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Full text of "Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene"

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Zeitschrift 



für 



Fleisch- und Milchhygiene, 



Herausgegeben 



von 



Dr. R. Ostertag-Berlin. 



XVIII. Jahrgang", 




BERLIN 1908. 
Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz. 



^ 

<. 




n-;« 21 1922 




Sachregister. 

(Die Zahlen geben die Seiten an.) 



Abdecker, Anspruch auf die Haut 1. 

Abdeckerei, Ausschluß des Zwangs- und Bann- 
rechts bei Tieren, die an anzeigepflichtigen 
Seuchen gelitten haben 294. 

— der Stadt Berlin in Rüdnitz 305. 327. 

Privilegien und Rechtsprechung Ir §94. 

unterschleife 39. 338. 

Abwasserreinigung, biologische 260. 

Ärztlicher Beruf und Gewerbeordnung? 93. 

Allantiasis 179. 

Altersbestimmung bei Federwild 127. 

Amerikanisches BQchsenfleisch, Rückgang der 
Ausfuhr 37. 

Amerikanische Großschlächtereibetriebe 37. 107. 

Amtliches 22. 93. 126. 188. 224. 261. 294. 826. 
360. 391. 

Anstellungsverhältnisse der Schi ach thoftierärzte 
37. 69. 238. 

Antisera für die Fleischdifferenzierung 61. 

Anthrakosis 221. 

AusfahrungsbestimmuDgen siehe unter Amtliches. 

Auslandsfleischbeschau 93. 194. 224. 230. 294. 
298. 360. 

Außerhalb geschlachtetes Fleisch, Nachunter- 
suchung 22. 25. 63. 94. 133. 138. 

Außerordentliche Fleischbeschau 145. 238. 328.360. 

, Gebühren 361. 

Bacillus botulinuB 179. 185. 

— enteritidis Gaertner 176. 185. 222. 243. 268. 

— paratyphosus B 176. 185. 290. 

— piscicidus haemolyticus 185. 

— pyogenes bei der Ziege, Identität mit B. p. 
suis 359. 

— pyogenes suis als Erreger einer Schweine- 
krankheit 359. 

— typhi murium, Pathogenität für den Menschen 
62. 222. 

Backsteinblattern 226. 

Bakterielle Stoffwechselprodukte 248. 



Bakterien, Durchtritt durch Haut, Schleimhaut 

Eischale usw. 184. 185. 
— vom Typus der Ödembazillen im Fleische 

gestorbener und unausgeweidet gebliebener 

Tiere 214. 
Bakteriologische Untersuchung von Fleisch und 

Milch, Höhe der Gebühren 360. 
Bandwurmkrankheit beim Hunde, Verhalten der 

weißen Blutkörperchen 358. 
Beanstandung und Beschlagnahme 130. 
Bedingt tauglich befundene Schweine, Rückgabe 

an den Eigentümer zur Verwendung im 

eigenen Haushalt '63. 
Bedingt taugliches Fleisch, anderwärts geschlach- 
tetes, Ausschluß und Zulassung 30. 100. 402. 

, Ausfuhrgenehmigung 30. 

, Brauchbarmachung 100. 102. 

, Freizügigkeit 30. 100. 

Bekämpfung der Rindertuberkulose 41. 

Belichtung der Milch, Einfluß 181. 

Betäubung der Schlachttiere 60. 131. 169. 350. 

354. 
Beulenkrankheit der Barben 36. 
Bienenzuchtanstalt 270. 
Biologische Eiweißdifferenzierung 73. 169. 228. 

230. 292. 
Blut geschächteter Tiere 138. 402. 
Blutungen, multiple, in der Muskulatur 356. 
Blutverwertung 22. 

Bolzenschuß- und Schlagapparate 352. 353. 354. 
Borsäure als Konservierungsmittel 40. 223. 224. 
Botryomykose eines Düttenbeines 91. 
Botulismus 179. 305. 
— , Heilserum 126. 
Bovovakzin 48. 
Bücherschau 34. 66. 103. 135. 167. 199. 234. 266. 

301. 334. 368. 398. 
Bullenfleisch mit angeblichem Phosphorgeruch 

267. 
Bullen, Vererbung des Fettgehaltes der Milch 151. 



Zeitschrift 



für 



Fleisch- und Milchhygiene, 



Heraasgegeben 



Dr. ß. Ostertag-Berlin. 



XVIII. Jahrgang, 



/^Eä^ 






BERLIN 1908. 
Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz. 



Zeitschrift 



für 



Fleisch- und Milchhygiene. 



Herausgegeben 



Dr. ß. Ostertag-Berlin. 



XVIII. Jahrgang, 




- XIII - 



PanisBet 357. 
PapaYoannou 369. 
P6ju 335. 
Pfeiler 211. 
Pirl 107. 
Pitt 86. 259. 325. 
Plath 332. 333. 
Poels 90. 

Polenske 187. 200. 
Porcher 186. 
Prachfeld 121. 
ProBkauer 70. 
Pappe 223. 

Baebiger 150. 
Rajat und Pöju 335. 
Ravenel 160. 
Ravenna 92. 
Eeiß 161. 186. 
Reitz 187. 
Rekate 325. 
Ribbert 160. 



Riebet 92. 
Rieck 35. 86. 137. 
Riemer 267. 
Rödler 221. 
Rogner 291. 
Rousseau 125. 
Rnbner 152. 261. 
Rahm 325. 
Rulf 359. 

IS^achs-Macke 185. 
ten Sande 259. 
Sandeborg 354. 
Saschke 369. 
Schenk 128. 
Schilling 129. 
Schiemenz 234. 
Schloßmann 162. 
Schmidt-Hirschberg 

328. 
Schmidt, W. A. 61. 

292. 



Schneider-Heinze 152. 
Schreiber und Neu- 
mann 57. 
Schröder 292. 
Schroeter 203. 
Schflder 239. 
Schnester 369. 
Schuppius 125. 
Seifert 335. 
Sergent 369. 
Seyfert 153. 
Shitayama 62. 222. 
Sommerfeld 105. 
Stcherback 359. 
Steuding 369. 
Stiehler 158. 
Stier 333. 866. 
Strelinger 15. 
Stroh 78. 358. 

Thurmann 236. 
Tiberti 259. 



Titze 175. 
Tromsdorff 259. 

Uffenheimer 221. 

! 

van de Velde 292. 
Vogt 105. 324. 
Voirin 129. 

I 

' Wagner 221. 

Weber 160. 

Weichselbaum 239. 
I Weidanz 73. 

Welzel 137. 
I Windisch 328. 

Xylander 241. 

I Zell 129. 
I Zipkin 221. 
. Zörner67. 



Berlin, Druck von W. BCbcunstein, 



Zeitschrift 

ftlr 

Fleisch- und Milc 




Achtzehnter Jahrgang. 



Oktober 19 



eft 1 



Original-Abhandlttqigen^ ^ 



(Naohdniok Terboten. 



Steht privilegierten Abdeckern von ge- 
schlachteten Tieren, bei denen lediglich 
das Fleisch als untauglich befunden wurde, 
auch die Haut zu? 

Zugleich ein Beitrag zur Definition des Begriffs 
„unrein**. 

Von 

Dr. Otterttg. 

Die Besitzer privilegierter Abdeckereien 
verlangen bekanntlich, daß ihnen von ge- 
schlachteten Tieren, die bei Vornahme der 
Fleischbeschau als untauglich befunden 
wurden, nicht nur das Fleisch (Fleisch mit 
Knochen, Fett, Eingeweiden und den zum 
Genüsse fürMenschen geeigneten Teilen der 
Haut sowie das Blut), dessen Herausgabe 
von den Beteiligten nicht verweigert wird, 
sondern auch die Haut abgeliefert werde. 
Diese Forderung ist bei jenen Krankheiten, 
bei denen der ganze Tierkörper ein- 
schließlich der Haut aus sanitäts- und 
veterinärpolizeilichen Gründen unschädlich 
zu beseitigen ist, wie bei Milzbrand, 
Rauschbrand, Rinderseuche, Tollwut, Rotz, 
Rinderpest, schweren Fällen des Rotlaufs, 
der Schweineseuche und Schweinepest 
(vgl. § 33, Abs. 1 Nr. 1-6 und 9-10 
B. B. A) begründet, in den übrigen Fällen 
aber, in denen der Tierkörper ohne Ein- 
schluß der Haut für untauglich erklärt wird, 
nicht recht verständlich. Nun kommt noch 
hinzu, daß die Haut eines Rindes einen 
erheblichen Wert repräsentiert. Zurzeit 
gelten Kuhhäute im Gewicht von 90 Pfd. 
etwa 36 M. Die Haut einer Kuh bringt 
also etwa den gleichen Eilös, der früher von 
den Besitzern erzielt wurde, wenn sie not- 
zuschlachtende Tiere an den Schlächter 



verkauften. Durch die Verwertung der 
Haut wird der Schaden, der dem Besitzer 
durch die Beanstandung eines Tieres er- 
wächst, wenigstens zum Teil ausgeglichen. 
Deshalb ist die Frage, ob der privilegierte 
Abdecker bei Beanstandungen nach § 33 
Abs. 1 Nr. 7—8 und 11—18, Abs. 2 sowie 
nach § 34 B. B. A einen Anspruch auf die 
Haut besitzt, für die östlichen Provinzen 
der preußischen Monarchie, in denen die 
Abdeckereiprivilegien noch zu Recht be- 
stehen, seit dem Inkrafttreten des Reichs- 
fleischbeschaugesetzes von nicht geringer 
Bedeutung geworden, und es dürfte nach- 
stehendes, vom Professorenkollegium der 
Tierärztlichen Hochschule zu Berlin er- 
stattetes, dem Herausgeber durch Ver- 
mittlung des Herrn Kreistierarztes L. zur 
Verfügung gestelltes Gutachten für weitere 
Kreise von Interesse sein. 
Das Gutachten lautet: 

Obergutachten 

in Sachen des Abdeckereibesitzers H. Th. zu Z. 
wider den Fleischermeister G. B. ebendaselbst. 
In vorbezeichneter Streitsache übersandte 
uns das Königliche Amtsgericht zu Z. die er- 
wachsenen Akten mit dem Ersuchen um Abgabe 
eines Obergutachtens darüber, 

ob im Sinne des Abdeckereiprivilegiums 
— im Umschlag Blatt 15 — und der bei 
Erteilung des Privilegiums herrschenden 
Anschauungen eine Färse, die hochgradig 
mit Finnen behaftet gewesen ist, als unrein 
anzusehen ist. 
Diesem Ersuchen entsprechen wir nach- 
stehend. 

Tatbestand. 
Kläger ist Inhaber des Abdeckereigrundstücks 
zu Z. und als solcher Inhaber der Abdeckerei- 
privilegien über die Abdeckerei zu Z. und im 
Stifte W. Der Beklagte hat am 16. Novembe 



— 2 — 



1906 eine Eub geschlachtet, deren Fleisch als 
zur menschlichen Nahrung unbrauchbar befunden 
wurde, und von diesem Tiere dem Kläger zwar 
das Fleisch, nicht aber das Fell herausgegeben. 
Kläger behauptet, das Fell habe mindestens einen 
Wert von 20 M. gehabt. 

Kreistierarzt L. (Blatt 18 der Akten) hat 
bekundet, der Beklagte habe am 14. November 
1906 eine Färse geschlachtet, die er zwei Tage 
darauf untersucht habe. Das Fleisch war mit 
gesundheitsschädlichen Finnen behaftet, und zwar 
in dem Maße, daß es als starkfinnig zu bezeich- 
nen war. Die Finnen waren nicht zu zählen und 
kamen in den verschiedensten Muskelgruppen 
vor. Es mußte daher als zur menschlichen 
Nahrung ungeeignet verworfen werden. Nur 
Fett, Leber, Milz, Nieren, Magen und Darm waren 
als genußtauglich zu betrachten. Der Sach- 
verständige bemerkte noch, daß in der Haut des 
Rindes Finnen nicht vorkommen. 

Nach dem im Umschlag, Blatt 15, beigefügten 
Abdeckereiprivilegium vom 29. April 1772 ist 
laut Vorschrift der Edikte vom 18. März 1667, 
23. März 1682, 22. April 1689, 11. Februar 1704, 
12. November 1707 und 30. Juni 1721 jedermann 
schuldig, „das außer der Viehseuche abgestandene, 
auch bei dem Schlachten unrein gefundene Vieh 
(Schafe ausgenommen) dem Scharfrichter oder 
Abdecker des Distriktes sofort gegen Erlegung 
des festgesetzten Trinkgeldes vor die Meile 
k 2 Groschen an den Boten anzusagen." Bei 
Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften des 
Privilegiums sollen „ein gemeiner Landmann oder 
bäuerlicher Untertan" dem Abdecker zur Schad- 
loshaltung, wegen der Haut, Talg und Pferde- 
haare „für ein Füllen, Rind oder Stärke« 1 Taler, 
andere Verbrecher dagegen für dieselben Tiere 
1 Taler zwölf Groschen entrichten. 

Gutachten. 

Nach der Bekundung des Kreistierarztes L. 
ist das Fleisch der streitigen Färse in hohem 
Grade mit gesundheitsschädlichen Finnen behaftet 
gewesen. Die Finnen waren in den verschieden- 
sten Muskelgruppen zugegen und nicht zu zählen. 
Fett, Leber, Milz, Nieren, Magen und Darm waren 
dagegen als genußtauglich zu betrachten. 

Die in den Muskeln des Rindes vorkommende 
Finne entwickelt sich im Darm des Menschen zu 
einem Bandwurm (Taenia saginata), der die Ge- 
sundheit seines Trägers zu schädigen geeignet ist 
Aus diesem Grunde wird die in den Muskeln des 
Rindes schmarotzende Finne und das Muskel- 
fleisch, in dem sie enthalten ist, als gesundheits- 
schädlich bezeichnet. Das Muskelfleisch hat aber 
die schädliche Eigenschaft nur dann, wenn es 
im rohen Zustande von Menschen verzehrt wird. 



Durch Kochen, Pökeln und dreiwöchige Auf- 
bewahrung im Kühlhause werden die Finnen 
getötet und hiermit das Fleisch für den mensch- 
lichen Genuß unschädlich gemacht. Das finnige 
Rindfleisch gehört deshalb zum bedingt taug- 
lichen Fleisch im Sinne des § 10 des Reichs- 
gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und Fleisch- 
beschau vom 3. Juni 1900, das nach Brauchbar- 
machung (im vorliegenden Falle durch Kochen, 
Dämpfen, Pökeln oder Aufbewahrung im Kühl- 
haus) als Nahrungsmittel für Menschen verwendet 
werden darf. Voraussetzung hierfür aber ist, 
daß die Muskeln nur im geringen oder mittleren 
Grade mit Finnen durchsetzt sind. Sind die 
Finnen, wie im vorliegenden Falle, so zahlreich 
vorhanden, daß sie nicht gezählt werden können, 
dann ist das Muskelfleisch als untauglich für 
den menschlichen Genuß zu behandeln (vgl. 
§ 34 der Ausführungsbestimmungen A zum 
Reich sgesetz, betreffend die Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900). 

Trotz starker Durchsetzung der Muskeln mit 
Finnen sind das Fettgewebe (der Talg), die Leber, 
Milz, die Nieren, der Magen und Darm in der 
Regel finnenfrei. Deshalb sind diese Teile des 
Körpers finniger Tiere als genußtauglich anzu- 
sehen und dementsprechend zu behandeln, sofern 
sie bei sorgfältiger Untersuchung als finnenfrei 
befunden worden sind. Der Angabe des Sach- 
verständigen L., daß Fett, Leber, Milz, Nieren, 
Magen und Darm als genußtauglich zu behandeln 
waren, ist zu entnehmen, daß die genannten 
Teile bei der streitigen Färse frei von Finnen 
gewesen sind. 

In der Haut des Rindes kommen, wie der 
Kreistierarzt L. schon zutreffend ausgeführt hat, 
die gesundheitsschädlichen Finnen nicht vor. 

Somit war nur das Muskelfleisch der strei- 
tigen Färse zum menschlichen Genuß untauglich, 
während die Haut, das Fett, die Leber und die 
übrigen oben angeführten Teile, trotz der Behaf- 
tung des Muskelfleisches mit Finnen, volle Taug- 
lichkeit zur üblichen Verwendung hatten. Die 
Finnigkeit des Rindes unterscheidet sich in dieser 
Hinsicht von anderen Krankheiten des Rindes, 
die das Fleisch untauglich machen, wie dem 
Milzbrand, der Wild- und Rinderseuche, der Toll- 
wut und Rinderpest. Bei diesen Krankheiten ist 
nicht nur das Muskelfleisch, sondern der ganze 
Tierkörper einschließlich des Talges und der Haut 
untauglich, weil der die Schädlichkeit bedingende 
Krankheitserreger in sämtlichen Teilen des Tier- 
körpers zugegen ist. 

Eine amtliche Erläuterung des Begriffes 
„unrein" im Sinne der Abdeckereiprivilegien, die 
im Preußischen Staate erlassen worden sind, be- 
steht nicht. Die Bezeichnung findet sich zuerst 



3 — 



in den ägyptischen und mosaischen Speise- 
vorschriften und wird hier auf Tierarten ange- 
wandt, die nach den religiösen Anschauungen 
der Ägypter und Israeliten zur Nahrung für 
Menschen nicht verwendet werden durften, auch 
wenn sie völlig gesund waren. In Fleischbeschau- 
verordnungen aus der Zeit des Erlasses der Ab- 
deckereiprivilegien wird die Bezeichnung ,,unrein'' 
auf das Fleisch kranker Tiere angewandt, das 
wegen der Krankheit an sich oder wegen eines 
bestimmten Grades der Krankheit als mensch- 
liches Nahrungsmittel nicht verkauft werden 
durfte. Der Begriff des unreinen Fleisches im 
Sinne der Abdeckereiprivilegien entspricht 
also dem heutigen Begriff des untauglichen 
Fleisches. 

Mithin war von der streitigen Färse unrein 
im Sinne der Abdeckereiprivilegien nicht der 
ganze Tierkörper oder das ganze Stflck Vieh, 
sondern nur das finnendurchsetzte Fleisch aus- 
schließlich der Haut und des Talges. 

In dem den Akten beigefügten Publikandum 
vom 29. April 1772 ist auf Edikte aus dem 17. 
und 18. Jahrhundert Bezug genommen, wonach 
jedermann schuldig ist, „das außer der Vieh- 
seuche abgestandene, auch bei dem Schlachten 
unrein gefundene Vieh (Schafe ausgenommen)", 
dem Abdecker des Distrikts anzusagen. 

Im 17. und 18. Jahrhundert war bekannt, 
daß Finnen bei einem Hausticrc, dem Schwein, 
vorkommen. Daß man zu jener Zeit schon über 
das Vorkommen von Finnen bei Rindern unter- 
richtet war, ist nicht zu erweisen. Die Rinder- 
finnen werden erst seit 25 Jahren häufiger er- 
mittelt, nachdem man die Lieblingssitze dieser 
tierischen Schmarotzer kennen gelernt hatte. 



Im 17. und 18. Jahrhundert besaß man auch noch 
keine richtige Vorstellung von dem Wesen der 
Finnen. Es ist erst um die Mitte des vorigen 
Jahrhunderts nachgewiesen worden, daß die 
Finnen ungeschlechtliche Entwicklungsstufen von 
Bandwürmern sind. Gleichwohl ist mit dem 
Fleisch finniger Tiere (Schweine) zurzeit des 
Erlasses der Abdeckerei-Edikte in ähnlicher Weise 
verfahren worden wie heute. Das Fleisch wurde 
nicht in jedem Falle als untauglich oder unrein 
behandelt, sondern bei mäßigen Graden der 
Finnigkeit unter Beachtung von Vorsichtsmaß- 
regeln in den Verkehr gegeben und nur in den 
übrigen Fällen als unrein dem Verkehr entzogen. 
So bestimmte die kurpfälzische Landesverordnung 
aus dem Jahre 1582, das Fleisch finniger Schweine, 
solle, wenn es nicht besonders finnig wäre, außer- 
halb der Schrannen oder Metzig an dem Ort, den 
eine jede Obrigkeit dazu verordnet, besonders 
feilgehalten werden. „Im Fall aber, daß berührt 
findig Fleisch ganz unrein befunden, soll das 
ganz und gar hinweg gethan und für die Menschen 
nicht verkauft noch gebraucht werden." 

Hiernach ist das stark mit Finnen durch- 
setzte Fleisch auch im Sinne der bei der Er- 
teilung der Abdeckereiprivilegien herrschenden 
Anschauungen als unrein anzusehen. 

Das erforderte Gutachten geben wir dahin ab : 
Im Sinne des Ahdeckereiprivileyiums und der 
bei Erteilung des PrivHegiums herrsefienden An- 
schauungen ist das Fleisch der streitigen Färse 
als unrein anxiisehen, 
Berlin, den 28. März 1907. 
Rektor und Professoren-Kollegium der König- 
lichen Tierärztlichen Hochschule, 
gez. Schmaltz. 



Vergleichende Statistik der Ergebnisse der Fleischbeschau bei in- und ausländischem 

Vieh in einem Grenzschlachthof. 

Ein Beitrag zum Vorkommen der Finnen und Trichinen sowie der Tuberkulose 
bei russischen Schweinen. 



Menzel-Königshütte O.-S., 

Schlachthofdirektor. 

I. Schlaohtitngen. 

1. Im städtischen Schlachthofe zu Königshütte O.-S. wurden geschlachtet: 



Berichtsjahr 


Rinder 


Schweine 


Kälber 


Schafe 


Ziegen 


Pferde 


Summe 


1904; 05 
1905,06 
1906,07 


7918 
6724 
6275 


27 925 
21742 

28 229 


2552 
2072 
2686 


662 
315 

288 


268 
220 
179 


296 
276 
285 


39 621 
31349 
37 942 



— 4 — 



2. Davon stammten: 



Berichtsjahr 



Herkunfts- 
Und 



Rinder 



jSchweine 



Kälber 



Schafe 



Ziegen 



Pferde 



Summe 



1904/05 { 
1905/Ö6 { 
1906/07 I 



Inland 
Ausland 

Inland 
Ausland 

Inland 
At^kind 



5166 
2752 
3771 
2953 
5985 
290 



17101 

10 824 
8842 

12 900 
8 362 

19S67 



2111 
441 

1663 
409 

2590 
96* 



662 
315 



288 



268 
220 
179 



2%' 
276 
285 



25 604 
14 017 
15087 

16 262 

17 689 
20253 



Die ausländischen Rinder und Kälber wurden aus Österreich-Ungarn, die Schweine 
aus Bußland eingeführt. 

3. Geschlachtet von auswärts eingebracht und gebührenpflichtig untersucht wurden : 



Berichtsjahr 


Rinder 


Rinder- 
Viertel 


Schweine 


Schweine- 
Hälften 


Kälber 


Schafe 


Ziegen 


Bemerkungen 


1904/05 
1905/06 
1906/07 


698 
182 
116 


602 

14 

6 


610 
183 
656 


3014 
93 
46 


3047 
446 
231 


117 
12 
15 


61 
74 
11 


}•) 



Bei der Betrachtung der Schlacht- I der Fleischversorgung Oberschlesiens, das 



Ziffern fällt besonders die starke Abnahme 
der Schlachtungen im Jahre 1905/06 auf. 
Dieses Jahr stand unter dem Merkzeichen 
der Viehknappheit, und hinzu kam noch, 
daß infolge der Unruhen in Eußland die 
Versorgung Oberschlesiens mit russischen 
Schweinen zeitweilig ganz stockte. Am 
Schlüsse des Jahres erfolgte die Er- 
höhung des Einfuhr-Kontingents russischer 
Schweine, für Eönigshütte allmählich 
aufsteigend von 220 bis zu 480 Schweinen 
wöchentlich. Mit der Gewährung des vollen 
Einfuhrkontingents ist am 1. März 1906 
der erhöhte Zoll in Kraft getreten. 

Welchen Einfluß die neuen Handels- 
verträge mit dem erhöhten Einfuhrzoll 
auf die weitere Einfuhr gehabt haben, 
geht daraus hervor, daß nach Statistik II 
die Einfuhr der Binder von 2953 Stück 
im Jahre 1905/06 auf 290 Stück im 
Jahre 1906/07, d. h. um das Zehnfache, 
diejenige der Kälber von 409 in derselben 
Zeit auf 96 Stück, d. h. um das Vier- 
einhalbfache zurückgegangen ist, und daß 
die Einfuhr der russischen Schweine um 
etwa 5000 Stück hinter der durch den 
Handelsvertrag zugelassenen Zahl für 
Königshütte zurückblieb. 

Da bei der Eigenart und Schwierigkeit 



mit seiner starken industriellen Be- 
völkerung und nur sehr wenig Land- 
wirtschaft und Viehzucht zwischen 
Bußland und Österreich eingekeilt ist, 
viel mageres, tuberkulöses und außerdem 
viel finniges Schlachtvieh zur Abschlachtung 
gebracht wurde, war die Durchfiihrung 
des Beichsfleischbeschaugesetzes und der 
weiteren, auf Grund desselben erlassenen 
Bestimmungen eine schwere Aufgabe. 

Mit dem Amtsantritt des Bericht- 
erstatters am 1. Juni 1905, der sich die 
vollständige Durchführung der bestehenden 
Bestimmungen mit allen ihren Konsequenzen 
zur Pflicht gemacht hatte, setzte der hef- 
tigste Widerstand der Fleischer ein, der 
schließlich mit ihrem Boykott des Schlacht- 
hofes endigte. 

Damit war der zweite Grund fiir die 
starke Abnahme der Schlachtfrequenz im 
Jahre 1905/6 gegeben. 

Durch das energische Eingreifen des 
Magistrats und der Eegierung, sowie durch 
eine von der Begierung einberufene 
Konferenz der oberschlesischen 
Schi achthoftierärzte, Kreistierärzte 
und Fleischbeschau ausübenden 
Privattierärzte, unter dem Vorsitze 
des zuständigen Departementstierarztes, 



*) Am 1. Oktober 1904 trat die Freizügigkeit des tierärztlich untersuch ten Fleisches in Kraft 



— 5 — 



Veterinärrat Bermbach, der als Vertreter 
des Landwirtschaftsministeriams Professor 
Ostertag beiwohnte, nnd in der die im 
Schlachthofe zu Königshütte ausgeübte 
Fleischbeschan l^estätigt, sowie zweifel- 
hafte Fälle nnd verschiedene Auslegungen 
des Fleischbeschaugesetzes erörtert und 
klargelegt wurden, konnte der Boykott 
jedoch in kurzer Zeit gebrochen werden. 
Derselbe hörte denn auch nach etwa 
dreiwöchigem Bestehen allmählich auf, 
so daß bald die Schlachtungen in vollem 
Umfange wieder aufgenommen wurden. 
Viel zur Beruhigung der Fleischer hat 
zweifellos die Einfiihrung von leistungs- 
fähigen Schlachtvieh-Versicherungen 
beigetragen, durch die die Fleischer vor 
größeren Verlusten geschützt wurden. 



Während nun im letzten Berichtsjahre 
1906/7 der Mangel an Schweinen gehoben 
war, die Schlachtungen derselben erheblich 
zunahmen und die Preise für Schweine- 
fleisch beträchtlich sanken, nahmen die 
Rinderschlachtungen infolge des weiter 
bestehenden Rindermangels und des hohen 
Einfuhrzolles noch mehr ab und blieben die 
Rindfleischpreise auf der Höhe des Vor- 
jahres, zogen sogar zeitweise noch mehr an. 
II. Fleischbeschau. 

Von den im letzten Jahre (1906/07) 
geschlachteten 37 942 Tieren wurden be- 
anstandet 8O8V2 Tiere, von denen 4L 
einfinnige Rinder nach 21 tägigem 
Durchkühlen wieder dem freien 
Verkehr übergeben wurden. 

Mithin blieben beanstandet: 



767Va Tiere --- 2,02 % ^er Gesamtschlachtungen, 

und zwar: 126^/4 Rinder = 2,0 % der Rinderschlachtun^en, 

625Va Schweine = 2,21 % ^^^ Schwcineschlachtangen, 
87« Kälber = 0,8 % der Kälberschlachtungen, 
1 Ziege = 0,55 7o ^^' Ziegenschlachtungen, 
6 Pferde = 2,1 7ü <l®r Herdeschiachtungen. 



Bei den bisherigen Veröffentlichungen 
der statistischen Ergebnisse der Fleisch- 
beschan im Inland ist das Herkunftsland 
der Schlachttiere nicht genügend berück- 
sichtigt worden, deshalb ist es bisher auch 
nicht möglich gewesen, sicher festzustellen, 
wie weit die Krankheiten und Mängel, die 
zu Beanstandungen geführt haben, sich auf 
die inländischen und ausländischen Tiere 
verteilen. In den nachstehenden Aufstel- 
lungen aus den letzten drei Berichtsjahren 



vom 1. 4. 04 bis 31. 3. 07 habe ich die Be- 
anstandungszahlen und -Prozente für die 
vier wichtigsten Beanstandungsgründe — 
Rinderfinnen, Schweinefinnen, Trichinen 
und Tuberkulose — nach inländischer und 
ausländischer Einfuhr getrennt für den 
Schlachthof zu Königshütte zusammen- 
gestellt. Diese Aufstellungen ergeben einige 
beachtenswerte Hinweise besonders für 
die Fleischbeschau auf den oberschlesischen 
Schlachthöfen. 



1. Rinderfinnen. 



Jahr 


Herkonftsland 


Schlachtzahl 


Davon waren finnig 
Zahl o'o \ ^"mme ^^"odeKies.-Schlacht. 


1904/05 { 
1906/06 { 
1906/07 j 


Inland 
Öitierrcich' Ungarn 

Inland 
Österreich' Ungarn 

Inland 
Österreich' Ungarn 




12 

5 

39 

18 

107 

2 


0,232 

0,181 

1,034 

0,61 

1,79 

0,69 


17 

1 ^^ 
1 109 


0,215 
0,847 
1,737 



Es steigerten sich danach die Finnen- I Anne bei den inländischen Rindern zwei- 



funde bei Rindern von 0,215 Proz. auf 
1,737 Proz. überhaupt, und es geht aus 
der Aufstellung hervor, daß die Rinder- 



bis dreimal Läufiger war, als bei den aus 
Österreich -Ungarn eingeführten. Die 
meisten finnigen Rinder stammten 



— 6 — 



aus den Kreisen Neiße, Leobschütz 
und Neustadt O.-S., und es ist diese 



Gegend seit längerer Zeit in Schlesien 
als Finnenherd bekannt.*) 



2. Schweinefinnen. 



Jahr 



Herkunftsland 



Schlacfatzahl 



Davon waren finnig 



Zahl 



% 



Summe 



o/o der Ges.- 
Schlacht. 



1904/05 
1905/06 
1906/07 
Danach 



Inland 

Rußland 

Inland 

Rußland 

Inland 

Rußland 



f 127 925 
;}21742 



17 101 1 

10 824 \ 

8 8421 

12 900 \ 

i^Mr 128 229 



25 
182 

16 

414 

6 

509 



0,146 
lß8 
0,18 
3,21 

0,07 

2ß6 



207 



430 



575 



0,74 

1,977 

2,086 



Schweinefinne 
etwa 40mal so 



ist die 
in Rußland zurzeit 
häufig als im Inland, und ist bei uns 
die Finne nur noch bei 0,07 Proz, der 
Schweine vorhanden, also schon ziemlich 
selten geworden. Aus dieser Aufstellung 
ist ersichtlich, wie wichtig eine genaue 



Durchsuchung der rassischen Schweine 
auf Finnen ist, wenn wir nicht nur der 
Weiterverbreitung der Finnen und des 
Bandwurms Einhalt gebieten, sondern die- 
selben mit dem bisherigen guten Erfolge 
weiter ausrotten wollen. 



3. Trichinen. 



Jahr 



Herkunftsland 



Schlachtzahl 



Davon waren trichinös 



Zahl I o/o 



Summe 7o^®f Ges.-Schlacht 



1904/05 { 
1905/06 I 
1906,07 { 



Inland 
Rußland 

Inland 
Rußland 

Inland 
Rußland 



17 101 \ 

10 824 j 

8842 1 

12 900 f 



27 925 
21742 



19 867}^^^^ 



6 
10 
3 
5 
2 
8 



0,035 
0,092 
0,034 
0,039 
0,024 

0y04 



16 

8 

10 



0,057 
0,036 
0,035 



Darausgeht hervor, daß dieTrichinen 
bei Schweinen in Rußland häufiger 
vorkommen, als bei den einheimischen; 

4. Tuberkulose. 
a) bei Rindern. 



anscheinend sind sie aber auch dort im 
Abnehmen begriffen. 



Jahr 



Herkunftsland 



Schlachtzahl 



Davon waren tuberkulös 
Zahl % Summe l^/^der Ges.-Schlacht 



Beanstandet 
Zahl I % 



1904/05 { 
1905/06 { 
1906/07 { 



Inland 
Österr, 'Ungarn 

Inland 
Osterr.-Üngam 

Inland 
Österr, 'Ungarn 



5166 

2 752 

3 771 
2 953 
5 985 

290 



17 918 
}6 724 
|6 275 



1694 
605 

1435 
569 

1986 
41 



32,78 
22,13 
38,61 
19,27 
32,85 
14,14 



}2 299 
|2025 
}2027 



29,03 
30,11 
32,46 



21 

1 
21 

1 
83 

1 



0,406 

0,036 

0,556 

0,033 

1,37 

0,034 



Es schwankte demnach die Tuber- 
kulose bei den hier geschlachteten in- 
ländischen Rindern zwischen 32,78 Proz. 
und 38,61 Proz., wogegen sie bei dem 
Österreich.- ungarischen Vieh, das zum 
größten Teil Weide vi eh ist, nur etwa 



*) Durch die Versorgung von Königshfltte 
mit Kindern aus den durch das ungewöhnlich 
häufige Vorkommen der Finnen bei Rindern 
ausgezeichneten Kreisen Neil5e, Leobschütz und 
Neustadt O.-S. erklärt es sich, daß in Königshütte 
der Finnenprozentsatz bei einheimischen Rindern 
denjenigen bei den aus dem Ausland ein- 
geführten übertrifft. 



— 7 



halbmal so oft vorkam. Ferner ergaben sich 
Beanstandungen ganzer Tiere oder ein- 
zelner Viertel bei dem ausländischen 
Vieh 11 mal, im letzten Jahre sogar 
40mal weniger, als beim inländischen. 
Das bedeutet weiter, daß die Erkran- 
kungen an Tuberkulose bei dem aus 
Österreich-Ungarn eingeführten Vieh viel 
leichterer Natur waren, als beim inlän- 
dischen, und diese Tatsache kann der Be- 
richterstatter auch bestätigen nach Maß- 

b) bei Sc 



gäbe der Untersuchungsbefunde. Die 
Tuberkulose der ausländischen Binder be- 
schränkte sich meistens auf eine leichtere 
Erkrankung der Lungen oder Bronchial- 
drüsen, und es wurden diese Herde sehr 
häufig verkalkt und abgeheilt gefunden. 
Dagegen wiesen die inländischen Binder 
vielfach schwere, offene Tuberkulose, 
Perlsucht und Erkrankung aller Ein- 
geweide auf; auch das Euter wurde häufig 
erkrankt befunden, 
hweinen. 



Jabr 



Herkunftsland 



Schlachtzahl 



Davon waren tuberkulös 
Zahl I % [Summe %derGeB.-Schlacht. 



Beanstandet 
Zahl 0/^ 



1901.05 
1905/061 
1906 07 



Inland 
Rtißland 

Inland 
Rußland 

Inland 
Rußland 



17 101 

J0824 i 
8842) 

129Ü0 j 
8 862 1 

19867 J 



27 925 
21742 

28 229 



507 2,96 
160 1,48 
895 10,12 
846 1 6,56 
463 ' 5,54|l 

1295: gMi 



667 
1741 
1768 



2,39 
8,01 
6,23 



6 
1 

31 
7 
6 

13 



0,035 

0,009 

0,35 

0,054 

0,071 

0,065 



Hier treten zwei sehr auffällige Er- 
scheinungen hervor, nämlich: 

1. die sehr starke Zunahme der 
Tuberkulose im Jahre 1905/6, die für 
das Inland in zwei Momenten ihre Er- 
klärung finden dürfte, in der Sorgfalt 
der Untersuchung, namentlich auch der 
Gekrösdrüsen, und in der Aufzucht oder 
Fütterung von größeren Posten Schweinen 
in Molkereien und auf großen Gütern 
mit roher tuberkulöser Milch oder rohen 
Molkereirückständen, worin diese Be- 
triebe in dem Jahre des großen 
Schweinemangels und der Fleischteuerung 
eine gi*oße und gute Einnahmequelle 
gesehen haben dürften; 

2. die Häufigkeit der Tuber- 
kulose unter den russischen Schwei- 
nen, die im letzten Jahre sogar 
diejenige bei Inlandschweinen um 
etwa 1 Proz. überstieg. Ein Grund 
far diese auffällige Tatsache kann einst- 
weilen nicht angeführt werden. Jedoch 
sind Nachforschungen in der Richtung 
in die Wege geleitet. Jedenfalls wird 
hierdurch die vielfach, besonders 
in Oberschlesien verbreitete An- 
sicht, daß bei den russischen 



Schweinen die Tuberkulose sehr 
selten, und namentlich viel selte- 
ner als bei den Inlandschweinen 
sei, widerlegt und die Notwendig- 



keit genauer Untersuchung 
russischen Schweine erwiesen. 



der 



Ist zur Feststellung der Knochentuber- 
kulose bei geschlachteten Tieren eine 
weitergehende als die. vorgeschriebene 
Untersuchung erforderlich? 

Voo 

HafTner-Dttren, 

Schlachthof dir ektor. 

In Heft 10 dieser Zeitschrift berichtet 
Herr Kollege Dr.Marschner-Breslau über 
Funde von Knochentuberkulose, die nur 
durch eine weitergehende Untersuchung, 
als sie das Gesetz vorschreibt, ermittelt 
wurden. M. spricht den Wunsch aus, 
daß auch von anderer Seite in gleicher 
Weise Untersuchungen vorgenommen 
werden möchten. Dies veranlaßt mich 
darauf hinzuweisen, daß die Untersuchung 
auf Knochentuberkulose in ähnlicherWeise, 
wie es Marschner angibt, am hiesigen 
Schlachthofe schon seit längerer Zeit üb- 
lich ist. Ich lasse schon seit Jahren fast 
bei allen beanstandeten Tieren einzelne 



— 8 — 



Eöhrenknochen, bei allen wegen Tuber- 
kulose beanstandeten Tieren sämtliche 
Gliedmaßenknochen in der Längsrichtung 
aufsägen und bei letzteren Tieren Kopf- 
knochen, Becken und Schulterblatt mehr- 
mals spalten. Dieses Verfahren ist nicht 
nur bei Tuberkulose, sondern auch bei ver- 
schiedenen anderen Krankheiten gerecht- 
fertigt. Ich fand beispielsweise außer 
den zahlreichen Fällen von Tuber- 
kulose Veränderungen des Knochen- 
markes bei' Kälberlähme, bei Sarko- 
matose, bei Pseudoleukämie,*) bei 
Septikämie, Pyämie u. dgl. Mehrfach 
konnte ichfemer bei notgeschlachteten 
Kälbern, die nicht zeitig genug ver- 
kauft werden konnten, am Knochen- 
marke zuerst Fäulniserscheinungen 
wahrnehmen. Durch dieses Verfahren 
habe ich über die von Marschner be- 
handelte Frage ein ziemlich umfangreiches 
Material gewonnen. 



Dieses Material umfaßt genaue Er- 
mittlungen über die Ausbreitung der 
Tuberkulose und das Vorkommen 
von Knochentuberkulose bei 10000 
Schweinen und 4700 Kindern, die in 
der Zeit vom 15. April 1905 bis zum 
16. Juli 1906 im hiesigen Schlachthofe 
geschlachtet wurden. Bis zu letzterem 
Termine wurden sämtliche Fälle von 
Knochentuberkulose beanstandet. Ich ver- 
merke nur die Endergebnisse dieser Zu- 
sammenstellung. Zu ihrer Erläuterung 
diene folgendes: 

Die Zusammenstellung erfolgte teils 
nach den Tagebüchern, teils nach den 
hier über jedes beanstandete Tier 
geführten sogenannten Beanstandungs- 
scheinen. Diese Beanstandungsscheine 
enthalten auf der einen Seite Gewichts- 
und sonstige Angaben für den Verkauf 
auf der Freibank, auf der anderen Seite 
haben sie nachstehenden Aufdruck: 



Signalement: 



Beanstandungsgrund Tuberkulose 



2 3, 4 



8 9 10, 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 






w 



i § 



« I S ! 'S 



o 



;£\ 



S ^ 



ä 



§ 



PQ 



^ 






CO 



atark<^ Ätisdehnung t friache Infektion 1 iitiiit^cHt i:rw. Herde 1 hodigr. Abiuagening 



anderer BeaiiÄtaiidungsgnmd 



Bemerkungen 



Verfügung. 

Die Beaustandungsscheine werden, 
soweit es möglich ist, direkt nach der 
Untersuchung ausgefüllt; nach Zerlegen 
des beanstandeten Tieres und nochmaliger 



*) Vergl. meinen Artikel tlber lymphoide 
Infiltrate der Muskulatur im 16. Jahrgang, Heft 12, 
dieser Zeitschrift. 



tierärztlicher Untersuchung werden die 
Angaben vervollständigt. 

Von den 10 000 geschlachteten 
Schweinen waren 580 Stück = 5,8 Proz. 
tuberkulös. Von den tuberkulösen 
wurden 87 Stück = 15 Proz. beanstandet, 
und bei diesen 87 Stück wurden sämtliche 
I Knochen aufgesägt und näher untersucht. 



— 9 — 













1 


2 


3 4 1 5 


6 


7 


8 


Es waren 
tuberkulös 

Stück 


die Milz 
bei Stück 


Es warei 

Wirbel- 
säule 

bei Stück 


i erkrankt 

andere 
Knochen 

bei Stück 


Knochen- 
gewebe 
überhaupt 

bei Stück 


Knochentuberkulose (Spalte 5) 
war ausgedehnt auf 

Wirbelsäule 

und andere ^^! ^*® «"^ andere 

Knochen Knochen 
gleichzeitig «^"^^ 


580 


266 
= 46 o/o 


44 


26 


48 
= 8,2 0/, 


22 mal 


22 mal 4 mal 


= 5,8 % 




48 





Von anderen Knochen (Spalte 4) waren erkrankt: Brustbein 2 mal, Gliedmaßenknochen 21 mal 
Rippen 6 mal, Becken 4 mal, Kopfknochen 2 mal, Gelenke 4 mal. 



Von 4700 in der gleichen Zeit ge- 
schlachteten Rindern waren 1703 Stück == 
36 Proz. tuberkulös. Von den tuber- 



kulösen wurden 90 Stück = 5,2 Proz. be- 
anstandet, und auch bei diesen 90 Stück sind 
die Knochen wie oben behandelt worden. 



B. AiMbreltung der Tuberkulose bei Rindern. 



8 



Es waren erkrankt 



Es waren 
tuberkulös 

Stück 



Knochentuberkulose (Spalte 5) 
war ausgedehnt auf 



die Milz 
bei Stück 



Wirbel- 
säule 

bei Stück 



Knochen- 
gewebe 
überhaupt 

bei Stück I bei Stück 



andere 
Knochen 



Wirbelsäule 

und andere 

Knochen 

gleichzeitig 



nur die 
Wirbel- 
säule 



nur andere 
Knochen 



1703 

* =86 o/o 



nicht 
notiert 



11 



18 

= 1% 



1 mal 



I 



7 mal 



10 mal 



18 



Von anderen Knochen (Spalte 4) waren erkrankt : Brustbein 3 mal, Gliedmaßenknochen 4 mal, 
Rippen 2 mal, Becken 1 mal, Gelenke 3 mal. 



Wie aus Spalte 2 der Tabelle A her- 
vorgeht, wurde hier bei fast der Hälfte 
aller tuberkulösen Schweine Milztuber- 
kulose ermittelt. Diese findet sich be- 
kanntlich bei Schweinen außerordentlich 
häufig neben ganz geringfügiger Lungen- 
und Lebertuberkulose; bei erheblicher 
Tuberkulose wird sie im Gegensatz zu 
der Tuberkulose beim Kinde nie vermißt. 
Trotzdem wird der Prozentsatz der Milz- 
tuberkulose meistens geringer angegeben. 
Ein mir vorliegender Bericht eines größeren 
Schlachthofes gibt nur 25 Proz. Milztuber- 
kulose an, ein anderer noch weniger. Da 
nun mindestens in jedem Fall von Milz- 
tuberkulose die Fleischlymphdrttsen an- 



geschnitten werden und die Wirbelsäule 
genau untersucht wird, ist es klar, daß 
die Resultate andere sein werden, wenn 
diese Untersuchung bei 50 Proz. vor- 
genommen wird oder nur bei 25 oder 
gar 10 Proz. Auch die Zahl der Fälle 
von Knochentuberkulose, 8,2 Proz. 
sämtlicher Tuberkuloseftlle, diLrfte höher 
sein als sie sonst angegeben wird. Der 
Bericht des Leipziger Schlachthofes für 
1905, der einzige von den zahlreichen 
mir zur Verfügung stehenden, der über- 
haupt hierüber Angaben macht, gibt die 
Zahl der Fälle von Knochentuberkulose 
mit 4 Proz. an. 

Die große Zahl der Fälle von Milz- 



— 10 — 



und Knochentuberkulose, die hier ermittelt 
worden sind, ist wohl darauf zurückzu- 
führen, daß in der Berichtszeit sehr viele 
der hier geschlachteten Schweine aus der 
näheren ländlichen Umgebung Dürens 
stammten, in der viel Molkereiwirtschaft 
betrieben wird. Es kamen deshalb ver- 
hältnismäßig viel Fälle von vorgeschritte- 
ner Tuberkulose vor. Es konnte beob- 
achtet werden, daß in Zeiten, in denen 
der hiesige Schlachthof vorzugsweise vom 
Kölner Markte mit Schweinen versorgt 
wurde, diese Fälle wie die Tuberkulose 
überhaupt viel seltener waren. Köln hat 
nach dem Bericht von 1906 nur l,4Proz. 
Tuberkulose. Meine Angaben und be- 
sonders der angezogene Vergleich mit 
anderen Schlachthöfen erlauben deshalb 
natürlich nicht einen Schluß auf die Art 
der Untersuchung. Über die Erkrankung 
anderer Knochen neben der Wirbeltuber- 
kulose macht leider auch der Leipziger 
Bericht keine Mitteilungen. Es dürften 
deshalb meine Angaben hierüber als Er- 
gänzung der Marschnerschen von Inter- 
esse sein. Wie ein Vergleich der Spalten 4 
und 6 zeigt, fand ich mehr als einhalb so 
oft wie Wirbeltuberkulose auch Tuber- 
kulose anderer Knochen, nämlich 26 mal. 
Es ergibt sich femer die bemerkenswerte 
Tatsache, daß in allen 26 Fällen, in 
denen andere Knochen erkrankt wai^en, 
nur viermal Tuberkulose der Wirbelsäule 
fehlte, mit anderen Worten, daß die 
Wirbelsäule bei Schweinen fast 
regelmäßig miterkrankt war, wenn 
Gliedmaßen- oder sonstige Knochen 
tuberkulös waren. 

Nach Feststellung von Knochentuber- 
kulose wurde auch regelmäßig die 
Beschaffenheit der zugehörigen 
Fleischlymphdrüsen genau geprüft. 
Hierbei stellte es sich heraus, daß 
in außerordentlich vielen Fällen 
von Tuberkulose der Gliedmaßen- 
knochen beim Schweine die zu- 
gehörigen eigentlichen Fleisch- 
lymphdrüsen, die Bug-, Kniefalten-, 



Kniekehl-, Sprunggelenkdrüsen 

völlig intakt waren.*) Derartige 
Fälle habe ich so zahlreich gemeinschaft- 
lich mit den hier beschäftigt gewesenen 
Kollegen festgestellt, daß sie nicht als 
Ausnahmefälle betrachtet werden dürfen. 
In einzelnen Fällen der vorgedachten 
Art waren allerdings Lenden-, Darm- 
bein- oder Beckendrüsen erkrankt, in 
anderen waren auch diese unverändert. 
Soviel mir bekannt ist, führt übrigens 
die Tuberkulose der letztgenannten Lymph- 
drüsen niemals zur Beanstandung; ihre 
Erkrankung kommt deshalb für die Er- 
mittlung von Knochentuberkulose nicht 
in Betracht. 

Vergleicht man meine Ermittlungen 
bezüglich der Schweinetuberkulose mit 
denen Marschners, so ergibt sich eine 
sehr große Übereinstimmung der Resul- 
tate. Zunächst konstatiert auch M. mehr- 
fach, daß die zugehörigen Fleischlymph- 
drüsen bei Knochentuberkulose intakt 
waren. Femer findet sich unter allen 
von M. aufgeführten Fällen von Knochen- 
tuberkulose beim Schweine nicht ein 
einziger Fall, bei dem die Tuberkulose 
der Wirbelsäule fehlte. Aus Marsch- 
ners und besonders aus meinen zahl- 
reichen Feststellungen, die natürlich von 
anderen Seiten noch geprüft und ver- 
vollständigt werden müssen, glaube ich 
schließen zu dürfen, daß der in den 
Lehrbüchern enthaltene Satz: „Die Tuber- 
kulose der Gliedmaßenknochen kenn- 
zeichnet sich stets durch Erkrankung der 
zugehörigen Fleischlymphdrüsen", wenig- 
stens bezüglich der Schweinetuberkulose, 
keine volle Gültigkeit hat. Mit größerem 
Rechte kann man folgern, daß bei 
Wirbeltuberkulose beim Schweine 
Verdacht vorliegt, daß auch andere 



*) Diese Fälle bedürfen der genauen bakterio- 
logischen Bearbeitung, um festzustellen, ob es 
sich überhaupt um Tuberkulose oder um tuber- 
kuloseähnliche Veränderungen handelt, und wenn 
es sich tatsächlich um Tuberkulose handelt, 
welcher Typus vorliegt. D. H. 



— 11 



Knochen erkrankt sind. Nach meinen 
Beobachtungen findet sich eine Erkrankung 
der letzteren sogar in der Regel, wenn 
starke Wirbeltuberkulose vorliegt. 

Für die Richtigkeit meiner Annahme 
sprechen auch noch weitere Beobachtungen, 
die ich nach dem Abschluß der Statistik, 
der ungefähr mit dem Inkrafttreten der 
Abänderungen der Ausfuhrungsbestimmun- 
gen A, C und D vom 16. Juni 1906 zu- 
sammenfallt, gemacht habe. Seitdem auf 
Grund dieser Abänderungsbestimmungen 
bei Wirbeltuberkulose die Beanstandung 
ganzer Tiere in vielen Fällen nicht mehr 
erfolgt und infolgedessen hier nicht mehr 
in allen Fällen von Wirbeltuberkulose die 
Röhrenknochen aufgesägt werden, ist die 
Tuberkulose der letzteren viel seltener er- 
mittelt worden. Insbesondere wurde unter 
sämtlichen seit dieser Zeit wegen Tuber- 
kulose einzelner FleischJymphdrtisen bean- 
standeten Vierteln — von 48 Schweinen 
— kein einziges Mal Knochentuberkulose, 
nur einmal Gelenktuberkulose gefunden. 
Wenn es zuträfe, daß die Tuberkulose 
der Röhrenknochen sich kennzeichnete 
durch Miterkrankung der zugehörigen 
Fleischlymphdrüsen, so hätte die erstere 
bei ihrer relativen Häufigkeit nach der 
Wahrscheinlichkeitsrechnung in vielen 
Fällen gefunden werden müssen. Auch 
hiemach scheint mir das Hauptkriterium 
für den Verdacht auf Röhrenknochen- 
tuberkulose die Wirbeltuberkulose zu sein. 

Beim Rinde liegen, wie Tabelle B 
zeigt, die Verhältnisse einmal schon in- 
sofern anders, als hier die Knochentuber- 
kulose viel seltener ist. Ich fand sie nui- 
bei ca. 1 Proz. aller tuberkulösen Rinder. 
Dann ließen sich auch keinerlei Be- 
ziehungen zwischen Wirbel- und 
anderer Knochentuberkulose nach- 
weisen. Nur in einem von 18 Fällen 
kamen beide Erkrankungen zugleich vor. 
Beim Rinde wurde femer Knochentuber- 
kulose fast ausschließlich bei vorge- 
schrittener Tuberkulose beobachtet. Auch 
hier wurde indessen bisweilen, wenn auch 



viel seltener, die Miterkrankung der zu- 
gehörigen Lymphdrüsen vermißt. 

Über die Art der Erkrankung noch 
kurz folgendes: 

Beim Rinde sowohl wie beim 
Schweine wiesen die erkrankten 
Knochen in der Regel äußerlich 
keine Veränderungen auf. Besonders 
in den Röhrenknochen der Schweine wurden 
neben größeren Herden ganz kleine, linsen- 
bis stecknadelkopfgroße Herde gefunden, 
die natürlich keine Umfangsveränderung 
des Knochens hervorrufen konnten. Ich 
erwähne dies, weil an einigen Stellen die 
Knochen nur aufgesägt werden, wenn sie 
Auftreibungen aufweisen, oder nur quer 
und nicht längs durchschnitten werden. 
Die tuberkulösen Herde befanden sich 
nicht immer in der Mitte des Knochens, 
bisweilen zeigte sich auf dem Durch- 
schnitt des Knochenmarkes nur eine 
Rötung, in deren Tiefe ein tuberkulöser 
Herd saß. In vielen Fällen von Wirbel- 
tuberkulose waren ferner nicht die Wirbel- 
körper, sondern nur die Domfortsätze 
erkrankt. Diese Fälle können dem ünter- 
sucher besonders leicht entgehen, weil 
dieDorafortsätze ganz ungleichartig durch- 
gehackt werden. 

Meine Feststellungen bestätigen somit 
die Behauptung Marschners, daß bei 
Beschränkung auf die gesetzlich vor- 
geschriebene Untersuchungs weise 
nicht sämtliche Fälle von Knochen- 
tuberkulose gefunden werden können. 
Dasselbe betonte auch schon Pitt-Königs- 
berg in einem Artikel in Heft 9 des 
XIV. Jahrgangs dieser Zeitschrift. 

Nun sagt zwar Ostertag in einer 
Anmerkung S. 237 des schon erwähnten 
Jahrganges seiner Zeitschrift mit Recht: 
Seltene Ausnahmefälle können nicht als 
Grundlage für ein allgemein durchzu- 
führendes Untersuchungsverfahren gelten. 
Die vorstehenden Ausführungen beweisen 
jedoch, daß insbesondere die Fälle von 
Röhrenknochentuberkulose beim Schweine 
nicht als seltene Ausnahmefälle betrachtet 



— 4 — 



2. Davon stammten: 



Berichtsjahr 



Herkunfts- 
land 



Rinder 



[Schweine 



Kälber 



Schafe 



Ziegen 



Pferde 



Summe 



1904/05 I 
1905/Ö6 { 
1906/07 { 



Inland 
Ausland 

Inland 
Ausland 

Inland 
Ausland 



5166 
2752 
3771 
2953 
5985 
290 



17101 

10 824 
8842 

12 900 
8 362 

19 867 



2111 
441 

1663 
409 

2590 
96 



662 
315 



288 



268 
220 
179 



296 
276 
285 



25 604 

14 017 

15 087 

16 262 

17 689 
20253 



Die ausländischen Rinder und Kälber wurden aus Österreich-Ungarn, die Schweine 
aus Rußrland eingeführt. 

3. Geschlachtet von auswärts eingebracht und gebührenpflichtig untersucht wurden: 



Berichtsjahr 


Rinder 


Rinder- 
Viertel 


Schweine 


Schweine- 
Hälften 


Kälber 


Schafe 


Ziegen 


Bemerkungen 


1904/05 
1905,/06 
1906/07 


698 
182 
116 


602 

14 

6 


610 
183 
656 


3014 
93 
46 


3047 
446 
231 


117 
12 
15 


61 
74 
11 


I») 



Bei der Betrachtung der Schlacht- 
ziffem fällt besonders die starke Abnahme 
der Schlachtungen im Jahre 1905/06 auf. 
Dieses Jahr stand unter dem Merkzeichen 
der Viehknappheit, und hinzu kam noch, 
daß infolge der Unruhen in Eußland die 
Versorgung Oberschlesiens mit russischen 
Schweinen zeitweilig ganz stockte. Am 
Schlüsse des Jahres erfolgte die Er- 
höhung des Einfuhr-Kontingents russischer 
Schweine, für Königshütte allmählich 
aufsteigend von 220 bis zu 480 Schweinen 
wöchentlich. Mit der Gewährung des vollen 
Einfuhrkontingents ist am 1. März 1906 
der erhöhte Zoll in Kraft getreten. 

Welchen Einfluß die neuen Handels- 
verträge mit dem erhöhten Einfuhrzoll 
auf die weitere Einfuhr gehabt haben, 
geht daraus hervor, daß nach Statistik II 
die Einfuhr der Rinder von 2953 Stück 
im Jahre 1905/06 auf 290 Stück im 
Jahre 1906/07, d. h. um das Zehnfache, 
diejenige der Kälber von 409 in derselben 
Zeit auf 96 Stück, d. h. um das Vier- 
einhalbfache zurückgegangen ist, und daß 
die Einfuhr der russischen Schweine um 
etwa 5000 Stück hinter der durch den 
Handelsvertrag zugelassenen Zahl far 
Königshütte zurückblieb. 

Da bei der Eigenart und Schwierigkeit 



der Fleischversorgung Oberschlesiens, das 
mit seiner starken industriellen Be- 
völkerung und nur sehr wenig Land- 
wirtschaft und Viehzucht zwischen 
Rußland und Österreich eingekeilt ist, 
viel mageres, tuberkulöses und außerdem 
viel finniges Schlachtvieh zur Abschlachtung 
gebracht wurde, war die Durchftihrung 
des Reichsfleischbeschaugesetzes und der 
weiteren, auf Grund desselben erlassenen 
Bestimmungen eine schwere Aufgabe. 

Mit dem Amtsantritt des Bericht- 
erstatters am 1. Juni 1905, der sich die 
vollständige Durchführung der bestehenden 
Bestimmungen mit allen ihren Konsequenzen 
zur Pflicht gemacht hatte, setzte der hef- 
tigste Widerstand der Fleischer ein, der 
schließlich mit ihrem Boykott des Schlacht- 
hofes endigte. 

Damit war der zweite Grund für die 
starke Abnahme der Schlachtfrequenz im 
Jahre 1905/6 gegeben. 

Durch das energische Eingreifen des 
Magistrats und der Regierung, sowie durch 
eine von der Regierung einberufene 
Konferenz der oberschlesischen 
Schlachthoftierärzte, Kreistierärzte 
und Fleischbeschau ausübenden 
Privattierärzte, unter dem Vorsitze 
des zuständigen Departementstierarztes, 



*) Am 1. Oktober 1904 trat die Freizügigkeit des tierärztlich untersuchten Fleisches in Kraft. 



— 5 



Veterinärrat Bermb ach, der als Vertreter 
des Landwirtschaftsministeriams Professor 
Ostertag beiwohnte, und in der die im 
Schlachthofe zn Eönigshütte ausgefibte 
Fleischbeschan l^estätigt, sowie zweifel- 
hafte Fälle und verschiedene Auslegungen 
des Fleischbeschaugesetzes erörtert und 
klargelegt wurden, konnte der Boykott 
jedoch in kurzer Zeit gebrochen werden. 
Derselbe hörte denn auch nach etwa 
dreiwöchigem Bestehen allmählich auf, 
so daß bald die Schlachtungen in vollem 
Umfange wieder aufgenommen wurden. 
Viel zur Beruhigung der Fleischer hat 
zweifellos die Einffihrung von leistungs- 
fähigen Schlachtvieh-Versicherungen 
beigetragen, durch die die Fleischer vor 
größeren Verlusten geschützt wurden. 



Während nun im letzten Berichtsjahre 
1906/7 der Mangel an Schweinen gehoben 
war, die Schlachtungen derselben erheblich 
zunahmen und die Preise für Schweine- 
fleisch beträchtlich sanken, nahmen die 
Rinderschlachtungen infolge des weiter 
bestehenden Rindermangels und des hohen 
Einfuhrzolles noch mehr ab und blieben die 
Rindfleischpreise auf der Höhe des Vor- 
jahres, zogen sogar zeitweise noch mehr an. 
II. FleltchbMOhau. 

Von den im letzten Jahre (1906/07) 
geschlachteten 37 942 Tieren wurden be- 
anstandet 808 V2 Tiere, von denen 41 
einfinnige Rinder nach 21 tägigem 
Durchkühlen wieder dem freien 
Verkehr übergeben wurden. 

Mithin blieben beanstandet: 



767Va Tiere =- 2,02 % der Gesamtschlachtungen, 

und zwar: 126'/4 Rinder = 2,0 % der Rinderschlachtungen, 

625 Va Schweine = 2,21 % d^' Seh wcinesch Lichtungen, 
8V1 Kälber = 0,8 % der Kälberschlachtungen, 
1 Ziege = 0,55 % der Ziegenschlachtungen, 



6 Pferde = 2,1 % 

Bei den bisherigen Veröffentlichungen 
der statistischen Ergebnisse der Fleisch- 
beschau im Inland ist das Herkunftsland 
der Schlachttiere nicht genügend berück- 
sichtigt worden, deshalb ist es bisher auch 
nicht möglich gewesen, sicher festzustellen, 
wie weit die Krankheiten und Mängel, die 
zu Beanstandungen geführt haben, sich auf 
die inländischen und ausländischen Tiere 
verteilen. In den nachstehenden Aufstel- 
lungen aus den letzten drei Berichtsjahren 



der Pferdeschlachtungen. 

vom 1. 4. 04 bis 31. 3. 07 habe ich die Be- 
anstandungszahlen und -Prozente für die 
vier wichtigsten Beanstandungsgründe — 
Rinderflnnen, Schweinefinnen, Trichinen 
und Tuberkulose — nach inländischer und 
ausländischer Einfuhr getrennt für den 
Schlachthof zu Königsliütte zusammen- 
gestellt. Diese Aufstellungen ergeben einige 
beachtenswerte Hinweise besonders für 
die Fleischbeschau auf den oberschlesischen 
Schlachthöfen. 



1. Rinderflnnen. 



Jahr 


Herkunftsland 


Schlachtzahl 


Zahl 


Davon waren finnig 
O'o [ Summe ^"yderGes.-Schlacht. 


1904/05 1 
1905/06 
1906/07 { 


Inland 
Österreich- Ungarn 

Inland 
Österreich- Ungarn 

Inland 
Österreich- Ungarn 


|1S|7918 
^|f,]6275 


12 

5 

39 

J8 

107 

2 


0,232 

0,WI 

1,034 

0,61 

1,79 

0,69 


1 ^^ 

} ^^ 
I 109 


0,215 
0,847 
1,737 



Es steigerten sich danach die Finnen- 
fande bei Rindern von 0,215 Proz. auf 
1,737 Proz. überhaupt, und es geht aus 
der Aufstellung hervor, daß die Rinder- 



finne bei den inländischen Rindern zwei- 
bis dreimal häufiger war, als bei den aus 
Österreich -Ungarn eingeführten. Die 
meisten finnigen Rinder stammten 



— 6 — 



aus den Kreisen Neiße, Leobschütz 
und Neustadt O.-S., und es ist diese 



Gegend seit längerer Zeit in Schlesien 
als Finnenherd bekannt.*) 



2. Schweinefinnen. 



Jahr 



Herkunftsland 



Schlachtzahl 



Davon waren finnig 



Zahl 



0/ 

/o 



Summe 



o/o der Ges.- 
Schlacht. 



1904/05 
1905/06 
1906/07 
Danach 



Inland 

Rußland 

Inland 

Rußland 

Inland 

Rußland 



17101 

10 824 
8 842 

12 900 
8 362 

19 867 



} 27 925 
} 21 742 

128 229 



25 

182 

16 

414 

6 

509 



0,146 
1,68 
0,18 
3y21 

0,07 
2,86 



207 



430 



575 



0,74 

1,977 

2,036 



Schweinefinne 
etwa 40mal so 



ist die 
in Rußland zurzeit 
häufig als im Inland, und ist bei uns 
die Finne nur noch bei 0,07 Proz. der 
Schweine vorhanden, also schon ziemlich 
selten geworden. Aus dieser Aufstellung 
ist ersichtlich, wie wichtig eine genaue 



Durchsuchung der russischen Schweine 
auf Finnen ist, wenn wir nicht nur der 
Weiterverbreitung der Finnen und des 
Bandwurms Einhalt gebieten, sondern die- 
selben mit dem bisherigen guten Erfolge 
weiter ausrotten wollen. 



3. Trichinen. 



Jahr 



1904/05 { 
1905/06 
1906,07 I 



Herkunftsland 



Inland 
Rußland 

Inland 
Rußland 

Inland 
Rußland 



Schlachtzahl 



17 101 \ < 

10 824 j ' 

8842 \, 

12 900]' 

i??f7|28 229 



[27 925 
121742 



Zahl 



6 

10 
8 
5 
2 
8 



Davon waren trichinös 

% Summe ^o^er Ges.-Schlacht 



0,035 
0,092 
0,034 
0,039 
0,024 
0,04 



16 

8 

10 



0,057 
0,036 
0,035 



Daraus geht hervor,daßdieTrichinen 
bei Schweinen in Eußland häufiger 
vorkommen, als bei den einheimischen; 

4. Tuberkulose, 
a) bei Rindern. 



anscheinend sind sie aber auch dort im 
Abnehmen begriffen. 



Jahr 



Herkunftsland 



Schlachtzahl 



Davon waren tuberkulös 



Zahl 



% 



Beanstandet 
Summe jo/oder Ges.-Schlacht. Zahl | % 



1904/05 { 
1905/06 { 
1906/07 I 



Inland 
Öaterr, 'Ungarn 

Inland 
Oster r. 'Ungarn 

Inland 
Österr, 'Ungarn 



5 166 1 , 
2 752] 

5 985 
290 



7 918 



}6 275 



1694 
605 

1435 
569 

1986 
41 



32,78 
22,13 
38,61 
19,27 
32,85 
14,14 



I 2 299 
}2025 
}2027 



29,03 
30,11 
32,46 



21 

1 

21 

1 
83 

1 



0,406 
0,036 
0,556 
0,033 
1,37 

om4 



Es schwankte demnach die Tuber- 
kulose bei den hier geschlachteten in- 
ländischen Rindern zwischen 32,78 Proz. 
und 38,61 Proz., wogegen sie bei dem 
Österreich.- ungarischen Vieh, das zum 
größten Teil Weide vi eh ist, nur etwa 



*) Durch die Versorgung von Königshütte 
mit Rindern aus den durch das ungewöhnlich 
häufige Vorkommen der Finnen bei Rindern 
ausgezeichneten Kreisen Neiüe, Leobschütz und 
Neustadt 0.--S. erklärt es sich, daß in Königshütte 
der Finnenprozentsatz bei einheimischen Rindern 
denjenigen bei den aus dem Ausland ein- 
geführten übertrifft. 



- 7 



halbmal so oft vorkam. Ferner ergaben sich 
Beanstandungen ganzer Tiere oder ein- 
zelner Viertel bei dem ausländischen 
Vieh 11 mal, im letzten Jahre sogar 
40mal weniger, als beim inländischen. 
Das bedeutet weiter, daß die Erkran- 
kungen an Tuberkulose bei dem aus 
Österreich-Ungarn eingeführten Vieh viel 
leichterer Natur waren, als beim inlän- 
dischen, und diese Tatsache kann der Be- 
richterstatter auch bestätigen nach Maß- 

b) bei Sc 



gäbe der Untersuchungsbefunde. Die 
Tuberkulose der ausländischen Rinder be- 
schränkte sich meistens auf eine leichtere 
Erkrankung der Lungen oder Bronchial- 
drüsen, und es wurden diese Herde sehr 
häufig verkalkt und abgeheilt gefunden. 
Dagegen wiesen die inländischen Binder 
vielfach schwere, oflfene Tuberkulose, 
Perlsucht und Erkrankung aller Ein- 
geweide auf; auch das Euter wurde häufig 
erkrankt befunden, 
hweinen. 



Jahr 



Herkunftsland 



Schlachtzahl 



Davon waren tuberkulös 
Zahl I % j Summe %derGeB.-Schlacht. 



Beanstandet 
Zahl o/o 



1901,05, 

1905/061 
1906 07 



Inland 
Rußland 

Inland 
Rußland 

Inland 
Rußland 



17101 

10824 

8842 



27 925 



12900 \ ^^ '^^^ 



8 962 

1986 



52 J 



28 229 



507 
160 
895 
846 
463 
1295 



2,96 

148 
10,12 
6,56 
5,54|) 



667 
1741 
1758 



2,39 
8,01 
6,23 



6 
1 

31 
7 
6 

13 



0,035 

0,009 

0,35 

0,054 

0,071 

0,065 



Hier treten zwei sehr auffällige Er- 
scheinungen hervor, nämlich: 

1. die sehr starke Zunahme der 
Tuberkulose im Jahre 1905/6, die für 
das Inland in zwei Momenten ihre Er- 
klärung finden dürfte, in der Sorgfalt 
der Untersuchung, namentlich auch der 
Gekrösdrüsen, und in der Aufzucht oder 
Fütterung von größeren Posten Schweinen 
in Molkereien und auf großen Gütern 
mit roher tuberkulöser Milch oder rohen 
Molkereirückständen, worin diese Be- 
triebe in dem Jahre des großen 
Schweinemangels und der Fleischteuerung 
eine gi-oße und gute Einnahmequelle 
gesehen haben dürften; 

2. die Häufigkeit der Tuber- 
kulose unter den russischen Schwei- 
nen, die im letzten Jahre sogar 
diejenige bei Inlandschweinen um 
etwa 1 Proz. überstieg. Ein Grund 
für diese auffällige Tatsache kann einst- 
weilen nicht angeführt werden. Jedoch 
sind Nachforschungen in der Richtung 
in die Wege geleitet. Jedenfalls wird 
hierdurch die vielfach, besonders 
in Oberschlesien verbreitete An- 
sicht, daß bei den russischen 



Schweinen die Tuberkulose sehr 
selten, und namentlich viel selte- 
ner als bei den Inlandschweinen 
sei, widerlegt und die Notwendig- 



keit genauer Untersuchung 
russischen Schweine erwiesen. 



der 



Ist zur Feststellung der Knochentuber- 
kulose bei geschlachteten Tieren eine 
weitergehende als die vorgeschriebene 
Untersuchung erforderlich? 

Von 

HafTner-Düren, 

Schlachthof direkter. 

In Heft 10 dieser Zeitschrift berichtet 
Herr Kollege Dr. Mars ohne r-ßreslau über 
Funde von Knochentuberkulose, die nur 
durch eine weitergehende Untersuchung, 
als sie das Gesetz vorschreibt, ermittelt 
wurden. M. spricht den Wunsch aus, 
daß auch von anderer Seite in gleicher 
Weise Untersuchungen vorgenommen 
werden möchten. Dies veranlaßt mich 
darauf hinzuweisen, daß die Untersuchung 
auf Knochentuberkulose in ähnlicherWeise, 
wie es Marschner angibt, am hiesigen 
Schlachthofe schon seit längerer Zeit üb- 
lich ist. Ich lasse schon seit Jahren fast 
bei allen beanstandeten Tieren einzelne 



— 8 — 



Röhrenknochen, bei allen wegen Tuber- 
kulose beanstandeten Tieren sämtliche 
Gliedmaßenknochen in der Längsrichtung 
aufsägen und bei letzteren Tieren Kopf- 
knochen, Becken und Schulterblatt mehr- 
mals spalten. Dieses Verfahren ist nicht 
nur bei Tuberkulose, sondern auch bei ver- 
schiedenen anderen Krankheiten gerecht- 
fertigt. Ich fand beispielsweise außer 
den zahlreichen Fällen von Tuber- 
kulose Veränderungen des Knochen- 
markes bei* Kälberlähme, bei Sarko- 
matose, bei Pseudoleukämie,*) bei 
Septikämie, Pyämie u, dgl. Mehrfach 
konnte ich femer bei notgeschlachteten 
Kälbern, die nicht zeitig genug ver- 
kauft werden konnten, am Knochen- 
marke zuerst Fäulniserscheinungen 
wahrnehmen. Durch dieses Verfahren 
habe ich über die von Marschner be- 
handelte Frage ein ziemlich umfangreiches 
Material gewonnen. 



Dieses Material umfaßt genaue Er- 
mittlungen über die Ausbreitung der 
Tuberkulose und das Vorkommen 
von Knochentuberkulose bei 10 000 
Schweinen und 4700 Rindern, die in 
der Zeit vom 15. April 1905 bis zum 
16. Juli 1906 im hiesigen Schlachthofe 
geschlachtet wurden. Bis zu letzterem 
Termine wurden sämtliche Fälle von 
Knochentuberkulose beanstandet. Ich ver- 
merke nur die Endergebnisse dieser Zu- 
sammenstellung. Zu ihrer Erläuterung 
diene folgendes: 

Die Zusammenstellung erfolgte teils 
nach den Tagebüchern, teils nach den 
hier über jedes beanstandete Tier 
geführten sogenannten Beanstandungs- 
scheinen. Diese Beanstandungsscheine 
enthalten auf der einen Seite Gewichts- 
und sonstige Angaben för den Verkauf 
auf der Freibank, auf der anderen Seite 
haben sie nachstehenden Aufdruck: 



Signalement: 



Beanstandungsgrund Tuberkulose 



1 2 3,4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16: 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 






W 



p:^ 



H^ S 



«3 



o 






I 






starke Ausdehnung 1 frische Infektion 1 ausged. Erw. Herde 1 hochgr. Abmagenmg 



anderer Beanstandungsgrund 



Bemerkungen 



Verfügung. 

Die Beanstandungsscheine werden, 
soweit es möglich ist, direkt nach der 
Untersuchung ausgefüllt; nach Zerlegen 
des beanstandeten Tieres und nochmaliger 



*) Vergl. meinen Artikel über lymphoide 
Infiltrate der Muskulatur im 16. Jahrgang, Heft 12, 
dieser Zeitschrift. 



tierärztlicher Untersuchung werden die 
Angaben vervollständigt. 

Von den 10 000 geschlachteten 
Schweinen waren 580 Stück = 5,8 Proz. 
tuberkulös. Von den tuberkulösen 
wurden 87 Stück = 15 Proz. beanstandet, 
und bei diesen 87 Stück wurden sämtliche 
I Knochen aufgesägt und näher untersucht. 



— 9 — 



A. Ausbreitung der Tuberkulose bei Schweinen. 



3 



8 



Es waren erkrankt 



Es waren 
tuberkulös 

Stack 



die Milz 
bei Stack 



Wirbel- 
säule 

bei Stück 



andere 
Knochen 

bei Stück 



Knochen- 
gewebe 
überhaupt 

bei Stück 



Knochentuberkulose (Spalte 5) 
war ausgedehnt auf 

Wirbelsäule 



und andere 

Knochen 

gleichzeitig 



nur die 
Wirbel- 
säule 



nur andere 
Knochen 



580 

= 5,8 % 



266 
= 46 0/, 



44 



26 



48 
= 8,2 0/, 



22 mal 



22 mal 



4 mal 



48 



Von anderen Knochen (Spalte 4) waren erkrankt: Brustbein 2 mal, Gliedmaßenknochen 21 mal 
Rippen 6 mal, Becken 4 mal, Kopfknochen 2 mal, Gelenke 4 mal. 



Von 4700 in der gleichen Zeit ge- 
schlachteten Rindern waren 1703 Stück = 
36 Proz. tuberkulös. Von den tuber- 



kulösen wurden 90 Stück = 5,2 Proz. be- 
anstandet, und auch bei diesen 90 Stück sind 
die Knochen wie oben behandelt worden. 



B. Ausbreitung der Tuberkulose bei Rindern. 



1 


2 


3 


4 


5 


' 6 


7 ■ 'r 8 






Es waren erkrankt 




Knochentuberkulose (Spalte 5) 












war 


ausgedehnt auf 


Es waren 
















tuberkulös 


die Milz 


Wirbel- 


andere 


Knochen- 
gewebe 


Wirbelsäule 
und andere 


nur die 


nur andere 






säule 


Knochen 


überhaupt 


Knochen 


Wirbel- 
säule 


Knochen 


Stflck 


bei Stück 


bei Stück 


bei Stück 


bei Stück 


gleichzeitig 




1703 
= 86 0/, 


nicht 


8 


11 


18 
= 1% 


Imal 


7 mal . 10 mal 


notiert 








18 





Von anderen Knochen (Spalte 4) waren erkrankt : Brustbein 3 mal, Gliedmaßenknochen 4 mal, 
Rippen 2 mal, Becken 1 mal, Gelenke 3 mal. 



Wie aus Spalte 2 der Tabelle A her- 
vorgeht, wurde hier bei fast der Hälfte 
aller tuberkulösen Schweine Milz tuber- 
kulöse ermittelt. Diese findet sich be- 
kanntlich bei Schweinen außerordentlich 
häufig neben ganz geringfügiger Lungen- 
und Lebertuberkulose; bei erheblicher 
Tuberkulose wird sie im Gegensatz zu 
der Tuberkulose beim Rinde nie vermißt. 
Trotzdem wird der Prozentsatz der Milz- 
tuberkulose meistens geringer angegeben. 
Ein mir vorliegender Bericht eines größeren 
Schlachthofes gibt nur 25 Proz. Milztuber- 
kulose an, ein anderer noch weniger. Da 
nun mindestens in jedem Fall von Milz- 
tuberkulose die Fleischlymphdrüsen an- 



geschnitten werden und die Wirbelsäule 
genau untersucht wird, ist es klar, daß 
die Resultate andere sein werden, wenn 
diese Untersuchung bei 50 Proz. vor- 
genommen wird oder nur bei 25 oder 
gar 10 Proz. Auch die Zahl der Fälle 
von Knochentuberkulose, 8,2 Proz. 
sämtlicher Tuberkulosefälle, dürfte höher 
sein als sie sonst angegeben wird. Der 
Bericht des Leipziger Schlachthofes für 
1905, der einzige von den zahlreichen 
mir zur Verfügung stehenden, der über- 
haupt hierüber Angaben macht, gibt die 
Zahl der Fälle von Knochentuberkulose 
mit 4 Proz. an. 

Die große Zahl der Fälle von Milz- 



— 10 — 



und Knochentuberkulose, die hier ermittelt 
worden sind, ist wohl darauf zurückzu- 
führen, daß in der Berichtszeit sehr viele 
der hier geschlachteten Schweine aus der 
näheren ländlichen Umgebung Dürens 
stammten, in der viel Molkereiwirtschaft 
betrieben wird. Es kamen deshalb ver- 
hältnismäßig viel Fälle von vorgeschritte- 
ner Tuberkulose vor. Es konnte beob- 
achtet werden, daß in Zeiten, in denen 
der hiesige Schlachthof vorzugsweise vom 
Kölner Markte mit Schweinen versorgt 
wurde, diese Fälle wie die Tuberkulose 
überhaupt viel seltener waren. Köln hat 
nach dem Bericht von 1906 nur l,4Proz. 
Tuberkulose. Meine Angaben und be- 
sonders der angezogene Vergleich mit 
anderen Schlachthöfen erlauben deshalb 
natürlich nicht einen Schluß auf die Art 
der Untersuchung. Über die Erkrankung 
anderer Knochen neben der Wirbeltuber- 
kulose macht leider auch der Leipziger 
Bericht keine Mitteilungen. Es dürften 
deshalb meine Angaben hierüber als Er- 
gänzung der Marschnerschen von Inter- 
esse sein. Wie ein Vergleich der Spalten 4 
und 6 zeigt, fand ich mehr als einhalb so 
oft wie Wirbeltuberkulose auch Tuber- 
kulose anderer Knochen, nämlich 26 mal. 
Es ergibt sich femer die bemerkenswerte 
Tatsache, daß in allen 26 Fällen, in 
denen andere Knochen erkrankt waren, 
nur viermal Tuberkulose der Wirbelsäule 
fehlte, mit anderen Worten, daß die 
Wirbelsäule bei Schweinen fast 
regelmäßig miterkrankt war, wenn 
Gliedmaßen- oder sonstige Knochen 
tuberkulös waren. 

Nach Feststellung von Knochentuber- 
kulose wurde auch regelmäßig die 
Beschaffenheit der zugehörigen 
Fleischlymphdrüsen genau geprüft. 
Hierbei stellte es sich heraus, daß 
in außerordentlich vielen Fällen 
von Tuberkulose der Gliedmaßen- 
knochen beim Schweine die zu- 
gehörigen eigentlichen Fleisch- 
lymphdrüsen, die Bug-, Kniefalten-, 



Kniekehl-, Sprunggelenkdrüsen 

völlig intakt waren.*) Derartige 
Fälle habe ich so zahlreich gemeinschaft- 
lich mit den hier beschäftigt gewesenen 
Kollegen festgestellt, daß sie nicht als 
Ausnahmefälle betrachtet werden dürfen. 
In einzelnen Fällen der vorgedachten 
Art waren allerdings Lenden-, Darm- 
bein- oder Beckendrüsen erkrankt, in 
anderen waren auch diese unverändert. 
Soviel mir bekannt ist, führt übrigens 
die Tuberkulose der letztgenannten Lymph- 
drüsen niemals zur Beanstandung; ihre 
Erkrankung kommt deshalb für die Er- 
mittlung von Knochentuberkulose nicht 
in Betracht. 

Vergleicht man meine Ermittlungen 
bezüglich der Schweinetuberkulose mit 
denen Marschners, so ergibt sich eine 
sehr große Übereinstimmung der Resul- 
tate. Zunächst konstatiert auch M. mehr- 
fach, daß die zugehörigen Fleischlymph- 
drüsen bei Knochentuberkulose intakt 
waren. Femer findet sich unter allen 
von M. aufgeführten Fällen von Knochen- 
tuberkulose beim Schweine nicht ein 
einziger Fall, bei dem die Tuberkulose 
der Wirbelsäule fehlte. Aus Marsch- 
ners und besonders aus meinen zahl- 
reichen Feststellungen, die natürlich von 
anderen Seiten noch geprüft und ver- 
vollständigt werden müssen, glaube ich 
schließen zu dürfen, daß der in den 
Lehrbüchern enthaltene Satz: „Die Tuber- 
kulose der Gliedmaßenknochen kenn- 
zeichnet sich stets durch Erkrankung der 
zugehörigen Fleischlymphdrüsen", wenig- 
stens bezüglich der Schweinetuberkulose, 
keine volle Gültigkeit hat. Mit größerem 
Rechte kann man folgern, daß bei 
Wirbeltuberkulose beim Schweine 
Verdacht vorliegt, daß auch andere 



*) Diese Fälle bedürfen der genauen bakterio- 
logischen Bearbeitung, um festzustellen, ob es 
sich überhaupt um Tuberkulose oder um tuber- 
kuloseähnliche Veränderungen handelt, und wenn 
es sich tatsächlich um Tuberkulose handelt, 
welcher Typus vorliegt. D. H. 



— 11 



Knochen erkrankt sind. Nach meinen 
Beobachtungen findet sich eine Erkrankung 
der letzteren sogar in der Regel, wenn 
starke Wirbeltuberkulose vorliegt. 

Für die Bichtigkeit meiner Annahme 
sprechen auch noch weitere Beobachtungen, 
die ich nach dem Abschluß der Statistik, 
der ungefähr mit dem Inkrafttreten der 
Abänderungen der Ausführungsbestimmun- 
gen A, C und D vom 16. Juni 1906 zu- 
sammenfällt, gemacht habe. Seitdem auf 
Grund dieser Abänderungsbestimmungen 
bei Wirbeltuberkulose die Beanstandung 
ganzer Tiere in vielen Fällen nicht mehr 
erfolgt und infolgedessen hier nicht mehr 
in allen Fällen von Wirbeltuberkulose die 
Röhrenknochen aufgesägt werden, ist die 
Tuberkulose der letzteren viel seltener er- 
mittelt worden. Insbesondere wurde unter 
sämtlichen seit dieser Zeit wegen Tuber- 
kulose einzelner Fleischlymphdrüsen bean- 
standeten Vierteln — von 48 Schweinen 
— kein einziges Mal Knochentuberkulose, 
nur einmal Gelenktuberkulose gefunden. 
Wenn es zuträfe, daß die Tuberkulose 
der Röhrenknochen sich kennzeichnete 
durch Miterkrankung der zugehörigen 
Fleischlymphdrüsen, so hätte die erstere 
bei ihrer relativen Häufigkeit nach der 
Wahrscheinlichkeitsrechnung in vielen 
Fällen gefunden werden müssen. Auch 
hiemach scheint mir das Hauptkriterium 
für den Verdacht auf Röhrenknochen- 
tuberkulose die Wirbeltuberkulose zu sein. 

Beim Rinde liegen, wie Tabelle B 
zeigt, die Verhältnisse einmal schon in- 
sofern anders, als hier die Knochentuber- 
kulose viel seltener ist. Ich fand sie nur 
bei ca. 1 Proz. aller tuberkulösen Rinder. 
Dann ließen sich auch keinerlei Be- 
ziehungen zwischen Wirbel- und 
anderer Knochentuberkulose nach- 
weisen. Nur in einem von 18 Fällen 
kamen beide Erkrankungen zugleich vor. 
Beim Rinde wurde femer Knochentuber- 
kulose fast ausschließlich bei vorge- 
schrittener Tuberkulose beobachtet. Auch 
hier wurde indessen bisweilen, wenn auch 



viel seltener, die Miterkrankung der zu- 
gehörigen Lymphdrüsen vermißt. 

Über die Art der Erkrankung noch 
kurz folgendes: 

Beim Rinde sowohl wie beim 
Schweine wiesen die erkrankten 
Knochen in der Regel äußerlich 
keine Veränderungen auf. Besonders 
in den Röhrenknochen der Schweine wurden 
neben größeren Herden ganz kleine, linsen- 
bis stecknadelkopfgroße Herde gefunden, 
die natürlich keine Umfangsveränderung 
des Knochens hervorrufen konnten. Ich 
erwähne dies, weil an einigen Stellen die 
Knochen nur aufgesägt werden, wenn sie 
Auftreibungen aufweisen, oder nur quer 
und nicht längs durchschnitten werden. 
Die tuberkulösen Herde befanden sich 
nicht immer in der Mitte des Knochens, 
bisweilen zeigte sich auf dem Durch- 
schnitt des Knochenmarkes nur eine 
Rötung, in deren Tiefe ein tuberkulöser 
Herd saß. In vielen Fällen von Wirbel- 
tuberkulose waren ferner nicht die Wirbel- 
körper, sondern nur die Domfortsätze 
erkrankt. Diese Fälle können dem Unter- 
sucher besonders leicht entgehen, weil 
dieDomfortsätze ganz ungleichartig durch- 
gehackt werden. 

Meine Feststellungen bestätigen somit 
die Behauptung Marschners, daß bei 
Beschränkung auf die gesetzlich vor- 
geschriebene üntersuchungs weise 
nicht sämtliche Fälle von Knochen- 
tuberkulose gefunden wer den können. 
Dasselbe betonte auch schon Pitt-Königs- 
berg in einem Artikel in Heft 9 des 
XIV. Jahrgangs dieser Zeitschrift. 

Nun sagt zwar Ostertag in einer 
Anmerkung S. 237 des schon erwähnten 
Jahrganges seiner Zeitschrift mit Recht: 
Seltene Ausnahmefälle können nicht als 
Grundlage flir ein allgemein durchzu- 
führendes Untersuchungsverfahren gelten. 
Die vorstehenden Ausführungen beweisen 
jedoch, daß insbesondere die Fälle von 
Röhrenknochentuberkulose beim Schweine 
nicht als seltene Ausnahmefälle betrachtet 



- 12 - 



werden können und daß auch die Knochen- 
tuberkulose beim Rinde recht häufig unver- 
mutet vorkommt. Ich halte es deshalb zum 
mindestens fürnotwendig, daß die genaue 
Untersuchung der Knochen bei allen 
wegen erheblicher Tuberkulose be- 
anstandeten Tieren und bei allen 
Schweinen mit Wirbeltuberkulose 
amtlich vorgeschrieben wird. Ob 
das Gleiche auch bei Tuberkulose ein- 
zelner Fleischlymphdrüsen notwendig ist, 
müssen weitere Feststellungen ergeben. 
Diese sind heute schwieriger, weil nicht 
mehr in allen Fällen von Fleischdrüsen- 
tuberkulose Beanstandung der ganzen 
Tiere erfolgt, wie vor Erlaß der Ab- 
änderungen vom 16. Juni 1906. Ich em- 
pfehle deshalb, um weiteres Material zu 
erhalten, besonders in großen Schlacht- 
höfen, auch bei allen den beanstandeten 
Schlachttieren die Knochen zerlegen 
und sämtliche Fleischlymphdrüsen unter- 
suchen zu lassen, bei denen neben 
einem anderen Beanstandsgrunde mehr 
oder weniger erhebliche Tuberkulose 
vorliegt. 

Wie steht es nun mit der Beur- 
teilung der Knochentuberkulose? 

Nach Ostertag ist bei Wirbeltuber- 
kulose der betreffende Wirbel mit seinen 
Adnexen zu vernichten, das übrige Fleisch 
freizugeben ; bei Extremitäten- oder Rippen- 
tuberkulose sind die betreffenden Viertel 
untauglich. Es ist mir zweifelhaft, ob 
das erstere Verfahren mit dem Wortlaute 
derAusführungsbestimmungen vereinbar ist, 
esistaber wohlallgemein akzeptiert worden. 
Nicht so bei Tuberkulose anderer Knochen. 
Ich habe feststellen köonen, daß diese 
recht verschieden beurteilt wurde. Man 
begegnet bezüglich der Beurteilung der- 
selben zwei Auffassungen. Die einen 
sagen: Knochentuberkulose ist wie 
Muskeltuberkulose zu beurteilen; denn 
es finden sich nirgends Ausnahmen zu- 
gunsten der ersteren. Die anderen folgern : 
Knochentuberkulose ist in derTuberkulose- 
tabelle nicht besonders aufgeführt, ihre 



Beurteilung ist deshalb dem Ermessen 
des Sachverständigen überlassen. 

Es empfiehlt sich, um eine Einheitlich- 
keit zu erzielen, die Knochentuberkulose 
in der Tuberkulosetabelle besonders auf- 
zuführen und zwar scheint mir, ent- 
sprechend der großen Empfänglichkeit 
des Knochengewebes gegenüber der fast 
immunen Muskulatur, eine möglichst milde 
Beurteilung am Platze zu sein. 

Mein Vorschlag geht also dahin, die 
Untersuchung strenger, die Beurteilung 
dagegen milder zu gestalten. 



Ober das Vorkommen der Muskel- 
tuberkuloee beim Schweine. 

Von 

Dr. phil. W. FeueraUleii-Chemnitz, 

Amt«- und SlA'tulerarat. 

Bekanntlich besitzt die Muskulatur 
eine außerordentliche Widerstandsfähig- 
keit gegen die Infektion mit tuberkulösem 
Virus, und daher ist selbst bei Fällen 
von hochgradiger und verallgemeinerter 
Tuberkulose nur sehr selten die Skelett- 
muskulatur ergriffen. Die Literatur über 
den beregten Gegenstand ist infolgedessen 
sehr spärlich, ich glaube jedoch, daß viele 
beobachtete Fälle nicht in die ÖflFentlich- 
keit gelangten. Bei der relativen Selten- 
heit der Muskeltuberkulose wäre es in- 
dessen sehr wünschenswert, wenn bei 
zur Beobachtung kommenden Fällen 
wenigstens eine kurze Notiz über den 
Befund von dem Beobachter publiziert 
würde. Jeder Fall ist ein wertvoller Bei- 
trag zur Kasuistik und zur Statistik der 
tuberkulösen Erkrankung der Muskeln. 

In der mir zur Verfagung stehenden 
Literatar fand ich eine Reihe von Beschrei- 
bungen der Muskeltuberkulose beim Rinde, 
während die genannte Erkrankung beim 
Schweine nach Ausweis der Literatur nur sehr 
selten zur Beobachtang zu kommen scheint. 

Maske (7), Brouvier (2), Rasmussen (11), 
Hanouzet (3), Közöwitsch (5), Metz (8) 
Hertwig (4), Kitt (6) und andere haben FäUe 
von mehr oder weniger hochgradiger Muskel- 
tuberkulose beim Rinde beschrieben, die gewöhn- 



13 — 



lieh mit einer allgemeinen Tuberkulose der Or- 
gane, Knochen usw. verbunden und durch sekun- 
däre Infektion des Muskelgewebes entstanden 
waren. 

Beim Schweine hat Winter (13) einen 
Fall von Muskeltuberkulose beschrieben, bei dem 
sich eine zweihandtellergroße Stelle mit zahl- 
reichen tuberkulösen Herden in der Umgebung 
einer tuberkulös erkrankten Rippe fand. Sämt- 
liche Eingeweide waren hochgradig mit Tuber- 
kulose behaftet. Moulö (9) schildert eine von 
einer tuberkulösen Lymphdrüse ausgehende Tuber- 
kulose der Hinterschenkelmuskulatur eines 
Schweines. Eine Veröffentlichung von Stock- 
man (12) beschreibt eine totale tuberkulöse Ver- 
änderung der gesamten Muskelmassen der Kruppe 
und des linken Hinterschenkels eines Schweines. 
Die befallenen Muskeln waren hart und schwer 
schneidbar und zeigten auf dem Durchschnitte 
Konglomerate unzähliger, gelber Knötchen mit 
käsig-kalkigem Zentrum und fibröser Kandzone. 
Nur die entsprechenden Lenden- und Leistendrüsen 
waren tuberkulös, sonst alle Organe intakt. 
Ostertag (10) äußert sich über diesen Fall 
dahingehend, daß es sich hier wahrscheinlich um 
eine primäre Tuberkulose, eine Impf- 
tuberkulose, ausgehend von einer Muskel- 
wunde, gehandelt hat. 

Kitt (6) unterscheidet bei der Muskeltuber- 
kulose eine regionäre Infektion mit lokaler 
Begrenzung des tuberkulösen Prozesses in 
den Muskeln, wobei die Infektionskeime von 
benachbarten tuberkulösen Organen (Lymphdrüsen, 
Knochen usw.) auf dem Wege der Lymph- 
bahnen in das Muskelgewebe geschleppt werden 
— z. B. bei Serosentuberkulose der Brustwand 
Zwischenrippenmuskeltuberkulose — und eine 
größere Ausbreitung der tuberkulösen 
Erkrankung in den Muskeln durch auf dem 
Wege des großen Kreislaufes verstreute 
Bazillen (embolische Form), Beide Formen 
sind streng genommen sekundäre Infektions- 
modi. Die primäre Muskeltuberkulose, 
wie sie der Stockmansche Fall bietet, dürfte 
sehr selten sein. Beim Menschen findet sich 
nach Birch-Hirschfeld (1) die tuberkulöse 
Myositis am häufigsten im Anschluß an Tuber- 
kulose der Knochen und des Periostes; die auf 
diesem Wege entstandenen tuberkulösen Herde 
sind die sogenannten „kalten Abszesse^. Auch 
von einer tuberkulösen Lymphdrüse aus kann 
eine Bildung von tuberkulösen Senkungsabszessen 
mit Fortentwicklung der tuberkulösen Erkrankung 
im Bindegewebe der Muskeln stattfinden. Die 
sekundäre Muskeltuberkulose hämatogenen Ur- 
sprungs ist selten; denn bei akuter Miliartuber- 
kulose der Organe bleiben die Muskeln fast 



immer frei. Zuweilen finden sich neben chro- 
nischer Tuberkulose der Organe herdförmige 
tuberkulöse Veränderungen der Muskeln auch in 
solchen Muskelgruppen, die keine anatomischen 
Beziehungen zu den tuberkulösen Organen haben. 

Während meiner Tätigkeit an großen 
Schlachthöfen habe ich wiederholt Muskel- 
tuberkulose bei Schweinen und Rindern 
gesehen und in allerletzterZeit drei Fälle 
von tuberkulöser Erkrankung der 
Skelettmuskulatur bei Schweinen 
beobachtet, die mir einer ausführlicheren 
Beschreibung wert erscheinen. 

Der erste Fall, bei dem ich mich 
kurz fassen kann, betraf ein gut genährtes, 
zirka acht Monate altes Schwein, das mit 
hochgradiger und verallgemeinerter Tuber- 
kulose behaftet war. Von einer tuber- 
kulösen Erkrankung des rechten Ober- 
schenkelknochens und des Hüft- 
gelenks aus war der Prozeß auf die 
umliegenden Muskelmassen über- 
gegangen und hatte dort zur Bildung 
zahlreicher, hirsekorn- bis linsengroßer, 
käsig-kalkiger Knötchen mit bindegewebi- 
ger Randzone geführt. 

Bei zwei anderen, von einem und 
demselben Besitzer stammenden Schweinen, 
über deren Herkunft leider nichts näheres 
ermittelt werden konnte, lag eine derartig 
ausgebreitete, verallgemeinerte Tuberku- 
lose vor, wie man sie nur selten zu Ge- 
sicht bekommt. 

Die serösen Häute waren total mit zenti- 
meterdicken tuberkulösen Auflagerungen in Form 
erbsen- bis haselnußgroßer Knoten bedeckt. 
Lunge, Leber, Milz und Nieren waren der- 
maßen mit käsigen Herden durchsetzt, daß man 
vom Organgewebe fast gar nichts mehr sah. Sämt- 
liche Organ- undFleischlymphdrtisen waren 
bedeutend vergrößert und total verkäst, und 
mehrere Wirbel sowie bei dem einen Schweine 
das Sternum wiesen käsige, tuberkulöse Herde 
auf. Eines der beiden in Rede stehenden Tiere 
zeigte femer eine tuberkulöse Erkrankung des 
Epikard und Myokard. Das Epikard war an 
mehreren Stellen, besonders an der rechten Herz- 
außenseite, mit teils zottigen, teils knotigen, 
rötlich-grauen Auflagerungen bedeckt, und die 
Wand des linken Herzens ließ eine hühnerei- 
große Vorwölbung erkennen, auf deren Schnitt- 



— 4 — 



2. Davon stammten: 



Berichtsjahr 



Herkunfta- 
land 



Rinder 



{Schweine 



Kälber 



Schafe 



Ziegen 



Pferde 



Samme 



1904/05 { 
1905/Ö6 { 
1906/07 { 



Inland 
Auslafid 

Inland 
Ausland 

Inland 
Ausland 



5166 
2752 
3771 
2953 
5985 
290 



17101 
10 824 

8 842 
12 900 

8 362 
19 867 



2111 
441 

1663 
409 

2590 
96 



662 
315 

288 



268 
220 
179 



2% 
276 
285 



25 604 

14 017 

15 087 

16 262 

17 689 
20253 



Die ausländischen Rinder und Kälber wurden aus Österreich-Ungarn, die Schweine 
aus Rußland eingeführt. 

3. Geschlachtet von auswärts eingebracht und gebührenpflichtig untersucht wurden: 



Berichtsjahr 


Rinder 


Rinder- 
Viertel 


Schweine 


Schweine- 
Hälften 


Kälber 


Schafe 


Ziegen 


Bemerkungen 


1904/05 
1905/06 
1906/07 


698 
182 
116 


602 

14 

6 


610 
183 
656 


3014 
93 
46 


3047 
446 
231 


117 
12 
15 


61 
74 
11 


!•) 



Bei der Betrachtung der Schlacht- 
ziflfem f&Ut besonders die starke Abnahme 
der Schlachtungen im Jahre 1905/06 auf. 
Dieses Jahr stand unter dem Merkzeichen 
der Viehknappheit, und hinzu kam noch, 
daß infolge der Unruhen in Eußland die 
Versorgung Oberschlesiens mit russischen 
Schweinen zeitweilig ganz stockte. Am 
Schlüsse des Jahres erfolgte die Er- 
höhung des Einfuhr-Kontingents russischer 
Schweine, fftr Königshütte allmählich 
aufsteigend von 220 bis zu 480 Schweinen 
wöchentlich. Mit der Gewährung des vollen 
Einfuhrkontingents ist am 1. März 1906 
der erhöhte Zoll in Kraft getreten. 

Welchen Einfluß die neuen Handels- 
verträge mit dem erhöhten Einfuhrzoll 
auf die weitere Einfuhr gehabt haben, 
geht daraus hervor, daß nach Statistik II 
die Einfuhr der Rinder von 2953 Stück 
im Jahre 1905/06 auf 290 Stück im 
Jahre 1906/07, d. h. um das Zehnfache, 
diejenige der Kälber von 409 in derselben 
Zeit auf 96 Stück, d. h. um das Vier- 
einhalbfache zurückgegangen ist, und daß 
die Einfuhr der russischen Schweine um 
etwa 5000 Stück hinter der durch den 
Handelsvertrag zugelassenen Zahl für 
Königshütte zurückblieb. 

Da bei der Eigenart und Schwierigkeit 



der Fleischversorgung Oberschlesiens, das 
mit seiner starken industriellen Be- 
völkerung und nur sehr wenig Land- 
wirtschaft und Viehzucht zwischen 
Rußland und Österreich eingekeilt ist, 
viel mageres, tuberkulöses und außerdem 
viel finniges Schlachtvieh zur Abschlachtung 
gebracht wurde, war die Durchführung 
des Reichsfleischbeschaugesetzes und der 
weiteren, auf Grund desselben erlassenen 
Bestimmungen eine schwere Aufgabe. 

Mit dem Amtsantritt des Bericht- 
erstatters am 1. Juni 1905, der sich die 
vollständige Durchführung der bestehenden 
Bestimmungen mit allen ihren Konsequenzen 
zur Pflicht gemacht hatte, setzte der hef- 
tigste Widerstand der Fleischer ein, der 
schließlich mit ihrem Boykott des Schlacht- 
hofes endigte. 

Damit war der zweite Grund far die 
starke Abnahme der Schlachtfrequenz im 
Jahre 1905/6 gegeben. 

Durch das energische Eingreifen des 
Magistrats und der Regierung, sowie durch 
eine von der Regierung einberufene 
Konferenz der oberschlesischen 
Schlachthoftierärzte, Kreistierärzte 
und Fleischbeschau ausübenden 
Privattierärzte, unter dem Vorsitze 
des zuständigen Departementstierarztes, 



Am 1. Oktober 1904 trat die Freizügigkeit des tierärztlich antersuchten Fleisches in Kraft. 



— 5 — 



Veterinärrat Bermbach, der als Vertreter 
des Landwirtschaftsministeriums Professor 
Ostertag beiwohnte, und in der die im 
Schlachthofe zu Königshütte ausgeübte 
Fleischbeschau I^estätigt, sowie zweifel- 
hafte Fälle und verschiedene Auslegungen 
des Fleischbeschaugesetzes erörtert und 
klargelegt wurden, konnte der Boykott 
jedoch in kurzer Zeit gebrochen werden. 
Derselbe hörte denn auch nach etwa 
dreiwöchigem Bestehen allmählich auf, 
so daß bald die Schlachtungen in vollem 
Umfange wieder aufgenommen wurden. 
Viel zur Beruhigung der Fleischer hat 
zweifellos die Einfuhrung von leistungs- 
fähigen Schlachtvieh-Versicherungen 
beigetragen, durch die die Fleischer vor 
größeren Verlusten geschützt wurden. 

767Va Tiere = 2,02 % 

und zwar: 1267, Rinder = 2,0 % 

625Va Schweine = 2,21 % 

8V4 Kälber == 0,3 % 

1 Ziege = 0,55 % 

6 Pferde = 2,1 % 

Bei den bisherigen Veröffentlichungen 
der statistischen Ergebnisse der Fleisch- 
beschau im Inland ist das Herkunftsland 
der Schlachttiere nicht genügend berück- 
sichtigt worden, deshalb ist es bisher auch 
nicht möglich gewesen, sicher festzustellen, 
wie weit die Krankheiten und Mängel, die 
zu Beanstiindungen gefahrt haben, sich auf 
die inländischen und ausländischen Tiere 
verteilen. In den nachstehenden Aufstel- 
lungen aus den letzten drei Berichtsjahren 



Während nun im letzten Berichtsjahre 
1906/7 der Mangel an Schweinen gehoben 
war, die Schlachtungen derselben erheblich 
zunahmen und die Preise für Schweine- 
fleisch beträchtlich sanken, nahmen die 
Rinderschlachtungen infolge des weiter 
bestehenden Rindermangels und des hohen 
Einfuhrzolles noch mehr ab und blieben die 
Rindfleischpreise auf der Höhe des Vor- 
jahres, zogen sogar zeitweise noch mehr an. 
II. Fleischbeschau. 

Von den im letzten Jahre (1906/07) 
geschlachteten 37 942 Tieren wurden be- 
anstandet 808 V2 Tiere, von denen 41 
einfinnige Rinder nach 21 tägigem 
Durchkühlen wieder dem freien 
Verkehr übergeben wurden. 

Mithin blieben beanstandet: 

der GesamtschlachtuDgen, 
der Rinderschlachtungen, 
der Schwcineschlachtungen, 
der Rälberschlachtungen, 
der Ziegenschlachtungen, 
der Pferdeschlachtungen. 

vom 1. 4. 04 bis 31. 3. 07 habe ich die Be- 
anstandungszahlen und -Prozente für die 
vier wichtigsten Beanstandungsgründe — 
Rinderfinnen, Schweinefinnen, Trichinen 
und Tuberkulose — nach inländischer und 
ausländischer Einfuhr getrennt für den 
Schlachthof zu Königshtitte zusammen- 
gestellt. Diese Aufstellungen ergeben einige 
beachtenswerte Hinweise besonders für 
die Fleischbeschau auf den oberschlesischen 
Schlachthöfen. 







1. Rinderfinnen 


• 






Jahr 


Herkunftsland 


Schlachtzahl 


Davon waren finnig 
Zahl o'o 1 Summe :%derGe8.-Schlacht. 


1904/05 { 
190Ö/06 { 
1906/07 { 


Inland 
Österreich' Ungarn 

Inland 
Österreich' Ungarn 

Inland 
Österreich' Utrgarn 


5985)6^75 


12 

5 

39 

J8 

107 

2 


0,232 

0,181 

1,034 

0,61 

1,79 

0,69 


17 

57 

} 109 


0,215 
0,847 
1,737 



Es steigerten sich danach die Finnen- 
funde bei Rindern von 0,215 Proz. auf 
1,737 Proz. überhaupt, und es geht aus 
der Aufstellung hervor, daß die Rinder- 



finne bei den inländischen Rindern zwei- 
bis dreimal häufiger war, als bei den aus 
Österreich -Ungarn eingeführten. Die 
meisten finnigen Rinder stammten 



— 6 



aus den Kreisen Neiße, Leobschütz 
und Neustadt O.-S., und es ist diese 



Gegend seit längerer Zeit in Schlesien 
als Finnenherd bekannt.*) 



2. Schweinefinnen. 



Jahr 



Herkunftsland 



Schlachtzahl 



Davon waren finnig 



Zahl 



0/ 

/o 



Samme 



o/o der Ges.- 
Schlacht 



17 101 1 



lolf4]^^^^ 



8 8421 
12 900 



21742 



,11^)28 229 



207 



430 



575 



0,74 

1,977 

2,036 



1904/05 { 
1905/06 { 
1906/07 { 

Danach ist die Schweinefinne 1 Durchsuchung der rassischen Schweine 
in Rußland zurzeit etwa 40mal so i auf Finnen ist, wenn wir nicht nur der 
häufig als im Inland, und ist bei uns | Weiterverbreitung der Finnen und des 
die Finne nur noch bei 0,07 Proz. der Bandwurms Einhalt gebieten, sondern die- 



Inland 

Rußland 

Inland 

Rußland 

Inland 

Rußland 



25 
182 

16 

414 

6 

569 



0,146 
168 
0,18 
3,21 

0,07 

2,86 



Schweine vorhanden, also schon ziemlich 
selten geworden. Aus dieser Aufstellung 
ist ersichtlich, wie wichtig eine genaue 



selben mit dem bisherigen guten Erfolge 
weiter ausrotten wollen. 







3. Trichinen. 








Jahr 


Herkunftsland 


Schlachtzahl 


Zahl 


Davon 

7o 


waren trichinös 
Summe 7üder Ges.-Schlacht 


1904/05 { 
1905/06 { 
1906;07 { 


Inland 
Rußland 

Inland 
Rußland 

Inland 
Rußland 


^^1^M27 925 
10 824]^^^^^ 

8 842 Q^ ^MQ 

12 900 J ^^ '*^ 

8862 oQooo 
19 8671^^^ 


6 

10 
3 
6 
2 
8 


0,035 
0,092 
0,034 
0,039 
0,024 
0,04 


} ^^ 
} ® 
} ^^ 


0,057 
0,036 
0,035 



Daraus geht hervor,daßdieTrichinen 
bei Schweinen in Rußland häufiger 
vorkommen, als bei den einheimischen; 

4. Tuberkulose 

a) bei Kindern. 



anscheinend sind sie aber auch dort im 
Abnehmen begriffen. 



Jahr 



Herkunftsland 



Schlachtzahl 



Davon waren tuberkulös 
Zahl % Summe o/o^^erC^es.-Schlacht. 



Zahl 


% 


21 


0,406 


1 


0,036 


21 


0,556 


1 


0,033 


83 


1,37 


1 


0,034 



1904/05 { 
1905/06 { 
1906/07 { 



Inland 
Österr. 'Ungarn 

Inland 
Osierr,'üngam 

Inland 
Öaterr, -Ungarn 



6 724 
6 275 



3 771 

2 953 

5 985 

290 



1694 
605 

1435 
569 

1986 
41 



32,78 
22,13 
38,61 
19,27 
32,85 
14,14 



|2 299 
} 2025 
12 027 



29,03 
30,11 
32,46 



Es schwankte demnach die Tuber- 
kulose bei den hier geschlachteten in- 
ländischen Rindern zwischen 32,78 Proz. 
und 38,61 Proz., wogegen sie bei dem 
Österreich.- ungarischen Vieh, das zum 
größten Teil Weidevieh ist, nur etwa 



*) Durch die Versorgung von Königshütte 
mit Rindern aus den durch das ungewöhnlich 
häufige Vorkommen der Finnen bei Rindern 
ausgezeichneten Kreisen Neilie, Leobschatz und 
Neustadt O.-S. erklärt es sich, daß in Königshütte 
der Finnenprozentsatz bei einheimischen Rindern 
denjenigen bei den aus dem Ausland ein- 
geführten übertrifft. 



— 7 - 



halbmal so oft vorkam. Ferner ergaben sich 
Beanstandungen ganzer Tiere oder ein- 
zelner Viertel bei dem ausländischen 
Vieh 11 mal, im letzten Jahre sogar 
40mal weniger, als beim inländischen, l 
Das bedeutet weiter, daß die Erkran- 
kungen an Tuberkulose bei dem aus 
Österreich-Ungarn eingeführten Vieh viel 
leichterer Natur waren, als beim inlän- 
dischen, und diese Tatsache kann der Be- 
richterstatter auch bestätigen nach Maß- 

b) bei Seh 



gäbe der Untersuchungsbefunde. Die 
Tuberkulose der ausländischen Rinder be- 
schränkte sich meistens auf eine leichtere 
Erkrankung der Lungen oder Bronchial- 
drüsen, und es wurden diese Herde sehr 
häufig verkalkt und abgeheilt gefunden. 
Dagegen wiesen die inländischen Rinder 
vielfach schwere, offene Tuberkulose, 
Perlsucht und Erkrankung aller Ein- 
geweide auf; auch das Euter wurde häufig 
erkrankt befunden, 
weinen. 



Jahr 



Herkunftsland 



Schlachtzahl 



Davon waren tuberkulös 
Zahl I % I Summe |o/oderGeB.-Schlacht 



Beanstandet 
Zahl o/o 



1901.05 
1905/06 { 



1906 07 



Inland 
Rtfßland 

Inland 
Rußland 

Inland 
Rußland 



^'^^^M 27 925 



8842) 
12900 I 

8 862 1 
19867 1 



21742 
28 229 



507 
160 
895 



2,96 

1.48 

10,12 



846 i 6,56 

463 I 5,54 

129o\ 6,53 



667 
1741 
1758 



2,39 
8,01 
6,23 



6 
1 

31 
7 
6 

13 



0,035 

0,009 

0,35 

0,054 

0,071 

0,065 



Hier treten zwei sehr auffällige Er- 
scheinungen hervor, nämlich: 

1. die sehr starke Zunahme der 
Tuberkulose im Jahre 1905/6, die für 
das Inland in zwei Momenten ihre Er- 
klärung finden dürfte, in der Sorgfalt 
der Untersuchung, namentlich auch der 
Gekrösdrüsen, und in der Aufzucht oder 
Fütterung von größeren Posten Schweinen 
in Molkereien und auf großen Gütern 
mit roher tuberkulöser Milch oder rohen 
Molkereirückständen, worin diese Be- 
triebe in dem Jahre des großen 
Schweinemangels und der Fleischteuerung 
eine große und gute Einnahmequelle 
gesehen haben düi-ften; 

2. die Häufigkeit der Tuber- 
kulose unter den russischen Schwei- 
nen, die im letzten Jahre sogar 
diejenige bei Inlandschweinen um 
etwa 1 Proz. überstieg. Ein Grund 
für diese auffällige Tatsache kann einst- 
weilen nicht angeführt werden. Jedoch 
sind Nachforschungen in der Richtung 
in die Wege geleitet. Jedenfalls wird 
hierdurch die vielfach, besonders 
in Oberschlesien verbreitete An- 
sicht, daß bei den russischen 



Schweinen die Tuberkulose sehr 
selten, und namentlich viel selte- 
ner als bei den Inlandschweinen 
sei, widerlegt und die Notwendig- 
keit genauer Untersuchung der 
russischen Schweine erwiesen. 



Ist zur Feststellung der Knochentuber- 
kulose bei geschlachteten Tieren eine 
weitergehende als die. vorgeschriebene 
Untersuchung erforderlich? 

Von 

HafTner-Düren, 

Schlachthof direkter. 

In Heft 10 dieser Zeitschrift berichtet 
Herr Kollege Dr.Marschner-Breslau über 
Funde von Knochentuberkulose, die nur 
durch eine weitergehende Untersuchung, 
als sie das Gesetz vorschreibt, ermittelt 
wurden. M. spricht den Wunsch aus, 
daß auch von anderer Seite in gleicher 
Weise Untersuchungen vorgenommen 
werden möchten. Dies veranlaßt mich 
darauf hinzuweisen, daß die Untersuchung 
auf Knochentuberkulose in ähnlicherWeise, 
wie es Marschner angibt, am hiesigen 
Schlachthofe schon seit längerer Zeit üb- 
lich ist. Ich lasse schon seit Jahren fast 
bei allen beanstandeten Tieren einzelne 



— 8 — 



Eöhrenknochen, bei allen wegen Tuber- 
kulose beanstandeten Tieren sämtliche 
Gliedmaßenknochen in der Längsrichtung 
aufsägen und bei letzteren Tieren Kopf- 
knochen, Becken und Schulterblatt mehr- 
mals spalten. Dieses Verfahren ist nicht 
nur bei Tuberkulose, sondern auch bei ver- 
schiedenen anderen Krankheiten gerecht- 
fertigt. Ich fand beispielsweise außer 
den zahlreichen Fällen von Tuber- 
kulose Veränderungen des Knochen- 
markes bei' Kälberlähme, bei Sarko- 
matose, bei Pseudoleukämie,*) bei 
Septikämie, Pyämie u. dgl. Mehrfach 
konnte ich femer bei notgeschlachteten 
Kälbern, die nicht zeitig genug ver- 
kauft werden konnten, am Knochen- 
marke zuerst Fäulniserscheinungen 
wahrnehmen. Durch dieses Verfahren 
habe ich über die von Marschner be- 
handelte Frage ein ziemlich umfangreiches 
Material gewonnen. 



Dieses Material umfaßt genaue Er- 
mittlungen über die Ausbreitung der 
Tuberkulose und das Vorkommen 
von Knochentuberkulose bei lOOOO 
Schweinen und 4700 Rindern, die in 
der Zeit vom 15. April 1905 bis zum 
16. Juli 1906 im hiesigen Schlachthofe 
geschlachtet wurden. Bis zu letzterem 
Termine wurden sämtliche Fälle von 
Knochentuberkulose beanstandet. Ich ver- 
merke nur die Endergebnisse dieser Zu- 
sammenstellung. Zu ihrer Erläuterung 
diene folgendes: 

Die Zusammenstellung erfolgte teils 
nach den Tagebüchern, teils nach den 
hier über jedes beanstandete Tier 
geführten sogenannten Beanstandungs- 
scheinen. Diese Beanstandungsscheine 
enthalten auf der einen Seite Gewichts- 
und sonstige Angaben für den Verkauf 
auf der Freibank, auf der anderen Seite 
1 haben sie nachstehenden Aufdruck: 



Signalement: 



BeanstandungBgrund Tuberkulose 






2 3, 4 



Ä I 



W 



» 



8 9 10 11 12 13 141 15i 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 



S I % 






WO 



» 



^ 



^ 



=2 



pp 



V 

I 



•*3 



starke Ausdehnung 1 frische Infektion 1 ausged. Erw. Herde 1 hochgr. Abmagerung 



anderer Beanstandungsgrund 



Bemerkungen 



Verfügung. 

Die Beaustandungsscheine werden, 
soweit es möglich ist, direkt nach der 
Untersuchung ausgefüllt; nach Zerlegen 
des beanstandeten Tieres und nochmaliger 



*) Vergl. meinen Artikel über lymphoide 
Infiltrate der Muskulatur im 16. Jahrgang, Heft 12, 
dieser Zeitschrift. 



tierärztlicher Untersuchung werden die 
Angaben vervollständigt. 

Von den 10 000 geschlachteten 
Schweinen waren 580 Stück = 5,8 Proz. 
tuberkulös. Von den tuberkulösen 
wurden 87 Stück == 15 Proz. beanstandet, 
und bei diesen 87 Stück wurden sämtliche 
Knochen aufgesägt und näher untersucht. 



— 9 — 



A. AutbnHiHio der TniMriuilose bei SchwelnM. 



1 


2 


3 


4 


5 


6 1 7 1 8 


Es waren 
tuberkulös 

Stück 


die Milz 
bei Stück 


Es warei 

Wirbel- 
säule 

bei Stück 


1 erkrankt 

andere 
Knochen 

bei Stück 


Knochen- 
gewebe 
überhaupt 

bei Stück 


Knochentuberkulose (Spalte 5) 
war ausgedehnt auf 

Wirbelsäule 

und andere °^'' ^*® °"r andere 

Knochen '*' ® " Knochen 
gleichzeitig ^*"^® 


580 


266 
= 46 0/, 


44 


26 


48 
= 8,2 % 


22 mal 


22 mal 4 mal 


= 5,8 % 




48 





Von anderen Knochen (Spalte 4) waren erkrankt: Brustbein 2 mal, Gliedmaßenknochen 21 mal 
Rippen 6 mal, Becken 4 mal, Kopfknochen 2 mal, Gelenke 4 mal. 



Von 4700 in der gleichen Zeit ge- 
schlachteten Rindern waren 1703 Stück = 
36 Proz. tuberkulös. Von den tuber- 



kulösen wurden 90 Stück = 5,2 Proz. be- 
anstandet, und auch bei diesen 90 Stück sind 



die Knochen wie oben behandelt worden. 
B. Autbreltuno der Tuberkultse bei Rindern. 



1 


2 


3 ~ 


4 


5 


6 


7 1 8 






Es waren erkrankt 




Knochentuberkulose (Spalte 5) 












war 


ausgedehnt auf 


Es waren 
















tuberkulös 


die Milz 


Wirbel- 


andere 


Knochen- 
gewebe 


Wirbelsäule 
und andere 


nur die 


nur andere 






säule 


Knochen 


überhaupt 


Knochen 


Wirbel- 
säule 


Knochen 


Stück 


bei Stück 


bei Stück 


bei Stück 


bei Stück 


gleichzeitig 




1703 


nicht 


8 


11 


18 


Imal 


7 mal ; 10 mal 


= 36 o/o 


notiert 






= 1 % 




18 





Von anderen Knochen (Spalte 4) waren erkrankt: Brustbein 3 mal, Gliedmaßenknochen 4 mal, 
Rippen 2 mal, Becken 1 mal, Gelenke 3 mal. 



Wie aus Spalte 2 der Tabelle A her- 
vorgeht, wurde hier bei fast der Hälfte 
aller tuberkulösen Schweine Milztuber- 
kulose ermittelt. Diese findet sich be- 
kanntlich bei Schweinen außerordentlich 
häufig neben ganz geringfügiger Lungen- 
und Lebertuberkulose; bei erheblicher 
Tuberkulose wird sie im Gegensatz zu 
der Tuberkulose beim Rinde nie vermißt. 
Trotzdem wird der Prozentsatz der Milz- 
tuberkulose meistens geringer angegeben. 
Ein mir vorliegender Bericht eines größeren 
Schlachthofes gibt nur 25 Proz. Milztuber- 
kulose an, ein anderer noch weniger. Da 
nun mindestens in jedem Fall von Milz- 
tuberkulose die Fleischlymphdrfisen an- 



geschnitten werden und die Wirbelsäule 
genau untersucht wird, ist es klar, daß 
die Resultate andere sein werden, wenn 
diese Untersuchung bei 50 Proz. vor- 
genommen wird oder nur bei 25 oder 
gar 10 Proz. Auch die Zahl der Fälle 
von Knochentuberkulose, 8,2 Proz. 
sämtlicher Tuberkulosefälle, dürfte höher 
sein als sie sonst angegeben wird. Der 
Bericht des Leipziger Schlachthofes für 
1905, der einzige von den zahlreichen 
mir zur Verfügung stehenden, der über- 
haupt hierüber Angaben macht, gibt die 
Zahl der Fälle von Knochentuberkulose 
mit 4 Proz. an. 

Die große Zahl der Fälle von Milz- 



— 10 — 



und Knochentuberkulose, die hier ermittelt 
worden sind, ist wohl darauf zurückzu- 
führen, daß in der Berichtszeit sehr viele 
der hier geschlachteten Schweine aus der 
näheren ländlichen Umgebung Dürens 
stammten, in der viel Molkereiwirtschaft 
betrieben wird. Es kamen deshalb ver- 
hältnismäßig viel Fälle von vorgeschritte- 
ner Tuberkulose vor. Es konnte beob- 
achtet werden, daß in Zeiten, in denen 
der hiesige Schlachthof vorzugsweise vom 
Kölner Markte mit Schweinen versorgt 
wurde, diese Fälle wie die Tuberkulose 
überhaupt viel seltener waren. Köln hat 
nach dem Bericht von 1906 nur 1,4 Proz. 
Tuberkulose. Meine Angaben und be- 
sonders der angezogene Vergleich mit 
anderen Schlachthöfen erlauben deshalb 
natürlich nicht einen Schluß auf die Art 
der Untersuchung. Über die Erkrankung 
anderer Knochen neben der Wirbeltuber- 
kulose macht leider auch der Leipziger 
Bericht keine Mitteilungen. Es dürften 
deshalb meine Angaben hierüber als Er- 
gänzung der Marschnerschen von Inter- 
esse sein. Wie ein Vergleich der Spalten 4 
und 6 zeigt, fand ich mehr als einhalb so 
oft wie Wirbeltuberkulose auch Tuber- 
kulose anderer Knochen, nämlich 26 mal. 
Es ergibt sich femer die bemerkenswerte 
Tatsache, daß in allen 26 Fällen, in 
denen andere Knochen erkrankt wai-en, 
nur viermal Tuberkulose der Wirbelsäule 
fehlte, mit anderen Worten, daß die 
Wirbelsäule bei Schweinen fast 
regelmäßig miterkrankt war, wenn 
Gliedmaßen- oder sonstige Knochen 
tuberkulös waren. 

Nach Feststellung von Knochentuber- 
kulose wurde auch regelmäßig die 
Beschaffenheit der zugehörigen 
Fleischlymphdrüsen genau geprüft. 
Hierbei stellte es sich heraus, daß 
in außerordentlich vielen Fällen 
von Tuberkulose der Gliedmaßen- 
knochen beim Schweine die zu- 
gehörigen eigentlichen Fleisch- 
lymphdrüsen, die Bug-, Kniefalten-, 



Kniekehl-, Sprunggelenkdrüsen 

völlig intakt waren.*) Derartige 
Fälle habe ich so zahlreich gemeinschaft- 
lich mit den hier beschäftigt gewesenen 
Kollegen festgestellt, daß sie nicht als 
Ausnahmefälle betrachtet werden dürfen. 
In einzelnen Fällen der vorgedachten 
Art waren allerdings Lenden-, Darm- 
bein- oder Beckendrfisen erkrankt, in 
anderen waren auch diese unverändert. 
Soviel mir bekannt ist, führt übrigens 
die Tuberkulose der letztgenannten Lymph- 
drüsen niemals zur Beanstandung; ihre 
Erkrankung kommt deshalb für die Er- 
mittlung von Knochentuberkulose nicht 
in Betracht. 

Vergleicht man meine Ermittlungen 
bezüglich der Schweinetuberkulose mit 
denen Marschners, so ergibt sich eine 
sehr große Übereinstimmung der Resul- 
tate. Zunächst konstatiert auch M. mehr- 
fach, daß die zugehörigen Fleischlymph- 
drüsen bei Knochentuberkulose intakt 
waren. Ferner findet sich unter allen 
von M. aufgeführten Fällen von Knochen- 
tuberkulose beim Schweine nicht ein 
einziger Fall, bei dem die Tuberkulose 
der Wirbelsäule fehlte. Aus Marsch- 
ners und besonders aus meinen zahl- 
reichen Feststellungen, die natürlich von 
anderen Seiten noch geprüft und ver- 
vollständigt werden müssen, glaube ich 
schließen zu dürfen, daß der in den 
Lehrbüchern enthaltene Satz: „Die Tuber- 
kulose der Gliedmaßenknochen kenn- 
zeichnet sich stets durch Erkrankung der 
zugehörigen Fleischlymphdrüsen", wenig- 
stens bezüglich der Schweinetuberkulose, 
keine volle Gültigkeit hat. Mit größerem 
Bechte kann man folgern, daß bei 
Wirbeltuberkulose beim Schweine 
Verdacht vorliegt, daß auch andere 



*) Diese Fälle bedürfen der genauen bakterio- 
logischen Bearbeitung, um festzustellen, ob es 
sich überhaupt um Tuberkulose oder um tuber- 
kuloseähnliche Veränderungen handelt, und wenn 
es sich tatsächlich um Tuberkulose handelt, 
welcher Typus vorliegt. D. H. 



— 11 — 



Knochen erkrankt sind. Nach meinen 
Beobachtungen findet sich eine Erkrankung 
der letzteren sogar in der Regel, wenn 
starke Wirbeltuberkulose vorliegt. 

Für die Bichtigkeit meiner Annahme 
sprechen auch noch weitere Beobachtungen, 
die ich nach dem Abschluß der Statistik, 
der ungefähr mit dem Inkrafttreten der 
Abänderungen der Ausfuhrungsbestimmun- 
gen A, C und D vom 16. Juni 1906 zu- 
sammenfällt, gemacht habe. Seitdem auf 
Grund dieser Abänderungsbestimmungen 
bei Wirbeltuberkulose die Beanstandung 
ganzer Tiere in vielen Fällen nicht mehr 
erfolgt und infolgedessen hier nicht mehr 
in allen Fällen von Wirbeltuberkulose die 
Eöhrenknochen aufgesägt werden, ist die 
Tuberkulose der letzteren viel seltener er- 
mittelt worden. Insbesondere wurde unter 
sämtlichen seit dieser Zeit wegen Tuber- 
kulose einzelner Fleischlymphdrüsen bean- 
standeten Vierteln — von 48 Schweinen 
— kein einziges Mal Knochentuberkulose, 
nur einmal Gelenktuberkulose gefunden. 
Wenn es zuträfe, daß die Tuberkulose 
der Röhrenknochen sich kennzeichnete 
durch Miterkrankung der zugehörigen 
Fleischlymphdrüsen, so hätte die erstere 
bei ihrer relativen Häufigkeit nach der 
Wahrscheinlichkeitsrechnung in vielen 
Fällen gefunden werden müssen. Auch 
hiemach scheint mir das Hauptkriterium 
für den Verdacht auf Röhrenknochen- 
tuberkulöse die Wirbeltuberkulose zu sein. 

Beim Rinde liegen, wie Tabelle B 
zeigt, die Verhältnisse einmal schon in- 
sofern anders, als hier die Knochentuber- 
kulose viel seltener ist. Ich fand sie nur 
bei ca. 1 Proz. aller tuberkulösen Rinder. 
Dann ließen sich auch keinerlei Be- 
ziehungen zwischen Wirbel- und 
anderer Knochentuberkulose nach- 
weisen. Nur in einem von 18 Fällen 
kamen beide Erkrankungen zugleich vor. 
Beim Rinde wurde femer Knochentuber- 
kulose fast ausschließlich bei vorge- 
schrittener Tuberkulose beobachtet. Auch 
hier wurde indessen bisweilen, wenn auch 



viel seltener, die Miterkrankung der zu- 
gehörigen Lymphdrüsen vermißt. 

Über die Art der Erkrankung noch 
kurz folgendes: 

Beim Rinde sowohl wie beim 
Schweine wiesen die erkrankten 
Knochen in der Regel äußerlich 
keine Veränderungen auf. Besonders 
in den Röhrenknochen der Schweine wurden 
neben größeren Herden ganz kleine, linsen- 
bis stecknadelkopfgroße Herde gefunden, 
die natürlich keine Umfangsveränderung 
des Knochens hervorrufen konnten. Ich 
erwähne dies, weil an einigen Stellen die 
Knochen nur aufgesägt werden, wenn sie 
Auftreibungen aufweisen, oder nur quer 
und nicht längs durchschnitten werden. 
Die tuberkulösen Herde befanden sich 
nicht immer in der Mitte des Knochens, 
bisweilen zeigte sich auf dem Durch- 
schnitt des Knochenmarkes nur eine 
Rötung, in deren Tiefe ein tuberkulöser 
Herd saß. In vielen Fällen von Wirbel- 
tuberkulose waren ferner nicht die Wirbel- 
körper, sondern nur die Domfortsätze 
erkrankt. Diese Fälle können dem ünter- 
sucher besonders leicht entgehen, weil 
dieDorafortsätze ganz ungleichartig durch- 
gehackt werden. 

Meine Feststellungen bestätigen somit 
die Behauptung Marschners, daß bei 
Beschränkung auf die gesetzlich vor- 
geschriebene üntersuchungs weise 
nicht sämtliche Fälle von Knochen- 
tuberkulose gefunden wer den können. 
Dasselbe betonte auch schon Pitt-Königs- 
berg in einem Artikel in Heft 9 des 
XrV. Jahrgangs dieser Zeitschrift. 

Nun sagt zwar Ostertag in einer 
Anmerkung S. 237 des schon erwähnten 
Jahrganges seiner Zeitschrift mit Recht: 
Seltene Ausnahmefälle können nicht als 
Grundlage für ein allgemein durchzu- 
führendes Untersuchungsverfahren gelten. 
Die vorstehenden Ausführungen beweisen 
jedoch, daß insbesondere die Fälle von 
Röhrenknochentuberkulose beim Schweine 
nicht als seltene Ausnahmefälle betrachtet 



25 — 



Schlachtungen von der Fleischbeschau Platz 
greifen soll. Es hat sich jedoch in der Praxis 
gezeigt, daß diese Ausnahmen nicht ausreichen, 
um den im Abs. 3 verfolgten Schutz der Gesund- 
heit einer größeren gemeinsam beköstigten 
Personenzahl gegen die Gefahren des Genusses 
von nicht untersuchtem Fleische zu gewährleisten. 
Dies gilt insbesondere von Haushaltungen, in 
denen eine größere Zahl von Pensionären be- 
köstigt wird, ohne daß doch diese Haushaltungen 
als Erziehungsanstalten oder Speiseanstalten an- 
gesprochen werden können. Femer findet nach 
§ 2 des Fleischbcschaugesetzes der Unter- 
suchungszwang nicht ohne weiteres auf Schlacht- 
tiere Anwendung, die zum Zwecke der Be- 
köstigung von einquartierten Mannschaften des 
Soldatenstaudes oder einer größeren Zahl von 
Gästen anläßlich von Festlichkeiten wie Bauern- 
hochzeiten UBW. geschlachtet werden. 

In allen diesen Fällen erscheint es geboten, 
die Befreiung der Hausschlachtungen von dem 
Beschauzwang im Wege der Polizeiverordnung 
einzuschränken, insoweit dies nicht etwa schon 
in einzelnen Bezirken geschehen ist 

Ein Muster einer die hiemach erforderliche 
Ausdehnung der Fleischbeschau regelnden 
Polizeiverordnung wird in der Anlage 4 bei- 
gefügt. In erster Linie wird der Erlaß solcher 
Polizeiverordnungen seitens der Oberpräsidenten, 
die mit entsprechender Weisung versehen sind, 
für die Provinzen zu betreiben sein. Nötigen- 
falls sind sie für die Begierangsbezirke, und 
wenn auch hier wider Erwarten unüberwindliche 
Widerstände eintreten sollten, für kleinere Ver- 
waltungsbezirke mit den alsdann erforderlichen 
Änderungen der Einleitung zu erlassen. 

Mit der Ausfüllung dieser Lücken der 
Fleisehbeschaugesetzgebung und der dazu er- 
lassenen Ausführungsvorschriften muß aber die 
weitere Ausgestaltmig der allgemeinen polizei- 
lichen Kontrolle des Fleiscbverkebrs Hand in 
Hand gehen, wenn geordnete Zustände ge- 
schaffen werden sollen. Über die von fast allen 
Berichterstattern befürwortete gesetzliche Er- 
wcitemng der polizeilichen Kontrollbefugnisse 
durch Einbeziehen der Fleischverarbeitungs- und 
Aufbewahrungsstätten in den Bereich dieser Be- 
fugnisse schweben Erwägungen, die indes zu 
einem bestimmten Abschlüsse noch nicht gelangt 
sind. Auch in den durch das Nahrun gsmittel- 
gesetz gezogenen Schranken wird sich jedoch 
eine Besserang erzielen lassen. 

Von einer allgemeinen regelmäßigen Kontrolle 
der Verbringung von volltauglichem Fleische nach 
anderen Gemeinden, insbesondere von der Unter- 
werfung des nach anderen Gemeinden verbrachten 
Fleisches unter einen bei der Einfuhr Platz 



greifenden Zwang zur regelmäßigen Nachunter- 
suchung an einem bestimmten Orte ist allerdings 
abzusehen, soweit nicht zugunsten von Schlacht- 
hausgemeinden für das nur von nichttierärztlichen 
Beschauem erstmalig untersuchte frische Fleisch 
Ausnahmen zugelassen sind. 

Was insbesondere die Einfuhr amtlich von 
Tierärzten untersuchten frischen Fleisches nach 
Schlachthausgemeinden anlangt, so machen wir 
wiederholt darauf aufmerksam, daß für solches 
Fleisch eine regelmäßige Nachuntersuchung 
weder durch Gemeindebeschlüsse nach Maßgabe 
des Schlachthausgesetzes noch auch — nach der 
Rechtjsprechung des Kammergerichts — durch 
Polizeiverordnungen vorgeschrieben werden 
kann. Wir ersuchen demzufolge, einem etwaigen 
im Widersprach hiermit stehenden Vorgehen der 
Schlachthausgemeinden entgegenzutreten. 

Dahingegen ist im Anschluß an die Organi- 
sation der allgemeinen Nahrangsmittelkontrolle 
auf Gmnd des an die Oberpräsidenten ge- 
richteten Runderlasses vom 20. September 1905 
- M. 745 IL M. d. g. A , IL a. 6591 M. d. L, 
IL b. 8001 M. f. H. usw., I. A. 5884 M. f. L. — 
(Min.-Bl. für Medizinalangelegenheiten, S. 240) 
überall da, wo es an entsprechenden Anordnungen 
bisher mangelt und nicht im Hinblick auf die 
Geringfügigkeit des Fleisch Verkehrs ein Bedürfnis 
zu verneinen ist, dafür Sorge zu tragen, daß 
eine regelmiifiige polizeiliche Beaufsichtigung 
der Fleischverkaufstellen, und zwar nicht nur 
der Fleischmärkte, sondern auch der Fleischer- 
läden und der sonstigen Räumlichkeiten, wo 
Fleisch feilgehalten wird, nach. Maßgabe der 
bestehenden gesetzlichen Vorschriften stattfindet 

In welchem Umfang und in welcher Art die 
Kontrolle einzurichten ist, kann nur nach den 
örtlichen Verhältnissen beurteilt werden. Sie 
wird von den Pulizeiexekutivbehörden unter 
Heranziehung der beamteten Tierärzte und 
nötigenfalls auch der tierärztlichen Beschauer 
auszuüben sein. Auf die nichttierärztlichen 
Beschauer als Hilfsorgane wird nur im Notfalle 
zurückzugreifen sein. Besondere Sorgfalt wird 
diesem Zweige der Nahrnngsmittelpolizei in den 
größeren Orten zuzuwenden sein, in denen es 
an einer gehörigen Organisation noch mangelt. 
Dabei können bestehende Anordnungen, wie sie 
beispielsweise für Stettin, Magdeburg, Hannover 
und Elberfeld erlassen sind, zum Muster ge- 
nommen werden. In Stettin werden die Fleisch- 
märkte durch den beamteten Tierarzt mindestens 
viermal monatlich, die Fleisch-, Wurst-, Wild-^ 
Geflügolhandlungen vierteljährlich etwa einmal 
revidiert. Gleiche Revisionen haben die Polizei- 
reviere mindestens einmal monatlich vorzunehmen. 
Außerdem ist ein Gewerbekommissariat, be- 



— 26 — 



stehend ans einem Polizeikommissar nnd einigen 
Schntzmännern eingerichtet, die in Zivilkleidnng 
Geheimkontrollen auszuführen haben. Besonders 
werden die £infuhrstellen und Einfnhrstraßen 
zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten kon- 
trolliert. Stempelabdrücke sämtlicher in Betracht 
kommenden Beschauer sind für die Eontroll- 
beamten in einem Aktenhefte gesammelt. Mehr- 
fach haben auch die städtischen Verwaltungen 
in Orten mit Königlicher Polizeiverwaltung zur 
Unterstützung der Polizeiorgane geeignete Per- 
sonen bestimmt, die namentlich zur Aufdeckung 
von Zuwiderhandlungen gegen die auf Grund 
des Schlachthausgesetzes gefaßten Gemeinde- 
beschlüsse, betreffend das eingeführte frische 
Fleisch, beitragen sollen. 

Die Kontrolle wird sich femer zweckmäßig 
in Orten, in denen sich Schlachtvieh an anderen 
Stellen als an den mit Schlachthöfen verbundenen 
und veterinärpolizeilich überwachten Viehhöfen 
zusammenfindet, auch auf das lebende Vieh zu 
erstrecken haben und es wird darauf zu achten 
sein, wohin etwa Schlachtvieh verbracht wird, 
das dem äußeren Anscheine nach den Verdacht 
erweckt, daß es zu Beanstandungen bei der 
Fleischbeschau Anlaß geben könnte. In solchen 
Fällen wird die Polizeibehörde des Ver- 
bringungsortes in gehöriger Weise zu ver- 
ständigen sein und die Kontrolle weiter fort- 
zusetzen haben. (Vgl. auch § 27 der Aus- 
führungsbestimmungen vom 20. März 1903 in der 
neuen Fassung nach dem bereits erwähnten Er- 
lasse vom heutigen Tage.) 

Euer Durphlaucht/ Hochgeboren/ Hoch wohl- 
geboren wollen hiernach die erforderlichen An- 
ordnungen treffen und die Behörden mit Weisung 
versehen. 

Künftig haben die beamteten Tierärzte und 
die Departementstierärzte sich im H. Teile ihrer 
Jahres veterinärberichte besonders über die Be- 
obachtungen bei der Kontrolle des Fleisch- 
verkehrs, über etwaige dabei obwaltende Mängel, 
über die zur Abhilfe zu empfehlenden Mittel 
und über die Bewährung der auf Grund dieses 
Erlasses ergriffenen Maßnahmen zu äußern. 

2. An den Herrn Polizeipräsidenten hier. 

Abschrift erhalten Euer Hochwohlgeboren 
auf den Bericht vom 19. Dezember 1905 — Gen. 
Nr. 280/346 H. a. N. 05 — zur Kenntnisnahme 
und, soweit die angeordneten Maßnahmen für 
den Landespolizeibezirk Berlin in Betracht 
kommen, zur Nachachtnng. 

Über die Forderung der Anstellung eines 
neuen Kroistierarztes, dem in Berlin die Be- 
aufsichtigung des Verkehrs mit Schlachtvieh 
außerhalb des Schlacht- und Viehhofs sowie der 
gesamten Fleischbeschau auch in sämtlichen 



Vororten Berlins als ausschließliche Amts- 
tätigkeit mit besonderen Vollmachten zu über- 
tragen ist, wird demnächst Entscheidung ge- 
troffen werden. 

Wegen der anderweitigen Einteilung des 
Dienstes der Polizeitierärzte sehen wir zunächst 
Ihren näheren Vorschlägen entgegen. 

3. An sämtliche Herren Oberpräsidenten mit 
Ausnahme derjenigen in Potsdam und Cassel. 
Abschrift übersenden wir Euerer Exzellenz 
zur gefälligen Kenntnisnahme mit dem Ersuchen, 
Ihr Augenmerk auf eine gleichmäßige Durch- 
fuhrung der gegebenen Anregungen zu richten 
und insbesondere den Erlaß einer Polizei- 
verordnung über den Beschauzwang bei Haus- 
schlachtungen nach Maßgabe der Anlage 4 für 
die dortige Provinz zu betreiben. Wir ersuchen, 
den Entwurf noch einer näheren Prüfung darauf- 
hin zu unterziehen, ob der Erlaß der Polizei- 
verordnung in der Fassung des Musters für den 
dortigen Geschäftsbezirk wesentlichen Bedenken 
unterliegt. Gegebenenfalls ist hierüber zu be- 
richten. 

4. An den Herrn Oberpräsidenten zu Potsdam. 
Abschrift übersenden wir Euerer Exzellenz 

zur gefälligen Kenntnisnahme mit dem Ersuchen, 
Ihr Augenmerk auf eine gleichmäßige Durch- 
führung der gegebenen Anregungen zu richten 
und insbesondere den Erlaß einer Polizeiver- 
ordnung über den Beschauzwang bei Haus- 
schi ach tun gen nach Maßgabe der Anlage 4 für 
die Provinz Brandenburg zu betreiben. Wir er- 
suchen, den Entwurf noch einer näheren Prüfung 
daraufhin zu unterziehen, ob der Erlaß der Polizei- 
vorordnung in der Fassung des Musters für den 
dortigen Geschäftsbezirk wesentlichen Bedenken 
unterliegt. Gegebenenfalls ist hierüber zu be- 
richten. 

5. An den Herrn Oberpräsidenten zu Kassel. 
Abschrift übersenden wir zur gefälligen 

Kenntnisnahme mit dem Ersuchen, Ihr Augen- 
merk auf eine möglichst gleichmäßige Durch- 
führung der gegebenen Anregungen zu richten, 
soweit diese für die dortige Provinz noch in 
Betracht kommen. 

Der Minister fiir Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten. 

von Arnim. 

Der Minister des Innern. 

von Moltke. 

Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und 

Medizinal-Angelegenheiten. 

Dr. Holle. 

— Allgemeine Verfügung des Ministeriums fQr 
Landwirtschaft, Domänen und Forsten, Nr. 45/1907, 
betrefTend die Ausfuhrung des Fleischbeochaugeoetze«, 

vom 17. August 1907. 



— 27 — 



1. An sämtliche Herren Regierungspräsidenten 
nnd den Herrn Polizeipräsidenten hier. 

Anbei erhalten Sie die von uns verfügten 
Ergänzungen nnd Abänderungen der Ausfflhrungs- 
bestimmungen, betreffend die Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau einschliefilich der Trichinenschau 
bei Schlachtungen im Inlande, vom 20. März 1903, 
nebst dem Muster einer Freibankordnung nnd 
erläuternden Bemerkungen dazu in einer ent- 
sprechenden Zahl von Abdrucken zur Kenntnis- 
nahme und weiteren Veranlassung. Die Zahl ist 
so bemessen, daß sie ausreichen wird, um die 
Landräte, die Gemeindevorstände in den Stadt- 
kreisen und Schlachthausgemeinden, sowie die 
beamteten Tierärzte mit je einem der drei Ab- 
drucke zu versehen. 

Sofern eine weitere Überweisung von Ab- 
drucken als erwünscht erachtet wird, ist der 
Bedarf mit kurzer Begründung unverzüglich 
bei mir, dem Minister fQr Landwirtschaft, Do- 
mänen und Forsten, anzumelden. 

Im einzelnen bemerken wir zu den Anlagen 
folgendes: 

Zur Änderung des § 27 Abs. 1 der Aus- 
f Uhrungsbestimmungen. 

Eine polizeiliche Kontrolle des Verbleibs 
von Schlachttieren, die bei der Untersuchung 
vor der Schlachtung vorläufig beanstandet worden 
sind, hat sich auch für den Fall als erforderlich 
herausgestellt, daß der Besitzer auf die Ver- 
wendung des Schlachttieres als Nahrungsmittel 
für Menschen verzichtet und daß demzufolge 
nach § 12 die weitere Beschau unterbleibt 

§ 27 Abs. 1 soll eine dementsprechende Er- 
gänzung erfahren. 

Zur Ergänzung des § 33 Abs. 2 der Aus- 
führungsbestimmungen. 

Die Haltbarkeit und der Genußwert der 
Trichinenschauproben erleiden durch die bei der 
Untersuchung vorkommenden Hantierungen eine 
derartige Beeinträchtigung, daß die volle Genuß- 
tauglichkeit nicht angenommen werden kann. 
Die Proben sind daher, wie in der neuen Be- 
stimmung zum Ausdruck gekommen ist, grund- 
sätzlich, soweit keine anderweite Beanstandung 
erforderlich wird, als minderwertig wegen mäßiger 
Abweichung in bezug auf ihre Zusammensetzung 
und Haltbarkeit anzusehen und in den Freibank- 
bezirken auf die Freibank zu verweisen. 
Zur Abänderung des §35 der Ausführungs- 
bestimmungen. 

Das Freibankwesen war bisher nicht er- 
schöpfend geordnet, vielmehr waren in § 35 Abs. 1 
nähere Ausführungsbestimmungen über die Ein- 
richtung von Freibänken und deren Betrieb vor- 
behalten. Der Betrieb ist nach § 10 A. G. durch 
einen Gemeindebeschluß zu regeln, für den seit 



alters her die Bezeichnung „Fr eiban kor d nun g'' 
eingeführt ist Ein Muster für Freibankordnungen 
mit erläuternden Bemerkungen ist nunmehr unter 
Berücksichtigung der auf den Erlaß vom 22. Juli 
1904 - L 11037 F. M., M. 7791 M. d. g. A., 
L G. a. 5936 M. f. L., IL a. 6020 M. d. L, H. b. 
6658 M. f. H. — erstatteten Berichte aufgestellt 
worden. 

Wir ersuchen, soweit erforderlich, die Ab- 
änderung der bestehenden Freibankordnungen 
nach Maßgabe des Musters in die Wege zu leiten 
und femer dahin zu wirken, daß es auch bei 
Einrichtung neuer Freibänke zur Richtschnur 
genommen wird. Freibänke sind, soweit sie 
nicht schon früher bestanden, auf Grund des 
§ 8 Abs. 1 A. G. nunmehr in allen Gemeinden 
mit Schlachthauszwang eingerichtet worden. Im 
übrigen sind zwar viele, aber noch nicht alle 
größeren Orte damit versehen. In kleineren 
Orten und namentlich auf dem platten Lande 
fehlt es in der Regel noch an solchen Ein- 
richtungen. Nach den vorliegenden Berichten 
ist vielfach die Verallgemeinerung der Freibänke 
in Erwartung des angekündigten Musters einer 
Freibankordnung aufgeschoben worden. Wir 
ersuchen nunmehr, überall da, wo auf den regel- 
mäßigen Anfall einer genügenden Menge bean- 
standeten Fleisches und auf seine angemessene 
Verwertung zu rechnen ist, die Einrichtung von 
Freibänken nach Möglichkeit zu betreiben und 
sie nötigenfalls von Landespolizei wegen anzu- 
ordnen. Wo eine Freibank entbehrt werden 
kann, wird doch häufig eine freibankähnliche 
Einrichtung am Platze sein, d. h. die Bereit- 
stellung eines Verkaufsraumes, in dem bedingt 
taugliches Fleich nach der dort vorzunehmenden 
Brauchbarmachung und minder^-ertiges Fleisch 
unter den in § 11 des Fleischbeschaugesetzes 
und § 7 des Ausfübrungsgesetzes (vgl. auch 
§§ 83, 34 der ministeriellen Ausführungsbestim- 
mungen vom 20. März 1903) vorgeschriebenen 
Bedingungen verkauft werden kann. Der wesent- 
liche Unterschied einer solchen freibankähnlicben 
Einrichtung und einer Freibank im Sinne des 
Gesetzes besteht darin, daß die erstere nicht die 
im § 9 A. G. vorgesehene Folge des Verkaufs- 
zwanges für bedingt taugliches und minder- 
wertiges Fleisch in der Verkaufsstelle nach sich 
zieht, also auch nicht einen Gemeindebeschluß 
oder eine landespolizeiliche Anordnung als Ein- 
richtungsakt voraussetzt. Die Benutzung durch 
die Besitzer beanstandeten Fleisches ist daher 
nur freiwillig. Immerhin wird es Sache der 
Ortspolizeibehörde sein, in deren Gewalt das 
bedingt taugliche und das minderwertige Fleisch 
auch in anderen als Freibankgemeinden durch 
die in § 10 des Fleischbeschaugesetzes, § 41 der 



— 28 — 



Ansführungsbestimmniigen A des Bundesrats 
vom 30. Mai 1902 und § 33 der ministeriellen 
Ausführungsbestimmungen vom 20. März 1903 
vorgesehene Beschlagnahme gelangt, auf die 
Benutzung der freibankähnlichen Einrichtung, 
insbesondere der damit verbundenen Anlagen 
zur Brauchbarmachung bedingt tauglichen 
Fleisches hinzuwirken. 

Es liegt auf der Hand, daß hierdurch die 
Kontrolle der Beachtung der Vorschriften für 
die Behandlung und den Vertrieb des bedingt 
tauglichen und des minderwertigen Fleisches 
wesentlich erleichtert und die Beachtung am 
besten gesichert wird. Die Bereitstellung solcher 
Einrichtungen wird wie bei den Freibänken 
Aufgabe der Gemeinden, gegebenenfalls mehrerer 
zu einem Zweck verbände zusammenzuschließen- 
den Gemeinden sein. Es ist selbstverständlich, 
daß für die Benutzung Gebühren zur Deckung 
der Kosten einschließlich Verzinsung und 
Tilgung des Anlagekapitals werden erhoben 
werden können. 

Sogenannte fliegende Freibänke, von 
denen man spricht, wenn die freibankähnlichen 
Verkaufsstätten nicht an einen bestimmten Ort 
gebunden sind, sondern nach Bedarf dort aufge- 
schlagen werden, wo eine Absatzmöglichkeit be- 
steht, eignen sich namentlich für dünn bevölkerte 
Landstriche und können sich in den einfachsten 
Formen bewegen. 

Die Vorzüge der festen Regelung durch eine 
Freibankordnung und der Beweglichkeit der 
fliegenden Freibänke können dadurch vereinigt 
werden, daß aus mehreren Gemeinden ein Frei- 
bankbezirk gebildet wird, in dem die Verkaufs- 
stelle nicht ein für allemal feststeht, sondern 
ihren Ort wechseln kann. 

Zu einer solchen Einrichtung bedarf es des 
tibereinstimmenden Beschlusses der beteiligten 
Gemeinden oder einer Anordnung der Landes- 
polizeibehörde. 

Die geschilderten verschiedenen Formen 
geben die Möglichkeit, die Verwertung des be- 
anstandeten Fleisches entsprechend den jedes- 
maligen Bedürfnissen zu regeln Es ist dahin 
zu streben, daß sich möglichst das ganze Staats- 
gebiet mit einem Netze von Freibänken und 
ähnlichen Einrichtungen überzieht. Es steht zu 
hoffen, daß dann allmählich auch die Bevölkerung 
der kleinen Städte und des platten Landes die 
zur Zeit dort vielfach bestehende Abneigung 
gegen den Genuß des Freibankfleisches verlieren 
und daß dadurch die dringend wünschenswerte 
bessere Verwertung solchen Fleisches befördert 
werden wird. Eine gute Verwertungsmöglichkeit 
für das beanstandete f^leisch ist ein wirksames 
Mittel zur Sicherung der allgemeinen Durchführung 



der Fleischbeschau und sie wird in Verbindung 
mit der Verschärfung der Kontrolle des Fleisch- 
verkehrs am meisten zur Beseitigung der un- 
lauteren Machenschaften mit nicht vollwertigem 
Fleische beitragen. 

Zur Erläuterung des anliegenden Musters 
einer Freibankordnung wird auf die beigegebenen 
Bemerkungen verwiesen und noch folgendes 
hinzugefügt: 

Im Eingange der Bemerkungen ist den Frei- 
bankgemeinden eine durch die Notwendigkeit der 
Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse bedingte 
Bewegungsfreiheit in der Annahme der einzelnen 
Bestimmungen des Musters eingeräumt. Diese 
Freiheit findet jedoch ihre Begrenzung in den 
Vorschriften, die sich als zwingende, wie z. B. 
diejenigen über die Unzuhlssigkeit des grund- 
sätzlichen Ausschlusses des anderwärts be- 
anstandeten Freibankfleisches, darstellen. Die 
letztgedachten Vorschriften sind deshalb auch 
in den Text des § 35 der Ausführungsbe- 
stimmungen selbst aufgenommen. Aber auch 
sonst ist es wünschenswert, daß sich die Frei- 
bankordnungen möglichst dem Muster anpassen. 

Für die freibankähnlichen Einrichtungen und 
die sogenannten fliegenden Freibänke werden 
das Muster und die Bemerkungen nur insofern 
von Wert sein, als sie den Polizeibehörden einen 
gewissen Anhalt für die von ihnen zu treffenden 
Anordnungen geben. Über die Befugnisse und 
Pflichten der Polizei in bezug auf die Freibänke 
ist absichtlich in dem Muster nichts gesagt, weil 
eine derartige Regelung nicht in Gemeindebe- 
schlüsse hineingehört. Es ist aber selbstver- 
ständlich, daß der Polizeibehörde die genaue 
Überwachung der Vorschriften über die Be- 
nutzung der Freibank und des dort stattfindenden 
Verfahrens, namentlich aber die Sicherstellung 
dessen, daß das auf die Freibank gehörige Fleisch 
dorthin auch wirklich gelangt, obliegt Die be- 
teiligten Behörden und Beamten werden hierauf 
besonders hinzuweisen sein. Insbesondere haben 
die Ortspolizeibehörden, um die Einrichtung von 
Vorrichtungen zur Brauchbarmachung des bedingt 
tauglichen Fleisches an den Freibänken zu fördern 
(vgl. die Bemerkungen Nr. 4 zu § 2), die Be- 
nutzung dieser Vorrichtungen, wo solche in aus- 
reichender Weise bestehen, auf Grund des § 10 
des Fleischbeschaugesetzes und des § 41 Abs. 2 
der Ausführungsbestimmungen A des Bundesrats 
vom 30. Mai 1902 anzuordnen. 
Zur Einfügung des §35a der Ausftihrungs- 
bestimmungen. 

Unlautere Machenschaften im Fleischverkehre 
werden nach den vorliegenden Berichten be- 
sonders bei der Verbringung des als bedingt 
tauglich oder minderwertig beanstan- 



— 29 — 



deten Fleisches aus dem Schlachtorte für 
möglich gehalten. Eine allgemeine und regel- 
mäßige Kontrolle der Verbringung solchen 
Fleisches ist daher erforderlich. Die Polizeibe- 
hörden sind zu dem Zwecke in der neuen Vor- 
schrift mit Anweisung versehen worden und 
hierauf besonders aufmerksam zu machen. Sollten 
außer den vorgeschriebenen Benachrichtigungen 
noch andere Eontrollmaßregeln wie z. B. die 
Mitgabe eines Transportscheins, unter Umständen 
sogar eine polizeiliche Begleitung des Transportes 
entweder allgemein oder fflr besondere Fälle ange- 
zeigt erscheinen, so ermächtigen wir Sie dahin- 
gehende Anordnungen zu erlassen. Soweit die 
Verbringung beanstandeten Fleisches nach Frei- 
bankgemeinden in Betracht kommt, werden die 
EontroUvorschriften des § 35 a eine wichtige 
Ergänzung der Bestimmungen in § 85 Nr. 2 und 
in dem Muster einer Freibankordnung (§ 2 Abs. 2) 
über den Verbrauch auswärts beanstandeten 
Fleisches auf der Freibank bilden. 

2. Abschrift nebst je drei Abdrucken der 
Anlagen übersenden wir zur gefälligen Eenntnis- 
nahme. 

Zusatz für den Oberpräsidenten für Berlin: 
und zur weiteren Veranlassung wegen der Frei- 
bankordnung für Berlin. 

An sämtliche Herrn Oberpräsidenten. 

3. Abschrift beehren wir uns zur gefälligen 
Eenntnisnahme zu übersenden. 

An den Hern Reichskanzler (Reichsamt des 
Innern). 

Der Minister für Landwirtschaft, 

Domänen und Forsten. 

von Arnim. 

Der Minister der geistlichen, Unterrichts- 

nnd Medizinal- Angelegenheiten. 

Dr. Holle. 

Der Minister des Innern. 

von Moltke. 

Der Finanzminister. 

Im Auftrage: Fo erster. 

Der Minister für Handel und Gewerbe. 

In Vertretung: Richter. 



zu I G. e. 4236 II. Ang. 

Berlin, den 17. August 1907. 
Abänderung der AusfUhrunasbeetlmmungen, betrefTend 
die Schlachtvieh- und Fleischbeschau, einschlieBlich 
der Trichinenschau, bei Schlachtungen im Inlande. 
Auf Grund des § 23 des Reichsgesetzes, 
betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
vom 3. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 547) und 
des § 19 des Gesetzes, betrefTend Ausführung 
des Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetzes, 
vom 28. Juni 1902 (Gesetzsamml. S. 229) werden 
die Ausführungsbestimmungen, betrefifend die 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau einschließlich 



der Trichinenschau, bei Schlachtungen im In- 
lande, vom 20. März 1903 (Min.-Bl. f. d. g. i. V. 
S. 56) wie folgt ergänzt und abgeändert: 

1. § 27 Abs. 1 ist durch folgende Vor- 
schriften zu ersetzen: 

Von der Versagung der Schlachterlaubnis 
(§ 9 B B A) hat der Beschauer die Ortspolizei- 
behörde unverzüglich zu benachrichtigen. Die 
gleiche Benachrichtigung ist erforderlich bei 
einem vorläufigen Verbote der Schlachtung im 
Falle des § 11 Abs. 2 B. B. A und bei Ge- 
nehmigung der Schlachtung im Falle des § 11 
Abs. 3 B. B. A. Die Ortspolizeibehörde hat in 
den letztgenannten beiden Fällen von Amts wegen 
darauf zu achten, daß die Zuziehung des tier- 
ärztlichen Beschauers erfolgt. Verzichtet der 
Besitzer in den Fällen des § 11 Abs. 2 B. B. A 
auf die Verwendung des Schlachttiers als 
Nahrungsmittel für Menschen (§ 12 B. B. A); so 
hat die Ortspolizeibehörde den Verbleib des 
Schlachttiers im Auge zu behalten und im Falle 
der Tötung darüber zu wachen, daß keine verbots- 
widrige Verwendung des Fleisches stattfindet. 
Bei Verbringung des Tieres nach einem anderen 
Orte ist die Ortspolizeibehörde des Bestimmungs- 
ortes zum Zwecke der weiteren Überwachung zu 
benachrichtigen. 

2. Im § 33 ist dem Abs. 2 folgende Vor- 
schrift hinzuzufügen: 

Die zum Zwecke der mikroskopischen Unter- 
suchung auf Trichinen entnommenen Fleisch- 
proben sind, soweit sie nicht bei der Unter- 
suchung völlig verbraucht oder genußuntauglich 
geworden sind, stets als minderwei-tig zu be- 
anstanden, weil anzunehmen ist, daß bei ihnen 
infolge der Behandlung bei der Entnahme und 
der Untersuchung eine mäßige Abweichung in 
bezug auf die Zusammensetzung und Haltbarkeit 
eintritt. 

3. Im § 35 Abs. 1, 2 durch folgende Vor- 
schriften ersetzt: 

Für die zur Einrichtung und zur Regelung 
des Betriebs von Freibänken (§§ 8—12 A. G.) 
durch Gemeindebeschluß zu erlassenden Freibank- 
ordnungen sind das anliegende Muster und die 
ihm beigegebenen Bemerkungen*) zum Anhalt 
zu nehmen. 

In den Freibankordnungen darf die Zulassung 
von außerhalb des Freibankbezirkes amtlich 
untersuchtem Fleische zur Freibank nicht grund- 
sätzlich ausgeschlossen werden. Jedoch kann 
bestimmt werden, daß der Gemeinde vorstand die 
Zulassung solchen Fleisches im Einzelfalle ver- 
sagen darf, wenn es im Interesse der Aufrecht- 
erhaltung des ordnungsmäßigen Betriebs der 



*) Der Abdruck der Bemerkungen folgt nach. 

D. H. 



30 



Freibank geboten ist. Gegen die Versagung 
findet die Beschwerde bei der Gemeindeaufsichts- 
behörde statt. 

4. Hinter § 35 sind als neuer § 35 a folgende 
Vorschriften einzustellen : 
§ 35 a. 
Wer bedingt taugliches oder minderwertiges 
Fleisch aus dem Orte, wo es beanstandet ist, 
ausführen will, bedarf dazu der Genehmigung 
der Ortspolizeibehörde. Die Genehmigung darf 
nur für die Ausfuhr nach einer bestimmten 
Gemeinde erteilt werden. Sie darf nicht versagt 
werden, wenn das Fleisch nach einem Freibank- 
bezirk ausgeführt werden soll und die Zulassung 
des Fleisches zur Freibank durch Erklärung des 
Gemeindevorstandes oder durch Entscheidung 
der Aufsichtsbehörde (§ 33 Abs. 2) sichergestellt 
ist. Im übrigen ist die Genehmigung zu erteilen, 
sofern gegen die Möglichkeit eines Absatzes des 
Fleisches am Bestimmungsort unter zuverlässiger 
Beaufsichtigung keine Bedenken bestehen. Von 
der Erteilung der Genehmigung ist die Ortspolizei- 
behörde des Bestimmungsorts und, falls die Aus- 
fuhr nach einem Freibankbezirk erfolgen soll, 
auch die Freibankvcrwaltung zu benachrichtigen. 
Der Minister für Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten. 

von Arnim. 
Der Minister des Innern, 
von Moltke. 
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- 
und Medizinal-Angelegenhciten. 
Dr. Holle. 
Der Finanzminister. 
Im Auftrage: 
Foerster. 
Der Minister für Handel und Gewerbe. 
In Vertretung: 
Richter. 

Zu I. G.e. 4236 II. Ang. 

Anlage zu § 35 Abs. 1 der Aus- 
führungsbestimmungen, betr. die 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
ausschließlich der Trichinenschau 
bei Schlachtungen im Inlande. 

Muster einer Freibankordnung.'*') 

Auf Grund der §§ 8 bis 11 des Gesetzes, 
betreffend Ausführung des Schlachtvieh- und 
Flcischbeschaugesetzes vom 28. Juni 1902 (Ge- 
sctzsamml. S. 229) wird unter Zustimmung der 

für den Bezirk der Gemeinde 

folgendes beschlossen (1.): 

*) Die eingeklammerten Stellen des Textes 
sind als zulässig, nicht aber als überall wesent- 
lich anzusehen. 



§ 1. 

In N. N. (1.) wird für den Bezirk der Ge- 
meinde 

eine Freibank mit der Wirkung eingerichtet, dafi 
innerhalb dieses Bezirkes (des Freibankbezirkes) 
Fleisch der im § 2 Abs. 1 und 2 gedachten Art 
nur auf der Freibank feilgehalten oder verkauft 
werden darf (2.V 

§2. 

Der Freibank wird alles zum Feilhalten oder 
zum Verkaufe bestimmte Fleisch (I und 2) über- 
wiesen, das innerhalb des Freibankbezirks der 
vorgeschriebenen amtlichen Untersuchung unter- 
legen h<nt und hierbei als bedingt tauglich 
(§§ 10, 11 des Reichsgesetzes, betreffend die 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau, vom 3. Juni 
1900 — Reichs-Gesetzbl. S. 547 — ) oder zwar 
als tauglich zum Genüsse für Menschen, aber in 
seinem Nahrungs- und Genußwert erheblich 
herabgesetzt — minderwertig — (§24 a.a.O., 
§ 40 der vom Bundesrat erlassenen AusfÜhrungs- 
bestimmungen A vom 30. Mai 1902, § 7 des Ans- 
f flhrungsgesetzes vom 28. Juni 1902, § 33 der Aus- 
führungsbestimmungen vom 20. März 1903 und 
vom 17. August 1907) erklärt worden ist(3 und 4.). 

Dasselbe gilt für Fleisch gleicher Art, das 
außerhalb des Freibankbezirkes amtlich unter- 
sucht worden ist und in diesen Bezirk zum 
Zwecke des Feilhaltens oder Verkaufs eingeführt 
wird (5.). [Die Zulassung solchen Fleisches zur 
Freibank kann jedoch von dem Gemeinde- 
vorstande, wenn es im Interesse der Aufrecht- 
erhaltung des ordnungsmäßigen Betriebs der 
Freibank geboten ist, versagt w^erden. Gegen 
die Versagung findet Beschwerde bei der Ge- 
meindeaufsichtsbehörde statt.] 

Nicht beanstandetes Fleisch ist vom Verkauf 
auf der Freibank ausgeschlossen (6.). 
§3. 

Die Freibank befindet sich 

Ihre Verlegung bedarf der Zustimmung der Auf- 
sichtsbehörde (1.). 

Zweigstellen dürfen nur mit Genehmigung 
der Aufsichtsbehörde eingerichtet, verlegt oder 
wieder eingezogen werden. 

Die Freibank und etwaige Zweigstellen werden 
über dem Eingange deutlich lesbar als solche 
bezeichnet. Der Ort, in dem sie sich befinden, 
ihre Eröffnung, Verlegung und Einziehung sind 
ortsüblich bekannt zu machen. 
§4. 

Die Freibank wird von der Gemeinde (1.) . 
eingerichtet und betrieben. 

Die Gemeinde übernimmt namentlich die 
Verwertung des auf der Freibank zum Verkaufe 
gelangenden Fleisches und zahlt den Erlös nach 



— 31 



Abzog der Gebühren (§ 1 1) und etwaiger sonstiger 

Unkosten an die Eigenttlmer des Fleisches aus (2.). 

§•5. 

[Das zum Verkaufe gestellte Fleisch wird in 
zwei Güte- und Preisklassen (1.) geschieden und 
in solchen getrennt zum Verkauf ausgeboten. 

Der zweiten Klasse wird alles Fleisch über- 
wiesen, das (2.) 

Alles sonstige Fleisch gehört in die erste Klasse.] 
Im Verkaufsraum ist durch Anschlag deut- 
lich erkennbar zu machen, ob das der Freibank 
übeiwiesene Fleisch roh, oder vemeinendenfalls, 
in welchem zubereiteten Zustand es zum Verkaufe 
gelangt, aus welchem Grunde die Beanstandung 
erfolgt ist, [welcher Preisklasse es angehört] und 
zu welchem Preise es angeboten wird (3.). 

§6. 

Die Freibank steht unter der Verwaltung 

des (1.) , 

dem auch nach Anhörung des Eigentümers die 
[Einreihung des Fleisches in die Preisklassen 
(§ 5) sowie die] Festsetzung des Preises, zu dem 
das Fleisch ausgeboten werden soll (2.), obliegt. 

Gegen seine Entscheidung steht dem Eigen- 
tümer die Beschwerde an 

zu (3.). 

§7. 
Die Freibank ist geöffnet (1.) 

Die Verkaufszeiten sind bekannt zu machen (2.). 

Nach jedesmaligem Gebrauche sind der Ver- 
kaufsraum und die benutzten Gerate gehörig zu 
reinigen (3.). 

§8. 

Unverkauft gebliebenes Fleisch ist, bevor es 
wiederum zum Verkaufe gestellt wird, von neuem 
auf seine Genußtauglichkeit und Beschaffenheit 
zu prüfen (1.). Gegebenenfalls ist [die Preis- 
klasse sowie] der Ausbietungspreis anderweitig 
unter Beachtung der Vorschrift im § 6 fest- 
zusetzen. Genußuntauglich befundenes Fleisch 
ist unschädlich zu beseitigen (2.). 

§ 9 (1.). 

Das auf der Freibank feilgehaltene Fleisch 
darf nur in Stücken von höchstens .... kg 
Gewicht und an demselben Tage für den- 
selben Haushalt nur bis zur Höchstmenge von 
.... kg (2.) abgegeben werden. 

Der Erwerber darf das Fleisch nur im 
eigenen Haushalte verwenden. 

Gast-, Schank- und Speisewirte dürfen Frei- 
bankfleisch selbst oder durch Beauftragte nur 
mit besonderer Genehmigung der Ortspolizei- 
behörde und unter den im § 11 Abs 2 des Ge- 
setzes, betreffend die Schlachtvieh- und Fleisch- 
beschau, vom 3. Juni 1900 angegebenen Be- 



dingungen erwerben. An Fleischhändler (3.) 
darf Freibankfleisch überhaupt nicht abgegeben 
werden. 

§ 10. 
Die Übertragung des Betriebs der Freibank 
an einen Unternehmer ist nur mit Genehmigung 
der Aufsichtsbehörde zulässig (1.). 

§11. 
Von dem durch den Verkauf des Fleisches 
erzielten Erlöse werden an Gebühren (1.) in 
Abzug gebracht: 

a) für die Benutzung der Freibank .... 

b) für die Benutzung der Nebenein- 
richtungen (2.) 

c) für die Hinschaffung des Fleisches nach 
der Freibank, sofern sie nicht durch 
den Eigentümer selbst erfolgt (3.) . . . 

§ 12. 
Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen 
dieser Freibankordnung werden nach § 27 Nr. 4 
des Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 mit Geldstrafe 
bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft 
bestraft. 

N. N., den 190 . 

Der Magistrat (Gemeinde vorstand). 
(G onehmigungs vermerk.) 



Statistische Berichte. 

— Deutsehes^ Reich. Ergebnis der Fleisch- 
beschau bei mit Tuberl(ulfii geprOftem Vieh aus den 
Seequarantäneanstalten. Nach den Veröffent- 
lichungen des Kaiserl. Gesundheitsamts (1907, 
Nr. 34) wurden bei der Schlachtung tuberkulös 
befunden: von den Hindern aus der Quarantäne- 
anstalt Apcnrado 20,2 Proz., Bahrenfeld 
19,9 Proz., Flensburg 28,7 Proz., Kiel 36,8 Proz., 
Rostock 32,0 Proz., Lübeck 19,4 Proz., insgesamt 
23,8 Proz. 



Aus den September-Kongressen. 

Der Monat September ist der historische Monat 
des Zusammentritts der Naturforscherversamm- 
lungcn und der hygienischen Kongresse. Der 
September ist ein Kongreßmonat. Diesen Namen 
verdiente der September insbesondere heuer. 
Diesmal häuften sich die hygienischen Versamm- 
lungen, weil mehrere periodisch stattfindende auf 
das Jahr 1907 fielen, so daß es nicht möglich war, 
allen beizuwohnen. Außer der Naturforscher- 
versammlung in Dresden tagten die „Gouttes de 
lait" in Brüssel, der III. Internationale Milch- 
wirtschaftliche Kongreß in Haag-Scheveningen, 
der Internationale Tuberkulosekongreß in Wien, 



— 32 — 



der Verein für öffentliche Gesundheitspflege in 
Bremen, der Verband selbständiger, öffent- 
licher Chemiker Deutschlands in Goslar, der 
Deutsche Verein fllr Volksgesundheitspflege in 
Berlin unmittelbar vor dem ebendaselbst statt- 
findenden XrV. Internationalen Kongreß für 
Hygiene und Demographie, der der Clou des 
Kongreßmonats und sein sehr würdiger Abschluß 
gewesen ist. Bei der Fülle der Beratungsgegen- 
stände und Kongreßveranstaltungen kann für 
heute nur eine gedrängte Übersicht über den 
Verlauf der Kongresse gegeben werden. 

„Qouttes de lalfS Milchtropfen nennen sich 
die Anstalten in Frankreich, die sich die Her- 
stellung einwandfreier Milch als Mittel 
zur Bekämpfung der Säuglingssterb- 
lichkeit zur Aufgabe gemacht haben. Zur 
Förderung des Zieles der „Gouttes de lait" hat vor 
zwei Jahren in Paris ein Kongreß stattgefunden, 
der in Deutschland nicht sonderlich beachtet 
worden ist Die Idee hat aber in Deutschland 
unabhängig von den „Gouttes de lait" schon 
seit einer Reihe von Jahren praktische Ver- 
wirklichung gefunden durch die Gesellschaften 
zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit, 
durch die Säuglingsmilchküchen in Verbindung 
mit den öffentlichen Schlachthöfen und soll nun- 
mehr eine wissenschaftliche Zentrale erhalten durch 
das Auguste Viktoria-Haus, das sich zurzeit in 
Charlottenburg im Bau befindet, und zu dessen 
Leitung der Kinderarzt Privatdozent Dr. Keller 
in Aussicht genommen ist. In Brüssel wurden 
die Erfahrungen über die Wirksamkeit der 
„Milchtropfen^ ausgetauscht, die sehr günstig 
lauteten. Der nächste Kongreß der „Gouttes de 
lait^ soll in zwei Jahren in Berlin stattfinden. 
Der III. Internationale Mllohwlrtschaftliche Kongrefi 
in Haag-Scheveningen wurde unter regster Be- 
teiligung aus aller Herren Länder am 16. September 
in Gegenwart des Prinzen Heinrich der Nieder- 
lande, der gegenwärtigen und früherer Minister im 
Kurhaus zu Scheveningen feierlich eröffnet. Bei 
Gelegenheit der Eröffnung sprachen Arloing- 
Lyon, über das Tuberkulin und Ostertag- 
Berlin über die Tuberkulosebekämpfung. 
Die Gesamtleitung des Kongresses lag in den 
Händen des Professors Wijßmann und des 
Dr. S vaving, die Leitung der Veterinärsektion in 
der Hand von Dr. de Jong-Leyden. Der Kongreß- 
leitung muß das uneingeschränkte Lob erteilt 
werden, daß alles ausgezeichnet vorbereitet war 
für erfolgreiche Verhandlungen, für interessante 
Besichtigungen und gastfreundliche Aufnahme. 
Hierzu kamen noch die Annehmlichkeiten des 
Aufenthalts in Scheveningen, die den Kongreß 
wohl zu einem der schönsten kleineren inter- 
nationalen Kongresse gemacht haben. Kollege 



de Jong, der der Sektion für Veterinärhygiene 
vorstand, hat die Verhandlungen mit Sachlichkeit 
und überaus anerkennenswertem Geschick geleitet 
Die Sektion U und IIa (allgemeine und Veterinär- 
gesundheitspflege) beschloß u. a. zu erklären: 
i. Daß die ttcr ärztliche ^ chemische und baJUerio- 
logische Kontrolle der Milch allgemein aus- 
geübt werden soü; 

2, die Kuhställe nach den Vorschriften der 
Hygiene gebaut werden; 

3, daß die iierärxtliche Kontrolle der Stallungen 
und milchgebenden Tiere überall eingeführt 
werden soll, wo dies nach den bestehenden 
Gesetzen möglich ist^ und daß sie so ofl wie 
möglich, wenigstens aber edle drei Monate, 
ausgeübt werde; 

4, daß die xum Genüsse und namentlich zur 
Kinderemährufig bestimmte Milch aus dem 
Gesamtgemelke gesunder und gut genährter 
Kühe entstammen, eine normale Zusammen- 
setzung haben und gtU gekühlt sein soll; 

5, daß die Äusmerzung der mit Eutertuber- 
kulose und den übrigen Formen der klinisch 
erkennbaren Tuberkulose behafteten Tiere die 
wichtigste Maßnahme zur Verhütung der 
Tuberkuloseübertragung durch Milch ist'^ 

6, daß die Bang sehe Methode der Tuberkulose- 
tilgung dort, wo sie durchführbar ist, zu 
empfehlen ist, daß aber im Übrigen die 
Tuberkulosebekämpfung der Rinder nach 
Oster tag durch Äusmerzung der klinisch- 
tuberkulösen Tiere und tuberkulosefreie Auf- 
zucht der Kälber überall durchführbar ist, 
und daß es dringend notwendig ist, diese 
Art der Tuberkulosebekämpfung unverzüglich 
mit Hilfe staatlicher Maßnahmen durch- 
zuführen. 

Über die Gesamtheit der Beschlüsse und 
den Verlauf der Verhandlungen soll im nächsten 
Heft ausführlicher berichtet werden. Den hol- 
ländischen Kollegen sei aber an dieser Stelle 
nochmals dafür gedankt, daß sie den fremden 
und insbesondere den deutschen Besuchern 
des III. Internationalen Milchwirtschaftlichen 
Kongresses den Aufenthalt in Holland so an- 
genehm gemacht haben. Für den nächsten 
Internationalen Milchwirtschaftlichen Kongreß 
hatte Staatssekretär a. D. v. Miklös die Ein- 
ladung nach Budapest überbracht, die auch 
angenommen wurde. 

Der VI. Internationale TuberkulooekongreB ist 
nach Zeitungsberichten am 19. September in 
Anwesenheit mehrerer Minister, der Vertreter 
der auswärtigen Regierungen, der Spitzen der 
Zivil- und Militärsanitätsbehörden der Stadt 
Wien im Festsaale der Universität eröffnet worden. 
Die leitenden Vorträge hielten Weichsel- 



— 33 



baum-Wien über die Infektionswege der 
Tuberkulose, Flügge - Breslau über die 
Ätiologie der Tuberkulose und Fränkel- 
Berlin über die Tuberkulose der oberen 
Luftwege. Bekanntlich galten die Wiener 
Verhandlungen des Internationalen Tuberkulose- 
kongresses der Erörterung der Frage, die 
von V. Behring inauguriert und von Cal- 
mette besonders verfochten wurde, daß die 
Tuberkuloseinfektion des Menschen in der Regel 
intestinalen Ursprungs sei. Weichselbaum be- 
zeichnete die Behauptung, die bisher in der Regel 
aufgestellt wurde, daß die Inhalationstuber- 
kulose die Fütterungstuberkulose an Häufigkeit 
weitaus überwiege, als durchaus nicht sicher fun- 
diert. Beim Menschen gelangen häufig, namentlich 
im Kindesalter, große Mengen von Tuberkelbazillen 
in den Verdauungskanal und erzeugen hier keine 
oder doch keine namhafte Tuberkulose, während 
sie sekundär, wie von andern Eintrittspforten aus, 
die Bronchialdrüsen und die Lungen infizieren 
können. Flügge führte aus, die intestinale In- 
fektion könne durch Milch, Butter oder sputum- 
beschmutzte Dinge erfolgen, und zwar um so 
häufiger, je verseuchter der Milchstall, je ver- 
nachlässigter das Kind sei und je sorgloser der 
Schwindsüchtige mit seinem Sputum umgehe. 
Bei einiger Vorsicht pflege aber die auf diese 
Weise in den Darm gelangte Tuberkelbazillen- 
menge nicht auszureichen, um eine Infektion 
zu bewirken. Dagegen seien die von Phthisikern 
ausgehusteten Tröpfchen eine sehr verbreitete 
Infektionsquelle. Zweifellos käme der weitaus 
größte Teil aller Tuberkuloseübertragungen auf 
den Menschen durch Inhalation in Tröpfchenform 
verstreuter Tuberkelbazillen zustande, da bei In- 
halation schon kleinste Bazillenmengen eine In- 
fektion vermitteln. Fränkel resümierte, man 
müsse alle Möglichkeiten der Tuberkuloseüber- 
tragung ins Auge fassen. £s dürfe die Ober- 
tragung durch die Produkte der Rindertuberkulose 
nicht außer acht gelassen werden. Die Betrachtung 
der Tuberkulose der oberen Luftwege gebe aber 
an keiner Stelle begründete Veranlassung, von dem 
. Satz abzuweichen, daß die Hauptquelle der In- 
fektion des Menschen mit Tuberkulose der an 
offener Tuberkulose leidende Mensch sei. Schließ- 
lich wurde eine vermittelnde Resolution an- 
genommen. Regierungsrat Weber berichtete 
über die von ihm ausgeführten Tuberkulose- 
untersuchungen, namentlich auch über die von 
ihm vorgenommenen Tuberkuloseimmunisierungs- 
versuche nach V. Behrings Methode, die ebenso 
wie diejenigen von Rossignol und ValI6e, 
Hutyra und Eber nicht ermutigend ausgefallen 
sind, und über die noch Näheres berichtet 
werden soll. 



Die Verhandlungen der Vereine für öffent- 
liche Gesundheitspflege und für Volksgesund- 
heitspflege boten diesmal nichts hier Inter- 
essierendes. Gelegentlich der Naturforscher- 
versammlung in Dresden berichtete Professor 
Hempel-Dresden über die Behandlung der 
Milch, wobei er hervorhob, daß die holstein- 
friesische Rasse nach Allen Gilbert die ver- 
daulichste Milch liefere, da in ihr die Fett- 
kügelchen sehr klein seien, und resümierte, daß 
es das Beste sei, Milch von gesunden Kühen 
möglichst rein zu gewinnen, möglichst in 
frischem Zustand zu verbrauchen und bis dahin 
durch Kälte zu konservieren. Professor A.Eber- 
Leipzig trug das Ergebnis seiner Immunisierungs- 
versuche nach von Behring vor, deren negativen 
Ausfall er schon veröffentlicht hatte, und Geheim- 
rat Uhlenhuth über seine Untersuchungen über 
Schweinepest, die gleich den Untersuchungen im 
hygienischen Institut der Berliner Tierärztlichen 
Hochschule die Filtrierbarkeit des Virus der 
Schweinepest ergeben haben. Auf der XII. Haupt- 
versammlung des Verbandes selbständiger öffent- 
licher Chemiker Deutschlands referierte Dr. 
V anbei -Darmstadt über die Milchkontrolle in 
Darmstadt und Dr. Kayser-Nürnberg über die 
freien Säuren der Nahrungsmittel. 

Der XIV. Internationale Kongreß fOr Hygiene and 
Demographie wurde am 23. September nach einer 
zwanglosen Begrüßung am Abend zuvor im 
Krollschen Opernhaus in Gegenwart des 
Kronprinzen des Deutschen Reiches und einer 
imponierenden Zahl heimischer und fremder 
Würdenträger, Ärzte, Tierärzte und anderer Inter- 
essenten der Gesundheitspflege und Demographie 
in feierlichster Weise durch den Vorsitzenden 
Prinzen Schoenaich-Carolath eröffnet. Der 
Vorsitzende selbst, der Staatssekretär Staats- 
minister von Bethmann-Hollweg, Staats- 
minister Holle, der Präsident des Kaiserlichen 
Gesundheitsamts Bumm, der Generalsekretär 
Dr. Nietner, Geheimrat Löffler, die Rektoren 
der Universität, der Technischen und Tier- 
ärztlichen Hochschule, der Oberbürgermeister 
Kirschner hielten Ansprachen, die der Be- 
deutung der Hygiene gerecht wurden. Rektor 
Schmaltz betonte die Beziehungen der Tier- 
heilkunde zur öffentlichen Gesundheitspflege; er 
gab der Hoffnung Ausdruck, daß, wie auf dem 
Gebiete der Fleischbeschau, so auch auf dem 
Gebiete der Milchkontrolle der Tierheilkunde 
ihr Recht werde. Die Zahl der Mitglieder war 
über Erwarten groß, am 21. September schon 
über 3800, während nur auf 2000 gerechnet 
worden war. Die Zahl der Delegierten betrug über 
200, und, was hier als besonders erfreulich fest- 
gestellt werden soll, die Zahl der tierärztlichen 



- 34 



Mitglieder an die 100. Berlin hat bei dieser Gelegen- 
heit wieder seine werbende Kraft gezeigt. 
Der XIV. Internationale Kongreß für Hygiene und 
Demographie war durch das unter dem Vorsitz 
des Präsidenten Bumm arbeitende Organ isations- 
komitee, durch das unter Geheimrat Eilsberger 
tätige Ortskomitee und durch den Generalsekretär 
Dr. Nietner glänzend vorbereitet, was sich nicht 
nur bei den Verhandlungen, sondern auch bei Be- 
sichtigungen und den festlichen Veranstaltungen, 
namentlich dem sehr schön gelungenen Festessen 
in einem Saal der Berliner Kunstausstellung, ge- 
zeigt hat Was bedauert wurde, war lediglich die 
Überfülle derVerhandlungsgegenstände, die neben- 
einander in den verschiedenen Sektionen zur 
Erörterung standen, so daß es dem einzelnen 
nicht möglich war, allen Verhandlungen, die ihn 
interessierten, anzuwohnen. Es ist dies das 
Schicksal aller größeren Kongresse. Trotzdem 
werden alle Teilnehmer einen großartigen Ein- 
druck von dem Verlauf des Kongresses nach 
Hause genommen h<iben. Als tierärztliche 
Referenten waren Arloing-Lyon über die 
Ätiologie der Tuberkulose, Martel-Paris 
und Ostertag-Berlin über die allgemeine 
Durchführung der Fleischbeschau vom 
Standpunkt der Krankheitsverhütiing, 
Porcher-Lyon über die Beschaffung ein- 
wandfreier Milch, aufgestellt. Das Referat 
über Fleischbeschau wurde ausschließlich von 
dem zweiten Referenten erstattet, da Martel 
am Erscheinen verhindert war; es wird in dieser 
Zeitschrift zum Abdruck gelangen. Auch 
Po r eher konnte dem Kongreß nicht an- 
wohnen. Außerdem wurde verhandelt über 
den Stand der Nährungsmittelgesetz- 
gebung und Überwachung in den ver- 
schiedenen Ländern, über die Bedürfnisse 
der Nahrungsmittelgesetzgebung, über 
den Stand der Verwendung von Konser- 
vierungsmitteln für Nahrungs- und 
Genußmittel, über die Bekämpfung der 
Tuberkulose, über Abwässerklärung, 
über Schweinepest, die Infekt ionsgefahren 
infolge der Immunisierung der Haustiere mit 
lebendenS euch e erreg ern, überTuberkulose- 
Infektionsversuche beim Schwein, über die 
Milchleukozytenprobe, die Giftigkeit 
der Austern, über Regulative, betreffend 
den Vertrieb von Vorzugs- oder Sa- 
nitätsmilch, über die Fleischbeschau- 
gesetzgebung als Grundlage der Tuber- 
kulosebekämpfung des Rindviehs, zu- 
gleich ein Mittel zur Bekämpfung 
der bovogenen Säuglingstuberkulose, 
über die NotweiMligkeit der Fleisch- 
beschau bei Wildbret. Zum Schlüsse sei 



noch bemerkt, daß mit dem XIV. Internatio- 
nalen Kongreß für Hygiene und Demographie eine 
sehr reich und schön beschickte Ausstellung ver- 
bunden war, auf der die Tierhygienc durch eine 
Ausstellung auf Fleisch- und Milchhygiene be- 
züglicher Gegenstände des Hygienischen In- 
stituts der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
vertreten war, und daß der XV. Internationale 
Kongreß für Hygiene und Demographie in 
Washington stattfinden wird. 



Bucherschau. 

— Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheits- 
amte. 26. Bd., 2. H. Berlin 1907. Verlag von 
Julius Springer. 

Neben mehreren auf chemischem und sero- 
diagnostischem Gebiet liegenden Abhandlungen 
enthält das vorliegende Heft einige auch für den 
Leserkreis der Zeitschr. f. Fleisch- und Milch- 
hygiene wichtige Arbeiten aus dem Gebiete der 
Desinfektionstechnik. Von den letzteren 
ist diejenige von Paul und Prall: „Die Wert- 
bestimmung von Desinfektionsmitteln mit Staphy- 
lokokken, die bei der Temperatur der flüssigen 
Luft aufbewahrt wurden^ S von besonderem In- 
teresse wegen der Schilderung einer neuen 
Methode, die an Stelle der bisher üblichen 
Verwendung von Bazillensporen die für die 
Prüfung schwächerer Desinfektionsmittel er- 
forderliche Benutzung von vegetativen Bakterien- 
formen ermöglicht. 1 n mehreren weiteren Artikeln 
werden die Wirkungen neuerer Desinfektions- 
mittel, mit hydrindensulfosaurem Natrium be- 
reiteter Kresollösungen, sowie des Festoforms und 
Formobors, zweier Formaldehydpräparate, be- 
sprochen. Grab er t 

— Raudnitz, W. Die Arbeiten aus dem Gebiete 
der Mllcbwissenschaft und Moikereipraxls 1906, H. 
Sem. Fortsetzung des „Sammelreferates über die 
Arbeiten aus der Milchchemie'' der ganzen Reihe 
8. Heft Separatabdruck aus der „Monatsschrift 
für Kinderheilkunde" Bd. V, H. 1 1. Geheftet 1 M. 

R. stellt in dem vorliegenden Bericht zunächst 
die einschlägige Literatur zusammen und be- 
richtet hierauf über die wichtigeren Arbeiten 
gruppenweise in bekannter übersichtlicher Dar- 
stellung. Besonders hingewiesen sei auf die 
zusammenfassenden Berichte über die physiolo- 
gischen Veränderungen, die Bestimmung 
der Frische und den Nachweis der Er- 
hitzung der Milch. 

— Schmaltz, Deutscher Veterinfirfcaiender für 
das Jahr 1907/8. Mit Beiträgen von Departements- 
ticrarzt Vct.-Rat Dr. Arndt, Bezirkstierarzt 



35 — 



Dr. Ellinger, Bezirkstierarzt üartenstein, 
Schlachthof direktor Koch, Professor Regen- 
bogen, Professor Dr. Schlegel, Departemcnts- 
ticrarzt Vet.-Bat. Dr. Steinbach, Marstall- 
Stabsveterinär Dr. Top per. Berlin 1907. Verlags- 
buchhandlung von Richard Schoetz. Preis 5 M. 
Der deutsche Veterinärkalender ist wieder in 
drei Teilen erschienen, einer Einteilung, die dem 
Hauptteil seine Handlichkeit gesichert hat. Neu 
bearbeitet wurde die Harnuntersuchung von 
Professor Regenbogen. Fem er sind die neuen 
Bestimmungen über die Schweineseuche in die 
veterinärpolizeichen Vorschriften des Teiles I 
aufgenommen und der Abschnitt über Gesetze 
und Bestimmungen im Teil H entsprechend 
ergänzt worden. 

— König, VaterinärkaJender fSr das Jahr 1908. 
Unter Mitwirkung von Geheimrat Dr. Dam mann, 
Rechnun gsrat D a m m a n n , Professor Dr . A. £ b e r , 
Medizinalrat Dr. £ d e 1 m an n, Veterinärrat F.H o 1 1 z- 
haucr, Geheimrat Dr. Johne. Berlin 1908. Ver- 
lag von August Hirschwald. Preis 3 M. 

Der von König herausgegebene Veterinär- 
kalender erscheint im alten bekannten Gewände, 
zeitgemäß durchgesehen und ergänzt und mit 
einer Neubearbeitung des Kapitels über das 
Militärveterinärwesen. 

Nene Einginge. 

— Rflhmekorf, Konrad, Über multiple dissemi- 
nierte Kaplllarektaslen der Leber des Rindes und 
ihre Beziehungen zu den echten Angiomen. I.-D. 
Leipzig 1907. 

— Becker, Paul, Untersuchungen Qber die Otitis 
externa des Hundes. I.D. Gießen 1907. 

— Reitz, Adolf, Mllchwirtschaftllche Studien Ober 
Frankreich, England, Belgien, Dänemark, Schweden, 
Holland. Nach amtlichen Quellen und auf Grund 
von Studienreisen bearbeitet Stuttgart 1907. 
Verlag von A. C. Reitz. Preis 5 M. 

— Kuhnert, Wilhelm, Farbige Tierbilder. Text 
von Oswald Graßmann. Lieferungen 4/5. Berlin 
1907. Verlag von Martin Oldcnbourg. Preis der 
Lieferung 2 M. 

>- Neue Preußische Jagdordnung vom 17. Juli 1907. 
Berlin 1907. Verlag von L. Schwarz & Cie. 
Preis 1 M. 

— Malm, 0., Veterlnaorvaesent og KJad- 
kontrolien 1905. Norges ofFicielle Statistik V. 36. 
Kristiania 1907. 

— Stiles, Ch. Wardell and Hassal Albort, Index- 
Catalogue of Medical and Vetorlnary Zoology. Part 
17 to 19 (Authors : M to Myrepsus). Washington 1907. 
ü. S. Departement of Agriculture. Bureau of 
animal Industry. Bulletin Nr. 39. 

— Hengst, Sonderabzug aus 1906 des Vor 
waKungsberlchts der Stadt Leipzig. XXXIX. 
Städtischer Schlacht- und Viehhof. 



— Maske, Verwaltungsbericbt für den städ- 
tischen Schlacht- und Viehhof zu Königsberg I. Pr. 
für das Betrlebsjabr 1906. 

— Messner, Bericht über den Schlachthof und 
das Marktwesen, sowie die Lebensmittelkontrolle In 
Karisbad I. B. Im Jahre 1906. 



Kleine Mitteilungen. 

— Echinokokken Im Rückenwirbel eines Rindes. 

In einem Rückenwirbel einer sieben Jahre alten 
Kuh fand ich bei der Fleischbeschau einen 
Echinococcus. Das Tier hatte während des 
Lebens totale motorische uud sensible 
Lähmung» der rechten Hintergliedmaßo 
gezeigt. Die Kuh konnte sich in der letzten 
Zeit vor der Schlachtung kaum eine Viertelstunde 
stehend erhalten. Hierbei stand der rechte 
Hinterfuß im Fessclgelenk ttbergekötet, die Last 
ruhte auf der linken Hintergliedmaße. Reaktion 
auf Nadelstiche fehlte im ganzen Bereich 
der rechten Hintergliedmaße. Die Wahrscheinlich- 
keitsdiagnosc wurde auf „Geschwulst im RUcken- 
markskanaP gestellt. Bei der Schlachtung 
ergab es sich, daß das sonst vollkommen ge- 
sunde Tier etwa ein Dutzend verkäste Echino- 
kokken in der Leber und einen verkästen 
Echinococcus in dem Körper eines Racken- 
wirbels hatte. Goldmann-Sögel, 
Kgl. Kreis tierarzt. 

— Seltener FInnonfund. Bezirkstierarzt 
Mcltzer in Donaueschingen ermittelte beim Zer- 
legen einer notgeschlachteten Kuh, deren Kau- 
muskeln und Zunge sich als iinnenfrei erwiesen 
hatten, in der beiderseitigen Kruppen- 
muskulatur mehrere Finnen, teils lebend, teils 
abgestorben. (Mitteilungen des Vereins Bad. 
Tierärzte 1907, Nr. 9.) 

— Abnahme der Finnen- und Trichinenfunde 
bei Sohlachtschweinen In Breslau. Nach dem 
letzten von Riock erstatteten Verwaltungs- 
bericbt über den städtischen Schlacht- und Vieh- 
hof in Breslau (1906/7) wurden unter 129 908 
Stack Schweinen 23 Stück als iinnig ermittelt; 
dies sind 33 Stück weniger als im Vorjahre und 
41 Stück weniger als im Vorvorjahre. Die Zahl 
der finnigen Schweine hat im Laufe der Berichts- 
jahre ständig abgenommen, was auf die ver- 
besserte Schweinehaltung in den Ostprovinzen 
zurückzuführen ist. 

Trichinös waren 5 Schweine und 3 Hunde; 
auch hier ist eine Abnahme von 26 Stück bei 
Schweinen zu konstatieren und auf die oben er- 
wähnte Ursache zurückzuführen. 

— Ermittlunoen Über den Gewichtsverlust durch 
21 Tage langes Hängenlassen Im Kühlhaus, die im 



— 36 — 



Schlachthof zu Breslau 1905/6 begonnen worden 
waren, sind 1906/7 fortgesetzt und zu Ende 
geführt worden. Die Zusammenstell nng der 
einzelnen Wägungen ergibt nach dem von Rieck 
verfaßten Verwaltungsbericht für 1906/7 für die 
verschiedenen Schlachttiergattungen folgende 
Resultate : 

Gewichtsverlust in Proz. am 

5. 10. 15. 21. ins- 

Tage Tage Tage Tage gesamt 

Ochsen .... 3,58 1,32 1,07 0,89 6,85 

Bullen .... 3,80 1,56 1,11 1,08 7,55 

Kalben .... 4,09 1,36 1,11 1,15 7,71 

Kühe 4,88 1,53 1 25 1,14 8,80 

Rinder durch- 
schnittlich 3,88 1,46 1,11 1*03 7,48 

— Zur Hlppopbagie bei den alten Germanen. 

Professor Dr. Haß 1er, der Konservator der 
Kunst- und Altertumsdenkmäler Württembergs, 
erwähnt im 12. Bericht der Verhandlungen des 
Vereins für Kunst und Altertum in Ulm und 
Oberschwaben Funde von Pferdcskeletten mit 
abgeschnittenem Kopf in Alemanncngräbem, die 
auf Ulmer Gebiet aufgedeckt wurden. Hierbei 
erinnert H daran, daß Agathias erzähle, die 
Alemannen opferten ihren Göttern Pferde 
und Ochsen und weihten das beste Stück, 
den Kopf, dem Gott, während sie das 
übrige Fleisch selbst verzehrten. 

— Fl80lie,eln Hauptnahninosnilttel der Japanitotien 
Armee. Die „Army and Navy Gazette" bringt 
die interessante Mitteilung, daß ein Haupt- 
nahrungsmittel der japanischen Armee eine 
eigene Art von Fischkonserven (Fischmehl ge- 
nannt) bilde. Zur Herstellung derselben werden 
die Fische ihrer Knorpel und Knochen ent- 
ledigt und das so gewonnene reine Fleisch 
gepreßt, dann gekocht und endlich geräuchert. 
Die Konserve, die vollkommen hart und trocken 
ist, unterliegt dem Verderben absolut nicht 
und wird auch von Insekten nicht angegriffen. 
Um dieses getrocknete Fischfleisch genußtauglich 
zu machen, wird es entweder mit einem ent- 
sprechenden Quantum Reis aufgekocht oder 
es dient, in kleinen dünnen Streifen in sieden- 
des Wasser geschnitten, zur Herstellung einer 
sehr nahrhaften Suppe. Daneben findet ein 
aus einer Meeresalge, Kelp, gewonnenes Mehl, 
in Japan Kombu genannt, nicht nur in der 
Armee Verwendung, sondern fehlt auch wie 
die geschilderte Fischkonserve in keinem ja- 
panischen Haushalt. 

— Japanische Ölsardlnen. Nach dem Bericht 
des Kais, deutschen Konsuls in Nagasaki 
(Deutsch. Kolonialbl. 1907, Nr. 1) hat die See- 
versuchsstation des dortigen Verwaltungsbezirks 
seit 1905 den Versuch gemacht, Sardinen, die 



an den Küsten von N. massenhaft vorkommen, 
mit türkischem und französischem Olivenöl in 
Blechbüchsen zu konservieren und auf den 
europäischen und amerikanischen Markt zu bringen. 
Bisher sind die Versuche indessen nicht erfolg- 
reich gewesen. Nach Ansicht der Sachkenner 
soll dies auch an der Art der japanischen Sar- 
dinen liegen. 

— Die Beulenkranidieit (HyxotpwidlMit) der 
Barben trat im Gebiet der Mosel und ihrer 
Nebenflüsse namentlich in der heißen Jahres- 
zeit auf. Da die kranken Barben die Verschlepper 
der Krankheit sind, hat der Regierungspräsident 
veranlaßt, daß zur Ablieferung benlenkranker 
Fische an verschiedenen Uferstellen der Mosel 
zwischen Sauermündung und Traben Trarbach mit 
Nummern versehene verschlossene Fischkasten 
aufgestellt werden. Die Fischereiberechtigten 
sollen gefangene beulenkranke Barben nicht in 
den Fluß zurücicwerfen, sondern in die Deckel- 
öffnung jener Kasten schieben, aus denen sie 
durch den Fischmeister wöchentlich mehrmals 
unschädlich beseitigt werden. Für jede auf 
diese Weise lebend abgelieferte beulenkranke 
Barbe werden 30 Pfennige, für jede tot ab- 
gelieferte 20 Pfennige aus der Staatskasse ver- 
gütet. 

— „Uktebazillin" ale Mittel gegen Darm- 
stSmngen empfiehlt J. Cantlie (Joum. of tropic. 
Med. and Hyg. 1907, Nr. 17) auf Grund der Studien 
Metschnikoffs über die darmdesinfizierenden 
Wirkungen der Milchsäurebazillen (s.diese Zeitschr. 
Jahrg. 17, S. 256). „Laktobazillin'' besteht aus 
Milcbsiturebazillen, die „mit größter Sorgfalt 
aus europäischen und östlichen Varietäten aus- 
gewählt" und absolut unschädlich sind. 

— Zur Sohmutzbeetinniung der Milcii. Der in 

Nr. 8, 1906 dies. Zeitschrift beschriebene Apparat 
von Bernstein hat in einer größeren Zahl von 
Untersuchungsämtem Anwendung gefunden. 
Hierbei machte sich der Wunsch geltend, mit 
Hilfe dieser einfachen Methode zu einer zahlen- 
mäßigen Bestimmung der Verschmutzung der 
Milch zu gelangen, wie man dies bei der 
quantitativen Methode wenigstens annimmt. In 
Wirklichkeit läßt allerdings die letztere Me- 
thode, abgesehen von ihrer Umständlichkeit, 
viel zu wünschen übrig. In der unverdünnten 
Milch senken sich allmählich größere Schmutz- 
teile zu Boden; kleinere aber werden durch 
anhaftende Luftbläschen schwebend erhalten, 
kommen daher im Bodensatz nicht zur Er- 
scheinung. Handelt es sich um aufgelösten 
Schmutz, den man durch Gelbfärbung der Watte 
erkennt, so läßt die bisherige quantitative Methode 
ganz im Stich. Um zu Zahlen zu gelangen, hat 
Dr. Bai er, Direktor des Nahrungsmittel-Unter- 



— 37 — 



sncfauDgBamtes der Landwirtschäftskammer der 
Provinz Brandenburg, eine große Anzahl von 
Milcbproben mit dem Bern stein sehen Schmutz- 
prüfer untersuchen lassen, und den Versuch 
einer Tabelle durch Zusammenstellung ver- 
schmutzter Platten gemacht. Diese wurde in 
verkleinertem Maßstabe photographiert und 
ist beistehend in Drucke gezeigt. Hierbei macht 
sich der Übelstand geltend, daß der Schwarz- 
druck, besonders in diesem kleinen Maßstabe, 
nur ein unvollkommenes Bild vom Aussehen der 
Schmutzplatten gibt; dies könnte nur durch 



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— Professor Dr. Storch in Wien, der sich 
namentlich durch seine „Chemischen Unter- 
suchungsmethoden auf dem Gebiete der VeterinJIr- 
chemie*' einen Namen geschaffen hat, ist ge- 
storben. Ehre seinem Andenken! 

— Berufung des Stadttierarztes Jacoboen 
nach den Vereinigten Staaten zur Untersuchung der 
dortigen GroBschiäohtereibetriebe. Dem Ver- 
nehmen nach ist Stadttierarzt Jacobson aus 
Christiania von Interessenten der Vereinigten 
Staaten ersucht worden, die dortigen Groß- 
schlächtereibctriebe zu besichtigen und die tat- 
sächlichen Verhältnisse gegeni\ber den 
Angaben Upton Sinclairs festzu- 
stellen. Auf den Ausfall der Studien- 
reise Jacobsens werden alle sehr 
gespannt sein, die die Einrichtung 
der Fleischereibetriebe in den Ver- 
einigten Staaten aus eigener An- 
schauung kennen gelernt haben. Daß 
die nordamerikanischen Großfleischer 
ein sehr großes Interesse an der 
Wiederherstellung eines guten Rufes 
haben, zeigen die Ausweise tlber die 
Ausfuhr von Büchsenfleisch, das den 
Hauptausfuhrartikel des nordameri- 
kanischen Fleischereibetriebs bildet. 
Nach dem amtlichen amerikanischen 
Bericht bezifferte sich in dem am 
30. Juni abgelaufenen Geschäftsjahr 
der Wert der Ausfuhr von Büchsen- 
fleisch jeder Art auf nur 2V3 Millionen 



Versuch einer Skala der in Müch enthaltenen Schmutxmengen 

einen Farbendruck in natürlicher Größe in voll- 
kommener Weise erreicht werden. 

Um zu diesem Farbendruck zu gelangen, 
ist es wünschenswert, eine möglichst große An- 
zahl von Schmutzplatten aus der Praxis zu er- 
halten. Untersuchungsämter, die den Bern- 
steinschen Schmutzapparat benutzen, werden 
freundlichst gebeten, verschmutzte Platten an 
die Nutricia Zentrale, Berlin W. 35, Potsdamer- 
straße 111, zu senden. Es ist zu erwarten, daß 
man in dieser Weise zu einer ebenso einfachen 
wie bequemen Methode gelangt, um für die 
Verschmutzung der Milch eine Zahl angeben 
zu können, die aus oben angeführten Gründen 
maßgebender ist als die sogenannte quantitative 
Methode. 



Tagesgeschichte. 

— Der VeterMrreferent Im Kgl. Wörtt. 
Modlzimükolleglum, Tltular-Oberregierungorat BelO- 
%dUiger, ist zum Wirklichen Oberregierungsrat 
ernannt worden. 



Dollars gegen 9V3 Millionen Dollars 
im Vorjahr. 

— Zur Abwehr des von der Kaiserlichen Werft 
zu Wilhelmshaven gegen die Fleischbeschau außer- 
halb Wilhelmshavens erhobenen Vorwurfs hat der 
Amtshauptmann von Jever folgende Bekannt- 
machung erlassen: 

GroßherzoglichcB Amt Jover. 

Vor einiger Zeit wurden in der „Allgemeinen 
Fleischer-Zeitung" Verfügungen der Kaiserlichen 
Werft in Wilhelmshaven veröffentlicht, nach 
denen die außerhalb Wilhelmshavens vorge- 
nommenen Untersuchungen von Fleisch sich 
vielfach als unzuverlässig erwiesen hätten, auch 
wenn sie von Tierärzten vorgenommen wären. 

Nach den diesseits angestellten Ermitt- 
lungen ist ein solcher Vorwurf gegen die Tier- 
ärzte und Flcischbeschauer de^ Amtsbezirks 
Jover nicht begründet. 

Drost. 

— Regelung der Anstellungsverhältnisse der 
Schlachthofdirektoren und Schlachthoftierärzte In 
Ohilgs, Remscheid und Pforzheim. Der Schlacht- 
hofdirektor Ackermann in Ohligs wurde nach 
Ablehnung einer Berufung an einen anderen 



— 38 — 



Schlachthof in Anerkennung seiner ersprießlichen 
Tätigkeit sofort fest angestellt und mit dem 
Gas- und Wasscrwerksdircktor in dieselbe 
Gehaltskiasse mit einem Höchstgehalt von 
5400 Mark einbezogen. Außerdem sollen ihm 
die Einnahmen aus- der Viehversicherung in 
Höhe von 400 Mark aus der Schlachthofkasse aus- 
bezahlt werden, und endlich ist dem Wunsche des 
Schlachthofdirektors Ackermann entsprechend, 
beschlossen worden, ihm zur Ermöglichung 
wissenschaftlicher Arbeit aus Sparkassen- 
tlberschüssen ein bakteriologisches Labo- 
ratorium einzurichten. — In Remscheid ist 
dem Schlachthofdirektor Spangenberg An- 
stellung auf Lebenszeit, ein Gehalt von 6000 M., 
steigend jährlich um 100 M. bis 7000 M., dazu freie 
Wohnung, Brand, Licht und Wasser, im pensions- 
berechtigten Wert von 1000 M., außer Neben- 
einnahmen aus der Schlachtvieh Versicherung in 
Höhe von 700 Mark jährlich zugebilligt worden. — 
Der 1. Assistenztierarzt und Stellvertreter des 
Direktors am Schlachthof zu Pforzheim wurde 
zum Stadttierarzt ernannt und gleichwie der 
Vertreter des städtischen technischen Ressort- 
chefs in die Gehaltsklasse B I versetzt 

Die Wertschätzung der Tätigkeit der Tier- 
ärzte macht bei den Kommunen erfreuliche 
Fortschritte. Hoffentlich können endlich auch 
die Anstellungs- und Gehaltsverhältnisse der 
städtischen Tierärzte in Berlin eine zeitgemäße 
Verbesserung erfahren. 

— Öfrentliche Schlachthöfe. Die Errichtung 
öffentlicher Schlachthöfe ist geplant in Wolfen- 
büttel und M ü 1 1 h e i m. Erweiterungsbauten sind 
beschlossen in Königshütte (Erweiterung der 
Schweineschlachthalle),Wo n gr o w i t z (Errichtung 
einer Kühlanlage), Plauen (Vermehrung der 
Kühlzellen und Einrichtung von Bädern) und 
Hannover (Bau eines weiteren Schweinestalles). 

— Die Eröffnung des Berliner städtischen Unter- 
suchungsamtes erfolgt am 1. Oktober. 

— Unterrlchtskurse für Schlächtermeister sind 
in Hamburg auf Veranlassung der Gewerbe- 
kammer unter der Leitung des Professors Glage 
eingerichtet worden. Der Unterricht erstreckt 
sich auf das Wesen und den Zweck der Fleisch- 
beschau, um eine verständnisvolle Mitwirkung 
der Fleischer bei der Fleischbeschau herbei- 
zuführen, und auf alle Fragen, die die Behandlung 
des Fleisches in hygienischer und gewerblicher 
Hinsicht betreffen, Fragen, die Professor Glage 
bekanntlich zum Spezialgebiet seiner wissen- 
schaftlichen Untersuchungen gemacht hat. 

— Ungehöriger Nebenberuf eines Fleisch- 
beschauers. Die „Allgemeine Fleischer-Zeitung^ 
beschwert sich mit Recht darüber, daß der 
Fleischbeschauer in Höchst an der Nidder gleich- 



zeitig die Leichenschau ausübt. Ein derartiger 
Nebenberuf macht die Bestellung als Fleiscb- 
beschauer ans ästhetischen und sanitätspolizei- 
lichen Gründen unmöglich. 

— Wegen Überschreitung seiner Fleischbescbau- 
befugnisse ist nach der „Allg. Fleisch.-Zeitg.^ der 
Schlachthofmeister und Fleischbeschauer K. am 
städtischen Schlachthof in Liegnitz zu 200 M. 
Geldstrafe oder 50 Tage Gefängnis verurteilt 
worden. Er hatte eigenmächtig ein Kalb frei- 
gegeben, das, wie hernach durch den Direktor 
des städtischen Schlachthofes festgestellt wurde, 
mit eitriger Nabelvenenentzündung und konse- 
kutiver Pyämie behaftet gewesen war. 

— Trichinen bei Wildschweinen. In der Berliner 
Untersuchungsstation I wurden zwei stark mit 
Trichinen behaftete Wildschweine ermittelt. 

— Trichinen Im Rheinland. Gegenüber der 
Forderung, die Trichinenschau im Rheinland auf- 
zuheben, ist die Feststellung von Bedeutung, 
daß in den letzten Tagen an zwei Orten der Rhein- 
provinz, in Moers und Düsseldorf, trichinöse 
Schweine ermittelt worden sind. Das in Düssel- 
dorf als trichinös befundene Schwein war aus 
Flehe 'eingeführt und stark mit Trichinen 
durchsetzt. 

— Nach Genuß von Spickgans sind in der 
Familie des Pförtners M. in Berlin nach der 
„Allg. Fleisch.-Zeitg." schwere Erkrankungen 
vorgekommen, die sich hauptsächlich durch Obel- 
keit, Erbrechen und Bewußtlosigkeit äußerten. 
Insgesamt sind 5 Personen erkrankt Ein 4 jähriges 
Mädchen, das von der Spickgans nichts genossen 
hatte, ist auch nicht erkrankt. Die „ Allg. Fleisch.- 
Zeitg." bemerkt hierzu, der Monat August sei 
keine Zeit, in der man Spickgans genieße. Die 
vorjähr ige War es ei unter allen Umständen 
bedenklich, und frisch hergestellte sei im 
August wenig haltbar, weil das Fleisch noch zu 
geringe Konsistenz besitze. 

— Flelschvergiftungsepidemle an Bord eines 
Kriegsschiffes. Marinestabsarzt Dr. Mühlens 
beobachtete im Jahre 1901 nach dem „Arch. f. 
Schiffs- u. Tropen-Hyg.« (1907, S. 16) an Bord 
eines auf Wusung-Reede (bei Shanghai) liegenden 
deutschen Panzerschiffes eine Massenerkrankung 
nach dem Genuß von an Bord bereiteter Sülze 
(Fleisch und Gelatine von Shanghai bezogen). 
Der größte Teil der Besatzung (über 300 Mann) 
erkrankte 6—12 Stunden nach dem Genuß der 
Sülze akut mehr oder minder an Gastroenteritis. 
Etwa 30 Mann mußten einige Tage vom Dienst 
befreit werden wegen Fiebers und länger an- 
haltender Diarrhöe; bei zweien wurde Blut im 
Stuhl gesehen. In kurzer Zeit waren jedoch 
alle wieder dienstfähig. Bakteriologische Unter- 
suchungen konnten leider nicht gemacht werden. 



- 39 



Nach dem klinischen Verlauf ist jedoch mit 
ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß es sich 
um eine durch Bac. Paratyphus B. oder Bac. 
enteritidis Gaertner hervorgerufene Massen- 
infektion gehandelt hat. Vor litngerem Auf- 
bewahren von Sttlze und ähnlichen Gerichten in 
den Tropen muß dringend gewarnt werden. 

— Erneuter Untersohlelf auf der Berliner Ab- 
deckerei. Allen Vorsichtsmaßregeln zum Trotz 
ist es nach der »Allg. Fleischer-Zeitung^ neuer- 
dings wieder einem Abdeckereikutscher möglich 
gewesen, beanstandetes und zur Vernichtung 
bestimmtes Fleisch in den Verkehr zu bringen. 
Der ungetreue Kutscher öffnete den Transport- 
wagen mit einem Nachschlassel abends in einer 
unbeleuchteten Straße, entnahm ihm Fleisch und 
und verkaufte es an einen Pferdeschlftchter, der 
das Fleisch angeblich als Hundefutter gekauft 
haben will. 

— Untersehlelfe bei eingeführten! dinlechen 
Fleieeh. Der Schlachthofdirektor K. in Aarhus 
ist seines Amtes enthoben worden, weil er nicht 
bemerkt hat, daß Schlächter, die Fleisch nach 
Deutschland ausführten, an Tierkörper mit ver- 
änderten Eingeweiden nach Entfernung dieser 
gesunde annähten. 

— Färsenktlberzentrale. Die Landwirtschafts- 
kammem für die Provinzen Brandenburg und 
Schleswig-Holstein haben zur Förderung der 
Viehzucht Färsenkälberzentralen eingerichtet, um 
den Verkauf guter Zuchtkälber aus Abmelkwirt- 
schaften und aus den Hochzuchtgebieten in solchen 
Gegenden zu vermitteln, in denen es an brauch- 
baren Zuchtkälbem fehlt. 

— QreBvereand geeobiaoMeter Scbwehie aue 
der Provinz nach Berlin. Eine Vereinigung der 
bedeutendsten Schweinemäster in Westpreußen 
beabsichtigt, nach Errichtung des im Bau be- 
griffenen Schlachthofes in Schi och au wöchent- 
lich bis zu 1000 geschlachtete Schweine nach 
Berlin zu senden, wo der kommissionsweise Ver- 
kauf durch einen Großschlächtermeister besorgt 
werden soll. 

— Viehrackversicherung In der Provinz Sacbeen. 
In der Provinz Sachsen bestehen etwa 250 örtliche 
Vieh V ersieh erungsvereine, von denen 40 durch 
die Landwirtschaftskammer zu einem Verband ver- 
einigt worden sind. Dieser Verband hat be- 
schlossen, einer von der Landwirtschaftskammer 
ins Werk gesetzten Rückversicherung beizutreten. 
Die Initiative der sächsischen Landwirtschafts- 
kammer ist sehr erfreulich, und es wird interessant 
sein, den Erfolg des sehr zweckmäßigen Ver- 
suchs zu erfahren. 

— Elerkontrolle in Karlsbad 1. B. Zur Unter- 
suchung von Eiern wurden durch Schlachthof- 
direktor Heßner, dem die Lebensmittelkontrolle 



in Karlsbad i. B. untersteht, zwei Eierprüfer an- 
geschafft, um den Händlern und auch dem 
Publikum die schnelle Begutachtung der gekauften 
Ware zu ermöglichen. Von den unter Meßner 
arbeitenden Marktaufsichtsorganen wurden auf 
diese Weise 23 816 Stück Eier geprüft und 
3583 als verdorben beanstandet Ein beachtens- 
werter Versuch zur Einbürgerung der Eierkontrolle 
unter Leitung der städtischen Tierärzte. 

— Verkauf mindermaBIgerKrebee. Der Händler 
H. in Stettin ist auf Grund des Fischereigesetzes 
vom 30. Mai 1874 und der Ausführungsver- 
ordnung vom 8. August 1887 zu einer Geld- 
strafe verurteilt worden, weil er Krebse verkauft 
hatte, die mindermaßig waren, d. h. vom Kopf 
bis zur Schwanzspitze weniger als 10 cm maßen. 

— Wegen Geetattuno der Verarbeitung von 
Pferdefleisch In einem gewöhnlichen Flelocherel- 
betrieb ist der Fleischcrmeister E. in Reinicken- 
dorf zu 30 M. Geldstrafe verurteilt worden. 
E. hatte dem Pferdeschlächter H. entgegen der 
Oberpräsidialverordnung für die Provinz Branden- 
burg, nach der in Räumen, in denen Rind- und 
Schweinefleisch verarbeitet wird, nicht auch 
Pferdefleisch zur Verarbeitung gelangen darf, 
erlaubt, in seiner Werkstatt größere Mengen 
Pferdefleisch durch den Wolf gehen zu lassen. 

— Ein Verbot der Verwendung von Milch- 
flaschen, Bierflaechen utw. zur Abgabe von ekel- 
erregenden oder geeundheltsochädllcben Stoffen ist 
durch oberpolizeiliche Vorschrift vomlG.April 1907 
filr den Regierungsbezirk Unterfranken und 
Aschaffenburg erlassen worden. 

— Für die beste Ausführung eines nach dem 
ootfrleslocben Aufstallverfabren eingerichteten Kuh- 
otalleo oder einzelner Teile desselben sind vom 
Deutschen Milchwirtschaftlichen Verein mit 
Preisen bedacht worden die Milchkuranstalt 
Fr. Loß in Wolmirstedt, der Molkereibesitzer 
H. Herbert in Gelsenkirchen und der Guts- 
besitzer Fr. Rudorff in Glinde bei Hamburg. 
Da ohne die ostfriesische Aufstauung eine 
saubere Milchgewinnung unmöglich ist, wäre 
zu wünschen, daß in jedem Bezirk ein Muster- 
stall mit dem ostfriesischen Aufs tall verfahren 
und anderen hygienischen Einrichtungen als 
exemplum docens aufgeführt wird, am besten in 
Verbindung mit staatlichen Instituten. 

— fieoetzlicbe Regelung dee Milchverkehre In 
Frankreich. Der Deputierte Lucien Cornet hat 
nach den VeröfFentl. des Kaiserl. Gesundheits- 
amts namens der Landwirtschaftskommission den 
von der französischen Deputiertenkammer er- 
forderten Bericht über den Entwurf eines Gesetzes, 
betr. die Unterdrückung des Betrugs beim Milch- 
handel, erstattet. Die Kommission empfahl die 
Annahme des von Lucien Cornet eingebrachten 



— 40 — 



Gesetzentwurfs, in dem u. a. die tierärztliche 
Kontrolle der Milchviehbestände und 
-Ställe nach besonders festzulegenden Grund- 
sätzen vorgesehen ist. 

— Kontrolle des Paoteurioierungszwangs In 
Dftnemark. Nach dem Bericht der chemischen 
Abteilung des dänischen Versuchslaboratoriums 
über die Befolgung des Pasteurisierungsgesetzes 
im Finanzjahr 1905/6 fand keine Übertretung 
statt in 1007 Meiereien (= 76 Proz. der kon- 
trollierten Meiereien), einmal fand eine Übertretung 
statt in 262 Meiereien (= 20 Proz.), zwei- bis 
dreimal in 39 Meiereien (= 3 Proz.) und vier- 
mal in 11 Meiereien (= 1 Proz). 

— Dänisches Margarinegesetz. Am 1. Sep- 
tember d. Js. ist in Dänemark ein neues Margarine- 
gesetz in Kraft getreten, nach dem die Her- 
stellung, Einfuhr, Ausfuhr, Durchfuhr und der 
Verkauf von Margarine, deren Buttergehalt 
10 Proz (bisher 15 Proz.) übersteigt, verboten 
ist. Ferner ist die Verwendung von Anilin- 
farben zum Färben von Butter und Margarine, 
sowie die Verwendung anderer Konservierungs- 
mittel als Kochsalz verboten. 

— Verbot der Einfuhr mit Borsäure konservierter 
Flelschwaren In Argentinien. Durch Bekanntmachung 
vom 11. Mai 1907 ist die Einfuhr von Fleisch- 
waren, die mit Borsäure konserviert sind, auf 
Grund der Ausfuhr ungsbestimmungen zum Vete- 
rinärpolizeigesetz verboten worden. 



Personalien. 

Ernennungen: Die Tierärzte Kuppelmayr, 
bisher Schlachthoftierarzt zu Metz zum Direktor 
des Schlachthofes daselbst; Anton Diez-Plauen 
i. V. zum Schlachthof tierarzt daselbst; Schlacht- 
hoftierarzt Skerlo -Breslau zum Kreistierarzt in 
Bremervörde; Müller-Soritsch zum Schlachthof- 
direktor in Halbendorf; Eduard Berendes- 
Hannover zum Schlachthofassistenztierarzt in 
Rheydt; Fritz Haushalter-Brumath zum 
Schlachthaustierarzt in Mühlhausen i. Eis ; Her- 
mann Brunn er-Coburg zum städtischen Tierarzt 
in Markneukirchen; Julius Rüdinger-Wetzlar 
zum Schlachthof tierarzt in Aachen; Christian 
Schlenker- Seh wenningen zum Schlachthof- 
tierarzt in Freiburg i. B.; M Sassenhagen- 
Minden zum zweiten Assistenten am Schlacht- 
hof zu Duisburg; Gustav Meyer-Bochum zum 
Fleischbeschautierarzt für das Amt Eving bei 
Dortmund. 

Auszeichnungen: Es erhielten den Kronenorden 
III. Klasse Veterinärrat Johow in Minden, den 
Roten Adlerorden IV. Klasse Prof. Dr. Mal km us- 



Hannover und die Kreistierärzte Veterinärräte 
Bälde wein-Bielefeld, Bührmann-Halle i. W., 
Fürs tenau-Ahaus, Wenderhol d-Siegen,Nicol- 
Geestemünde, Kaiserl. Veterinärrat Rickmann- 
Höchst a. M. 

Schlachthof inspektor Dopitzsch -Dudweller 
wurde zum Schlachthofdirekior ernannt Schlacht- 
hofdirektor Hei 8- Straubing erhielt vom König 
von Rumänien die Jubiläumsm&iaüle, 

Gestorben ist Schlachthof direktor Wysocki 
in Lippstadt. 



Bew. 



Vakanzen. 

Bochum: Assistenztierarzt, 2400 M. 
an den Magistrat. 

Bromberg: Kaiser Wilhelm - Institut, 
Abteilung für Tierhygiene: Assistenten mit 
bakter. Arbeiten vertraut Bew. a. d. Vorsteher 
der Abteilung für Tierhygiene. 

Daher (Kr. Naugard): Tierarzt für Fleisch- 
und Trichinenschau. Bew. a. d. Polizeiverwaltang. 

Düsseldorf: Schlachthofticrarzt, 2500 M., 
steigend in 16 Jahren bis 4000 M. Meldungen 
an den Oberbürgermeister. 

F r e i b e r g (Sachsen) : Schlachthoftierarzt, 
2000 M. Gesuche an den Stadtrat 

Gleiwitz: Schlachthof assistenztierarzt, 2400 
M., .steigend alle drei Jahre um 200 M. bis 
3600 M., 360 M. Wohnungsgeld. Bew. a. d. Mag. 

Harburg: Assistenz tierarzt, 2000 M., steigend 
alle drei Jahre um je 200 M. bis 2600 M. Bew. 
an den Magistrat 

Kreuz (Ostbahn): Tierarzt für Fleisch- 
beschau, 1500 M. Bew. an den Gemeindevorsteher. 

Lippstadt: Schlachthof direktor. 

Ludwigslust: Schlachthofinspektor, 1900M., 
freie Wohnung und Feuerung. Praxis außerhalb 
der Sehlachtzeiten gestattet. Bew. an den Mag. 

Rügenwalde: Schlachthof inspektor, 2100 M. 
Gehalt, sowie Wohnung und Feuerung. Privat- 
praxis gestattet. Bewerbungen an den Magistrat. 

Rybnik: Schlachthofverwalter. Freie Woh- 
nung, Feuerung und Beleuchtung. Von Ein- 
nahmen der Trichinenschau, die auf Verlangen 
des Magistrats mit übernommen werden muß, 
50 Proz. Einnahme usw. 1500 M. p. a. Bew. 
unter Angabe der Gehaltsansprttche an den Mag. 

Stein au O.-S.: Tierarzt für Fleischbeschau. 
Bewerbungen an den Magistrat. 

Stettin: Dritter Tierarzt ftir Auslands- 
fleischbeschau, 2400 M. Bewerbungen an den 
Reg.-Präsidenten. 

Straßburg i. E.: Schlachthofdirektor, 
Anfangsgehalt 5000 M., freie Wohnung, Licht, 
Heizung. Meldungen an das Bürgermeisteramt 



Yerantwortllclier Redakteur (exkL Inseratenteil): Prof. Dr. O.terUg in Berlin. - Verla« von Richard Scboet« in Beriht 



Zeitschrift 

Ar 



Fleisch- und Milchllygiene» 



Achtzehnter Jahrgang. 



Iforeaiber 1907. 



Heft 2. 



Original-Abhandlungen. 



(Nachdruck verboteo.) 



Die Milchwirtschaft und die BeJcämpfung 
der Rindertuberkuloee.*) 

Voo 

Dr. R. Ostertag. 
Nur wenige Fragen haben für die 
Milchwirtschaft eine ähnliche große Be- 
deutung wie die Frage der Bekämpfung 
der Tuberkulose des Rindes. Denn diese 
Krankheit ist die häufigste, von der das 
Milchvieh betroffen wird, und sie ver- 
ursacht nicht nur infolge ihrer starken Ver- 
breitung und des chronischen Verlaufs 
den Milchwirten einen ungeheuren wirt- 
schaftlichen Verlust, sondern schließt auch 
die große Gefahr ein, daß die Milch zur 
Quelle einer Ansteckung des Menschen 
durch Tuberkulose wird. Und diese Ge- 
fahr wird zusammen mit dem ökonomischen 
Schaden ständig größer, wenn nicht ganz 
allgemein Maßregeln zur Eindämmung 
der Krankheit ergriffen werden. Es ist 
deshalb nur natürlich, daß die Frage der 
Bekämpftmg der Bindertuberkulose auf 
die Tagesordnung des in. Internationalen 
Milchwirtschaftlichen Kongresses gesetzt 
wurde. Nach meiner Ansicht darf die 
Bekämpfung der Rindertuberkulose, die 
ein Lebensinteresse der Milchwirtschaft be- 
rührt, nicht eher aus dem Arbeitsprogramm 
des Milchwirtschaftlichen Weltverbands 
verschwinden, als bis eine völlige Klärung 
der Ansichten über die zweckmäßigste, 
d, h. erfolgversprechende und durchfähr- 
bare Art des Vorgehens gegen diese 
Krankheit stattgefunden hat. 



*) Vortrag, gehalten in der Eröffnungssitzung 
des in. Internationalen Milchwirtschaftlichen 
Kongresses im Haag am 16. September 1907. 



Über die Häufigkeit des Vorkommens 
der Rindertuberkulose haben uns die in 
Deutschland eingeführte allgemeine Fleisch- 
beschau und die in verschiedenen deutschen 
Bundesstaaten eingerichteten Viehver- 
sicherungen zuverlässige Zahlen geliefert. 

Nach den im Kaiserlichen Gesund- 
heitsamt bearbeiteten Ergebnissen der 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau waren 
im Jahre 1904, dem ersteh bis jetzt voll- 
ständig bearbeiteten Berichtsjahre, von 
den im Deutschen Reiche geschlachteten 
Rindern mit Tuberkulose behaftet: 
5,3 7o der Jungrinder, 
13,90/0 „ Bullen, 
18,30/0 » Ochsen, 
25,30/0 „ Kühe, 
ingesamt 17,8 0/0 „ Rinder. 

Die Milchkühe leiden also an Tuber- 
kulose viel häufiger als die übrigen Rinder 
— jede vierte Kuh ist mit Tuberkulose 
behaftet gefunden worden — , und hierzu 
kommt, daß bei den Kühen infolge der 
längeren und die Widerstandskraft des 
Körpers mehr schädigenden Nutzung die 
schweren Formen der tuberkulösen Erkran- 
kungen häufiger sind als bei den männlichen 
und Jungrindem. Zu hochgradiger Ab- 
magerung hatte, nach der angeführten 
Statistik, die Tuberkulose hauptsächlich bei 
Kühen geführt, und stark ausgedehnte Tuber- 
kulose wiesen Kühe 5V2mal so oft auf wie 
die übrigen erwachsenen Rinder! 

Die Fleischbeschau vermag nur die- 
jenigen Tuberkulosefälle aufzudecken, die 
mit makroskopisch, durch die üblichen 
üntersuchungsmethoden feststellbaren 
Veränderungen einhergehen. Verwendet 
man zur Prüfung der lebenden Rinder 



— 42 — 



auf Tuberkulose das feinste Reagens, über 
das die Heilkunde verfügt, das Tuber- 
kulin, so erhält man noch viel höhere 
Zahlen von mit dem Keime der Tuberkulose 
angesteckten Eindem. 

Überall, wo die klimatischen und 
wirtschaftlichen Verhältnisse dazu zwingen, 
die Rinder, wenn auch nur einen Teil 
des Jahres, im Stalle zu halten, dürfte 
die Tuberkulose des Rindes gleich stark 
verbreitet sein, mit alleiniger Ausnahme 
von Norwegen, woselbst durch die Tuber- 
kulinimpfung nur 6—7 Proz. tuberkulöse 
Rinder ermittelt worden sind. Dies 
hängt wohl mit der Vieharmut und dem 
geringeren Zuchtviehverkehr des Landes 
zusammen. In allen Ländern, in denen 
sich die Viehproduktion und Milchwirt- 
schaft zu blähenden Zweigen der Land- 
wirtschaft entwickelt haben, ist auch die 
Tuberkulose als unheimlicher Begleiter 
häufiger geworden. Dies wird sich in den 
meisten Ländern zeigen, wenn die 
Methoden der Untersuchung allgemein 
eingeführt werden, die in Deutschland 
bei der Fleischbeschau im Gebrauche 
sind. Selbst in den Vereinigten Staaten 
von Nordamerika, deren Prärievieh so 
gut wie tuberkulosefrei war, tritt nun- 
mehr infolge der zunehmenden Stall- 
haltung die Tuberkulose unter den 
Rindern und damit im Zusammenhang 
die Tuberkulose unter den Schweinen in so 
starkem Grade auf, daß Maßregeln gegen 
ihre^ weitere Ausbreitung verlangt werden 
und zum Teil auch schon eingeführt sind. 

Aus den Jahresberichten der staat- 
lichen Schlachtviehversicherung im König- 
reich Sachsen geht hervor, daß die 
Tuberkulose diejenige Krankheit ist, die 
die meisten Schadenersatzleistungen be- 
dingt. Im Jahre 1903 waren im König- 
reich Sachsen 
von 107 264 versicherten weiblichen Rindern 
4814 = 43,59 Proz. der entschädigten, 

im Jahre 1904 

von 108 573 versicherten weiblichen Rindern 
5696 = 43,7 Proz. der entschädigten, 



also nahezu die Hälfte, wegen Tuber- 
kulose zu entschädigen. Und ganz ähn- 
lich liegen die Verhältnisse bei den 
staatlichen Viehversicherungen in Baden 
und Bayern. 

Wenn Sie mir die Aufgabe stellten, 
den gesamten Schaden ziffernmäßig zu 
berechnen, den die Tuberkulose des Rindes 
in Deutschland nach Maßgabe der sta- 
tistischen Ermittlungen der Fleischbeschau 
und der staatlichen Viehversichernngs- 
anstalten verursacht, so müßte ich Ihnen 
erklären, daß ich hierzu mich außer- 
stande fühle. Man kann zwar den Ver- 
lust bestimmen, der durch die ganze und 
teilweise Konfiskation geschlachteter 
Tiere wegen Tuberkulose erwächst. Dieser 
ist in Deutschland im Jahre 1904 auf 
15 Millionen M. berechnet worden. Der 
Verlust aber, den die Tuberkulose vom 
Beginne der Infektion an bis zur 
Schlachtung durch schlechte Verwertung 
des Futters, ungenügende Zucht- und 
Milchleistung, Verringerung der Nutzungs- 
dauer infolge Notschlachtung und Tod 
herbeiführt, läßt sich auch nicht annähernd 
berechnen. Das eine aber ist gewiß, daß 
sich der gesamte Verlust zu einem ganz 
gewaltigen Betrage summiert, da er sich 
bei einer sehr großen Zahl von Tieren — 
beim vierten Teil aller Kühe nach den 
fleischbeschaustatistischen Erhebungen in 
Deutschland — geltend macht, bei der 
täglichen Fütterung als Ausfall in Er- 
scheinung tritt und durch den schleichen- 
den Verlauf der Krankheit sich über 
Jahr und Tag erstreckt. Man hat die 
mit Tuberkulose behafteten Kühe mit 
Öfen verglichen, die keine Wärme geben, 
auch wenn sie noch so gut geheizt 
werden. Der Vergleich ist so unpassend 
nicht, wenn man sich vergegenwärtigt, 
daß die tuberkulösen Kühe trotz bester 
Fütterung und sorgsamster Pflege mager 
bleiben, ein rauhes, glanzloses Haarkleid 
zeigen, wenig und zum Teil unbrauch- 
bare, weil gesundheitsschädliche Milch 
geben, von Zeit zu Zeit rindern, aber 



43 — 



nicht mehr aufnehmen und keine Kälber 
mehr liefern. 

Weiter ist noch zu berücksichti- 
gen der Verlust infolge der Tuber- 
kuloseubertragung auf das Schwein, der 
sich in Deutschland im Jahre 1904 
trotz der hiergegen bereits ergriffenen 
Maßnahmen noch auf 8 Millionen Mark 
belief, wenn lediglich der Wert des 
beanstandeten Fleisches berechnet wurde, 
und vor allen Dingen die durch keine 
Zahl in Eechnung zu stellende Gefahr 
der Übertragung der Rindertuberkulose 
auf den Menschen. 

Die Tuberkulose ist eine ansteckende 
Krankheit. Sie greift wie alle ansteckenden 
Krankheiten immer mehr und mehr um sich, 
wenn nicht Mittel zu ihrer Eindämmung er- 
griffen werden. Auch hierüber belehrt 
uns die Statistik. In den öffentlichen 
Schlachthöfen des Königreichs Preußen, 
in denen schon seit 2 Jahrzehnten die 
Fleischbeschau mustergültig ausgeführt 
wird, waren von daselbst geschlachteten 
Rindern tuberkulös: 

1895 11,4% 

1900 15,0% 

1902 16,4% 

In einzelnen Gegenden, in denen 
dauernde Stallhaltung und ständige Ein- 
fuhr frisch zusammengekaufter Tiere in 
die Bestände — wie dies in Abmelk- 
wirtschaften der Fall ist — für die 
Verbreitung der Tuberkulose ganz be- 
sonders günstige Verhältnisse schaffen, 
ist der Anstieg des Tuberkuloseprozent- 
satzes ein noch viel höherer. Der Schlacht- 
hofdirektor Klepp in Potsdam, der in 
dieser Hinsicht Beobachtungen gesammelt 
hat, hebt in seinem Jahresbericht für das 
Jahr 1904 hervor, daß die Tuberkulose 
immer noch im Steigen begriffen und 
1904 bei nicht weniger als 43,22 Proz. der 
im Potsdamer Schlachthof geschlachteten 
Rinder ermittelt worden sei. Im Jahr 
zuvor hatte der Teilsatz der tuberkulös 
befundenen Tiere 41,49 Proz. betragen ! 

Diese Zahlen müssen auch demjenigen 



zu denken geben, der bis jetzt die 
Tuberkulose für ein unabwendbares Übel 
der Milchwirtschaft hielt und ihre 
Schädigungen als etwas Unvermeidliches 
mit in den Kauf nahm. Diese Zahlen 
sind das Mene tekel, daß in der Tuber- 
kulosetilgung ganz allgemein etwas 
geschehen muß. Hiertiber besteht jetzt 
unter den Landwirten und ihren sach- 
verständigen Beratern in Tierseuchen- 
angelegenheiten, den Tierärzten, sowie 
unter den Vertretern der öffentlichen 
Gesundheitspflege kein Zweifel mehr. 
Zweifelhaft ist nur, welcher Weg mit 
Aussicht auf Erfolg zur Bekämpftmg der 
Rindertuberkulose eingeschlagen werden 
soll. 

Gestatten Sie mir, daß ich Ihnen die 
verschiedenen Möglichkeiten der Tuber- 
kulosebekämpfung auf Grund der vor- 
liegenden Erfahrungen und nach dem 
heutigen Stande der Wissenschaft schildere 
und über die Aussichten der verschiedenen 
Bekämpfungsmöglichkeiten mein Urteil 
abgebe, wie Sie es von mir gewünscht 
haben. 

Bekanntlich datieren die ersten ernst- 
haften und groß angelegten Versuche zur 
Bekämpfung der Tuberkulose vom 
Jahre 1890, in dem Robert Koch das 
Tuberkulin entdeckt hat, das zwar nicht 
als Heilmittel, dagegen als Krkennungs- 
mittel der Tuberkulose eine große Be- 
deutung erlangte. Zur Zeit sind drei 
Verfahren zur Bekämpfung der Rinder- 
tuberkulose in Anwendung: 
das Verfahren nach Bang, 
das von m i r organisierte Verfahren und 
die von von Behring begründete 
Schutzimpfung. 

Lediglich der Vollständigkeit halber 
will ich die Versuche erwähnen, die 
nach der Entdeckung des Tuberkulins, 
in der Sturm- und Drangperiode dieses 
Mittels, gemacht worden sind, die Tuber- 
kulose dadurch zu bekämpfen, daß 
sämtliche auf Tuberkulin reagierenden 
Tiere der Schlachtbank überwiesen wurden. 



— 44 - 



Diese Versuche mußten als aussichtslos 
bezeichnet werden, nachdem man durch 
Tuberkulinimpfungen in größeren Be- 
ständen erfahren hatte, daß durch- 
schnittlich die Hälfte, in gar nicht wenigen 
Beständen selbst bis zu 75 und 80 Proz.der 
älteren Binder eine positive Tuberkulin- 
reaktion zeigten.*) So verlief ein in 
Massachusetts von 1894— 98 gemachter Ver- 
such, die auf Tuberkulin reagierenden 
Rinder gegen Entschädigung zu keulen, 
vollkommen ergebnislos. In Massachusetts 
wurden Viehinspektoren bestellt, die die 
Rinderbestände jährlich zweimal auf 
Tuberkulose zu untersuchen und beim 
Verdacht dieser Krankheit mit Tuberkulin 
zu prüfen hatten. Reagierte ein Tier, so 
wurde es gegen Entschädigung des halben 
Werts getötet. Als man sich davon über- 
zeugt hatte, daß dieses Verfahren für den 
ganzen Staat nicht durchführbar war, 
wurde der Versuch gemacht, in drei 
kleinen Distrikten alle Rinder systematisch 
mit Tuberkulin zu impfen und die 
reagierenden zu töten. Aber auch dieser 
Versuch mußte bald wieder eingestellt 
werden, weil die Kosten eine un- 
erschwingliche Höhe erreichten. Ganz 
ähnlich verlief ein in Belgien unter- 
nommener Versuch. In Belgien trat am 
1. Januar 1896 ein Gesetz in Kraft, 
wonach sämtliche Viehbestände, in denen 
durch die Untersuchung eines lebenden 
oder geschlachteten Tieres Tuberkulose 
nachgewiesen worden war, der Tuberkulin- 
impfung unterworfen werden mußten. 



*) In Dänemark reagierten nach Bang 
(VIII. Internationaler Tierärztlicher Kongreß in 
Budapest 1905) von 

5 047Rindemim Altervon 1 Va--2Va Jahren 38,6% 
10 350 „ „ „ „ 2Va-5 „ 44,90/^ 

11 924 „ über 5 Jahre 48,0% 

Gu6r in -Paris hat in 32 Beständen, in denen 
je ein mit Tuberkulose behaftetes Rind durch 
die Schlachtung oder auf andere Weise ermittelt 
worden war, das Tuberkulin angewandt und bei 
30—100 Proz. der Tiere dieser Bestände positive 
Reaktionen erhalten. (Bericht fttr den III. Inter- 
nationalen Milchwirtschaftlichen Kongreß.) 



Die klinisch tuberkulösen Tiere mußten 
sofort, die nur auf Tuberkulin reagierenden 
binnen Jahresfrist gegen eine staatliche 
Entschädigung abgeschlachtet werden. 
Ferner sollte die Milch der lediglich 
reagierenden Kühe ausschließlich in ge- 
kochtem Zustand in den Verkehr gebracht 
werden. Der belgische Versuch mußte 
schon nach 1 »/^ Jahren aufgegeben werden. 
Denn es hatte sich, wie es in dem 
„Rapport au ßoi" vom 10. August 1897 
heißt, gezeigt, daß die Tuberkulose in 
Belgien so stark verbreitet ist, daß die 
Beseitigung aller angesteckten Rinder 
in verhältnismäßig kurzer Zeit ohne die 
schwersten Schädigungen för zahlreiche 
Wiitschaften nicht möglich war. Anderer- 
seits lehrten die Zwangsschlachtungen 
der auf Tuberkulin reagierenden Tiere, 
daß ihre große Mehrzahl nur in leichtem 
Grade erkrankt und nicht imstande war, 
die Krankheit zu verbreiten. Man ent- 
schloß sich daher in Belgien, lieber 
langsam, aber sicher vorzugehen und bei 
einem Ziele, dessen Erreichung soviel 
Zeit in Anspruch nimmt wie die Be- 
kämpfung der Tuberkulose, alles Gewalt- 
same zu vermeiden. Eine zwangsweise An- 
wendung des Tuberkulins findet in Belgien 
nicht mehr statt. Man überläßt den 
Gebrauch des Mittels der Intelligenz der 
Besitzer. 

