen den günstigen Eindruck des
ganzen nicht Man lernt aus dem Buche zwar nur eine Seite genauer
kennen, diese aber dem Räume entsprechend gründlich und vollständig.
Die Hervorhebung dieser einen Seite lag im Principe; da^« E>\^^ %^^
tso F. P. ithm, AUgcmeine u. Handelsgeograpbie, ang. v. i. Stehtkamer.
eine Orandlage zur H a n d e 1 8 - Geographie bilden, daher die vorzng»-
weise Begünstigung der einschlagenden Partien; die Beschranknng der
physischen Geographie auf eine skizzierte Grundlage ; die namentKcfae
Hervoriiebung technischer und Handelslehranstalten, wahrend die anderen
Hochschulen zuweilen kaum einzeln genannt werden; die Nennung
aller für Handel und Industrie wichtigen Orte bis zu den kleinsten herab,
wenn sie Erwähnung verdienen, wahrend Orte von anderweitiger Wich-
tigkeit oder von blofs geschichtlicher Berühmtheit übergangen sind. Alle
diese Folgen des einmal festgesetzten Schwerpunctes müssen hingenommen
werden, wenn derselbe von vornherein gebilligt ist; die Bauptenttchei*
düng über die Güte und Brauchbarkeit des Lehrbuches fürOber-
ftealschulen hangt daher von der Ansicht ab, ob für das Bedürfnis
derselben nach dem Geiste ihrer Organisation durch Masse, Auswahl und
Anordnung des Stoffes entsprechend gesorgt wurde. Dass der Hr. Verf.
den Standpunct der Bearbeitung gekannt und in reife Überlegung gezogen
hat, erhellt aus der Vorrede, in welcher er auch die Gründe entwickelt,
warum er für Oberrealschulen und Handlungsschulen, mit anderen
Worten , für die r e i f e r e Altersstufe die analytische Methode der
Darstellung gewählt hat. Seine Ansichten über die Verarbeitung des
Materials, welches dasLehrbuch bietet, durch dieSchü-
ler zeigen den Praktiker, der gemachte Erfahrungen zu nützen weifs,
und sind Winke für den Lehrer, wie durch den Inhalt des Buches die
Selbstthätigkelt der Schuler angeregt und gefördert werden kann,
ohne sie zu überbürden, oder gar ihnen den Gegenstand zu verleiden.
Auch die von dem Lehrplane geforderte besondere Berücksichtigung
Öesterreichs wurde im Auge behalten, und wie obige Obersicht ge-
zeigt hat, in keiner Beziehung vernachlässigt. Über den praktischen
Werth des Lehrbuches für die Specialschulen mögen sich die competentcn
Fachlehrer aussprechen, ihnen kommt es vor allem zu, es zu prüfen
und zu untersuchen, ob und was in gewissen Hinsichten davon noch
ab- oder zuzuthun wäre.
Gewiss geht daraus hervor, dass Hr. Prof. Dr. Elun an eine Han-
delsgeographie eine weit umfassendere Anforderung stellen muss,
als dies bisher geschehen ist, da er als Vorbereitung zu derselben
ein Lehrbuch lieferte, welches gar manche bei minderer Schätzung der
Aufgabe wegen der überwiegenden Betonung der physischen und tech-
nischen Cultur schon für eine vollendete Handelsgeographie würden ge-
halten haben. Das jetzige Buch spannt die Erwartungen auf die nach-
folgende eigentliche Handelsgeographie um so mehr, je weniger dem
Verfasser die Eignung zur Lösung einer so schwierigen Aufgabe, wie
das Brechen einer fast neuen Bahn immer ist, abgesprochen werden
kann, indem er zur Bewältigung des klar vorschwebenden Entwurfes den
Bienenfleifs des Sammclns von Materialien mit dem Talente, sie entspre-
chend zu ordnen und zu verarbeiten, vereinigt.
Wien. A. Steinhauser.
LiedersammluDgen v. T/ppnuum u. a., ung. v. S. ikmtUek. 731
Liedersammlangen und Gesangschulen.
1. Tippmann, Liederbuch für mittlere und höhere Schulen.
3 Hefte. Quer-8. Wien, k. k. Staatsdruckerei, 1858.— 1 fl.89kr.ö.W«
2. Geifsler, Hundert Jugend- und Volkslieder für Schule und
Haus. Dritter Stereotyp- Abdruck, gr. 8. (VHI u. 104 S.) Leipzig, Bock«
— «7 kr. ö. W.
8. Schletterer, Zwölf Psalmen für dreistimmigen Hännerchor;
zum Gebrauche für Kirchen und Schulen. (Op. 8.) Lex. 8. (32 S.)
Stutlgart, J. B. Metzler, 1857. — geh. 67 kr. ö. W.
4« Kothe Bernhard. Katholische Mannerchöre für alle Zeiten des
Kirchenjahres. Zum Gebrauche für Kirchen, Glerical- und Lehrer-
seminare, Gymnasien und Realschulen. (In (Kommission bei W. Clar
in Oppeln.) 4. (Ä BL 79 S.) — 80 kr. ö. W.
5. B r 0 s i g Moriz. Choralbuch für den kathoL Gottesdienst.
(Op. 8.) qu. gr. 4. 2. Auflage. Breslau, Leuckart — 2fl.8kr. Ö.W.
6. B r 0 s i g Horiz. Gesangbuch für kathoL Gymnasien. Breslau,
Leuckart, 1854. — 40 kr. ö. W.
7. Hühlbrecht Theodon Theoretisch-praktische Gesangschule
für Gymnasien, Volksschulen und Gesangvereine. 4« (72 S.) Han«
noTer, Hahn, 18S5. — 83 kr. ö. W.
8. Gantter Ludwig. Volksgesangschule, zum Gebrauche der
Schulen und Singvereine Deutschlands. 2 Hefte. 8. (170 S.) Stutt-
gart. Metzler, 1854. — 1 fl. 20 kr. ö. W.
Es ist nicht lange her, seit in den Gymnasien, namentlich den öster-
reichischen, der Gesang systematisch gepflegt wird. Seitdem jedoch die
Berechtigung dieses Zweiges im Gymnasialunterricht überhaupt anerkannt
ist, scheint die tlberzeugung Ton dessen Wichtigkeit, ja Dnentbehrlichkeii
mit Riesenschritten vorzuschreiten und in einer erhöhten Thaligkeit so^
wol der Ijntcrrichtsbehörden als der einzelnen Lehrer Ausdruck zu gewinnen«
Es war im Jahre 1809, als Wilhelm von Humboldt dem
König von Preufsen einen (kaum nach Verdienst bekannten und gewür-
digten) «Vorschlag zur Organisation der Musik im ganzen Lande* über-
reichte. Der erleuchtete Staatsmann und Gelehrte nennt darin die Ton-
kunst «ein natürliches Band zwischen den unteren und höheren Glassen
der Nation* und meint, dieses Band sei es, «was ihr (der Musik) vor«
zügUch beim Gottesdienst, dessen ganzer Zweck es ist: alle Glieder der
Nation nur als Menschen und ohne die zufalligen Unterschiede der Ge-
sellschaft zu vereinigen, einen so grolsen Einfluss verschafft.* Humboldt
schlagt die Errichtung einer ordentUchen musikalischen Behörde
vor, indem es unlSugbar sei, «dass die öffentliche Erziehung der Musik
nicht entbehren kann, theils um der ao leicht einreiüsenden Bohheit ent-
gegenzuarbeiten, noch mehr um das Gemüth früh an Wohlklang un4
Rhythmus zu gewöhnen.*
An der Richtigkeit dieser Ansicht dürfte heutzutage kaum mehr,
jemand zweifeln. Der Zweck, den man bei dem musikalischen Onter-r
rieht in Volks- und Mittelsdiulen im Auge hat, ist, genau betrachtet»
ein doppelter, wenn er auch in seinem endlichen Resultate grö(sten-
theils als Einheit sich darstellt Der allgemein humane , höhec« <H-
jBicbt^uDCly wie ihn die Worte UumboVdVs bei^uXuMiik, v^&äiaX vg^ ^'«^
722 LiedtrsammluDgcn ▼. Tippmann u. a., ang. v. B. ffamUeM.
musikalischen Coterricht ohne weiteres, ja oft ausschliefslich die gemuths*
veredelnde, psychisch «reinigende* Wirkung, abo das Moralische.
Dies ist allerdings das höhere, aber deshalb auch erst das vennittelte
in weiterer Ferne stehende Ziel. Das erste und unmittelbare bleibt
k uns tleri scher Natur: die Verbreitung der allgemeiosteo musi-
kalischen Kenntnis und Fertigkeit. Erhält auch diese Bildung eines
bestimmten S i n n e s , des Ton sinnes und einer bestimmten sesthetischen
Anlage (der musikalischen) ihre höhere Weihe durch den Ausblick auf
eine dadurch zu gewinnende allgemeine Veredlung, so bleibt doch
jener erste und unmittelbare Zweck auch für sich betrachtet wichtig
genug. Vor allem pflege man mit ganzer Kraft und Einsicht das artistische
Element im Musikunterricht, dann wird das (oft allzu unklar und ein-
seitig hervorgehobene) moralische selten ausbleiben. Wenn man sich
weislich hütet, allzu sanguinische und handgreifliche Wirkungen des
Musikunterrichtes auf die Sittlichkeit zu erwarten, wie es in Erinneruog
griechischer Schilderungen noch häufig Paedagogen Ihun, so wird man
anter günstigen Verhallnissen immerhin auch in dieser Richtung Resul-
tate wahrnehmen, welche Plato's Rath «es solle jede gute Erziehung
mit Musik beginnen' nicht Lugen strafen.
Der Musikunterricht in den Schulen , so bescheiden er auch sei«
übt unvermerkt sehr wichtige, concrete Einwirkungen, die man über
dem höheren Ziel der allgemeinen MoralitSt nur allzuoft übersieht. Er
füllt z. B. eine wesentliche künstlerische Lücke in unserer allge-
meinen musikalischen Bildung dadurch aus , dass er sich auf die Pflege
des Gesanges beschränkt. Aufserhalb der Schule, in der häuslichen Er-
ziehung, ist das Klavier in einer Weise vorherrschend, ja alleinherr-
schend, welche zwar den Einzelnen einer höheren Kunstbildung zuzu-
führen, nicht aber die Gesammtheit zu fördern geeignet ist. Die viel schnel-
leren Resultate, welche der Gesangs un terr ich t erreicht, kommendem
Ganzen weit mehr zu statten; es wird dadurch ein bescheidenerer Ge-
winn erzielt, aber er ist sicherer. Man könnte sagen , das Klavier bilde
Musiker, der Gesang musikalische Menschen. Bei der Bedeutung, welche
wir dem Gesangunterricht in Gymnasien beilegen, können wir die Rüh-
rigkeit, welche sich in der Literatur di eses Faches kundgibt, nur freudig
begrüssen. Aus einer Reihe einschlägiger Werke heben wir die ihrem
Titel nach oben angeführten hervor, freilich weniger, um sie eingehend
zu kritisieren (denn dazu sind offenbar musikalische Fachblätter berufen),
als um darauf im praktischen Interesse aufmerksam zu machen.
Wir nennen zuerst das «Liederbuch* von Franz Tipp mann nicht
blosy weil dem Hrn. Verf. als österreichischem Schul manne hier der Vor-
tritt gebühren dürfte, sondern weil seine Arbeit sich bereits praktisch
auf das erwünschteste erprobt hat. Als Lehrer an der «Wicdner Ober-
realschule* in Wien hat nämlich Hr. Tippmann mit seinem «Liederbuch*
die besten Resultate erzielt und ie bei mehr als einer Schlussprufung
öffentlich vorgeführt: seine Zöglinge singen die Lieder ebenso mühelos
und correct als mit sichtlicher Lust. Die Anordnung der in drei Abthci-
iuogen zerfallenden Sammlunf^ ist sehr praktisch: das erste Heft, für klei-
Licdenammlungen v.Tifiimimm a a, ang. v. S. Ban$liek\ 733
nere Schuler berechnet, enthSlt leichtere, ein- und iweiRtimmige Gesfingo,
das zweite Heft enthalt drei- und vierstimmif^e Lieder für Sopran- und Alt-
«timmen, das dritte endlich schreitet zu vier- und funfstimmigrn Chören
(sowol «g<>mi8cbtcn* als Männerchöreu) fort. Während sich sonnch das
erste lieft besonders für Volksschulen , dann für die erste Classe der
Gymnasien und Realschulen eignet, ist das zweite den uuteren Classen
der Mittelschulen , das dritte den oberen Classen derselben , endlich den
Lehrerseminarien und kleineren Singvereinen zugedacht Bei aller An-
spruchslosigkeit ist die Tippmann'sche Sammlung ungemein reichhaltig.
Der Hr. Verf. hat der Versuchung widerstanden ^ 4MI» lelbir
ponist bemerklich zu machen und wählt nilf lobenswerthem Tacte diiT'
beste und passendste aus den Gesingen unterer Meister Mozart, H a y dn,
Beethoven, Weber sowie der verdienstlicheren modernen Compo-
nisten. Das weltliche Element steht entschieden im Vordergrund, was
beitragen dürfte , dieser Sammlung bei den jugendlichen Sangrrn den
Vorzug vor anderen zu sichern, welche auf die frische Lebenslust der
Jugend oft zu wenig Rucksicht nehmen. Die nette Ausstattung des Tippmann -
sehen « Liederbuches* (aus der k k. Staatsdruckerei) und der billige Preis darf
hier im Interesse seiner wohlverdienten Verbreitung nichtunerwähnt bleiben.
Eine verwandte Aufgabe löst, nur mit weit knapperen Milteln, llr.
Carl Geifsler, Cantor zu Zschopau, in seinen «Hundert Jugend- und
Volksliedern.* Sie sind durchaus zweistimmig und zwar gröfstenlhcils
auf bekannte ältere Texte und Melodien gesetzt
Für die Pflege des religiösen Gesanges hat Hr. Schletterer
(Univorsiläts-Musikdirector und Gesanglehrer am theologischen Seminare
zu Heidelberg) durch seine «Zwölf Psalmen* verdienstlich mitgewirkt.
Ohne sich gerade durch begeisterten Schwung oder ungewöhnliche Tiefo
auszuzeichnen, gewinnen diese für dreistimmigen Mäiuiergesnng compo-
Bierten Psalmen durch ihre klare, schlichte Melodie, ihre mafsvoUe Em-
pfindung und leichte, lohnende Ausführung.
Das «Ghoralbuch* von Moria Bros ig (Kapellmeister an der Kathe-
drale tu Breslau) schlieft lich verdienstvoll den Versuchen an, den
Choral auch in der katholischen Kirche zu neuem Leben zu er-
wecken. Bekanntlieh steht der Choral zur katholischen kirche in einem
ursprünglich innigen, nur allmählich sehr gelockerten Verhältnis. Viele
der tehOnsten protestantischen Chorale sind auf die Melodien katholiKcher
Kirchenlieder gesetzt, und wiederholt haben die Concilien uns den kiiob-
lieben Oemeindegesang anempfohlen. Freilich haben in dem Mafs, als
dl« Protettanten sieb den strengen Choral als musikalisches Glaubens-
aymbol aneigneten und fbrmlieh damit verwuchsen, die Katholiken mehr
dm eigentliche Kirchenlied gepflegt Erat im vorigen Jahrhundert ge-
aduhen durch erleuchtete Manner neue Anstrengungen, den gänzlich in
Vemaeblitsigung gerathenen Choral in der katholischen Gemeinde wieder
tu lebendiger Wirksamkeit tu bringen. Seither ist durch manche Samm-
lung Erhebiichet für diesen Zweck geschehen. Auch Hrn. Brosig's
«Choralbueh* dürfte in den rechten Händen segensreich für die Auffri-
schung des katholischen Volksgfsanges wirken» namentlich wenn die im
%m\\%tkt\fi t. 4.a»l«rr. OjmmM. 1160. IX, Hcfk. ^Q
734 LiedersAinmluDgeo v. Tlimmatm u. a.» #ng. ▼. B. Bamiiek,
«Vorwort' enthaltenen Winke rucksichtlich des Vortrages befolgt werdea
J)enn das« die schwerfällige , ausdruckslose und rohe Weise, in welcher
man den Choral so häufig singen hört, jede erhebende Wirkung des-
selben vernichtet, wird jeder nicht ganz unmusikalische Hörer einräumen.
Eine nothwendige Zugabe des cChoralbuches», welches den vollständigen
vierstimmigen Satz, aber keine Textworte enthalt, ist desselben Hrn. Verf/s
«Gesangbuch für katholische Gymnasien*, ein kleines Heft, das ober der
einstimmigen Melodie den vollständigen Text der Kirchenlieder bringt
Eine sehr lobenswerthe Absicht ist auch in der Sammlung zu er-
kennen, welche der Chorregent und Gesanglehrer Hr. Bernhard Kot he
unter dem Titel cKatholische Männerchöre für alle Zeiten des
Kirchenjahres' mit Genehmigung des hochwurdigen Breslauer General-
Vicariatamtes herausgegeben bat Diese Chöre sind vierstimmig für einen
eigentlichen Sängerchor und auf lateinische Aitualtexte gesetzt, verfolgen
also einen viel exolusi?eren Zweck, als die deutschen, für die Gemeinde
bestimmten Chorale von Brosig. — Die Aufnahme alter , classischer Kir-
chencompositionen von Palestrina,Lotti, Gallus, Caldarau. a.
macht die K o t h e'sche Sammlung empfehlenswerth. Weniger einverstan-
den können wir mit einigen Bearbeitungen und den eigenen Compositionen
des Herausgebers sein, welche in ihrer modernen Melodie und Harmoni-
sierung mehr an die Liedertafel als an die Kirche mahnen. Wir nennen
beispielsweise die Nummern 1, 9 und 12, denen freilich auch andere in
die Sammlung aufgenommene Chöre von Schnabel (Nr. 21), Schu-
biger (Nr. 11) u. a. an Weltlichkeit nichts nachgeben. Wir setzen
also eine einsichtsvoll-wählerische Hand voraus, wenn wir gleichw(|
dies gut ausgestattete und sehr billige Werk empfehlen.
Der häufige Misbrauch , dass den Schülern die Lieder nur dem
Gehör nach mechanisch eingeübt werden , bat die beiden obgenannten
Gesangschulen an's Licht gerufen. Hr. G a n 1 1 e r , Professor am Poly-
technicum und Gymnasium zu Stuttgart, macht in seiner« Volksgesangschule'
den Versuch, die Gesangmethode von W i 1 h e m und H u 1 1 ah , welche in
französischen und englischen Schulen so überraschende Erfolge hatte, nadi
Deutschland einzuführen. Die Erklärungen sind bündig und'so anschaulich
als möglich, die beigefüii(ten Obungsstücke mit und ohne Text sehr zahlreich.
Noch gedrängter ist die «Theoretisch- praktische Gesang-
schule' von Theodor Mühlbrecht, Chordirector und Gymnasial-
Gesanglehrer in Braunschweig. Eine kurze, fassliche Anleitung, welche
den Schuler in die Elementarbegriffe des Tonsystems und der Harmonie-
lehre einführt, geht darin Hand in Hand mit einer reichen und zweck-
mäfsigen Auswahl von Beispielen. Eine sehr praktische Beigabe ist die
auf einem grofsen Bogen verzeichnete Ciaviertastatur, welche auf Pappe
oder Leinwand gezogen, im Onterrichtsiocale aufgehängt wird und das
Demonstrieren des Tonsystems wesentlich erleichtert. Übrigens dürfte
dies verdienstvolle Werk doch weniger einer grofsen Scbülermenge, als
einzelnen begabteren Schülern nützen, welche sich angeregt fühlen, einen
tieferen Blick in ^%m Yfettu dtt ¥L\isiV «a ^«cfen. Wir können es lu
diesem Zwecke beslena em^\t^\efu
Dritte Abtheilung.
Terordnnngen fttr die Asterreichischen Gym-
nasien; Statistiii.
Personal* und Schulnatizen.
(Ernennungen, Beförderungen, Verse tzungen, Aug«
teicbnungenu. 8. w.) — Der Gymnarialdirector xu Agfam, Hr. Joseph
Premru, zum Director am k. k. Gymnasium zu Gilli.
-^ Der Weltpriester Hr. Johann Kruschitz, über Vorschlag dM
Lavanter furstbischöfl. Ordinariates, zum wirklichen Aeligionslehrer am
k. k. Gymnasium zu Gilli.
— Der Gymnasiallehrer zu Fiume, Hr. Dr. Franz Bfefsneri
zum Lehrer am k. k. Gymnasium zu Laib ach.
— Der Gymnasiallehrer zu Agrara, Hr. Joh. Macun, zum Lebref
am k. k. Gymnasium lu Laibach«
— Der Supplent am Gymnasium zu Olmutz, Hr. Franz NovotH^i
zum wirklichen Lehrer am k. k. Gymnasium zu I g I a u.
** Die Gymnasiallehrer y Hr. Anton Vaiek zu Raschau und Hr.
Franz W i n z e n z zu Rzeszow zu Lehrern am Gymnasium in T r o p p a u.
— Der Gymnasialsupplent zu Laibach, Hr. Valentin KermaTuer,
zum wirklichen Lehrer am Gymnasium zu Czernowitz.
— Der Gymnasiallehrer zu Brunn , Hr. Dr. Joseph M a r e k , zum
provisorischen Director, und die Lebramtscandidaten , Hr. Dr. Blasius
Knauer und Hr. Joseph Bohr mos er zu wirklichen Lehrern an dem
neu errichteten griechisch nicht-unierten Obergymnasium zu Suosawa.
— Der Lehrer an der Dnterrealsehule bei St Thekia in Wien, Hr.
Karl Schubert, tum Lehrer an der Dnterrealschule bei UU Anna
in V^ien.
— Der Lehrer an der Ofener Oberrealschule, Hr. Dr. Joseph
Krist, zum wirklichen Lehrer an der k. k. Schottenfelder Ober-
rcalschule in Wien.
— Der provisorische Director der böhmischen Hauptschule und
der damit vereinigten Lehrerbildungsanstall zu Prag, Hr. Dr. Karl
Amerling, zum wirklichen Director dieser vereinigten Lehranstalten.
— Der Supplent an der Oberrealscbule in OVtnvL\%) %t.^«cA^A
Zirownicky, zum wirklichen Lehrer an dieaat Mm^x.«
736 Personal- und Schulnotizen.
— Der Katechet und provisorische Director der llauptscbule und
der mit derselben vereinigten Duterrealscbule in Rokycan, Hr. /*.
Wenzel Sv^tlfk, zum wirklichen Director dieser vereinigten Lehr-
anstalten.
— Der ordentliche Professor der allgemeinen Welt- und öster-
reichischen Staatengeschichte an der Universität Lemherg, Hr. Dr. Anton
Wacholz, in gleicher Eigenschaft an jene zu Krakau.
^ Der ordentliche Professor an der Prefsburger Rechtsakademie,
Hr. Dr. Julian Dunajewski, zum ordentlichen Professor der österr.
Verwaltungsgesetzkunde, des Bergrechtes und der politischen Oekonomie
an der Universität L e m b e r g.
— Der Conceptssdjunct • beim bestandenen Handelsministeriuro,
Hr. Hugo fif^a^b All^y *zuÄdi lofcifi^r^/deAllien unentgeltlichen Professor
der Statistik am Wiener polytechnischen Institute.
— Der aufserordentliche Professor der Seroilischen Sprachen und
des Kirchenrechtes an der theologischen Facultäl der Pesther Uni-
versität, Hr. ,Dr. -J^baiuit RMCftc^ka, zum ordentlichen Professor
aieier FadäUif. " ' * '
-— Se. k. k. Apost Majestät haben die beim k. k. zoologischen
Hofcabinete erledigte Stellendes Vorstandes d^m bisherigen ersten
Custos-Ac^uncten dieses €abitteU Dr. Ludwig fiedtenbacher Aller-
gnädigst zu verleihen geruht
:-r Ober die Aufnabme von ZOgHngen für die theoretiscben und
praktischen Studieaan der k. k. Montan lehrans tal t zu L«oben
In Studienjahre 1861, s. Amtsbl. s. Wr. Ztg. v. 8. August ). J., Nr. 186.
(Concurse, Erledigungen, Stiftungsplätze, Stipen-*
dien u. s. w.) — * In dem vereinigten gräfl. Lo dron 'sehen Collegium
Mariano-Rupertinum die Präfeclenstelle mit dem jährt. Gehalte
von 315 fl. ö W. aus dem einen und 810 fl. ü. W. aus dem anderen
Fonds, nebst mehreren Emolumenten. Termin: 20. August 1. J., beider
Primogenitur«- Inspection des genannten Colleeiums in SaUburg. (S. Amtsbl.
1. Wr. Ztg. V. «5. Juli I. J.. Nr. 178.)
— An der k. k. vollständigen Cnterrealschule zu Kremnttz eine
Lehrerstelle für Geometrie nebst geometrischem Zeichnen und Baukunst
(mit Benlcksichtigung der Nebenbefähigung für den Unterricht in den
naturwissenschaftlichen Fächern oder in der Geographie und Geschichte)*
mit dem Jahresgehalte von 630 fl. und dem Vorrückungsrechte in
840 fl. und 1050 fl. ü. W. Termin: 20. August I. J.. bei der k. k.
StaUhalterei lur Ungarn. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 4. August L J.,
Nr. 1830
— An dem böhmisch - ständischen polytechnischen Institute zu
Prag die neu errichtete prov. Lehrkanzel der mechanischen Techno-
logie, mit einem Honorar von jälirlich 1000 fl. ö. W. Termin: 30. Sep-
tember L I., bei dem Direeiorate des böhmisch-ständischen polytech-
nischen Institutes. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 11. August I. J., Nr. 189.)
— An der Unterrealsehule zu Raab % Lehrerstellen, und zwar
eine für deulsehe Sprache, Arithmetik, Geometrie und geometrischen
Zeichnen, die andere für Naturgeschichte, Phvsik und Chemie mit vor-
wiegender ungarischer Dnterricbtsspraebe , jede mit dem Jahresgehalt
von 630 fl. n. e. Quartierpaoacbale von 84 fl. ö. W., gegen Vorrückung
in dio böberen Gehaltsstufen voo 736 fl. und 840 fl. ö. W. Termin :
tt. AofttMJ« J*9 bei den.biaeiiOfl. Ordinariate in Raab. (S. Amtsbl. z.
Wr. 2lg. T. 14. Attfunt V I«. ^i. V%\.\
Pei«oiiil* Mad' SobOlnotixeiL 7M^
•^ Ad dtfr k; L OWrealscbule tu B r ii n n eide LehrbrsteHe für
derstelkad« Geometrie und Masohinenlehre, mit den jahrl. Gehalte Von* >
630 fl.y eventuel a40 fl. ö. W. Termin: Sl. Aogust 1. J., bei der k. k.'
Siattballerei in Brunn. (S. Amtsbl. i. Wr. Ztg. y. 15. August 1. J.,
Nr. 192.)
— Am k. k. Obergymnasium zu Agram eine Lehremtelle für
classisehc Philologie (nameotlich griechische Sprache» dann nebst
Kenntnis der deutschen Sprache auch der des illyrisohen oder einer
verwandten slavischen Sprache), mit dem Jahresgchalte von 945 fl.,
eventuel 1950 fl. 0. W. und dem Ansprüche auf Decennalzuhgen.
Termin: 12. September L J., bei dem k. k. croatiseh*slavonischen Statt-
halterei-Präsidium zu Agram. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 22. August
I. J., Nr. 197.)
-* Am k. k. Gymnasium zu Brunn eine Lefarerstclle für deutsche,
lateinische und griechische Sprache, mit dem Jahresgehalte von 945 fl.,
eventuel 1050 fl« ö. W. und dem Ansprüche auf Decennalzulagen.
Termin : Ende September 1. J., bei der k. k. Statthalterei zu Brunn.
CS. AmUbl. z. Wr. Ztg. v. 2t August I. J., Nr. 197.)
— An der k. k. Oberrealschule zu Agram S Lehrerstellen, und
zwar a) für Geographie und Geschichte als Haupt-, und deutsche Sprache
als Nebenfach; b) für Naturgeschichte als Hauptfach in Verbandunji^ init'
einem der im S. 4 der Prufungsvorsebrift für vollständige Realschulen
angeführten Fächer aus dem mathematisch-natunj^iftsensehaflliehen Oe*
biete; c) für darstellende Geometrie und Maschinenlehre, jede mit dem
Jahresgehalte von 630 fl., eventuel 735 fl. 5. W. und dem Quarti^irgekr-
beitrage von 105 fl. ö. W« Termini 15. September 1. J.. bei der k. k.<
croatiscb-slavonischen Statthalterei. (S. Amtsbl. b. Wr. Ztg. v. 24. Au--
gust L J„ Nr. 199.)
— An der stand. Joaoneums-Bibliothek lu Oratx eine-
Amanuensisstelle mit Jährl. 315 fl. ö. W. Termin: 15. September I. J.^:
beim st. st. Ausschussrathe zu Oratz. (S. Amtbl. z. Wr. Ztg. v. 30. Au-
gust 1. J., Nr. 204.)
— An der durch Errichtung einer. 2. und 3. Glaase zur Selbständig- •
kejt gelangenden evang. ünterrealschule zu Biellti S Lehrerstellen, l.für
deutsche Sprache. Geschichte u. s. w., 2. für Naturwissenschaften o; s. .w ,
3. (unter besouderer BerocksiohliguDg der Befähigung tum Onterricht in
der französischen Sprache) für Zeichnen u. s.w., jede mit dem Anspruch'
auf 700 fl. ö. W. Gehalt nebst 6 Klaftern Brennholz jiSidicli; Termin :'
28. September 1. J., an den Vorstand der dortigen Gemeinde.
-* An der neuzuerriclitenden selbständigen CommifnaKünlerreaU
schnle zu Feldkirch (Vorarlberg) 1. die Stellereines Direotorst de#'
mit Hilfe 2. eines ordentlichen Lehrers die deutsch« 8|>rachet Geographie-
und Geschichte , Naturgeschichte und Naturlehre zu lehren hat ; 3. die
eines ordentlichen Lehrers für Geometrie^ geometr; und flreies Zeiehtoen,-
Modellieren und Bauktinat; 4. die eine« Nebenlehrers für die französische
und italienische Sprache Die Gehalte vorläufig im 1. Jahre (ür den
Director 800 fl., für einen ordentl. Lehrer ad 2 600 fl., für jenen ad 3
400 fl., eventuel 500 fl. , für den Nebenlehrer ad 4 800 fi., eventuel
350 fl. ö. W. Termin : 20. September L i., bei dem SUdlmagistrate Feld-
Urch. (S. AmtsbL z. Wr« Ztg. v. 6. September L J , Nr. 210.)
— Über einen erledigten Vir gili an i sehen Sliftungsplatz in der
Theresia nischen Akademie in Wien, s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v.
2. August I. J.. Nr. 181
— Über einen erledigten Anton Joseph von Radler'schen Fa-
milicnstiflungsplatz, s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. S. ^vl^wA V \.,^^. V^?^*
faa Personal- und SchnlBOtiseii.
(TodesffiUe.) — Anfangs Jali in Jena der geheime Hofrath,
Hr. Dr. Sckulie, ordentL Professor in der philosoph. Facultat, Lehrer
fiir Staats- und Gameral wissenschalten an der dortigen Universitit u. s. w.
— Am 7. Juli ]. J. zu Poppeisdorf Dr. Dr. Johannes Lacbmann
(geb. am 1. August 1832), Lehrer der Naturgeschichte an der land-
wirthsehafUichen Lehranstalt alldort.
^ Am 9. Juli I. J. za Tubingen der Professor der Chemie an
der dortigen UniTersitat^ Hr. Dr. Schlofsberger, im Alter Ton
41 Jahren.
— Am 10. Juli l.J. zu Prag Hr. Joseph Orois, Lehrer des Frei-
bandzeichnens an der dortigen k. k. Oberrealschule, als Lehrer und auch
als Maler geschätzt.
— Am 23. Juli 1. J. zu Roznau (Mahren) Hr. L. Julius Sem-
lltsohy als Schriftsteller auf dem Gebiete der Belletristik und Kritik
bekannly im Alter Ton 33 Jahren.
— Am 24. Juli 1. J. in Roznau (Mahren) Se. Hochw. Hr. /^
Theobald Neuwirth (geb. zu Wien im J. 1832), Capitular des Bene>
dictinerstiftes zu den Schotten, Doctor der Theologie, Assistent am k. k.
Obergymnasium zu den Schotten.
— Am 29. Juli 1. J. zu Kumlosen der geh. Medicinalratb, Hr. Dr.
Karl Wilhelm ideler (geb. zu Berlin 1795), Professor an der Berliner
Hochschule, dir. Arzt an der Irrenabtheilung der Charite, durch gedie-
gene Fachschriften bekannt.
— Am 29. Juli 1. J. zu Venedig der Geschichtsforscher und Phi-
lolog, Hr; Andreas M ust oxidi, ein Freund und Landsmann Gapodistrias*,
als Öbersetier des Herodot und durch andere sprachwissenschaftliche
Leislungen bekannt, im 75. Lebensjahre.
— Am 31. Juli 1. J. Hr. Graf Leon Lubienski, der Gründer
der tiBiölioieMa WartMOWiMä* (Warschauer Bibliothek) , im Alter von
48 Jahren.
— Im Juli L J. zu Pesth Hr. Ludwig Hegedus, als Verfasser
mehrerer preisgekrönter Dramen bekannt, welche zu den besten der un-
garischen Buhnenliteratur zfihlen.
— Am 2. August L J. zu Gleichenberg, Hr. Dr. Theodor Schid-
1er, als Schriftsteller und Arzt bekannt
— Am 3. August 1. J. zu Rremsmunster Se. Hochw. Hr. Thomas
Mi tt er n dorfer, Abt des dortigen Benedictinerstiftes, k. k. Ralh,
Ritter des k. ö. Leopold-Ordens, Mitglied des Prälatenstandes, stand.
Ausschussrath, wirkt. Coosistorialrath. Director des Stiftsconvictes u. s. w.
— Am 7. August 1. J. la Würzburg der Hofrath und Professor,
Hr. Dr. Gajetan von Textor, ausgezeichnet als Lehrer und Schrift-
steller, wie als praktischer Arzt, im 78. Lebensjahre.
^ Am 10. August I. J. in Wien Hr. Georg Holzgethan, Dr.
der Rechte und der Philosophie, Ritter des k. k. ö. Leopold-Ordens,
k. k. pens. Ministerialrath im h. Ministerium für Cultus und Unterricht
u. 8. w., im 61. Lebensjahre
— Am 10. August I. J. zu Constanz Se. Hochw. Hr. Ignaz Heinrich
Freiherr von Wessen b er g (geb. am 2. November 1774 zu Dresden),
seiner Zeit Verweser des Bisthums zu Constanz, als Verfasser philosophi-
scher und religiöser Schriften, so wie als Dichter («Sammtliche Ge-
dichte.» 6 Bde. Stuttgart 1834—1844) bekannt
Vierte Abtheilung.
Miscellen.
Literarische Notizen.
The iife and timet of DtmU hy R. de Vericour, Pro/etior
of modern langungeM and IHerature in the QueenfM OniverMitp , ire-
land etc. London, J. F. Hope, 1858. 8. (X u. 388 S.) — Die Be-
rechtigung einer neuen Biographie Dante's zu bestreiten, wird keinem,
der sich mit dem Studium des grofsen Diehters beschäftigt, einfallen.
Nur mu8.«r sie eben neu sein: unbekannte Thatsachen, wo möglich, zu
Tage fördern, die bekannten in ihrem richtigen Verhaltnisse darstellen,
daraus gründliche und wahre Kriterien zur Beortheilung des Dichters
und seiner Werke ziehen. Allen diesen Anforderungen entspricht das
Buch des H. Vc. nicht im geringsten; es entzieht sich vielmehr fast
ganzlich der Kritik, da der bei weitem gröfste Theil desselben nichts
ist, als eine, gewöhnlich sehr treue Obersetzung. Die Enttäuschung
wirkt um so unangenehmer ein , je reger die Hoffnungen durch das
Vorwort gemacht werden. Da heifst es *): «Our residence in Italy has
enabled us to consult original documents — to listen to the traditions of
the people ^- and study on the monuments, in the eities, as well as the
rural scenes the traits of the national charaeter immortallsed by tho
poet. . .We have collected all our reminiscences and notes of many years,
and have endeavoured to give a failhfül account of the advenlures, la-
bours, sufferings and of the influence of that lofty unearthly figure of
Dante Alighieri...* Und dennoch ist, wie gesagt, fast das ganze Buch
nur aus Abschnitten anderer Werke zusammengetragen. Zwar bekennt
Hr. Vc, er habe «not hesitated to prefer useful compilation to worthless
originality ;* er scheint aber zwischen 'nützlicher Compilation' und
* treuer Obersetzung' keinen grofsen Unterschied zu machen. Seine
Quellen liegen sehr nahe: Fauriel für die historischen, zum Theile auch
für die sesthetischen Abschnitte, Ozanam für die philosophischen.
Gegenüberstellungen und Zahlenangaben dürften hier am besten
die Rolle einer Recension übernehmen. Ich lasse also ein paar Proben
solcher nützlicher Compilation folgen.
"*) Man wird mir das viele Englische wol nachsehen. Erstens ist es
mir ziemlich unerquicklich, aus einer fremden Sprache in die an-
dere zu übersetzen; zweitens liegt mir zu viel daran v^<^ ^^\V^
des H. Vc. ganz freu anzuführen.
740
Miscelleo.
Au point d'exasperation oü en
eUient arrives ... les partis des
blancs et des Noirs, il ne fallait
qu' une occasion pour les meltre aux
prises; et cette occasioii nc tarda
pas ä se presenter.
J' ai dejä parle des rejouissances
qui avaient licu tous les ans ä Flo-
retice au relour du prlutemp.*'. La
Foireo du 1. mai 1300, la place de
1a Sainte-Triiiite se trouvait pleine
d'bommes, d'enfanls, de femmes
et de jeunes filles (|ui b' ebatlai^ntf
cbantaient et dausaient. Au milieu
de cette foule joyeuse viennent k se
rencontrer deux nombreuses et bril-
laDles cavalcades, composees. V udc
de jeunes gens de la famiire des
Cerchi, cbef du parti des Blaues,
Tautre de jeunes gens des Doüätii
chef de la faction des Noirs. Les
deux banden s' irriteol k la vu^
r une de 1' autre $ clles passent des
menaces aux coups, «t il y a bienlöt
de part et d' autre des mutiles ^t
des bles$6s. Au premier t>ruit,de la
querclle, Ißs adliereots dci ohaque
parti preni^ent les armes ; ils s' eta-«
blissent et se retrancbent dans leura
postes accoutumesy et Florence passe
i\ii la softe, cn un clin d' oeil, des
joies d' une kie populaire ä la guerrc
civile.
Boni face VilL informe parscsafrenlg
de la rupture cntre les deux fnctions,
et voyanl le peril. dans lequel les
Noirs venaicnt de se jeter, se hAta
de les secourir. 11 cnvoya ä Flo*
rence lo cardiiml M. Acqiiasparla,
personnage consideie pour soo sa-
voir et sa piet^, avec 1' ordre d' y
reUblir ia pnix, et d' y n'former le
gouvernemeut de maniäre ä ce que
les honneurs et les emplois publica
fussent, comme auparavant, egale-
mcnl partages entre les d«iux partis.
Le Cardinal arriva, et fut bien
accueilli. Mais les Blancs, qui se
deflaient des intentions du pape ä
leur egard ctaient re^oius ä ne point
admettre 1' iiilervention de son legat,
et ä ne point lui aecorder le pou-
voir de reformer le gouvernement.
Les partis restaient donc en pre*
sence, les armes ä la main.plus
que Jamals mecontents , irritcs et
entraines fc' ttrminer* leiif difft^reDd
Tbe Wbites and the Blacks were
in tbe higbest state of exasperaiioo.
A mere spark, tbe slightest occa-
sion would suffice to cause a con-
flagration ; and it is what happened
very soon afler.
May day was formerly a day
of great rejoicings and public festi-
vals in Tuscany. In the evening
of the l.st of Alay 1300, the square
of San Trinita was crowded with
roen, women, children— all singing
an4 dancing with southern
m e r r i n e s s. Two brilliant caval-
cades happened to meet, in tbe
midst of this joyfui crond; oue
constsied of young men of the fa-
mily of the Cerchi , the olher of
young men of tbe Donati family.
Tbe cavalcades cast upon each
other glances ofscornfui hatred and
soon after came to blows. The ad-
berent of each party seised on Iheir.
arms and entrcuched Ihemselvea
in their osual posts, so tbal Flo-
rence ceased in a few hours to be
a acene of revelry to become oue
of bhoodsbed.
ßonilace soon informed by bis
agents of the rupture at Florence
and of the danger of the Blacks,
sent immediateiy on the. spot Card.
Acquasparla, highly eslcemed for
bis learning and picty, with \he
mission to restore peaco and oblain
ibat the public ofTiccs should bc
equally divided betwcen the two
parlies,^ as formerly.
The Cardinal was well received;
bul the Whites took umbrage, aud
rejccled bis Intervention as well as
bis pretension to reform the go*
verument.
Botli parties continued in a slatc
of still greater Irritation , armed,
ready to settle their diirerences with
the sword; the cardinnl baving
liisocttfin?
741.
lalled iD his efforl« , be oftly re-
mained in. the ciiy in Order to tfup-
port the Blaoks, by secret intrigaesi
and coDspirations, but watcbed by
the Whites whose wratb and aus*
picioD were. tbus e:tcited to the
bighest degree.
Such w&H the State of things in
June, 1300, whcn the six Priors or
governors of Ihe republie, wbose
funotioDs were expiring had to ap-
point their successors.
par la force. Le <wliDal d' Ac. Teou
k Florenee pour remettre leaNoirs
en parlage du gouvemement , n'y
restait plus que pour les soutenir
en secret par des coQspirations et
des intrigues, s' exposant de la sorte
k toutes ies consequences dela colöre
des Blancs.
Teile ^tait la aituation de Flo-
rence au commencement du moia
de juin t300, au moment oü les
six prieurs ou gouferneurs de la
republlque, dont les fonelions al-
laient expirer le 15. du möme mois
de juin, eurent, selon Tusage, h
designer leurs successeurs.
Daus un moment si critique leur
choix devenait beaucoup plus
grave et plus difficile qu' h l'or-
dinaire. Us allaienl laisser k leurs
rempla^ants un gouvernement peril*
leux, celui d' une ville excommu-^'
iiiee, d' une ville qui avait irr^a-
rablement offense 1' irascible et fou-
gueux Boniface VUI.. et oü la gutrre
civile suspendue, comme par mh-.
racle, ctait ä chaque instant aar lo
point d' eclater.
Dcfs six prteurs qui fürest ^lus
en cetle occasion il n'y en a que
cioq dOQt les noms nous soient par-
veiius ; et sur les cinq il y en a
quatre de si obseurs qu' il serait . . .
itopossible de dire un mot d'eux.
Le ö*"»« seul est connu, o' eist
Dante ; il semble qu' en le plannt
Ik, au milieu de eoll^gues aana ea-
pacit^f comme sans reuom, on tut
voulu coucentrer sur sa t^e toute
la respon8abilitc des evenements qui
approcbaient.
Fauriel, Dante et les origities
de la iaugue et de la literature
italiennes. Paris, Durand 1854
(2 Voll, in 8"") 1. 163—165.
Jemand, der die eine Sprache gut, die andere wenig kennt, dürfte,
um sich in der letzteren zu befestigen, keine bessere Übung wünschen.
Zu beachten ist jedoch der Zusatz «wich southeni merriness'. Man be-
merkt es; Hr. Vc. war nicht umsonst in Italien; er hat Land und Leute
studiert. — Wenn nun bei der Darstellung historischer Thalsachen
diese bequeme Abfassungsweise hingehen mag, so wird das Verfahren
dort , wo es sich um ästhetische oder literar-hislorische Bemerkungen
Uandell, die doch das Resultat eigenen Denkens, eigener Forschung j im
schlimmsten Falle eigener Darstellung sein sollten, geradezu unerklärlich.
Als Beispiele mögen dienen: die dem Fauriel entnommenen Bemerkungen'
über die zwei Episoden von Franeesca und ügolino, so wie di.<& ^^^V-
Weisungen über die Visioneuliteratur vor Dan\«.
The Position. was oritical; they,
were resigning their authority, when
the oity wna uuddr tbe weight of
exoommunication — the irascible
Ponliff had been ofifended — , when
the civil war suspended by Chance
for a momeoty was ou the point of^
break ing out a^ain. (Inder such:
circumstanoea the ohoice was dif-
ficult and a «ubject of anxiety.
. The pew priorg were eJected;
tbe names of flve of th.pm aloo«
have been presefved; and out of
tbese fivet four are so obscure and
unknown, that nothing remains.
aboiH tbem.
Dante was the tifih; thui, as bis
collegues were witboot fame and
capacity, it seems evident that the
intenlion was to concentrate upon
him all the authority, as well as
tbe responsabilily of the approa*
cbing evenls.
Vc 87-88.
Ttt
lllaeen«nJ
Mit gleicher Oogeffwimgeiibeit wurde Ozanäm beoütit
Deux Toies ouvertes, l'nne au
midi, 1' autre au nord pouTaient con-
doire Dante aux sources du vieil
Orient : e' etaient les relations alors
fr^uentes de V Europe avec les Sar-
rasins et les Mongols.
On a dejä vu comment au ml-
Heu du choc de la ehretient^ et de
rislamisme en Espagne et en Pa«
lestine, les sciences placeea sous
une sauvegarde bospitali^re, avaient
passe d' un camp k V autre, et forme
une active correspondance, qui de
Bagdad et de Cordoue s'etendait
dans toutes les contr^es catboliques,
et turtout en Italic.
Les traductions d^Aviceune,
d' AverrboSs circulant dans toutes
les mainsy n' avaient pu manquer
de tomber dans Celles de Dante; des
öitaüons flr^quentes en fönt foi dans
•es Berits.
- Cne connaissance exacte des doc-
trines musulmanes se reconnalt par-
ticuli^rement dans le jugement qu' il
en porte...
Or ces mdmes Sarrasins . . . tou-
cbaient ... ä 1' antique sagesse in«*
dienne, qui paratt avoir r^pandu
des ^manations fecondes sur la Ferse
et r Egypte.
Elle se retrouvait aussi avec ses
dogmes fondamentaux dans la reli-
gion de Boudha, qui, cbassee de
la P^ninsule hindostane apr&s des
lüttes sanglantes. avait envabi l'Asie
septenthonale et entrafne sous ses
loix les bordes mongoles eparses
entre T Altai et le Caucase.
Ces peuples s' cbranlörent ; de
redoutables irruptions, vers le mi-
lieu du 13. si6cle, desol^rent les
contrees slaves et germaniques. Plus
tard la politique savante du sainU
si^ge les arrMa, des rapports paci-
fiques s' etablirent eutre les princes
cbr^tiens et le petits - fils de Gengis-
Khan.
Ond so gebt es fort mit der
östllcber und westlicber Weisbeit. Dann in Bezug auf die Cberdüstim'
mung der Gedanken zwiscben den Indiern und dem floreulinischen Dichter.
Les brabmes representent le mont Tbe Bramas represent Mount
M^rou comme le pivot du monde; Merou as tbe pivot of the world^
k ses pieds rayonnent les contrees with all tbe regions inbabiled by
babitees par les homm^H et \«% men an! ^eniuses teeming at tbe
The antique Eastem sources were
accessible to D. tbrough the frequeot
Communications of Europe with Uie
Sarraxins and Mongols.
It is well-known, tbat in cob*
sequence of tbe contaet of Ghristen-
dom witb tbe Islamism of Spain
and Palestine, tbe scientific know-
ledge tben existing, passed from
one camp inlo tbe otber, and that
active Communications and corre-
spondences were carried on between
Bagdad and Cordova and Christian
Europe, but more especially with
Italy.
Translations of Avicennes and
Averrboes, extensirely circulated at
that period, must all bave beeo
known to Dante, as be frequently
qnotes tbem in bis writings.
His judgements evince a very
aecnrate knowledge of the Mnsul-
man doctrines.
Tbe Sarrazins were imbued with
many portions of the aiicient In-
dian wisdom, whicb had exercised
a benefical influence over Persia
and Egypt.
Tbis Indian wisdom reappeared
subsequently, witb its fundamental
dogmas, in tbe religion of Boudha,
which, beeing banisbed from Hin-
doustan, after sanguinary struggles,
had established itself in Nortbem
Asia, and subjected to bis laws
tbe scattered Mongolian bordes.
Towards tbe middle of tbe 13.
Century these tribus ravaged the
Slavonian and Germanic regions;
and, after sanguinary conflicts, the
policy of the Roman pontiCf suc-
ceeded in checking them ; pacific
relations were established between
the Christian princes and tbe poste-
rity of Jangez Khan.
Darstellung der Berübrungspuncte
MisoaUea.
74t
genies ; au somniet est üxie It de-
meure terrestre des dienx.
Ainsi la moQtagne du PurgaUrfre
d^rite dans ta divine Gomediey tat
le ceotre du continent primitivement
destine h \* habitation de I' homme ;
eile eat couronn^e parles delicieux
ombrages du Paradis terrestre.
Le sombre empire d' Yama,
comme le royaume de Satan, est
creuse dans les profondeurs souter-
raines, compose de plusieurs cereles,
qui descendent V an au dessous de
1 autre en d' intermiDables abfmea,
et dont le nombre, diversemont rap-
porte par les mythologues, est sou-
vent de neuf ou d'un multiple de
neuf.
Les tortures s' y reneontrent pa-
reilles et affecteea aux mames cri-
mes: ten^bres, sables enflammes,
oceans de sang oä les lyrans sont
plonges, regions brülantes auxquel«
les suceödent des regions gtaciales.
Au delk de ees points de eon-
tact superficiel, on decouyre des
rapports plus intimes. Teile est
Topinion singuli&re de D. d'aprte
laquelle les ames, d^tacb^es par
la mort du eorps qu' elles habitaieHt,
sont revdtues d' nn corps aSrien.
Gette hypolh^e, plusieurs fois re-
nouvel^e daos la pbilosophie obrö-
tienne • . . ne se trouve nulle pari
avec des d^veloppements plus com*
plets et de« traits de ressemblanee
plus constanis qu« dans les syst^
mes de l'Inde. ...
D' autres fois ... les idees orien-
tales se presentent k la pens6e du
po^te chr^tien, mais pour Mre oom-
battues.
Ozanam (Dante et la pbilos. cath.
3ime Edition. Paris. Jacques Le-
coffre 1855. 8'. 6. Band der
Oeuvres complötes) p. t57-261.
Nach den vorangescbickten Citaten genügt es hinzuzufügen , dass
8. 3— 2% u. 24—47 aus Pauriel 85—63 u. 78 ff. dass S. 48—49 aus Ozanam
368—369; 50 aus Ozanam 36t$ 57-63 aus Pauriel 493—503 u. s. w.
genommen wurden, dass gegen hundert Seiten der unvermeidlichen
Beschreibung der drei ewigen Reiche gewidmet sind, dass die ganze
Darstellung des philosophischen Systemes obigem Muster ähnlich ist, um
jedermann die Oberzeugung tu verschaffen, dass für Hm. Vc. unent-
behrlich ist, den Schutz des Gesetzes: *La recherehe de la paternit6 est
interdite* bezüglich seines Geisteakindes in Anspruch zu nehta«^.
Eben so leuchtet es ein> dass eine ao\oYie Kt\^«iX ^«t ^«^^«m^^^^
foot of it; tke earthly dwelling of
the Gods beeing fixed on its summit.
Thus, in the D. G. the mountaio
of Purgatory is described as the
centre of the continent originally
destiued to be inhabited by man —
itis crowned by the sweet shades
of the earthly Paradise.
The dismal realm of the Indian
evil spirit is, like the empire of
Satan^ carved in the bowel» of the
eartb, consisting also of various
cirdes which descend successively
in endless abysses and their number,
variously reporled, is frequently
thal of nine or one of its multipli-
cates.
The same crimes, the same tor-
tures — buming sands , oceans of
blood in which the tyrants are plun-
ged, scorching regions succeeded
by frozen states and compartments,
are also to be foünd in the Indian Hell.
There are still more intimate
points of resemblance to be met
with, for instance : — the singular
opinion of Dante, that the souls
severed by death firom the bodies
in which they were dwelling, are
clothed in an aerial form. This hy-
pothesis often renewed ... in Chri-
stian Philosophie . • . is nowhere
to be met wilh , more completely
developped, and with greater ana-
logies than in the Indian Systems.
In other cases the eastern ideas
are solely introduced by D. in Order
to be refuted.
Vc. 862-365.
lu
MiBe^ilcnr
eigenllkh kei[)eti Anhatt^tpUiLci LicteL. ÜqjH Faurfel üie mancbeo On-r
jionaui|EkeiteTj in der DaPstellung der Begöbt^nhciten — besonders defj
Jahre 1300 — 1302 — vorwerfen ^u wollen» lags üichX our aufstfr d*^in
Ueri^tche metner Aufg.ibe, ftoudcrn war« §^eradt:j^a uugerecbt. da scini;
Vorträge ersi nach scinPin Tod^, und gewiüS nicht in der Redtictiom die
der bökanitilicli sehr schwer tu befri eilig endo Vtjrfflsser gewünscht hätlen,
beraiiif^eisebtn würdon, DiiviTzt-iblich i«l t's aber, dass Hr, Vc , d&r
emin lUlbo benchuldigt, nicht genügend hei Üino Compagni und ViNaiii
cescböpft EU haben, der dm vortrdnicbe Werk Wegele«» mit etaem
'bearinÄ tio Iraces of local re^earcht^s nor uf tbe mafe fecent Italian
dcc umeßts' abferltgt, selbst nichbj andere tu Ihun wus^te, als den
FaurJti tu überaotBeo,
UasäcLbe mus$ von dem wjchtig^l^n Puncto einer Biographie Dan 1««'»
gesagt werden ^ der Darsitclluog nätnlich aeiner püliliächen Apsicbkti.
Da heisst e» t, B, (S. tOi) D/ wäre von tai>2— 1310 theilwer<$e eio
Welfo ^ebliebea, 1310 aber bei der Ankunlt Meiuricbs Vli. (.S. t&T) an
enthusiastischer L'Ura-Ghibellioe geworden: dessen ungeachtet winl bd
der Era^ablung vom AuTenthrdte de«; Uiehttrr!^ bei Moroelio Alalaspina im
Jahre 1307 folgende! Bemerkung gemacht. ^M. Mal, had becn a great
auxiiiary of Ihe tilacka, the mortal foea of ibo poet, and the commpn-
Demc^tit of thc latter H fricud^liip may ben conjiidered ad tlie i\rai tu*
dlcatign Ol the great chaiige, that was takiug place in bis politieal ideaa
towardM Ihh periüd° (S. 144.)* Freilich und et sich Dhk Aiki Ud
Fauriel; wie aber der Aufenthalt, bei einem Lltra -Weifen die Keigung
de^ gemäfHigieu Weifen lum enlbusiaätij^cben Gbibellint^niua andeuUn
soll, ist kaum zu begreifen. Wol nimmt Hr. Vc, S. 104 — 107 den Au-
lauf XU einer richtigeren Auff^issinttg des politiscb-religiOieii Sy^atem^
Daote's, verirrt ^ich aber allsogleich wieder.
Eine andere Un2iikünii£tiGhlieit, welche bei Vorträgen^ dio nicht
vom Verfasser selbst eu eimm fi^rtigen Ganzen umge4chmoUen wurden,
kaum zu vermeiden ist, i»t die [Jngieicbarügkeit der Bebviudlung. üiea
gilt he^oudera vom Buche FaurieF»: und in noch gröf^trt'tii Mali^tabe
zeigt ea uicb in der Copie des Hrn. Vc. Ein Beispiel mOge diese Be-
merkung unterslüt£en. W'enn Faur. bei der Erklärung de» 5* und 33.
Oesanges der Hölle aeincn Hörern die Geschichte der Francesca und den
Grafen Ugolino sehr urnntändl^cli erzählte, und daun ieslbelisclie Betnef^
knn;:;fn ülier die Arl und Weisse hinzufügte , wie l)ante den StoIT tn^
hj^mlelt bat, so war dies ganz in der Ordnung , und wir aind dem
n««rausgeber dafür dankbar, das^ er uns ala Anhang ^^r Biugraphic
iiWes millbeiltef was er von dic^sen gelegentlichen Erörterungen rette»
konnte* Wenn aber Kr. Vc. ilieielbtiu in ihrer ganzen Aujidehuuni;
Ächon bei der D^trsteliung der ötTenlUchen Ereigrsisset die wahrend dtt
Jugend defi Dichters slati fanden, einschiebt, so wirken mc dadurch, das»
sie alle Grenzen einer Biogr.iphie uherachreiten^ höchst störend ein.
Dass das Verfahren des Hrn. Vc. sich durch manche anderen
Ühelstände zugleich verrälh und »Eraft^ hl m erwarten. Solche waren
die bautlgen Wiederholungen; dic^ VernacblasHigung buchst wichtiger
Momenie — z. B. der Anfänge der italienischen Literalur vor Dante — ;
endlich Widersprüche und Schwankungen » unter welchen »m ergöte-
lichsten die sind, wi^lche bei der Erklärung der Allegorien vorkomm^n^
ru kann sieh einmal llr. Vc, zwischen dem ni^chtürnen Fauriel und
ihm Eur Mystik geneigten Ozanam unmOÄlieh »n recht Hndeii, Ich halte
c« aber für ganz unnothig mich des wt^iteren darüber auszula^iseii s wol
«tber darf ich nicht die mvmnigfachen Misgriffe unerwähnt lasaea « auf
die man nur zu haulig im Btiche des ti. Vc. atbist Zwar komtueu
manche von die*^en wieder auf llechnung Fauriel^, und es kiinutvi un*
gtjr^ehi crs>eheit>cn} den Ahschrvitier ^ wenn man. ihm schon «iumAl da«
I
j
Abäcbreiben Torgeworlsn bat, wieder fSr die Mangel seinei^ Atilors ver-
antwortlicb zu machen; allein es gehörte zu deren Beriefatigung so
wenig Fferfs im ConiroUieren tter ^Citate und eine so geringe Bekannt-
schaft mit dem gegenwärtigen Standpnncte Dante'scber Studien, dasi
man auch in dieser Beziehung Um. Vc. gegründete Vorwürfe zu macbeü
gendtblgt ist
Geringerer Gattung wären :
S. 53. Nach dem Tode der Beatrice «he wrote to all tbe princes
of the uni Verse* (Ozan.: princes de runivers); S. 67 gar «to tbe kings
«kl princes of tbe earth* (Paur. f aux rois et aux princes de la terre).
Bekanntlich bedeuten die italienischen Worte *principi della terra' nichts
weiter als 'die vornehmsten der Stadt,' welche Erklärung von fast
allen besseren Auslegern -— z. B. Fraticelli, Witte, Wegele — geboten
-wird,
S. 112 ,Garlino de'Pazzi is to be found in one of the most bor«
ribles circles of the Inferno.* Auch Faur. sagte seinen Hörern: «nous
rencontrerons un jour G. de'P. dans un des cercles les plus borribles
de rEnfer.' Indessen konnte G., dier 1304 die Weitsen verrieth. im
Jahre tSOO dieses Verrathes wegen nicht in der Httlle getroiHen werden}
jtr wurde blob von einem seiner Verwandten, der als Verdammter die
Zukunft vorhersieht, angekündigt
Sappi ch'i'fui il Gamicion de'Pazzi,
£ aspetto Garlin die mi scagioni.
Befremdender sind folgende:
S. 123 wird dem Fauriel nachgesagt die 1. Ganzone des Gonvito
«Voi ch' intendendo il ierzo ciel movete* wäre schon in der Vita nuova
enthalten. Hätte Hr. Vc. kein so unbegrenztes Vertrauen auf seinen Ge-
währsmann gehabt, so wurde ihn die einlache Durchsicht des Inhaltes
letzteren Werkes überzeugt haben, dass dies durchaus nicht der Fall ist
Bei Pauriel lesen wir: «La premiöre chose ecrite par D. ce fut
une epiire en italien addressöe k toutes les puissances de Tltalie.*
Hr. Vc. begnügt sich nicht (S. 158) «an Italien epistle* zu übersetzen,
sondern wiederholt einige Zeilen unten «This epistle written in Italien,
as we have seid, and not primitevely in Latin, as often
ass erted. • ..'
Wenn man dann (S. 164) folgenden Satz aus Faur. übersetzt liest 3
«About this time, Dante wrote against the Florentines a virulent satire,
n 0 w 1 0 s t , but which Leobardo Aretino bad under bis eyes etc.';
womit der schon seit beinahe 20 Jahren bekannte Brief an die Floren-
tiner gemeint wird, so kann man sich kaum des leisen Zweifels er«
wehren, ob Hr. Vc. jemals eine Ausgabe von Dante's Episteln durcbge«
sehen habe.
Auch das Gedächtnis spielt Hrn. Vc. manchen bösen Streich; denn
sobald er es versucht etwas, was er Anderen ganz richtig nachsagte^
auf eigene Faust zu wiederholen, sagt er gerade das Gegentheil.
S. 27| 42. 251 heifst es ganz richtig die Weifen seien 1260 bei
Monte Aperti geschlagen worden ; um so befremdender klingen S. 243
folgende Worte: «Farinata bad twice eipelled the Guelfs from Florencc,
and bad been defeated bei them at Monte Aperti near the
Arbia (!!!).
Ebenso hören wir (S. 151) von dem Briefe, den der Möncb Ilario
dem Uffuccione della Faggiuola geschrieben haben soll. Dies hindert
aber Hrn. Vc. nicht S. 332 bei der Anführung einer Stelle aus diesem
Briefe ihn dem Dante selbst zuzuschreiben. «It was a corrent traditio»
«••that D. bad, wben very young, commenced a rough outline of bis
poem. There is an allusion on the subject in bis leitet 1<^ ^x^W^x
Ilario, the monk of khe aUbey of Corvo.^
940
Miscellen.
6. 05 wird Buoneonte da Montcfellro snun Bbchofe oder En^j
liischofe voD Montefdlro gcstempelf.
S. 191 bekommt man zu Jejcn: ,At Agubbia, in Ih e^ Fri<»ii||
raaidence of Bosone,* eine geographische Angahe ^ die einem ^ der fioi|
lange Zdl in Italien auflüelt, eu keiner grofäen Bhre gereicht
Lie^t man nutit ilass die ViU Nuova von DnDte in seiaeo] %%^ Jahn]
(abo drei Jahre vor dem Tode ßcatriee's) vcrfasat wnrde; — daas
Oeotucca mehrere Muh im F«§!reuer erwähnt^ und £war so: «as
impfest the reader wifb the conviction thal &h& had made a prc^founil
Impression on bis imAginationj proroitnd euougb Xo awaken in him aflcc^l
wardä feelings of contriliOQ, Tor having praHaned ibe metnory er ße
Irice," lauter Worte ^ die «ich nur auf die Worte B.'s im 30 — 3L (km^
des Fegefeuers beziehen künneu ; also im Jahre 1300 über ^ine
\on 1314; — dass endlich im 9. Gesänge des Parf^dieses «Folcd
prenses the sorrow and indignation on heholding tlie ponti6cal eon
contintiinj^ to remain at Avignon (im Jahre !30€l)» thiit]
abandoning the tomb of Saint Peter and the tnetropoljs of tbe Chrisüa
church.* 90 i!*;t man wahrlich unschhlssigj ob man sich der HeilerkeE|
oder dem Unwillen hingeben soH.
Jedoch überwiegt der Unwille bei dem Gedanken« dass Ilr* Va|
seine DnkcimhiiSt sowie seine Rucksiehtlosigkeit gegen andere Schrifl
steiler und gegen die Leser unter dem IVIantet einer boch trabenden Vörw|
rede, tind dem nocb iL-quemeren und lockenderen üllraJiheraler Redens
arten tu verdecken sucht, Narhdem nämlicb Hr. Vc. durch Erwähnung]
seiner Reisen und Studien Vertrauen in seine Einsicht einiufldfsen be
möhl war, will er auch durch Anwendung schwungvoller Pbrajien dlf
Überzeugung von seiner innigen Liebe tn Italien hervorrufen. Da wfi^l
er gilegentlich von «Austrian fallacy,» von «loathsome dust of despo*!
tigm,* von «Iftmentahly pro^lralc Venise^ und allerlei noch £u redeni
und wenn er sich dann und wann bei kommen lasat, den Seiten Paurirri
einige Worte auf eigene Fausl-hiuiuEufügen* ao geschieht ea um aui^
zurufen: «Oh inserutable Providenco l the thirteenlh Century was the
toa^l magnifieent, rei^plendent age of the FEorentin republic, and what
speclaele have we in Ihe Florence of the nineteenlh Century* (S. 93)
oder gtAgain, Italy wair on Ihe point of heeing tbc victim of her et^mil
fsmpire, the Teutonic emperor" (Sp 155),
Wäre Hr. Vo, wirklich von ho grofser Liebe und Achtung Jff
Italien beseelt, so hätte er sie durch eine würdigere, gewisiiienhaA^
Behandlung seines Stoffes wirksamer bewiesen. Da nun sfchwülsUfi
Worte nur Eti hluBg bestechen, so frommt es an einer Stelle dio
Leere, die sieb unter denselhen birgt ^ auffudecken^ um auch über dia !
andere Verdacht zu erregen. Dies war^ ich bekenne es, der bauplaacb^ 1
liehe Orund , warum ich mich entschtofs einige Seilen der wichligerea
OegenBtanden gewidmeten Zeitschrift für ein aolches Buch in Ansprueli
zu nehmen.
Wien.
A, &1 u sxafia.
Se/iemfTii$mni der ÖMierreie Micken G^mnttiien und Retiisekuim
für duM Schuijnhr IS**/*,^ Bermitgegtten tym älois Vanitek, k. k,
Gtfmn. LeArer in Qimül%. IL Jahrgang, 172 S. 8. Prag, Tempik^ iS€&>
— 1 Ö. ü. W. ^
Ein vollständiges, luverlässlicbes^ durch übefsichÜiche Ordnung
leicht EU gebrauchendes Verzeichnis des jeweiligen Pergonalitandei der
Mittehchulen des österretchischea Kai^terstaates ist für lahireiche Falle
des amilichen und üherKaupt des g f seh ä filichen Verkehres ein dringen-
des Bedürfnis. Diesem Bedürfnis suchte vor einigen Jahren die Arbeit
eines Beamten dea k, k. \lnlcTT\d\u-Nl\t!L\%UT\Mm^ abiuhelfen, über weld^
MiscelleD. 74T
jder unten, in diesen Blattern 1854» S. 506^510 berichtet bat. Wenn es
als ein werthvoller Umstand bervorzubeben war, dass dem Bearbeiter
jenes Verzeichnisses die amtlichen Quellen offen standen, so durfte doch
nicht verschwiegen werden, dass jenes erste Verzeichnis, bei groCser, dem
Gebrauch nicht förderlicher Raumverschwendung, eben nur die An-
sprüche eines Namensverzeichnisses erfüllte, dagegen zahlreiche Fragen,
über welche man in einem derartigen Schematismus Aufschluss erwarten
darf, unbeantwortet liefs. Der unterz. hielt es für seine Pflicht, in der
oben erwähnten Anzeige unter aufrichtiger Anerkennung der übrigens
sorgfaltigen Arbeit» anzudeuten, was sich ohne gröberen Raumaufwand,
ja auf viel mafsigerem Räume vollständigeres würde leisten lassen. Es
gereicht dem unterz« zu lebhafter Freude, in dem II. Jahrgange des
vorliegenden «Schematismus* (der I. Jahrgang war dem unterz. nicht
zugegangen) eine Arbeit anzeigen lu können, welche durch besonnene
Überlegung in der Auswahl des Materials, durch compendiöse, sehr
zweckmafsige Zusammenstellung sich den Dank aller derer erwerben
wird, welche in den Fall kommoi es zu gebrauchen. Das Buch enthalt
in sehr deutlichem und dabei compressem Drucke, nach Angabe des
Personalstandes des Unterrichtsministeriums und der Landesschulbebör-
den, S. 1 — 7, ein Verseichnis der Lehrer an sämmtlichen Gymnasien,
S. 8—107, dann der Lehrer «o. sämmtlichen selbständigen und einem
grofsen Theile der unselbständigen Realschulen, S. 108—155, dann ein
Orts- und ein Personen-Re^tister , S. 152—170 (auf 4spaltigen Seite«
von 56 Zeilen), endlich Nachträge über die während des Druckes eingetre-
tenen Veränderungen, S. 170— 172. Zu den Namen der Lehranstalten ist in
zahlreichen Fällen eine kurze Notiz über die Zeit der ersten Gründung und
die seitdem vorgegangenen wesentlichen Veränderungen in wenigen Zei-
len gegeben. Zu den Namen der Lehrer ist grofsentheils bezeichnet der
Zeitpunct und Ort der Geburt, die Multerspruche , die Zeit der ersteQ
Anstellung, ob der betreffende Lehrer noch nach den früheren Einrich-
tungen angestellt oder ob er nach der gegenwärtigen Prüfungseinricbtung
approbiert, oder ob keines von beiden der Fall ist; im Falle der Approba-
tion nach der gegenwärtigen Einrichtung, findet man die Bezeichnung des
Prüfungsgebietes und der Höhe der Lehrbefähigung, in den andern Fällen
die Angabe des Gebietes der Verwendung. Diese sämmtlichen Angaben sind
durch zweckmäfsige, leicht verständliche Einrichtung in der Weise ge-
geben, dass sie nur zwei Zeilen füllen. Durch diese Angaben wird das
vorliegende Büchlein noch etwas ganz anderes» als ein blofses Namens-
verzeichiiis; wer mit den eigepthümlichen Schwierigkeiten unserer Un-
terrichtszustände bekannt ist , dem zeigen diese compendiösen Notizen
in voller Anschaulichkeit die gröfste Verschiedenheit in solchen Gym-
nasien, welche ohne diese näheren Angaben vollkommen gleiche Farben
tragen würden. Für aufmerksame Leser der Vorreden unserer jährlich
erschienenen statistischen Obersiebten ist es nicht nöthig, diese An-
deutungen weiter auszuführen; alle, die sich für das österreichische
Schulwesen interessieren, sind dem Hrn. Verf. für den aus«1auerndei|
Fleifs und die sachkundige Einrichtung dieses Buches zu dem aufrich-
tigsten Danke verpflichtet. — Ein Wunsch ist allerdings bei diesem
Buche unerfüllt geblieben, aber ohne die Schuld des Hm. Vf. 's., näm-
lich die gleichmäfsige Vollständigkeit in jenen charakteristischen An-
gaben. Der Hr. Vf. verdankt die Originalangaben für seine Zusammen-
stellung der Gefälligkeit der Herren Directoren. Wie schwer
es in solchem Falle ist, zu unbedingter Vollständigkeit zu gelangen»
ist dem unterz. aus eigener Erfahrung zur Genüge bekannt. Auf S. V
sind diejenigen Gymnasien (nur 121) verzeichnet, welche der Bitte
des Hrn. Vf.'s um Aiittheilung der Nachrichten «gütigst* erkt&^\^Oci^\w
haben. HoffenUicb lassen sich die DirecUonen aAUt ^«t Qkim\v^\«<B^> ^^^^^
"IfAB Miscelleil.
Namen in diesem Verseichoisse npohi vcnnisst werden, durch die vor>
sügücbe Branehbarkeik des Buches dazu bestimmen, einem folgenden
Jahrgange, der für diis Sehtiljahr IS*'/«« in Aussicht gestellt ist, ihre
Mitwirkung nicht tn entziehen.
H. B.
Statistisches.
Das Krakauer Verwaltungsgebiet hatte im Schuljahre 18*7», i dem
ersten lahre des selbständigen Bestandes, 6 Gymnasien: % achlclassige
in Krakau und Tamow, 2 sechsclassige in Rkeszow und Sandec, 1 vier-
«lassiges in Bochnia. An diesen 5 Gymnasien wirkten , aufser den Re-
ligion.«lehrem, 44 Lehrindividuen für die obligaten Profan- Gegenstände:
1 wirklicher Director. 4 provisorische Directoren. 10 wirkliche Lebrer«
t Nekienlehrer Tur obligate Ffiober, 26 ungeprüfte Supplenten. Von den
10 wirklichen Lehrern waren 7 nach dem provisorischen Prüfungs-
geselze vom 30. August 1840 approbiert, darunter 2 für Lateinisch und
'Orieehisoh (am Unlergymnasium). Im Laufe der fünf nächsten Jahre,
Tom October 186/S bis Ootober 1869 sind 2 wirkliche Lehrer und 19
Supplenten behufs der Vollendung ihrer Vorbereitungsstudien für die
Lehramts-, beziehungsweise Ergänzungsprüfting auf Kosten der Regie-
rung nach Wien und Prag entsandt worden, und zwar die Lehrer mit
dem Bezüge ihres vollen Gehaltes . die Supplenten mit einer jahrlichen
Dnterstützung von je 400 bis 420 fl. GM. Von den 19 Supplenten haben
10« und anf^er diesen noch 4 andere Supplenten die Lehramtsprüfung
bestanden und sind zu wirklichen Lehrern ernannt worden. 9 Lehrer
'sind in das Lemberger Verwaltungsgebiet, 4 Lehrer aus dem Lemberger
in das Krakauer Verwallunftsgebiet versetzt worden.
Im Schuljahre 18**/.» beträgt die Zahl der Gymnasien 6:
8 achtclassige in Krakau , Tamow und Rzeszow, 1 8echsciassige<< in
Sandec, 2 vierelasAigo in Krakau und Itochnia. An denselben sind für
die obligaten Profan-Gegenstände 58 Lehrindividuen angestellt: 3 wirk-
liche und S provisorische Üirectoren , 26 wirkliche Lehrer, 1 Neben-
lehrer für obligate Fächer, 21 ungeprüfte Supplenten. unter den 26
Lehrern befinden sich 15 Polen. 5 Deutsche, 5 Böhmen, 1 Schlesier.
Für Lateinisch und Griechisch sind 7 Lehrer (6 für das Unter-
gymnasium. 1 für das Obergymnasium approbiert) und 14 Supplente«
vorhanden; unter den 7 Lehrern sind S Polen, 2 Deutsche, 2 Böhmen;
unter den 14 Supplenten sind 9 Polen, 1 Deutscher, 4 Böhmen. Drei
Lehrkräfte für Lateinisch und Griechisch sind abgängig, drei Parallel-
elassen konnten wegen Mangel an geeigneten, d. i. der polnischen
Sprache kundigen, Cnndidaten nicht eröffnet werden.
Zur vollständigen normalen Besetzung der Stellen für Lateinisch
und Griechisch an allen 6 Gymnasien ohne Parallelclassen sind
t$ Lehrer erforderlich.
Krakau. A. Wilhelm.
CDiesem Helle md Am \\VcrKd%fiVt ^^\\^%^ti W^e^eben.)
Erste Abtheilung.
Abhantfiingen.
Ober den Hiatus und die Elision in der Cäsur des
dritten Fufses und der bukolischen Diaerese bei
Homer.
An einer ziemlich bedeutenden Anzahl von Stellen im Ho-
mer findet sich noch jetzt der Hiatus in der Cäsur des dritten
Fufses und der bukolischen Diaerese, weit weniger ist dies der
Fall bei Hesiod und in den Homerischen Hymnen. Die Stellen
sind nach Dindorfs Ausgabe folgende:
ä) in der Casur des dritten FuTses:
A 24, 114, 16], 155, 208, 2S0, 2S9, 851, S68, 878,
418, 565, 569, 598. B 6, 95, 188, 202, 211, 216, 229, 289,
254, 268, 815, 895, 471, 514, 515, 528, 571, 621, 625, 690,
707, 722, 728, 793. T 122, 125, 201, 2j8, 238, 849, 876»
882, 415, 428, 429, 445. ^ 91, 96, 134, 187, 175, 258,
295, 805, 807, 412, 412, 488. £5, 12, 97, 158, 209, 244,
270, 822, 825, 888, 848, 888, 400, 424, 446, 448, 488, 576,
687, 686, 856, 857, 861, 896, 898. Z 8, 87, 160, 175, 225,
811, 815, 886, 845, 890, 412, 501, 524. H 68, 148, 176,
806, 810, 888, 469, 478. 9 13, 16, 24, 40, 164, 199, 229,
288, 285, 855, 878, 479, 488, 503, 514, 556. I 56, 57,
127, 149, 160, 187, 192, 226, 291, 845, 888, 889, 891, 426,
487, 555, 556, 618, 620. JS: 55, 61, 103, 285, 874, 505,
542, 568, 570. A 47, 158, 174, 187, 222, 281, 254, 256,
297, 878, 878, 480, 689, 640, 672, 782, 774, 796, 880, 846.
M 78, 84, 129, 188, 212, 215, 252, 279, 452. N 88, 40,
80, 121, 176, 242, 819, 876, 464, 465, 496, 526, 577, 611,
618, 710, 718, 728, 797, 815, 821, 828, 884. S 6, 149,
154, 209, 228, 290, 887, 498, 499. O 10, 25, 26, 81, 106,
288, 892, 402, 447, 567, 614, 626, 681, 685, 695, 698, 705.
i7 76, 109, 115, 150, 889, 859, 870, 885, 418, 461, 512,
516, 572, 579, 612, 648, 724, 782, 749, 848. F &^ \4> \iv
Z«iiackrirt f. a. Ihfn. 0?mB«a. ISSO. X. Il«n. ^\
A 578. J3 3, 6, 218, 2M. jd 1S8, 410. £ 60, 215,
2ftl, 484, ^%»^ 442, 556, 668, 728. Z 422. tf 11, \W.
9 66, 105, 120, 514. I 288, 690. £ 12, 70, 93, MI, 472.
^ 76, B4^ 461, 554, 79K M 180, 329. ^ 130. O 21,
161, 172, 232, 586, 559, 742. i7 226, 408. f 868, 518,
584, 668. Z 849. T 22, 170, 284. <b 234, 9^ 195, 224,
441^, 465. ßi 72) 207, 641.
Ober Hiatus u. Elision etc. bei Homer, v. J. La Rocke. 75t
n%y 60, 61, 263. /3 46, 57, 230, 232, 335,417. ;/ 8,
293, 435. d 141, 831. ^ 8, 10, 81, 87, 255, 391. 17 6,
25, 70, 122. ^ 138. i 56, 159, 215, 438. x 44, 337,
360, 403, 404, 458, 526. ^ 75, 168, 252, 829, 874. v 114,
289. i 67, 352, 432. o 83, 425, 466, 500. tt 356. q 301,
536, 572. x 1&4, 233, 380, 403. v 24, 166, 306. 9» 51,
433. X 386, 408, 426. id 215, 227, 271, 2 78, 466, 524.
Hym. II, 12, 278. Hes. Op. 838, 550, 792; Scuf. 108.
Dazu kommen noch diejeoigen Stellen, ao welchen 4a8
Digammt den Hiatus aufhebt :
a) in der Cäsur des dritten Fufses:
Ä 4, 108, 172, 330, 365, 419. B 198, 275, 284, 419^
484, 648. r 88, 152, 191, 197, 204, 225, 286, 267, 385,
398, 419. ^ 43, 92, 14», 228, 349^890,. 411 467, ^530«
£8, 88, 110, 128, 170, 281, 298, 811, 450, 476,599,684^
724, 808, 823, 854. ZS8, 148, 258,298, 805, 1I3Q. &.189,
197, 282, 293. & 340, wo Ahrens das Digamma in Abrtdo
stdtt. / 96, L63, 246, 677, 69T. K 14, 86, 98, 202, 307,
471. ^ 88, 99, 298, 614, 701, 719, 843. AT 74, 190.
N 41, 179, 234, 330, 446. A 75, 76, 83, 92, 108, 122,232,
235, 348, 407, 496. O 9, 206, 281, 820, ^%^ 566, 638,
654, 674« 740. iT 660, 804. P 167, 226, 817, 441, 667,
695. 2772, 121, 872, 87^, 880, 884, 423, 482, 524. Tl,46,
172, 199, 340. T 250. 9 11, 116, 178, 200, 356, 409,
427, 495, 571. X 12, 215, 228, 292^ 367« 9^ 359, ^%%^
468. a 80, 332, 852, 491, 586, 607, 699.
ft 17, 46, 69, 86, 163, 397. ^112, 362. J 8, 19«
124, 125, 226, 230, 260, 825, 874. d 61, 99, 119, 185,
141, 289, 558, 618, 655 , 704. e 22, 80, 38, 448. \ 8,
118, 166, 194, 254, 801. 9 224. * 141, 194, 2U, 291,
328, 889, 408, 427. i 800, 876, 426. % 126^ 192, 980,
319, 391, 824, 877, 418, 535. X 24, 48, 51, 56, 87, 154,
247, 271, 295, 321, 826, 887, 361, 895, 897, 418, 4^7,
472, 542. ft 192, 202. v 228: % 29, 52, 68, 120, 181,
157, 222. o 118, 505, 530, 532, 536. % U, 60, 162, 168,
206, 231, 378, 389, 457. q 31, 40, 73, 142, 144,168,311,
818. CT 166, 24flr,.338, 874.; r:309; 862, 380, 402, 415,
475, 492, 565. v 28, 111, 286. ^> 168, 208. l%^^% 278^
^ 102, 170, 183, 289. 6> 87^ ftO, 238, 822, 391, 494.
Hym. I, 27, 45, 50, IH, 140; 11, 20, 79, 24», 282}
lY, 10, 48, 189; V, 2«, 81, IUI, 112, JK47.
Hes. Op. 21, 71, ^97,408,545,624,641, 7t)7s Theog.
19, 07, 182, 411, 572, 660; Scut. 58, 166, 244, 855.
Fragm %Z^ 4; 94, 2; 201, 2«
5) in der bukolische! Dieerese:
A 34, 88, 157, 807, j^78, 409, 452. J8 77, 2;16, J249,
261, 270, 292, 485, 492, 510, 689, 613, 67»vT4ft.. C ^IVv
752 Ober Hiafus u. Elision eto. bei Homer, v. J. La Rock$>
98, 130, 310, 404, 422. ^ 17, 46, 164, 212, 251^ 263,
273, 416^ 428, 466. E 1], 484^ 600, 682, 761, 771, 787,
876, 905. Z 15, 75, %6^ 96, 258, 261, 277, 824, 348^408,
448, 500. H 82, %S^ 115, 207, 221, 269, 281^ 887, 418,
429 0 18, 130, 228, 801, 807, 810, 505, 518 551^ 561.
1 128, 145^ 211, 270, 284, 287, 824, 890^ 898^ 406, 489,
579. K lOy 848; 860. A 295, 297, 810 ^ 472, 604^ 644,
647, 788. M 40, 60, 210, 221, 271, 276, 880. N 8, 260,
809, 830, '886, 424, 489, 657, 664, 725, 802. ^ 175, 281,
501. O 98, 501, 591, 681. 11 261, 265, 892, 445^ 595,
682, 670, 680, 769. P 27, 188^ 144, 159, 168, 198, 211,
181, 404, 406, 581, 608, 680. Z 154, 420, 469, 517. T 181,
150, 245, 417. r 46, 80, 81, 84, 201, 216. O 208, 292,
81i, 889, 442, 508, 515. X 184, 870. V 53, 67, I4S,
155, 201, 268, 816, 871, 569, 684, 677, 784, 828. A 27,
IdO, 117, 145, 218, 287, 805, 819, 876, Z^Z^ 508, 701,
718, 788.
a 4, 88, 148, 824, 880. ß 48, 59, 114, 212,252,421.
Y 164, 285, 275, 286, 290, 808. d 474, 489, 520, 555, 669,
717, 750, 750, 798. s 67, 182, 215, 221, 229, 280. ( 58,
61, 64, 111, 144, 170, 234, 259, 278. i} 26, 97, 182, 188,
284, 288, 250, 265, 296. » 101, 105,251, 324, 581. i 168,
208, 241, 869, 874, 505, 581, 538« x 61, 108, 128, 208,
228, 292, 804, 856, 457, 519, 542, 543, 555.. k 27, 117,
191, 219, 429, 610. (i 19, 116, 281, 322, 327, 888. v 6t,
69, 90, 109, 218, 276, 296, 852, 878. S 73, 84, 182, 154,
177, 195, 210, 820, 841, 365, 896, 424, 448, 501,506,516.
o 200, 286, 828, 888, 868, 418, 505, 507. n 11, 79, 107,
158, 192, 210, 444. p 25, 48, 51, 55, 58, 60, 208, 254,
80ä, 308, 821, 888, 448, 527, 588, 550. CT 8, 57, 156, 228,
278, 805, 806, 408. t 72, 84, 172, 190, 195, 197, 216,
287; 274, 891. v 51, 59, 69, 72, 75, 98, 124, 288, 817,
829, 858. q> 5, 52, 144, 204, 804, 815, 889, S9S^ 411.
X 117, 240, 867, 487. if 57, 95, 110, 115, 138, 187, 158,
161, 267, 804, 345. o 59, 104, 156, 158, 210, 272, 278,
865, 455.
Hym. I, 187; II, 78, 216; III, 12, 224, 250, 454; IV,
11, 64; VII, 7.
Hes. Op. 20, 48, 167, 281, 852, 495, 498, 582, 585,
611, 622, 695, 778; Theog. 66^ 89, 126, 259, 264, 524,
608, 677, 692, 767, 828, 965, 1020; S c 0 t. 38; Fragm. 125, 1.
Es ergeben sich also mindestens — denn ich iivill nicht in
Abrede stellen, dass mir einiges entgangen sein könnte — 684
Fälle, an denen sich in der Cäsar des dritten Fufses der Hiatus
findet, davon kommen 882 auf die Ilias, 252 auf die Odyssee;
in der bukolischen Diserese kommt der Hiatus 186mal vor, 63mal
io der Ilias, 78mal in der Odyssee. Aufgehoben vrird der Hiatus
Ober Biatus u.* Elidon eic. bei Homer, v. / La Bo^ke. 7&9
durch das Digamma in der Cäsur des dritten FuTses 289nial
(lölinal in der liias, 188mal in der Odyssee), in der buko-
lischen Diaerese 408mal (I97mal in der Ilias, 206aial in der
Odyssee).
Ohne aus diesen Zahlenverhältnissen andere Schlösse ziehen
zu wollen, wozu man sich leicht verleiten lassen könnte, glaube
ich jedoch das festhalten zu müssen^ dass durch die zahlreichen
Stellen die Zulassigkeit des Hiatus an diesen beiden Versab-
schnitten hinreichend sicher gestellt ist Schon Vofs, Her-
mann, Spitzner und Hoffmann haben dieses anerkannt,
neuerdings auch Ahrens ^^de hiaiuM Hotderiei iegiÜmiM qui'^
buBdam generibuB^ Hannover 1851, und I. Bekker ^«Sitzungs-
berichte der k. preuls. Akademie der Wissenschaften in Berlin,
März 1859, S. 265.^' Diese beiden Versabschnitte genielsen die
Freiheit von Versenden, deswegen ist der Hiatus statthaft und
die Elision nicht zu dulden, da sie dem Versende widerstrebt.
Elision am Versende findet sich nur bei dem Accusativ Zigfv'
S 206; S 265; i2 831 und vielleicht auch Theogonie 884, wo
Aristarch Z^- abtheilte und das v an den Anfang des folgenden
Verses setzte, der an allen diesen Stellen mit einem Vocal beginnt,
vgl. die Scholl, und Villoisson Proleg. pg. IV, adn. 1. Doch
dürfte es gerathener sein Z/qv ohne Apostroph zu schreiben.
Dass an den Homerischen Gedichten im Laufe der Zeit von
ihrer Entstehung an bis auf die Alexandriner, denen wir unsern
jetzigen Text verdanken, Veränderungen vorgegangen sind, viird
wol niemand in Abrede stellen , da sich an sonst ganz gleichen
Stellen bald Hiatus bald keiner findet, bald das Digamma spur-
los verschwunden ist, bald wiederum deutliche Spuren seiner
einstmaligen Existenz zurückgelassen hat. Das Digamma ist hier
ein vollkommen sicherer Wegweiser. Da dasselbe zur Zeit des
Pisistratus und der Alexandriner, wenigstens für die epische Dich-
tung, nicht mehr existierte, sondern von ihnen als ausschliels«*
liches Eigenihum der Aeoler angesehen ward, so bestand für
sie auch der Hiatus an solchen Stellen, wo das Digamma den-
selben aufhob. Wenn wir nun finden, dass an solchen Stellen
der Hiatus durch allerlei Mittel entfernt vtrurde, wo in Wirk-
lichkeit gar keiner bestand, so mag es wol auch an anderen
Stellen geschehen sein, wie es in der That jetzt noch nachweis-
bar ist. Vielleicht geschah dies schon durch die vortragenden
Rhapsoden noch ehe die Gediohte aufgezeichnet wurden, vielleicht
auch zum Theil durch die von Pisistratus zur Zusammenstellung
der Homerischen Gedichte niedergesetzte Commission; dass es
aber auch durch die Alexandrinischen Grammatiker geschehen
ist, was von Christ «(Grundzüge der griechischen Lautlehre'^
S. 204 f. in Abrede gestellt wird, darüber geben uns die Schollen
hinlängliche Aufklärung, wenn auch nicht in dem Malse, wie es zu
wünschen wäre. Man vgl. auch Thie rsch <<Urgestaltder Od.'^ S.i€.
f64 Über Viittiis Ur £lfoiMi etc. bei Homer, V. J: La MoeJüä
A. paV Digaipma.
Die BM^tung des Digämma für die flomeriscbe Kritik
kann wol heutzutage nach den Forsohungen eines Bentley^
Heyne, Thie'rsch, Hoffmann, Bekker, W« Christ u. a. niemand
mehr unterschätzen. Unter den epischen Gedichten sind hier vor
allem in Betracht zu ziehen Ilias und Odyssee, bei weitem weai-
ger die Heeiodischen Igya xul fj^i^QUi und die übrigen dem
Sftnger von Askra zugeschriebenen Dichtungen, was um so auf-
fallender erscheinen muss, da die Boeoter doch Aeoler waren.
Von den Hoiüerischen Hymnen verdienen hier eine besondere Be->
achtung die beiden auf Apollo, ii denen mit Ausnahme von 11
Stellen (I, 22 [för unecht gehalten], 46, 102, 163, 177; II, 3
|[ffir unecht erklärt], 9t, 98, 269, 328, 857) das Digaroma fiberall
gewahrt ist, an den ubrigeii sich durch leichte Emendation her*
stellen Usst, dann die beiden auf Aphrodite (IV und VI), beson-
ders der erstelle, wo es überall gilt, da die 7 Stellen, an denen
es vernachlässigt zu sein scheint (6, 85, 147, 169, 232, 256,
278), nur einer geringen Emendation bedürfen ^ während es in
den beiden anderen gröfeer^it Hymnen, an Hermes und Demeter
nicht mehr beobachtet ist, weün es sich auch noch hier und da
herstellen lässt. Die Stellen, an denen es noch gewahrt ist, z.B.
III, 12, 16, 26, 80, 117, 127, 164, 177, 250, 265, ^81 tt. s. w.
V, 25, 26, 46, 51, 53, 65, 105, 188, 190, 191 U. d. können
mehr als Nachbildungen angesehen werden, denn eine ziemliche
Anzahl von Stellen, z. B. 111, 46^ 92, 114, 143, 154, 179, 180,
199, 218, 239, 266, 806, 348, 382, 449, 464, 466, 493,
500, 509, 531; V, 87, 49, 66^ 75, 117, 140, 174, 206, 246,
302, 315, 347, 851, 371, 413, 430, 440, 458, 492 beweisen,
dass die beiden Gedichte, besonders der wahrscheinlich in Attika
gedichtete Hymnus an Demeter, in einer Zeit entstanden sind,
wo kein Digamma mehr gesprochen wurde. Auch hat die Ver-
nachlässigung des Digaroma im allgemeinen mehr Beweiskraft
als das scheinbare Vorkommen desselben, das meist auf Nach-
ahmung beruht, denn man weift, wie sehr die späteren Epiker
von Homec abhängen. Auch bei ApoIIonius Rfaodius, Aralns,
Nikander, Quintus Smyrnaeus, Manetho, ja sogar auch bei Non-
nus, bei letzterem jedoch wie es scheint nur bei dem Pronomen
der dritten Person, findet sich dieser traditionelle Hiatus, ohne
dass dieselben das Digamma im Homer auch nur ahnten, und in
den Orphicis sind dergleichen Fälle sogar recht häufig.
Die Mittel, welche angewandt wurden, um den vorgeblichen
Hiatus zu beseitigen, sind vorzugsweise folgende:
1. fMan tcähUe eine andere Wertform^ die statt auf einen
Vocai, auf einen Coneonamten aus^ieng , namentlich andere
DeelinationB" und CcmjugatiotMfarmen^ verwechgeite die Caeusy
Modi^ Numeri und Tempora j der Fälle nicht zu gedenken, au
OUr aiatos n. Cliaioo IHc. l>ci Honer« t. / Zu goeAä^ 755:
deden da$ parägogi«ch« p oder ein änderer beHveglicheir End-
coBsonant den HUtus entfernte;
2. man ioählte eine andere längere Wartform y «p daee
man Elision eintreten iaesen lfounte\
8. man echo^ kleine Worte^ besondere Partikeln ein^ so
di^ liiv^ «ifa^ xiy yi oder wählte ein Compositum statt des
Simplew\
4. man stellte die Worte um, oder nahm eine andere
leichte Aendemng des Textes eor^ indem man einzelne Worte
«^nrecÄ»«/^) bedeutende Textesändeningen scheinen nicht statt-"
gefunden zu haben.
Da eine ausgedehnte Untersuchung über d&e Aendemngen^
die wegen des Digamma stattgehabt haben, zu umfongreich wer-*
den und schließlich doch nicht mehr beweisen würde, so sind
hier blols diejenigen Stellen in Betracht gezogen, an denen auch
ohne Digamma der Hiatus zulassig wäre: diese haben natüHich-
für unsere Untersuchung auch eine viel stärkere Beweiskraft.
L £ 160 ot; yaif nm TOiovvov Idov ß^otov otp^ai-*
(lotöiVy so schreiben Dindorf und Baumlein , wahrend Bekkef.
und nach' ibni Fasi roroi^ ildov in ihren Text aufnehmen : die
richtige Lesart stellte Ameis her ot; yaQ nm voiovds fldov^ - ~
d 677; H 408, 428; k % liest man in allen Ausgjibien t^a
^Iv Sq nd(AXfC9T0v i(fv66aiisv^ wofür Bekker mit Becht-
schrieb näfingana j:$(fv0öaii6V'^ schreibt man auch ä 780
v^a nhv ovv xiifi gegast cc aXog ßiv^oöie jigveöav^ da der
Hiatus an dieser Stelle statthaft ist, so wird ninLnqmxov gänz-
lich aus Homer getilgt, da es augenscheinlich nur deshalb später
in den Text g^ebracht wurde, um den vermeintlichen Hiatus zu
entfernen, vgl Ahrens a. a. 0. pg. 22» Hym. I, 71 fi^
oxotav iro nQätov Idfj tpdog i^sX£qu>^ dafür ist zu achrei-
ben ta 9Qmu fCd'Q. H 162; V 288 igxo xolv gcQäxog
filv aval dvdQ(3v ^Ayai^iiivmv, Dies änderte Bekker in arjrcD-
xicxa jx(i/a£; wenn dies aber wirUich die ursprüngliphe Leseart
war, so ifit es unbegreiflich, warum sie nicht in XQcixiöxoi*
anstatt in ngmoe ii4v umgeändert wurde, st 469 ist zu schrei^
benx^Qvij og dq nifeixa finog 6^ fiijr^l ij^nkßv für
XQcSxog iaog.
ipAl schrieb Bekker' j^^mct' ivl fLsyäQoiCPy ipog^t Si
ff ^VS M yaifiß statt 8i n^v 179, P 27 setzte Arlstarch
ovdi xi fpriiLi für ov9i fi qn/fi^ oITenbar um den Hiatus zu .
entfernen.
Ob Hynu III, 674 ovr0 Mmadog via javui itpUrfiBip
dTtokkmv für vtQV uval zu schreiben ist, lasse ich dahjn«-
jrestellt: im Homer findet sich eine solche Änderung 4 2I9/WO
tatt aio^voi ^iQ6 vCov SxijfioXov '^ffo>Ueiv(v mit Bekker
via jsxi>iß<iXov geschrieben werden niuss.
756 Ober Hiatuf «. Elision etc. bei Homefi t. i/. In Boeke.
A 2S2 ist statt mal ^' ovg ^\v 6«svdov%ag tdoi
^avaäv xa%vnmk(ov mit Wakefield zu schreiben ov fihv ömbv-
iovtcc fCdovy ebenso ^ 240 ov tiva 9^ av (is^tivta j^ldoi
für ovg rivag av iied'Uvtag tdoLj besonders da hier die Ad-
versativpartikeln durchaus nöthig sind. Auch ^516 isl o^t
lis^Uwa fCdoi,xo statt des Plurals (is^tivtag zu setzen, vgl
M 268 ov tiva nayxv (läxtS firid'vivta fCdoisv^ wo die Än-
derung in den Plural nicht leicht möglich war, da ovg xivag
nicht in den Vers passt; auch N 22^9 lesen wir od*» fiBd%ivta
fldrim^ welches jedoch Zenodot in o xi,g fAS^£ji6L xovoio än-
derte. Der Wechsel des Singulars und Plurals ist 'durchaus
nicht auffällig, ^da das Relativ mit dem Optativ einen sich wie-
derholenden, mit dem Conjunctiv einen allgemein angenommenen
Fall bezeichnet, wie das lateinische qtticungue mit dem Indi-
cativ. Beispiele daPQr durften nidit so selten sein, ich führe nur
an T 454 vvp av rovg allovg imBt^oiucij ov xb xtxBi»
und dazu Aristonicns ^^ dixl^ iCQog xo ^zi^fioc, ox^ Idltog
xlfi^vxixtp ivixov ixijvByxBVj ov xb xi^xBCm ^ denn der
Dichter hätte recht gut sagen können wg xb xi,%BCm , so auch
Z 227 f. und 229.
£ 787 schrieb Aristarch nach Didymus alicigj ^Aqy^UKj
xax* ilBYxiBg^ sldog äytfxoi offenbar um den Hiatus weg-
zuschaffen« Das Adjectiv iXByxvs ist aber nichts weiter als
eine Fiction des sonst so besonnenen Kritikers, wie auch an den
beiden anderen Stellen. Die neueren Herausgeber schloffen sich
ihm deshalb auch nicht an und schrieben xax^ iliyx^a^ um so
mehr, da ^stiog darauf folgt. Auch in dem gleichen Verse
S 228 schrieb Aristarch gewiss iXsyxisg^ obgleich es nicht
ausdrücklich bezeugt ist. 9^748 schrieb Bekker xal xov ^Ax^k-
ÜBvg ^ilxBv ai^kia fov ixagovo statt des handächriftlich
überlieferten ai^li,ov ov; doch lieCse sich auch aa^kov schrei-
ben, vgl. V 658, wo die Handschriften zwischen aed-Xov und
aa^ka getheilt sind.
Zu 1128,278 hat uns Didymus überliefert, dass Aristarch
die gewöhnliche Leseart dm6m a ixxa yvvatxag d^iv^ova
J=d(fya jpidvCag in afAViiovag änderte, während er iV 179 ^r'
opeoff xo(fvq>^ jiixad'Bv nBQiq>aLvo(iivoio den Singular sieben
Jiefs, andere schrieben xoQvqygg.
H 108 schrieb Bekker dal^xigriv Sks x^^9^ j^ixog
X* itpax* ix r' ovofia^BV statt der überlieferten Leseart d^Si-
X iiffig ikB x^^Q^S i^og, gewiss mit Recht.
A 438 ist entweder mit Benlley zn schreiben ix d' ixa^
x6 (Aßfiv ßfj6B jpBXfißoktp ^Axokkmvt statt des überlieferten
ß^öav^ und dann wäre 'OdvuUBvg Subject dazu, oder der Vers
ist, wie Heyne vermuthet, später eingeschoben ; denn eine Ände-
rung war gar nicht nöthig, wenn man an die Singularform das
pädagogische i^^treten lieb. Dass der Singular zur Vermeidung
Ober Hiatus IL Elision etc. bei Homer, v. J. La Boek§. 757
des Hiatus in den Plural umgeändert wurde, sehen wir aus
H 277, wo anstatt ^xrJTttifa 0%i^ov sine zu schreiben ist
uiööp d* diig>oriif(ov öx'^TftQOv 6%i^B ^Btns äh (iv^ov xiqQvi
ISatog^ so dass dieser zu beiden Verben Subject ist
O 458 schrieb Bekker mit Recht vnsgmicuv di j:oi fsr-
noi xsCv* o%Ba xQotiovtB' j:ävai d* ivorjös ta%i,6xu statt
xifoxiovxBQ. — Schwerlich aber dürfte tf 419 geändert werden
o^Qa 6%Bi6avtBQ KBctaxBiBTB fotxaÖ* totrcBg statt xarU"
otBiofiBv^ obwohl sich auch das folgende iäfiBv in iatB ändern
liebe, da sich Amphinomos selbst unter diejenigen mitbegreifen
muss, die nach Hause gehen sollen; auch Bekker liefs die Vul-
gata unangetastet. — E 606 ist zu lesen fBCxstB^ iii^dh ^Botg
(iBVBaivBtB j:tq>i ^XBö^ai sMi (iBVBatvifiBVy der Leseart
Aristarch's, wie ich in der Zeitschrift für die österr. Gymn. 1860,
S. 585 f. wahrscheinlich gemacht zu haben glaube. So schrieb
Bekker, vgl. auchAhrens a. a. 0. pg. 81. — ^ 287 avtd yicQ
fuila Xaov ivmyBtov lq>t (laxBö^ai, dafür setzten Bentley
und Bekker avciyBZB j^t^i^ ebenso ist M 367 iötaozBg ^o-
vaovg oxffvvBXB ftq>^ fkd%B6^M für otQvvBtov zu schrei-*
ben. — X 460 8bvxb^ dvm fioi SxBöd'ov* ISmfi^ ottv Igya
titvxtai: diesen arg entstelUen Vers verbesserte Bekker in
BXBö^B' fCdm xCva s-igya xixvnxai. — V 40 besserte Bekker
ebenfalls mit Recht qcSd'ev 9^ oxqvvs ^dvai dvi(fäv jiyu"
fiilivav für oxqwov.
Manchmal wurde auch in der Weise geändert, dass man
einen Diphthong an die Stelle eines kurzen Vocales treten liefs
oder ein Wort um eine Silbe vermehrte, so X 802 Zrivl xs
xal ^iog vtBl ixrißoktp *An6XXmv$y wofür Bekker vh fBXij^
ßoXp schrieb, auch ^21, 488 sind vor jiBXfjßiiXog Änderun*
gen eingetreten. Hes. Op. 412 schrieb Bentley (ibUxti di xb
fiqyov 6q>dXXBi für di xot Sqyov. A 864 ist zu ändern
fpQadiog voov i(fya xixvoctai in vov jpiffya^ ebenso ü^ 617
xal fBtUB nuQMxdg für xal isinB naffaöxdg; es wäre zwar
auch xal I^blxb statthaft, aber die Vorliebe für die bukolische
Diaerese, die sich bei Homer findet (vgl. Bekker Sitzungsberichte
der preufs. Akad. d. Wissensch. Berlin, März 1859, S. 265 f.)^
lusst die erstere Änderung rathsamer erscheinen.
Z 170 schrieb Aristprch ist^a^ d' v^vBiyBiv p nBv^
&BQ^j oq>Q* dnoXono und mit ihm die Mehrzahl der neueren
Herausgeber, Heyne und Bekker nach Euslathius vivdyBi J^p.
iyci ist zu iydv geworden, namentlich vor ^Binstv und
einigen anderen mit Digamma anlautenden Wörtern, so in dem
bekannten Verse dXX' ayB^\ ag dv iya fBCnm B 189^
/ 26, 704; M 75; /S^74, 370; 0 294; 2^297; fi213; v 179;
Hym. II, 808; Schol. BLV und Eustathius zu Z 71 haben iy6
und 80 schrieb Zenodot nach Schol. A zu M75. An den meisten
Stellen haben auch die besten Handschriften, der Veaeiu& ü.^'^x^
T59 C^ Biafiis u. E\imm 6tö» })ei B(HOßt, V« J. La MoeM
mber M 7tf, iym\ wsidies toq den Herausgebern, DamoitliGh
Barnes, wiliküriich geändert wurde, iy^v steht ferner noek
vor Wörtern mit Diganuna ^76; £73; Z 365; H 5a; Jl03,
814; iV^ 785; 9 841; a 212, 897; e859; A 628, 552; f« 88;
^ 147; o 484; « 259; ir 185; % 262; ^ 180; es darf des-
halb keinem Zweifel unterliegen, dass auch / H7; JL 378;
A 374; r 60, 88, 192; 0 872; i2 487; /)294, 357; «818;
A 197; ft 156; S 166, 250; o 272, 470; p 6, 101; tf 64;
X 594 ^T'iD für ^oV zu schreiben ist. iy^ hat auch I 167
Anstarch nach Didymus und der Venelus, andere iyiiv und
«17 haben die besten Haadschriften und sogar auch Dindorf
ifw^ andere^ darunter, auch Bekker 2 iyAv. -
Aus j:ijiv(iog hat Aristarch vYfiv^^ gemacht, vgl Aristo^
nicus zu £ 2; iC 187; iS* 242; J7 454; ^63 und Buslathius
EU JS 2, der hier aua Aristonicus geschöpft hat. An der ersten
SteHe erwähnt Aristonieus , dass .bei Antimachus und Simooidea
das Wort fjdv^og vorkomme, aber die Stellen, die er zum Be««
weise für die Richtigkeit seiner Behauptung vorbringt, beweiseii
gerade das Gegentheil, es ist nämlich zu lesen II 454 «ifixuv
fuv Quvarov %b ^dpsiv xal j:tjSvfiov "Txcvov und fi S66 xal
%6tB fiOi ßX€q>ttQG}v i^i6if VTO fffidvpLog VKvog^ ebenso v 79
tiul tfi fijdvfiog vnvog iul ßXstpaQoiöiv itciaxBv. £2; £91;
IS 242; d 798 und ff 811 entscheiden nichts, da das vorher-
gehende Wort das bewegliche v haben kann, ebenso wenig
K 187; ^68; S 258, 854. Zu vergleichen ist vor allem
Buttmann Lexilogus I, S. 179 tt,
2. p. 479 ^17 C£ vioL öuc dcifiat* iQV66tafi\ oV dyo^
ifeve^g. Bekker stellte die richtige Leseart her öia doifia j^eQvö^
C(a6i und so findet sich auch der Singular in den Plural ver-
wandelt /)258; <y 428 ia XQog dd^a^t exaötog statt d^v
XQog dw(ia jiixMzog^ nicht j:£oV, wie Bekker (vgl. Ahrens pg.5,
Anm.), da der Hiatus öxidvavzo ifov statthaft isL Ebenfalb
zu andern sind m 188 xaxa dcifiad'' exactog und Sl 166
^yatigag d' ava dofiaz* iid. — V 809 olö&a yäg ei
xbqI tiQfiad'' iXiOöd^ev^ dafür Bekker tsQfia j:ili0ödfjt£v^
während er wol mit Recht 820 dnl noXXov iJUoösra^ stehen lieCs.
P 233 cSg lipat\ Aivaiag d' dxartjßoXov 'AnoXXava
änderte Bekker mit Recht in öh j:6Xfiß6Xov, sonst ist in ixa-
tiißdXog das Digamma überall gewahrt. Zwei andere Stellen
im Hymnus auf Hermes liefsen sich leicht ändern 509 Cijfiat*
ixä xid'agiv fiiv dxr^ßokfp dyyvdXi^ev in xC^clqlv j:8xat7j-
/loAcD und 522 fLij nox* daoxXBifecVj 00' ixijßolog dxreäzKfta^
in a fexrißoXog^ doch ist in diesem Hymnus das Digamma so
oft vernachlässigt, dass die Änderung nicht gerathen erscheint,
noch weniger lässt es sich herstellen Theogon. 94 ; Hymn. AXV, 2
ht yaQ Mov6amv xal ixrißolov ^A%6kk(ovog.
2?522£vd' aga toi y* Xlovx' iUviiivoi at^oni %alxS^
ivofüir Bekker richtig Itov j^Hlvf^evoi berstelRe. — r260;452
IhqketS^^ firj dij [i inie^^C ya vtinvxisyy ag^ daffir Bekket
lis fiji€if0ty wie auch T Sil ov yaQ ipfnii finae^i fux
9)i7fi' ijtii06$ zu schreiben ist. -— -^ 365 ofa^a, t^i; to^ ravir'
sidv^jl navx^ ayop£t;cD muss geändert werden m xavzm fiSvCji^
ebenso A 608 " Hfpai^ütoq nolrics fiivifiöi nQa%CS^60^^
wofür SchoL A ao^ijö* iidv£jjöi hat.
/i269; £117; 17286; ^442, 4t60; vSk90; ^34; O 8d,
89,146; Hym. V, 820 (?) liest man aUgeniein xai (n^/ xpv^vri^.
0aö* inea mBQOBvxa scQociqvda. Da das Oigamoia kein^
Eh'sion duldet, so ist mit Bekker xu schreiben ^0v^6aca j:insuj
so dass letzteres Wort zweisilbig ausgesprochen werden muss^
da j:ditr} onhomerisch ist. So ist ferner zu schreiben X Sl
daKQvxdovöa finaa^ Scut. 826 d'agcvvovaa j-inau^ 445 fi^.
Sovca fixBou Dass j:i7taQL an dieser Stelle immer das Digammn
hat, sieht man aus den Stellen, an welchen es eine vorhergehende
kurze Silbe verlängert, z. B. if 356; O 48; O 867; 9^557;
X 265, 324, 418; A 154, 616; n 1\ 9 391, 543, 591; r it
%}hO^ 811, 843, 866,. 435; ^ 112 und m 494, sogar '0Sv6^
Offa j-iitaa. — B 828 ist statt äg '^^atg to00avt* ix$ak
xtolaii^ofjLBv. au&t zu schreiben toa^avxa j:ivaa^ welche«
ebenfalls wie jidTtea in der Aussprache zweisilbig istt 1
t£ Idi ist bei Homer ein stabiler Hiatus, vgl Aqieis zu
ä 604, so dass Bekker annahm idd habe das Diganuna, wetdiee.
zugegeben werden mag, obgleich kein zwingender Grund dafür
angefahrt werden kann* Bei Dindorf ist es nur stehen gebliebeü
A 837; 0 249; ^ 289, an den übrigen Stellen mit Ausnahme,
von £ 3; ^ 348 ist der Hiatus bei ihm durch Eltsion entfernt»
denn er schreibt r' i^di ^ 147; Z 469; ® 162; K 578;
M 311; P 584; ^851; X i69i d 6^04. Die Handsdiriften
und Ausgaben schwanken zwischen beiden Schreibweisen 9 niur
der Venetus A hat überall mit Ausnahme von P 584, wo der
Cod<;x von anderer Hand geschrieben ist, ts lad; die SchoUen
geben keine Aufklärung, nur zu X 469 haben sich zwei kurzem
Bemerkungen des Aristonicus und Didymus erhalten ix atliiQOvg
Q xi 0vvda0(iog^ xQtjdaiivov xsj ovxcag ana^ai. Auch
Theog. 19 ist xa idi zu schreiben und an den übrigen Stellen
lasst sich der Hiatus leicht herstellen, vgl. Ahrens pg. 10. So
ist B 697 mit dem Venetus zu schreiben iyxiukov x Wt^-
x^äva Idh Ilxakaov kaxaicoCr^v für Wt/rpcoi/' ifd«'; /^ 882
ol d* iical wv ^lovxo idl n(f6 odov fyavovxo für mxovx*
v^da und E 171 auch gegen die Autorität des Venetus IlavSaga^
xov xov ro^a 18% nxagoavxag olöxot für ro^ov, da Homer
mit Vorliebe den Plural gebraucht. Auch 9 56 ist To|a jxi--
vaxxog i^x xo^ov zu setzen und möglicherweise ist to^oi/, das
sehr oft vor der trochaeischen Cäsur des dritten Fufses steht,
noch öfters aus x6%a corrumpiert. Ob auch E 706 avT4d€<m
760 Ober Hiatus q. Elision eto. bei Homer, v. 7. La Roche.
Tavd'Qavta Idh xXij^iieieov *OQ66tijv fär Tsv^ifetw* iwl
ih m schreiben ist, lasse ich dahingestellt« Es bleiben nun
noch zwei Stellen übrig, an denen das ursprüngliche idS durch
Emendation von den Alexandrinern entfernt worden ist, worüber
ans ein glücklicher Zufall die Angaben der Scholiasten aufbe-
wahrt hat. y 10 schrieb Aristarch ot d* l^vg xaxayov
xol d* l6tCa vriog iiörigj vgl. Schol. Harl. bei Cramer An. Par.
III, 432, I *A(f{6taQx^S xatayov slta toi d* (Cod. to U*)
Ustla^ 6 dh ^HQmSucvog xardyovto ofiotov xal ixl tov
vtiov ij XQOt i^evto Idh (Cod, ij dh) xgea xolXa datsvvt^
(a 112). Die andere Stelle ist a 112, wo wir annehmen mÜAsen,
dass Aristarch vC^ov xal XQori^sv toi di schrieb, welches
Buttmann für die richtige Leseart hält und Bekker und Dindorf
in ihren Text aufnahmen, Herodian vC^ov xal nQot£^6vto idh
(nicht tf nffott^svto^ ^ vgl. Eustath* und Schol. E «fiSivov
^6tv Hfaducvog avaytyvoiaxHV ^^xal XQOttd'evto.^ Aaa
Schol. Vulg. vC%ovi avdvmtov. Idi: avtl tov xal. sr^o-
xl^Bvtoi nQotid'cöav schliefst Buttmann aus der Reihenfolge
der Glossen auf die Schreibweise vi^ov Idh xgoti^ev und dies
nahm auch Ameis in seinen Text, indem er sie für die Ari-
starchische erklarte« Vgl. auch K a y s e r de vers. al« Hom. Od.
diss. critica, Sagan 1854, pg. 14.
8. 9 146 st tiva ftov dBddijxag' loiXB di 6* tdfisv
ai^Xovg. Bekker hat keinen Versuch gemacht das Digamma
herzustellen, so leicht auch die Änderung ist; denn die Ad-
versativpartikel kann hier nicht blofs wegfallen, sondern durch
Ausstoßung derselben gewinnt der Ausdruck, und deshalb dürfte
als ursprüngliche Leseart angenommen werden ijiotxi ös fidfiiv
did'kovg.
Hes. Op« 610 ovQavoVj ^ÄQXtovQov #' iaCdij ^odo-
dmxtvXog ^Hdg^ dafür dürfte zu schreiben sein dh j^id jjj ob-
gleich auch bei Homer das Digamma in den Compositis nicht
selten vernachlässigt ist; auch Hym« II, 77, 163 muss i} d*
iöidovöa in 17 dh fidovöa geändert werden.
4. O 189 tQ^x%d dh Tcavta didaötccij Sxa6tog d*
tfifiOQB tifiijg^ Bentley schrieb unrichtig dddaöto, ^ixaatog,
Bekker versuchte keine Änderung; mir scheint di eingeschoben
und Umstellung eingetreten zu sein, so dass die ursprüngliche
Lesart war tgi^xd-ä didaatai navta^ fixaötog. — Hes. Op. 440
ainap ro dh iQyov itoiötov av^i XCnouv^ auch hier halte
ich TO für eingeschoben und die Worte für umgestellt; auch
Bentley schrieb schon a^Hav figyov dh j^Btdaiov. — S 235
schrieb Aristarch ubC^bv iym di xb toi xaQiv sldim
^(ucta xdvta, die ursprüngliche Leseart ist iym di xb toi
pkdi& x^Q^'^j 80 •*»* ^®r Venelus und ccC dijficidBig. — Scut« 185
dfifpl ^iyav IlBtQatov Id' "AaßoXov oi&vtüt'qVj dafür
ist zu schreiben IlexQtüov fiiyav tifMpL id' "j^ßoXov. — 6 182
Ober Bialos u. Elision ete. bei Homer» y. J. La Rocke, 761
iv^a i' in* iöxatiji 67t iog sldofiBV^ ay%^ ^aAaWijg
mus8 umgestellt werden iöxattjj j:idon€v 6Miog, schwerlich
darf man aber so weit gehen, Verse umstellen zu wollen , wie
£1 283 ayxCaoXov H 6q>* il^' 'Exäßij tsufjon ^vfi^ in
rotg d' ^kd" ayxCaoXov j:s%afifi.
y iO däxB 6 iga önHyx^^^ V^otQag^ iv d* olvov
iXBvsv xQ^^^ip dixal^ so hat auch Bekker. Aus Schol. HarL
2U 41 i<X9^^ip iv Sinai: x^Q^S ^ov iv at ^AQiötdgxov
9cal 6xb86v Snaecu x^vtffi/f» (Cod. xf^^^fO 9inat^ lässt
sich die wahre Leseart ermitteln %al fotvov Ixsvsv XQ'^^^V
iv äinat. Dieses iv brachte Aristarch und nach ihm der ganze
Chor seiner Nachbeter in den Yorhergehenden Vers, wodurch er
den Hiatus entfernte. Durch dasselbe Verfahren haben wir S 77
ein doppeltes iv in unseren Text bekommen iv d' olvov
iXBvsv aöxp iv alysip^ aber auch hier ist herzustellen xal
f olvov IxBVBVj dadurch wird zugleich der Hiatus rCft^i iv^
den Aristarch oder wer immer in den Vers brachte, entfernt;
ebenso muss v 260 geschrieben werden xal folvov Ix^vsv iv
dinal XQ^^^P statt iv d' olvov, Thiersch, Urgestalt der
Odyssee S. 48, schreibt iv folvov.
ji 19 las man bis auf Bekker 2 ixniQöa^ Il(fidfiOio noXiv
Bv d' olxad* Uiötai^ dafür Bekker wd j:oC%ad* Uiö^ai,.
N 609 muss geschrieben werden lyt^^^ ^ ^^ q^QBöl jyQ6i x^QV
xal fiXneto vixfjVy Aristarch schrieb xal iilnetOy Zenodo%
fiiya d* fjXnsto, ein, wie mir scheint, deutlicher Beweis, dasa
beide geändert haben. •» Sl 820 de^tog diiag vnh(f aötsog^
ot dl liovxBg^ so hat auch der Venetus, Heyne und Bekker
schreiben mit SchoLAund einigen Hss. dia faöxBog. — E7S7^
872 Zsv naxBQj ov VBfisöCif] "j^qh tads xaQtBQa Igya*^
so haben nach Aristarch die meisten Handschriften, vfl. Didy-
mus zu 757 ffXaqxBQa iffya^ ovrcag 'AgC^ragxx^g ^ aXXoi di
igy' aCdrila'» und SchoL LV zu 872 yQ. l(fy' aCdfiXa. Die
richtige Leseart xaÖB fSQy* afCdrika haben an ersterer Stella
Schol. A, Apoll. Lex. unter aiörikov^ Codd. CanU HarL, an
letzterer SchoL LV. Cant. und danach Bekker 2. — u^ 850 schrieb
Aristarch drv' iq>* aiog noki'^g, oQomv in* ansigova
novxov für ixl foCvona novtov^ welches die ursprüngliche
Lesart ist. — ikr68 ist die Vulgata, die auch derVenetus hat,
Zsvg vifiß(fBiimjg,T(f(6B66^ dh ßovXBt* di^y^^v, wofür an-
dere j:iBt* dfijyBiv, welches ich vorziehe; ovtmg näöat Didy«
mus. — iV 196 dfrol 'A^valmvj xoiuöav fiBzä Xaov,
*AxMävj SchoL A iv aXX^ i(^vog\f welches das Digamma
hat. JV 107 schrieb Aristarch statt dh fixag^ wie auch Zeno-
dot und Aristophanes haben, natürlich ohne Digamma, d' ixa^BVj
man sieht also , dass er an dem Hiatus Anstols nahm. — i; 26
besteht neben der Leseart dv^Qcinanf^ ot tijvdB noXiv xal
ßBQya vii$ovta^ eine andere yalav Ixov^w^ yi^isä^s^^ ^«^.
i€^ Ober Hiatss u. fiUsion et€. bei Homcr^ >../ £a MoeäA
Hiatus beseitigt, und zu r 1725 wo wir jetzt lesen t^öv- avti q
Syst xBip/qkiM icoXla h^X ia^la hat sidi die Bentrhang'
eines Scholiasten erhalten j^^.sro Ar A« d' üyn luiiifjlia f6vd9
iofißvds^ natflrlich ohne das Digaimna.
Dies sind die Fälle, in denen an beiden Versstelfen der
Vermeintliche Hiatus diirdi Emendatioa beseitigt wnrde^ ninl wir
dörfen annehmen5 dass die Leseart, wo derselbe sich erhsdtcn hi(f,
die ursprünglichef und allein richtige ist. Es fragt sich auo^
wer ändertet die Rhapsoden, die Außseichner oder die AlexaiH
driner? Möglicherweise alle drei, doch sind wir iber das Ver-
ehren der ersteren nicht unterrichtet, wol aber, w^nn smch
dürftig, über die letzteren, namentlich Aristarch : dahu fthdriQ
die oben berührten Fälle ^350; Eni, 787, 879; Z 1711;
iV^ie7, 609; er 112; y 10, 40; ebenso änderte Aristarch /78
xoAsöiv yccQ mvd^sig für icoXsöiv dh ^aimf^t^^ wofür man
jefat- liest leoXiefföi. d' dvdöösig und auch V 4S4 ist statt
jhifetdBQi' icvrog yä(^ ixmv fiel^ifixiv ilavvsiv zu schreiben
9^ jrexmv. Hat nUu Aristarch selbst geändert, oder die von ihm
Aergeslellte Leseart schon vorgefunden und in seine Recension
aufjgenommen ? Wir sind darüber läpht weiter unterrichtet, doch
bin ich jgeoeigt, das erstere anzunehmen, sonst würde Didymus
Wel an einer odelt!. der anderen Stelle anfahren, dass die Leseart
Aristareh^s sich schon in einer der von ihn benutzten Ausgaben
vorgefunden habe, wie er dies an anderen Steilen tfaul. Wir
werden im folgenden sehen, dass die Recensionen de6 Zenodot
utad Aristopbanes manchmal noch die ursprüngUchc Lesoart mit
dem Hiatus erhalten haben, während bei Aristarch schon ge-
ändert ist.
B. Hiatus.
Auch hier finden wir dieselben Mittel angewandt, mir mit
dem Unterschied, dass der Hiatus kein schein^er, sondern ein
wirklicher ist, und zwar: 1. eime eansomnUimsä mu»iaui€md4
Wortform tritt an die Sielte einer, die auf einen kurzen
Voeat endetf 2. wirkUehe Textänderun^en ; die beiden anderen,
wobei die Elision zu Hilfe genommen wurde, werden im dritten
Abschnitte besprochen.
1. Eines der gewöhnlichsten Mittel ist hier die Ändermg
der Numeri oder Casus, namentlich die des Duals oder S i n g u-
fars in den Plural, während das umgekehrte weit seltener
der Fall ist. Eine grofse Zahl solcher FäHe hat Akrens io maer
mehrfach erwähnten Schrift erörtert.
a 85 sehrieben Zenodot und Arisfophanes mich Schol. Q
Ebrl. 'Eq(1€Ücv nifit^avte ivöxonov agyettpovtfiv, dies war
gewiss die ursprüngliche Leseart, vgl. Ahrens pg. 81, und es
unterliegt keinem Zweifel, dass Aristardi xifufmvteg schrieb.
Ober Hiatus u. Elision ete. bei Homer, v^ J, La Rache. 7<S
Der Dual i&V freilich unerUariich, wenigstens befriedigen die
Erklärangsversache, welche die Scholien enthalten^ nicht; audi
die Ausgabe toh MaseiUa halle den ]>ual\ der. :&weite Theil dea
Verses aber, wie ihn SchoL Harl. angibt Maiug iqAXvSiaq (t>
dylaov viov^ dürfte sich schwerlich so herstellen lassen, daaa
er mit dem ersleren in den Vers passt : Hym. UI, SO,: hiO findet
sich da« Henistichion Maii^g i^ixvdsog. vCog , doch lasst sich
dies so Weftig mit der ersten Vershälfte vereinigen,, wie ilfa^ofdo^
iyXaov vtovy ans deren Vereinigung die verunstaltete Lesart,
die SchoL HarL anföhrt^ entstanden zu sein scheint. — s 477
ig ofLod'sv XB^vmxB 6 iihf ^vXirig o S* ilair^g^ so SchoL
BLV KU £^4« statt ff^^mnra^, Ahrens pg. 12. — £12 iesei^
wir jelzi td ot ccTtoxQtv&evzs ivavxifD mQftti^tfiVf Eu-*
sfalh. hat dxoxQtv^ivzsg ^ Drako aaoxQt&ivreg. — ^ Sil
eiv%£x^ ttvat%avxB 6 ^v 0Q^xrpfd6 ßsßi^HHj dafür 1 Vind*.
ivatiavteg. — E 239 £g äga qxavijdavrs ig SfifMtta
%oi9Uku ßdvtSj so Codd. Yin4d. und 1 Mos<^. statt des Plu-
rals, Ahrens pg. 12, 17. — B 245 Iv^ aniXitQOV i%ovxBy
o ^v toiow iv elimg^ mo HarL Hose. 1, VraL b für Ijpvxsg^
Ahrens pg. 20. — iflOS elv ivl düpgp iivta* o ^\v vi^o^
^ivtoxBVBVy so Aristophanea nach ßidymiis, Aristarch alaa
i6vtag] gleicherweise ist zu schreiben A \%7 bIv {vi d^(pQp
iovxBy 6(iov d^ Ijpv mnktg ixnovg und E 160 bCv mit
iüpQp' iovxB *E%itkp,ovd xb X^o^ov xb statt des Plurals,
Ahrens pg. 12, 20. — E 660 xunnBöhfi^^ ilivffliv iot^
xoxB vinil'j0ntj so 1 Vind. und 1 Hose, und wenn wir dem
SchoL V Glauben schenken wollen auch Aristarch atatt iotocoxBg^
Ahrens pg. 30. Doch dürfte hier eine Nanwoaverwechselung statt«
gefunden haben und ^^(Ettfro^avi}^ alall W^<yt»cp%o^ zu schreibeil
sein. Ebenso möchte ich Ahrena pg. 19 beistimmen, dasa i 176.
iovxBy ^ 814 ßdvxBj X 579 dwotfXB, S 840 neiovxB anstatt
der entsprechenden Pluralformen geschrieben werden musa. —
S 878 yfi^öBL %ifo^>uvivxB avd moXifioiO fBffWQag^ 80
schrieb Aristarch nach SchoL AV, nach Schol. BL nQo^avBC^Uy
welche Dualform bei Homer sonst nicht nachweisbar ist, Zeno-
dot und Herodian sc^fOfpavBCöag und ersterer dazu iitmv ig
dovjtov dxovxavj sowohl wegen der Vernachlässigung dea
Digamma, als wegen der Verkürzung der langen Endsilbe ag
unstatthaft. Hier ist es deutlich zu ersehen, dass ttuf geändert
wurde, um den Hiatus wegzuschaffen. Nach dem, was ich «Di*
dymm etc.'' S. 7 bemerkt habe, ist es nicht ünwahrsoheinlicfay
dass Aristarck in der ersten Recension mit Ariatopbanes nfo^
q)avivxBj in der zweiten iCQOfpavBCaa achrieb. — A 262 haben
alle Handschrifiai den Plural ^ doch dürfte es nicht zu gewagt
sein den Dual zit setzen: tv^* 'Avx^vofog vIb v%* 'AtQ&tiy
ßBtöxXij^ xaxfbOP dvaxl^ßavxB idvv d6\uyy "Atiog Bt6BK
«^ A 628 dg nXtßhf^ iA^ovxs üA pfA^tf^fiC& ^mMi^m^
7€4 Ober Hiatus u* Elision ele. bei Homer, v. J. La itarAe.
Blatt il^ovtigy vorher geht der Dual Ctdvts. — ^767 v&i
di t' Ivdov iovxB iya xal itog *OdvMBvg stall iowsg. —
üf 127 v^iuoif iv dh xvl^6i dv aviifs €Vfav agtcxm^
80 schrieben Zenodot und Aristophanes , den Plural ako Ari-
atarch, da sonst Didymus es nicht unerwähnt gelassen hatte;
ebenso ist zu schreiben 185 &g Sfa td xsi(fi66t xsxoi^ots
fjäh ßCKiipw und 158 laotöiv uttOvxßQ^e ubtcoi^otb iqdi
ßCfiq>iVj vgl Ahrens pg. 80. Wenn wir aber üf 145, 146, 148
den Dual haben, so kann er 149 nur deshalb in den Plural ge-
ändert sein, damit der Hiatus entfernt werde, dort ist za schrei-
ben XQVfiv^v ixtdiivovtSj vjtal di t$ KOfixog odovxm»
yiyvstm, Ahrens pg. 12. — AT 422 iiitQ* iv x^qöIv ixovte
iMiivvp iv dffovgji^ statt ixovtsgy vorher geht dv' dvipe
dfiQidaa^ov und nachher folgt ebenfalls der Dual iifC^rgtov^
Ahrens pg. 19. — P 108 «ffi^o %* aitig lovxs iiunvifiul-
fLS^a xcfpfii}^, so Zenodot, andere, darunter gewiss auch An-
starch iovtsg^ Ahrens pg. 12. — P720 hov diifiov ixovtSy
oumvvfioi, ot to xd(fog xbq^ da Aristophanes 721 lUvovrs für
lUvovtsg schrieb, so dQrfte er auch im vorhergehenden Vers
den iDual beibehalten haben, vgl. Ahrens pg. 15, 19. — 0 288
XBiffl dh x^^Q^ laßovts iniöraöavto ixB06iv^ für Xaßov^
Tfg, vorher geht lovts und iixvfjvj Ahrens pg. 19. -^-^ 3? 158
Offwitivav afivdig. ivo i* dvi(fs ^oj' dgi^ta statt des
Plurals, darauf folgt awttijv iisfucmtSj Ahrens pg. 81. —
V 689 xlfjd'st ngoö^s ßalovtSj dyaöCaiiivm xbqI
vixfig^ nach Schol. A schrieben einige für dyaö^dfisvoi den
Dual, dadurch dürfte denn auch die Änderung von ßaXdvxsg
gerechtfertigt erscheinen, Ahrens pg. 19. — ff 59 i^iö^v
oQviötv ioixots alyvmotöiv^ und 256 avv ^' ixeöov^
ketovöiv ioixots dfiofpdyoiiStVj statt iüixotsg^ vgl. Ahrens
pg. 80, doch halte ich beide Stellen für nicht ursprünglich.
Dies sind die Stellen, an denen der Plural den ursprüng-
lichen Dual verdrängt hat: sie sind hier nur kurz berührt wor-
den, da Ahrens über diese Fälle ausführlich gehandelt hat Das
umgekehrte Verfahren, den Plural in den Dual zu verwandeln,
findet sish ungleich seltener angewandt und nur bei einzelnen
Verbalformen :
F 279 dvd'ifdxovg tCvv^^B^ o tCg x' ixioQxav
6ii6ö6jj^ so ist zu schreiben statt tiwöd'ov^ welches Aristarch
auf Aides und Persephone bezog; doch ist der Dual uner-
klärlich und auch im folgenden steht der Plural. — Hym« II,
823 Big o X8 jrcSpoi/ Zxijöd'Sy Zv* i^BXB ntova vt/ov^ für
txfi6^ov] hier ist der Dual noch weniger zu rechtfertigen und
auch sonsi steht überall der Plural. — W 485 äBVfo wv igf
TQ^nodog XBQ&ddfiB^a i^h lißrfcog^ so ist zu schreiben statt
der ungewöhnlichen Dualform XBQiddfLB^ovj vgl. Ahrens pg« 81 • —
F459 ixdoTB xal nn^v dxotivstB fjv xiv' /oixbvj so bt
über Hiatus u. Elision etc. bei Homer,, v. J. La Bocke. 765
zu schreiben statt dnotivitov^ welches Zenodol, und änoti'^
vi(i€Vy welches Aristarch setzte, vgl. meine Anzeige des Bekker%
sehen Homers in dieser Zeitschrift 1860, S. 535 f. Ahrenspg. 81.
— 0 186 vvv /iot T^v Hoiitdfjv axotlvBXB^ ijv ^aXa
Ttokkiqv für ittoxCvBxov^ im vorhergehenden Verse werden vier
Rosse erwähnt und es ist kein Grund vorhanden, blols diesen
einzigen Vers für eingeschoben zu halten, sondern die ganze
Stelle ist unecht, auch 191 dürfte vielleicht der Plural herzu*
stellen sein, 3^414 steht indes der Dual mit Recht von dem
Zweigespann. — @ 508 doQna d* iq>on kiöo fieö^a* itaQ
xakXitQixttg Txjtovg, dafür Zenodot iq>03cXiiecd'0v. — O 847
vtivölv isitö0£vs6^€y iav d' ivccga ßgoto^vraj dafür
liest man allgemein ini66€Vi6d'aLj vielleicht auch nicht mit Un-
recht. Das« aber Zenodot ixiööevea^ov schrieb, macht es
wahrscheinlich, dass die Pluralform des Imperativs die ursprüng-
liche Lesart gewesen ist. — £ 287 '^ ov nto xixoiffiiSd'a
ielfiivoi Ivdo^i nvgye^Vj dafür Zenodot xsxoQfiö^ov. Auch
^251 änderte Zenodot ncUöats in nai0atov\ ebenso scheini
die Schreibweise Zenodot's Z 112 und N 627 dem ursprüng-
lichen Texte näher zu stehen als unsere jetzigen Lesarten, die
wir Aristarch verdanken. — f;222 soll Zenodot geschrieben haben
v(i€ts d* otQvveö^s £[1^ i^ot q>aiV0fidv7iq>iVy Aristarch nach
Aristonicus (vgl. Did. S. 24) otQvviö^ai'^ dies^ Angabe aber
ist entschieden falsch, denn Zenodot schrieb otQvvsa^ov ^ oder
er ist sich nicht consequent geblieben, was wir nicht berechtigt
sind anzunehmen. Es gibt noch andere Stellen, an denen durch
Verwandelung des Duals in den Plural Hiatus entstünde, z. B.
q>86, 87; P444, 452, doch da keine zwingenden Gründe vor-
liegen, so wäre ein solches Vorgehen im höchsten Grade un-
wissenschaftlich, wobei zugestanden werden muss, dass das «bis
hierher und nicht weiter^ bei solchen Untersuchungen schwer
festzustellen ist. Noch bleibt eine Stelle übrig, wo die Ande«^
rung unbedenklich erscheint, nämlich T 205 v^istg d' ig ^po-.
Tvv 6tQVVB%€. 17 r' av lyays ^ statt ozfvvstov^ wacher-
Dual sich zwar noch erklären lässt, wenn man Agamemnon
und Odysseus darunter versteht, aber V. 200 steht der Plural
Oq)Hl€TB.
Zu weit würde man ebenfalls gehen, wenn man dem Hiatua
zu Liebe andern wollte jr82 xofiiööov in xofuis^ £658, 2^171
iicäfivvov in ixdfivvSj O 875 Siivvov in afivve., Z 840,
T 142 inifisivov in ini(Ai^v6, obgleich ähnliche Änderungen
sich nachweisen lassen, vgl. auch /3118.
/) 45 dXX* ifiov avtov XQBtog^ o fioi xaxä IfixsöBV:
otxp öoiäj so schrieb Arislophanes und nur auf diese Weise
lasst sich öoid erklären. Dass Aristarch xaxov schrieb, er-
sehen wir aus Schol. E. Harl. ^AQtötaQXog to äoia dvrl toV'
äiXtSg. Schol. E zu 46 doui' 6 (ihv T^pufroqxiciniv^ mi.'w.Ä«^^
Zeitschrift f. d. 5tterr. Q^moat. IMG. \, Uctt. ^\
fM Oiicr Uiabis u. Elision etc. bei llomcr, v. / l» tioeke.
n^&wTtxtig yffätpsh ist auf 45 zo l>ezielien und naxiSg in
xaxa zu ändern , denn die übrigen schreiben ja auch 9oid (cv
KOicdig)*
An einigen SteHen (vgl. Abrena p. 22) ist der PIvral ar^o-
tiata in den Singular geändert MrDrden, offenbar uub keiae«
anderen Grunde, als weil man den Hia4us unstatthaft fand, vml
es ist zu schreiben: u 462 oroi^ ors »Qcit^örm iX^xen
%ax(flöa yatav. v 60 ^AfftB^ktii nifvitiöra AuWlcrvo dta
fvvaixäv. % 491 ^VQ vvv [lo^ n gciri^TX ivl ^yaffouti
yspüd'99. Auf diese Weist Terachwiadet das adverbiale irpo-
tiOtoVy ebenso wie ndftaeQwtop. Auch X 29& iat nicbl mit
Arislarch n^mov.nsQ zu schreiben, sondern ^oi^ ota mpm^
tiöta ifkiayi6%7nv €fik6trixv. Jedoch dfirfen | 820^ g 44S,
17 6^6 nQdxitxog und sr^arnter^» nicht in XQwtiöx« geändert
werden, ygl. x 447, B 228. — XQtSxov steht noch ai eini-
gen Stellen Yor der Casur des dritten Fufses, vor einem voca-
lisch anlautenden Worte, so x 104, 188; ^214; A 80, 819;
T 158, doch ist dies allein kein hinreichender Gmnd zur
Änderung.
n 169 danxovöiir näöiv ii xaifijta aüfutri^ 9)04ifa,
so ist zu schreiben statt des Singulars xagijtov^ der gramma-
tisch nicht zu rechtfertigen isV. — W 687 dXX' uye dij ot
diS\uv did-lia^ tog ixuixig^ ikvxsQa, so änderte Ahrens
hiat. pg. 82 mit Recht für aVMtoi/, vgl. VHS. — 27 128
val ö^ xavxa ys^ xixvov^ ixi^xv^iw ov xaxov iiSxiv Ahrems
pg. 83 für ixi^xvfLOV. — / 398 lud-a di fiot fuiia xolXa
iniaövxo d^iiog dyiivag statt nokXov Ahrens pg. 22, denn
Homer gebraucht in dieser Weise nur iidXa xoXXa und nicht
den Singular. — £ 196 fiij xt xoX(o6d(i6vog ^^g xaxa vlag
*A%aLäv^ so ist statt xaxov zu schreiben, da sonst immer bd
^il(o der Plural xaxa steht T 854; ^31; A 370; ß 72, vgl.
auch r361; £175; 77424, gleichfalls ist der Singular jworoV
in den Plural zu andern tf 15 dam6vi\ ovxb xi ös -i^tai xaxa
ovt ayoQeva.
if 252, X 640 könnte man den Plural iiByä(fOijg in den Sin-
gular (leyaQp ändern, noihwendig ist es jedoch nicht.
^242 ^Agystoi, lo^oQoi, iXiyxBa^ ov vv öißsö^s,
wofür Aristarch iXayxhg setzte, vgLDidymus zu£787, ebenso
mus8 i2 289 geschrieben werden Iqqbxb X&ßtfxi^QBg^ iUyx^a*
ov vv xal viUv^ vgl. £787; ^228, ferner JI 285 ; ßMO;
Theog. 26 und Ahrens, hiat. pg. 83.
Auch die Casus wurden verwechseil, namentlich Genetiv
und Accusativ, seltener der Dativ.
F 198 fietcDV [ilv xsq>aX7J ^Ayaiiiiivovog 'AxQetiao^
dafür setzte Aristarch den grammatisch ebenso gut zulässigen
Beziehungs-Accusativ x£q>aXi]v j aber gerade dieser Umstand
spricht dafür, dass XBq>aXfi die ursprüngliche Leseart ist. — A 480
Ober Hiatus u. Eliskm etc. bei Homer, v. J. La Rocke, Wi
t^v ^a ßiy aixovta iictivQmv' caitaQ 'OdtMOfösv^ und
d 646 iy 6e ßijj adxovta ditnv^ v^m (^Haivav: so nmss
geschrieben werden statt dixovxog^ Tgl. Ahrens pg. 21, da
ßttf^ zLvog "wider Willen Jemandes' erst spätere Ausdrucksweise
ist, wofür Homer andere Wendungen gebraucht Vgl. a 408
[i'q yaff o y* H^oi dv^Q 5g tlg a* (für </«) äixovxa
ßiij^iv xt^fMct* dnoQQaCtssu H l%7 ov yuQ zCg fi8 ßi^
ya inmv dixovta ä2iirai. O ISß st fi' Oftoriflov iovtu
ßijl uiuovta ua^il^Bi. N672 llldsiv ovk iftiXovxa
ßiy diiacepTsg Sy&vö^v.
i 102 otri 4' 'jii/vs{iig d6& mkz* ovfsa io%ica4^a sfatl
ovfBog^ nach Seh. Hari., welches hinzufügl o xsq a^ewov^
vgL Ahrens pg. Sl« — Sl^l ^dawto ih i^iv^ inazov d'v^d*
votg dfafvücj so Aristarcfa statt ißivf^v. — IT 414 vmta nu--
Qtttööovta^ S^t iaötfjifog ox^^S^ so ist zu schreiben statt
des Arislarchischen Tco^fdtööoptog^ vgl. Ahrens hial. pg. 21. —
ff 428 vBK(fovg xvQxaSy ixsvrjvsov dxvv^uvoi x^q^ $o
schrieb Zenodot, statt dessen Aristarch xvgxat^g-^ ersteres von
Didymus für %a^iötiQov erklart. — 9^ 864 lexx'i ^triifivft^
d^öBv xoda^ ^g Sq* dvdyii^ so Sehol. A, derVcnetus nodog.
27385,424 ttma Sin tavvxsxis txdvug ^fiiteffov
dä^ so Yen. AB, Sknodot Sivig tavwenlog. -— 0 420 oq>^
idygj rXavxdixi, ot^ äv iffi not gl {Mxqat haben der Ye-
netiis und einige Handschriften, andere riavxäxis. — ji 671
schrieb Aristarch dfifpl ßoffXmifiy^ or^ iym xtavov *Itv^
fiov^a^ andere ßoijJUuJ^jig.
JE $9S fcaixev d^ Tcdha ijad-a ivi^eqog OvQotvimvwVj
dafür Spitzner aus dem Venetos if<Tdag, eine «benso verwerfliche
Form wie oldmgy wenn Aristarch viftßfog geschrieben hat, so
ist wohl Heyne^s Yermufhung richtig, dass er ijif^d ys viifts^
(fog in sanem Text gehabt habe.
E 899 äg q>dto xal IIcuijov' dvüiyBi iijöaö^aij so
auch der Venetus, Bustath. avmyev. Aristarch wird wol dvvi-
yeip geschrieben haben, vgL Z170, £661 und (f 869, wo zu
schreiben ist €vd'* 6 dadsmv^xsi^ 6 d' ijtavaxo ^etog
doidogj ebenso ;S 412 öt^&og ßsßXifxei vxiQ Svtvyog^
wozu Didymus bemerkt, dass Aristarch ßsßkiixHj Zenodot und
Aristophanes ßsßXijxsiv geschrieben hätten, wenn das Scholion
nicht vielmehr zu ändern ist ovtag i^co tov v ßsßXjxet xal
avBV TOV B Z7]v6dotog xal ^AQLaxofpdvqg* övv xä v ßsßlij^
0887 ^vv d^ ixsöov f^sydi^ ofidd^j ßO^X^ 9* ^v^
^Bta xd'&Vj so die besten M^ mit Ansaahtte des Yen. A statt
Txccxdyfij Schol A and Enstath. ervifiUinen beide LaBarten. —
M382 x^^^ Y^ ^V ^^^99 ^X^^ dv^if ovdi li^X* igßtSp^ so
aC xoLvoxsifaij Aristarch xßff^^' df^^xi^fj^g ixot und Yen. 6^
der Ytn. A falsch ixi^xi viQoi,,
798 Ober Hiatus u. Elision etc. bei Homer, v. / La Roehe^
S 228 (indijött^a d* ineixa iä iyxdt^sro xokna^ dafür
nach Schol. A Aristarch ft^cTf}, welche Angabe mehr Glauben
verdient als die des Schol. V, wonach Zenodot ^i^iö^j Aristarch
£j9 geschrieben haben soll: doch ii^t nicht mit Bekker ^£p,
sondern i^tp zu schreiben mit euphonischem f wie ij:dXdoiua
n. a. — 77228 ^x* inl vriog lovti iv fcX^aaCa xixmvavj
nach Zenodot und Aristophanes , dafür Aristarch aysa^cu. —
£ 89 Ivd'* ag* it^v FXavxfi rs "AXblu ts Kviiodonvi re
Aristarch, andere 0äX€ia. — £571 i)(fvstag r' iviaovxo
^Agaid'VQiijv r' iQcctsivijv^ dafür Zenodot IlaQai^vgiriv. —
F244 iv Aaxsöa^iiovL av^t i^g iv xtngidi yaiy^ so Zenodot
für q>(Xi] iv ncct(fidi* — 3^180 navxa yccQ fjdti toi zsts^
Xiöfidva ßöxsQ vniötfiv^ nach Schol. A für %BXim xa
näpoi^ev vxiörijv, — B 144 xivij&fj d' ayoif^ mg «vfuera
(laxgä ^aXdööfjg Aristarch und Eustathius, Zenodot, dem die
meisten neueren Herausgeber gefolgt sind, 9^ xvfiata. — Xl97
ot;d^ öi y* i^Qiyivsitt ax' iixsdvoio ^odcov^ nach Schol. V
zu T 1 statt naQ\ — fi 297 EvqvXox\ 17 (idXa dif fia ßia^Bze
olov iovxa: diese Lesart ergibt sich von selbst, wenn man
die heutige Yulgata ßtdiere fiovvov iovxa und die Schreibweise
Zenodot's ßiatsöQ'* olov iovxa zusammenstellt. — V 600 mg
aQaöoij MeviXae^ ivl q>(fB6l d'VfjLog Idv^ statt i^axd q>Q€6{:
für diese Änderung sprechen eine grofse Anzahl von Stellen, be*
sonders .Q 821, o 165. Ferner ist fiexd nach der Casur des
dritten Fufses in ivi zu ändern 2:463; d 825 ; x488; A 428
(vgl. 454, Jt74); v 862; ä 436; cd 876, 435. — x 110 schrieb
Aristarch oöxig xcSvd* strj ßaöiXevg Tcal xotötv dvdööoi^
Schol. Harl. i^d' oüiv^ dafür dürfte zu schreiben sein ocal oUfiv
dvdo6ov, — r 221 ilo%og ^Agysiav XBtpaXriv xal svQsag
£(iovg, dafür Aristophanes und Aristarch xstpaii^v xe xaL
Aus den hier angeführten Stellen ergibt sich, dass die drei
grofsen Alexandrinischen Kritiker den Text der Homerischen Ge-
dichte bald mehr bald minder geändert haben, um den Hiatus
zu entfernen, bald wieder denselben beibehielten: eine Conse-
quenz lässt sich nicht wahrnehmen ^ doch scheinen sich Zenodot
und Aristophanes, namentlich letzterer, getreuer an die Ober-
lieferung gehalten zu haben als Aristarch.
C. Elision.
Dass die Elision dem Versende und somit auch jedem Vers-
abschnitte vnderstrebt, ist oben gesagt worden, man sollte sie
deshalb weder in der Cäsur des dritten Fulses noch in der bu-
kolischen Diaerese erwarten, am wenigsten an beiden Versab-
schnitten zugleich, wie z. B. ^ 808, £841; wenn sie sich nun
dessenungeachtet sehr häufig findet, so ist damit noch keines-
wegs erwiesen, dass sie auch an allen diesen Stellen Ursprung-
über HUlos tu EUsIod elc. bei Homer, v. J, La Rocke. 769
lieh gewesen ist. Sie überall zu verbannen isl nicht möglich^
da eine Menge von Stellen jedem Emendationsversucbe wider-
steht, auch nicht nothwendig, da der Vers den einen oder den
anderen Abschnitt nicht dringend erfordert; aber es gibt Stellen,
die zu der Annahme berechtigen und so zu sagen auffordern,
dass hier durch Elision der ursprüngliche Hiatus beseitigt wurde,
und worüber die beim Digamma angeführten Beispiele jeden
Zweifel heben. Die Mittel zur Entfernung des Hiatus sind die-
selben wie die beim Digamma angewandten.
1. Man geizte den Plural elaU des Singulare:
^259 fiVfj^t^Qsg d* ig itofia töav ^sü>v *Odva^og
statt d(6fAar\ vgl. Sl 166; ß 268; Q 479; ((^428; cd 188. Die
übrigen Stellen, an welchen statt ddfiat* das ursprüngliche
ddfia wiederherzustellen sein dürfte, sind: /} 288, 881, 394;
d 621, 720, 799; t 60; 17 82; x 646; o 238, 813, 388, 429,
489; 9 176, 230, 402, 681; 0 314, 417; t 194; v 162, 248^
298, 326, 381 ; x%2', a 183, 271 ; Z313; 77 190. Es bleiben
noch zwei Stellen: y i27 ol d^ aXiot fidvez' avtov [dolXdsgj
BtTtaxs d' atöm dfiaygöiv xata dcifiat*] dyaxlvta iatxa
nivBö^at,^ hier dürfte es gerathener sein mit Grashof, Hausge-
räthe S. 4, Anm. 4, das eingeklammerte für unecht zu erklären,
als iäi^a für idfiat zu setzen, auch ist das Digamma bei
stnaxs vernachlässigt. Die andere Stelle ist £ 381 17 Av^' i^i^u
nQog dcoftar'' iyd di iiiv äfLq>ayanatov y dazu Schol. ygä-
q>ara& ^Jfiov XQog ifradftoV,'» der deutlichste Beweis, dass die
ursprüngliche Lesart ifAov xgog däfia war.
if 9 dürfte die Änderung xijdBöxov Tcal xr^fia idov
ßioavxo XB natda^XM xxfjfiat' nicht gerechtfertigt erscheinen:
der Hauptabschnitt des Verses ist hinter Idov.
if 226 vvv d* ixBl ijdfi öijitax* a(fiq>ifadiS xaxi"
iB^ag fällt schon die unnatürliche Länge des a vor xazikBl^ag
auf, ich schlage deshalb vor zu ändern tfigffAa a^MpQadifog oder
besser <T^/ia aQi^Qadlg sv xaxiXsiag. — TV 27 ^q d' iXdav
ixl xvf^a' Sxaile dh xijxe* vn* avxov für xvfiar', 9^ 61
aber möchte es etwas gewagt sein, statt des Plurals den Sin-
gular zu setzen iv xataQ^ ^ odi xvfka in* ijtovog xXv-
iBCxev.
Theog. 66 haben alle Mss. mit Ausnahme eines einzigen
iv d'aUjjg- igax^v dh diä öxo iita oööav [stöaij für öxo^iax*;
auch G. Hermann billigt den Singular. — Hes. Op. 777 ziehe
ich unbedingt den Singular, obwol er sich in keiner Hand-
schrift findet, dem Plural vor, rjj ydf xoi vbI v^fia aBQöi"
noxrfxog dgaivrig. A 226 darf aber oiifiax' i%(ov nicht in
oi^ika oder o66b geändert werden. Hes. Op. 626 ist zu schrei-
ben navxod'Bv^ oq>Q* t6xjl dvifiiov iisvog vyQov äivxov
statt taiio6% da vorher der Singular v^a geht.
Manchmal änderte man den Numerus nicht, nahm aber eine
tTD Ober Hialutf u. CUaioii etc. bei üomor» v. X Xa Roekä^
lingere disionsfUiige Worlform, sO y 92;^ 802', S 4&7 vov^
vfxa f/vy T(K tf0 YovvatKiivo(Atti^ at % ^ik^^a slaU
yovvax\ dock ist hier die Äaderung nicht 80 nothwendig, da
die bukolische Diaerese den Hauptversabschnitt bildet^ wie auch
a 449; i} 147, wol aber an den drei anderen Stellen: tf SI2
VIDI/ d' atiroi; Itiro yovvaj i(fp d* aga ^vfiov i^aXj^^sp.
H%7i ßkätIfB de ot fpCka yovva' od' vxrtog iis%awö&^
ui609 vvv oVoi mgl yovva i(iä cx'^öBO^ai, ^ji%atovg. —
ff 861 ofpQ* ttv ^dv HSV iovQU iv dgiKwi^öiv a^(^ und
X 260 avrip ixstd^ dovga dlswxvto ßvijötiJQGiv f&r dovQat\
^809 £g aga nvxvm ««^i}i/a vq>* "Extoifi ia^Lvaxo laov
für xaq^a&\
2. Man foerwechseite die Tempora , meiaiens den Aoriel
mU dem Imperfectum.
/S416; y\% av (ixy d' a(fa Tr}kifi,axog miog /S^, ^p%B
d* *A^vii für ßatv\ welches Inperfect hier durchaus unstatt-
haft ist, da das Ein- und Aussteigen etwas momentanes »t,
dem jeder Gedanke an eine Dauer ferne liegt , während das da-
mit gleichzeitige Vorangthen d^ Göttin nur durch das Imper-
fect ausgedruckt werden kann, auch y 9 steht ix d' ißav. —
IT 206; ^85 fo$ q>ayLBviq »atißij vnaQma für nax£ßaiv\
auch hier kann an keine Dauer gedacht werden, vgL damit
Z288; AI91; o99; «880; /3 887, wo überall die Aeriatforre
iMxsßi^OBto steht. ^ — 0 802; x 600 ^ (t^i^ inBix* avißf^
VTtSQma statt dveßatv\ wie ^ 1 dveßijosxo^ vgl. ^ 497;
V 132, 852; y 481; doch steht auch das Imperfect d 760;
X 142, vgL ^ 492; o 145, 190.
.^ 71 xal tnjsöö' qy^Tro WxaecJv "ßtov «Afoi anslalt
ijyijöttx^] doch ist hier der Aorist grammatisch recht gut zu-
lässig und der Hauptabschnitt des Verses vor ''IXiOv. — Af lOl
2k(QXijScaiv d* fjystxo dyccx^eixtov imxovgavy so auch Ah-
rens für das grammatisch unzulässige i^^ijVar'; auch vorher
gehen lauter Imperfecte, vgl* 88» 91, 93, 98. — O lli ^i^
vvv iiQv vsiABöäxs ^OXvfinia öciiiax^ i^ovxsg für vbiae-
0ijöBx\ — P4 /J^ für ßatv' und O 596 »pftaro für wQfA^-
öax* zu schreiben, halte ich für unstatthaft.
Es bleibt noch ein Fall zu erwähnen, in welchem zwar
das Tempus nicht geändert ist, wol aber die Wortform, dies in
dem fünfmal vorkommenden Verse xotöc dh xal iiBXBBtq>* Ce^fi
tg TijXBfidxoio ß 409; 6 60, 405; g> 101, 130; dafür ist
lABXBtpij ZU schreiben, welches Aoristbedeutung hat: /i^rifig)'
kcmmt weiter nicht vor.
3. State eines einfachen Wortes ^ meist Verbume, nahm
man ein Compositum und elidierte den Endvocal des vorher^
gehenden Wortes,
Z 865 xal ycLQ iyd oIxovSb Hbvöo p^cci otpQct,
iSafiai, für olxovä* iöBlBvöop^av ^ vgl. Ahrens hiat. pg. 22
Ober Hiaias u. EUaiou tU. Lei Uomer> v. J. Uk fißcMi, 771
Kayser Progr. Sagan 1857. pg« II. So haben auch Codd. Cant
Harl 2 Vratt« Yen. und hn tips., den allen Ausgaben und Eu*
slath. fehlt ebenfalls die Präposition. Danach ist auch zu andern
a 88 avraQ iyav ^I&äxr^vde iXsvito(j^ui^ Sg>(fa ot vUv
statt ^I^dxfiv iüsXswsofAat ^ oder wie der Harl. hat 'I^axfivd\
vgl. Schol. Harl. yg, xal %iaQlg %ov äs ^I^ax-qv iaeXavcoiuci,
— p 52 schrieb Arislophanes nach Seh. BarL avtäg iymv ayo--
Qfjvds ikivöofia^y oq>Qcc xalüöa für dyoif^v i^sksvao"
fioi. A 169 schwankt die Leseart zwischen O^iriv und4^^i^i/d'
und wir werden unten sehen, dass O^ifivds ImbI das richtige
ist, zugleich sei auch bemerkt, dass Si 764 nicht TQotf^\
sondern TqüCtiv zu schreiben ist.
/3I03; 01138 dürfte wahrscheinlich ebenfalls der Hiatus
ursprünglich gewesen sein äg iq>a^\ fjfitv ö* avte imC-*
&8T0 ^vfiog iy^viOQ statt avr* inBieei^exo ^ r 148 toloiv
dl ineC^BTO für #' insneC^sto^ ebenso x466, 500; ft28, 324
und X 406, 475 coV i^^«^' avtag ifioi ye iuil%B%Q %v^6g
ayijvwQ statt ifioi y ' ixaxst^ito : hier wäre auch i^ol iut^
xfi^sto denkbar.
y 371 mg &(fa q>c9vijöa6iic ißfi yXavxtSms 'A^vij
statt ^Qivrfiaö* duifitj^ ebenso a 319; ( 41 ; 17 78; o 43, 454;
^428; 27 202; 3^212; ferner £l83; ^426; ji 210; £1 188
^ (liv UQ^ £g Bixovöa ißij vXavxmmg 'A&ijvfi für Bixov^'
dnißfj^ E 352 äg iq>a^\ ij d dXvovöa ißfjöBtOy xst"
IfBto ö* alväg für dXvovö' dscB&ijöBto und Ä 694 'Ep(iBiag
Hhv SxBvta ißf] XQog fMrx(N>v vAvfiflToi/ für ixBit^ dxißfj.
6 197 ^ ftlv Sq' äg igla^a ißijösto für Iq^oö* dxBßfi"
öBTO und iff 1 y(^vg Ö* Big v%BQ^a ißij€Bto für vxbq^'
dvBßijöBro. Hynu IV, 129 dd'avdton/ furd g>vXa Ißfi für
q>vl* dnißri. Hes. Fragm. 174, 4 ''Iq>i,xXog d* inl vmta
ifiaiBto für ixl vciz* IxBiuzlBto^ welches ebenso pleonastisch
wäre wie olxovd* iöBlBvöoiiai. 0 254; £ 629 og ^ 'Ttcbqti^
öifivÖB ivdööaro für ^ TxBiyrfiCrivd* dxBvdwftto ^ daa
Compositum findet sich weiter nicht, wol aber S 119 das Sim-
plex vdöd^.
X 297 Svd'a 6v ii^xit* i^Btta dvi^vaö^at d'sov
BVV1JV für ln$ir* dxatnjvaa&M. — Hym. 11, 184 q>oiv6v
dxozvB^ovöa* 6 d' fiviaxo Ootßog ^AicoXkfav für a^ro-
tcvbCovö*' 6 d' inijviato»
r 277; A 109; ^ 828 'ff^Atog, Sg ndvx' itpoQa xal
stdvt* ixaxovBt in xavta 6q§ zu ändern, dürfte nicht mehr
rathsam sein.
X 9SZ noQtpvQBa xad'vHBQ&Bj ivBQ^B dh Xtd"* vni"
ßaXXiv , so muss geändert werden statt des pleonastischen xa-
^vXB(f»\ vTcivBQ&B Öl Ar»' vxißaljiBv. — Scut. 347 xäv
LJtxoi fiBv ixBita ivavtioi aXXijloi6iv für iicBi,^^ vxb^
77i Ober Hiatus u. Elision etc. bei Homer, v. y. £a Böcke.
vavxlQ%\ die Präposition steht hier ganz bedeutungslos und
könnte nur sehr künstlich erklärt werden«
4* Der Hiatus wurde entferni^ indem man ParliMn
%U9et%U^ die dann elidieri wurden^ namentlich di^ vd^ yi
und agcc^ vgl. tf 896 o dh foivo%6ov ßäXs x^^9^ für tf'
Sq* olvo%6ov.
i 451 laxQBfpiag^ ndöag dl in^x^ro^ Xixxo d*
d^i^HOv für ** &q' inpxero. — s 225 Sg igxtt*, ijäXiog ii
Idv xal inl Hvi(pag uMev für d' Sq* Idv. — £456 iv
^topta ts (tvdg ra, o *' axvsvöTog xal avavdog fSr
^ig ^% 6 8' ag' Snvevatogj vgl. Ahrens pg. 23. — d>450
ig f' döttfiivd'ov ßdvra^ 6 a dönaölag tde ^^(ip für
ßavd'^j 6 d' Sq* döxadiag. — (i 411 slg avxXov nav ixvvxoy
6 dl XQviivjj ivl vrii für %ttrixvvd'\ 6 d' aQa XQviivg^ —
9r.85l ov it(o näv siprito ox* ^AyLtpCvoyiog tds vija für
sJ^ijd'* or* Sq* 'j^fifpivofiog^ vgl. Ahrens pg. 23. — v 57
Xv{fi(idXijg , Sloxog dh iniyQsro xedvä Idvta für d' Sq*
iuivQBxo» — £886 x^^'Q^ xdXiv iQvöaaa^ 6 d* iiLfianiag
dnoQOvöB für igvöM^ od* Sq* ififiaxicDg. — Z 10 (!) ^
ih liexdnci xijie^ adQfjoe dh oöxiov stöo) für n^gt^öe d*
Sq* oCxiov. — if 188 ifcoi vniöxe^e x^^Q^y o d* SikßaXev
Syxf' nuQaöxdg für j^ffp', o d* Sq* iiißaXev. — O 251 ot d*
ag ovv ij:Cd ovxo ox* ix ^log ijivd'sv oQvig für sCdinfd'*
ox* So* ix. — iy^I92 0(iBQdakiG) xsxdkvnxo^ o d* döui-
dog ofJLfpaXdv ovvcc für xsxdXvg)d'*j 6 d* Sq* dcnCdog. —
C^ 246 BtöQi ndo* iQiXovöa^ 6 d* ix divijg dvoQov^ag
für iQvitovö*^ 6 d* Sq* ix. — Z 426 x^v iicBl fryay e dBVQf>
Sfi* SXXoiiSi xxBttXBöötv für ijiBl Sq* dsvQ* iqyay* au.* dk-
JioiöL. — Hym. V, 20 '^y* okotpvQoyLivriv^ idxv^^ ^^ OQ&ia
q)G}vfj für d* Sq* oq^ux.
Besonders häuGg findet man x* und y* eingeschaltet: 1/814
avd'L [livav^ olxov dh iycj xal xx^fiaxa doir^v für di x*
iyd^ Ahrens pg. 23. — i/ 100 Ixto^bVj ävxoa^Bv dh Svbv
dB0(ioto fiivovöi^v für di x* SvbVj Ahrens pg. 23. — tff 246
Ad^Ttov xal Oa id-ovxa, oT *HcS nciXoi SyovöLv für
OaB^opd"*^ ot X* *HcS. — K 362 x^^QOv dv* vXiJBvxa ^ 6
dh 7iQo^iri<Si (iB^irjxcig für vXijsv^*, 6 di xs iCQQ^erjöt, Ahrens
pg. 23. — 27 106 iv »oA^ftp, dyoQjj dh dpLaivovig ei6L xai
SXXoi für dyoQy di x* d^sivovsg — Hym. II, 15 BVQifiBvaL
^avdxoio Sxog xal ytjgaog SXxaQ für ^avdzoio x Sxog.
— o 365 rg oitoi; itQBq)6in]v y oXCyov di fis ijöaov irC^a
für di xC ,tt' rj6iSov. — / 480 ig JlrjX^a Svaxxa^ oft£
nQOfpQcav vjtidaxxo für Svax^\ 6 di ft£, auch der Ven. hat
Svaxxa, Schol. A yQ. Svax^*-
/) 51 xäv dvdQ(Dv tpCXoi vlsg^ oT iv^dds bIöIv Sqiöxov
für ivd'ddB y^ BltsCv. — ^122 ^diy, dxaQ ^hv xovxo ivalöi-
(lov ovx iv6fi0Bv für rovro' y* ivalmyLOV. — x 285 avxov
Ober Hiatus u. Ellsioii etc. bei Homer, v. 7. La Roeie^ 773
voörijasiv^ fisvisig dh öv ivd'a XiQ Skloi für 6v y lv9'a. —
A 204 äg lq>at\ avtag iya id'sXov g>QB6l (isofJ^fiQC^ag ffir
iyd y' id'sXov^ — | 172 iX^oi^ oxmg fiiv iyto ibikca oud
nrjvsXoxBia für iyci y^ i^ikm. — o 100 ovTt olog^ S^a rp
^Elivri x£s xul Msyaniv^g für %^ y* 'EUvrjy besonders da
^EXivi] ursprünglich das Digamma hatte, Christ griech. Lautlehre
S. 235. — o 280 ov (ihv dif a' i^ikovxa andöm vrjog diöfig
für i^iXovta y' aTCciam. — x 263 iö^Xd toi rovta inaiivv-
Topf, xovg ayoQsvsig für rovrm y* ixaiivvtoQs ^ vielleicht ist
auch statt rovg zu schreiben o i;^. — q 9 xgiv y* avtov fia
tdijrai^ draQ tfol md' inixiXkm für ßoC y^ md* inixiklm. —
p 454 iD nojcoiy ovH aga tfol i%l Btdit tcccI tpgivsg tjöav für
6o£ y* inl. — r 215 vvv [ihv dif öev ^stvsoia nsiQijösa&ai
für ^Btvd y' oCm Ahrens pg. 24, Döderlein Emend. Hom. 1858,
p. 14 l^Btv h' 6C(o. — r 331 £(d^, axaQ xed'VBäxi ig>Brl;i6(ov-
xai aieavxBg für xB^vBmxC y* iq>B^$6(ovxtti, — ^296 öijfiaiv^
ov yctQ iyd Art aoi ns(0B6^at oica für iyd y* ht. — F 223
ovx av Snstx* 'Odva^t igiUöBis ßgoxog aXXog für 'Odvö^i y\
igtööBtB. — r 442 Ol; yaQ xd noxi f»' £dB iQag fpgivag
dfiq>BxdXvtl;BV für adi y' iQag^ Ahrens pg. 23. — F 458
ov (liv yaQ q)U6xijxi ixBV^avov bI tig tdovco für q>LX6xfixi
y* ixBv^avov; es liefse sich auch yB xsvtavov bessern, wenn
überhaupt yB nothwendig wäre. — E 303 TvdBtirig ^iya igyovy
o ov dvo avÖQB q>i(foiBv für ovo y* uvdQ. — Z 99 ovd*
^AxiXiia Ttod'* äöB idBCdiyLBv OQ%aii,ov dvigäv für ädi y*
iÖB^dtuBV^ auch yB dUdifiBv wäre möglich. — H 97 ^ (ilv
d^ Xaßri xdÖB iöfSBxat alvo^Bv alväg für xdÖB y iööBxm. —
Ml 6b ndyxv fidX\ ov yuQ iyd iq>d(iriv ^(foaag ^Axatovg fiSiT
iyd y' iipd^ifjVy wäre ys nothwendig, so müsste man mit
Bekker 2 iyd ys g>d[iriv schreiben. — iV 49 SXXy fihf ydf
iyd ov ÖBidia x^^9^9 ddnxovg für iyd y* ov ÖBlÖLa. —
Ä 107 vvv d* Btri og x^ööb d[iBivova fiijxiv iviönot für xiiööe
y* dfisivova. — P CO, 3? 196 tfi^if^ff, dXXd 6* iyd dvaxto-
QTJaavxa xjXBvm für iyd y* dvax(OQiiaavxa. — P 336 aiödg
fihv vvv ijds dfrittpiXcav vjc^ ^Ax'O^^dv für ^d« y* d(frn<p(^
X(Ov, — X 298 2ltit(poßov yd(f iyd ig)dfAriv ijQtoa nagstva^
für iyd y itpdfiriVy Bekfc 2 iyd yB g>dfiijv. — Hes. Op. 650
ov ydg nd noxe vrjl inSnXov Bvgsa %dvxov für vtii y*
iicenXfov. — Hym. I, 88 ßfDii,6g xal xifiBvog, xCöbl 8b «
ilox» für ai y' l^oxee-
B 112 xov vvv ö* ijvdyBt dTtoTtBiinifiBv oxxi xdxi^t»
für rjvdyBtv. — t 520 avxog d' at x* i^iXri lijösxai ovxs
xig aXXog für id'Blfjö' iijöBxaL. — Theog. ioOO xa{ #'^ ^
yff dfiri^Btöa 'lijöov^ xotfiSvi Xadv für äfiijd'BM* vn
'iTJiSovi. — f 160 und ^351 iv^a für ivd'dd^ zu schreiben,
dürfte etwas zu gewagt erscheinen , ebenso d 526 y' zu
streichen.
774 tlber Biatua u. EUskm eto, bei nmßx, v, J. Im ß0fitßk
Der Hiatus wurde auch dadurch entfernt, daas man scbos
Torhandene PiEurtikeln durch allerlei Zusätze erweiterte, so wurde
ixel 1} aua in^C^ uvxiif aus ixi^^ ov£ und oxi, aus 5 o* dgL
Albß Hc^fmv idvlij^avxo^ i^al^fuHa xoJUa fi^
ta^v für idtiXij(fixvx\ iml ij. — -rf ld9 vvv d' sliu^^ifivde^
ifcsl tfoAv q)iQX8(f6v iöxi für 9^Crivi\ inal 9, Arktarcb
schrieb 9%{riv. — A h^ wx avv& ^>9oi^iov<sa^ imsl
nolv q>i(fX8if6^ iö^i nt^^oviov€\ iael 1}. — K 567 ?««ov$
ioQ^^a^xo j ixBl 9foXv q>iqz9(Qoi iliiv Ixlt d4»Q^öa$x\
ixsl 1/i.^x 556 ofAA]7 anoxlCv^vxa^ iz^i ^ voi otiiofi
\)dv66ivg fär iuoTikivwt^y inA 19. — * 88 scovrov is
<;(^tiO£vra, ara^ #«aMKr|7 ixdfif^uav für ^x^^'^*^\ avt «y
Ahreos pg. 10, Ameis* ^-<- 9^694 ios JtXfiyclg aviMaXxo^
ixä Q iA8yddi}(iog ^EiCMiog für ivijc<iLkx\ ft^raV^hrens, Bekker 9.