Es ist ntitzlich, diese praktischen 
Erfahrungen sich vor Augen zu halten, 
angesichts der neuerdings wieder er- 
hobenen Forderung, sämtliche auf Tuber- 
kulin reagierenden Kühe von der Milch- 
gewinnung auszuschließen. Die Er- 
fahrungen in Massachusetts und Belgien 
haben gezeigt, wohin die ehrliche Durch- 
führung dieser — m. E. glücklicherweise 
nicht begründeten — Forderung fiihren 
würde, zum schnellen Ruin der Milch- 
wirtschaft und zur Unmöglichkeit einer 
Versorgung des Marktes mit Milch. 

Andererseits stimme ich meinem hoch- 
verehrten Freunde Bang ganz zu, wenn 
er sagt, die Gerechtigkeit erfordere die 



i 



45 — 



Anerkennung, daß die Tuberkulinproben 
unser Verständnis für die Tuberkulose 
im höchsten Grade erweitert und vertieft 
haben. Die Tuberkulinproben haben uns 
über die wahre Verbreitung der Krankheit, 
über ihren Verlauf und die Ansteckungs- 
wege reiche Aufklärung gegeben. Dieser 
wissenschaftliche Wert der Tuberkulin- 
proben sei ohne Vorbehalt anerkannt! 

Professor Bang in Kopenhagen wendet 
bei dem von ihm eingeführten Verfahren 
der Tuberkulose tilgung auch das Tuberkulin 
an. Er hat aber von vornherein jegliches 
radikale Vorgehen gegen die lediglich 
reagierenden Tiere abgelehnt und an die 
Tuberkulinreaktion nur zwei praktische 
Folgen geknüpft, nämlich die Trennung 
der reagierenden Tiere von den nicht- 
reagierenden und die tuberkulosefreie 
Aufzucht des gesamten Nachwuchses. 

Das Bangsche Verfahren ist so über- 
zeugend begründet, daß von ihm die 
schönsten Erfolge erwartet werden mußten. 
Ich habe den Vorzug genossen, von Bang 
selbst mit allen Einzelheiten seines groß 
angelegten Verfahrens vertraut gemacht 
zu werden und einen Bestand kennen zu 
lernen, in dem Bang die Tilgung selbst 
leitet. Ich kehrte als Überzeugtester 
Anhänger des Bangschen Verfahrens 
nach Deutschland zurück und habe durch 
das Kgl. Preußische Ministerium für Land- 
wirtschaft, Domänen und Foi*sten und 
durch die private Initiative mehrerer von 
mir hierzu veranlaßter Besitzer Gelegen- 
heit erhalten, das Verfahren selbst zu ver- 
suchen. Im Königreich Preußen ist seiner- 
zeit in jedem Regierungsbezirk mindestens 
ein Bestand ausgewählt worden, in dem 
das Bangsche Verfahren mit Staats- 
unterstützung auf seine Durchführbarkeit 
geprüft werden sollte. Keiner dieser 
Versuche hatte ein befriedigendes Er- 
gebnis. Ich habe wiederholt Veranlassung 
genommen, in landwirtschaftlichen Körper- 
schaften mich über die Ursachen dieses 
sehr bedauerlichen Mißerfolges zu äußern, 
so daß ich an dieser Stelle auf die Wieder- 



gabe der Einzelheiten verzichten kann. 
Nur soviel will ich hervorheben, daß m. E. 
das wesentlichste Hindernis fiir die erfolg- 
reiche Durchführung des Bangschen 
Verfahrens die Benutzung des Tuberkulins 
bei den älteren Tieren gewesen ist. Das 
Tuberkulin ist einerseits ein zu feines 
Eeagens für die Erkennung der Tuber- 
kulose, andererseits für diesen Zweck 
nicht zuverlässig genug. Es verdächtigt 
außerordentlich zahlreiche Tiere als tuber- 
kulös, die nur mit belanglosen Ver- 
änderungen behaftet sind, und gestattet 
auf der anderen Seite nicht die sichere 
Ermittlung aller mit Tuberkulose in- 
fizierten Tiere. Denn bei den Nach- 
impfungen der anscheinend gesunden 
Tiere ergaben sich immer wieder Re- 
aktionen. Etwa lO^/o der Rinder, die 
nicht reagiert haben, sind trotzdem tuber- 
kulös und bedingen Neuinfektionen. 

Mit dem Bangschen Verfahren sind 
in einer ganzen Reihe von Beständen 
in Dänemark, Schweden, Norwegen und 
Ungarn sehr gute Erfolge erzielt worden. 
Bang führte in dem Bericht, den er auf 
dem Vin. Internationalen Tierärztlichen 
Kongreß in Budapest hierüber gehalten hat, 
mehrere dänische Großgrundbesitzer an, 
bei denen die Tuberkulosetilgung nach 
seinem Verfahren gelungen oder so gut 
wie gelungen ist, so den Hoijägermeister 
Tesdorpf auf Ourupgard, Ahlmann auf 
Langholt und Striber, Fonnesbech- 
Wulff auf Vesterbygaard und Saltofte, 
Tutein auf Edelgave, Pedersen auf 
Borupgaard, außerdem 66 Bauernguts- 
besitzer mit zusammen anfänglich 1045 
reagierenden und 780 gesunden Tieren. 
In sehr vielen anderen Beständen sind 
erhebliche Besserungen erzielt worden. 
Das ist sehr erfreulich, will aber wenig 
bedeuten, wenn man bedenkt, daß in 
Dänemark seit 1893 in 17268 Beständen 
mit zusammen 404 651 Rindern das 
Bangsche Verfahren mit Staatsunter- 
stützung durchgeführt wird. Nach Regnfer 
(VIII. Internationaler Tierärztlicher Kon- 



- 46 - 



greß in Budapest 1905) sind in Schweden 
von 1893 bis 1904 8698 Bestände mit 
226 864 Tieren dem Bangschen Ver- 
fahren unterworfen worden, und von den 
8698 Beständen wurden 214 mit ins- 
gesamt 8205 Tieren, die ursprünglich 
32,7 Proz. Eeaktion aufwiesen, reaktions- 
frei. Regnfer warnt aber vor einer 
Überschätzung des Tuberkulins, indem er 
sagt: „Wer sich für die Unterscheidung 
zwischen tuberkulösen und nichttuber- 
kulösen Tieren ausschließlich auf das 
Tuberkulin verläßt, wird früher oder 
später bittere Erfahrungen machen." In 
Ungarn sind einige gute Erfolge erzielt 
worden von Professor üjhelyi in den 
Beständen des Erzherzogs Friedrich 
und der Anton Dreherschen Herrschaft, 
femer von Professor Hutyra in 
dem Rindviehbestand des Staatsgestüts 
Mezöhegyes. 

Hiernach kann das Bang sehe Ver- 
fahren in besonderen Beständen, in denen 
die Verhältnisse günstig liegen, ausge- 
zeichnete Erfolge haben und es empfiehlt 
sich in solchen Fällen sehr zur Anwendung. 
Zur allgemeinen Durchführung eignet 
sich aber das Ver&hren in den stärker 
von Tuberkulose heimgesuchten Ländern 
wenigstens nach den in Deutschland ge- 
machten Erfahrungen nicht. 

Bang hat selbst in seiner sehr lesens- 
werten Schrift „Kampen med Tuberkulosen 
hos kvaeget" (Kopenhagen 1900) gesagt, 
daß in Dänemark, wo am meisten für sein 
Verfahren geschehen ist, viele Besitzer 
vor der Zeit den Mut verloren, daß sich 
aber auch andererseits die Durchfährung 
des Verfahrens als viel schwieriger heraus- 
gestellt habe, als man anfänglich geglaubt 
hatte. Bang hat 1900 das Ergebnis 
seiner Erfahrungen dahin zusammengefaßt, 
daß man vorläufig in den meisten zivili- 
sierten Ländern, in denen die Tuberkulose 
Platz gegriffen habe, von idealen Forde- 
rungen etwas ablassen und sich mit der 
Aufgabe begnügen müsse, langsam und 
gradweise die Krankheit zurückzudrängen. 



Bei dem von mir organisierten Ver- 
fahren zur Tuberkulosetilgung wird unter 
Verzicht auf die Anwendung des Tuber- 
kulins bei älteren Tieren die Ausmerzung 
der gefährlich tuberkulösen Tiere auf 
Grund klinischer und bakteriologischer 
Untersuchung und die tuberkulosefreie 
Aufzucht der Kälber angestrebt. Die 
mit Tuberkulose behafteten Rinder können 
nach ihrer Bedeutung für die Verbreitung 
der Seuche in zwei Gruppen geteilt werden, 
nämlich in solche, die den Ansteckungs- 
stoff aus ihrem Körper ausscheiden, und 
in solche, bei denen dies nicht der Fall 
ist. Nur erstere sind für die Verbreitung 
der Tuberkulose gefährlich, die letzteren 
nicht. Zu den gefährlich-tuberkulösen 
gehören die Tiere mit offener Lungen-, 
Darm-, Gebärmutter-, Euter- und Hoden- 
tuberkulose. Die möglichst frühzeitige 
Entfernung dieser Tiere muß daher die 
erste Aufgabe eines planmäßigen Vor- 
gehens gegen die Tuberkulose bilden, 
wie dies schon Siedamgrotzky auf dem 
VII. Internationalen Tierärztlichen Kon- 
greß in Baden-Baden betont hat. Die 
gefährlich tuberkulösen Tiere sind durch 
eine sorgsame Untersuchung zu ermitteln, 
die periodisch durch Sachverständige vor- 
zunehmen ist. Zwischen den periodischen 
Untersuchungen werden Gesamtmilch- 
proben auf ihren Gehalt an Tuberkel- 
bazillen geprüft, um in dieser Zeit eine 
Kontrolle wenigstens darüber zu haben, 
ob sich in dem Bestände Tuberkulose- 
formen mit Ausscheidung von Tuberkel- 
bazillen aus dem Euter entwickelt haben. 
Die Ausmerzung der gefährlich-tuberku- 
lösen Tiere läßt sich ohne wirtschaftliche 
Schwierigkeiten vollziehen, da ihre Zahl 
eine geringe ist und nur wenige Prozent 
beträgt. Dieser Umstand erklärt es, daß 
überall, wo das von mir organisierte 
Tuberkulosetilgungsverfahren durchgeflihrt 
wird, eine freudige und überzeugte Mit- 
arbeit der Besitzer stattfindet, ohne die 
jedes Vorgehen gegen die Tuberkulose 
von vornherein aussichtslos ist. Die Be- 



- 47 - 



sitzer werden mit den Erscheinnngen der 
Tuberkulose bekannt gemacht und ver- 
pflichtet, Tiere mit tuberkulose-yerdäch- 
tigen Erscheinungen bis zur nächsten 
tierärztlichen Untersuchung abzusondern. 
Hand in Hand mit der Ausmerzung der 
gefährlich tuberkulösen Tiere hat die 
tuberkulosefreie Aufzucht der Kälber zu 
geschehen, entweder streng nach den Vor- 
schriften Bangs durch Trennung von den 
Müttern am z weitenTag und durchFütterung 
mit erhitzter Milch oder, soweit diese nicht 
vertragen wird, mit der rohen Milch 
gesunder Ammen. 

Dieses Verfahren zur Tuberkulose- 
bekämpfung wird durchgeffthrt durch die 
Landwirtschaftskammern und Herdbuch- 
gesellschaften in den preußischen Pro- 
vinzen Ostpreußen, Pommern, Branden- 
burg, Schlesien, Sachsen, Schleswig-Hol- 
stein und in der Rheinprovinz, im Herzog- 
tum Anhalt, femer vom Zentralverein der 
Milchproduzenten für Hamburg und Nach- 
barstädte, z. T. auch von der Livländischen 
Ökonomischen Sozietät in Beständen der 
Ostseeprovinzen und von der Königlichen 
Staatsregierung in den Niederlanden. 
Überall hat es sich gezeigt, daß das Ver- 
fahren von der Sympathie der Besitzer 
getragen und durch ihre verständnisvolle 
Mitwirkung gefördert wird. Was den 
bisherigen Erfolg des Verfahrens anbe- 
langt, so zeigte sich dieser zunächst in 
einem ganz beträchtlichen Bückgang der 
mit den gefährlichen Formen der Tuber- 
kulose behafteten Tiere. 

In der Provinz Ostpreußen wurden 
mit offener Tuberkulose behaftet gefunden: 
1900 bei 10900 Untersuchungen 2,7% der Tiere 
1904 „ 17500 „ 1,3% „ „ 

in der Provinz Pommern: 

1902 bei 8808 Untersuchungen 2,93% der Tiere 

1906 „ 22356 „ 0,60% „ „ 
in der Provinz Brandenburg: 

1903 bei 5200 Untersuchungen 3,46% der Tiere 

1907 „ 5810 „ 1,50% „ „ 
in der Provinz Schleswig-Holstein: 

1903 bei 2435 Untersuchungen 2,80% der Tiere 



1905/6, 11000 



i; 



und in der Provinz Sachsen: 

1903 bei 1 457 Untersuchungen 3,60% der Tiere 
1906/7 „ 5395 „ 2,410/, „ „ 

Diese Zahlen zeigen, daß es durch das 
von mir organisierte Verfahren in wenigen 
Jahren möglich war, die Zahl der ge- 
fährlich-tuberkulösen Tiere in den unter- 
suchten Beständen erheblich einzu- 
schränken, wobei zu beachten ist, daß 
jedes Jahr frische, ununtersuchte Bestände 
in das Verfahren einbezogen werden, daß 
dieuntersuchendenSachverständigenimmer 
sicherer zu untersuchen und mehr Fälle 
der gefährlichen Tuberkuloseformen zu 
ermitteln lernen, als zu Beginn ihrer 
Tätigkeit, da sie auf diesem neuen Spezial- 
gebiete klinischer Untersuchung erst noch 
Erfahrungen sammelten. Ferner wird als 
ein sichtbares Zeichen des Rückganges 
der gefährlichen Formen der Bindertuber- 
kulose die Abnahme der Schweinetuber- 
kulose in den Gehöften bezeichnet, in 
denen das Tilgungsverfahren zur Durch- 
ftthrung kommt. Weiter haben die probe- 
weisen Impfungen der tuberkulosefrei auf- 
gezogenen Kälber in der Provinz Ost- 
preußen, von den Beständen abgesehen, 
in denen die tuberkulosefreie Aufzucht 
der Kälber nicht mit der erforderlichen 
Sorgfalt geschah, ein glänzendes Ergebnis 
gehabt. In den preußischen Provinzen, in 
denen das von mir organisierte Tuberkulose- 
tilgungsverfahren staatlich unterstützt wird, 
sind die Besitzer verpflichtet, nach Ein- 
bürgerung des Verfahrens sämtliche Kälber 
mit Tuberkulin impfen zu lassen — bei 
Kälbern ist die Anwendung von Tuberkulin 
bedenkenfrei — die reagierenden zu 
schlachten und die nichtreagierenden Tiere 
zur Begründung eines reinen Bestandes 
dauernd getrennt zu lassen und nicht wieder 
in den alten Bestand zurückzubringen. 

Es steht also fest, daß es mit dem 
von mir organisierten Verfahren möglich ist, 
die Tuberkulose einzudämmen. Diesen 
Erfolg betrachte ich als die erste Etappe 
auf dem Wege zur Tilgung der Tuber- 
kulose. Die zweite Etappe ist die all- 



— 48 



gemein durchgeführte tuberkulosefreie 
Aufzucht und die Tuberkulinprüfung der 
Kälber, die zum Teil schon erreicht ist. 
Von der zweiten Etappe aus kann jeder 
Besitzer früher oder später zum Ziele der 
endgültigen Tuberkulosetilgung gelangen, 
je nachdem es ihm früher oder später 
möglich ist, das tuberkulosefrei aufge- 
zogene Jungvieh in einem Stall unter- 
zubringen, in dem sich tuberkulöse Rinder 
noch nicht befunden haben. So wird das 
Verfahren langsam, recht langsam, aber 
sicher zum Ziele führen, viel sicherer 
als das JBangsche, da ihm die Ent- 
täuschungen durch die nicht reagierenden, 
tatsächlich aber tuberkulösen älteren Tiere 
erspart bleiben werden. 

Hinsichtlich der von von Behring 
begründeten Schutzimpfung gegen die 
Tuberkulose kann ich mich kurz fassen; 
denn Sie alle sind durch die milchwirt- 
schaftliche Literatur über das Verfahren 
selbst und den Fortgang seiner Anwen- 
dung regelmäßig unterrichtet worden, 
von Behring hat, wie bekannt, die 
Entdeckung gemacht und als erster 1902 
publiziert, daß es möglich ist, Rindern 
durch die Einimpfung von menschlichen 
Tuberkelbazillen einen bestimmten Grad 
von Unempfänglichkeit gegenüber der 
Ansteckung durch Rindertuberkulose- 
bazillen zu verleihen. von Behring 
hat seinen aus abgeschwächten mensch- 
lichen Tuberkelbazillen bestehenden Impf- 
stoff Bovovakzin genannt. Koch, Schütz, 
Neufeld und Mießner haben virulente 
menschliche Tuberkelbazillen unter dem 
Namen „Tauruman^* zur Schutzimpfung 
gegen die Rindertuberkulose empfohlen. 
Die Taururaanimpfung arbeitet also nach 
dem gleichen Prinzip wie die Bovovakzin- 
impfung. Ich selbst habe weder Ver- 
suche mit dem Bovovakzin angestellt 
noch mit dem Taurum an und bin daher 
mit meinem Urteil lediglich auf die 
Arbeiten anderer angewiesen. Ich muß 
mich darauf beschränken, die Resultate 
von Versuchen mitzuteilen, die an drei 



verschiedenen Stellen in letzter Zeit ab- 
geschlossen wurden, und bei denen die 
tatsächliche Widerstandsfähigkeit der 
nach von Behrings Methode schütz- 
geimpften Rinder durch eine künstliche 
oder natürliche Infektion und hierauf 
folgende Obduktion geprüft worden ist. 
Erstlich haben Rossignol und Vallee 
am 10. Oktober 1906 auf Grund ihrer in 
Melun angestellten Versuche die Fol- 
gerungen aufgestellt: 

1. Daß die anfängliche, ziemlich be- 
deutende Resistenz gegenüber der 
intravenösen Infektion rasch abnimmt 
und bei manchen Individuen bereits 
gegen das Ende des ersten Jahres 
verschwindet; 

2. daß die Widerstandsfähigkeit gegen- 
über der Ansteckung durch mit 
offener Tuberkulose behaftete Tiere 
wenig ausgesprochen ist und sich 
nicht auf mehr als wenige Monate 
erstreckt. 

Hutyra in Budapest kam vor zwei 
Monaten an der Hand seiner Versuche 
und nach kritischer Würdigung der von 
anderen ausgeführten Schutzimpfungen zu 
dem Schluß, daß: 

1. Nach einer zweimaligen intravenösen 
Einverleibung menschlicher Tuber- 
kelbazillen die Widerstandskraft der 
Rinder gegenüber einer späteren 
künstlichen Infektion unmittelbar in 
bedeutendem Maße erhöht wird, 
daß aber 

2. die künstlich erhöhte Resistenz von 
nicht langer Dauer ist, sondern 
bereits gegen das Ende des ersten 
Jahres nach der Schutzimpfung 
erheblich abnimmt und nach einem 
weiteren halben Jahre vollends er- 
loschen sein kann. 

Die einmalige subkutane Injektion 
menschlicher Tuberkelbazillen, wie sie von 
von Baumgarten, Ligniferes und 
Klimm er empfohlen worden ist, stellt 
Hutyra hinsichtlich ihrer Schutzwirkung 
der zweimaligen intravenösen Impfung 



— 49 — 



gleich und er sagt weiter von der ein- I 
maligen intravenösen Injektion, wie sie i 
beim Gebrauch des Taurumans statt- 
findet, es sei anzunehmen, daß ihre Schutz- 
impfung hinter derjenigen der zweimaligen 
zurfickstehe. 

Eber in Leipzig hat das Ergebnis 
seiner in allerjüngster Zeit veröffentlichten 
Versuche dahin zusammengefaßt: 

1. Daß bei den nach von Behring 
schutzgeimpften Tieren eine gewisse 
Zeit hindurch eine erhöhte Wider- 
standskraft auch gegenüber der 
natürlichen Ansteckung besteht; 

2. daß dieser Impfschutz in der über- 
wiegenden Zahl der Fälle bei fort- 
gesetzter oder wiederholter natür- 
licher Infektion nicht ausreicht, um 
die Impflinge vor den Folgen der 
Ansteckung zu bewahren. 

Es erscheine daher aussichtslos, mit 
Hilfe des Schutzimpfungsverfahrens allein 
die Bindertuberkulose in stark verseuchten 
Beständen zu tilgen. Auch Eber ist der 
Ansicht, daß die aus seinen Versuchen 
mit dem von Behringschen Bovovakzin 
sich ergebenden Leitsätze auch für die 
Schutzimpfung mit Tauruman zutreffend 
sind, in Anbetracht der nahen inneren 
Verwandtschaft der Bovovakzination und 
der Taurumanimpfung. 

Versuchsergebnisse wie diejenigen von 
Eossignol und Vallee, Hutyra und 
Eber, lauter Männern, die sich zuerst 
begeistert über die Bedeutung der Tuber- 
kuloseschutzimpfung geäußert haben, 
müssen sehr ernüchternd wirken. Weitere 
Versuche müssen zeigen, ob ein Aus- 
bau der Schutzimpfung möglich ist, 
entweder durch Verbesserung der Impf- 
stoffe, wie dies von Behring, Arloing, 
ferner Vallee anstreben, oder durch 
eine besondere Art der Einverleibung, 
wie sie Calmette und Guerin, femer 
Hey maus empfehlen, oder durch perio- 
disch (etwa alljährlich) zu wiederholende 
Anwendung der Impfstoffe, wie dies 
Hutyra zur Erwägung gestellt hat. 



Doch hat Hutyra bereits auf ein Be- 
denken hingewiesen, das sich der jährlich 
wiederholten Injektion lebender mensch- 
licher Tuberkelbazillen entgegenstellt, 
nämlich auf den Umstand, daß sich künst* 
lieh einverleibte menschliche Tuberkel- 
bazillen langeZeit, nachLigni^res Unter- 
suchungen bei subkutaner Injektion bis zu 
zwei Jahren, lebensfähigimKörper erhalten. 
Dadurch würde die Verwendbarkeit des 
Fleisches der schutzgeimpften Tiere er- 
heblich beeinträchtigt werden. Schon 
dieser Umstand macht die periodisch zu 
wiederholende Schutzimpfung unausführ- 
bar. Hierzu kommt aber noch die viel 
größere Gefahr, daß die eingeimpften 
menschlichen Tuberkelbazillen mit der 
Milch ausgeschieden werden können, ohne 
daß das Euter — im Gegensatz zur 
natürlichen Infektion durch den Erreger 
der Rindertuberkulose — auffällige Ver- 
änderungen zu zeigen braucht.*) M. H. 
Diese eine Gefahr würde jeden Versuch 
verbieten, Färsen oder Kühe mit lebenden 
menschlichen Tuberkelbazillen zu impfen, 
wenn die einmalige oder wiederholte 
Impfung der Kälber im Stich läßt. 

Die Entscheidung über eine erfolg- 
reiche Verwendung der Schutzimpfung 
zur Bekämpfung der Tuberkulose ist 
hiemach der Zukunft vorbeLalten, und 
das Vertrauen auf einen Erfolg der Schutz- 
impfung darf uns nicht abhalten, diejenigen 
Methoden der Bekämpfung anzuwenden, 
mit denen eine Eindämmung und auch 

♦) Nach einer Mitteilung von Bongert hat 
es sich in einem Bestand, in dem sämtliche 
Tiere mit lebenden menschlichen Tuberkelbazillen 
schutzgeimpft worden sind, herausgestellt, daß 
ein Teil der schutzgeimpften weiblichen Tiere 
Tubcrkelbazillen mit der Milch ausschied, ohne 
daß sich in dem Euter tuberkulöse Veränderungen 
nachweisen ließen (vgl. S. 67 dieses Heftes). Mir 
selbst ist in der amerikanischen Versuchsstation 
Bcthesda ein ähnlicher Fall gezeigt worden. 
Eine IV4 Jahr zuvor mit menschlichen Tuberkel- 
bazillen geimpfte Kuh schied monatelang mensch- 
liche Tuberkelbazillen aus, ohne daß das Euter 
sinnfällige Veränderungen aufwies. 




eine Til 
maßen erziel 

Die Tuberkulosetilgung nach Bang und 
nach dem von mir organisierten Verfahren 
ist im wesentlichen Sache der einzelnen 
Züchter nnd der Zuchtverbände. Das 
Bangsche und das von mir empfohlene 
Verfahren kann von Staats wegen aber 
gewaltig gefördert werden durch die 
Einführung der Anzeigepflicht für die 
gefährlichen Formen der Tuberkulose, 
durch die amtstierärztliche FeststeUung 
dieser Formen und durch Gewährung einer 
Entschädung ftlr die mit diesen Erankheits- 
formen behafteten und zwangsweise zu 
schlachtenden Tiere. In Dänemark, Schwe- 
den und Norwegen ist diese Maßregel 
bereits für die Eutertuberkulose, in Frank- 
reich und Finland*) sowie in den Nieder- 
landen für alle gefährlichen Formen der 
Rindertuberkulose eingeführt, in den 
Niederlanden zunächst fakultativ, aber 
unter ausgezeichneter Kontrolle einer 
bakteriologischen Zentralstelle, nämlich 
des Reichsseruminstituts.**) In Deutsch- 
land soll die obligatorische Anzeigepflicht 
für die gefährlichen Formen der Tuber- 
kulose, die amtstierärztliche Feststellung 
und die Entschädigung für die zwangsweise 
zu schlachtenden Tiere demnächst durch 
eine Novelle zom Reichsviehseuchengesetz 
geregelt werden. 



*) In Frankreich ist unter dem 6. Oktober 
1904 die Tötung der mit klinischen Merkmalen 
der Tuberkulose behafteten Tiere vorgeschrieben 
worden. Ein systematisches Vorgehen gegen die 
klinisch erkennbaren Formen der Tuberkulose 
unter Kontrolle eines Zentralinstituts scheint aber 
in Frankreich noch nicht organisiert zu sein. In 
Finland wurde durch Zusatzbestimmungen zu 
einer Verordnung am 15.— 28. Januar 1904 an- 
geordnet, daß Rinder mit allgemeiner und mit 
Eutertuberkulose sofort getötet und die mit 
anderen Formen der Tuberkulose behafteten 
Kinder mit einem dauernden Kennzeichen ver- 
sehen werden. 

**) In den Niederlanden sind nach den An- 
gaben von Po eis, der das Tuberkulosetilgungs- 
verfahren in den Niederlanden leitet, seit £in- 
fflhrung des Verfahrens am 1. Januar 1905 



Das sind Marksteine in der Tuberkulose- 
bekämpfung. Der Deutsche Milchwirt- 
schaftliche Verein hat das Verdienst, durch 
die sachgemäßen Beschlüsse, die er in der 
Februartagung des Jahres 1900 gefaßt 
hat, in Deutschland das staatliche Vorgehen 
gegen die gefährlichen Foimen der Tuber- 
kulose mit in die Wege geleitet zu haben. 
Möge es dem Milchwirtschaftlichen Welt- 
verbande gelingen, das private und 
staatliche Vorgehen gegen die Tuber- 
kulose auf erfolgversprechender Grundlage 
in allen Kulturstaaten tatkräftigst anzu- 
regen zur Hebung der Milchwirtschaft, die 
in vielen Kulturstaaten den größten Teil 
des ländlichen Reichtums ausmacht, und in 
gleicher Weise zur Förderung des kostbar- 
sten Gutes, der menschlichen Gesundheit! 



Zur Frage der praktischen DurchfDbrung 
der Milchkontroile. 

Von 

Tierarzt HaiM Mestner-Karlsbad, 

Sohlaohthofdirektor. 

Von Jahr zu Jahr wächst die Zahl 
derjenigen Städte, die eine geregelte 
Milchkontrolle einführen, und es ist ein 
ehrendes Zeugnis für unseren Stand, daß 
in den weitaus meisten Fällen, sowohl 
in Deutschland wie auch in Osterreich, 
Tierärzte mit der Leitung dieser Kontrolle 
betraut werden. Daß diese Tatsache die 
Kreise der Chemiker nicht gleichgültig 
ließ, ist begreiflich. Die ganze Angelegen- 
heit ist jedoch erst in der Entwicklung 



17 142 tuberkulöse verdächtige Rinder von den 
Besitzern dem Staat zur Abnahme und Tötung 
angeboten worden. Hiervon wurden auf Grund 
der amtstierärztlichen Untersuchung 9200 Tiere 
als tuberkulös oder tuberkuloseverdächtig be- 
zeichnet und geschlachtet Die Schlachtung 
dieser Tiere ergab, daß SlProz. tuberkulös und 
hiervon wieder 98 Proz. mit offener Lungentuber- 
kulose behaftet waren, eine glänzende Be- 
stätigung, daß die offene Tuberkulose durch 
kliüische Untersuchung festgestellt werden kann 
und zwar mit größerer Sicherheit, als andere der 
veterinärpolizeilichen Bekämpfung bereits unter- 
liegende Seuchen, wie die Lungenseuche und 
der Kotz. 



— 51 — 



begriffen und, wenn die Chemiker im 
Laufe des weiteren Ausbaues der Milch- 
kontrolle sehen werden, daß es uns Tier- 
ärzten fern liegt, die rein chemischen 
Seiten der Milchuntersuchung für 
uns in Anspruch zu nehmen, so wird 
sich die Harmonie wieder herstellen. Eins 
jedoch können wir Tierärzte nicht mehr aus 
der Hand geben, und das ist die Fährung 
in der Milchkontrolle, in seinem wesent- 
lichen und wichtigsten Teil. Diese Kon- 
trolle ist, in ihrer jetzigen Ausgestaltung, 
ein rein tierärztliches Werk, an dem viele 
Kollegen mit Ausdauer und Anspannung 
aller ihrer Kräfte gearbeitet haben, und 
somit haben sich die Tierärzte nicht nur 
das Recht erworben, die Leitung dieser 
Kontrolle stets in ihrer Hand zu sehen, 
sondern sie haben dem ganzen Stande 
gegenüber auch die Pflicht, dieses neue, 
durch eigene Kraft geschaffene Arbeits- 
feld zu erhalten und zu bebauen. Daß 
es in den meisten Fällen Schlacht- 
haustierärzte waren, die an der Milch- 
kontrolle am eifrigsten arbeiteten, ist leicht 
begreiflich, da sie den Gremeindever- 
waltungen am nächsten standen und ihre 
in der Fleischbeschau betätigte Organi- 
sation vermuten ließ, daß sie auch das 
brach damiederliegende Feld der sanitäts- 
polizeilichen Milchkontrolle entwickeln 
werden. Die Tierärzte haben mit der 
vom Schlachthof mitgebrachten Ausdauer 
und Gründlichkeit die Arbeit begonnen 
und, man kann wohl sagen, bisher 
auch glücklich gefährt. Während man 
früher die Milchkontrolle nur von der 
chemischen Seite aus in Angriff nahm, 
begannen die Tierärzte, unter Wahrung 
des Wertes der chemischen Untersuchung, 
von der hygienischen Seite aus ihre 
Arbeit, und darin liegt der Wert ihres 
Erfolges. 

Wie beim Beginnen jeder Arbeit mußte 
man sich auch bei der Milchkontrolle 
fragen, was soll sanitätspolizeilich erreicht 
werden, welche gerechtfertigten Wünsche 
des Publikums sind zu berücksichtigen und 



nachTunlichkeit der Erfäilung zuzuführen? 
Hierbei zeigte es sich; daß das Heer der 
Milchkonsumenten sich in zwei Teile zer- 
legen ließ, wovon der eine, weitaus größere, 
lediglich eine wohlschmeckende, frische,^ 
unverfälschte und möglichst fettreiche 
Milch anstrebte, während der andere, 
kleinere und aufgeklärtere Teil außerdem 
noch das Verlangen stellte, daß die 
Milch auch beim Genüsse im rohen Zu- 
stande in keiner Weise die menschliche 
Gesundheit gefährde. Bei reiflicher Er- 
wägung der ganzen Sachlage wird man 
leicht einsehen, daß es richtig ist, 
vorerst bei der Einführung einer Milch- 
kontrolle die Wünsche der ersten größeren 
Gruppe in Erfüllung zu bringen, wodurch 
auch gleichzeitig die Vorarbeiten für die 
Durchführung der weitergehenden Forde- 
rungen von Gruppe zwei in Angriff ge- 
nommen werden können. 

Will man in einer Stadt mit der Ein- 
führung einer rationellen Milchkontrolle 
beginnen, so ist es vor allem notwendig, 
sich über die Art, wie selbe mit Milch 
versorgt wird, genau zu informieren. Zu 
diesem Zwecke ist zu erheben, ob im 
Orte selbst Milchproduzenten sind, wie 
selbe ihre Milchgewinnung eingerichtet 
haben und den Verkauf besorgen; femer 
ob Milch aus anderen Orten eingeführt 
wird, in welchen Mengen dies geschieht, 
auf welchen Straßen und in welcher Weise 
diese Einfuhr erfolgt und die Abgabe an 
die Konsumenten durchgeführt wird. Hat 
man sich auf diese Weise ein Bild der 
Milchversorgung entworfen, so schreitet 
man dazu, sich über die Qualität der 
Milch zu orientieren. Dies wird erreicht, 
indem man zahlreiche Probenentnahmen, 
wenn tunlichst in den Ställen, selbst vor- 
nimmt oder in der Umgebung von verläß- 
lichen Personen vornehmen läßt. Die Zu- 
sammenstellung der Untersuchungsresultate 
dieser Proben ist ein wertvolles Grund- 
material für die Anforderungen, die an 
die Handelsmilch dieser Gegend, ohne 
dem Produzenten und Händler Unrecht 



— 52 — 



zu tun, gestellt werden können. Ist dies 
geschehen, so geht man daran, eine Vor- 
schrift für den Verkehr mit Milch auszu- 
arbeiten. Muster derartiger Vorschriften 
sind heutzutage in großer Anzahl vor- 
handen; doch ist es stets notwendig, die 
örtlichen Verhältnisse hierbei weitgehendst 
zu berücksichtigen. Unumgänglich not- 
wendig sind hierbei folgende Anordnungen: 

1. Entsprechende feste, nicht abnehm- 
bare Bezeichnung der Milchgefäße be- 
zuglich ihres Inhalts. 

2. Meldezwang ftkr Milchhändler unter 
Angabe ihrer Bezugsquellen. 

3. Festlegung eines Minimalfettgehaltes 
der Vollmilch. 

4. Vorschriften über die Beschaffenheit 
der Gefäße, der Transportwagen und der 
Verkaufslokale, sowie der Art des Straßen- 
yerkaufs. 

Sehr zweckmäßig ist femer, wo es 
durchfuhrbar ist, die Bezeichnung jener 
Stellen an den Stadtgrenzen, an denen die 
Einftihr der Milch von auswärts zu erfolgen 
hat. Die Durchführung der Kontrolle 
wird hierdurch wesentlich erleichtert. 
Ist diese Vorschrift fertiggestellt und ge- 
nehmigt, 80 erübrigt noch die eigentliche 
Organisation des Eontrolldienstes. Der- 
selbe gliedert sich in drei verschiedene 
Abschnitte, nämlich: 

1. Die Untersuchung der Milch auf 
der Straße oder in den Geschäftslokalen 
und Produktionsstätten, verbunden mit 
Probenabnahme (Außendienst). 

2. Die Voruntersuchung der ab- 
genommenen Proben oder der im Außen- 
dienst beanstandeten Milch im Labora- 
torium des Tierarztes. 

3. Die eingehende Untersuchung von 
Milch je nach dem angestrebten Zwecke 
durch den Tierarzt oder den Chemiker, 
wobei als Bichtschnur zu gelten hat, daß 
Untersuchungen bezüglich der che- 
mischen Zusammensetzung, Wasser- 
zusatz, Abrahmung, Zusatz von 
Konservierungsmitteln usw. stets 
dem Chemiker, Untersuchungen be- 



treffs der Beurteilung der Milch 
bezüglich aller krankhaften Ver- 
änderungen, sowie die bakteriolo- 
gische Prüfung stets dem Tierarzte 
zu überlassen sind. 

Es dürfte autfallen, daß ich eine Vor- 
untersuchung nicht nur auf der Straße 
oder in den Geschäften, sondern auch im 
Laboratorium des Tierarztes empfehle 
und ich halte es daher für notwendig, 
dies näher zu begründen. Die Milch- 
kontrolle kann nicht, wie es bei der 
Fleischbeschau der Fall ist, sich auf die 
gesamte Milchmenge erstrecken, sondern 
muß sich mit Proben behelfen. Der Grund 
hierfür liegt, wie jedermann einsehen 
wird, einerseits in dem Bedürfnis der 
raschen Approvisionierung mit diesem 
Nahrungsmittel sowie in der leichten Ver- 
derblichkeit desselben, andererseits in dem 
Umstände, daß eine verläßliche Unter- 
suchung längere Zeit in Anspruch nimmt. 
Die Kontrolle wird daher um so besser 
sein, je mehr Proben zu untersuchen man 
imstande ist. Nun wird jeder, der sich 
mit der Durchführung einer solchen 
Kontrolle eingehend beschäftigt, sehr 
bald zu der Überzeugung gelangen, daß 
eine ledigliche Abnahme der Proben und 
Abgabe an den Chemiker zwecks Unter- 
suchung nicht zu dem gewünschten Ziele 
führen kann, da derartige Untersuchungen 
längere Zeit in Anspruch nehmen und, 
was bei einer zahlreichen Probeabnahme 
nicht übersehen werden darf, verhältnis- 
mäßig große Mengen von Milch abzu- 
nehmen erfordert. Gerade auf diesen 
letzteren Umstand möchte ich ganz be- 
sonders hinweisen. Zur Untersuchung 
durch den Chemiker ist die Überbringung 
gewöhnlich von 1 1 Milch notwendig. 
Zieht man nun in Beti acht, daß, um einen 
Überblick über die Beschaffenheit der 
Milch eines einzigen Händlers zu erhalten, 
mindestens zwei, meist jedoch vier und 
noch mehr Proben notwendig sind, so 
wird man einsehen, daß die Abnahme 
von 2—4 1 Milch bei einem Händler in 



— 53 — 



kürzeren Zwischenräumen, wenn nicht 
Bezahlung der Proben stattfindet, bald 
zu unangenehmen Erörterungen fuhren 
muß. Eine Bezahlung der Proben jedoch 
bedingt bei diesen Mengen Auslagen, 
die schon in einer mittelgroßen Stadt zu 
ganz ansehnlichen Summen anwachsen 
und oft die ganze Aktion in Frage stellen. 
Ich fasse daher die Aufgabe des Tier- 
arztes in der Milchkontrolle auch dahin 
auf, daß ihm, abgesehen von der rein 
tierärztlichen Eontrolle, auch die Arbeit 
zufällt, eine möglichst eingehende Unter- 
suchung der Milch nach allen Richtungen 
vorzunehmen, um auf diese Weise sich 
ein Bild über die Beschaffenheit der 
Milch der einzelnen Händler zu bilden 
und hierdurch leichter imstande zu 
sein, eine entsprechende Auswahl der 
dem Chemiker zuzuweisenden Proben zu 
treffen. Es soll hierdurch keineswegs 
eine Einschränkung der chemischen 
Arbeit oder gar eine Bevormundung des 
Chemikers Platz greifen, sondern haupt- 
sächlich vermieden werden, daß derselbe 
seine zeitraubende und mühevolle Arbeit 
bei solchen Milchen nutzlos verschwende, 
die schon nach der Voruntei-suchung ver- 
muten lasseu, daß auch eine eingehende 
chemische Analyse keine Beanstandung 
ergeben werde. Ist nun schon die Ab- 
gabe sämtlicher Proben in Orten, an 
denen sich ein chemisches Laboratorium 
befindet, nicht anzuraten, so kommt ein 
derartiges Vorgehen noch weniger in 
solchen Städten in Betracht, in denen ein 
solches Institut mangelt. Hier würde 
sich die Kontrolle durch die täglichen 
Auslagen für Postporto und Packmaterial 
noch ganz wesentlich verteuern. Ein 
Händler, der seine Milch wässert, tut 
dies gewöhnlich nicht einmal, sondern, 
wie ich mich im Laufe der Jahre über- 
zeugt habe, täglich. Es ist nun gewiß 
rationeller, die früh abgenommenen Proben 
im Laufe des Tages vom Tierarzt unter- 
suchen zu lassen und wenn hierbei ein 
Verdacht auf Wässerung sich zeigt, so- 



fort am andern Tage von dem betreffenden 
Händler ordnungsmäßig eine entsprechende 
Anzahl von Proben dem Chemiker zu 
übermitteln, der in mehr als 90 Proz. 
den Befund des Vortages bestätigen wird, 
als wahllos alle Proben ohne Auswahl 
gleich dem Chemiker zuzusenden. 

Es handelt sich itir den Tierarzt daher 
darum, einen derartigen Untersuchungs- 
] gang zu wählen, der ihn in den 
Stand setzt, mit einer verhältnismäßig 
geringen Menge einer Milchprobe, gegen 
deren Abnahme sich auch der ärmste 
Händler nicht sträubt, die also ohne Ent- 
gelt zu haben ist, ein möglichst sicheres 
üntersuchungsresultat zu gewinnen. Die 
Erreichung dieses Zieles hatte ich 
vor Augen, als ich in Karlsbad die Ein- 
führung der Milchkontrolle übernahm. 

Um sich ein Urteil über die Beschaffen- 
heit einer Milch bilden za können, ist 
die Ermittlung folgender Eigenschaften 
derselben notwendig: 

1. spez. Gewicht der Milch bei 
150 C, 

2. Fettgehalt, 

3. Trockensubstanz, 

4. fettfreie Trockensubstanz, 

5. spez. Gewicht der Trockensub- 
stanz bzw. Fettgehalt der Trocken- 
substanz, 

6. spez. Gewicht des Müchserums, 

7. eventuell der qualitative Nach- 
weis der Salpetersäure. 

Die Bestimmung des spez. Gewichtes 
mittelst des großen Laktodensimeters 
erfordert zirka 500 ccm, kam also nicht 
in Betracht. Auch die Mohr-West- 
phalsche Wage benötigt noch 100 ccm, 
und so blieb nur das Pyknometer übrig. 
Wiederholte vergleichende Gewichtsab- 
nahmen mittelst aller drei Methoden 
überzeugten mich, daß bei genauerem 
Arbeiten die erhaltenen Zahlen nur ge- 
ring in der vierten Dezimalstelle vari- 
ierten, trotzdem ich nur kleine Pykno- 
meter zu 5 oder höchstens 10 ccm ver- 
wendete. Ich entschied mich daher für 



- 54 - 



letztere. Die gleichmäßige Erwärmung 
der Milch im Winter und Abkühlung im 
Sommer auf stets 15o C ist natürlich für 
ein sicheres Resultat Bedingung, sowie 
iür rasches Arbeiten eine größere Anzahl 
vorher trocken und mit destilliertem 
Wasser von 15° C ausgewogener Pykno- 
meter unbedingt notwendig ist. 

Die Fettbestimmung erfolgt nach der 
Gerb ersehen Methode, die, wenn exakt 
ausgeführt, ganz vorzügliche Resultate 
liefert und nur 11 ccm Milch erfordert. 

Hat man Fett und spez. Gewicht auf 
.diese Weise ordentlich bestimmt, so ge- 
nügt es für die Voruntersuchung, die 
Trockensubstanz nach der Fleischmann- 
schen Formel zu berechnen oder aus 
entsprechenden Tabellen, die man sich 
für schnelles Arbeiten ein für allemal 
anlegt, abzulesen. Subtrahiert man den 
Fettgehalt von der Trockensubstanz, so 
erhält man die fettfreie Trockensubstanz. 
Das spez. Gewicht der letzteren, sowie 
den prozentualen Fettgehalt kann man 
gleichfalls nach Formeln sicher be- 
rechnen. 

Das Milchserum stellt man sich, wenn 
man nicht Zeit hat, das freiwillige Gerinnen 
abzuwarten, durch Beifügen einer ge- 
ringen Menge von Essigsäure und Er- 
wärmung der Milch bis 40^ C und nach- 
heriges Filtrieren her. Das spez. Gewicht 
wird wie bei der Milch nach Abkühlung 
auf 15^ C mit dem Pyknometer bestimmt. 

Was endlich den qualitativen Nachweis 
der Salpetersäure anbelangt, so erfordert 
selbiger nicht mehr als 5 ccm. Mit dieser 
Menge ist nach der von Möslinger an- 
gegebenen Methode, wie ich mich zu 
wiederholten Malen überzeugen konnte, 
der Nachweis auch ganz geringer Mengen 
von Salpetersäure leicht zu fuhren. Ich 
möchte jedoch darauf hinweisen, daß man 
auf diesen Untersuchungspunkt gänzlich 
verzichten kann. Das Fehlen der Salpeter- 
säure ist bekanntlich kein Beweis für die 
NichtWässerung und der Nachweis kein 
sicherer Beweis für die Wässerung, wenn 



nicht alle anderen Zahlen dafür sprechen. 
Ich habe wiederholt Milch untersucht, die 
ganz gewiß nicht gewässert war und die 
durch einen Rest von nitrathaltigem Spül- 
wasser stark auf Salpetersäure reagierte. 

Berechnet man nun die zu einer solchen 
ganzen Voruntersuchung notwendige Milch, 
so ergibt sich: 

11 ccm für Fettbestimmung, 
5 ccm für Salpetersäurenachweis, 
35 ccm für Serumgewinnung, 
10 ccm für Nachweis von Kon- 
servierungsmitteln. 

Im ganzen ca. 60 ccm Milch, da das 
zur spez. Gewichtsbestimmung derselben 
verwendete Quantum nicht zu zählen ist, 
da es wieder verwendet werden kann. 
Eine Menge von 60—70 ccm Milch aber 
läßt sich jeder Händler, auch wenn 4 und 
6 oder noch mehr derartige Proben auf 
einmal entnommen werden, ohneBezahlung 
zu verlangen, abnehmen. 

Mit dieser Art der Untersuchung läßt 
sich in leichter Weise auch eine Kontrolle 
des Schmutzgehaltes der Milch ver- 
binden. Wenn man nämlich die einge- 
lieferten Probenflaschen 1—2 Stunden 
ruhig auf ebenem Tische stehen läßt, so 
kann man bei vorsichtigem Hochheben 
der Flasche und Besichtigen der Boden- 
fläche von unten den zu Boden ge- 
sunkenen Milchschmutz deutlich sehen. 
Selbstverständlich müssen die Flaschen 
von farblosem Glase und mit ebenemBoden 
versehen sein. Den Kampf gegen den 
Milchsehmutz führe ich in der Weise, daß 
ich anfangs die Händler, deren Milch mit 
freiem Auge wahrnehmbaren Schmutz auf- 
weist, und deren findet man mehr als ge- 
nug, verwarne und sie mit dem Filtrieren 
der Milch durch Watte bekannt mache. 
Fruchtet dies nichts, so erfolgt die An- 
zeige zur Bestrafung. Durch dieses Vor- 
gehen war ich imstande, den Schmutz- 
gebalt der Milch, wenn auch langsam, aber 
wesentlich zu verringern. 

Was nun den sogenannten Außen- 
dienst bei der Milchkontrolle anbelangt. 



65 — 



so können hierfür intelligente Polizei- 
organe Verwendung finden, und es er- 
streckt sich derselbe in erster Linie auf die 
Evidenzhaltung der Händler, die Beauf- 
sichtigung der Einhaltung der Vorschrif- 
ten über Beinlichkeit der Lokale, 
Gefäße, Bezeichnung derselben usw., 
ferner auf die einwandfreie Probe- 
abnahme, auf die selbstverständlich das 
größte Gewicht zu legen ist, sowie die 
Untersuchung der Milch mittelst Lakto- 
densimeter. Andere Untersuchungsme- 
thoden habe ich ausgeschlossen, da sich 
in der Praxis deren Undurchfährbarkeit 
und geringe Verläßlichkeit herausgestellt 
hat. Das Kontrollorgan hat eine vor- 
läufige Beschlagnahme der Milch nur bei 
auffallend erniedrigtem spezifischen Ge- 
wichte sowie auffallender Verschmutzung 
vorzunehmen, oder wenn die Milch dem 
Aussehen, Geruch oder Geschmack nach 
deutlich vom normalen Zustande abweicht. 
Endlich hat das Eonti'oUorgan auch sein 
Augenmerk auf die mit der Milch han- 
tierenden Personen in der Richtung zu 
wenden, ob selbe etwa mit Hautaus- 
schlägen oder ansteckenden Krank- 
heiten behaftet sind, oder den Verdacht 
von vorgeschrittener Lungentuber- 
kulose erwecken. Diesbezflglich gemachte 
Beobachtungen sind, ohne die Parteien 
darauf aufmerksam zu machen, zu melden 
und werden dem Arzte zur Begut- 
achtung mitgeteilt. 

Mit einer Kontrolle, wie sie bisher geschil- 
dert wurde, wird man allmählich imstande 
sein, die Wünsche der eingangs erwähnten 
ersten und größeren Gruppe der Milch- 
konsumenten in Erfüllung zu bringen. 
Man erreicht aber hierdurch weiteres noch, 
daß man die Aufmerksamkeit des Publi- 
kums in erhöhtem Maße auf die Vorteile 
einer guten Milchkontrolle hinlenkt. Unter- 
stützt wird diese Arbeit durch Ver- 
öffentlichung der Beanstandungen sowie 
der Ergebnisse der Untersuchung über- 
haupt, namentlich der gefundenen Fett- 
g^alte. Gelingt es dann, in immer 



weiteren Kreisen das Interesse für eine 
möglichst einwandfreie Milchversorgung 
wachzurafen, so wird sich die Zahl der- 
jenigen Milchkonsumenten, die ich eingangs 
unter der Bezeichnung Gruppe n zu- 
sammenfaßte, stetig mehren und die Stadt- 
verwaltungen sowohl wie auch ganz be- 
sonders die Regierung werden sich dem 
Rufe nach einer gleichmäßigen allgemeinen 
Kontrolle der Milch nicht mehr tatenlos 
gegenüber verhalten können. Es ist so- 
dann die Zeit gekommen, in der man 
dazu übergehen wird, die Produktions- 
stätten von Milch auch auf dem 
Lande mit in die Kontrolle einzube- 
ziehen. Die regelmäßige tierärztliche 
Überwachung aller Milchkühe ist heutzu- 
tage keine Unmöglichkeit mehr. Diese 
Forderung ist bei einigermaßen gutem 
Willen der Regierung durchfahrbar. 
Es ist Pflicht der tierärztlichen Hoch- 
schulen, jetzt schon dafür zu sorgen, 
daß der angehende Tierarzt auch 
nach dieser Spezialrichtung hin voll- 
ständig, theoretisch sowohl wie auch 
namentlich praktisch, unterrichtet werde. 
Die Aufnahme der Milchkunde, d. i. der 
Lehre von der Untersuchung und Be- 
urteilung der Milch sowie der Milchtiere 
usw., unter die Lehr- und Prüfungs- 
gegenstände an unseren Hochschulen, 
ist demnach schon jetzt dringend geboten. 
In welcher Art und Weise die Be- 
aufsichtigung des gesamten Milchtierbe- 
standes zu organisieren wäre, kann der- 
zeit noch nicht mit Bestimmtheit gesagt 
werden, da diesbezügliche Erfahrungen 
fast voUständig mangeln. Außerordentlich 
naheliegend ist jedoch der Gedanke, diese 
Kontrolle mit dem Ostertagschen 
Tuberkulosebekämpfungsverfahren 
zu verbinden. In beiden Fällen spielt 
die Ermittlung der tuberkulösen Tiere 
oder der mit offener Tuberkulose be- 
hafteten und namentlich der an Tuber- 
kulose des Euters leidenden Tiere eine 
Hauptrolle. Hierbei ist es leicht, auch 
auf die für die Milchkontrolle wichtigen, 



— 56 — 



sonstigen Erkrankungen der Tiere über- 
haupt sowie besonders des Euters gleich- 
zeitig zu achten. DieVerbindung der beiden 
Maßregeln hätte aber auch noch den 
Vorteil, daß der Landwirt, der in der 
Milchkontrolle allein stets eine ihm un- 
bequeme Sache erblickt, derselben eine 
freundlichere Aufnahme bereiten dürfte, 
wenn sie in Begleitung der Tuberkulose- 
bekämpfung, mit staatlichem Ersatz der 
ausgeschiedenen Tiere, erscheinen würde. 
Wenn nun auf solche Weise der Kampf 
gegen all die Gefahren wirksam aufge- 
nommen wäre, die dem Menschen durch 
die Milch kranker Tiere drohen, so 
bliebe nur noch übrig, Vorkehrungen zu 
treffen, um jene Gefahren abzuwehren, 
die dem Menschen durch den Men- 
schen auf dem Umwege der Milch 
drohen. Mit anderen Worten, es gilt wirk- 
sam zu verhindern, daß menschliche Infek- 
tionskrankheiten durch die Milch ver- 
schleppt werden. Von diesen Krankheiten 
kommt neben Cholera, Scharlach, Diphtherie 
am meisten der Typhus abdominalis in 
Betracht. Die zahlreichen veröflFentlichten 
Fälle nachgewiesener Verschleppung von 
Typhus durch Milch machen ein Einbe- 
ziehen von Maßregeln dagegen unumgäng- 
lich notwendig. Es ist m. E. angezeigt, 
bei dem Auftreten von Tjrphusf&Uen, bei 
denen die Infektionsursache nicht klar 
liegt und in denen namentlich eine Infektion 
durch das Wasser nicht leicht angenommen 
werden kann, stets ein Hauptaugenmerk 
der Milch zuzuwenden. Nur genügt es 
nicht immer, die Nachforschungen auf 
den unmittelbaren Lieferanten der Milch 
allein zu beschränken, sondern sie sind 
auf alle Bezugsquellen von Milch, die nur 
einigermaßen in Betracht kommen, aus- 
zudehnen, da der Herd oft in einem 
entlegenen Dorfe liegen kann. Auch wäre 
bei den Erhebungen zu berücksichtigen, 
daß sich die einzelnen Händler häufig 
gegenseitig mit Milch im Geschäfte aus- 
helfen, wodurch Irreführungen bei der 
Erhebung der Provenienz der Milch leicht 



unterlaufen. Wo die Gefahr derartiger 
Seuchenverschleppungen öfters zu erwarten 
ist, empfiehlt es sich, vorbauend zu wirken. 
Dies wird hauptsächlich dadurch erreicht 
daß eine strenge Anzeigepflicht für 
alle derartigen Krankheiten, auch 
auf dem flachen Lande, eingeführt 
und genau überwacht wird. Die 
Anzeigen sind so rasch als tunlich dem 
Leiter der Milchkontrolle mitzuteilen, der 
aus seinen regelmäßigen Aufzeichnungen 
über die Herkunft der Milch leicht ent- 
nehmen kann, ob der angezeigte Fall 
bezüglich einer Verschleppung gefahrlich 
werden dürfte, und sonach die ent- 
sprechenden Maßregeln in Vorschlag zu 
bringen hätte. 

Es ist einleuchtend, daß eine derartig 
nach allen Richtungen gut geregelte Milch- 
kontrolle sich nicht förmlich über Nacht 
in einer Stadt einführen läßt. Namentlich 
was den hygienischen Teil derselben, und 
diesen erachte ich für den weitaus wich- 
tigeren, anbelangt, so ist es klar, daß 
man hierin nur langsam, gleichsam 
etappenweise arbeitend, etwas erreichen 
wird. Ich betrachte es schon als großen 
Fortschritt, daß man heutzutage eine 
derartige Kontrolle nicht mehr, wie es 
früher geschah, als Utopie bezeichnen kann, 
daß sie bei gleichmäßiger Unterstützung 
der Staats- und Komunalbehörden ganz 
wohl erreichbar ist, und daß sich die 
Erkenntnis in immer größeren Kreisen 
des Publikums Bahn bricht, daß eine ein- 
greifende großzügige Refoim auf diesem 
Gebiete endlich Platz greifen muß. 
Handelt es sich doch um ein tägliches 
Lebensmittel fiir beinahe alle Menschen, 
um ein wichtiges diätetisches Mittel für 
Bekonvaleszente und Kranke, und, das sei 
zum Schlüsse ganz besonders betont und 
hervorgehoben, um das unentbehrlichste 
Nahrungsmittel für unsere Kinder. Solch 
ein Nahrungsmittel zu sanieren, ist 
doch großer Anstrengung wert, und ein 
rühmliches Blatt in der Geschichte des 
tierärztlichen Standes soll es sein, auf 



— 57 — 



dem seine tatkräftigste Mitwirkung an 
diesem großen Werke einst verzeichnet 
wird. 



Gehen Rotlaufbazilten durch das normale 
Euter geimpfter Rinder in die Miich Ober? 

Von 

Dr. Oswald Sohrsiber und Kurt Neanam 

Direktor ÄBsiatent 

am bakt«rIologlsehen Instiliit der Beram-OeselUcbaft m. b. H. 
Landabere a. W. 

Die Frage, ob Botlaufbazillen in die 
Milch übergehen, hat neben dem theore- 
tischen für den hiesigen Ort ein prak- 
tisches Interesse, weil das Landsberger 
Rotlaufserum teilweise von Rindern ge- 
wonnen wird, deren Milch dem Verkehr 
übergeben wird. 

Es ist ja bekannt, daß eine Anzahl 
Contagia durch die Milch ausgeschieden 
wird, so der Bacillus tuberculosis bei 
Eutertuberkulose und tuberkulöser Allge- 
meininfektion (Koch, Bang, Nocard, 
Johne, Bollinger, Mc.Fadyean, zitiert 
nach Bievel, Handbuch der Milchkunde 
1907). Auch das Eontagium der Maul- 
und Klauenseuche geht in die Milch des 
infizierten Tieres über. Chamberland, 
Moussons, Nocard, Boux, Feser, 
Bollinger und Boschetti (1. c.) wiesen 
das Vorkommen der Milzbrandbazillen in 
der Milch der erkrankten Tiere nach; 
nach Jensens und Mowatkows Unter- 
suchungen soll dies indessen nur der 
Fall sein, wenn Hämorrhagien in der 
Mamma vorkommen. Pasteur, Nocard, 
Ronx konnten durch Verimpfen der 
Milch Tollwut übertragen (1. c.) Auch 
für das Kontagium der Lungenseuche ist 
die Möglichkeit des Überganges in die 
Milch anzunehmen. Femer wiesen Kitt, 
Bang, Heß, Guillebeau, Mollerau 
u. a. (1. c.) die infektiöse Natur bei 
Mastitiden nach. Es kamen hierbei in 
Betracht: 1. Bacillus phlegmasiae uberis; 
2. Staphylokokken; 3. Streptokokken; 
4. Galaktokokken; 5. Saprophyten (Bacillus 
mesentericus vulgaris). Es ist femer 
bekannt, daß sich in der Milch gesunder 



Frauen Staphylokokken und Streptokokken 
vorfinden können. 

Bei Rindern mit septischen Darmleiden 
gehen Kolibakterien leicht in die Milch 
über, die nun für Menschen pathogen 
sein kann. Nach Metritiden sind 
Staphylo-, Streptokokken, Kolibazillen, 
Fäulniserreger in der Milch gefunden 
worden (Rievel 1. c. S. 125). 

Foth gibt in einem Sammelreferate 
(B. T. W. 1907, Nr. 36, S. 647) an, daß 
Tuberkelbazillen, femer das Kontagium 
der Maul- und Klauenseuche, der Lyssa 
und die Erreger septikämischer und 
pyämischer Erkrankungen in die Milch 
übergehen. 

Über den Übergang der Rotlauf bazillen 
in die Milch der infizierten Tiere fanden 
wir in der uns zu Gebote stehenden Li- 
teratur keine Angaben. In der Generalver- 
sammlung preußischer Schlachthoftierärzte 
1907 (B.T.W. 1907, Nr. 26, S. 508) beant- 
wortete Ostertag eine Anfrage, ob die Rot- 
laufbazillen in die Milch übergehen können, 
im bejahenden Sinne, betonte aber, daß sie 
nicht auf den Menschen übergingen, wobei 
er nur die Fälle gemeint haben kann, wo 
Rotlaufbazillen in den Intestiualtraktus des 
Menschen bei völlig intakter Schleimhaut 
kommen. Auf jeden Fall bleibt hierbei 
zu bedenken, daß eine Infektion des 
Menschen durchRotlaufbazillen des öfteren 
in letzter Zeit berichtet worden ist. 
Damm halten wir es für möglich, daß, 
wenn sich Rotlaufbazillen in der Milch 
überhaupt vorfinden, auch eine Infektion 
des Menschen (z. B. bei Wunden an den 
Lippen und in der Mund- und Rachenhöhle) 
eintreten kann. Man bedenke hierbei 
ferner, daß sich die Virulenz der Rotlauf- 
bazillen, wie sie aus den gefallenen Tieren 
gezüchtet werden, erheblich in letzter 
Zeit gesteigert hat. Es ist mit Sicherheit 
anzunehmen, daß der Bacillus rhu- 
siopathiae suis, wenn Hämorrhagien in der 
Mamma bestehen, bei intravenös infizierten 
Rindern durch die Milch ausgeschieden 
werden kann, auch ist ein gleiches für den 



- 58 - 



Fall der Schädig^img des Euters durch 
andere pathologische Prozesse (Tuber- 
kulose) anzunehmen. Uns beschäftigt hier 
jedoch nur die Frage, ob durch das normale 
Euter Rotlaufbazillen hindurchgehen. 

Schon 1906 konnte der eine von uns 
in der Sammelmiich mitRotlauf immunisier- 
ter Rinder, deren Immunisierung ver- 
schieden weit fortgeschritten war, Rotlauf- 
bazillen niemals nachweisen. Die 
Impfversuche wurden vierzehn Tage 
hintereinander morgens und abends mit 
Voll- und Magermilch an grauen Mäusen 
(0,5 ccm subkutan) ausgeführt. Bei den 
ersten Versuchen starben die geimpften 
Mäuse an einer Streptokokkenseptikämie. 
Es zeigte sich nun bei genauerer Unter- 
suchung der Euter des Rinderbestandes, 
daß sich ein Rind darunter befand, das 
an einer Mastitis litt; nachdem die Milch 
dieses Tieres ausgeschaltet war, blieben 
die Mäuse bei den Impfversuchen am 
Leben. Wenn sich Rotlauf bazillen in der 
Milch gefunden hätten, hätten die Mäuse 
bei ihrer großen Empfänglichkeit fttr Rot- 
lauf — Vioo ccm tötet in der Regel, subkutan 
injiziert, eine Maus von 15 g in 1''4 bis 
3 Tagen — sterben müssen. Nach diesen 
Versuchen untersuchten wir die Milch 
eines Rindes während der ersten vier 
Wochen seiner Immunisierungsperiode. 

Es wurde aus dem Bestände ein junges, 
frischmilchendes Rind mit intaktem Euter 
ausgewählt, und dieses nach folgendem 
Schema mit zweitägigen Rotlaufbouillon- 
kulturen immunisiert: 

18. VI. 07 100,0 cm intravenös 

25. VI. 07 200,0 r, 

3. VII. 07 300,0 „ 

10. VII. 07 400,0 „ 

17. VII. 07 500,0 „ 
usw. 
Wir brachen die Untersuchung am 
18. Juli ab, da wir von der Erwägung 
aasgingen, daß mit der immer stärker 
werdenden Bakterizidie des Serums bei 
hoch immunen Tieren die Möglichkeit, 
Rotlaufbazillen in der Milch nachzuweisen, 
stets geringer wurde. Die Milch wurde 



dem Tiere morgens und abends ent- 
nommen; nach Säuberung des Euters mit 
3 Prozent. Borlösung wurden die ersten 
Strahlen vorbeigemolken und dann die 
nächste Milch in einem sterilen Eölbchen 
aufgefangen, ein Teil derselben wurde in 
sterile Zentrifugenröhrchen abpipettiert 
und diese 20 Minuten zentrifugiert bei 
ca. 2000 Umdrehungen in der Minute. 
Dann wurde die Milch bis auf einen 
kleinen Rest abgegossen und dieser mit 
dem Bodensatze aufgeschwemmt. Dieses 
Gemisch wurde an graue Mäuse verimpft 
und auf Agarkulturen ausgestrichen. Vom 
18. Juni ab bis zum 18. Juli wurden ins- 
gesamt 32 mal Proben der Morgen- oder 
Abendmilch oder der Morgen- und Abend- 
milch in dieser Weise geprüft. Hierbei 
ist es uns nicht gelungen, in der Milch 
des zur Rotlaufimmunisierung benätzten 
Rindes Rotlaufbakterien nachzuweisen. 
Wir schließen daraus, daß der Bacillus 
rhusiopathiae suis das normale Euter nicht 
passiert. Durch Tierversuch und auf Agar 
wurden sehr häufig Monokokken, Diplo- 
kokken, Streptokokken, Staphylokokken, 
koliähnliche Bakterien, plumpe Stäbchen, 
vereinzelt auch bipolare und milzbrand- 
bazillenähnliche Stäbchen in den Milch- 
proben nachgewiesen. Diese durch den 
Tierversuch und auf Agar erhaltenen 
Bakterien mußten aus dem Strichkanal 
stammen oder beim Melkakte in die Milch 
übergegangen sein. 



Kochprobe bei Gelbsucht der Schweine. 

Von 

Dr. KIppel-Leipzig, 

Amtttlerarzt. 

Seit nunmehr Jahresfrist prüfe ich 
bei jedem wegen Gelbsucht beanstandeten 
Schweine die Beschaffenheit des Fleisches 
durch eine Eochprobe und bin zu dem 
Resultate gekommen, daß mit wenig Aus- 
nahmen das Fleisch, insbesondere 
auch von den nur im geringen Grade 
mit Gelbsucht behaftetenSchweinen^ 
mit einem mehr oder weniger stark 
ausgeprägten Geruch nach Dünger 



— 59 — 



oder Jauche behaftet ist, der in zahl- 
reichen Fällen direkt als widerlich be-, 
zeichnet werden maß. 

Am deutlichsten macht sich diese Ab- 
weichung am gekochten Fleische wahr- 
nehmbar. Jedoch ist für den mit normalem 
Geruchssinn ausgestatteten Beschauer 
diese Beschaffenheit des Fleisches auch 
schon im frischen Zustande festzustellen, 
in einzelnen wenigen Fällen, wenn das 
Schlachtstück noch nicht erkaltet ist, 
schon auf Schrittweite. Läßt man der- 
artige Schweine ein oder mehrere Tage 
hängen, so nimmt der üble Geruch der 
Kochprobe nicht selten so weit ab, daß 
das Fleisch als im Genußwerte erheblich 
herabgesetzt noch Verwertung finden 
kann. Vielfach aber muß das Fleisch 
als untauglich zum Genüsse für Menschen 
erklärt werden, weil der widerliche Geruch 
nach drei und mehr Tagen im hohen 
Grade bestehen bleibt. 

Zwar ist eine Erkrankung von 
Menschen durch den Genuß derartigen 
Fleisches noch nicht beobachtet worden. 
Immerhin liegt es aber nicht nur im 
Interesse der Fleischbeschau, sondern 
auch sehr im Interesse des Beschauers, 
bei der Beurteilung auf diese Eigen- 
tümlichkeit gelbsüchtigen Schweine- 
fleisches £ücksi<^ht zu nehmen, wenn er 
sich nicht unangenehmen Überraschungen 
aussetzen will. 

Daß die Gelbsucht aller Schlachttier- 
gattungen mit Geruchsabnormität des 
Fleisches einhergehen kann, liegt auf der 
Hand. Man nimmt dann in der Regel 
als Ursache irgendwelche septischen, 
jauchigen Prozesse im Tierkörper an; 
abgesehen von Fleischgeruch, entstanden 
infolge einer Fütterung mit ungeeigneten 
Futtermitteln, oder von Geschlechtsgeruch 
u. a. m. 

Wie es den Anschein hat, nimmt das 
Schwein in dieser Beziehung eine Sonder- 
stellung ein. 

Meine Untersuchungen erstreckten sich 
insgesamt auf 23 Schweine, die wegen 



mäßiger Gelbfärbung infolge von Gelb- 
sucht beanstandet worden waren. Es 
handelte sich hier nur um den hepa- 
togenen, nicht aber um den häma- 
togenen Ikterus und vor allen Dingen 
nicht um Gelbfärbung durch Fütterung. 
Bei 14 dieser Schweine lag ausgesprochene 
chronische Hepatitis und bei 9 fettige 
Entartung der Leber, zum Teil mit 
Schwellung, vor. 

Die 23 gelbsüchtigen Schweine waren 
in zweierlei Gruppen einzuteilen: 

a) 11 Schweine ohne Gegenwart von 
jauchigen Abszessen oder Phlegmonen, 

b) 12 Schweine mit Gegenwart von 
jauchigen Abszessen oder Phlegmonen. 

Von der ersteren Gruppe befanden 
sich 8 Stück im besten oder guten Nähr- 
zustande; 2 Stück waren gering genährt, 
1 Stück abgemagert. Nur bei einem 
dieser Schweine zeigte die Kochprobe 
ein normales Ergebnis, während alle 
anderen mehr oder weniger mit dem un- 
angenehmen oder widerlichen Geruch be- 
haftet waren. 

Die 12 Schweine der zweiten Gruppe 
waren alle mit der Geruchsabnormität bei 
der Kochprobe behaftet. Von diesen waren 
7 gut, 5 gering genährt. Bei 2 Stück 
der letzteren 5 Schweine wurde eine 
schleichend verlaufende, mortifizierende 
Pleuropneumonie vorgefunden. Die übrigen 
10 Schweine der Gruppe b wiesen 
phlegmonöse Abszesse entweder in der 
Hals- und Kehlgegend oder in der Scham- 
und Bauchgegend (männliche Tiere) auf 
und nur eins davon ausgedehnte, unvoll- 
kommen abgekapselte Abzesse in beiden 
Hinterschenkeln. 

Über das Zustandekommen des unan- 
genehmen Fleischgeruchs bei denjenigen 
gelbsüchtigeu Schweinen, die jauchige 
Prozesse nicht darbieten, läßt sich ein 
endgültiger Schluß noch nicht ziehen. 
Es wäre wohl zu erwägen, ob diese Er- 
scheinung bei Schweinen nicht zurück- 
geführt werden könnte auf ein Übergehen 
von Darmgasen in das Fleisch als eine 



60 — 



Folge abnormer Gärungsprozesse imüarm- 
kanal. 

Herrn Amtstierarzl Wenzel- Chemnitz, 
der die Güte hatte meine Wahrnehmungen 
an einzelnen Fällen im dortigen Schlacht- 
viehhofe zu kontrollieren und zu be- 
stätigen, statte ich an dieser Stelle 
meinen Dank ab. 

Es wäre wünschenswert, daß auch 
von anderen Seiten die vorstehenden 
Feststellungen auf ihre Richtigkeit geprüft 
und Äußerungen hierüber der ÖflFentlich- 
keit übergeben würden. 



Ein neuer Betäubungsapparat fUr 
Schlachttiere. 

Von 

Lemnens-Maastricht, 

ScbUchtbofdlrcktor. 

Seit einigen Jahren ist am Maastrichter 
Schlachthof ein Betäubungsapparat für 
Schweine im Gebrauch, bei dem durch 
eine starke Feder ein Stahlbolzen in das 
Gehirn geschossen wird. Früher wurde 
der Bolzenapparat von Eleinschmidt ge- 
braucht. Allein die dann und wann vor- 
kommenden Verwundungen von Personen 
durch den Hammer veranlaßten mich, 
nach einem anderen Apparat mich um- 
zusehen. Erst dachte ich an den 
Stoff sehen Kugelschußapparat, der hier 
für das Betäuben von Großvieh im Ge- 
brauch ist. Die Erwägung aber, daß ein 
ziemlich großer Betrag für Patronen hätte 
ausgegeben werden müssen, hielt mich 
davon zurück. 

Mitte 1902 erhielt ich zum Ausprobieren 
vom hiesigen Mechaniker Pilet einen 
neuen Apparat, „Percuteur" genannt. 
Dieser wurde nach meinen Angaben ver- 
bessert und wird jetzt ausschließlich nicht 
nur am hiesigen, sondern auch an den 
meisten anderen holländischen Schlacht- 
höfen zum Betäuben der Schweine ge- 
braucht. Seit Sommer 1902 sind hier mit 
dem Apparat etwa 97 000 Schweine be- 
täubt worden, und der Apparat hat sich stets 
vorzüglich gehalten. Er wiegt 7 kg, hat 
eine Länge von 1,20 m und besteht aus 



einer Stange mit Stahlspitze, 
die durch eine starke Feder 
von 270 kg Kraft in das 
Gehirn geschossen und 
durch eine zweitere schwä- 
chere Feder wiederum aus 
das Gehirn zurückgetrieben 
wird. Diese zweite Feder 
hat überdies den Zweck, 
daß der Apparat durch den 
starken Schwung nicht zer- 
trümmert wird. 

Die Stahlspitze ähnelt 
der des Troikars, hat aber 
außerdem noch drei abste- 
hende scharfe Ränder, wo- 
durch die Knochenstückchen 
mitgenommen werden und 
in dem Schädeldach ein 
rundes Loch entsteht. Um 
das Zurückziehen der Spitze 
zu erleichtern, ist der Hals 
davon auch dünner gemacht. 

Die Stange und die 
Federn liegen in einem Stahl- 
rohr mit Gewehrlauf. Durch 
einen inderSchlachthalle an- 
gebrachten Hebel wird die 
Feder angezogen und dann 
durch einen Hahn auf einem 
auf der Stange sitzenden 
Zylinder festgehalten. Ein 
auf dem Gewehrlauf ange- 
brachter Ring (a) dient dazu, 
den Apparat aufzuhängen. 

Beim Gebrauch muß der 
Apparat stark gegen den 
Schweinekopf gedrückt wer- 
den, um den Rückstoß zu 
brechen. Die Anwendung 
des Apparates ist nicht er- 
müdend; denn in dem mir 
unterstellten Schlachthof, in 
dem an einem Vormittage 
etwa 150 Stück Schweine 
geschlachtet wurden, genügt 
ein einziger Gehilfe zu seiner 
Bedienung. 



L,,.i 



— 61 — 



Referate. 



Schmidt» W. A., Dntersnehungen fiber 

die Enengnng lioeliwertiger Maskel- 

eiwei^-Antisera ffir die Fleiselidifferen- 

zierung. 

(Biochemische Ztechr. 1907, V. Bd., 6. a. 6. Heft, S. 4tt— 487.) 

Sch. gelang es, wenn er fBr die Her- 
stellung von Blnteiweiß- und Maskelei weiß- 
antisernm nach den Angaben von Nötel 
and Rappin verfahr, nicht, ein für prak- 
tische Zwecke braachbares, präzipiteren- 
des Seram von Kaninchen zn erhalten. 
Die von Loele (Münchener Medizinische 
Wochenschrift 1906) angegebenen Ver- 
Sache, dem Fleischsaft Formalin in ge- 
ringen Mengen C/j— 2 Proz.) zur Ab- 
tötung der Bakterien zuzusetzen, und so 
ein keimfreies Injektionsmaterial zu er- 
halten, scheint Sch. nicht bei seinen Unter- 
suchungen berücksichtigt zu haben. Er 
filtrierte vielmehr, wie dies schon in vielen 
Laboratorien fiblich, aber anscheinend 
noch nicht beschrieben ist, den Fleisch- 
saft durch Berkefeldkerzen und erhielt 
schon nach wenigen Injektionen ein Serum, 
das reich an Muskel- und Bluteiweiß- 
Präzipitin war. Die stark giftige Wir- 
kung des unfiltrierten Saftes beruht nach 
Sch.s Ansicht auf dem hohen Gehalt an 
Bakterien, nicht auf den im Fleischsaft 
etwa vorhandenen Toxalbuminen, wie dies 
Piorkowski, Grund und Ascoli an- 
nahmen. 

Interessant ist Sch.s Hinweis auf eine 
schon von Ruppin angegebene Fehler- 
quelle. Es kann nämlich infolge eines 
hohen Gehaltes an Fleischmilchsäure in 
dem zu untersuchenden Fleischsafte spon- 
tan nach Zusatz eines beliebigen Serums 
eine der spezifischen Reaktion täuschend 
ähnliche Trübung und auch Fällung ein- 
treten. Statt der von einigen Autoren 
angegebenen Alkalisierung mit Sodalösung 
empfiehlt Sch., als Neutralisationsmittel 
Magnesiumoxyd zu benutzen, und zwar 
nui* chemisch reines karbonatft'eies 
Magnesiumoxyd, da letzteres weniger 
leicht löslich ist als Magnesiumkarbonat 



oder das aus ihm entstehende Magnesium- 
bikarbonat. Infolge seiner Schwerlöslich- 
keit verhindert es, gleichsam von selbst, 
daß ein Überschuß von Alkali auftritt. 

Femer macht Sch. auf eine gewisser- 
maßen „paradoxe Eigenschaft der Anti- 
sera'^ aufmerksam, die in der Praxis volle 
Beachtung verdient, nämlich auf die bis- 
her unerklärt gebliebene Tatsache, daß 
„ein Antiserum neben dem Präzipitin auch 
das zur Vorbehandlung der Kaninchen" 
verwandte (also präzipitable) Eiweiß ent- 
halten kann, ohne daß im Antiserum selbst 
eine Wechselwirkung zwischen beiden 
eintritt, und zweitens, daß dies präzi- 
pitable Eiweiß, welches sich im „latenten" 
Zustande im Antiserum befindet, durch 
das Präzipitin eines anderen (mit gleicher 
Blutart vorbehandelten!) Kaninchens aus- 
gefällt wird". Die Anwendung solcher 
Sera kann, wenn beispielsweise nach Ver- 
brauch des Inhaltes einer Tube mit präzi- 
pitierendem Serum eine zweite eröffiiet 
wird, und aus dieser nur wenige Tropfen 
zu der ersten Versuchsreihe zugesetzt 
werden, zu verhängnisvollen Irrtümern 

fahren. Pfeüer. 

Albreehty Über ein paar Yersaclie beim 
Geflügel. 

(Wochenschrift f. Tierheilknnde u. Vlehsncht 1907, Nr. 87.) 

Einem Huhn wurden dreimal in 
Zwischenräumen von acht Tagen je 0,1 g 
Jodkali in Wasser gelöst eingegeben. 
Die 22 Stunden nach der ersten, 
15 Stunden nach der zweiten und 
18 Stunden nach der dritten Eingabe 
gelegten Eier enthielten Jod, sowohl 
Dotter und Eiweiß, als auch Eihaut und 
Schale. Eine Einreibung von Jothion- 
lösung (1 g Joth. in 5 g Spirit.) und von 
Jodsalbe auf die Haut an der Brust 
ergab dasselbe Resultat. Das Jod ist in 
den Eiern als Jodkali, nicht aber als Jod- 
fett oder Jodeiweiß enthalten. Größere 
Mengen von Jod erzeugten bei Hühnern 
und Enten weder eine Beeinträchtigung 



62 — 



des Allgemeinbefindens, noch eine Abnahme 
der Legetätigkeit. 

Ein anderer Versuch bezweckte die 
Feststellung, ob Hühnern komradehaltiges 
Futter Schaden bringe. Da die Hühner 
die Eomradesamen nicht fraßen, so 
wurden diese pulverisiert und den 
Tieren eingegeben. Trotz Eingabe von 
größeren Mengen trat eine Erkrankung 
nicht ein; es ist daher anzunehmen, daß 
das in der Kornrade enthaltene Gift(Saponin 
oder Sapotoxin) im Verdauungsapparat 
zerlegt und unschädlich gemacht wird. 

Broll. 

Franeisque Janln, Becherches sar la 
sarcosporidie da moaton. 

(Archive« de Parasltologie Tome XI, Nr. 2, 10. Ferrler 1907.) 

Nach Aufzählung der Literatur gibt 
Verfasser eine morphologische Be- 
schreibung der Zyste. Hieran schließt 
sich eine Schilderang der Entwicklung 
der Sarkosporidien und der Symptome 
einer Sarkosporidien-Infektion. Bei den 
Camivoren erfolgt die Infektion durch 
Sporozoiten wahrscheinlich, aber nicht 
ausschließlich, mittelst des Digestions- 
traktus, bei den Herbivoren mittelst eines 
Zwischenwirtes oder einer bisher un- 
bekannten Zystenform. Die Kultur der 
nierenförmigen Körperchen würde das 
Rätsel lösen. 

Knuth. 

Bonstedt, A., Einiges fiber sibiriselie 
Binderpest. 

(RnsB. med. Rundscbau 1907, S. 101—108.) 

Verf., 1898 und 1899 beim Bau der 
sibirischen Bahn als Arzt tätig, sah 
40 Fälle von Übertragung der „sibirischen 
Rinderpest" (Milzbrand, D. Ref.) auf den 
Menschen; von diesen endigten neun töd- 
lich. Die Milzbrandpustel befand sich in 
21 Fällen an den oberen, in neun an den 
unteren Extremitäten. Besonders erwähnt 
wird ein Fall, in dem die Infektion auf 
einen Fliegenstich in die Zunge zurück- 
geführt wird. Städte. 



Höyberg, H., Bilden sich bei der 
Trichinose toxische Stoffe? 

(Zeiteehr. f. TiermedlxlD, XL Bd., 6. tirtt, 8. 455.) 

Aus den Versuchen Höybergs geht 
hervor, daß das Blutserum frisch trichini- 
sierter Tiere keine toxischen Stoffe ent- 
hält, die imstande wären, bei anderen 
Tieren eine Erkrankung hervorzurufen. 

0. 

Shitayama^ Über Pathogenität des Hanse- 
typhnsbazillns für Menschen. 

(Mflnchener medishiiscbe WocbeoMbrift 1907, Nr. 20.) 

Sh. berichtet über mehrere vereinzelte 
und Massenerkrankungen in Japan, die 
auf mangelnde Vorsicht bei der Ver- 
wendung von Mäusetyphuskulturen zurück- 
zuführen waren. Orabcrt. 



Beehtsprechuns* 

— Die Vermietung vea KQbIzelleii eines SfTent- 
liehen Sehlaohthaueee diireh Privatvertrag Ist nicht 
etatthaft Die Klhlzellen niBesen vielmehr den ar 
Benutzung des Sehlaohthaueee berechtigten Schiftcb- 
tem gegen Entrichtung derjenigen Gebühren, die In 
dem Scblacbthausgesetze vem 18. März 1868, 
9. IMrz 1881, 29. Mal 1902 eingefOhrt sind, Ober- 



Entecheidnng des Oberverwaltungsgerichts 
vom 11. Juni 1907 (MiniBterialblatt der KgK 
Preuß. Verwaltung fflr Landwirtschaft, Domänen 
und Forsten 1907, Nr. 10). 

Der Magistrat zu St. hatte, wie an dieser 
Stelle seinerzeit mitgeteilt wurde, beschlossen, 
die Eühlzellen des Schlachthofes nur an solche 
Schlächter zu vermieten, die sich verpflichteten, 
kein von außerhalb nach St. eingef Qhrtes Fleisch 
in St feilzubieten oder zu verarbeiten. Der 
Magistrat erklärte sich außerstande, einer Auf- 
forderung des Regierungspräsidenten auf Auf- 
hebung dieses Beschlusses nachzukommen. Der 
Regierungspräsident hatte das Kühlhaus fOr einen 
integrierenden Teil des Schlachthofes und den 
Beschluß des Magistrats zu St. für einen gleich 
unzulässigen Eingriff in die Gewerbefreiheit der 
Fleischer wie in die Freizügigkeit des Fleisches 
erklärt 

Das Oberverwaltungsgcricht entschied im 
Sinne des Beklagten, des Regierungspräsidenten, 
daß die Einheit zwischen Schlacht- und 
Kühlhaus zu bejahen sei, und deshalb die Be- 
nutzung der Kflhlzellen den zur Benutzung des 
Schlachthauses berechtigten Schlächtern nicht 
vorenthalten werden dürfe. 



63 — 



— Gewihrlelstuni bei Verkauf Moh Sohlacht- 
gewicht. 

Das Landgericht in Görlitz hat nach der 
„Allg. Fleischer-Zeitung^ in einer Streitsache 
wegen Bezahlung des Kaufpreises fttr einen 
Binneneber die Klage des Verkäufers auf Zahlung 
des vollen ausgehandelten Preises für das 
Schlachtgewicht abgewiesen und die Bezahlung 
des Freibankerlöses als zulässige Minderung des 
Kaufpreises erklärt. „Es sei angemessen, daß 
der £igentaiaer eines Tieres, dessen Fleisch auf 
der Freibank verkauft wurde, an den Verkäufer 
nicht den vollen Kaufpreis, sondern nur den 
Freibankerlös zahle.^ 



Ausführung des Fleischbesehau- 
gesetzes und andereTagesfragen. 

— Regeluni der Flelechbeeohau bei Beurlaobttni 
ven Tierärzten, die mit der erdentllohen Fleiecb- 



Tierarzt M. in Ketzin teilt mit, daß auf 
eine Eingabe der Stadt Ketzin an die zuständige 
Königl. Kegierung die Fleischbeschau, die an- 
läßlich seines Urlaubs zuerst dem nichttierärzt- 
lichen Beschauer in K. überwiesen worden 
war, dem Herrn M. vertretenden Tierarzt über- 
tragen wurde. Um die Angelegenheit ein für 
allemal zu regeln, ist die Stadt K. erneut dahin 
vorstellig geworden, daß im Falle der Behin- 
derung M.8 die Fleischbeschau regelmäßig seinem 
tierärztlichen Vertreter übertragen werden kann. 

— Dürfen Privaten gehörige Schweine, wenn 
ele als bedingt tauglich eder minderwertig bettenden 
werden, den Besitzern zur Verwendung In eigenen 
Hauahaft ohne weiteres zurflckgegeben werden? 

Anfrage des Schlachthofdirektors D. in B. 
Hier ist bisher in solchen Fällen den Be- 
sitzern zu Protokoll eröffnet worden, welcher 
Beanstandungsgrund vorlag, und wie das Fleisch, 
ob roh, gepökelt oder gekocht, verwendet 
werden darf. £s scheint mir dieses Verfahren 
nach dem neuen Freibankentwurf, wonach nur 
das zum Verkauf bestimmte Fleisch der Frei- 
bank überwiesen werden soll, grundsätzlich 
richtig zu sein. Ich habe aber Bedenken, be- 
dingt taugliches Fleisch ohne die vorgeschriebene 
Zubereitung dem Besitzer zurückzugeben, da mit 
der Zurückgabe jede Kontrolle aufhört. 

Antwort: Der Freibankzwang schließt in 
der Tat nicht aus, daß minderwertiges Fleisch 
roh, bedingt taugliches aber erst nach erfolgter 
Tauglichmachung dem Eigentümer zur Ver- 
wendung im eigenen Haushalt überlassen wird 
(vgl. Schroeter, Fleischbeschaugesetz, 2. Aufl., 
S. 360). 



— Ist ee zuläselg, den mit der Ergänzungs- 
lleleohbesohau beauftragten Tierärzten gleichzeitig 
die Beschau des nach auswärts auszuführenden 
Flelechee zu Obertragen? 

Haben Gemeinden, In die derartiges Fleisch ein- 
geführt wird, die Berechtigung, eine Nachunter« 
suchung zu verlangen? 

Anfrage des Schlachthof direktors C. in D. 
(Rheinprovinz). Aus der Stadt G. werden in 
letzter Zeit ständig größere Mengen frischen 
Fleisches den Dortmunder Fleischmärkten zu- 
geführt Dieses Fleisch ist mit dem Stempel 
„Tierarzt K.^ versehen. Da, so viel hier bekannt, 
in der betreffenden Stadt die Fleischbeschau 
durch Laienfleischbeschauer ausgeführt wird, 
wurde von der OrtspolizeibehOrde eine Auskunft 
hierüber erbeten. Diese hatte folgenden Wort- 
laut: „Die Schlachtvieh- und Fleischbeschau ist 
hier fünf Laienfleischbeschau em übertragen 
worden. Metzger und Händler, welche Fleisch 
nach Gemeinden mit Schlachthauszwang aus- 
führen wollen, sind jedoch befugt, die Beschau 
durch einen Tierarzt ausführen zu lassen.^ Da 
eine „Befugniserteilung^ den bestehenden gesetz- 
lichen Bestimmungen wohl kaum entspricht, 
sondern nur eine amtliche Übertragung der Be- 
schau zulässig ist, wurde das zuständige Land- 
ratsamt um nähere Aufklärung der bestehenden 
Verhältnisse gebeten. Die von dieser Stelle er- 
teilte Auskunft hat folgenden Wortlaut: „Dem 
früheren tierärztlichen Ergänzungsbeschauer Seh. 
war durch Verfügung vom 30. März 1905 J. Nr. 5754 
die Genehmigung erteilt worden, im Stadt- und 
Amtsbezirk G. die Schlachtvieh- und Fleisch- 
beschau sowie die Trichinenbeschau in allen den- 
jenigen Fällen auszuüben, in denen eine Aus- 
führung des frischen Fleisches nach Städten mit 
Schlachthauszwang beabsichtigt ist. Nachdem 
Seh. sein Amt niedergelegt hat, ist den tierärzt- 
lichen Ergänzungsbeschauem W. und K. die Be- 
fugnis versehentlich nicht erteilt worden Es ist 
dies indessen jetzt nachgeholt worden. '^ 

Auch hier ist wieder von einer Befugnis- 
erteilung die Rede. Nach diesseitigem Dafür- 
balten deckt sich ein derartiges Verfahren nicht 
mit den im § 5 enthaltenen Bestimmungen des 
Reichsfleischbeschau gesetzes und ebensowenig 
mit denen des § 5 der hierzu erlassenen Aus- 
führungsbestimmungen. In Frage kommen könnte 
nur der § 7 der Preußischen Ausführungs- 
bestimmungen, nach denen es zulässig ist, 
approbierte Tierärzte zu Stellvertretern der Be- 
schauer für bestimmte Fälle zu bestellen. 

Von Interesse wäre es, zu wissen, ob in 
anderen Bezirken ähnliche Verhältnisse bestehen 
und wie dieselben dortselbst beurteilt und be- 
handelt werden. Da die Frage von prinzipieller 



— 64 — 



Bedeutung ist, wäre eine bestimmte Auskunft 
hierüber sehr erwünscht. 

Antwort: Im Königreich Preußen kann 
auf Grund des § 7 A. B. J. die Bestellung von 
Tierärzten zur Vornahme der Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau in fremden Beschaubezirken bei 
Tieren erfolgen, die nach Schlachthofgemeindcn 
ausgeführt werden sollen. Durch die an- 
gegebene Anwendung des für die Kegelang 
der Fleischbeschau sehr wichtigen § 7 A. B. J. 
ist der frühere Mißstand beseitigt worden, daß 
Tiere nach Schlachthofgemeinden ausgeführt 
wurden, die nur der tierärztlichen Fleischbeschau, 
nicht dagegen der tierärztlichen Schlachtvieh- 
beschau unterlegen hatten. 

— Bekänpflino enzootischer Kubptokea in einem 
MIlohviehbestand. 

Unter dem Rinderbestande des Dominiuros 
N.-R. werden seit Jahren Pockenerkran- 
kungen beobachtet Während nach Angabe 
des Inspektors früher immer nur ein verhältnis- 
mäßig geringer Teil der Kühe von der Krankheit 
betroffen wurde, hat sie in diesem Herbst eine 
größere Ausdehnung erreicht, so daß etwa 
ein Drittel des Bestandes erkrankt ist 
Die meist erheblichen entzündlichen Erschei- 
nungen an den Zitzen der Kühe bedingen einen 
Rückgang in der Milchproduktion. Dazu 
kommt noch, daß Übertragungen der Pocken 
auf mehrere Melkerinnen vorgekommen sind. 
Da die üblichen Vorbeugungsmittel die Aus- 
breitung der Krankheit nicht zu hemmen ver- 
mochten, bin ich befragt worden, ob nicht durch 
Impfung der Kühe dem Übel gesteuert werden 
könnte. Bezüglich der wirtschaftlichen Verhält- 
nisse auf dem bez. Dominium möchte ich nun 
bemerken, daß dort seit einigen Jahren das so- 
genannte Abmelkvorfahren geübt wird. Es 
werden dreimal im Jahre, und zwar im April, 
September und Dezember je 14 Stück frisch- 
milchende Kühe angekauft, während die älteren 
nach einer etwa IVa jährigen Milchnutzung an 
den Fleischer abgegeben werden. Der ständige 
Wechsel des Bestandes und die immer wieder 
auftretenden Erkrankungen gaben nun zu er- 
wägen, ob es nicht ratsam wäre, die frisch ge- 
kauften Kühe jedesmal an einer vom Euter ab- 
gelegenen Stelle mit Kuhpockenlymphe zu 
impfen, um sie gleichzeitig erkranken zu lassen, 
ohne daß hierbei die Milchproduktion erheblich 
beeinträchtigt wird. Ich halte mit Rücksicht 
darauf, daß die Pocken in dem Kuhstall alsdann 
gewissermaßen stationär werden und auch das 
Dienstpersonal der Gefahr der Ansteckung 
ständig ausgesetzt bleibt, das Verfahren nicht 
für ganz unbedenklich. W. 



Antwort: Nach dem Vorgange ans Fraget 
(s. diese Zeitschr. 17. Jahrg., S. 24) empfiehlt 
es sich, zunächst einmal sämtliche Tiero des 
Bestandes unterhalb der Vulva mit Kuhpocken- 
lymphe zu impfen, auch die erkrankten. Dadurch 
erreicht man Schutz der gesunden und schnelle 
Heilung der erkrankten Tiere. Werden nach 
Ablauf der Impfpocken die erkrankt gewesenen 
Hautstellen, alle Geräte, Kleider und Schuhe des 
Personals und der Stall desinfiziert, dann dürfte 
sich eine regelmäßige Impfung der neneinzu- 
stellenden Tiere erübrigen. 



Aus YersammlungeD. 

— Eingabe des Vereins der Sckltclrthoftler- 
Irzte der Rbeinprevinz wegen anderweitiger Regeltmg 
der Anttellwigs- und BesoldungtverhältniMe, ge- 
richtet an den Herrn Oberpräsidenten und die 
Herren Regierungspräsidenten der Rheinprovinz 
am 20. Oktober 1907. 

Zu den Berufen, welche in den letzten 
Dezennien hervorragende Fortschritte in bezng 
auf Vorbildung, Ausbildung und Leistungen, 
speziell in der öffentlichen Gesundheitspflege 
gemacht haben, gehört auch der Beruf der 
Schlachthoftierärzte. 

Leider bat die Stellung und Besoldung dieser 
Beamtenkategorie hinsichtlich der erhöhten, fiir 
das Allgemeinwohl so wichtigen Leistungen und 
der größeren Verantwortlichkeit, welche das 
Reichsfleischbeschaugesetz den Schlachthoftier- 
ärzten auferlegt, nicht die entsprechende Auf- 
besserung erfahren. Die Leiter der Schlachthöfe 
sind, obgleich sie obrigkeitliche Befugnisse aus- 
üben, noch nicht alle als Beamte auf Lebenszeit 
angestellt. Die große Zahl der nicht in leitender 
Stellung befindlichen Schlachthoftierärzte be- 
zieht geringere Gehälter als die aus dem Militär- 
anwärterstande hervorgegangenen städtischen 
Beamten. Das Reichsfleischbeschaugesetz und die 
zahlreichen neuen gesetzlichen und landes- 
polizeilichen Vorschriften, sowie die umfangreiche 
Buchführung haben an die Schlachthoftierärzte 
große Anforderungen gestellt Je höhere An- 
forderungen aber die Ausübung der amtlichen 
Verrichtungen an den Beamten stellt, desto weit- 
gehendere Ansprüche müssen an seine Vor- 
bildung gestellt werden und um so höher muß 
das Gehält bemessen sein. Die Schlachthof- 
tierärzte zählen ihrer Ausbildung auf der tier- 
ärztlichen Hochschule nach zu den akademisch 
gebildeten Beamten. Für die Zulassung zum 
tierärztlichen Studium ist das Maturitätszeugnis 
Vorbedingung. 

Der preußische Staat hat in Erkenntnis der 
vermehrten Anfordenmgen die rangliche und 



finanzielle Stellung der beamteten Tierärzte 
wesentlich verbessert. Die Heeresverwaltung 
steht im Begriif, dasselbe zu tun, indem Seine 
Majestät angeordnet hat, daß ein Veterinär- 
Offizierkorps bis 1906 gebildet sein soll. Mit 
Beeht erstreben auch die Schlachthoftierärzte 
eine Verbesserang ihrer Stellung. 

Der Verein der Schlachthoftierärzte der 
Rheinprovinz hat daher beschlossen, Euere 
Hochwohlgeboren ganz ergebenst zu bitten, 
folgende Punkte einer wohlwollenden Prüfung 
zu unterziehen und eine anderweitige Regelung 
der Verhältnisse gütigst herbeiführen zu wollen. 

1. Wenn auch eine große Zahl der Schlacht- 
hoftierärzte der Rheinprovinz als Beamte auf 
Lebenszeit angestellt ist, so gibt es doch noch 
eine ganze Reihe von Tierärzten, bei denen 
dieses nicht zutrifft. Ein Teil der Schlachthof- 
tierärzte ist entweder auf Kündigung angestellt, 
oder durch Privatdienstvertrag. Zur Ausführung 
einer nach jeder Richtung hin korrekten Fleisch- 
beschan ist völlige Unabhängigkeit nur durch 
lebenslängliche Anstellung gewährleistet. Den 
Schlachthoftierärzten sind durch das Fleisch- 
beschaugesetz obrigkeitliche Befugnisse über- 
tragen. Hierdurch ist den Städten die Möglich- 
keit gegeben, diese Beamten auf Lebenszeit an- 
zustellen. Auf Grund ihrer Vorbildung dürften 
die Leiter der Schlachthöfe die rangliche und 
pekuniäre Stellung der oberen Gemeindebeamten 
beanspruchen. 

2. Die Besoldungsverhältnisse der nicht in 
leitender Stellung befindlichen Schlachthoftier. 
ärzte können nicht als zeitgemäß im Verhältnis zu 
den technisch gebildeten Beamten der anderen 
städtischen Betriebe angesehen werden. Diese 
Tierärzte befinden sich oft in Stellen mit ge- 
ringerem Einkommen als die Subaltembeamten. 
Es dürfte in Anbetracht der gesteigerten An- 
forderungen in bezug auf Vorbildung und 
Leistungen diesen Beamten ebenfalls Rang und 
Einkommen der oberen Gemeindebeamten zu- 
zuerkennen sein. 

3. Die Besoldungsverhältnisse an den 
Schlachthöfen kleinerer Städte sind oft so mäßige, 
daß die Leiter auf Privatpraxis angewiesen sind. 
Es liegt auf der Hand, daß der Privatpraxis 
treibende Schlachthoflierarzt in einem Ab- 
hängigkeitsverhältnis zum Publikum und Gewerbe- 
treibenden steht, welches zu Konflikten mit 
seinen Amtshandlungen führen kann. Als Be- 
amter und Vollstrecker des Reichsfleischbeschau- 
gesetzes muß er frei von jeder Rücksichtnahme 
sein. Falls aber eine Stadt dem Leiter des 
Schlachthofes Privatpraxis erlaubt und aus diesem 
Grunde ein geringeres Gehalt zahlt, muß die 
Stadt angehalten werden, durch Einschränkung 



der Beschauzeiten (§ 24 der Ausfühmngs- 
bestimmungen vom 20. März 1908) auch die 
Möglichkeit zur Ausübung dieser Praxis zu 
gewährleisten. 

4. In vielen Städten haben die tierärztlichen 
Betriebsleiter in der Schlachthofkommission nur 
eine beratende Stimme, dagegen befinden sich 
in großer Zahl Metzger und Viehhändler in dieser 
Kommission mit beechließender Stimme. Dadurch 
kommt der Leiter des Schlachthofes den Ge- 
werbetreibenden gegenüber in ein gewisses 
Abhängigkeitsverhältnis. Nach der Städteordnung 
werden die Mitglieder solcher Verwaltungs- 
deputationen von dem Bürgermeister oder von 
der Stadtverordnetenversammlung gewählt. Der 
Leiter muß seine Erfahrungen und Spezial- 
kenntnisse in der Kommission zur Geltung 
bringen können, um in allen Fällen das Reichs- 
fleischbeschaugesetz so ausführen zu können, 
wie der Staat es verlangt. 

Der Verein bittet daher Ew. Hochwohl- 
geboren, die Stadtverwaltungen anzuhalten, die 
Schlachthof leiter als stimmberechtigte Mitglieder 
in die Schlachthofkommissionen aufzunehmen. 

Der Verein der Schlachthoftierärzte der 
Rheinprovinz hat den im Besitze eines städtischen 
Schlachthofes befindlichen Ober- resp. Bürger- 
meisterämtern der Rheinprovinz je einen Abdruck 
der vorliegenden Eingabe zugesandt. 
Ehrerbietigst 
Der Vorstand des Vereins der Schlachthof- 
tierärzte der Rheinprovinz. 
Brebeck, Dr. Bützler, 

Direktor des städtischen Direktor des städtischen 
Schlacht- und Vieh- Schlachthofes zu Trier. 

hofes zu Bonn. 



Statistische Berichte. 

— EmebRlMe der Fleischbasohau In Preußen. 

Nach den Zusammenstellungen des Kgl. Preuß. 

Statistischen Landesamts sind von den im Inland 

untersuchten Tieren in Preußen erklärt worden: 

für untauglich: 

1905 v.H. 1906 v.H. 
Großvieh .... 16766 1,05 18762 0,86 
Jungvieh u. Kälber 11062 0,45 10154 0,89 
Schweine .... 11446 0,18 9922 0,12 

Schafe 1482 0,09 1410 0,09 

Ziegen 889 0,24 872 0,22 

fflr bedingt tauglich: 

1905 v.H. 1906 v.H. 
Großvieh .... 7584 0,47 7029 0,44 
Jungvieh u. Kälber 2 222 0,08 2190 0,08 
Schweine .... 23379 0,29 26741 0,33 

Schafe 116 0,007 135 0,008 

Ziegen 6 — 8 — 



66 



fftr imNahrnngs- und Genußwert erheblich 
herabgesetzt: 

1905 v.H. 1906 v.H. 
Großvieh .... 36608 2,27 83679 2,12 
Jungvieh u. Kälber 14 967 0,55 15402 0,58 
Schweine .... 24618 0,30 23156 0,29 

Schafe 2 832 0,17 2 742 0,17 

Ziegen 537 0,34 562 0,83 

nur einzelne Teile waren untauglich, im 
übrigen unbeanstandeter Tiere: 

1905 v.H. 1906 v.H. 
Großvieh . . . .578 915 35,93 573 650 36,24 
Jungvieh u. Kälber 82 309 8,01 89074 3,42 
Schweine .... 914142 1138 906376 11,34 

Schafe 267 534 16,34 230839 14,82 

Ziegen 6407 4,08 6 394 3,79 

Von den Gesamtuntersuchungen sind in 
Preußen ausgeführt worden durch nicht tier- 
ärztliche Beschauer: 

1905 1906 

bei Großvieh 24,2 v. H. 23,5 v. H. 

bei Jungvieh u. Kälbern . 26,5 „ 26,4 „ 
bei Schweinen .... 32,4 „ S2,6 „ 

bei Schafen 16,9 „ 15,3 „ 

bei Ziegen 48,8 „ 47,0 „ 

Mit Ausnahme einer geringen Zunahme bei 
Schweinen hat danach 1906 bei allen anderen 
Gattungen eine Abnahme der nichttierärztlichen 
Beschau zugunsten der tierärztlichen statt- 
gefunden. 



Bücherschau. 

Neue Einginge. 

— Edelmann, R., Lehrbuch der FieiscMiygiene 

mit besonderer Berücksichtigung der Schlachtvieh- 
iind Fleischbeschau. Mit 2 Farbentafeln und 
201 Textabbildungen. Zweite, umgearbeitete 
Auflage. Jena 1907. Verlag von Gustav Fischer. 
Preis 10 M. 

— RIevel, H., Handbuch der Milehkunde. 
Hannover 1907. Preis 10 M. 

— Tuberkulose-Arbeiten aus dem Kaiserlichen 
Geeundheiteamte. 6. Heft. Vergleichende Unter- 
suchungen über Tuberkelbazillen verschiedener 
Herkunft III. Vorwort von A. Weber, Weitere 
Untersuchungen über Tuberkelbazillen ver- 
schiedener Herkunft mit besonderer Berück- 
sichtigung der primären Darm- und Mesenterial- 
drflsentuberkulose von A. Weber und M, Taute. 
Weitere Passagen versuche mit Bazillen des Typus 
humanus von A. Weber. Untersuchungen über 
chirurgische Tuberkulosen von F. Oehlecker. 
Fütterungsversuche mit Hühnertuberkelbazillen 
an Schweinen und an einem Fohlen von 
C. Titze. Berlin 1907. Verlag von Julius 
Springer. Preis 9 M. 



7. Heft. Die Immunisierung der Rinder 
gegen Tuberkulose I von A. Weber und 
('. Titze. Über die Verbreitungswege der 
Tuberkulose im Tierexperiment mit besonderer 
Berücksichtigung des Weges nach den Bronchial- 
drüsen von F. Oehlecker. Untersuchungen 
über das Vorkommen von Tuberkelbazillen in 
Drüsen und Tonsillen von Kindern, welche sich 
bei der Obduktion als frei von Tuberkulose er- 
wiesen hatten. Berlin 1907. Verlag von Julius 
Springer. Preis 4 M. 

— Bericht Ober das VeterlnIrwesM tai König- 
reich Sachsen für das Jahr 1906. 51. Jahrgang. 
Dresden 1907. 

— Randnitz, W., Die Arbeiten aus dem Gebiets 
der Milcbwlssenschafl und Molkerelpraxls im Jahre 
1907, I. Semester. Sammelreferat Fortsetzung 
des ,, Sammelreferats über die Arbeiten ans der 
Milchchemie ^. Der ganzen Reihe 9. Heft S.-A. 
aus der „Monatsschrift f. Kinderheilkunde^, Bd. VI, 
Heft 6. Leipzig und Wien 1907. Franz Deuticke. 
Preis 1 M. 

— Happich, Bericht über die TfltiQkeit des 
Mllcbwirtschaflllchen Bakteriologischen Laboratortanis 
zu Dorpat Dorpat 1907. 

— A Magyar Kiralyl Allatorvosi FlUskfU 
Evkönyve as 1906/1907. Tan^vröl. Budapest 1907. 

— III. annual Report of the Henry Pbipps 
Institute for the Study, Treatement and Preventlon 
of Tuberculosis. Philadelphia 1907. 

— Sanitary Milch Production. Report of a 
Conference appointed by the Commissioners 
of the distrikt of Columbia, with accompanying 
papers. U. S. Departement of Agriculture, Bureau 
of animal ludustry. Circular 114. Washington 
1907. 

— Revista de la Seccion Agronomla de la 
Universidad de Montevideo. Nr.l. Juli 1907. Monte- 
video 1907. 

— Stiles, Ch. W., I. Agamofllaria georglana n. 
sp., an apparently new Roundworm Parasite from 
the Ankle of a Negress. 

II. The zoologlcal Characters of the Roundworm 
Genus Fliaria MUler 1787. 

III. The new american Cases of infection of man 
with Norsebair Worms (spocies Paragordino varlous) 
with Summary of all Cases reported to date. 
Washington 1907. 

— Pitt, W., BeitrSge zum rogelmUlgea Vor- 
kommen der Rotlauf bazHIen auf der Darmschleim- 
haut und in den Tonsillen gesunder 
Schweine. I.-D. Gießen 1907. 

— RIBIhig, P., Bdtrige zur Biologie normaler 
Tiersera. I.-D. Leipzig 1907. 

— Lourons, L F. D. E., Untersuchungen über die 
Filtrierbarkelt der SchwelnepostbazIUon (Bac. suh 
postlfer). T.-D. Bern 1907. 



— 67 — 



— SohaparsVeterininiieiliiinltohe« TatcheRbuob. 
VII. Jahrgang. 1907/8. 

— Zeltaohrift für neuere physikalitohe Medizin, 

heransgegeben als Fortsetzung des „Archiv fflr 
neuere physikalische Medizin'^ unter Mitwirkung 
hervorragender Fachgenossen von Dr. Zickel- 
Charlottenburg. RedsÜLtion Berlin, Friedrichstr.19. 



Kleine MitteilungeD. 

~ Dermatltle erytbematoea als Ursaehe der 
Netechlaciitung einee Schweines. Ein gewerbs- 
mäßiger Kurpfuscher ordnete als Vorbeugungs- 
mittel gegen den Rotlauf der Schweine an, den 
Rücken der Tiere vom Kopf bis zum Schwanz 
mit Kienteer zu bestreichen. Die Prozedur wurde 
von dem Besitzer der Schweine auch ausgefflhrt, 
bei einer tragenden Sau aber anscheinend allzu 
gründlich; denn es stellten sich bei diesem Tier 
alsbald Störungen des Allgemeinbefindens ein, 
die den Besitzer veranlaßten, die Sau schlachten 
zu lassen. 

Nach der Schlachtung konnte festgestellt 
werden, daß infolge der Teerbestreichung eine 
große erythematöse Hautentzündung entstanden 
war, die sich über den ganzen Rücken aus- 
breitete und nach dem Bauche zu scharf be- 
grenzt war. Die Haut hatte nach dem Schlachten 
eine dunkelbraunrote Farbe angenommen. Die 
Rötung erstreckte sich nirgends bis in das Fett- 
gewebe. Die genaue Untersuchung der inneren 
Körperorgane ergab, daß dieselben Veränderungen 
durch Rotlauf nicht aufwiesen. 

A. Zörner-Dühringshof, 
prakt. Tierarzt. 

— Tnberkuiceeetatlstik In Kiel. Im Berichts- 
jahre vom 1. April 1906 bis 81. März 1907 wurden 
in Kiel mit Tuberkulose behaftet gefunden: 

44,96 Proz. der geschlachteten Rinder, 
1,62 , , „ Kälber, 

3,74 n n » Schweine. 

— Schutzimfifung gegen Tuberkulose und Tu- 
berkelbazlllenaueecheidung aus dem Euter. Bongert 
hat auf der 79. Versammlung deutscher Natur- 
forscher und Ärzte in Dresden berichtet, er habe 
bei einer nach von Behrings Methode immu- 
nisierten Kuh ständiges Ausscheiden von Tuberkel- 
bazillen mit der Milch festgestellt. In einem 
186 Haupt starken Milchviehbestand, der einer 
Berliner Molkerei die Kindermilch lieferte, seien 
durch Meerschweinchenimpfung bei 36 Tieren 
Tuberkelbazillen in der Milch gefunden worden, 
was Bongert auf die Immunisierung der 
Nachzucht mit Tuberkelbazillen zurückführte. 
(Wochenschr. f. Tierheilk. u. Viehz. 1907, Nr. 41.) 

— Das neue Nlederllndlsche Gesetz fSr die 
Fleieobbeecliau den ExpertiMechee. 

Art 1. Unter Fleisch versteht das Gesetz 



alle Teile der Einhufer, Rinder, Schafe, Ziegen 
und Schweine einschließlich der ungeborenen 
Früchte. Ausnahmen bilden Häute, insoweit es 
sich nicht um Schweinehäute, Klauen, Homer, 
Borsten und ganz entfleischte Knochen handelt, 
bestimmt für technische Zwecke. 

Art. 2. a) Es ist untersagt, nach den von 
Uns zu bestimmenden Ländern Fleisch auszu- 
führen oder einem Verkehrsmittel nach diesen 
Ländern zu übergeben, das nicht mit einem oder 
mehreren Stempeln oder Marken zum Beweis da- 
für versehen ist, daß es von einem vom Staat 
eingerichteten Fleischbeschauamt ftlr den Export 
beschaut ist. 

b) Von dieser Bestimmung können durch 
den Minister, der mit der Ausführung dieses 
Gesetzes beauftragt ist, Ausnahmen zugelassen 
werden : 

1. fflr Fleisch, das konserviert ist, 

2. für Fleisch, das sich in Eisenbahnwagen, 
auf Schiffen, auf Flotten befindet und zum 
eigenen Gebrauch der Personen in oder 
auf diesen Fahrzeugen bestimmt ist. 

Art. 3. 1. Die Fleischbeschau wird unter 
Aufsicht eines Inspektors ausgeübt von „Rijks- 
keurmeesters" (Reichsfleischbeschauer) und^Rijks- 
Hulpkeurmeesters^ (Reichshilffleischbeschauer). 

2. Diese Beamten werden vom Staat an- 
gestellt und entlassen (zeitweise oder für immer) 
und bekommen ein festes Gehalt von der Staats- 
kasse, und wo notwendig Vergütung für Reise-, 
Aufenthalts- und Bureaukosten. 

3. Die Bezirke, in denen sie arbeiten, werden 
vom Minister festgestellt; dieser weist ihnen 
auch die Standorte an. Die Dienstordnung wird 
gleichfalls vom Minister festgesetzt. 

4. Zur Anstellung als Inspektor oder Reichs- 
fleischbeschauer können bloß Tierärzte ernannt 
werden. (Diplom — Gesetz 8. Juli 1874, Art. 13.) 
Als Hilfsfleischbeschauer Tierärzte oder vom 
Staat bestellte Laienfleischbeschauer (Rijkshulp- 
keurmeesters (voor vee en vleesch). 

Art. 4. 1. Zur Beschau gebrachtes Fleisch, 
das untauglich für den Exporthandel ist, wird 
nicht zurückgegeben, bevor eine weitere Beschau 
stattgefunden hat. 

2. Nach dieser zweiten Beschau wird das 
Fleisch wieder sofort zurückgegeben, wenn es 
unbedingt (onvoorwaardelyk) als Nahrungsmittel 
dienen kann, oder wenn es bedingt (voorwaarde- 
lyk) als Nahrungsmittel dienen kann, nach vor- 
hergegangener Sterilisation. Das erste Fleisch 
wird durch einen Stempel gekennzeichnet 

3. Untaugliches Fleisch wird je nach dem 
Wunsch des Besitzers (der es zur Beschau an- 
bot) denaturiert oder vernichtet. 



— 68 — 



Art 5. Der Staat erläßt die YorBchriften 
über: 

a) die Schlachtmethoden der Tiere , deren 
Fleisch einer Beschau unterworfen ist; 

b) die Gemeinden und Stellen, wo und die 
Stunden, zu denen Fleisch zur Beschau 
gestellt werden kann; 

c) die Art, in der das Fleisch zur Beschau 
gebracht und für den Export verladen 
werden soll; 

d) die Beschaumethoden, die Art Sterilisation, 
Denaturierung, Vernichtung; 

e) die Stempelung usw. 

Art. 6. Die Kosten der Beschau und der 
Sterilisation werden nach festem Tarif vom 
Staat berechnet und festgestellt. 

Art 7. 1. Kichtbefolgung der Vorschriften 
des Art 2 Alinea 1 werden mit Geldstrafe von 
höchstens 1000 fl. (1716,60 M.) bestraft 

2. Das Fleisch, womit die Gesetzübertretung 
stattgefunden hat, wird beschlagnahmt und dem 
Besitzer nicht eher zurückgegeben, bevor es auf 
seine voraus zu bezahlende Kosten beschaut und 
nach den Vorschriften in Art 4 behandelt wurde. 
Unbrauchbares Fleisch wird als Nahrungsmittel 
vernichtet 

Art 8. Rechtswidrige Entziehung des 
Fleisches der zweiten Beschau, der Sterilisation 
nach Art. 4 wird mit Geldstrafe von höchstens 
800 fl. bestraft. Mit solchem Fleisch wird nach 
Art. 7 Alinea 2 verfahren. 

Art 9. Wenn bei den nach Art 7 und 8 
strafbaren Übertretungen noch kein Jahr ver- 
laufen ist, seit einer Bestrafung auf Grund dieser 
Artikel, oder wegen anderer Übertretungen, die 
nach diesem Gesetz unter Strafe gestellt sind 
und eine höhere Berufung unmöglich ist, oder 
die Geldstrafe bezahlt ist, wird die Höhe der 
angedrohten Geldstrafen verdoppelt, oder es kann 
an Stelle der Geldstrafe Gefängnisstrafe von 
höchstens zwei Monate treten. 

Art 10. Die nach diesem Gesetz als straf- 
bar bezeichneten Handlungen werden als Über- 
tretungen betrachtet. 

Art 11. Mit der Ermittelung der Über- 
tretungen werden die Polizei-Gendarmen, das 
yVeeartsenijkundig Staatstoczicht'' (Distrikts- 
veeartsen), die Douanen und die Reichsileisch- 
und Reichshilfsfleischbeschauer beauftragt. 

Beel. 



Tagesgeschichte. 

— Eine Robert Koch-Stiftuno zur BekAnpftanB 
der Tuberkulose beabsichtigt ein Komitee ins 
Leben zu rufen, das sich unter dem Vorsitz des 
früheren Staatsministers von Studt gebildet 
hat Den Anlaß bot die Wiederkehr des Tages, 



an dem Robert Roch vor 25 Jahren (am 
24. März 1882) die Entdeckung des Tuberkel- 
bazillns bekannt gegeben hat Beiträge werden 
vom Bankhause S. Bleichröder, Berlin, Behren- 
straße 6B, entgegengenommen. Auskunft erteilt 
Professor Dr. Schwalbe, Berlin, Am Karlsbad 5. 

— Lehrstuhl für Mflohhygiene. An der Tier- 
ärztlichen Hochschule zu Budapest ist ein be- 
sonderer Lehrstuhl für Milchhygiene errichtet 
worden. Die erste Tierärztliche Hochschule, die 
die Milchhygiene unter die Lehrgegenstände auf- 
nahm, ist bekanntlich die Berliner, an der nun- 
mehr bereits seit 13 Jahren über „Sanitäts- 
polizeiliche Milchkunde^ vorgetragen wird. 

— Petitionen deo Vereins preuBlsoher Schlacht- 
hofUerärztis. Nach den Beschlüssen der Haupt- 
versammlung des Vereins preußischer Schlacht- 
hoftierärzte hat der Vorstand an den Minister 
für Landwirtschaft eine Eingabe gericht-et, 
betreffend die Aufnahme der Maschinen- 
kunde in den Lehrplan der tierärztlichen 
Hochschulen, und eine zweite an die zustän- 
digen Minister, Oberpräsidenten und Regierungs- 
präsidenten wegen der Anstellung der 
Schlachthof tierärzte als öffentlich recht- 
liche Beamte und obere Gemeindebeamte, 
ihrer angemessenen Besoldung, Hand- 
habung des Einspruchsrechts gegen die 
Anstellung von Schlachthoftierärzten, 
Regelung des Disziplinarverfahrens für 
festangestellte Schlachthof tierärzte, 
Übertragung von Sitz und Stimme an die 
Schlachthofleiter in den Verwaltungs- 
dcputationen, Ausdehnung der Unfall- 
fürsorge bei Unfällen im öffentlichen 
Dienste auf die im öffentlichen Dienste 
stehenden Schlachthoftierärzte (vgl. 
17. Jahrgang dies. Zeitschr., S. 356/63). 

— Öffentliche Schlachthöfe. Die Errichtung 
öffentlicher Schlachthöfe ist beschlossen in 
Schlochau, Putzig imd Oberndorf a. N. 
Gänzlich umgestaltet wurde mit einem Kosten- 
aufwand von 100 000 M. der öffentliche Schlacht- 
hof in Jülich. 

Erweiterungsbauten sind beschlossen worden 
in Kolberg (neue Rinderhalle und neuer 
Schweinestall, Vergrößerung der Schweine- 
schlachthalle und des Brühraums), Janowitz 
(allgemeine Vergrößerung), Nürnberg (neue 
Kühlapparate), Weißenfels (allgemeine Er- 
weiterung, Kostenbetrag 33 600 M.', Saalfeld 
(Erweiterung und Vervollständigung, Kosten- 
betrag 115 000 M.), Frankfurt a. M. (Eisfabrik 
und Fleischhackerei, Kostenbeträge 70500 und 
9900 M.). 

— Ausschuß fUr die Verwaltung des gesamtea 
Schlachthof betrlebo In Brannschweig. Durch § 2 



— 69 — 



des neuen Statuts zur Regelung des Schlacfathof- 
betriebs in Braunschweig wird bestimmt, daß der 
gesamte Betrieb einem Ausschufi unterstellt wird, 
dem der Schlachthofdirektor als stimmführendes 
Mitglied angehört, während zwei in den Aus- 
schuß zu entsendende Schlächtermeister lediglich 
als beratende Mitglieder beigeordnet sind. 

— Regelung der Anttellnngs- und Gehalitver- 
MUtniMe des Schlachthof direktore in Göttingen. 
Nachdem die Göttinger städtischen Kollegien vor 
etwa einem halben Jahr auf freiwilligen Vor- 
schlag der Schlachthofkommission das Höchst- 
gehalt des Schlachthofdirektors von 4200 M. auf 
4800 M. erhöht hatten, ist vor einigen Tagen 
durch Beschluß dieser Körperschaft dem je- 
weiligen Direktor des Schlachthofes das Stimm- 
recht als Mitglied der Schlachthofkommission 
verliehen worden. Damit haben zwei Haupt- 
wQnsche des Vereins preußischer Schlachthof- 
tierärzte in hiesiger Gemeinde eine ebenso 
schleunige wie befriedigende Erledigung ge- 
funden. Da schon vor Jahren dem Direktor des 
hiesigen Schlachthofes die Rechte als oberer 
Gemeindebeamter, lebenslängliche Anstellung, 
Pensionsberechtigung nebst Witwen- und Waisen- 
versorgung zugestanden worden sind, dürfte die 
Stadtverwaltung Göttingen in bezug auf die 
nahezu vollständige Erfüllung aller der vom 
Verein preußischer Schlachthoftierärzto an- 
gestrebten Forderungen geradezu vorbildlich 
anderen Gemeinden gegenüber, die sich noch ab- 
lehnend verhalten, dastehen. Es muß besonders 
hervorgehoben und anerkannt werden, daß diese 
Beschlüsse nicht etwa die Folgen fortgesetzter 
Petitionen von selten des Direktors, sondern der 
eigenen Initiative des Magistrats zu ver- 
danken sind. J. 

— Ein hakteriologischec Lahoratorlum für den 
Schlachthof ist in Kiel eingerichtet worden. 

— Dao Betasten der zum Verkauf ausliegenden 
Fleischwaren und das Mitbringen von Hunden In die 
Flelscherllden ist nach dem Vorgang in andern 
Städten nunmehr auch in Duisburg durch Polizei- 
verordnung verboten worden. 

— Wegen Üherschreltung seiner Flelschheschau- 
befugnlsse war, wie im letzten Heft dieser Zeit- 
schrift berichtet worden war, der Schlachthof- 
meister und Fleischbeschauer K. in Liegnitz zu 
einer Geldstrafe von 200 M. oder 50 Tagen Haft 
verurteilt worden. Auf die Berufung des K. 
hob die Strafkammer das erste Urteil auf und 
erkannte auf Freisprechung. Es wurde, wie die 
„Al\g. Fleischer -Zeitung** meldet, nur Fahr- 
lässigkeit angenommen. Auf ein fahrlässiges 
Verschulden fänden aber in diesem Falle die Straf- 
bestimmungen des Fleischbeschaugesetzes keine 
Anwendung. 



— Wegen Zusatzes rotgofarbter Gelatine zur 
Wurst (sog. Preßkopf) sind fünf Metzgermeister 
in Aachen zu Geldstrafen verurteilt worden. 

^ Wegen fahrlässiger TStung durch Ver- 
arbeltenlassen undeslnflzlerter Tierhaare ist nach 
der „Allg. Fleischer-Zeitung" der Produkten- 
händler F. R. von der Strafkammer des Land- 
gerichts Altona zu einem Monat Gefängnis 
verurteilt worden. R. hatte 24 Säcke orien- 
talische Rinderhaare durch sieben Personen 
sortieren lassen, von denen drei an Milzbrand 
erkrankten und eine der Erkrankung erlag. 

— Vor dem Zusatz von Salpeter zu Hackfleisch 
zwecks Roterhaltung warnt die Polizeibehörde zu 
M.- Gladbach mit der Androhung, daß für die 
Folge in allen wiederkehrenden Fällen Straf- 
antrag gestellt werde. (In Hackfleisch wird 
das Vorhandensein von Salpeter nicht voraus- 
gesetzt. Femer ist der Zusatz geeignet, die 
Ware länger rot zu erhalten als normal und so- 
mit über ihre Frische und ihren wahren Wert 
zu täuschen. Deshalb kann der Zusatz von 
Salpeter zu Hackfleisch als Verfälschung auf- 
gefaßt werden. D. H.) 

— Wissenschaftliche Untersuchungen über den 
Vorgang der P5kelung sollen an der Illinois- 
Universität in den Vereinigten Staaten ausgeführt 
werden. Welche Bedeutung diesen Untersuchungen 
beigemessen wird, darf daraus gefolgert werden, 
daß man sich hierbei des Rats und der Kontrolle 
der Professoren Abel -Baltimore, Chittenden- 
Jale, Grindly- Illinois und des Entdeckers der 
Ätiologie des Texasfiebers Theobai d Smith- 
Boston versichert hat. 

~ Fleischvergiftung. Der Besitzer Seh. ist 
vom Landgericht Weiden zu drei Monaten 
Gefängnis verurteilt worden, weil er gesundheits- 
schädliches Fleisch in den Verkehr gebracht hatte. 
Er hatte eine Kuh mit einer Wunde, aus der 
sich ständig Eiter entleerte, für 17 M. gekauft 
und das Fleisch an zwei Familien veräußert, die 
nach dem Genuß an Durchfall erkrankten. 

— Erneute Erkrankungen nach Genuß von ge- 
pttkelter Gänsebrust. Nach der „ Allg. Fleisch.-Ztg.'' 
ist eine größere Zahl von Kunden des Händlers 
G., die von diesem gepökelte Gänsebrust gekauft 
haben, zum Teil so schwer erkrankt, daß ihre 
Überführung in Krankenhäuser erforderlich wurde. 
G. kauft Gänse bei den in der Zentralmarkthalle 
stattfindenden Auktionen und verarbeitet sie hier- 
auf weiter. 

Nach derselben Quelle sind in Rixdorf 
zwei Personen nach Genuß gebratener Gans 
unter Vergiftungserscheinungen erkrankt 

— Ein Milchmerkblatt ist vom Kaiserlichen 
Gesundheitsamt bearbeitet und herausgegeben 



- 70 — 



worden. Es kann einzeln zum Preis von 10 Pf. 
vom Verlage von Julius Springer bezogen werden. 

— Über die Beechafrenbeit der naob Berlin eln- 
gefObrtea diniacben MIlob hat B. Pros kau er in 
seinem früheren Amt als Abteilungsvorsteher am 
Institut für Infektionskrankheiten zu Berlin 
Untersuchungen angestellt, deren Ergebnisse er 
in Bd. 57 der Zeitscbr. ftir Hygiene veröffentlicht 
und in folgenden Sätzen zusammenfaßt: 

,,Der Keimgehalt der dänischen Milch war 
im Sommer sowohl wie im Winter ein höherer, 
als derjenige der Berliner Handelsmilch. Außer- 
dem neigte die dänische Milch etwas mehr zur 
Säuerung und Gerinnung als die Berliner Milch. 
Die pommersche Milch, die zu gleicher Zeit wie 
die dänische am Stettiner Bahnhof zur Ab- 
nahme gelangte, war keimärmer und in vielen 
Fällen haltbarer als die dänische und die aus 
dem Berliner Handel herrührende Milch. Nach 
dem vorstehenden kann man zusammenfassend 
sagen, daß unter Berücksichtigung der Transport- 
verhältnisse die dänische Sommermilch der im 
Berliner Verkehr befindlichen Milch in bio- 
logischer Beziehung im allgemeinen nur wenig 
nachsteht, sie in chemischer Hinsicht sogar über- 
trifft. Man kann sie vom hygienischen Stand- 
punkt aus für den Handel als zulässig erklären. 
Dagegen ist sie zur Ernährung von Säug- 
lingen in der festgestellten Beschaffen- 
heit ebensowenig geeignet, wie die 
Wintermilch. In Betracht käme wohl noch 
der Preis der dänischen Milch. Diese Frage ist 
vom hygienischen Standpunkt aus bei einem 
unentbehrlichen Nahrungsmittel ein sehr zu be- 
achtender Faktor. Inwieweit durch Einführung 
dänischer Milch einer etwa unberechtigten Preis- 
steigerung der Berliner Marktmilch entgegen- 
gewirkt wird, entzieht sich indessen unserer 
Beurteilung.^ 

Die Untersuchungen Proskauers haben 
mithin die von mir vertretene, von den Milch- 
händlem und ihren Hintermännern scharf be- 
kämpfte Ansicht bestätigt, daß die nach Berlin 
eingeführte dänische Milch als Säuglingsmilch 
nicht geeignet ist. Auf den weiteren Inhalt der 
Arbeit soll demnächst zurückgekommen werden. 

0. 

— Ein Informationskursus, betreffend genossen- 
schafUicbe Vfehverwertung wird auf Anregung der 
Zentralstelle der preußischen Landwirtschafts- 
kammer vom Reichsverband der deutschen Land- 
wirtschaftlichen Genossenschaften in Gemein- 
schaft mit der genannten Zentralstelle vom 
29. Oktober bis 2. November in Berlin ab- 
gehalten. 

— Viehzählung. Auf Beschluß des Bundes- 
rates findet im Deutschen Reiche am 2. Dezember 



d. J. eine allgemeine Viehzählung statt. Gleich- 
zeitig wird die Zahl der in der Zeit vom 1. De- 
zember 1906 bis einschließlich 30. November 1907 
vorgenommenen Haus seh lach tun gen ermittelt 
werden. 

— Die HerbelfObning einer Intematlsnalen 
Konferenz für die Vereinbarung einbeltlioher Unter- 
suebungsmetboden von Nabrungsmittoln ist vom 

Ackerbauministerium der Vereinigten Staaten 
von Nordamerika geplant. 

— Der nächste Internationale Tuberkulose- 
icongreß wird 1908 in der Zeit vom 21. September 
bis zum 12. Oktober in Washington stattfinden. 
Generalsekretär ist Dr. John S. Fulton, 
Washington, Colorado Building 810, Vorsitzender 
der Sektion für die Beziehungen zwischen 
Tier- und Menschentnberkulose der Dekan 
der Veterinärfakultät an der Universität Phila- 
delphia, Dr. Leonard Pearson. 

— Verein der Schlacbtbofüerärzte der Rbofn- 
provinz. Einladung zu der am Sonntag, den 17. No- 
vember 1907, vormittags 11 Uhr im Gürzenich 
zu Köln, Martinstraße, stattfindenden 31. Vereins- 
versammlung. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliche Mitteilungen und Standes- 
angelegenheiten. 

2. Kassenbericht. 

3. Neuwahl des Vorstandes. 

4. Bericht über den XIV. Internationalen 
Kongreß für Hygiene und Demographie. 
Berichterstatter Bockelmann- Aachen. 

5. Die Beurteilung der tuberkulösen Schlacht- 
tiere nach den neuen gesetzlichen Be- 
stimmungen. Berichterstatter : Haffner- 
Düren. 

6. Demonstrationen zur Frage des Altera des 
Federwildes. Berichterstatter: Dr. Cle- 
visch-Köln. 

7. Tag* und Ort der nächsten Versammlung. 
Nach der Sitzung, um 2 Uhr nachmittags, 

gemeinschaftliches Mittagsmahl im Quatermarkt- 
saale des Gürzenich. 

Kollegen als Gäste willkommen. 
Trier, den 20. Oktober 1907. 
Der Vorstand. 
L A.: Dr. Bützler, 1. Schriftführer. 

— Verein der SoMachtboftlerirzte Wootfüono. 

Einladung zu der am Sonntag, 1 . Dezember 1907, 
vormittags 11 Uhr, zu Hagen, im weißen Saale 
des Hotels Glitz, Elberfelderstraßel, stattfindenden 
Versammlung. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliches. 

2. Aufnahme neuer Mitglieder. 

3. Rechnungslage. 



— 71 ~ 



4. Yorschlftge zu den Bestimmungen fiber die 
Ermittlung des Schlachtgewichts; Referent: 
Schlachthof direkter C 1 a u s e n - Hagen. 

5. Pflichten und Rechte der Schlachthof- 
tierärzte; Referent: Schlachthofdirektor 
K r e k e l e r - Recklinghausen. 

6. Besprechung ttber den gegenwärtigen Stand 
der Milchkontrolle und Säuglingsmilch- 
anstalten an Schlachthöfen. 

7. Mitteilungen aus der Praxis. 

8. Beschlußfassung ttber Ort und Tag der 
nächsten Versammlung. 

Nach der Sitzung ündet ein gemeinsames 
Mittagessen statt; Gäste sind willkommen. 
Haspe, 25. Oktober 1907. 

Der Vorstand. 
I. A.: Dr. Kirsten, Schriftführer. 



Nachruf. 

Am 25. August 1907 verschied nach längerem 
Leiden der Schlachthausverwalter zu Lippstadt, 
Herr Tierarzt Hermann Wysocki. 

Hugo Hermann Wysocki wurde geboren 
am 21. März 1845 zu Brzenskowitz in Schlesien. 
Seine Jugend verlebte er in Breslau und be- 
suchte daselbst die Realschule zum heiligen Geist. 
Von 1864- 68 studierte er Tierheilkunde in Berlin 
und war sodann b:s zum Jahre 1877 nach Ab* 
legung des Staatsexamens als Tierarzt im 4. Hu- 
saren-Regiment in Strehlen tätig; darauf prak- 
tizierte er bis 1883 in Warin i. Mecklbg. Am 
1. November desselben Jahres erfolgte seine Be- 
rufung zum Leiter des neuerrichteten Schlacht- 
hofes in Lippstadt, welche Stelle er bis zu 
seinem Tode inne hatte. 

Der unterzeichnete Verein, der noch vor 
kurzer Zeit zwei seiner Mitglieder durch den Tod 
verlor, ist durch den Heimgang des Kollegen 
Wysocki von neuem in tiefe Trauer versetzt. 
Auch er zählte zu den Mitgründern des Vereins 
der Schlachthoftierärzte Westfalens und hat als 
solcher stets regen Anteil an unseren Beratungen 
und Versammlungen genommen. 

Sein freundliches und ungekünsteltes Wesen 
gewann ihm die Herzen aller Kollegen, die Ge- 
legenheit hatten, ihn näher kennen zu lernen. 
Bieder und anspruchslos, freundlich und liebens- 
würdig gegen jedermann, das sind die haupt- 
sächlichsten Charaktereigenschaften, die den 
Verstorbenen auszeichneten. 

Leider war er durch den frühen Tod seiner 
Gattin verwaist; diese Lücke in seinem Familien- 
leben füllten jedoch mit aufopfernder Liebe seine 
Kinder aus, die ihn bis zu seinem Lebensende 
treusorgend umgaben. Es war ihm nicht mehr 
vergönnt, die Segnungen eines wohlverdienten 



Ruhestandes, in den er sich in kurzem versetzen 
lassen wollte, zu genießen; er starb als pflicht- 
treuer Beamter in den Sielen. 

Der Verein ehrte das Andenken seines Mit- 
gliedes durch Niederlegung eines prächtigen 
Lorbeerkranzes mit entsprechender Widmung 
am Sarge des Entschlafenen. 

Sein Name aber wird bei uns stets in Ehren 
genannt werden, und sein echt kollegialisches 
Wesen ein Vorbild sein für kommende Ge- 
schlechter. 

Er ruhe in Frieden! 

Der Vorstand 

des Vereins der Schlachthoftierärzte Westfalens. 

L A.: Dr. Kirsten, Schriftführer. 

Personalien. 

Gewählt: 1. Schlachthoftierarzt Dr. Heine - 
Hannover zum Schlachthof direktor' in Duisburg; 
die Tierärzte Dr. AdolfBitterich zum Schlacht- 
hoftierarzt in Mannheim; Dr. Hans Brysch- 
Wünschelburg zum Schlachthof tierarzt in Rybnik ; 
A.W.Dumont zum Schlachthoftierarzt inGleiwitz 
i. Schi.; Max Mayer-München zum Schlachthof- 
tierarzt in Dortmund; Christian Schlenker- 
Schwennigen zum Schlachthaustierarzt in Frei- 
burg i. Baden. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen: Geh. 
Regierungsrat Professor Dr. Munk und Geh. Re- 
giemngsrat Professor Dr. Roeckl in Berlin der 
Preußische Rote Adlerorden HL Klasse mit der 
Schleife. Geh. Oberregierungsrat Dr. Lydtin in 
Baden-Baden wurde zum Offizier der französischen 
Ehrenlegion ernannt. Professor Dr. Joest in 
Dresden ist der Titel Modizinalrat verliehen worden. 



Vakanzen. 

Brilon i. Westf.: Ambulatorische Fleisch- 
beschau, Zuschuß 1300 M. jährlich. Bewerbungen 
an den Magistrat. 

Hannover: Schlachthoftierarzt. 

Herrenalb (Schwarzwald): 1300 M. Fixum 
für Fleischbeschau. Bewerbungen an das Stadt- 
schultheißenamt. 

Lippstadt: Schlachthof Verwalter, 2500 M., 
steigend alle 3 Jahre um 300 M. bis 4000 M., 
freie Wohnung, Licht, Heizung. Meldungen an 
den Magistrat. 

Moers: Schlachthof leiter, 3000 M., steigend 
alle 3 Jahr um 300 M. bis 4500 M. Meldungen 
an den Bürgermeister. 

Rügenwalde: Schlachthof Inspektor, 2100M. 
Gehalt, sowie Wohnung und Feuerung. Privat- 
praxis gestattet. Bewerbungen an den l^fagistrat. 



— 72 — 

Naohtrag. 

Tafelerklärung 

zu 

Lenfers, Histologie der Milchdrüse des Rindes. 

(Vgl. Heft 10/18 des 16. Jahrgänge! dieaer Zeitschrift.) 

Sämtliche AbbilduDgen sind mit dem Zeicbeooknlar 
aufgenommen und autotypisch etwas verkleinert 

Fig. 1* Milchdrüsenläppchen vom Rind, drei Jahre alt, noch nicht gekalbt Radiäre 
Anordnung der Läppchen um einen AusfÜhrungsgang. Tubnli teils hohl, teils ohne Lichtung, von 
Zylinder- und hohem Pflasterepithel ausgekleidet, zellenreiches interalveoläres, zellenarmes inter- 
lobuläres Bindegewebe. Schwache Vergrößerung. 

Fig. 2« Alveolarepithel der Milchdrüse eines 23 Monate alten Rindes. Zwischen den 
Zylinderzellen vereinzelte Leukozyten. Am oberen Rande ist das Epithel leicht schief getroffen. 
Zeiß, Apochr. Ölimm. 2 mm. Zeichenokular. 

Fig* 8« Milchdrüsenläppchen vom Rind, ein Jahr alt, nicht gekalbt, sehr fett Enge 
Alveolen, viel Bindegewebe. Seibert, Apochr. 6 mm. 

Fig. 4. Zwei angrenzende Milchdrüsenalveolenstücke vom Rind, 2^4 Jahre, 25 Wochen 
tragend. Drüse kolostrierend. Papillenförmige Protoplasmaerhebungen. 

Fig. 4a« Wandteile von drei angrenzenden Milchdrüsenalveolen desselben Rindes wie 4. 
Grenzbezirke der kolostrierenden Drüse. Zeiß, Apochr. ölimm. 2 mm. Teilweise papillenförmige 
Erhebungen der Zellprotoplasma. 

Fig. 5. Milchdrüsenalveole von demselben Rind wie 4 und 4a. Zeiß, Apochr. ölimm. 
2 mm. Siehe Text 

Fig. 6. Wandteil einer Milchdrüsenalveole von der Kuh, sechs Jahre alt, milchend. 
Zeiß, Apochr. ölimm. 2 mm. Starke Fettbildung im Epithel. 

Fig. 7. Milchdrüsenalveole von einer Kuh, fünf Jahre alt, infolge Geburt gestorben. 
Drüse kolostrierend. Zeiß, Apochr. Ölimm. 2 mm. Mäßig starke Fettbildung, Zellen und Kerne im 
Alveolarinhalt 

Fig. 8. Wandteile zweier anstoßender Milchdrüsenalveolen von demselben Rind wie 4—5. 
Zeiß, Apochr. ölimm. 2 mm. 

Fig. 9. Milchdrüsenalveole von der Kuh, sieben Jahre alt, vor acht Monaten gekalbt, 
schwach milchend. Zeiß, Apochr. Ölimm. 2 mm. Papillenförmige Erhebungen des Zellprotoplasma. 

Fig. 10. Alveolen einer dunklen Stelle der Milchdrüse von der Kuh, sechs Jahre alt, 
vor zwei Jahren gekalbt, milchend. Zeiß, Apochr. 4 mm. Bindegewebsarmut, sezernierendes Epithel. 

Fig. 11. Alveolen einer hellen Stelle der Milchdrüse von derselben Kuh wie 10. Zeiß, 
Apochr. 4 mm. Bindegewebsreich, hohes Epithel. 

Fig. 12. Wandteil einer „kolostrierenden^ Milchdrüsenalveole von der Kuh, sieben Jahre 
alt, vor acht Monaten gekalbt, schwach milchend. Zeiß, Apochr. ölimm. 2 mm. Zweikemige 
Epithelzelle. 

Fig. 18. Dasselbe von einer Kuh, sechs Jahre alt, mittelmäßig milchergiebig. 

Fig. 14. Von derselben Kuh wie 4—5. 

Flg. 15. Von derselben Kuh wie 13. 

Verantwortlicher Redakteur (ezkL Inseratenteil): Profi Dr. OaterUg in Berlin. ~ Verlag von Richard SchoeU in Berlin. 



Zeitschrift 

fOr 



Fleisch- und Milchhygiene. 



Achtzehnter Jahrgang. 



Deseaiber 10O7. 



Heft 3. 



Original-Abhandlungen. 

(Naehdraek Terboten.) 



(Aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte.) 

Die Anwendung des biologischen Verfahrene 
zum Nachweis von Pferdefleisch. 

Von 

Dr. med. Wefdanz, 

wiMoniebaftl. Hilfsarbeiter im Kaiserl. Qesundheitoamt. 

Die Entdeckung der Präzipitine durch 
Bordet und Tsistowitsch hat zuerst 
Uhlenhuth praktisch zu verwerten ge- 
sucht, indem er auf Grund eingehender 
Untersuchungen eine Methode ausarbeitete, 
die es ermöglichte, Menschen- und Tier- 
blut mit Sicherheit zu unterscheiden. 
Sein Verfahren, das sich als durchaus 
sicher erwiesen hat, ist durch amtliche 
Verfügungen bereits im In- und Aus- 
lande far die gerichtsärztliche Praxis 
empfohlen worden und hat sich hier in 
kurzer Zeit als unentbehrlich erwiesen. 
Die strenge Spezifität der biologischen 
Seaktion legte den Gedanken nahe, die 
gleiche Methode auch für die Erkennung 
der verschiedenen Fleischsorten anzu- 
wenden, oder mit anderen Worten sie fttr 
die Fleischbeschau- und Nahrungs- 
mittel-Prüfung mit heran zuziehen. Eine 
derartige Anwendung des biologischen Ver- 
fahrens wurde zuerst von Uhlenhuth 
und Jeß empfohlen; die von ihnen an- 
gegebene Methode der Fleischuntersuchung 
fand durch weitere Arbeiten von Pior- 
kowski, Nötel, Mießner und Herbst, 
v.Riegler,Gröning,Ruppin, Schmidt, 
Schütze, Ostertag u.a. volle Bestätigung. 

Beschäftigen wir uns nun zunächst 
mit der Anwendung und dem Wert des 
biologischen Verfahrens für die Fleisch- 
beschau. Ehe ich hierauf näher eingehe, 
will ich mit kurzen Worten die für die 



Einfuhr von Fleisch in Deutschland vor- 
geschriebenen Maßnahmen besprechen. 

Das in das Inland eingehende 
frische Fleisch darf nur in ganzen 
Tierkörpern, zubereitetes Fleisch 
(Pökel-, Salz- und geräuchertes 
Fleisch usw.) dagegen nur in 
Stücken, die mindestens 4 kg 
schwer sind, eingeführt werden. Die 
Einfuhr von Fleisch in luftdicht 
verschlossenen Büchsen oder in 
ähnlichen Gefäßen, sowie von 
Würsten und sonstigen Gemengen 
aus zerkleinertem Fleische ist ver- 
boten; ebensowenig darf Hunde- 
fleisch sowie zubereitetes Fleisch, 
welches von Pferden, Eseln, Maul- 
tieren, Mauleseln oder anderen 
Tieren des Einhufer-Geschlechtes 
herrührt, eingeführt werden. 

Da frisches Fleisch nur in ganzen 
Tierkörpem eingeführt werden darf, wird 
es bezüglich seiner Herkunft zu Ver- 
wechslungen kaum Veranlassung geben 
können. In der Praxis würde es sich 
nur darum handeln, daß zubereitetes 
Fleisch von Pferden und verwandten 
Tieren unter falscher Deklaration einzu- 
führen versucht würde. 

Der bei der Auslandsfleischbeschau 
als Sachverständiger fungierende Tierarzt 
wird in der Regel schon bei einfacher 
makroskopischer Besichtigung die Her- 
kunft des Fleisches bestimmen können. 
Erweckt aber das Fleisch infolge der 
Farbe der Muskulatur, Farbe und Kon- 
sistenz des Fettgewebes, Hervortreten 
der Faszien den Verdacht, daß es sich 



— 74 — 



nm Pferdefleisch handeln könnte, so hat 
gegenwärtig die chemische Untersuchnng 
stattznfinden. Hierfür sind folgende 
Methoden maßgebend: 

1. Verfahren, welches anf der 
Bestimmung des Brechungs- 
Vermögens des Pferdefettes 
beruht. 

2. Verfahren, welches auf der 
Bestimmung des Glykogens 
beruht. 

Für den FaU, daß nach diesen beiden 
Methoden einander widersprechende Er- 
gebnisse erhalten werden, kommt ein 
drittes Verfahren zur Anwendung, 
welches auf der Bestimmung der 
Jodzahl des Fettes beruht. 

Das Ergebnis der letzteren gibt dann 
den Ausschlag. 

Es ist also keine dieser drei Metho- 
den far sich allein entscheidend. Beweis- 
kräftig sind erst die übereinstimmenden 
Resultate zweier Methoden. 

Die in der angegebenen Weise statt- 
findende Untersuchung auf Pferdefleisch 
ist ziemlich weitläufig. Einfacher und 
deshalb mehr berücksichtigenswert dürfte 
das biologische Verfahren sein, das eine 
sichere Erkennung von Pferdefleisch, ganz 
unabhängig von dem grobsinnlichen Be- 
ftinde des Fleisches, ermöglicht. 

Umfangreiche Untersuchungen, die 
ich zu diesem Zwecke unter Leitung von 
Herrn Geh. Rat Uhlenhuth im Kaiser- 
lichen Gesundheitsamt an frischem, ge- 
pökeltem, geräuchertem und faulendem 
Fleische vorgenommen habe, haben die 
praktische Verwertbarkeit des biologischen 
Verfahrens für die Fleischbeschau er- 
wiesen. 

Die wissenschaftlichen Grund- 
lägen des biologischen Verfahrens beruhen 
bekanntlich auf der Tatsache, daß das 
Blutserum von Kaninchen, die mit einer 
bestimmten Eiweißlösung eingespritzt 
worden sind, die Eigenschaft besitzt, in 
der zur Einspritzung benutzten Eiweiß- 
lösung einen Niederschlag hervorzurufen, 



und zwar nur in dieser, nicht aber in 
anderen Eiweißlösungen. Ein mit Pferde- 
fleischeiweiß resp. Pferdeblnteiweiß ein- 
gespritztes Kaninchen liefert ein Serum, 
welches in Pferdefleischlösungen einen 
Niederschlag erzeugt, nicht aber in den 
Fleischlösungen anderer Tiere, mit Aus- 
nahme des dem Pferde verwandten Esels. 
Man kann also auf diese Weise Pferde- 
fleisch von anderen Fleischarten (abge- 
sehen vom Eselfleisch) mit Sicherheit 
unterscheiden. In gleicher Weise kann 
man jede Fleischart mit Hilfe eines 
speziflschen Serums erkennen, und zwar 
nicht nur in frischem, sondern auch in 
geräuchertem oder gepökeltem Zustande. 
Auch kann man auf diesem Wege die 
Zusammensetzung von Wurst und anderen 
Räucherwaren bzw. der verschiedenen 
Fleischarten analysieren. Nur bei ge- 
kochtem Fleisch versagte bisher die 
Reaktion, weil durch das Kochen die 
reaktionsfähigen Eiweißkörper verändert 
werden. Die mit Hilfe dieser biologischen 
Methode noch nicht gelungene Difieren- 
zierung von Pferde- und Eselfleisch, die 
übrigens auch mit Hilfe der chemischen 
Methoden nicht gelingen dürfte, spielt 
praktisch kaum eine Rolle. 

Zu einer exakten biologischen Fleisch- 
untersuchung gehört in erster Linie ein 
brauchbares, hochwertiges, spezi- 
fisches Serum und ein erfahrener 
Sachverständiger. 

Auf die Herstellung und sterile Ge- 
winnung der Sera, so interessant und 
wichtig dieselbe auch für den Sach- 
verständigen ist, kann ich an dieser 
Stelle nicht näher eingehen. Ich verweise 
auf die einschlägigen Arbeiten von 
Uhlenhuth 1) u. a. Erwähnt seien hier 
noch die Versuche von W. A. Schmidt^) 
aus Kairo. Dem Autor gelang es, mit 
filtriertem Fleischpreßsaft — im Gegensatz 



*) Uhlenhuth, Das biologische Verfahreu 
zur Erkennung und Unterscheidung von Menschen- 
und Tierblut usw. Verlag von Gustav Fischer, 
Jena 1905. 



— 75 - 



zu dem nnfiltrierten Saft — hochwertige 
Antisera zu erhalten, Sera, die nicht nur 
reich an Mnskeleiweiß-, sondern auch an 
Bluteiweißpräzipitin waren. 

Bei der Ansfahmng der biologischen 
Untersnchnng sind allgemeine Arbeits- 
grundsätze zu beachten: 

1. Alle Gefäße und Instrumente, 
die irgendwie mit der Reaktion 
in Verbindung stehen, müssen 
steril sein. 

2. Sämtliche Flüssigkeiten, die 
bei der Ausführung der Me- 
thode benutzt werden, müssen 
absolut klar sein. 

Um alle Fehlerquellen bei der bio- 
logischen Reaktion mit Sicherheit aus- 
schließen zu können, sind außerdem noch 
zahlreiche Kontrollen notwendig; 
sie haben den Beweis zu fahren, daß 
das zur Verwendung kommende Serum 
nur auf Pferdefleisch präzipitierend wirkt, 
und nicht bereits in der zur Verdünnung 
der Untersuchungslösung gebraucliten 
physiologischen Kochsalzlösung, und daß 
zweitens normales Kaninchenserum, der 
Untersuchungsflüssigkeit zugesetzt, in 
dieser keinen Niederschlag hervorruft. 

Das biologische Verfahren 2) zum Nach- 
weis von Pferdefleisch, wie es von Henn 
Geheimrat Uhlenhuth und mir ausge- 
arbeitet ist, ist kurz folgendes: 

Mit einem ausgeglühten oder ausge- 
kochten Messer nimmt man aus der ' 
Tiefe des möglichst mageren Fleisch- ■ 
Stücks etwa 30 Gramm von einer frisch [ 
hergestellten Schnittfläche. Bei sehr i 
zähem Fleisch wird es sich empfehlen, ' 
die Zerkleinerung desselben mit Hilfe ! 
eines ausgekochten Hack- oder Wiege- 

*) Schmidt, W. A. Untersuchung über die 
Erzeugung hochwertiger Mnskeleiweiß-Antisera 

für die FleischdifFerenzierung. Biochemische ! 

ZeitÄchrift, V. Bd. 5. u. 6. Heft. 1907. ! 

^) Die ausführliche Beschreibung des bio- ' 

logischen Verfahrens wird demnächst in den ' 

Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamt ver- | 

öfiFentlicht werden. i 



messers auf einer sauberen Unterlage 
vorzunehmen. Die zerkleinerte Fleisch- 
masse wird dann zweckmäßig auf dem 
Boden eines sterilen, etwa 100 ccm 
fassenden Erlenmeyerschen Eölbchens 
fein verteilt und mit etwa 50 ccm steriler 
0,85 proz. Kochsalzlösung Übergossen. 
Das Gemisch bleibt dann zwecks Aus- 
laugung der im Fleisch vorhandenen 
Eiweißsubstanzen etwa drei Stunden bei 
Zimmertemperatur oder auch über Nacht 
im Eisschrank stehen und darf, um eine 
klare Lösung zu erhalten, nicht ge- 
schüttelt werden. Um zu erkennen, ob 
die fllr die biologische Reaktion nötige 
Menge Eiweiß in Lösung übergegangen 
ist, gießt man ungefähr 2 ccm von der 
Lösung in ein steriles Reagenzglas und 
schüttelt sie tüchtig durch. Entwickelt 
sich dabei ein feinblasiger Schaum, der 
längere Zeit stehen bleibt, so ist die 
Lösung brauchbar. Die zu untersuchende 
Eiweißlösung muß für die Anstellung der 
biologischen Reaktion vollständig klar 
sein. Um das zu erreichen, muß sie 
filtriert werden. 

Gewöhnlich gelingt es durch Filtration 
mit gehärteten Papierfiltern eine klare 
Lösung zu erhalten, sollte man auf diese 
Weise nicht zum Ziele kommen, so wendet 
man zweckmäßig Berkefeld'sche Kieselgur- 
kerzen oder ausgeglühte Kieselgur auf 
Büchner'schen Trichtern an. Die fiir die 
biologische Reaktion als zweckmäßig ge- 
fundene Fleisch-Eiweißlösung enthält in 
dreihundert Teilen physiologischer Koch- 
salzlösung einen Teil Fleischeiweiß. Einen 
solchen Verdünnungsgrad, den man sich 
in der Praxis nur empirisch herstellen 
kann, erkennt man, abgesehen von der 
beim Schütteln entstehenden Schaum- 
bildung, an dem Ausfall der mit einer 
kleinen Menge von etwa 1 ccm ange- 
stellten Kochprobe unter dem Zusatz 
einiger Tropfen Salpetersäure. Bei der 
erreichten Verdünnung von 1:300 ent- 
steht bei dieser Reaktion eine opalisierende 
Kiweißtrübung, die sich nach etwa fiinf 



- 76 — 



Minuten langem Stehen, als eben noch 
erkennbarer flockiger Mederschlag zu 
Boden senkt. Da die vorschriftsmäßig aus- 
gelaugte Fleischeiweiß-Lösung im allge- 
meinen viel konzentrierter ist, so muß die- 
selbe meist solange mit steriler Kochsalz- 
lösung verdttnnt werden, bis die Salpeter- 
säure-Kochprobe den richtigen Grad der 
Verdäunnng anzeigt. Vor dem Ansetzen des 
Versuches ist die Untersuchungslösung 
noch auf ihre Seaktion zu prüfen; sie soll 
neutral oder schwach alkalisch reagieren. 
Saure Lösungen, meist bedingt durch 
Fleischmilchsäure, werden zweckmäßig 
durch 0,1 proz. Sodalösung oder nach 
Schmidt mitMagnesiumoxyd neutralisiert. 
Für die Ausführung der biologischen 
Methode benfitzt man ein kleines Reagenz- 
glas-Gestell (nach Uhlenhuth), in welches 
sechs saubei-e Beagenzröhrchen von je 
11 cm Länge und 0,9 cm Durchmesser ge- 
hängt werden. Die Röhrchen sind auf dem 
Holzgestell mit Nummern Ibis 6 bezeichnet. 
Mit einer sterilen Pipette werden in 
Röhrchen 1 und 2 je 1 ccm der zu unter- 
suchenden 1:300 yerdttnnten, vollständig 
klaren Eiweißlösung gebracht. InRöhrchen 

3 wird 1 ccm einer ebenfalls klaren, aus 
Pferdefleisch in gleicher Weise herge- 
stellten Lösung eingeftillt. Die Röhrchen 

4 und 5 werden mit je 1 ccm einer ebenso 
hergestellten Schweine- und Rindfleisch- 
lösung beschickt. In Röhrchen 6 wird 
1 ccm steriler 0,85 proz. Kochsalzlösung 
gegossen. Zu den verschiedenen Lösungen 
müssen beim Einftillen in die einzelnen 
Röhrchen sterile Pipetten benutzt werden. 
Zu den einzelnen, mit je 1 ccm Lösung 
gefüllten Röhrchen wird mit Ausnahme 
von Röhrchen 2 je 0,1 ccm klares hoch- 
wertiges, von Kaninchen gewonnenes 
Pferde-Antiserum zugesetzt, während in 
Röhrchen 2 0,1 ccm normales vollständig 
klares Kaninchen-Serum gegeben wird. 
Das zugesetzte Serum sinkt in den 
Röhrchen in der Regel zu Boden; die 
Röhrchen dürfen nach dem Serum-Zusatz 
nicht geschüttelt werden. 



Beorteilimg des BoftndM. 

Tritt in Röhrchen 1 ebenso wie in 
Röhrchen 3 nach etwa fünf Minuten eine 
hauchartige, in der Regel am Boden des 
Röhrchens beginnende Trübung auf, die sich 
innerhalb weiterer fünf Minuten in eine 
mehr wolkige umwandelt und sich weiter- 
hin als Bodensatz absetzt, während die 
Lösungen in den übrigen Röhrchen völlig 
klar bleiben, so handelt es sich um Pferde- 
fleisch, falls Eselfleisch auszuschließen ist. 
Die Reaktion soll bei Zimmertemperatur 
ausgeführt werden. Später entstehende 
Trübungen, die nach etwa einer halben 
Stunde, ja sogar nach 1—24 Stunden auf- 
treten, dürfen als positive Reaktion nicht 
aufgefaßt werden. Die Reaktion maß 
nach spätestens 30 Minuten als abge- 
schlossen angesehen werden. Zur besseren 
Beobachtung der Trübung werden die 
Röhrchen bei durchfallendem Tages- oder 
künstlichem Lichte betrachtet, indem 
zwischen Lichtquelle und Reagenzglas 
eine schwarze Fläche (schwarzes Heft 
oder desgleichen) geschoben wird. 

Um die Zuverlässigkeit der in der 
angegebenen Weise ausgeführten Methode 
nach jeder Richtung hin zu prüfen, habe 
ich, wie bereits erwähnt, umfangreiche 
Untersuchungen an frischem, gepökeltem, 
geräuchertem, faulendem und gekochtem 
Fleisch vorgenommen. 

Auf Grund dieser Untersuchungen läßt 
sich bezüglich der biologischen Reak- 
tionen bei verschiedenartig vorbehandeltem 
Fleisch der Schluß ziehen, daß die Aus- 
laugungsfähigkeit und die spezifische Re- 
aktion bei frischem Fleische schneller vor 
sich geht, wie bei zubereitetem Fleische 
(Pökel- und Rauchfleisch), daß aber eine 
erhebliche Verzögerung der Reaktion bei 
Fleisch eintritt, welches durch Hitze, aber 
nur unter 65^ C, geschädigt ist, wie das 
bei geräuchertem Fleisch oft der Fall ist 

Da bei gut durchgekochtem Fleisch 
und bei reinem Fettgewebe, die für die 
Reaktion erforderlichen löslichen Eiweiß- 
körper nicht zu gewinnen sind, so versagt 



— 77 — 



hier die Methode vollständig. Es müssen 
daher in solchen Fällen die chemischen 
Methoden (Jodzahl- nnd Befraktometer- 
zahl) wieder in ihr Becht treten. 

Wie verhält es sich nan mit der Brauch- 
barkeit der obigen Methoden zum Nach- 
weis von Pferdefleisch beim Nahrungs- 
mittelgesetz, wo es sich um die Unter- 
suchung von 

1. kleinen Fleischstücken, die von 
allen möglichen Tieren her- 
rühren können, 

2. Fleischgemischen, z. B. Hack- 
fleisch und Wurst, handelt? 

Was die Beantwortung der ersten Frage 
anbetrifft, so haben die von mir in Ge- 
meinschaft mit Wedemann gemachten 
Untersuchungen ergeben, daß die bio- 
logische Methode, falls es sich nicht um 
gekochtes Fleisch handelte, immer ein- 
wandfreie Besultate lieferte, während die 
chemischen Methoden, wie bekannt, hier 
vollkommen versagten. 

Genfigten ftr das biologische Verfahren 
bereits stecknadelkopfgroße Mengen von 
Untersuchungsmaterial, um den Nachweis 
von Pferdefleisch zu erbringen, so stieß 
dagegen die Bestimmung der Jod- und 
Beiraktometerzahl selbst bei einem 25 
Gramm schweren Stück Pferdefleisch auf 
Schwierigkeiten, weil aus dem Unter- 
suchungsmaterial nicht die genügende 
Menge von Fett extrahiert werden konnte. 
Ebenso war es unmöglich, von einem 
jungen, wilden Kaninchen das far diese 
Bestimmung nötige Fett zu erhalten, trotz- 
dem das ganze Tier vollständig zerkleinert 
und ausgekocht wurde. Weiterhin ist für 
die chemischen Methoden hier noch zu 
berücksichtigen, daß das Fett vieler Tiere 
Jod- und Befraktometerzahlen aufweist, 
die innerhalb oder in der Nähe der Grenz- 
werte des Pferdefettes liegen, daß also 
häufig Verwechslungen mit Pferdefett 
unbedingt vorkommen müßten. 

Im allgemeinen wird für das Nahrungs- 
mittelgesetz praktisch die Untersuchung 
von kleinsten Fleischstückchen keine große 



Bolle spielen. Weit wichtiger ist hier 
aber der Nachweis von Pferdefleisch 
in Fleischgemischen, vor allem in 
der Wurst. 

Auch hier ermöglicht das biologische 
Verfahren eine ausreichende, sichere Er- 
kennung des Pferdefleisches; die Methode 
versagt bisher nur bei gekochten Würsten. 
Bei 150 untersuchten Wurstproben war es 
mir nur in drei Fällen nicht möglich — es 
handelt sich dabei jedesmal um die so- 
genannte Frankfurter Wurst — , die bio- 
logische Methode anzuwenden, weil hier 
die Eiweißstoffe durch Kochen bereits 
ausgefällt waren und daher nicht mehr 
in Lösung übergeführt werden konnten. 

Dagegen gelang es mir bei denselben 
Wurstarten, sobald sie nicht ganz durch- 
gebrüht waren, die biologische Methode 
mit Erfolg anzuwenden. Hierbei konnte 
man wieder deutlich beobachten, daß Ei- 
weißkörper, die durch Hitze geschädigt 
sind, viel schwerer auslaugen — so waren 
oft 24 Stunden nötig — und daß die Be- 
aktion erheblich verzögert wird. 

Bei der Anwendung der biologischen 
Methode auf Wurstarten, die auf Grund 
ihrer makroskopischen Beschaffenheit auf 
Pferdefleisch verdächtig erscheinen, würden 
folgende Punkte besonders zu berück- 
sichtigen sein. Das Material für die 
Untersuchung wird zweckmäßig aus der 
Mitte der dicksten Stelle der Wurst ge- 
nommen werden, da hier am wenigsten 
eine durch Bäuchern oder Kochen hervor- 
gerufene Eiweißschädigung zu befürchten 
ist. Um eine möglichst gleichmäßige 
Auslaugung der in der Wurst enthaltenen 
verschiedenen Eiweißkörper zu erhalten 
und um in leicht gekochter Wurst etwa 
noch lösliche Eiweißkörper leichter zur 
Auslaugung zu bringen, muß die Wurst- 
masse, ehe die 0,85% Kochsalzlösung zu- 
gesetztwird, möglichst fein verteilt werden. 
Die Auslaugungsfähigkeit der einzelnen 
Wurstsorten ist verschieden, bei magerer 
Wurst, die durch Bäuchem oder Kochen 
wenig gelitten hat, kann man bereits nach 



78 — 



einer Stunde die nötige Eiweißlösung er- 
halten, während andererseits leicht gekochte 
W'ürste oftmals zwei Tage auslaugen 
müssen. In diesen Fällen, ebenso bei 
halb gar gebratenem Fleisch, sogenanntem 
englischen Beefsteak, empfiehlt es sich, 
nach Abgießen des Auszuges die Fleisch- 
stficke durch ein Koliertuch auszupressen 
und den' so erhaltenen Preßsaft mit der 
vorher abgegossenen Flüssigkeit zu 
mischen. Bei reichlichem Fettgehalt der 
Wurst empfehlen Mießner und Herbst, 
das Fett vor Ansetzen der Testflüssigkeit 
erst 24 Stunden mit Äther oder mit 
Chloroform zu extrahieren. Die Her- 
stellung eines klaren Filtrats ist bei 
Wurstlösungen viel schwieriger, wie bei 
einem von reinem mageren Fleische ge- 
wonnenen Eiweiß -Auszug; mit Papier- 
flltem kommt man dabei in vielen Fällen 
nicht zum Ziele. Anstatt der teuren 
Berkefeldschen Kieselgurkerzen be- 
dienen wir uns hierbei der oben bereits 
beschriebenen Filtration mit ausgeglühtem 
Kieselgur. Die Hauptbedingung für 
die biologische Untersuchung auf 
Pferdefleisch in der Wurst ist ein 
hochwertiges Antiserum, denn man 
hat wohl zu berücksichtigen, daß die in 
der oben beschriebenen Weise hergestellten 
Eiweißverdünnungen von 1 : 300 keine 
reine Pferdeeiweißlösung darstellen, son- 
dern von den verschiedenen in der Wurst 
enthaltenen Eiweißstoffen herrühren. Be- 
steht z. B. die zu untersuchende Wurst 
aus drei Teilen Rindfleisch und einem 
Teil Pferdefleisch, so würde aber auch 
nur unter der Voraussetzung, daß sich 
die beiden Eiweißstoffe gleich gut gelöst 
hätten, eine Eiweißlösung von 1:300 nur 
einer Pferde -Eiweißlösung von 1 : 1200 
entspreclien. Ein spezifisches Serum, das 
den von Uhlenhuth verlangten An- 
forderungen entspricht, d. h. das noch in 
Verdünnungen von 1 : 20 000 wirksam ist, 
würde für die Praxis in den meisten 
Fällen ausreichen. Da wir bei den Unter- 
suchungslösungen absolut keinen Anhalt 



haben, wie viel Pferdefleischeiweiß darin 
gelöst ist, so läßt sich hier über das 
Einsetzen, Stärke und die Dauer der 
Beaktion keine bestimmte Zeitangabe 
machen. Es können hier oft noch nach 
10 Minuten speziflsche Trübungen auftreten. 
Bei faulenden Würsten ist es angebracht, um 
eventuell eine während der Reaktion auf- 
tretende Bakterientrübung der ünter- 
suchungslösungzu vermeiden, die Filtration 
mit bakteriendichten Filtern vorzunehmen, 
und außerdem würde es sich hier 
empfehlen, zur weiteren Kontrolle ein 
Röhrchen mit reiner Wurstlösung an- 
zusetzen. 

Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, 
daß die biologische Methode, fiir das 
Nahrungsmittelgesetz angewandt, nicht 
nur zum Nachweis von Pferdefleisch in 
der Wurst dienen würde, sondern daß sie 
auch noch zur Erkennung von Ver- 
fälschungen der Wurst mit Hunde-, Katzen- 
fleisch usw. , deren Nachweis auf chemischem 
und physikalischem Wege von vornherein 
gänzlich ausgeschlossen ist, in Betracht 
kommen würde. 

Aus meinen Darlegungen möchte ich 
somit die Schlußfolgerung ziehen, daß die 
biologische Methode, bei der Fleisch- 
beschau angewandt, eine wertvolle 
Ergänzung der bisher vorgeschrie- 
benen chemisch-physikalischen Un- 
tersuchungsmethoden zum Nachweis 
von Pferdefleisch bilden würde. 
Zum Teil würde sie die erwähnten anderen 
üntersuchuugsverfahren sogar zu ersetzen 
vermögen. 



Weitere Finnenfunde bei Saugkälbern. 

Von 

Dr. Stroh-Augsburg, 

Amtsticrarzt. 

Meiner früheren Mitteilung über auf- 
fallend viele Finnenfunde bei Saugkälbern 
am Schlachthofe Augsburg*) möchte ich 
folgendes ergänzend nachtragen. 



*) Diese Zeitschrift 1905, Heft 1 und 2. 



— 79 



Zo den 8 Finnenfmiden vom Juli 1903 
bis Ende April 1905 sind vom letzteren 
Zeitpunkt an bis heute (Ende Juni 1907) 
weitere 18 Feststellungen von Finnen 
bei Kälbern gekommen, und zwar im Best- 
teile des Jahres 1905 bei 3 (im ganzen 
Jahre bei 8), im Jahre 1906 bei 11 und 
in der ersten Hälfte des laufendes Jahres 
bei 4 Kälbern. Diese Funde verteilten 
sich auf eine jährliche Schlachtziffer von ! 
22—23 000 Kälbern, Bezüglich des Alters 
der Kälber, der anatomischen Merkmale, 
des primären Fundortes, des Sitzes und 
der Verteilang der Parasiten besteht 
völlige Übereinstimmung mit dem, was 
ich schon Mber hierüber mitgeteilt habe. 
Die speziell über das Alter der Kälber 
gepflogenen Erhebungen führten in 
13 Fällen zu einem positiven Ergebnis, 
und es konnte ein solches von 21, 23, 25, 
26, 29, 31, 32, 32, 32, 35, 37, 39 und 
— ein für hiesige Verhältnisse ausnehmend 
hohes — von 53 Tagen festgestellt werden. 

Eine Anzahl von Fällen, die nach der 
einen oder anderen Bichtung bemerkens- 
wert erscheinen, sei nachstehend in Kürze 
behandelt, wobei ein besonderer Hinweis 
auf Nr. 13 dieser Kasuistik mit einem 
schönem Beleg für die Annehmbarkeit des 
seinerzeit (1. c. S. 45) aufgestellten In- 
fektionsmodus — durch die mit Kot be- 
schmutzten Hände bandwurmkranken 
Wartepersonals — berechtigt erscheint. 

1. Kuhkalb; gelbbraun mit Blesse; 59,5 kg 
Schlachtgewicht; sehr gut genährt; Alter nicht 
feststellbar. 

In der Wand des linken Herzens, auf der 
Innenfläche beider Bauchwandungen und im 
Zwerchfell je ein erbsen- bis maiskomgroOer, 
etwas langgestreckter Finnenknoten sichtbar, 
weißgelb bzw. weißgrau von Farbe. Die Knoten 
lassen sich leicht und vollständig aus der Um- 
gebung ausschälen und fühlea'sich abnorm hart 
an. Das Durchschneiden gelkigt verhältnismäßig 
schwer, und es entsteht dabei ein deutliches 
Knirschen. Bei genauer Besichtigung der 
Schnittfläche der Kapselwand zeigt sich in der 
opaken Grundsubstanz eine fast reinweiße Schicht 
eingelagert, die sich beim Darüberstreifen mit 
dem Messer oder Fingernagel rauh, kratzend an- 
fahljt; Verkalkung der Kapselwand. In der 



übrigen Körpermuskulatur wurden noch ungefähr 
35 Knoten von doppelt Stecknadelkopfgröße bis 
zu einer solchen von 15 X ^ *** gefunden. Die 
Minderzahl der Knoten zeigt die normale Kon- 
sistenz — und auch bei diesen ist der Ba^g vielfach 
abnorm dick — , die meisten sind hart und derb, 
wie vorstehend beschrieben, und weisen nicht 
selten totale kalkige Inkrustation der Kapsel 
auf. Inhalt der Knoten je nach Kapselstärke 
reichlich oder spärlich, schmierig, gelb oder grau 
in der Farbe, zum Teil mit Blutbestandteilen 
gemengt Zystizerken nur bei etwa dem vierten 
Teil auffindbar, darunter auch bei zweien mit 
teilweise verkalkter Kapsel. Bläschen hirsekom- 
bis stecknadelkopfgroß, rund, hell, intakt; in 
den größeren Kopfzapfenanlage, Rand gefältelt, 
Saugaäpfe wienig differenziert, vereinzelte Kalk- 
körperchen, mikroskopischer Befund bei dem 
käsigen Inhalt wie früher angegeben.*) 

(Ob diese vielfach vorhandene kalkige In- 
krustation der Kapselwand für die Möglichkeit 
einer intrauterinen Infektion herangezogen werden 
könnte, lassen wir dahingestellt. Immerhin 
spricht dagegen, daß das Alter der Finnen- 
bildungen auf nicht über vier Wochen zu be- 
stimmen, hingegen das Lebensalter des Kalbes 
nach Habitus und Gewicht ^eeifelsohne auf über 
vier Wochen zu schätzen ist und femer, daß 
im nächstfolgenden Falle, hei dem die Finnen- 
bildongen noch etwas jünger waren und das 
Alter des Wirtstieres mit B9 Tagen zuverlässig 
festgestellt wurde — Infektion post partum also 
zweifellos ist — , die gleiche kalkige Inkrustation 
bei einem einzelnen Finnenknoten aufgefunden 
wurde.) 

2. Kuhkalb; Gelbscheck ;^ sehr gut genährt; 
50 kg Schlachtgewicht; geb. den 17. Juli 1906, 
geschl. den 25. August 1906; Alter 39 Tage. 

An der Herzoberfläche wie im Innern des 
Herzmuskels zusammen zehn Finnenknoten, von 
Hirse- bis Maiskomgröße differierend. Käsiger 
Inhalt im allgemeinen spärlich; Zystizerkus- 
bläschen durchschnittlich stecknadelkopfgroß, 
mit punktförmiger Kopfzapfenanlage an den 
größeren Finnenbildungen. Mit den gleichen 
Knoten ist die Skelettmuskulatur durchsetzt, be- 
sonders viele sind in der Bauchwand und im 
Zwerchfell vorhanden. Einer der letzteren auf- 
fallend dickwandig, derb, m i t K al k e i n 1 ag e r u n g 
in der Kapsel, jedoch noch gut erhaltenem 



*) Nach den dankenswerten Untersuchungen 
von Noack-Dresden (D. T. W. 1906, S. 348) 
erwies sich in einem typischen Finnenfalle beim 
Kalb diese käsige Masse innerhalb der Kapsel- 
bildung bei der bakteriologischen Prüfung als 
steriU 



- 80 - 



Zystizerknsbläschen. Eaumaskeln frei von 
Finnenknoten. 

3. Stierkalb; Gelbscheck; 497] kg Schlacht- 
gewicht; gat genährt; 31 Tage alt. 

Mehrere große Finnenknoten am und im 
Herzen; Lunge frei; Knoten femer im Zwerchfell 
imd im inneren Brustmuskel sichtbar; von der 
Skelettmuskulatur sind besonders dieVorarm- 
und Unterschenkelmuskeln mit zahl- 
reichen Finnenknoten durchsetzt; femer 
je ein Knoten in den Kaumuskeln und in der 
Zunge, zwei in den Kehlkopfmuskeln gefunden. 

Fig. 1. 




Herx von einem 'Sau ff kalb mit subepikardialen 
Finnen, 



4. Kuhkalb; Gelbscheck; 34 kg Schlacht- 
gewicht; gut genährt; 37 Tage alt. 

Ohne Vornahme weiterer Zerlegung kOnnen 
als Sitz der Finnenknoten festgestellt werden: 
Herz, Lunge, Leber, Bauchwand, Zwischen- 
rippenmuskulatur. Beim Zerlegen erweist sich 
die gesamte übrige Muskulatur mit Finnenknoten 
durchsetzt, besonders reichlich die Schulter- und 
Halsmuskeln. In den Kaumuskeln werden mit 
einiger Mühe vereinzelte Finnenknoten gefunden; 
ein zystizerkushaltiger Knoten liegt im 
Kutisteil der Haut 

5. Stierkalb; Gelbblesse; 49V, ^g Schlacht- 
gewicht; gut genährt; 30 Tage alt 



Am und im Herzen besonders zahlreiche 
Finnenknoten, ebenso in der Zunge, in den 

Fig, 2. 




Herx von einem Saugkalb mit subepikardialen 
Finnen. 

Kau- und den gesamten Körpermuskeln; ver- 
einzelte Knoten in der Lunge und Leber, je 

Fig. 3, 




Herx von einem Saugkalb mit sub- 
epikardialen Finnen. 

ein Knoten in der Thymusdrüse und in der 
Subkutis gefunden. Bei einigen größeren 



— 81 — 



FinnenblAschen wird der Eopfsapfen in einge- 
Btalpter Lage gemessen mit 0,6— OJ'" in der 
Länge nnd 0,4—0,5'" in der Breite. Finnen- 
knoten selbst sind 3 X 2,5'" bis 6 X 3-4'" groß. 

6. Stierkalb; Brannblesse; 527, kg Schlacht- 
gewicht; mittelmäßig genährt; 32 Tage alt. 

Finnenknoten in Herz, Lunge, Zunge, Kau- 
muskeln usw. gefunden, ebenso in der Leber. 
Die beim gewerbsmäßigen Offnen des Kalbes 
sichtbar werdenden Mnskelflächen zeigen keine 
Knoten. 

7. Kuhkalb; Gelbscheck; 53 kg Schlacht- 
gewicht; sehr gut genährt; 25 Tage alt 

Finnenknoten in Herz, Lunge, femer je ein 
Knoten in den Kaumuskeln und in der Zunge; 
in der Körpermuskulatur wurden bei 
sorgfältigem Zerlegen weitere Knoten 
nicht mehr gefunden. 

8. Stierkalb; Braunblesse; 51,5 kg Schlacht- 
gewicht; gut genährt; Geburtsdaten nicht er- 
hältlich. Das Kalb stammt aus der gleichen 
Stallung wie das zirka drei Monate vorher ge- 
schlachtete Nr. 7. In der Familie des be- 
ta-effenden Landwirts sei eine Tochter seit 
längerem „bleichsflchtig^. 

Fünf Finnenknoten am und im Herzen, je 
einer in der Lunge und im Zwerchfell. Zunge 
und Kaumuskeln, ebenso die übrige Skelett- 
musknlatur erwiesen sich frei von Finnen. 

9. Stierkalb; Gelbscheck; 53 kg Schlacht- 
gewicht; sehr gut genährt; 23 Tage alt 

Zahlreiche Finnenknoten im Herzen, das da- 
durch eine höckrige Oberfläche erhält; Lunge, 
Kaumuskeln und Zunge, sowie besonders die 
gesamte Körpermuskulatur in Masse mit Finnen- 
knoten durchsetzt; je ein Knoten im Unter- 
hautzellgewebe und im Kutisteile der 
Haut 

10. Stierkalb; braungrau; 66 J^ kg Schlacht- 
g'ewicht; sehr gut genährt; 29 Tage alt. Je 
ein großer Finnenknoten an der Herzoberfläche, 
im Zwerchfell und in der Bauchwand sichtbar; 
drei Ejioten im Innern des Herzmuskels, vier in 
der Lunge, femer drei in der Zunge, je einer in 
der Kehlkopfmuskulatur und in der Rachenwand 
gefunden; Knoten femer in der übrigen Musku- 
latur, besonders viele in den Yorarm- und Unter- 
sehenkelmuskeln zugegen. 

Aus der gleichen Stallung kam vor ca. 
1 % Jahren ein mit Finnen behaftetes Kalb. Von 
der Familie dieses Bauern wisse sich niemand 
bandwurmkrank, nur sei auch hier eine Tochter 
„bleichsflchtig*'. 

11. Kuhkalb; Gelbrotscheck; 46 kg Schlacht- 
gewicht; gut genährt; 32 Tage alt. Befund am 
Herzen wie sonst; Finnenknoten werden in der 



Lunge, am Zwerchfall sowie an der gewerbs- 
mäßig angelegten Schnittfläche der Brustmuskeln 
gefunden; ferner beim nachfolgenden Zerlegen in 
großer Zahl in der gesamten Körpermuskulatur, 
besonders in den Vorarm- und Unterschenkel- 
muskeln. Zunge und Kaumuskeln frei. 

12. Kuhkalb; gelb; 75 kg Schlachtgewicht; 
sehr gut genährt; 53 Tage alt Einen Finnen- 
knoten in der Bauch wand gesehen; beim Zerlegen 
zwei in den Kaumuskeln und einer in der Unter- 
schenkelmuskulatur gefunden; Herz frei. 

13. Stierkalb; grau; sehr gut genährt; 48 kg 
Schlachtgewicht; 26 Tage alt; stammt aus einem 
größeren Stalle im benachbarten G. 

Außen am Herzen zwei Finnenknoten, im 
Innern deren 4; Lunge und Leber frei; in der 
Bauchwand zwei und im Zwerchfell ein Knoten 
sichtbar; zwei Knoten in der Zunge; die genau 
durchsuchten Kaumuskeln frei; zahlreiche 
Knoten in der gesamten Körpermuskulatur, 
namentlich viele in den Vorarm- und Unter- 
schenkelmuskeln, aber auch die Muskeln des 
Oberschenkels, der Schulter usw. reichlich damit 
besetzt Die Knoten sind durchweg groß, mais- 
koragroß und darüber, einige wenige nur linsen- 
groß; der käsige Inhalt der größeren Knoten 
reichlich, teils graurötlich, teils grünlich, auch 
gelbbraun in der Farbe, Kapsel relativ dtlnn; 
Zystizerkusbläschen hell, intakt, bis 2 mm im 
Durchmesser, teils ohne, teils mit eben sicht- 
barer Kopf Zapfenanlage; exzentrische Lage des 
Bläschens kann mehrmals festgestellt werden. 

Der Schweizer des betr. Stalles gab 
nach längerem Sträuben zu, daß er band- 
wurmkrank sei. Er gehörte früher der 
Schutztruppe für DeutschrSüdwestafrika 
an, und dort sei während des Aufstandes 
seine Kompagnie einmal gezwungen ge- 
wesen, fünf Tage lang rohes Rindfleisch 
zu essen. Seitdem ist er mit dem Band- 
wurmbehaftet In sein er jetzigen Stellung 
befindet sich der Schweizer seit etwa 
fünf Wochen. 

Aus vorstehenden Angaben geht zu- 
nächst wiederum hervor, daß mit der 
einzigen Ausnahme bei Nr. 12 stets das 
Herz Sitz der Finnen war, das zugleich 
in allen diesen Fällen den primären 
Fundort darstellte. Mindestens ein, meist 
aber mehrere, durchweg recht auffällige 
Parasitenknoten waren bereits an der Herz- 
oberfläche wahrzunehmen; das Anschneiden 
des Herzmuskels und das Zerlegen des- 
selben in Schnitte lieferte dann in der 
Begel weitere Funde. Wir halten aber 



— 82 — 



ein generelles Anschneiden des Herzens*) 
znr Feststellung der Finnenkrankheit hei 
Saugkälbern nicht für notwendig, da beim 
Fehlen äußerlich sichtbarer Knoten- 
bildungen nur ein Fall ganz schwacher 
Invasion vorliegen könnte, bei dem auch 
ein ergiebiger Schnitt nur minimale Aus- 
sichten für Bloßlegen eines Finnenknotens 
bieten würde. Eine sorgfältige Adspektion 
des Herzens, zusammen mit dem Durch- 
tasten der gleichfalls besonders häufig 
besetzten Lunge scheint uns — dazu einige 
Übung vorausgesetzt — zur Aufdeckung 
der Finneninvasion bei Saugkälbern ge- 
nügend zu sein. 

Die beim Saugkalb an sich noch sehr 
wenig entwickelten Kaumuskeln zeigten 
sich fast regelmäßig verhältnismäßig wenig 
von der Finneninvasion betroffen, viel- 
fach waren sie ganz frei davon. Die 
Bedeutung der Kaumuskeln für die 
Ermittlung der Finnenkrankheit 
beiSaugkälbern muß daher als gering 
angesprochen werden. Von den 
übrigen Skelettmuskeln sind vorzugsweise 
die des Vorarms und Unterschenkels von 
Finnenknoten durchsetzt vorgefunden 
worden. Daß in einem Fall die Thymus- 
drüse, in 3 Fällen die Leber und je 2 mal 
die Kutis und Subkutis Sitz der Finnen 
waren, sei besonders hervorgehoben, eben- 
so die Tatsache, daß mit Zwischenräumen 
von 1/4 und IV3 Jahren bei je 2 Kälbern 
aus den gleichen Stallungen Finnen ge- 
funden wurden. Die in allen Fällen — 
allerdings nur durch Vermittlung der be- 
treffenden Händler oder Metzger - - am Ur- 
sprungsorte angestellten Nachforschungen 
nach einer bandwurmkranken Person 
führten leider nur in einem Falle zu 
einem befriedigenden Ergebnisse. Schuld 
daran dürfte vor allem eine große Scheu 
unserer ländlichen Bevölkerung sein, sich 
als bandwurmleidend zu bekennen. 



*) In Süddeutschland und wohl noch anderwärts 
gestattet man sich aus naheliegenden Gründen 
vielfach die Lizenz, auf das Anschneiden der 
Kalbsherzen zu verzichten. 



Die am hiesigen Schlachthofe während 
mehr als 3 Jahren fortgesetzten Funde 
von Finnen bei Saugkälbern berechtigen 
nunmehr und im Gegensatze zur früher 
(1. c.) vertretenen Anschauung — daß es 
sich hierbei nur um gelegentliche Raritäts- 
fälle handle — zu dem Schlüsse, daß 
solche Funde in dem bisherigen Um- 
fange (zu ungefähr 0,04 Proz. der 
untersuchten Kälber) die Kegel 
bilden. 

Bei dieser Sachlage wurde abermals 
die Frage geprüft, ob für unsere, von 
anderwärts nicht in annähernd gleicher 
Häufigkeit bekannt gewordenen Finnen- 
ermittlungen bei Saugkälbern besondere 
örtliche Verhältnisse maßgebend seien. 
Für die Verbreitung der Bandwurmkrank- 
heit in den einschlägigen Landbezirken 
waren Zahlen nicht erhältlich. Hingegen 
hatte der Oberarzt der stets stark belegten 
internen Abteilung des hiesigen Kranken- 
hauses Herr Dr. med. L. E. Müller die 
Güte mitzuteilen, daß die Taenia saginata 
auf seiner Station sehr selten, durch- 
schnittlich nur 3 mal im Jahre, zur Fest- 
stellung und Behandlung komme. In seinem 
früheren Wirkungskreise Erlangen habe 
die Kur dieses Bandwurms ungleich häufiger 
vorgenommen werden müssen. Dazukommt 
noch, daß wir nach wie vor nur eine sehr 
mäßige Zahl von Finnenfällen beim Groß- 
vieh haben (24 und 28 Stück in den 
beiden letzten Jahren bei einer Schlach- 
tung von ca. 12500 Stück), so daß die An- 
nahme berechtigt erscheint, die fraglichen 
Konstatierungen bei Sangkälbern seien 
nur einer verbesserten Untersuchungs- 
technik und spezieller Übung zu danken. 



Über die Mitwirkung der Tierärzte in den 
Ortsgesundheitsicommissionen. 



Von 

Ad. Maier -Konstanz, 

Bezirkstierarat. 



Nichts ist bezeichnender für die heutige 
Bedeutung und Wertschätzung der Hygiene 
als die zunehmende Bildung von sog. 



— 83 



OrtsgesundheitskoiDinissionen oder Orts- 
gesundheitsräten in den mittleren und 
größeren Städten Deutschlands. Der An- 
fang ihrer Gründung wird ungefähr in 
die Mitte der 80 er Jahre des vorigen 
Jahrhunderts fallen. Gegenwärtig dürfte 
im Reiche wohl keine namhafte Stadt 
sein, die nicht über das Institut des 
Ortsgesundheitsrats verfügt. Jedenfalls 
hat diese Einrichtung in Verbindung mit 
den gewaltigen hygienischen Fortschritten 
auch den Anstoß zur Errichtung des 
Reichsgesundheitsrates und in manchen 
Bundesstaaten auch zu derjenigen von 
Landesgesundheitsräten gegeben. 

DieOrtsgesundheitskommissionen,deren 
Tätigkeit in der Regel eine freiwillige 
und ehrenamtliche ist, haben die Auf- 
gabe, die Gemeinden auf dem so weit- 
verzweigten und weitläufigen Gebiete der 
öffentlichen Gesundheitspflege zu belehren 
und zu beraten. Irgend eine Exekutiv- 
gewalt kommt ihnen nicht zu. Zu ihrem 
Geschäftsbereiche gehören: die Wasser- 
versorgung, die Wohnungshygiene, das 
Abfuhrwesen, das Erankenhauswesen, das 
Begräbniswesen, die Kanalisation, die 
Nahrungsmittelhygiene usw. In der Regel 
werden die einzelnen Mitglieder (Fach- 
männer) mit einem oder mehreren Re- 
spiziaten betraut und die Ergebnisse in 
den Sitzungen erörtert. 

Dem Arbeitsgebiete entsprechend, sind 
die Ortsgesundheitskommissionen gewöhn- 
lich zusammengesetzt aus staatlichen und 
städtischen Verwaltungsbeamten (Bürger- 
meistern und Stadträten), beamteten und 
nichtbeamteten Ärzten, Bauingenieuren, 
Architekten, Nahrungsmittelchemikem und 
zum Teil auch aus (beamteten) Tierärzten. 

Ich betone: zum Teil auch aus Tier- 
ärzten. Gerade dieser Umstand ist es, 
der mich diese Materie hier zur Sprache 
bringen läßt. Als Mitglied des hiesigen 
Ortsgesundheitsrates habe ich häufig Ge- 
legenheit, in dessen periodisch erscheinen- 
den Zeitschriften die Sitzungsberichte der 
auswärtigen Kommissionen zu verfolgen. 



I Da fiel mir nicht selten die Tatsache auf, 
daß eine Reihe dieser Kollegien, besonders 
diejenigen norddeutscher Städte, die 
Namen von Tierärzten vermissen ließ. 
Wenn auch dieser auf fall enden Erscheinung 
manchmal nur eine Zufälligkeit zugrunde 
liegen mag, so bekundet sie doch im all- 
gemeinen eine nicht genügende Würdigung 
der Beziehungen der Tiermedizin zur 
öffentlichen Gesundheitspflege. Sind es 
doch gerade zwei wichtige — vielleicht 
die wichtigsten — Gebiete der Nahrungs- 
mittelhygiene, die fast stets in den 
Sitzungen dieser Kommissionen einen 
breiten Raum einnehmen, die Fleisch- 
und Milchhygiene. 

Das Reichsfleischbeschaugesetz vom 
3. Juni 1900 mit seinem Untersuchungs- 
zwang für die schlachtbaren Haustiere 
umfaßt eine Angelegenheit, für die der 
Tierarzt zuständig ist. Es handelt sich 
aber hierbei nicht allein um die Beschau 
der schlachtbaren Haustiere, sondern auch 
um die außerordentliche Fleischbeschau 
einschließlich der Kontrolle des Fisch- 
und Wildpretmarktes. Die sanitätspolizei- 
liche Überwachung der Fleisch- und 
Wochenmärkte gehört in vielen größeren 
Städten zur Amtstätigkeit der Kreistier- 
ärzte. 

Der Wert der tierärztlichen Kontrolle 
des Milchverkehrs tritt immer mehr in 
den Vordergrund des praktischen Inter- 
esses. Tierärzte sind auf dem Gebiete 
des Milchverkehrs mannigfach praktisch 
tätig. Ich erinnere nur an die Produktion 
der Säuglings- und Kurmilch, die eine 
immer größere Verbreitung gewinnt, und 
an die Überwachung der Milchkuranstalten 
zur Gewinnung von Vorzugsmilch. Da 
ist es doch natürlich, daß die Tierärzte 
in den Gesundheitskommissionen solcher 
Städte, die derartige hygienische Ein- 
richtungen aufweisen — und sie bestehen 
in fast allen größeren und mittleren 
Städten Deutschlands — ihre Erfahrungen 
verwerten. Bei uns in Baden z. B. ist 
eine solche Mitarbeit als selbstverständlich 



— 84 — 



anzusehen. Sie geht aus der Anweisung 
des Aufgabenkreises der Bezirkstierärzte 
ohne weiteres hervor. So sagt § 14 der- 
selben: 

„Der Bezirkstierarzt ist zur Mitwirkung bei 
der Oberwachong des Verkehrs mit Fleisch und 
Milch berufen. 

Die in § 2 des Reichsgesetzes vom 14. Mai 
1879, den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genuß- 
mitteln und Gebrauchsgegenständen betreffend, 
den Beamten der Polizei eingeräumten Befug- 
nisse des Betretens von Räumlichkeiten, in denen 
Nahrungsmittel feilgehalten werden, und der Ent- 
nahme von Proben stehen, insoweit es sich um 
Fleisch oder Fleischwaren handelt, auch den 
Bezirkstierärzten zu. 

Dem Bezirkstierarzt liegt u. a. femer die 
Veterinär- und beziehungsweise sanitätspolizei- 
liche Überwachung des Betriebes der Schlacht- 
häuser, der Fleischläden und Fleischbänke ob.^ 

Weiter heißt es in derselben An- 
weisung: 

„In Ansehung der unter polizeilicher Eontrolle 
gestellten Milchkuranstalten steht dem Bezirks- 
tierarzt die Überwachung der zur Milchgewinnung 
aufgestellten Kühe in bezug auf die Gesundheit, 
sowie die Art der Fütterung und die Beschaffen- 
heit der Futtermittel zu.'' 

Die Forderungen der Neuzeit auf dem 
Gebiete der Milchhygiene gehen aller- 
dings weiter. Wir sehen aber hier das 
tierärztliche Eingreifen in amtlicher Weise 
schon genau geregelt. 

Mit der Tätigkeit auf den Gebieten 
des Fleisch- und Milchverkehrs ist die 
Wirksamkeit der Tierärzte, die auf das 
Gebiet der öffentlichen Gesundheitspflege 
hinüberspielt, noch nicht erschöpft. Weitere 
Zweige sind die Stallhygiene, z. B. Be- 
gutachtungen von Stallungen oder neuen 
Stallanlagen in geschlossenen Straßen, 
das Wasenmeisterwesen, die Kadaver- 
vemichtungsanlagen, die Schutzmaßregeln 
gegen Tierseuchen, die auf Menschen 
übertragbar sind, wie z. B. Rotz, Milz- 
brand, Tollwut usw. 

Selbstverständlich wird in den Ortsge- 
sundheitskommissionen derjenigen Städte, 
in denen keine beamteten Tierärzte 
wohnen, auch die Mitwirkung privater 
Tierärzte von Wert sein. Sitzen doch 



in fast allen derartigen Kollegien — 
allerdings in der Regel neben dem be- 
amteten Arzte — auch noch ein oder 
mehrere Privatärzte (nicht selten Speziar 
listen). 

Ein tierärztliches Arbeitsgebiet, das 
auch hierher gehört, habe ich noch nicht 
berührt, das des Schlacht- und Viehhof- 
wesens. Diese Angelegenheit hängt aber 
teils mit der bereits besprochenen Fleisch- 
beschau zusammen, teils bestehen in einer 
großen Zahl von Städten, wie z. B. auch 
hier in Eonstanz, noch besondere Schlacht- 
und Viehhof kommissionen. Dieselben haben 
freilich mit den Ortsgesundheitsräten direkt 
in der Regel nichts zu tun. In den Schlacht- 
hofkommissionen sind aber als technische 
Berater die tierärztlichen Schlachthof- 
leiter vertreten. 

Meines Erachtens liegt in einer der- 
artigen Arbeitsteilung zwischen dem be- 
amteten Tierarzt und dem städtischen 
Sanitätstierarzt ein Fortschritt, der nicht 
allein ihnen, sondern auch dem städtischen 
Gemeinwesen zugute kommt. Getrennt 
marschieren und vereint schlagen! Im 
übrigen wird in einschneidenden Fragen 
auf dem Gebiete des Schlacht- und Vieh- 
hofwesens wohl stets auch das Votum 
des beamteten Tierarztes von selten der 
Staatsbehörden wie nicht selten auch der 
städtischen Verwaltungen eingeholt. Steht 
dem Veterinärbeamten doch überall die 
staatliche Oberaufsicht der Schlachtvieh- 
und Fleischbeschau und damit auch über 
das Schlacht- und Viehhofwesen der 
Städte zu. 

Zum Schlüsse noch eins: Sicherlich 
werden diejenigen Ortsgesundheitskommis- 
sionen, die noch keine Tierärzte als Mit- 
glieder besitzen, deren Mitarbeit gerne 
annehmen. Es bedarf zweifellos nur der 
mündlichen oder schriftlichen Anregung 
bei den staatlichen oder bei den städti- 
schen Verwaltungsbehörden, um die Zu- 
ziehung der Tierärzte zu den Orts- 
gesundheitskommissionen herbeizufuhren. 
Die Anregung wird um so eher beachtet 



— 85 



werden, wenn daranf hiogewiesen wird, 
daß eine Reihe namhafter Städte wie 
auch der Reichsgesundheitsrat und die 
bestehenden Landesgesundheitsräte Tier- 
ärzte als technische Berater aufweisen. 
Es handelt sich hierbei nicht am wirt- 
schaftliche Vorteile für die Tierheilkunde, 
sondern um ihre Nutzbarmachung zum 
allgemeinen Besten! 



Die Kontrolle der von auswärts in die 
Stftdte eingeführten Schlachttiere. 

Von 

Kunibert MOIIer-Treptow a. B., 

Yonteber des Fleiichbflschaaamtai. 

In meiner früheren Tätigkeit hatte 
ich bei Untersuchungen von Rinder- 
beständen auf Tuberkulose nicht selten 
Gelegenheit, die jedem Tierarzt unter 
den verschiedensten Namen bekannten 
abgemagerten Kühe zu sehen. Oft habe 
ich derartige Tiere wegen offener Tuber- 
kulose zur Ausmerzung bestimmt. Auf 
meine Fragen nach dem Verbleib dieser 
Tiere wurde mir regelmäßig die Antwort, 
daß bestimmte Schlächter und Händler 
diese Kühe für einen Preis von 20—30 M. 
kaufen, um sie nach Berlin zu senden, 
und zwar nannten mir die Besitzer immer 
zwei deswegen bekannte Vororte unserer 
Hauptstadt. Dieselbe Erfahrung mache 
ich nun seit über zwei Jahren hier in 
meinem jetzigen Wirkungskreis bei den 
fast täglich stattfindenden Viehverladungen 
nach Berlin. Jede Woche gehen derartige 
Tiere, die oft kaum die Kräfte zum Stehen 
haben und deswegen nur mit Mühe in die 
Bahnwagen geschleppt werden können, 
dorthin ab. Tuberkulose, die verschieden- 
sten Euter- und Gebärmutterentzündungen, 
vollständige Abmagerung stellen das 
Hauptkontingent. Häufig sagt mir ein 
hiesiger Großschlächter und Viehhändler: 
„Heute schicke ich wieder ein Tier nach 
Berlin, da bringt sie noch schönes Geld, 
Sie sind mir zu streng'' (in der Fleisch- 
beschau), ein Vorwurf oder Lob für jeden 
die Fleischbeschau gewissenhaft aus- 



führenden Tierarzt. Tatsächlich sollen 
von den 20. M.-Kühen 100—150 M. Ge- 
winn erzielt werden. 

Es drängt sich die Frage auf, was 
aus diesen Tieren wird. Entweder werden 
derartige Kühe von der Berliner Kon- 
trolle sofort der Abdeckerei überwiesen 
oder sie kommen nach den Vororten, wo 
sie das gleiche Schicksal trifft. Eine 
dritte Möglichkeit ist die, daß das Fleisch 
dieser Tiere infolge Lücken oder Mängel 
in der Fleischbeschau in den Verkehr 
kommt oder von Versicherungsgesell- 
schaften entschädigt wird. Dabei denke 
ich an eine Notiz in der „AUg. Fleischer- 
zeitung, die lautet: 

£0 ist namentlich in der Umgebang Berlins 
die Organisation der Fleischbeschau ganz wesent- 
lich verbessert und funktioniert zur Zufriedenheit. 
Die polizeiliche Kontrolle des Fleisch- 
verkehrs bedarf allerdings noch der Ver- 
schärfung. 

Dies gibt zu denken, besonders weil 
diese Zeilen aus einem Interessenten- 
blatt stammen. 

Zweck dieser Zeilen ist es, auf die 
Notwendigkeit hinzuweisen, dem Verbleib 
der Tiere nachzuforschen, deren Versand 
nach Berlin den den Tierärzten in der 
Provinz bekannten Satz zu rechtfertigen 
scheint: Nach Berlin kommt das beste, aber 
auch das allerschlechteste Schlachtvieh. 

Eine Verfügung der Stettiner Eisen- 
bahndirektion ist wohl auf Grund der in 
Bede stehenden Zustände erlassen. Sie 
lautet: 

„Nr. 1076. Ausschließung kraftloser 
Schlachttiere von der Beförderung. Es 
kommt häufig vor, daß zum Schlachten bestimmte 
Tiere, namentlich Pferde, zur Beförderung auf- 
gegeben werden, welche infolge Altersschwäche 
oder von Gebrechen schon so kraftlos sind, daß 
sie eng aneinander — Körper an Körper — ver- 
laden werden müssen, weil sie sonst keine Stütze 
haben und umfallen würden. 

Da der Eisenbahn Verwaltung aus einer 
solchen, den polizeilichen Bestimmungen wider- 
sprechenden Verladungsweise oft Ungelegen- 
heiten entstehen, so weisen wir die Abfertigungen 
an, in denjenigen Fällen, in welchen gegen ie 
Transportfähigkeit der Tiere Bedenken obwalten 



— 86 — 



von den Absendern eine tierärztliche Beacheini* 
gang einzufordern.'' 

Diese Vorschrift aber ist nicht aus- 
reichend. Sie trifft, wenn sie befolgt 
wird, nur die allerschlechtesten Tiere, 
die übrigen werden durchschlüpfen. Eine 
allgemeine Besserung wird erst erzielt 
werden, wenn durch eine amtliche Vor- 
schrift die Gewähr dafar gegeben wird, 
daß alle aus der Provinz abgeschobenen, 
zweifelhaften Tiere vor der Verladung und 
nach der Ausladung einer genauen Unter- 
suchung, die nach Lage der Fälle nur 
durch einen Tierarzt ausgeführt werden 
kann, unterworfen werden. 



In unseren Schlachthöfen müssen allge- 
meine Einrichtungen für wissenschaftliche 
Arbeiten geschaffen werden. 

Von 

Dr. W. Pitt-Königsberg i. Pr., 

•tftdiischem Tierarzt. 

Die kurzen Ausführungen von Lohoff- 
Mälheim: „Kann die Lösung bestimmter 
Fragen aus der Fleischbeschau auch von 
dem Praktiker noch mehr als bisher 
gefördert werden?"*) scheinen mir durch- 
aus der Beachtung wert zu sein. L. 
konstatiert die Tatsache, daß auf dem 
Gebiete der Fleischbeschau die Leistungen 
der mit ihrer Ausübung betrauten Sach- 
verständigen in bezug auf größer angelegte 
wissenschaftliche Untersuchungen noch 
recht dürftige sind. Ich stimme Herrn 
Lohoff vollkommen bei, daß das Funda- 
ment, das für die Fleischbeschau als 
Reichsfleischbeschaugesetz gelegt wurde, 
an den Schlachthöfen weiter ausgebaut 
werden muß im Interesse der Sache und 
der Werbung eines tüchtigen Nachwuchses. 
Werden nicht neue Bedingungen geschaflfen, 
die den Weg zum wissenschaftlichen 
Arbeiten an den Schlachthöfen mehr wie 
bisher ebnen, dann werden wir Schlacht- 
hoftierärzte ins Hintertreffen geraten und 
lediglich zu ausfahrenden Organen dessen. 



*) 12. Heft des 17. Jahrgangs dies. Zeitschr. 



was an anderen Stellen wissenschaftlich 
erarbeitet wird. 

Wie ist diese geringe wissenschaft- 
liche Fruchtbarkeit der Schlachthoftier- 
ärzte zu erklären? Verfügen die Schlacht- 
höfe über Einrichtungen, die wissenschaft- 
liche Arbeit ermöglichen? Diese Frage 
ist für die meisten Schlachthöfe leider zu 
verneinen. Ein Bakterienmikroskop reicht 
heute nicht mehr aus, zumal, wenn es 
als Wertobjekt ängstlich verschlossen und 
nur für besondere Zwecke aus seiner 
Hülle befreit wird. Es gehört ein mit 
dem Nötigsten ausgerüstetes bakteriologi- 
sches Laboratorium dazu. In erster Linie 
müssen sich die Einrichtung solcher die 
Leiter aller größeren Schlachthöfe ange- 
legen sein lassen. Aber auch die Leiter 
kleiner Schlachthöfe könnten im Interesse 
der Wissenschaft und zu ihrer eigenen 
inneren Befriedigung so manchen Beitrag 
für den weiteren Ausbau der Fleisch- 
beschau durch genauere Bearbeitung sel- 
tener oder interessanter Fälle liefern. Es 
ist nicht zu verlangen, daß sie sich der 
Lösung und Bearbeitung großer wissen- 
schaftlicher Probleme zuwenden; denn 
dazu sind große, mit allen Hilfsmitteln der 
Wissenschaft ausgerüstete Laboratorien 
notwendig. Sie können sich aber der 
Kleinarbeit widmen, die ebenso notwendig 
wie nützlich ist. Ein sehr schönes Arbeits- 
gebiet bietet sich ihnen dai', wenn sie 
sich den Nachprüfungen von Arbeiten, die 
wenig Technik und Material erfordern, 
zuwenden. Nachprüßingen sind ftir jede 
Wissenschaft eine eherne Notwendigkeit, 
um die Spreu von dem Weizen zu scheiden. 
Wie überall im Leben wird auch in der 
Wissenschaft geirrt. Derartige nachzu- 
prüfende Arbeiten geben dem noch wenig 
Geübten die Disposition, nach der er sich 
einarbeiten und allmählich technische 
Kenntnisse erwerben kann. Die Fort- 
bildungskurse an der Berliner Hochschule 
ermöglichen es jedem Schlachthoftierarzt, 
das als Student Erlernte neu zu befestigen 
und zu ergänzen. Voraussetzung hierzu 



— 87 — 



ist aber ein Minimum von freier Zeit, das 
einem jeden Leiter zu wissenschaftlichen 
Arbeiten zur Verfugung stehen muß. Es 
ist mir wohl bekannt, daß es leider noch 
eine Eeihe von Betrieben gibt, die in 
bezug auf die Arbeitszeit an den Leiter 
ungewöhnliche Ansprüche stellen. Doch 
auch dies wird sich ändern lassen. Hat 
doch manche Kommune eingesehen, daß 
kurz bemessene Schlachtzeiten für den 
Betrieb eine große Ersparnis bedeuten. 
Hierzu kommt noch, daß das Reicbsfleisch- 
beschaugesetz eine gesetzliche Handhabe 
bietet, die Untersuchung bei künstlichem 
Licht wegen der Unsicherheit, krankhafte 
Zustände richtig beurteilen zu können, 
zu beschränken. Zahlreiche kleinere Städte 
haben bereits die Anzahl der Schlacht- 
stunden derartig eingeschränkt, daß den 
Tierärzten reichlich Zeit zu irgendeiner 
besonderen Betätigung nach Erftillung der 
laufenden Amtspflichten bleibt. Die zweite 
Voraussetzung ist die Regelung der 
Geldfrage. Denn das wissenschaftliche 
Arbeiten kostet nicht nur Zeit, sondern 
auch Geld. Es liegt auf der Hand, daß 
es nur die Kommune sein kann, die die 
nötigen Gelder, und seien sie auch noch 
so bescheiden, für die Einrichtung und 
Erhaltung einer wissenschaftlichen Arbeits- 
stätte an den Schlachthöfen hergibt. Es 
ist merkwürdigerweise nicht leicht, die 
Vertreter einer Stadt oft von der Not- 
wendigkeit der wissenschaftlichen Arbeiten 
an dem Schlachthof zu überzeugen. Da 
heißt es, mit der nötigen Beharrlich- 
keit die Sache durchzufuhren suchen. 
Fördernd wirkt sicher, daß unter den 
Städten, nicht nur den großen, sondern 
auch den mittleren und kleinen, ein edler 
Wettstreit entstanden ist, es in sanitären 
Maßnahmen und Einrichtungen zur höchsten 
Vollkommenheit zu bringen. 

Die Leiter der Kommune, die zum 
großen Teil vorher als Stadträte oder 
Assessoren in größeren Kommunalverwal- 
tnngen gearbeitet haben und aus eigener 
Erfahrung wissen, welche bedeutenden 



Mittel für sanitäre Einrichtungen und 
hygienische Zwecke dort verausgabt wer- 
den, dürften der Einrichtung von wissen- 
schaftlichen Arbeitsstätten an den Schlacht- 
höfen von vornherein geneigt sein. Ist 
doch der Schlachthof unbestritten nicht 
nur eine Werkstätte, sondern auch eine 
sanitäre Einrichtung mit einem aus- 
gesprochenen hygienischen Zweck. Und 
wenn er es ist, muß er auch die Möglich- 
keit zur wissenschaftlichen Verfolgung 
bestimmter, hierzu geeigneter Fälle geben. 

Diese wissenschaftliche Betätigung 
wird dem Leiter des kleinen Schlacht- 
hofes über manche Eintönigkeit, die dem 
Betriebe anhaftet, hinweghelfen und sein 
Amt zu einer dauernden Quelle des befrie- 
digenden Suchens und Findens der wissen- 
schaftlichen Wahrheit machen. 

Wie ist es nun mit den Leistungen 
der großen Schlachthöfe bestellt? Man 
kann behaupten, daß die Beiträge ftir 
unsere Fachzeitschriften zum größeren 
Teil aus der Feder der Leiter kleinerer 
Betriebe stammen, während sich die 
großen durch eine auffällige Zurückhaltung 
auszeichnen. Zwar haben Städte wie 
Hamburg, Berlin, Aachen, Breslau, Köln, 
Kiel bakteriologische Laboratorien ein- 
gerichtet, aber ich meine, es fehlt da- 
selbst die wissenschaftliche Regsamkeit 
der Gesamtheit der Tierärzte. Es genügt 
nicht, daß nur die Vorsteher der Labo- 
ratorien wissenschaftlich arbeiten, wobei 
ich an die schönen Untersuchungen von 
Bongert über Tuberkulose denke. Dem 
Beispiel der genannten Großstadtschlacht- 
höfe müssen die übrigen Großstädte fol- 
gen, und es müssen sämtliche Schlacht- 
hoftierärzte die gebotene Gelegenheit be- 
nützen, die im Hallendienst gemachten Be- 
obachtungen durch genauere Untersuchung 
weiter zu verfolgen. Ich denke, an Zeit 
mangelt es nicht. Da sind die kleinen 
Schlachttage, an denen der Betrieb gering, 
oft sehr gering ist, ja in manchen Städten 
so gut wie ruht. Wie könnte diese Zeit 
ausgenützt werden! 



— 88 



Wie viel wissenschaftliche Arbeiten 
werden in den Krankenhäusern angefertigt 
trotz der knappen freien Zeit, die den 
Ärzten zur Verfügung steht. Wie wer- 
den die jungen Ärzte angehalten und 
geradezu gedrängt, den und den inter- 
essanten Fall genau zu studieren und 
wissenschaftlich in einem Fachblatt ab- 
zuhandeln, und an unsem großen Schlacht- 
höfen? Da soll es sogar noch Leiter 
geben, die das Streben ihrer Tierärzte 
nach wissenschaftlicher Betätigung nicht 
mit förderndem Interesse verfolgen. Nie- 
mand wird an' den Leiter eines großen 
Schlachthofs, der meistens mit der Ver- 
waltung reichlich zu tun hat, das An- 
sinnen stellen, sich als erster wissen- 
schaftlich zu betätigen, zumal, wenn er 
nicht den Beruf hierfür in sich emp- 
findet. Aber er kann die wissenschaft- 
liche Tätigkeit unterstützen durch die 
Beschaffung ausreichender Mittel zur Er- 
richtung und Unterhaltung guter Labo- 
ratorien. 

Daß die Städte in solchen Dingen 
sehr freigebig sind, habe ich gelegent- 
lich als Teilnehmer der hygienischen Ex- 
kursionen, wie sie hier Herr Geheimrat 
Pfeiffer mit seinen Studenten unter- 
nimmt, beim Besuche des städtischen 
Krankenhauses feststellen können. Das 
bakteriologische Laboratorium daselbst 
ist so trefflich eingerichtet, daß Herr 
Geheimrat Pfeiffer bemerkte, sein 
hygienisches Institut sei nicht so gut 
ausgestattet. 

Sind die Bedingungen für wissen- 
schaftliches Arbeiten geschaffen, so sollen 
diese Stätten auch in richtiger, würdiger 
Weise ausgenützt werden. Die Mittel, 
die zur Verfügung stehen, dürfen nicht 
plan- und ziellos vergeudet werden. Aus 
den Untersuchungen muß etwas heraus- 
kommen, und wenn es auch nur eine 
durch exakte Arbeit gewonnene negative 
Erkenntnis ist. Deshalb ist es von 
großer Wichtigkeit, daß die richtigen 
Arbeitsihemata gestellt werden. Da wäre 



es sehr angebracht, daß die Leiter der 
hygienischen Institute, auch die der 
pathologischen, unserer Hochschulen an- 
gegangen würden, zu bearbeitende Gegen- 
stände aus dem Gebiete der Fleisch- 
beschau anzugeben, falls sie sich nicht 
aus der Schlachthofpraxis von selbst er- 
geben. Auch der Leiter der Veterinär- 
abteilung im Kaiserlichen Gesundheits- 
amt würde sicherlich mit Freuden der- 
artige Bestrebungen mit Bat unterstützen. 
Ist es nicht wirklich an der Zeit, die 
bescheidenen Anfänge unserer Veterinär- 
hygiene auszubauen? Wir verlassen uns 
noch viel zu sehr auf unsere Professoren, 
die bei ihrer geringen Anzahl doch nie 
im entferntesten imstande sein können, 
alle die Fragen, die noch ihrer Lösung 
harren, zu bearbeiten, auch wenn ihre 
Arbeitskraft unerschöpflich wäre. Es 
fehlt eben bei uns die Mitarbeit der 
Stellen, die dazu berufen und verpflichtet 
sind, der Schlachthöfe. Aber noch andere 
Vorteile bieten sich ihnen. In Univer- 
sitätsstädten wird ihnen jederzeit das 
hygienische Institut ein guter Rückhalt 
werden. Ich bin der festen Ansicht, daß 
dessen Leiter sehr gern auf eine Bitte 
hin Aufgaben zur Bearbeitung stellen und 
in jeder Hinsicht mit Rat zur Seite 
stehen wird. Aber nicht nur die Bak- 
teriologie, sondern auch die pathologische 
Anatomie, Parasitologie und Nahrungs- 
mittelchemie wären Disziplinen, die Gegen- 
stände zur Bearbeitung abgeben würden. 
Auch dabei sind in einer Universitätsstadt 
dieselben günstigen Voraussetzungen ge- 
geben. Bedenken, wie sie Uneingeweihten 
aufsteigen könnten, Mediziner seien für 
tierärztliche Arbeiten nicht die richtigen 
Berater, sind unbegründet und gehen von 
Leuten aus, die nie in einem großen 
medizinischen Institut gearbeitet haben. 
Die größten Gesichtspunkte sind die maß- 
gebenden, das Eleinwerk überlassen die 
Herren jedem selbst. Es muß da ein 
jeder sehen, wie er mit seiner Arbeit 
fertig wird. 



89 



Wer von den an den Schlachthöfen 
tätigen Tierärzten nicht den Drang wissen- 
schaftlicher Betätigung in sich fühlt, sollte 
wenigstens mit sanftem Zwang dazu ange- 
halten werden, in den elementaren Dingen 
der Bakteriologie, wie sicherem Mikro- 
skopieren, sich zu üben. Wenn ich richtig 
orientiert bin, besteht diese Einrichtung 
am Breslauer Schlachthof. Wie kein 
pathologischer Anatom ohne Anfertigung 
von Gewebsschnitten, Kenntnis der Färbe- 
technik und ohne Mikroskop auskommt, 
sonst ist er eben kein Wissenschaftler, 
so sollte jeder große Schlachthofbetrieb 
seine Fleischbeschau nun endlich einmal 
auf dieselbe wissenschaftliche Basis stellen, 
d. h. nicht nur einseitig die Makroskopie 
treiben, sondern auch der Mikroskopie 
und den anderen Methoden der Forschung 
den ihr gebfihrenden Platz einräumen. 

Es ist auch darauf hinzuweisen, daß 
die landwirtschaftlichen Korporationen 
schon lange die Bedeutung und den Wert 
gut eingerichteter wissenschaftlicher Ar- 
beitsstätten erkannt haben. Zum Teil 
verfugen die Landwirtschaftskammem 
schon über treffliche bakteriologische 
Laboratorien, zum Teil sind. Institute im 
Bau begriffen, die Hunderttausende kosten. 
Mögen die Herren Leiter der großen 
Schlachthöfe, an denen bakteriologische 
Laboratorien noch nicht errichtet sind, 
ihre Kommunen daran erinnern, daß es 
ein nobile officium sein muß, hinter der 
Landwirtschaft nicht herzuhinken. 

Zum Schluß meiner Ausführungen 
möchte ich noch die dringende Bitte an 
den Verein der Schlachthoftierärzte richten, 
sich dieser Sache anzunehmen. Er könnte 
z. B. anregend auf das wissenschaftliche 
Streben wirken, wenn er alle Jahr eine 
Preisarbeit ausschreiben würde. Das 
Thema oder vielleicht auch mehrere 
Themata könnten von einem zu diesem 
Zweck gewählten Komitee gestellt werden. 
Die Hauptaufgabe aber fällt den Leitern 
der Schlachthofe zu. An ihnen liegt es 
nun, die Schlachthöfe so zu gestalten, 



daß sie auch den Zweck wissenschaftlicher 
Institute zu erfüllen vermögen.*) 



*) Die Auflführungen des Herrn Kollegen 
Dr. Pitt enthalten viel Beachtenswertes. So ist 
der Gedanke, die wissenschaftliche Tätigkeit auf 
den Schlachthöfen durch regelmäßige Stellung von 
Preisaufgaben anzuregen, sehr der Erwägung 
würdig. Aber im allgemeinen glaube ich doch, 
daß überall, an den großen wie an den kleinen 
Schlachthöfen, der lebhafte Wunsch besteht, 
Laboratorien einzurichten und zu unterhalten, und 
daß sich bisher nur seine Erfüllung nicht überall 
hat in wünschenswerter Weise ermöglichen 
lassen. Die Gründe, die der Erfüllung im Wege 
stehen, sind teils baulicher, t^ils finanzieller Art. 
Diese Hindemisse müssen aber überwunden 
werden. Denn die Fleischbeschau kann ohne die 
Hilfsmittel der Bakteriologie und bei der Häufung 
des Materials an den Schlachthöfen ohne die 
Einrichtung eines Laboratoriums nicht mehr aus- 
geübt werden. Dies ist ja bekanntlich auch 
durch die in den Ausführungsbestimmungen D 
zum Reichsfleischbeschaugesetz vorgeschriebene 
Art der Ausstattung der Auslandsfleischbeschau- 
stellen, wo die Verhältnisse ähnlich liegen wie 
an den Schlachthöfen, amtlich zum Ausdruck 
gebracht. Der erste, der die Möglichkeit wissen- 
schaftlichen Arbeitens einem Schlachthofe schuf, 
war wohl der verstorbene Hertwig. Hertwig 
sorgte auf dem Berliner Schlachthof für die 
Mittel zu einer Bibliothek, zur Anlegung einer 
Sammlung und zur Ausführung wissenschaftlicher 
Untersuchungen, an denen sich sämtliche am 
Schlachthof tätigen Herren beteiligen konnten. 
Die Kenntnis dieser Tatsache hat seinerzeit die 
Brüder W. und A. Eber, femer Gmelin und 
mich an den Berliner Schlachthof gezogen. Es 
herrschte damals, wie jedenfalls heute noch, eine 
rege wissenschaftliche Tätigkeit auf dem Berliner 
Schlachthof, die die Pausen zwischen dem 
Schlachthausdienst ausfüllte, und an der sich 
alle Herren unmittelbar oder mittelbar beteiligten. 
Hertwig 8 Bemühungen um Förderung der 
wissenschaftlichen Tätigkeit der Schlachthof- 
tierärzte fand das bereitwilligste Entgegen- 
kommen beim Berliner Magistrat, hauptsächlich 
infolge der sachverständigen Beratung durch 
Rudolf Vir chow, der für den Berliner Schlacht- 
hof stets das größte Interesse bekundete. Ganz her- 
vorragend angelegte und ausgestattete Labora- 
torien sah ich jüngst auf den Schlachthöfen in 
Utrecht und Haarlem. Dort ist das erfüllt, 
was Herr KoUege Pitt wünscht. Die Schlacht- 
hoftierärzte sind in den Laboratorien tätig, so- 
weit sie der Dienst nicht im Schlachthause be- 
schäftigt. Ostertag. 



90 — 



Referate. 



Noack, Beobachtungen aber Fsendo- 
Tnberkulose der Schafe nnd deren Be- 
ziehungen zur Eehinokokken-Inyasion. 

(Deutiche Tierftrztl. Wochenschrift 1906, Nr. 29.) 

Die besonders bei Schafen vorkommende 
Pseudo-Tuberkulose unterscheidet sich von 
der Tuberkulose makroskopisch durch die 
Bildung von grünlichen, zähkohärenten 
Käsemassen und durch die vorwiegend zu 
beobachtende Einschmelzung der gesamten 
Drüsenmasse. Auch kommt bei der echten 
Tuberkulose die Zwiebelschalenschichtung 
der trockenen Käsemassen nicht vor. 
Weiterhin sind die Pseudotuberkulosen 
Herde in den Organen durch eine oft 
blasenartig über die Oberfläche sich her- 
vorwölbende Kapselbildung von mitunter 
starker Wand ausgezeichnet, aus der sich 
der Inhalt leicht herausschälen läßt. Bei 
der mikroskopischen Prüfung fanden sich 
sehr kurze, plumpe, fakultativ aerobe Bak- 
terien, die unbeweglich waren und nach 
Gram sich färbten. Auf erstarrtem Blut- 
serum-Agar wuchsen sie in Form eines 
mattglänzenden weißen, kleinperligen 
Belages. Bei Kaninchen und Meer- 
schweinchen bildeten sich bei subkutaner 
Infektion umfangreiche Abszesse mit 
starker Drüsenschwellung an der Impf- 
stelle, ferner Abszesse in Leber, Lunge, 
Milz, Nieren mit eitriger Einschmelzung 
der Lymphdrüsen. Ein an drei Tagen 
hintereinander mit je einer Öse Reinkultur 
gefüttertes Meerschweinchen bekam eine 
Schwellung der linken Kniefaltendrüse, 
dann eitrige Einschmelzung derselben, 
einen Leberabszeß, Milztumor und graue, 
knötchenförmige Verdichtungsherde in der 
Lunge. AuflFallend ist es, daß bei Schafen 
eine fast regelmäßige, gleichzeitig vor- 
handene Echinokokken-Invasion bestand, 
und daß die verkästen Echinokokkenblasen 
den pseudotuberkulösen Abszeßherden 
täuschend ähnlich erschienen. Es ist 
daher die Annahme nicht von der Hand 
zu weisen, daß das Virus der Pseudo- 
Tuberkulose der Bakterienflora des Darmes 



entstammt, und daß die einwandernden 
Echinokokken als Zwischenträger dienen. 
Bezüglich der sanitätspolizeilichen Be- 
urteilung rät Verfasser, wegen der hohen 
Virulenz des Infektionsstoffes für gewisse 
Versuchstiere vorsichtig zu sein, solange 
nicht die Unempfanglichkeit des Menschen 
sichergestellt ist. Es ist zu empfehlen, 
pseudotuberkulöse Organe wie tuberkulöse 
zu behandeln. BroiL 

Foels^ Der Kampf gegen die Blnder- 
tuberkulose. 

(T(jdschrift voor VeeartseoUkande, Mai 1906; ref. in Österr. 
Monatsschr. 1907, April.) 

Verfasser bringt den Nachweis, daß 
die Anwendung des Tuberkulins bei der Be- 
kämpfung der Tuberkulose keinen großen 
Wert besitzt. Abgesehen von zahlreichen 
Fehldiagnosen, kann die Tuberkulin- 
reaktion von gewissen Behandlungen, 
denen die Tiere unterworfen werden, be- 
einflußt sein. Die Eingabe von 90 g 
Antifebrin vier Stunden vor der Injektion 
verzögerte das Eintreten der Reaktion. 
In einem Falle trat die Reaktion 
32 Stunden, in einem anderen erst 
36 Stunden nach der Injektion auf. Das 
hierzu verwandte Tuberkulin war vorher 
geprüft worden. 

In Rotterdam waren unter 1443 aus- 
gemerzten tuberkulösen Tieren 1140 mit 
offenerLungentuberkulosebehaftet. Uterine 
und intestinale Veränderungen werden 
selten beobachtet. Unter 1158 Fällen von 
offener Tuberkulose betrafen 135=12 Proz. 
das Euter, 1140=98 Proz. die Lunge. 

Als Hilfsmittel bei Bekämpfung der 
Tuberkulose empfiehlt Po eis die An- 
wendung des Pilocarpins und Arecolins 
in Dosen von 300 und 80 mg. Wird eine 
Steigerung des Röcheins in bestimmten 
Regionen verursacht, so kann man auf 
das Bestehen von offener Tuberkulose 
schließen. Beim Vorhandensein großer 
tuberkulöser Kavernen wird das Vesikular- 
geräusch erhöht. Die Untersuchung und 
Verimpfung der Absonderungsprodukte, 



— 91 — 



besonders des aus dem Larynx ge- 
sammelten Schleimes verdächtiger Tiere, 
ist von großem Werte. BrolL 

Bonstedt, A.^ Einiges über sibirische 
Kinderpest. 

(Ron. med. Kundnchau 1907, S. 104—108.) 

Verfasser, 1898 und 1899 beim Bau 
der Sibirischen Bahn als Arzt tätig, sah 
40 Fälle von Übertragung der sibirischen 
Binderpest (Milzbrand, d. Eef.) auf den 
Menschen; von diesen endigten neun 
tödlich. Die Milzbrandpustel befand sich 
in 21 Fällen an den oberen, in neun an 
den unteren Extremitäten. Besonders 
erwähnt wird ein Fall, in dem die In- 
fektion auf einen Fliegenstich in die 
Zunge znrückgefahrt wird. stadü. 

BAhlmann, Botryomykose eines 
Dflttenbeines. 

(Wochenschrifl für Tierheilkunde u. Vlehzacbt 1907, Nr. 27.) 

Bei einem mit rechtsseitiger schmerz- 
loser Kehlgangsdrüsenschwellung, ein- 
seitigem, mißfarbigem Nasenausfluß und 
hochgradiger Atemnot behafteten Pferde 
wurde eine Neubildung der vorderen Dütte 
vorgefunden, die zum rechten Nasenloch 
hervortrat und es vollständig verschloß. 
Die mikroskopische Untersuchung ergab 
Botryomykose. Broll, 

Calmette et On^rin, Intestinaler ür- 
sprang der Lnngentuberknlose. 

(Annales de rinstitat Paatear 1906, S. 8&3-36d.) 

VerflF. haben vier Kühe intestinal mit 
Bazillen des Typus bovinus infiziert. 
Durch eine besondere Vorkehrung ver- 
minderten sie die nach ihrer Meinung 
bakterizide Wirkung des Panseninhalts, 
die frühere Fütterungsversuche bei er- 
wachsenen Rindern meist scheitern ließen. 
Die vier Kühe Nr. 36, 35, 34, 33 von 
7, 4, 5 und 3 Jahren erhielten ein einziges 
Mal 1,0, 0,5, 0,25 und 0,1 g Bazillen in 
sterilem AVasser aufgeschwemmt. Die 
Tuberkulinprobe war vorher negativ, nach 
30 Tagen aber bei allen Tieren positiv. 

Nr. 36 nach 30 Tagen getötet, war makro- 
skopisch gesund. Durch Meerschweinchen- 



impfungen wurden nur in den Mesenterial-, 
Bronchial- und Retropharyngealdrttsen Tuberkel- 
bazillen nachgewiesen. 

Nr. 35 nach 45 Tagen getötet. Graue Herde 
in den Lymphdrüsen der Bauchhöhle, aber ohne 
Tuberkel. Durch Meerschweinchenimpfungen 
wurden nur in der rechten Lungenspitze und in 
den MesenterialdrUsen Tuberkelbazillen nach- 
gewiesen. 

Nr. 34 nach 60 Tagen ^getötet. Einige graue 
Herde in den Mesenterialdrüsen. Durch Meer- 
schweinchenimpfungen wurden Tuberkelbazillen 
nur in den Betropharyngeal- und Dick- und 
DOnndarmlymphdrasen nachgewiesen. 

Nr. 33, die jüngste Kuh, wurde nach 75 Tagen 
getötet. In Mesenterial-, Leber-, Milz, Nieren-, 
Bronchial- und Mediastinaldrüsen sehr kleine 
Tuberkel. Leber, Milz und Nieren selbst sind 
gesund. In der Lunge 20 Tuberkel bis Erbsen- 
größe. Mit Ketropharyngeal- und Bugdrüsen 
geimpfte Meerschweinchen blieben gesund. 

C. und G. schließen aus ihren Ver- 
suchen und aus den meist resultatlos ver- 
laufenen Inhalationsversuchen anderer 
Forscher: 

1. Nicht nur junge, sondern auch ältere 
Tiere erwerben sich fast ausschließlich die Tuber- 
kulose durch Fütterungsinfektion, ohne daß der 
Digestionstraktus selbst sichtbare Veränderungen 
aufweist. 

2. Bei jungen Tieren werden die Tuberkel- 
bazillen meist durch die Mesenterialdrüsen zurück- 
gehalten. Entweder gehen sie in denselben zu- 
grunde oder führen Verkäsungen und weitere 
Infektionen des Körpers auf dem Wege der 
Lymphbahnen herbei. 

3. Bei älteren Tieren ist die defensive Re- 
aktion der Lymphdrüsen viel weniger intensiv 
wie bei jüngeren. Die Leukozyten verschleppen 
die Tuberkelbazillen viel leichter in die großen 
Lymphbahnen, von denen sie dann in die Lungen 
gelangen. 

4. Die „primäre" Lungentuberkulose der Er- 
wachsenen ist meistens intestinalen Ursprungs. 

5. Die Fütterungsinfektioij ist die wirk- 
samste und den natürli<?hen Infektionsbedingungen 
am meisten angepaßt. Junack, 

Fischer, U., Ein Beitrag zur Histologie 

und Pathogenese der Utems- and Ei- 

leltertuberlcnlose beim Binde. 

(Zeitachr. f. Tiermedizin X. Bd., 8. 82-107.) 

Nach einem Eückblick auf die bisher 
in der Veterinär- und humanmedizinischen 
Literatur niedergelegten Untersuchungs- 
ergebnisse beschreibt Verf. die an 50 tuber- 



— 92 



knlösen üteris von ihm gefimdenen makro- 
skopischen und mikroskopischen normalen 
und pathologischen Verhältnisse. Die 
tuberkulösen Veränderungen der Schleim- 
haut beginnen in den Uterindrüsen oder 
dem Stratum cellulare. Bei den Eileitern 
erkrankt meist das abdominale Ende zu- 
erst. Bei starken Erkrankungen des 
Uterus konnte mikroskopisch eine Affektion 
der Tuben nachgewiesen werden, auch 
wenn letztere makroskopisch gesund er- 
schienen. Nach Ansicht des Verf. wird 
der Uterus in den meisten Fällen von 
den Tuben aus und diese von der Bauch- 
höhle aus infiziert, entsprechend einer 
serösen Strömung, die vom Peritoneum 
durch das Ostium tubae in die Eileiter 
und von da in den Uterus fuhrt. Die 
hämotogene Infektion ist weit weniger 
häufig, und sehr selten die Infektion von 
außen. Resow. 

Biehet, Ch.y Die Emähnmg bei der ex- 
perimentellen Tnberknlose^ schädlicher 
EinflnjB des gekochten Fleisches. 

(Revae ▼«t XXX. Bd., Angost.) 

R. kommt nach Versuchen an 21 tuber- 
kulös gemachten Hunden zu dem Schlüsse, 
daß gekochtes Fleisch als einzige Nahrung 
die allerschlechteste, rohes Fleisch aber die 
allerbeste Art der Ernährung ist; es gibt 
also keine Nahrungsmittel, die in ihrer 
Wirkung so imähnlich wären, wie rohes 
und gekochtes Fleisch. Da es sich beim 
Menschen meist um gemischte Kost 
handelt, will R. bezüglich der Diät Tuber- 
kulöser keine Folgerung aus seinen Re- 
sultaten ziehen. Oanxenmüüer, 

Ravenna^ E., Experimentelle Unter- 

snchangen fiber das Verhalten des Botz- 

giftes im Darmkanal. 

Monographie. Padov« 1905. 

Verfasser hat sich unter Bonome 
damit beschäftigt, das Verhalten des Rotz- 
bazillus im Darmkanal des Pferdes, der 
Meerschweinchen und Katzen zu be- 
stimmen und fand folgendes: 

1. Die Schleimhaut des Magens und Darms 
beim Pferd und bei der Katze ist der Ent- 
wicklung des Botzbazillus nicht günstig. Wird 



durch das Verschlucken dieses Krankheits- 
erregers ein Tier infiziert, so beschränkt sich 
trotzdem die Krankheit nie auf den Magen oder 
auf den Darm. 

2. Der Magen- und Darmsaft der Katze macht 
das in den Magen eingeführte Gift des Rotzes 
unschädlich, bei den Meerschweinchen geht dieser 
Prozeß noch schneller vor sich. 

B. Die Bakterienflora des Darms und die 
verschiedenen Verdauungssäfte des Pferdes, der 
Katze und des Meerschweinchens üben, „in vitro^ 
auf die Lebensfähigkeit und Giftigkeit des Rotz- 
bazillus auch nach mehreren Stunden keine 
Wirkung aus. 

4. Bei rotzigen Septikämien infolge sub- 
kutaner Impfung kann sich der Rotzbazillos im 
Darminhalt befinden und seine pathogene Wirkung 
behalten. Orosso. 

Loewenthal, W., Untersnehnngen Aber 

die sog. Tanbenpocke. (Epithelioma 

eontagiosam.) 

(Deutsche medisinische Wochenschrift XXXI. Jahi^., Nr. 17.) 

Die dem Epithelioma contagiosum des 
Menschen vergleichbare Taabenpocke be- 
steht nach Untersuchungen des Verfassers 
aus charakteristischen Erhabenheiten der 
äußeren Haut, die im wesentlichen auf 
Vergrößerung der Epithelzellen beruhen. 
Auf die Cornea ließ sich der Krankheits- 
prozeß nicht übertragen. Das Virus kreist 
im Körper; das Blut erkrankter Tiere 
rief bei intrakutaner Impfung wiederholt 
typische Pocken hervor. Überstehen der 
Krankheit rief eine allerdings nur zwei 
Monate dauernde Immunität hervor. Das 
noch unbekannte (filtrierbare) Virus 
scheint auf künstlichen Nährboden aus 
Pocke und Herzblut kultivierbar zu sein. 
Die Resistenz des Virus scheint sehr groß 
zu sein; denn zwei Jahre lang auf- 
bewahrtes Material erwies sich noch 
als infektiös. 

Häufig treten bei der Pockenkrankheit 
zitronengelbe Beläge in der Mundhöhle 
auf, die, auf gesunde Tiere verimpft, die 
Krankheit hervorrufen. Charakteristisch 
für die Krankheit ist der Umstand, daß 
die vergrößerten Epidermiszellen aus 
Fett und Eiweiß bestehende Einschlüsse 
enthalten, die als ßeaktionsprodukte auf- 
zufassen sind. Damel. 



- 93 - 



Beclitsprechnns* 

— Untersteht die Ausübung des irztllchen Be- 
rufes der Gewerbesrdnung? 

Urteil des Beichsgerichts vom 11. Juni 1907. 

Nach obigem Urteil untersteht die Ausübung 
des ärztlichen Berufes nicht der Gewerbe- 
ordnung. Das Urteil führt aus, die Ausübung 
der Heilkunde auf Grund staatlicher Approbation 
sei, trotzdem sie meist im Wege des privatrecht- 
lichen Vertrages geleistet und honoriert werde, 
ihrem inneren und eigentlichen Wesen nach (ab- 
gesehen von gewerblich betriebenen Privat- 
krankenanstalten) kein gewerbliches Unternehmen. 

Auch das Oberlandesgericht zu Cöln hat 
sich in einem Urteil vom 28. Februar 1907 dahin 
ausgesprochen, dafi Ärzte Gewerbetreibende nicht 
seien. Das ergebe sich insbesondere aus der 
früheren Fassung des § 6 der Gewerbeordnung, 
die lautete: „Das gegenwärtige Gesetz 
findet keine Anwendung auf Ausübung 
der Heilkunde." Die heutige Fassung des 
§ 6 der Gewerbeordnung sei lediglich aus 
redaktionellen Gründen gewählt worden und ent- 
halte materiell keine Änderung. 



Zar Ausftthrnng des Flelschbeschan- 
gesetzes. 

— I. Sireltpunkte bei der Nandhabung der 
Fteieohbeschau. 

II. Herausgabe bedingt tauglichen Fleisches zum 
Hausgebrauch. 

III. Eidliche Verpflichtung der Beschauer. 

Anfragen des städtischen Tierarztes M. in G. 

Ein Urteil über die von Ihnen unter I mit- 
geteilten Verhältnisse abzugeben, ist für einen 
Dritten nicht angängig, ehe auch der zweite 
Beteiligte gehört worden ist. Deshalb bleibt 
nur übrig, die strittigen Fragen möglichst im 
Einverständnis mit dem zweiten Beteiligten zur 
amtlichen Entscheidung zu bringen. 

Zu II ist bereits im Novemberheft der Zeit- 
schrift auf S. 63 beantwortet worden. 

Zu III. Nach § 5 der Preußischen Aus- 
fühmngsbestimmungen vom 20. März 1903 müssen 
die Beschauer von der Anstellungsbehörde eidlich 
verpflichtet werden. 

— Welche mlkroskspischen Utensilien und lite- 
rarischen Werke sind an Jedem Schiaohthsf unbe- 
dingt nttwendig? 

Anfrage des städtischen Tierarztes M. in G. 

Zur genaueren Untersuchung zweifelhafter 
Fälle sind an jedem Schlachthof ein kleines 
bakteriologisch -chemisches Laboratorium mit 
einem Bakterienmikroskop, Brutofen, Kochschem 
Dampftopf, Mikrotom und übrigem bakterio- 
logischem und chemischem Zubehör sowie die 



einschlägige Fleischbeschau-, pathologisch-ana- 
tomische und bakteriologische Literatur, und 
zwar sowohl die wichtigsten Spezialwerke wie 
die periodisch erscheinenden Zeitschriften, er- 
forderlich. Zusammenstellungen der notwendigsten 
Laboratoriumsutensilien finden sich in dem Lehr- 
buch der Bakteriologie von Heim sowie in den 
Katalogen von Altmann, Lautenschläger usw. 

— Ist die Erhebung von Gebahren für die 
Fleischbeschau bei einem Wildschwein und bei einem 
Renntier zuiissig? 

Anfrage des Schlachthofdirektors D. in C. 

Meines Erachtens ist sie nicht zulässig. 
Die Erhebung der Gebühren stützt sich auf 
§ 2 Ziffer 2 des Gesetzes, betr. die Errichtung 
öffentlicher Schlachthäuser, vom 18. März 1868 
in der Fassung des Gesetzes vom 9. März 1881. 
Wenn die Erhebung von Gebühren zulässig ist, 
müßten doch zur Vornahme der Fleischbeschau 
die Organe (in teilweisem Zusammenhange) mit 
dem Tiere zur Untersuchung eingeliefert werden, 
oder können sämtliche Organe fehlen? 

Antwort: Für Renntiere dürfte die Er- 
hebung von Gebühren an inländischen Schlacht- 
höfen nicht mehr in Frage kommen, da sämtliche 
Renntiere der Auslandsfleischbeschau unterliegen 
und somit der Nachbeschau auch in Schlachthof- 
gemeinden entzogen sind. Wildschweine unter- 
liegen im Königreich Preußen nach § 1 des 
Preußischen Ausführungsgesetzes vom 28. Juni 
1902 der Trichinenschau. Die Fleischbeschau 
für Wildschweine kann nicht auf Grund des 
Schlachthausgesetzes, das sich lediglich mit 
Schlachttieren befaßt, sondern nur durch landes- 
rechtliche Vorschrift auf Grund des § 24 des 
Reichsfleischbeschaugesetzes geregelt werden. 
Mithin ist auch die Festsetzung von Gebühren 
für die Fleischbeschau bei Wildschweinen 
auf Grund des Schlachthausgesetzes unzulässig. 



Amtliches. 

— Deutsches Reich. Zum Vsilzug des Fielsoh- 
beschaugesetzes. Nach Nr. V der Aufzeichnung 
über das Ergebnis der Besprechungen in der 
ständigen Kommission für Fleischbeschauange- 
legenheiten vom 12. und 17. bezember 1906 und 
16. Januar 1907 — abgedruckt in Nr. 6 der 
„Mitteilungen des Vereins Bad. Tierärzte'', Jahrg. 
1907 — sind gepökelte Schweineschwarten auf 
Grund der Vorschriften in § 12, Abs. 2, Nr. 2 
des Fleischbeschaugesetzes von der Einfuhr aus 
dem Auslande auszuschließen, weil sich ihre 
Unschädlichkeit für die menschliche Gesundheit 
in zuverlässiger Weise bei der Einfuhr nicht 
feststellen läßt Dasselbe gilt auch für 
gekochte Schweineschwarten. 



— 94 — 



— Königreich Preußen. Anlagen zu den Erlaeeen 
Nr. 35 und 45 dee Ministeriums fGr Landwirtechaft, 
Dofflftnen und Forsten, betreffend die Ausführung der 
Fleischbeschau.*) 

Anlage I zum Erlaß Nr. 35. Finanzielle Wirlciingen 
der am I. Oictober 1904 eingeführten sogenannten Frei- 
zügigiceit des tierärztlich bereits untersuchten Fleisches. 