— fi 189 tiiisv yiif TOi navxm oof' iv Tgo^y svgdxi für
Mt^' otf' A/^, vgl, Kayser Progr. Sagan 1857, pg. 13. —
V 180 Oaiipcsg xoC xig X9 if^fiig Si^i^i ysvidXng für idg
X0& ift^g Ameis. — v 814 xovxo d* iymv iv otda 5 |iai
'nä(fog iqxiti rjö^a für oli^ oxc fio^ — ^ 518 1} dii hdyuL
iifya S n ixfh}don^M iq>ii^si,g für fgy* oxs, Bekkarl 0
xi li\ — P2b ^g fjß^g äxopfjxo o fi' iSi/icto xai ^^
vicifLStvev für dnovn^* oxe. — A 687 iqyvoCi^sv {dQV0a
o o( övi^^ifdöffaxo ßovHag für iSovö* ort ol. — 4> 488 o^
öov ^SQxiQf} BlikCj o fiot iiivog avxiq)SQitsig für «fjft' ou
f«ot. — p 855 Kft^ oC nävta yivoixo 06a ^QUfi ^01
HBvoivä für yivot^* o66a.
Manchmal liefe sich auch der Hiatus ohne jede Ändeniog
entfernen, nur brachte man statt des einen statthaften einea un-
statthaften in den Vers; es ist also zu schreiben: »574 ofp&al-
ItotöL tdoixo ^ lv&* ^ Sv^a xCovxa für tdoix* y iv^\ da
die Länge des rj in der Thesis des dritten Fufses nicht gerecht-
fertigt ist, wol aber in der des vierten vor der bukolischen
Diaerese* — to 405 voörijiSavxd 06 devQo ij ayyskov oxgv-
vm^BV für dBVQ* fj. — A 21 rl vvv iri%"vv6vxa ^ wxb-
^v avxig iovxa für dtjd'vvovx' ^. In W 882 ist ebenfalls
die Elision zu entfernen und zu schreiben xai w nsv igt ara^-
XuWBv ^ ä(ig>iJQi6zov idijxsv für xagikaM* q, welche
Schreibweise aus der Vorliebe zur Cäsur nach der Arsia sich
erklären lässt.
5. Die übrigen Stellen, an denen durch Beseitigung der
Elision der Hiatus in sein Recht eintritt, sind etwa folgende:
^a 164 nivxBg X* dQfJ0ai.vxo ikaq)Q6TBQ0t xodag alvai
für aQifi6aCax\ — <y 248 riä^sv d atvvvxoj ixsl nsgisöö^
yvvavxäv für dcctvvax\ vgl. Sl 665 daivvxo. — B 492 -^vya-
xiQBg (iv'^0a Lvxo o0ol vtio^IXiov iJA-O-ov für (ivti0aiad'\ —
Z 60 H^ov i^UTC 6 Xo Lvxo dxijäs0xoi xal aq)avTO& für
iicc7toXoiax\ — // 65 totac ccqu OtC%Bg slvto *Axccif3v t«
Ober QiaiU9 u^ ElUion elc, bei Bfimef, v. /. Xd fi^äe^ 775
Tpcioi; T£ für atat\ — Hym. I, 152 os tot' inavtia0tti^
or* ^laovag u^qooi alsv für iTcnwiäöH** — % 85 o xvves^
ov [jt* ix* itpacQ'B vnoTQonov oCxaö* txiö^ai fixt ig)(ioxe^\
— Z 84 i^(i€tg fth/ ^davaotöv fiaxov fis^a ov^l fidvovtsg
für fiaxTiöofied'* \ die Form des Futurums fiaxovfiM findet sieb
bei Homer öfters, T %6 sogar conlrabiert. Auch JEf 291, 377,
396; 7 48 könnte man ändern. — 2 450 ivd"* avvdg fihv
insita avaCveto Xoiyov dfivvai für insir ' iqvalvixo ;
die Form ^vaCvsvo {i^vgv^eto bei Eustatb. u. a.) kommt weiter
nicht vor, ivaCvato aber Z585; A 647; ^^500; y 265 immer
an derselben Stelle des Yeri^es. — Hes. Op. 268 tuiI w trad',
al X* i^iXyj dmddQxsrat ovdi £ Xijd'ek für i^iXy(s\ —
Hym. I, 158 ^ d' Sga d'Ufißi^oaöa ogd^aro xsgalv
S(i^ aii<pa für d'a^ßijaM^ dgi^axp. — Hym. V. 203 nolXa
xaQaöxoint ov0a irgi^axo notvwv ayv^v für ««e*
QMxdmovc ' irfdifctto , in Betreff der Kurze der ersten Silbe
von ixQi^axo vgl. 3** 84, — JS 252 ^i^ xig>6ßovd* ayoQSVs.
ijcsl ovdi ei Tencdii^v otm für dyoQ€v\ so das« djtal ovSi
per gynize9iH ausgesprochen werden muss, wie öfters. — £731
xii dßals XQ^^^^' vxo tfi ivyov fjyayev "Hqi^ (üv XQv0€t\
— o 497 tdaeagag «fty* ^OSvcij^ l{ d* vUtg ol /lokioio
für '0öv6ii\ vgl. ir 136; O 889; ^ 884. — Hym- XXXII, 10
döövadvag nQotdgm dXdöij xaXlCxQvx'^g Xunovg für ngotd-'
<>a)<y% vgl. 1192, 199; 2;887; ?P'490; tf 36; « 91. — Theog.
69^ xuioiidvrjj Xäxs d* dfiwl nygl iidya aöKatog vXij für
y^yiX\ — le 425 avxoX d* oxqvvsö^s dfiol a^a xavxag
Sxfifd'cci^ so Ameis aus guten Mss. für 6xgvv969\ Iva /io*
d^n ndvxeg axri^^B^ vgl« Ahrens pg. 20.
i7455; @291; v 181 ä 7c6xo&^ dvvocCyuLB dQ^o^a-
vlg olov Ss^Tgeg für dvvQcfyai* £i;(>t;a^«t//ff, welches Epitheton
nur an diesen drei Stellen vorkommt, dQ^ad'sv^g dagegen 2V 54;
T355; 0 184; ^289, zwar immer als Attribut des Zeus,
doch kann dasselbe unbedenklich auch dem Poseidon gegeben
M'erden.
d382 cS^ dtpdfAfjv^ iq d' uvx^x^ dfia^ßito liefse sich
leicht andern in <xvx6 oder avxigy doch möchte ich ersteres
vorziehen nach Analogie von Versen wie a 178; 221,230, 806;
17 298,308; ^140, 400 und ähnlichen. Derselbe Vers findet sich
noch d 398, 471, 491, 554; ^ 272, 368; x 487, 503; ^145,180,
215,404,489,487; Hym. V, 146.
Schwerlich durfte aber das 37mal vorkommende Hemi-
siichion ixog v (tpax^ Ix r' ovoiaxtev sich ändern lassen in
inog <pdxo ix x^ ovoft^atBVj da das x$ nicht leicht zu ent-
behren ist. Auch P 101 '^ExxoQi ;i;<0(»if<yai/ira, o^ dx %66q>vv
TCoXBitClei für x^Q'^^^'^'^* ^^^^ zu schreiben, dürfte schon zu
weit gegangen sein.
Es gibt noch andere Stellen, an denen sich die Elision ent-
776 Ober Hiatus u. Elision etc! bei Homer; v. 7. La BiOCh§.
feroen lasst und entfernt i^erden muss, ohne dass sie in dei
Vers gebracht wurde, uni den Hiatus zu vertreiben, sondern
vielmehr aus dem Bestreben, der Cdsur in der Arsis vor der io
der Thesis den Vorzug zu geben, zu erklären ist. Dahin ge-
hören die Falle, wo das Augment nach dem Vorgange ^-
starchs in den Penthemimeres wegfallen muss, an welcher SteDe
es auch Bekker in seiner neuen Ausgabe überall gestrichen hat.
Demnach ist zu schreiben:
y 812, 895; i; 184, 228; a 427; 9 278; I 177 öxet^
TS nCov für r' Imovj so Aristarch, vgl. Didymus zu / 177. —
A 464; B 427; y 461 (ii^Qa xdti^ so Aristarch nach Didymns
zu ^464; £427 statt (i^q' ixäij. — J492; 3^607; d 95;
6 223; 6-155 xoXXa nd^ov^ so Aristarch statt 9roJi;i' Ixa^ov^
vgl. Did. zu 1492. — / 127 dC%a ßdto(isv für d^x' ^ßdio-
(iBV. — ^ d 259 Uya xmxvov; s 196 dh ti^n; e 295 tb 7ii6i\
i 171 KVfia q>6QH\ d' 470 ts vdfiov; X 628 iv^dda xiai^e;
fft 18 r£ xdfi; V 181 ^Odvttrja g>d(ii]v; q 826 (lotQa laßiv;
p 458 di %oXm6axo\ ip 488 xaXd ßdXsg-^ (»284 ys xiz^i
5 817, 826 tixva opay^; r76; fl 54 avts ^cr^; T 418 di
Xdß*; Theog. 680 ds rii/aWero, so auch 6. Hermann. — £20S
Squ (liXXov in der bukolischen Diaerese. — O 120 darf aber
nicht Ivtsa dvoato für Ivrs' idvöato geschrieben werden, da
sonst die Cäsur des dritten FuCses ganz verschwindet.
Die übrigen Stellen, die noch mit einiger Wahrscheinlich-
keit sich bessern lassen, sind folgende:
>^ 11 ovvBxa xov Xqvötiv iqrif^a(f€V dprjz^ga^ so
Bekker 2 für i}r^ftij(y' mit Aristarch, dem Venetus und dem Am-
brosianus* Die Leseart rixCuaöBV wird aufserdem noch doca-
mentiert durch Apoll, de Conj. pg. 505, 18. Bekker Anecd.
pg. 984, 18. Apoll, de Synt. pg. 66^ 26. Cram. Anecd. Par. III,
809, 1, wo zu schreiben ist i^r£(iaösv ix tov driggdto für
itifiriösvj wie pg. 117, 24 und Aristonicus zu ^340, wo eben-
falls ^vifiaösv für dtifiaö * gesetzt werden muss.
ri5i Oi ä' dg ovv sldov ^EXivriv ijcl nvgyov lovöav
für «Woi/^* und g 68 dXX' oXsd'\ (05 ofpsXsv 'EJLivtjg dxo
tpvXov oXiö^ai für ätpaXX^ denn 'EXivti hatte ursprünglich
das Digamma (Christ, gr. Lautlehre S. 285), welches bei Homer
noch5690; r829; H855; ®82; yf 869, 505 ; iV766; XlU;
^184; o 104, 106,123; ^218 in voller Geltung istundri2l,
171, 228, 888; 7 339; A 125; ^121, 180; o 100 wiederher-
gestellt werden muss, während die übrigen Stellen ^161, 177;
r458; d 19, 174; Z 292 ; H350; 7140, 282; T 82o; * 12;
X 487; 0 58; (»118 weder für noch gegen das Digamma
sprechen; in dem Eigennamen '^EXavog fordert keine Stelle das
Digamma.
E304; M449; r287 olov vvv ßgoxoC stöiv^ 6 Sl
^ia xdXXs xal olog für e/itr', 0 dd ^ivv ^ea, so auch M 883.
Ober Hiatas u. Elision etc. bei Homer» v. J, La Roche. 777
—- 9^642 ifijcsdov '^vioxsvsv^ 6 dh udöziyt xiksvev für
ilvi,6%Bv\ 6 d* aga. — B 342 uvtag yuQ iTCsoiv ifidai--
vofisv ovdi XV f^'^xog für yap J* ijtiaöö^ igidaivofisv. —
9212 ivd^a Ofpiag ixcxev vCog ^okCoio MsXavd'evg für
ixixccv\ — r71 daifiovii]^ tl fioi mg i7ii%Big xsxotfioti^ ^vfip
für ad' i%i%Bi,g^ ebenso ft 217 öol dl xvßsQvrjd'' äg im-
riXkofiai für ad* ixitdxkofiai. — r 865 dsiafidvij %BQ6lv
orß f^vv nQmtov xixB (JifjrriQ für %aCQB6ö* ote. — e 241 at;-
tccQ ijtsl dat^BV od'v divdQBa (laxQa XB(pvxBi für iTCBidij
dBt^' o^L. — H27S; P 630 xal vv xs dij llq>B0iv uv-
xo0%BdQv ovxdtovto für ^itphöo' avxocxBdov. — O 162 bI
dd ^01 ovx in Bö IV iniTCBiCBzai, dXX* dXoyi^öBi, für ixiBCO*
ixiXBCCBxai,.
O 823 forat xvfißoxotig^ 0x6 (iiv d-djtxaaiv W^aio^
so schrieb Grates, Aristarch xv(ißoxorjö' als infin. aor., welche
Leseart auch schon aus dem Grunde verivorfen werden muss,
weil sich kein einziges sicheres Beispiel einer Elision des ac in
den activen Endungen nachweisen lässt, yfrl Buttm. A* Spr*
$. SO, A. 5 mit der Note, Krüger Di. $. 12, 4, A. 4. Spitz-
ner Excurs. XIII^ pg. XXXIII, Lobeck ad Soph« Aiac. ]9I,
ad Phrynich. pg. 498, Matthiae Gramm. $.45,2. Thiersch
Gramm. $. 164, 2, A. 1.
£1 326 xfj 0 inC ot (i siiatog IXaö* lyx^t dtog W%U-
XBvg^ so Heyne für ftBfiatSx'. — JTSO %aAxoi; xb x9^^^^ ^*
djtoXv0o^BV ^ l0xi yä(f ivdov^ so nach Schol. A für dito-
Xvc6ftB%'\ doch dürfte die Änderung in dnoXvifonav vorzu-
ziehen sein, wie d 61 dBixvov naööaiidvm BlQijöofittt oZ
xivig ioxov für BtiftitfouBd'*. — v 183 ^c^^ovcr, xov d' Sxb-
Qov dx^f^ififaif' dnoTcifiXBi nach Schol. Find. Ol. ¥111,80 für
xov di X* d(fBCov\ — X 308 aXXoxs iilv täöiv ixBQijfiB-
Qoi^ ttXXoxB d* avxB für iciov6\ — 5 851 ot Kvvov x*
bIxov 'ÖTtoBvxd XB KaXXtaQov xb für x* ivd(iovx\ vgl. 600
oZ x' 'Ekaäy* bIxov r^d' "'TXtjv^ ebenso JJ 674, 686, 684, 685.
— o 72 lifov xot xaxov iöxi^v og ovx id'dXovxa viao^ai,
für iöd'* og X* ovx. — r840 &g stnmv XChbv avxovj
inBl du7ciq>QadB ndvxa für avx6^\ ebenso £1 707 äg i(pax^
ovdi xig avxov ivl nxoXat XlnBx dvi^Q. — Sl 648 schrieb
Aristarch nach Didymus al^a d* £qcc öxoqböuv doim Xixs*
iyxoviovöai^ dafür andere wahrscheinlich und mit Recht nv-
xLVov Xi%og nach Analogie von 1} 840. — £ H% schrieb
Zenodot xal ot ndvx* dyoQSvCat^ iyd d* ig ^axQov
^OXviinov^ die anderen dyo(fsvöax\ — 27 527 xm xiv fuv
na^iXaööBv ^ dfiw^Qiöxov I^xbv nach Zenodot, andere
fcagiXaöö' ovd* dfitpijQiöxov. — Hes. Fragm. 169, 6 xal
xoxB dii KdXx^vxa xiXog d'avdxoio xdXv^Bv für KdX-
Xavd"* vjcvog zu schreiben, ist allerdings gewagt, wird aber
durch die analoge Ausdrucksweise im Homer gestützt«
778 Ober Hiatus u. Elision dtc bei Homer, v. J. La Boeke.
An einigen Stellen scheint wkC durdh andere Wendangen
verdrängt: die Fälle, an denen ich eine Änderung^ Torsefaiagea
mochte, sind folgende:
y228 ilnoaiva tä ydvoi.ro xal si 9-sol tSg 494--
Aowv für yivon ovd^ bL — r 866 xiova [irKfC Sxfie xml
iiaitovg ixatofißag für Ixri' ovd\ — oi 160 ^i^ivijg jr^o«
q>avivta xal oi TCQoy svd0t €Qoi tjcav twr x^q>av4vr* wid*
ot. -^ ^224 oväh xataxrm^öovta xal ovn i&ilovui
fuixsG^a^ ßr xavanvciööovt* ovd* ovx. — ö 22 Zijv' vxu"
Tov fiijiftmQa xal si ^dla noXla xdfLoiza für fiij^tof'
ovd* bI. — P899 tov ya Idovif' ovoöaixo Tial si iiaHm
(iiv xolog Txot für ovoöait' ovif st.
Es gibt noch einzelne Stellen, an denen man ändern käanitj
so d 429, 474 ini t' in xai, A 480 äva 9' in xal^ n 88
Sfia d\ 27 488 iv S\ Hes. Op. 889 ot 8' und a 125 ^ 8"
in xal^ wodurch die vorhergehende Elision verBchvrände , aber
soweit darf eine besonnene Kritik nicht gehen. An einer ziem-
lichen Anzahl von Stellen lässt sich die Elision dadurch besei-
tigen, dass man anstatt der medialen Form die active setzt na<A
Analogie von 2; 522; F 154; so y 406 ix i' iX&tiv xat*
Sq' liav ixl iiifToUfc Xid-oufiv für ais%\ ebenso q 602;
(D 408; 1? 153; & 290; r 544:, N 15. b 195 xa£ ^' o fOv
Sv^ xad'ttav istl d'Qovov ivd'av avicxri und A 586 Sg o
ft^i/ iv%a xad-ttsv iitl ^poi^v, ov9i p.vv "Hptf für xa^i-
Ibx\ — ^814 iJJ' (og ACokov Ixsv^ o (liv nQoqy^tirp mU-
äaxro für Zxad''. — t 224; A 168; Hym. II, 69; Hes. Op.458
liefse sich an die Stelle von ngdti^^^ ^n^ärov^ setzen;
d460; k 585, 591 könnte der Artikel vor yi^cyv entfernt wer-
den, wodurch die Elision beseitigt würde, an den beiden letzt-
genannten Stellen wäre es auch möglich Tcvifmi 6 ydgmv und
Id'vöai 6 yiQmv für xvfsv* und id"v0Bi' 6 yi^av zu schreiben,
doch wird es besser sein hier nichts zu ändern. — ^148
avTCLQ ixsl x6 y* axovüsv ivg natg ^AkxiwioLo fnr
axovö^ dyad'og natg zu setzen , da ersteres der Homerischen
Sprachweise angemessener ist, möchte vielleicht noch angehen,
aber E 489 oC äh tax' ixitigeovöiv iv xri ^iviiv
noUv vii^ für ixniQifovif* iv vaiofisvriv zu andern , halte
ich nicht mehr für zulässig.
Es bleiben noch einige Stollen übrig, an denen sich durch
Umstellung die Elision beseitigen lässt, o 248 tov d^ iyd-
VOV&* vCstg *Akx(ia£(ov *ApL^Ckox6g ta für d' vtatg iyi-
vovt \ — A 740 nQBößvtdtriv d' bIxbv ^vyatga
^avd^v ^Ayafirj&rjv für äh d'vyatQ' slxB, — O 857 "Htpatat
ov tCg 60 V dvvatat d' s 6 g dtrcupsQl^SLv für <yo/ ys
9'Bäv dvvat\ — O 468 äg aQa (p&viiaag tgdxBro
ndkiv^ atdato ydg ^a für ndkiv ItQaxat . — Hes. Op. 24
(S7CSV d ovt* Big atpavovy dyadii d* iQig ijde ßifo*
Ober Hiatoi u. Eüsion etc. i>ei Bcmer, v« J. La Jtoehe. 179
tol6i für Big Sifsvov 0itsvSovt*, — Hes. Op. 348 ovd*
dxolQit* av ßovg^ sl [i^ ysirmv xaxog tü^ für ovd*
av ßovg äxoXoit . — Hym. II, 206 xal Jto^nöato ßmf^pv
iv aköit dsvdQwsvti für ßmaov noiijaat ; ebenso. Hym.
II, 312 xal Jtoi^ijaats ßmiiov iitl fijyfLtvi ^ald^öijg für
Indem ich nun diese Stellen, von denen gewiss manche mit
evidenter Sicherheit, andere mit gröfserer oder geringerer Wahr-
scheinhchkeit gebessert sind, der allgememen Begutachtung vorl-
iege , kann ich nicht umhin den Wunsch auszusprechen , dass
Minner, die in solchen Dingen eine gediegenere Kenntnis \ani
ein schärferes Urtheil besitsen, die für Homerische Textkritik so
wichtige Frage ^<in wie weit es gestattet ist, an den
so lange für unantastbar gehaltenen Text der Ho-
merischen Gedichte denselben Mafsstab der Kritik
anzulegen, wie er bei den übrigen S^^hriftstellern
in Anwendung gebracht wird,^ einmal einer genauen
Erwägung zu unterziehen. Denn so viel darf man mit Gewiss-
heit annehmen , dass die Werke sämmtlicher Schriftsteller des
Alterthums , die wir noch besitzen , uns getreuer und unver-
fälschter überliefert sind , als die Homerischen Gedidite , gchbn
deshalb, weil diese in eine frühere Zeit hinaufreidien , besonders
aber , weil sie sich anfangs mir durch mündliche Oberlieferung
fortgepflanzt haben. Dass sie im Lattfe der Zeit i)is zu den
Alexandrinern Änderungen erfahren haben, dafür glanbe ich
Beispiele angeführt zu haben ; es handelt sich nun darum , in
wie weit wir zu ändern berechtigt sind und ob wir überhaupt
über den Text hinawgehen dürfen, den die Alexandriniscfcen
Grammatiker (estgestellt haben.
T r ie s t. J, L a R 0 c h e.
780 fiber lateiD. Grammatik etc., v. A. Wükeim.
Nachträgliches über lateinische Grammatik,
commentierte Classikerausgaben und griechische
Übungen am Obergymnasium.
L
Die verehrliche Redaction macht zu meinem Aufsätze über
die Anordnung des Lehrstoffes der lateinischen Grammatik im
7. Hefte S. 504 die Bemerkung: dass die von mir empfohlene
Einrichtung der am Untergymnasium anzuwendenden lateinischen
Sprachlehren im Widerspruche stehe mit der Verordnung, nach
der die im Unlergymnasium einmal gewählte lateinische oder
griechische Sprachlehre für dieselben Schüler bis zum Schlüsse
des Untergymnasiums nicht mehr gewechselt werden soll-, und
dass dieser Gegensatz gegen eine noch bestehende Verordnung
aus der Überzeugung hervorgegangen zu sein scheine , es könne
nicht dieselbe lateinische Grammatik für das ganze Gynmasium
zweckmäCsig sein.
Der erste Theil dieser Bemerkung betrifft eine Frage, auf
welche in diesen Blättern auch schon bei anderen Anlässen hin-
gewiesen wurde und welche zu wichtig ist, als dass es nicht
wünschenswerth sein sollte, einmal darüber in's Klare zu kom-
men. Es sei mir daher gestattet, meine Ansicht auszusprechen.
Schon in der Verordnung vom 17. Februar 1854 (Gymn.
ZtschrfL 1854, S. 245) heifst es unter Punct 4: <<Ein mit Ap-
probation einmal eingeführtes Buch darf mit einem anderen, in
keinem Falle im Laufe des Schuljahres und überhaupt nicht bei
denjenigen Schülern, mit welchen an diesem Buche der Unter-
richt nicht geschlossen wurde, umgetauscht werden, damit diese
Schüler nicht in die Lage kommen, an einem Buche den Unter-
richt zu beginnen und die Fortsetzungen desselben Unterrichtes
an einem anderen Buche von ein und derselben Lehraufgabe zu
versuchen, diejenigen Fälle ausgenommen, in denen das Unter-
richtsministerium selbst ein solches Buch unbedingt aulser Ge-
brauch zu setzen anordnen sollte. '^
Ich vermag mich nicht zu überzeugen, dass mit dieser und
mit der speciel die Sprachlehren betreffenden Verordnung vom
10« Juni 1854 meine Anordnung im Widerspruche stehe; wäre
dies aber dennoch, so würden, da meine Anordnung den For-
derungen des Org. Entw. entspricht, die erwähnten Verordnun-
gen mit diesen Forderungen im Widerspruche erscheinen, näm-
lich mit den Bestimmungen des Org. Entw. S. 28, 103, 104,
108, 109, nach welchen in den zwei untersten Clussen entweder
eine Elementargrammatik (Formenlehre ohne Syntax, wie ich
hinlänglich nachgewiesen zu haben glaube) nebst einem Lese-
buche oder ein Elementarbuch, und erst von der dritten Classe
Ober latein. Grammatik etc., v. A, Wiihelm. 781
an, wo der selbständige grammatisch-syntaktische Unterricht be-
ginnt, eine Schulgrammatik zu gebrauchen ist. So lange diese
Bestimmungen Geltung haben, besiehe ich die Verordnung vom
10. Juni 1854 auf die von der dritten Classe an zu gebrauchende
Schulgrammatik, weil diese Auslegung den Unterrichtsbedärf-
nissen entspricht, übrigens nicht anzunehmen ist, dass die höchste
Unterrichtsbehörde die spätere Verordnung erlassen haben wurde,
ohne die frühere aufzuheben, wenn zwischen beiden ein Wider-
spruch bestünde; und ich glaube für meine Auffassung auch die
Thatsache anführen zu dürfen, dass eine lateinische Grammatik,
die von M. Schinnagl, mit dem b. Hin. Erlass vom 5. August
1858 zum Gebrauche beim Unterrichte von der dritten Classe
an zugelassen worden ist. Ich lasse mich jedoch gern belehren,
wenn ich irre*).
Was den zweiten Theil der obigen Bemerkung betrilTt, ist
CS wahr, dass ich eine lateinische Grammatik für das ganze
Gymnasium, so sehr ich eine solche vor einigen Jahren auch in
diesen Blättern für wünschenswerth erklärt habe und noch als
wünschenswerth erkenne, nach reiflicherem Nachdenken nicht für
erreichbar halte, selbst dadurch nichts dass man in der Formen-
*) Die im obigen gegebene Auffassung der h. MinisteriaU Verordnung
vom 10. Juni 1854 zu vertreten, überlassen wir dem geehrten
Hrn. Vf. und begnügen uns, kurz zu bezeichnen , worauf sich die
Bemerkung der Redaclion gründet, auf welche der Hr. Vf. Uetug
nimmt.
Die erwähnte h. Verordnung vom 10. Juni 1854 (denn die vom
17. Februar 1854 hat für diese Frage keine entscheidende Be-
deutung) lautet a. a. 0. S. 567: «Zu 2 bis 7. Wenn im Unter-
gymnasium eine bestimmte lateinische oder griechische Sprach-
lehre einmal gewählt ist, so darf diSse für dieselben Schüler bis
zum Schlüsse des Untergymnasiums nicht mehr gewechselt wer-
den.» In dem durch denselben h. Erlass ausgegebenen Verzeich-
nisse der für die Gymnasien zulassigen Lehrbücher sind für den
lateinischen Unterricht im Untergymaasium nur eine für das ganze
Untergymnasium bestimmte Grammatik und dazu Sammlungen von
Übersetzungs-Beispielen und ein Lesebuch für die zweite Classe,
nicht ein für die beiden ersten Classen bestimmtes, Grammatik
und Cbungsstoff verbindendes Elementarbuch genannt. Wir finden
uns daher nicht berechtigt, in dieser Verordnung dem Ausdrucke
«im Untergymnasium' für den lateinischen Unterricht eine
auf die dritte und vierte Classe beschrankte Bedeutung zuzu-
schreiben. — Gegen den Org. Entwurf, der, mit bestimmten Aus-
nahmen, durch das a. h. Handschreiben vom d. December 1854
zu gesetzlicher Geltung gelangt ist, steht die angezogene h. Ver-
ordnung nicht im Widerspruch, da die Erwähnung eines für die
beiden ersten Classen zu gebrauchenden Elementarbuches sich
nicht in dem Org. Entwürfe selbst findet, wie man nach dem
Citate von S. ^ vermuthen müsste, sondern ausschliefslich in
der Instruction, welche ihrer Natur nach nie zur Geltung einer
gesetzlichen Verordnung erhoben ist.
Anm. d. ^*<i,
Zaitiehrifl f. d. Sttarr. Oymnat. 1860 X. ll«tt. ^^
7ö8 Ober laiein. GcammaÜk etc., v. L U'üAe/m.
li*hrc die für höhere Stufen gehörigen Bemerkungen durch einen
Querstrich von dem Lehrstoffe für die zwei untersten Classen
abgesondert darböte^ Erscheint aber einmal eine gelungene la*
teinische Grammatik für das ganze Gymnasium, desto besser.
Die von mir dargelegte Anordnung bezweckt, von dieser Frage
unabhängig, die Beseitigung der zwei (S. 502) angedeuteten Hin-
dernisse des Unterrichtserfolges.
Ich erlaube mir bei dieser Gelegenheit eine Bemerbug
über das Mals des Lehrstoffes für die zwei untersten Classeo
beizufügen. Man begegnete sonst häuGg und begegnet noch heote
zuweilen der Ansicht, das Mafs des Lehrstoffes lasse sich, wie
überhaupt, so namentlich bezüglich der lateinischen Grammatik
in den zwei untersten Classen nicht durch eine allgemein nnd
unüberschreitbar einzuhaltende Grenze bezeichnen; es komme auf
die Bedürfnisse der Schüler an, und man müsse es dem Lehrer
überlassen, die Grenze jetzt enger, jetzt weiter zu ziehen« Wohin
diese Ansicht fähren kann und führt, ist bekannt; auch braucht
kaum erinnert zu werden, dass durch genaue Begrenzung der
richtig bemessenen Unterrichtsaufgabe die Freiheit des Lehrers
in Berücksichtigung der Bedürfnisse der Schüler durchaus nickt
beschränkt wird. Ob man den Umfang des lateinischen Lehr-
Ktoffes für die zwei untersten Classen um ein weniges erweitere
oder um ein weniges beschränke, mag an sich gleiobgiltig sein ;
dass aber für jene Partien, welche streng zur Unterrichtsauf-
^be gehören, eine aligemein einzuhaltende Grenze gesogen wer-
den muss^ wird Jeder zugeben , der Übereinstimmung der Gym-
nasien in dieser Beziehung für wünschenswerth und Verhütung
von Verirrungen über das Ziel hinaus für nothwendig hält. Da-
gegen wird ein Mehr oder Weniger bezüglich jener kurzen Be-
merkungen, welche aus Anlass einzelner Übungsstücke beizu-
fügen sind, aber nicht zur strengen Lernaufgabe gehören, daher
auch nicht nothwendig sämmilich gemerkt werden müssen , ohne
Bedenken gestallet werden können.
IL
Die Frage über die Zulässigkeit commcntierter Clas-
sikerausgaben ist insofern ohne praktische Bedeutung, als
Hilfsmittel, schlechte wie gute, so lange es solche gibt, bei
der Jugend oder einem Theüe derselben stets Aufnahme und
Benutzung finden werden. Nach meiner Überzeugung können
dieselben, zweckmäfsig eingerichtet und richtig gebraucht, nur
vorzüglichen uud strebenden Schülern von Nutzen sein (6. Heft*
S. 429). '
Hr. Pr. Vielhaber findet in dem Satze S. 428: «Die Ur-
sachen der Schwierigkeiten, die sich dem ungehemmten und
sicheren Erfolge der Leetüre entgegenstellen, sind nirgends an-
ders zu suchen als entweder in unrichtiger Behandlung der Prä-
Ober lateiD. Gfanmialik elo.y t, A. fM/leii9^ t8%
paration oder in fehlerhafter Behandlung der Leetüre oder, was
am häufigsten der Fall sein wird, in beiden,^ ein hartes Unheil
über die Lehrer ausgesprochen (7. Heft, S« 681). Ich erkläre
gern, dass beim NiederschreitK« jenes Satzes die Angabe der
Voraussetzung, unter welcher er richtig ist, in der Feder ge-
blieben ist. Er ist richtig unter der Voraussetzung völliger
Reife der Schüler für die Stufe und namentlich vollkommen
zureichetider Sprachkenntnis» Wo diese Voraussetzung
fühlt, yrird wirkliche Lust bei den Schölem wid ehi vollständig
entsprechender Erfolg durch keine Anstrengungen der Lehrer
und durch keinerlei Hilfsmittel, demnach auch nicht durch Dar-
t^ietung commentierter Ausgaben erzielt werden können. Ist aber
die Voraussetzung vorhanden , dann genügen nackte Texte und
als Hilfsmittel zur Präparation Wörtenmch und Grammatik gar
wohl. Wir hatten ja vor einigen Jahren durchaus nackte Texte^
und auch heute haben wir nur zu vier DialogAi von Plato In-
haltsangaben und Noten, zu Horatius (leider!) Inhaltsangahen,
während für alle anderen Schulelassiker , Sophokles etwa alisge*
nommen, den manche Schüler fn der Ausgabe Von Scbneidewin
besitzen , nackte Textausgafoen (für die Reden des Demosthente
eine Aufgabe mit Einleitungen) gebraucht werden. Man kann
sich durch eigene Anschauung übefzevger!, dass gut geleitete
Schüler aus Sophokles, Demoelhenes, FIftto, Virgilius, Iforatius,
Tacitus nach verhältnismäfsig vorgerückleir Schullectüre vorg««»
legte Stellen, beziebongsweise Oden, versieht sich nicht aHna
schwierige, zur Befriedigung aus dem Stegreife zu übersetze»
und, was sich ebenfalls von selbst versteht , nach Sinn und Zü-^
samraenhang zu erklären wissen. Diese Leistungen — und dabei
wird man. sollte ich meinen, kein Verlangen tragen nach einer
Schule, wie äie S. 522 als die beste bezeichnet wird -^ beweisen
wenigstens so viel, dass oonimentierte Ausgäben nicht noth-^
wendig sind, wenn man auch von den Gründen, welche gegen
dieselben sprechen, abseben vriü.
Wenn es wahr wäre, dass die Stelle in Hör. c. I, 2, 38
quem iun0t ctmfnor gaieaegue lete$ acer et MawH peäiU» emefh'
tum TUÜU9 in Msiem kein Schüler verstehe, dann würden dem
tiefer liegenden Cbel auch commentierte Ausgaben nicht abhelfen,
und die heutigen Schüler der achten Classe niedriger stehen als
die der ehemaligen sechsten, unter denen wenigstens die besse-
ren in ähnlichen Sätzen keine titAberwindlichen Schwierigkeiten
fanden. Aber die heutigen Schüler der aehten Classe wissen
sich, wenn nicht etwa die obige Voraussetzung fehlt, auch bei
noch schwierigeren Stellen ohne Nachhilfe zurechtzufinden.
Da.^, wenn in einer Ausgabe dieses, ih einer anderen jenes
erklärt, und bier dieses, dort jenea übergangen ist, die Noten
in beiden Ausgaben entbehrt werden können, ist eine Be^
haufptung, die durch das S. 591 Gesagte ti\«i\ viV^-^xV^X ^Vt^
784 Ober Utein. Grammalik ete.i v. A. Wilhelm.
und mit dem dort angefahrten Schlosse, auch abgesehen toi der
Frage wegen ihrer Richtigkeit oder Unrichtigkeit, nichts femeia
hat. Alle Noten sind entbehrlich, welche nicht unbedingt nolli-
wendig, sondern nur unter Voraussetzung bestimmter besondtrar
Fälle branchbar sind , in denen die Erklärung dem mündlickM
Unterrichte zusteht. Dass ein für die Öffentlichkeit bestimmter
Commentar «unter dem Eindrucke einer bestimmten Schfil««rl
geschrieben'^ sei und der Lehrer aus mehreren für Schüler ge-
schriebenen (Kommentaren den zu wählen habe, dessen StandponcI
dem seiner Schüler am nächsten steht , sagt wenig. Für jede
Unterrichtsstufe wird von den Schülern ein gewisses Haft tq«
Bildung und Wissen gefordert« Dass zur Leetüre eines Scfcrifl-
steliers bei den Schülern die erforderliche Geistesreife und sichere
Sprachkenntnis, ohne welche der Schriftsteller nicht gelesen wer-
den könnte, vorausgesetzt werden muss, ist oben angedeutet
worden ; und was unter dieser Voraussetzung die Schüler wi»en
oder finden können und sollen, lässt sich allgemein beetimmea
und gehört nicht in Commentare. Sollen aber auch die specieUea
Bedürfhisee der Schüler in Commentaren berücksichtigt werden,
so ist es gar m'cht möglich, dass ein Commentar für eine Classe
ausreiche; denn er wird für einen Theil der Schüler ra viel,
für einen anderen zu wenig enthalten.
Wenn ich in einigen von den S. 680 angef&hrten comuieQ-
tierten Ausgaben, die mir zur Hand sind, nachblättere, wenn ich
ferner in Recensionen anderer ahnlicher Ausgaben lese, es werde
noch hier diese, dort jene Note vermisst: so frage ich mich
vergebens, was doch die Schüler lernen, für die man solche
Dinge unter den Text setzt und denen man nicht die Fähigkeit
zutraut, nahe liegende, ja ganz gewöhnliche Beziehungen selbst
zu erkennen oder durch Nachdenken aufzufinden? Wenn aus
den Lehrbüchern auf die Schuler und aus den Commentaren auf
die Leistungen der Commentare zu schliefsen ist, so hegt in den
commentierten Ausgaben selbst keine Empfehlung derselben.
Ich fuge noch eines bei: der Lehrer soll stets mit einer
nackten Textau^gabe in der Schule erscheinen oder höchstens,
wenn eine commentierte Ausgabe sich in den Händen der Schü-
ler befindet, mit dieser.
III.
Gegen die von mir S. 489 allgemein angedeutete, von Hrn.
Dr. K. Schenkt S. 614 nicht gut gebeifsene Einrichtung eines
Aufgabenbuches für grammatische Übungen im Grie-
chischen am Obergymnasium lässt sich schwerlich
etwas erhebliches einwenden. Nach einem bestimmten Plane ist
doch ein solches Aufgabenbuch anzulegen und für diesen Plan
kann wol nichts anderes malsgebend sein als die Rücksicht auf
die einzuübenden Re^^ln. Sdi^n wir \a sogar für die lateinischen
über latcln. Grammatik etc., v. A. Wliheim. 785
Übungen in der ersten Abtheilung des zweiten Theiles von
Süpfle's Aofgabenbach (fär die fünfte Classe) diesen Grundsatz
befolgt, nur dass die Aufgaben in zusammenhangenden Stücken
bestehen, während für die griechischen Obungen bis zur Volten-
dung der fraglichen grammatischen Partien mit Rücksicht auf
die Vorbildung der Schüler vorherrschend einzelne Beispiele, die
nicht nothwendig durchaus in kurzen Sätzen bestehen müssen,
sich empfehlen. Auf eine ähnliche Einrichtung weist auch die
Inhaltsangabe des Aufgabenbuches zum Übersetzen in*s Grie-
chische von Dr. G. Böhme (Leipzig, Teubner 1869) hin. Und
dabei ist nicht zu übersehen, dass an den Gymnasien^ für welche
dieses Aufgabenbuch geschrieben ist, die Forderungen im Grie-
chischen höher gestellt sind als bei uns.
Die Übungen sind sowol schriftlich als mündlich vorzu-
nehmen. Zu schriftlichen Übungen im Lateinischen wurden meines
Wissens anfänglich und durch mehrere Jahre in der Regel Auf-
gaben aus den zugelassenen Übungsbüchern gewählt. Als die
Übungsbücher durchgemacht waren, fieng man, weil die Hefte sich
vererbten, hie und da an, die Aufgaben namentlich zu Compo-
sitionen theils selbst zu verfassen, theils anderen Büchern zu
entnehmen. Den Schülern ihre Hefte nach dem Schlüsse des
Schuljahres wegzunehmen, schien einerseits hart, zumal da manche
Schüler ihre Arbeiten gern aufbewahren; anderseits wurde da-
durch dem Vererben der Hefte doch nicht vorgebeugt worden
sein, da solche Schüler, welche ihre Arbeiten einzelnen ihrer
Nachfolger zu hinterlassen beabsichtigen, auch ein zweimaliges
Abschreiben nicht scheuen. Die lateinischen Übungsbücher wer-
den, ich will nicht behaupten überall, hauptsächlich zu münd-
lichen Übungen benutzt.
Vor einigen Jahren, da die Frage bezüglich besserer Lei-
stungen im Lateinischen Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit
war, konnte man häufig die Aulserung vernehmen, es mochte die
Zahl der Compositionen vermehrt werden; weniger sei an den
Pensen gelegen, deren Zahl, da sie ohnehin meist unselbständige
Bearbeitung verriethen , zur Ausgleichung verringert werden
könne. Die Malsregel hatte dort, wo sie durch einige Zeit ver-
sucht wurde, wie vorauszusehen war, nicht den erwarteten Er-
folg* Wenn die schrifllichen Arbeiten nicht entsprechen , kann
nicht schlechthin durch Vermehrung der Aufgaben abgeholfen
werden; die Ursache des Übels liegt dann jedenfalls in mangel-
hafter Vorbildung der Schüler, sei es dass die Unterrichtsauf-
gabe nicht in jeder der vorausgegangenen Classen mit vollstän-
digem Erfolge vollendet wurde oder dass sich der Unterricht in
jeder Classe nur hauptsächlich auf die Classenaufgabe beschränkte
und es unterliefs, das Gelernte durch kurze und treffende, so-
wol gelegenheitliche als absichtliche Rückblicke zu sichern und
zu befestigen. Aus Mangel an zureichender Vorbildung entft^ü^
784 Ober latßio.. QraaKPatiJi oic., v. i. WUMm.
weh das Streben mch Benutzung fremder Arbeiten bei den In»-
ttohen Aufgaben^ Wie ungemein wichtig die häuslichen Aurgaben
eind, und wie gegen das Abschreiben und die Benutzung frem*
der Arbeiten bei denselben zu wirken ist, weils jeder.
Damit die schriftlichen Übungen, im Lateinischen wie im
Griechischen, mit einem den berechtigten Erwartungen entspre*
ehenden Fortgange und Erfolge vorgenommen werden können,
mössen die Schüler für dieselben durch den gesammten Unterrichl
und namentlich auch durch Aneignung sicherer Fertigkeil in
richtigem Obersetzen gewöhnlicher Sätze mittels zweckmäkiger
mündlicher Übungen gehörig vorbereitet sein. Ist diese Yorbe*
xeitung nicht in zureichendem Mafse vorhanden, so iU^ersteigi
die Aufgabe die KraftQ der Schuler. Was die Folgen davon
sind, ist bekannt; es ist dies dann der gleiche Fall, wie wenn
ift eiuer Oasse , die nur für Xenophon und Homer nolhdürflig
vort)ereitet ist, Demoslhenes und Sophokles gelesen werden« Die
Leistungen bssen sich, wenn die Bedingungen dazu nicht vor-
banden sind, Biem erzwingen, und der Lehrer piagl sieb und
martert die ßchuler umsonst.
Dasselbe gilt von Am in gleicher Höhe mit den achrift-
liehen Übungen gehaltenen mQndlichen aus Aufgabenbücbem.
Die Aufgaben zu schriftlichen Übungen im Griechischen
fibt der Lehrer nach den Bedürfhissen seiner Schüler. Er mag
azu auch ein Au(gabenbuch benutzen, wenn ihm dasselbe die
dem Standpuncle seiner Schüler angomesscnen Aufgaben dar-
bietet. Aber neben diesen schriftlichen Übungen sind solche
mündliche oothwendig^ welche auf Erlangung, Förderung und
Bewahrung der unerlässlichen Sicherheit in sogleich ferti-
gem richtigen Übersetzen jeder vorgelegten Form und jedes vor-
gelegten verhältnismafsig nicht allzu schwierigen Satzes , von
Leichtem zu Schwierigeren fortschreitend^ abzielen; vi^eil die
Schuler, einzelne vorzügliche etwa ausgenommen, diese Sicherheit
nicht in's Obergymnasiuni mitbringen und die erlangte wieder
verlieren, wenn sie nicht in dieser Richtung fortwährend weiter
geübt werden. Und für diese mündlichen Übungen bietet, nicht
nur was Erfolg, sondern auch was Sprachrichtigkeil betrifft,
den angemessensten Stoff die Lectüre. Dabei wird es niemanden
einfallen, anzunehmen, dass (S. 511) ^^alle Schüler einer Classe
ein ganzes Übungsstück ohne alle schriftliche Aufzeichnung im
Kopfe behalten'^ sollen. In jeder Classe befuidet sich eine Tafel,
und dass diese beim Unterrichte im Griechischen nicht blofe am
Untergymnasium, sondern auch durch alle Classen des Ober-
gymnasiums nach Erfordernis benutzt werden muss, auch ohne
aUen Zeitverlust benutzt werden kann, ist bekannt»
Die Forderung (S. 488), dass man, was der Unterridit zu
geben hat, den Schülern nicht in Büchern darbieten soll, ist
vollkommen richtig, und das S. 513 Gesagte i6teht mit ihr in
Obe r tectore der Clessiler ti. 8. Vf., y, Si, Ckaiata, 78V
keinem Zugammenhange. Der Unterricht hat z. B. die Erklärung
za dem Lehrbuche zu geben, die sich nach den Bedürfnissen det
Schüler richtet; ist den Schülern das im Lehrbuche Stehende
ohne Erklärung versländlich, so hat der Unterricht nichts weiter
zu geben, sondern nur das im Lehrbuche Vorhandene zu benutzen.
Unabhängig von der behandelten Frage ist, was noch be-
merkt werden muss, dass nämlich Pensa nicht, wie S. 509 an«
gedeutet wird, ^<für mehrere Wochen» aufzugeben sind. Im Org.
Entwürfe heifst es : «alle 1 4 Tage , alle 8, 4 Wochen ;» nicht
auf oder für 14 Tage, 8, 4 Wochen. Eine längere Zeit zur
Bearbeitung einer häuslichen Aufgabe zu gestatten, als die von
einem oder einigen Tagen, ist nicht räthlich, den Fall ausge-
nommen, wenn die Schüler zur Erlangung des Stoffes für einen
Aufsatz auf eine Leetüre hingewiesen werden, welche mehr Zeit
erfordert.
Krakau. A. Wilhelm.
Über die Ordnung der Lecture der Prosaiker und
der Dichter am Gymnasium.
In welcher Ordnung in einer Glasae des Gymnasiums die
Prosaiker und Dichter gelesen werden, ist eine für die Didaktik
am Gymnasium nicht unwichtige Frage. Während natürlich alle
darüber einig sind oder doch in der Hauptsache übereinstimmen,
was Zweck der Leetüre ist, herrscht in den Mitteln^ deren man
sich zu dessen Erreichung bedient, ziemlich viel Mannigfaltigkeit.
Diese wird auch so lange bestehen, als es Individuen gibt, und
kann zur völligen Einförmigkeit nie gebracht werden. Doch finden
sich unter den einzebien Mitidn auch solche Unterschiede der Zweck-
mälsigkeit, die von der Individualität unabhängig auf objective
Geltung Anspruch haben. Auf solche Gesichtspuncte in Betreff
der obigen Frage hinzuweisen, am dadurch Verständigung zu
erreichen, ist die Absichl der nachfolgenden Bemerkungen.
Die thatsäohiiche Praxis an unseren Gynmasien ist eine
ziemlidi verschiedene. An manchen Gymnasien besteht der Brauch,
dass man den Prosaiker das ganze Jahr hindurch in einer Classe
liest, und etwa eine oder zwei Stunden in der Woche dem Dich-
ter widmet; an anderen ist die empfohlene Einrichtung, dass,
wenn man etwa mit einem Dichter begmnt, die Leetüre desselben
durch ungefähr drei Monate ununterbrochen fortgesetzt wird,
darauf die Leetüre des Prosaikers kömmt, welche bis zum
Schlüsse des ersten Semesters dauert, im Anfange des zweiten
und weiter eine Zeidang fortgeführt wird und man gegen Ende
wieder zu der unterbrochenen Lecture des Dichters übergeht.
Wie viele Combinationen man sonst noch hat, weils ich nicht,
und es bleibt mir nur noch der allereinfachste We^ itsl ^t^^^-
766 Ober Lectiire der Qassiker u. 8. w., y. St, CkoUam.
nen, semesterweise die Lectiire des Prosaikers und Dichters zu
treiben, oder wenigstens das durchzunehmende Pensum in einen
Zuge abzuthun.
Was die erste Weise anbelangt, so ist nicht einzuseboi,
warum denn der Dichter, wenn man ihm nur eine Stunde wöchent-
lich gibt, gegenüber dem Prosaiker so stiefmütterlich bebandelt
wird. Das Gesetz bietet dafür keinen Anhaltspunct, die Lecture
des Dichters und Prosaikers soll einen gleichen Zweck verfolgen
und es hat der Dichter nicht unter, sondern neben dem Pro-
saiker zu stehen und einen gleichen Beitrag zur Bildung des
Schülers zu liefern. Dass die subjective Ansicht des Lerere
bald dem Prosaiker, bald dem Dichter in betreff des Bildongs»
elementes den Vorrang zusprechen wird, lasst sich leicht cfenken,
aber dies ist Privatsache so lange, als allgemein irgend ein
Princip Geltung hat. Der Nachtheili der mit einer solchen Ein-
richtung des Unt^richts verbunden ist, spricht auch gegen diese
Praxis* Nur ein continuierlicher Unterricht vermag das ange-
strebte Ziel zu erreichen, die Unterbrechung rückt den Erfolg
in die Ferne und macht denselben problematisch. Denn nicht
eines jeden Gedächtnis hat eine solche Starke, um das, was
blofs für eine Stunde der Woche gelehrt und gelernt vnirde,
für die entsprechende der nächsten zu behalten. Eine länger
dauernde Wiederholung des früheren bleibt somit bei dieser Un-
terbrechung immer nolhwendig, soll der Unterricht nicht illu-
sorisch werden. Man bedenke also den unnölhigen Zeitverlust
und die den Fortschritt hemmende zweckwidrige Wiederholung
der Anstrengung der Kräfte des jungen Menschen für einen und
denselben Gegenstand des Lernens. Und hat man sich mit einer
oberflächlichen anscheinend übersichtlichen Angabe des Inhaltes
des früheren begnügt, so wird in mancher Beziehung der enge
Zusammenhang zwischen den einzelnen Partien vergessen oder
nicht gehörig gewürdigt, die Frische und Lebendigkeit in der
Anschauung des ganzen verwischt. Die Mängel im Erfolg können
nicht ausbleiben. Eine schwankende Auffassung des ganzen muss
eintreten, der Totaleindruck desselben geht verloren. Und weil
der Schüler in der Überzeugung lebt, den Gegenstand gelernt
zu haben, macht sich in ihm auch die Meinung geltend, ihn zu
wissen, und daher trägt ein solcher Unterricht nicht wenig dazu
bei, den ohnehin unter der Jugend vorhandenen Wissensdunkel
zu befordern, der auf ihre weitere Entwickelung und ihren ganzen
Charakter einen so schädlichen Einfluss übt. Besser geht es
schon bei zwei oder bei der Hälfte der Stunden, aber auch dies
scheint mir für den nothwendigen Erfolg im Unterricht dee Clas-
sikers einer fremden Sprache nicht auszureichen. Man verweise
hier nicht etwa auf die Muttersprache oder einen anderen Ge-
genstand, z. B. die Naturgeschichte. Das sind andere Gebiete
und die hierin befolgten Grundsätze haben Geltung für diese.
Ober Leoliire der CiaMiker u. s. w., t. SL CkoUna. im
Oder will man vieUeicht durch die obige Einrichtung; bei der
Leetüre der Classiker dem Unterricht eine gröbere Abwechselung
geben, und hiemit Reiz zum. Lernen wecken? Eine solche Auf-
fassung yergisst, dass sie dem gedeihlichen Erfolg nur eine
Klippe mehr in den Weg stellt. Die Concentration des Unter-
richtes ist in letzter Zeit eine Lebensfrage unserer Anstalten ge-
worden, und nicht mit Unrecht. Alles nun, was diese zu stören
geeignet ist, muss beseitigt werden. Nebstdem, dass die sich
entfallende Wissenschaft in sich ziemlich viel Wechsel enthält,,
bieten die an unserem Gymnasium gelehrten Gegenstände des
Mannigfaltigen in entsprechendem MiSse, und würde eine Ver-
mehrung desselben über das gebührende hinausgehen. Selbst
gegen Kleinigkeiten, die auf diesem Gebiete sich Geltung ver-
schaffen wollten, muss man sich sorgsam verwahren und auch
den, manchen vielleicht nidit gar zu grols erscheinenden Unter-
schied zwischen dem Prosaiker und Dichter einer Sprache iu;
dieser Beziehung nicht als gering ansehen.
Die zweite Vfe;)»^ hat etwas vortheilhafleres gegen die erste,
allein auch sie entspricht nicht den Forderungen der Didaktik
an unseren Gymnasien. Denn auch sie unterbricht den Unter-
richt und lässt nur einem Thelle Recht widerfahren, während
der andere, sei es nun die Leetüre des Dichters oder Prosaikers,
an dem angegebenen . Dbel leiden muss. Es wird immer eine
geraume Zeit nöthig sein, bis der Schüler in der neuen Arbeit
sich wieder zurechtfindet.
Am vortheilhaftesten stellt es neh somit heraus, denjenigen
Theil des Dichters oder Prosaikers, den man in einer Classe zu.
lesen gedenkt, in einem Zuge durchzunehmen. Diese Weise
theilt mit den früheren keinen ihrer Nachtheile und muss ihnen
gegenüber vom didaktischen Standpuncle aus als die allein be-
rechtigte angesehen werden. Ist es nämlich nach Locke's Be-
merkung ein Kunstgriff der Gelehrsamkeit, einerlei auf einmal
lange zu treiben , so ist es auch im Gymnasialunterricht bei der
Leetüre der Classiker nicht minder ein guter Griff, diejenige
Zeit, die einem Classiker gewidmet werden kann, ununterbrochen
ihm zuzutheilen. Der tüchtigsten Männer Beispiele bestätigen es,
wie viel man in einem Wissenszweige zu leisten vermag, mit
dem man sich eine Zeitlang vornehmlich beschäftiget, und das
Gymnasium soll in seiner Weise diesem Grundsatz gerecht
werden. Wie derselbe in betreff der Menge der Gegenstände
durchzuführen sei, dies richtet sich nach der Verschiedenheit
des Principes beim Unterricht und wird sich auch schwerlich
überall auf gleiche Weise entscheiden; in betreff der von mir
besprochenen Frage aber kann man zur Einigkeit gelangen, so-
bald man nur die Gesichtspuncte gehörig würdiget, die hiebe!
in betracht kommen, und die Nachtheile erwägt, welche bei den
1)eiden ersten Wegen sich herausstellen. Der wesenlUclÄU ^^^V
aber bd den ab eiaztg richlig bezeidmeten Wege ist die Sleiig -
keil des Unlorrichtes und die mr auf diesem Wege moglicbe
S<riiditflt in Erwerbung des Wiesene^ womit kein etwaiger Rdz
dee Wechsels sich messen kann.
Es sei mir hier auch verstattet, in betreff der Lectöie
noch auf einen anderrn Punct au&nerksam zu machen. Die
Leetüre hat nämlich neben dem allgemeinen auch den Neben-
aweck, den Schuler historisch zu bilden. Er sott in des Geist
des Schriftstellers and dadurch la den seiner Zeit dringmi , er
soll den ganzen Charakter des Amtors and hiemU die 6mnd-
brgen der weiteren Bildungsgeschichte erkennen. Dies geediiehl
mm durch das Studiuns des unverkärzten SchriftslellerB, das
Gegentheil muss nothwendig eine nur mangelhafte , wdl onroil-
altodige Kenntnis hervorbringen. Und darum muss der Sdurifl-
steiler audi abgesehen daTon^ dass eine Terkurzung desselben
an sich eine nicht zu rechtfertigende Gewalt ist , die man ihm
anthut, in den vorzunehmenden Partien ganz geleäen werden.
WUt man aber einmal aus besonderen Gründen aus purgierten
Ausgaben lesen , sa aoilte man dock nicht in der Schule dnen
noch kleineren Auszug machen, als manche dieser Amgidien
ohnehin aus grofser Ängstlichkeit darbieten. Wenn man x. B.
der Ansichi wire, dass aus Virgil in unserer verkürzten Aus-
gabe statt drei oder vier Bücher z« lesea, Auszüge aus aUen
zwölf gelesen werden könnten , so Uelse das eine Verflachuag
des Unterrichtes herbeiführen, und bekundete ein Streben nach
Universalität, das als Versündigung an der Jugend sich bitter
riehen würde.
K r a k a u. Steph. C h o 1 a v a«
Zweite Abtheilung.
I^itenurlsehe AnKigen.
Pkifottrßle^ tr^iUi mr Im Gymma9Hqu0y UsotU gre^ aeeompOfni
if une iraäucifon m r$gard €i de note^par €k. i^arem^er^^^
miioMcairg de ia ölöüolAigua MazariMe, Park, Didoi, i89S.
gr. 8. (XX!V XL, 100 S.) — 1 fl, 98 lu^» ö. W.
PhiloMlrate »ur Ia Oymnastique ^ ouvraf^ decouverl^ carrigiy
iradaii en pranfMii^ ei pubiiä potßr lapremlire foUpar Minoide
Mpnas, ottteur de phuteurs auürapeit chepaifer de P ordre Im^]
p&iHi de ia i^ai% d* ktmneur, (Mit gegeouberstehendMii griechi-^
sehen Titel und der basondenen AufectiriA: MofotSf^ Mlivjt^ «v^if^
nivmv ZQ jB.) PariM, ffector Baesimge e$ fi(s, i^Sß. qf,. 8. 4UYlit
u, 143 S.) — 2 ft 40 kr. tt. W.
Dt PhilQslrßti UbeUß w^^l yvfkva^ux^^ r^eena reperla »eripmitf
C, J, C^tieli lUMÜmi ßaUivorum^ S, J^ §riU^l8S4l. gr. 8. ioaS>
— 1 fl. li kr.ö. W.
Gar manche Werke der grieohisehen Literatttr, wefohe bisher fir
immer yerloren gaRen, bat gerade die^iieiteste Zeit wieder an dat Tages-
Rcbt zurückgebraebt. Feb brauche in dieser Hinstcbt nur a» den so
wichtigen Fund der Reden des Hypereides su erinnern, welche uns bei-
nahe wunderbarerweise in einer Katakombe Thebens erhaRen wordev
sind. Mit Recht komte 8ofaneidewin in seiner Ausgabe der beiden Reden
für Euxenippos und Lykophron (Oöttingen, 1853, Praef. p. VII) von
diesem Funde sagen: ^Ver^ gfflrmare postum, id quod nwtc iuue
guemque umt doceNt, poü nuffamoo die Bep. Uäroe nikü pfonut ex
Hörte manu eeripHe prodHee, quod cum hoc oraiiomim pari poesit
conietutere* Und damals war noch nicbt der lAyos imxi^Qg desselben
Redners bekanni» der ecsi 18&8 in der aebi^neQ Ausgabe Babiagton's an's
Licht gvtret«! ist. Zu den bedeutenderen Funden dieser Art gehört nun
auch die Schrift des Philostratos n$ql y^ftfraarMc^f, über deren editiones
principes wir im Folgenden berichten werden.
79S Ausgaben des Pbilostrat. n, yvp^r., ang. v. IT, SeAetM.
Schon aus Suidas s. v. ^il6<itqcnog (p. 1491 > ±t Bernh.) wusste
tnan, dass unter dem Namen des Philostratos ein Buch mit dem Titel
rvfkvactinos vorhanden war, über dessen Inhalt der Lexikograph bemerkt:
lati Sh nsQl z&v iv 'Olvy^icitf imxelovf^hiov. Freilich irrt Suidas
darin , dass er diese Schrift dem alteren Philostratos , dem Sohne des
Verus, zuschreibt, da, wie Rayser in seiner gleich zu besprechenden
Ausgabe der früher bekannten Bruchstucke dieses Buches (Praef. p.Xit;
vgl. VitrSoph. Praef. p. XXXIII) nachgewiesen hat, dieselbe offenbar den
zweiten und als Schriftsteller bedeutendsten Philostratos, dem Sohn« des
eben genannten, angehört ^). Bruchstucke dieser Schrift fanden sich zu-
erst in den Scholien zu Piatons Politeia 338, c (S. 14, Z. 10—18, S.16,
Z. 10 u. 11 edit Daremberg) ') und Protagoras p. 835, e (S. 8, Z. 5 — 10),
von welchen Stellen man die erstere laut ausdrücklichem Zeugnisse, die
letztere nur nach wahrscheinlicher Vermuthung dieser Schrift beilegen
konnte. Spaterhin entdeckte Kayser, der 'sich überhaupt um die Textes-
kritik des Philostratos grofse Verdienste erworben hat, als er die Hand-
schriftencataloge durchforschte, dass sich auch in zwei MaDuseripten
Bruchstücke dieser Abhandlung erhalten hatten, nämlich in einem Flo-
rentiner (Plut. LVIII, c. 32, vgl. Bandini II , 478), welcher einsl das
ganze Buch enthielt, der Schluss des Werkes (S. 94, Z. 20 bis zu Ende)
und in einer Münchner Handschrift (CGXLII) bedeutende Excerpte, welche
theils aus gröCseren Stücken , theils aus einzelnen abgerissenen Sitzen
bestehen (S. 66, Z. 18-68, Z. 9; 68, Z. 14—70, Z. 12; 70, Z. lö— 7«,
Z. 6; 72, Z. 9—76, Z. 10; 78, Z. 13—15 ; 78, Z. 17-20 ; 80, Z. 8—11;
82, Z. 9-86, Z. 11; 88, Z. 2-18; 90, Z. 5 u. 6; 90, Z. 14—16; 90,
Z. 20—92, Z. 8; 92, Z. 19—98, Z. 10). Alle diese Bruchstücke gab
nun Rayser mit einem reichhaltigen Gommentar und einem Anhange
welcher einige Schriften des Markos Eugenikos, eines Theologen des
fünfzehnten Jahrhundertes und eifrigen Nachahmers des Philostratos ent-
halt, Heidelberg, 1840 (XVI u. 192 S.), heraus. Ein oder zwei Jahre
später ward das ganze Werk aufgefunden.
Im Jahre 1840 sandte nämlich der damalige französische unter-
richtsminister Villemain einen Griechen Namens Minoides Mynas nach
Griechenland und dem Oriente, mit dem Auftrage, Handschriften grie-
chischer Schriftsteller aufzusuchen, und, falls er etwas derart fände, es
anzukaufen oder eine Abschrift davon zu nehmen. Nach seiner Ruckkehr
0 Nichts desto weniger spricht Mynas in seiner Vorrede (S. XXVII)
von einer noch nicht herausgegebenen Schrift ^de PhUosiraie de
Lemnot (!) , te seui traü6 gui nous soii parvenu de ce sopa/U
^crivain et auteur dt un gratid nombre d' auvrage» , dtmmiree
par Suidas et perdus pour nous* (!).
') Dieselben Bruchstücke finden sich auch in den Scholien des
Olympiodoros zu Piatons Gorgias , welche A. Jahn in Jabn's
Archive Band 14 (Jahrg. 1848) nach einem Baseler Codex zuerst
veröffentlichte.
Ausgaben des Philostrat «. ^fiv., ang. ▼. K. Sehenki. 793
erstattete Mynas Im Monitear (v. 5. Janner 1844) einen Bericht über
die Funde, welche er gemacht, und erwähnte unter denselben auch eine
Handschrift von 32 Seiten in Quartformat, welche sehr klein und gedrängt
geschrieben neben Stücken Ton Philostratos Heroikos und Briefen auch
die ganze Abhandlung «s^l yvf^vtxtftixrig enthalte '). Dieser Bericht, dem
auch eine kurze Inhaltsangabe der Schrift beigefügt war, erregte das
Interesse des um die Erklärung griechischer Ärzte, namentlich des Ga-
lenos und Oribasios, rerdienten und durch seine Ausgabe des A. Com.
Celsus (Teubner, 1859) in den weitesten Kreisen bekannten Ch. Darem-
berg. Derselbe Tersuchte daher sobald als möglich Einsicht in die
Handschrift zu erbalten. Aber diese war weder auf der kaiserlichen
Bibliothek noch beim Ministerium niedergelegt worden, und Daremberg
erhielt auf seine wiederholten Anfragen nur den Bescheid, dass sich daa
Manuseript noch in den Händen des Mynas befinden müsse.« Von 1846
bis 1S60 machte nun Daremberg alle möglichen Versuche den Mynaa
zur Herausgabe der Handschrift zu bewegen, aber ohne den geringsten
Erfolg. Endlich am 4. November 1850, als Mynas sich zu einer neuen
Reise in den Orient rüstete, übergab dieser Oraeculus dem Ministerium!
laut eines beigefügten Schreibens das Manuseript in einem versiegelten
Umschlage. Als aber derselbe geöflbet wurde, da fand man keineswegs
die Handschrift selbst, sondern eine von Mynas gefertigte Abschrift mit
sehr zahlreichen Verbesserungen und Randbemerkungen, welche dann
ohne weiteres Daremberg eingehändigt wurde, mit dem Auftrage, danach
eine Ausgabe der genannten Schrift zu veranstalten. Die Echtheit des
Werkes konnte nicht dem geringsten Zweifel unterliegen; aber die Ab-
schrift enthielt nicht blöfs eine grofse Anzahl offenbarer Fehler, sondern
es fanden sich auch sehr viele unklare und zum Theile sinnlose Stellen |
auch konnte man bei den vielen Verbesserungen und Randbemerkungen
gar oft nicht unterscheiden, was denn ursprüngliche Leseart der Hand-
schrift sei und was von den Verbesserungen dem Schreiber des Manu-
scriptesoder dem Mynas selbst angehöre. So* kam es denn, dass Darem-
berg über fünf Jahre mit der BeaiHbeitung des Textes zubrachte und erst
auf die Auihiunterung mehrerer Gelehrten hinkam 16. Jänner 1857 seinen
Text der Buchdruckerei von Didot übergab. Zugleich stellte er wider-
holt an Mynas das Ansuchen, ihm doch Einsicht in das Manuseript zu
gestalten, mit dem Bemerken, dass ein getreuer und sorgfältiger Ab-
') Zufolge seines Berichtes an das Ministerium (vgl. Daremb. Praet
p. IX) hatte Mynas diese Handschrift auf dem Berge Alhos ge-
funden. Welche Kenntnisse übrigens der Grieche besitzt, möge
man daraus entnehmen, dass er in seinem Berichte im Moniteur
sagt: 9,Ce gut präeide (nämlich der Schrift neffl yv^v, im Manu-
scripte) eU Wke jßortie du dtalogue de Phoenix ei d Ampelion.^
Er wusste also nicht, dass dies der Schluss des Heroikos des
Philostratos ist, wo sich ein phönikiscber Kaufmann und ein
Winzer (afi9r9Xov(^yo() unterreden.
f M AuflgaboB des Philostrat. n^ y«/A^*i «»S- ^: ^* SeäsmUi
drack der Haodsdirift auch iur - den .fiotdeeksr derselbeB «iae lleneiis-^
Sache sein niisse. Der Grieche antwortete hieraul^ 4a88 von dem Mann*
sorgte nur noch wenige und unkenntliche Tfümnier vorbamlen teieo,
nnd in Beuehung auf die Yerhesserungen und RandbemerlouBgon lienerkte
er einfach^ dass sie in einer zweiten aorgfaltigen l^sung der flandecbrift
ihren Grund hatten. Während nun der Druck des Teaites und der Über-
setsung seinem Ende zugieng und Daremberg bereits ao die Ausarbei-
tung der Einleitung und der Noten geben wolUcy erhielt er die Nacb-
licbt, dass auch Mynas eine Angabe der genannten 8c)ftri(l veranstalte,
und nicht lange nachher ward dieselbe auch wirklich der ÖSenMichkeit
{^ergeben* Da nun der Text dieser Ausgabe in vielen Pimctea von
dem der Abechrill abwich und aus der HnndsobriA gann nndere Lese*
arlen, als in der Gopie veneichnet w«ren, angeführt wurden | so blieb
^aremberg nichts übrig, als den mitlerweile fertig gewordenen Tbeil
seiner Ausgabe^ namHch den Text und die Übersetzung, mit einem knr-
i^n Berichte iiber die Schicksale des Buches nnd einena VerzeicbBisse
4er Varianten in der Ausgabe des Mynas xu veröffentlichen. In seinem Mt
qu ieofeur schildert er mit viel^ Laune das Treiben dos Oraeculos und
4eckt die Widerspruoher auf, welche xwischen der Abschrift und der
Auagabe des Mynas obwalten. Die Zweifel, die sich hier aufdrangen,
queint er, werde dereinst die Handschrift «elbst lösen , und ao scUie^
er denn seine Einleitung mit den Worten 9 «As mtwndani / keurtwx
op^nsmeni äe C€ numuMcrii, fe iivre 4§ texte de PMaetraU emx Be^^
Uy da dUx-neuviime eidclt.^
Ehe wir nun daran gehen dos, was in dieser Ausgabe geleistet
worden ist, einer näheren Prüfung zu unterziehen, dirfte es wol nicht
unangemessen sein einige Bemerkungen über den Zustand der tJber-
lieferung des Textes und über den Inhalt «nd die Bedeutung der Schrift
vorauszuschicken. Es kann keinem Zweifel unterhegen, dass Mynas
durchaus nicht die nöthigen paläograpbischen Kenntnisse* b«sitst| um
eine schwierigere Handschrift genau und sicher lesen zu kdnnen. $0
erklärt es sich dann leicht, dass er viele AbküreuBgen und Siglen, be-
sonders W8S Präpositionen und Endsylben anbetrifft, nicht richtig ver-
stand nnd somit in seiner Abschrift Lesearten darbietet, welche von
denen der Handschrift bedeutend abweichen^ Dazu kommt noch, dass
Mynas auch nicht mit der nothwendigen Kenntnis der Sprache, weder
was die Formenlehre und Syntax, noch was den Sprachgebrauch über-
haupt und den des Pbilostratos insbesondere anbelangt, ausgerüstet ist.
Was Wunder, wenn uns somit in der Abschrift nnd auch hm Te^te
seiner Ausgabe überall die gröbsten nnd lächerlichsten Fehler Imgegnen !
Doch das würde man noch leichter hingehen lassen können, da sich
solche Fehler von selbst verrathen und ihaeo leieht abgebolfen werden
kann. Tiel schlimmer aber ist es, dass Mynas da, wn er die vielleicht
oft verblasste Schrift nicht lesen konnte oder wo ef den förni der Stelle
nicht erfasste und daher ein Verderbnis vernuithete, ohne- weiteres seine
AugibeD des PhitetrdL w^ T>fl^'t «n& V. jT. SekaM. 9M
oigenen BrgliiiiiDgeii oder Beseehmgen in den Teil sHite. fio eiUiren
lieh denn die gans Tersdhiedeoeii Lesearten, welche «r in «eifier Gopie
und seiner Ausgabe vorbringt, und nir sehe», dast eS überhaupt mit
dem gegenwfirtigen kriiisohen Apparate sehr scblimm bestellt ist. "Wir
wollen mr n&hereii Verdeutliohung des Gesagten einige Beispiele an«
fuhren, wobei wir natürlich ^nf kleinere Abweichungen, wie weni s« B.
S. % Z.tt die Absehrift iat^^POfkimgy die Ausgabe ya d^^wmp^laq ohne
aHe AnmerkuBg darbietet, 2. 4 in der ersteren oisoeiv', in der fiitzteren
oei7 geschrieben wird u. dgl., kein Gewicht legen und ins iinr an die
bedeutenderen Varianten halten wollen* So gtbl Myias in seiner Ab^
Schrift an, dass 8. 36, Z, 9 die ursprängiiche Leseart laate? mg fiifff
i fvfkvmetiit 'f etf«9i^ «al t^v pi^i^ fuäktüp w iim9iuHa^ bemerkt
aber am Rande: if f^ifra i j9^,ißttat^g ^veweo pi^M if pii^tip ^fao«^e^i|.
Ist nun die erstere Leseart die ursprängiiche und die ftrigende nur eine
Verbesserung des Mynas oder ist die erstere eine hlo£M Bcgaatung des-
selben und die eigentliebe Leseart erst später aus der anfaa^ioh un«
leserllohen Stelle heKMiegebraoht w^orden ? ^endeselbst Z. iB lesen wir
in der Abschrift: tois yiQ Srnna^ai iStapo&vpdiUHg fi^yOo p^tf^pog
pi$Xni^ olfun, %h pii tacMtUü^ta^ n der^ntgabei to^t yif a«¥seda»
diavoovpdvotg 9*t wkvta xoXp^v Kpmun^dvttiov^iv ; B. 56^ Z, 17 Stehen
in der Ausgabe die Wortes JtQXOMag ^^v H ai%iv9 «o^ Mf^ije <l)
püt §%miq»$<$9* intß&omt &k toH ipav Mmtutatm (sie) M %m ^Sp$
Ppuitovl TS wA Alhmq ipw^immMtm * tXq pU d^ imnoUsMl %i Uch
«erl TOi pitpio^ iiMßtiPiaz$p9U , •ht lt%4p t§ (sie) «erp' uihm9 a^
9vvtai Httl itidwtg IdHw Mm <!) ^Xifigg,* welche in der Abeehrift fdb«*
len u. dgl. Übrigens würde man sehr irren, wenn man das Verseiohnia
der Abweichungen der Ausgabe dee Mynas Yom Teste eetner Abschrift^
welches Daremberg Praef. S. 1II1-«*U gegeben hat, als ein genauen UBd
sorgfaltiges ansehen woUlef im Oegentbesle sind in dieser eoUaikm
mHMieui0i wie sie Daremberg 8. XII neoal, nicht wenige und lum
Theile sehr wichtige Varianten «diergan^en, s. B. 8. 2, Z 4 ^t^wnUtP
Apogr., etpathiv Edit., Z. 9 iaalNif fkiißaq A^ fr tfx. pk, B.| S» 4, Z. 2
eopücv X4fmiuv A., üwpUtg aiyofier B., Z. 11 IfBitedvi A., Sz^c^tu
E ; S. B, Z. 13 und 8« 8, Z« 1 #or^(pfi^oBi| und ovXl^aeBtin k^ iwß --
und |vX-*E.; S. 12, Z.1 rmiUmp aymwm A^ «. 'tiw dfmm B.$ 8. 14»
Z. 8 fifvxop A., s^fo« S.; 8. 16, l. ^$ f9 ah A^ rmm E.) & 18^
Z. 1 tpotf iwp A«, §fLoif$ B.$ 8. 28, Z. 4 inthttmw A., fcrrtra« E«;
8. 38, Z. 6 iriK0«em A., Jkoi^BUBg B., Z. ll sie A., fr B.; 8. 48, X 12
nJnftmv A., «orreiir |i^ £., Z. 13 4ff«t^ A., M(fag B«; 8. 40^ Z. B
wird a^nnipnfitm fSIscMkh sAs Letfsart der Abecbrifly iwunipxttm
als die der Ausgabe beseiehttiet, während gerade das umgekehrte Verhältnis
obwaltet ; ebendaselbst Z. 10 laaayxvXov A. peaayyvXov E. ; 8. 80 stehen
in der Ausgabe die Worte ta dh vxo tf i^X^ « • « • maXatoopv*. nach
den Worten : srlfv^ .... vnmmphßOig und Z. 8 hat A« imoXtc^Qec,
79« Aufgaben des Pbilottrat«. fo^v., AAg. .v. K. ScAmki.
E. inaUct^u u. dgl/). Es müsa daher jeder, welcher ^ch mit dieser. Sehrift
nfiher bescbSfllgen will , neben der Ausgabe Daremberg's auch die dei
Mynas sur Hand haben ; sonst könnte ihm dasselbe begegnen, was Gebet
erfahren hat. Da derselbe nSmlioh die Ausgabe desM|nas niehl verglicbsa
hatte/ so hat er nicht selten in tiemlich weitläufiger Darst^^ng..ei•-
lelne Fehler besprochen, die schon in der Ausgabe yon Mynas beseitigt
worden waren, wie s. B. 8. S5 tfr^ave^v.(S. %j,Z. 4), 8. $ ^^Mf»
(a 4, Z. 11), a 63 %urta9 sUtt noPtmw i^h (8. 46. Z. 12>, 8. 67
ffnoUaxa (ß. 60, Z. 8) n. dgl.
Was nun den Inhalt und den Werth der 8chrift selbst anbetriAy
so. können wir dieselbe allerdings nicht als ein hochbedeutendes Werk
beieichneo. Nach einer kursen Sdiilderung des gegenwartigen Yerfriles
der Gymnastik ini Oegensatse zu deren Blute in den früheren Zeiten
werden die einselnen Arten derselben und ihre Unterschiede besprodieDt
und die Veranlassungen su ihrer Entstehung nebst der Zeit, wann sie
in Aufhahme kamen, angegeben. Weiterhin handelt der BchriflstcUer
▼on dem VerhSltnisse der yvßwtcttniii aur Utwi^Mii und «u^or^i^B^',
bezeichnet den Wirkungskreis des yv^voeriitf, seine Obliegenheiten und
Pflichten, und gibt in dieser Besiehung eine ausfuhrliche Anleitung. fir
denselben, bei welcher Gelegenheit uns manche ganz artige Anekdoten
nitgetheilt werden. Sodann spricht er von der KörperbeschafTenheit der
Athleten, die f&r die Yersclüedenen Arten des Wettkampfes erfordert
werde, wobei es nicht an tadelnden Bemerkungen über die damaligi
Verweichlichung und moralische Versunkenheit fehlt Endlich wird aodi
die Gymnastik als Mittel zur Pflege des Körpers, die sogenannte Heii-
g3rmna8tik, in Betracht gezogen, woran sich eine kurze BeschreibuBg
der Werkzeuge der Gymnastik , wie des oItiJ^ , xovtg, noigvKog u. dgl>
schliefst. Wir sehen aus diesen kurzen Angaben, dass der Inhalt des
Ruches ziemlich reichhaltig und interessant ist; Neues wird nun frei-
lich mit Ausnahme einiger Bemerkungen, die unsere Kenntnis von dem
Wesen der alten Gymnastik ergänzen , nicht finden ; einige Namen ist
Chronicon des Eusebius lassen sich nach, unserer Schrift Yorbessern und
auch die Lexika werden durch sie manche Bereicherung erhalten. Da-
gegen aber darf man nicht verhehlen, dass:die Berichte des Philostratos
über die Sieger in den olympischen Spielen nicht blofs einzelne Fehler
enthalten, sondern auch im Ganzen unvollständig und ungenau sind und
sich in keiner Weise mit denen des Pausantas oder Africanus bei Eu-
sebius im Chronicon vergleichen lassen. Es genügt in dieser Beziehung
auf die reichhaltigen Bemerkungen zu vorweisen , in welchen Cobet am
Ende seiner Schrift (8. 63—84) über diesen Punct gehandelt hat
Nach diesen Vorbemerkungen gehen wir nun zur Prüfung der
*) Offenbare Druckfehler haben wir hicbei nicht berücksichtigt. Dass
an solchen in der Ausgabe des Mynas kein Mangel ist, wird x. B.
S. 34 und 35 hinlänglich beweisen.
Ausgäben des Philostnt sr. yv^y.i «ng. v. K. S^lnM. 797
genannten Ausgaben über. Die Daremberg^sche Aasgabe enthalt , ^ie
schon bemerkt worden ist, nach dem ir/s tm lecteur (S. VII— XXIV)
.den Text mit gegenüberstehender frantösischer Obersetzung. Untef dem
Texte sind die Leseaiten der Gopie des Blynas und der Handschriffen
niitgetheiU, In welchen uns Bmchsticke der Schrift erhalten sind; die
Conjectoren des Herausgebers werden meist einfach ohne alle Motiv'e-
rung verseichnety da ihre nähere Begründung fQr die Noten vorbehalten
ist, welche sammt der Einleitung su dem Werke selbst spater e^cheinea
und den Besitzern des Buches unentgeltlich zugestellt werden sällei).
Man wird nnn nicht laugnen kiVnnen , dass die ganze Besohaifenheit des
Textes die Schwierigkeiten der Kritik^ welche bei einem Schriftsteller
von sd äianieriertem und gekünsteltem Stile/ wie Philostratos > immer
grofs sind, noch bedeutend erhohen musstei aber anderseits Uisst sich
auch nicht verkennen, dass der Herausgeber seiner Aufgabe nur unvoll-
kommen gewachsen war. Zwar hai er an manchen Stellen augenscheia-
tiche Fehler der Abschrift verbessert; aber er hat auch an nichl wenl«
.gen Stellen die ursprüngliche gesunde Leseart willkürlich angetastet nnd
«ehr vieles, was mit leichter llGhe sn heilen war, unberichtigt gelassen.
Aber viel schlimmer als alles dieses ist > dass'Daremberg eine grorse
Aniahl von Stelleut die Mynas unrichtig gelesen oder auch keck über-
arbeitet und interpoliert hatte , und die nicht blols.fehlertiaft, sondern
öfters geradezu sinnlos sind, als gesund hinnahm tmd in seiner Ober-
setzung durch alle Kunstgriffe der Interpretation aius ihnen einen Sinn
herauszubringen suchte. Auch darf nicht unbemerkt bleiben, dass Darem-
berg da, wo ihm der codex Monacensis zu Gebote stand, sehr oft die
guten Lesearten desselben und die Coiyecturen Kayser's verschmäht hat,
um dafür die schlechten Lesearten d« Abschrift des Mynas, die oft nnr
im Gehirne dieses Graeculus ihren Ursprung hatten, beizubehalten. So
gibt S. 68, Z. 1 der Mon. %oitm ifO0ijita»xi ffnißvi fi^v tck diiui, tni-
Smnt xa a^Mts^a, während die Worte tmißfi . • . . dtiui in der Gopie
des Mynas fehlen. Der Herausgeber bemerkt hiezu: «A» Premier ab^rä
r addition d inißri %tl, par Mtm. paraii aaet iMtUiuUe% maie eUe
e$i intuimietiMe , pmefff ii «* mgii päu Mn dWM edU eain e/ if im
€6U malade, et qoM dorne ie Sexte de ahm. U e* aptrait de deax e&tde
uiaiadee.^ Hatte er nur einen Blick in die lateinische Übersetzung
Kayser's gethan, der inidtne w m. richtig durch: ^einietra eirOue
creeerunt^ wiedergibt, so wurde er nicht in diesen Irrthum verfallen
sein und hatte diese Worte, welche übrigens aaeh in der Ausgabe von
Mynas stehen, gewiss. nicht I8r eine Interpolation erklart Ebendaselbst
Z. • liest der Mon. t» . « . i^^isf^m , die Abschrift hat t^ i^^, was
Daremberg billigt; und doch wird sich wol niemand bedenken die erster«
Leseart mit Gebet (8. 79) anzunehmen. Am Ende dieser Seite Z. 18
finden wir im Mon. 9i%iiunQ$, in der Abschrift «nn^Mtroi , was der
Herausgeber in den Text aufnimmt; aber svx«fiaTO» entspricht so tretf-
lieh dem folgenden tSevtoi, dass ina» dieser Leseart, Wekbe kich ufafigeu«
Ztittchrift f. a. StUrr. O^maat. ISSO. K. H«Ct. ^V
^$98 AitHPiUn des Philostraft. fr. yv^., aag. v. Jf. SiA^mML
4uch.id der Aulgabe von Mynas fiodel, gewiss den Vonug vor der
; anderen ertheilen wird Weitere Beispiele seke man 8. 711, 2« S« & 71,
Z. 12, 8. 74, Z. 6, & 7«, Z. 6, 6. 84, Z. 14, 8. 86^ Z. 2. So werin,
wie sehOB gesagt, auch manche treffliefae Ganjeetnrea Kayner's niehl be-
achtet» wie s. Bw 8. 14. Z. 16 vo« arZifrvctr st ti ml. (t^. Cohst
.8.88) oder S. 74> Z. Ift Mtshrovfiirotf st. «xssviff^^ie (woflr Darns-
. btirg linMMti^nivotQ schreibt ; aber das Perfsctum ist hi«r gar nichl an
seinem Plalie). Freilich wer weder mit der Formenlelwe Bodi mit dsr
.Santax YOllkommea yertrant ist, der kann auf den NamoB eines Kritiken
keinen Ansprach machen. Gewiss nur mit Btauneft wird duub faArsn,
dass der Herausgeber 8. 8, Z. IS imiifßmo f§ fmi^pS gleich einem
Mil^ov c p. autrasst; S. 10, Z. 8 die 8teUang ot 9pifgm, » <arlik»
(st af dl imUuu d^iptoi) ohne alles Bedenken im Texte stelmi iXssl;
-8. 84, Z. 8 ändert er das richtig «beriieferte iw$^^ in ^hrsf^l^^;
^ 88, Z. 7 lesen wir im Texte imnmM^M (st Hqfi^a»), Z. 18 d
fifpmmf&to (als Medinm st fiyMene»); 8. 34, I. 14 wird iyißf^ II
'Olvnmimv Svtmw fiberseist: Zersy«* W äMem ä0ä präg dF OünKfk
(als ob 'OXvfMimg im Texte vorlfige)| 8. 88, Z. 8 liest der Hennsgebcr
die epische Form d»ooes«i> welche Mynas in ssiner Absohrifl gegebm,
anberichtigt n. dgl. m. Was die Obersetsvng anbetrilll, so ist diemlks
keineswegs getrev, vielmehr, wie dies bei fransösischen Obersetnogm
-gewöhnlich der Fall ist« eine Paraphrase | natOrlich ist «n no leieht
möglich, auch dem Binnlosesteo einen 8iDn abmgewinneii , wihrend ba
einer getreuen, wörtlichen Obersetzung sofort alle Tmggobilde ent-
schwinden müssten. Indessen wird doch Jedermann gerne den achOnes
Worten Cobet's am Schlüsse seiner gleich su besprechenden Abhandlong
befsUmmen: «Ai EdUmrem, quMmquam nttetßi^ operi imparem^ noäm
quidqtiam (mctemenUut dicere. Ctmsiai HUer omne$, guaniopere ermetm
iUieroM amei et s/ mimts est im Us exerc/UHtts, nän ipsi mu^i$ U
9/M reriemium esi gtmm Umporihm Jaeeni apmd Gmiiot 9€Hn
pktMögiae Graecae studia H itHque U quod e&elert 0mmes perMt
peecami tmi exprobatur,^ Was kann man auch da für die Beleb«]«
•der griechischen Stadien erwarten, wo solche Schulbücher, wie di«
lingst antiquierte Grammatik von Bournouf, trotx aller BemiilioDgen der
wahren Freunde des griechischen Dnterrichtes und trots der Stimme dtf
öffentlichen Meinung durch Gewaltmabregeln von oben her im Gebranchs
erhalten werden? Mögen die Bewunderer des Iransösischen Schulwesens,
die sich dorch die glänzende Anfsenseile der SchulprfifuiigeD blenden
lassen, hier den schlagenden Beweis sehen, wie wenig der Inhalt dieser
glänzenden Hülle entspricht und wie Oberhaupt ohne wahre Qrundlicb-
keit eigentlich kein Unterricht denkbar ist!
Wir wenden uns nun zur Ausgabe des Minoides Mynas. Dieselbe
enthSlt (S. I— XIVUI) eine pfef0C€ dedUtsMre an den Baron 8ina , in
welcher der Verfasser bei der Widmung seines Werkes sieh ingleicfa
Mber dessen Inhalt und Bedeutung ausspricht Oi^se Abhandlung ist eio
ilbggaben des Pbilostrat «. fvfiv., ang, v. it. ScknM. f99
hreites Gewäsche, mit allen möglichen Citaten angefüllt und ohn^ ricb-
ligen Zusammenhang, so dass nicl^t geringe Geduld dazu erfordert %ird
tlieselbe ruhig bis zum Ende durchzulesen. Darauf folgt S. 1—68 der
griechische Text, an dessen unterem Rande einige kritische und lexi-
kalische Bemerkungen gegeben sind; dann S. $9 — 110 die französische
Obersetzong , welche durchaus tiur den beiläufigen 8imi wiedergibt und
sich, was Treue und Richtigkeit de« Ausdruckes anbetrifft, mit der
Daremberg's in keiner Weise messen kann. Daran schliefsen sieh
S. 111— 1116 einige Noten, unter welchen die sachlichen Bemerkungen
die Hauptmasse ausmachen. Hie und da werden auch wirklich zur Er-
klärung ganz geeignete Stellen beigebracht, wie es denn dem My-
nas weder an Belosenheit noch an Scharfsinn , aber um so mehr an
gründlichen KenntiiisseB fehlt, weshalb denn auch diese Bemerkungen
keinen anderen Werth als den einer blofsen Stbffsammlung haben.
.8, \Xt — 131 finden vir ein Verzeichnis der X^^ nuA Mfuna wo^im-
^9QUj welches aber keineswegs auf VeUstandigfceit Anspruch machen
kann. Den Schiuss (S. 13!l^l4iS) bildet eim in griephisaher Spraehe
(mit gegenüberstehender fransttaiselMr Obersreteong) geschriebene Invec-
Üire gegen die grieehisehe RegleniDf, webhe die Stiftung das Euangeles
Zapas, die die Erneuerung der o]|rmpiSohen fipieie bezweekte, durch
Decret vom 10. August 16S8 dalün abfindertä« dass bei dieser Feier
Matt der körperlichen Obungen eine IndustrleausstcUung die Hauptsache
bilden solle* Der Vetf. sucht nun nachzuweisen , daas eine solche Aus-
stellung bei dem gegenw^irtigen Zustande der Industrie in Griechenland,
wo dieselbe kaum zu erwachen beginnet geradezu IScberlich sei, wäh-
rend tm^ Bdebung der körpeHiohen Cbungen von hoher Wichtigkeit
wire, zu welchem Zwecke er daran erinnert ^ wie, so lange als die
Natienaispiele blühten , Hellas seine Maöht und Freiheit bewahrte , wie
aber mit dem Verfaile denelllen «ipcli der physische und moralische
Verfall dieses Landes begann.
Was nun die Constituierung des Teiles anbetrifft, so wimmelt die
Ausgabe von den gröbsten fehlern; auch die aigenfiiligsten Versehen
der Handschrift sind nicht berneksichtigt, die Lesearten des oed. Monac.
.werden in den Text auljgenmnmen , rtme die Lesearten des eigentlichen
MMMtoriptes ancfa nur su ^nrliBeni ganze Sitze sind augenscheiidieh
ubembeitat und mterpoKaet u. dgl. m. Ailerdings kat itfynae bei einer
zweiten Lesung des If annicriptes manches itehtiger erlisst^ und der
AriUher darf daher seine AnsgiiM nicht unberücksichtigt lassen $ de er
eher nur höchst selten die Lesctften feiner Handschrift anührly eo^weifs
man nie, was der Handschrift odbr ihm eeibat angehört, md enlbehii
ßOaaX jedes fssteii Anhaltapunetes. Ob die Kenntnisse dss Heansgebers
'«ehugermafsen «m charakteriMeren, möge die Angabe genüge«, dass wir
S. 7 folgenden dimetar anapaest lesen i Iffysft p^ iy^f i (t) ^mw
mmlU$tmp^ dass S. % uns die Lesearten ki .«eMr und popMtti be-
<0egnen, dass der Verf..S. 1# die Leseart K^atvt (Craen) st *H^m¥&%
«nbpriditigi Ifisst, dam er 8. 5tA die ganz sinnlos überlieferte 6Mhi
^twdifipM p^hw ycr^ vor ftcttiQa iXtyiv^ M f^ivql dh aitwtn %99 mhow
a^QBPfi (!) tt fuA yvMtrxa* frtflch weg übersetzt: ^Mom p^re, em amh
rma, diittii-U, iaiism woviM im direciion de ma wUre ia mmis&m §ti
se €4Nnp0saii d m pwtpm H de mm mire (/}» o. d^ m. Ym te
Noten nnter den Texte mOgen die foigendeo Beispiele eioeii Begtf
geben. 8. • wird die Leseart der Handscbrift of adfOfio» 6\ osOlipai
in den Text aufgenommen und daiu bemerktt to 9\ i^QOi^o^ JJf^it ti
a inirtttin&lf, oi%l otiQfftinop^ irü to9 »olvd^oiUH (1)| 8. 9 crkallm
wir zu den Worten : «ii^ otg ietip ipo^ inHftovtog Siaßwßl^m^m t^w
Smu^v^ ^ fii7 ev^x<^* <li® Eriilarung? «Um uipv%<Mß d§ «fr
Die Abbandlung Cobtt's enthaU eine reiche Aozalii kritisebar
Benerknngen zu der genannten 8ohrifl des Pluloslralos. Wenn ma«
MD seboo in allem, was Cobel geschrieben hat» den grofMn Seharttaa
dieses Gelehrten bewundem muss, so wird man gewiss in dieser Hi»>
sieht der vorliegenden 8chrift den Preis zuerkennen mSssen. Man mnss
wahrhaft staunen, mit welch sicherem und feinem Takte Gebet fibsial
die Entstellmigen und Interpolationen des Mynas henrorhebt, eine trcienis
Gopjectnr an die andere reiht und seihst in ganz terworrene SteHoi
Licht bringt. Es ist nicht ta bezweiCsln , dass der bei weitem grflbili
Theil dieser Besserungen durch eine genaue Tergleichung der ilmi
Schrift selbst, wenn gleich diesdbe von keinem hohen Alter und liem-
lieh schlechter Beschaifenheit zu sein scheint, best&tigt werden wifd,
wie denn auch jetzt schon manche Conjecturen Gobet's in der Ausgabe
des Mynas als Lesearten der Handschrift erscheinen« Die reichen Be-
merkungen fiber den Sprachgebrauch des Philostratos und den Atlieis^
mus, Ober Palfieographie u. dgl. irerbunden mit der geistreichen nai
4aunigen Darstellung, welche von jeder herben Polemik fem ist, werdcs
gewiss die Leetüre dieses Büchleins für jeden Philologen interessait
machen und wir wollen es daher allen angelegentlich empfohlen wissea.
Um unser Drtheil über diese Schrift zu rechtfertigen, wird es genoftea
nur einige wenige der trefflichen Emendationen Gobet's unseren Lesen
vorzuführen. S. 96, Z. It^l5 ist im Godex des Blynas , wie im Mos.
und Flor, überliefert: «luxl srccrva o a^Xi|Ti|g vnontüf^m tow tutpt^m-
%i9m %i 6^^ BfSti. Si^ovg Sh ot (slv i^a^itg miti w^cmorsfr k
MMuwt^ t^ 4^^ ^^ 9dni£i» Gebet yerbessert (8. 19 ff.) die Steile
vollkommen überzeugend: «stl . . . va i^^a. EtlfitB^ovm^ dh sf
Ikhp afiflt^«9 . . . .iir Swurg», ^U^ ual 9aptagf 8. 18, 2. 0 hsibt
es bei Mynas: «Jm iUÜi$mta i ijXiog s^ir Slffp (Aev Dnremb.) .<r
moaji 'AquMSi^ ol^»;» Cohet schreibt (8. 41} : «ti}9 Aev lr «eAf
"AXxtt, ut^tii* 8. 68, Z. 10 las man bisher: «ile^l ^ diy «»fMKsec
avaloytag »ol afTt xüiocSb ßiltimv ihi o toUc99, iici woo xcd SittnA
apalofüi^ na^i totg fii^ |eir lo'y^ duamikfkhoig Tema;» Gebet stellt
dafür (8. 69 ff.): (ilf^l . . »«l f Art i totiüSi , . sM sroe icicl ditwml
Ailsgtbeii des Philostrali «. y«|iip.» ang, V. K. S^Jkißi:, 8tm
ivt^.Xoyia* ihrA.> Diese Beispiele werden sicberlich unser früber'
ausgesprochenes Urtheil hinreichend bestätigen. \
Am Schlüsse dieser Anseige will nan Ref. noch einige Stellen deri
besprochenen Sehrift, welche Gobet in seiner Abhandlung nicht behan-
delt oder doch nicht su einer yollkommenen ETidens gebracht hat^ einer
kurzen Erörterung unterziehen. 8. 4, Z* t durfte vielleicht, theilweise
mit der Ausgabe von Mynas , zu schreiben sein : «IIspl d} yvp^wum"
n^g coipiap liyonav «vt^# oiBtuucg ihhtm %ix9fig\ n^ti inxL
(st, 91g) vifOlik9iqptat« ^w^b^vui totg ßovXoiUvoig yvfiira(Mir.» Der auf-,
fordernde Conjunctiv Xdyaiup, wie ihn die Abschrift und die Ausgabe
Daremberg's darbieten , laset sich nicht mit dem folgenden «irrt ver--«
einen; das Objeot zu Xiyöfikavi aovnfr, welcthes hier ergänzt worden iit^
kann wol nicht fehlen; ik inopt, {. ist ganz unverständlich , wihrend
durch die Änderung luU ein ganz entsprechender Sinn gewonnen wird«
— Ebendas. Z. 13 wird überliefert ^JwLit di f^oi dtdaitu fthp tag
tiltiag .... ivi^ß^tlic^M dh yvi^witovüi tt «ol yvikvatofUwoig oMdtt
olda:* Mynas hat in der Abschrift bemerkt: ii finti ivllaßi^^a^ , was
auch Daremberg in den Text aufnahm, in der Ausgabe aber ist er wie^
der zur ursprünglichen Leseart zurückgekehrt. Es ist auch kein ZwaifeU
dass dieselbe die richtige ist; osa#« oll« ist Object zu ivp^faUeifht^
vgl. S. 32 , Z. SO ino^a dl yvpiminai Iwßißilovxo i^Xigtai^g. ^
Ebendas. Z. 17 will Gobet (S. 36) nach den Worten: ^liovtag «t yif
ßimiH nal 9vp fpuoloti^avg 9M9 noch cdlir titi einschieben , wolehe
Worte vor dem folgenden tm rs »tw«v leicht ausfallen konnten. Noth**
wendig scheint dies nicht» da man den Gomparativbegriff sehr leichjt
aus dem vorhergehenden risy naXat, im Gedanken erganzen kann. Z. t^
wird wol zu schreiben sein: mAtlfftmit 9\ %al oso^o* u. s. w. ««^
S.^6» Z. 11 ist mit der Ausgabe von Mynas hnUxfig statt des onUgm
der Abschrift herausteilen | mit inlivug wird häufig auch ohne den
Beisatz d^o^g der Waffenlauf bezeichnet; z. B* S. 12, Z.8, S. IM, Z.2^
& 52, Z. 1. -. Ebendas. Z. 16 lesen wir: «stl vo antipti^ ^^u ^
wUfl, was Daremberg übersetzt: ««» pemM auui rtmporier Ja rie^
Mre ttPee ie i€UiJap$tat\* aber das können die Worte unmöglich her
deuten. Mynas verbessert %i ifU^% richtiger ist wol ig xi^v vi%fj^^
vgl. Xen* Gomm« 111, 3. 10. ^ 8.81 Z. 11 ist überliefert: ^vmi^xm^
*Hlii»w o%6ca irofi4Co«M Siiniixo {kkv imX tov ßmiiov xu £tf ci, k^p dl
aixotg ovixm ivhmxo. Da aber das Opfer nach den Worten des Schrili«'
stellers noch unvollendet war, so ist wol 9v^pxm9 unrichtig und dafür
^htovxmv herzustellen. — Ebendas. Z. 14 beifst es: «a«! ctuvifitM.isftf
ßixw ü^tvg Xufimadift ß^nfivmw,* So wie jetzt die Worte stehen^
müsste man lafutaS^ mit ßQoßsvmp verbinden; da dies aber keine
entsprechende Erklärung zulasst^ so durfte wol cvv lufmadiip ß^th
ßivmp zu schreiben sein. — Ebendas. Z. 18 will Gobet (S. 37) in den
Satze: «Ids^ ftihw aal ro«s ixurtmrgag *BXli|voir %infß i^Mi^Ws* statt
iinuvtnvxug : inh ndpxmv hjcrstellen, mit dem Bemerken, dass mnupwif
80i Ausgaben des l»llUo8tcal^ n, pff^^'f ang, t. M. Mekmtkü
hier dem Znsammenliange und dem Spraohgebrauehe wid^npreche. Bei^
Martwrsag ist naturlich ffg ^Olffp^itiP sn ergamen^ waitna ioll dann
iMavtav hier nicht in seiner elgentliehen Bedeotangt «iusMunen-
treffen, ^ kommen» am Platte sein? -^ S. iO, Z. 11 Terdaefatigt GoM
(S. 88) mit Reehl die überlieferte Leseart: ^tieiyyiXm &miym¥ t^g
9i%ii9.^ Könnte man nicht am iiayyiUa AnuyyiXlmp t. e*. denke» f-^-'
Eine Zeile tiefer wird wol statt s «duev« 9' st^a'iüd JtX^pmv Tielmehr
inoi» dh xavtic «od ^. in schreiben sein» «-~ 8. lH, Z. 12 lesen wirr
««4x1 fti^p %mi dut vDi' i^fMHf tiir M tpig iym^uHßfUp^H »eijart^s;
ilg frti^^««9 ^ J71«Tsr»«.» Die orspröngHehe Leseart war ohne Zweifel
Off r996pLiia¥ ii JIL -- Ebendas. Z. 17 heifsl est !A^%€tm «s «dtf
HolvdsÄnfs ^f^ijto, S#S9 or ««ftiTSwi uithiß In «o^so»» iv'^«' Xnerst
ist f^itfttf di heranstellen, sodann kann wol H vovfOMr niehl riefalig
sein; ich vermuthe» dass darin ein AdTerbium, als n&here Besümmong
SU jddir enthatten ist -^ S. 18> Z. 19 bemerkt Gobet (8. 40) lu den
Worten i «isrsfdii i vo^ ti^v eouhrds W«i}ir ^|^ %9fxm^^t9 ^pi}tfi vf
jTv^ «nd ritdaiMp^ «^Xf^s* ^Pra$iirea iv^ji eiii Vitium, fmtd mtim
im vuU forma ImäcA fv^^. fttuurmU acutUres mähiHim jtImm
Bn^ckkmo VüQiu* nalt^* Dass statt yv^i : fVQ^ benustelleD iil,
unterliegt keinem Zweifel; was aber dann noch an den Worten ausn-
setzen ist, Termag ich nicht einzusehen, leh meine, dass in vf yvff
«cd; tulamm^ nilji uns die ausdr&cklieheD Worte des Oeeelies er«
halten sind; darum hat Philosfratos sehen Z. 1% das fiomerisehe iU*
yitpii (Od. 8, 126) aur Vergleiohung beigebracht und sagt 8. 18» Z. )•
fv^a TS BU6tag ifpijTiri* fvffov ymq niXriq «erl th iq^ip» — 8. 18,
Z. 4 gibt die Handschrift s ^Ta fthß oev xmv %ovtpmp jvp^9a99tm i
9öXiiodg6iLog , 0XT8D Kov ^ 9i%a üxaSui , «al 6 Ki9t€id'log' «ro dsiv
a«^ «CO« avvcofr et Sqoiiitg dlavlov ^ eviidtov ij «(i^«
airo T«y Tpe<»y* %cil97tQv ino tAv toMVBtMf ovdip' o yi^ TQoneg
t»v yvpLPaa^p 6 aitog , ijp ts 'HUioi Yi>i$pat<»&$p l^p xb itB^oi*
Was die durch den Druck herrorgehobenen Worte anbetriflt, so sind
sie völlig sinnlos und scheinen ihre jetzige Gestalt Torzüglich dem Myna^
ZQ verdanken ; aber sie als eine blofse Glosse zu beseitigen, wie Darem-
berg will, geht nicht an, da unter den «ov^ots^i i^liftmi nicht bloi;»
die doiixod^ofioft und mipta^Ui, zu verstehen sind, sondern , wie S. 6,
Z. 11 beweist, auch noch cxidiop, d/iorvXoff, onXhfig zu den leichteren
KampfartCD gehören. Diese Bezeichnungen müssen also in den ver*
derbten und interpolierten Worten enthalten sein. Dagegen scheinen die
Worte OKTfl» «oe ^ dinu ctäSm eine Olossse zu sein, welche die Di<^
mensionen des doUxog angeben sollte, uher dessen Lange uns gani
verschiedene Angaben erhalten sind (vgl. Krause, die Gymnastik und
Agonistik der Hellenen, S. 347 ff.). Zu yviipaönm fehlt jedenfalls eine
nähere Bestimmung, wodurch erst der richtige Gegensatz zudem folgenden
4 d* ßtt^Qög i^lfft^g «Tl. hergestellt würde. Im folgenden ist ino
top xoiwtmp wol bedenklich und die Präposition wahrscheinlich zu
AuigAbeo des PbikMtrat. «. yfffip^ «ng. V. IT. ScktnkL. mn,
streichen. — 8. SO, 2. 4 nuss m wol heiraent fa' ofXXf» ^^ (st et)
allo iv^ionofLiiKi^. — EbeDdas. Z. 17 lesen wir: 19 il ^9^^ ««(
slnoatii olviknimg upSf^a 17^17 indUi %vntii9. Ob wol Dicht 9i€i*dln
oder vielmehr f^^ixcUscre bersustellen ist? Man vergkeidie Paus. V,8, 9:
ngtix^ dh i%l tccig Tseea^axovra ilv^nuiSt mv*tmg ItrswiAseirr naif-
dag. — S. %%f Z. 20 wird era£hlt, dass der Faustkampf der Knaben in
der 41. Olympiade begann und Philetas aus Sybaris Sieger war; dann
wird hinzugefügt) ot Sh inl v^g £iif%oüt^g liyovci' vipinifKi wd
^m^p mvyn^p (so gibt Mynas in der Abschrift die ursprungliche Lese-
art an; am Rande aber bemerkt ert tun' (!) ^V mtfyp^^p ivintfCB und
in seiner Ausgabe lesen wir: M%vfi9 91 wrffkiip) 0 K^imw i% Kim
t^g viicöv. Daremberg will schreiben: X4yövci «ttl 8ti o Kffimp %xX.t
was in keiner Weise befriedigen kann. Vielleicht darf man vermuthenx
liyovci (nämlich «f^laadiu nvyp^tiw ntUdnp) nuä ireireic3pciir«i tpavk
K^iopta %tX. — 8. 24y Z. 3 berichtet Philostratos, dass das Pankration
der Knaben mit der 145. Olympiade begonnen habe , und bemerkt^
er wisse nicht, warum man diese KampfSsrt so spat eingeführt- habe, da
sie doch bei anderen schon lange in fibnng gewesen. Dann fahrt er
fort: «o^i ya^ t»y 6lv(k%iMSmp Mfvntov fdi} ttt^ptcp&vfUpfjg ^^{«vo*
ninBipfi ti ^ pinri «ttl Myv9%la iyhtto.* Biezu bemerkt Cobet(S.48)x
^Edilur Tff in'o yiq ei 909t pUn sine sensu %ui inserttur,* Die letztere
Bemerkung ist richtig ; aber statt ya^ , wie Gobet will , muss jedenfalls
di hergestellt werden. Der Gedanke ist oflTenbar: Wie den Aegyptiern
bereits mehrere Siege zugefallen waren (s. Krause S. 800 fi.) , so ward
ihnen auch dieser zu Theil. — 8. 26, Z. 9 muss es wol statt «yv*
fkpaev$%rig (yviipaetui:$ hat Mynas in seiner Ausgabe) ip eotpltf {ieti
cotpla Gebet S. 44)' heiCsen: yv^pustw iet^ eotpüip was durch den
strengen Gegensatz zu mad^tqi^g nothwendig erfordert wird. Ebendas.
Z. 16 will Gobet (8. 44) statt des überiieferten htmnlimpxsg : imuo^
90vpt$s herstellen; aber inapxloivxsg (vgl. Thes. Steph. 8.V.) ist ein so
gewöhnliches Kunstwort der medicinisefaen Sprache, dass man gewiss
nicht daran denken kann, dem wenig gebräuchlichen inioopovpxBg , das
noch dazu keinen so bestimmten Begriff in sich enthält, den Vorzug zu
geben. — Am Ende der Seite Z. 19 lesen wir: «19 iliü^eapta %wa
x£p if^tqwß.* Ich schreibe unbedenklich : olM^eupta t * entsprechend
dem vorausgehenden (li^apti n. — - 8. 28, Z. 19 webt Philostratos
nach dem Vorbilde von Plat. Prot 320, d. seinem Vortrage ein artiges
Märchen von Prometheus, dem Erfinder der Gymnastik, ein. Kai loyog
dly so heilst es, ^9neU %^, ig y^pam%^ ^\p ovna sfi^, ÜQOiiii&ivg
dh efi}' %al yvftpactuto fiiir i U^ofifj^tv^ 9QävQg, yvftpaciiM dh ip
{nak Gobet S. 46) M^ovg *£9ft^g, iyac^iin X9 avxog vo« svpiJficrTog
iMcl nahUet^a ys 'E^fkov sr^ijvi}, %al oC nlae^iptBg (yviipac^iptag
Gobet S. 46) ye in ü^ofifid'imgf op^^mnot, 9h aga ovto» (Hp schiebt
Gobet ibid. ein) s2sv, %ip fsijlyi yv^pami(MPOi {iyyvpkpaüafitpoi' Meineke
Pbilol. XV, 1, 138) ip 4 {eav, %Xattte»ai inb wv Uqüiifi^img
804 Atttsabea des PhUoftrat; |k rH^p^ ang. ▼• Mi aeämMi
^ovcd, in^Mi w mmyktnu uitotg 4 yv|iMe«v»«9 hg^rif^nm tff ml
|«fxf^ir« IflM^.' fif mofs WuDder aehmen, dtM Gobet, al* et tiim
Ireflliche Betserang yvitvac^iwxtQ machte, niebt an deD Wmieni f«^
fivttMif d) «4x1 StiQovg *£ef»^ Anstofg Dahm , da j* diese nit dMi
fvpvaa^htig im offenbaren Wideraprnohe alelieiL Waa sau den
ibrigens dieser Hermes hier! In dem Mirehen soll ja Prametbeiu die
Hauptrolle spielen und doeh erfahren wir hier nidits, ala data er sisli
adbst übte. Ich yermuthe daher, 4ass diese Stalle iDterpoliert sei.
Leicht mochte Jemand es befremdlich finden , dass die BrOddaaiK. drr
Gymnasien hier dem Prometheos Engeschrieben wird , wiliraiid doek
bekanntlieh sonst allgemein Hermea. als der Erfinder derselbe»- angeaehea
wurde,! und läodite daraus Veranlassung nehmen diesen Namea bler eiiH
suselüeben und danach das folgende umsugestalten* Erst wenn wir lesen ;
«eel YVfkPmöono , , , «^oreg , fV|iira^M d^ tuA Ic^ovg, «y«a#s^ . • . .
ea^iffMKf 00 aal ntdaißtffttv y« n^mniv %enaü%9vaifn9 «cd aC ya|ipa-
0%hxH atA. erhSlt die Stelle einen befiriedigenden Sinn and Gedaakea-
sasammenhang. — & 30, Z. \% enSblt der Schriftsteller die Oesehfehte
Ton der Pherenike, der Tochter des berühmten Wettkimpfers Diagaras,
welche in mSnnlicher Kleidung als fvpponijg ihren Sohn nach Ötympia
begleitete. Da heifst es nun t ««al to ifdoe 4 ^i^^winii athm «> If-
fCNTO, mg 'HXiio^ ta n^iStu ivii^ do{c».* Hiesu bemerkt nun Gebrt
S. 46 1 «aaaa flsle HUerpres (nSmL I>aremberg): ^PMrän^n mgmü
iani äe ffree de earadire, 0te ies JtiSen» in prirmi 4t abmrd pmir wm
kommet QuoBi wer» lila wit animi ocuiis cemaiur ei fhemitime, ie
^föus magna vis at^mi ei comfaniia intii, corporis qfwque wirHe
reöur soieani habere. Repanendum arbltrort %ui xo ßdfLa oivmn
iQ^eno* Aber ^^g bezeichnet nicht blofs das Innere Wesen , aoodeni
auch den Ausdruck im Xufseren, z. B. Xen. Conv. VItl, 3 aiz ^9^^
mg 0KOvdaim (klp aitov at 6q>ifVBgy . . . n^tutn Sh ^ ^^mt^ , tlm^
dh TO i^og^ ich möchte daher übersetzen: «sie zeigte in ihrem Wefn
soviel Entschlossenbeil.* Yom Körper konnte man ja ohnehin bei drt
Umhüllung des Kleides (s. 2. 14 it^z^ti yt aiv vwi «p/pisyO fast niebt4
wahrnehmen. — Ebendas. Z. 20 gibt die Abschrift: viiiog Sh if^m^ii
TOir yv(ikV€i9tijp inodvMß^i «ol fiijd^ rovtov «WXfy«Tov aitoig
bIvm; in der Ausgabe setzt Mynaa das avrorip hinter ly^cc^ii. Es hA
wol sehr wahrscheinlich, dass aocerg an beiden Stellen nur dem MyaM
seinen Ursprung verdankt -- S. 34, Z. 2 bezeichnet Gebet (S. 47) die
Wprte ^inunovfktvop h *Olvy^iit^ x^w arvyfi^y x^ avxiwtUq^^ mit
Recht für sinnlos, ohne jedoch einen Verbesserungsversuch zu maehei».
^Corrupia verba p. 34, %, sagt er S. 70, diu ei nmiiam me exereme-
runi, sed firusira. Atäii exii, gmd iimtU ienteniiae ei eraeeiiaii iia
saiis/üciai, ui ntm nimis a tuigata ieciione discedaf* Könnte man
nicht vielleicht an anoyiyvaioxorxa (st. uniexov[itpo9) denken f — '
Ebendas. Z. 14 ermuntert ein yvikpaütiqg einen schon tinterliegendeii
Albloten zum Kampfe mit den Worten; ig nalop htuipiw lo h
Adtgafcen des Pbilostrtt n. y<^^^ ang. 1r. #. SeUnkL' MI
OXvfknfy fLfj intimi'v. Gobet (S. 48) nimmt an den Worten pti inn^-
'nstp Anstofs, indem er bemerkt, dase in all^n solcben Auesprucbeiii ^ie
naXip htatpiüP ^ tvQ9C9pi£f immer htiipiop notbwendig mit dem Be-
griffe des Sterbens verbunden sei, «iiaiM 9WU imitpia , epinar , xmp
xt^ffiiitmp,^ Daher müsse man auch hier xt^vipai oder ano^mpihß
statt pri amntitp erwarten. Nun war aber i^HmtP, inav9ap j &%•*.
yiypm9%Bi9 (vgl. Krause S* 423) der gewöhnliche Ausdruck , wenn sich
ein Kämpfer für besiegt erklarte; somit geht ja fi,f^ intintip in die
Bedeutung über: «bis zum Tode tu kämpfen* und das ist ja auch durch
das vorhergehende: tlq i^mtu 4ta»at09 «erv^m^crsir angedeutet. — S.Stf,
Z. 10 lesen wir: ^AttaXog Sh i Jiyvntiog hinfi^i (ÜXiitaUt^iP ergS^nMi
Cobet S. 48}* iynwiadpkipog tig SmsffOP inov «ov yvi^paotov IniQ^
Qm9€ivxog üHfiipov naq* tAxoVg pofkov Stuioci^ i%o^iia%MP xow
Ikixa pinfip ^TVMffttfroy* pbxqop yä^ po^t^c^m (daf&r Cobet S. 49>
09 yuq kif^p ai^gg aymwitiü^M) nqixw^op ij iyyviixicg «oraar^craa
xov crnftmog' oi^ipig dh iyyvm^hov x6 ovxm ^iyu ini^nip lovror
o yvpkPU0xrig xip poft^ %xl. Cobet meint , dass Mynas hier manches
eingeschoben haben möge; indessen ISsst sich die Stelle mit geringeff
Änderungen herstellen, wenn man schreibt: aympiaa^^i dh dsvte^oi^...
hi^Qfißetpxog intz^hv^'* ni^ikhov 4h %xL — S. S8f Z. 12 hat Cobei
S. 34 die sehr verderbt überlieferte Leseart trefflich verbessert, indem
er schreibt: ^»i ^»QaaXiog nal dulog^ oixoi fiihp tpQOPxiiov^tp oidhß
ovdk ot p6fko$ 9q>UiP v%%q xovxmp ducXiyopxui,^ Ich möchte nur, in
Anschlüsse an das überlieferte i ^onxi d yiypacnoiip* tftatt ^^of^r^toir-
«ey: ytyyisMovtftir beibehalten. — S. 48, Z. 4 bemerkt Cob«t (S. M),
dass in den Worten: «x"^'*^ 7^^ üvi^ßaipH xi i^ij av ^pxa* tfvp*
fittivii verderbt sei, ohne diese Behauptung nSher zu begründen. Dass
die Leseart richtig ist, beweist Plat. Rep. I, 829, d y^Qag lurl ptixin
XaXiitfj xm xoioixip ^vpkptUPH. Ebendas« Z. 14 ist tici zu streichen. <*^
S. 62, Z. 18 lesen wir: ^dutvlov Sh iymptaxid KoxianBffacd'mp i^^«K
fitviexsffOi phr ot xo exaSiav,* Eb ist zu schreiben : |ily ij xov ox^
diov, — S. 54> Z. 4 gibt die Handschrift: «xotl xop Pqa%iopu n^ripag
avntp^i>yyiig %a\ xfnfg wiMvg,* wofür Mynas in der Abschrift ptlp iwt^
Qinfig, in der Ausgabe pkfj i^tpiyyiig herstellte, während Daremberg das
(t!hv ays^^ftinfff der Abschrift in fihf iwa^i^iwig änderte. Cobet ver-^
wirft mit Recht diese ^portenia Burm^to non ituHpna,* ohne jedoch
selbst einen Vorschlag zu machen. Konnte man nicht vielleicht an >4
apwpiQiig denken f — S. 68, Z. 1 lesen wir: «i naXa$üx^g i nuai
Xoyofr fvfiijici|ff ftlp in» furlXov 19 {vfi^ar^oß.* Ich zweifle sehr, dass
o «. o %ata Aoyov, wie Daremberg will, «/e lui/eur bUn eofi/brme^
bedeuten kann; vielmehr wird man h streichen und %axi loyaw mit
tvfftifxjjg verbinden müssen; vgl. S. 52, Z. 18 x^Q'^S ^^H ^^^ l6yoP9
S. 80, Z. 7 wüaq%k[ MB^ixxoxiQa xov loyov, S. 82, Z. 10 fintqop xav
ivp,(iix^t9P tipkfiTiioxiQOi, *- Ebendas. Z. 4 können die Worte: ^xOvxl
yaQ it^oo(pvhg (kiPf na^axlijcMv dh «SKoXatffifV^i lUtXlop ^ ytyvppct^
onipqt^ unmöglich richtig sein. Vielleicht UV iw «cXitViVvGkx x«y«^ n«.^
äil nffoü^vlg Sv mc^unln^t^v %tL -- S. §8» Z* 11^ Ut htnostiUeii r
Nrntm dh %u^(w%m fAv v.ft i^^u, wie dies klar 4» folgende: 79-
f^vMxinmti^ dh %u «so'y«^ beweist — 8. TJI» Z. 16 findet Cekei
(& 79) in dem Satset «o^ty iifcoi %§ {eitevff %aL 6fpi iyij^eceMe*
den Ausdruck &ofeft {enotw verkehrt und fordert daliir: wotfM te-
piamr oder diftüotry. leh sehe sieht ein, was ao den ¥^«rteii «aeiiisetseR
ist. Der DiSt, welche sie beobachteten, hatten es die Aihleten m veiw
danken, dass sie , ohne je in eine Krankheit an verfiUen, ihre Otnugea
lertsetsen konnten und erst spat alterteni d. h. su Wettkimpfen unlaag-
Uch wurden. Daher heiCil es w felgendent liffMfib^wzi %a oi /Aw
Swm ilfffimmdag tetl. — 8. 78i Z. 10 hat Meineke Philol. XV. 1 , 138
die überlieferte Leseart vortretnich verbessert, inde« er sehreibt: «T^
(Ap oi% Sp h 'Imwim^ tC H ow ip h 'OkopkfU^ yipofTo in* mi^pit^
ifmpag (st. aidvog).* Ebenso beanstandst er mit A«dit 'immi/f^ da
doch dieser sehniSde Handel nicht in Jonien, sondern nur bei den helle-
Bisehen Wettkimpfen begangen werden könne • und überdies schon die
Nebeneinanderstellung dieses Wortes und ip "Üivf^s^ davon übenoigea
müsse, dass die vorliegende LeseiEurt fehlerhalt sei. Wenn aber Meineke
dafür ip *l^pkiif vorschlagt^ mit dem Bemerken, dass, wie bei Diehten
h 'Pod^, ip Suf/küf gesagt wint ao auch Philostratos recht gut des
Ausdruck ip 'le^/^r gebrauchen konnte^ so streitet, abgesehen von sb-
deren Bedenken, der ganae Zusammenbang dagegen« Denn im vorans-
gehenden wird ja eben von einem Factum berichtet, daa bei den Isthmi-
sehen Spielen vorkam, vgl. S. 76, Z. 17« 78, Z. 4 u. 9, nicht aber, wie
Meineke meint, bei den Nemeischen Spielen. Es wird daher wol stiU
lü^li^^ vielmehr NiiiiqL hersustellen sein, da Philostratos offenbar andeuten
will, dass dergleichen Dinge nicht blofs bei den Isthmischen Spielen,
aondern auch anderswo vorkommen durften. — S. 92, Z. 8 hat Cobet
(S.27ff.) die bisher misverstandenen Worte trefflich erklart und ge-
schrieben: ^anirnnve to» de-XritfiP ip ait^ z^ yv^va^np äypo^^ag
«ttl nQonnovtog u yiypmoMiv iün %al eii9x«yT0s.* Ich stimme der
ganxen Anordnung bei, mit der Ausnahme, dass ich die überliefiwle
Leseart iypncitf. (st. ayporioug) beibehalte. Was Cobet gegen die-
ses Wort einwendet, dass es als ein vocabulum priscum und poeti-
cum nicht in diese Stelle passe und auf keine Weise mit aypoia gleich-
bedeutend gebraucht werden könne, ist nicht begründet Man braucht
nur in das nächste beste Wörterbuch zu sehen und man wird finden, dass
dieses Wort nicht blofs bei Thukydides und Platon, sondern auch bei
Spateren, wie bei Lucian, im Gebrauche war und dass es so gut wie
uyvoiu die UnwisseDheit bezeichnet. Dass es übrigens ebenso, wie
tfyyoijtfaff, einen entsprechenden Oegensatz zu dem folgenden yiypmcnuw
bildet, brauche ich nicht weiter hervorzuheben.
Mögen diese Bemerkungen als ein kleiner Beitrag aur Kritik des
interessanten Büchleins, dessen Leetüre dem Referenten manche ange-
nehme Stunde verscbsfft hat, freundlich aufgenommen und demgemäfi
bcurtheill werden.
Innsbruck» '^»^^^Vji.^uVI.
CMMIM, msj^o^tion tu detttochen kvMiutn, ang: ?. Jt. MeieJht^ 89ff^
Dispositionen und Materialien zu deutschen Aufsätzen über The-'
mata für die beiden ersten Classen btf herer Lehraofitalten TOb L.
CholeTius, Prof. am Knelph&fsohen StadtgymDasium zu Königs-*
. berg i. Pr^ 8. (XXU u. 200 8.) Leipzig, Teuboer, 1860. *^'.
1 n. 60 kr. ö. W. ,
Nicbt jeder ist gleich frachtbar im AdfBadtn passender An/gabenr
ja diese Fähigkeit wird selbst za verschiedenen Zeiten bei einem xinA
demselben eine Terscbiedene sein ^ daher ist eine solche Sammlung
von Dispositionen und Materi^ien ein sch&tzbares Mittel der Anregung.^
Zudem ersieht man ans dem Buchlein das Verfahren eines eifrigen
Fachgenossen and wird sich, wo Obereinstimmung mit dem eigenen
Wege sieh zeigt, erwünschte Billigung herauslesen , wo Versobieden»
heiten auffallen, zu neuem Nachdenken erregt, entweder TOn früheren Ver-
suchen sich fossagen und dem besseren Vorgange folgen oder erst in einend
die Gegensfitze Termittelnden dritten das richtige oder mindestens besser«
erreichen. Deswegen ist der Umstand, dass wir in unserem Urtheile
«so selten über die Brauchbarkeit der Themata übereinstimmen* allere
dings kein Grund eine Samnlong, wie die voriiegende ist, zurückzu-
halten oder ohne weiteres aus der Band zu legen. Könnten wir anoH
kein einziges der hier nifgetheilteo Themata selbst brauchen, Belehrung,
würde uns das Buch Immerhin geben » immerhin also seinem Zwecke
mehr oder weniger gerecht werden. Freilich würde mit diesem Zuge^
stSndnisse auch die Kritik einer eingehenderen Besprechung des Buches
entsagen müssen , drSngten sich nicht ein par Principienfiragen bei Be*
trachtung der hier mitgeth eilten Aufgaben unabweisbar hervor. Der Hr.
Verf. bemerkt in der Vorrede, dass er sich bestimmt fühlte , seinen
Dispositionen eine andere Gestalt tu gebeti, als er sie eigentlich liebe
(p. VI), weil eine auf wenige bezeichnende Worte besehrSnkte oft viek
leicht nicht genugsam dargethan hatte, was in dem Thema enthalten sei»
oder was er, fögen wir hinzu, mit demselben bezweckte«
Wir bemerken nämlich, dass einige Aufgaben in ihrer Form so unbe^
stimmt sind , dass schon durch diesen Mangel der Schüler in keine ge^
ringe Verlegenheit gerathen muss. Es heifst z. B. eine Aufgabe: «Gber
Hagen im Nibelungenliede.* Damit weifs der Schüler um so weniger
etwas an£uf)ingen, als gerade diese Gestalt in wunderbarer Mischung
unseren Abscheu und unsere Theilnahme erregen muss, ja selbst von
verschiedenen Gesichtspuncten betrachtet ^ zu entgegengesetzten Ergeb*
nissen wenigstens den Unkundigen führen konnte. Viel bestimmter wim
schon die Aufgabe so: «die Treue Hagens,* die sich nun in ihrem Ver»
hSItnisse zu Günther und Brunbild, zu Sigfried und Rrimhild, zu Volker
und seinen Leidensgenossen darstellt. Offen bekannt hat uns auch die
Disposition unter dieser Aufischrift wenig genügt. Wir sprechen aber
hier, wie bekannt, nicht gegen einen einzelnen Fall; denn sowie die in
Rede stehende Sammlung diesen Fehler Ollers aufweist, so könnte auek
aea CMMMi DtipotiUon la deut^cheii AabaUoo, aog. v^ JT. MHiki.
die Erfahrung der Schule reiches Material lur BestattguDg des Getaglea
aufweisen« Es genügt also eine Disposition durch wenige beieiobiMirfa
Worte aniudeuteuy sicherlich in dem Falle, dass die Aul^gabe bcstimit
«uf das Ziel binseigt , und zweitens die gestellte Frage über deo Ge-
sichtskreis des Gymnasiums nicht hinausweist. Letsteres geschieht abtr
immer da, wo die Besprechung eines Schriftstellers verlangt wird, dessn
Kenntnis nicht bei jeddm Schüler ohne weiteres yorausgeSeUl wetdea
kann, also i. B. Shakespeare's • mögen die Tliemata sonst aoeh noeh st
sinnreich gewählt sein. Nun gibt es aber auch Werke der Literater,
die das Gymnasium lum Ausgangspuncte einer schrifllieheo Betradrtnsg
«nch nicht nehmen darf, trotsdem kaum ein Abiturient sa finden sein
durfte, der solche Werke nicht eben deswegen gelesen hUe. Dahin
gehört Gothe's FausL Vorseitiges und unreifes Absprechen kisdaDsu-
halten, dem sonst Thur und Angel geöffnet würde, muss das Qym»
nasium den Grundsati festhalten, dieses Werk nicht in den Bereich
seiner Besprechungen lu liehen; es darf also auch nie Aufgaben in«
lassen, die eine genauere Kenntnis des Werkes bei den Schalem voraus^
setsen, wie Nr. 56 und noch mehr Nr. 73. Dieses Thema: «die Obsr*
setiungen der ersten Worte des Et. Jobannis in GoBthe*s Faust* schdH
uns doch auch gar lu «TersUegen.* Ja auch Wilhelm Meister wird sa
jenen Büchern lu rechnen sein, die ?on Gymnasiasten , wenngMek
ohne VerstSndnis, immer und immer gelesen werden , und Ton denn
Leetüre die Schule keine Notii nehmen dar! Nr. 83 t «Wie sehr Gcetbes
Harfner in dem Liede: *Wer nie sein Brot mit Thranen aus' die tünni-
lisehen Machte verkennt* ist daher schon aus jenem Grunde unstattbaflL
Femer aber musste für eine einigermafsen lesbare Beantwortung d«
Frage der anderwärts von dem Verf. glucklich durchgeführte Gmndsati,
dass man die Dichter als Dichter lesen und sich mit ihnen auf ihres
jedesmaligen Standpnnct versetzen musse^ strengstens durchgeführt, d. k
das allmähliche und folgerichtige Werden dieser Anschauung aus des
Schicksalen des Harfners nachgewiesen werden (vgl. die feine BeoMr-
kung Schiller's in seinem Briefwechsel mit Gcethe über dieses Schicksal
und die Schuld des Harfners) — und das geht doch über die Qrensea
des Gymnasiums hinaus. Endlich müssen wir uns grandsitslich gegca
solche Aufgaben erklaren, die den Schüler veranlassen unsere groÜMS
Dichter lu meistern. Eine armselige Zeit, in der man geradesu darauf
ausgieng, jenen Männem vermeintliche Fehler und Blö&en naohiuweisea,
ist Gottlob im Scheiden begriffen; in den Schulen, in den Henen der
Jugend h&tte ein solches Streben nie einen Nachhall finden sollen. Die
Früchte jener Methode sind uns in misgestalteten Zerrbildern entsetilieh
vor die Augen getreten — halten wir also unsere Jugend fem von einer
sich überhebenden hoblen Kritik, die wie Mehlthau jede Blüte einer
reinen Freude an dem GroCsen und Schönen vergiftet. Die gestellte F^raga^
«ob der Oberst Buttler von Schiller so dargestellt ist, dass sich in seinem
Charakter keine Widersprüche finden,* verstdbt, wie die Ausfühmng
ykkiff Bevölkerung der osterr. JMonarehie, tng. t. i. SMnlUmm. B0&
^eigt, gegen jenen Gmndsati, und möehte den Dichter nur enischuldi-
gen; die geforderte ErklSnmg des Gediehtes von Goethe: «Gesang der
Geister über den Wassern* flndel bald dies, bald jenes entbehrlich n«s. f.
Nnn wissen wir aber doch, dass diese Männer nicht so gedankenk»
gearbeitet haben , dass jeder Primaner sie zu belehren , su tadeln be-
rechtigt sein könnte, obgleich phrasenhaftes Absprechen aufserordentlioh
leicht ist. Viel schwieriger ist eine reine Aufnahme , ein volles Yer*
stSndnis des gebotenen Kunstwerkes, welches uns manches ürüher getadelte
erst in seinem rechten Lichte und als Vorzug 'erscheinen ISssL Das ist
Unsere schönere und höhere Aufgabe, dahin wollen wir streben —
welche Arbeit aber die Erreichung dieses Zieles voraussetzt, das spre^
eben die goldenen Worte GoDlhe's über die Schwierigkeil eines reinen
Kunstgenusses in Wilhelm Meister (8. Buch 7. Gap. am Ende) in be-
herzigenswerther Weise aus.
Nach diesen Ausstellungen gestehen wir aber auch gerne ein,
dass uns mehrere Themata sehr wohl gefallen haben, so Nr. 8, 8| 11.
14, 18, 28, 30, 41, 44, 47, 63, 77, 78, 86, 88.
Wien. Dr. K. Reiche!.
Dr.A. Ficker (k. k. Hinisteriakecretär), Bevölkerung der
österreichischen Monarchie in ihren wichtigsten Momen-
ten statistisch dargestellt. 36 S. mit 12 (gebrochenen) KIrtchen,
kl. 4. Gotha, J. Perthes, 1860. — 28 Ngr.
Das kleine Buchelchen enthilt die Resultate der YolkszShlung vom
J. 1857 bis zu den Summarien der politischen Abtheiinngen mittleren
Ranges herab, mit geschichtlichen Rückblicken auf frühere Zahlungen,
auf Vorschriften darüber u. s. w., nebst den Angaben der Flächeninhalte
und relativen yolksmenge, femer die weniger detaillierten Zahlenver-
•haltnisse der Einwohner bezüglich des Sexualverhfiltnisses , der Alters-
Abstufungen, der NationalitSt (diese ausnahmsweise nur in runden Haupt-
summen), des Religionsbekenntnisses, des Standes, der Beschäftigung
und der Wohnorte. Da dem Verfasser die Imtlichen Quellen dabei zu
Gebote standen, so kann von einem Zweifel an der Authenticitat der
gebrachten Ziffern keine Rede sein , man könnte höchstens wünschen,
dass die Haupttabelle noch ausgedehnter gegeben sdn möchte, bis zu den
letzten politischen Eintheilnngen herab (Bezirksimter, Stuhlbezirke u. s. t),
um den numerischen Verhältnissen noch weiter nachgehen zu können,
indem die Estreme sich mit jeder weiteren Kategorie von einander ent-
fernen. Was die relativen Zahlen anbelangt, so würde der unterzeich-
nete gerne einen Orundsati in Obung wissen, dessen Annidime und Be-
folgung beitragen vrürde, zum Vergleichen kleinere und daher bequemere
Zahlen zu erreichen. Würde nämlich statt der deutschen geographischen
Huadratmeilt (1 M. ■-4' und 13 M. ^lO die geographische DMinute
^angenommen, so würde der Divisor 16mal gröfser, demnach aucl^ der
«eto iVcAcr, fieT61kffopg dcrttsierr. Aioiuucliie, ang. y. A» SMmhmm
jQuotieDt IGmal kleiner «umfallen ^ und gieDganuHi üJb^dieii in der Ta^
^\t biB auf die untente Betirkt-Ablbeiluog herab , so wurden aeUei
inehr 4«i€frige, ja sogar bl^ufig nur Sziffrige r^laUve Znhleii Torki»-
mmf die gewiss cum filerkeii uad OefeajibersteUep taugUeber sich cr-
^tfobeo als 4si{rrige eder, wie ee oMiielima) TorlUt^imi, ^eitrige» So
.»» B. sieUen sieh Eitrei^ der taodbevölkenug im datorr. lUieefslaate
^j^. & in LeUmmtser Kreise und 'm Jnplbale) auf 111^,. 1054, lO»? V.
und 41» 42, 44 M. lur die geogr. DMimite, wabreod wir fiir Irejse
upd deuUebe DM. die Verbältoisudilen 7168 «n«! ÜM)9 bekommen. Ja
^sten Falle sieben die ft%iittDfi minder gegenpber wie W:l^ im
Ji Veiten wie 7:1 Durcb die ZerfSllung in kleinste Summaneo gebt so-
/naeb die QngMcbbsit der Veribeil«ng der Bev^erung nber &i» Ter-
^ebiedenen Rüume viel geaautr heryor, und dur^ die AnoabsM eines
kleineren Quadrats erbalt man niedere Zahlen von dnrohecbniWicb drei
ZtlTem» 8o %. B. verhilt sieb di# Bevölkerunggdick^e hi d^ t9 Be-
airken Ton Kjrntben also :
iSOVillacb «9 4Kofen
173 Völkermarkt 98 Ferlacb
1 68 Klagenfurt (ohne Hptstdt.) 86 Ourk
% I
"d
168Ro8egg
164 Arnoldstein
166 Wolfeberg
1628t. Paul
149Cbenidorf
130 St. Veit
127 Bleiburg
ll4E:ber8tein
112Fe]dkircben
ill Spital
105 Hermagor
102 St Leonhard
80 Paternion
78 Friesach
76ilillstädt
7t Tarf is
68 dreifenborg
62 ROtsehach
66 kappel
420berrellach
42 Winklem
40 Gmünd
DieDurcbsobD|tt«aald für
ganz Kardthen ist ohne
Klagenfurt 106, mit der
HaupUUdt 111 E. aof
1 Q'. Bei Hauptsladlcn
soiUe die B#wobnertahl
•durch die J o c hsabl des
verbauten Grundes di-
vidirt werden, um die
echte Dicfateproportion lu
erhalten , a. B. bei ILla-
genfurt^JJi— l7Einw.
auf 1 Joch.
Zur Versinnüehung der relativen Pereentveibaltnisae sind dem
-Werke 12 Kartchen beigegeben, und swar etets ein nnd dieaeJbo Uruod-
iuurte (mit der politischen Eiotheilung ersten und sweiten Rangoa uad
den Hauptamtsorten), auf welcher mit einer Farbe Oi«f^ Schraffierung
geschwächt und gestärkt) oder, so oft es ohne CoUision tbunlioh ist»
mit s w e i Farben ein oder das andere Dichtigkeiliverhaitnia nneb Claasen
dargeeteUl ist Die Karfai Nr. I enthalt die Bevölkern ngjs dichte
in sieben Classen, die Karte Nr^ % das Sexnalverbalton in fünf
Oassea. Fünf Kariei sind der Ethnographie (>%\mwM gewidmet
(Nr. 8 Deutsche (vielet), Nr. 4 £eoben, Sloveaen (rotb «nd grän)» fit. 5
Serben und Ruthenen (roth und grün) , Nr. 6 WMtr und Ost-Rpfnanen
.<roth), Nr. 7 Magyaren und Polen (roth und grfin)], vier Karten der
confessionellen Proportion (Nr. 8 Katholiken > Nr. B Evangdiisohe
und UniUrier, Nr. 10 N. u. Griechen, Nr. 11 Uraeliten), die kftfte Karte
enthält das Verhältnis zwischen der tandwirthsehAit (reibenden BevOike-
Tung und der von der Industrie und den Gewerben lebenden. Han
rUMr, Bevölkeruog der flsterr. Monaleiiia^ ang. t. A. 8t$inkmuer. 81i
~ muss d«r Anlage tfes Oauen eine eoUprteheode Klaffaeit und Coose-
-quenc zaerkeoDen, und eio Bliek «uf ein seUhat Kfirteke« Ifitft tieles
errathen^ was man den Pere^nt-ZaMeii eelbsl nioM so deeUieh und noch
weniger so schnell absehen könnte 9 denneoh Ueibt bei einer weiteren
Ausdehnung der Fragen nanebe Karte die Antworten wenigstens zum
Tbeile sehuldig, weil eben nur eine bestimmte Orblse ausgedr&ekt
erscheint^ und niefat alle Terkommenden Quantititen in ihrer Oesanunt-
Wirkung. So «• B. zeigt das etfanographisdie Kärtchen über die Rfegya-
ren, dass eine geringe Anzahl von Magyaren . in der Bukowina wohnen
muss (twisohen 1 und iVf eller Bewohner), sie weiset aber nioht, wo
dieses Häuflein wohnt, ob compact oder zerstriBut, und wenn das erste»
im Norden, 6uden u. s. w. oder wo sonst im Lande. Man nehme daher
diese Kartchen f8r nichl mehr, als sie Torstellen wotlen, nämlich fGr In
Zeichen übersetzte Verhftlt niazablen, nicht als cthno-'
graphische Karten, welche Sprachgrenzen, OrhA>eiirdlkerung u. s. w. ent-
halten. Zu dem eriteFen Zwecke reichen die gebrauobten Mittel bestens
aus, zur Realisierung der anderen Absiciit müssten andere OrundsStze
der Darstellung gewAilt werden, s. B. eine naeh der Quadrat- oder
Kubikwurzel foftschreflende Seaia der Bevttlkerungssummen der Orte,
deren naeh dieser Seala au%etrageae Poncte (iimlich wie auf einer
-Sternkarte Sterne I, II, IH u. s. w. bis XX Qrttbe) die epeeielle Volks-
dichte, noch besser aber die wechselnde IntensitSt auf die vollkom*
menste Art ersichtlich machen wunden, nicht bk>ls die iJrtüche Anliiu-
fung, sondern auch den Charakter im Ganzen , einereeite der Sammlung
in gröfsere Bremipuncte, anderseils der Zerstreuung bis zur ünausdröek*-
baiteit. Dazu gehört aiber ei« enispreehend gnofser Mabstab und ein
Kirtchen ¥on der GrOlse jener im FldLer'sohen Werke wäre zur Auf-
nahme solcher Details ganz untauglieh. Dem Kundigen wird auch gleich
erhellen, dass die erwJDmten gradativen Punete auch grell Terschiedene
Farben haben können, und doreh 'dieses Mittel und das Ineinander^
greifen mehrer Puncto Tersehiedenen Dnrehmessers und yerschiedener
Farben, Quantititen und Qualitftten, nationel oder eonfessionel ge-
mischter Bevölkerungen gegeben werden können. Nur um die Karten
vor Misverstandnissen und ungerechten Vorwürfen zu bewahren, schien
esgerathen, ihren Zweck und ihr diesfalliges Verdienst klar zu be-
zeichnen. Sie können in dieser Weise als Muster dienen, wie ein ein*
zelnes Kronland behandelt werden kann, um (die zweckgemafse Erwei-
terung bis zu den Gericbtsbezirken heral^ T0r/iv9f;es(et]^t) die verschie-
denen Beyölkerunj;sverbSltnis8e, wie mit Jülfe eines Vergröfserungsglases
.'feinere Otjecte, 4etai]li^r)er pnd klarer ßLi^tuiffkl^n, als dies vom all-
gemeinen Standpunete ^m§ l^l4 ^f^f dey^ bench^jfokten R^uime gescibehen
-konnte. •««- Auch die angewendete SchraflettirBcala Verdient aufinerksame
Beachtung und Nachahmung, denn es liegt In Ihr das Mittel, mit einer
Farbe oder dpcb I9ö^cb9t wenigen Farben , also mit gröfstmöglicher
Pmekersparung dem jEwpcJ^e genuig^n zu kOnue«; 1 weite, schwache
•Sit fkker, Bevölkerung der Meir. M onarohie^ ang. t. ä.
und tchrige Schraffe'nt dann 11 etwas engere, illSrkere und hori-
lontale Schraffen» 111 noch «ngere, sUurkefe und v.ertioale Sehia^
fen, gekreuiie Sdüraffen abermid in drei Abstufungen Cb^^^^i Hf
horisontal und sehrSg abw&rts, Y horisontal und schrig aufwirtSy n*
gleich etwas dichter, VI horizontal und yerUcal, eng und dieht), e^d-
lieb Yll die volle Farbe und Ylll als Yerstirkung die Uoteriegniof im
•gravierten Schraffen, bilden eine Unschwer erkennbare Stufenleiter , die
den damit bedeckten RSumen gans angeoiesifen ist YYBrden dieee be>
deutend kleiner werden , so wSro . das AbscbatieH sehr ersehwsfi
(Weniger glucklich aeigt sich die Verbindung von schwarft mit vieM
.«taf der Karte Nr. 2 und 12, besonders beim Kenenlidite and vro asrte
'SChtaflierungen aneibander stolsen. Die Vereinigung der evai^ischiu
.Confessionen (nebst den Qnitariem) auf einem Blatte gewibrt nicht
•die vollen Aufschlüsse, die man daraus zu entwickeln TermOfAite, wem
-die .Augsburger und Helvetische Gonfession wiren getrennt bdiandelt
worden. Ihre Vertheilung ist h<^st verschieden, besonders in Cngua,
die Intensitäten haben bei beiden verschiedene Bliltelpuncte, eo dassdis
getrennten Bilder wesentlich verschieden von den suaammengesetatca
sein weirden. Würde es sich nicht um einen Proportionsausdruek, son-
dern um die Localangabe der Verbreitung handeln, so scheint eine Ver-
einigung beider Confessionen auf einer Karte mittels zweier Farben in-
sofern ausfuhrbar, weil nicht gar zu bSufig ein Obereinandergreüsi
stattftndcL — Der Text ist nicht blofse Erklfirung der Karten und daher
ihr Begleiter, er bildet die Hauptsache und jene die Illustration. Durch
denselben wird auch bei allen gebotenen Veranlassungen eine Verbin-
dung zwischen den Karten angestellt und auf solche Art der Nutzes
ihrer OegeDuberstellung dargethan. Das vorliegende Werk möchte ich
so gerne als VorlSufer einer ganzen Suite ahnlicher Darstellungea
•über andere Zweige der österreichischen Statistik ansehen. Die reicbei
Quellen, die Hr. Dr. Ficker zu benutzen in der Lage ist, bieten einer-
*seits, die umfassenden Mittel der Gotha'er geographischen Anstalt, . ander-
seits die gunstigste Gelegenheit zu solchen Dntemehmungen , und was
bei Vereinzelung selbst tüchtiger Kräfte oft mislingt, das gelingt rlr/^ai
uUiiitf
Wien. Anton Steinhauser.
Anm. der Redaction.
Gleichzeitig mit dieser Recension war von einem geschätzten Hit-
arbeiter unserer Zeitschrift eine zweite Anzeige desselben Werkes der
Redaction zugegangen, welche nach kürzerer Bezeichnung der Verdienste
der Arbeit an sich das Verhältnis derselben zur Aufgabe des Gy m nasial-
unterrichtes in Betracht zieht Wir glauben die betreffende Stelle
dieser zweiten Anzeige hinzufugen zu sollen.
«Es wäre ebenso unnöthig als unpassend, wenn wir hier über die
^naulgkeit der Daten eine Bemerkung uns erlauben wollen. Kau» ein
lorUuer» batan. Excursioiisbuch etc^ tng. y. i: BeUer. 81S
anderer als der Verfasser , über dessen streng wissenschaftliche und ge-.
diegcne Arbeiten das Drtheil in dem Kreise der Fachgenossen langst
feststeht, wird in der Lage sein so zuverlässige und sichere Daten fu
bringen, und bei keinem andern wird man der gröfsten Punctlichkeit
und Sorgfalt gewisser sein können. Dagegen wird es an diesem Ortt
vom gröfserer Wichtigkeit sein darauf aufmerksam zu machen« welche
Vortheile für den Onterricht aus diesem kleinen und billigen Werke tii
ziehen sein könnten. Der Unterricht in der Vaterlandskunde hat sich
nämlich, wie es scheint, an unseren Gymnasien noch keineswegs zu einer
festen und sicheren Methode consolidiert. Das Gebiet der Statistik;
welches vorherrschend diesen Unterrichtszweig ausfüllt, ist ein so aus-
gedehntes und bietet so mannigfaltige und schwierige Seiten dar, dasa
es ganz erklärlich bleibt, wenn bei dem eifrigsten Streben der Unter-
richt, der sich da in einer wüsten Masse zerstreut, keine rechten Fruchte
ergibt. Indem wir nun das vorliegende Werk durchgesehen haben, ist
uns unwillkGriich der Gedanke gekommen, dass darin eigentlich das-
Gerippe dessen kurz zu finden ist, was der Unterricht in der Vater-
landskunde vornehmlich an positivem Wissen dem Gymnasialschuler der
achten Classe übermitteln müsste. Es Ist, wie es scheint, ein dringen-
des Bedürfnis, dass sich erfahrene Stimmen über diesen Gegenstand ver-
nehmen liefsen; um so wünschenswerther für das Gedeihen des Unter-
richts wird dies sein, als dieser gerade in eine Zeit fallt, wo mit jeder,
verlorenen Stunde ein Theil wichtiger Arbeitszeit verloren geht. So
wichtig es aber auch sein mag, dass der Schüler vom Gymnasium ein
allgemeines Bild des Zustandes mitbringt, in welchem sich das Vater-
land befindet, so unzweckmalsig wird es erscheinen, ausgedehnte Mit-
theilungen über einen Gegenstand zu machen, dessen positive Daten bald
vergessen, dessen wissenschaftliche Benützung dem Nachdenken dieses
Lebensalters ziemlich ferne liegt
Was nun aber gerade das Lernen und Vergessen statistischer Daten
betrifft, so erinnert uns dies an den Vorzug des vorliegenden Werkes,
den wir in seiner allgemeinen Bedeutung schon hervorgehoben haben,
der aber für die Schule ganz besonders nutzbringend zu machen sein
dürfte. Das sind die schon erwähnten Karten. Die Bilder, die dieselben
geben, prägen sich leichter dem Gedächtnis ein, als die dürren Zahlen,
und werden daher dem Unterrichte als die beste Stütze dienen, wenn es
sich, was doch nicht zu vermeiden ist, um das Memorieren handelt.
Wir sind daher überzeugt, dass das vorliegende Buch von den Lehrern
des Faches ungezwungener Weise mehr und mehr zur Unterrichtsgrund-
lage verwendet werden wird. Ohnehin hat dasseltte schon durch die
elegante Form und die schöne Ausstattung, mit welcher die Verlagshand«
lung es versehen hat, ein Moment in sich, welches, wenn wir so sagen
dürfen, etwas einschmeichelndes besitzt, und dieser Umstand verdient
immerhin auch hervorgehoben zu werden, wenn es sich um die Arbelt
eines so unermüdeten anerkannten Gelehrten handelt, welcher sich damit
ein hohes Verdienst um die Verbreitung der Kenntnis unserer heimischen
Zustände und Verhältnisse erworben hat.*
Dr. Gustav Lorinser, Botanisches Excursionsbuch für Axvt
deutsch-österreichischen Kronländer und das angrenzende Gebiet.
Zweite Auflage. 16» (LX u. 37Ü $.). Wien, Tendier & Comp:
(Pötzelberger & Fromme), 1860. — 2 fl. 20 kr., geb. in Leinwand
2 fl. 75 kr. ö. W,
Das vorliegende botanisohe Taschenbuch hatte sich bald nach
seinem ersten Erscheinen zahlreiche Freunde erworben, uQ^«aA.VAftV ^««^
Zfiuehrin f. A. a«urr. Ovmoa«. IMO. X. Heft. ti^
dl'4 Idriwter, botan. Exeursionsbuch elc, ang. ▼. A'. Mener.
selben manche Inconsequenzen und Mängel vorgeworfen wurden ; eines
war aber gewiss, dass nämlich kein ähnliches Buch, weder in Beiug
auf Vollständigkeit , Form und Preis, noch in Bezug auf die fassliche
Bestiromungsmethode für die österreichische Flora so sehr erwünscht
kam, als dieses. Vor Koch's, Kitters und Krentzer's Taschenbuchern bat
es jedenfalls das voraus, dass es das Bestimmen der Pflanzen weit
leichter macht, als jene, und da der Hr. Vf. diesen Zweck zunächst im
Auge hatte, so können wir nur billigen, dais er jedes Mittel für erlaubt
hielt, welches zur Erreichung dieses Zieles führte. Er benatzte s. B.
mit grofsem Geschicke bei den Gattungen mancher Ordnungen die Ge-
stalt der Blätter und die Beschaffenheit des Stengels zu deren Charakteri-
sierung, wo Blüten und Früchte nur bei sehr genauer Untersuchung
mühsam zu demselben Erfolge fuhren, kurz, das Buch ist durchaus mit
praktischem Sinne für allgemeine Brauchbarkeit abgefasst. Wir wissen
recht gut, welcher gewichtige Vorwurf solchen nach analytischer Me-
thode abgefassten Büchern gemacht wird, nämlich der^ dass sich die
Anfänger dabei ohne in eine allseitige genaue Betrachtung der Pflanze
einzus;ehen, gar zu leicht an eine fast nur mechanische Lösung ihrer
Bestimmungsversuche gewöhnen. Indessen gilt dieser Vorwurf doch
nur für einzelne Ordnungen, Gattungen und Arten ; denn in den meisteo
Fällen muss die Betrachtung der zu bestimmenden Pflanze eine ziemlich
genaue und vollständige sein, wenn der Anfänger selbst hei der analy-
tischen Anordnung zu einem sicheren Ziele gelangen will; und endlich
müssen wir vor allem den grofsen Vortheil in's Auge fassen, den es bei
der spärlich zugemessenen Zeit gewährt, wenn der Lehrer ein Mitte^
besitzt, die Schüler rasch dahin zu fuhren, da^^s sie sich nach Ablauf
des kurzen Semesters selbst auf dem grofsen Gebiete der Flora etwas
zurecht zu finden und fortzuhelfen vermögen. Auch haben wir steU
beobachtet, dass nichts den Eifer der «Anfänger so sehr erhöht und
kräftigt, als wenn er sich im Besitze durjenigen Kenntnisse fühlt, die es ihm
möglich machen, auch ohne unmittelbare Hilfe des Lehrers, eine Pflanze
zu erkennen, zu benennen und einzureihen, d. i. sie zu bestimmen.
Kann es niemandem einfallen, ganz abgesehen von der baren Unmöglich-
keit, z. B. den Schüler des Untergymnasiums durch schwierige morpho-
logische Studien zu diesem Ziele fuhren zu wollen, so kann um so
weniger ein Behelf hintangewiesen werden, der bei einigen Nachtheilen,
ganz erhebliche Vortheile gewährt und dem Unterrichte jedenfalls einen
erfreulichen Erfolg sichert. Wir haben datier immer gewünscht, dass des
Hrn. Vf. 's mühsame Arbeit, die eben so sehr Zeugnis gibt von seinen
umfassenden botanischen Kenntnissen, als von der richtigen Auffassung
dessen, was den naturgeschichtlichen Unterricht in unseren Mittelschulen
fördern kann, nicht nur im allgemeinen anerkannt , sondern, dass sie so
viel als möglich zweckmäfsig benutzt und allenthalben verbreitet
werde. Die zweite Auflage würde mit Recht die Beiwörter: ^vermehrt
und verbessert» führen, denn der Hr. Vf. hat die in den letzten Jahren
ScAräi$, siebenstellige Logar., aog. v. AV ». UUram. 8f5
\n unserem Floragebiete theils neu aufgefundenen/ (bei Is neu aufgestellt
ten PflanEcnarten gewissenhaft berücksichtigt, die deutschen Pflanzen^
naroen, wo es notbwendig schien, sweckmäfsig geändert, die fieschrei«
bungen der Pflanzen in besonderer Berücksichtigung der Anfänger,
möglichst klar und fasslich gegeben , tind su diesem Zwecke die ana<
ly tische Darstellung vieler arienreicher Gattungen gfitiilich umgearbeitet.
Die Flora der fünf ungarischen Qrenzcomitate (d^s Eisenburger, Oeden»
burger, Wieselburger, Prefsburger Und Ober^Neutraer} wun&e in diese
Auflage mii einbezogen, und so derselbe! ein weilerer Verbreitungsbezirk
gesichert. Ober die Auswahl der. aufgenoiumenen Pflaozenärten — deren
die zweite Auflage an hundeK und lünCzig mehr enthalt — spricht sich
der Br. Vf. in der Vorrede so befriedigend aus , dass ihn niemand eine
beifällige Zustimmung wird versagen können, auch hat er sich das
Ziel seiner Arbeit zu bestimmt abgesteckt und sich über deren Zweck
SU klar ausgesprochen, als dass ^er es nötbig haben sollte, sieh Ober das
I3rtbeil einer rigorosen Kritik g^eiehgiiti^ hinauszusetzen.
Der Druck des Werkes ist correet, die Ausstattung sehr anspre*
ehend und der Preis ein billiger. Das Bueh seheinft uns für unsere
Schulen der w&rmsten Aneittpfehliing vertb su sein.
Wien. Karl E Heller.
Sietenstellige gemeine Logarifbmen der Zahlen von 1 bis I0800Q
und der Sinns, Cosinus, Tangenten und Cotangenten aller Winkel
des Quadranten von 10 zu 10 Secunden nebst einer Interpolations-
tafel zur Berechnung der Propbrtionaltheile, von Dr. L. S e h r ö n ,
Director der Sternwarte und Professor zu Jena. Stereotyp, gr. 8.
(784 $.)• Braunschweig, Vieweg & Sohn, 1860. — 1 Thlr. 22V, Gr.
Logarithmentafeln waren bia vor kaum aehn Jahren ein halbes
Säculum hindurch die wahren Helfer in der Noth fQr diejenigen, di^
Autoren werden wollten ohne eigene Gedanken aufzuwenden; nait sehr
wenigen Ausnahmen wurden die Grundwerke von Vega, Callet, La-»
lande U. a. copiert, einige uBweaenÜiche , oft nichts weniger als wün*
schenswerthe Änderungen angebracht, und so der Buchermarkt mit sehr
überflüssigen, daher a«eh gewöhnli^ kaum in Gebrauch gekommenen
Producten überschwemmt. Endlkh hat auch hier eine wirkliebe Ver^
besserung sich Bahn gebroche», dem Bedürfnisse des fiechners Abhilfe
gebracht, und lang gehegte aber bis dahin immer wieder vereitelte Wünsche
erfüllt Bremiker trat luerst mit seiner sechsstelligen, bald darauf
mit einer siebenstelligen Talel auf, von denen man sagen kann, dass
sie eine neue Epoche in diesem Zweige der Literatur begründeten.
Aus der Vorrede des hier zu besprechenden Werkes ersehen wir, dass
nur aufsere Zufälligkeiten Um. Director Sehrön, der schon seit 1838
durch seine drei- und fünfstelligen Logarithmen auf diesem Gebiete
rühmlich bekannt ist, verhinderten, wenigstens gleichzeitig mvV ^«<»
Sl« MMH, ttobaiitlemge logßt.t ang. ▼. Jt. 9. Ummm.
miker den ersten Anstofo lur Eineeblagnng neuer Wege stt gebeo« leien-
Iklls haben sich damit die Zeichen gemehrt , dass wir io Beiag auf
solche Tafeln einer anderen Zeit entgegengehen , dass wir bald Bfleber
dieser Art eben nur nach Bremiker's oder Schrön's Mnstararboitea sa
besitzen erwarten können, und der alte Anssproch: «Was mm in der
Jugend entbehrt, hat man im Alter die Fülle,* sich auch liier wieder
bewihren werde. Solche Fülle aber ist keineswegs unnütz ; denn ab-
gesehen Too den eigentlichen, unabindeiliehen Prineipien, ist es sdiwer,
gans allgemeine Regeln für die Form dieser Bücher su geben* in llebea-
dingen darf der indiTiduelle OeschmadL sich geltend aaoheD. In vnkmt
Beziehung kann es nicht überraschen, wenn die EinriehUn^ea der
Schrön'scben Tafeln mit denen der Bremlker^schen in Tielea Hn^gen
susammenfallen. Zunächst waren eben in beiden Flllen die zuefst von
Babbage und i. !• Uttrow hervorgehobenen, Ton uns an anderer Btdle
(Osterreichische Blätter für Literatur undl Kunst vom 90. Februar 18(4)
umständlich angegebenen Obelstinde und UnTollkommenheiten der fite-
ren Tafehi su entfernen. Hierher gehören t die Absonderung der Zahlen-
reihen durch horizontale und Tcrticale weilse Zwischenräume in einsehe
leicht zu übersehende Abtheilungen; Bezeichnung deijenigeQ Maatissea.
welche in Bezug auf ihre ersten Stellen in unrechter Zeile stehen;
DiiTerenztäfelcben für die trigonometrischen Functionen, und aowohl diese
als die Proportionaltheile für die Logarithmen der Zahlen um eine Be-
cimale weiter gehend als die Tafeln selbst u. s. w. Stimmt das SchrönMe
Werk in diesen Pancten mit Bremiker's Tafeln überein, so weichen doch
beide Bücher in anderen Rücksichten wesentlich Yon einander ab, und
bekunden schon dadurch hinreichend ihre gegenseitige Unabhängigkeit.
Das insbesondere nach der Breite gröfsere Format erlaubte ▼ollstandigere
Mittheilung der Differenztäfelchen und ganz gleich grofsen Druck der-
selben mit den Ziffern des eigentlichen Textes. Ebenso gestattete die
Wahl unter einander gleich hoher Ziffer eine Vergrölserung derselben,
sq dass ihre Ausnehmbarkeit auch weitsichtigen Augen völlig genügen
dürfte. Der Wechsel der ersten Mantissen ist durch ^ kenntlich ge-
macht Unter die letzte Mantisse ist ein Strich gesetzt, wenn dieselbe
wegen der weggelassenen Stellen um V« su vermindern ist ; fehlt der
Strich, so hat im Gegentbeile eine Vermehrung um V« stattzufinden, wo-
durch die Grenzen des unvermeidlichen Fehlers der Tafel auf die Hilfle
herabgesetzt wird. Für die Zahlen 100000 bis 108000 sind aas nahe-
liegenden Gründen die Logarithmen auf acht Stellen angegeben.
In der Tafel für die trigonometrischen Functionen ist der Unter-
schied mit den Bremiker'schen Werken am auffallendsten. Hr. Prot
Schrön hat es nämlich vorgezogen die Tafel an sich durchaus mit dem-
selben Intervalle von 10" und möglichst vielen Differenztäfelchen su
geben, hingegen dem Bedürfnisse nach umständlicheren Tafeln für die
ersten und letzten Grade des Quadranten durch Zugaben bei der Tafel
der Logarithmen (trigonometrische Hilfszahlen S und 7) su genügen.
Sekrän^ siebenstellige Logar., ang. v. M, r. Uiiraw. 817
Für die auberate Schärfe ist dadurch allerdings mancher Vortheil er-
reicht; in der bei weitem gröfsten Mehrzahl Yon Fallen aber, wo es
auf diese aufserste Scharfe nicht ankommt, 'scheint uns das dafür ge-
brachte Opfer an Bequemlichkeit zu grofs gegen die sonst übliche Ein-
richtung mit wechselnden Intervallen. Indessen gestehen wir gern, dass
wir damit eben das oben erwähnte Gebiet individuellen Bedürfnisses
und Geschmackes berühren, und der Charakter des Schrön'schen Werkes,
die Genauigkeit so weit zu treiben , als es bei siebenstelligen Tafeln
überhaupt möglieh, solche Abweichung von der gewöhnlichen Anordnung
rechtfertigt
Sehr vielen Rechnern willkommene Beigaben sind: die Inter-
polailonstafel in der letzten Abtheilung des Werkes, eine Tafel zur Be-
rechnung der gemeinen und natürlichen Logarithmen auf sechszebn
Stellen, femer eine Tafel zur Verwindelnng der gemeinen in natur-
liche Logarithmen und umgekehrt, endlich eine Tafel, welche die Länge
der Kreisbogen für den Halbmesser 1 gibt. Umständliche Einleitungen
lehren den Gebrauch der verschiedenen Tafeln.
Die tadellos schöne Ausstattung des Buches und die offenbare
Sorgfalt für die Gorrectheit desselben lassen den Preis (1 Thlr. 22V,Gr.)
als ungemein billig erscheinen. In der Verkäuflichkeit jeder einzelnen
der drei Abtheilungen (Tafel der Logarithmen, Tafel der trigonome-
trischen Functionen und Interpolationstafel) sehen wir einen früher bei
ähnlicher Veranlassung von uns ausgesprochenen Wunsch erfüllt, und
glauben damit die Nützlichkeit und Verbreitung des trefflichen Werkes
wesentlich gefördert
Wien. K. ▼. Littrow.
Dritte Abtheilung*
Verordiinngen fOr die Aster reicliischen Gym'
iiasien; Statistik.
Personal urtd Schulnotizen.
(Ernennungen^ Beförderungen, Vers e tzungen, Aut-
xeichnuQgep u. s. w.) — Se. k. k. ApQst. Majestät haben durdi
Atlerhöchstet Handsehreiben an den Ministerpräsidenten Grafen Rech-
berg unter denk 20. Ootobefj itn Zosammeiibange mit deü gleiebceitig
erlassenen Entschlitf^ngen Aber die definitiven staatsfechtlifibe Gestal-
jtung der österreichischen .Monarchie zu verfugen geruht, dass dai
Ministerium des Cultus und Unterrichts als allgemeine Ceutralbebörde
aufgehoben Werde.
Q[Die admibistrAtiVeti Adgclegehheiten des MinisteriuoCis für Gultos
und Unterricht werden dem Staatsministerium und den betreffendeo
Kanzleien zugewiesen. Doch soll gleichzeitig ein Rath des öfiTenllicheo
Unterrichtes gebildet werden, welcher die wissenschaftlichen und didak-
tischen Aufgaben zu verhandeln und zu vertreten haben und dem Mi-
nistcrrathe so wie allen administrativen Behörden in dieser Beziehung
als ßeirath zu dienen haben wird.*
Gleichzeitig mit dieser Entscheidung über die zukünftige Leitung
des Unterrichtswesens haben Se. k. k. Apost. Majestät au den bisheri-
gen Minister für Cultus und Unterricht nachstehendes Handschreiben
gerichtet :
«Lieber Graf Thun. Ich finde Mich bestimmt, Sie von der Lei-
tung des Ministeriums für Cultus und Unterricht in Gnaden zu entheben
und Sie in Meinen ständigen Reichsrath zu berufen. Zugleich verleibe
Ich Ihnen in Anerkennung Ihrer vorzüglichen Dienste das Grofskreui
Meines Leopold-Ordens taxfrei.*
Die Leitung des Ministeriums für Cultus und Unterricht für die
Zeit, während der es interimistisch bis ziir Verwirklichung der neuen
Organisationen seine Amtslhätigkeit fortzuführen hat, ist durch Aller-
höchstes Handschreiben dem Hrn. Unterstaatssecretär dieses Ministeriums,
Hrn. Freiherrn A. von Helfert, aufgetragen.
Bei dem Scheiden des Grafen Thun aus seinem hohen Amte hat
die öffentliche Überzeugung von den segensreichen Erfolgen der zehn-
jährigen Wirksamkeit dieses Unterrichts-Ministeriums in der gesammten
politischen Presse VVien's ihren Ausdruck gesucht. Mehrere Universitäten
und Gymnasien haben in besonderen Adressen ihre Gesinnung der Dank-
barkeit und Ergebeuheit ausgesprochen. Indem wir darauf verzichten
müssen, diese 8*dmmV\\c\\ a\iiu\\t\xc>k^Tv^ %v\iviw Vvt \\si wa^Wolgendcn dcu
Pefsönal- und Scbuloothen. ^81 9
Worllaut der zuerst übergebencn Adresse, welche von einer grofsen Zahl
von Profestioren und Docenten der Wiener Dniversitat unter-
zeichnet ist.
«Ew. Exe! Die Nachricht, dass die höchste Leitung des öster-
reichischen Dnterrichtswesens fortan nicht mehr in den HSnden Ew. Exe.
liegen wird, fordert jeden denkenden Freund des Vaterlandes auf, den
gegenwärtigen Zustand des Onterrichtes mit dem zu vergleichen, den
Ew. Exe. von der Vergangenheit übernahmen.
Die Hochschulen Österreichs haben aufgehört blofse Fachschulen
für einzelne Berufszweige zu sein, sie haben die Pflege der Wissen-
schaften selbst zu ihrer Aufgabe erhalten, und aus der ihnen gewährten
Lehr- und Lernfreiheii die Kraft gesohöpll, diese Aufgabe lu erfüllen.
Die Gymnasien Österreichs sind nicht knehr durch eine weite Kluft von
den berechtigten Forderungen der Zeit getrennt , sondern sind Pflanz-
stätten einer gediegenen allgemeinen Bildung. In der Gründung zahl-
reicher Realschulen ist der gewerblichen ThStigkeit jene Förderung der
Intelligenz geworden, deren sie bedurfte.
Diese Neugestaltungen haben sich aufserhalb Österreichs achtungs-
volle Billigung errungen, innerhalb des Vaterlandes dankbare Anerken-
nung gefunden und so feste Wurzeln geschlagen, dass ihre Triebkraft
iinverloren bleiben wird.
Die geistigen Interessen, als gleichberechtigt anerkannt mit den
höchsten Factoren des Staatsorganismus, fanden ihre Vertretung in einem
Manne, der den selbständigen Werih der Wissenschaft und die Bedeu-
tung des geistigen Lebens in vollem Mafse würdigt und mit der Sicher-
heit einsichtsvoller Oberzeugung die ruhige Besonnenheit der Ausführung
verbindet.
In der Geschichte ö^terreietis wihrend des letzten jahrzehends bil-
den die Fortschritte des Unterrichtes einen leuchtenden Punct, und die
Verdienste Ew. Exe. auf diesem Gebiete werden die gerechte Würdigung
der Nachwelt Qnden. Den Unterzeichneten aber, die sich glücklich
schätzten^ in ihrer Lehrthätigkeit an der Wiener Hochschule unter der
Fürsorge Ew. Exe. zu stehen, ist es eine heilige Pflicht, den ehrer-
bietigsten Dank für den Segen auszusprechen, den Ihre Wirksamkeit
der heranwachsenden Generation Österreichs gebracht hat. Möge zum
Heil des Vaterlandes der ausgestreute Same reichliche Früchte tragen.
Wien, 2t. October 1860.»
— Dem Sectionschef im Ministerium für Cultus und Unterricht,
dem hochwürd. Hrn. Bischof Andreas Meschutar, ist die angesucbte
Versetzung in den wohlverdienten bleibenden Ruhestand unter Bezeugung
der besonderen Allerhöchsten Zufriedenheit mit dessen vieljähriger aus-
gezeichneten Dienstleistung Allergnadigst bewilligt worden.
— Der Professor an der Präger Hochschule, Hr. Franz Hocb-
egger, zum wirklichen Director des akademischen Gymnasiums
in Wien mit Belassung seines bereits erworbenen Dienstranges.
— Die Gymnasiallehrer, Hr. Joseph Ampferer zu Pesth, Hr.
Wilhelm Biehl und Hr. Joseph Steger zu Marburg, zu Lehrern am
k. k. Gymnasium zu Salzburg.
— Die Gymnasialsupplenten , Hr. Joseph Schumann zu Mar-
burg und Hr. Philipp Klimscha zu Salzburg , zu wirklichen Lehrern
am k. k. Marburger Gymnasium.
— Der Lehramtscandidat, Hr. Joseph Maschka, zum wirklichen
Lehrer am Gymnasium zu Trient
— Mit Allerhöchster Entschliefsung der Schulrath, Hr. Vincenz
L a u k o t z k y in Triest zum inspector der Volksschulen und Gymnasien
in Dalmalien nach Zara, der Schulralh, Hr. Dr» K\ö\ft VtiN\%»<\Ox
8f0 t^ersonal- und Schulnotuen.
an dessen Stelle, so wie als Inspector der Volksschulen Rraiu s, too
Klagenfart nach Tri est, ferner der Schulrath, Hr. Dr. Franz Modnik,
als Inspector der Volksschulen von Steiermark und Kirnthen,
• Ton Laibach nach 6 ratz.
— Der Gymnasiallehrer zu Ji6in, Hr. Joseph Ghljf , zum Lehrer
am Kleinseitner Gymnasium zu Prag.
— Der supplierende Direclor am k. k. Gymnasium zu Pisek.
Hr, Friedrich Klee mann, zum wirklichen Direclor dieser Lehranstalt.
— Die Gymnasialsupplenten , Hr. Johann Vaclena zu Saaz und
Hr. Joseph Zahradnik zu Böhmisch-Leipa , zu wirklichen Lehren
am Gymnasium zu Pisek.
— Der SuppJent am k. k. Gymnasium zu Eger, Ur. Johann
KoYäfik, zum wirklichen Lehrer daselbst.
— Der Sopplent am k. k. Gymnasium zu Leitmeritz, Hr.
Audolf Prodi, zum Lehrer an derselben Lehranstalt.
— Der Gymnasiallehrer zu Warasdin, Ur. V^enzel Kfiiek, zum
Lehrer am Gymnasium zu Leitmeritz.