Die Zahl der SchlachtuDgen in dem Jahre 
nach der Einführung der Freizügigkeit, also vom 
1. Oktober 1904 bis ebendahin 1905, hat gegen- 
über dem Vorjahr in den weitaus meisten 



Schlachthäusern der Monarchie eine Steigerung 
erfahren, die sich zum Teil als recht bedeutend 
erweist Einen nennenswerteren Rückgang zeigen 
nur die Schlachthäuser der Regierungsbezirke 
Oppeln und Aachen, doch beträgt er auch in 
diesen nicht mehr als etwa 5 Prozent. Stellt 
man die Schlachtungen nach den einzelnen Tier- 
gattungen sowie die Gesamtschlachtungen in den 
preußischen Schlachthäusern für jedes der beiden 
in Frage kommenden Jahre zusammen, so er- 
geben sich rund folgende Zahlen: 



Es sind geschlachtet 


Rinder 


Kälber 


Schafe 


Schweine | ^"S""^ 


im Jahre vor dem 

1. Oktober 1904 


1163000 1168000 

i 


1139000 
1196 000 


4 747000 j 8 217 000 


im Jahre nach dem 

1. Oktober 1904 


1260000 


1250000 


4 609000 


8315000 


Also in dem Jahre nach dem 
1. Oktober 1904 


-f 97 000 
+ 8,4 0/, 


+ 82 000 


+ 57 000 
+ 5 7o 


- 138000 
- 2,9 0/, 


+ 98000 
+ 1,2 % 



Es ist also bei Rindern, Kälbern und 
Schafen ein verhältnismäßig starkes, die Be- 
Völkerungszunahme übersteigendes Wachstum 
der Schlachtungen um 5 Proz. bis über 8 Proz. 
zu verzeichnen und nur bei Schweinen ein 
Rückgang um 2,9 Proz., der aber auch nicht 
mit dem Wettbewerb eingeführten frischen 
Fleisches, sondern vielmehr mit der allgemeinen 

vor dem 1. Oktober 1904 von rund 728,4 Millionen Kilogramm, 
nach „ 1. „ 1904 „ ^ 745,0 



Abnahme der Schweineschlachtungen in Deutsch- 
land im Jahre 1905 im Zusammenhange steht. 
Rechnet man alle Schlachttiere auf Schlacht- 
gewicht um (mit 235 kg pro Rind, 45 kg pro 
Kalb, 20 kg pro Schaf und 80 kg pro Schwein), 
dann ergibt sich ein Gesamtschlachtgewicht der 
Tiere, die in den Schlachthäusern der Schlacht- 
hausgemeinden geschlachtet wurden, in dem Jahre 



also eine Zunahme um 16,6 Millionen Kilogramm = 2,3 Prozent, 



d. h. die Schlachthausgemeinden haben trotz 
der Freizügigkeit des tierärztlich untersuchten 
Fleisches iliren Fleischbedarf in einem der Be- 
völkerungszunahme entsprechend vermehrten 
Maße auch nach dem 1. Oktober 1904 aus dem in 
ihren Schlachthäusern ausgeschlachteten Fleische 
gedeckt. Die Einfuhr von ausgeschlachtetem und 
zur Nachuntersuchung in den Schlachthäusern 
der Schlachthausgemeinden vorgelegtem fri- 
schen Fleische ist im zweiten Jahre naturgemäß 



zurückgegangen, nachdem das von Tierärzten 
amtlich untersuchte Fleisch, das bereits früher 
den Hauptteil der Einfuhr nach den Schlacht- 
hausgemeinden ausgemacht hatte, nicht mehr 
zur Nachuntersuchung vorgeführt zu werden 
brauchte. 

Es sind in die Schlachthausgemeinden 
Tierkörper von Rindern, Kälbern, Schafen 
und Schweinen eingeführt und untersucht 
worden 



vor dem 1. Oktober 1904 rund 709 000 Stück, dazu noch 13 700 dz Fleisch, 

nach ,1. „ 1904 „ 325000 „ , „ 11 400 „ , 



also nach dem 1". Oktober 1904 weniger . 
Bezeichnend ist aber, daß von diesem Rück- 
gang allein rund 300 000 Tierkörper auf Berlin 
entfallen, so daß die sämtlichen übrigen (433) 
Schlachthausgemeinden nur den bedeutungslosen 
Ausfall an Gebühren ftlr die Untersuchung von 
84 000 Tierkörpern und 2 300 dz Fleisch zu 
tragen gehabt haben. 



*) Siehe Heft 1 des laufenden Jahrgangs 
dieser Zeitschrift, Seite 22/31. 



384 000 Stück und 2 300 dz Fleisch. 

Anlage 2. Kreis-Poiizeiverordnung für den Land- 
kreis ÜUihelm am Rhein, betreffend Aufstellung von 
Konfisicatbehäitern In den Schlächtereien. Auf Grund 
des § 6 des Gesetzes über die Polizeiverwaltung 
vom 11. März 1850 (Gesetzsamml. S. 265) und 
des § 142 des Gesetzes über die allgemeine 
Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetz- 
samml. S. 195) wird unter Zustimmung des Kreis- 
auBschusses für den Umfang dee Landkreises 
Mülheim am Rhein hiermit folgendes verordnet: 



— 95 — 



§1. 

In jeder gewerblichen Schlachtet fitte ist 
durch den Inhaber derselben zur Aufnahme der 
bei der Fleischbeschau beanstandeten Teile und 
der sonstigen bei den Schlachtungen sich er- 
gebenden festen Abfälle ein hinsichtlich seiner 
Größe dem Umfange des Schlächtereibetriebes 
entsprechender Sammelbehälter aufzustellen. 

Dieser Behälter soll aus verzinktem Eisen- 
blech bestehen und einen verschließbaren und 
dicht schließenden Entleerungsdeckel besitzen. 
An letzterem muß eine Einwurfstrommel an- 
gebracht sein, derart beschaffen, daß ein un- 
befugtes Herausnehmen der Fleischteile un- 
möglich ist. 

Sofern sie den vorstehenden Anforderungen 
entsprechend umgeändert sind, können auch die 
Tonnen, welche gemäß Nr. 12 der Konzessions- 
urkunden in den Schlächtereien aufgestellt sein 
müssen, beibehalten werden. Zu jedem Behälter 
sind zwei Schlüssel zu beschaffen. Je einen 
nimmt der zuständige Fleischbeschauer und der 
zuständige Polizeibeamte in Verwahr. 
§2. 

Vor Ingebrauchnahme und nach jeder Ent- 
leerung sind die Behälter bis zu etwa V5 ihres 
Rauminhalts mit Chlorkalkmilch (hergestellt aus 
1 Teil frischem Chlorkalk und 20 Teilen Wasser) 
zu beschicken. 

§3. 

Die Entleerung der Behälter und die Ver- 
nichtung des Inhalts erfolgt nach einem der in 
§ 45 der B. B. A (AusfÜhrungsbestimmungen) 
zum Fleischbeschaugesetze vom 3. Juni 1900 
(Reichs-Gesetzbl. S. 547) vorgeßchriebenen Ver- 
fahren (Verbrennen oder Vergraben) unter polizei- 
licher Aufsicht auf dem von den Polizeibehörden 
bereitgestellten Platze, und zwar durch eine 
polizeilicherseits damit beauftragte Person. 

Der Transport des Behälters zu dem Ver- 
scharrungsplatz ist Sache der Schlächterei- 
inhaber. 

§4. 

Die Entleerung der Behälter erfolgt an von 
den Polizeibehörden näher zu bestimmenden 
Terminen in den Monaten Mai bis einschließlich 
September mindestens alle Wochen, in den 
flbrigen Monaten mindestens alle 14 Tage. 

Sofern in einzelnen Fällen eine öftere Ent- 
leerung notwendig werden sollte, hat der be- 
treffende Schlächtereiinhaber oder der Fleisch- 
beschauer der Polizeibehörde Mitteilung zu 
machen. 

§5. 

Die ordnungsmäßige Benutzung der Sammel- 
behälter unterliegt der Beaufsichtigung durch 
die Fleischbeschauer. Etwaigen Anordnungen 
derselben ist Folge zu leisten. 



§ 6. 
Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen 
dieser Polizei Verordnung werden mit Geldstrafen 
bis zum Betrage von 80 M. in jedem einzelnen 
Falle geahndet, an deren Stelle im Unvcrmögens- 
falle verhältnismäßige Haftstrafe tritt. 

Unabhängig von der Bestrafung erfolgt 
zwangsweise Durchführung der Vorschriften 
dieser Polizeiverordnung nach Maßgabe des 
1 § 132 des Gesetzes über die allgemeine Landes- 
verwaltung vom 30. Juli 1883. 

§ 7. 
Diese Polizei Verordnung tritt am I.Januar 1907 
in Kraft. 

Mülheim am Rhein, den 1. September 1906. 
Der Königliche Landrat. 
Unterschrift. 

Anlage 3. Fleischbeschau bei Hautschlaohtungen 
in Preußen. 

Nach dem Fleischbeschaugesetze vom 3. Juni 
1900 (§ 2) kann bei Schlachttieren, deren Fleisch 
ausschließlich im eigenen Haushalte des Besitzers 
verwendet werden soll, die Untersuchung vor 
und nach der Schlachtung unterbleiben, wenn 
keine Merkmale einer die Gennßtauglichkeit des 
Fleisches ausschließenden Erkrankung vorhanden 
sind. Jedoch kann durch landesrechtliche Vor- 
schriften diese reichsgesetzliche Befreiung der 
sogenannten Hausschlachtungen von der Fleisch- 
beschau beseitigt werden (§ 24 a. a. 0.). 

Das preußische Ausführungsgesetz vom 
28. Juni 1902 hat hierüber folgendes bestimmt: 

a) in § 4 für Gemeinden mit Schlachthans- 
zwang, daß alle in das öffentliche Schlacht- 
haus gelangenden Schlachttiere vor und 
nach der Schlachtung einer amtlichen 
Untersuchung unterliegen, auch insoweit 
reichsgesetzlich ein Untersuchungszwang 
nicht besteht, also auch bei Haus- 
schlachtungen, 

b) in § 13, daß im übrigen die Ausdehnung des 
Beschauzwanges auf Hausschlachtungen 
durch Polizeiverordnungen erfolgen kann 
und daß die Polizeiverordnungen, in denen 
bereits derartige weitergehende Be- 
stimmungen getroffen sind, mit der Maß- 
gabe bestehen bleiben sollen, daß auf das 
Verfahren bei und nach der Untersuchung 
die Grundsätze des Reichsgesetzes und der 
dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen 
Anwendung finden. 

Vor einiger Zeit hat eine Ermittlung darüber 
stattgefunden, inwieweit in Preußen auf Grund 
vorstehend bezeichneter Vorschriften ein Beschau- 
zwang auch bei Hausschlachtungen vorgesehen 
ist. Dabei hat sich ergeben, daß in den Bezirken, 
in denen ein solcher Beschauzwang besteht, rund 



— 96 — 



48 Proz. der Gesamtbevölkerang wohnen. Dazu 
gehören sämtliche Schlachthaasgemeinden, also 
mit wenigen Ausnahmen (wie z. B. Altona and 
die städtischen Vororte Berlins) die größeren 
Städte, daneben aber auch eine erhebliche Anzahl 
kleinerer Städte, femer von geschlossenen Be- 
zirken die Provinz Hessen- Nassau und der 



Hansschlachtangen zu den Gesamtschlachtungen 
stehen, fOr Preußen festgestellt worden, wieviel 
Tiere in derselben Zeit (vom 1. Dezember 1908 
bis 80. November 1904) der amtlichen Unter- 
suchung unterworfen worden sind. Aus der 
Zusammenziehung und Gegenüberstellung der so 
gewonnenen Zahlen ergibt sich folgende TabeUe: 



Tiergattung 



Zahl der 
Gesamt- 
schlachtungen 



Zahl der 

Schlachtungen, 

bei denen eine 

amtliche Beschau 

unterblieben ist 



Anteil der von der 
Beschau befreiten 
Hausschlachtungen 
an der Zahl der Ge- 
samtschlachtnngen 



Kühe über 3 Monate alt 

Sonstige Tiere des Rindergeschlechts 
8 Monate alt * . . . 



über 



Rinder jeglichen Geschlechts über 3 Monate alt 

Kälber bis zu 8 Monaten 

Rindvieh überhaupt 

Schweine (einschließlich Ferkel 

Schafe (einschließlich Lämmer) 

Ziegen (einschließlich Lämmer) 



954 601 

968 232 
1922888 
2288078 
4160911 
12 540488 
2007 001 

661220 



86108 

29 457 

65 565 

58550 

124 115 

8 688086 

541969 

503 918 



8,78 Proz. 

3,04 , 

3,41 „ 

2,62 „ 

2,98 „ 

29,41 , 

26,22 „ 

76,11 , 



Zusammen: | 

Regierungsbezirk Oppeln, endlich eine auf die 
Monarchie sehr verschieden verteilte Anzahl 
städtischer und ländlicher Gemeinden. Die Aus- 
dehnung des Beschauzwanges auf Hausschlach- 
tungen ist übrigens nicht gleichmäßig, nament- 
lich nicht in bezug auf die Tiergattungen. 
Während, wie gesagt, in den öffentlichen Schlacht- 
höfen alle zur Schlachtung gelangenden Tier- 
gattungen dem Beschauzwang unterworfen sind, 
erstreckt sich dieser Zwang sonst vielfach nicht 
auf Kleinvieh. Beispielsweise sind in Hessen- 
Nassau die Schafe und Ziegen ausgenommen, 
im Regierungsbezirk Oppeln auch die Kälber. 

Eine Statistik über die Zahl der bei dieser 
Rechtslage ohne amtliche Untersuchung ge- 
schlachteten Tiere ist in Verbindung mit der am 
1. Dezember 1904 vorgenommenen letzten Vieh- 
zählung zu beschaffen versucht worden. Es sind 
nämlich die Tiere gezählt worden, die in der 
Zeit vom 1. Dezember 1908 bis zum 30. Novem- 
ber 1904 geschlachtet worden sind, ohne der 
Fleischbeschau unterlegen zu haben. 

Für Preußen sind damals ermittelt worden: 
Rinder über 3 Monate alt . 65 565 Stück, 

davon Kühe 36108 Stück, 
Kälber bis zu 3 Monaten . 58 550 „ 
Schweine (einschl. Ferkel) .3 688086 „ 
Schafe (einschl. Lämmer) . 541969 „ 
Ziegen (einschl. Ziegen- 
lämmer) . 503 918 „ 

Zusammen: 4858088 Tiere. 
Es ist femer, um zu ermitteln, in welchem 
Verhältnisse die von der Fleischbeschau befreiten 



19429 570 



4858088 



25 Proz. 



Hiemach entfällt der höchste Prozentsatz 
(mehr als Vi) ^^ Ziegen, dann folgen die 
Schweine mit nahezu 30 Proz., dann die Schafe 
mit mehr als VV ^^^ Rindern ist der Anteil 
der Hausschlachtungen gering, rund 3 Proz., bei 
Tieren über 8 Monate ca. 8V9 Proz., bei Kälbern 
nur wenig über 2V9 Proz. 

Daraus folgt, daß die Ausdehnung des Beschau- 
zwanges für Haussühlachtungen auf Schweine, 
Schafe und Ziegen eine sehr einschneidende Maß- 
regel sein würde. Bei Schafen und Ziegen ist 
auch ein erhebliches sanitäres Bedürfnis kaum 
anzuerkennen, da diese Tiergattungen verhältnis- 
mäßig wenig Anlaß zu Beanstandungen geben. 

Die Beanstandungsprozente belaufen sich im 
Jahre 1904 bei 





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N 




ProB. 


Proz. 1 Pros. 


Pro». 


Pro«. 


Kühen .... auf 


1,52 0,54 


2,47 


40,05 


44,58 


Rindern über 










3 Monate ein- 












schließlich 












Kühe . . . „ 


0,92 


0,46 


1,65 


30,93 


88,96 


Kälbern bis 












3 Monate . . „ 


0,41 


0,02 


0,89 


1,11 


1,93 


Schweinen . . „ 


0,13 


0,25 


0,24 


9,00 


9,62 


Schafen . . . „ 


0,08 




0,16 


15,65 


15,89 


Ziegen. . . . „ 


0,23 




0,3 


4,06 


4,59 



— 97 — 



Die BeaiiBtandangen einzelner Teile bei 
Schafen sind bedeutnngsloB, da es sich dabei 
fast durchweg nur um innere Organe (Lebern) 
handelt, die ohnehin nicht genossen zu werden 
pflegen. 

Bei Schweinen ist das sanitäre Bedürfnis 
nicht in gleichem Maße zu verneinen. Indessen 
ist einerseits zu berücksichtigen, dafi eine 
Trichinen- und Finnenschau, durch die die der 
menschlichen Gesundheit gefährlichsten Schweine- 
kxankheiten ermittelt werden, auch bei Haus- 
schlachtungen von Schweinen in den meisten 
preußischen Bezirken stattfindet (höchstens 
8 Proz. der in Preußen zur Schlachtung kommen- 
den Schweine werden nicht auf Trichinen unter- 
sucht, und zwar meist in Gegenden, in denen 
Trichinen überhaupt sehr selten vorkommen); 
anderseits ist zu erwägen, daß die Ausdehnung 
der allgemeinen Beschau auf erheblichen Wider- 
stand und vielfach auch auf große praktische 
Schwierigkeiten stoßen würde. Der oben heraus- 
gerechnete Durchschnittsprozentsatz derSch weine- 
hausschlachtungen mit 29,41 Proz. wird übrigens 
in zahlreichen preußischen Bezirken erheblich 
überschritten. So beträgt er z. B. in den Re- 
gierungsbezirken Königsberg, Stettin, Magdeburg 
und Schleswig je 40 Proz., in Stralsund 42, 
Erfurt und Trier je 43, Hannover und Koblenz 
je 45, Merseburg 47, Köslin und Minden je 50, 
Hildesheim 52, Münster 53, Osnabrück und 
Aurich je 55, Gumbinnen 56, Lüneburg 62, Stade 
und Sigmaringen sogar je 63 Proz. der Gesamt- 
schlachtungen. 

Bei den Rinderhausschlachtungen ist zu 
unterscheiden zwischen Kälbern bis zu 3 Monaten 
und älteren Tieren. Wie die obige Tabelle er- 
gibt, sind die Beanstandungen geschlachteter 
Kälber verhältnismäßig selten und wenn nun 
auch die Zahl der Hausschlachtungen bei Kälbern 
nicht groß ist, prozentual sogar am niedrigsten 
von allen Tiergattungen, so ist doch auch der 
geringe Wert der — meist bald nach der Geburt 
— zum Hausgebräuche geschlachteten Kälber 
als ein gegen die Ausdehnung des Beschau- 
zwanges auf Hausschlachtungen von Kälbern 
sprechender Umstand in Betracht zu ziehen. 
Bei älteren Rindern hingegen liegen alle Vor- 
aussetzungen für die Ausdehnung vor: ein sehr 
erhebliches sanitäres Bedürfnis (schon durch die 
obigen Beanstandungsziffern erwiesen; bei Haus- 
schlachtungen sind sie aber sicherlich noch viel 
höher, weil ein großer Teil der Hausschlachtungen 
Notschlachtungen sind); die verhältnismäßig ge- 
ringe Zahl der Hausschlachtungen und vor allem 
die Erwägung, daß nach den vorliegenden Be- 
richten gerade die sogenannten Hausschlachtungen 
von Rindern zu den häufigsten und gefährlichsten 



Umgehungen des Fleischbeschaugesetzes Anlaß 
gegeben haben. Wird den Kaltschlächtem durch 
die Ausdehnung des Beschauzwanges auf Haus- 
schlachtungen von Rindern der Einwand der 
Befreiung auf Grund des § 2 des Reichsgesetzes 
entzogen, dann wird die Fleischkontrolle wesent- 
lich erleichtert werden. 

Um einen Überblick über die Verteilung der 
von der Beschau bis jetzt befreiten Haus- 
schlachtungen bei Rindern auf die einzelnen 
preußischen Regierungsbezirke zu geben, ist die 
nachfolgende Tabelle aufgestellt worden. 



^ 




Prozentsatz der 


"^ 


Regierungs- 


Hausschlachtungen bei 


i 


bezirke 


Rindern über 


K&lbern bis 


:? 




3 Monate 


zn 3 Monaten 


1. 


Königsberg*) . 


8,5 


12,7 


2. 


Gumbinnen . . 


13,2 


28,5 


3. 


Danzig . . . 




8,8 


9,3 


4. 


Marienwerder 




10,8 


12,8 


5. 


Berlin . . . 




— 


— 


6. 


Potsdam . . 




2,05 


2,1 


7. 


Frankfurt a. ( 


). . 


5,3 


1.2 


8. 


Stettin . . . 




5,6 


6,0 


9. 


Köslin . . . 




20,0 


13,1 


10. 


Stralsund . . 




6,0 


11,6 


11. 


Posen . . . 




4,0 


1,2 


12. 


Bromberg . , 




6,7 


4,7 


13. 


Breslau 




0,5 


0,5 


14. 


Liegnitz . 




0,6 


0,3 


15. 


Oppeln . . 




— 


1,1 


16. 


Magdeburg 




2,9 


2,7 


17. 


Merseburg. 




1,6 


0,4 


18. 


Erfurt . . 




1,5 


0,7 


19. 


Schleswig. 




5,8 


7,3 


20. 


Hannover . . 




10,0 


0,7 


21. 


Hildesheim 




3,0 


1,5 


22. 


Lüneburg . 




24,0 


8,0 


23. 


Stade . . 




17,1 


1,7 


24. 


Osnabrück 




30,5 


12,9 


25. 


Aurich . . 




10,4 


4,4 


26. 


Münster 




7,4 


1,7 


27. 


Minden . . 




6,5 


1,3 


28. 


Arnsberg . 




0,9 


0,6 


29. 


Kassel . . 




— 


— 


30. 


Wiesbaden 




— 


— 


31. 


Koblenz . 




2,8 


0,4 


32. 


Düsseldorf 




0,3 


0,7 


33. 


Köln . . 




0,3 


0,2 


34. 


Trier . . 




5,0 


0,3 


35. 


Aachen . 




1,0 


1,1 


36. 


Sigmaringen 




2,5 


2,8 



*) Für Allenstein 
nicht, stattgefunden, 
tische Einteilung. 



hat eine Ermittlung noch 
Es gilt also die alte poli- 



- 98 - 



Danach ist der Anteil der Hausschlachtungen 
von Rindern an der GeBamtschlachtungszahl in 
einigen Kegierungsbezirken allerdings beträcht- 
lich; er bewegt sich zwischen 10 und 20 Proz. 
in den Regierungsbezirken Gumbinnen, Marien- 
werder, Köslin, Hannover, Stade und Aurich, in 
Lüneburg beträgt er 24 Proz. und in Osnabrück 
sogar 30,5 Proz. Indessen gewinnt es den 
Anschein, daß die Zählung nicht überall gleiche 
zuverlässige Ergebnisse gehabt hat. Jedenfalls 
aber muß vermutet werden, daß da, wo die 
Prozentsätze den Durchschnitt erheblich über- 
steigen, der Begriff „Hausschlachtung** nicht in 
der dem Gesetz entsprechenden Beschränkung 
aufgefaßt worden ist und daß sich bei richtiger 
Auffassung die Anteile wesentlich niedriger 
stellen würden. 

— Anlage 4. Polizeiverordnung Ober die Schlacht- 
vieh- und Fleischbeschau bei Hausschlachtungen. Auf 
Grund des § 137 des Gesetzes über die allgemeine 
Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetz- 
samml. S. 195), der §§ 6, 12 und 15 des Gesetzes 
über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 
(Gesetzsamml. S. 265) *) in Verbindung mit § 24 
des Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl. 
S. 547) und § 13 des Ausftihrungsgesetzes zu 
diesem Gesetze vom 28. Juni 1902 (Gesetzsamml. 
S. 229) wird unter Zustimmung 

für den Umfang 

folgendes angeordnet : 

§ 1. 
Rindvieh im Alter von 3 Monaten und dar- 
über unterliegt auch dann, wenn das Fleisch 
ausschließlich im eigenen Haushalte des Besitzers 
zum Genüsse für Menschen verwendet werden 
soll, in allen Fällen vor und nach der Schlachtung 
einer amtlichen Untersuchung nach Maßgabe der 
Vorschriften des vorbezeichneten Gesetzes und 
der dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen. 
§2. 
Rindvieh im Alter bis zu 3 Monaten, Schweine, 
Schafe, Ziegen, Pferde und Hunde unterliegen 
auch in den Fällen, in denen auf Grund des § 2 
des Gesetzes betreffend die Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau vom 3. Juni 1900 die Unter- 
suchung unterbleiben darf, vor und nach der 
Schlachtung einer amtlichen Untersuchung nach 
Maßgabe des vorbezeichneten Gesetzes und der 
dazu erlassenen Ausführungs Vorschriften, sofern 
a) das Fleisch nicht nur im eigenen Haus- 
halt eines Besitzers, sondern in mehr als 
einem Haushalte zum Genüsse für Menschen 
verwendet werden soll, 

*) Für die neuen Provinzen usw. sind die 
entsprechenden Gesetzesstellen anzuführen. 



b) das Fleisch in einem Haushalte zum Ge- 
nüsse für Menschen verwendet werden soll, 
in dem mehr als vier*) nicht zur Familie 
oder zum Gesinde des Besitzers gehörige 
Kostgänger regelmäßig beköstigt werden, 

c) die Schlachtung zum Zwecke der Be- 
wirtung eines die Zahl der sonst zum 
Haushalte gehörigen Mitglieder erheblich 
übersteigenden Kreises von Personen 
(z. B. bei Einquartierungen und größeren 
Festlichkeiten) erfolgt. 

§3. 
Für Zuwiderhandlungen gegen diese Ver- 
ordnung gelten die Straf bestimmungcn der §§ 26 
bis 28, insbesondere des § 27 Nr. 2, 3 des Ge- 
setzes betreffend die Schlachtvieh- und Fleisch- 
beschau vom 3. Juni 1900. 

§4. 
Diese Verordnung tritt am .... in Kraft 



— Bemerkungen zu dem Muster einer Freibank- 
ordnung (Erlaß Nr. 45). 

Allgemeines. 
Das vorliegende Muster einer Freibankordnung 
ist den Bedürfnissen der mittleren und großen 
Freibankgemeinden angepaßt. Für kleinere Ge- 
meinden sind Vereinfachungen angezeigt, die in 
den Bemerkungen an gegebener Stelle angeregt 
werden. Auch sonst können die örtlichen Ver- 
hältnisse Abweichungen rechtfertigen, die zu- 
lässig sind, soweit nicht die Mustervorschriften 
in den Bemerkungen als zwingend gekenn- 
zeichnet sind. 

Zu den Eingangsworten. 

1. Die Einrichtung der Freibank erfolgt 
entweder auf Grund des Gesetzes oder durch 
Beschlüsse einer oder mehrerer Gemeinden oder 
durch Anordnung der Landespolizeibehörde (§ 8 
A. G.). Der Betrieb der Freibank ist nach § 10 
A. G. durch einen Beschluß derjenigen Gemeinde 
zu regeln, in der die Freibank eingerichtet ist. 
Das Muster geht von dem Regelfall aus, daß die 
Freibankeinrichtung für eine Einzelgemeinde 
durch deren Beschluß erfolgt. In diesem Falle 
wird zweckmäßig der Beschluß über die Ein- 
richtung mit demjenigen über die Regelung des 
Betriebs zu verbinden sein, wie dies in dem 
Muster vorgesehen ist Das Zustandekommen 
des Gemeindebeschlusses richtet sich nach der 
Gemeindeverfassung, die regelmäßig die Zu- 
stimmung der Gemeindevertretung erfordert. 

Wird nach § 8 Abs. 3 A. G. zwischen nach- 
barlichen Gemeinden vereinbart, daß eine Freibank 



*) Diese Zahl kann nach Maßgabe des 
örtlichen Bedürfnisses auch bis zu 6 erhöht 
werden. 



— 99 — 



in einer dieser Gemeinden auch fttr die anderen 
einzurichten ist, so mflssen gleichlautende Be- 
schlüsse sämtlicher beteiligten Gemeinden über 
die Einrichtung selbst vorliegen. Der Beschluß 
über die Regelung des Betriebs braucht nur von 
der Gemeinde, in deren Bezirk die Freibank liegt 
und die auch als Unternehmerin der Freibank 
gilt, gefaßt zu werden. £s wird sich jedoch 
empfehlen, die Zustimmung auch zu diesem Be- 
schlüsse seitens der anderen beteiligten Ge- 
meinden einzuholen. 

Hiernach werden in solchen Fällen die Ein- 
gangsworte entsprechend zu ergänzen sein. 

Beruht die Einrichtung der Freibank auf 
einer landespolizeilichen Anordnung, so ist auch 
auf diese in den Eingangsworten hinzuweisen. 

Daß die nach § 11 A. G. erforderliche Ge- 
nehmigung erteilt ist, wird am Schlüsse erkennbar 
zu machen sein. 

Zu § 1. 

1. Die Bezeichnung des Freibankorts ist 
nur dann notwendig, wenn der Freibankbezirk 
aus mehreren Gemeinden besteht Der Ort kann 
aber der Vollständigkeit halber, wie in dem 
Muster vorgesehen ist, in allen Fällen namhaft 
gemacht werden. 

2. Die dem § 9 Satz 1 A. G. entnommene 
Fassung empfiehlt sich, um die Wirkung der 
Freibank errichtung nachrichtlich in der Freibank- 
ordnung selbst zum Ausdruck zu bringen. 

Zu § 2. 

1 . Eine Aufzählung der Tiergattungen, deren 
Fleisch auf die Freibank gehört, ist nicht er- 
forderlich, da die Fassung des § 2 des Musters 
keinen Zweifel darüber läßt, um welche Tier- 
gattungen es sich handelt (vgl. § 1 des Fleisch- 
beschaugesetzes nebst Ausfühningsvorschriften). 

Fleisch von Pferden und Hunden wird in 
der Regel entweder als volltauglich erachtet oder 
als gänzlich untauglich beanstandet werden. 
Nach den bestehenden Bestimmungen ist aber 
der Fall denkbar, daß es für minderwertig oder 
bedingt tauglich erkärt wird. Gewöhnlich wird 
der Preis für derartiges Fleisch so gering sein, 
daß sich der Verkauf auf der Freibank kaum 
lohnen wird. Dabei ist zu beachten, daß Pferde- 
fleisch nach § 18 Abs. 4 des Fleischbeschau- 
gesetzes nicht mit dem Fleische anderer Tiere 
zusammen feilgehalten oder verkauft werden 
darf. Die Freibank muß also für Pferdefleisch 
entweder einen besonderen Raum zur Verfügung 
stellen, oder besondere Verkaufszeiten einrichten. 
Hiemach ist nichts dagegen zu erinnern, daß in 
den Freibankordnungen Bestimmungen über den 
Ausschluß des Fleisches von Pferden und Hunden 
zugelassen werden, wo sie bisher üblich gewesen 



sind oder sonst angebracht erscheinen. Wo aber 
die Zulässigkeit des Verkaufs von Pferdefleisch 
auf der Freibank in der Freibankordnung hervor- 
gehoben wird, ist gleichzeitig der von dem Fleische 
anderer Tiere getrennte Verkauf vorzuschreiben. 

2. Bestimmungen über die Verweisung von 
Trichinenschauproben auf die Freibank in der 
Freibankordnung zu treffen, erübrigt sich, da 
solche Proben, soweit sie nicht gänzlich genuß- 
untauglich sind, zufolge der ihnen zuteil ge- 
wordenen Behandlung bei der Untersuchung und 
zufolge der darin liegenden Herabsetzung des 
Genußwerts wegen mäßiger Abweichung in bezug 
auf die Zusammensetzung und Haltbarkeit als 
minderwertig zu beanstanden sind und daher 
ohne weiteres auf die Freibank gehören. Jeden- 
falls sind Bestimmungen über die Verwendung 
des Erlöses aus dem Verkaufe der Trichinen- 
schauproben zu vermeiden, weil die Regelung 
dieser dem materiellen Rechte angehörigen Frage 
nicht durch die Freibankordnung erfolgen darf. 

Herrenloses Fleisch ist nach § 965 ff. B. G. B. 
und nach der Dienstanweisung des Ministers des 
Innern, betreffend die polizeiliche Behandlung 
der Fundsachen, vom 27. Oktober 1899 (Min. Bl. 
S. 211) im Wege der öffentlichen Versteigerung 
zu veräußern. Dies gilt auch, wenn es im 
Schlachthause gefunden wird und § 978 B. G. B. 
Platz greift. Ist das gefundene Fleisch minder- 
wertig oder bedingt tauglich, so hat die Ver- 
steigerung auf der Freibank unter sinngemäßer 
Anwendung der Bestimmungen der Freibank- 
ordnung, namentlich des § 6 (Festsetzung des 
Ausbietungsprcises) und § 9 (Höchstmenge) statt- 
zufinden. Die Versteigerung vollwertigen 
herrenlosen Fleisches auf der Freibank wird, so- 
fern ein Bedürfnis hierzu vorliegt, auch zuge- 
lassen werden können. Jedoch bedarf es zu 
dem Zwecke einer besonderen Ergänzung der 
Freibankordnung (vgl. Bemerkung 6 zu diesem 
Paragraphen) in dem Sinne, daß auf derartige 
Verkäufe die Vorschriften in den §§ 5, 6 und 9 
über die Einteilung in Preisklassen, über den 
Anschlag und über die Verkaufsbeschränkungen 
keine Anwendung zu finden haben, daß sich 
vielmehr der Akt wie eine sonstige Versteigerung 
in den dafür üblichen Formen zu vollziehen hat. 
Über die Verwendung des Erlöses für herren- 
loses Fleisch darf die Freibankordnung aus dem 
bereits für die Trichinenschauproben angeführten 
Grunde keine Vorschriften enthalten. 

3. Anordnungen darüber, wer über die Ver- 
weisung des Fleisches zur Freibank zu ent- 
scheiden hat, über die Stempelung usw., wie 
sie in manchen älteren Freibankordnungen vor- 
kommen, sind entbehrlich, da die Verweisung 
zur Freibank die notwendige Folge der bei der 



— 100 — 



Fleischbeschau festgestellten und durch die 
Stempelung erkennbar gemachten bedingt taug- 
lichen oder minderwertigen Beschaffenheit ist 
Eine besondere Stempelung auf der Freibank 
wird deshalb nur dort in Frage kommen, wo 
Preisklassen unterschieden werden (vgl. Be- 
merkung 1 zu § 5). 

4. Die Brauchbarmachung des bedingt taug- 
lichen Fleisches geschieht am zuverlässigsten 
und zweckmäßigsten und in der Regel auch am 
billigsten auf der Freibank selbst, die daher 
möglichst mit entsprechenden Vorrichtungen zu 
versehen ist. Es ist zwar nicht zulässig, die 
Benutzung der Vorrichtungen in der Freibank- 
ordnung vorzuschreiben, da hiermit in die ge- 
setzlich festgelegten Befugnisse der Polizei ein- 
gegriffen werden würde, die allein über die 
Brauchbarmachung zu bestimmen hat (§ 10 Abs. 1 
des Fleischbeschaugesetzes). Die Polizeibehörden 
werden jedoch angewiesen werden, die Be- 
nutzung der bei den Freibänken in sachgemäßer 
Weise eingerichteten Anlagen zur Brauchbar- 
machung durchgängig anzuordnen. Wegen der 
Deckung der Kosten der Benutzung ist § IIb 
des Musters zu vergleichen. 

5. Aus § 9 des Ausführungsgesetzes zum 
Fleischbeschaugesetze folgt, daß innerhalb eines 
Freibankbezirkes jegliches als bedingt tauglich 
oder minderwertig beanstandete Fleisch, also 
auch das von auswärts eingeführte derartige 
Fleisch, nur auf der Freibank feilgehalten oder 
verkauft werden darf. Wollte man das einge- 
führte Fleisch zum Verkauf auf der Freibank 
allgemein nicht zulassen, so käme dies nahezu 
einem Einfuhrverbote gleich. Es findet sich 
aber weder in dem Fleischbeschaugesetze noch 
anderswo eine Bestimmung, aus der sich die 
Berechtigung der Freibankgemeinde herleiten 
ließe, auswärts als bedingt tauglich oder minder- 
wertig beanstandetes Fleisch ohne weiteres von 
ihrem Weichbilde fernzuhalten. Nach § 24 des 
Fleischbeschaugesetzes sind allerdings landes- 
rechtliche Vorschriften zulässig, wonach der 
Vertrieb beanstandeten Fleisches weitergehenden 
Beschränkungen unterworfen werden kann, aber 
nur mit der Maßgabe, daß die Anwendbarkeit 
der beschränkenden Vorschriften nicht von der 
Herkunft des Fleisches abhängig gemacht werden 
kann. Hiemach ist, abgesehen von den nicht 
einschlägigen Vorschriften der Schlachthaus- 
gesetze, eine grundsätzliche ungünstigere Be- 
handlung des auswärts beanstandeten Fleisches 
gegenüber dem in der Gemeinde beanstandeten 
nicht angängig. Es ist daher in das Muster der 
Freibankordnung der Grundsatz aufgenommen, 
daß auch das auswärts beanstandete Fleisch zur 
Freibank zuzulassen ist 



Anderseits ist zu berücksichtigen, daß Art 
und Umfang der Freibankeinrichtungen einer 
Gemeinde in der Regel nur dem Bedürfnis ent- 
sprechen werden, das sich ergibt, wenn man 
die durchschnittlich ermittelte Menge des in 
dem Gemeindebezirk selbst beanstandeten Frei- 
bankfleisches in Betracht zieht Jedenfalls kann 
nicht verlangt werden, daß bei jenen Anlagen 
die Möglichkeit unübersehbarer Zufuhren solchen 
Fleisches von auswärts in Rechnung gezogen 
wird. Erwägt man weiter, daß durch solche 
Zufuhren der ordnungsmäßige Betrieb der Frei- 
bank leicht erheblich gestört und namentlich 
der Absatz des doch zunächst auf die Freibank 
angewiesenen einheimischen Fleisches stark be- 
einträchtigt werden kann, dann wird es zulässig 
erscheinen, daß in der den Betrieb regelnden 
Freibankordnung Vorsorge gegen solche Stö- 
rungen getroffen wird. In dieser Erwägung ist 
in dem Absatz 2 des § 2 der Musterordnung die 
eingeklammerte Bestimmung aufgenommen, daß 
die Zulassung solchen Fleisches zur Freibank 
von dem Gemeindevorstand, wenn es im Inter- 
esse der Aufrechterhaltnng des ordnungsmäßigen 
Betriebs der Freibank geboten ist, versagt werden 
kann. Gegen die Versagung ist die Beschwerde 
an die Kommunalaufsichtsbehörde gegeben, um 
zu hindern, daß von der Versagungsbefugnis ein 
unvorschriftsmäßiger oder unangemessener Ge- 
brauch gemacht wird. Bei Prüfung der Voraus- 
setzungen für die Versagung wird nicht außer 
acht zu lassen sein, daß es in vielen größeren 
Orten mit zahlreicherer ärmerer Bevölkerung im 
Interesse dieser Bevölkerung liegen wird, die 
Versagung nur im äußersten Notfalle auszu- 
sprechen, um nicht die Versorgung mit billiger 
Fleischnahrung unnötig zu beschränken. 

6. Vollwertiges Fleisch ist zweckmäßig vom 
Verkauf auf der Freibank auszuschließen. Dies 
empfiehlt sich auch — unbeschadet der nach 
Bemerkung 2 zu § 2 für das taugliche herren- 
lose Fleisch etwa zuzulassenden Ausnahme — 
schon deswegen, weil nach § 11 Abs. 3 des 
Fleischbeschaugesetzes Fleischhändler das be- 
dingt taugliche Fleisch nicht in Räumen feil- 
halten oder verkaufen dürfen, in denen taug- 
liches Fleisch feilgehalten oder verkauft wird 
(vgl. auch § 7 Abs. 2 des A. G.). Ein Bedürfnis 
für den Mitverkauf vollwertigen Fleisches auf 
der Freibank dürfte auch im allgemeinen nicht 
anzuerkennen sein. 

Zu § 3. 

1. Bei der Bestimmung des Ortes der Frei- 
bank sind mannigfache Rücksichten zu beobachten. 
Dies gilt namentlich für größere städtische Ge- 
meinden. Wird der Ort, wie im Muster vor- 
gesehen ist, in der Ordnung genannt, so unterliegt 



— 101 



seine Wahl mit der Ordnung der NacbprOfnng 
der GenehmigangsbehOrde. £s mag sich manch- 
mal empfehlen, den Ort nicht in der Ordnung zn 
nennen, sondern die nachträgliche Auswahl der 
Gemeindebehörde zu flberlassen. Dann wird aber 
auch die NachprOfung durch die Aufsichtsbehörde 
nachzuholen sein, wie dies im Muster für die 
Verlegung vorgeschrieben ist 

2. Dieselben Gründe sprechen für die Ge- 
nehmigung zur Anlage usw. der Zweigstellen. 
Der Verkehr zwischen der Freibank und den 
Zweigstellen oder zwischen den letzteren unter- 
einander wird durch besondere Vorschriften zu 
regeln sein. 

Zu §4. 

I.Wegen der Benennung der Betriebsgemeinde 
im Falle der Errichtung einer Freibank für 
mehrere nachbarlich belegene Gemeinden vgl. 
die Bemerkungen zu den Eingangsworten. 

2. In kleineren Gemeinden wird es möglich 
sein, die Freibank dem Eigentümer beanstandeten 
Fleisches jedesmal zum Verkaufe zur Verfügung 
zu stellen. In größeren Gemeinden muß jedoch 
die Gemeinde als Verkauf svermittlerin auftreten, 
wenn ein ordnungsmäßiger Betrieb aufrecht- 
erhalten werden soll. Wegen der Preisfestsetzung 
bei dieser Art der Regelung vgl. § 6 und die 
Bemerkung 2 dazu. 

Zu § 5. 

1. Güte und Preisklassen werden nur zu 
unterscheiden sein, wo sie bisher üblich waren 
und sich bewährt haben. 

2. Für die Frage, welches Fleisch der zweiten 
Klasse zu überweisen ist, kommen die Geschmacks- 
richtung des Publikums und andere örtliche Ver- 
hältnisse in Betracht. In bestehenden Ordnungen 
wird z. B. vielfach als zweite Qualität das Fleisch 
abnorm alter, stark abgemagerter und solcher 
Tiere bezeichnet, die aus den im § 40 Nr. 8 
der Ansführungsbestimmungen A angegebenen 
Gründen für minderwertig erklärt sind. 

3. Die Bekanntmachung des Beanstandungs- 
grnndes ist aus sanitären Gründen zu empfehlen. 

Eine in alten Freibankordnungen öfter 
wiederkehrende Bestimmung, daß das Geschlecht 
des Tieres, von dem das Fleisch stammt, und 
der Käme des Besitzers des Fleisches bekannt 
gemacht werden müssen, ist, da diese Nach- 
richten für das kaufende Publikum gewöhnlich 
ohne Interesse sein werden, in das Muster nicht 
übernommen. 

Zu § 6. 

1. Die Gemeinde muß ein Organ bestimmen, 
dessen sie sich zur Verwaltung der Freibank 
bedient. Die Auswahl dieses Organs wird von 
den besonderen Verhältnissen der Gemeinde ab- 
hängen. In großen Städten wird eine Kommission 



geeignet sein, in kleineren Gemeinden eine 
einzelne Person genügen. In Schlachthaus- 
gemeinden wird der Schlachthofleiter oder ein 
Schlachthoftierarzt mit der Verwaltung zu be- 
trauen sein, in anderen Gemeinden der Fleisch- 
beschauer in Frage kommen (vgl. im übrigen 
§ 10 des Musters und die Anmerkung dazu). 

2. Die Preisfestsetzung wird nur in kleinen 
Gemeinden dem Besitzer des Fleisches ohne 
weiteres überlassen werden können. In Ge- 
meinden mittlerer Größe wird sie zweckmäßig 
durch eine Kommission, der der Besitzer an- 
gehört, erfolgen. In größeren Betrieben aber 
wird es aus betriebstechnischen Gründen nicht 
zu umgehen sein, daß derjenige, der die Frei- 
bank betreibt, auch den Preis festsetzt, vielleicht, 
wo dies angängig erscheint, nach Anhörung des 
Besitzers, der das Recht der Beschwerde hat. 
Übrigens darf nicht etwa der Verkaufspreis ge- 
bunden, sondern nur der Preis bestimmt werden, 
zu dem das Fleisch ausgeboten wird. Die Preis- 
festsetzung hat alsdann nicht die Bedeutung 
einer behördlichen Einschränkung der Freiheit 
des Besitzers, sondern die Eigenschaft geschäft- 
licher Maßnahmen des Verkäufers, die der Be- 
sitzer des Fleisches kennt und mit denen er sich 
dadurch, daß er das Fleisch der Freibank zum 
Verkauf übergibt, einverstanden erklärt. Damit 
wird vermieden, daß in der Preisfestsetzung 
eine Art der im § 72 der Gewerbeordnung ver- 
botenen Taxen erblickt werden kann. 

3. Für die Bestimmung der Beschwerde- 
instanz gilt ähnliches wie das für die Wahl des 
Verwalters in Bemerkung 1 Gesagte. 

Zu § 7. 

1. Auch für die Verkaufszeiten sind die Be- 
dürfnisse sehr verschieden. Häufig wird es über- 
haupt nicht möglich sein, die Öffnungszeiten 
vorher zu bestimmen, sondern es wird die Frei- 
bank dann offen zu halten sein, wenn Fleisch 
zum Verkaufe vorhanden ist 

2. Über die Art der Bekanntmachung läßt 
sich in einer Musterordnung nichts Näheres vor- 
schreiben. Es wird dafür zu sorgen sein, daß 
das in Betracht kommende Publikum ausreichend 
unterrichtet wird. 

Für die Höhe der Gebühren (§ 11 unter a 
des Musters) ist es wesentlich, ob die Bekannt- 
machung auf Kosten des EigenttUners oder des 
Freibankbetriebs erfolgt. Es läßt sich denken, 
daß der Eigentümer diese Kosten im Interesse 
einer wirksamen Reklame gern selbst übernimmt 

3. Die Reinigung dem Eigentümer des 
Fleisches zu übertragen, dürfte — abgesehen von 
seltenen Ausnahmen — unzweckmäßig sein. Zu- 
verlässiger werden die Arbeiten wohl ausgeführt 
werden, wenn die Freibankverwaltung sie selbst 



— 102 



übernimmt und wenn ftlr die Kosten in einer 
entsprechenden Bemessung der Gebühren Deckung 
gesucht wird. 

Zu § 8. 

1. Satz 1 enthält eine in fast allen alten 
Ordnungen wiederkehrende zweckmäßige Be- 
stimmung. 

2. Der vielfach in alten Ordnimgen anzu- 
treffenden, in das Muster aber nicht auf- 
genommenen Vorschrift, daß eine Vernichtung 
schon dann einzutreten habe, wenn das Fleisch 
eine gewisse Zeitlang, z. B. 48 Stunden, un- 
verkauft geblieben sei, kann eine rechtliche oder 
wirtschaftliche Begründung nicht zuerkannt 
werden. Es kommt vielmehr lediglich darauf 
an, ob das Fleisch genußuntauglich geworden ist. 

Zu § 9. 

1. Die Bestimmungen des § 9 des Masters 
entsprechen dem bisherigen Gebrauch und den 
jetzt geltenden gesetzlichen Vorschriften des 
§ 11 des Fleischbeschaugesetzes und des § 9 
des Ausfflhrungsgesetzes. 

2. Wenn auch die örtlichen Verhältnisse eine 
verschiedene Bemessung der Höchstmenge recht- 
fertigen mögen, wird doch in der Regel nicht 
über den Satz von 3 kg und keinesfalls über 
den Satz von 5 kg hinauszugehen sein. Die 
Festsetzung einer Mindestmenge hat keine 
sanitäre, sondern nur eine geschäftliche Be- 
deutung und ist für die Aufnahme in die Frei- 
bankordnung wenig geeignet. 

3. Die Bestimmung im § 11 Absatz 2 des 
Fleischbeschaugesetzes, daß bedingt taugliches 
Fleisch ausnahmsweise auch an Fleischhändler 
abgegeben werden könne, ist in § 9 des Aus- 
fühningsgesetzes mit Bedacht nicht aufgenommen, 
weil ein Verkauf von bedingt tauglichem oder 
minderwertigem Fleische in Freibankgemeinden 
ausschließlich auf der Freibank erfolgen soll. 
Der Deutlichkeit halber ist das unbedingte Verbot 
der Abgabe von Freibankfleisch an Fleisch- 
händler in dem Muster besonders zum Ausdruck 
gebracht. Das Verbot gilt auch unter der Vor- 
aussetzung, daß der Händler vorgibt, das Fleisch 
nur im eigenen Haushalte verbrauchen zu wollen ; 
denn eine Kontrolle dessen ist mit Sicherheit 
nicht möglich. 

Zu § 10. 

1. Die Erteilung der Genehmigung erfolgt 
durch die Aufsichtsbehörde (vgl. Bemerkung 1 
zu § 3). 

Der Unternehmer tritt im Falle der Über- 
tragung des Betriebs in alle Rechte und Pflichten 
der Gemeinde ein. Die Aufsichtsbehörde wird 
dafür zu sorgen haben, daß den Fieischbesitzem 
dadurch keine höheren Kosten erwachsen. Wenn 
der Unternehmer auch für seine Mühewaltung, 



für die Hergabe der Geschäftsräume und Gerät- 
schaften usw. eine Entschädigung mit Recht 
wird beanspruchen können, so wird sich diese 
Entschädigung doch etwa in der Höhe der Kosten 
zu halten haben, die der Gemeinde zu eigenem 
Betriebe der Freibank erwachsen würden. Unan- 
gemessene Untemehmergewinne sind zu ver- 
meiden. 

Überdies wird der Unternehmer einer strengen 
Aufsicht zu unterwerfen sein. 
Zu § 11. 

1. Die Höhe der Gebühren wird von der 
Höhe der Kosten und diese wieder davon ab- 
hängen, wie die Freibank ausgestattet, wie der 
Betrieb eingerichtet ist, und welche Verrichtungen 
von der Freibankverwalung übernommen werden 
oder dem Eigentümer des Fleisches übertragen 
sind. Als Kosten kommen in Betracht die Be- 
schaffung der Räume und der Einrichtnngsgegen- 
stände, Instandhaltung, Beleuchtung, Heizung, 
Reinigung, Besoldung der Angestellten und 
Arbeiter, Veröffentlichung usw. (vgl. § 11 unter c 
nebst Bemerkung 3). Daß die Gebühren lediglich 
zur Deckung der Kosten dienen sollen und 
keine Einnahmequelle der Gemeinden werden 
dürfen, kann nach § 10 des Ausführungsgesetzes 
nicht zweifelhaft sein. Besonders ist zu betonen, 
daß die bei öffentlichen Schlachthäusern einge- 
richteten Freibänke nicht etwa als Bestandteile 
der Schlachthäuser in dem Sinne anzusehen sind, 
daß durch die Gebühren eine 8 proz. Verzinsung 
des Anlagekapitals (§ 11 des Kommunalabgaben- 
gesetzes) erzielt werden kann, sondern daß auch 
für solche Freibänke lediglich die Vorschrift des 
§ 10 a. a. 0. maßgebend ist, demnach also eine 
höhere Verzinsung als die den Gemeinden selbst 
obliegende oder als die landesübliche bei Be- 
rechnung der Kosten nicht in Ansatz gebracht 
werden darf. 

2. Sind besondere Einrichtungen zur Brauch- 
barmachung des bedingt tauglichen Fleisches, 
zur unschädlichen Beseitigung usw. getroffen, 
so können für deren Benutzung besondere, die 
Kosten deckende Gebühren erhoben werden. 

3. Die Kosten des Transports könnten bei 
der Gebühr zu a berücksichtigt werden. Indessen 
wird eine Regelung denkbar und vielleicht 
nicht selten empfehlenswert sein, wonach es 
dem Eigentümer freigestellt wird, selbst den 
Transport zu besorgen. Für diesen Fall erscheint 
die Auswerfung besonderer Transportgebühren 
zweckmäßig. 

Im übrigen versteht es sich von selbst, daß 
der Transport dem Eigentümer nicht ohne weiteres 
überlassen werden darf, sondern sich stets unter 
polizeilicher Kontrolle zu vollziehen haben wird. 



— 103 — 



Statistische Bericlite. 

— Kiaiireieli Preolm. Die ErgataitM der ScbltcMvIeli- und Fleltcbbewlian «owle der TriehiaeMchau 
!■ Viertel]alire v«ü I. JhII bl« 30. Septeaber 1907. 



• 




I. Allgemeine Schlachtvieh- und Fleischbeschau 


n. Trichinen- 
schau 




Zahl der Tiere, 


an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 










Staat. 






vorgenommen wurde 


Zahl der 


Davon 




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auf Trl- 


waren 




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1 


2 


3 


4 


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6 


7 


9 


10 


12 


13 


14 


A. Staat 








1 
1 
1 


















3. Vierteljahr 1907 . . 


18664 


78205 77021 


250010 


184491 


647487 


2S89075 


507519 


24506 


815 


8816985 


188 


544 


3. ^ 1906 . . 


17702 


76767, 76145 


244181 


123868 491988 


1860268 


532383 


26932 


327 


1926394 


123 698 


2. „ 1907 . . 


17005 


68723 70254 


223448 


92685 650412 


2 226 725 


303513 


52291 


355 


2408 853 


127 


425 


Juli 1907 


5754 


22264 27745 


84591 


41784 205734 


750268 169827 


4945 


75 


772953 


50 


154 


August 1907 


6372 


23784 25558 


83957 


44888" 185737 


726 229 182820 


7631 


111 


742519 


36 


203 


September 1907 


6538 


27157 23718 


81462 


47822 156016 


762578 154902 


11930 


129 


801513 


52 


187 


3. Vierteljahr / 

1907 mehr . . 










1 
















962 


— 


876 


5829 


10626 55499 


378807 


— 


— 


— 


390591 


15 


— 


ffeg.3.Viertel- 1 weniger 


— 


3562 - 





— 1 


— 


24834 


2426 


12 


— _ 


154 


jähr 1906 








i 


1 












oder in mehr. . 


5,43 


— 


1,15 


2,39! 8,58 11,28 20,36' — ! 


— 


— 


20,2812,20 - 


Handertteileni weniger 


— 


4,64 




1 


— 


— ' 


— 


4,66 


9,01 


8,67 


— 


— 


tt,06 



Bficherschsu. 

— ArbeKen aus dem Kaiserlichen Getundheits- 

ant 26. Bd., 3. Heft. Mit 14 Tafeln Berlin 1907. 
Verlag von Julius Springer. 

Das Schlußheft des 26. Bandes enthält einen 
eingehenden Beitrag zur Anatomie der Tsetsefliege 
von Stuhlmann, femer einen Artikel von Pleiß 
aber die LOslichkcit einiger Bleiverbindungen in 
Wasser mit RQcksicht auf die mit der Ver- 
wendung von Bleiröhren bei Wasserleitungs- 
anlagen verknüpften gesundheitlichen Gefahren. 
Von Polenske wird für den bisher nicht sicher 
zu erbringenden Nachweis tierischer Fette in 
Gemischen mit anderen tierischen Fetten ein 
Verfahren beschrieben, dem die Beobachtung 
zugrunde liegt, daß die Temperaturdifferenz 
zwischen dem Schmelz- und dem Erstarrungs- 
punkt bei den Fetten verschiedener Tierarten 
nicht gleich groß ist, aber für das Fett einer 
Tierart eine ziemlich konstante Größe besitzt. 
Über den Reaktionsmechanismus der zum Nach- 
weis der Erhitzung der Milch üblichen Ver- 
fahren, der Arnold sehen Guajakprobe und 
der Storchseben in der Verwendung von 
Paraphenylendiamin und Wasserstoffsuperoxyd 
bestehenden Probe, stellte Waentig Unter- 
suchungen an, deren Ergebnisse geeignet sind, 
die Anwendung dieser Methoden zu vervoll- 
kommnen. Die dieser Arbeit als Anhang ange- 



fügte Literaturübersicht, betr. die Veränderungen 
der Kuhmilch beim Erhitzen, ist bei dem noch 
währenden Widerstreit der Ansichten über den 
Wert erhitzter Milch als Kindernahrung von be- 
sonderem Interesse. Grab er t. 

— Arbeiten aus den Kaiserflolien Gesundheitt- 

amt 27. Bd, 1. H. Berlin 1907. Verlag von 
Julius Springer. 

Der vorliegende Band enthält außer den 
Ergebnissen der amtlichen Weinstatistik Studien 
über Formaldehyd, IL Mitteilung, die festen 
Polymeren des Formaldehyds von Friedrich 
Auerbach und Hermann Barschall, die er- 
geben haben, daß es sechs verschiedene feste 
Polymeren des Formaldehyds gibt. Die Fest- 
stellung der wichtigsten Eigenschaften dieser 
verschiedenen Polymeren, namentlich ihrer Lös- 
lichkeit in Wasser, Alkohol und Äther und ihres 
Verhaltens beim Erhitzen auf 100^0, eröffnet 
für ihre medizinische Verwendung neue Gesichts- 
punkte. 

— Luliarsch, 0. und Ostertag, R., Ergebnisse der 
allgemeinen Pathologie und pathologischen Anatomie 
des Menschen und der Tiere. XI. Jahrgang, IL Ab- 
teilung, Wiesbaden 1907. Verlag von J. F. Berg- 
mann. 

Die zweite Abteilung des XL Jahrgangs der 
Ergebnisse der allgemeinen Pathologie und patho- 
logischen Anatomie des Menschen und der Tiere 



— 104 — 



enthält kritische Sammelreferate von H. Rievel- 
HannoverflberKnochenpathologiederTierei 
von Caspar über Geschwülste bei Tieren» 
von L. Freund-Prag über Anomalien des 
Fischskeletts, von H. Kerschensteiner- 
München über Nenritis, von £. v. Malaisö- 
Berlin über die Lähmung des Nervus facialis, 
von L. Jores-Eöln über Pathologie der Ham- 
und männlichen Geschlechtsorgane, Ch. Thorel- 
Nümberg über Pathologie der Kreislauforgane, 
E. Gierke-Freiburg i. B. über physiologische 
und pathologische Glykogenablagerung, von 
E. Schwalbe -Karlsruhe über Thrombose, Ge- 
rinnung und Blutplättchen, von W. Risel- 
Zwickau über Chorionepitheliome, chorion- 
epitheliomartige Wucherungen in Teratomen 
und chorionepitheliomähnliche Geschwülste, von 
E. Albrecht- Frankfurt a. M. über die Pathologie 
der Zelle (III. Teil: Zur Physik des Zellleibs in 
normalen und pathologischen Zuständen), femer 
Berichte von R. Weinberg-Dorpat über die 
rassische allgemein-pathologische und patho- 
logisch-anatomische Literatur für 1905/6 und von 
J. St ein haus -Brüssel über die polnischen patho- 
logischen und bakteriologischen Arbeiten aus 
den Jahren 1901/5. 

- Reltz, A., Mllchwirttehaftliche Studien Ober 
Frankreich, England, Belgien, Dänemark, Schweden, 
Holland. Stuttgart 1907. Verlag von A. C. Reitz. 

R. bringt historische Notizen über die Milch- 
versorgung von Paris und über die Entwicklung 
der Milchwirtschaft, speziell der Genossenschafts- 
molkereien und Eontrollstationen in Belgien und 
Holland, sowie umfangreiches statistisches 
Material über Milchversorgung, Ein- und Aus- 
fuhr, und schildert femer den Betrieb und die 
Vorschriften in Mustermolkereien. Besonders 
eingehend behandelt er die einschlägigen 
Verhältnisse der auf diesem Gebiet an der 
Spitze marschierenden skandinavischen Länder. 
Die Kopenhagener Milchversorgungsanstalt, das 
Milchgeschäft Trifolium, das schwedische 
Mustergut Hamra, die gouttes de lait in 
Stockholm lehrt er uns eingehend kennen. Hier- 
bei bespricht er auch die verschiedenen Systeme 
der Pasteurisierungsmaschinen, das Verfahren 
der Rahmsäuerung, macht auch kurze Mit- 
teilungen über den genossenschaftlichen Eier- 
export und die Genossenschafts-Schlächtereien 
Dänemarks u. a. m. Stadie. 

— Albrecht, M. und Bürchner, H., TIerfirztllober 
Tasohenkalender fOr 1908. XIL Jahrgang. München 
1907. Verlag von J. Gotteswinter. 

Der in erster Linie für bayerische Verhält- 
nisse bestimmte Kalender ist durch die Aufnahme 
der tierärztlichen Behörden und beamteten Tier- 
ärzte Deutschlands erweitert und im übrigen zeit- 



gemäß ergänzt worden. Nach dem Vorbild der 
übrigen Veterinärkalender fand auch eine Tren- 
nung in drei Teile statt, die der Handlichkeit 
des Kalenders zunutze kommt. 

Neue Einginge: 

— Hink, A., Einträgliche Rlndvlehzucht Zweite 
vermehrte und verbesserte Auflage. Freiburg i. B. 
und Leipzig 1906. Preis 3,80 M. 

— LIgnIiree, J., Estudlc 6 Informe presentado 
al MInleterlo de Agricultura por la Comltlön encar- 
gada de Investigar la Eflcacia y Pader Inranlaate 
de las Vacunas contra el Carbuncio, Pasteurelas y 
Tristeza. Buenos-Ayres 1906. 

— Caaares, A. et Martlnez, A. B., Annnalre 
Statletique de la Villa de Buenoa-Ayrea, XYI. amte 

1906. Buenos-Ayres 1907. 

— Trotter, A. M., Report of tbe Veterinary 
Surgeon to tbe Corporation of tbe City of Glaogow 
for 1906. Glasgow 1907. 

— Eberle, R., Untoroucbungen Ober Sporulatlon 
der Mllzbrandkelme und Ihre Bodeutung fOr die 
NacbprOfUng der Mllzbranddlagnooe. L-D. Gießen 

1907. Vertag von Richard Schoetz. 

— Neumark, L, Beitrag zur Frage der deo- 
Inflzlorenden Wirkung deo Ucbteo; sein Einfluß 
auf die tierpathogenen Erreger. I.-D. Gießen 1907. 
Verlag von Richard Schoetz. 

— Unton, L, Notes on Paraolteo of Bermuda 
floheo. Washington 1907. Government Printing 
Office. 

— Beriebt Ober das Veterinirweoen In König- 
reich Saoboen fOr das Jabr 1906. Dresden 1907. 

— Bericht Ober die KSnIgllche TIerirztllche 
Hocbsobule zu Dreoden für das Jabr 1906, erstattet 
vom Rektor und Senat. Dresden 1907. 



Kleine MitteUungen. 

Bemerkenowerte Funde bei der Flelscbbe- 



1. Bei einer mageren, im übrigen gesunden 
Kuh fand ich eine abszedierende Mastitis 
mit einem Gewicht des Euters von i30 Pfund. 

2. Bei einem gesunden Schwein stellte ich 
zwei Ausführungsgänge aus dem Magen 
nach dem Darm fest, und zwar außer dem nor- 
malen in den Dünndarm einen zweiten an 
der großen Kurvatur des Magens nach dem Dick- 
darm (Grimmdarm) hin. 

3. Bei einer einfinnigen Ruh, die an Lungen- 
tuberkulose erkrankt war, bestand gleichzeitig 
offene Kehlkopftuberkulose. 

H e i n e n - Homberg. 

— Embolia mit nachfolgender Tbrombooe der 
Arteria pulmonallo. Am 29. August 1907 wurde 



— 105 — 



die betreifende Kuh in den hiesigen Schlachthof 
eingeliefert Sie soll seit etwa acht Wochen 
immer mehr abgemagert sein, obgleich die Futter- 
au&ahme bis zuletzt eine gute war. Bei der 
Untersuchung zeigt das Tier ein munteres Aus- 
sehen, allerdings ist es abgemagert. Die Atmung 
geschieht obei^ächlich und zwar 40 mal in der 
Minute. Bei der Auskultation hOrt man bron- 
chiales Atmen. Puls 60. Bei der Auskultation des 
Herzens keine bestimmten HerztOne. Temperatur 
normal. Nach der Schlachtung zeigen sich so- 
wohl an den Semilunarklappen wie an der 
Bicuspidalis und Tricuspidalis erbsen- bis hasel- 
nußgroße Geschwülste, zum Teil mit geschwüriger 
Oberfläche (Endocarditis valvularis ulcerosa). 
In der Arteria pulmonalis findet man an zwei 
Stellen zum Teil geschwürige Emboli, die mit 
der Arterienwand verwachsen und die Ursache zu 
einer fast vollständigen Thrombose der Arterie 
und ihrer Äste geworden sind. Der Thrombus 
selbst ist von blutroter Farbe, fester Konsistenz, 
so daß er sich brechen und schneiden läßt. 
Außerdem finden sich in der ganzen Lunge 
kleine emboliscb-ulzeröse Herde und Thrombosen 
kleinerer Gefäße. Ein walnußgroßer ulzeröser 
Herd findet sich auch in einem Lendenwirbel, 
in dem das Knochengewebe eitrig eingeschmolzen 
war. Femer sind in Milz, Nieren und Leber 
mehrere Herde, zum Teil eitrig, zum Teil in 
Organisation und Abkapselung begriffen, ge- 
funden worden. Vogt, Tierarzt, Weißenfels. 

— Battrat zur katalysierenden Elgensohaft der 
Nilch. Gelegentlich meiner Arbeit über Sterili- 
sierung tuberkulöser Milch arbeitete ich auch 
einiges über Katalyse der Milch und fand 
dabei eine interessante Tatsache, die ich leider 
nicht weiter verfolgen konnte. Durch das 
Much- und Rom ersehe Sterilisierungsverfahren 
wird nach meinen Untersuchungen die kata- 
lytische Fähigkeit der Milch im allgemeinen 
vernichtet — anders bei Milch von euter- 
tuberkulösen Kühen. Diese zeigt starke 
katalytische Eigenschaft. Der Versuch ist etwas 
umständlich, läßt sich aber meines Erachtens 
bedeutend vereinfachen. 

Ganz frische, sauber ermolkene Milch aus 
dem tuberkulösen Euter wird in eine 100 g 
Flasche (Pulverstreuflasche) gefüllt, 0,33 ccm 
Perhydrol zugesetzt, bei Zimmertemperatur auf- 
gestellt (vor Sonnenlicht geschützt), nach zwölf 
Stunden eine Stunde lang auf 52^ G im Wasserbad 
erwärmt, dann wieder fünf Stunden bei Zimmer- 
temperatur aufgestellt Darauf wird wieder 0,33 oder 
0,5 oder auch mehr Perhydrol zugesetzt, jetzt 
schnell ein dichtschließender Stopfen aufgesetzt, 
durch dessen Durchbohrung ein Glasrohr geht, 
das etwa 20 cm ansteigt, einen Winkel be- 



schreibt und in einem Wasserbad unter ein 
Eudiometer oder auch einen mit Wasser ge- 
füllten umgekehrten Meßzylinder mündet. Nach 
meinen Beobachtungen entwickelt dann Milch 
aus tuberkulösen Eutern aus dem Perhydrol 0., 
andere Milch dagegen nicht. 

Diese Beobachtung könnte vielleicht von 
den Stellen, die sich mit der Tuberkulose- 
bekämpfung nach Ostertags Verfahren be- 
schäftigen, bei ihrem großen Material genauer 
untersucht werden. Eine Vereinfachung läßt 
sich meines Eracbtens ohne weiteres dadurch 
erzielen, daß man die Milch kürzere Zeit nach 
dem ersten Perhydrolzusatz eine Stunde auf 
52** erwärmt — es kommt ja nur darauf an, 
die der frischen Kuhmilch innewohnende natür- 
liche Fähigkeit H^O^ schnell zu zersetzen, ab- 
zutöten, so daß danach die Wirkung der Tuberkel- 
bazillen, ihrer Toxine oder aber der Schleimhülle 
zur Geltung kommt. Vorläufig bietet ja die An- 
gelegenheit nur rein wissenschaftliches Interesse, 
und es ist wohl kühn, anzunehmen, daß sie bei der 
Diagnostik tuberkelbazillenhaltiger Milch eine 
Rolle zu spielen berufen sein würde.*) 

Dr. Sommerfeld, Regierungstierarzt, 
Wilhelmsthal (Deutsch-Ostafrika). 

— Motsallna, ein neues Bindemittel für WOrste. 

Der Fleischermeister L. in Bischofswerda wurde 
unter Anklage gestellt, weil er zur Herstellung 
von Brühwürstchen ein Bindemittel des Phantasie- 
namens „Mussalina^ zugesetzt hatte. Das Gericht 
kam entgegen dem Gutachten des Sachverstän- 
digen zu einer Freisprechung, da L. in seinem 
Laden ein Plakat mit der Inschrift: „Meine 
Wurstwaren enthalten einen Zusatz des besten 
Eiweißes' ausgehängt hatte. 

— Katgiit ven gesunden Schlaohttleren verlangt 
mit Recht K. Kuhn (Therapeut Monatshefte 
1907, H. 1) zu chirurgischen Zwecken. Femer 
sei auch die Gelatina sterilisata, die chirur- 
gische Verwendung findet, nur aus gesunden Tieren 
zu verwenden. 

— Zun Solilaohten der Gänse empfiehlt 
A. Be eck- Halle a. S. in der Landwirtschaft. 
Wochenschr. f. d. Provinz Sachsen (1907, Nr. 37), 
die Tiere an einem aus Querleisten bestehenden 



*) Proskauer, Seligmann und Croner 
haben bei ihren Milchuntersuchungen zwei vom 
gleichen Händler bezogene Proben ge- 
funden, die besonders stark Wasserstoff- 
superoxyd zersetzten. Beide Proben er- 
wiesen sich als tuberkelbazillenhaltig. 
P., S. und Cr. sagen, vielleicht bestehe hierin 
ein Zusammenhang, eine Vermutung, die durch die 
Sommerfeldschen Feststellungen erhärtet wird. 

0. 



106 - 



Gestell ZQ befestigen, an dessen oberer und 
unterer Leiste gebogene federnde Eisen ein- 
gebohrt sind, die senkrecht übereinander liegen. 
Die oberen Ösen sind schmäler als die unteren. 
Den Gänsen werden die Flügel verschränkt, 
worauf sie mit dem rechten Fu0 in dem oberen 
Haken und mit dem Hals in dem unteren Haken 
befestigt werden. Die Gänse sind hierbei außer- 
stande, mit den Flügeln zu schlagen oder sonstige 
hindernde Bewegungen auszuführen. Mit einem 




SehlachtffeeteU für Qänse. 

großen, haarscharfen Schlachtmesser werden 
den Gänsen, indem mit der linken Hand der 
Schnabel festgehalten wird, ungefähr 3 cm unter 
dem unteren Haken die großen Halsblutgefäße 
durchgeschnitten. Leider findet fast nirgends 
ein Betäuben der Gänse vor dem Schlachten 
statt, was Beeck mit Recht tadelt. Nach der 
Verblutung werden die Flügel der verendeten 
Tiere wieder gelöst und die großen Schwung- 
federn ausgezogen, die an die Zigarrenspitzen- 
und Zahnstocherfabriken geliefert werden. Hier- 
auf erfolgt das Rupfen und die weitere Zu- 
richtung zum Versand. 



Tagesgeschichte. 

— Robert Koch ist nach der Rückkehr von 
seiner Expedition nach Ostafrika, die er zum 
Studium der Verbreitung und Bekämpfung der 
Schlafkrankheit unternommen hat, zum Wirk- 
lichen Geheimen Rat mit dem Prädikat Exzellenz 
ernannt worden. 



— Geh. ModizlMlrat Profoooor Dr. Uebreich, 

der Leiter des Pharmakologischen Instituts 
der Berliner Universität, hat Zeitungsmeldungen 
zufolge wegen Krankheit seine Professur nieder- 
gelegt Liebreich hat bekanntlich beharrlich 
den Standpunkt vertreten, daß Borsäure bis zu 
einer bestimmten Grenze ohne Bedenken Nah- 
rungsmitteln zugesetzt werden könne. Lieb- 
reich ist mit dieser Ansicht allein geblieben. 

— ÖlTentliche SohlachthSfe. Die Errichtung 
eines Öffentlichen Schlachthofes ist geplant in 
Gerresheim (Rheinprovinz), beschlossen in 
Mariendorf bei Berlin, Worms (Kostenbetrag 
1 Vs ^111* M.). Mit dem Bau wird im kommenden 
Frühjahr begonnen in Duderstadt. Neue öffent- 
liche Schlachthöfe sollen in Ratibor und 
Mühlheim a d. Ruhr errichtet werden. Er- 
öffnet wird der neu erbaute Öffentliche Schlacht- 
hof in Gl atz (L Dezember) 

Erweiterungsbauten sind beschlossen in 
Striegau (Kühlhalle mit Eiserzeugungsanlage, 
Kostenaufwand 135000 M.), Osnabrück (neues 
Kühlhaus), Elberfeld, Gleiwitz, Köln 
(Bau einer Schweineschlachthalle, eines Groß- 
viehstalles und Vergrößening des Kühlhauses, 
Kostenbetrag 1 V, Millionen M.), Beuthen 
(Neubau von Kühlhallen, Kostenaufwand 350000 bis 
400000 M.), Magdeburg (Anlegung von Bc- 
rieselungskondensatoren, Kostenbetrag 30 000 M ), 
Lüdenscheid (Vervollständigung des Ergän- 
zungsbaues, Kostenbetrag 12000 M). 

— Erlöse au8 der Floiochextr&ktfabrikation uad 
au8 den TrichlBOnochauproben an Berliner Scfalacfat- 
bof. Der letzte Jahreserlös aus der Fleisch- 
extraktfabrikation, zu der die Fleischbrühe des 
sterilisierten bedingt tauglichen Rindfleisches 
verwendet wurde, betrug 18 000 M., der Erlös 
aus den Resten der Trichinenschauproben 22 000 M. 

— Tödliche Unfälle beim Gebraneh des Schutt- 
apparatco. Ein Hausschlächter zu Klein-Neun- 
dorf wurde durch die Kugel eines Schußapparates 
getötet, der sich entlud, als der Schlächter im 
Begriff war, zu einer Schlachtung zu gehen. In 
Eschollbrücken starb der Fleischergeselle R. 
an Verblutung infolge Verletzung der Schenkel- 
arterie durch die fehlgegangene Kugel eines 
Schußapparates, der zur Schlachtung eines Ochsen 
Verwendung finden sollte. Die Häufung von 
schweren und tödlichen Unfällen beim Gebrauch 
von Schußapparaten legt die Erwägung nahe, 
ob oder unter welchen Vorsichtsmaßregeln die 
Verwendung von Schußapparaten zum Töten 
von Schlachttieren weiter gestattet werden soll. 
In einigen Schlachthöfen, wie z. B. in Potsdam, 
darf der Schußapparat nur vom Hallenmeister 
angewandt werden. 



— 107 — 



— Wnrtt »K 80,34 % WaMergehali Wegen 
Verkaufs von sog. Eiioblauchswnnt mit dem 
imgewöhnlich hohen Waseergehalt von 80,34% 
ist der Worstfabrikant Seh. in Breslau zu 10 M. 
Geldstrafe verurteilt worden. Der Direktor des 
Breslauer Untersuchungsamtes, Dr. Bührig, be- 
kundete nach der „Allg. Fleischer-Zeitung"*, das 
Wasser sei aus der Wurst ausgetreten, so daß 
das Umhüllungspapier, in dem die Wurst ein- 
geliefert wurde, ganz durchnäßt worden war. 
Dr. B. bezeichnete die Wurst als verfälscht und 
gab an, sog. Knoblauchwurst dfirfe nach seiner 
Ansicht auf keinen Fall mehr als 72,5 % Wasser 
enthalten. 

— „Partieware" in Wurtthaidel. In der Ver- 
handlung der Strafsache gegen die Erste Pommer- 
sche Wurstfabrik in Stettin, deren Inhaber wegen 
Inverkehrbringens verdorbener Wurst unter An- 
klage gestellt worden waren (vgl. S. 438 des 
XVI. JsJirgangs dies. Zeitschr.) kam zur Sprache, 
daß einem Käufer Dauerwurst zum Preise von 
15 Pf. f&r das Pfund als „Partieware'' angeboten 
worden sei. Der als Sachverständiger über den 
Begriff der „Partieware'' vernommene Kaufmann 
Bull verstand unter diesem Begriff Dauerwurst, 
deren Farbe nicht ganz der der erstklassigen 
Ware entspreche oder die sonst einen Schönheits- 
fehler habe. Verdorbene Wurst falle aber nicht 
unter den Begriff der „Partie wäre''. 

— Zur Auswahl der Trlchinensohauproben im 
Herzegtan Anhalt In der von Herrn Rust ver- 
faßten tabellarischen Übersicht über die Regelung 
der Trichinenschau in den verschiedenen Staaten 
des Deutschen Reichs, im Heft Nr. 12 des 17. Jahr- 
ganges dieser Zeitschrift ist bezüglich des Herzog- 
tums Anhalt angegeben, daß hier für die Proben- 
entnahme außer den Zwerchfellpfeilem, Kehlkopf- 
muskeln und Zungenmuskeln die „Hinter- 
Bchenkelmuskeln an der Beckenfuge" be- 
zeichnet seien. Diese Angabe ist irrig; denn 
nach § 70 der in Anhalt maßgebenden und bisher 
in keiner Weise abgeänderten Landespolizeiver- 
ordnung, betr. die Schlachtvieh- und Fleisch- 
beschau, einschließlich der Trichinenschau, vom 
21. April 1904 (Nr. 1188 d. Anh. Ges.-Sammlg.) 
gelten für die Ausführung der Inlands-Trichinen- 
schau ebenfalls lediglich die B. B. D. b. 

Pirl- Dessau, Veterinärrat. 

— Erwiderung, betr. Beslchtloung der Groß- 
•cliläohterelbetrlebe In U. S. A. Zu dem Artikel 
in der Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene 
Heft 1, Seite 37, erlaube ich mir hierdurch einige 
Bemerkungen zu machen: Aus meinem offiziellen 
Rapport für 1906 ist zu entnehmen, daß ich 
bereits im vorigen Jahre die erwähnte Reise 
nach U. S. A. machte, nicht aber, um die An- 
gaben des üpton Sinclairs zu kontrollieren, und 



auch nicht auf Ersuchen der Interessenten der 
Vereinigten Staaten, sondern in meiner Eigen- 
schaft als Stadttierarzt und Chef der Nahrungs- 
mittelkontrolle hierselbst. Da der Import von 
Fleisch, Talg, Margarine und zubereiteten Fleisch - 
waren nach Christiania einen Betrag von zirka 
SVa Millionen Kr. pro Jahr repräsentiert, hatte 
die Angelegenheit im sanitären Interesse offiziell 
sehr große Bedeutung, und es wurde ausschließ- 
lich aus diesem Grunde meine Reise ausgeführt. 
Das Resultat meiner Untersuchungen der Groß- 
schlächtereien in Chicago kann folgendermaßen 
i kurz zusammengefaßt werden: 

Der „ Stock- Yard^ mit seinen Einfriedigungen 
für Rindvieh, Schweine und Schafe dürfte in 
sanitärer Beziehung besser sein, gab aber seiner- 
zeit keine berechtigte Veranlassung zur Klage. 
I Die Schlächtereilokale, die sämtlich in den 
I höheren Etagen untergebracht sind, waren in 
den meisten Fällen wenig modern oder zeitgemäß 
eingerichtet. Die Fußb(klen waren teils aus Stein, 
teils aus hartem Holz. Durchschnittlich war die 
Sauberkeit jedoch gut. An der Behandlung des 
Fleisches während des Schlachtens war nichts 
auszusetzen. Die Kontrolle des Fleisches, be- 
sonders des Schweinefleisches, war gut. An der 
Kleidung usw. des Personals fand ich nichts zu 
bemängeln. In allen Abteilungen waren Wasser- 
klosetts, Waschräume usw. vorhanden. Die Kühl- 
hallen und die Räume, wo das Fleisch gepackt 
wurde, waren alle sauber und gut ventiliert, 
wenn sie auch, was die meisten betrifft, alt und 
unmodern waren. 

Christiania, den 6. November 1907. 
Adolf Jacobson, 
Stadttierarzt und Chef für die Nahrungsmittel- 
kontrolle in Christiania. 

— Die bakteriologische Untersuchung der Leip- 
ziger Harktnllch ist nach der „Zeitschrift für 
Öffentliche Chemie" (1907, S. 21) dem Milch- 
hygienischen Institut von Privatdozent Dr. 
Pfeiffer übertragen worden. 

— Bekanntmachung der Mllohunterouchungs- 
ergebniooe. Die Polizeiverwaltung zu Ober- 
hausen macht nach den in dieser Zeitschrift 
mitgeteilten Vorgängen in anderen Städten die Er- 
gebnisse der regelmäßigen Untersuchungen der 
Milch auf Fettgehalt seit einiger Zeit bekannt, 
und der Erfolg ist bereits eine erhebliche Ver- 
besserung der Milchqualität. In Zukunft soll 
auch das Resultat der Schmutzprobenprilfung 
öffentlich mitgeteilt werden. 

— Eine dontoche Famgeoellochan für den Vleh- 
famibetrleb In Deutooh-SOdweot-AfHka ist in Düssel- 
dorf unter Beteiligung der Liebig-Compagnie in 
London gegründet worden. Vorstand der neuen 
Gesellschaft, der u. a. auch der Präsident 



— 108 — 



des Deutschen Landwirtschaftsrats, Graf von 
Schwerin-LOwitz angehört, ist 0. Günther 
in Dtlsseldorf, der frühere Generalmanager der 
Fleischextraktfabrik der Liebig-Compagnie in 
Urugoay. 

— Zur Statistik derFlelschpreise. Vorschläge 
zur Verbesserung der jetzigen Stastitik der 
Kleinhandelspreise für Fleisch zumachen, 
war der Zweck einer vom Herrn Landwirtschafts- 
minister auf Veranlassung des Landes-Ökonomie- 
Kollegiums zusammenberufenen Kommission von 
Sachverständigen, die am 15. November unter 
dem Vorsitz des Herrn Ministerialdirektors 
Küster getagt hat. Die Beratungen waren vor- 
bereitender Art, eine Veröffentlichung ihrer Er- 
gebnisse war daher, da auch Beschlüsse nicht 
gefaßt worden sind, nicht beabsichtigt. Nachdem 
aber von anderer Seite Mitteilungen über die Be- 
ratung an die Öffentlichkeit gebracht worden sind, 
gehen auch die „Mitteilg. der Zentralst, d. preuß. 
Landwirtschaftsk.^ auf die Verhandlungen ein. 

Völlige Übereinstimmung herrschte hiemach 
darüber, daß die jetzige Statistik der Fleischpreise 
nicht nur nicht ermögliche, einen Vergleich 
zwischen den Vieh- und den Fleischpreisen aufzu- 
stellen, sondern auch ihrer ersten Aufgabe, ein 
Bild der Jeweiligen wirklichen Höhe der 
Fleischpreise zu geben, in keiner Weise 
gerecht werde. Während aber die anwesenden 
Vertreter des Fleischergewerbes die Auffassung 
vertraten, daß es überhaupt ganz unmöglich sei, 
eine Statistik der Fleischpreise aufzustellen, die 
auch nur einigermaßen ein Bild der wirklich 
gezahlten Fleischpreise gebe, man daher, wenn 
man ihren Ausführungen folgen wollte, auf jede 
Ermittlung und, Veröffentlichung der Klein- 
handelspreise für Fleisch verzichten müßte, 
wurde sowohl von selten der Regierungs Vertreter, 
als auch der Vertreter der Landwirtschaft und 
der Statistik auf das entschiedenste betont, daß 
eine solche Statistik vor allem im Interesse der 
Konsumenten, denen in Norddeutschland zurzeit 
jede Möglichkeit fehle, sich ein Bild über die 
augenblickliche Höhe derFlelschpreise zu machen, 
geschaffen werden müsse. Es kann daher 
als Ergebnis der Beratungen vielmehr bezeichnet 
werden, daß angestrebt werden soll, in 20—25 
preußischen Großstädten in Zukunft durch be- 
sondere Kommissionen von Sachverständigen 
die Preise, und zwar in erster Linie die Laden- 
preise, für drei verschiedene Sorten Rind- 
fleisch (ev. noch nach Ochsen- und Kuhfleisch 
getrennt), für vier Sorten Schweiuefleisch 
und je zwei Sorten Kalb- und Hammelfleisch 
möglichst allwöchentlich zu ermitteln 
und sofort im Reichsanzeiger oder ähnlich zu 
veröffentlichen. 



Eine solche Ausgestaltung der Statistik 
würde nach übereinstimmender Ansicht 
aller Kommissionsmitglieder einen wesent- 
lichen Fortschritt bedeuten und in Verbindung 
mit den mancherlei anderen Anregungen, die 
durch die Beratungen gegeben worden sind, eine 
wesentlich bessere Orientierung der Konsumenten 
über die wirklichen Fleischpreise schaffen. Be- 
sonders beachtenswert war es, daß von selten 
der Vertreter der landwirtschaftlichen Verwaltung 
ausdrücklich hervorgehoben wurde, daß die Frage, 
ob auch in Preußen ein Anschlag der Fleisch- 
preise in den Fleischerläden, wie er in 
Bayern zumeist, in Sachsen teilweise bereits 
vorgeschrieben ist, durch Polizeiverordnungen 
werde eingeführt werden können, noch keines- 
wegs als endgültig geklärt angesehen 
werden könne. Die weitere Verfolgung der 
Angelegenheit wird durch das Landes-Ökono- 
mie-Kollegium geschehen. 



Personalien. 

Gewählt: Schlachthofdirektor Goetz-Straß- 
burg i. E. zum Kais. Gestütdirektor von Elsaß- 
Lothringen; Assistent Mayr- München zum 
Schlachthof tierarzt in Dortmund ; Tierarzt B i nd e r- 
Berent zum Schlachthof direktor in Bischofsburg; 
Amtstierarzt Dr. Ewald Weber-Markneukirchen 
zum Assistenten an der Abteilung für Tierzucht 
der Tierärztlichen Hochschule und bei dem Königl. 
sächsischen Landestierzuchtdirektor in Dresden; 
Tierarzt Georg Fritze und Dr. Willies zu 
Assistenten am Bakteriolog. Institut für Tier- 
seuchen der Landwirtschaftskammer in Kiel; 
Tierarzt Hans Ebert-München zum zweiten 
Schlachthof tierarzt in Freiburg (Sachsen). 

Auszeichnung : Schlachthof leiter Dr. S i m a d e r 
in Ansbach ist zum Schlachthotdirektor daselbst 
ernannt worden. 

Gestorben: Schlachthof dir. Beruh. Andrich 
in Kattowitz. 



Vakanzen. 

P a k s c h: Schlachthof Verwalter (approbierter 
Tierarzt) zum 1. Dezember 1907. Bewerb. an 
den Mag. 

Pyritz: Schlachthof direktor zum 2. Febniar 
1908. Anfangsgehalt 1800 M., steigend bis 
2400 M , freie Wohnung usw. Bew. an den Mag. 

S a a r 1 u i s : Assistenztierarzt. Gehalt 1 800 M. 
Meld, an das Bürgermeisteramt 

Schwiebus (Bez. Frankfurt a. 0.): Schlacht- 
hof leiter alsbald. Anfangsgehalt 2400 M. Bewerb. 
an den Mag. 



Verantwortlicher Redakteur (exkL Inseratenteil): Prof. Dr. Ostertag in Berlin. — Verlag von Richard Sehoets in Berlin. 



Zeitschrift 

Ar 



Fleiscli- und Milchhygiene. 



lehtzehnter Jahrgang. 



Jsnnsr 1008. 



Heft 4. 



Orlginal-Abhandluiigeii. 

(Nftohdruek rerboton.) 



Die Schlachthofanlage In Teingtau. 

Von 

Eggebrecht, 

GonyeroemeiiUiierarzt 

In zwei kleineu Aufsätzen, die im 
Jahre 1899 von dem damaligen ünter- 
roßarzt Bassau in Nr. 22 der Berliner 
Tierärztlichen Wochenschrift und 1903 
in Nr. 18 derselben Zeitschrift von mir 
veröffentlicht worden sind, wurde der 
ersten Anfänge einer Fleischbeschau und 
ihrer Entwicklung in Tsingtau Erwähnung 
getan. Der gewaltige Aufschwung der 
Kolonie, die Zunahme der europäischen 
wie chinesischen Bevölkerung und das 
stetig wachsende Handels- und Ver- 
kehrsleben konnten auf diesen Zweig 
der öffentlichen Hygiene in Tsingtau 
nicht ohne Einfluß bleiben. Hand in 
Hand mit dem Ausbau und der Sanie- 
rung des Stadtgebietes Tsingtau und 
dank der großen Förderung, die der Gou- 
verneur, Vizeadmiral Truppel, der tier- 
ärztlichen Mitarbeit an der Erreichung 
dieses Zieles stets angedßihen ließ, konnte 
die Fleischbeschau in wenigen. Jahren zu 
einer Vollkommenheit ausgestaltet werden, 
daß sie nicht nur för China und Japan 
vorbildlich geworden ist, sondern sich 
auch ebenbürtig an die Seite der in der 
Heimat mit der Fürsorge und Pflege der 
Fleischhygiene geschaffenen Einrichtungen 
zu stellen berechtigt ist. 

In nachstehenden Zeilen soll ver- 
sucht werden, ein Bild des hiesigen, am 
4. Juli 1906 dem Verkehr geöfl&ieten 
Schlachthofes zu geben. Von der Mitteilung 
der im Juli 1906 durch den Kaiserlichen 
Gouverneur erlassenen Verordnungen und 



Bestimmungen for die Benutzung des 
Schlachthofes und seiner Einrichtungen 
kann abgesehen werden, da sie sich an 
das Reichsfleischbeschaugesetz und die 
heimischen Schlachthofi*egulative voll- 
kommen anlehnen. 

Die Schlachthofanlage in Tsingtau ist 
zwischen der Arkonabrücke und dem 
kleinen Hafen auf + 15,80 i. M. über N. 0. 
gelegen und bedeckt mit einer Nordsüd- 
ausdehnung von 135,50 m und einer 
Ostwestausdehnung von 125,63 m eine 
Grundfläche von rund 17023 qm. Hiervon 
sind 3503 qm bebaut, 4316 qm bilden 
befestigte Straßen und Plätze, der Rest 
von 9204 qm steht für Wirtschaftszwecke 
und gärtnerische Anlagen zur Verfügung. 
Mit dem Bau des Schlachthofs wurde im 
Frühjahr 1904 begonnen. Die Bau-, In- 
stallations- und Montagearbeiten wurden 
so gefördert, daß am 7. Juni 1906 der 
Probebetrieb angenommen werden konnte. 

Die Ausführung der Pläne, die Bau- 
leitung und Überwachung der Arbeiten war 
dem Königlich Preußischen Regierungs- 
baumeister Stößel übertragen worden; 
sämtliche Stein-, Maurer-, Zimmer- und 
Schlosserarbeiten wurden durch hiesige 
Unternehmer mit chinesischem Persona] 
ausgefohrt, während die Installations- und 
Montagearbeiten durch Monteure der Fir- 
men Beck und Henkel in Cassel und 
Borsig in Tegel geleistet wurden. 

Inmitten des Grundstückes liegt das 
Hauptgebäude oder Schlachthallen- 
gebäude, dessen größte Länge 76,34 m, 
größte Breite 421,66 m beträgt. Es ist, wie 
alle Gebäude des Schlachthofes, als Putz- 



110 — 



bau mit sparsamer Verwendung von 
Granitwerksteinen ausgeführt und enthält 
zwei Stockwerke nach Norden, 4 Stock- 
werke im Wasserturm und ist im äbrigen 
einstöckig. 



unteren Teil in den Schlachthallen und 
Ealdaunenwäschen 2 m und 1,60 m hoch 
mit glasierten Verblendem bekleidet, 
während im Vorktthl- und Eühlraum, so- 
wie im Raum für beanstandetes Fleisch 



Fig. 1, 



4 


^Pl 


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)(2^ 


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SjgSBSil 




flto^ 


a^B 


■^h3 



Gesamtansicht der Schlachthofanlage in Tsingtau, 



Unter Terrain sind zwei Düngerwagen- 
Räume vorhanden. Der Sockel ist mit 
Ziegel verblendet. 

Das Dach ist mit Biberschwänzen als 
Eronendach auf Latten eingedeckt. Der 
Fußboden ist je nach der Benutzungsart 



und im Bad glasierte Wandplatten bis 
2,50 m hoch verwendet wurden. Die 
Decken sind mit Ausnahme der über dem 
Maschinen- und Kesselraum befindlichen 
massiv von Zementbeton zwischen schmie- 
deeisernen I- Trägem eingestampft. Die 



Fig. 2. 




Haupt-fSeklarhtfiallen'J Gebäude. 



der Räume aus Granitplatten, glatten oder 
geriffelten Mettlacher Fliesen, Zement- 
beton und Zementestrich, oder aber aus 
amerikanischen Brettern auf Lagerhölzern 
hergestellt. 

Wände und Decken sind mit Kalk- 
Zementmörtel geputzt, erstere in ihrem 



Decke im Vorkühl- und Kühlraum ist 
40 cm stark und trägt außerdem eine 
50 cm starke Auffüllung von Schlacken 
zur Isolierung. 

Zur Abhaltung der Erdwärme in diesen 
beiden Räumen befindet sich unter dem 
Fliesenfußboden gleichfalls eine 50 cm 



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starke Scblackenschicht, die ihrerseits 
auf einer Betonlage ruht. Zwischen 
Schlacken und Beton ist eine Lage 
Isolierpapier eingefttgt. 

Die 1,15 m starken ümfassnngswände 
verhindern dnrch zwei Lüftisolierschichten 
das Eindringen der Anßenwärme, während 
dies bei den Fensteröffiiongen durch zwei 
Lagen answechselbarer Glasbausteine er- 
reicht wird. 

Die Decken der Schlachthallen, Eal- 
daunenwäschen und desEählhauses werden 
von dreiteiligen, gußeisernen Säulen ge- 
tragen, welche zum Teil mit Eonsolen 
zum Auflagern der Qeleise versehen oder 
zur Aufnahme von Eranen abgedreht 
sind. 

Die in den unteren Räumen befindlichen 
Fenster sind von Schmiedeeisen und als 
Eippflfigelfenster ausgebildet. 

Schlachthallen-, Dängerhäuser- und 
Ealdaunenwäschen-Tttren sind aus Well- 
blech in Winkeleisenrahmen. Die hölzernen 
Türen sind als Vierfüllungstüren aus 
amerikanischem Holz hergestellt, die ins 
Freie fahrenden Taren auf der Innenseite 
mit Eisenblech beschlagen. 

Der Anstrich der Wände erfolgte mit 
Ealkfarbe; alle Eisenteile wurden mit 
Mennige grundiert und zweimal mit 
Bessemerfarbe überzogen. 

Stlßwasserversorgung geschieht durch 
die städtischeWasserleitung; das Seewasser, 
welches Beinigungszwecken dient und 
zum Eandensieren verwendet wird, drückt 
eine im Elektrizitätswerk aufgestellte 
Pumpe herauf. Zum Aufspeichern und 
zur Gebrauchsentnahme des Wassers sind 
im Wasserturm aufgestellt: ein See Wasser- 
behälter, ein mit der städtischen Leitung 
verbundener Sfißwasserbehälter und ein 
mit diesem kommunizierender Warm-Süß- 
wasserbehälter. Das Wasser des letzteren 
wird teils durch den Abdampf, teils durch 
eine besondere Dampfleitung erwärmt und 
zu den Warmwasser-Mischhähnen und der 
Kesselspei9^wassergrube geleitet. 



Die Entwässerung der Schlachthallen 
erfolgt durch GefäUe von der Mitte der 
Halle nach den Seitenwänden und dnrch 
granitene Binnen, die an den Längs- 
wänden der Hallen angeordnet sind. 
Glasierte Tonrohrleitungen fuhren die Ab- 
wässer der Elärgrube zu, die ihrer Breite 
nach in zwei Ealnmem geteilt ist. Jede 
dieser Eammem besitzt zwei Längsabteile 
mit Sammelschacht, Tauchwand, Abstreich- 
rinne und eiserne Gitter. Durch zwei 
Schieber wird der Zufluß nach den beiden 
Kammern geregelt. Von der Elärgrube 
werden die Abwässer dann in nordöstlicher 
Bichtung der allgemeinen Gravitations- 
leitung zugeflihrt. 

Das Hauptgebäude enthält zwei 
Schlachthallen, eine für Groß- und Elein- 
vieh, eine für Schweine, zwei Ealdaunen- 
wäschen, zwei Düngerhäuser, einen 
Aufenthaltsraum für Metzger, einen Bade- 
raum, eine Werkstätte, einen Generator- 
raum für Eisfabrikation, einen Maschinen-, 
einen Dampfkessel- und Eohlenraum, einen 
Baum für beanstandetes Fleisch, ein 
Trichinenschauzimmer mit Schrankkammer, 
einen Geräteraum und ein Hallenmeister- 
zimmer. 

Zwischen den beiden Schlachthallen, 
und mit diesem durch einen Verbindungs- 
gang verbunden, liegt der Vorkühlraum 
und der Eühlraum. 

Im Zwischengeschoß des Haupt- 
gebäudes liegen fünf Bäume zum Unter- 
bringen und Lagern von Maschinenreserve- 
teUen, Öl, Materialien und Geräten. 

DerLichtzuführung dienen 215 Fenster, 
wovon 4 in den Düngerwagenunter- 
ständen, 83 im Erdgeschoß, 48 im 
Zwischengeschoß^und Wasserturm, 69 im 
Dachboden und 11 als Oberlichter in 
Türen eingesetzt sind. 

Die Entlüftung der Bäume erfolgt 
mittels 33 Saugköpfen nach Dr. Platner 
und Müller, außerdem durch 36 In den 
Wänden liegende Bohre, welche innen 
mit Schiebern und Jalousieklappen, außen 
mit Sieben versehen sind. 



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Die Einrichtnng nnd Ausrfistang be- 
steht aas einem Hochbahnsystem mit 
zusammen 500 m Gleise und Gleise- 
trägern, sowie den erforderlichen Weichen 
nnd Befestignngsteilen. 

In der Schlachthalle für Groß- und 
Kleinvieh sind angeordnet 18 Sicherheitswinden 
mit Rollenböcken und Tiegelgnßstahl-Drahtseil, 
Schlachtspreizen und Winkelbreitscheiten, femer 
13 Fesselringe mit Ankern im Fußboden. An 
den eisernen Säulen sind 6 Hakenkränze, im 
Abteil für Kleinvieh 29 m Hakenrahmen ange- 
bracht. Außerdem sind eine Hochbahnwage mit 



einen mittels direkt gekuppelten Elektromotors 
angetriebenen Mitteldruck-Exhaustor erfolgt 

In der Kaidaunenwäsche für Groß- 
und Kleinvieh sind 2 Kaidaunen-Brühbottiche, 
2 Tische, 12 Kaldaunenwaschgefässe und Ent- 
fettungstische, sowie ein Schöpfgefäß mit Dampf- 
wasser-Mischapparat aufgestellt. Über je 2 Kal- 
daunenwaschgefäßen befindet sich ein Heiß-KalU 
wasser-Mischhahn. 

Die Kaidaunenwäsche für Schweine 
enthält 9 Waschgefäße und Entfettungstische, 
1 Schöpfgefäß mit Dampfwasser-Mischapparat 

In das Dunghaus für Groß- und Klein- 
vieh gelangen die Eingeweide durch eine auf 



Fig, 3. 




SdUnchthalle für Oroß- und Kleinvieh. 



Wiegekartendruckapparat, 18 vierrädrige Fleisch- 
transportwagen, 2 Handstangen und 30 Transport- 
haken vorhanden. 

Die Schweineschlachthalle ist ausge- 
rüstet mit 2 Brühbottichen, 2 Drehkranen, 2 Lauf- 
kranen mit Schnellflaschenzügen, 1 Hochbahnwage 
mit Wiegekartendruckapparat und 4 Fleisch- 
transportwagen und enthält 2 Tötebuchten mit 
9 Anbinderingen. Femer sind vorhanden 2 Ent- 
haarungstische, 11 hölzerne Schlachtbänke für 
chinesische Metzger, die ihre Schweine ge- 
wöhnlich nicht brühen nnd enthaaren, sondern 
den Schweinen die Haut abziehen, rund 61 m 
Hakengerüste mit 190 festen und 76 beweglichen 
Haken. 

Das Absaugen des Wasserdampfes über den 
Brühbottichen wird durch eine Aeolus-Ent- 
nebelungsvorrichtung bewirkt, deren Betrieb durch 



dem Hochbahngleis fahrbare Kaldaunentransport- 
vorrichtung, um hier nach der Entleerung über 
dem Einfalltrichter in zwei WampenspültrOgen 
mit je einem Dampfwassermischapparat gereinigt 
zu werden. 

Für das Dunghaus für Schweine ist eine 
Kaldaunentransportvorrichtung nicht vorhanden, 
ihr Mangel wird auch nicht empfunden. Jedoch 
hat ein Spültrog mit Dampfwassermischapparat 
aufgestellt werden müssen. 

Im Vorkühlraum befinden sich außer den 
Überführungsgleisen aus beiden SchlachthaUen 
zwei Laufkräne zum Abnehmen der Hinterviertel, 
sowie rund 34 m Hakenrahmen mit 122 festen 
Haken. 

Die Kühlhalle ist mit 21 Fleischcellen, in 
Rohr- und Rundeisenkonstruktion ausgeführt, 
versehen. 



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Die Belenchtang B&mtlicher Räame erfolgt 
durch elektrisches Licht, welches durch das 
hiesige Elektrizitätswerk abgegeben wird. 

Die Dampfmaschinenanlage besteht 
aus einer liegenden Einzylinderdampfmaschine 
von 35 HP. ohne Kondensation, mit Präzisions- 
schieberstenening, Luftpumpe mit Einspritz- 
kondensation. 

Im Maschinenraum ist der mit der Dampf- 
maschine gekuppelte, zu der Kälteerzeugungs- 
^li^ gehörende Kompressor, sowie ein Tauch- 
kondensator aufgestellt 

Im danebenliegenden Generatorraum sind 
untergebracht: der Verdampfer mit Eisgenerator, 



Sammeltrichter mitRohrleitongin den Gene- 
rator wieder zurück. Der am hinteren Teil 
des Lnftkühlers aufgestellte Motor drückt 
durch einen Propeller die mittelst hölzerner 
Kanäle aus dem Vorkühl- und Etthlraum 
abgesogene Luft durch den Soleregen 
hindurch, kühlt, trocknet und reinigt sie 
damit. Durch Durchkanäle tritt die ge- 
kühlte Luft in die Kühlräume ein, um 
nach Abgabe der Kälte durch die Saug- 
kanäle wieder dem Lufkkühler zugeführt 
zu werden. Die erwärmte und durch 



Fig, 4. 




SehtcetneseßUachthaUe. 



1 Aoftangefäfl, 2 Wärmeaustauschgefäße, 1 Sole- 
pumpe ffir das Solerohrsystem, 1 Solepumpe fOr 
den Eindampfapparat und 1 Seewasserpumpe. 

Die Kälteerzeugungsanlage ist nach 
dem Schwefligsäuresystem mit Naß- 
kfihlnng (Chlomatrium oder Chlormag- 
nesium) ausgeführt. Zur Kühlung des 
Vorkühl- und Kühlraums wird die bei 
240 Beaum6 auf— 160 C gekühlte Salzsole 
mit der Zirkulationspumpe nach dem über 
dem Yorkühlraum aufgestellten Luftkühler 
gedrückt. Hier fällt sie, von oben aus 
geschlitzten Bohren heraustretend, auf ein- 
geschobene und durchlöcherte Bleche kas- 
kadenfSrmig zuBoden und fließtdurch einen 



Wasserau&ahme an Volumen vergrößerte 
Sole läuft, wie schon gesagt, in den Ver- 
dampfer zurück, der überschüssige Teil 
tritt durch einen Überlauf in die Solegrube. 

Je nach Bedarf wird die in der 
Solegrube angesammelte verdünnte Sole 
durch eine Pumpe nach dem im Boden- 
raum stehenden Eindampfapparat ge- 
schickt und durch Verdampfen eingedickt. 

Der Lage der Schlachthallen ent- 
sprechend sind je ein Groß- und Klein- 
viehstall und ein Schweinestall vorhanden. 

Der Groß- und Kleinviehstall, an 
der Westseite des Grundstückes gelegen. 



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ist 40,28 m lang, 11 m breit und in der 
Baaausffihrung dem beschriebenen Schlacht- 
hallengebäude angelehnt. Die Fußböden 
sind von Zementbeton mit gerauhtem 
Estrich hergestellt. Die Decken werden 
Yon gußeisernen Säulen getragen und sind 
gleichfaUs aus Zementbeton zwischen 
I-Trägem hergestellt. 

Nach dem Hofe hinliegende Luken 
mit granitenen Austritten zum Aufziehen 
des Futters auf den Futterboden vervoll- 
ständigen das Stallgebäude. Das Klein- 
vieh wird in zwei Stallabteilungen mit 



sind, nehmen die eingestellten Tiere auf. 
Zwei Zapfstellen für Süß- und Seewasser 
sind auch hier vorhanden. 

Zur Vornahme der Schlachtung von 
krankem Vieh und von Pferden ist in 
der Nordostecke ein 18,90 bzw. 7,75 m 
langes und 6,76 bzw. 5,26 m breites, 
durch Einzäunung von dem übrigen Gre- 
lände getrenntes Gebäude aufgeführt. 
Es besteht aus dem Hauptbau mit 4,50 m 
Geschoßhöhe und 2 Anbauten nach Süden 
und Westen mit 3 m Geschoßhöhe. Der 
westliche Anbau enthält den Pferdestall 



Fig. 5. 




Kühlhaus. 



12 Buchten, die aus Eisengitter mit nach 
innen und außen, nach rechts und links 
sich öffnenden Türen mit Hebelverschluß 
bestehen, eingestellt. Für das Großvieh 
sind anschließend drei Abteile mit je 16 
Anbinderingen vorhanden. Jede Stall- 
abteilung wird durch Zapfstellen mit Süß- 
und Seewasser versorgt. 

Das Stallgebäude für Schweine liegt 
auf der Ostseite des Grundstückes gegen- 
über der Schweineschlachthalle; es ist 
18,56 m lang und 8,56 m breit. Zwei 
Abteile mit je sieben Buchten, die durch 
eiserne Gitter von den Gängen getrennt 



mit zwei Ständen und die Pferdeschlacht- 
halle, der südliche den Stall für Groß- 
und Kleinvieh und die Schlachthalle. Ein 
Brühbottich, zwei Winden mit Hänge- 
vorrichtungen und rund 5 m Hakenrahmen, 
sowie ein Ealdaunenwaschgefäß mit zwei 
Tischplatten und ein Dampfwasser-Misch- 
apparat ergänzen die innere Einrichtung. 
Im Hauptbau des Krankenviehschlacht- 
hauses ist ein Fleischsterilisator nach 
Hönnicke-Remscheid für 500 1 Inhalt 
mit elektrischen Kontrollinstmmenten und 
ein Verbrennungsofen nach Kori, etwa 
500 kg Fleisch fassend, aufgestellt. 



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An der Südseite des Schlachtbofgrnnd- 
stfickes, links dem Eingangstor, steht das 
25,46 m lange und 15,33 m breite Ver- 
waltungsgebäude. Es besitzt 4 Stock- 
werke, Keller-, Ober- und Dachgeschoß 
und ist massiv als Putzbau unter Ver- 
wendung Yon Granitbändem, Gesimsen, 
Lisenen und Umrahmungen und mit Fach- 
werkgiebeln ausgeführt (siehe das Ge- 
bäude auf der Gesamtansicht links vom 
Eingangstor). Außer den Wohnungen für 
die Schlachthofbeamten (einen Buchhalter, 
einen Hallenmeister, einen Maschinist und 
zwei Trichinenschauer) enthält die östliche 



In dem unter den Laboratoriums- 
räumen befindlichen Kellergeschoß findet 
demnächst eine bei der Firma Lentz in 
Berlin bestellte Zentrifuge mit elektrischem 
Antrieb Aufstellung, die zur Gewinnung 
von Blutserum, in erster Linie Rinderpest- 
Serum gebraucht wird. 

Für den Schlachthofvorstand ist 
Wohnungsunterkunft, wie in der Heimat 
durchweg üblich, noch nicht vorhanden. 
Dies ist der einzige Mangel der in allen 
Teilen gut eingerichteten und allen An- 
forderungen der Neuzeit entsprechenden 
Schlachthofanlage. 



Fig. 6. 



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Schlachthaus für krankes Vieh und Pferde, 



Seite des Erdgeschosses je ein Schreib- 
zimmer für den Schlachthofvorstand und 
denBuchhalter, femer das Lab Oratorium. 
Das aus einem Mikroskopierzimmer, 
dem eigentlichen Laboratoriums- und In- 
strumentenraum, dem SterilisatioQS- und 
Abdampfraum und einer Brutschränke- 
kammer bestehende Laboratorium ist nach 
Norden gelegen. Sämtliche Räume werden 
ausreichend mit elektrischem Licht ver- 
sorgt, der eine Brutschrank und Paraffin- 
schrank wird elektrisch, der zweite Brut- 
schrank mit Petroleum geheizt. Die innere 
Einrichtung ist von der Firma H. Haupt- 
ner und F. und M. Lautenschläger be- 
zogen worden. Eine umfangreiche tier- 
ärztliche und medizinische Bibliothek, 
für deren Ergänzung eine jährliche Summe 
ausgeworfen ist, und 4 Zeitschriften er- 
gänzen die Laboratoriumsausstattung. 



Als Nebenanlagen sind noch zu er- 
wähnen: ein Pferdestallmit Wagenremise, 
ein Wohnhaus für die chinesischen Schlacht- 
hofarbeiter und endlich das Pförtnerhaus 
mit Viehwage. 

Die Einftiedigung des Geländes besteht 
ans einer 1 m hohen Sockelmauer von 
Ziegeln, die durch mit Granitköpfen ab- 
gedeckte Pfeiler von gleichem Material 
verstärkt wird. Auf den Sockel ist ein 
1 m hoher Zaun aus amerikanischem 
Kiefernholz gestellt. 

Während der nunmehrigen einjährigen 
Betriebsdauer des Schlachthofes haben 
sich die baulichen und maschinellen Ein- 
richtungen sehr gut bewährt. Die chine- 
sischen Metzger wurden schnell mit den 
Schlachtvonichtungen und der Hand- 
habung der verschiedenen technischen 



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Hilfsmittel vertraut und gewöhnten sich 
auch bald an die zur Aufrechterhaltung 
der Ordnung und Sauberkeit erlassenen 
Bestimmungen. 

Als Sehenswürdigkeit nicht nur Tsing- 
taus, sondern ganz Ostasiens erfreut sich 
der Schlachthof des überaus häufigen Be- 
suches durchreisender Personen. Eine 
Beihe hochgestellter chinesischer und 
japanischer Beamten nahm während des 
Aufenthalts am Orte Gelegenheit, den 
Betrieb und die Einrichtungen des 
Schlachthofes kennen zu lernen. 

In dem Fremdenbuch, in das jeder 
Besucher sich einzutragen gebeten wird, 
ist bereits eine stattliche Anzahl Personen 
von Namen und Rang verzeichnet, und es 
bieten die in deutschen, lateinischen, 
chinesischen und japanischen Schriftzeichen 
wechselnden Namenszüge ein sehr inter- 
essantes Bild. 

Möge diese Wohlfahrtseinrichtung zur 
Pflege und Förderung der Veterinär- 
wissenschaften in der deutschen Kolonie 
Kiautschou beitragen und ein nachahmens- 
wertes Beispiel deutscher Kulturarbeit 
im fernen Osten werden! 



Die durch Filarien (Filaria flexuosa) 

bedingten Knoten in der Unterhaut des 

Hirsches. 

Von 

KJeß-Tablngen, 

OberamtBÜerant 

Die im Januarheft 1907 dieser Zeit- 
schrift veröffentlichte Arbeit von Dr. 
Müller-Straßburg über „Multiple hypo- 
derme Knotenbildung beim Hirsch, ver- 
ursacht durch Filaria terebra", veranlaßt 
mich, ein fast vergessenes Manuskript 
hervorzuholen, in dem ich vor Jahren 
das üntersuchungsergebnis von Parasiten- 
fundeii in der Unterhaut des Hirsches nieder- 
gelegt habe. Ich habe mit der Veröffent- 
lichung dieser Arbeit damals zurück- 
gehalten, weil ich die ursächliche Filarie 
nach der zoologischen Seite noch spezieller 
beaarbeiten wollte, wozu ich aber später 



neben der Praxis leider keine Zeit fand. 
Da ich mit Müllers Ausführungen nicht 
ganz einig gehe, so will ich nachstehend 
das Resultat meiner Untersuchungen kurz 
mitteilen. 

In der Unterhaut des Hirsches findet 
man beinahe regelmäßig flache, gegen die 
Umgebung scharf abgesetzte Knoten. In 
ihrem Innern beherbergen sie einen Knäuel 
von Wurmfäden, die erstmals von Wedl^) 
beschrieben und von ihm als Leiber 
einer stets weiblichen Filarie, die er 
Filaria flexuosa nannte, bezeichnet worden 
sind. 

Diese Wurmkapseln sind mir zum ersten- 
mal im Jahre 1893 bei Beaufsichti- 
gung des Stuttgarter Wildbret- 
marktes aufgefallen. Der Umstand, daß 
in der mir am nächsten liegenden tier- 
ärztlichen Literatur über Parasiten wohl 
das Vorkommen von Oestruslarven in der 
Unterhaut des Hirsches angefahrt, nir- 
gends aber dasjenige von Filarien erwähnt 
wurde, war für mich der Grund, die 
Parasitenfunde im Auge zu behalten und 
eigene Untersuchungen anzustellen. Diese 
führten mich zu einigen anderen Ergeb- 
nissen, als diejenigen, die die über diesen 
Nematoden vorhandene, sehr spärliche 
Literatur nachweist. 

Wedl,i) der, wie schon erwähnt, Filaria 
flexuosa als neue Spezies aufstellte, und 
dem wir die einzige eingehende Arbeit 
über diesen Parasiten verdanken, äußert 
sich folgendermaßen über den Inhalt der 
Wurmkapseln oder „Knollen": 

„Macht man in letztere (Knollen) einen ober- 
flächlichen Einschnitt, so kommt ein Konvolut 
von feinen Fäden zutage» von welchen einzelne 
heraushängen und sich bis auf eine gewisse 
Strecke hervorziehen lassen, bei weiteren der- 
artigen Versuchen reifit jedoch der Faden stets 
ab. Sammelt man nun die herausgezogenen 
Fäden, um einen approximativen Begriff von der 
Längenausdehnung derselben zu erhalten, und 
betrachtet man vorerst die Lagerstätte, Bo er- 
scheint diese als ein sinuöses Gewebe, dessen 
Buchten die Durchschnittsöffnungen von einem 
mannigfach gewundenen Kanäle vorstellen; aus 
einzelnen sieht man noch hier und da die Fäden 



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henrorb&igen. Das sinnOse Gewebe selbst ist 
ein derbes Bindegewebe. Wenden wir uns nun 
snr Analyse der Fäden selbst, so werden wir 
dahin belehrt, daß dieselben nur Bmchstacke 
einer stets weiblichen Filarie sind. Die Länge 
eines solchen Weibchens wird nicht nberschätzt, 
wenn man sie auf IVi dem angibt, die Dicke 
Qbersteigt nicht Vs na™ '• • •' 

Über den Sitz des Mftnnchens 
sagt er: 

«Während das Weibchen in den unter spitzen 
Bogenkrflfl(imiingen verlaufenden Gängen der zell- 
gewebigen Knollen wohnt, wo es so eng um- 
schlossen ist, daß es, wie erwähnt, unmöglich 
ist, lange Strecken des schmalen Wurmes oder 
vollends denselben in seiner Totalität hervorzu- 
ziehen, liegt das dflnnere Männchen neben dem 
Knollen in lockerem Zellgewebe eingerollt und 
kann ans demselben bei einiger Vorsicht ganz 
herausgeholt werden. Es stellt einen gegen 
7 cm langen Faden dar, dessen eines Ende 
(Kopfende) einen gestreckten Verlauf zeigt, wäh- 
rend das andere (Schwanzende) spiralig auf dem 
hinteren Leibesabschnitte hernmgeschlungen ist, 
ungefähr so, wie die Schlange Äskulaps auf 
dem Stabe. "^ 

Die Besfaltate der sonstigen Unter- 
sncboDgen Wedls faßtMolin^) in seiner 
Monographie der Filarien zu folgender 
Beschreibung, der er nar die Ringelung 
des Körpers nnd die Form der Penis- 
scheide hinzufügte, zusammen: 

Os inerme; corpus filiforme, tenuissime den- 
sissimeque annulatum; extremitas anterior at- 
tenuata, posterior crassior; extremitas candalis 
maris in anfractus involuta, retroflexa corpus 
amplectens, limbis lateralibus ac subtus duabus 
papillarum seriebus; vagina penis monopetala, 
lignlaeformis; penis spiraliter tortus; extremitas 
caudalis feminae in anfractus involuta, appendi- 
culata, obtusa. (Vivipara). Longit mar. Vs"; 
crassit V»"'; Longit. fem. 1»/,"; crassit Vs'". 

Diesing') erwähnt Filaria flezuosa in 
seiner „Revision der Nematoden^' nur kurz, 
während v. L in stow 7) die Zahl und die 
Lage der Papillen am Schwanzende des 
Männchens als 8 postanale Papillen be- 
stimmt hat. Dieser Autor fährt unter an- 
derem wörtlich aus: 

»Im Unterhautbindegewebe des Fufics (ad 
tarsum et carpum) des Hirsches findet sich in 
unzählbarer Menge nesterweise diese merkwürdige 
Form. Die Tiere sind zu einem unauflösbaren 



Knftuel mit dein Bindegewebe gleichsam ver- 
wachsen, und ihre Befreiung aus demselben ein 
höchst schwieriges Kunststück usw. Das Weib- 
chen ist weit über 100 mm lang und 0,31 mm 
breit; es hat mir trotz angestrengter Mühe nicht 
gelingen wollen, ein unverletztes Exemplar aus 
dem gordischen Knoten heraüszuprftparieren. Da 
abgerundete Schwanzende ist sondenknopfförmig 
verdickt." 

Eigene Uiitersiiobiingea. 
Die Wurmknoten sitzen gewöhnlich 
im Unterhautbindegewebe. Zuweilen sind 
sie auch straff mit der Cutis verwachsen, 
so daß sie nur mit Vorsicht von dieser 
lospräpariert werden können. Auch kommt 
es vor, daß die Wurmkapsel eine förm- 
liche Anschwellung in der Haut bildet, 
die von außen als ein deutlicher Höcker 
dnrchgeffihlt werden kann und durch ihre 
weiche Konsistenz und blaurote Farbe 
den Anschein erweckt, als ob es hier 
über kurz oder lang zu einem Durchbruch 
kommen mfisse. Man findet die Wurm- 
knoten auch unter den flachen Haut- 
muskeln, besonders häufig auf dem Rücken, 
der neben der Kruppe den Lieblingssitz 
der Parasiten darstellt. Sie sind übrigens 
auch am Bauch, an der Brust, den 
Schulterblättern und am Halse, wenn 
auch viel weniger häufig, anzutreffen. 
Rficken und Hinterbacken haben durch 
diese Knoten bei starker Invasion ein 
vollständig höckeriges Aussehen, da 
Knoten an Knoten gruppenweise, bald 
einzeln nebeneinander und übereinander 
sitzt. Ich habe schon eine ganze Reihe 
von Hirschen auf das Vorhandensein 
dieser Wurmbrut untersucht und konnte 
sie in allen Fällen, wenn auch manchmal 
nur in geringer Anzahl, feststellen. Die 
Größe ist sehr wechselnd. Man trifft 
Wurmknoten von Erbsen- bis Zehnpfennig- 
stttckgröße, von rundlicher, flacher Form 
und von der Dicke bis zu einem halben 
Zentimeter und darüber. Die Knoten sind 
an der Oberfläche gewöhnlich glatt, haben 
eine meist derbe Konsistenz und grau- 
weiße Farbe. Konsistenz und Farbe sind 
indessen verschieden, da man nicht selten 



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erweichte Eapsehi von blutroter Farbe, 
verkäste, verkalkte und bindegewebig 
indnrierte Knoten von verschiedenster 
Form antrifft. Man sieht auch kleine 
Blntgefäßchen die Kapseln umgreifen und 
in dieselben eindringen. Femer kann 
man Residuen von Blutungen in den 
Wandungen und eine dadurch bedingte 
Dunkelfärbung der Kapseln beobachten. 
Was ist nun der Inhalt der Knoten? 
Schneidet man einen solchen in der Mitte 
durch, so kann man auf der Schnittfläche 
eine derbe, bindegewebige H&lle erkennen, 
von der eine Reihe von Septen und Tra- 
bekeln ausgeht, die im Innern ein unregel- 
mäßiges Netzwerk bilden, das von einer 
Menge weißer, glänzender Wurmfäden 
ausgefüllt wird. Nesterweise findet man 
auch eine größere Anhäuftang von Wurm- 
f&den, wobei dann die zellgewebige Ge- 
rüstsubstanz fehlt oder zerstört ist, die 
Filarie aber vielfach gewunden und ge- 
schlungen wie ein wirrer Fadenknäuel 
verläuft. Wedl analysiert diese Fäden 
kurzweg als diejenigen einer stets weib- 
lichen Filarie, von der es unmöglich sei, 
sie in ihrer Totalität zu entwickeln. Der 
Knoten besteht, wie man bei mikroskopi- 
scher Untersuchung von Längs- und Quer- 
schnitten beobachten kann, aus einer 
derben, bindegewebigen Randzone, auf die 
nach innen eine aus zahlreichen Kund- 
zellen mit spärlicher Grundsubstanz be- 
stehende Schicht folgt, von der aus breite 
Ausläufer, rundliche oder unregelmäßig 
gestaltete Lakunen begrenzend, sich im 
Lumen der Knoten verzweigen. Die binde- 
gewebige Außenschicht enthält zahlreiche 
Blutgefäßchen, während die innere Zellen- 
schicht und besonders das die Lakunen, 
in denen die Rundwürmer verlaufen, 
zwischen sich lassende Gerästwerk, sich 
als außerordentlich gefäßarm erweist. Man 
kann in diesen Schnitten femer beobach- 
ten, daß ein freies Lumen für den Verlauf 
der Parasiten auch zuweilen in der derben, 
bindegewebigen Außenschicht, dicht an 
der Oberfläche liegt. 



Das zellreiche Netzwerk fällt nicht 
selten Ernährungsstörungen anheim und 
damit rflckgängigen Metamorphosen aller 
Art« Man sieht in manchen Knoten Ver- 
käsung und Verkalkung eintreten, auch be- 
obachtet man Blutungenin den Wandungen 
der Kapseln und in ihrem Lumen mit 
deren Folgen. Durch diese Veränderungen 
werden die eingeschlossenen Parasiten 
teilweise mit zugrunde gerichtet. An- 
dererseits beherbergen aber veränderte 
Knoten gerade die größten und best- 
entwickelten Rundwürmer, da eben durch 
ihr schnelles Wachsen für das sie um- 
gebende Gewebe Ernährungsstörungen, 
rflckgängige Metamorphosen, Gefäßaltera- 
tionen usw. eingeleitet werden. Man be- 
gegnetKnoten, die, abgesehen von denRund- 
wärmem, mit einer blutig serösen oder 
eiterähnlichen Flüssigkeit oder einer dick- 
breiigen, rötlich tlngierten Masse angefttUt 
sind. 

Um nun womöglich eine ganze Filarie 
aus dem gordischen Knoten zu lösen und 
damit einen Einblick in den wirklichen 
Inhalt der Knoten zu bekommen, habe 
ich zunächst erweichte Knoten, die neben 
einer blutigen oder eitrigen Flüssigkeit 
gut entwickelte, ausgewachsene Rund- 
würmer beherbergen, untersucht. Doch 
ist hier gewöhnlich die Hülle noch zu derb, 
und deshalb eine Verletzung des Wurmes 
an den peripheren Stellen, an denen er 
die derben bindegewebigen Kapselwan- 
dungen in kleineren oder größeren Bogen- 
gängen bis nahe an die Oberfläche durch- 
bohrt, fast unvermeidlich. Ich habe des- 
halb die Kapseln einer langsamen Mazera- 
tion in schwachen Sublimatlösungen oder 
Drittelalkohol unterworfen, von der An- 
nahme ausgehend, daß die Filarien wider- 
standsfähiger sein würden als das aus 
Granulationsgewebe bestehende Gerüst- 
werk der Knoten, während die derben 
bindegewebigen Wandungen in erwünschter 
Weise in ihrem Gefüge gelockert würden. 
Auf diese Weise ist es mir gelungen, den 
ganzen Inhalt aus den Knoten heraoaszii- 



— 119 — 



schälen, die Hnndwünner von den ver- 
änderten Oewebeteilen zn trennen nnd sie 
zu isolieren. Es ist dies ein ebenso müh- 
sames wie zeitraubendes Unternehmen, 
wobei man durch Mißerfolge die Geduld 
nicht verlieren darf. Man stelle sich vor, 
daß der Inhalt der Kapseln einem kaum 
zu entwirrenden Fadenknäuel gleicht, der 
erst von fremdem Gewebe befreit werden 
muß und der, wenn nicht ganz vorsichtig 
unter Wasser gearbeitet wird, bei der 
geringsten Zerrung entzweireißt. Die 
entwirrten Filarien werden am besten 
sofort auf ein Holzstäbchen aufgewickelt. 
So ist es mir gelungen, ganze weibliche 
Filarien zu entwickeln und mich genau 
über den Inhalt der Knoten zu orientieren. 
Die Knoten enthalten entgegen den 
unwidersprochenen Angaben Wedls 
in der Regel beide Geschlechter, 
tad zwar mindestens ein Männchen und 
ein Weibchen. Gewöhnlich sind aber die 
Geschlechter in der Mehrzahl vertreten. 
Sie sind jedoch nicht immer in gleicher 
Zahl vorhanden, sondern man findet in 
manchen E^notea zwei bis vier Männchen 
und nur ein Weibchen, während andere 
wieder mehrere (ein bis drei) Weibchen 
und nur ein Männchen beherbergen. 

Morpktlogle der au« den Knoten Isolierten Filarien. 
Die Weibchen stellen vielfach gewundene, 
weiBglänzende Wonnfäden dar, die die Binde- 
gewebekapseln bis anf den vom Männchen ein- 
genommenen Baum dicht ausfüllen. Sie erreichen 
eine größte Breite von 0,38—0,52 mm und ver- 
jüngen sich gegen das Kopfende, das einen 
ziemlich gestreckten Verlauf nimmt, bis zu 0,04 
bis 0,06 mm. Das Schwanzende ist stumpf, viel- 
fach gewunden, gewöhnlich in die Touren gleich- 
mäßiger Schraubenwindungen gelegt Die Kör- 
perbreite nimmt zwar gegen das Schwanzende 
zu ab, beträgt aber immer noch kurz vor diesem 
0,29-— 0,38 mm, verjüngt sich dann plötzlich zu 
einem makroskopisch kaum sichtbaren Fortsatz, 
der eine Länge von 11 mm und an dem Ende 
eine Breite von 0,05 mm erreicht. Dieser Fort- 
satz, der häufig Ähnlichkeit mit einem etwas 
gebogenen Finger zeigt, wurde von Wedl als 
fingerförmiger Ansatz bezeichnet. Die von 
Wedl, Hol in und von v. Linstow angegebenen 
Längenverhältnisse der Weibchen, die auch von 



diesen Autoren eher als zu niedrig denn zu hoch 
gegriffen bezeichnet wurden, werden tatsächlich 
weit übertroffen. Die Weibchen erreichen 
nach Maßgabe der von mir isolierten 
Exemplare eine Länge von 60—90 cm und 
sind somit 6— 9mal länger, als bisher an- 
gegeben wurde. 

Das Männchen findet sich, wie schon er- 
wähnt, mit dem Weibchen in derselben Kapsel 
eingeschlossen, und zwar ist sein Schwänzende 
gewöhnlich dicht neben dem Kopfende des Weib- 
chens, wo auch die weibliche GleschlechtsOffnung 
zu suchen ist, gelagert. Das Männchen nimmt 
entweder, den weiblichen Wnrmfäden folgend, 
einen ziemlich gestreckten Verlauf oder man 
findet, wenn mehrere Männchen in einer Kapsel 
vorhanden sind, das eine oder das andere in 
einer Ecke zusammengerollt liegen. Es ver- 
ursacht in der Regel keine besondere Mühe, die 
überaus zarten Männchen in ihrer Totalität aus 
dem Wurmknäuel herauszuziehen. Die Angaben 
Wedls, daß die Männchen neben den Knoten in 
lockerem Zellgewebe eingerollt liegen, kann ich 
insofern bestätigen, als ich auch Männchen 
außerhalb der Bindegewebskapsel angetroffen 
habe. Sie waren dann neben den Knoten, auf 
oder unter denselben, in lockerem Bindegewebe 
vielfach gewunden, gelagert. 

Das Männchen zeigt gegenüber dem 
Weibchen einen mehr gestreckten Verlauf. Das 
konische Kopfende verjüngt sich bis zu 0,06 mm, 
verdickt sich alsdann ziemlich rasch, so daß 
gewöhnlich schon 5— 10 mm hinter dem Kopf- 
ende die größte Breite mit 0,18-'0,24 mm, welche 
bis zur Mitte beibehalten wird, erreicht wird. 
Hinter der Mitte beginnt sich der Wurmfadön 
langsam zu verdünnen, so daß er an der Schwanz- 
spitze nur noch eine Dicke von 0,02—0,06 mm 
besitzt. Das Schwanzende ist spiralig gewunden 
und zwar derart, daß der Parasit gegen das 
Ende gewöhnlich zu einer größeren Spiral- 
windung ausholt, seine Windungen sehr schnell 
verengt und mit 3 dicht aneinander geschlossenen 
Touren endigt. Selbst wenn die Windungen 
weniger geschlossen sind, wie man dies bei 
Männchen in erweichten Knoten antrifft, so sind 
die 3 oder 4 Windungen ganz konstant nachzu- 
weisen. Das männliche Schwanzende erhält da- 
durch ein Aussehen, das am meisten Ähnlichkeit 
mit dem eines Nagelbohrers besitzt. 

Wedl sagt von dem Schwänzende des 
Männchens, daß es spiralig um den hinteren 
Leibesabschnitt herumgeschlungen sei, wie die 
Schlange Äskulaps um den Stab. Mol in hat die- 
selbe Beobachtung als charakteristisches Merkmal 
in seine Diagnose aufgenommen. Die beiden 
Autoren dürften damit doch zu weit gegangen 



— 1^ — 



sein; denn es kann sieh hier nnr um einen rein 
znßllligen Befand handeln. Ich habe gewiß auch 
gelegentlich beobachtet, dafi das haardOnne 
männliche Schwanzende im Laufe der Mani- 
pulationen und besonders beim Verbringen männ- 
licher Exemplare von einer FlOssigkeit in die 
andere, sich zurClckbiegt und den Leib mit 
seinen feinen Windungen umschlingt, doch habe 
• ich dies bei frisch aus den Knoten entwickelten, 
mit Weibchen zusammenlebenden männlichen 
Exemplaren gar nie bemerken können, sondern das 
Schwanzende imm«r in der schon beschriebenen 
und den natflrlichen Verhältnissen wohl auch 
mehr entsprechenden Lagerungsweise angetroffen. 
In den meisten Fällen sind abrigens die 
Spiraltouren des männlichen Schwanzendes so 
eng aneinander geschlossen und zeichnen sich 
durch eine solche Starrheit aus, daß dem 
männlichen Schwanzende dadurch ein nicht zu 
verkennendes, charakteristisches Aussehen ver- 
liehen wird und ein Zurfickbiegen desselben und 
Umschlingen des eigenen Leibes vollstMndig un- 
möglich erscheint 

Von Maller wird Filaria terebra als 
Ursache der Wurmknoten bezeichnet. Er 
berechnet nach Größe und Gewicht dieses 
Parasiten den Inhalt der Knoten auf durch- 
schnittlich 425 Exemplare. Daß diese Be- 
rechnung irrt, dürfte aus vorstehenden 
Ermittlungen hervorgehen, bei denen der 
Inhalt der Wurmknoten einwandfrei 
nachgewiesen wurde. 

Was die Diagnose des Parasiten 
anlangt, so hat Wedl, als er Filaria 
flexuosa als besondere Spezies aufstellte, 
erschöpfend auf die Unterschiede hinge- 
wiesen, die die Filaria flexuosa als be- 
sondere Art neben der Filaria terebra 
rechtfertigen. Wesentlich ist, daß Filaria 
flexuosa unbewafihete Mundwerkzeuge be- 
sitzt, während Filaria terebra nach Die- 
sing mit 4 Häkchen ausgestattet ist. 
Auch Diesing,'**) der der Filaria cervina 
den systematischen Namen Filaria terebra 
gegeben hat, filhrt Filaria flexuosa neben 
Filaria terebra in seiner Revision der 
Nematoden besonders auf, und Forscher 
wie Molin und von Linstow haben 
Filaria flexuosa als artverschieden von 
Filaria terebra anerkannt. Ich will des- 
halb auf die zoologische Differential- 
diagnose nicht weiter eingehen, weil ich 



annehme, daß Mttller auch nicht beab- 
sichtigt hat, Filaria terebra und Filaria 
flexuosa zu identifizieren, und ihm nur 
die einschlägige zoologische Literatur 
nicht zugängig war. 

Das Ergebnis meiner Untersuchungen 
fasse ich dahin zusammen: 

1. Die W^urmknoten in der Unterhaut 
des Hirsches werden durch Filaria 
flexuosa (Wedl) und nicht durch 
Filaria terebra (Die sing) verursacht. 

2. Lieblingssitze der Parasiten sind 
die Gegend der Kruppe und des 
Rttckens der Tiere. 

3. Die Knoten beherbergen gewöhnlich 
beide Geschlechter des Fadenwurmes 
in je einem oder mehreren Exemplaren 
(2—4 Männchen und 1—3 Weibchen). 

4. Mit weniger Regelmäßigkeit finden 
sich auch einzelne Männchen ge- 
wöhnlich ohne Reaktion des Gewebes 
neben den Knoten, auf oder unter 
denselben vielfach gewunden im 
lockeren Bindegewebe gelagert. 

5. Die weibliche Filarie erreicht die 
ungewöhnliche Länge von fast einem 
Meter (60—90 cm) bei einer größten 
Breite von 0,33—0,52 mm, der männ- 
liche Fadenwurm nur eine Länge bis 
zu 8 cm bei einer größten Breite 
von 0,24 mm. 

Literatur-Verzeichnis: 

1. Wedl, Vortrag aber einige Nematoden in den 
Sitzungsberichten der Math.-naturwissenschaftl. 
Klasse der Kaiserl. Akademie der Wissen- 
schaften, Wien, Band XIX, Jahrgang 1856, 
Seite 122—126. 

2. M 1 i n , Versuch einer Monographie der Filarien 
in den Sitzungsberichten der Math.-natur- 
wissenschaftl. Klasse der Kaiserl. Akademie 
der Wissenschaften, Wien, Bd. 28, Jahrg. 1858, 
S. 386-387. 

3. Diesing, Denkschrift der K. Akademie der 
Wissenschaften VIII, S. 18. 

4. Diesing, Syst. Helminth. II, S. 274. 

5. Dujardin, Hist. nat des helminths. 49. 

6. V. Linstow, Compendium der Helminthologie 
1878, S. 54. 

7. y. Linstow, Jahresberichte des Vereins fflr 
vaterländische Naturkunde in Wttrttbg. 1879, 
S. 328. __^__^ 



121 — 



(AuB dem bakteriologischen Laboratorium des 

landwirtschaftlichen Instituts der Universität 

Leipzig.) 

Bakteriologische Untereuchungen einiger 
TrodcenmilchprSparate. 

Von 

Dr. Franz PraobfeM, 

ÄMistent an der agriknltur-botanlseheii Vertuchsitation der 
land Wirts ebaftUchen Akademie in Tabor (Böhmen). 

Während die Zahl derjenigen Unter- 
sQcbangen nicht gering ist, die darauf 
gerichtet waren, den Eeimgehalt frischer 
Milch zn ermitteln, ist nur erst sehr 
wenig über die bakteriologische Be- 
schaffenheit von Trockenmilchpräpa- 
raten bekannt. 

G. Grosso*) veröffentlichte kürzlich 
die Ergebnisse einiger in dieser Hinsicht 
unter Benutzung einer nach dem Just- 
Hatmakerschen Verfahren gewonnenen 
Trockenmilchausgeffihrten Versuche. Nach- 
stehend seien die Befunde einiger Unter- 
suchungen mitgeteilt, die unter Ver- 
wendungvon sechs Trockenmilchpräparaten 
erlangt wurden. 

Zwei von diesen Präparaten Nr. I 
und II hatten vor der Trocknung keinen 
besonderen Zusatz erhalten, bei der 
Herstellung von Probe HI waren auf je 
100 1 Müch 90 g CaO, bei Probe IV 
1000 ccm HjOj, bei Probe V 90 g 
CaO + 1000 ccm HjOj zugegeben; Probe 
VI stellt das unter der Bezeichnung 
„Holländische Säuglingsnahrung^' bekannte 
Material dar. Probe I wurde bei einem 
in einer Prager Molkerei ausgeführten 
Versuch über Trockenmilchherstellung ge- 
wonnen, Probe II bis VI verdanke ich 
der Freundlichkeit des Herrn Ritterguts- 
pächters Töpfer in Groß-Zschocher bei 
Leipzig. 

Unteraucliungsverrahren : Um eine 
der urspränglichen Milch ungefähr ent- 
sprechende Lösung zu erhalten, waren 
von Probe I bis V 140 g Substanz 



*) 6. Grosso, Diese Zeitschrift 1907, Heft 9, 
S. 312-315. 



in 1 1 Wasser zu verteilen. Von der 
„Holländischen Säuglingsnahrung'' (Probe 
VI) sind gemäß der beigegebenen Vor- 
schrift 200 g pro Liter zu verwenden. 
Zwecks Erreichung möglichst vollständiger 
Lösung wurden die Mischungen 45 Minuten 
im 40^ C warmen Wasserbade gehalten. 
Von den so gewonnenen Milchsorten 
wurden unter Benutzung sterilisierten 
Wassers zwei Verdünnungen 1 : 100 und 
1 ; 1000 angelegt. Je 1 ccm der be- 
treffenden Aufschwemmung wurde mittels 
sterilisierter Pipette in die Petrischale 
gebracht und dazu die geschmolzene 
Fleischgelatine oder das Fleischagar ge- 
geben. Durch Hin- und Herbewegen der 
Schale wurde grflndliche Mischung erzielt. 

Diesem Verfahren ist m. E. der Vorzug 
zn geben vor dem sonst ziemlich üblichen, 
auch von G. Grosso befolgten, das darin 
besteht, daß man das Impfinaterial zu- 
nächst in das Gelatine- oder Agarröhrchen 
einträgt und von da aus in die Schale 
bringt. Hierbei ist es unvermeidlich, daß 
Keime im Reagenzglas zurückbleiben. 

Die Agai^ßkulturen wurden vier Tage 
bei 37 ^ die Gelatinekulturen elf Tage bei 
20^im Thermostaten gehalten. Eine so lange 
Beobachtungszeit ist entschieden nötig, 
wenn man möglichst alle Keime ermitteln 
will. Sind die Agarplatten nicht zu dicht 
besät, so bleiben die Kolonien (in den 
umgekehrt aufbewahrten Schalen) inner- 
halb der angegebenen Zeit recht gut 
isoliert. Auf der Gelatineplatte müssen 
naturgemäß die verflüssigenden Keime 
und die Schimmelpilze (nach der Ab- 
impfung) durch Betupfen mit AgN03 
an der weiteren Entwicklung verhindert 
werden.*) 

Keimzalilen. Für den Keimgehalt der 
sechs Trockenmilchproben ergaben sich 
mit Hilfe des beschriebenen Verfahrens 
folgende Werte (pro 1 g Trockenmilch): 



*) Vgl. H ihn er und Stornier, Arbeit, aus 
der biolog. Abt des Kaiserl. Gesundheitsamts. 
Bd, III, S. 449. 



— 122 — 





Gelatine 


Agar 




20" 


370 


Pirobe I ohne Zusatz . . 


4Ö71 


7 450 


n n , ... 


12143 


21700 


„ ra mit CaO ... 


19714 


32857 


.. IV . H,0, . . . 


12 857 


6 857 


„ V CaO + HA . . 


68 928 


40 714 


„ VI Holländische 






Sänglingsnahrnng 


18000 


9150 



Aus diesen Zahlen geht hervor, daß der 
Keimgehalt durchweg nicht unbedeutend 
war. Derjenige von Probe I entspricht 
ungefähr dem von G. Grosso ermittelten, 
T^ährend die übrigen Werte diesen recht 
beträchtlich übertreffen. Auffallend er- 
scheint es, daß auch die mit H^Os be- 
handelte Milch so hohe Zahlen lieferte. 
Aus den nachstehend mitgeteilten Be- 
funden hinsichtlich der Art der vor- 
handenen Keime ist indessen zu ent- 
tiehmen, daß es sich hierbei augenschein- 
lich vorwiegend um nachträgliche In- 
fektion mit Lufbkeimen n. a. handelte. 

Arten der vorhandenen Mikroorganismen. 
Von sämtlichen verschieden erscheinen- 
den Kolonien wurden Abimpfungen vor- 
genommen, die weiterhin nach erfolgter 
Reinigung durch wiederholtes Platten- 
gießen hinsichtlich ihrer morphologischen 
und kulturellen Eigenschaften eingehend 
geprüft wurden. Ich erhielt folgende 
Arten: 

Ans Probe I: a) von Fleisch- 
gelatine neben zwei (nicht näher unter- 
suchten) jedenfalls der Luft entstammen- 
den Schimmelpilzen, einer Rosahefe 
(wahrscheinlich gleicher Herkunft) und 
^inem Actinomyces chromogenes ß 
alba Gasperini, ftinf Stämme von Bac. 
subtilis Cohn, drei Stämme von Bac. 
sphaericus Meyer et Neide, je einen 
Stamm von Bac. helvolum (Zimmer- 
mann) Lehm. etNeum., Streptococcus 
lactis innocuus Löhnis und Micro- 
coccus sulfureus Zimmermann. 

Von den fttnf Subtilis -Stämmen 
zeigte einer durchaus die typischen Eigen- 
schafben. Zwei wichen durch fehlende 



Häutchenbildung auf der verflüssigten 
Gelatine von der Grundform ab, bei dem 
einen von ihnen blieb die Venflüssigung 
trichterförmig. Der vierte Stamm ähnelte 
in seiner Kolonieform dem Bac. mycoides*), 
während der fünfte durch lochförmige 
Verflüssigung ausgezeichnet war. 

Die drei Stämme des gleichfalls in 
der Natur sehr verbreiteten Bac. sphae- 
ricus stimmen bis auf folgende Differenzen 
mit der bei Lehmann und Neumann**) 
wiedergegebenen Beschreibung überein: 
Stamm I ähnelt in der Agarstrichkultnr 
dem Bac. mesentericus vulgatns 
Flügge, für Stamm II gilt das gleiche 
für die Kartoffelkultur, für Stamm HI 
sowohl fär Agarstrich- wie Kartoffelkultiu:. 

Das isolierte Bacterium helvolum 
zeigte ein den Angaben von Lehmann 
und Neu mann***) entsprechendes Ver- 
halten. Während diese Art die Milch 
koaguliert, bleibt Micro coccus sulfu- 
reusf) sowie Streptococcus lactis in- 
nocuus ff) auf diese lohne Einwirkung, 
b) vom Fleischagarfff) wurde isoliert 
je ein Stamm von Bacillus teres Meyer 
et Neide, Bacterium lactis saponacei 
Weigmann et Zirn und von Micro- 
coccus Intens Lehm, et Neum. Ihr 
Verhalten entsprach dem von Lehmann 
und Neumann beobachteten. Während 
Bac. teres ebenso wie Snbtilis und 
sphaericus die Milch nach voraufge- 
gangener Koagulierung peptonisiert, er- 
teilt ihr Bact. lactis saponacei einen 
seifigen, laugenartigen Geschmack; Micro- 
coccus Intens bringt sie bei saurer 
Reaktion zum Gerinnen. 



*) Vgl. Lehmann und Neumann, Atlas, 

4. Aufl., Tab. 45, VH. 

**) Ebenda Bd. U, 4. Aufl., S. 414. 

***) Ebenda, S. 353. 

t) Vg^. Lehmann und Neumann a. a. 0. 

5. 235. 

tt) Vgl. Löhnis, Zentralbl. f. Bakt. Abt. 2, 
Bd. XVIII, S. 129. 

ttt) Vom Fleisohagar sind stets nur die 
Arten besonders aufgeführt, die auf der Gelatine- 
platte nicht zur Beobachtung kamen. 



— 123 — 



Ans Probe IL a) von Fleisch« 
gelatine: zwei Stämme von Bac. snb- 
tilis Cohu, der eine typisch, der andere 
mit Mycoides ähnlicher Kolonie (vgl. 
Probe I), ein Stamm von Bac. sphaericns 
Meyer et Neide, dnrch kurze Form der 
Aosläafer, fehlende Gelatineverflüssigung 
and mangelnde Einwirkung auf Milch 
von der Grundform abweichend, eine inter- 
essante Übergangsform von Bac.vulgatus 
(Flügge) Lehm, et Neum. zu Bac. me- 
sentericus ruber Globig, die nach der 
Beweglichkeit und dem Wachstum auf 
Agar, Bouillon sowie Milch der erst- 
genannten Art angehört, das Wachstum 
auf Kartoffel sowie relativ hohes Wärme- 
bedfirfnis (gute Entwicklung nuibeiS?^) 
nähert sie der zweiten Art. Außerdem 
fand sich je ein Stamm von Bac. Intens 
W. Smith et Baker'*'), dessen an sich 
schwaches Gelatineverflfissigungsvermögen 
vollständig verschwunden war, von Bact. 
fulvum (Zimmermann) Lehm, et Neu- 
mann und Streptococcus lactis innoc- 
cuus Löhnis. Abgesehen von dem iso- 
lierten Sphaericns -Stamm sowie von 
der zuletzt aufgef&hrten Art^ wirken 
sämtliche aus dieser Milchprobe aus Gela- 
tine isolierten Bakterien auf Milch in der 
Weise ein, daß sie dieselbe nach vorauf- 
gegangener Koagulierung peptonisieren. 

b) Von Fleischagar: je ein Stamm 
Bac. teres Meyer et Neide, Bac. 
osterosporus (A. Meyer) Mignla, 
Bact. erythrogenes (Grotenfelt) 
Lehm, et Neum., Microc. pyogenes 
7 albus (Bosenbach) Lehmann et 
Neumann und Micrococcus sulfu- 
reus ß tardigradus (Flagge) Lehm, 
et Neum. Sämtliche Stämme entsprechen 
in ihrem Verhalten den von Lehmann 
und Neumann als typisch beschriebenen. 
Die beiden Bazillenarten sowie Bact. 
erythrogenes wirken koagulierend und 
peptonisierend auf die Milch ein, Microc. 
pyogenes koaguliert bei saurer Reaktion, 

*) Smith and Baker, Zentralbl. f- Bakt 
Abt. 1, Bd. IV, 8. 788. 



Microc. sulf Ureas ß tardigradus bleibt 
ohne derartige Einwirkung. 

Aus Probe IIL a) von Fleisch- 
gelatine: Von sporenbildenden Arten 
wiederum Bac. subtilis Cohn, Bac. 
sphaericns Meyer et Neide, Bac. In- 
tens W. Smith et Baker, außerdem 
Bac. parvus Meyer et Neide und Bac. 
mesentericus (Flügge) Lehm.et Neum. 
Femer die sporenfreien Arten Bact. vul- 
gare (Hauser) Lehm, et Neum. in einer 
schwach verflüssigenden, Milch nicht mehr 
koagulierenden Form, Bact. alcaligenes 
(Petruschky) Lehm, et Neum. — neben 
einer typischen Form wurde ein stark 
schleimbUdender Stamm isoliert*)—, femer 
ein Stamm mit den bisher selten beob- 
achteten Eigenschaften eines gelatine- 
verflttssigenden Bact. pneumoniae 
(Friedländer**), ein typischerStrepto- 
coccus acidi lactici Grotenfelt, 
Streptococcus lactis innocuus Löh- 
nis, ein Microc. pyogenes 7 albus 
(Bosenbach) Lehm, et Neum., der 
speziell dem „verflfissigenden Coccusf^ 
Freudenreichs***) ausKäse sehr ähnlich 
war, weiter Micrococcus pyogenes ß 
citreus (Passet) Lehm, et Neum. und 
Microc. rosettaceus Zimmermann. 

b) Von Fleischagar: Je ein Stamm 
von Bacterium punctatum (Zimmer- 
mann), Lehm, et Neum., der durch 
fehlende Gasbildung von der Gmndform 
abweicht, und ein Bact. ochräceum 
(Zimmermann) Lehm, et Neum. mit 
durchaus typischem Verhalten. 

Aus Probe IV. a) von Fleisch- 
gelatine: Neben den auch in den soeben 
besprochenen Milchproben angetroffenen 



*) Efl handelt sich hierbei offenbar um ana- 
loge ErBcheinongen, wie sie in der Gmppe des 
Bacterium pneumoniae Friedländer wiederholt 
beobachtet wurden; vgl. Löhnis, 1. c. S. 119, 
122. 

♦♦) Löhnis, 1. c. S. 121. 
***) Freudenreich und Thöni, Zentralbl. i. 
Bakt, Abt 2, Band X, S. 844, Typus IV, 
VMetät b. 



— 124 — 



typischen Formen des Streptococcus 
acidi lactici Grotenfelt, Strepto- 
coccus lactis innocuus Löhnis, 
Micrococcus pyogenes /Scitreus und 
/albus, Micrococcus luteus und sul- 
fureus, wurde ein typischer Micro- 
coccus candicans Flfigge, eine dem 
Micrococcus lactis acidi Marpmann*) 
sehr ähnliche Form, sowie ein Strepto- 
coccus lactis innocuus Löhnis iso- 
liert, der sich dadurch auszeichnete, daß 
der (sehr spärliche) Agarstrichbelag zi- 
tronengelbe Farbe zeigte. Es handelt 
sich hier augenscheinlich um interessante 
nicht pathogene Parallelformen zu manchen 
pigmentbildenden Stämmen von Strepto- 
coccus pyogenes. 

b) Von Fleischagar: Bacillus lu- 
teus W. Smith et Baker. 

Aus Probe V. a) Von Fleisch- 
gelatine: Eine sporenbildende Form, 
Bacillus ruminatus Meyer et Gott- 
heil, von der bei Lehmann und Neu- 
mann (1. c. P. 416) wiedergegebenen Be- 
schreibung durch schwache Gelatine- 
verflässigung und Bildung eines reich- 
lichen flockig-schleimigen Sediments in 
Bouillon abweichend. Femer überein- 
stimmend mit den anderen Proben: 
Streptococcus acidi lactici, Strepto- 
coccus lactis innocuus, Micrococcus 
pyogenes o aureus, ß citreus und 
7 albus, Micrococcus rosettaceus, 
candicans und sulfureus ß tardi- 
gradus. Von Micrococcus pyogenes 
wurden neben den typischen Formen, die 
Milch bei saurer Reaktion rasch koagu- 
lieren, auch verschiedene atypische Formen 
gewonnen, die auf Milch mehr oder minder 
kräftig peptonisierend einwirkten. Von 
Micrococcus sulfureus wurde auch 
eine forma depauperata isoliert, ausge- 
zeichnet durch sehr geringe Größe (0,2 bis 
0,3 ii)\ durch sehr schwaches Ver- 
flüssigungsvermögen ist sie als Über- 



*) Marpmann, Erg.-Hefte d. ZentralbL für 
allg. Gesundheitspflege. Bd. II, Heft % S. Id2. 



gangsform zu Micrococcus ilävus 
(Flügge) Lehm, et Neum. charakteri- 
siert. 

b) Vom Fleischagar: Bacillus 
lactis innocuus Wilde. 

Aus Probe VL a) Von Fleisch- 
gelatine: Ebenfalls zunächst typische 
Stämme von Streptococcus acidi lac- 
tici, Streptococcus lactis innocuus, 
Micrococcus pyogenes ß citreus, 
Micrococcus rosettaceus, Micro- 
coccus candicans, femer (wie in 
Probe IV) zwei gelb wachsen de sowie 
ein auf Kartoffel einen geringen orangen- 
farbigen Belag bildender Stamm von 
Streptococcus lactis innocuus, eine 
dem Micrococcus acidi lactis lique- 
faciens R. Krüger*) entsprechende 
Form, sowie eine Übergangsfoim von 
Micrococcus pyogenes /albus zu 
Micrococcus lactis acidi Marpmann. 

b) Von Fleischagar: lediglich die- 
selben Arten wie auf der Gelatine. 

Über die Häufigkeit, in der die ge- 
nannten Arten in den verschiedenen Milch- 
proben durch die Gelatineplatte er- 
mittelt werden konnten, orientiert nach- 
stehende Übersicht, in der die nächst- 
verwandten Formen stets zusammengefaßt 
wurden. 

Die günstige Einwirkung des vor dem 
Trocknen der Milch zugesetzten Wasser- 
stoffsuperoxydes tritt klar hervor. 
Die Nachteile, die die Verwendung 
dieser Substanz als Konservierungsmittel 
frischer Milch nicht unbedenklich er- 
scheinen lassen, kommen naturgemäß bei 
der Trockenmilch nicht in Frage. Zweifel- 
los werden auf diese Weise aber nicht 
nur die sporenbildenden, (Sondern ebenso 
die etwa vorhandenen pathogenen Keime 
mit Sicherheit unschädlich gemacht. Die 
in derartigem Material noch vorkommen- 
den Streptokokken- und Mikrokokken- 
formen dürften, wenn nicht ausschließlich, 



*) R; Krüger, Zentralbl. f/Bakt. Bd. VII. 
1890 S. 19. 



— 125 — 



1 


Art 


Prozent. Anteil der Kolonien von Probe: 




I 


n 


in 


IV 


V 


VI 


BaeiUQB BubHIiii 


86,84 


11,76 


7,90 











Bphaericns . 














10,53 


35,80 


5,26 


— 


— 


— 


, Tidgatos . 














— 


5,88 


— 


— 


— 


— 


„ lateas . . 














— 


5,88 


2,63 


— 


— 


— 


parvus . . . 














— 


— 


2,63 





— 


-— 


„ mesenterieus 














— 


— 


2,63 


— 


— 


— 


y, . raminatuB . . 














— 


— 


— 


— 


1,25 


— 


Bacterium helvolam 














5,26 


— 


—. 


— 


— 


— 


9 falvam . 














— 


5,68 


— 


— ■ 


— 


— 


vulgare . 














— 


— 


5,26 


— 


^__ 


— 


n alcaligenes 














1 


54» 


— 


— 


— 


9 pneamoniae 














2,63 


*— 


— 


— 


„ erythrogenes 












— 1 — 


— 


5,26 


— 


— 


StreptococcQB acidi lactioi 










— — 


2,68 


5,26 


2,50 


7,70 


„ lactis innoenus 








15,79 1 35,30 


39,49 


31,59 


83,75 


28,00 


Micrococcas pyogenes aaurena 






^~ j 


— 


— 


5,00 


— 


„ n ß citrens 








5,26 


21,06 


27,50 


19,25 


„ /albus . 






— — 


2,63 


5,26 


6,25 


26,95 


Inteus .... 








— — 


— 


5,26 


— 


— ' 


„ BulfureuB . . 










10,52 — 


— 


10,53 


13,75 


— 


„ rosettaceuB . 










— — 


7,90 


— - 


3,75 


3,85 


„ candicaoB 










__ — 


— 


10,53 


2,50 


3,85 


Actinomyccs chromogeneB 










5,26 ' - 1 - 


— 


— 


3,85 


RoBa-Hefe 


• 1 






5,26 1 - 1 7,89 


— 


1,25 


3.85 


Schimmelpilxe 


. 






10,53 i - ! — 


5,26 


2,50 


7,70 


SO doch vorwiegend auf nachträgliche in größter Mer 


Ige in der Milch, sowie 


Infektion zorückzofähren sein. Es handelt in den Stall- and Molkereiräaraen anzu- 


sich hier durchweg um Formen, ( 


lie stets treffen 


sind. 








Referate. 





Schnppins, R., Die Silehl^akoKyteii- 
probe nach Trommsdorff. 

(ArebiT f. Hyg. 1907, Bd. 6S, 8. 137-146.) 

Bei Untersuchungen von Handelsmilch 
(Mischmilch) nach der von Trommsdorff 
angegebenen Milcheiterprobe war der 
durch das Zentrifngieren erhaltene Boden- 
satz nicht gelblich, wie Tr. fand, sondern 
graugrfin, bestand zur Hälfte aus Fett 
und enthielt daneben sehr viele fremd- 
artige Bestandteile, wie Kuhkot, Haare, 
Baumwollfaserh und eine große Anzahl 
der verschiedensten Bakterien, dagegen 
nur sehr vereinzelte Leukozyten. Auch 
Milch von einzelnen Kühen, unmittelbar 
nach der vorschriftsmäßigen Probe- 
entnahme kentrifugiert, wies im Boden- 
satz einen sehr hohen Fettgehalt auf. 
Die in diesen Proben gefundenen Leuko- 



zyten waren außerdem vorwiegend solche 
mit eosinophilen Granulationen, deuteten 
also nicht auf eine Eiterung hin. Endlich 
ist, wie Verf. hervorhebt, die Graduierung 
der von Tr. angegebenen, im Handel 
erhältlichen Zentrifugenröhrchen nicht 
genau. Stadie, 

Roasseau, Über die Sterilisierimg der 
Mileh dureli Wasserstoffperoxyd. 

(Nach olncm Referate von Kaufhiann in der Mllchseiiang, 
36. Jahrgang, Nr. 82.) 

Da die Verauche, die Milch durch 
Wasserstoffperoxyd zu sterilisieren (das 
sog. Buddisieren) in Dänemark angeblich 
zu sehr guten Ergebnissen geführt 
haben, stellte Verfasser im Jahre 1905 
Versuche mit Milch aus dem Orbec-Tale 
in der Normandie an und gelangte zu 
dem Schlüsse, daß die Buddisierong nicht 



— 126 - 



1 



allgemein die positiven und sicheren Re- 
sultate lieferte, die die Methode von 
Pasteur und Ronx ergibt. Simon. 



Rechtsprechung. 

— Mehlzusatz zu Wurst betrefTend. 

Das OberlaDdeBgericht zu Frankfurt a./M. be- 
stätigte ein Urteil der dortigen Strafkammer, 
wonach Wurst nur aus tierischen Bestand- 
teilen bestehen soll, und jeder Mehlzusatz, auch 
ein solcher von 1 Proz., alsVerfälschung aufzufassen 
sei. Die Frankfurter Metzgerinnung hatte 1885 
mit Zustimmung der Polizeibehörde eine Bekannt- 
machung erlassen, wonach ein Mehlzusatz bis 
zu 2V2 Proz. statthaft sei. 

— Die Befkignis der Sohlaohthoflelter zur Auf- 
rechterhaltung dar Ordnung auf den SohlachtbSfen. 

Entscheidung des Kgl. Preußischen 
Oberverwaltungsgerichts. 

In der Beleidigungsklage des Fleischer- 
meisters D. in B. wider den Schlachthofdirektor 
M. in E. hat das Kgl. Preußische Oberverwaltungs- 
gericht, nach der „Allg.Fleisch.-Ztg.^, den von der 
zuständigen Kgl. Regierung erhobenen Kompetenz- 
konflikt fttr begründet erklärt. In dem Antrag 
der Kgl. Regierung wurde nach der genannten 
Quelle u. a. ausgeführt, M. sei als Schlachthof- 
direktor befugt und verpflichtet, während der 
Betriebszeit die Ordnung aufrecht zu erhalten 
und Personen hinauszuweisen, die nach seiner 
Ansicht die Ordnung stören. Da Meister D. sich 
der Anordnung des Schlachthofdirektors nicht 
ohne weiteres fügte, sei er auf Weisung des 
Schlachthofdirektors durch einen Polizeibeamten 
hinausgeführt worden. Der Schlachthofdirektor 
habe sich in Ausübung amtlicher Tätigkeit be- 
funden, als er seine Anordnungen erließ, 
und habe seine amtlichen Befugnisse nicht über- 
schritten. Der Schlachthofdirektor sei befugt, 
Personen aus dem Schlachthause auszuweisen. 
Er habe auch das, was er anordnete, für geboten 
erachtet Ein etwaiger Irrtum müsse als ent- 
schuldbar angesehen werden. Wörtlich oder 
tätlich habe der Schlachthofdirektor aber den D. 
nicht beleidigt; hierzu wäre der Schlachthof- 
direktor auch nicht berechtigt gewesen. Die 
Voraussetzungen für die Erhebung des Konflikts 
gemäß dem Gesetze vom 13. Februar 1854 seien 
mithin gegeben. 

Amtliches. 

— Königreich Preußen. Hellteruni gegen den 
Botnifsniu«. Erlaß des Ministers der usw. Medizinal- 
angelegenheiten -M. Nr. 14 362 vom9.November 
1907 an sämtliche Herren Begierungspräsidenten. 

Es ist dem Abteilungsvorsteher im Institut 
für Infektionskrai^eiten, Geheimen Medizinal' 



rat Prof. Dr. Wassermann gelungen, ein Heil- 
serum gegen den Botulisif^us zu gewinnen, welches 
zwecks Anwendung bei Fällen von Botulismas 
in dem genannten Institut — hier Nr. 39, Nord- 
ufer- Föhreratraße -r bereitgehalten wird und von 
demselben erbeten werden kann. 

Ew. Hochwohlgeboren . benachrichtige ich 
hiervon ergebenst zur geeignet erscheinenden 
weiteren Veranlassung. 

— Königreich Sachten. Verordnung zur Aus- 
fOhrung dea Schiaohtviehvercicberungsgetetzes vtn 

2. Juni 1898 24. Aprii 1906, vom 12. Augast 1907.*) 

(Bestimmt ein vereinfachtes Verfahren, sofern 
der Besitzer auf. die Schätzung durch den Orts- 
schätzungsausBchnß verzichtet.) 

— Württemberg. EriaB des Kgl. Mtaletertams 
des innern, betr. den Vollzug doo Roichogooetzeo 
Ober die Schlachtvieh- und FMoobbaochtu vom 

3. Juni 1900, vom 8. August 1907.'*') 

(Benennung der Gutachter und Obergutacbter 
in Fleischbeschaufragen.) 

— Meclüenburg-Scbwerln. Bekanntmachung, betr. 
den Nachwels der Untersuchung auf Trichinen, vom 
24. September 1907.**) 

(Betrifft den Beitritt zu der Trichinenschau- 
gemeinschaft der norddeutschen Bundesstaaten.) 

— Mecklenburg-Schwerin. Bekanntmachung, botr. 
die fachminnioche Vorbildung der Probeentnohmer bei 
der Trichinenschau, vom 25. September 1907.**) 

(Ordnet an, daß als Probeentnehmer, die in 
Mecklenburg-Schwerin auch fär das platte Land 
vorgesehen sind, nach Möglichkeit nur fachmän- 
nisch vorgebildete Personen angestellt werden.) 

— PreuBon. Verfiigung, betr. Nacbweio der 
Untersuchung von Schwelnefleioch auf Trichinen, 
vom 30. September 1907.***) 

— Sachsen-Weimar. Nachtrag zur Minioterlai- 
verordnung vom 25. Seiitembor 1906 und zur Auo- 
fiihrungoverordttung, betr. Schlachtvieh- und Floiooh- 
beochau vom 31. üärz 1903, vom 30. September 
1907.t) 

— ReuB t. L Bokannimaohung, betr. den Boh 
tritt der GroßherzogtOmor Mecklenburg zu dem nach 
der Regierungoverordnung vom 27. November 1906 
gebildeten Trichinenochauhezirk, vom 7. November 

1907.tt) 

(Die drei vorstehenden Verordnungen be- 
treffen die Einbeziehung von Mecklenburg- 
Schwerin und Mecklenburg - Strelitz in die 
Trichinenschaugemeinschaft.) 

— ReuB a. L Gesetz, betr. Abänderung den 
Gesetzes vom 10. März 1903 Bber die BITentlicbe 
Schiachtviohverolcherung vom 10. April 1907.tt) 

*) Wortlaut in den Veröffentlichungen des 
Kaiseriichen Gesundheitsamts 1907, Nr. 47. 
♦*) Ebenda, Nr. 44. ***) Ebenda, Nr. 48. 
t) Ebenda, Nr. 46. tt) Ebenda, Nr. 51. 



— 127 — 



Tersaminliingsberichte. 

— 31. VersaMHliuio des VerslM der Sctilaoht- 
Iwftterinte der Rheinprevlnz am 17. November d. Jb. 
im Gürzenieh zu KOln. 

Anwesend waren die Hitglieder: Acker- 
mann -Ohligs, Dr. Bettendorf -Uerdingen, 
Bo ckelmann- Aachen, BoUinger-Eupen^Bre- 
beck-Bonn, Bncbem-KOln, Dr. Bützler-Trieri 
Clansen-Hagen, Dr. Cleviach-Köln, Dr. Da- 
vids-Mfllheim (Rhein), fihrhardt-Essen, tho 
6empt-DflB8eldbrf,Haffner-Düren,Heckmann- 
Crefeld,Heinen-Homberg,Hintzen-E8chweiler, 
Elein-Lennep, Knörchen-Werden, Erings- 
Kalk, L evy Brüh], Lohbeck-Duisburg-Meiderich, 
Yeterinärrat Dr. Lothes-KOln, Li) foke- Honnef, 
LütkefeU-Emmerich, Mucha-Hambom, Mül- 
farth-Jülich,NienB-0berhauBen,Plath-Vier8en, 
Qaandt-M.-Gladbach,Qaandt-Bhe7dt,Rehmet- 
Köln, Dr. Rub che -Köln, Schache-AltenesBen, 
Dr. S c h e e r B - Siegbnrg, Schenk- DflBBeldorf , 
Sehilling^Barmen, Schweitzer-Linz, Span- 
genberg*RemBcheid, Stier-Wesel, Dr. Tiede- 
Köln, Tie mann -Siegen, Ullrich-Mttnster, Ut- 
hoff- Coblenz, Wetzmüller- Mülheim (Rnhr), 
W o c k e n -Andernach und Zell -Kreuznach, sowie 
als Gäste: Becker -Viersen, Berendes- 
Rheydt,Dr.D'heil-Neu6, Kreist! erarzt Franke- 
Köln, £ il er t- Iserlohn, Kreistierarzt Grupe- 
Malmedy, Rüdin ger- Aachen und Dr. Voirin- 
Elberfeld. 

1. Der Vorsitzende Brebeck eröffnet um 
11 Vi Uhr vormittags die Sitzung und begrüßt 
die zahlreich erschienenen Mitglieder und Gäste 
in herzlicher Weise. Mehrere eingelaufene 
Schreiben werden verlesen, darunter eines vom 
Provinzial-Verein von Schleswig-Holstein, der 
ersucht, von seinen Ausführungen, betr. die 
Milchkontrolle, Kenntnis zu nehmen. Auf eine 
Anregung des Vorstandes hin wird der Beschluß 
gefaßt, zu den Vereinsversammlungen Ein- 
laduDgen ergehen zu lassen an den Herrn 
Regierungs-Präsidenten sowie an die Verwaltung 
derjenigen Stadt, in der der Verein seine Sitzung 
abhält; ein entsprechender Antrag von Plath 
wird angenommen. Der Schriftführer bringt zur 
Kenntnis, daß die Eingabe des Vereins, betr. 
anderweitige Regelung der Anstellungs- und 
Besoldungsverhältnisse, dem Herrn Oberpräsi- 
denten und den Herren Regierungs-Präsidenten 
übersandt worden ist; auch ist dieselbe den 
Bürgermeisterämtern der Rheinprovinz zu- 
gegangen, die Schlachthöfe besitzen. 

Folgende Herren werden in den Verein neu 
aufgenommen: Berendes-Rheydt, Döpke- 
Crefeld, Dr. D'beil-Neuß, Rüdinger- Aachen 
imd Dr. V o i r i n - Elberf eld. Die Mitglieder B o r - 



mann und Marcus sind wegen Wegzugs auff 
dem Verein ausgeschieden. 

2. Kassenbericht Nach Mitteilung des 
Kassierers Hintzen betrug der Barbestand 
nach der Sitzung vom 25. November 1906 
M. 249,44. Hierzu kommen Beiträge und Ein- 
trittsgelder 206, Zinsen der Einlage bei der 
Sparkasse 4,65, zusammen M. 460,09. Die Aus- 
gaben betragen M. 172,33, so daß ein Bestand 
von M. 287,76 verbleibt, wovon M. 281,44 bei 
der Eschweiler Bank hinterlegt sind, während 
der Rest zur Deckung der laufenden Ausgaben 
verwendet wird. Der Verein zählt zuzüglich 
der heute neu eingetretenen Kollegen 105 Mit- 
glieder, darunter 3 Ehrenmitglieder. Qu and t- 
Rheydt und Stier- Wesel werden zu Kassen- 
prüfern gewählt; nachdem sie die Rechnung ge- 
prüft und richtig befunden hatten, wird dem 
Kassierer unter dem Danke der Versammlung 
Entlastung erteilt. 

3. Die Neuwahl des Vorstandes wird auf 
den Antrag von Heckmann durch Akkla- 
mation vorgenommen und der Vorstand wieder- 
gewählt. 

4. Darauf berichtet Bockelmann über 
den XrV. Internationalen Kongreß für Hygiene 
und Demographie und die im Anschluß daran be- 
Bichtigte Seegefelder Mastanstalt Der Bericht 
bietet in allen Teilen so viel Interessantes, daß 
er in dieser Zeitschrift im Wortlaute veröffent- 
licht wird. 

Die an den Vortrag sich anschließende, 
rege Diskussion zeigte, ein wie großes Interesse 
aus der Versammlung heraus allen Fragen der 
modernen Hygiene entgegengebracht wird. 
Heckmann fragt an, ob auch anderwärts auf 
Schlachthöfen Schweinemästung mit Speiseresten 
und sonstigen billigen Futterstoffen betrieben 
werde, da die Stadtverwaltung zu Grefeld sich 
für diese Angelegenheit interessiere. Nach 
Bo ekel mann sind derartige Versuche, außer 
einem solchen mit 6 Schweinen auf dem Schlacht- 
hofe zu Aachen, noch nicht gemacht worden. 

5. Wegen der vorgerückten Zeit wird der 
Vortrag über die Beurteilung der tuberkulösen 
Schlachttiere nach den neuen gesetzlichen Be- 
stimmungen bis zur nächsten Sitzung verschoben, 
und es folgen 

6. Die Demonstrationen zur Frage des AKere 
des Federwildee. Dr. Clevisch hat zu diesem 
Zwecke folgende Objekte aufgestellt: Auer- 
hahn, Birkhahn, Birkhenne, Schneehuhn, Krick- 
ente und Fasan, älteres und jüngeres Exemplar. 
Die Frage der Altersbestimmung ist in der 
deutschen Literatur äußerst dürftig behandelt, 
und auch dfe fremdsprachliebe gibt nur. wenig 



— 128 — 



Anskanft darfiber. Da ich selbst fiber grofie 
Vogelbalgsammlongen verfüge nnd jährlich 
eine grofie Anzahl präpariere, werde ich in 
Zukunft bei meiner Sammlertätigkeit eingehend 
auf die Alterskennzeichen achten und meine Be- 
obachtungen dann später ausführlich mitteilen. 
Wahrscheinlich aber sind viele Kennmale, die 
wohl für die Altersbestimmung bei dem zahmen 
Geflügel mafigebend sein mögen, nicht für die Be- 
urteilung des Alters beim Federwild zu verwerten. 

Das beste Kennzeichen, das allerdings nur 
dem speziellen Vogelkenner, dem Omithologen, 
zur Verfügung steht, ist die Betrachtung der 
Farbe und Pracht des Federkleides. 
Namentlich zeichnen sich alte Männchen durch 
besondere Pracht aus, während junge Männehen 
wiederum noch Anklänge im Farbenton zeigen, 
die an die Färbung der Weibchen erinnern. Die 
erste Handschwinge gibt zuverlässigen An- 
halt für die Altersbestimmung bei Beb-, Hasel-» 
Stein-, Rot-, Schnee-, Perl-, Trut-, Auer- und 
Birkhühnern, und zwar ist die erste Handschwinge 
(= erste Schwungfeder) bei jungen Exemplaren 
an der Federfahne spitz, bei alten Tieren mehr 
oder weniger abgerundet. Zur Beurteilung bei 
Fasanen kann aber die Beschaffenheit der ersten 
Handschwinge nicht verwertet werden. 

Häufig entfernen die Wildhändler diese Feder, 
in diesem Falle müssen die anderen Alterskenn- 
zeichen beachtet werden. In der Mauserzeit — 
Juli bis Ende September — kann aber auch 
diese Feder fehlen. Differential -diagnostisch 
kommt dann die allgemeine Beurteilung des Ge- 
fieders, ob das Tier sich im Zustande der Mauser 
befindet, in Betracht. 

Bei Trut-, Auer- und Fasanenhahn ist die 
Beschaffenheit des Sporns zu beachten. 
Junge Tiere haben einen kurzen und stumpfen 
Sporn, alte einen langen Sporn mit scharfer 
Spitze. Die Widerstandsfähigkeit der 
Luftröhrenringe gegen Druck ist bei jungen 
Tieren sehr gering, während die Luftröhrenringe 
bei alten Tieren, besonders bei Wildenten und 
Wildgänsen, gegen Druck sehr widerstandsfähig 
sind. Junge Rebhühner besitzen schmächtigeren 
Körperbau, die Beine sind gelblich; bei jungen 
Männchen ist der rote Brustfleck noch gering 
entwickelt, der Kopf mit grauen Federn bedeckt 
und die erste Handschwinge spitz. Alte Reb- 
hühner haben starken Körperbau, Beine blau-grau 
bis weißlich-grau; alte Männchen haben grofien, 
roten, hufeisenförmigen Brustfleck, Kopffedem 
gelbbraun, die erste Handschwinge mehr oder 
weniger abgerundet. Zu beachten ist aber auch, 
dafi schon im Oktober die jungen Rebhühner 
gelbbraune Kopffedem aufweisen. 

Bei dem Auerhahn ist der Schnabel elfen- 



beinweiß, bei der Auerhenne schwarzbraun; es 
darf also dieser Farbenunterschied des Schnabels 
nicht irrtümlich als Alterskennzeichen gedeutet 
werden. Nach B 1 oh m- Lübeck besitzen alte 
Auer- und Birkhähne ein tieferes Braun in der 
Federfärbung als dies bei jungen Exemplaren 
der Fall ist. Bei alten Exemplaren des Hühner- 
geschlechtes, wozu Auer-, Birk- usw. Hühner ge- 
hören, findet man die Sehnen der Waden - 
muskeln, zumeist verknöchert, bei jungen 
Tieren nicht. 

Bei der Krickente habe ich beobachtet, daß 



die Stoßfedern bei alten diese Form 



haben, 



bei jungen diese Form 



Hat man die 



Exemplare in zerlegtem Zustande, so kann die 
knorpelige Beschaffenheit des Brustbeines, 
Sitz- und Schambeines, die sich bei jungen 
Tieren leicht einbiegen lassen, zur Altersbe- 
stimmung herangezogen werden. Bei alten 
Exemplaren ist der Verknöcherungsprozeß aa 
Brust-, Scham- und Sitzbein schon sehr weit 
vorgeschritten, wodurch die betreffenden Knochen 
schwer zu brechen sind. Der Redner schließt 
seine Ausführungen mit der Bitte, bei Gelegen- 
heit nach den Alterskennzeichen zu forschen 
und die gemachten Beobachtungen zu veröffent- 
lichen, um in der Frage „über die Altersbestim- 
mung beim Federwild'' aufklärend zu wirken. 

Der Vorsitzende dankt beiden Rednern für 
ihre lehrreichen Vorträge. 

7. Bockelmann fragt an, ob und wo gut- 
gehende selbttregittriereade FeuohtliiceitsneMar in 
Tätigkeit sind. Niens erklärt, daß es an den 
Hauptschlachttagen nicht möglich sei, 80^/o rel. 
Feuchtigkeit im Kühlhause zu erzielen. Auch rät 
er, nicht zu niedrige Temperaturen im Kühlhause 
zu halten, solche von 0—1^ seien unsinnig*}; es 
sei zweckmäßiger, die Kühlhausluft auf 2 — 4^ 
und dabei relativ trockener zuhalten. Schenk 
bestätigt, daß die selbstregistrierenden Feuchtig- 
keitsmesser sehr empfindliche Instrumente sind. In 
Düsseldorf ist das Hygrometer in dem zur Auf- 
nahme der finnigen Rinder bestimmten, separierten 
Räume des Kühlhauses untergebracht; hierhin 
wird besonders stark abgekühlte Luft geführt, 
so daß sich hier der vorgeschriebene Feuchtig- 

*) Auf den Ozeandampfern, die Fleisch von 
Nord- und Südamerika nach England bringen, 
sind die Kühlräume ohne Nachteil für das Fleisch, 
das nur oberfiächlich gefriert, auf 0^ eingestellt 



— 129 — 



keitBgrad halten Iftfit. Schilling teilt mit, daß 
in Bannen das zerkleinerte Fleisch abgekocht, 
von einer 8 wöchigen Anfbewahning also abge- 
sehen wird. Zell benutzt seit 10 Jahren ein 
selbstregistrierendes Hygrometer nnd hat die 
Erfahrang gemacht, dafi die Hauptsache darin 
liegt, das die Temperatnrgrade zu den Feuchtig- 
keitsgraden im richtigen Verhältnis stehen. 
Dr. Bettendorf betont, daß es sich nicht nm 
absolute, sondern um relative Feuchtigkeit 
handelt Heck mann ersucht um Auskunft 
darüber, wie die Frage der Lohnschlftchter im 
Schlachthofe zu regeln sei; man erwäge in 
Crefeld, ob dieselben ov. von der Verwaltung 
anzustellen seien. An der Beantwortung beteiligen 
sich Bo ekel mann und Dr. Bützler, welche 
empfehlen, dafi die Lohnschlächtcr von der 
Fleischorinnung angenommen und von der 
Schlachthofverwaltung zugelassen, jedoch nicht 
angestellt werden; denn in letzterem Falle müsse 
der Schlachthof auch die gesetzlichen Ver- 
pflichtungen übernehmen, welche durch das 
Unfall-, Alters- und Invalidengesetz, sowie durch 
das Rrankenversicherungsgesetz vorgeschrieben 
sind. Brebeck bemerkt, dafi in Bonn den Lohn- 
schlächtern nur für 1 Jahr Erlaubnis erteilt 
werde, und Dr. Voirin hat in Elberfeld die 
Frage kürzlich durch eine neue Geschäftsordnung 
geregelt, die sich bisher gut bewährt habe. 

Nachdem man sich dahin geeinigt hatte, dafi 
die nächste Versammlung gegen Ende Mai in 
Trier stattfinden soll, wurde die Sitzung um 
2 Uhr nachmittags geschlossen. Daran schlofi 
sich im Quatermarktsaale des Gürzenich das 
gemeinschaftliche Mittagsmahl an, das die Teil- 
nehmer noch lange in fröhlicher Stimmung bei- 
sammen hielt. I. A.: 

Dr. Bützler, 1. Schriftführer. 

— Bericht Oher die VertannliMi des VerelM 
der SohlaoMhefUerlrzte Wertfalens am 1. De- 
zember 1907 zu Hagen. 

Um llVa Uhr vormittags eröffnete der 
Vorsitzende die zahlreich besuchte Ver- 
sammlung; anwesend waren: Regierungsrat 
Haxter-Amsberg, Veterinärrat Blome-Arns- 
berg, Müther-Paderbom, Schrader-Hamm, 
Dr. Kirsten-Haspe, Stolte-Hörde, Beckhaus- 
Dorstfeld, Meinikmann-Bocholt, Eilert-Iser- 
lohn, Retzgen-Hohenlimburg, Dr. Eckhardt- 
Dortmund, Klopmeyer -Wattenscheid, Sei- 
bert- Langendreer, Oberschulte- Lüdenscheid, 
Jochim-Wanne, Thurmann-Altena, Clausen- 
Hagen, Clausnitzer- Dortmund, Tiemann- 
Siegen, Schmidt-Lflnen, Neuhaus-Schwerte; 
als Gäste: Meyer -Eving, Dr. Dönecke- 
Boehum, Dr. Maafi-Hagen, Bischofswerder- 
Hörde. 



Der Herr Regierungspräsident zu Arnsberg 
hatte in einem Schreiben für die Einladung zu 
der Versammlung seinen Dank ausgesprochen 
und den Herrn Regierungsrat Haxt er mit seiner 
Vertretung beauftragt. 

Der Vorsitzende gedachte zunächst in warmen 
Worten des verstorbenen Vereinsmitgliedes, des 
Schlachthof direktors W y s o c k i - Soest und stellte 
den Dahingeschiedenen als Muster eines Kollegen 
hin, der stets gern und freudig seine Kräfte dem 
Verein widmete. Die Versammlung erhob sich 
zu Ehren des Verstorbenen von ihren Sitzen. 

Neu aufgenommen wurde in den Verein Herr 
Schlachthofdirektor Dr. Utendörfer-Soest 

Ober die Rechnungslage erstattete der Herr 
Kassenwart , Schlachthof direktor Thurmann- 
Altena Bericht; ihm wurde auf Antrag von Kol- 
legen Krekeler-Recklinghausen und Jochim- 
Wanne Entlastung erteilt. 

Zu Punkt 4 der Tagesordnung hielt Herr 
Schlachthofdirektor C lausen -Hagen einen sehr 
beifällig aufgenommenen Vortrag über „Ver- 
•ohliie zu dm Bettlmmwiaea Iber die Ermlttliiiig 
des ScblaciitgfwIoMt''. Der Vortrag wird im 
Wortlaut erscheinen. Im Anschlufi hieran ent- 
wickelte sich eine ziemlich lebhafte Diskussion. 
Oberschulte -Lüdenscheid meinte, man müsse 
danach streben, einen beamteten Hallenmeister 
anzustellen, der das Wiegen der Schlachttiere 
übernimmt, derselbe hätte dann gegebenenfalls 
das Wiegen ohne weiteres abzulehnen, sofern 
der betreffende Metzger nicht den Vorschriften 
der Wiegeordnung entsprechend geschlachtet 
hätte. Der Metzger ist seiner Meinung nach 
nicht für ein unreelles Schlachten haftbar zu 
machen, ein vollendeter oder versuchter Betrug 
liegt nach Ansicht von Schöffengerichten nicht 
vor. Es ist eine bekannte Tatsache, dafi Gerichte 
stets Metzger, die sich gegen die Wiegeordnung 
vergangen hatten, freigesprochen haben. Claus- 
nitzer-Dortmund pflichtet Obers chulte-Lüden- 
scheid in jeder Hinsicht bei. Bei Streitfällen wäre 
es wohl am richtigsten, eine Abschätzung vorzu- 
nehmen. Anderer Ansicht ist Veterinärrat B 1 o m e ; 
er glaubt, dafi durch Erlafi einer Polizeiverordnung 
dem Übelstand entgegenzutreten ist, während 
Oberschulte nochmals seinen Standpunkt vertritt 
und darauf hinweist, dafi der Metzger höchstens 
wegen „Nichtbefolgung^ einer Polizeivorschrift 
bestraft werden könne. Es wurde sodann noch- 
mals von mehreren Rednern betont, dafi Tier- 
ärzte die Pflicht haben, den Landwirten zu ihrem 
Recht zu verhelfen, indem sie darauf ihr 
Augenmerk richten, dafi die Vorschriften der 
Wiegeordnung in jeder Richtung gewahrt werden. 

Der zweite Vortrag von Kollegen K rekele r- 
Reoklinghanscn nlicr die „Pfliehteii und Rechte der 



— 130 — 



Sehftdiihoflierirzte'' war nicht wenigerinteresaant; 
K. wies ansführlich darauf hin, wie schlecht es 
mit den Besoldongsverhältnissen der Schlachthof- 
tierärzte augenblicklich noch stände, wenn auch 
nicht zu leugnen wäre, daß manche Städte ihren 
Schlachthofdirektoren ein angemessenes Gehalt 
zahlten. Dies ist besonders in der letzten Zeit 
durch Eingreifen verschiedener Vereine (Verein 
preußischer Schlachthoftierärzte, Verein west- 
fälischer, rheinischer und schlesischer Schlacht- 
hoftierärzte) besser geworden, hoffentlich gelingt 
eS) so schloß Redner seinen mit großem Beifall 
aufgenommenen Vortrag, in absehbarer Zeit, daß 
die Schlachthoftierärzte aus den unwürdigen 
Besoldungsverhältnissen herauskommen. Auch 
dieser Vortrag wird in dieser Zeitschrift im 
Wortlaut publiziert werden. 

FUr den nächsten Punkt der Tagesordnung 
„Besprechung Ober den geaenwftrtlgen Stand der 
Milchkontrolle und Sauglingmilchanotalten'' hatte 
Kollege C lausen -Hagen ein einleitendes Re- 
ferat übernommen. £r machte in seinem Vor- 
trag die Kollegen nochmals darauf aufmerksam, 
daß nur Tierärzte dazu berufen sein können, die 
Milchkontrolle auszuüben und die Säuglings- 
milcbanstalten zu leiten. Viele Städte haben 
schon Säuglingsmilchanstalten errichtet und unter 
tierärztliche Kontrolle gestellt, dies trifft be- 
sonders für Mittel- und Großstädte zu, aber auch 
kleinere Gemeinden haben sich von dem Nutzen 
solcher Wohltätigkeitseinrichtungen für das Allge- 
meinwohl überzeugt und sind ans Werk ge- 
gangen, derartige Anstalten zu schaffen. Auf 
eine Anregung von Dr. Kirsten-Haspe, eine 
Kommission zu wählen, die eine Petition aus- 
arbeiten soll zwecks Errichtung von Säuglings- 
milchanstalten und Überreichung dieser Eingabe 
an die Städte Westfalens, erwiderte Herr 
Regierungsrat Haxter, daß über diese Materie 
in kurzem ein Ministerialerlaß zu erwarten steht. 
Von allen Rednern wurde darauf hingewiesen, 
daß die Milchkontrolle noch ein Feld sei, worin 
sich der Tierarzt betätigen könnte zum all- 
gemeinen Besten. Damit müsse Hand in Hand 
gehen die Belehrung der Tierbesitzer, dafür 
Sorge zu tragen, daß dem Tierarzt zu jeder Zeit 
eine Kontrolle des Viehbestandes ermöglicht 
wird. 

Recht interessante Mitteilungen wurden bei 
Punkt 7 der Tagesordnung — Erfahrungen aus 
der Praxis — gemacht. So berichtete Kollege 
Joch he im -Wanne, daß man bei Beschlag- 
nahmungen nie den Ausdruck „beanstandet^ 
gebrauchen dürfe. Dies gilt besonders für An- 
fertigung von Gutachten und Ausstellung von 
Attesten. Einzig und allein soll es darin heißen, 
ich habe das und das Fleischstück beschlagnahmt 



Sofern ein Gegenstand dagegen beanstandet 
wird, ist er noch in dem Besitz des betreffenden 
Metagera; als Beweis für die Richtigkeit führte 
Redner eiiieii Fall an, in dem das Gericht zum 
Freispruch dea Metzgers kam, da dieser angab, 
nicht gewußt zu baben, daß das betreffende 
Fleisch sich nicht mehr in seinem Besitz befinde. 
Der betreffende Tierarzt hatt« in seinem Attest von 
„beanstanden^, nicht von ^bMchlagnahmen'' 
gesprochen. 

Dann brachte Oberschulte nodi den so- 
genannten Finnenerlaß zur Sprache, wonach die 
Kühlhansluft 75 Proz. Feuchtigkeit enthaltni 
müsse; nach seiner Ansicht ist die Befolgung 
dieser Verordnung unmöglich, dasselbe glaubt 
Clausnitzer. Es wurde festgestellt, daß die 
Kollegen vom rheinischen Verein der Schlacht- 
hoftierärzte zu denselben Beschlüssen gekommen 
seien. Clausen teilte mit, daß die Metzger in 
Hagen lieber ihr Fleisch sofort unter der 
Deklaration „minderwertig' verkaufen, als es nach 
dreiwöchigem Divchktlhlen wieder in ihrem 
Laden vollwertig zum Verkauf anbieten. 
Dr. Kirsten -Haspe berichtete ähnliches von 
den Hasper Metzgern. Im weiteren Verlauf 
der Debatte vertrat Veterinärrat Blome die 
Ansicht, daß die Pökelung des Fleisches neben 
der Kühlung wohl zwecklos wäre. Dagegen 
war Clausnitzer der Meinung, daß die 
Pökelung besonders ländlichen Gemeinden ohne 
Kühlhaus zugute komme und unbedingt bei- 
behalten werden müsse. Es sei schließlich Sache 
der Aufsichtsbehörde dafür zu sorgen, daß die 
Pökehmg ordnungsmäßig durchgeführt und 
Unterschlagungen verhütet werden. 

Als Ort für die nächste Versammlung wurde 
Königsbom-Unna bestimmt, dem Vorstande da- 
gegen überlassen, den Tag der Zusammenkunft 
näher festzusetzen. 

Zum Schluß sprach noch Herr Regierungs- 
Rat Haxter seinen Dank dafür aus, daß es ihm 
möglich gewesen ist, die vielfachen Anregimgen 
der Tierärzte aus der Provinz Westfalen selbst 
entgegen zu nehmen; besonders der Besoldnngs- 
frage wolle er gern näher treten und der König- 
lichen Regierung die berechtigten Wünsche der 
Schlachthoftierärzte unterbreiten. 

Den beiden Herren Regierungvertretern, 
Regierungs-Rat Haxter und Veterinärrat Blome, 
die mehrfach in die Debatte selbst eingriffen 
und sich später auch an dem gemeinsamen Mahle 
beteiligten, sei an dieser Stelle nochmals für 
ihr Erscheinen zu unserer Versammlung gedankt. 
Zum erstenmale seit Bestehen unseres Vereins 
durften wir Herren von der Königlichen 
Regierung zu Arnsberg, speziell den Vertreter 
des Herrn Regierungspräsidenten, begrüßen. 



- 131 - 



Hoffen wir, daft es nieht das letzte Mal ge- 
wesen ist. Dr. Kirsten, Schriftführer. 

— Bericht Iber die Haii|itveriaainfmif des 
„VerelM eiebeleclier Geneliidetierib*ite wid SchtacM- 
hefttlrekttrea." Sonnabend, den 2. November 1907, 
abends 7 Uhr, fand im Hotel „Sachsenhof in 
Leipzig eine Yorberatung des Vorstandes statt, 
sn welcher die Mitglieder des Vereins anch ein- 
geladen wareD, nnd an welcher der Vorstand, 
insgesamt aber etwa 15 Herren, teilnahmen. 

Der Vorsitzende, Herr Schlachthofdirektor 
Dr. Meyfarth-Glauchan, eröffnet die Sitzung, 
begrfißt die Erschienenen nnd verliest eine Reihe 
eingelaufener Schreiben. Es wird beschlossen, 
die Sitzungsberichte in der „Schlacht- und Vieh- 
hofzeitung'S der „Zeitschrift fOr Fleisch- nnd 
Milchhygiene", der „Berliner** und der „Deutschen" 
Tierärztlichen Wochenschrift" zu veröffentlichen. 

Auf Vorschlag des städtischen Tierarztes | 
Herrn Dittr ich -Dresden soll nach Antrag des 
Herrn Direktor Enke- Zittau der morgigen Ver- 
sammlung der Antrag unterbreitet werden, daß 
an das Ministerium und den Rektor der Hoch- 
schule in Dresden ein Gesuch gerichtet werde, 
daß immaturen Tierärzten die Möglichkeit eröffnet 
werde, unter gewissen Bedingungen eine Über- 
gangszeit lang zum Dr. med. vet. in Sachsen 
promovieren zu können. 

Die im Prinzip angenommenen sdddeutschen 
Statuten des Vereins sollen nach unwesentlichen 
Änderungen bei einer Reihe von Kollegen 
kursieren und dann gedruckt werden. 

Neu eingetreten sind: Dr. Tempel, Ober- 
tierarzt und Direktor der Fleischbeschan in 
Chemnitz; Bethke, Schlachthofdirektor in Alten- 
burg (Sachs.- Altenburg); Polizeitierarzt Zinke 
in Leisnig; städtische Tierärzte Jan icke nnd 
Marschall in Dresden nnd Stadttierarzt Dr. 
Eberle in Auerbach. 

Die einzelnen Punkte der morgigen Tages- 
ordnung werden emgehend besprochen, und es 
wird zu einer Reihe von Fragen Stellung ge- 
nommen. Schluß der Sitzung abends 12 Uhr. 

Sonntag, den 3. November, vormittags 
11 Uhr: Hauptversammlung imHotel„Sach- 
senhof** in Leipzig. Es waren erschienen: 
Landestierarzt Medizinalrat Prof. Dr. Edelmann 
und die Gemeindetierärzte bzw. Schlachthof- 
direktoren Achilles-Leipzig, Arnold-Oschatz, 
Bethke- Altenburg, Enke-Zittau, Engelmann- 
Grimma, Dr. Eberle-Auerbach, Dr. Feuereißen- 
Chemnitz, Dr. Fischer-Buchholz, Gänsehals- 
Großenhain, Dr. Geißler-Werdau, Vorsitzender 
des Privattierärztevereins, Geyer-Penig, Gün- 
ther-Eibenstook, Hafemann-Leipzig, Hahn- 
Reichenbach, Hengst -Leipzig, H e m p e 1 - Meißen, 
Dr.H o r n - Leipzig, K am ah 1 -Freiberg, Dr.K ä p p e l 



Leipzig, Dr. Keil -Leipzig, Klawitter-Leipzig, 
Lägel-Zschppau, Litty- Leipzig, Dr. Meyfarth- 
Glanchau, Mi e lach -Freiberg, M int zl äff -Anna- 
berg, Oertel-Leipzig, Pauli tz-Leipzig,Pöt ssch- 
Hainiohen, Richter- Frankenberg, Rfihmekorf- 
Leipz., Dr.S chmidtche n-Leipz., Dr.S c h m u t z e r- 
Waldheim,Schneiderheinze-Dresden, Schulze 
Leipzig, Semper-Leipzig, Dr. Seyfert-Pima, 
Stein-Wurzen, Stiehler-Bautzen und Uder- 
Meißen. Schriftlich entschuldigt hatten sich Dr. 
Tempel-Chemnitz,Dittrich-Dre8den und andere. 
Der Vorsitzende Herr Dr. Meyfarth begraßt 
die zahlreich erschienenen Mitglieder und die 
Gäste und von diesen namentlich Herrn Landes- 
tierarzt Medizinalrat Prof. Dr. E d e 1 m a n n. Insbe- 
sondere wird Kenntnis genommen von den An- 
und Antwortschreiben an Mitglieder der König- 
lichen Veterinärkommission, an den Landes- 
kulturrat und die landwirtschaftlichen Kreis- 
vereine, vom Eintritt des Vereins in den Veterinär- 
rat, vom Briefwechsel mit den tierärztlichen 
Kreisvereinen, dem bezirkstierärztlichen und äeia 
privattierärztlichen Verein und dem tierärzt- 
lichen Landesverband und von internen An- 
gelegenheiten. 

Der Vorsitzende berichtet, daß er mit Herrn 
Dr. Seyfert (Pirna) zusammen den Mitgliedern 
der Königl. Veterinärkommissiön, den Herren 
Rektor Geh. Medizinalrat Professor Dr. Ellen- 
berger, Obermedizinalrat Professor Dr. MflUer, 
Landestierarzt Medizinalrat Professor Dr. Edel- 
mann und Tierzuchtdirektor Medizinalrat Pro- 
fessor Dr. Pusch die Gründung unseres Vereins 
offiziell mündlich mitgeteilt habe. 

Im Anschluß an ein Schreiben des Schleswig- 
schen Tierärztlichen Provinzialvereins (Veterinär- 
rat Dr. Foth), die Milchkontrolle betreffend, 
wurde mit Dank für gegebene Anregung der 
Beschluß gefaßt: Diesem Gegenstände dauernde 
Aufmerksamkeit zu widmen und ihn bereits für 
die nächste Versammlung auf die Tagesordnung 
zu setzen. Femer faßt der Verein auf Anregung 
des Vereins zur Förderung humanen Schlachtens 
(Sanitätsrat Dr. R am dohr) folgende Resolution: 
Der Verein hält es für dringend wünschenswert, 
daß in allen Bundesstaaten der Betäubungs- 
zwang für alle Schlachttiere, einschließlich der 
den Schächtschnitt erhaltenden, baldmöglichst 
gesetzlich eingeführt werde. 

Femer wird Kenntnis davon genommen, 
daß Direktor Dr. Tempel (Chemnitz) als Grund- 
stock zu einer Vereinssammlung sämtlicher 
Ortsgesetze die dortigen übersendet hat. — Es 
werden einige Entschuldigungsschreiben und Tele- 
gramme verlesen, darunter das mit besonderer 
Freude aufgenommene Telegramm des Herrn 
Direktors Kühnau (Köln). 



— 132 — 



1. Hierauf nahm der Vorsitzende Dr. Meyf arth 
das Wort zu seinem Referat: „Ist der weitere 
Autbaii der Sohlachthofgesetziebiwi fOr das K»iii|- 
reioh SaehMR aotwendli?" 

Ausgehend von den wenigen und kärglichen 
sanitäts- und veterinärpolizeilichen Bestimmungen 
der jüngsten Fleischbeschau- und Viehsenchen- 
gesetzgebung des Reiches und Landes, welche 
die Schlachthöfe betreffen, bespricht Referent 
das sächsische Gesetz, die Öffentlichen Schlacht- 
höfe betreffend, vom 11. Juli 1876, femer die 
Instruktion, betreffend die Begutachtung von 
Schlachthofanlagen seitens der Königlichen Be- 
zirkstierärzte in Sachsen, vom 10. Juli 1891 und 
das Gutachten der Königlichen Kommission fflr 
das Veterinärwesen, betreffend die Einrichtung 
von öffentlichen Schlachthöfen, erkennt die grofie 
Bedeutung, di^ klassische Kürze und den treffenden 
Inhalt dieser Bestimmimgen und Auslassungen 
fllr die Zeit ihres Entstehens an mit dem Be- 
dauern, dafi sie nicht zu einem noch heute brauch- 
baren Gesetz sich verdichtet haben, welches auch 
den Bi^u und die Verwaltung öffentlicher Schlacht- 
höfe regelt Insbesondere ist auffällig, daß in 
Prenfien die Zahl der städtischen Schlachthöfe 
stetig und auffallend auch in kleineren Gemeinden 
zunimmt (1902 = 896; 1907 beinahe 500 öffentliche 
Schlachthöfe), während in Sachsen nur eine ganz 
langsame Zunahme zu verzeichnen ist, nach 81 
Jahren der Wirksamkeit des Gesetzes nur 85 
Schlachthöfe, so daß zurzeit noch 106 Gemeinden 
(69 Stadt- und 87 Landgemeinden) über 5000 
Einwohner keinen öffentlichen Schlachthof haben 
(von 810 Gemeinden über 2000 Einwohnern 
haben nur 85 Schlachthöfe), und zwar sind nur 15 
städtische gegenüber 20 Innungsschlachthöfen 
vorhanden. Es fehlt eben in Sachsen der Impuls 
zum Bau von Schlachthöfen, besonders Gemeinde- 
schlachthöfen, wie ihn das preußische Schlacht- 
hausgesetz besitzt Außerdem erklären diese 
eigentümliche Schlachthofmüdigkeit in Sachsen 
noch andere Gründe: 

1. Die ambulatorische Beschau sorgt für 
gesundes Fleisch auch ohne Schlachthof. 

2. Der Schlachthof ist infolge zahlreich ge- 
machter Fehler beim Bau nach den jüngsten Er- 
fahrungen einer größeren Zahl von Gemeinden 
kein angenehmes Finanzobjekt mehr (Defizit!). 

8. Fleischerinnungen sind aus diesem Grunde, 
und weil die jüngst erbauten öffentlichen Schlacht- 
höfe meist im Besitz der Stadt sind oder in deren 
Besitz übergehen, Gegner des Projekts. 

4. Die Erörterung der Fleischpreise in der 
Öffentlichkeit läßt fälschlicherweise die Kosten 
für den Schlachthof als einen weiteren erheblichen 
Grund zur Fkischteuening erscheinen. 



5: Die schlechte Bezahlung und Stellung der 
Sachverständigen an Schlachthöfen läßt die 
Tierärzte selbst nicht wünschen, daß Schlacht- 
höfe gebaut werden. Dieser Zustand ist ungesund. 
Noch immer gelten alle hygienischen, sanitäts- 
und veterinärpolizeilichen und nicht zuletzt aneb 
kommerziellen Vorteile des Scblachtzwanges so- 
wohl für Konsumenten als Interessenten, welche 
in der Literatur noch keineswegs erschöpfend 
behandelt, in diesem Referate nicht näher aus- 
geführt werden sollen. 

Es müssen nach wie vor Schlachthöfe gebaut 
werden. Der Bau eines Schlachthofs ist min- 
destens eine solche Kulturtat als der Bau einer 
Kirche, man muß nur das volkswirtschaftliche 
Augenmaß für diese Wahrheit besitzen. Selbst- 
verständlich muß die Gemeinde den Schlachthof 
bauen lassen, alle vortrefflichen Sätze des Gut- 
achtens der Kgl. Veterinärkommission gelten noch 
heute im vollen Umfange und auch für jene städ- 
tischen Schlachthöfe der Mittelstädte, welche in 
einem allzu innungsfreundlichen Sinne verwaltet 
werden. Hätten wir in Sachsen 800 anstatt reich- 
lich 30 Gemeindeschlachthöfe, so würden die 
lokalen Verhältnisse nicht so buntscheckig sein 
und zu allerhand Unzufriedenheiten Anlaß geben. 
Hier ist Wandel zu schaffen eine dringende Auf- 
gabe. Verdienen auch die preußischen Ver- 
hältnisse in mancher Beziehung kein Loblied, 
so ist doch das preußische Schlachthausgesetz 
ein Meisterstück darin, daß es den Impuls zum 
Bau zahlreicher Gemeindeschlachthöfe gegeben 
hat. Das hat in Sachsen selbst das vortreff- 
liche Gutachten der Kgl. Veterinärkommission 
niemals erreicht, wenn es auch langsam wirkt 
Wir hoffen, daß das Dresdener Beispiel einer 
wohltuenden Energie des Stadtoberhauptes, die 
Ablösung des Innungsschlachthofes, Schule 
machen wird. Dieser selbstverständliche Ent- 
wicklungsprozeß sollte von selten der Kgl. 
Regierung im ganzen Lande beschleunigt 
werden. Das kann nur ein dahingehender 
Gesetzentwurf. Man wende nicht ein, daß beide 
Kammern unserer Volksvertretung einem solch 
eingreifenden Entwürfe niemals ihre Zustimmung 
geben (vgl. § 4 der revidierten Städteordnung, 
Selbstverwaltung der Gemeinden). Aber die 
moralische Wirkung eines solchen Entwurfs 
würde von ausschlaggebender Wirkung sein. 
Der Grundsatz der Selbstverwaltung in allen 
Ehren (vgl. die letzte Thronrede Seiner Majestät), 
aber die Entwicklung des modernen Schlacht- 
hofwesens, welches gleich tief in die Interessen 
von Stadt, Land und Wissenschaft, eingreift, 
muß von einer höheren Warte geleitet werden, 
als es die Entwicklung einer Innungsversamm- 
lung oder, ich behaupte es, die Entschließung 



— 133 — 



allein ein» Btftdtischen Körperschaft besonders 
einer kleinen Stadt ist Gesetze und Verord- 
nungen mflssen Impnls geben nnd Wegweiser 
sein. Erfahnmgen sind — teilweise recht bOse — 
genug gesammelt Wer die Innungen liebt und 
ihnen wirklich nützen will, mnfi gegen Innungs- 
schlachthöfe sein. Ich habe die größte Hoch- 
achtung vor den Kenntnissen, dem praktischen 
Bliek, der Tatkraft und reichen Lebenserfahrung 
unserer Innungsmeister. Werden diese Vorzüge 
im städtischen Schlachthof e betätigt, so kommen 
sie nicht bloß einer egoistisch führenden Clique, 
sondern allen Innungsmitgliedem und der All- 
gemeinheit zugute, und die . Hauptarbeit lastet 
nicht auf einem allein, dem Obermeister. 

Zunächst müssen in Sachsen aus allen In- 
nungsschlachthOfen städtische werden. Die 
Gründe gelten heute noch mehr als früher (vgl. 
das Gutachten der Veterinärkommission). Das 
sächsische Schlachthofgesetz ist ein Torso des 
preußischen. Stellen wir das alte Kunstwerk 
wieder her und fügen wir den jetzigen Ver- 
hältnissen passende Bestimmungen hinzu, so 
würde ein solcher Gesetzentwurf etwa folgende 
Hinweise enthalten. Der weitere Ausbau eines 
Gesetzes, die Errichtung und Verwaltung Öffent- 
licher Schlachthofe betreffend, ist notwendig. 

1. Jeder Öffentliche Schlachthof soll in ge- 
nügendem Umfange von der Gemeinde 
(dem Gemeindeverbande) errichtet und 
verwaltet werden. 

2. Insbesondere sollen bestehende Öffent- 
liche Schlachthofe, welche in Privatbesitz 
(Innung usw.) sich befinden, gleichwohl 
von der Gemeinde als Aufsichtführende 
durch einen Schlachthofausschuß verwaltet 
und Vergrößerungen (Neubauten etc.) 
auf Kosten der Gemeinde vorgenommen 
werden. Verzichtet die Innung auf ihr 
Besitzrecht, oder genügt der ihr gehörige 
Schlachthof nicht mehr den an ihn zu 
stellenden Forderungen, so geht er gegen 
entsprechende Entschädigung in den Besitz 
der Gemeinde über. 

3. Gemeinden und Gemeindeverbände von 
5000 und mehr Einwohnern sollen ver- 
pflichtet sein. Öffentliche Schlachthofe zu 
errichten. 

Die Bausumme muß der Einwohner- 
zahl der Gemeinde (des Verbandes) an- 
gemessen sein, soll eine bestimmte Hohe 
(prozentual pro Kopf der Bevölkerung) 
nicht übersteigen, kann jederzeit durch 
Anleihe aufgebracht werden und bedarf 
ebenso wie die Nachbewilligung von Über- 
schreitungen des Projektes der Geneh- 
migung des Ministeriums des Innern. 



4. In Öffentlichen Schlachthöfen sollen sämt- 
liche mit dem Schlachthof in Beziehung 
stehende Nebenanlagen tunlichst unter- 
gebracht werden (Pferde-, Hundeschlacht- 
haus, Talgschmelze, Häutesalzerei usw.). 

5. Alles nicht in einem Öffentlichen Schlacht- 
hof ausgeschlachtete frische Fleisch soll 
beim Einbringen in eine Schlachthof- 
gemeinde einer Kontrolle und einer Gebühr 
dafür unterliegen. 

6. Die Zeit, wann das Verbot der Benutzung 
von Öffentlichen Schlachthäusern oder 
Privatschlächtereien in Kraft tritt, be- 
stimmt das Königliche Ministerium des 
Innern. 

7. Die Gemeinde ist befugt, für die Be- 
nutzung des Schlachthofs Gebühren zu 
erheben. 

Die Hohe des Tarifs ist so zu be- 
stimmen, daß die Gebühren für die Schlacht- 
hofbenutzung den zur Unterhaltung der 
Anlage für Betriebskosten einschließlich 
einer auf x Proz. berechneten Rücklage, 
femer zur Verzinsung und allmählichen 
Amortisation des Anlagekapitals und der 
etwa gezahlten Entschädigungssummen 
erforderlichen Betrag erreichen, jedoch 
nicht übersteigen. 

Die Hohe des Zinsfußes jährlich und 
die Amortisationsquote ist gesetzlich fest- 
zulegen. 

8. Die Leitung der Schlachthofe, sowie die 
Untersuchung der Schlachttiere und des 
Fleisches soll durch Tierärzte ausgeübt 
werden. Hierfür sind die gesetzlichen 
Gebühren zugleich mit den Schlachthof- 
benutzungsgebtlhren zu erheben. (Die 
Fleischbeschaugebtlhren sollen in Ein- 
nahme und Ausgabe getrennt von den 
Schlachthofgebühren verrechnet werden 
und es sollen die ersteren lediglich zur 
Bestreitung aller mit den Untersuchungen 
in Verbindung stehenden und nötigen 
Einrichtungen und Vorkehrungen (Miete, 
Gehalte, Pensionen, Versicherungsgelder, 
Bibliothek- und Laboratoriumsgelder, Fort- 
bildungskurse usw.) Verwendung finden. 

9. Die Benutzung des Schlachthofes ist 
jedem gestattet, der den allgemeinen und 
Ortlich vorgeschriebenen Bestimmungen 
nachkommt. 

10. Die bekannten Bestimmungen üb6r die 
Erstattung des erweislichen und wirklichen 
Schadens an den Eigentümer oder Nutz- 
ungsberechtigten von aufzubauenden Öffent- 
lichen oder privaten Schlachthäusern. 



134 — 



11. Die Bestimmungen des Gesetzes sollen 
auch anf die In Privatbesitz befindlichen 
öffentlichen (Innnngs-)Schlachthöfe An- 
wendung finden, und zwar soll die Kreis- 
hauptmannschaft das gegenseitige Ver- 
hältnis zwischen Gemeinden und Unter- 
nehmer regeln. 

12. Strafbestimmungen för Zuwiderhandelnde. 
Ein solches Gesetz würde der Buntscheckig- 
keit der sächsischen Verhältnisse mit einem 
Schlage ein Ende machen und Ordnung und 
Zufriedenheit aller Beteiligten zur Folge haben 
(die Innungen eingeschlossen). 

Natürlich würden weitere Verordnungen den 
Gemeinden an die Hand zu geben sein. Ins- 
besondere: 

1. eine Bauordnung für Gemeindeschlacht- 
höfe, • welche alles Wissenswerte enthält 
dergestalt, dafi eine wesentliche Über- 
schreitung der Bausumme von vornherein 
ausgeschlossen ist. 

2. Eine Verordnung zur Ausführung des Ge- 
setzes, welche alles Nähere regelt, beson- 
ders auch Zusammensetzung und Tätigkeit 
des Schlachthof ausschusses (Mitglieder: 
1 Jurist als Dezernent, 1 Ratsmitglied, 
1 Stadtverordneter, 1 Landwirt, 1 Fleischer, 
1 Viehhändler und der Tierarzt). 

3. eine allgemeine Schlachthof Ordnung für 
Gemeindeschlachthöfe, den Verkehr usw. 
betreffend, 

4. a) eine Verordnung, welche die veterinär- 

polizoilichen Bestimmungen enthält für 
grofie, für mittlere und kleine Schlacht- 
höfe, 
b) eine Verordnung, welche die Aus- 
führung der Fleischbeschau auf Schlacht- 
höfen regelt (inkl. Bnchführang und 
Statistik), 

5. von der Gemeinde zu erlassen 

ein Ortsgesetz, die Benutzung des 
Schlachthofes, betreffend Schlachtzeiten 
und Gebührenordnung. 
Der Erlaß dieses Gesetzes und der Ver- 
ordnungen würde ein Segen sein. Hoffen wir, 
daß unser verehrter Herr Landesreferent, welcher 
aus unseren Reihen hervorging, dem alle Spezial- 
kenntnisse eines Fachmannes in hervorragender 
Weise zur Seite stehen, so führte der Vor- 
tragende aus, uns diesen Weg führt. Sollten 
ihn andere dringlichere Berufsaufgaben in den 
nächsten Jahren daran hindern, so wünschen wir, 
daß ein hervorragender begabter Spezialkollege 
irgendwoher aus dem Deutschen Reiche in der 
Doppeleigenschaft als Dozent unseres Spezial- 
bemfes an der Dresdener Hochschule und als 
Referent unserer Spezialfachangelegenheiten im 



Ministerium des Innern die Besserung unserer 
Verhältnisse als ernste Lebensarbeit glücklich 
erledigen möge. Schon die nahe Zukunft wird 
es der Königlichen Regierung zur unabweis- 
baren Pflicht machen, diesen Fragen näher zu 
treten. Möge es in einem uns günstigen Sinne 
geschehen. 

Eine Debatte über diesen mit Beifall auf- 
genommenen Vortrag fand im Hinblick auf die 
reichhaltige Tagesordnung nicht statt. 
(Schluß folgt) 



Statistische Berichte. 

— Geschäftsbericht der Amialt für staatliche 
Scblachtvlehverslcherunien Im K9nl|reioh Sachsen 
fQr das Jahr 1906. 

Im Berichtsjahre wurden 28739 Entschädi- 
gungsansprüche erhoben. Davon wurden 28461 
bewilligt, 263 abgelehnt und 15 anderweitig er- 
ledigt. Die gewährten Entschädigungen bezogen 
sich auf 28 799 und zwar auf 1302 männliche, 
13 791 weibliche Rinder und 13 706 Schweine. 
Davon sind 

gewerblich nicht gewerblich 
geschlachtet: geschlachtet: 
männliche Rinder 734 568 

weibliche Rinder 5380 8461 

Schweine 4 416 9 290 

Die Gesamtsumme der Entschädigungen für 
die bewilligten 28 461 Entschädigungsfälle belief 
sich auf 2 191 938,64 M., und zwar für 

gewerblich nicht gewerblich 
geschlachtete : geschlachtete : 
männliche Rinder 94 336,93 M. 60 900,46 M. 
weibliche Rinder 513137,64 » 946 285,51 „ 
Schweine 205 033,70 „ 372 244,40 „ 

Darunter befanden sich auch diejenigen 
Fälle, bei denen es sich nur um Beanstandungen 
einzelner Fleischteile von im übrigen als bank- 
würdig befundenen Tieren handelte, und zwar 

bei gewerblichen Schlachtungen: 
männliche Rinder 29 Stück mit 1536,11 IL 

weibliche Rinder 131 „ „ 4817,70 „ 
Schweine 128 „ „ 1763,16 „ 

bei nicht gewerblichen Schlachtungen: 
männliche Rinder 5 Stück mit 146,46 M. 

weibliche Rinder 22 „ „ 656,24 „ 

Schweine l*? » » 298,39 , 

Die durchschnittlichen Entschädigungen be- 
trugen: 

a) für Tiere, von welchen das gesamte Fleisch 
beanstandet worden ist: 

gewerbliche nicht gewerb- 
Schlach- liehe 

tungen: Schlachtungen: 
bei einem männl. Rind 181,63 M. 107,91 M. 
„ „ weibl. Rind 97,77 „ 112,05 „ 
„ „ Schweine 47,40 „ 40,11 „ 



— 135 — 



b) fflr Tiere, von welchen nur einzelne 
Fleiscbteile beanstandet worden sind: 

gewerbliche nicht gewerb- 
Schlach- liehe 

tungen: Schlachtungen: 
bei einem männL Rind 58,97 M. 29,31 M. 
, „ weibL Rind 75,25 „ 29,83 , 

, „ Schweine 13,77 „ 17,55 „ 

Es wurden 19 Beschwerden gegen die vom 
YerwaltnngBaasschnß gefaßten Entschließungen 
behn Ministerium des Innern erhoben, wovon 
18 Fälle als unbegrfindet zurflckgewiesen wurden. 
Die Entscheidung des Bezirksschätzungsaus- 
schnsses wurde in 15 Fällen angerufen, wovon 
7 als begründet erachtet wurden. Endlich mußte 
in 564 Fällen von der Anstalt eine niedrigere 
Entschädigung als die vom Ortsschätzungs- 
ausschuß berechnete ausgesprochen werden, da 
die von dem letzteren festgestellten Werte die 
tatsächlichen Verhältnisse tiberstiegen hatten. 

Die Yergfltungen für die Mitglieder der 
Ortsschätzungsausschttsse beliefen sich auf 
144 992,25 M. Diese Summe verteilte sich auf 
7797,50 M. bezüglich der männlichen, 90 289,50 M. 
bezüglich der weiblichen Rinder und 46 905,25 M. 
bezüglich der Schweine. Im Durchschnitt stellte 
sich die Vergütung auf 5,93 M. bei einem männ- 
lichen, 6,48 M. bei einem weiblichen Rinde und 
3,47 M. bei einem Schwein. Diese Vergütung er- 
scheint ziemlich hoch. Die Mitglieder der Bezirks- 
schätzungsausschüsse erhielten 81,60 M., soweit 
die Bezahlung nicht von den Versicherten ge- 
tragen wurde. 

Die im Berichtsjahr von den Mitgliedern 
erhobenen Beiträge waren festgesetzt auf 4 M. 
für ein männliches, 14 M. ftlr ein weibliches Rind 
und 0,60 M. für ein Schwein. Die für die zwei 
ersten Kategorien bestimmten Beiträge reichten 
nicht allein zur Deckung der Entschädigungen 
von 1906 und der verbliebenen Fehlbeträge von 
1905 aus, sondern ergaben auch am Jahresschluß 
noch einen Überschuß und zwar von 5534,53 M. 
bei männlichen und 87028,96 M. bei weiblichen 
Rindern. Bei den Schweinen mußten dagegen 
die Beiträge in Anbetracht der im Jahre 1906 
gestiegenen Preise auf 0,75 M. erhöht werden. 
Hatte sich doch die durchschnittliche Entschädi- 
gung von 35,30 M. im Jahr 1905 auf 43,25 M. 
im Berichtsjahre erhöht 

Die Einnahmen betrugen 2 559 905,95 M. Die 
Ausgaben betrugen 2 604 103,73 M. Der Ausfall 
stellte sich somit auf 44 198,78 M. Dieses Minus 
wurde\einstweilen aus der Staatskasse gedeckt. 
Die Einnahmen weisen femer auch den Staats- 
zuschuß (gleich 25 Proz. der Prämieneinnahme) 
in Höhe von 540 727 M. auf. Endlich betrugen die 
Verwaltungskosten 219 338 M. (gleich 10,7 Proz.). 



Der Bericht rügt verschiedene Mißstände 
bei dem Abschätzungsverfahren, so das ver- 
spätete Einsenden der Abschätzungsprotokolle 
von selten der Gemeindebehörden, den zu billigen 
Verkauf der Häute und die Abschätzung von 
Tieren, die noch nicht laoge genug sich im 
Königreich befanden. 

Den Schluß bilden dann tabellarische Ober- 
sichten über die Qualität, das Schlachtgewicht, 
den Schlachtwert und das Alter der entschädigten 
Tiere, femer eine Zusammenstellung der Schaden- 
fälle bei den einzelnen Tierarten und endlich 
eine Übersicht über die Verwertung der be- 
anstandeten Teile. Es würde zu weit führen, 
diese Zahlen einzeln anzuführen. Nur bezüglich 
der Schadenursachen sei bemerkt, daß, wie immer, 
die Tuberkulose voransteht. Bei männlichen 
Rindem belief sie sich auf 37,25 Proz., bei 
weiblichen Rindem auf 45,22 Proz. und bei 
Schweinen auf 34,63 Proz. sämtlicher Verlust- 
fälle. Dann folgen wiederam die Erkrankungen 
der Verdauungsorgane mit 8,98 Proz., 10,57 Proz. 
und 4,17 Proz. Die Fremdkörperentzündungen 
figurieren hierbei mit 2,76 Proz., 6,21 Proz. und 
1,01 Proz. Es schließen sich dann die Schwer- 
geburten und deren Folgen mit 7,69 und 
6,12 Proz. aller Verluste an. 

Ad. Maier-Konstanz. 



Bücherschan. 

— Edelmann, Richard, Lehrbuch der Fltltob- 
byglene. Mit besonderer Berücksichtigung der 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau, far Stadierende 
der Veterinärmedizin, Tierärzte, Fleischbeschauer, 
Ärzte und Verwaltungsbeamte. Mit zwei Farben- 
tafeln und 201 Textabbildungen. Zweite, neu- 
gearbeitete Auflage. Jena 1907. Verlag von 
Gustav Fischer. Preis 10 M. 

Das Edelmann sehe Lehrbuch der Fleisch- 
hygiene liegt in sorgfältig ausgeführter Um- 
arbeitung vor, wie dies von dem Verf. nicht 
anders erwartet wurde. Die Notwendigkeit der 
Umarbeitung ergab sich aus der Neugestaltung 
der Fleischbeschaugesetzgebung, die seit dem 
Erscheinen der ersten Auflage erfolgt ist, und 
aus den wissenschaftlichen Neuerungen, die sich 
in der Zwischenzeit ergeben haben. In richtiger 
Würdigung der Bedeutung guter Abbildungen 
sind in dem Lehrbuch der Fleischhygiene einige 
Abbildungen der ersten Auflage durch bessere 
ersetzt und außerdem 29 Abbildungen neu auf- 
genommen worden. Die Abbildungen sind nun- 
mehr in der überwiegenden Zahl sehr gut und 
instruktiv. Einen besonderen Vorzug des Edel- 
mann sehen Buches bildet, wie auch bei der 
Besprechung der vorliegenden Auflage hervor- 



— 136 — 



gehoben werden soll, die eingehende Behandlang 
derjenigen Tiere, die außer den SchlachUieren 
zur Versorgung des Menschen mit Fleisch dienen, 
des Geflügels, des Wildbrets, der Krustentiere, 
Weichtiere, Reptilien und Amphibien. Die gute 
Bearbeitung sichert auch der zweiten Auflage 
den gleichen Erfolg wie der ersten. Es gereicht 
dem Referenten zur Ehre, erneut auf das Edel- 
mann sehe Werk, das sich in der Fleischbeschau- 
literatur bereits eine ansehnliche Stellung ge- 
sichert hat, hinzuweisen. 

— Weignanii, Arbeiten der Versuchettatien für 
Molkerelweten in Kiel. V. Heft. Leipzig 1907. 
Verlag von M. Heinsius Nachfolger. Preis 4 M. 

Das Heft enthält u. a. Untersuchungen über 
den Fettgehalt der Milch in einer größeren An- 
zahl von Meiereien in der Provinz Schleswig- 
Holstein während mehrerer Jahre, über Be- 
stimmung des Fettgehalts in Rahm und Butter, 
über Körper im Serum normaler und pathologischer 
Milch, die mit /?-Naphtalinsulfochlorid reagieren, 
über die beweglichen und unbeweglichen an- 
aeroben Gärungserreger in der Milch, über den 
B.mesentericus ruber sowie Beobachtungen an den 
echten Milchsäureerregem des Molkereigewerbes. 

— Hink, A., Einträgliche RIndviehzucfat nebst 
einer Beiebruni Ober Wahrsohaftsreoht und Gewftbrs- 
fehler, Seuchen und Krankheiten. Zweite, vermehrte 
und verbesserte Auflage. Freiburg und Leipzig 
1906. Verlag von Paul Waetzel. Preis 3,80 M. 

Das Buch ist nach den vom Verfasser über 
die verschiedenen Fragen der Rindviehzucht 
gehaltenen Vorträgen bearbeitet und für den 
Züchter bestimmt. Die Kapitel über den Zucht- 
betrieb dürften aber auch für den angehenden 
Tierarzt manches Interessante bieten, da sie von 
einem in der Rindviehzucht mit großem Erfolge 
tätigen Tierarzt geschrieben sind. 

— Wells, Der Einfluß von Dorsch-Lebertran auf die 
Emähruni tuberkulöser Schweine. Manchester 1907. 

W. folgert aus seinen Versuchen, daß die 
Beigabe von Lebertran die Ernährung seiner 
Versuchsschweine auch der mit Tuberkulose in- 
fizierten, günstig beeinflußt habe, und daß bei 
den tuberkulösen Tieren die tuberkulösen Ver- 
änderungen Zeichen einer möglichen Heilung 
zeigten. Letztere Schlußfolgerung findet in den 
Versuchsergebnissen des Verfassers keine aus- 
reichende Stütze. 

Neue Eingänge: 

— Kllmmer, Veterinftrhyglene. Grundriß der 
Gesundheitspflege der landwirtschaftlichen Haus- 
tiere mit besonderer Berücksichtigung der Fütte- 
mngslehre. Mit 81 Textabbildungen. Berlin 1908. 
Verlag von Paul Parey. Preis 12 M. 

— Johne, A., Tasohenkalender fQr Fleloch- 
booobauer und Triohlnenochauer. 8. Jahrgang 1908. 



Berlin 1908. Verlag von Paul Parey. Preis 
2,25 M. 

— Kuhnert, W., Farbige TIerbllder. 50 farbige 
Reproduktionen nach Originalen. Mit Text von 
Oswald Graßmann und einer Einführung von 
F. H. Meißner. 9./10. (Schluß-)Heft Berlin 
1907. Verlag von Martin Oldenbourg. Preis 
des Heftes 2 M. 

— AngelofT, St, Die grauen durohoohoinoMlen 
Knötchen in den Lungen deo Pferdeo und ihre Be- 
ziehung zu der Rotzkrankheit I.-D. Gießen 1907. 
Berlin 1907. 

— Freytag, Friedrich, Beziehungen der Milz 
zur Reinigung und Regeneration deo Blutoo. I.-D. 
Erlangen 1907. Bonn 1907. 

— Nobler, John R. and Washbum, Henry J., 
A Comparative Study of Tubercle Baoilil from 
varied Sourceo. U. S. Departement of Agri- 
culture. Bulletin Nr. 96. Washington 1907. 

— Ijuie, C. B. and Weld, Ivan C, A City Milii 
and Cream Content As a practical method of 
improving the milk supply. Circular 117 des 
U. S. Bureau of animal Industry. Washington 1907. 

— Raneome, i. Tbe Genera Tricbootrongyliio, 
Ostertagia, n. g., Cooperla, n. g., and NematodiniOi 
n. g., with brief deocriptlons of new opeoieo. 

II. Oboervationo on the lifo history of 

otrongyloldeo longuo. Infeotlon throug the moutb 
and trough the okln. 

III. Notes on the lifo history of tricbo- 

otrongyluo retortoeformlo. Circular 116 des 
Bureau of animal Industry. Washington 1907. 

— Blaokleg, Its nature, cause and prevention. 
Circular 31 (II. revision) des U. S. Bureau of 
animal Industry. Washington 1907. 



Kleine Mlttellimgeii. 

— Kflnotllche Übertragung der Mftuoe-Sarko- 
oporidlen. Nachdem Smith die Übertragung 
der Sarkosporidien der Mäuse auf dem Wege 
des Verdauungskanals gelungen war, nahm 
Nögre diese Versuche auf und konnte fest- 
stellen, dafi die Parasiten erst nach etwa 
45 Tagen in den Muskeln auftreten und 
75—90 Tage zu ihrer vollständigen Ent- 
wicklung brauchen. Junge Mäuse sind emp- 
fänglicher als alte. Die Infektion läßt vor dem 
muskulären ein intestinales Stadium erkennen, 
währenddessen die Darmausscheidungen sehr 
reich an Sporen sind. Die Verftttterung des 
sporenhaltigen Kotes erzeugt die nämlichen Ver- 
änderungen und in der gleichen Zeit wie die 
Verfütterung infizierter Muskulatur. 

— Finnen beim Reh. Bündle (Rundschau a. 
d. Geb. d. ges. Fleischbeschau usw. 1907, S. 862) 



— 137 — 



fand in einem ihm von AngeBtellten eines Ver- 
kanfsvennittlers fiberbrachten Stück eines Reh- 
rflekens zahlreiche Exemplare des Cysticercus 
cellulosae. In einem 34 g schweren Stück 
Fleisch waren nicht weniger als 27 lebende 
Finnen zu zählen. 

— Behaadlung von Impfhitltuf beim Meneohen 
durch Rotlaiiftenim. Welzel- Emmerich (Münch. 
Med. Wochenschr. 1907, Nr. 50) behandelte einen 
Kollegen, der sich mit einer Schweinerotlauf- 
kultur am Finger infiziert hatte und hiemach an 
einer progressiven, erysipelartigen Schwellung 
der Hand erkrankt war, durch Impfung mit Rot- 
laufserum. Die Wirkung war überraschend 
günstig und beinahe augenblicklich einsetzend. 

— Borloht Dbor die TltlgkoH des Laboratoriums 
auf dem etil dtischon Schlachthof in Breslau. Nach 
dem von Rieck erstatteten Yerwaltungsbericht 
wurde das Laboratorium, von zahlreichen Fleisch- 
kochproben abgesehen, in 285 Fällen in Anspruch 
genommen. Das Untersuchungsmaterial ist vom 
Schlacht- und Viehhof, der damit verbundenen 
Abdeckerei, dem städtischen Schauamt, ver- 
schiedenen Polizeikommissariaten und Einwohnern 
Breslaus eingeliefert worden. 

Als seuchenverdächtig kamen zur Unter- 
suchung: 

Milzbrand 26 mal (Imal bestätigt beim Schaf), 
Rinderseuche Imal (nicht bestätigt), 
Schweineseuche 6 mal (3 mal bestätigt), 
Schweinepest 2 mal (bestätigt), 
Rotlauf 25 mal (12 mal bestätigt), 
Geflügelcholera 3 mal (bestätigt), 
Tuberkulose 36mal (17mal bestätigt), 
Sarkoptesräude 3 mal (2 mal bestätigt). 

Die Souchendiagnose wurde gewöhnlich 
durch Ausstrich, Kultur und Impfung sicher- 
gestellt. Bei Tuberkulose und Sarkoptesräude 
genügte die mikroskopische Untersuchung. 

Fleisch von Tieren, die einer Blut- 
vergiftung verdächtig waren, wurde durch 
Fütterungs- und Kulturversuche auf seine 
Schädlichkeit oder Unschädlichkeit geprüft. Es 
kamen so zur Untersuchung 84 Rinder, 2 Schweine, 
1 Schaf, 32 Kälber und 28 Pferde. Davon 
zeigten 3 Rinder, 2 Kälber und 1 Pferd Mikro- 
organismen im Fleisch, bei 3 Rindern und 
1 Kalb erkrankten oder starben die mit rohem 
Fleisch gefütterten weißen Mäuse. Diese 
Untersuchungen ermöglichten es, die 
gänzliche Vernichtung bedenklich er- 
krankter Tiere auf ein Minimum herab- 
zusetzen und durch Freigabe oder Ver- 
wertung des unschädlichen, genußtaug- 
lichen Fleisches auf der Freibank nicht 
unbedeutendes Kapital zu erhalten. Es 
mag hier noch erwähnt werden, daß bei beson- 



ders bedenklichen Fällen vor dem Inverkehr- 
bringen des Fleisches (außer den angegebenen 
Untersuchungen) auch Beamte des Schlachthofes 
sich freiwillig Speiseversuchen unterzogen, nach- 
dem die zuvor mit dem verdächtigen Fleische 
gefütterten Tiere gesund geblieben waren. 

Bei den zahlreichen Kochproben des 
Fleisches zeigten: urinOsen Geruch 10 Binnen- 
eber und 1 Rind mit Blasenentzündung, abnormen 
üblen Geruch 10 Rinder und 1 Pferd mit 
jauchigen Prozessen und Fischgeruch 2 Schweine. 

Zur Feststellung der Diagnose wurden 
histologische Untersuchungen 24mal be- 
nötigt (5 mal Organerkrankungen verschiedener 
Art, 16 mal Geschwülste, 2 mal Leukämie beim 
Schwein und Imal massenhafte Invasion von 
Cysticercus pisiformis beim Hasen). 

Untersuchungen auf Fäulniserscheinun- 
gen des Fleisches wurden 4 mal mit positivem 
Resultat ausgeführt 

Vierteljährlich einmal wurde vom Viehhof 
eingelieferte Mischmilch des Marktviehes 
untersucht: Die Milch war von gutem Geruch 
und Geschmack und hatte normalen Fettgehalt. 
Die Reaktion war amphoter, die Keimzahl 
nicht hoch. Tuberkelbazillen konnten auch nach 
dem Zentrifugieren mikroskopisch nicht nach- 
gewiesen werden. Jedoch erkrankten in 2 Fällen 
die mit zentrifagierter Milch geimpften Meer- 
schweinchen an Tuberkulose. 

Mehrfach wurden wissenschaftlich inter- 
essante Fälle bakteriell und histologisch unter- 
sucht und zum Teil für die pathologisch-ana- 
tomische und histologische Sammlung präpariert 
und konserviert 

Die Tierärzte des Schlachthofes nahmen 
vielfach Gelegenheit, sich mit den mikroskopi- 
schen und bakteriellen Untersuchungsmethoden 
vertraut zu machen. 

Also alles in allem hat sich die Errichtung 
eines Laboratoriums auch auf dem Schlachthofe 
zu Breslau als eine für die Sicherheit der 
Fleischbeschau, für die Erhaltung von Fleisch 
als Nahrungsmittel und für die Förderung der 
Wissenschaft nützliche Einrichtung erwiesen. 



Tagesgeschichte. 

— öfTontliche Schlachthöfe. Der Bau öffent- 
licher Schlachthöfe ist geplant in Nikolaiken, 
beschlossen in Leer. Eröffnet wurden die neu 
errichteten öffentlichen Schlachthöfe zu Alt- 
damm und Gl atz. Die Eröffnung steht bevor 
in Regenwalde. Die Errichtung von Kühl- 
häusern ist in Antonienhütte und Kempten 
beschlossen worden. Erweiterungsbauten sind 
beschlossen in Metz (Kostenbetrag 100000 M.). 



— 138 — 



— Das Peret nal der eiädtlschen Fleiacbbesobau 
zu Berlin umfaßte im vergangenen Rechnungs- 
jahre 1 Direktor, 48 Tierärzte (darunter 10 Stell- 
vertreter des Direktors), 21 Hilf Stierärzte, 1 Bureau- 
assistenten, 13 Bureaugehilfen, 3 Kontrolleure, 
14 Abteilungsvorsteher des Trichinenschauamts, 
26 Stellvertreter derselben, 2 Kassierer, 1 Stell- 
vertreter derselben, 124 Trichinenschauer, 127 
Trichinenschauerinnen, 40 Hilfsbeschauer und 
44 Hilfsbeschauerinnen, 91 Probenentnehmer, 39 
Stempler, 58 Hilfsstempler, 1 Oberaufseher, 3 
Aufseher, 2 Pförtner, 27 Arbeiter und 13 Arbeite- 
rinnen, zusammen 700 Personen. Die Gesamt- 
kosten der Berliner Fleischbeschau beliefen sich 
auf 1 361 640 M. 

— Änderung des Oldenburoischen Schlacbthaus- 
geeetzet. Der Oldenburgischen Ständeversammlung 
lag ein Entwurf zur Abänderung des Schlacht- 
faausgesetzes vor, wonach in Übereinstimmung 
mit den Preußischen Gesetzen eine wieder- 
holte Untersuchung tierärztlich bereits unter- 
suchten Fleisches in Zukunft auch in Schlacht- 
hofgemeinden nicht mehr stattfinden, außer- 
dem aber auch die Anordnung gesonderter Feil- 
bietung des von auswärts eingeführten frischen 
Fleisches untersagt sein sollte. Nach der „AUg. 
Fleischer-Ztg.^ ist der Gesetzentwurf indessen 
mit der Änderung angenommen worden, daß auch 
das von nichttierärztlichen Beschauem untersuchte 
Fleisch in Schlachthausgemeinden einer Nach- 
untersuchung nicht mehr unterworfen werden 
darf. Damit würde das Oldenburgische Schlacht- 
hausgesetz über das Preußische hinausgehen, 
das mit Rücksicht auf die tierärztliche Beschau 
in den Schlachthofgemeinden Erleichterungen 
nur ftlr das tierärztlich bereits untersuchte 
Fleisch geschaffen hat. 

— Sind die als Elnzelbeamte tätigen Fleiach- 
bescbaoer Gewerbetreibende oder Angestellte im 
Sinne des invaiidenversicberungsgesetzes? Nach 
einer Entscheidung des Reichsversicherungs- 
amts ist ein im Königreich Preußen als 
Einzelbeamter tätiger Fleischbeschauer An- 
gestellter im Sinne des Invalidenversicherungs- 
gesetzes und versicherungspflichtig, wenn seine 
Tätigkeit als Fleischbeschauer den Hauptberuf 
bildet und das Gehalt den Betrag von 2000 M. 
nicht überschreitet 

— Trennung des Fleiscbvericaufe und des Qeld- 
empfange hi den Fleiscberiaden empfiehlt der 
Polizeipräsident in Breslau aus hygienischen 
Gründen. Wo dies wegen kleinen Geschäfts- 
betriebs nicht angängig sei, solle dafür gesorgt 
werden, daß die Verkäufer die Fleischwaren 
nicht unmittelbar mit den Händen, sondern mit 
Gabeln oder dergleichen fassen und -abgeben. 



— Die Anordnung der Anbringung von Preio- 
tafein in den Fleitcheriädon hat die Strafkammer 
zu Gera als unzulässig, weil mit dem § 72 der 
Gewerbeordnung im Widerspruch stehend, be- 
zeichnet. Ein Schöffengericht zu Leipzig hat 
sich auf den gleichen Standpunkt gestellt 

— Das Blut geschftchteter Tiere ist nach einem 
Erlaß der Königl. Preuß. Herrn Minister für 
Landwirtschaft und der Geistlichen usw. Ange- 
legenheiten als untauglich nach § 35 Nr. 18 
B. B. A. auch dann anzusehen, wenn nach dem 
Schächtschnitt die sogenannte Schlundzange an- 
gelegt wurde. 

— Erneuter Unfall beim Gebrauch des Sohuß- 
apparates zum Töten von Scblaobtvleb. Dem 

Schlächtergesellen E. in Eupen drang eine 
Kugel, die vom Kopf eines mit dem Schuß- 
apparat zu tötenden Schweines abgeprallt war, 
in den Unterleib. 

— Die Aufbebung dar in Baden bottebeiMten 
Scbiacbtsteuer wird von der Großherzoglichen 
Begierung dem Badischen Landtage vorge- 
schlagen. 

— Scblacht- und Mattviebauostellungon. Nach 
dem Vorbild von Berlm, Köln, Hamburg, Königs- 
berg, Magdeburg beabsichtigt auch Stuttgart 
die Veranstaltung einer Schlacht- und Mastvieh- 
ausstellung, um den dortigen Schlachtviehmarkt 
zu heben. Die erste derartige Ausstellung soll 
in Stuttgart im April 1909 stattfinden. 

— Die Beiträge zur staatiioben Soblaobtvieb- 
versicberung im KSnigreicb Sacbsen betragen für 
1908: 3 M. für ein männliches, 5 M. für ein 
weibliches Rind und 80 Pf. für ein Schwein. 

— Gegen die Einfubr gekflhiten und gefirorenen 
Qberseeiscben Fieiscbes hat sich, nach der ^Allg. 
Fleischer- Zeitung", der Ackerbauminister Dr. 
Ebenhoch im österreichischen Landtag mit der 
Begründung ausgesprochen, daß die Verhältnisse 
der Viehhaltung und Veterinärgesetzgebung in 
jenen Ländern nicht die genügenden Garantien 
bieten. 

— Eine neue Art von Fleiochstempeifäloobung. 

Der Fleischermeister E. in K. ist von der Straf- 
kammer zu K. wegen Vergehens wider das 
Fleischbeschaugesetz zu 450 M. Geldstrafe ver- 
urteilt worden. E. hat eine als minderwertig 
abgestempelte Kuh gekauft und den Minder- 
wertigkeitsstempel in einen VoUwertigkeits- 
stempel dadurch umzuändern versucht, daß er 
das Viereck um den Kreis aus dem Fleisch 
ausschnitt (vgl. auch den Bericht über die Leip^ 
ziger Fleischvergiftung vor Gericht). 

— Trichinenscbau in Bayern. In Germ er s- 
heim und Landau in der Pfalz ist die TrichineU" 
schau fakultativ eingeführt worden. 



— 139 — 



— ElM TrioMiwepfdMie ii Churkm. In 
letiter Zeit ist eine Trichinenepidemie in Charkow 
aufgetreten, in deren Verlauf 87 PerBonen er- 
krankten nnd 2 starben. Diese Zahlen waren 
antlieh registriert; es ist aber möglich, dafi auch 
in den armen und niedrigen Volksschichten die 
£pidemie unbekannterweise geherrscht hat 
Interessant ist, daß in diesem Falle die Diagnose 
durch Biopsie festgestellt wurde. £in erkrankter 
Ofensetzer und zwei Studenten erlaubten, dafi 
aus ihrem Körper kleine Stückchen Fleisch 
herausgenommen wurden. Gewifi waren diese 
Stttckchen aus Muskeln, in denen die Patienten 
Schmerzen ftlhlten. In allen drei Fallen hat 
man Trichinen entdeckt. Diese Untersuchung 
wurde zwölf Tage nach den ersten Symptomen 
dieser Krankheit vorgenommen. Die Unter- 
suchung mußte ausgeführt werden, weil die 
Symptome nicht klar waren. Die Untersuchung des 
Blutes ergab starke Leukocytose (90 Proz. 
Eosinophilie). Die Nekropsie des zuletzt ge- 
storbenen Patienten erwies zahlreiche Trichinen 
in dem Muskelgewebe. Dieses letzte Opfer war 
ein junges Fräulein, Mitglied der hiesigen 
deutschen Kolonie. Die Stadt Charkow hat 
einen öffentlichen Schlachthof mit guten Ein- 
richtungen und ausreichendem Personal; außer- 
dem haben wir Zwangsfleischbeschau auf dem 
Markt für das von außerhalb eingebrachte Fleisch. 
Leider haben wir aber keine Viehversicherung, 
und dieses ist eine Ursache großen Fleisch- 
schmnggels. D e d ü l i n - Charkow. 

— Ein Opfer der Vtotzkrankhelt Der russische 
Tierarzt Suchodolskj ist im vorigen Herbst 
infolge einer Rotzinfektion gestorben. Er 
mußte auf einem Viehmarkt im Ekaterino- 
slawischen Gouvernement • Pferde untersuchen. 
Während dieser Arbeit ist die Ansteckung erfolgt. 
Kollege Suchodolsky starb etwa drei Wochen 
nach der Infektion. Dedül in -Charkow. 

— Fleisohvergtftuni. In Rostock sind an 
die 60 Personen nach Genuß von Landleber- 
wurst unter den Erscheinungen von Durchfall 
und Erbrechen erkrankt. Eine Untersuchung 
über die Herkunft der giftigen Würste ist ein- 
geleitet 

— Die Lei|izl|er Fleisofavemlfluno vor Gerloht 
Im Mai 1905 erkrankten in Leipzig und den Vor- 
orten Wahren, Böhlitz-Ehrenberg und Möckem 
nach Fleischgenuß gegen 200 Personen, von 
denen zwei, zwei Knaben im Alter von 9 
und 11 Jahren, gestorben sind. Die Krank- 
heitserscheinungen bestanden in Benommenheit 
des Kopfes, heftigen Kopfschmerzen, Mattig- 
keit, Leibschmerzen, Erbrechen, Krampfanfällen. 
Die schwersten Erkrankungen zeigten sich bei 
denjenigen Personen, die das Fleisch roh genossen 



haben. Bei den gestorbenen Knaben hat 
Professor Marchand eine infektiöse Enteritis 
festgestellt Der Hygieniker Hoff mann isolierte 
aus dem giftigen Fleisch den Bacillus 
enteritldis, der ein stark hitzebeständiges 
Toxin erzeugte; das Toxin wurde erst durch 
nachhaltiges Kochen, nicht dagegen durch das 
gewöhnliche Kochen zerstört. 