— Der Schulrath in Galizien, Hr. Andreas Wilhelm, zum Schu\-
r.ithe und Gymnasial-Inspector bei der Stalthalterei für Mähren.
— Der provisorische Director des Brunn er Gymnasiums, Ur.
Vineenz Hofmann, zum wirklichen Director dieser Lehranstalt.
— Der Gymnasiallehrer zu Kaschau, Hr. Joseph Schön, zum
Lehrer am k. k. Gymnasium zu Brunn.
— Dem Director des k. k. Gymnasiums zu Znaim, Um. Franz
Budalowski, ist aulasslich der von ihm nachgesuchten Versetzung
in den bleibenden Ruhestand die Allerhöchste Zufriedenheit mit seiner
eifrigen Diensteslcistung Allergnädigst zu erkennen gegeben worden.
— Der Lehramtscandidat, Hr. Ignaz Prammer, zum wirklichen
Lehrer am Gymnasium zu Znaim.
— Der bisher provisorische Director des Gymnasiums zu R zeszow,
Hr. Andreas Oskard, zum wirklichen Director dieser Lehranstalt.
— Der bisherige Supplent am Gymnasium zu R z e s z o w , Hr.
Karl Po oho, zum wirklichen Lehrer an demselben Gymnasium.
— Der bisherige Gymnasialsupplent zu Lemberg, Hr. Ferdinand
Tabeau, zum wirklichen Lehrer am Gymnasium zu Sambor.
— Der Gymnasiallehrer zu Bochnia, Hr. Andreas Karpi^ski,
über sein Ansuchen, zum Lehrer am Gymnasium zu Tarnow und der
Supplent, Hr. Joseph Zegestowski, zum wirklichen Lehrer am Gym-
nasium zu Bochnia.
— Der Gymnasiallehrer zu Neusohl, Hr. Johann Kf ii, zum Lehrer
am kathol. Gymnasium zu Prefsburg.
— Der griechisch - katholische Weltpriester , Ur. Nikolaus H o-
micsko, über Antrag des bischöfl. Ordinariates, zum wirklichen
griechisch-katholischen Religionsiehrer am Gymnasium zu Cnghvar.
— Die Gymnasialsupplenten, Hr. Franz Herzig in Czernowiti
und Hr. Johann Woldficb in Eperies, zu wirklichen Lehrern am
katholischen Gymnasium zu Schemnitz.
— Der Supplent am Staatsgymnasium zu Hermanns t ad t, Hr.
Joseph Hillebrand, zum wirklichen Lehrer an derselben Lehr-
anstalt.
— Dem Direclor des Gymnasiums zu F i u m e , Hrn. Stephan
Viditz, ist bei dem Anlasse der von ihm angesuchten Versetzung in
dcu bleibenden Ruhestand die Allerhöchste Zufriedenheit mit seiner viel-
jährigen und eiferigen Wirksamkeit im Lebramte Allergnädigst ausge-
sprochen worden.
— Der Gymnasiallehrer zu Essegg, Hr. Johann Jurkovi6, zum
Lehrer am Gymnasium zu Agram.
Petsoiial- und Schulnoticeiu 8tl
— Der Gymnasialsupplent su Neuhaus, Hr. Eduard Streer,
zum wirklichen Lehrer am Gymnasium su Warasdin.
— Der Schulralh und Gymnasiali ospector in Venedig, Hr.
Abate Natale Concina, mit Belassung seines Banges und Charakters,
zum Vorstande der UniTersitatsbibliotbek in Padua.
— Der geprüfte Gymnasial - Lehramtscandidat , Hr. Ferdinand
Guesotto, zum wirklichen Lehret mit der Bestimmung für das Staats-
gymnasium zu Treviso.
— Der Lehrer am k. k. Gymnasium zu Tamow, Hr. Joseph
Wögerbauer, zum wirklichen Lehrer und provisorischen Director an
der k. k. Unterrealschule zu Salzburg.
— Der Supplent für darstellende Geometrie und Maschinenlehre
an der böhmischen k. k. Oberrealschule in Prag, Hr. Dominik BySavy,
zum wirklichen Lehrer dieser Fächer an derselben Anstalt.
— Der wirkliche Lehrer an der k. k. Oberrealschule zu Olmuts,
llr. Franz Matzek, in gleicher Eigenschaft an die k« k. Oberrealschule
in Brunn.
— Der Supplent an der k. k. Oberrealschule in Olmütz, Hr.
Joseph Scholz, zum wirklichen Lehrer an derselben Anstalt.
— Der Lehrer an der k. k. Oberrealschule in Kascbau, Hr. Jo-
seph Wurm, in gleicher Eigenschaft an die k. k. Oberrealschule zu
Troppau.
— Der Lehramtscandidat , Hr. Adalbert Leieticky, zum wirk-
lichen Lehrer an der k. k. Oberrealschule zu Troppau.
— Der Lehrer an der k. k. Unterrealschule in Pirano, Hr. David
Kolarsky, zum wirklichen Lehrer an der k. k. Oberrealschule in
Lemberg.
— Der provisorische Lehrer an der Unterrealschule in Neu-Sandee,
Hr. Stephan Waremski und der Lehrer des Freihandzeichnens an der
Communal-Unterrealschule zu Zombor, Hr. Jos. Schittawans, zu
Lehrern an der k. k. Dnterrealschule zu TarnopoL
— Die beiden Lehramtscandidaten , Hr. Karl Schindler und
Hr. Joseph Wurm« zu wirklichen Lehrern an der k. k. Oberrealscbule
zu K aschau.
— Der Priester Hr. Stephan Richtariö, im EinTemehmen mit
dem erzbischöfl. Ordinariate zu Agram, zum wirklichen Religionslehrer
an der dortigen Oberrealschule.
— Der provisorische Lehrer an der Oberrealschule zu Agram,
Hr. Paul 2uli6, zum wirklichen Lehrer an dieser Lehranstalt.
^ Der Director der Haupt- und Unterrealschule in Warasdin, Hr.
Franz Rlaiö, zum Director der Muster^Hauptschule sammt Lehrer-
Bildungsanstalt zu Agram.
— Der Lehrer am k. k. Gymnasium zu Warasdin , Hr. Peler
Matcoviö, Weltpriester, der Präfect an der k« k. Theresianischen
4kademie zu Wien, Hr. Franz Erjavec und der Assistent am k. k.
polytechnischen Institute, Hr. Georg Kosak, zu wirklichen Lehrern an
der k. k. Oberrealschule in Agram.
— Der Supplent an der nunmehr aufgehobenen unteren nautischen
Schule in Zara, Hr. Heinrich Ger man i, zum wirklichen Lehrer an der
unteren nautischen Schule in Lussin piccolo.
— Der Professor der Mathematik und Nautik an der nunmehr
aufgehobenen nautischen Schule in Ragusa, Hr. Jakob P od ich, in
gleicher Eigenschaft an die nautische Schule in Spalato.
— Bei den in Gemafsheit der Gesetze vom 2. October 1^4^
(Reichsgcsclzblatt Nr. 172) und vom 16. k^x\\ i%«% V^'^AO^%%%^'«da\^»^x
62t Penotud- und Schulooüxen.
Nr. 54) in Wien voriunehmenden theoretischen Staatsprüfungen werdea
im Studienjahre 18*7«, fungieren:
I. Bei der rech tsbisto rischen Staatsprufungs^Commissioi:
Als Präses: Dr. Franz Haimerl, k. k. ordentlicher Professor.
Als erster Vice-Präses: Dr. Leopold Neumann, k. k. Regiemngi-
ralh und ordentlicher Professor.
Als zweiter Vice>Präses: Dr. Karl Kramer, Hof- und Geridilt-
advocat.
Als PrufungscommissSre : Dr. Ludwig Arndts» k. k. Regierungs-
rath und ordentlicher Professor; Dr. Joseph Dworiak, k. k. an£Mr-
ordenllicher Professor; Dr. Joseph Fefsler, k. k. Hofcaplan . ordent-
licher Professor und Studicndirector im höheren Bildungsinstitut für
Weltpriester zum heiligen Augustin; Dr. Joseph Hornig, k. k. ordent-
licher Professor; Dr. Johann Kutschker, k. k. Ministeriafratb im
Unterrichtsministerium und infülierter Abt; Dr. Theodor Fachmann,
k. k. ordentlicher Professor; Dr. Georg Phillips, k. k. Hofralh und
ordentlicher Professor; Dr. Vincenz Seback, k. k. ordentlicher Pro-
fessor; Dr. Heinrich Siegel, k. k. aufserordentl icher Professor; Dr.
Moriz V. Stubenrauch, k. k. ordentlicher Professor ; Dr. Johano
Tomasch ek, Concipist im geheimen Haus-, Hof- und Staalsarchif
und Privatdocent an der Universität, und Dr. Joseph Unger,k.k.
ordentlicher Professor.
H. Bei denjudiciellen Staatsprufungens
Als Präses: Dr. Jgnaz Grafsl, k. k.' Begierungsrath und ordent-
licher Professor.
Als Präses-Stellvertreter: Joseph v Schulheim, k. k. Ober-
Landesgerichtsrath.
Als Prufungscommissäre: Dr, Anton Beck, k. k. Sectionsntli;
Dr. Joseph Dworiak, k. k. aufscrordentlicher Professor; Dr. Franx
Edlauer, k. k. ordentlicher Professor; Dr. Franz Egg er und Dr.
Joseph Ellinger, Hof- und Gerichtsadvocaten ; Dr. Julius Glaser,
k. k. ordenlllcher Professor; Ludwig Freiherr v. Haan, k. k. Minsteriil-
fath im Justizministerium; Dr. Franz Haimerl, k. k. ordendicher Pro-
essor; Dr. Franz Kalessa, k. k. Ober-Finanzrath ; Dr. Gustav Keller,
k. k. Ober-Landesgerichtsrath und Obcr-Staalsanwalt ; Dr. Wenzel ko-
lisko und Dr. Karl Kramer, Hof- und Gerichtsadvocaten; Eduard
Krenn, k. k. Ober-Landesgerichtsrath ; Dr. Joseph Kre u z b erger,
Hof- und Gerichtsadvocat; Dr. Eduard List, k. k. Lahdesgerichtsratb;
Dr. Michael Melkus, k. k. Notar; Dr. Eugen v. Muhlfeld, Hof-
und Gerichtsadvocat; Dr. Leopold Neumann, k. k. Regie ningsrath
und ordentlicher Professor; Dr. Theodor Fachmann, k. k. ordent-
licher Professor; Dr. EmAnuel Baindl, Hof- und Gerichtsadvocat;
Johann Salomon, k. k. Ober-Landesgerichtsrath; Dr. Leopold SchiestI,
Hof- und Gerichtsadvocat; Dr. Moriz v. Stubenraoch und Dr. Joseph
Unger, k. k. ordentliche Professoren; Dr. Wilhelm Wahlberg,
k. k. ordentlicher Professor; Dr. Joseph Weifsl und Dr. Eduard v.
Wiedenfeld, Hof- und Gerichtsadvocaten.
III. Bei den staatswissenschaftlichen Staatsprüfungen:
Als Präses: Dr. Eduard Ritter v Tomasch ek, k. k. Ministerial-
rath im Unterrichtsministerium.
Als erster Vice-Präses: Dr. Johann Springer, k. k. Regierungs-
rath und ordcntliclier Professor.
Personal- und SobulnoliMD. B9S
Als zweiter Vice-Prases: Dr. Moris v. Stubenraii'cb, k. k.
ordentlicher Professor.
Als Profungs-^Gommissare : Dr. Hermann Blöd ig, k. k. Professor
nm Polytechnikum; Dr. Joseph D\^oriak, k. k. anfserordentlicher
Professor; Dr. Adolf Ficker, k. k. Ministerial-SecreUr; Dr. Otto
Freiherr v. Hin gen au, k. k. Ober-Bergrath und aufserordentlicher
Professor ; Dr. Gustav H 5 f k e n , k. k. Sectionsratb; Dr. Franz K a 1 es sa,
k. k. Oberßnanzralb ; Dr. Leopold Neumann, k. k. Regierungsrath
und ordentlicher Professor; Dr. Lorenz Stein, k. k. ordentlicher
Professor.
— Die aufserordenUicben Professoren des StraAreehts an der
Wiener Universität, Hr. Dr. Wilhelm Emil Wablberg und Ur. Dr.
Julius Glaser, zu ordentlichen Professoren dieses Lehrfaches.
— Der ordentliche Professor des Römischen Rechtes an der Inns-
brucker Universität, Hr. Dr. Friedrich Bernhard Maafsen, zum ordent-
lichen Professor des Römischen und Kirchenrechtes an der Universitit
zu G r a t z.
— Der aufserord entliche Professor der österreichischen Geschichte
an der P r a g e r Universität, Hr. Wenzel Wladiwoj Tome k , lum ordent-
lichen Professor desselben Faches an dieser Hochschule, und der Privat-
docent an der Wiener Cniversitfit, Hr. Alfred Ludwig, zum aufser-
ordentlichen Professor der classisohen Philologie und der vergleichenden
Sprachkunde an der Prager Hochschule.
— Der anfserordentliche Professor der Statistik an der Prager
Universität, Hr. Dr. Eberhard Jon^k, zum ordentlichen Professor dieser
Hochschule.
— Der bisherige Professor der theoretischen Medicin an der
chirurgischen Lehranstalt zu Klausenburg, Hr. Dr. Eugen Jendrassik»
zum ordentlichen Professor der Physiologie und höheren Anatomie an
der k. k. Universität zu Pesth und der bisherige Privatdocent der
Histologie an der eben genannten Hochschule, Hr. Dr. Theodor Margo,
zum Professor der theoretischen Medicin^ an der chirurgischen Lehr-
anstalt zu Klausen bürg.
— Der theologische Professor zu Karlsburg, Hr. Dr. Theodor
Zerich, zum Professor der Pastoraltheologie und der theologische
Professor zu FGnfkirchen, Hr. Dr. Frans Laubheimer, zum Professor
der Rirchengeschichte an der Universität zu Pesth.
— Der ordentliche Professor an der Rechtsakademie lu Kaschau,
Hr. Dr. Hermnnn Biedermann, zum Professor an der Rechtsakade-
mie zu Prefsburg.
— Der habilitierte Privatdocent und Scriptor der Lemberger Uni-
versitätsbibliothek, Hr. Dr. Udalrich Heyzmann, zum auberordent-
liehen Professor des kanonischen Rechtes an der rechts- und staats-
wissenschafflichen Facultät der Universität zu Krakau.
— Der Professor der Slaatsarzneikundo ander Krakauer Hoch-
schule, Hr. Or, Anton Bryk, zum Professor der Chirurgie und chirur-
gischen Klinik an dieser Hochschule.
— Der prov. Director der Krakauer Spitäler zu St. Lazar und zum
heil. Geiste. Hr. Dr. Ferdinand Kopczynski, zum ordentlichen Pro-
fessor der Staatsarzneikunde an der Krakauer Universität.
— Der bisherige Supplent der Physiologie und höheren Anatomie
an der k. k. Universität zu Padua, Hr. Dr. Maximilian Ritter v.
Vintschgau, tum ordentlichen Professor dieses Faches mit den
norm almäfsi gen Bezögen.
— Der bisherige Prag er Universilätsbibliotbekar , Hr. De, P%»k
Joseph §afafik wurde, in Berücksichtigung ae\u«« \«\<iATA»vi ^^»^^^-
•9SU Personal* und Sobolootixen.
heiUzustandes , in den wohlverdienten Ruhestand mit dem ansdruek-
llchen Allerhöchsten Beisatze versetzt , «damit er seine ferneren Lebeai-
tage seinen wissenschafllichen Arbeiten zu widmen in der Lage sei.'
Gleichzeitig wurde der Professor Hr. Dr. Ignas HanaS Allergnadigil
zum Bibliothekar der Prager GniTersität ernannt
— Der Gustos der Studienbibliothek zu Mantua» Br. Antonio
IIa in ar di^ zum Vice- Bibliothekar an der Universitätsbibliothek su Padas.
— Der Ministerlalsecretär im Ministerium für Gultus und Ontar-
rieht, Hr. Phil. Dr. Gustav H e i d e r , hat die Allerhöchste Erlaubnis er-
halten, den IQrstL HohenzoUer'schen Hausorden 3. GL annehmen nnd
tragen zu dürfen.
— Dem Schulrathe und Gymnasialinspector Hm. P. Franz Effen-
berger, ist, anlasslich seiner nachgesuchten Versetaung in den bleiben*
den fiuhestand, in Anerkennung seiner vieljährigen und ausgeieichnetea
Dienstleistung das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens iülergnädigst
verliehen worden.
— Dem Schulrathe für Mähren, Hm. Anton &r41, wurde, bei
Anlass seiner Versetzung in den Ruhestand, der Ausdruck der Aller-
höchsten Zufriedenheit mit seiner langjährigen und verdienstvollen Dienst*
4eistung Allergnädigst zu erkennen gegeben.
— Dem Priester des Benedictinerstiftes zu den Schotten* ebedca
Professor am Sehottengymnasium zu V^ien, dermalen Pfamrerweser n
Jenöy Hieronymus Horb au er, ist in Anerkennung seines verdienst-
lichen V^irkens in der Seelsorge und Schule, so wie um Hebung der
Landwirthschaft, das goldene Verdienstkreuz mit der Krone Allergnädigst
verlieben worden.
— Dem Universitätspedell, Martin Hofer in Innsbruck, ist is
Anerkennung seiner mehr als fünfzigjährigen treuen und eiferigen DiensV
leistung das silberne Verdienstkreuz Allergnädigst verliehen worden.
— Dem Professor an der evangelisch- theologischen Facultät id
Wien, Hm. Karl Kuzmany, ist die Allerhöchste Erlaubnis zu Tbeile
geworden, den kais. Russischen St. Stanislaus-Orden 3. Gl. annehmes
und tragen zu dürfen.
— Dem Professor der Physik und Mechanik am P r a g e r stän-
disch-technischen Institute, Hrn. Karl V^ er sin, ist in Anerkennuag
seiner langjährigen belobten Dienstleistung und seiner Verdienste um die
Industrie im allgemeinen der kaiserliche Rathstitel mit Nachsicht der
Talen Allergnädigst verliehen worden.
— Dem Professor der Kirchengeschichte an der Universität zu L e m-
b e r g , Hr. Dr. Onufrius v. K r y n i e k i , ist aus Anlass der von ihm erbetenes
Vessetzung in den bleibenden Ruhestand, in Anerkennung seiner mehr als
vierzigjährigen eiferigen und erspriefslichen Dienstleistung das Ritler-
kreuz des Franz Joseph-Ordens Allergnädigst verliehen worden.
— Der Doctor der Theelogie und Professor der Dogmatik an der
P e s t h e r Universität , Hr. Franz Lopufsny, zum wirklichen Dom-
herrn an dem Orofs ward einer lateinischen Domcapitel.
— Dem k. k. Rathe und Professor des Kirchenrechtes an der
Pesther Universität, Dr. Franz v. Vizkelety, ist in Anerkennung
seiner vieljährigen treuen und ersprierslichen Dienstleistung im Lehr-
amte das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens Allergnädigst verliehen
worden:
— Dem Professor und gewesenen Decan des Pesther medi-
cinischen Professorencoüegiums, kais. Rath, Hr. Dr. Franz von Geb>
hardt, ist in Anerkennung seiner vieljährigen treuen und erspricis-
lichen Leistungen im Unterrichts- und Impffache das Ritterkreuz des
Kranz Joseph Ordens Allergnädigst verlieben worden.
PersoDal- und SehukioUzeo« 8t&
— Den Directoren der Rechtsakademie tu Agram und Orofs-
wardein, Dr. Paul Muhi6 und Dr. Alexander von Pawlowsky,
ist in Anerkennung ihrer Verdienste um diese Lehranstalten der kaiser-
liche Rathstitel mit Nachsicht der Taxen AUergnadigst verliehen worden.
— Dem Hrn. Prof. Dr. Joseph t. Ssabö, Oirector des Karolinen-
Landesspitals und der Chirurg. Lehranstalt xu Klausen bürg, ist in
Anbetracht seiner verdienstlichen Leistungen und gemeinnützigen Wirk-
samkeit der Titel eines kais. Rathes mit Nachsieht der Taxen AUer-
gnadigst verliehen worden.
— Den gewesenenen Provinzial-Schul-Inspectoren , Hrn. Domenico
Nob. Angeloni-Barbiani tu Venedig, Hm. Biagio Zadra zu
Padua, Hrn. Dr. Giambattista Nob. C 1 e m e n t i tu Vicenza und Hrn;
Marino Nob. Pagani zu Belluno wurde für ihr langes, eifriges und
erspriefsliches Wkken im Interesse der Schule der Ausdruck des Aller-
höchsten Vl'ohlgefallens zu erkennen gegeben.
— Dem mit der Führung der Directoralsgeschane der rechts- und
staatswissenschaftlichen Facultat der k. k. Universität Padua betrauten
Professor des österreichischen Civil rechtes , Hm. Johann v. Gicogna,
ist bei seiner Versetzung in den bleibenden Ruhestand der Titel und
Charakter eines k. k. Statthaltereirathes mit Nachsicht der Taxen AUer-
gnadigst verliehen, und zugleich der k. k. Statthaltereirath und gewesene
Professor der DniversitSt Pavia, Hr. Dr. Anton Vulpi, zum Direetor
der rechts- und staatswissenschaftlichen Studien an der CniversitSt
Padua AUergnadigst ernannt
— Der Gniversitatsbibliothekar in Padua, Abate Dr. Ludwig
v. M e n i n , wurde, unter Bezeugung der Allerhöchsten Zufriedenheit mit
seinem durch Loyalitit und Berafseifer ausgezeichnetem Wirken, ins-
besondere im Lehramte und in der Bekleidung akademischer Wurden,
in dem Ruhestand versetzt.
— Der k. k. Rath und Universitfits-Professor , Hr. Dr. Anton
Viroszil ist, in Anerkennung seiner vieljährigen sehr ersprieislichen
und treuen Dienstleistung im Lehrfache in den Adelsstand des österr.
Kaiserstaates AUergnSdigst erhoben worden.
— Dem Direetor der geologischen Reichsanstalt, Hm. Dr. Wilhelm
Haidinger, ist die Annahme und das Tragen des Ritterkreuzes des
königlich Schwedischen Nordstern-Ordens, und dem Landschaftsmaler,
Hm. Ludwig L i b a y , ein gleiches bezuglich des Ottomanischen
Medschidje-Ordens, AllergnSdigst bewilligt worden. '
— Die kais. Leopoldinisch - Carolinisch - Deutsche
Akademie hat den Präsidenten der kais. Akademie, Se. Exoellenz
Freiberra v. Baumgartner mit dem Beinamen «Volta', den Sccretär
der Oartenbaugesellschaft Hrn. J. G. Beer mit dem Beinamen «N. L
Jacquin*, den Hm. Dr. Jur. Cajetan Felder mit dem Beinamen «Gramer*,
den Hrn. Prof. Dr. Karl Damian Schroff mit dem Beinamen «Quarin';
den Freiherrn v. Wullerstorf-Urbair mit dem Beinamen «Ma-
galhaes* und den Reichsrath Freiberra Achill de Zigno mit dem Bei-
namen «Forbes Royle* zu Mitgliedern ernannt.
— Der Professor am Gymnasium zu Kaschaiu, Dr. L. H. J eil-
te les, ist von der Royal-Society in London zum corresp. Mitglied er-
nannt worden.
— Se. Hochwurden Hr. P. Augustin Reslhuber, Capitular des
Benedictinerstiftes KremsmGnster, Direetor der dortigen Sternwarte,
corresp. Mitglied der k. Akademie der Wissenschaften u. s. w., bei der
am 2. October 1. J. stattgehabten Wahl des Stiftsvorstandes von Krems«
munster, zum Stiftsabte.
816 PersoMl- und SchulootteeD;
(Concurse, Erledigangen, 8ti ftuDg^platse» Stipen-
dien u.a. w.) — Am Gymnasiuiv m König grits eine LdirerstcUt
für classische Philologie und deutsche Sprache, mit den» Jahr«fgebalte
von 735 fl., eventuel 840 fl. 0. W. Termin: Binnea 6 Wocheo, bei der
k. k« SUtthalterei. (8. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 16. SepjteaiberL J., Nr. tl8.)
— Am k. k. Gymnasium zu Schemniti eine Lehrkanzel iar
Physik und Mathematik. Termin : %5. September 1. J., bei der L k.
Statthallera für Dngam in Ofen. (S. AmtsbL z. Wr. Ztg. y. 20. Stp-
tember 1. J., Nr. 221.)
Am k k. katholischen Staatsgymnasium zu Kaschau mit deat-
acher Unterrichtssprache eine Lehrersteile für classische Philologie, nit
dem jährl. Gehalte von 945 fl., eventuel 1050 fl« ö. W. nebst der ge-
setzlichen Decennalzulage. Termin: 16. October 1. J., bei der Obm
böhmischen k. k. StaUhalterei. (S. AmtsbL s. Wr. Ztg. t. 25. September
1. J., Nr. 225.)
— Am k. k. Staatsgymnasium zu Znaim die Directorsseel/e, mit
dem Gehalte von 840 fl. und einer Functionszulage von 315 (L 5. W.
Termin: Ende October L J., bei der k. k. SUtthalterei für Mähren und
Schlesien zu Brunn. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 25. Sept. 1. J., Mr. 225.)
«— An der neuerrichteten mit der 4clas8igen HaupUchule vereinig-
ten 2da8sigen Dnlerrealschnle zu Sümegh, nach der 1. und 2. Pni-
fungsgruppe, und eine Adjunctenstelle für das ungarische und deotscbe
Sprachfach und für Kalligraphie (mit ungarischer Onterrichtssprache),
mit deren jeder ein Gebalt von jährl. 525 fl. ö. W. und 6 Klafter barlei
Brennholzes • für den Adjuncten ein Gehalt von jährlich. 420 fl. ö. W.
verbunden ist. Termin: 21. October L J., bei dem bischöfl. Ordinariate
in Vesprim. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 30. September L J., Nr. 230.)
— In der kön. prov. XYl. Zip^er Kronstadt L u b 1 a u eine Lehrer-
steile (vorzüglich für Musik und Zeichnen) mit dem Jahresgehalt tm
262 fl. 50 kr. ö. W., freiem Quartier sammt Garten und 6 Klaflero
Brennholz. Termin: 10. November 1. J., bei der k. k. Statthalterei ia
Ofen. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 5. October 1. J., Nr. 235.)
— Am k. k. evang. Gymnasium zu T eschen 2 Lehrerstellen for
Mathematik und Naturwissenschaften mit dem Jahresgehalte von je 735,
eventuel 840 fl. ö. W. Termin: 20. November L J. , bei der k. k.
schles. Laudesregierung. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 6. October 1. J^
Nr. 236.)
— An den k. k. Slaatsgymnasien zu Fiume und Esseg;
2 Lehrerstellen für classische Philologie, erstere mit 840 fl , letztere mit
735 fl. ö. W. Jahresgehalt, mit dem systemmäfsigen Vorrückungsrechtf
und Anspruch auf Decennal/.ulagen. Termin: 20. November 1. J., bei
der croatisch-slavonischcn Slatlhallerei. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 14.
October 1. J. Nr. 243.)
— An dem neuerrichteten grichisch>nicht--unierten Gymnasium za
Suczawa (Bukowina) 5 Lehrerstellen, und zwar: 3 für das philolo-
gische, 1 für das historisch-geographische und 1 für das matbematiscb-
naturwissenschaftliche Fach, jede mit 945 fl., eventuel 1050 fl. ö. W.
Gehalt und dem Anspruch anf Decennalzulagen. Termin: Ende Novem-
ber 1. J., bei der k. k. galiz. Statthalterei. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. vom
14. October l J., Nr. 243.)
— Am k. k. Slaatsgymnasium zu Posth, mit deutscher Unter-
richtssprache, eine Lehrerstelle für classische Philologie, mit dem jährl.
Gehalte von 945 fl., eventuel 1050 fl. ö. W. und Anspruch auf die ge-
setzlichen Decennalzulagen. Termin : 30. November L J.. bei der k. k.
Statthalterei für Ungarn in Ofen. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. 21. October 1. J.,
Nr. 249 und v. 7. November 1. J., Nr. 262.)
— An der Piaristen-Haupt- und Unterrealschule bei St. Thekla
PersoiMd« und SchuluoÜzen. 827
auf der Wieden in Wien eine technische Lehrerstelle mit dem
Jahresgehalte von 525 fl. ö. W. nebst einem Quarliergelde von 105 fl.ö.W.
Termin : 30. November L J«, bei der furslerzbischöfl. Consistorialkanilei.
(S. Amtsbl z. Wr. Ztg. t. 25. October 1. J., Nr. 252.)
— Am k. k. Obergymnasium zu Krakau eine Lehrerstelle für
claasische Philologie mit dem Jahresgehalte von 945 fl., eventuel
1050 fl. ö. W. und dem Ansprüche auf Decennalzulagen. Termini
Ende November 1. J., bei der k. k. galizischen Statlhalterei in Lemberg.
(S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 26. October 1. J., Nr. 253.)
— An der mit der Hauptschule in Verbindung stehenden 3classi-
gen Uuterrealschule zu Warasdin eioe grammatische Lehrerstelle mit
dem Jahresgehalte von 630 fl. und dem Quartiergelde von ]05fl. 6. W.
Termin: 25. November 1. J„ bei dem Schuldblrictsaufseher zu Visku-
pec nächst Warasdin, Blasiua Svellc. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 7. No-
vember 1. J., Nr. 202.)
Am k. k. Gymnasium zu Ji6in eine Lehrerstelle für classische
Philologie als Hauptfach im Vereine mit der Befähigung für die theil-
weise Verwendung im deutschen Sprachunterrichte, mit dem jährl. Oehalte
von 735 fl., eventuel 840 fl. ö. W. Termin: Binnen 6 Wochen. (S.
Amtebl. z. Wr. Ztg. v. 18. November 1. J., Nr. 271.)
— An der mit der Uauptsohule in Verbindung stehenden Sclassi-
gen städtischen Unterrealscbuie zu Fiume eine Lehrerstelle mit dem
jährl. Gehalte von 630 fl. und einem Quartiergelde von 105 fl. ö. W.
Termin : 15. December L J., bei der SchuldistricUaufeicht in Fiume«
(S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 21. November 1. J., Nr. 273.)
— Über 2 im gräfl. Löwenburg'scben Convict in Wien erledigte
Baron Rilmannsegg'sche 8tiftungsplälze , s. AmtsbL s. Wr. Ztg. v,
16. September 1. J., Nr. 218.
— Über einen an der k. k. Theresianischen Akademie in Wien
erledigten freiherrL v. Sc hellen bürg 'sehen Süftplatz, s. Amtsbl. i,
Wr. Ztg. V. 20. September 1. J., Nr. 221.
— Ober ein erledigtes Anton Tuskan'scbea Schulstipendium,
8. Amtsbl.^ z. Wr. Ztg. v. 20. September L J., Nr. 221.
^ Ober die Erledigung von 2 Bar. Code lli- Fahnen fei d'schen,
2 Bar. Pia p per t 'sehen Stipendien und einem Jakob Anton d' Ales*
sio 'sehen, s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 2J. September 1. J., Nr. 222.
— Über einen an der Wiener Handelsakademie zu ver-
gebenden Freizöglingsplatz, s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 28. September
1. J., Nr. 228.
— Über ein erledigtes Prandis-K örber'sches Stipendium,
8. Amtebl. z. Wr. Ztg. v. 7. October 1. J., Nr. 237.)
— Über einen an der k. k. Theresianischen Akademie erledigten
Frhr. v. Teuffenbach'schen Stiftplatz, s. AmtsbL z. Wr. Ztg. vom
9. October 1. J., Nr. 238.
— Über einen erledigten Lö wenburg'schen Stiftungsplatz für
Adelige ungar. Nation, s. Amtsbl. z. Wr. Ztg. vom 12. October L J.,
Nr. 241.
•— Ober ein Fortuna! E b r m a n n von F a 1 k e n a u 'scbes Stipen-
dium, 8. AmUbl. z. Wr. Ztg. v. 12. October 1. J., Nr. 241.
^ Über die Erledigung von 2 Pocksteiner 'sehen Stipendien,
1 Dr. Jos. Stadler 'sehen Familienstipendiums, 1 freiberrlich S c hel-
le nburg 'sehen Stiftungsplatzes und der Alt-Weifs'scben Stiftung,
8. Amtebl. z. Wr. Ztg. v, 26. October 1. J., Nr. 253.
B2S Pertonal- und Sehulootixen.
— Das h« Ministeriom für CuUos und üoterri^il bat die mit der
Hauptscbale vereinigte Unterredsebule xuGzaslau al« eine ToUflia.
dige Sclastige Onterrealschole (Bargeredrale) mit der Berechtigung nr
Ausstellung staaUgiltiger Zeugnisse definitiv genehmigt.
— Ober die Eröffnung des Onterrichtes an der k. lu montaDistiscbei
Lebranstalt zu Pfibram im Studienjahre 18*V«|> «• Amtsbl. s. Wr. Zig.
V. 28. August L J., Nr. 202.
^ Zu Königgrats bat am 29. September l. J. die feierliche
Einweihung des Knabenseminars Borromaum stattgefunden.
— Ober die Vorlesungen am k. k. polytechnischen Insti-
tute in Wien im Studienjahre 18*V«i> 9. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v.l. Sep-
tember 1. J^ Nr. 206.)
— Ober die Eröffnung der Collegien an der k. k. Berg- und Forst-
Akademie zu Schemnitz im Studienjahre 18*V«i > 8. AmItU. z. Wr.
Ztg. V. 2. September 1. J., Nr. 207.
— Ober den Beginn des 1. Studieneurses 18*V«i an der k. k.
Akademie der bildenden Künste in Wien, s. Antsb. z. Wr.
Ztg. V. 11. September 1. J., Nr. 213. S. 3562.
(Todesfalle.) — Um die Mitte des MonaU Mirz L J. wurde
der Reisende, Hr. Dr. Albert Röscher (geb. zu Hamburg am 27. Au-
gust 1886), nachdem er bei seiner wissenschaftlichen DurchforschoBg
Afrika's bis zu einem der grofsen Seen westlich von Zansibar vorge*
drungen war, zu Hisanguny, in seinem Zelte, von zwei Eingebomci
mittels vergifteter Pfeile ermordet.
— Am 14. August 1. J. zu Paris Hr. Andre- Marie -Constant Do-
me ril (geb. zu Amiens am 1. Janner 1774), als Zoolog berühmt
— Am 16. August 1. J. zu Tübingen der Senior der dortiges
DniversitSt, Hr. Professor Dr. Eduard v. Schrader (geb. 1779 zu Hil-
desheim), seit 1810 in Tubingen thatig.
— Am 18. August 1. J. zu Greifswalde Hr. Job. Gottfr. Ludwig
Kosegarten, Dr. dreier Facullaten, Professor der Theologie und der
orientalischen Sprachen an der dortigen Cniversilät (geb. zu Altenkirchei
auf der Insel Rügen, am 10. September 1792.)
— Am 22. August 1. J. zu Rom der Commandeur Hr. Giuseppe
de Fa bris (geb. zu Bessano 1700), Generale! irector der papstlicheo
Galerieen und Museen, einer der bedeutendsten italienischen Bildbaacr
der Jetztzeit.
— Am 22. August 1. J. auf der Jagd zu Fontaineblao Hr. Aleiao-
der Gabriel Decamps (geb. zu Paris am 3. Mai 1803), als Genre-
und Landschaftsmaler bekannt.
— Am 25. August 1. J. zu Kopenhagen dor als dramat Dichter
und Kritiker bekannte k. dfin. Etatsralh, Hr. Job. Ludw. Heiberg
(geb. am 14. December 1791).
— Am 26. August 1. J. zu Königsberg der kön. preufs. geh. Re-
gierungsratb , Hr. Dr. Christ. Aug. L o b e c k (geb. ru Naumburg am
7. Juni 1781), Professor an der Universität zu Königsberg, als Philolog
und Archseolog rühmlichst bekannt. (S. dessen Nekrolog in Nr. 207 der
Wiener Zeitung v. 2. September I. J. S. 3461.)
— Am 26. August 1. J. zu Tubingen Hr. Dr. Friedrich S i I c h e r
(geb. im Remsthal, am 27. Juni 1789), Musikdirector an der Hochschule
zu Tübingen, Ritter des Friedrichs-Ordens u. s. w , als Liedercomponist,
Sammler und Paraskeuvast von Volksmelodieen, hochgeschätzt. Hienach
berichtigt sich die angebliche Nachricht von dessen Tode nro 20. Jän-
ner I. J. (S. Zlschrft. f. die öst. Gymn. 1860. II. Hft. S. 141.)
— Am 30. August 1. J. wurde zu Neustadt an der Metlau der
k. k. Professor Hr. Jos. Banmgartl zur Erde bestaltet.
reraonai- und bcbulnouzen. 829
— Mitte August 1. J. zu Pavia der namhafte Gelehrte , Hr. Dr.
Alois Lanfranchi; emerit. Professor der Rechte an der dortigen
Hochschule.
— Am 1. September 1. J. zu Dusseldorf der ausgezeichnete Land-
schaftsmaler Hr. Werner Holmberg, im besten Mannesalter.
— Am 3« September 1. J. zu Baden bei Wien Se. Hoehwurden Hr.
Friedrich Bau mann, Dechant und Bibliothekar des Chorherrnstiftes
Klostemeuburg.
— Am 5. September 1. J zu Berlin der hoffnungsvolle dramatische
Dichter Hr. Burghardt («Johanna Gray,* «Iphigenia'), in gröfster Noth.
— Am 6. September 1. J. zu Darmstadt der wirkl. geh. Ralh und
Oberconsistorial-Präsident a. D., Hr. Dr. Heinrich Karl Jaupp (geb. am
27. Septemb. 1781), als Schriftsteller und durch seine Betheiligung an
den deutschen Germanisten-Versammlungen bekannt.
— Am 7. September 1. J. zu La Chine (bei Montreal) Sir George
S i m p s o n 9 Gouverneur der Hudsonsbai-Gesellschafl, auch auf dem Felde
der Literatur (^Narraüpe of an OwcrlMd Jcumey Round tke Worid^)
bekannt.
— Am 8. September 1. J. zu Faloise (Dep. der Somme) Hr. Mer c ey,
Mitglied der Akademie der schötNm Küntie.
— Am 9. September 1. J« su Pei«iiig bei Wien, Ur« Ml Evang.
Horsalka (geb. su Trieseh in Miliren 179S)i als Pianist und Gompo-
siteor vortheilhafl bekannt
— Am 11. September I. J. auf einer ..itriaseDsehaflllehea Reise zu
Paris Hr. Dr. Siegfried Hirsch, t. 0. Professor an der Dnitetntät und
an der Kriegsakademie zu Berlin (geb. daseiest 1816)» durch gesohiebt-
liehe Werke bekannt
— Am 11. September L J. zu Inasbmok, 8«. Hochw. Hr. David
Moritz, k. k. emerit Professor «md IQrstbiachöfL Gonsistorialrath, im
78. Lebensjahre, als Religionslehrer und Priester gesohfitzt
— In der Nacht zum IS. September 1. J. zu Berlin der geh. Justiz-
rath und Professor der Rechte, Hr. Dr. Keller von Steinbeck.
^— Am 12. September L J. zu Prag der Pramonstrateuser-Ordenft-
Chorherr und Prior, Se. Hochve. Hr. Lohelius Joseph Zdiarsky, inaf
70. Lebensjahre.
— Am 14. September L J. zu Pesth Hr. Med. Dr. Martin Csaufs,
k. k. Rath und pens. Professor, im Alter von 64 Jahren,
— Am 16. September 1. J. tu Königsberg der kön. preufs. geh.
Medicinalrath und Professor der Zoologie an der dortigen Universität,
Hr. Heinrich Rathke, im Alter von 69 Jahren.
— Am 16. September L J. zu Gilli, Se. Hoehw. Hr. Johann Gra-
se hitsch, jub. Religionslehrer am k. k. Obergymnasium zuCilli, (Qrst-
bischoflicher Lavanter geistlicher Rath und Ehrenbürger der genannten
Stadt, im 66. Lebensjahre, nachdem er 36 Jahre als Lehrer, 44 Jahre
als Priester gewirkt und sich die Liebe Aller, die in näherer Beziehung
zu ihm gestanden, zu erwerben und su erhalten gewufst hatte.
Z«it«chtifl r. A.ö%t0rr. Grmnat. IMO. X. lieft. ^^
Vierte Abtheilung.
Rllscellen.
Prdparatianen %u Bom&*i Odyaee, ton einem SeMuUmmmi,
eeamg /— F; gr. 8. IV und 138 S. Köln und Neufe , Verlag der L
Schwann'schen VerlagsbaDdlung. 18^0* — Referent hat im vorbergeho-
den Jahrgange dieser Zeitschrift S. 918 ff. über die Schulerbiblivthck
des Hrn. W. Freund berichtet und nachgewiesen , dass wir es hier Bit
einem auf blofse Speculation gelieferten Fabricate zu thun haben, dn
gleiche gilt von den vorliegenden « Präparationen', deren Verf. sich gm
einfach als einen Schulmann bezeichnet. Nun, wenn der Mann wirklich
ein Schulmann ist, so muss es traurig genug um seine Schule bestellt
sein ; denn abgesehen von den eigenthümlichen Ansichten über Paedagogil»
welche derselbe überhaupt durch die Abfassung dieser Schrift und Boeb
insbesondere in dem Vorworte darlegt, enthält das Buchlein so viele,
aus grober Unwissenheit hervorgegangene Fehler , dass man darin vol
eher die Arbeit eines unreifen Schülers, als eines Mannes » der seine
Lehramtsprüfung mit Ehren bestanden hat, erblicken könnte. Das Vor-
wort bewegt sich in ähnlichen Phrasen, wie der Prospectus zur Schüler-
bibliothek des Hrn. W. Freund. Es ist nichts anderes als ein Aushängeschild,
das dem Fabricate selbst einen honetten Anstrich leihen soll. «Mit vor-
liegender Arbeit*, so lautet der Anfang, «soll dem Schüler ein Mittej
an die Hand gegeben werden, ohne lästige und zeitraubende Schreiberei
sich in der Odyssee des Homer so vorzubereiten, dass er genau in das
Verständnis der Sprache dieses Dichters eindringt und alles Sprachliche,
das dahin einschlägt, lernt, dass er zugleich an die früher gelernten
Wortformen, insbesondere an die Formen der unregelmäfsigen Verba stets
erinnert wird, die, wie die Erfahrung lehrt, trotz Pensa und Exte mporalia,
nur zu leicht vergessen werden.* Nachdem nun der Verfasser sich noch
weiterhin darüber ausgesprochen, wie man, und zwar nicht mit Unrecht,
über das zeitraubende Schreiben bei den Präparationen klage, wobei der
Schüler blofs mechanisch, aber nicht geistig beschäftigt werde, bemerkt
er, dass Specialwörterbücher, deren Gebrauch man zur Abhilfe vorge-
schlagen, die Cbelstände nicht beseitigen können, «denn jene Wörter-
bücher sind zu sehr darauf berechnet, den Schuler jedes langen Nach-
sinnens zu überheben (!) und doch wiederum insofern nicht ausreichend,
als sie dem Schuler das Aufschreiben von Vocabeln nicht ersparen und
ihn dadurch veranlassen, zu einem anderen und zwar verderblichen
Wil*cl seine Zuflucht zu nehmen, nämlich zu Übersetzungen, die sie iiU)
sich hinter dem Rücken des Lehrers zu verschaffen suchen und daraus
auf Kosten des Sprachverstäadms««« svcU v^ä^^^^^^n'* ^^f« braucht wol
Miscellen. 83 f
nicht hervorzuheben, welch seltsame Logik sich in diesen Worten offen-
bart; sieht ja doch jedermann ein, wie es sich hier nur darum handelt,
wenigstens den Schein der Ehrenhaftigkeit zu retten und den eigent-
lichen Zweck, so gut es gehen mag, zu yerbergen. Wollte fief. hier
nachweisen, wie der Werth und Nutzen der Praparation eben darauf be-
ruhe, dass der SchOler sein Wörterbuch und seine Grammatik immer
Kur Hand habe und durch fortwährenden Gebrauch mit diesen Hilfsmit-
teln ganz vertraut werde, so könnte man ihm mit vollem Hechte ent-
gegnen, dass er Eulen nach Athen trage. Darum wollen wir hier lieber
abbrechen und nur noch die Scblussworte der Vorrede in Betracht ziehen,
(Jm den genannten übelstanden zu begegnen und das Studium des Homer
zu fördern, hat der Verf., wie er sagt, die Ausarbeitung dieses Band»
chens unternommen, von dessen Aufnahme es abhangen wird, ob ihm noch
andere folgen sollen. Jeder Gesang ist für sich als ein Ganzes behandelt,
damit dem Schüler, mag der Lehrer anfangen mit welchem Gesänge er will,
alles zur Leetüre erforderliche dargeboten werde. Endlich spricht der
Verf. noch seine Überzeugung aus, man werde wol diesen Präparationen
nicht den Vorwurf machen können, dass darin der Sprachstoff des Dich-*
ters dem Schüler gleichsam auf dem Teller präsentiert werde, um ihn
jeder Anstrengung zu überheben. «Denn diese Präparalionen werden
nicht in der Art geboten , dass keine geistige Thätigkeit dabei nothwen-
dig wäre. Ein Blick in dieselbe muss zeigen , dass darin dem Schüler
der Stoff in einer gewissen Menge zur Auswahl dargereicht und
dass nur in schwierigen Stellen auf das nöthige hingewiesen wird.'
Man erkennt auch in diesem, zum theil ganz sinnlosen Gerede die
Absiebt, den eigentlichen Zweck dieser Arbeit so viel als möglich zu
verhüllen und zu beschönigen. Denn nach diesen Worten sollte man
erwarten , dass nur das wichtigere in diesen Präparationen berührt und
erklärt ist. während man doch in der That jedes Wort darin verzeichnet,
Verbalfomen analysiert, Obersetzungen gegeben findet u. dgl. Um dies
zu erweisen , wird es genügen, die Praparation zu den ersten drei Versen
des ersten Gesanges mit den nolhwendigen Bemerkungen von Seite des
Ref. vorzulegen.
V. 1. ^Svdga, avife. Mann, bei Homer auch die Form. gen. ivi-
Qog u. s. w. — fiot, kurz gebraucht, weil es in der Thesis (Senkung)
und vor einem Vocale steht. — ipven»^ imper. von ivvinm (dichte-
rische Verlängerung von Mxm) ansagen , verkundigen ; in Prosa nur
aor. 2. slnov'. Aber Mn0 ist, wie Ebel, Zeitschrift für vergl. Sprachf.
Bd. H, S. 47, dargethan hat, auf die Wurzel ctn^ in (vgl. das lat. in-
sece) zurückzuführen, aus welcher sich eben so gut iv-cin-m (mit As-
similation: ivvinai), wie iv-ix-m, entwickelte. — ^noXvtQonov t noXv-
tf^onog (tgino, wenden), viel hin und her gewendet, viel in der Welt
umhergetrieben, reich an Erfahrung und Klugheit; Beiw. des Od. viel-
gewandt, vielgewandert.* Man sieht, dass hier zwei Erklä-
rungsarten mit einander vermengt sind; man vgl. nur die Bemerkungen
von Nilzsch z. d. St. — ^xoXld, die Neutra Adj. werden auch in Prosa
adverbialisch gebraucht.' Eine feine syntaktische Bemerkung! — «f*aXa «.
sehr viel. — nXayxd'rjf aor. 2. ohne Augment st inXayxd'rj v. nXdta
(man erinnere sich der Verba xXatm , ich jage umher , nXu^m , töne,
caXn^a, trompete , und ihres Charakters yy). — nXdiatf von der Bahn
bringen, irre föhren, pass. umherirren.' Wir empfehlen dem Hrn. Verf.
hinsichtlich der Grundbedeutung von nXdta Curtius' Grundzüge der
griecb. Etym. S. 242 nachzuschlagen. — ^TQoirig, gen. abhäng, von
ntoXUd'i^oVf ähnlich wie im Hör. Troiae moenia' (!). Es genügt, auf
Reisig's Vorl. über lat. Sprache S. 635 zu verweisen. — «fc^or nxoX,\
heilig werden bei alten Dichtern Städte genannt, weil sie unter Anwen-
dung heiliger Gebräuche gegründet worden sind; Tco\«l \%V \i\^«c^\^^ ^^\w
838 JkfiseeUcn.
OöUern erbaut; der Ktfiiig Laomedon, soll mit Hilfe des Apollo und Neptun
die Mauren von Troja erbaut haben.' Der Hr. Verf. hatte doch 11 ?II«
452 (vo %' iyn Kcd (^oißos 'JxaXXmv ^^9> Aao^Udowxi, M9U99m^
a^XricoareB) genauer ansehen sollen; übrigens heiisen Städte , sowie In-
seln, Lander^ «heilig,' insofern sie besonderen Schirmgittern geweiht
sind und deren Heiligthumer enthalten. — ^oXit^qov^ der Form lucb
ein Dimin. von »voU( — noXig, Stadt, aber mit gleicher BedeutiiDg
wie das Stamm w. Zu beachten ist die Länge des a in der Arsis vor
^9, muta \0T äguida.* moXU^qov ist kein DiminutiTuniy üherdasSolfii
vgl. man 0. Cartius : de nominum Graecorum formatione , S. 3S» Aom.
160. — «Isrs^My von niq^vi (lat. perdd) , aor. %. hgQa4to9, tut med.
ni^oo^ai mit pass. Bedtg., verwüsten, serstören; bei Hom. ge-
wöhnlich von Städten.' Was* die Angabe der Tempora anbekrifR, so ist
sie, wie der erste Blick in ein Lexikon^rweiaen kann, sehr unvollstän-
dig , die Zusammenstellung von ni^4^m und per-do entschieden onricb-
tig (vgl. Z. f. vgl. Spr. Bd. IV, S. 13)« ~ «^^ aber, dagegen, oft
auch: und, ferner' (?). — «£9«» ohne Augm. von tlSov, aor. t. von
eJ9ai, oder mit Digamma ^eldn {pideo)j sehen; tldov und aor. % med
ttdo^HVy Idictuy sind Aor. zu iqam. Das med. Mofkcu, aor. ilcapkfgw hat
theils pass. Bedtg. gesehen werden, scheinen »> videre , theils intr.
ähnlieh sein.' Wir wollen hier nichts über die ungeschickte Fassnog
dos Artikels bemerken, sondern begnügen uns darauf hinzuweisen, das
Mov aus ifidov entstanden ist und somit die Annahme eines Präsess
ttdm zu den Cnmöglichkeiten gehört; das Präs. M. (nicht F.) el9o^
ist erst nach dem Aoriste kXdov gebildet. Wie übrigens dasselbe me-
diale und passive, transitive und intransitive Bedtg. in sich vereinigeB
soll , bleibt mir schlechterdings unerklärlich. — ^Sctia , in Att. Pro»
aovrf. von atfw, das die Attiker (wie die Römer aUu, z. B. Nep. Tb. 4)
im^Sing. ^ew. v. Athen gebr.' Eine wahrhafte Bettelgelehrsamkeit ! -
9iv6ov^ voog, bei den Attik. immer vovg, bei Hom. nur Od. 10, 241.
Gesinnung, Sinnesart, Sitten (?), Herz, Seele.' Wir rathen de«
Hrn. Verf. bei ferneren Arbeiten sich mit Nägelsbach Homer. Theologie
(vgl. S. 337) bekannt zu machen; er wird dann jedenfalls im Slacde
sein, richtigere Begriflfsbestimmungen aufzustellen. — Jyvm, aor. sync,
von yvyvma%m (cognasco), St. yvo, kennenlernen, einsehen, meinen.'
Jlyvmv ist, wie man aus G. Curtius, die Bildung der Temp. und Modi
S. 148, ersehen kann, durchaus nicht eine synkopierte, sondern eine gani
und gar ursprüngliche Form. — Wir wollen, um das Mafs voll zu ma-
chen, nur noch eine Bemerkung zu v. 5 a^yt^fisro^ anführen. Dort
heifst es : «Man beachte die Länge von oq, wegen der Arsis darauf and
des ( , das sich in der Aussprache verdoppelt.' Also hat der Hr. VeK
nicht einnial die neue Bekker'sche Ausgabe bei seiner Arheit vor sich
gehabt ; denn sonst hätte er doch, da dort aqvvyLtvoq fr^v %b geschrieben
wird, nicht eine so verkehrte Erklärung geben können.
Diese Bemerkungen werden genügen, um das oben ausgesprocbcne
Drtheil zu rechtfertigen.
Innsbruck. Karl Schenkt.
(Diesem Hefte sind sieben Beilagen, eine kritische und sechs literarische.
beigegeben.)
B e I I a gr e
zur
Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien.
(XI. Jahrgang, X. Heft.)
Berichtigung.
Karzlich hat in Ihrer geschStiten Zeitschrift Herr Joh. Kvi6ala
in Prag über meine cOriechisohen Sdlübungen far die oberen Oymnasial-
classen* abgesprochen. Da die gemaehten Ausstellungen alle principieller
Nater sind, so wQrde ich es natariich mit Stillschweigen hingenommen
haben, wenn derselbe gesagt hStte, ihm komme das Buch unpraktisch
vor, oder meinetwegen, für die österreichischen Gymnasien, für die es
natürlich auch sunSohst nicht geschrieben ist, sei es unpraktisch. Denn
wie sollte ich es einem Anderen verargen, wenn er in Dingen, worüber
eben die Ansichten getheilt sind und wol noch lange bleiben werden,
anders denkt als ich und tausend Andere mit mir? Wenn aber Hr. K.
meint, auch in Bayern werde man sich wohl überzeugen, dass das Buch
unpraktisch ist, so muss es mir erlaubt sein, hier das Gegentheil zu
constatieren.
In Bayern findet man es nicht unpraktisch oder hemmend, dass
auf die Übungsbücher von Halm verwiesen wird (nach einer Recenslon
in den Jabn'schen Jahrbüchern vom März 1. J. auch anderswo nicht);
in Bayern ist die Verweisung auf diese Obungsbücher nicht nur zu-
lässig, sondern dermalen sogar geboten, wenn das Buch nicht unprak-
tisch sein soll. Diese Bücher enthalten nSmlich die Lehre von den Pra«
Positionen, von der Syntax des Nomens und des Verbums in einer Dar-
stellung, welche vieUeicht von der Mehrzahl der bayer. Gymnasien der
in der Buttmann'schen Grammatik vorgezogen und darum auf der ent-
sprechenden Unterrichtsstufe statt einer Grammatik oder als Gram-
matik benutzt wird. Wie kann man es nun tadeln, wenn man auf ein
Buch verweist, aus dem der Schüler einen grofsen und sehr wichtigen
Tbeil seiner grammatischen Kenntnisse geholt hat, zumal da mein
Übungsbuch nach seiner ganzen Anlage nicht neben den Ualm'schen
Übungsbüchern stehen kann, sondern sich an dieselben anschliclsen soll,
wie der Schüler diese absolviert hat? Soll man auf einer höheren On-
Icrrichtsstufe nicht mehr auf das Vorausgehende verweisen dürfen ?
]q Bayern kann man ferner darin keinen Misatand erkeDnao» wie
Ilr. Rec, dass das Buch kein Wörterverzeichnis hat. unter allen, nickl
blob deutsch-griechischen, sondern auch deutach-laleinischen Obiin|9-
büchem, die hier zu Lande im Gebrauche sind, ist wol kaum «Bes.
das mit einem Wörterverzeichnisse versehen wäre. Abgesehen davoa,
dass unsere Schüler ohnehin deutsch-griechische Wörterbücher in Hil-
den haben, die natürlich auch für das Obungsbuch ausreichen , aind sie
auch nicht so arm an Wörtervorrath, als sich Hr. K. vielleicht vonteltt,
da er die Phraseologie zu spärlich findet; sie dürfen es auch gar nicht
sein, wenn sie die von der höchsten Stelle bei der Absolutorialprufung
vorgelegten Aufgaben (vgl. meine Vorrede) sollen ausarbeiten kOnneD.
Und doch macht ihnen dies im allgemeinen keine Schwierigkeit
Auch an den Wörtern «zeugen,* «beiwohnen* und «Bastard,* die
absichtlich nicht vermieden wurden, nimmt man in Bayern keinen An-
stofs. Die Übungsstücke sind für die oberen Gymn. Glassen, also für
Schüler zwischen 16 und 20 Jahren bestimmt, die reif und naebtern
genug sind, um natürliche Dinge b^i ihrem Namen nennen zu hören. Es
schadet dies auch sicher weniger als jene gezierte Ängstlichkeit, die den
jungen Menschen reizt, das Verhüllte zu entschleiern und in seiner Phan-
tasie sich behaglich auszumalen. Wer schon an Solchem sich ärgert,
der darf auch nicht einen alten Classiker in die Hand nehmen , ja tf
muss selbst das heiligste Buch, er muss die Bibel fliehen.
Zum Schlüsse noch die Bemerkung, dass meine «Oriech. SÜl-
Übungen* schon wenige Wochen nach ihrem Erscheinen an einer ziem-
lichen Anzahl bayerischer Gymnasien eingeführt und vom k. Staats,
ministerium für Cultus und Unterricht auf den Antrag competenter Fach-
männer in das Verzeichnis der an den Anstalten des Königreiches zu
benutzenden Lehrbücher aufgenommen worden sind. Und doch wird
man den bayer. Schulmännern kaum absprechen können, dass sie ihren
Beruf erkennen und ihre Aufgabe jedenfalls so gut erfüllen , als dies
irgendwo in deutschen Landen geschieht.
München im Juli 1860. Wolfg. Bauer,
Prof. am k. Wilhelms-GjmnaiiBai.
E r w i d e r u n g.
(Vergl. die Recension des Bauer'schen Übungsbuches, XL Jahrg.,
7. Heft, S. 561.)
Von dem Gesichtspuncte ausgehend, dass den griechischen Stil-
übungen eine verhältnismäfsig nur geringe Zeit zugewendet werden kann ,
und dass daher der Verfasser eines Obungsbuches dafür zu sorgen bat,
dass die Schüler in der auf diese tibungen zu verwendenden Zeit mög-
lichst viel leisten können, habe ich das Übungsbuch des Herrn Prof. Wolfg.
Bauer besprochen. Auch jetzt bin ich noch derselben Ansicht, die ich
in der Recension über den Werth dieses Buches ausgesprochen habe und
sehe mich deshalb geiwungen, der «BerichtigoDg* des Hrn. Verf.'s fol*
gendes eDtgegensastellen :
1. Ohne die Vorzüge des Halm'schen Übungsbuches , die ieh sehr
wohl kenne, irgendwie berabsetsen eu wollen , behaupte ich auch jetzt
noch, dass es unzweckmalsig ist, wenn Hr« B. ^ unzähligen Stellen
den Schüler auf dies Übungsbuch verweist , welche Zeitraubende Mühe
flr. B. dem Schüler sehr gut hätte ersparen können, wenn er die betref-
fende Regel selbst kurz hingestellt, die betreffende Phrase einfach ange-
geben hatte. Ich billige es nicht, wenn dem Schüler die Sache zu be-
quem gemacht wird; aber eben so wenig bin ich mit unnölhiger Er-
schwerung und Verschleppung, aus der kein merklicher Vortheil erwäcbsl,
einverstanden. In wichtigeren Fällen, und wenn man annehmen kann,
dass eine sprachliche Erscheinung wenigstens manchen Schülern nicht
ganz geläufig ist, ist eine grammatische Verweisung am rechten Orte»
aber auch nur dann; und in diesem Falle soll der Schüler auf seine Gram-
matik, die er bei seinen griechischen Studien überhaupt gebraucht (also
in Baiern auf die Buttmann'sche), verwiesen werden; denn er soll mit
seiner Grammatik möglichst vertraut werden, und in derselben so zu
sagen zu Hause sein. Da nun Hr. B. selbst sagt, sein Übungsbuch könne
seiner ganzen Anlage nach nicht neben den Halm'schen Übungsbüchern
stehen, so wird er mir wol die Richtigkeit des Gesagten zugeben*
2. Auch jetzt noch erblicke ich einen Übelstand darin, dass Hr.
B. seinem Obungsbuche kein Wörterverzeichnis beigegeben hat, ohne
damit den Wörtervorrath der baierischen Schüler gering anschlagen zu
wollen. Ich verweise bezüglich der ZweckmäÜBigkeit eines Wörterver-
zeichnisses Hm. B. auf das, was Franke im Vorwort zu seinem Übungs-
buche gesagt hat; ich wiederhole, dass die Phraseologie in dem Buche
des Hrn. Verf.'s zu spärlich ist, da man nicht blos die fähigsten, son-
dern auch die gewöhnlichen und mittelmälsigen Schüler bei Abfassung
eines Übungsbuches vor Augen haben soll. Was femer die Bemerkung
betrifft, dass die baierischen Schüler ohnebin deutsch-griechische Wörter-
bücher in Händen haben, so kann ich darauf nur entgegnen , dass ich
dies bedauere, da meiner Ansicht nach (die übrigens nicht paradox ist,
sondern wol von den meisten Schulmännern getheilt wird — vgl. die
Vorrede zum Übungsbuche von Bäumlein, Holzer, Rieckher S. XI.) ein
deutsch-griechisches Wörterbuch für den Schüler ein unnötbiger,
oft sogar schädlicher Luxusartikel ist.
3. Was endlich das dritte wegen pädagogischer Rücksichten von
mir erhobene Bedenken anlangt, so sind wir hier nicht so weit ausein-
ander. Auch ich billige nicht die gezierte Ängstlichkeit, über die sich
Hr. Bauer so ereifert; aber ich denke «besser ist besser,* und wenn
man von diesen Dingen in der Schule nicht zu sprechen braucht, soll
man es auch nicht. Ich sehe nicht ein, wamm der Hr. Verf. in einem
Übungsbuche die ganze grauenvolle Geschichte von Laius, Oedi*
pu8 und der lokaste (XID. 1.) in behagUeber Aiisluhrllckkeil dea
Schulern darbietet Konnte er denn nicht anderweitig paasradere Mb
finden f
Naeh diesen Bemerkangen kann ich getrost den Leeem die EaU
Scheidung überlassen, ob der yom Hm« Yerf. fStt aeine Entgegnung ge-
wählte Titel «Berichtigung* der richtige ist.
Prag. Jobann KTi^ala.
Erste Abtheil 11 ng.
Abliandlangen.
Zur Erklärung des Sophokles.
534 f.: shv, dCda^ov dii ii8, rov z^9^^ tivmv
id'vasv avtr^v, notiQOv 'Aqyiimv iifBtg.
Schneidewin bemerkt: «Yulg. TotJ, xaQiv tivog; pro
qua rej cuiu$ gratia^ wie wol Mg tqox^ d'* osco^p
verbunden wird , PhiL 1029 r/, tov ja^ti/. Besser Laur.
pr. TiVcoi/, dxodidovg. Klyt. behauptet, Ag. sei nicht den
Argivern für irgend etwas zu Dank verpflichtet, vielmehr ihr
Rücksichten schuldig gewesen.'^ Mir scheint tov laQiv t/-
v(ov in dem Sinne wie Seh« nach dem Scholiasten erklart,
nicht richtig zu sein. Dies heilst nämlich nach dem gewöhn-
lichen Sprachgebrauch ,»Dank abstatten für etwas. '^ Nun wird
aber in dem nachfolgenden jcoxbqov 'Agysiav igstg^ welches
die vorhergehende allgemeine Frage specialisiert, die Person zur
Sprache gebracht, welcher Agamemnon zum Dank verpflichtet
sei, somit das Verhältnis, in welchem diese Frage zu jener
stehen muss, aufgegeben und darin wieder statt des Dativs der
der ursprünglichen Rection angehörige Genetiv beibehalten. Die-
ser Genetiv scheint auch der Grund zu sein, dass das ursprüng-
Uche tivog^ welches unter anderen auch der Codex F hat, in
xivmv als Genetiv verwandelt wurde , während der Scholiast es
irrlhumlich gleich dnodidovg auffasste. — Dann aber ist nicht
zu meinen, dass die beiden Pronomina so gebraucht wären wie
etwa Phil. 1029 ti fi Syso^Bi tov x^V^; verbunden wird,
vielmehr sind jene Fälle zu vergleichen, in welchen die beiden
Fragewörter verschiedenes bezeichnen. Cber diesen Gebrauch
der Fragewörter vgl. Bonitz, Beitr. z. E. d. Soph. II, S. 16.
ZffiUehrift r. d. StUrr. Gjmn««. I8S0. XI. Hvft. ^1
834 Zur Erklärung des Sophokles, v. Si. Choiava.
550 f.: il ^^ 9o\ do%£ tpffontp %a*£g,
yptipLfiP dixaüxp axovüa %ovg nilag ^iye.
«J c h bereue die That nicht : scheint d i r aber meine
Ansicht verwerflich, so erwirb dir erst die richtige Ein-
sicht und dann tadle die Nächsten, d. h. lass dein änberech-
tigtes Tade'n, bis du erst zu der wahren Ansicht der Dinre
gekommen bist.» So Schneidewin. Bei diesem Verständnisse der
Worte aber würde Klyt. unlogisch sprechen; denn die Worte
st dh aol dox(o ipQovetv xaxmg heif&en ebensoviel als : «Wenn
du aber die Ansicht hast, dass ich schlecht denke^', — und dann:
«{^0 erwirb die Einsicht.» Allerdings heifst es bei Schneid, noch
«die richtige Einsicht», allein soll auf diesem Begriffe ein
Nachdruck liegen und die temporale Bestimmang ^c rs t» hinein-
gebracht werden, so erwartet man im vorigen ein CausaWerhällnis
des Sinnes: Da du aber nun eine unrichtige Ansicht von meiner
Gesinnung hast, so u. s. w. Und Klyt. spricht es wiederholt aus, dass
Elek. bereits eine Antiicht gefaasi hat; 547: ei ocai ai^s diia
yvci^ijg A^yo. Man vergleiche auch, wie Chrys. zur Elektn,
die sie in Unwissenheit wahnt, sich ausdrückt 889 f. u. 1055 f.
Richtig ist wol nur die andere Auslegung : «Tadle nur die
Nächsten, da du einmal die richtige Einsicht gerassi hast, wie
du wähnst».
743 ff.: insita Ximp riviav iQiöTtQocv
%d(inTOvrog tnnov Xav9'dvti> ati^lriv anQaw
naiaag, i^gavöe 8* a^ovog iticag yvoag
xa£ a9tvy(ov äXi9^i^
Die Erklärung von Xvan/ durch den Scholiaslen in der Bf-
deutung von xavvwvj dia ro avfiitsnXix^ai passl , wie Ton
einigen bemerkt wird, nicht, weil von einer Verwickelung der
Zügel nichts angegeben ist. Darum schlug man vor dvilxQv
oder igvxcDv^ also gerade dasjenige, wodurch wol kein Fehler
beim Herumfahren um die atijXri und das Unglück nicht würde
entstanden sein. Ein solches Verfahren empfiehlt ja Nestor dem
Antilochos bezüglich des linken Handpferdes II. 23, 238, und
der Piedagogos spricht 722 f., dass auf diese Weise Orestes
glücklich herumfuhr. Man erwartet also, dass Orestes, da er
Schaden litt, nicht dies, sondern das Gegentheil that. Das Ge-
gentheil von sCgysiv aber besteht gerade in Xveiv oder wie es
in der Ilias heifst fZgat, was der Scholiasl durch j^crAorcrai er-
klärt, und 722 hat elgye zum Gegensatz avetg. Es ist somit
schlechtweg nicht anzunehmen, dass dasjenige, was sonst immer
das Richtige ist, auf einmal ohne irgend eine besondere Be-
stimmung das Fehlerhafte bezeichnen sollte. Dadurch dass Orestes
sich jetzt nicht so wie früher genau hütete Ud^ov d' aliac^ak
iTtccvQstVj sondern aus Unvorsichtigkeit oder sonst wie die Zü-
gel frei liefe, gerieih er an die <rrifAi7, worauf das Unglück eintrat.
Zur Erklärung des Sophoi|i$s, v. Si. C/w/ata. 835
10,*19 IT : HA. ij dsivov sv Xiyovaav i^afiaQxdvHv.
XP. siQTjTiag OQ^dog. ^ av TCQoaiitiaai TitaTi^.
HA. xC o ; ov SohiS aoi xavxoL avv 9£nij Xiynv ;
XP, all* ioxiv iv^a xv dUjj pid§riv tpigsi.
Sclind. erklärt: «(Fürwahr ein Jammer das Richlige zu
In (Ten und fehlzugehen,*^ d. h. bei dem, welchem man gulen
Ralh ^ibt, nichts auszurichten.^^ Dass i^eifiaQxdvsiv diesen
Sinn nicht haben kann, beweisen die Verse 1017 — 18: angoodc-
xr^rov ovdiv itgi^xag' xakag S* ydij a* d^tOQQvtpovoav
antiyyakkoiLriv. Dort bereits war die Unterredung, in wel-
cher Chrys. zur Mitwirkung aufgefordert werden sollte, ab-
geschlossen und V. 1031 wiederholt nochmals den obigen Ge-
danken der Elektra. Es ist nun nicht anzunehmen, dass sie da,
wo es sich um den Wcrth der That handelt, jenen Gedanken
wieder vorbringe. Dazu kommt, dass bei obiger Auffassung die
folgenden Worte Elektra's mit den ersten nicht übereinstimmen
würden. El. fragt nämlich 1041, ak Chrys. gegen sie den Vor-
wurf gekehrt halle, ob denn ihr liysiv nicht 6vv äixfj sei,
was also offenbar als der Gegensatz des i^cciiaQtdvHv gilt und
dies als x^Q^S Sixrjg slvai bezeichnet, so dass der Sinn ist:
<<Schlimm ist es, gut zu sprechen aber irre zu gehen*\ Da
Chrys. wiederholt zum verständigen Mafshalten ermuntert hat
und eben wieder £i; q)QovsLV im Munde führte, greift El. dieses
€v auf und meint, die Rede der Chrys. sehe wo! verständig
aus , aber sie sei doch fern vom Recht , weil sie nicht zur ge-
meinschaftlichen That sehreiten will. Was El. auf die Richtigkeit
der Ansicht bezog, deutet Chrys. dazu auf den Erfolg der Hand-
lung, wie ihre Worte ausdrücken dkX* löttv Iv^a rq dCxf^
ßXißriv tpBQU (siehe auch A^ß f.). Dass zu den WÄten der
El. nicht verglichen werden kann die Stelle aus Soph. Antig. 32S,
darüber Bonilz a. a. 0. S. 43 f.
1439 f.: ^i' mxog av navgd y' mg iqniag ivvsnsiv
nQog ävdffa xovdn avf/npiQOi.
dl* (or6$ bezieht Sehn, auf die Verstellung, weil jeder gerne
höre Xad'QTjSä xal Jigog td ovg Xsyofisva. E« ist aber bei
dieser Erklärung nicht einzusehen, wie Elek. nach der Ansicht
des Chors auf einmal so sehr ihre Natur hätte verändern kön-
nen, dass sie ihrem gröfsten Feind etwas ins Ohr flüstern könnte,
ohne zugleich durch eine solche Handlungsweise bei Aigislho«
selbst, der ihren feindlichen Sinn genau kannte, Verwunderung
und Argwohn zu erregen, was eben verhütet werden sollte, dt'
citog braucht ja nicht gerade zu heifsen ^(heimlich ins Ohr^%
wie andere Beispiele hinlänglich zeigen. Man vergleiche nur 737:
o^vv de' üSrcav xiXaöov — Svdxsiy und Antig. 1187 — xaC
^s q)d'6yyog olxsiov xaxov ßäXXsi di cötcjv. — Das Werk-
zeug der Wahrnehmung oder Thätigkeil wird miliinler auch dort
836 Ober das 9 itpiXnvatixw in Hyperides, v. y. Uftmer.
gesetzt , wo das einfache Verbum genügen würde , wie «otfl
%iHv^ livai und ähnliches. Nicht anders, meine ich, ist es ir
unserer Stelle zu nehmen : ««ins Ohr zu sagen^ oder «zu den
Ohren gelangen zu lassen^^ ; von etwas heimlichem hat man aoch
im folgenden keine Spur, sondern der Aufforderung des Chon
gemafs scheinbar freundliche Worte der Elektni C^^^^ f.), wm
sie auch in der That dem Aigisthos anders gellen sollen. Da-
rum ist es auch nicht nöthig, die Stelle für verderbt zu halleo
und wie 6. Wolff doJiovvtog zu vermuthen.
Krakau. Steph. Cholava.
Über das v iq>BXxv6xixov in Hyperides.
Der Zweck der folgenden Zeilen ist keineswegs neue Auf-
schlüsse über diesen auf den ersten Blick so überflüssig schei-
nenden Buchslaben zu geben, sondern blofs den Th»tbesland in
den erst unlängst aufgefundenen Reden des obbenannten Scbrifl-
stellers zu verzeichnen. Dazu ladet einerseits das Alter der
Handschrift des Hyperides , anderseits das Vorgehen der Heraus-
geber in diesem Puncte ein.
1« In Setzung des beweglichen v vor V o c a 1 e n zeigt der
Codex mit Ausnahme weniger Stellen ein sorgfältiges *^ Vorgehcfi.
So findet sich in oratio I. nur eine Stelle p. 9. 14. dyaxtitov
ycLQ riv avtatSj bI ta xov ^eov dnodoicfovcfiv xal giij xqoö-
anoriöovöL dgyvQiov^ wo das v vor Vocalen nicht gesetzt i»t,
während es 27 Stellen regelrecht zeigen. Caesar und Babingtoa
haben hier einen Schreibfehler gesehen und v eingesetzt. Schnei-
dewin liest im Texte: dnoioöovöi xal ^rj nQOöanoxCöovöiv
agyvQioVy in den Addendis dagegen will er die Leseart des Co-
dex hergestellt wiesen. Dies kann doch wol nur in so fern Bil-
ligung verdienen, als er überhaupt in seiner Ausgabe uns ein
genaues Bild der Handschrift geben wollte. In der oratio IL
haben es alle (26) Stellen. In 111; abgesehen vom Epilog, den
uns Stobceus erhalten hat, wo es fünfmal erscheint, zeigen
11 Stellen den gewöhnlichen Gebrauch. Es fehlt dagegen t-23.
6 =Cob. 149 dia tovrovg iir^xigeg nsglßkrimoi rotg noXCzaiq
ysydvaöL ^ adsktpaC und $. 28. 7 =s C. 18S xoöovxov dir^"
veyxB^ Saxs, An beiden Stellen haben Cobet und Sauppe dasselbe
hergestellt.
2» Die Fälle, wo das bewegliche v vor einer gröfseren
Interpunction steht, sind schon an und für sich weniger
*) Hiermit soll nicht etwa gesagt sein^ dass der Codex auch sonst
sorgfältig und genau geschrieben sei. Vgl. deshalb Sauppe und
Cobet zu III.
Cbcr das v ltpil%v6u%6p in UyperideSi v« J, Lifiner. 837
zahlreich. In II. findet sich kein Beispiel, in I, wenn man nicht
p. 4. 1 hieher rechnet, ebenfalb keines. Doch zweifle ich nicht,
dass Caesar's Inlerpunction richtiger ist. Nachdem nämlich der
Redner eine Anzahl Fälle angeführt, in denen man sich früher
der Eisangelie bediente, fahrt er fort: vvvl dl x6 yiyvo^evov
iv ty nokat navv Kaxayikaöxov iauv, ^layvidi^g fihv . . .
liifayy^XXstai xtL Ich glaube, dass wirklich beim Vortrage
eine Pause eintrat, ehe das, was vvvl xatmyilaötov ist, näher
erörtert wurde. Dann hi der Punct und das v hinlänglich ge-
rechtfertigt. In III. finden sich 4 Stellen^ und zwar $.11 fin. a»
C. 69 iXaßBv. Zvvißn Ö' avtp . . §. S8 fin. » C. 154
elovaiv^ Ei ya(f . . $. 9. 8 = C. 49^xal totg äXXoig "EX-
Xri6iv. ''j^Q^ontti S. 12. 5 sBs C. 74 totg '^EXXr^öiv. ixl yaq . . .
(Sauppe setzt nur ein Colon.)
Hieran reihen sich passend aus III folgende 2 Stellen:
S. 28. 10 BS C 187. (01/ ovro^ aÖBXq^ag ngd^Big iv6ttj6d^€vog
toiSovrov diijveyxsvy mözB oC uiv (iBzä nd^rig t^g ^EXXddog
fiiav TCoXiv bIXov , o dl fifta tilg iavtov xatgidog uovijg
:td6av trjv r^g EvQmxtig xal t^g ^AöCag aQ%ovaav dvva^iv
itanBCvm6Bv. KdxBtvoi filv ... ii^vvavj 6 Öh xtX. §. 29.
o =s C 197. wv ovtog to6ovtov vnii^B^XBv avÖQBla xal
(pgovijaEi, o6ov ot ^Iv ixsXd'ovöav t^v tmv ßagßaQmv
ÖvpafLiv i^^vvavtOj 6 dh urjd* iitaX^atv izoiriösv. KdxBtvoi
lihv . . . inBtdovj ovtog dh xtX. In beiden Fällen setzt Sauppe
ein Komma und streicht das v. Dennoch, meine ich, lässt sich
da^elbe hallen, wenn man mit Cobet interpungiert und den fol-
genden Salz nicht mehr von &6xb oder o6ov abhängen lässt,
sondern als selbständige Ausführung auffasst. Cobet hat das v
beibehalten, ob er aber noch derselben Meinung ist, davon wei-
ter unten.
Dagegen ist in I an 2 Stellen das v vom Codex vernach-
lässigt. P. 5. 6 und 6 : xagdvoad tig iv jty xoXbi ygd^Bi*
d'Böiiod'Btmv övviÖQtov iati. anaymytjg al^ia xout. dpxi
täv SvdBxa xad'iatfixB. tov avtop Öh xqoxov xtX. An
ersterer Stelle liest Caesar gewiss mit Recht lötiv^ wie auch
Schneidewin in den kritischen Noten vermuthet, ohne es in den
Text zu setzen. P. 5. 6 lassen Schneid, und Caes. xad'iötiixa
stehen, Cobet dagegen conjicirt xa^iötijXBV* Mir scheint mit
Recht. Vgl. 111.$. 11. fin »C. 69 und die Bemerkung Caesars:
in eodiee mediae liCerae b finaii» Imea ionpus produeiiur.
3« Aber auch vor Consonanten erscheint in einer Reihe
von Stellen das bewegliche v und zwar:
I. 10. 1 dsivd yd(f inotri^BV xsqI tijv fpidXriv .... 14. 9 .
iCaixav iXaßBv xal aXXag touivtag xattiyoQtag. 9. 14 dxo-
äcitfovöiv xal fii} xQOöaxotiöovötv dqyvffiov. 6. 1 olg löttv
xal to yQdq>Biv.
838 Ober das 9 jkpü,*vatin69 in ilyperidc«, y, J. Li/U$i^.
IL 22. %f^ i%a%&if XQ iuctittov, 28. 10 atpCfiötv ^ jco i'
afyvQiO^. 24» 10 «/ i^tiv ravta dXijd'^. 24. 12 Sri i\
Tovr' ovM liStiVy ^itov vofi^c» slvai (tesar : or» äi t^
iöxiVy 44^iov olfuu slvai). 24. 17 o ^ysv tijv yvpmtm.
26. 18 ilaftßdvlBp] yvvatxa (vgl. Schneidewin in den Adda-
dis und Giesar in den Noten). 26. 10 ilui<fiv %^g dnoJiofü^.
26. 16 dXii^ itftiv t(x BlM^iva. 27. 8 ^ i^xtv xi . • tf^fM-
TixiAtsfov. 80. It tovto 49t iv xolq oQ^äg Xoyiioßdvois.
III. S. 12. 8 «■ C. 71 iüuciov d' kfxlv iik^iiovovj mw
ixifalsp AeoHfd'jltnig. §. 12. f sa C. 76 ixl yuff xotg wo
Mma^ivovg ts9st6iv d'HfikilUoig. %. 17. 6 <= C. 107 MaCi9
KKtid'Söav. $• 20. 2 aa C. 126 iq>dvi6sv fiaAAov. §. 22. 4
P9 C. 142 ovth ixl rotg 99olaxBvov6tv rovg dmaatag naL
diaßdXXovCiv rovg noklxag. §.27. 8 ^^iM8f»Mr(ovtfiV wg
Toviraiv xaffxsfflag (C. 174 vfkvovciv xdg xoiavxag fut^B^
Qüig). S^ 27. 7 «» G. 178 «iV«AiiW«tr futXXov. $. 28. 12 »
C. 190 vßQStg indXvasv fisxd xtSv . . dvigäv^
Unter diesen Stellen zeigt sich, wenn man den nachfolgn-
den Buchstaben berücksichtigt, eine auffallende Ähnlichkeit darin,
dass in der II. Rede von dun 11 angeführten Stellen 9 das v
vor X zeigen. Auch in III. erscheint es 4nial vor r-Lanteo.
I bietet kein Beispiel. Dagegen ist an anderen Stellen vor r-Lai«
ten die kürzere Form gesetzt, z. B. II. 28. 5 xoiovxo yif
ioxi x6 jlfi9xmfH)g, 28^ 14 didm6i xovtp. 25. 11 ditdxxBin
xov Xiyovxn. 27. l noxsif* ov [xdXXi^zov i\6xi xotg xfivoiii-
voig. III. §. 16. 9 BS C. 95 xaifetxs xoXfiav. Ebenso verhilt
es sich mit den Gutturalen und fi. In I findet sich v uater
4 Stellen 8mal vor «e, in II ist p. 25. 18 nicht ganz sicher, in
III unter 10 Stellen einmal. Vor (i ist das. v eingetreten mir
in III unter lO Stellen 4mal. Auf der anderen Seite erwähne
ich von Stellen, wo vor Gutturalen und (i kein bewegliches v
i^leht, folgende: I« 7. 14 iicöxi xal. 8. 2 t« nsnQayjf^hm
dsivd iöx^ xal, 11. 6 toaöi.xaC. 11. 11 oxav x^ocia^i xaL
13. 1 iaxl xa£. — II. 26. 8 XiyovfU xal, 26. 18 JCQoduL-
ßdXXovov tulL — IIL §. 23. 7 SS C. 150 xexvxTjxatfi xal.
§. 24. 8 ■:> C. 162 xdifv xal. $. 7. 4 «> 36 oixovci yivog;
ferner III. 8. 10. 11. es C. 60. ivlxrfle {Laxo^uBvog.
Nur je einmal findet sich das v vor A, sc und p, ersteres
in III, das mittlere in 1, und das letztere in II. Vom Gegentheil
wird es genügen, folgendes anzuführen: I. 5. 3 tpavXog iöu
n(fdg . . III. § 24. 2 =3 C. 155 yiyovB , näg. Betreffs q und X
t>teht mir kein Beispiel zu Gebote und dürfte sich auch kaum
eins finden.
4» Das Verfahren der Herausgeber in diesem Punclc ist
ein sehr verschiedenes. . In I und II folgen Schneidewin (wegen
I. 10. 1 und I. 10. 6. 1 vgl. die Addenda) und Caesar (über
über das v itpslnvatiMv in Uyperides, v. /. Iffsmr. 839
I. 9. 14 vgL Corrigenda) genau dem Codex. Ck)bet dagegen
^t^eichl überall in I das v, Babinglon hat es, so weit man aus
dem Slillschwergen Schneidewin*s und Ctesar*s schliefsen kann,
1. 14. 9 und IL 23. 10 gelassen, sonst überall getilgt. In III hat
Sauppe an 8 Steilen das v gestrichen, 2mal (%. 12. 7. und $. 17. 6.)
aber ist es wol nur aus Versehen stehen geblieben. Dagegen
Folgt Cobet in dem Texte seiner Ausgabe genau der Leseart des
Codex. Als er aber seine Annotationes hiezu schrieb, war er
i>c\\on anderer Meinung geworden. S. 21 meint er noch, dass
FO ein V imporfunum^ da man es bei Dichtern, wo es das Metrom
verletze, sorgfältig corrigiere, bei den Rednern zu entfernen sei,
wenn es das Ohr beleidige, und föhrt als solches Beispiel v. 142
esS. 22. 4 an. Nach S. SO hat es aber den Anschein, als ob
IT alle beweglichen v vor Consonanten streichen wolle. Er be-
merkt nämlich zu v. 178 = §. 27. 7: Quod ciipsJLijöHsv yMklov
retinui, nunc factum nollem. Scribarum arbitralu haec omnim
ronsUtuta sunt etc. und corrigiert v. 71, 75, 142, 174 mit dem
Zusätze et alibu
Zum Schlüsse möge es mir verstattet sein, meine Ansicht
hierüber kurz darzulegen. Da wir wissen, dass auch sonst in
der Prosa vor Consonanten das bewegliche v gebraucht worden
(vgl. Butimann §. 26. S. Anmerkung 1.), und nicht wohl annehmen
können, es habe der Schreiber des Codex ohne allen Grund 24-
oder 25mal das v eingeschoben, so wird man schwerlich irren^
wenn man diese v als schon vor der Abfassung unseres Coder
im Hyperides vorhanden ansetzt. In wiefern nun jedes dieser v
(über III. §. 22. 4 s v. 142, vgl Cobet's Urtheil) dem Wohllaute
<liente (Butimann), das zu untersuchen muss ich kundigeren Ober-
tassen. Und selbst wenn sich Erzielung des Wohllautes nicht als
Grund dieser Erscheinung erweisen liefse, würde ich dennoch an
dem V festhalten, als an einem Reste des Gebrauches des beweg-
lichen V vor Consonanten , der uns in einem Codex aus so weit
entlegener Zeit durch wunderbare Fügung überkommen ist.
Auch von sprachgeschichtlichem Standpuncte aus wurde die
Erhaltung solcher v geboten sein, indem sie den unwiderleglichen
Beweis liefern, dass jenes v nicht blofs als metrischer Behelf
eingeschoben wurde. Die Entstehung des v itptXxvötixov hat
neulich Hr. Dr. Friedrich Müller in den Sitzungsberichten der
k. Akademie der Wissenschaften phiUhist. Classe, 84. Band, 1. Heft,
S. 5 — 7, erklärt und nach meiner Meinung bis zur Evidenz
nachgewiesen, dass jenes t^, wo es an historischen Temp. oder
Formen auftritt, welche die Perconalendungen der bistor. Temp.
annehmen, aus ursprünglichem t entstanden sei.
Eger. Johann Lifsn er.
840 Cber die Lautvermittelung im Poloiscbeu, v. B. Tr%a9komM.
Die Lautvermittelung im Polnischen.
Dass es in der menschlichen Sprache Laute gebe, die Bor
in gewissen Verbindungen leicht und deutlich, in anderen dage-
gen entweder gar nicht oder nur sehr schwer je nach Bescbaf-
^nheit der Sprachorgane einzelner Völker hervorgebracht wer-
den können, das weifs ein jeder, der die Beachaffenheit der
Sprachldute auch nur auf empirischem Wege verfolgt hat. Die
volle Kenntnis davon erlangt aber der, welcher über die Art
und die Bedingungen der Lautentstehung directe Versuche an-
gestellt hat und hiedurch zur Einsicht in ihre Natur und ihre
Attribute gelangt ist. Diese Unverträglichkeit der Laute ist
meines Erachtens nicht nur eine der wichtigsten Erschemongoii
der Sprache und die Quelle vieler Gesetze, die in der Gramma-
tik unter den Namen : Assimilation, Dissimilation, Verschiebung,
Einschaltung, Ausstofsung der Laute und dgl. vorkommen, son-
dern auch die Hauptursache jener mannigfachen Veränderungen,
denen die verschiedenen Sprachen im Laufe der Zeit oft bis zur
Unkenntlichkeit der Urformen unterlegen sind.
Wir unterscheiden eine allgemeine und eine besondere
Unverträglichkeit der Sprachlaule. Allgemein unverträglich sind
z. B. die tönenden Consonanten mit den ihnen entsprechenden
tonlosen: Gruppen, wie 6/i, dt^ gk^jch u. dgl. sind entweder
in keiner fleclierenden Sprache zu finden oder werden vorkom-
menden Falls anders ausgesprochen. Die besondere Unverträg-
lichkeit, die blols in einzelnen Sprachen vorkommt, ist entweder
eine absolute, d. i. eine solche, die sich unter allen Umstän-
den in der Sprache geltend macht, oder eine relative, die nur
unter gewissen Umständen hervortritt. Absolut unverträglich
sind z. B. im Polnischen die concreten und concrctzusaromen-
gesetzten Consonanten sz^ i, cz^ di^ r% mit dem Vocal iy oder
k und g mit e u. dgl. Relativ unverträglich erscheint im Pol-
nischen z. B. e, das sich mit dem vorhergehenden Consonanten
in einigen Wörtern unmittelbar und leicht verbindet, z. B. ien^
in anderen dagegen den vorhergehenden Consonant afficiert,
z. B. r/tfn von der Wurzel ten (lat. ten-do).
Wir übergehen hier sowol die verschiedenen Fälle der
Lautunverträglichkeit im Polnischen, als auch die mannigfachen
Gesetze, die daraus geflossen sind, als für unseren nächsten
Zweck entbehrlich, und machen blofs auf eine Erscheinung auf-
merksam, die ihren Grund ebenfalls in der Unverträglichkeit der
Laute hat, aber bis jetzt, so weit wenigstens unsere Kunde
reicht, noch nicht gehörig beachtet wurde, ja, bevor nicht die
Physiologie der Sprachlaute als eine conditio sine qua non der
Sprachforschung zu gelten anfieng, auch nicht gehörig beachtet
werden konnte. Es ist die Lautvermi ttelung, die nicht nur
im Polnischen und den anderen Slavinen, wo sie eigentlich zu
Ober die LautvermitteluDg im Polnischen, v. B, Tttoikowiki, 841
Hause ist, sondern zum Theil auch in anderen Sprachen der
indo-europäischen Familie eine wichtige Rolle spielt. Wir wollen
hier die wichtigsten Fälle dieser Erscheinung im Polnischen
durchgehen.
1. Die dentalen Verschlusslaute d^ e sind mit dem palatalen
Reibungsgeräuschlaute J im Polnischen so unverträglich, dass
i^ich der letztere an die ersteren unter keinem Umstände unmit-
telbar anschlieCsen kann. Als Vermitteler treten hier jedesmal die
dentalen Reibungsgeräusche % und $ auf, und zwar z zwischen
if und j\ $ zwischen / und j. So wird aus dem Stamme brat
der Vocat. Sing, brae-s-je (in der polnischen Transscription braeie)
statt braf^je; dass e dem t» gleich ist, und i in diesem polni-
schen Worte statt j irrthümlich geschrieben wird, steht übrigens
in der Physiologie der Sprachlaute fest. Aus wod-a entstand
der Dativ wod~z~je (gewöhnlich wod%ie) statt wod-je. Ebenso
ist die Endung des InGnitivs -d (physiologisch gleich IsJ) aus
-ii ''tj nur durch Vermittelung des ir zu erklären ; ähnlich ent-
stand sCracidy d. i. 8tral~s^ji6 aus tirae-Jid (9iraf~a)j eiesad^
d. i. C''S'jesa<f aus ijes-ad (ias^ak), dzi'en, d. i. d-z^jen aus
djeuj gw6zdz\ d. i. gwözd-z-j aus gwozdj (ßwozdk)-^ »wUzcze^
d. i. sioi[sch]e[seh]e aus 9wi$t^$rje statt iwist-je^ wobei übri-
gens das tönende j nach dem tonlosen s in das entsprechende
tonlose cA, und das einfache « vor dem concreten cz («■ Uck)
in »z (= seh) nach dem Assimilationsgesetze verwandelt wurden;
gwiidiej d. i. 9wi[zjJd[iJ]e (das concrete i ist bekannter-
mafsen aus »J entstanden) aus gwizd-z-je statt gwizd-je. Ähn-
lich ptaczßy d. i. ptae[9ch]e aus plat^'i^je statt ptai-je von
dem Stamme pliak. Der Übergang des wurzelhaften Ar in ^ so
wie des ^r in if ist übrigens nicht nur im Slavischen, sondern
auch in anderen Sprachen nicht selten, roczekj d. i. rot[seh]ek
aus roC^s^jek ftatt rol^Jek, rok-jek u. s. w.
Diese Lautvermittelung findet in der Physiologie der Sprach*
laute folgende Erklärung. Die CCnsonanten /, d sind vom Con-
sonanten j nicht nur bezüglich ihrer ganzen Genesis , sondern
auch bezuglich des Organs, m\i dem sie hauptsächlich hervor-
gebracht werden, wesentlich verschieden. Denn während jene
durch den Verschluss, welcher aus der Berührung des vor-
deren Theiles der Zunge mit den Zähnen und dem Gaumen
entsteht, gebildet werden, entsteht dieser durch das Geräusch,
welches durch die in der Mittellinie des Zungenrückens gebildete
Rinne gegen den Gaumen anfällt. Der Obergang von il, l
zu j ist demnach für einen Polen nach der natürlichen Beschaf-
fenheit seiner Sprachorgane ein zu jäher, und er sucht und findet
einen Vermittelungslaut in 5K, «, welche dem dentalen d^ e in Be-
zug auf das Sprachorgan , dem j in Bezug auf das Geräusch,
wodurch sie hervorgebracht werden, nahe stehen und so die
vermittelnde Rolle leicht übernehmen können. Diese Ax\. 4^x
848 Ober die LiutYennittelung im PoloiicheD, t. B. TtUtwkomMkL
LaulvermitteluDg findet aber nlchl blofs im Slavischen slair, dis
Schwedische, das Italienische and andere Sprachen haben ähn-
liche Erscheinungen aufzuweisen. So wird in einigen Gegenden
Schwedens z. B. das Wort kjik wie t9ehek ausgesprochen, das
ist aber nur durch den Übergang des k in t (d. i. ijek) and
durch die Vermittelung des s (d. i. i'^-Jek) zu erkifiren. Wann
übrigens auch J in eh übergangen ist, das haben wir »choa
oben gesehen. Desgleichen Idsst sich das italienische iiadimu
(nach der Aussprache), d. i. Mad[%j]enia^ aus dem ursprnag-
Ucben Mmgenla nur durch die Verwandlung des § in d (Jf«-
äema^MadJerUa) und durch die Vermittelung des % (Maä^z-
jenia) erschlieisen. So kann auch z. B« die Entstehung des la-
teinischen CfßruMy d. i. Tfynis, aus dem griechischen Kvgog nur
durch Lautvermittelung erklärt werden.
Die einzige Ausnahme von dieser Regel im Polnischen bietet
das Wort ^abei^ wofür aber einige ganz regelrecht dzjaM
sprechen. ^Man hört aber auch oft in diesem Worte ein ver-
mittelndes y, nämlich dnjttbeij ebenso wie in popadjffa statt popm^
2 In ähnlicher Weise vermittelt % zwischen r und / Am
mor-je entstand im Polnischen morxe, d. i. mor[aißJej aus 0rfei
orzet, d. i. or[%j]et^ aus wier-j (statt fo/er-O ^oier%^ d i.
wier[%jjn aus kor-jid kor%ff6^ d. i. k9r[%j]y6 u. dgl.
8. Zwischen Ip, g und 4 vermittelt im Polniscten regei-
mäCsig j. Der Pole sagt nicht Qerwa%g^ Kekropg^ ger^ M
u. s. w., sondern nur OJerwazy^ Kjehrops, gjer^ ^je^. Auf diese
\yei8e entstand aas der Wurzel gen (sanskr. gan) g^j-^en/^
später zjed (der Obergang des g in » findet auch sonst häoig
htall); aus ger (IW, ger~ti trinken) sJer-^yd^ später ^Jer^gd, wor-
aus [^Jer-'ydy d. i. ier-^yd, ir-yd'^ aus keiyr (sanskr. kaimr)
entstand k^j-etyr-y y e-j-eCyr-y^ e^s-j-eCyr-y^ ^-a-cA-er^r-^,
e-[sch]^eiyr''y^ d. i. cfsetyr^y, cztyr-y. In dem letzten Beispiele
Tand eine doppelte Vermittelung statt, nämlich dasj zwischen k
und e, dann das s zwischen ^ und j. Die Nothwendigkeit dieser
Art der Lautvermittelung liegt in der Genesis der Laute kj g^ e
einerseits und des Lautes j andererseits. Bei Ar und g wird
nämlich der sogenannte Kehlraum bedeutend verengt, bei e da-
gegen bedeutend erweitert; j ist aber ein Laut, der in dieser Be-
ziehung zwischen ihnen so ziemlich die Mitte hält.
4. Auch eine Art Lautvermittelung ist es, wenn zwischen i
und den vorhergehenden einfachen Consonanten ein J tritt, z. B.
pan—panic%j d. i. pan-j-icz^ Uoi-stolik^ d. i. Mtc^^j-ik^ u. s. w.
5. Ob dem j, welches zwischen e und einem vorhergdien-
den einfachen Consonanten mit Ausschluss des g und k gesetzt
wird (z. B. hos-a^ Dativ kos-Je)^ dieselbe vermittelnde Rolle zu-
zuschreiben ist, oder ob es etymologische Bedeutung hat, darüber
kann ich nichts sagen, wus für alle Fälle maßgebend wäre.
Drohobvcz. B. Trzaskowski.
Zweite Abtheilung.
Literarische Anzeigen.
Sonae lertione 9^ fm'bus contineiifur obsernaiioncs crUicme
in scriptores gruecot^ McripsH C, J. Cobet {repeiilae €X Mnemo-
spney bibliotlieca philologica Batava). gr. 8. XXIV u. 800 S. Leydcu,
E. J. Rrill, 1858. — 1 Frc. 25.
Unter den hoUändisdieti Philologen der Gegenwari nimmt Cobet
als Kenner der griecbucbeo Spracbe uoslreitig die hervorragendste
Stelle ein. Mit grofeem Scharfisinoe^ dem feinsteo Sprachtacte, einer
bewunderungswürdigen Belesenheit ausgerüstet, ist er , wie nicht leicht
ein anderer, zu einem Kritiker im wahren Sinne dieses Wortes berufen.
Dafür geben auch alle seine Schriften : die CommenfaiiMes pMlolagicae
tre$ (Amsterdam 1853), die Variae lectionei (Leyden 1854^, die uns
vorliegenden Novae iectioneiy die Ausgaben des liyo^ imtd^>ii)g des
Hypereides (1858) und des Philostratos «sfi fvpLv^catniLfig (1859) hin-
länglich Zeugnis. Si« enthalten neben einer beträchtliehea AüEafal treffen-
der Conjectureo, durch weiche iler Text der meisten griechischen Sohrifk-
Hteller gefördert wird, sehr feine Bemerkungen über 4ta Sprtboh^^rauch
im Allgemeinen und den der eimekien Autoren, über 2iel und Methode
der Kritik, Palseographie u. dgl. So glänzend nun auch diese Vorzuge
sind, so darf man sich doch nicht verhebleo, dass sicih »ebeli ihnen gar
manche Schattenseiten offenbaren. Nicht selten muss man die Bemer-
kung machen, dass die Torgesdüagenen Besserungen nicht das Ergebnis
einer reiflieben Erwägung der SteMe in ihrem Zusammenhange, sondern
das Spiel einer geistreichen Laune sind, wekhe auch das gesunde will-
kürlich antastet, und vielmehr 4en Schriftsteller selbst, als die Fehler
seiner Abschreiber verbeaseri. Bisweikü finden wir auch absprechende
ürtheile über den Gebrauch vou einzelnen Wörtern, Wortformen und
Redensarten, wo doch eine sorgfältigere Erforschung des Sprachge-
brauches, eine genaue Benützung der vorhandenen Commentare und In-
dices eines Besseren bätle belehren können! Spateren Grammatikern
und Scholiasten wird eine höhere Autorität beigelegt als de^SL ^^V&V5N^
844 Co bei nopae leciianes, ang. v. i; Sekenki.
steller selbst und danach in den Änderungen ohne Weiteres vorgegangeo.
Endlich, und dieser Vorwurf wiegt schwer, ignoriert Cobel baufig die
Leistungen seiner Vorgänger auf diesem Gebiete oder polemisiert gegen
dieselben mit scharfen , ja mit herben Worten. Wir sind weit dafon
entfernt, darin eine iiLi%^oipv%la zu erblicken und erkennen in dieser
Hinsicht die Verlheidigung Cobet's in dem vorliegenden Buche (praef. p. XXI)
als vollkommen begründet an. Aber darin/ dass Cobet nur mit den Meistern
in seiner Kunst, mit Meineke, Bergk, 0. und L. Dindorf «e/ 9i gui9 aihu
esi Ms iimiltä* ') rechten, dagegen auf die anderen, welche er als
magiitelU bezeichnet, von seiner Hübe keinen Blick werfen will , lie^t
jedenfalls eine gewisse Selbstüberhebung. Wenn man bedenkt, wie
schwer es ist, sich nur in einen Schriftsteller hineinzuleben, nein Wesen
und seine Eigenthümlichkeiten vollkommen aufzufassen, so wird man
nicht anders sagen können, als dass auch der gröfste Kritiker die Ar-
beiten solcher Männer, die öfters den Fleifs eines ganzen Menschen-
lebens auf e i n e n Autor verwendet haben, freudig und dankbar auf-
nehmen und bdnützen muss. Indem nun Cobet diese reichen Quellen
verschmäht, überall selbständig suchen und finden will, schadet er sich
selbst und muss noth wendig in so manche Irrtbümer verfallen. Denn
niemand hat wol jemals ungestraft die Erfahrungen seiner Vorgänger
unbenutzt gelassen. Ref. kann daher nicht umhin das scharfe, bisweilen
allzuscharfe Urtheil, welches L. Herbst in seiner Schrift: «Cobet's Emeo-
dationen im Thukydides* (N. Jahrb. für class. Phil., Jahrgang 1857,
3 Suppl., S. 1 fl.) ') über die Kritik dieses Gelehrten gefällt hat , in
vielen Punctcn als richtig anzuerkennen. Wie weit übrigens Ref. davon
entfernt ist, die glänzenden Vorzüge Cobet's zu verkennen, das wird wol
aus der vorhergebenden Erörterung zur Genüge erhellen.
Was nun die uns vorliegenden Aopoe lectiones anbetrifft, so sind
sie eigentlich eine Sammlung einzelner kritischer Aufsätze, welche früher
in der philologischen Zeitschrift «Mnemosyne* erschienen waren. Der
Verf. beobachtet hier, weder was die einzelnen kritischen Fragen noch
was die behandelten Schriftsteller anbelangt, eine bestimmte Ordnung;
er bespricht bald eine einzelne Stelle eines Schriftstellers, an welche er
dann ähnliche Stellen aus anderen Autoren anschliefst, bald nimmt er
wieder eine Schrift in ihrem Zusammenhange durch und behandelt alle
Stellen derselben, welche ihm zu kritischen Bedenken Anlass geben. So
erfahren denn die meisten griechischen Schriftsteller die bessernde Hand des
Verf.'s., die einen mehr, die anderen weniger. Als diejenigen Autoren, welche
am meisten bedacht sind, erscheinen Demosthenes, Euripides, Herodotos,
Lysias, Thukydides, besonders aber Xenophon (Anabasis und HcUenika).
Wir wollen daher aus dieser Zahl einen Dichter und einen Prosaiker,
') Vgl. noch praef. p. XXlIf : ^Coniendam cumprincipibus,^ non iuvat
difflaäiari XQog tov dsiva nal %ov diiva ovtas ovdiv6$ atiovg (!).*
') Auch im besonderen Abdrucke : Leipzig, Teubner, 1867 erschienen.
Coket novae ieeiianes, ang. t. K. Schenkt. 845
und Ton diesen wieder eine einzelne Sebrirt auswählen , um durch eine
genaue Besprechung der einzelnen Besserungen ein sicheres Urtheil über
die Kritik, welche Cobet in dem Torliegenden Werke geübt hat^ zu er-
möglichen. Demgemafs wählen wir die Helena des Euripi des und
Xenophons Anabasis und werden , was die genannte Tragoedie
anbetrifft, sammtliche Conjecturen Gobet's, was aber das letztere Werk
anbelangt, nur die ziemlich zahlreichen Bemerkungen zu dem ersten
Buche einer eingehenden Erörterung unterziehen.
Der Text der Helena beruht, wie bekannt, auf dem einzigen Co-
dex Flor. C. (plut. XXXII, n. 2), aus welchem die beiden Pariser Hand-
schrinen (E. 2887/S, G. 2817) abgeschrieben sind. Der Codex C. ist Ton
de Furia für die Ausgabe von Matthia, aber sehr nachlassig ver-
gliehen worden, so dass eine nochmalige Collation dringend wünschens-
werth erscheint; die Lesearten der beiden Apographa Paiisina hat Fix
in der Didot'schen Ausgabe (Paris 1843) sehr sorgfältig mitgetheilt.
Daraus ersehen wir, dass der cod. Flor. C. uns einen Text darbietet,
der nicht blofs durch Fehler der Abschreiber, sondern auch durch will-
kürliche Besserungen und Ergänzungen später Grammatiker und Metriker
bedeutend entstellt ist. Es ist somit hier der Conjecturalkritik ein sehr
weiter Spielraum geöffnet In den Gesammtausgaben des Euripides ward
die Helena weniger bedacht; erst 0. Hermann förderte durch seine
Ausgabe (Leipzig 1837) den Text dieses Stuckes, obgleich er auch für
seine Nachfolger genug zu thun äbrig liefs. Seitdeni hat diese Tragoedie
besonders durch die geistreiche Kritik K. Badham's (Eur. Iph. T. et HeL
London 1851) und durch die scharfsinnigen Besserungen Nauck's und
RirchhofiTs sehr viel an Reinheit und Gorreetheit des Textes gewonnen.
So viel nun über die kritische Grundlage und die Einzelausgaben dieser
Dichtung.
Cobet leitet S. 185 seine Bemerkungen mit folgenden Worten ein:
c^/» et mulium me EiiripIdU Helena ienuit, in qua fabula emendanda
hoiid Ha pridem C Bad/kam pertUUem operam posuit, quum IpkU
ffeniam in Taurie et Hetenam Umdini ederet. Itaqne primum om-
nium hanc fabutam hie ittic emendatiorem reddere conabor , tum de
nannutlie iocii retiguarum Euripidit faöutarum pa^ca ediseeram* —
Gleich T. 21 nimmt C. Anstofs an den Worten: bI oatprig oitog loyog^
und bemerkt: mNam quid tibi vutt oitog? quod ita demum recte ad-
ditum erit, $i qua atia fama opponatur.^ Indem er nun so in lAtog
eine spätere Ergänzung des unTollständig überlieferten Verses erblickt,
schlägt er zu lesen vor : dtayfika tpivymp ärj^sp, §1 aatp^g loyog. Doch
warum soll man ovtog nicht ganz gut so erklären können , dass dazu
im Gedanken der entsprechende Gegensatz ergänzt werde: «Wenn näm-
lich diese Sage richtig ist und nicht eine andere?* Helena überwältigt
der Zweifel, ob wol ein Gott auch Leidenschaften unterworfen sein
könne, gleichwie Ion den Worten seiner Mutler mistraut (t. 1488»
1520 ff). Dass sie aber den Gegensatz nicht bestimmt ausspricht, das
816 Coääi navoe Ueikma, ang. i^ M> fiektmiA
Ui wiedorum in ihrer Scheu Tor der geheiligten Oberlieferung begründet
Dergleioimi Widertyiudie indm sioli ja oA bei EuripM^ : am «airi-
lenditen iet wol die Stolle im Here. Für. v. 1841 ff. Was ükrigtm
in' uUt9v im Torbg. Verse aobetrifft, so hangt dieser l.uadruck to»
dimy^ ab, welches Tcrbale Subilantiv die Gonstmofion des Vefbni
beibehalt; man TgL Thuc. II, 65, PL Phaed. 9^ h, Ueou Cyr. IlL S» %,
Gomm. U, i, 34 und mehr Beispiele bei Bemhardy griech. SynL SL tig.
Der in einen Schwan Terwandelte Gott liefe sich wirklich durch einen
Adler verfolgen ; es ist daher ebenso wenig die Cinsebiebung Ton d^^tw^
als die Veränderung des in in «g, welche Naaek Yorschlagt, noih-
wendig. — Zu t. 61 inA d\ y^g anit^ nhtQwntu bemerkt Ci
^äiMpikebU yije 9%. %., quod de iuna äeßeienU opitme diceiar. de
martuo ei eepuUOf quem terra tegU, mm item. Corrtgetutitm nee
eeneeo inü dh y^g %a%m ninqvnxai.* Ober den localen Ba&lv ^er-
I X gleiche man Del. 1043, Suppl. 643» for die Bedensart selbst Hee. tO»
I ycee inonifinofikhav eKOtov und man wird wol augeben, dasa ein Grund
au dieser Äoderung nicht vorliegt Wenn femer C. auf die Autorität
des Porphyreios (au II. S» 533» Od. ^, 166} ievXog ^ ya^mw schreiben,
I und wie auch schon Elmsley wollte, überall bei den alteren Atlikem ia
I der ersten Persfn das Imperfeetum n statt i^v herstellen will, so aeheial
mir audi dies nicht gehörig begründet. Die Form nif statt ^9aw (Sskr.
äettm^ altlat. eetm\ TgL Bopp vgl. Gr. Bd. II, S. 406, 2te AulL) ist
ebenso alt wie n statt Ik iUealfi]) und grammatisch ebenso berechtigt
Wenn wir nuo, was G. yerschweigt, Eur. Ale. 655, ArisC Plut. 2B die
Form iiß durch das Metrum gerechtfertigt finden, wie soll man dazu
kommen dieselbe den älteren Attikern überhaupt abiusprechen ? — Da«
gegen ist die Besserung, welche G. v. 78 {xi 9\ i xakcUn»q* , Seta
£9 fi* ifcsarffcetpfig) Torschlägt , nämlich oetts sl statt oexig wv, eine
gans eatsprechende, und hat jedenfalls den Vorzug Tor den Teracbrobc-
nen Erklärungswelsen, durch welche man die Stelle in der ubcrliefer/en
Gestalt zu retten Tersuchte, und Tor der Gonjectur Härtung s: v^ i' J
xalatnnff'; ig xtg äv p,* a«. ^ Ebenso begründet sind die Bedenken,
welche C. gegen t. 98: xo9 üiiXing xip' ohf^' 'JxMki yovop erbebt
Denn es bleibt nicht nur die Verbindung Ton xov n. mit xi^ä, sonderu
auch die Stellung Ton yopop höchst auffällig. Ob übrigens C. mit seinem
Vorschlage: 'A%tXiia xip' ole^a Ilfiliag yovov das Bichtige getroffen,
muss freilich dahiogestellt bleiben.
T. 118 will C. das überlieferte: äantQ ei y', Qv^Uß ^eeop,
6ip^X(U}tg o^mr (eig. oqm\ denn o^coir ist nur eine Besserung Her-
mann's) in äexe^ e* iyn oidh^ '^aeov oip^aXikoig o^ umäadera.
Diese Vermuthung geht , wie wir sehen , Ton irrigen Voraussetaui^en
aus; zudem ist die Hervorhebung des Subjectes des Satvea durch
das Pronomen iym durchaus nicht am Platze, ei yt aber durch
den Gegensatz zu x^9 dvextfvov hinlänglich gerechtfertigt -^ Zu
T. 122 avtog yaq Seeoig tUofUfiP , ig vvw e* oqm wird bemerkt:
Cobet novae lecUones, ang. v. At. Schenkl. 947
^offendo in slSofiriv pro iJdov in stnario posito , quam ob rem
faciii correctione scriptum maiim t aivog ya^ oanotS nldov , ig
Gk vvv oq£,^ Dieselbe Bemerkung findet sich bei Härtung; aber beide
Kritiker haben Aesch. PeVs. 178 («AA* ovxt nm toiovd' hecgylg bISo-
Hfiv) und Soph. Phil. ^1 (ßn<o^ tSoifk i^amov • ov- yaq slSofiif^y
übersehen. — v. 136 tptasiv , ßgoxm y' arpaaav Bvyev^ I^qtjv wird
§9^X9 'va^aaav vorgeschlagen. Diese nothwendigo Besserung ist schon
längst von Reisko empfohlen worden.
V. 267 u. 268 octiq filv ovv elg (liav inoßlintov tvxrjv ngog
d-scav Hanovxaif fiaQv i^iv^ oloziov d' ofioag bemerkt C: ^eievare de*
bei Helena aliorum miserias, quo melius suorum malorum magniludo
appareatx dixerai igiluri ßagv ^iv {6x\ olczov d' oftoos.* Auch
PIlugk sprach sich dabin aus, dass an dieser Stelle durchaus der Be-r
griff: «man kann es doch ertragen* erfordert werde. Er sagt:
^olatiov äaud scia an hoc loco non, ut »olenl UtliOt iigniflcet feren-
dum est, sed tale esl, guod ferri possit.* Da aber die Ver-
baladjective auf -tiog nie eine solche Bedeutung haben, so muss man
doch den Versuch wagen, ob die hier vorliegende Stelle nicht die An-
nahme der eigentlichea Bedeutung gestattet. Helena sagt: «Wenn über
Jemanden von den Göttern nur e i n Unglück verhängt wird , so ist dies
wol eine harte Sache, aber man muss es tragen; es bleibt nichts übrig
als geduldig fortzuleben; wenn man aber von so vielem Cnglücke
heimgesucht wird , wie ich ,. was soll man da noch leben (v. 293) ; ist
es da nicht das beste zu sterben? (y, 298).* Durch diese Erklärung
sind, wie mich däueht, alle Bedenken beseitigt -- v. 277-*-27i^
Synvga d' 17 fiov (so Sealiger statt: di{ ftov) tig xvxccg ^%n (so
Musgrave statt i%it) fiovri \ itooiv no^' tj^hv mal f*' iwuXli^nn
%cL%Av I ovxog xi&vtiTisv, ovxog oiuix' inxt dif erwähnt C; die Con-
jectur Badham's: itp' ov xi&vfinsv ovxog, schlägt aber selbst su
lesen vor: ixsl xi^vtjnBv ovxog. Es scheint, dass die Verderbnis
von d* ^ (lov in di] iiov auch die willkürliche Omändcrung der ein-.
leitenden Partikel zur Folge hatte. Hermann hatte bereits richtig er-
kannt, dass das Subject von oi%ix' iaxi di^ nur ayuvQa sein könne, und
wollte daher iÜmg xidvfj%ip oixog schreiben , worin ihm Härtung bei-
stimmte. Dagegen bemerkte Badham richtig, dass Helena an dem Todo
ihres Gatten nicht zweifle (vgl. 290 ffJ. Man wird hiebei zugeben
müssen^ dass der Vorschlag Gobet's t^^nei^ dem Sinne nach mehr ent-
spricht, als der Badham's; denn ein iip' ov will nicht recht zu dem
folgenden ovTiix' icxi dij stimmen, durch inst aber wird eine ganz
passende Gedankenverbindung hergestellt. Wenn übrigens C. von äbri
meliores spricht, die inaXXciitiv (cod. G. ap. Par. A.) statt anaXXiiai
(ap. Par. ß. Aid.) darbieten , so ist dies nach dem im Eingange dieser
Besprechung Bemerkten ebenso irrthümlich, als wenn er die Conjeclur
äxH dem Scaliger zuschreibt.
V. 310 xcrl xafinaXtv yt xcövd' aXri&etag aatp'^ bespricht C. die
848 CBket nö9ae ieManei, ang. v. f. Sekemki.
CoDjeclur Bergk's (oder vielmehr Heath's) ilfi^Ua M^ifg, welehe aidi
Bailbam, freilich mit der Bemerkung.: c/i^«r mairiemm iieemUmm aä-
mUlat* aDgenommen hatte» und aubert eich dabin , daes diese Sefcwic^
rigkeit behoben werden könnte, wenn man itl'ti^Ut wie af^lüt^ tbrn-
ßiu u. dgl. schriebe. Es icbeint aber nicht noChwendig sa eeiii neb
solchen Mitteln zu greifen , da die leichte Änderung RirchbolTa: elf-
^8i^ autpii einen gani entsprechenden Sinn heratellt — t. 316 ifc
woiop ÜQ^Hg fkv^op ^ naqai9Bai9\ bemwkt G. : Je§mm in^ t ätair
me guii doeuerU t^Qnttw atU 9%9t%H9 aui ßad^w im imii fv keae
dlei passe.* Wir verweisen einfach auf Gycl. 4t8 tuA ^i| w^ ^Mg
V.414 090^ dh x^9«9 V^^ f^* ^ ^^ I o^ olda eebreibi C
nal le«; eine treffliche, auch von Nauck empfohlene Beuemng. —
T. 445 i' f»4 nqoaiüii x^Q^ n^' ^^'* ß^ ^ii^ «^oedla vorge-
schlagen , was übrigens schon Badham als nothwendig beielchnet hatte.
Ref. vermag nicht einzusehen, warum nicht sÜLim und Hl«, welche
doch aus derselben Wurzel fsl (vgl. Benfey griech. Wursellez. Bd. H,
8. 299) hervorgegangen sind, auch dieselben Bedentungeii haben sotten,
nimlich urspr. «drehen, wälzen,' dann allgemeiner: «drangeu, treiben,
stoCBcn?* Ist dieses der Fall, dann ist wol n^onUn ebenso gut, all
M^oaMs berechtigt. Dass die beiden Verba von verschiedenen Wmich
gebildet sind, hat Badham wol behauptet, aber keineswegs erwieaoL
Denn wenn er fUm bei Nicandr. Ther. 478 für gleichbedeutend mit
^c/p» halt, so hat er offenbar nicht die Worte : tptvyi d' äsl oxoltijy t'
oo» Mav ar^ttvoy HXmv (vgl. perplexwn iUr retaivenM Verg. Aea.
IX, 39!) in ihrem Zusammenhange betrachtet; es ist hier nSmlich die
Rede davon, wie man durch Windungen einer Schlange entgehen kaaa.
Bei Plut. Symp. VIII, 8, 1 ') soll iXloiikivfiw mit na^tt^yo^iviiw syno-
nym sein; aber dort wird es zum Bebufe der Etymologie voo lUef
angeführt, welches Wort durch iXlofiivtiv t^v ona nal nae-stQyo^iw^w
M%m9 erklärt wird, und hat somit dieselbe Bedeutung, wie so oft ^Um
oder Mm, nämlich: «zusammendrängen, einscbliefsen.' Soph. Act 341
bedeutet iXlofkivatv i^ixQmv nicht ^äepressis (/8 ierram) vameri^us,*
sondern das Wort bezieht sich auf die Windungen, welche die Pfluge
durch ihr Eindringen in die Erde und dann wieder durch ihr Empor-
tauchen beschreiben. Wir sehen also, dass das Wort überall dieselbe
Grundbedeutung, wie iUim hat — v. 488 mid^i ya^ aidhw mv liym.
€v 9' ahiog schreibt G.: av 9* ahiog* ntC^n yaq ovdlw m9 liym.
Die Conjectur ist gewiss trefflich und nothwendig, aber sie ist auch
schon längst von Dobore in Vorschlag gebracht worden.
V. 604 Mtpilaog ov% Sypmatog h nacff %8w/ erklart G. lur
*) Es bleibt auffällig, dass Badham nach einer in grauer Vorzeit
üblichen Manier blofs den Namen des Schriftstellers und Werkes
angibt (wie: Nicandr. Ther., Plut. Symp.), ohne die Zahl der Bü-
cher, Capitel oder Verse beizufügen.
Cobei novae ieeiianes, ang. v. H Schenkt. 849
eine Interpolation , mit dem Bemerken , dass für diese Ansicht sowol
andere Gründe sprechen, als ganz besonders der Umstand/ dass iyvm'
cxog bei den Attikern nie mit iyvdg gleichbedeutend ^i, sondern durch
^gui Metligi non poiesl* erklärt werden müsse. Es genagt blofs Iph.
Taur. 94 Syvmctov itg y^v , u^ivov anzuführen, um die Nichtigkeit
dieser Behauptung zu erweisen. Warum soll übrigens Menelaos hier
nicht seinen Namen mit eben dem stolzen Bewusstsein nennen, mit
welchem Oedipus (Oed. Tyr. 8) von sich sagt: o näct %XHv6g OM-
novg x€dov(isvog^ Auch diesen ganz sicher echten Vers wollte Wunder
für eine Interpolation erklaren. — Zu v. 590 iBittfetg yiiQ ^ii^ägy tä Sl xh'
i^dt&g Xixri bemerkt G. : mfion UMum werbt i^aytiv^ sed itaytad-ai re-
qtiiroy qiutmobrem iiaiu scribam,* Dass das Medium ganz gut stehen
könnte, unterliegt wol keinem Zweifel, dass aber das Activum ebenso
gut berechtigt ist, zeigt Troad. 457 cd; (kiav xQimv 'Eqivvv tiiadi fi'
i^a^oav 2<&oyoff.
V. 607 Xmovca C6(iv6v ivxifov ov ctp' iaatofiBv beanstandet C-
mit Recht das Epitheton esi^pov; denn wenn Euripides diese Grotte als
eine heilige hatte bezeichnen wollen, so würde er wol noch einen näh^r
bestimmenden Genetiv hinzugesetzt haben. Aber viel näher , als dje
von ihm vorgeschlagene Besserung «l^i^f^oy,* liegt jedenfalls die Con-
fectnr von Schneidewin und Nauck ^iQtptvov ,' welche daher auch
Nauck mit Recht in den Text aufgenommen hat. — v. 613 to ii6(fap'
fiop cdaaaa naxif^' ig ov(fav6v ansifii wird nuliv ig ovgavov vor-
geschlagen mit dem Bemerken: ^guii ferat xectiif' ig ovffavov pro ig
xov ovQavov, od-iv inXic^v,* eine Conjectur, die schon Nauck in der
ersten Ausgabe empfohlen hatte. Da es, aber v. 583 u. 584. heifst: M.
%al xig ßXinovxa adykdx* i^i Qy ataxai; E. a/^i}^,. o&iv ev ^£0-
novrjx* ix^ig Xixrjj so möchte wol ein Ausdruck, wie ntixBff' ig ov-
(favovy nicht zu den Unmöglichkeiten gehören.
V. 700 u. 701 schreibt G. also: MiviXccB, na(Ml n(foadoxbv (dtf
cod.G. nQoedoxi xi) x^g ^8ov^g, \ ijv (iuv9dva ptlv navtog, ov acupmg
Si na (cod. G. S' iim). Was die erstere Änderung anbetrifft, so ist
die Gonjectur Elmsley's n(fOcdoxiu viel einfacher; die letztere Änderung
aber erscheint überflüssig , da auch die überlieferte Leseart sich ganz
gut rechtfertigen lässL — v. 75i ii^xoig iv , ovvtx o. ^Bog oi% ^ßov -
Xtxo erklärt G. für unecht mit dem Bemerken: ^gui autpiciorutn pa-
trocMum tuscipiebaif de suo HuuUam banc defentionem imporiuno
ioco fmerufi* Allerdings trifft vieles zusammen, um diesen Vers ma
verdächtigen, die Form der Anrede aPxoig av, während doch diese Worte
allgemein gehalten und nicht an Menelaos gerichtet sind , die seltsame
Ergänzung von eiKi'^vtu €eixovg aus dem vorhergehenden, endlich das
folgende x£ S^xa napxivons^a, welches nicht recht zu dem besprochenen
Verse stimmen will , während . durch Streichung dieses Verses ein gaqz
richtiger Zusammenbang hergestellt wird. Unter solchen Verhältnissen
wird man dem Urtheile Gobet's nur beipflichten können,
Zeitschrift f. a. a«t«rr. O^mnai. 1850. XI. H»ft. ^^
830 C9tei m^ae iectiane», ang. t. W. SehemM.
V. 808 Svttpd^* «^' ihcttg 'iXiov t' o4n m^ut sebreibt C
a9«p9^« y' tJnmgy was aueta von Naii(^ in Aer zweiten Aasgab« tot-
geschlagen wird. VieOeiefat al>er Iflsst sieh die fiberlieferte Lesurt
dennoeh festhalten , wenn man den ganxen Zasammenhang in's An^
fasst. Belena rSth dem Gatten ohne Scheu aus dem Lande bu Ißtbe»,
worauf er mit der Frage antwortet: «dich Terlassend? and bab' dock
Troia deinelhalben zerstört? »Helena entgegnet: «Ist es ja doch hesser.
als dass mein Besitz dich morde.* Darauf Menelaos: «Daraus erkeoie
ich, wie dein Rath unmännlich und unwürdig ist des Kampfes Tor IIion.>
— T. 810 ovtm tfi9iJ99 r^mtov ov« igti iNpu^ beanstandet C Bit
Recht die Stellung der Negation; denn mit der BemeilLilng HermaoD'sr
^Faulio in$&leniiu$ ioftnaüi eti, nhi txwpeciaret oStm eid^of
6t(fmt09 fx9i Sfyag* kann man sich nicht zufrieden sieUea, Aber dk
Besserung, welche Cobet TorsehlSgt: oitog wtdijifp «rrl., iKl nül einem
anderen Obelstaade verbunden, indem die nachdrückliebe Stellung tod
evreg, zumal da es durch kein Fragewort hervorgehoben ist, sehr ud-
wabrscheinlich bleibt Wir werden uns also, bis neue Hilfe kommt, mit
der Bemerkung Nauck's: ^oSta nupeetum* begnügen müssen. — j,&i
fff nmg Shf iwaxiCeuiyk^v txittiovxi W9 bezeichnet C mit Recht troti
der Bemerkungen llermann's ad Vig. p. 830, Ändr. 771 die Verbindnng
«r itng h als eine ungriechisehe ; aber seine termutbung cf nmg w
ivaneiwuif^ip tnmvorta vtp ist doch viel gewagter, als die einfacbe
und leichte Besserung KirchhöiTs : tcmg Sv %tX. — v. S65 und W
überliefert die Handschrift in folgender Gestalt: 9etav 81 acfipov ^s^ar
ul^iffog iiv%m9, | wg nvtüfia xa^affov ov^avov ^f£a^a^a. Was Heatb
und Reiske zur Herstellung der Verse vorschlugen , verdient keine Be-
achtung; auch die Gonjectur Hermann's 9siov öl as(i,v69 ^BCfiov «-
J^i^g (ivxav, was bedeuten soll : ^Sui/Ure pnrffa tenctam legem eh-
tervans (¥) omnem aetherä^ ist eine unglückliche und verdiente nicbti
wie Nauck und Klotz gethan haben, in den Text aufgenommen zu wer-
den. Dagegen haben Härtung und Badham richtig erkannt, dass der
Fehler in ^iefiav liegen müsse , und ersterer schlagt deshalb ^tioir 61
ecfftf^off ^Ig nffog al^i^og (tvxow vor, freilich kaum glaublich, da doch
J^ig unmöglich hier am Platze sein kann. Ganz anders gestaltet sieb
die Sache, wenn wir 9. Sl cif^vov Stptg ^^o; ald: ^. schreiben, wo-
durch ein ganz befriedigender Sinn hergestellt wird. Cobet lehnt es ab
auf eine Herstellung des Verses 865 einzugehen ; er bescballigt sich
blofo mit dem folgenden Verse, wo er, ohne sich an die überlieferuog
zu kehren, »s nvtvfia &oX9(f6v ov(fec90v *Z«£(Df»e^a vorschlagt, eioe
vollkommen überflüssige Besserung, da die gewöhnliche Leseart: ms
npi^l^u nu^affov ovQavov Seiaiiiid'a (vgl. Bäumlein, Cntersuehungen
über die griech. Modi S. 273) eine in jeder Hinsicht entsprechende Er-
klärung zulasst. ~ V. 899 noctv tovS' elg itiicg {xoyra ^iXxaxag
ti^ocg schreibt G. tpiXtatot z^^S t sehr wahrscheinlich , da sich dtr
Superlativus nie in einer derartigen Redensart findet.
CBket Mvae ieeiianes, ang. y. iT. Schenkt. 8&1
T. 1022 «ixoi ft\v owß x^9 Hiodov y* ^^io%9tBm\\\ G. also schrei,
ben: aitol (ilv oiv xiv iioäov luctwewt, lliebei ist lu -bemerken^ daas
Ytfr' scboo ISngst von Fix vorgeschlagen und audh von mehrereQ Her-
ausgebern aufgenommeR worden ist, femer, dass schon Hermann in tv(^/tf-
Kita eine Glosse Termuthete UnMfMe sif^ianita pro aUo Mräoicrfp-
tum e$t*), worauf dann Härtung Ifodor ßovlBvttc herstellte. Am ein-
fachsten dürfte es wol sein, um das unpassende yh hin wegzuschaffen,
itpavifioxm statt wgicnBte su schreiben, welches Wort sich oft bei
Euripides flndet. So entgehen wir den willkQrlichen Umänderungen und
Versetzungen, welche Ton verschiedenen Seiten her in Vorschlag gebracht
worden sind. ~^ V, 1034 notviip cv^axtetv iktixavtiv cmtfKfütg bemerkt
C: ^miäi guUiem %QtPi meiiui nidetur.^ Nauck fuhrt diese Gonjectur
unter den kritischen Anmerkungen an, fugt jedoch bei: «omcoii^ijs?*
Wenn nun KOitr^g in Vorschlag gerächt wird, warum sollte notvriv
nicht richtig «ein , da es sich ganz gut auf die beiden «u einem Be-
griffe verbundenen Worte y^nz^^^ emti^lqiq beziehen kann ? Vgl. Lobeok
XU Soph. AI. 8. 72 ff. — v. 1050 foiXu KiyMC^ai fAig 9aimv %iym
^ifBiv. Schon Musgrave erkannte richtig» dass die Worte loy^ &^Hv
ihren Ursprung einem Irrthume des Abschreibers verdanken, der beim
Lesen zu den folgenden Worten (v^ 1062 hoiikog bIim ^19 ^avmp Xiff?
i^avBtv) abirrte, ^fkm kene enim» sagt er, *i modern V0r$u C0nsi$nuu
Uysc^ai et iloy^, (Sßorum atterutium cerie mperfimm ##/.* Dieser
Ansicht sind Nauck und Kirchhoff beigetreten • und ebenso auch Gobeit,
der den Vers also herzustellen versucht: ßovXn Xiycv^m piii ^uvmv
t9^fini9«h wodurch, :wie nicht zu leugnen ist, eip ganz entsprechender
Sien gewonnen wird. Wenn dagegen Cobet v. 1051 (««nog (i^hv iit^K'
tt dl ntQStufn UytMß) sich mi der GoBJectur von Sarnes «;i4y0y' be-
gn>, so ist dies nicht zu billigen , da ja nicht Menelaos, sondern He-
lena dem Könige die Kunde yon dem Tode ihreß (»atteii mijttheilt, wie
dies auch schon durch il^se^«» ipi vorhergehenden Verse angedeutet ist.
Ich mochte deshalb, ehe ich noch zu dem Mittel Nauck's greife, Uyuv
für ein Einschiebsel zu erklären, lieber voc^chlagen: erd^ n$Q9aväi Ko-
yois zu lesen« -— v.iOS3 und 1064 «»g 9p %6d' $IiMfg nl^v St^- bI t^9^
xatpie^ I d'tt^voi, umUvh c\ ovSIp if cw^i^ig tpiifH nimmt Gebet erstlich
an «s AnstoCs, welches er als mt9»tHc.tum' betrachtet und deshalb t 9v
To» tod* ahuig so|ireibeD will; sodann stellt er im folgenden Verses nf-
tofesi (nach L. DindorO> *e ov^ 17 #»« ^. her. Was das etstere Be-
denken anbetrifft, so bat hier m exelamative Bedeutung (vgl. Krüger,
8. 58, 8, -1) ; im folgenden steht ntXaii^ wie ß^ifh »^^^ ^^ Futurion
durch eine lebhafte Vergegenvmtigung der Zukunft (Krüger S. 63, 1, 8),
und die Redensart oMk^ ^e» wird dufoh die von/Pflogk i^e|u)ifte
Stelle Suppl. 696 «^tfij ä' 0M9 yd^«» ^^ofoftfir hiplÜASiieh gerecht-
fertigt — V. 1676 l9t€u * nopovg fig MftovH naiaov^i pov bemerkt
C.: mfredo ßraeßeru reqtärt «avotfe». ^atii me iiii exercuertmti iam
äant mtlU tnhorum ftnem, mm äeöUHt.* Im Gegentheile, Meuelnos
852 Co bei notae lectianei, ang. v. K. SckemML
vi\\\ sagen: «So wird es sein; denn die Gotter werdeo meiae Mohea
enden und mir gunstigen Fahrwind verleihen.*
T. 1105 d S' fjc^ ittt(fütj xSlXa y* i^dürtfi ^cmr beanstandete
die Femininform ptstifüt und will dafür f/kivQiog hersiellen. Wie wenig
aber seine Behauptung begründet ist, dass Euripides gM^dTgiog als Adjee-
tivum zweier Endungen tu gebrauchen pflege, zeigen folgende SteO«:
pLiTQiag 980V Iph. Aul. 543, efrj di f*oi (tn^ia fklv zagtg ibid. W,
fkrtgias uviyLmv avffag Med. 839 (Y), {HtQ^ag 9pMu£ Bipp. US, lutgk
fiiotd Fragm. 885 (Nauck). — t. 1168 Ssonlvp^Bvog ^tttg idB ««o«-
ivvinei, natiQ bemerkt C: ^ei ob aiiai cauMOi ei ob jPTMrtttai
i^aipa getminam iecikmem arbUror fliisse ^Qoctit^inmy mm wfo^ttnrf-
TtBi*. Diese nolhwendige Besserung ist schon langst von Hermaan yor-
geschlagen worden.
y. 1236 ^B^ifiiii 9it%og x6 cov, hm 9* vjrdsrra^ov nimml Cobet
Anstofs an der Kürze des • in truii , die im Trimeter der Tragiker und
Komiker niemals vorkomme, weshalb er iisdiina herstellen will. Aber
wir lesen doch Aeseh. Sept. 474 Twpäv\ tivxa nmQig^oov 9ul cto^.
Eur. Heo. 338 tp^o^yoLg titca fii} cte(ffi^pai ßiov und fpb.'Talir. S98
naiei atSfiifip Xayovag iig nleoQag lüg (welcher Vers freilich in maneber
Hinsicht bedenklich bleibt, Badham schreibt: i% KlBv^äg ov^slg), Da
nun bei den Tragikern sich bei so manchen WOrtem Schwankungen hi
der Quantität finden, so möchte wol auch der Wechsel von Lange onl
Kurze des i in Ti^fü wenigstens nicht zu den Onmtfglichkeiten geboren. -
V. 1217 vmvxai c<p *avetlov ivxvxopxeg^ wg XiyBi verlangt C. das Me-
dium ivtiiovt. Allerdings findet sich sonst bei den Attik^rn in derki
Stellen das Medium ; aber es bleibt doch nach dem zu v. 590 Bemerkten
sehr bedenklich alles in eine bestimmte Form pressen zu wollen.
V. 1560 0 d"Elhrjg noeig | i%dXiCiv' m nigaavreg *IUov soIjv
schreibt G. ixiXevffsv, sehr wahrscheinlich, da naliio niemals in der Be-
deutung «ausrufen* vorkommt. — v. 1581 o 9' ilqf'' Slig fioi . 9eitä
S' iimv iiqfog bemerkt C: «^'llov leviier esi depravaium ex 9' iimw,
ul rede iegitur v. 1606 M^vil^ng 9' ixmv onXa,* Doch wenn man
V. 1563 in's Auge fasst, wo Duport und Musgrave richtig ^tpaayttrow
9* afioc nQoxBigov co^c»* geschrieben haben, so werden wir an der über-
lieferten Leseart keinen Anstofs nehmen, indem Menelaos seinen Genossen
befiehlt den Stier zu packen und auf das Verdeck zu werfen, ruckt er
das Schwert an dem Wehrgehenke, um es zur Opferung bereit zu halten ;
dann als das Schiff sich schon eine ziemliche Strecke vom Lande ent-
fernt, fasst er das Schwert mit der Rechten und schreitet zur Opferung. ~
V. 1664 nlii^v ivw ntau cm schreibt G. nlsi {• %. c, eine nolh-
wendige, auch von Nauck und Kirchhoff gebilligte Besserung.
Nachdem min Gebet diese Reihe von Gonjecturen mitgetbeilt hat,
fShrt er (S. 205) also fort: ^Praeter ea magnue ineti locorum mtmems
n icribti et correctoribui tarn male corruptorum , ni omnts propemo-
dum tpes emendanäi abiicienda videatur, — Tarquent (amen seee in-
Cobei nav&e Jectionei^ ang. v. AT. Schenkt. 853
(erpreUi in iaiibu» ei obiunäuni tibi iudieium aui eomminitamiur:
aiiquod, intq iff^rjtov SfLHvov. Quit, ui hoe uiar^ unguam sibi saiis-
tticiei in v. 432 sqq. iXnlg 8* i% yn (Musgrave st. des überlieferten Ik xb,
Nauck iaxi) Xaßiiv ti vccvtaig, ix 9h ^^ 'livtav ßlop, oi9* tt ^iXoiBV^
(otpiXtiv ixoup Sp. Quae scabriiies oraiianie eti in verbit i* dl ^17
'^«^vay u. s. w. Dici ei inieiiegi potesi ot &h fiij *%ovxBq ßiov\ sed
iktec ipta senieniia quam flUiUi ei ineuiea eti.* Ref. war ebenfalls
selbständig auf dieselbe Vermuthung gekommen, dass das i^ 9h fiij 'top-
x(09 ßiov seinen Ursprung dem vorausgehenden i% 7s nXovefav Sonav
verdanke und dafQr ot dh f*ij "xopxbq ßiov hergestellt werden mpsse.
Freilich bleibt auch dann der Ausdruck matt und schleppend, aber dieser
Tadel trifft ja nicht etwa eine oder die andere Stelle , sondern fast das
ganze Drama, welches überhanpt weit unter der Mittelmäfsigkeit bleibt
Hingegen kann. ich durchaus nicht Badham und Gobet beistimmen, welche
den Gedankeninhalt dieser Verse als vollkommen abgeschmackt und un-
passend bezeichnen*. Menelaos sagt mit bitterer Ironie: «Nunwol! Wenn
denn gebettelt sein muss, will ich an das Thor eines Reichen pochen,
sollte, man mir auch nicht freundlich. begegnen; denn: was hilft mir die
Gutherzigkeit der Armen, die keine Unterstützung gewahren können?* —
C. fahrt fort: nPöii pauca anciUa. veiuia Meneiaum minie absierrei a
feribue haee fere dieHiane sermöne popuiari: xiq iexi «90 t^s ^gag;
OV71 axH; nii ngayf/^axa nuQt%i x^ dsanoxji ngog xifp ntvXiiov ^qup
fucQSCxng iisinoXii "EXXfiv äv^ otg ov% icx^v imfLiiia.* Nun ver-
gleiche man die Verse 437 — 440 bei Enripides mit der . prosaischen
Fassung des Gedankens, welche C. hier gegeben hat^ und sage dann, ob
sich nicht eine bedeutende Verschiedenheit der beiderseitigen Ausdrücke
herausstellt.. Wenn übrigens Euripidos die Rede der Greisin der gewöhn-
licheft Sprache des Volkes annäherte, so wird er wol deshalb ebenso
wenig Tadel verdienen, als wenn Aeschylos oder Sophokles ihre Wächter
im Volkstone sprechen lassen. ^CUif so iheiUi es weiter, Meneiemei «<»
YQtita, xavxa napx' (Stephanus st. xavx*) inti »oZafs Ziyng..* Saiin
sanus pideaiur, qui iOis Maec reepondeai? Eiiam abmr^iora adäiii
fieexi, »e/ffoftcei yaQ. iXX' Spig loyoy.* Dass die beiden Verse stark
verderbt sind, haben schon Badham, iUrchboff und. Nauck. bemerkt; aber
ihre Vermuthungen sind theils sehr willkürlich, theils sind sie vom Stand-
puncte des Sinnes aus nicht lu rechtfertigen. Auch ich vermag hier
nichts zu bieten, was auf einige Sicherheit Anspruch macht, will aber
doch wenigstens einen Versuch zur Herstellung der Verse machen. Dass
xavx' nach xavxa eine Dittographie ist , wodurch das echte Wort ver-
drängt wurde, unterliegt, wöl keinem Zweifel. Wol eben so sicher ist
es, dass iitaxi im folgenden Verse nicht absolut stehen kann, sondern
Xiytigt wie auch Badham. und Kirchboff erkannt haben, in Xiytip ge-
ändert werden muss. Könnte man nun nicht schreiben: 00 yqa(a, xavxa
coi y' inti naXmg Xiytiv iiiüxij wo dann naXäg ironisch aufgefasst wer-
den. müs3te, wie denn überhaupt Menelaos in dieser ganzen Scene mit
8U Co'bei nopoe ieetiones, ang. v« M, BckemkL
bitterer Ironie gpricht. Im folgenden Verse kann S^h tif^ nnr, «w
Mnsgrave wollte, durch: ^permUti $ermtmem, $enmnU9 faeuUmi^mi^
eri^Srt werden; wSre dies nicht möglich , dann bliebe ntchu andera
übrig als iXlk 9o^ iloyo^ heruistellen. — Gobet beoi^tl weiterbii:
«Poü pauea Herum MeneUiUB wtpet ▼. 449, cui mm^t mm^m^ äp d-
liai y' ttyyaAf^ tois eo^ Xoyovg, In quo teriU H quid ew^emOmi 99-
ieti %i%^o^ erU praöaudum. 8sä quid qmte$q $ie pr^ßetmu»? neque
iyytUtv iv uUo modo iomm eoio poteH neque y mopiiooimo Mir-
poottum* Die Conjectar %iu(fo4s ist schon Ton Hirsohig Torgeachlagea
und von Badbam mitgetheilt worden. Was ap mit dem InfinlliT des Fa-
tnmm anbetrifft, so kann man wol nach dem, was B&ainleiii 8. 35i dsr-
über bemerkt hat, die Gonstraotion nicht unbedingt Terwerfen; bat ja
doch Thiikydides dieselbe an vier Stellen t, 80, 8. 5, 82; 5. e, M, f.
8, t5, 6, und swar immer so, wie dies auch hier der Fall ist, dasa nch
tfy unmittelbar an ein vorhergehendes Adveitinm ansclüleftt. Bndlidi
oiputi ye findet sich gana in Ähnlicher Weise Plat Rep. M7, 4. Nadi-
dem nun Gobet über die ^infeiUes HUerpreiationei ei iepieeimme couieo-
turae edtionm^ sich des Weiteren ausgelassen, führt er noch einige
Verse an, die so verderbt überliefert sein sollen, dass eine Herslellang
ganz und gar unmöglich sei^r Zuerst t. )I90 s^s Iv^oX' iX»6w%9^ S fs-
vi^u pküPoi^ Sv ^y, wo nicht blolis ein bestimmtes metrisehea Gesdi
verletzt werde, nämlich, dass bei einem Daktylus im dritten Fulae eioei
Trimeter die erste Silbe in der G&snr stehen müsse , sondern «neb «r
gegen allen Sprachgebrauch gesetzt sei. Das erstero hat scbon Porsoi
bemerkt und deshalb: il^owO'' S tpctviq' St novoi^ aw ^p geschrie-
ben; was das letztere anbetrifily so wird man nicht umhin können der
Bemerkung Cobets sich anzusobliersen. Es genügt auf Kruger 64, M, •
zu verweisen, um die Unmöglichkeit einer Setzung von &p m einem
solchen Falle darzuthun. Da nun Gobet, wie wir von Badfaam erfahRB;
früher il^ov^' agiKpaw^ f»ovoi( Sv fjv vorgewblagen hatte, wamai
sollte man nicht durch die Änderung ykovoMiv ^#*) den Yers TollkoB-
men herstellen können? *- v. 9 B9o%Xvii9vov SqcBP on &^ ^aov^ d-
ßnr bezeichnet Gobet mit Recht als ^plane afutgog* Er bemerkt aber
nicht, dass sich noch aufserdem viele ÜbelsUnde in diesem Verse ver-
einigen. Hat ja doch schon Hermann nachgewiesen, dass Zxt. ^ durch-
aus nicht erklärbar sei : «A%Ma F/luffkU iuierpretaiiOi oitm %ctXav(i§paw
oxi ^if, indicat magis guUi fl§erU dUendum^ quam Uöeroi repteäeu-
sione tum Ua iogmstum* Dazu kommt, dass die Erklärung von SBonlv-
lievog durch Sri d-Bfrvg aißmp ßlov dn^vey%99 über alle Malsen albern
ist. Endlich mag wol eine Erklärung bei dem Namen Theonoe am
Platze sein, da die Trägerin desselben früher Eido hiefs und diesen
Namen erst ihrer Sehergabc wegen erhielt, nicht aber bei Theokl3rmeno8,
da dieser den Namen bei der Geburt erhalten hatte. Unter solchen Ver-
*) Schon Härtung hatte: a tpupiq' Sv (lovoieiP i}f vorgeschlagen.
C^tei nrnnie iedUmet, ang« v. JT. ScketM ^iS
haltnissen muss man, wie schon Nauok uiid Kirchboff erkannt haben,
ia den Worten: «oti ^^ ^covs oifmv ßiow d»i|irfy»'* d|M Machwerk
eines Interpolators erkennen , der dea liamen Theokljrm.enos auf gleiche
Weise, wie dea folgenden Theoooe, erklaren woHta. — Weiterhin he»
ceichnet €obet noch vier Verse unserer Tragcedie aU YoUkonunen un-
heilbar, V. 125, ^1, Soft, 560. Ia dei» «rsten derselben: alai'ntenov
x6d* ilnmg olg mt^mv Uysig wollte nun- ofg wmiov lijng mit: «gultaf
M maä$m epeniue dicis* ubersetseo , welcher Gedanke jedeqfalls hier
erfordert wird, aber unmöglich in den Worten liegen kann. Dieser Sinn
wird nun hergestellt, wenn, man mit Nauck «oxov to» Ijysw als aus
di;m früheren wenniv entstandea ansieht und dafür 9VfkßStff schreibt —
V. 280 und 281 lauten: li^Titrj(f d' oXaXt ««I ^f999vg avtilg iym \ iO'
mf»g fkivj alla %a9wop zovt ict* ifUv. Im ersteren Verse ist jeden-
falls statt iym, wie dies audi schon Badham wollte nXnm lu schreiben;
der folgende Veia lasst sich viellsicht erklareUt wenn map hier ein Wort-
spiel annimmt, das sich ähnlich im deutschen wiedergeben liefset «mit
Unrecht wol; doch dieses Unrecht haftet an mir.* — t. 30ft e^w^o«
d* i Tuu^ig off v' iwmXiiiai §199 haben Badham und KeU mcht^ ciu%^og
und »9««* hergestellt. — v. 560 i ^9l ' ^«6f fUQ. wcl th y^yM»«»»»
ffiiXovg bleibt doch Q^g höchst, bedenklich und wird keineswegs, wie
rflugk will, durch Aesch. Cho. 57 geschützt» in welcher SIelle «o mw-
Z^Cv (19 wtvxfa) als Gottheit personificiect wird^ Vielleicht könnte Inan
statt ^80(: ^Mv herstellen, wo dann der Genetiv so aufsufasseu wäre,
wie Gycl. 285 ^*ov to n^äyiuL' f^dh* tdtm ß^(9Ühn — Endlich be-
spricht C noch eine Stelle v. 467 nop ^* ip sAri imefoir in^g
^ *v dofiots; welche er schon früher (9» 86) gelegenbeitlich behandelt
hatte. Er nimmt Anstofa aa «00 d^* Sv sAj ; welche» nur von Jemen*
den gesagt werden könne, der einen Anderen schon lange gesucht habe,
und will noch Arist. Thesip- SSL («mos M Hi^i^^wg IWdov ht* ^
'iointog) den Vers so umgeslallen: ovtog äi sroie^or ipdop Iff' i| '{«-
mag. Die Worte mw d^* Sw ^in sollen wol das Drangende der Frage
bezeichnen; so fragt Aigistbos in Soph. EL 1450 9qv ^* av ahw o£
tip9t. Was ferner die Parodie dea AristAphanes anbelangt, so ist die-
selbe durchaus frei gehalten; die \et9e 871^879, 874^ 877, 885, 889
sind gar nicht ans unserem Drama genommen» sondern nach der Manier
der Tragiker von Aristophanes gedichtet. Warum sollen wir als« nicht
annehmen, daas Aristophanes v. 881 statt der Worte i%tog ijf *« do^«ff,
um das von Euripide« neu gebildete und öfters gebrauchte Wort (Med.
624, Ale. 546> Suppl. 1098) lacherUoh zu machen^ Mop ktt ij 'ieimog
setzte ? Ebenso scheint er y. 878 das Euripideische oi* niMXmat i^a
(461) in of nBnXmta^up geändert zu haben« um, wie Buttmann Gr. Gr.
II, S. 220 bemerkt, dea Gebrauch der ionischen Form xu verspotten,
welche sich v. 532 (iro9^otP0 d* aXac^ai fkv^iavg nanlmnota) findet.
Wir eraehen aus dieser Darstellung,, welche hoffentlich auch fiir
tite Kritik der Tiagmdle nicht ohne Früchte geblieben iat, dasa das oben
8M Co bei novae iecHanes, ang* v. it. ScMemäi.
ausgesprochene Urtheil voilkommen begründet ist Neben wirklich trcS-
lieben und scharfsinnigen Conjecturen begegnen uns nicht wenige, die
theils überflüssig, theils ganz und gar yerfehlt sind; der Earipideisehe
Sprachgebrauch ist nicht immer gehörig berücksichtigt; manche Besse-
rungen, die nicht' ohne Ostentation mitgetheilt werden, sind schon lingil
von Anderen in Vorschlag gebracht worden; endlich haben gar mancke
Stellen, wo Gebet seine Kräfte versucht, schon durch andere Kritiker ihre
ehdgiltige Herstellung gefunden. Auch darf hier wol nicht unerwäbit
bleiben, dass keine einzige der hier besprochenen Stellen den cboriscfafB
Partien der Tragcedie entnommen ist, welche doch unstreitig am meiitn
der kritischen Hilfe bedürfen, und daher eine für einen grofsen Kritiker
nicht unwürdige Aufgabe bilden.
Nach diesen Bemerkungen gehen wir nun zu dem zweiten Theile
unserer Recension, nämlich zur Besprechung der Conjecturen über, wekVie
Gebet für das erste Buch der Anabasis in Vorschlag gebracht hat. Der
Text der Anabasis beruht bekanntlich auf den zwei Pariser Handschriften
ß und r, von denen der Godex C als die Hauptquelle zn betrachten iit,
dann auf dem Vaticanus i, wozu noch für das erste Buch der Ozoniensif
D kommt Keine dieser Handschriften geht Gber das 14. Jahrhundert
zurück ; alle sind, wie Dindorf in der Vorrede zu der Ozforder Ausgabe
(1855), S. 8 ff. nachgewiesen hat, durch Fehler und Gorrecturen der
Abschreiber vielfach entstellt. Wenn nun gleich sich daraus ergibt, da»
man hier der Oberlieferung nicht den Glauben beimessen könne, wie bei
anderen Schriftstellern, welche sich auf ältere und bessere Handschrifteo
stutzen, so wird man sich doch anderseits hüten müssen , die Autorität
der Handschriften wieder zu gering anzuschlagen; man wird vielmehr
bei der Kritik dieser Schrift mit grofser Vorsicht vorgeben , und iosbe-
sonders den Sprachgebrauch einer sorgfaltigen Er^'ägung unterziehfo
müssen. Die nachfolgende Erörterung wird zeigen, dass es durchaus
nicht überflüssig war, diese Bemerkungen vorauszuschicken. Gleich in
den ersten Zeilen des Buches (I, 1, 1) will Gobet (S. 685) ißovlexo oi
T» naide ifKpotiqa na^stvai herstellen, indem er sich auf die Bemer-
kung Bornemann's bezieht, dass dieses Pronomen öfters von den Ab-
schreibern ausgelassen werde, z. B. 1, 2, 8, Hl, 1, 5, Vll, 1, 38. Er
hätte sich noch eher auf Aristeides vol. 11, p. 506, 503 berufen können,
wo in der Anführung dieser Stelle ißovXtxo ot oder iß. avxip erscheint,
wenn überhaupt auf solche Gitationen ein Gewicht zu legen wäre. Warum
sollte aber nagiipai nicht absolut sieben können, da doch seine Ergän-
zung sich ganz klar aus dem Zusammenhange ergibt? Die angeführten
Stellen beweisen nichts; I, 2, 8 fehlt of, das hier nothwendig erfordert
wird, blofs im Par. B; MI, 1, 5 sind die Worte ftif xi n(f6g r^g noltns
inaixtov eCrj KvQOi (pCXov ysviüd'on nicht blofs mit Beziehung auf Xeno-
phon, sondern allgemeiner zu fassen, und somit die Leseart der schlech-
teren Handschriften nolttog oi, wo ol überdies statt avtm stehen müsste,
keineswegs beacbtungswertb; endlich Vll, 1, 38 haben die besten Hand-
C0bei nopoi ieeiianes. hn§. y. it. Sckenhl. 857
fichriften MXtvs i'tanQuiai nnd nur die schlechteren i%iXBviv ot dia-
itqalaiy was durchaus nicht nothwendig erscheint — I9 1, 2 (S. 399)
erklart C. nach dem Vorgange von Bisschop (Adnot crit. in Xen. An.
Leyden 1851, S. 1) die Worte: xal axQatfiyov dl aixow iitüetii ndv-
xmv oaoi ttg Kaütalov jcBdiov id^Qoiiovtai für ein blofses Glossem»
das aus I, 9» 7 und Hell. I, 4, 3 entstanden sei. Und mit diesem Ur-
theile stimmt auch Dindorf in der Vorrede zur vierten Auflage der Teub-
ner'schen Ausgabe (1857), S. VIII ubercin. Allerdings finden wir auch
I. 9, 7, wo derselbe Gegenstand berührt wird, dieselben Worte gebraucht,
wie an unserer Stelle ; doch beweist dieses noch nichts gegen ihre Echt-
heit, da Xenophon bei wiederholter Besprechung derselben Sache öfters
die gleichen Ausdrucke gebraucht. Auch vermag ich nicht einzusehen,
warum diese Bemerkung an unserer Stelle überflussig und unzeitig er-
seheinen soll. Xenophon will eben hier hervorheben, dass Kyros nicht
Mofs zum Satrapen einer Provinz, sondern auch zum Commandanten
(xagavog) des ganzen königlichen Heeres, welches in den Landschaften
an der Seeküste stationiert war. ernannt worden war. Und das war ein
umstand, der bei den Streitigkeiten des Kyros mit Tissaphernes und
seinen Rüstungen zum Zuge gegen den König gewiss von grofser Wich-
tigkeit war. — I, 1. 6 (S. 416) und I, 4, 4 (S. 517) will C. statt des
überlieferten afp({tp)B<nfi*eaav : itp{itp)iatecü(iv herstellen , indem er
die Form ^cracav als die eigentlich attische betrachtet, iii IdTifxftfa«
«iber eine von den späten Griechen eingeführte Form erblickt. Da aber
iaTii*iaav (oder ttati^niifav) sich bei den attischen Prosaikern eben so
häufig, wie die kürzere und altere Form ftfTa<ra«r, und zwar in den
besteh Handschriften findet (vgl. Buttmann ausf. Gramm. II, S. 208) , so
raüsste doch der Beweis dafür, dass diese Form unattisch ist, nicht
durch eine blofse Behauptung, sondern durch eine genaue und sorgfäl-
tige Nachweisung geführt werden. — ), 1, 7 (S. 399) will C. nach dem
Vorgange von Wolf (Demosth. in Lept. p. 323) die Worte inoet^vat,
nffog KvQOv auswerfen und zugleich nach 9(focctü(^6(i9vog : tivdg ein-
setzen. Was den epexegetischen Infinitiv inoof^vai anbelangt, so ist
vT freilich dem Sinne nach überflussig; aber solche Häufungen und Wie-
derholungen sind der Sprache Xenophon's keineswegs fremd. Die Ein-
schiebung von tivag aber würde meiner Meinung nach einen anderen
und nicht so passenden Sinn hervorbringen. Denn so wie die Worte
jetzt stehen, müssen wir übersetzen: «dass man in Miletos mit dem-
selben Plane umgieng,* während durch ttvag eine Partei einer anderen
gegenüber gestellt würde. — 1, 1, 8 (S. 400) schreibt C. statt äv Ticcet'
(pigvrjg hvy%avt9 i%iov : mv Tieccttpigvovg it. I^nv, indem er bemerkt:
ar (diente eniin nss. Was urbet, quae ab eo ad Cyruin defecerani^
habere dicUur* Die Conjectur Tiaoatpigvovg ist schon längst von
Krüger vorgeschlagen worden; wiewol dieser zugibt» dass man auch die
überlieferte Leseart halten könne, wenn man das Imperfectum auf den
dauernden Zustand in der früheren Zeit bezieht, in welchem Falle wir
838 Cobei noNie iecikmei, ang. ▼. i; SckenkL
im Deutschen das Plusquamperfectum gebrauchen. Eben so steht du
Imperf. 1« 2, 22$ 10, 1; 10, 10 und an mehreren andereo Stellen, die
Kühner in der gröfseren Ausgabe S. & zusammengestellt hat. — I, i, 9
(S. 40 ff.) streicht G. nach dem Vorgange Hirschig's oluLovat nach *JSUi9#-
9109X09. Allerdings kann man eben so gut totg Bg^t^ tro^ vslf
*EXliicM09tov wie toig B. t. i, *£. oUowft^ sagen ; dasa aber deshalb
oUovai, ein Glossem sein muss, das Termag ich nicht einzunehen. Warna
findet sich dieses Glossem nicht auch II, 6, 2 und ¥11, ft, 1, wo die
Abschreiber es doch eben so gut einfügen konnten ? Übrigens lesen wir,
wie auch Dindorf (p. XVI) bemerkt, Hell IV, 8, 2^ tag vmq tj BQtnjf
oUovaag «dXstg, wo auch olnovaat zu entbehren w&re.
I, 2, 9 (S. 407) beseitigt G. das Wort fpvyag noch i Aionudagi^iog
als eine alberne Wiederholung aus I, 1, 9; Dindorf (p. XV) slimmt
diesem Vorschlage bei und will auch o AanBdaifi^viog ausscheiÄea.
Auch Ref. kann nicht umhin in diesen Worten eine blofige Bandbemer-
kung zu erkennen und sich für die Entfernung derselben zu erUireB. —
1, 2^ 22, (S. 511) geben die besten Handschriften: dipdgmm ««fvo-
äoMav üviLxXBmnf welches Wort sich nach den Bemerkungen Din-
dorf's im Thes. Steph. noch bei Hippokrates p. 296 , 35 und bei Theo-
phylact Simoc. Epist. 8^ findet Gobet verwirft das Wort irofislMfi
überhaupt als ungriecbisch ; nie habe man je im Griechischen cvf^uMtmu
gesagt, bei der Gleichheit der Zeichen von h und 099 sei eins Ver-
wechselung leicht möglich gewesen und somit müsse nicht nur bd Xeno-
phon, sondern auch an den beiden anderen oben erwähnten Stelleii
^fjLfüii€9g hergestellt werden. Ref. vermag nicht einzusehen, warum evfi-
nU<og ein ungriechisches Wort sein soll, da doch das ganz auf gleiche
Weise gebildete aviinliiQ^g mit der Bedeutung «ganz voll, gans ange-
fulll* bei (PI.it.) Epinom. p. 958, a und Theoph« Hist. Plant IV^ 11, 10
vorkommt. — 1, 2, 26 (S. 408) streicht G. die Worte toig ToQcovg
nach Tif y te noXiv, indem er bemerkt : ^^rguit ftauäem Hiam arUeuiUi
male addilus,^ An dem Artikel möchte ich wol keinen Anstofa nehmea,
man vgl. Krüger §. 50, 7, 3; aber die Wiederholung des Namens bleibt
liier so auffällig, dass man in tovg Taifcovg wol mit Becht eise Glosse
vermuthen kann. — I, 2, 27 (S. 408) beanstandet 0. die Leseart der
besten Handschriften xal triv ji^opai/ (i,ri%hi oupa(fnti^a99u ^ und zwar
mit Recht, da aq)«Q7cdi<o sonst nur in der Bedeutung : «herabreilsen* er-
scheint. Er schlägt dafür ducgnatsa^ai. vor, was ebenso 1» 2^ 19 ge-
braucht wird ; vielleicht dürfte das eiofacbe a^srafeff^ca vorxuziehen
sein, welches in der Anführung dieser Stelle bei Demetrius de t^öc 139
erscheint und aus dem durch eine Dittographie leicht afpaQne^mf^ai
entstehen konnte.
I, 3, 7 (S. 406) wird statt nogsvsad'ai : no(fSV6Büd'ai geschrieben,
lilbenso will G. I, 3, 19 ; 1 , 7, 5 (S. 405) den Inf. Fut ißovlevci^^uiy
fiS(Lviia€c&ai) statt des Inf Präs. oder Perf. herstellen. Ref. verweist
oiüfach auf die Anmerkung kübner's zu 11, 3, 27, in welcher eine ganze
C9bet no9Me iectiimet, ang. v. JT. SekmIU. 8J9
Reihe von Beispielen für diesen Gebrauch baigebracht wird, und darunter
auch solche, wo man nicht durch so leichte Änderung, wie au den bei*
den hier erwähnten Stellen, das Futurum herstellen könnte« -^ Ebenda-
selbst ändert G. fS. 408) das überlieferte ira^a KUuqx/^ in %a^ KXiaf^
%ov Jn ClewcM ca$ira tratuieruni.^ Warum soll aber die öberiieferle
Leseart nicht beibehalten werden, da sie doch einen ganz entsprechenden
Sinn gibt? Die Soldaten des Xenias und Paaion. lagerten sich bei dem
Ileerestheile des Klearchos und gaben eben dadurch su erkennen, dass
sie unter dessen Oberbefehl stehen, wollten. — I, S» 14 (S« 408)
vcrtheidigt G. die Leseart der schlechteren Handschriften ^QManotsg
gegen die der besseren ivti^nctnotBg , mit dem. Bemerken , dass a^a^
naißiv nur bedeuten könne: ^repenUm ac eeleri impetu op§nrimere* ^
und somit für diese Stelle nicht passe. Die Bemerkung ist richtig
und es mag hier wol ein ähnlicher Irrthum, wie I, 9, %7 obge-
waltet haben. — 1, 3, 1& (S. 408) streicht G. nach dem Vorgange
AOn Bisschop (S. 6) die Worte t ftdUcta iv^^toxmv^ wobei er xur
Begründung hhizuligt, da« «a Ausdruck wiet ot» %uk i^xio^ai
inicttmcci äs tbg wd alXog iiaXuna aw^^^mmmv «inem Ifamie, wie
klearchos , der schon so viele Jahre an der Spitze von Truppen geatoi-
den, nicht wol anstehe, und dann fuiXiata ivd'Qtinmp sich recht gut
mit «r Tig Kffl Sllog^ aber nicht mit »g ug %aX SXkag verbinden lasse.
Was den ersteren Grund aabetrifit, so bemerkt C Matthia in seiner Aus*
gäbe der Anabasi» i% Aufl. 1850) ganz trefifend: «mit stark aufgetra-
genen Farben, weil dem Kl. Alles daran liegt, dass Niemand an seinem
Gehorsam zweifle;* in Beziehung auf den letzteren genagt es auf die
von Hertlein angeführte Stelle Gyrop. 111, 2, 26: iyn dmcm Seor tig
xorl SiXog nXsictop di^ora idmu zu verweisen, welche 8telle auch
Dindorf (p. X) angezogen bat — h Zy 18 (S. 40^ will G. , wie dies
schon Bisschop (S. 6) vorgeschlagen hatte, (pXvaf^üig in tpXvuQÜiv andern,
mit dem Bemerken : mJ^s ntMus preiii appeUmUur tpXvaifiai luA Xtiffoi,
oralio vana ei nug^toria Xi^qog ata q^Xva^ia dieUwr.* Aber dieser
Unterscheidung widerspricht die bereits von Kruger angefahrte Stelle
Demosth. 20, 101: s/ 9\ tavxu Xoyovg ical tpitvaQÜxg eluoi^ q>iicit^ —
L 3, 20 (S. 408} schreibt G. sUtt «an fUr f ^«^i ^^^ keinen richtigen
Gegensatz zu dem folgenden ^«^ Sh ^vyf bilde, «icar ithw {tipfi inai,^
Ref. vermag nicht einzusehen, warum die beiden Gedanken: «wenn er
wirklich dort stehe* (mit Beziehung auf das vorausgehende: btl t^
Evipifdtfj notafi^ alpat) und: «^enn er aber auf der Flucht sei* niohi
in einem richtigen Gegensätze zu einander stehen sollen.
1, 4, 2 (S. 408) verdächtigt G. die Worte : ot» (die besten Hand->
schriflen haben Sfs) Ticeecipiqvn 9/I12 fjvj tmL avvBnoXinst Kiqqt xQog
aixir. ^Dieendi ff€mt$, so beifst es dort, frawdem reUgii in ^üaq ^w
ei i Tctp^mg 9vv§woXi(ik8i Kiqt^; pueUa öene dicitnr tpiXfi sTr«», ei
regee aui cMtaiee arma eoHioeianiee cvitxoXef^Biw rede dicuniyr*
(vgL Dindorf p. X). Allerdings ist tpikn hier befremdlich, da man kein
060 C9h€i nopoe ieeiionei, ang. t. Jt, ScAemJkü
anderes Beispiel eines solchen Gebrauches nachweisen kann; ehe ■»
aber daran denkt, deshalb die ganze Stelle als unecht aussaseheidei,
dürfte es doch geratbener sein anzunehmen, dass hier eine Verderboig
der ursprünglichen Leseart stattgefunden hat. Nun finden wir in des
Handschriften öfters fpilog und tpiXiog verwechselt, s. B. Cyrop. V, 8,
19, wo nur der cod. Ouelf. uns in seiner Leseart fpltm^ eine Spur dei
ursprünglichen fpOiiop erhalten hat; dagegen hat dieselbe Handschrift
%. 23 ip^09, w&hrend die anderen Codices das richtige fptliaw darbietes.
Ich vermuthe daher, dass fpiXri ähnlich aus tpiXla entstanden sei, wel-
ches dem Sinne unserer Stelle vollkommen entsprechen durfte. Was aber
owBKöXiyLH anbetriflft, so kann ich es durchaus nicht anstößig fiadeii.
Tamos war früher Dnterstatthalter des Tissaphernes (Thnc VJfJ, Jl, 87)
und daher eigentlich dem Kyros nicht untergeordnet Wenn er nun von
Tissaphernes abfiel und mit einigen Schiffen auf die Seite des IL^ro«
trat, so konnte doch wol Xenophon mit Recht von ihm sagen: «cd «vr-
iiioXiltn KvQfp sr^oc avxov, — I, 4, 3 (S. 409) streicht G. die beiden
Wörter: ^Z^w und %ai, so dass der Sats folgende Gestalt erhalt: aso-
ctdvxig naffu Kvqov avvBCVifatBvo9xo. Mir will die Verbindung: h-
Tttv^a .... inoatavxBg .... üvPBaz(fat8vovto durchaus nicht als entspre-
chend erscheinen ; man vergleiche nur 2, 9 u. 12, 4, 2 und man dürfte
wol kaum umhin können die überlieferte Leseart gegen den Vorschlag
Cobet's in Schutz nehmen. Es sind ja doch hier zwei Momente n
unterscheiden, nämlich, dass diese Söldner zu Kyros übergiengen und da«
sie sich entschlossen auch den Zug mitzumachen. Dagegen unterliegt
e8 keinem Zweifel, dass die Leseart schlechterer Handschriften IdßQonofutj
welche schon Krüger in den Text aufgenommen hatte, vor der der bes-
seren Codices 'Aßf^oxon^ unbedingt den Vorzug verdient. — I, 4, 7
(8.409) verwirft C. cxQaxriyog nach 'Jgxdg als eine Glosse, die von
lUnde in den Text eingedrungen sei. Ref. stimmt hier vollkommen bei,
da die Bemerkung Dindorfs (p. H), dass eine solche Bezeichnung doch
bei den beiden Namen, Xenias und Pasion, hStte beigefugt werden
müssen, schwerlich zu widerlegen sein dürfte. — I, 4, 8 (S. 409) be-
spricht G. die Imperativformen auf — itmcuv und — ic^mecLv , über
die er schon früher S. 327 ff. gehandelt hatte. Er stimmt hiebei gaiis
dem von Elmsley im Mus. Grit. Jahrg. 1816 ausgesprochenem Drtbeile
bei, wornach diese Formen erst dem Makedonischen Zeitalter angehören
und daher in allen Schriflstellem vor dieser Zeit ohne Weiteres zu be-
seitigen sind. Allerdings sind die Formen auf — izmcav oder ic^meav
viel jünger, als die auf -- ovzav und — iod-avi es sind periphrastiscbe
Formen, die mittelst eines Hilfsverbum aus der dritten Person des Sin-
gulars (.^<D, -ic^m) gebildet sind (vgl. Gurlius^ die Bildung der Tem-
pora und Modi, S. 273 ff.)* Bei Homer finden sie sich noch gar nicht,
im dorischen Dialekte verhältnismäfsig spät (Ahrens S. 296). Aus den
Sammlungen, welche Matthiä in seiner Grammatik, I, S. 442 und 463,
angelegt hat, erhellt, dass diese Formen wol bei den besten attischen
CBbet nppae ie€iione$, ang. v. A, SckenkL 861
Prosaikern, aber im Ganzen doch \iel seltener als die alteren erscheinen.
Wenn nun diese Formen wirklich blofs von Abschreibern eingeführt sein
sollten, so mussien sie doch in einer weit grttfseren Zahl erscheinen und
die älteren Formen müssten sich nur zufallig in einzelnen Beispielen er-
halten haben. Denn warum hätten die Abschreiber blofs eine oder die
andere Form umgeändert und die anderen ruhig an ihrer Stelle gelassen ?
Wie kommt es ferner, dass die Handschriften an fast allen diesen Steilen
übereinstimmend die jüngere Form darbieten? Bevor nicht diese Zweifel
auf eine entsprechende Weise beseitigt sind, kann ReL unmöglich die
Überlieferung preisgeben. — I| 4, 9 erklärt Bisschop (S. 8) die Worte:
üi9\ Tas ««^iaTC^«( für die Randbemerkung eines Lesers, der aus an-
deren Zeugnissen (z. B. Stob. Flonleg. 97, 31) wusste, dass die Syrer
nicht bloCs die Fisehe, sondern auch die Tauben für heilige Thierc
hielten, und bemerkt, dass Xenophon, wenn er etwas der Art hätte be-
richten wollen, jedenfalls äansQ ovdh t, n, gesagt haben würde. Cohet
bringt (S. 409) dieselben Gründe vor, ohne jedoch den Namen Bisschop's
zu nennen. Nun lassen sich die bezeichneten Worte noch zur Noth
durch die Annahme eines Oberganges aus der relativen Satzverbindung
in die demonstrative erklären; aber man dürfte wol nirgends ein ganz
adäquates Beispiel einer solchen Gonstruction auffinden. Dazu kommt,
dass diese kurze Erwähnung der mqiotiqul jedenfalls einen befremden-
den Eindruck hervorbringen muss, da Xenophon sich sonst bei seinen
Berichten in gemülhlicher Breite ergeht — 1, 4, 12 (S. 409) billigt. C.
die Gonjectur Schneider's xot^ ngotagop .... ivaßaci statt des überlie-
ferten: totg nifOtiQOig,,..avaßäai. Es genügt auf Cyrop. VIII, 7, .9
tiß nQoxi(^(p ywo^ivqty An. I, 5, 14» VI, 3, 5 und Sturz Lex. Xen. T. lU,
pag. 743 zu verweisen, um die ül>eriieferte Leseart zu vertheidigen.