Die Verhandlung ergab, daß das Fleisch von 
einer Kuh stammte, die anfangs Mai zwei Kälber 
geboren hatte und hierauf krank wurde. Am 
18. Mai wurde tierärztliche Hilfe nachgesucht 
Am 21. Mai ist dem behandelnden Tierarzt S. in T. 
gemeldet worden, daß die Kuh das Maul nicht 
mehr öffnen könne, worauf S. Starrkrampf an- 
nahm und zur Schlachtung riet, nachdem der 
Fleischbeschauer zur Lebendbesichtigung zu- 
gezogen worden sei. Der Fleischbeschauer sah 
die Kuh erst nach der Schlachtung und verwies 
die Beschau an den ELreistierarzt B. in T. Dieser 
stellte an den Sexualorganen eine schleimig- 
eitrige Entzflndung fest Erscheinungen einer Blut- 
vergiftung hätten nicht vorgelegen. Deshalb hat 
Kreistierarzt B. dem Besitzer erklärt, das Fleisch 
dürfe nicht ausgeführt, aber im eigenen Haushalt 
verwendet werden. B.hat das Fleisch in gekochtem 
und gebratenem Zustand für zum menschlichen 
Genuß geeignet, also für bedingt tauglich ge- 
halten, versehentlich aber mit dem Minder- 
wertigkeitsstempel versehen. Der Besitzer I. ver- 
kaufte die Kuh durch Vermittlung des Haus- 
schlächters T. zum Preise von SO M. an zwei 
Leipziger Schlächter W.und M., die das Quadrat 
von den Minderwertigkeitsstempeln ab- 
schnitten, so daß ein dem Tauglichkeitsstempel 
ähnlicher Stempel übrig blieb. Das Fleisch ist 
zum Preise von 80 Pf. das Pfund verkauft worden. 

Die Fleischermeister W.und M. wurden wegen 
Vergehens gegen § 10 Ziff. 2 N. M. G. und §§ 26 
Ziff. 3 und 27 Ziff. 4 R. 6. zu 5 und 6 Monaten 
Gefängnis sowie zu einer Geldstrafe von 800 M. 
und wegen Beihilfe zu dem Vergehen wider den 
§ 10 Ziff. 2 N. M. G., der Besitzer I. zu einem 
Monat und der Hausschlächter T. zu 6 Wochen 
Gefängnisstrafe verurteilt 

— StrafirecMlcho Verfelouig der LieferaateA 
von Wurttverfilscbuiiiitmltteln. Der Fleisetaer- 
meister F. in Aachen wurde wegen Zusatzes 
von Thüringer Wurstrot zu sog. Preßkopf zu 
einer Geldstrafe verurteilt Gleichzeitig wurde 
ein Agent, der dem Fleischermeister das 
Wurstrot geliefert hatte, wegen Beihilfe zur 
Nahrungsmittelfälschung angeklagt Das 
Verfahren gegen ihn wurde nur deswegen ein- 
gestellt, weil er kurz zuvor wegen des gleichen 
Vergehens bestraft worden war und das Gericht 
eine fortgesetzte Handlung annahm* 



— 140 



•— Der genMeeiisohaRlicbe Eierverkauf ent- 
wickelt sich in der Provinz Hannover in er- 
freulicher Weise. Es bestehen daselbst jetzt 
130 Eierverkanfsgenossenschaften, von denen 
112 im verflossenen Jahr 23 Millionen Eier um- 
gesetzt haben. 

— Deklaration der Eier detrtsGher Herkunft. 
Die deutschen Nutzgeflflgelzüchter verlangen die 
allgemeine Einführung eines Stempels „deutsches 
Ei** für Eier deutscher Herkunft Gegen die un- 
reellen Händler, die abgelagerte ausländische 
Eier als frische deutsche Trinkeier ausgeben, soll 
auf Grund des Gesetzes gegen den unlauteren 
Wettbewerb vorgegangen werden. 

— Ate Fuüermittel fQr Kindermiloh liefernde 
Ktthe sind durch Bekanntmachung des Ober- 
prfisidenten zu Potsdam vom 20. September 1907 
auch Steffens Original - Zuckerschnitzel 
in vorzüglicher Qualität zugelassen worden. 

— Ein Miichmerkbtett, das die wichtigsten 
Angaben über Milcherzeugung und Milchver- 
brauch, über die Zusammensetzung, gesundheit- 
liche Bedeutung, Gewinnung und Behandlung 
der Milch, über Milchfehler, sowie über Milch- 
erzeugnisse enthält, ist im Kaiserlichen 
Gesundheitsamt bearbeitet worden und 
durch die Yerlagshandlung von Julius 
Springer in Berlin zum Preise von 10 Pf. zu 
beziehen. 

— VerVfrentiicIiung der MllchkontrolleroebnlMe 
und Beaaerung dea Fettgehaita der Milch. In 
Biebrich hat sich seit Veröffentlichung der Er- 
gebnisse der polizeilichen Milchkontrolle, nach 
der „Molkerei-Ztg. Berlin**, der Fettgehalt der 
Marktmilch um fast l^o gehoben. 

— Kennzeichnung däniaoher Butter und diniaohen 
Schwelnefleiachea. Durch Königliche Verordnung 
vom 12. Juli 1907 ist vorgeschrieben worden, daß 
alle in Dänemark ans pasteurisiertem Rahm 
hergestellte Butter am Herstellungsort mit 
einem bestimmten, die ViTorte „Dansk Smer** oder 
eine entsprechende fremdsprachliche Bezeichnung 
enthaltenden Kennzeichen zu versehen sei. Nach 
der gleichen Verordnung muß alles dänische 
leicht gesalzene Fleisch, das aus dem Land 
ausgeführt wird, mit einem den Namen „Danmark** 
aufweisenden Stempel versehen werden. 

— MiBbrauch der HolUbidiaoban Reiohakontroll- 
buttermarke. Holland hat bekanntlich als 
Kampfmittel gegen die gewerbsmäßigen Butter- 
verfälschungen, die die holländische Butter 
in schweren Mißkredit gebracht haben, eine 
Reichsbutterkontrolle eingerichtet. Die Molke- 
reien, die sich der Kontrolle freiwillig unter- 
werfen, werden von Reichsbeamten dauernd 
kontrolliert und erhalten zum Zeichen hierfür 



numerierte Papiermarken, die mit einem Holz- 
instrument derart auf der Butter angebracht 
werden, daß sie nicht mehr imversehrt von der 
Butter abgelöst und etwa auf gefälschter Ware 
angebracht werden können. Der Butterhändler 
V. L. in Nijmwegen hat nun, nach der „Molkerei- 
Ztg. Berlin^, die Marke in der Weise mißbraucht, 
daß er die obere Butterschicht samt Marke ab- 
schnitt und auf eine Margarine legte. Die Sühne 
für diesen Betrug waren 3 Monate Gefängnis. 



PersonaUen. 

Gewählt: Die Tierärzte Both-Altdamm zum 
Schlachthofdirektor daselbst; Hermann Hars- 
lem -München zum Schlachthoftierarzt in Saar- 
louis; Müller-Glatz zum Schlachthofdirektor 
daaelbst; Schäme -Villingen zum Schlachthof- 
tierarzt in Metz; Peter Kämmerer-Langstadt 
zum Schlachthoftierarzt in Heidelberg; Richard 
Kurth -Laubegast zum Schlachthoftieraizt in 
Zwickau in S. 



YakanzeiL 

Freienwalde (Pommern): Tierarzt für 
Fleischbeschau; Bewerbungen an den Magistrat. 

Gelsenkirchen: Assistenztierarztstelle zum 
1. April 1908. Anfangsgehalt 2700 M. Be- 
werbungen an den Oberbürgermeister. 

Osnabrück: H. Assistenztierarzt am 
Schlachthof, 2100 M., steigend alle 3 Jahre um 
150 M. bis 3000 M., freie Wohnung, Licht» 
Heizung. Bewerbungen an den Magistrat 

Polle (Weser): Tierarzt für Fleischbeschau, 
Fixum etwa 1000 M. 

Pyritz: Schlachthofdirektor, 1800 M., steigend 
alle drei Jahre um 150 M. bis 2400 M., freie 
Wohnung, Licht, Heizung. Bewerbungen an den 
Magistrat 

Schorndorf: Stadt- und Distriktstierarzt, 
Wartegeld 1000 M. Bewerbungen an das KgL 
Oberamt daselbst. 

Schwiebus (Bez. Frankfurt a. 0.): Schlacht- 
hofleiter, 2400 M., steigend alle 3 Jahre um 300 M. 
bis 3000 M., freie Wohnung, Heizung. Bewerbungen 
an den Magistrat. 

S t e i n au (Oberschlesien) : Tierarzt für Fleisch- 
beschau. 

Stettin: Assistent für das bakteriologische 
Institut der Landwirtschaftskammer. Anfangs- 
gehalt 2400 M. 

Stuttgart: Fleischbeschauassistenztierarzt, 
2400 M., jährliche Erhöhung um 50 M. bis 3000 M. 
100 M. Teurungszulage. Bewerbungen an daa 
Stadt. Fleischbeschauamt. 



Yerantwortllcber Redukteor (exld. Inseratonteil): Prot Dr. Ostertag in Berlin; — Vorlag von Rlchanl Sohoets in BerliiL 



Zeitschrift 

für 



Fleisch- und Milchhygiene. 



Achtzehnter Jahrgang. 



Febrasr 1908. 



Heft 5. 



Original-Abhandlungen. 

(Nachdmek Terboten.) 



Die bakteriologische Untersuchung von 
Fleisch notgeschlachteter Tiere. 

Von 

Dr. Bugge-Kiel, 

Vontaiier de« Tierseoctaeniiutitat« der Landwirticbaftskanimer 
fAr die Provinz Schlesvrig-Holstein. 

Die Beurteilung des Fleisches not- 
geschlachteter Tiere gehört zu den 
schwierigeren Aufgaben des tierärztlichen 
Bemfes, da die Notschlachtungen der 
Tiere seltener in den mit den erforderlichen 
Hilfsmitteln ausgerüsteten Schlachthöfen, 
als auf dem flachen Lande vorgenommen 
werden. In den Schlachthöfen wird ein 
notgeschlachtetes Tier, über dessen Ver- 
wertung nach dem anatomischen Befund 
Zweifel bestehen, vorläufig beschlagnahmt 
und in den Eühlraum gehängt, um nach 
dem Ausfall ergänzender Untersuchungen 
begutachtet zu werden. Der Tierarzt auf 
dem flachen Lande ist in Fällen von Not- 
schlachtungen auch angewiesen (All- 
gemeine Verfügung des Ministeriums für 
Landwirtschaft vom 24. März 1905,*) 
in ZweifelsftUen nicht sofort sein Gut- 
achten abzugeben, sondern die Beschau 
zu wiederholen, hat aber mit Rücksicht 
auf die ungeeignete Art der Aufbe- 
wahrung des Fleisches und die hiermit 
verknüpfte Gefahr raschen Verderbens 
darauf Bedacht zu nehmen, die zweite 
Untersuchung der ersten möglichst bald, 
jedenfalls in spätestens 24 Stunden, folgen 
zu lassen. 

Bei der Begutachtung des Fleisches 
notgeschlachteter Tiere handelt es sich 
um eine Entscheidung zwischen Scylla 
und Charybdis, um die Pflicht, das Fleisch 

*) Siehe diese Zeitschrift XV. Jahrg., S. 249. 



kranker Tiere soweit als möglich der Ver- 
wertung als Nahrungsmittel zu erhalten, 
und die Aufgabe, nicht ein Stück Fleisch 
notgeschlachteter Tiere in den Verkehr 
zu geben, das geeignet ist, die mensch- 
liche Gesundheit zu beschädigen. Geht der 
Tierarzt, um sich vor strafrechtlicher Ver- 
antwortung zu sichern, zu streng vor, so 
vernichtet er erhebliche Werte in kurzer 
Zeit. Läßt er sich dagegen durch die 
Klagen der Besitzer über den großen mit 
der Beanstandung eines ganzen Tieres ver- 
bundenen Verlust bestimmen, Fleisch not- 
geschlachteter Tiere vor Beseitigung aller 
Zweifel über die Genußtauglichkeit dem 
Konsum zu übergeben, so kommt er, wie die 
traurigen Fälle von Massenerkrankungen 
nach Fleischgenuß lehren, in die Gefahr, 
schweres Unheil herbeizuführen. Da die 
Verhütung von Gesundheitsschädigungen 
die erste Aufgabe der Fleischbeschau ist, 
hat der Sachverständige in allen zweifel- 
haften Fällen die Vernichtung anzuordnen, 
wenn die Zweifel nicht durch er- 
gänzende Untersuchungen beseitigt werden 
können. 

Zur Sicherung der Entscheidung in 
zweifelhaften Fällen von Notschlachtungen 
haben wir z. Z. nur ein Mittel, die 
bakteriologische Untersuchung des Flei- 
sches. Die Prüfung der Reaktion, die 
histologische Untersuchung der Muskulatur 
und die Kochprobe, die auch zur Er- 
gänzung der ordnungsmäßigen Beschau 
empfohlen worden sind, liefern in dieser 
Hinsicht keine sicher verwertbaren Er- 
gebnisse. Es lassen sich zwar Fälle 
theoretisch konstruieren, in denen auch 



142 — 



die bakteriologische Untersuchung nicht 
ausreicht. Bei dem tieferen Eindringen 
in das Wesen der Infektionskrankheiten 
und in die Biologie der Krankheitserreger 
erfahren wir immer wieder, daß das Ge- 
biet der Infektionskraukheiten noch Bätsei 
birgt, und daß Überraschungen auch auf 
einem anscheinend bekannten Felde nie- 
mals auszuschließen sind. Ein aus dem 
Rahmen unserer jetzigen Kenntnisse heraus- 
tretender Fall wird neues Licht in das 
Wesen der Krankheiten bringen, die die 
Notschlachtungen bedingen, wie dies in 
der Medizin in anderen Fällen — ich 
erinnere nur an paradoxe Einzelfälle bei 
Anwendung des Chloroforms, des Phenols, 
des Chloralhydrats usw. — schon ge- 
schehen ist. Auch hier hat die Erfahrung 
die Erkenntnis weitergebracht. Nach dem 
gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse 
müssen wir aber das Verfahren der bakterio- 
logischen Untersuchung als das beste und 
sicherste fär die Beseitigung von Zweifeln 
bei der Beurteilung des Fleisches not- 
geschlachteter Tiere bezeichnen. Haben 
wir dieses Verfahren angewandt, so ist alles 
getan worden, um eine sichere Unterlage 
für das Verfahren mit dem Fleische eines 
notgeschlachteten- Tieres zu erlangen. 

Durch die Errichtung von bakterio- 
logischen Instituten und Laboratorien in 
der Provinz ist die Möglichkeit gegeben, 
auch bei Notschlachtungen auf dem platten 
Lande die erforderlich werdenden bakte- 
riologischen Untersuchungen auszuflihren. 
Selbstverständlich muß, wenn die Provinz- 
institute diesem Zwecke nutzbar gemacht 
werden sollen, das Fleisch schnellstens 
(als „Eilpaket'^ und als „dringend, auch 
nachts zu bestellen") eingesandt werden. 
In den Laboratorien muß das einkommende 
Material sofort verarbeitet werden, damit 
das Ergebnis der Untersuchung möglichst 
bald mitgeteilt werden kann. Die König- 
liche Regierung zu Schleswig hat, wie in 
dieser Zeitschrift*) schon mitgeteilt worden 



♦) Jahrgang XVBL, S. 259. 



ist, im Februar 1907 verfugt, daß in allen 
Fällen von Notschlachtungen ein Stück 
Muskelfleisch an dasmirunterstelltelnstitut 
zur bakteriologischen Prüfung eingesandt 
werden. Hierauf sind bis zum 10. No- 
vember 1907 116 Untersuchungsproben 
dem Institute zugegangen, deren Prüfung 
folgendes Ergebnis hatte. 

Untersuohungsverfahren. Zur Ausfühning der 
Untersuchung war ein Fleischwarfel von 10 cm 
Länge, Breite und Höhe verlangt worden. Leider 
wurden sehr häufig so kleine Stflcke eingeliefert, 
daß die Einsendung weiteren Materials not- 
wendig wurde. Nach genauer Buchung werden 
die eingehenden Pakete geöffnet und die Fleisch- 
stücke auf signierte Teller gelegt. Nunmehr wird 
die Oberfläche der Fleischstücke mit einer starken 
Flamme oder eine Stelle mit glühenden Messern 
gründlichst abgesengt und darauf mit einem 
glühend gemachten Messer ein tiefer Schnitt an- 
gelegt. Von der Mitte der Schnittflächen werden 
mit sterilisierten Messern Fleischmassen in der 
Größe einer Bohne bis Haselnuß abgeschabt und 
in verflüssigten, auf 42 Grad Celsius abgekühlten 
Agar gebracht. Die Fleischmassen werden in 
dem Agar fein verteilt und insgesamt von 
jedem Fleischstück vier Agarplatten ge- 
gossen. 

Zu den Versuchen wurde der gebräuchliche 
Agar verwendet, weil auf diesem Nährboden alle 
Keime wachsen, die bisher als Erreger von 
Fleischvergiftungen ermittelt worden sind, und 
weil er der Bruttemperatur ausgesetzt werden 
kann, und auf diese Weise etwaige in dem Fleisch 
enthaltene Keime am schnellsten zur Entwick- 
lung gebracht werden. 

Sowohl die Agarplatten, wie auch die ent- 
leerten Agarröhrchen, deren Inhalt zum Platten- 
gießen verwendet wurde, werden in den Brut- 
schrank gestellt. 

Treten auf die Oberfläche des Fleisches 
Bluttropfen hervor oder befindet sich in den 
durchschnittenen Gefäßen Blut, so wird es in be- 
sonderen Agarplatten verarbeitet und gleichzeitig 
mikroskopisch auf die Gegenwart von Keimen 
geprüft. 

Zur Feststellung der Reaktion der Muskulatur 
wird rotes und blaues Lackmnspapier auf die 
frischen Schnittflächen gelegt; hierauf werden 
die Schnittflächen gegeneinander gedrückt Auf 
diese Weise wird ein Einfluß anderer Stoffe wie 
des Wassers, des Messers, des an der Hand 
haftenden Schweißes usw. auf die Reaktion aus- 
geschlossen. Femer wird in Kochsalzlösung ein 
Stückchen Muskulatur zerzupft und histologisch 



— 143 — 



iintereucht In einer grofien Zahl von Fällen 
wurde aoch die Kochprobe angestellt, die in- 
dessen in keinem Falle ein verwertbares Ergebnis 
lieferte. 

Nach 10 bis 12 Standen werden die A gar- 
platten nnd -röhrchen eingehend makroskopisch 
auf etwa gewachsene Kolonien untersucht Ver- 
düchtige Stellen werden angezeichnet und bei 
der folgenden mikroskopischen Untersuchung bei 
30 facher Vergrößerung geprüft. Von hierbei nicht 
sofort richtig zu deutenden kolonienähnlichen Ge- 
bilden werden Kulturausstriche angelegt und ge- 
färbte Ausstrichpräparate angefertigt Sind die 
Platten und Röhrchen frei von Kolonien, so wird die 
meist telephonisch oder telegraphisch eingeforderte 
Auskunft übermittelt und darauf sofort, um 
jeden Irrtum auszuschließen, auf besonderem 
Formular die Mitteilung wiederholt Auf dem 
Formular ist besonders hervorgehoben, daß das 
Untersuchungsergebnis sich nuraufdieSkelett- 
Muskulatur, nicht auf die Eingeweide bezieht 
Es haben nach unseren Untersuchungen die Ein- 
geweide häufig Keime in Fällen enthalten, in 
denen die Muskulatur von Keimen frei war. 

Von den 116 eingelieferten Proben 

waren: 

Zahl der 
Proben 

92 



vom Bind 

vom Kalb 7 

vom Schwein 7 

vom Pferd 2 

vom Kaninchen 1 

vom Geflägel 2 



keim- 
haltig 

17 

3 

2 



keim- 
frei 

75 

4 

5 

2 

1 
2 



Aoßerdem sind fanf Wurstproben ein- 
gesandt worden. 

Als Ursache der Notschlachtungen bei 
den Tieren, von denen die Fleischproben 
stammten, wurden angegeben: 
a) beim Rind: 

Gesamt- Proben 
zahl keimhaltig 
Geburtshindemisse .... 4 1 

Schwäche nach der Geburt . 1 — 

Gebärmutterzerreifiung ... 1 1 

Festliegen und Folgen ... 4 2 

Scheidenvorfall 2 — 

Retentio secundinarum ... ? — 

Metritis septica 4 2 

^ ichorrhoica .... 2 — 

„ suppurativa .... 1 1 

„ chronica 1 — 

Metritis et Mastitis .... 3 1 

Mastitis mit Folgezuständen . 6 3 

Lymphdrfisenschwellung . « 2 — 



Septikämie 

Appetitlosigkeit mit Störung 
des Allgemeinbefindens . 

Rniegelenkentzttndung . . 

Verletzung des Metacarpus 

Panaritium .... 

Pericarditis traumatica 

Pleuritis et Peritonitis 

Bauchfellentzündung 

Toxische Symptome . 

Parenchymatöse Leber- 
entzündung 

Leberabszesse und Nekrose 

Durchfall u. Leberschwellung 
„ ff Gelenkentzündung 

Lungen Veränderungen 

Lähmungen .... 

PansenlähmuDg . . 

Blutungen .... 

Keine Diagnose bei . 



Gesamt- Proben 

zahl keimhaltig 

2 ~ 

1 — 

1 — 

1 1 

1 — 

2 — 
2 — 
2 — 



4 

2 

27 



Zusammen: 
b) beim Kalb: 

Durchfall 

Kniegelenkabszeß .... 
Keine Diagnose bei . . . . 



92 



1 
4 



17 

2 

1 



Zusammen: 7 
c) beim Schwein: 
Geburtshindemisse .... 1 

Gebärmuttervorfall .... 1 

Septikämie 3 

Hautentzündung 1 

Keine Diagnose bei . . . . 1 



Zusammen: 7 2 

Über die gefundenen Keimarten werde 
ich später berichten. Es sei nur hier 
schon hervorgehoben, daß durch diese 
Untersuchungen in zwei Fällen bei 
Schweinen mit unerkiärlichenKrank- 
heitssymptomen Milzbrandkeime in 
allen Fleischstttcken durch das Platten- 
verfahren und die folgenden Tierversuche 
festgestellt worden sind. 

Bei Einsendung der Fleischproben vom 
Pferd und Geflügel war die Krankheit, 
die zur Notschlachtung führte, nicht mitge- 
teilt worden. Das eingelieferte Kaninchen 
hatte ein großes Lipom in der Bauch- 
höhle. 

Zwischen dem Zeitpunkt der Ein- 
lieferung und dem Abschluß der Unter- 
suchung und der Übermittelung der Er- 



— 144 — 



gebnisse sind bei Einsendung genügend 
großer Mnskelstflcke kanm mehr als 
24 Stunden verflossen. Wenn die 
Sendungen abends oder nachts eintrafen, 
konnte das Resultat meist am Morgen, 
nach 10 bis 12 Stunden, übermittelt 
werden. In einigen Fällen, in denen kleine, 
unzureichende Mengen von Fleisch gesandt 
worden waren, mußte eine nochmalige 
ÜberweisungvonMaterialveranlaßtwerden, 
wodurch der Abschluß sich bis zu 36 
Stunden verzögerte. 

Mehrfach sind von dem gleichen Tiere 
mehrere Muskelstücke untersucht worden. 
Es wurde aber stets das gleiche Er- 
gebnis hinsichtlich desEeimgehaltes 
der verschiedenen Muskelstücke er- 
zielt. Dagegen sind einmal in dem Herz- 
muskel Keime in großer Zahl festgestellt 
worden, während die Skelettmuskulatur 
Keime nicht aufwies. Bei einigen Unter- 
suchungen wurden in der ersten Serie von 
Agarplatten je einige Kolonien angetroffen. 
Als nach 12 bis 18 Stunden eine zweite 
Serie von Platten mit den gleichen Mengen 
Material gegossen wurde, war der Agar 
von Kolonien dicht durchsetzt. Es hatte 
demnach in der Zwischenzeit im Fleisch 
eine erhebliche Vermehrung der Keime 
stattgefunden. 

Auf die Bakterienart, die in der Tiefe 
der Muskulatur nachgewiesen werden 
konnte, kam es zunächst nicht an, da auf 
dem platten Lande — im Gegensatz zu 
Schlachthöfen — die Möglichkeit nicht 
besteht, durch eine Sterilisation Fleisch 
verwertbar zu machen, das Bakterien 
enthält, die Toxine überhaupt nicht oder 
doch keine hitzebeständigen Toxine bilden. 

Die Reaktion der bakterienfreien 
Muskulatur war zurzeit der Einsendung 
meist sauer, etwa in 7 Proz. der Fälle 
amphoter bis schwach sauer, einmal 
amphoter bis alkalisch und in drei Fällen 
anfangs alkalisch und nach 24 Stunden 
sauer. Die keimhaltige Muskulatur 
reagierte ebenfalls meist sauer, nur 
ganz vereinzelt alkalisch; selbst in Fleisch- 



stücken, die Kolon- und Enteritisbakterien 
in großer Menge enthielten, war eine 
deutliche saure Reaktion nachweisbar. 
Die Struktur der Muskulatur war 
meist normal; in ganz vereinzelten 
Fällen waren die Muskelfasern leicht ge- 
körnt. Es ist besonders hervorzuheben, daß 
keimfreie Muskulatur, wenn auch selten, 
kömige Einlagerungen aufwies, während 
keimhaltige Muskelstücke ohne irgend- 
welche Körnung der Muskelfasern waren. 
In einem Falle, der zu einer schweren 
Fleischvergiftung Veranlassung gegeben 
hatte und von dem wir darauf Material 
zur Untersuchung erhielten, war die 
Muskulatur ohne jede histologische 
Veränderung und die Reaktion sauer, 
desgleichen bei der einen Probe Muskel- 
fleisch vom Schwein, in der Milzbrand- 
erreger in großer Zahl gefunden wurden. 

Nach der Fleischbeschau-Literatur sind 
keine bestimmten Krankheiten der Haus- 
tiere bekannt, in denen Fleischvergifter 
die Ursache waren. Die Krankheiten 
fielen unter das Bild der Sepsis. Es muß 
deshalb angenommen werden, daß diese 
Erreger nur gelegentlich auf Tiere über- 
gehen, die vielleicht durch andere Krank- 
heiten in ihrer Widerstandsfähigkeit ge- 
schwächt sind, und es muß die Aufgabe 
der Fleischbeschau sein, die klinischen 
Symptome bei jenen Tieren genau zu er- 
mitteln, deren Fleisch Gesundheits- 
schädigung bedingen kann. 

In der Leber des Kalbes habe ich in 
meiner früheren Stellung am Hygienischen 
Institut der Tierärztlichen Hochschule zu 
Berlin kleine Knötchen beobachtet, die 
bei Weiterverimpfung an andere Versuchs- 
tiere letztere in kurzer Zeit krank machten 
und töteten. In den liCbem der Versuchs- 
tiere wurden die gleichen kleinen Knöt- 
chen gefunden. Ich überließ die weitere 
Bearbeitung der Frage Herrn Dr. Langer, 
der feststellte, daß die Knötchen durch 
Bakterien aus der Gruppe der Paratyphus- 
bazillen (Fleischvergifter) verursacht 
wurden. Bei der großen Zahl von Kälber- 



— 145 — 



Sektionen im hiesigen Tierseucheninstitut 
habe ich mehrfach derartige Knötchen in 
den Lebern von Kälbern gesehen, und es 
konnte auf Omnd dieses Befundes vor- 
ausgesagt werden, daß Paratyphusbazillen 
die Ursache der Krankheit und des Todes 
der Kälber bildeten. Die weiteren Unter- 
suchungen haben jene Voraussage stets 
bestätigt. Nach diesen Untersuchungen 
sind Kälber mit kleinen grauweißen bis 
orangeroten Herden in der Leber von der 
Größe eines Grieskomes, da sie Paratyphus- 
bazillen in der Leber und im Blut be- 
herbergen, vom Verkehr auszuschließen. 
Von den von mir untersuchten 116Fleisch- 
proben sind 22 mit Keimen, darunter 
2 mit den Erregem des Milzbrandes 
behaftet gefunden worden. In diesen 
Fällen war das Fleisch dem Verkehre zu 
entziehen. Im übrigen entschied das 
negative Ergebnis der bakteriologischen 
Untersuchung fBr die Inverkehrgabe des 
Fleisches, gewiß ein Beweis, in wie vielen 
Fällen die bakteriologische Untersuchung 
das Verfahren bei der Begutachtung 
des Fleisches notgeschlachteter Tiere zu 
sichern und die Zweifel zu beseitigen 
vermag, die nach dem anatomischen Be- 
iunde bestehen. 



Die außerordentliche Fleischbeschau als 
besonderer Lehrgegenstand an den tier- 
ärztlichen Hochschulen."^) 

Von 

K. Berobnami-Berlin, 

Pollxeitlerant. 

In jüngster Zeit ist in verschiedenen 
größeren Städten die Absicht hervor- 
getreten, eine erweiterte Nahrungsmittel- 
kontrolle einzuführen. Hierbei sollen auch 
die animalischen Nahrungsmittel auf den 
Märkten und in den Qeschäften einer schär- 
feren Beaufsichtigung unterworfen worden. 

Diese Kontrolle geschieht bereits an 
einigen Stellen durch polizeiliche, Exekutiv- 
oder sonstige Laien-Beamte. Diese Rege- 
lung der Angelegenheit dflrfte sich zurNach- 

*) Vortrag, gehalten am 20. Januar 1908 in 
der Tierärztlichen Oesellschaft zii Berlin. 



ahmung nicht empfehlen; denn wenn die 
Kontrolle zweckentsprechend und wirksam 
sein soll, sind genauere Kenntnisse in der 
Fleischbeschau, Hygiene, Bakteriologie, 
Zoologie usw. Voraussetzung, die der 
nicht medizinisch gebildete Beamte nicht 
besitzt, auch niemals in dem erforder- 
lichen Maße auf empirischem Wege zu 
erwerben imstande ist. 

Die Markt- und Geschäftskontrolle der 
animalischen Nahrungs- und Genußmittel, 
sowie die Beaufsichtigung der Zu- 
bereitungsstätten, der Wurst-, Fleisch-, 
Fisch- und sonstiger animalischer Kon- 
servenfabriken kann einschließlich der 
Untersuchungen des inländischen und aus- 
ländischen Fleisches, wie nicht weiter 
begründet zu werden braucht, nur durch 
hierzu besonders vorgebildete Tierärzte 
ausgefOhrt werden. Diesen würde gleich- 
zeitig die Aufgabe zufallen, Fleisch- 
stempelfälschungen und Hinterziehungen 
der Fleischbeschau festzustellen, sowie 
außerdem als wissenschaftliche Sach- 
verständige Zuwiderhandlungen gegen 
die Jagdordnung, das Fischerei- und 
Vogelschutz-Gesetz ermitteln zu helfen. 

Zwecks einheitlicher Durchfahrung 
dieser Aufgaben seitens der Sach- 
verständigen sind hierfür besondere Kurse 
mit praktischen Unterweisungen in der 
gesamten Lehre der animalischen 
Nahrungsmittel und in der außerordent- 
lichen Fleischbeschau an den tierärzt- 
lichen Hochschulen ein zeitgemäßes und 
sehr dringendes Bedürfnis. Femer muß 
eine mindestens halbjährige Ausbildung 
an einem Schlachthof unbedingt verlangt 
werden. Denn derjenige Sachverständige 
wird bei Ausübung der außerordentlichen 
Fleischbeschau in erster Linie mit Erfolg 
tätig sein können, der die ordentliche 
Fleischbeschau selbst praktisch ausgeübt 
hat und auch über die Gewinnung, den 
Transport, die Aufbewahrung, Ver- 
arbeitung, Konservierung und Verpackung 
der animalischen Waren aus praktischer 
Anschauung heraus genau unterrichtet ist. 



— 146 



Ans diesem Grande wäre es weiterhin 
wünschenswert, wenn mit den Kursen fftr 
animalische Nahrangs- und Genußmittel- 
kontrolle und außerordentliche Fleisch- 
beschau gleichzeitig entsprechende Ex- 
kursionen zwecks Besichtigung von 
Wurst-, Fleisch- und anderen Konserven- 
Fabriken, von Fischräuchereien u. dgl. 
verbunden würden, wodurch eine prak- 
tische Anschauung dieser Dinge und damit 
erst das richtige Verständnis ermöglicht 
würde. Mit anderen Worten, es müßte 
an den tierärztlichen Hochschulen außer 
der Fleischbeschau noch das weit schwie- 
rigere Gebiet der Nahrungsmittelkunde 
einschließlich der außerordentlichen und 
der Fleischbeschau für ausländisches 
Fleisch als besonderer Lehrgegenstand 
eingeführt werden. 

Wie notwendig die Kenntnis der vor- 
stehend nur kurz skizzierten Dinge far 
einen Sachverständigen für animalische 
Nahrungsmittel ist, beweisen u. a. dahin- 
zielende Klagen der Fachleute, die be- 
haupten, gelegentlich durch unzureichend 
unterrichtete Sachverständige kontrolliert 
zu werden. Die durch die Aussagen der 
gewerblichen Gegensachverständigen be- 
dingten verschiedentlichen Freisprechun- 
gen pro foro sind beachtlich und lassen 
es erwünscht erscheinen, daß hier ein 
Wandel eintritt. 

Je besser vorgebildet und je sach- 
kundiger der amtliche Sachverständige 
ist, um so unanfechtbarer wird er seines 
Amtes walten können. Einen wissen- 
schaftlich tüchtigen und praktisch er- 
fahrenen tierärztlichen Sachverständigen 
werden die rechtlich denkenden Vertreter 
der Nahrungsmittelbranche sich stets 
unbeanstandet gefallen lassen. Der Ver- 
ein deutscher Fischhändler hat auf der 
27. Generalversammlung in Kassel 1907 
und der Verein der Fischindustriellen 
Deutschlands auf seiner in Altena tagen- 
den Gründungsversammlung allerdings den 
Beschluß gefaßt, eine Eingabe an den 
Reichskanzler zu richten, dahingehend, 



daß in Zukunft neben den Tierärzten 
Handelschemiker oder statt der Tierärzte 
Chemiker und außerdem noch gewerbliche 
Sachverständige vor Anhängigmachung 
eines Strafverfahrens bei Beschlagnahme 
„unfrischer^^ oder dem Gesetz zuwider in 
Verkehr gebrachter Fische herangezogen 
werden möchten. Diese Beschlüsse be- 
weisen, daß die Fischhändler im allgemeinen 
ein nicht genügendes Vertrauen zu der 
Sachkenntnis der von den Behörden be- 
auftragten oder gerichtlieherseits hinzu- 
gezogenen Sachverständigen haben. In- 
wieweit dieses Mißtrauen berechtigt ist, 
bedarf hier keiner Erörterung. Dies zu 
entscheiden, kann getrost dem Urteil der 
mit diesem Gebiete speziell vertrauten 
Sachverständigen überlassen werden. 

Wen diese kurzen Zeilen aber noch 
nicht von der Notwendigkeit einer ein- 
heitlichen spezialistischen Vorbildung für 
dieses tierärztliche Arbeitsgebiet über- 
zeugt haben, den darf ich auf die das 
Gebiet der Marktpolizei betreflfenden An- 
fragen hinweisen, die dem Schreiber 
dieser Zeilen von Kollegen aus dem In- 
und Auslande zugegangen sind, die gleich 
ihm mit der markt- und geschäftspolizei- 
lichen Kontrolle der animalischen Nah- 
rungs- und Genußmittel betraut sind oder 
denen sie erst übertragen werden sollten. 
Aus der Literatur allein, deren Kenntnis 
zui-zeit außerdem wegen der weit ver- 
streuten Einzelabhandlungen nur mühsam 
erlangt werden kann, ist der polizei- 
tierärztliche Sachverständige nicht in der 
Lage, sich genügend vorzubereiten. Das 
eingehendste Studium der Literatur ist 
niemals imstande, den praktischen An- 
schauungsunterricht zu ersetzen. 

Zum Schluß sei mir noch ein Wort 
darüber gestattet, wie ich mir entsprechend 
den heutigen modernen Anschauungen über 
Hygiene die Gesamttätigkeit eines mit 
der animalischen Nahrungskontrolle be- 
trauten Tierarztes denke und for dringend 
geboten halte. 

Erstens hat dieser die praktische 



] 



— 147 — 



polizeiliche EontroUe der animalischen 
Nahrongs- und Gennßmittel und ihrer 
Erzengnisse auf den Märkten, in den 
Geschäften und Znbereitangsränmen ans- 
zufahren. 

Zweitens aber müssen die genaueren, 
nur mit wissenschaftlichen Hilfsmitteln 
möglichen Feststellungen in einem be- 
sonders hierfür errichteten Laboratorium 
erfolgen. Hier wären nicht nur die anato- 
mischen (histologischen), mikroskopischen 
und bakteriologischen sowie biologischen 
Untersuchungen auszuführen, sondern auch 
die mit Kücksicht auf die Ausfuhrung der 
Jagdordnung, des Fischerei- und Vogel- 
schutzgesetzes sich ergebenden übrigen 
tierärztlichen, sowie ferner die leicht 
durchführbaren einfacheren chemischen 
Prüfungen. Die wissenschaftliche Bear- 
beitung und Verarbeitung der anläßlich 
derMarktkontrollebeschlagnahmteuGegen- 
stände ist bisher recht stiefmütterlich be- 
handelt worden, so daß hier ein Wandel 
viele neue Erkenntnis bringen wird. 

Tierärztliche Nahrungsmittelämter, die 
diesen Zweck erfüllen können, sind ja 
in Städten mit Schlachthöfen fast überall 
auf letzteren bereits in gewisser Be- 
ziehung vorhanden und brauchten für 
obige i^wecke nur weiter ausgebaut und 
nutzbar gemacht zu werden. In größeren 
Städten mit Markthallen würde die Er- 
richtung solcher Ämter für die genauere 
Untersuchung tierischer Nahrungsmittel 
in die Zentralmarkthalle gehören. 

Die Absicht der Behörden, die öffent- 
liche hygienische Eontrolle der animalischen 
Nahrungsmittel nicht nur auf den Schlacht- 
höfen, in denNahrungsmitteluntersuchungs- 
ämtem und Markthallen vornehmen zu 
lassen, sondern in absehbarer Zeit mehr 
und mehr auch auf die Nahrnngsmittel- 
geschäfte sowie die Zubereitungsstätten 
und Lagerräume (Kühlhäuser) auszudehnen, 
ist eine notwendige Folge der Einführung 
des Fleischbeschaugesetzes. 

Damit diese Erweiterung der Nahrungs- 
mittelkontrolle sich ebenso glatt vollzieht. 



wie die Durchführung des genannten Ge- 
setzes, haben die in Betracht kommenden 
Tierärzte der Materie ihre erhöhte Auf- 
merksamkeit zuzuwenden. Unsere Hoch- 
schulen aber, die die Wichtigkeit der 
Vorbereitung des Tierarztes fär neue Auf- 
gaben stets zur rechten Zeit erkannt haben, 
werden sich nunmehr auch die Pflege des 
Spezialgebietes der außerordentlichen 
Fleischbeschau auf die geeignete Weise 
angelegen sein lassen. 



Tyrosinablagerungen in und auf Faßlebern. 

Von 

Dr. phil. W. Feuereißen-Chemnitz, 

Amt«- and SUdUieranet. 

Unter gleichem Titel findet sich eine 
Veröffentlichung von Dr. Gröning- Ham- 
burg im XV. Bande dieser Zeitschrift auf 
Seite 341. Gröning fand einen großen 
Posten (23 Fässer) in Lake konservierter 
Eindslebern mit zahllosen, hirsekom- 
großen Körnchen besetzt, die er .näher 
beschreibt, und deren mikroskopische und 
chemische Untersuchung ergab, daß es 
sich um Tyrosinablagerungen handelte. 
Gleichzeitig bringt Gröning die sehr 
instruktive Abbildung einer derartig ver- 
änderten Rindsleber. 

Edelmann erwähnt in seinem Lehr- 
buche der Fleischhygiene (2. Auflage) 
ebenfalls die Tyrosinablagerung in Faß- 
lebern, und inOstertags Handbuch findet 
sich die Beschreibung der fraglichen Ver- 
änderung in geräuchertem Schweine- 
fleische. 

Der Umstand, daß ich in der Lite- 
ratur über Fleischhygiene sehr wenig 
Beschreibungen von Tyrosinablagerungen 
in konservierten Lebern gefunden habe, 
veranlaßt mich, einen im hiesigen Schau- 
amte für Auslandsfleisch konstatierten Fall, 
derein Seitenstück zu der Gröningschen 
Beobachtung bilden dürfte, zur Veröffent- 
lichung zu bringen. 

Dem genannten Schauamte werden all- 
wöchentlich drei- bis viermal aus Hamburg 
stammende Fässer mit Schweinelebern, 



148 - 



die in Lake konserviert sind, zur Unter- 
suchung zugeführt. In den letzten Wochen 
wurden wiederholt (viermal) unter dem 
sonst völlig normalen Inhalte der Fässer 
mehrere (im ganzen 30) Schweinelebern 
geflinden, die ein ganz eigentümliches 
Aussehen hatten: Die Oberfläche ist mit 
zahllosen, hirsekorngroßen, gelblichweißen 
Kömchen fast vollständig bedeckt. Jedes 
einzelne Kömchen hat, wie es Gröning 
sehr anschaulich schildert, ein gelbliches, 
halbkugeliges, erhabenes Zentrum, das 
von einer schmalen, weißgrauen Zone um- 
randet ist. Das einzelne Körnchen los- 
gelöst, hat eine rundliche Form; oft 
lagem zwei biskuitförmig aneinander, oder 
es haben sich mehrere zusammengelagert, 
verschmelzen mit der Peripherie und sehen 
Bakterienkolonien nicht unähnlich. Die 
Auflagerungen sind fest verbunden mit 
dem Leberüberzuge und können nur ge- 
waltsam und unter Hinterlassung einer 
rauhen Stelle losgelöst werden. Im Gegen- 
satze zu Gröning konnte ich die Ge- 
bilde auch im eigentlichen Leberparen- 
chyme entdecken, jedoch nur vereinzelt. 
Besonders zahlreich saßen die Kömchen 
auf der Oberfläche der Intima sämt- 
licher Lebergefäße, die stellenweise 
geradezu damit ausgepflastert waren. 

Zunächst erschien mir der Befund 
etwas befremdlich, da Niederschläge aus 
der Lake an der Oberfläche der Lebem, 
far die man den Belag bei flüchtiger 
Betrachtung hätte halten können, sich er- 
fahrangsgemäß mehr als ein grauweißer, 
rauher, reifahnlicher Belag darstellen. 

Als ich mich jedoch der Gröning- 
schen Veröffentlichung erinnerte und die 
obengenannten Lehrbücher zu Bäte zog, 
blieb mir kein Zweifel übrig, daß es sich 
um Tyrosinablagerangen handelte. 

Diemikroskopischeüntersuchung, 
die nach den Angaben Grönings in einer 
Prüfung der isolierten und mit Glyzerin 
aufgehellten Gebilde bei starker Ver- 
größerang bestand, zeigte um den undurch- 
sichtigen gelben Kem feine, helle, bündei- 



förmig liegende Nadeln, die nach der 
Peripherie ausstrahlten. 

Die chemische Untersuchung 
wurde im hiesigen chemischen Unter- 
suchungsamte vorgenommen, wobei nach 
dem Berichte des Herrn Direktors Dr. 
Behre folgendes festgestellt wurde: Bei 
der Behandlung der fraglichen Ausschei- 
dungen mit Salpetersäure zeigte die 
Lösung eine Gelbfärbung, die sich auf 
Zusatz von Natronlauge in Botftrbung 
verwandelte. Auch mit Millons Beagens 
trat Rotfarbung ein. Die Ausscheidungen 
waren in alkoholischer Ammoniaklösung 
löslich und schieden daraus beim Ver- 
dunsten des Alkohols dünne, seiden- 
glänzende Kristalle aus, die in Wasser 
erst nach einiger Zeit sich lösten und in 
Alkohol ziemlich unlöslich waren. 

Dr. Behre meint zwar, daß es eine 
einwandfreie spezifische Reaktion auf 
Tyrosin nicht gibt und daß die in der 
Literatur als für Tyrosin charakteristisch 
angegebenen Reaktionen aach für andere 
Spaltungsprodukte des Eiweißes zutreffen 
(Xanthoprotemreaktion), hält es jedoch 
für sehr wahrscheinlich, daß es sich tat- 
sächlich um Tyrosin handelt. 

Die Enzyklopädie der mikrosko- 
pischen Technik von Ehrlich, Messe, 
Krause, Rosin und Weigert gibt für 
Tyrosin die Formel 

^6^4 1 C2H3(NH[2) — COOH 
an und nennt Reaktionen, die ungefähr 
den oben erörterten entsprechen. 

Das Tyrosin ist bekanntlich ein 
Spaltungsprodukt des Eiweißes, also ein 
organischer Körper, der sich bei post- 
mortalen Vorgängen auf animalischen 
Stoffen findet. In geräuchertem Schweine- 
fleische werden Tyrosinablagerungen häufig 
in Form von weißen Stippchen, die 
makroskopisch verkalkten Trichinen nicht 
unähnlich sehen, gefunden. 

Daß in jedem der Fässer nur einzelne 
Lebem in der angegebenen Weise ver- 
ändert geftinden wurden, erkläre ich mir 



— 149 



dadurch, daß nur der Inhalt eines Fasses 
dnrch die Tyrosinablageningen verändert 
war, der betreflfende Händler aber, um 
diese Lebern nnauffäUig an den Mann zu 
bringen, sie mit andern, normalen Lebern 
zusammen verpackte oder die Tyrosin- 
lebem auf mehrere Fässer mit nonnalem 
Inhalte verteilte. Dafür spricht auch die 
Tatsache, daß Gröning in dem von ihm 
beobachteten Falle in 23 Fässern alle 
Lebern verändert und auch die Innen- 
seite der eichenen Fässer dicht mit 
Tyrosinmassen belegt fand, wovon ich in 
meinem Falle nichts bemerkte. 

Die fraglichen Lebern wurden wegen 
der auffälligen Veränderung flir untaug- 
lich zum menschlichen Genüsse er- 
klärt (§ 35 Nr. 16 B. B. A). 

Studien Aber die sogenannte sterilisierte 
Milch des Handels. 

Ein Beitrag znr Biologie der peptonisicrcndcn 
Milchbakterien. 

Von 

Otto KnOsel-Luzern, 

Tierarzt. 

Im Hygienischen Institut der Tier- 
ärztlichen Hochschule zu Berlin habe ich 
über die sogenannte sterilisierte Milch 
des Handels Untersuchungen angestellt. 
Aus den Untersuchungen, deren Einzel- 
heiten in einer Monographie*) niedergelegt 
sind, lassen sich folgende Schluß- 
folgerungen ableiten: 

1. Von den untersuchten Proben 
der „sterilisierten" Milch des 
Handelswaren 13— 100 Proz. je nach 
den Bezugsquellen keimhaltig. Je 
größer der Prozentsatz der keimfreien 
Flaschen war, um so deutlicher haftete der 
Milch Bräunung und Kochgeschmack an. 

2. Der vollständigen Sterilisation der 
Milch stehen sehr lebenszähe Sporen von 
Anaerobiern und Proteolyten in der 
Milch im Wege. Die Milchkuranstalten 
haben die Möglichkeit, durch aseptisches 



*) Arbeiten aus dem Hygienischen Institut 
der Kgl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 
Nr. XIIT. Berlin 1907. Verlag von Richard Schoetz. 



Melken und sofortige Sterilisation 
eine Infektion der Uilch mit diesen 
Sporen zu verhindern oder doch sehr zu 
beschränken. 

3. Der positive Ausfall der sog. 
Knackprobe beweist, daß das Vakuum 
über der Milch in der Flasche noch vor- 
handen ist. In diesem Fall ist der Ver- 
schluß der Flasche dicht, und es hat in 
der Milch keine Gasentwicklung statt- 
gefunden. Peptongärung der Milch läuft 
ohne Gasbildung ab und hat keinen VAn- 
fluß auf das Bestehen oder Verschwinden 
des Vakuums. 

4. Flaschen, die keimhaltig sind, 
können trotzdem im Thermostaten recht 
lange unverändert bleiben. Den spätesten 
Eintritt der Zersetzung beobachtete ich 
nach 45 Tagen. 

5. Koch- und Alkoholprobe eignen sich 
wenig zur Vorprüfung der Flaschenmilch 
auf Sterilität. Diese Proben vermögen 
nicht einmal, wenn beginnende Peptoni- 
sierung schon durch eine schmale Serum- 
zone offenbar ist, regelmäßig Gerinnung 
hervorzurufen. 

6. Die WasserstoflFsuperoxydprobe zeigt 
durch sehr energische Sauerstoffentwick- 
lung die Anwesenheit von Proteolyten an, 
bevor die Milch makroskopisch oder im 
Geschmack verändert ist. Die Wasser- 
stoffsuperoxydprobe kann zur Kon- 
trolle der Sterilität der Flaschen- 
milch Anwendung finden. 

7. Die Anaerobier spielen in der 
„sterilisierten Milch" des Handels eine 
untergeordnete Bolle. 

8. Die peptonisierenden Milchbakterien 
lassen sich nach ihrem Wachstum in 
Milch und Gelatine in rasch peptoni- 
sierende (I. Gruppe) und langsam 
peptonisierende (IL Gruppe) einteilen. 
Seltener vorkommende Keime vermögen 
trotz kräftigen Wachstums Milch weder 
zu koagulieren noch zu peptonisieren 
(III. Gruppe). Für die praktischen Ver- 
hältnisse kommen ausschließlich die Ver- 
treter der I. Gruppe in Betracht. 



— 150 — 



9. Die peptonisierenden Milch- 
bakterien bilden durch ihrenLebens- 
prozeß ein Labferment, ein pro- 
teolytisches Ferment, eine Reduk- 
tase und eine Superoxydase. 

10. Bakterienlab ist verschieden 
vom Tierlab. Bakterienlab koaguliert 
auch sterilisierte Milch. Sein Temperatur- 
optimum liegt über der Buttertemperatur. 
Bei 60® C wirkt es ebenso kräftig wie bei 
31 ^y das Lab eines aus „sterilisierter" 
Milch isolierten Bakteriums wird selbst bei 
70® nicht alteriert. Das häufig beobachtete 
Gerinnen der Milch im Thermostaten ist 
auf Labwirkung von Proteolyten zurück- 
zufuhren. Bei 22 <^ und noch niedrigeren 
Temperaturen wirkt Bakterienlab nicht, 
obschon es in Kulturen noch gebildet wird. 

11. Es ist anzunehmen, daß das Lab 
der peptonisierenden Milchbakterien bei 
der Entstehung der „käsigen Milch" in 
der Gärprobe von Bedeutung ist. 

12. Das proteolytische Ferment greift 
das Kasein auch bei Temperaturen unter 
22®, bei denen das Lab unwirksam ist, 
an. Daher kann eine Milch bitter werden, 
ohne zu gerinnen. Bei 8® entsteht in 
Milch, wenn Proteolytenwachstum statt- 
hat, keine Serumzone, sondern der Nähr- 
boden wird in toto aufgehellt und bekommt 
seifen wasserähnliches Aussehen . Weil 
Milch meist nicht in dünner Schicht, 
sondern in Kolben oder gar in undurch- 
sichtigen Gefllßen aufbewahrt wird, ent- 
geht diese wenig auffallende Veränderung 
leicht der Beobachtung. 

13. Da die peptonisierenden Milch- 
bakterien auch eine Reduktase und eine 
Superoxydase bilden, sind sie auch eine 
Quelle der bakteriellen Reduktasen und 



Superoxydasen der Rohmilch. Die Super- 
oxydase der Proteolyten ist an die Fett- 
kügelchen gebunden und geht durch 
Aufkochen d^r Kultur zugrunde. Auf 
dem Nachweis des H^Og spaltenden 
Fermentes beruht die von mir vor- 
geschlagene Methode zur Prüfung der 
Flaschenmilch auf ihre Sterilität. 

14. Die peptonisierenden Milch- 
bakterien entwickeln auf den ver- 
schiedenen Nährböden Ammoniak 
und Schwefelwasserstoff. Die Pep- 
tongärung ist also ein Fäulnis- 
prozeß der Milch. 

15. Die peptonisierenden Milchbakterien 
sind keine oder nur schlechte Indolbildner. 

16. Die meisten peptonisierenden 
Milchbakterien haben die Fähigkeit, 
Nitrate und Nitrite abzubauen. Ein Teil 
vermag Nitrate in Gegenwart von Glyzerin 
zu vergären. 

17. Durch ihre sehr breiten Grenzen 
kräftigen Wachstums (S^— 650) sind 
einige häufig vorkommende peptoni- 
sierende Milchbakterien befähigt, sich in 
Milch bei fast jeder Aufbewahrungs- 
temperatur, die für die Praxis in Betracht 
kommen kann, rasch zu vermehren. Soll 
jedes Bakterienwachstum hintan gehalten 
werden, so muß die unvollständig sterili- 
sierte Milch bei einer Temperatur von unter 
8<^ C gehalten werden. Im Thermophor 
werden vielen Proteolyten die Bedin- 
gungen zu üppiger Vermehrung gegeben. 

18. Ein für kleine Versuchstiere 
giftiger peptonisierender Milchbazillus 
wurde von mir 5 mal gefunden. Das Gift 
scheint den Bazillenleibern selbst anzu- 
haften, wird durch das Kochen unwirk- 
sam und ist nicht flltrierbar. 



Referate. 



Baebiger, H., Maßnahmen zur 

Bekämpfung der Batten-, Mäuse- und 

Schneekenplage. 

(Jahrbuch der Deatschen Landwirtschafts-Gesellschaft, 
Band S2, 1. Lieferang. April 1907.) 

Die Vertilgung der Ratten ist aus 
wirtschaftlichen und hygienischen Gründen 



(Verschleppung der Trichinose und Pest) 
eine Notwendigkeit. Den an ein ver- 
wertbares Eattenvertilgungsmittel zu 
stellenden Anforderungen — • gutes Lock- 
mittel, Unschädlichkeit für Menschen, 
. Haustiere und Wild, auf den ganzen 



— 151 — 



Rattenbestand sich erstreckende Wirk- 
samkeit, leichte Anwendbarkeit und Preis- 
würdigkeit — entsprechen nach R.s 
üntersuchuDgen am besten Bakterien- 
verfahren. Die Wirksamkeit der meisten 
Rattenbazillen hat sich aber als unzuver- 
lässig erwiesen, und zwar kommen für die 
wechselnden Erfolge zweierlei Punkte in 
Betracht: der Züchtigungsmodus und 
die durch besondere Ernährungsweise 
(Nahrungsinfektion) erworbene Immunität 
mancher Rattenstämme gegen die Bakterien- 
gruppe, der die Rattenbazillen angehören.*) 
Der Issatschenkosche Bazillus hat in 
der Praxis nur an etwa 70 Proz. der Orte 
ein günstiges Resultat gezeigt, das Virus 
Danysz kaum an 50 Proz., dagegen hat 
das Ratin infolge eines geeigneten Züch- 
tungsverfahi-ens im Jahre 1906 in 99,35 Proz. 
der Fälle gewirkt. Die Fehlergebnisse 
von 0,65 Proz. erklären sich durch das 
Vorkommen ratinimmuner Ratten. Gegen 
diese kann erfolgreich mit dem Ergän- 
zungspräparat Ratinin oder Ratin II 
vorgegangen werden. Die dänische Re- 
gierung hat kürzlich zurRattenbekämpfting 
mit Ratin einen nennenswerten Betrag 
aus der Staatskasse bewilligt. „Ratten- 
typhus", „Rattenvertilgungskulturen" und 
„Morrattin" sind Abimpfungen des Origi- 
nalratin und von nur geringer Virulenz. 
Das beste und billigste Mittel gegen 
Feldmäuse sind die Löflflerschen Mäuse- 
typhuskulturen, in zweiter Linie kommt 
das Schwefelkohlenstoffverfahren. Die in 
Gärten und Obstbaumschulen an den 
Wurzeln der Pflanzen großen Schaden an- 
richtenden Wühlmäusearten (Mollmäuse, 
Ackermäuse und Waldwühlmäuse) ver- 
nichtet man am sichersten mit virulenten 
Rattenbazillen, da sie auf den Löfflei- 
schen Bazillus nicht prompt reagieren. 
Die Brandmaus (braunrot mit schwarzem 
Streifen auf dem Rücken, an den Seiten 
heller, unten weiß), widersteht allen 
Mäuse und Ratten tötenden Kulturen. Sie 



*) Der Rattenbazillus unterscheidet sich vom 
Paratyphus, das Virus Danysz dagegen nicht. 



tritt jedoch nur selten als Landplage auf 
und ist dann mit SchwefelkohlenstoflF aus- 
zurotten. Referat des Autors. 

Hermes, Die Tererbang des Fettgehaltes 
der Milch. 

Achtjährige schwedische Untersuchungen von 
K. A. Högström. 

(Bfitteilnngen der Deutseben Landwirtschaft!. Geselluchaft, 
8. Dezember 1906.) 

Nach den Versuchen des Engländers 
Galton auf dem Gebiete der Vererbung 
ist hinsichtlich derjenigen Eigenschaften, 
die in" verschiedenem Grade erworben 
werden können, der Einfluß der beiden 
Eltern gleich stark. Daneben üben aber 
auch die Voreltern von Vater und Mutter 
sowie deren Eltern, kurz die Familie, der 
Stamm einen verhältnismäßig ebenso 
starken Einfluß aus. Högström hat nun 
durch umfangreiche Untersuchungen fest- 
zustellen versucht, ob die Eigenschaft, 
Milch von einem bestimmten Fettgehalt 
zu erzeugen, auch durch die Bullen weiter 
vererbt wird, und nach diesem Nachweis 
mit Anwendung der Galt onschen Formel 
den Grad dieser Eigenschaft beim Bullen, 
die bei ihm in latenter Form vorhanden 
ist, bestimmt, sowie das Maß der Ver- 
erbung dieser Eigenschaft berechnet. Aus 
den mitgeteilten Tabellen geht folgendes 
hervor: Die überwiegende Mehrzahl der 
weiblichen Nachkommen erzielte einen 
höheren Fettgehalt als ihre Mütter, was auf 
einen tatsächlichen Einfluß des Vaters hin- 
deutet. Der Fettgehalt der Töchter stieg in 
denjenigen Fällen, in denen er bei der Mutter 
zwischen 3,08 und 3,77 Proz. lag, wonach 
der laktetrate Fettgehalt beim Bullen einen 
die letzte Ziffer weit übersteigenden Wert 
besitzen muß. Sobald die Mütter die hohe 
Ziffer 3,77 Proz. erreichten und über- 
schritten, genügte der Einfluß des Bullen 
nicht mehr zu einer weiteren Vermehrung 
des Fettgehaltes der Töchter, und dieser 
blieb niedriger als bei den Müttern. So- 
weit das Högströmsche Material reicht, 
ist die Übereinstimmung mit dem Galt on- 
schen Gesetz unverkennbar. Die Züchter 
werden gut tun, bei der Auswahl der 



— 152 -^ 



Zuchttiere auf die Herkunft von einem 
Stamme zu achten, bei dem die Eigen- 
schaft, viel und fettreiche Milch zu liefern, 
feststeht. Die Steigerung des Fettgehaltes 
wird um so sicherer und dauernder sein, 
als auch die Nachkommen einmal zu Eltern 
werden und dadurch an der Bildung des 
Stammes hervorragend beteiligt sind. 

Simon. 

Cathcart, E. P., lipon the reduction 
of methylen blue by cows milk, 

(The Journ. of Hygiene, Vol. 6, 1906, S. 800—803.) 

Nach Schardingers Untersuchungen, 
die durch H. Smidt (Hygien. Rund- 
schau 1903, Nr. 23) bestätigt wurden, 
wird ein Gemenge von Formaldehyd und 
Methylenblau durch die Einwirkung roher 
Milch entfärbt. Die Wirkung beruht auf 
einem in der Milch enthaltenen, durch 
Hitze zerstörbaren Ferment (Katalase). 
Die Zusammensetzung der Mischung ist 
folgende : 
Gesättigte alkohol. (absol.") M. Bl. Lösung 5 ccm 

Formaldehyd 5 ccm 

Aq. dcstill 190 ccm 

Zu 10 ccm Milch werden 0,5 ccm dieser 
Mischung zugesetzt. 

Auch C. bestätigt den Wert dieser 
Probe für die Unterscheidung der un- 
gekochten von der gekochten Milch. Je- 
doch eignet sich dieses Verfahren nicht, 
wie er glaubte annehmen zu dflrfeD, auch 
zur Erkennung der Eeimfreiheit der Milch. 

Kaestner. 

Rubner, M», Über spontane Wärme- 

bildüDg in KuhmiiGh und die Milch- 

säaregilrang. 

(Archiv f. Hyg. 1906, 8. 844/68.) 

Verf. fand, daß bei der sauren 
Gärung der Milch eine kräftige Wärme- 
bildung statthat. Die Wärme entwickelt 
sich in der Hauptsache erst nach dem Ge- 
rinnen der Milch, kann daher nicht allein 
aus der Zersetzung des Milchzuckers in 
Milchsäure stammen. Ein Teil der Wärme 
rührt vielmehr von der Zerlegung von Ei- 
weiß und Fett her. Von einem Liter Milch 
wurden pro Tag 4,81 Kalor. geliefert. 

Bcsotr. I 



Rechtsprechung. 

— Freizagigkelt der Würste auch in Elsaß- 
Lothringen. 

Das Oberlandesgcricht zu Kolmar i. Eis. 
hat durch Urteil vom 1. Oktober 1907 nach der 
„Deutschen Schlacht- und Viehhofzeitung*^ (1906, 
Nr. 3) entschieden, daß die von drei elsaß- 
loth ringischen Bezirkspräsidenten erlassenen 
Polizeiverordnungen, wonach Fleisch wie andere 
zum Genuß bestimmte Teile geschlachteter Tiere 
beim Versand von einem Beschaubezirk in einen 
andern mit dem Kontrollstempel des Schlachtorts 
und einer Bescheinigung über die ausgeführte 
Beschau versehen sein müssen, auf Würste keine 
Anwendung finden 



Yersammlangsberichte. 

— Bericht Ober die HauptversaminlMiig des 
„Vereins säciislsoiier Gemeindetierirzte und Sobiacht- 
hofdirektoren." (Schluß.) 

Zu Punkt 2 der Tagesordnung: „Wibwebe 
der städtischen Tierärzte an den großen Scbiacht- 
h8fen"y referierte zunächst Herr Schneider- 
he inze- Dresden im Namen der dortigen städ- 
tischen Tierärzte und stellte folgende Punkte auf : 

1. Die vor kurzem in Dresden eingeführte 
Gehaltsstaffel der städtischen Tierärzte 
von 2200— 3200 M. (erreichbar in 7 Jahren) 
genügt nicht, sondern es muß für ältere, 
dabei bleibende Tierärzte ein Endgebalt 
von 5--6000 M. wie in Chemnitz erstrebt 
werden. Anschließend hieran ist bei einem 
Anfangsgehalt von 2500 M. ein Probejahr 
zu fordern, welches aus 4 Monate Praxis, 
4 Monate Tätigkeit an einem kleinen 
und 4 Monate an einem großen Schlacht- 
hofe besteht. Erstrebenswert sind femer 
Wohnungsgeld, Teuerungszulagen und 
Aiislüsungsgeldcr für ambulatorischen 
Dienst außerhalb des Schlachthofes und 
inneren Stadtteiles. 

2. Die Titolfrage wäre durch den Namen 
Sanitäts- oder besser Polizeitierarzt end- 
gültig zu regeln. 

3. Markthallen- und Milchkontrolle ist über- 
all gleichmäßig zu erstreben. 

4. Im Interesse einer genauen Untersuchung 
ist die Höchstzahl der zu untersuchenden 
Tiere, Beschränkung der Dienstzeiten an 
Hauptschlachttagen in den Hallen und 
Vermehrung der Hilfskräfte wie sie Opel/^ 
in Köln in Nr. 8 Jahrgang 1905 derFleisch- 
und Milchhygiene, vorgeschlagen hat, fest- 
zulegen. 



-1*-« 



/; ' *i f ></'.' ^ 



153 



r.Mffv. 



5. Beschränkung der Schlacbtzeiten an Neben- 
tagen, nm sich mit Sanitäts- und Labora- 
torittmsdienst beschäftigen zu können. 

6. Die Oberbeg^itachtung über Organe und 
Ganzbeanstandungen ist überall gleich- 
mäßig zu regeln. 

7. Konfiskate sind vor Abgabe resp. Ver- 
nichtung allen im Betriebe tätigen 
Kollegen zugänglich zu machen und 
eventuell zu demonstrieren. 

Yeterinärberichte und Jahresberichte 
^ vom eigenen und anderen Schlachthöfen 
sind jedem Kollegen zuzustellen. 

8. Für Anfänger sind genauere Dienst- 
/ instruktionen und die Einsicht in frahere, 
/ auf den Betrieb bezugnehmende direk- 
\ torieile Rundschreiben nötig. 

^ .9. Die Tötung des I^leinviehs, besonders der 

yiH <^'^jl Schaf- und Ziegenböcke mit hohem Ge- 
hörn sollte nur mittelst Schlagbolzen 
oder durch getlbte Schlachtmeister ge- 
stattet sein. 

10. Bei Anlage von neuen Schlachthöfen ist 
/l auf Badeeinrichtungen (Duschen), sowie 

Sitzgelegenheiten in den Hallen für kürzere 
Betriebsstockungen Bedacht zu nehmen. 

11. Zum Schluß wird die Anfrage gestellt, an 
welchen Schlachthöfen und in welcher 
Weise eine Nachkontrolle der Beschau- 
tätigkeit der Tierärzte stattfinde. 

Hierauf erhielt Dr. Keil-Leipzig das Wort 
und betonte in seinen Ausffthrungen, daß man 
in Leipzig bedauerlicherweise bei der Milch- 
kontrolle zu spät gekommen sei, da sie bereits 
in Ärztehänden sei. Die Annahme, daß die 
Tierärzte chemisch nicht genflgend vorbereitet 
seien, wäre als falsch zurückzuweisen und ihr 
sei entschieden entgegen zu treten. Die Rang- 
verhältnisse der Tierärzte betrefFend, spricht der 
Referent den Wunsch aus, daß die akade- 
mischen Beamten der Stadt eine besondere 
Gruppe bilden möchten. In der Nachkontrolle 
der Tierärzte wünscht er Rcmedur. Diesem Refe- 
rate zufolge wird beschlossen, der Direktion der 
Fleischbeschau in Dresden die vorgebrachten 
Wünsche der dortigen Kollegen vom Verein aus 
schriftlich mitzuteilen. 

Herr Direktor Hengst (Leipzig) sagt, daß 
ihm die beabsichtigte Milchkontrolie in Leipzig 
zu spät zur Kenntnis gekommen sei, bedauert 
dies, vertritt aber den Standpunkt, daß die 
Kontrolle der Milch, besonders der Milchtiere, 
nur Sache des Tierarztes sein könne, und sichert 
zu, nach seinen Kräften in dem Sinne hinwirken 
zu wollen. 

Herr Landestierarzt Medizinalrat Edelmann 
meint, daß die Behörden bezüglich der Milch- 



kontrolle den Tierärzten gar nicht so abhold 
seien, wie immer gedacht würde, es liege viel- 
mehr daran, daß die Behörden die notwendige 
Mitwirkung der Tierärzte dabei nicht kennten. 
Es unterliege wohl keinem Zweifel, daß in der 
Milchfrage die Chemiker nur Hilfskräfte seien, 
dann kämen die Ärzte und in erster Linie seien 
die Tierärzte dazu berufen. Er macht den 
Vorschlag, die tierärztlichen Vereine sollten eine 
Denkschrift ausarbeiten, die diese Verhältnisse 
darlegen und den Behörden «zur Kenntnisnahme 
unterbreitet werden soll. 

3. Herr Dr. Seyfert (Pirna) referierte über 
„Mißstände an mittleren und kleinen Schlachthöfen 
und Wantohe der daselbst angestellten Tierftrzte'S 
wie folgt: 

Jeder längere Zeit an den Schlachthöfen der 
mittleren und kleinen Städte Sachsens tätige 
Tierarzt wird die Gründung eines Vereines 
sächsischer Schlachthoftierärzte als einen längst 
gehegten Wunsch mit Freuden begrüßt haben, 
in der Überzeugung, daß nur ein Zusammen- 
schluß dieser Spezialgruppo der Tierärzte die 
Verfolgung ihrer Interessen gewährleistet. 

Daß auf unserem Spezialgebiete unendlich 
vieles, was außerhalb des Rahmens der Kreis- 
vereine liegt und ohne Interesse für einen er- 
heblichen Teil seiner Mitglieder ist, eingehender 
Besprechung, ernster Beratungen und der Regelung 
bedarf, dafür gibt uns ein Blick in die Ein- 
richtungen der Schlachthöfe mittlerer und kleiner 
Städte den Beweis, dafür genügt der Hinweis über 
die weiß-grünen Grenzpfähle hinaus in die eifrige 
und auch schon von Erfolg gekrönte Tätigkeit 
der dortigen Spezialkollegen. Bei meinen Aus- 
führungen stütze ich mich einerseits auf meine 
eigene 14jährige Schlachthoftätigkeit, andererseits 
auf frühere, durch Umfrage erhaltene Auskünfte 
und vor allen auf die jüngst eingegangenen 
Fragebogen. 

Nicht will ich mich verlieren in Auseinander- 
setzungen der Mißstände, die in unzulänglichen 
Schlachthof einrichtungen bestehen, welche den 
Zeitverhältnissen und den Anforderungen der 
Veterinär- und Sanitätspolizei, sowie der Ge- 
werbepolizei nicht oder nur notdürftig entsprechen. 

Sie dürften späteren besonderen Be- 
sprechungen vorbehalten bleiben. 

Meine heutigen Worte sollen vielmehr den 
Anstellungs- und Besoldungsverhältnissen der 
Tierärzte an den Schlachthöfen der mittleren 
und kleinen Städte gelten und allen den Ein- 
richtungen, welche auf die Fleischbeschau und 
die Trichinenschau und die dieselben ausübenden 
Tierärzte Bezug haben. 

Daß in diesen Beziehungen oft noch recht 
mißliche Zustände zu finden sind und diese 



— 154 — 



der Abänderung und Verbesserung bedürfen, und 
daß wir Tierärzte uns in einer oft schwierigen, 
exponierten und isolierten Stellung befinden, 
soll aus meinen Ausführungen hervorgehen. 

Ich wende mich zunächst den Anstellnngs- 
verhältnissen zu. Dieselben lassen hier und da 
zu wünschen übrig, an manchen Orten sind sie 
sogar als ungenügende zu bezeichnen. Gibt es 
doch immer noch Schlachthofgemeinden, deren 
Tierärzte weder als Gemeindebeamte angestellt, 
noch für sich und die Hinterbliebenen pensions- 
berechtigt sind. Mancher Kollege hat erst nach 
jahrelangem Mühen dieses Ziel erreicht, anderen 
wieder ist es bei dem Widerstand der städtischen 
Behörden und eventuell der Fleischerinnung bis 
zum heutigen Tage nicht gelungen. Bei dem an 
sich geringen Gehalte und bei der Unmöglich- 
keit, sich durch gute Privatpraxis einen sorgen- 
freien Lebensabend zu verschaffen, ist aber die 
Anstellung als pensionsberechtigter Beamter eine 
Lebensfrage. 

Da einzelne sächsische Schlachthoftierärzte 
nicht im Besitze von vorschriftsmäßigen An- 
stellungsurkunden sind, so ist das ein weiterer 
Mangel, welcher der Abstellung bedarf. 

Wir Schlachthoftierärzte sind wohl in der 
Hauptsache mit vierteljährlicher Kündigung an- 
gestellt. Wenn nun diese Kündigungszeit auch 
mit den fleischbeschaugesetzlichen Bestimmungen 
im Einklang bestehen mag, so befinden wir 
uns doch damit zeitlebens in der Gefahr, unserer 
Stelle verlustig gehen zu können. Die Art der 
Betriebsverhältnisse an den Schlachthöfen ist der- 
art, daß die Tierärzte leicht mit den Schlachtenden 
in Konflikt kommen. Klagen über die Tätigkeit 
des Tierarztes bei den Anstellungsbehörden und 
selbst auch geringe Versehen desselben, die man 
nach Möglichkeit aufzubauschen pflegt, können 
dann bei dem hier und da vorhandenen starken 
Einfluß der Gewerbetreibenden bei den Stadt- 
behörden die Entfernung des Tierarztes aus 
seinem Amte veranlassen. Dieser Schwierigkeit 
gegenüber bedarf der Tierarzt eines zuverlässigen 
Rückhaltes, den nur die feste Anstellung ohne 
Kündigungsrecht bieten kann. 

Soll der Gemeinde ein Urteil über die 
Bewährung des betreffenden Tierarztes zuge- 
standen bleiben, so ist doch mindestens zu 
erstreben, daß analog den Staatsbeamten den 
zehn Jahre im Dienst befindlichen Schlachthof- 
tierärzten gegenüber seitens der Stadträte ein 
Kündigungsrecht nicht mehr zusteht, es sei denn, 
daß grobe Vergehen oder fortgesetzte Pflicht- 
widrigkeiten vorliegen. 

Femer ist es wünschenswert, daß den Schlacht- 
hoftierärzten innerhalb der städtischen Beamten- 



schaft die ihrer Vor- und Ausbildung entspre- 
chende Stellung zugestanden wird, daß sie mit den 
sog. „oberen Gemeindebeamten" rangieren, welche 
akademische Bildung besitzen und nicht mehr 
den mittleren, subalternen Beamten zugezählt 
werden. 

Ein weiterer Punkt, welchen eine Anstellongs- 
urkunde zu enthalten hat, ist der Jahresurlaub. 

Bei der Art des Schlachthofbetriebes mit 
seinem aufreibenden Lärm und der Tätigkeit des 
Tierarztes mit ihrem nervenangreifenden und oft 
bei der Unmöglichkeit zu anderer wissenschaft- 
licher Betätigung geistig abstumpfend wirkenden 
Dienst ist ein längerer Jahresurlaub dringend 
geboten und zwar sollte derselbe bei selbst- 
ständigen und älteren, den Schlachthof und die 
Beschau leitenden Tierärzten nicht unter vier 
Wochen betragen, entsprechend dem Urlaub 
anderer akademischer Kreise. Um den säch- 
sischen Bestimmungen zu entsprechen, nach 
welchen die Leitung des Schlachthofes bzw. der 
Fleischbeschau daselbst nur Tierärzten über- 
tragen werden soll, darf meines Erachtens die 
Vertretung auf Wochen hinaus auch nur Tier- 
ärzten übertragen werden, aber nicht, wie es 
leider seitens einzelner Gememden aus Spar- 
samkeitsrücksichten ihrer selbst oder der diese 
Anregung gebenden Fleischerinnungen noch 
immer geschieht, durch Laienfleischbeschauer 
erfolgen, während ein Tierarzt nur bei Beanstan- 
dungen gerufen wird. 

Um hier gleich meinen Standpunkt zur Ver- 
wendung von Laienfleischbeschauem an Schlacht- 
höfen mittlerer und kleiner Städte zu kenn- 
zeichnen, so meine ich, daß ohne jede Ver- 
wendung solcher Hilfskräfte schwer auszukommen 
sein wird, selbst dort, wo andere Tierärzte 
ansässig sind. Es treten hier und da plötz- 
liche Abhaltungen der Schlachthoftierärzte durch 
kurzes Kranksein, durch vorübergehenden Unfall, 
stundenweise dringende Abhaltungen durch dienst- 
liche oder Familienangelegenheiten usw. ein, ohne 
daß sofort ein Tierarzt zur Vertretung zur Stelle 
sein kann. 

In solchen kurzen und plötzlichen Behin- 
dorungen dürfte ohne Bedenken ein zuverlässiger 
Fleischbeschauer mit der Beschau betraut werden 
können. 

Hingegen mit dem Brauche, bei wochen- 
langer Beurlaubung oder Krankheit, Fleisch- 
beschauem die Beschau zu überlassen, oder wie 
es auch vorkommen soll, um der Praxis ausgiebig 
nachgehen zu können, den Schlachthof den Tag 
über und selbst auch an Hauptschlachttagen 
dem Laienfleischbeschauer zu überlassen, um 
am Abend bei der Rückkehr nur eventuell 
Beanstandungen zu regeln; mit dem Brauche 



- 155 — 



sollte unbedingt gebrochen werden, schon aus 
dem Grande, weil wir hierdurch uns selbst und 
unsere Tätigkeit in den Augen der Fleischer, 
der Behörden und des Publikums herabsetzen, 
und dies sollte regierungsseitig verboten werden. 

Ich wende mich nun den Besoldungsverhält- 
nissen zu. Sie sind in den meisten Orten als 
unzulänglich zu bezeiciinen, wenn man sie mit 
den uns zufallenden Aufgaben vergleicht und 
mit den Besoldungen anderer akademischen 
Berufsarten und der übrigen Geraeindebeamten 
in Parallele stellt. 

Die Höhe des Gehaltes der Schlachthoftier- 
ärzte wird vielfach von der Rentabilität des 
Schlachthofes beeinflußt, weil die Schlachthofge- 
meinden eine Trennung des Fleischbeschauetats 
vom Verwaltungsetat nicht kennen, Gebühren 
für die Benutzung des Schlachthofes und für 
Beschau getrennt gar nicht festgesetzt haben, 
sondern beide zusammenwerfen und von § 43 
der sächsischen Verordnung vom 27. Januar 1903 
nach welchem aus den in die Schlachthofkasse 
fließenden Beschaugebflhren nennenswerte Gber- 
Bcbüsse nicht gewonnen werden sollen, keinen 
Gebrauch machen. Beide Gebühren werden unter 
dem Namen „Schlachtgebühren" erhoben, die 
zur Bestreitung sämtlicher Kosten, auch des Ge- 
haltes des Schlachthoftierarztes herangezogen 
werden. 

Dieses Verfahren ist meines Dafürhaltens 
angesetzlich, wie es auch ungesetzlich ist, in 
Innungsschlachthöfen verschieden hohe Gebühren, 
je nachdem ob der Schlachtende Mitglied der 
Innung ist oder nicht, zu erheben. 

Da diesbezügliche Vorstellungen bei den 
Gemeindebehörden, besonders bei denen mit 
Innungsschlachthöfen meist erfolglos waren, und 
es doch nicht in der Ordnung ist, daß die 
Schlachthofverwaltungen sich auf Kosten der 
Fleischbeschau bzw. der Tierärzte bereichern, 
so meine ich, daß mit Hilfe der Regierang auf 
eine Wandlung dieser unhaltbaren Zustände zu 
hoffen ist und zwar in dem Sinne, daß die Ge- 
meinden bzw. Schlachthofverwaltungen an- 
gewiesen werden, die VerwaltuDgsetats von den 
Fleischbeschauetats vollständig zu trennen, Ge- 
bühren für die Benutzung des Schlachthofes 
getrennt von den Gebühren für die Beschau 
der Schlachttiere und des eingeführten Fleisches 
festzusetzen, dieselben in den Büchera getrennt 
zu führen, und zwar den Beschangebühren die in 
den §§ 38, 39, 41 und 42 der sächsischen Ver- 
ordnung vom 27. Januar 1903 eingeführten Ge- 
bührensätze zugrande zu legen. 

Wenn nach meinen Berechnungen, soweit 
Städte von 10 bis 80000 Einwohnern in Frage 
kommen, den SchlachthoiVerwaltungen vom Staat 



vorgeschrieben würde, nicht unter Va der staatlich 
festgesetzten Gebühren als Beschaugebühren ein- 
zusetzen, so dürfte sich eine Summe ergeben, 
die den Gemeinden, besonders den mit Innungs- 
schlachthöfen, welchen vielfach nur die Anregung 
von der Regierung fehlt, eine geeignete Grund- 
lage bildet für eine Regelung des Gehaltes, eines 
Anfangsgehaltes, entsprechender Gehaltsstaffel 
und des Endgehaltes, dabei genügend Überschuß 
läßt ftlr Bestreitung aller mit der Fleischbeschau 
in Zusammenhang stehender notwendiger Aus- 
gaben und je nach Größe der Stadt auch noch 
einen Betrag erübrigt, der für Pensionszwecke 
usw. von der Stadt angelegt oder den Schlacht- 
hofverwaltungen jährlich zurückgegeben werden 
kann. 

Als Beispiel will ich eine Stadt von 
10-'12000 Einwohnera anführen. Es werden 
daselbst geschlachtet: 
800 Rinder, welche zu Vs ^^^ staatlichen Ge- 
bühren 800 M. 

3000 Schweine, welche zu ^/^ der staat- 
lichen Gebühren 1500 „ 

1500 Kälber, Welche zu V3 der 

700 Schafe und Ziegen, (staatl. Gebühren 880 „ 

in Summa 3180 M. 
ergeben oder eine Stadt mit ca. 25000 Einwohnera: 
1500 Rinder .... ergeben 1500 M. 
6500 Schweine ... „ 3250 „ 

8500 Kälber \ 

1500 Schafe und Ziegen I ^^^ ^ 

in Summa 6750 M. 
Und selbst wenn man nur auf die Hälfte 
der staatlich festgesetzten Gebühren zukäme, 
würde sich eine immer noch annehmbare Summe 
ergeben, wie ich am folgenden Beispiel dartun will. 

Stadt mit 10-12000 Einwohnern: 
800 Rinder . . . ergeben 600 M. (ä 75 Pf.) 
3000 Schweine . . „ 1200 „ (ä 40 Pf.) 

2200 Kälber, Schafe 

und Ziegen „ 660 „ (ä 30 Pf.) 

in Summa 2460 M. 
und Stadt mit 25000 Einwohnera: 

1500 Rinder ergeben 1125 M. 

6500 Schweine „ 2600 „ 

5000 Kälber, Schafe und Ziegen^ „ 1500 „ 



in Summa 5225 M. 
Rechnet man die entsprechenden Gebühren- 
sätze für Pferde und Hunde und für eingeführtes 
Fleisch hinzu, so wird sich die Gesamtsumme je 
nach den örtlichen Verhältnissen mehr oder minder 
noch erhöhen. Zu berücksichtigen wäre auch, 
ob der betreffende Tierarzt die volle Verwaltung 
des Schlachthofes mit zu erledigen hat Die Ent- 
schädigung hierfür entfiele zum Teil auf den 
Verwaltungsetat und als solche käme freie 
Wohnung — dieselbe ist vielfach ungenflgend 



— 156 - 



und nicht standesgemäß — und eventuell 
Heizung und Beleuchtung in Frage. Wäre Wohnung 
nicht vorhanden, so wäre in Geldeswert ein 
Äquivalent aus dem Verwaltungsetat zu schaffen. 
Von großem Wert und erheblichem Vorteile 
würde es femer sein, wenn durch die Regierung 
erreicht werden könnte, daß die Gemeindebehörden 
mit Jnnungsschlachthöfen zur vollständigen 
Verstadtlichung der Fleischbeschau angehalten 
würden. 

Es würden dann manche für den Tierarzt 
höchst unangenehme, den Zwecken der Fleisch- 
beschau zuwiderlaufende Bestimmungen ohne 
weiteres wegfallen. 

Der Tierarzt soll unabhängig sein Amt aus- 
üben. Wenn aber, wie in den meisten Innungs- 
schlachthöfen, bei Änderungen der Anstellungs- 
bcdingungen, bei Besoldungs- und Urlaubs- 
fragen und anderem mehr die Flcischerinnung 
gehört wird und für die Entscheidung vielfach 
ausschlaggebend ist bei den Stadtbehörden, so 
befindet sich der Tierarzt zur Innung in einem 
Verhältnis, welches seinem Ansehen nicht för- 
derlich sein kann und seine Autorität unter- 
graben muß. 

Zum mindesten muß in solchen Gemeinden 
verlangt werden, daß unter vollständiger Tren- 
nung der Schlacht- und Beschaugebühren 
letztere an die Stadt abzuführen sind und nur 
diese die Anstellnngs- und Besoldungs- 
bedingungen und die durch die Fleischbeschau 
entstehenden Ausgaben zu bestimmen hat, wie 
es ja in einzelnen Gemeinden bereits durch- 
geführt ist und wie es auch in Orten ohne 
Schlachthöfe, wo die Tierärzte festbesoldet 
sind, gehandhabt wird. 

Würde auf diesem Wege eine Hegclung er- 
folgen, so würden wir nicht mehr mit Gehältern 
abgespeist werden, die oft unter den der 
Subaltembeamten stehen, Gehälter, die in ihrem 
Grundgehalt an sich schon zu niedrig bemessen 
sind, meist keine oder nur unzulängliche Ge- 
haltsstaffel aufweisen und mit einem un- 
genügenden Endgehalt schließen, Gehälter, 
meist 3500 M. nicht übersteigend, in einzelnen 
Fällen 4500 M. erreichend, die den an uns 
heute gestellten Anforderungen, unserer Ver- 
antwortung und den jetzigen Lebensverhält- 
nissen nicht entsprechen. 

Bei der Gehaltsregelung kommen die Dienst- 
zeit und eventuelle Nebeneinnahmen und Privat- 
praxis in Frage. Letztere ist man zu leicht 
geneigt, bedeutend zu überschätzen. 

Die Dienstzeit geht an den meisten Schlacht- 
höfen mittlerer und kleiner Städte über das Be- 
dürfnis hinaus. 

Wonn z. B. an Schlachthöfen von Städten von 



15—20 000 Einwohnern Beschanzeiten von früh 
7 Uhr bis abends 7 Uhr mit zweistOndlicher 
Mittagspause gelten, so ist damit der Bequem- 
lichkeit der Interessenten über die Maßen Bech- 
nung getragen. Etwa sechs bis sieben Stunden 
an den zwei bis drei Haupttagen und ent- 
sprechend weniger Stunden an den übrigen 
Tagen werden überall genügen, ohne geschäft- 
liche Schädigung der Fleischer, und der eigent- 
liche wirkliche Betrieb, der sich an sich wohl 
überall auf gewisse Stunden, zumeist die Abend- 
stunden beschränkt, wird sich bei zweck- 
entsprechender Verteilung der Dienstzeit zum 
Vorteil des Schlachthofes auch billiger gestalten. 
Hierdurch wäre vor allem in kleinen 
Schlachthofgemeinden, in welchen es nicht 
möglich ist, den Tierärzten eine zum Leben 
auskömmliche Besoldung zu gewähren, eine Ge- 
legenheit gegeben, das Fehlende durch Ausübung 
von Privatpraxis zu ergänzen. 

Als ein Mißstand ist es auch zu bezeichnen, 
wenn in einzelnen Schlachthofgemeinden die 
Tierärzte auf Grund ihrer Anstellungsbedingungen 
zur Ausübung der Trichinenschau verpflichtet 
sind. Bei den einen ist eine gewisse Anzahl 
von Untersuchungen im Gehalte eingeschlossen, 
andere haben einen Teil der Untersuchungen für 
die entsprechenden Gebühren zu erledigen, sollen 
aber dadurch ihr Einkommen erhöhen und einen 
weiteren Trichinenschauer ersparen. Da nun die 
Trichinenschau für den Tierarzt gerade an den 
Haupttagen, wo die Zahl der Schweineschlach- 
tungen höhere sind, wo er aber durch die 
Fleischbeschau an sich schon genügend be- 
schäftigt ist, in Frage kommt, so werden Über 
häufungen von Untersuchungen nicht ausbleiben, 
und letztere darunter leiden. Zu den Ein- 
richtungen, welche zum „Fleischbeschauetat'' 
eines Schlachthofes gehören, ist ein geräumiges 
Dienstzimmer zu rechnen, welches genügend 
Licht zum Mikroskopieren hat und durch seine 
Lage gesundheitlich ohne Nachteile ist. Hier 
und da soll ein eigenes Zimmer für den Tier- 
arzt fehlen oder ein gemeinsames Zimmer für 
alle Beamten vorhanden sein. 

Ein unbedingt separates tierärztliches Dienst- 
zimnier müßte genügende Einrichtungen für histo- 
logische und bakteriologische Untersuchungen, 
wie Mikroskop, Mikrotom, Farbflttssigkeiten, 
eventuell Brutofen usw. haben; davon ist aber 
nur vereinzelt etwas zu finden. Hierdurch wäre 
den Tierärzten Gelegenheit geboten, neben der 
doch ohne Frage eintönigen Beschäftigung 
der Fleischbeschau, zumal da, wo wenig Bean- 
standungen vorkommen, sich wissenschaftlich 
zu betätigen. Denn selbst auf den kleinsten 
Schlachthöfen kommen Fälle vor, die von wissen- 



— 157 — 



Bchaftlichem Werte sind, aber infolge Fehlens 1 
jl^enflgender laboratoriummäßiger Einriebtungen 
der AUgemeinbeit niebt zugute kommen können. ' 
Wie die Anschaffung dieser Utensilien meist auf 
Schwierigkeiten stößt oder an der Abneigung 
der Itebörden oder Innungen überhaupt scheitert, 
so ist zum Teil auch nicht genügende Dienst- 
kleidung (Mäntel)), Handtflcher, zu finden, femer 
nicht oder mangelhaft gesorgt für Wasch- 
oinrichtungen mit warmem Wasser und Des- 
infektionsvorricbtungen für Hände und Messer 
und anderes mehr. 

Auch dürften die Haltung von Gesetzblättern, 
den'Scblachthof, die Fleischbeschau und das 
Fleischergewerbe betrefiPende Zeitungen und 
Material zur Anlegung von Akten usw. auf 
Kosten der Fleischbeschau eine Notwendigkeit 
und die Gewährung von Beihilfen zum Besuche 
von Fortbildungskursen und tierärztlichen Ver- 
sammlungen ein Bedürfnis sein. Meist fehlen 
auch Räumlichkeiten zur Abhaltung von 
Trichinenschauerkursen und Platz zur Abhaltung 
der Nachprüfungen der Fleisch- und Trichinen- 
schauer durch die Bezirkstierärzte. 

Endlich stehen noch den Tierärzten bei Aus- 
übung der Beschau nicht genügend Hilfskräfte 
zur Beseitigung von Beanstandungen, zum Ab- 
stempeln usw. zur Verfügung, so daß den Tier- 
ärzten manche Verrichtungen zufallen, die sich 
mit ihrer Stellung nicht vereinbaren. 

Zum Schluß komme ich zur Stellung und 
zum Titel der Schlachthof tierärzte im allge- 
meinen, welche sie in ihrem Interesse und vor 
allem in Ansehung des Publikums einnehmen 
bzw. führen möchten. Bei einer Reihe von 
mittleren und kleinen Städten hat dies bereits 
in der Weise eine Regelung erfahren, daß der 
den Schlachthof bzw. die Fleischbeschau leitende 
Tierarzt den Diensttitel „ Schlachthof direktor^ 
oder „Direktor der Fleischbeschau oder des 
Fieischbeschauamts*' führt An einer Anzahl von 
Schlachthöfen dagegen hat man sich ablehnend 
verhalten, daselbst führen die betrefTenden Tier- 
ärzte die Bezeichnung: Schlachthoftierarzt, städt. 
Tierarzt, Schlachthofverwalter, Polizeitierarzt 
usw. Die letzteren Bezeichnungen sind geeignet, 
in tierärztlichen Kreisen sowohl als auch bei 
den Fleischern und beim Publikum den Anschein 
zu erwecken, als ob die Stellung dieser Tier- 
ärzte und ihre Funktionen untergeordnete oder 
andere seien als dort, wo sie den Titel Direktor 
führen. 

Der Gleichmäßigkeit halber ist daher für alle 
einen Schlachthof bzw. die Fleischbeschau da- 
selbst leitenden Tierärzte der Titel „Schlachthof- 
direktor^ oder „Direktor der Fleischbeschau" 
wünschenswert und wird zur Hebung des An- 



sehens bettragen. Dies ist vor allem auch dort 
anzustreben, wo der Schlachthof und die Ver- 
waltung in Innnngshänden ruht, da die Fleisch- 
beschau an sich unter Leitung des Tierarztes 
steht und der Schlachthof als öffentliches, sani- 
tären und Veterinären Zwecken dienendes Institut 
ihm unterstellt, nur von ihm, als dem in diesen 
Beziehungen verantwortlichen Sachverständigen 
dirigiert werden darf. 

Es bleibt mir nur noch übrig, der Schlachthof- 
ausschüsse Erwähnung zu tun. 

Da gibt es zunächst Gemeinden mit Innungs- 
schlachthöfen, wo ein Schlachthofausschuß ü!)cr- 
haupt nicht bestellt. Die Innung ist zugleich 
die Verwaltung und schaltet und waltet im 
Schlachthof nach ihrem Gutdünken. 

Dann gibt es Orte, wo ein Schiachthofaus- 
schuß wohl besteht, seine Zusammensetzung aber 
dermaßen zugunsten der Gewerbetreibenden 
erfolgt ist, dnß er einem Innungsausschuß gleich 
zu achten ist und demnach auch seine Beschlüsse 
ausfallen. 

Meiner Meinung nach ist unbedingt darauf 
hin zu arbeiten, daß überall ein Schlachthofaus- 
schuß bestehen uiuß, vor allem ist er dringend 
dort nötig, wo der Schlachthof sich in Innungs- 
händen befindet. Der Ausschuß hat aus einer 
beschränkten Zahl von Geraeindevertretern und 
Fleischern und aus dem Tierarzt mit beschließen- 
der Stimme zu bestehen. Nur so wird etwas 
Gedeihliebes für einen Schlachthof erschalFen 
werden können, nur so wird es möglich sein, 
daß der Tierarzt sich in seinem Spezialberuf 
einarbeiten und in Verwaltungsangelegenheiten 
praktisch betätigen kann, nur so wird er auch 
an Achtung und Autorität mehr und mehr ge- 
winnen. Dies, meine Herren, sind in der Haupt- 
sache die mißlichen Zustände, wie sie an einem 
großen Teil unserer sächsischen Schlachthöfe 
mehr oder weniger zu finden sind. 

Daß hier Abhilfe not tut, davon sind wir 
zumeist schon seit Jahren überzeugt und dies 
ist vor allem mit die Veranlassung zu unserem 
Zusammenschluß. 

Wie der Weg zur Abhilfe betreten werden 
soll, mag der folgenden Besprechung vorbehalten 
bleiben. 

Jedenfalls sind wir wohl alle der Meinung, 
da die Schlachtvieh- und Fleischbeschau eine 
staatliche Einrichtung ist, und die dieselbe aus- 
übenden Personen staatliche Funktionen ver- 
richten, demnach gewissermaßen Organe des 
Staates sind, da ferner die Schlacht- und Vieh- 
höfe unter geregelter Veterinär- und sanitäts- 
polizeilicher Aufsicht stehen, daß nur von der 
Regierung eine sichtliche Besserung unserer 
ganzen Verhältnisse zu erhoffen ist. 



— 158 — 



Der Staat wird, meine ich, ein Interesse 
daran haben, daß die Schlachtvieh- und Fleisch- 
beschau überall gesetzmäßig gehandhabt wird, 
und daß vor allem die berufenen Vertreter 
derselben, die Tierärzte, auch in ihren Funk- 
tionen als Leiter der Schlachthöfe und der 
Fleischbeschau berufsfreudig ihres Amtes walten 
und in ihm ihre Befriedigung finden. 

Den Ausfahrungen des Vortragenden fügte 
der folgende Referent Herr Amtstierarzt S t i e h 1 e r 
Bautzen noch an, daß vor allem andere Dienst- 
zeiten sehr wünschenswert seien, betonte, daß 
die Gemeindebehörden sich um die Innungs- 
schlachthöfe ungenügend kümmerten, daß es 
daselbst an ausreichenden Hilfskräften bei der 
Beschau fehle, wünschte femer, daß anderwärts 
verbrachte Dienstzeit bei der Pension mit ange- 
rechnet werde, tadelte die ungenügende und 
unwürdige Ausstattung der Dienstzimmer und 
verlangt zum Schluß dringend die Trennung 
der Fleischbeschaugebühren vom Verwaltungs- 
etat und die Festsetzung zureichender Gebühren 
für die Beschau. 

Herr Direkt G an s e h a 1 s-Großenhain wünscht, 
daß an Innungsschlachthöfen alle Schlachthof- 
beamten von der Stadtbehörde angestellt werden 
müßten. 

Herr Landestierarzt Medizinalrat Professor 
Dr. Edelmann betont, daß wir bei der Kon- 
stellation der Behörden und dem Selbstbe- 
stimmungsrecht der Gemeinden in Sachsen 
nicht zu viel von der Staatsregierung erwarten 
sollten. Die Stellvertretung der Tierärzte an 
Schlachthöfen betr. glaubt er nach den voran- 
gegangenen Darlegungen annehmen zu dürfen, 
daß von den Mitgliedern des Vereins aus die 
Regierung unterstützt wird in dem Bestreben, 
Vertretungen nur Tierärzten zu übertragen. 

4. Über die „Wege zur Besserung der 
Verhältnisse der Gemeindetierärzte^ 
referiert der Vorsitzende unter teilweiser 
Benutzung des überaus reichhaltigen Materials 
der Fragebogen, deren wichtigsten Inhalt er 
bespricht. 

Das gesamte Material soll mitsamt den 
Referaten einer Kommission übergeben werden, 
welche dieselben zu einer Denkschrift ver- 
arbeiten soll. 

In die Kommission werden gewählt die 
Herren Dr. Meyfarth -Glauchau, Dr. Tempel- 
Chemnitz, Dr. Keil -Leipzig, Dr. Seyfert-Pima 
und Dr. Schmutzer-Waldheim. 

Derselben werden folgende Beschlüsse bzw. 
Hinweise auf den Weg gegeben: Es ist eine 
Verkürzung der Betriebszeiten bzw. Dienst- 
stunden dergestalt zu erstreben, daß Erholungs- 
stunden bzw. freie Praxis ermöglicht werden. 



Der Verein erachtet ein pensionsfähiges Gehalt 
von 3000 bis 6000 M. in Staffeln in 15 bis 20 Jahren 
erreichbar und freie Praxis soweit angängig 
bzw. freie Wohnung undKebenbezüge für sämtliche 
Gemeindetierärzte in unteren Stellen in Rücksicht 
auf die Vor- und Ausbildung als angemessen, 
fordert femer Unfall-, Witwen- und Waisenver- 
sorgung und erstrebt Haftpflicht nach dem Staats- 
dienergesetz und Kündigung zunächst viertel- 
jährlich, nach einem Jahr unkündbar. Für amts- 
tierärztliche Stellen 5000 bis 8000 M., ftlr höhere 
Stellen entsprechend mehr Gehalt Anrechnung 
der Dienst- und Militärjahre und Anerkennung 
der Gehaltstaffel bei Stellenwechsel. Es ist be- 
deutsam, daß nach den jetzt bestehenden Ver- 
hältnissen niemand etwas als Reingewinn zu- 
rücklegen oder ersparen konnte. 

Als gemeinsamer Titel soll in größeren Ge- 
meinden städtischer Tierarzt (nicht Hilfstierarzt), 
in leitenden Stellungen Direktor erstrebt werden. 

Was die Rangstellung anlangt, so befinden 
sich zwar die Gemeindetierärzte als sogenannte 
Gemeindeunterbeamte, zu welchen sämtliche 
Kategorien technischer Oberbeamten (mit Aus- 
nahme der Juristen und in größeren Städten 
noch der Stadtbauräte) zählen, in guter Gesell- 
schaft, jedoch ist gemeinsam mit 'den übrigen 
akademisch gebildeten Gemeindeunterbeamten 
eine besondere Gmppe der technischen Gemeinde- 
oberbeamten zu erstreben. 

Es wird anerkannt, daß die jetzt bestehenden 
Verhältnisse in Sachsen trotz der Buntscheckii^- 
keit durchschnittlich besser sind als anderwärts. 
Besonders wird auf Gmnd des „Voll mar sehen 
Pensionsrechts sächsischer Gemeindebeamten'' 
festgestellt, daß jeder Gemeindetierarzt, sofern 
er Beamter ist (d. h. ein bestimmtes jährliches 
Einkommen aus der Gemeindekasse im Lebens- 
beruf, nicht als Nebenerwerb bezieht), bereits 
jetzt Pension, Unfallversicherang, Witwen- und 
Waisenversorgung und Haftpflichtschutz nach 
Maßgabe der bestehenden Gesetze genießt, ganz 
gleichgültig, ob es die Gemeinde ausgesprochen 
hat oder nicht, ebenso daß er nach zehnjähriger 
Dienstzeit (ausgenommen Disziplinarvergehen) 
unkündbar angestellt ist. Wo noch nicht vor- 
handen, ist die Ausstellung einer Anstellungs- 
urkunde, in welcher die Anstellungsverhältnisse 
unzweideutig ausgesprochen sind, zu erstreben. 
Da die Gemeinden in diesen Fragen die Initiatiye 
nicht selbst ergreifen werden, ist staatliches Ein- 
greifen erwünscht Die ungleichmäßigen Ver- 
hältnisse namentlich an Innungsschlachthöfen 
verlangen, daß die Ausschüsse in allen Schlacht- 
höfen gesetzlich geregelt werden. Es ist femer, 
da Wählbarkeit in das Stadtverordnetenkollegium 
nach § 46 der revidierten Städteordnnng zur Zeit 



— 169 — 



/.. 



ausgeschlossen ist, Eintritt in das Ratskolleginm 
nach einer Reihe von Dienstjahren nach Art der 
Stadtbaurftte, mindestens aber Selbstreferieren im 
Ratskolleginm erwOnscht Der Kühlmaschinen- 
betrieb ist schon jetzt den Schlachthofleitem zu 
nnterstellen, die Laboratorien und Bibliotheken 
neuzuschaffen oder erheblich zu verbessern. 
Die Revisionen werden nicht empfunden, jedoch 
ist es wünschenswert, dafi ein anderwärts wohnen- 
der höherer Vorgesetzter, welcher durch Stellung 
und Rang wirklich einen Einfluß auf die Gemeinde 
hat, die jeweiligen Revisionen vornimmt und 
Obelstilnde direkt abstellt. Hierbei ist zu er- 
örtern, ob nicht ein hochgestellter Schlachthof- 
direktor, welcher genaue Betriebskenntnisse be- 
sitzt, die geeignete Person ist. 

Es wird beschlossen, das Königl. Ministerium 
zu ersuchen, das Wort Beschauer, soweit es 
Tierärzte betrifft, in allen gesetzlichen Be- 
stimmungen und Verordnungen durch den Titel 
„Tierarzt** zu ersetzen und den Titel „Fleisch- 
beschauer*' nur fflr Laien gelten zu lassen, und 
in diesem Sinne auch § 30 der sächsischen Ver- 
ordnung vom 27. Januar 1903 zu interpretieren. 

Auf gewissen großen Schlachthöfen ist es 
dringend erforderlich, würdigere Dienstränme zu 
schsüffen und den Tierärzten Gelegenheit zu geben, 
sich im Verwaltungswesen die nötigen Kenntnisse 
anzueignen. 

Der Einfluß des Staates auf Schlachthöfe 
und Fleischbeschau soll in Zusammenfassung 
aller Stellen im Ministerium des Innern im Sinne 
der Fragebogen und dadurch zum Ausdruck 
gebracht werden, daß der Staat etwa ein Drittel 
der Beschaugebühren für sich vereinnahmt und 
dafür staatliche Pension, Unfallversicherung, 
Witwen- und Waisenfürsorge usw. gewährt. 
Femer ist der Einfluß der Landwirtschaft^ auf 
die Schlachthöfe als wesentlich beteiligte Inter- 
essenten, welche weitsichtig die allgemeinen und 
wissenschaftlichen Interessen niemals außer acht 
gelassen haben, unbedingt erheblich zu vergrößern. 

Die in der Sitzung des Vorabends behandelte 
Promotionsfrage für immature Tierärzte betr. 
wird, da Herr Medizinalrat Edelmann vor einem 
übereilten Beschluß warnt und rät, vorher einen 
Vertreter der Hochschule zu hören und der 
folgenden Versammlung die Angelegenheit wieder 
zu unterbreiten, beschlossen, den tierärztlichen 
Landesverband zu veranlassen, der Sache näher 
zu treten, daß im hiesigen Verein der Wunsch 
vorhanden sei, daß immaturen Tierärzten die 
Möglichkeit zur Erlangung des Dr. med. vet. 
gegeben, daß aber vor weiteren Schritten die 
Anhörung der Hochschule anempfohlen werde. 

5. a) Die Unfallversicherung betr., macht der 
Vorsitzende darauf aufmerksam, daß nach den 



sächsischen Bestimmungen Beamte zu 66^3 Proz. 
des Gehaltes versichert seien. 

b) Die Fortbildungskurse betr., beschließt 
man, Kurse auf Fleischbeschaukosten zu erstreben, 
daß jedes Mitglied in drei bis fünf Jahren 
mindestens einmal an einem solchen teilnehmen 
kann. Der Verein soll sich deshalb an den 
Rektor der Dresdner Hochschule wenden. 

c) Erweiterung des Studienplans. Einer 
Äußerung des Rektors zufolge ist nicht eher daran 
zu denken, als bis unser Studium um mindestens 
ein Semester verlängert ist. Der Verein beschließt, 
in diesem Sinne beim Ministerium zu petitionieren. 

d) Die Angelegenheit, die Schlachthof- 
laboratorien betr., wird der Kommission über- 
lassen. 

e) Die Verwendung von Laienfleischbe- 
schauem an Schlachthöfen betr., wird altgemein 
der Wunsch zum Beschluß erhoben, dieselben 
in Schlachthöfen nicht zu verwenden. 

Herr Medizinalrat Edelmann schlägt dazu 
vor, darüber auf Grund von Referaten in einer 
der nächsten Versammlungen zu verbandeln und 
zu beschließen. 

f) Anschluß an Fachvereine. Von einem 
Zusammenschluß mit Preußen und Süddeutsch- 
land wird als verfrüht abgesehen. Der Verein 
gibt an den tierärztlichen Landesverband nur 
allgemeine Sachen weiter, bleibt aber selbständig 
in Eingaben an Behörden. Zu Punkt 6 der 
Tagesordnung wird ein Antrag auf Schluß der 
Debatte angenommen. 

Als nächster Versammlungsort wird Chemnitz 
und als Zeit Februar oder März 1908 gewählt. 
Schluß der Verhandlungen nachmittags 2Va Uhr. 
In sehr angeregter Stimmung einte die Ver- 
sammlungsteilnehmer ein fröhliches Mahl. Bedeut- 
same ernste und heitere Tischreden legten 
Zeugnis ab von der allgemeinen Befriedigung 
über den Verlauf der erfolgreichen Versammlung. 

Leipzig, den S.November 1907. 
gez. Dr. Meyfarth, gez. Dr. Seyfert, 

1. Vorsitzender. 1. Schriftführer. 

— Bericht Ober den XIV. Internationalen Kongreß 
für Hygiene und Demographie, Berlin, 23.-29. Sep- 
tember 1907, von Bo ekel mann- Aachen. 

Für den Tierarzt beanspruchten Verhandlungs- 
gegenstände der I. Sektion das meiste Interesse, 
aber auch in der III. und V. Sektion wurden 
Fragen verhandelt, an deren Lösung wir Tier- 
ärzte bemfen sind, mitzuwirken. Bei meinem 
heutigen Referat kann ich natürlich nur einen 
kurzen Überblick geben und werde mich hin- 
sichtlich der verhandelten Themata auf diejenigen 
beschränken, die uns besonders interessieren, 
und auch diesen kann ich nur eine kurze Be- 
sprechung widmen. 



160 



Die Sektion I behandelte in erster Linie 
die Tuberkulose. 

An der Tuberkuloseerforschnng sind stets 
Tierärzte in hohem Maße beteiligt gewesen, und 
es war auch hier einem Tierarzt vorbehalten, 
als erster über die Ätiologie der Tuberkulose 
zu referieren, nämlich Arloing, Directeur de 
TEcole V6törinaire de Lyon. Er sprach über die 
Verwandtschaftlicbkeit der Tuberkulosebazillen. 

Kavenel-Philadelphia berichtete über die 
tuberkulöse Infektion durch Nahrungsaufnahme 
und durch Eontakt. Der Tuberkelbazillus hat die 
Fähigkeit, die intakte Schleimhaut des Spcise- 
kanals zu durchdringen, ohne eine Verändening 
der Schleimhaut zu verursachen; dies geschieht 
namentlich während der Verdauung von Fett- 
stoffen. Die Ansteckung durch den Verdauungs- 
kanal ist besonders häufig bei Kindern. In vielen 
Fällen ist die Milch von tuberkulösen Kühen die 
Ursache der Ansteckung. Auch durch Berührung, 
Küssen, unreine Hände, durch Verrichtungen bei 
der Reinigung von Gefäßen, die von Tuber- 
kulösen benutzt worden sind, kann die Tuber- 
kulose übertragen werden. 

Flügge -Breslau sprach über Inhalations- 
tuberkulöse. Es genügen schon äußerst geringe 
Mengen von in Tröpfchenform mit der Luft ein- 
geatmeten Tuberkelbazillen, um eine Lungen- 
tuberkulose hervorzurufen. Werden Tuberkel- 
bazillen verfüttert, so sind millionenfach größere 
Bazillenmengen nötig, um manifeste Krankheits- 
erscheinungen hervorzurufen. Für die Menschen 
haben die Infektionsgelegenheiten durch Inhalation 
entschieden mehr Bedeutung als die intestinale 
Infektion. 

Ribbert-Bonn behandelte die pathologisch- 
anatomischen Befunde bei der Tuberkulose und 
wies darauf hin, daß diese am häufigsten in den 
Lungen und in den BronchialdrUsen lokalisiert 
gefunden würde. Die Bronchialdrüsentuberkulose 
wird weitaus am häufigsten festgestellt und ist 
in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle die 
einzige Lymphdrüsentuberkulose des Körpers. 
Hieraus folgt, daß die a^rogene Infektion bei Er- 
wachsenen in erster Linie in Betracht kommt, und 
die intestinale Infektion keine große Rolle spielt. 
Bei Kindern dagegen betragen die Fälle der in- 
testinalen Infektion 15% sämtlicher Tuberkulösen. 

Hofrat von Schrötter-Wien sprach über 
die klinischen Beobachtungen hinsichtlich der 
Entstehung primärer Tuberkulose beim Menschen. 

Es wurde noch ein Vortrag gehalten von 
Oberarzt Dieterlen. Seine Versuche haben 
ergeben, daß, wenn man Bakterienauf- 
schwemmungen Tieren per Klysma beibringt, 
sich die Keime schon 4 Stunden nachher in den 
Lungen nachweisen lassen. Die Keime steigen 



den Verdauungskanal empor und gelangen vom 
Ösophagus in die Lungen. Bei unterbundenem 
Ösophagus konnten die Keime niemals in den 
Lungen nachgewiesen werden. 

An der Diskussion über die fünf offiziellen 
Referate beteiligten sich 17 Redner, u. a. auch 
Kollege Bongert- Berlin. 

In den Schlußsätzen der Referenten ist 
manches enthalten, was uns Tierärzten aus der 
praktischen Erfahrung heraus, insbesondere 
durch die Fleischbeschau, bereits in Fleisch und 
Blut übergegangen ist Wir stehen längst schon 
auf dem Standpunkt, daß bei Erwachsenen 
(in unserem Falle z. B. Rinder) die aörogene 
Infektion die erste Rolle spielt, während bei 
den jugendlichen Individuen (Kälber, Ferkel) 
die intestinale Form der Infektion vorwiegt. 
Von dieser auf überzeugende Befunde gestützten 
Erkenntnis konnte uns auch die einseitige Be- 
tonung der intestinalen Tuberkuloseinfektion 
seitens v. Behrings nicht abbringen. 

Die übrigen Verhandlungsgogenstände der 
I. Sektion, so interessant sie auch sein mögen, 
hatten besonderes Interesse nur fQr den 
speziellen Bakteriologen. Die Mehrzahl der 
tierärztlichen Kongreßteilnehmer hat deshalb 
während der Verhandlungsdauer für uns Tierärzte 
aktuellere Vorträge in anderen Sektionen gehört. 
Für mich kamen die IIL, V. und VII. Sektion in 
Betracht, und zwar für folgende Vorträge: 

III. Sektion: Herstellung tadelloser Kinder- 
milch. 

Sektion V: Die allgemeine Durchführung 
der Fleischbeschau mit Rücksicht auf 
KrankheitsverhQtung. 

Sektion VIII: Säuglingssterblichkeit. 

In der IIL Sektion hielt einen ausgezeich- 
neten Vortrag über die Herstellung tadelloser 
Kindermilch Reg.-Rat Dr. Weber aus dem 
Reichsgesnndheitsamt. Er wies einleitend darauf 
hin, daß hierbei der Tierarzt, der Arzt, der 
Hygieniker und der Landwirt ein wichtiges Wort 
mitzureden hätten, und besprach dann die 
Forderungen, welche an eine tadellose Kinder- 
milch gestellt werden müßten. Kindermilch soll 
frei von jeglichen, die menschliche Gesundheit 
bedrohenden Schädlichkeiten sein. Bisher ist 
keine Sicherheit gegeben, daß die Milch frei von 
Krankheitskeimen ist. Dieselbe kann mit tierischen 
und menschlichen Krankheitserregern infiziert 
sein. In Deutschland liegt eine gewisse Vorbeuge 
in dem Reichsgesetz, betr. die Bekämpfung 
menschlicher Seuchen, und in vielen dazu 
erlassenen Polizeiverordnnngen. Aus den Molkerei- 
betrieben sowie vom Handel und Verkehr mit 
Milch sind kranke Personen, namentlich solche, 
die Krankheitskeime ausscheiden oder mit 



UM 



sich herumtragen (sog. Bazillenträger) auszu- 
schließen, namentlich muß dies der Fall sein bei 
Typhus und Tuberkulose. In dem Reichsvieh- 
seuchengesetz liegt eine Vorbeuge gegen die 
Übertragung des Milzbrandes, der Maul- und 
Klauenseuche und der Tollwut. In der Milch 
wurden vielfach Streptokokken gefunden, die teil- 
weise von auf den Menschen übertragbaren 
Erkrankungen herrührten. Die pathogenen Strep- 
tokokken sind von den nicht pathogenen nicht 
zu unterscheiden. Neuerdings wird der eitrige 
Bodensatz der zentrifugierten Milchprobe diagnos- 
tisch verwertet (Eiterprobe nach Trommsdorf— 
Streptokokken -Mastitis). Der Vortragende ging 
dann auf die Frage der Übertragbarkeit der 
bovinen Tuberkulose auf den Menschen durch den 
Milchgenufi über, an deren Möglichkeit, namentlich 
bei Säuglingen und Kindern nicht mehr gezweifelt 
werden kann. Nach Webers Ansicht sind Fälle 
von Mesenterialdrüsentuberkulose und der Hals- 
driisentuberkulose der Kinder der Milchinfektion 
verdächtig. Diese Ansicht findet ihre Stütze in 
dem Ergebnis der groß angelegten Versuche, die 
im Keichsgesundheitsamt über die Beziehungen 
zwischen Tier- und Menschentuberkulose durch- 
geführt worden sind. Die Bekämpfung der Rinder- 
tnberknlose ist deshalb nicht nur im landwirt- 
schaftlichen Interesse, sondern im Interesse der 
Volkswohlfahrt auch geboten. Der Genuß der 
rohen Milch ist trotz der Empfehlung durch 
V. Behring zurzeit nicht gutzuheißen, nament- 
lich da neuerdings bekannt geworden ist, daß 
die erhitzte artfremde Milch bekömmlicher ist, 
als die rohe artfremde Milch. (Berl Kinderarzt 
Dr. Fink eiste in.) Nur bei der Barlowschen 
Krankheit ist die Verabreichung von roiicr 
Milch unbedingt erforderlich. 

Die V. B e h r i n g sehe Immunisierungsmethode 
kann als ein sicheres Mittel zur Bekämpfung 
der Rindertuberkulose nicht anerkannt werden, 
nachdem die Untersuchungen von Hutyra, Eber 
und dem Reichsgesundbcitsamt die nur zeitlich 
beschränkte Wirksamkeit derselben ergeben haben. 

Ein Teil der Kindertuberkulose kann 
auf den Genuß von Tuberkelbazillen enthalten- 
der Butter zurückzuführen sein, welche ja nur 
selten aus pasteurisiertem oder sterilisiertem Rahm 
hergestellt wird. 

Die Bekämpfung der Rindertuberkulose ist 
im Interesse der Milchhygiene erstrebenswert. 
Kühe, die Tuberkelbazillen mit der Milch aus- 
scheiden, müssen unbedingt ausgemerzt werden. 
Hierzu sind erforderlich, eine fortlaufende Tuber- 
kulinprüfung und klinische Untersuchung der 
Milchdrüse auf offene Tuberkulose. 

Die Schlußsätze von Weber lauten: 

1. Es ist anzustreben, daß als Ersatz für die 



natürliche Ernährung der Säuglinge Kuh- 
milch von solcher Beschaffenheit in den 
Handel kommt, daß sie auch in ungekochtem 
Znstand ohne Gefährdung der Gesund- 
heit getrunken werden kann. 
2 Dies ist nur möglich, wenn eine sichere 
Gewähr dafür gegeben ist, daß die Milch 
frei von Krankheitserregern, insbesondere 
auch von Tuberkelbazillen ist. 

3. Die bestehende Milchkontrolle reicht jedoch 
nicht aus, um dem Publikum diese Sicher- 
heit zu geben. 

4. Daher kann zur Zeit die Erhitzung der 
Milch behufs Abtötung der in ihr ent- 
haltenen Krankheitserreger nicht entbehrt 
werden. 

5. Die Abtötung der Krankheitserreger, auch 
der verhältnismäßig widerstandsfähigen 
Tuberkelbazillen, kann durch sachgemäße 
Erhitzung erreicht werden, ohne dadurch 
die Milch in ihrer Zusammensetzung so 
stark zu schädigen, daß sie minderwertig 
und damit als Säuglingsnahrung unbrauch- 
bar wird, vorausgesetzt, daß die Milch vor 
der Erhitzung frisch und bakteriellen Zer- 
setzungen noch nicht ausgesetzt war. 

6. Ob dem von v. B e h r i n g und seinen Schülern 
empfohlenen Verfahren, durch Zusatz 
chemischer Mittel die Krankheitskeime bei 
Erhaltung des genuinen Charakters der 
Milch abzutöten (Perhydrase-, Sufonin- 
Milch) praktische Bedeutung speziell für 
die Säuglingsernährung zukommt, muß erst 
die Zukunft lehren. 

Dr. K ober- Washington stimmte im wesent- 
lichen den Ausführungen Webers zu und 
wies unter anderm darauf hin, daß die in 
Amerika eingesetzten, ehrenamtlich wirkenden 
Kommissionen die Gefahren, die der menschlichen 
Gesundheit durch den Mllchgonuß drohen, so 
hoch anschlagen, daß sie die strengsten Be- 
stimmungen festgelegt haben: Es muß der 
Identitätsnachweis bezüglich der Herkunft und 
der Qualität erbracht werden. Die Milch darf 
nicht älter als 24 Stunden und muß unter 0" C 
abgekühlt sein. Die Milchproduktion steht unter 
ständiger tierärztlicher Kontrolle. 

In dem folgenden Vortrage von Reiß- 
Bcrlin gelangt dieser zu folgenden Schlußsätzen: 

1. Die behördlichen Vorschriften und Kontroll- 
methoden gewährleisten nicht die sichere 
Unterscheidung von Vorzugsmilch und 
gewöhnlicher Handelsmilch. 

2. Aus diesem Grunde muß die Identität 
bezüglich Beschaffenheit und Deklaration 
von Vorzugsmilch auf andere Weise ge- 
sichert werden. 



— 162 — 



3. Die Mafiregel der jüngsten Dannstädter 
Polizeiverordnung, wonach der Flaschen- 
abzug der Vorzugsmilch auf die Pro- 
duktionsstätte beschränkt wird, erscheint 
vorzüglich geeignet, die Identität dieser 
Milch zu verbürgen, wenn Hand in Hand 
mit der bezeichneten Maßregel eine be- 
hördliche Sachverständigen-Kontrolle von 
Produktionsstätten und Milchhandlungen 
stattfindet. 

4. Erst nach Sicherstellung der Identität der 
Vorzugsmilch sind weitere Verbesserungen 
dieser Milch denkbar und erwünscht. 

An der lebhaften Diskussion über die refe- 
rierten drei Vorträge beteiligten sich u. a. 
Ostertag-Berlin, Lothes-Köln, Bongert- 
Berlin, Müller-Königsberg, de Jong-Leyden. 

Lothes wendet sich auf Gnind seiner 
Erfahrungen gegen den noch weit verbreiteten 
Glauben, dafi Ziegen für Tuberkulose wenig 
empfänglich seien. Er sah Tuberkulose unter 
den Ziegen auftreten, sobald diese in größerer 
Zahl, hauptsächlich bei Stallfütterung, gehalten 
wurden und mit Kühen in Berührung kamen. 

Oster tag und Bongert führen den von 
Weber zu sehr betonten hohen diagnostischen 
Wert des Tuberkulins auf das richtige Maß 
zurück. Bongert fordert außerdem Verbot 
der Pasteurisation und Sterilisation der Milch 
von selten der Milchinteressenten, da sie durch 
diese Maßnahme der Milch eine bessere Be- 
schaffenheit geben wollen, wie sie ursprünglich 
hat und außerdem durch die Erhitzung der 
Milch der Mühe und Sorgfalt enthoben seien, 
welche sie anwenden müßten, um die Milch im 
rohen Zustande verkaufsfähig zu erhalten. 
Außerdem würde hierdurch erreicht, daß der 
Käufer sich von der wahren Beschaffenheit der 
Milch (Tuberkelbazillengehalt) nicht mehr über- 
zeugen könne. Es seien somit alle Tatbestands- 
merkmale des § 10 des Nahrungsmittelgesetzes 
gegeben, welcher eine wirksame, strafrechtliche 
Verfolgung dieser Manipulation ermögliche. 

Müller hat nur in solchen Rindvieh- 
beständen eine Übertragung der Tuberkulose 
auf die Kälber durch die Verabreichung der 
Milch konstatieren können, in denen sich eine 
cutertnberkulöse Kuh befand. Das gelegentliche 
Vorkommen von wenig Tuberkelbazillen bei den 
anderen offenen Tuberkuloseformen sei für die 
Nachzucht belanglos. Er glaubt deshalb, daß 
durch eine sorgsame tierärztliche Kontrolle eine 
ausreichende Gewähr geboten sei für die Schaffung 
einer guten Kindermilch, und warnt davor, Inder 
Besserung der Milchversorgung zu scharf vor- 
zugehen. 



In der V. Sektion waren für das zur 
Beratung gestellte Thema: „Die allgemeine Durch- 
führung der Fleischbeschau mit Rücksicht auf 
Kx&nkheitsverhütung^ Martel-Paris und Oster- 
tag-Berlin bestellt. 

Der erstere war nicht erschienen und ließ 
seine Schlußsätze verlesen, in denen er eine all- 
gemeine Fleischbeschau fordert, und daß die mit 
der Fleischbeschau beauftragten Inspektoren in 
der Handhabung der neuen Untersuchungs- 
methoden, welche die Wissenschaft zur Ver- 
fügung stellt, durch den periodischen Besuch 
wissenschaftlicher Untersuchungsanstalten und 
durch die Teilnahme an gut geleiteten Kursen 
in der Fleischuntersuchung stets auf dem 
Laufenden gehalten werden. 

Ostertag forderte eine überall durchzu- 
führende Fleischbeschau zur sicheren Verhütung 
einer Übertragung der im Fleisch enthaltenen 
Schädlichkeiten, von denen er als die wichtigsten 
bezeichnete: die Brut der verschiedenen Ein- 
geweidewürmer, insonderheit der taenia saginata 
und taenia solium, die schädlichen Fischparasiten, 
femer Tuberkulose, Milzbrand, Rotz und Tollwut, 
sowie die Fäulnistoxine, das Wurst- und Fleischgift. 
Von einem ausführlichen Referat über seinen 
Vortrag darf ich Abstand nehmen, nachdem 
Ostertag den Abdruck desselben in der Zeit- 
schrift für Fleisch- und Milchhygiene in Aussicht 
gestellt hat. An der Diskussion beteiligte sich u. a. 
Borch mann- Berlin, der in ausführlichen Dar- 
legungen für eine amtliche Beschau des Wildes, 
des Geflügels und der Eier eintrat 

Aus den Verhandlungen der VIII. Sektion 
verdienen als bedeutungsvoll für uns Tierärzte 
zwei Vorträge hervorgehoben zu werden, die 
der bekannte Kinderarzt und Professor an der 
Düsseldorfer Akademie Dr. Schloßmann und 
Veterinärrat Dr. Foth- Schleswig hielten. 

Dr. Schloßmann bezeichnete es als einen 
Widerspruch, daß eins der allerwichtigsten 
Nahrungsmittel, das die Milch als einziges für 
viele zarte Säuglinge ist, so wenig sorgfältig 
behandelt wird. Namentlich in den Großstädten, 
in denen im übrigen das Bestreben herrscht, die 
Nahrungs- und Genußmittel im besten Zustande zu 
liefern, gelangt die Milch meist in ganz miserablem 
Zustand in den Verkehr. Die in manchen Städten 
eingerichteten Milchküchen haben es nicht ver- 
mocht, eine bessere Beschaffenheit der zur 
Säuglingsemährung bestimmten Milch herbeizu- 
führen, die hiermit angeblich erzielten Erfolge sind 
nur Scheinerfolge. Das Gegenteil von dem, was 
erstrebt wird, ist durch diese Küchen erzielt 
worden. Die Hauptaufgabe ist darin zu er- 
blicken, die großen Massen, die Großstädte, mit 
guter Milch zu versorgen. Viele Städte haben 



— 163 — 



Regalatiye erlassen, aber die Milch sei trotzdem 
immer «schlechter geworden, weil die Milch bis- 
her nur an! ihren ehemischen Nährwert kon- 
trolliert wird, die hygienische Kontrolle dagegen 
noch aussteht. Auf diese Weise wird zwar der 
Geldbeutel, nicht aber die Gesundheit der Kon- 
sumenten geschätzt. Eine Änderung dieses 
hygienisch unglaublichen Zustandes ist nur dann 
möglich, wenn eine intensive Kontrolle ausgeübt 
wird, die am Orte der Produktion, im Stalle, 
einsetzt. Regelmäßige Ontersuchung des Vieh- 
bestandes und die Beaufsichtigung der Milch- 
gewinnung seitens des Tierarztes und des 
hygienisch geschulten Arztes ist unbedingt erfor- 
derlich. Den Ausführungen Schloßmanns kann 
tierärztlicherseits nur zugestimmt werden. Nur 
in seiner Auffassung über den Wert der städtischen 
Milchküchen kann ihm nicht beigepflichtet werden. 
Es muß vielmehr anerkannt werden, daß die 
Städte hierbei den richtigen Weg eingeschlagen 
haben. Es fehlt freilich auch hier noch an einer 
ausreichenden Kontrolle der Prodnktionsstätte, 
die sich aber ohne allzugroße Schwierigkeiten 
angliedern lassen wird, wie das Vorgehen von 
Berg.-Gladbach, Köln u. a. Städten, in denen die 
Herkunftsstätten der in die Milchküchen ge- 
lieferten Milch einer periodischen tierärztlichen 
Kontrolle unterworfen sind, beweist. 

Der im Anschluß hieran gehaltene Vortrag 
Foths ist in extenso in der B. T. W. erschienen 
und in unseren meisten übrigen Fachzeitschriften 
einer Besprechung unterworfen worden, so daß 
es sich erübrigt, auf denselben näher einzugehen. 

Hygienische Ausstellung. 
In Verbindung mit dem XIV. Internationalen 
Kongreß für Hygiene und Demographie fand eine 
Hygiene-Ausstellung statt, die überaus reich 
von den hygienischen Universitätsinstituten, staat- 
lichen Behörden, Stadtverwaltungen und einer 
großen Zahl von Firmen beschickt worden war. 
Für die mikroskopische Technik war neu der 

Spiegelkondensor zur Sichtbarmachung 
ultramikroskopischer Teilchen. 

Diese neue Methode zur Sichtbarmachung 
ultramikroskopischer Teilchen gründet sich auf 
die Beleuchtung in dunklem Felde, bei welcher 
das Objekt durch Strahlen größerer Apertur be- 
leuchtet und durch Strahlen geringerer Apertur 
abgebildet wird. 

Den Kongreßteilnehmern war außerdem Ge- 
legenheit gegeben, eine große Anzahl von staat- 
lichen, städtischen und privaten, den verschieden- 
sten Zweigen der Hygiene dienenden Instituten 
und Anlagen zu besichtigen. Die Besichtigungen 
fanden unter ortskundiger Führung sachver- 
ständiger Herren statt und boten viellnteressantes. 



Ich habe mich an dreien derselben beiteiligt und 
zwar an der Besichtigung der Meierei Bolle 
in Alt-Moabit, des Kaiserin Friedrich-Hauses für 
das ärztliche Fortbildungswesen und der Müll- 
beseitigungsanstalt der Stadt Charlottenburg. 

— Bericht aber einen Besuch In der MOII- 
aufberellHnosanstaK Seegefeid b. Spandau von 

Bockelmann- Aachen. 

Sehr interessant war der Besuch der Müllauf- 
bereitungsanstalt Seegefeld b. Spandau, der bei 
Gelegenheit des XIV. Internationalen Kongresses 
für Hygiene und Demographie veranstaltet wurde. 
Die Stadt Charlottenburg bat die Abfuhr und 
Verwertung des Hausmülls der Allgemeinen 
Müllverwertungsgesollschaft m. b. H. Charlotten- 
burg auf 15 Jahre zum Preise von 1.30 Mk. pro 
Einwohner und Jahr übertragen. Es ist hier das 
sogenannte Dreiteilungssystem eingeführt worden, 
nach dem die Hausabfälle bereits in den Haus- 
haltungen nach 3 Gruppen getrennt, angesammelt 
werden : 

1. Asche und Kehricht. Im Haushalt dient 
zur Aufnahme der Mülleimer, der später in 
einen auf dem Hofe stehenden Eisenblech- 
kasten entleert wird. 

2. Küchenabfälle. Diese werden ebenfalls in 
einen auf dem Hofe stehenden besonderen 
Behälter in Gestalt einer runden Tonne 
geworfen. Hierher gehören alle Küchen- 
abfälle und Speisereste, z. B. Fleisch- 
und Gemüsereste, Fisch- und Geflügelab- 
fälle, Kartoffelschalen, ObsUbfäUe, Eier- 
schalen, altes Brot usw. 

3. Alle übrigen Abfälle, wie Papier, Holz 
und Stroh, alte Kleider, Knochen, Lumpen, 
Flaschen, Konservenbüchsen, Glas usw. 
Zur Aufnahme dieser dienen Schränke, 
welche einen auswechselbaren Sack mit 
Bügelverschluß enthalten. 

Die für die Dreiteilung erforderlichen 
Sammelgefäße für das Haus liefert die Gesell- 
schaft, während die übrigens nicht unbedingt 
notwendigen Dreiteil ungsspinden oder auch ein- 
fachere Einrichtungen auf dem Hofe von den 
einzelnen Haushaltungen gestellt werden müssen. 
i Die Abfälle werden 3 mal wöchentlich durch 
besondere dreiteilig konstruierte Wagen, welche 
staubsichere Entleerung ermöglichen, abgefahren 
und in Eisenbahnwagen'verladen, welche sie dann 
zu der genannten Anstalt in Seegefeld bringen. 
Das Hauptgebäude ist von zwei Seiten von 
Gleisen des für die Anstalt besonders angelegten 
Bahnanschlusses begrenzt, so daß die Eisenbahn- 
wagen bis dicht an das Haus heranfahren können. 
Mittelst Elevatoren werden die Abfallmassen der 
3. Gruppe in den 2. Stock des Hauptgebäudes ge 



— 164 



schafft. Hier befinden sich grofie mit Exhaustoren 
in Verbindung stehende rotierende Trommeln, 
in die hinein gedachte Abfälle portionsweise 
in ununterbrochener Aufeinanderfolge gegeben 
werden, wobei schon ganze Flaschen nach Mög- 
lichkeit gesammelt werden. Durch die Exhaustoren 
wird der Staub in einen besonderen Behälter 
abgesogen. An die Trommeln schließen sich 
lange, etwa 60 cm breite, mit Seitenborten ver- 
sehene Tische an, die durch einen besonderen 
Mechanismus in ständiger Rüttelbewegung ge- 
halten werden, derart, daß die aus der Trommel 
darauf geschleuderten Gegenstände beständig 
weiter geworfen werden. Zu beiden Seiten der 
Tische stehen Frauen, die mit ihren behand- 
schuhten Händen das Aussortieren aller brauch- 
baren Teile besorgen und zwar in sie umgebende 
Körbe. Schon hier wird eine Trennung nach 
Qualitäten sonst gleichartiger Dinge vorgenommen ; 
es wird z. B. das Papier, welches übrigens die 
Hauptmasse ausmacht, nach Farbe und Qualität 
sortiert. Beim Beobachten der sortierenden 
Tätigkeit der Frauen bekommt man einen Begriff 
von der Vielseitigkeit und Vielartigkeit des 
Großstadtmülls. Alles mögliche kommt hier zum 
Vorschein : die verschiedenartigsten Papiergegen- 
stände, Scherben, Teile aller Arten von Haus- 
gerät, Kinderspielwaren, Photographiealbums, 
Knochen, Lumpen, alte Kleider und Stoffetzon; 
aber auch wertvollere Sachen werden mitunter 
gefunden, ja sogar Geld und Schmucksachen. 
Unter der fingergewandten Tätigkeit der Sortier- 
franen ist am Ende des Tisches nicht viel mehr 
übrig geblieben. Etwa 5% der ganzen Masse 
wird hier als unbrauchbarer Rest gesammelt und 
in einem besonders konstruierten Ofen verbrannt. 
Die hierdurch erzeugte Hitze genügt vollständig, 
um die für den Betrieb der Maschinen usw. 
erforderliche Kraft zu gewinnen. 

In dem I. Stockwerk befindet sich ein 
Lagerraum für die verschiedenartigen aussortierten 
Gegenstände: Papier, Konservenbüchsen, Metall- 
abfälle, Stoffabfälle usw. Außerdem ist hier 
eine Papierpresse aufgestellt, in der die Papier- 
abfälle in versandfähige Ballen gepreßt werden. 
Etwa 100 Waggons Papier und etwa 12 Waggons 
Flaschen, Konservenbüchsen usw. sollen jährlich 
zur Versendung kommen. 

Zu ebner Erde befinden sich die Ein- 
richtungen zur Verarbeitung der Küchenabfälle 
und Speisereste zu Schweinemastfuttor. Diese 
kommen in besonderen Waggons verladen in 
der Anstalt an, werden mittelst eines Schöpf- 
werks aus den Wagen hochgezogen und durch 
Rohre in Kessel geführt, in welchen sie zehn 
Stunden lang bei 2 Atm. erhitzt werden. Aus 
diesen werden die breiigen Massen dann in 



Sammelgefäße gedrückt, worin sie mit Kleie, 
Maisschrot, Melasse u. dgl. gemischt und so 
zu dem fertigen Schweinefutter verarbeitet 
werden, welches dann durch unterirdische Rohr- 
leitungen direkt in die Schweinestallnngen ge- 
leitet wird. Die luftigen, hellen und nach jeder 
Richtung hin hygienisch erbauten Ställe sind 
vorläufig auf eine Mästerei von 12000 Schweinen 
eingerichtet. In jede für je 250 Schweine her- 
gestellte Abteilung führt nur ein Eingang, in 
welchen ein kleiner Vorraum eingeschaltet ist, 
dessen Boden beständig mit einer stark des- 
infizierenden Flüssigkeit getränkt ist. Jede Ab- 
teilung hat nur einen und zwar stets denselben 
Wärter, und es darf außer ihm niemand den Stall 
betreten. In der Längsachse verläuft ein Damm, 
an dessen beiden Seiten die einzelnen Buchten 
vorgesehen sind, worin die Schweine, für die je 
ein Raum von IVa qm vorgesehen ist, auf Holz- 
pritschen liegen. Über dem Damm ist eine 
Schwebebahn angebracht, an welcher das aas 
dem Futterbereitungsraum hierhin geleitete Futter 
in Behältern von Eisenblech bequem und mühe- 
los zu den einzelnen Buchten befördert werden 
kann. Die Ausräumung des Mistes erfolgt durch 
eine dem Eingang gegenüberliegende automatisch 
verschließbare Öffnung. 

Die zur Mast stehenden, verschiedenen 
Altersstufen angehörenden Schweine, die alle 
als Läuferschweine eingestallt waren, machten 
im allgemeinen einen recht guten Eindruck, und 
die älteren Tiere befanden sich in sehr gutem 
Mastzustande. Hieraus läßt sich entnehmen, 
was übrigens auch von allen Beamten der 
Anstalt bestätigt wurde, daß das auf oben er- 
wähnte Art hergerichtete Futter durchaus be- 
kömmlich ist. Das letztere sah übrigens recht 
appetitlich aus, hatte einen guten Geruch und 
wurde von den Schweinen, wie ich mich zu 
überzeugen Gelegenheit hatte, recht gern auf- 
genommen. 

Wenn somit das ganze Schweinemästungs- 
verfahren auf den unbefangenen Beobachter 
durchaus vertrauenerweckend einwirkte, so war 
doch ein Umstand vorhanden, der die sonst 
guten Aussichten auf Erfolg in bedenklichem 
I Maße beeinträchtigte, ja sogar auf absehbare 
Zeit illusorisch machte. Das war nämlich der 
vor einiger Zeit erfolgte Ausbruch einer sehr 
akuten Form der Schweinepest, die wie ein 
Würgeengel unter dem Bestände aufräumte. 

Infolge dieser Seuche war die ganze Anstalt 
unter Sperre gestellt, und zwar nicht nur hin- 
sichtlich der Ausfuhr, sondern auch für die Ein- 
fuhr. Demzufolge konnten die angelieferten, für 
die Herstellung des Schweinefutters in Betracht 
kommenden Abfälle keine Verwertung finden, 



165 — 



ein Umstand, der schon an sich eine Stockung 
im Betrieb und eine Beeinträchtigung der 
Rentabilität zur Folge haben mufi. 

Die Gesellschaft bat nach meiner Meinung 
einen Fehler gemacht, indem sie gleich mit der 
Mast von ans den verschiedensten Gegenden 
und Beständen herrOhrenden Länferschweinen be- 
gann. Sie mnfite mit der Schweinezucht be- 
ginnen und nur auf Mast stellen, was im eigenen, 
der Anstalt angeschlossenen Betriebe erzflehtet 
war. Dann war ein Übel, wie es zur Zeit meines 
Besuches bestand, ausgeschlossen oder doch in 
dem Umfange kaum möglich. 

Ich kann oifen gestehen, daß ich früher ein 
Gegner des sogen. Dreiteilungssystems gewesen 
bin, namentlich weil ich an der Durchführbarkeit 
der Teilung in den Haushaltungen zweifelte. 
Nachdem ich aber von kompetentester Seite ge- 
hört habe, daß sich gerade in dieser Beziehung 
die wenigsten Schwierigkeiten ergeben hätten, 
und nachdem ich die Einrichtungen der vor- 
zuglich angelegten und geleiteten MüUaufbe- 
reitungsanstalt in Seegefeld gesehen habe, bin 
ich ein Anhänger des Systems geworden, und 
ich glaube allen Kollegen, in deren Städten die 
Mflllverwertnng geregelt werden soll, empfehlen 
zu können, für dasselbe Propaganda zu machen. 



Statistische Berichte. 

— JabresberieM des baditchea Vietaversloheniait- 
verbandet für 1906. 

Der Verband umfaßte im Berichtsjahre 363 
Ortsviehversicherungsanstalten (gegenüber 341 im 
Vorjahre) mit 31 336 Besitzern (29758) und 123396 
versicherten Tieren (118282). Der Versicherungs- 
wert der letztern belief sich auf 44855630 M. 
(41049000 M.). Der Durchschnittswert des ver- 
sicherten Tieres betrug 363,50 M. (347,04 M.). 
Es wurden im ganzen 3205 Entschädigungs- 
ansprüche erhoben, von denen 3158 = 98,53 Proz. 
begründet waren und daher voll entschädigt 
wurden; 14 Fälle = 0,54 Proz. waren teilweise 
begründet und 33 Fälle = 1,03 Proz. waren un- 
begründet. Im übrigen hat die Zahl der an- 
gemeldeten Schadenfälle im Berichtsjahr aber- 
mals abgenommen. 

Im ganzen sind 3144 Schadenfälle =2,54 Proz. 
der versicherten Tiere vorgekommen. Von den 
entschädigten Rindviehstücken waren: 

notgeschlachtct 2708 = 86,13% 

umgestanden 221 = 7,03 „ 

gewerblich geschlachtet 

(Schlachtviehversich. nach 

Art. 40 d Ges.) . . . . 215 = 6,84 „ 
zusammen 3144 = 100,00% 



Unter den zur Entschädigung gelangten 
Tieren waren: 

Kühe 2519 = 80,12% 

Rinder, Kalbinnen .... 503 = 16,00 „ 

Farren 45 = 1,43 „ 

Ochsen 77 = 2,45 „ 

zusammen 3144 = 100,00^/o 

Davon standen im Alter: 

unter 1 Jahre 225 = 7,16% 

von 1-5 Jahren 1193 = 37,94 . 

von 6—12 Jahren .... 1506 = 47,90 „ 

über 12 Jahren 220 = 7,60 . 

zusammen 3144 = 100,00% 

Bei den 2929 wegen Notschlachtung oder 
Umstehens entschädigten Fällen fanden statt: 
Notschlachtung Tod durch 
in Fällen Umstehen 

mit tierärztl. in Fällen 

Behandlung od. 
Untersuchung 2551= 94,20% 117= 52,94% 

ohne 
Untersuchun g 157= 5,80 „ 104= 47,06 „ 
2708 = 100,00 % 221 = 100,00% 

2929. 

Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der 
in tierärztlicher Behandlung stehenden Tiere um 
6,93 Proz. gestiegen. Davon trafen auf not- 
geschlachtete Tiere 1,18 Proz. und auf um- 
gestandene 5,75 Proz. Diese Zunahme der 
Verlustziffer der umgestandenen Tiere ver- 
anlaBte die Verbandsverwaltung zu der Mahnung, 
in Fällen mit zweifelhafter Wiederherstellung 
oder bei grofiem Zeit- und Geldaufwand die 
Schlachtung möglichst bald anordnen zu lassen. 
Der Gesamtaufwand für Behandlung und Heil- 
mittel betrug 118 159,18 M. = durchschnittlich 
95 Pf. pro versichertes Tier. Hiervon entfielen 
auf tierärztliche Behandlung 91 137,35 M. = 74 Pf. 
und auf Heilmittel 27 021,84 M. = 21 Pf. pro Haupt 
des versicherten Bestandes. 

Die Summe der durch die Amtskassen vor- 
schußweise ausbezahlten Entschädigungen belief 
sich auf 883 416,30 M. = 1,96 Proz. des gesamten 
Versicherungswertes. Dieselbe verteilte sich auf 
2929 notgeschlachtete und umgestandene Tiere mit 
862 001,92 M. und 215 Schlachtviehversicherungs- 
fälle mit 21 414,08 M. Die durchschnittliche Ent- 
schädigung betrug pro Stück 280,98 M. Für 
notgescblachtete und nmgestandene Tiere wurden 
durchschnittlich 294,29 M. pro Stück = 80,96 Proz. 
des Versicherungswertes entschädigt. Bei der 
Schlachtviehversicherung, woselbst es sich meist 
nur um den Minderwert oder um den Wert be- 
schlagnahmter Teile handelte, betrug die durch- 
schnittliche Entschädigung 99,60 M. Aus Tieren 



— 166 — 



und Tierteilen wurde ein Brutto-Erlös von 
381 389,32 M. erzielt. Der Reinerlös nach Ab- 
zug der Schlachtungs- und Verwertungskosten 
mit 22 015,16 M. belief sich auf 359 374,16 M.; 
das ist 122,19 M. pro Stück = 41,69 Proz. der 
bezahlten Entschädigungssumme gegenüber 
41,25 Proz. des fünfjährigen Durchschnitts. So- 
%nit ist eine Zunahme von 0,44 Proz. zu ver- 
zeichnen, was auf die bessere Fleischverwertung 
zurückzuführen ist. 

Die durchschnittliche Ortsumlage erreichte 
die Höhe von 89 Pf. für 100 M. Versicherungs- 
wert, also 0,89 Proz. Dieselbe schwankte natur- 
gemäß in den einzelnen Ortsanstalten ganz 
bedeutend und belief sich auf: 
bis 50 Pf. in 75 Ortsanstalten = 20,66 % 
51 , 100 „ „ 172 „ = 47,38 , 

101 , 150 , , 80 , = 22,04 , 

über 150 „ „36 ^ = 9,92 „ 

zusammen 363 Ortsanstalten = 100,00 % 

In 208 Ortsanstalten = 57,30 % blieb die 
Ortsumlage unter dem Durchschnitt, und in 155 
Ortsanstalten = 42,70 % überstieg sie denselben. 

Für die Deckung des Verbandsaufwandes 
wäre eigentlich eine Umlage von 58 Pf. für 100 M. 
Versicherungswert erforderlich. Gesetzlich darf 
aber eine Verbandsumlage von nur 20 Pf. von 
je 100 M. Versicherungswert erhoben werden. 
Der zur Deckung des Mehrbetrags erforderliche 
Aufwand, in unserm Falle also 38 Pf. für 100 H. 
Versicherungswert, wird von der Großh. Staats- 
kasse geleistet. Somit belief sich der im Berichts- 
jahr erforderliche Staatszuschuß auf 172 800 M. 
Die durchschnittliche Gesamtumlage (Orts- und 
Verbandsumlage) stellte sich im Jahre 1906 auf 
89 und 20 Pf. = 109 Pf. von 100 M. Ver- 
sicherungswert oder 1,09 Proz. Diese Summe ist 
als sehr niedrig zu erachten und umso günstiger 
zu beurteilen, als in ihr nicht allein sämtliche 
Kosten für tierärztliche Behandlung und Heil- 
mittel, sondern auch diejenigen für Schlachtung 
und Verwertung der Tiere mit inbegriffen sind. 
Bei einem durchschnittlichen Versicherungswert 
von 363,50 M. stellt sich somit im Betriebsjahre 
die gesamte Umlage auf ein versichertes Tier- 
haupt auf 4,03 M. Die Kosten der Verbands- 
verwaltung werden bekanntlich von der Großh. 
Staatskasse getragen. 

Schließlich sei noch die Liste der Schaden- 
ursachen der 2929 notgeschlachteten und um- 
gestandenen Tiere angeführt. Danach kamen vor: 

1. ELrankheiten des Nervensystems 

und der Sinnesorgane ... 74= 2,53% 

2. Krankheiten des Gefäßsystems 65= 2,22 „ 

3. r> der Atmungsorgane 74= 2,53 „ 
A. „ „ Verdauungs- 
organe 792=^27,04 „ 



5. Krankheiten der Hamorgane . 78 = 2,66 % 

6. „ „ Geschlechts- 
organe 534 = 18,23 , 

7. Infektionskrankheiten . . . . 884 = 30,18 „ 

8. Parasiten (tierische) . . . . 53= 1,81 „ 

9. Krankheiten der Haut, Knochen, 

Muskeln 36= 1,23 ^ 

10. Krankheiten der Knochen und 

Gelenke 93= 3,18 „ 

11. Krankheiten der Klauen . . 17= 0,58 „ 

12. Vergiftungen 3= 0,10 „ 

13. Störungen der Ernährung . . 76 = 2,59 „ 

14. Äußere Einwirkungen oder 
durch dieselben verursachten 
Krankheiten 148= 5,05 „ 

15. Unbekannte Ursachen . . . 2= 0,07 „ 

Summa 2929 = 100 %. 

Bei sämtlichen 215 Fällen der Schlacbt- 
viehversicherung war Tuberkulose die Ursache 
der Beschlagnahme des Fleisches. 

An der Spitze der Schadenursachen stehen 
wiederum die Infektionskrankheiten. Dieselben 
weisen gegen das Jahr 1905 eine Zunahme von 
2,48 Proz. auf. Daran ist hauptsächlich die 
Tuberkulose mit 712 Fällen = 24,3 Proz. aller 
Verluste beteiligt. Rechnen wir noch die 215 
Fälle von Tuberkulose der gewerblich geschfacTi- 
teten Tiere hinzu, so erhalten wir einen Gesamt- 
verlust von 927 = 29,48 Proz. Gegenüber dem 
Jahre 1905 ist damit eine Zunahme von 1,51 Proz. 
festzustellen. Der Bericht empfiehlt zur Tilgung 
dieser unheimlich verbreiteten Seuche einen reich- 
licheren Gebrauch der Tuberkulinimpfung der 
eingestellten und frühzeitige Ausmerzung der 
verdächtigen Tiere. In zweiter Reihe der Schäden 
stehen die Krankheiten der Verdauungsorgane 
mit 792 Fällen = 27,04 Proz. Hier ist es 
wiederum die traumatische Entzündung des 
Magens, Darmes usw. mit 378 Vorkommnissen 
gleich 12,9 Proz., die am verlustbringendsten auf- 
getreten ist. Im übrigen ist gegenüber 1905 ein 
Rückgang der Krankheiten der Verdauungsorgane 
um 1,51 Proz. zu verzeichnen. Bei den hierauf 
folgenden Krankheiten der Geschlechtsorgane 
sind es naturgemäß die Schwergeburten mit ihren 
Folgeerscheinungen (Scheiden- und Gebärmutter- 
entzündung), die die meisten Schäden hervor- 
riefen. Aber auch hier ist eine Verminderung 
um 0,99 Proz. eingetreten. Zur Herabsetzung 
der Schäden auf diesem Gebiete wird frühzeitige 
Beiziehung tierärztlicher Hilfe empfohlen. Auch 
von der frühzeitigen Verwendung zu jugendlicher 
Tiere zur Zucht wird abgeraten. Es sollte damit 
bis zur Vollendung der Entwicklung abgewartet 
werden. Maier-Konstanz, Bezirkstierarzt. 



167 



Büchersehan« 

— Rievol, H., Handbueh der Milchkunde. 
Hannover 1907. Verlag von M. und H. Schaper. 
Preis 10 M. 

Ein landwirtschaftlicher Rezensent hat beim 
Erscheinen des Riev eischen Boches seinem 
Erstannen Ausdruck verliehen, daß sich die 
Tierärzte nunmehr auch auf das Gebiet der 
Milchkunde begeben. Dieses Erstannen wird nur 
durch Würdigung des bisherigen Brauchs ver- 
ständlich, bei der Untersuchung der Milch 
lediglich oder vorwiegend auf ihre physikalischen 
und chemischen Eigenschaften zu achten und 
die hygienische Seite zu vernachlässigen. Darin 
ist in den letzten Jahren ein erfreulicher Wandel 
eingetreten, und das Buch Rievels kann jeden- 
falls in dem Teil, der sich auf die Pathologie 
der Milch und die Stallkontrolie bezieht, als Be- 
gründung fOr die Berechtigung der tierärztlichen 
Mitarbeit an dem weiteren Ausbau der Milch- 
kunde und an der praktischen Milchkontrolle 
betrachtet werden. R. bespricht die Physiologie 
der Milch, die gesundheitsschädliche, verdorbene 
und verfälschte Milch, die Kindermilch, die 
Milchkontrolle und fflgt dem Ganzen muster- 
gültige Polizeiverordnungen über den Milch- 
verk.ehr an. Rievels Buch wird dem an- 
gehenden und dem in der Praxis stehenden 
Tierarzt als Leitfaden der Milchkunde will- 
kommen sein. 

— Klinmer, M., Veteriiiirhyoleiie. Grundriß 
der Gesundheitspflege der landwirtschaftlichen 
Hanstiere mit besonderer Berücksichtigung der 
Ffltterungslehre. Mit 81 Textabbildungen. Berlin 
1908. Verlag von Paul Parey. Preis 12 M. 

Die Veterinärhygiene ist noch ein junges 
Reis am Baume der Veterinärmedizin. Sie nährt 
sich noch, was die Methodik anbelangt, von dem 
Gut ihrer älteren Schwester, der Gesundheits- 
pflege des Menschen, und versucht im übrigen 
durch kritische Sichtung des vorhandenen 
Beobachtungsmaterials und durch das Experiment 
zuverlässige Grundsätze für die Gesundheits- 
pflege der Tiere zu gewinnen. Denn in der 
A'^eterinärhygiene herrschte die Phrase, und die 
Axiome der menschlichen Hygiene lassen sich 
auf das Tier nicht übertragen. Bei dieser Sach- 
lage mußte den Hygienikem von Fach, die sich 
um die Vertiefung der Erkenntnis auf dem Ge- 
biete der Veterinären Hygiene mühten, das Er- 
scheinen von Büchern über Veterinärhygiene auf- 
fallen, die ohne die Legitimation der Verfasser 
durch eigene umfassende hygienische Forschung 
entstanden waren. Wahrscheinlich hat das Er- 
scheinen dieser jüngeren Bücher Klimm er ver- 
anlaßt, sein Buch zu verfassen, das zwar auch 
noch nichts grundlegend Xeues bringen kann — 



das war bei der kurzen Beschäftigung des Verf. 
mit der Hygiene unmöglich — das aber die 
Methoden richtig schildert und die Literatur 
sorgfältig verwertet und zeigt, wie man das 
vorhandene Literaturmaterial zu verarbeiten hat. 
Von diesem Gesichtspunkt aus und wegen der 
eingehenden Darstellung der Fütterungslehre, 
die zwar nach des Referenten Auffassung nicht 
in ein Lehrbuch der Hygiene gehört, sondern 
nach dem Vorgange Kellners selbständig zu 
behandeln ist, verdient das Erscheinen des 
KU mm ersehen Buches Beachtung und das Buch 
selbst Empfehlung. Es behandelt in der her- 
kömmlichen Weise die Hygiene der Luft, des 
Bodens, des Wassers, der festen Nahrung sowie 
die Hygiene der Haltung und Nutzung im Stall 
und auf der Weide. Die Ausstattung des Buches ist 
sehr gut, der Preis ein mäßiger. 

— Kahnau, M. md Clevlsoh, A., Einrlohtuno und 
Betrieb ven Säuolingmilohanstalteii. Beriin 1908. 
Veriag von Reinhold Kühn. Preis 2,50 M. 

Nach dem Vorgange von Bergi seh- Glad- 
bach, über deren Säuglingsmilchanstalt Suckow 
eine kleine Broschüre verfaßt hat, ist Köln auf 
die Anregung Ktthnaus daran gegangen, im 
größeren Maßstabe Einrichtungen für die Her- 
stellung und Abgabe guter Säuglingsmiich zu 
schaffen. Die Einrichtungen und der Betrieb 
dieser Anstalt werden von den Verfassern 
in der vorliegenden Abhandlung geschildert, die 
für alle diejenigen, die dem Beispiele Kölns 
folgen wollen, als Unterlage von größtem 
Interesse sein wird. Vielleicht empfiehlt es sich, 
die Kölner Lieferungsverträge für die Milch und 
die Vorschriften über die Kontrolle der Kuh- 
stallnngen, die in einigen Punkten der Abänderung 
bedürfen, auf einer Versammlung des Vereins 
der Schlacbthoftierärzte zur Sprache und muster- 
gültigen Redaktion zu bringen. 

— Jahresbericht Ober die Verbreityno von Tier- 
teyohen In Deutsohen Reiche. Bearbeitet im 
Kaiserlichen Gesundheitsamt zu Berlin. 21. Jahr- 
gang, das Jahr 1906. Berlin 1907. Veriag von 
Julius Springer. Preis 10, — M. 

Der Jahresbericht über die Verbreitung der 
Tierseuchen liegt für das Jahr 1906 mit dem 
bekannten Inhalt vor, aus dem für die Leser 
dieser Zeitschrift die an anderer Stelle (Seite 168) 
abgedruckten Angaben über die Übertragung von 
Tierseuchen auf den Menschen und die Er- 
mittlungen von Tierseuchen durch die Fleisch- 
beschau sowie die Verkehrsbeschränkungen hin- 
sichtlich der Ein- und Durchfuhr von Vieh von 
besonderem Interesse sind. Der Jahresbericht 
über die Verbreitung der Tierseuchen im Deutschen 
Reich ist in den Bibliotheken der beamteten Tier- 
ärzte längst unentbehrlich geworden. 



— 168 — 



— Lezi, R., Utilisatlon des d^bris de« animaux 
et d^chets de la boucherie. Paris 1907. Verlag 
von Charles Amat. Preis 3 Fr. 

Verfasser, ein Ingenieur, bespricht die Ver- 
wertung des Blutes, der Häute, der Wolle, der 
Borsten, Knochen, leimgebenden Substanzen, des 
Fettes und der übrigen Schlachttierabfälle vom 
Standpunkt der Technik in kurzer, klarer Dar- 
stellung. Das kleine Buch verdient Empfehlung. 

Neue Eingänge. 

— Rickmann, W., Tierzucht und Tierlcrankhelten 
in Deutech-SOdweatafriica. Berlin 1908. Verlag von 
Richard Schoetz. Preis 9 M. 

— Engelmann, M., Untersuchungen Oher die 
elastischen Fasern vom Pferd, Rind, Schwein und 
Hund und Über die an ihnen ablaufenden Alters- 
veränderungen. Veterinärmedizinische Dissertation 
Leipzig. Leipzig 1907. 

— Schraepler, M., Ober Wundheiiung und Narben- 
biidung beim HausgeflQgel. Veterinärmedizinische 
Dissertation Leipzig. Borna. Leipzig 1907. 

— Siegel, R., Anatomische Untersuchungen über 
die äußere Haut des Hundes. Veterinärmedizinische 
Dissertation Leipzig. Dresden 1907. 

— V. d. Siooten, J. C, Bakteriologische Wurst- 
untersuchung. L-D. Bern. Haag 1907. 

— Dosquet, W., Die Fabrikation von Flelsch- 
konservon. Braunschweig 1908. 

— Zuschlag, L, Le rat migratoire et la de- 
struction rationelle. Kopenhagen 1908. 

— Gesetz betreffs der Vertilgung von Ratten 
Im Königreich Dänemark nebst Erläuterungen zur 
praktischen Durchführung dieses Gesetzes. 
Kopenhagen 1907. 

— Andersson, J. och Jundoil, J., En Typhus- 
och Dlarrh^epldemi. Stockholm 1907. 

— Andersson, J. och Guinchard, J., Häisov&rds- 
nämndens Berättelse Jämte öfVersIkt af Stockholms 
sanitira Statistik fSr &r 1906. Arg. XXLK. Ny 
följd 2, Stockholm 1907. 

— Lane, C. B. and Weld, J. C, A City Milk and 
Cream Contest, as a practical Method of improving 
the Milk Supply. Circular No. 117. U. S. Bureau 
of animal Industry. Washington 1907. 

— Bericht über den 6. Verbandstag und die 
2. Mllchhygienische Ausstellung des Verbandes 
deutscher Milchhändiervereine, abgehalten vom 
26.-29. August 1907. Berlin. 

Kleine Mltteilnngen. 

— Ermittelungen von Tierseuchen durch die 
Fleischbeschau. Nach dem „Jahresbericht über die 
Verbreitung von Tierseuchen im Deutschen 
Reiche'' 21. Jahrg. sind im Deutschen Reiche 
während des Berichtsjahres 1906 bei der Schlacht- 
vieh- und Fleischbeschau ermittelt worden: 



6907 Fälle von Schweineseuche and 

Schweinepest*), 
2136 Fälle von Rotlauf, 
134 „ „ Milzbrand, 
12 „ „ Rauschbrand, 
10 „ „ Rotz. 
21 „ „ Pferderäude, 
15 „ „ Schafräude, 
1 Fall „ Bläschenausschlag, 
endlich zahlenmäßig nicht genau festgestellte 
Fälle von Maul- und Klauenseuche. 

— Übertragung von Tierseuchen auf den 
Hensohen. Nach dem „Jahresbericht über die 
Verbreitung von Tierseuchen im Deutschen 
Reiche^' 21 . Jahrg. sind im Berichtsjahre 1906 von 
Tieren auf Menschen übertragen worden: 
Milzbrand in 133 Fällen (in 18 Fällen tödlicher 

Ausgang), 
Tollwut in 7 Fällen (in 5 Fällen mit tödlichem 

Ausgang), 
Rotz in 1 Falle (mit tödlichem Ausgang), 
Sarkoptesräude in mehr als 8 Fällen (mehrere 

der Zahl nach nicht genau angegeben). 

— Vorwendung beanstandeten Fleisches als 
FIsohftotter. Nach einem Erlaß des Großherzogl. 
Badischen Ministeriums des Innern darf genaß- 
untaugliches Fleisch mit den Veterinär- und 
sanitätspolizeilich gebotenen Ausnahmen nach 
zweistOndiger Dämpfung bei Va Atmosphäre 
Cberdruck in Stacken von nicht über 600 g 
Gewicht als Fischfntter verwendet werden. 

— Milz als Flsohfutter. Hoffmeyer hat 
nach der „Allg. Fischerei-Zeitung" 1907, Nr. 3, 
festgestellt, daB das beste Nahrungsmittel fOr 
Regenbogenforellen Milz ist. Hof f mey er hat vom 
26. Mai 1905 an je 1000 Stück Regenbogenforellen- 
brut mit Kasein, mit Kasein und Blut und mit 
Milz gefüttert. Hiervon lebten am 10. August noch 
100 Stück der mit Kasein gefütterten Tiere 



200 



II II II 



„ u. Blut gefütterten Tiere 



Da die Milz fast wertlos ist, würde sie als 
Fischfutter sehr geeignete Verwendung finden. 

— Die Geschwindigkeit des Lachses. Nach 
den Beobachtungen von Professor Dr. Metzger 
steigt der Lachs bei seiner Wanderung zu den 
Laichplätzen in der Weser mit einer Durch- 
schnittsgeschwindigkeit von etwa 40 Kilometer 
in 24 Stunden stromaufwärts. Am 25. No- 
vember 1906 wurde morgens 10 Uhr ein 7 kg 
schwerer männlicher Lachs, der im Fischpaß bei 
Hameln gefangen worden war, mit einer Plombe 

*) Außerdem zahlreiche, der Zahl nach nicht 
genau festgestellte Fälle in den preußischen 
Kegierun^bezirken Alienstein, Danzig, Stralsund, 
Stade, Trier, sowie in Mecklenburg-Schwerin, und 
Sachsen-Coburg-Gotha. 



— 169 — 



gezeichnet und wieder in die Weser eingesetzt 
Am 28. November, abends 8 Uhri wurde derselbe 
Lachs an der Mflndener Fuldamflhle wieder ge- 
fangen; in den 82 Stunden war der Lachs 136 km 
in der Weser aufwärts gestiegen, hatte somit in 
24 Stunden 39 km zurückgelegt 

— Laohelnperte aaoh England. Aus dem 
Ochotskischen Meere traf im Herbst vergangenen 
Jahres eine Sendung von 300000 Lachsen in London 
ein. Eine Gesellschaft, die sich zum Zwecke der 
Einfuhr von gefrorenen Lachsen nach England 
gebildet hat, ist von der russischen Regierung 
bestätigt worden. Man glaubt, daß der Londoner 
bald in der Lage sein wird, den besten Lachs 
ebenso billig — wenn nicht noch billiger — zu 
kaufen wie Schellfisch. 

— Ein Wettleflen hat der Verein für Nutz- 
geflflgelzucht vom 1. Oktober ab auf einem be- 
sonderen Geflügelhof zwischen Groß-Lichterfelde 
und Osdorf nach amerikanischem Vorbild zwischen 
Hühnern aller Rassen veranstaltet, um auch bei 
den Hühnern zur Züchtung auf Leistung an- 
zuregen. Li Australien hat sich nach der „Milch- 
zeitung^ seit der ersten Legekonkurrenz, die vor 
fünf Jahren stattfand, die Eierproduktion um 
50 Proz. gehoben, und zwar ohne wesentliche 
Vermehrung des Hühnerbestandes. Bei dem 
letzten australischen Wettlegen legte keine Henne 
unter 120 Eiern im Jahr, und der Siegerstamm 
brachte es auf 247 Eier für die Henne und das 
Jahr. Im Durchschnitt legte jede der 600 zur 
Konkurrenz gebrachten Hennen 170 Eier jährlich. 



Tagesgeschlchte. 

R8 70. Gebnrtotao. Professor 
Dr. F I e i s c h m a n n in Göttingen hat am 31 . Dezem- 
ber des vergangenen Jahres seinen 70. Geburts- 
tag gefeiert Professor Dr. Vieth, einer der 
berufensten Vertreter der Milchwirtschaft nennt 
Fleischmann den „Begründer der Milchwirt- 
schafts- Wissenschaft^. Diesen Ehrentitel hat 
sich Fleischmann verdient durch die Ein- 
führung mathematischer Untersuchungen in die 
Milchkunde, um das Gesetzmäßige bei den Vor- 
gängen der natürlichen Aufrahmung und der 
künstlichen Entrahmung, das Gesetzmäßige des 
Verhältnisses zwischen dem spezifischen Gewicht 
und dem Fettgehalt und der Trockensubstanz 
und vieles Andere mehr klarzulegen. Fleisch- 
mann war von Haus aus Philologe und wurde 
zur Beschäftigung mit der Milchwirtschaft durch 
Unterrichtsstunden geleitet, die er als Lehrer für 
Naturwissenschaften den Schülern der Gewerbe- 
schule in Memmingen im Algäu vor 45 Jahren 
gegeben hat. Möge dem verdienten Gelehrten 
noch ein recht langer, heiterer Lebensabend be- 
schieden sein! 



— Aufk-uf zur Errichtung eines Denkmals fOr 
Themassen-Utrecht Die Holländischen Kollegen 
beabsichtigen dem zu früh verstorbenen Professor 
Thomassen am Orte seiner langjährigen ver- 
dienstlichen Tätigkeit ein würdiges Denkmal zu 
setzen. Zur Beteiligung an der dem Verstorbenen 
zugedachten Ehrung sind auch die deutschen 
Kollegen eingeladen. Beiträge werden von 
Professor van Esveld -Utrecht, Reichstierarznei - 
schule, entgegengenommen. 

— Öirentliche Schlaohtbttfe. Der Bau öffent- 
licher Schlachthöfe ist beschlossen in Franken- 
berg und Rogowo in Posen. Ein neuer öffent- 
licher Schlachthof soll in Deggendorf (Bayeni) 
erbaut werden. Im Bau begriffen ist der öffent- 
liche Schlachthof zu Calbe a.d.8. Erweiterungs- 
bauten sind beschlossen in Schweidnitz. 

Über die Behandlung des Fleisches in KOhl- 

ist auch in Württemberg eine ministe- 
rielle Anweisung ergangen, in der darauf hin- 
gewiesen wird, daß die Kühlhausluft nicht bloß 
kühl, sondern auch trocken sein müsse und nur 
60—70 Proz., jedenfalls nicht über 75 Proz. 
relative Feuchtigkeit haben dürfe. 

— Biologische Untersuchungen von WQrsten auf 
Pferdefleisch, werden ' nach einer Notiz in der 
„Deutschen Schlacht- und Viehhofzeitung" nun- 
mehr auch im bakteriologischen Laboratorium 
des Kölner Schlachthofs von Dr. Tiede aus- 
geführt. Die genau nach den Angaben Uhlen- 
huths ausgeführten Prflfungen führten in 
mehreren Proben zu einem positiven Resultat 
und damit zur Feststellung, daß in den Würsten 
Pferdefleisch enthalten war. 

— Ablndening des FQrstlich Reußisohen 
Schlachtviehversicbeningsgesetzes. Dem Ffirstlich 
Reußischen Landtag liegt der Entwurf zur Ab- 
änderung des Schlachtviehversicherungsgesetzes 
vor, wonach auch beanstandete Teile vom Mindost- 
wert von 5 M. entschädigt werden sollen. 

— Der Schlachthofstrelt In Berchtesgaden, über 
den an dieser Stelle berichtet wurde, soll dem 
Vernehmen nach dadurch erledigt werden, daß 
dem neu anzustellenden Distriktstierarzt die 
Leitung des Schlachthofs in B. nebenamtlich 
übertragen wird. 

— Betäubung der Scblachttlere. Durch eine 
Polizeiverordnung des Fürstlich Lippischen 
Ministeriums ist vom 1. Januar 1908 ab für sämt- 
liche gewerblichen Schlachtungen — Federvieh 
ausgenommen — die Betäubung vorgeschrieben 
worden. 

— Zur Elnrührung der Trichinenschau In Bayern. 

Die Einführung der Trichinenschau ist in 
Kaiserslautern im Prinzip beschlossen 
worden. 



— 170 — 



— Ein Gesetz, betrefTend die Ausrettung der 
Ratten, ist in Dänemark am 22. März 1907 er- 
lassen worden. Auch in England sind Be- 
strebungen zur wirksameren Bekämpfung der 
Rattenplage im Gange, die England schätzungs- 
weise einen jährlichen Schaden von 200 Millionen 
Mark verursacht. 

— Fleischvergiftung? Einer Meldung der 
„AUg. Fleisch.-Zeitung** zufolge sind in Viersen 
nach dem Genuß von Fleisch eines zum Haus- 
gebrauch geschlachteten Schweines fünf Kinder 
einer Familie erkrankt und zwei bereits ge- 
storben. Gegen das Vorliegen einer Fleisch- 
vergiftung spricht, daß nur Kinder erkrankt sind, 
die vom Fleisch auch bei Hausschlachtungen 
doch nur erheblich geringere Mengen zu er- 
halten pflegen als die erwachsenen Mitglieder 
eines Haushalts. 

— Sperre gegen die Schweiz. Wegen weiterer 
Ausbrüche der Maul- und Klauenseuche in der 
Schweiz haben die süddeutschen Grenzstaaten 
die Einfuhr von Rindern und Ziegen aus der 
Schweiz verboten. Die Schweiz hat ihrerseits 
die Einfuhr von Rindern aus Italien wegen starken 
Herrschens der Maul- und Klauenseuche untersagt 

— Eine Viehhaitungs- und Melliersohuie wird 
vom Milchwirtschaftlichen Verein des Algäu in 
Gaishof bei Memmingen errichtet. 

— Die Deutsche Pathoiogische Geseiischaft hält 
ihre diesjährige Versammlung vom 23. bis 25. April 
zu Kiel im Hörsal des Pathologischen Instituts ab. 

— Vorstands-Sitzung des Vereins preuftischer 
Sohlaohthoftierftrzte zu Berlin am 12. Januar d. J. 
Zu der Sitzung hatten sich eingefunden: Die 
Herren Kollegen Goltz-Berlin, Colberg- 
Magdeburg, K ü h n a u - Köln, Schrader- Branden- 
burg, Hentschel-Oels und Geldner-Burg. 
Brebeck-Bonn und Dr. He ine- Duisburg ent- 
schuldigt. Die Versammlung wurde von dem 
Vorsitzenden, Herrn Goltz, um 11 Uhr eröfinet 
Als Grund zur Notwendigkeit der Anberaumung 
der Vorstandssitzung führte der Vorsitzende an, 
daß der Entwurf zur Abänderung des Vieh- 
seuchengesetzes jetzt im Reichstag zur Beratung 
gelange und es darum unbedingt erforderlich sei, 
daß der Verein preußischer Schlachthoftierärzte 
von neuem zu diesem Entwurf Stellung nehme 
und seine Wünsche den gesetzgebenden Faktoren 
zur Kenntnis bringe. Der Schriftführer, Herr 
Kollege Kühn au, erstattete Bericht über die 
Geschäftserledigung der Vereinsangele- 
genheiten seit der letzten allgemeinen Ver- 
sammlung. Die Beschlüsse der VI. allgemeinen 
Vereinsversammlung sind zur Ausführung ge- 
bracht worden. Die Petition über die Anstellungs- 
verhältnisse der Schlachthoftierärzte ist außer 



den zuständigen Herren Ministem den sämtlichen 
Herren Oberpräsidenten und den Herren Re- 
gierungspräsidenten zugesandt worden. Von den 
Herren Oberpräsidenten der Rheinprovinz und 
Westfalen sowie den Herren Regierungspräsi- 
denten zu Köln, Kassel, Aachen, Minden, Lüne- 
burg und Schleswig sind weitere Druckexemplare 
eingefordert worden, um Äußerungen der Ver- 
waltungen der Städte zu den in der Eingabe 
niedergelegten Wünschen des Vereins der 
Schlachthoftierärzte einzuholen. Von dem Herrn 
Regierungspräsidenten zu Breslau ist auf die 
Eingabe die Antwort eingelaufen: „daß der Ver- 
ein schlesischer Schlachthoftierärzte bereits im 
Mai vorigen Jahres eine Petition ähnlichen In- 
halts, wie die an den Herrn Minister gerichtete 
vorgelegt hat. Diese Petition hat Veranlassung 
gegeben, bei den in Betracht kommenden Schlacht- 
hofgemeinden des dem Regierungspräsidenten 
unterstehenden Bezirks eine Umfrage bezüglich 
der den Gegenstand der Petition bildenden Ver 
hältnisse zu halten und die daselbst zum Aus- 
druck gebrachten Wünsche einer eingehenden 
Prüfung zu unterziehen. Die Prüfung hat er- 
geben, daß die berechtigten Wünsche der Petition 
im hiesigen Regierungsbezirk im großen und 
ganzen erfüllt sind.^ Nach einer Mitteilung des 
Herrn Kollegen Hentschel-Oels sind im Bres- 
lauer Regierungsbezirk sämtlichen Schlachthof- 
tierärzten obrigkeitliche Funktionen verliehen 
worden. Der Herr Oberpräsident der Provinz 
Schlesien hat von den Ausführungen der Eingabe 
mit Interesse Kenntnis genommen. Zurzeit sieht 
er sich jedoch nicht in der Lage, denselben 
weiter Folge zu geben, da die Abstellung etwaiger 
Mißstände in erster Linie den Herren Regierungs- 
präsidenten als der zuständigen Kommnnal- 
aufsichts-Instanz obliegt, ihm aber Beschwerden 
aus der ihm unterstellten Provinz, die ihn zu 
einem Eingreifen veranlassen könnten, bisher 
nicht zugegangen sind. Er stellt daher anheim, 
sich zunächst an die betreffenden Herren Re- 
gierungspräsidenten zu wenden. Der Regierungs- 
präsident zu Lüneburg hat dem Verein die Ant- 
wort zukommen lassen, daß er die Eingabe mit 
Interesse gelesen und daraus Veranlassung ge- 
nommen habe, den Magistraten der drei Schlacht- 
hausgemeinden des Bezirkes unter Übersendung 
je eines Exemplars der Petition nahezulegen, 
die Anstellungs- und Besoldungsverhältnisse der 
Schlachthausleiter einer erneuten Prüfung auf 
Grund der in der Petition gegebenen durchaus 
sachlichen Darlegung zu unterziehen. Der Herr 
Regierungspräsident zu Aurich ist in eine Prüfung 
der Anstellungsverhältnisse der Schlachthaus- 
tierärzte des Regierungsbezirks eingetreten und 
veranlaßte, daß auf die Abstellung der hierbei 



— 171 — 



beiTortretenden Mängel unter tunlichster Be- 
rücksichtigung der zum Ausdruck gebrachten 
WtLnsche hingewirkt werde. 

Auch einzelne Gemeindeverwaltungen, wie 
HOhlhausen i. Th., Linnich usw. haben sich 
Druckexemplare der Eingabe kommen lassen. 
Im allgemeinen geht aus diesen Angaben hervor, 
daß der Eingabe des Vereins preußischer Schlacht- 
hoftierärzte die ihr gebührende Aufmerksamkeit 
durch die staatlichen Behörden zuteil geworden 
ist und ist zu wünschen, daß in gleicher Weise 
wie im Regierungsbezirk Breslau auch in den 
übrigen Regierungsbezirken eine Regelung der 
Anstellungs- und Gehaltsverhältnisse der Schlacht- 
hoftierärzte erfolgt. 

Die Petition des Vereins, betreffend Ein- 
reihung der Maschinenkunde in den Lehrplan 
der tierärztlichen Hochschulen, ist ebenfalls den 
zuständigen Ministem zugesandt worden, außer- 
dem dem Rektor der Berliner tierärzlichen Hoch- 
schule und dem Direktor der tierärztlichen Hoch- 
schule zu Hannover. Von dem Rektor der tier- 
ärztlichen Hochschule zu Berlin, Herrn Professor 
Dr. Schmal tz, ist eine Antwort eingegangen, 
in welcher er namens der tierärztlichen Hoch- 
schule verbindlichst für die Zusendung der dem 
Herrn Minister überreichten Eingabe des Vereins 
betr. gewisser Ergänzungen des Unterrichts in 
den tierärztlichen Hochschulen dankt, und mit- 
teilt, daß er die Eingabe der Konferenz des 
Professoren-Kollegiums vorlegen und nicht ver- 
fehlen wird, die Bestrebungen des Vereins zu 
unterstützen, soweit dies nach den Beschlüssen 
der Konferenz möglich sein wird. 

In der nächsten allgemeinen Vereinsver- 
sammlung soll über die weiteren Ergebnisse der 
Erfolge der gemachten Eingaben berichtet werden. 

Über den Entwurf zur Abänderung des Vieh- 
seuchengesetzes berichtet der Vorsitzende Herr 
Kollege Goltz. Nachdem eine eingehende all- 
gemeine Besprechung des Entwurfes, an welcher 
sich die anwesenden Vorstandsmitglieder lebhaft 
beteiligten, stattgefunden hatte, wurden folgende 
Anträge zur Abänderung des Entwurfs zum Vieh- 
seuchengesetz angenommen: 

Zu § 2, Abs. 2, ist im zweiten Satze das 
Wort „dringende^ zu streichen. Hinter Absatz 2 
ist folgender neuer Absatz einzuschalten: „Die 
gleichen Amtsverrichtungen sind den in den von 
den Gemeinden verwalteten öffentlichen Schlacht- 
und Viehhöfen auf Antrag der Gemeinde in dem 
von der Landesregierung festgesetzten Umfange 
mit der Ausübung der Fleischbeschau betrauten 
Gemeindetierärzten zu übertragen.^ 

Zu § 8, Abs. 2. Das Wort „und" ist zu 
streichen und hinter „Verboten** einzuschalten: 
„und ihre Aufhebung**.] 



Zu § 9, Abs. 3. Es wird folgender Wort- 
laut vorgeschlagen: „Zur unverzüglichen Anzeige 
sind, wenn die in Absatz 1 und 2 genannten 
Personen nicht zugegen sind, femer verpflichtet: 

1. der zugezogene Tierarzt; 

2. sonstige Personen, die sich mit der Aus- 
übung der Tierheilkunde oder mit der 
Kastriemog von Tieren beschäftigen; 

3. die Fleischbeschauer, einschließlich der 
Trichinenschauer ; 

4. die das Schlächtergewerbe ' betreibenden 
Personen; 

5. die sich gewerbsmäßig mit der Bearbeitung, 
Verwertung oder Beseitigung geschlach- 
teter, getöteter oder verendeter Tiere be- 
schäftigenden Personen, wenn sie, bevor 
ein polizeiliches Einschreiten stattgefunden 
hat, von dem Ausbrach einer der Anzeige- 
pflicht unterliegenden Seuche (§ 10), oder 
von Erscheinungen, die den Ausbrach einer 
solchen Seuche befürchten lassen, Kenntnis 
erhalten. Die Verpflichtung der unter 
1—5 genannten Personen tritt nur dann 
ein, wenn ein früher genannter Verpflich- 
teter nicht vorhanden ist. 

Zu § 10, Abs. 1 Ziffer 12. Von der Mehr- 
heit der Anwesenden wird der Zusatz: „und es 
sich nicht um Schlachtvieh handelt** angenommen. 
Eine Minderheit spricht sich dagegen aus. 

Zu § 16, Abs. 1. Der Zusatz: „auch ist der 
behandelnde Tierarzt berechtigt, sowohl den 
Untersuchungen als auch den Zerlegungen der 
Tiere beizuwohnen**. 

Zu § 17, Abs. 1. Soll folgendermaßen ge- 
ändert werden: „Zum Zwecke der Ermittlung 
und Bekämpfung der Tierseuchen sind alle usw.** 
Zu § 17, Abs. 1, Ziffer 1. Die Worte: amtstier- 
ärztliche sind zu streichen. 

Zu § 17 a, Ziffer 3. Der Wortlaut zu Ziffer 3 
ist zu streichen, weil sich die Beibringung von 
Ursprungs- und Gesundheitszeugnissen nirgends 
bewährt hat. Zu § 17 a, Ziffer 12. Es wird 
folgender neuer Wortlaut vorgeschlagen: 

„Überwachungen von Viehausstellungen, 
Viehmärkten und gewerblichen Schlachtstätten, 
insbesondere auch bei Neuanlagen, räumliche 
Trennung der Viehhöfe von den Schlachthöfen, 
sowie Anlegung getrennter Zu- und Abfuhrwege 
für Viehmärkte, Vieh- und Schlachthöfe.** Die 
weiteren Bestimmungen sind zu streichen. 

Zu § 19, Abs. 1. Die Worte: „der für die 
Seuchen empfänglichen Tiere** sind zu streichen. 
Zu § 19, Abs. 3. Der Wortlaut ist ganz zu 
streichen. 

Zu § 20, Abs. 2. Anstatt „für die Seuche 
empfänglich** ist zu sagen „der Seuchengefahr 
ausgesetzten**. 



— 172 — 



Zu § 52d ist am Schluß hinzuzufügen: „Der 
Zentrifugenschlamm ist zu beseitigen und unter 
keinen Umständen zu Yiehfütterungszwecken zu 
verwenden." 

Zu § 44 a. Anstatt „für die Seuchen 
empfängliche" ist zu sagen „verdächtig". 

Zu § 55. Als zweiter Absatz ist der zweite 
Absatz des § 56 des bestehenden Gesetzes wieder 
aufzunehmen : 

„Strengere Absperrungsmaßregeln dürfen nur 
in dringenden Fällen angewendet werden." 

Zu § 56, Abs. 1. Im ersten Absatz sind die 
Worte: „unter Aufsicht des beamteten Tierarztes 
in den dazu bestimmten Räumen." 

Zu § 57, Ziffer 4. Hinter „Kinder" ist ein- 
zuschalten: „Schafe, Ziegen". 

Vor § 57 b ist folgender neuer Paragraph ein- 
zuschalten: 

„Die Kosten der behördlichen Ermittlungen, 
der behördlich angeordneten amtstierftrztlichen 
oder polizeilichen Untersuchungen, Beobachtungen 
und Überwachungen der Tötung und Zerlegung 
der Tiere sind aus öffentlichen Mitteln zu be- 
streiten." 

Zu § 67 c. Der zweite Absatz ist zu streichen. 

Diese Anträge des Vereins sollen eingehend 
begründet und den zuständigen Behörden und 
der Kommission, welche für die Beratung des 
Viehseuchengesetzes niedergesetzt wird, ein- 
gereicht werden. 

Von Herrn Kollegen Kühn au wird ein Fall 
zur Sprache gebracht, wo dem Schlachthoftier- 
arzt der Kreistierarzt als Gegengutachter gegen- 
übergestellt ist. In der betreffenden Regierungs- 
verfügung ist gesagt, daß das Gutachten des 
Kreistierarztes bei der Entscheidung zur Grund- 
lage genommen werden soll. Allgemein sind 
die Vorstandsmitglieder des Vereins der Ansicht, 
daß das kreistierärztlicbe Gutachten immer nur 
als Gegengutacbten anzusehen ist und daß es 
sich für Schlachthofdirektoren empfehlen würde, 
in allen diesen Fällen auf die Einholung eines 
Obergutachtens durch den Departementstierarzt 
zu dringen. 

Bezüglich der Lieferung der Separatabzüge 
der Generalversammlung für die Mitglieder des 
Vereins wird beschlossen, von der Fachzeit- 
schrift, welche den Bericht veröffentlicht, eine 
der Anzahl der Mitglieder entsprechende Zahl 
von Separatabzügen kostenlos einzufordern. 
Weiter eingeforderte Separatabzüge können von 
der Fachzeitschrift in Rechnung gestellt werden. 

Es wird weiter beschlossen, die VII. all- 
gemeine Vereinsversammlung am 20. und 21. Juni 
1908 zu Berlin abzuhalten und zwar mit 
folgender Tagesordnung: 



1. Geschäftliches, Neuwahlen; 

2. Bericht über den Erfolg der Eingaben des 
Vereins; 

3. Verwertung der Schlachtabfälle und 
Trichinenschauproben ; 

4. Die Anwendbarkeit der verschiedenen 
Kraftquellen für die Schlacht- und Viehhof- 
betriebe; 

5. Bericht über die Beratungen des Vieh- 
Seuchengesetzes; 

6. Mitteilungen aus der Praxis. 

Am Tage vor der Versammlung soll die neue 
Tierkörpervemichtungsanstalt in Rüdnitz bei 
Bernau besichtigt werden. 

Berlin, den 12. Januar 1908. 

I. A.: M. Kühnau, Schriftführer. 



Personallen. 

Gewählt: Tierarzt Linus Vogt, bisher 
Assistent, zum Schlachthofdirektor in Weißen - 
f eis ; Schlachthof inspektor Rud.Schmidt- Lünen 
zum Schlachthof direktor daselbst; Stabsveterinär 
a. D. Richard Seiderhelm zum Schlachthof- 
direktor in Strafiburg; Tierarzt Dr. W. Prell er 
zum Schlachthoftierarzt in Hannover; Tierarzt 
Albert Auerbach aus Cochstedt zum Assistenz- 
tierarzt am Schlachthof in Weißenfels. 

Der wissenschaftliche Hilfsarbeiter Tierarzt 
Dr. Titze im Kaiserl. Gesundheitsamt ist zum 
Mitglied des Gesundheitsamts und Regierungs- 
rat ernannt worden. 

Todesfall : Polizeitierarzt Schliephake- 
Hamburg. . .___ 

Vakanzen. 

Bochum: I. und IL Schlachthofe erarzt 
möglichst bald. Anfangsgehalt 3000 M. und 
2400 M., freie möblierte Wohnung usw. Be- 
werbungen umgehend an den Magistrat 

Bremen : IV. Tierarzt zum 1. April. Gehalt 
2400 M. bis 3900 M. Bewerbungen an den 
I. Tierarzt für den Schlachthof. 

Görlitz: ü. Tierarzt zum I.April. Gehalt 
2400 bis 3800 M. und Dienstwohnung. Bewerb. 
bis 15. Februar an den Magistrat. 

Kattowitz: Schlachthof direktor. Gehalt 
3600 M. bis 4800 M., freie Dienstwohnung usw. 
Privatpraxis ausgeschlossen. Bewerbungen bis 
15. Februar an den Magistrat. 

Königsberg i. Pr.: 2 Tierärzte sofort 
Gehalt 2800 M. und freie möblierte Wohnung usw. 
Bewerbungen bis 1. Februar an die Direktion 
des städt Schlacht- und Viehhofes. 

Landsberg a. W.: Assistenztierarzt zum 
1. April 1908. Gehalt 2400 M. Privatpraxis nicht 
gestattet. Bewerbungen baldigst an den Magistrat 



Veraotwortllcher Redakteur (ezkL Inseratenteil): Prof. Dr. Ogtertag in Berlin. — Verlag von Rlcb&rd Bchoets in Berlin. 



ZeitschrijR 

Ar 



Fleisch- und Milclihygieiie. 

Aehtiehnter Jahrgang. iHftra 1908. Heft 6. 



Original-Abhandlungen. 

(Naehditiek Terboton.) 



Nach welcher Richtung Ist eine Vertiefung 

des Unterrichts in der Fleischbeschau und 

eine Erweiterung der praktischen Kenntnisse 

des Sanitätstierarztes erstrebenswert? 

Von 

Tierarzt Karl Uhoir-Mühlheim-(Ruhr) Stymm, 

Dr. med. yet. d«r UniyorsitAt Born. 

Bei der Mehmng der Aufgaben, die 
die Gegenwart an den Sanitfttstierarzt 
stellt, ist es nicht zu yerwnndem, wenn 
er nicht in allen Einzelheiten der sanitäts- 
tierärztlichen Disziplinen gleich gut vor- 
bereitet ist. Dies erklärt sich ans der 
ungewöhnlich schnellen Entwicklung 
unseres Faches und aus der Notwendig- 
keit, daß sich die Dozenten bei der nur 
Tsemestrigen Studienzeit in der Auswahl 
des reichhaltigen Lehrstoffes schon aus 
pädagogischen Gründen eine gewisse Be- 
schränkung auferlegen müssen. Am besten 
ist der Praktiker noch in der Unter- 
suchung des frischen Fleisches be- 
wandert, deren Technik er mit großem 
Eifer fortgebildet hat. Dagegen ist bis 
jetzt die praktische Ausbildung der sanitäts- 
tierärztlicheu Beschau des zubereiteten 
Fleisches im allgemeinen nur wenig 
Gegenstand des Interesses und der Be- 
arbeitung gewesen. Aus dieser auf- 
fallenden Tatsache kann gefolgert werden^ 
daß der Unterricht in diesem Zweige der 
Beschau erweiterungsbedürftig ist. Jeder 
die Fleischbeschau ausübende Tierarzt 
— nach Einfahrung des R. F. G. ist jetzt 
fast jeder Tierarzt mehr oder weniger 
auch Sanitätstierarzt — kommt in die 
Lage, auch gepökeltes oder geräuchertes, 
gebratenes oder gekochtes Fleisch oder 
Wurst oder Talg* auf seine Genußtauglich- 



keit zu untersuchen. Dies ergibt sich 
besonders bei polizeilichen Revisionen der 
Aufbewahrungsräume des Fleisches. Hier- 
bei ist derjenige Sachverständige in einer 
üblen Lage, der nicht sein Buchwissen 
durch Anschauungswissen ergänzt hat. 
Der junge Kollege — und dieser soll in 
diesen Zeilen einige praktische Winke 
finden — möge wohl bedenken, daß der 
Fleischer einen offenen Blick dafttr hat, 
wie der Tierarzt die rein praktische Seite 
seiner Sachverständigentätigkeit ausübt. 
Auch pro foro wird bekanntlich vom 
Tierarzt mitunter ein Gutachten über 
zubereitetes Fleisch eingefordert. 

Wenn selbstverständlich bei der Begut- 
achtung des zubereiteten Fleisches auch 
das Urteil des Chemikers zu seinem Rechte 
kommen muß, so sollte der Tierarzt von 
heute doch befähigt sein, wenigstens eine 
einleitende chemische Untersuchung all- 
gemein orientierender Art vornehmen zu 
können. Es dürfte nun zweckmäßig sein, 
wenn die Studierenden schon während der 
chemischen Übungen nach dieser Richtung 
hin vorbereitend praktisch angeleitet 
würden. (Dasselbe gilt auch von der 
Milchkunde.) Auf Grund einer solchen 
Vorbereitung wäre späterhin der Kandidat 
befähigt, sich in den praktischen Übungen 
über die sanitätstierärztliche Beurteilung 
des zubereiteten Fleisches mit besserem 
Erfolge zu unterrichten. Es wird sich 
empfehlen, den Studierenden nicht nur 
frisches, sondern auch zubereitetes Fleisch 
im normalen und abnormen Zustande bei 
den Fleischbeschaudemonstrationen als De- 
monstrationsmaterial und Untersuchungs- 



— 174 - 



Objekt vorzulegen. Aach könnte bei den 
Studierenden das Interesse an der Sache 
geweckt werden, wenn sie unter sach- 
kundiger Führung mehrere größere 
Fleischereibetriebe besichtigen würden. 
Später bietet sich dem jungen Tierarzt 
in der Praxis — besonders in der ambu- 
latorischen Fleischbeschau — günstige 
Gelegenheit, die Zubereitung des Fleisches 
vom praktischen Standpunkte durch An- 
schauung genauer kennen zu lernen. 
Jedenfalls liegt die praktische Aus- 
bildung der sanitätstierärztlichen 
Untersuchung des zubereiteten 
Fleisches im dringenden Interesse 
unseres Standes. Daher erscheint 
auch eine Vertiefung des Unter- 
richts in der Beschau desselben 
notwendig. 

Der angehende Kollege sei hier darauf 
hingewiesen, daß der wissenschaftliche 
Sachverständige in der Jetztzeit mehr 
wie je mit dem frisch pulsierenden Leben 
in Berührung treten muß, um seiner Auf- 
gabe, auf die Verhältnisse im praktischen 
Leben einen Einfluß auszuüben, gerecht 
werden zu können. So muß auch der 
moderne Sanitätstierarzt sich einen gründ- 
lichen Einblick in das Fleischergewerbe 
verschaffen. Ostertag hat die Wichtig- 
keit bestimmter, den Fleischereibetrieb 
betreffi&Bder Kenntnisse für den Sanitäts- 
tierarzt frühzeitig erkannt, was schon 
aus der ersten Auflage seines Hand- 
buches 1892 hervorgeht. Es diürfte auch 
bekannt sein, daß diejenigen Tierärzte^ 
die eine gründliche Kenntnis des Fleischer- 
gewerbes und Interesse und Verständnis 
för die Fragen des Gewerbebetriebs be- 
sitzen, die den Fleischer bewegen, nicht 
nur von den Gewerbetreibenden, sondern 
auch von den Behörden besonders ge- 
schätzt werden. Wenn auch ein Sanitäts- 
tierarzt beim Fleischer selten beliebt 
sein wird, weil letzterer die objektiven 
Maßnahmen des ersteren, wenn sie 
schädigend wirken, stets mit der Person 
verquickt, so ist es doch selbstverständlich, 



daß der Tierarzt hierdurch unbeirrt durch 
die Gesamtheit seiner Handlungen dem 
Gewerbetreibenden Achtung abzunötigen 
versuchen muß. Der verdiente Schmidt- 
Mülheim hat einmal gesagt — und die 
Fleischer berufen sich häufig hierauf — 
„der Tierarzt soll ein Freund des 
Fleischers sein". Dieser Ausspruch 
scheint mir in seiner wörtlichen Fassung 
i nicht glücklich gewählt zu sein. Sagen 
wir lieber „der Tierarzt soll sich 
mit dem Gewerbe des Fleischers 
befreunden". Das wird sowohl dem 
Tierarzt als auch dem Fleischer zum 
Vorteil gereichen. 



Eine Fleischvergiftung in Rätzlingen. 

Von 

Veterinftrrat Lei8tlfc«w-Magdeburg, 

I>«pArtenieDUti«rftnit. 

In Rätzlingen im Kreise Gardelegen 
sind anfangs Dezember v. J. 21 Personen 
nach dem Genuß von „Sülze" aus Fleisch- 
teilen einer notgeschlachteten Kuh schwer 
erkrankt und davon zwei, darunter die 
Frau des Hausschlächters, der die 
Kuh geschlachtet hatte, gestorben. Es 
handelte sich um eine Hausschlachtung. 
Eine Untersuchung des Tieres hat weder 
vor noch nach der Schlachtung statt- 
gefunden. Die Kuh, die seit einiger Zeit 
behufs Schlachtung fllr den Haushalt ge- 
mästet war, erkrankte am 29. November 
unter Appetitmangel, weshalb sie am 
1. Dezember, etwas früher als ursprünglich 
beabsichtigt, geschlachtet wurde. 

Der Schlächter hat über den Zustand 
der Kuh zur Zeit der Schlachtung bei seiner 
polizeilichen Vernehmung nachstehende 
Angaben gemacht: 

„Bei der Schlachtung kam aus dem 
After der Kuh eine grünliche, schlammige 
Masse, die wie Froschlaich aussah. Auch 
in den Schlußdärmen war noch etwas 
von dieser Masse enthalten. Die Schluß- 
därme zeigten an der Innenlläche aiif- 
fallend rote Streifen. Der Blätterpansen 
war steif und klebrig wie Pech und 



r 



175 — 



Mtzig. Die Krauzdärme waren an- 
scheinend infolge der Hitze etwas ge- 
schwollen nnd mürbe/' 

Der Gedanke, daß das Fleisch gennß- 
untanglich oder gar gesundheitsschädlich 
sein könnte, ist dem Schlächter nicht ge- 
kommen, da er sonst wohl nicht mit seiner 
Frau von der Salze gegessen haben würde. 
Elr selbst ist auch erkrankt, aber genesen. 

Zweifellos hat bei der kranken Kuh 
eine Magen- und Darmentzündung vor- 
gelegen. Die „klebrige" Beschaffenheit 
des Blättermagens deutet auch auf Bauch- 
fellentzündung hin. 

Die Sülze, nach deren Oenuß die Er- 
krankungen der Personen erfolgt sind, 
ist in nachstehender Weise hergestellt 
worden t Bauchfleisch, Kopf fleisch, Lunge, 
Herz und Zwerchfell wurden in Kesseln 
„weichgekocht", dann zerschnitten, in 
einem „Wolf" zermahlen und schließlich 
nach Vermischung mit der Brühe in einer 
sog. Molle erkalten gelassen. 

Von dieser Speise erhielten die Nach- 
barn und Bekannten im Orte geschenk- 
weise einzelne Portionen. Daß von dem 
fibrigen Fleisch etwas genossen wurde, ist 
nicht bekannt geworden. 

Die an der Fleischvergiftung ge- 
storbene Frau des Hausschlächters ist 
auf Anordnung der Staatsanwaltschaft 
obduziert worden. Nach dem Gutachten 
der Obduzenten ist der Tod infolge von 
Herzlähmung nach Darmentzündung ein- 
getreten. 

DasHygienische Institut der Universität 
zu Halle a. S. hat Leichenteile der ver- 
storbenen Frau, Teile der Sülze, eine 
Qrtttzwurst und ein Stück rohes Fleisch 
von der Kuh untersucht. In der Milz der 
Frau und in dem rohen Kuhfleisch wurden 
Paratyphusbazillen der Gruppe B 
aufgefunden, in der Sülze und Wurst da- 
gegen nicht. Angeblich sind sie hier 
durch Fäulnisbakterien überwuchert 
worden. Femer wurden in dem ge- 
nannten Institut Blutproben mehrerer er- 
krankt gewesener Personen mittelst des 



biolo^schen Verfahrens (Agglutination) 
untersucht und dabei bei allen sichere 
Anzeichen einer vorausgegangenen Infek- 
tion mit Paratyphusbazillen der Gruppe B 
aufgefunden. Nach dem Gutachten des 
Hygienischen Instituts sind die Er- 
krankungen auf die Übertragung der 
Paratyphusbazillen aus dem Fleisch der 
Kuh mittelst der Sülze in den Verdauungs- 
traktus der Personen zurückzuführen. 

Gegen dieses Gutachten dürfte ein- 
zuwenden sein, daß das Fleisch, welches 
zu der Sülze Verwendung fand, „weich- 
gekocht", also Hitzegraden ausgesetzt 
wurde, die geeignet waren, die Bazillen 
zu zerstören. Es bleibt weiter hervor- 
zuheben, daß in der Sülze Bazillen nicht 
gefunden worden sind. Es wird daher 
die Möglichkeit nicht ausgeschlossen 
werden können, daß es sich nicht um 
eine Infektion, sondern um eine In- 
toxikation gehandelt hat. 

Die Staatsanwaltschaft hat das gegen 
den Besitzer der Kuh und den Haus- 
schlächter eingeleitete Verfahren wieder 
eingestellt. Es wurde weder ein Vergehen 
gegen das Nahrungsmittelgesetz noch 
eine Übertretung des B'Ieischbesohau- 
gesetzes gefunden. 

Dieser Fall weist von neuem auf 
die Notwendigkeit der Unterstellung 
der Hausschlachtungen unter die 
Fleischbeschau hin. 



Neueres Ober Fleischvergiftungen. 

Sammelreferat ■ 

▼on 

Dr. med. vet C. TKze-Beriin. 
Die sichere Erkennung gesundheits- 
schädlichen Fleisches ist nicht nur von 
großer hygienischer, sondern auch von er- 
heblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung. 
Im Jahre 1904 wurden 0,4 Proz. des 
Fleisches der geschlachteten Tiere bei der 
Beschau als untauglich befunden, das 
waren 11087 212 kg, wobei die un- 
schädlich beseitigten Eingeweide und das 
Eingeweidefett nicht in Rechnung gestellt 
sind. Der Geldwert des beschlagnahmten 
Fleisches betrug etwa 6 Millionen Mark 



— 176 



Da nur solches Fleisch zum Genüsse 
zugelassen werden darf, das nach 
allen unseren Kenntnissen mit Sicher- 
heit, eine Gesundheitsschädigung nicht 
bedingt, und da deshalb im Zweifelsfall 
immer nach der für die Verwertung des 
Fleisches ungünstigen Seite hin geurteilt 
werden muß, so ist es einleuchtend, daß 
mit zunehmender Klarheit über das Wesen 
der sogenannten Fleischvergiftungen die 
Zahl der Untauglichkeitserklärungen yer- 
mindert wird. Auf dem immer noch 
ziemlich dunklen Gebiete der Fleisch- 
vergiftungen sind daher umfangreiche 
.experimentelle Untersuchungen dringend 
geboten. 

Die Krankheitserscheinungen, hervor- 
gerufen durch Fleiscjivergiftung, wurden 
lange Zeit als echte Vergiftungen 
durch Fänlnisgifte Ptomainen (giftige 
Fättlnisbasen nach Ehrenberg), be- 
trachtet. In den meisten Fällen waren 
jedoch an dem Fleische, das zu den Ver- 
giftungen Anlaß gegeben hatte, auffällige 
Veränderungen, besonders nach der Rich- 
tung der fauligen Zersetzung hin, nicht 
bemerkt worden. Wir wissen heute dank 
den bakteriologischen üntersuchungs- 
methoden, daß man unter der Bezeichnung 
Fleischvergiftung Krankheiten zusammen- 
gefaßt hat, die ätiologisch grundverschieden 
sind. Wir wollen sie der besseren Über- 
sicht wegen unter drei Klassen bringen. 

Die erste Klasse umfaßt diejenigen 
Fleischvergiftungen, die oft erwähnt, 
aber äußerst selten beobachtet worden 
und noch nicht wissenschaftlich bearbeitet 
sind. Es handelt sich um gesundheits- 
schädigende Eigenschaften des Fleisches, 
die durch eiweißzersetzende Bakterien 
hervorgerufen werden sollen, also in 
der Hauptsache durch Saprophyten. Es 
kommen in erster Linie in Betracht 
die Fäulniserreger: die Bazillen 
der Proteusgruppe BaciUus putrificus, 
Bazillen, die zur Ödembazillengruppe 
gehören, und die Begleitbakterien, wie 
Bacterium coli, die man häufig bei 
lokalen, mit Verjauchung einhergehenden 
Prozessen in Gemeinschaft mit Staphylo- 
kokken und Streptokokken findet. Sie 
führen außerordentlich selten zu einer 
Allgemeininfektion; beschrieben ist noch 
kein einziger Fall. Wir würden es demnach 
bei dieser Klasse wohl nur mit Fleisch 
zu tun haben, das von ganz gesunden 
Tieren stammt und erst durch gift- 



bildende Saprophyten eine gefahrbringende 
Eigenschaft . erlangt hat. Durch die 
Fäulnis sollen Alkaloide gebildet werden 
(Ptomaine, Sepsin). Exakte Versuche 
über ihre Giftigkeit per os fehlen voll- 
ständig. Sehr häufig hat es sich gezeigt, 
daß gewisse Lebensmittel, die deutlich 
in Fäulnis begriffen waren, ohne jeden 
Nachteil verzehrt worden sind. 

Die zweite Klasse von Fleischver- 
giftungen ist die umfangreichste, da wir 
allß die Fälle hierher rechnen, die ätio- 
logisch auf spezifische Bazillen zurück- 
zuführen sind, die nach Löffler unter 
die große Ordnung der Typhaceen 
fallen. 

Hier sind zwei Hauptgruppen zu 
unterscheiden: 

1. Bacillus enteritidis Gärtner. 

2. Bacillus paratyphosus B. 

Zu 1. Gärtner hat bekanntlich bei 
der Epidemie zu Frankenhausen^ 1888 
aus dem noch frischen Fleisch und aas 
der Milz einer Kuh, die in extremis wegen 
einer akuten Enteritis notgeschlachtet 
werden mußte, sowie aus der Milz eines 
an der Fleischvergiftung gestorbenen 
Menschen einen pathogenen Mikroorga- 
nismus isoliert, den er genau untersuchte. 
Es ist ein kurzer, dicker, ziemlich be- 
weglicher Bazillus, der bei der Unter- 
suchung im hängenden Tropfen in der 
Mitte eine stärkere Lichtbrechung zeigt 
als an den Enden. Das Mittelstück f&rbt 
sich mit den gebräuchlichen Anilinfarben 
weniger intensiv. Der Bazillus ist gram- 
negativ und bildet in Peptonwasser kein 
Indol. Milch wird nicht koaguliert. 
Traubenzucker, Milchzucker, Rohrzucker 
werden vergoren unter ziemlich be- 
deutender Gasentwicklung. Kulturelles 
Verhalten ist nicht charakteristisch. Er 
ist pathogen far Mäuse, Meerschweinchen, 
Kaninchen, Tauben, Schafe und Ziegen. 
Die eingegangenen Tiere zeigen das 
Bild einer Enteritis mit folgender Septi- 
kämie. Unempfänglich sind Hunde, Katzen 
und Hühner. Die Bakterien wuchern be- 
sonders üppig in dem meist schlecht ent- 
bluteten Muskelfleisch notgeschlachteter 
Tiere. Sie erzeugen mit ihren Stoff- 
wechselprodukten ein starkes Gift^ das 
sehr widerstandsfähig ist und selbst durch 
die Siedehitze des Wassers nicht ver- 
nichtet wird. Das Toxin — aus künst- 
lichen Kulturen im Laboratorium ge- 
wonnen — ruft bei geeigneten Versuchs- 



177 — 



tieren und beim Menschen die gleichen 
Krankheitserscheinungen hervor, wie sie 
nach dem Genoß des infizierten Fleisches 
selbst aoftreten. 

Die Krankheitserscheinungen beim 
Menschen treten fast stets rasch — nach 
6 bis 12 Stunden — auf und bestehen 
in der Hauptsache in einer katarrhalischen 
Magen-Darmentz&ndung (Cholerine), die 
sich in häufigen, dünnen, schleimigen, zu- 
weilen blutigen, sehr fibel riechenden 
Entleerungen äußert. Fieber kann ganz 
fehlen. 

Zu den Bazillen der Gärtnergruppe 
gehören die Erreger der Fleisch- 
vergiftungen von Frankenhausen, 
Moorseele, Gent, Brügge, Rumfleth 
nnd Haustedt. Hier handelte es sich 
stets um Fleisch von Tieren, die an 
Enteritis oder Metritis gelitten hatten, 
also um Fleisch von kranken und not- 
geschlachteten Tieren. 

Zu 2. In Deutschland fand Schott- 
muller im Jahre 1900 zum ersten Male ge- 
legentlich ausgedehnter Blutuntersuchun- 
gen beim Abdominaltyphus in 6 unter 
68 Fällen statt der erwarteten Typhus- 
erreger typhusähnliche Bazillen, die sich 
im wesentlichen durch ihr Gärungsver- 
mögen in Traubenzuckerbonillon von den 
Typhusbazillen unterscheiden. Sie bilden 
kein Indol, bringen die Milch nicht zur 
Gerinnung (wie es dagegen die Coli- 
bazillen tun) und wachsen auf Conradi- 
IMgalski-Platten wie der Tybhusbazillus. 
Schottmüller nannte sie Paratyphus- 
bazillen und trennte sie in zwei Arten, 
in eine seltene, die den Typhusbazillen 
noch sehr nahe steht, und in eine häufiger 
vorkommende, die sich stärker differenziert. 
Die erste Art wurde später von Brion 
und Kayser als Paratyphusbazillus A, 
die zweite als Paratyphusbazillus B 
bezeichnet 

Die Paratyphusbazillen B sind nun in 
den letzten Jahren mehrfach als Er- 
reger von Fleischvergiftungen beschrieben 
worden, so z. B. bei den Fleischver- 
giftungen von Breslau (Flügge-Kaen- 
sche), von Düsseldorf, Aertryke, 
Neunkirchen und Greifswald. Be- 
sonders bemerkenswert ist noch, daß es 
mit allen unseren heutigen bakterio- 
logischen Differenzierungsmethoden nicht 
möglich ist, den sogenannten „Schweine- 
pestbaziUas'S, und den Mäusetyphusbazillus 
voA. den. Paratyphusbazillen B zu unter- 



scheiden.*) Hieraus kann aber nicht auf 
eine Identität aller dieser Bazillen ge- 
schlössen werden. XylanderundGrabert 
haben nachgewiesen, daß der „Schweine- 
pestbazillus" sich bei gut 10 Proz. der ge- 
sunden Schweine findet. Wäre er ein Fleische 
vergifter, so müßten die Fleischvergiftungs- 
Epidemien an der Tagesordnung sein. 
Vom weit verbreiteten Bacterium coli 
unterscheiden sich alle Bazillen der 
Fleischvergiftungen durch ihr Verhalten 
in Milch. Diese wird von den Fleisch- 
vergiftem nach 8—14 Tagen in eine 
gelbliche, transparente Flüssigkeit ver- 
wandelt, während das Bacterium coli bei 
Züchtung im Brutschrank Milch meist 
schon nach 24 Stunden zur Gerinnung 
bringt. Die Paratyphusbazillen können 
gelegentlich nachträglich durch irgend- 
einen Zufall, z. B. durch menschliche 
Bazillenträger, in Hackfleisch, Milch, 
Mehlspeisen usw. gelangen, sich hier ver« 
mehren und die vorher einwandfreien 
Nahrungsmittel zu gesundheitsschädlichen 
machen. 

Für die bakteriologischen Unter- 
suchungen bei Fleischvergiftungen ist 
es eine Notwendigkeit, die in Betracht 
kommenden Mikroorganismen deutlich zu 
unterscheiden einmal von den gewöhn- 
lichen Eadaverbazillen, dann vom Bacte- 
rium coli und zuletzt festzustellen, ob es 
sich um die Gärtnergruppe oder um die 
Paratyphusgruppe handelt. Wenn die 
aufgezählten morphologischen imd biolo*» 
gischen Eigenheiten auch schon ziemlich 
viele Anhaltspunkte geben, so f&Ut doch 
dem wichtigsten Differenzierungs-» 
mittel ähnlicher Bakterien, der Agglu- 
tination, das Hauptgewicht zu. Das 
Agglutinationsphänomen, das zuerst von 
Gruber, Durham, Pfeiffer, Kolbe, 
Sobernheim, Vidal und Fraenkel wahr- 
genommen und angewandt wurde, beruht 
bekanntlich darauf, daß sich nach künst- 
lichen oder natürlichen Infektionen mit 
Bakterien im Serum der infizierten Tiere 
spezifische Stoffe anreichem, die Agglu- 
tinine, denen die Eigenschaft zukommt, 
im Reagenzglase die Bakterien, auf die sie 
abgestimmt sind, unbeweglich zu machen 
und zusammenzuballen, so daß eine gleich- 



*)Anm. Der Ratinbazillus ist, wie Xylander 
festgestellt hat, identisch mit dem Bacillus 
enteritidis Gärtner. Es stehen demnach seiner 
allgemeinen Verwendung zur Rattenvertilgung 
ernste Bedenken entgegen. 



— 178 — 



mäßig trübe bakterielle Emulsioi), in der 
keinerlei körperliche Elemente zu sehen 
sind, nach Znsatz von agglutinierendem 
Serum bald von Bakterienflocken erfüllt ist, 
die sich zu Boden setzen, während sich 
die Flüssigkeit selbst völlig klärt. Nach dem 
Verdünnungsgrad, bis zu welchem Serum 
noch eben deutlich agglutiniert, bezeichnet 
man bekanntlich den Grenzwert oder 
Agglutinationstiter (z. B. 1 : 500, 1 : 1000 
usw.). Das Phänomen ist der Wahrnehmung 
mit dem unbewafheten Auge zugänglich. 
Das Wort Agglutinine stammt von Grub e r ; 
er glaubte in diesen Substanzen eine Haupt- 
ursache der Heilung von Infektionskrank- 
heiten und des Immunwerdens gegen die- 
selben sehen zu dürfen, eine Auffassung, 
die sich aber nicht bestätigt hat. 

Ein weiteres serodiagnostisches Hilfs- 
mittel zur Differenzierung von Bakterien 
ist die Komplementablenkung von 
Bordet und Gengou, die von Rick- 
mann in dieser Zeitschrift*) beschrieben 
worden ist, und auf die deshalb hier nicht 
näher eingegangen zu werden braucht. 
Die Serodiagnostik hat zur Aufstellung 
der beiden genannten Hauptgruppen der 
Fleischvergifter geführt. 

Waches ist liun die Methodik der 
bakteriologischen Untersuchung bei 
den Fleischvergiftungen? 

Zunächst kommt in Betracht die 
Untersuchung des Stuhlganges der er- 
krankten Personen, die ich nach den 
Angaben von Uhlenhuth kurz wieder- 
gebe; 

Mit Schleimflocken des Stuhlgangs der Er- 
krankten bei der Greifswalder Fleischvergiftung 
wurden gewöhnliche Agarplatten angelegt und 
aufierdem zahlreiche Malachitgrün -Agarplatten 
nach Löffler bestrichen. Dieser Nährboden, 
der ursprünglich Ton Löffler für den Nachweis 
von Typhusbazillen in Fäces. Wasser und Erde 
vorgeschlagen wurde, hat aen großen Vorteil, 
daß das in dem Nährboden in einem Verhältnis 
von 1 : 1000 vorhandene Malachitgrün das Wach- 
tum des sonst alles überwuchernden Bacterium 
coli fast vollkommen verhindert, während Tvphus- 
bazillen und typhusähnliche Bakterien bei diesem 
Zusatz von Malachit^ün noch üppig gedeihen.**) 
Und so wuchsen bei den Uhlen hu th sehen Ver- 
suchen auf dem MalachitffrQn-Nährboden im 
Geg^satz zu den gewöhnlicnen Agarplatten, die 
durch Bacterium coli vollständig überwuchert 
waren, zarte, durchscheinende Kolonien, die sich 
besonders dadurch auszeichneten, daß sie den 
Nährboden nach 18 — 20 Stunden entfärbten. 



♦> 17. Jahrgang, S. 197. 
**) Genaue Angabe über Herstelhmg von 
Löfflers Malach itgrfinnährboden findet sich in 
der Deutsch, med. Wochenschrift 1906, S. 1330. 



Gleichzeitig wurde eine Anzahl weiße M&oae 
mit dem Stuhlgang geimpft Der Stahlgaag 
wurde im Verhältnis von 1:10 mit physio- 
logischer Kochsalzlösung verdünnt und von 
dieser Verdünnung 0,2 ccm Mäusen subkutan 
beigebracht. (Tod nach 10 — 18 Stunden). 

Besonders wichtig ist natürlich im 
Fall einer Fleischver^nng die bakterio- 
logische Untersuchung des verdäch- 
tigen Fleisches. Diese geschieht nach 
der Methode von Basenau (vgl. Oster- 
tag, Handbuch der Fleischbeschau). 

Nach der bakteriologischen Unter- 
suchung der verfügbaren Fleischreste 
sind die Bakterien aus dem Stuhlgang zu 
vergleichen mit den aus dem Fleische 
gewonnenen nach ihren morphologischen, 
biologischen und pathogenenEigenschaften 
und dann namentlich nach den Grund- 
sätzen der Serodiagnostik. Hierzu be- 
nötigt man eines agglutinierenden Para- 
typhus- und eines Gäi-tnerbazillusserums, 
das man sich am besten durch geeignete 
Vorbehandlung von Ziegen oder Schafen 
herstellt und vorrätig hält. 

Für die aus dem Stuhlgang ge- 
wonnenen suspekten Bakterien bestimmt 
man den Agglutinationstiter des ans 
dem verdächtigen Fleisch ausgepreßt^i 
Muskelsaftes und den Agglutinationstiter 
des Serums des erkrankten Menschen 
mit den notwendigen Eontrollen. Dieselbe 
Prüfung nimmt man mit den Fleisch- 
bakterien vor. Zum Vergleich sind be- 
kannte Bakterien aus den beiden ange- 
fahrten Hauptgruppen heranzuziehen. Ein 
agglutinierendes Paratyphusserum agglu- 
tiniert die Gärtnerbazillen nicht und um* 
gekehrt. 

Erweist sich das nach der Methode 
von Basenau untersuchte Fleisch als frei 
von Bakterien, so ist es als nicht gesund- 
heitsschädlich anzusehen. Hat man da- 
gegen aus dem Fleische Gärtnerbazilleh 
oder Paratyphusbazillen gezüchtet, und 
zeigt es sich, daß der ausgepreßte Muskel- 
saft oder das Blutserum des betreffenden 
Schlachttieres für diese isolierten Bak- 
terien einen hohen Agglutinationstiter hat, 
so kann man daraus schließen, daß die 
agglutinierte Bakterienart einen Anteil an 
dem Zustandekommen der Allgemein- 
infektion des Schlachttiers gehabt hat. 
Isoliert man aus Hackfleisch den Para- 
typhusbazillus oder den Gärtnerbazillus, 
und zeigt der ausgepreßte Muskelsaft 
gegen diese keine erheblichen agglu- 
tinierenden Fähigkeiten, so kann dies 



r 



— 179 — 



darauf hindeuten, daß erst nach der 
Schiachtang des Tieres eine Vemnreini- 
gnng des Fleisches mit den Fleisch- 
vergiftern stattgefunden hat. 

Die dritte Klasse der Fleischver- 
giftungen umfaßt den Botulismns oder 
die AllantiasiSy beobachtet nach Genuß 
konservierten Fleisches. Identisch hier- 
mit ist der lehthyosismus nach Genuß 
von gesalzenen Fischen (Stör, Sterlett, 
Lachs). Der Botulismus wurde beobachtet 
nach dem Genuß von Würsten, nament- 
lich dicken Blut- und Leberwürsten, ge- 
pökeltem oder geräuchertem Fleisch, 
Büchsenfleisch, Konserven, Pasteten. Die 
schädlichen Nahrungsmittel wurden nach 
mehreren Wochen der Konservierung ver- 
zehrt und waren durch die Art der Be- 
handlung^sehr geeignet, die Entwicklung 
anaerobef Bakterien zu begünstigen. Das 
Botulismustoxin ist durch Siedehitze zer- 
störbar. Beim Botulismus sind keine 
gastrointestinalen, sondern eine Summe 
von nervösen Erscheinungen zentralen 
Ursprungs vorhanden (Akkomodationsläh- 
mung, Mydriasis, Ptosis, Doppeltsehen, 
Trockenheit und Rötung der Mund- und 
Rachenschleimhaut, sekretorischeLähmung, 
Aphonie und Dysphagie). Fieber fehlt 
Auftreten der ersten Krankheitserscheinun- 
gen 24 bis 36 Stunden nach der kritischen 
Mahlzeit Mortalität 25- 30 Proz. infolge 
Bulbärparalyse. 

Der Bacillus botulinus v. Ermengem, 
ein anaerober toxigener Saprophyt, ist 
ein 4—6 /» langes Stäbchen mit etwas 
abgerundeten Enden. Bisweilen bildet 
er Verbände von zwei Individuen oder 
selbst wenig lange Fäden. Gasbildner, 
endständige Sporen. Sehr empfänglich 
ffSff das Botulismustoxin sind Katzen und 
Mäuse. 

Die Frage, welche Krankheiten bei 
unseren Schlachttieren durch Mikro- 
organismen hervorgerufen werden, die das 
Fleisch zu einem gesundheitsschädlichen 
Nahrungsmittel machen, ist bisher trotz 
ihrer Bedeutung noch nicht geklärt. Aus 
den epidemiologischen Erfahrungen wissen 
wir, daß das gesundheitsschädliche Fleisch 
meistens von notgeschlachteten Tieren 
stammte. Es handelte sich in der Regel bei 
diesen Tieren um Endometritis, Peritonitis, 
Enteritis, Mastitis, Pneumo-Enteritis der 
Kälber, Nabelinfektion und Gelenkerkran- 
kung, Phlegmonen und Dekubitus, wenn sich 
an-Se genannten Leiden eine Septikämie 



oder Pyämie anschloß. Des. weiteren 
haben aber die tierärztlichen Erfahrungen 
vor Einführung der allgemeinen Schlacht- 
vieh- und Fleischbeschau gelehrt, daß das 
Fleisch von Tieren mit den genannten 
Krankheiten nur in seltenen Fällen ge- 
sundheitsschädlich ist. Eingehende bakte- 
riologische Untersuchungen derSeptikämien 
der Schlachttiere, femer Untersuchungen 
über die Verbreitung der Fleischvergifter 
im Darmkanale gesunder Schlachttiere, ihr 
etwaiges Vorkommen in Eiern und Ei- 
leitern von Hälmem usw. wären ein dank- 
bares Feld fllr die sich immer mehr als 
notwendig erweisenden bakteriologischen 
Laboratorien der Schlachthöfe. 

Die Ergebnisse der bisherigen wissen- 
schaftlichen Untersuchungen fiber Fleisch- 
vergiftungen lassen sich in folgende 
Sätzen zusammnefassen: 

1. Die überwiegende Mehrzahl der unter- 
suchten Fleischvergiftungen wurde 
durch Bakterien hervorgerufen, die 
zur Gärtnergi'uppe oder zur Para- 
typhus B-gruppe gehören. 

2. Diese Bakterien gelangen gewöhnlich 
in das Fleisch infolge septischer Er- 
krankungen der Schlachttiere. Sie 
sind aber vielleicht nicht die prima 
causa der septischen Krankheits- 
prozesse, sondern sie stellen möglicher- 
weise eine Begleiterscheinung der 
durch die gewöhnlichen Sepsiserreger 
hervorgerufenen Ailgemeinerkrankun- 
gen vor. 

3. Die Paratyphusbazillen können auch 
durch Zufälligkeiten irgendwelcher 
Art erst nach der Schlachtung in das 
Fleisch völlig gesunder Tiere gelangen 
(Hackfleischvergiftungen). 

4. Über das Vorkommen und die Ver- 
breitung der Fleischvergifter bei 
gesunden Menschen und Tieren und 
außerhalb des Tierkörpers, über die 
Gründe der Schwankungen in ihrer 
Toxinproduktion und fiber die die Toxin- 
produktion bestimmenden Faktoren 
sind wir gänzlich unanterrichtet. 

5. Genauere Untersuchungen fiber^ Ge- 
sundheitsschädlichkeit von Fleisch 
infolge Eiweißzersetzungen durch 
Saprophyten (Ptomaine, Sepsine) 
liegen nicht vor. 

6. Der Botulismus wird durch einen 
anaeroben Saprophyten, den Bacillus 
botulinus, hervorgei*ufen. 



— 180 



Über die Entstehung von Schwefelwaeeer- 
stolT bei der Erhitzung der Milch. 

Von 

Dr. Enrique Fyin-BuenoB Aires, 

Vorsteher der Landwirtschaftlichen Abteilung des Ackerbau- 
mlnisteriums der Ari^ntlnischen Republik. 

An einer anderen Stelle (i) wies ich 
auf das Auftreten von Schwefelwasserstoff 
hin, und, zwar bei Besprechung der Steri- 
lisierung der Milch, einen Befand, den 
Baudnitz (2) nicht bestätigen konnte. 
ütz (3) konnte gleich mir und anderen 
früheren Beobachtern bei Erhitzung der 
Milch HgS nachweisen. Die Leichtigkeit, 
mit der man die Qegenwart dieser Ver- 
bindung feststellen kann und das negative 
Ergebnis, das ein so guter Kenner der 
Milchchemie, wie Baudnitz hatte, ließ 
vermuten, daß dieser Forscher in der 
Tat mit Milch gearbeitet hatte, bei der 
kein Schwefelwasserstoff bei der Er- 
hitzung entstand. So mußte es von 
Interesse sein, dieses Gebiet weiter zu 
erforschen. 

Hierzu unterwarf ich der Erhitzung 
Milch verschiedener Laktationszeit nach 
dem gleichen früheren Verfahren (1. c). 
Bei ftlnf Kühen, deren Kolostrum vom 
ersten Tage nach dem Kalben untersucht 
wurde, konnte selbst nach dfeiviertel- 
stfindiger Erhitzung bei 100^ C kein H^S 
konstatiert werden; erst am dritten Lak- 
tationstage zeigte das Bleipapier durch 
die Färbung Spuren dieser Verbindung 
an. Vom vierten Tag an wurde die 
Reaktion ganz deutlich. In dem Kolostrum 
zweier anderer Kühe wurde ein etwas 
abweichendes Ergebnis erhalten insofern, 
als die ersten Anzeichen des Auftretens 
des HgS erst am vierten Tage sich 
zeigten. 

Späterhin habe ich vei-schiedene 
Proben Milch der Erhitzung unterworfen 
behufs gleicher Untersuchung, und obgleich 
die entnommenen Muster einer vor- 
geschrittenen Laktationszeit angehörten, 
wurde bei einigen das Ausbleiben der 
Schwefelwasserstoflreaktion beobachtet, 



ohne daß ein Zusammenhang zwischen 
Laktationszeit und der Entstehung obiger 
Verbindung sich feststellen ließ. Folgende 
Tabelle gibt einen Überblick über die 
untersuchten Proben und deren Ergeb- 
nisse. Die Erhitzung wurde stets an 
doppelten, von der gleichen Kuh herrühren-* 
den Proben angestellt. Die Erhitzungszeit 
betrug tüT alle Proben ^/^ Stunden, . die 
Temperatur lOO® C. 

Nr. der Kuh Laktationszelt HjS-Befond 

1 120 Tage + 

2 30 , 
2 37 „ 
2 45 , 

2 55 , 

3 120 „ Sparen 

4 90 „ + 

5 150 , + 

5 180 ^ + 

6 30 , -f 

7 210 „ + 

8 105 „ + 

9 90 „ + 

Es sei erwähnt, daß es auch Rubner (4) 
und Nie mann (5) nicht gelungen ist, die 
Bildung von Schwefelwasserstoff beim Er- 
hitzen der Milch nachzuweisen. 

Da das Kasein in der Milch k:onstant 
vorkommt, so ist zu folgern, daß diese 
Verbindung nicht der Atomkomplex ist, 
das das leicht abspaltbare Schwefelatom 
führt. In der Tat habe ich in unserer 
ersten Publikation (1. c.) erwähnt, daß, 
wenn man amphotere Kaseinlösungen in 
Dinatriumphosphat erhitzt, keine Schwefel- 
wasserstoffentwicklung stattfindet. Da 
jedochRettger(6)angibt,daß80WohlKaseTn 
als auch Laktalbumin Schwefelwasser- 
stoff beim Kochen der Milch abgeben, 
habe ich diese Frage nochmals geprüft, 
indem ich amphotere Kaseinlösungen 
(3proz.) während drei Viertelstunden, auf 
1000 C erhitzte, ohne H^S-Bildung nach- 
weisen zu können. Ebenso verhielten 
sich die Kaseinlösungen, als die Tempe- 
ratur auf 1200 C erhöht wurde. Auf diese 
Art und mit dem gleichen Resultat ist 
Kasein, das aus vier verschiedenen Jtfüch- 
proben stammte, untersucht worden^ Es 



r 



- 181 



ist zu bemerken, daß die fraglichen Milch- 
proben bei der Erhitzung TLß abgaben. 

Erst als ich die Reaktion der Kasein- 
lösungen nicht mehr amphoter ließ, son- 
dern deutlich alkalisch machte, konnte 
ich bei der Erhitzung die H.^S-Eeaktion 
durch die Schwärzung des Bleipapiers 
hervorbringen. Dieses Verhalten war 
jedoch im voraus zu erwarten, da durch 
die Gegenwart freien Alkalis, unter dem 
Einfluß der Temperatur, das Kasein eine 
tiefgreifende Zersetzung erleidet, ein Ver- 
halten jedoch, das ganz verschieden ist 
von den Umständen, unter denen der 
Schwefelwasserstoff beim Kochen der 
Milch entsteht. 

Da ich leider nicht im Besitz der 
OriginalabhandlungRettgers war, sondern 
dessen Ergebnisse nur aus Referaten 
kannte, habe ich weiter versucht, die 
Umstände kennen zu lernen, unter 
denen der Säureniederschlag der Kuh- 
milch, beim Erhitzen seiner amphoteren 
Lösung, Schwefelwasserstoff abgibt. 

Fällt man nämlich Milch mit Essig- 
säure nach dem Hammersteinschen 
Verfahren, so gibt der im Dinatrium- 
phosphat gelöste Niederschlag beim Er- 
hitzen Schwefelwasserstoff ab. Wenn man 
aber den ursprünglichen Niederschlag 
nach Hammersteins Vorschrift in 
Natriumhydratlösung löst und mit Essig- 
säure wieder fällt, so fand ich, daß seine 
amphoteren Lösungen in Natriumhydrat 
oder Phosphatlösungen beim Erhitzen 
keinen Schwefelwasserstoff abgaben. 

Statt das Kasein durch Wiederauf- 
lösung von der leicht Schwefelwasser- 
stoff abgebenden Verbindung zu reinigen, 
habe ich dies auch erreicht, indem ich 
den Säureniederschlag unter allmählichem 
Zusatz kleiner Anteile kalten 95 proz. 
Alkohols im Mörser verrieb und durch 
Filtration trennte. Die amphoteren 
Lösungen des so erhaltenen Kaseins 
geben beim Erhitzen keinen Schwefel- 
wasserstoff ab. Dagegen befindet sich 
die leicht abspaltende Schwefelwasser- 



stoff führende Verbindung im alkoholischen 
Auszug. Um dies nachzuweisen, habe ich 
die alkoholische Lösung unter ver- 
mindertem Druck abdestilliert und den 
wäßrigen Rückstand, wie bei der Milch 
beschrieben, auf 100^ C erhitzt. Durch die 
braune Färbung des Bleipapiers habe ich 
mich von der Entstehung des Schwefel- 
wasserstoffs überzeugt. Es sei bemerkt, 
daß während der Destillation, obgleich 
die Temperatur niedrig gehalten wurde 
(46 bis 58^0), etwas Schwefelwasserstoff 
entstand. Für die soeben beschriebenen 
Versuche bin ich selbstverständlich von 
einer Milch ausgegangen, die beim Er- 
hitzen einen positiven H^S-Befund gab. 

Mit der Schwefelwasserstoffentstehung 
bei der Erhitzung der Milch steht im 
Zusammenhang das Vorkommen von 
freiem Schwefel in sterilisierter 
Milch. So berichtet Sartori (7) einen 
Fall, bei dem im Ätherextrakt Schwefel 
gefunden wurde, dessen Abstammung er 
sich nicht erklären konnte. Die Erklärung 
ist aber möglich, wenn man bedenkt, daß 
wäßrige Schwefelwasserstofflösungen unter 
dem Einflüsse des Lichtes in Gegenwart 
des atmosphärischen Sauerstoffs in Wasser 
und Schwefel umgesetzt wurden. Diese 
Bedingungen sind, wie ich früher betont 
habe (0, für sterilisierte Milch in Glas- 
flaschen gegeben. In diesen Gefäßen 
nimmt man daher die Schwefelwasser- 
stoffreaktion der sterilisierten Milch nach 
einigen Tagen nicht mehr wahr. In 
Milchblechdosen dagegen kann man die 
in Rede stehende Verbindung selbst nach 
Monaten noch nachweisen. Man kann sich 
davon überzeugen, wenn man durch die 
Milch Luft treibt und diese hierauf über 
einen Streifen Bleipapier streichen läßt. 

Die hier in Frage kommenden Ver- 
hältnisse bei Frauenmilch, die ich bei 
früheren Versuchen (8) studierte, seien 
der Vollständigkeit halber auch noch er- 
wähnt. Es wurden drei Milchproben 
verschiedener Frauen, die vor zwei, vier 
und fünf Monaten geboren hatten, während 



— 182 — 



3/^ Stunden auf 100^ C erhitzt, ohne daß 
Schwefelwasserstoff nachgewiesen werden 
konnte. Eine vierte Probe (Laktations- 
zeit SVa Monat) wurde sogar auf 120^ C 
während -^4 Stunden erhitzt, mit gleichem 
negativen Erfolg. 

Meine Untersuchungen ergaben also, 
daß die Gegenwart von Verbindungen in 
der Milch, die leicht HgS abgeben, nicht 
konstant ist, wodurch die negativen 
Befunde von Raudnitz, Rubner und 
Nie mann erklärt werden. Noch sei 
hingewiesen auf die schon bekannte 
Tatsache der leichten Abspaltbarkeit von 
H2S beim Erhitzen des Eiinhaltes. Trennt 
man bei diesem das Eiweiß vom Dotter, 
indem man letzteren, ohne ihn zu ver- 
letzen, mit etwas Wasser spült, und er- 
hitzt die zwei Eikomponenten für sich, 
so nimmt man wahr, daß, während das 
Eiweiß intensiv HgS entwickelt, dies der 
Eidotter nur in sehr geringem Maße tut. 
Hiernach liegt es nahe, anzunehmen, daß 
die leicht H^S abspaltende Verbindung 
im Eiweiß als Quelle für die stabileren 
Schwefelverbindungen bei der Entwicklung 
des Embryo gelten kann. 

Im Eiweiß liegen die Verhältnisse 
ähnlich wie bei dem Säureniederschlag 
der Milch. Es läßt sich ihm nämlich 
durch kalten Alkohol eine Verbindung 
entziehen, die in dem wäßrigen Rück- 
stand nach der Destillation des Alkohols 
unter vermindertem Druck hinterbleibt. 
Beim Erhitzen des wäßrigen Rückstandes 
auf 100^ (J kann man sich von der Ent- 
stehung des Schwefelwasserstoffs über- 
zeugen. Versuche, diese Verbindung 
näher zu charakterisieren, sind im Gange. 

Literaturnachweis. 

1) Fynn, Berliner Molkerei-Zeitung 1902, 
Nr. 32. 

2) R. W. Raudnitz, Sammelreferate über 
Arbeiten aus der Milchchemie. Monatsschrift f. 
Kinderheilkunde 1903. 

3) Utz, Milchzeitung 1903, Nr. 23. 

4) Rubner,M., Hygienische Rundschau 1895. 

5) F. Niemann, Archiv für Hygiene 1893. 

6) L. F. Rettger, Am. J. of physioL 1902, VI. 



7) A. Sartorl, Chemische Zeitung, 17, 1893. 

8) Fynn, Anales de la Sociedad Cientifica 
Argentina LTV, 1902. 



Untersuchung von Eiern mit farbiger 

Schale (Möven-, Kiebitz-, Kräheneiern usw.) 

durch die Schwemmprobe. 

Von 

K. Borohmann-Berlin, 

PoIlEeitlerarzt. 

Die Untersuchung der Möven- und 
Kiebitzeier ist wegen der buntgeförbten 
und dadurch undurchscheinenden EaJk- 
schale im Gegensatz zu Hühner-, Perl- 
huhn-, Enten- und Gänseeiern mit Hilfe 
der Durchleuchtung nicht möglich. Anstatt 
dieser wird handelsüblich die sogenannte 
„Schwemm-" oder „Schwimmprobe" 
vorgenommen. 

Ich hatte unter anderem Gelegenheit, 
diese Probe an einer größeren Anzahl 
Möveneiern vorzunehmen, die mir zur 
Untersuchung übergeben worden waren. 

Zu diesem Zwecke werden die frag- 
lichen Eier, soweit sie äußerlich ganz 
erscheinen, mit dem stumpfen Pole nach 
unten vorsichtig in ein mit gewöhnlichem 
Wasser gefülltes Gefäß gesenkt. Diejeni- 
gen Eier, die sich sofort wagerecht auf den 
Boden des Gefäßes legen, sind unver- 
dorben und genußtauglich, die übrigen, 
die sich mehr oder weniger auf die Spitze 
stellen oder sogar schwimmen (sogenannte 
„ausgeschwemmte" EierX sind entweder 
„verdorben" und genußuntauglich — an- 
gebrütet, faul oder sonstwie verdorben — 
oder angeknickt (sogenannte „Knickeier"). 
Die völlig zerbrochenen Eier, deren Ei- 
inhalt z. T. ausgelaufen und infolgedessen 
stets mehr oder weniger durch das Pack- 
material (meist Sägespäne) verunreinigt 
ist (sogenannte „Brucheier"), müssen von 
vornherein als „untauglich zum mensch- 
lichen Genuß" erachtet werden. 

„Knickeier" verhalten sich demnach 
bei der „Schwemmprobe" ebenso wie 
„verdorbene" Eier. Sie sind indes er- 
fahrungsgemäß zum großen Teil unver- 



I 



— 183 — 



dorben, obwohl sie beispielsweise senk- 
recht auf der Spitze stehen oder, falls sie 
schon seit mehreren Tagen angeknickt 
sind, sogar anf der Oberfläche schwimmen. 
Aus diesem Grande werden die Knickeier 
aus den aasgeschwemmten Eiern, da 
feinere Spränge in der Schale nar aus- 
nahmsweise sichtbar sind, mittels der 
„Klangprobe" herausgesucht. Diese ge- 
schieht, indem man jedes fragliche Ei j 
möglichst nahe an das Ohr hält und es 
ringsherum mit der Nagelschneide des 
Zeigefingers in einem recht ruhigen Räume 
beklopft. Ein mehr oder weniger dumpfer 
Klang verrät bei einiger Übung leicht 
die Sprünge oder Knickstellen und läßt 
das betr. Ei als „Knickei" erkennen. 
Darauf werden die so ermittelten Knick- 
eier eröffnet und der Eiinhalt geprüft. 
Die hiemach als gut befundenen Knick- 
eier sind zwar für Bratzwecke verwend- 
bar, könnten aber nur in einem Topf oder 
dergleichen eingeschlagen als sogenannte 
„Einschlageier" verkauft werden. Sie 
eignen sich deshalb nicht zur Ver- 
steigerung. Abgesehen davon, daß im 
allgemeinen der auktionsweise Verkauf 
von Möven- und Kiebitzeiern in Form 
von „Einschlageiern" nicht üblich ist, 
wäre dieser im übrigen auch mit Rücksicht 
auf die gegebenenfalls zu geringe Stück- 
zahl der in jedem beschlagnahmten Einzel- 
posten vorhandenen Knickeier praktisch 
undurchführbar. 

Aus diesen Gründen sind bis auf 
weiteres von beschlagnahmten Möven- 
und Kiebitzeiern nicht nur die Brucheier 
und die ausgeschwemmten verdorbenen 
Eier, sondern auch die ausgeschwemmten 
Knickeier zu verwerfen. 

Die in vorstehender Weise ausgeführte 
Untersuchung von über 100 Möveneiern, 
die ich zur Prüfung erhalten habe, ergab 
folgenden Befund: Brucheier habe ich 
nicht vorgefunden. Bei der Schwemm- 
probe wurden 30 Eier „ausgeschwemmt". 
Von diesen erwiesen sich bei der Klang- 
probe etwa die Hafte als Knickeier, die 



übrigen mithin anscheinend als verdorben. 
Bei der Eröffnung zeigten sich letztere 
zum größten Teil angebrütet und gleich- 
zeitig „rotfaul" oder „schwarzfaul", teils 
nur angebrütet. Von den eingeschlagenen 
Knickeiern waren drei Stück „rotfaul", 
der Rest an und für sich für Bratzwecke 
geeignet. 

Auf Grund dieses Befundes wurden 
sämtliche ausgeschwemmten Möveneier 
als „untauglich zum menschlichen Genuß" 
oder „nicht verkaufsfahig" verworfen. 

Um festzustellen, ob vielleicht die zur 
Bestimmung des spezifischen Gewichts 
von Hühnereiern verwendeten Kochsalz- 
lösungen dem gewöhnlichen Wasser vor- 
zuziehen sind, und ferner, ob die un- 
verdorbenen Knickeier möglicherweise 
schon ohne Eröffnung ermittelt werden 
können, wurden zahlreiche Möven- 
und Kiebitzeier vergleichsweise in 
reinem Wasser sowie in 2proz., Sproz., 
öproz., 6proz., Sproz., lOproz. und 
12 proz. Kochsalzlösung geschwemmt. 
Darauf eröffnete ich jedes ausge- 
schwemmte Ei und prüfte so die Befunde 
der Schwemmprobe nach. Hierbei zeigte 
es sich; daß die Schwemmprobe 
in gewöhnlichem Wasser die ein- 
deutigsten Ergebnisse ergab, und 
daß die Beurteilung der Eier mit der 
gesteigerten Konzentration der Kochsalz- 
lösung immer unsicherer und zweideutiger 
wurde, so daß häufig selbst gute, nicht 
angeknickte Eier in Kochsalzlösungen 
von über 6 Proz. fälschlich als verdorben 
oder als Knickeier ausgeschwemmt wurden. 
Demzufolge ist die Verwendung von 
Kochsalzlösungen an Stelle des reinen 
Wassers nicht zu empfehlen. Die 
Schwemmprobe in gewöhnlichem Wasser 
muß vielmehr bis auf weiteres als das 
einfachste und verhältnismäßig beste 
Mittel zur Untersuchung von Eiern mit 
farbiger Schale (Möven-, Kiebitzeiern usw.) 
auf Genußtauglichkeit bezeichnet werden. 
Möven- und Kiebitzeier dürfen bekanntlich 
nach der Jagdordnung vom 15. Juli 1907 



- 184 — 



(Preuß. Gesetzformular Nr. 31, S. 207 ff.) 
nur bis zum 30. April einschl. einge- 
sammelt werden. Diese Frist kann durch 
Beschluß des Bezirksausschusses fär 
Kiebitzeier bis zum 10. April einschl. 
verkürzt, fär Möveneier bis zum 15. Juni 
einschl. verlängert werden. Dagegen ist 
der Vertrieb von Eiern der übrigen jagd- 
baren sowie der unter das Vogelschutz- 
gesetz fallenden Vögel für Nahrungs- 
mittelzwecke verboten und lediglicli unter 
gewissen Einschränkungen für Brut- und 
wissenschaftliche oder Lehrzwecke erlaubt. 
Außer Kiebitz- und Möveneiem werden 
häufiger auch noch Kräheneier und 



seltener die Eier des Bläßhuhns (Fulica 
atra L.) und des grünfußigen Teichhuhus 
(Gallinula chloropus L.) auf dem Markte 
angetroffen, die weder den Beschränkungen 
der Jagdordnung noch dem Vogelschutz- 
gesetz unterliegen. Der Marktpolizei- 
tierarzt muß daher in der Lage sein, die 
Eier der erwähnten Vogelailen von den 
mehr oder weniger ähnlichen Eiern der 
übrigen jagdbaren Vögel und der unter 
das Vogelschutzgesetz fallenden Arten 
zu unterscheiden. Hierauf werde ich 
später in einer besonderen Abhandlung 
näher eingehen. 



Referate. 



C. Fraenkel, Über die Wirkung der 

Tuberkelbazillen von der anverletzten 

Haut ans. 

'(Hygienische Rundfichan 1907, Nr. 15. 

Von 22 Meerschweinchen, denen auf die 
rasierte Bauchhaut eine geringe Menge 
Tuberkelbazillenkultur eiDgerieben wurde, 
erkrankten 21 an Tuberkulose der inneren 
Organe. Bei dem einen gesund gebliebenen 
Tier war eine hochgradig abgeschwächte 
Kultur benutzt worden. Die betreifenden 
Hautstellen zeigten in keinem einzigen 
Falle Veränderungen. BroU. 

Joest, Untersachangeu zur Frage des 

Yorkommens latenter Taberkelbazillen 

in den Lymplidrflsen des Kindes nnd 

Schweines. 

(^Verhandlungen der Naturforschcrveriammlung in Dresden.) 

In den letzten Jahren ist die Frage, 
ob in unverändert oder jedenfalls makro- 
skopisch nicht tuberkulös erscheinenden 
Lymphdrüsen lebende, virulente Tuberkel- 
bazillen vorkommen (wir sprechen in 
solchen Fällen von latenten Tuberkel- 
bazillen), mehrfach Gegenstand von Unter- 
suchungen gewesen. Für den Menschen 
— hier wurden in der Hauptsache Lymph- 
drüsen nichttuberkulöser Individuen ge- 
prüft — ist diese Frage von mehreren 
Forschern bejahend beantwortet worden. 
Die Frage des Vorkommens latenter Tuber- 



kelbazillen beim Rind ist bei Gelegen- 
I heit von Immunisierangs versuchen zur Er- 
örterung gelangt. Man fand bei Rindern, 
die einige Zeit nach der Immunisierung 
durch Impfung mit virulenten Rinder- 
tuberkelbazillen auf ihre Immunität geprüft 
worden waren, in den anscheinend un- 
veränderten Lymphdrüsen lebende Tuber- 
kuloseerreger. Nähere Untersuchungen 
für das Rind und andere Haustiere fehlen 
jedoch. Da Joe st die Frage nach der 
Latenz von Tuberkelbazillen in Lymph- 
drüsen im Hinblick auf die Fleischbeschau 
von Wichtigkeit erschien, untersuchte er 
vergrößerte, bei der Fleischbeschau in- 
dessen nicht tuberkulös befundene Lymph- 
drüsen generalisiert tuberkulöser Tiere. 
Es wurden insgesamt 141 solcher Lymph- 
drüsen geprüft (57 Lymphdrüsen vom Rind, 
82 Lymphdrüsen vom Schwein, 2 Lymph- 
drüsen von der Ziege), und zwar wurde 
einerseits im Meerschweinchenversuch fest- 
gestellt, ob sie Tuberkelbazillen enthielten, 
andererseits wurden sie auf das eingehendste 
makroskopisch und vor allen Dingen 
histologisch untersucht. In 27 Lymph- 
drüsen vom Rind und in 4 Lymphdrüsen 
vom Schwein (also in 31 Drüsen insgesamt) 
wurden im Tierversuch Tuberkelbazillen 
gefunden. In allen diesen Fällen ergab 
die histologische Untersuchung spezifische 



— 185 — 



tuberkulöse Veränderungen (Epitheloid- 
zelltuberkel mit Eiesenzellen) im Gewebe 
dieser Drusen. Die histologische Unter- 
suchung dieser Lymphdrüsen hat somit 
gezeigt, daß es sich hier nicht um 
latente Tuberkelbazillen handelte. 
Latente Tuberkelbazillen haben hier- 
nach in den Lymphdrüsen des Rindes 
undSchweines überhaupt nicht nach- 
gewiesen werden können. Wo der 
Tierversuch das Vorhandensein von 
Tuberkelbazillen anzeigte, ließen 
sich histologisch stets die spezifi- 
schen Veränderungen finden. — Auf 
die näheren pathologisch - anatomischen 
Einzelheiten, die der Vortragende noch 
erörterte, kann hier nicht näher einge- 
gangen werden. Die ausführliche Arbeit 
findet sich in der „Zeitschrift für Infektions- 
krankheiten usw. der Haustiere" sowie in 
den Verhandlungen der Deutschen Patholo- 
gischen Gesellschaft. 

Marks, L. H., Über einen für Fische 

pathogenen Bazillus (Bac. piscieidus 

haemolyticns.) 

(Zontralbl. f. Bakteriol. usw. 1907, Bd. 44., S. »70 — 974.) 

Als Ursache eines in einem Reservoir 
unter Schleien, Karpfen und Goldfischen 
auftretenden seuchenhaften Sterbens er- 
mittelte Verfasser ein bewegliches, kurzes, 
dickes, gramnegatives, durch eine deut- 
liche Kapsel ausgezeichnetes Stäbchen, 
das die Fähigkeit besitzt, Hämolysin und 
ein sehr virulentes lösliches Toxin zu 

bilden. Sfadie. 

Holle, Beitrag zu der Frage der Durch- 
g&ngigkeit der Magen- und Darm- | 
Schleimhaut fftr nicht pathogene Mikro- '. 
Organismen beim normalen und beim j 
durstenden Tiere. ! 

(Zontralbl. f. Bakt. uaw. 1907, Bd. 44, S. 325-332.) i 

Verfütterte Keime sind bei Kaninchen i 

und Meerschweinchen schon nach zehn i 

Minuten in den inneren Organen nach- i 

weisbar. Bei dürstenden Tieren erfolgt i 

ein viel reichlicherer Durchtritt von i 

Keimen durch die Schleimhaut. Als Weg ! 



dienen den Mikroben sowohl die Lymph- 
bahnen als auch die Pfortader, stadie. 

Lange, R., Über das Eindringen von 

Bakterien in das Hühnerei dnreh die 

Eischale. 

(Archiv f. Hyg. 1907, Bd. 62, 8. 201—215.) 

Coli-, Typhus-, Paratyphus B-Bazillen, 
der Bac. enteritidis Gärtneri und Bac. 
botulinus drangen bei denLange sehen Ver- 
suchen, bei denen die Eier bis zu zehn 
Tagen bei Bruttemperatur in Bouillon- 
kulturen der betr. Erreger lagen, durch 
die intakte Eischale bis ins Eigelb vor; 
diese Fähigkeit schien mit der Intensität 
der Eigenbewegung zu- und abzunehmen. 
Zum Abtöten der bis ins Eigelb ein- 
gewanderten Mikroorganismen genügte 
bei den genannten Arten, mit Ausnahme 
des Bac. botulinus, acht Minuten langes 
Kochen der Eier. Eier, die in flüssigen 
Reinkulturen des Bac. enteritidis oder 
botulinus gelegen hatten, enthielten im 
Eigelb Gifte, auch ohne daß der Nach- 
weis lebender Erreger gelang. Stadie. 

Saehs-Mfilce, Können lebende Dysenterie- 
bazillen dieEiwand des frischen Hühner- 
eies durchwachsen? 

(Archiv f. Hyg. 1907, Bd. 62, 8. 229-238) 

An der Außenfläche der unverletzten 
Eischale angetrocknete Euhrbazillen drin- 
gen nicht in das Eiinnere ein und gehen 
nach etwa acht Tagen zugrunde. Auch 
in Bouillonkulturen der genannten Mikroben 
gelegte Eier blieben bei intakter Schale 
keimfrei, während Knickeier hierbei leicht 
infiziert werden konnten. Die Erreger der 
Euhr wurden im Ei durch zwei Minuten 
langes Kochen abgetötet. Auch eine künst- 
liche Infektion unverletzter Eier mit 
Schimmelpilzen gelang nicht. siadie. 

Arends, E„ Zur Milchhygiene. 

(Deutsche Vierteljahraschr. f. öff. Gesundheitspfl., 38. Bd.^ 
4. Heft, S. 734.) 

Verfasser, der als Badearzt auf der 
Nordseeinsel Juist amtiert, verbreitet sich 
in längerer Ausführung im wesentlichen 
an der Hand der Literatur über Ernährung, 



186 — 



Haltung und Züchtung des Milchviehs unter 
besonderer Berücksichtigung der Wirt- 
schaftsweise und des Milchviehschlages in 
Ostftiesland und auf Juist und fordert 
zum Schlüsse alle, die durch ihren Beruf 
hierzu berufen sind, Hygieniker, Ärzte, 
Tierärzte, Apotheker, Chemiker u. a., auf, 
die Sache der Milchhygiene zu fördern 
und das Volk über das Wesen, die Be- 
deutung und den Wert der Milch auf- 
zuklären. Er erinnert hierbei daran, 
daß nach Mohr (1903) der Wert der 
Milchproduktion im Deutschen Reich 
- 1625 Mill. M*), der der Eindfleisch- 
produktion dagegen nur = 832 Mill. M 
und der der Schweinefleischproduktion nur 
= 1192 Mill. M ist. 

Porcher^ La Question du Lait. 

(Journal de M^d. V6t. 1907, 8 1-24.) 

Wie in anderen Ländern wird die 
Bedeutung der Milchhygiene jetzt auch 
in Frankreich immer mehr gewürdigt. 
Staat, Provinz, Gemeinde, medizinische, 
tierärztliche, landwirtschaftliche und 
andere Gesellschaften bemühen sich um 
ihre Förderung. Deshalb ist für die 
Tierärzte die Zeit gekommen, ihr Spezial- 
wissen zur Erlangung des ihnen ge- 
bührenden Hauptanteils an der Kontrolle 
des Milchhandels zu verwerten. Man kann 
drei Perioden in den Methoden der Milch- 
untersuchung unterscheiden: 

1) Die durch die Sinne (Aussehen, 
Geruch, Geschmack), 

2) die chemische, 

3) die bakteriologische. 

Wenn die Sinne auch durch lange 
Übung in der Beurteilung der Milch sehr 
geschärft werden, ist diese Art der Unter- 
suchung doch ganz unzureichend. Auch 
die Chemie genfigt zur Beurteilung der 
Milch bei weitem nicht. Denn viel 
wichtiger als der Nachweis chemischer 
Mängel sind der Gehalt an pathologischen 
Keimen und der Gesundheitszustand 
der Milchtiere, ihre Pflege und Er- 

2 Vgl. auch die Notiz über den Jahreswert 
ilchproduktion S. 202. 



nährung, die Beschaffenheit der Ställe 
und die Überwachung von Transport und 
Verkauf. Hier ist der Tierarzt der einzig 
geeignete Sachverständige, zumal da seine 
Kenntnisse zur Erledigung der not- 
wendigen und nützlichen chemischen 
Untersuchungen vollkommen ausreichen. 
Denn langwierige chemische Unter- 
suchungen kommen bei dem schnellen 
Verbrauch der Milch für den Konsumenten 
zu spät. Bis jetzt ist in der Milchkontrolle 
in Frankreich nur wenig und Stückwerk 
geschehen. Sache der Tierärzte ist es 
jetzt, das Publikum in dieser Frage an- 
zuregen und ihre Stellung gegenüber 
Chemikern, Medizinern und Apothekern 
zu wahren. Um den Tierärzten das not- 
wendige Rüstzeug in diesem Kampfe zu 
liefern, ist es vor allem notwendig, der 
Milchhygiene den gebührenden Platz im 
tierärztlichen Unterricht zu geben, wie 
Verf. es in Deutschland sah, und wie es 
jetzt an der Lyoner Schule geschehen ist. 

Bcsow. 

Beisz, F., Eingefrorene Milch, eine Oe- 
falir für die Hilchhandlnngen. 

(Molkerei-Zeitung Hildesheim 1907, Nr. 31 ) 

R. macht darauf aufmerksam, daß teil- 
weise gefrorene und wieder aufgetaute Milch 
mit in doloser Absicht gewässerter Milch 
verwechselt werden kann, wenn die ge- 
frorenen Anteile nach dem Auftauen nicht 
mit dem Rest, der flüssig geblieben war, 
wieder vermischt, sondern för sich ver- 
wertet werden. Siadie. 

Hayge, C, Über bittere Milch. 

(Revue generale du lait 5. Jahrgang^ Nr. 80.) 

In einer bedeutenden Milchfabrik 
nahmen die gewonnenen Produkte einige 
Tage nach der Sterilisation einen derartig 
bitteren Geschmack an, daß sie nicht 
mehr zu verwerten waren. Verfasser fand 
in den ihm zur Untersuchung gesandten 
Proben in beträchtlicher Menge stäbchen- 
förmige Organismen von mittlerem Durch- 
messer und wechselnder Länge, teils ein- 
zeln, teils in scharf geknickten Ketten, 



— 187 — 



die aus zwei oder drei Gliedern bestanden. 
Die Vernichtung dieses Bakteriums wurde 
folgendermaßen herbeigeführt: Die ge- 
samte Milch wurde 5 Minuten lang auf 
1050 und der Rahm dreimal während der- 
selben Zeitdauer mit je 24 Stunden 
Pause auf 90^ C erhitzt. Auf diese Weise 
verschwand die bittere Milch aus der 
oben genannten Fabrik. Simon. 

Reitz, i., Bakteriologische Butterunter- 
sachQDgen. 

(Zontralbl. f. Bakt. II. Abt. 16. Bd. Nr. 7/9) 

Ders., Bakteriologische Uutersochungen 

mit der Stuttgarter Markt- und Handels- 

bntter. 

(Arch. f. Hyg. Bd. 57.) 

ß hat im ganzen 94 Butterproben 
aus 90 verschiedenen Bezugsquellen und 
8S verschiedenen Molkereien durch Ver- 
impfung an Meerschweinchen auf das 
Vorhandensein von Tuberkelbazillen ge- 
prüft und in 8 (= 8,5 %) solche gefunden. 
Neben der intraperitonealen Einspritzung 
kam auch die von Ostertag empfohlene 
intramuskuläre Injektion 1,5 ccm fett- 
freien, durch Zentrifugieren gewonnenen 
Bodensatzes zur Anwendung. E. sagt, 
die intramuskuläre Impfung habe 
sich bewährt und sei wohl geeignet, 
die seither angewandte intraperito- 
ne-ale Injektion zu ersetzen. 

Klein, Sehweinefutternngsversnch mit 
verschiedenen Mengen Magermilch unter 
Verwendung der gleichen Futtermittel 

(Milchwirtacb. Zentralblatt 1907, 8. 137 119.) 

21 Wochen hindurch wurden 4 Paar 
junge Schweine mit Gerste, Kartoffel- 
pulpe oder Kartoffelflocken gefüttert, ein 
Paar davon außerdem mit Fischmehl, und | 
zwar in einer Zusammensetzung, daß | 
Trocken- und Eiweißgehalt sowie der 
Stärkewert dieses Futters bei allen 
4 Paaren ein gleicher war. Dazu er- 
hielten die Tiere verschiedene Mengen 
Magermilch, und zwar Paar 1 und 4 
(letzteres bekam das Fischmehl) im ganzen 
815 kg, Paar 2 1050 kg und Paar 3 
1284,5 kg. Die erzielten Lebendgewicht- 



zunahmen, die Schlachtgewichte und das 
Verhältnis zwischen beiden wiesen keine 
wesentlichen Differenzen auf. Auch ließen 
Wassergehalt, Schmelztemperatur und 
Refraktometerzahl des Fettes keine er- 
heblichen Unterschiede erkennen. Der 
Geschmack des gekochten, gebratenen 
und gepökelten Fleisches war bei allen, 
auch bei den mit Fischmehl gefütterten, 
ein gleich guter. Resoir. 

Polenske, Ed., Über den Wassergehalt 
im Schweineschmalz. 

(Arb. a. d. Kair GesandhelUamt 26. Bd., 1907, S. 505-511.) 

Der Wassergehalt im Schweineschmalz 
beträgt im allgemeinen weniger als 1 Proz. 
Ein absichtlicher Wasserzusatz dürfte 
höchstens in vereinzelten Fällen erfolgen, 
um einer mißfarbigen Ware durch Emul- 
gierung mit Wasser eine weißere Farbe 
zu verleihen. Die Wasserbestimmung 
nach der in der Anweisung zur chemischen 
Untersuchung von Fetten und Käsen 
gegebenen Vorschrift ist ziemlich um- 
ständlich. Das Polenskesche Ver- 
fahren gestaltet sich folgendermaßen: Ein 
9 cm langes, stark wandiges Reagiergläschen 
von 18 ccm Inhalt wird bis zur Höhe von 
5,5 ccm mit der halbflüssigen Schmalz- 
probe beschickt und mit einem Kautschuk- 
stopfen, der ein in die Fettprobe ein- 
tauchendes Thermometer trägt, ver- 
schlossen. Hierauf wird es auf 50—52 o 
erwärmt. War das Fett bei dieser 
Temperatur klar, und tiitt auch keine 
Trübung nach der durch Schütteln be- 
wirkten Abkühlung auf 40 Grad ein, so 
beträgt der Wassergehalt des Schmalzes 
nicht mehr als 0,15 Proz., andernfalls 
0,15— 0,2 Proz. War das auf 50-52 Grad 
erwärmte Fett trübe, verschwindet die 
Trübung aber bei allmählichem Erhitzen 
auf 95 Grad vollständig, so beträgt die 
Wassermenge 0,2 bis 0,45 Proz.; ver- 
schwindet die Trübung hierbei nicht, so 
rührt dies davon her, daß entweder der 
Wassergehalt mehr als 0,45 Proz. beträgt, 
oder daß im Fett Eeste fein verteilter 
anderweitiger Stoffe enthalten sind. Der 



— 188 — 



Wassergehalt muß dann eventuell nach 
dem Trockenverfahren bei 100 Grad unter 
Luftabschluß bestimmt werden, örabert. 

HaSy Über desinfizierende Wandan- 

strif he mit besonderer Berfieksiehtigang 

des Titralin. 

(ZeiUcbr. f. Hygiene n. Infektionskrankheiten 1907, 3. Heft.) 

Zu seinen Versuchen benutzte Ver- 
fasser diePorzellanemaillefarbeVitralpetB 
und die Hochglanzfarbe Vitralin. Deren 
keimtötende Wirkung prüfte er am 
Bacillus prodigiosus, Staphylococcus pyo- 
genes aureus und an virulenten Tuberkel- 
bazillen. Die erste Versuchsreihe fand 
gleich nach der Oberflächeutrocknung 
statt, die zweite nach sieben Wochen, 
die dritte nach drei Monaten und die 
vierte nach einem Jahre. Im ersten Falle 
war der Bacillus prodigiosus schon vier 
Stunden nach dem Auftragen auf die 
beiden Wandanstriche abgetötet. Der 
Staphylococcus p.a. war nach sechs Stunden 
auf der Vitralinwand und nach neun 
Stunden auf der Vitralpetwand, die 
Tuberkelbazillen waren nach drei Tagen 
auf der ersteren, nach fünf Tagen auf der 
letzteren Wand abgestorben. Versuch II 
ergab, daß Bacillus prodigiosus auf der 
Vitralinwand nach vier, auf der Vitralpet- 
wand nach sechs Stunden abgetötet war. 
Staphylokokken waren auf der Vitralin- 
wand nach 16 Stunden und auf der 
Vitralpetwand nach 20 Stunden vernichtet. 

Im dritten Versuch war der Prodi- 
giosus auf der Vitralinwand nach zwölf, 
auf der Vitralpetwand nach 20 Stunden, 
die Staphylococcen auf der ersteren nach 
drei, auf der anderen Wand nach vier 
Tagen nicht mehr keimfähig. 

Prodigiosus war in der vierten Ver- 
suchsreihe nach drei Tagen auf der 
Vitralinwand und nach vier Tagen auf 
der Vitralpetwand abgetötet. Die Staphylo- 
kokken waren nach sechs Tagen auf der 
ersteren und nach sieben Tagen auf der 
letzten zugrunde gegangen. In jedem 
Falle hatte das Vitralin eine stärkere 
desinfizierende Wirkung gezeigt. 



(Auf Grund dieser Ergebnisse wäre 
das Vitralin zum Anstrich in Schlacht- 
höfen sehr zu empfehlen. D. Bef.) 

DrcUL 



Amtliches. 

— Allgemeine VerfBouRg dee MinitteriBms für 
Landwirtschaft, Demlnen und Fersten, Nr. 6 fOr 1908, 
vem 28. Januar 1908, betr. Invaiidenverslchenmge- 
pflicht der Fleiscbbeschauer. 

An die sämtlichen Herren Regierungspräsidenten 
und den Herrn Polizeipräsidenten hierselbst. 
In der Frage der Invalidenversichcrungs- 
pflicbt der Fleischbeschauer hat das Reichs- 
versicherungsamt den in Abschrift beigefügten 
Beschluß vom 5. November v. J. gefaßt, der zur 
Beachtung und weiteren Veranlassung mitgeteilt 
wird. 

Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und 
Forsten. 
Im Auftrage: gez. Küster. 
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und 
Medizinalangelegenheiten. 
Im Auftrage: gez. Förster. 
Abschrift zu Nr. I. A. IIL e. 1628 M f. L. 
M. 5357 M. d. g. A. 
Beschluß. 
In der Beschwerdesache des Vorstandes der 
Landesversicherungsanstalt N. wider die Ent- 
BcheiduDg des Königlichen Landrats in N. vom 
23. Juni 1905, betreffend die Versichernngspflicht 
des Fleischbeschauers N., hat das Reichsver- 
sicherungsamt auf Grund des § 155 Abs. 1 
Schlußsatz des Invalidenvcrsicherungsgesetzes 
beschlossen: 

Unter Aufhebung der vorbezeicbneten Ent- 
scheidung wird der Fieischbeschaucr N. für 
versichenmgspflichtig erklärt; die Gemeinde N. 
ist verpflichtet, für den Genannten Beiträge 
zur Invalidenversicherung zu entrichten. 
Gründe: 
Gegen die Entscheidung des Königlichen 
Landrats zu N. vom 23. Juni 1905, auf deren 
Inhalt Bezug genommen wird, hat der Vorstand 
der Landesvcrsicherungsanstalt N. rechtzeitig bei 
dem Königlichen Regierungspräsidenten zu N. 
Beschwerde erhoben und, da es sich um eine 
Frage von grundsätzlicher Bedeutung handle, 
beantragt, die Streitsache dem Reichsversiche- 
rungsamt zur Entscheidung zu überweisen. 
Diesem Antrag ist entsprochen worden. 
Die Beschwerde ist begründet. 
N. ist Fieischbeschaucr in der Gemeinde N., 
er ist als solcher durch den Landrat des Kreises N. 
bestellt und vereidigt worden; als Entschädigung 



— 1«9 — 



für dieso Tätigkeit erhält . er aus der Gemeinde- 
kasse jährlieb 1500 M. Die YorentscheidaBg 
verneint die Versichemngspfiicht, da N. nicht 
Angestellter der Gemeinde N. sei; erhalte er 
seine Belohnung auch ans der Gemeindekasse, 
so doch nicht von der Gemeinde. 

Die Bildung der Bescbaubezirke erfolgt in 
Städten mit mehr als 10000 Einwohnern sowie 
in den selbständigen Städten der Provinz Hannover 
durch die Ortspolizeibehörden, im übrigen durch 
die Landräte; denselben Behörden liegt die Be- 
stellung und die eidliche Verpflichtung der Be- 
schauer ob. Die Bestellung erfolgt unter Vor- 
behalt joderzeitigen Widerrufs; jedoch können 
tierärztliche Beschauer auf Kündigung oder für 
längere Dauer bestellt werden (§§ 1 bis 6 des 
Ministerialerlasses). Die Tätigkeit der Beschauer 
wird mehrfach als eine amtliche bezeichnet (§§1,9 
der Ansführungsbestimmungen des Bundesrats B, 
§§ 5 Satz 1, 24 Abs. 2, 55 Abs. 1 des Ministerial- 
erlasses). Für Preußen ist auch noch die amt- 
liche Untersuchung von Schweinen und Wild- 
schweinen auf Trichinen angeordnet worden 
(§ 1 des Gesetzes, betreffend die Ausführung des 
Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetzes, vom 
28. Juni 1902). 

Die Kosten der Schlachtvieh- und Fleisch- 
beschau, abgesehen von den Kosten der Unter- 
suchung in öffentlichen Schlachthäusern und der 
sonst durch Gemeindebeschluß angeordneten 
Untersuchungen, die der Schlachthausgemeinde 
zur Last fallen, gelten als Kosten der örtlichen 
Polizeiverwaltung (§ 14 des preußischen Aus- 
führungsgesetzes). Zu diesen Kosten gehören 
nach der angeführten Bestimmung und nach 
§60 ff. des Hinisterialerlasses vom 20. März 1903 
die Belohnung der Beschauer, die Kosten der 
Kennzeichnung des Fleisches, die Kosten der 
Trichinenschau, die den Beschauem etwa zu 
zahlenden Wege Vergütungen, sowie die Kosten 
der Ergänzungsbeschau. Zu ihrer Deckung können 
von den Besitzern der Schlachttiere und des 
Fleisches Gebühren erhoben werden, die so zu 
bemessen sind, daß die gesamten Beschaukosten 
gedeckt werden. Die Entlohnung der Fleisch- 
beschauer und Trichinenbeschauer k«ann sowohl 
durch Bewilligung fester Gebälter als auch durch 
Gewährung von Vergütungen für die einzelnen 
Leistungen erfolgen. Die Einziehung der Ge- 
bühren kann entweder durch öffentliche Kassen 
geschehen oder den Beschauem überlassen werden. 
Die Festsetzung der Gebühren tarife ist den 
Landespolizeibehörden übertragen. Im vorliegen* 
den Falle ist hierzu der Königliche Regiorungs- 
präsidealr in N zuständig, der die für die Vor- 
nahme der Beschau und der Ergänzungsbeschau 
an den verschiedenen Tierarten zu zahlenden 



Gebühren festgesetzt und angeordnet hat, daß 
die Gebühren zu den Gemeindekassen zu ver- 
einnahmen und von diesen den Beschauem aus- 
zuzahlen sind (Verfügungen vom 8. März 1903 
und vom 22. Juni 1904); jedoch sollen die Land- 
räte darauf hinwirken, daß mit den Laienfleisch- 
beschauem, sofem sie aus der Beschau eine 
Einnahme von mehr als 1500 M. hatten, feste 
Jahresvergfltungen vereinbart werden, wobei ein 
Jahresgehalt von 1500 M. bei voller Beschäftigung 
als angemessene Vergütung gelten soll (Verfügung 
vom 25. November 1903). Daraufhin hat der 
Landrat des Kreises N die Gemeindebehörden 
angewiesen, den Laienfleischbeschauem zu er- 
öffnen, daß ihnen vom 1. Januar 1904 ab eine 
höhere Entschädigung als monatlich 125 M. nicht 
mehr ausgezahlt werde. 

Die gesamte Tätigkeit der Beschauer unter- 
liegt nach § 48 der Ausführungsbestimmungen 
des Bundesrats A, §§ 75 bis 78 des preußischen 
Ministerialerlasses vom 20. März 1903 einer fach- 
männischen Kontrolle. Eine allgemeine Dienst- 
aufsicht ist nicht angeordnet worden. 

Das Keichsversichernngsamt hat früher mehr- 
fach die nicht in Schlachthäusem tätigen Fleisch- 
beschauer als selbständige Gewerbetreibende 
angesehen, indem es davon ausging, daß Fleisch- 
beschauer mit Rücksicht auf § 36 der Reichs- 
geweibeordnung in der Regel als Untemehmer 
zu erachten seien, und daß die für die Aus- 
übung ihrer Tätigkeit maßgebenden Polizei- 
vorschriften nicht geeignet seien, sie als Hilfs- 
personen der Polizeibehörden erscheinen zu lassen 
(zu vergleichen die Revisionsentscheidungen 128 
und 607, Amtliche Nachrichten des R. V. A. J. 
und A. V. 1892 Seite 37, 1897 Seite 471). Dieser 
Standpunkt hat mit Rücksicht auf die neuerliche 
Gesetzgebung insofem verlassen werden müssen, 
als Fleischbeschauer, die in Württemberg als 
Einzelbeamte tätig waren, alsG^meindeangestellto 
behandelt werden mußten (zu vergleichen Ent- 
scheidung 1207, a. a. 0. 1905 S. 438). Es trifft 
auch im vorliegenden Fall nicht mehr zu. 

Nach § 1 des Reichsgesetzes, betreffend die 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 
unterliegen Rindvieh, Schweine, Schafe, Ziegen, 
Pferde und Hunde, deren Fleisch zum Genüsse 
für Mensehen vorwendet werden soll, einer amt- 
lichen Untersuchung. Diese nimmt der Beschauer 
vor; er entscheidet, ob das Tier geschlachtet 
werden darf, und nach der Schlachtung, ob das 
Fleisch zum Genüsse für Menschen tauglich ist 
(§§ 7 bis 10 a. a. C). Die Entscheidung ist in ge- 
wissen Fällen dem tierärztlichen Beschauer vor- 
. behalten (Ausführungsbestimmungen des Bundes- 
rats A §§11, 30, 31). Gegen die Entscheidungen 
des Beschauers •— mit alleiniger Ausnahme der 



— 190 



Erklämng, daß der nicht als Tierarzt approbierte 
Beschauer zur selbständigen Beurteilung des 
Schlachttieres nicht zuständig sei — findet die 
Beschwerde statt (§ 46 der Ausführungsbe- 
stimmungen A des Bundesrats, § 68 des preußi- 
schen Ministerialerlasses vom 20. März 1903), 
über die die Ortspolizeibehörde beziehungsweise 
die nach § 69 des Ministerialerlasses zuständige 
Behörde zu entscheiden hat. 

Den Beschauem können die polizeilichen 
Befugnisse insoweit übertragen werden, als es 
sich nur um die unschädliche Beseitigung 
einzelner Organe oder geringwertiger Fleischteile 
handelt, und der Besitzer mit dieser Beseitigung 
einverstanden ist (§ 67 Abs. 3 des Ministerial- 
erlasses). 

Das Reichsgesetz, betreffend die Schlacht- 
vieh- und Fleischbeschau, bezeichnet die Unter- 
suchung der Schlachttiere und des Fleisches als 
eine amtliche; ebenso das preußische Ausführungs- 
gesetz die Untersuchung der Schweine und Wild- 
schweine auf Trichinen. In den vom Bundesrat 
erlassenen Ausführungsbestimmungen sowie im 
preußischen Ministerialerlasse vom 20. März 1903 
wird die Tätigkeit der Fleischbeschauer als eine 
amtliche anerkannt. Eine amtliche Untersuchung 
im Sinne der angeführten Vorschriften ist nur 
eine solche, die durch einen amtlich bestellten 
Fleischbeschauer in seinem Bezirke vorgenommen 
wird; nur durch eine solche Untersuchung wird 
den gesetzlichen Anforderungen genügt; ins- 
besondere befreit nur die Untersuchung durch 
einen approbierten Tierarzt, der zugleich von 
der zuständigen Behörde zum amtlichen Fleisch- 
beschauer bestellt ist und in dieser seiner amt- 
lichen Eigenschaft die Untersuchung vor- 
genommen hat, gemäß § 5 des preußischen Aus- 
führungsgesetzes von der Nachuntersuchung in 
Gemeinden mit Schlachthauszwang (zu ver- 
gleichen stenographische Berichte über die Ver- 
handlungen des preußischen Herrenhauses, 
Session 1902, S. 425). 

Auf Grund seiner Untersuchung gibt der 
Fleischbeschauer Erklärungen ab, die als Ent- 
scheidungen erscheinen: er genehmigt die 
Schlachtung, erklärt das Fleisch zum Genüsse 
für Menschen ftir tauglich oder bedingt tauglich 
oder untauglich; in den beiden letzteren Fällen 
beschlagnahmt er es vorläufig. Gegen seine 
Entscheidungen findet eine Beschwerde statt, 
die ausdrücklich als ein Rechtsmittel be- 
zeichnet wird. 

Hiemach erscheint die Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau als eine amtliche Angelegenheit. 
Die dabei ausgeübte Tätigkeit ist eine polizei* 
liehe ; im Hinblick auf ihre ortspolizeiliche Natur 
sind die Kosten der Schlachtvieh- und Fleisch- 



beschau für das Königreick Preußen als Kosten 
der Örtlichen Polizeiverwaltung erklärt und den 
Trägem der örtlichen Polizeikostenlast auferlegt 
worden (zu vergleichen die Begründung zum 
Entwurf eines Gesetzes, betreffend Ausführung 
des Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetzes, 
Dmcksachen des Hauses der Abgeordneten, 
19. Legislaturperiöde, IV. Session 1902, Nr. 232, 
S. 26). 

Hiernach ist in der neuerlichen Regelung 
des Beschauwesens, soweit das Königreich 
Preußen in Betracht kommt, der Fleischbeschaaer 
lediglich ein Glied des amtlichen Organismus. 

Da die Träger der Polizeikostenlast einer- 
seits die Kosten der Beschau tragen müssen, 
andererseits aber berechtigt sind, zur Deckung 
dieser Kosten von den Besitzern der Schlaoht- 
tiere und des Fleisches Gebühren zu erheben, 
so empfangen die Fleischbesjchauer auch ihre 
Entlohnung auf Kosten dieser Träger. Das ist 
ohne weiteres deutlich, wenn ihnen feste Ge- 
hälter ausgesetzt sind; die Sache liegt aber 
versichemngsrechtlich nicht anders, wenn ihnen 
die Erhebung der Gebühren übertragen ist, und 
sie aus den Gebühren ihre Entlohnung ent- 
nehmen dürfen (zu vergleichen Ziffer 16 der An- 
leitung, betreffend den Kreis der nach dem In- 
validenversicherungsgesetze vom 13. Juli 1899 
versicherten Personen, vom 6. Dezember 1905 
— Amtliche Nachrichten des R. V. A. 1905, 
S. 613ff — , Entscheidung 1300 — a. a. 0. 1907, 
S. 415). Da also den Fleischbeschauern ihre 
Vergütung für Rechnung der Träger der 
Örtlichen Polizeiverwaltung gezahlt wird, 
so sind diese im Sinne des Invaliden- 
versicherungsgesetzes als Arbeitgeber anzusehen 
(zu vergleichen die Begründung zum Entwurf 
eines Gesetzes, betreffend die Invaliditäts- und 
Altersversicherung — Dmcksachen des Reichs- 
tags, 7. Legislaturperiode, IV. Session 1888/89, 
Nr. 10, Seite 42 — und z. B. die Entscheidungen 
849, 1152 — Amtliche Nachrichten des R. V. A. 
1900, S. 831, 1904, S. 508). Hiernach ist die 
Gemeinde N Arbeitgeberin des Fleischbeschauers 
N. Dagegen scheint allerdings der Umstand zu 
i sprechen, daß er nicht von der Gemeinde- 
verwaltung angestellt, sondem vom Landrate 
„bestellt^ und vereidigt worden ist; indessen 
muß im Hinblick auf die sich häufig findende 
Erscheinung, daß Kommunalbeamte nicht von 
dem Kommunalverbande, in dessen Dienst sie 
treten, sondem von einer anderen amtlichen 
Stelle mit verbindlicher Kraft für den Kommunal- 
verband angestellt werden (zu vergleichen die 
Aufzählung bei von Rönne, Staatsrecht der 
preußischen Monarchie, 5. Auflage, Band 1, 
S. 433), angenommen werden, daß lediglich aus 



— 191 — 



ZweckmäßigkeitsgrOnden die Bestellung und 
eidliche Verpflichtung der Fleischbeschauer den 
Landräten übertragen worden ist, und daß 
dadurch das aus anderen Erwägungen sich 
ergebende Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem 
Träger der Polizeiverwaltung und dem Fleisch- 
beschauer nicht berührt wird. So ist auch 
lediglich aus Zweckmäfiigkeitsgründen die Fest- 
setzung der Gebahrentarife nicht den Trägem 
der Polizeikostenlast überlassen, sondern in die 
Hand der LandespolizeibehOrde gelegt worden 
(zu vergleichen Begründung zum Entwürfe des 
Ausführungsgesetzes S. 27). Ebensowenig kann 
entscheidend sein, daß den Trägem der Polizei- 
kostenlast gegenüber den Beschauem nicht das 
Recht einer allgemeinen Dienstaufsicht gegeben 
worden ist. 

Auch die für die Durchführung der Schlacht- 
vieh- und Fleischbeschau in Preußen zuständige 
Stelle, nämlich der Minister für Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten, erachtet N als in einem 
Anstellnngs Verhältnisse zur Gemeinde N stehend. 

Die Vorbildung und Tätigkeit des Laien- 
fleischbeschauers weist diesen dem Kreise der 
„sonstigen Angestellten" im Sinne des § 1 Ziffer 2 
des Invalidenversicherungsgesetzes zu (zu ver- 
gleichen Entscheidung 1207, Amtliche Nachrichten 
des R.V.A. 1905 S. 438). Danach ist N — 
da er nicht als Beamter mit Pensionsanwartschaft 
angestellt ist und mithin der Befreiungsgrand 
des § 5 Abs. 1 des Invalidenversicherangsgesetzes 
nicht zutrifft — versicherangspflichtig, wenn 



seine Tätigkeit als Fleischbeschauer seinen 
Hauptberuf bildet, und sein Gehalt den Betrag 
von 2000 M. nicht übersteigt. 

Er übt außer der Fleischbeschau nur noch 
die Trichinenschau aus; aus der Fleischbeschau 
hat er eine jährliche Einnahme von 1500 M. 
und aus der Trichinenschau eine solche, von 
350 M.; er besitzt ein Haus im Werte von 4500 M.; 
sonstige Einnahmen hat er nicht Die Trichinen- 
schau übt er nur in den Wintermonaten Oktober 
bis April aus, sie erfordert täglich durchschnittlich 
8 Stunden, die Fleischbeschau und die Trichinen- 
schau zusammen erfordern täglich durchschnittlich 
6 Stunden. Hiemach bildet die Fleischbeschau 
den Hauptberaf des N; dabei kann dahingestellt 
bleiben, ob auch die Trichinenschau ihn als 
sonstigen Angestellten erscheinen iJlßt und dem- 
nach für die Frage nach dem Hauptberufe mit 
der Fleischbeschau zusammen zu betrachten ist 
(zu vergleichen Entscheidung 970, Amtliche 
Nachrichten des R. V. A. 1902 S. 394) oder 
nicht. Denn einmal erscheint die Fleischbeschau, 
auch wenn die Tätigkeit als Trichinenschauer 
gesondert zu betrachten ist, als Hauptberuf des 
N, andererseits übersteigt sein Jahresarbeits- 
verdienst in keinem Falle den Betrag von 
2000 M. Er ist hiernach in jedem Falle als 
„sonstiger Angestellter^ versicherungspflichtig. 

Berlin, den 5. November 1907. 

Das Reichs- Versicherangsarat, 
Abteilung für Invalidenversicherung, 
gez. Dr. Kaufmann. ' 



Statistische Berichte. 

— Deuiscbe« Reich. Vorlftuflge Ergebnisse der Schlachtvieh- und Fleischbeschau fQr dal Jahr 1906. 

Zusammengestellt im Kaiserlichen Gesundheitsamte. (Besondere Beilage zu den VerüfiFcntlichungen 
des Kaiserlichen Gesundheitsamts 1908, Nr. 7.) 

I. Schlachtvieh- und Fleischbeschau bei Schlachtungen Im Inlands. 
Beschaute Sehlachttiere. 
Gesamtzahl der Schlachtungen. . 



Reich 



Staaten 

und 

Landeste il e 



Pferde 



Rindvieh : 



I 



und 






andere i 
Ein. 1 Ochsen 


Bullen 


hufer 




. 1 


2 


J~ 



Kühe 



Jung- 
rinder 
über 
I 3Mo- 
, nate 
I alt 



zu- 
sammen 

(Sp. 2-5) 



I 



Kälber 

bis 

3 Monate 

alt 



'Schweine 



•Schafe 



Ziegen 



10 



Dentsches Reich 



1. Preußen 



1906 
1905 
1906 
1905 



147 424 

147 737 

95 996 

97 494 



613 62i;438 581 1 631 0551 926 412 3 609 669, 4 217 348ll3 365 082 



594 253|466 032,1 659 367: 942 440 3 662 092 
314 762285 877, 982 305 445 797 2 028 741 
307 148 292 046|l 012 311 [ 453 309|2 064 814 



4 394 078,13 569 392 



2 283 605 
2435 968 



2 154 5831 7 993 444 1 556 846 
2 279 106, 8 027 999,1 637 506 



449 547 
435 070 
168 581 
157 924 



») Außerdem 6506 (6251) Hunde. 



— 192 — 







Herde 


Rindvieh: 








Reich 
















Staaten 
und 


und 

andere 

Ein- 


Ochsen 


Bullen 


Kühe 


Jung. 

rinder 

über 

8 Mo- 


zu- 
sammen 


Kälber 

bis 
3 Monate 


Schweine 


Schafe 


Ziegen 


Landeste 


ile 


hufer 








nate 
alt 


(8p. 2-6) 


alt 










1 


2 


3 


4 


ö 


6 


7 


8 


9 


10 


2. Bayern . . 


1906 
1905 


12 714 
12 598 


121856 
117 804 


47 482 
53449 


191 392 
189845 


151359 
157 929 


512089 
519027 


729208 
744166 


1474308 
1521487 


148482 
169 ö57 


94477 
94862 


8. Sachsen . . 


1906 
1905 


12 930 
12 689 


86 784 
39434 


36 972 
40213 


141 074 
144126 


18 495 
14160 


233 325 
237 933 


404372 
414538 


1112 599 
1118 505 


205068 
212 784 


74153 
68876 


4. Württem- 
berg . . . 


1906 
1905 


1529 
846 


18 973 
17 272 


13682 
24391 


47 624 
45 300 


91331 
87174 


171 610 
174 137 


184713 
194356 


423 613 
443 281 


27 898 
31563 


19876 
19598 


5. Baden . . 


1906 
1905 


2097 
1916 


28 741 
26 387 


10208 
10002 


44080 
43 405 


80599 
88 557 


163 628 
163 351 


181 581 
179 759 


384 378 
416 242 


23341 
23 672 


21204 
22449 


6. Hessen . . 


1906 
1905 


1827 
1912 


20115 
20175 


2 297 
2165 


36 638 
36427 


37 799 
39168 


96 849 

97 935 


73 562 
76306 


292 894 
317 952 


14193 
17610 


26907 
26775 


7. Mecklenb.- 
Schwerin 


1906 
1905 


1830 
1757 


653 

727 


5 651 

6 099 


17 703 
14506 


5223 
6295 


29230 
27 627 


73826 
78 917 


114353 
116521 


35 227 

39 777 


921 
789 


8. Sachsen- 
Weimar . . 


1906 
1905 


817 
749 


1731 
1722 


1148 
1079 


10 512 
10 776 


6011 
6 407 


19402 
19 984 


26 533 

27 963 


89119 
91177 


17174 

18777 


6739 
7351 


9. Mecklenb.- 
Strelitz . . 


1906 
1905 


387 
324 


139 
132 


295 
295 


1831 
1905 


519 
612 


2 784 
2 944 


9452 
9952 


17 846 
18396 


5422 
5 416 


114 
111 


10. Oldenburg . 


1906 
1905 


488 
605 


2 256 
1984 


941 
1391 


6488 
7930 


5066 
5023 


14 746 
16328 


16 356 

18 284 


78 778 
82 978 


8051 
12049 


440 
5i:i 


11. Braun- 
schweig . . 


1906 
1905 


484 
467 


1145 
1000 


8 742 
8 584 


5 510 
5800 


9673 
10 389 


26070 
25 773 


26 256 
28498 


245 772 

246 522 


25877 
28394 


430 
413 


12. Sachsen- 
Meiningen . 


1906 
1905 


414 
428 


1473 
1155 


665 
689 


6 556 
6 724 


5141 
5 585 


13835 
14153 


18457 
13817 


47 955 
52215 


8315 
9031 


2956 
2800 


18. Sachsen- 
Altenbnrg . 


1906 
1905 


310 
259 


250 
314 


1222 
1258 


8 550 
8612 


1819 
1841 


11841 
12025 


13828 
14225 


49 774 
53 680 


5367 
5 467 


3959 
4896 


14. Sachsen- 
Cob.-Gotha . 


1906 
1905 


475 
657 


1269 
1344 


568 
523 


7 868 
7 845 


4 291 
4 669 


13 996 

14 381 


14115 
14 902 


106 207 
105982 


14 777 

15 781 


9078 
9851 


15. Anhalt . . 


1906 
1905 


1667 
1746 


1306 
1315 


2 695 
2 682 


6150 
6 259 


2 396 
2 500 


12 547 
12 756 


14978 
16 074 


81758 
78 898 


14484 
15485 


918 
571 


16. Schwzb.- 
Sondersh. . 


1906 
1905 


25 
64 


185 
215 


284 
244 


3 859 
3 614 


1180 
2142 


5 458 

6 215 


6 473 
5 667 


39 918 
88307 


4030 
4233 


236 
200 


17. Schwzb.- 
Rudolstodt . 


1906 
1905 


73 
67 


305 
894 


202 
157 


2702 
2 814 


1855 
1778 


5064 
5143 


6055 
6155 


18454 
19319 


4907 
4287 


398 
479 


18. Waldeck. . 


1906 
1905 


1 
1 


304 

400 


240 
253 


986 
995 


1602 
1521 


3132 
3169 


5208 
5 328 


8039 

7 628 


1943 
1989 


354 
264 


19. Reufi a. L. . 


1906 
1905 


142 
141 


519 
527 


420 
403 


1997 
1990 


1050 
1012 


3 986 
3 932 


4358 
4 570 


19031 
19962 


4171 
4721 


2707 
3274 


20. Reuß j. L. . 


1906 
1905 


307 
846 


672 
742 


1130 
1074 


5 737 
5 565 


2 409 
2316 


9 948 
9 697 


8680 
9217 


49253 
38148 


7 955 
8173 


6057 
5768 


21. Schaumburg- 
Lippe . . . 


1906 
1905 


25 
30 


25 
16 


68 

88 


981 
1030 


175 
157 


1249 
1291 


1860 
1943 


4256 
4 521 


278 
312 


198 
216 


22. Lippe . . . 


1906 
1905 


165 
158 


85 
101 


1134 
1178 


2646 
2 818 


835 
1095 


4 700 
5192 


6 629 
7209 


21644 
21587 


1292 
1402 


669 
671 


23. Lübeck . . 


1906 
1905 


832 
927 


491 
376 


1094 
813 


8407 
6 608 


1146 
1598 


11138 
9 395 


14603 
14 710 


83461 
34197 


6298 
6511 


512 
454 


24. Bremen . . 


1906 
1905 


2 350 
2638 


6 749 
6 441 


5 379 
5305 


2 727 
8 201 


2417 

2 878 


17272 
17 825 


17 919 
20019 


90612 
92450 


3801 
17 912 


85 
86 


25. Hamburg . 


1906 
1905 


5 720 
5 632 


30 804 
26169 


5153 
5162 


6 793 
9328 


23155 
24 626 


65 905 
65 285 


57 867 
59835 


297 309 
306 042 


91132 
91610 


81 
88 


26. Elsaß- 
Lothringen . 


1906 
1905 


3 819 
3396 


22 029 
20959 


5082 
6 489 


79 944 
79 638 


25 069 
24 699 


132 124 
131780 


151962 
148 562 


270307 
295446 


46 776 
51699 


7667 
6304 



— 193 — 



Ordnungsmäfiige und Notschlacbtungen und Beurteilung des Fleisches. 



Tiergattungen 



Ord- 
nungs- 
mäßige 
Schlach- 
tungen 



Schlach- 
tungen, 
bei denen 
eine Be- 
schau der 
Tiere im 
lebenden 
Zustande 

nicht 
stattge- 
funden 
hat ; 



Für 
genuB- 
tauglich 
ohne 
Ein- 
schrän- 
kung 
erklärte 
Tier- 
kOrper *) 



Un- 
taugliche 
ganze 
Tier- 
kOrper 



Un- 
taugliche 
ganze 
Tier- 
kOrper, 
ausge- 
nommen 
Fett 



Bedingt 
tauglich 



Im Nah - 
rungs- 
und Ge- 
nußwert 
erheblich 
herab- 
gesetzt 



erklärte Tierkörper 
und Fleischviertel 



kamen auf je 100 geschlachtete und beschaute Tiere 



1 

Pferde und andere / 1906 
Einhufer. . . . \ IBa^ 

Ochsen jj^ 

B«We^ [S 

^^^^ { 1905 

JungrinderüberSMo- f 1906 
nate alt .... 1 1905 

1905 

Kälber bis 3 Monate f 1906 
alt 1 1905 

(1906 
1905 

Schafe { jQ(j5 

Z'egeu jj^ 



3 



96,28 
96,99 

99,86 
99,32 

99,54 
99,48 

96,79 
96,60 

98,78 
98,78 

98,07 
97,97 

99,31 
99,35 

99,47 
99,54 

99,70 
99,75 

99,23 
99,05 



3,72 
3,01 

0,64 
0,68 

0,46 
0,52 

3,21 
3,40 

1,22 
1,22 

1,93 
2,03 

0,69 
0,65 

0,53 
0,46 

0,30 
0,25 

0,77 
0,95 



98,87 
98,98 

98,26 
98,15 

98,63 
98,61 

93,02 
93,61 

98,19 
98,25 

96,37 
96,18 

99,17 
99,19 

99,24 
99,24 

99,68 
99,72 

99,42 
99,41 



1,13 
1,02 

0,23 
0,28 

0,14 
0,16 

1,51 
1,77 

0,38 
0,39 

0,84 
0,97 

0,31 
0,33 

0,11 
0,12 

0,10 
0,09 

0,26 

0,27 



0,01 
0,01 

0,02 
0,01 

0,08 
0,10 

0,08 
0,03 

0,05 
0,05 

0,002 
0,003 

0,02 
0,03 

0,001 
0,001 

0,002 
0,002 



0,34 
0,36 

0,40 
0,88 

0,47 
0,49 

0,29 
0,28 

0,39 
0,40 

0,08 
0,03 

0,29 
0,26 

0,01 
0,01 

0,01 
0,01 



1,16 
1,20 

0,81 
0,84 

8,92 
4,03 

i,n 

1,05 

2,35 
2,40 

0,49 
0,45 

0,34 
0,35 

0,20 
0,18 

0,31 
0,81 



*) Einschließlich derjenigen genußtauglichen Tierkörper, von denen einzelne veränderte 
Teile unschädlich beseitigt worden sind. 

Beanstandungen veränderter Teile. 



Bezeichnung 

der 

veränderten Teile 


Gesara 


tttbersicht Aber die unschädlich beseitigten 
Körperteile von 


Pferden 


Rindern 
über 

3 Mon 


Kälbern 
bis 

Ate alt 


Schweinen 


Schafen 


Ziegen 


1 


2 


3 


4 


5 


6 


7 



Köpfe 

Zungen 

Lungen 

Lebern 

Därme 

Sonstige einzelne Organe 
Sämtliche Baucheingeweide 



Teile des Muskelilcisches 



Stückzahl 



290 I 9194 i 

67 1 7182 I 

6810 I 787069 

3 846 ! 209476 i 

548 82953 

1919 1 161657 

412 66011 



425 


2 979 


218 


2053 


32054 


939111 


16111 


270 343 


8626 


121600 


24 255 


165 944 


6 937 


63194 



40 653 



399 905 ; 



Kilogramm 
12 301 ; 158 930 \ 



1782 

107 

236352 

135 259 

1398 

5 935 

1514 



3 707 



206 

38 

5 862 

5314 

020 
1486 

421 



501 



— 192 — 







Pferde 


Rindvieh : 








Reich 
















Staate 
und 
Landest! 


n 
)lle 


und 
andere 
Ein- 
hufer 


Ochsen 


Bullen 


Kühe 


Jung- 
rinder 
über 
8 Mo- 
nate 
alt 


zu- 
sammen 

(8p. »-6) 


Kälber 

bis 

3 Monate 

alt 


Schweine 


Schafe 


Ziegen 




1 


2 


3 


4 


5 


6 


7 


8 


9 


10 


2. Bayern . 


1906 
1905 


12 714 
12 598 


121 856 
117 804 


47 482 
53449 


191392 
189845 


151359 
157 929 


512089 
519 027 


729 208 
744166 


1474308 
1 521 487 


148 482 
169 ö57 


94477 
94862 


3. Sachsen . 


1906 
1905 


12 930 
12 689 


86784 
39434 


36 972 
40 213 


141 074 
144126 


18 495 
14160 


233 325 
237 933 


404372 
414 538 


1 112 599 
1 118 505 


205068 
212 784 


74153 
68876 


4. Württem- 
berg . . 


1906 
. 1905 


1529 
846 


18 973 
17 272 


13682 
24 391 


47 624 
45 300 


91331 

87174 


171 610 
174 137 


184713 
194856 


423 613 
443 281 


27 898 
31568 


19876 
19598 


5. Baden . 


1906 
1905 


2097 
1916 


28 741 
26 387 


10208 
10002 


44080 
48405 


80599 
83 557 


163628 
163351 


181531 
179759 


384378 
416242 


23341 
23 672 


21204 

22449 


6. Hessen . 


1906 
• 1905 


1827 
1912 


20115 
20175 


2 297 
2165 


36638 
36427 


37 799 
39168 


96 849 

97 935 


73562 
76306 


292 894 
817 952 


14193 
17 610 


26907 
26775 


7. Mecklenb.- 
Schwerin 


1906 
1905 


1830 
1757 


653 

727 


5651 
6099 


17 703 
14506 


5223 
6295 


29230 
27 627 


73826 
78 917 


114353 
116521 


35 227 
39 777 


921 
789 


8. Sachsen- 
Weimar . 


1906 
. 1905 


817 
749 


1731 
1722 


1148 
1079 


10512 
10 776 


6011 
6 407 


19 402 
19 984 


26 533 

27 963 


89119 
91177 


17174 

18777 


6739 
7351 


9. Mecklenb.- 
Strelita . 


1906 
. 1905 


387 
324 


139 
132 


295 
295 


1831 
1905 


519 
612 


2 784 
2944 


9452 
9 952 


17 846 
18396 


5422 
5 416 


114 
111 


10. Oldenburg 


1906 
• 1905 


488 
605 


2256 
1984 


941 
1391 


6 483 

7 930 


5 066 
5023 


14 746 
16328 


16 356 
18284 


78 778 
82978 


8 051 
12049 


440 
515 


11. Brann- 
schweig . 


1906 
1905 


484 
467 


1145 
1000 


8 742 
8 584 


5 510 
5800 


9 673 
10389 


25070 
25773 


26 256 
28498 


245 772 

246 522 


25 877 
28394 


430 
413 


12. Sachsen- 
Meiningen 


1906 
. 1905 


414 
428 


1473 
1155 


665 
689 


6 556 
6 724 


5141 
5 585 


18835 
14153 


13457 
13817 


47 955 
52215 


8315 
9031 


2956 

2800 


18. Sachsen- 
Altenburg 


1906 
. 1905 


310 
259 


250 
314 


1222 

1258 


8550 
8612 


1819 
1841 


11841 
12025 


13828 
14225 


49 774 
53 680 


5367 
5 467 


3959 
4396 


14. Sachsen- 
Cob.-Gotha 


1906 
. 1905 


475 
557 


1269 
1344 


568 
523 


7 868 
7 845 


4291 
4669 


13 996 

14381 


14115 
14 902 


106 207 
105 982 


14777 
15 781 


9078 
9851 


15. Anhalt . 


1906 
1905 


1667 
1746 


1306 
1315 


2 695 
2 682 


6150 
6 259 


2 396 
2500 


12 547 
12 756 


14978 
16 074 


81758 
78 898 


14484 
15485 


918 
571 


16. Schwzb.- 
Sondersh. 


1906 
1905 


25 

64 


185 
215 


234 
244 


3 859 
3614 


1180 
2142 


5 458 

6 215 


5 473 
5 667 


39918 
38307 


4030 
4233 


236 

200 


17. Schwzb.- 
Rudolstadt 


1906 
. 1905 


78 

67 


305 
894 


202 
157 


2702 
2 814 


1855 
1778 


5 064 
5143 


6 055 
6155 


18454 
19319 


4907 
4 287 


479 


18. Waldeck. 


1906 
■ 1905 


1 
1 


304 
400 


240 
253 


986 
995 


1602 
1521 


3132 
8169 


5208 
5 328 


8039 
7 628 


1943 
1989 


854 
2^ 


19. Reuß ä. L. 


1906 
' 1905 


142 
141 


519 
527 


420 
403 


1997 
1990 


1050 
1012 


3 986 
3 932 


4358 
4 570 


19031 
19 962 


4171 
4 721 


2707 
3274 


20. Reuß j. L. , 


1906 
1905 


307 
846 


672 
742 


1130 
1074 


5 737 
5 565 


2409 
2316 


9948 
9 697 


8680 
9217 


49253 
38148 


7 955 
8178 


6057 
5758 


21. Schaumburg- 
Lippe . . . 


1906 
1905 


25 
30 


25 
16 


68 
88 


981 
1030 


175 
157 


1249 
1291 


1860 
1943 


4 256 
4 521 


278 
312 


198 
216 


22. Lippe . . . 


1906 
1905 


165 
158 


85 
101 


1134 
1178 


2646 
2 818 


835 
1095 


4 700 
5192 


6 629 
7209 


21644 
21587 


1292 
1402 


669 
671 


23. Lübeck . . 


1906 
1905 


832 
927 


491 
376 


1094 
818 


8407 
6608 


1146 
1598 


11138 
9395 


14603 
14 710 


33461 
34197 


6298 
6511 


512 
454 


24. Bremen . , 


1906 
' 1905 


2350 
2 633 


6 749 
6 441 


5 379 
5 305 


2 727 
3201 


2417 

2 878 


17 272 
17 825 


17 919 
20019 


90612 
92 450 


3801 
17912 


85 
86 


25. Hamburg 


1906 
1905 


5 720 


30804 
26169 


5153 
5162 


6 793 
9328 


23155 
24 626 


65 905 
65 285 


57 867 
59835 


297 309 
306 042 


91132 
91610 


81 
88 


26. Elsaß- 
Lothringen , 


1906 
. 1905 


3819 
3396 


22 029 
20959 


5082 
6 489 


79 944 
79 633 


25069 
24 699 


132124 
131780 


151962 
148562 


270307 
295446 


46 776 
51699 


7667 
6304 



— 193 — 



Ordnnngsmäfiige und Notsehlachtungen und Beurteilung des Fleisches. 



Tiergattungen 



Ord- 
nungs- 
mäßige 
Schlach- 
tungen 



Schlach- i 
tnngen, 
bei denen 
eine Be- 
schau der 
Tiere im 
lebenden 
Zustande 

nicht 
stattge- 
funden 
hat 



Für 
genuß- 
tauglich 
ohne 
Ein- 
schrän- 
kung 
erklärte 
Tier- 
körper 



Un- 

taugliche 

ganze 

Tier- 

kGrper 



Un- 
taugliche 
ganze 
Tier- 
körper, 
ausge- 
nommen 
Fett 



Bedingt 
tauglich 



Im Nah- 
rungs- 
und Ge- 
nußwert 
erheblich 
herab- 
gesetzt 



erklärte Tierkörper 
und Fleischviertel 



kamen auf je 100 geschlachtete und beschaute Tiere 



1 

Pferde und andere / 1906 
Einhufer. . . . l 1905 

^'^'^^ [\m 

^«»«^ Iffi 

™« 11^ 

Jungrinder überSMo- 1 1906 
nate alt .... ) 1905 

(1906 
19^ 

Kälber bis 3 Monate ( 1906 
alt 1 1905 

(1906 
1905 

s«"»^« Um 

z'«««" {\m 



3 



1 5 


6 


7 


1,18 
1,02 


— 


— 


0,23 
0,28 


0,01 
0,01 


0,34 
0,36 


0,14 
0,16 


0,02 
0,01 


0,40 
0,38 


1,51 
1,77 


0,08 
0,10 


0,47 
0,49 


0,38 
0,39 


0,03 
0,03 


0,29 
0,28 


0,84 
0,97 


0,05 
0,05 


0,39 
0,40 


0,31 
0,33 


0,002 
0,003 


0,03 
0,03 


0,11 
0,12 


0,02 
0,03 


0,29 
0,26 


0,10 
0,09 


0,001 
0,001 


0,01 
0,01 


0,26 

0,27 


0,002 
0,002 


0,01 
0,01 



96,28 
96,99 

99,86 
99,32 

99,54 
99,48 

96,79 
96,60 

98,78 
98,78 

98,07 
97,97 

99,31 
99,35 

99,47 
99,54 

99,70 
99,75 

99,23 
99,05 



3,72 
3,01 

0,64 
0,68 

0,46 
0,52 

3,21 
3,40 

1,22 
1,22 

1,93 
2,03 

0,69 
0,65 

0,53 
0,46 

0,30 
0,25 

0,77 
0,95 



98,87 
98,98 

98,26 
98,15 

98,63 
98,61 

93,02 
93,61 

98,19 
98,25 

96,37 
96,18 

99,17 
99,19 

99,24 
99,24 

99,68 
99,72 

99,42 
99,41 



1,16 
1,20 

0,81 
0,84 

3,92 
4,03 

1,11 
1,05 

2,35 
2,40 

0,49 
0,45 

0,34 
0,35 

0,20 
0,18 

0,31 
0,81 



>) Einschließlich derjenigen genufltauglichen Tierkörper, von denen einzelne veränderte 
Teile unschädlich beseitigt worden sind. 

Beanstandungen veränderter Teile. 



Bezeichnung 

der 

veränderten Teile 



Gesamtübersicht über die unschädlich beseitigten 
Körperteile von 



Pferden 



Rindern 
über 



Kälbern 
bis 



3 Monate alt 



Schweinen 



Schafen 



Ziegen 



Stückzahl 



Köpfe 

Zungen 

Lungen 

Lebern 

Därme 

Sonstige einzelne Organe 
Sämtliche Bancheingeweide 



Teile des Muskelfleisches 



290 


9194 


425 


2979 


1782 


206 


67 


7182 


218 


2053 


107 


38 


6810 


787 069 


32 054 


939 111 


236352 


5 862 


3 846 


209476 


16111 


270343 


135 259 


5 314 


548 


82 953 


8626 


121600 


1398 


020 


1919 


161 657 


24 255 


165 944 


5 935 


1486 


412 


66011 


6 937 


63194 


1514 


421 



40653 



399 905 



Kilogramm 
12 301 ; 158 930 [ 



3 707 



501 



— 194 — 















n. 


Fleischbeschau bei dem in das 
Einfuhr und Bestandungen 




Herkunft- 


Bezeichnung 

der eingeführten 

Fleisßhwaren 


Österreich- 
Ungarn 


Rußland 


Frankreich 


Niederlande 


Dänemark 




Einfuhr 
dz 


Davon 
bean- 
standet 
dz 


Einfuhr 
dz 


Davon 
bean- 
standet 
dz 


Einfuhr 
dz 


Davon 
bean- 
standet 
dz 


Einfuhr 
dz 


Davon 
bean- 
standet 
dz 


Einfuhr 
dz 


Davon 
bean- 
standet 
dz 


1 


2 


3 


4 


5 


6 


7 


8 


9 


10 


11 


l.FrischesFleisch.») 

Rindfleisch einschl. 

Kalbfleisch . . . 

Schweinefleisch . . 

Sonstiges Fleisch . . 

Außerdem: 


153,27 

3 173,70 

74,11 


11,29 
0,54 

^) 12,80 


4,10 

1,40 

1 334,73 


4,10 
0,73 

3) Ö^O 


4 958,59 

4 172,49 

45,14 


35,75 

5,63 

0,14 

3) 17,93 


74078,95 

100496,99 

74,15 


624,30 

588,95 

0,75 

») 587,89 


83 386,98 

27^1 

1 734,17 


402,85 

1,04 
») 881,12 


Zusammen 1906 
1905 

2. Zubereitetes 
Fleisch. 

Rindfleisch einschl. 
Kalbfleisch . . . 

Schweineschinken . . 

Speck 

Sonstiges Schweine- 
fleisch 

Sonstiges Fleisch . . 
Außerdem: 


3401,08 
15 799,11 

349,18 

4 073,79 

251,46 

114,58 
1,24 


24,63 
116,33 

3,76 

15,09 

0,05 

4,67 

0,85 

3) 0,06 


1340,23 
1 620,14 

4 136,82 

15,81 

1,79 

30,28 
95,72 


4,93 
35,19 

122,29 
0,22 

1,10 

2,06 

3) 8,85 


9 176,22 
3 229,25 

0,17 

63,00 

832,16 

6,19 
0,13 


59,45 
73,75 

0,17 
1,05 
2,28 

0,11 
0,11 


174650,09 
168230,33 

151,13 
2 579,79 
1 142,38 

1 653,82 
1,36 


1801,89 
2 135,67 

39,87 

37,77 

0,57 

44,72 
0,97 

8)172,12 


85 148,66 
111259,75 

3 733,85 
3 714,79 
5 787,99 

34985,84 
7,02 


1285,01 
1 589,11 

78,04 
34,42 
10,33 

466,78 

4,4ß 

»)6 173,75 


Zusammen 1906 

1905 

Därme . • . . 1906 

1905 

S.ZnbereiteteFette. 
Schweineschmalz . . 
Oleomargarin . . . 

Margarine 

Kunstspeisefette . . 
Sonstiges Fett warm- 
blütiger Tiere . . 


4790,25 
5684,49 
7 907,31 
7 814,83 

594,58 

5 808,56 

430,50 

1,09 

8133,82 


24,48 
51,49 
19,47 
45,15 

1,54 
2,61 

0,14 


4 280,42 

4 282,12 

33 406,20 

33 274,21 

2,43 

0,01 
5,04 


134,52 
42,21 
22,99 

483,75 

4,94 


901,65 

3014,65 

13 043,75 

15 754,91 

216,43 

16 275,40 

0,80 

18080,97 


3,72 
107,03 
127,82 
248,51 

0,05 

31,01 

0,80 

222,24 


5 528,48 

5 158,98 

12 967,13 

10444,97 

6445,06 

3 122,36 

2,35 

639,49 
8821,89 


296,02 
216,84 
262,12 
168,49 

132,20 

"1^77 
3,19 

294,43 


48 229,49 
48 152,54 
39 298,82 
36856,81 

10265,06 

33,30 

0,50 

37,53 

3448,83 


6767,78 

6 834,30 

16,76 

62,34 

75,48 
3,33 
0,08 

188,10 


Zusammen 1906 
1905 


14968,55 
9526,65 


4,29 

18,29 


7,48 
92,73 


4,94 
1,74 


34 573,60 
27 937,17 


254,10 
3%,92 


19031,15 
11 333,80 


431,59 
754,18 


13785,22 
16 903,10 


211,99 
651,57 



Unberücksichtigt blieben hierbei Fleischmengen (Rindfleisch einschl. Kalbfleisch 1,11 dz, Schweine- 
Ausführungsbestimmungen D) fallen. — ^ Gewicht der beseitigten veränderten Teile von im übrigen nicht 



Yersammlungsberlchte. 

Plllcbteii und Rechte der Schlachthoftierftrzte.'*') 

Von 

Krekeler- Recklinghausen, 

SchUehthofdirektor. 

Der Pflichten, die wir als städtische Schlacht- 
hoftierärzte zu erfüllen haben, sind recht viele 
und schwere. 

*) Vortrag, gehalten auf der letzten Ver- 
sammlung des Vereins Westfälischer Schlachthof- 
tierärzte. 



Als Leiter der Schlachthöfe haben wir die 
Verantwortung für die Untersuchungen der zahl- 
reichen Schlachtticre, für die Tätigkeit der 
Trichinenschauer, der Hallenmeister, Maschinen- 
meister und des sonstigen Schlachthofpersonals, 
für den ordnungsmäßigen Zustand an und in 
den Gebäuden und Bäumen des Schlachthofes, 
für die Maschinen und Apparate, für ordnungs- 
mäßiges Verhalten der Metzger und des Publi- 
kums in den Schlachthofräumen, für die Buch- 
führung, für die Schlachthofkasse usw. 



^ 195 — 



Zollinland eingeführten Fleische, 
nach Herkunftsländern. 



länder: 



Grofibritannien 

und 

Irland 


Übrige 
europäische Aus- 
landsstaaten 
(einschl. Zoll- 
ausschlüsse usw.) 


Amerika 


Asien 

Afrika 

Australien 

Davon 
Einfuhr | bean- 
standet 


Insgesamt 




Einfuhr 


Davon 
bean- 
standet 


Davon 
Einfuhr bean- 
standet 


1 Davon 
Einfuhr . bean- 
, standet 


Einfuhr ' Davon 

beanstandet 


dz 


dz 


dz dz 


dz dz 


dz 


1 dz 


dz dz 


% 


12 


13 


14 1 15 


16 1 17 


18 


19 


20 1 21 


22 


18317,73 

109,64 

51,07 


52,36 

^ 78,68 


1 128,81 
1971,38 

422,84 


16,49 
4,55 
8,42 

2) 18,98 


— 


') - 


— 


•0 - 


182 027,93 

109 953,11 

3 736,21 


1 135,85 

611,15 

10,89 

•") 1 597,50 


0,62 

0,56 

0,29 

^) 0,54 


18478,44 
16964,35 


131,04 
162,51 


3522,53 48,44 
2 983,23| 17,53 

1 


— — 


— 




295 717,25 3 355,39 
320086,16' 4130,09 

1 


1,13 
1,29 


919,92 

10,09 

7,56 


72,24 
0,05 
0,03 


1009,03 

43,12 

106,45 


173,11 
5,56 
9,79 


80822,10 1147,79 

3 848,50, 17,75 

48 746,51 40,64 


1,15 
0,40 
0,09 


0,13 


91 123,35 
14 858,29 
56 876,89 


1 637,27 

112,04 

63,69 


1,80 
0,78 
0,11 


3236,01 
0,02 


62,00 

0,02 

») 1 541,66 


218,99 49,07 
6,84 0,56 
- ^ 34,74 


28725,761 336,21 
213,53 0,05 

— 3) 378,77 


0,03 
0,70 


0,03 
0,70 


68 971,50 
326,56 


964,69 

9,78 

3)8309.95 


1,40 

2,99 

3) 3,59 


4182,60 

1600,90 

39503,76 

39173,36 


1 676,00 
378,18 
458,49 
582,14 


1 384,43 

8449,25 

8 953,93 

12 251,38 


272,83 

412,50 

61,92 

91,20 


162 356,40 
153 819,41 
142 501,57 
126099,36 


1 921,21 

2078,48 

911,74 

4 522,59 


2,37 

40,83 

8 413,77 

5 229,61 


0,86 

8,86 

109,13 

300,96 


231 656,09 
225 203,17 
305 996,24 
286 899,44 


11097,42 

10 129,89 

1990,44 

6 505,18 


4,79 
4,50 
0,65 
2,27 


47,26 

4 745,14 

0,16 

2,56 


0,14 


4 636,70i 31,58 
195,66 - 
4,74 0,01 
2,41. - 


1 281 744,59 

268 992,60 

25,05 

17 361,62 


1 283,75 

409,17 

11,79 

198,60 


1,91 
345,45 


— 


1303 954,02 

299 518,47 

464,10 

18044,71 


1 524,60 

443,51 

17,20 

201,79 


0,12 
0,15 
3,71 
1,12 


40985.57 


199,28 


1838,011 112,14 


103 761,50 1891,16 


3826,58 


146,18 


188 902,21 


3 003,61 ; 1,59 


45780,69 
38884,95 


199,42 
1 785,03 


6677,52 
6 197,46 


143,73 
43,52 


1 671 885,86 
1559 904,83 


3 794,47 

4 650,89 


4 173,94 
5 881,36 


146,18 
249,18 


1810 883,51 
1676662,05 


6 190,71 
8 551,32 


0,29 
0,51 



fleisch 2,64 dz, sonstiges Fleisch 0,80 dz), die nicht unter den Begriff „Tierkörper*' 
beanstandeten Tierkörpern. — ^) Desgleichen von Fleischstücken. 



2, Abs. 3 und 6 der 



Auch die übrigen an den Schlachthöfen an- 
gestellten Tierärzte haben für ihre zahlreichen 
Untersuchungen der Schlachttiere und als zeit- 
weilige Vertreter der Schlachthofdirektoren eine 
erhebliche Verantwortung. 

Dann ist die Stellung der Tierärzte am 
Schlachthof eine recht unangenehme dadurch, 
daß sie die Pflicht haben, in erster Linie das 
Interesse der Allgemeinheit zu vertreten, das 
mit dem Sonderinteresse der Metzger nur allzuoft 
in Widersprach steht. Für Erfüllung dieser Pflicht 



ernten wir sehr oft Hafi und Feindschaft bei 
den Metzgern. 

Femer ist der lange Dienst von morgens 
früh bis abends in den nassen, kalten, zugigen 
und geräuschvollen Räumen der Schlachthöfe, 
besonders in den Wintermonaten sehr aufreibend 
und ungesund, so daß eine frühe Invalidität des 
Schlachthoftierarztes unausbleiblich ist. Jeder 
Kollege, der längere Jahre Schlachthofdienst 
getan hat, weiß dies aus eigener Erfahrung. 

Endlich haben wir, um eine Schlachthof- 



— 196 — 



tierarztfltelle bekleiden zu können, ein langes 
kostspieliges Studium durchzumachen, und vor 
diesem Studium mußten wir bis 1903 die Prima- 
reife und seit 1903 die Universitätsreife erlangt 
haben. Auch wird bei der Anstellung als Schlacht- 
hoflierarzt verlangt, daß der Bewerber sich schon 
in anderen tierärztlichen Stellen als tachtig be- 
währt hat; besonders an den leitenden Schlacht- 
hoftierarzt in einer Mittelstadt und Großstadt 
werden bei Besetzung der Stelle hohe Ansprüche 
gestellt 

Fragen wir nun : Stehen mit diesen Pflichten 
und Anforderungen der Rang, die Besoldung und 
sonstigen Rechte im Einklang? Leider müssen 
wir darauf antworten: Nein, bis jetzt durchaus 
nicht 

Alle übrigen städtischen Beamten, die ein 
ähnlich langes Studium wie wir Tierärzte durch- 
gemacht haben, haben eine wesentlich bessere 
Stellung als die städtischen Tierärzte. Wenn 
der städtische Tierarzt ansehen muß, wie Juristen, 
Polytechniker usw. nach eben bestandenem 
Staatsexamen in städtischen Stellen sehr hohe 
Gehälter beziehen, Anfangsgehalt meistens €000 M. 
ohne weiteres als städtische Oberbeamten gelten, 
ja meistens zum Magistrat gehören und wie 
wiederum städtische Mittelbeamte, Polizeibeamte, 
Bnreaubeamte, Eassenbeamte ohne besondere 
Mühe und Kosten, in der Regel mit Elementar- 
schulbildung, dieselbe Gehaltsskala oder noch 
eine höhere erreichen wie der städtische Tier- 
arzt, so muß er sich sehr zurückgesetzt und in 
seinem Empfinden gekränkt fUhlen. 

Es besteht ohne Zweifel für die städtischen 
Tierärzte ein großes Mißverhältnis zwischen 
Leistung und Lohn, wie es bei den übrigen 
städtischen Beamten nicht der Fall ist^ im 
Gegenteil die Städte bezahlen im allgemeinen, 
wenigstens in der Indnstriegegend, ihre Beamten 
besser als der Staat 

Welche mögen nun die Gründe sein, daß 
die städtischen Tierärzte so unangemessen be- 
soldet werden? Stichhaltige Gründe sind meines 
Erachtens gar nicht vorhanden. Vor einer Reihe 
von Jahren waren die Schlachthoftierärzte in 
der Regel keine vollbesoldeten Beamten. Die 
Städte rechneten bei der Gehaltsfestsetzung für 
den Schlachthoftierarzt mit der Aussicht, daß 
der Schlachthoftierarzt noch erhebliche Ein- 
nahmen aus der Privatpraxis haben würde. Sie 
verlangten auch nicht, daß der Tierarzt während 
der Schlachtstunden immer am Schlachthof an- 
wesend war, sondern er sollte in der Hauptsache 
die Oberaufsicht im Schlachthof und die Er- 
gänzungsbeschau ausüben. Wegen Unzuträglich- 
keiten, die durch die Ausübung der Privatpraxis 
sich vielfach herausgestellt hatten, und damit 



der Tierarzt sich ganz dem städtischen Dienste 
widmen sollte, ist es später üblich geworden, 
den Schlachthof tierärzten in den Mittelstädten 
und Großstädten fast überall die Privatpraxis zu 
untersagen. Außerdem ist durch die Bestimmungen 
des Fleischbeschaugesetzes die dienstliche Arbeit 
des Schi ach thoftierarztes derartig gewachsen, 
daß die Kräfte derselben jetzt durch den 
Schlachthofdienst vollständig in Anspruch ge- 
nommen sind und oft sogar übermäßig an- 
gestrengt werden. 

Die früheren Einnahmen aus der Privat- 
praxis sind daher in den Mittelstädten und Groß- 
städten fast überall fortgefallen. Der Schlacht- 
hof tierarzt ist jetzt einzig und allein auf sein 
Gehalt angewiesen. 

Er ist vollbesoldeter Beamter geworden, und 
es hätte dementsprechend auch das Gehalt ein 
angemessenes werden müssen. Das ist nun 
leider nicht geschehen. Die städtischen Ver- 
waltungen haben sich mit ganz wenigen Aus- 
nahmen bis heute noch nicht dazu verstehen 
können, dem Schlachthoftierarzt ein Gehalt zu 
geben, wie es seiner dienstlichen Verantwortung 
und seinem Bildungsgrad entspräche. 

Der Einwand kann nicht gemacht werden, 
daß die Mittel für eine angemessene Besoldung 
fehlen. Gerade für die Schlachthoftierärzte sind 
am allerleichtesten die Mittel zu beschaffen, ohne 
die Kommunalsteuem erhöhen zu müssen, da die 
Städte Gebühren für die Schlachtungen und 
Untersuchungen erheben, die je nach Bedarf 
erhöht und ermäßigt werden können. Ob in 
einem Schlachthof z. B. 80 000 oder 81 000 M. 
zur Bestreitung der Ausgaben aufgebracht werden 
müssen, macht so gut wie keinen Unterschied 
in den Gebühren bei den zahlreichen Schlachtungen 
aus. Bei Festsetzung des Schlachthof etats werden 
die voraussichtlichen Einnahmen in der Regel 
knapp und die Ausgaben reichlich veranschlagt, 
so daß meistens jährlich verschiedene Tausend 
Mark Überschuß vorhanden sind, aus denen die 
Mittel zu einer angemessenen Besoldung des 
Tierarztes genommen werden könnten. Auch 
sind die Beschaugebühren in den Schlachthöfen 
äußerst gering gegenüber den Beschaugebühren 
außerhalb der Schlachthöfe, wenn man rechnet, 
wieviel Tiere der Schlachthoftierarzt für sein 
Gehalt zu untersuchen hat. Die Gebühren können 
mit Leichtigkeit um 5—10 Pf. pro Stück erhöht 
werden, was bei den vielen Schlachttieren im 
Jahr eine erhebliche Summe ausmachte. Das 
ist aber in den meisten Schlachthöfen gar nicht 
einmal nötig, da ohne dies mit den besteihenden 
Gebühren Überschüsse erzielt werden. 

Es fehlt demnach durchaus nicht an Mittefai. 
Die starke Konkurrenz bei Besetzung von 



— 197 — 



ScfalaehthoftiemntiBtellen kann auch kein Grund 
für iniangemessene Besoldung sein. Es wäre ja 
besser, wenn die Konkarrenz schwächer' wäre* 
Viele Kollegen melden sich, die noch gamicht 
oder doch noch «u kurze Zeit an einem Schlacht- 
hof tätig waren und daher keine Aussicht haben, 
die Stelle in bekommen. Dieselben vermehren 
unnötig die Zahl der Bewerbungen. Andere 
Kollegen wieder, die sich melden, haben gar nicht 
die ernste Absicht die betreffende Stelle an- 
zunehmen. Bei andern städtischen Stellen geht 
es aber genau so. Ist eine städtische Stelle far 
einen Juristen, Techniker oder Mittelbeamten aus- 
geschrieben, so meldet sich regelmäßig eine ebenso 
große Menge Bewerber. Die Konkurrenz bei 
andern städtischen Stellen ist mindestens eben 
so stark wie bei den tierärztlichen Stellen. 

Die Einwendung wird vielfach gemacht, daß 
die Schlaehthoftierärzte in den Nachbarstädten 
auch keine besseren Gehälter hätten, und daß 
aus diesem Grunde 6ich eine bessere Besoldung 
nicht genügend begrOnden lasse, da es üblich 
sei, bei Gehaltsfestsetzungen die Gehälter der 
Nachbarstädte als Maßstab anzulegen. Dies 
scheint tatsächlich das Haupthindernis zu sein, 
weshalb es mit der Besoldung nicht besser wird. 
Keine Stadt will den Anfang machen mit einer 
angemessenen Besoldung des Schlachthoftier- 
arztes. Derjenigen Städte, die sich zu einer 
angemessenen Besoldung und Rangstellung des 
Schlachthoftierarztes bis jetzt bereit gefunden 
haben, sind leider noch äußerst wenige. Er- 
freulicherweise läßt sich aus der letzten Zeit 
melden, daß die Stadt Bemscheid mit gutem 
Beispiel in dieser Richtung vorangegangen ist, 
indem sie dem Schlachthofdirektor vor einiger 
Zeit ein angemessenes Gehalt bewilligt hat: ein 
Anfangsgehalt von 6000 M. und ein Endgehalt 
von 7000 M., außerdem freie Wohnung, Licht 
und Brand. 

In kleineren Städten von etwa 6000—15000 
Einwohnern läßt sich wegen der geringeren Zahl 
der Schlachtungen aus den Schlachthofgebühren 
öfters allein nicht gut ein ausreichendes Gehalt 
für den Schlachthof tierarzt aufbringen. In diesen 
Städten ist der Tierarzt ein nicht vollbesoldeter 
Beamter, vorausgesetzt, daß die betr. Stadt dem 
Schlachthofiierarzt die Privatpraxis nicht ver- 
bietet» sondern durch Beschränkung der Dienst- 
Btunden auf etwa 3—4 Stunden täglich dafür 
sorgt, daß ihm genügend Zeit zur Privatpraxis 
zur Verfügung steht. Andernfalls müßte dort 
der nötige Zuschuß aus der Stadtkasse zu einer 
ausreichenden Besoldung gewährt werdeq. 

In Mittelstädten und Großstädten, in denen 
die Arbeit des Schlachthoftierarztes so groß ist, 
daß seine ganze Krjidi in Anspruch genommen 



wird, und in deinen er Pnvatpräxis nicht aus- 
üben kann und nicht darf, da muß das Gebalt 
so beschaffen sein, daß er standesgemäß davon 
leben kann. Femer muß das Gehalt im richtigen 
Verhältnis stehen zu dem Gehalt der anderen 
städtischen Beamten derselben Stadt. Die offizielle 
Unterscheidung in städtische Ober-, Mittel- und 
Unterbeamte kennt man in vielen Städten nicht. 
An der Gehaltsskala des vollbesoldeten städtischen 
Tierarztes sieht man aber, welchen Rang er unter 
den anderen städtischen Beamten einnimmt. Die 
Gehaltsskala muß unter allen Umständen höher 
sein als die derjenigen städtischen Beamten, die 
allgemein beim Staat und Stadt zu den Mittel- 
beamten gerechnet werden: z. B. Obersekretäre, 
Kendanten, Polizeiinspektoren usw.; denn es 
richtet sich bei einem vollbesoldeten Staats- und 
städtischen Beamten das Gehalt nach dem Rang 
und umgekehrt der Rang nach dem Gehalt. 

Für einen vollbesoldeten, den Schlachthof 
leitenden Tierarzt in einer Mittelstadt, dürfte, 
wenn man die Besoldung anderer akademisch 
gebildeter städtischer Beamten und die der 
städtischen Mittelbeamten in Berücksichtigung 
zieht, ein Anfangsgehait von 4500 M. iand ein 
Endgehalt von 6500 M., Steigerung jährlieh 100 
bis 150 M. neben' freier Dienstwohnung ein an- 
gemessenes sein. Ein solches Gehalt würde dann 
in der Regel noch um etwa 1000 M. hinter dem 
Anfangs- und Endgehalt anderer städtiacher 
Oberbeamten — städtischer Bauinspektoren, 
Assessoren usw. — zurückbleiben und etwa um 
1000 M. dem Anfangs- und Endgehalt der ersten 
städtischen Mittelbeamten voraus sein; wenigstens 
sind diese Verhältnisse so in den Industrie- 
städten Westfalens. Auch müßten die Reise- 
kosten und Tagegelder bei Dienstreisen des 
städtischen Tierarztes schon des Ansehens wegen 
die der Oberbeamten und nicht die der Mittel- 
beamten sein, wenn man den Bildungsgang des 
städtischen Tierarztes berücksichtigt, was auch 
um so leichter geschehen kann, da Dienstreisen 
bei dem städtischen Tierarzt zu den größten 
Seltenheiten gehören. Es kommt vor, daß der- 
selbe mehrere Jahre keine einzige Dienstreise 
macht. 

Was ferner die Pensionsverhältnisse des 
städtischen Tierarztes anbetrifft, so sieht es 
damit noch ungünstiger aus. Die meisten Schlacht- 
hoftierärzte kommen erst mit dem 30. bis 35. 
Lebensjahre in eine etatsmäßige städtische 
Stelle. Um sich erst genügend im tierärzt- 
lichen Fach auszubilden und auf Grund dessen 
besser eine Schlachthoftierarztbtelle ausfüllen 
zu können, sind viele Schlachthoftierärzte erst 
5 bis 10 Jahre lang in der PrivatpraxiB 
tätig gewesen, was für die Tätigkeit am 



— 198 



Schlachthof sehr nützlich ist. Diese Jahre werden 
aber bei der Pensionierung nicht angerechnet, 
trotzdem die Städte doch den Nutzen davon 
haben, wenn sich die Tierärzte erst ge- 
nügend Erfahrung in ihrem Fach gesammelt 
haben. Dieser Übd^amd ist sehr zu beklagen. 
Die städtischen Tknrftrzte kommen auf diese 
Weise um 5 bis 10 Jahre den ancleren städtischen 
Beamten gegenüber im Dienstalter zu kurz. Bei 
den Juristen z. B., die in den Städten angestellt 
sind, zählen schon die Befwendarjahre bei der 
Pensionierung mit, bei den Bureaubeamten die 
Assistentenjahre, gleichgültig, wo die Betreffenden 
in diesen Jahren tätig gewesen sind. Bei den 
meisten städtischen Beamten zählen das 22. bis 
25. Lebensjahr schon als erste Dienstjahre. Diese 
Beamten erreichen mit Leichtigkeit Vi ^^s Ge- 
haltes als Pension, während der städtische Tier- 
arzt bei der späten Anstellung und bei der 
frühen Invalidität, die bei dorn aufreibenden und 
ungesunden Schlachthofdicnst in sicherer Aus- 
sicht steht, in der Regel kaum Vs ^is Vs ^^s 
Gehalts als Pension erreichen wird. Ist nun das 
Gehalt ein unangemessenes, so fallen die Pension 
und bei Todesfall die Reliktenversorgung noch 
viel ungünstiger aus. 

Es ist daher dringend nötig, daß das Gehalt 
ein angemessenes wird und dafi wegen der 
späten Anstellung namentlich auch das Anfangs- 
gefaalt nicht zu niedrig ist. 

Bekanntlich gibt es nun noch verschiedene 
andere erhebliche Übelstände in der Stellung der 
städtischen Tierärzte, die ich heute nicht weiter 
erwähnen will, da die Gehalts- und Rangfrage 
zurzeit die wichtigste ist. 

Wie sollen wir nun diese ungünstigen Be- 
soldungsverhältnisse, die für die städtischen 
Tierärzte fast überall noch bestehen, beseitigen? 

Erfreulicherweise ist in den letzten zwei 
Jahren von den Schlachthoftierärzten schon 
vieles getan worden, um hierin Wandel zu 
schaffen. Ein kleiner Fortschritt ist in einzelnen 
Städten auch schon zu bemerken. In den meisten 
Städten ist aber bis heute noch wenig oder gar 
nichts erreicht Der Verein preußischer Schlacht- 
hoftierärzte hat eine Denkschrift an den Herrn 
Landwirtschaftsminister und die Königlichen 
Regierungen gesandt, worin auf die schlechte 
Besoldung der städtischen Schlachthoftierärzte 
hingewiesen ist Dieses Rundschreiben scheint 
von den hohen Behörden durchweg gut auf- 
genommen und die darin vorgetragenen Wünsche 
scheinen als berechtigt anerkannt zu sein. 

Femer sind ähnliche Rundschreiben den 
Königlichen Regierungen und den städtischen 
Verwaltungen von dem Westfälischen, Rheinischen 
und Schießischen Schlachthoftierärzteverein zu- 



gegangen. Vom Verein aus kann daher meiner 
Ansicht nach augenblicklich nach dieser Richtung 
hin nichts Neues unternommen werden. Jetzt 
ist die Reihe an jedem einzelnen Kollegen in 
seiner Stadt, danach zu streben, daß das, was 
in den Rundschreiben gewünscht wird und zur 
Kenntnis der Behörden gebracht ist, in die 
Wirklichkeit umgesetzt wird. Ohne Anträge und 
ohne Anregungen des einzelnen Kollegen in seiner 
Stadt werden die Rundschreiben allmählich wieder 
in Vergessenheit geraten. 

Es war hohe Zeit, daß die städtischen Vrr- 
waltungen darauf aufmerksam gemacht wurden, 
daß die jetzigen Besoldungs- und Rangverhält- 
nisse der städtischen Tierärzte sehr unangemessen 
sind. Das Ansehen der städtischen Tierärzte 
hat unter den ungünstigen Besoldungsverhält- 
nissen sehr zu leiden. Auf die andern Beamten des 
Schlachthofes, auf die Metzger, auf die andern 
Staats- und städtischen Beamten und auf die 
Bewohner der Stadt und Umgegend macht es 
einen sehr schlechten Eindruck, wenn die Be- 
soldung des städtischen Tierarztes im Vergleich 
zu den andern städtischen Beamten so auffallend 
gering ist. Bei Gelegenheit von Stadtverordneten- 
beschlüssen, betreffend Besoldungsordnung der 
städtischen Beamten, pflegen von Zeit zu Zeit 
die Gehälter der städtischen Beamten öffentlich 
in den Lokalblättern zu stehen, und es kann 
dann jeder Bewohner der Stadt und Umgegend 
sehen, welche Stelle <}er städtische Tierarzt mit 
seiner Gehaltsskala unter den andern städtischen 
Beamten einnimmt Daß andere städtische Ober- 
beamte, die um mehrere Tausend Mark dem 
städtischen Tierarzt sowohl im Anfangs- als 
auch Endgehalt voraus sind, ans diesem 
Grunde auf diesen vielleicht herabsehen, ist 
ganz natürlich und ebenso, daß die ersten 
städtischen Mittelbeamten meist mit Elementa^- 
schulbildung, wie Obersekretäre, Hendanten 
usw., die eine gleich hohe oder noch eine höhere 
Gehaltsskala haben, als der Schlachthofdirektor 
sich ranglich demselben gleich oder noch für 
mehr halten müssen und auch vom Publikum und 
andern Beamten dafür gehalten werden, ist eben- 
so leicht erklärlich. Ein solches Mißverhältnis 
muß für das allgemeine Ansehen des Tierarztes 
sehr schädlich sein und auch ungünstig auf die 
amtliche Stellung und Tätigkeit desselben ein- 
wirken. 

Da nun die eine Stadt sich in ihren Ein- 
richtungen, besonders auch Gehältern immer nach 
Nachbarstädten zu richten pflegt, so ist jeder 
Erfolg eines Kollegen in einer Stadt immer ein 
Gewinn für alle andern, besonders für die der 
Nachbarstädte. Es wäre daher zweckmäßig, 
wenn Kollegen, die einen Erfolg erzielt haben 



— 199 — 



dies alsbald in einer tieräntlichen Fachzeitnng 
mitteilten oder doch wenigstens dem Vereins- 
vorstand anzeigen wdllten, damit die Tierärzte 
in andern Städten Kenntnis davon erhalten nnd 
diesen Fortsehritt bei eventuellen Anträgen ver- 
werten können. Die großen Städte Westfalens 
dienen den andern westfälischen Städten in der 
Regel als Beispiel, und es wäre daher von großem 
Vorteil, wenn in diesen möglichst bald die fOr 
einen Tierant angemessenen Rang- und Gebalts- 
verhältnisse geschaffen würden. So lange dort 
noch nichts Befriedigendes erreicht ist, haben die 
Tierärzte in den Mittelstädten auch wenig Aus- 
sicht auf Besserstellung. Bei der Regelung ist 
meiner Ansicht nach das Hauptgewicht darauf 
zu legen, daß der vollbesoldete städtische Tier- 
arzt mit seiner Gehaltsskala unter allen Um- 
ständen Aber die ersten städtischen Mittel- 
beamten: Rendanten, Polizeiinspektoren, Ober- 
sekretäre usw. kommt und nicht zu weit hinter 
andere städtische Oberbeamten derselben Stadt. 
In der Hoffnung, daß die städtischen Tierärzte 
recht bald aus den ungünstigen und unan- 
gemessenen Besoldungs- und Rangverhältnissen 
heraus kommen, schließe ich meinen Vortrag. 



Bficherschan. 

— Martiiiy, Beme, Preisaussohreiben des 
Deitsohen Milchwirisohaftliclieii Vereins, betr. das 
HeHiMilsohe Aiifrtallverfaiirmi. Prüfungsbericht 
der Preisrichter. Leipzig 1908. Verlag von 
M. Heinsius Nachfolger. 

Die holländische oder ostfriesische Auf- 
stallung ist diejenige Stalleinrichtungs- und Be- 
triebsform, die fOr Milchwirtschaften in gesund- 
heitlicher und wirtschaftlicher Hinsicht nicht 
dringend genug empfohlen werden kann. Um 
dieses Verfahren in ganz Deutschland zu fördern, 
hat der Deutsche Milchwirtschaftliche Verein ein 
Preisausschreiben erlassen für die beste Durch- 
führung des Verfahrens und drei An- 
lagen (Friedrich Loß & Cie. auf Rittergut 
Junkerhof zu Wolmirstedt, Provinz Sachsen, 
I. Preis, Gutsbesitzer Herbert zu Gelsen- 
kirchen, Westfalen, 11. Preis, und Gutsbesitzer 
Rudorff zu Glinde, Holstein, HI. Preis) prä- 
miieren können. In der vorliegenden Schrift des 
Deutschen Milchwirtschaftlichen Vereins sind das 
holländische Aufstallverfahren in sachkundigster 
Weise und im Anschluß daran die Einrichtungen 
der preisgekrönten Stallungen beschrieben. 
Meines Erachtens sollte in jedem Bundes- 
staat und, soweit größere Bundesstaaten 
in Betracht kommen, in jedem Regie- 
rungsbezirk je ein Stall mit vorschrifts- 
mäßiger holländischer Aufstauung unter 



staatlicher Förderung eingerichtet wer- 
den, als exemplum docens für die all- 
gemeine Einführung dieser für eine 
saubere Milchgewinnung unentbehrlichen 
Aufstallmethode. Ostertag. 

— Piisom Die KindeniilehpredaktiM in wirt- 
schaftlicher und hygienischer Beleuchtung unter 
besonderer Beriicksichtignng der im Rassestalle 
der Tierärztlichen Hochschule in Dresden ge- 
machten Erfahrungen. Mit 10 Textabbildungen. 
Berlin 1908. Verlag von Richard Schoetz. Preis 2M. 

Eine ausgezeichnete Arbeit über die An- 
forderungen, die an den Gesundheitszustand und 
die Haltung der Kindermilchkühe, an die Ge- 
winnung und Behandlung der Kindermilch zu 
stellen sind. Verfasser spricht aus eigener 
Erfahrung und hält sich von unerfüllbaren 
Forderungen fem, die die einheitliche Regelung 
des Verkehrs mit Kindermilch bis jetzt unmöglich 
gemacht haben. Die verdienstliche Abhandlung 
Puschs sei hiermit angelegentlichst empfohlen! 

~ PMivifiiz, VI. InterMtiMale Tzberkuloee- 
kMiferenz, Wien, 19.— 21. September 1907. Berlin 
1907. Internationale Vereinigung gegen Tuber- 
kulose. Kommissionsverlag von Rudolf Mosse, 
Berlin. 

Der vorliegende Bericht enthält den Wortlaut 
der Verhandlungen der letzten Internationalen 
Tuberkulosekonferenz, von denen für die Leser 
dieser Zeitschrift insbesondere die Verhandlungen 
über die Infektionswege der Tuberkulose von 
Interesse sein dürften. 

— Scbnidt, W., Bettreg zur Gesoblohte des 
Landesverbandes PreuBisober Triobinen- und Fleisoh- 
bescbaiier-Vereine mit besonderer Berücksichtigui\g 
der Bestrebungen desselben, für die Fleisch- und 
Trichinenschauer eine Teilnahme an den staat- 
lichen Wohlfahrtseinrichtungen zu erzielen. 
Berlin 1906. Verlag von Richard Schoetz. Preis 
0,50 M. 

— U Traducteur (16. Jahrg.), Tbe Translator 
(5. Jahrg.), II Traduttsre (1. Jahrg.), Halbmonats- 
schriften zum Studium der französischen, eng- 
lischen, italienischen und deutschen Sprache. 
La Chaux-de-Fonds. Preis 4 M. jährlich. 

Die in der Überschrift genannten Sprach- 
schriften bringen Erzählungen, naturwissenschaft- 
liche Aufsätze, Belehrungen über Länder- und 
Völkerkunde, Handel, Sitten und Gebräuche, 
entweder mit genauer Obersetzung oder mit Fuß- 
noten und sind ein zweckmäßiges Mittel zur 
Vermehrung fremden Sprachschatzes für den- 
jenigen, dem die Möglichkeit der Konversation 
in den fremden Sprachen fehlt. 

— Feiger, A. F., Bidrag tll BUiyrernes pattlsglske 
Kopenhagen 1907. 



— 200 



Kleine Mitteilungen. 

— Die Jela-Masse zum Oberzieben von Dauer- 
fleieobwareu besteht nach £. Polenske (Beihefte 
zu den Veröff. d. K. Gesundheitsamtes, XXn. Bd., 
3. H.) aus 

Paraffin .... 35 Proz. 
Kolophonium . . 62,8 „ 
Schlemmkreide . 2,2 „ 

— „Eimelin-Trocken" ist der Phantasienamc 
für ein Eiweißpräparat zur Wurstfabrikation, das 
aus Magermilch hergestellt wird. Nach der 
yAllg. Fleischer- Zeitung** sind vom Schöffen- 
gericht in Chemnitz wegen dieses Zusatzes zur 
Wurst drei Fleischermeister zu Geldstrafen von 
50 und 75 M. verurteilt worden. 

— Starke Ecbinokokkeninvasion der Leber beim 
Rfnd. Feuereißen beschreibt unter Mitteilung 
der Literatur in der „D. T. W.** (1908, Nr. 8) drei 
Fälle von starker Invasion von Echinokokken 
in der Leber bei Kühen. Die Lebern zeigten 



gewöhnlichen Zwecke verwendet werden kann, 
vorausgesetzt, daß sie sinnfällige Abweichungen 
von normaler Milch nicht ^e'igt und insbesondere 
frei von Blut ist. 

— Über den ,,PreBluft8tab" zur Zuführung von 
Luft zu Flscbtrantportwasaer schreibt die „Allg. 
Fischerei-Zeitung*': Der ^Preßluft-Stab^ ist 
eine Einrichtung ^ zur Zuftlhrung und innigen 
Vermischung von Luft sowie überhaupt von 
Gasen in oder mit Wasser oder Flüssig- 
keiten jeder Art Je nach der Größe des in 
Betracht kommenden Flüssigkeitsbehälters oder 
je nach dem Zweck werden entsprechend 
viele Preßluftstäbe in der Nähe des Behälter- 
bodens angeordnet und mit einer gemeinsamen 
Preßluft- oder Gaszuführungsleitung versehen. 
Eine derartige Anordnung ist aus beistehender 
Abb. 2 ersichtlich. Die Einführuug der Gase in 
die Flüssigkeit tritt bei Anwendung des Preß- 
luftstab - Systems bereits bei einem Druck ein, 




Figur 1. 
Eisenhahniransportwagen mit Preßluftstabeinrichtung für lebende Fische. 



Gewichte von 33, 36 und 67,5 kg. Das zuletzt 
genannte Tier ist bei der Lebendbeschau durch 
seinen besonders an der rechten Seite stark auf- 
getriebenen Hinterleib aufgefallen; das Allgemein- 
befinden des Tieres war aber gut gewesen. 

— Mauh und Klauenseucbe beim Wildschwein. 
Borzoni (!l nuovo Ercolani 1907, S. 292) hatte 
zweimal Gelegenheit, bei geschossenen Wild- 
cbem Maul- und Klauenseuche nachzuweisen. 

— Von welcbem Tag an kann Kolostralmilcb 
für die gewöbniichen Zwecke verwendet werden? 
Nach Untersuchungen von Gilchrist (The Joum. 
of the Board of Agriculture 1907, Nr. 9) nähert 
sich die Zusammensetzung der Milch vom dritten 
Tage nach dem Kalben an derjenigen der normalen, 
und Gilchrist nimmt keinen Anstand zu erklären, 
daß die MHch von Kühen, die gekalbt haben, 
nach Ablauf des dritten Tages für alle 



welcher der Höhe der über ihm befindlichen 
Flüssigkeitssäule entspricht. Die Luft oder das 
Gas tritt in mikroskopisch feiner Verteilung in 
die Flüssigkeit aus. Mittels Absperrventils oder 
Hahnes kann eine sehr feine und eine äußerst 
starke Vermischung der Flüssigkeit mit Luft oder 
Gas herbeigeführt werden. Wegen des in den 
meisten Fällen nur sehr geringen Druckes und zu- 
folge der feinen Verteilung der eingeführten Luft 
oder des Gases werden nur immer sehr geringe 
Betriebskosten für eine mit den Preßluftstäben 
ausgerüstete Anlage in Frage kommen; 

Die Anregung zu der Erfindung gab die Fisch- 
großhandlung Gebr. Jacob Berlin und Stettin, 
der es darum zu tun war, eine gründliche 
und billige Durchlüftung der Fischbe- 
hälter, sowohl während längerer Eisen- 
bahnfahrten als auch in ruhenden Be- 



- 201 — 



hältern, zu erzielen, und somit Fische auf 
längere Zeit lebend zu erhalten. Bisher er- 
reichte man diesen Zweck sehr unvollkommen 
dadarch, daß man einen starken Wasserstrahl 
von oben in den Behälter eintreten liefi. Es ist 
leicht erklärlich, daß hierbei nur eine geringe 
Luftmenge mitgerissen wird, die um so un- 
gentlgender ist, je größer die Wassermenge des 
Behälters ist. Zufolge der gegebenen Anregung 
ist die Erfindung des Ingenieurs A. Ser^nyi, 
Berlin, betreffend die Einrichtung einer innigen 
Durchlüftung von Wasser, entstanden. Die Abb. 1 
veranschaulicht einen Eisenbahntransportwagen 
far lebende Fische mit der Preßluftstabeinrichtung 
wie solcher von der Firma Gebrüder Jacob in 
Betrieb gestellt ist, und mit dem außer- 
ordentlich gute Resultate erzielt wurden. Nach 



durch einen kleinen Motor erfolgen. Der Arbeits- 
aufwand zum Antrieb ist verschwindend klein. 



^ ^refs2tt/t 




Figur 2, System und Anordnung der Preßluftstäbe, 

den bisherigen Erfahrungen dieser Firma konnten 
die mit der Preßluftstabeinrichtung ausgerüsteten 
Behälter mit einer wesentlich größeren Menge 
von Fischen besetzt werden als bisher. Die 
bereits vielfach ausgeführten Transporte von 
größeren Mengen lebender Fische haben ganz 
bedeutende Erfolge gezeigt. Die Einrichtung 
eines Fischtransportwaggons, wie vorstehend ab- 
gebildet, arbeitet in folgender Weise: Durch 
ein Filter wird von einem Luftkompressor 
atmosphärische Luft angesaugt. Die kompri- 
mierte Luft wird durch einen Windkessel der 
Verteilungsrohrleitung zugeführt. Von hier 
strömt die Luft durch Abzweigleitungen den auf 
dem Boden der Transportbehälter gelegten Preß- 
luftstäben zu. Aus den Stäben gelangt die Luft 
in der oben beschriebenen Weise in feinster Ver- 
teilung in das Wasser. Durch eingeschaltete 
Hähne kann die Luftzufuhr zu den einzelnen 
Behältern nach Belieben reguliert werden. Der 
Antrieb des Kompressors kann von der Achse 
des Wagens oder, falls dies nicht angängig ist, 



Tagesgeschichte. 

— 25 Jahre städtische Fleischbeschau 
i» Berlin* Am 6, Marx 1883 sind die Be- 
stimmungen des Oemeindebeseklusses vom 16, Juni 
1882, die Einführung des Schlctchtxwanges in 
Berlin betreffend^ sowie das auf Orund des Preu- 
ßischen Sehlaehthausgesetxes erlassene Regulativ 
für die Sehlaehttnek- und Fleischbeschau in Kraft 
getreten. Die städtische Fleischbeschau in Berlin 
vollendet hiermit am 6, Marx dieses Jahres das 
25, Jahr ihres Bestehens, In dieser Zeit hat sie 
sieh xur größten Einrichtung dieser Art auf detn 
europäischen Kontinent entwickelt und sie ist Ijchr- 
meisterin gewesen für ungezählte Tierärxte des 
In- und Auslandes, die sieh in die Fleischbeschau 
einführen woUten, Nickt vergessen seien auch die 
Entdeckung des Lieblingssitxes der Rinderfinnen, 
die mustergültige Organisation der Trichinenschau, 
der Ausbau der Untersuchufigsieehnik überhaupf, 
die grundlegenden Untersuchungen über die Brauch- 
barmachung des bedingt tauglicfien Fleisches, die 
sich an die Namen der beiden Leiter der städtischen 
Fleischbeschau, Hertwig und Reißmann, und 
ihrer Mitarbeiter knüpfen. Die Zahl der Tierärxte, 
die bei der städtischen Fleischbeschau xu Berlin 
tätig sind, ist in den 25 Jahren voit 11 auf 70 
gestiegen, die Zaltl der bei der Fleischbeschau über- 
haupt beschäftigten Personen von 138 auf 700, 
Möge die Berliner städtische Fleischbeschau auch 
in den künftigen Jahrxeknten blühen und waehsen, 
und möge die Stadt Berlin das 25 jährige Begehen 
der Fleischbeschau xum Anlaß nehmen, die be- 
rechtigten Wünsche der bei ihr tätigen städtischen 
Tierärxte endlieh xu erfüllen.' 

— Auszeichnungen. Der Landestierarzt von 
Elsaß-Lothringen, Regierungsrat Feist, wurde 
zum Geheimen Kegierungsrat ernannt. 
Dem Honorardozenten an der Wiener Tier- 
ärztlichen Hochschule, städtischem Obertierarzt 
Postolka, ist der Titel eines außerordent- 
lichen Professors verliehen worden. 

— Der Lehrstuhl für Tierproduktion und Hygiene 
in der vetorinarnedizinlochen Fakultät der Unlveroltat 
Bern ist neu zu besetzen. Meldungen sind bis 
zum 7. März an die Direktion des schweizerischen 
Unterrichtswesens zu richten. 

— Neuregelung der Gehälter der badisohen 
Bezirkotierärzte. Bei der bevorstehenden Neu- 
regelung der Gehälter der badischen Beamten 
soll das Höchstgehalt der badischen Bezirks- 
tierärzte, das bis jetzt 2880 M. betrug, auf 
3700 M. festgesetzt werden. 

— Ötrentllche Schlachthöfe. Die Errichtung 
öffentlicher Schlachthöfe ist beschlossen in 



— 202 — 



Urach nnd Altenstadt in Baden. In Erfurt 
wird ein neaer öffentlicher Schlachtviehhof mit 
einem Kostenaufwand von 3 Millionen Mark er- 
richtet werden. 

Erweiterungsbauten sind beschlossen in 
Stettin (Neubau der Ktthlhalle, Umbau der Ma- 
schinenhalle usw., Gesamtko'stenbetrag 655100 M.) 
und Oberhäusen (Neubau von Stallungen und 
Errichtung eines Häutelagers). 

— Zum Fleischkonsum in Deutschland Im Jahre 
1907 findet sich in den „Mitteilungen der Zentral- 
stelle der Preußischen Landwirtschaftskammem^ 
folgende Berechnung: „Auf Grund der vom 
Kaiserlichen StatistischeA Amte veröffentlichten 
Zahlen derjenigen Tiere, an denen die Schlacht- 
vieh- und Fleischbeschau vorgenommen worden 
ist, ergibt sich, daß im Jahre 1907 außer den 
Hausschiächtungen zum Konsum geschlachtet 

worden sind: ^^^ ^^^^ ,^^^ 

1907 gegen 1906 gegen 1905 

Pferde! . . 135239 - 11372 - 11387 

Ochsen . . 575 671 — 37 727 — 19558 

Bullen . . 428142 — 12 069 — 38615 

Kühe. . . 1596382 - 28349 - 59073 

Jungrinder. 938936 + 13 572 — 1160 

K&lber . . 4374842 +166 594 - 17 257 

Schweine . 16382985 +3040523 +2810159 

Schafe . . 2186113 — 109142 — 250010 

Ziegen . . 489 743+38 910+60448 

Hunde . . 6 472 — 49 -f 314 

Berechnet man unter Außerachtlassung der 
Pferde und Hunde für obige Schlachttiere das 
vermutliche Schlachtgewicht und behält 
dabei der Yergleichbarkeit halber die vom 
preußischen Landwirtschaftsministerinm ange- 
nommenen Durchschnittsgewichte 235 kg für 
Rinder, 40 kg für Kälber, 80 kg für Schweine 
und 20 kg für Schafe und Ziegen bei,*) so erhält 
man an verfügbar gewesenen Fleischmengen in 
Doppelzentnern: 

1907 gegen 1906 gegen 1905 
Rindfleisch. 8 316958 — 151747 — 278242 
Kalbfleisch. 1 749 937 + 66 638 — 6 903 
Schweine- 
fleisch .. 13106388 +2432418 +2 248127 
Schaf fleisch 437 223 — 21828 — 50002 
Zi egenfleisch 97 949 + 7 782+12090 
zusammen: 23 708 455 +2333263 +1925 070 

Demnach hat gegenüber dem Jahr 1905 eine 

*) Diese den Berechnungen zugrunde ge- 
legten Durchschnittszahlen müssen als besonders 
niedrig bezeichnet werden; da aber alle diese 
Zahlen auf Schätzung beruhen, wollen wir, .bis 
bessere Unterlagen eine Nachprüfung derselben 
gestatten, an denselben festhalten, um von vorn- 
herein dem Einwurf zu begegnen; daß unsere 
Darstellungen zu günstig gefärbt seien. Z. L. V. 



Zunahme der für den Fleischverzehr der auf den 
Kauf des Fleisches angewiesenen BevOlkerungs- 
kreise verfügbar gewesenen Fleischmengen*) 
um rund 8^ v. H. und gegenüber dem Jahr 
1906 gar um 10,91 v. H. stattgefunden. Nach 
der Statistik der Volkszählungen nimmt jetzt 
unsere Bevölkerung durchschnittlich um nicht 
ganz 1,5 V. H. jährlich zu, es ist daher der 
Fleischkonsum aus den durch Schlachtungen im 
Inlande verfügbar gewesenen Fleischvorräten im 
Jahre 1907 gegenüber dem Jahr 1905 um 5,84 v.H. 
und gegenüber dem Jahre 1906 um 9,41 v. H. 
größer gewesen, als durch die Bevölkerungs- 
zunahme erforderlich gewesen wäre, d. h. also, 
der Fleischkonsum ist pro Kopf der Bevölkerung 
beträchtlich gestiegen. Nehmen wir für 1905 
eine Bevölkerung von 59750000 Einwohnern, 
für 1906 von 60650000 und für 1907 von 
61 550 000 Einwohnern für ganz Deutschland an, 
so hat der Fleischverbrauch, wenn wir die Haus- 
schlachtungen mit dem Reichsarbeitsblatt (1907, 
Nr. 11) mit 9,91 kg pro Jahr und Kopf der Be- 
völkerung (hier sind die etwas höheren Durch- 
schnittsgewichte zweifellos berechtigt) gleich- 
mäßig in Rechnung stellen, sich in den einzelnen 
Jahren folgendermaßen, pro Kopf der Bevölkerung 
gerechnet, gestaltet: 

Es sind verzehrt worden: 

1907 1906 1905 

48,43 kg 45,15 kg 46,36 kg 

Also selbst wenn die aus Hansschlachtungeü 
in den Verzehr gelangten Fleischmengen nicht 
gleichfalls erheblich zugenommen haben sollten, 
was dagegen, wie die Zählung vom 1 . Dezember 1907 
ergeben wird, sicher anzunehmen ist, hat allein 
schon bei den der Schlachtvieh- und Fleisch- 
beschau unterliegenden Schlachtungen der pro 
Kopf der Bevölkerung verfügbar gewesene Fleisch- 
vorrat im Jahre 1907 zugenommen gegen 1906 
um 3,28 kg und gegen 1905 um 2,07 kg, sicher 
ein Zeichen, daß die deutsche Landwirtschaft 
auf dem Gebiet der Fleischversorgung durchaus 
in der Lage ist, den Ansprüchen auch des durch 
die Bevölkerungszunahme ständig steigenden 
Konsums Rechnung zu tragen. (Z. L. V.)" 

— Ober die VerbesseruDg der Statistik der 
Flelsohprelse im Kleinhandel referierten während der 
letzten Tagung des Kgl. Preuß. Landesökonomie - 
koUegiums Gutsbesitzer Engel brecht- Oben- 
deich und Dr. Ost er tag- Berlin. Das Landes- 

*) Ein Abzug für die durch die Fleisch- 
beschau verworfenen Fleischmengen ist von uns 
nicht vorgenommen worden, da ja auf der 
anderen Seite die bei Anwendung der Durch- 
schnittschlachtgewichte noch für den Verzehr 
verfügbar bleibenden Eingeweide nicht berück- 
sichtigt worden sind. Z. L. V. 



— 203 — 



ökoBomiekoUegiuin nahm den Antrag der Bericht- 
erstatter an: 

„Das LandeBÖkonomiekollegium wolle be- 
Bchliefien, der Kgl. Staatsregierang für die 
Statistik der Fleischpreise folgende Leitsätze zu 
empfehlen: 

1. Die Notierung der Großhandelspreise für 
Fleisch muß sich anlehnen an das Schema der 
Viehpreisnotierungen. Die für Berlin bereits 
durchgeführte Statistik der Großhandelspreise 
ist auf diejenigen Städte auszudehnen, in denen 
ein Fleischgroßhandel tatsächlich stattfindet 

2. Die alljährlich veröffentlichte Statistik der 
Kleinhandelspreise für 165 Marktorte der Monarchie 
ist beizubehalten. 

3. Dagegen ist die allmonatlich veröffentlichte 
Statistik der Kleinhandelspreise für 24 Marktorte, 
welche große praktische Bedeutung hat, als 
ungenügend zu betrachten und durch eine bessere 
Statistik zu ersetzen. 

4. Diese Statistik hat nur die wichtigsten 
KonsumplAtze aufzunehmen, also die Großstädte 
und die Zentren der Industriebezirke. 

5. Die Feststellung der Preise ist durch 
Sachverständige nach genauer Anweisung vor- 
zunehmen. 

6. Die Feststellung der Preise hat zu er- 
folgen: 

beim Bindfleisch für Keule, Bug und 

Bauchfleisch, 
beim Kalb- und Hammelfleisch für Keule 

und Bug, 
beim Schweinefleisch für Keule, Bug, 

Rückenfett und Kopf mit Beinen. 

7. Die hiemach aufzunehmende Statistik der 
Kleinhandelspreise für Fleisch hat nicht etwa 
den Zweck, den Verdienst des Fleischers zahlen- 
mäßig festzustellen; wohl aber kann sie über 
die Bewegung der Fleischpreise und ihr Ver- 
hältnis zu den Viehpreisen Aufschluß geben.^ 

— Zu den Kosten der Fleischbetcliau ist im 

Kgl. Preuß. Landesökonomiekollegium vom 
Grafen v. Rantzau und Generalsekretär Dr. 
Burckhardt folgender Antrag eingebracht 
worden: 

„Das Landesökonomiekollegium steht mit 
Rücksicht darauf, daß die Fleischbeschau eine 
im Interesse der Allgemeinheit getroffene sanitäre 
Maßnahme ist, nach wie vor auf dem Standpunkt, 
daß die daraus erwachsenden Kosten auch von 
der Staatskasse zu tragen sind. Es erhebt 
daher auch wiederum diese Forderung in erster 
Linie und wird auf dieselbe so lange zurück- 
kommen, bis diese durchaus berechtigte Forderung 
der Landwirtschaft ihre Erfüllung gefunden hat 
Da aber die Aussicht auf Verwirklichung dieser 
Forderung mit Rücksicht auf die Staatsflnanzen 



zurzeit außerordentlich gering zu sein scheint; 
so erklärt das Kollegium im Verfolg seines Be- 
schlusses vom 6. bis 9. März 1907 für die 
Zwischenzeit eine sofortige Abänderung 
der bisherigen Gebührenerhebung nach 
der Rücksicht für unbedingt erforderlich, daß 

1. der Gebührensatz für alle außerhalb der 
Schlachthausgemeinden geschlachteten und der 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau unterliegenden 
Tiere für jede Tiergattnng einheitlich für die 
ganze Monarchie, mindestens aber für jede Provinz 
festgesetzt wird; 

2. hierbei für ein Rind nicht mehr als 2 M., 
für ein Schwein, einschließlich der Trichinen- 
schau, nicht mehr als 1,20 M. und für ein 
sonstiges Stück Kleinvieh nicht mehr als 40 Pf. 
erhoben wird; 

3. die Kosten der Ergänzungsbeschau sowie 
der Steilvertretung und sonstiger polizeilicher 
Ausgaben durch von den Fleischbeschauem 
an die Ortspolizeifoehörde abzuliefernde Abzüge 
von diesen Beträgen, in gleicher Weise, wie es 
zurzeit bereits in Hannover üblich ist, auf- 
gebracht und in bei den Provinzial verbänden zu 
bildenden Fonds gesammelt werden; 

4. soweit diese Fonds zur Deckung dieser 
Kosten nicht ausreichen, hierfür Mittel des Staates 
eingestellt werden. 

Die Königliche Staatsregierung bittet das 
Landesökonomiekollegium, die zur Durchführung 
dieser Neuregelung der Fleischbeschaugebühren 
erforderlichen Änderungen der einschlägigen 
Bestimmungen baldmöglichst zu veranlassen und 
auch eine gesetzliche Änderung des § 14 des 
Ausführungsgesetzes zum Schlachtvieh- und 
Fleischbeschaugesetz vom 28. Juni 1902 zu be- 
wirken." 

Geheimer Oberregierungsrat Schroetor er- 
klärte hierzu, er glaube, die Übernahme der 
Fleischbeschaukosten auf die Staatskasse nicht 
in Aussicht stellen zu können, da es sich um 
die Bereitstellung außerordentlicher Mittel handle. 
Man müsse mit einem Betrag von mindestens 
10—15 Millionen M. rechnen. Die Vereinheit- 
lichung des Gebührenwesens sei erwünscht, 
werde aber ohne eine gesetzliche Änderung 
nicht zu erreichen sein. 

— MaBmhmen zur rdrderuno der Vieh- 
verslohening. Die 36. Plenarversammlung des 
Deutschen Landwirtschaftsrats nahm nach einem 
Referat von Weilandt-Berlin folgenden An- 
trag an: 

„1. Die 86. Plenarversammlung des Deutschen 
Landwirtschaftsrats erkennt die zurzeit herr- 
schenden Obelstände im Versicherungswesen an 
und erblickt in der Förderung der Ortsvieh- 
versichernngsvereine und Bildung von Rück- 



204 — 



versicherungBverbAnden die LösuDg einer exakt 
arbeitenden ViehversLcherüng. Um dieses Ziel 
zu erreichen, werden tdie Landwirtschaftskammern 
und sonstigen Korporationen ersucht, gemeinsam 
an diesem geideinnatzigen Werke mitzuarbeiten. 
Als ersteiTf Schritt zu diesem Wege ' soll beim 
Deutschön Landwirtschaftsrat eine ,, Zentralstelle 
für das landwirtschaftliche Versicfaerungsweson^ 
gebildet werden, welche in erster Linie alle 
weiteren Maßnahmen zur Förderung des Vieh- 
versichernngswesens zu treffen bat. 

2. Der Vorstand wird ermächtigt, das Reichs* 
amt des In&em zu bitten, fllr die Verwaltungs- 
kosten dieser Stelle einen laufenden jährlichen 
Keichszuschufi zu gewähren.^ 

— Die Bildung eines Sdilaohtvieliversiclierunga- 
Verbands wird im Eeg.-Bez Kassel durch Zu- 
sammenschliefinng der lokalen Viehversicherungs- 
vereine von der Landwirtschaftskammer für 
Kurhessen erstrebt. 16 der größten Viehver- 
sicfaerungsvereine des Regierungsbezirks haben 
bereits ihren Beitritt zu dem Verband erklärt. 

- IX. mternatlonaler tierärztliclier Kongreß im 
Haag 1909. Das Exekuiiv-Komitee des IX. Inter- 
nationalen tierärztlichen Kongresses hat unter 
dem 27. Dezember 1907 ein Rundschreiben an 
die Delegierten des ständigen Ausschusses er- 
lassen und darin mitgeteilt,, dafi die Absicht 
besteht, in dem kommenden Kongreß fünf 
Sektionen zu bilden: 

1. Staats Veterinärwesen, Seuchenlehre, Vete- 
rinärpolizei, Vieh Versicherung; 

2. Anatomie, Physiologie, pathologische Ana- 
tomie und Nahrungsmittelkundc; 

3. Praktische Tiermedizin, innere Medizin, 
Chirurgie, Heilkunde, Geburtshilfe; 

4. Tierzucht und Hygiene; 

5. Tropenhygiene und -krankheiten. 

Mit Bezug auf diese Mitteilungen fragt das 
Komitee an, welche Fragen seitens der deutschen 
Tierärzte und insbesondere der Spezialisten zur 
Einschreibung auf die Tagesordnung der ge- 
nannten Sektionen gewtinscht werden. 



Personallen. 

Gewählt: Tierarzt Ernst Haas -Altenheim 
zum Schlachthofdirektor in Offenburg; Schlacht- 
hofinspektor Frickinger zum 1. Schlachthof- und 
Polizeitierarzt in Bochum; Tierarzt Fichtner- 
Trachenberg zum Schlachthoftierarzt in Liegnitz; 
Tierarzt Golsch -Breslau zum Schlachthof ver* 
Walter in Pakosch (Posen); Tierarzt Schlicker- 
Duisburg zum Schlachthof Inspektor in Lippstadt; 
Distrikstierarzt Reimann-Berehtesgaden neben- 
amtlich zum Schlachthofleiter daselbst. 



Der Leiter der Kgl. Preußischen Auslaads- 
fleischbeschaustelle in Stettin, Tierarzt Schill 1er 
und der praktische Tierarzt Weich el ans Elsafi- 
Lothringen sind als Hilfsarbeiter in die Vete- 
rinärabteilnng des Kais. Gesandheitsamts ein- 
getreten. 



Vakanzen. 

Bakteriologisches Institut der Landwirtschafto- 
kammer fOr die Provinz Brandenluirg: IL Assistent. 
Gehalt 1800 M. und 400 M. Wohnungsgeldzuschuß. 
Bewerbungsgesuche zum 1. April sind bei dem 
obigen Institut: Berlin, Kronprinzen-Ufer 5/6, ein- 
zureichen. 

Bremen: 4. Schlachthof tierarzt, 2400 M- 
steigend alle 3 Jahre um 300 M. bis 3900 M. Be- 
werbungen an den I. Tierarzt für den Schlachthof. 

Duisburg-Meiderich: L Tierarzt als 
Assistent des Direktors. Gehalt 3000 M. Be- 
werbungen bis 10. März an die Verwaltangsstelle 
Duisburg-Meiderich. 

Erfurt: Schlachthoftierarzt zum 1. Mai. Ge- 
halt 3400 M., steigend bis 4900 M. Bewerbungen 
bis 12. März an den Magistrat. 

Essen (Rnhr): 

1) Schlachthoftierarzt. 2900 M., steigend alle 
2 Jahre um 200 M. bis 4700 M. Gesuche an den 
Oberbargermeister. 

2) Obertierarzt am Schlacht- und Viehhof. 
3500 M., steigend alle 2 Jahre um 2ö0 M. bis 
5750 M. Bewerbungen bis 10. März an den Ober- 
bargermeister. 

Frankfurt a.M.: Schlachthoftierarzt, 2500 M. 
Bewerbungen an die Direktion. 

Giengen (Brenz): Stadttierarzt, Wartegeld 
1800 M. Bewerbungen an das Stadtschult- 
heißenamt. 

Hamburg: Staatstierarzt, 9000 M., steigend 
alle 4 Jahre um 1000 M. bis 11000 M., Berech- 
tigung zu konsultativer Praxis. Bewerbungen 
hoher gestellter Tierilr^te mit wissenschaftlichem 
Ruf bis 10. März an die Polizeibehörde. 

Harburg: Schlachthof assistenztierarzt, 2400 
M., steigend alle 3 Jahre um 300 M. bis 8600 M. 
Bewerbungen an den Magistrat. 

Bad Kreuznach: Scblachthofassistenztier- 
arzt, 2400 M. Bewerbungen an die Direktion 
des Schlachthofes. 

Plauen (Vogtld.) : Amtstierarzt am Schlacht- 
hof^ 4200 M., steigend alle 3 Jahro um 300 M« 
bis 5700 M., freie Wohnung, Licht, Heizung gegen 
400 M. Gehaltsabzug. Meldungen an die Direktion. 

Wehr (Baden): Tierarzt ftir Fleischbeschau, 
2000 M. Meldungen an den Gemeinderat. 



Verantwortlicher RedAktent («xkl. InxeratenUil): Prof. Dr. Ostertag in Berlin. — Verlajf von Richard Sehoet» lö Berlls.* 



Zeitsclirift 

tax 



Fleisch- und Milchhygiene, 

Achtzehnter Jahrgang. April 1908. Heft 7. 



Original-Abhandlungen. 

(Nachdruck rerboten.) 



Ist die Milch von Kühen, 

die lediglich auf Tuberkulin reagierten, 

klinische Erscheinungen der Tuberkulose 

aber nicht zeigen, schädlich?*) 

Von 

R. Ostertag. 

Über die Frage der sanitätspolizei- 
lichen Beurteilung der Milch solcher Kühe, 
die lediglich auf Tuberkulin reagierten, 
klinische Erscheinungen der Tuberkulose 
aber nicht zeigen, ist immer noch keine 
Einhelligkeit erzielt. 

Die neuere Erörterung der Angelegen- 
heit ist hauptsächlich durch das Ergebnis 
von Untersuchungeil veranlaßt worden, 
die von Martel in Verbindung mit 
öuerin, außerdem von Moussu vor- 
genommen worden sind. Hierzu kommen 
die Versuche von de Jong, über die 
er heute näheres vorgetragen hat. 

Martel hat mit Guerin zwei Reihen 
von Versuchen ausgeführt, eine im Jahre 
1904, die zweite im Jahre 1906. 

Über das Resultat der ersten Versuchs- 
reihe haben Martel und Guerin in der 
„Societe d'hygiene alimentaire** berichtet. 
Martel und Qu6rin haben 13 Euter 
von Kühen mit vorgeschrittener 
Tuberkulose, von denen einige Ver- 
härtung, Entzündung und zum Teil 
auch Tuberkulose der zugehörigen 
Lymphdrüsen zeigten, auf das Vor- 
handensein von Tuberkelbazillen geprüft,, 
indem sie je 2 g des Eutergewebes 
verrieben und Meerschweinchen subkutan 
injizierten. Fünfmal (= in38,4Proz. der 
Fälle) wurden die geimpften Meer- 

*) Vortrag, gehalten auf dem III. Milch- 
wirtschaftlichen Kongreß im Haag. 



schweinchen tuberkulös, aber viel lang- 
samer als nach Verimpfung tuberkulöser 
Organe. Hieraus schlössen Martel und 
Guerin, daß im Eutergewebe von mit 
hochgradiger Tuberkulose behafteten 
Kühen zufallig, aber nicht selten, eine 
geringe Menge von Tuberkelbazillen ent- 
halten sein könne. 

In ihrer zweiten Versuchsreihe ver- 
impften Martel und Guerin je 2 g Sub- 
stanz von 20 Eutern tuberkulöser Kühe, 
die weder makroskopische Läsionen noch 
tuberkelbazillenähnliche Bakterien im 
Ausstrich erkennen ließen. Viermal (= in 
20 Proz. der Fälle) waren die Ergebnisse 
positiv, und Martel und Gu6rin folgeni 
hieraus, daß in Fällen von vorgeschrittener 
Tuberkulose ohne makroskopische Ver- 
änderung des Euters und der Euter- 
lymphdrüsen das Eutergewebe Tuberkel- 
bazillen enthalten könne. 

Ich halte meinen verehrten Freund 
Martel für einen viel zu tüchtigen, 
erfahrenen und gewissenhaften Arbeiter, 
als daß ich das Ergebnis seiner Unter- 
suchungen, das von demjenigen der Unter- 
suchungen No Cards abweicht, durch die 
Arbeitsmethodik zu erklären versuchen 
wollte. Immerhin ist aber ein Schlacht- 
hof, in dem täglich tuberkulöse Tiere 
geschlachtet und Tuberkelbazillen in 
Unmengen verstreut werden, kein sehr 
geeigneter Ort für derartige Unter- 
suchungen. Untersuchen Sie einmal die 
Lokalitäten auf den Schlachthöfen und 
Sie werden erstaunt sein, wo und wie oft 
Sie Tb. finden. Ferner fehlen histo- 
logische Untersuchungen der verimpften 



— 206 



Euter, und es ist deshalb kein Urteil i 
darüber möglich, ob in den Fällen von aus- 
gebreiteter Tuberkulose, die das Material I 
zu den Untersuchungen geliefert haben, i 
nicht beginnende Eutertuberkulose vor- , 
lag. Endlich aber beweisen die Versuche 
nur, daß makroskopisch gesund er- 
scheinende Euter Tuberkelbazillen ent- 
halten können, nicht aber, daß die Milch i 
lediglich reagierender Kühe virulent sein 
kann. Denn in dieser Hinsicht sind die 
Kühe vor der Schlachtung nicht geprüft 
worden. Es hat sich vielmehr, wie 
Martel undGuerin in ihren Publikationen 
betont haben, um Kühe mit ausgebreiteter, 
bei sorgsamer klinischer Untersuchung 
wohl erkennbarer Tuberkulose gehandelt. 
Deshalb scheiden die Versuche von Martel 
und Gu6rin für unsere Frage als Beweis- 
gegenstände aus. 

Moussu hat in einer ersten, in der 
„Societe de Biologie*^ am 16. April 1904 ge- 
machten Mitteilung nach dem „Recueil de 
medecine veterinaire" berichtet, er habe 
Milch von Kühen, die in gutem Stand, 
anscheinend gesund und ohne nachweis- I 
bare Euterveränderungen waren, bei denen 
aber Tuberkulose entweder durch Tuber- 
kulin allein, oder durch die klinische 
Untersuchung und den bakteriologischen ; 
Nachweis (Impfung) ermittelt worden war, 
verimpft. Die Milchproben wurden so 
aseptisch wie möglich in sterilisierte 
Flaschen gemolken, zentrifugiert und die 
Bodensätze auf Meerschweinchen verimpft. 
Von 57 Impfungen gaben 7 positive Er- | 
gebnisse (=12 Proz.). Moussu hält es | 
hiernach für logisch, jedes tuberkulöse ■ 
Tier, auch das nur auf Tuberkulin 1 
reagierende, von der Milchgewinnung aus- 
zuschließen. Ich nehme an, daß Moussu | 
die Milchproben selbst entnommen hat, 
daß die Probenentnahme nicht im Innem 
eines Stalles geschal), in dem sich Tiere 
mit oifener Tuberkulose befanden, weil 
sich in der Luft solcher Ställe Tb. be- 
finden, die beim Melken in die Milch 
gelangen können. Aber auch, wenn ich 



dies annehme, kann ich dem Schlüsse 
Moussus nicht folgen, weil er nicht 
lediglich die Milch reagierender Kühe, 
sondern auch die Milch solcher verwandt 
hat, bei denen die Tuberkulose duixh die 
klinische Untersuchung festzustellen war. 
Sodann ließ Moussu 5 Kälber an 
4 Kühen saugen, die mindestens zweimal 
auf Tuberkulin reagiert hatten, aber keine 
klinischen Erscheinungen der Tuberkulose 
zeigten. Die Kälber waren gleich nach 
der Geburt isoliert, in einem sauberen 
Stall aufgestellt und mit Milch von nicht 
tuberkulösen Kühen ernährt worden. Nach 
8 Tagen wurden sie mit Tuberkulin ge- 
prüft und als nichtreagierend befunden. 
Der Versuch dauerte 5—6 Monate. Von 
den 5 Kälbern hatte eines bei der Tötung 
sehr geringe Veränderungen in den Mesen- 
terial-, hinteren Mediastinal- und Bron- 
chialdrüsen. Bei einem zweiten wurde durch 
Verimpfung der Mesenterialdrüsen Tuber- 
kulose nachgewiesen. Die übrigen waren 
gesund. Moussu sieht in dem Ergebnis 
dieserFütterungsversuche eine Bestätigung 
dafür, daß die Milch lediglich reagierender 
Kühe Tuberkelbazillen enthalten kann. 
Ich bedaure, dem verehrten Kollegen auch 
hierin nicht folgen zu können. Moussu 
hat nach Abschluß der Versuche nur drei 
seiner Kühe getötet, die vierte nicht. Er 
weiß also nicht, wie deren Euter beschaffen 
war. Moussu gibt ferner nicht an, ob 
die Kühe nicht während des Versuchs 
klinisch tuberkulös wurden. Weiter ist 
die Milch, die an die Kälber in den ersten 
8 Tagen verfüttert wurde, nicht durch 
Meerschweinchenimpfung auf Tb. geprüft 
worden. Denn fehlende Tuberkulinreaktion 
beweist bekanntlich nicht, daß Tiere 
frei von Tuberkulose sind. In meinen 
Versuchen haben selbst Kühe nicht 
reagiert, die mit Eutertuberkulose be- 
haftet waren.*) Sodann genügt es nicht, 
die Kälber in einem sauberen Stall unter- 



*) Ober gleiche Erfahrungen verfügt Professor 
Happich in Dorpat nach einer milndlich mir 
gemachten Mitteilung. 



— 207 — 



zubringen. Wenn man Kälber in einem 
lediglich gesäuberten Stall unterbringt, 
in dem sich vorher Tiere mit offener 
Tuberkulose befanden, werden sie bekannt- 
lich tuberkulös. Endlich geht aus den Ver- 
suchen nicht hervor, ob alles geschehen ist, 
um die zufäUige Infektion der Kälber 
während des Saugenlassens zu verhüten. 
Wer die verschlungenen Pfade würdigt, auf 
denen eine tuberkulöse Infektion zustande 
kommen kann, weiß, welche Vorsicht hier am 
Platze ist und namentlich während des 
Saugenlassens derKälber beobachtet werden 
muß. Ich habe bei meinen Versuchen, die 
Mo US SU anscheinend unbekannt geblieben 
sind, alle zur Verimpfung verwandten Proben 
selbst abgemolken, um die Verantwortung 
jftir den Ausfall der Versuche tragen zu 
können, und habe auch die Milch der 
Kühe nach Desinfektion der Euter ab- 
melken lassen, um sie den in einem be- 
sonderen, ganz neuen Stalle unter- 
gebrachten Kälbern und Schweinen als 
Futter zu geben. 

Des weiteren hat Moussu Unter- 
suchungen über die Eutertuberkulose an- 
gestellt und die auch in Deutschland durch 
die Fleischbeschau ermittelte Tatsache be- 
stätigt, daß Tuberkulose der Euterlymph- 
drüsen bestehen kann, ohne daß das Euter 
selbst tuberkulös verändert ist. Moussu 
glaubt sich dieses so erklären zu müssen, 
daß die Tuberkelbazillen, die mit dem Blut- 
strom in das Euter gelangen, mit der Milch 
ausgeschieden werden, während sie sich in 
den zugehörigen Lymphdrüsen festsetzen. 

Aus den Immunisierungsversuchen mit 
menschlichen Tuberkelbazillen geht zwar 
hervor, daß diese das Euter verlassen 
können, ohne tuberkulöse Veränderungen 
zu erzeugen, ebenso wie sie, was zuerst 
Lignieres gezeigt hat, in den Lymph- 
drüsen monatelang liegen bleiben können, 
ohne diese sichtbar zu verändern. Darin 
liegt, wie ich schon an anderer Stelle 
ausgeführt habe, ein großes Bedenken 
gegen die Anwendung der Schutzimpfung 
mit lebenden menschliclien Tuberkelbazillen 



bei älteren weiblichen Tieren, Färsen und 
Kühen. Der Bindertuberkulosebazillus 
erzeugt dort, wo er hinkommt, spezifische 
Veränderungen. Versuche von mir und von 
Prettner haben auch gezeigt, daß intra- 
venös eingespritzte Bindertuberkelbazillen 
durch das Euter nicht glatt ausgeschieden 
werden. Bei säurefesten Saprophyten kann 
dies, wie ich in ad hoc angestellten Ver- 
suchen ermittelte, wie bei den in die Blut- 
bahn von Bindern eingespritzten mensch- 
lichen Tuberkelbazillen der Fall sein. Es 
gibt driisige Organe, die Tuberkelbazillen 
hindurchlassen. Die Nieren und Leber ge- 
hören nach Untersuchungen von Biedl 
und Kraus hierher. B. und K. haben 
aber gezeigt, daß sich die drüsigen Organe 
hinsichtlich der Ausscheidung von Bak- 
terien verschieden verhalten. Während 
die Nieren und die Leber Mikroorganismen 
durchlassen, werden sie z. B. in den 
azinösen Speicheldrüsen und im Pankreas 
zurückgehalten. Das Freibleiben des 
Eutergewebes von Tuberkulose bei Euter- 
lymphdrüsentuberkulose erklärt sich nicht, 
wie Moussu will, durch die Ausschei- 
dung der Tb. aus dem Euter, sondern 
durch ihr Vermögen, intaktes Gewebe 
bis zu den korrespondierenden Lymph- 
drüsen zu passieren, vielleicht in Leu- 
kozyten, ohne Veränderungen zu hinter- 
lassen, und hat sein Analogon in den 
Fällen von Leberdrüsentuberkulose ohne 
Erkrankung der Leber, der Fleischlymph- 
drüseiituberkulose ohne Erkrankung der 
Muskulatur usw., wo doch von einer Aus- 
scheidung durch die Blutbahn verschleppter 
Tb. keine Bede sein kann. 

Zum Schlüsse noch eine Bemerkung! 
Moussu hat die Ansicht ausgesprochen, 
seine ersten, die Meerschweinchenimpf- 
versuche, könnten deslialb anders als 
die bekannten Versuche des leider viel 
zu früh verstorbenen , unvergeßlichen 
Nocard und auch von 6 alti er ausgefallen 
sein, weil er mehr Material, den Boden- 
satz von 100 bis 300 ccm Milch an Meer- 
schweinchen verimpft habe. Meine Herren, 



— 208 — 



wir wissen aus den von mir angestellten 
Versuchen, daß die Milch vonKühen mit vor- 
geschrittener Eutertuberkulose erst bei 
millionenfacher Verdünnung und selbst bei 
beginnender Eutertuberkulose erst bei 
tausendfacher Verdünnung avirulent wird. 
Deshalb ist es bei einer belangreichen Tuber- 
kelbazillenausscheidung ohne Bedeutung, 
ob viel oder wenig Material zur Impfung 
verwendet wird. 

Daß die z. T. positiven Versuche 
Mohlers, sowie diejenigen von Rabi- 
no witsch und Kempner und die übrigen 
älteren Versuche nicht im Sinne der An- 
schauung verwertet werden können, daß 
die Milch lediglich reagierender Kühe 
Tuberkelbazillen enthalte, habe ich an 
anderer Stelle vor Jahren schon ausein- 
andergesetzt. Mohler und Eabinowitsch 
haben die Impfproben nicht selbst ent- 
nommen und in Beständen und z. T. mit 
Tieren gearbeitet, die mit hochgradiger 
allgemeiner Tuberkulose behaftet waren. 
Es wurden sogar Tuberkelbazillen in der 
Milch von Kühen, die gar nicht tuberkulös 
waren, gefunden. Eine strenge Logik 
könnte aus solchen Ergebnissen, die nur 
durch Fehler bei der Probenentnahme zu 
erklären sind, wie Po eis zutreffend be- 
tont hat, folgern, daß man die Milch 
sämtlicher Kühe, gleichviel ob sie tuber- 
kulös sind oder nicht, als tuberkelbazillen- 
haltig zu behandeln habe. 

Es ist schon von mir angedeutet 
worden, daß ich selbst auch Untersuchungen 
über den Tuberkelbazillengehalt lediglich 
reagierender Kühe angestellt habe. Ich 
habe die Milch von 49 Kühen auf Tb. 
geprüft, die lediglich eine Tuberkulin- 
reaktion gezeigt hatten. Keines der mit 
Rahmbodensatzgemengederzentrifugierten 
Milch geimpften Meerschweinchen ist tuber- 
kulös geworden. Die Mischmilch des Be- 
standes machte bei 14maliger Prüfung 
einmal ein Meerschweinchen, das geimpft 
worden war, tuberkulös, während die Ver- 
ftitterung der gleichen Probe ein negatives 
Ergebnis hatte. Nachdem ich festgestellt 



habe, daß bei Kühen mit offener Lungen- 
tuberkulose die verschluckten Tuberkel- 
bazillen auf das Euter gelangen können, 
muß ich annehmen, daß es sich bei der 
Mischmilchprobe, die in der gewöhnlichen 
Weise ermolken worden ist, um eine solche 
Verunreinigung gehandelt hat. 

Weiter habe ich die Milch von 18 
lediglich reagierenden Kühen ohne Erfolg 
auf Meerschweinchen übergeimpft und die 
Milch von 10 dieser Kühe 5 Monate hin- 
durch an Meei^schweinchen, 4 Monate lang 
an 20 Ferkel und 8—11 Wochen lang an 
10 Kälber verfuttert, ohne daß auchnur eines 
dieser Tiere tuberkulös geworden wäre. 
Diese Tiere waren, wie schon erwähnt, 
in einem neuen, noch nie zu Versuchen 
benutzt gewesenen Stall untergebracht. 

Auf Grund dieser Untersuchungen 
glaubte ich die Sätze aufstellen zu dürfen: 

1. daß die Milch lediglich reagierender 
Kühe Tuberkelbazillen nicht enthält, 

2. daß die Ausmerzung der eutertuber- 
kulösen und der klinisch erkennbaren 
tuberkulösen Tiere als die wichtigste 
Maßnahme zur Verhütung der Tuber- 
kuloseübertragung auf den Menschen 
zu bezeichnen sei. 

Diesem Votum hat sich die Sachverstän- 
digen-Kommission, der ich meine im amt- 
lichenAuftragausgefuhrtenUntersuchungen 
vorzutragen hatte, angeschlossen. 

Außer mir haben völlig negative Re- 
sultate bei der Verimpfung der Milch 
lediglich reagierender Kühe erhalten: 
0. Müller in 9 Fällen, 
Ascher in 7 Fällen und 
Stenström in 50 Fällen. 

Stenström hebt hervor, sämtliche 
von ihm zu den Versuchen benützten 
Kühe hätten auf Tuberkulin reagiert, 
mehrere auch klinische Erscheinungen und 
bei der Obduktion ziemlich hochgradige 
Veränderungen der Tuberkulose gezeigt. 
Von den mit der Milch dieser Tiere 
geimpften Versuchstieren ist kein ein- 
ziges an Tuberkulose erkrankt. Sten- 
ström hat die Milch von den Kühen in 



209 — 



richtiger Würdigung der Möglichkeit einer 
Verunreinigung der Müchproben durch in 
der Stallluft enthaltene Tb. außerhalb 
des Stalles unter Beachtung möglichst 
aseptischer Maßnahmen gewonnen. Endlich 
haben die beiden bekannten amerika- 
nischen Autoren Schroeder und Cotton, 
die im gleichen Dienste sich befinden wie 
Mo hl er, Milch von 11 Kühen, von denen 
9 an generalisierter Tuberkulose, 2 an 
ausgebreiteter Tuberkulose der Brust- 
organe litten, an 224 Meerschweinchen 
verimpft und hierdurch nur 4 Stück = 
1,78 Proz. tuberkulös gemacht. Von 
132 Meerschweinchen und 19 Schweinen, 
die die Milch als Futter erhielten, wurde 
nur 1 Meerschweinchen = 0,76 Proz. tuber- 
kulös, das 357 Tage lang mit der 
Milch einer Kuh gefuttert worden war. 
Schroeder und Cotton, die selbst die 
Milch der an generalisierter Tuberkulose 
leidenden Kühe fast immer frei von Tb. 
fanden — im Gegensatz zu Mo hl er, 
Rabinowitsch, Moussu u. a., wie sie 
hervorheben — , erklären diese Versuchs- 
differenzen durch die Möglichkeit, daß 
die Bazillen durch Luftstaub, Streu, 
Fouragepartikel, Hautabschuppungen der 
Kühe oder die Hände der Melker in in- 
fizierten Stallungen in die Milch gelangen 
können. Deshalb sind auch die negativen 
Ergebnisse der Versuche höher zu be- 
werten als die positiven, wenn nicht die 
genannten Fehlerquellen mit absoluter 
Sicherheit ausgeschlossen werden können. 
Die Versuche von Schroeder und 
Cotton sprechen gewiß nicht zugunsten 
der Versuchsergebnisse von Martel und 
Guerin sowie von Moussu und de Jong, 
sondern sind eine direkte Unterstützung 
der meinigen, gleichwie die Versuche von 
Müller und Ascher und die älteren 
Versuche von zweien unserer größten 
Forscher, Bang und Nocard, die die 
Milch von 103 Kühen, die mit klinisch 
erkennbarer allgemeiner Tuberkulose be- 
haftet waren, auf das Vorhandensein von 
Tuberkelbazillen untersucht haben und 



ihr Vorhandensein nur in 9 Fällen fest- 
stellen konnten. In den 9 Fällen handelte 
es sich 6mal um Eutertuberkulose, Imal um 
die Milch einer Kuh, die an Tuberkulose 
zugrunde gegangen war, und in den 
beiden anderen Fällen um Tiere, die 
hochgradig tuberkulös waren. 

Endlich darf ich noch drei Tat- 
sachen anführen, die allesamt dafür 
sprechen, daß die Milch der lediglich 
reagierenden Kühe Tuberkelbazillen nicht 
enthält, die Untersuchungen über das 
Vorkommen von Tuberkelbazillen in der 
Marktbutter, die Feststellungen über das 
Auftreten der Schweinetuberkulose und das 
Ergebnis der periodischen Untersuchungen 
von Mischmilch aus Beständen, in denen die 
Tuberkulose durch Ausmerzung der offen- 
tuberkulösen Tiere zu tilgen versucht wird. 

Frau Dr. Rabinowitsch hat 80 Butter- 
proben, die aus den verschiedensten 
Butterhandlungen bezogen waren (30 Pro- 
ben wurden in Berlin, 50 in Philadelphia 
untersucht), auf das Vorhandensein von 
Tuberkelbazillen geprüft und in keinem 
einzigen Falle solche nachweisen können. 
In einer zweiten Versuchsreihe untersuchte 
Frau Dr. Rabinowitsch 15 Butterproben 
aus 14 verschiedenen Geschäften in Berlin 
und vermochte nur in zwei Proben, die 
aus einer und derselben Quelle — einer 
großen Meierei — stammten, Tuberkel- 
bazillen festzustellen. Die weitere Unter- 
suchung von Butterproben aus der gleichen 
Quelle ergab das regelmäßige Vorhanden- 
sein von Tuberkelbazillen in ihnen. 
Dieses grundverschiedene Verhalten der 
Butterproben aus einem großen milch- 
wirtschaftlichen Betrieb einerseits und 
anderen Butterverkaufsstellen anderseits 
spricht dafür, daß in der Milch der ledig- 
lich reagierenden Kühe Tuberkelbazillen 
nicht enthalten sind. Denn die Reaktions- 
tuberkulose ist bei den Milchkühen größerer 
Bestände gleichmäßig verbreitet und be- 
ziffert sich auf 75 bis 90 Proz. Würde 
mit der Reaktionstuberkulose eine Aus- 
scheidung von Tuberkelbazillen mit der 



— 210 — 



Milch einhergehen, so könnte kein Unter- 
schied in dem Tnberkelbazillengehalt der 
Butter aus verschiedenen Bezugsquellen 
bestehen. Da ein solcher Unterschied, und 
zwar in auffälligster Weise, feststeht, so muß 
dies auf einem anderen Grunde beruhen. 

In meiner ersten Publikation über den 
Tuberkelbazillengehalt der Milch lediglich 
reagierender Kühe habe ich schon darauf 
hingewiesen, daß das verschiedene Ver- 
halten der Milchprodukte aus verschiedenen 
Bezugsquellen hinsichtlich desV orkommens 
von Tuberkelbazillen nur durch die Euter- 
tuberkulose erklärt werden kann. Das 
Eutersekret von Kühen, die mit Tuber- 
kulose des Euters behaftet sind, ist außer- 
ordentlich reich an Tuberkelbazillen. 
Wenn solches Sekret, das im Anfang den 
Eindruck völlig normaler Milch machen 
kann, mit der 1000— 1 000 000 fachen 
Menge Milch gesunder Kühe vermischt 
wird, erzeugt es trotzdem noch bei Meer- 
schweinchen nach der Einspritzung in 
die Bauchhöhle oder unter die Haut 
Tuberkulose. Nun findet sich die Euter- 
tuberkulose bei etwa 0,5 Proz. aller 
Kühe. Deshalb ist in kleinen Betrieben, 
in denen die Milch weniger Kühe zur 
Verarbeitung kommt, die Möglichkeit, 
daß sich unter der gesamten Milch solche 
von eutertuberkulösen Kühen nicht be- 
findet, viel größer als in Betrieben, in 
denen die Milch von mehreren hundert 
und selbst tausend Kühen täglich ver- 
mengt und verarbeitet wird. In sehr 
großen Betrieben muß sich bei dem an- 
gegebenen Prozentsatz des Vorkommens 
eutertuberkulöser Kühe unter der zur 
Verarbeitung gelangenden Milch stets 
solche befinden, die von eutertuberkulösen 
Kühen herrührt. 

Ähnlich wie mit den Tuberkelbazillen- 
funden in der Marktbutter verhält es sich 
mit der Verbreitung der Schweinetuber- 
kulose. Die Schweine, die von kleinen 
Besitzern mit der Milch ihrer eigenen 
Kühe gemästet werden, sind nur zu etwa 
^2 — 4 Proz. tuberkulös, diejenigen da- 



gegen, die rohe Mischmagennilch aus 
großen Meiereien erhalten, weit häufiger, 
selbst bis zu 60 und 70 Proz. Auch hier 
kann es nur die Milch eutertuberkulöser 
Kühe mit ihrem enormen Bazillengehalt 
sein, die die Mischmilch von Hunderten 
von Kühen regelmäßig infektiös macht. 
Würde schon die Reaktionstuberkulose 
die Ausscheidung einer tuberkelbazillen- 
haltigen Milch bedingen, so müßten bei 
der ziemlich gleichmäßigen Verbreitung 
der Reaktionstuberkulose unter den Kühen 
auch die mit Milch gefutterten Schweine 
gleichmäßig mit Tuberkulose behaftet 
sein, unabhängig von der Größe der Be- 
triebe, aus denen die zur Ernährung der 
Schweine verwendete Milch stammt. 

Wie die Entfernung der eutertuber- 
kulösen Kühe auf die Häufigkeit der 
Schweinetuberkulose wirkt, hat jüngst der 
Schlachthofdirektor Stier in Wesel an 
einem instruktiven Beispiel gezeigt. In 
einer großen Molkerei wurden 40 Proz. 
aller geschlachteten Schweine tuberkulös 
befunden. Da der Vorschlag, die Mager- 
milch zu sterilisieren, nicht durchfährbar 
war, wurden die Bestände klinisch unter- 
sucht und hierbei sechs Kühe mit Euter- 
tuberkulose ermittelt. Nach Ausmerzung 
dieser Kühe ist die Häufigkeit der Tuber- 
kulose bei den Schweinen auf das normale 
Verhältnis, nämlich auf 4 Proz., gesunken. 

0. Müller hat nahezu 1600 Proben 
des Gesamtgemelkes von Kuhbeständen 
der ostpreußischen Herdbuchgesellschaft 
auf Tuberkelbazillen geprüft und solche 
nur in einem kleinen Teil der Proben 
gefunden. Fand Müller Tb. in einer 
Gesamtmilchprobe, so konnte er auch 
nahezu regelmäßig eine oder mehrere mit 
Eutertuberkulose behaftete Kühe in dem 
Bestand feststellen. In den wenigen 
Fällen, in denen sich eutertuberkulöse 
Kühe nicht nachweisen ließen, war das 
Vorhandensein der Tb. in der Milch 
ungezwungen durch eine Verunreinigung 
von außen durch Tiere mit offener Lungen-, 
Darm- oder Gebärmuttertuberkulose zu er- 



— 211 — 



klären, die sich in dem Bestände be- 
fanden. 

Ganz genau ebenso waren die Ergeb- 
nisse von Sammelmilchpräfungen, die in 
Berlin, Kiel, Stettin und Halle durch 
die Leiter der Bakteriologischen Institute 
der Landwirtschaftskammem ausgeführt 
worden sind. 

Meine Herren ! Ich glaube, Ihnen auf 
Grund dieser wissenschaftlichen Fest- 
stellungen und epidemiologischen Tat-r 
Sachen über die Ausscheidung von Tb. mit 
der Milch dieselbe Resolution vorschlagen 
zu müssen, die von der bereits erwähnten 
Sachverständigenkommission angenommen 
worden ist, 

daß die Ausmerzung der eutertuber- 
kulösen und der übrigen klinisch 
erkennbaren tuberkulösen Tiere als 
die wichtigste Maßnahme zur Ver- 
hütung der Tuberkuloseübertragung 
durch die Milch zu bezeichnen ist. 



Zur Kenntnis der Zersetzungsvorgänge an 
Fleisch bei höheren Temperaturen. 

Von 

Dr. Willy Pfeiler-Berlin, 

Aulstenten am Hygienischen Institut der Tierärztlichen 
Hochschule. 

Im Juliheft 1907 dieser Zeitschrift hat 
Ostertag (1) ein von der Technischen 
Deputation für das Veterinärwesen er- 
stattetes Gutachten veröffentlicht, das von 
Interesse für die Beurteilung der Zer- 
setzungsvorgänge ist, die beim Wildfleisch 
auftreten, wenn das Kadaver einige Zeit 
nach dem Schusse gelegen hat. 

Aus den im Gutachten angeführten 
Bekundungen der Zeugen ging folgendes 
hervor: 

Pas Fleisch stammte von einem Hirsch, der 
in der Nacht vom 12. zum 13. Juli 1899 gegen 
7(2 Uhr angeschossen und morgens um V4^ Uhr 
tot aufgefunden worden war. Das Kadaver 
wurde auf einen Wagen geladen und nach einem 
etwa 20 Minuten entfernt liegenden Waschhause 
gefahren. Hier erst wurde der Hirsch aufge- 
brochen. Nach einer oder anderthalb Stunden 
wurde er, offenbar noch nicht völlig ausgekühlt, 
verladen, mit nassen Säcken bedeckt (!) und 



nach S. transportiert, wo er am Nachmittage zer- 
legt wurde. Das Fleisch machte einen frischen 
Eindruck, Erscheinungen der Fäulnis oder 
Gärung, insbesondere ein tlbler Geruch waren 
bei der Zerlegung nicht wahrzunehmen. Ein Teil 
des Fleisches (61 Pfund) wurde noch am selben 
Tage, in einen Korb verpackt, versandt. Das 
Fleisch zeigte, als der Korb am 14. Juli mittags 
geöffnet wurde, ein „wäßrig-granes Aussehen, 
war schwammartig aufgetrieben. Die Keule er- 
schien doppelt so groß als in gutem Zustande. 
Beim Einstechen ließ das Fleisch Gase hoch- 
steigen". Wegen dieser Beschaffenheit wurde 
die Annahme der Fleischsendung verweigert. 
Daraufhin entspann sich ein Prozeß zwischen 
dem Absender in S. und dem Empfänger in N., 
der die Frage zum Gegenstand hatte, ob „die 
Ursache des Verderbens des Hirschfleisches, wie 
solche bei der Ankunft in N. festgestellt wurde, 
schon vor oder bei der Absendung In S. vor- 
handen war^. 

In dem von der Technischen Deputation 
erstatteten Gutachten wurde es als erwiesen 
angesehen, daß die Ursache des Ver- 
derbens schon vor der Absendung in S. 
vorhanden war. Die dem Gutachten bei- 
gegebene Begründung führte aus, 

„daß sich eine Zersetzung, wie sie an dem 
streitigen Fleische festgestellt wurde, nur dann 
entwickelt, wenn das Fleisch von Tieren stammt, 
die unaufgebrochen, das heißt im Zusammen- 
hang mit dem Darmkanale, kürzere oder längere 
Zeit gelegen haben. Hierbei können die im 
Darmkanal vorhandenen Fäulniserregcr in das 
Fleisch eindringen und unter besonderen Um- 
ständen in verhältnismäßig kurzer Zeit faulige 
Zersetzungen nicht nur der oberflächlichen, 
sondern auch der tieferen Fleischschichten unter 
starker Gasentwicklung hervorrufen. '^ 

Als Unterlage für den in diesem Gut- 
achten ausgesprochenen Standpunkt, der 
auch von Ostertag (2) in seinem Hand- 
buche der Fleischbeschau vertreten wird, 
könnten zwei Reihen von Untersuchungen 
über das Auftreten von Zersetzungs- 
erscheinungen an Fleisch dienen, die ich 
im Auftrage des damaligen Leiters des 
Hygienischen Institutes, Herrn Geheimrats 
Ostertag, ausführte. Dieselben hatten 
zum Zweck, festzustellen, welche groben 
Unterschiede in den Zersetzungsvorgängen 
sich an Fleisch beobachten lassen, das 
von geschlachtt^ten und gut ausgebluteten 



— 212 



oder von gestorbenen Tieren stammt und 
bei höheren Temperaturen aufbewahrt 
wird. Verwandt wurden aus den Vorder- 
oder Hintervierteln entnommene Fleisch- 
stücke, die nicht über 500 Gramm wogen. 
Dieselben stammten von einem gestorbenen 
(Pf. I) und einem moribund geschlachteten 
Pferde (Pf. II), von einem gestorbenen 
Rinde (R. I) und einem verendeten Schaf 
(Seh.). Die Eingeweide waren bei diesen 
Tieren etwa drei Stunden nach dem 
Tode entfernt worden. Als Kontrollen 
dienten zwei Fleischstücke von Rindern 
(R. II und R. in), die auf dem Berliner 
Schlachthofe gewerbsmäßig geschlachtet 
worden waren. Die für die Versuche be- 
nutzten Viertel hingen zwei und drei 
Tage, ehe die Feststellungen begannen, 
in einem Räume, dessen Temperatur 10^ C 
nicht überstieg. Zersetzungserscheinungen 
wurden bei dieser Art der Aufbewahrung 
nicht beobachtet. 

Für die Aufnahme der Fleischstücke 
dienten offene Glasschalen, auf deren 
Boden je drei etwa 3 cm hohe und 2 cm 
breite Holzleisten gelegt waren. Auf 
diese wurde das Fleisch gepackt, um der 
Luft von allen Seiten den Zutritt zu ge- 
statten. Diese Anordnung war nötig, 
da sich in einem Vorversuch gezeigt 
hatte, daß direkt auf dem Boden der 
Gefäße liegendes Fleisch, auch wenn es 
von gut ausgebluteten Tieren stammte, 
bei 370 C wegen der durch diese Lage- 
rung geschaffenen anaeroben Verhältnisse 
in kurzer Zeit in Fäulnis überging. Die 
so beschickten Schalen wurden in einen 
auf 37^ C eingestellten Brutraum gebracht. 
Diese Temperatur wurde absichtlich ge- 
wählt, um die zu beobachtenden Reaktionen 
schnell und kräftig auftreten zu lassen. 
Vor Beginn der Versuche waren das Ge- 
wicht der einzelnen Fleischstücke, ihre 
Reaktion, die Konsistenz, der Geruch 
und das Aussehen geprüft und aufge- 
zeichnet worden. Alle Stü cke reagierten in 
den Versuchen zu Anfang sauer, auffällige 
Unterschiede im Aussehen und der Be- 



schaffenheit waren an dem Fleisch der ge- 
storbenen und geschlachteten Tiere nicht 
wahrzunehmen. Während der Versuche 
selbst wurden die Fleischstücke auf ihre 
Reaktion an der Oberfläche und in der 
Tiefe, auf Veränderungen im Aussehen, 
in der Konsistenz und dem Gewicht, 
sowie auf die Absonderung von Flüssig- 
keit, das Auftreten von Gerüchen, auf 
grobsinnlich durch Form- und Konsistenz- 
yeränderung wahmehmbare Gasbildung 
und mittelst Bleiazetatpapier auf Schwefel- 
wasserstoffbildung geprüft. Die Fest- 
stellungen wurden eine Stunde nach Be- 
ginn der Versuche und dann in Zwischen- 
räumen von je zwei Stunden dreimal 
wiederholt. Tabellarisch sind die hierbei 
gemachten Veränderungen in bezug auf 
Reaktion, Gewicht und Schwefelwasser- 
stoffbildung eingetragen; die übrigen Fest- 
stellungen folgen den entsprechenden 
Tabellen. 

Sämtliche Fleischstücke zeigten nach 
einem einstündigen Aufenthalt im Brut- 
raume eine Dunkelung an der Oberfläche, 
das Schaffleisch sah anfangs dunkelrot, 
später gebräunt aus. Die Stücke Pf. I, 
Versuch I.*) . 



Zeit der 




Pf. 1 






PL W 


l*rilfiing 


9 I10I19I 2 1 4 


li m n\2\i 


Oberflilcli.- 


t 


















Heaktion 


s i a 


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s 


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B 


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« 


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Tiefen- 


















HcMktion 


s , ^ 


— 


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8 


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Gewicht , 


im Am 


450440,380 


im 


4M)!450 


44Ü39& 


Bilijlung V. 






1 
1 ^ 




1 






\lß . . , 


- 


— 




- 


-- 


— 




_ 


— 


— 



Zelt der 


R. I 


9 


Seh. 


Prüfung 


9 'I0il2i 2 1 4 


10 1 12 1 2 [ 4 


Oberfläch,' 


1 


! 
1 








Reaktion 


s 1 i 


a 


a'a 


s 


B 


am 


a 


a 


Tit^ren- 




















Keaktion 


s — 


& 


— 


B 


a 


_ 


a 


— ■ 


i& 


Uewicht . 


40o'400 


380380540 


490 


4S5 


480 


480 


45o 


3^il(lQDg V. 




1 












H^S , , . 


— 1 — 




— 


-1 


— 




— 


— 


+ 



*) In den Tabellen ist das Zeichen s = sauer, 
a = alkalisch, am = amphoter reagierend. 



— 213 — 



Kontrollen. 



Zeit der 


R. U 


R. III 


Prüfung 


9 !io 


12 1 2 


4 


9 


lOj 


12 


2 1 4 


Oberfläch.- 


















1 


Reaktion 


8 


8 


a 


a 


a 


8 


8 


a'a 


am 


Tiefen- 






















*Reaktion 


s' 


- ' 


8 


■— 


a 


8" 


' — 


8 


— 


am 


Gewicht . 


490 


490'480|475 


435 


500 


500 


490 


480 


445 


Bildung y. 






















HjS . . . 


— 


— 


— 


- 


— 


— 


— 


— 


— 


— 



Pf. n, E. I und Seh. nahmen weiterhin 
auf der Oberfläche ein schmierig grau- 
grünes oder graurotes, stellenweise glasig 
gequollenes Aussehen an. Sie hatten 
einen unangenehmen, fauligen (Schwefel- 
wasserstoff) oder widerlich süßlichen oder 
muffigen oder leicht stechenden Geruch 
nach Ammoniak. An dem von den ge- 
storbenen Tieren herrührenden Material 
zeigte sich nach Ablauf von 3—5 Stunden 
eine beträchtlicheUmfangs Vermehrung, 
während die KontroUstücke eher in ihrer 
Masse etwas ab- als zugenommen hatten. 
Die Schnittfläche der Stücke Pf. I, R. I 
und Seh. hatte ein gedunkeltes oder grau- 
rotes schwammiges Aussehen und wölbte 
sich vor. Das intermuskuläre Bindege- 
webe war verbreitert, trübe oder glasig 
durchscheinend, stark durchfeuchtet. Beim 
Einschneiden entwichen übelrieehendeGase 
aus dem Innern. Nach mehrstündigem 
Aufenthalt im Brutraume hatte sieh aus den 
Fleischstücken Pf. I, Pf. II und R. I mehr 
oder weniger Flüssigkeit abgesondert, die 
sich auf dem Boden der Gefäße als trübe, 
bräunlieh- oder graurote Ansammlung 
zeigte. Bei der letzten Besichtigung war 
die Konsistenz der nicht ausgebluteten 
Stücke im Gegensatz zu den Stücken 
R. n und R. ni, die gleichmäßig fest 
blieben, weicher, mürber, das Fleisch 
nahm Fingereindrücke an und ließ sich 
leicht durchbohren; man hatte das Gefühl, 
als wenn im Innern mit Luft gefüllte 
Hohlräume vorhanden wären. Dement- 
sprechend schienen diese Stücke beim 
abschätzenden Wägen mit der Hand leichter 
wie die der ausgebluteten Tiere. 



Versuch II. 
Für den zweiten Versuch wurde die- 
selbe Anordnung befolgt wie für I. Die 
Fleisehstüeke entstammten denselben 
Vorder- und Hintervierteln. Die Unter- 
suchung fand einen Tag später statt, die 
Feststellungen erfolgten in dreistündigen 
Zwischenräumen viermal am ersten und 
am Morgen des zweiten Tages um 8 Uhr. 



Zeit der 
Prüfung 



«Hierfläclj.- 
Heaktton 

Tiefen- 
liejiktioii 

Oewiebt , 

Bildung V. 
H,S . . . 



Pf. 1 

9 |12~ TT"6T8 



I 



B — 



S I — 



48O475'4riO'450 



Pf. II 



9 I tS I 3 I 6 i S 



I I 



— e 
360l480480;4f^5 



420 400 



Zeit der 


R. I 


Sek 


Priifntig 


9 12, 3 6 


8 


9 lä 3 6 


B 


Obedlndi.- 










1 






Keuktion 


ä 


s 


3 a 


a 


B am am 


a 


II 


Tiefen- 












1 






Heaktion 


ö 


— a — 


s 


SS 


— ' a 


— a 


Oi^ wicht . 


\m 


440,4:35 400 


365 


ÖOÜ 495:480 


460 445 


Bildimg V. 




1 




! 1 






H^Ä . . . 


— 




_ . _ 


— 


_ 


— ! — 


— 


— 



Kontrollen. 



Zeit der 


R. II 


R. III 




Prüfung 


9 12 


3 1 6 1 8 


9 12| 3 


6 1 8 


Oberfläch.- 










' 






Reaktion 


8 


8 


8 


a a 


8 


8 am 


a 


a 


Tiefen- 








1 


! 






Reaktion 


8 


— 


8 


-, * 


8 — a 


— 


8 


Gewicht . 


500 500 


470 


460 460 


500:495 490 


470 


450 


Bildung V. 






' 


1 1 


1 


HaS . . . 


— 


— 


— 


— — 


— 


— — 


- 


— 



Der Ausfall der Prüfung war im 
wesentlichen derselbe wie in Versuch I. 
Die Reaktionen verliefen in ungefähr der 
gleichen Intensität wie vordem. Ab- 
weichend war nur das Bild bei der fünften, 
am Morgen des zweiten Tages erfolgenden 
Untersuchung. Die Stücke Pf. I, Pf. 11, 
ß. I und Seh. waren vollkommen zersetzt. 
Die Gewichtsabnahme war dem langen 
Aufenthalt im Brutraum entsprechend eine 
stärkere. Vor allem war aber die be- 



— 214 — 



deutende Umfangsvermehrung auffallend. 
Die Fleischstücke hingen über den Rand 
der Schalen hinaus, so stark waren sie 
aufgetrieben. Die Kontrollen (R. 11 und 
R. III) dagegen zeigten nur eine geringe 
Umfangsvermehrung, in R. n machte sich 
leichte Gasbildung und eine schmutzig 
grünlichrote Verfärbung bemerkbar. 

Aus den objektiven Feststellungen 
in Versuch I und 11 geht hervor, daß das 
Fleisch krepierter und gewerbsmäßig ge- 
schlachteter, gut ausgebluteter Tiere, in 
etwa pfundgroßen Stücken bei 37^ C 
aufbewahrt, sich in bezug auf seine Ober- 
flächen- und Tiefenreaktion nicht wesent- 
lich voneinander unterscheidet. Es kann 
bei faulenden Objekten saure (Misch- 
prozesse), amphotere (Laken und saft- 
reiche Gegenstände) und alkalische Re- 
aktion vorherrschen (Ostertag). Mit 
dem Fortschreiten des Fäulnisprozesses 
scheint an der Oberfläche die alkalische 
Reaktion zuzunehmen, während in der 
Tiefe die Reaktion sauer bleiben oder 
wieder alkalisch werden kann. 

Die Gewichtsabnahme infolge von 
Flüssigkeitsverlust und Bildung von Gasen 
ist bei Fleisch von nicht ausgebluteten 
Tieren bei der gewählten Versuchs- 
anordnung eine beträchtliche. Sie kann 
bei Stücken von ungefähr 500 Gramm 
100 und mehr Gramm betragen, beläuft 
sich aber meist nur auf ungefähr 15 Proz., 
während sie bei Fleisch von ausgebluteten 
Tieren 10 Proz. nicht zu überschreiten 
scheint. 

Schwefelwasserstolfbildung ist durch 
die chemische Reaktion nur in einem 
Falle, und zwar bei Schaffleisch, nach- 
gewiesen worden. 

Außer diesen objektiven Feststellungen 
ließ sich eine Reihe anderer Erscheinungen 
beobachten. Das Fleisch krepierter Tiere 
bekommt, längere Zeit bei 37 ^ C auf- 
bewahrt, eher ein unappetitliches, schmie- 
riges Aussehen als das ausgebluteter 
Tiere. Mit dieser Veränderung des Aus- 
sehens geht parallel eine nicht unbeträcht- 



liche Umfangsvermehrung bei Fleisch 
gestorbener und nicht frühzeitig von den 
Eingeweiden befreiter Tiere. Im Innern 
solchen Fleisches tritt infolge bakterieller 
Umsetzungsprozesse eine Gasentwicklung 
unter gleichzeitigem Austritt von Flüssig- 
keit ein, die das Fleisch leichter maclk 
und ihm eine mürbe, schwammige Kon- 
sistenz verleiht. Hinsichtlich der bak- 
teriologischen Befunde sei hier nur so 
viel erwähnt, daß in dem Fleisch der 
gestorbenen und unausgeweidet liegen 
gelassenen Tiere regelmäßig Bakterien 
vom Typus der Ödembazillen gefunden 
wurden, deren Zahl bei der Aufbewahrung 
im Brutofen gewaltig zunahm. 

Literatur. 

1. Ostertag, R., Zur Kenntnis der Zer- 
setzungsvorgänge bei Wild, das einige Zeit 
unausgeweidet gelegen hat. Zeitschr. f. Fleisch- 
u. Milchhyg., 17. Jahrg., 10. H., 1907, S. 333—336. 

2. Ostertag, R., Handbuch der Fleisch- 
beschau. 4. Aufl., Stuttgart 1902, S. 772. 



Gutachten über ein Rehkalb im Sinne der 
Jagdordnung nebst Schema. 

Von 

K. Borchmann-Berlin, 

Pollseltlerarxt. 

Mit 8 Abbildungen.*} 

Schema: 

Am 19 . . wurde mir der 

Unterkiefer eines durch den Polizei-Wiicht- 

meister Nr. . . . am 

19 . . beschlagnahmten, von dem 

in an den 

Verkauf svermittler i 

Wildhändler 1 ^° ß®^""^» 

gesandten Rehes mit dem Er- 
suchen vorgelegt, ein Gutachten darüber abzu- 
geben, ob daraus mit Sicherheit geschlossen 
werden könne, daß das beschlagnahmte Tier ein 
Rehkalb sei. 

*) Die Photographien sind mit gütiger Erlaubnis 
des Direktors des Museums für Katurkunde in 
Berlin, Herrn Professors Dr. Brauer, im Zoolo- 
gischen Museum hergestellt worden. Bei der 
Auswahl der Stücke hat mich in liebenswürdiger 
Weise der Kustos der Säugetier-Sammlung, Herr 
Professor Matsch ie, unterstützt. Die Ab- 
bildungen 1—6 sind in natürlicher Größe, 7 und 
8 etwa im Verhältnis von 14:15 roproJuÄiert.' 



— 215 — 



Untersuchungsbefund. 

In dem als Beweismittel hier aufbewahrten 
Reh-Unterkiefer sind vier Paar Schneidezähne 
und auf jeder Seite Backenzähne vor- 
handen. Der und Backenzahn 

fehlt ganz, der ist im Durchbruch 

begriffen. 

Von den Schneidezähnen sind das 

Paar Milchzähne, das und Paar 

ist I ^^^^<^hB®l^> ^^ ist im Wechsel 

begriffen. Die beiden mittleren Milchschneide- 
Zähne (erstes Paar) sind als solche zu erkennen 
an der nach der äußeren (lateralen) Seite spitz- 
bogig geschweiften Form der Zahnkrone, femer 
an dem im Verhältnis zum Zahnhals auffallend 
breiten vorderen Rand der Beißiläche sowie 
außerdem an dem eine einzige Mulde bildenden 
hinteren Teile dieser Beißfläche, in der eine 
nur sehr schwach hervortretende Leiste an- 
gedeutet ist. Von den übrigen Schneide- 
zähnen kennzeichnen sich die des und 

Paares durch ihre feine und spitze, 

stiftförmige Gestalt als Milchzähne. Die ersten 
drei Backenzähne sind Milchzähne. Namentlich 
der dritte ist an seiner langgestreckten drei- 
teiligen Form deutlich als Milchzahn zu erkennen. 

Auf Grund dieses Befundes erstatte ich mein 
Giitachten, wie folgt: 

Wäre das beschlagnahmte Reh kein Kalb 
im Sinne der Jagdordnung, also bereits im Vor- 
jahre, d. h. 19 . ., gesetzt, so müßten, da der Zahn- 
wechsel des Rehes durchschnittlich mit 15 Monaten 
abgeschlossen zu sein pflegt, achtErsatz-Schneide- 
zähne und jederseits sechs Backenzähne vor- 
handen sein; es wäre mithin das bleibende 
Gebiß vollendet. Dies ist bei dem vorliegenden 
Unterkiefer jedoch nicht der Fall. Das fragliche 
Stück ist vielmehr der Zahnbildung nach ungefähr 

Monate alt, muß also unbedingt im 

Jahre 19 . . gesetzt sein. Das beschlagnahmte 
Reh ist somit zweifellos ein Reh kalb. 

Berlin, den 19 . . 



Polizeitierarzt. 
Anlage. 

AusfOhiiicbe Begründung nebst allgemeinen Er- 
läuterungen zur Informierung des Geiicbts.*) 
Eehkälber dürfen gemäß § 39 6 der 

Jagdordnung vom 15. Juli 1907 nur vom 

*) Anmerkung 1: Die ausführlichen £r- 
läutemngen sind aus allgemein wissenschaft- 
lichen Granden absichtlich etwas eingehender, 
etwa nach Art eines Obergutachtens gehalten. 
Zwecks ausschließlicher Abgabe eines einfachen 
gerichtlichen Gutachtens ist natürlich eine 
entsprechende Kürzung angezeigt. Der Verfasser. 



1. November bis einscliließlich 31. De- 
zember geschossen werden, mithin unter- 
liegen alle in der Zwischenzeit, das heißt 
in der Schonzeit erlegten Rehkälber nach 
§ 78, Absatz 3 der Einziehung. 

Vom 1. Januar bis 1. bzw. 15. Mai*) 
einschließlich erübrigt es sich, ein Rehkalb 
als solches nachzuweisen, da zu dieser Zeit 
Rehe gemäß §39 5, 6 überhaupt nicht gejagt 
werden dürfen; es genügt vielmehr ge- 
gebenenfalls lediglich der Nachweis, daß 
es sich an und für sich um ein Reh 
handelt. Dagegen hat die Polizeibehörde 
bei Beschlagnahmen in der Zeit, wo Reh- 
kälber schonpflichtig sind, das heißt vom 

2. bzw. 16. Mai bis 31. Oktober bzw. 
31. Dezember,**) jedesmal den einwand- 
freien Nachweis zu erbringen, daß nicht 
ein erwachsenes Reh, sondern ein Reh- 
kalb vorliegt. 

Praktisch kommt bei der polizeilichen 
Wildkontrolle hierfür in der Regel außer 
dem Monat September und Oktober 
namentlich der November und Dezember 
in Betracht. Vor September erlegte Reh- 
kälber werden nur sehr selten im fielen 
Verkehr angetroffen. Tatsächlich sind 
im August bereits Beanstandungen solcher 
vorgekommen. Zu dieser Zeit kann man, 
falls das betreffende Tier sich in der 
Decke befindet, in der Regel schon ohne 
weiteres an dem gefleckten Jugendkleid 
erkennen, daß es sich um ein Rehkalb 
handelt. Hat jedoch das Rehkalb 
bereits das Jugendkleid gewechselt und 
das einfarbige Winterkleid angelegt, dann 
müssen, da die erwachsenen Rehe das 
gleiche Haarkleid tragen, zu seiner Er- 
kennung andere Merkmale herangezogen 
werden. 



*) Anmerkung 2: In einzelnen Bezirken hört 
die Schonzeit far Rehböcke statt am 15. Mai 
gemäß § 40, Absatz 2a der JagdordnuDg schon 
am 1. Mai auf. Der Verfasser. 

**) Anmerkung 3: Die Bezirksausschüsse 
haben gemäß § 40, Absatz 2 c die Befugnis, für 
Rehkälber die Schonzeit zu verlängern oder auf 
das ganze Jahr auszudehnen und machen hiervon 
vielfach Gebrauch. Der Verfasser. 



— 216 — 



Als Kalb gilt das Jungwild beim 
Elch-, Bot-, Dam- und Eehwild gemäß 
§ 39 Abs. 3 der Jagdordnung „bis ein- 
schließlich zum letzten Tage des auf die 
Geburt folgenden Februars". 

Eehe werden in Deutschland durch- 
schnittlich Anfang Mai gesetzt. Die Setz- 
zeit fallt indes im südwestlichen Deutsch- 
land etwas früher, im nordöstlichen etwas 
später. Allein diese Verfrühungen oder 
Verspätungen sind für die praktische 
Handhabung der Jagdordnung belanglos. 

Das ßeh hört demnach ungefähr nach 
Ablauf von 10 Monaten auf, ein „Kalb 
im Sinne der Jagdordnung" zu sein. 

Bezüglich der Erkennung eines Eeh- 
kalbes ist folgendes zu bemerken. Aus 
dem Gewicht eines Rehes lassen sich 
keine sicheren Rückschlüsse auf das Alter 
ziehen, und zwar deshalb, weil das Ge- 
wicht erfahrungsgemäß oft sehr erheb- 
lichen Schwankungen unterliegt, je nach- 
dem das betreffende Tier unter mehr oder 
weniger günstigen klimatischen und Er- 
nährungsverhältnissen aufgewachsen ist 
oder früher oder später gesetzt wurde. 
So sind beispielsweise nicht selten früh 
gesetzte stark entwickelte Kitzböcke 
(Kälber) stärker an Wildbret, als „ge- 
ringe" Spießböcke vom vorhergehenden 
Jahre. Folglich können Rehe auf das 
gegebenenfalls ermittelte geringe Gewicht 
hin allein niemals ohne weiteres als 
Kälber angesprochen werden. 

Auch die Geweihbildung bietet er- 
fahrungsgemäß keine zuverlässige Hand- 
habe hierfür. Es ist längst nachgewiesen(l) 
und durch die neuere Wildmarken- 
forschung (2) bestätigt, daß die Entwick- 
lung der einzelnen Geweihstufen durch- 
aus nicht immer an ein bestimmtes 
Lebensalter gebunden ist. Zum Beispiel 
gibt es Rehböcke, die im zweiten Jahr 
kaum eine Andeutung von Rosenstöcken 
haben, und solche, die schon im November 
des ersten Lebensjahres auf sehr starken, 
bis 2,5 cm langen Rosenstöcken die ersten 
Knöpfe abgeworfen haben. Dadurch können 



die betreffenden Kälber das Ansehen von 
Spießern erhalten, d. h. von Rehen, die 
im Sinne der Jagdordnung ausgewachsen 
sind. Demzufolge ist die mehr oder 
weniger weit vorgeschrittene Geweih- 
bildung kein sicheres Alterskennzeichen. 
Der bei den meisten Beschlagnahmen 
männlicher Rehkälber gewöhnlich erhobene 
Einwand, daß das fragliche Tier deutlich 
Spieße aufgesetzt habe, ist somit völlig 
belanglos. 

Als einzig sicheres Merkmal bezüglich 
der Erkennung eines Rehkalbes kommt 
nach der wissenschaftlichen und prak- 
tischen Erfahrung die Altersbestimmung 
des Wildes auf Grund der Zahnbildung 
im Unterkiefer in Frage. Bis IV2 J*^ 
läßt sich das Alter eines Rehes mit 
Sicherheit feststellen. Maßgebend hierbei 
sind die mehr oder weniger charakteristi- 
schen Unterschiede in der Form und Zahl 
der Zähne vor und nach dem Zahnwechsel. 

Die Zahnformen des Oberkiefers bieten 
nicht ganz so scharf ausgeprägte Unter- 
scheidungsmerkmale und eignen sich da- 
her nicht so gut zur schnellen Alters- 
bestimmung, weshalb in nachfolgendem 
nur das Unterkiefergebiß Berücksichtigung 
finden soll. 

Das Auftreten und der Wechsel der 
einzelnen Zähne ist im allgemeinen an 
ein bestimmtes Lebensalter gebunden und 
tritt nur, je nach der früher oder später 
erfolgten Geburt, etwas früher oder später 
im Kalenderjahr in Erscheinung. Die da- 
durch bedingten zeitlichen Verschiebungen 
sind jedoch, wie schon erwähnt, nicht 
erheblich, so daß sie für die praktische 
Altersbestimmung nicht in die Wagschale 
fallen. 

Im ersten Lebensmonat werden in dem 
Unterkiefer eines Rehes vierPaarSchneide- 
zähne und jederseits drei Backenzähne vor- 
gefunden. Alle sind Milchzähne, d. h. sie 
fallen nach einer gewissen Zeit aus und 
werden durch bleibende, unter jenen 
hervorwachsende Zähne („Ersatzzähne", 
„Dauerzähne") ersetzt. 



— 217 — 



In den nachstehenden Abbildungen 
sind die Milchzähne mit arabischen, die 
Ersatzzähne mit römischen Ziffern be- 
zeichnet; die paarigen Schneidezähne 
werden von der Mitte des ünterkiefer- 
körpers nach außen, die Backenzähne von 
vom nach hinten gezählt. 

Die einzelnen Milchzähne und Ersatz- 
zähne sind durch Größe und Form von- 
einander mehr oder weniger auffallend 
verschieden. 

Der erste und namentlich der zweite 
Milch-Backenzahn sind von ihren Ersatz- 



Fig, L 



Ftg, 2, 



Der erste(mittlere) Milch-Schneide- 
zahn (Fig. 1) hat folgende Merkmale: Die 
Zahnkrone ist nach der äußeren (lateralen) 
Seite auffallend spitzbogig ausgezogen; 
der vordere Band der Beißfläche ist viel 
breiter als der Zahnhals; die Beißfläche 
selbst (hintere oder Zungenfläche) bildet 
eine einzige Mulde, die eine nur sehr 
schwach hervortretende Leiste enthält. 
Der erste Ersatz - Schneidezahn 
(Fig. 2 und 3) ist erheblich größer, 
seine Krone entweder gar nicht oder 
nur unerheblich nach außen geschweift 

Fig. 3. 




End9 September des 

ersten Jahres, Linkes 

Mi Ich' Schneidezahn- 

gebiß 



Dexember des ersten 

Jahres. Im Wechsel 

begriffenes linkes 

Sehneidexahngebiß 



Dexember des xweiten 

Jahres. lAnkes Ersatz- 

Sehneidegebiß 



vofn Unterkiefer des Rehes. 



Zähnen nicht ganz leicht zu unterscheiden; 
der erstere ist indes erheblich kleiner als 
sein Ersatzzahn, während sich der zweite 
Milch-Backenzahn vor seinem Ersatzzahn 
außerdem noch durch die schärfer aus- 
geprägten Höcker und Ränder auszeichnet 
(Fig. 7 und 8). 

Die drei äußeren Milch-Schneidezahn- 
paare, die zweiten bis vierten, lassen sich 
schon etwas leichter von ihren Ersatz- 
zähnen unterscheiden. Sie sind kürzer, 
stiftförmig und spitzer, also feiner, ihre 
Ersatzzähne kräftiger, d. h. länger, 
breiter, gerader und dicker (Fig. 1 — 3). 

Der erste (mittlere) Milch-Schneide- 
zahn und besonders der dritte Milch- 
Backenzahn lassen sich am leichtesten 
von ihren Ersatzzähnen unterscheiden. 



und hat einen ziemlich geraden vorderen 
Beißflächenrand. Bei nicht abgekauten 
Ersatzzähnen hebt sich eine scharf hervor- 
tretende höhere Längsleiste ab, durch 
die die Beißfläche in zwei Mulden 
geteilt wird, in eine schmalere, tiefere 
(laterale) und in eine breitere, flachere 
(mediale) Mulde. 

Der am meisten charakteristisch ge- 
formte dritte Milch-Backenzahn 
(Fig. 4 und 7) läßt sich am leichtesten 
von seinem Ersatzzahn unterscheiden. 
Er hat eine langgestreckte Form und zeigt 
drei deutlich abgegrenzte, hintereinander 
gelegene Teile, von denen jeder einen 
Höcker und eine Wurzel besitzt. Der 
Zahn ist also drei höckerig und drei- 
wurzelig. Seine ursprünglich scharfkantige 



— 218 — 



und namentlich am inneren (lingualen) 
Band spitzhöckerige Eaufläche kaut sich 
allmählich ab und wird flacher, ohne indes 
die charakteristische dreiteilige Form zu 



Fig. 4, 



Fig. 5, 




Junger, noch nickt ab- 
gekauter 



AUer, 
stark abgekauter 



Fig. 6. 



dreiteiliger 3. unterer Milch- 
Backenxahn des Rehes. 



verlieren (Fig. 5). Der dritte Ersatz- 
Backenzahn ist dagegen nur zwei- 
teilig, zweihöckerig und zweiwurzelig 
(Fig! 6). 

Der erste (mittlere) Milch-Schneide- 
zahn unterscheidet sich meistens, der 
dritte Milch-Backen- 
zahn dagegen stets von 
seinem Ersatzzahn so 
deutlich, daß ersterer 
in der Regel, letzterer 
in jedem Falle auch 
von einem Laien, 
der sich beide Formen 
(die Milchzähne und 
Ersatzzähne) einmal 
auf ihren Unterschied 
hin betrachtet hat, von 
seinem Ersatzzahn mit 
absoluter Sicherheit zu unterscheiden ist. 
Der Wechsel der Schneidezähne be- 
ginnt mit dem ersten (mittelsten) Paar 
im 6. bis 7. Lebensmonat, d. h. Ende 
Oktober bis Ende November. 

Das zweite Schneidezahnpaar wird im 
9. bis 10. Lebensmonat, also im Januar 
oder Februar, ausnahmsweise schon im 
Dezember des Geburtsjahres, also im 
8. Lebensmonat, das dritte im IL bis 




///. unterer Ersatx- 

Backenxahn des 

Rehes. 



12. Lebensmonat, im März bis April, und 
das vierte (äußerste) Paar im 12. bis 

13. Lebensmonat, mithin im April bis 
Mai des auf die Geburt folgenden Jahres 
gewechselt (Fig. 3 und 8). 

Die Entwicklung der Backenzähne 
geschieht in folgender Weise: 

Ungefähr im Alter von 5 bis 6 Mo- 
naten, etwa Ende September bis Oktober, 
bekommt das Eeh die vierten (Fig. 7) und im 
6. bis 7. Lebensmonat, also Oktober bis 
November, die flnftcn Backenzähne, unge- 
fähr zur selben Zeit, wo das erste (mit- 
telste) Ersatz-Schneidezahnpaar auftritt. 
Der vierte und fünfte Backenzahn sind 
beide zweiteilig. Bald nach dem Wechsel 
des vierten (äußersten) Schneidezahn- 
paares werden gewöhnlich vom 14. Lebens- 
monat ab, also etwa im Juni des auf 
die Geburt folgenden Jahres, die drei Milch- 
Backenzähne durch bleibende ersetzt. 

Ungefähr gleichzeitig, zuweilen noch 
etwas später, erscheint der sechste 
Backenzahn, der ein bleibender und 
ähnlich wie der dritte Milch-Backenzahn 
dreiteilig und dreihöckerig ist. 

Hiermit ist das bleibende Gebiß des 
Rehes vollendet (Fig. 8). 

Aus obigem geht daher folgendes 
hervor: 

Findet man in der in Frage kommenden 
Zeit, also vom September bis gegebenen- 
falls Ende Dezember, den dritten Backen- 
zahn dreiteilig vor und höchstens 
5 Backenzähne, so ist das betreffende Beh 
zweifellos als ein Kalb anzusprechen, 
gleichviel, welches Gewicht oder Geweih 
es hat. Denn es müßte sonst, falls es 
sich um ein erwachsenes vorjähriges Tier 
handeln würde, bereits seit dem Juni 
oder Juli desselben Jahres mit dem zwei- 
teiligen Ersatz - Backenzahn ausgestattet 
sein. Außerdem müßten sich im letzteren 
Falle der sechste Backenzahn sowie alle 
acht Ersatz -Schneidezähne vorfinden. 

Obwohl im August, wie oben ausge- 
führt, wegen des zu dieser Zeit noch vor- 



— 219 
Fig. 7. 




Linker Unterkiefer des Rehes mit dreiteiligem 3, Milck-Baekenxaknf Ende September des 1, Lebensjahres. 



Fig. 8. 




Linker Unterkiefer des Be^es piit x weiteiligem JJI^ Er satx- Backenzahn; Dezember des 2, J^bensjahres, 



— 220 



handenen gefleckten Jugendkleides die 
Verwechslung eines Rehkalbes mit einem 
erwachsenen Bock kaum in Frage kommt, 
will ich noch erwähnen, daß in seltenen 
Fällen der dritte drei teilige Milch-Backen- 
zahn noch im August des zweiten Jahres, 
bisweilen sogar noch später, 
vorhanden sein kann. In diesem 
Fall ist er indes ganz flach 
abgekaut (Fig. 5) und sitzt mit 
schwachen Wurzelresten nur noch 
lose dem bereits vorhandenen 
Ersatzzahn auf, während er in 
demselben Monat des 1. Le- 
bensjahres, also bei einem vier 
Monate alten Kalbe, scharf- 
kantige, hervorstehende Höcker 
und volle kräftige Wurzeln hat. 
Hierzu kommen außerdem noch 
die übrigen Merkmale, der sechste 
Backenzahn und die vollzähligen 
Ersatz-Schneidezähne. • 

Literatur. 

(1) Schaff, E., Jagdtierkunde. Berlin 1907. 
u. a. m. 

(2) Matschie, P., Die Ergebnisse der Wild- 
markenforschung auf der Geweihausstellung 1908. 
Monatsheft d. Allgem. Deutsch. Jagdschutz-Ver- 
eins usw., 13. Jg., Nr. 5, 1908, S. 93-102, dgl. 
Wild u. Hund, 14. Jg., Nr. 11, 1908, dgl. St. 
Hubertus, 26. Jg., 1908, dgl. Deutsche Jäger- 
zeitung, Bd. 50, Nr. 49. 1908. 



Abmagerung eines Schweines infolge 
Echinokolclceninvasion. 



Von 

Bolle-Düsseldorf. 

sUdt Obertierarat. 



Auf dem hiesigen Schlachthof wurde 
ein Schwein geschlachtet, das zu Leb- 

Fig. L 




Fig. 2. 




Leber (fes in Fig- ^ abgebildeten Schtceines. 



Schwein mit starker Echinokokkeninvasion der Leber, 

Zeiten durch starke Abmagerung auffiel. 
Die Domfortsätze der Rückenwirbel 
und die Rippen waren deutlich durch 
die Schwarte zu sehen; auffallend war 
femer der umfangreiche Bauch (Fig. 1). 
Das Tier wog lebend 90 kg. Nach 
dem Schlachten fand sich 
eine Leber von folgenden 
Dimensionen: Breite 85 cm, 
Höhe 65 cm, Dicke 25 cm. 
Gewicht 35,5 kg. Das 
Organ war vollständig mit 
Echinokokken durchsetzt 
(Fig. 2). Das Tier zeigte 
keine Spur von Fettgewebe, 
die Muskulatur war serös 
durchtränkt. Deshalb wurde 
der Tierkörper für un- 
tauglich erklärt und ver- 
nichtet. 

Während gewöhnlich die 
Tiere auf Echinokokken- 
invasion gar nicht reagieren, 
ist im vorliegende?! Fall 
phne Zweifel die Echino» 



221 — 



kokkenleber die Ursache der hoch- 
gradigen Abmagerung gewesen, da sich 



sonst keine pathologischen Veränderungen 
bei dem Tiere vorfanden. 



Referate. 



Kahn, F. und Böller, M., Gelatina 
sterllisata. 

(Therap. UonaUhefte 1907, Nr. 4.\ 

Infolge von Gelatineinjektionen, traten 
nach Literaturangaben 35 Fälle von 
Tetanus auf. Verfasser mahnen deshalb 
zur Vorsicht bei der Herstellung der 
Gelatine, damit Eeimfreiheit und das 
Fehlen von Tetanussporen garantiert 
werden. Zu empfehlen ist, die Gelatine 
nur aus ganz gesunden Schlacht- 
tieren und unter ganz besonderer asep- 
tischer Vorsicht herzustellen.*) w. 

Zipkin, B.y Über Biesenzellen mit rand- 
ständigen Kernen in Sarkomen. 

(Virehowf Archiv Bd. 186, 8. 240— S68.) 

Ausfährliche Beschreibung zweier Fälle 
von Sarkomen mit zahlreichen Riesen- 
zellen, die im ersten Falle ausschließlich 
randständige Kerne (Langhansscher 
Typus), im zweiten z. T. randständige, 
z. T. zentral gelegene Kerne aufwiesen. 

St. 

Forgeoty Orlgine de l'anthracose 
pulmonalre. 

(Journ. de möd. T6t. 1906, S. 739.) 

An der Hand der einschlägigen Literatur 
prüft Verf. die Streitfrage, ob als Ein- 
gangspforte fftr die Lungenanthrakose die 
Atmungsorgane oder der Darmkanal an- 
zusehen sind, und kommt zu dem Schluß, 
daß die Anthrakose nur durch Inhalation 
entsteht. ä. 

H. Adler-Karlsbad (Berlin), Znr Frage 

Ober den Gehalt an Extraktivstoffen 

des dunklen und welSen Fleisches. 

(Berl. Klin. Wochenschrift 1906, Nr. 8.) 

Aus neuen von ihm angestellten Unter- 
suchungen schließt Verfasser folgendes: 

*) Zur Bereitung chirurgisch zu verwendender 
Gelatine wäre hinsichtlich der Keimfreiheit das 
beste Material, worauf ich schon früher hin- 
gewiesen habe, das Fleisch von FOten. 

Oster tag. 



1. Genußfertiges Fleisch vom Rind und Kalb 
zeigt Differenzen, die eine Scheidung in dunkle 
und weiße Sorten rechtfertigen. 

2. Das Kochen begünstigt beim weißen 
Fleische die Entziehung der stickstoffhaltigen 
Extraktivstoffe mehr als das Braten. 

8. Durch die neugewonnene Erkenntnis er- 
halt der Erfahrungssatz von der relativen 
Schädlichkeit des dunklen gegenüber dem weißen 
Fleische eine Stütze. 

4. Unter Voraussetzung des schädigenden 
Einflusses der Extraktivstoffe, ist in der Kranken- 
emährung auf den Unterschied zwischen weißem 
und dunklem Fleische wenigstens bei gewissen 
Krankheiten (Gicht, Nephritis) Rücksicht zu 
nehmen. W. 

K. E. TTagner-Kiew^ Zar Frage der 
eosinophilen Leukozytose bei Echino- 
kokkus der innem Organe. 

(Zentralbl. f. innere Medistn 1908, Nr. 6.) 

Bei einem Soldaten, der mit Leber- 
nnd Lnngenechinokokken behaftet war, 
zeigte sich eine ganz ungewöhnliche 
Eosinophilie: durchschnittlich ca. 50 Proz. 
bei ca. 12 000 Leukozyten, während die 
neutrophilen Leukozyten stark vermindert 
waren (ca. 30 Prozent). Die Eosinophilie 
kann besonders bei Tumoren und andern 
Erkrankungen derLebervon diagnostischer 
Wichtigkeit sein ; sie zeigt sich aber erst 
dann, wenn infolge von Kontinuitäts- 
trennungder Blasenwand toxische Stoffe 
ins Blut gelangen. w, 

Uffenheimer A., Wie schfltzt sich der 
tierische Organismus gegen das Ein- 
dringen von Keimen vom Magendarm- 
kanal ans? 

(Manch. Med Woehenschr. 1907, Nr. 20.) 

Wenn das Alexin des Kaninchen- 
körpers durch die Injektion von Ziegen- 
erythrozyten absorbiert ist, so findet 
regelmäßig ein Übertritt der per so oder 
per klysma einverleibten Mikroorganismen 
ins Blut und in die inneren Organe statt, 
was normal beim erwachsenen Kaninchen 



222 — 



nicht der Fall ist. Es entscheidet demnach 
nach Uffen heimer der Gehalt an Alexin im 
Serum eines Individuums in letzter In- 
stanz darüber, ob Bakterien aus dem 
Magendarmkanal in die Blutbahn über- 
treten und sich hier zu halten vermögen. 

Si. 

Shitayama, G«, Über Pathogenität des 
Mäusetyphasbazillus fflr Mensehen. 

(Mfinchn. Med. Wocbenschr. 1907, Nr. ?0, 8. 970—980.) 

Shitayama berichtet über 5 teils ver- 
einzelt, teils als Massenerkrankungen auf- 
getretene Infektionen durch den Mäuse- 
typhusbazillus, bei denen 4 Menschen und 
1 Pferd der Erkrankung erlegen sind. 
Unvorsichtigkeit im Umgänge mit den als 
Mäusegift ausgeteilten Kulturen gab die 
Gelegenheit zur Infektion. st, 

Bertarelli, Übertragung der Manl- nnd 
Klaaenseaehe anf den Mensehen and 
Wiederimpfung der menschlichen Krank- 
heit anf die Binder. 

(Zentralbl. f. Bakt. 45. Bd., 1907, L Originale, H. 7, 8 «28.) 

Schon früher wurde die spontane und 
experimentelle Übertragung der Aphthen- 
seuche von fiind auf Mensch von mehreren 
Autoren festgestellt. Verf. beobachtete 
bei einem 18 jährigen und einem 8 jährigen 
Patienten, die mit maul- und klauen- 
seuchenkranken Bindern in Berührung 
gekommen waren, neben Allgemein- 
erscheinungen Aphthen an der Zunge 
und an der Lippen- und Backenschleimhaut, 
deren Eückübertragung auf Kälber leicht 
gelang. p, 

Galtier, Dangers inh^rents k la con- 
sommation des viandes provenant d'anl- 
maax tnbercnlenx. Nontoxicit6 des 
viandes, des laits et des lesions steri- 
lis^es par la coisson. Traitement de 
la taberealose par la steryehnine. 

(Journ. de indd. vfet. 1907, 8. 705/12.) 

Galtier stellte durch zahlreiche Ver- 
suche fest, daß die rohe Muskulatur 
tuberkulöser Tiere bei der Aufnahme 
durch den Verdwungstraktu« nur in 



seltenen Fällen und in diesen seltenen 
Fällen stets nur schwach virulent war. 
Galtier glaubt, daß es genüge, Tiere 
mit starker Abmagerung oder tuberku- 
lösen Veränderungen der Muskeln und 
Knochen zu beschlagnahmen, und schlägt 
vor, die in Frankreich noch bestehende 
strenge Beurteilung des Fleisches tuber- 
kulöser Tiere zu mildern. Galtier er- 
wähnt endlich noch von ihm ausgeführte 
Versuche, wonach durch die Einverleibung 
von Arsenik, Jodkalium und Strychnin die 
Widerstandsfähigkeit des Organismus ge- 
stärkt die Generalisation der Tuberkulose 
verhindert, die Entwicklung der Krank- 
heit verzögert, ja, daß eine Vernarbung 
tuberkulöser Veränderungen herbeigeführt 
werde. B. 

Fainschmidt, J., Beitrag znr Klinik der 
Vergiftungen mit Fleischgift. 

(Cbarkowaki med. Jovrrn.; Ref. in Ärztl. Sachveratftndigen- 
Zeitang 1908, Nr. 0, B. 198.) 

Durch den Genuß von Bindfleisch, das 
mit dem Bazillus enteritidis Gärtner infi- 
ziert war, erkrankten 8 Personen; 2 davon 
starben. Verfasser äußert den Wunsch, 
es möchten unsere Kenntnisse in bezug 
auf die Verbreitung dieser Erreger in 
der Natur sich erweiteni, damit die in 
Betracht kommenden Krankheiten der 
Schlachttiere sowie die bakteriologische 
Methodik der Fleischuntersuchung ein- 
gehend bearbeitet würden. w, 

Liefmann, H., Fleischvergiftung nnd 
Widalsche Reaktion. 

(Miinchn. Mediz. Wochenschrift, Heft 4, 28. L 1908.) 

In H. erkrankten anfangs August 50 
Soldaten und 12 Insassen eines Ver- 
sorgungsstiftes unter Erscheinungen, die 
zuerst als Influenza gedeutet wurden. Es 
stellte sich aber bald heraus, daß es sich um 
eine Hackfleischvergiftung handelte, 
hervorgerufen durch den Bacillus enteri- 
tidis Gärtner. Auffallend war es, daß 
Typhusbazillen durch das Serum der Er- 
krankten durchweg stärker agglutiniert 
wur^epi als die aus deu y^c^S isolierten 



— 223 — 



Gärtnerstämme. Ein Paratyphus-Bazillns 
Serum (Titer 15 000) agglutinierte die 
Gärtnerstämme nur bis 1 : 1000, Typhus- 
bazillen bis 1 : 500. Verfasser untersuchte 
weiterhin die Beeinflussung der isolierten 
Gärtnerstämme durch Serum von Menschen, 
die an Typhus erkrankt waren, und fand, 
daß von den 60 Fällen, in denen der 
Widal positiv war, die Gärtnerstämme in 
25 Fällen agglutiniert wurden. Durch 
Absättigungsversuche mit Gärtnerbazillen 
konnten die Agglutinine für diese aus dem 
Typhusserum entfernt werden, während 
die Typhusbazillen auch nachher noch be- 
einflußt wurden. Das Hackfleisch stammte 
aus einer Metzgerei, in der ein Metzger- 
geselle leichte Krankheitserscheinungen 
gezeigt hatte; aus seinen Faeces wurden 
Gärtnerbazillen isoliert. Ein anderer 
Metzgergeselle, der nicht krank gewesen 
war, hatte ebenfalls Gärtnerbazillen in 
den Faeces. Es handelte sich also nach L. 
um eine nachträgliche Verunreinigung des 
Hackfleisches mit Gärtnerbazillen, die von 
den beiden Metzgergesellen stammten. 

Pappe, Die gerlehtsärztlicheBearteilnng 
der ^^Konserylerang^^ von Nahrangs- 
und GenoBmitteln Yermittelst der Bor- 
säare. 

(Äntl. SacbversUndigen-Zeltung 1907, Nr. 16.) 

Im Anschluß an ein zu Eingang des 
Artikels abgedrucktes Obergutachten der 
wissenschaftlichen Deputation für das 
Medizinalwesen, das sich unter Ab- 
lehnung des Standpunktes der bekannten 
Borsäureverteidiger Liebreich und 
Gerlach gegen die Verwendung der 
Borsäure als Zusatz zu menschlichen 
Nahrungsmitteln ausspricht, teilt Professor 
Puppe -Königsberg Versuche mit, die er 
an vier Hunden vornahm, um festzustellen, 
ob ein Hund durch längere Zeit fort- 
gesetzte Fütterung mit Borsäuremengen, 
wie sie sich in mit Borsäure konservierten 
Nahrungsmitteln fanden (IV2 Proz.) ge- 
tötet werden kann, Diese Frage ist nach 



dem Ergebnis von Pupp es Versuchen zu 
bejahen. 

Unter den klinischen Erscheinungen 
bei den Versuchstieren war die starke 
Abmagerung besonders bemerkenswert; 
die Darmstörungen standen weniger im 
Vordergrund des Krankheitsbildes, obwohl 
sich anatomisch in allen vier Fällen ein 
mit Nekrose und Darmblutungen einher- 
gehender Darmkatarrh nachweisen ließ. 
Demnach charakterisiert sich die Bor- 
säure vorwiegend als ein Stoffwechselgift. 

Gr, 

Berberich, F. M., Kondensierte Milch. 

(Molkerei-Zeitung Hildeiheim 1908. Nr. S8, 8. 180.) 

Verfasser bespricht die Herstellung 
kondensierter Milch in den Vereinigten 
Staaten von Nordamerika. Die bekannteste 
Sorte ist die gezuckerte oder gesüßte 
Kondensmilch. Zu ihrer Herstellung 
wird Milch bei ziemlich hoher Temperatur, 
meist bei 85 bis 95 ^ C, pasteurisiert. In 
der heißen ungekühlten Milch wird feinster 
Saffinadezucker aufgelöst und zwar im 
Verhältnis von etwa 16 Pfund Zucker auf 
50 1 Milch. Dann wird im Vakuumapparat 
abgezogen, bis ein Vakuum von etwa 
600 mm erreicht ist und hierauf so 
weit eingedampft, bis das Gewicht un- 
gefähr 40% der angewandten frischen 
Milch beträgt. Nunmehr wird die Milch 
in Blechkannen abgefüllt und in kaltem 
Wasser auf 40 ^ C gekühlt. Die so her- 
gestellte Milch hält sich sehr lange, eine 
Sterilisation ist nicht nötig. 

Eine andere Sorte ist die un ge- 
zuckerte kondensierte Milch, die in 
derselben Weise hergestellt wird wie die 
gezuckerte, nur findet ein Zuckerzusatz 
nicht statt. Nach dem Eindampfen wird 
sie möglichst rasch in Büchsen von Vs 
bis 41/2 1 Inhalt gefüllt, mit der Maschine 
verschlossen oder verlötet und bei ziem- 
lich hoher Temperatur sterilisiert. Der 
schnelleren , gleichmäßigeren Erhitzung 
wegen findet die Sterilisation in Apparaten 
statt, in denen die Büchsen durch eine 



1 



— 224 — 



geeignete Vorrichtung in steter Bewegung 
gehalten werden. Dadurch soll eine Ab- 
tötung der Bakterien und ein Dicker- 
werden der Milch herbeigeführt werden, 
so daß ein Aufrahmen nicht mehr statt- 
finden kann und die Ware ein rabm.^' 
ähnliches Aussehen erhält^ Nach der 
Sterilisation kommen die Büchsen in den 
Schüttelapparat und werden 2—4 Wochen 
bei Bruttemperatur aufbewahrt, um dann 
auf ihre Sterilität geprüft zu werden. 
Erst hierauf werden sie in Kisten ver- 
packt und in den Verkehr gebracht. 

Als dritte Sorte kommt die konden- 
sierte Rohmilch in Betracht, bei deren 
Herstellung Milch auf ungefähr 72^ C 
pasteurisiert und dann im Vakuum auf 
ungefähr 25 bis 30 ^/q abgedampft wird. 
Nach der Konzentration wird sie schnell 
und möglichst tiefgekühlt. Infolgedessen 
ist sie wie frische Milch sehr leicht dem 
Verderben ausgesetzt und muß rasch ver- 
braucht werden. Sie wird meist för 
Restaurants, Schokoladenfabriken, Bäcke- 
reien hergestellt und dient auch zur Be- 
reitung von „Tee-Cream". [Wenn diese 
bei 72^ kondensierte Milch mit Konser- 
vierungsmitteln, etwa mit Borsäure ver- 
setzt wiirde, so wäre ihre Haltbarkeit 
ebenso groß wie die der beiden erst- 
genannten Sorten! D. R.] m. 



Rechtsprechung. 

— Ausübung privater Tfttlgkeit durch einen 
Sclilacbtliofinspelctor ohne Erlaubnis seiner vorge- 
setzten Behörde. 

EntscheiduDg des Kgl. Preußischen Ober- 
verwal tungsgeri ch ts. 

In der Klagesache des Schlachthofinspektors 
T. in A., der wider die Genehmigung des 
Magistrats private Tätigkeit bei einer Versiche- 
rungsgesellschaft ausgeübt hatte, gegen den 
Regierungspräsidenten in A. erachtete das Ober- 
verwaltungsgericht die gegen T. wegen Aus- 
übung privater Tätigkeit verhängte Ordnungs- 
strafe für gerechtfertigt und wies die gegen den 
Regierungspräsidenten erhobene Klage als un- 
begründet zurück. 



— Naohtrlglich auf Flaschen gefDIite Milch Ist 
keine Kinder- und Knrmilch. 

Kammergerichtsentscheidung. 

Der Milchhändler K. in X. wurde zur straf- 
rechtlichen Verantwortung gezogen, weil er ent- 
gegen der für B. erlassenen Polizeiverordnnng, 
wonach Kur- und Kindermilch nur in weiß oder 
halbweiß gefärbten Flaschen befördert und in 
den Verkehr gebracht werden darf, Milch in 
Kannen aus einer Milchkuranstalt in F. bezogen 
und erst in seinem Laden auf Flaschen gefüllt 
hat. Das Landgericht verurteilte als Berufungs- 
instanz den Angeklagten, da der Zweck der an- 
gezogenen Polizeiverordnung vereitelt werde, 
wenn man das Überfüllen von Kur- und Kinder- 
milch aus Blechkannen in Flaschen gestatte. 
Die gegen das Urteil des Landgerichts vom An- 
geklagten eingelegte Revision ist vom L Strafsenat 
des Kammergerichts zurückgewiesen worden. 



Amtliches. 

— Deutsches Reich. Bekanntmachung des Reichs- 
kanzlers, hetr. Änderung der AusfOhningsbestimmun- 
gen D nebst Aniagen a, h, c und d zum Schiacht- 
vieh- und Flelschbesehaugesetze, vcm 22. Februar 1908. 

Die Bekanntmachung, deren Wortlaut in 
Nr. 10 des laufenden Jahrgangs des Zentral- 
blattes für das Deutsche Reich abgedruckt ist, 
enthält folgende, die tierärztliche Untersuchung 
berührende Änderungen, die durch Kursivschrift 
hervorgehoben sind. 

AusfQhrungsbestimmungen D. 

Untersuchung und gesundheitspcllzeillche Be- 
handlung des In das Zoiliniand eingehenden Fleisches. 
§ 3. 

(2) Hierher gehört insbesondere das durch 
Pökelung, wozu auch starke Salzung zu rechnen 
ist, oder durch hohe Hitzgrade (Kochen, Braten, 
Dämpfen, Schmoren) behandelte Fleisch. AU 
genügend starke Pökelung (Salxung) ist nur eine 
solche Behandlung anzusehen, nach der das Fleisch 
auch in den innersten Schichten mindestens ßProxent 
Kochsalz enthält; auf Speck findet diese Bestimmung 
insofern Anwendung, als der angegd>ene Mindest- 
gehalt an Kochsalx nur in den etwa eingelagerten 
schwachen Muskelfleischsekiehten enthalten sein muß, 
§ 5. 



(3) 



b) Formaldehyd und solche Stoffe, die bei 

ihrer Verwendung Formaldehyd abgeben}) 

% 12. 

(3) Bei Sendungen von zubereitetem Fleische 

kann die Untersuchung auf Stichproben beschränkt 

werden, und zwar bei Fett und Därmen die ge- 



1) In § 5 sind außerdem unter Nr. 3 h die 
Worte „wnrf xum Färben von WursthüUen'* ge- 
strichen worden. 



— 225 — 



samte Prüfung, bei sonstigem Fleische die 
Prüfung auf 

a) Behandlung mit verbotenen Stoffen (i 5 
Nr. 3 und g 14 Abs. 1 unter b), 

b) Mindestgewicht (§ 7 Abs. 1 und g 14 
Abs. 1 unter ej, 

cj Durchpokelung oder sonstige genügende 
Zubereitung fg 3 Abs. 1, 2 und g 14 
Abs. 1 unter d). 
Die Beschränkung d^r Untersuchung auf Stich- 
proben ist jedoch nur in so weit zulässig, als die 
Sendung nach Inhalt der Begleitpapiere (Rech- 
nungen, Frachtbriefe, Konossemente, Ladescheine 
u. dgl.) eine bestimmte gleichartige, aus der- 
selben Fabrikation stammende Ware enthält, die 
auch äußerlich nach der Art 4er Verpackung 
oder Kennzeichnung (vgl. Anlage e. unter D) als 
gleichartig angesehen werden kann. Die Aus- 
wahl der Stichproben erfolgt nach den Be- 
stimmungen im § 14 Abs.d, 4 und § 15 Abs. 5. 
(4) Führt die Untersuchung bei einer Stichprobe 
XU einer Beanstandung, so hat die Beschaustelle 
die Untersuchung xu unterbrechen und den Ver- 
fügungsberechtigten sofort unter Angabe des Be- 
anstandungsgrundes XU benachrichtigen. Binnen 
einer eintägigen Frist nach der Benachrichtigung 
kann der Verfügungsberechtigte die Sendung , insoweit 
nicht eine unschädliche Beseitigung (g 19 Abs. 1 
unter I) oder eine Zurückweisung (g 19 Abs. 1 unter 
II und g 21) erforderlich wird, vor der weiteren 
Untersuchung freiwillig xurückxiehen (tgl. jedoch 
§ 25 Abs. 3). Erfolgt die Zurückziehung nicht, so 
sind xunäehst sämtliche nach g 14 Abs. 3, 4 und 
g 15 Abs. 5 entnommenen Stichproben auf den 
Beanstandungsgrund weiter xu untersuchen. Sofern 
nicht diese Untersuchung wegen Beanstandung aüer 
Stichproben nach g 19 Abs, 1 unter 11 A oder g 21 
Abs. 3 die Zurückweisung der ganzen Sendung 
xur Folge hat, ist der Verfügungsberechtigte xunäehst 
unederum von dem Ergebnisse der Untersuchung 
%u benachrichtigen. Binnen einer xwdtägigen Frist 
nach dieser Benachrichtigung steht ihm erneut das 
Becht xu, den nicht beanstandeten Rest der Sendung 
freiwillig xurückxuxiehen. Macht er auch von dieser 
Befugnis keinen Gebrauch, so ist die Untersuchung 
auf den Beanstandungsgrund bei Därmen und Fetten 
an der Gesamtheit der Packstücke, im übrigen aber 
an jedem einxelnen Fleischstücke des Restes der 
Sendung auszuführen. Die chemische Unter- 
suchung ist jedoch in diesem Falle — abgesehen von 
Fetten — in der Weise fortxusetxen, daß aus allen 
noch xu untersuchenden Packstücken oder als solche 
xu behandelnden Sendungsteilen Proben nach g 14 
Abs, 4 entnommen werden. Mit den nach diesem 
Absatx erforderlichen Benachrichtigungen ist ein 
Hinweis auf die dem Verfügungsberechtigten xu- 
stehenden Befugnisse und auf die sonstigen ai4s 



den Beanstandungen sich ergebenden Folgen, ins- 
besondere auf die bei Ausdehnung der Stichproben- 
Untersuchung eintretenden Gebührenerhöhungen xu 
verbinden. 

§ 14. 

(2) Bei der gemäß Abs. 1 unter b vorzu- 
nehmenden Prüfung hat auch eine chemische 
Untersuchun g stattzufinden : 

a) zur Feststellung, ob dem Verbot im 
§ 5 Nr. 2 zuwider Pferdefleisch unter 
falscher Bezeichnung einzuführen ver- 
sucht wird, wenn der Verdacht eines 
solchen Versuchs besteht und die 
biologische Untersuchung (Anlage a § 16) 
nicht xu einem entscheidenden Ergebnisse 
führt '^ 

b) zur Feststellung, ob das Fleisch mit 
einem der im § 5 Nr. 3 aufgeführten 
Stoffe behandelt worden ist; bei 
Schinken in Postsendungen bis xu3 Stück, 
bei anderen Postsendungen im Gewichte 
bis xu 2 kg, bei Speck und bei Därmen 
sowie bei Sendungen, die nachweislich 
als Umxugsgut von Ansiedlem und 
Arbeitern eingeführt werden, jedoch nur, 
wenn der Verdacht einer solchen Be- 
handlung besteht. 

(3) Liegen die Voraussetzungen des § 12 
Abs. 3 für eine Beschränkung der Untersuchung 
auf Stichproben vor, so hat sich die dort er- 
wähnte Prüfung bei Sendungen, die aus 1 oder 
2 Packstücken bestehen, auf jedes Packstück, 
bei Sendungen von 8 bis 10 Packstücken auf 
mindestens 2 Packstücke, bei größeren Sendun- 
gen auf mindestens den 10. Teil der Packstücke 
zu erstrecken. Besteht die Sendung aus unver- 
paMen Schinken oder sonstigen Fleischstücken, so 
sind bis xu 20 Stück a^s ein Packstück xu rechnen. 
Aus den hiernach auszuwählenden Packstücken 
oder als solche xu behandelnden Sendungsteilen ist 
xum Zwecke der Untersuchung — mit Ausnahme 
der im Abs. 4 geregelten chemischen Untersuchung 
nach Abs. 2 unter b — mindestens der 10. Teil 
des Inhalts, bei eigentlichen Packsiücken aus ver- 
schiedenen Lagen, zu entnehmen. Auf weniger 
als 2 Fleischstücke aus jedem einzelnen Pack- 
stück oder ali solches xu behandelnden Sendungs- 
teile darf die Untersuchung nicht beschränkt 
werden. 

{4} Zu der nach Abs. 2 unter b erforderlichen 
regelmäßigen, chemischen UrUerstAchung sind aus 
jedem der nach Abs. 3 ausgewählten Packsiüeke 
oder als solche xu behandelnden Sendungsieile min- 
destens eine Mischprobe und, wenn ein Packstück 
mehr als 30 Fleischstücke enthält, mindestens 
2 Mischproben aus möglichst vielen Fhischstüclcen 



— 226 — 



und bei eigentlichen Pcuikstüeken aus verschiedenen 
Lagen xu entnehmen. Außerdem ist aus den aus- 
geitählten Paeksiücken^ falls das Fleisch von Pökel- 
lake eingeschlossen ist oder äußerlich die Anwendung 
von Konservesalx erkennen läßt, noch je eine Probe 
der Lake oder, wenn möglich, des Salxes xu efit- 
nehmen. Besteht bei gleichartigen Sendungen von 
Speck oder Därmen der Verdacht einer Behandlung 
mit einem der im } 5 Nr, 3 aufgeführten Stoffe, 
so hat die %ur Aufklärung dieses Verdachts nach 
Abs, 2 unter b er forderliche ehemische Untersuchung 
mindestens an Stichproben xu erfolgen, die nach 
vorstehenden Grundsätxen ausxuicählen sind. Jedoch 
bedarf es bei Därmen — abgesehen von den danach 
etwa xu untersuchenden Lake- oder Konservesalx- 
proben — nur der Untersuchung je einer Miseh- 
probe, die aus den xur Siichprobenuntersuchung aus- 
gewählten Packstücken und xwar aus verschiedenen 
Lagen xu entnehmen ist, 

§ 15. 



(1) 



b) Geruch und nötigenfalls auf 

Geschmack, ferner auf das Vorhanden- 
sein von Schimmelpilzen 

(8) Die Hauptprflfung ist nach folgenden Ge- 
sichtspukten vorzunehmen : 

a) es ist zu prüfen, ob äußerlich am Fette 
wahrnehmbare Merkmale auf eine Ver- 
fälschung oder Nachmachung oder sonst 
auf eine vorschriftswidrige Beschaffen- 
heit hinweisen; 

außerdem ist: 

b) zu prüfen, ob das Fett verfälscht, nach- 
gemacht oder verdorben ist, unter das 
Verbot des § 3 des Gesetzes vom 
15. Juni 1897, betreffend den Verkehr mit 
Butter, Käse, Schmalx oder deren Ersatz- 
mitteln, fällt oder ob es einen der im 
§ 5 Nr. 2 der gegenwärtigen Bestim- 
mungen aufgeführten Stoffe enthält; 

c) Margarine auf die Anwesenheit des ge- 
mäß dem Gesetze vom 15. Juni 1897 
und der Bekanntmachung ^ betreffend Be- 
stimmungen xur Ausfuhrung dieses Ge- 
setxes, vom 4. Juli 1897 ( Reich s-Q esetx- 
blattl897, S.69JJ vorgeschriebenen Er- 
kennnngsmittels (Sesamöl) zu prüfen; 

d) Schweineschmalz mit dem Zeiß-Wollny- 
schen Refraktometer zu untersuchen. 

(4) Die Proben für die Hauptprüfung sind 
nach Maßgabe der Bestimmungen in Anlage c 
zu entnehmen und unverzüglich der zuständigen 
Stelle zu übermitteln. Bei Postsendungen und bei 
Warenproben im Gewichte bis xu 2 kg, ferner bei 
Sindungen, die nachweislieh als Umxugsgut von 
Ansiedlem und Arbeitern eingeführt werden, hcU 
die Hauptprüfung nur im Verdaehtsfcdle xu er- 
folgmt 



(5) Liegen die Voraussetzungen des § 12 
Abs. 3 für eine Beschränkung der Untersuchung 
auf Stichproben vor, so halben sich die Vor- 
prüfung und die unter Abs. 3a, c und d fallenden 
Untersuchungen der Hauptprüfung mindestens auf 
2 Packstücke, bei 40 und mehr Packstücken bis 
zu 100 auf 5 vom Hundert, vom Mehrbetrage bis 
zu 500 Packstücken auf 3 vom Hundert, von 
einem weiteren Mehrbetrage auf 2 vom Hundert 
zu erstrecken. 

§ 16. 

Für die Ausführung der Untersuchungen sind 
maßgebend: 

8. die Anweisung für die Probenentnahme 
zur chemischen Untersuchung vonFleisch 
einschließlich Fett sowie für die Vor- 
prüfung zubereiteter Fette und für die 
Beurteilung der Gleichartigkeit der Sen- 
dungen (Anlage c). 

§ 17. 

(1) ^ 

I. C 

e) Bei Schweineseuche oder Nesselfieber 
(Backsteinblattem) oder dem begrün- 
deten Verdacht einer dieser Krank- 
heiten; 

IL A 

.... Schweineseuche "oder Nessel- 
fieber (Backsteinblattem) 

'«L- .■.•.■.;. '"■ 

d) von Organen mit Sehma- 

rotxem, die durch den Fleischgenuß 
auf den Mensehen nicht übertragen 

werden können 

II. Von der Einfuhr zurückzuweisen ist das 
Fleisch, so weit es nicht nach I unschädlich be- 
seitigt werden muß, und zwar 

A, die ganxe Sendung^ 

a) wenn sämtliche daraus entnommenen 
Stichproben f§ 14 Abs, 3, 4) bei der 
Prüfung auf die Behandlung mit ver- 
botenen Stoffen f§ 5 Nr. 3, § i4 Abs. 1 
unter b) oder, abgesehen von Därmen, 
auf die Durchpökelung usw. (§ 3 Abs. 1, 2, 
§ 14 Abs, 1 unter d) wegen desselben 
Grundes beanstandet worden sind; 

b) wenn auch nur ein Fleischstück als 
Hundefleisch oder als Fleisch von Ein- 
hufern f§ 5 Nr. 2} erkannt ist; 

B. das ganxe Packsiück, 

a) wenn die Ware den Angaben in den 
Begleitpapieren nicht entspricht; 

b) wenn, abgesehen von dem Falle unter Aa, 
auch nur eine aus dem Packstück ent- 
nommene Probe wegen Behandlung mit 
verbotenen Stofftn (§ 5 Nr, 3, i 14 Abs, t 
unter b} beanstandet ist'^ 



— 227 - 



e) wenn in dem Paekaiüeke Därme gefunden 
sinä, die in Veterinär- oder geeundheits- 
polixeilieher Beziehung xu Bedenken 
Anlaß geben, aateeit nicht im Falle xu 
I unter d der Mangel durch Beseitigung 
der veränderten Teile behohen wird; 
di icenny abgesehen von dem Faüe unter Äa, 
sämtHehe aus dem Paekstüek ent- 
nommenen Proben fg 14 Abs. 3) wegen 
unvollständiger Fohelung usw. (i 3 Abs, 1, 
2, g 14 Abs. 1 unter d) beanstandet sind; 
e) wenn auch nur an einem Fleischstück 
Erscheinungen der Lungenseuche oder 
der Maul' und Klauenseuche vorliegen 
oder der begründete Verdacht dieser 
Krankheiten besteht. 

Bei Sendungen unverpackter Fleiseh- 
stücke ist als Pticksiück im Faüe xu b 
der nach g 14 Abs. 3 einem Paekstücke 
gleichxtieraehtende Teil einer Sendung an- 
zusehen; in den anderen Fällen unter B 
hat sich bei unverpackten Fleischstücken 
die Beanstandung nur auf das einxelne 
Fleischstüdc xu erstrecken. 
C. das einzelne Fleiscbstflck, dcts^ — abgesehen 
von den Fällen unter A und B — auf Qrund der 

Prüfung nach g 14, Abs. 1 beanstandet ist 

(2) Die Zurackweisung kann bei Be- 
anstandungen auf Grand der Bestimmungen in 
Abs. 1 unier II Ba unterbleiben, wenn nach- 
träglich für die Ware entsprechende Begleit- 
papiere beigebracht werden. 

§ 21. 

(1) ^ 

I 

b) wenn das Fett mit einem ranzigen, 
sauer-ranxigen, fauligen, oder sauer- 
fauligen Geruch oder Geschmack be- 
haftet 

(2) Stichproben (g 15 Abs. 5) 

§ 25. 

(2) (§18 Abs. 1 unter II Ba; § 19 

Abs. 1 unter II £a ; 

(3) im Falle des § 12 Abs. 4 

§ 27. 

A 

V. Statt der vorstehend unter Nr. II und IV 
vorgeschriebenen Kennzeichnung genügt bei nicht- 
enthäuteten Kälbern, Lämmern, Benntieren und 
Wildschweinen die Stempelung in der Nähe des 
Schaufelknorpels und neben dem Nierenfett oder an 
den Innenflächen der Hinterschenkel. 

B 

(2) Bei zubereiteten Fetten und Därmen 

hat die Kennzeichnung 

§ 28. 

(2) zu beseitigen, sotceit nicht nach 

g 18 Abs. l unter I B die Wiederausfuhr gestattet 
wird. 



S 29. 

(1) Fleisch, welches zwar nicht für den 
menschlichen Genuß bestimmt ist, aber dazu 
verwendet werden kann, darf ohne vorherige 
Untersuchung zur Einfuhr zugelassen werden, 
wenn die Unbrauchbarmachung für den mensch- 
lichen Gennfi entweder im Wege der fabrikations- 
mäßigen Behandlung durch geeignete Kontroll- 
maßregeln siehergestellt wird oder durch besondere 
Behandlung herbeigeführt ist. 

(2) Diese besondere Behandlung hat xu erfolgen: 

a) bei Fleisch, ausgenommen zubereitete 
Fette, durch Anlegen von tiefen Ein- 
schnitten und Zusetzen von Kalk, Teer oder 
rohen Steinkohlenteerölen (Karbolsäure, 
KresoÜ, bei getrockneten Schafdärmen 
auch von Kampfer oder Naphthalin, 

b) bei zubereiteten Fetten durch Vermischen 
mit gewöhnlichem, stark riechenden Brennr 
petroleum^ mit Teer, rohen Steinkohlen- 
teerölen (Karbolsäure, KresoJ), Gerber- 
trän, rohem BirkeniU {Birkenteer) oder 
Rosmarinöl. 

(3) Auf je 100 kg Fett sind zur Unbrauchbar- 
machung folgende Gewichtsmengen der einzelnen 
Mittel zu verwenden: 1 kg gewöhnliches, stark 
riechendes Brennpetroleum, 2 kg Teer, 2 kg rohe 
Steinkohlenteeröle (Karbolsäure, Kresol), 10 kg 
Gerbertran, 5 kg rohes Birkenöl (Birkenteer), 
1 hg Rosmarinöl. 

(4) Für das Verfahren bei der Unbrauchbar- 
machung der Fette sind die zollamtlichen Vor- 
schriften über das üngenießbarmaehen von Fetten 
maßgebend 

(5) Der Reichskanzler ist ermächtigt, noch 
weitere Mittel zur Unbrauchbarmachung zu- 
zulassen. 

§ 30. 

(1) (§12 Abs. 4 und § 24 Abs. 2) 

Anlage a. 

Anweisuno fOr die tierärztliche Untersuchung des In 

das Zolllnland eingehenden Fleischet. 

§2. 



In welchen Fällen und in welcher Weise die 
Prüfung zu 2 und 3 auf Stichproben beschränkt 
werden kann, richtet sich nach § 12 und § 14 
Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen D. 
§3. 



8. ob Organe oder sonstige Körperteile, auf 

die sich die Untersuchung zu erstrecken 

hat, fehlen oder angeschnitten sind (gg 6 

und 7 der Ausführungsbestimmungen DJ. 

§5. 



4 Die zur biologischen Untersuchung auf 
Einhuferfleisch erforderlichen Stoffe und 
Geräte; 



— 228 — 



§6. 

; insbesondere sind verdächtige 

oder erkrankte Teile anzuschneiden. 

Im gefrorenen Zustand eingehende Tierkörper 
müssen vor der Untersuchung aufgetaut werden. 
Bei Renntieren kann die Äufiauung auf die Ein- 
geweide beschränkt werden, wenn nicht das Ergebnis 
der Besichtigung des Muskelfleisches eine weiter- 
gehende Untersuchung erforderlich macht. 
§8. 

Bei Rindern und Renntieren 

§ 11. 

Auch sind die inneren Darmbein- 

drüsen, Lendendrüsen, Bugdrüsen, Scham-, Knie- 
falten- und Kniekehlendrflsen anzuschneiden und 
zu untersuchen. Von der Untersuchung der Enie- 
kehlendrüsen kann abgesehen werden, wenn in natür- 
lichem Zusammenhange mit den Tierkörpem Leber 
und Müx eingeführt und mit ihren Lymphdrüsen 
frei von Tuberkulose befunden werden. 

Die Untersuchung auf Trichinen erfolgt nach 
der besonderen Anweisung (Anlage b zu den 
Ausführungsbestimmungen D). 

Bei Wildschweinen darf auf Antrag des Ver- 
fügungsberechtigten von der Spaltung der Wirbel- 
säule und des Kopfes abgesehen werden, wenn auf 
andere Weise ausreichend sichergestellt ist, daß 
Finnen nicht vorhanden sind, 
§ 13. 



Erforderlichenfalls ist auch die Kochprobe ') 
und die Prüfung auf Kochsalz^) yorzunehmen. 
Hat die Prüfung auf Kochsalx eine deutliche 
Reaktion nicht ergeben, so ist ein etwa hühnerei- 
großes Stück aus den innersten Teilen des Fleiseh- 
stücks XU entnehmen und die Feststellung des Koch- 
salxgehalts^) ausxuführen. Die Untersuchung kann 
auch dem Chemiker übertragen werden. 



*) 



^) a) Herstellung des Reagens: looecm 
einer g prozentigen SilhernitratUSsung werden 
mit 100 ecm Normal -Ammoniakflüssigkeit 
vermischt. Von dieser Flüssigkeit sind 
je SO g in gelben Gläschen aufzubewahren. 
b) Ausführung der Prüfung: Von dem 
Fleische wird ein aus den inneren 
Schichten entnommenes haselnußgroßes, 
etwa S g wiegendes Stück in ein mit 20 g 
der Flüssigkeit beschicktes Reagenz- 
gläschen gebracht und darin einigemale 
kräftig geschüttelt. Wenn ein weißer, 
bei Tageslicht schnell schwärzlich 
werdender Niederschlag entsteht, ist 
das Fleisch gesalzen, wenn nicht, so 
ist es frisch. 
^J S g Flei^ich werden mit 2 g chlorfreiem See- 
sand und 2 bis 3 cem Wasser in einer Porzellan- 



Frisches Muskelt\eiBch ist 

Durchgepökeltes (gesalzenes) Muskel- 
fleisch hat 

Durchgekochtes (gebratenes, gedämpftes, 

geschmortes) 3ff«s^e/fleisch hat 

§ 15. 



In welchem Umfange die Untersuchung yor- 
zunehmen ist, richtet sich nach § 12 und 14 
Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen D. 
§16. 



Beim Vorliegen des Verdachts verbotswidriger 
Einfuhr von xubereüeten Einhuferfleisch (§ 2 Abs. 1 
Nr. 1} ist die biologische Untersuchung ausxuführen.^} 



schale zu einem gleichmäßigen Brei zerrieben. Dieser 
wird mit geringen Mengen Wasser in einen Maßkolben 
von HO cem Inhalt gespüUy der über der 100 ecm- 
Marke noch einen Steigraum von mindestens 10 cem 
hat. Darauf wird zu der Mischung Wasser hinzu- 
gefugt, bis die 100 ecm-Marke erreicht ist. Hierauf 
stellt man den Kolben, nachdem sein Inhalt tüchtig 
durchgeschüttelt ist, 10 Minuien lang in kochendes 
Wasser. Hierbei gerinnt das Eiweiße und die Flüssig- 
keit wird fast farblos. Nunmehr wird der KoWenin- 
haü durch Einstellen in kaltes Wasser schnell abge- 
kühlt, nochmals durchgeschüttelt und filtriert. Von 
dem klaren, fast farblosen FiUraJte werden je 25 ccm, 
wenn nötig, mit Natronlauge unter Anwendung von 
Lackmus als Indikator neutralisiert. In der neutrali- 
sierten Flüssigkeit wird nach Zusatz von 1 bis g Tropfen 
einer kalt gesättigten Lösung von Kaliumchromat durch 
Titrieren mit Yio Normal-Silbemitratlö'sung der Koch- 
salzgehalt ermittelt. 

^ Zur Ausführung der biologischen Unier- 
suchungen auf Pferdefleisch und anderes Ein- 
huferfleiseh sind mit einem ausgeglühten oder aus- 
gekochten Messer aus der Tiefe des verdächtigen 
Fleischstücks etwa SO g Muskelfieisch, möglichst ohne 
Fettgewebe, von einer frisch hergestellten Schnittfiäehe 
zu entnehmen und auf einer ausgekochten, mit un- 
geln-auchtem Schreibpapiere bedeckten Unterlage durch 
Schaben mit einem ausgekochten Messer zu zerkleinem. 
Die zerkleinerte Fleisehmasse wird in ein ausgekochtes 
oder sonst durch Hitze sterilisiertes, etwa 100 cem 
fassendes Erlenmeyersches Kölbchen gebracht, mit Hilfe 
eines ausgekochten sterilisierten Olasstabs gleichmäßig 
verteilt und mit 50 cem sterilisierter 0,85 proz. Koch- 
Salzlösung Übergossen. Gesalzenes Fleisch ist zuvor 
in einem größeren sterilisierten Erlenmeyerschen Kolben 
zu entsalzen, iridem man es mit sterilem destillierten 
Wasser übergießt und letzteres, ohne zu schütteln, 
während 10 Minuten mchrjtials erneuert. Das Gemisch 
von Fleisch und 0,85 proz, Kochsalzlösung bleibt zur 
Alisziehung der im Fleische vorhandenen Eiweiß- 
substanzen etwa drei Stunden bei Zimmertemperatur 
oder über Nacht im Eisschranke stehen, und darf, um 



229 



Sofern diese Unter sachung^ s. B. bei ungeeigneter 
Beschaffenheit des McUericds^ nicht xu einem ent- 
scheidenden Ergebnisse führt, ist die chemische 
Untersuchung (Anlage d xu den Ausfuhrungsbe- 
Stimmungen D, Erster Abschnitt unter 1) torxu- 
nehmen. 



eine klare Lögung zu erhalten, nicht gesehütteU werden. 
Zur Feststellung, ob die fiir die Untersuchung nötige 
Menge Eiweiß in Lösung gegangen ist, sind etwa 
g eem der Ausziehungsflüssigkeit in ein sterilisiertes 
Reagenzglas zu gießen und tüchtig durchzuschütteln. 
Entwickelt sich dabei ein feinblasiger Schaum^ der 
längere Zeit stehen bleibt, so ist der Auszug verwend- 
bar. Die zu untersuchende Eiweißlösung muß für die 
Ausfuhrung der biologischen Untersuchwng wie alle 
übrigen zur Verwendung kommenden Flüssigkeiten 
vollständig klar sein. Zu diesem Zwecke muß der 
Fleisehauszug filtriert werden, und zwar entweder durch 
gehärtete PajnerfiUer, oder, wenn hierbei ein klares 
FiUrat nicht erzielt wird, durch ausgeglühten Kiesel- 
gur auf BüchTiersehen Trichtern oder auch durch 
Berkefeldsche Kieselgurkerzen. Das Filtral ist für die 
weitere Prüfung geeignet^ wenn es wie der unfiürierte 
Auszug beim Schütteln schäumt und außerdem eine 
Probe (etwa 1 ccm) beim Kochen naeh Zusatz eines 
Tropfens Salpetersäure vom spezifischen Gewicht 1,1 5 S 
eine opalisierende Eiweißtrübung gibt, die sieh nach 
etwa fünf Minuten langem Stehen als eben noch er- 
kennbarer flockiger Niederschlag zu Boden senkt. 
Dann besitzt das FiUrat die für die biologische Prüfung 
zweckmäßigste Konzentration des Eiweißes in der 
Ausziekungsflüssigkeii {etwa 1 : SOG). Ist das FiUrat 
zu konzentriert, so muß es so lange mit sterilisierter 
Kochsalzlösung verdünnt werden, bis die Salpetersäure- 
Kochprobe den richtigen Grad der Verdünnung anzeigt. 
Femer soll das FiUrat neutral, schwach sauer 
oder schwach alkaliseh reagieren. 

Von der fiürierten, neutralen, schwach sauren 
oder schwach alkalischen, völlig klaren Lösung 
wird mit ausgekochter oder anderweitig durch Hitze 
sterilisierter Pipette je 1 ccm in 2 Reagenzröhrchen 
von je 11 eem Länge und 0,8 Durchmesser {Röhrchen 
1 und g) gebracht. In ein Röhrchen S wird 1 ccm 
eines ebenfalls klaren, neutral, schwach sauer 
oder schwach alkalisch reagierenden, aus 
Pferdefleisch in gleicher Weise hergestellten FiUrats 
eingefüllt. Weitere Röhrchen 4 und 5 werden mit 
je 1 ccm einer ebenso hergestellten Schweine- und 
Rindfleischlösung beschickt. In ein Röhrchen 6 wird 
1 eem sterilisierter 0,86 proz. Kochsalzlösung gegossen. 
Die Rökrchen werden in ein kleines, passendes Reagenz- 
glasgestell eingehängt. Sie müssen vor dem Gebrauch 
OMsgckocht oder anderweitig durch Hitze sterilisiert 
und vollkommen sauber sein. Zum Einfüllen der ver- 
schiedenen Lösungen in die einzelnen Röhrchen sind 
je besondere sterilisierte Pipetten zu benutzen. Zu 



Bestehen Aber das Vorhandensein von Fäulnis 
Zweifel, so ist frisches Fleisch der Salmiak- 
probe*) zu unterwerfen, von Salzfleisch eine 
kleine Probe zu kochen und auf seinen Geruch 
zu prüfen. 

§ 17. 

Liegt der Verdacht der Anwendung eines der 
nach § 6 Nr. 3 der Atisführungsbestimmungen D 



den, wie angegeben^ beschickten Röhrchen wird, mit 
Ausnahme von Röhrchen 2, je 0,1 ccm vollständig 
klares, von Kaninchen gewonnenes Pferdeeiweiß aus- 
fällendes Sertim von bestimmtem Titer so zugesetzt, 
daß es an der Wand des Röhrchens herabfließt und 
sieh auf seinem Roden ansammelt. Zu Röhrchen 2 
wird 0,1 eem normnies, ebenfalls völlig klares 
Kaninehen- Serum in gleicher Weise gegeben. 

Die Röhrchen sind bei Zimmertemperatur aufzu- 
bewahren und dürfen nach dem Serum-Zusatze nicht 
geschüttelt werden. 

Reurteilung der Ergebnisse. Tritt im Röhr- 
chen 1 ebenso wie in Röhrchen S nach etwa fünf 
Minuten eine hauchartige, in der Regel am Roden 
des Röhrchens beginnende Trübung auf, die sich 
innerhalb weiterer fünf Minuten in eine wolkige um- 
wandelt und Tuuih spätestens SO Minuten als Roden- 
salz absetzt, während die Lösungen in den übrigen 
Röhrchen völlig klar bleiben, so handelt es sich um 
Pferdefleisch {oder anderes Einhuferfleisch). Später 
entstehende Trübungen dürfen als positive Reaktion 
nicht aufgefaßt werden. Zur besseren Feststellung der 
zuerst eintretenden Trübung können die Röhrchen bei 
auffallendem Tages- oder künstlichem Lichte betrachtet 
werden, indem hinter das belichtete Reagenzglas eine 
schwarze Fläche {z. B. schwarzes Papier oder dgl.) 
geschoben wird. 

Das ausfällende Serum muß einen Titer 1 : 20 000 
haben, d. h. es muß noch in der Verdünnung 1 : 20 000 
in einer Lösung von Pferdeblut- Serum binnen fünj 
Minuten eine beginnende Trübung herheiführen. Der- 
artiges Serum ist bis auf weiteres vom Kaiserlichen 
Gesundheitsamt erhältlich. Das Serum wird in Röhrchen 
von 1 ccm Inhalt versandt. Getrübtes oder auch nur 
opalisierendes Serum ist nicht zu verwenden. Serum, 
das durch den Transport trüb geworden ist, darf nur 
gebraucht werden, wenn es sich in den oberen Schichten 
binnen 12 Stunden vollkommen klärt, so daß die 
trübenden Bestandteile entfernt werden können. Zur 
Untersuchung soll stets nur der Inhalt eines Röhrchens, 
nicht dagegen eine Mischung mehrerer Röhrchen ver- 
wendet werden. 

*) Ein Reagenzglas oder zylindrisches Glas- 
gefäß von etwa 2 cm Durchmesser und 10 cm 
Länge wird mit einem Gemische von 1 Raumteil 
Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,124, 3 Raum- 
teilen Alkohol .... 



— 230 



verbotenen Stoffe vor^ so ist^ unbescfta^fet der im § 14 
Abs, 2 zu b daselbst vorgeschriebenen regelmäßigen 
chemischen Untersuchungj eine solche xur Auf- 
klärung des Verdachts nach der besonderen An- 
toeistmg (Anlage c und d der AusfUhrungsbe- 
Stimmungen DJ xu veranlassen. 
Anlage b. 

Anweisung fOr die Untersuoliung des Fleisclies auf 

Tricliinen und Finnen. 