Dagegen hat G. wol Recht, wenn er ebendaselbst die Worte na^a %Q9
nati^a tov Kvqov als ein Glossem ohne Weiteres beseitigt — I, 4, 13
(S. 409) verdächtigt G. nach dem Vorgange Bisschop 's (S. 9) die Worte :
MotiQov iipopxM Kvgqt ^ ov, mit dem Bemerken: «imim pMÜtrqumn
quod frlgidiuima iuni, non nmi Aaee more Graeco f^rwmta negne
apte composUaJ* Dasselbe behauptet auch Bisschop und meint, da»s
Xenophon jedenfalls oitots^ov hffotpto geschrieben haben würde. Ref.
vermag nicht einzusehen, was denn in diesen Worten ungriechisch sein
soll; dass die Form der directen Frage auch nach einem die Frage ein-
leitenden Satze beibehalten werden kann, hat Kruger in seiner Ausgabe
erwiesen; wenn aber in dem Subjectsatze die directe Form beibehalten
wird, so kann wol auch im appositionellen Satze keine andere Frage-
form eintreten. Wollte man übrigens alle Epexeges«n in den Schriften
Xenophon's beseitigen, so würde man dieselben auf ein bedeutend ge-
ringeres Volnmen beschränken. — 1, 4, 14 (S. 409) will G., wie dies
auch schon Bisschop (S.9) vorgeschlagen hatte, statt «surd^TS : «^^ijff^a
herstallen und ebenso g. 16 insid-owto in ini^wxo umändern. Was
hindert uns aber iav ykoi nBtcd^xB zu Übersetzern «wenn ihr euch vpn
mir übeneagen lasset*, wodurch sowol das PassivuBii als der Dtfnr
seine entsprechende Erklärung findet? Auch an dem >Imperf. Aw/^mto
möchte ich festhalten; es hebt gegenüber dem folgenden ^Mfiifcmw her-
vor, dass diese Folgeleistung nicht ein momentaner Act ^ar, soDÖen
erst nach einiger Überlegung erfolgte. — i, 4, 17 (S. 410) sireieht €.
nach dem Vorgange Bissehop's (S. 11) die Worte in6 t&v «ofvjMv,
die allerdings ganz das Aussehen eines Olossemea haben.
1, 5, 2 (S. 410) wird die Conjectur Porson's «r ^avctcmv alall des btoftcn
Eotcca€i9 empfohlen« Dass Sv hier stehen kann, unterliegt wol keinem ZwdM ;
aber eben so gut kann wo] auch der blofse Indioativ eines PriteritiiiD
vorkommen. Die Partikel av drückt ja nicht, wie man früher annabB,
die Wiederholung der Handlung aus (dies wird vielmehr doreb das
Tempus angedeutet); sondern «ie bezeichnet bloCs, dass diese Wieder-
holung unter gewissen Bedingungen stattfand. Weiterbin nimmt G. IS.%12)
mit^Recht Anstols an: sroililol dh in^ov^ol oi peytilot, da später-
hin deutlich das Femininum gebraucht wird: ^evyovera, «fj^ootfce, 29*~
fiivi}. Offenbar verdanken die Masculinformen der Adjeeliva einem br-
thume der Abschreiber ihren Ursprung und man wird unbedenklich sai-
Itd 91 ax^, at fieyaXai herstellen können. Dagegen geht C viel zu weit»
wenn er sogar td pkBjiXui ungriechisch nennt, da es vielmehr xSv pt-
filnp lauten müsse. Dindorf (p. X) verweist mit Reeht auf V, 4, tf:
Kaffva ^v noXli tu ^Xatia. Auch darin «irrt G. , daas er behauptti,
CT^ot^os sei nie als Masculinum gebraueht worden, da wir doch bei
Arist. de part. anim. IV, 14 atifov^og 6 Atßvxog lesen. Endlieh be-
rührt G. noch die Worte: Sucdszoiievoi toig tnnotg und erklärt t«^
tnnoig für eine Glosse. Da sich diese beiden Wörter im Par. C. sor
von dritter Hand unter der Zeile geschrieben finden und Demetr. de eloc.
93 unsere Stelle ohne diese Worte anfuhrt, so werden wir-nicht ansteben
dieselben zu beseitigen. — 1, 5, 9 (S. 412) verdächtigt G. hta^iitxoy da in die-
sem Satze ein Verbum nicht nothwendig und tcd^eftatei nicht das passeiide
Wort für diese Stelle sei. Allerdings kann in solchen Nebensätzen das Verbmn
fehlen , da man es aus dem Verbum des Hauptsatzes leicht ergänzen
kann; aber ebenso häufig wird man auch im Nebensätze ein beaondereä
Verbum finden. So steht auch hier K«^i£c«tei synonym .dem voraus-
gehenden Biatifißav, vgl. Gyrop. IV, 6, 41; V, ^, ft5. — WeiterhiD
beanstandet G. ana(fa9%tvaetoTi(fip und ^xolaMViQOv , wofür er «hm-
^aaiisvotiifc> und cx^laitiifov bersteilen wilL Die letztere 'Beeserung
unterliegt keinem Zweifel und ist auch schon von Dindorf in den Text
aufgenommen worden ; die erstere 'ist, wenngleich auch Dindorf (p. XX)
dieselbe billigt, entschieden zurückzuweisen. Warum soll nicht l^eno-
phon die beiden Wörter anaf^Mwiecvog und iiM^amiß^s neben eiti-
einander gebraucht haben? Ersteres findet sich aufser dieser Stelle noch
An. n, 3, 21, Gyrop. 0, 4, 16, letzteres An. 1, 1,6, Gyrop. V, 4, 49,
VII, 6, Ä5, Gomm. 111, 4, 11 ; Gyrop, V, 4, 42 ist die Lesearl unsicher.
Endlich will C. noch am Ende dieses Paragraphes inanaö^i in
C^ket tiopue ieetianeit ang. v. Jt. SchenlU. 8^3
du9wi^M Sadeni, indem er bemerkt : «dt«0M0dtti öme diewUur t«
K^MQQw avptatmv« %td avwii^oMfikiva postquam quseumque 4ie cama
dUiecitt et dUiipiBta tuni, tU iaepiu» aeiet vsi ordimes äictmiur
di9€ni9^ai, QnUra guae eoßiae divenii tocis in late putenie HH-
periQ Pergamm ermU äitpertae Hiicnu^hui ^<rafr, ut iasulae in
wUiri pa$io,* Nun beatand das Heer des Königs aus mehreren Armee-
Corps, welche aus den Trappen der einzelnen Satrapien gebildet wur-
den. Zu diesem Bebufe waren gewisse Platze bestimmt, wie z. B.
KtaitmXov %Mov (l, i, ft) , wo sich dieselben zu versammeln hatten.
Die Truppen der Satrapien waren wieder als Garnisonen in die ein-
seinen festen Platze und Gestelle irerlegt. Erwägen wir diese Verhält-
nisse, so wird uns der Ausdruck äiMneps^m gewiss nicht befremdlich
erscheinen« — I, 5, 10 (S. 413) schreibt G. nach dem Vorgange von
Bisschop (S. 11) hf9ft£fiinla9tnf statt des überlieferten iniiinXetaav , in-
dem er sich auf die Leseart bei Suidas s. v. xap^ij : ifininXaeecv be-
ruft, welche sich auch im Vat A. und Oxon B. findet. Aber das ver-
bum Simplex findet sidi nicht blofii bei Herod. I, 194, sondern, wie
auch Gobet selbst bemerkt, bei Plat de rep. ^, 686, b, Gorg. 493, a.
Warum also soll es bei Xenophon, der doch in seiner Sprache so viel
Eigenlhumliohes hat, nicht geduldet werden? Die LesearX ifininlMav
aber ist niehts als ein blofser Schreibfehler. — I, 5, 16 (S. 413) wird
statt des überlieferten ««Tciiuxo^t<r<&at : «aronco^cir^ai (d. i. Kutrimd-
ttiia^c^tu) Yorgeschlagen , da der Sinn nothwendig Üieses Tempus er-
fordere. Ret meint, dass diese Besserung nach dem, was Kruger und
EQhner über die StHle beikierkt haben, keiner enrttlfchen Widerlegung
bedürfe. — I, 6, 17 (8. 413) will G., wie dies schon Bisschop (S. 12)
vorgeschlagen hatte, statt iv ktvx^ih iavtov herstellen. Auch hier
vermag ich nicht einzusehen, warum denn die beiden Redensarten iv
Ittoto« oder h iaw^ yCyvc^ai lilvai)^ welche beide vom Stand-
puncto der Grammatik aus als vollkommen richtig erscheinen, nicht
selben einander bestehen können. Wie an dieser Stelle, so lesen Wir
. auch bei Soph. Phil. 960 ulXa wp h' h eavt^ fBvov,
1, 69 11 (8. 414) bemerkt G., wiederum nach dem Vorgänge von
Bisschop (8« 13): 4*iiM^ow 9\ orUot aXXn^y em^ndandum esi SXkog
aXXmg, 0t§niam §^in§ulorum in taii re eoniecturae eue soteni.*
Denkt man sich jede der verschiedenen Meinungen durch eine gröfsere
Anzahl von Personen vertreten, so ist der Plural vollkommen berechtigt.
Ebenso lesen wir VI, Z, 7 SXXoi. dh SZXu imti^Bvto.
1, 7, 3 (8. 414) spricht G. über die Elisionen und Krasen in
attischer Proea, welche die Abschreiber gewöhnlich vemachlfissigt haben
soUen. Man mfiase daher ^ne Scheu auch gegen die Handschriften:
a9»* C9fr, ««9* *J»ffpaio£ u. s. w. herstellen. Ref. meint, dass diese
Frage so leicht nicht abzuthun sei. Allerdings wurden derlei Vocale im
Sprechen unterdrückt; aber daraus kann man noch nicht den sicheren
Söhluss ziehen y dass alle Formen der Aussprache immer auch in der
«64 Cokei nottae ieeUones, aog. v. AT. Sdkemki.
Schrill dargettellt wurdeiu Diese Frage kann nur nach morgfSiügtt &-
fonehttog der Schreibweise auf Inschriften und der besten Handschrif-
ten einigermafsen gelöst werden. — I, 7, 4 (S. 414) wird statt ttl^ji-
vsc^aix aicxvviic^cu vorgeschlagen: mit Unrecht, da man. obeiseliiB
muss: «es wandelt mich ein Qefuhl von Scham an bei dem (Mia-
ken, wie u. s. w.' — 1, 7, 6 (S. 414) will C, wie dies aneh ichm
Bisschop (S. 14) empfohlen hatte , die Worte tov tuwBw^av s^oMviag
streichen, was auch Dindorf (p. IX) billigt. Auch Bet kann nicht oahb
diese Worte anstöfsig xu finden; mag man nua nit Poppo abersetsea:
^guod in taU pericuio tis, quippe guod oßpr^Uffuef oder mag naa
die Worte als absoluten Genitiv mit causaler Bedeutung fassen, so hMt
doch der Ausdruck immer so gezwungen und unnaturlich , dass man
recht wohl auf die Vermuthung kommen kann, es sei der Text durch ein
erklärendes Glossem entstellt worden. Ebenso wird man Cobel darin
Recht geben mfissen , dass er (S. 824) die in diesem Paragrapbe von
allen Handschriften dargebotene Optativform (liiikifoio als eine Cnform
verwirft Der Ursprung dieser Leseart wird sehr begreiflich, wenn mso
sich die Schreibweise MEMNOIO vor Augen stellt Dagegen dürfte
C. entschieden im Irrthume sein, wenn er die Form ii^iLw^pLiiv ver-
wirft und blofs die freilich gewöhnlichere ntfuf^fijiv gelten lassen will
Es genügt in dieser Beziehung auf die eingehenden und scbarlsionigeD
Erörterungen Buttmann's Ausf. Gramm. I, S. 426 ff. zu yerweisen. —
1, 7, 9 (S. 415) wird, wiederum nach dem Vorgange Bis8ohop.'8 (S. ISK
statt: ofa yaQ aoi: oUsi yocQ av geschrieben, und zwar mit Recht, da
das folgende m Kvqs eine Erklärung des aoi geradezu unmöglich maehl
— I, 7, 13 (S. 416) werden die Worte (i(tä x^v iJ^dirjp als unecht be-
zeichnet Gewiss eine sehr wahrscheinliche Vermuthuog , da sonst das
folgende sicher echte vatsQov vollkommen überflussig wäre. Es ^ird
dies um so glaublicher, als auch die Worte ix xav nolefi^mv von kiel
und Mehler Mnemos. vol. I, p. 209 als ein blolses Glossem naclige<
wiesen worden sind. — 1, 7, 18 (S. 416) streicht G. ar^drf^oy nach
^liigag, was auch Dindorf (p. IX) billigt, der übrigens nach den Spuren
der ursprünglichen Leseart im Codex C. : xy ivdtnarii an* ixtivrii
ifiiQOi herstellt. Beiden Vorschlägen stimmt Ref. vollkommen bei.
Die Worte 1, 8y 6 HysTai dh xttl tovg allovg lÜQaag ^iXaii
xaig netpalaig iv xm noXifim dtauLvdvvsvfiv sind schon von Wytteii-
bach und Weiske als unecht bezeichnet worden, welchem ürtheile Din-
dorf und Cobet (S. 416) beistimmen. Ref. hatte früher die Echtheit der
Stelle zu vertheidigen gesucht (vgl. diese Zeitschrift, 1857, S. 623):
aber die Bemerkung Cobet's, dass iv x^ noXifi<p bei Attikem nie gleich
einem iv xaig fidxccig gebraucht werden könne, spricht entschieden
dafür, dass wir hier ein Glossem vor uns haben. — I, 8, 13 (S. 416)
meint C, dass die Antwort des Klearchos: ort avx^ (liloi anmalseod
klinge, und daher wol ftfXifaot herzustellen sei. Nun. haben wir aber
für die überlieferte Leseart das Zeugnis des Plutarchos Artox. cap. VIII
Cßäii mmae ieeiianeif aog. v. H SekenkL 865
6 ^ avt^ [kiletif tlnrnv y onmq S£m utiXXwta^ xh %&0 Bikp^Hf^iv;
dann erkenne ictr in den Worten i «ich sorge söbon dafür , dass ... *
nicht 80 sehr eine AnmaTsung, als ein zu starkes Selbstgefühl, welches
auch Plutarehos in der eben angeführten Stelle strenge tadelt — I, 8,
18 (S. 417) yerdachtigt C. die Worte: Xiyovci. di %i.v9q iq «al xaZ^
icniai HQog %a doQota idovnfiactp tpofiov noiovneg tol^g tnnoig*
Er nimmt zuerst Anstofs an liyovci, das doch von Xenophon, als einem
Augenzeugen, nicht geschrieben sein könne, dann an dem Ausdrucke
xaig icnici nQog xä d. dovmtv, da Xenophon An. IV, 5, 18 tag' acni-
dag nQog xä doifaxa ixQovcav sage, endlich an tpoßov notBtiß T*y«,
wofür hei den Attikem icaQi%uv oder iiunou^v gebraucht werde. Nun
haben wir aber auch für diese Stelle ein sicheres Zeugnis in einer von
Hutchinson bezeichneten Nachahmung des Arrianos Anab. 1, 6, 4 o dl
«al inaXaXu^at i%iX$vas xovg Mansdoifag %al xotg dogaüi dovnijcai
VQog xäg acnidag, das um so gewichtiger ist, als Xenophon das poe-
tische dovnog noch II, %, 10 gebraucht. Hiermit ist wol das zweite
Bedenken erledigt. Was die Redensart tpofov noietv xiin anbetrifft, so
wird sie durch xiQtpiv noiitv xivi Comm. 111, 10, 8 hinlänglich ge-
schützt Endlich wird man die Bemerkung Krüger's ife oi^A^iil. Xrfi.
Anaö, p. 6 und de Ken, vüa p. 13 > dass Xenophon absichtlich solche
Ausdrücke gebraucht, um seine Autorschaft zu verbergen, nicht so leicht
hinwegdisputieren können $ man vergleiche nur 1, 10, 1 ; V, 4, 34. Will
man aber durchaus diese Erklärung verwerfen,' so kann man sich ja an
die von Bornemann vorgeschlagene Interpretation halten: ^Sed fleri
eiiam potuUy ut, dum in Xenophonits ticinia Marti eurreniei aectne-
bantf in alin exereilus parte id ipsutn fitcereni miiitet, quod hie
feciae perkiöentur.* — I, 8, 2« (S. 417) sehreibt C. nach dem Vor-
gange von Bisschop (S. 16) h rigiütn av XQ^^Vt welche Vermuthung
Uertlein und C. Matthiä billigen (Letzterer schreibt imiön av iv XQovmy
vgl. sein Programm über die kritische Behandlung der Anabasis, Qued-
linburg 1853 > S. 7 9 Anm. 12). Da aber sich noch mehrere derartige
Dative in attischer Prosa finden., wie Hell. I, 5, 1 oi noXXm tq^inp,
II, 3, 15 x^ nqmxtp x^ovip, PlaU Euthyd. 303, e oXtytp X9^^9 (wo
Heindorf h o. x^» schreiben wollte), so wird doch die Oberlieferung
festzuhalten sein. — 1, 8, 26 (8. 418) schlägt G. vor: mg tpriat Kxriatag
6 laxQog , o g %al (so auch schon Buttmann) laaaa^'ai avrog x6
XQavftä tpriciv. Die erstere Vermuthung ist bereits von Bornemann und
Kühner mit triftigen Gründen widerlegt worden; die letztere gewinnt
an Wahrscheinlichkeit, wenn man Flut Artox. c. XVIII lacaa^ai dl
Kai xovxo (fTiaiv o Kxticiag vergleicht — 1, 8, 27 (S. 418) wird zu
den Worten: onocoi fihp xmv afttpl ßaöiXia inid^e%ov Kxrjetag
Xiyet folgendes bemerkt: ^Apertum est Xenophontem hoc dixiaes ti
gnii reguirat numerum ^orum , gut ex copiis regiii (7) oeci$i eint,
iHiUi ret notitiam a Ctesia esse petendamy namgue iiium apud
Zeiituhrifl f d. S^terr. O^mnit. 1860 XI. llafr. 59
a«g eobii mmae inikmei. Mg. v. M. SekemML
tigern ium fili$9i. Bane ieniefUitun sie reüUmes, ui
Xiyi%m, gma fiMmß dUmdi m UtUäu$ usUaSa est, mi i
Ref. yerm/ig »ichl mbzvsiAmii» warum die übeiliefMte Leseart t cdaim
berifshtet ^fteeias (und somit IbIi Dicbt),^ keinen befriedigeadeo Bim
geben eolL -r- I, 8, S8 (6. 418) wird wiederati naeb dem Veigaagi
Yon Bisscliop (8. 17) ^qinmw nach pi^ntev^^mw §e«trielieB. Eine tehr
wabrecheinlicbe, aueb von Dindorf gebilljgie Vermathnng.
I, 9> i5 (S. 418) scbwankte man Insber bwiscImb den Leeetrteii
a|iow und ^iteve^tu, welcl^e letztere Dindorf maa dem 8piim im eed.
Q. eruierl batte; unstreitig aber trift Qobet mit seiiieF YermntlNing:
iiimf das riebtige. ^ Ebendaselbst will €. mt^ naeh J^ihpim als
eip^ plqsse beseitigen , da es mit dem folgenden Xö^mw tdeht stimme.
VieUeicbt aber laset es sieb doeh Mi<n, wenn wir amebmeB, dass
Kv^9P nur mit paebdrucklicber HerYorfaebung des Namens (y§1.1\,8,8^
stittt des entsprejBbenden Nomens gesets^ sei. r^- i , 9 » M (8. 419) will
C. ^Wfi Ißi^V 1t ^Q ^^ov bersteUeni da der Spraehgebrauch der Attiker
tfiese Pertpkel erfordere. Wir verweisen einfscb auf die Bemerkungro
Sübiwf*s und auf Kruger g. 67, 10, 18.
I, (8, 1 (8. *80) verdaebUgt C. die Worte t nml ot eim mitd,
in^m er Annimmt, dasf sie ans g. 2, wp sie am Platze seien, filscl»-
(i^b in 4iose zuteile übertragen worden seien $ ebenso will er g. !
tßi^ßavH beseitigen nnd das entspreehende Verbum duroli ein Zeugsu
aus di^^frcfjfotf t ergünzen. Was die erstere Vermutbung Anbetrifft, so
konnte man sie nopb eber als wahrscheinlich bezeichnen, wiewol Kfibner
und Krüger mehrere Beispiele derart nachgewiesen haben und auch die
Wiederholung desselben Ausdruckes bei Xenophon nicht befk^emden kaoo.
Die letztere Vermutbung aber ist ganz unwahrscheinlich ; denn eiDBul
bringt ein solches Zeugma eine Härte in die Construfttion , die mit drr
breiten und bequemen Schreibweise Xenopbon's nicht recht verträglirh
erscbfipts dann dürfte wol lufj^pn sich gans gnt erklären lass<>B,
wepn wir Mbersetzen : «er nahm diese Frau bei der Plünderung des
Lagf rs als Seuteanlheil für sich.' Dass gleieh darauf ktm^^ieic» in eimt
etwas i^i^deren Bedeutung erscheint, kann i^o) nicht befvemden, da sieb
für einep derartigen Wechsel genug Beispiele beibringen lassen.
So haben wir denn nun alle Conjeelusen, welche Cobet in seioen
Novae ieciianee für das erste Buch der Anabasis mitgetbeilt bat, aus-
führUft^ l^esprQcben. Pas Resultat dieser Onlersucbung ist« wie man
sieh^, dass^l)^, welche^ sich am Ende unserer Besprechung der Beitrage
zi^r gr^^k d«r Helena herausgestellt bat. Auch hier trafen wir so
manche Besserungen, die von dem glimzenden Talente dreses Kritikers
Zeugnis geben f vieles, was wir zurückweisen mussten, ist doch geist-
reich versucht und scharfsinnig begründet. Daneben aber zeigen sieh
auch dieselben Maogel, die wir früher weiUauBger besprochen haben,
besonders muss es noch auffallen, dass Cobet die Gonjecturen BisscbopN
so oft als die seinigen erwahni, den Namen dieses geistreichen Kritikers
/iftfffArr, Lat-dentsehes 8cfaulW0H«rlmcli, ang» V^ IL BMkr. 967
oirgeiidB erwähnt» ein üiisUk>d> d«r dein Tadel ühMtTn (p. Yilt) niehl
entgangea üt Auf ^nndlage 4t€ in dtn NM^ MtioiuSy und » wie
obeil gesagt wordea iit> aolion firolMr in ^er üfnamdsyBe gegebene«
kritiseiien Bedietkungen xn Xenophons Anabasia hat Gobei eino niedliche
TextaiMgabe diea«r Schrift erscheinen lassen {Xmapkonili ^xpedtiio
Cifri in Mium Hhoktnm ememknrti C C. CoM, Leydeil» Brlil, I859i
kL g., VI und MS Selten, ton denen 184-^296 elDcn imkx ma^nmm
enthalten $ Preis 1 Fr. 20),' in deren Vorrede er verspricht, falls diese
Ausgabe Beifall finden solltf , alicb eine ittinliche der hellenika und der
Reden des Lysias an Teranstalten. Daaa wir von ünseretn codserirativeil
SlandpmMtte ans mit d^lei Aasgaben nicht dUTerstanden dein können,
erhelli rar Genüge aas dem bereits gesagten.
Schon die LSnge dieser Anaelge beweist hinlinglieh, Welchen
Werth Ret auf das eben besprochene Bach legt , und auch der Inhalt
derselben hat dies gewiss hinreichend dargethan. Ed bedarf somit kauai
der Versicherung, dass wol kein Philologe dieses Buch entbehren kann,
nnd es datier aaeh für die Bibliotheken der Gymaasieü eine schitzensi-
werfhe Acquisition sein wird.
Innsbruck. Karl Sdhenkl.
Lateinisch -deutsches Schultvörterbach YOn C. P. In^efslet,
Prof. und Rector des Gymnasiums zu Kolding. Zweite verbesserte
Auflage. XII u. 945 6. 8. Braunsobwelg, P. Vieweg u. 8ohil| 1865^
— i Thir. 25 Sgr. oder 3 fl. 85 kr. ö. W.
In dem vorliegenden Lexikon ist die Aufgabe eiiiei Schul-'
Wörterbuches su bestimmterer Begrenxung gelangt, ata dies gewöhnlich
SU geschehen pflegte. Der Verf. hat es nfimlieh aoadrüekllch aufgege«^
ben, den geaammten Wortsehata der römfsehen S^^riftstellifr xti ver-*
seiehnen, sondern hat sieb auf den Woilschalit d^eidg^tt Atftdfeu be^
achriakt) welche für die Schul« wirklich in Betradit koinikien köttfen,
also im WesentHchen auf die ScbrSflstdler dea goldenen uitd sffbemen
Zeitalters ; für diesen Bereich aber bat er tu t\t\k tdf Aufgabe gettiacht,
eine vollkommen ausreidiende , durch tweckmfifeige Attordnung txxHa
Verstlndnis der Worte fahrende Recheuschalt zu geben. IHt Raütn also,
welcher durch Binweglassung einer Mettge VOn Worten gewonnerd wird,
welche für die Schule biober Ballast sind, soll im eingehenderer Be-
bandlung des für die Schule wirklich erförderlichen benützt werden.
Man bat es wol diesem treffenden Gedanken znzosifbreiben , dairs dieses
Lexikott sogleich bei seinem Erscheinen iit der (feutsbhefl Schnfweft dfä
gunstigsfe Aufnahme und bereits durch Obersefkung Xtt aridere lebende
Spraehen (a« B. in die hoHIndische, Leiden, 1858, in die magyaritfdie,
KUrasenburg 1856) Verbreitung atich über dei^ 8reü der deutschefi Gym-
nasien hinaus gefunden ha«. Aber tiiaif kant» deA Begriff des Schulwörter-
buches, von dem der Ve#f. ausgegangen ht, als rifhtig anerk elften utii
8$6 IngeriUVf Lat-deutsehes SehulworUrbuch, ang. ▼. X.- BaMet.
die BedentuDg ToUkommen würdigen, welche die gediegene AuslQliraBii
desselben für die Helrstellang eines durchaus xweckmäfsigen Schnlbiicka
haben würde, ohne darum diejenige Ausfuhrong zu billigen, weMi«
jener Gedanke in dem vorliegenden Werke gefunden hat. GegenGbei
den Beurtheilungen in mehreren Zeitschriften , welche bei manebeo bf-
richtigenden oder tadelnden Bemerkungen su dem einzelnen das ganu
lobend anerkennen, hat der um lateinische Lexikographie .wohlTerdieoie
Dr. Georges in der Vorrede sur eilften Auflage 'seines Handwörter-
buches die Bemerkung ausgesprochen, dass logerslev nur einen flfiek-
tigen Auszug aus der sehnten Auflage des genannten Werkes gegebei
habe; dass diese Bemerkung, abgesehen von der Anordnung der Wort-
bedeutungen in dem lngerslev*schen Lexikon, richtig ist, h^t sieh Bef.
bei eingehender Vergleichung überzeugt. Nicht dies ^nadizuweisen ist
die Absicht der gegenwartigen Anzeige; wer das Verhältnis der btiden
Wörteribücher kennen lernen will, kann leicht durch eigene Ver^eidiuDg
ein sicheres Drtheil in der Sache gewinnen ; vielmehr will Ref. auf einige
wesentliche Mangel in der gesammten Bearbeitung dieses Wörterbuches
hinweisen , und zwar in der Art , dass das einzelne anter die hanpl-
sachlichsten allgemeinen Gesichtspuncte geordnet wird.
1. Sprachvergleichung und Etymologie. Ingerslff
meint, clepo, clueo, ncaetus, ihm, tremo, ttis, pix, indtio^ tcapuiut,
fumiicui, crapuia, cera, clatU, circa, ceier{us), semf^, nae n. a. seieii
aus dem Griechischen entlehnte Formen, wenigstens ist diese MeioDii;
durch die Bofeichnung angedeutet. Dagegen ist zu bemerken, dass nun
mit eben so guten oder, besser gesagt, ebenso scblechien GrundeD bt
angnhiSt fero, genui, pater. iinqno, sus, nehvlOy iisto, antmus, go<h.
hliftuiy hliuma, fadar, Uihtan^ ansfs, neuhochd. Leumund, Vater, enge,
fahren, Gunst, leihen, Nebel, stehen, König u.s.w., und überhaupt einen
erheblichen Theil der Worte anderer indogermanischen Sprachen an$
dem Griechischen herleiten könnte. Die auch zu obiger Ansicht (wie
es scheint) verführende Ansicht, das Latein stamme vom Gn'eehisdien
ab, hatten bekanntlich schon die alten Griechen und Römer« und obwol
sie im Lichte der neueren Philologie als ein grofser Irrthum erscheint,
so wird ihr theilweise noch heutigestages zum nicht geringen Schaden
der Sache beigepflichtet. Man liest z. B. in dem übrigens höchst ver-
dienstvollen Handwörterbuch von Georges: ciueo stamme von. »lo».
tempus von xiikva, otis von oig, tiola von Tov, 9omo sei digammiert
aus iitim, sus sei assibiliert aus vg , serpo aus ^Qnm , siiva aus 5IJ^
öeto stamme von ßtjfii, (diese griech. Form existiert nicht!), popina
von ninm (existiert nicht!), domus habe einen griech. Stamm, iacrima
stamme aus dax^vfia, animus und anima stammen von im (existiert
nicht!), umbiUciis sei aus oyLtpalog verlängert, Mo sei abgeschwächt
aus KASl u. dgl. m. Die Verfasser von Grammaliken und Wörter-
büchern sollten endlich einmal sich mit den einfachen und sicheren Er-
gebnissen der geschichtlich - vergleichenden Sprachforschung bekannt
I4§enle9f Lat-deuteches Schulwörterbuch, aog. v. iT. MaUMr. 869
machen, und nicht fortwährend derlei verkehrte Dioge selbst der Schule
noch aufdringen wollen. Ingerslev hatte zwar den löblichen Willen, die
Entlehnung griech. Worte von der ursprunglichen Seitenverwandtschaft
latein. Worte mit griech. su scheiden ; aber sur Ausführung des Willens
fehlten ihm theils die Kenntnisse , thdls hatte er hier wie anderswo
keinen eigentlichen Plan gemacht Dass animuM mit «ycfioff, cajnU mit
ütipaXri , ab mit ano , uto mit didm^i , doeeo mit didu6%a / caniM mit
nvav, cum mit ivv , edo mit Sda , eo mit 9lfii> , eguus mit tnnog und
epona^ fori mit ^ceyoi, fero mit 9^^», /fuo mit nlitoy ftango mit
fijyifVfUf forii mit ^^a, /K^c/d mit «I^», /Xe^ro und fi^geo mit
9Aiya>, /feM? mit Jliimo^, fna^HUt mit f*iyaff, partut mit «av^off, .^11^
mit tsvywfn, tida mit £](», «//PH mit vli^, «m^im* mit td^mg, sonmui
mit «avyog, super mit vofi^, terminus mit vi^fia, re«l/« mit itf^ff,
rtf/Mj mit ixog, vUa mit ßiODf, 9oa? mit inog.votPO mit s£ll», OcuiUM
mit otftfs. und o^»ff% QUaUuor und quinque mit T^o^sg und «iws»
fAi//^ mit ^/^b«! ^/^ mit f^0> qualiM mit «i^l/xoff, ror^ mit ^iß^o^iMK
giaui mit ßalayoff, grwii mit ßagvg, $eguor mit Firofia* u. s. w*
stammverwandt seien, davon steht im Ingerslev'scbeo Wörterbnche keine
Silbe ; der Verfasser hat die griech. Formen eben beigesetzt wie sie ihm
«ler Zufall entgegen brachte. Ferner lasst das Buch selbst bezüglich
der auf das Gebiet der latein. Sprache be&chrSnkten Etymologie manches
zu wünschen übrig. Es wird nicht bemerkt, dass sto und deiUtHQ, th
und danum, topio und smnmu, fori fateor inßliat, memini und mem,
iuo und tuöuUi, lendo (Wrz. ta-) und taöuim (cf. fori und faäuiä)^
iHceo iuna iumen, dipus Diama Jamu Jupiter y poena paenilei paene
$puo und tpuma, modus und meddus, alius aUer uitra, iäbor und
iuöricus, coquo und papa, deciino deciipis ciHms, flagro ßammm
flamen, gigno und (p) naseor, midie und miieSy mans und mumio,
seguor und socius^ disco und doeeo, rado und rasirum, preeor und
proeo, narro und gnarus, eoUts und euimen, duo bis beiium^ ve-^dis de^
uto adoiesco oiuSy nex neco noceo, coiumba paiumbes etymologisch
zusammengehören ; es wird nicht bemerkt , dass Judex aus den Stam-
men von Jus und dieo, Juppiier aus dem Stamme von Jovis und paier,
credo aus dem Stamme von efeo und dOj debeo aus de und AabeOf
dodrans aus de und quädraus, semper aus dem Stamme von semei
und per, nuper aus dem Stamme von nmms und per y mmc aus
fuwum-ce, non aus ne und dem verkürzten Stamme von luiif«
(»rmue + umtm) u. s. w. zusammengesetzt seien; ohne allen Grund wird
die Stammverwandtschaft bezweifelt zwischen iiie und olim, pu/a
(nämlich) Und puio, parum und nav^ov^ tango und couiamino, inier-
poiis und poHo, sagus und «11^10, und wird sogar gefragt, ob sciOeei
aus set'e und iicei gebildet sei; Abtheilungen wie co-g-naseo statt
co-guasco sind falsch, weil g bekanntermafsen der ursprüngliche An-,
laut des veralteten gnosco ist; nomen hat sicherlich keinen Bezug auf
gnosco (man sagt griech« nicht yy^fta, sondern owfiay goth. nicht
67» iil00r$ie9, LaU-äeutselttt SelmlwOrteriMMl^ Mig; v. AI
Aaimo, sondern näm§^, vaA in tnOehiteD Qnui« «mrahrMlMinliiil kt
die Vemranduehaft xwiichco tom und cmmiettm (f ««IwidKcK udi lidil
aus A y «Dd Bwisobtt «fliMi/ und «#Am» (gehOrl Tieteehjr n Wiüi);
cmM (man telireilbe nicht eomkl) ist weder ans cnteUm aoch an
€§9^-40 entatandc»» sondern eine eootrahierto Form afaiU e^iny^Mif^ wie
OHir/MM stall e^ulfameiutf ganz verkefart sind dio TenMilhelen Etj-
taiologteo Yon murara {awem kmfMif)f von. aetuuQ (««ffu^7«^»9)y tsb
«fMMr (M ovooY)» die Etymologien ¥on rMim (es noH mit .
und d9$0 verwandt sei»), TOp sapter« («tf^AruorX «»^ A'e \
Stellung TOD peio M? e»t die Form M^rllM srhlirt nick nMl av
we-ekrhUy soodem ans s^^Mm,, ^imnAMi nicht amp ^^amms um, sa»>
dem aus f«Mi Jim« .... üß f oUte in einem WMeilmeh» we mfligMch
aogedeutel werden, welche Fotm den Dfich^U» Stuna oalhallsv ud oh
«ine Form unmitlelhar vqid einer anderen sicfi abl^eile (wie Jirtti von
iCfr»), oder ck dio Fonne» in ejnem enifamteven. Yeihatnis der ^9tr*
waadtscliilft stehen (wie: J«ytf0 nv My«x). Auch da^egcB hat Ingenief
gefehlt, indem er & fr. €immimre^ von owor statt von
von iueot «tati w>n M»«,, mvAST' von me/üpr statt von
paiU voft «MwMjpiAMi Sinti vew mumieep^!. atoawuwsftwm vo» i
statt von moM0 ^ s/Mmi von. siaäta statt von jll9 ^ dmcMm» vo» dhv»
statt von äitm, f^o von /IvAn stall ^ia von A^w, ipfwcau von fnn
(ist firliMi A»MSln«linMi> slall jwvro von jpfvrii» , womiOw tm
memiro statt mons/no^ von «ona/nMi u. s* w. ahlcitet Foraer wm
man sich auch in solchen lüogen der Consequenz hefleilseii , und nidil
hald guüeiiura von quatHoTj hald cemwra von cem$eo ableiten f -
raiHo stammt nicht von rmtcntj sondern raueuB ist mit rofftf«, wewi
das Verhum, stammverwandt. — Worte verschiedenen Stammes iric
pöNö (Trank> und pötfo sollten nicht unter I) und t) angelChrt wer-
de», so wenig ein deutscher Lexikograph mittelhocIideutBch t) «dti
{jrtn§ere), ty mäim (moiere) oder ein magyar. Lexikograph 1) iv,
1> kär sobpeihen darf; ^ potmt und potu$ stamme» »iciit vo»|S#
(ihr Stamm ist nicht p^to), Ihr Stamm isl vielmehr pa, dhsaon« anka»-
tendo Temris im rcdupüciefte« PrSsens zur Media gosohwiSisht ist (el
%lioq und glorio, jwstfo und f6c%m)^\ GrammatilKep »nd Loxikofraphe»
soUten Mo MW^ nicht als verb. defect. (ohne snpinunr), oondeni ab
verb. anomalem ölbo äiH poium (MUum) auffuhren, hingegen ßßHm
nicht mehr als Nebenform, zn* poumm steUen; Mo MM paimm (M#-
Umi^ und poto^potmi^poMnm 19X^9 eins^ richtige Zusammenstelhwg.
%, Silbenmafs and grieoh; Biet04inng. Wer irge»# mmt
der indogermanisoheni S)MracheB grandlidi kenrnev lernen willy. 4sr moss
siöU sowo^ mit der« ^uantitätt alb der Qualität dto V^eale , or moss sich
überhaupt mit dem gesammten Yooalismus und miEli dbmi gilbenmafji
jener Sprache' vettrauti ■»ehen>^ und je verwiohsllar «d dmikler eis
>^bo(rf8y8leni| wrei diu der toi. Sprache, wegen* der allnnihlicbso Bntfir-
hHf^mep, La(t.-d^ütsüfitfif SetmlwOfMfafttd»» äug. t. g. »Mtit: 871
nuDg von der urspfüiigllcheft ISiofaohlMik geworden iaii desto schSrfer
baft der Pfaikrtogcr fn die^^r mtn^t die niä^cAüdn Spfacfaf^di^ ItN
Auge XU fassen 9 damit er «io der Erscheinungen Fltft deti ^oli^nded
Toi' wieder finde. Mit einem Worte, die Quantität der lat. Vocale and
das lat« mibeiBiaii bat nleht no» Ott did SchuM, $^MMt heütigeö Tages
aaeh Or die WUseuMhall eitte^ wesentliohe Bedenfiliig. tSm s^ imhe-i
greifliober tsi dalMT die gorgidiigli^il , ftitt wdeher Mcücfi Jngehler
diese» QegenftaM selbst bei der i#ei(«Bf keüäge «eine* Wdrkes bo-
baWel«^ hat Da« IngeMel^sdb»' B«ob i^ beiügli^ d^ Q^Aütäsbeseich-
ming grolientbeil# inbraiiohba// Güridhlig ist iee SiKeMäU in' togen-
deir Formen angf^dbens mdÜÜHf («HA iMI 0)^ imm^i {nfi Mi ä)i
Imiermceo (st* iui» «X H^V^fk (TJ, i(U (jimi ifit), M#/^ (ay, äe^ui-
piAtm nmägMmuf {tium g), imiämi (ä), äBi^M Wi i^MiM iif),
9A9io W, pmtkim tä}^ ß/äeetUd (äh PläeiMa {&), hettf^Üiei (#),
imos (TOft fMMiP^ alsor t^eOmiffi M m, iäm {ii, mMe§ (äfi ipöcii
(gern tem f«r); Hiifir§r 0yi itääm$ wüäiäk^ Ott, tmtUti (H^, fö^
pentämißier {äl^ nMfimiffUmtilm 9i9ff vHfHItM^i (i), MHHä (11} , di-^
riöea {iy, p&Utjftkm {ß% mcm (l>, pedMtui («), pHHürh päthüti'h
setuptwriö ^)i e§im9i0 (^), ptdünam (^ Mi^ (^, äimätiae if), jdf-
äönm$ (^y, Mpmia (fi, tmUin (üi Mmnä m,^HSetä w ef6. ^
selten beseidniel isl die Qyantflil des V6cald Y6i mtM (Mm H^kkii
als ttfäkre i&y, HtMuerum (Of, ieMbr^ (^}, $äkkitae (i), lä»^ (äy,
Mfffro (iy, emkMabnm (4) elc., auch mehr bds^Mlttcft m lüifse der
penvKima griecb. Wort» w\t pkmeopkiäj OUtg&Mi , tkir&mmim,
ckirurpim, MtpkMkHÜP tti- iy tir., obwol hier theils tu m^lriseheD
Zwecken, tbeil» t^ bitter rtebtigen^ prosaische Aufspräche {tüM^
Umtum mA aroht tm^MMmdy flkUe^fpkia und aieb» pkiin&piMy das
Süb^nmdb gebMü tkAtt w»fc^ ^ IMsfeiMbeiM rersalsblisslgtiist die Be-
setcfailQng hl einsUbigen noMüibiup «Od idf^rbiis urie jltal'y Ivf , >«f,
mag, tat, äai (haben laageiin ¥bcal} , dillli> os (B^i* naä, iwättuy, cor,
9it^ M 0>«beiii knnien Yocal) > iiiMtl gehörig dwchgefihft ist dieselbe
an den Endvoetfeit> s. B. tfHidf 6^/ ii»trüs (%> pOfMt^ (^ Mi* (df),
uU(iyi>fMa (4rc«c.
Nbs' diMh (ßlMke AccenM ^Mhlcm: #Mg AdfSiN»k«)ilhVdll te^^
wendet word^iiöged IbiJijMlB Wft)piM41 zc^gen^ AU^^stpmViKgt^H^iiiji,
fp(th>g (iue.)^ K^f0t^ f0tfi0^Ji YiaffkSj/bii(0Npiari»:y,'idM (jimtm.),
%if^&lßWß (jNMto)^ tia^fwOfM (tktm»^)i t^f^Q^op^ (plfl^.^,^ 9dp^
^tf (mt.y, ifiMfie}^ fP^^Jy i^ga^p^g (pär&a^y, tUiiug> (pllf»a^.>y
ipäMx.yi' «WJioy«^ OteiM.>, cM^#^ (fHr^.)i W#sef4r»^ (#ii>, #^
87a lBg$r9U9y LaL-deoUcfaes Sebulwörlerbueby ang. v.* A: BaUet.
fiMiui iparox.), %atipa^fiog (OZ.)» Uifftuu Qßoraz.) , ^Uont^t^
iparox) u. 8. w., imnqatrig hatte aU nom. propr. 'Biu%^axfig gesohrie-
ben werden sollen,
8. Orthographie. Ingeralev schreib! M^lMlclif« (-üKt), i».
dailehu {rUtU)j colUUiciut i-ihti), obwol die eingeklammerte Eodsag
uulateinisoh ist — pimUciet ist. ebenfalls eine Dnform (sL piamiUei) —
pediiieguui ist falsche Leseart statt jm/lt^titM, und die Kone der
anUpenulHma durch Verse aus Terens und Piautas erwieaen — asa
schreibe nicht conelo und fiUHCius, sondern eoMo und tamtiuij wie es
nicht nur die Etymologie {conüo aus ea{fOpeiUia und mmiiuM ans m^em
iiui)f sondern auch die Inschriften und die besten Codices reiJaogen;
ebenso inäutiae und nicht fnduciae, infitia$ und ja nichC mit Ingenlev
inflciai (cf. faleqr) — reda, reäariui, RmUmu$ sind bekannüic^ gd-
lische Worte und, streng genommen, also nicht mit logersleT rktäm ele.
SU schreiben (vgl. Die bei Caesar vorkommenden keltischen Eigennamen
Yon 6. W. Gluck, München 1857, 8. 143 ff.); gans falsch iat die Schrei-
bung epirrkedium für epirediumf tmch pAilorAomaeuM für pAUor§mmMi
ist zu meiden — das Lexikon lasst die Wahl swischen iims und üttMtf
causa und cautsa, moundimmo, JupHer nnd JuppUer, bietet aber nv
paulus, miUe, soHemnis^ soi/ers, guaiuor, iUeroj Wico, catmi9e0, €Mh
mibium, anutui, viiUctü etc., obwol die andere Schreibung theiis dea
Vorzug verdient (guaituar, iiUera) theiis mehr oder weniger gebriodk
lieh und nicht sprachwidrig ist, daher in einem Wörterbuche angemerkt
werden muss imiiey tolen, pauiias, coniveo^ conubhtm^ annuäu) —
man findet in unserem Buche negligo und neciegOf coeium (caeium^
maereo imoereo), paene (pene)^ claudo {ciodOy cittdo) , aber nur Mei'
ifgoy sepio, poenitef, piaudo, coena — man findet prektnäo und premb,
aber nur veäemens^ i^icht zugleich tement — die Formen o^icio, abicis,
reicio, eicio, Ceieiiy reice, re/cITwerdendurchSynadresesogarzweisillug)
etc. , obwol so richtiger als mit J geschrieben wird, sind nicht beachtet,
und umgekehrt fehlen die dichterischen Formen oöjex, oöjicis etc. —
gtiaiiii, als alterthumliche Form, ist übersehen — man liest reperi
trepperOy repuU ireppuK), aber nicht rettudi, reUuti, obwol diese Ge-
mination selbst für die Prosa vorzuziehen ist — reiUguiae, niligiOf
redduco, reccido sind nicht ersichtlich gemacht — ebenso wenig reii-
cuuSf cotidie icoUüüe)f toUenij guotiem — zu haud wird bemerkt,
dass bei älteren Schriftstellern auch haut geschrieben werde, was min-
destens ungenau ist. Das Alter der Schriftsteller kömmt zunächst gar
nicht in Betracht, sondern das Alter der Handschriften; die besten Codd.
nun, z. B. des Virgil, schwanken fortwährend zwischen d u. /, und zwar
nicht blofs bei haud, sondern man liest ied und 9ei, apuä und apuif
ad und at, quid und quU u. s. w. , und ähnliches findet sich bekannt-
lich auf Inschriften. Auch in unseren Ausgaben der Glassiker aus der
sogenannten vorclassischen Periode herrscht in diesem Puncto nichts
In§er$te9f Lat-deutsdies 8cfaiilwörteri)Q'ehy aiig. v. K. Bäkler. 87S
weniger als ÜbereinstiäimiiDg; so hat Bentiey in seinem Terens Jkautf
apuif sei drucken lassen, während in der Fleckeisen'schen Ausgabe
(Leipzig, 1867) die media steht — das Zeichen p gebrauche man nie-
mals xur Schreibung echt lat. Worte; manschreibe lacrima {iaeruma\
iiiva, SHiüif ineUius iineiuius)y stilus (das Wort ist nicht aus dem
griech. entlehnt), und meide iacrpma, stpiut, spipa, oder gar oejfUil
u. 8. w. — Aus den beigebrachten Beispielen, die sich bedeutend ver-
mehren lieOsen, geht hervor, dass logerslev auch die Rechtschreibung
ohne geeignete Vorstudien behandelte, so dass er sich nicht einmal um
K. L. Schneider's äufserst schätzbare Elementargrammatik bekümmert hatte.
4. Umgrenzung des lex. Stoffes. Formen wie dixtij mr-
rexe, ietfosso, peccasso, fttxim, UceuH, sciöam, iervibo, edim, duUa,
perduitttj iiem, fUam u. s. w. findet man allerdings in Ermanglang eines
Lex. in jeder ausfuhrlichen Grammatik; aber wenn ein Lexikograph ein-
mal die alterthümliche Sprache eines Plaulus, Terenz und Lucrez zu er-
klaren sich vorgesetzt bat, dann sollte er derartige Archaismen und
Seltenheiten lieber gleich mit einer gewissen Vollständigkeit geben, als
nur einzelnes wie escii, autim, repoitutj posM, composiviy famiilai^
fnmul^ ienatt, periclum da und dort einstreuen ; jedenfalls würden jene
Formen in einem Schulwörterbuche einen geeigneteren Platz behaupten,
als z. B. die von Ingerslev aus anderen Lexicis flüchtig ausgeschriebenen
Fragmente einer metrischen und rhetorisch-poetischen Terminologie, oder
als falsche und beseitigte Lesearten, z. B. das ehemals Plautinische /ül-
muniflcui behaupten. — Was nun die poetisch-rhetorische und die me-
trische Terminologie betrifift, so war entweder eine gewisse Vollständig-
keit zu erzielen, oder es mussten derlei Kunstausdrücke beinahe gSnz-
lieh aus dem Lexikon ausgeschlossen bleiben. Mögen auch Worte wie
choriamlnu, cataieciicus, penlAemimerii, gipconew, bucoiica tome bei
Cicero und Quintilian nicht vorkommen, sie müssen dennoch in ein
Wörterbuch, das sich mit Metrik befassen will, aufgenommen und lexi-
kalisch erklärt werden. Obrigens finden sich bei Quint die Kunstworte
bacchiui und cretictUj aber Ingerslev hat sie, wie so vieles, nicht be-
achtet. Was kann es femer einem studierenden Jünglinge nützen, wenn
er Erklärungen liest vriei'epicMrema eine Art Schlussfolge — elevatio
Verminderung (das ist aber die eU^alio nicht!) — immiUatio eine
rhetor. Figur »-Metonymie (die Metonymie selbst aber wird nirgends er-
klärt !) ~ metaphora « tramUUio, und anderswo transUUio « metaphora
aber weiter nichts ! u. s. w.
5. Bedeutung und Gonstruction. Wenn es zu griech.
Worten, namentlich zu l^unslworten wie perioduSy comma, epiphora^
apoproegmena, enikpmemoj aposicpetis, kpperbatan u. s. w. classisch-
lateinische Übersetzungen gibt, als eomprehmuio verbontmy incMo,
deüiUuiiOj remata und r^ecta^ eammen/aiiOy retieeniia, veröt tram^
ffreuiOf dann müssen diese gehörigen Orts bekannt gegeben werden.
874 iM^TtkP, Ut-fkmUtfael StbirtwiffbilmlDl^ w^ v^ M,
jünd umgekefavt alnd 4ie grleehisehto Worte MstiMt^eo ^ wofioni *,
ohne selbfli m den lat SprtelMohutt diör betr. P«^io4» Itortalieh aii%i-
nomoMA ZV MiD# Iftt NeukMuflgcB oder Obdraet^vngeii ▼rtruBlateuf iMki;
man stelle deshalb lif«tyMf itt mmimiUf, iräaMttfofM» md yerfüfciwb
|M» «1 Jmwnart Ka^Xixod zu perpetumÜBj iptix^mg svr arÜßHaUi wA
ut9%vog SU UrnFtifieiaUi, nötitfii su quäiM^f ♦inf stt ^iÜMi. Jr^
z« mMaUOf M^iut tm epidtnaa^ amm^ m mßmUio ^%.w.^ mat
jUdemüta verli$nm tvird akhl blolii ttaMttd» gelifaucli% --- Mlirv
liaDd l&r sieh iMete «krank eeiiP bdd«iitiO-^l^# iol fN>e«. Meh erfüei
und BcbiUeB* -^ r^lMfe' gibt hf delr BeÜilMg «cSuffidktrMMi» deta ie-
griff der «Präposition* nicht auf — der Sinn der Horaüaniaebeo iw-
drfieke tmni tenlenteij k^iperHtm eH^üe, &po pro^mtibu e$dm and
itee pemUw belUmt Ttitfamm m'äiiut ab avoj femer das' Lneret
amii wirtf ron Ingeirslev nicht etifart — das Horat. Mf^rMtia
rammoäa (Ep. 2, t, 70) wird unflc&tig mit «beqnem^ wie das
rfcfae beqtiem fst* erkfte, und* gesagt, dass iumime hier iroittNiiea
Sinn habe, was bei einer solchen ErUSruhg der Steife offenbar ni^
der F'afI ist — bei tMdte War swischen der vermudieten Insd dies Pj-
theas und der bei späteren, u. a. bei l'aöitos Yorkommendfen Insel dieM
t^ainenr tn untemcheiden — die von Ouintüian gebraucfiten metrisches
Kunsttfusdr&cke sMtäUö und pötUid werden unrichtig durch den Zossli
Mli erklfirt Bei Quintilian ist unter poiUio nocb def scibwere and wriff
i^iattö der' sehwacbe ITacttlitefl zu Tersteben ; die Ausdrucke «^s^ nid
9i(Sii sind* von der OrchesOt entlehnt, so dass man sich eine patU»
und sUbÜUto pedi$j und niebt dne Senkung, und Hebung der Stimae
z(r denken bat. Erst später, afs der Accent die Quantität aus^ dem Yersi
mehr und mebr verdrängte, hat sich der Sinn von ar9i9 und tkeiU ii
der Weise umgekehrt, wie wfr gegenwärtig die Worte ~ anwenden. Mii
vcrgl. über diesen wichtigen Gegenstand die Metrik von Rolabach vd
Wesiphal' l.Thl. g. 4. Nicht berücksichtigt sind die Constructioneo üf
ame$ dlcipaUr, receptio vir um meumj der unpersönlich GebrMeh
von mehreren Verbiß intrans. {veniOr tto, migro >; Infinitiv oder «I
fiei' mo9 etty mori$ est, contuetudo est, par est, rectum e^t; pernio nii
dem Inf-, mit dem Accus, ohne Präposition; dtgnar mit dem Aceos
cum Inf. f und die passive Bedeutung von dignor u. s.. w.
6. Auswahl und Zusammenstellung der Wortbedeo«
tun gen. Es lässt sich nicht läugnen, dass Ingerslev in dieser Hinsieh
sich Verdienste erworben hat; wenn er auch keine eigentlichen lexikalischei
StiMlien BUc dem Zweck zu raaeheir, sdndbm wissetiiscbafUiehe Werk«
wie das von Oeorgea nur aoszuxiehen branohte^ so hat ef denilo^ wsm
grOfseren Theile das Lob veidient^ das ihm von sehr vielen Recensentei
(l«s Buches gespendet worden ist. Mfir> Bestreben, die Bedenfungeii nichi
ohne Nolh. zu vervielfachen, und sie übersichtlich einander bei- und
uuler«uordnon, will auch Hief; mit- gebührendem Lebe- li«PVOrg«bebei
tn0er$te9y Lat-^eufsoHai SdialiHMerMRAi, aig. v. JT. IHilder. 875
habe»; aber avcih nur tfa» Bi^tTtsbeiiy da Ingenlev die Sitcfre fm Ver-
gteieh mit anderen Letilograpbeii bSitfig niebt gebessert bat. So ist
(um die Riebligkeil der gemadrleii Ansnalime bo beweisen) den Spraeb*
forsebern bekannt, dasa atis Adverbien PriTposhlODeir, vnd niebt aus Pf S-«
l^Hlonen Adverl^e» entstanden sind; xm^e, hartCöv, €frtitrti, HtttäTf
nüebst, wegen fr. s. w. sind prime loe» Adrerbten «der adverbiefle casnsy
altero )ooo PrSposWenen , ntchV vmgekebrt. GetMrgea Ist dieser BegrHfs*
entwiekelung ricbllg gefolgt^ indem er ptne^ pfaeNr, prope^ pfüpur
ti. s. w. aueret als Adverfiien tfnd bemacft aVa Prfiposillrotten Bebindelt
Dagegeo aelgt ons Ingersler jedeanal die Prlpesition vor dem JIdverb,
weil er eine eben so klar« als wiefilige SpraeberscbemiBg «iebt er-
kannl bat«
7. »ei^e'vebnvng dea Varkemme^a ^tt Formen, com"
prmmtfr^ HtfMM&i HmiefkcfUtf, iMereepm, iitktp&r, mttf^tm^iBuiiim^
iniemtw Im^i^'h HUPoaueiio, imirmmtfo, ftun^reOrör, rmio^ dM#-
fißfpm, iHfOätM, . . . komme» mir an je einer einsigen StefVa "^or^ wer-
den aber nioM als 8>al€l^ F^rwe» (sag. Ararg Jayipnnfc^ mit einem
Slemcben bezeicbnet —sanüßki, welebes Wori bar Tae-. vnd fl^aieren
▼orkoannt, ist ala aHgamaiH M. bezeiefancl -- peretipi» kdmmt niebt
hMif bei Vkmt, aondefb ämtt bei Tir. nnd L«er. tm* — iOnarml» ist
paetiaob — dntenH mN? der Vsdenittng einer grefse« 2abf st nickt all-
gemein laVr -^ cmnmuf iaf poetisch — §eNäi&r eg$a$r steCtf niebt blela
bei Diebten^ es sCeM auek iar #er Gertoaaai^ dea Tac. -^ «fie ffedlratQng
«ansammefisebnffren^ tos Httnpo ist mebt bMi poetiseb-; lAerbaupl ist
bei d^em Terbun die* Qktteraebeidung ütf Stifgatttittgeir verfehll , nnd
Herna- sagv nfeb«» raifv pMfam aondem praeetsnmf rem HtH^ta-^ ire
M laermmf, Ire ttag^ narmr , Hque redüt^m^ tfanf m r. w: wetdcn ton*
Ingerslev niebt- dir poalisclle Recbwciaefr bezeiehnef — peffekm ietium
sind nieht allgemein, sondern nur bei Dicbtern gebraucMieb« — Ea
liefsen sich noch manche Belege beibringen um su zeigen, dass die
Warte «nd l^e Gamtnicifoawn ntteb 8|vaebepoelMn , SÜgattiingeii' und
fHofigkelt dbv OebnwreHe» niebt mitf entsprechender Sargf^l^ gescfafeden
sind. Ganz unzweckmälsfg , Tasfig und (wfe obea bemerEtX tfiailweise
sogar ialsch ist die Bezeichnung der «aus fremden, hauptsächlich der
griiBcfiL SpUDofae* aa%eM>aamenan> Waato.. WHuk m» eina«a Woale bei
richtiger SabaeÜHing p-y ek^pA, Af M, odet in» Anlkute x^. pm^ cl, pf^
tm^ iä atiBia. (ayaiftt>. ekmmk^ plOhMopktUf nmotkmmy am», aifa/lff,.
ptaUa XL a;, w^^ an iatt dio ftamde HiniLuiift im dfeB Bagek hiaUiigXieh.
aBeadanItotp waan da^nacfr das ZaictteK-f^ t HtfcbateMi kana tum «»•
gekafiri a^ Bi. bei* puiekte baaasifcc», dass^ dier Eaanc aogaacbM daai rJk
imM. aua: einer fremden Sfrariha anthetmi ad.« Oad asf. dia« grtaah^ Ab^
kaott detr Namen MHUädePy FmMkPy äoiMnm u.. & w.. baauobt« dbeh.
wahrfich nicht enk auüBMiksam gamacbt. vl werJen. Die^ Beseäabnung
iit ubafdiea niaht einmal aoMetpieiikdurdigefukrtf bekanmiick iatiM»
876 Mtieöiiuekf Musteratucke etc., ang. ▼. JC. Be$e*eL
mida i'POftag) griech., Carihago semitUofaen, redo and peianiütm nd
celüscheo, Sigimenu^ Tuisco, CAeruscus, Ckatti germanischen ünprup»
und gleichwol haben sie^ wie viele andere, den Schmuck dee Kreues
nicht erhalten. Statt den Raum eines Lezikona mit derlei Zeichen ▼oD-
xustopfen, könnte man, um ein Beispiel zu geben, su niclit unerheblicher
Förderung des Sprachstudiums jedem Buchstaben das wicliligste ans dir
Lautlehre vorausschicken, und etwa beim Buchstaben 9 bemerken: Ist
9 entspricht dem griech. spir. a$p, {ßocer und inv^g, 9ex and H\
dem griech. 9 in roia ifodQif), dem griech. t im entlehnten Sagtmäm
{Zanwdvg), SS im Inlaut dem t entlehnter Worte (cf. arxim^m und
aiiicisso, %a(uiim und camissor) ; es ist abgefallen in manchen Eodui^gen
(cf. igv^Qog und ruder, ayQog und Offsr), im Inlaute (jnmo sL pasms,
Tiden, remus st. resmus, diripio); in- und auslautend geht es oft in r
über ißiribeo aus dis-äabeo, homris aus Manosis, arbar ans crftesV
ist aus t entstanden in Formen wie morosus, anima9U9 (cf. ayc|»otvToc)
(ensus, pulsus; wird von alteren Dichtern in den kursen Endungen b
u. &s elidiert {UUerali* dolofy lapsu* repenU); Jf ist aus x entstandeo
in lassus (cf. iaxus); us macht den vorhergehenden Vocal lang {cimst
lautet griech. ni^vcaQ, patens lautet notrivg).
Die obige Beurtheilung des Ingerslev'schen Schulwörterbuches ist
aus dem zweifachen Gründe streng ausgefallen, weil der Verfasser, ohoe
eigene Vorstudien zu machen, aus den muhevollen und vieljahrigen Ar-
beiten Anderer seinen Gewinn gezogen hat, und weil sein Buch , obwol
OS zum Schulgebrauch bestimmt ist, dennoch die Spuren der Fluchtigkeit
nicht verkennen lässt. Hätte Ingerslev selbständig geforscht, dann wäre
es billig, die Mängel der Forschung mit Schonung anzudeuten; da dies
aber nicht der Fall ist, so wird der ausgesprochene Tadel um so ge-
rechter, ja um so nothwendiger sein, als ein Theil der Gelehrten und
Schulmänner dem Buche ein übermäfsiges Lob zugesprochen bat
Wien. E. Haider.
Husterstucke und Erläuterungen für die Hittelstufe des Sprach-
unterrichtes von K. Tb. K r i e b i tz s cb , Seminar-Lehrer in Halber-
stadt. 8. (245 S.) Glogau, Karl Flemming, 1859. — 20 Sgr. oder
1 fl. 40 kr. ö. W.
Wir haben wenige Bucher gesehen, die in so schlagender Weise
den Lehrberuf des Verfassers darstellten wie dieses. In einer wahren
Flut von derartigen Erzeugnissen, die die Aufgabe des deutschen Un-
terrichtes um keinen Schritt der Lösung näher bringen, dagegen wol dem
Auge des Suchenden eine werthvoUere Erscheinung verdecken könnten,
verdient das vorliegende Werk eine besondere Beachtung und die freu-
digste Anerkennung. Es ist offenbar für die Bildung des jungen Lehrers
bestimmt, wie denn die amtliche Stellung des Hm. Verfs. ihm gerade
diese Aufgabe zu stellen scheint: natürlich kommen dann die Früchte
der Jugend selbst zu Gute. Wir haben in dieser Zeitschrift (X. p. 187 ff.)
. Briebiiuek, Musterstucke etc., angv v. iT. BHekei. 877
über das \ewa der deutschen Classiker auf Gymnasien einige Bemer-
kungen und Beobachtungen niedergelegt und finden in diesem Buche die
gelungenste Ausfuhrung des dort nur angedeuteten. Ja noch mehr, der
Verf. macht es uns durch seinen Vorgang klar, durch welches Verfahren
wir Oberhaupt im Stande sind, die Schätze unserer Nationalliteralur den
jungen Oeroüthern recht eigentlich xuzuführen und in ihnen die Empfin-
dung für das wahrhaft Schöne zu wecken und zu fördern, d. h. nach-
zuweisen, worin allemal die besondere Schönheit eines Gedichtes liegt,
oder durch welche Mittel der Dichter auf uns zu wirken sucht. Wir
wissen, dass dies auf recht pedantische Weise geschehen kann, die dann
aber auch gerade zum entgegengesetzten Ziele fuhrt Hier lernen wir i
die wahre Methode, die eben nur auf der besonderen Fähigkeit des Lehrers
beruht, sich in die Herzen seiner jugendlichen Zuhörer hinein zu denken.
Schon die Auswahl ist eine ganz vortrefifliche , und die Anordnung so,
dass gewöhnlich mehrere Musterstucke gleichen oder verwandten Inhaltes
zusammengestellt, sich gegenseitig erklären und erginsen. Dann folgen
jedesmal Erläuterungen, die dem Lehrer die Methode zeigen, wie das vor-
gesetzte Musterstuck erklärt werden könne, wie man es ferner für den
deutschen Unterricht verwerthen mag, so dass also namentlich überall
Themata zu schriftlichen Aufgaben abgeleitet oder auch Winke gegeben
werden, durch welche Abänderungen des Stoffes oder des Standpunctes
der Betrachtung eine neue Erzählung zu gewinnen ist, mit welchen Va«
riationen man also etwa die Nacherzählung des gelesenen veranlassen könne ;
endlich finden sich oftmals biographische Notizen Ober die Verfasser der
Gedichte angeschlossen , wie ober Lessing, Bückert, die Brüder Grimm,
Hölty, W. Moller, Dhland, W. Wackernagel, J. Kerner, Heine, Hebel, Geliert,
Schenkendorf, Hauff, Claudius, Burger, G. Schwab, L. Schefer, Platen,
J. Moser, Klopstock, Lenau, Schiller, Goethe, Freiligrath etc. Da nun
solche Notizen zugleich mit dem genossenen Gedichte dem Schüler ge-
boten und öfter wiederholt werden, so gewinnt er auf diese Weise ein ganz
hübsches literar-historisches Material, das aber darum kein todtes wird,
weil es sich immer mit lebendigen , tiefgehenden Eindrücken verbinden
kann. Hin und wieder finden sich auch andere Nachrichten über Ent-
stehung oder besondere Schicksale eines Gedichtes mitgetheilt, wie zu
den beiden köstlichen «Nachtliedern* Goethe's die Erzählung des Besuches
des 82jährigen Dichters auf dem Gickelhahn bei Ilmenau, wie er noch
einmal das dort mit Bleistift geschriebene Gedicht lesen und all das ver-
gangene sich vergegenwärtigen wollte. Kurz, es ist überall gerade das
gewählt und darauf hingewiesen, was echte Nahrung für die Jugend ist
und bleibt, die Poesie der Jugend ist glücklich empfunden und auf die
rechten Wege geleitet, und es muthet uns aus dem Werkchen ein warmer
herzlicher Ton an , der den Lehrer selbst für seine Aufgabe begeistern
kann. Diesem wird das Buch unmittelbar für den Unterricht in den Dn-
tergymnasien dienlich sein können, insofern es gerade den für diese
Altersstufe abgemessenen Lesestoff behandelt, mittelbar ist es aber auch
%7& PiM$eMih %9Qgt. Lei.tWco, ang. v. i. fiMUmutfr.
der iH^m im Qbergymn^tuni UMniith 4iirfh ^to awvgead« «d
dvoUu« gKiekUcba B^bAiidluog dei w Grunde getegleft 8to0e«. Om
sind di« erslü» der EfUutemog gewidoietin AJ^aehnttte aück bis nid
wieder etwM breit, so binde! uns ja niebte » auch nneere ErklanagiireiN
80 einauricbteif dea guten und wahrhaft brauchbaren iai troUdeoi rechl
Tiel in dem ftuohe au finden uud wir wüoaeben ihm deshalb eine rcebi
weile Verbreitung und fleilaige BenuUung.
Wien. I>r« K. ReiebeL
Leitfaden beim Lesen der geographischen Karlen.
Für die erate Classe der Gymnasien entworfen Ton h Ptatcbaik,
Lehrer am Gymnasium der k. k. Theresianischen Akademie. Zweita
Auflage. VII u. 7t S. kl. 8. Wien, Fr. Beck, 1S61. — 18 kr. ö. W.
In den aeeba lehren» welche swiachen der ersten (in Jahrgange
1864. & 785 angezeigten) und der sweiten Auflage verflossen sied, hat
der vorliegende Leitfaden im Lehrstande sich einen Grad von Anerkes*
nung erworben> der aeine Einführung an mehreren Schulorten aur gutes
Folge gehabt hat Pie entsprechende Behandlung der topineben Gce-
graphie, die kein trockenes Anhäufen von Namen acägt, sondern des
besohreibenden Tone sieh angemessen nihert, ist sicher eine der
Hauptursachen seiner wohlbegrundeten Anwendung in der Pniii.
Die Gebrechen, auf welche der Veriasser theils durch die Bemerknsgea
der Fachgenossen, theils auf dem Wege der eigenen weiteren Erfob>
rung aufimerkaam wurde, erscheinen gröfstentheils behoben, so di«
die nunmehrige Ausgabe eine wesentlich verbesserte genannt werdes
kann. Wenn noch Stellen vorhanden sind» welche der Schreiber dietir
Anxeige gelungener gegeben wünschte, se sind es gewisse Definitieoei
in den Einleitungsabsohnitten, besonders in Beaiebuag auf die Ausdriek«
für die Bodengestaltung, Zum näheren Verständnisse nttgea ein paar
Stellen angeführt werden. «Die einfachste Form der £rbebunf'i
schreibt Hr. Ptaschnik, «ist der Berg etc.'. Hier würde richtiger ssA
wahrscheinlich dem Sinne des Hm. Verfassers entspreeheMkr statt «eia«
facbste* gewi^hnliohste su setxen sein, denn ein Ber^ bann eben
so gut eine einfache (KegeU, Halbkugel-, Rücken- ete.) Fonn haben, als
eine zusammengeaetate, und die letzte ist sogar die Regel, wahrend eine
einlache Gestalt zu doi Ausnahmen gehört. -- «Eine Reihe neben-
einander liegender Berge beifst Bergkette, Gebirgakelte» Gebirgt-
sug*. Eine solche Reihe nebeneinander liegender Berge ist eben sieht
mehr als eine Bergreihe, die Kette aber entsteht durch eine Reihe
mit einander v e r b u n d e n e r (d. i. verwachsener) Berge, se wie
aus der Berggruppe (einer Anzahl zerstreut neben einander liegender
Berge) durch Verwachsung der Stock oder die M a a s e hervorgeht —
Geht man von der Elymologie des Namens Alpen (» weiCse Berge)
aus, so sollte man statt einer bestimmten absoluten Höhe (Sr. ftaacbnik
Piateknik^ geogr« Leillad««, ang. t. A, Steinkauser. 879
DiflHDt lOytOO' an) die BHitbniig Inner die ^nme des ewigen Schnee«
#1« cfaArAkteri80he9 Medimal feetseCxe«. i« unseren Gegenden gebraudit
mm scIuMi l>ei der Erhdl^img ii die KrammMcreglon den Ffamen Alpen,
und würden bei uns erst Gebirge fiber 10,00(^ das Alpen 1 and aus-
maeben, so konnte man s. B. Oesterreieh, Steyennark, Krain nidil als
Al^nlander ansehen, was der faelisehen Benennung gana zuwider wäre.
— Der Ausfiruok Niederung ist rein relativ und hat in der Nomen-
clatur der Bodenplastik keine Bedeutung. — Warum darf ein Land-*
r ü e k e n nur aus einer Tief ebene auf s t e i g e n ? Es ist dies der
Ausdruck für jene Erhebung eines flachen Bodens , die im DurchschniUc
einen sehr shimpfen Winkel macht und daher nur durch den Wasser-
ablauf merklich wird. Ob diese Form auf einer Tiefebene oder auf einer
Hochebene erseheint, ist ganx gleichgfltig. — «Eine Hochebene erhält
(schreibt Hr. Ptaschnik einlf;e leiten später) m% Pezpg auf die Form
ihrer Oberfläche noch ai^lere Kamep: al< ISügeUand, Bei^landi Plateau
(Tafelland), Hochland.* Hier findet sich eine Begriffsverwirrung, in so fern
Ausdrücke für die absolute Erhebung (Hochland) Ausdrucken für das
allgemeine Gepräge (Hügelland, Bergland etc.) gleichgestellt wer«
den. Wie kann eine Hoeh ebene zugleich ein B e r g 1 a n d sein Y Jede
Hochebene ist ein Hochland, aber nicht umgekehrt Das Hochland von
Seandinavien ist keine Hooh ebene. Die eben angedeutete Trennung
der BegrifilB schliefet die Zusammensetzung nicht aus; die Ausdrücke
Tiefland, Stu£enland, Hochland lassen sich mit den Namen für die Plastik 9
Ebene, Flachland, Hügelland, Bergland, sehr gut verbinden, und es wird
dann nebst der eharakterisehen Form des Gepräges auch die Erhebungs-
stuüs angedeutet Hoehebene und Tiefebene unterscheiden sich (alle
Nebenerscheinungen aufser der Grundform abgerechnet) nur durch die
Vefvehiedenheit des Niveaus. Ist manche Zusammensetzung nicht ge-
bräuchlich und getraut man sieh nicht einen ungewöhnlichen Ausdruck
einsufiikren, so Jässt sich der Begriff mit ein paar Worten umschreiben,
obne duß System umzustoßen. Auch in der Hydrographie kommen noch
einige Mängel in der Schärfe der Begriffsbestimmungen vor. Eine Menge
kkkioer Gebirgsseen, welche weder Zu- noch Abfluss haben, m&ssten
naeh des Vor fiissers Definition zn den Steppenseen gerechnet wer-
den, "m-. Die Nehrungen sind Gebilde der Meeresströmungen, nicht
der riüfse } welchem Flasee wäre die kurlsche Nehrung zu verdanken,
Od^ der Putziger WyokI -^ Der BegvilP der Lagunen ist einer
SpeeialC^rm entnommen und passl nicht auf diese Ersoheinung im Grofsen,
z. B. den Pamlioo Sund. Lagunen sind Strandseen (oder Strand-
sümpft), die mit dem Meeee durch ölfoungen der Dünen in Verbin-
dung stehen.
Zum Sehhisse kann ich nicht umbin , das hei der ersten Anzeige
des Werkt» ansgesproehene Bedauern, dass das hier vorliegende Büch-
lein ziemlieb allos umfasst, was im Ontergymnasium Ober Geographie
gelehrt wird, nun nach sechs Jahren zu wiederholen, um so
880 Crmaof*9 geogr. TabeUeo» äug. %. J. ^üückmik.
mehr, als milUerweile gegründete Hoffnung ▼örhanden war, dem Ge^i
Stande die allseitig erwünschte gröüsere Betheilnog sugeweadet
sehen; allein die Verbindung mit einer lurüekgesogenen anderweitii
Änderung im Plane hat auch das Untertauchen jener Verbessenmg u
sich gesogen; nun steht es dahin, ob und wann der Versuch genta
werden wird, aus der versunkenen Oallone den prameditierten Anthdl (
geographischen Unterrichtes heraufxufördem upd damit dem praktisel
Bedürfnisse Genüge xu thun.
Wien. Anton SIeinhaos er.
H. Grautoff's geographische Tabellen für Gymnamn m
Bürgerschulen. Neu herausgegeben von Dr. Ernst Deecke, ?n
fessor am Gatbarineum zu Lübeck. Siebente , durchaus benehligj
und vermehrte Auflage, gr. 8. (68 S.) Lübeck, Priedr. Asscbe
feldt. 1869. — 18 Sgr. oder 1 fl. 26 kr. ö. W.
Die Einrichtung dieser Tabellen (32 Tafeln) ist folgende: Zue
geht eine allgemeine Einleitung voraus und enthalt auf Tafel i in d
Rubriken : der Erdkörper , die Erdoberfläche, die Erxeugnisse der En
die Bewohner der Erde, in kursen leicht lesbaren Sätzen das, i
man gewöhnlich unter der Bexeichnung «Vorkenntnisse aus der 6c
graphie* in den Compendien xu finden pflegt Tafel % stellt eine i
gemeine Obersicht der Weltmeere (Namen der Weltmeere, Lage, ei
xelne Theile) und der Welltheile (Namen und Lage der fünf Welttbeü
Qröfse, Einwohnerzahl und allgemeine* Eintbeilung) xusammen.
Mit Tafel 3 beginnt eine Übersicht von Europa nach den Rubrike
Meere, Meerbusen und Meerengen , Gewässer des Inlandes , Höhen m
Tiefen, Klima, Producta, Einwohner, europäische Staaten und HaB|i
Städte. Daran reiht sich eine specielle Beschreibung der einzels
Staaten Ton Europa nach den Rubriken: Grenxen, GröCse, Boden n
Klima, Gewässer» Producte, Einwohner, Industrie, Verfassung (Regicna
Staatskräfte), Landestheile und Städte; dieser Beschreibung sind i
Tafeln 3 bis 14 gewidmet In derselben Weise wie Europa sind Asi<
Tafel 15 bis 19, Afrika Tafel 20 bis 24, Amerika Tafel 25 bis 30 b
handelt; Australien hat die Tafel 31 mit den Rubriken: Lage nnd G
Wässer, Boden und Klima, Producte, Einwohner, Industrie , Haopt^eiJ
Tafel 32 enthält die merkwürdigsten Seeörter in und nahe bei EofOf
Offenbar ist der Stoff in den Tabellen in dner Weise geordi
und behandelt, welche einen selbständigen, von dem naturgeschid
liehen, physikalischen und historischen Cnterrichte gans unabhaDgi|i<
Lehrgang in der Geographie voraussetzt; dies glauben wrir anck ai
der in der Vorrede beigefugten Eintheilung in drei Lehrcurse xa e
kennen, wonach für den ersten Tafel 2 bis 4, für den xweiten Tafel
bis 14, für den dritten die übrigen bestimmt sind. Denselben W<
schlagen bekanntlich die meisten Compendien ein, und Lehrern, weld
Graui^$ geogr. Tabellen, ang. ▼. J. PiaHJMk, 861
nach dieser Methode vonugehen haben , ist hier die Wahl gestellt
zwischen diesen Tabellen und den Compendien. Ref. bedauert , dass in
dieser Auflage die Grunde nicht angegeben wurden , welche den ver-
storbenen Grautoff veranlasst hatten die Form der Tabellen zu wählen.
Es müssen rein psedagogische und methodische Rücksichten ihn hierbei
geleitet haben, da er der sogenannten wissenschaftlichen Methode, welche
sich in den Compendien geltend macht , so schroff entgegentritt. Wie
dem auch sein mag, eine unbefangene Prüfung der gewöhnlichen Com«
pendien und dieser Tabellen wird jeden, der einige Erfahrungen im
Schulleben hat, zu dem Geständnisse fuhren, dass diese Tabellen einen
evidenten Vortheil haben, nämlich den der leichten und bequemen Ober-
sicht des Stoffes. Was nun die Diction betrifft, deren dürre Form man
beanstanden könnte, so dürfte eine genaue Erwägung der Sache am
Ende dahin fuhren, dass beide, Compendien und Tabellen, einander
hierin nicht viel vorzuwerfen haben, und wenn die Compendien auf ihre
sogenannte wissenschaftliche, streng logische, in Hauptstücke, Abschnitte»
Capitel, A, a, tt g. etc. eingeschachtelte Systematik pochen, so können
die Tabellen in ihren anspruchslosen Rubriken mit der Versicherung
zufrieden sein, dass ihre Rubriken in der Praxis einige Bedeutung er-
langen, während die logischen Divisionen jener vollständig ignoriert
werden müssen , damit kein logisches Onheil der Jugend widerfahre.
Mit Berücksichtigung dieser Omstände gebührt diesen Tabellen sogar
der Vorzug vor den Compendien. Dass bereits eine siebente Auflage
derselben erscheint, beweist, dass sie in den Händen der Lehrer sieb
als zweckmäfsig bewährten. Und in der That sowol in Betreff der Aus-
wahl des Stoffes, als auch was die Richtigkeit der Daten im allge-
meinen betrifft, verdienen diese Tabellen lobende Erwähnung und die
Bezeichnung «berichtigte und vermehrte Auflage' ist ganz gerechtfertigt
durch die Sorgfalt, welche namentlich den aufsereuropäischen Ländern
gewidmet ist.
Ref. wollte vor allem durch die Oegenüberstollung der Tabellen
und Compendien auf den relativen Werth der ersteren hinweisen ; die
Frage über die absolute Brauchbarkeit derselben mit Rücksicht auf die
bedeutenden Leistungen in der Kartographie und die hierdurch vielfaoh
modificierte Methode mögen diejenigen beantworten, welche mit diesen
Er^oheinungen vertraut, diese oder ähnliche Tabellen bei ihrem Unter-
richt zu Grunde gelegt und Erfahrungen gesammelt hatten. Ref. muss
demnach von Fragen, z. B. in wie weit die in diesen Tabellen einge-
haltene Methode geeignet sei, die Anschauung und Einprägung des pla-
stischen Reliefs der Erdoberfläche zu fördern, ob und wie das plastische
Relief benützt werde, um die Erlernung der vielfach schwierigen poli-
tischen Eintheilung (wir erinnern beispielsweise an unsere 35 Bundes-
staaten) zu erleichtern und zu sichern u. s. w. ganz absehen, und fügt
schliefslich bei, dass an den Gymnasien Österreichs auf solche Tabellen
ZeiUchrin f. 4. 5»t«rr. O/miiAt. IgSO. XI. H«fk. 60
889 UmiiB, Synopsis der Pfalurgesdiiehtc, ang. v. A! B Beller,
i« jenem Stadiatt des geograpliiseheD Onterrichtes iq reflectieren \
wo e« sieh darum bandelly die Ergelmisse des hlstoriBchen and
graphischen Unterrichtes so einer Obersieht des gegeDwSrilgen
Standes eq vereinigen.
Wien. J. Ptaachnt
Dr. Job. Leunis, Synopsis der Naturgescliiclile des Tb
reiches. Ein Handbuch fÖr höhere Lehranstalten u. s. w. Zw«
gffnilich umgearbeitete nnd vermebrle Anflago mii nahe an 1
Abbildungen, gr. 8. LXVi «. 1014 S. HaMOTer, Habn'seha
buchhandliuig, 1860. — 4 Tblr. 20 Sgr.
IHe zoologischen Werke des Hrn. Vf's. haben allenthalben und
sonders in Osterreich eine Tcrbreilung gewonnen, die aAein ic\MKi l
reichend ist imsere ganze AufmerlKsamkeit für sie In Anspruch
nehmen. Die «Schul-Naturgesehfcbte* und der «Analytische Leitfa^
sind vorzugsweise in unseren Schulen verbreitet, vireil sie wiedeiboll
branchbare Grundlagen für den toologtscben Unterricht beieic
wurden , nnd es wird sich wol der Mühe lohnen , die Ursache d
Brauchbarkeit hier naher tu untersuchen. Für ans liegt sie. bei
diesem Gegenstande in den oberen Classen zugewiesenen Zeit, zuol
in der zweckmafsigen GedrSogtbeit und Obersichtlichkett des Lehrsti
Ohne wesentliche Lücken im Allgemeinen bietet diese dem Lehrer
Schuler verlässliche Anhaltspuncte, das Gebiet des Thierreicties nach (
bestimmten Methode zu durchwandern, und lässt Spielraum genug,
sich der Lehrer, an die Schlagworle des Leitfadens haltend, in Ein;
hciten ei^ebe, die zum Verständnis des Ganzen nöthig sind. Das
auch der Grund, warum Schmarda*s Grundzuge der Zoologie, denen
in wissenschaftlicher Beziehung unbedingt vor Lcunis den Vorzug g
wurden, ganz abgesehen von den wol nur durch die übereilte Abfas
und rasche Herausgabe entstandenen Fehlern, an unseren Gymnasien
mit Vortheil verwendet werden können. Sic sind zu weitläufig in
Beschreibung der Classen und Ordnungen gehalten und gehen auf e
mit Anschauung verbundenen Unterricht in der Kenntnis der Oattui
und Arten gar nicht ein. Des AusYassens und Hinzufügcns war
Ende, wollte man mit diesem Lehrbuche einen nur einigermafseD
friedigenden Erfolg erzielen. Nach Entfernung von Burmeister's
Schmarda's Lehrbucher aus den Schulen wurde Leunis und Giebel's Zoo)
in unseren Gymnasien als Leitfaden gestattet, und obgleich Gieb
systematischer Anordnung und in einer richtigen Beschränkung des L
stoflfes Leunis nicht nur gleichkommt, sondern ihn in ersterer Beziel
bei weitem überlriflfl, konnte dem Lehrer, welcher sich mit der an
seren Gymnasien zu lösenden Aufgabe vertraut gemacht hatte, kaum
Zweifel bleiben, weJches Buch er wählen solle; denn Giebel hall
seinem Lehrbuche die Naturgeschichte des Menschen wegzulassen für
leuniij Synopsis der Natargescbichte, «og. v. iC, ß, ßiUer. 883
befunden, und doeh kann delr wohlmeinend« Lebfer bei dem Emstaudei
dass sicherlicb kaum 6 Procent aller Gymnasiaetea naturbistorischa Stu-
dien später an der Boiehschule matshen, dieses wiobUge Capüel billiger-
Weise flieht übergehen, und was ersetzt ihm dae Prolotyp eines orga-
nischen Wesens, wenn er vom MeMcben oicbt ausfubrlicb reden soll? —
Wir begreifen hsebl gut, warum bedeutende Fachmänner so oft sich ge^»
gen Jeden anderen Unterricht als den elementaren in der Naturgeschichte
an Gymnasien ausgesproehen und wiederholt darauf hingewiesen haben»
dass sie an der floehschule dann gegen Irrlhümer su Felde zu ziehen
und falsch geiebries sa berichtigen hSUen; aber wir sind dennoch nie
ganc ihrer Meinung gewesen und haben auch nie so schwarz gesehen^
dass wir diesen Ansiobten hätten unbedingt beistimnen können. Denn
einerseits sind die Lehrer der Gymnasien meist doch die Sohüler dieser
Hockechulea und werden, wenn sie rechtes gelernt haben, nicht dann
fUscbes lehren; und nehmen wir an^ ee sei im schümmsten Falle am
Gymnasium gesagt worden, die Bewegung werde nur durch Muskeln be*
werksteUigt, ohne der Sarkode und der Flimmerorgane zu gedenken, oder
man hätte mit Leunis die Rädefthiere bei den Infusorien statt bei den
Gliederthieren oder Würmern abgehandelt, so sehen wir noch immer niclit
ein, warum dies schon ein gänzliehei Verwerfen des naturgescbicbUicben
Onterrichtes an Gymnasien wünsohenswerih erscheinen lassen sollte. Um
aber auf das Oapitel: Der Mensch» zurückzukommen, so fragen wir:
Darf nur der Medidner oder der Candidat für ein naturhistorisches Lehr^
amt wissen, wie schön ihn der gütige Schöpfer gesohaffen und was er
elwa tu thun und zu meiden habe, um dieses schönste aller Gotteswerke
Igehörig au würdigen? Darf der Priester» der Jurist» der Beamte nicht
wissen, wie die Wohnstätte der unsterblichen Seele, die er so oft richtig
verstehen und beurtheHen soll» aussieht? Kann er mit der Seele ^wa
allein yerkehren, und wird der Riehter den Labioen verurtlieilen » weil
dieser ein Unglück niobi verhütete^ wozu er ein Paar gesunde Beine ge-
bravcbt hätte? Wir sind wenigstens der fest^ Dbeneugung» dass man
^er zum Leben beranreifendea Jugend keinen gröCiereo Dienst erweisen
kaon» als wenn maa sie» so wie es ihr Alter erladbt» den Menschen ken-
nen lehrt Tausend Verkehrdieiten im Leben der niit der Natur ihres
Korpen ganz Unwissenden werden unterbleiben» und die Fruebt, dieser
wem auch spärlioheB Saeit kann keine «ndsre als eine gute sein.