§2. 

Auf die mikroskopische ÜDtersuchung der 
Proben eines Schweines oder eines kalben zube- 
reiteten Schweines .... 

§3. 

.... Wenn aus mehreren Schweinen oder 
halben zubereiteten Schweinen .... Die einzelnen 
Schweine oder halben zubereiteten Schweine .... 
§ 4. 

Die Proben sind in der Größe einer Bohne 
oder Haselnuß zu entnehmen, und zwar bei ganzen 
Schweinen oder halben zubereiteten Schweinen aus 
folgenden Körperstellen: .... 
§5. 

.... Bei ganzen Schweinen oder halben zu- 
bereiteten Schweinen .... 

§9. 
.... 20 Schweine, 20 halbe zubereitete Schweine 
.... bis zu 25 Schweine, 26 halbe zubereitete 
Schweine .... 

— Königreicli Preußen. Untersucliung des aus- 
iändisclien Fleisches. Allgemeine Verfügung des 
Ministeriums fflr Landwirtschaft, Domänen und 
Forsten. Nr. 18 für 1908 vom 6. März 1908. 

Die AusfQhrungsbestimmungen D nebst An- 
lagen a, b, c und d zum Fleischbeschaugesetze 
sind durch Beschluß des Bundesrats in mehreren 
Punkten abgeändert und in ihrer jetzigen Fassung 
durch die Bekanntmachung des Herrn Reichs- 
kanzlers vom 22. Februar d. J. (Zentral-Bl. f. d. 
D. R. Nr. 10 Bl. 59/103) neu veröffentlicht worden. 

In den beigefügten Abdrücken dieser Be- 
kanntmachung sind die Änderungen, die am 
1. April d. J. in Kraft treten, durch den 
Druck hervorgehoben worden. Mit Rücksicht 
auf die große Zahl der Änderungen wird von 
ihrer Anführung und weiteren Erläuterung hier 
abgesehen. Den Beschaustellen (einschließlich 
der chemischen Untersuchungsstellen) ist aber 
eine sorgfältige Durcharbeitung der neuen Be- 
stimmungen besonders zur Pflicht zu machen, 
damit Verstöße gegen die üntersuchungsvor- 
schriften vermieden werden. 

Ergänzend wird folgendes bemerkt: 

1. Nach § 3 Abs. 2 der Ausführungsbe- 
stimmungen und § 13 Abs. 2 der Anweisung 
für die tierärztliche Untersuchung (Anlage a) soll 
fortan in zweifelhaften Fällen bei der Prüfung 



von Fleisch auf genügende Durchpökelung der 
Kochsalzgehalt des Fleisches festgestellt werden. 
Vorbehaltlich besonderer Anordnungen für ein- 
zelne Beschaustellen bestimmen wir hierdurch, 
daß diese Feststellung im allgemeinen von den 
Tierärzten der Beschaustellen vorzunehmen ist 
Bei denjenigen Beschaustellen, bei denen staat- 
liche chemische Laboratorien vorhanden sind, 
können letztere mit der Prüfung beauftragt 
werden. 

2. Im § 5 der Ausführungsbestimmungen sind 
unter Nr. 3 h die Worte „und zum Färben von 
Wursthüllen" gestrichen worden, da Würste aus 
dem Auslande nicht eingeführt werden dürfen. 
Hierdurch wird ein Anlaß zu der irrigen Auf- 
fassung beseitigt, als ob Därme zur Verwendung 
als Wursthüllen in gefärbtem Zustande ein- 
geführt werden dürften. 

3. Im § 14 der Ausführungsbestimmungen 
ist der bisherige Abs. 2 in Wegfall gekommen; 
die Prüfung von Därmen hat nach den Vor- 
schriften in Abs. 1 a. a. 0. zu erfolgen. 

4. Nach § 14 Abs. 2 zu a der Ausführungs- 
bestimmungen und § 16 Abs. 2 der Anweisung 
für die tierärztliche Untersuchung (Anlage a) ist 
künftig beim Vorliegen des Verdachts verbots- 
widriger Einfuhr von Einhuferfleisch die bio- 
logische Untersuchung auszuführen. Das bei 
§ 16 der genannten Anweisung näher beschriebene 
Verfahren beruht auf der Ausfällung des Pferde- 
fleischeiweißes durch ein spezifisches Serum. 
Es ist nicht anwendbar, wenn aus dem ver- 
dächtigen Fleische infolge besonderer Art der 
Zubereitung, die das Eiweiß unlöslich macht 
(z. B. Kochen oder scharfes Räuchern), Eiweiß 
nicht ausgezogen werden kann. In solchen 
Fällen muß, wie bisher, zum Nachweis des 
Pferdefleisches die chemische Untersuchung an- 
gewendet werden. Sie ist nach den abgeänderten 
Vorschriften unter I des ersten Abschnittes der 
Anweisung für die chemische Untersuchung (An- 
lage d) auszuführen. Das Verfahren, das auf 
der Bestimmung des Glykogens beruht, ist bei 
dieser Untersuchung in Wegfall gekommen. 

Da Untersuchungen auf Pferdefleisch nach 
den bisherigen Erfahrungen verhältnismäßig selten 
auszuführen sind", sollen die biologischen Unter- 
suchungen auf bestimmte Beschaustellen be- 
schränkt werden. Die übrigen Stellen haben 
Vorkommendenfalls Proben des verdächtigen 
Fleisches an die zur Untersuchung befugte Be- 
schaustelle zu übersenden. 

Vorbehaltlich späterer Änderungen bestimmen 
wir hierdurch, daß die biologischen Unter- 
suchungen auszuführen sind: 

a) bei der Beschaustelle in Königsberg für 
die Beschaustellen in Königsberg, Memel, 



— 231 



Eydtkubnen, Tilsit, Prostken, Danzig und 
Thorn, 

b) bei der Beschaustelle in Berlin für die 
Beschaustellen in Berlin, Magdeburg, Halle 
und Erfurt, 

c) bei der Beschaustelle in Stettin für die 
BeschauBtelle daselbst, 

d) bei der Beschaustelle in Breslau für die 
Beschaustellen in Breslau, Myslowitz, 
Kattowitz, Ratibor, Posen und Brombcrg» 

e) bei der Beschaustelle in Altona für die 
Beschaustellen in Altona, Flensburg, Kiel, 
Rendsburg und Geestemünde, 

f) bei der Beschaustelle inBentheim für die Be- 
schaustellen in Bentheim, Emden, Weener 
und Münster, 

g) bei der Beschaustelle in Borken für die 
Beschaustellen in Borken und Bocholt, 

h) bei der Beschaustelle in Duisburg-Ruhrort 
für die Beschaustellen in Duisburg-Ruhrort, 
Crefeld, Duisburg, Emmerich, Essen, Goch, 
Kaldenkirchen, Dortmund und Lippstadt, 
i) bei der Beschaustelle in Köln für die Be- 
schaustellen in Köln, Düsseldorf, Elber- 
feld, Dalheim, Aachen und Düren, 
k) bei der Beschaustelle in Frankfurt a. M. 
für die Beschaustellen in Frankfurt a. M., 
Koblenz und St. Johann-Saarbrücken. 
Nur die zur Ausführung der Untersuchungen 
vorstehend bestimmten Beschaustellen sind mit 
den erforderlichen Stoffen und Geräten gemäß 



§ 5 Abs. 1 Nr. 4 der Anweisung für die tier- 
ärztliche Untersuchung (Anlage a) auszurüsten. 

Wir machen hierbei darauf aufmerksam, daß 
vor einiger Zeit bei einer Beschaustelle der 
Versuch gemacht worden ist, Pferdedärme 
unter der Bezeichnung als Rinderdärmo 
einzuführen. 

Die Beschaustellen werden auf ähnliche Vor- 
kommnisse ihr besonderes Augenmerk zu richten 
haben. 

5. Soweit sich in den vorhandenen Beschau- 
büchem die nach dem neuen Beschaubuchmuster 
vorgeschriebenen Angaben ohne große Er- 
schwerung der Übersichtlichkeit unterbringen 
lassen, sind die alten Bestände zu verbrauchen. 
Im übrigen sind vom 1. April d. J. ab neue Be- 
schaubficher anzulegen. 

Wir ersuchen, die Beschaustellen hiemach 
unverzüglich mit den erforderlichen Weisungen 
zu versehen, zu welchem Zwecke wir auch Ab- 
drücke dieser Verfügung in der nötigen Zahl 
beifügen. 

Den Provinzialsteuerdirektoren ist der Erlaß 
von hier aus mitgeteilt worden. 

Der Minister für Landwirt- 
schaft, Domänen u. Forsten. 
L A.: Küster. 
Der Minister der geistlichen, 
Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten. 
L A.: Förster. 



Der Finanzminister. 
L A.: Köhler. 



Statistische Berichte. 



— Die vorläufigen Ergebnis8e der Viehzählung 
und der Zählung der Hausschlachtungen vom 2. De- 
zember 1907 fOr den preuGitchen Staat sowie die 



FQrotentOmer Waldeok 

„Stat. Korrespondenz' 



und Pyrmont Nach der 
waren vorhanden: 



Im Jahre 


Pferde 


Rinder 


Schafe 


Schweine 


Ziegen 


Federvieh 


1873 


2 282435 


8 639 514 


19 666 794 


4 294 926 


1 481 461 




1883 


2 417 367 


8 737 641 


14 752 328 


5 819136 


1680 686 





1892 


2 653 661 


9 871521 


10109 594 


7 725 601 


1 964 130 


— 


1897 


2 808 419 


10 552 672 


7 859 096 


9 390 231 


2 164 425 


36 472202 


1900 


2 923 627 


10 876 972 


7 001 518 


10 966 921 


2 051560 


1)38 575 360 


1902 


2 927 484 


10405 769 


5 917 698 


12 749 998 


— 


— 


1904 


2 964 408 


11 156 133 


5 660 'i2M 


12 563 899 


2116 360 


— 


1906 


3 018 443 


11 646 908 


r> 435 053 


If) 355 959 


— 





1907 


3 041805 


11996 804 


5 398 460 


15 070311 


2 215 548 


46 685 572 



Es vermehrten (+) oder verminderten (— 
sich von 1906 auf 1907 
die Pferde um +23 362 Stück (= +0,11%), 
die Rinder um + 349 896 Stück (=- + 3 %i 
die Schafe um — 36 593 Stück (= — 0,67 %), 



die Ziegen um + 99 198 Stück (= + 4,69 %), 
das Federvieh um +8202696 Stück (= +21,32%). 
Hiemach ist eine beträchtliche Zunahme der 
Rinder zu verzeichnen, während der bekannte 
Rückgang der Schafe weiter angehalten hat. 



die Schweine um — 285 648 Stück (= —1,86 7o)» ' Auch die Schweine zeigen diesmal einen 



>) Ohne Perlhühner 38 482 876, ohne Trut- und Perlhühner 38 214 768. 



232 — 



Bestandsverlust, der mit 285 648 Stflck nicht so 
unbedeutend ist, aber zu erwarten war. Das 
Jahr 1907 brachte stark fallende Preise für 
lebende Schweine. Die Massenaufzucht, die 
infolge der höheren Preise im Jahre 1906 ein- 
trat, war nicht länger haltbar. Eine Bestand- 
vermehrung von 1 396 030 Stück oder 11,11 Proz. 
in einem einzigen Jahre, wie sie. 1906 vor- 
gekommen war, ist zuvor niemals auch nur 
annähernd erreicht worden. Erfreulich ist die 
Zunahme der Ziegen, stark die Vermehrung 
des Federviehs. 

Hausschlachtungen sind vorgenommen 
worden bei 



Rindern Schafen Schweinen Ziegen 
1907 139144 504 906 3 861366 468 819 
19043) 124115 541969 3 688086 503918 
Die Zahlen zeigen, daß die Hausschlachtungen 
bei den Schafen und Ziegen ab-, bei den Rindern 
und Schweinen zugenommen haben. Bemerkens- 
wert ist die starke Zunahme der Schweine- 
schlachtungen, die wohl in ursächlichem Zu- 
sammenhange mit der gleichzeitigen Abnahme 
des Lebendbestandes an Schweinen steht Man 
kann annehmen, daß die zeitweilig niedrigen 
Schweinepreise manchen Besitzer, veranlaßt 
haben, sein Schwein, statt es unvorteilhaft zu 
veiAcaufen, selbst zu verbrauchen. 



— Deutsches Reich. 


Die Emebnlsse 


der Schlachtvieh- und 


Fieiscnnescluui iin 3 


. Vierteljahr 1907. 




Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt. 












Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 




vorgenommen wurde 






Staaten 






1 












und 
Land estei 1 e 


Pferde 

und 
andere 

"Rin- 


Ochsen 


' Jung- 
rinder 
Bullen Kühe (^^er 


Kälber 
bis 


Schweine 


Schafe ; 


Ziegen 


Hun- 
de 




hufer 




3 Monate alt 




i 






Königreich Preußen . . 


18 664 73 205 


77 021 260010 


134494 


547 487 


2 239075 


507549' 


24506 


315 


Königreich Bayern 




2 239 30796 14 202 43154| 


45 281 


194 768 


468 496 


36 835 


3 616 


95 


Königreich Sachsen 




2063 8 722 10377 


36 802 


5 880 


111804 


295 549 


52 412 


3979; 484 


Wtlrttemberg . . . 




168 4 970 3 769 


9711 


26432 


49 489 


116 491 


6356 


1 140| 13 


Baden 




333 7 668 3 081 


9.^99 


22894 
10fU2 


47 877 
20 282 
11806 


119 616 
90094 
27 923 


7112 

2 901 

14065 


1341 4 


Hessen 




206 4 674 593 8648 


2102 — 


Mecklenburg-Schwerin 




235| 208l 1968; 4 657' 1710 


221 - 


Sachsen-Weimar . 




92 437 


268; 1903 


1951 


7120 


22 418 


4495 


403: 3 


Mecklenburg-Strelitz 




54 


27 


941 478 


218 


1539 


5024 


2038 


21 — 


Oldenburg .... 




76 


460 


174 1 747 1 517 


3115 


12 553 


3 678 


59 - 


Braunschweig . . 




90 


238 


2098 


1 134 2 607 


6 548 


39 664 


7 782 


103; 1 


Sachsen-Meiningen . 




52 


400 


194 


1248 


1669 


3960 


14 885 


2 494 


1331 - 


Sachsen-Altenburg . 




47 


67 


318 


1749 


696 


3815 


12197 


1249 


138, 1 


Sachsen-Coburg-Gotha . 


72 


363 


148 


1641 


1444 


4237 


18 559 


4516 


386 5 


Anhalt 


328 


9ft7 


737 
57 


1319 


674. 


3409 
1463 


22 641 
5854 


4 264 
1125 


133 29 


Schwarzburg-Sondershausen 


4 42 


879 374 


53 — 


Schwarzburg-Rudolstadt . 


7 60 80, 507 585 


1754 


5 843 


1079 


5 — 


Waldeck 


— i «Ol 97 


196 641 
397, 314 


2159 
1195 


1554 
4 852 


823 
856 


53 — 


Reuß ältere Linie . 




18 


119 123 


33 2 


Reuß jüngere Linie 




52 


183 263 


1 142; 784 


2 340 


11220 


1994 


84i — 


Schaumburg-Lippe . 




3j 2, 31. 250! 95 


492 


1327 


126 


46 — 


Lione 




29 12 
1261 72 


314 665 308 

429 1 963 332 

1 212 7631 836 

1571i 2 037 6537 


1714 

2 849 

4125 

14 371 


3 852 

8 368 

26 714 

91012 


523 

2 229 

5 575 

25259 


141 — 


M^^y^X/ ..... 

Lübeck 




85 — 


Bremen 




435 
1077 


2047 
6906 


71 — 


Hamburg .... 




39 - 


Elsaß-Lothringen 




7351 5069i 18281 20 014 j 8342 


41310 


83 849 


10 530 


505; — 


Deutsches Reich . 


27 205147114 


121047 402872 


277 457 


|109097S 


; 8 749e60 


707 865 


89882 


932 


Dagegen im 2. Vierteil. 1907 


25 366,134 278 


106 983 369 207 


203 918 


1 187 195 


8 711571 


434 742 


178 918 


943 


, „ 1. , 1907*1 


37 402 141 078 


96 968 392 623 


183989 


1 1 053 585 


4076 384 


440346 


131 699 


2 278 


„ 4. „ 1906* 


47 638,155 094 


98 5581407191 


233 776 


; 892405 


4 012 464 


1 580848 


140029 


2325 


„ , 3. , 1906* 


26 4261153 916 


120 254 395 206 


258 035 


1008 979 


, 3109802 


742 403 


41485 


1032 


» n 2. , 1906*) 


29 005 


152 118 


117 348 392 6601222341 


1 1 254 177 


1 2 981914 


! 486139 


170 99611 013 


„ , 1. „ 1906*1 


43542 


152 270 104 051 429 6741 211 212 


' 1 052 687 


3 238 282 


485 865 


' 98323 2151 


, „ 4. „ 1905* 


52 591 


156 340; 99 763 


426 707 262 146 


913112 


3 471742 


657 722 


130351 


2 405 


l Is. l 1905* 


28 913 


152 708129068 


408151 276 020 


1033 593 


3 033690 


841971 


38 235 


1021 


: : 2. : ms* 


29 224 


143 962 125 143 


406841,215 677 


1322 529 


3 143 114 


484033 


152981 


947 


„ 1. , 1905* 


35 899 


142 214112 783 


413 756' 186 353 


1122865 


3924280 


452 397 


107 778 


1785 


„ 4. „ 1904*1 


44 810 


162 867111763 


410 763 219 773 


999326 


4404158 


609630 


136938 


1763 


» « 3. , 1 


1904 


23 827 


145 682 


128 553 


379 179 


246478 


1072 835 


1 3508461 


768461 


44223 


1 762 



*) Abgeändert infolge nachträglicher Berichtigungen. ^) £rste Zählung der Hausschlachtungen. 



— 233 — 



— Kilaigreioh PreuBen. Die EriebniSM der Schlachtvieh- und Fielschbeschau sowie der TrichincMchaa 
In Vierteljahre von I. Okteber hie 31. Dezemher 1907. (Stat. Korrespondenz.) 





I. Aligemeine Schlachtvieh- und Fleischbeschau 


IL Trichinen- 
schau 




Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 








vorgenommen wurde 


Zahl der 


Davon 




1 In 












auf Trl- 


waren 






1 1 T __ 


Kälber 
bis 


.1 


'S 


l 


'S 


ohinen 

(und 

Finnen) 






1 ! s 


rinder 


1 


bß 




'S« 


O 


'S ' ö 


über 




1 




1 




unter- 
suchten 


.S 

'S 


V3 








4 


1 3 Monate alt 


QQ 










'B 




1 


2 


3 


5 , 6 1 7 


8 


9 


10 


11 


12 


13 


14 


Kalenderjahr 1907 M . 


90688 


291959 


879818968989 400126 2287718 9 868 485 


1470918 


1761841771 


12855 814 


650 


2477 


1906 . 


959% 314762 285877 982305 445797 2154583 7 993 444' 1556846 


168581 1159410 528187 


5333109 


I.Vierteljahr 19072) . 


242511 72571 65019 2331521 89695 572364 2 462 799 1 284398 


40747I 595 3 769185 


169 


765 


2. „ 1907») . 


17452 70132 71833 2275051 93942! 653935 2 2331081 304378 


5234U 355 2 414315,124 


429 


3. ^ 1907 >j . 


18685 732311 77042 250305 134551 1 547738.2 240 259 507631 


24519 315 2317 971 


138 


545 


4. , 1907 . . 


80146; 79025 65924 2579671419881 5186812927 829 880511 


58528 506 4858848 


219 788 


davon ^^^^^^^ '^^ 
;J? November 1907 


8998 31329! 23320; 90439 55869| 166863 


920781 158575 


21679 132 1066 950 


60 


235 


10555 24870 20725' 82111' 46113! 154998 


973 559; 128309 


221911 169 1502 494 


67 


240 


*™- Dezember 1907 


10592 22826 21879' 85417i 39956 191820 


1032 989 93627 


14658, 205 1784 399 


92 


263 


4. Vierteljahr 1906 . 


30861 80927 63732 244111! 118603 435231 


2 430 297 368783 


63965 481 


3 653 363 


179 


844 


4. Vierteljahr! 


' 












1907 mehr . . 


- - 2192 


138561 23335 78450 


497 032 11728 


- 25 


700480 


40 


— 


geg.4. Viertel- weniger 


716 1902. - 


— 


— — 


— 1 — 


5437 


— 


— 


— 


106 


jähr 1906 












j 












oder in jmehr. . 
Hundertteilenlweniger 


— 


— 


8,44 


5,68 


19,67 18,02 


20,45' 3,18 - 


5,20 


19,17 


tt,3ft 


— 


2,32 


2,35 


— — 


— 




— 


___ 





8,50 


— 


~~" 


— 


12,56 



') Die Zahlen für das Jahr 1907 enthalten nicht alle 
RQckfragen ftlr das 4. Vierteljahr 1907 noch nicht beendet 
träglicher Meldungen. 



nachträglich gemeldeten Schlachttiere, weil die 
sind. — '■') Berichtigtes Ergebnis infolge nach- 



— Deutschlande Einfuhr an Fleisch und tierischen 
Fetten Im dritten Vierteijahr 1907. 

I. Fleisch und Zubereitungen von Fleisch. 
Die Einfuhr von Fleisch zeigt auch im 
dritten Vierteljahr d. J. eine sehr beträcht- 
liche Abnahme gegenüber der gleichen Zeit 
des Voijahres, sie hat auch nicht ganz die Höhe 
der Einfuhr im zweiten Vierteljahr d. J. erreicht. 
Die Gesamteinfuhr an Fleisch und Fleischwaren 
ist in den ersten drei Vierteln des Jahres 1907 
bereits um 268011 dz kleiner als in der 
gleichen Zeit des Jahres 1906. Dieser Rückgang 
ist am stärksten bei frischem Schweinefleisch, 
aber auch bei frischem und zubereitetem Rind- 
fleisch ist ein sehr bedeutender Rückgang in 
der Einfuhr zu verzeichnen. In den einzelnen 
Fleischsorten ist die Einfuhr folgende gewesen: 
Juli- geg. Juli- Jan.- 
Sept. Sept. Sept. 

1907 

dz 
25 132 

6065 

5425 

5 740 

1421 
718 



Rindfleisch, frisch 
„ einfach zubereitet 

Schweinefleisch, frisch 
„ einfach zubereitet 

Schweineschinken . . 

Hammelfleisch . . . 



1906 


1907 


dz 


dz 


-10397 


100150 


- 3093 


22 967 


-14 880 


19 997 


- 2091 


16 748 


— 1106 


5 671 


- 35 


1866 



Jan.- 

Sept. 

1907 

dz 



128 

8369 

160 



Juli- geg. Juli- 
Sept. Sept. 
1907 1906 

dz dz 

Ziegen- usw. Fleisch, 
zum feineren Tafel- 
genuß zubereitet . . 63 — 3 
Schweinespeck . . . 2 677 — 6 391 
Fleischwürste . . . 64 — 6 

47 305 -38002 176 056 

Der Gesamtwert der vorstehenden 

Fleischeinfuhr berechnet sich für die Zeit 

vom 1. Januar bis 30. September d. J. auf 

17 365 000 M. 

II. Tierische Fette. 
Die Einfuhr tierischer Fette zeigt vom 
1. Juli bis 30. September d. J. gegenüber sowohl 
dem zweiten Vierteljahr d. J. als auch gegen- 
über dem dritten Vierteljahr des Vorjahres eine 
beträchtliche Steigerung, doch ist diese 
lediglich einer vermehrten Einfuhr an für unsere 
Industrie wichtigen Rohfetten zuzuschreiben, 
während speziell die Einfuhr des als Nahrungs- 
mittel wichtigen Schweineschmalzes stark zurück- 
geblieben ist. Die Mindereinfuhr an Schweine- 
schmalz stellt sich in diesem Jahre bis 30. Sep- 
tember bereits auf 136 077 dz. Die Gestaltung 



— 234 — 



der Einfuhr der verschiedenen Fettsorten gibt 
nachstehende Zusammenstellong wieder: 

Juli- geg. Juli- Jan.- 
Sept. Sept. Sept. 
1907 1906 1907 

dz dz dz 

Schmalz V.Schweinen 290 314 — 1583 785 361 
Oleomargarin .... 77 241 — 243 231 984 
Schmalz von Gänsen, 
Rindermark n. andere 

schmalzartige Fette 2 836 +1 801 3 710 
Schweine- und Gänse- 
fett roh 109 4- 85 124 

Schweineflomen. . . 14—66 48 

Premier jus . . . .21361 +5197 43121 
Talg von Rindern und 

Schafen 58 821 — 2 253 164 102 

Knochenfett , Abfall- 
fette 17127+7 930 35 612 

Fischtran, Robbentran 52 900 +15 367 145 561 
Fischspeck, Robben- 
speck 510—568 1415 

Tierfett anderw. nicht 

genannt . . . , . 701 + 568 1467 

521 934 +26 235 1412 505 

Der Gesamtwert der Fetteinfuhr stellt 

sich nach den vorläufigen Berechnungen für die 

ersten drei Vierteljahre 1907 auf 114216 000 M. 



Bttcherschau. 

— Schiemenz, P., Unsere Versorgung mit 
frischem Fischfleisch. 

Festrede 
zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des 
Kaisers. Berlin 1907. Paul Parey. 

Die Fleischteuerung, die im Jahre 1904 in- 
folge der zu geringen Ernte an Futterkartoffeln 
eintrat, hat Stadtverwaltungen und industrielle 
Betriebe daran denken lassen, den Fisch und 
besonders den Seefisch als Volksnahrungsmittel 
zu verwerten. Dabei hat sich, wie aus der von 
Seh. mit Bedeutung verarbeiteten Statistik hervor- 
geht, gezeigt, daß die See- wie die Binnen- 
fischerei nicht in der Lage ist, den Bedarf an 
Fischen zu decken. 

Die Statistik, so wertvoll sie an sich ist, 
ist nach Seh. für die besagte Frage mangel- und 
lückenhaft ; denn sie verzeichnet die Fischeinfuhr 
und -ausfuhr nur ungenau. Das liegt in den 
gesetzlichen Vorschriften begründet, in denen 
der Gesetzgeber mit Rücksicht auf die Ver- 
derblichkeit der Ware und die aus einer Kon- 
trolle entstehende Belästigung und Erschwerung 
der Fischerei für die Seefischerei zuläßt, daß 
„die von inländischen Fischern im Meere oder 
in anderen das Zollgebiet begrenzenden Ge- 



wässern gefangenen und an das Land gebrachten 
frischen Fische, Muscheln, Schaltiere und der- 
gleichen, mit Ausnahme von Austern, so weit 
diese zollpflichtig sind, von der Anmeldepflicht 
befreit sind'^ Die Menge der von ausländischen 
Fischern gefangenen eingeführten Seefische da- 
gegen ist genau bekannt. 

Unsere Einfuhr von lebenden Süßwasser- 
fischen war von 1899—1901 erheblich größer, 
als in den folgenden Jahren. 1902 fiel sie bei- 
nahe auf die Hälfte, um dann wieder eine lang- 
same Steigerung zu zeigen. Bei den toten Süß- 
wasserfischen ist seit 1899 eine bedeutende 
Vermehrung des Konsums eingetreten. Die Ein- 
fuhr von frischen Seefischen hat sich seit 1899 
mehr als verdoppelt. Unser Mehrbedarf an Süß- 
wasserfischen wird aus Österreich, Rußland, 
Schweden, Holland, Frankreich, Rumänien, Italien 
und den Vereinigten Staaten gedeckt Ja, selbst 
Sibirien, Ägypten und Nordafrika beteiligen sich 
an der Einfuhr. Sibirien importiert hauptsächlich 
Lachse, Ägypten und Nordafrika Aale. 

Der Konsum von Seefischen war ursprüng- 
lich fast auf das Küstenland beschränkt. Ver- 
suche, die Seefischerei im großen zu betreiben, 
wurden von Hamburger Firmen schon 1866 
unternommen, scheiterten aber an dem Mangel an 
Verbindungen mit dem Binnenland und den zu 
hohen Frachten. Seit 1885 floriert die deutsche 
Hochseefischerei, 1896 gab es bereits 91 deutsche 
Fischdampfer. Zurzeit sind 220 vorhanden, die 
ihre Fahrten im Norden bis nach Island und im 
Süden bis an die Küste von Marokko ausdehnen. 
Neben dem großartigen Ausbau des Eisenbahn- 
netzes und der Verbesserung der Transport- 
möglichkeiten ist es vor allem die Errichtung 
von Fischereihäfen und Auktionshai leu in der 
Nähe der Küste wie in Altona, Hamburg, Geeste- 
münde usw., die den Aufschwung unserer See- 
fischerei bedingt hat. Einer ungefähren Fest- 
stellung zufolge zieht die deutsche Seefischerei 
aus dem Fang von frischen, unmittelbar für den 
menschlichen Konsum bestimmten Fischen einen 
Ertrag von durchschnittlich rund 20 Millionen 
Mark. Dabei betrug die Steigerung des Fanges 
in den letzten sechs Jahren in der Nordsee 
ungefähr 30 Proz. 

Für die Beurteilung des Verbrauches an 
Süßwasserfischen, den Deutschland, wie aus den 
eingangs angeführten Zahlen über den Import 
hervorgeht, längst nicht mehr decken kann, ist 
eine einwandfreie Statistik nicht vorhanden. 
Seefische werden im wesentlichen tot verhandelt, 
sie müssen schnell verkauft werden, daher findet 
ihr Verkauf mehr Öffentlich statt. Der Handel 
mit Süßwasserfischen spielt sich dagegen — 
und dies ist der Grund für die Unbrauchbarkeit 



— 235 — 



der Statistik — größtenteils im Klein- und 
Privathandel ab. Im allgemeinen gibt die 
Statistik aber, wie Seh. sehr treffend an zwei 
Beispielen zeigt, viel zu geringe Zahlen an. 
Auch die in der Literatur gemeinhin angegebenen 
Höchsterträge an Fischfleisch bei wilden Wasser- 
flächen sind nach Seh. viel zu niedrig gegriffen. 

Die allgemein gewordene Klage über die 
Verödung unserer Binnengewässer beruht auf 
einer falschen Beurteilung der Vorgänge, welche 
sich in unserer Siißwasserfischerei vollzogen 
haben. „In früheren Jahren hatten nur die- 
jenigen Bewohner Fische, welche sich in Ort- 
schaften am Wasser aufhielten; hier gab es 
früher reichlich Fische .... Durch das Empor- 
wachsen der Riesenstädte richtet sich der Strom 
(die A^erteilung der Fische. D. Ref.) bei den 
heutigen bequemen Transportmitteln dorthin . . . 
Früher hatten die Fischerorte Fische und die 
Binnenstädte keine, heute verschwinden die 
Fische in den großen Städten mit ihren Millionen 
und Hunderttausenden von Einwohnern, «reiche 
willig jeden Preis für Süßwasserfische zahlen." 
Es sind so z. B. in den Jahren 1896—1901 un- 
gefähr doppelt so viel Süßwasserfische in Berlin 
konsumiert worden, als Seefische. Auch in der 
Provinz überwiegt der Verbrauch von Süßwasser- 
fischen denjenigen an frischen Seefischen er- 
heblich. 

Besonders ist es die billige Plötze, welche 
im Binnenland auf den Markt kommt, und die 
vom Arbeiter namentlich dem toten Seefisch vor- 
gezogen wird, dessen Geruch ihn abschreckt. 
„An dem Konsum der frischen Seefische beteiligen 
sich besonders die Beamten und besseren Hand- 
werker . . . Deshalb ist gerade im Beamten- 
stand, also im Mittelstand, der Glaube vorhanden, 
daß im wesentlichen mehr Seefische gegessen 
werden, als Süßwasserfische". Der — in den 
größeren Städten — konstatierte stärkere Konsum 
an Seefischen beschränkt sich jedoch im großen 
und ganzen auf die Wintermonate, bzw. die 
kühlere Jahreszeit. 

Die Überlegenheit der Stißwasserfischerei 
ist nach Seh. in folgenden Momenten begründet: 
Der tote Seefisch muß in kurzer Zeit verkauft 
werden, der lebende Süßwassertisch braucht 
nicht gleich verhandelt zu werden. Daher ißt 
ihn das Publikum im Sommer so gern wie im 
Winter. Der Seefisch riecht immer fischig. Dies 
ist ein Grund, der viele vom Genuß abhält. Bei 
der leichten Verderblichkeit des toten Seefisches 
herrscht bei den Konsumenten eine große Furcht 
vor Zersetzungen desselben und dem Entstehen 
der so hochgefährlichen Fischgifte. Zudem ist 
der anfangs billige Preis der Seefische in den 
letzten Jahren sehr gestiegen. Der kleine Mann 



muß heute für den toten Seefisch 30—35 Pf. 
zahlen, während die lebende Plötze nur 30—40 Pf. 
kostet. 

Bei der starken Nachfrage nach Süßwasser- 
fischen muß die Stißwasserfischerei weiterhin 
darauf bedacht sein, die Produktion unserer 
Teiche und Gewässer zu erhöhen. Daß eine 
solche Ausdehnung, z. B. der teichwirtschaftlichen 
Betriebe, statthat, dürfte aus folgenden Angaben 
hervorgehen. Der 187. Teil des Königreiches 
Sachsen besteht aus Fischteichen mit 7989,11 h. 
Bayern hatte vor wenigen Jahren 24 992 Teiche 
mit 13 865 h Grundfläche. Der Regierungsbezirk 
Lüneburg allein besitzt 3293 Teiche, Schleswig 
Holstein 5677 Teiche mit 4149 h. Einzelne Teich- 
wirtschaften verkaufen pro Jahr bei stetiger 
Steigerung ihrer Produktion für eine Viertel- 
million Karpfen. 

Trotz dieser so hohen Ziffern könnte die 
Teichwirtschaft ihre Erträge noch bedeutend 
steigern, wenn überall richtig und rentabel be- 
wirtschaftet würde. Zum Teil wird aber über- 
haupt noch nicht bewirtschaftet, ein Teil der 
Teiche wird nie abgelassen, mit dem stets inten- 
siver werdenden Betriebe mehren sich die Krank- 
heiten, ohne daß ihnen die genügende Auf- 
merksamkeit geschenkt würde. 

Auch auf die Wildfischerei hat man, zum 
großen Segen derselben, immer mehr und mehr 
die Prinzipien der modernen Teichwirtschaft über- 
tragen. Aber es wird in dieser Beziehung immer 
noch nicht genug getan. Wenn wir an allen Orten 
mit dem ungesunden und unrationellen Prinzip der 
Schonung brechen würden, ließen sich die Er- 
träge der Wildfischerei leicht um das sechs- bis 
achtfache erhöhen. Einer gedeihlichen Ent- 
wicklung in diesem Sinne stehen leider noch 
einige Bestimmungen des Fischereigesetzes und 
der Ausführungsbestimmungen zu demselben ent- 
gegen. 

An dem Beispiel des Sees bei Groß-Glienicke 
zeigt Seh. dann auf Grund von Angaben des 
bekannten Großfischmeisters Mahnkopf aus 
Spandau, wie schädigend auf den Ertrag eines 
Sees das übertriebene Schonprinzip wirken kann. 
Wohl waren früher mehr Fische in den Gewässern, 
aber es wurden auch, da die Transportmöglich- 
keiten fehlten, viel weniger herausgefangen. 
Daher das „Fischgewimmel früherer Zeiten". 
Durch übermäßige Schonung wird ein See nicht 
nur bezüglich seines Ertrages geschmälert, 
sondern ruiniert. Raubfische, wie Welse, Barsche 
und Hechte, die bei sachgemäßer Befischung 
in ihrer Vermehrung zurückgehalten werden, und 
schlechte, minderwertige Friedfische wie Bleie 
nehmen überhand. Zu viele Fische in einem 
Gewässer nehmen sich gegenseitig die Nahrung 



236 



alle wachsen schlecht, mit jedem Lebensjahre 
wachsen sie, obwohl sie mehr fressen, schlechter; 
es ist also unrentabel, alte und große Fische 
zu züchten. Grtlndliche, alljährliche Ausfischung 
sichert den größten Ertrag eines Sees. 

Schs. Ansicht, die er auch anderen Ortes 
vertreten hat, daß nicht gehörig befischte Seen 
außerordentlich häufig parasitäre Erkrankungen 
ihrer Bewohner zeigen, sollte allen modernen 
Fischproduzenten eine Warnung sein. Je älter 
ein Fisch ist, desto mehr können sich Parasiten 
in ihm ansiedeln, desto mehr sorgt dieser Fisch 
für die Heranzüchtung von Parasitenjungbrut. 

In der Bekämpfung und Ausrottung der oben 
angeführten, auf falschen Voraussetzungen be- 
gründeten Ansichten beruht ein Teil der Arbeit, 
welche die Süßwasserfischerei zu tun berufen 
ist, wenn sie das eingangs angedeutete Ziel, der 
Nation billige und gute Fischnahrung zu ver- 
schaffen, erreichen will. Sie muß dies um so mehr, 
als ihr im Handel mit seinem Dampferverkehr, 
der Industrie und dem schnellen Wachstum 
unserer Städte mit ihrer Abwässerbeseitigung 
gefährliche, mächtige und für die National- 
ökonomie wichtigere Mitbewerber an der Be- 
nutzung der Flußläufe und Gewässer entstanden 
sind. Willy Pfeiler. 

Neue Eingänge. 

— Kitt, Bakterienkunde und Pathologische 
Mikroskopie fOr die Tierarzte und Studierende der 
Tierhellkunde. 5., wiederholt verbesserte und 
umgearbeitete Auflage. Wien 1908. Verlag von 
Moritz Perles. Preis 15 M. 

— I. VeJIednIng red bedommelse af ked 1908. 
II. Undersagelsesregler for kadkontrol 1908. 
Udarbejdet paa foranledning af kedkontrol^r- 

foreningen for danske dyrlaeger. Godkendt af 
Landbrugsministeriet. Kjebenhavn 1908. 

— Benneoke, A., Studien Ober GefiBerkran- 
kungen durch Gifte. Habilitationsschrift Rostock. 
Berlin 1908. 

— Pomayer, C, Das ZurOckhaKen der Nach- 
geburt beim Rind. Berlin 1908. Verlag von 
Richard Schoetz. Preis 2,50 M. 

— Sven Wall, Die Kolik des Pferdes. Stock- 
holm 1908. 

— Hottba, P. K. M., La Cutte oontre la tuber- 
culose bovine en Holland. S.-A. ans „L'^cho 
v6t6rinaire" 1907, März. 

— Dorset, M., Mc. Bryde, C. N. and Nlles, W. B., 
Further Experiments concerning the production 
of Immunlty ft^om Hogcholera. U. S. Departe- 
ment of Agriculture. Bureau of animal Industry. 
Bull. Nr. 102. Washington 1908. 

— Graham, C. K., Squab Investigatlons. Storrs 
Agricultural Experiment Station. Storrs Conn. 
Bull. Nr. 50. November 1907. 



— Llgnl^res, J., Estudio i Informs, presentado 
al MInIsterlo de Agricultura por la Comislön encar- 
gada de Investigar la efAcaola y poder Immnnl- 
zante de las Vacunas contra el Carbuncio, Pasteurelas 
y Tristcza. Buenos Aires. 

— Bertolinl, G., Osservazionl sulla „Bllharzia 
crassa" (Schlstosomum bovis) e suile afterazioni da 
essa prodotte. S.-A. aus „La Clinica veterinaria"*, 
1908, Nr. 1. 

— Oberwarth, E. und Rablnowitsob, L, Über 
die Resorptionsinfektion mit Tuberkelbazillen vom 
Magendarmkanal aus. S.-A. aus der Berl. Klin. 
Wochenschr. 1908, Nr. 6. 

— Nietner, Bericht Ober den XIV. Internationalen 
KongroB fQr Hygiene und Demographie. Berlin, 
23.-29. September 1907. Bd. I. Berlin 1908. 

i Verlag von August Kirschwald 

— Augsburg. Bericht ttber die Verwaltung des 
Stadt. Schlacht- und Viehhofs pro 1906. Augs- 
burg 1907. 

— Stadt Ijixemburg, Reglement, betreff, die 
Flelschbftnke und Wursterelbetriebe. Luxemburg 1908. 

— Rensoignements statistiques sur le Service 
sanitaire k rAbattoir de la Ville de Luxembourg 
pendant l'ann^e 1907. 



Kleine Mitteilungen« 

— Unter welchen Voraussetzungen sind bei 
Tuberkulose die intermuskuiaren LymphdrOsen an- 
zuschneiden? Als Beitrag zu der Frage, wann 
die Fleischlymphdrüsen bei Tuberkulose an- 
geschnitten werden müssen, möchte ich folgenden 
Fall zur Veröffentlichung bringen: 

Bei einer etwa sieben Jahre alten Kuh 
waren die Lungendrüsen, eine einzige Gekrös- 
drüse, die retropharyngealen und die unter der 
Ohrspeicheldrüse gelegenen Lymphdrüsen tuber- 
kulös. Die retrophaiyngealen Lymphdrüsen ent- 
hielten hühnereigroße Erweichungsherde. Bei 
weiterer Untersuchung fand sich in jedem 
Fleisch viertel eine tuberkulöse Lymphdrüse; es 
waren erkrankt beide Bugdrüsen und je eine 
Kniefalten- und Kniekehldrüse. Die Leber-, 
Nieren- und inneren Dannbeindrüsen waren un- 
verändert. Thur mann -Altena i. W., 
Schlachthofdirektor. 
— Zur Kenntnis des Parasitismus der Pentastomon. 
Max Koch (Arbeiten aus dem Pathologischen 
Institut zu Berlin) fand unter 75 Hunden in Berlin 
5 mal Linguatula rhinaria, also soviel wieDeffke 
1891 (6,50/0). wahrend die Zahl der Parasiten- 
träger die gleiche geblieben ist, hat die Individuen- 
zahl der Parasiten beträchtlich zugenommen. 
Deffke fand immer nur wenige Exemplare, Koch 
bei seinen 5 Hunden insgesamt 37 Exemplare. Bei 
400 Leichen Erwachsener, die im Pathologischen 



- 237 — 



Institut der Universität Berlin von Juli 1904,05 
untersucht wurden, waren 47 (=:llJ5Vo) ^^^ ^^^ 
Parasiten behaftet Mithin hat eine Abnahme 
der Parasiten seit Einführung der Fleischbeschau 
nicht stattgefunden, wobei allerdings zu beachten 
ist, daß nicht bloß die Hanstiere, sondern auch 
Wild (Hasen und Rehe) Träger der Larven 
des Parasiten sind. 

— Zunahne der Sohweinetuberkulose in den 
Vereinigten Stnaten. Nach Moore und Dawson 
(Report of the Bureau of animal Indnstry for 
1905/06, Washington 1907) zeigt die Schweine- 
tuberkulose in den letzten 6 Jahren in den vom 
U. S. Bureau of animal Industry überwachten 
Schlachthöfen der V. St. folgende Zunahme: 

1900 . . . 0,023% 

1901 ... 0,035 „ 

1902 . , . 0,077 „ 

1903 . . . 0,32 y, 

1904 ... 0,63 „ 

1905 . . . 0,81 „ 

Diese Zunahme ist zum Teil eine Folge sorg- 
fältigerer Untersuchungen, im wesentlichen aber, 
wie der frühere Leiter des U. S. Bureau of 
animal Industry, Salmon, betont hat, durch die 
zunehmende Verabreichung roher Milchrückstände 
bedingt. 

— Zur Beteitlgnno der Kaninohenplage. In 

Australien ist ein 2000 englische Meilen langes 
Kaninchengatter mit einem Kostenaufwand vod 
5 Millionen Mark fertiggestellt worden, um die 
von der Kaninchenplage noch nicht heimgesuchten 
Distrikte zu schützen. In dem Gatter befinden 
sich von fünf zu fünf Meilen große Fallen, in 
denen sich die Kaninchen fangen. Die ge- 
fangenen Kaninchen werden in den Gefrier- 
schiffen, die zum Export von Rind- und Schaf- 
fleisch dienen, nach England exportiert, von wo 
ein kleiner Teil auch nach Hamburg gelangt. 
Der mechanische Kaninchenschutz ist eingerichtet 
worden, nachdem sich die bakteriologischen 
Mittel zur Bekämpfung der Kaninchenplage in 
Australien als erfolglos erwiesen hatten. 

— Der Jaiireswert der Miiolipreduktlon des 
DeutiClien Relclis wird in den „Mitteilungen des 
Milchwirtschaftlichen Vereins im Algäu^ bei 
einem Bestände von rund 10 Millionen Kühen 
und einem jährlichen Milchertrag von nur 2000 1 
auf das Stück und einen Preis von 9 Pf. für das 
Liter Milch auf 1800000 000 M. berechnet. 

— Zur KOlillialtunfl der Mlloli Im Hause empfiehlt 
M. Kaiser Kühlkisten, wie sie von Prausnitz 
schon im Jahre 1904 und neuerdings auch von 
Speck aus dem Flügge sehen Institut angegeben 
worden sind. Da Eis für die Kühlhaltnng zu 
teuer ist, wird die Kühlung in den Kühlkisten 
durch Leitungs- oder Brunnenwasser besorgt, 



das, alle 8—9 Stunden erneuert, die Temperatur 
der Milch unter 20 ^ C hält. 

— Vereinbarungen fUr Bewertung von Miloii bei 
Wettbewerben. Bei Wettbewerben für Frischmilch, 
die in den Vereinigten Staaten von Nordamerika 
seit zwei Jahren stattfinden, geschieht die Be- 
urteilung nach folgender Bewertnngsliste: 

Höchstzahl 
der Punkte 

Geruch und Geschmack 40 

Zusammensetzung 25 

Bakteriengehalt 20 

Säuregrad 5 

Aussehen von Verpackung und Inhalt 10 

Insgesamt 100 
Bei einem im März 1907 in Cleveland ver- 
anstalteten Wettbewerb war die Milch 3 Tage alt, 
als sie beurteilt wurde. Hierbei ist der Bakterien- 
gehalt der Milch wie folgt bewertet worden: 

Höchstzahl 
In 1 ccm der Punkte 

bis zu 10000 Keimen 20 
10000 bis nicht voll 25000 „ 19 
25000 „ „ „ 50000 „ 18 

50000 „ „ „ 75000 „ 17 

75000 „ „ „ 100000 „ 16 

Für je 25000 Bakterien über 100000 im 
ccm war ein Punkt abzuziehen, und beim Vor- 
handensein einer ungewöhnlich hohen Zahl 
schädlicher Bakterien konnten je nach den Ver- 
hältnissen weitere Abzüge gemacht werden. 



Tagesgeschichte. 

— M. G, de Bruin f. Am 7. März ist der 
Professor an der Reiehstierarzneisehule zu Utrecht, 
Professor M. G. de Bruin, an den Folgen einer 
Infektion gestorben, die er sich hei einer an einem 
Pferde vorgenommenen ZahnoperaHon zugezogen hatte. 
De Bruin ist nach 1 4 jähriger Praxis als Dozent 
an die holländische tierärztliche Lehranstalt berufen 
worden und hat sieh in den 15 Jahren seiner dortigen 
Wirksamkeit durch seine Lehrtätigkeit als Erzieher dei' 
angehenden und durch seine schriftsteUerische als Berater 
der praktischen Tierärzte eine gleich hohe, Bedeutung rrr- 
sehafft. De Bruin war eine der Zierden der Utrechter 
Anstalt und weit über die Grenzen seines Vaterlandes 
geachtet und verehrt. In de Bruin paarten sich die 
hervorragenden Eigenschaften des Gelehrten mit den 
Vertrauen, Freundschaft und lAebe weckenden eines 
guten Mensehen. Die praktischen Tierärzte in den 
Niederlanden hingen an ihn mit Verehrung, weil er 
die großen Schwierigkeiten gewissenhafter Praxis ans 
eigener Erfahrung kannte und deshalb jederzeit gern 
bereit war, die praktischen Tierärzte zu verstehen und 
ihnen zu helfen. Was mir an de Bruin besonders 
sympathisch war, ivar nein Interesse an den deutschen 



238 — 



Verhältnissen. Er schätzte die Feinheit den fran- 
zösijtchen Wesens, aber das deutsche lag ihm 
näher. Deshalb führte ihn auch sein Weg immer 
und immer wieder nach Deutsehland, De Bruin 
hinterläßt in Deutschland Freunde nicht nur an den 
tierärztlichen Hochschulen, sondern auch unter Hei- 
beschäftigten praktischen Tierärzten, mit denen er sieh 
auf die Praxis begab^ um zu lernen, wie er sich be- 
scheiden ausdrückte. Fr war auch ein genauer 
Kenner der deutschen Literatur^ die er durch ein be- 
deutendes Werk, .^eine „Geburtshilfe beim Binde", 
bereiehert hat. Mich verband Freundschaft mit dem 
ausgezeichneten Manne. Als ich ihn zum letzten Male 
vor einem halben Jahr im Kreise seiner Familie und 
im Kreise der holländiMchen Tierärzte sah, habe ich 
nicht geglaubt, daß dem Leben dieses Mannes, der 
großen Jloffnung der holländi^hen Tierärzte für die 
Zuhtnftj so rasch ein Ziel gesetzt würde. Bin Bild 
des Lebens! Er ruhe im Frieden! Osteriag. 

— Eine neue Zeitschrift für Fleisolibeeeliau. 

Unter der Redaktion der Herren Carreau, 
Roussean, Ledere und Moreau erscheint in 
Reims als Monatsschrift die „Revue pratique des 
abattoirs et de Tinspection des viandes et 
comestibles**. 

— Städtisclie Untertucliungsftfliter. Nach dem 
Etat für das kommende Rechnungsjahr besteht 
das wissenschaftliche Personal des städtischen 
Untersuchungsamts in Berlin aus dem Direktor, 
2 Abteilungsvorstehern, 7 ständigen, 4 nicht- 
ständigen Assistenten und 3 Assistentinnen. — 
F(ir Koblenz ist die Errichtung eines Nahrungs- 
mitteluntersuchungsamts ministeriell genehmigt 
worden. 

— Regelung der Besoldung des Solilaolitliof- 
direktors in FranicfUrt a. 0. Dem Schlachthof- 
direktor Resow in Frankfurt a. 0. ist lebens- 
längliche Anstellung und ein von 4000-5000 M. 
steigendes Gehalt neben freier Wohnung, Licht 
und Heizung gewährt worden. 

— Das neue Geliaitsreguiativ für bayerisclie 
Staatsbeamte, dessen Entwurf nunmehr veröffent- 
licht worden ist, sieht folgende Gehaltssätze vor: 

a) filr den Landes tierarzt 8400— 11 400 M. 
(^Höchstgehalt vom 13. Dienstjahr ab); 

b) für die Professoren der Tierärztlichen 
Hochschule, die Kreistierärzte, den Landszucht- 
inspektor, den Landgestütstierarzt, die Landstall- | 
meister und den Gestütdirektor 6000-8100 M I 
(Höchstgehalt vom 13 Dienstjahr ab); | 

c) für die außerordentlichen Professoren der 
Tierärztlichen Hochschule 3600—6000 M. (Höchst- 
gehalt vom 13. Dienstjahr ab); 

d) für die Bezirkstierärzte y000-G0(X) M. 
i Höchstgehalt vom IG. Dienstjahr ab). 

Bei den Professoren an der Tierärztlichen 
Hochschule ergibt sich eine Erhöhung des ctats- 



mäfiigen Gehalts durch den Bezug eines Anteils 
an den Eolleggeldem. 

— Zur Nstierung der Sohlaciitviebprelse nach 
Lebendgewicht Um eine einwandfreie Notierung 
der Schlachtviehpreise nach Lebendgewicht zu 
erlangen, haben die Reichstagsabgeordneten 
Graf V. Schwerin-Löwitz und Dr. Roesicke 
folgende Resolution im Reichstag eingebracht: 
„Der Reichstag wolle beschliessen: den Herrn 
Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage noch 
in dieser Session einen Gesetzentwurf vorzulegen, 
durch welchen für solche Märkte und markt- 
ähnlichen Veranstaltungen, welche dem Handel 
mit Schlachtvieh in größerem Umfange dienen, 
Anordnungen zu treffen sind, welche eine zu- 
verlässige Feststellung der Viehproise nach 
Lebendgewicht gewährleisten." 

— VerfGgung, betr. Tuberkulosestatistilc In 
ötTentlioben Schlaohthöfen. Durch allgemeine Ver- 
fügung Nr. 3 für 1908 des Königl. preußischen 
Ministeriums für Landwirtschaft vom 17. Januar 
1908 ist angeordnet worden: 

„Die Zusammenstellungen der öffentlichen 
Schlachthöfe über die Befunde von Tuberkulose 
bei Schlachttieren, Anlage D der Bundesrats- 
bestimmungen über die Fleischbeschau- und 
Scblachtungsstatistik, kommen vom 1. Januar d. J. 
ab in Wegfall. 

Wir ersuchen, die Schlachthofverwaltungen 
hiervon mit dem Hinzufügen zu verständigen, 
daß die Zusammenstellungen für das Jahr 1907 
in der bisherigen Weise noch einzureichen sind. 

Um einen Überblick über die in Preußen 
vorhandenen öffentlichen Schlachthöfe zu be- 
halten, ersuche ich, der Minister für Landwirt- 
schaft, Domänen und Forsten, mir fortan alljähr- 
lich im Januar, erstmalig im Januar 1909, eine 
Anzeige über etwaige Zu- und Abgänge an 
öffentlichen Schlachthöfen zu erstatten. Der Ein- 
reichung von Fehlanzeigen bedarf es nicht. ^ 

— Außerordentiiohe Fleiscbbescbau. Im Reg.- 
Bez. Breslau sind nach der „Allg. Fleisch.-Ztg.^* 
die beamteten Tierärzte angewiesen worden, 
fortan die Fleisch-, Wurst-, Wild- und Geflügel- 
liandlungen sowie die auf Wochenmärkten und 
bei ähnlichen Gelegenheiten eingerichteten 
Fleischverkaufsstellen zu revidieren. 

— Neuer Unfall durob Verwendung der Sobiacbt- 
pistole. In Erkerode bei Braunschweig wurde 
ein Schlächtergeselle durch ein Geschoß aus 
einer Schlachtpistole, die während des Gebrauchs 
zu Boden fiel und sieh hierbei entlud, am Arm 
verletzt. 

— Triobinose. Nach Zeitungsmeldungen brach 
in der Familie der Gutsbesitzersw^itwe H. 
zu Skaisgirren, die ein Schwein schlachten 
ließ, ohne es auf Trichinen untersuchen 



— 239 



zu lassen, nach dein Genüsse des Fleisches 
Trichinosis auf. Die Frau und zwei Kinder 
liegen schwer darnieder, während die übrigen 
Erkrankten leichter betroffen sind. 

— Trichinen beim Bftren. In der Auslands- 
fleischbeschaustelle zu Berlin wurden in einem 
Bärenschinken Trichinen nachgewiesen. 

— Trichinenfunde in Schweden. Nystedt 
führt im letzten Jahresbericht über die Fleisch- 
beschau in Stockholm an, daß bei schwedi- 
schen Schweinen in 0,0557% ^^^ Fälle, bei 
eingeführtem amerikanischen Schweine- 
fleisch in 0,567% der Stücke Trichinen nach- 
gewiesen worden seien. 

— Zur Einfahrung der Trichinenechau in Bayern. 
Die Einführung der obligatorischen Trichinen- 
schau ist in Regensburg und Kaiserslautern 
in Aussicht genommen, in Bern eck in der 
Oberpfalz beschlossen worden. 

— Wieviel kostet einer Stadt die Trichinen- 
schau? Diese Frage beantwortet Dr. Böhm- 
Nürnberg in einem sorgfältig durchgearbeiteten 
Expose für einen gut geregelten Betrieb. Er 
weist zur Zerstreuung von Bedenken in süd- 
deutschen Gemeinden, in denen die Trichinen- 
schau noch nicht besteht, nach, daß durch die 
Einrichtung der Trichinenschau den Gemeinden 
ein Reingewinn für die zu schaffenden Ein- 
richtungen in Aussicht stehe, ohne daß das 
Fleisch mit mehr als 1 Pf. für das Kilogramm durch 
die Kosten der Trichinenschau belastet werde. 

— Der Fleischverbrauch in Deutschland und der 

Geldwert des verzehrten Fleisches in den letzten 

drei Jahren. Nach einer im „Berliner Tageblatt^ 

veröffentlichten Statistik betrugen: 

^ -,, . , , , Der Geldwert des ver- 

Der Fleischverbrauch, . _^ t:,i • u 

,- « 1. V j TT zehrten Fleisches 

abzüglich der Haus- , , 

®, , , nach den 

Schlachtungen: n oi. ^ i 

^ Großhandelspreisen : 

1905 2 299115 Tonnen 3,07 Milliarden M. 

1906 2 259 553 Tonnen 3,21 Milliarden M. 
{— 39 562 Tonnen (+ 137 Millionen M.) 

gegenüber dem 
Vorjahr) 

1907 2 452 753 Tonnen 3,15 Milliarden M. 
(+193 200 Tonnen (— 64 Millionen M.) 

gegenüber dem 
Vorjahr) 
Im Jahre 1907 hat also der gesamte Fleisch- 
verbrauch gegenüber dem Jahre 1906 wieder er- 
heblich zugenommen, und die Gesamtausgabe 
hierfür war gleichwohl, wenigstens nach der 
Preisnotierung im Großhandel, geringer als im 
Vorjahr. An der Steigerung des Fleischkonsums 
ist hauptsächlich das Schweinefleisch be- 
teiligt, dessen Konsum von 1906 auf 1907 um 
222 964 Tonnen (mehr als 20 Proz.) zugenommen 



hat. Da der Preis für Schweine von 1906 auf 
1907 um ca. 18 Proz. gesunken ist, so erklärt 
es sich, daß trotz der Zunahme des Konsums 
der Geldwert des verzehrten Schweinefleisches 
von 1,46 Milliarden Mark im Jahre 1906 auf 
1,45 Milliarden Mark im Jahre 1907 zurückging. 
Für Rindfleisch wurden 1906 1,39 Milliarden 
Mark verausgabt, 1907 nur 1,33; dem Rückgang 
der Ausgaben für Rindfleisch entsprach eine 
fast ebenso starke Abnahme des Konsums. Die 
I Menge des verzehrten Kalbfleisches nahm 
1907 gegenüber 1906 um 6666 Tonnen (4 Proz.) 
zu, die Wertsumme, die hierfür im Großhandel be- 
zahlt wurde, ging von 274 Millionen im Jahre 1906 
auf 286 im Jahre 1907 oder um rund 5 Proz. 
hinauf. Der Konsum an Schaf fleisch und 
damit auch der Geldwert des verzehrten Schaf- 
fleisches sind in den letzten drei Jahren un- 
unterbrochen zurückgegangen. 

— Tuberkuiosetiigung in Livland. Professor 
Dr. Happich teilte in der Sitzung des Vereins 
livländischer Tierärzte mit, daß sich die Kartell- 
kommission der baltisch- litauischen Herdbuch- 
gesellschaften entschlossen habe, die Tuberkuiose- 
tiigung nach dem ostpreußischen Muster ein- 
zuführen. 

' — Abdomlnaityphus und Milch. Anläßlich einer 

; in jüngster Zeit in Wien vorgekommenen Typhus- 
epidemie, bei der etwa 50 Personen erkrankt 
sind, und die nach Lage der Umstände auf 
Verschleppung durch Milch zurückgeführt 
werden mußte, wies Obersanitätsrat Professor 
Dr. Weich selbanm auf das Häuflgkeits Verhält- 
nis der Typhus Verschleppung durch Milch nach 
einer Statistik von Schüder hin. Von 638 
Typhusepidemien verschiedener Länder, die Seh. 
aus den drei Dezennien 1870—1899 zusammen- 
gestellt hat, konnten 71 Proz. auf Wasser und 
17 (ganz sicher 12,5) Proz. auf Milch zurück- 
geführt worden. 

— Gegen das ÜbermaB von Sammelmeikereien. 
In Sachsen -Weimar wird nach der „Kölner 
Zeitung" Material gesammelt, um zu verhindern, 
daß mehr Molkereien entstehen, als dem Landes- 
interesse dienlich ist. Es wird befürchtet, daß 
die Sammelmolkereien dazu führen, daß siimtliche 
Milch in diese abgeführt und der Milchgenuß 
bei den Produzenten über Gebühr eingeschränkt 
wird. Eine derartige Folge sei bereits in 
Hannover eingetreten, das die meisten Molkereien 
aufweist. Das Sinken der Militärtauglichkeits- 
ziffer in Hannover wird auf die Einschränkung 
des Milchgenusses auf dem Lande zurückgeführt. 

— IX. internationaler Tierärztlicher Kongreß im 
Haag. Das Exekutivkomitee des im September 
1909 im Haag tagenden IX. Internationalen Tier- 
ärztlichen Kongresses teilt durch den Präsidenten 



— 240 — 



W. C. Schimmel und den Generalsekretär 
D. A. de Jong folgendes mit: 

1. Wegen des Internationalen Medizinischen 
Kongresses in Budapest, der ebenfalls im Jahre 
1909 stattfindet, kann das genaue Datum des 
Tierärztlichen Kongresses erst später bekannt 
gegeben werden. 

2. Auskünfte erteilen 4ie Herren: 

Dr. D. A. de Jong, Generalsekretär des 
Exekutivkomitees, in Leiden; Dr. H. Remmelts, 
zweiter Schriftführer des Exekutivkomitees, im 
Haag; Dr. H. Markus, zweiter Schriftführer 
des Exekutivkomitees, in Utrecht. 

3. Sobald nach Beratung mit dem ständigen 
Ausschuß der Internationalen Tierärztlichen 
Kongresse Sicheres festgesetzt ist, wird Näheres 
über die Organisation des Kongresses zur Mit- 
teilung gelangen. 

4. An die Mitglieder des ständigen Aus- 
schusses richtete das Exekutivkomitee die Bitte, 
in den Ländern, die sie vertreten, nationale 
Komitees zur Förderung des Kongresses im 
Haag zu bilden. 

5. Das Exekutivkomitee hat sich mit der 
Kurverwaltung Scheveningen in Verbindung ge- 
setzt, um den Mitgliedern des Kongresses während 
ihres Aufenthaltes in Holland den Besuch dieses 
bekannten Weltbades so angenehm wie möglich 
zu gestalten. 

— Der XVI. Internationale Medizinische Kongreß 
findet in Budapest in der Zeit vom 29. August 
bis 4. September 1909 statt. 



Personalien. 

Auezeiohnungen : Es wurde verliehen dem 
ofessor Dr. Sußdorf, Direktor der Tierärzt- 
lichen Hochschule in Stuttgart, das Ehrenkreuz 
der Württembergischen Krone, mit dem der 
persönliche Adel verbunden ist. Professor Dr. 
M. Sciilegel, Vorstand des Tierhygienischen 
Instituts der Universität Freiburg, ist zum ordent- 
lichen Honorarprofessor ernannt worden. 

Ernennungen: Dr. Grabert, Leiter des 
Bakteriologischen Laboratoriums am städtischen 
Schlachthof zu Breslau, zum Kreistierarzt und 
Leiter der Kgl. Auslandsfleischbeschaustelle in 
Stettin; Tierarzt Fauß-Geißlingen zum Stadt- 
tierarzt in Giengen a. Br.; Schlachthoftierarzt 
Fimmers mann -Osnabrück zum Schlachthof- 
direktor daselbst; Tierarzt Dr. Kormann- 
Dresden zum ü. Schlachthoftierarzt in Görlitz; der 
städtische Tierarzt Heinrich Lohbeck-Duis- 
bnrg-Meiderich zum Schlachthofdirektor daselbst; 
Tierarzt Eckardt- Ammweiler zum Schlachthof- 
tierarzt in Graudenz; Tierarzt Schneider- 



Siegburg zum Schlachthoftierarzt in Bremen; 
Tierarzt Engelmann- Frankfurt a. M. zum 
H. Schlachthof tierarzt in Osnabrück ; Schlachthof- 
tierarzt Kirsch -Harburg zum Polizeitierarzt in 
Hamburg; Schlachthofvorsteher Heinemann- 
Goslar zum Schlachthofdirektor daselbst und 
Franz We i s s -Wolgast zum Schlachthofdirektor 
daselbst; die Tierärzte Friedrich Hohe-Dachau 
und G. Rühm-Perlach zu Schlachthof tierärzten 
in München; Gerhard Schmidt- Sinsheim zum 
Assistenten am Seucheninstitut der Tierärztlichen 
Hochschule zu Stuttgart. 

Der Direktor des Bakteriologischen Instituts 
der Landwirtschaftskammer für die Provinz 
Pommern, Dr. F. Schmitt, ist xuin außerordent- 
lichen Professor an der Tierärztlichen Hoch- 
schule zu München ernannt worden. 

Gestorben : Schlachthof direktor S c h ö nwe i 1 e r 
Pforzheim und Schlachthoftierarzt Schroeder- 
Kassel. 



Vakanzen. 

Schlachthofstellen: 

Duisburg-Meiderich: 1. Schlachthoftior- 
arzt, 3000 M. Bewerbungen an den Oberbürger- 
meister. 

Erfurt: Schlachthoftierarzt zum L Mai. Ge- 
halt 3400 M., steigend bis 4900 M. Bewerbungen 
an den Magistrat. 

Esse n(Ruhr): Schlachthof obertierarzt, 3500M., 
steigend alle 2 Jahre um 250 M. bis 5750 M. Ge- 
suche an den Oberbürgermeister. 

Freiburg i.Br.: Assistent am tierhygienischen 
Institut, 1500 M., freie Wohnung, Licht, Heizung. 
Bewerbungen an den Institutsvorstand. 

Lübeck: IL Tierarzt zum 1. April. Gehalt 
2400 M. Bewerbungen sofort an die Verwaltung 
des öffentlichen Schlachthofes. 

Ostrach (HohenzoUem): Tierarzt ftlr Fleisch- 
beschau, Wartegeld 1000 M. Bewerbungen an 
den Bürgermeister. 

Spangenberg: Tierarzt für ambulatorische 
Fleischbeschau. Meldungen an den Magistrat 



Für die Übersendunij von interessanterem 
Mate?iul aus dem Gebiete der Tierseuchen 
und der parasitären Kra7ikheiten der Haus- 
tiere XU SammlimyS' und Forschungs- 
xivechen unter meiner Adresse an 
das Kaiserliche Gesundheitsamt 

Gross- Lichter felde W. 
würde ich den Herren Kollegen sehr zu 
Dank verpflichtet sein. Ost er tag. 



Verantwortlicher Redakteur (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Ostertag in Berlin. — Verlag von Richard Schoet2 In Berlin. 



Zeitschrift 

fOr 



Fleisch- und Milchliygieiie. 

Achtzehnter Jahrgang. Mal 1908. Heft 8. 



Original-Abhaiidlimgeii. 

(Nachdraek Terbotan.) 



Beitrag zum Vorkommen vereinzelter 
Cysticerci celiuloeae beim Scliwein. 

Von 

Dr. Werner Meyer - Weimar, 

Btidtlschem SchUchtbofdirektor. 

Während das sporadische Vor- 
kommen des Cysticercus inermis des 
Eindes zumeist die Regel bildet, treffen 
wir beim Schwein häufiger eine Massen- 
invasion des Cysticercus cellulosae an. 
Immerhin sehen aber die Ausführungs- 
bestimmungen A zum Reichsfieischbeschau- 
gesetz im § 37 III, 4a und § 40 2 Abs. 1 
sogar den Fall der sog. Einfinnigkeit auch 
bei Schweinen vor. 

Seit einem Zeitraum von mehr als 
2^/2 Jahren kamen am hiesigen Schlacht- 
hofe nur zwei Fälle von Vorhandensein 
echter Schweinefinnen vor. Beide Fälle 
sind insofern bemerkenswert, als es sich, 
wenn auch nicht um sog. Einfinnig- 
keit, so doch um vereinzeltes Vor- 
kommen des C. cellulosae handelte. 

Der erste Fall ereignete sich im 
Oktober 1905. Wegen generalisierter 
Tuberkulose schnitt ich bei einem etwa 
^/^ Jahre alten Landschwein die Körper- 
lymphdrüsen an und fand in jeder Bugdrüse 
2 bzw. 3 echte Schweinefinnen von 
reichlich Hirsekorngröße. Bei genauer 
Untersuchung des gesamten Körpers nach 
Zerlegung in 2V2 kg schwere Stücke 
konnten nur noch zwei Exemplare dieses 
Parasiten, welche gleichfalls nur gut hirse- 
korngroß waren, in der Schultermuskulatur 
gefunden werden. Ohne Zweifel führte 
lediglich die gleichzeitige Anwesenheit 
generalisierter Tuberkulose zur Auffindung 
der Finnen. 



Der zweite Fall ereignete sich am 
9. April d. J. Auch hier betraf er ein etwa 
•'*/4 jähriges Landschwein. Nach Heraus- 
schneiden der Proben für die Trichinenschau 
fand sich an der Schnittfläche der Unter- 
zungenmuskulatur eine echte Schweine- 
finne und bei genauer Durchsuchung nach 
Zerlegung der Zunge noch ein zweites 
Exemplar. Beide Finnen waren klein- 
erbsengroß. Eine peinliche Untersuchung 
des gesamten Köi-pers nach seiner Zer- 
legung zum Kochen förderte kein 
weiteres Exemplar dieses Parasiten zu- 
tage. 

Daß es sich in beiden Fällen um 
C. cellulosae handelte, bewies einmal der 
Sitz, zum anderen die mikroskopische 
Untersuchung. Beim ersten Tiere waren 
nämlich die Finnen mit 22—28, beim 
zweiten nur mit je 22 sensenförmigen 
Haken bewaffnet. 

Da es sich in den vorbeschriebenen 
Fällen um „Mehrfinnigkeit" handelte, so 
wurden beide Schweine gemäß § 38 
B. B. A unter 11 b, 3 im gekochten Zu- 
stande der Freibank überwiesen. 



Über die Verwendung von Baicterien zur 
Rattenvertiigung. 

Von 

Dr. Xyiander- Dresden, 

Oberarzt im 1. (Leib*) Grenadier- Regiment Nr. 100. 

Wiederholt sind Versuche angestellt 
worden, ein zuverlässiges Vertilgungs- 
mittel für die Ratten, diese lästigen 
Nager, zu finden. Besondere Aufmerk- 
samkeit widmete man diesen Tieren, als 
in ihnen die gefthrlichen Überträger der 



— 242 — 



Pest erkannt wurden. So ist seinerzeit 
in Deutsehland die Eattenvertilgungsfrage 
der Pestgefahr wegen für so wichtig ge- 
halten worden, daß von selten des Beichs- 
gesundheitsrates eine eigene Kommission 
gewählt wurde, die mit dem Ausflndig- 
machen eines wirksamen Verfahrens zur 
Vertilgung der Batten sich beschäftigen 
sollte. Auch andere Länder widmeten 
sich dieser Frage, so Frankreich, Eng- 
land, Amerika und in jüngster Zeit auch 
Dänemark. — In letzterem Staat ist durch 
Beichsgesetz jährlich eine bestimmte 
Summe ausgeworfen, die an Vereinigungen, 
welche sich mit der Battenvertilgung be- 
fassen, als Prämie bzw. Unterstützung 
ausgezahlt werden soll. 

Leider gibt es bis jetzt noch kein 
einigermaßen wirksames Mittel zur ratio- 
nellen Vertilgung der Batten auf Ge- 
höften usw., welches zur allgemeinen Ver- 
wendung geeignet wäre. 

Alle die zur Vernichtung vorgeschla- 
genen Mittel, wie Fallen, Battengift, 
Phosphorlatwerge, Meerzwiebel, Clayton- 
gas führten zu keinem sonderlichen Besul- 
tat (Nehringi), Loriga^). Auch die in 
Südafrika versuchte Vertilgung der Batten 
mittelst Frettchen, hat sich nicht bewährt, 
da diese Tiere selbst der Pestinfektion 
erliegen (Blackmore^). 

Die Tatsache, daß es gelingt, mit dem 
Löfflerschen Mäusetyphusbazillus unter 
den Mäusen eine für den Menschen an- 
sclieinend ungefährliche Seuche hervorzu- 
rufen, führte zu dem Versuche mit den 
verschiedensten, meist bei Batten gefun- 
denen Bakterien, auch unter diesen 
Nagern eine Epizootie hervorzurufen. 
Neben diesen vielen anderen, wie schon 
gesagt, meist bei Batten gefundenen und 
auch zum Teil für diese pathogenen Bak- 
terien — Issatschenko^), Toyama^), 
Klein<^, Neumann^), Schilling^), 
Aujeszky^), Xylander^^) — interessiert 
uns am meisten eine gewisse Species, 
welche zur Vernichtung der Batten heran- 
gezogen wurde und von der auch neuer- 



dings einige im Handel zur Vertilgung 
der Batten vertrieben werden. Es sind 
dies der Bazillus Danysz, Dunbar und 
Batin. 

Danysz^^) fand während einer Epi- 
demie unter den Feld- und Waldmäusen 
in Charny en Seine einen Bazillus, welcher 
sich in Laboratoriumsversuchen bei Ver- 
fütterung für alle Mäusearten pathogen 
erwies, während er anfangs für Batten 
wenig pathogen war. 

Durch Tierpassage gelang es, dem- 
selben eine erhöhte Virulenz zu geben, 
so daß er bei Verfttttertrag für Batten 
äußerst virulent war. Leider haben sich 
die auf den Bazillus Danysz gesetzten 
Hoffnungen nicht verwirklicht. Die Ver- 
suche, welche Danysz in der Praxis an- 
stellte, ergaben ja ein verhältnismäßig 
günstiges Besultat, indem an 50 Proz. 
der Versuchsorte eine fast völlige Ver- 
nichtung, an 30 Proz. eine Verminderung 
und nur an 20 Prozent ein negatives 
Besultat erzielt wurde; jedoch stehen 
den positiven Erfolgen, welche bei der 
Nachprüfung der Danyszschen Angaben 
Braunsteini2), Kister und Köttgen^^^ 
erzielten, andere mit zweifelhaftem oder 
überwiegend negativem Besultat entgegen 
— Kolle'4), AbeP^), Markl»^), Krauß^^)^ 
Williams^^), Bosenau^^). 

Über Laboratoriumsversuche mit eindm 
Bakterium, das von Dun bar bei einer 
unter seinen Versuchsratten aufge- 
tretenen Epizootie isoliert wurde, be- 
richtet Trautmann^o). Dunbar beobach- 
tet seit mehreren Jahren unter dem Tier- 
bestande, vorwiegend den Versuchsratten 
des Hamburger hygienischen Instituts 
eine manchmal seuchenhaft, öfters mehr 
vereinzelt auftretende Infektionskrankheit, 
die in ihren Erscheinungen mehr oder 
minder stark an die Pest der Nager er- 
innert: Abmagerung, lebhafte Injektion der 
Gefäße des Unterhautzellgewebes, bis auir 
Bohnengröße anschwellende, zuweilen 
hämorrhagische oder auch eingeschmolzene 
Bubonen, sowie öfters punktförmige Nekrose 



243 — 



der Leb^r und namentlich Milz, Hyperämie | 
der Lungen. Bei Fütterungstieren ent- 
zündeter Darmtraktus mit stark durch- 
scheinenden, geschwollenen, öfters gerun- 
zelten Peyerschen Drüsenhaufen, sowie 
Schwellung der sämtlichen Lymphdrüsen. 

— Diese große Ähnlichkeit des makro- 
skopischen Sektionsbefundes mit dem bei 
Pestratten, veranlaßte Dunbar für Ham- 
burg von der Verwendung des Bakteriums 
im Kampfe gegen die Hatten abzusehen. 
Gleichwohl suchte er die Pathogenität 
seines Bazillus gegenüber Ratten durch 
Laboratoriumsversuche festzustellen. Es 
gelang ihm in 45 bis 50 Proz. der Fälle, 
die zu diesen Versuchen verwendeten 
grauen Batten zu vernichten. 

In neuester Zeit wird nun zur Ver- 
tilgung von wilden Batten ein Bakterien- 
präparat in den Handel gebracht, welches 
den von G. Neumann^i) in Aalborg aus 
dem Hain eines zweijährigen, an einer 
(Zystitis leidenden Kindes, gezüchteten 
.,Ratinbazillus'^ enthält. 

Versuche im Laboratorium und teil- 
weise auch in der Praxis, welche mit 
diesem Batinbazillus bzw. dem Bakterien- 
präparat Ratin zur Vertilgung der wilden 
Ratten angestellt wurden, ergaben nicht in 
jedem Falle ein befriedigendes Resultat, 
immer blieben mehrere Tiere am Leben. 

— Bahr22), Xylander^s). —Dies haben 
auch teilweise die inzwischen von der 
Landwirtschaftskammer in Halle ^) im 
großen in der Praxis angestellten Versuche 
bestätigt. — In dem fraglichen Bericht 
heißt es: „An einzelnen, örtlich begrenzten 
Plätzen ist das Ratin unwirksam.^' 

Interessant ist nun zunächst das kul- 
turelle und biologische Verhalten 
dieser drei Arten von Rattenbazillen. 

Die Erreger sind kleine, schlanke, typhus- 
ähnliche Stäbeben. Sie sind mit den gebräuch- 
iicben Anilinfarben gut darstellbar; die Färbung 
nach Gram gelingt nicht. Die Erreger sind leb- 
haft beweglich; bei Benutzung der Geißelfärbung 
sieht man an ihnen eine Anzahl peritricher Geißel- 
fäden. Sporenbildung wurde nicht beobachtet. 
In Bouillon tritt gleichmäßig starke Trübung auf, 



es bildet sich nach Verlauf einiger Tage ein 
Häutchen, das nach längerem Stehen im Brut- 
schrank zu Boden sinkt. 

Milch wird nicht zur Gerinsung gebracht, 
es wird in ihr nach mehitSg^ein Wachstum stark 
Alkali gebildet, mit der Zeit wird sie gelblich 
und fast durchsichtig. 

In Lackmusmolke tritt inneffialb 24 Stun- 
den starke Rötung auf. Vom dritten Wachs- 
tumstage an nimmt die Molke unter zunehmender 
TrQbung einen bläulichen Ton an, bis sie unter 
Klärung nach 4 bis 5 Tagen intensiv veilchen- 
blau geworden ist. Am dritten bis vierten Tage 
bildet sich auf der Oberfläche eine Kahmhaut, 
die bald zu Boden sinkt. 

Die von Löffler angegebene Malachit- 
GrUnlösung wird nach 12 bis 18 Stunden ge- 
trübt und entfärbt. 

In Traubenzuck eragar erfolgt Vergärung 
und Gasbildung. 

Bouillon mit Zusatz von Glukose, Maltose^ 
Arabinose, Xylose .und Dulcit wird vergoren, 
dagegen mit einem solchen von Laktose, Saccha- 
rose und Adonit nicht. 

In Neutralrotagar erfolgt Gasbildung und 
Fluoreszenz. 

Das ganze Verbalten der drei Bakterien 
auf den verschiedenen Nährböden läßt 
schon erkennen, daß man es mit 
Vertretern der großen Gruppe der so- 
genannten Fleischyergifter zu tun hat. 
Durch eingehende Agglutinationsversuche 
haben weiterhin Trautmann^^) und 
Xyl anderes) fesi gestellt, daß sie sich 
identisch erweisen mit dem Bac. paratyph. 
enteritidis (Gärtner). 

DieVirulenz desDanysz-Dunbar und 
Satinbazillus ist eine sehr schwankende. 
Nach Feststellung der beiden vorgenann- 
ten Untersucher gelingt es auch mit 
den verschiedensten Arten der Virulenz- 
steigerung nicht, eine gleichmäßig an- 
dauernde Virulenzsteigerung grauen Ratten 
gegenüber zu erzielen. Stets zeigt sich 
die Wirksamkeit der für zahme Batten 
und weiße Mäuse hoch virulenten Bakterien- 
stämme gegenüber grauen Hatten unsicher 
und beschränkt. Nach den einschläg- 
lichen Untersuchungen ist der Grund für 
dieses refraktäre Verhalten eines großen 
Teiles der grauen Eatten in dem Vor- 
handensein von Schutzstofifen im Blute 



— 244 - 



mancher Tiere zu suchen. Die Entstehung 
dieser anscheinenden Immunität führen 
Trautmann und Xy] ander auf eine in 
früherer Zeit bereits überstandene leichte 
Infektion mit gleichen oder verwandten 
Krankheitserregern bzw. auf hierduixh 
gebildete Schutzstoffe zurück. 

Was eine derartige Gelegenheits- 
infektion glaubhaft macht, ist der Um- 
stand, daß die in Frage kommenden In- 
fektionseiTCger in der Tat sehr verbreitet 
sein müssen. Die Literatur der letzten 
Jahre hat uns darüber aufgeklärt, daß 
Bakterien, die der Paratyphusgruppe zuzu- 
rechnen sind, nicht nur in menschlichen 
und tierischen Abgängen, Leichen usw., 
sondern auch in verunreinigtem Trink- 
wasser (Sternberg), Schmutzwasser usw. 
vorkommen. Die hier isolierten Stämme 
sind manchmal recht wenig oder gar nicht 
infektiös für Versuchstiere gewesen. Ein 
Beweis für ihre Unschädlichkeit ist dies 
jedoch keineswegs, haben wir ja doch auch 
bei anderen pathogenen Bakterienstämmen 
sehr oft eine Abnahme der Virulenz. 

Wenn wir nun in Erwägung ziehen, 
daß sich die Hatten vorwiegend an Unrat- 
stellen, wie Abfallschächten, Tierställen, 
Kanälen, Abdeckereien usw. aufhalten, so 
erscheint es sehr wahrscheinlich, daß sie 
dort mit den oben genannten Bakterien 
der Qärtnergruppe in Berührung kommen 
und sich infizieren bzw. immunisieren. In 
der Tat fand Xylander bei seinen Unter- 
suchungen, daß Eatten, die aus einer 
Knochenmühle stammten, also dort Ge- 
legenheit hatten mit Fleischabfällen aller 
Art in Berührung zu kommen, sich bei 
Verfütterung dem Batinbazillus gegenüber 
refraktär verhielten. In dem Blut konnten 
gewisse gegen den Batinbazillus gerichtete 
Schutzstoffe nachgewiesen werden. 

Aus den vorstehenden Ausführungen 
läßt sich unschwer erkennen, daß man 
mit den für weiße Eatten sehr virulenten 
Bakterien — Danysz-Dunbar-Ratin — 
zur Rattenbekämpfung in der Praxis 
wenigstens bei uns wahrscheinlich keinen 



größeren als mittelmäßigen Erfolg haben 
wird. Man hat eben mit der erworbenen 
Immunität der wilden Ratten zu rechnen. 
Selbst bei Verwendung eines vollvirulenten 
Stammes wird mau wohl auf die Ver- 
nichtung von kaum mehr als die noch 
vöUig unberührten bzw. nur mangelhaft 
geschützten Ratten rechnen können. Nach 
den von den verschiedenen Unter- 
suchern angegebenen Resultaten wird 
man nur immer auf ungefähr 50 Proz. 
Erfolg rechnen können. Vermutlich wird 
diese Prozentzahl noch kleiner werden, 
wenn durch das Ausstreuen wenig viru- 
lenter oder gar avirulenter Keime den 
Ratten Gelegenheit gegeben wird, mit 
den Bakterien in Berührung zu kommen 
und sich auf diese Weise zu immunisieren. 
Die Verwendung von Bakterienkulturen 
im Kampfe gegen die Ratten wird aus 
biologischen und mechanischen Gründen 
wohl stets sehr eingeschränkt sein. Sie 
wird für gewisse Verhältnisse noch da- 
durch erschwert, daß zurzeit bedingungslos 
menschenunschädliche Bakterienstämme 
nicht bekannt sind. Es ist Bonhoffs 
Verdienst, auf die enge Verwandtschaft 
des Löfflerschen Mäusetyphusbazillus mit 
den Erregern des menschlichen Paratyphus 
hingewiesen zu haben; und Trommsdorff 
wieder hat mehrfach vor der Möglichkeit 
einer menschlichen Infektion durch ihn 
gewarnt. Es scheint zwar diese Varietät 
etwas milder zu sein, als die Enteritidis- 
Spielart, da bei der ersten hitzebestän- 
dige Gifte nicht mit Sicherheit nach- 
gewiesen sind. Umsomehr ist auf die 
Bakterien der Enteritidisgruppe , bei 
welchen derartige, Menschen und auch 
Tiere schädigende Gifte vorkommen, die 
obige Warnung auszudehnen. 

Diese Artzugehörigkeit der Bakterien 
zur Gärtnergruppe*) weist gleichzeitig 



1 



*; Raebi^er zwar^ibt an, der Rattenbazillus 
(Ratin?) sei nicht identisch mit dem Paratyphus, 
wohl aber der Danyszbazillus. Einen weiteren 
Beweis für seine Behauptung ftthrt er nicht an. 
Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene, 1908, 
^Autorreferat.) 



— 245 



nachdrücklich darauf hin, daß bei Ver- 
wendung des Bakteriums in der Praxis 
Vorsicht zu walten hat. Mit anderen 
Worten, so lange es nicht gelingt, auf 
irgendeine Weise den Beweis zu er- 
bringen, daß diese genannten Bakterien 
sich wesentlich von den Vertretern der 
Gärtnergruppe unterscheiden, müssen die- 
selben als echte Vertreter dieser Gruppe 
angesehen werden, und es sind Menschen, 
Kinder wie Erwachsene, femer nament- 
lich auch große Haustiere durch die- 
selben in nicht unerheblichem Maße ge- 
fährdet. Wenn auch in den Prospekten, 
welche Danysz- und Batinbazillen zur 
Battenvertilgung anpreisen, ausdrücklich 
versichert wird, daß diese Bakterien un- 
schädlich sind far andere Tiere und 
Menschen, so sind damit die ernsten 
Bedenken, die einer systematischen Aus- 
streuung von pathogenen Keimen von 
hygienischer Seite entgegenstehen, immer 
noch nicht aus dem Wege geschafft. 

Literatur. 
^) Nehring, Hygienische Rundschan. 1899. 
Nr. 25. 

2) Loriga, Rev. hyg. tome 21. p. 719. 1899. 

3) Blackmore, Lancet. 1902. Oktober. 

*) a) IssatscheDko, Zentralblatt für Bakt. 
u. Parasitkd. Bd. 23 u. 31. 

b) Grimm, ebenda Bd. 81. S. 286. 
^) Toyaraa, Zentralblatt fttr Bakt. u. Para- 

Bitenkd. Bd. 33. S. 273. 
ö) Klein, ebenda. Bd. 32. S. 674. 
^) R. 0. Neu mann, Zeitschrift für Hygiene 

u. Inf. Bd. 45. S. 450. 
") Schilling, Arbeiten ans dem Kaiserl. 

Gesundheitsamt. Bd. 18. S. 108. 
^) Aujeszky, Zentralblatt für Bakteriologie. 

Bd. 36. S. 603. 
'^) Xylander, Arbeiten ans dem Kaiserlichen 

Gesundheitsamt. 1906. Bd. 24. S. 196. 
") Danysz, Annales de l'institnt Pasteur. 190^. 

p. 193. 
*^} Braunstein, Deutsche med. Wochenschr. 

1901. S. 577. 
13) Kister und Köttgens, Deutsche med. 

Wochenschr. 1901. S. 18. 
") Kolle und Martini, Deutsche medizinische 

Wochenschr. 1902. Nr. 1—4. 
15) Abel, Deutsche med. Wochenschr. 1901. 

S. 869. 



16) Markl, Zentralbl. für Bakt. und Parasitkd. 

Bd. 31. Nr. 6. 
1^ Krauß, Deutsche med. Wochenschr. 1901 

Nr. 22. 
1^ Williams und Klein. Lancet vol. 2. p. 440. 
1^) Rosenau, Ref. im Arch. f. Tierheilkde. 1907 

30) Trautmann, Zeitschrift für Hygiene und 
Inf. Bd. 54. S. 104. 

31) Bahr, Zentralbl. für Bakt. und Parasitkde. 
Bd. 39. S. 203. 

32) Bahr, 1. c. 

3^ Xylander, Arbeiten aus dem Kaiserlichen 
Gesundheitsamt Bd. 29, Heft 1. 

3*) Mitteilungen der Deutschen Landwirtschafts- 
gesellschaft 1906, Nr. 18. 

33) Trautmann, 1. c. 



Enthalten die Tierkörpermehle Ptomaine 
und Toxine? 

Experimentelle Untersuchungen über die in 

faulendem Fleisch vorkommenden Ptomaine und 

deren Verhalten bei gleichzeitiger Einwirkung 

hohen Druckes und hoher Temperaturen. 

Von 

Dr. Haefoke, Berlin-Friedenau. 

Seit etwa zwölf Jahren ist in Deutsch- 
land auf einem der wichtigsten Gebiete 
der Hygiene eine Bewegung im Gange, 
die zielbewußt und sicher fortschreitet 
und mit jedem Jahr in erfreulicher Weise 
an Terrain gewinnt. Es ist das die 
Modernisierung des Abdeckereiwesens 
durch Einführung des sogenannten thermo- 
chemischen Verfahrens. Die Grundlage 
dieses Verfahrens bildet bekanntlich die 
Eigenschaft des Fleisches und der Knochen, 
durch die Einwirkung hochgespannten ge- 
sättigten Wasserdampfes in relativ kurzer 
Zeit soweit entwässert und entfettet zu 
werden, daß die zurückbleibenden festen 
Bestandteile in geeigneter Weise ein- 
getrocknet werden können. 

Die in ihrer ursprünglichen Form zu 
den bedenklichsten Abfallstoffen zu 
rechnende Kadavermasse wird auf diese 
Weise in Stoffe oder Produkte zerlegt, 
welche unbegrenzt lagerfähig sind und 
bei normaler Behandlung keinerlei • Nei- 
gung zeigen, Zersetzungsvorgängen 
anheimzufallen. Da außerdem durch die 
stundenlange Einwirkung vonTeraperaturen 



— 246 



bis zu 150 Grad eine absolut sichere Ab- 
tötung der in den Kadavern eventuell 
vorhandenen Ansteckungskeime erzielt 
wird, so kann das thermochemische Ver- 
fahren der schärfsten Kritik des 
Hygienikers standhalten. 

Aber auch der Volkswirt kann dem 
thermochemischen Verfahren sein# An- 
erkennung nicht versagen. Werden doch 
alle in den Tierleichen enthaltenen Wert- 
stoffe in ihrer Gesamtheit in den Pro- 
dukten wiedergewonnen, während nur das 
wertlose Wasser verloren gegeben wird, 
und zwar in. völlig steriler Form und frei 
von fäulnisfähiger organischer Substanz. 
Gerade diese Möglichkeit, das verarbeitete 
Rohmaterial in vollwertige Produkte um- 
zusetzen, sichert dem thermochemischen 
Arbeitsverfahren seine Zukunft. 

Dabei darf nicht vergessen werden, 
daß es bei der Einführung dieser Pro- 
dukte mancherlei Schwierigkeiten zu über- 
winden galt. Dem Fett räumte man wohl 
gleich den Platz eines nicht nur brauch- 
baren, sondern sogar gesuchten Roh- 
materials in der Seifensiederei ein, aber 
dem durch Eintrocknung der extrahierten 
Fleisch- und Knochenmassen erhaltenen 
Tierkörpermehl brachte man schon Miß- 
trauen entgegen, als es zunächst als 
Düngemittel in den Handel gebracht 
wurde. Ganz allgemeiner Widerstand, 
ja fast absolute Ablehnung auf der ganzen 
Linie wurde ihm aber zuteil, als man 
versuchte, das Tierkörpermehl als Futter- 
mittel flir die landwirtschaftlichen Nutz- 
tiere einzuführen und auf diese Weise 
eine höhere Verwertung des neuen Pro- 
duktes zu erzielen. Veranlaßt wurden 
diese Versuche durch die guten Erfah- 
rungen, welche man mit der Verfütterung 
des bekannten, aus den Rückständen der 
Fleischextraktfabrikation gewonnenen so- 
genannten Liebigschen Fleischfuttermehls 
gemacht hatte. 

Der erste Einwand, den man gegen 
das mit dem Odium eines Abdeckerei- 
produktes belastete Tierkörpermehl erhob, 



war die Möglichkeit, daß in ihm infolge 
Verarbeitung von Seuchenkadavem pa- 
thogene Keime enthalten seien, und des- 
halb durch seine Verintterung Seuchen 
verschleppt werden könnten. Trotzdem 
der Hinweis auf die bei der Herstellung 
angewendeten Temperaturen von 140 bis 
150 Grad genügen mußte, um die Halt- 
losigkeit dieses Einwandes zu beweisen, 
bedurfte es doch jahrelanger Aufklärung 
und Belehning, um in den beteiligten 
Kreisen alle Bedenken in dieser Richtung 
zu zerstreuen. 

Als diese erste Schwierigkeit glück- 
lich überwunden war, tauchte der weitere 
Einwand auf, daß in dem Tierkörper- 
mehl Leichenalkaloide, Ptomaine, ent- 
halten sein könnten, von denen nicht er- 
wiesen sei, daß sie durch die Einwirkung 
hoher Hitzegrade zerstört würden. Es 
bestände deshalb die Gefahr, daß bei 
der Verfütterung des Tierkörpermehls 
gelegentlich Vergiftungen vorkommen 
könnten. 

Zunächst muß konstatiert werden, daß 
dieser zweite Einwand erst erhoben 
wurde zu einer Zeit, wo schon jahre- 
lang in großen Mengen Tierkörpermehle 
der verschiedensten Provenienz verfiittert 
waren, ohne daß jemals Unregelmäßig- 
keiten aufgetreten wären, welche das 
Vorkommen von Giftstoffen der erwähnten 
Art hätten vermuten lassen. Dabei 
wurden von den Urhebern dieser Be- 
denken keinerlei konkrete Fälle angeführt, 
welche geeignet gewesen wären, die Be- 
rechtigung ihres Einwandes zu unter- 
stützen. Es blieb vielmehr den Anhängern 
der Tierkörpermehlftttterung überlassen, 
den Nachweis dafür zu erbringen, daß 
Leichenalkaloide, Ptomaine und Toxine, in 
dem Tierkörpermehl nicht enthalten sind. 

Professor Glage in Hamburg hat sich 
in dankenswerter Weise der Aufgabe 
unterzogen, durch umfangreiche Tierver- 
suche die Ptomainfrage zu klären. Er 
stellte aus Kadavermaterial, in dem er 
durch Verfüttern an Schweine, Mäuse und 



— 247 — 



Ratten nnd durch Yerimpfen an Kanin- 
chen und Meerschweinchen das Vorhanden- 
sein von toxisch wirkenden Giftstoflfen 
nachwies, Tierkörpennehle her, mit denen 
er monatelang Schweine fütterte, ohne 
daß dabei in irgendeiner Weise Unregel- 
mäßigkeiten bemerkt wurden oder schäd- 
liche Wirkungen beobachtet wären. Viel- 
mehr konnte er feststellen, daß die Zu- 
nahme an Körpergewicht und das All- 
gemeinbefinden stets sehr günstig waren, 
und daß das Fleisch der mit diesem 
verdächtigen Tierkörpermehl gefütterten 
Schweine sich weder in rohem noch in 
zubereitetem Zustande in irgend einer 
Weise als minderwertig erwies.*) 

Die Beweiskraft der G lag eschen Ver- 
suche ist nicht anzuzweifeln, und irgend- 
welche nennenswerten Widersprüche gegen 
dieselben sind auch nicht laut geworden. 
Ich möchte aber trotzdem nicht unterlassen, 
im Nachstehenden die wichtigstenKesultate 
einer Arbeit zu veröffentlichen, die ich 
bereits in Angriff genommen habe, als 
sich Glage noch nicht mit der Ptomain- 
frage beschäftigte. Im übrigen sind die 
Ergebnisse meiner Arbeit, die sich auf 
rein chemisch-experimentellem Gebiet be- 
wegt, sehr wohl geeignet, die Glageschen 
Versuchsergebnisse zu ergänzen und in 
wirksamer Weise zu stützen. 

Dabei will ich von vornherein fest- 
stellen, daß ich bedauerlicherweise infolge 
äußerer Umstände nicht in der Lage war, 
die vor mehreren Jahren begonnenen Unter- 
suchungen zu dem Abschluß zu bringen, 
den ich ihnen gewünscht hätte und den 
ich mir ursprünglich als Ziel gesetzt hatte. 
Da ich aber infolge unaufschiebbarer und 
wichtiger anderer Arbeiten in der näch- 
sten Zeit kaum Gelegenheit finden werde, 
meine Untersuchungen fortzusetzen, habe 
ich mich entschlossen, das bis jetzt Ge- 
fundene der Öffentlichkeit zu übergeben. 

Mit dem Moment, in dem das Leben 
aus dem menschlichen oder tierischen 



*) Glage, Über die Tierkörpennehle, Monats- 
hefte für praktiBche Tierheilkunde, Bd. 13 und 14. 



Organismus schwindet, beginnt der Zer- 
fall der organischen Substanzen, aus 
denen sich der Körper aufbaut. Es tritt 
zunächst ein Stadium der sauren Fäulnis 
oder Gärung ein, während dessen die Mus- 
keln und inneren Organe die dem ganzen 
Körper mit Ausnahme eines Teils des 
Verdauungstraktus zukommende alkalische 
Reaktion verlieren und deutlich sauer 
reagieren. Verursacht wird diese saure 
Reaktion durch das Auftreten verschieden- 
artiger Säuren, so beispielsweise der 
Milchsäure, welche aus Glykogen, Trauben- 
zucker und Maltose des Körpers entsteht. 
Es handelt sich hierbei um eine Verände- 
rung, die ganz ohne bakterielle Mitwirkung 
vor sich geht und lediglich durch Enzyme 
zur Entwicklung kommen kann. 

Dem Stadium der sauren Fäulnis oder 
Gärung folgt das Stadium der ammoniaka- 
lischen Leichenveränderung, welche auf 
die Tätigkeit von Mikroorganismen zu- 
rückzuführen ist. Während dieser Periode 
entstehen aus den komplizierten Eiweiß- 
molekülen und einigen anderen orga- 
nischen Stickstoffverbindungen des Tier- 
körpers jene basischen Körper, denen zun/ 
Teil Alkaloidcharakter eigen ist, und 
welche wir seit Jahren mit dem Sammel- 
begriff „Ptomaine" zu bezeichnen gewöhnt 
sind. 

Das Wort „Ptomaine" wurde von 
Francesco Selmi nach ^rc3//a (gefallenes 
Vieh, Kadaver) gebildet und von ihm zu- 
erst in seiner später sehr berühmt ge- 
wordenen Abhandlung „Alcaloidi cada- 
verici" gebraucht, welche er am 9. Februar 
1873 der Akademie zu Bologna vorlegte. 
In dieser Arbeit stellte Selmi die Be- 
hauptung auf, daß in jeder Leiche, gleich- 
viel welche Todesursache vorliegt, nach 
dem Verfahren von Stas-Otto alkaloi- 
dische Substanzen nachgewiesen werden 
können, welche bei der Untersuchung 
von Leichenteilen in Vergiftungsf&llen zu 
den gröbsten Irrtümern Veranlassung 
bieten können. An überzeugenden Be- 
weisen für die Richtigkeit seiner Be- 



248 — 



hauptung hat es Selmi in seiner gerichts- 
chemischen Praxis nicht fehlen lassen. 

Die eng gefaßte Definition Selmis 
für die Ptomaine als Leichenalkaloide, 
d. h. also als organische Basen, welche 
sich beim Faulen von Leichen bilden, 
mußte bald eine Erweiterung erfahren. 
Man fand derartige Gifte auch in faulen- 
dem Mais; man stellte fest, daß giftige 
Basen auch im menschlichen und tierischen 
Körper intra vitam gebildet werden können, 
und man fand endlich, daß verschiedene 
Ptomaine, trotzdem sie zweifellos wohl 
charakterisierte Basen sind, doch keine 
giftigen Eigenschaften haben. Man de- 
finierte deshalb später die Ptomaine als 
„alkaloidische Stoffwechselprodukte der 
Bakterien'^, ohne indessen damit das 
Richtige getroffen zu haben. Tatsächlich 
fehlt unterschiedlichen Ptomainen der 
Alkaloidcharakter,*) und wieder andere 
werden nicht durch Mikroorganismen ge- 
bildet, sondern sind Stoffwechselprodukte 
des Menschen oder einzelner Tierarten, 
welche ohne Mitwirkung von Bakterien 
entstehen. Man kann deshalb als eine 
durchaus präzise und zutreffende Begriffs- 
bestimmung die von Kobert**) gewählte 
akzeptieren. Nach dieser sind die Pto- 
maine Stoffwechselprodukte der Menschen, 
der Tiere und der in ihnen teils intra 
vitam, teils post mortem unter Umständen 
vorhandenen oder sich in menschlichen 
Nahrungsmitteln entwickelnden Mikro- 
organismen. 

Von den Ptomainen sind einige frei 
von jeder Giftwirkung, während andere 
wieder sehr giftig sind ; letztere hat man 
nach dem Vorgange Briegers „Toxine" 
genannt. 

Neben Selmi und Gautier hat sich 
namentlich Brieger sehr verdient ge- 
macht um die Erforschung dieses schwieri- 

*) Kippenberg er, Grundlagen für den 
Nachweis von Giftstoffen bei gerichtlich -chemi- 
schen Untersuchungen. S. 68 u. flf. Berlin, 1897. 
**) K. Kobert, Lehrbuch der Intoxikationen. 
S. 699. Stuttgart 1893. 



gen Gebietes. Brieger verdanken wir 
in erster Linie Isolierung und Reindar- 
stellung zahlreicher Ptomaine und deren 
analytische Untersuchung. Er war es, 
der zuerst nachdrücklich auf die Quelle 
arger Täuschungen aufmerksam machte, 
in die man verfallen muß, wenn man dem 
bis Mitte der achtziger Jahre allgemein 
üblichen Verfahren der Identifizierung der 
Ptomaine folgt. Man kann und darf nicht, 
gestützt auf Reaktionen, die mit un- 
genügend gereinigten syrapösen Extrakten 
ausgeführt werden, Unterscheidungsmerk- 
male zwischen vegetabilischen und ani- 
malischen Alkaloiden und letzteren unter- 
einander gründen oder einzig und allein 
auf Grund von physiologischen Experi- 
menten mit dergleichen Extrakten das 
Dasein von Ptomainen herleiten. In die 
gebräuchlichen Extraktionsmittel gehen 
stets Kali- und Ammoniaksalze sowie 
Peptone über, durchweg Substanzen, die 
— an und fär sich giftig — sehr wohl 
geeignet sind, die Vergiftungserschei- 
nungen wesentlich zu modifizieren, sobald 
sie in Wechselwirkung treten. 

In hervorragendem Maße erleichtert 
wird das Übergehen dieser störenden 
Substanzen in die Lösungsmittel durch 
das aus den Fetten sich abspaltende und 
in allen zersetzten tierischen Geweben 
sich reichlich ansammelnde Glyzerin. Aber 
auch bei den durch Fällungen darge- 
stellten Substanzen werden Salze und 
Peptone mitgerissen und können hier 
ihre störenden Wirkungen bei den Er- 
kennungsreaktionen geltend machen. Schon 
Gautier*) sprach sich gegen die An- 
nahme eines Gruppenreagens für die 
Ptomaine aus, wie sie unter anderem von 
Brouardel und Boutmy**) in Vor- 
schlag gebracht wurde (Blaufärbung der 



*) A. Gautier, Ptomaines et leucomaines. 
Paris 1886 — und Ballet de Tacadömie de med, 
1886, 2. 

**) P. Brouardel und E. Boutmy, Compt 
rend. T. 92. 1881, 1056 — und Ann. d'hyg. publ, 
[3] 5. 1881. 497. 



249 — 



Ptomaine bei Zusatz von Ferricyankalium 
und Eisenchlorid). In wirksamster Weise 
unterstützt und begründet wurden aber 
Gautiers Einwände erst durch die klassi- 
schen Untersuchungen Briegers,*) der 
die differente chemische Konstitution der 
von ihm isolierten Ptomaine darlegte und 
ihr verschiedenartiges Verhalten gegen 
die gebräuchlichen Alkaloidreagentien 
nachwies. Seit Briegers Arbeiten wird 
man in vollem Umfange den Satz unter- 
schreiben müssen, daß 
sichere Gewähr daflir, ein Ptomain in 
Händen zu haben, nur dasjenige basi- 
sche Produkt bietet, welches sich ge- 
mäß den Kriterien der reinen Chemie 
als ein einheitliches Individuum legiti- 
miert. 

Als ich deshalb der Frage näher trat, 
auf chemisch-experimentellem Wege zu 
prüfen, ob in dem nach dem sogenannten 
thermochemischen Verfahren gewonnenen 
Tierkörpermehl Ptomaine und Toxine vor- 
handen sind, war ich mir von vornherein 
über den einzuschlagenden Weg im klaren. 
Es galt, aus einem geeigneten Material 
einerseits Ptomaine in absolut einwands- 
freier Weise, entsprechend den vor- 
stehenden Forderungen, zu isolieren und 
anderseits dasselbe Material einer mehr- 
stündigen Einwirkung gesättigten ge- 
spannten Wasserdampfes auszusetzen, um 
danach zu prüfen, ob sich aus diesem 
Material nach dem gleichen Verfahren 
dieselben Ptomaine und Toxine isolieren 
lassen. 

In Gemeinschaft mit meinen damaligen 
Assistenten, den Herren Dr. F. Tripcke 
und Dr. Beyer, unterzog ich mich dieser 
in ihren Einzelheiten oft recht zeit- 
raubenden Arbeit. 

Nach umfangreichen Vorarbeiten, bei 
denen die verschiedensten Rohmaterialien 
als Ausgangsprodukt Verwendung fanden, 

*) L. Brieger, Über Ptomaine. Berlin 1885. 
— Derselbe, Weitere Untersuchungen über 
Ptomaine, Berlin 1885. — Derselbe, Untersuchun- 
gen über Ptomaine. Berlin 1886. 



entschlossen wir uns, nur Pferdefleisch zu 
verarbeiten, da wir übereinstimmend mit 
Brieger fanden, daß hieraus die besten 
Ausbeuten erhalten wurden. 

Etwa zehn Kilogramm Pferdefleisch wurden 
in frischem Zustande samt den darin ent- 
haltenen Knochen fein zerhackt, in einer 
großen Porzellanschale mit etwas Wasser ver- 
rührt und mit Pankreas versetzt. Sodann wurde 
das Ganze im Thermostaten bei Bruttemperatur 
sich selbst überlassen. Die schon nach kurzer 
Zeit eintretende Fäulnis machte sich durch einen 
entsprechend intensiven üblen Geruch bemerkbar. 
Gleichzeitig stieg in der an Konsistenz zu- 
nehmenden Masse die Temperatur während der 
ersten zwei Tage um 7® C. Am dritten Tage war 
die Masse ganz dick, wurde dann während der 
nächsten beiden Tage zähflüssig, bis sie nach 
Verlauf von insgesamt acht Tagen eine ganz 
dünnflüssige Beschaffenheit angenommen hatte. 

Die Hälfte der dünnflüssigen gefaulten 
Fleisch- und Knochenmasse wurde mit Salzsäure 
angesäuert, aufgekocht und filtriert, und das 
Filtrat darauf zu einem Syrup eingedampft. 
Dieser Syrup wurde wiederholt mit 96proz. 
Alkohol ausgezogen, und von dem so erhaltenen 
Auszug der Alkohol verjagt. Der dabei ver- 
bleibende Syrup wurde in gleicher Weise wieder 
mit 96proz. Alkohol behandelt, der Alkohol 
wieder verjagt, und der Restsyrap nochmals mit 
Alkohol aufgenommen. 

Die andere Hälfte der gefaulten Fleisch- und 
Knochenmasse wurde in genau derselben Weise, 
wie dies mit den Kadaverteilen in den thermo- 
chemischen Apparaten geschieht, in einem Auto- 
klaven während vier Stunden auf vier Atmosphären 
erhitzt, dann mit Salzsäure angesäuert, auf- 
gekocht und filtriert. Das Filtrat wurde zum 
Syrup eingedampft, und dieser Syrup unter 
kräftigem Kühren in etwa fünf Liter Alkohol 
eingegossen. Von dem hierbei entstehenden 
Niederschlag wurde abfiltriert, sorgfältig mit 
96proz. Alkohol ausgewaschen und von dem 
Filtrat der Alkohol verjagt. Der verbleibende 
Syrup wurde wieder mit Alkohol aufgenommen. 

Die alkoholischen Lösungen, welche so aus 
den beiden Hälften des Ausgangsmaterials er- 
halten waren, wurden zunächst ganz gleichartig 
behandelt. Beide wurden mit warmer alkoholischer 
Bleiazetatlösung versetzt; in beiden Fällen wurde 
nach 24 Stunden von dem entstandenen Nieder- 
schlage abfiltriert, und das Filtrat im luftver- 
dünnten Räume destilliert. Der verbleibende 
Rest wurde mit Wasser aufgenommen, durch 
Behandeln mit Schwefelwasserstoff entbleit und 
das von dem Bleiniederschlage befreite Filtrat 



— 250 — 



unter AbstumpfuDg der Sänre durch Soda ein- 
gedampft. Der 80 erhaltene Syrup wurde wieder- 
holt mit Alkohol ausgezogen und der letzte 
alkoholische Extrakt mit alkoholischer Queck- 
silberchloridlOsung gefällt. 

Von dieser Operation an trat nun ein 
augenfälliger Unterschied in dem Ver- 
halten der aus den beiden verschieden 
behandelten Hälften des Ausgangs- 
materials gewonnenen Extrakte zutage, 
so daß von hier ab über jede Hälfte 
gesondert berichtet werden muß. 

L Aus dem gefaulten und nicht 
weiter behandelten Material wurde 
folgendes erhalten: 

Der aus dem alkoholischen Extrakt 
durch Zusatz von alkoholischer Queck- 
silberchloridlösung erhaltene Nieder- 
schlag wurde nach 24 ständigem Stehen 
abflltriert, mit Alkohol ausgewaschen 
und sodann mit Wasser ausgekocht. 

Beim Erkalten des Filtrates kristalli- 
sierte ein Teil der Quecksilbersalze aus. 
Durch mehrfaches Umkristallisieren aus 
kochendem Wasser wurde ein in Nadeln 
kristallisierendes Präparat erhalten, das 
bei der Analyse 68,09 Proz. Quecksilber 
ergab und damit als Quecksilbersalz des 
Chol ins gekennzeichnet wurde, dem 
theoretisch ein Quecksilbergehalt von 
68,21 Proz. zukommt. Das in den 
typischen übereinander geschobenen 
Blättchen kristallisierende Salz konnte 
nicht ganz rein erhalten werden, so daß 
für weitere Untersuchungen kein ge- 
nügendes Material vorlag. Dagegen 
wurde das schwer lösliche Golddoppel- 
salz durch wiederholtes Umkristallisieren 
aus heißem Wasser genügend rein er- 
halten. Es ergab 44,32 Proz. Gold gegen- 
über den berechneten 44,45 Proz. 

Das Filtrat vom Cholinsalz wurde 
durch Einleiten von Schwefelwasserstoff 
vom Quecksilber befreit, das ausgefallene 
Schwefel quecksilber abfiltriert, und das 
erhaltene Filtrat eingedampft. Die 
restierende Salzmasse wurde aus 96 proz, 
Alkohol umkristallisiert. Hierbei schössen 



während des Erkaltens des Lösungs- 
mittels nadelfSrmige Kristalle eines 
Chlorhydrates an, ans welchem eine in 
schwerlöslichen Blättchen kristallisierende 
Platindoppelverbindung dargestellt wurde. 
Die Analyse derselben ergab 39,41 Proz. 
Platin. Wir hatten es also mit dem 
Doppelsalz des Putrescins zu tun, 
dem ein berechneter Platingehalt von 
39,52 Proz. zukommt. 

Auch die Umwandlung in das mit zwei 
Molekülen Kristallwasser kristallisierende 
Golddoppelsalz des Putrescins gelang. Das 
bei etwa 110^ völlig entwässerte Prä- 
parat ergab bei der Analyse einen Gehalt 
von 51,46 Proz. Gold gegenüber 51,30 Proz. 
der fär das reine Salz berechneten Menge. 

Aus den Mutterlaugen des salzsauren 
Putrescins wurde durch Platinchlorid eine 
dem Platinsalmiak ähnlich kristallisierende 
Verbindung erhalten, die nach wieder- 
holtem Umkristallisieren bei der Analyse 
38,18 Proz. ergab und sich als die Platin- 
doppelverbindung des von Brieger zuerst, 
und zwar ausschließlich in menschlichen 
Leichenteilen gefundenen Diamins Ca- 
daverin herausstellte. Die für das reine 
Platinat berechnete Platinmenge beträgt 
38,29 Proz. 

Das alkoholische Filtrat des Queck- 
silberniederschlages wurde vom Alkohol 
befreit, der Rückstand mit Wasser auf- 
genommen, und aus dieser Lösung mit 
Schwefelwasserstoff das Quecksilber be- 
seitigt. Das Filtrat wurde zum Syrup ein- 
geengt, dieser mit Alkohol aufgenommen 
und die alkoholische Lösung nochmals, 
wie weiter oben angegeben, mit alko- 
holischer Bleiazetatlösung gefällt, das 
Filtrat wie oben behandelt, mit Schwefel- 
wasserstoff entbleit und mit alkoholischem 
Quecksilberchlorid behandelt. Aus dem 
Filtrat des so entstandenen Niederschlags 
wurde wiederum das Quecksilber mit 
Schwefelwasserstoff entfernt und der nach 
der oben näher angegebenen Behandlung 
erhaltene Bückstand mit Natronlauge über 
Salzsäure destilliert. Das Destillat wurde 



- 2&1 - 



eingedampft, der Rückstand mit Alkohol 
aufgenommen, dieser verjagt, und der 
letzte Ruckstand mit Chloroform aus- 
gezogen. Das in Chloroform Lösliche, 
dem auch Löslichkeit in Wasser und 
Alkohol, nicht aber in Äther eigen war, 
wurde eingedampft. 

In der alkoholischen Lösung entstand 
durch Zusatz von Platinchlorid ein reich- 
licher Niederschlag, der nach dem Ab- 
filtrieren und Auswaschen mit siedendem 
Wasser behandelt wurde. Dabei blieb ein 
Teil in Lösung und kristallisierte beim Er- 
kalten wieder aus. Nach mehrmaligem 
Umkristallisieren erhielten wir bei der 
Analyse einen Gehalt von 30,30 Proz. 
Platin, hatten mithin das Platinat des 
Triaethylamins, dessen berechneter 
Platingehalt sich auf 30,11 Proz. stellt. 

Das Filtrat hiervon lieferte ein in 
winzigen monoklinen Prismen auskristalli- 
sierendes Platinsalz, das in Alkohol un- 
löslich, in Wasser dagegen nicht gerade 
schwer löslich war. Die Analyse ergab 
33,33 Proz. Platin. Die vorliegende Base 
war also das Diaethylmethylamin, 
dessen Platindoppelsalz einen theoretischen 
Platingehalt von 33,37 Proz. aufweist. 

Der Rückstand von dem in Wasser 
Unlöslichen wurde mit kochendem Alkohol 
erschöpft, der nur sehr wenig aufnahm; 
nach dieser Behandlung löste er sich 
leicht in kochendem Wasser. Beim Er- 
kalten kristallisierte das Platinsalz in 
wunderschönen goldgelben, hervorragend 
glänzenden Fahnen aus. Unter dem 
Mikroskop erwiesen sich die Kriställchen 
als ganz kleine, dünne, rhombische 
Blättchen mit nur teilweise scharfen 
Kanten. Die geringe Menge des zur 
Verfügung stehenden Platinats ging leider 
bei einer verunglückten Analyse verloren, 
und da weiteres Material nicht vorhanden 
war, konnte die Bestimmung des Platin- 
gehaltes nicht erfolgen. 

Aus dem alkoholischen Filtrate vom 
Quecksilbemiederschlag hatte sich bei 
längerem Stehen noch ein Niederschlag 



abgesetzt. Derselbe wurde behandelt wie 
vorher; das über Salzsäure aufgefangene 
Destillat wurde nach dem Verdunsten mit 
Chloroform behandelt und die alkoholische 
Lösung dieses Rückstandes mit Platin- 
chlorid gefällt. Es entstand ein volumi- 
nöser Niederschlag, der in heißem 
Wasser löslich war. Aus dieser Lösung 
kristallisierten winzige Sternchen mit 
prismatischen Kristallen, die bei der Ana- 
lyse einen Platingehalt von 30,59 Proz. 
ergaben. (Vielleicht Triaethylamin.) 

Die sämtlichen Mutterlaugen wurden 
nach Befreiung von den in ihnen ent- 
haltenen Metallen eingedampft, und der 
Rückstand mit Pikrinsäure versetzt. Durch 
ft-aktionierte Fällungen und fraktionierte 
Krystallisation gelang es noch, sieben in 
Krystallform und Löslichkeit sich unter- 
scheidende Präparate zu isolieren, deren 
Schmelzpunkt — und zwar bei sämtlichen 
unter Zersetzung — bei folgenden 
Temperaturen festgestellt wurde: 
Pikrat 1 bei 253o, Pikrat 5 bei 274o, 
„ 2 „ 2640, „ 6 „ 2770, 

„ 3 „ 2690, „ 7 „ 2830. 

„ 4 „ 2730, 

Bei der Elementaranalyse explodierten 
die sämtlichen Präparate, und zur weiteren 
Untersuchung erwies sich ihre Menge 
leider als zu gering. 

IL Die in dem Autoklaven vier 
Stunden lang auf vier Atmosphären 
erhitzte Hälfte der gefaulten 
Fleischmasse ergab bei der Unter- 
suchung folgendes: 

Der aus dem ursprünglichen 
alkoholischen Extrakt (siehe weiter oben 
vor I) durch Zusatz von alkoholischer 
Quecksilberchloridlösung erhaltene Nieder- 
schlag war von einer unangenehmen 
schmierigen Beschaffenheit und infolge 
dessen außerordentlich schwer zu be- 
handeln. Es zeigte sich mithin von vorn- 
herein eine ganz wesentliche Verschieden- 
heit gegenüber der nicht im Autoklaven 
behandelten gefaulten Masse. Schon 



— 252 — 



diese Erscheinung ließ auf tiefgreifende 
Veränderungen schließen. 

Es wurden nun mit diesem 
Material genau dieselben Opera- 
tionen vorgenommen, wie unter I 
beschrieben, allein mit durchweg 
negativem Erfolge. Es erübrigt sich 
deshalb, auf den unter I näher be- 
schriebenen Arbeitsgang nochmals näher 
einzugehen. Nur in einem einzigen Falle 
gelang es, in ganz geringer Menge ein 
analysierbares Platinsalz mit 28,25 Proz. 
Platin zu erhalten, dessen Natur aber 
wegen der zu geringen Mengen nicht 
weiter aufgeklärt werden konnte. 

Sehr erschwert wurde das Arbeiten 
durch das Auftreten einer äußerst leicht 
reduzierenden Substanz, die sowohl Silber- 
nitrat reduzierte als auch aus Goldchlorid 
sofort metallisches Gold niederschlug. 

Während es uns also gelungen 
ist, aus dem gefaulten Fleisch- und 
Knochenmaterial nicht nur die wich- 
tigsten von Brieger gefundenen 
Ptomaine zu isolieren, sondern auch 
noch neue, bis dahin in faulendem 
Fleisch nicht gefundene Aminbasen 
nachzuweisen, konnte aus dem ge- 
faulten und danach sterilisierten 
Material kein spezifisches Ptomain 
isoliert werden. 

Die vollkommene Zersetzung der 
Ptomaine in der relativ kurzen Zeit von 
vier Stunden ist zweifellos auf Rechnung 
der gleichzeitigen Einwirkung des Druckes 
von vier Atmosphären und der diesem 
entsprechenden Temperatur von etwa 
loO^ C zu setzen. Die alleinige Ein- 
wirkung von hohen Temperaturen genügt j 
erwiesenermaßen nicht, um eine sichere 
Zersetzung herbeizuführen. 

Nun ist ja allerdings zu betonen, daß 
die in dem ursprünglichen fauligen 
Material gefundenen Basen bzw. Diamine 
durchweg Verbindungen darstellen, die 
physiologisch indifferent sind. Nur das 
('holin löst in größeren Dosen muskarin- 
ilhnliclie Wirkungen aus und auch das 



Trimethylamin vermag in größeren Gaben 
toxische Wirkungen zu erzeugen. 

Aber es ist auf der andern Seite eine 
von fast allen Forschem, die das Gebiet 
der Ptomaine bearbeitet haben, gemachte 
Erfahrung, daß die typisch toxischen 
Substanzen, welche aus faulenden Leichen- 
teilen gewonnen werden können, sowohl 
der Quantität nach den ungiftigen Basen 
ganz erheblich nachstehen, als auch weit 
weniger beständig sind als diese. Ihre 
außerordentlich große Zersetzlichkeit 
bildete ja u. a. stets das Haupthindernis 
für das genauere Studium dieser Körper. 
Wiederholt konnten auch wir die un- 
angenehme Erfahrung machen, daß sich 
die Ausbeute im Laufe der Reinigungs- 
manipulationen immer mehr verringerte, 
und uns das Material förmlich unter den 
Händen verschwand. 

Weiterhin ist es eine von fast allen 
hier in Betracht kommenden Autoren be- 
obachtete Erscheinung, daß die im Anfang 
der Leichenfäulnis auftretenden giftigen 
Produkte durch die fortschreitende Fäulnis 
selbst zerstört werden, ein weiterer Be- 
weis für ihre leichte Zersetzlichkeit. Bei 
der langsamen Leichenzersetzung bei 
niederer Temperatur treten sie allerdings 
entsprechend später auf; ihre geringe 
Beständigkeit ist aber die gleiche. 

Man kann deshalb wohl mit Fug und 
Recht behaupten, daß die Mittel, welche 
die beständigeren ungiftigen Ptomaine zu 
zersetzen geeignet sind, unter allen Um- 
ständen ausreichen werden, auch die weit 
weniger beständigen giftigen Basen zu 
zerstören. Bedauerlicherweise war es 
mir, wie bereits weiter oben bemerkt, aus 
äußeren Gründen nicht möglich, meine 
nach dieser Richtung eingeleiteten Unter- 
suchungen zu Ende zu führen. Jeden- 
falls dürften aber die im vorstehenden 
wiedergegebenen Resultate meiner Ar- 
beiten auch so als ein brauchbarer Be- 
weis dafür zu betrachten sein, daß durch 
die bei dem thermochemischen Verfaliren 
gegebenen Bedingungen eine sichere 



— 253 — 



Gewähr für die Zerstörung von etwa 
in dem Eadavermaterial vorhandenen 
Ptomainen und Toxinen geboten ist. Der 
Beweis wird aber ein zweifellos voll- 
gültiger im Zusammenhang mit den Resul- 
taten der rein physiologischen Gl a gesehen 
Versuche. 

Nun zum Schluß noch ein Wort über 
den Standpunkt der Praxis gegenüber den 
gegen die Tierkörpermehlfütterung er- 
hobenen Bedenken! 

Während gegen Mitte des Jahres 1905 
das Quantum des als Futtermittel ver- 
wendeten Tierkörpermehls sich in Deutsch- 
land auf rund 1000000 Kilo stellte, ist 
dasselbe nach einer in den letzten Monaten 
des Jahres 1907 von mir angestellten 
Umfrage inzwischen auf rund 2 560 000 
Kilo angewachsen. 
Davon entfallen 
auf Hartmannsche An- 
lagen 

System Hartmann ca. 1 760 000 Kilo 
System Otte . . „ 200 000 „ 
auf Podewilssche An- 
lagen „ 450 000 „ 

„ Venuleth & Ellen- 
berg e r sehe Anlagen^2^150000___^ 

2 560 000 Kilo 
Das ist eine Zunahme um mehr als 
150 Proz. innerhalb zweier Jahre, ein 
schlagender Beweis dafür, daß der Prak- 
tiker den Wert des neuen Futtermittels 
erkannt und schätzen gelernt hat. Gleich- 
zeitig handelt es sich bei diesem Konsum 
um Mengen, die im Sinne meiner vor- 
stehenden Ausführungen als überzeugendes 
Beweismaterial zu verwerten sind. Wenn 
bei der Verfütterung derartiger Mengen 
von Tierkörpermehl in der landwirtschaft- 
lichen Praxis keine Vergiftungen vor- 
kommen, so kann man über die Ptomain- 
frage mit gutem Gewissen zur Tages- 
ordnung übergehen. 



Zur Frage der Kennzeichnung von Wildbret 
mittels Farbstempelung. 

Von 

K. Borchmann-Berlin, 

Polizeitierarzt. 

Um über die Verwendbarkeit von 
Farbstempeln zur Kennzeichnung von 
Wildbret ein Urteil zu gewinnen, sind sie 
von mir nach dem von Dr. Gröning- 
Hamburg für die Stempelung von Pökel- 
fleisch angegebenen Verfahren an ver- 
schiedenaltrigem, frischem und durch- 
gefrorenem oder obei-flächlich aufgetautem 
Wild, und zwar an 8 zerlegten Hirschen, 
3 zerlegten Rehen und einem unzerlegten 
und in der Decke belassenen Reh ein- 
gehend geprüft worden. Die Stempelung 
geschah mit Metall- und Eautschuk- 
stempeln unter Verwendung von 7 ver- 
schiedenen Fleischstempelfarben. 

Zur Verwendung gelangten: 

1. die violette (bläulich- violette) Fleisch- 
stempelfarbe von Schellhas -Berlin, Brüder- 
straße 9 a, die in Berlin zur Stempelung der 
Schlachttiere wie auch der der Trichinenschau 
unterliegenden Wildschweine benutzt wird; 

2. die violette (rötlich- violette) „Carin/*- 
Farbe von Leonhardi -Dresden (in Original- 
fiasche amtlich geliefert); 

3. die rote (dunkelrote) Fleischstempelfarbe 
„Ideal" von Dr. Kurtz-Altona, gr. Bergs tr. 181, 
die Dr. Gröning besonders für die Stempelung 
von Pökelfleisch empfohlen hat; 

4. die azurblaue „Carin"-Farbe von Leon - 
hardi -Dresden (von Hauptner-Berlin, Luisen- 
straße, überlassen); 

5. die rote (hellrot) „Carin"-Farbe von 
Leonhardi-Dresden (ebenfalls von Hauptner 
überlassen); 

6. die grüne (dunkelgrüne) Fleischstempcl- 
farbe von Schellhas -Berlin; 

7. eine gelbe (orangegelbe) amtlich gelief erte 
Farbe. 

Die Prüfung der Kennzeichnung mit 
diesen Farben erfolgte unter allgemeiner 
Berücksichtigung der in der Praxis des 
Wildhandels obwaltenden Verhältnisse 
und erstreckte sich auf die nachstehend 
angeführten Hauptpunkte. 

Vertuchsergelinlste. 

I. Welche Farbe hebt sich am 
deutlichsten von dem zum Teil ver- 



— 254 — 



schieden gefärbten Fleisch des 
Wildes ab? 

Zur Entscheidung dieser Frage wurde 
teils die „Decke" lediglich in der im 
Wildhandel üblichen Weise „abgeschält'*, 
teils wurden außerdem durch sorgfältige 
Entfernung des Unterhautbindegewebes 
und -fettes die glatten, die Muskeln über- 
kleidenden Faszien freigelegt. Hierauf 
brachte ich mit sämtlichen Yersuchsfarben 
Stempelabdrücke auf Blättern, Keulen, 
Rücken, Unterbrust und Hals an, und 
zwar immer auf gleichartigen und gleich- 
gefarbten Teilen unmittelbar nebenein- 
ander. Hierbei ergab sich folgendes: 

Die violette Berliner Schlachtvieh- 
Stempelfarbe (l) und Violett-„Carin" (2) 
zeichneten sich durchschnittlich am besten 
ab, und zwar an allen Teilen nahezu 
gleich deutlich. Weniger gut trat die 
rote Dr. Kurtzsche Farbe „Ideal" (3) 
hervor. Noch undeutlicher ließen sich 
im allgemeinen Azurblau-„Carin" (4), Rot- 
„Carin" (5) und Grün-Schellhas (6) er- 
kennen. Die beiden roten Farben (3 u. 5) 
waren namentlich schlecht sichtbar auf 
braunrötlicher Muskulatur. Die gelbe 
Farbe, die sich nur auf weißem Grund 
ein wenig abhob, war auf einige Schritte 
Entfernung überhaupt nicht mehr erkenn- 
bar. Am besten hoben sich mithin die 
violetten Farben (1 u. 2) ab. 

IL Werden frische Stempelab- 
drücke unter allen Verhältnissen 
scharf und leserlich und dringen sie 
tief genug ein? 

Frische Stempelabdrücke ließen sich 
scharf und leserlich nur auf vollständig 
unverschiebbaren und von dem Unterhaut- 
binde- oder Fettgewebe peinlich sauber 
befreiten, glatten und trocknen Teilen 
herstellen. Die einwandfreie Ausführung 
beanspruchte aber stets außergewöhnliche 
Sorgfalt und dadurch unverhältnismäßig 
viel Zeit. Dagegen konnten bei an- 
getautem gefrorenen wie auch bei frischem 
Wild, das nicht in der ebenerwähnten 
Weise vorbereitet, sondern lediglich nach 



handelsüblichem Brauch enthäutet war, 
scharfe und leserliche Abdrücke nicht 
erzielt werden. Letztere wurden bei satter 
Stempelung besonders verschwommen und 
unleserlich und in noch erhöhtem Maße 
auf Stücken, die bei warmer Witterung 
auftauten, weil sich auf ihnen trotz des 
Abtrocknens sofort wieder Wassei-dampf 
aus der Luft niederschlägt, und sie außer- 
dem in vermehrter Weise eiweißhaltigen 
Zellsaft ausschwitzen. 

Ordnungsmäßig angebrachte Stempel- 
abdrücke durchdrangen, selbst bei den 
beiden besten Farben Violett- Schellhas(l) 
und Violett -„Carin" (2), meistens nur 
zwei Faszien, so daß beispielsweise 
küchenmäßig hergerichtete „Ziemer** trotz 
vorschriftsmäßiger Stempelung in der 
Regel keinen Stempelabdruck mehr auf- 
wiesen, mithin so zum Verkauf ausgehängt, 
meist der Beschlagnahme unterliegen 
würden. 

Bei der Stempelung erwiesen sich 
Kautschuk- und Metallstempel als an- 
nähernd gleichwertig. Mit dem Kautschuk- 
stempel ließen sich die Abdrücke im all- 
gemeinen leichter scharf und leserlich 
herstellen als mit dem Metallstempel, 
während letzterer einfacher und besser 
zu reinigen war. 

lU. Lassen sich frische und alte 
Stempelabdrücke in positiver Schrift 
leserlich abklatschen? 

Zwecks Herstellung von Abklatsch- 
stempeln wurde gewöhnliches geleimtes 
Papier (Kanzleipapier), stärkefreies und 
mit Alkoholäther angefeuchtetes Leinen, 
die innere HandflS^che und eine mäßig 
rauhe Gummiplatte verwendet. Hiermit 
klatschte ich zunächst die mit den allein 
in Frage kommenden Farben, Violett- 
Schellhas (L), Violett-„Carin" (2.) und 
Rot-„Ideal" (3.), vorschriftsmäßig frisch 
hergestellten Stempelabdrücke ab, und 
zwar entweder sofort darauf oder nach 
ein bis zwei Minuten, und übertrug sie 
dann auf geeignete Fleischstellan, 



255 



Auf diese Weise ließen sich stets 
genügend scharfe und deutlich leserliche 
Abklatschstempel herstellen, die in keinem 
Falle von richtigen Stempelabdrücken zu 
unterscheiden waren und nicht den ge- 
ringsten Verdacht einer Stempelfälschung 
erweckten. Die besten Abklatsche wurden 
mit der Gummiplatte und mit der Hand 
erzielt. Lediglich bei einzelnen Hand- 
abklatschen konnte man durch genauere 
Prüfung an ihrer riefigen Zeichnung die 
Fälschung erkennen; aber auch nur in 
den Fällen, in denen nicht die verhältnis- 
mäßig glatte „Maus", sondern der mit 
den scharf ausgeprägten Biefen versehene 
Teil der inneren Handfläche zur Über- 
tragung benutzt worden war. Satte 
Stempelabdrücke waren meist noch nach 
fänf Minuten in positiver Schrift deutlich 
leserlich abklatschbar. Wurde von starken 
Originalabdrücken sofort ein Abklatsch 
gemacht, so ließ sich sogar von diesen 
häufig noch ein zweiter Abklatsch her- 
stellen, der allerdings nur schwach, aber 
meistenteils noch deutlich leserlich war. 
Selbst drei Abklatsche glückten bis- 
weilen. 

Später als fünf Minuten nach Vornahme 
der Stempelung gelangen auf mittel- 
barem Wege (positive) Abklatsche in der 
Kegel nicht mehr. Wohl aber war es 
durch unmittelbares Aufdrücken gestem- 
pelter Stücke auf ungestempelte sowie 
auch durch bloßes direktes Zusammen- 
hängen solchen Wildes, falls nur die ein- 
ander zugekehrten Flächen genügend 
glatt und eben und in gleichmäßiger Be- 
rührung waren, selbst bei 14 Tage alten 
Stempelabdrücken noch möglich — be- 
sonders bei ursprünglich gefroren ge- 
wesenen, dann aufgetauten und im Eühl- 
hause aufbewahrtem Wild — , Abklatsche 
zu gewinnen, die zwar verschwommen 
und unleserlich waren, immerhin aber 
noch richtige, nur stark verwischte 
Stempelabdrücke vortäuschen konnten. 

IV. Sind frische Stempelabdrücke 
ohne und nachBehandlungmitPökel- 



lake verwischbar sowie bei abwech- 
selnder Aufbewahrung des Wildes 
im Gefrierhaus, im Kühlhaus oder 
Eisschrank und in gewöhnlicher 
Temperatur haltbar? 

Unmittelbar nach derStempelung lassen 
sich selbst tadellose, auf trocknen, voll- 
kommen ebenen und glatten Teilen 
frischen oder hart gefrorenen Wildbrets 
hergestellte und nicht mit Pökellake be- 
handelte Stempelabdrücke sämtlicher Far- 
ben (1. bis 7.) leicht verwischen. Auch 
nach zwei bis fünf Minuten und bis- 
weilen sogar noch später war dies mehr 
oder weniger gut dann möglich, wenn 
die Stempelung auf Teilen geschah, die von 
lockerem Bindegewebe bedeckt oder un- 
eben und rauh oder ^ßerdem etwa noch 
im Auftauen begriffen waren, oder wenn 
sie zu fett geraten war. Hierbei zeigte 
sich, daß die violette Berliner Schlacht- 
viehstempelfarbe (1.) am besten haftete, 
nahezu ebenso gut Violett-„Carin" (2.), 
etwas weniger gut als letztere wieder 
Bot-„Idear' (3.), und daß alle drei Farben 
entsprechend verwischbar waren. Ferner 
wurde ermittelt, daß Eot-„Carin" (5.) 
und Grün-Schellhas (6.) noch schlechter 
als die vorgenannten Farben, am schlech- 
testen aber Gelb (7.) und voniehmlich 
Azurblau-„Carin" (4.) unter den erwähnten 
ungünstigen Verhältnissen vom Fleische 
aufgenommen wurden, und daß demzu- 
folge jede dieser Farben gleichfalls ent- 
sprechend leicht verwischt werden konnte. 
Wurden dagegen von den mittels der 
drei relativ besten Farben, Violett- 
Schellhas (1.), Violett-„Carin" (2.) und 
ßot-„Idear' (3.) hergestellten Stempel- 
abdrücken sofort die überschüssige Farbe 
mit Fließpapier entfernt und die Abdrücke 
mit 25 proz. Pökellake befeuchtet, so 
ließen sich diese auf keine Weise, weder 
unmittelbar nach der Stempelung noch 
innerhalb der ersten Tage verwischen. 
Indessen stellte es sich im Laufe der 
Untersuchungen bald heraus, daß bei 
jeglichem, selbst unter Anwendung aller 



256 



Vorsichtsmaßregeln fehlerfrei abge- 
stempeltem Wild jedesmal dann sämtliche 
Stempelabdrücke fast ausnahmslos völlig 
unkenntlich wurden und sich schießlich zu 
unbestimmten Farbeklecksen verwischen 
ließen, wenn es nach der Stempelung 
zuerst im Gefrierhaus durchgefroren, 
darauf bei gewöhnlicher Temperatur 
wieder aufgetaut und hierauf etwa 5 bis 
14 Tage lang im Kühlhaus aufbewahrt 
worden war. Wurde das Wildbret an- 
statt im Kühlhaus im Eisschrank eng ver- 
packt aufgehoben, so ging die Erkennbar- 
keit der Stempelabdrücke noch in kürzerer 
Zeit, meist schon nach drei bis fünf Tagen 
verloren. 

Als wichtigste Ursache dieser schlechten 
Haltbarkeit der 'Farbstempelabdrücke 
beim Wild muß die Aufbewahrung der 
Versuchsstücke im Gefrierhause in Ver- 
bindung mit dem darauf erfolgten Auf- 
tauen angesprochen werden. Das Ge- 
frieren bedingt nämlich eine verschieden 
starke Volumenzunahme sämtlicher Körper- 
teile (das sogenannte „Auffrieren" des 
Wildes), die bei den flüssigen Bestand- 
teilen erheblich größer ist als bei den 
festen. Infolgedessen treten überall Zer- 
reißungen der nicht genügend elastischen 
Zellwandungen und der Zwischengewebg- 
(Saft-)lücken ein. Beim Auftauen kehrt 
dann das „aufgefrorene" Stück mehr oder 
weniger auf das ursprüngliche Volumen 
zurück, indem sich die nicht zerrissenen, 
stärker elastischen Bestandteile wieder 
zusammenziehen. Hierdurch werden die 
wieder flüssig gewordenen eiweißhaltigen 
Körpersäfte aus den zerrissenen Zell- 
wänden und erweiterten Gewebslücken 
herausgepreßt und z. T. auf die Fleisch- 
oberfläche „ausgeschwitzt". Auf diese 
Weise durchtränkt das flüssige Eiweiß 
auch die Stempelabdrücke und verbindet 
sich allmählich mit dem noch nicht ge- 
bundenen überschüssigen Farbstoff. Die 
Linien der Stempelzeichnung verbreitem 
sich, werden immer undeutlicher und ver- 
schwimmen schließlich so ineinander, daß 



nur noch ein unbestimmter Farbklecks 
zurückbleibt. 

Im Wildhandel kann aber im all- 
allgemeinen die Aufbewahrung des Wildes 
in Gefrierräumen nicht entbehrt werden, 
da nur hierdurch, bei der Unregelmäßig- 
keit der Jagdeingänge und besonders 
auch mit Rücksicht auf den Vertrieb des 
Wildes während der Schonzeiten, eine 
Regelung des Wildbretkonsums ermöglicht 
wird. Im Gegensatz zum Wild wird das 
Fleisch der Schlachttiere zwecks längerer 
Aufbewahrung, in Deutschland wenigstens, 
in der Regel nicht in Gefrierhäuser, 
sondern lediglich in Kühlhäuser oder Eis- 
schränke oder in andere Räume oder 
Behälter mit Kühltemperatur eingelagert. 
Aus diesem Grunde treten die oben ge- 
schilderten Übelstände beim Schlachtvieh 
nicht oder nicht annähernd in dem Maße 
wie beim Wild hervor. 

V. Färben gestempelte Teile beim 
Kochen die Brühe und das übrige 
Fleisch? 

Fleischstücke, die mit den in Betracht 
kommenden drei besten Farben (1. bis 3.) 
satt gestempelt waren, wurden zusammen 
mit einem Stückchen Speilholz, das. zum 
Speilen der Würste verwendet wird, in 
leicht angesalzenem Wasser gekocht. 
Hierbei ergab sich folgendes: Die violette 
Berliner Schlachtviehstempelfarbe (1) 
fllrbte Kochbrühe, Fleischoberfläche und 
Holzstückchen nur ganz schwach bläulich- 
violett. Dagegen färbte Violett-„Carin" 
(2) Brühe, Holz und Fleisch auffällig 
rötlich-violett, letzteres bis 2 mm tief, 
desgleichen Rot-„Ideal" (3) alle Teile 
ausgesprochen rosa- bis karminrot. Beim 
Fleisch färbten sich stets die frischen 
Schnittflächen am stärksten. Diese Ver- 
färbungen verblaßten allerdings wieder 
etwas nach längerem Kochen. 

Hiemach empfiehlt es sich, wie dies 
übrigens in der Küche schon längst ge- 
schieht, die gestempelten Fleischteile vor 
der Zubereitung zu entfernen. 



— 257 — 



VI. Genügt zur Stempelung von 
Wild die Lostrennung einzelner 
Hautstücke, oder muß jedes Stück 
hierzu enthäutet werden? 

Ein unzerlegtes und in der Decke 
belassenes, durchgefrorenes und ober- 
flächlich aufgetautes Reh wurde in der 
für Wildschweine durch das Fleisch- 
beschaugesetz vorgeschriebenen Weise, 
lediglich nach Loslösung der betr. Haut- 
teile mit den am besten haftenden Farben 
Violett-Schellhas (1) und Violett- 
„Carin" (2) je zur Hälfte gestempelt. 
Die losgelösten Hautteile verblieben mit 
Rücksicht auf die zwecks besserer Ver- 
wertbarkeit erforderliche Erhaltung der 
„Decke** zur Hälfte im Zusammenhange 
mit der übrigen Haut und wurden lediglich 
zurückgeschlagen, zur Hälfte gänzlich 
abgeschnitten. Das so gestempelte Stück 
kam nach völliger Trocknung der Abdrücke 
auf sechs Tage wieder ins Gefrierhans 
und wurde dann völlig aufgetaut. Das 
Ergebnis war, daß sämtliche Stempel- 
abdrucke sich als mehr oder weniger stark 
verwischt oder unleserlich erwiesen. Die 
ursprünglich beiseitegeklappten Haut- 
lappen, die durch das Hantieren auf dem 
Transport in ihre alte Lage zurückgefallen 
waren, hatten die darunter befindlichen 
Stempelabdrücke am stärksten verwischt; 
letztere glichen einem völlig undeutlichen 
Farbklecks. Das gleiche war dort ein- 
getreten, wo sich zwei gegenüberliegende, 
von der „Decke" gänzlich befreite ge- 
stempelte Fleischteile, wie z. B. die 
Innenflächen der Hinterschenkel, unmittel- 
bar berührten. Die übrigen ganz frei- 
liegenden und unberührt gebliebenen 
Stempelabdrücke hatten sich nicht ver- 
wischt, waren gleichwohl aber ver- 
schwommen und unleserlich. 

Demzufolge würde die Stempelung des 
Wildes in der „Decke", lediglich nach 
Lostrennung einzelner Hautteile, nicht 
zweckentsprechend, vielmehr gegebenen- 
falls das gänzliche „Abschälen" (Ent- 
häuten) desselben erforderlich sein. 



Letzteres ist indes nicht allein zeit- 
raubend, sondern bedingt auch eine ver- 
ringerte Haltbarkeit des Wildes. 

Das Gesamtergebnis der von mir aus- 
geführten Stempelungsversuche läßt sich 
daher wie folgt zusammenfassen: 

Die Kennxeichung des Wildbrets mittels 
Farbstempelung empfiehlt si<ih nicht. 



Eine neue Einrichtung für Schweine- 
schlachthallen. 

Von 

Kunibert MUller-Treptow a. R., 

Vorsteher des Fleischbescbauamte». 

Vier Hauptforderungen stellt man an 
eine der Neuzeit entsprechende Schlacht- 
hofeinrichtung: Gute Ausnutzung des 
Raumes, Ermöglichung bequemen Schlach- 
tens, Möglichkeit einer bequemen und 
gründlichen tierärztlichen Untersuchung, 
endlich praktische und billige Ausstattung. 
Die ersten drei Bedingungen sind bei der 
neuen Einrichtung für Schweineschlacht- 
hallen Patent Kleinert der Firma Beck & 
Henkel-Kassel erfüllt. Da ich Gelegen- 
heithatte, mitHermArchitektKleinert, dem 
Erbauer des hiesigen Schlachthofes, über 
diese Anlage mich genauer zu informieren, 
diese Anlage auch aus Zeichnungen, Mit- 
teilungen von Kollegen, nach dem Modell 
und in der Praxis zu Kolberg, wo sie auf Ver- 
anlassung des Herrn Kollegen Loeschke 
eingeführt wurde, kennen zu lernen, so 
gestatte ich mir, eine kurze Beschreibung 
derselben zu geben, in Verbindung 
mit einem Vorschlag, wie die Anlage 
nach der wesentlichsten Eigentümlichkeit 
verbilligt und verbessert werden kann, so 
daß die zugehörigen Schweinehälften nicht, 
wie bisher, nebeneinander, sondern ein- 
ander gegenüber hängen. Nur auf diese 
Weise ist eine bequeme und gründliche 
Untersuchung von allen Seiten möglich. 

Weitere Vorzüge der Anlage sind : 
Vom Brühbottich gehen der Länge der 
Halle nach in einer Höhe von etwa 2,80 m 
parallel zueinander, ca. 130 cm vonein- 
anander entfernt, 2 Eisen-I-Träger. An 



— 258 — 



der unteren Fläche dieser sind immer, 
etwa 50 cm entfernt, ca. 80 cm lange be- 
wegliche Eisenhaken befestigt. Zwischen 
diesen hängen auf der einen Seite gleich- 
lange feste Bandeisen, an deren Ende 
„ausziehbare Doppelhaken" befestigt sind. 
Diese dienen zum Aufhängen derGeschlinge, 
Gekröse, Liesen, Magen und Därme, 
während je ein Haken immer eine Schweine- 
hälfte aufnimmt. 

In der Mitte der beiden Träger geht in 
einer Höhe von ungefähr 3,30 m ein dritter 
Träger entlang mit einem fahrbaren 
Flaschenzug, an dem an einem Ketten- 
ende eine Eisenspreize hängt. 

Die Benutzung ist folgende: Nach 
Enthaarung des Schweines wird dasselbe 
an die Spreize gehängt und an das Ende 
der Anlage gefahren. Hier wechselt je 
ein Haken jeder Seite die Spreize aus, 
so daß der Flaschenzug frei wird und 
das Schwein nunmehr in dem 1,30 m 
Zwischenräume hängt. Nach dem Aus- 
brechen und Spalten fällt jede Hälfte nach 
jeder Seite sich gegenüber. 

Durch diese Neuerung ist einmal 
die Forderung der Ausnutzung des Raumes 
erfüllt; denn es hängen in einer Entfernung 
von 10 Metern 20 Schweine. Diese 
brauchen mithin nur 10 X 1,30 = 13 qm 
Platz. Dann ist die Voraussetzung leichten 
Schlachtensgegeben,daderSchlächterüber- 
haupt keine Anstrengung beim Aufhängen 



mehr nötig hat. Weiter ist auch die Voraus- 
setzung bequemer und gründlicher Unter- 
suchungerfüllt, da jeder Teil von allen Seiten 
untersucht werden kann. Verwechslungen 
werden durch Nummern an den zusammen- 
gehörigen Haken und Doppelhaken ver- 
liindert. Was den letzten Punkt, die Billig- 
keit anlangt, so ist nicht zu verkennen, daß 
die Anlage aus der Studierstube stammt. 
M. E. enthält sie noch „zu viel Eisen". Die 
herabhängenden Bandeisen können samt 
ihren Verkupplungen an den I-Trägern 
und ausziehbaren Haken ganz fort- 
fallen. Dafür müßte in Höhe der Haken 
ein Bandstreifen entlang laufen, der 
einmal an den I-Trägersäulen und event. 
eine Unterstützung von oben, vom I-Träger, 
erhielte. Für die „ausziehbaren Doppfl- 
haken" könnten an dem Eisenstreifen 
feste Doppelhaken angebracht werden. 

Bei einer Länge von 10 m werden jetzt 
gebraucht 20 X 0,80 = 16 m Bandeisen, 
20 feste Verkupplungen, 20 ausziehbare 
Haken, nach meinem Vorschlage Band- 
eisen nur 10 m + 0,80 m Unterstützung. 
Es kämen in Fortfall: 5,20 m Bandeisen, 
19 Verkupplungen, 20 Ausziehvomch- 
tungen. Läßt man, wie es in größeren 
Schweineschlachthallen der Fall ist, von 
jedem Brühkessel 2—4 Anlagen herstellen, 
so wird mein Vorschlag doppelt und vier- 
fach billiger. Das Praktische der neuen 
Anlage bleibt dabei völlig gewahrt. 



Referate, 



Lehmann, Studie fiber die Zähigkeit 
des Fleisches und ihre Ursachen. 

(Arch. f. Hyg. 1907, 2. Heft, S. 184-180.) 

Verschiedene Muskeln desselben Tieres 
besitzen verschieden große Zähigkeit. Die 
eines Hautmuskels übertrifft diejenige der 
Lendenmuskeln etwa um das 4fache; 
und letztere sind 2— 3 mal leichter zu 
durchbeißen wie ersterer. Schweine- 
schlegel ist 2 mal so zäh wie Filet, zartes 
Schweine- und Hammelfleisch verhält sich 



gleich bestem Rindfleisch. Histologisch 
wurden in den Muskeln nur Differenzen 
in dem Gehalt an Bindegewebe geflinden; 
je zäher die Muskeln waren, desto mehr 
Bindegewebe enthielten sie. Beim Auf- 
bewahren nimmt die Zähigkeit des rohen 
Fleisches um 20—40 zuweilen 50 Proz. ab; 
die Ursache sieht Verfasser in einem 
Ferment (Autolyse), nicht in der Ein Wirkung 
der Milchsäure. Auch Gefrierenlassen 
und Auftauen vermindert die Zähigkeit, 



— 259 — 



ebenso das Kochen. Fleisch zeigt beim 
Kochen nach überstandener Totenstarre 
einen größeren Gewichtsverlust, als wenn 
es vor der Starre gekocht wurde. 

B. 

Lehmann, Die Festigkeit (Zähigkeit) 

vegetabiliseher Nahrangsmittel und ihre 

Yeränderang darch Koehen, 

(Arch. f. Hyg. 1907, 2. Heft, S. 180—182.) 

Beim Kochen von Kartoffeln, Kohl- 
rabi, Äpfeln, Kuben und Brot wurde die 
Zähigkeit durch Kochen im allgemeinen 
um ^/e bis ^/^^ herabgesetzt. Vegetabilien 
sind roh wie gekocht weicher wie Fleisch; 
nur das Gehirn macht eine Ausnahme. 

R. 

Kerp, Über schweflige Sänre in Nah- 
rungsmitteln. 

(Chemiker-Zt^. 1907, Nr. 96.) 

Zur Konservierung und Verbesserung 
des Aussehens wird bei vielen Nahrungs- 
und Genußmitteln, wie Wein, Dörrobst 
(Aprikosen, Prünellen, Rosinen, Dön-- 
kartoffeln), Büchsengemüsen (Spargel, 
Champignons, Erbsen), Zucker, Stärke, 
Syrup, Gelatine, Hopfen, Bier, Gersten- 
graupen, Mehl, Gebäckteig und Hack- 
fleisch schweflige Säure verwendet. Diese 
hält sich jahrelang unverändert, weil 
chemisch gebunden, z. B. beim Dörrobst, 
an die Glukose. Die schädliche Wirkung 
der schwefligen Säure hängt ab von der 
Menge des in den Körperflüssigkeiten zur 
Abspaltung gelangenden Sulfitians, also 
von der Art der Nahrungsmittel und den 
Bedingungen, unter denen sie genossen 
wird. Salzsaure Lösungen sind weit 
weniger giftig wie das glukose-schweflig- 
saure Natrium. b. 

Pitt, Beiträge znm regelmäßigen Tor- 
kommen der Botlanfbazillen anf der 
Darmschleimhant nnd in den Tonsillen 
gesander Sehweine. 

(Inaag.-Dlss. Giefien 1907.) 

Bei 66 Darm- und 55 Tonsillenunter- 
suchungen fand Verfasser fast bei jedem 
zweiten Schwein Botlaufba^illen. Diese 



Bakterien sind also häufige Bewohner der 
Schleimhaut gesunder Schweine. Wert 
hat daher zur Bekämpfung des Botlaufs 
allein die Schutzimpfung. ä. 

Tiberti, N., Bakteriologische Unter- 

snchnngen aber eine Fleisehvergiftnngs- 

epidemie. 

(8.-A. aus der Zeitvchrifl f. Hygiene u. Infektionskraukheiten, 
Bd. 60, 1908.) 

In B. erkrankten über 30 Personen 
unter mehr oder weniger schweren gastro- 
enteritischen Erscheinungen, die auf den 
Genuß von gekochten Wurstwaren zurück- 
zuführen waren. Eine Person, die die 
Wurst in ungekochtem Zustande gegessen 
hatte, ist gestorben. Verfasser isolierte 
aus den betreffenden Wurstwaren einen 
Mikroorganismus, der in seinen morpho- 
logischen, kulturellen und biologischen 
Eigenschaften mit den Fleischvergiftungs- 
bakterien übereinstimmte. Wie sich 
durch die vergleichenden Agglutinations-, 
bakteriolytischen und Immunisierungs- 
versuche nachweisen ließ, war derselbe 
identisch mit der paratyphösen Gruppe der 
Fleischvergiftungsbakterien, wie sie durch 
den Typus Ärtryck von de Nobfele 
repräsentiert wird. ^^• 

Berger^Eine Ty phns-Epidemie in Cref eld* 

^ZeitBohr. f. Mediz.-Beamte 1907, S. 606.) 

In Crefeld hat immer Typhus ge- 
herrscht. Im Juli und August 1907 wurden 
55 Fälle gemeldet, von denen 43 durch 
Milchgenuß übertragen waren; 18mal 
war der Ausgangsort ein Milchgeschäft 
und 25 mal ein Milchbauemgehöft. j?. 

Andries ten Sande, Tnberkelbazillen 
nnd Typhasbazillen im Kefir. 

(Bern 1906. Disaertation.) 

Während 48 Stunden lang der Keflr- 
gärung noch ausgesetzte Typhusbazillen 
abgetötet waren, vermochten Tuberkel- 
bazillen selbst nach ötägiger Dauer der 
Gärung noch Meerschweinchen zu infi- 
zieren. Die Milch muß daher vor der Keflr- 
gärung gekocht werden. B. 



- 260 — 



Tromsdorff, Bemerkangen za dem Artikel 

von Cand. med/Sehuppias ^Dle Milch- 

lenkozytenprobe nach Tromsdorff^. 

(Arch. f. Hyg. 1907, H. 1, S. 122- 122 d.) 

Verfasser tritt deo Schlüssen von 
Schuppius, der bekanntlich den Wert der 
Tromsdorffschen Methode bestritten hat, 
entgegen und sucht ihre Verwendbarkeit 
zur leichten und raschen AufiQndung 
euterkranker Kühe erneut zu begründen. 

Uammersclimidt^ Die Onesener Klär- 
anlage. Ein Beitrag znr biologischen 
Abwasserreinigung. 

(Zoitiohr. f. Hyg. u. Infektionskr. 1907, 8. 353-387.) 

Um die mißlichen Verhältnisse in der 
Beseitigung der Abfallstoffe zu bessern, 
wurde in Gnesen das biologische Klär- 
verfahren eingeführt. Die Einrichtung 
besteht aus der Vorkammer, in der durch 
einen Sandfang die groben Sinkstoffe auf- 
gehalten werden, ferner aus den Absatz- 
kammem, die 70 Proz. der ungelösten 
Stoffe sedimentieren, und den aus Kohlen- 
schlacken und Sandschichten zusammen- 
gesetzten Tropf- oder Oxydationskörpern, 
die abwechselnd 60 Stunden arbeiten und 
36 Stunden ruhen. Die eingehenden 
Untersuchungen des Verfassers ergaben, 
daß trotz guten Funktionierens der An- 
lage die Lebensföhigkeit der Kolibazillen 
nicht vernichtet war. Verfasser schließt 
daraus auf ein gleiches Verhalten der 
Typhus-, Paratyphus-, Ruhr-, Cholera-, 
Tuberkelbazillen und Milzbrandsporen und 
hält für möglich, daß beim biologischen 
Verfahren Infektionskeime in saubere und 
wirtschaftlichen Zwecken dienende Vor- 
fluter gelangen können und von da aus 
Epidemien zu erzeugen imstande sind. 
R, 

Bechtsprechung« 

— Wegen Inverkehrbringung untauglichen 
trichinttten Schweinefleleches 

ist der Beniner R. durch Urteil der Straf- 
kammer beim Amtsgericht Sehr i mm vom 
14. Juni 1905 (Beilage zu den VeröJEfentlichungen 
des Kaiserlichen Gesundheitsamts) zu 6 Monaten 
Gefängnis verurteilt worden. R. hatte Teile 



eines wegen starken Trichinengehaltes ver- 
grabenen Schweines wieder ausgegraben und 
verkauft. (Das Vergraben trichinöser Schweine ist 
nach § 45, Abs. 3 B. B. A untersagt, u. a. auch aus 
dem Grunde, um das Ausgraben und Inverkehr- 
bringen der untauglichen trichinösen Tiere zu 
verhftten. Die Ortspolizeibehörde, die das Ver- 
graben der Schweine gestattete, ist von dem Vor- 
wurfe nicht freizusprechen, das Delikt des R. 
dadurch ermöglicht zu haben, daß sie die un- 
schädliche Beseitigung des untauglichen Tier- 
körpers entgegen den Ausführungsbestimmungen 
zum Fleischbeschaugesetz durch Vergraben ge- 
stattete.) 



Zar Aasftthrang des Fleischbesclian- 



— Hat ein nichttierärztlicher Beschauer auch 
FleischiymphdrQsen zu untersuchen oder nicht? 

Anfrage des Beschauamts Vorsteher K. in T. 

Antwort: Die Notwendigkeit der Unter- 
suchung der Fleischlymphdrüsen ergibt sich 
hauptsächlich beim Vorliegen der Septikämie 
und der auf dem Wege der großen Blutbahn 
verbreiteten Tuberkulose oder beim Vorliegen 
des Verdachts dieser Krankheiten. In diesen 
Fällen ist der nichttierärztliche Beschauer nicht 
zuständig, und es liegt deshalb für ihn kein . 
Anlaß vor, die Untersuchung der Fleischlymph: j 
drUsen auszuführen. 

-^ Kann eine Tuberkullninjektlon die neiscli- 
qualltftt beeinflussen und bejahendenfalls wie lange? 
Ist Fleisch eines soeben tuberkulinisierten Tieres, 
das sofort nach Ablauf der Tuberkullnreaktionszeit 
geschlachtet wurde, gesundheltsscbadlich? 

Anfrage des Schlachthofdirektors P. A. B. 
in R. (Holland). 

Antwort: In Deutschland wird das Fleisch 
der in den Seequarantäneanstalten während der 
zehntägigen Quarantänezeit auf Tuberkulin ge- 
impften Tiere in den freien Verkehr gegeben, 
wenn die Tiere im übrigen keinen Grund zur 
Beanstandung geben. Irgendein Nachteil hat 
sich bei dieser Art des Verfahrens nicht her- 
ausgestellt. Bei unmittelbar nach der Tuberkulin- 
impfung geschlachteten Tieren könnten im Fleische 
trotz der Verteilung des eingespritzten Tuber- 
kulins auf die Gesamtfleischmenge und der Aus- 
scheidung mit den Exkreten noch kleinste 
Mengen enthalten sein, die bei tuberkulösen 
Menschen nachteilig wirken könnten. Unmittel- 
bar nach der Tuberkulinimpfung müßte daher 
das Fleisch deklariert werden, und es empfiehlt 
sich mithin, mehrere (etwa fünf) Tage nach Vor- 
nahme der Tuberkulinimpfung verstreichen zu 
lassen, ehe zur Schlachtung geschritten wird. 



— 261 — 



— Werden durch das Sterilisieren des Flelsclies 
tHberi(uiöser Tiere die im Fleisch enthaltenen Tuherkel- 
bazlllen zerstört, und ist sterilisiertes Fleisch selcher 
Tiere, selbst wenn die Tubericelbaziilen zerstört sind, 
nicht tretzdem schädlich (giftig)? 

Anfrage des städt. Tierarztes Dr. P. in G. 
(England). 

Antwort: Die Tnberkelbazillen gehen bei 
einer Temperatur von 80° C zugrunde, wenn 
diese 10 Minuten einwirkt. Nach den Aus- 
fahrungsbestimmungen A zum deutschen ßeichs- 
fleischbeschaugesetz ist die Sterilisierung als ge- 
nügend anzusehen, wenn eine Temperatur von 
80» C 10 Minuten lang eingewirkt hat (§ 39 Nr. 3). 
Mithin werden durch das in Deutschland vorge- 
schriebene Verfahren der Sterilisierung die im 
Fleische tuberkulöser Tiere enthaltenen Tuber- 
kelbazillen vernichtet. Von einer sonstigen 
Schädlichkeit des sterilisierten Fleisches tuber- 
kulöser Tiere, etwa durch Tuberkulingehalt, ist 
nichts bekannt geworden, wie auch die Experi- 
mente von Galtier die Unschädlichkeit des steri- 
lisierten Fleisches tuberkulöser Tiere dargetan 
haben. 



Amtliches. 

— Königreich Preußen. Gutachten der Wissen- 
schaftlichen Deputation für das INedizinalwesen Oher 
Zulässiglceit eines Zusatzes von Formaldehyd zur 
Handelsmiich. Referenten: Heubner, Rubner, 
Förster. 

Das Gutachten ist in folgenden Sätzen zu- 
sammengefaßt: 

Es ist weder durch die Versuche an mensch- 
lichen Säuglingen, noch auch durch die bisher 
veröffentlichten Versuche von Behrings an 
Tieren dargetan, daß die Formaldehydmilch in 
bezug auf ihre Verdaulichkeit und Ausnützbar- 
keit einer in gewöhnlicher Weise reinlich ge- 
wonnenen Kuhmilch überlegen ist. Es ist, wenn 
auch nicht sicher erwiesen, doch auch nicht sicher 
auszuschließen, daß ein auch nur in dem Ver- 
hältnis von 1 : 25000 erfolgender Zusatz von 
Formaldehyd zur Säuglingsmilch bei wochen- 
und monatelangem Genuß eine Schädigung des 
Nierenepithels beim jungen Kinde herbeizuführen 
vermag. Die Freigabe eines Formaldehydzu- 
satzes zur Handelsmilch würde mit Sicherheit 
dazu führen, daß zersetzte, die Gesundheit 
schädigende Milch unter der Maske frischer Milch 
an das Publikum verkauft und von diesem, ins- 
besondere von Säuglingen, konsumiert würde. 
Selbst der Deklarationszwang würde dagegen 
nichts helfen, da das Publikum erfahrungsgemJlß 
derartige Deklarationen nicht zu beachten pflegt. 
Eine Kontrolle aller Kuhställe, Molkereien, Milch- 
läden usw., die Tilg für Tag ausgeübt werden 



müßte, würde sich der Kosten wegen verbieten. 
Aus diesen Gründen muß der Zusatz von Form- 
aldehyd zur Handelsmilch schlechthin als un- 
zulässig bezeichnet werden. (Durch „Apotheker- 
Zeitung"). 

— Königreich Bayern. Gemeinverständliche Be- 
lehrung für die Verhraucher von Konserven, Erlaß 
des Staatsministeriums des Innern vom 17.Märzl908. 

Der Verbrauch an Konserven hat in den 
letzten Jahren in weiten Schichten der Be- 
völkerung eine große Verbreitung gewonnen. 
Mit dem steigenden Verbrauche haben sich auch 
die Fälle gemehrt, in denen Erkrankungen und 
Todesfälle infolge des Genusses verdorbener 
Konserven vorgekommen sind. Durch eine 
richtige Behandlung der Konserven und durch 
rechtzeitige Erkennung der äußeren Kennzeichen 
des Verdorbenseins der Ware lassen sich Gesund- 
heitsschädigimgen in den meisten Fällen 
hintanhalten. Es erscheint deshalb angezeigt, 
hierüber die Öffentlichkeit zu belehren. Diesem 
Zwecke dient die nachstehende, gemein- 
verständliche Belehrung, für deren mög- 
lichst weite Verbreitung in der örtlichen Presse 
zu sorgen ist. 
I. Kennzeichen verdorbener Konslsrven. 

Als verdorben sind Büchsenkonserven 
anzusehen, deren Deckel und Boden aufgetrieben 
sind (bombieren), desgleichen solche, deren 
Deckel oder Boden federn, d. h. dem Finger- 
druck nachgeben, um sofort wieder in die alte 
Lage zurückzukehren. 

Büchsen mit derartigen Anzeichen des 
Verdorbenseins sind zurückzuweisen und unter 
keinen Umständen zu verbrauchen. 

Als verdorben sind femer auch jene 
Konserven zu erachten, die sich nach Öffnen 
der Behälter als vertrocknet oder stark ver- 
schimmelt erweisen. Konserven die fremdartig 
oder gar übel riechen, namentlich auch solche, 
die sich in Gärung befinden, was an der 
schaumigen Oberfläche der Flüssigkeit erkennbar 
ist, sind vom Gebrauch auszuschließen. 

II. Die Behandlung der Konserven. 

Sowohl im Haushalt, als auch in Verkaufs- 
stellen sind die Konserven stets an trockenen, 
kühlen Orten aufzubewahren. 

Büchsenkonserven sind vor Sturz oder Stoß 
zu schützen, da hierdurch entstehende Undichtig- 
keiten erfahrungsgemäß die Haltbarkeit des 
Büchseninhaltes erheblich beeinträchtigen. 

Gewisse Arten von Konserven, z. B. Ge- 
müsekonserven, FischkoDserven, namentlich 
aber solche in sauren Saucen oder Sulzen, sollen 
nach Anbruch der Büchsen, wegen der Gefahr 
der Zersetzung, stets rasch verbraucht werden. 
Wenn die Konserven, wie Sardinen u. a. in 



— 262 — 



Ol, oder wie Salzheringe, in Salzlake liegen, 
besteht diese Gefahr in geringerem Mafie, 
solange die Konserven noch von der Flüssigkeit 
bedeckt sind. 

Für den Hausgebranch ist dringend anzu- 
raten, den einmal aus einer Büchse heraus- 
genommenen Inhalt nicht wieder in diese zurück- 
zulegen, auch wenn die Speise nicht auf einmal 
verzehrt wird. 

Andere Konserven, wie Dunstobst oder mit 
Zucker eingemachte Früchte u, dgl. werden 
nach Anbruch der Behälter bei längerer Auf- 
bewahrung nicht selten an der Oberfläche von 
Schimmel befallen. Wenn sie auch deshalb 
nicht ohne weiteres für verdorben gelten können, 
so ist dennoch stets für öftere, vorsichtige Ent- 
fernung der Schimmeldecke Sorge zu tragen. 
Hat der Schimmel schon tiefere Schichten er- 
griffen, dann ist die Konserve für den Verkauf 
und den Verbrauch nicht mehr tauglich. 

Zu beachten ist endlich, daß das Auf- 
kochen verdächtiger Konserven keine sichere 
Gewähr für die Zerstörung aller giftigen 
Keime bietet, weshalb in allen verdächtigen 
Fällen auf den Genuß der Konserve besser ver- 
zichtet wird. 

Konserven, auf deren Genuß, wenn auch 
nur vermutungsweise, Erkrankungen zurück- 
geführt werden, soll man nicht vernichten, da 
hierdurch die weitere Verfolgung des Falles 
erschwert und unter Umständen unmöglich ge- 
macht wird; es sind vielmehr die Reste — wo- 
möglich samt der Büchse — unverzüglich der 
Ortspolizeibehörde zur Herbeiführung einer 
Untersuchung durch die zuständige Stelle 
(Hygienisches Institut, Tierarzt, Unter- 
suchungsanstalt) zu fibergeben. 

— Hessen. Bekanntmachung des Ministeriums 
des Innern, Abt für öfTentl. Gesundheitspflege, hetr. 
den Verbrauch von Konserven. Vom 20. August 1907.*) 

Bei dem fortwährend zunehmenden Verbrauch 
der Konserven aller Art sind die Fälle häufiger 
geworden, in denen durch den Genuß verdorbener 
Konserven Erkrankungen und Todesfälle ein- 
getreten sind. Diese Gefahren lassen sich ver- 
mindern, wenn alle durch die Sinne als verdorben 
erkannten Konserven von der Verwendung unter 
allen Umständen ausgeschlossen werden, und 
wenn beim Ankauf und bei der Verwendung 
des Inhalts stark verbeulter oder augenscheinlich 
beschädigter Konservenbüchsen mit ganz be- 



*) Bekanntmachungen ähnlich der bayrischen 
und hessischen, die durch den bekannten Fall 
von Botulismus nach Genuß von Bohnengemüse 
veranlaßt wurden, sind auch von den übrigen 
Bundesstaaten erlassen worden. 



sonderer Vorsicht verfahren wird. Die mit auf- 
fallender Verwölbung des Deckels oder des 
Bodens behafteten sog. bombierten Büchsen 
sollen überhaupt nicht geöffnet, vielmehr un- 
bedingt vernichtet werden. Die Beseitigung ist 
gleicherweise zu empfehlen, wenn der Inhalt 
der Büchse durch eigenartigen oder gar üblen 
Geruch oder durch Bildung von Schaum oder 
Gasblasen auffällig wird, da das vielfach be- 
liebte und für ausreichend erachtete Aufkochen 
durchaus keine Gewähr für die Unschädlich- 
machung aller giftigen Substanzen gewährt. 

— Preußen. Reg.-Bez. Bromberg. Bekannt- 
machung, betr. Trichinensohau, vom 29. Januar 1908.*) 
(Betrifft Ausbildung der Trichinenschauer durch 
die Kreistierärzte in Kreisen, in denen öffent- 
liche Schlachthäuser fehlen und die nächsten 
öffentlichen Schlachthäuser vom Wohnsitz des 
Prüflings V/Citer entfernt sind als der Wohnsitz 
des Kreistierarztes). 

Provinz WestpreuDen. Nachtrag zu dem 

Reglement vom 17. INirz/S. Juni 1904 zur Auofahrung 
des Gesetzes vom 22. April 1892, betr. die Ent- 
schädigung fOr an üilzbrand gefallene Tiere, vom 
17. April 1907 *). 

Reg.-Bez. Posen. Landespolizeiliche An- 
ordnung, betr. die Einfuhr von Schweinefleisch 
im kleinen Grenzverkehr aus Rußland, vom 
28. Februar 1907 **). 

Vorochrinea, betr. die Aus- 

fGhrung der Untersuchung des Im kleinen Grenz- 
verkebr eingebrachten Schweineflelscheo auf Hnnen 
und Triebinen, vom 5. Juli 1907**). 

Polizeiverordnung, betr. das Aus- 

melken der Habe vor dem Auftrieb auf den Vieh- 
markt oder dem Antreiben zu Handelszweoken, 
vom 12. Juni 1907***). 

— Mecklenburg - Schwerin. Verordnung, betr. 
die Prüfung der Trichinenscbauer, vom 12. Oktober 
1907 1). 

— Anhalt Runderiaft, betr. die Einrichtung 
von Frelbftnken, vom 6. März 1907. 

— Schaumburg-Lippe. Polizeiverordnung, betr. 
die Betäubung des Schlachtviehs beim gewerblichen 
Schlachten, vom 30. November 1907 ff). 

— Darmstadt, GroAherzogi. Kreisamt, Milch- 
Verkaufsordnung fOr den Kreis Darmstadt, vom 
8. März 1907ttt). 

*) Wortlaut in den Veröffentl. des Kais. 
Gesundheitsamtes 1908, Nr. 17. 
**) Ebenda Nr. 14. 
t) Ebenda Nr. 17. 
tt) Ebenda Nr. 6. 

ttt) Wortlaut 8. „Molkerei-Zeitung Berlin" 
1907, Nr. 15. 



— 263 — 



Statistische Berichte. 



— Deutsches Reich 


Schlachtvieh- 




Zusammengestellt 


im Kaiserlichen Statistischen Amt. 


















Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 










vorgenommen wurde 

1 ~ " ~'\ 







Staaten 












" 


und 
Land esteile 


Pferde 
und 

andere 
Ein- 


Ochsen 


Bullen 


Kühe 


Jung- 
rinder 
über 


Kälber 
bis 


Schweine 


Schafe 


Ziegen 


Hun- 
de 




hufer 








1 
3 Monate alt 










Provinz Ostpreußen . . . 


695 


1073 


1611 


8058 


7 825 


14 066 


109190 


34 895 


1362 




„ Westpreußen . . . 


298 


816 


2330 


7168 


5169 


13646 


91291 


12 076 


2 221 





Stadt Berlin 


3 233 


20016 


9075 


4118 


9 227 


40191 


203156 


107 951 


74 





Provinz Brandenburg . . 


3147 


5 293 


9 328 


25 959 


12 554 


48 266 


245 610 


22 964 


2 748 


81 


„ Pommern . . . 


790 


345 


2 905 


8 670 


3 354 


21952 


98454 


21119 


809 




„ Posen .... 


270 


547 


1951 


7 205 


6 409 


21980 


120833 


12 849 


16 833 





„ Schlesien .... 


5196 


3252 


12 274 


31471 


21286 


86 021 


399 736 


17 271 


9050 


318 


y, Sachsen . . . 


2 939 


2 411 


5418 


18122 


8 565 


38151 


217 936 


26995 


4 727 


80 


„ Schleswig- Holstein 


1676 


5 365 


1527 


11440 


7 869 


25140 


112 456 


10090 


194 


9 


„ Hannover . . . 


2 587 


5 649 


5193 


13622 


8276 


27 959 


192220 


46165 


1325 




„ Westfalen . . . 


3014 


3 566 


5 758 


39 054 


10 787 


39 321 


256 916 


9 732 


3473 


4 


y, Hessen-Nassau . 


1025 


8556 


1663 


17 964 


13 713 


45 385 


317 197 


19 505 


4972 




y, Rheinland . . . 


5 275 


22054 


6867 


64 749 


26 317 


90 540 


460084 


38820 


10699 


14 


Hohenzollem 


— 


82 


24 


367 


587 


1063 


2250 


79 


41 




Königreich Preußen 


30145 


79 025 


65 924 


257 %7 


141938 


513681 


2 927 329 


380511 


58528 


506 


Bayern rechts des Rheins 


3 212 


28904 


11503 


49 782 


31202 


173 664 


476325 


55 999 


7 712 


133 


„ links des Rheins 


287 


1334 


599 


3 332 


10267 


12 898 


55 665 


932 


1580 




Königreich Bayern 


3499 


30238 


12102 


53114 


41469 


186 562 


581990 


56 931 


9 292 133 


Königreich Sachsen . . 


3 968 


9072 


8 861 


35 760 


5 796 


103 284 


377 016 


60171 


44 319 


1496 


Wtlrttemberg 


518 


4 341 


3619 


14 621 


24747 


51472 


140 914 


12 964 


3 318 


17 


Baden 


642 


6 791 


2242 


11487 


20369 


45 868 


136199 


5 749 


3318 




Hessen 


601 


4 914 


438 


9 941 


10194 


18 379 


96 647 


5 251 


6 413 





Mecklenburg-Schwerin 


522 


203 


1537 


4 887 


1978 


21616 


47 722 


8160 


465 





Sachsen-Weimar . . . 


217 


396 


256 


2 651 


1643 


6 277 


25 896 


4 224 


1414 


1 


Hecklenburg-Strelitz . . 


137 


36 


77 


508 


217 


2431 


8 211 


899 


33 




Oldenburg 


121 


592 


180 


1987 


1533 


3 568 


34 537 


3 262 


177 


_ . 


Braunschweig .... 


146 


436 


2007 


1463 


2390 
1567 


6333 


105 418 


5 772 


202 - 


Sachsen-Meiningen . . . 


124 


313 


154 


2063 


3 521 


15 556 


2133 


384 





Sachsen-Altenburg . . . 


101 


71 


274 


2533 


528 


3600 


16 643 


1380 


438 


3 


Sachsen-Coburg-Gotha 


136 


252 


131 


2 363 


1361 


3853 


41850 


4 732 


8061 


20 


Anhalt 


499 


249 


676 


1462 


612 


3 769 


27 739 


2 486 


630 


113 


Schwarzburg-Sondershausen 


10 


50 


38 


1067 


326 


1537 


14 001 


945 


109 




Schwarzburg-Rudolstadt . 


9 


63 


60 


641 


494 


1531 


5907 


862 


58 





Waldeck 


1 


42 


75 


202 


481 


906 


3 361 


334 


158 





Reuß ältere Linie . . . 


34 


% 


114 


472 


271 


1233 


6 880 


2178 


78 


4 


Reuß jüngere Linie . . 


88 


116 


235 


1535 


677 


2104 


17 542 


2129 


382 


6 


Schaumburg-Lippe . . . 


20 


7 


29 


301 


103 


478 


1711 


123 


110 — 


Lippe 


60 


21 


265 


875 


319 


1188 


8 274 


327 


204' - 


Lübeck 


247 


99 


• 290 


2216 


388 


3 689 


13 794 


1602 


123 - 


Bremen ..:.... 


710 


2 260 


971 


864 


936 


4 005 


33 617 


3 665 


49 - 


Hamburg 


1630 


7 997 


1363 


1976 


6 776 


14 568 


115 257 


21697 


56 - 


Elsaß-Lothringen . . . 


1081 


5 521 


1226 


19 224 


6 459 


37 631 


91359 


14 673 


1 475 — 


Deutsches Reich . 


45 206158201 


108144 


432180 


278572 


1048084 


4845870 


008180 


189 7942299 


Dagegen im S.Viertelj. 1907 


27 205 147 114 


121047 


402 372 


277 457 


1090 978 


3 749 660 


707 865 


39332 


952 


« n 2. , 1907 


25 366,134 278 


106 9a3 


369 207 


203 918 


1 187 195 


8 711571 


434 742 


178918 


943 


r, . 1. . 1907 


37 402141078 


96 968 


392 623 


183 989 


1053 585 


4076384 


440346 


131 699 


2 278 


, , 4. „ 1906*; 


47 638 155 094 


98 558 


407 191 


233 776 


892 405 


4012464 


580848 


140029 


2 325 


, , 3. , 1906* 


1 26 426153 916 


120254 


395 206 


258 035 


1008 979 


3109 802 


742 403 


41485 


1032 


„ „ 2. „ 1906*; 


29005152118 


117 348 


392 660 


222 341 


1 254 177 


2 981914 


486 139 


170 996|1013 


, 1. „ 1906*; 


1 43 542,152 270 


104 051 


429 674 


211 212 


1 052 687 


3 238 282 


485 865 


98323 2151 


„ 4. „ 1905* 


) 52 591 1 156 340 


99 763 


426 707 


262146 


913 112 


3 471742 


657 722 


130351 


2 405 


, , 3. , 1905* 


) 28 913 152 708 


129 068 


408151 


276 020 


1 033 593 


3 033 690 


841971 


38 235 


1021 


, „ 2. „ 1905*; 


) 29 224143 962 


125 143 


406 841 


215 577 


1322 529 


3 143 114 


484 033 


152 981 


947 


. . 1. . 1905* 


35 899 142 214 


112783 


413 756 


186 353 


1122 865 


3 924 280 


452 397 


107 778 


1785 


„ „ 4. , 1904*; 


) 44 810152 867 


111763 


410 763 


219 773 


999326 


4404158 


609 630 


136 938 


1763 


n « 3. , 1904 


23 827 


145 682 


128 553 


379 179 


246 478 


1072 835 


3 508461 


768 461 


44 223 


762 



*) Abgeändert infolge nachträglicher Berichtigungen. 



— 264 — 



— Bertin. Jahresbericht der Freibank für 1907/08. 

(Unternehmer: Schlachtviehversicherung Ver- 
einigter Yiehkommissionäre Berlins.) Berlin 1908. 
Vom 1. April 1907 bis 31. März 1908 wurden 
der Berliner Freibank zur Verwertung übergeben : 
3996 Rinder, 
1019 Rinderviertel, 
884 Kälber, 
51 Kälberviertel, 
130 Schafe, 
1 Schafviertel, 
18 Ziegen, 
6355 Schweine 
und Fleischteile von Rindern, Kälbern, Schweinen 
sowie 

30800 kg Trichinenschauprobenreste, 
insgesamt 1 605 096 kg Fleisch. 
Hiervon waren 

minder- minder- 
wertig wertig bedingt 
I. Qualität II. Qualität tauglich 
kg kg kg 
von Rindern, 
Kälbern, Schafen 

und Ziegen . . 646 839 60093 319 632 
von Schweinen . 356 977 53 203 168 352 

Der Gesamterlös betrug 

fttr das Fleisch der Wiederkäuer 774 642,18 M. 

„ „ „ „ Schw eine . . 456 832,88 M. 

Zusammen 1 231 475,06 M. 

Die Erlöse betrugen für das Kilogramm nach 

Abzug der Unkosten 

minder- minder- 
wertig wertig bedingt 
I. Qualität II. Qualität tauglich 



Pf. 



Pf. 



66-72 42-52 
50-78 60-78 



Pf. 
für Rindfleisch, 

Kalbfleisch usw. 84—94 
für Schweinefleisch 78—96 

Der Erlös für Fleisch ex trakt bclief sich auf 
17 685 M. (35 370 Glas ä 100 g zum Preise von 
50 Pf.), der Erlös aus den Trichinenschauproben 
auf 23000 M. 

Das Fleisch findet jetzt regelmäßig reißen- 
den Absatz. Die Nachfrage ist Freitags am 
größten; an diesem Tage ist die Freibank 
in Berlin schon von nahezu 3000 Käufern 
aufgesucht worden. Die für die Freibank ein- 
gerichtete Kuhleinrichtung gestattet nicht nur 
die Kühlung der einfinnigen Rinder, sondern 
auch die Aufbewahrung der Fleischvorräte für 
die Hauptverkaufstage. Als Fleischdämpfer sind 
ausschließlich dieHoennicke sehen im Gebrauch, 
die sich nach Auskunft der Verwaltung der 
Berliner Freibank ausgezeichnet bewährt haben 
(Preis des Apparates von je 10 Zentner Fassungs- 
vermögen 4000 M.). Daneben wird noch ein 
B e c k e r - U 1 m a n n scher Kochapparat zum 



Nachkochen ungenügend gekochten Fleisches 
verwendet. 

— Die Milohkontrtlle im KSnlgreiob PrevSen.^ 

Der Verkehr mit Milch wurde im Berichtsjahr 
wiederum ftür eine Reihe von Gemeinden durch 
Erlaß von Polizeiverordnungen geregelt, so 
in Fürstenwalde und Forst, Reg.-Bez. Frankfurt, 
in Waidenburg, Reg.-Bez. Breslau, in Warmbrunn, 
Reg.-Bez. Liegnitz, im Stadt- und Landkreis 
Hanau, Reg.-Bez. Kassel. Seitens der Zentral- 
instanz wurde eine Neubearbeitung der in den 
Jahren 1899 und 1900 bekannt gegebenen Grund- 
sätze für den Verkehr mit Kuhmilch, die für den 
Erlaß von Polizei Verordnungen die leitenden 
Gesichtspunkte angeben sollen, entsprechend den 
Fortschritten der Wissenschaft und der ein- 
schlägigen Rechtsprechung in die Wege geleitet 
Die Medizinalbeamten widmeten allgemein 
dem Verkehr mit Milch besondere Aufmerksam- 
keit. Insbesondere richteten sie ihr Augenmerk 
auf die Sammelmolkereien, deren regelmäßige 
Besichtigung ihnen in mehreren Bezirken zur 
Pflicht gemacht ist. Mißstände in den Molkereien 
waren noch immer häufig zu finden, zumal war 
Unreinlichkeit oft zu tadeln, femer Verwendung 
hygienisch zu verwerfenden Wassers und Ab- 
leitung der Abflüsse ohne genügende Reinigung. 
Um nur einige Beispiele zu erwähnen, so waren 
in einer Meierei im Reg.-Bez. Gumbinnen die 
Wände mit Schimmelpilzen bedeckt, die Balken- 
lagen teilweise vom Schwamm zerstört, die Fuß- 
böden schadhaft. In einer kleinen Molkerei des 
Reg.-Bez. Bromberg diente der Betriebsraum zu- 
gleich zum Schlafen und Essen. Im Reg.-Bez. 
Uildesheim fand sich ein Kübel mit schmutziger 
Wäsche im Presseraum einer Käserei, aus dem 
eine Tür unmittelbar in den Schweinestall führte. 
Die Benutzung der Molkereibetriebsräume zum 
Wäschewaschen ist überhaupt ein verbreiteter 
Übelstand, der im Reg.-Bez. Stade Anlaß zur 
Forderung einer besonderen Waschküche bei jeder 
Molkerei gab. Im Reg.-Bez. Aachen sah der 
Kreisarzt in einer Molkerei einen Knaben mit 
nackten, schmutzigen Füßen über die Apparate 
hin laufen. Eine Molkerei im Reg.-Bez. Trier 
mußte polizeilieh geschlossen werden, weil sie 
ihr Betriebswasser aus einem Bache entnahm, an 
dessen Oberlaufe häufiger Typhus erkrankungen 
vorkamen. Die Räume einer Meierei im Reg.-Bez. 
Gumbinnen wurden nebenbei zur Abhaltung reli- 
giöser Versammlungen benutzt. Im ganzen 
scheinen aber doch die Einrichtungen der Molke- 
reien sich zu bessern; gute Verhältnisse weisen 
namentlich diejenigen Sammelmolkereien auf, in 
denen ein Milchfachmann die Leitung hat 

*) Aus dem amtlichen, im Kultusministerium 
bearbeiteten Bericht für das Jahr 1906. 



— 265 — 



Pastearisierapparate werden in immer größerer 
Zahl eingeführt. So haben im Reg. -Bez. Königs- 
berg Aber 70 v. H. der Molkereien, imReg.-Bez. 
Osnabrflck 59 der 66 Molkereien solche Apparate, 
im Reg.-Bez. Breslau allerdings nur 41 der 137 
Sammelmolkereien und 13 der 49 sonstigen 
Molkereien. Im Reg.-Bez. Trier, wo 95 Molke- 
reien, davon nur 27 mit Dampfbetrieb, vorhanden 
sind und der Kreis St Wendel allein 34 Molke- 
reien zählt, haben dagegen nur einige wenige 
Betriebe Pasteurisiervorrichtungen, das gleiche 
wird aus den Regierungsbezirken Bromberg und 
Hildesheim berichtet. In der Stadt Posen nötigte 
das Auftreten von Typhus dazu, vorübergehend 
allgemein die Erhitzung der Milch auf 85^ vor 
dem Inverkehrbringen vorzuschreiben. Im Kreise 
Uelzen des Reg.-Bez. Lüneburg, wo eine Typhus- 
epidemie durch eine Molkerei veranlaßt worden 
war, wurde sämtlichen Molkereien die Anschaffung 
von Pasteurisierapparaten und die Erhitzung 
wenigstens der den Liefernden zurückgegebenen 
Magermilch polizeilich aufgegeben. Ein Kreis- 
arzt im Reg.-Bez. Frankfurt bezweifelt übrigens, 
daß die Pasteurisierapparate immer richtig an- 
gewendet werden, da eine Erhitzung bis auf die 
zur Abtötung von Krankheitserregern nötige 
Temperatur im betriebstechnischen Interesse 
nicht nötig ist 

Die Zahl der Sammelmolkereien ist auch im 
Berichtsjahr wieder gewachsen, namentlich im 
Osten und Norden. Im Reg.-Bez. Trier sind 
wiederum 7 Molkereien eingegangen, was der 
Regierungsmedizinalrat in Anbetracht der mangel- 
haften Einrichtung der meisten kleinen Betriebe 
des dortigen Bezirks als hygienischen Fortschritt 
ansieht — Wiederum wird darauf hingewiesen, 
daß in den Familien der an Sammelmolkereien 
liefernden Landwirte meist nur Magermilch ge- 
nossen werde und dadurch die Ernährung der 
kleinen Kinder Not leide. 

Der Handel mitVorzugsmilchistvonden 
Medizinalbeamten besonders sorgfältig beobachtet 
worden. Leider mußte dabei festgestellt werden, 
daß dem höheren, für die Vorzugsmilch ge- 
forderten Preise manchmal durchaus nicht eine 
verstärkte Sorgfalt bei der Auswahl der milch- 
liefemden Kühe und der Behandlung der Milch 
entspricht Im Berichte des Reg.-Bez. Osnabrück 
wird geradezu von Unfug gesprochen, der mit 
der Bezeichnung „Kindermilch^ für eine keines- 
wegs einen Vorzug verdienende Ware getrieben 
wird. Im Reg.-Bez. Erfurt diente der Flaschen- 
spülraum in „ Sanitätsmolkereien ^ nebenbei auch 
als Waschküche. In Berlin werden die Molke- 
reien halbjährlich, die Kindermilchanstalten aber 
vierteljährlich durch die beamteten Tierärzte 
einer Besichtigung unterzogen. 



Angaben in den Berichten aus denRegiemngs- 
bezirken über ungenügende Sorgfalt bei der 
Gewinnung und Behandlung der Milch auf 
dem Lande sind wiederum häufig. Von einer 
Reinigung der Hände und der Euter vor dem 
Melken, einer gehörigen Seihung oder Filtration 
der Milch, schneller Abkühlung und kühler Auf- 
bewahrung, gründlicher Reinigung der Milchge- 
fäße ist noch vielfach keine Rede. Häufig genug 
dienen noch Schlafräume zur Aufbewahrung der 
Milch bis zum Transport an den Abnehmer. Be- 
zeichnend ist, daß z. B. in Duisburg von 212 
Milchproben 41 wegen ihres hohen Schmutzge- 
haltes zu beanstanden waren. Auch verstehen 
sich die Landwirte hier und dort recht gut aufs 
Fälschen der Milch, fanden sich doch z. B. im 
Reg.-Bez. Minden von 78 Milchproben, die von 
Molkereien zur Kontrolle ihrer Lieferer zur 
Untersuchung gebracht wurden, 17, also mehr 
als ein Fünftel, durch teilweise Entrahmung oder 
Wasserzusatz gefälscht 

Auch in den Milchhandlungen herrschen 
noch viele Mißstände, besonders infolge von Be- 
nutzung der Verkaufs- und noch mehr der Vor- 
ratsräume auch zu anderen Zwecken. Als Bei- 
spiel sei nur angegeben, daß in Tilsit, Reg.-Bez. 
Gumbinnen, der Verkaufsraum einer Milchhandlung 
zugleich als Schuhmacherwerkstätte und nachts 
als Schlafraum diente. Solche Verhältnisse haben 
denn auch in verschiedenen Orten dazu geführt, 
daß von Vereinen, die sich mit Sozialhygiene 
beschäftigen , hygienische Milch Verkaufsstellen 
errichtet oder geplant worden sind. 

Die Kontrolle der Handelsmilch ge- 
schieht in der Regel durch Polizeiorgane, 
in größeren Städten auch durch Tierärzte 
oder Chemiker. Die Ergebnisse der Kontrolle 
sind leider meist wenig erfreulich. So mußten 
in Königsberg 73 Bestrafungen wegen Milch- 
fälschung erfolgen. Im Landespolizeibezirk 
Berlin wurden wegen Entrahmung, Wässerung, 
starken Schmutzgehaltes, Verdorbenheit und Zu- 
sätzen von Borsäure oder Formalin beanstandet 
in Berlin 1175 von 3389 chemisch untersuchten 
Proben, in Charlottenburg 74 von 208, in 
Schöneberg 65 von 192, in Rixdorf 55 von 183. 
In Spandau waren von 111 Milchproben 37, in 
Halle von 312 Proben 55 zu beanstanden, in 
Altona 21,9 v. H., in Wandsbek 11,2 v. H., in 
Kiel 30 V. H. der untersuchten Milchsorten. In 
Frankfurt a. M. belief sich die Zahl der Be- 
anstandungen auf 482 bei 3647 Proben mit Ver- 
hängung von 470 Polizeistrafen, von denen 25 
nach erhobenem Einspruch gerichtlich bestätigt 
wurden. In Wiesbaden waren von 106 Milch- 
proben 22, in Homburg 21 von 263, in Koblenz 
44 von 305 gefälscht In Barmen waren von 



— 266 — 



841 Milchen 26 gewässert, 94 entrahmt, in Kre- 
feld 90 von 656, in Remscheid 58 von 351, in 
Köln 157 von 674 gefälscht; hier wurden vier 
Freiheitsstrafen wegen Milchfälschung verhängt 
Bestrafung einer Milchhändlerin wegen Form- 
atdehydzusatzes zur Milch wird ans Düsseldorf 
berichtet 

Solche Ergebnisse zeigen, daß die Kontrolle 
des Milchverkehrs noch wesentlich verschärft 
werden muß, um hygienisch befriedigende Ver- 
hältnisse zu erreichen; gerade auf diesem Gebiete 
wird die ins Werk gesetzte Einftüimng einer 
allgemein geregelten Kontrolle sich sehr ntitzlich 
erweisen. 

In Berlin wurde die dorthin in großer Menge 
aus Dänemark in pasteurisiertem Zustande ein- 
gefflhrte Milch unter scharfe Kontrolle genommen; 
ein Grund zur Beanstandung der Ware ergab 
sich aber selten. 



Bucherschau. 

— Kitt, Tb., Bakterienkunde imd Patbolotisohe 
Mikroskopie für Tierärzte und Studierende der Tier- 
medizin. Fünfte, wiederholt verbesserte und 
umgearbeitete Auflage. Mit mehr als 200 Ab- 
bildungen und 4 kolorierten Tafeln Wien 1908. 
Verlag von Moritz Perl es. Preis 15 M. 

Die Bakterienkunde und Pathologische 
Mikroskopie Kitts ist längst der Mentor der 
angehenden Tierärzte bei den bakteriologischen 
und pathologisch-histologischen Übungen und in 
gleicher Weise der nicht versagende Ratgeber 
derjenigen praktischen Tierärzte in Deutschland 
geworden, die ihre Diagnosen in zweifelhaften 
Fällen durch mikroskopische Untersuchungen zu 
sichern pflegen. Man findet das ausgezeichnete 
Lehrbuch in jeder tierärztlichen Bibliothek. 
Diese Tatsache spiegelt sich wieder in dem 
raschen Erscheinen der fünften Auflage, die mit 
Sorgfalt bearbeitet und mit neuen Abbildungen 
ausgestattet, alle neueren Forschungsergebnisse 
namentlich auf dem Gebiete der Bakteriologie 
berücksichtigt und so wieder auf die Höhe der 
gegenwärtigen Zeit gebracht ist. 

— Bongort, J., Baktoriolotioche Diagnostik mit 
besonderer Beritekoldrtlgnng der Immunltatolekre, 
der Serodiagnootik nnd Sobatzimpfungen fOr Tier- 
ärzte und Studierende. Zweite, stark vermehrte 
nnd verbesserte Auflage. Mit 16 Abbildungen 
und einer Farbendrucktafel im Text sowie 
20 Lichtdruck tafeln, enthaltend 111 vom Ver- 
fasser hergestellte Photogramme. Leipzig 1908. 
Verlag von Otto Nemnich. Preis 12 M. 



Die Vorzüge der von Bongert verfaöten 
Bakteriologischen Diagnostik, die knappe und 
klare Darstellung und die ganz hervorragend 
instruktiven Photogramme, sind bei dem Er- 
scheinen der ersten Auflage an dieser Stelle 
eingehend gewürdigt worden. Die neue Auflage 
des Buches, die nach verhältnismäßig kurzer 
Zeit erschienen ist und beredtes Zeugnis ablegt 
von der zunehmenden bakteriologischen Be- 
tätigung der Kollegen in der Praxis, ist vom 
Verfasser auf breitere Grundlage gestellt und unter 
kritischer Würdigung der seit der ersten Heraus- 
gabe erschienenen Literatur bearbeitet worden. 
Das Buch wird sich in seiner neuen Auf- 
lage zu seinen alten viele neue Freunde 
erwerben. 

— Riokmann, W., Tierzucht und Tierkrankheiton 
in Deutoch-Sadwestafrika. Berlin 1908. Verlag 
Richard Schoetz. Preis 9 M. 

Der Verfasser hat 12 Jahre in Deutsch- 
Südwestafrika als Regierungstierarzt nnd späterer 
Leiter des Veterinärwesens gewirkt und im 
Frieden und Krieg der Kolonie, die auch er als 
des Besitzes und tatkräftiger kolonisatorischer 
Arbeit wert bezeichnet, die wichtigsten Dienste 
geleistet. Nach seinem Ausscheiden aus dem 
Kolonialdienst ist von ihm das vorliegende Buch 
verfaßt worden, als eine Art Glaubensbekenntnis 
in den für die künftige Entwicklung von 
Deutsch-Südwestafrika lebenswichtigsten Fragen 
der Tierzucht und Tierseuchenbekämpfung zum 
Nutzen und Frommen der Farmer. Verfasser hat 
durch die Herausgabe des Buches in der Tat 
eine moralische Verpflichtung erfüllt. Das Buch 
des im deutschen Kolonialdienst erfahrensten 
Verfassers ist aber nicht nur für Deutsch- 
Südwestafrika geschrieben, sondern beansprucht 
das Interesse auch aller heimischen Kreise, die sich 
für den südafrikanischen Farmbetrieb und die 
für Südwestafrika spezifischen Seuchen inter- 
essieren, weshalb auf das interessante Buch auch 
an dieser Stelle hingewiesen sei. 

— Leiotikow, Das ReiohsfloiocbboocbtuiOBOtz 
nobst AusfOhrungovoroobriflen (inkuMf). Für den 

Regierungsbezirk Magdeburg zusammengestellt. 
Magdeburg 1908. 

Verfasser hat die Bestimmungen über die 
Fleischbeschau im Inland nebst den für den 
Reg. -Bez. Magdeburg erlassenen einschlägigen 
Polizeiverordnungen in sehr zweckdienlicher 
Weise zusammengestellt, um eine schnelle und 
vollständige Orientierung über einzelne Fragen 
der Fleischbeschau nach dem heutigen Stand 
der zu dem Fleischbeschaugesetz erlassenen 
Ausführungsvorschriften und sonstigen Ver- 
ordnungen zu ermöglichen. 



— 267 



— Ubb€l«hde. HandbHCh der Chemie und 
TeclMtlegle der öle und Fette. Chemie, Analyse, 
Gewinnung und Verarbeitung der Öle, Fette, 
Wachse und Harze. In 4 Bänden. 1. Bd. Chemie, 
Analyse und Gewinnung der Öle, Fette und 
Wachse. Mit 424 Abbildungen und Tafeln. 
Leipzig 1908. Verlag von S. Hinzel. Preis 30 M. 

Das groß angelegte Werk Ubbelohdes 
vereinigt die Chemie, Technologie und Analyse 
der Fette und öle. Der vorliegende 1. Band 
enthält als für uns wichtigsten Abschnitt die 
Gewinnung der tierischen Fette (S. 642/722) 
ans der Feder des bekannten Spezialisten der 
Kadaververarbeitungsfrage Dr. Haefcke. Ver- 
fasser behandelt in umfassender, erschöpfender 
Darstellung die Rohmaterialien fttr die Ge- 
winnung tierischer Fette, die Aufbewahrung, 
die Beinigung und Zerkleinerung der Roh- 
materialien, die Fettgewinnung durch Aus- 
schmelzen, die Fettgewinnung aus Kadavern, 
die Fettgewinnung durch Pressen, Extrahieren, 
Zentrifugieren, die Kläreinrichtungen zum 
Reinigen der Fette, die Verarbeitung der Neben- 
und Abfallprodukte bei der Verarbeitung anima- 
lische Fette und die Einrichtung ganzer Anlagen 
mit Beigabe sehr zahlreicher instruktiver Ab- 
bildungen. Die Schlachthofverwaltungen seien 
hiermit auf das neue Werk aufmerksam gemacht. 

— Zwiok, Schema des Blutkreislaufes und des 
Blut- und Lymphstromt beim Rind. 2 Tafeln. 
Berlin 1908. Verlag von Richard Schoetz. Preis 
jeder Tafel 7,50 M. 

Zwick hat den Blutkreislauf und den Blut 
und Lymphstrom schematisch auf zwei farbigen, 
von der Verlagsbuchhandlung sehr schön aus- 
geftthrten Tafeln dargestellt, die sich beim Unter- 
richt der Hilfsbeschauer als gutes Hilfsmittel 
bewähren werden. 

Neue Einginge. 

— Basenau, F., Klndersterfte, Alcoholltmus en 
Tuberculoee. Openbare les gehonden bij den 
aanvang zijner lessen als Privaat-Docent in de 
Hygiene van de Rijksuniversiteit te Leiden. 
Amsterdam 1908. 

— Degen, K., Untersucbungeii über die häma- 
togen« eitrige Nephritis des Schweines. L-D. 
Gießen 1907. 

— Dobbertln, F., Über das Verhalten der welBen 
Blutkttrperoben beim Hund unter besonderer Bedick- 
sicbtlgung der Bandwurm- und Tricblnenkrankbelt 
L-D. Leipzig 1907. 

— Goedecke, A., Über die Wirkung einiger Salze 
bei üMurtaner und Intraventeer Anwendung. L-D. 
Bern 1906. 

— Knasel, 0., Studien Ober die sog. sterilisierte 

s. Ein Beitrag zur Biologie der 



peptonisierenden Milchbakterien. L-D. Zttrich. 
Beriin 1906. 

— Neumark, E., Beitrag zur dootaillzleronden 
Wirkung dos LIcbts. Sein Einfluß auf tierpathogene 
Erreger. L-D. Gießen 1907. Beriin 1907. 

— Pröooholdt, 0., Papilläres Akanthom auf der 
Innenfläcbe des Pferdeohrs. L-D. Bern. Berlin 
1906. 

— Schumann, K., Untersuchungen Ober Abszesse 
und abozeBäbnIlcbe Nokrooeborde In der Lobor des 
Kalbes. Veterinärmedizinische L-D. Leipzig 1906. 

— Freiburg I. B. 1908. Jahresbericht der 
otfdtlocben Schlacht- und VIehhofVerwaltung fUr 
das Jahr 1907. 

— U. 8. Departement of Agriculture Twonty- 
tblrd «mual Report of tbe Bureau of animal In- 
dustry for tbe Year 1906. Washington 1906. 



Kleine Mitteilungen. 

— Hetzen derSobtachttlere InAfHka. F.O.Koch 
erwähnt in einem Feuilleton-Artikel der „Deutsch. 
Landw. Presse'' (1908, Nr. 18), daß die Schwarzen, 
bevor sie bei gewöhnlichen Gelegenheiten an 
das Schlachten eines Tieres gehen, dieses eine 
halbe Stunde lang umherhetzen. Sie behaupten, 
daß das Fleisch dadurch wohlschmeckender 
werde. Da die Neger das Fleisch der geschlachteten 
Tiere sofort nach der Schlachtung zubereiten, 
dürfte das Hetzen dadurch auf den Geschmacks- 
wert des Fleisches gänstig einwirken, dafi es 
sofortigen Eintritt der Totenstarre und damit 
rasches Garwerden des Fleisches bedingt. 

— Angebilcbor Phoophorgoruch von BulloaMoeb. 
In München ist der Metzgermeister N. unter 
Anklage gestellt worden, weil er das Filet eines 
Bullen mit angeblichen Phosphorgeruch in den 
Verkehr gebracht hatte. Wahrscheinlich hat es 
sich nicht um einen Phosphorgemch, sondern 
um einen Geruch nach Knoblauch gehandelt, 
der Bullenfleisch u. U. anhaftet (vgl. Goltz, diese 
Zeitschr. 7. Jahrg., S. 147) und dessen Vor- 
kommen jedenfalls die Veranlassung war, daß 
für den Verkauf des Bullen fleisches in den 
Fleischbeschauverordnungen des Mittelalters der 
Deklarationszwang vorgeschrieben worden ist. 

— Zusammensetzung des sog. Frikassee vom 
Huhn. Einer Notiz der „Allgemeinen Fleischer- 
Zeitung^ ist zu entnehmen, daß zur Herstellung 
des genannten Gerichts in der Zentralküche 
einer größeren Speisewirtschaft-Gesellschaft in 
einer Woche verbraucht worden sind: 800 Pfd. 
Hühner, 400 Euter und Herzen, 45 Stück 
Thymusdrüsen und eine größere Zahl von Kalbs- 
zungen. 

— Ober die Wurotvorgiflung In Rostock vom 
Anfang Dezember 1907 berichtet Dr. Riemer im 



— 268 — 



RoBtocker Ärzteverein (D. Med.-Wochenschr. 1908, 
Nr. 9). Dieselbe trat nach dem Gennß von 
Leberwürsten auf, die von einem Gute in der 
Nähe von P. in Pommern bezogen waren. Die 
nach einer Inkubationszeit von 8—15 Stunden 
sich einstellenden Erkrankungszeichen bestanden 
in Fieber, Erbrechen, Durchfällen und allgemeinem 
Schwächegefahl. Die Dauer der Krankheit er- 
streckte sich durchschnittlich Aber 4—12 Tage. 
Im ganzen wurden in Rostock 63 und auf dem 
Gute, das die Leberwurst geliefert hatte, 
zehn ErkranknngsfäUe dieser Art gemeldet. 
Todesfälle traten nicht ein. Die bakteriologische 
Untersuchung der Wurst ergab das Vorhanden- 
sein eines Mikroorganismus, der kulturell und 
durch sein Verhalten bei der Agglutination von 
dem Bacterium enteritidis Gaertner nicht 
unterschieden werden konnte. Dasselbe 
Bacterium wurde auch aus den Ausleerungen 
der Kranken isoliert, deren Blut den Mikro- 
organismus noch in 800facher Verdünnung 
agglutinierte. Die Schlachttiere (Schweine), 
von denen die zur Wurstbereitung 
verwendeten Lebern stammten, sollen 
gesund gewesen sein. Bei einer noch nach- 
träglich vorgenommenen bakteriologischen Unter- 
suchung des übriggebliebenen, eingepökelten 
Fleisches konnte der erwähnte Mikroorganismus 
nicht nachgewiesen werden. Zum Schluß wies 
Riemer auf die Häufigkeit des Vorkommens 
von Fleischvergiftungserregem aus der Typhus- 
Koli-Gruppe bei Tieren hin. Bei elf Fällen von 
septischen Kälbererkrankungen, die im Dezember 
1907 im hygienischen Institute untersucht 
wurden, konnte bei vier ein Mikroorganimus 
isoliert werden, der sich von dem Erreger der 
Rostoker Fleischvergiftimg weder kulturell noch 
durch Agglutination trennen ließ. 

- Wert der im Jahre 1907 in Deuttohland ge- 

acliiacMeteii Tiere. Nach einer Berechnung der „Allg. 
Fleisch.-Ztg.^ betrug der Wert der im letzten Jahr 
im Deutschen Reich geschlachteten Tiere 37) Mil- 
liarden Mark. Davon entfallen auf Berlin allein 
254 Millionen und auf Hamburg 113 Millionen M. 
In Husum wurden für 31 Millionen Mark Vieh ver- 
kauft Im letzten Berichtsjahre wurden in Deutsch- 
land geschlachtet 3 328 903 Rinder, 4 287 491 
Kälber, 2 268 739 Schafe und 15 066 116 Schweine. 
Doch umfassen diese Zahlen nur die gewerbs- 
mäßigen Schlachtungen. Die Hausschlachtungen 
betrafen 89 361 Rinder, 81 860 Kälber, 628 271 
Schafe und 5 933240 Schweine. Das Gewicht 
der geschlachteten Schweine war doppelt so 
grofi als das der geschlachteten Rinder. 

-- Fleisch- md Ullchverfarauch auf den Ozean- 
danpfem der Hamburg-Amerlica-Linie. Im Jahre 
1906 sind auf den Dampfern der Hamburg- 



Amerika-Linie nach der „ Allg. Fleisch.-Ztg.' ver- 
braucht worden 6 638 919 Pfd. frisches und 
469375 Pfd. geräuchertes Fleisch, 537 720 Pf d. 
Geflügel und 430 814 Pfd. frische Fische, 
866 520 Pfd. Butter, 3 395811 Pfd. Eier, 387 324 
Pfd. Käse, 618969 Pfd. Milch und Rahm. 

— Export- und Konsnm von Floiocii in den 
Vereinigten Staaten von Nordamoriiia. In den fünf 
Jahren von 1878 bis 1882 betrag der durchschnitt- 
liche jährliche Export 1340000000 Pfd.; in den 
fflnf Jahren von 1898 bis 1902 2209000000 Pfd. 
Im Jahre 1900 wurden 12 978000 Rinder und 
Kälber, 24548000 Schafe und Lämmer, 50145000 
Schweine geschlachtet und 276000 Tiere, meist 
Rinder, lebend exportiert Im ganzen sind im 
Jahre 1900 16 549 921000 Pfd. Fleisch auf den 
Markt gebracht worden, wovon 14116886000 Pfd. 
fQr den heimischen Konsum verwandt wurden. 
Im Jahre 1906 haben die Konsumenten in den 
Vereinigten Staaten rand 2304000000 Dollars für 
Fleisch bezahlt Rind- und Kalbfleisch machen 
47 Prozent des Fleischkonsums aus. Seit 1840 
hat der Fleischkonsum pro Kopf der 
Bevölkerung stetig abgenommen, vermut- 
lich wegen der stetig steigenden Fleischpreise. 
Damals bildete die Fleischkost 50 Prozent der 
Volksnahrung, heute ist sie auf etwa 33 Prozent 
gesunken. Im Fleischkonsum haben deshalb die 
Vereinigten Staaten nicht mehr wie früher die 
führende Stelle. Australien steht jetzt an der 
Spitze mit 263 Pfd.-, es folgen Neuseeland mit 
212, Vereinigte Staaten 185, Cuba 124, England 
121,3, Deutschland 98,7, Frankreich 79, Belgien 
70, Dänemark 76, Schweden 62, Italien 46,5 Pfd. 

— Fieiochbeschau und Vetorinirpollzei in den 
Vereinigten Staaten von Nerdamorilca.*) Nach dem 
Report of the Operations of the Bureau of Animal 
Industiy of the Department of Agricultnre for 
the fiscal year ending June 30, 1906, Washington 
1907, wurden in den Vereinigten Staaten von 
Amerika während des Rechnungsjahres 1906 
(1. Mai 1905 bis 30. Juni 1906) in 163 Schlacht- 
häusern von 58 Städten, die eine staatliche Be- 
aufsichtigung der Vieh- und Fleischbeschau 
besitzen, 42 330709 Tiere, in anderen Städten 
266 579 862, zusammen 308 910 571 Tiere vor der 
Schlachtung einer Untersuchung unterworfen; es 
wurde vorbehalten eine zweite Beschau nach 
der Schlachtung bei 9120 Tieren in Schlacht- 
häusern und bei 151 523 in Viehhöfen. Die Zahl 
der Besichtigungen ist im Vergleich zum Vor- 
jahre um 4,69 7o gestiegen. Nach der Schlach- 
tung sind insgesamt 42 901 284 Tiere untersucht, 
darunter 113494, bei denen auf den Viehhöfen 



♦) Veröff. d. Kais. Gesundheitsamts 1907, 
Nr. 35. 



269 - 



eine 2. Beschau vorbehalten worden war. Bean- 
standet w^urden im ganzen 158953 Tierkörper, 
darunter 12 629 von Tieren, bei denen auf Vieh- 
höfen schon eine 2. Beschau vorbehalten worden 
war, 146 324, die in Schlachthöfen untersucht 
wurden, femer 126159 Teile von Tierkörpem. 
Die Gesamtzahl an Tierkörpem und Teilen von 
solchen, die beanstandet und beseitigt wurden, 
einschließlich der tot aufgefundenen und der von 
Inspektoren getöteten Tiere, betrug an Rindvieh 
21 723 ganze Tierkörper und '4016 Teile von 
solchen, an Schafen 8821 und 123, an Kälbern 
11992 und 89, an Schweinen 151615 und 121931. 

Grund zur Beanstandung gaben nachstehende 
Krankheiten: bei Rindem, und zwar von ganzen 
Tierkörpem (oder bei einzelnen Teilen) Aktino- 
mykose 797 (1985), Tuberkulose 13 548 (1114), 
Texasfieber 328, Abszesse 94 (242), Lungenent- 
zündung 278, Bauchfellentzündung 299, Septik- 
ämie 246, Pyämie 456, Anämie, Abzehrung 2139, 
Unfälle, Verletzungen usw. 1786, Verenden infolge 
verschiedener Ursachen 867; bei Schafen Tuber- 
kulose 4, käsige Lymphdrüsenentzandung 680 (3), 
Abszesse 108 (22), Lungenentzündung 335, Sep- 
tikämie 198, Pyämie 201, Anämie, Abzehrung 2303, 
Gelbsucht 488, Unfälle, Verletzungen usw. 833, 
Verenden infolge verschiedener Ursachen 2873; 
bei Kälbem Tuberkulose 25, Texasfieber 280, 
Anämie 657, Unreife 3224; bei Schweinen Aktino- 
mykose 13 (5), Tuberkulose 95 396 (113 491), 
Schweinepest und Schwoineseuche 19329, Rot- 
lauf 22, Abszesse 1256 (419), Echinokokken 1 (5), 
Geschwülste 624 (275), Lungenentzündung 1333, 
Darmentzündung 318, Bauchfellentzündung 685, 
Septikämie 1196, Pyämie 3033, Anämie, Ab- 
zehrung 798, Gelbsucht 920, Unfälle, Verletzungen 
usw. 1019 (7723), Verenden infolge verschiedener 
Ursachen 13 222. 

Das Fleischbeschausiegol wurde an- 
gebracht auf 24163 869 Rindervicrteln und 
123 470 Packungen von Rindfleisch, auf dem 
Fleische von 8 154 490 Schafen, 1 094 946 Kälbern, 
939 656 Schweinen und 1120 955 Packungen von 
Schweinefleisch. Mit dem Fieischbeschaustempel 
wurden 23 659 481 Packungen von Fleisch und 
Fleischerzeugnissen versehen, und zwar 7 684 116 
von Rind-, 32 701 von Hammel-, 2437 von Kalb-, 
15 940 227 von Schweinefleisch. Die Zahl der 
versiegelten, mit untersuchtem Fleisch und 
Fleischerzeugnissen beladenen Fahrzeuge betrug 
76 956. Über die vorgenommene Beschau von 
zur Ausfuhr bestimmtem Fleisch und von Fleisch- 
erzeugnissen wurden 42 784 Bescheinigungen aus- 
gestellt. Mit solchen kamen zum Versand 787 
geschlachtete Rinder (ganze Tierkörp3r), 1 301 923 
Rinderviertel, 9397 Stacke und 1598 229 
Packungen voa Rindfloisch mit einem Gesamt- 



gewicht von 390 291 533 Pfund; 42 geschlachtete 
Schafe und 20482 Packungen von Schaffleisch 
im Gewicht von 609 373 Pfund; 3788 geschlachtete 
Schweine und 646 103 Packungen von Schweine- 
fleisch im Gewicht von 201 453 171 Pfund. Im 
ganzen belief sich die Ausfuhr an Fleisch und 
Fleischerzeugnissen auf 592 354 077 Pfund gegen- 
über 516 732 408 Pfund im Vorjahr. Die Gesamt- 
kosten für die Fleischbeschau beliefen sich auf 
789 263,76 Dollars. 

Trichinenschau. Von 536 997 auf Tri- 
chinen untersuchten Schweinen wurden 523 915 
= 97,57% ^rei von Trichinen befunden; 6220 
= 1,16 7o waren mit trichinenähnlichen Gebilden 
oder abgestorbenen Trichinen und 6832=1,27^0 
mit lebenden Trichinen behaftet. Von 6926 zur 
Verfügung gestellten trichinösen Tierkörpem im 
Gewicht von 1613365 Pfund wurden 47,24% 
vernichtet und der Rest in gekochtem Zustande 
verarbeitet. Für mikroskopisch untersuchtes, 
zur Ausfuhr bestimmtes Schweinefleisch in 
68 689 Packungen mit einem Gewicht von 
26 566 409 Pfund wurden 3104 Zeugnisse ausge- 
stellt. Die Ausfuhr von mikroskopisch unter- 
suchtem Schweinefleisch hat gegenüber dem 
Jahre 1905 um 80,45 % zugenommen. Die 
Kosten der mikroskopischen Untersuchung be- 
liefen sich auf 63297,94 Dollars, durchschnittlich 
11,79 Cents für jedes untersuchte Tier und 
0,24 Cent für jedes Pfund Fleisch. 

Nach Europa wurden ausgeführt 
416372 Stück Rindvieh, 67 840 Schafe, 1252 
Pferde, an kanadischen Tieren 46 863 Stück 
Rindvieh, 27 257 Schafe, 6 Pferde. Alle diese 
Tiere gingen nach Großbritannien, ausgenommen 
7981 Stück Rindvieh und 77 Pferde, die für 
Belgien, 110 Pferde, die für Deutschland und 
150 Pferde, die für Frankreich bestimmt waren. 
Der Verlust an lebenden Tieren bei der 
Überfahrt nach den englischen Häfen betrug 
beim Rindvieh 0,158, bei Schafen 0,666 und bei 
Pferden 0,991 %. 

Zur Verhütung der Einschleppung von 
Texasfieber aus den Südstaaten fand, wie in 
den Vorjahren, eine Quarantäne und Überwachung 
des Viehverkehrs statt. Während der Periode 
1905 wurden aus Gebieten südlich der Quaran- 
tänelinie 1279453 Tiere zur sofortigen Schlachtung 
nach den Hauptviehzentralen des Nordens ver- 
bracht. Auch wurden in den seuchefreien Ge- 
bieten von Texas und Oklahoma 125 225 Stück 
Rindvieh besichtigt und zur Einfuhr nach dem 
Norden, und zwar nicht zur sofortigen Schlachtung 
zugelassen. Unter amtlicher Aufsicht wurden 
100916 Petroleum-Zeekenbäder vorgenommen und 
die Reinigung und Desinfektion von 42 510 Fuhr- 
werken ausgeführt. 



— 270 — 



Auf Räude wurden untenucht 59246288 
Schafe; die Zahl der Häudeb&der betrug 
12896976, davon fanden 1661020 zu wieder- 
holton Malen statt Von den wegen Räude zur 
Untersuchung gelangten 14988260 Rindvieh- 
stflcken wurden 248826 (davon 24688 wieder- 
holt) gebadet, von 27 507 untersuchten Pferden 
wurden 690 einem Badeverfahren unterzogen. 

Im Laufe des Berichtsjahres wurden 108 510 
Dosen Tuberkulin und 10105 Dosen Malle Yn, 
d. 8. jeweils etwa 40^0 ^^^^ ^Is iiu Vorjahre, 
hergestellt und abgegeben. 

In der gleichen Zeit sind 1 350 915 Dosen 
Rauschbrand Impfstoff an Viehbesitzer ver- 
teilt worden. Über den Erfolg der Schutzimpfung 
gegen den Rauschbrand liegen Mitteilungen vor 
aus 38 Staaten oder Territorien. Danach wurden 
788421 Tiere geimpft, von denen innerhalb 
48 Stunden bis zu 1 Jahre nach der Impfung 
3963, d. s. 0,54 7o verendeten. Dagegen gingen 
in den Rauschbranddistrikten vor der Impfung 
10 bis 12 % der jährlich geborenen Kälber an 
der Seuche ein. 



Tagesgeschichte. 

— Aiifhif z«r Errichtuiil eines Denknal« fOr 
M. 6. de BrHlR. In Holland hat sich ein Komitee 
gebildet, um dem um die Tierheilkunde hoch- 
verdienten Professor M. 6. de Bruin ein Denkmal 
zu errichten. Beiträge fir danelbe sind an 
Herrn SüdwireterfBär A. Frederikse in Amers- 
foort zu abermitteln. Ich mochte hoffen, daß 
sich auch recht viele deutsche Kollegen an 
dieser Sammlung beteiligen, damit dem ver- 
storbenen vortrefflichen Lehrer und ausgezeich- 
neten Menschen ein ihn ehrendes Denkmal gesetzt 
werden kann. Ho efnagel- Utrecht 

— Der Scklaohthofdirektor de Jong In Leiden 

ist zum aufierardentliehen Professor der ver- 
glnehendenPathoioffie in der Medizinischen Fakultät 
der Universität Leiden ernannt worden. Zu dieser 
ehrenvollen Berufung sei dem verdienten Kollegen, 
der neben seiner Tätigkeit als Schlachthofdirektor 
immer noch die Zeit zu ernster wissenschaftlicher 
Arbeit gefunden hat, von Herzen Glück ge- 
wAnscht! 

— Teihmg der Lehraufgahen de« Hygienitoben 
IttttKiitn der Tlerintllohen HodMChule zu Beriin. 

Wie Schmaltz in der „B. T. W.** mitteilt, 
wird beim Hygienischen Institut der Berliner 
Tierärztlichen Hochschule ein Abteilungs- 
vorsteher angestellt werden, dem der Lehr- 
auftrag in der Nahrungsmittelkunde ttber- 
tragen werden soll. 



— KelenlallnetlM In HMhnrg. Der Senat in 
Hamburg hat bei der Bürgerschaft die Errichtung 
eines Kolonialinstituts beantragt, das Beamte 
und andere Personen, die in die Schutzgebiete 
zu gehen beabsichtigen, unterrichten und eine 
Zentralstelle fOr alle wissenschaftlichen und wirt- 
schaftlichen kolonialen Bestrebungen bilden soll. 

an dar Tlerirzt- 

An der Tierärzt- 
lichen Hochschule lu Dresden wird ein opsonisches 
Laboratorium eiogmchtet werden, um Studien 
aber die Opsonine nach Wright- London und 
die Möglichkeit der hierauf begrflndeten Therapie 
(Steigerung des opsonischen Index durch Ein- 
verleibung von Vakzine) bei Tierseuchen in 
größerem Umfange zu betreiben. 

— Eine Anstalt fOr Bleneniuolit wurde an der 
Universität Erlangen in Verbindung mit dem 
dortigen Zoologischen Institut eingerichtet Sie 
gliedert sich in eine wissenschaftliche Abteilung 
unter der Leitung des Privatdozenten Dr. Zander 
und in eine praktische unter dem bayrischen 
Konsulenten für Bienenzucht Hof mann. 

— Zahl der SofilacMlittfe In Bayern. Nach 
amtlichen Erhebungen bestanden in Bayern 1907 
100 öffentliche, von den Gemeinden errichtete 
Schlachthöfe, darunter 11 mit Viehhöfen, und 
zwei Innungsschlachthöfe. 

— Die westpreuBlscheFettviehproduktengenewen- 
aoliaft hat nach dänischem Muster ein Schlacht- 
haus in Schlochau errichtet, um geschlachtete 
Tiere in die Hauptkonsumzentren zu liefern. Die 
ersten Sendungen geschlachteter Schweine sind 
bereits nach Berlin abgegangen. 

— Mllltlritohe Geflrienmlagen. Im Osten Frank- 
reichs sollen nach „L'hygiöne de la viande et 
du lait^ drei Gefrieranlagen, darunter eine in 
Belfoft, errichtet werden, für die ein Kredit von 
1 527 000 Frcs. ausgeworfen ist. Die fflr Beifort 
vorgesehene Anlage soll den Kern eines neuen 
und modernen Schlachthofs daselbst bilden. 

— EataeMdIgung für den Verhitt duroh Zwugs- 
Fielteh wegen Mllzbrandinfoktien 

Schlachten. In Bremen wurden 22 ge- 
schlachtete Schweine sterilisiert, weil sie durch 
Spülwasser, in dem die Eingeweide eines milz- 
brandkranken Schweines gelegen hatten, mit 
Milzbrandkeimen infiziert worden waren. Nach 
der „Allg. Fleisch. -Ztg." hat die Schlachthofkasse 
zu Bremen den durch die Zwangssterilisation 
des Fleisches der Tiere erwachsenen Schaden 
in Höhe von 1650 M. entschädigt. 

~- Erweiterung der EntsoWUWinngiverplllclitnng 

bayrische Staatsrat hat über einen Gesetzentwurf 
zur Abänderung des Gesetzes, betr. die Vieh- 
versicherungsanstalt beraten, durch welchen die 



— 371 — 



zurzeit auf die Entschädigung fllr ontaugliches 
Fleisch beschränkte Schlachtviehversicherung 
auch auf das für bedingt tauglich und 
minderwertig erklärte Fleisch ausgedehnt 
werden soll. 



— Die AasdalHMMi des BMobaiizwaiiit auf 
ItottohlacMMiieii mmI SohlaoMiiiiai Privater hi de« 
SoMaoUMHMni der Fletoolier ist fflr den Reg.-Bez. 
Dan zig dnreh Polizeiverordnung vom 31. Mai 1907 
angeordnet worden. Nur bei Schlachtungen in 
unmittelbare AaBehlofi an plötzliche äufiere 
Einwirkungen kann die Beschau vor und nach 
dem Schlackten ustert^leiben, wenn das Fleisch 
im eigenen HauahaH des Eigentflmers verwendet 
werden soll und das betreffende Tier noch 
kei»e KraAbeitserseheinmgen gezeigt hat. 

iv HeleeMMWkaii bei RMera 



Im Beg.-Bez. Bromberg ist auf Grund 
des § 8 R. O. die Schlachtvieh- und Fleisch- 
besokau bei Rindern wegen Ausbruchs der 
LungMHHMhe lAr einige Kreise, Stadtbezirke und 
PoliseidMdkte auf die Hansschlachtungen aus- 
gedehnt worden. 



> Fleiacbbeaohau. In B e r 1 i n 
ist seit dem 1. April 4. J. durch den Königl. 
Polizeipräsidenten, im Einverständnis mit dem 
Landwirtschaftsministerium, die außerordentliche 
Fleischbeschau in Verfolg der Erhebungen aber 
die Notwendigkeit dieser Einrichtung so ge- 
staltet worden, daß acht Polizeitierärzte lediglich 
mit der Kontrolle der Fleisch waren und übrigen 
animalischen Nahrungsmittel in den Markthallen 
und Ladengeschäften beschäftigt werden. 

— Die in säcbslsoben Stidtea ottrofTeneii An- 
, wedurcb die Fleischer verpfllohtet werden^ 
I In Ihren Gesohäften auf^hängen, ist vom 

Oberlasdesgerieht in Dresden für ungültig er- 
klärt worden. 

— Eine WurstkOche für die Militärverwaltung 
wind jiaob 4flB Vorgang in Potsdam auch in 
Posen aar liersCeHn^r der für die Garnison 
benötigten Wurstwaren seitens der Stadt ein- 
gerichtet. 

— Ueferong suspekten Fleisches fOr die fhmi9- 
tltobe Arnes. Der Fleischer L. aus Bar-le-Duc 
wurde vom dortigen Zuchtpolizeigericht wegen 
andauernder Lieferung gesundheitsschädlichen 
Fleisches und sonstiger Betrügereien zu einem 
Jahr Gefängnis ohne Strafaufschub, 500 Francs 
Buße, 3000 Francs Schadenersatz und in sämt- 
liche Kosten verurteilt. Die Bestrafung erfolgte 
auf Grund von Erhebungen, die über die Fleisch- 
lieferungen für die Armee in Paris und an der 
Ostgrenze Frankreichs angestellt worden sind. 
Die Erhebungen, die durch unerklärliche Epidemien 



in mehreren Garnisonen und durch Klagen über 
die schlechte Beschaffenheit des den Soldaten 
gelieferten Fleisches veranlaßt wurden, ergaben 
Zeitungsnachrichten zufolge, daß eine förmliche 
Organisation zum Aufkauf zweifelhaften Schlacht- 
viehs zwecks Verwertung für Armeelieferungen 
bestand. Unterstaatssekretär Chiron hat in 
einem Zirkular vom 28. März d. J. (L'hygiöne 
de la viande et du lait 1908, Nr. 4) bestätigt, 
daß nach seinen eigenen Fesstellungen in ver- 
schiedenen Garnisonen des Ostlichen Frankreichs 
das den Truppen gelieferte Fleisch häufig zu 
wünschen übrig lasse, und daß die Vorkehrungen 
gegen die Ausgabe schädlichen Fleisches an sich 
uBgmflgend und doch nicht hinreichend beachtet 
worden seien. 

— GerbereimllibnuHl. Nach der „Deutsch. 
Tierärztl. Wochenschr.** (1908, Nr. 16) sind in 
Nürnberg im Verlauf der letzten Monate zwei 
Gerbereiarbeiter an Milzbrandinfektion gestorben. 

— Gehäuft auftretender SeburtirausehbraMl. 
Drei Kühe, deren Uterus wegen Retentio secun- 
dinarum unter Benutzung eines und desselben 
Irrigators ausgespült worden war, erkrankten nach 
Heger (Mitteilungen des Vereins Badischer Tier- 
ärzte 1907, Nr. 12) an sog. Geburtsrauschbrand. 

— Kaaiaobeatohau. Der Kaninchenzüchter- 
verein in München veranstaltete daselbst eine 
Kaninchenschau, um das Interesse für das 
Fleischkaninchen zn fördern, daiB bekanntlich in 
Frankreich, England und Italien eine große 
wirtschaftliche Rolle spielt. 

— Die fhuuttslsefcg teagilsuhift air BekiaipflMg 
der Slugllugeeterbllohkelt hat eine Milchkom- 
m i s s i o n eingesetzt zur Forderung der Gewinnung 
und Lieferung einwandfreier Milch. Der Kom- 
mission gehört u. a. der Chef des Pariser 
Veterinärwesens, Henry Martel, an. 

— Fleltchbeseliau bi Kanada. Die kanadische 
Regierung hat am 26. August 1907 Ausfflhrungs- 
bestimmungen zum Fleischbeschaugesetz vom 
gleichen Jahre erlassen, die in Nr. 17 des 
laufenden Jahrgangs der nVeröff. des Kaiserl. 
Ges.-Amts* zum Abdruck gebracht sind. 

— 80. Versanatag Deutaeher Naturfgraober 
uad Arzte In Cöln 1908. Die 80. Versammlung 
Deutscher Naturforscher und Ärzte findet vom 
20.— 26. September d. J. in Cöln sUtt Die 
Einführenden der Abteilung für praktische 
Veterinärmedizin sind Schlachthof direktor 
Kühn au, Veterinärrat Dr. Lothes, Tierarzt 
Nehrhaupt, die Schriftführer Kreistierarzt 
Franke, Tierarzt Hey den und Schlacbthof- 
tierarzt Dr. Rusche. Vorträge und Demon- 
strationen sind bis zum 10. Mai an den ersten 
Einführenden, Veterinärrat Dr. Lothes, Cöln, 
Kaesenstr. 8, zu richten. 



- 272 — 



— Verela dar SobtachthtfUerlrzte der Rhein- 

EinladoDg za der am 16. und 17. Hai 

1908 zu Trier Btattfind enden 32. Vereins- 

versammlnng. 

Sonnabend, den 16. Hai, nachmittags 4 Uhr, 

im städtischen Schlachthofe. 

Tagesordnung: 

1. Demonstration folgender feuerungstechni- 
scher Apparate und Nebenanlagen beim 
Dampfkesselbetrieb diirch Dr. B tl t z 1 e r-Trier : 

a) Wassermesser ftlr das Kesselspeise- 
wasser, b) Vorwärmer für dasselbe, 
c) ranchschwache Feuerung, d) Aschen- 
fall, e) Wasser-Reinigungsapparat, f) Ober- 
hitzer, g) Heizeffektmesser, h) Wasser- 
Kochapparat verbunden mit Speisenwärmer 
im Kesselhause. 

2. Wie werden die Betriebskosten in den 
Schlachthöfen verringert? Berichterstatter: 
N i e n s - Oberhausen. 

Abends 7 Uhr: Gesellige Zusammenkunft im 
9 Restaurant auf dem Weißhaus^ bei Trier. 
Sonntag, den 17. Mai, vormittags 11 Uhr, 
im Kasino, Kommarkt. 
Tagesordnung: 

1. Geschäftliche Angelegenheiten. 

2. Beurteilung tuberkulöser Schlachttiere nach 
den neuen gesetzlichen Bestimmungen. 
Berichterstatter : Haffner- Düren. 

3. Die städtische Hilchkontrolle. Bericht- 
erstatter: Plath -Viersen. 

4. Mitteilungen aus der Praxis der Fleisch- 
beschau. 

5. Tag und Ort der nächsten Versammlung. 
Nach der Sitzung, um 2 Uhr nachmittags, 

gemeinschaftliches Mittagsmahl im Gartensaale 
des Kasinos. Gedeck 3 M. Die Herren Kollegen 
werden gebeten, bis zum 12. Mai die Teilnahme 
am Mittagessen im Kasino mitzuteilen und zu 
demselben sowie zu der Zusammenkunft auf dem 
Weißhaus ihre Damen mitzubringen. 
Gäste sind sehr willkommen. 

Der Vorstand: 
I. A.: Dr. Bützler, 1. Schriftführer. 



Personalien. 

Ernennungen: Tierarzt Hugo Borowy aus 
Mierunsken zum Schlachthof Verwalter in Briesen; 
Tierarzt Fried r. Schliecker zum Schlachthof- 
verwalter in Lippstadt; Tierarzt Hugo Pohl- 
Stettin zum Schlachthof-Assistenten in Harburg 
a. Elbe; Tierarzt C. Haupt zum städtischen 
Tierarzt am Schlachthof I in Gelsenkirchen; 
Tierarzt Stölger- Tilsit zum Assistenten am 
Seraminstitut der Landwirtschaftskammer für 
die Provinz Brandenburg in Prenzlau; Tierarzt 



Bruno Hafner-Karlsruhe zum Assistenten am 
Tierhygienischen Institut in Freiburg i. B. 

Der Abteilungsvorsteher am Königl. Institut 
für Infektionskrankheiten, Geheimer Medizinalrat 
Professor Dr. Frosch, ist als etatsmäßiger Pro- 
fessor und Leiter des Hygienischen Instituts, der 
Privatdozent an der Medizinischen Fakultät der 
Berliner Friedrich-Wiihelms-Universität, Professor 
Dr. Emil Abderhalden, als etatsmäßiger Pro- 
fessor und Leiter des Physiologischen Instituts 
an der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin be- 
rufen worden. 

Der ständige veterinärtechnische Hilfsarbeiter 
im Köngl. Preußischen Ministerium für Land- 
wirtschaft, Domänen und Forsten, Veterinärrat 
Nevermann, wurde zum Regierungs- und Vete- 
rinärrat, der Vorsteher der Veterinärabteiiung 
im Kaiserlichen Gesundheitsamt, Geh. Regiernngs- 
rat Professor Dr. Ostertag, zum Abteilungs- 
direktor ernannt. 

Auszelchmingen : Schlachthofinspektor G e u t h e r- 
Rathenow wurde zum iS^A/a<r^/^/i/irei(:/or, Schlacht- 
hoftierarzt Goslar- Aachen zum Obertürarxt 
ernannt worden. Dem Schlachthof direktor B u r g - 
mann in Osnabrück ist anläßlich seines Aus- 
scheidens aus dem städtischen Dienste der Kronen- 
Orden IV. Klasse verliehen worden. 



Vakanzen. 

Soblaohthofstellen: 

Bremen: IV. Tierarzt zum 1. Juli er. Gehalt 
2400 bis 3900 M. Bewerb. an den ersten Tierarzt 
für den Schlachthof. 

Halle a. S.: Assistenztierarzt sofort. Gehalt 
200 M. pro Monat und freie möbl. Wohnung. 
Angebote an die Verwaltung des städtischen 
Schlacht- und Viehhofes. 

Lübeck: 2. Schlachthof tierarzt, 2400 M. 
Bewerb. an die Verwaltung des Schlachthofes. 

Pforzheim: Direktor. Gehalt 3600— 6000 M. 
und freie Wohnung usw. Bewerb. bis 5. Mai 
an den Stadtrat. 

Plauen i. Vgtl.: II. Tierarzt baldigst. 
Gehalt 2300—3200 M. Meldungen umgehend an 
die Direktion. 

Treptow a. R.: Schlachthof direktor zum 
1. Juli. Gehalt 2400 M. bis 3600 M. Bewerb. 
an den Magistrat. 

Steilen fOr ambulatorltche Fleisobbesohaii und 
Privatpraxis: 

Menge de (Kr. Dortmund): Fleischbeschau- 
tierarzt zum I.Juni er. Gehalt 3000 M., Wohnungs- 
geld 300 M., Wegegeld 300 M. Meldungen bis 
1. Mai an den Amtmann. 

s t r a c h (Hohenzollem) : Tierarzt für Fleisch- 
beschau, Wartegeld 1000 M. Bewerbungen an 
den Bürgermeister. 

Spangenberg: Tierarzt für Fleischbeschau. 
Meldungen an den Magistrat. 



Verantwortlicher Redakteur (exkL Iiuerateiiteil): Prot Dr. OtterUg in Berlin. — Verlag von Richard SchoeU in Berlin. 



Zeitschrift 

für 



Fleisch- und Milchliygieiie. 

Achtzehnter Jahrgang. Juni 1908. Heft 9. 



Original-Abhandlungen. 

CNachdrnck verboten.) 



Zur Erhebung der Fleischpreise Im 
Kleinhandel.'^) 

Von 

R. 0«tertag. 

Die bisherigen Erhebungen über die 
Fleischpreise im Kleinhandel sind un- 
befriedigend, weil sie die verschiedene 
Bewertung verschiedener Teile des Tier- 
körpers nicht hinreichend berücksichtigen 
und deshalb kein rechtes Bild von der 
Bewegung der Fleischpreise im Kleinhandel 
geben, geschweige denn auch nur die 
annähernde Möglichkeit des wirtschaftlich 
sehr interessanten Vergleichs bieten 
zwischen den Preisen, die für das lebende 
Schlachtvieh, und den Preisen, die für das 
ausgeschlachtete Fleisch beim Verkauf an 
die Konsumenten bezahlt werden. 

Ob eine Statistik durchfuhrbar ist, die 
als Grundlage für den zuletzt angeführten 
Vergleich dienen kann, wird in der amt- 
lichen Zeitung des deutschen Fleischer- 
verbandes in Zweifel gezogen. Es wird 
überhaupt als ein Unding bezeichnet, für 
irgendeinen Artikel die Marktlage durch 
die Statistik erfassen zu wollen. Dies 
treffe insbesondere für das Fleisch zu, 
bei dessen Verkauf es keine bestimmten 
Normen gebe, nach denen sich der Preis 
regle. Die Regelung erfolge hier einzig 
und allein nach dem Gesetze des An- 
gebots und der Nachfrage. 

Es unterliegt keinem Zweifel, daß 
Angebot und Nachfrage wie bei allen 
Waren, deren Preise nicht durch Verein- 



*) Bericht, erstattet im Königlich Preußischen 
Landes - Ökonomie - KoUegium bei der ersten 
Tagung der XL Sitzungsperiode. 



barungen der Verkäufer künstlich auf 
einer bestimmten Höhe erhalten werden, 
von bestimmendem Einfluß auch auf die 
Preisbildung für das Fleisch im Klein- 
handel sind. Indessen will die Statistik 
ja gerade das Ergebnis dieser Wechsel- 
wirkung zwischen Angebot und Nachfrage 
zu ermitteln versuchen. Ferner dürfte 
doch darauf hinzuweisen sein, daß es auch 
beim Fleischverkauf im Kleinhandel be- 
stimmte Normen gibt, die damit zusammen- 
hängen, daß einzelne Teile des Tierkörpers 
reicher sind an seinem wertvollsten Be- 
standteile, dem Muskelfleisch, als andere, 
und daß diese verschiedenen Teile des 
Tierkörpers gruppenweise in einem be- 
stimmten Verhältnis zum Schlachtgewicht 
des Tieres stehen, von dem der Körper 
stammt. Es ist doch eine Norm, daß 
knochen-, sehnen- und fettreiche Teile 
billiger sind als knochen-, sehnen- und 
fettarme Teile, und es ist in der Anatomie 
des Schlachttieres begründet, daß diese 
Teile einen bestimmten Gewichtssatz des 
ausgeschlachteten Tieres ausmachen. 

Ferner ist es eine Norm, daß die 
Haut, der Kopf und die Gesamtheit der 
Eingeweide, die, vom Lebendgewicht ab- 
gezogen, das Schlachtgewicht ergeben, 
einen bestimmten Wert haben, der zu 
dem Wert des Schlachttiers in einem 
gewissen, wenn auch im ganzen schwan- 
kenden Verhältnis steht. Auf diesen 
Normen beruht die ganze Kalkulatur des 
Schlächters, ohne diese Normen wäre die 
Ladenschlächterei mit Verkauf von Fleisch 
im Kleinhandel das reine tägliche Speku- 
lationsgeschäft, was es doch, wie die 



— 274 — 



Stetigkeit der Fleischpreise für längere 
Perioden zeigt, nicht ist. 

Eins ist allerdings richtig: die Er- 
mittlung von Durchschnittsfleischpreisen 
für Rindfleisch, die mit den Preisen für 
lebendes Vieh in Vergleich gestellt werden 
können, ist zurzeit mit ganz erheblichen 
Schwierigkeiten verknüpft. 

Für drei Gattungen Schlachtrinder, 
nämlich für Bullen, magere Kühe und die 
sogenannten Fresser, lassen sich die 
Durchschnittsfleischpreise im Kleinhandel 
nicht ermitteln, da von diesen Vieh- 
gattungen nur die wertvolleren Teile als 
Fleisch verkauft werden, während die 
andern zur Herstellung von Würsten Ver- 
wendung finden. Die übrigen Rinder- 
gattungen, Ochsen, Kalben, gut genährte 
Kühe werden im Kleinverkauf durch- 
einander geworfen. Wenigstens verkauft 
man in Norddeutschland in der Regel 
das geringwertige Kuhfleisch nicht als 
Kuhfleisch, sondern mit dem Fleisch der 
Ochsen und Kalbinnen zusammen als 
Rind- und Ochsenfleisch. In Süddeutsch- 
land gibt es Ochsen- und Mastochsen- 
schlächter, die nur Ochsenfleisch, unter 
Ausschluß anderen Rindfleisches, in den 
Verkehr bringen. Hier ist der Klein- 
verkaufspreis für das Fleisch der ver- 
schiedehenRindergattungen kontrollierbar, 
in Norddeutschland im allgemeinen nicht. 
In Norddeutschland muß man sich damit 
behelfen, daß man in den Städten die 
Rindfleischpreise, die in den besseren 
Geschäften oder in den besseren Stadt- 
teilen bezahlt werden, als Preise für 
bestes Ochsen- und Kalbenfleisch ansieht, 
die in den übrigen Geschäften und Stadt- 
teilen bezahlten als Preise für das Fleisch 
geringwertiger Gattungen von Schlacht- 
rindem. Das ist eine Schwierigkeit, die 
die ganz genaue Ermittlung der Klein- 
handelspreise der verschiedenen Schlacht- 
rinderkategorien vereitelt. Durch die 
Erhebungen in verschiedenen Geschäften 
und Stadtgegenden lassen sich aber die 
Grenzwerte nach unten und oben und damit 



auch Mittelwerte feststellen. In Süd- 
deutschland und Westdeutschland, wo das 
Ochsen- und Kuhfleisch getrennt verkauft 
wird, wird die Statistik in genauerer 
Form sich ermöglichen lassen. 

Eine weitere Schwierigkeit für die 
Erhebung der Statistik liegt in der schon 
berührten verschiedenen Bewertung des 
Fleisches der verschiedenen Körpergegen- 
den des Tieres. Fleisch ist nicht Fleisch, 
wird mit Recht gesagt. Es werden z. B. 
in Berlin unterschieden 
Rindfleisch in 4 Hauptqaalitäten mit 16 Unter- 

qaalitäten, 
Kalbfleisch in 4 Hauptqualitäten mit 10 Unter- 
qualitäten, 
Schaffleisch in 3 Hauptqualitäten mit 6 Unter- 
qualitäten, 
Schweinefleisch in 4 Hauptqualitäten mit 8 ünter- 
qualitäten. 

Wenn die Statistik der Fleischpreise 
im Kleinhandel absolut genau ausfallen 
sollte, würde es notwendig sein, die Preise 
sämtlicher Unterqualitäten nach Schlacht- 
tiergattungen (bei Rindern also nach 
Ochsen, Bullen, Kühen, Färsen, Fressern) 
getrennt und innerhalb der Schlachttier- 
gattungen noch nach dem Mastzustand 
unterschieden, festzustellen. Es bedarf 
keiner weiteren Auseinandersetzung, daß 
eine solche Statistik ein ungemein mühe- 
volles und umständliches Beginnen wäre, 
dessen Durchführung einen großen Apparat 
von an den Ermittelungen zu beteiligenden 
Personen erfordern würde. 

Meines Erachtens ist es aber für den 
Zweck, den die Erhebung der Fleisch- 
preise im Kleinhandel verfolgt, nämlich 
für die Feststellung der Bewegung dieser 
Preise an sich und im Vergleich zu den 
Fleischgroßpreisen und den Lebendvieh- 
preisen, gar nicht notwendig, die Preise 
für alle Qualitäten und Unterqualitäten 
zu erfahren. Es genügt vielmehr, die 
Preise für einige Fleischstücke nachzu- 
weisen, die die Hauptstücke des Tier- 
körpers nach ihrem Gewichtsverhältnis 
zum Gesamtschlachtgewicht vorstellen 
und gleichzeitig solchen Qualitäten an- 



— 275 



gehören, die nach Maßgabe ihrer Ver- 
wendung ganz allgemein, nicht nar nach 
örtlich begrenzten Liebhabereien, ver- 
schieden bewertet werden. Derartige 
Fleischstücke sind 

beim Rinde die Keule, der Bug, die Bauchlappen, 
„ Kalb und Schaf die Keule und der Bug, 
„ S c h w e i n die Keule, der Bug, das Rücken- 
fett und der Kopf mit den Beinen. 

Diese Teile werden überall verachieden 
bewertet; die Keule am höchsten, der 
Bug in mittlerer Höhe und die Bauch- 
lappen beim Rind sowie der Kopf und 
die Beine beim Schwein am niedrigsten. 
Diese verschiedene Bewertung greift 
jedenfalls in allen Fällen Platz, in denen 
der Käufer oder die Käuferin bestimmte 
Stücke Fleisches verlangen und reeller 
Weise auch erhalten, und das dürfte jetzt 
schon die Regel sein oder doch immer 
mehr die Regel werden. Die Fälle, in 
denen die Hausfrau sich mit dem zu- 
frieden gibt, was ihr beim Einkauf oder 
bei der Bestellung ausgehändigt wird, 
dürften Ausnahmen bilden, die bei der 
Aufstellung der Statistik billigerweise 
unberücksichtigt bleiben können. 

Erheben wir die Durchschnittspreise 
für die genannten Fleischstücke, so er- 
halten wir ein Bild von der Preisbewegung 
der hochwertigen, mittelwertigen und 
geringwertigen Stücke, was an sich von 
Interesse ist und an Interesse gewinnt 
durch den Vergleich mit der Bewegung 
der Fleischpreise im Großhandel und durch 
den Vergleich mit der Bewegung der 
Preise, die für das lebende Schlachtvieh 
bezahlt werden. Es lassen sich Kurven 
aufstellen, die untereinander vergleichbar 
sind und bei normalen Preisverhältnissen 
einen gewissen Parallelismus aufweisen 
werden. Dabei bin ich mir vollständig 
darüber klar, daß beim Rindfleisch wegen 
der Unmöglichkeit, fär das Fleisch aller 
Schlachtrindergattungen Einzelerhebungen 
anzusteUen, der durch die Statistik er- 
mittelte Durchschnittspreis nur einen ganz 
approximativen Wert haben wird. Bei 



gleichmäßiger Erhebung, die durch eine 
gemeinsame Belehrung aller an der Er- 
hebung Beteiligten in Form einer An- 
weisung gesichert werden kann, wird 
aber der Fehler gleich bleiben und die 
Bewegung der Preise jedenfalls richtig 
zum Ausdruck kommen. 

Aus den angeiuhrten Gründen glaube 
ich mit dem ersten Herrn Berichterstatter 
die angegebene Art der Preisfeststellung 
fär das Fleisch im Kleinhandel zur Durch- 
fahrung empfehlen zu können. 

Zweckdienlich wäre es, an einer amt- 
lichen Zentralstelle, am besten im 
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen 
und Forsten, eine Kommission einzusetzen, 
die aus Statistikern und technischen 
Sachverständigen zu bestehen und die 
Aufgabe zu erfüllen hätte, die Ergebnisse 
der Erhebungen regelmäßig in bestimmten 
Zeiträumen festzustellen. 

Vielleicht ist es möglich, aus den 
Kleinhandelspreisen, die für die be- 
zeichneten Fleischstücke regelmäßig er- 
mittelt werden, auch eine ungefähre, 
wenn auch nur ganz ungefähre Be- 
rechnung des Gesamterlöses aus dem 
Verkauf des Fleisches eines Schlacht- 
tieres im Kleinhandel aufzustellen und 
den so berechneten Gesamterlös in Paral- 
lele zu bringen zu den Großhandelsfleisch- 
preisen und den Schlachtviehpreisen. 

Hierzu führen allgemeine Erwägungen 
und spezielle Aufstellungen über die 
Erlöse für die verschiedenen Teile des 
Tierkörpers beim Kleinverkauf. Schlacht- 
hofdirektor Windisch hat z. B. die 
Kleinhandelspreise und die Anteile am 
Gesamtgewicht für 12 Fleischqualitäten 
eines 472,5 kg schweren Ochsen zusammen- 
gestellt. Nach den erzielten Preisen 
lassen sich die zwölf Qualitäten in drei 
zusammenfassen. Es wurde nämlich der 
gleiche Preis, 1,60 M. für das Kilo- 
gramm, erzielt für: 

Brust und Spannrippe, 

Bug, 

Rippen, 

Kamm. 



— 276 — 



Das Gesamtgewicht dieser Teile be- 
trug 177 kg oder rund 41 Proz. des 
Schlachtgewichts. Für Hals und Beine, 
insgesamt 56 kg = 13 Proz., wurden je 
1,40 M. für das Kilogramm gelöst. 

Nun kommen noch Teile mit ver- 
schiedenen Preislagen, nämlich: 

105 kg Keule .... zu je 1,80 M. 
25 „ Roastbeef . . . „ , 2,00 „ 

8 n ^ilet „ „ 2,80 „ 

17 „ Talg (Nierentalg) „ „ 0,50 „ 

Die Keule, das Roastbeef und Filet 
lassen sich zu einer einheitlichen Gruppe 
mit 32 Proz. des Gesamtschlachtgewichts 
zu je 1,80 M. für das Kilogramm ver- 
einigen. 

Desgleichen läßt sich der Nierentalg 
in die 1,40 M.- Gruppe einreihen; denn 
der Überschuß, den das Roastbeef und 
das Filet bringen — 13 M. — entspricht 
ungefähr dem Minus des Talgwerts — 
15,30 M. 

So wäre, die allgemeine Gültigkeit 
der von Windisch för einen Einzelfall 
angegebenen Werte vorausgesetzt, die 
Möglichkeit fflr die Ermittlung des 
Gesamterlöses für das Fleisch eines 
Tieres im Kleinverkauf gegeben. Man 
hätte die Preise für eine kleine Zahl von 
Fleischstücken, die die Haupttypen ver- 
schiedener Qualitäten sind, nachzuweisen, 
wie für Keule, Bug und Bauchlappen, 
und diese mit den Gewichtsprozentsätzen 
zu multiplizieren, die auf die zugehörigen 
Fleischkategorien entfallen. So würde 
man den Kleinverkaufspreis für einen 
Doppelzentner Fleisch erfahren. Von dem 
berechneten Gesamtwert würde ein be- 
stimmter Prozentsatz für Eintrocknen 
und Gutgewicht in Abzug zu bringen 
sein, den Windisch mit 10 Proz., ein 
von mir befragter anderer Sachverständiger 
dagegen mit 5 Proz. angegeben hat. 
Hinzuzuzählen wäre aber dem berechneten 
Gesamterlös andererseits der Wert der 
Haut, des Kopfes und der Eingeweide, 
des sogenannten Krames. 



Der zuletzt angeführte Sachverständige, 
ein erfahrener Schlächtermeister, hat mir 
bestätigt, daß man für das Gewicht der 
Fleischstücke, die ich für die Preis- 
ermittlung bei den verschiedenen Schlacht- 
tieren vorgeschlagen habe, und die der 
Qualität und dem Erlöse nach dazu 
gehörigen Teile bestimmte Prozentsätze 
des gesamten Schlachtgewichts angeben 
könne. Er teilte mir folgende Zahlen 
nach überschläglicher Berechnung mit: 

Beim Rind: 
I. Keule und zugehörige Qualitäten 42 Proz. 
n. Bug „ « „ 36 „ 

III. Bauchfleisch „ „ 22 „ 

Diese Zahlen sind berechnet für ein 
Rind mit 500 Pfd. Fleischgewicht ohne 
Nierentalg. Mein Gewährsmann sagte, 
die Gewichtsverhältnisse bei schweren 
und leichteren Rindern seien wohl 
prozentual dieselben; bei gemästeten 
Rindern falle nur der Nierentalg ins 
Gewicht. 

Beim Kalb und Schaf wären zu 
unterscheiden : 

L Keule mit Rücken 60 Proz. 

II. Bug 40 . 

Beim Schwein von 200 Pfd. Fleisch- 
gewicht: 

I. Keule (mit Rücken) . . 49 Proz. 
II. Bug und Bauch. ... 20 ^ 

III. Rückenfett 25 „ 

IV. Kopf und Vorderbein . 6 „ 

Mein Gewährsmann sagte, die einzelnen 
Teile vom Schwein seien je nach der 
Jahreszeitbedeutenden Preisschwankungen 
unterworfen. Im Sommer koste z. B. 
das Rückenstück 90 Pfg. pro Pfund, Kopf 
und Beine nur 10 bis 15 Pfg., im Winter 
dagegen könne das Rückenstück 70 Pfg. 
pro Pfund kosten, Kopf und Beine da- 
gegen 30—35 Pfg. Auch das Rücken- 
fett sei im Winter teurer als im Sommer, 
da es zur Wurstfabrikation gekauft werde. 

Die mir mitgeteilten Zahlen beruhen 
auf Schätzung. Um ihre Richtigkeit zu 
prüfen, sind nach einer Vorbesprechung 
über die Fleischpreisstatistik auf An- 
regung des Ministeriums für Landwirt- 



— 277 — 



Schaft, Domänen and Forsten Wägangen 
in den Armeekonservenfabriken zu Hasel- 
horst und Mainz und in einer Beihe von 
Schlachthöfen vorgenommen worden. Mit 
den Einzelheiten dieser Wägnngen will 
ich Sie nicht aufhalten. Hier will ich 
nur über die Endergebnisse referieren, die 
die sehr sorgsam ausgeführten Wägungen 
in den Armeekonservenfabriken gehabt 
haben. 

In Haselhorst wurden gewogen: 

116 holsteiner, Bcblesische und bayerische Ochsen 

Scblachtgewichtsanteile für: 

I. Fleischgr. IL Fleischgr. III. Fleischgr. 

(Keule usw.) (Bug usw.) (Bauchlappen) 

35,6 Proz. 37,0 Proz. 27,4 Proz. 

In Mainz: 
270 bayerische und ostpreuOische Ochsen. 

Schlachtgewichtsanteile für: 
I. Fleischgr. IL Fleischgr. IIL Fleischgr. 
(Keule usw.) (Bug usw.) (Bauchlappen) 
37,3 Proz. 37,2 Proz. 25,5 Proz. 

Also eine ganz ausgezeichnete Über- 
einstimmung für die in den beiden Armee- 
konservenfabriken gewogenen Ochsen. 
Hierzu kommt, daß die Schwankungen 
der Schlachtgewichtsteile bei den einzelnen 
Tieren nur geringe waren und sich in 
engen Grenzen bewegten. 

120 Schweine im Gewichte von 85 bis 
120 kg, die in Haselhorst geschlachtet 
worden sind, ergaben 

Schlachtgewichtsanteile für: 
I. Fleischgruppe IL Fleiscbgruppe 

(Keule usw.) (Bug usw.) 

38,3 Proz. 26,9 Proz. 

III. Fleischgruppe IV. Fleischgruppe 

(Rückenfett) (Kopf und Beine) 

23,8 Proz. 11 Proz. 

Die Wägungen auf den Schlachthöfen 
konnten zu gleich schönen Ergebnissen 
schon deshalb nicht führen, da sich die 
Wägungen wegen der besonderen Art 
der Wägung, die erforderlich war, auf 
solche Tiere beschränken mußte, die auf 
den Freibänken wegen Erkrankungen zum 
Verkauf gelangten. Teils war die Zahl 
der gewogenen Tiere zu klein, um ver- 
wertet werden zu können, teils verbot 
sich die Verwertung der Wägungsresultate, 
weil offenbar nicht nur solche Tiere ge- 



wogen wurden, deren Ernährungszustand 
durch die Beanstandungsursache nicht 
gelitten hatte, sondern auch Tiere mit 
erheblichen Störungen des Allgemein- 
befindens. Hierfftr sprechen bei einer 
Beihe der Schlachtungen die ungewöhn- 
lichen Schwankungen der Schlachtgewichte 
an sich und der Schlachtgewichtsanteile, 
die für die verschiedenen Fleischstäcke 
ermittelt wurden. Weitere Erhebungen 
mit einwandfreiem Material, am besten 
mit Fleisch von finnigen Tieren, deren 
Ernährungszustand durch die Natur der 
Erkrankung nicht beeinflußt wird, werden 
aber ermöglichen, ähnliche Zahlen, wie 
sie fiir Ochsen in den Armeekonserven- 
fabriken gewonnen wurden, für alle 
Schlachttiergattungen aus den Schlacht- 
höfen zu erhalten. Diese Ermittlungen 
können ruhig noch eine bestimmte Zeit 
lang währen, immerhin bieten auch die 
bisherigen Schlachtungen schon einen 
wertvollen Anhalt. Das Wesentliche für 
die künftige Gestaltung der Fleischpreis- 
statistik ist die Ermittlung der Klein- 
handelspreise für die angegebenen Fleisch- 
stücke, die Typen bestimmter Qualitäts- 
gruppen darstellen. 

Die Preise für diese Stücke geben 
auch ohne Umrechnung auf den ganzen 
Tierkörper ein Bild von der Bewegung 
der Kleinhandelspreise und die Möglichkeit 
eines Vergleichs mit den Fleischgroß- 
preisen und den Schlachtviehpreisen und 
damit auch die Grundlage eines Urteils, 
ob sich die Gestaltung der Kleinhandels- 
preise für Fleisch den Schwankungen der 
Schlachtviehpreise in normaler, gesunder 
Weise anschließt. 

Beschluß:*) 

Das Landes-Ökonomie-Kollegium beschließt, 

der Königlichen Staatsregierung für die Statistik 

der Fleischpreise folgende Leitsätze zu empfehlen: 

1. Die Notierung der Großhandelspreise für 

Fleisch muß sich anlehnen an das 



*) Der Beschluß wurde gefaßt auf Grund 
des vorstehenden nnd eines weiteren, von Herrn 
Hofbesitzer Engelbrecht -Obendeich erstatteten 
Berichts. 



— 278 — 



Schema der ViebpreiBnotierungen. Die fttr 
Berlin bereits durchgefahrte Statistik der 
Großbandelspreise ist auf diejenigen Städte 
auszndebnen, in denen ein Fleiscbgroß- 
bandel tatsäcblicb stattfindet. 

2. Die alljäbrlicb veröffentlicbte Statistik der 
Kleinhandelspreise für 165 Marktorte der 
Monarchie ist beizubehalten. 

3. Dagegen ist die allmonatlich veröffentlichte 
Statistik der Kleinhandelspreise für 24 
Marktorte, welche große praktische Be- 
deutung hat, als ungenügend zu betrachten 
und durch eine bessere Statistik zu ersetzen. 

4. Diese Statistik hat nur die wichtigsten 
Konsumplätze aufzunehmen, also die Groß- 
städte und Zentren der Industriebezirke. 

5. Die Feststellung der Preise ist durch 
Sachverständige nach genauer Anweisung 
vorzunehmen. 

6. Die Feststellung der Preise hat zu erfolgen: 

beim Rindfleisch für Keule, Bug und 

Bauchfleisch, 
beim Kalb- und Hammelfleisch für Keule 

und Bug, 
beim Schweinefleisch für Keule, Bug, 

Rückenfett und Kopf mit Beinen. 

7. Die hiernach aufzunehmende Statistik 
der Kleinhandelspreise für Fleisch hat 
nicht etwa den Zweck, den Verdienst des 
Fleischers zahlenmäßig festzustellen; wohl 
aber kann sie über die Bewegung der 
Fleischpreise und ihr Verhältnis zu den 
Viehpreisen Aufschluß geben. 

Das Landes Ökonomie-Kollegium beschließt: 
den Herrn Minister zu bitten, daß, unab- 
hängig von der Reichsstatistik, jetzt bereits 
von Staats wegen dem Antrag Engel- 
brecht-Ostertag Folge gegeben wird. 



Über Fälschungen bei dem Verkauf 
von Kiebitz- und Möweneiern. 

Von 

Dr. A. Clevisch-Cöln- Schlachthof, 

St&dtischem Tierarzt. 

(Mit einer Tafel.) 
Die Städte und Gemeinden haben in 
neuerer Zeit derKontroUe der animalischen 
Nahrungsmittel eine größere Bedeutung 
zuerkannt und häufiger als bisher bei 
Revisionen und Begutachtungen Tierärzte 
herangezogen. Daß bei solchen Maß- 
nahmen Kenntnisse der Fleischbeschau, 
Hygiene usw. in Betracht kommen, 
brauche ich nicht besonders hervor- 
zuheben; daß aber auch beispielsweise 



spezialistische Kenntnisse in der Zoologie 
notwendig sind, das zu beobachten hatte 
ich in meiner Praxis schon öfters Ge- 
legenheit. 

Da ich mich seit Jahren mit Ornithologie 
beschäftige, mag es nicht unzweckmäßig 
erscheinen, wenn ich nachstehend zwei 
omithologische Fragen beantworte, die 
an mich vor einiger Zeit gestellt wurden. 
Diese Fragen können auch leicht an den 
auf dem Gebiete der Nahrungsmittelkunde 
tätigen Tierarzt gerichtet werden, wes- 
halb es angemessen erscheint, in dieser 
Zeitschrift näher darauf einzugehen. Die 
beiden recht interessanten Fragen sind 
folgende: 

1. Welche Vogeleier werden am häu- 
figsten unter der Bezeichnung 
Kiebitzeier feilgehalten? 

2. Welche als Möweneier im Handel 
dargebotenen Eier stammen nicht 
von Möwen her? 

Das Einsammeln, der Yerkaaf und 
die Verkaufszeit fiir Kiebitz- und Möwen- 
eier sind durch gesetzliche Bestimmangen 
geregelt. Da die Kenntnis dieser Gesetze 
und Verordnungen für den Sachver- 
ständigen auf dem Gebiete der Nahrungs- 
mittelkunde unerläßlich ist, wird es nötig 
sein, diese im folgenden ausführlich zum 
Abdruck zu bringen. 

Nach dem Reichsgesetz, betr. den 
Schutz von Vögeln, vom 22. März 1888 ißt 
das Einsammeln und der Verkauf von £iem 
verboten, jedoch richtet sich das Einsammeln 
und der Verkauf von Eiern von Strand- 
vögeln, Seeschwalben und Kiebitzen nach den 
Landesgesetzen der einzelnen Bundesstaaten. 
Für den Umfang der preußischen Monarchie 
sind durch das am 13. August 1904 in 
Kraft getretene Wildschongesetz (veröffent- 
licht am 14. Juli 1904) und die am 15. Juli 1907 
erlassene Jagdordnung, zu dem allerdings 
noch zu Recht bestehenden Vogelschutzgesetz 
einige Änderungen geschaffen. Die neuerdings 
getroffenen Vorschriften sind deshalb von Belang, 
weil durch sie nur das Einsammeln und der Ver- 
kauf von Kiebitz- und Möweneiern gestattet sind. 
AHe anderen Strandvögel sowie die Seeschwalben 
dürfen nicht mehr wie früher ihrer Eier beraubt 
werden, da sie nach § Ib des Wildschutzgesetzes 



— 279 — 



jagdbar sind und Eier jagdbaren Federwildes 
von niemanden ausgenommen werden dOrfen. 
Aus der Jagdordnung vom 15. Juli 1907, der 
das Wildschutzgesetz zugrunde gelegt ist, sind 
folgende Paragraphen für den Sachverständigen 
beachtenswert. 

Nach § 30 bedarf es eines Jagdscheines zum 
Ausnehmen von Kiebitz- und Möweneiern nicht. 

Der § 42 bestimmt: Kiebitz- und Möweneier 
dQrfen nur bis zum 80. April einschließlich ein- 
gesammelt werden. Durch Beschluß des Bezirks- 
ausschusses kann jedoch dieser Termin bis zum 
10. April einschließlich (fOr Kiebitzeier) zurttck- 
verlegt oder für Möweneier bis zum 15. Juni ein- 
schließlich verlängert werden. Das Sammeln der 
Kiebitz- und Möweneier darf von anderen als 
von dem Jagdberechtig^en nur in dessen Be- 
gleitung oder mit dessen schriftlich erteilter Er- 
laubnis, die der Sammelnde bei sich zu führen 
hat, vorgenommen werden. 

Der § 43 Abs. 1, wonach vom Beginn des 
15. Tages der für eine Wildart festgesetzten 
Schonzeit bis zu deren Ablauf es verboten ist, 
derartiges Wild feilzubieten usw., findet auf 
Kiebitz- und Möweneier entsprechende An- 
wendung. 

Eier oder Junge von anderem jagdbaren 
Federwild auszunehmen, ist auch der Jagdbe- 
rechtigte nicht befugt, mit Ausnahme derjenigen 
Eier, die anderweitig ausgebrütet werden sollen. 
Zum Ausnehmen von Eiern, die zu wissenschaft- 
lichen oder zu Lehrzwecken benutzt werden 
sollen, bedarf es der Genehmigung der Jagd- 
polizeibehörde. 

Die Beachtung des § 43 Abs. 1 ist besonders 
wichtig. Bestrafungen und Revisionen behufs 
Rontrolle der Verkaufsstände nach Ablauf der 
für Kiebitz- und Möweneier festgesetzten Ver- 
kaufszeit sind, wie mir der bekannte Oologe 
Hocke mitteilt, häufig erfolgt. 

Der § 78 besagt: Mit Geldstrafe bis 150 M. 
wird bestraft: Wer den Vorschriften der §§ 43, 44 
und 45 zuwider Wild, Kiebitz- oder Möweneier 
versendet, zum Verkaufe herumträgt oder aus- 
stellt, feilbietet, verkauft, ankauft oder den Ver- 
kauf von solchem Wild oder Eiern vermittelt. 

Hat der Täter gewerbs- oder gewohnheits- 
mäßig gehandelt, so ist eine Geldstrafe von 
nicht unter 30 M. zu verhängen. Neben der 
Geldstrafe ist das den Gegenstand der Zuwider- 
handlung bildende Wild, die Kiebitz- und Möwen- 
eier einzuziehen, ohne Unterschied, ob der 
Schuldige Eigentümer ist oder nicht; von der 
Einziehung kann abgesehen werden, wenn der An- 
kauf nur zum eigenen Verbrauche geschehen ist. 

§ 79 bestimmt: An die Stelle einer nach 
Maßgabe der vorstehenden Bestimmung zu ver- 



hängenden nicht beitreibbaren Geldstrafe tritt 
Haftotrafe nach Maßgabe der §§ 28 und 29 StG.B. 

Außerdem verweise ich auf die „Tabelle 
über die rechtliche Behandlung der in 
dieser Arbeit erwähnten Vögel". (Nach 
Dr. jur. Leo von Boxberger.) 

Es würde zu weit fdhren, und die 
vorliegende Arbeit könnte den Charakter 
einer ornithologischen Abhandlung an- 
nehmen, wollte ich alle die Arten von 
Vogeleiem beschreiben, die nur hin und 
wieder zu Fälschungszwecken unter dem 
Namen von Kiebitz- und Möweneiern ein- 
geschmuggelt werden. Ich müßte dann 
die Eier sämtlicher Strandvögel usw. er- 
wähnen. Aus diesem Grunde sollen nur 
jene Vogeleier angeführt werden, die am 
häufigsten auf den Märkten unter der 
Bezeichnung Kiebitz- bzw. Möweneier an- 
getroffen werden und deren Kenntnis für 
den Sachverständigen unerläßlich ist. 

Die Zeit des Legens der Kiebitzeier 
fällt in günstigen Jahren in die letzten 
Tage des Monats März, gewöhnlich in 
die ersten Tage des ApriL Die ver- 
hältnismäßig großen, durchschnittlich 
46 mm langen, 33 mm dicken Eier 
sind birnenförmig, am stumpfen Ende 
stark, am entgegengesetzten spitz zu- 
gerundet, feinkörnig, glattschalig und auf 
matt olivengrünlichem oder -bräunlichem 
Grunde mit dunkleren, oft schwarzen 
Punkten, Klexen und Strichelchen sehr 
verschiedentlich gezeichnet. Der Sach- 
verständige muß sich Gestalt und Färbung 
des Kiebitzeies besonders einprägen. Ich 
glaube daher zu größerer Veranschau- 
lichung des Vorhergehenden noch beizu- 
tragen, wenn ich die Abbildung eines 
Kiebitzeies hier beifüge. (Siehe die Ab- 
bildung des Eis Fig. 4 der Tafel.) 

Als Pseudokiebitzeier werden im 
Handel die verschiedensten Vogeleier 
untergeschoben und namentlich die Eier 
der Sumpfvögel dienen häufig zu 
Fälschungen. Nach den Beobachtungen 
von Bau, Hocke und denen des Ver- 
fassers kommen hauptsächlich als Pseudo- 



— 280 — 



Kiebitzeier folgende Vogeleier zu Markte. 
Der Übersicht wegen wähle ich folgende 
Einteilung: 

A. I. Den Kiebitzeiern an Farbe und Ge- 
stalt sind ähnlich: 

1. Die Eier der Bekassine Gallinago 
gallinago (L.).*) 

2. Die Eier des Kampfhahnes Totanus 
pugnax (L.). 

3. Die Eier der schwarzschwänzigen 
Uferschnepfe Limosa-limosa (L.). 

4. Die Eier des ßotschenkels Totanus 
totauus (L.). 

II. Den Kiebitzeiern zwar an Gestalt, 
weniger aber an Färbung ähnlich 
sind: 

Die Eier des Flußuferlänfers Trin- 
goides hypoleucus (L.). 

III. Den Kiebitzeiern überhaupt nicht 
ähnlich sind folgende: 

1. Die Eier der Saatkrähe Corvus 
frugilegus L.**) 

2. Der Nebelkrähe Corvus comix L. 

3. Der Rabenkrähe Corvus corone L. 

4. Des Haubensteißfußes Colymbus 
cristatus L. 

5. Des kleinen Steißfiißes Colymbus 
nigricans (Scop.). 

IV. Die Kiebitzeier an Größe bedeutend 
übertreffend: 

1. Die Eier der großen Trappe Otis 
tarda L. 

2. Des Brachvogels Numenius arquatus 
(L.). 

3. Des grauen Kranichs Grus grus (L.). 

Früher, als die Kiebitzeier bis in den 
Sommer hinein verkauft werden durften, 
kamen in der letzten Verkaufszeit auch 
noch folgende Vogeleier zu Markte: 
V. 1. Die Eier des Sumpfhuhnes Orty- 
gometra porzana (L.). 



*) Als Norm für die Nomenklatur ist die von 
dem Ornithologen Prof. Dr. AntonReichenow 
gewählte Bezeichnung angenommen. 

**) Das Fehlen oder Vorhandensein der ( ) 
bei L. ist durch die Vorschriften der Nomen- 
klatur bedingt. 



2. Des Teichhuhnes Gallinula chloropos 
(L.). 

3. Des Wasserhuhnes Fulica atra L. 
Die Eier des Kampfhahnes, des Fluß- 
uferlänfers und des Haubensteißfußes 
werden wegen der nunmehr etwas be- 
schränkten Sammelzeit weniger — wie 
früher — unter den Kiebitzeiern vertreten 
sein. Es erklärt sich dies auch durch die 
späte Legezeit des Kampf hahnes, des Fluß- 
uferläufers und des Haubensteißftüies. 

Nur mit böswilliger Absicht werden 
manche Vogeleier von selten des Sammlers 
unter den Kiebitzeiern verkauft. Die 
Sammler kennen zumeist die Eier der 
verschiedenen in Betracht kommenden 
Vogelarten sehr genau. Manche Vogel- 
eier können die Sammler unmöglich bei 
der speziellen Kiebitzeiersuche finden, so 
z. B. von Trappen, Tauchern und Krähen, 
da diese Vogelarten an ganz anderen 
Stellen brüten, wie dies bei dem Kiebitz 
der Fall ist. 

Im Anschluß an die Übersicht will 
ich die Eier der vorhergenannten Vogel- 
arten näher beschreiben. (Siehe Be- 
stimmungstabelle 1.) 

Bei der großen Veränderlichkeit der 
Möweneier in bezug auf Färbung und 
Gestalt, ist es fast unmöglich, die typischen 
Kennzeichen der Eier auch nur f&r ein 
und dieselbe Möwenart erschöpfend an- 
zugeben. Um Möweneier bisweilen fest- 
zustellen, dazu ist nur ein erfahrener 
Oologe berufen. 

Welche abweichende Formen unter den 
Möweneiem beispielsweise vorkommen 
können, das ist aus einer Tafel des 
größten Werkes auf dem Gebiete der 
Oologie, der „Oologia universalis palae- 
arctica" von G. Krause (Verlag von 
Lehmann, Stuttgart) zu ersehen. Hier 
finden sich z. B. bei der Art Lachmöwe 
Larus iidibundus L. auf einer Tafel 
16 Eier, die ganz bedeutend dui*ch un- 
regelmäßige Färbung und mehr oder 
weniger verschiedene Größe von einander 



281 



abweichen. Die Farben bewegen sich in 
den Tönen vom reinsten Hellblau bis zum 
schwarzgesprenkelten Hellbraun. Hat 
sich nun der Revisionsbeamte nur ein an- 
nähernd typisches Möwenei in bezug auf 
Färbung und Gestalt seinem Gedächt- 
nis eingeprägt, dann wird er als Nicht- 
oologe bei dem Vorfinden solcher unregel- 
mäßig gefärbter und gestalteter Möwen- 
eier der Ansicht sein, es handle sich um 
andere als Möweneier. Er wird also irr- 
tümlicherweise die Eier einziehen lassen. 
Der Verkäufer, der aber vielleicht zufällig 
selbst die Eier aus Lachmöwennestern 
entnommen hat, wird Einspruch erheben. 
Da nun das Sammeln der Möweneier zu- 
meist von mehreren Personen zu gleicher 
Zeit gemeinschaftlich vorgenommen wird, 
so können diese Einsammler als Ent- 
lastungszeugen angerufen werden. Fer- 
ner könnte in einem solchen oder ähn- 
lichen Falle auch das Gutachten eines 
erfahrenen Oologen eingeholt werden, und 
dies könnte nur zugunsten des Beklagten 
lauten, nämlich, daß es sich tatsächlich um 
unregelmäßig gefärbteMöweneier handelte, 
deren Einziehen aus Mangel an Sach- 
kenntnis zu Unrecht erfolgt sei. Daß 
ein solches Ergebnis nicht von Vorteil 
ist fiir den Sachverständigen, der das 
Einziehen der Eier veranlaßt hat, bedarf 
keiner weiteren Ausführung. 

Unter den echten Möweneiem er- 
scheinen im Handel zumeist die Eier von 
folgenden Möwenarten: 

B. 1. Der Lachmöwe Laras ridibundus L. 

2. Der Silbermöwe Laras argentatus 
Brunn. 

3. Der Sturramöve Laras canus (L.) 
Bei der Beurteilung der normalen Eier 

der vorerwähnten Möwenarten möge die 
in der Bestimmungstabelle 2 angegebene 
Beschreibung Beachtung finden. 

Als Pseudomöveneier kommen zum 
Verkauf: 

C. 1. Die Eier des Austerafischers Haema- 

topus ostralegus L. 



2. Die Eier der Eüstenseeschwalbe 
Steraa macrara Naum. 

3. Die Eier der Flußseeschwalbe Sterna 
hirando L. 

4. Die Eier der Brandseeschwalbe Steraa 
cantiaca Gmel. 

5. Die Eier der Raubseeschwalbe Steraa 
caspia Pall. 

6. Die Eier des Säbelschnablers Be- 
curvirostra avosetta (L.) 

Die Eier der erwähnten Arten 
sind an den Merkmalen kenntlich, 
die in der Bestimmungstabelle 3 an- 
gegeben sind. 

Zum Schluß kann ich in meiner Eigen- 
schaft als Oraithologe nicht umhin, einige 
Erörterungen zu dem Vogelschutz zu 
bringen, da dies teilweise zur besseren 
Erläuterung des Vorhergesagten dienlich 
ist, teilweise auch deshalb, weil öfters 
der Tierarzt in die Lage kommen kann, 
sich über den Vogelschutz äußera zu 
müssen. Ich will mich indessen in dieser 
Arbeit darauf beschränken, den Vogel- 
schutz nur insoweit heranzuziehen, als er 
sich auf das Kapitel Kiebitz- und Möwen- 
eier bezieht. 

Das Wildschongesetz und die Jagd- 
ordnung haben schon insofern gute Früchte 
gezeitigt, als der Handel mit Kiebitz- 
und Möweneiera, nach den Beobachtungen 
des Oologen Hocke, bedeutend ab- 
genommen hat. Hocke teilt in der Zeit- 
schrift für Oologie Jahrgang 1900 S. 17, 
noch mit, daß in der Zeit vom 26. März 
bis zum 24. April 1900, also in etwa 
vier Wochen, eine einzige Berliner Firma 
10000, in der ganzen Saison 30000 Kiebitz- 
eier verkauft hat. In einer Delikatessen- 
handlung zu Berlin sah Dr. von Box- 
berger unter dem Namen von Kiebitz- 
und Möweneiern Eier der großen Trappe, 
der Wildente, der Knäckente und anderen 
jagdbaren Federwildes. 

Sehr beachtenswert sind die Vor- 
schläge, die Alexander Bau in einer 
Arbeit „Zum neuen preußischen Wild- 
schongesetz" in der „Ornithologischen 



— 282 — 



Monatsschrift'^ Jahrgang 1905 macht. Mit 
diesen Ausführungen kann ich mich wohl 
einverstanden erklären und deshalb gebe 
ich diese mit einigen Ergänzungen wieder. 

Am besten wäre es, wenn das Sammeln 
der Kiebitzeier ganz verboten würde. 
Hiergegen werden sich aber die Fein- 
schmecker wehren, in ähnlicher Weise, 
wie dies bei der letzten Beratung des 
Vogelschutzgesetzes im Beichstage ge- 
legentlich der Stellungnahme zu dem 
Krammetsvogelfang in der Sitzung vom 
10. Januar 1908 der Fall war. Wenigstens 
sollte schon aus folgenden Gründen 
die Sammelzeit erheblich eingeschränkt 
werden. In der Regel legt der Kiebitz 
Ende März oder Anfang April. Als Zeit 
für das erste Gelege sei beispielsweise 
der 5. April angenommen. Wird dieses 
erste Gelege ausgenommen, so zeitigt der 
Kiebitz etwa am 15. April das zweite 
Gelege. — Nach Fortnahme dieses ersten 
Nachgeleges wird er etwa am 25. April 
das dritte Gelege, nach Fortnahme dieses 
zweiten Nachgeleges z. B. am 5. Mai das 
vierte Gelege = drittes Nachgelege zu- 
stande bringen, — das er nun endlich be- 
brüten kann. Durch dieses viele Legen 
muß der Kiebitz, der sonst nur ein Gelege 
produziert, körperlich sehr geschwächt 
werden, und die unausbleibliche Folge 
davon wird die Degeneration der Eier 
sein. Die Trockenlegung der Sümpfe und 
andere Kulturarbeiten haben den Vögeln 
im Vergleich zu früher manche Brut- 
gelegenheit genommen, wo sehr viele 
Vögel noch an unzugänglichen Stellen ihr 
erstes Gelege ungestört ausbrüten konnten. 
Da die Nistgelegenheiten bei der fort- 
schreitenden Kultur immer geringer 
werden, müßte ein Ausgleich dadurch 
geschaffen werden, daß die Sammelzeit 
für Kiebitzeier herabgesetzt wird. Sie 
sollte ein für allemal mit dem 15. April 
ihr Ende erreichen. 

Das Einsammeln der Möweneier ist 
teilweise ein notwendiges Übel. Für 
einzelne Grundbesitzer bildet die Einnahme 



für verkaufte Möweneier einen wesent- 
lichen Posten im Haushalt and für viele 
Personen, die das Einsammeln besorgen, 
eine Lebensfrage. In Betracht kommen, 
wie schon erwähnt, hauptsächlich die 
Eier der Lach-, Sturm- und Silbermöwe, 
da diese Arten hauptsächlich in kleineren 
oder größeren Kolonien an unsem deut- 
schen Küsten oder auf deren vorgelagerten 
Inseln brüten. Es wäre zweckmäßig, um 
eine bessere Kontrolle zu erzielen, wenn 
das Gesetz nur das Einsammeln von Eiern 
für diese drei Möwenarten gestattete und 
auch die zulässige Sammelzeit für jede 
Art besonders festsetzte. Die Lachmöwen 
fangen schon Anfang bis Mitte April mit 
dem Legen an, — die Sturmmöwen Anfang 
Mai, — die Silbermöwen nach Mitte Mai. 
Nun sollen Möweneier bis zum 30. April 
gesammelt werden dürfen. Durch Be- 
schluß des Bezirksausschusses kann dieser 
Termin sogar bis 15. Juni einschließlich 
verlängert werden. 

Die allgemeine Bestimmung bis 30. AprU 
ist nur für die Lachmöweneier eigentlich 
gültig. Für die Ausbeutung von Silber- 
möwenkolonien wird aber stets eine Ver- 
längerung bis 15. Juni gestattet werden 
müssen. Brüten nun Lach- und Silber- 
möwen, wie es häufig vorkommt, örtlich 
nahe zusammen, so werden die Lachmöwen 
durch die lange Sammelzeit erheblich ge- 
schädigt und zu mehreren Nachgelegen 
gezwungen. Naturgemäß muß, wie schon 
oben beim Kiebitz erwähnt, dadurch eine 
Degeneration des Eies eintreten. (Siehe 
die Abbildung des Eis Fig. 5 der Tafel.) 

Selbst bei den Silbermöwen, die sich 
durch späte Legezeit auszeichnen und 
infolgedessen am wenigsten ausgebeutet 
werden können, tritt diese Degeneration 
der Eier ein. Die zuerst gelegten Eier 
— 3 an der Zahl — sind zumeist von 
normaler Größe 70X48 mm (siehe die Ab- 
bildungen der Eier Fig. 1, 2 und 3), dann 
nehmen sie an Größe ab, es werden nur 
2 Eier gelegt und dann 1 Ei. (Siehe die 
Abbildung des Eis Fig. 5.) 



- 283 - 



Alexander Bau hat 55 Silbermöwen- 
eier gemessen. Die größten Maße be- 
trugen 79,8 X 53.1 mm. Die kleinsten 
Maße 58,5 X 44,1 mm*). Die Unter- 
schiede in den Größen sind also sehr be- 
deutend und wohl teilweise auf eine 
durch zu langes Ausnehmen beruhende 
Schwächung zuräckzufuhren. 

Um Irrtümer zu vermeiden, sei jedoch 
bemerkt, daß auch andere Ursachen — 
als der Eierraub — bei der Produktion 
von anomalen Eiern einwirken können. 
Denn es werden z. B. im hohen Norden, 
in Gegenden, die von Menschen nur selten 
besucht und in denen die Vögel 
durch Eierraub gar nicht beeinträchtigt 
werden, öfters anomale Eier von 
Forschem gefunden. 

Für jede Möwenart müßte daher eine 
bestimmte Sammelzeit festgesetzt werden. 
Da die Möwen kolonienweise brüten, könnte 
leicht das Sammeln beaufsichtigt und eine 
genaue Kontrolle ausgeübt werden. Wäre 
eine bestimmte Sammelzeit für die drei 
genannten Möwenarten festgesetzt, so 
würden dadurch auch andere Sumpfvögel 
in ihrem Brutgeschäft geschützt sein; 
denn heutzutage können unter den be- 
stehenden mißlichen Verhältnissen Sumpf- 
vogelnester trotz des Verbotes des Ein- 



*) Siehe die Abbildung des Eis Fig. 5 der 
Tafel. 

Tabelle 1. 



sammelns von Sumpfvogeleiern (unter 
dem Vorgeben, nach Möweneiem suchen 
zu wollen) in großem Umfange ungestört 
ausgeraubt werden. Wenn das Betreten 
der Möwenkolonien vor dem Beginn der 
Sammelzeit verboten würde, dann würden 
die in der Nähe brütenden, aber vorher 
legenden Sumpfvogelarten, nicht gestört 
werden und hätten beim Beginn des 
Sammelns der Möveneier bereits Junge. 
Es würde daher auch durch diese getrennte 
Sammelzeit nicht nur die Degeneration der 
Möweneier möglichst vermieden werden, 
sondern es würden auch alle anderen 
Sumpfvögel in ihrem Fortkommen mehr 
geschützt sein. Die Anforderungen, die 
vom Standpunkt eines besseren Vogel- 
schutzes gestellt werden müssen, sind also: 

1. Einschränkung der Verkaufszeit über- 
haupt, 

2. gesetzlich festgelegte Sammelzeit der 
Eier für jede Möwenart besonders. 

Aus dem ersten Teil meiner Aus- 
führungen dürfte daher hervorgehen, daß 
die sichere Unterscheidung der einzelnen 
Eierarten in manchen Fällen außerordent- 
lich schwierig ist, und daß der Tierarzt 
diese Aufgabe nur dann zu lösen vermag, 
wenn er sich mit der Ornithologie in Ver- 
bindung mit Oologie eingehend beschäftigt. 
Hoffentlich geben meine Zeilen hierzu die 
Anregung. 



Bestlmmungttabelle für die unter A I.— V. genannten Vogeleier. 

Die BestimmuDgstabellen sind zusammengestellt unter Benutzung von „Brehms Tierleben^, 
Friderich-Baus „Naturgeschichte der deutschen Vögel ^ und Krauses „Oologia universalis 

palaearctica^. 



Bekassine 
Gallinago gallinago (L.) 



Kampfhahn 
Totanus pugnax (L.) 



Schwarzschw. Ufer- 
schnepfe 
Limosa limosa (L.) 



Gelege: 

Brutzeitbeginn : 
lang: 
dick: 



Größe 



Beschreibung der 
Farbe usw.: 



4 Eier. 

Ende April, Mai. 

38 mm. 

28 mm. 

Feinkörnige, glattschalige 
Eier, die auf schmutzig 
oder grünlich oliven- 
gelbem, auch schwach 



4—3 Eier. 
Ende Mai. 

40 mm. 

32 mm. 

Glattschalige, glanzlose 
Eier, die auf oliven- 
bräunlichem oder grün- 
lichem Grunde rötlich- 



3—4 Eier. 

Ende April, Mai. 

55 mm. 

38 mm. 

Bauchige Eier, die auf 
graugelblichem, bräun- 
lichem, dunkel ölgrünem 
oder rostbraunem, immer 



— 284 



Bekassine 
Gallinago gallinago (L.) 



Kampfhahn 
Totanas pugnax (L.) 



Schwarzschw. Ufer- 
schnepfe 
Limosa limosa (L) 



graugrünem Grunde mit 
grauen Schalenflecken 
und vielen groben Ober- 
flecken und Punkten von 
grünlicher oder rötlicher 
und schwarzbrauner Fär- 
bunggezeichnet sind. Die 
tiefschwarzen Punkte und 
Kritzel sind am stumpfen 
Ende häufiger vertreten. 
Durchschnitt von 52 Eiern 
nach Bau 39,2 X 27,2, 
dp. 14,51 bis 5,5 mm. 



braun oder schwärzlich, 
am dickeren Ende ge- 
wöhnlich stärker als am 
anderen Ende gefleckt 
sind. 

Durchschuitt von 28 Eiern : 
48,2 X 31,4, dp. 15,5 bis 
17,5 mm. 



trübem Grunde mit großen 
und kleinen Flecken, 
Stricheln und Punkten 
von aschgrauer, erd- 
brauner, dunkelbrauner 
Färbung gezeichnet sind. 
Durchschnitt von 28 Eiern: 
56X38,5, dp. 20 bis 23 mm. 



Rotschenkel 
Totanus totanus (L.) 



Flußuferläufer 
Tringoides hypoleucns 

(L.) 



Saatkrähe 
Corvus fnigilegus L. 



Gelege: 

Brutzeitbeginn : 
lang: 
dick: 



Größe 



Beschreibung der 
Farbe usw.: 



4 Eier. 

Mitte April. 

48 mm. 

30 mm. 

Kreiselförmiffe Eier, glatt- 
schalig, feinkörnig, glanz- 
los und auf bleich bräun- 
lich- bis trübe ocker- 
gelbem Grunde mit vielen, 
mehr oder weniger dicht 
stehenden, sehr ver- 
schieden großen Tüpfeln, 
Flecken und Punkten von 
graulicher, dunkelgran- 
und purpurbrauner Fär- 
bung. 

Durchschnitt von 83 Eiern : 
43,3 X 30,5, dp. 15 bis 
17mm. 



4 Eier. 

Ende Mai. 

35 mm. 

26 mm. 

Eier, die bald kürzer, bald 
gestreckter,bimenförmig, 
feinschalig, glänzend, auf 
bleichrostgeTbem Grunde 
mit grauen Unter-, rot- 
braunen Mittel- und 
schwarzbraunen Ober- 
flecken gezeichnet und 
bepunktet sind. 

Durchschnitt von 34 Eiero : 
36X25,2, dp. 13 bis 14 mm. 



4-5 Eier. 

Anfang April. 

38 mm. 

27 mm. 

Blaßgrüne Eier, aschgrau 
und dunkelbraun gefleckt. 
Sehr selten finden sich 
auch Eier mit rötlicher 
Grundfärbung. 

Durchschnitt von 69 Eiern: 
39,8X27, dp. 17 bis 20mm. 





Nebelkrähe 


Rabenkrähe 


Haubensteißfuß 




Corvus comix L. 


Corvus corone L. 


Colymbus cristatus L. 


Gelege: 


4-5 Eier. 


4—5 Eier. 


4 Eier. 


Brutzeitbeginn: 


April. 


April. 


Ende Mai. 


Größe ( J^^'f ' 
dick: 


44 mm. 
29 mm. 


44 mm. 
29 mm. 


52 mm. 
35 mm. 


Beschreibung der 
Farbe usw.: 


Eier, die auf blaugrün- 
Hchem Grunde mitoliven- 
farbenen, dunkelgrünen, 
dunkelaschgrauen und 
schwärzlichen Punkten 
und Flecken c^ezeichnet 
sind. Foim kurz, ge- 
drungen, oft fast oval, 
schön eiförmig oder läng- 
lich. 

Durchschnitt von 86 Eiern : 
41,3X29, dp. 15 bis 19 mm. 


Die Eier der Rabenkrähe 
und der Nebelkrähe sind 
so ähnlich in Farbe und 
Gestalt, daß sich äußer- 
lich kein Unterschied an- 
geben läßt. 

Durchschnitt von 24 Eiern : 
40,7 X 29,3, dp. 15 bis 
20 mm. 


Anfänglich rein weiße Eier, 
bald aber sich schmutzig- 
lehmgelb bis bräunlich 
färbend. 

Durchschnitt von 44 Eiern: 
53,3X35,8, dp. 24 bis 
27 mm. 









285 — 



Kleiner Steißfuß 

ColymbuB nigricans 

(Scop.) 



Große Trappe 
Otis tarda L. 



Brachvogel 
NumeniuB arquatus (L.) 



Gelege: 
Brutzeitbeginn : 



Größe 



lang: 
dick: 



Beschreibung der 
Farbe usw.: 



4-6 Eier. 

Ende April, Mai, Anfang 
Juni. 

36 mm. 

25 mm. 

Längliche bis ovale an- 
fänglich rein weiße Eier, 
deren spätere Färbung 
aber durch die Nest- 
pflanzen bestimmt wird. 
Die Farbe der Eier kann 
dann also grünlich gelb- 
weiß bis grünlichbraun 
werden. 

Bei gekochten Eiern ist 
das Eiweiß grünlich, der 
Dotter hochrot (nach ' 
A. Bau). I 

Durchschnitt von 67 Eiern : 
37,6 X 26,1, dp. 15 bis 
18 mm. 



2 Eier. 
Mai. 

78 mm. 
56 mm. 

Kurzeiförmige Eier, stark- 
schalig, grob gekörnt, 
glanzlos, auf bleich oli- 
vengrünem oder matt 

graugrünem Grunde 
dunkler gefleckt und ge- 
wässert. 

Durchschnitt von 47 Eiern: 
78,3 X 56, dp. 33 bis 
38 mm. 



4 Eier. 
April. 

66 mm. 
46 mm. 

Bim- oder kreiseiför- 
mige Eier, nicht ganz 
glattschalig, glanzlos und 
auf schmutzig-ölgrünem, 
mehr oder weniger ins 
Gelbliche und Bräun- 
liche spielendem Grunde 
mit dunkelgrauen Unter- 
flecken und Punkten, grau- 
schwarzbraunen Ober- 
flecken, Stricheln und 
Schnörkeln gezeichnet 
Letztere besonders am 
stumpfen Ende. 

Durchschnitt von 42 Eiern : 
66,6 X 46,5, dp. 23,5 bis 
27 mm. 





Grauer Kranich 




Sumpfhuhn 




Grus grus (L.) 




Ortygometra porzana (L.) 


Gelege: 


2 Eier. 




9-12 Eier. ' 


Brutzeit beginn: 


April, Mai. 




Ende Mai, Anfang Juni. 


-'• 1 5: 


94 mm. 
61 mm. 




33 mm. 
24 mm. 


Beschreibung der 
Farbe usw.: 


Große, gestreckte Eier, starkschalig, 
grobkörnig, fast glanzlos, Grundfarbe 
bald graugrün, bald bräunlich, bald 
hellgrün, deren Zeichnung aus grauen 
und rotgrauen Unterflecken, rotbraunen 
unddunkelbraunenOberflecken,Tüpfeln 
und Schnörkeln besteht, aber vielfach 
abändert 

Durchschnitt von 38 Eiern: %,2 X 61,3, 
dp. 40 bis 45 mm. 

Sie gehören zu den größten Eiern der 
europäischen Vögel. 


Eiförmige Eier, oft bauchig oval. Schale 
etwas glänzend. Der Grund ist hell 
gelblichgrau oder gelblich isabell grau 
mit violettgrauen Schalenflecken und 
rot-, oft schwarzbraunen, punktförmi- 
gen bis großen Oberflecken, die meist 
zerstreut, oft am stumpfen Pole gehäuft 
stehen. 

Durchschnitt von 58 Eiern: 33,1 X 23,8, 
dp. 13,5 bis 15 mm. 



Teichhuhn 
Gallinula chloropus (L.) 



Schwarzes Wasserhuhn 
Fulica atra L. 



Gelege : 

Brutzeitbeginn : 
lang: 
dick: 



Größe 



Beschreibung der 
Farbe usw.: 



8—10 Eier. 

Zweite Hälfte Mai. 

40 mm. 

29 mm. 

Eiförmige, gedrungene, bauchförmige 
Eier. Der spitze Pol ist oft sehr zu- 
gespitzt, bei' anderen Exemplaren 



5-9 Eier. 
Mitte Mai. 

53 mm. 

36 mm. 

Eiförmige, feinschalige Eier, glfnzlos, 
auf bleich lehmgelbem oder blaß gelb- 
braunem Grunde äußerst zart mit 



- 286 — 



Teichhuhn 
Gallinula chloropus (L.) 



Schwarzes Wasserhuhn 
Fulica atra L. 



dunkel aschgrauen und dunkel 
schwarzbraunen Pünktchen und Flecken 
gezeichnet. 

Durchschnitt von 68 Eiern: 53,3X35,4, 
dp. 22 bis 24 mm. 



stumpf zugerundet Schale feinkörnig, 
glatt, glanzlos. Grund rötlichgelb. 
Darauf spärliche bis häufigere rost- 
und schwarzbraune Punkte, rundliche 
und größere Flecke, die an ihren 
Rändern oft verwischt sind: gewöhnlich 
sind auch graue Schalflecke da. 
Durchschnitt von 68 Eiern: 40,9X29,4, | 
dp. 16 bis 19 mm. 

Bei Benutzung der Bestimmungstabellen ist folgendes zu beachten: 

Der Beginn der Brutzeit kann Schwankungen unterworfen sein. Solche Schwankungen 
können durch die Witterung und den Standort bedingt sein. Ebenso kann die Anzahl der Eier 
des Geleges schwanken. 

Die angegebenen Größenverhältnisse beziehen sich auf Durchschnittsmaße. Man mißt die 
Länge der Eier, das ist die Achse zwischen den beiden Eipolen, und die Breite an ihrer dicksten Stelle. 

Zum Messen der Eier erhält man in den Naturalienhandlnngen, z. B. bei Wilhelm Schlüter in 
Halle a. Saale, eigens dazu hergestellte Meßinstrumente. 

Die sogenannte Dopphöhe — in der Tabelle mit dp. bezeichnet — ist die Entfernung des 
Schnittpunktes von Längs- und Breitenachse vom stumpfen Eipol. Aus diesen Maßen kann man 
die ungefähre Form eines Eies erkennen. 



Tabelle 2. 



Bestimmungstabelle fOr die unter B genannten Vogeleier. 



Lachmöwe 
Larus ridibundus L. 



Silbermöwe 
Larus argen tatus Brunn. 



Sturmmöwe 
Larus canus (L.) 



Gelege : 
Brutzeitbeginn: 



Größe 



lang: 



dick: 



Beschreibung der 
Farbe usw.: 



2-3 Eier. 
Anfang und Mitte Mai. 

Die größten 64,5 mm, 
die kleinsten 54,1. 

Die größten 44,3 mm, 
die kleinsten 38,2. 

Eiförmige Eier,die auf blaß- 
olivengrünem, schmutzig 
meergrünem, grünlich 
rostgelbem, selbst tonröt- 
lichem Grunde mit bräun- 
lich aschgrauen Schalen- 
flecken und rötlich 
schwarzbraunen, mehr 
runden als zackigen 
Flecken, Tüpfeln und 
Punkten besetzt sind, die 
sich nicht selten am 
stumpfen Ende kranzartig 
häufen. Die Flecken sind 
bald grob, bald feiner. 
Schale glanzlos oder matt- 
glänzend. 

Durchschnitt von 64 Eiern: 
58,5 X 41,1, dp. 23 bis 
27,1 mm. 

Vorzüglich gelungene Aufnahmen von Eiern der Küstenseeschwalbe, der Sturmmöwe, des 
Säbelschnablers und des Austernfischers finden sich in Heft 1, Vögel 1. Reihe, Natururkunden von 
Georg E. Schulz, Verlag von Paul Parey, Berlin 1908. Preis 1 M. das Heft. 



2—3 Eier. 

Mitte bis Ende April, 
Anfang Mai. 

50 mm. 



36 mm. 

Eier, die auf matt 
schmutzig meergrünem 
Grunde — auch blaß- 
olivengelbem oder grü- 
nem oder olivenbraunem 
Grunde — mit grauen 
Schalenflecken, sowie 
hell- und schwarzbraunen 
Flecken, Punkten und 
Schnörkeln bezeichnet 
sind. Die Eier variieren 
in Form und Farbe, wie 
überhaupt alle Möwen- 
eier. Schale stark, sehr 
schwach glänzend. 

Durchschnitt von 84 Eiern: 
52,2 X 36,5, dp. 19,5 bis 
22,5 mm. 



2-3 Eier. 
Ende Mai. 

Die größten 79,8 mm, 
die kleinsten 58,5. 

Die größten 53,1 mm, 
die kleinsten 44,1. 

Schlanke Eier, die auf oli- 
vengrünlichem, grauem, 
gelbem bis braunem 
Grunde mit mattgrauen 
oder graugelben Schalen- 
flecken und olivgelben, 
gelbbraunen bis schwarz- 
braunen Oberflecken ge- 
zeichnet sind. Die Schale 
ist stark, rauh, glanzlos. 
Sie wechseln in Größe, 
Form und Färbung, bei- 
nahe ins Unkenntliche ab, 
speziell bei Nachgelegen. 

Durchschnitt von 55 Eiern: 
70,1 X 48,6, dp. 28 bis 
35 mm. 



— 287 — 



Tabelle 8. 



BestimmuRgstabelle für die unter C genannten Vogeleier. 



Austernfischer 
Haemotopus ostralegus L. 



Küstcnsceschwalbe 
Stcrna uiacrura Naum. 



Flußseeschwalbe 
Sterna hirundo L. 



Gelege: 

Brutzeitbeginn : 
lang: 
dick: 



Größe 



Beschreibung der 
Farbe usw.: 



3-2 Eier. 

Ende April, Mai. 

56 mm. 

40 mm. 

Spitzige, oft reineiförmige 
Eier, festschalig, glanz- 
los, auf schwach bräun- 
lich rostgelbem Grunde 
mit hellvioletten oder 
dunkelgraubraunen und 
grauschwarzen Klcxen 
und Punkten,Strichen und 
Schnörkeln gezeichnet. 

Die Eier ändern vielfach 
ab in Größe, Färbung 
und Zeichnung. 

Durchschnitt von 38 Eiern : 
55,4 X 39,7, dp. 22 bis 
25 mm. 



I 



2-3 Eier. 

Ende Mai, Juni. 

40 mm. 

29 mm. 

Die Form der Eier ist ge- 
wöhnlich kurz, ziemlich 
bauchig. Die Grundfarbe 
der Eier ist hell grau- 
grQnlich, grünlich oliven- 
gelb, bräunlich oder grau- 
gelb, gelbbräunlichweiß, 
grflnlichweiß; die Scha- 
lenflecke sind dunkel- 
grau, die Zeichenflecke 
meist schwarzbraun, ein- 
zelne ganz schwarz, auch 
dunkel olivenbraun, be- 
stehend inKlexen,Tüpf ein 
und kleinen bis sehr 
großen Flecken. Sie 
variieren in Form und 
Größe sehr. 

Durchschnitt von 48 Eiern : 
40,8 X 29,7, dp. 16,5 bis 
19,5 mm. 



2—3 Eier. 
Ende Mai. 

41 mm. 

30 mm. 

Eier, die auf trüb rostgelb- 
lichem, gelblichgrauem 
oder hell bräunlichgelbem 
Grunde violettgraue Scha- 
lenflecke und rotbraune, 
braune und schwarz- 
braune Flecken, Tüpfeln 

; und Punkte haben. 
In Form und Flecken- 

j Zeichnung variieren die 

j Eier bedeutend. 

! Durchschnitt von 54 Eiern: 

I 41,3 X 30,1, dp. 16 bis 

I 19 mm. 



Brandsees chwalbe 
Sterna cantiaca Gmel. 



Raubsees chwalbe 
Sterna caspia Fall. 



Säbelschnabler 
Recurvirostra avosetta (L). 



Gelege : 

Brutzeitbeginn: 
lang: 
dick: 



Größe 



Beschreibung der 
Farbe usw.: 



2—3 Eier. 

Ende Mai, Anfang Juni. 

55 mm. 

36 mm. 

Etwas zugespitzte Eier mit 
rauher matter Schale. Der 
Grund ist rost-, rötlich-, 
weißgelb oder auch weiß. 
Darauf stehen vereinzelte 
kleinere und größere, 
matte und dunklere, graue 
Schalenflecke und ver- 
schieden geformte, kleine 
bis große Oberflecke von 
gelb- oder rötlich- bis 
schwarzbrauner Färbung. 

Durchschnitt von 46 Eiern : 
51,2 X 35,9, dp. 18 bis 
22 mm. 

Wird an den deut- 
schen Küsten auch 
seltener. 



2-3 Eier. 
Mai, Juni. 

64 mm. 

45 mm. 

Eier ziemlich glatt, trüb 
gelblich- oder bräunlich- 
weiß mit aschgrauen und 
schwarzbraunen Flecken 
und Punkten bestreut. 
Sie wechseln mannig- 
faltig in Farbe usw. 

Durchschnitt von 1 1 Eiern : 
62,5 X43,l, dp. 25,5 bis 
27 mm. 

Als Brutvogel an den 
deutschen Küsten 
fast verschwunden! 



3—4 Eier. 
Mitte Mai. 

48 mm. 

37 mm. 

Bim- oder kreiseiförmige 
Eier. Zarte glanzlose 
Schale, licht rost- oder 
olivengelbliche Grund- 
färbung, gezeichnet mit 
mehr oder weniger zahl- 
reichen schwarzgrauen 
und violetten Flecken 
und Punkten. 

Durchschnitt von 46 Eiern: 
50,9 X 35,6, dp. 18,5 bis 
22 mm. 



- 288 — 



Tabelle 4» 

Tabelle Ober die rechtilohe Behandlung der In dieser Arbelt erwlhnten Vögel. 

Nach Dr. jur. Leo von Boxberger. Für das Königreich Preußen znsammengestellt ans „Omith*'. 

Monatsschrift, Jahrgang 1904, Nr. 10. 



Vogelart 



Grad des gewährten 
Schutzes 



Vogelart 



Grad des gewährten 
Schutzes 



Vanellus Vanellus (L.) jagdbar, bez. der Eier bes. 



Gallinago gallinago (L.) 
Totanus pugnax (L.) . 
Limosa limosa (L.) . . 
Totanus totanus (L.) . 
Tringoides hypoleucus 

(L.) 

Corvus frugilegus L. . 

„ comix L. . . . 

„ corone L. . . . 

Colymbus cristatns L. 

„ nigricans (Scop.) 

Otis tarda L 

Numenius arquatus (L.) 
Grus grus (L.; 



[Bestimmung 



vogelfrei 

n 

vogelfrei 
jagdbar 



Ortygometra porzana 

(L.) 

Gallinula chloropus(L ) 

Fulica atra L 

Larus ridibundus L. . 

„ argentatuB Brfinn. 

„ canus (L.) . . . 
Haematopus ostralegus 

L 

Stema macrura Naum. 
„ hirundo L. . . . 
„ cantiaca Gmel. 

„ caspia Fall. . . 
Recurvirostra avosetta 

(L.) 



jagdbar 

vogelfrei 
jagdbar. 



bez. der Eier 

besondere 

Bestimmung 



„Der Begriff Jagdbar*" bedeutet, daß der Vogel nur vom Jagdberechtigten und nicht inner- 
halb der Schonzeit gefangen oder getötet werden darf, daß ihm dagegen von anderen Personen 
tlberhaupt nicht nacbffestellt werden darf. Die Eier jagdbarer Vögel, sowie ihre Jungen, 
dürfen von niemanden — Ausnahmen: „Wie Ausbrüten der Eier, Sammeln der Eier für Lehr- 
zwecke sind gestattet^ — auch nicht vom Jagdberechtigten ausgenommen werden."" 

„Der Ausdruck „vogelfrei"* besagt, daß der Vogel von jedermann getötet oder gefangen 
und seinen Eiern oder Jungen beliebig nachgestellt werden darf; daß er mit anderen 
Worten gesagt, überhaupt keinen gesetzlichen Schutz genießt.^ 

Für „geschiftzte^ Vögel z. B. die Finken, die aber für vorliegende Arbeit nicht in Betracht 
kommen, ist folgendes nach von Boxberger zu beachten. 

„Das Wort „geschützt"" bedeutet, daß der Vogel den vollen Schutz des Reichs Vogelschutz - 
gesetzes genießt. Es ist also verboten, dem geschützten Vogel — von einigen Ausnahmefällen 
abgesehen — irgendwie nachzustellen und ihn seiner Eier und Jungen zu berauben, ihn also, 
kurz gesagt, in seinen Lebensfunktionen unmittelbar zu beeinträchtigen."" 

Tafelerklärung. 

Die außerordentlichen Unterschiede in der Färbung bei den Möweneiem sind einigermaßen 
aus der beigefügten photographischen Abbildung zu ersehen. Leider können die schönen Farben- 
töne der Eier durch die Einfarbigkeit der Photographie nicht zur Geltung kommen. 

Die in den Fig. 1, 2, 3 und 5 abgebildeten Eier stammen von der Silbermöwe her. Larus 
argentatus BrÜnn. 

Fig. 1, 2 und 3 sind Abbildungen von normalgroßen Eiern, die aus Normalgelegen zu je 
drei Eiern herstammen. 

Fig. 5 ist die Abbildung eines degenerierten Eies aus einem Nachgelege mit nur einem Ei. 

Fig. 4 stellt ein Kiebitzei dar. Vanellus vanellus (L). 

Das in Fig. 1 dargestellte Ei besitzt eine fast hellschokoladenbraune Grundfarbe der Schale. 
Femer ist die Schale mit großen braunen bis aschgrauen, runden und zackigen Flecken und 
Punkten versehen. 

Das in Fig. 2 gezeichnete Ei hat gelbweiße Grundfarbe der Schale. Außerdem ist die Schale 
mit rötlich schwarzbraunen und aschgrauen, zackigen und rundlichen Flecken, Strichen und Punkten 
ausgestattet. Die Flecken, Striche und Punkte sind am stumpfen Ende zahlreicher als am spitzen 
Ende vorhanden. 

Das in Fig. 3 abgebildete Ei besitzt eine fast weiße Grundfarbe der Schale. Die Zeichnung 
besteht im übrigen nur aus wenigen Punkten, Strichen und einzelnen Flecken von fast asch- 
grauer Farbe. 

Das in Fig. 5 aufgeführte Ei verfügt über eine hellgelbbraune Grundfarbe der Schale. Die 
ganze Außenfläche des Eies ist mit wenigen rotbraunen Strichen, Punkten und Flecken besetzt. 



— 289 — 



Zur bakteriologischen Fleischbeechau. 

Von 

Dr. Junack-Berlin. 
Nach den Zusammenstellungen des 
Kaiser]. Gesundheitsamts sind im Jahre 
1904 wegen Septikämie und Pyämie an 
Tierkörpem zur Vernichtung gelangt 

360 Pferde = 2,93 7oo 
475 Ochsen = 0,82 «/oo 
193 Bullen = 0,44 7oo 



8218 Kühe 



= 5,41 % 



556 Jungrinder = 0,70 ^/oo 

4387 Kälber = 1,02 7üo 

1508 Schweine = 0,lO°/oo 

247 Schafe = 0,34 «/oo 

der zur Untersuchung gelangten Tiere. 

Nach dem vom Kaiserl. Gesundheits- 
amte festgestellten Durchschnittsschlacht- 
gewicht würden das etwa 2Va Millionen 
Kilogramm Fleisch sein, die wegen 
Septikämie und Pyämie als untauglich 
befunden wurden. 

In dieser Zusammenstellung fällt die 
große Zahl (8218) der wegen Septikämie 
und Pyämie beanstandeten Kühe auf, die 
nicht viel geringer war als die der wegen 
Tuberkulose ganz beanstandeten Kühe 
(9831). 

Im ganzen Heich wurden 2,84 Prom. 
der Einder wegen Septikämie und Pyämie 
vernichtet. In den einzelnen Landes- 
teilen sind die Verhältniszahlen der 
Beanstandungen sehr verschieden und 
schwanken von 0,55 Prom. im Regierungs- 
bezirk Wiesbaden bis zu 5,12 Prom. im 
Begierungsbezirk Stade. In Berlin sind 
sogar nur 0,07 Prom. der Rinder zur Be- 
anstandung gelangt. 

Diese Differenzen erklären sich be- 
züglich Berlin dadurch, daß irgendwie 
klinisch verdächtige Tiere des oft weiten 
Transportes wegen gar nicht erst nach 
Berlin gebracht werden. Es spielen ja 
auch auf dem flachen Lande die Be- 
anstandungen wegen Notschlachtungen 
im Anschluß an Geburten, wie bekannt, 
eine große Rolle, 



Es fragt sich nun, ob die vorstehend 
angegebenen hohen Zahlen der Be- 
anstandungen eine innere Berechtigung 
in sich tragen, ob wirklich in dem Fleisch 
aller dieser Tiere für den menschlichen 
Körper schädliche Keime enthalten waren. 

In letzterer Zeit ist mehrfach über 
bakteriologische Untersuchungen ver- 
dächtigen Fleisches berichtet worden. 
Ich selbst habe im Laboratorium des 
Schlachthofes zu Breslau im Lauf eines 
Jahres das Fleisch von 67 Tieren, nämlich 
30 Rindern, 25 Kälbern, 10 Pferden und 
2 Schafen, bakteriologisch untersucht. Nur 
bei 2 Kälbern mit Enteritis fanden sich 
Bakterien aus der Koli-Typhusgruppe, der 
die hauptsächlichsten Fleischvergifter an- 
gehören. Bei zwei weiteren Kälbern 
fanden sich ein weißer und ein gelber 
Kokkus. Bei einer Kuh mit Metritis 
konnte ich einen weißen Kokkus nach- 
weisen, bei einer weiteren Kuh mit 
jauchiger Pneumonie ein auf Agar 
sehr spärlich wachsendes unbewegliches 
Stäbchen und bei einem Pferde mit 
jauchiger Pododermatitis einen weißen 
Traubenkokkus. Also in 7 Fällen 
(= ca. 10 Proz.) fanden sich Bakterien 
im Fleisch und hierbei nur in zwei Fällen 
Bakterien aus der Gitippe der Fleisch- 
vergifter. 

In Berlin wurden im Jahre 1905 bei 
der Untersuchung des Fleisches von 28 
verdächtigen Rindern nur in 2—3 Fällen 
(die Statistik gibt darüber keinen ge- 
nauen Aufschluß) Bakterien gefunden. 

Edenhuizen*) hat im Göttinger 
Hygienischen Institut das aus 5 ver- 
schiedenen Schlachthöfen stammende 
Fleisch von 40 verdächtigen Tieren ein- 
gehend untersucht. Es handelte sich um 
das Fleisch von 11 Rindern, 12 Kälbern, 
1 Schaf, 7 Schweinen und 8 Pferden. Bei 
1 Pferd und 2 Kälbern fand er im Fleische 



*) Edenhuizen, „Ober den Zusammenhang 
zwischen Schlachttier-Krankheiten und Fleisch- 
vergiftungen durch Bakterien der Typhus-Koli- 
Gnippe."" J. D. Göttingen 1907. 



290 — 



„mit Wahrscheinlichkeit als Fleischver- 
gifter^^ anzusprechende Bakterien. Eden- 
huizen resümiert sich dahin, daß man 
nur in etwa 5—8 Proz. der Fälle von ver- 
dächtigen Schlachttierkrankheiten mit dem 
Vorkommen von den Fleischvergiftem 
ähnlichen Bakterien zu rechnen hat. Er 
fand diese Bakterien bei 2 von 12 Kälbern, 
aber bei keinem erwachsenen Rinde. 

Im Februarheft 1908 dieser Zeitschrift 
hat nun Bugge auch über Fleischunter- 
suchungen von auf dem platten Lande 
notgeschlachteten Tieren berichtet. Wie 
voraus zu sehen, war hier der Befund 
quoad Keimgehalt ein viel ungünstigerer. 
Bugge ermittelte Keime in 17 von 92 
Eindfleischproben, in 3 von 7 Kalbfleisch- 
proben und in 2 von 7 Schweinefleisch- 
proben. 2 Pferdefleischproben waren 
steril. In beiden keimhaltigen Schweine- 
fleischproben fanden sichMilzbrandbazillen, 
so daß diese Fälle für unser Thema 
keine Bedeutung haben. Bugge fand 
also 18 Proz. der Binder- und 42 Proz. (!) 
der Kalbfleischproben keimhaltig; über die 
Art der gefundenen Bakterien hat Bugge 
bisher nichts angegeben. 

Sowohl bei den normalen Schlach- 
tungen als auch bei den Notschlachtungen 
stellten die Kälber ein hohes Kontingent 
der keimhaltigen Fleischproben; nächst 
ihnen scheinen Pferde in höherem Maße 
zu Septikämien zu neigen, eine Erfahrung, 
die auch der Kliniker bestätigen kann. 

Hervorheben will ich noch, daß weder 
Edenhuizen noch ich bei 41 in Schlacht- 
höfen geschlachteten erwachsenen Rindern 
den Fleischvergiftem nahestehende Keime 
aus dem Fleische züchten konnten. 

Daß auch in Schlachthöfen viele Tiere 
wegen Septikämie und Pyämie zur Ver- 
nichtung gelangen, erhellt daraus, daß 
im Jahre 1905/06 in einem großen deutschen 
Schlachthofe 93 Tierkörper wegen Septi- 
kämie und Pyämie als untauglich be- 
funden wurden. 

Ich will hier nicht näher auf die unter 
den Bakteriologen noch strittige Frage 



eingehen, ob die Fleischvergiftungen immer 
durch Fleisch von Tieren bedingt sind, 
die infolge Infektion durch einen Fleisch- 
vergifter krank geworden waren. Kutscher 
und Meinicke*) fanden, daß der haupt- 
sächliche Fleischvergifter, nämlich der 
Bacillus Paratyphus B., bei unseren 
Schlachttieren eine ernsthafte Infektion 
hervorzurufen nicht imstande ist, auch 
wenn die von ihnen benützte Bakterien in 
großer Menge und auf alle mögliche Art 
und Weise den Tieren einverleibt wurden. 
Der Bazillus Paratyphus B. ist fernerhin 
mehrere Male in Mehl- und Vanille-Speisen 
nachgewiesen worden, deren Genuß unter 
dem Bilde der Fleischvergiftung ver- 
laufende Erkrankungen beim Menschen 
hervorgerufen hatten. (Vage des und 
Curschmann). Liefmann**) berichtet 
über eine Hackfleischvergiftung bei 62 
Personen. Das Hackfleisch war von 
2 Metzgergesellen aus infiziert worden, 
die Gärtnerbazillen mit ihrem Kot aus- 
schieden. Bezüglich der bakteriologischen 
Seite der Fleischvergiftungsfi-age verweise 
ich auf die Ausführungen von Titze im 
Mäizheft 1908 dieser Zeitschrift. Die 
Ausfahrung der bakteriologischen Fleisch- 
beschau ist bekannt; bei den oft nur 
sehr spärlich im Fleische vorhandenen 
Keimem möchte ich empfehlen, die Platten 
und Kulturen mindestens 48 Stunden zu 
beobachten. 

Sensu strictiore brauchte nach meiner 
Auffassung, und dies zu betonen ist 
wichtigster Zweck dieser Zeilen, nur das 
Fleisch, das mit den ein hitzebeständiges 
Toxin bildenden Gärtnerbazillen infiziert 
ist, vollkommen vernichtet zu werden. Alles 
durch andere, nicht thermostabiles Toxin 
erzeugende Bakterien infizierte Fleisch 
könnte bei sonst normaler Beschaffenheit 
nach genügendem Erhitzen noch als 
Nahrungsmittel verwendet werden, ein 
Verfahren, wie es nach dem Vorschlage 

*) Zeitschr. f. Hyg. u. Inf. Band 52. 
**) Referat, Aprilheft 1908 der Zeitachrift für 
Fl. und Milchh. 



— 291 — 



von Basenau in Amsterdam seit mehreren 
Jahren gefibt wird. Ein Analogon dazn 
besitzen wir in Deutschland in dem Ver- 
fahren bei spezifischen Septikämien wie 
Kotlauf, Schweineseuche und einigen 
Tuberkuloseformen und bei der gering- 
gradigen Durchsetzung des Fleisches mit 
Trichinen und Finnen. Die großen 
Schlachthöfe besitzen meistens gut ein- 
gerichtete Laboratorien zu dement- 
sprechenden Untersuchungen, die kleineren 
Schlachthöfe und die Kollegen auf dem 
Lande müßten auf die Hochschulinstitute, 
die Auslaadsfleischbeschaustellen, auf die 
Laboratorien der Landwirtschaftskammem 
und sonstige Provinzialinstitute amtlich 
verwiesen werden, wie das schon in 
Schleswig-Holstein geschehen ist. 

Der Einwand von van Ermengen*), 
daß bei der Länge der Entscheidung das 
fragliche Fleisch oft in Fäulnis übergehen 
würde, ist für die Schlachthöfe wegen des 
Vorhandenseins von Kühlhäusern und für 
das Land während der Winterzeit, in der 
die meisten Notschlachtungen wegen Ge- 
burtskomplikationen vorgenommen werden, 
von geringer Bedeutung. 

So würde durch die bakteriologische 
Fleischbeschau der schon vor Dezennien 
von 6 er lach getane Ausspruch im 
modernen Sinne seine Erfüllung finden, 
daß es das Ziel der Fleischbeschau sei, 
unter möglichster Verwertung des Fleisches 
nicht normaler Tiere die Gesundheit des 
konsumierenden Menschen zu schützen. 

Nach meiner Schätzung würden durch 
die Vornahme der bakteriologischen 
Fleischbeschau in allen Zweifelsfällen im 
Deutschen Reiche jährlich ungefähr zwei 
Millionen kg Fleisch der Vernichtung 
entzogen werden. Wahrlich Grund 
genug, die bakteriologische Fleischbeschau 
möglichst in allen Fällen von Pyämie und 
Septikämie zur Sicherung der Diagnose 
und damit zur Entscheidung über das 



*) Kolle- Wassermann, Artikel Fleisch- 
vergiftung. 



Verfahren mit dem Fleische heranzu- 
ziehen. 



Die Vernichtung der Fleischlconfisicate 
im Schlachthofe zu Nürnberg. 

Von 

Rogner-Nürnberg, 

Schlachthofdircktor. 

Zur Verhütung einer mißbräuchlichen 
Verwendung der Fleischkonfiskate wurde 
im Schlachthof zu Nürnberg bereits 1892 
ein Kori scher Verbrennungsofen aufge- 
stellt. In demselben werden alle für 
ungenießbar befundenen ganzen Tiere, 
Fleischteile, Eingeweide und alle sich 
sonst noch ergebenden tierischen Ab- 
fälle, sowie auch die im Schlacht- und 
Viehhof an ansteckenden Krankheiten 
verendeten oder bereits tot daselbst aus- 
geladenen Tiere und der bei Seuchen- 
fällen in den Ställen vorhandene Dünger 
verbrannt. 

Dieser Ofen war 1901 unbrauchbar 
geworden und wurde durch einen Doppel- 
verbrennungsofen ersetzt, dessen Her- 
stellungskosten rund 10000 M. betrugen. 
In jedem dieser Öfen kann 1 cbm Fleisch 
auf einmal verbrannt werden. Die Ein- 
füUung geschieht von einer klappen- 
formigen Öflhung in der Decke des Ofens 
aus. Kleinviehstücke und Schweine können 
ganz eingelegt, Großviehstücke und Pferde 
müssen zu diesem Zweck in vier Viertel 
zerteilt werden. Die Heizgase zum Ver- 
brennen des Fleisches werden von den 
vorderen Feuerungen geliefert, die voll- 
ständig rauchfreie Heizgase und eine lange 
Flamme geben. Die Verbrennungsgase 
aus dem Fleische, die mit denen der 
vorderen Feuerungen gemischt sind, werden 
durch hintere Feuer geleitet, welche dort 
angebracht sind, wo die Heizgase die 
Öfen verlassen, um in den Eauchkanal 
abzuziehen. Durch Schaulinsen kann 
man den Zustand dieser Heizgase beob- 
achten. Zeigen sie sich als sauerstoff- 
arm, so kann hocherhitzte Luft zugeführt 
werden, um die vorhandenen Oxydgase 



— 292 



zur Entzündung zu bringen. Die hinteren 
Feuerungen, die zur vollständigen Ge- 
ruchlosmachung der Verbrennungsgase 
dienen, wirken unter den gleichen Be- 
dingungen wie die vorderen. 

Die Anlage arbeitet bei sachgemäßer 
Bedienung geruchlos. Der Brenn- 
materialverbrauch beträgt für je 100 kg 
Fleisch 50 kg böhmische Braunkohle 
I. Qualität, also durchschnittlich 1,18 M. 
Für die Bedienung der Öfen erwachsen 
keine Kosten, da dieselben von den 
Maschinenheizern mit versorgt werden. Die 
Unterhaltungskosten belaufen sich im 



Durchschnitt jährlich auf 250 M. Der 
Verbrennungsrückstand besteht nur 
aus reinen Salzen (Enochenasche), 
die der hiesigen Stadtgärtnerei zur 
Verwendung gegeben werden. Die hier 
eingeführte Vernichtung der Fleisch- 
konfiskate liefert also keine Einnahme, 
bietet aber die größte Zuverlässigkeit 
bezüglich mißbräuchlicher Verwendungder- 
selben, ebenso die denkbar einfachste und 
bequemste, sowie auch für die Umgebung 
keine Belästigungen erzeugende Vernich- 
tung dieses Fleiscbabfalles. Man ist des- 
halb hier auch allgemein damit zuMeden. 



Referate. 



Oasis, D., Über die Unterscheidang 

versehiedener PflanzeneiweiSarten mit 

Hilfe spezifischer Sera. 

(Berl. Klin. Wochenschr. 1908, Nr. 7.) 

G. kommt zu dem Schluß, daß sich 
die pflanzlichen Eiweißstoffe durch das 
Präzipitations verfahren besser differen- 
zieren lassen als die tierischen. 

Orahert, 

Schmidt, Chemische und biologische 
Untersachnngen von ägyptischem 
Mamienmaterial, nebst Betrachtangen 
Aber das EinbalsamiernngSYerfahren 
der alten Ägypter. 

(ZeiUchr. f. allgem. Physiologie. 1907, S. 869-898.) 

Während der Nachweis von Hämo- 
globin und seiner Derivate in Mumien 
nicht gelang, vermochte Verfasser feste 
und flüchtige Fettsäuren, intaktes Fett, 
Cholestearin und neben Albumosen Spuren 
koagulierbaren Eiweißes aufzufinden. 
Die Präzipitinreaktion blieb allerdings 
negativ. Die Altersgrenze der biologischen 
Reaktionsfähigkeit reiche nach unseren 
jetzigen Kenntnissen bis 66 Jahr. Das Ein- 
balsamierungsverfahren der alten Ägypter 
bestand in der Entfernung der Ein- 
geweide, Kochsalzbad, Austrocknen und 
Bandagieren. Besoto. 



Tan de Yelde^ Beitrag zar Bakteriologie 
der Yergiftnngdurch ungesundes Fleisch. 

(Aead. de M^decine de Belgique, Des. 1907, Aef. Manch. Med- 
Wochenschr. 190S, Nr. 8.) 

Das Blutserum zweier infolge Genusses 
von verdorbenem Schweinefleisch gestor- 
bener Personen wirkte auf B. enteritidis 
stark agglutinierend, obwohl aus den 
Leichen keine Bakterien dieser Art isoliert 
werden konnten. V. schließt daraus, daß 
die Personen nicht durch die Bazillen 
selbst, sondern durch Bazillenprodukte 
vergiftet wurden. Die stark agglutinierende 
Eigenschaft des Blutes ist nach der Mei- 
nung des Verf. auf frühere leichte Infektionen 
mit B. paratyphosus B, der nach Genuß von 
schlechtem Fleisch häufig zxjl leichten Ente- 
ritiden Veranlassung gebe, zurückzuführen. 

Orahert. 

Schröder, E. C, Die Oetährlichkeit 
versteckt perlsfichtiger Kflhe. 

(U.-S. -Department of Agriculture, Bureaa of animal Industry. 
Girkular 118.) 

In einer frühern Arbeit (Bull. 99) hat 
Schröder schon nachgewiesen, in welchen 
oft ungeheuren Mengen bei ofiensichtlich 
perlsüchtigen Rindviehbeständen Perlsucht- 
Bazillen durch den Darm entleert werden, 
und wie leicht demnach in Stallungen, 
die Verunreinigung der Kühe mit ihrem 
Kot nicht verhüten, solche Krankheits- 
keime in die Milch gelangen können. 



293 



Die gegenwärtige Arbeit betrifft insbe- 
sondere Kühe, die in gefährlichem Grad 
mit Perlsucht behaftet waren, aber darch 
ihr Aussehen und ihr Gebaren die 
Krankheit nicht verrieten. Das Ergebnis 
der Untersuchungen ist in folgende Sätze 
zusammengefaßt: 

1. Die gefährlich perlsüchtige Kuh vermag lange 
Zeit die Erscheinung vollkommener Gesundheit 
zu bewahren. 

2. Die gegenwärtig zu Gebot stehenden Mittel, 
die Gegenwart von Perlsuchtkeim on in den 
Absonderungen und den Ausleerungen perl- 
süchtiger Kühe zu erkennen, lassen zuver- 
lässige Ergebnisse nur bei sehr zahlreichem 
Vorkommen von Keimen gewinnen; daher 
kann man oft wohl nachweisen, daß eine 
Kuh in gefährlichem Maß perlsüchtig, der 
Mangel solchen Nachweises besagt aber nicht, 
daß die betreffende Kuh von Pcrlsucht frei sei. 

3. Von gesund erscheinenden Kühen, deren 
Perlsüchtigkeit erst durch die Tuberkulin- 
probe erkannt wird, geben 40 v. H., oder 
mehr, Perlsuchtkeime auf einem für andere 
Tiere und für Menschen gefährlichen Weg 
von sich. 

4. Milchkühe, die drei Jahre oder länger an 
Perlsucht erkrankt waren, sind, mit seltenen 
Ausnahmen, lebhafte Verbreiter der Krankheit. 

5. Perlsüchtige Kühe pflegen Perlsuchtkeime 
erst einige Zeit nach erfolgter Ansteckung 
abzustoßen. Dieser Umstand verschafft die 
Möglichkeit, die Rindviehbestände mit Hilfe 
der Tuberkulinprobe von perlsüchtigen Tieren 
zu säubern, ehe diese anfangen, gefährlich 
zu werden. 

6. Der zwischen erfolgter Ansteckung und statt- 
findender Abgabe von Perlsuchtkeimen lie- 
gende Zeitverlauf darf nicht als Grund gelten, 
eine als perlsüchtig erkannte Kuh noch länger 
zu behalten, da die Dauer dieser Zwischenzeit 
bei den einzelnen Tieren sehr verschieden, 
und es kaum möglich ist, sich zu vergewissern, 
wie schwer eine perlsüchtige Kuh behaftet 
war, als die Krankheit bei ihr entdeckt wurde. 

7. Der gewöhnliche Weg, auf welchem Perlsucht- 
keime den Körper der Milchkühe verlassen, 
ist der Darm. Diese Tatsache, zusammen 
mit der allgemeinen Verbreitung der Perlsucht 
unter den Milchkühen und mit der häufig 
vorkommenden Verunreinigung der Milch 
durch Kuhkot, begründet die Wahrscheinlich- 
keit, daß die Milch der Kühe und die daraus 
hergestellten Nahrungsmittel zu großem Teil 
Perlsuchtkeime enthalten« 



8. Die aus diesem Umstand für den Menschen 
erwachsende Gefahr beschränkt sich nicht 
auf die Milch als Getränk, sondern betrifft 
auch alle daraus gewonnenen Erzeugnisse, 
insbesondere die Butter, worin Perlsucht- 
keime ihre Ansteckfähigkeit sieben Wochen 
oder länger bewahren können. 

9. Die Gefährdung der menschlichen Gesundheit 
durch Perlsuchtkeime vom Rindvieh ist nicht 
dem Zufall überlassen, sondern findet gleich- 
sam planmäßig, durch die Verbreitung der 
Keime auf dem Weg des von Tür zu Tür 
betriebenen Handels statt. So lange es 
gestattet ist, perlsüchtige Kühe zu halten, 
so lange ist jedes Mitglied der menschlichen 
Gesellschaft durch die bestehende Art des 
Handels mit Milch und Molkereierzeugnissen 
der Ansteckungsgefahr ausgesetzt. Daraus 
erklärt sich der Befund dreier europäischer 
Ärzte, die von zusammen 2052 an verschie- 
denen Krankheiten Gestorbenen nachträglich 
bei 91 V. H. Perlsuchtspuren feststellten. 

10. Die große Gefahr, durch Milch von perl- 
süchtigen Kühen angesteckt zu werden, ist 
leider nur eine der vielen Gefahren, denen 
jedermann durch Genuß unreiner Milch 
ausgesetzt ist. 

11. Wenn schon diesem Obelstande im all- 
gemeinen gesteuert wird, so sollte doch ein- 
fache Überlegung zu der heiligen Verpflichtung 
führen, wenigstens den Kindern nur gesunde 
Milch zu verabreichen. Wir haben kein 
Recht, dieser Verpflichtung aus dem Weg 
zu gehen, und würden dazu keine Neigung 
haben, wenn wir uns die Zeit und die Mühe 
nehmen würden, die Zahl von Todesfällen, 
insbesondere unter den Kindern, zu ermitteln, 
die auf verunreinigte Milch zurückzuführen 
sind. Leider ist die Häufigkeit der durch 
Milch perlsüchtiger Kühe verursachten Er- 
krankung, wegen des heimtückischen schlei- 
chenden Wesens der Krankheit, weniger 
deutlich wahrnehmbar. 

12. Unsre Milchviehherden können von perl- 
süchtigen Kühen durch richtige Anwendung 
der Tuberkulinprobe und durch Entfernung 
aller durch sie gekennzeichneten Tiere befreit 
werden. Jahrelange Erfahrungen haben be- 
wiesen, daß das Tuberkulin ein besseres 
Erkennungsmittel für die Perlsucht ist, als 
wir sonst eins für die meisten anderen 
Krankheiten besitzen. 

Im Licht dieser Forschungsergebnisse 
gewinnt der kürzlich veröffentlichte Be- 
richt des Deutschen Milchwirtschaftlichen 
Vereins über das Preisausschreiben für 



294 



das Holländische Aufstallverfahren 
eine weitere, nicht unwesentlich erhöhte 
Bedeutung. Auch die bisher befremdliche 
Auffindung von Perlsuchtkeimen in der 
Milch mancher Kühe, deren Euter nicht 
von Perlsucht ergriffen war, findet nun- 
mehr in der Möglichkeit einer Verun- 
reinigung der Milch mit dem Kot der 
betreffenden oder ihnen benachbarter 
Tiere eine ungezwungene Erklärung. 

Benno Marliny. 



Bechtsprechung. 

— Ausaohluß de« Zwangs- und Bannrechts bei 
Tieren, die an einer anzeigepflichtigen Seuche ge- 
litten haben. 

Urteil des Kgl. Preuß. Kammergerichts vom 
23. April 1908. 

Das Publikandum vom 29. April 1772, betr. 
das Zwangs- und Bannrecht der Abdeckereien, 
ist auf Tiere, die an einer nach dem Reichsvieh- 
seuchengesetz und dem Rinderpestgesetz an- 
zeigepflichtigen Seuche gelitten haben, nicht an- 
wendbar. Denn die genannten Gesetze haben 
die Maßregeln beim Auftreten der in Betracht 
kommenden Seuchen erschöpfend, also unter 
Ausschluß aller nicht auf Grund dieser und 
anderer Reichsgesetze erlassenen landesrecht- 
lichen Vorschriften geregelt. Beiläufig ist in 
dem Erkenntnis erwähnt, es könne dahingestellt 
bleiben, ob das Publikandum vom 29. April 1772 
sich auch auf Schweine beziehe — in dem 
strittigen Fall hatte es sich um ein an Rotlauf 
gefallenes Schwein gehandelt — , und ob nicht 
seine Anwendung schon durch die in Nr. 1 des 
Publikandums enthaltene Beschränkung auf das 
„außer der Viehseuche** abgestandene Vieh 
ausgeschlossen werde. 



Fragen aus dem Gebiete 
der Mllchkontrolle. 

— Verwendung von Trockentrebern als Futter- 
mittel für Klndemlichkahe. 

Anfrage des k. k. Bezirks tierarztes H. in S. 

Vor einem halben Jahre habe ich in der 
Nähe von S. eine Kur- und Kindermilchanstalt 
ins Leben gerufen. Die Fütterung des Vieh- 
bestandes dieser Anstalt erfolgte bisher gleich- 
mäßig mit Heu und Mehltrank. Da das Viehmehl 
heuer in Österreich ungeheuer hoch im Preise 
steht, beabsichtigt der Besitzer der Anstalt, in 
Zukunft an Stelle des Mehls Trocken treber zu 
füttern, die am Vortage des Verbrauchs ein- 



geweicht werden sollen. Ist die Fütterung von 
Trockentrebern an Kühe, die Kinder milch 
liefern, statthaft? 

Antwort: Es ist ganz unbedenklich, an 
Kindermilchkühe Trockentreber in vorzüglicher 
Qualität zu verfüttern (s. diese Zeitschr. 13. Jahrg., 
S. 127/28). Es ist nur zu empfehlen, die Treber 
trocken den Tieren vorzulegen und sie nicht 
zuvor einen Tag lang einzuweichen. 

— Prüfung der Milch auf erfolgte Kochung. 

Anfrage von Dr. J. in B. 

Inwieweit ist der Ausfall der Prüfung der 
Milch mit Guajaktinktur für ausreichend zur 
strafrechtlichen Verfolgung zu halten? An- 
gewendet wurde eine Tinktur, die sich mir in 
sehr vielen Fällen als durchaus eindeutig in 
ihren Ergebnissen erwiesen hat. 

Antwort: Das Milchferment, das die 
Guajaktinktur bläut, wird bei Erhitzung der 
Milch auf 72—75 « C zerstört. Die Guajakreaktion 
ist zuverlässig, wenn sie mit einer an Rohmilch 
geprüften und reagierend befundenen Guajak- 
tinktur ausgeführt worden ist. 



Amtliches. 

— DeuUches Reioh. Bekanntmachung des Relchs- 
kanilers, betr. Änderung der AusfOhrungebeatimmun- 
gen D nebst Anlagen a, b, c und d zum Sohlachtvleb- 
und Fleischbeachaugeaetze, vom 22. Februar 1908."^) 

Anlage d. 

Aus Anlage d, Anweisung für die chemische 
Untersuchung von Fleisch und Fetten, ist hervor- 
zuheben, daß von dem Chemiker vorbehal- 
tenen Methoden zum Nach weis von Pferde- 
fleisch, der zu führen ist, wenn die biologische 
Prüfung nicht ausgeführt werden kann (vgl. § 16, 
Anlage a), nur noch die refraktometrische 
Untersuchung und die Bestimmung der Jod- 
zahl zugelassen sind. Der Glykogen-Nachweis ist 
aus den bekannten Gründen gestrichen worden. 
Ferner dürften die Methoden interessieren, die 
nunmehr für den Nachweis der Borsäure, 
des Formaldehyds, der schwefligen 
Säure, der Salizylsäure und von Farb- 
stoffen vorgeschrieben worden sind. 

1. Nachweis von Borsäure und 
deren Salzen. 

50 g der feinxerkleinerien Fleischnutsse tterden 
in einem Becherglase mit einer Mischung ran 50 ecm 
Wasser und 0,2 ecm Salxsäure vom spexifisehen 
Oeicicht 1,124 xu einem gleichmäßigen Brei gut 



*) Vgl. S. 224/2d0 des vorletzten Hefts der 
Zeitschrift, woselbst die wichtigsten Änderungen 
der Ausführungsbestimmungen D nebst Anlagen 
a und b zum Fleischbeschaugesetz wieder- 
gegeben sind. 



— 295 — 



durchmischt, Nach halbstündigem Stehen wird das 
mit einem Ukrglctse bedeckte Becherglas, unter xeü- 
weüigem Umrühren^ Va Stunde in einem siedenden 
Wasserhad erhitzt. Alsdatm wird der noch warme 
Inhalt des Becherglases auf ein Oaxetuch gebracht, 
der Fteischrückstand abgepreßt und die erhaltene 
Flüssigkeit durch ein angefeuchtetes Filter gegossen. 
Das FiUrat wird nach ZuscUx von Phenolphthalein 
mit Vio Normal-Natronlauge schwach alkaliseh ge- 
macht und bis auf 25 cem eingedampft. 5 com 
von dieser Flüssigkeit werden mit 0,5 cem Salzsäure 
vom spezifischen Qewieht 1,124 angesäuert, filtriert 
und auf Borsäure mit Kurkuminpapiery g^fniift. 
Dies geschieht in der Weise, daß ein etwa 8 cm 
langer und 1 cm breiter Streifen geglättetes Kurku- 
minpapier bis^ xur kctlben Länge mit der ange- 
säuerten Flüssigkeit durchfeuchtet und auf einem 
ührglase von etwa 10 cm Durchmesser bei 60 bis 
70^ getrocknet tcird. Zeigt das mit der sauren 
Flüssigkeit befeuchtete Kurkuminpapier nach dem 
Trocknen keine sichtbare Veränderung der ursprüng- 
lichen gelben Farbe, dann enthält das Fleisch keine 
Borsäure. Ist dagegen eine rötliehe oder orangerote 
Färbung entstanden, dann betupft man das in der 
Farbe veränderte Papier mit einer 2proxentigen 
Losung von wasserfreiem Natrium- 
karbonat. Entsteht hierdurch ein rotbrauner 
Fleck, der sich in seiner Farbe nicht von dem rot- 
braunen Fleck unterscheidet, der durch die Natrium- 
karbonatlösung auf reinem Kurkuminpapier erzeugt 
wird, oder eine rotviolette Färbung, so enthält das 
Fleisch ebenfalls keine Borsäure. Entsteht dagegen 
durch die Natriumkarbonatlösung ein blauer Fleck, 
dann ist die Gegenwart der Borsäure nachgewiesen. 
Bei blauvioletten Färbungen und in ZweifelsfaUen 

V Das Kurkuminpapier wird durch ein- 
maliges Tränken von weißem Filtrierpapier mit 
einer Lösung von 0,1 g Kurkumin in 100 cem 
90prox£ntigem Alkohol hergestellt. Das getrocknete 
Kurkuminpapier ist in gut verschlossenen Gefäßen, 
vor Licht geschützt, aufzubewahren. 

Das Ktirkumin wird in folgender Weise her- 
gestellt : 

30 g feines bei 100^ getrocknetes Kurkuma- 
wurxelptäver (Curcuma longa} werden im 
Soxhletschen Extraktionsapparat xunächst 
4 Stunden lang mit Petroleumäther ausge- 
zogen. Das so entfettete und getrocknete 
Pulver wird alsdann in demselben Apparat 
mit heißem Benzol 8 bis 10 Stunden lang, 
unter Anwendung von 100 cem Benzol, er- 
schöpft. Zum Erhitzen des Benzols kann 
ein Glyzerinbad von 115 bis 120^ verwendet 
werden. Beim Erkalten der Benzollösung 
scheidet sich innerhalb 12 Stunden das für 
die Herstellung des Kurkuminpapiers zu 
verwendende Kurkumin ab. 



ist der Ausfall der Flammenreaktion ausschlag- 



Die Flammenreaktion ist in folgender Weise 
auszuführen: 5 cem der rückständigen alkalischen 
Flüssigkeit werden in einer Platinschale zur 
Trockne verdampft und verascht. Zur Herstellung 
der Asche wird die verkohlte Substanz mit etwa 
20 cem heißem Wasser ausgelaugt, Naclidtm die 
Kohle bei Meiner Flamme vollständig verascht 
worden ist, fügt man die ausgelaugte Flüssigkeit 
hinzu und bringt sie zunächst auf dem Wasserbad, 
alsdann bei etwa 120^ C zur Trockne. Die so 
erhaltene lockere Asche unrd mit einem erkalteten 
Gemische von 5 cem Methylalkohol und 0,^ cem 
konzentrierter Schwefelsäure sorgfältig zerrieben und 
unter Benutzung weiterer 5 cem Methylalkohol in 
einen Erlenmeyerkoll>en von 100 cem Inhalt gebracht. 
Man läßt den verschlossenen Kolben unter mehr- 
maligem Umschütteln Y2 Stunde lang stehen; als- 
dann wird der Methylalkohol aus einem Wasserbade 
von 80 bis 85^ vollständig abdestilliert. Tos 
Destillat itird in ein Gläsehen von 40 ecm Inhalt, 
und etwa 6 cm Höhe gebracht, welches mit einem 
zweimal durchbohrten Stopfen verschlossen wird, 
durch den 2 Glasröhren in dc^ Innere führen. 
Die eine Röhre reicht bis auf den Boden des 
Gläschens, die andere nur bis in den Hals. Das 
verjüngte äußere Ende der letzteren Röhre wird 
mit einer durehlochten Platinspitxe, die aus Platin- 
blech hergestellt werden kann, versehen. Durch die 
Flüssigkeit wird hierauf ein getrodcneter Wasser- 
stoffstrom derart geleitet, daß die angezündete 
Flatnme 2 bis 3 cm lang ist. Ist die bei zerstreutem 
Tageslichte zu beobachtende Flamme grün gefärbt, 
so ist Borsäure im Fleische enthalten. 

Fleisch, in welchem Borsäure nach diesen 
Vorschriften nachgewiesen ist, ist im Sinne der 
Ausführungsbestimmungen D § 5 Nr. 3 als mit 
Borsäure oder deren Salzen behandelt zu betrachten. 

2. Nachweis von Formaldehyd 
und solchen Stoffen, welche bei ihrer Ver- 
wendung Formaldehyd abgeben. 
30 g der zerkleinerten Fleischmasse werden in 
220 com Wasser gleichmäßig verteilt und nach 
halbstündigem Stehen in einem Kolben von etwa 
500 cem Inhalt mit 10 cem einer 25 prozentigen 
Phosphorsäure versetzt. Von dem bis zum Sieden 
erhitzten Gemenge werden unter Einleiten eines 
Wasserdampfstroms 50 cem abdestilliert. Das 
Destillat wird filtriert. Bei nicht geräuchertem 
Fleische werden 5 cem des Destillats mit 2 cem 
frischer Milch und 7 cem Salzsäure vom spezi- 
fischen Gewicht 1,124, welche auf 100 cem 0,2 cem 
einer lOprozentigen EisenehloridlÖsxmg enthält, in 
einem geräumigen Probiergläschen gemischt und 
etwa 7a Minute lang in sehwachem Sieden erhalten. 
Durch Vorversuche ist festzustellen, einerseits, daß 



— 296 — 



die Müeh frei von Formaldehyd ist, anderseits, daß 
sie auf Zuscdx von Forma^dehyd die Reaktion gibt. 
Bei geräucherten Fleisehwaren ist ein Teü 
des Destillats mit der 4 fachen Menge Wasser zu 
verdünnen und 6 ccm der Verdünnung in derselben 
Weise xu behandeln. Die Oegentcart von Form- 
aldehyd bacifkt Violett färbung. Tritt letztere nicht 
ein, so bedarf es einer weiteren Prüfung nicht. Im 
anderen Falle wird der Rest des Destillats mit 
Ammoniakflüssigkeit im Überschusse versetxt und 
in der Weise, unter xeüweüigem Zusatxe geringer 
Mengen Ammoniakflüssigkeit, xur D^oekne ver- 
dampft, daß die Flüssigkeit immer eine alkalische 
Reaktion behält. Bei Gegenwart von nicht xu 
geringen Mengen von Formaldehyd hinterbleiben 
charakteristische Kristalle von Hexamethylentetra- 
min. Der Rückstand wird in etwa 4 Tropfen Wasser 
gelöst, von der iJösung je ein Tropfen auf einen 
Ohjekiträger gebracht und mit den beiden folgenden 
Reagentien geprüft: 

1. mit 1 Tropfin einer gesättigten Quecksilber- 
chloridlösting. Es entsieht hierbei sofort oder 
nach kurxer Zeit ein regulärer kristallinischer 
Niederschlag; bald sieht man drei- und mehr- 
strahlige Sterne, später Oktaeder'^ 

2. mit 1 Tropfen einer Kaliumquecksilberjodid- 
lösung und einer sehr geringen Menge ver- 
dünnter Salxsäure, Es bilden sich hexago- 
nale sechsseitige, hellgelb gefärbte Sterne. 

Die KcUiumquecksilberyodidlösung wird 
in folgender Weise hergestellt: Zu einer 
lOproxentigen Kaliumjodidlösung wird unier 
Erwärmen und Umrühren so lange Queek- 
siWerjodid zugesetzt, bis ein Teil desselben 
ungelöst bleibt'^ die Lösung wird nach dem 
Erkalten abfiltriert. 
In nicht geräucherten Fleischwaren 
darf die Gegenwart ron Formaldehyd als erwiesen 
betrachtet werden, wenn der erhaltefie Rückstand 
die Reaktion mit Quecksilberchlorid gibt. In ge- 
räucherten Fleisehwaren ist die Gegenwart 
des Formaldehyds erst dann naehgetciesen, wenn 
beide Reaktionen eintreten. 

Fleisch, in welchem Formaldehyd nach diesen 
Vorschriften tiachgewiesen ist, ist im Sinne der 
Ausführungsbestimmungen D § 5 Nr. 3 als mit 
Formaldehyd oder solchen Stoffen, die Formaldehyd 
abgeben, behandelt xu betrachten. 

3. Nachweis von schwefliger Säure und 
deren Salzen und von unterschweflig- 
sauren Salzen. 
30 g fein xerkleinerte Fleischmasse und 5 ccm 
25proxefitige Phosphorsäure werden möglichst auf 
dem Boden eines Erlenmeyerkölbehem von 100 ccm 
Inhalt durch schnelles Zusammenkneten getnischt. 
Hierauf wird das Kölbchen sofort mit einem Korke 
verschlossen. Das Ende des Korkes^ welches in den 



Kolben hineinragt, ist mit einem Spalt versehen, 
in dem ein Streifen Kaliumjodadstärkepapier so 
befestigt ist, daß dessen unteres etwa 1 cm lang 
mit Wasser befeuchtetes Ende ungefähr 1 em über 
der Mitte der Fleischmasse sich befindet. Die 
Lösung xur Herstellung des Jodstärkepapiers besteht 
aus 0,1 g Kaliumjodat und lg löslicher Stärke in 
100 ccm Wasser. 

Zeigt sich innerhalb 10 Minuten keine Bläuung 
des Streifens, die xuerst gewöhnlich an der Grenz- 
linie des feuchten und trockenen Streifens eintriU, 
dann stellt man das Kölbchen bei etwas loserem 
Korkverschluß auf das Wasserbad, Tritt auch jetxt 
innerhalb 10 Minuten keine vorübergehende oder 
bleibende Bläuung des Streifens ein, dann läßt 
man das wieder fest verschlossene Kölbchen an der 
Luft erkalten. Macht sieh auch jetxt innerhalb 
Va Stunde keine Blaufärbung des Papierstreifens 
bemerkbar, dann ist das Fleisch als frei ton 
schwefliger Säure xu betrachten. Tritt dagegen 
eine Bläuung des Papierstreifens ein, dann ist der 
entscheidende Nachweis der schwefligen Säure durch 
flachstehendes Verfahren xu erbringen. 



Lieferte die Prüfung ein positives Ergebnis, 
so ist das Fleisch im Sinne der Ausführungs- 
bestimmungen D i 5 Nr. 3 als mit schwefliger 
Säure, sehweftigsauren Salxen oder unterschweflig- 
sauren Salxen behandelt xu betrachten. Liegt ein 
Anlafi vor, festzustellen, ob die schweflige Säure 
unterschwef ligsauren Salzen entstammt, so ist in 
folgender Weise zu verfahren: 



5. Nachweis von Salizylsäure und deren 
Verbindungen. 
50 g der fein xerkleinerten Fleischmasse 
werden in einem Beeherglase mit 50 ccm einer 
2proxentigen Nalriumkarbonatlösung xu einem 
gleichmäßigen Brei gut durchmischt und Vs Stunde 
lang kalt ausgelaugf. Alsdann setxt man das mit 
einem Uhrglase bedeckte Beeherglas 7s Stunde lang 
unter xeitweiligem Umrühren in ein siedendes 
Wasserbad. Der noch warme Inhalt des Becher- 
glases wird auf ein Oaxetueh gebracht und abge- 
preßt. Die abgepreßte Flüssigkeit wird alsdann 
mit 5 g Chlomatrium versetxt und nach dem An- 
säuern mit verdünnter Schwefelsäure bis xum be- 
ginnenden Sieden erhitxt. Nach dem Erkalten 
wird die Flüssigkeit filtriert und das klare Filtrat 
im Sckütteltrichier mit einem gleichen Raumteil 
einer aus gleichen Teilen Äther und Petroleuntäther 
bestehenden Mischung kräftig ausgesehüitelt. Sollte 
hierbii eine Emulsionsbildung stattfinden, dann 
entfernt man xunächst die untere klar abgeschiedene 
wässerige Flüssigkeit und schüttelt die emulsions- 
artige Ätherschicht unter Zusatx von 5 g pulveri- 
siertem Natriumchlorid nochmals mäßig durch. 



— 297 ~ 



teobei fiocA einiger Zeit eine hinreichende Ab- 
Scheidung der Ätherackieht stattfindet. Nachdem 
die ätherische Flüssigkeit zweimal mit Je 5 ccm 
Wasser gewaschen tcorden ist, wird sie durch ein 
trockenes Filter gegossen und in einer PorxeÜan- 
schcUe unter Zusatx von etwa 1 ccm Wasser bei 
massiger Wärme und mit Hilfe eines Luftstrofns 
verdunstet. Der wässerige Rückstand wird nach 
dem Erkalten mit einigen Tropfen einer frisch 
bereiteten Ofiöproxentigen Eisenchloridiösung ver- 
setxt. Eine deutliche Blauviolettfärbung xeigt 
Salizylsäure an. 

Fleisch, in welchem Salizylsäure nach dieser 
Vorschrift nachgewiesen ist, ist im Sinne der 
Ausführungsbestimmungen D § 5 Nr. 3 als mit 
Salizylsäure oder deren Verbindungen behandelt zu 
betrachten, 

6. Nachweis von Farbstoffen oder 
Färb st off Zubereitungen. 

50 g der zerkleinerten Fleisehmasse werden in 
einem Becherglase mit einer Lösung von 5 g 
Natriumsalixylat in 100 ccm eines Gemisches aus 
gleichen Teilen Wasser und Glyzerin gut durch- 
miscfit und Ya Stunde lang unter xtitweiligem Um- 
rühren im Wasserbad erhitzt. Nach dem Erkalten 
wird die Flüssighit abgepreßt und filtriert^ bis sie 
klar abläuft. Ist das Filtrat nur gelblich und 
nicht rötlich gefärbt, so bedarf es einer weiteren 
Prüfung nicht. Im anderen FaUe bringt man den 
dritten Teil der Flüssigkeit in einen Glaszylinder, 
setxt einige Tropfen Alaunlösung und Ammoniak- 
flüssigkeü in geringem Überschüsse hinzu und 
läßt einige Stunden stehen, Karmin wird durch 
einen rot gefärbten Bodensatz erkannt. Zum Nach- 
weise ron Teerfarbstoffen wird der Rest des Filtrats 
mit einem Faden ungebeixter entfetteter Wolle unter 
Zusatx von 10 ccm einer lOproxentigen Kalium- 
bisutfatlösung und einigen Tropfen Essigsäure 
längere Zeit im kochenden Wasserbad erhitzt. 
Bei Gegenwart von Teerfarbstoffen wird der 
Faden rot gefärbt und behält die Färbung auch 
nach dem Auswaschen mit Wasser. 

Fleisch, in welchem nach vorstehender Vor» 
Schrift fremde Farbstoffe naehgeieiesen sind, ist im 
Sinne der Ausführungsbestimmungen D § 5 Nr. 3 
als mit fremden Farbstoffen oder Farbstoff- 
zubereitungen behandelt zu betrachten, 

— Preußen. Allgemeine Verfügung das Mini- 
cterlum« für Landwirtschaft, Domfinen und Forsten, 
Nr. 24 für 1908, betr. die Ausführung des Fleisch- 
besohaugesetzes, vom 13. April 1908. 

Zur weiteren AusfUhning des Fleischbeschau- 
gesetzes, insbesondere zur Beseitigung von 
Zweifeln und Verschiedenheiten bei der Hand- 
habung der Vorschriften fUr die Einfuhr und 
Untersuchung ausländischen Fleisches, ordnen 
wir folgendes an: 



1. Gepökelte Schweineschwarten (Haut 
vom Schwein) und Rinderpansen (Vormagen 
vom Rind) sind nach § 4 des Fleischbeschau- 
gesetzes und § 1 der Ausftthrungsbestim- 
mungen D als Fleisch anzusehen. Gemäß den 
Vorschriften in § 12 Ziffer 2 des Fleischbeschau- 
gesetzes dürfen sie zur Einfuhr aus dem Aus- 
lande nicht zugelassen werden, weil sich ihre 
Unschädlichkeit für die menschliche Gesund- 
heit in zuverlässiger Weise bei der Einfuhr 
nicht feststellen läßt. 

Dasselbe gilt far gekochte Schweine- 
schwarten. 

2. Die Einfuhr des Fettgewebes der Bauch- 
höhle von Schweinen, das zwar gleich- 
zeitig mit den Tierkörpern, denen es ent- 
nommen ist, aber nicht im natürlichen 
Zusammenhange mit diesen vorgelegt wird, 
ist unzulässig, auch wenn das Fett gesalzen 
ist. Als frisches Fleisch darf es nicht einge- 
führt werden, weil die Einfuhr frischen 
Fleisches nur in ganzen Tierköpem gestattet 
ist (§ 6 der Ausführungsbestimmungen D), 
als zubereitetes Fleisch (Pökelfleisch) i^t 
solches Fettgewebe aber deshalb von der Ein- 
fuhr ausgeschlossen, weil es nach den vom 
Kaiserlichen Gesundheitsamte vorgenommenen 
Versuchen unter gewöhnlichen Umständen 
durch Pökelung nicht so hergerichtet werden 
kann, daß es die Eigenschaften frischen 
Fleisches im wesentlichen verloren hat (§ 3 
Abs. 1 der Ausfühningsbestimmungen D). 

3. Bei der Untersuchung des in ganzen Tier- 
körpem zur Einfuhr kommenden frischen 
Fleisches ist das Ausschneiden der Ein- 
geweide tunlichst von den untersuchenden 
Tierärzten selbst vorzunehmen. Soweit hier- 
zu eine Hilfskraft herangezogen werden muß. 
ist die Tätigkeit dieser Hilfskraft bei der 
Herausnahme der Eingeweide von dem Tier- 
arzt zu überwachen. 

4. Bei einer Beschaustelle ist wiederholt die Er- 
fahrung gemacht worden, daß Fette wegen 
äußerer Mängel (Fäulnis, Verschimmelung 
usw.) zu beanstanden waren, obwohl die 
mittelst Stechbohrer vom Spund aus ent- 
nommenen Proben einen Beanstandungs- 
grnnd nicht ergeben hatten. Die Mängel 
wurden erst nach Öffnung der Behälter durch 
Anheben des Deckels oder des Bodens fest- 
gestellt, wobei sich ergab, daß die Packstücke 
verschieden gelagerte Fäulnisherde usw. 
aufwiesen. 

Die Vorfälle zeigen die Notwendigkeit einer 
umfassenden äußeren Prüfung der Fette. Es 
wird darauf zu halten sein, daß künftig nach 
Möglichkeit wenigstens bei einem Teile der 



— 298 — 



Stichproben von Fettsendungen die Behälter 
vollständig geöffnet werden. Bei verdächtigen 
Fetten hat dies regelmäßig zu geschehen. 

5. Bei Durchführung der tierärztlichen 
Untersuchung des ausländischen Fleisches 
wird vielfach von den bakteriologischen und 
chemischen Einrichtungen der Beschaustellen 
nicht genügend Gebrauch gemacht. Die 
häufigere Vornahme bakteriologischer Unter- 
suchungen ist zur Gewinnung von Erfahrungen 
aber die Beschaffenheit des ausländischen 
Fleisches erwünscht. Es wird dafür zu sorgen 
sein, daß Nährböden für bakteriologische 
Untersuchungen stets in gebrauchsfähigem 
Zustande vorhanden sind. 

6. Bei der gewöhnlichen gewerbsmäßigen Her- 
richtung von Schinken befinden sich an diesen 
in der Regel die Schamdrüsen. Sie liegen 
im oberflächlichen Fettgewebe und sind durch 
einen Einschnitt in das Unterhautfettgewebe 
in der Verlängerung der Gesäßschambeinfuge 
zu finden. Die Schamdrüsen gehören mithin 
zu den durch Anschneiden leicht erreichbaren 
Lymphdrüsen und sind gemäß § 14 Abs. 1 
zu c der Anweisung für die tierärztliche 
Untersuchung (Anlage a der Ausführungs- 
bestimmungen D) bei den aus dem Auslande 
zur Einfuhr kommenden Schinken regelmäßig 
zn untersuchen. 

7. Die Freigabe von Sendungen, die einer 
chemischen Untersuchung unterzogen worden 
sind, darf, soweit Untersuchung und Ab- 
fertigung der Sendungen nicht in einer Hand 
liegen, erst auf Grund der vorgeschriebenen 
schriftlichen Benachrichtigung über das Unter- 
suchungsergebnis erfolgen (vgl. ersten und 
zweiten Abschnitt der Anweisung für die 
chemische Untersuchung von Fleisch und 
Fetten, Anlage d der Ausftlhrungsbestim- 
mungen D, unter „Schlußbericht^). Auf 
telephonische Mitteilung des Untersuchungser- 
gebnisses kann zwar mit der Abstempelung 
der Sendungen begonnen werden; eine Frei- 
gabe ist jedoch nur auf Grund der schriftlichen 
Benachrichtigung zulässig. 

8. Bei den Anschreibungen in denBeschau- 
bü ehern ist zwischen Beanstandungen wegen 
Tuberkulose der Bronchialdrüsen oder der 
Portaldrüsen zu unterscheiden, damit aus dem 
Beschaubuche ersehen werden kann, ob der 
Fall des § 18 Abs. 1 zu I C c der Aus- 
führungsbestimmnngen D voi^elegen hat oder 
nicht. Es darf also beispielsweise in Fällen 
in denen wegen Tuberkulose der Bronchial- 
drüsen nur die Lunge eines Tierköperp zn 
beanstanden war, die Eintragung in das Be- 
schaubuch nicht unter der Bezeichnung 



„Tuberkulose der Lunge^ erfolgen, sondern 
es muß zum Ausdruck gebracht werden, daß 
die Tuberkulose auf die Bronchialdrüsen be- 
schränkt war. 
9. Bereits durch den Runderlaß vom 10. Januar 
V. J. (I Ge 6ÖÖ0 M. f L., M 8839 M. d. g. A., III 
21 158 F. M., IIb 163 M. f. H.) ist darauf hin- 
gewiesen worden, daß die Tätigkeit der 
bei der Untersuchung des ausländischen 
Fleisches verwendeten Trichinenschauer 
von den Tierärzten der Beschaustellen zn 
überwachen sei. Die Kontrolle ist auch in 
der Weise auszuüben, daß den Trichinen- 
schauem von Zeit zu Zeit ohne ihr Wissen 
trichinenhaltige Proben vorgelegt werden. 
Trichinöses Fleisch ist im Bedarfsfalle von 
der Abteilung III des Hygienischen Instituts 
der Tierärztlichen Hochschule in Berlin NW., 
Luisenstraße 56, zu beziehen. 
Die Beschaustellen sind mit der erforder- 
lichen Anweisung zu versehen, zn welchem 
Zwecke die nötige Anzahl von Abdrücken dieses 
Erlasses beigefügt ist, 

Den Oberzolldirektionen geht der Erlaß von 
hier aus zu. 

Der Finanzminister. 

Im Auftrage: Koehler. 

Der Minister für Handel und Gewerbe. 

Im Auftrage: von der Hagen. 

Der Minister für Landwirtschaft, 

Domänen und Forsten. 

Im Auftrage: Küster. 

Der Minister der geistlichen, 

Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten. 

Im Auftrage: Förster. 

— Prov. P^inmem. AmfOhniiHltiMatImiiuigM 
zu S 2 des Milzbrandentschldlguniisreilenents vt« 
16. Mftrz/20. April 1905, vom 13. Februar/2. Juli 
1907.*) 

— WQrtteMborg. MinlsterialeriaB, b«tr. dea 
Transport von Sehlacbttieren, vom 17. Februar 1908. 
(Ordnet an, daß die Polizeibehörden und Fleisch- 
beschauer mit Strenge die Einhaltung der Vor- 
schriften der §§ 8 fif. der Ministerialverordnung 
vom 1. Februar 1903 über den Transport der 
Schlachttiere überwachen.) 

— Brauntohwele. Gesetz, betr. das Verfabrea 
beim Schlaciiten, vom 9. August 1907.**) 

— Schaumbiirg>Llppe. PoHzeiverardaanOf betr. 
Abänderung der Pollzelvertrdnung, betr. Betiabea 
des Schlachtviebe beim gewerblichen Schlaohtea, 
vom 30. November 1907, vom 8. Januar 1908.***) 

*) Wortlaut in den Veröffentlichungen des 
Kaiserlichen Gesundheitsamts 1908, Nr. 19. 
**) Ebenda Nr. 18. 
*♦*) Ebenda Nr. 13. 



299 — 



Statistische Berichte. 

— Deutsches Reich. Schlachtvieh- und Fieischbeschaa. Zahl der im I. Vierteljahr 1908 beschauten 
.Schlachttiere. (Znsammengestellt im Kaiserlichen StatistiBchen Amt.) 



Staaten 

und 

Landesteile 



Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
vorgenommen wurde 



Pferde, | 

und I I 

andere Ochsen; Bullen 

Ein- i I 

hnfer 



Kühe 



Jung- 
rinder 
über 

I 3 Monate alt 



Kälber 
bis 



Schweine 



Schafe 



Ziegen 



Hun- 
de 



Provinz Ostpreußen . . 

„ Westpreußen . . 

Stadt Berlin 

Provinz Brandenburg . . 

„ Pommern . . . 

„ Posen .... 

„ Schlesien . . . 

„ Sachsen . . . 

„ Schleswig-Holstein 

„ Hannover . . . 

„ Westfalen . . . 

„ Hessen-Nassau . 

„ Rheinland , . . 

Hohenzollem 

Königreich Preußen 
Bayern rechts des Rheins 

„ links des Rheins 

Königreich Bayern 

Königreich Sachsen 

Württemberg .... 

Baden 

Hessen 

Mecklenburg-Schwerin 
Sachsen-Weimar . . 
Mecklenburg-Strelitz . 

Oldenburg 

Braunschweig . . . 
Sachsen-Meiningen . . 
Sachsen-Altenburg . . 
Sachsen-Coburg-Gotha 

Anhalt 

Schwarzburg-Sondershausen 
Schwarzburg-Rudolstadt 
Waldeck .... 
Reuß ältere Linie . 
Reuß jOngere Linie 
Schaumburg-Lippe . 

Lippe 

Lübeck 

Bremen 

Hamburg .... 
Elsaß-Lothringen 



527 

286 

3(H6 

2 597 

560 

180 

8997 

2 419 

1281 

1939 

2186 

687 

4 179 

1 

23885 

2 371 

194 

2 565 

3383 

471 

451 

535 

433 

160 

90 

105 

128 

104 

79 

101 

377 

6 

28 

1 

28 

65 

14 

42 

160 

567 

1345 

864 



1490 

1116 

18 930 

6 255 
548 
742 

3837 

2 551 

3 312 
2909 
2407 

7 689 
17 052 

52 
68 890 
29667 

1215 
30882 

9452! 

3 801; 

5 825i 

4 881! 
182 
406 

82 

345 

146 

315 

66 

191 

311 

23 

63 

32 

105 

176 

1 

7 

126 

1197 

6 925 
4533 



1869 

2 472 

11320 

11137 

3696 

2154 

11428 

5 670 
2 510 

6 217 
4906 
1440 
6911 

13 

71743 

10 032 

537 

10569 

8 754 

2909 

1880 

379 

1431 

300 

71 

316 

2235 

140 

312 

161 

694 

76 

54 

71 

125 

247 

27 

272 

280 

1874 

1959 

981 



7 665 

6 762 

3 780 

27 408 

9 530 

6 841 

30 345 

18100 

10 516 

11713 

35 311 

17 546 
61216 

315 

247 048 

49367J 

3 450! 
52 817, 
37 3381 
13 041 
118481 

9 391 

4 442 
2 989 

519 

1442 

1135 

2199 

2 962 

2684 

1452 

1136 

899 

220 

595 

2070 

212 

609 

1839 

951 

2 237 

18 678 



6 231 
3 338 
6983 

10 965 
2 882 
53 

16 680 

7 407 
5133 
5 937 
5846 

10310 

16 404 

419 

103843 

26 682 

7 596 

34 278 

5183 

20 310 

16634 

7 713 

1622 

12 

144 

875 

2142 

1122 

471 

972 

524 

234 

490 

311' 

296; 

622| 

60i 



173 

411 

559 

7 568 

4 766 



33 247 

30 516 

41327 

53053 

26 898 

30 796 

93 995 

36187 

39 209 

30166 

51905 

48416 

105 584 

920 

622 219 

168709 

12 786; 

181 495 

102 445 

46 6061 

43 632 

18 917] 

28890, 

6 301 

3430 

5 256 

5 973 

3 689 

3 409 

3 914 
3809 
1577 
1643 

847 
1051 
2188 

507 
1650 

4 897 
4208 

14 295 
36 494 



99 404 

82545 

307 237 

221441 

92 451 

105 766 
350045 
185 649 

106 359 
175 644 
237 686 
285302 
400988 

2034 

2 6.52 551 

427 986 

45 337 

478 323 

367 765 

127 647 

118 421 

82 592 

40749 

24 246 

5 594 

33080 

91081 

12 750 

16 594 

45 319 

21852 

19 911 

4 949 

3 569 

7 696 

18462 

1427 

8443 

12 279 

32 357 

114543 

81014 



6 789 

8 253 

113121 

22 989 

17 270 

8170 

16 333 

24995 

4 475 

18107 

3176 

13 251 

26 057 

30 

288 016 

33 782 

714 

34496 

50 528 

6388 

4 767 

3 375 

5066 

8685 

561 

503 

4072 

1720 

1348 

2759 

2 664 

702 

779 

110 

977 

1866 

37 

115 

1091 

2 888 

22185 

10 482 



454 

967 

39 

2 697 

425 

4 206 

12 873 

4830 

140 

664 

1859 

3126 

5089 

104 

37 473 

35 806 

1881 

37187 

15 409 

7 672 

7136 

8035 

235 

2 255 

17 

86 

91 

23% 

1389 

1228 

216 

36 

109 

119 

1167 

2 893 

52 

123 

108 

23| 

24: 

1457i 



34 

1 
348 
40 
3 
1 
1 

17 

445 

104 

> 

104 

1344 

23 



1 

1 

4 

23 

105 



Deutsches Reich 
Dagegen im 4.Viertelj.l907«) 

„ 3. r, 1907*) 

2. : 1907*)- 

„ 4. „ 1906») 

3. 1906* 
l „ 2. „ 1906*) 

1. 1906* 

„ 4. „ 1905*) 

l Is, l 1906* 

" n2. : 1905* 

l Ih l 1905*) 

: U. l 1904* 

:3. 1904' 



859871188918 

45144|l53 274 
27 3191147 173 
25 904 135 726 



37 408 
47 639 
26 426 
29005 
43 506 
52 591 

28 913 

29 224 
35 899 



141136 
156094 
153916 
152 118 
152 245 
156 340 
152 708 
143 962 



107 860 

103162 
121 076 

108 576 

97 006 

98 558 
120254; 
117 348 
104 050 

99 763 
129 068 
125 143 



142 214,112783 



44810152 867111763 
23 827!l45 682:128 553 



420 758 

433 092 
403 383 
373 887 
393557 
407 191 
395 206 
392 660 
429163 
426 707 
408151 
406 841 
413 756 
410 763 
379 179 



212612 

273 756 
277 642 
205 279 
184 202 
233 776 
258 035' 
222341 
211 151 
262 146 
276020 
215 677 
186 353 
219 773 
246 478 



1149842' 

1042 774 
1 091 285 
1 190 758 
1053 925 

892 405 
1008 979 
1 254 177 
1052263 

913112 
1 033 593 
1 322 529 
1122865 

999326 
1072 8351 



4 418 214 

4846 861 
3 750984 

3 718066 

4 079 656 
4 012 464 
3109 802 

2 981 914 

3 237 092 
3 471742 
3 033 690 
3 143 114 
3924 280 
4404158 
3 508 461 



446180 

603 208 
707 975 
435 599 



1269662061 

139 836 2 299 
39 346 952 

178 940 943 
440 495|131775 2 267 
580 848!l40 029 2 325 
742403! 414851032 
486139170 9961013 



485 880 
657 722 
841971 
484 083 
452 897 
609 630 
768 461 



98 301 
130 851 

38 235 
152 931 
107 778 
136 938 

44 223 



2151 
2405 
1021 

947 
1785 
1763 

762 



*) Abgeändert infolge nachträglicher Berichtigungen. 



- 300 — 



— PreuDen. Die Ergebniese der Schlachtvieh- und Fleischbeschau sowie der Trichiuenschau in Viertel- 
Jahre von L Januar bis 31. Harz i908.<) 



Staat. 

Provinzen. 

Monate. 



I. Allgemeine Schlachtvieh- und Fleischbeschau 



Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
vorgenommen wurde 



Pferde 

und 
andere 
Ein- 
hufer 



o 
O 



PQ 






rinder »,. 
über •»» 



3 Monate alt 












IL 



Trichinen- 
schau 



10 f 11 



Zahl der 
auf Tri- 
chinen 
(nnd 
Finnen) 
unter- 
suchten 
Schweine 



Davon 
waren 



12 



13 



a 

S3 



14 



Staat 19072). . . 
davon im: 
I.Vierteljahr 19073) . 

2. „ 19072) . 

3. „ 19073) . 

4. „ 19072) . 

A. Staat 

1. Vierteljahr 1908 . . 

davon im: Januar . 

Februar . 

März. . . 

1. Vierteljahre 

1908 Imehr. . 

geg.l.Viertel- 1 weniger 

jähr 1907 l 

oder in jmehr . . 

Hundertteilenlweniger 

B. Provinzen. 

Ostpreußen 

davon im: Januar . 
Februar . 
März . . 

Westpreufien 

davon im: Januar . 
Februar . 
März . . 

Stadtkreis Berlin . . . 

davon im: Januar . 

Februar . 

März . . 

Brandenburg 

davon im: Januar . 
Februar . 
März . . 

Pommern 

davon im: Januar . 
Februar . 
März . . 

Posen 

davon im: Januar . 
Februar . 
März . . 

Schlesien 

davon im : Januar . 
Februar . 
März . . 



90390 294 989 

24 25172571 
17 452 70 132 
18685 73 231 
30002 79 055 



23 885 68890 
8 95121903 
7 680123014 
7 254123973 



279 830 969 133 



366 
1,51 



527 
205 
162 
160 

286 

102 

98 

86 

3046 

1091 

1009 

946 

2 597 
918 
856 



560 
227 
171 
162 

180 
62 
57 
61 

3 997 
1509 
1286 
1202 



3 681 
5,07 



1490 
466 
531 
493 

1116 
361 
359 
396 

18 930 
5625 

6 857 
6448 

6 255 
18 
2305 
2127 

548 
169 
173 
206 



65 019 
71833 
77 042 



I 
460 186 2 287 &81 



9864 577 



1 476 m 



176 164 11771 



233152 
227 505 
250305 



65 936 258171 141998 513 544 2 9284111380528 58 558 506 



71 743 247 048 
24 925i 85 475 
230861 79214 
23732 82359 

6 7241 13 896 



10,34 




1869 
647 
616 



7 665 
2653 
2485 



606| 2 527 

2 4721 6 762 

877 
886 
709 

11320 
8993 
3917 
3410 

11 I37I 
38571 
8477,1 
3 



3 696 
1302 
1163 
1231 

742 2154 

218 724 

269 742 

255 688 

8837 
1227 
1259 
1351 



I 



2 316 
2147 

2 299 

3 780 
1482 
1275 
1 

27 408 
9638 
8 812 

8 958 

9 530 
3323 
3068 
3139 

6 841' 
2 503' 
2 251, 
20871 

11428 30345 
3994; 10 877 
3650: 9535 
3 7841 9 933 



89 695 572 364,2 462 799 284 398 40 747! 595 
93 942 653 935'2 233 108 304 378io2 340l 355 
134 551 547 738 2 240 259 507 631 !24 519 315 



12 855459 650 2 485 
1 

3 769185 169; 765 
2 414 315 124' 429 
2 317 971 138' 545 

4 353 988 219. 746 

i 



103 843 622 219 2 652 551 



37 725 185 713. 



32 845 
33273 



196 21 
240295 



14148 49855 



964 851 
868 905 
818 795 

189 752 



6 231 
2229 

2 026 
1976 

3 338 
1355 
1098 

885 



8,71 1 7,70 



I 



33 247 

7 572 

9080 

16 595 

30 516 
6420 
8111 

15985 



6 983 41327 

2 607 12453 

2185 14156 

2191 14718 



10965 
3869 
3436 
3660 

2882 

1034 

914 

934 

5308 
2035 
1718 
1555 

16 680 
6013 
5 336 
5 331 



53053 

17 289 
16 805 

18 959 

26 898 

7 837 

8 093 
10968; 

30796 
9555' 

9 706 
11535 

93 995 
31147 
30 579 
32 269 



99 404 
35 437 
32060 
31907 

82 545 
28 544 

28 534 
25 467 

307 237 
100 991 
102 582 
103664 

221441 
77 904 
70 693 
72 844 

92451 
32487 
30012 

29 952 

105 766 
40554 
37 080 
28132 

350045 
125 758 
115 137 
109150 



283016 37 473; 
95 072 8 380 
92193 6 880 
95 75122 213 



1382 3 274 
0,49 8,03 



6 789 454 

2 598 195 

2 018: 141 

2 173 118 



445 
160 
128 
157 



150 

25,21 



8253 
2 756 
2 783 
2 714 

113121 



967 
372 
293 
302| 

39 
35 483; 26 
39 277 8 
38361 5 

22 989 2 697 34 
7 0251 

7 3081 324 4 

8 6561 1990 2 

17 270 425| 

5 963, 171 

5 408' 123 

5 899; 131 ' 



8170 
2832 
2 713 
2625 



4206 
1795 
1172 
1239 



16 33312 873 
5 302 1311 
5154 1538 
5 877110024 



348 
105 
108 
135 



3 946 926 232! 
1529853 88! 



1 324 159 
1092 914 

177 741 
4,72 



79 
65 



653 
264 
210 
179 



63 — 
112 



14,64 



116 334 
44 230 
37 204 4 
34 900 4 



124 506 
45 592 
43 615 
35299 

307 237 
100991 
102582 
103664 

388 649 
153142 
130 874 
104633 

153471 
56963 
50 527 
45981 

168227 
66 722 
62 524 
38981 

433529 
157 603 
146140 
129 786 



10 48 

2 21 

19 

8 



5 15 

5j 4 

— 5 

— 6 

24| 32 

71 8 

3 10 

14 14 



29 

8 
12 

9 

2 

1, 

r — 

-' 2 

IO4I 69 
37 33 



11 

4 
4 
3 

3 
1 



47 
20 

36 

19 

6 

11 



23 
13 

304 
120 

88 
96 



1) Statistische Korrespondenz. ^ Berichtigtes Ergebnis infolge nachträglicher Meldungen. 



- 301 — 



Staat. 

Provinzen. 

Monate. 



I. Allgemeine Schlachtvieh- und Fleischbeschau 



Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
vorgenommen wurde 



H 

«'S 
'S« 



2 




0) 





PQ 



M 



ÄJ Kälber 
rinaeri .. 

über I ^*« 



I 



3 Monate alt 



6 



.S 

'S 

o 



8 






9 






10 



11 



n. Trichinen- 
schau 



Zahl der 
auf Tri- 
ohinen 
(und 
Finnen) 
unter- 
suchten 
Schweine 



12 



Davon 
waren 



13 



.SP 
'S 



14 



Sachsen . . 
davon im: 



Januar 

Februar 

März . 

Schleswig-Holstein . 
davon im: Januar 
Februar 
März . 

Hannover 

davon im: Januar 
Februar 
März . 

Westfalen 

davon im: Januar 
Februar 
März . 

Hessen-Nassau . . . 
davon im: Januar 
Februar 
März . 

Rheinland 

davon im: Januar 
Februar 
März . 

Hohenzollern .... 
davon im: Januar 
Februar 
März . 



2419 
887 
758 
774 



2551 

786 
798 
%7 



5670 
1858 
1807 
2005 



1281 3 312 

490 1164 

4221 1059 

369| 1089 

1939 2 909 

734 1019 



18100 
6460 
5863 
5 777 



2 510 10516 
758 3 512 



599 
606 



I 



924 
966 



764 

988. 

6217| 
21791 
1935 
2103 



21861 2 407 



837 
697 
652 

687 
268 
225 
194 

4119 
1621 
1340 
1218 

1 



871 
694 
842 

7 6891 
2 647i 
2 356 
2 686 

17 052 
5506 
5 413 
6133 

52 
21 
17 
14 



3 324 

3 680 

11713 

4 081 
3 691 
3941 



4 906 35311 
1858 11570 



1475 
1573 

1440 
580 
407 



11196 
15 545 

17 546 
6453 
5 622 



453j 5471 

6 911 61 216 
2297 20485 
2 239 19 835 
2375 20 896 



I 

13 
1 
8 
4 



315 
122 
110 



7 407 

2 568 
2364 
2475 

5133 
1919 
1624 
1590 

5 937 
2154 
1845 
19 

5 846 
2165 
1765 
1916 

10310 

3 769 
3173 
3 368 

16404 
5882 
5 217 
5 305 

419 
126 
144 
149 



Das ± betrug: 



Pferde usw. . . . 

Ochsen 

Bullen 


dai 

. . . 23885 - 
. . . 68890 - 
... 71743 H 


gegen 
j I. Viertel- 
ahr 1907 
366 
- 3 681 
|- 6 724 


Kühe 


... 247048 - 


- 13 896 


Jungrinder. . . . 
Kälber 


. . . 103843 - 
. . . 622219 - 


- 14148 

- 49 855 



36187 
12129 
11851 
12 207 

39 209 

8 859 
11040 
19310 

30166 
9176 

9 578 
11412 

51905 
14327 
16127 
21451 

48 416 
16 291 

15 613 

16 512 

105 584 
32 374 
35136 
38074 

920 
284 
386 
300 



185 649 
66 247 
59 851 
59551 

106 359 
38 489 
34163 
33707 

175644 
67464 
57 406 
50774 

237 686 
89 744 
76 955 
70987 

285 302 

119 957 

93239 

72106 

400988 
140536 
130531 
129 921 

2034 
739 
662 
633 



24 995 
8135 
7844 
9016 

4 475 
1647 
1352 
1476 

18107 

6 907 

5 277 
5923 

3176 

1364 

916 

896 

13 251 
4 762 
4011 

4478 

26 057 

10 278 

8127 

7 652 

30 

20 

5 

5 



4830 40 

591 19 

444, 9 

3 795 12 

1401 3 

54 1 

39 1 

47 1 

664 
216 

188, - 

260' 1 



1859 
681 
545 
633 - 

3126 — 

736 — 

568 — 

1822 — 



5 089 
1839 
1485 
1765 

104 
10 
12 



17 
6 
6 



483 711 
195 469 
161644 
126 598 

107 553 
39 242 
34 519 
33 792 

508567 
210 420 
174 540 
123 607 

416 209 
174 176 
136 288 
105 745 

243 734 

102 763 

79 986 

61035 

495 199 
182 540 
168766 
148893 



2 



40 
13 
20 

7 

2 
2 



85 
41 
1 26 
1 18 

19 
8 
4 

7 

13 
4 
7 
2 

12 
5 
4 
3 



Schweine 2 652 551 

Schafe 283016 

Ziegen 37 473 

Hunde 445 

Zahl der auf Trichinen (u. Finnen) 
untersuchten Schweine . . 3 946 926 + 177 741 



gegen 
das I. Viertel- 
jahr 1907 
+ 189 752 

— 1382 

— 3274 

— 150 



Die Schlachtungen haben danach bei allen Rindergattungen mit Ausnahme der Ochsen sowie bei den 
Schweinen beträchtlich zugenommen. Dagegen haben die Schlachtungen bei Schafen und Ziegen, sowie bei 
Pferden und Hunden abgenommen. 



Buchersehan. 

Neue EInoänge. 
— Suckow, E., Die Bedeutung der kommunalen 
Kinder- und Kurmliciinnttalten und die Bedeutung 
der Tierärzte für die Leitung dieser Woiitfahrte- 
einrlchtungen. Berg. Gladbach 1908. 



— Xylander, Der RatinbazHius alt Ratten- 
vertilgungsmittel. S.-A. aus den „Arbeiten aus 
dem Kaiserlichen Gesundheitsamt^, Bd. XXVIII, 
Heft 1, 1908. 

— Ammelounx, A., Über Entwicklung und 
Entwicklungsetörungen der Nieren. I.D. Bern 1908. 



— 302 — 



— Richt0r, F., Die Hundestaupe, Ihre Vor- 
beugung und Behandlung durch ImpfUng. I-D. 
ZOrich, Dossau 1908. 

— Geedecke, A., Ober die Wirkung einiger 
Salze bei subkutaner und Intravenöser Anwendung. 
J.-D. Bern 1908. 

— Siibersiepe, E., Die Fesseibeinfrakturen des 
Pferdes. I.D. Leipzig 1008. 

— reichert, Jahresbericht der Milchwlrtschaft- 
ilchen Untersuohungsanstalt Im Aigin zu Memmingen 
aber Ihre Tfttigkeit Im Jahre 1907. Memmingen 1908. 

— Sandeborg, Göteborgs olTentliga Slakthus 
Arsberättelse 1907. Göteborg 1908. 

— Chemnitz, 24. Bericht über den Schlacht- 
und Viehhof der Fieischerinnung auf das Jahr 1907. 

— Hamburg, Jahresbericht der Schlachthof- 
deputation fOr das Jahr 1907. 



Kleine Mlttellunseii. 

— Zum Hetzen der Schlachttlere vor der 
Schlachtung. Mit Bezug auf die Notiz „Hetzen 
der Schlachttiere in Afrika" im letzten Heft 
laufenden Jahrganges der „Zeitschrift für Fleisch- 
und Milchhygiene'' möchte ich darauf hinweisen, 
daß ein ähnlicher Brauch früher auch hierzulande 
üblich war. Kam aufs Land unerwarteter Besuch 
und war kein frisches Fleisch im Hause, so wurde 
ein Hahn „gehetzt^, d. h. eine halbe Stunde auf 
dem Hofe umhergejagt, was unter großem Hallo 
und unter Mitwirkung der Hunde geschah. Die 
besseren Verkehrsverhältnisse, namentlich die 
Verwendung des Telephons, dürften dieser wider- 
lichen Tierquälerei ein Ende gemacht haben. 

Dr. Fritz Müll er- Popelken i. Ostpr., 
prakt. Tierarzt. 

— Verluste beim Kühlen von Fleisch. Schlacht- 
hofdirektor Metz in Freiburg i. B. teilt in 
seinem letzten Schlachthofbericht (1907) mit, 
daß bei 22 gekühlten einfinnigen Rindern ein 
Gesamtgewichtsverlust von 338 kg, das sind 
durchschnittlich 15,36 kg auf das Rind, fest- 
gestellt wurden. Im übrigen sind in Freiburg i. B. 
von 26 einfinnigen Rindern die Mehrzahl, nämlich 
22 Stück, nach dreiwöchiger Kühlung in den 
Verkehr gegeben worden. 

— Die Geheimnisse der Fleischsäfte Furo und 
Robur. Dr. Horiuchi hat im hygienischen In- 
stitut der Universität München festgestellt, daß 
die Fleischsäfte Furo und Robur kein Fleisch- 
eiweiß, sondern Eiereiweiß enthalten. Sie geben, 
wie Prof. Grub er, der Leiter des hygienischen 
Instituts der Universität München, in Nr. 18 der 
Deutsch. Mediz. Wochenschr. schreibt, mit den 
entsprechenden präzipitierenden Antiseris nur 
solche Spuren von Präzipitat, wie sie auch von 
Fleischextraktlösungen gegeben werden. Dr. 
Horiuchi überzeugte sich auch noc|). davon, 



daß die beiden Präparate unmöglich so ge- 
wonnen sein konnten, wie in den Reklamen und 
Gebrauchsanweisungen angegeben ist, dadurch, 
daß er feststellte, daß sie keine Spur von Blut- 
farbstoff oder von dessen Spektroskop isch wirk- 
samen Derivaten enthalten und daß sie erst bei 
Temperaturen zwischen 60 und 65^ zu gerinnen 
beginnen, während im Fleisch bekanntlich £i- 
weißlLÖrper enthalten sind, welche bei 42^ zu 
koagulieren beginnen. Die letzte Beobachtung 
brachte Dr. Horiuchi auf die richtige Fährte. 
Die Gerinnungstemperatur von „Pnro" und 
„Robur'' lag der Gerinnungstemperatur von 
Hühnereiereiweiß auffallend nahe. Wirklich 
konnte nun erwiesen werden, daß das ganze 
native Eiweiß der beiden „Fleischsäfte*' Eier- 
eiweiß ist. Der Beweis wurde auf doppeltem 
Wege geführt: Antihühnereiereiweißserum fällt 
die Lösungen von Paro und Roburj und Anti- 
puro- bzw. Antiroburserum fällt Hühnereier- 
eiweißlösungen genau so wie Antihühnereier- 
eiweißserum selbst. Da Pnro und Robur wie 
Fleischextrakte riechen und schmecken, zog 
Horiuchi den Schluß, daß sie durch Mischung 
von käuflichem Hühnereiweiß mit Fleischextrakt 
hergestellt sein dürften. Später stellte sich her- 
aus, daß bezüglich des Puro schon andere Unter- 
suchcr auf chemischem Wege zu demselben 
Schluß gekommen waren. Auf der Naturforscher- 
versammlung in München im Jahre 1899 hielt 
Dr. H.Bremer einen Vortrag über „Diätetische 
Nahrungsmittel der Neuzeit", in welchem er, 
gestützt auf Untersuchungen, die er gemeinsam 
mit Dr. L. Ger et, damals Assistent am Münchener 
hygienischen Institut, ausgeführt hatte, unter 
anderem sagte (Seite 175), daß der Fleischsaft 
„Kamo" „ebenso wie Puro aus Blut (oder neuer- 
dings aus käuflichem Albumin) unter Zusatz von 
Fleischextrakt gewonnen wird". Noch klarer 
wurde Puro von Dr. R. Hutchinson erkannt, der 
in seinem Artikel „An Addreß on Patent Foods" 
im Lancet v. 5. Juli 1902 mitteilte, daß er „im Puro 
eine reichliche Menge Eiereiweiß gefunden" habe. 
Auf briefliche Anfrage teilte mir Herr Dr. Geret 
mit, daß er wiederholt bis in die neueste 
Zeit Puro analysiert habe. Durch Vergleich 
seiner Zusammensetzung mit der vom echten 
Fleischsaft habe er sich überzeugt, daß Puro 
unmöglich durch hohen Druck gewonnener, ohne 
Veränderung eingedickter Fleischsaft sein könne, 
sondern durch Mischung eines Fleischextraktes 
mit käuflichem Eiweiß hergestellt sein müsse. 
Aus Beobachtung der Koagulationstemperatur 
des Puro und absichtlich hergestellter Mischungen 
von Serumeiweiß beziehungsweise Hühnereier- 
eiweiß und Fleischextrakt habe auch er ge- 
schlossen, daß bei der Herstellung des Puro 



- 303 — 



Eiereiweifi verwendet werde. Dr. Ger et teilte 
mir weiter mit, daß Paro nach Beinen Analysen 
8 bis 4 Proz. Glyzerin und seit 1904 stets 0,24 
bis 0,32 Proz. Salpeter und etwas Borsäure ent- 
halte. Der Fund von Salpeter und Borsäure 
mache es wahrscheinlich, daB zur Herstellung 
des Puro ein minderwertiges, aus Pökelbrühe 
gewonnenes Fleischextrakt verwendet werde. 

— Warnung vor der Verwendung der Milch von 
euterkranken Kilben. Die amtliche Milchunter- 
suchungsstelle der Stadt München hat an sämt- 
liche Sammelstellen, deren Milch nach München 
bestimmt ist, eine Zuschrift folgenden Inhalts 
gerichtet: 

In letzter Zeit ist es häufig vorgekommen, 
daß Sammelmilch beanstandet werden mußte, 
weil ihr Milch von euterkranken Tieren bei- 
gemengt war. Solche Milch ist gesundheits- 
schädlich. Da diese Gesundheitsschädlichkeit 
der Milch ohne weitere Untersuchung nicht immer 
angesehen werden kann, war es notwendig, oft 
große Milchsendungen so lange vom Weiter\ erkehr 
aufzuhalten, bis jeder einzelne Kübel geprüft 
war, eine Arbeit, die bei größeren Sendungen 
bis zu zwölf Stunden und mehr den Weiter- 
transport der einwandfrei befundenen Milch ver- 
zögern kann. Große Stockungen im Milchhandel 
sind die Folge. Die Sammellieferanten erhalten 
daher den Auftrag, jeden Milchlieferanten und 
-Produzenten ihrer Sammelstelle vor der Lieferung 
oder Beimengung der Milch von eutcrerkrankten 
Tieren zu warnen. 

Als „euterkrank" sind dabei Tiere zu ver- 
stehen, die Entzündungserscheinungen irgend- 
welcher Art an einem oder allen vier Vierteln 
zeigen, also auch sogenannte drei-, zwei- oder 
einstrichige Rinder, selbst wenn auffällige Ent- 
zündungserscheinungen nicht mehr wahrgenommen 
werden können. Es ist bewiesen, daß die Milch 
solcher Tiere auch von scheinbar gesunden 
Vierteln gesundheitsschädlich sein kann, wenn 
die Milch hoch keine auffälligen Veränderungen 
zeigt oder schon wieder nach den ersten Ent- 
zündungserscheinungen scheinbar normal ist. Die 
amtliche Milchuntersuchungsstelle ist daher ver- 
anlaßt, auf die Unzulässigkeit der Beimengung 
der Milch von drei-, zwei- und einstrichigen, 
sowie sonst euterkranken Tieren hinzuweisen. 
Das Verbot stützt sich auf § 2 der oberpolizei- 
lichen Vorschrift vom 15. Juli 1887, „den Verkehr 
mit Milch" betreffend. 

Die Sammellieferanten haben am ersten 
Gelegenheit, auf den Kreis ihrer Produzenten 
einzuwirken. Die Produzenten mögen bei dieser 
Gelegenheit darüber aufgeklärt werden, daß die 
meisten Euterentzündungen, besonders die Drei-, 
Zwei- und Einstrichigkeit von einem Euterviertel 



auf die anderen und von einem Tier auf das 
andere übertragbar sind. Die Übertragung findet 
meist durch das Melken statt. Die kranken Tiere 
sollen daher zuletzt gemolken werden. Das 
Melken der kranken Tiere ins Stroh vermehrt die 
Ansteckungsgefahr, da dadurch die Krankheits- 
keime in der Streu verbreitet werden. Gründ- 
liche Reinigung der Hände der Melker und der 
Euter der Milchktthe mmdert die Ansteckungs- 
gefahr. Tüchtiges Ausmelken aller, auch der 
kranken Viertel, wirkt heilfordemd. Anfangs 
wird das Verbot, die Milch solcher Tiere vom 
Verkehr auszuschalten, dem Produzenten als 
geringe Schädigung erscheinen. Die Maßregel 
bedeutet aber dadurch, daß eine ansteckende 
Krankheit allmählich in ihrer Weiterverbreitung 
gehindert und im Stalle zum Verschwinden 
gebracht werden kann, einen direkten Nutzen 
auch für den Landwirt und Milch viehhalter. 

Bestehen über die Natur des Euterleidens 
oder über die Genußtauglichkeit der Milch von 
einem der Euterentzündnng verdächtigen Tier 
Zweifel, so ist die amtliche Milchuntersuchungs- 
stelle erbötig, eingeschickte Proben von Milch, 
die für München bestimmt ist, kostenlos zu unter- 
suchen. 

Tagesgeschichte. 

— Der Königiloho Sioboioohe Landettlerarzt 
Medizlntlrat Prof. Dr. Edelmann ist zum Ober- 
medixinalrat ernannt worden. 

— Krelttlerarzt Prof. Dr. Peter in Angermünde 
ist zum Staatstierarxt in Hamburg gewählt 
worden. 

— Dem Pollzeitlerarzt Karl Borchmann in Berlin ist 
die Stelle eines Abteüungsvorstehera für Nakrunga- 
mitteücunde an der Tierärxtlichen Hochschule %u 
Berlin, zunächst nebenamtlich, tibertragen worden. 

— Goldenes Jubiläum. In seltener geistiger 
und körperlicher Frische feierte am 10. Mai der 
Schlachthausdirektor a. D. Alb. Kleinschmidt- 
Erfurt im Kreise seiner Familie und unter Teil- 
nahme einer Schar von Kollegen und Freunden 
im Alter von fast 75 Jahren sein 50 jähriges 
Jubiläum als Tierarzt. Schon in aller Frühe 
grüßten den Jubilar die Klänge eines von der 
Kapelle des 19. Art. -Regts. dargebrachten 
Ständchens. Gegen Mittag erschien alsdann 
eine große Zahl von Gratulanten, u. a. im Namen 
des Vereins Thüringer Tierärzte, dessen Gründungs- 
und Ehrenmitglied Kleinschmidt ist, Veteri- 
när-Kat Wall mann und Schlachthausdirektor 
Dr. Massig. Die Hauptfeier fand nachmittags 
in den festlich geschmückten Sälen der Ressource- 
Gesellschaft statt, wo der Verein Thüringer 
Tierärzte eine stattliche Festtafel mit ungefähr 



— 304 — 



100 Gedecken veranstaltet hatte. Hier wurden 
dem Jubilar noch verschiedene Huldigungen 
dargebracht. Der Vorsitzende des Vereins, 
Veterinär-Rat Wall mann, hielt die Begrüßungs- 
ansprache und überreichte im Namen des Ver- 
eins dem Jubilar in Anerkennung seiner Ver- 
dienste um das Veterinär- und insbesondere das 
Schlachthauswesen, sowie um den Verein Thür. 
Tierärzte, einen künstlerisch ausgestatteten und 
mit Widmung versehenen Weinkühler. Schlacht- 
hansdirektor Colberg-Magdeburg feierte den 
Jubilar als den Senior der Schlachthaustierärzte { 
und überreichte im Namen des Vereins Preußischer 
Schlachthoftierärzte eine Glückwunschadresse. 
Während der Feier traf eine große Zahl von 
Glückwünschen aus nah und fern und in allen 
Formen ein. — Telegraphisch wurde der Jubilar 
u. a. begrüßt von dem Offizierkorps des Pommer- 
schen Train Bataillons zu Altdamm, dem Klein- 
schmidt einstmals als Stabsroßarzt angehörte, 
ferner von dem Direktor im Reichsgesundheits- 
amt, Geheimrat Prof. Dr. Ostertag, von dem 
Geh. Med.- Rat Prof Dr. Edelmann, Mitglied der 
Kommission für das Veterinärwesen in Dresden, 
vom Verein niederländischer Schlachthofdirek- 
toren, von dem Tierschutzverein in Nymwegen 
(Holland) u. a. m. — Besonders erfreut wurde 
der Jubilar aber durch die in warme Worte der 
Anerkennung gekleideten Glückwunschschreiben 
des früheren Oberbürgermeisters von Erfurt, 
Geh. Regierungsrats Dr. Schneider, des Herrn 
Bezirkskommandeurs Oberst z. D. Lüdke, des 
Rektors der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
und des Vereins zur Förderung des humanen 
Schlachtens zu Leipzig. — Der Jubilar dankte 
tiefergriffen für all die Beweise aufrichtiger 
Anerkennung. Möge es ihm vergönnt sein, sich 
dieser Anerkennung und Wertschätzung in der 
augenblicklichen, geradezu beneidenswerten Ge- 
sundheit und Frische noch recht lange zu er- 
freuen! Wall mann- Erfurt. 

Veterinärrat. 
Diesem Bericht über die Ehrung des um das 
Schlachthofwesen und die Schlachtkunde sehr ver- 
dienten Schlachthofdirektors Kleinschmidt 
durch seine Kollegen ist noch hinzuzufügen, daß 
ihm auch eine Allerhöchste Anerkennung durch 
Verleihung des Roten Adler-Ordens IV. Klasse zu 
teil wurde, der dem Jubilar durch den 
Regierungspräsidenten zu Erfurt am 22. Mai 
eigenhändig tiberreicht worden ist. 

— Der Begründer der Milchkuranttalten, öko- 
nomierat F. Grub in Berlin feierte am 19. Mai 
in voller Frische seinen 75. Geburtstag. Auf 
Grund von Erfahrungen, die Grub an seinen 
eigenen Kindern mit der Milch von Kühen ge- 
macht hatte, die feuchte Biertreber erhielten, 



kam er zu dem System der Trockenfütternng, 
das er als erster in der im Jahre 1875 von 
ihm in Stuttgart begründeten Milchkuranstalt 
durchführte. Im Jahre 1888 errichtete Ökonomie- 
rat Grub die Milchkuranstalt am Viktoriapark 
in Berlin, deren Besitzer er heute noch ist. 

— Galtier f. Der Professor an der Tier- 
ärztlichen Hochschule zu Lyon, Galtier, der 
durch seine langjährigen experimentellen Unter- 
suchungen über die Schädlichkeit des Fleisches 
tuberkulöser Tiere wertvolle Beiträge zur wissen- 
schaftlichen Fleischbeschau geliefert hat, ist 
gestorben. Das Lyoner „Journal de mM. vöt*^ 
widmet dem Verstorbenen, der seiner Liebe zur 
Wissenschaft sein und der Seinen materielles 
Wohl zum Opfer gebracht hat, einen sehr ehrenden 
Nachruf. In diesem wird außer dem glühenden 
Hang G a 1 1 i e r s zur wissenschaftlichen Arbeit seine 
große Bescheidenheit hervorgehoben. Sie hat ihn, 
schreibt die Lyoner Zeitschrift, verhindert, in 
der Welt die Rolle des großen Gelehrten zu 
spielen, der er war: „Seine Entdeckung der 
Schutzimpfung gegen die Wut, lange vor 
Pasteur, hätte ihn zu gewaltiger Höhe 
erheben können.^ Aber seine Unruhe, seine 
Zaghaftigkeit und Zweifelsucht haben ihn ab- 
gehalten, auf diese Höhe zu steigen. Soweit 
das „Journal de mM. vöf Die frühen Zweifel 
Galtiers an dem Werte der Schutzimpfung 
gegen die Tollwut gewinnen in jetziger Zeit 
vielleicht erneut an Boden. Im übrigen war es 
in Deutschland nicht bekannt, daß Galt! er der 
Vorläufer Paste urs in der Frage der Schutz- 
impfung der Wut gewesen ist 

— EinfUhruiio der Fleischbeschau als Uster- 
richtsgegeostand an den russischen tierärztlichen 
Hochschulen. Nach einer privaten Mitteilung des 
Professors Dedülin in Charkow sind im Anfang 
dieses Jahres an den tierärztlichen Hochschulen 
Rußlands Vorlesungen über Fleischbeschau dem 
Unterrichtsplan eingefügt worden. Professor 
Dedülin ist mit dem Lehrauftrag für Fleisch- 
beschau an der Tierärztlichen Hochschule zu 
Charkow betraut worden. 

— öffentliche Schlachthöfe. Die Errichtung 
öfFentlichor Schlachthöfe ist geplant in Nakel 
und Nikolaiken, beschlossen in Kroppitz 
(Bez. Oppeln) und Kletzko. Ein neuer 
öffentlicher Schlachthof soll in Münster- 
berg i. Schi, erbaut werden. Im Bau begriffen 
sind die öffentlichen Schlachthöfe in Calbe 
a. d. S. und Griesheim a. M. 

Erweiterungsbauten sind beschlossen in 
Gießen (Erweiterung der ganzen Anlage, Er- 
richtung von Kühlräumen und einer Eisfabrik), 
Elbing (Erweiterung der Kühlanlage), Woll- 
stein (Erweiterung des Schlachthauses), Allen- 



305 — 



stein (Kühlanlage), Arys (Umbau des Kühl- 
hauses), Cöln (Vergrößerung des Vorkühlraumes, 
Ausbau der zweiten Etage des Schlachthofes), 
K Ottbus (Vergrößerung des Kühlhauses, Bau 
einer Vorkühlhalle und eines Pökelraumes, Bau 
besonderer Kühlräume für Pferdefleisch, Wild, 
Geflügel, Eier, Anlage einer Fleischtransportbahn 
von der Rinderhalle zu den Vor kühlräumen, Bau 
eines Eiskellers, Vergrößerung der Eisfabrik), 
Leipzig (Erneuerung der Kühlzellen und der 
Kühlanlage), Waidenburg i. Schi. (Errichtung 
einer Kühlhalle), Aalen (Errichtung eines Kühl- 
hauses). 

— Regeluiig det Notierunitwetent auf den Vieh- 
markten. Der „Allg. Fleischer-Zeitung" zufolge 
hat der Königl. Preußische Handelsminister den 
beteiligten Behörden zur Begutachtung den Ent- 
wurf einer Novelle zur Reichsgewerbe- 
ordnung übersandt, durch die der Handel nach 
Lebendgewicht und der Notiernngszwang auf den 
Viehroärkten eingeführt werden soll. (Vgl. die 
Notiz über die Notierung der Schlachtviehpreise 
nach Lebendgewicht S. 238 des laufenden Jahr- 
gangs dieser Zeitschrift.) Hiemach soll der § 70 
der Gewerbeordnung folgende Fassung erhalten: 

„Die Landeszentralbehörden sind befugt, 
für Viehmärkte zum Zwecke der Feststellung 
von Preis und Gewicht der Tiere Vorschriften 
zu erlassen und Einrichtungen anzuordnen. 
Die hierdurch entstehenden Kosten fallen dem 
Unternehmer des Marktes zur Last; der g 68 
findet Anwendung. Schriftstücke, deren Aus- 
stellung auf Grund des Absatz 1 angeordnet 
ist, sind stempelfrei." 
Ferner soll hinter dem § 70 folgender § 70a 
eingeschaltet werden: 

„Die Landeszentralbehörden sind befugt, 
für Orte, an denen eine Regelung auf Grund 
des § 70 getroffen ist, und für deren Umgebung 
den Handel mit Vieh außerhalb des Markt- 
platzes während des ganzen Markttages oder 
für bestimmte Stunden zu verbieten." 

— Laboratorium am ttftdtischen Schiachtviehhof 
zu ÜOnchen. Auf dem städtischen Schlachtvieh- 
hof zu München ist auf Veranlassung des Schlacht- 
hofdirektors Opel ein hygienisches Laboratorium 
eingerichtet und der Leitung des städtischen 
Tierarztes Dr. L. Roth unterstellt worden. 

— Die Berliner stadtitche Abdeciierei In ROdnitz 
wird am 1. Juni d. J. dem Betrieb übergeben. 

— Zufuhr von Quarantänevieh. In J)üssel* 
dorf wurde durch Beschluß der Stadtverwaltung 
vom L Maiid. J. die Einfuhr dänischen Rind- 
viehs auf 150 Stück wöchentlich bis auf weiteres 
beschränkt. 

— Auodehnung der Schlachtvieh- und Fleloch- 
beochau bei Hauoochiaohtungen. Für den Kreis 



Teltow ist die Ausdehnung der Schlachtvieh- 
und Fleischbeschau auf Rinderschlachtungen 
durch Polizeiverordnung angeordnet worden. 

— Auodehnnng der Trichinenschau auf Haus- 
schlachtungen. Für den Reg.-Bez. Düsseldorf 
ist durch Polizeiverordnung vom 6. Dezember 
1907 die Trichinenschau auch auf Haus- 
schlachtungen ausgedehnt worden. 

— Rinderfinnenfunde in Bayern. Auf dem 
Schlachthof zu Augsburg sind im Jahre 1906 
nach dem Schlachthofbericht für dieses Jahr 
28 Rinder (0,22 Proz. der geschlachteten) und 
11 Kälber (0,05 Proz.) mit C^ysticercus inermis be- 
haftet gefunden worden. Aus Österreich- 
Ungarn stammten von den finnigen Rindern 
4 Stück (0,21 Proz. der eingeführten). 

— Botulismus? Nach Genuß von Schinken- 
fleisch erkrankten, nach der^Allg.Fleisch.-Zeitg.^, 
in Oppeln ein Schlossermeister und drei 
erwachsene Kinder. Der Schlossermeister starb 
bereits 24 Stunden, eine Tochter drei Tage nach 
Genuß des Fleisches. 

— Erweiterung der bayerischen Schiachtvieh- 
versicherung. Die bayerische Abgeordneten- 
kammer hat die Erweiterung des Artikels 1 des 
Gesetzes, betreffend die Landesviehversicherungs- 
anstalt, angenommen, wonach in Zukunft bei 
Schlachtvieh auch der Minderwert ersetzt wird, 
der infolge der Minderwertigkeits- oder Bedingt- 
tauglichkeitserklärung des Fleisches erwächst 

— Aus einem BeleidigungsprozoB. Vor der 
Strafkammer zu Braunschweig wurde eine 
Beleidigungsklage des städtischen Tierarztes F. 
gegen den Fleischermeister M. verhandelt. 
Letzterer hatte die Äußerung fallen lassen, daß 
die Tierärzte der Fleischer wegen da 
seien. In dieser — in Schlachthöfen oft ge- 
hörten — Äußerung erblickte der Gerichtshof 
eine grobe Ungebühr und erkannte dieser- 
halb auf eine Geldstrafe von ö M. 

— Eine Saoglingsmilchanstalt wird in Waiden- 
burg i. Schi, in Verbindung mit dem Schlacht- 
hof errichtet werden. 

— IX. internationaler Tierärztlicher Kongreß im 
Haag, 14.— 19. September 1909. 

II. Tagung des Ständigen Ausschusses vom 
14. bis 16. April 1908 in Baden-Baden. 

Erschienen waren: 
von Frankreich: Herr Professor Arloing-Lyon, 

Direktor der Tierärztlichen Hochschule zu 

Lyon; 
von Österreich: Herr Ministerialrat Binder im 

Ackerbauministerium, Wien; 
von Belgien: Herr Professor Degive, Direktor 

der Tierärztlichen Hochschule in Brüssel; 
von Rußland: Herr Staatsrat Professor Dr. 

Happich an der Universität zuJurjew (Dorpat); 



— 306 



von der Schweiz: Herr Sanitätsrat Professor 

Dr. Heß an der Universität in Bern; 
von Ungarn: Herr Hof rat Professor Dr. Hutyra, 
Rektor der Tierärztlichen Hochschale in Buda- 
pest; 
von Holland: Herr Professor Dr. de Jong von 

der Universität Leiden (Holland); 
von Schweden: Herr Medizinalrat Kjernlf in 

Stockholm ; 
von Deutschland: Herr Geheimer Oberregierungs- 
rat Dr. Lydtin, Baden-Baden; 
von Norwegen: Herr Direktor Dr. Malm, 

Kristiania; 
von Italien: Herr Professor Dr. Perroncito an 

der Universität Turin; 
von Ungarn: Herr Professor Dr. von Ratz, 

Budapest; 
von Holland: Herr Professor Schimmel von 

der Tierarzneischule zu Utrecht; 
von Bulgarien: Herr Ministerialrat Tuleff, Sofia. 
Außerdem wohnte der österreichische Veteri- 
närkonsulent Hanka von München den Ver- 
handlungen als Gast bei. 

Entschuldigt hatten sich die Delegierten von 
Dänemark, England und der Kapkolonie. 

Als Mitglieder des Organisationskomitees 
des Haager Kongresses waren die Ausschuß- 
mitglieder, die Herren Dr. de Jong und 
Schimmel, letzterer an Stelle des leider zu 
frtth verstorbenen Thomas sen, erschienen. Zur 
Verhandlung tlber die zootomische Nomenklatur 
war auch Professor v. Sußdorf- Stuttgart eine 
Zeitlang anwesend. 

Nach Begrüßung der Mitglieder des Aus- 
schusses durch den deutschen Vertreter, zugleich 
Vorsitzenden, wurde, im Anschluß an den von 
dem Vorsitzenden und dem Generalsekretär er- 
statteten Geschäftsbericht, eine Kommission, be- 
stehend aus den Herren Geheimrat Professor 
Dr. Ostertag, Direktor der Tierärztlichen Ab- 
teilung im Kaiserlichen Gesundheitsamte Berlin, 
Ministerialrat Binder -Wien und Leclainche- 
Toulouse, erwählt, um ein einheitliches Formular 
für die internationalen Seuchennachweise dem 
nächsten Kongresse zur Beschlußfassung vor- 
zulegen. Nach dem Geschäftsbericht sind sämtliche 
Regierungen der zivilisierten Staaten von den 
Satzungen und von der Konstituiening des Stän- 
digen Ausschusses in Kenntnis gesetzt worden. 
Außerdem erhielten sie den Bericht über den achten 
Kongreß und die daselbst gefaßten Resolutionen, 
einschließlich derjenigen über die Doktorats- 
promotion. Die in der ersten Tagung des Aus- 
schusses genehmigten Satzungen sind in den 
drei Kongreßsprachen gedruckt, versendet und 
verteilt worden. Weiter ist aus dem Geschäfts- 
bericht her\'orzuheben, daß eine Umfrage über 



die auf die Tagesordnung des Haager Kongresses 
zu stellenden Verhandlongsgegenstände statt- 
gefunden hat. Zum ehrenden Andenken an den 
durch Tod ausgeschiedenen Prof. Dr.Thomassen 
erhob sich die Versammlung von den Sitzen. 

Hutyra berichtete dann über den von ihm 
und seinem Kollegen v. Ratz ausgearbeiteten 
Entwurf der Satzungen der Internationalen Tier- 
ärztlichen Kongresse. In der Hauptsache wurde 
der Entwurf genehmigt, jedoch die vorgesehene 
Bildung von Sektionen dahin geändert, daß, 
unter Aufrechterhaltung der Beschüsse des 
VIII. Kongresses, die Bildung der einzelnen Sek- 
tionen nach Zahl und Benennung dem Organi- 
sationskomitee der jeweiligen Kongresse zu über- 
lassen sei. Die beschlossenen Satzungen werden 
in den drei Kongreßsprachen im Laufe des näch- 
sten Vierteljahres allgemein bekannt gegeben 
werden. 

Längere Verhandlungen veranlaßten die Vor- 
schläge des Haager Organisationskomi tees über 
die Gegenstände, welche auf die Tagesordnung 
des nächsten Kongresses gesetzt werden sollten. 
Das Haager Komitee hatte 50 Themata vor- 
gesehen, gegen 11 in Baden und 2ß in Budapest 
Wie leicht verständlich, waren hier Streichungen 
vorzunehmen. Der Ausschuß einigte sich schließ- 
lich mit dem Haager Organisationskomitee dahin, 
daß etwa 10 Fragen von allgemeiner Bedeutang 
auf der Tagesordnung der Plenar Versammlungen 
erscheinen sollten. Im übrigen wurde dem 
Organisationskomitee freie Hand gelassen, die 
vom Ständigen Ausschuß genehmigten oder auch 
andere Fragen in die Plenar- oder Sektions- 
sitzungen zu verweisen, vorausgesetzt, daß die 
Zahl der Fragen in Einklang mit der Zeit zu 
deren Verhandlungen gebracht werde. Die Be- 
schlußfassung über zootomische Nomenklatur 
wurde wegen finanzieller Schwierigkeiten vertagt. 

Der Kongreß soll in der Woche vom 14. 
bis 19. September 1909 im Haag tagen. Man 
erwartet eine große Beteiligung. Über die Höhe 
des Mitgliederbeitrages konnte das Organisations- 
komitee Bestimmtes noch nicht mitteilen. Der 
Ausschuß empfahl, über den Betrag von 20 M. 
nicht hinauszugehen. 

Am Schluß der Tagung dankte der Vor- 
sitzende den Herrn Berichterstattern für deren 
Mühewaltung, besonders den Herren Hutyra und 
von Ratz, ferner dem Herrn Generalsekretär 
Dr. de «Long. 

Dem Vorsitzenden dankte Herr Hutyra für 
die geschickte und förderliche Leitung der Ver- 
handlungen. 

Von der Stadt Baden hatten die Herren 
Mitglieder Freikarten zum Besuch der Promenade, 
des Konversationshauses, der Konzerte usw. 



— 307 — 



erhalten. Der AuBSchnß verfehlte nicht, dafür 
zu danken. 

Femer hat sich nach Beginn der Ver- 
handlungen ein deutscher Ausschuß für An- 
regung zur Beteiligung an dem IX. Inter- 
nationalen Tieriirztlichen Kongresse gebildet. 
Er setzt sich zusammen aus dem Ausschusse 
des Deutschen Veterinärrates, dem Herrn 
Geheimrat Professor Dr. Esser- Göttingen, 
Herrn Oberregieningsrat Beifiwänger- Stuttgart, 
Herrn Professor Dr. Schmal tz, Rektor der Tier- 
ärztlichen Hochschule Berlin, Herrn Kreistierarzt 
Zünde 1-MQlhausen i. £., Herrn Veterinärrat 
Heyne, Departementstierarzt zu Posen, und 
Herrn Mölter, Obertierarzt am Schlachthof in 
Vflnchen, denen sich Herr Geheimrat Professor 
Dr. Ostertag, Direktor der Veterinärabteilung 
im Kaiserlichen Gesundheitsamt Berlin, und Herr 
Geheimer Oberregierungsrat Dr. Lydtin -Baden- 
Baden, letzterer als Vorsitzender, angeschlossen 
haben. In den nächsten Tagen wird ein Aufruf 
des Ausschusses an die deutschen Tierärzte 
ergehen. L. 

— Einladung zu der am 20. und 21. Juni 1908 
In Berlin ttattflndenden VII. allgemeinen Verelnever- 
•annlung des Vereint preuBiecher Schlachthef- 

Tierftrzte. 

Programm. 

A. Sonnabend, den 20. Juni 1908. 

1. Nachmittags 5 Uhr: 

Besichtigung der städtischen Fleischvemich- 
tungs- und Verwertungs-Anstalt in Rüdnitz. 

3 Uhr 35 Min.: Abfahrt mit der Vorortbahn 
vom Stettiner Bahnhof. 

4 Uhr 16 Min.: Ankunft in Bernau, von dort 
mit Wagen nach Radnitz. 

6 Uhr 15 Min.: Rückfahrt von Rüdnitz. 

6 Uhr 58 Min.: Rückfahrt von Bernau. 

7 Uhr 39 Min.: Ankunft in Berlin, Stettiner 
Bahnhof. 

2. Abends 8 Uhr: 

Versammlung im Ratskeller zu Berlin zur 
Erledigung des Geschäftlichen. 

a) Geschäftsbericht des Vorstandes. 

b) Kassenbericht. 

c) Aufnahme neuer Mitglieder. 

d) Mitteilungen aus der Schlachthofpraxis. 

B. Sonntag, den 21. Juni 1908. 
1. Vormittags 10 Uhr: 

Vn. allgemeine Hauptversammlung im Hör- 
saal des hygienischen Instituts der König- 
lichen Tierärztlichen Hochschule zu Berlin, 
Luisenstraße 56. 

Tagesordnung: 
I. a) „Der maschinelle Betrieb auf Schlacht- 
und Viehhöfen unter Berücksichtigung 
der Anwendbarkeit der verschiedenen 



Kraftquellen." Referent: Herr Ingenieur 
Musmacher, Cöln. 

b) „Über die verschiedenen Kraftquellen 
für die Schlacht- und Viehhofbetriebe." 
Referent: Herr Professor L. Klein der 
Königl. Technischen Hochschule Han- 
nover. 

c) „Die Anwendbarkeit der verschiedenen 
Kraftquellen für den Betrieb der 
maschinellen Anlage der Schlacht- und 
Viehhöfe." Referent: Herr Privatdozent 
Dr. Ingenieur H e i n e 1 der Königl. Tech- 
nischen Hochschule Charlottenburg. 

II. „Bericht über die im Reichstage ge- 
pflogenen Beratungen des Reichs-Vieh- 
seuchengesetzes". Referent: Herr Schlacht- 
hofdirektor Goltz, Berlin. 
III. Ort und Zeit der nächsten Versammlung. 
2. Nachmittags 3 Uhr: 

Gemeinschaftliches Mittagessen im Restaurant 
„Kaiserkeller", Ratsstube, Friedrichstr. 178. 
— Preis des Gedecks 3,50 M. 
Beteiligung der Damen der Mitglieder er- 
wünscht. 
Anmeldungen zur Fahrt nach Rüdnitz und 
zum Essen sind bis 15. Juni d. J. an Herrn 
Direktor Goltz, Berlin 0. 67, erbeten. 

Nichtangemeldete können auf Beteiligung an 
der Wagenfahrt nicht rechnen. 
Der Vorstand des Vereins preuß. Schlachthof- 
tierärzte. 
I. A.: 
Goltz, 

Verwaltungsdirektor des städt. Vieh- und Schlacht- 
hofes in Berlin 0. 67, 
Vorsitzender. 
Kühnau, 
Direktor des stlldt. Schlacht- und Viehhofes in 
Cöln am Rhein, 
Schriftführer. 



Personalien. 

Ernannt: Kreistierarzt Prieur- Jarotschin zum 
Kreistierarzt auf dem Zentralviehhof in Berlin; 
Polizeitierarzt Dr. Karl Oestern-Hamburg zum 
Obertierarzt am Schlacht- und Viehhof in Essen 
(Ruhr); die Tierärzte Carl Bolle und Johann 
Mrozik zu Assistenztierärzten am städtischen 
Schlachthof in Rostock; Tierarzt Dr. Willies- 
Kiel zum Polizei tierarzt in Hamburg; Tierarzt 
Otto Engelmann - Frankfurt a. M. zum 
IL Schlachthaustierarzt in Osnabrück; Tierarzt 
Dr. R. Höfling - Lübeck zum städtischen 
Tierarzt in Bad Oldesloe in Holstein; Tier- 
arzt Chr. A. Crohn zum Schlachthof tierarzt 
in Lübeck; Tierarzt Dieckerhoff - Unna 
zum Schlachthof-Verwalter in Neuhaus bei 



— 308 — 



Schwerte; städtischer Tierarzt Ernst Lingk- 
Stettin zum Schlachthof direkter in Treptow a. R.; 
Assistent M. Grub er- Gerabronn zum Stadttier- 
arzt in Murrhardt; Stadttierarzt F. He in- Giengen 
zum Distriktstierarzt in Altdorf bei Nürnberg. 

Der Assistent am hygienischen Institut der 
Universität Leipzig, Tierarzt Dr. Poppe, ist als 
Hilfsarbeiter in das Yeterinärlaboratorium des 
Kaiserlichen Gesundheitsamts, Schlachthoftierarzt 
Cnrt Preß 1er als Volontärassistent bei der 
Abteilung zur Erforschung von Tierkrankheiten 
am hygienischen Institut der Universität Rostock 
eingetreten. 

Der zum Professor für die ambulatorische 
Klinik an der Tierärztlichen Hochschule zu 
München ernannte Direktor des Bakteriologischen 
Instituts der Landwirtschaftskammer ftlr die 
Provinz Pommern, Dr. Schmitt, hat auf die ihm 
übertragene Professur Verzicht geleistet. 

Auszeichnungen: Es wurden verliehen dem 
Wirklichen Ober-Regierungsrat Hugo Beiß- 
w ä n g e r - Stuttgart, dem Ober - Regierungsrat 
Hafner- Karlsruhe und dem Landestierarzt 
Regierungsrat Dr. Vogel -München das Komtur- 
kreuz des Kaiserlich Österreichischen Franz 
Joseph-Ordens, dem Schlachthof direktor Jakob 
Mag in -München das Ritterkreuz des Öster- 
reichischen Franz Joseph-Ordens, dem Landes- 
tierarzt Dr. Edelmann und dem Professor Dr. 
Pusch -Dresden der Charakter als Ober- 
medizinalrat, den Professoren DDr. Eber-Leipzig, 
Biedermann, Lungwitz und Schmidt- 
Dresden, Schlachthof direktor Hengst- Leipzig 
und den Bezirkstierärzten Bncher-Löbau und 
Harten stein -Döbeln das Ritterkreuz I. Klasse 
des Albrechtsordens, dem Schlachthof direktor a.D. 
Kleinschmidt-Erfurt der Rote Adlerorden 
IV. Klasse. Die Schlachthofinspektoren F. Läng- 
rich-Rostock, Tiemann-Siegen und F. Heus- 
ler-Demmin sind zu Schlachthof direktoren er- 
nannt worden. 

Promotionen: Prof. Dr. med. vet. Gm einer- 
Gießen von der Medizinischen Fakultät der 
Universität München zum Dr. med. 



Vakanzen. 

Schiachthoftlerarztstelle : Barmen (Rhld.) : 
1. Assistenztierarzt, zum 1. August. GehaJt 2400 M. 
bis 4500 M., freie Wohnung usw. Bewerbungen 
an das Oberbürgermeisteramt. 

Straßburg (Elsaß): Schlachthof- Assistenz- 
tierarzt, 2400 M., freie möblierte Wohnung. 
Meldungen an die Direktion des Schlacht- und 
Viehhofes. 

Ambuiatorloche Fieisolibeschau : Herrnhut 
Oberlausitz) : Tierarzt für Fleischbeschau. 



Menge de (Kr. Dortmund): Tierarzt für 
Fleischbeschau, Gehalt 3000 M., Wohnnngsgeld- 
zuschuß 300 M., Wegegelder 300 M. Meldungen 
an den Amtmann daselbst. 

We i l h e i m a. d. T e c k : Stadttierarzt, Warte- 
geld 1000 M., Fleischbeschaugebühren 600 M. 
Bewerbungen an den Gemeinderat. 



Dringliehe Bitte. 

In der Mushdahir des Rhides gibt es 
geschwiilstartige Herderkrankungen y von 
denen Oeheimrat Ostertags Handbuch der 
Fleischbeschau in allen Auflagen und 
Kitts Lehrbuch der pathol. Aiiatornie in 
der 3. Aufl. 1905, L Bd., S. 278 u, 279, 
Abbildungen (Rinderschivänxe) geben, Fälle 
dieser Art sind selten; ihre Veränderufigen 
scheinen aber immer zahlreich zu sein und 
oberflächlich xu sitxen in den Muskeln des 
Schivanxes, der Kruppe, Schul ter, Rippen- 
ivand und des Halses. Die bisherige 
Kenntnis dieser Vorkommnisse ist xu ihrer 
Beurteilung ungenügcjid; daher tvird in 
U7iserm pathologischen Institut in 
Stuttgart an der Sammlung und Mehrung 
des Wissens über jene Erscheinungen ge- 
arbeitet. Aber es fehlt uns xu manchen 
Utitersuchungeyi noch an geeignetem Ma- 
terial, tveshalb wir un^ hiermit an alle 
Herren Kollegen, insbesondere die Herren 
Schlachthaustierärxte, icenden mit der Bitte 
um Mitteilungen und untersuchungsfähiges 
Material, konserviert oder frisch. Am wert- 
vollsten wären frische Teile in möglichst 
sterilem Zustande mit jugendlichen Knoteji. 

Den Sendungen bitte ich anxufügen 
Angaben über Nährxustand, Alter, Ge- 
schlecht usw. des Tieres, Sitx, Zahl, Ver- 
breitung, Größe U7ui Bescfuiffenkeit der 
Knoten sowie über die Beschaffenheit der 
regioMren Lymphdrüsen und darüber, ob 
auch Verändeni7igen in anderen Organen 
und Teilen vorhanden si?id oder ob Tuber- 
kulose besteht — 7iach Alter, Grad tmd 
Sitx. 

Kosten iverden auf Antrag ersetzt, 

Lüpke. 



Verantwortlicher Redakteur (exkL Inseratenteil): Prof. Dr. OsterUg in Berlin. — Verlag von Richard Schoetx In Berlin. 



Zeittehrifl ßr Fteitch- und Müehhygi&ne. 
XVIII. Jahrgang, Heft 9. 



Clemseh: Über Fälschungen bei dem Verkauf von 
KiebtiX' und Moweneiem, 




O 



W**^ I 



«• 



Verlagsbuchhandlung von Richard SchoeU, Berlin SW. 



Zeitschrift 

tax 



Fleisch- und Milclihygieiie. 

Aehtzelmter Jahrgang. Jnll 1»08. Heft 10. 



Original-Abhandlungen . 

(Naohdruek Terboten.) 



(Aus dem YeteriDärinstitut der Universität Leipzig.) 

Unter8uchungen über den Tuberkelbazlllen- 

gehalt der in Leipzig zum Vericauf 
Icommenden Milch und Moiicereiproduicte. 

Von 

Prof. Dr. A. Eber. 
Alsbald nach Fertigstellang des Neu- 
baues im Frühjahr 1903 wurden im 
Veterinärinstitut umfassende Unter- 
suchungen über die Beziehungen zwischen 
Menschen- und Bindertuberkulose be- 
gonnen. Bekanntlich haben diese Unter- 
suchungen, soweit sie zurzeit abgeschlossen 
vorliegen,*) in Übereinstimmung mit den 
Untersuchungen zahlreicher anderer 
Forscher die von Robert Koch im Jahre 
1901 auf dem Londoner Tuberkulose- 
Kongreß vertretene Auffassung von der 
Verschiedenheit der beim Menschen und 
beim Kinde vorkommenden Tuberkulose 
und der Ungefährlichkeit der Rinder- 
tuberkulose für den Menschen nicht be- 
stätigt. Auch die Anhänger Kochs haben, 
so sehr sie im übrigen an der Verschieden- 
heit der beim Menschen und beim Rinde 
vorkommenden Tuberkelbazillen festhalten 
zu müssen glauben, das Dogma von der 
Ungefährlichkeit der Rindertuberkulose 
für den Menschen fallen gelassen. Erkennt 
man aber an, daß die vom Rinde stammenden 
Tuberkelbazillen dem Menschen gefährlich 
werden können, dann gewinnt auch die 
Frage, wie oft der Konsument beim An- 
kauf von Milch und Molkereiprodukten 
Gefahr läuft, ein tuberkelbazillenhaltiges 



*} Vergl. die diesbezüglichen VeröflFent- 
lichungen in Nr. 7 des 15. Jahrgangs und in 
Nr. 7 des 16. Jahrgangs dieser Zeitschrift, 



Nahrungsmittel zu erwerben, erneut ein 
großes Interesse. 

Bekanntlich sind bereits im letzten Jahrzehnt 
des vorigen Jahrhunderts eine Reihe von Unter- 
suchungen über den Tnberkelbazillengehalt der 
Marktmilch zur Ausführung gelangt, die 
ergeben haben, daß die gewöhnliche Handels- 
milch verhältnismäßig oft tuberkelbazillenhaltig 
gefunden wird. Derartige Untersuchungen wurden 
angestellt von Friis (1893, 1894) in Kopenhagen, 
Obermüller (1895), Petri(1898) und Beck (1900) 
in Berlin, Zacharbeckow (1895) in Petersburg, 
Mas sone (1897) in Genua, Stepanow (1900) in 
Kasan, Bujwid (1900) in Krakau u. a. Der Pro- 
zentsatz der tuberkelbazillenhaltig befundenen 
Milchproben schwankte in ziemlich weiten Grenzen 
(2,2 [Kasan] und 30 [Berlin]) und ist zweifellos nicht 
nur durch den Herkunftsort und die Gesamtzahl 
der überhaupt untersuchten Proben, sondern auch 
durch die jeweilig angewandte Untersuchungs- 
methode stark beeinflußt Dasselbe gilt von den 
zahlreichen ebenfalls seit Mitte der neunziger 
Jahre zur Ausführung gelangten Butterunter- 
suchungen — es sei hier nur auf die Veröffent- 
lichungen von Roth (1895) über Untersuchung von 
Schweizer Butter, Brusaf erro(1896) über Butter- 
prttfungen in Turin, Gröning (1897) in Hamburg, 
Obermüller (1897, 1899), Rabinowitsch (1897, 
1899), Petri (189:5) und Hormann-Morgcnroth 
(1899) in Berlin, Coggi (1899) in Mailand, Korn in 
Freiburg, Herr-Beninde (1900) in Breslau, 
Anjeszky (1902) in Budapest, Merkl (1902) in 
Wien, Bonhof (1905) in Marburg hingcv.iesen — , 
bei denen sich die Prozentzahl der tuberkel- 
bazillenhaltig gefundenen Proben zwischen 
und 100 bewegt. Verhältnismäßig selten sind 
Margarine und Käse auf Tuberkelbazillcn 
untersucht worden. Aber auch hier war das Er- 
gebnis in einzelnen Fällen positiv (Morgenroth 
bez. Hormann-Morgenroth [1899]). 

Wenn auch die Unteröuchungen, auf 
deren interessante Einzelheiten ich mir 
leider versagen muß, an dieser Stelle 
näher einzugehen, «larttber keinen Zweifel 



310 — 



lassen, daß alle zum Verkauf gelangenden 
Molkereierzeugnisse gelegentlich einmal 
Tuberkelbazillen enthalten können, so 
bieten sie doch für die Beurteilung 
des Tuberkelbazillengehalts der ge- 
samten Milch und Molkereiprodukte 
einer Stadt und für die Schätzung der 
dem Konsumenten hieraus erwachsenden 
Gefahren keine ausreichende Unterlage. 
Es erschien mir daher wünschenswert, 
einmal den Versuch zu unternehmen, fiir 
eine Großstadt wie Leipzig im Verlauf 
eines längeren Zeitraumes die gesamten 
diesbezüglichen Verhältnisse einer Prüfung 
zu unterwerfen. Wir begannen daher 
bereits im Frühjahr 1905 mit der syste- 
matischen Untersuchung der in Leipzig 
zum Verkauf gelangenden Marktmilch 
und dehnten die Untersuchung in den 
folgenden Jahren auf die in Leipzig feil- 
gebotene Butter und Margarine, ferner 
auf Sahne und Quark aus. 

Diese Untersuchungen sind jetzt ab- 
geschlossen, und wenn sie auch, infolge 
einer Reihe von Einschränkungen, die 
der ursprüngliche Versuchsplan erfahren 
mußte, und sonstigen Mängeln weit davon 
entfernt sind, ein erschöpfendes Bild der 
einschlägigen Verhältnisse zu geben, so 
mögen sie doch als ein kleiner Beitrag 
zur Klarstellung der neuerdings wieder 
akut gewordenen Frage der Gefährdung 
der menschlichen Gesundheit durch die 
vom Rinde stammenden tuberkelbazillen- 
haltigen Nahrungsmittel im Nachfolgenden 
kurz mitgeteilt werden. 

I. Mlloh (Marktmiloh). 

Der tägliche Milchverbrauch der Stadt 
Leipzig betrug im Frühjahr 1903 nach 
einer vom Rat der Stadt Leipzig fttr die 
allgemeine Ausstellung für hygienische 
Milchversorgung in Hamburg (1903) an- 
gestellten statistischen Erhebung 91 881 1, 
wovon 3150 1 in der Stadt selbst erzeugt, 
50 348 1 durch die Eisenbahn, 38 888 1 
auf Landstraßen zugeführt wurden. 

Die in der Stadt selbst erzeugte Milch 
scheidet an dieser Stelle aus, da sie meist 



als Vorzugsmilch verkauft wird, die einer 
besonderen Kontrolle untersteht. 

An der Lieferung der verbleibenden 
88 731 1 sogen. Marktmilch beteiligten 
sich insgesamt 663 Händler. 

Von diesen hatten einen täglichen 
Umsatz: 

11 Händler von über 1000 1 == 28 594 1 

13 „ „ 500-10001 = 84501 

58 „ „ 200- 5001 = 154651 

164 „ ^ 100- 1951 == 200901 

181 „ „ 50- 951 = 132431 

236 „ „ unter 50 1 = 2 889 1 

663 88 7311 

Diese Zusammenstellung zeigt, in 
welch hohem Maße in Leipzig der Klein- 
handel (in der Mehrzahl Butter-, Brot- 
und Grünwarengeschäfte) an dem Milch- 
verkauf beteiligt ist. Eine solche Zer- 
splitterung des Milchhandels erregt, da der 
Verkauf der Milch fast allgemein noch aus 
offenen Gefäßen und nicht in plombierten 
Flaschen erfolgt, an sich schon die 
schwersten hygienischen Bedenken. 

Die große Zahl der in Leipzig vor- 
handenen Milchhändler bereitete der 
geplanten systematischen Untersuchung der 
Leipziger Marktmilch von vornherein er- 
hebliche Schwierigkeiten und wäre an- 
gesichts dieser Verhältnisse einwandfrei 
nur bei wiederholter Entnahme von Milch- 
proben an den Einfuhrstätten, d. h. auf 
sämtlichen Bahnhöfen und Zufahrtsstraßen, 
möglich gewesen. Allein die Hilfsmittel 
und Hilfskräfte des Instituts würden zur 
Durchführung derartiger gehäufter Unter- 
suchungen nicht ausgereicht haben. Wir 
mußten daher von vornherein darauf be- 
dacht sein, auf einem andern Wege zum 
Ziele zu gelangen. 

Da nach Mitteilung des Stadtbezirks- 
arztes die Zahl der Milchhändler zu Be- 
ginn unserer Untersuchungen (Februar 
1905) auf etwa 700 angestiegen war, so 
beschlossen wir, bei einem Zehntel = 
70 Händlern im Laufe eines Jahres ins- 
gesamt dreimal Proben zu entnehmen und 
diese in der weiter unten angegebenen 



- 311 — 



Weise auf Tuberkelbazillen zu unter- 
suchen. Die zur Untersuchung erforder- 
liche Milch (einviertel Liter) wurde in 
sauberen, vorher sterilisierten Milch- 
flaschen vom Institutsdiener in den be- 
treffenden Geschäften gekauft und sofort 
etikettiert. 

Um bei diesem üntersuchungsmodus 
einen möglichst großen Teil der in 
Leipzig zum Verkauf gelangenden Markt- 
milch in die Untersuchung einzubeziehen, 
haben wir zunächst versucht, von den in 
der Zusammenstellung vom Jahre 1903 
mit einem täglichen Umsatz von aber 
500 Liter aufgeführten Händlern (ins- 
gesamt 24 mit einem Tagesumsatz von 
37 014 Liter) die erforderlichen Proben 
zu erhalten. Es gelang dieses in 
18 Fällen. Sechs Händler waren nicht 
mehr aufzufinden. Unsere Absicht, auch 
die übrigen Händler nach der Größe des 
täglich zum Verkauf kommenden Milch- 
quantums auszuwählen, mußten wir leider 
aufgeben, da in den seit Aufstellung der 
Statistik verflossenen zwei Jahren in den 
Verhältnissen der Händler mancherlei 
Wandlungen eingetreten waren. Viele 
waren verzogen, einige überhaupt nicht 
mehr aufzufinden. Bei einigen war das 
Geschäft größer geworden, bei anderen 
kleiner. Daher haben wir, um die noch 
fehlenden ca. 50 000 Liter ziemlich gleich- 
mäßig zu treffen, eine Einteilung nach 
Stadtteilen vorgenommen und in den ein- 
zelnen Stadtteilen wiederum nach dem 
äußeren Augenschein größere und kleinere 
Geschäfte ausgewählt. Um endlich auch 
diejenigen Milchhändler zu treffen, die 
keine ständige Geschäftsstelle in Leipzig 
unterhalten, haben wir weiterhin eine 
Anzahl uns bekannter oder von dritter 
Seite für diesen Zweck namhaft gemachter 
Familien, von denen wir wußten, daß sie 
ihre Milch von einem auswärtigen Händler 
erhielten, veranlaßt, uns von ihrer Haus- 
haltsmilch Proben für die Untersuchung 
zu überlassen. Hierbei war es natürlich 
nicht zu vermeiden, daß zur zweiten 



oder dritten Untersuchung gelegentlich 
einmal Milch von einem andern Lieferanten, 
der inzwischen gewechselt hatte, ver- 
wendet wurde. Auch von den festen 
Milchgeschäften gingen im Laufe des 
Jahres ein paar ein, die dann bezüglich 
der weiteren Untersuchung durch ein 
gleichartiges Geschäft in derselben Stadt- 
gegend ersetzt wurden. Der Preis, 
welcher far die Milchproben bezahlt 
wurde, betrug fast ausnahmslos 20 Pf. 
für das Liter. 

Trotz mancher Mängel, die unserm 
Aus wähl verfahren zweifellos anhaften, 
glauben wir, daß die mit den untersuchten 
Proben erlangten Ergebnisse doch ein 
einigermaßen zuverlässiges Bild von der 
Häufigkeit des Vorkommens von Tuberkel- 
bazillen in der Leipziger Marktmilch 
geben. Das Verfahren hatte aber für 
uns den großen Vorzug, daß es uns ge- 
stattete, beliebig, je nach Maßgabe der 
verfügbaren Hilfskräfte und Versuchstiere, 
die Untersuchungen zu sistleren und 
wieder aufzunehmen. Nur hierdurch war 
es uns möglich, die zeitraubenden und 
außerordentlich viele Versuchstiere be- 
anspruchenden Untersuchungen zugleich 
mit den übrigen Tuberkulosearbeiten im 
Institut durchzuführen. 

Für die Untersuchung der einzelnen 
Milchproben auf Tuberkelbazillen kam, 
da es sich in allen Fällen um Mischmilch 
handelte, nur der Tierversuch (Über- 
impfung des durch Zentrifugieren ge- 
wonnenen Bodensatzes bzw. Kahmes auf 
Meerschweinchen) in Betracht. 

Zum Ausschleudern der Milch diente eine 
dänische Kontrollzentrifuge, die im Jahre 1902 
durch Vermittlung des leider so früh verstorbenen 
Kollegen Stribolt, Assistenten von Professor 
Bang in Kopenhagen, von der Werft Titan in 
Kopenhagen geliefert war und seitdem dauernd 
im Institut in Gebrauch ist. Mit Hilfe dieser 
ans Panzerstahl hergestellten, von einem Elektro- 
motor (2 Pferdekräfte) direkt angetriebenen, 
ca. 4000 Umdrehungen in der Minute ausführenden 
Zentrifuge können gleichzeitig bis zu 6 Glas- 
tuben mit je 100 ccm Milch ausgeschleudert 
werden. Die Zentrifuge ist außerdem mit einer 



— 312 — 



nach je 100 Umdrehungen lant anschlagenden 
Zähl Vorrichtung versehen und bietet ihrer ganzen 
Konstruktion nach die denkbar größte Sicher- 
heit gegen Unglücksfälle. 

Zur weiteren Untersuchung wurden von jeder 
der 7« 1 betragenden Proben zwei Gläser zu 
100 ccm Inhalt in die mit etwas Wasser gefüllten, 
am Boden mit einer Gummiplatte versehenen 
Metallbüchsen gestellt und mindestens eine Viertel- 
stunde lang zcntrifugiert. Im Anfang kam es 
einigemal vor, daß Gläser während des Zentri- 
fugierens zerbrachen, wodurch eich der Inhalt 
der Gläser mit dem Wasser der Metallbüchse 
mischte. Nachdem aber aus einem größeren 
Vorrat durch Probezentrifu gieren die nicht ge- 
nügend widerstandsfähigen Gläser ein für allema 
ausgemerzt waren, ereigneten sich derartige 
Zufälle nicht mehr. Nach einviertelstündigem 
Zentrifugieren bildet der Rahm eine 4—6 mm 
dicke, ziemlich feste, gelbe Decke über dem 
flüssigen Inhalt des Glases, und auch der die 
Wölbung des Glasbodens ausfüllende Boden- 
satz stellt eine ziemlich kompakte grauweiße 
Masse dar, zu der man nach Lockerung der 
Rahmschicht und Abgießen des flüssigen In- 
halts bequem gelangen kann. Von diesem 
Bodensatz wurden nun je zwei große 
Platinösen von jedem zu einer Milch- 
probe gehörigen Glase, also insgesamt 
vier Ösen Bodensatz von jeder Probe, 
einem Meerschweinchen subktan am 
Rücken (Lendongegend) eingeimpft. Die 
Untersuchung des Bodensatzes auf Tuberkel- 
bazillen, vermittelst Färbung (Earbolfuchsin) die 
wir anfangs zur Eontrolle mit ausführten, fiel 
stets negativ aus. 

Wir haben bei den im Institut ausgeführten 
Milchuntersuchungen, namentlich wenn es sich 
um die Untersuchung einzelner verdächtiger 
Kühe handelte, zunächst aus äußeren Gründen, 
die Verwendung des Bodensatzes bevorzugt. 
Von ihm lassen sich am einfachsten Deckglas- 
präparate herstellen, und auch die subkutane 
Verimpfung des fettarmen Bodensatzes schien 
uns bequemer. Trotzdem wurde anfangs auch 
wiederholt der bekanntlich ebenfalls tuberkel- 
bazillenhaltige Rahm zur weiteren Untersuchung 
benutzt, und erst, nachdem in einem besonderen 
Falle von zwei mit derselben Milch infizierten 
Meerschweinchen das mit Rahm behandelte ge- 
sund geblieben war, während sich das mit Boden- 
satz geimpfte bei der Tötung mit einer von der 
Impfstelle ausgehenden Tuberkulose der inneren 
Organe behaftet erwies, wurde die Verarbeitung 
des Bodensatzes zur Regel.*) 

*) Ausführliche Untersuchungen über das Ver- 
halten der Tuberkelbazillen beimZentri- 



Von der Überlegenheit der subkutanen In- 
fektionsmethode bei jeder Art von Nachprüfung 
tuberkuloseverdächtigen Materials hatten wir uns 
bereits seit langem im Institut durch zahlreiche 
Versuche überzeugen können, so daß bei den 
vorliegenden Untersuchungen von Anfang an 
nur diese Methode in Anwendung kam. Sie hat 
speziell für die Prüfung von Milch- und Molkerei- 
produkten den großen Vorteil, daß sie ohne 
weitere Hilfsmittel den Unterschied zwischen 
echten Tuberkelbazillen und den übrigen säure- 
festen Stäbchen klar hervortreten läßt; denn 
niemals sahen wir bei unsem Untersuchungen 
säurefeste Stäbchen, die nicht echte Tuberkel- 
baziilen waren, bei subkutaner Einverleibung des 
Ausgangsmaterials über die nächstgelegenen 
Lymphdrüsen (Kniefaltenlymphdrüsen), in denen 
sie mäßige Schwellung und gelegentlich Abszeß- 
bildung hervorrufen, hinaus vordringen oder 
gar auf dem Wege der Blutbahn auf die inneren 
Organe sich ausbreiten. Nur wenn diese an sich 
harmlosen Stäbchen mit Milch oder Butter direkt 
in die Bauchhöhle von Meerschweinchen gebracht 
werden, erzeugen sie unter Umständen am Netz 
bzw. Bauchfell pathologische Veränderungen, die 
gelegentlich einmal eine echte Bauchfelltuber- 
kulose vortäuschen können. Endlich trägt die 
subkutane Einverleibung des Materials nicht 
unwesentlich zur Verminderung der im Anschluß 
an die intraperitoneale Einimpfung nicht ganz 
frischer Milch und Molkereiprodukte häufig zu 
beobachtenden Todesfälle (Peritonitis, Septi- 
kämie) bei und verdient auch aus diesem Grunde 
den Vorzug. 

Einige Zeit hindurch haben wir auch die 
intramuskuläre Einspritzung des mit 
destilliertem Wasser aufgeschwemmten Boden- 
satzes (in die Muskulatur des Hinterschenkels 
nach Ostertag) versucht. Doch bot diese Art 
der Einverleibung für unsere Zwecke keine be- 
sonderen Vorteile gegenüber der subkutanen 



fugieren sind bekanntlich von Scheuerlen 
(Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte 
Bd. VII, H. 2 und 3 [1891]) und E. Marpmann 
(Milchzeitung 1908, Nr. 41) angestellt, von denen 
ersterer auf Grund seiner Versuche annimmt, 
daß die Tuberkelbazillen, abweichend von allen 
übrigen in der Milch vorkommenden Bakterien, 
in der Hauptsache durch das Zentrifugieren aus- 
geschleudert werden und zu Boden sinken, 
während letzterer auf Grund seiner Unter- 
suchungen über das spezifische Gewicht der 
Tuberkelbazillen die Ansicht vertritt, daß diese 
wegen ihres in ziemlich weiten Grenzen 
schwankenden spezifischen Gewichts bald mehr 
im Rahm, bald mehr im Bodensatz angetroffen 
werden. 



— 313 



Methode. Die ersten Zeichen erfolgreicher In- 
fektion konnten regelmäßig noch 14—16 Tagen 
an den geschwollenen Rniefaltenlymphdrflsen 
festgestellt werden. 

Was nun die Beurteilung der Er- 
gebnisse anbelangt, so haben wir in 
allen Fällen, in denen die Versuchstiere 
vor Ablauf von 15 Tagen starben, sei es 
infolge der Impfung (Sepsis mit und ohne 
Abszeßbildung), sei es an interkurrenten 
Krankheiten (Darmentzündung, Lungen- 
entzündung), neue Milchproben entnommen 
und neue Impfversuche angestellt. Alle 
geimpften Versuchstiere ohne Ausnahme 
wurden frühestens sechs und spätestens 
acht Wochen nach der Impfung zur Fest- 
stellung des Impfergebnisses getötet. 
Todesfälle nach Ablauf der ersten 
15 Tage sind nur vereinzelt vorgekonmien. 
Der Sektionsbefund war in allen diesen 
Fällen klar und eindeutig. In allen 
Fällen, in denen die Versuchstiere nach 
der Tötung tuberkulös befunden wurden, 
war der Zusammenhang der tuberkulösen 
Erkrankung mit der Impfung offensichtig. 
Wir haben auch niemals einen Fall von 
spontaner Meerschweinchentuberkulose 
unter den Versuchstieren beobachtet, 
obwohl die Zahl der aus Anlaß dieser 
Versuche geimpften und getöteten ge- 
sunden Meerschweinchen fast Tausend 
beträgt. 

Die dreimalige Kontrolle der nach den 
früher dargelegten Gesichtspunkten aus- 
gewählten 70 Milchhändler wurde nun 
im Laufe des Jahres 1905 in der Weise 
durchgeführt, daß die erstmalige Probe- 
entnahme (I. Rundgang) in den Monaten 
Februar und März, die zweite Probe- 
entnahme (II. Bundgang) in den Monaten 
April, Mai und Juni und die dritte Probe- 
entnahme (in. Bundgang) in den Monaten 
November und Dezember, sowie in den 
ersten Tagen des Januar (1906) stattfand. 

Beim ersten Eundgange (Februar, 
März 1905) starben von den 70 geimpften 
Meerschweinchen fünf vorzeitig (d. h. vor 
Ablauf von 15 Tagen) und zwar: 



2 == 8 Tage n. d. Impf. (Sepsis), 

1=7^ ^ ^ ^ (Abszeßbildung an 
der ImpfsteUe), 

1 = 15 „ „ „ „ (Abszeßbildong an 
der Impfstelle). 

Es waren daher fünf neue Proben- 
entnahmen nötig, so daß insgesamt auf 
dem ersten Rundgange 75 Proben ver- 
arbeitet wurden. Sechs Meerschwein- 
chen wurden bei der Tötung mit 
einer von der Impfstelle ausgehen- 
den generalisierten Tuberkulose 
behaftet befunden. 

Beim zweiten Rundgange (April, 
Mai, Juni 1905) starben von den 70 
geimpften Meerschweinchen sieben vor- 
zeitig und zwar: 

1=1 Tag n. d. Impf. (Sepsis), 

1=2 Tage „ v n 

ö = ** » I» » » » 

1=8 „ n n » (Abszeßbildung), 

1 = 12 » » » r, (Todesursache 

nicht nachweisbar). 

Es waren daher sieben neue Probe- 
entnahmen nötig, so daß insgesamt auf 
dem zweiten Rundgange 77 Proben ver- 
arbeitet wurden. Neun Meerschwein- 
chen wurden bei der Tötung mit 
einer von der Impfstelle ausgehen- 
den generalisierten Tuberkulose 
behaftet befunden. 

Beim dritten Rundgange(November- 
Dezember 1905, Januar 1906) starben von 
den 70 geimpften Meerschweinchen dre 
vorzeitig und zwar: 

1=4 Tage n. d. Impf. (Sepsis), 
1=9 n » » y, (Pneumonie), 
1 = 11 r» f, „ n (Peritonitis). 

Es waren daher drei neue Probe- 
entnahmen nötig, so daß insgesamt auf 
dem zweiten Rundgange 73 Proben ver- 
arbeitet wurden. Sieben Meerschwein- 
chen wurden bei der Tötung mit 
einer von der Impfstelle ausgehen- 
den generalisierten Tuberkulose 
behaftet befunden. 

Das Ergebnis der im Jahre 1905 
durchgeführten Milchkontrolle läßt 
sich somit dahin zusammenfassen, daß 



— 314 — 



von 70 gewöhnliche Marktmilch liefernden 
Händlern beim 

I. Rundgange 6= 8,6 Proz., 
IL „ 9=12,9 „ 

m. „ 7 = 10,0 „ 

tuberkelbazillenhaltige Milch lie- 
ferten. 

Von Interesse ist weiterhin die Fest- 
stellung, daß ein Händler sowohl bei der 
ersten als auch bei der zweiten Proben- 
entnahme (am 14. Februar und 14. Mai 
1905) und ein anderer Händler bei allen 
drei Probenentnahmen (am 14. Februar, 
10. Mai und 15. November 1905) tuberkel- 
bazillenhaltige Milch fahrte. 

Die Verkaufsläden dieser beidenHändler 
lagen nahe beieinander, so daß mit einiger 
Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß 
beide Händler wenigstens zur Zeit der 
ersten beiden Probeentnahmen, d. h. 
während eines Zeitraumes von mindestens 
drei Monaten ihre Milch aus der gleichen, 
wie es scheint, stark infizierten Quelle 
entnommen haben. Alle übrigen Händler 
führten immer nur einmal tuberkelbazillen- 
haltige Milch. Bei den voraufgegangenen 
oder nachfolgenden Probenentnahmen er- 
wies sich die Milch als tuberkelbazillen- 
frei. Aber auch hier kam es noch im 
ganzen dreimal vor, daß an demselben 
Tage zwei nahe beieinander liegende Milch- 
geschäfte tuberkelbazillenhaltige Milch 
verkauften, so daß man mit großer Wahr- 
scheinlichkeit aus diesem Umstände auf 
einen gemeinsamen Engros -Lieferanten 
schließen konnte, wie das ja auch nach 
Lage der Verhältnisse sehr wohl ver- 
ständlich ist. Es sei daher nochmals 
betont, daß die Art der Probenentnahme 
wie wir sie für unsere Versuche in An- 
wendung gebracht haben, keinen sicheren 
Aufschluß über die absolute Tuberkulose- 
verseuchung der einzelnen großen Milch- 
produktionsstätten, die für Leipzig in 
Betracht kommen, gewährt, sondern ledig- 
lich einen Anhalt dafür bietet, wie groß 
etwa die Gefahr für den Milchkonsumenten 
ist, beim Einkauf der gewöhnlichen Markt- 



oder Haushaltsmilch ein tuberkelbazillen- 
haltiges Produkt zu erhalten. Und diese 
Gefahr ist nach unseren Untersuchungen 
nicht gering anzuschlagen; denn von 70 
dreimal im Laufe eines Jahres kon- 
trollierten Milchgeschäften führten 
19 = 27,1 Proz. mindestens einmal 
eine mehr oder weniger lange Zeit 
hindurch tuberkelbazillenhaltige 
Milch. Bei den Engros -Händlern 
gestaltet sich das Verhältnis so, daß von 
den 18 kontrollierten Engros -Händlern, 
welche allein fast die Hälfte des gesamten 
Konsums befriedigen, 5 = 27,8 Proz. min- 
destens einmal tuberkelbazillenhaltige 
Milch führten, während von den 52 
kleinerenHändlern,welchesichziemlich 
gleichmäßig auf die einzelnen Stadtteile 
und ehemaligen Vororte verteilen, bei 

14 = 26,9 Proz. tuberkelbazillenhaltige 
Milch ermittelt wurde. Diese auffallende 
Übereinstimmung in den Verhältniszahlen 
zwischen Engros- und Detaillieferanten 
zeigt, daß wir in der Auswahl der ein- 
zelnen Geschäfte und Verteilung über die 
ganze Stadt ungefähr das Bichtige ge- 
troffen haben. 

Endlich läßt sich noch das Ver- 
hältnis der tuberkelbazillenhaltigen 
Milchproben zu der Gesamtzahl der 
überhaupt entnommenen Proben er- 
mitteln. Untersucht wurden insgesamt 
in den drei Bundgängen 225 Proben. 

15 Proben ergaben kein verwertbares 
Eesultat, da die Versuchstiere vor Ablauf 
von 15 Tagen starben. Unter den 
210 Proben mit einwandfreien Er- 
gebnissen waren 22 = 10,5 Proz. 
tuberkelbazillenhaltig. Andere säure- 
feste Stäbchen, die wir bei den mit Butter 
geimpften Meerschweinchen einige Male in 
den abszedierten Lymphdrüsen nahe der 
Impfstelle nachweisen konnten, fehlten bei 
den Milchmeerschweinchen völlig. 

Was schließlich noch den pathologisch- 
anatomischen Befund bei den 15 in den 
ersten 15 Tagen nach der Impfling ein- 
gegangenen Meerschweinchen betrifit, so 



315 — 



wurden bei den 9 innerhalb der ersten 
4 Tage an Sepsis verendeten Tieren außer 
einer oft nur wenig deutlich hervor- 
tretenden sulzigen Infiltration an der 
Impfstelle und einer leichten Darmrötung 
keine pathologischen Veränderungen ge- 
funden. Hier handelt es sich offenbar 
um die Einwirkung von Giftstoffen, die 
sich in der Milch selbst bereits fertig 
gebildet vorfinden, oder deren Erreger 
ihre giftbildende Wirkung in der Subkutis 
noch fortzusetzen vermögen. Welche 
Rolle bei diesen Vorgängen die Jahreszeit 
spielt, geht aus der Tatsache hervor, daß 
sich nur ein Fall von Sepsis bei den im 
November und Dezember verarbeiteten 
Milchproben, gegenüber drei Fällen im 
Februar und März und fünf Fällen im 
Mai und Juni ereigneten. Im übrigen 
wurden noch dreimal kleinere und größere 
Abszesse an der Impfstelle, die offenbar 
durch den erheblichen Schmutzgehalt 
einiger Milchproben verursacht waren, 
einmal Lungenentzündung und zweimal 
Darm- bzw. Bauchfellentzündung bei den 
verendeten Tieren festgestellt. In den 
drei letzteren Fällen, in denen der Tod 
meist 9, 11 bzw. 12 Tage nach der 
iQipfnng eintrat, dürfte es sich um inter- 
kurrente Krankheiten der Versuchstiere 
gehandelt haben, die mit der Impfung 
selbst nicht im Zusammenhang stehen. 
2. Butter. 
Gleichzeitig mit der Untersuchung der 
Marktmilch wurde eine Untersuchung der 
in Leipzig käuflichen Butter auf Tuberkel- 
bazillen durchgeführt. Hierbei wurde ein 
Unterschied gemacht zwischen der in den 
Spezialbutterhandlungen und den meisten 
Milchgeschäften käuflichen sogenannten 
Molkereibutter, von der die meisten 
Geschäfte zwei Sorten, eine teuere 
(I. Sorte) und eine billigere (II. Sorte) 
führten, und der an bestimmten Tagen 
und in bestimmten Ständen der Markt- 
halle von den Bauersfrauen selbst feil- 
gebotenen Land- oder Bauernbutter. 
Dagegen war es nicht möglich, über das 



Alter der untersuchten Butter zuverlässige 
Angaben zu erhalten. Sämtliche Butter- 
proben waren leicht gesalzen. Um eine 
möglichst einwandfreie Übersicht über die 
einschlägigen Verhältnisse zu gewinnen, 
wurden insgesamt 150 Butterproben ge- 
prüft, nämlich: 

50 Proben Molkereibutter I. Sorte, 
50 Proben Molkereibntter II. Sorte, 
50 Proben Bauernbutter. 

Die Molkereibutterproben (je V4 Pfd.) 
wurden teils in den bekannten großen 
Buttergeschäften, teils bei Entnahme der 
Marktmilchproben in den kleineren Milch- 
geschäften noch während des Jahres 1905 
eingekauft, so daß die einzelnen Gegenden 
der Stadt einschließlich der eingemeindeten 
größeren Vororte ziemlich gleichmäßig 
berücksichtigt sind. Die Preise zwischen 
der I. und II. Sorte differierten um 20 
bis 30 Pf. für das Kilogramm. Die Bauem- 
butter wurde im Januar, Februar und 
März 1905, sowie im Januar und Februar 
1906 in der Markthalle gekauft. Der 
Preis hielt sich meist in der Mitte 
zwischen den beiden Sorten Molkerei- 
butter. Der Preis, der ftlr die einzelnen 
Butterproben bezahlt wurde, schwankte 
zwischen 2,60 und 2,90 M. flir das Kilo- 
gramm. Sämtliche Butterproben wurden 
am Tage des Einkaufs verarbeitet. Die 
Prüfung auf Tuberkelbazillen erfolgte, wie 
bei der Marktmilch, ausschließlich durch 
den Tierversuch. 

Zu diesem Zweck wurden von jeder der zu 
untersuchenden Proben ca. 25 g in einer 
sterilisierten Petrischale 3—4 Stunden lang in 
den Brutschrank (38 « C) gestellt. Die Butter 
zergeht innerhalb dieser Zeit vollständig zu einer 
öligen Flüssigkeit mit einem weißlichen, 
klumpigen, in der Hauptsache aus Kasein und 
Wasser bestehenden Bodensatz. Mit einer 
frisch ausgekochten, noch warmen In- 
jektionsspritze (am besten eignet sich hierzu 
eine 5 ccm fassende Metallspritze) wurden so- 
dann 4— 5 ccm von der zerlassenen Butter 
mit einermöglichst großen Menge Boden- 
satz vorsichtig aufgezogen und einem 
Meerschweinchen subkutan am Rücken 
(Lendengegend) eingespritzt. Um möglichst 
viel Bodensatz in die Spritze zu bekommen, 



— 316 — 



empfiehlt es sich, durch wiederholtes Anfsaagen 
lind Ausspritzen der Öligen Flflssigkeit den 
Bodensatz vor der endgültigen Entnahme des 
Injektionsmaterials wieder mit einem Teil des 
noch fiflssigen Biitterfettcs zu mischen. Die 
kleine Wunde am Rücken wird mit Kollodium 
gut verschlossen. Die Resorption der Butter ist 
in wenigen Tagen beendet. 6—8 Wochen nach 
der Einspritzung werden die Versuchstiere getötet. 

Bei Prüfung der 50 Molkereibutter- 
proben L Sorte starb ein Meerschwein- 
chen vorzeitig infolge Abzeßbildung an der 
Impfstelle (neun Tage nach der Impfung). 
Es machte sich daher eine Ersatzimpfung 
nötig, so daß insgesamt 51 Proben ver- 
arbeitetwurden. Bei neunMeerschwein- 
chen wurde durch die Sektion eine 
von der Impfstelle ausgehende ge- 
neralisierte Tuberkulose festge- 
stellt. Bei zwei Meerschweinchen fanden 
sich in den beiderseitigen, in erbsengroße 
Abszesse umgewandelten Lymphdrüsen 
säurefeste Stäbchen, während sich 
sämtliche Organe und sonstigen Lymph- 
drüsen intakt erwiesen. Diese bei den 
Buttermeerschweinchen gelegentlich in den 
vergrößerten Kniefaltenlymphdrüsen an- 
zutreffenden säurefesten Stäbchen können 
durch subkutane Weiterimpfung eines 
Stückchens von den erkrankten Lymph- 
drüsen auf Meerschweinchen stets sicher 
von echten Tuberkelbazillen unterschieden 
werden. 

Bei Prüfung der 50 Molkereibutter- 
proben IL Sorte starb ebenfalls ein 
Meerschweinchen vorzeitig an Sepsis 
(zwei Tage nach der Impfung), so daß 
eine Ersatzimpfung stattfinden mußte, wo- 
durch die Zahl der insgesamt verarbeiteten 
Proben auf 51 stieg. Bei fünf Meer- 
schweinchen wurde durch dieÖektion 
eine von der Impfstelle ausgehende 
generalisierte Tuberkulose fest- 
gestellt. In einem Falle wurden harm- 
lose säurefeste Stäbchen in den Knie- 
faltenlymphdrtisen angetroffen. 

Bei Prüfung der 50 Bauernbutter- 
proben starben drei Meerschweinchen 
vorzeitig an Sepsis oder Abszeßbildung 



(2 und 15 Tage nach der Impfung). 
Durch die hierdurch erforderlichen Ersatz- 
impfungen stieg die Zahl der in^esamt 
verarbeiteten Proben auf 53. Bei vier 
Meerschweinchen wurde durch die 
Sektion eine von der Impfstelle 
ausgehende generalisierte Tuber- 
kulose festgestellt. Bei drei Meer- 
schweinchen fanden sich in den erbsen- 
großen, zentral erweichten Kniefalten- 
lymphdrüsen harmlose säurefeste Stäbchen. 
Das Gesamtergebnis der 150 vor- 
schriftsmäßig zu Ende geführten 
Butteruntersuchungen war somit 
folgendes: 

von 50 Molkereibutterproben I. Sorte ent- 
hielten 9=187üTuberkelbazillen,2=4% 
andere säurefeste Stäbchen; 
von 50 Molkereibutterproben n. Sorte ent- 
hielten 5=10%Tuberkelbazillen,l=2^/o 
andere säurefeste Stäbchen; 
von 50 Bauembutterproben enthielten 
4=8% Tuberkelbazillen, 3=6% andere 
säurefeste Stäbchen; 
von 150 insgesamt geprüften Butterproben 
enthielten 18 = 12% Tuberkelbazillen, 
5=3,3% andere säurefeste Stäbchen. 
Der Durchschnittsprozentsatz der 
tuberkelbazillenhaltigen Butterproben be- 
trägt hiemach 12, d. h. man läuft beim 
Einkauf von Butter Gefahr, in etwa 
12 Proz. der Fälle ein tuberkel- 
bazillenhaltiges Erzeugnis zu 
kaufen. 

Interessant ist des weiteren die Fest- 
stellung, daß die Molkereibutter I. Sorte 
fast doppelt so oft tuberkelbazillenhaltig 
geftinden wurde als die Molkereibutter 
n. Sorte und daß die Bauernbutter noch 
relativ am besten abschnitt. Es mag 
dieses vor allem darin seinen Grund 
haben, daß in den Molkereien durch einige 
wenige tuberkelbazillenhaltige Milch 
liefernde Rinderbestände, wie sie wohl 
überall vorkommen, die gesamte Milch 
aller Lieferanten bei der Verarbeitung 
infiziert wird, während die noch selbst 
butternden Bauern nur ihre eigene Milch 



— 317 — 



verarbeiten, die naturgemäß entsprechend 
seltener ein taberkelbazillenhaltiges Pro- 
dukt liefert. Auffallend dagegen ist der 
hohe Gehalt an sonstigen säurefesten 
Stäbchen in der Bauembutter, der offen- 
bar auf spätere Verunreinigungen zurück- 
zuführen ist. Hiermit im Einklang steht 
auch die Beobachtung, daß von den mit 
den Molkereibutterproben I. und ü. Sorte 
geimpften Meerschweinchen nur je 
l=2Proz. an Sepsis oder Abszeßbildung 
zugrunde gegangen ist, während die Zahl 
der aus dem gleichen Anlaß vorzeitig 
verendeten Meerschweinchen bei den 
Bauembutterproben 3 = 6 Proz. beträgt. 
Es scheint hiemach die Bauembutter im 
allgemeinen zwar tuberkelbazillenärmer, 
aber im übrigen stärker verunreinigt zu 
sein, während die Molkereibutter zwar 
durchweg mehr Tuberkelbazillen, aber 
weniger sonstige Verunreinigungen ent- 
hält. Auch dieser Umstand findet durch 
die speziell auf die Beseitigung und Ver- 
meidung von Verunreinigungen hinzielende 
vollkommenere Technik der Molkerei- 
betriebe seine Erklärang. 

Endlich sei noch erwähnt, daß bei 
Wiederholung der Butteruntersuchung bei 
mehreren größeren hiesigen Butter- 
handlungen, die im März 1905 tuberkel- 
bazillenhaltige Butter geführt hatten, 
zwei Geschäfte bei der zweiten Probe- 
entnahme im Juli 1905 wiederum tuberkel- 
bazillenhaltige Butter feilhielten. Beide 
Male handelte es sich um Molkereibutter 
I.Sorte. Es schützt also keineswegs 
der höhere Preis vor der Gefahr, ein 
tuberkelbazillenhaltiges Produkt zu 
erwerben, ja bei unsern Versuchen 
hat sich gerade die teurere I. Buttersorte 
als die tuberkelbazillenreichere erwiesen. 
3. Birtterersaizmlttei. 

Von den Butterersatzmitteln haben 
wir zunächst die Margarine auf Tuberkel- 
bazillen untersucht. Sowohl die Art der 
Gewinnung des Hauptbestandteils der 
Margarine, des sogenannten Oleomargarins, 
aus Eindertalg bei verhältnismäßig 



niedriger Temperatur (40—50^ C), als 
auch die spätere Verarbeitung des Oleo- 
margarins unter Zusatz von Milch und 
Euterextrakt*) zu Margarine, gewährt die 
Möglichkeit für das Hineingelangen von 
Tuberkelbazillen bei Verwendung tuberkel- 
bazillenhaltigerUrsprangsmaterialien. Und 
tatsächlich sind ja auch schon gelegentlich 
Tuberkelbazillen in der Margarine nach- 
gewiesen.**) 

Um einen ungefähren Vergleich 
zwischen dem Tuberkelbazillengehalt der 
in Leipzig käuflichen Butter und Margarine 
zu erhalten, haben wir von der Margarine 
ebenfalls 150 Proben in allen Stadt- 
teilen aufkaufen lassen und verarbeitet. 
75 Proben sind ausdrücklich als beste 
Margarine in größeren Geschäften ein- 
gekauft; die übrigen 75 Proben sind als 
gewöhnliche Speisemargarine oder als 
Kochmargarine verlangt. Der Preis, der 
für die einzelnen Margarineproben ge- 
zahlt wurde, schwankte zwischen 1,60 M. 
und 1,85 M. für das Kilo. Die Probe- 
entnahme fand von November 1905 bis 
März 1907 und Im November 1907 statt. 
Die weitere Verarbeitung geschah in der 
gleichen Weise wie bei der Butter. 

Im Bratschrank (38 <^ C) verhielten 
sich die einzelnen Margarineproben in- 
sofern etwas verschieden, als nur ein 
kleiner Teil der Proben bei diesem Ver- 
fahren eine klare, gelbe, ölige Flüssigkeit 
und zwar ohne nennenswerten Bodensatz 
lieferte. Die Mehrzahl der Proben nahm 
im Brutschrank die Konsistenz eines 
dünnen Breies an, ohne daß die Farbe 
sich wesentlich änderte und ohne daß es 
zur Bildung eines deutlichen Bodensatzes 
kam. Mit Hilfe einer etwas angewärmten 
Metallspritze ließen sich auch diese 
Proben bequem unter die Haut der Meer- 



*) Zu 80 kg 0]eomargarin werden 25 Liter 
Milch (oder entsprechend weniger Sahne) und 
25 Liter Wasser, welches die ausgelaugten Be- 
standteile von 100 g Euter enthält, hinzugefügt. 
**) Morgenroth, Hygienische Rundschau 
1899, S. 1123. 



318 — 



schweinchen (je 4 — 5 ccm) einspritzen. 
Die Eesorption vollzog sich meist inner- 
halb weniger Tage glatt. Nur in fünf 
Fällen (vier Eßmargarine, eine Koch- 
margarine) war die Eesorption mangel- 
haft. Hier fanden sich bei der Tötung 
(6-8 Wochen nach der Einspritzung) 
noch Beste des Injektionsmateiials vor. 
Man hatte bei der Sektion zunächst den 
Eindruck von haselnußgroßen Abszessen 
an der Impfstelle, doch ergab die Unter- 
suchung, daß der Inhalt dieser schein- 
baren Abszesse aus einem sterilen 
Fettbrei bestand. Vorzeitig starb keins 
der 150 Versuchstiere. Die ersten 
50 Margarinemeerschweinchen wurden wie 
die Buttermeerschweinchen 6—8 Wochen 
nach der Impfung getötet und sämtlich 
frei von tuberkulösen Veränderungen be- 
funden. Da uns dieses Ergebnis in Er- 
staunen versetzte, ließen wir die später 
geimpften Meerschweinchen bis zu drei 
Monaten am Leben. Aber auch unter 
diesen wurde niemals eins mit Tuber- 
kulose behaftet gefunden. 

Das Ergebnis unserer Margarine- 
untersuchungen läßt sich somit dahin zu- 
sammenfassen, daß unter 150 unter- 
suchten Proben keine tuberkel- 
bazillenhaltig befunden wurde. Auch 
verdient hervorgehoben zu werden, daß 
von den 150 geimpften Versuchstieren 
keines an Sepsis oder infolge von Abszeß- 
bildung zugrunde gegangen ist, und 
daß sich bei keinem andere säurefeste 
Stäbchen in den Lymphdrüsen nahe der 
Impfstelle vorgefunden haben. 

Diese Untersuchungen zeigen, daß 
jedenfalls ein Teil der größeren Margarine- 
fabriken die zur Herstellung der Margarine 
erforderlichen Molkereiprodukte durch 
Sterilisation von den etwa vorhandenen 
Tuberkelbazillen befreit, und auch sonst 
bei der BeschaflFung der vom Binde 
stammenden Bohmaterialien, sowie bei der 
späteren Verarbeitung der Erzeugnisse 
mit äußerster Sorgfalt und Sauberkeit 
verfährt. 



Es bestand die Absicht, auch die aus 
dem Pflanzenreich stammenden Butter- 
ersatzmittel, vor allem das neuerdings 
sehr in Aufnahme gekommene Palmin, 
mit in den Bereich der Untersuchungen 
zu ziehen, in der Annahme, daß auch 
diesen Pflanzenfetten Milch bzw. Sahne 
zur Erhöhung der Schmackhaftigkeit zu- 
gesetzt werde. Die chemische Unter- 
suchung des Palmins ergab aber, daß es 
keinerlei Milchzusatz enthält. Es wurde 
daher von einer Untersuchung des als 
Butterersatz käuflichen Palmins auf 
Tuberkelbazillen Abstand genommen. 

4. Sahne. 

Um ein Urteil über den Tuberkel- 
bazillengehalt der in Leipzig käuflichen 
Sahne zu gewinnen, wurden insgesamt 
50 Proben zu je V* Liter untersucht. 
Die Proben entstammten 50 verschiedenen 
Geschäften, die sich ziemlich gleichmäßig 
auf die Stadt und Vororte verteilen. Der 
Preis für gute Sahne (Vollsahne) betrug 
1,60 M. und 1,80 M. für 1 Liter. Die 
kleineren Milchgeschäfte liefern diese 
Sahne nur auf vorherige Bestellung. Für 
gewöhnlich führen sie eine dünnere Sahne 
(sogenannte Kaffeesahne), von der das 
Liter 0,80 M. kostet. Auch von dieser 
Sahne haben wir eine Anzahl Proben 
untersucht. Die Probeentnahme fand im 
November und Dezember 1907 statt. Von 
jeder Probe wurden genau wie bei der 
Milch 200 ccm, auf zwei Glasröhrchen 
verteilt, ca. 20 Minuten lang zentrifugiert. 
Nach Entfernung der oberen Schichten 
wurden sodann aus der Tiefe (von einem 
Bodensatz wie bei der Milch kann man 
wenigstens bei der Vollsahne kaum 
sprechen) je zwei große Ösen von jedem 
Eöhrchen, also vier Ösen von jeder Probe, 
einem Meerschweinchen subkutan am 
Kücken (Lendengegend) eingeimpft. Nach- 
impfungen waren nicht erforderlich, da 
vorzeitige Todesfälle nicht vorkamen. 
Sämtliche Versuchstiere wurden sechs bis 
acht Wochen nach der Impfung getötet. 



— 319 — 



Von den 50 mit Sahneproben ge- 
impften Meerschweinchen erwiesen 
sich 3 = 6 Proz. mit einer generali- 
sierten, von der Impfstelle aus- 
gehenden Tuberkulose behaftet. Bei 
einem Meerschweinchen (2 Proz.) wurden 
in den zentral erweichten beiderseitigen 
EniefaltenlymphdrQsen harmlose säurefeste 
Stäbchen nachgewiesen. 

Es hat sich hiernach bei der einmaligen 
Untersuchung einer verhältnismäßig kleinen 
Anzahl von Sahneproben aus den ver- 
schiedensten Verkaufsstätten in Leipzig 
ergeben, daß in 6 Proz. der Fälle ein 
tuberkelbazillenhaltiges Erzeugnis 
feilgeboten wurde. 

5. Quark. 

Daß auch dieses aus bereits zentri- 
fugierter Milch hergestellte, in mannig- 
facher Zubereitung als Nahrungsmittel 
Verwendung findende Molkereierzeugnis 
nicht frei von Tuberkelbazillen ist, lehrt 
die Untersuchung von 50 in den ver- 
schiedensten Geschäften der Stadt ge- 
kauften Quarkproben. 

Die Probeentnahme fand im November 
und Dezember 1907, sowie im Januar und 
Februar 1908 statt, und zwar stets am 
Freitag, an welchem Tage die Geschäfte 
den Quark frisch von den Molkereien 
erhalten. Ein halbes Kilogramm Quark 
kostete 10 Pfennig. 

Zur Untersuchung wurden von jeder 
Probe 15 g mit 100 g physiologischer 
Kochsalzlösung zu einer milchigen Flüssig- 
keit aufgeschwemmt und 20 Minuten lang 
zentrifugiert. Hierbei ballt sich der ge- 
samte Quark zu einem kompakten Boden- 
satz im Röhrchen zusammen, von dessen 
tiefster Schicht 4 Ösen einem Meerschwein- 
chen subkutan am Rttcken eingeimpft 
wurden. Ein Meerschweinchen starb vor 
Ablauf von 15 Tagen infolge einer Biß- 
verletzung, so daß eine Nachimpfung nötig 
war. Die übrigen Tiere, sowie auch das 
nachgeimpfte Versuchstier wurden sechs 
Wochen nach der Impfung getötet. 
Hierbei erwiesen sich zwei Meer- 



schweinchen mit einer von der 
Impfstelle ausgehenden generali- 
sierten Tuberkulose behaftet; die 
übrigen waren gesund. Es haben sich 
somit von 50 untersuchten Quark- 
proben insgesamt 2=4Proz. tuberkel- 
bazillenhaltig erwiesen. 

Zusammenfassung, 

1. Von 70 dreimal im iMufe eines Jahres 
kon troHierten Milchgeschäften führten 
19 = 27yl Prox. mindestens einmal eine 
mehr oder weniger lange Zeit hindurch 
tuherkelbaxillenhaltige Milch. In xwei 
Milchgeschäften ivurde die Milch l/ei 
xwei etwa drei Monate auseinander 
liegenden Probeunter suchin ujen und in 
einem Milchgeschäft bei jeder der drei 
Probe im tersuch ungeti tuberkelbax illen - 
haltig befunden. Von 210 vorschrifts- 
mäßig untersuchten Milchprobeii er- 
unesen sich insgesamt 22 = 10^5 Pro\, 
tubcrkelbaxillenhaltig. 

2. Von 150 untersuchten Butterprobe?i 
tinirden 18 ~ 12 Prox. tuberkelhaxillen- 
haltig befunden. Zwei große Butter- 
geschäfte, tvelche vier Mormte nach der 
ersten Untersuchung xum xweiten Male 
kontrolliert wurden, führten beide Male 
tuberkelbaxillenhaltige Butter. 

3. Von 150 untersuchten Margarine- 
proben war keine tuberkelbaxillen- 
haltig. 

4. Bei der Untersuchung der Sahne von 
50 verschiedenen Milchgeschäften er- 
wiesen sich drei Proben = 6 Prox. 
tuberkelhaxillenhaltig. 

5. Von 50 untersuchten Quarkproben 
wurden 2 = 4 Prox. tuberkclbaxillen- 
haltig befundefi. 



Zur Morphologie und Biologie der Trichinen. 

Von 

Dr. J. Bahm-Nürnberg, 

Sanititstierarzt am Schlachthof. 

(Mit 3 Abbildungen und 2 Tafeln.) 
Während meiner bisherigen Tätigkeit 
als Leiter des hiesigen Trichinenschau- 
amtes habe ich mich nicht nur von der 



— 320 — 



Notwendigkeit der mikroskopischen Be- 
schau des Schweinefleisches auch in Süd- 
deutschland überzeugen können, sondern 
es war mir außerdem Gelegenheit ge- 
boten, manches Interessante in bezug auf 
die Lebensgeschichte der Trichine wahr- 
zunehmen. Einige dieser Befunde möchte 
ich in nachfolgendem kurz mitteilen. 

I. Vergleicht man die Größenmaße, 
die die einzelnen Forscher für die fertig 
gebildete Trichinenkapsel angeben, so 
findet man, daß z. B. im Jahre 1878 
Duncker ihre Länge durchschnittlich auf 
0,35 mm, die Breite auf 0,25 mm angab, 
während im Jahre 1898 Johne als ent- 
sprechende Maße 0,4 und 0,26 mm und 
Dammann 0,495 und 0,415 mm anführten. 
Diese Zahlen beziehen sich anscheinend auf 
Kapseln in der Muskulatur des Schweines. 

Ich selbst konnte nun bei vielen 
trichinösen Schweinen, die ich daraufhin 
untersuchte, konstatieren, daß recht oft 
eine große Verschiedenheit in Größe und 
Form der Trichinenkapseln besteht. Als 
Beweis hierfür mögen die beigegebenen Ab- 
bildungen (Tafel I) dienen, die 30 Kapseln 
veranschaulichen, die sämtlich einem 
Kompressorium von 24 Präparaten eines 
Schweines entnommen sind. Die Länge 
schwankte hier zwischen 0,26 und 0,66 mm, 
die Breite zwischen 0,21 und 0,31 mm. 
Auch die Form war eine sehr unterschied- 
liche; man sah runde, ovale, bim-, zitronen- 
förmige und flaschenkürbisähnliche Kapseln. 
Die in diesen eingeschlossenen Trichinen 
waren sämtlich lebensfähig, und außerdem 
konnten in keinem Teil der von diesem 
Schweine untersuchten Muskeln abge- 
storbene Trichinen oder pathologisch 
verkalkte Kapseln aufgeftinden werden. 

Die zweite Serie von Kapselbildern 
(Tafelll) stammt von einem andern Schwein 
desselben Jahres, ein Zeichen, daß der 
Befund nicht als besondere Seltenheit 
anzusehen ist. Die Kapseln waren hier 
0,37—0,68 mm lang und 0,15—0,28 mm 
breit. Kuft man sich die Gestalt der 
Mischerschen Schläuche ins Gedächtnis, 



die ebenfalls innerhalb der Muskelfaser 
gelegen sind, so findet man hier eine 
ähnliche Mannigfaltigkeit in Form und 
Größe. Es scheint mir deshalb die An- 
nahme, daß für die Gestaltung in erster 
Linie Einflüsse außerhalb der Kapsel — 
etwa die verschiedenen Druckverhältnisse 
in den einzelnen Partien der Muskel- 
bündel — hierbei eine KoUe spielen, nicht 
unberechtigt. Für die leichte Form- 
veränderlichkeit der den Rundwurm ein- 
schließenden Kapsel spricht auch Figur 1, 
aus der man ersieht, wie die beiden 
Kapseln eng aneinander geschmiegt sind, 

Fig. 1. 




Zwei eng aneinander gelagerte Trichinenkapseln 
( Kapsel form fj, Vergrößerung 38 fach, 

gleichsam als müßten sie sich in eine 
bestimmte Lage einpassen. Auf die Aus- 
dehnung der Kapsel hat es unter um- 
ständen selbst keinen Einfluß, ob zwei 
oder nur eine Trichine in ihr gelegen 
sind, das zeigt Bild 13 der Tafel I, die 
nicht größer ist als z. B. Bild 5 oder 30. 
Fleischstückchen mit solchen ver- 
schieden geformten und verschieden 
großen Kapseln (Fig. 2), die ich an 
weiße Mäuse verfütterte, erzeugten bei 
diesen Trichinen. Die Kapseln waren aber 
hier bedeutend kleiner (Kg. 3), durch- 
schnittlich 0,23 mm lang, 0,13 mm breit 
(geringerer Querdurchmesser der Muskel- 
faser), nahezu rund oder höchstens oval, ein 



321 — 



Befund, der übrigens bei dieser Tierart 
fast regelmäßig gemacht werden kann. 
Die Länge der ans den Kapseln befreiten 

Fig. 2. 




Eingekapselte Trichinen vom Schwein, 
Vergrößerung 88faeh, 

Trichinen zeigte aber keinen Unterschied, 
gleichviel ob sie der Muskulatur des 
Schweines oder der Mäuse entnommen 
waren. 

Fig. 3. 




Eingekapselte Trichinen von der Maus (hervor- 
gerufen durch Verfütterung des Fleisches von dem 
Schwein^ dessen Trichinenkapseln in Fig. 2 ab- 
gebildet sind). Vergrößerung 35 fach. 

Hinsichtlich der verschiedenen Kapsel- 
größe konnte Opalka in der Mus- 
kulatur von trichinösen Leichen meinen 



Wahrnehmungen ähnliches finden. Er 
schreibt in seinem „Beitrag zum Vor- 
kommen der Trichinen beim Menschen", 
1904, Berlin, S. 28: „Die Größe der 
Kapseln schwankt in bezug auf die 
Länge zwischen 0,216 — 0,576 mm, was 
die Breite betrifit, zwischen 0,0864 bis 
0,3164 mm." 

Die Verschiedenartigkeit der Kapseln 
bei Schweinen hat eine Bedeutung fiir 
die praktische Ausführung der Trichinen- 
schau insofern, als man beim Auffinden 
von Verkalkungsherden sich nicht ver- 
leiten lassen darf, ohne weiteres ihre 
Herkunft von Trichinen zu verneinen, 
wenn die Kalkeinlagerungen nicht mit 
der bisher angegebenen Form und Größe 
übereinstimmen. In solchen Fällen ist 
stets nach § 6 Abs. 2 der Anweisung für 
die Untersuchung auf Trichinen (Ausf.- 
Best. D) zu verfahren und während der 
Einwirkung der zugesetzten Essigsäure 
im Mikroskop die Stelle zu * beobachten; 
denn sonst könnte leicht der ebenfalls 
verkalkte Wurmkörper aufgelöst sein, ehe 
er wahrgenommen wurde. Ich habe des- 
halb für das hiesige Beschaupersonal 
u. a. auch die Anordnung getroffen, daß 
jede Kalkeinlagerung behufs Nachkontrolle 
durch mich oder die aufsichtführenden, 
für die vorläufige Beurteilung solcher 
Funde besonders unterrichteten Trichinen- 
schauer, die auch das Beschaubuch 
führen, gemeldet werden müssen. Auf 
diese Weise ist es hier bereits einige 
Male gelungen, in weiteren als den 
vorgeschriebenen Präparaten lebende 
Trichinen aufzufinden. Bei der Seltenheit 
von Trichinenfnnden ist diese Meldepflicht 
aller Einlagerungen nebenbei ein sehr 
gutes Mittel, die Aufmerksamkeit der Be- 
schauer rege zu erhalten und ihre Unter- 
suchungen nachprüfen zu können. Dem 
gleichen Zweck dient auch die Be- 
stimmung, daß neben Finnen (die eigent- 
liche Finnenschau nehmen hierorts die 
Laienfleischbeschauer vor) tuberkulöse 
Veränderungen in den den Proben des 



322 



Zwerchfellfortsatzes häufig anhängenden 
Lymphdrusen, abnormer Geruch des Probe- 
fieisches usw. anzugeben und von dem 
Buchführer durch Vermittlung der Proben- 
entnehmer dem betreffenden Fleisch- 
beschauer mitzuteilen sind. 