Deshalb haben wol auch viele und gewiss nicbt die minder be-
rulenen Lehner der Naturgeschichte an Gymnasien zu Leunis' Leitfaden
gegriffen* Gewiss kennen sie die Mängel dieses Buches, aber wekbe
Wahl bUeb ihnen twiseheii Giebel, Leunis o4er vielleicht Eichcjlberg;?
Letzteres ein Bueh, das für unsere Schulen, uogeaebtei grofeer Vorzüge»
in einem Gapitel zn vid» in dem andern m wmig für uns enthiä^ ^^
Welche Wahl baHen sie? Fast keine. — Dies ifk also der ttrund« warum
Leunis bei uns so sehr verbreitet ist, und weil er es ist, so wollen wir
60*
894 IfMri^f Synopdfl der Naturgescbiehte, ang. y. H A Aelter.
mm anf die Grandleee aOer feiner loologiselien Werk«, auf aetae Sy-
Dopsia elwaa nilier eingeheD.
Tor aDeal bedauern wir, daaa der Br. VC. die froiiere Beapredmg
setner Sdmlnaliirgeaöliielite in dieaer Zeilaelirift*) nidit geleaen od«
Qieht beachtet hat |< denn mit AosnahaM deaien» daaa er dem Hydrardna
in dieaer neuen Anagabe aeine richtige Stellung bei den Cetaoeen aawicf
nnd die Ridcrtiiiere heranf in den Würmern nahm, iat allen andere nn-
haldMtfe atehen gdilieben. fan Schnlbnche war ea einfadi sa tadein, weil
ea nichts fidsches lehren airil, in der Synopsis aber iat ca doppelt n
laddn, weil ein WerlK dieaea Umfuigea aich nicht mehr aut der gdbo-
tasen Kirae entschuldigen kann, weil ea eben ala Handbuch den. If ach-
selilagenden fiber nichta im Zweifel lasaen, noch weniger aber in einen
imhnm befugen aoH Der Crzengang a. B. spricht am Br. ?£ noch
immer daa Wort nnd fragt auch hier wieder t Wie koaual die Krita-
milbe nnter die HantY ProL Dr. 0. Schmidt hat anf dieae Frage berdia
geantwortet — Was uns aber an der Synopsia am meialen eine Mia-
bilHgung au Terdienen acheint, iat die von Leunb in allen adaen Wer-
ken featgehaltene Syatematik. Er selbst rechtfertigt sie auf S. IX der
Yorrede, aber wie wir leider geatehen müaaen, nicht befiriedigend ; dena
dea Beatimmena wegen brauchten die Ergebniaae der neueaten Forschoa-
gen nicht aufgegeben an werden und ein analytischer Schlusael Usat sieb
noch immer anbringen, ohne daaa Mollusken, Badiaten, Polypen und In-
fusorien unter sehr vagen gemeinaamen Merkmalen in einea
Kreia auaammengedringt werden. Der Hr. Vi legt in aeinen Arbeitea
daa grolate Gewidit auf deren Werth Inr beackreibende Nator-
geschichte (Vorrede S. Q und Niemand wird diesen Terkennen wottea;
er Terzichtet gleiehaam aelbat auf den Namen eines Syalematikera, naä
doch geht er aeinen eigenen Weg auf die Gefahr hin, mit den neueataa
Forschungen in Widerapruch au gerathen. War der Hr. VIL der rvA^
filtigen Gliederong neuerer Systematiker abgeneigt, warom folgte er
nicht Guvier'a berühmtem und für alle Zeiten werthYollem Syatemf
Alles dieaea erwAhnen wir, weil die grofse Brauchbarkeit der Sy-
nopsia und der begrSndete Ruf des Hm. Vf's. dadurch entachieden ge-
wonnen bitten, indeasen geatehen wir doch mit Vergnügen ein, daae wir
deraeit kein Werk kennen, daa trota alledem aich durch aolche VoO-
atandigkeit auazeichnete und daa ein so Tortreflliches Nachachlagebock
wäre, als eben diese Synopsis von Leunia. Wer nicht über eine grolie
Bibliothek verf&gen kann, dem ist dieaea Werk sieber ein zoologischer
Hausacbats, und Lehrern der Naturgeschichte dürfte ea in den mdttca
Faien ziemlich unentbehrlich aein. Der Hr. Vf. hat mit unaa^iekcr
Muhe die Brauchbarkeit dea Buches dadurch au erhöhen geaucht, da«
er die etymologische Erklining aUer zoologischen Namen beifügte, wo-
durch er sich viele Lehrer aioher zu grofsem Danke Torpflichten wiid,
*) iahrgang 1856, Seite IM u. f.
B. BarMi, die Tropeniv'ett , ang. v. JT. A BeUer. as5
und dass er in seinem Thierkalender und in ' seinen Obersiehten der
Thiere nach ihrem Nutzen und der schSdIichen Insekten nach ihren
Nahrungspflanzen werthvolle Zusammenstellungen machte, welche die
näheren Beziehungen zwischen Thieren und Pflanzen ansehanlioher dar-
stellen. Nicht minder werthvoll Ist der literarische Naefaweiser mit
kurzen biographischen und bibliographischen Anmerkungen. Die Aus-
stattung des Werkes ist schön und die zahlreichen Bolssohnitte sind
meist vortreflflich. Demnach glauben wir wohl dessen gewiss sein zu
können, dass Leunis' Synopsis bald noch mehr an Verbreitung unter -den
Lehrern unserer Mittelschulen gewinnen und dass der Hr. Vf. darin die
wohlverdiente Anerkennung seiner mühevollen Arbeit in noch höherem
Grade finden werde, als in den wenigen Worten des Lobes und In der
warmen Anempfehlung, die wir hier seinem dankeswerthen Werke zu
spenden vermögen«
Wien. Karl B. Heller.
Dr. Georg Hart w ig ^ Die Tropenwelt im Thier- und Pflanzen-
leben, gr. 8. XII u. 488 S. mit 6 Abbildungen in Irisdruck. Wies-
baden, Kreide! & Niedner, 1860. *- 8 Thhr.
Man kann sich wirklich Gluck wünschen, wenn man unter der
groben Menge von Werken, welche bestimmt sind, «dem grofseren
Kreise der Gebildeten' oder «den Gebildeten aller Stande* das wissenK^
wertheste aus der Natur-, Länder- und Völkerkunde in gedrfingter Ober-
sicht zu bringen, auf ein solches stöfst, das nicht mit seinem verlocken-
den Gewände in Druek und Ausstattung eine schale Nuss ohne Kern
bietet und den strengeren Beurtheiler in Zweifel lasst, ob die Bilder für
den Text oder nicht vielmehr der Text für die so beliebten Abbildungen
in Irisdruck gemacht worden seien. Ein Werk, welches in dieser Be-
ziehung eine lobenswerthe Ausnahme macht, ist Hartwig's Tropenwelt
im Thier- und Pflanzenleben. Der Hr. Vf., der unlSngst noch mit seinen
Lesern im «hohen Norden' herumwanderte, führt sie nun in die Tropen-
welt ein und durchzieht mit ihnen, den Fuhrer machend, alle Regionen
der heifsen Zone mit ziemlich sicherem Schritte. Eine gewiss sehr ver-
dienstliche Sache für einen Führer, der den Weg nur nach der Beschrei-
bung anderer kennt und daher grobe Gefahr ISuft sich zu verirren. In-
dessen ist nicht zu laugnen, dass der Hr. Vf. vieles, wenn auch nicht
alles studiert hat, um durch Belesenheit zu ersetzen, was an eigener Er-
fahrung mangelte, und selbst deijenige, welcher aus eigener Anschauung
die Tropenwelt kennt, muss eingestehen, dass der Hr. Vf. mit grobem
Geschicke sich auf dem weiten Gebiete derselben zurecht findet.
Allerdings ist er besser in der neuen als in der alten Welt zu Hause;
denn während Humboldt, Schomburgk, Tschudi, Pöppig und andere be-
rühmte Reisende häufig als Gewährsmänner für Amerika genannt sind,
vermissen wir für Asien und Afrika sehr viele hervorragende Namen der
Neuzeit, als da sind : Heuglin, Browne, Du Chaillu, Livingstone« BuHo^«
886 Q. OitMf, die TrepenWfU, ang. t. JT. A BeHer.
Speke, Hotehen SobtogintwcSt u. a., und selbst Bartb's und VogeT
bellen sind nur fai sehr bescbränktein llafse benüut, was naoc
dem Capitel über die grofw Woste som Nacbtbeiie gereicht. Allel
nuiss dieses Capitely so wie jene, welche mits «die Puna*, «dieU
ond «der Riesenstrom der Tropenwell* fibersehrieben aiDd, als «a
gäbe betrachtet werden , denn sie passen nicht mehr in den Rah
die Tropenwelt im Thier- nnd Pflanienleben, oder wenn der Hr. V. i
Arbeit schon eine Ausdehnung in dieser Richtung hatte geben wi
dann hfitle er mindesfens anch den Gebirgen , Vnlkanea o. s. w. <
Abschnitt widmen müssen, weil sie ebensogut die merkwürdigen T
einer eigenen Thier«- und Pflansenwelt sind, wie die Poat oder
Riesenstrom. AHes dieses glaubten wir erwähnen txk soUeo, weii
einem an und I8r sich schon schönem Werke, das gewiss eine gi
Verbreitung gewinnen wird, jede erreichbare Vollendung gewünscht
ten und weil wir hiebt zweifeln , dass aus warmer Theilni^me IQi
Werk entspringende Bemerkungen dem Hm. Vf. willkommen sein we
So müssen wir der Ansicht des Arn. Vfs. (S. 16). dass das Werltn
fremden ROrpers mit der Absicht su Terietzen oder sich zu vertheu
keinem Tbiere sukoramt, entschieden entgegentreten, denn gerade
Affen gehen darin so- weit, dass sie in Ermangelung eines anderen^
gegenständes ihre Feinde sogar mit ihren eigenen Hxcrementen bew<
Faule oder weiche Früchte sind den Affen besonders erwünschte
theidigungsmittel , und der Reisende hat oft viel Unangenehmes zi
tragen, wenn er nicht mit einem Flintenschuss das kecke Volk susei
der treibt. S. 96 ist der Verbreilungsbezirk des Tapirs zu klein aD|
ben, denn er geht nicht blols bis Nicaragua, sondern bis Tabasco,
wenigstens bis zum 18^ n. B. — Dass das Ichneumon dem Crocodi
den Hals springt und diesen zerfleischt (S. 179), ist eine zien^ich f
hafte Bemerkung; wir wären wenigstens nicht in der Lage» für
einen verlfisslicben Gewährsmann su neimen; ebenso sonderbar und
Zoologen unwürdig ist es, wenn er sagt: die rötblichbraunc Brille z
net sich bei der INaja auf der Nase ab (S. 199). — Die Schreibe
Tlaouilli (S. 275) ist unrichtig, denn der Mais heibt aztekisch Tlaoll
Dass die Pisangfrücbte, roh gegessen, bei den Europäern leicht Ruhr
vorrufen (S. 285) , kann für den Fall unmäfsigen Genusses , wobei
manche einbeimische Frucht auch schaden kann, wahr sein» vübrigeo
es gewiss, dass keine tropische Frucht in dieser Beziehung weuigei
fährlich ist, als gerade die Pisang, und uns ist kein Fall bekanut,
durch die Bemerkung des Hrn. Vfs. eine Bestätigung fände. Das Zu(
röhr wird in der Regel nicht nach der Blute (S. 298) , sondern
geschnitten, wenn die ersten ßlütenrispen zum Vorschein kommen,
aller Saft, welchen die Pflanze zur Entwickelung der Blüte bra
gebt sonst unnütz verloren, und der Zuckerrohrpflanzer nennt ein
geblütes Feld mit Recht ein überreifes. — Die Zubereilungsweisc
Cacao, wie sie der Hr. Vf. nach Wagner, S. 319, gibt, weicht wesen
G, ffartwiff, die Tropenwclt, ang. v. ä, ß. Heller, 887
von jener des eköstlichen Soconusco' ab (S. 318). LeUtere findet der
Hr. Vf. im XI. Heft , 1856 , p. 399 der Petermann'schen geogr. Mit-
theilungen beschrieben; ebendaselbst ist über die Blauholzwälder und
über die Blauholzgewinnung manches zu finden , was Dampier's Schil-
derungen (S. 346) erganzen oder auf das rechte Mafs zurückfuhren dürfte.
Den geschichtlichen Notizen gegenüber (S. 346) müssen wir mit Be-
stimmtheit versichern, dass weder bei Campeche noch in Tabasco jetzt
englische Holzfallereien bestehen. Die Engländer sind auf Baliz in der
Honduras- Bai be8chrankt, breiten sich da allerdings allmählich mehr und
mehr aus, kommen aber übrigens mit den Besitzern der Nordküstc in
gar keine Berührung.
Die Beschreibung der Pulque- Bereitung in Mexico (S. 398) ist
mangelhaft und theilweise unrichtig. Der Hr. Vf. würde in den Münchener
Gelehrten Anzeigen Nr. 44—61, 1844, eine AbliiDdlung von Martins über
die Agaveen gefunden haben, die diesen Gegenstand vollständig erschöpft.
— Was die stilistische Behandlung des Gegenstandes betrifft, so können
wir nicht umhin zu bemerken, dass der Hr. Vf. zu sehr nach Effect
liascbL So ist z. B. votf der Apostro^ als Redefigur geradezu Mis-
brauch gemacht, wir verweisen nur auf 8. 10 und 8. 148, ohne unzähliger
anderer Ansprachen an den Leser zu gedenken. — «Stockdummer* Ne-
ger (S. 4), Vitzli putzli (S. 318), statt Huitzilopuitli, sind #ines solchen
Werkes unwürdige Ausdrücke t derErnat des Gegenstandes erlaubt keine
Spässe. —
Im ganzen genommen ist Hartwig's Werk eine mit seltenem Fleisse
durchgeführte» sehr belelirende Arbeit. Wir hatten sie namentlich für
die reifere Jugend als sehr anregend und empfehlenswerth. — Die Aus-
stattung ist pracbtvoll
Wien. Karl B. Holler.
Dritte Abtheilung.
Verordnongen fflr die Asterreichteehen Gym-
nasien; Statistik.
Personal- und Schulnotizen.
(ErnenDungen, Beförderungen, Vers e tsungen, Ans-
xeichnungen u. s. w.) — Der Supplent am Jidiner Oymnanuoi, Hr.
t homas N 0 V tf k , zum wirklichen Lehrer am Gymnasium zu KöniggriU
— Dem bisherigen Lehrer des Staatsgymnasiums zu San Procoto
in Venedig, Bm. Ernst Gnad, ist die specielle Lehrkanzel für deatscbe
Sprache am.k. k. Obergymnasium zu Padua verliehen worden.
— Dem Director des Staatsgymnasiums zu Ddine, Hm. Abale
Jakob Piro na, wurde aus Anlass seiner Versetzung in den bleibeDdeo
Ruhestand für seine vieljährige zufriedenstellende DieDsileistung im
Öffentlichen Lehramte die Allerhöchste Zufriedenheit bekannt gegeben.
— Der Supplent an der Joachimsthaler Gnterrealschule, Hr. Auguit
Wejmann, zum Lehrer an der Cnterrealschule zu Eger.
— Der Adjunct an der Oberrealschule zu Elbogeo, Hr. Joseph
Vosyka, zum Lehrer an der Unterrealsehule in Pilsen.
—- Der Professor am Josephs-Pojylechnicum zu Ofen , Hr. I>r.
Anton K e r n e r , zum ordentlichen Professor der Naturgeschichte an der
Universität zu Innsbruck.
— Der Lehrer der italienischen Sprache an der Wiener Uni-
versität, Ilr. Adolf M US safia, zum aufserordentlichen Professor der
romanischen Sprachen und Literaturen ebendaselbst.
— Dem Profepsor der theoret. Medicin, Hrn. Dr. Leopold Spatzen-
egger, ist das Lehramt der praktischen Medicin und die damit ver-
einigte Primararztstelle im St. Johann-Spitale zu Salzburg Allerguä-
digst verliehen worden.
— Der Wcltpriesler Hr. Dr. Lucas Ritter von Solecki, zum
ordentlichen Professor des Bibelstudiums alten Testamentes und der
orientalischen Dialekte an der theologischen Faculläl der Lemberger
Universität.
— Se. k. k. Apost. Majestät haben mit Allerhöchster Entschliofsun^
Tom 17. November I. J, die Wahl des geheimen Rathes und Reichs-
ithes Leo Grafen Thun-Hohcnstein zum inländischeu Ehrenmil-
Personal» und Scbulnotizeu. 88f
gliede der kftis. Akademie der Wissenschaften Allergnädigst zu geneh*
migen geruht. Mit Allerhöchster Entschliersung vom gleichen Tage wur-
den nachstehende akademische Wahlen AllergnSdigst bestätigt, nämlich
för die philosophisch-historische Classe: Des Professors der
deutschen Sprache und Literatur an der Oniversitfit lu Wien Dr. Frani
Pfeiffer zum wirklichen Mitgliede; dann des Professors der deutschen
Kunstgeschichte und KunstarchsBologie an der Universitfit zu Wien Ru-
dolf Eitel berge r von Edelberg, des Professors der allg. Geschichte
an der Cniyersität zu Innsbruck Dr. Julius Pick er und des Professors
der Philosophie an der Dniversitat zu Wien Dr. Franz Lott zu cor-
respondierenden inlandischen Mitgliedern und des Professors der Orient.
Sprachen an der Dniyersität zu Berlin Franz Bopp zum auslandischen
Ehrenmitgliede ; für die mathematisch- naturwissenschaft-
liche Classe: Des Professors der Zoologie an der Cniversität zu
Wien Dr, Rudolf Kn er, des Bergrathes Franz Ritter v. Hauer und
des Professors der Physiologie und Direetors des physiologischen Insti»
tutes zu Prag Dr. Johann PurkynS zu wirklichen, dann des Vorstan-
des und Gustos im Hof-Mineralien-Cabinete Dr. Moriz Börnes, des
Custos-Adjuncten Dr. Eduard Suefs, des Oberrealschullehrers und
Privatdocenten an der Cniversität zu Wien Dr. Joseph Stephan, des
Linienschiffs-Gapitans Bernhard Freiherrn v. Wüllersdorf und U r-
bair, des Professors der Ghemie an der Universität zu Innsbruck Dr.
Johann Hlaiiwetz und des Drs. der Medicin Johann Czermak zu
inländischen correspondierenden Mitgliedern, endlich des Jean BapUste
Biot, Mitgliedes des Irutiiui de Ftance in Paris, zum auslfindischen
Ehrenmitgliede.
— Der Ministerialsecretar im Ministerium des kais. Hauses und
des Äufsem Alfred Arneth ist zum Vice-Director des Haus-, Hof- und
Staats-Archives unter gleichzeitiger Verleihung des Titels und Gharakters
eines kais. Regierungsratbes , der bisherige Archiys-Concipist Joseph
Fiedler zum 3. Archivar im Haus-» Hof- und Staats-Archiy Aller-
gnadigst ernannt und dem k. k. Trucbsefs und dermaligen ersten Ar-
chivar, Andreas Edlem von Meiller, der Titel eines kais. Rathes taxfrei
AUergnädigst verliehen worden.
— Dem Director des General- Archives in Venedig, Hm. Fabio
Nobile Mutinelli, ist anlasslich seiner Versetzung in den bleibenden
Ruhestand, in Anerkennung seiner vie^ahrigen, eifrigen und ersprieCs-
lichen Dienstleistung das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens AUer-
gnädigst verliehen worden.
— Der Professor der Moraltheologie Hr. Johann Gyurcsekzum
wirklichen, der Professor der Dogmatik zum Ehrendomherrn am Neu-
traer Kathedralcapitel , der Ehrendomberr und Professor an der theolo-
gischen Lehranstalt zu Szathmtfr, Hr. Joseph Nemethy, zum Ka-
thedraUArchidiakon am dortigen Kathedralcapitel.
— Der Scbulrath und Graner Dioecesanpriester, Hr. Joseph
Bar ton, zum Titular-Abte de Gasar.
— Der theologische Professor und suppl. Rector am bischöfl. Se-
minar zu Rosenau, Hr. Jobann Ssekeres, zum Domherrn am
Kathedralcapitel daselbst.
— Der Rector des bischöfl. Seminars zu P a d u a , Se. Hochw.
Hr. Lorenz Sartori, zum Domherrn für das Canonicat di S. Maria
an dem dortigen Kathedralcapitel.
^ Dem Lehrer an der Oberrealsehule am Schottenfelde in
Wien, Hrn. Karl GlasI, ist die Allerhöchste Bewilligung ertheilt wor-
den, das Ritterkreuz des Brasilianischen Rosen-Ordens annehmen und
tragen zu dürfen.
— Dem Schuldiener am Schotte n-Gymnasi^im xm ^^x^^-»
890 PeriOMÜ« und SchulooUieD.
Johann De ch an t« ist, in Anerkennang seiner awlir als fwmhifQSbn^
treuen Dienste, das silbern« Verdienstkreus AUergnidigst verliehen worA
— Der in Wien lebende Dichler, Hr. Friedricb Hebbel, bst d
k. bayrischen Maximiliane-Orden für Wisaensolieft und htmut (vd n
in der Abthlg. f. Kunst) erhalten.
<— Der Gemeinderath iron Laibach hat den Beeeblvss gtfas
die ünterrealscbule mit einer jahrl. Dotation snr AnschaHTung von Lei
mittein anssustatten und hat überhaupt die Verhältoiaee in Betreff diet
Schule einer vollständigen Regelung unterrogen.
(Goncurse, Erledigungen, Sti flangsp latse» Slipei
dien U.S. w.) — An der k. k. DniversitSt jeu Padua die Lehrtaas
der administrativen Oesetzgebungskunde und der Statistik mit dei
j&hrl. Gehalte von 1S66 £L ö. W. und dem VorräekangsreeAte ie f6$^
und 1995 fl. ö. W. Termins Monat Nevember L J.^ bei der Dff«e(ioi
des polit. Studiums in Padoa. (S. Amtsbl. s. Wr. Zig, .v. 1^ !Voveinbc
L J., Nr. 267.)
— An der Lemberger Universitätsbibliothek eine Scripler
stelle mit dem jährl Gebalte von 625 fl. tt. W. Termin: 8. Ikeemb
L J.. bei der k. k. Statthalterei in Lcmberg. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg.
17. November 1. J., Nr. 270.)
— Am k. k. Staatsgymnasium so Fiume die DireetorsateHe ■
dem Jahresgehalte von 945 fl. und einer Functionsiulage von 315fl.ö.1
Termin: 25. December L J., bei der k. k. croatiseh^slavonischen Stil
halterei. (S. AmUbl. z. Wr. Zig. v. 24. November 1. J-, Nr. 27«.)
■ — An der mit der Haupisehule in Terbind^ng stellenden icUsi
gen städtischen Unterrealsehule tu Piume eine tecbnieebe Lebreratd
mit dem Jahresgehaltc von 630 fl. und einem QuartiergeMbeitnige n
105 fl. ö. W. Termin: 15. December 1 J., bei der Schuld isirictjsaiifst«
in Fiume. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. vom 2t. November I. J., ^r. 276.)
— An der deutschen k. k. Oberrealsclmle zu Prai^ eine Lehir
stelle für Freihandzeichnen mit dem Jahresgehalte ton 840 fl., eventa
1050 fl. und 1260 fl. ö. W. Termin: Binnen 6 Wochen, Im-i dem lüi
reicbungsprotocoUe des böhmisch-ständisefai^n Landcsaussehusses. (
Amtsbl. X. Wr. Ztg. v. 27. November I. J., Nr. 278.)
— Am Sciassigen Gymnasium zu Gürs eine LclirersteUe /i
Philologie und eventuel auch Mathematik im DntergynMasiuni , mit Ir
Jahresgchalt von 945 und dem Vorröckungsrechte in lOM fl. ö. W. Te
min: 15. Februar 1861, bei der k. k. Statthailerei in Triesi. (S. Amtsl
z. Wr. Ztg. v. 1. December 1. J., Nr. 282.)
— An der Prefs burger confessionel-simultancn Öffentl. slad
Oberrealschule die Lehrerstellc für Freihandzeichnen mit dem Jahre
gebaltc von 840 fl. und dem Anspruch auf Decennalxulagen von
210 fl. ö. W. Termin: Binnen 6 Wochen, bei der Direction dies
Oberrealschule. (S. Amtsbl. z. Wr. Ztg. v. 7. Derembcr I. J., Nr. 287.
— Über ein erledigtes Hohe n bal k 'sches FamiUcnstipcmliuii
s. Amtsbl. z. Wr. Zig. v. 24. November 1. J., Nr. 276.
— Über mehrere in Erledigung kommende Sttftplätzc an tU»r k.
orientalischen Akademie, s. Amtsbl. z.Wr. Ztg. v. 27. Novin
her 1. J., Nr. 278.
— Über fünf erledigte Stipendien nus dem Bürge r ni e islc
Stiftungsfonde zur Unterstützung ordeiillich matrictilieiicr Schüler a
k. k. Pülvlechnicuni zu Wien. s. Amlsbl. z. \Nr. Zig. v. 28. No>a
her 1. J., Nr. 27J).
Personal- uud Schuiuotuen. 89t
(Todesfall«.) -* Am 19. September 1. J.iuWien Hr. Friedricta
Fi rnhaber (geb. am 8. Februar 1818 su Wien), k. L. ftath und geh.
Ilaiw-, Hof- vod StaalsarchiYar, corr. Blitgliedes der kait. Akademie der
Wissenschafleo und zahlreicher anderer Gelebrtenvereine, als glücklicher
Forscher und emsiger Schriftsteller auf dem Gebiete der vaterländischen
Geschichte bekannt.
— In der Nacht zum 21. September 1. h tu Frankfurt a/M. Hr.
Karl Ballenberger (geb. xu Ansbach), ein alt treuer Anhanger der
altdeutschen Schule bekannter niid gesehalzter Maler, im Alter von
60 Jahren.
— Am 21. Septrmber L J. tu Frankfurt a/M. Hr. Dr. Arthur
Schopenhauer (f^eb. xu Danjug^ am 22. Februar 178S), der bekannta
Philosoph.
— Am 22. September 1. J. xu Berlin Hr. Prof. Hermann Stilke
(geb. SU Berlin 1806), als einer der tüchtigsten deutschen HistorieiH
maier bekannt
— Am 25. September 1. J. zu Leipzig Hr. Karl Zöllner, der Alt.
mcister des deutschen MäBnergesanges , verdieu&Uicher Liidercomponist,
im 60. Lebensjahre.
•^ Am 27. September 1. J. zu Wi^n der k. k. iandesgerichtsrath,
Hr. Ignaz Mancher, als juriaüacber SchxifUtellcr bekannt, im 61.
Lebensjahre.
•^ Mitte September ). J. «i Pavia Hr. Dr. Rudolf Lamprecht,
Ritter des Franz Josep h- Ordens , Director der medic. Facullät an der
Universilat zu Pavia, der älteste unter den dortigen Professoren.
— Im September l J. der bekannte Thiermaler Hr. Eberle, auf
einer Kunstreise zu Eberfing bei Weilheim.
— Am 1. October L J. xu Berlin der geh. Regierungsrath und
Bureauchef des Herrenhausea , Hr. Franz Fritze, durch seiue Werke
über Thüringen und das Fichtelgebirge » so' wie durch seine metriselien
Übertragungen der tragoedien des Euripides u. m. a. bekannt.
— Am ]. October k J. zu Mie« in Böhmen 8e. hoehw. Hr. Jo-
seph Hof mann, Mitglied dea Kreuzherren-Ordens mit dem rothen
Sterne, Prediger in Franzensbad und fürsters Lisch üfl. Notar, als Numis-
matiker und Münzensammler bekannt, im kräfti|rsten Lebensader.
— Am 2. October 1. J. zu Heiligenstadt nächst Wien Se. Ezcel-
lenz Hr. Dr. Franz Freiherr v* Sommaruga (geb. zu Wien, am 18b
April 1780), k. L wirkL geh« Rath, pens. zweiter Präsident di*e obersten
Gerichts- und Cassations ho fes , Ritter des Ordens der eisernen Krone
1. Classe und des SL Sl«phaR->Ordens, gewesener Rector magnißcus der
Wiener Hochschule, vom 27. März 1848 bis zum 22. April d. J. Minister
des Cnterrichtes u. s. w., ein in allen Wirkungskreisen, denen er an-
gehörte, hochgeehrter Mann.
— Am 2. October 1. J. zu Klatlau Hr. Andrlik, suppllereuder
Professor am Gymnasium aUdorL
— Am 6. October 1. J. zu Grofswardein, Hr. Joh. Prikril, Pro-
fessor an der dortigen Rechtsakademie, im 33. Lebensjahre.
^ Am 9. October 1. i zu AUeaburg (Herzogthum Sachsen- Altea-
burg) der Consistorialralh und Hofprediger, Hr. Dr. YhcoL Sachse,
als Kenner der vaterländischen Geschichte (Redaction der «Altenburgi-
schen Kirchengalerie, des Altcnburgischen Goschichtskalenders ,' «Die
Fürstenhäuser Sachsen-Altenburg* u. a. w.) , Dichter und Kanzelredner
bekannt, im 75. Lebensjahre.
— Am 14. October 1. J. zu Clm llr. Dr. Goitlicb Lucas Friedrich
Tafel (geb. zu Bempflingcn auf der schwäb. Alb am 6. September 1787),
vordem Professor zu Tübingen, Mitglied der kön. liayr. Akademie der
8f 9 Peraontl- und Sehulnotizeii.
Wissenschaften u. s. w.» einer der gründlichsten Kenner des byiai
sehen Griechenthums.
— Am 18. Oclober 1. J. zu Tharand Hr. Augnst v. Gotta, P
fessor an der kön. sacbs. Akademie für Landwirthe daselbst.
— Am 18. October 1. J. zu Laibaeb Hr. Dr. Leopold N a t b a
emerit. Professor der praktischen Chirurgie am dortigen k. k. Lyeea
— Am 20. Oclober 1. J. zu Dresden Hr. Adolf Teichs (geb.
Braunsehweig) , als Historienmaler (Karl V. an Luthers Grabe,* «1
Henkermahlzeit der Girondisten' u. a.) bekannt, im besten Mannesalt
— In der Nacht vom 20. auf den 21. October I. J. der Prop
und Lateran-Abt des Chorherrenstiftes Reichersberg, Se. Hocbw. 1
Anton Straub (geb. zu Kolbingen in Württemberg 1780), k. k. IUI
Ritter des Leopold-Ordens u. s. w.
— Am 24. October 1. J. zu Rom der tüchtige Metallbildbaoer, fl
Wilhelm Hopfgarten aus Berlin, unter den in Rom sich anthalteode
Deutschen derjenige, welche daselbst die längste Zeit verlebl» als hoch
betagter Greis.
— Am 25. October 1. J. zu Berlin Hr. Dr. Strahl, Sanitätsrat
durch seine medicinischen Schriften bekannt.
»- Am 31. October I. J. zu London der berühmte britische Sc
held Lord Alexander Thomas Gochrane, Graf von Dundonal
(geb. am 27. December 1776).
— Am 31. October I. J. zu Münster der Domcapitular Hr. N
d ermann, ordentl. Professor und gewesener Director des dortig
Gymnasiums.
— Im October L J. zu Rom Hr. Johannes Riepenbaus<
aus Hannover, Hannover'scher Hofmaler, durch^ seine Skizzen aus fi
fael's Leben, so wie durch sein einträchtiges künstlerisches Zusamme
wirken mit seinem am 3. Jänner 1831 zu Rom verstorbenen jünger
Bruder Franz, bekannt, im Alter von ungefähr 72 Jahren.
— Am 3. November I. J. zu Venedig Hr. Professor Dr. France*
Filippi, durch Obersetzung vieler italienischer Schriftsteller in's L
teinische, so wie GoBthe'scher und Schiller'scber Werke, bekannt.
— Am 6. November I. J. zu Prag der k. k. Kreisrath Hr. Pa
Alois Klar, Mitstifter und Director der Versorgongs- und Beschäftigung
anstatt für erwachsene Blinde, Herausgeber des Taschenbuches «Libu$a
Ritter des Franz Joseph-Ordens u. s. w., durch seine Verdienste um d
leidende Menschheit wie um die vaterländische Literatur bekannt.
— Am 5. November 1. J. zu Wien Hr. Capellmeister Karl Bii
der (geb. zu Wien am 29. November 1816), durch zahlreiche Comp^
sitionen, von denen viele im Munde des Volkes fortleben, bekannt.
— Am 6. November 1. J. zu Merchiston-Hall (Hampshire) d«
Admiral Sir Charles Napier (geb. am 6. März 1786 zu Felkirk i
der schottischen Grafschaft Stirling).
— Am 6. November 1. J. zu Wien der Ingenieur und Mechanik
Hr. F. X. Wurm, ein seltenes Talent, im 76. Lebensjahre.
— Am 7. November 1. J. zu Gotha der bekannte General Hr.
Rhaden, auch als Schriftsteller (< Wanderungen eines alten Soldaten
bekannt, im 67. Lebensjahre.
— Am 7. November 1. J. zu Berlin Hr. Dr. Friedrich Klotz sc]
Gustos beim Herbarium und wirkl. Mitglied der Akademie der Wissei
Schäften u. s. w., im besten Mannesalter.
— In England am 8. November 1. J. Sir Charles Fellows, d
Sammler und Beschrciber der im britischen Museum befindlichen c^a
tbian Marbles,' im Alter von 61 Jahren.
— Am 10. November I. J. zu München Hr. Dr. G. Thomas v<
udhart (geb. zu Weismann in Obrrfranken), Voisitaud des L. Rcicl
Personal« und Schulnotizen. 893
archivs , ordenll. Professor an der kön. Ludwig-Maximilians-Univer-
sitat, Secretär der bist. Classe der kön. Akademie der Wissenschaf-
ten u. 8. w.
— Am 10. November I. J. auf einer Villa nächst Florenz der
bekannte Landschaftsmaler Hr. Carlo Marko (geb. zu Leutdcbau in
Nord Ungarn), im Alter von 67 Jahren.
— Am 11. November 1. J. zu London Hr. George Scharf, ein
Bayer von Geburt, als Lithograph und Verbesserer der Lithographie
wohlbekannt.
— Am 13. November 1. J. zu Munster der Gymnasial-Oberl ehrer
Hr. Dr. K ö n e . durch seine Forschungen auf dem Gebiete der alt-
deutschen Literatur (Obersetiung des «Heiland* und der «AUsächs.
Evangelien-Harmonie*) bekannt.
— Am 15. November 1. J. zu Klagenfurt der prov. Secretär und
Schriftführer des kamthn. Landtagsausschusses, Hr. Paul Renn (geb.
am 27. November 1806), als Dichter in seinem Vaterlande und ander-
wärts bekannt
— Am 16. November L J. zu Warschau Hr. Theod. Lesinski,
Professor der Chemie an der medie. Akademie daselbst, als Gelehrter,
Lehrer, Apotheker und Mitglied des Medicinalconseils thätig, im Alter
von 39 Jahren.
— Am 20. November 1. J. zu Frankfurt a/M. der israelitische
Geschichtschreiber und Lehrer an der dortigen israelitischen Realschule,
Hr. Dr. Phil. J. M. Jost, auch durch Sohriflen auf dem Gebiete der
Grammatik und Stilistik bekannt, im Alter von 67 Jahren.
— In der Nacht vom 27. zum 28. November 1. J. Hr. Ludwig
Rellstab (geb. zu Berlin im J. 1799), als Kritiker, musikalischer
Dramaturg, Romanen- und Theaterdichter bekannt
— Am 28. November L J. zu Bonn der Geheimrath Hr. Christian
Karl Josias Freiherr ▼. Bunsen (geb. am 26. August 1791 tu Kor-
bach Im Furstenthume Waldeck), als Schriftsteller und Diplomat bekannt.
Vierte Abt li eilung.
niiseellen.
Verhandlun gen
der D«unzebiilen Versammhing deuticher Philologen , ScfrolnaDiier unJ
Orienlalisteo zu Braunschweig 26~S9. September 1860.
Das «Psdagogtsche Arcfai?* gibt in aeinem neuettcn Hefte S. 7^ (L
ewe« ?o« den Herausgeber des Archivs Prof. Langbein anf Grund aeiaer
eigenen Tbeilnahme an der Versammlung abgefasstea gmauen Bericht
ober die Verhandlungen de^ pädagogischen Section und 8. 828 ff. eine
Obereiefail über die ia den ptiUolog Ischen Versammlungen gebalte neo
Vorträge. Der (jnterz. war au seinem Bedauern verhindert , im gegea-
wartigea lahre dies« för die Gesammtioteixsssen der Mittelschulen, ni-
meallich der Oymnasrien so wichtige und verdiente Versaaimlung za
besucheti; er beeilt sich daher aus dem erwähnten, sehr eingehenden
Berichte den Lesern dieser Zeitschrift uher den hihalt der Verhand-
lungen Nachricht zu geben (wörtliche Entlehnungen aus drm Berichte
Langbein's sind durch « " bezeichnet). Die Verhandlungen der psda-
goijisclien Section belreflfen grofsentheils Gegenstände von cinj^reifender
Wichtigkeit für die erziehende oder für die unterrichtende Thätigkeit
der Gymnasien; die gedrängte Nachricht, welche Ref. hier mittheilt,
wird jedenfalls das Interesse wecken für die vollständigen Protoco/ie der
Verhandlungen, deren Erscheinen in nächster Zeit zu erwarten ist.
Pfedagogische Section.
Der paedagogischen Seclion waren für ihre Verhandlungen folgende
Thesen von verschiedenen Mitgliedern der Versammlung vorgeschlagen.
«1. Von Prof. Dietse/i in Grimma: A. 1. Der Geschichts-
unterricht des Gymnasiums kann nur dann befriedigende Resultate
gewähren , wenn er sich dem Wesen des Ganzen möglichst vollständig
einordnet und sich darnach gestaltet.
2. Er hat sein Ziel nicht sowol in einem ausgebreiteten Wissen,
als in Weckung des Sinnes und Übung des Geistes für Auffassung ge-
schichtlicher Tbatsachen zu suchen und auf das , was sich der Schüler
selbst erarbeitet, einen höheren Werlh zu legen, als auf das blofs ge-
dächtnismäfsig Aufgenommene.
3. Sind die sicher stehenden Kesultate der historischen Forschung
natürlich von ihm nicht auszuschliefsen , so hat er doch vorzugsweise
seine Aufgabe in der Kenntnis des Überlieferten zu suchen, um so mehr
als ohne diese das wissenschaftliche Studium , auf welches das Gym-
Miiim vorzubereiten hat, der Grundlajie ermangelt.
Miscellen. 895
4. Er bat a) nicht Cniversalgeschicble« tondvrn di« Gesebk^fate
der drei Hauptvölker: Griechen, Römer und Deutsche zu leiireii, wobei
natürlich die ib ihnen eothaltenoi oder zu ihoea in Beztelmng stehenden
universal-geschichtlicben Momenta nicht übergangen werden dürfen und
können; b) nicht Culturgescbicbte , wol aber eine Heraushebung und
Zusammenfassung d«r aus dem eigenen den Literaturen lugewandten
Studium des Schülers zu gewinnenden Anschanungen zn bieten; c) zur
denkenden Betracblnng, namentlich des in den Ttiatsaefaen und Hand-
lungen objectiv erkennbar gegebenen Znsanmenbanges and der daraus
hervorspringenden aJlgemeiaen Wahrheiten anzuleiten, wodurch die reli-
giöse und sittliche Bildung, zu weicher der Oenchiobtsunterriebl vor*
zugsweise mitzuwirken hat, einen sicherern Grund gewinnt, als durch
Vortrage.
§. Auf der obersten Stufe hat der ^eechichtsunterricfat Torzngs-
weise die alte Geschichte zum Gegenstande za nuhinen. Eine winschens«
werihe vertiefende und erweiternde Repetttion der mittleren und neueren
Gtaebichte wird dadureh nicht ausgetohlossein.
6. Auf dieser Stufe hat der Outerricht a) das to« dem Schüler
bereits in den alten GesehichtschreibNem Gelesene zu befestigen und zu-
sammenzuordnen, b) durch Aufweinang Ton Gesteh tspancten zu fernerer
Leclüre anzuregen und vorzobereiten, c) aus bezeichneten Quellen selbst-
IMUige Aneignung zu fordern. <Wie weit dies mit der dentsefien Lite-
ratur möglich» ergibt sich vo« selbst.)
Aber aueh schon auf der mittleren Stnfe sind die Schuler sowol
beim Unterricht als insbesondere bei den früher gehabte Abschnitte um-
fasaeoden Repetitioaen anzuhalten a) das bei ihrer Leotöre Gewonnene
in ihre geschichtlichen Kenntnisse einzuordnen und b) sich durch Leo-
türe genauere Kenntnis wichtiger Personen und Begebenheiten zu ver-
schaffen.
B. Es dürfte froehtbar sein vpn wianenschaftlichem und peedago-
gischem Standpunote aus die Frage zu erörtern, wie viel und was die
lateinische Schnlgrammat ik von den Resultaten der Sprach-
forschung aufzunehmen habe.
C. Interesse erregend würde eine Autspraehe undTMittheilungen
darüber sein, was die Gjrnmasien von einem Schulgesetze erwaiten
.und was sie nicht wünschen können.
H. Von Prof. SüUfui$i in Rastenburg ) Wenn man dem lateinischen
Sprachunterricht im Gymnasium als Hauptzweck die formale Bil-»
düng der Schüler zuweist, so ist damit der Anspruch auf Bevorzugung,
den er hat, dem Griechischen gegenüber nicht gerechtfertigt, und selbst
dem Französischen gegenüber niäit stark genug begründet, denselben
Hauptzweck und eine nicht minder gründliche Behandlung der letztge-
nannten Sprachen vorausgesetzt
Der Ausdruck «formale Bildung* ist hier in dem Sinne genom«-
men, in welchem et nach dem Vorgange von Fr. Thiersch gewöhnlich
gebraucht wird.
III. Von Prof. Behdant% in Halberstadt: Das laute Lesen und
Recitieren der Classiker.
IV. V^ Dr. Owttrmann, Gymnasiallehrer in Fulda: Die latei-
nischen Vocabularien für die unteren Classen der Gymnasien
müssen in engster Verbindung stehen mit entsprechenden Obutigsbücbem
und müssen ihr Material den Autoren entnehmen , welche von den
meisten Gymnauen in der Quarta und Tertia gelesen werden, dem Cor-
neiius Ffepos und Julius GüBsar.
V. Von Studienlehrer Uekner in Ertangeni 1. Unterricht im
Turnen sollen wirkliche G3rmaasiallehrer ertheilen.
2. Studierenden der Philologie und SdiulamtseiLndxäaVciv ^^^^<^
SM Miseelleii.
legenheit geboten Werden, sich für denselben die nöthige Vorbüduig
EU erwerben.
8. Die Methode soll die von Adolf Spiefs begründete sein.
4. Als Ziel des Unterrichtes soll wieHiei den humanistischen Sta-
dien zunächst allgemeine formale Bildung gelten.
5. Zur Tbeilnahme sollen alle Schüler yerpflichtet sein, weleba
nicht durch Gebrechen oder Krankheiten abgehalten sind.
VL Von Prof. A/kwuum in Braunschweig i Es ist die Oberseognng
auszusprechen: dass unsere Jugend nur durch rationelle TurniibuD-
gen zu einem kraftigen Oescblechte herangebildet werden könne, und
dass eines der nothwendigsten Mittel für diesen Zweck die Errichtung
von Tumhausem sei.
VlI. Von Gymnasiallehrer Dr. LattmanH in Göttingen: 1. We
Einheitlichkeit des Gymnasiums beruht hauptsächlich auf einer
gleichartigen Ausbildung des Lehrerstandes.
2. Es ist zunächst zu wünschen, dass alle (studierten) Gymnasial-
lehrer eine gleichartige humane Grundbildung durch ihre akademischen
Studien gewinnen und dass erst zu dieser Grundlage ihrer Ausbildung
das besondere Fachstudium (Mathematik und Naturwissenschaften, neuere
Sprachen, Theologie, gelehrte Philologie) hinzugefugt werde.
3. Es ist zu wünschen, dass die philologischen Universititslehrer
einen grofsen Theil ihres Unterrichtes so gestalten, dass er den allge-
meinen humanistischen Studien dient, und dass gleichfalls die akade-
mischen Lehrer der Philologie, Theologie und Naturwissenschaften durch
einen entsprechenden, insbesondere für die Bildung des Lebrerstandet
berechneten Cnterricht Gelegenheit bieten, jene humanistische QnindlafS
zu einer allgemeineren humanen Bildung zu erweitem.*
Ertte Sihumg. 27. September, S—iO ükr.
Prof. Afsmann, durch die einmüthige Wahl der Versammlung
mit dem Vorsitze der Verhandlungen betraut, empfiehlt derselben tlt
besonders dringend die Dtscussion der von ihm selbst und vom Studien-
lehrer L e c h n e r gestellten Thesen über den Turnunterricht Nach-
dem die Versammlung einstimmig den Vorschlag angenommen, motiviert
zunächst Prof. Afsmann den von ihm aufgestellten Satz, als den im
Verhältnis zu den Lechner'scben Thesen allgemeinerea hi eindringenden
Vortrage legt er den Werth dar, welchen der Turnunterricht für däs
Gedeihen der heranwachsenden Jugend habe. «Das Turnen ist fOr uns
alle eine heilige Sache, sie betrifft unsere nächste Pflicht gegen die
heranwachsende Jugend unseres Volkes, das Heil des Vateriandes hängt
von ihrem Gedeihen ab. Wir sind hier versammelt« Schulmänner, denen
die Erziehung der männlichen wie auch der weiblichen Jugend, anver-
traut ist, Mitglieder der Behörden , welche die Richtung , in der die
Schulen wirken sollen, zu bestimmen haben. Darum lege ich einen
Werth darauf, dass Sie Ihre Oberzeugung von der Ersprießlichkeit und
Unentbehrlichkeit geregelter Turnübungen laut und einstimmig aus-
sprechen. Das wird einen Erfolg haben bei den Regierungen, wie bei
den Gemeinden. Und zwar wollen wir das , was wir für ein Gut er-
kennen, der ganzen Jugend unseres Landes gleichmälsig zuwenden, den
Gymnasien wie den Burgerschulen, den Mädchenschulen, den Volks-
schulen, den Armenschulen; Niemandem sollen die Vortheile rationeller
Turnübungen vorenthalten werden.* Die Errichtung von Tumbäusem
wird als die nothwendige Bedingung für einen erfolgreichen Unterricht
hezeiehnet, weil nur dadurch die Stetigkeit des Unterrichtes nicht allein
für den Winter, sondern auch für die häufigen Fälle ungünstiger Witte-
rung im Sommer gesichert werde. Die Bedeutung das Ausdmekes
«rationell* durch welchen Prof. Afsmann die von ihm geforderten Tum-
IfiHoeUeil. 8S7
Übungen n&ber bestinmt baU«, erlliuitert im EiovonstaiKinif mU dem«
selben Dr. Fraftk iaiM Brannschweig. Durcb Darlegiiog der äretlioben
Erfahrungen Aber die Naotatbeile» welobe die gesteigerten Anforde-
rungen an die geialige Auebildung der Jugend da babeq, wo ihnen niebt
die gewiseenbafte. Sorge für die körperliche Entwickeinug aitf* Seile
gebt « entwickelt deradbe die Forderungen , welche an einen m.etho-
disoben Turnunterricht %u atellen aind ; diesen werde in xwei neuei!-
dinga eingeacblagenen Riebtungen entsprochen t nämlicb ip der paodie
gogiscben ^ynanastik, welche durch den Schweden Lingg begründet,
jetat durcb Roth st ein in der prenfsischcfn Gentraltumanaalt in Berlin
gepflegt werde , und in dem deutseben Schulturnen nach S p i e f s '>.
Die Bemerkungen, welche hierauf voa mehreren Mitgliedern der V4^r-
sammlung über den Gegenstand gemacht werden» sind sämmtlich n]Uf ein
Ausdruck der allgemeinen Oberzeugong yovn aeioe/ Wipbtiftkeit,umi^ n^i einfr
kleinen, der Deutlichkeit dienenden Änderung in der Stilisierung, «(bMlicb:
«Es iat die Oberzeugung der Versamv^lung, dasa unsere 4ugcnd
nicht obue ralioneUe Tumiibuagen su einefn kprafUgen C^-
schlechte herangebildet werden kbimei*.
wird die Thesis einstimmig von der Vjersammlung . angenommen.
Nachdem bieduroh der allgemeine Orundsat« festgestellt ist, ge|pt
die Versammlung auf die Discussion der Lecbpc.r'schep Thesen eiip,
welche die praktische Ausführung des als nptb.wen^ig anerkanplen Unteir-
riehtes betreffen. Wir lassen so^eich naobeinauder die Begrüp düng. fol-
gen , welche der Antragsteller für die: einseinen JPi^ncte seiner Tneiis
gab, deren jeder selbständig von der Versammlung .diacut^. wurde.
Zu Punct 1: «Es ist meine Absiebt gewesen, e^ne iBf^prccbung
herbeizuführen über die Art und Weise des Tumunterridttes^ Darum
habe ich meine Thesen gestellt. Ich wünsche zuerst, dasa die Ver^
Sammlung sich dahin ausspricht, es sollen ordentliohe Gymnasiallehrer
sich dem Turnunterricht unt^zieben. Ich will den Dnterricht von F!aeh-
turnlebrern picht herabsetzen. Indes ist doch kein Zweifel, ob ee vor-
zuziehen sei, dass etwa ein ausgedienter Corporal den T^manterricl)!
ertbeilt, und ein Gymnasiallehrer etwa inspiciercnd daneben auf deü
Turnplatz seinen Spaziergang macht; oder dass ein GymnfisiaUebrtir,
der auch sonst durch wissenscbaftliohen Unterricht zu den .Schülern in
einem näheren Verhältnis sieht, auch den Turnunterricht in seiner flaiyl
bat Gewiss wird die Jugend den Onterricht, welchen ihr einer ihrer
ordentlichen Lehrer ertheilt, höher achten, und schon darum wird der
Turnunterricht etwa des Giassenordinarius auch förderlicher sein. An
vielen Orten bat sich schon die Nothwendigkeit ergeben, dem Turn-
lehrer noch anderen Dnterricbt in der Schule zu übertragen, um ihm
einen festeren Puls in der Schule zu geben. Es sollten aber die Gym-
nasiallehrer den Segen, welcher auch ihnen aus dem Turnunterricht zu-
flielsen würde, sich nicht entgehen lassen. Der Verkehr mit der Jugend
auf dem Turnplatz gibt dem Lehrer oft die sichersten Fingerzeige fi&r
die Erziehung, ja seibat reichen Gewinn für die Methode im wissen-
schaftlichen Unterrieht
In der Voraossetsung, dasa durch das «soll' in der Thesis nur
das Ziel beseiohnet werde, dessen vollständige Erreichung zu erstreben
Pflicht sei und dem man sich sofort «wo immer möglich* zu n&bern
habe, wird der erste Satz einstimmig von der Versammlung apgenommen.
Zu Ponct 2s «Bin Mangel in der nöthigen Vorbildung schadet
natürUcb jedem Lehrer bei seinem Unterrichte. In allen Gegenständen
wird von Jedem, der an öffentlichen Schulen unterrichten will, ein Zeug-
nis der Befähigung verlangt^ natürlich muss dies auch beim Tumunter-
'J Ober diese Haapftricbtuqff errichtes bat unsere t^
schritt 186!K. 8. 490— ü^ «Via.^ ^^f^^Vk^ii.
Zeil sehr in t. d. Sft«rr. Of ■••■■• ^V
ms Miaeellen«
richte der Fall sein, da vieUeichl io keinem anderen Unierriebte e
Kenntnis und Vorbildung mehr geschadet werden kann. Wie ond
soll nun diese Vorbildung gewonnen werden? Das Naturtichste ist,
Ausbildung sum Tnmlehramt su verleben in die UniversitSts- oderC
didatenieit Es müssen also Tumlehrerbildungsanstalten eingerichtet i
den, und swar muss hier unbedingt der Staat hilfreii^ eingreifen,
bestehen in Preuben unter Rothstein, in Sachsen onler Klofs grolsarl
Staatseinrichtungen. Württemberg ist eben im Begriff, durch Herrn El
seine Centralanstalt organisieren zu lassen. — Aus diesen BildoB
anstauen sollen nun nicht Tumkflnstler, wol aber SachTerstfiidige k
vorgehen. Braucht der Turnlehrer auch nicht alle und jede Obung a
fuhren zu können, so muss er doch eine Einsiebt Ton ihrer Schwier
keit haben und vor allem eine Sicherheit in der Methode derselben, i
Anstalt muss ihm also zweierlei bieten , erstens die allgemeine si
tomisch-physiologische Vorbildung, dann die Kenntnis io der Metho4
und der GMchichte des Turnens. — Will man nun auch nicht glth
' überall so bedeutende Mittel und Krfifte anwenden wie in Bei\iQ , Ore
den, Stuttgart, so lasst sich auch mit Wenigerem schon das Nothdürfti
erreichen. So ertbeilen z. B. in Erlangen für die Mitglieder des un
Döderlein stehenden philologischen Seminars der Prosector ond ich il
nOthigen Unterricht. Wir kommen immerhin so weit, dass eine Einsn
gewonnen wird über den Einfluss der Obungen und eine Erkennt
dessen, welche Obungen unter verschiedenen llmstanden, also z. B. I
die verschiedenen Altersstufen, nothwendig und angemessen sind*.
Hierauf wird Punct 2 einstimmig von der Versammlung angenommi
Zu Punct 3 entwickelt der Antragsteller die Grunde, wanim
das Spieis'scbe System des Turnens für das den Oy^mnasien angemessen
halte. Von anderer Seile wird die Aufmerksamkeit der Versammhrog i
die von dem Schweden Lingg begründete und seitdem in Berlin weil
entwickelte Methode des Turnens gelenkt Die Versammlung, mde
nur die psdagogischen Gesichtspuncte zu würdigen habe, lehnt es %u
beschadet der Anerkennung der Spiefs'seben Verdienste* ab, über du
noch streitige Frage ein ürtheil abzugeben und geht über den dritt
Punct der Lechnerschen Thesis zur Tagesordnung über.
Zu Punct 4: «Dieser Satz ist ausdrücklich gerichtet gegen ei
Einseitigkeil, die beut dem Gymnasialturnen schadet, nämlich gegen (
allzustarke Betonung der Wehrhaflmachung. Das Gymnasium bildet üU
haupt nicht für einen speciellen Beruf vor, es gibt allgemeine mensc
liebe Bildung. Nicht die künftigen Mediciner, Theologen, Juristen hab
wir bei unserem Gymnasialunlerricbte im Auge, wir wollen vielmehr s
geistigen Kräfte unserer Schüler ohne Rücksicht auf ihr künftiges Psc
Studium ausbilden. So ist es auch Aufgabe des Gymnasiums , die
dem menschlichen Leibe liegenden Kräfte allseitig auszubilden, die bfll
nische Harmonie von Körper- und Geistesbildung ins Auge zu fas$(
So wird denn freilich unsere Jugend auch kraftiger und tüchtiger wi
den für den Kriegsdienst , aber unser X^ymnasialturaen soll darum nie
schon Wehrturnen sein*.
Unter ausdrücklicher Rücksicht auf den vom Antragsteller bere
vorsichtig gewählten Ausdruck «zunächst* findet auch dieser &
allgemeine Beistimmung.
Zu Punct 5 wird durch des Antragstellers und anderer Mitgli
der Mittbeilungen constatirt, dass keineswegs in allen deutschen Lände
die Theilnahme am Turnunterricht bereits allgemein verbindlich seif u
hiernach der Satz von der Versammlung einstimmig gebilligt
Nach dieser einhelligen Annahme der sämmllichen die .^usführu
des Turnunterrichtes betreffenden Lecbner'schen Thesen (mit Ausnahi
des unentschieden gelassenen dritten Punctes) kamen Nebenanträge z
Discussion. NfimUclv tvwvÄeVv^l d^t n^^xv Vtot. Atsmann mit seiner a
Miscellen. 899
gemeinen Thesis sogleich in Verbindung gebrachte Sali über die Noth-
wendigkeil der Errichtung von Turnhausem, welcher die volle Beistim«
mung der Versammlung erhielt. Sodann gab der vierte Punct der
Lechner'schen Thesen Anlass zu der Frage, ob der Turnunterricht an
Schulen nur mittelbar durch die allgemeine körperliche Bildung, welche
er erzielt , die Wehrhaflmachung der Jugend zu fördern habe , oder ob
es zweckmäbig sei , namentlich für die oberen Classen y denselben un*
mittelbar mit militärischen Übungen zu verbinden. Von manchen Seiten
wurden Erfahrungen zur Empfehlung der militärischen Übungen im Turn-
unterrichte geltend gemacht, doch zeigte sich in dieser Hinsicht nicht
eine entschiedene Überzeugung der Versamnolung.
Zwei/e Stivmg. 28. Sepiemäer. S-iO ükr.
Prof. Rehdantz aus Halberstadt, dessen Thesis Oll) durch Be-
schluss der Versammlung zunächst zur Verhandlung kommt, stellt den
Antrag, dass in den oberen Classen der Gymnasien das übliche Lesen
der Teite vor der Obersetzung, «wo es unnutze Zeit kostet, unnöthig
die Energie der Auffassungskraft bricht, der Leichtfertigkeit und Faulheit
Vorschub thut, abgestellt* und statt dessen ein lautes Lesen erst nach
dem durch Übersetzung und Erklärung gewonnenen Verstandnisse ein-
trete. Der Vortragende begründet seinen Vorschlag aus dem Charakter
der alten dassiscbcn Sprachen und aus der Aufgabe des Dnterrichtes und
der wahren Bildung. Der Einwurf, der aus dem Mangel an Zeit etwa
entlehnt werden könne, verschwände, sobald man das herkömmliche
Lesen vor der Übersetzung aufgebe und das geforderte Lesen und Re-
citieren auf ausgewählte Stellen beschranke.
Der Gegenstand, den Prof. Rehdanta hiermit zur Sprache gebracht
hat, ist nicht neu ; die von ihm beantragte Methode ist auch anderwärte
bereiU empfohlen (z. B. Org.-Entw. für die österr. Gymn. S. 111) und
von Lehrern, welche in die gelesenen Schriflstellen wahrhaft einzuführen
verstehen, mit gutem Erfolge angewendet Die Gründe aus der Sache
Kelbst und aus dem Interesse eines bildenden Dnterrichtes, welche diesen
Vorgang empfehlen, zu vollständiger Geltung zu bringen und zugleich
auf die Bedingungen hinzudeuten, welche bei der Ausführung einzuhal-
ten sind, ist Prof. Rehdanta durch die Richtung seiner Studien und sei-
ner mit Recht sehr geschätzten literarischen Arbeiten vor vielen anderen
berufen. Die vollständige Publication des Vortrages in den zu erwarten-
den gedruckten Protocollen wird uns sicherlich noch manche treffende
Bemerkung über den Gegenstand bieten. Eine Debatte knüpfte sich an
diesen Vortrag nicht an.
Hierauf wurde von der Versammlung die fünfte der von Prof.
Dietsoh aufgestallten Thesen t
^Auf der obenien Stufe kai der eeeekiekimnierricki warmtfe-
weite die alte Geeekicäte fttm Gegenetttnde tu nekmeu. Eine
wünschenswerthe vertiefende und erweiternde Repetition der
mittleren und neueren Geschichte wird dadurch nicht aus-
geschlossen*
zum Gegenstande der Verhandlung gewählt
Prof. Dietsch begründet seine Übeneugung im wesentlichen fol-
gendermafsen :
«Die Thesen sind von mir nicht in der Absicht aufgestellt ,^das8
tlie Versammlung zu allgemein malsgebenden und bindenden Beschlüssen
gefuhrt werde. Wir wollen uns hier nur gegenseitig belehren und auf-
regen, unsere Erfahrungen austauschen. Ich habe in meinem Aufsätze in
der Schmid'schen Encyklopcedie 'J ein Princip gesucht, wodurch sich der
*) Encyklopndie des gesammton Erziehungs- und ^lAiccd^Nas«^^'^
von K. A. Schmid, Rcctor des Oymu. ^«^AV ^.'VtW^«
tOO AlifoeUeo«
Ortchichtsunterriclit im O^mnasiDiD untersobcide von dem io aidfr
iclialen. Naeb meiiier Ansieht ist im G^mnasiiim der Zweck diei
Unterrichtes, durch eigene Arbeit des Schülers ihm eigene Aoschawi]
txt versehaO^. • Daraus resoltirt der Satz 6 in meiner ersten Tha
Obrigens ist es keineswegs etwas Neues.
Ich forAire also für die oberste Classe des Gymnasiums bei dr
wöchentlichen Stunden und iweijahrigem Cursus vorzugsweise Cote
rieht in der allen Geschichte. Meine Grunde dafür sind diese s In Prin
erreicht die Kenntnis des Alterthnmes für den Gymnasiasten ihren Höhl
punet und einen gewissen Abschluss. Der Schaler ist befibigt, dorc
eigene Leetüre aus den Quellen das historische Material sieh ansneignei
Scheinen nun auch die mittlere und neuere Geschichte hieri>ei sn spii
lieh bedacht, so ist zu sagen, dass die Gymnasien den Universitäten doc
such Etwas öbrig hissen sollen. Die Klagen der UniversitSsiehrar übe
Hanget ad Intsresse für Gesehiehte werden am ersten verstunnDeji^ wem
Wir 'Hnseren Schülern nicht schon einen vollen Dnterrioht nber das ganze
Gebiet der Oeschiebts von der Schule her mitzugeben Tersocken wcrAev
Studien in der mittleren und neueren Geschichte werden auf der Qu
versitXt desto lebhafter betrieben werden, je besser vorbereitet für dm
Studien wir unsere Schuler auf die Universität entlassen. Die beste Vsi
bereitung aber geben wir ihnen , wenn wir ihnen aus den Qaetten hc
tu einer klaren Anschauung des Altertbumes verhelfen. Diese aber ii
erreichbar, weil die politischen Yerhältnisse des Alterthumes einfach^ 4i
Volkscharaktere scharf susgepragt sind.*
Gegen die von Dietsch vorgeschlagene Eiorichtung wird von andere
Seiten theils die entgegengesetzte (z. B. Prof. Afsmann, Direeü
H 0 f f m a n n aus Lüneburg), theils vermittelnde Anordnungen (s. 6. Recli
Peter aus Sohulpforta) empfohlen und begründet. Die gröCsere 2s
gSngliehkeit der alten Geschichte durch Einfachheit der Verhältnisse, 4»
nahe Beziehung der alten Geschichte zu der Lecture der Classiker ti
den Gymnasien , anderseits die gröfsere Schwierigkeit der neueren Ge
schichte und die unläugbare Nothwendigkeit, eine Auffassung der nenerei
Geschichte axif den oberen Stufen der Gymnasien anzubahnen — bildei
einige der hauptsächlichsten Gesichtspuncte, von denen aus die eine odc
die andere Anordnung des Geschichtsunterrichtes empföhlen wird. Bei
unlerlssst es die Debatten über diese Frage ausführlicher auszuziehei
da dieser Gegenstand in einem der nächsten Hefte dieser Zeitschrifl »
besonderer Erörterung kommen wird.
AllgemeineSitzungcnder Philo logen -Versammlung
Ref. behält sich vor, über den Inhalt der Vorträge in den allge
meinen Versammlungen nach deren vollständiger Publication su berichten
und begnügt sich für jetzt, nur den Gegenstand derselben su verzeichDeo
Der Präsident der Versammlung, Direcior Krüger in Brsuo
schweig, gibt in seiner Begrufsungsrede eine Vergleichung des Schul
nmtes mit dem akademischen Lehramte. — In der zweiten Sitzung hil
Dr. Eckstein aus llalle einen glänzenden Vortrag zur Ehre eines Ver
storbcncn. Fr. Thiersch, in welchem er seine Verdienste um di
Philologie und im Besonderen um die Philologen-Versammlungen darlogt
Dann spricht Prof. Petersen aus Hamburg «über vorhomerische 1^
ligion als Quelle der Poesie dos Homer und HesiOd;' hierauf der Gymn
Lehrer G. L. Kirch hoff aus Altona: «über die phonischen Figurei
in der Parodos von Sophokles Antigene.* •— In der dritten allgemeinei
Sitzung richtet zunächst Prof. Dr. Ernst Curtius aus Göttingen eine An
spräche an die Versammlung , worin er dieselbe ersuchte , durch Sub
scription die Herausgabe der noch nicht gesammelten kleinen Aufsäti<
von Otfr. Müller zu unterstützen; diese Sammlung solle den drittel
Band von 0. MIüAUt'e ^YWm^xi -^^ittDX^OöVfai ^i3ö.fv^wk» V\Vku« Der Au-
iiiseellea. 901
trag findet die ZuRtimmung der Versammloog. Hierauf hält auf An«
suehen des Präsidiums Dir. Rein aus Crefeld einen Vortrag über rOmische
«Phalerae,* die in der Nahe von Crefeld aufgefunden wurden, und legi
der Versammlung einige der ausgegrabenen Stacke vor. Dann spricht
Prof. (Jrlichs aus Würsburg über ein lycisches Siegesdenkmal aus
der Gegend vbn Xanthus, das sieh gegenwärtig im British Museum in
London beßAdet. Der Vortrag yeranlasst den Prof. Merklin aus
Dorpat zu einigen entgegnenden Bemerkungen. Zuletzt hält Bibliothekar
Bethmann aus Wolfenbuttil, auf Anlass der von der Teubner'schen
Buchhandlung der Philologenversammlung zur Begutachtung vorgelegten
«Probe neu geschnittener griechischer Typen* einen Vortrag, in welchem
er die Entwickelungs^eschichte der griechischen Lettern bis zu ihrem
Jetzigen, der urkundlichen Gestalt durchaus unähnlichen Charakter be-
spricht und ein Zurückgehen zu der durch die Inschriften und ältesten
Handschriften documentierten Gestalt für nothwendig erklärt. Die Ver-
sammlung, aufgefordert ihr Urtheil über den Gegenstand abzugeben, er-
klärt, da^s sich ein solches erst nach reiflicher Erwägung abgeben
lasse und einer späteren Versammlung vorbehalten bleiben möge; in-
zwischen könne ja der Gegenstand in einer philologischen Zeitschrift, z. B.
den «lahrbüchem für Philologie und PaDdagogik' allseitig erörtert werden«
Ak literarische Gaben wurden an die Mitglieder der Ver-
sammlung folgende Schriften vertheilti Krüger, Dr« G. T. A.; Die
Primaner-Arbeiten gegen Ende des 17. und im Anfange des 18. Jahr-
huiiderlir. Ein Beitrag lur Geschichte des Martineums zu Braunschweig
und des Gymnasial wesens überhaupt. Der 19. Versammlung deutscher
Philologen etc. gewidmet. Braunschweig, 1860. 88 S. 4. — Jeep^
Jusiu»; Aliquot loci ex Oraiümtdui Cleeranit in uium sekoiarwn
erhtiM ! Gertnaniae pMiei&pis Brumvigam congreaiM äae quoMi fenera
hnepiMi 8, D, Spnmas. Gueferä^tamtm tnierprete eeU, GuelferinpH^
1860. 15 S. 4. ^ ßaumeitier, Au§,: Päilo/agii Germaniae
trunaviffoe c&nffregaiii Carnmeniaittmem de Aipe et Adratto
etmicriptam effert. Lipiiae, Tmäner^ 1860. 16 S. 4.
Zum Orte der nächsten Versammlung, Sept 1861, ist Frankfurt
a. M. bestimmt und das Präsidium den Herren Director Gl aasen und
Professor Flecketsen übertragen. Möchten es bei dieser folgenden
Versammlung die Zeitverhältnisse dem österreichischen Lehrstande ermög-
lichen, den lebhaften Wunsch der Theilnahmo zu reichicher Verwirklichung
zu bringen. H. B.
Literarische Notizen.
Zeiitchrift für exacte Philotophie im Sinne det neueren phito^
iOphitchen Realismue, In Verbindung mit mehreren Gelehrten heraus-
gegeben von Dr. F, H, Th. Allihn und Dr. T, Zitier. — Band L Heft 1.
(Vlll, 99.) Leipzig, Louis Pemitzsch. 1860. (Vier Quartalhefte, k 6—7 Bog.
und 7« Thlr. bilden einen Band).
Endlich findet sich wieder der Muth zu einer Zeitschrift auf dem
Gebiete der Philosophie! Der Hegerschcn Despotie war auf diesem Ge-
biete im gröfseren Publicum eine solche Anarchie gefolgt, der übermü-
thigen Flut eine so kleinmüthige Ebbe, dass noch vor zehn Jahren nur
die längstbestehende Fichte'sche Zeitschrift stille fortscblich und ein
neues unternehmen dieser Art so gut wie unmöglich war. Der Stand
der philosophischen Bestrebungen in Deutschland fordert eine Mannig-
faltigkeit solcher Zeitschriften; auf glänzenden Erfolg freilich haben sie
nicht Aussicht, wol aber auf ausreichende Anerkennung^ elüft ^SsiiK^-
schafUiche Pflicht muthig zu erfüllen. In ^dc^' *** ' ^Ve^ ^fsfC^^^xw^^
ihre k\iXgh\)e fasst, mag sie selber bcTicbteu'
902 Mueelleiii
Sic strebt «die eigentlicbeo Aufgaben der Philosophie Obcfkaop
und der einxelnen philosophischen Wissenschaften im besoodern deuHid
darzulegen ; sie von den blofs vermeinten und falaeben sn untersebeida
und zu zeigen, was zur Lösung derselben Torsiigtweise in Deutscbbi
geleistet worden ist. Sodann einzehie Fragen, welche ein allgemeiac
Interesse in Anspruch nehmen, theils in selbständigen Abhandluogei
theils in Becensionen und Besprechungen beachlenswerther literarische
Erscheinungen zu behandeln. Zu diesem Behufe wird
1. der naturliche und kunstliche Zusammenhang der einftm
reichsten Irrthumer alterer und neuerer Philosopheme den Lesern deut-
lich dargelegt^ und mit Nachweisung ihres Verlaufs im modernen Idei-
lismus von Kant bis Hegel der Anfang gemacht werden;
2. soll gezeigt werden, welche Bestinunnngsgründe des Denkeni
von den Irrthümem des modernen Idealismus sum exacten Bealismas in
der theoretischen Philosophie , und zum reinen Idealismus io der /vai-
tischen Philosophie f&hren. Eine besondere Auligabe hierbei \A die, ans-
iuhrlich darsuthun, in welcher Weise die von Kant nur erst begonnene,
von seinen Nachfolgern theils vereitelte, theils sur Tölligen Revdntio-
nierung des wissenscbafUichen Denkens hinübergefuhrfe Reform der Phi-
losophie von Herbart zu Stande gebracht ward, und welehe Ergebnisse
für die einzelnen philosophischen Disciplinen, der Metaphysik, Psycho-
logie, Moral, Aesthetik, Pädagogik, Politik, Religionslehie und endlich
der Logik und allgemeinen Methodologie, dadurch gewonnen sind. Bierm
ist eine Reihe von Abhandlungen bestimmt, welche sich etwa durch acM
Hefle durchziehen wird. Diese bilden dann gleichsam eine Art von Ea-
eyklopsedie der Philosophie und zugleich eine kritische Obersicht der
philosophischen Bestrebungen des laufenden Jahrhunderts.
Nachdem auf diese Weise durch historisch-kritische Berichterstit-
tungen über die einflussreichsten Irrthumer und über die wichtig^
Leistungen auf dem Gebiete der Philosophie das Nöthigste geschehen ist,
und schon wahrend dies geschieht, sollen
3. einzelne philosophische Fragen vom allgemeinsten Interesse ood
von durchgreifender Wichtigkeit in besonderen Aufsätzen behandelt wer-
den. Hierzu kommen dann noch
4. Recensionen und Relationen über einzelne literarische Erschei-
nungen und endlich
5. Specialuntersuchungen über einzelne interessante Puncte.
Auf diese Weise trachtet die Zeitschrift dahin, nicht blois im
flüchtigen Leetüre zu dienen, sondern sich für den Privatbesitz wüa-
schcnswcrth zu machen.
Ihrer wissenschaftlichen Richtung nach schliefst sich die Zeitschrift
natürlich an die von Herbart und seiner Schule in Gang gebrachten
philosophischen Forschungen an, und zwar aus einem doppelten Grunde
Erstens, weil gerade von dieser Seite die meisten Fortschritte im Betriebe
der einzelnen philosophischen Wissenschaften gemacht, und bei Uerbarl
selbst noch eine Menge wissenschaftlicher Schatze tu heben sind. Zwei-
tens, weil gerade in dieser Richtung die Anforderungen an ein exactei
Denken (im Gegensatz zu einem nebulosen Verschwimmenlassen der Be-
griffe} aufs bestimmteste ausgesprochen und am entschiedensten geltend
gemacht wurden. Dabei sollen jedoch nicht die Behandlungen philo-
sophischer Fragen in verwandter Richtung ausgeschlossen werden, son-
dern es kommt nur darauf an, dass bei den einzelnen Leistungen eine
Übereinstimmung in ilen Principien, namentlich aber in der Respectierung
jener Anforderungen an das Denken, ohne welche eine wissenschaftliche
Einigung nicht möglich ist, stattfindet. Einen blofsen Schaldogmatismus
zu pflegen, liegt dem Geiste derjenigen Richtung, welcher die Zcitschrifl
folgt, am allermeisten fem* (S. IV— VI). «Ein Gegensatz gegen die posi-
tiven und 80gcnauuVenEti«iit\xiv%%V\*^\Ä^V^^'«^^^^^\\fi^^^ vielmehr
Miscellen. 903
werden sie als unsere naturlichen Verbündeten betrachtet*... «Politische und
kirchliche Parteiinteressen bleiben natürlich streng ausgeschlossen* (S.VII).
Das Probeheft beginnt nun mit einer Abhandlung über die Gnind-
irrthümer des Idealismus in ihrer Entwickelung von Kant bis Hegel ; den
Schluss dieser Abhandlung bringt das nächste Heft; ihr Verfasser ist E.
A. Thilo y dessen Beleuchtung «der modernen speculativen Theologie in
ihren Principien* allen Lesern, die auf scharfgeschnittene Gedanken
Werth legen, im besten Andenken ist Wir müssen jedoch an die Re-
daction die dringende Bitte richten, eine derartige Arbeit sogleich voll-
ständig lu liefern; wer die Fortsetzung erst nach einem Vierteljahre
lesen kann, muss dann den in diesem Hefte abgedruckten Anfang sicher
wieder lesen oder dessen Lesung bis dahin aufschieben. — Darauf folgen
von einem der Herausgeber (Dr. Allibn) «Nachrichten über das Leben und
die Schriften Herbart's*, eine willkommene Nachlese nach dem, was Her^
bart's Werke bieten. — Wir sehen dem nächsten Hefte mit Verlangen ent-
gegen und wünschen der guten Sache fröhliches Gedeihen. F. L.
ReallexikoH des ciatsischen AUerihums für Gpmnasfen. Im
Vereine mit mehreren Schulmännern herausgegeben von Dr. Frdr.Lübker.
Zweite, durchgängig verbesserte Auflage. Mit zahlreichen Abbildungen.
Leipzig, B. G. Teubner, 1860. Xll u. 1084 S. gr. 8. 3 Thir. 10 Ngr.
Die erste Auflage dieses Buches erschien im Jahre 1854. Dass
nach dem Verlaufe von nur sechs Jahren eine neue Auflage erforderlich
geworden ist, beweist, dass das Buch einem wirklich vorhandenen Be-
dürfnisse in geschickter Weise entgegen gekommen ist. Und gewiss ist
ein Lexikon, in welchem aus den Gebieten der Literatur- und Kunst-
geschichte, der politischen Geschichte, der Antiquitäten, der Mythologie
des classischen Alterthumes das Nothwendi^ste leicht zu finden ist, für
Schüler in den oberen Glassen der Gymnasien und für angehende Stu-
dierende der Philologie ein sehr erwünschtes Nachschlagebuch. Die
Ausarbeitung der Artikel aus den verschiedenen Hauptgebieten ist von
Schulmännern übernommen, die denselben ihre speciellen Studien ge-
widmet haben (z. B. Artikel aus der iiteiniscben Literaturgeschichte von
Eckstein und von H. Keil, sämmtliche Artikel aus dem mytho-
logischen Gebiete von St oll, die Artikel aus den römischen Rechts-,
Staats- und Privatalterthümern von Rein u. s. f.) und mit Verwerthung
der neuesten Forschungen ausgeführt ; dabei ist mit Besonnenheit ein für
die Leser, denen es bestimmt wurde, geeignetes Mafs eingehalten ; das
Ganze ist von der Verlagshandlung in der trefflichsten Ausstattung, in höchst
compressem und doch vollkommen deutlichem Druck zu einem äufserst
mälsigen Preise hergestellt. Aus allen diesen Umständen ist vollkommen
begreiflich, dass das Buch eine so schnelle Ausbreitung gewonnen hat.
Ober die erste Auflage des Lübker'schen Lexikon ist in dieser
Zeitschrift 1864. S. 36 ff. unter genauem Eingehen auf einzelnes refe-
riert worden ; es wird daher hinreichen von dem Erscheinen der zweiten
Auflage unseren Lesern nur einfach Kenntnis zu geben; dass dieselbe
eine «durchgängig verbesserte* ist, glauben wir dem Herausgeber, auch
ohne deshalb eine Probe im einzelnen anzustellen; für einen aufmerk-
samen, der Sache ernstlich ergebenen Herausgeber ist es an sich un-
möglich , die Bogen aufs neue zur Druckerei gehen zu lassen , ohne
überall, sei es auch nur in Kleinigkeiten, bessernde Hand anzulegen.
Da das Lexikon aller Wahrscheinlichkeit nach noch für einige Zeit seine
Verbreitung bewahren und ausdehnen wird, so ist angelegentlich zu
wünschen, dass für folgende Auflagen die Verbesserung desselben, ohne
deshalb den eigentlichen Charakter des Buches aufzugeben, in metho-
discher Weise fortgeführt werde. Auf einen Punct mag zu diesem Zwecke
noch in aller Kürze hingewiesen werden, nämlich auf die «ct.c^'cv \s.^^
dem Erscheinen der ersten Auflage von auAf«^*» «i-»\ft ä% ^\«äöcävä-
werth bezeichnete Anführung litcrat\»cV «i\^>\xv^^vv>
904 MisceUen.
natürlich io der durch den Charakter des Buches gebotenen stresgcB
Auswahl. Der Uerausgeher erkennt selbst au , dasa diese Zugabe bei
Tielen Artikeln sehr wunschenswertb sei, bemerkt aber, das« die Schwie-
rigkeit der Ausführung ihn für diesmal noch abgehalten habe. £i
ist jedoch nicht wohl abzusehen, inwiefern die Eweckmäisige AIk
greoEung, die Einhaltung des richtigen MaÜBes bei den literarischa
Nachweisungen grOfsere Schwierigkeiten haben solle , als überhaupt io
dem Gänsen der Arbeit. Und es ist gewiss kein unbilliges YerlangeHt
dass man ku der Darstellung der Dmrisie eines Gegenslaudes auch du
oder ein Hauptwerk genannt erhalte, in welchem das nähere und die
Begründung zu suchen ist. Die, wie es scheint, principielle Ausschliefsung
solcher Angaben führt öfters zu den auffallendsten Sonderbarkeiten. Cintrr
den umfassenderen Artikeln ist mancher an ein anerkanntes Hauptwerk
auszugsweise so angelehnt^ dass man selbst an den Wortlaut desseJbeo,
nicht blofs an die Anordnung in der Darstellung erinnert viird; da ge-
hört es sich dann doch wol, dass z. B. nach der Darstellung des attischen
Processes das Werk von Meier und Schönmann genannnt ^wiid. Oder--
in dem Artikel «Platon* werden Ansichten von Socber, Ast, SchWicr-
machcr, Stallbaum erwähnt, und die von K. F. Hermann indireet, übri-
gens in ungenauer Weise kritisiert; aber die Bücher, in deueii die«
Überzeugungen begründet werden , sind nicht erwähnt. Bei dieser Ge-
legenheit zugleich der Wunsch, dass in einer neuen Auflage manche
geradezu an das lächerliche streifende Inhaltsangaben über Plaloni<che
Dialoge beseitigt werden, z. B. «Parmenides , das System desselben
von der absoluten Einheit und der Entstehung der Welt, dialektiseb.
aber nichf vollständig $ — — Pheedros, Rede des Lysias über die Liebe
oder die Schönheit, im zweiten Theile Prüfung der sophistischen Methode
und Grundsätze' u. s. f. S. 770. Besser gewiss die blofsen Titel der
Dialoge als solche Inhaltsangaben. Oder: in dem Artikel «Homcros* vini
zwar des Gedankens einer Entstehung der llias aus kleineren, ursprün£-
lich von einander selbständigen Liedern als einer unbegründeten Hypo-
these gedacht, aber vergebens sieht man sich nach der £r\% ähnung aur^i
nur der Wolf 'sehen Prolegomena um. Literarische Nach Weisungen ^vi-
den besonders da erforderlich, wo sich ein Artikel auf noch zweifeJhsfUD
und bestrittenem Gebiete bewegt; da die Kürze der Abfassung ciue bi-
gründung nicht gestattet, wird dann durch eine wohl gewählte iitcrari>rhi
Anführung der strengen Objecllvität genügt In Beziehung auf doriti
noch streitige Pnncte ist übrigens ein ziemlich verschiedenes Verfahni:
ersichtlich. Bald ein Zurückhalten über alles Mafs, z. B. wenn es ici
Artikel «Herodotos* von dem Tode des Geschichtsschreibers heifst ,f<
ist ungewiss, wann;^ die Ungewissheit ist doch keine absolute, souticni
es lassen sich mit einem Worte die bestimmten engeren Grenzen be-
zeichnen, innerhalb deren die Ungewisshoit sich noch bewogt. Dagegoi.
beschränkt sich z. B. der Artikel «Tetralogie^» nicht auf das sicher cor.-
staticrte, sondern führt als «wahrscheinlich'* Hypothesen über die Ent-
stehung und Umbildung dieser Einrichtung durch, zu denen es schwir
sein dürfte einen ausreichenden Beweis beizubringen. — Es wäre leiciit.
die Fälle noch zahlreicher anzuführen, an denen eine für die Unter-
suchung oder für die Begründung wichtige literarische NachweisuDs
dringend nothwendig ist. Der Herausgeber, der ja grundsätzlich die Be-
rechtigung dieses Anspruches anerkennt, wird wol in einer folgenden
Auflage dem Übelstande des bisherigen Mangels abhelfen; der Gesammr-
umfang des Lexikon braucht deshalb kaum um einen Druclbogen tu
wachsen. — Wir haben diesen Msngel betont, um zu weiterer Besse-
rung des Buches Anlass zu geben ; auch in seiner jetzigen Form ist ts
für den Kreis von Lesern , dem es zunächst gewidmet ist . ein stbr
schätzbares Hilfsmittel, dem man weite Verbreitung zu wünschen hat.
(Diesem UcUe s\t\Ol i^<i'\ WVwwwV^i ^^i\vi,^\w V^\%<^%^Vi«u.)
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