II. Was die Lieblingssitze der 
Trichine betrifft, wo werden als solche 
primo loco bekanntlich das Zwerchfell mit 
seinem Fortsatz angegeben. Das trifft 
nach meinen Erfahrungen auch voll- 
kommen zu far das Schwein; nur bei sehr 
starker Invasion kann es vorkommen, 
daß die Zahl der Parasiten in einem 
anderen Körperteil, z. B. der Zunge, eine 
größere ist. So konnte ich bei einem 
hochgradig trichinösen Schwein in 24 
Präparaten vom Zwerchfell 150—240, von 
der Zunge hingegen 680—750 Trichinen 
zählen. Dieser Befund hat aber keinerlei 
praktische Bedeutung, da bei einer so 
starken Durchsetzung die Parasiten nie- 
mals übersehen werden und andererseits 
bei schwacher und mittelstarker Trichi- 
nose des Schweines, wie vielfach er- 
wiesen ist, stets das Zwerchfell die zu- 
verlässigste Fundstelle bleibt. 

Anders veihält es sich bei gefangen 
gehaltenen, künstlich infizierten Mäusen. 
Hier vermochte ich bisher bei nicht hoch- 
gradiger Trichineneinwanderung fast aus- 
nahmslos die Kaumuskeln als diejenigen 
Stellen zu erkennen, die am häufigsten 
Trichinen enthalten. Um mich darüber noch 
zu vergewissern, futterte ich eine isoliert 
gehaltene weiße Maus mit 10 eingekapselten 
Trichinen und ließ das Tier 8 Wochen 
hernach töten. Während vom Zwerchfell 
das Präparat (gleich Va Normalgröße) nur 
0—5, Präparate anderer Muskeln höchstens 
10 Trichinen beherbergten, fanden sich 
in einem Präparat des Kaumuskels- 11 bis 
28 Stück. Es ist dies einerseits ein Be- 
weis für die Richtigkeit des eben Ge- 
sagten, andererseits ein Zeichen, wie 
verhältnismäßig stark nach Aufnahme von 
im günstigsten Falle 9 weiblichen Tri- 
chinen die Muskulatur (eines allerdings 



kleinen) Tieres durchsetzt wird. In der 
bereits erwähnten Abhandlung über Tri- 
chinen beim Menschen sagt Opalka: 
„Als Lieblingssitze der Trichine kann ich 
bei schwacher Invasion die Kehlkopf- 
muskulatur bezeichnen, in welcher ich den 
Parasiten 22 mal feststellte, während er 
im Zwerchfell 9 mal, in der Brust- 
muskulatur 6 mal zu finden war, bei starker 
Invasion, war eine Abstufung kaum vor- 
handen.'^ Es ist also beim Menschen 
wiederum ein anderer Körperteil als 
Lieblingssitz erkannt. 

Nach diesen Ergebnissen scheint die 
Annahme richtig, wonach insbesondere 
diejenigen Muskelgruppen bei der Ein- 
lagerung von Trichinen bevorzugt werden, 
die je nach der Lebensweise der Tierart 
hauptsächlich und häufig in Funktion 
treten. Allerdings müssen zur voll- 
ständigen Klärung dieser Frage noch 
genaue Untersuchungen und Fütterungs- 
versuche bei Hunden, Katzen, im Stall 
oder nur im Freien gehaltenen Schweinen 
und bei Wildschweinen vorgenommen 
werden. 

Aus der Verschiedenheit des Trichinen- 
sitzts läßt sich vielleicht auch erklären, 
warum beim Menschen, bei dem die ent- 
zündlichen Schwellungen und schweren 
Funktionsstörungen hauptsächlich im Be- 
reich des für die Atmung und Nahrungs- 
aufnahme wichtigen Kehl- und Schlund- 
kopfes auftreten, die Krankheit so starke 
Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, 
ja sogar den Tod zur Folge hat, während 
beim Schwein die Zwerchfellmuskulatur, 
bei der kleinen Maus die Kaumuskeln 
förmlich durchspickt mit Trichinen sein 
können, ohne daß man eine wesentliche 
Gesundheitsschädigung oder deren Folgen 
nachzuweisen imstande ist. Ob außerdem 
beim Menschen nicht noch andere Ur- 
sachen, wie vielleicht das Auftreten von 
giftig wirkenden Abscheidungsstoffen 
hierbei beteiligt sind, entzieht sich zu- 
nächst noch unserer Kenntnis. Auffallend 
und vorläufig unaufgeklärt sind die Mit- 



- 323 - 



teilungeD, daß beim Menschen schon in 
den ersten Tagen nach der Aufnahme 
trichinenhaltigen Fleisches Schmerzen in 
der Muskulatur auftreten sollen. Ober- 
medizinalrat Dr. Q ottlieb v. Merkel in 
Nümbei^ gab im Jahre 1866 in der 
Naturhistorischen Gesellschaft dahier einen 
genauen Bericht nach eigenen Wahr- 
nehmungen in Hedersleben, wohin er 
anläßlich der dort heiTSchenden Trichinen- 
epidemie im amtlichen Auftrage des 
hiesigen Stadtmagistrats gereist war. 
Die betreffenden Worte lauteten: „Die 
ersten Symptome sind Schmerzen in den 
Beugemuskeln der Extremitäten, die durch 
Druck und Bewegung sich steigern. Der 
Ausdruck der Leute „ich bin lähmig", 
ist für diesen Zustand sehr bezeichnend. 
Dann treten Verdauungsbeschwerden ein, 
die sich in vielen Fällen zum heftigen 
Brechdurchfall steigern." 

Prof. Dr. Adolf Strümpell schreibt in 
seinem Lehrbuch der speziellen Pathologie 
und Therapie der inneren Krankheiten im 
Kapitel Trichinosis: 

„Oft klagen die Kranken schon im 
Anfang der Krankheit über Muskel- 
schmerzen und Muskelsteifigkeit, welche 
Symptome noch nicht auf Trichinen- 
einwanderung beruhen können." 

Wie Geh. Medizinalrat Dr. A. Johne 
in Nr. 11, Jahrgang 1905, der Rundschau 
auf dem Gebiete der Fleischbeschau, 
bayer. Ausgabe, mitteilt, sollen bei den 
Trichinenerkrankungen in Augustusburg 
drei Personen am ersten und zweiten 
Tage nach dem Genuß des trichinösen 
Fleisches Muskelschmerzen gezeigt haben. 
In Nr. 14 derselben Zeitschrift bemerkt 
Johne auf Grund von Zeugenaussagen, 
daß diese Krankheitserscheinungen sehr 
unwahrscheinlich in diesem Falle die 
Folge eines erst zwei Tage vorher ge- 
gessenen trichinösen Schweinefleisches 
waren. 

III. Als letzten Punkt möchte ich 
auf die Verkalkung der Kapsel kurz zu 
sprechen kommen. Wie bekannt, unter- 



scheidet man eine normale und eine 
pathologische Verkalkung der Trichinen- 
kapsel. Diese besteht aus einer Wand 
oder Hülle und einer im Innern befind- 
lichen wasserklaren Flüssigkeit, in der 
der zusammengerollte Wui-m schwimmt. 
Bei der normalen Verkalkung (Alters- 
erscheinung der Kapsel) findet die Ab- 
lagerung der Kalksalze, beginnend an den 
Polen, nur in der Kapselwand statt, der 
Inhalt bleibt vollständig intakt, und daher 
ist es möglich, daß die Trichine dort 
jahrelang lebensfähig bleibt. Professor 
Bab^s in Budapest hat festgestellt, daß 
21 Jahre nach der Invasion die Trichinen 
noch lebens- und fortpflanzungsfahig waren. 
Opalka fand in 28 Fällen bei mensch- 
lichen Leichen nur einmal die Trichinen 
lebensfähig; die betreifenden Kapseln 
waren nur an den Polen verkalkt, in 
vollständig verkalkten Kapseln war der 
Wurm abgestorben. 

Im vorigen Jahre wurde hier ein drei 
Jahre altes, aus einem bayerischen Stalle 
stammendes Mutterschwein trichinös be- 
funden. Die Kapseln waren meist voll- 
ständig durchsichtig, mit polarständigen 
Fettzellen, nur bei etwa Vr>der besichtigten 
waren die Pole verkalkt. Die persönlich 
mit dem Eigentümer des Schweines ge- 
pflogenen sowie die amtlichen Nachfor- 
schungen ließen mich erfahren, daß das 
Tier seit 2 Jahren in seinem Besitze war, 
niemals aber mit Fleischabfällen gefüttert 
worden sei; auch gebe es in seinem Anwesen 
und dessen Umgebung keine Ratten. Ge- 
kauft habe er das Schwein in einem Alter 
von einem Jahr von einem Wasenmeister, 
der einige Stunden entfernt wohnte und 
bei dessen Schweinen früher einmal 
Trichinen festgestellt worden sein sollen. 
Diese Anamnese bringt den Gedanken 
nahe, daß die Ansteckung bereits vor dem 
Kaufe erfolgt ist. Bei einer Anzahl von 
weißen Mäusen, die ich innerhalb 
2V2 Jahren wiederholt mit frischem trichi- 
nösen Fleisch fütterte, konnte ich bei 
dem Tode nach einem Jahr vier Monaten 



— 324 — 



keinerlei Kapselverkalkung feststellen, 
nach zwei Jahren bestand Verkalkung an 
den Polen bei den meisten Kapseln, nach 
zwei Jahr fünf Monaten fanden sich 
mehrere fast ganz verkalkte Kapseln. 
Letztere waren hauptsächlich in den Kau- 
und Rückenmuskeln gelegen. Nach diesen 
Untersuchungsergebnissen dürfte der 
Anfang von Kalksalzablagerung in der 
Kapselwand auf etwa eineinhalb Jahre 
nach der Ansteckung zu legen sein, 
während zur vollständigen Verkalkung 
wahrscheinlich mehr als zwei Jahre not- 
wendig sein dürften. 

Anders liegen die Verhältnisse bei 
der pathologischen Kapselverkalkung. 
Hier treten zuerst Veränderungen in der 
Kapselflüssigkeit, ähnlich wie bei der 
regressiven Metamorphose der Finnen 
ein, und nachfolgend lagern sich dort die 
Kalksalze ab. Wahrscheinlich geht diesen 
Vorgängen das Absterben des Parasiten 
voraus, der in seiner Gestalt erhalten 
bleibt und ebenfalls verkalkt oder zerfällt. 
Die Kapselhülle kann sekundär von der 
gleichen Veränderung mit ergriffen werden 
oder sie zerreißt. In letzterem Falle 
können dann die aufgefundenen Ver- 
kalkungsherde auch eine von der ur- 
sprünglichen Kapselform abweichende Ge- 
stalt bekommen. Sofern die KapselhüUe 
unverändert in ihrer Form und Durch- 
sichtigkeit geblieben ist, gelingt es durch 
Anwendung eines mäßigen Druckes sie 
zu sprengen und den zum Teil verkalkten 
Inhalt herauszuquetschen. Auch bei den 
mit dem Mikrotom hergestellten Quer- 
schnitten durch solche Kapseln kann man 
das vollkommene Intaktsein der Kapsel- 
wand konstatieren. 

Sonderbarerweise habe ich bei den 
vielen, von mir künstlich infizierten 
Mäusen und Ratten selbst bei hoch- 
gradigster Durchsetzung niemals eine 
pathologisch verkalkte Kapsel oder eine 
abgestorbene Trichine auffinden können. 
Welche Einflüsse das frühzeitige Zu- 
grundegehen dieser Parasiten verursachen. 



ist vorerst noch unerforscht. Es dürfte 
vielleicht der Grund mehr schon in einer 
kurzen Lebenskraft des Wurmes selbst, 
bedingt durch gewisse Zustände der be- 
treffenden mütterlichen Darmtrichine zu 
suchen sein, da häutig bei Schweinen 
neben abgestorbenen Trichinen noch voll- 
ständig lebensfähige vorkommen. Wollte 
man die abtötende Ursache in Stoffen des 
zirkulierenden Blutes, der Lymphe oder 
in der Gewebsflüssigkeit suchen, so sollte 
man eigentlich stets nur tote oder nur 
lebendige Trichinen finden. Überein- 
stimmend mit letzterer Erwägung ist auch 
die Tatsache, daß es bisher nicht gelungen 
ist, durch irgendein subkutan, intravenös 
oder per os in den Körper eingeführtes 
Mittel die Muskeltrichinen im lebenden 
Individuum zum Absterben zu bringen. 

Tafelerklärnng. 

Tafel L Verschiedene Formen von Trichinen- 
kapseln, die in 24 Präparaten eines Schweines 
enthalten waren. Sämtliche Kapseln zeigten 
weder normale noch pathologische Verkalkung. 
Die Wiedergabe im Bild geschah nur deshalb 
in ganz schwarz, um die großen Unterschiede 
der Gestalt und Größe für das Auge besser 
hervortreten zu lassen. Die durch zwei helle 
Punkte gekennzeichnete Kapsel (Fig. IB) enthielt 
zwei Trichinen, alle übrigen nur einen einzigen 
Wurm. 

Die Herstellung der Figuren erfolgte mittelst 
des Zeichenprismas von Leitz; gemessen wurde 
mit dem Objekt-Mikrometer. 

Tafel IK Kapselformen in der Muskulatur 
eines zweiten trichinösen Schweines. (Im übrigen 
siehe Erklärung zu Tafel I.) 



Beitrag zur Klinik und pathologischen 

Anatomie der RUcIcenmarkstuberkulose 

beim Schwein. 

Von 

Yogt-Weißenfels, 

SchUchthofdirektor. 

Im lebenden Zustande zeig^te das Schwein 
eine vollständige Lähmang der Hinter- 
hand ; das Tier stand auf den Vorderbeinen 
und schleppte bei Vorwärtsbewegungen 
die Hinterbeine nach. Außerdem war ein 
Mastdarmvorfall vorhanden. 



— 325 - 



Bei der üntersuchuDg nach der 
Schlachtung fand sich in den Lungen 
und der Leber Miliartuberkulose, ferner 
Tuberkulose des Brustfells und der 
mesenterialen Lymphdrüsen. Am Processus 
spinosus des ersten Lendenwirbels zeigte 
sich ein großer tuberkulöser Herd, der 
sich auf den Wirbelkörper fortsetzte. Das 
Rückenmark, das auf diese Weise von 
tuberkulösen Granulationen ganz umgeben 
war, hatte in einer Länge von 6 cm nur 
einen Durchmesser von 172 — 3 mm, 
während derselbe an normalen Stellen 
8 mm betrug; es war also stark atrophiert. 
Außerdem hatte die Tuberkulose vom Wirbel 
auch auf die Lendenmuskulatur überge- 
griflfen, in der sich ein taubeneigroßer, 
hellgrünlicher tuberkulöser Herd befand. 
Um den Herd war eine Art von binde- 
gewebiger Kapsel. Außerdem war ein 
tuberkulöser Herd im vierten Lenden- 
wirbel; von diesem waren die tuberkulösen 
Wucherungen direkt auf das Rückenmark 
übergegangen und hatten in einer Länge von 
etwas cm fast das ganze Rückenmark durch- 



setzt, so daß sich nur in dem oberen Teil noch 
Rückenmarksubstanz vorfand. Auch im 
Rückenmark zeigten sich tuberkulöse 
Veränderungen in Form perlenartiger 
Wucherungen von gelblich-grüner Farbe. 
Endlich fand sich in der Harnblase Ham- 
gries vor. Dieses Vorkommen ist wohl 
darauf zurück zu führen, daß durch eine 
Lähmung sowohl des M. sphincter, als 
auch des M. detrusor vesicae der Harn 
einerseits fortwährend abfließen konnte, 
anderseits aber ein Teil, weil der 
M. detrusor vesicae die Harnblase nicht 
mehr zusammenzog, dauernd darin blieb, 
wodurch das Hamsediment zustande 
kam. Es waren also hier, teils durch 
Atrophie, teils durch direkte Tuberkulose 
des Rückenmarks die Leitungsbahnen 
und die Zentren im Lenden- und Sakral- 
mark gelähmt, besonders, was auch in 
Erscheinung trat, das Centrum vesico- 
spinale für den Blasenschluß nnd das 
Centrum ano- spinale für den Mastdarm- 
schluß, ferner die motorischen Nerven für 
die Muskulatur der Hinterhand. 



Referate. 



Pitt, W., Das Yorkonimen der Rotlanf- 

bazillen In der Gallenblase von 

Sehweinen, die die Infektion Aber- 

standen haben. 

(Z'DtralbUtt für Bakteriologie usw., Abt. I., Orig., Bd. 46, 
190tf, S. 4LOO-405.) 

Verf. untersuchte die Gallenblase von 
fünf Schweinen, die Residuen eines über- 
standenen Anfalles von Backsteinblattern 
(verblaßte quadratische Flecke in der 
Haut) zeigten, sowie eines Schweines mit 
Eotlaufendokarditis auf das Vorhanden- 
sein von Eotlaufbazillen. Er fand in zwei 
der fünf erstgenannten Fälle und bei dem 
Schwein mit Endokarditis virulente Eot- 
laufbazillen, Bezüglich der drei Fälle 
mit negativem Befund läßt P. die Frage 
offen, ob die in der Haut dieser Tiere 
gefundenen Veränderungen tatsächlich auf 
einen überstandenen Eotlaufanfall zurück- 
zuführen waren. Sehüller. 



Bekate^ Die Entwertung der Lnngen 
durch Brfihwasser. 

(Randflchaa auf dem Gebiete der ges. Floisclibeachau 1908, 
S. 161.) 

Zur Vermeidung des Eindringens des 
Brühwassers in die Schweinelungen emp- 
fiehlt Verf., die Haken, an denen die 
Schweine in die Brühkessel gesenkt werden, 
nicht mehr am Einnwinkel, sondern an 
den Beugesehnen der Hinterfüße zu be- 
festigen. Durch dieses Verfahren werde 
auch die Verunreinigung der bei der alten 
Methode erforderlichen großen Schnitt- 
fläche am Halse vermieden. Resow. 

Bflhm, üntersnehungen über das Tor- 
kommen nnd die Hänflgkeit der Strepto- 
kokkenmastitis bei Kfihen. 

(Wochenschr. f. Tierheilk. u. Viehz. 1908, Nr. 7 n. 8.) 

Mit Hilfe der Milchleukozytenprobe 
nach Tromsdorff gelang es B. bei 5 



— 326 — 



unter 16 Kühen eines Stalles Strepto- 
kökkenmastitis nachzuweisen. Das Er- 
gebnis seiner Untersuchungen faßt B. in 
folgenden Sätzen zusammen: „Als prak- 
tisch wichtig ist dabei hervorzuheben, 
daß es gelang, frühzeitig — noch bevor 
durch Milchinspektion und Palpation des 
Euters Mastitis festgestellt werden konnte 
— auf einfache Weise eitrige Mastitis zu 
erkennen. Hiermit scheint mir die Brauch- 
barkeit der Milchleukozytenprobe nach 
Tromsdorff fiir die Praxis erwiesen." 

Poppe, 

Miller^ The signiflcance of leacocytes 
and Streptococci in milk. 

(Milk and its reUtion to the public healtb. Troasury Department 
of the United States. Hygfenic Laboratory, Bulletin Nr. 41.) 

DaLeukozyten undStreptokokken 
häufig in der normalen Milch ge- 
sunder Kühe gefunden werden, so 
soll nur eine Milch mit ungewöhn- 
lich hohem Leukozytengehalt als 
verdächtig, von erkrankten Kühen 
zu stammen, angesehen werden. Weitere 
Untersuchungen über die Unterschei- 
dung der pathogenen von den nicht 
pathogenen Streptokokken der Milch 
sind besonders mit Eücksicht dar- 
auf anzustellen, daß vom häufigen Befund 
bei Streptococcus lacticus keine regel- 
mäßigen Beziehungen zwischen der Zahl 
der Streptokokken und der der Leuko- 
zyten in der Milch erwartet werden können.*) 

Poppe, 

Amtliches. 

— Preußen. Verbot der Verwendung von 
Hflutefleieoh als Nahrungsmittel. 

Erlaß der Minister für Handel und Gewerbe, 
Min. f. Landw. usw., Min. d. geistl. usw. Angelegen- 
heiten vom 27. April 1908 — IIb Nr. 3765, lA 
nie Nr. 6208 — an sämtliche Herren Regierungs- 
präsidenten. 

Die auf den Runderlaß vom 9. Mai 1906 — 
Min. d« g. Ang. M. Nr. 6151, Min. f. Landw. usw. 
I Ge Nr. 4182 — eingegangenen Berichte haben 
ergeben, daß an verschiedenen Orten sogenanntes 
Häutefleisch als Nahrungsmittel für Menschen 

*) Vgl. auch die „Kleinen Mitteilungen", 
S. 335/36. 



Verwendung gefunden bat, sei es, daß es in den 
Haushaltungen der Besitzer von Gerbereien oder 
Häutehandlungen oder in den Haushaltungen 
ihrer Arbeiter verzehrt, sei es, daß es an Dritte 
verkauft worden ist. Dabei ist vereinzelt der 
Verdacht ausgesprochen, daß das zum Verkaufe 
gebrachte Fleisch zur Wurstfabrikation ver- 
wendet worden sei; auch soll bei dem als 
Hundefutter oder Hahnerfutter abgegebenen 
Fleische Mißbrauch nicht ausgeschlossen sein. 
£s erscheint daher geboten, die Ortspolizei- 
behörden anzuweisen, dort, wo eine mißbräuch- 
liche Verwendung von Häutefleisch zu vermuten 
ist, der Angelegenheit besondere Aufmerksamkeit 
zuzuwenden. 

Euere Hochwohlgeboren ersuchen wir er- 
gebenst, in dieser Beziehung das weitere zu ver- 
anlassen, indem wir gleichzeitig bemerken, daß 
die bes ehenden Vorschriften ausreichen, den 
Schutz gegen die bestehenden Mißstände zu 
gewährleisten. Denn so weit es sich um Fleisch 
handelt, das den Vorschriften des Fleisch- 
beschaugesetzes zuwider einer Untersuchung ent- 
zogen oder bei einer solchen Untersuchung nicht 
fttr genußtauglich erklärt worden ist, stehen dem 
Inverkehrbringen des Fleisches die Straf- 
bestimmungen des vorerwähnten Gesetzes ent- 
gegen. So weit Häutefleisch als verdorben im 
Sinne des § 10 des Nahrungsmittelgesetzes zu 
gelten hat, was nach den Betriebs Verhältnissen 
in den Gerbereien und Häutehandlnngen vielfach 
anzunehmen sein wird, sind die Polizeibehörden 
in der Lage, auch auf Grund des Nahrimgs- 
mittelgesetzes einzuschreiten und eine straf- 
rechtliche Verfolgung herbeizuführen. Unter 
Umständen könnte, da als Konsumenten des 
Häutefleisches zumeist die in den betreffenden 
Betrieben beschäftigten Arbeiter in Betracht 
kommen, zur Verhinderung der Abgabe gesund- 
heitsschädlicher Bestandteile an die Arbeiter 
auch der Erlaß von Schutzbestimmungen ans 
§ 120 a, d und e der Reichsgewerbeordnung in 
Frage kommen. 

— Hessen. Erlaß des Ministeriums des Innern, 
betr. Maßnahmen zur Verhütung der Tuberkulsse 
unter den Haustieren. 

Vom 21. April 1908. (Amtsbl. Nr. 415.) 

Zusätzlich zu unserem Amtsblatt Nr. 2 vom 
20. Januar 1. J. bestimmen wir 

I. Die Abgabe von Magermilch und Buttermilch 
aus Sammelmolkereien istaufausdracklichen 
Wunsch der Abnehmer auch ohne vorheriges 
Erhitzen gestattet, jedoch nicht in größeren 
Mengen, die offenbar zur Verfütterung an Tiere 
bestimmt sind. 

II. Das Erhitzen der zur VerfQtterung an 
Tiere bestimmten Magermilch, Buttermilch und 



— 327 — 



Molken darf durch Einleiten von überhitztem 
Dampf erfolgen. 

Dem Kochen gleichzuachten ist das Erhitzen 
auf 1000 c. 

Braun. 

Dr. Seyferth. 
An die Großherzoglichen Kreisämter. 

— PreuBen. Reg.-Bez. Frankfurt Pollzeiver- 
ordnung über die Sohlachtvieh- und Fleischbeschau 
bei Hau88Chlachtungen, vom 3. April 1908.*) 

— Reg.-Bez. Bromberg. AuafUhrungsvorschrlften 
Bber die Unterauehung des in liieinen Grenzverlcehr 
eingeführten Schweinefleisches auf Finnen und 
Trichinen, vom 18. Dezember 1907.«*) 



Yersammlungsberlchte. 

— VII. Allgemeine Versammlung des Vereins 
PreuBischer SchlachthoftierSrzte. 

Die Mitglieder des Vereins Preußischer 
Schlachthoftierärzte versammelten sich am 
Sonnabend, den 20. Juni, zu einer Fahrt nach 
RQdnitz zur Besichtigung der dort vom 
Berliner Magistrat errichteten Fleisch- 
vernichtungs- und -Verwertnngsanstalt. 
Welches Interesse die Besichtigung der erst vor 
kurzem fertiggestellten und dem Betrieb über- 
gebenen Anstalt erweckte, lehrte die sehr rege 
Beteiligung. 80 Mitglieder des Vereins hatten 
sich zu der Besichtigung eingefunden, die unter 
Führung von Goltz- Berlin stattfand. Die neue 
Anstalt liegt etwa eine gute Wegstunde von 
Bernau entfernt, mitten im Walde. Sie besteht 
aus abseits liegenden Beamtenwohnhäusern, die 
einen sehr gefälligen Eindruck machen, und 
der in grofiem Stil eingerichteten Abdeckerei. 
Dieser werden die in Berlin anfallenden Kadaver 
und die Konfiskate der Fleischbeschau bei Nacht 
in luftdicht verschlossenen Eisenbahnwagen 
aus zwei Sammelstellen in Berlin selbst zu- 
geführt. Die eine der beiden Sammelstellen be- 
findet sich auf dem städtischen Schlachthof und 
dient zur Auf Sammlung der Konfiskate, die 
andere ist in der Nähe des Schlachthofes er- 
baut und zur Aufnahme der Kadaver gefallener 
Tiere aus der Stadt bestimmt. Jn der zweiten 
Sammelstelle, auf der regelmäßig ein städtischer 
Tierarzt Dienst tut, können auch Sektionen zu 
veterinärpolizeilichen und gerichtlichen Zwecken 
ausgeführt werden. 

Die städtische Abdeckerei in Rüdnitz ist 
mit einer Mauer umfriedigt und mit undurch- 



*) Wortlaut s, Veröffentlichungen des Kais. 
Gesundheitsamts 1908, Nr. 24. 
»*) Ebenda Nr. 22. 



lässigem Pflaster versehen. Das Abdeckerei- 
gebäude ist in zwei Teile getrennt, einen Teil 
für die Aufnahme und Zerlegung der Roh- 
materialien, einen anderen für die Verarbeitung 
und die Aufbewahrung der Endprodukte. Der 
erste Teil weist noch eine besondere, von den 
übrigen Räumen abgeschlossene Unterabteilung 
zur Zerlegung seuchekranker Tiere auf. Die 
Kad<aver und Kadaverteile gleiten aus den 
Räumen für die Aufnahme und Zerlegung der 
Rohmaterialien auf beweglichen Quertüren in 
die darunter befindlichen Hartmann sehen 
Dampfdestruktoren, in denen die Kadaver in 
Fett, Leim und Kadavermehl geschieden werden. 
Die Endprodukte werden in einem Kellergeschoß 
gelagert. Ein besonderer Teil des Keller- 
geschosses dient zur Aufbewahrung der ge- 
salzenen Häute, die auf einer Gleitbahn vom 
Zerlegungsraum in den Keller geschafft werden. 

Sämtliche Räume sind desinfizierbar aus- 
geführt. 

Die ganze Anlage macht den Eindruck einer 
durchdachten, sehr zweckmäßigen Einrichtung. 
Ein Übelstand ist lediglich die verhältnismäßig 
weite Entfernung von Berlin, die sich im Sommer 
durch starke Fäulnis der Kadaver bis zum Ein- 
treffen in Rüdnitz äußert. Vielleicht ist auch 
die Anlage nicht groß genug, wenn das Material 
so reichlich anfällt, wie in der ersten Betriebs- 
woche, in der 109 000 kg- Kadaver und Konfis- 
kate zu verarbeiten waren. Außerdem wäre es 
vielleicht zweckmäßig, die bei der Fleisch- 
beschau beschlagnahmten Tierkörper und fett- 
reichen Eingeweide (Netze, Gekröse, Liesen) be- 
sonders zu verarbeiten, da sie sich leichter 
fäulnisfrei und deshalb zu wertvolleren End- 
produkten verarbeiten lassen als die K«adaver 
der gestorbenen Tiere. 

Nach der sehr lohnenden Besichtigung der 
städtischen Fleischvernichtungs- und Verwertungs- 
anstalt in Rüdnitz versammelten sich die Mit- 
glieder des Vereins Preußischer Schlachthof- 
tierärzte im Ratskeller zur Erledigung geschäft- 
licher Angelegenheiten. Nachdem der Vorsitzende 
Goltz die erschienenen Herren begrüßt hatte, 
teilte er mit, daß dem Verein zu Beginn des 
letzten Vereinsjahres 284 Mitglieder angehörten, 
von denen einer in das Ausland verzogen ist, 
zwei sich abgemeldet haben und drei, Andrich- 
Kattowitz, Wysocki-Lippstadt, v. Gerhardt- 
Osterode i. Ostpr., gestorben sind. Zur Auf- 
nahme haben sich 11 Herren angemeldet. 

Der Schriftführer Kühnau-Köln berichtet 
über die Erfolge der von der letzten Vereins- 
Versammlung gefaßten Beschlösse. Die Magistrate, 
Regierungspräsidenten und Oberpräsidenten, 
denen die Denkschrift über die Anstellungs- 



— 328 



verbältnisse der Schlachthoftierärzte flbersandt 
wurde, hätten sich, nach den darauf erfolgten 
Antworten zu schließen, den Wünschen des 
Vereins gegenüber wohlwollend verhalten und 
auf ihre Erfüllung hingewirkt. Es sei aber fest- 
zustellen, daß in den meisten Städten die 
Wünsche des Vereins bereits erfüllt seien. Die 
zweite Denkschrift, die sich auf die Einführung 
der Maschinenkunde in den Lehrplan der Tier- 
ärztlichen Hochschulen bezog, sei an den zu- 
ständigen Minister und die Leiter der Tierärzt- 
lichen Hochschulen in Berlin und Hannover 
gesandt worden. Von dem Rektor der Tierärzt- 
lichen Hochschule in Berlin und dem Direktor 
der Tierärztlichen Hochschule in Hannover ist 
dem Verein mitgeteilt worden, daß beim Herrn 
Minister für Landwirtschaft die Einführung der 
Maschinenkunde als Lehrgegenstand an den 
Tierärztlichen Hochschulen beantragt worden sei. 
Mit Kücksicht auf die beantragte Neuerung ist 
die Tagesordnung der Hauptversammlung gewählt 
worden, um einen Überblick darüber zu geben, 
was für den Schlachthoftierarzt ans der Maschinen- 
kunde von Interesse ist. 

Goltz verliest hierauf eine Zuschrift des 
Schlachthofinspektors Hartmann-Rawitsch, in 
der die Mängel seiner Anstellungsverhältnisse 
geschildert werden. Dr. Magdeburg-Posen 
empfiehlt, die Angelegenheit dem Verein der 
Schlachthoftierärzte für die Provinz Posen zur 
weiteren Verfolgung zu überweisen. Es wird 
demgemäß beschlossen. 

Schmidt-Hirschberg bringt den Beschluß 
der Gruppe der Schlachthoftierärzte Im Schleslsohcu 
Provinzlalverein zur Sprache, der Verein Preußi- 
scher Schlachthoftierärzte möge die 
Kosten für das Verwaltungsstreitver- 
fahren tragen, wenn einem Schlachthof- 
tierarzt, dem für die Ausübung der 
Fleischbeschau polizeiliche Funktionen 
übertragen seien, von seiner Gemeinde 
gekündigt werde, und der. Schlachthoftierarzt 
mit dieser Kündigung nicht einverstanden sei. 
Auf Grund der hieran sich anschließenden Debatte, 
an der sich Goltz, Kühn au, Niens-Oberhausen, 
Hentschel -Oels, W i n d i s c h -Görlitz beteiligten, 
formuliert Windisch schließlich den von 
Schmidt vorgetragenen Schlesischen An- 
trag dahin: 

,,Der Verein beschließt^ auf seine Kosten^ 
zunächst in einem Fallet ^tim Ausirag xu bringen^ 
ob die Übertragung polizeilicher Funktionen an 
einen Schlaehthoftierarxt die unkündbare An- 
stellung im Gefolge hat.'*^ 
Dieser Antrag ist einstimmig angenommen 
worden, 

Goltz erwähnt im seinem Bericht den 



Übertritt des Ehrenmitgliedes Ostertag in 
den Reichsdienst und berichtet weiter Über den 
Antrag der Berliner Tlerarztllcben Gesellsehaft auf 
EinfOhning der anlnalicchen Nahrunginlttelkunde 
alc Lehrgegenetand an den Tierärztlichen Hoch- 
schulen, der sich auf den in dieser Zeitschrift 
(18. Jahrg., S. 145) abgedruckten Vorbrag 
Borchmanns stützt. Goltz glaubt, daß die 
Versammlung den Ausführungen Borchmanns 
ohne weiteres zustimmen könne; denn der 
Verein habe bereits bei früherer Gelegenheit 
über die außerordentliche Fleischbeschau ver- 
handelt und nur bedauert, daß sie nicht im 
Fleischbeschaugesetz Berücksichtigung gefunden 
habe. Es sei Aufgabe der tierärztlichen Labo- 
ratorien auf den Schlachthöfen, diese Materie 
immer mehr auszubauen. — Niens-Oberhausen 
widerspricht der Meinung, daß die außerordent- 
liche Fleischbeschau an den Hochschulen ver- 
nachlässigt worden sei. Sie sei an der 
Hochschule, an der er studiert habe, gelehrt 
und demonstriert worden. Zu betonen sei aber, 
daß die ordentliche Fleischbeschau die Haupt- 
sache, das Wesentliche sei. Wind i seh -Görlitz 
wünscht Vertiefung unserer Kenntnisse in der 
oft schwierig zu beurteilenden Materie der 
außerordentlichen Fleischbeschau, desgleichen 
Wahrendorff-Greifswald und Dr. Garth- 
Darmstadt. Hafonrichter- Landsberg a. W. er- 
wähnt, daß in seinem Wirkungskreis die Frage 
noch nicht entschieden sei, wer die außer- 
ordentliche Fleischbeschau auszuführen habe, oh 
die Schlachthoftierärzte oder der Kreistierarzt 
Windisch teilt mit, daß in Görlitz die 
außerordentliche Fleischbeschau dem Kreis- 
tierarzt und dem derzeitigen Schlachthofticrarzt 
übertragen sei. Goltz weist darauf hin, daß die 
Zuständigkeit davon abhänge, ob in einer Ge- 
meinde städtische oder königliche Gesundheits- 
polizei bestehe. Ostertag ist auch der Ansicht, 
daß dort, wo eine städtische Sanitätspolizei 
nicht eingeführt sei, die außerordentliche Fleisch- 
beschau nach dem Polizeiverwaltungs- und dem 
Nahrungsmittelgesetz (§§ 2 — 4) Sache der 
Beamten der Polizei sei. Wie das Beispiel von 
Görlitz zeige, könnten aber die Befugnisse der 
Polizeibeamten auf die städtischen Tierärzte 
übertragen werden. Im übrigen lassen sich die 
über die außerordentliche Fleischbeschau vor- 
getragenen Meinungen gut vereinigen. Die 
ordentliche Fleischbeschau sei die Grundlage 
der animalischen Nahrungsmittelkunde, die 
außerordentlich sei auf dieser Grundlage weiter 
zu entwickeln, wie dies früher schon geschah, 
den erweiterten Erfahrungen entsprechend, 
die in der außerordentlichen Fleischbeschau 
gesammelt werden. Die Berufung Borchmanns 



— 329 — 



an die Tierärztliche Hochschulo zu Berlin sei 
wohl ein Beweis dafür, daß die Ansicht von der 
Zweckmäßigkeit des Ausbans der außerordent- 
lichen Fleischbeschau auch an den für den Unter- 
richt maßgebenden Stellen geteilt werde. Im 
übrigen solle von der Hochschule nicht alles 
erwartet werden. Die Hochschule habe die 
wissenschaftliche Grundlage zu legen, die Praxis 
aber müsse die Reife bringen. Deshalb sei ein 
praktisches Jahr mit einem halben Jahr praktischer 
Fleischbeschau und außerordentlichen Fleisch- 
beschau unter der Leitung eines erfahrenen 
Mannes notwendig. Goltz schlägt unter Zu- 
stimmung der Versammlung vor, eine Resolution 
etwa dieses Inhalts in das Protokoll aufzunehmen. 

Goltz bringt ferner den Antrag des tier- 
ärztlichen Vereins von Schleswig-Holstein zur 
Sprache, daß die tierarztlichen Vereine die Milch- 
kunde alt ständigen Verhandlungsgegenttand auf ihre 
Tagesordnung setzen. Der Antrag erledige sich 
dadurch, daß der Verein Preußischer Schlacht- 
hoftierärzte die Frage bereits im ähnlichen Sinne 
behandelt habe. 

Über eine an den Verein gerichtete Eingabe 
des Vorstandes des Sächsisch-Anhaltinischen 
Bezirksvereins im Deutschen Fleischerverband, 
das Fleisch einflnniger Tiere schon nach I4tägiger 
Kühlung fk*eizugeben, wird zur Tagesordnung über- 
gegangen, nachdem Ostertag ausgeführt hatte, 
daß nach seinen Versuchen 14 Tage zur Ab- 
tötung der Rinderfinnen im Fleische ihres Trägers 
nicht ausreichen. Zur Verhütung von Zersetzungs- 
erscheinungen, die sich am Fleische junger Tiere 
bei dreiwöchiger Kühlung an bestimmten Stellen 
einstellen könnten, empfehle es sich, die ge- 
fährdeten Stellen nach dem im Rheinland 
geübten und erprobten Verfahren vor 
dem Einhängen der Tierkörper in das 
Kühlhaus mit Salz einzureiben. 

Das frühere Mitglied des Vereins, Wulff- 
CottbuB, regt in einem Schreiben an den Verein 
an, für die Schlachthoftierärzte ganz allgemein 
die Beamteneigenschaft zu erstreben, da sie ihre 
Tätigkeit auf Grund eines Reichsgesetzes aus- 
üben. Goltz und Stier-Wesel sind nicht der 
Meinung, daß die Anregung Wulffs weiter zu ver- 
folgen sei, da dies ganz aussichtslos sei, und die 
Versammlung beschließt demgemäß. Schließlich 
dankt Goltz im Namen des Schlachthofdirektors 
Kl ein Schmidt- Erfurt für die ihm anläßlich 
seines 70. Geburtstages von den Kollegen er- 
wiesenen reichen Ehrungen. 

Damit schloß die sehr anregende Vor- 
versammlung. 

Vor Eintritt in die Tagesordnung der Haupt- 
versammlung werden die Schreiben verlesen, die 
auf die Einladungen zur Teilnahme an der Ver- 



sammlung ergangen sind. Sodann findet die 
Aufnahme neun neuer Mitglieder statt, wobei 
auf die Notwendigkeit einer Statutenänderung 
hingewiesen wird, um die Aufnahme solcher in 
der Fleischbeschau tätigen Tierärzte zu ermög- 
lichen, die sich nicht oder nicht mehr im 
Schlachthofdienste befinden. 

Der Vorsitzende teilt mit, daß der Schrift- 
führer Kühnau die Anstellungsvorhältnisso der 
preußischen Schlachthof - Tierärzte zusammen- 
gestellt hat. Die Zusammenstellung soll gedruckt 
und als vertraulich zu behandelnde Drucksache 
den Mitgliedern auf Wunsch übersandt werden. 

Bei der Vorstands wähl werden die früheren 
Vorstandsmitglieder durch Zuruf wiedergewählt. 
Für den verstorbenen Schlachthofdirektor 
Kredewahn wird Seh lach thofdirektor Claus- 
nitzer-Dortmund gewählt. 

Weiter wird dem Kassenwart Geldner 
Entlastung erteilt unter Anerkennung der aus- 
gezeichneten Kassenführung. 

Sodann findet der Vortrag des Ingenieurs 
Masmacher-Köln statt über den maschinellen 
Betrieb auf Schlacht- und Viehhöfen unter BerBcfc- 
sichtlgung der Anwendbarkelt der verschiedenen 
Kraftquellen. Die wichtigste maschinelle Anlage 
auf Schlachthöfen ist die Kühlanlage, die den 
bekannten Zweck hat, die Luft in den Aufbe- 
wahrungsräumen für Fleisch abzukühlen, zu 
trocknen und von Keimen zu befreien. Es 
werden die verschiedenen Kühlsysteme erörtert 
und durch Projektionsbilder erläutert. Als zweck- 
mäßigsten Feuchtigkeitsgehalt bezeichnet M. 
nach den in Köln gemachten Erfahrungen 
80—85 Proz. relative Feuchtigkeit bei einer 
Temperatur von -}-2~3®C. Redner geht der 
Reihe nach genauer ein auf die verschiedenen 
Arten von Kompressionsmaschinen, auf die Be- 
rieselungs- und Tauchkondensatoren, auf die Nach- 
kühlung, auf die Eisherstellung aus entlüftetem 
Wasser (Kristalleis) und nicht entlüftetem 
Wasser (Milcheis) und betont den hygienischen 
Vorteil des aus entlüftetem Kondenswasser her- 
gestellten bakterienfreien Kristalleises. Weiter 
wurde die Überlegenheit des hochgespannten 
und überhitzten Dampfes zur Kraftleistung, des 
niedrig gespannten dagegen zu Heizzwecken 
besprochen, sodann die Konstruktion und Be- 
deutung der Flammrohr- und der Röhrenkessel 
und die verschiedenen Arten von Antriebs- 
maschinen, Dampfmaschinen, Gasmaschinen mit 
besonderer Berücksichtigung der mit Generator- 
gas arbeitenden Maschinen, bei denen Va ^S 
Kohle eine Pferdekraftstnnde leiste, endlich der 
elektrischen Maschinen. Die verschiedene 
Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Systeme 
wurde durch Kostenberechnungen erläutert. 



— 330 — 



Den Schluß des belehrenden Vortrages bildete I 
die Schilderung der Warmwasserbereitung im 
Schlachthof zu Köln. 

Der folgende Redner, Professor Dr. Klein 
von der Königlichen Technischen Hochschule zu 
Hannover, gibt in seinem Vortrag Ober die ver- 
schiedenen Kraftquellen für die Schlacht- und Viehbof- 
betrlebe einen allgemeinen Überblick aber die 
technische Entwicklung der Kraftmaschinen. Wie 
das Bedürfnis nach mechanischen Arbeitskräften 
gewachsen ist, so haben sich auch die Maschinen 
entwickelt, die menschliche Kraft ersetzen. Unter 
diesen letzteren hat die Dampfmaschine allent- 
halben, und namentlich fdr Schlachthofanlagen, 
die größte Bedeutung. Die Dampfmaschinen 
arbeiten mit gespanntem Dampf, der in kleinen 
oder großen Wasserraumkesscln erzeugt wird. 
Für Schlachthof anlagen empfehlen sich am meisten 
Flammrohrkessel, weil aus ihnen entnommener 
Dampf (z. B. zum Wassererwärmen) schnell wieder 
ersetzt wird. Die Dampfmaschinen werden unter- 
schieden in solche mit durchgehenden Kolben 
solche mit rotierendem Kolben (diese haben sich 
bislang nicht praktisch bewährt) und in Dampf- 
turbinen (kommen für Schlachthofanlagen nicht 
in Betracht). Redner erklärt sodann, wie die 
Kraft der Dampfmaschinen gemessen wird, 
schildert den Vorteil der Nutzanwendung der 
Expansionskraft des Dampfes und bespricht den 
Mechanismusder Kondensations- und der AuspufF- 
maschine. Die Kondensationsmaschinen ver- 
brauchen weniger Dampf, trotzdem sind ihnen 
aber in vielen Schlachthofanlagen die Auspuff- 
maschinen vorzuziehen, weil man den Auspuff- 
dampf zum Vorwärmen von Wasser nutzbringend 
veiwenden kann. Die neueren Dampfmaschinen 
arbeiten weit sparsamer wie die älteren Modelle. 
Auffallenderweise hat Redner in keinem Lehrbuch 
der Physik eine moderne Dampfmaschine richtig 
beschrieben gefunden. Redner schildert dann, 
wie man Wärmeverluste beschränken und den 
Abgangsdampf aufspeichern kann. Er weist ferner 
auf die Notwendigkeit hin, alle Anlagen des 
Schlachthofes, die Dampf gebrauchen, möglichst 
nahe an der Dampfquelle aufzustellen. Zum 
Schluß betonte Prof. Klein die Notwendigkeit 
der Ausbildung der Schlachthoftierärztc in den 
Grundlehren der Maschinentechnik. 

Privatdozent Dr. ing. Hcinel von der 
Königl. Technischen Hochschule zu Charlotten- 
burg behandelt in seinem Vortrag über die An- 
wendbarkeit der verschiedenen Kraftquellen für den 
Betrieb der maschinellen Anlage der Schlacht- und 
Viehhöfe die Frage des Kflhlmaschinenantriebes 
und schilderte unter Vorführung zahlreicher Zeich- 
nungen und Photogramme die Verwendung von 
Dampfmaschinen, Verbrennungskraftmaschinen 



und Elektromotoren in Kühlanlagen. In ein- 
gehender Weise wurden die verschiedenen Me- 
thoden der Übertragung der Kraft vom Motor 
auf den Kompressor beschrieben. Die Dampf- 
maschinen haben die größte Betriebssicherheit 
für sich; einige Schwierigkeiten bereitetes, ihre 
Arbeit dem wechselnden Kältebedarf anzupassen. 
Diese Schwierigkeit fällt weg bei der Anwendung 
von Elektromotoren. Die Verbrennungskraft- 
maschinen arbeiten nicht so sicher, daß auf eine 
Reservemaschine verzichtet werden könnte, sie 
passen sich auch einem plötzlich hervortretenden 
Mehrbedarf an Kälte nicht gut an. Von allen 
Maschinen arbeitet die Dampfmaschine am wirt- 
schaftlichsten. Darum ist sie für Schlachthaus- 
kuhlanlagen am meisten zu empfehlen. Redner 
zeigt an einer Kostenberechnung, daß in Städten, 
wo die Elektrizität zum Selbstkostenpreise der 
Elektrizitätswerke zur Verfügung steht, diese 
Kraftquelle nicht wesentlich teurer zu stehen 
kommt als der Dampf. Am günstigsten ist es, 
wenn Schlachthof und Elektrizitätswerk dicht 
beieinander gelegt werden oder wenn das letztere 
gar mit der Schlachthofanlage verbunden wird. 

Schlachthofdirektor Goltz -Berlin be- 
richtet endlich, daß der Vorstand des Vereins Preu- 
ßischer Schlachthoftierärzte den Entwurf einer Ne- 
velle zun Viehseuchengesetz beraten und dem Reichs- 
tage eine Petition vorgelegt hat, deren Wortlaut 
den Vereinsmitgliedern aus der Veröffentlichung in 
der Fachpresse bekannt sein dürfte. Redner 
geht dann auf die Hauptpunkte der Petition ein 
und stellt die Frage, ob die Versammlung gegen 
das Vorgehen dos Vorstandes Einwendungen zu 
erheben habe. Dies geschieht von keiner Seite. 
Über das bisherige Schicksal der Petition hat 
Redner bisher nichts erfahren können. 

Als Ort der nächsten Versammlung 
wurde Berlin bestimmt, sie soll in der zweiten 
Hälfte des Mai 1909 stattfinden. 

Nach Erledigung der Tagesordnung ver- 
einigte die Teilnehmer an der Versammlung 
wie im Vorjahre ein festliches Mahl im Kaiser- 
keller. 

— DerVereln der SchiachthofUerIrzte der Rhein- 
prsvinz hielt am 16. und 17. Mai d. J. in Trier 
seine 32. Vereinsversammlung ab. Es waren er- 
schienen: Ackermann-Ohligs, Dr.Bettendorf- 
Ürdingen, Bockel mann-Aachen, Bolle -Düssel- 
dorf, Bossle -Neunkirchen, Bourmer-Trier, 
Brebeck-Bonn, Dr. Bützler-Trier, Clausen- 
Hagen, Dr. Davids-Mülheim (Rhein), Ehrhardt- 
Essen,Fischer-Bonn,Goslar-Aachen,Haffner- 
Düren, Hintzen- Eschweiler, Klein -Lennep, 
Knörchen-Werden,Knüppel-Solingen,Kring8- 
Kalk, Kühnau-Köln, Lauff-Merzig, Levy- 
Brühl, Dr. Loge mann -Barmen, Lohbeck-Duis- 



- 331 — 



bürg -Meiderich, Lübke-HoDnef, Niens -Ober- 
hausen, Piath- Viersen, Quandt-M.-Gladbach, 
Qnandt-Rheydt, Schache- Altenessen, Dr. 
Scheer8-Siegburg,Sohweitz er- Linz, Spangen- 
berg -Remscheid, Sprenger -Kleve, Stier - 
Wesel, UIlrich-Mtlnster, Uth off- Koblenz, Dr. 
Vo i r i n - Elberfeld, We i 1 a n d - Dillingen, Wo c k e n - 
Andernach, Zell -Kreuznach, sowie als Giiste 
Yeterinärrat Dr. Steinbach im Auftrage der 
Königl. Regierung und Beigeordneter Dr. Baur 
seitens der Stadtverwaltung, die Kreistierärzte 
Dr. Finkcnbrink-Saarbrücken und Grupe- 
Malmedy, Unterveterinär Hahn -Saarbrücken, Dr. 
He ine- Duisburg, die Kreistierärzte Kemner- 
Wittlich, Matschke-Cochem und MlUler-Ott- 
weiler, Kreistierarztassistent Dr. Lenf ers-Tricr, 
Oberstabsveterinär Schulz -Trier, Oberveterinär 
Suchanke-Trier und Wenn er- Mülheim (Rhein). 
Am erstgenannten Tage versammelten sich 
die Kollegen um 4 Uhr nachmittags im städtischen 
Schlachthof und wurden von dem Direktor 
Dr. Bützl er willkommen geheißen. Derselbe ver- 
anstaltete im Kesselhause an der Hand zahlreicher 
Zeichnungen und Abbildungen eine Demonstration 
folgender feuerungstechniocher Apparate und Neben- 
anlagen beim Dampfkeoselbetriebe, die große Er- 
sparnisse mit sich bringen: a) Wassermesser für 
das Kesselspeisewasser; b) Vorwärmer für das- 
selbe; c) rauchschwache Feuerung; d) Aschenfall ; 
e)Wassorreinigungsapparat; f) Überhitzer; g) Heiz- 
cfFektmesser und Rauchgasgeschwindigkeits- 
messcr und h) Wasserkochapparat, verbunden mit 
Speisewärmer für die Angestellten. Die Demon- 
stration ist in Nr. 18 und 19 der Schlacht- und 
Viehhofzeitung unter dem Titel „Erfahrungen 
im Dampfkessel- und Maschinenbetrieb" ver- 
öffentlicht worden. Nach der Besichtigung des 
neuen Kessel- und Maschinenhauses sowie des 
vollständig umgebauten Kühlhauses hielt Niens 
im Verwaltungsgebäude einen Vortrag über das 
Thema: Wie werden die Betriebskosten In den 
Schlachthöfen verringert? Dabei besprach er die 
Vorteile der Kohlenwage und die Verwendung 
gut ausgebildeter und zuverlässiger Kesselheizer, 
um Ersparnisse im Kohlenverbrauch zu erzielen. 
Femer bezeichnet er es als eine Notwendigkeit, 
sowohl das Speisewasser als auch die Temperatur 
desselben zu messen, sowie allen Abdampf der 
Maschine rationell auszunutzen. £r empfiehlt, 
im Kühlhar.se nicht zu niedrige Temperaturen 
zu halten und die relative Feuchtigkeit auf 
75 Proz. zu bringen durch Einbauen eines Heiz- 
körpers in der Nähe des Luftkühlcrs und Er- 
wärmen der Lnft. Auch macht er darauf auf- 
merksam, daß im Eisgenerator nicht Temperaturen 
unter 8^0 gehalten werden dürfen. Nicht zum 
mindesten empfiehlt er die Betriebszeit des 



Schlachthofes, wenn möglich, zu verkürzen, da dies 
nicht zur Bequemlichkeit der Tierärzte, sondern 
zur Erzielung bedeutender Ersparnisse diene. 

Abends fand eine gesellige Zusammenkunft 
im WeifihausRestaurant bei Trier statt, welche 
äußerst gemütlich verlief. Allgemein entzückte 
der Blick, welchen man von dem auf der Berges- 
höhe gelegenen Weißhaus auf die Stadt genießt. 

Am folgenden Tage begann die Sitzung um 
llVa Uhr vormittags im Kasino. Der Vorsitzende 
Brebeck begrüßt die zahlreich erschienenen Kol- 
logen und besonders die Gäste, darunter die 
Herren Veterinärrat Dr. Steinbach und Beige- 
ordneten Dr. Baur. Dr. Steinbach dankt für 
die Einladung, der er als Vertreter des Herrn 
Regierungspräsidenten gefolgt ist, und betont 
die Wichtigkeit der veterinärmedizinischen 
Fragen, die heute mit zu den Tagesfragen gehören. 
Dr. Baur dankt im Namen des Herrn Oberbürger- 
meisters, drückt seine Freude aus über den Ent- 
schluß des Vereins, gerade in Trier zu tagen, 
und hebt hervor, wie wichtig die städtische 
Milchkontrolle und die Frage der Errichtung 
einer Säuglingsmilchanstalt für die hiesige Stadt 
sei; er wünscht der Tagung einen guten Erfolg. 

1. Als Mitglieder werden in den Verein neu 
aufgenommen Kreistierarzt und Schlachthof- 
direktor Grupe-Malmedy und Schlachthof- 
direktor Dr. Heine-Duisburg. 

2. Haffner hält einen sehr interessanten 
Vortrag über die Beurteilung der Tuberkuiooe 
nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen. Ob- 
gleich das Fleischbesch<augesetz Einheitlichkeit 
bei der Beurteilung geschaffen hat, bestehen 
doch noch manche Unklarheiten und Meinungs- 
verschiedenheiten; dieselben bewirken die in 
einzelnen Städten außerordentlich von einander 
abweichenden Ergebnisse, die durch besondere 
örtliche Verhältnisse nicht erklärt werden 
können. In erster Linie müssen wir uns be- 
mühen, Einheitlichkeit bei der Beurteilung herbei- 
zuführen, alsdann auch die Fälle von Tuber- 
kulose festzustellen, bei denen die bisherigen 
Bestimmungen nicht genügen oder mit den Er- 
fahrungen der Praxis nicht übereinstimmen. 
Dadurch ergibt sich Material für Abänderungen. 
Die Formen, die leicht zu Meinungsverschieden- 
heiten Anlaß geben, sind: 1. stark ausgedehnte 
Tuberkulose, 2. frische Blutinfektion und 
3. Knochentuberkulose. 

1. Die sichere Feststellung der stark ausge- 
dehnten Tuberkulose ist dadurch erschwert, daß 
die verschiedenen Stellen in den gesetzlichen 
Bestimmungen, welche sich auf diese Form be- 
ziehen, verschieden lauten und infolgedessen 
kein einheitliches Bild geben. So soll ein Tier 
im Nahrungs- und Gen«ßwcrt erheblich herabge- 



332 — 



setzt sein, wenn die Tuberkulose in mehreren 
Organen stark ausgedehnt ist. Was ist stark 
ausgedehnt? Dies ist dann als vorhanden zu 
betrachten, a) wenn ein großer Teil jedes Organs 
erkrankt, wenn mindestens ein Drittel des Organs 
zerstört oder wenn die Hälfte des Brust- oder 
Bauchfells ergriffen ist, b) wenn ein Organ 
hervorragend erkrankt ist. 

2. Die Vorschriften über die frische Blut- 
infektion sind in Nr. 18 der Ausführungsbe- 
stimmungen genau geregelt, und doch wie ver- 
schieden sind die Ergebnisse der Fleischbeschau- 
statistik in diesem Punkte. Die Beurteilung 
kann höchstens fraglich werden, wenn neben den 
frischen, nicht über hirsekomgroßen Knötchen 
noch ältere vorhanden sind, desgleichen bei 
Lymphdrüsenschwellung. Häufig ist in den ver- 
größerten Lymphdrüsen nichts nachzuweisen, in 
einigen dagegen finden sich Riesenzellen, in 
anderen epithelioide Zellen. In praxi vernichten 
wir in diesen Fällen das Fleisch nicht, weil es 
heißt, „wenn Schwellung der Milz und Lymph- 
drüsen besteht,*' wir kochen die betreffenden 
Viertel. Feiner, wie verhält es sich mit den 
Lymphdrüsen, die, ohne daß sie zu den Fleisch- 
drüsen gerechnet werden, Lymphgefäße aus Musku- 
latur und Knochen aufnehmen? So z. B. emp- 
fangen die KehlgangslymphdrUsen Lymphe aus 
der unteren Kopfhälfte, die OhrdrUsen aus 
Schädelbasis und Ohrgegend, die retropharyngealen 
Lymphdrüsen aus Schädelhöhlc, Rachenhöhle, 
die Halsdrüsen aus den Muskeln der betreffenden 
Halsabschnitte, die Drüsen der unteren Brust- 
wand aus dem Brustbein und den umgebenden 
Muskeln, die Lenden- und Darmbeindrüsen aus 
den Lenden- und Bauchmuskeln. Bei Tuberkulose 
der Kehlgangslymphdrüsen und retropharyngealen 
Lymphdrüsen sollen die Tonsillen mit Adnexen 
für untauglich erklärt werden, der Rest des 
Kopfes für tauglich. Alle die genannten Drüsen 
haben das gemeinsam, daß sie außer Lymph- 
drüsen ans der Muskulatur auch aus anderen 
Teilen Lymphe aufnehmen, wie die Rachendrüsen 
aus den Tonsillen, die Bmstbeindrüsen aus dem 
Brustfell, die Darmbeindrüsen aus dem Bauchfell 
also aus Teilen, die leicht imd oft erkranken, 
während die Muskulatur fast nie erkrankt. Es 
empfiehlt sich daher folgender Grundsatz: Sind 
Lymphdrüsen erkrankt, welche aus verschiedenen 
Teilen Lymphe aufnehmen, von denen der eine 
leicht und oft, der andere fast nie erkrankt, so 
ist anzunehmen, daß die Erkrankung von dem 
ersten Teil ausgegangen und somit dieser zu 
beanstanden ist. 

3. Die Knochentuberkulose erfordert eben- 
falls eine besondere Besprechung. Bei Wirbel- 
tuberkulose ist nach Ostertag der betr. Wirbel 



mit Adnexen untauglich, der Rest tauglich, bei 
Tuberkulose der Rippen, Gliedmaßen, Gelenke, 
ist das betr. Viertel untauglich, der Rest des 
Fleisches tauglich. Das erstere Verfahren wird 
damit begründet, daß der Wirbel als ein dem 
Fleischviertel entsprechender abgegrenzter Teil 
anzusehen ist. Warum wollen wir aber das 
gleiche nicht auch bei Gelenk- und Röhren- 
knochen und sonstiger Knochentuberkulose tun, 
nämlich nur die betr. Teile für untauglich er- 
klären, jedoch das Fleisch der betr. Viertel für 
bedingt tauglich. In diesen und manchen anderen 
Punkten wäre es wünschenswert, daß die ver- 
schiedenen Formen der Tuberkulose durch genaue 
Begriffsbestimmungen gesetzlich festgestellt 
würden, damit nicht nur Sicherheit, sondern auch 
Einheitlichkeit bei der Beurteilung eintritt 

An der sich anschließenden Besprechung 
beteiligen sich Dr. Heine, Bolle und Bockel- 
mann; letzterer schlägt vor, eine Kommission 
zu bilden, welche nach eingehender Prüfung der 
einschlägigen Fragen die Neuerungen ausarbeiten 
soll, damit dieselben vom Verein aus an ge- 
eigneter Stelle in Vorschlag gebracht werden 
können. Die Kommission besteht aus Dr. Davids, 
Haffner, Dr. Heine, Zell und Dr. Bützler. 

3. Plath behandelt darauf ausführlich da« 
Thema „die städtische Milchksntrdle" und sagt, 
es sei eigenartig, daß einem so wichtigen 
Nahrungsmittel so wenig Beachtung geschenkt 
werde, zumal da es doch bekannt sei, daß 
die Säuglingssterblichkeit in den meisten Fällen 
durch die schlechte Beschaffenheit der Milch 
hervorgerufen werde. Eine städtische Milch- 
kontrolle habe nur dann einen Zweck, wenn eine 
eingehende Stallkontrolle vorhergehe. Die Stall- 
kontrolle hat sich auf folgende Punkte zu er- 
strecken: die Tiere müssen in guten, luftigen 
Ställen untergebracht sein, einwandfreie Streu 
und gutes, kontrolliertes Futter haben, dazu 
stets tadellos geputzt und gepflegt werden. 
Kranke Tiere, besonders solche mit fieberhafter 
Allgemeinerkrankung müssen ausgeschlossen 
werden, ferner tuberkulöse Kühe, nicht allein 
solche mit Eutertuberkulose, sondern alle 
Tiere mit tuberkulöser Erkrankung. Tuber- 
kulinimpfung empfehle sich dabei aber nicht zur 
Diagnose, weil das Tuberkulin ein zu feines 
Reagens sei, und diejenigen Tiere am stärksten 
reagierten, die nur Anfänge der Tuberkulose an 
den Bronchial- oder Mediastinaldrüsen aufwiesen. 
Die Stallkontrolle hat sich alsdann zu erstrecken 
auf das Wasser und die Milchgefäße; ersteres 
muß gesund und frei von schädlichen Bei- 
mengungen, wie Salpeter, sein; letztere müssen 
so beschaffen sein, daß sie eine tadellose Sauber- 
haltung der Milch ermöglichen. Die Gefäße 



— 333 — 



massen mit solchen Deckeln versehen sein, dafi 
die Milch entlüftet werden kann; am zweck- 
mäßigsten haben sich Doppeldeckel mit Watte 
filter erwiesen. Die Melker müssen sauber nnd 
vor allen Dingen gesund sein. Die sauber ge- 
wonnene Milch muß schließlich abgekühlt 
werden. Die städtische Kontrolle hat sich 
nur zu erstrecken auf Wasserzosätze und Kon- 
servierungsmittel. Die Prüfung ist ausschließlich 
Sache des Tierarztes. 

Bei der Diskussion bezeichnet Dr. Davids 
die Milchgewinnung als einen wunden Punkt, 
weil das Schweizerwesen noch sehr im argen 
liege. Dr. Bettendorf berichtet über seine Er- 
fahrungen mit der Säuglingsmilchanstalt, welche 
weniger Zuschuß gebraucht habe, als veranschlagt 
worden sei. Wenn es auch auf diesem Gebiete 
Schwierigkeiten gebe, so dürfe man doch nicht 
mutlos werden. Dr. Bützler führt aus, daß bei 
Errichtung neuer Milchanstalten stets die Frage 
erörtert werde, ob die Milch sterilisiert werden 
solle oder nicht Manche Ärzte stehen auf dem 
Standpunkt, daß die Milch nur durch Kühlung zu 
konservieren, aber nicht zu sterilisieren sei. 
Nach Prof. Dr. Siegert, der kürzlich hier einen 
Vortrag gehalten, beeinträchtige die Sterilisierung 
nicht die Verdaulichkeit der Milch. So lange die 
Milchgewinnung nicht absolut sauber vor sich 
gehe, könne man ohne Sterilisieren nicht aus- 
kommen. Bockelmann ist der Ansicht, daß 
hinsichtlich der Milchkontrolle und Fürsorge für 
die Säuglingsemährung gegenwärtig sehr viel 
geschieht. Früher waren es die Chemiker, dann 
die Ärzte, und jetzt sind es die Tierärzte, die 
die Milchkontrolle für sich beanspruchen; wir 
begründen es mit Recht damit, daß wir hervor- 
heben, daß in erster Linie die Produktionsstätte 
kontrolliert werden muß. Hindernd sind uns 
darin oft die Landwirte, denen die Vorschriften 
über die Milchgewinnung Kosten bereiten. Die 
Säuglingsmilchanstalt in Aachen befindet sich in 
blühender Entwicklung, die Milch kommt aus 
einem Stalle von 20 Kühen, welcher gegenwärtig 
noch in Privatbesitz ist, jedoch später von der 
Stadt übernommen werden soll. Auch sei dem 
Tuberkulin nicht jeder Wert abzusprechen, aller- 
dings zeitige nur das bovine Tuberkulin eine 
einwandfreie Reaktion. VorzQglich sei die 
Augenreaktion. Plath berichtet, daß in Viersen 
vor Errichtung der Säuglingsmilchanstalt 20 Proz. 
Sterblichkeit bestanden habe, jetzt aber in dem 
gleichen Zeiträume nur ein Todesfall bei Kindern 
vorgekommen sei. Wenn die Anstalten auch 
viele Mühe machten, so sollten sie wir uns doch 
nicht aus den Händen gehen lassen, denn sie 
müßten ausschließlich auf den Schlachthöfen 
gebaut werden. Stier sagt, wenn eine Stadt 



eine Milchanstalt errichten wolle, so müsse sie 
von dem Standpunkt ausgehen, daß sie eine 
soziale Frage lösen wolle; sie müsse Zuschuß 
leisten, dies habe sich auch in Wesel gezeigt 
Kühn au führt folgendes aus: Weil die allge- 
meine Stallkontrolle bisher an der Geldfrage 
scheitert, so geht eben die Stadt daran, nur ge- 
wisse Ställe unter Kontrolle zu stellen, wie dies 
bei der Säuglingsmilchanstalt der Fall ist Zudem 
will man die Kleinhändler beseitigen, weil sie für 
saubere Produktion und sauberen Vertrieb keine 
Gewähr bieten. Als ideal ist es zu bezeichnen, 
wenn die Stadt selbst Kuhställe bei den Milch- 
anstalten errichtet; da dies nicht überall möglich 
ist, so muß man sich mit einer korrekten Durch- 
führung der Milchlieferungsbedingungen zufrieden 
geben. Die Mutterberatungsstellen sind sehr zu 
empfehlen, indem dadurch die Milch nur auf 
ärztliche Anordnung abgegeben wird. Kühn au 
schlägt vor, eine Kommission zu ernennen, welche 
die Frage bearbeiten soll; in dieselbe werden 
gewählt: Dr. Bettendorf, Bockelmann, 
Dr. Davids, Fischer, Plath und Stier. 

4. Niens fragt an, unter Bezugnahme auf eine 
Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten zu 
Düsseldorf, betr. Besichtigung der Fleischerläden, 
ob es angängig sei, zu dieser Besichtigung einen 
Metzger hinzuzuziehen; in der Schlachthof- 
kommission habe ein Metzger einen dies- 
bezüglichen Antrag gestellt. Die Versammlung 
stimmt darin überein, daß es im eignen Interesse 
des Metzgers, der an der Besichtigung teilnehmen 
solle, sich nicht empfehle, diesem Antrage 
stattzugeben. 

5. Tag und Ort der nächsten Versammlung. 
Da der tierärztliche Verein für Rheinpreußen 
angeregt hat, daß alle Provinzialvereine bei 
Gelegenheit der Naturforscherversammlung im 
September in Köln gemeinsam tagen sollen, so 
beantragt Bockelmann, die nächste Ver- 
sammlung zusammen mit dem rheinischen Verein 
in Köln abzuhalten. Nachdem der Antrag bei- 
fällig aufgenommen worden war, wurde die Ver- 
sammlung geschlossen. 

Um 2 Uhr fand im roten Saale des Kasinos 
ein gemeinschaftliches Mittagsmahl statt, woran 
einschließlich der Damen 54 Personen teilnahmen. 
Die Stimmung war vorzüglich und erreichte ihren 
Höhepunkt, als Kollege Bockelmann dem Vor- 
sitzenden Brebeck, der am 19. Mai seine 
silberne Hochzeit feierte, die Glückwünsche des 
Vereins aussprach und zum Andenken an diesen 
Tag eine prachtvolle silberne Bowle überreichte. 
Kollege Bolle photographierte nach dem Essen 
sämtliche Teilnehmer im Garten und übersandte 
jedem am folgenden Tage ein wohlgelungenes 
Gruppenbild; besten Dank! Hoffentlich haben 



— 334 — 



alle Kollegen von der alten Stadt Trier eine 
angenehme Erinnerung mitgenommen. 

I.A.: Dr. Bützler, I.Schriftführer. 



Bucherschau. 

— Ellenberger und GQnther, Grundriß der ver- 
gleichenden Histologie der Haussftugetiere. Dritte, 
umgearbeitete und vermehrte Auflage. Mit 
572 Textabbildungen. Berlin 1908. Verlag von 
Paul Parey. Preis 13 M. 

Die neue Auflage des Grundrisses der ver- 
gleichenden Histologie der Haussäugetiere er- 
scheint verbessert und erweitert und in glänzender 
Ausstattung. Die textliche Verbesserung und 
Erweiterung nach den neuen Forschungs- 
ergebnissen sind selbstverständlich. Hervorzu- . 
heben sind aber die Neubearbeitung und wesent- 
liche Erweiterung des Anhangs über die 
mikroskopische Technik und die Ausmerzung 
von 126 den Ansprüchen nicht ganz genügenden 
Abbildungen und die Neuaufnahme von 268 
schönen, instruktiven Bildern. Man kann den 
Verfassern darin beistimmen, daß in einer Histo- 
logie an Ausstattung mit Abbildungen kaum des 
Guten zu viel geschehen kann. Es ist eine 
Freude, das Werk durchzublättern und die 
Hauptsätze der Gewebelehre im Bild an seinem 
Auge vorüberziehen lassen. Man kann den 
heutigen Studierenden der Tierheilkunde dazu 
Glück wünschen, daß sie ein so ausgezeichnetes 
Buch, das sich bescheiden einen „Grundriß^ 
nennt, als Anleitung für ihre histologischen 
Studien besitzen. 

— Rubner, M., Voiksernfthrungofragen. Leipzig 
1908. 

Der bekannte Berliner Hygieniker behandelt 
in dem vorliegenden Buche zwei wichtige Volks- 
ernährungsfragen, die Frage des kleinsten Ei- 
weißbedarfes des Menschen und die volkswirt- 
schaftlichen Wirkungen der Armenkost, in 
weiterer Ausgestaltung von Berichten, die er 
auf dem letzten Hygienekongreß in Berlin er- 
stattet hat. 

— Raudnitz, Die Arbeiten aus dem Gebiete der 
Milchwlosenschaft und Molkereipraxis Im Jahre 1907, 
11. Semester. Separatabdruck aus der Monats- 
schrift für Kinderheilkunde, Bd. VI, Heft 11. 
Wien 1908. Verlag von Franz Deuticke in 
Leipzig und Wien. Preis 1 M. 

Im vorliegenden Hefte bespricht R. nach 
Aufzählung der in der zweiten Hälfte des 
Jahres 1907 erschienenen Abhandlungen aus 
dem Gebiete der Milchwissenschaft und Molkerei- 
praxis die wichtigsten Forschungen über die ge- 
nannnten Gegenstände mit besonderer Berück- 
sichtigung der Chemie und Physiologie der Milch. 

Poppe. 



— Franke, G., Merkbuch fOr Ziegenbalter. Im Auf- 
trage der Kommission zur Förderung der Ziegen- 
zucht im Landkreise Köln herausgegeben. Berlin 
1908. Verlag von Richard Schoetz. Preis 0,50 M. 
Das kleine Büchlein gibt Fingerzeige für 
sachgemäße Haltung, Fütterung, Pflege, Zucht 
und Aufzucht der Ziege und ist zur Ver- 
breitung in Gegenden, in denen eine vermehrte 
Ziegenzucht und Ziegenhaltung erstrebt wird, 
sehr geeignet. 

— Nevermann,Ver9frentiichungen aus den Jahres- 
veterlnärberichten der beamteten Tierirzte Preußens 
für das Jahr 1905. Zusammengestellt im Auftrage 
des Vorsitzenden der technischen Deputation 
für das Veterinärwesen. Zweiter Teil. Berlin 
1908. Verlag von Paul Parey. 

In dem vorliegenden zweiten Band der 
VerüfFentlichungen aus den Jahresveterinär- 
berichten der beamteten Tierärzte Preußens 
finden sich sehr interessante, statistische, kasu- 
istische und Sammelbeobachtungen über die 
nicht anzeigepflichtigen Seuchen, über Vergif- 
tungen, allgemeine Ernährungsstörungen und 
sporadische Krankheiten und über Fleisch- 
beschau, sowie eine Zusammenstellung der im 
Jahre 1905 erlassenen Veterinären Verordnungen 
und die endgültigen Ergebnisse der Viehzählung 
im preußischen Staat vom 1. Dezember 1906. 
Von den Mitteilungen über die nicht anzeige- 
pflichtigen Seuchen nehmen diejenigen über die 
Tuberkulose besonderes Interesse in Anspruch. 

— Tuberkulose-Arbeiten aus dem Kaiserlichen 
Gesundheilsamte. 6. Heft 1907. Verlag von 
Julius Springer, Berlin. 

Nachdem durch die in den vorhergehenden 
Heften veröffentlichten Arbeiten die verschie- 
densten Arten menschlicher Tuberkulose unter- 
sucht waren und dabei das Ergebnis gewonnen 
war, daß die Tuberkelbazillen des Typus bovinus 
eine Fütterungstuberkulose beim Menschen hervor- 
rufen können, haben die vorliegenden Arbeiten 
die Aufgabe, zu untersuchen, wie groß die Ge- 
fahr ist, die dem Menschen vom tuberkulösen 
Rinde droht In dieser Hinsicht sind von Weber 
und Taute die primären Darm- und Mesenterial- 
drüsentubcrkulosen und von Oehleckerdie sog. 
chirurgischen Tuberkulosen bearbeitet worden. 
Die in der letzteren, umfangreichen Arbeit ge- 
schilderten Verfahren bei der Anlage und Züchtung 
der Tuberkelbazillenkulturen und bei der Ver- 
wendung des Kaninchens zur Unterscheidung des 
Typus bovinus vom Typus humanus bieten dem 
auf diesem Gebiete weniger bewanderten Bak- 
teriologen wertvolle Anregungen. Das für die 
Fleisch- und Milchhygiene äußerst wichtige Er- 
gebnis dieser Forschungen ist dahin zusammen- 
zufassen, daß die Infektion des Menschen mit 



— 335 — 



den Bazillen des Typus bovinus vorzugsweise 
eine Erkrankung des Kindesalters ist, und daß 
die Erankheitskeime hauptsächlich durch die 
Wand des Verdauungsschlauches eindringen. £s 
kann keinem Zweifel unterliegen, daß auch die 
Bazillen des Tjrpus bovinus imstande sind, beim 
Menschen eine fortschreitende Tuberkulose hervor- 
zurufen. Die Infektion mit Bazillen des Typus 
bovinus weist auf Nahrungsmittel, die von tuber- 
kulösen Kühen stammen, insbesondere auf die 
Milch als Infektionsquelle hin. 

Von Weber werden in einer weiteren Arbeit 
Passageversuche mit Bazillen dos Typus humanus 
mitgeteilt, in denen es im Gegensatz zu den 
Versuchen von v. Behring, de Jong, sowie 
Dammann und Müssemeier nicht gelang, 
Stämme des Typus humanus durch Ziegen-, 
Schweine- und Rinderpassagen in ihren Wachs- 
tumseigenschaften und ihrer Virulenz abzuändern 
und dem Typus bovinus ähnlich zu machen. 

Bei Fütterungs versuchen mit Hühnertaberkel- 
bazillen, über die Titze berichtet, konnte trotz 
Verfütterung ungeheurer Bazillenmengen bei 
Ferkeln keine fortschreitende Tuberkulose er- 
zeugt werden, so daß der Infektion der Schweine 
mit Hühnertuberkelbazillen keine wirtschaftliche 
Bedeutung beizumessen sein dürfte. Der gleiche 
Versuch an einem Fohlen ergab keine Bestätigung 
der Ansicht Nocards, nach welcher die von 
ihm als abdominelle Form der Tuberkulose be- 
zeichnete Erkrankung der Pferde auf Geflügel- 
tuberkelbazillen zurückzuführen sein soll. 

Grabert. 

Neue Eingänge. 

— Rallllet, A., et Henry, A , N^mathelminthe« 
parasite«. Expedition antarctique fran^aise 
(1903—1905), command6e par le Dr. J. Charcot. 
Paris 1908. 

— Railllet, A., et Henry, A., Sur les Oe8opha- 
gostomes de« Primates. Extrait des Comptes 
rendus des söances de la Society de Biologie. 
S6ance du 3. Mars 1906. 

— Peters, A., Twelft semiannual Report of the 
Chief of the Cattle Bureau to the Massachussets 
State Board of Agriculture. Boston 1908. 

— Lane, Cl. B., Medical milk Commissions and 
the Produetion of certifled Milic in the United 
State«. Bulletin Nr. 104. U.-S. Departement of 
Agriculture. Bureau of animal Industry. 
Washington 1908. 

— Schröder, E. C, and Cotton, W. E., Tubercie 
Bacilli in Butter. Their oecurrence, vitaiity and 
«igniflcance. Circular Nr. 127. U.S. Departement 
of Agriculture. Bureau of animal Industry. 
Washington 1908. 

— Hart, 6. H., Rabies and it« Increasing 
prevalence. Circular 129. U.-S. Departement of 



Agriculture. Bureau of animal Industry. 
Washington 1908. 

— Suclcow, E., Über Vererbung und Aufzucht 
der Pferde mit besonderer BerUciisichtigung der 
Schrittpferdezucht. Hannover. Verlag von M. und 
H. Schaper. 

— Stietenroth, W., Da« Lenicet, ein neue« 
Tonerdeacetat und «eine Anwendung in der Tier- 
heiilcunde. I.-D. Gießen 1908. 

— Ga««e, R., Untereuchungen über da« Ver- 
halten der Blutlcörperchen bei chirurgiechen Kranic- 
heiten de« Pferde«, beeonder« bei eitrigen Ent- 
zündungen. I.-D. Gießen 1907. 



Kleine Mitteilungen. 

— HIppophagie in Pari«. Im Pferdeschlacht- 
haus in Paris wurden im ersten Halbjahr 1906 
geschlachtet und tierärztlich untersucht: 303 Esel, 
22117 Pferde und 60 Maulesel, zusammen 22480 
Equiden, d. h. 2748 mehr als zur selben Zeit 
des Vorjahres. 

-— Lebende Tänie in einem HOhnerei. Rajat 
und P6ju fanden in einem Hühnerei einen 
lebenden Bandwurm, der infolge erlittener Ver- 
stümmelungen nicht mehr genau klassifiziert 
werden konnte. 

— Säuglingsernährung und Säugiing««terbiichiceit. 
Nach einer im Anschluß an die Volkszählungen 
im Deutschen Reiche veranstalteten Statistik 
sank, laut „Deutsch. Med. Wochenschr.", 33. Jahrg., 
Nr. 19 die natürliche Säuglingsemährung in 
15 Jahren von 57,8 Proz. der Säuglinge auf 
32,1 Proz, während die Ernährung durch Tier- 
milch und Surrogate entsprechend stieg. 

Fligg. 

— Kann Milch einige Tage nach dem Abicalben 
bereit« verarbeitet werden? (Milchzeitung 1908, 
S. 209.) Auf Grund der chemischen Analyse 
folgert Professor Douglas B. Galchrist, daß 
die Milch neumelker Kühe, die bekanntlich 
sehr reich an Eiweiß und auch an Zucker ist, 
3 Tage nach dem Kalben als normale Milch be- 
zeichnet werden kann, vorausgesetzt, daß die- 
selbe ihr früheres Aussehen wieder erlangt hat. 

Poppe. 

— Über die vorläufigen Resultate der balcterioiogl- 
«chen Milchkontrolie in Leipzig berichtete Seif ert in 
der Vereinigung Sächsisch-Thüringischer Kinder- 
ärzte in Leipzig, Sitzung am 8. März 1908, nach der 
„Deutsch. Medizinisch. Wochenschr." wie folgt: 
Auf eine gutachtliche Äußerung des Redners hin 
hat sich im Jahre 1907 der Rat der Stadt 
Leipzig zur versuchsweisen Einrichtung einer 
hygienischen, d. h. also bakteriologischen und 
physiologischen Untersuchung der Handelsmilch 
entschlossen, nachdem die Bestrebungen der 



— 336 



chemischen Milchkontrolle bereits zu einer wesent- 
lichen Herabsetzung des groben Schmutzgehalts 
der Milch und zu einer Besserung der chemischen 
Beschaffenheit der Marktmilch geführt hatten. 
Zur Untersuchung der in der Stadt in den Ver- 
kehr gelangenden Milch benutzt die neugegrün- 
dete Milchuntersuchungsstelle die Methoden der 
Bakteriologie, experimentellen Biologie und 
Säuglingsphysiologie. Zunächst sind die Be- 
strebungen darauf gerichtet, ein Bild von der 
Höhe der bakteriellen Milchverschmutzung und 
der Häufigkeit pathologischer, pathogene Mikro- 
organismen enthaltender Milch zu gewinnen. 
Dazu dient der direkte mikroskopische Nachweis 
dieser pathogenen Organismen und von Eiter- 
zellen, da das Tromsdorffsche Verfahren 
der Bestimmung des blofien quantitativen Leuko- 
zytengehalts einer Milch nicht ausreichend er- 
schien. Zur Erläuterung, in welchem Umfange 
und auf welche Art eine starke Verunreinigung 
der Milch mit zweifellos pathogenen Strepto- 
kokken zustande kommen kann, berichtet der 
Vortragende über eine zur Beobachtung gelangte 
Mastitis-Enzootie, die durch die bakteriologische 
Milchuntersuchung zu seiner Kenntnis gelangte. 
Es handelt sich um einen Stall mit 24 Kühen, 
deren Milch nach Leipzig in den Handel gebracht 
wurde. Die Untersuchung der Einzelproben jener 
24 Tiere ergab, daß fünf der Tiere eine mit sehr 
reichlichen Eitermassen, Streptokokken und eitrig 
zerfallenen Gewebsfetzen aus den Eutern der 
Tiere durchsetzte Milch lieferten. Die Milch 
zweier Tiere enthielt Tuberkelbazillen. 13 Tiere 
lieferten eine Milch, die zwar nur mäßige Mengen 
weißer Blutzellen, aber mehr oder weniger reich- 
liche Streptokokkenketten enthielt. Wenn man 
bedenkt, daß aus einem solchen kranken Vieh- 
bestand täglich rund 200 Liter Milch in den 
Handel und sehr wahrscheinlich oft zur Ver- 
mischung mit anderer, vielleicht gesunder Milch 
gelangen, so lehrt ein solches Beispiel, wie 
wichtig die bakteriologische Beaufsichtigung der 
Milch für die öffentliche Gesundheitspflege ist. 
— (In ganz gleicher Weise wird die bakteriolo- 
gische Milchkontrolle in München vom städt. 
Tierarzt Dr. Ernst, dem Leiter des städt. Milch- 
untersuchungsamts, und in Hamburg von Professor 
Glage, dem Leiter des Tierhygienischen Instituts, 
ausgeführt. 0.) 

— Ein Urteil Oher die Milclielterprobe. Privat- 
dozent Dr. Löhnis- Leipzig berichtete (Milch- 
zeitung Nr. 21, 1908.) in einem auf der Haupt- 
versammlung des „Deutschen milchwirtschaft- 
lichen Vereins" gehaltenen Vortrag, daß die Gär- 
probe zuverlässiger als die Troms- 
dorffsche Schleuderprobc die Erkennung 
einer schleichendenEntzflndung gestatte. 



Femer könne auch das normale Euter lange Zeit 
hindurch ansehnliche Mengen von Steptokokken in 
sich beherbergen und eine sehr leukozytenreiche 
Milch reichlich (2 Prom.) liefern. 

Poppe. 
— Ländliclie Untererfilhrimg. Nach einer Mit- 
teilung der „Zeitschrift für soziale Medizin" 
(Heft 3, 1908) haben die preußische Zentralstelle 
fQr Volkswohlfahrt und der Deutsche Verein für 
ländliche Wohlfahrtspflege an die Bundesregie- 
rungen eiuQ Eingabe gerichtet, in der auf 
die Unterernährung auf dem Lande, als auf 
eine vom sozialhygienischen Standpunkt aus 
sehr bedenkliche Erscheinung hingewiesen wird. 
Die Zunahme der Milchkühe während des 
letzten Jahrzehnts habe nicht annähernd mit der 
Verbrauchszunahme der Milch in den Städten 
Schritt gehalten. Es ist berechnet worden, 
daß zwischen 1890 und 1900 die Zahl der 
Milchkühe in Deutschland von 8,700,000 auf 
9,300,000 angewachsen, während der Milch- 
konsum in den Städten von 2870 auf 5130 
Millionen Liter in die Höhe geschnellt ist In der 
genannten Zeitspanne müsse sich der ländliche 
Milchverbrauch von 115 Litern auf den Kopf 
jährlich bis auf 54 Liter herabgemindert haben. 
Die Zentralstelle für Volkswohlfahrt wie der 
Deutsche Verein für ländliche Wohlfahrtspflege 
richten daher an die Bundesregierungen das 
Ersuchen, überall Erhebungen über diese Wand- 
lung in der Ernährung der ländlichen Bevölkerung 
anstellen zu lassen. Es soll fernerhin der Rückein^ 
fluß dieser Unterernährung auf die Mutterschafts- 
und Säuglingsfttrsorge ermittelt werden. Denn 
davon hänge nicht zum wenigsten die Erhaltung 
der deutschen Volks- und Wehrkraft ab. 
Mit hohem Interesse muß dem Ergebnis der 
Erhebungen entgegengesehen werden. Schon 
jetzt aber darf darauf hingewiesen werden, daß 
einer etwaigen, durch den Abfluß der Vollmilch in 
die Molkereien und Städte bedingten Unter- 
ernährung auf dem Lande dadurch entgegenge- 
wirkt werden kann, daß die Magermilch in 
anderem Umfange als jetzt im ländlichen Haus- 
halt verwendet wird. Das fehlende Butterfett 
läßt sich bei älteren Kindern und Erwachsenen 
durch andere Fette ersetzen. 



Tagesgeschichte. 

— Professor Dr. Aibreclit der Jangere, der 

hervorragende pathologische Anatom, der zuletzt 
dem Senckenbergianum in Frankfurt a. M. vor- 
stand, ist gestorben. Die pathologische Anatomie 
erleidet durch Albrechts Tod einen großen 
Verlust. Albrecht, aus dessen Institut auch 
Arbeiten zur pathologischen Anatomie der Hans- 



— 337 — 



tiere hervorgegangen sind, war ein Sohn des 
derzeitigen Direktors der Münchener Tier- 
ärztlichen Hochschule. 

— Von der Tierärztlichen Hocliscliule in Kopen- 
hagen. Assistent Falger ist zum Nachfolger 
von C. 0. Jensen auf dem Lehrstuhl für patho- 
logische Anatomie ernannt worden. Professor 
Jensen übernimmt die Leitung des neuen 
großen Seruminstitntfl und widmet sich aus- 
schließlich der Tierseuchenforschung und Serum- 
bereitung. 

— Über Milchhygiene wird nunmehr auch an 
der Tierärztlichen Hochschule zu Wien gelesen. 
Assistent Kossmeißl hält seit Beginn des 
laufenden Sommersemesters ein zweistündiges 
Publicum über Milchhygiene. 

— ÖfTentllche Schlachthöfe. Der Bau öffent- 
licher Schlachthöfe ist geplant in Deggendorf 
L Bayern, beschlossen in Frankenberg i. Posen. 
Ein neuer öffentlicher Schlachthof mit Viehhof 
soll in Erfurt zum Gesamtkostenbetrag von drei 
Millionen Mark errichtet werden. Der neuerbaute 
öffentliche Schlachthof in Duisburg-Meiderich 
wird am 18. Juli d. J. dem Betrieb übergeben 
werden. Erweiterungsbauten sind geplant in 
Braunschweig (Errichtung eines Viehhofs, 
500000 M. Kostenaufwand), Janowitz, Rosen- 
berg, Antonienhütte(Kühlhaus), Kheydt und 
Viersen (Erweiterung des Kühlhauses). 

— Ein Laboratorium fQr hittologische und 
bakterioiogitche Arbeiten oowie fOr IHiichunter- 
suchungen ist am städtischen Schlachtviehhofe zu 
Weißenfels eingerichtet worden. 

— Aushang der Fieiochpreise in den Fleischer- 
geschälten. Der Stadtrat von Leipzig hat die 
Verordnung, betr. den Aushang von Verzeich- 
nissen der Fleisch- und Fleischwarenpreise, vom 
12. September 1907 aufgehoben, nachdem sie 
vom Oberlandesgericht zu Dresden für ungültig 
erklärt worden ist. 

— Die Ausdehnung des Beschauzwangs auf alle 
Hausschlachtungen von Rindern ist auch für den 
Kreis Osthavelland durch Polizei Verordnung 
verfügt worden (vgl. S. 305 des letzten Heftes 
dieser Zeitschrift). 

— Ausdehnung des Beschauzwanges auf Haus- 
schiachtungen bei Rindern ist für die Kreise 
Strasburg, Culm, Thorn und Briesen mit 
Rücksicht auf die Gefahr der Verbreitung der 
Lungenseuche am 7. April 1908 angeordnet 
worden (vgl. § 3 E. G.). 

— Das Verhältnis der Haussohiachtungen zu 
den Gesamtschiachtungen in Preußen. Bei der 
letzten Viehzählung am 1. Dezember 1907 hat 
bekanntlich auch in gleicher Weise, wie es bei 
der Viehzählung am 1. Dezember 1904 der Fall 
war, eine Zählung der in den vorhergehenden 



12 Monaten erfolgten Hausschlachtungen statt- 
gefunden (s. S. 232 des 7. H. des lfd. Jahrg. 
dies. Zeitschr.). Für diese Zählung ist für 
Preußen kürzlich das vorläufige Ergebnis ver- 
öffentlicht worden, so daß nunmehr festgestellt 
werden kann, ob die Hausschlachtungen eine 
Vermehrung oder eine Verminderung gegen 1904 
erfahren haben. Um völlig vergleichbare Zahlen 
gegenüberzustellen, ist es erforderlich, auch die 
gewerblichen Schlachtungen je für den Zeitraum 
vom 1. Dezember bis 30. November zur Be- 
rechnimg heranzuziehen. Das ist für Preußen 
dadurch ermöglicht worden, daß die Schlach- 
tungen im Dezember 1903 auf Veranlassung der 
landw. Verwaltung nachträglich noch gezählt 
worden sind. Man erhält danach der „Z. L. V." 
zufolge folgende Zahlen: 

1.12.1903 1.12.1903 1.12 1903 

bis bis bis 

30. 11. 1904 30. 11. 1904 30. 11. 1904 
Gewerbliche Haus- Gesamt- 
Schlach- schlach- Schlach- 
tungen tun gen tungen 
Rindvieh . . 4 036 796 124 115 4 160 911 
Schweine. . 8 852 352 3 688 086 12 540438 
Schafe . . 1465 032 541969 2007 001 
Ziegen . . 157 302 503918 661220 
dagegen 1.12.1906 1.12.1906 1.12.1906 

bis bis bis 

30. 11. 1907 30. 11. 1907 30. 11. 1907 
Gewerbliche Haus- Gesamt- 
Schlach- schlach- Schlach- 
tungen tungen tungen 
Rindvieh. . 4 250 205 139144 4 389 349 
Schweine . 9714005 3 861366 13 575371 
Schafe . . 1477 658 504 906 1982 564 
Ziegen . . 176 858 468 819 645 677 
Eine absolute Zunahme der Hausschlach- 
tungen hat daher zwar sowohl bei Rindern als 
auch bei Schweinen stattgefunden, dagegen ist 
im Verhältnis zu den Gesamtschlachtungen nur 
bei Rindern eine kleine Steigerung vorhanden, 
während bei allen anderen Tiergattungen der 
Anteil der Schlachtungen, bei denen eine amt- 
liche Beschau unterblieben ist, an den Gesamt- 
schlachtungen der betreffenden Tiergattung 
kleiner geworden ist. Berechnet man nämlich 
auf Grund der obigen Zahlen den prozentualen 
Anteil der Hausschlachtungen an den Gesamt- 
schlachtungen für Preußen, so ergibt sich, daß 
die amtliche Beschau unterblieben ist im Ver- 
hältnis der Gesamtschlachtungen bei 

Rindern Schweinen Schafen Ziegen 
1904 2,98 v.H. 29,41 v.H. 26,22 v.H. 76,21 v.H. 
1907 3,17 „ 28,44 „ 25,48 „ 72,61 , 

— Die Fleischpreise In Berlin vor 35 Jahren, 
ein Beispiel für die sinkende Kaufkraft des Geldes 



— 338 — 



in Deutschland. In einem Aufsatz des Berliner 
Tageblatts über «Berlin 1872—1908« wird als 
Beispiel, in welchem Maße die Kaufkraft des 
Geldes gesunken ist, angefahrt, daß im Jahre 
1872 in Berlin das Pfund Schweinefleisch 
53/4 Groschen, das Pfund Rindfleisch dagegen 
nur 4 Groschen gekostet hat. 

— Maßnahmen zur Bekämpfung der Rinderfinne. 

Die Bezirks vereine Ostpreußen und Braun- 
schweig haben auf dem 31. deutschen 
Fleisch er- Verbandstag in Essen, der am 23. und 
24. Juni tagte, den Antrag gestellt: „Der 
Verbandstag wolle beschließen, den Vorstand 
zu ersuchen, an zuständiger Stelle vorstellig zu 
werden, damit recht bald Maßnahmen zur Ver- 
tilgung und Bekämpfung der Rinderfinne ge- 
troffen werden." 

— Maul- und Klauenseuche wieder in Siebt. 
Die Maul- und Klauenseuche ist durch einen 
Transport Läuferschweine aus Westpreußen nach 
dem Kreise Stolp i. P. verschleppt worden 
und bereits auf den großen Verkehrsstraßen für 
Schlachtvieh, nämlich auf den Schlachtviehhöfen 
in Berlin, Nürnberg, Dortmund und Straß- 
burg i. £. aufgetreten. Hoffentlich gelingt es, 
wie bisher, die Seuche in den Verschleppnngs- 
gebieten festzuhalten und ihre weitere Aus- 
breitung zu hemmen. 

— Trichinoeis. Nach Zeitungsmeldungen ist der 
Förster P. in Pudelkeim nach dem Genüsse von 
rohem Schweinefleisch an Trichinoeis gestorben. 
Weitere Angehörige der P. sehen Familie, die auch 
von dem Fleische gegessen haben, liegen zum Teil 
noch schwerkrank danieder. Da« Fleisch rührte 
von einem von P. selbst geschlachteten Schweine 
her, das auf Trichinen nicht untersucht worden 
war. Bei der nachträglichen Untersuchung des 
Fleisches wurde eine große Menge von Trichinen 
festgestellt. 

— Wurst für technieche Zwecice. Der Kauf- 
mann M. in Berlin hat verdorbene Wurst mit 
der Plakatankündigung „für technische Zwecke" 
pfundweise verkauft. Das Schöffengericht Berlin 
Mitte verurteilte M. wegen Vergehens gegen 
§ 10 N.-M.-G., da es mit Recht annahm, Wurst 
zu technischen Zwecken werde nicht pfundweise 
verkauft. 

— Wegen Inverkehrgabe von Iconfisziertem 
Fleisch wurden ein ungetreuer Kutscher des 
früheren Berliner Abdeckereipächters und ein 
Händler zu je zwei Monaten Gefängnis verurteilt. 

— Vergiftungen nach Genuß von „Rouener 
Enten". Die Tageszeitungen meldeten, daß in 
der ersten Juniwoche in Paris 300 Personen 
gelegentlich eines Banketts nach Genuß von 
„Rouener Enten** unter Vergiftungserscheinungen 
erkrankt seien, und daß einer der Teilnehmer 



der Erkrankung erlegen sei. Über die Eigen- 
tflmlichkeiten der Tötung, Herrichtung und Auf- 
bewahrung der „Rouener Enten**, die schon 
wiederholt zu Massenerkranknngen Veranlassung 
gegeben haben, bat A. Marcus -Maastricht nach 
den Angaben von Rappin, Andouard und 
Fortireau in dieser Zeitschrift (16. Jahrg., S. 271) 
referiert. 

— Nach GenuB von verdorbenem hollftndlscben 
Käoe ist, Zeitungsmeldungen zufolge, die ganze 
Familie eines Gerichtsvollziehers in Düsseldorf 
unter Vergiftungserscheinungen schwer erkrankt 
Einer der Erkrankten, der Familienvater, ist 
bereits gestorben. 

— Melkkurse. Zur Heranziehung tüchtiger 
Melker werden im Algäu unter Leitung des 
Zuchtinspektors der Herdbuchgesellschaft regel- 
mäßige Melkkurse auf Gutshöfen abgehalten. In 
Pommern besteht eine ähnliche Einrichtung. 
Dort werden am Milchwirtschaftlichen Institut 
Ruhme ister ausgebildet, die ihrerseits in der 
Provinz Melkkurse zu veranstalten haben. 

— Holländische Butterkontrolle. Der Bntter- 
händler P. wurde nach der „Molkerei-Zeitung, 
Berlin" zu einer Geldstrafe von 30 Mark ver- 
urteilt, weil er „la Süßrahmbutter** mit einem 
Wassergehalt von 27 Proz. verkauft hatte. Der 
Einwand von P., daß die Butter aus Holland 
bezogen worden sei, den Staatskontrollstempel 
getragen habe, und daß ihm ein Höchstwasser- 
gehalt von 13 Proz. garantiert worden sei, wurde 
nicht für durchgreifend erachtet. Das Gericht 
führte aus, P. hätte sich bei der Holländischen 
Kontrolle nicht beruhigen dürfen, da diese für 
deutsche Verhältnisse nicht maßgebend sei. 

— Neue eerbieche Exportschlfichterei in Nioch. 
Die Belgrader „Balkauska Bank** beabsichtigt, 
in Nisch ein großes Schlachthaus mit Viehmarkt- 
halle für Exportzwecke zu errichten. 

— Verein der Schlaohthoftierftrzte Westfalens. 

Einladung zu der am Sonntag, den 
12. Juli 1908, vormittags IIV2 Uhr, zu 
Unna-Königsborn im Kurgarten statt- 
findenden Versammlung. 

Tagesordnung: 

1. Mitteilungen; Bericht über die Versammlung 
preußischer Schlachthof tierärzte. 

2. Schlachttierversicherung; Referent: Kreis- 
tierarzt und Schlachthof direktor Vo Im er- 
Hattingen. 

3. Stellungnahme zum Antrage der tierärztlichen 
Gesellschaft zu Berlin betr. außerordentliche 
Fleischbeschau bzw. Markt- und Laden- 
kontrolle; Referent: Schlachthoftierarzt Dr. 
Ma aß -Hagen. 

4. Besprechung der Vorschriften für die Wiege- 
ordnung. 



— 339 — 



5. Mitteilangen aus der Praxis. 

6. Ort und Zeit der nächsten Versammlung. 
Nach der Versammlung gemeinschaftliches 

Mittagessen im Kursaale. Die Beteiligung der 
Damen ist erwünscht. Gäste sind willkommen. 
Hagen, den 10. Juni 1908. 

Der Vorstand. 
I. A. : C 1 a u s e n , stellvertr. Vorsitzender. 

— IV. Internationaler KongreS fOr Milchwirtschaft 

zn Budapest, im Monat Juni 1909. 

Programm. 

I. Abteilung. 

Gesetzgebung und Ordnungsvorschriften. 

1. Die Kontrolle der Milch und der milchwirt- 
schaftlichen Erzeugnisse während des Trans- 
portes. 

2. Maßregeln für den Miichhandel und den 
Handel mit milchwirtschaftlichen Erzeug- 
nissen. 

3. Die Milchversorgung größerer Städte und 
die Bedingungen der Milchlieferung ins Haus. 

4. Kontrolle der Käsefabrikation. 

5. Organisation des milchwirtschaftlichen Fach- 
unterrichtes. 

n. Abteilung. 
Hygiene und tierärztliche Wissenschaften. 

1. Hygienische Anforderungen für die Erzeugung 
und die Behandlung der Milch auf dem Orte 
der Produktion, sowie für deren Verkauf, 
femer für die Beschaffenheit und die Be- 
handlung der Milchgefäße. 

2. Die Bedeutung der Nitrate in der Milch. 

3. Der relative Wert der sterilisierten, der 
pasteurisierten und der rohen Milch bzw. der 
Trockenmilch als Lebensmittel. 

4. Der Einfluß der Fütterung auf die Erzeugung 
der Milch und speziell der Milch, die zur 
Ernährung von Säuglingen bestimmt ist. 
(Verwertung von Fabrikabfällen bei der Er- 
nährung der Milchkühe.) 

5. Die Pasteurisierung der Milch und ihrer 
Nebenprodukte sowie die Bedingungen, unter 
welchen Magermilch und abgerahmte Milch 
den Produzenten zurückgeliefert werden kann. 
(Temperatur?) 

6. Die Milch als Erreger von Krankheiten der 
Menschen und der Tiere; Vorsichtsmaßregeln 
zum Schutz der öffentlichen Gesundheit. 

in. Abteilung. 
Industrie. 

1. Die Verwertung der milchwirtschaftlichen 
Nebenprodukte. 

2. Der Einfluß der Dünger auf die Qualität der 
Milch und der Milchprodukte. 

3. Die Erzeugung von Käse aus pasteurisierter 
Milch. 



IX. internationaler tierirzUicher Kongreß im Haag 1909. 

Im Verfolg seines Aufrufs vom 19. Mai 1908 
teilt das Deutsche Nationalkomitee den tier- 
ärztlichen Vereinen und sämtlichen Herren Kol- 
legen das soeben erschienene Pro^amm des 
IX. Internationalen Tierärztlichen Kongresses 
im Haag, vom 14.— 19. September 1909, zur 
Kenntnisnahme mit. Der Mitgliederbeitrag be- 
läuft sich auf 17 M. und ist an Herrn D. F. van 
Esoeid, Dozent an der Keichstierarzneischule zu 
Utrecht, zu entrichten. 

Programm. 

Allgemeine Sitzungen. 
Verhandlungsgegenstände . 

1. Die polizeiliche Bekämpfung der Schweine- 
seuche und Schweinepest mit Rücksicht auf 
die neueren Forschungen über deren Ätiologie. 

2. Gesetzlicher Schutz der Veterinärmedizin. 

3. Der Tierarzt als amtlicher Sachverständiger 
in Tierzuchtsachen. 

4. Die Bedingungen für die Promotion zum 
veterinärmedizinischen Doktorat. 

5. Die sanitäre Milchkontrolle und die staatliche 
obligatorische Fleischbeschau. 

6. Die unschädliche Beseitigung der Tierkadaver 
und der Fleischkonfiskate. 

7. Die Prophylaxis und die Pathologie der 
Protozoen - Krankheiten (Piroplasmosen, 
Trypanosomosen usw.) mit Demonstration der 
spezifischen Parasiten und die Übertragung 
vermittelnder Tiere (Zecken, Mücken usw.). 

8. Staatliche Kontrolle der Sera und Bakterien- 
produkte, sowie deren Herstellung von 
Staatswegen. 

9. Die Tuberkulose des Geflügels in ihren Be- 
ziehungen zu der der Säugetiere. 

10. Die Sterilität des Rindes und ihre Be- 
ziehungen zu den ansteckenden Krankheiten 
der Geschlechtsorgane. 

11. Die staatliche Bekämpfung der Tuberkulose 
mit Rücksicht auf deren Infektionswege. 

12. Bau und Einrichtung der Stallungen mit Rück- 
sicht auf die Prophylaxis der Tierkrankheiten, 
besonders der Tuberkulose, und auf die 
Milchhygiene. 

Sektionen des Kongresses. 
I. Öffentliches Veterinärwesen; Nahrungsmittel- 
kontrolle. 
IL Pathologie und Bakteriologie. 

III. Klinische Tierheilkunde. 

IV. Tierzucht. 

V, Tropische Krankheiten. 

Sektions Sitzungen. 
I. Sektion. 
1. Die Kontrolle der animalischen Nahrungs- 
mittel, ausgenommen des Speisefleisches und 
der Milch. 



— 340 — 



2. Die Schlachtviehvenicberung^. 

8. DeBinfektion der Transportmittel und der 

tierischen Rohprodukte im internationalen 

Verkehr. 
4. Die Serotherapie, die Seroprophylaxe und 

die Impfung bei Maul- und Klauenseuche und 

deren Wert für die Veterinärpolizei. 

II. Sektion. 

1. Die Diagnose der ansteckenden Tierkrank- 
heiten mittelst der neueren Immnnitäts- 
reaktionen mit Ausnahme des subkutanen 
Einverleibens des Tuberkulins und des 
Malleins. 

2. Die Ätiologie und Pathogenese der malignen 
Tumoren, namentlich des Krebses. 

3. Die Impfung gegen Tuberkulose. 

4. Die pathologisch-anatomische und patholo- 
gisch'histologische Diagnostik der Tollwut. 

III. Sektion. 

1. Die spezifische chronische Enteritis des 
Rindes. 

2. Die infektiöse Pleuropneumonie des Pferdes. 

3. Die Hämostase bei den modernen Kastrations- 
methoden. 

. 4. Die Pathologie und Therapie der Strepto- 
kokkenkrankheiten. 

5. Arthritis chronica deformans des Pferdes. 

IV. Sektion. 

1. Die Physiologie der Milchsekretion und die 
Beziehung zwischen Exterieur des Rindes und 

. der Milchproduktion. 

2. Der Einfluß der verschiedenen Futtermittel 
auf die Qualität der Produkte (Fleisch, Milch) 
und die Anwendung der Kellnerschen 
Prinzipien bei der Ernährung der Haustiere 
mit Rücksicht auf die Kraft-, Milch- und 
Fleischerzeugung. 

3. Die Verhütung der nachteiligen Folgen der 
Leistungszncht bei den Hanstieren. 

4. Der Unterricht in der Tierzucht 

V. Sektion. 

1. Die hygienischen Maßregeln ffir den Über- 
seeischen Transport der Haustiere. 

2. Die Veterinärpolizei in den Kolonien. 

3. Die Laboratorien zur Untersuchung der tro- 
pischen Krankheiten und der Unterricht in 
denselben. 

Baden-Baden, Berlin, Göttingen, Stuttgart, Mfll- 
hausen i. E , Posen und München, den 19. Mai 1908. 
Dr. Lydtin, Dr. Esser, .Beißwänger, Heyne, 
Mölter, Dr. Ostertag, Dr. Schmaltz, ZUndel. 



Personalien. 

Ernennungen: Hofrat Dr. Gustav v. Vaerst, 
Herzoglich. Sachsen-Meiningonscher Hof- und 



Landestierarzt, zum ordentlichen Professor für 
ambulatorische Klinik sowie gerichtliche und 
polizeiliche Tierheilkunde an der Tierärztlichen 
Hochschule München; Tierarzt Dr. Ewald Franke 
aus Godesberg zum Leiter des bakteriologischen 
Laboratoriums auf dem städtischen Schlachthofe 
zu Breslau; am bakteriologischen Institut der 
Landwirtschaftskammer in Halle a. S. Tierarzt 
Skiba, bisher Assistent an der Tierärztlichen 
Hochschule in Hannover, zum Assistenten, desgl. 
Tierarzt Dr. Schumann, bisher Assistent am 
Schlachthof zu Halle, in Vertretung des Tier- 
arztes Münchgesang; Tierarzt Dr. Holzapfel- 
Hagen i. W. zum Fleischbeschautierarzt in 
Mengede, die Assistenztierärzte Ledschbor und 
Littwitz am städtischen Schlachthof in Breslau 
zu etatsmäßigen städtischen Tierärzten daselbst, 
Tierarzt Schiller zum zweiten städtischen Tier- 
arzt in Eichstätt; Stadttierarzt Solger-Weilbeim 
a. d. Teck zum Stadttierarzt und Schlachthof- 
verwalter in Nürtingen; Tierarzt V. Leonhardt- 
Sindelfingen zum Stadttierarzt in Weilheim 
a. d. Teck; Assistenztierarzt G. Stemmer-Weimar 
zum zweiten Hilfstierarzt am Schlacht- und Vieh- 
hof in Leipzig. 

Auszeichnungen : Schlachthaus - Inspektor 
Agerth in Neubrandenburg wurde in An- 
erkennung seiner verdienstvollen zehnjährigen 
Tätigkeit als Inspektor des Schlachthauses da- 
selbst zum Srhla^'hfhausdirekfor emannnt. 

Der Herausgeber dieser Zeitschrift ist vom 
Verein der dänischen Fleischbeschantierärzte 
zum Ehrenmitglied gewählt worden. 

Gestorben: Schlachthof direktor Paul von 
Gerhardt in Osterode (Ostpreußen). 



Vakanzen. 

Sohlaohthoftlerarztttellen: Barmen: Schlacht- 
hofassistenztierarzt, 2400 M., steigend jährlich um 
100 M. bis 4500 M., freie Wohnung, Licht, Heizung. 
400 M. fUr Untersuchung des Sperrviehs. Gesuche 
an den OberbOrgermeister. 

S ta r gar d i. P m m. : Assis tenztierarzt,1800M. 
Gehalt, freie möblierte Wohnung, Heizung und 
Beleuchtung. Meldungen an Schlachthofdirektor 
Zahl-Stargard. 

Stellen an wissenschaftlichen Instituten: 

Leipzig: 2. Assistent am Veterinär Institut 
der Universität. 125 M. monatlich, freie Wohnung, 
Heizung und Beleuchtung. Bewerbungen an 
Prof. Dr. Eber- Leipzig. 

Ambulatorische Fleischbeschau: 

Herrnhut (Oberlausitz). Tierarzt für Fleisch- 
beschau. 

Seh wetz (Weichsel). Tierarzt Auskunft 
erteilt Landrat von Halem in Seh wetz. 



Vermnt wörtlicher Redakteur (exkL Inaeratenteil) : Prof. l>r. Oatertag iu Jierlüa. — Verlag von Richard Boboots in Berlin. 



''. :i. 



Z9U$chriß ßr FteiacK- und MilehhygißM. 
XYUL Jakrgansf, Hefl 10. 



Böhm^ Zur Morphologie und Biologie der Trichinen, 
Tafel L 










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Etwa 60 Cache Vergröflerung. 



Yerlagsbachbandloiig von Riebard Scboetz, Berlin SW. 



Zeiiechrift ßr Ft«i$ch' und Milehhygieno 
XVIII. Jahrgang, Heß 10, 



Böhm, Zur Morphologie und Biologie der Trichinen. 
Tafel IL 










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Etwa 60 fache Vergröfierang. 



VerUgibaohhandlong ron Richard Sohoets, Berlin SW 



Zeitschrift 

Ar 



Fleisch- und Milchhygiene. 



Aehtsehnter Jahrgang. 



Aacnatt 1908. 



Heft 11. 



Original-Abhandlimgeii. 

(Kaehdraek yerboten.) 



Die Trichinenepidemie in Rothenburg 

0. d. Tauber, ein Meneteicel fUr die Gegner 

der Trichinenechau in Sflddeutechland. 

Von 

Dr. Jos. Böhn-Nürnberg, 

Sanititstlerant. 

Bei meinen Bemfihungen, die Sachver- 
ständigen in Süddentschland von der Not- 
wendigkeit der Einftthrang der Trichinen- 
schau zn überzeugen, ist mir gegenüber 
öfters betont worden, in Süddeutschland 
seien bisher nur vereinzelte Trichinoseflllle 
vorgekommen, und die Möglichkeit, daß 
mehr als 10 Personen an einem Orte zu- 
gleich erkrankten, sei auch wohl für die 
Zukunft nicht zu befürchten. Ich wider- 
sprach stets dieser Ansicht, besonders 
unter Hinweis auf die Art der zum Ge- 
nüsse kommenden Schweinefleischprodukte. 
Vor etwa Jahresfrist fiel auch einmal die 
Äußerung: „So lange keine richtige Epi- 
demie mit mindestens 30 bis 40 Erkran- 
kungen vorkommt, wird man nach den 
vielfach gemachten Erfahrungen in anderen 
ähnlichen Angelegenheiten der Sache nicht 
näher treten wollen." 

Die Aufgabe, die ich mir vor Jahren 
gestellt hatte, war vorläufig dadurch zum 
Abschluß gebracht, daß es mir mit Unter- 
stützung des Vereins süddeutscher Schlacht- 
hoftierärzte gelungen ist, bei der höchsten 
zuständigen bayerischen Behörde das In- 
teresse für die Trichinenschaufrage neuer- 
dings zu erwecken (vgl. Erklärung des 
Egl. Staatsministers des Innern in der 
Verhandlung des bayerischen Landtages 
am 16. März 1908). Nunmehr hat uner- 
wartet das Schicksal selbst eingegriffen 
und die Notwendigkeit der Einftihrung 



der Trichinenschau in Süddeutschland in 
tief betrübender Weise ad hominem demon- 
striert. 

Am 28. Juni 1. J. erhielt ich die brief- 
liche Mitteilung, daß in dem bekannten 
bayerischen Städtchen Rothenburg ob der 
Tauber eine Trichinenepidemie ausge- 
brochen sei. Nachdem ich am folgenden 
Tag in mündlicher Rücksprache Näheres 
in Erfahrung gebracht hatte, fuhr ich am 
1. Juli selbst nach Rothenburg, haupt- 
sächlich um das Krankheitsbild der Trichi- 
nose durch persönliche Besichtigung der 
erkrankten Personen kennen zu lernen. 

Nachfolgend sei der Fall kurz be- 
schrieben : 

In der Woche nachPfingsten erkrankten 
rasch hintereinander mehrere Personen 
unter Erscheinungen, über deren Natur 
sich die dortigen Ärzte nicht vollkommen 
einig waren. In der Stadt ging das Ge- 
rücht, es handle sich um Wurstvergiftung 
oder Trichinose. Der Bürgermeister erließ 
hierauf eine Bekanntmachung, in der erklärt 
wurde, daß kein Grund zur Beunruhigung 
vorliege, da die im Gerüchte genannten 
beiden Krankheiten ärztlicherseits nicht 
festgestellt worden seien. Als aber die 
Zahl der Erkrankten mit gleichen Symp- 
tomen sich mehrte und Gewißheit ge- 
schaffen werden mußte, schickte man das 
einem Patienten mit dessen Erlaubnis 
herausgeschnittene Stückchen Muskel- 
fieisch an das Pathologische Institut der 
Universität Erlangen. Bald traf von dort 
die telephonische Mitteilung ein, daß die 
Probe stark mit Trichinen durchsetzt sei. 
Nun bestand auch bei den Ärzten kein 



- 342 - 



Zweifel mehr, daß es sich bei den Er- 
krankten um Trichinose handle. Die in- 
zwischen stärker hervorgetretenen Sym- 
ptome waren hauptsächlich starke Schwel- 
lung der Augenlider, große Hinfälligkeit mit 
vollständiger Unterdrückung des Appetits, 
Steifigkeit, Anschwellungen undSchmerzen 
in der Muskulatur der Extremitäten. 
Diesen Erscheinungen gingen bei den 
meisten Patienten heftiger Durchfall oder 
auch das Gegenteil, hartnäckige Ver- 
stopfimg, verbunden mit Leibschmerzen, 
voraus. Vielfach aber wurden Wahrneh- 
mungen, die auf ein Ergriffensein des 
Darmkanals schließen ließen, nicht 
gemacht. (Diesen Umstand möchte ich 
betonen, da ich in meiner Abhandlung 
„Morphologie und Biologie der Trichinen" ♦) 
bemerkte, daß von einigen Autoren Ver- 
änderungen in der Muskulatur als erstes 
wahrnehmbares Zeichen bei Trichinen- 
erkrankungen angegeben werden. Jetzt 
glaube ich für die genannten Fälle die 
Erklärung darin finden zu mästen, daß 
mitunter die Beschwerden, die die Darm- 
trichinen hervorrufen, unbeachtet bleiben.) 

Fast sämtliche Erkrankte sind jetzt in 
dersechstenV?^oche von den Schmerzen und 
Anschwellungen glücklicherweise befreit; 
die Folgen der starken Schwächung 
des ganzen Organismus sind aber noch 
fühlbar und werden es bei manchen mangels 
kräftiger Nahrung noch länger bleiben. 

In ärztlicher Behandlung standen nach 
der letzten Mitteilung 57 Personen, 
außerdem aber lag noch eine nicht 
genau feststellbare Anzahl Personen 
unter den gleichen Krankheitssymptomen 
mehrere Tage danieder. Ein Metzger- 
gehilfe, der etwa 50 g rohes öehäck 
verzehrt hat, das zur Anfertigung von 
Krackauer und Mett-Würsten bestimmt und 
aus dem Fleische von vier am 4. Juni 
geschlachteten,inRothenburgaufgezogenen 
Schweinen gemischt war, erkrankte zu- 
erst, angeblich am 11. Juni. Die 
Schwellung an den Augen soll besonders 

*) Diese Zeitschr., Juliheft lauf. Jahrg., S. 323. 



charakteristisch ausgeprägt gewesen sein. 
Diejenigen Personen, die Würste obiger 
Art aufi dem Geschäfte des gleichen 
Metzgers gegessen haben (sie wohnten 
fast alle in nächster Nähe des Verkaufs- 
lokals) traf dasselbe Schicksal. In einer 
Familie waren vier Mitglieder erkrankt, 
mit Ausnahme der Frau, die zur kritischen 
Zeit keine Mettwurst verzehrt hatte. Da 
die Diagnose erst am 20. Juni feststand, 
konnten Fleisch- oder Wurstwaren von 
den vor Pfingsten geschlachteten Schweinen 
nicht mehr nachuntersucht werden, weil 
vor und während der Feiertage der ganze 
Vorrat verkauft worden war. Am Pfingst- 
montag fand in Rothenburg das historische 
Festspiel „Der Meistertrunk'^ statt, aus 
welchem Anlaß dort über 5000 Fremde 
anwesend waren. Es ist nicht unmöglich, 
daß unter diesen auswärts auch noch 
einige erkrankt sind. 

Auf meine Anregung hin fahndete man 
in den Anwesen, aus denen die in Frage 
kommenden Schweine stammen konnten, 
nach Ratten, und am 8. Juli teilte mir 
der städtische Bezirkstierarzt in Rothen- 
burg mit, daß er zwei ihm von der 
Polizei überbrachte Ratten dieser 
Anwesen hochgradig trichinös be- 
funden hat (in 24 Präparaten 640 
Trichinen!). Es dürfte demnach die 
Kette der Beweise, daß es sich um eine 
in Rothenburg selbst erfolgte Trichinen- 
infektion handelte, geschlossen sein. 

Von Seiten der KgL Kreisregierung 
wurde über die in Betracht kommende 
Schweinestallung die Sperre verhängt mit 
der Bestimmung, daß die noch vorhande- 
nen Schweine nur in einem unter tier- 
ärztlicher Aufsicht stehenden Schlachthof, 
auf dem eine Untersuchung auf Trichinen 
möglich sei, geschlachtet werden dürfen. 
Zur Vermeidung von Verwechslungen 
wurde femer angeordnet, daß die Schweine 
zu kennzeichnen seien (Ohrmarken), und 
daß über die Schlachtung und erfolgte Tri- 
chinenschau eine Bescheinigung vorgelegt 
werden müsse. Auch eine Razzia auf Ratten 



— 343 — 



wurde regierungsseitig dringend anemp- 
fohlen. 

Die Stadtgemeinde Rothenburg, die 
noch im Januar d. J. eine Trichinenschau 
für überflüssig gehalten hat, da dort bis 
jetzt eine Trichinosis nicht vorgekommen 
sei und Pleischwaren nur gekocht ver- 
wendet werden, hat Zeitungsmeldungen 
zufolge jetzt bereits, nicht zum mindesten 
in Erfüllung der Wünsche der Metzger 
und der Einwohnerschaft, beschlossen, die 
Trichinenschau einzuführen. Bis zur An- 
stellung von Beschauern nimmt ein von 
Nürnberg abgestellterHilfstrichinenschauer 
die Untersuchungen vor. Auch die Privat- 
schlachtungen werden in Zukunft der Be- 
schau im Schlachthof unterliegen. 

Rothenburg o. Tauber zieht also aus 
dem traurigen Vorkommnis die Eonse- 
quenz, und hoffentlich warten jetzt andere 
bayerische Gemeindebehörden nicht zu, 
bis sie selbst durch ein ähnliches Ereignis 
an die Notwendigkeit der Einführung der 
Trichinenschau gemahnt werden. In erster 
Linie möchte dies von den großen Städten 
zu erwarten sein, da das von diesen ge- 
gebene Beispiel für die kleineren Gemein- 
wesen ein mächtiges Argument ist, daß 
in gleicher Weise vorgegangen werden 
muß. 

Bedauerlich bleibt der Umstand, auf 
den ich schon wiederholt hingewiesen 
habe, daß nämlich durch einen Fall wie 
den vorliegenden das Ansehen der Fleisch- 
beschau Einbuße erleidet. Man konnte 
sowohl in Rothenburg als hier in Nürn- 
berg im Laienpublikum die Äußerung 
hören „wenn sich solches ereignen kann, 
muß es mit der Fleischbeschau doch 
nicht gut bestellt sein." Man glaubt 
hiernach, daß die durch Reichsgesetz vor- 
geschriebene Fleischbeschau auch in Süd- 
deutschland bereits alles tue, um Er- 
krankungen nach Genuß von Fleisch zu 
verhüten. Der städt. Tierarzt zu Rothen- 
burg, der die Einführung der Trichinen- 
schau im Januar dringend verlangt hat, 
muß sich jetzt für die Schuld anderer 



ungerechterweise Mißtrauen und Vorwürfe 
entgegenbringen lassen.*) 



Über den Wert der Lymphdrüeenquetschung 

nach Bloch und der intramamroären Infektion 

fOr die Schnelldiagnose der Tuberkulose. 

Von 

Dr. Franz Johann Fllag-Braunsberg, 

prakt. Tierarzt. 

Von den verschiedenen Infektions- 
metboden zur sicheren Feststellung der 
Tuberkulose ist von Ostertag die intra- 
muskuläre als die zweckdienlichste be- 
zeichnet worden. Sie liefere durchweg 
bessere Resultate selbst als die subkutane 
Impfung; denn sie erzeuge viel erheb- 
lichere Veränderungen an der Impfstelle 
als diese. Es entstehe stets eine starke 
Anschwellung der infizierten Muskelpartie, 
in der sich bei der Wahl der Muskulatur 
des Hinterschenkels als Impfstelle zwei spe- 
zifisch veränderte Lymphdrüsen, die Knie- 
kehl- und die Leistendrüse, nachweisen 
lassen. Infolge der auffalligeren lokalen 
Veränderungen ermögliche sie eine früh- 
zeitigere klinische Diagnose der Impf- 
tuberkulose und bedeute deshalb eine Ver- 
kürzung des Impfversuchs, eine Ersparnis 
an Kosten und ermögliche bei der Be-' 
kämpfung der gefährlichen Tuberkulose- 
formen des Rindes ganz besonders eine 
frühzeitigere Ausmerzung derjenigen Tiere, 
die tatsächlich an Tuberkulose leiden. 
Die intramuskuläre Impfung gebe auch 
die Möglichkeit einer früheren Ent- 
scheidung als die intraperitoneale; denn 
die Impftiere könnten zum Zwecke der 
weiteren Untersuchung getötet werden, 
sobald die der Impfstelle benachbarten 
Lymphdrüsen als derbe, feste, schmerz- 
lose, von der Umgebung scharf abge- 

*) Die Massenerkrankung in Rothenburg 
o. Tauber hat die Befürchtungen, die wegen der 
Möglichkeit des Auftretens der Trichinosis in 
Sttddeutschland in letzter Zeit ausgesprochen 
wurden, und denen namentlich Herr Dr. Böhm als 
eindringlicher Warner nachdrücklich Worte ge- 
geben hat, leider bestätigt. Sie wird in Süd- 
deutschland zu erneuter ernster Prüfung Ver- 
anlassung geben, was geschehen muß, um der 
Wiederholung ähnlicher Massenerkrankungen nach 
Fieischgenuß vorzubeugen. D. H. 



— 344 — 



grenzte Knoten von Eleinerbsengröße 
und darüber hervortreten. Dies könne 
aber schon am zehnten Tage der Fall sein. 
Durch die intramuskuläre ImpAing würden 
femer die pseudotuberkulösen Verände- 
rungen vermieden, die bei der intraperi- 
tonealen auftreten können. Endlich ge- 
währe sie den großen Vorteil, daß inter- 
kurrente Todesfälle viel seltener seien. An 
Wirksamkeit habe sich die intramuskuläre 
Impfung der intraperitonealen insofern als 
überlegen gezeigt, als je ein mit 1 ccm 
Vollmilch und Bahm sowie zwei mit Milch 
in der Verdtlnnung 1 : 1000 Million intra- 
muskulär geimpfte Tiere an generalisierter 
Tuberkulose erkrankten, während die 
intraperitoneal geimpften Paralleltiere ge- 
sund blieben. 

Nun hat Arthur Bloch*) angegeben, 
er habe eine Methode gefunden, die eine 
Mhzeitigere Diagnosestellung als die ein- 
fache, subkutane Infektion möglich mache, 
nämlich die subkutane Infektion unter 
gleichzeitiger Quetschung der regio- 
nären Lymphdrüsen. Dieser von Bloch 
eingeschlagene Weg zur Schnelldiagnose 
der Tuberkulose hat seine Vorgänger. 

Kosenbach und Wyssokowitsch 
haben durch Injektion von Eitererregem 
in die Blutbahn nach vorhergehender 
künstlicher Verletzung der Herzklappen 
ulzeröse Endokarditis erzeugt. Aus diesem 
Versuch zieht Orth**)für die Lehre von der 
Krankheitsdisposition folgende Schlüsse: 

jylnjektion einer feinsten Aufschwemmang 
geeigneter Organismen ins Blut von Kaninchen 
macht allein keine mykotische Endokarditis; die 
äußere Krankheitsursache ist also hier für sich 
allein, so lange sie auf ihre eigene V^irksamkeit 
angewiesen bleibt, nicht imstande, die Krankheit 
zu erzengen. Aber ebensowenig ist auch die 
Disposition, die innere Krankheitsursache, dazu 
imstande; denn wir haben ebenso wie Kosen- 
bach nach bloßer Verletzung der Klappen ge- 
sunder Kaninchen niemals auch nur eine sicht- 
bare Thrombose an den verletzten Stellen, 



*) Berl. Klin. V^ochenschr. 1907, Nr. 17. 
**) Über die Ätiologie der experimentellen 
mykotischen Endokarditis. Virchows Arch. 
Bd. 103, S. 333. 



geschweige denn eine Endokarditis entstehen 
sehen. Also beide Faktoren sind jeder ffir sich 
allein ohnmächtig, dagegen entsteht sofort nnd, 
wie es scheint, mit vollster Regelmäßigkeit die 
Erkrankung, sobald beide in Gemeinschaft zur 
Einwirkung gelangen, und zwar bedingen sie 
keine geringfügige Affektion, sondern eine 
schwere Veränderung, welche zunächst zwar 
eine lokale ist, aber bald weitere Organe in 
Mitleidenschaft zieht und den Tod des Tieres in 
kürzester Zeit bedingt^ 

Nach diesen Gesichtspunkten hat 
Bloch seine Versuche zor Schnelldiagnose 
der Tuberkulose angestellt. Er versuchte, 
durch eine willkürlich hergestellte lokale 
Disposition eine schwere Tuberkulose- 
infektion zu erzeugen, und kommt auf 
Grund der Ergebnisse seiner Versuche 
zu dem Schluß, daß man nach seiner 
Methode binnen 9—11 Tagen mit Sicher- 
heit feststellen könne, ob Tuberkulose 
vorliegt oder nicht. 

Auf Veranlassung des Herrn Geh. Reg.- 
Rat Prof. Dr. Ostertag habe ich mich 
der Arbeit unterzogen, die Angaben 
Blochs auf ihre Richtigkeit zu prüfen. 

. AMfühning der YersMlie. 

Als Versuchstiere dienten ausschließlich 
Meerschweinchen. Als Impfmaterial wurden 
tuberkulöse oder tuberkuloseverdächtige Lymph- 
drOsen, Eiter, MUch, Sputum und Tuberkulose- 
reinkulturen verwandt. Die ersten Versuche 
wurden genau nach den Angaben Blochs aus- 
geführt: Die Impfung erfolgte subkutan in die 
rechte Leistengegend. Dann wurde die rechte 
Kniefalte des Tieres zwischen Daumen und 
Zeigefinger genommen und einige Male reibend 
die Leistengegend durchtastet, immer mit den 
Fingern von der Tiefe zur Oberfläche gebend. 
Dabei kamen die Eniefaltendrüsen als ganz 
kleine Knötchen zwischen den Fingern zur 
Wahrnehmung und konnten durch festeres Zu- 
drücken gequetscht werden. 

Bei dem dritten Versuch war die Impfung 
zufällig nicht subkutan, sondern intramuskulär 
ausgeführt worden. Da aber bei dieser Art der 
Impfung die Veränderungen ebenso deutlich aus- 
geprägt waren wie bei der subkutanen, die Masse 
des Entzündungsgewebes in der Nachbarschaft der 
gequetschten Lymphdrüse jedoch viel geringer 
war und deshalb diese zur Untersuchung viel 
freier lag, so wurde von da an neben der sub- 
kutanen Impfung vergleichend die intramuskuläre 
ausgeführt, um zu ermitteln, ob nicht die letztere 



— 345 — 



g&nstigere Resultate liefere. Neben jedem Tier 
mit geqnetBchter EniefaltendrüBe wurde ein 
solches geimpft, das frei von jeder künstlichen 
Verletzung blieb. Alle geimpften Tiere wurden 
tftglich auf die klinischen Veränderungen, be- 
sonders der Kniefaltendrttsen, geprüft, und diese 
genau aufgezeichnet. Sobald sich nun bei einem 
der geimpften Tiere eine Schwellung der ge- 
quetschten Lymphdrüse bemerkbar machte, die 
an Gröfie und Härte zunahm und dadurch den 
Verdacht erweckte, dafi es sich um eine tuber- 
kulöse Veränderung handelte, wurde das Tier 
zusammen mit einem Kontrolltier getötet und 
einer genauen Sektion unterworfen. 

Bei den Kontrolltieren waren die nicht ge- 
quetschten, mehr oder weniger veränderten 
Lymphdrüsen der weiteren Untersuchung un- 
mittelbar zugänglich. Die gequetschten Drüsen 
lagen dagegen in verschiedenen Packeten in 
dem sie umhüllenden Entzündungs- oder Fett- 
gewebe zerstreut. Auf dem Durchschnitt durch 
das Gewebe waren sie an ihrer durchscheinenden, 
grauen Farbe, die bei beginnender Verkäsung 
einen trüben, weißlichen Farbenton angenommen 
hatte und bei stärkerer Verkäsung gelb war, von 
ihrer Umgebung zu unterscheiden. War die Drüse 
nur mäßig vergrößert und leicht aufzufinden, so 
wurde sie in toto zwischen zwei Objektivträgern 
gequetscht, zerrieben und nach Färbung genau 
auf Tuberkelbazillen durchmustert War jedoch 
die Schwellung eine größere oder die zer- 
sprengte Lymphdrüse aus dem sie umgebenden 
entzündeten Gewebe nicht genau zu isolieren, 
so wurde die eine Hälfte der ganzen Geschwulst 
zu Quetschpräparaten, die andere zu Schnitt- 
präparaten verarbeitet. Auch die Leisten- und 
inneren Darmbeindrüsen wurden, wenn sie ver- 
dächtige Veränderungen zeigten, in gleicher 
Weise untersucht. So konnten etwa vorhandene 
Tuberkelbazillen der Beobachtung nicht leicht 
entgehen. Die Fixierung geschah anfangs in 
Aceton, um ein schnelleres Resultat zu er- 
zielen. Da sich aber die in Aceton gehärteten 
Drüsen schlecht schneiden ließen, wurde die 
FixierungmitFormalin und Sublimatspiritus 
bevorzugt. Die Einbettung geschah in Paraffin. 
Es wurden von den Gewebestückchen 5—10 fi 
dicke Schnitte angefertigt, und zwar wurden 
Schnitte aus, vier verschiedenen Lagen jedes 
Stückchens aufgelegt, um jedes Übersehen der 
Tuberkelbazillen zu vermeiden. 

Indem ich bezüglich der Einzelheiten 
auf meine Dissertation (Brannsberg 1908) 
verweise, bemerke ich hier folgendes: 

Die ersten neun Versuche wurden mit 
Material angestellt, in dem schon vor der 



Impfung Tuberkelbazillen nachgewiesen 
waren. Es wurde dadurch bezweckt, fest- 
zustellen, ob es überhaupt möglich ist, 
in 9-— 10 Tagen nach der Impfung in den 
der Impfstelle zunächst gelegenen Lymph- 
drüsen Tuberkelbazillen zu finden. Die 
Versuche beweisen, daß dieses der Fall 
ist. Zugleich geht aus ihnen hervor, daß 
durch die Quetschung einer Lymphdrüse 
eine gewisse Disposition geschaffen wird, 
da die gequetschten Drüsen stets reicher an 
Bazillen waren, als die nicht gequetschten. 

Der 10., 11. und 12. Versuch wurde 
mit Material angestellt, das in dem Ver- 
dachte stand, tuberkelbazillenhaltig zu 
sein, in dem aber durch die mikroskopische 
Untersuchung keine Tuberkelbazillen ge- 
funden werden konnten. Durch die 
Impfung wurde nach9— 11 Tagen bewiesen, 
daß es sich in der Tat um tuberkulöses 
Material handelte. Es ist also möglich, 
durch die Impfling nach 9—11 Tagen die 
Diagnose auf Tuberkulose mit Sicherheit 
zu stellen. Hierdurch wird die Behaup- 
tung Blochs bestätigt. Allerdings konnten 
die Tuberkelbazillen nicht immer in der 
Menge in den Lymphdrüsen gefunden 
werden, wie Bloch dies angibt. Jedoch ge- 
nügte ihre Zahl stets, um eine sichere 
Diagnose durch die mikroskopische Unter- 
suchung gefärbter Ausstrichpräparate 
stellen zu können. 

Am meisten sind Meerschweinchen 
zur Impfung geeignet, die eine nicht zu 
kleine, derbe, von wenig Fettgewebe um- 
gebene Lymphdrüse besitzen; denn solche 
Lymphdrüsen sind leicht zu quetschen 
und liegen nach der Tötung verhältnis- 
mäßig frei für die weitere Untersuchung da. 
Der Verlauf der Impfung ist ein fast regel- 
mäßiger: Am 2. oder 3. Tage tritt in der 
Kniefalte der Impfseite eine etwa hasel- 
nußgroße, weiche Anschwellung auf. Sie 
nimmt in den nächsten Tagen an Größe 
ab, dafar aber an Härte zu. Am 10. Tage 
hat sie Erbsen- bis Haselnußgröße erreicht 
und fühlt sich hart an, dabei ist sie 
schmerzlos. Am 3. bis 5. Tage kann ein 



— 346 — 



Abszeß an der Impfstelle aufbrechen und 
ein eiterndes Geschwür entstehen. 

Die einzelnen Teile der zerquetschten 
Lymphdrüsen sind gewöhnlich aus dem sie 
umgebenden Gewebe an ihrer grauweißen 
Farbe herauszukennen. Mitunter ist je- 
doch das Auffinden der Drüsenteile schwer, 
zumal wenn durch die Quetschung eine 
Blutung verursacht worden ist. In diesem 
Falle bemerkt man bei der Anfertigung von 
Quetschpräparaten die Anwesenheit von 
Drüsengewebe leicht daran, daß dieses 
den Objektträger milchig trübt und an ihm 
haften bleibt, während das sie umhüllende 
Fettgewebe spurlos über die Fläche des 
Objektträgers gleitet. 

Zum Fixieren der Schnitte eignet sich 
meiner Erfahrung nach Aceton nicht so 
gut als die anderen Fixirungsmittel; denn 
die Tuberkelbazillen nehmen in solchen 
Schnitten den Farbstoff schlecht auf, und 
in Aceton eingebettetes Material schneidet 
sich schlecht. Auch die Fixierung in 
Formalin ist nicht günstig, weil die Tuber- 
kelbazilleu in solchen Schnitten ihre Farbe 
in kurzer Zeit wieder verlieren. Am 
vorteilhaftesten ist die Fixierung in 
Sublimatspiritus. 

Die intramuskulär ausgeführten 
Impfungen zeigten günstigere Er- 
folge als die subkutanen; denn bei 
ihnen waren die Veränderungen noch aus= 
geprägter, die Zahl der Tuberkelbazillen 
in den veränderten Teilen größer, und es 
kamen weniger häufig interkurrente Todes- 
fälle vor. Ja die intramuskuläre 
Impfung ohneDiüsenquetschungkam 
an Wirksamkeit der subkutanen mit 
Drüsenquetschung gleich. Wenn auch 
die Zahl der Tuberkelbazillen in der unver- 
letzten Kniekehldrüse nicht so groß war 
wie in der gequetschten Kniefaltendrüse, 
so war sie doch ausreichend, um eine 
sichere Diagnose stellen zu können. Die 
Erklärung hierfür ist vielleicht darin zu 
finden, daß die wenigen im Impfmateriale 
vorhandenen Bazillen bei der intramus- 
kulären Einverleibung mit dem sie auf- 



nehmenden Lymphapparate in innigere 
Berührung kommen und die höhere 
Temperatur im Innern der Muskulatur ihre 
Vermehrung begünstigt. Jedenfalls kann 
u. U. auch durch die intramuskuläre 
Impfung ohne Drüsenquetschung in 
9—11 Tagen die Diagnose auf Tuber- 
kulose gestellt werden. 

Durch weitere Versuche stellte ich mir 
die Aufgabe, zu ermitteln, ob die derbe, 
an Größe zunehmende Schwellung der 
Impfstelle benachbarter Lymphdrüsen 
lediglich die der Tuberkelbazilleninfektion 
eigentümliche ist oder ob auch die tuber- 
kelbazillenähnlichen, säurefesten Bakterien 
eine gleiche oder ähnliche Drüsen- 
schwellung verursachen können. Salus 
ist der Ansicht, daß „eine solche Drüsen- 
schwellung wohl nur bei echter Tuber- 
kulose vorkommt". Ostertag bestätigt 
diese Ansicht. Weber hat andererseits 
festgestellt, daß säurefeste Bakterien, 
in großer Menge in den Tierkörper ein- 
gebracht, hier als Fremdkörper wirken und 
sogar Eiterung erzeugen können. Um die 
Richtigkeit dieser Ansichten zu prüfen, 
stellte ich mir von vier verschiedenen Stäm- 
men säurefester Bakterien Aufschwem- 
mungen in Kochsalzlösung her. Im Ausstrich 
dieses Materials wurden sehr zahlreiche 
Bakterien gefunden, die sich als äußerst 
säure- und alkoholfest erwiesen. Mit je 
1 ccm dieser vier verschiedenen Auf- 
schwemmungen wurden je vier Meer- 
schweinchen subkutan oder intramuskulär 
geimpft und ebenso behandelt wie die 
Tiere der ersten Versuchsreihe. 

Die Meerschweinchen zeigten hiernach 
in den ersten 3—5 Tagen eine weiche 
Anschwellung, die sich aber nach 
Ablauf dieser Zeit wieder rasch zu- 
rückbildete. Als die Versuchstiere am 
10. Tage getötet wurden, ließen sich bei 
denjenigen Meerschweinchen, derenlmpfort- 
lymphdrüsen gequetscht worden waren, in 
den durch Zerreibung der ganzen gequetsch- 
ten Lymphdrüsen hergestellten Ausstrich- 
präparaten einige wenige (3, 4, 5 höchstens 



347 — 



10) sänrefesie Bakterien nachweisen. Bei 
den Meerschweinchen, bei denen eine 
Lymphdrüsenquetschung unterblieben war, 
waren dagegen in den den Impfstellen 
benachbarten Lymphdrüsen keine säure- 
festen Bakterien festzustellen. 

Hiemach kommt eine allmählich zu- 
nehmende derbe, schmerzlose Anschwel- 
lung der der Impfstelle benachbarten 
Lymphdrüsen, wie sie nach der Verimpfung 
tuberkulösen Materiales auftritt, nach der 
Einimpfung säurefester Pseudotuberkel- 
bazillen nicht vor. Die Quetschung 
der Lymphdrüsen nach Bloch kann 
aber nach meinen Versuchen bak- 
terioskopisch zu diagnostischen 
Irrtümern führen, da in den ge- 
quetschten Lymphdrüsen säurefeste 
Pse Udotuberkelbazillen nachgewie- 
sen werden können, was in den un- 
gequetschten Lymphdrüsen nicht der 
Fall ist. 

Eine dritte Versuchsreihe galt der 
interessanten Impfart, die Nattan- 
Larrier*) und Griffon**)zurFeststellung 
der tuberkulösen Natur eines patho- 
logischen Produktes verwandten. Sie be- 
nutzten dazu die Mamma des Meer- 
schweinchens im Stadium der Lak- 
tation. Die Menge der Injektionsflüsslg- 
keit kann nach ihrer Meinung 1 — 3 ccm 
betragen. Einen Tag nach der Injektion 
schon schwillt nach den Angaben von 
Nattan-Larrier und Griffon die Milch- 
drüse an, verhärtet sich, die sezemierte 
Milch wird erst gelblich-serös, dann puri- 
form. Jemma hat den Versuch kon- 
trolliert und ist ebenfalls zu einem posi- 
tiven Resultat gekommen; nach seiner 
Erfahrung genügen schon 6—8 Tage, um 
die Diagnose stellen zu können. Der 
Weg durch die Mamma besitzt fär J. 
einen viel höheren Wert als der gewöhn- 
liche durch das Peritoneum; denn in der 
Milchdrüse vermehrten sich die Bazillen wie 



*) Compt rend. de la Soc. de Biologie Bd. 55, 
Nr. 6, S. 239. 

**) Riv. di Cün. pediatr. 1905 (?) Nr. 6. 



in einem wahren lebenden Kulturboden, 
und man könne sie in der Tat schon nach 
6 - 8 Tagen im Sekret der Mamma finden. 

Den Verlauf der Impfung schildert 
Nattan-Larrier folgendermaßen: 

Die Infektion erfolgt vom Warzenhof ans 
in das Parenchym der Drüse. Dann läfit die 
Milcbsekretion bald nach; vom 4. Tage an er- 
hält man kaum ein Tröpfchen einer gelblichen, 
durchscheinenden Flüssigkeit. Nach dem 20. Tage 
quillt nur eine dicke, käsige Masse hervor. In 
der Milch findet man frühestens am 5. Tage, 
spätestens am 15. Tage Tuberkelbazillen. Makro- 
skopisch konstatiert man an der zur Impfung be- 
nützten Milchdrüse eine Schwellung und Auftreten 
von harten Knötchen im Gewebe; später bildet 
sich ein Geschwür aus, die Warze ragt als ge- 
schwollenes Gebilde hervor und läßt beim ge- 
ringsten Druck dicken, rahmigen Eiter heraus- 
quellen. 

Diese Impfinethode habe ich an fünf 
laktierenden Meerschweinchen nachge- 
prüft. Als Impfmaterial diente Milch von 
einer eutertuberkulösen Kuh, in der 
mikroskopisch Tuberkelbazillen nachge- 
wiesen waren. 

Meine Versuche ergaben, daß in den 
ersten Tagen nach der Impfung eine 
Schwellung des Euters auftritt. Vom 4. 
bis 6. Tage beginnt das Milchsekret eine 
wäßrige Beschaffenheit anzunehmen. Vom 
6. bis 9. Tage bildet sich am Grunde des 
Euters ein Abzeß, der allerdings auch 
ausbleiben kann, und es sind im Euter 
kleine Knötchen zu flihlen, die täglich 
größer werden. Die Milchsekretion nimmt 
allmählich ab und kann schon am 14. 
Tage nach der Impfung völlig aufhören. 
Das Sekret wird immer geringer und 
wäßriger und ist in den letzten Tropfen 
völlig wasserklar. Vom 7. bis 12. Tage 
lassen sich in ihm Tuberkelbazillen 
nachweisen. In der 2. oder 3. Woche 
tritt eine Schwellung der Kniefaltendrüsen 
auf. Bei der Sektion der nach dem Auf- 
hören der Sekretion getöteten Tiere findet 
man das Bild allgemein ausgebreiteter 
Tuberkulose. 

So sicher nun auch diese Impfart zum 
Ziele führt, so wird sie doch nie all- 



348 — 



gemeine Anwendang finden können, weil 
geeignete Impftiere nicht immer zur Hand 
sind. Dazu kommt, daß eine genaue 
Darcbmusterung der Ausstriche, die täg- 
lich vorgenommen werden muß, sehr zeit- 
raubend ist. Hiemach ist diese Impf- 
methode für die Praxis nicht verwertbar, 
dagegen in Instituten für Fälle, in denen 
an der raschen Feststellung der tuberku- 
lösen Natui* eines Erankheitsproduktes 
sehr viel gelegen ist. 

Schlußsätxe: 
L Durch die subkutane Verimpfung 
tuberkulösen Materials, verbunden mit 
Quetschung der KniefaUefidrüse, läßt 
sich in 9 — 11 Tagen feststellen, ob 
Tuberkulose vorliegt oder nicht. 
IL Die intramuskuläre Impfung mit 
Quetschung der Kniefaltendriise führt 
ebenso schnell zum Ziele. 

III. Es läßt sich aber auch durch die 
intramuskuläre Impfung ohne Quet- 
schung der Kniefaltendrüse in 9 — 11 
Tagen eine sichere Diagnose stellen. 

IV. In allen Fällen müssen sicherheits- 
halber mehr als xtvei Tiere geimpft 
werden. 

V. Die nach der Impfung auftretende 
Schwellung der Lymphdrüsen ist für 
die Tuberkulose charakteristisch. 
VI. Durch die intramammäre Impfung 
läßt sich in 7—12 Tagen die tuber- 
kulöse Natur eines pathologischen 
Produktes sicher feststellen. 



Wissenschaftliche ZQchtungskunde und 
Ffeischbeschau. 

Von 

A. Maler-Konstanz, 

BeEirlutlenurst. 

So bedeutende wirtschaftliche Erfolge 
die Tierzucht in den letzten Jahrzehnten 
auch aufzuweisen hat, so sind ihre Grund- 
sätze bisher doch ziemlich empirischer 
Natur gewesen. Erst der Neuzeit blieb 
es vorbehalten, auch auf diesem Gebiete 
neue Wege zu betreten, Wege, die uns 
eine ungeahnte Aussicht von großer 



wissenschaftlicher und praktischer Be- 
deutung eröffnen. Es sei hier nur an die 
Arbeiten eines Weißmann, de Vries, 
Häckel, Gebrüder Hertwig u. a. er- 
innert. Ihre großen Vorläufer Lamarck, 
Geoffroy de Saint-Hilaire, Goethe, 
Darwin usw. sollen nur beiläufig genannt 
werden. 

Bei der zunehmenden Bedeutung der 
Tierzucht war es selbstverständlich, 
die wissenschaftlichen Forschungsergeb- 
nisse nicht allein zu sammeln, sondern 
auch weiter auszubauen und in bestimmte 
Bahnen zu leiten. Diese ebenso schwierige 
wie dankbare Aufgabe hat sich die vor 
zwei Jahren gegründete deutsche Gesell- 
schaft fOr Zfichtungskunde mit dem Sitz 
in Berlin gestellt. Sie ist, wie § 1 ihrer 
auch in dieser Zeitschrift seinerzeit ab- 
gedruckten Satzungen besagt, eine freie 
Vereinigung und bezweckt, die landwirt- 
schaftliche Tierzucht wissenschaftlich und 
praktisch zu fordern, und zwar 

1. die Forschungen über Zeugung, 
Entwicklung, Gestaltung sowie über 
Krankheiten und Lebensvorgänge in 
Rücksicht auf die Haustierzucht zu 
sichten; 

2. der Geschichte der Haustierrassen, 
ihrer Verbesserung und Veredlung nach- 
zugehen; 

3. den praktischen Züchtern Gelegen- 
heit zu geben, ihre Erfahrungen im 
gegenseitigen Meinungsaustausch zu be- 
sprechen. 

Die Gesellschaft, deren Bestrebungen 
die größte Beachtung der Tierärzte ver- 
dienen, hat ihre Tätigkeit durch die am 
1. April 1908 errichtete Sammelstelle für 
praktische züchterische Beobachtungen 
energisch in Angriff genommen. Eine 
Hauptaufgabe diesei- Sammelstelle ist u. a. 
die Prüfung der Beziehungen der 
äußeren Körpermaße und -formen 
zu Größe und Gewicht der inneren 
Organe. Diese Aufgabe soll haupt- 
sächlich an Schlachthöfen erfällt 
werden. Ihre Ergebnisse werdenznsammen- 



- 349 — 



gestellt and in dem Organ der Gesell- 
schaft später veröffentlicht. Damit 
bietet sich auch den mit der Fleisch- 
beschan betrauten Tierärzten die 
Möglichkeit einer Mitarbeit an den 
verdienstlichen Bestrebungen der 
Gesellschaft. 

Gewiß sind schon zahlreiche Messungen 
und Wägungen der einzelnen Organe im 
Verhältnis zum Körpergewicht bei den ver- 
schiedenen Schlachttierarten vorgenommen 
worden. Diese Feststellungen galten 
aber mehr für das praktische Leben, wie 
z. B. den Vergleich zwischen Lebend- 
und Schlachtgewicht. Die von der Ge- 
sellschaft för Zächtungskunde beab- 
sichtigten Forschungen sollen haupt- 
sächlich biologischer Natur sein. Es 
handelt sich hierbei nicht allein um die 
einzelnen Schlachttierarten, sondern auch 
um die einzelnen Bässen, die Geschlechter 
usw. Es ist anzuehmen, daß die Wägungen 
der Muskulatur, Knochen usw. eine reich- 
haltige Ausbeute ergeben, die der Tier* 
zucht wissenschaftlich und praktisch zu- 
gute kommen wird. 

Das Bild wird noch vielgestaliger, 
wenn bei allen diesen Arbeiten, wie be- 
absichtigt, die Haltungsweise und Er- 
nährung der Schlachttierarten in Betracht 
gezogen wird. So wurde bereits ein 
biologisch bedeutungsvolles Gebiet, das 
des Geschlechtsdimorphismus, mehrfach in 
den Kreis der Forschungen gezogen. Es 
handelt sich hier also um morphologische 
Fragen, die mit den Verschiedenheiten 
der einzelnen Geschlechter zusammen- 
hängen. Diese Momente spielen sowohl 
in zootechnischer wie auch in wissen- 
schaftlicher Hinsicht eine große Rolle. 
Es sei hier nur an die sekundären 
Geschlechtscharaktere und deren Be- 
deutung für die praktische Tierzucht er- 
innert. Je ausgeprägter die sekundären 
Geschlechtsmerkmale sind, desto leistungs- 
fähiger wird auch das Tier in zttchte- 
rischer Hinsicht sein, dasselbe wird also 
wirtschaftlich wertvoller werden. Gerade 



auf diesem Gebiete haben bereits Mes- 
sungen und Wägungen des Skeletts und 
der Organe verschieden geschlechtlicher 
Tiere eine ganz interessante Ausbeute 
geliefert. Selbstverständlich handelt es sich 
hierbei um Tiere, die sich unter dengleichen 
(konvergenten) Lebensverhältnissen be- 
fanden. . So wurde auf Grund von 
Wägungen festgestellt — ich folge hier 
hauptsächlich den Ausfährungen von 
Professor Marchi-Perugia im Jahrbuch 
für wissenschaftliche und praktische Tier- 
zucht 1906 — , daß das Skelett beim 
männlichen Tiere stärker entwickelt und 
schwerer ist als beim weiblichen Tier. 
Die Muskelansatzstellen treten femer beim 
ersteren stärker hervor. Ebenso ist der 
knöcherne Schädel und der Femur beim 
männlichen Tier schwerer. Das Gewicht 
des Beckens ist dagegen beim weiblichen 
Tier immer größer. Hinsichtlich des 
Beckens wurde im übrigen nachgewiesen, 
daß nicht nur das Geschlecht, sondern 
auch die beim männlichen und weiblichen 
Tier konvergente oder divergente Lebens- 
weise von großem Einfluß sind. So zeigt 
z.B. das Wildschwein geringere Ver- 
schiedenheiten im Beckengewicht als das 
Craonnais- und Yorkshire-Schwein. 

Interessant ist der sogenannte cranio- 
mandibulare Index. Man versteht dar- 
unter das Verhältnis zwischen dem 
Gewicht des Hinterkiefers (Mandibula) 
und dem des ganzen Schädels. Er zeigt 
sehr bedeutende Schwankungen bei den 
Tieren, deren Männchen allein Homer 
tragen, und bei denjenigen, deren männ- 
liche mit sehr großen Zähnen zur Ver- 
teidigung ausgestattet sind. Dieser Index 
ist bei den weiblichen Wiederkäuem stets 
größer, was auf eine größere nutritive 
Tätigkeit hindeutet. 

Ferner erscheint die absolute Kapazität 
des Schädels beim männlichen Tier immer 
größer. Es ist nachgewiesen, daß bei 
den Rindem die Unterschiede von der 
geschlechtlichen Anpassung in bezug auf 
die Nutzung, Geschlechtsfunktionen und 



350 



die Lebensweise beherrscht werden. Be-. 
züglich der Entwicklung der Muskulatnr 
im Verhältnis znm Skelett haben die 
Wägungen Cornevins ergeben, daß die 
erstere beim Männchen schwerer ist als 
beim Weibchen. Nach demselben Forscher 
ist der Unterschied bei großen Tieren 
bedeutender als bei kleinen. Nach 
Mar Chi hängt dieser Unterschied aber 
von den Verschiedenheiten des Ge- 
schlechtslebens ab. 

Weiter ist festgestellt, daß bei einem 
Vergleiche der Organe die Nieren und 
Leber des Weibchen fast stets schwerer 
sind als beim männlichen Tier. Marchi 
erklärt diese Erscheinung damit, daß 
Organe, die mit den Ernährungsiunktionen 
im Zusammenhang stehen, erkennen lassen, 
daß beim Weibchen die Ernährungspro- 
zesse im Vordergrund stehen. 

Was die übrigen Geschlechtszeichen 
anbelangt, so ist es eine bekannte Tat- 
sache, daß das Männchen stets eine 
schwerere Haut als der Kastrat und das 
Weibchen hat. Seine Deck-, Schwanz- 
und Mähnenhaare usw. sind stärker ent- 
wickelt. Dagegen ist das Gewicht der 
Homer bei den Boviden nicht immer 
beim Männchen größer. Charakteristisch 
ist femer die verschiedene Richtung der 
Höraer bei beiden Geschlechtem. Es ist 
einleuchtend, daß dadurch der Schädel 
morphologisch beeinflußt wird. Dieser ist 
Oberhaupt vom Gewicht und der Richtung 
der Homer abhängig (sog. Korrelation 
des Wachstums). Schließlich weist auch 
die Färbung beträchtliche geschlechtliche 
Verschiedenheiten auf. Im allgemeinen 
ist die Färbung des Männchens etwas 
tiefer, lebhafter und glänzender. 

Wenn ich an dieser Stelle etwas näher 
auf die bis jetzt vorliegenden Ergebnisse 
der Forschungen der wissenschaftlichen 
Züchtungskunde eingegangen bin, so wollte 
ich damit nur gewisse Fingerzeige geben, 
in welcher Richtung sich die weiteren 
Forschungen zu bewegen haben. Die an 
den Schlachthöfen beschäftigten Tierärzte 



haben dank ihrer Stellung die beste Ge- 
legenheit, das reichlich vorhandene Material 
nutzbringend im Interesse der Wissen- 
schaft und nicht zuletzt im Interesse 
unseres Standes zu verwerten. 



Beitrag zur Frage der Betäubung auf 
Schlachthöfen. 

Von 

Dr. Wenier Meyer-Weimar, 

Btldtitchem Schlachthof-Direktor. 

In seiner preisgekrönten Schrift, be- 
titelt „Das Betäuben der Schlachttiei-e 
mittels blitzartig wirkender Betäubungs- 
apparate", sagt Schlachthofdirektor Heiß - 
Straubing: „Die Schlachthöfe sind Wohl- 
fahrtseinrichtungen, welche zur Förderung 
der Menschlichkeit dienen. Sie stehen 
unter entsprechender Aufsicht, und die 
Geschäftsordnung verlangt, daß tier- 
quälerische Handlungen in denselben 
unterlassen werden mässen." Diesen 
Ausspruch wird wohl jeder Leiter eines 
Schlachthofs unterschreiben und es als 
eine seiner vornehmsten Pflichten be- 
trachten, ständig darauf bedacht zu sein, 
daß die zugefahrten Schlachttiere so 
schnell und so schmerzlos, wie nur mög- 
lich, vom Leben zum Tode befördert 
werden. Die Erfüllung dieser Forderung 
wird, wie in den Kreisen der Schlacht- 
hoftierärzte wohl allgemein anerkannt 
wird, durch eine Betäubung erreicht, 
die in kürzester Zeit eine absolute 
Gefühllosigkeit gewährleistet. Wie er- 
reichen wir diese am zweckmäßigsten 
auf unsem Schlachthöfen? 

Ich will mich bei der Besprechung 
der Frage nachstehend hauptsächlich mit 
den sogenannten „mittleren'' Schlacht- 
höfen befassen. („Mittlere'' Schlachthöfe, 
indem ich mich kurz der üblichen und 
allgemein gebräuchlichen Bezeichnungen 
„große", „mittlere" und „kleine" Schlacht- 
höfe bediene.) 

Die Betäubung des Kleinviehs ge- 
staltet sich auf allen Schlachthöfen ein- 
fach. Sie erfordert weniger Kraft und 
Geschicklichkeit als die des Großviehs 



— 351 — 



und der Schweine und kann daher allent- 
halben von dem jeweilig Schlachtenden 
ohne tierquälerische Manipulation mit 
einer Keule oder einem Hammer durch 
ein oder zwei kurze, kräftige Schläge aus- 
geführt werden. 

Leicht ist auch die Beantwortung der 
Frage hinsichtlich des Großviehs und 
der Schweine auf großen und kleinen 
Schlachthöfen. 

Auf großen Schlachthöfen ist eine 
Reihe von gewerbsmäßigen sogenannten 
„Totschlägern" angestellt, die vorzugs- 
weise Großvieh und Schweine mit einem 
sichern Schlage, gewöhnlich unter An- 
wendung der Schlachtmaske (Großvieh) 
oder eines Hammers oder einer Axt 
(Schweine), betäuben. Die Verwendung 
von Schußapparaten mit freifliegendem 
Geschoß dürfte für den Großbetrieb mit 
relativ enger Räumlichkeit eine gewisse 
Gefahr mit sich bringen; auch die soge- 
nannten Bolzenschußapparate sind wegen 
der Möglichkeit einer Yerbiegung des 
herausgeschneUten Bolzens und der dar- 
aus resultierenden Funktionsunfähigkeit 
nicht empfehlenswert. 

An kleinen Schlachthöfen ist stets 
ein Hallenmeister angestellt, dem zumeist 
so viel Zeit übrig bleibt, daß er die Be- 
täubung von Großvieh und Schweinen 
diurch Schliß oder Schlag nötigenfalls 
selbst vornehmen kann. 

Schwieriger ist die Lösung der Be- 
täubungsfrage für die sog. mittleren 
Schlachthöfe, auf denen außer dem hier 
nicht in Frage kommenden Kleinvieh jähr- 
lich etwa 7—15 000 Schweine und 
2000-3500 Stück Großvieh (einschl. 
Pferde) geschlachtet werden. Weimar 
mit ca. 32 000 Einwohnern besitzt einen 
solchen Schlachthof. Im Jahre 1907 
wurden außer 8216 Stück Kleinvieh ge- 
schlachtet 2385 Stück Großvieh (einschl. 
Pferde), sowie 12 766 Schweine. Das 
Großvieh wird obligatorisch mit dem 
Stoffschen Schußapparat vom Hallen- 
meister betäubt. Für mittlere Schlacht- 



höfe halte ich diese Betäubungsmethode 
fär die idealste. Fast mit Ertönen des 
Schusses stürzt auch der schwerste Ochse 
oder das stärkste Pferd zusammen, und 
ich habe zu Hunderten von Malen den 
Comeareflex vergeblich auszulösen ver- 
sucht, ein Beweis fUr die absolute Be- 
wußtlosigkeit. Der Stoffsche Schuß- 
apparat findet seit dem Jahre 1900 bei 
uns obligatorische Verwendung zur Be- 
täubung aller Rinder und Pferde. Schon 
seit dem Jahre 1897 war das Er- 
schießenlassen des Großviehs dem Be- 
sitzer freigestellt (sogar gegen be- 
sonderes Entgelt); es wurde aber 
trotzdem fast ausschließlich davon Ge- 
brauch gemacht. Hieraus geht wohl zur 
Genüge hervor, daß bei Benutzung des 
Schußapparates die Güte des Fleisches 
in keiner Weise beeinträchtigt wird. 
Unerwähnt darf nicht bleiben, daß 
während des nunmehr fast 11jährigen 
Gebrauchs Unglücksfälle nicht vorge- 
kommen sind; trotzdem aber wird nie die 
Vorsichtsmaßregel außer acht gelassen, 
jede in der ungefähren Schußrichtung ar- 
beitende Person vor dem Schuß aufzu- 
fordern, für einen Augenblick zur Seite 
zu treten. Das Erschießen des Großviehs 
erfolgt kostenlos; uns kostet der Schuß 
allerdings 6,5 Pf. (Kaliber 9,6 mm). „Ver- 
sager" sind äußerst selten. — Wenn auch 
das freifliegende Geschoß oft am Hinter- 
hauptsbein oder den ersten Halswirbeln 
abprallt und alsdann beim Anschneiden 
der retropharyngealen Lymphdrüsen im 
Kehlgang gefunden wird, so darf doch 
nicht der einzig wunde Punkt, der sich 
bei Anwendung des Stoffschen Apparats 
ergibt, unerwähnt bleiben. Er besteht 
darin, daß sich das Geschoß hie und da in 
der Nackenmuskulatur verirrt; da diese 
aber zumeist in den Fleischwolf wandert, 
so wurden früher vereinzelte Klagen laut, 
daß das Geschoß die Messer des Wolfs zer- 
brochen hätte. Seit langer Zeit wird aber 
auch in dieser Hinsicht keine Beschwerde 
mehr geführt, da die Fleischer jetzt die 



— 352 — 



Nackenmaskulatur vor Beschickung des 
Wolfs sorgsam auf Vorhandensein des 
Geschosses prüfen. 

Das Kleinvieh betäubt jeder Schlach- 
tende — gegebenenfalls auch ein kräftiger 
Lehrling — mit der Keule oder dem 
Hammer selbst. 

Wie steht es aber mit der Schweine- 
betäubung? Soll sie vollkommen sein, 
so muß sie folgende Forderungen erfüllen: 
1. Die Betäubung muß absolut schnell 
und sicher erreichbar sein. 2. Sie muß 
von jedem Gesellen oder älterem, kräftigem 
Lehrling ausgeführt werden können. 3. Sie 
muß möglichst wenig Anschafifungs-, Be- 
triebs- und Unterhaltungskosten ver- 
ursachen. Leider sind diese drei Bedin- 
gungen für die Schweinebetäubung auf 
mittleren Schlachthöfen noch nicht voll- 
kommen erftillt, was aus der nachstehen- 
den Besprechung der etwa verwendbaren 
Betäubungsmethoden erhellt: 

Der Stirnschlag mit Axt, Beil, 
Hammer oder Keule kann nur von einer 
kräftigen und geschickten Person 
derart ausgeführt werden, daß die Be- 
täubung sicher und schnell erfolgt. Solche 
Personen stehen aber dem Fleischermeister 
nicht immer zur Verfugung. Die Umstände 
werden es öfter erfordern, daß er ein oder 
mehrere Schweine von seinem jungen 
Gesellen oder älteren Lehrling auf dem 
Schlachthofe schlachten läßt, die diese 
Werkzeuge nicht mit Kraft und Geschick 
handhaben können. Von selten der 
Schlachthofverwaltung aber kann nicht 
geholfen werden ; denn an mittleren Schlacht- 
höfen ist in der Regel nur ein Hallen- 
meister angestellt. Die Tätigkeit dieses 
Beamten ist eine überreichliche, wenn sie, 
wie hier in Weimar, auch noch die Er- 
schießung jedes Stücks Großvieh umfaßt. 
Es ist also ausgeschlossen, daß der Hallen- 
meister auch noch die Betäubung der 
Schweine ausfahren könnte. Die Anstellung 
eines besonderen „Totschlägers", wie an 
großen Schlachthöfen, lohnt sich nicht, weil 
ein solcher Mann bei weitem nicht ge- 



nügend beschäftigt sein würde und doch, 
da seine Anwesenheit während der Ge- 
samtdauer der meist sehr ausgedehnten 
Schlachtzeit nötig ist, voll besoldet werden 
müßte. — Der freie Stimschlag, wie er 
auf großen Schlachthöfen von geübten, 
eigens angestellten Leuten ausgeführt wird, 
ist also für mittlere Schlachthöfe unge- 
eignet. 

Schußapparate mit freifliegendem 
Geschoß sind, wie wohl ohne weiteres klar 
sein wird, zu gefährlich, um jedermann 
in den überdies oft engen Tötebuchten 
in die Hand gegeben zu werden. Bei den 
schnellen Bewegungen der Schweine 
würden tägliche Fehlschüsse mit den 
schlimmsten Folgen nicht ausbleiben. Der- 
artige Apparate mögen für den Klein- 
betrieb geeignet sein, in dem der Hallen- 
meister die Betäubung der doch nur in 
geringer Zahl zugetriebenen Schweine mit 
eigener Hand nebenbei . vornehmen kann. 

Schußapparate mit selbsttätig 
zurückschnellendem Bolzen oder 
solche mit Bolzen, die nicht zurück- 
schnellen, eignen sich nicht für mittel- 
große Betriebe, weil das immer wieder 
vorkommende Verbiegen des Bolzens die 
Funktion des Apparats für längere oder 
kürzere Zeit aufhebt. Selbst wenn diesem 
Übelstand abgeholfen würde, so könnte die 
Schlachthofleitung diese Apparate — ich 
kann nicht auf die mannigfachen Modelle 
eingehen — nicht jedem einzelnen, der 
ein Schwein zu betäuben hätte, überlassen, 
schon weil ihnen die notwendige diffizile 
Behandlung nicht zuteil werden würde. 
Es machte sich also wiederam die An- 
stellung einer besonderen Hilfskraft nötig, 
die zu teuer wäre, ganz abgesehen davon, 
daß die Ausgaben ftlr Munition und Waffen 
sich jährlich auf 400—700 Mark beliefen. 

Schlagbolzenapparate entsprechen 
den vorbezeichneten drei Erfordernissen 
am meisten. Ich habe fast alle bekannten 
Modelle auf ihre Gebrauchsfähigkeit durch- 
probiert und bin zu dem Resultat ge- 
kommen, daß das Schumann & Küch- 



— 363 — 



lersche oder Eleinschmidtsche Ge- 
häuse mit einem einfachen, auf dem ins 
Gehirn zu treibenden Ende keilstern- 
fSrmig geschärften Bolzen (kein Feder- 
bolzen!) der z. Z. brauchbarste Schweine- 
betäubungsapparat flir mittlere Schlacht- 
höfe ist. Ganz vollkommen ist er indes 
auch nicht; denn die Bedienung des 
Apparates durch zwei Personen hat ihre 
Schattenseiten : Sowohl derjenige, der den 
Apparat auf die Stirn des Tieres setzt, 
wie auch derjenige, der den Schlag aus- 
übt, müssen in ihren Bewegungen konform 
mit denen des zu betäubenden Schweins 
sein, sonst gibt's einen Fehlschlagt Und 
Fehlschläge kommen auch bei Leuten vor, 
die den Apparat jahrelang zusammen ge- 
handhabt haben; das beobachte ich hie 
und dabei den sogenannten Eopfschlächtem, 
die paarweise zusammenarbeiten. 

Es war und ist daher mein Bestreben 
darauf gerichtet, fär die Schweinebetäu- 
bung noch einen geeigneteren Apparat zu 
erhalten. Mit Freuden ergriff ich die 
Gelegenheit, den neuen Betäubungsappa- 
rat, den Schlachthof-Direktor Lemmens- 
Maastricht (Holland) in der November- 
Nummer 1907 dieser Zeitschrift beschrieb, 
auszuprobieren, um so mehr, als die 
gestellten Bedingungen sämtlich erfüllt 
zu sein schienen: sichere und schnelle 
Betäubung, leichte Handhabung, keine 
Betriebskosten. Hinsichtlich der Beschrei- 
bung und Handhabung verweise ich auf 
den angeführten Artikel. Der Apparat 
wurde von mir bei der Maastrichter Draht- 
nagelfabrik—Maastricht (Holland) bestellt 
und traf am 27. Februar d. J. hier ein. 
Er kostete einschließl. der Fracht und 
des Zolls 80,81 M., von welcher Summe 
uns der hiesige Tierschutzverein auf 
meinen Antrag in entgegenkommendster 
Weise 40 M. bewilligte. Der Apparat 
wurde von mir möglichst vielen Fleischern 
demonstriert, vom Hallenmeister, einem 
sehr geschickten Mann, so oft als mög- 
lich in praxi vorgeführt und zur frei- 
willigen Benutzung an sein Spanngerüst 



gehängt. Bald zeigte sich, daß zur 
richtigen Handhabung eine gewisse Ge- 
schicklichkeit und Übung gehörte. Wurde 
der Apparat hinten ein 
wenig zu hoch gehalten, 
so drang die Stahlspitze 
nicht in das Gehirn; 
wurde nicht durch kräf- 
tiges Aufsetzen und 
Gegenhalten des 8,5 kg 
schweren und 1,40 m 
(ungespannt) langen ' 
Apparats nach Abzug 
seines Bügels (B) ein 
Efickstoß verhindert, so 
war die Betäubung illu- 
sorisch. Leuten, die 
denApparat in dieser 
Hinsicht geschickt 
handhabten, gelang 
die Betäubung aller- 
dings vorzüglich, so 
daß ich ohne weiteres 
glaube, daß ein nur für 
seine Bedienung an- 
gestellter Mann kaum » _ 
einen „Fehlschuß" tun 
wird. Der Haupt- 
mangel aber lag in 
der Konstruktion. 
Während die beiden 
gleichgroßen Federn (1 
und 2) außerordentlich 
stark waren (ihre Trag- 
kraft soll 270 kg be- 
tragen), war die vordere 
Feder (3) nur eine 
starke Drahtfeder, die 
dem heftigen Anprall der 
hinteren Feder nicht 
standhielt. Oft war sie 
nach 2 bis 3 maligem 
„Schuß" gänzlich zu- 
sammengeschoben, hatte Betäubungsapparat 
•V T^^ A' 'j.u± j. j. ^ • für Schweine nach 

ihre Elastizität total ein- ' , 

Lemmens. 
gebüßt und war somit ÄAbzttgbügel,ZZylinder 

unbrauchbar geworden. %u^X"^Ve kllt^ 
In der Zeit bis zum "^^''TB'Seiu''''" 



— 354 — 



2. Mai waren nicht nur die 3 mit- 
gesandten Reservefedem, sondern auch 
noch 4 in einer hiesigen Maschinen- 
fabrik angefertigte zerschlagen. Ich ließ 
deshalb die schwache Feder 3 versuchs- 
weise durch eine solche von der Stärke 
der Federn 1 und 2 ersetzen. Leider 
war das Mißgeschick nun noch ärger. 
Nach 2—3 maligen Gebrauch brach die 
Stahlstange oberhalb des Zylinders (Z) 
an der mit * bezeichneten Stelle glatt 
durch, so daß die Außerbetriebsetzung des 
„Holländers" auf unbestimmte Zeit erfolgt 
ist. Das war am 2. Mai d. J. Im ganzen 
sind mit dem Apparat nur ca. 150 Schweine 
betäubt worden. 

Wir sind nun zur Benutzung des 
Schlagbolzenapparates zurückge- 
kehrt, der zwar nicht das Ideal der 
Schweinebetäubungapparate bedeutet, aber 
für mittlere Schlachthöfe sich m. E. am 
besten bewährt hat. 

Fasse ich meine Betrachtungen zu- 
sammen, so glaube ich als zweckmäßigste 
Betäubungsmittel ansehen zu müssen: 

I. Große Schlachthöfe: 

a) Großvieh: Schlachtmaske oder 

(bei genügend großen 
Räumlichkeiten) Stoff- 
scher Schußapparat 

b) Schweine: Hammer, Axt usw. 

c) Kleinvieh: Hammer oder Keule 

(Fleischer). 

n. Mittlere Schlachthöfe: 

a) Großvieh: Stoff scher Schußapparat 

(Hallenmeister) 

b) Schweine: Schlagbolzen- 

apparat 

c) Kleinvieh: Hammer oder 

Keule. 



durch 
beson- 
dere 
Leute 



Fleischer. 



HI. Kleine Schlachthöfe: 

a) Großvieh | Schußapparat irgendwelcher 

b) Schweine j Konstruktion (Hallenmeister) 

c) Kleinvieh: Hammer oder Keule 

(Fleischer). 



Apparat zum Festhalten der Schweine bei 
der Betäubung. 

Von 

Tierarzt M. Sandeborg-Gothenbarg, 

SchUtehthausdirektor. 

Im öffentlichen Schlachthofe zu Gothen- 
burg ist seit einigen Jahren ein Apparat 
zum Einfangen und Festhalten der 
Schweine beim Schlachten im Gebrauch, 
der in mehrfacher Hinsicht beachtens- 
wert ist. 

Fig. L 




Ootkenburger „Schweine falle" geöffnet, 
von der Seite gesehen. 

Der Apparat steht unmittelbar vor der 
Türöffnung zu den Wartebuchten, winkel- 
recht zu der Wand. Er besteht aus einem 
offenen Eisenkasten. Der Boden ist aus 
einer geriefelten Eisenplatte hergestellt 
und auf kleinen Eisenbahnschienen ver- 
schiebbar. Die eine Langseite kann 
mittelst Gegengewichts leicht gehoben 
und gesenkt werden. Die Vorderseite 
des Kastens besteht aus einer von d&a 
Seiten etwas zusammengebogenen und nach 
oben etwas vorwärts gerichteten Eisen- 
platte, in welcher von oben ein vertikaler 
Spalt angebracht ist, der weit genug 
ist, die Schweineschnauze aufzunehmen. 
Die Hinterseite des Kastens besteht 
aus einer geriefelten, mit Handgriffen 



— 355 — 



versehenen Eisenplatte, die durch Schar- 
niere am beweglichen Boden befestigt 
ist. Hinabgeklappt bildet sie eine Brücke 
bei dem Eintreiben des Tieres. Durch 
Hinaufklappen der Hinterwand werden 
das Tier und der bewegliche Boden leicht 
vorgeschoben, bis die Schnauze des Tieres 
durch die in der vorderen Wand befind- 
liche Öflhung hervorsteht. 

Beim Eintreiben der einzelnen Tiere 
von den Wartebttchten aus wird eine an der 




Oothenburger „Schiceine falle** im Gebrauch. 

Längsseite mit zwei Handgriffen ver- 
sehene Holzscheibe, 100 X 70 cm, benutzt, 
durch die man das Tier bis an die 
Türöffnung bequem herantreibt. In den 
meisten Fällen geht das Tier ganz frei- 
willig und ruhig in den Apparat hinein 
und läßt sich ohne Widerstand den be- 
täubenden Schuß oder Schlag beibringen. 
Nachdem das Tier betäubt ist, wird 
die heb- und senkbare Seitenwand hoch- 
geschoben, der Tierkörper wird aus dem 
Apparat herausgerollt, der Halsstich wird 



gemacht und damit die Blutentleerung 
bewerkstelligt. 

Die Gothenburger „Schweinefalle" 
bietet mithin folgende Vorteile: 

1. Das Schlachten der Schweine voll- 
zieht sich still und ruhig; die Be- 
täubung kann ganz sicher bewerk- 
stelligt werden ohne die Gefahr von 
Fehlschlägen und Unglücksfällen. 

2. Der Apparat läßt sich Schweinen 
jeglicher Größe bequem anpassen, 
ist billig anzusch*affen, billig zu 
unterhalten und leicht zu reinigen. 

3. Die „Falle" ist sehr leistungsfähig, 
da drei Personen bequem zwei 
Schweine in der Minute eintreiben, 
betäuben und stechen können. 

Man kann daher sagen, daß durch 
den hier beschriebenen Apparat die 
schwierige Frage der Betäubung der 
Schweine glücklich gelöst ist. Da femer 
die Leistungsfähigkeit des Apparates 
hochgestellte Ansprüche befriedigt, so 
verdient er, besonders bei den Massen- 
schlachtungen in den Schlachthöfen 
empfohlen zu werden. 



Verschiedenes aus der Praxis der Fleisch- 
beschau. 
Allgemeine SarkeMatetlt bei einem Rinde. 

Von 

GäneelNÜe-Großenhain, 

Sehlachthofdirektor. 

Folgender, selten vorkommender Er- 
ki ankungsfall bei einem Rinde dürfte vom 
Sts^dpunkt der Fleischbeschau erwähnens- 
wert sein. 

Eine 8 Jahre alte, mäßig gut genährte 
Kuh zeigte bei der Lebenduntersuchung 
in der rechten Flanke eine kopfgroße 
höckerige Geschwulst, die der Bauch- 
wand breit und fest aufsaß; ebenso war 
im oberen Drittel des Schlundes eine faust- 
große, bewegliche Neubildung zu fühlen. 
Durch innere Untersuchung ließ sich rech- 
terseits eine stark vergrößerte Darmbein- 
diüse feststellen. Sonstiges Befinden des 
Tieres gut, jedoch war die Milchabgabe 



356 — 



trotz regelmäßiger ' Fntteranfhahme im 
Schwinden. 

Die Fleischbeschau des auf meine An- 
ordnung am nächsten Tage getöteten 
Tieres ergab allgemeine Sarkomatosis mit 
Metastasenbildung. Es fanden sich die 
gleichartigen Neubildungen im Schlund, 
in der Muskidatur der linken Herzkammer 
und der Ansatzstelle der großen Blut- 
gefäße. Sämtliche Mittelfelldrttsen zwar 
faustgroß, die L^nge aber ohne sichtbare 
Veränderungen, ebenso verhielt es sich mit 
den Nieren und Nierenlymphdrüsen. Leber 
und Milz einschließlich ihrer Lymphdrüsen 
waren anscheinend normal, hingegen sämt- 
liche Magen mit blauweißen, glasartig 
durscheinenden und stellenweise gelblich 
verfärbten, starken, schwartenartigen Neu- 
bildungen durchsetzt, deren Durchmesser 
oft mehrere Zentimeter erreichte. In der- 
selben Weise war das Zwerchfell mit 
Ausnahme des sehnigen Teiles ringsher- 
um verändert und von gummiartiger Be- 
schaffenheit. 

Weiterhin wurden metastatische Herde 
verschiedener Größe in der Muskulatur 
des Brustkorbes, der Schulter, der Lenden, 
der Flanke und der Hüfte, sowie im Euter 
festgestellt. Merkwürdigerweise war nicht 
eine Fleischlymphdrflse sichtbar entartet, 
worauf bereits Lungwitz (s. u.) in seinem 
Artikel hingewiesen hat. 

Die als Sarkome angesprochenen Ge- 
schwülste von grauer, festweicher Kon- 
sistenz besaßen durchgängig einen lang- 
gestreckten schmalen Kern von gelber 
Farbe (Nekrose) und wurden im Patho- 
logischen Institut der Tierärztlichen Hoch- 
schule Dresden als „Rundzellensarkome" 
bestimmt. 

Das Fleisch des Eindes ist auf Grund 
des § 33^ Nr. 14 für untaugUch erklärt 
worden. 

(Vergleiche Lungwitz, Fleisch- und 
MilchhygieneMaiheft 1894 S. 146; Resow, 
ebenda Aprilheft 1900 S. 132 und Knoll, 
ebenda Dezemberheft 1901 S. 90.) 



Multiple EfltzüMlimgtlierde In der IhiekiilatM- einet 
RIedee. 

Von 

Dr. K. Grabert-Stettin, 

Ereittierant n. Leiter d. KOdIrI. AoBlAndsfleUehbetehMuteUe. 

In Nr. 2 des XV. Jahrg. dies. Zeitschr. 
beschreibt Claußen-Itzehoe einen Fall 
von multiplen Blutungen in der Muskulatur 
eines Eindes, der deswegen von Interesse 
ist, weil sich in den Handbüchern fiber 
Fleischbeschau nur Angaben über Muskel- 
blutungen beim Schwein finden. Einen 
Fall, der in seiner Vorgeschichte große 
Ähnlichkeit mit dem Claußenschen be- 
sitzt, hatte ich im März d. J. Gelegen- 
heit im bakteriologischen Laboratorium 
des Breslauer Schlachthofes zu unter- 
suchen. 

Bei der Zerlegung eines gutgenährten 
Ochsen, der am vorhergehenden Tage bei der 
Beschau im Schlachthof als tauglich be- 
funden worden war, fand der Fleischer 
das gesamte Muskelfleisch von haferkom- 
bis erbsengroßen blutig-roten Flecken 
durchsetzt. An der Oberfläche des 
Fleisches waren ihm ebensowenig wie dem 
untersuchenden Tierarzte Veränderungen 
aufgefallen. Auch die daraufhin nochmals 
vorgenommene Besichtigung der Ein- 
geweide, besonders der Leber und Nieren, 
ergab keine Abweichungen, die etwa bei 
der Beschau den Verdacht auf eine 
Septikämie hätten erregen müssen. 

In Zupfpräparaten aus den veränderten 
Muskelpartieen vermochte ich im Gegen- 
satz zu Claußen nichts Besonderes fest- 
zustellen. Die Querstreifiing der Muskel- 
fasern war überall deutlich erkennbar; 
insbesondere wurden die bestimmt er^ 
warteten Anhäufungen von roten Blut- 
körperchen vermißt. Dagegen fanden 
sich in Parafflnschnitten fleckweise 
zwischen denMuskelfasem im verbreiterten 
Bindegewebe Herde von neutrophilen, 
polymorphkernigen Leukozyten. Da zur 
Fixierung des Muskelgewebes Formalin 
verwandt war, hätten rote Blutkörperchen 
ihre Form deutlich bewahren müssen« 
Nach meiner Ansicht waren daher die 



— 357 — 



Yerändenmgen der Masknktur nicht durch 
mnltiple Blatnngen, sondern durch eine 



herdweise auftretende interstitielle Myo- 
sitis bedingt 



Referate. 



Martel, La radioseopie et la radio- 

graphie des l^sions taberenleuses appli- 

qn^es k Finspeetion des Tlandes. 

(R«eaeil de m«d. tAL 1907, 8. 816.) 

M. konnte in den Lymphdrusen und 
Organen yonEind und Schwein tuberkulöse 
Veränderungen durch Röntgenstrahlen 
gut nachweisen und glaubt hiemach 
an die Möglichkeit der Verwendung der 
Radioskopie bei der praktischen Fleisch- 
beschau. Resow. 

Martel, La radlographiae et la radio- 
seopie appliqu^es k la reeherche des 
alt^rations des oenfs. 

(Reeaell de mM. y«t. 1907, 8. 816.) 

Die Radioskopie eignet sich zur Er- 
kennung von Veränderungen in Eiern 

nicht. Resotc. 

Martel^ Badiographie et radioseopie 
de quelques l^sions pulmonaires. 

(Bztrait du bnlletin de la locl^t^ centrale de m&d. ret., 
1907, 81. aoftt) 

Bei seinen Untersuchungen über die 
Verwendbarkeit der Radiumstrahlen zur 
Diagnose pathologischer Prozesse konnte 
M. yerirrte Leberegel in den Lungen, 
abgestorbene und verkalkte Exemplare 
von Sclerostomum equinum in Lunge und 
Lebery> alte Rotzherde und käsige und 
kalkige Tuberkel durch die Strahlen im 
Gewebe deutlich erkennen. Resow. 

Kowalewsky^ Rapport sur les abattoirs 
du Cancase. 

(L*H7gi«De de Im rlande et dn lait 1907, S. 818.) 

In den 36 Schlachthöfen des Kaukasus 
werden jährlich 1 226 248 Tiere, darunter 
237 930 Rinder, 27 026 Kälber, 42 045 
Schweine und 918 247 Schafe und Ziegen 
geschlachtet, die von 40 Tierärzten und 
41 Hilfskräften, Feldschere genannt, 
untersucht werden. Nur in 14 Schlacht- 
häusern befinden sich besondere Vor- 
richtungen zum Schlachten, in 7 moderne 
Einrichtungen. In 15 Schlachthöfen wurde 



eine einigermaßen reguläre Beschau vorge- 
nommen, in 14 ist auch die Trichinenschau 
obligatorisch, 1 hatKühlvorrichtungen. Bei 
Rindern wurde bei 6 Proz., bei Schweinen 
bei 10 Proz. Tuberkulose gefunden. In 7 
Schlachthäusern findet bei Beanstandungen 
Entschädigung durch die Gemeinde statt. 
Zu einer ordnungsmäßigen und erfolg- 
reichen Fleischbeschau fehlt ein ange- 
messenes Gesetz. 2208011^. 

Panissety Alt^rations obseryees dans les 

cayit^s splanehniqnes de moutons 

r6fHg6r6s. 

^Rec. de mM. T^t. 1007, S. 688.) 

Verfasser sah auf gekühltem Hammel- 
fleisch neben Schimmelpilzansiedelungen 
(Mucor mucedo, M. racemosus, Rhizopus 
nigricans) einen gelbrOtlichen, schmie- 
rigen, unangenehm riechenden Belag aus 
folgenden Bakterien: Bacterium coli, 
Bacillus subtilis, Sarcinaarten, ein grüner, 
dem Pyocyaneus ähnlicher Bazillus, 
Staphylococcus citreus und ein f&ulnis- 
erregender Diplococcus griseus. Das 
Fleisch selbst war feucht, roch schlecht und 
mußte deshalb vernichtet werden. Besow. 

Hintzen, Zur Frage der Erhebung Yon 
Kfihlhansgebflhren. 

(Deutacb. Sehlacht, nnd Vl«hh.-Ztg. 1907, 8. S48.) 

Wie in anderen Städten wurde in Esch- 
weiler fär die Benutzung der Kühlzellen 
eine Grundgebühr und dazu fttr jedes ge- 
schlachtete oder eingeführte Tier eine 
Stückgebühr erhoben, gleichviel ob dieses 
Stück gekühlt wurde oder nicht. Vom 
Aachener Bezirksausschuß und vom Ober- 
verwaltungsgericht wurde die Rechts- 
gültigkeit der Bestimmung, auch von nicht 
gekühlten Tieren Gebühren zu erheben, 
verneint, da solche Zuschläge nicht mehr 
als Gebühren, sondern als Verbrauchs- 
steuern zu betrachten seien, deren Er- 
hebung das Kommunalabgabengesetz ver- 
biete. Resaw. 



^ 358 — 



Strah, Zar Frage der Wildbretbeeehaii. 

(SoDderabdrnek ant „Der D«iitiehe Jft^er^.) 

Wenn das Wild auch nicht so häufig 
und mit so bedenklichen Erkrankungen 
behaftet ist, wie die Schlachttiere, so ist 
im hygienischen Interesse und zur Unter- 
stützung des Wildschützes doch eine 
bessere Kontrolle des gewerbsmäßigen 
Wildbrethandels notwendig, die allerdings 
mindestens von den Landesregierungen 
allgemein geregelt werden müßte. Bis zu 
einer solchen Regelung hält Verf. häufige 
Yisitationen der in Frage kommenden 
Betriebe für angebracht. Resow. 

Loeschke^ Das Pendelhakensy stein in der 

Schweineschlachtlialle des 8tädti8<Aen 

Schlachthofes zu Kolberg. 

(DeoUcbe SehUcbt- und Viehhofstg. 1908, S. M3.) 

Auf Grund seiner viermonatlichen Er- 
fahrungen im Kolberger Schlachthofe emp- 
fiehlt Verfasser für die Neueinrichtung von 
Schweineschlachthallen zum Transport und 
Ausschlachten an Stelle der bisherigen Lauf- 
katzen und Hakenrahmen das neue Pendel- 
hakensystem von Beck und Henkel, da 
dieses die Arbeit so erleichtert, daß ein 
Mann ohneKraftanstrengung das schwerste 
Schwein und dazu schneller wie bisher in 
den Schlachthallen transportieren und aus- 
schlachten kann, femer Verwechslungen 
von Schweinen und Eingeweiden besser 
verhütet werden als bisher. Resow. 

Heine, Die Behandlnng nnd Yerwertong 
der Schlaehtabf&lle nnd Konflskate. 

(DeüUche TlerlritUche WocheDSchrlft 1908, S. 166.) 

Verfasser hält es für möglich, auf 
Grund des Polizeiverwaltungsgesetzes vom 
11. März 1850 Bestimmungen über die 
Beseitigung gewisser Schlachtabfälle zu 
treffen, die nicht Fleisch im Sinne des 
Fleischbeschaugesetzes sind wie z. B. die 
Geschlechtsteile. Das Hautabfallfleisch und 
die Gehörausschnitte will Verfasser wegen 
ihrer Unappetitlichkeit und regelmäßigen 
Beschmutzung auf die Freibank verwiesen 
haben. Femer empfiehlt er eine rationellere 
Verwertung der Fleischabfälle und Konfis- 



kate, z. B. zu Hunde-, "Fisch-, Geflfigel- 
futter, nach voriieriger Sterilisierung und 
Denaturierung mit Sägemehl, Reww. 

Banm^ Bote Lymphknoten. 

(Deutsche TierIntUehe WoohenBchrlft 1107, Nr. 84.) 

Häufig beim Rind und Scha^, selten 
beim Hund, wahrscheinlich gar nicht beim 
Pferd finden sich an allen Körperteilen, 
vornehmlich in der Bauch- und Brusthöhle, 
rote Lymphknoten, teils mit, teils ohne 
ab- und zuführende Lymphgefäße, deren 
Natur nicht aufgeklärt ist. Wahrschein- 
lich sind dies") Gebilde keine besonderen 
Organe, sondern Abarten der echten 
Lymphdrüsen. Mikroskopisch fehlt die 
Trennung der Rinden- von der Mark- 
subst^nz; Keimzentren und stark ent- 
wickelte, mit Erythrozyten gefüllte Lymph- 
sinus dagegen sind vorhanden. Rcsow. 

Horiy M., Nachtrag zn dem Fall von 

yyPnenmatosis eystoides intestinornm 

hominls^^ 

(DeuUche Zeittehr. f. Cbinirg. 91. Bd., Januar 1908, Bef. 
MQneh. Med. Wocbenacbr. 1906, Nr. 8.) 

M. erzielte mit der operativen Ent- 
fernung des erkrankten Darmabschnittes 
einen guten Erfolg. Er sieht die Zysten- 
bildung nicht als Folge mykotischer Noxen, 
sondern von Zirkulationsstörungen an, 
wodurch der Erfolg der Operation allein 
zu erklären sei. Orahert. 

Dobbertin, Über das Yerhalten der 
weUen Blutkörperehen beim HnndT unter 
besonderer Berfleksichtignng der Band- 
wurm- nnd Triehlnenkrankheit. 

(Inaug.-DlM. Leipftig 1907.) 

Bei Anwesenheit von Bandwürmern im 
Darm des Hundes, sowie bei der Ein- 
wanderung junger Trichinen in die Mus- 
kulatur (vom siebenten Tag nach der In- 
fektion ab) tritt im Blute des Hundes 
eine Vermehrung der Leukozyten ein. 
Dabei entspricht das prozentuale Verhalten 
der einzelnen Leukozytenarten nicht den 
normalen Verhältnissen; es erfolgt näm- 
lich eine Zunahme der eosinophilen Leu- 
kozyten auf Kosten der neutrophilen. 

Oraberl. 



- S69 - 



Bohme^ Seltene BinderflBnenftiiide. 

(Deatsehe Tierftntliehe Woeheoflchrift 1907^ S. Sa) 

Verf. hat die in den letzten Jahren 
gemachten Fnnde von Rinderfinnen an 
ungewöhnlichen Stellen gesammelt. Es 
worden Finnen beobachtet in Niere, Leber, 
Thymus, Subkutis, Lunge, Pansen und 
Schlundmuskeln, Pleura, Bronchial, Mittel- 
fell- und Unterkieferdrttse, Stützknorpel 
der Nickhaut, Hals-, Bauch-, Psoas-, 
Nacken-, Zungenbeinmuskeln, Cremaster, 
sowie im Fettgewebe unter dem Brustbein 
und in dem des Herzens. Resow. 

Dammann und Freese, Über das Tor- 
kommen des ^Baeillus pyogenes^ bei 
der Ziege und den Nachweis seiner 
Identit&t mit dem Bacillus pyogenessuis. 

(Deutsche Tierärztliche WochenBchrift 1908, Nr 28.) 

Verfasser stellten fest, daß der Ba- 
cillus pyogenes auch bei der Ziege die 
£o11e eines spezifischen Eitererregers 
spielt und daß sich der bei der Ziege ge- 
fundene Bazillus im großen und ganzen 
so verhält, wie der des Kindes und 
Schweines. 

Bair, 6., Über eine durch den Baeillns 
pyogenes suis bedingte Schweine- 
krankheit. 

(Allatorvosi Lapok 1906, Nr. 6, Ref. D. T. W. 1907, S. 645.) 

In einem Bestände von 290 Ferkeln 
erkrankten 180 unter den Erscheinungen 
der Mattigkeit, Appetitlosigkeit, des Durch- 
falls und Hustens und zeigten fleckige 
Rötung der Haut, an deren Stelle später 
schwärzliche Krusten traten. Der größte 
Teil starb, 64 teils schnell, 44 nach 
starker Abmagerung. Die Sektion er- 
gab akute Qastro-Enteritis, Bronchial- 
katarrh, Schwellung der Mesenterial- und 
Bronchialdriisen und bei chronischem Ver- 
lauf Abzesse unter der Darmschleimhaut, 
in Lunge und Milz. In den kranken 
Organen fanden sich Oripssche Bazillen. 
Einige Monate später trat in dem Bestände 
Schweineseuche und Schweinepest auf. 
Verfasser schreibt den Gripssschen Bazillen 
eine vorbereitende Rolle zu. Resow. 



Steherbaek, Hnmmemverglftnng. 

(ArebiT. de Nenrolof. 1907, Des.) 

Ein 35jähriger Mann erkränkte nach 
Genuß konservierten Hummers an 
einer rasch vorübergehenden, schweren 
hämorrhagischen Gastro -Enteritis mit 
Polyneuritis, vorwiegend ataktischer Art, 
welch letztere nach längerer Dauer in 
Heilung überging. 



Ausführung des Fleischbeschau- 
gesetzes und andereTagesfragen. 

— Verfahren mit dem Schild der Elier. 

Auf Grund welches Paragraphen der B. B. A 
Isann der Eberschild beanstandet werden? 
Auflage des Schlachthoftierarztes T. in A. 

Antwort: Die B. B. A geben keine Hand- 
habe zur Beanstandung des Schildes der Eber. 
Da die Schlächter den Schild gewerblich ver- 
werten können, ließe sich auch die Beanstandung 
veterinärtechnisch nicht rechtfertigen. Höchstens 
kann Denaturierung vorgenommen werden. Im 
übrigen sind die Schlächter darauf hinzuweisen, 
daß sie sich durch den Verkauf des Schildes als 
menschliches Nahrungsmittel ohne dieBezeichnung 
„Eberschwarte'' strafbar machen und zwar auf 
Grund des § 10 des Nahrungsmittelgesetzes. 
Wenn diese Teile aber deklariert werden, hört 
ihr Verkauf von selbst auf. Diese Teile sind 
auch vor Abstempelung des übrigen, als Nahrungs- 
mittel geeigneten Fleisches der Tiere zu ent- 
fernen und ohne Stempelung zu belassen. Bei 
der Verwertung der Eberschwarte liegen die 
Verhältnisse ähnlich wie bei der Verwendung 
der Rinderhaut und der Genitalien als Nahrungs- 
mittel. 

— Beurteilung von Därmen mit Nematoden- 
iinötehen. 

Welcher Art sind die in den tibersandten 
Proben gesalzener Därme vorhandenen Knötchen 
und wie ist damit — es handelt sich um Einfuhr- 
ware — zu verfahren? Anfrage des Tierarztes 
Seh. in P. 

Antwort: Die eingesandten Darmabschnitte 
sind mit Nematodenknötchen in großer Zahl 
behaftet Derartige Därme sind nach § 19, H 
und § 14, Abs. 2 B. B. D von der Einfuhr 
zurückzuweisen. 

— Ist Fleisch nach Behandlung mit gasförmigem 
Formoi nach Verdunstung dieses Hitteis genußtaugiich? 

Anfrage von Dr. F. in B.-A. (Argentinien). 

Antwort: In Deutschland ist durch Be- 
kanntmachung des Reichskanzlers, betr. ge 



— 360 — 



snndheitBBchftdliche and täuschende Zusätze 
zu Fleisch und dessen Zubereitungen, vom 
18. Februar 1902 auf Grund der Bestimmungen 
im § 21 des Reichsfleischbeschaugesetzes jegliche 
Anwendung des Formols, auch diejenige im 
gasförmigen Zustand, untersagt 

~ Sterillsatloii bedlnot taugllohen Fleisches. 

Ist die Sterilisation bei 80 ^ C genflgend, um die 
im Fleisch unter Umständen vorkommenden 
Parasiten und Bakterien zu toten? Welcher 
Apparat empfiehlt sich, der neue Hartmannsche, 
Patent Becker-Ullmann, oder der Rohrbecksche? 

Anfrage des Staatsveterinärs B. in H. 
(Schweden). 

Antwort: Nach den Ausführungsbestim- 
mungen zum deutschen Fleischbeschaugesetz darf 
Fleisch, das bestimmte tierische oder pflanzliche 
Parasiten enthält, zum Genüsse für Menschen in 
Verkehr gegeben werden, wenn es nachwei|lich 
auch in den innersten Schichten zehn Minuten 
lang auf 80 ^ C erhitzt gewesen ist. Diese 
Temperatur genügt also, um die in Betracht 
kommenden Krankheitserreger zu vernichten. — 
Von den Fleischsterilisatoren der verschiedenen 
Firmen wird derjenige den Vorzug verdienen« 
der mit dem geringsten Überdruck und mit dem 
kleinsten Materialverbrauch obiges Ziel erreicht. 

- H»he der Gebabrea für iMücterMoglsche 
UntertuobuRgea von Fleisch md Mlleli. 

Anfrage des Schlachthoftierarztes Dr. K. in L. 

Antwort: Die Gebührensätze ftlr bakterio- 
logische Untersuchungen von Fleisch und Milch 
dürften sich zum Teil nach den Ortlichen Ver- 
hältnissen richten. Allgemeine Anhaltspunkte 
kann aber der Gebührentarif bieten, den der 
Regierungspräsident von Potsdam für die Tätig- 
keit des dortigen Medizinainntersuchungsamts 
festgesetzt hat. Hiemach kostet die Bestimmung 
des Keimgehalts der Milch und Fleisch sechs 
Mark und die Untersuchung von Nahrungsmitteln 
(Milch, Fleisch, Konserven, Gemüsen, Frachten) 
auf krankheitserregende Bakterien und Gifte 
zehn Mark. 



Amtliches. 

— Deutsches Reich. Bekarnitaaehung, betrefTend 
aesundheitssohfldilohe und täuschende Zusätze zu 
Fleisch und dessen Zubereitungen, vom 4. Juli 1908. 

Auf Grund der Bestimmungen im § 21 des 
Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 (Reichs- 
Gesetzbl S. 547) hat der Bundesrat beschlossen, 
den nachstehenden Abänderungen der Bekannt- 
machung vom 18. Februar 1902 (Reichs-Gesetzbl. 
S. 48) mit der Maßgabe zuzustimmen, daß die 
Änderungen am 1. August 1908 in Kraft treten. 



a) Im ersten Absatz ist .hinter dem Worte 
„Formaldehyd' einzuschalten: 

und solche Stoffe, die bei ihrer Ver- 
wendung Formaldehyd abgeben, 

b) Der zweite Absatz erhält folgende Fassung: 

Dasselbe gilt ffir Farbstoffe jeder Art, 
jedoch unbeschadet ihrer Verwendung zur 
Gelbfärbung der Margarine und der Hüllen 
derjenigen Wurstarten, bei denen die 
Gelbfärbung herkömmlich und als künst- 
liche ohne weiteres erkennbar ist, sofern 
diese Verwendung nicht anderen Vor- 
schriften zuwiderläuft 
Berlin, den 4. Juli 1908. 

Der Reichskanzler. 
I. V.: von Bethmann Hollweg. 

— Deutsobes Releb. Bekanntmackyng, betreireiid 
das Gesetz über die Sehlaebtvieb- und nelsohbasehu 
VMH 3. Jnni 1900, vom 4. Juli 1908. 

Auf Grund der Bestimmungen im § 12, Abs. 2, 
§ 15 des Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- 
und Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 (Reichs- 
Gesetzbl. S. 547) hat der Bundesrat beschlossen, 
der nachstehenden Abänderung der Bekannt- 
machung vom 10. Juli 1902 (Reichs-GesetzbL 

5. 242) mit der Maßgabe zuzustimmen, daß die 
Änderung am 1. August 1908 in Kraft tritt 

Hinter Nr. 2 ist als Nr. 2 a einzufflgen: 

Bei der Einfuhr von frischem Fleische 
dürfen die Organe und sonstigen Körper- 
teile, auf die sich die Untersuchung zu 
erstrecken hat, nicht angeschnitten sein, 
bei der Einfuhr von zubereitetem Fleische 
die der Untersuchung zu unterziehenden 
Lymphdrüsen nicht fehlen oder an- 
geschnitten sein, jedoch darf in die 
Mittelfelldrüsen und in das Herzfleisch je 
ein Schnitt gelegt sein. 
Beriin, den 4. Juli 1908. 

Der Reichskanzler. 
I. V.: von Bethmann Hollweg. 

— Dentscbes Reich. Bekanntmachung, betrelTend 
Abändenmgen der Flelschbescban-ZollerdnHng, vom 

6. Juli 1908. 

Der Bundesrat hat beschlossen, den nach- 
stehenden Abänderungen der Fleischbeschau- 
Zollordnung vom' 5. Februar 1903 (Zentralblatt 
für das Deutsche Reich S. 32) mit der Maßgabe 
zuzustimmen, daß die Änderungen am 1. August 
1908 in Kraft treten. 

a) Im § 1 Nr. 3 ist unter b hinzuzufügen: 
„und solche Stoffe, die bei ihrer Ver- 
wendung Formaldehyd abgeben'; 

b) im § 1 Nr. 3 unter h sind die Worte: 
„und zum Färben der Wursthüllen* 

zu streichen; 



— 361 — 



c) im § 1 Nr. 4 sind hinter dem Worte 
„Körperteilen^ einzuschalten die Worte: 

^ferner in bezug auf die Unversehrtheit'; 

d) dem § 1 ist als nene Nr. 7 zuzufügen: 
„Zubereitetes Fleisch, das in bezug auf 
das Vorhandensein und die Unversehrtheit 
der Lymphdrüsen der Vorschrift im § 7 
Abs. 8 der AusfUhrungsbestimmungen D 
nicht entspricht' 

Berlin, den 6. Juli 1908. 

Der Beichskanzler. L A.: Kühn. 

— DeirtsohM ReiGb. BakaantiiMCliais, betrelTeMl 
die Gebühren fOr die UntertuGfauiig des la das Zoll- 
biland etageheadea Fleiaebet, vom 4. Juli 1908. 

Auf Grund des § 23 Nr. 3 des Gesetzes, 
betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau, 
vom 3. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 547) hat 
der Bundesrat beschlossen, den nachstehenden 
Abänderungen der Bekanntmachung vom 12. Juli 
1902 (Zentralblatt für das Deutsche Reich S. 238) 
mit der Maßgabe zuzustimmen, dafi die Än- 
derungen am 1. August 1908 in Kraft treten. 

a) Dem Abs. 1 des § 6 ist folgende Fassung 
zu geben: 

Für die biologische oder chemische 
Untersuchung von zubereitetem Fleische 
auf das Vorhandensein von Pferdefleisch 
(§ 16 der Anl. a, § 14 Abs. 2 unter a der 
Ausführungsbestimmungen D) wird, wenn 
der Verdacht durch die Untersuchung be- 
stätigt wird, eine Gebühr von 0,15 M. für 
jedes Kilogramm der Sendung erhoben. 
Unter der gleichen Bedingung ist 

1. für die Untersuchung von Schinken in 
Postsendungen bis zu 3 Stück, von 
anderen Postsendungen zubereiteten 
Fleisches im Gewichte bis zu 2 kg, 
von Speck und von Därmen sowie von 
Sendungen, die nachweislich als Um- 
zugsgut von Ansiedlem und Arbeitern 
eingeführt werden, desgleichen von 
frischem Fleische auf die Anwesenheit 
der im § 5 Nr. 3 der Ausführungs- 
bestimmungen D genannten Stoffe (§ 14 
Abs. 2 unter b, § 13 Abs. 2 der Aus- 
führungsbestimmungen D), 

2. für die chemische Untersuchung von 
zubereitetem Fette bei Postsendungen 
und bei Warenproben im Gewichte bis 
zu 2 kg, femer bei Sendungen, die 
nachweislich als Umzugsgut von An- 
siedlem und Arbeitem eingeführt 
werden (§15 Abs. 4 der Ausfühmngs- 
bestimmungen D), 

eine Gebühr von 0,05 M. für jedes 
Kilogramm der Sendung zu ent- 
richten. 



b) Der Abs. 2 des § 6 erhält folgende Fassung: 

Die Mindestgebühr beträgt bei der 
Untersuchung auf das Vorhandensein von 
Pferdefleisch 15 M., bei den übrigen im 
Abs. 1 unter Nr. 1 und 2 bezeichneten 
Untersuchungen 2,50 M. für jede Sendung. 

c) Dem § 6 der Gebührenordnung wird 
folgender dritter Absatz beigefügt: 

Für die im Abs. 1 unter Nr.* 2 be- 
zeichneten Fettsendungen werden im Falle 
der Gebührenerhebung nach vorstehenden 
Vorschriften die regelmäßigen Gebühren 
nach § 5 nicht erhoben. 

d) Im § 8 Abs. 1 ist in der hinter dem 
Worte „wird^ beginnenden Klammer das 
Zitat: § 12 Abs. 6 zu ersetzen durch § 12 
Abs. 4. 

Berlin, den 4. Juli 1908. 

Der Reichskanzler. 
In Vertretung: von Bethmann Hollweg. 

— Hau|it- nnd Rasldanzttadt MlnohM. Orts- 
pollzeillohe Yorsobrifl Ober den Verkehr nlt Nabimot- 
imd GeauBnitteln, vom 5. Oktober 1906.*) 
m. Abschnitt 

Voreehrifton Ober den Verkebr nit Milob. 
A. Im allgemeinen. 

§ 37. Sämtliche Milchviehbesitzer und Milch- 
händler, welche direkt an Konsumenten in 
München Milch zu verkaufen beabsichtigen, 
müssen vor Beginn des Milchverkaufes die Art 
und Weise, wie sie die Milch dahier verleitgeben 
wollen, beim einschlägigen Bezirksinspektor zur 
Anzeige bringen und hierbei die Verkanfsstätte 
genau bezeichnen; hierbei ist es gleichgültig, ob 
der Milchviehbesitzer oder Milchhändler hier 
oder auswärts wohnt 

Milchhändler haben auf Verlangen den 
Aufsichtsorganen jederzeit die Bezugsquelle der 
Milch zu nennen. 

Jede Änderang, welche sich in der Verkaufs- 
weise oder der Verkaufsstätte der Milch ergibt^ 
sowie auch die gänzliche Geschäftsaufgabe ist 
durch den Inhaber sofort beim einschlägigen 
Bezirksinspektor anzuzeigen. 

§ 38. Die für den Verkehr mit Milch be- 
stimmten Räumlichkeiten dürfen hierfür erst 
benützt werden, nachdem sie auf ihre Tauglich- 
keit für diesen Zweck durch die städtischen 
Aufsichtsorgane geprüft worden sind und der 
Magistrat die Benützung genehmigt hat Diese 
Räume müssen den oben in den allgemeinen 
Bestimmungen über die Verkaufs- und Auf- 
bewahrangslokale überhaupt gestellten Anfor- 



*) Auf Wunsch nachträglich zum Abdruck 
gebracht D. H. 



— 362 — 



derungen durchaas entsprechen, jedoch mit dem 
Abmaße, daß der Zugang zum Yerkaufslokale 
auch vom Hofe aus stattfinden darf und daß 
dasselbe nicht direkt an der Straße gelegen 
sein muß. 

Femer müssen die Verbindungstüren zu 
Räumen, welche nicht für den Verkauf oder fUr 
die Aufbewahrung der Milch dienen, mit selbst- 
tätigen Türschließern versehen sein.. Pendel- 
türen können nicht zugelassen werden. 

Die Wände des Milchverkaufslokales müssen 
bis zur Höhe von 2 m mit waschbarem Anstrich 
versehen oder mit einem Belage von Mettlacher 
Platten oder ähnlichem Material verkleidet sein. 
Der Fußboden muß fugendicht und leicht zu 
reinigen sein. 

Das Milchverkaufslokal muß mit einer ent- 
sprechenden Vorrichtung für die Abkühlung der 
Milch und mit einem richtig zeigenden Thermo- 
meter ausgestattet sein. 

Außerdem muß dasselbe eine ausreichende 
Lüftungsvorrichtnng besitzen. 

§ 39. Von Bereitstellung eines eigenen 
Milchverkaufs- und Aufbewahrungsraumes im 
Sinne des vorhergehenden Paragraphen wird für 
den Fall abgesehen, daß der Verkauf der Milch 
unmittelbar nach ihrer Gewinnung direkt vom 
Stall weg erfolgt. 

§ 40. Neben der Milch dürfen im gleichen 
Lokale nur noch Brot, Butter, Butterschmalz, 
frischer Topfen, Honig in verschlossenen Gläsern 
und ausgepackte Eier aufbewahrt, feilgehalten 
und verkauft werden, und zwar in einem derart 
beschränkten Maße, daß hierdurch der Charakter 
des Milchgeschäftes als solches nicht verdrängt 
wird. 

§ 41. Das Ausschenken der Milch auf den 
Straßen und Plätzen der Stadt sowie auf 
Treppen, in Hauseingängen und Höfen ist 
verboten. Ausnahmen von dieser Bestimmung 
kann der Magistrat dann zulassen, wenn durch 
geeignete Vorkehrungen Gewähr dafür geboten 
ist, daß die Milch beim Ausschenken keine 
nachteilige Veränderung erleidet. 

Die Zustellung der Milch an die Abnehmer 
darf nur in geschlossenen Gefäßen erfolgen. 

§ 42. Milch darf nur in reinen Gefäßen aus 
stark verzinntem oder emailliertem Eisenblech, 
glasiertem Ton, weißem oder halbweißem Glase 
ausgemessen, versandt oder aufbewahrt werden. 

Die Verwendung von Gefäßen, deren Innen- 
seit« schadhaftes Email, abgesprungene Glasur, 
abgenützte Verzinnung aufweist, sowie von Ge- 
fäßen, welche sonstwie Beschädigungen haben, 
durch welche die genügende Reinigung erschwert 
wird, ist verboten. 



§ 43. Außerhalb der Stadt gewonnene Milch 
darf nur in Gefäßen eingeführt werden, die am 
Orte der Gewinnung derart verschlossen worden 
sind, daß ein unbefugtes öffnen und Wieder- 
verschließen leicht zu erkennen ist. 

Das gleiche gilt für den Transport von 
Milch, die innerhalb der Stadt gewonnen ist, 
sofern sie nicht unmittelbar an Verbraucher ab- 
gegeben wird. 

§ 44. Jeder Milchproduzent, der Milch in 
den Verkehr der Stadt bringt, hat auf den Ver- 
sandgefäßen eine Aufschrift anzubringen, die 
seinen Vor- und Zunamen, sowie Wohnort oder 
den Namen und Sitz der Gutsverwaltang, Ge- 
nossenschaft u. dgl. angibt. 

§ 45. Zum Abdichten von Gefäßverschlüssen 
darf kein Stoff verwendet werden, der Milch auf- 
saugt oder sonstwie geeignet ist, auf die Milch 
nachteilig einzuwirken. 

§ 46. Milch aus verschiedenen Stallungen 
darf nicht zusammengemischt eingeführt werden. 

Ausnahmen hiervon werden vom Stadt- 
magistrat München für Vereinigungen von Pro- 
duzenten zugelassen, wenn und insolange die- 
selben infolge ihrer Organisation und ent- 
sprechender Überwachung Gewähr für Lieferung 
gesunder und unverfälschter Milch bieten. 

§ 47. Von auswärts gelieferte Milch darf 
bei ihrem Eintreffen in der Stadt nicht wärmer 
als + 20 Grad Celsius sein. Die zum Ver- 
kaufe in der Stadt bestimmte Milch muß sofort 
durch Abkühlung auf eine Temperatur von 
höchstens -f- 17 Grad Celsius gebracht werden und 
darf während der ganzen Zeit ihrer Aufbe- 
wahrung keine höhere Temperatur mehr erlangen. 

S 48. Unter der . Bezeichnung Milch oder 
Vollmilch darf nur das durchmischte, volle Ge- 
melke von einer oder mehreren Kühen in Ver- 
kehr gebracht werden. 

Die zum Verkaufe bereit gehaltene Milch 
muß vor jedesmaliger Abgabe eines Quantums 
aus derselben durch Umrühren genügend durch- 
mischt werden. Milch darf nicht zuerst in 
Rahm und entrahmte Milch getrennt und dann 
wieder zusammengemischt werden. 

In irgend einer Art erhitzte (pasteurisierte, 
sterilisierte usw.) Milch muß entsprechend be- 
zeichnet, auch muß auf den Gefäßen angegeben 
sein, an welchem Tage die Erhitzung statt- 
gefunden hat. 

§ 49. Milch darf nur in einem solchen Zu- 
stande der Reinheit in Verkehr gebracht und 
feilgehalten werden, daß nach einstündigem 
ruhigen Stehen eines Viertelliters Milch in einer 
Glasflasche mit ebenem Boden sich kein sicht- 
barer Bodensatz abscheidet. 



— 368 



§ 50. Das Abrahmen der Milch durch Blasen 
mit dem Munde und das Abstreifen des Rahmes 
mit dem Finger ist verboten. 

B. Im besonderen fttr Kinder- und Vorzugsmilch. 

I 51. Als Kindermilch, Säuglingsmilch, Vor- 
zugsmilch oder mit ähnlichen Namen, durch 
welche der Glaube erweckt wird, die Milch sei 
in gesundheitlicher Beziehung der gewöhnlichen 
Milch vorxuziehen, darf nur rohe Vollmilch be- 
zeichnet werden, welche den nachfolgenden An- 
forderungen entspricht. 

Wer solche Milch einfuhren, feilhalten oder 
verkaufen will, hat dies dem Stadtmagistrate 
anzuzeigen. 

Ober von auswärts eingeführte Milch der 
in Absatz I bezeichneten Art ist amtlicher Nach- 
weis darüber beizubringen, daß den Anforderungen 
gegenwärtiger Vorschrift Genüge getan ist. 

Nur denjenigen Milchproduzenten kann die 
Lieferung von Kinder- und Vorzugsmilch ge- 
stattet werden, welche Mischmilch von mindestens 
vier Kühen liefern kennen. 

§ 52. Kindermilch darf nur von Kühen ge- 
wonnen werden, welche noch mindestens drei 
Liter Milch täglich geben oder welche seit 
mindestens 14 Tagen abgekalbt haben. 

Die für die Gewinnung der Vorzugsmilch 
bestimmten Kühe sind getrennt zu stellen und 
als Kindermilchkühe entsprechend zu bezeichnen. 

§ 53. Die Stallungen, Verarbeitungs- wie 
Aufbewahrungsräume müssen allen hygienischen 
Anforderungen entsprechen und mit genügenden 
Mengen reinen Wassers versorgt sein. 

§ 54. In den Stallungen, in welchen sich 
Kindermilchkühe befinden, dürfen nur so viele 
Tiere eingestellt werden, als von dem beauf- 
sichtigenden Tierarzte für zulässig erklärt wurde. 
In solchen Stallungen dürfen Schweine, Ziegen- 
bocke und Geflügel nicht gehalten werden. 

Es dürfen nur solche Kühe — gleichviel ob 
sie zur Kindermilchgewinnung bestimmt sind 
oder nicht — eingestellt werden, deren Gesund- 
heit durch die Untersuchung des beaufsichtigenden 
Tierarztes sichergestellt ist. 

Jede auf Grund der Untersuchung eingestellte 
Kuh ist vom Tierarzt zu kennzeichnen. 

Wenn der beaufsichtigende Tierarzt es für 
notwendig erachtet, zur Feststellung des 
Gesundheitszustandes einer Kuh die Tuberkulin- 
probe vorzunehmen, so hat der Eigentümer diese 
auf seine Kosten vornehmen zu lassen. 

§ 55. Der Gesundheitszustand der Kühe 
ist allmonatlich mindestens einmal durch den 
beaufsichtigenden Tierarzt festzustellen und der 
Befund in ein Register einzutragen. 



Jede Erkrankung einer Kindermilchkuh ist 
unverzüglich dem beaufsichtigenden Tierarzte 
anzuzeigen. 

Die Milch solcher Tiere darf nur mit Ge- 
nehmigung des beaufsichtigenden Tierarztes als 
Kindermilch verkauft werden. 

§ 56. Die Kühe und ihr Stall müssen sorg- 
fältig sauber gehalten werden, gebrauchtes Bett- 
stroh u. dgl. darf als Streu nicht Verwendung 
finden. 

Die Beseitigung des Düngers aus dem Stalle 
darf erst nach dem Melken und nach Entfernung 
der Milch erfolgen. 

§ 57. Wenn begründeter Verdacht besteht, 
daß das verabreichte Futter nachteilig auf die 
Gesundheit der Kühe oder auf die Milch wirkt, 
ist die Fütterung nach der Anweisung des zu- 
ständigen Tierarztes zu ändern. Unbedingt aus- 
geschlossen ist die Verfütterung von nassen 
Biertrebem, Branntweinschlempe, Baumwollsaat- 
kuchen, Melassemischfutter, solchem Heu, das 
Samenkapseln von Herbstzeitlosen enthält, sogen. 
Viehpulvem und von verdorbenem Futter. 

Der Magistrat behält sich vor, die Ver- 
wendung weiterer Futtermittel für Vorzugsmilch- 
kühe zu verbieten. 

§ 58. Vor dem Melken muß das Euter 
gründlich gereinigt und der Schwanz der Kuh 
festgebunden werden. 

Der Melker hat unmittelbar vor dem Melken 
die Hände und Vorderarme gründlich mit Seife 
und Wasser zu waschen und mit einem reinen 
Handtuche zu trocknen, femer eine * saubere 
Schürze anzulegen. 

Während des Melkgeschäftes sind die Ärmel 
aufgestülpt zu lassen. 

Beim Reinigen des Euters und beim Melken 
muß für ausreichende Beleuchtung gesorgt sein. 

Der Melkschemel und der Melkkübel müssen 
auf das sauberste gereinigt sein. 

Die ersten Striche aus jeder Zitze sind auf 
den Boden zu melken. 

§ 59. Sofort nach dem Melken muß die 
Milch außerhalb des Stalles geseiht und unter 
+ 13 Grad Celsius abgekühlt werden. 

Seihtücher müssen nach jedesmaligem Ge- 
brauche gründlich abgebürstet und ausgekocht, 
Wattefilter dürfen nicht wieder verwendet 
werden. 

§ 60. Die Vorzugsmilch muß abgesondert 
von anderer Milch gereinigt, gekühlt und auf- 
bewahrt werden. 

(Schluß folgt.) 



— 364 — 



StatiBtisehe Berichte. 

— Die EntwIoMuaa der Hauptvlehgattangea la PreaBe« vm 1816 Mt 1906. 



ZählangB- 
jahre 


Pferde 


Kindvieh 


Schafe 


Schweine 


Ziegen 


1906 


8018 443 


11646 908 


5435053 


15355 959 




1904 


2964 408 


11 156 133 


5660529 


12 563899 


2116360 


1902 


2 927 484 


10405 769 


5917 698 


12 749 998 





1900 


2 923627 


10876 972 


7001518 


10966921 


2051560 


1897 


2 808 419 


10552672 


7 859096 


9390231 


2164425 


1892 


2653661 


9 871521 


10109 594 


7 725601 


1964130 


1888 


2417 367 


8 737 641 


14752 328 


5819136 


1680686 


1873 


2 282 435 


8639 514 


19 666 794 


4294926 


1481461 


1867 


2 341150 


8024 245 


22304984 


4889 223 


1347678 


Staat alten 












Bestandes *) 












1906 


2493 508 


8804678 


4397 766 


11163390 


_ 


1904 


2431365 


8 419116 


4613436 


9256077 


1650022 


1902 


2 400177 


7835009 


4 796 781 


9468252 


— 


1900 


2408872 


8 265373 


5636 029 


8 238267 


1 597 108 


1897 


2312273 


8042033 


6245340 


7124732 


1699696 


1892 


2182488 


7504887 


8231668 


5932464 


1544971 


1883 


1 991 439 


6 656 752 


12376108 


4 519402 


1312433 


1873 


1877 639 


6 520881 


16 762 617 


3365583 


1148495 


1867 


1848 271 


5 988 689 


18819194 


3 799 228 


1044432 


1864 


1863 009 


6111994 


19329030 


3 257 531 


871259 


1861 


1680624 


5634 610 


17 457228 


2636701 


806109 


1858 ♦♦) 


1622400 


5527402 


15374717 


2 589371 


667145 


1855 


1550879 


5505285 


15071425 


2106013 


598189 


1852 


1570560 


5374407 


16539210 


2042854 


591288 


1849 


1575 417 


5871644 


16 296928 


2466316 


584771 


1846 


1614597 


5262093 


16505 548 


2199 716 


518306 


1843 


1564554 . 


5042010 


16235880 


2115 212 


394459 


1840 


1512429 


497572*/ 


16 844018 


2238749 


859820 


1837 


1472901 


4838622 


15011452 


1936804 


327525 


1884 


1415 389 


4780831 


12647910 


1941209 


268308 


1881 


1374594 


4446368 


11 751 603 


1736004 


214072 


1828 


1385 081 


4877959 


12611937 


1667 219 


198740 


1825 


1402352 


4355 578 


11606429 


1806173 


185 572 


1822 


1363249 


4247 021 


10037 522 


1599211 


175847 


1821 


1368015 


4275 679 


9605461 


1590009 


171806 


1820 


1846626 


4264162 


9348527 


1524985 


168694 


1819 


1332 276 


4275705 


9065 720 


1495604 


162815 


1818 


1 311 525 


4209460 


8618822 


1434342 


159149 


1817 


1272613 


4066 892 


8241896 


1890256 


154 728 


1816 


1248261 


4013912 


8260896 


1494369 


143488 



*) D. h. ohne Schleswie-Holstein, Hannover, Hessen-Nassan, Kreis Meisenheim, Kreis Herzogtum 
Lauenbor^ sowie Helgoland. 

**) Seit 1858 mit Hohenzollem and Jadegebiet, vordem ohne diese. 



— Gesohäftsberiobt der bayerisohen Landat- 
YiebversicherungMiietalt fOr das II. Getobäfttjabr 
1906/1907. 

An die Versicherangsanstalt waren im Herbst 
1907 1614 Vereine angeschlossen mit 81 552 Mit- 
gliedern und 320 776 Tieren mit einem Ver- 
sicherungswert von 85489565 M. Auf einen 
Ortsverein entfielen durchschnittlich 51 Mitglieder 
mit 199 versicherten Tieren. Der Versicherungs- 
wert fttr ein Rindviehstfick belief sich im Durch- 
schnitt auf 312 M nach der Herbstschau, gegen- 
über 306 M im Vorjahr. 

Einschließlich eines von früher flbemommenen 
Falles wurden 10418 M Entschädigungsansprüche 



erhoben. Davon erwiesen sich 10330 Fälle als 
begründet, 84 Fälle als unbegründet. Die 
Schadenfälle sind gegen das Vorjahr bei den 
Ochsen nur um 0,04 Proz. und bei den Kühen um 
0,03 Proz. im Anteil der Tiere zurückgegangen. 
Beim Jungvieh betrug dagegen der Rückgang 
0,23 Proz. und bei den Ziegen sogar 0,84 Proz. 
Von den entschädigten Viehstücken waren 

notgeschlachtet 6771=65,55% 

nmgestanden 3347=32,40% 

geschlachtet (Schlachtvieh- 
Versicherung) .... 212= 2,05 V 
Wenn auch der Anteil der umgestandenen 
Tiere gegenüber dem Vorjahre mit 33,18 Proz. 



365 — 



etwas zurfickgegangen ist, bo muß doch ihre 
Ziffer immer noch als auffallend hoch bezeichnet 
werden. Mit Recht fordert deshalb der Bericht 
im Interesse der Fleischyerwertung die recht- 
zeitige Schlachtung bei unheilbaren oder schwer 
heilbaren Erkrankungen. 

Die 10118 notgeschlacbteten und um- 
gestandenen Tiere betrafen 7703 BindviehstUcke 
und 2415 Ziegen. Bei 5511 Rindviehstücken 
(= 71,54 Proz. der Schadenfälle) und 178 Ziegen 
{==1^S1 Proz.) hat eine tierärztliche Behandlung 
oder Untersuchung stattgefunden. 

Die Schätzung der zu entschädigenden 
7703 Rindviehstücke blieb in 6295 Fällen 
(= 81,72 Proz.) in Übereinstimmung mit dem 
Versicherungsbuch, in 429 Fällen (= 5,57 Proz ) 
unter und in 979 Fällen (--= 12,71 Proz.) über der 
Versicherungssumme. 

Aus der Verwertung von Tieren wurde ein 
Erlös von 671 697 M 07 Pf erzielt. Davon 
trafen 649 195 M 30 Pf auf 6771 notgeschlachtete 
und 21 901 M 77 Pf auf 3347 nmgestandene 
Tiere. Im Durchschnitt ergab sich ein Reinerlös 
von 95 M 88 Pf für ein notgeschlachtetes und 
6 M 54 Pf für ein umgestandenes Tier. Im 
ganzen betrug der Erlös 33,80 Proz. der Ent- 
schädigung gegenaber 34,68 Proz. im Vorjahre. 

Was die Schlachtviehversicherung anbelangt, 
so wurden für 212 Fälle 14 453 M 50 Pf ent- 
schädigt Hierbei wurde das Fleisch in 165 Fällen 
für teilweise und in 47 Fällen für gänzlich 
ungenießbar erklärt. Bei den ersteren Schäden 
belief sich die durchschnittliche Vergfltung auf 
40 M 91 Pf, bei den letzteren auf 163 M 91 Pf 
Dabei ist der Erlös aus der Verwertung, wie 
immer, den Versicherten verblieben. 

Die von den Ortsvereinen bestrittenen Kosten 
für die tierärztliche Behandlung und Arzneien 
beliefen sich auf 135 595 M 44 Pf (= 0,16 Proz. 
der beitragspflichtigen Versicherungssumme) und 
diejenigen für die örtliche Verwaltung 72 844 M 
90 Pf (== 0,09 Proz.). Die ersteren sind sich 
gleich geblieben, die letzteren betrugen im Vor- 
jahre 0,10 Proz. 

Die durchschnittliche Verbaudsumlage er- 
reichte die Höhe von 0,685 Proz.; dieselbe ist 
von allen zum Landesverband gehörigen Vereinen 
zu tragen. Die Ortsumlage, die von den 
einzelnen Ortsvereinen aufzubringen ist, stellte 
sich im Durchschnitte auf 0,745 Proz. Somit 
belief sich die Gesamtumlage durchschnittlich 
auf 1,43 Proz. der beitragspflichtigen Ver- 
sicherungssumme gegenüber 1,40 Proz. im Vor- 
jahre. Naturgemäß schwankte die Gesamtumlage 
wie jedes Jahr bei den einzelnen Ortsvereinen 
je nach der Höhe der Schadenfälle. Sie belief 
sich auf je 100 M der Versicherungssumme auf: 



792 Vereinen, 


20 




568 




108 




16 




10 





0,685 Proz. bei 100 Vereinen 

(also ohne Schaden), 

0,69—1,42 Proz. bei ... . 

1,43 Proz. (Durchschnitt) bei 

1,44—2,00 Proz. bei ... . 

2,01—2,50 Proz. bei ... . 

2,51—3,00 Proz. bei ... . 

3,01—3,50 Proz. bei ... . 
Ein Beitrag über 2 Proz. traf hauptsächlich 
solche Vereine, die vorherrschend Milchwirtschaft 
betreiben; hier ist das Risiko in der Regel ein 
großes. Es sei femer noch bemerkt, daß Orts- 
vereine, die bei einer Umlage von über 1,70 Proz. 
als überlastet erschienen, wieder einen beson- 
deren Staatszuschuß von 25000 M erhielten. 

Bezflglich des Reservefonds ist noch zu er- 
wähnen, daß er von 396 518,50 M im Vor- 
jahr auf 424053,31 M im Berichtsjahre ge- 
stiegen ist Von den Zinsen desselben konnten 
diesmal 16 544,28 M zur Deckung der Ent- 
schädigungen verwendet werden. (Der Reserve- 
fonds stellt das gemeinschaftliche Vermögen der 
angeschlossenen Ortsvereine dar und setzt sich 
zusammen aus den Zinsen des von der Staats- 
kasse zur Verfügung gestellten Stammkapitals 
von 500000 M und den Beitrittsgebühren nach 
§ 29 des Normalstatnts.) 

Bei den Schadenursachen ergab sich das 
alte Bild. Die Krankheiten der Verdauungs- 
organe, der Geburtswege und die Infektions- 
krankheiten riefen wiederum die meisten Verluste 
hervor. Bei den Verdauungserkrankungen waren 
es wieder die Fremdkörperentzündungen, 
die mit 744 = 7,2 Proz. am meisten Opfer 
forderten. Zur Verminderung wird angeregt, 
einfache Kästchen im Hof und auf den Straßen 
aufzustellen, um daselbst die bezüglichen Gegen- 
stände zu sammeln. Die Tuberkulose ver- 
ursachte 2925 Schadenfälle = 28,32 Proz. aller 
Verluste, also mehr als ein Viertel sämtlicher 
Schäden. Die Drehkrankheit ist mit 172Ver- 
lusten verzeichnet. Aus dem Bestand eines 
Versicherten mußten vier und aus den Beständen 
mehrerer Besitzer einer Gemeinde neun Tiere 
wegen Drehkrankheit notgeschlachtet werden. Zur 
Verhütung weiterer Erkrankungen wurden sämt- 
liche Hunde der in Frage stehenden zwei Ge- 
meinden einer Bandwurmkur unterzogen. 

Zur Kennzeichnung der Tiere sind ver- 
schiedene Ohrmarken im Gebrauch. Der Bericht 
empfiehlt als zweckmäßig die Benutzung jener 
Ohrmarken, welche die in den einzelnen Orten 
bestehenden Zuchtgenossenschaften jeweils ein- 
geführt haben. 

Die Versicherungskammer spricht am 
Schlüsse allen Beteiligten, so auch den Tier- 
ärzten und Zuchtinspektoren, ihren wärmsten 



366 - 



Dank ans und gibt sich der Hofibung hin, dafi 
die Anstalt im Interesse der Landwirtschaft sich 
noch ersprießlich weiter entwickeln werde. 

Bezirkstierarzt M a i e r - Konstanz. 

— Jahresbericht der Schlaohtvlehverslchening 
vereinigter Ylehicomiiiissionäre Berlins für 1907. 

Es wurden 

versichert entschädigt 

Rinder 181897 3762 

Kälber 177 947 1163 

Schweine .... 1194090 8422 

Die angeführten Entschädigungen betrafen 
ganze Tiere. Außerdem wurde Entschädigung 
geleistet f&r: 

829 Rinderviertel wegen Tuberkulose, Durch- 
schnittswert rd. 94 M, 
Ö248 Rindviertel wegen Anschneidung der Fleisch- 

lymphdrttsen, Durchschnittswert rd. 25 M, 
746 Schweineviertel wegen verschiedener Ur- 
sachen, Durchschnittswert rd. 25 M, 
28 847 Schweinelebem wegen verschiedener Ur- 
sachen, Durchschnittswert rd. 2 M, 
14 571 Schweine-Uteri über 4 kg wegen Trächtig- 
keit, Durchschnittswert rd. 13 M. 
Insgesamt sind für die 14 571 wegen vorge- 
schrittener Trächtigkeit beanstandeten Schweine- 
Uteri 184 199 M bezahlt worden. 

An Erlösen wurden durch die Veräußerung 
der beanstandeten Tiere durchschnittlich erzielt 
für das kg: 

Rindfleisch minderw. I. Qual. rd. 0,91 M 

„ II. „ „ 0,70 „ 

„ bedingt tauglich „ 0,50 „ 

Kalbfleisch minderw. I. Qual. „ 0,92 „ 

„ II. „ „ 0,70 „ 

„ bedingt tauglich „ 0,50 „ 

Schweinefleisch minderw. I. Qual. „ 0,89 „ 

„ II. „ , 0,66 „ 

f, bedingt tauglich „ 0,68 „ 

Die Durchschnittserlöse für die ganzen Tiere 

betrugen : 

für ein Rind bei einem Durchschnittsgewicht von 

232 kg rd. 180 M, - 
für ein Kalb bei einem Durchschnittsgewicht von 

43 kg rd. 31,5 M, 
für ein Schwein bei einem Durchschnittsgewicht 
von 70 kg rd. 56 M. 
Für eine Rinderhaut wurden durchschnitt- 
lich 26,5 und für einKalb fell6,62 M eingenommen. 

— Bericht Ober den Betrieb der städtischen 
Klndermiichanstait zu Wesel fUr das Etatsjabr 1907, 
erstattet vom Schlachthof direktor Stier. 

Die im Jahre 1905 zur Bekämpfung der 
Säuglingssterblichkeit errichtete Kindermilch- 
anstalt ist nunmehr zwei Jahre im Betriebe Die 
zur Herstellung der Säuglingsmilch erforderliche 
Rohmilch wird nach wie vor zum Preise von 



20 Pf für das Liter von dem Inhaber eines 
hiesigen größeren landwirtschaftlichen Betriebes 
(dem Pächter des städtischen Römerwards) be- 
zogen, dessen Viehbestand und Betrieb der Milch- 
gewinnung der Aufsicht des Schlachthofdirektors 
unterstehen. Der Lieferant hat sich vertraglich 
verpflichtet, nur durchaus gesunde Kühe ein- 
zustellen, die durch klinische Untersuchung 
tuberkulosefrei befunden sind. Im Verdachts- 
falle werden die Tiere zur Feststellung der 
Tuberkulose mit Tuberkulin geimpft Kranke 
und verdächtige Tiere werden von der Milch- 
lieferung sofort ausgeschlossen. Der Besitzer 
ist verpflichtet, jeden Krankheitsverdacht unter 
den Milchkühen sofort dem Schlachthofdirektor 
zu melden Der Gesundheitszustand der Kühe 
wird dauernd tierärztlich überwacht. Im Früh- 
jahr, Sommer und anfangs Herbst gehen die Kühe 
auf Weide unmittelbar am Schlachthofe. Bei 
Stallfütterung sind alle landwirtschaftlichen 
Futtermittel, soweit sie nicht als verdorben 
anzusehen sind, gestattet Treber und Schlempe 
jeder Art dürfen nicht, Rüben nur bis 25 Pfund 
täglich an eine Kuh gefüttert werden. Das 
Melken geschieht auf die sauberste Weise. Un- 
mittelbar nach dem Melken wird die Milch durch- 
geseiht und mittelst Kühlapparates gekühlt. Dann 
wird sie in der Anstalt durch Wattefilter geseiht, 
zentrifugiert (entschlammt) und gekühlt, nach 
Herstellung der Mischungen im Sterilisator erhitzt 
und sofort im Kühlhause des Schlachthofes tief 
(auf 2» C) gekühlt Der Vertrieb der Milch ge- 
schieht durch einen der Anstalt gehörigen 
Wagen, während die Gestellung des Pferdes 
und Kutschers an einen Fuhrunternehmer für 
\'<, Tag für 4 M und für einen ganzen Tag für 
7 M vergeben worden ist Die Milch kann auch 
aus der Anstalt abgeholt werden, was jedoch 
selten geschieht Die Säuglingsmilch wird nach 
wie vor in ftlnf verschiedenen, dem Alter und der 
Verdauungfähigkeit der Säuglinge entsprechenden 
Mischungen hergestellt und zwar: 
Kindermilch I für Kinder im Alter bis zu 1 Monat 
n II n n r> j> von2u.3Monaten 

n -^'n » »»»^»» » 

V 8 9 

Der Übergang zu einer schwereren Mischung 
darf nur allmählich geschehen. Eine ausführliche 
Gebrauchsanweisung wird jedem Abnehmer bei 
der ersten Inempfangnahme der Milch aus- 
gehändigt Die Mischungen werden nach dem 
Biedert- und Siegertschen Verfahren her> 
gestellt. 

Von der Anstalt wird auch gereinigte, je 
nach Wunsch rohe oder im Sterilisator erhitzte 
Vollmilch als Milch Nr. VI, die besonders auch 



367 



als Kurmilch geeignet ist, vertrieben. Nach neun 
Monaten erhalten die Kinder Vollmilch. 

Im Jahre 1906 wurde die Milch für ein- 
heimische Abnehmer, die höchstens ein zur Steuer 
veranlagtes Einkommen von 1800 M hatten zu 
20 Pf, bei einem höheren Einkommen zu 30 Pf 
für das Liter abgegeben. 

Das abgegebene Milchquantum war sehr er- 
heblich (44 403 Liter) und wäre noch erheblich 
größer gewesen, wenn der Lieferant der Roh- 
milch unter den vertragsmäßigen Bedingungen 
mehr Milch hätte liefern können, es war nament- 
lich die Abnahme der Vollmilch groß. Dies 
mußte bei den verhältnismäßig billigen Preisen 
den Verdacht ervt^ecken, daß die Milch nicht 
allein zur Ernährung von Säuglingen, sondern 
auch im Hausgebrauch Verwendung fand. Es 
mußte daher die Stadt zur Bestreitung der Ge- 
samtkosten einen Zuschuß von 7893,97 Mark 
gewähren. Die Milch war hierbei den Abnehmern 
ins Haus geliefert worden mittelst zweier Hand- 
wagen. Diese Art des Milchvertriebes ließ sich 
nicht länger durchführen, da die Kräfte der 
Laufburschen versagten. Diese und andere Um- 
stände brachten die Gesundheitskommission zu 
der Überzeugung, daß die Milch den Abnehmern 
mittelst Gespann ins Haus geliefert werden 
müsse, und demgemäß beschloß sie in der 
Sitzung vom 15. März 1907. Um die Mehrkosten 
des Milchvertriebes zu erzielen, wurde der Preis 
der Milch vom 1. April 1907 ab für das ganze 
Etatsjahr für einheimische Abnehmer, die 
höchstens ein zur Steuer veranlagtes Einkommen 
von 1800 M hatten, zu 25 Pf und für besser 
situierte Abnehmer zu 35 Pf und für Vollmilch 
in jedem Falle zu 35 Pf das Liter festgesetzt. 

Es stellte sich im Laufe des Berichtsjahres 
infolge der Erhöhung der Milchpreise heraus, 
daß die Abnahme der Milch immer mehr zurück- 
ging bis schließlich auf täglich 35 Liter. Von 
den weniger gut Bemittelten war die Abnahme 
schließlich gleich Null geworden. Die Wohltat 
der Anstalt kam daher dieser Bevölkerungsklasse 
nicht mehr zugute. Erfahrungsgemäß gehen 
namentlich aber die Säuglinge der weniger gut- 
situierten in dem ersten Lebensjahre zugrunde. 
Die Gesundheitskommission beschloß daher, um 
den Betrieb der zur Bekämpfung der Säuglings- 
sterblichkeit errichteten Kindermilchanstalt noch 
weiter aufrecht zu erhalten, in der Sitzung vom 
5. März 1908, die Milchpreise vom 1. April 1908 
ab für die mit einem zur Steuer veranlagten 
Einkommen bis zu 1800 M auf 22 Pf das Liter, 
darüber auf 30 Pf zu ermäßigen. Vollmilch soll 
zu dem ermäßigten Preise von 22 Pf nur ab- 
gegeben werden, wenn sie vom Arzt aus- 
drücklich verordnet ist und der Nachweis 



darüber vom Abnehmer geführt wird. Dieser 
Beschluß scheint das Richtige getroffen zu 
haben; denn es stieg nach und nach die Milch- 
abnahme und beträgt zurzeit (20. Juni 1908) 
täglich 75 Liter, besonders muß auch hervor- 
gehoben werden, daß die Wohltat der Anstalt 
jetzt erheblich mehr von den weniger gut- 
situierten einheimischen Bewohnern in Anspruch 
genommen wird. Vollmilch wird jetzt erheblich 
weniger von der Anstalt bezogen, wie im ersten 
Betriebsjahre. Hieraus ergibt sich, daß die 
Anstalt jetzt den Charakter einer wirklichen 
Säuglingsmilchanstalt hat. 

Der Fettgehalt der gelieferten Rohmilch 
betrug im Winter bei Stallftitterung der Kühe 
durchschnittlich 3,9 Proz., bei Weidegang der 
Kühe 3,3 Proz., der Fettgehalt der Sahne betrug 
durchschnittlich 19 Proz. Nach dem Vertrage 
muß die gelieferte Vollmilch mindestens einen 
Fettgehalt von 3 Proz. haben. Hieraus ergibt 
sich, daß die angelieferte Rohmilch ausgezeichnet 
ist. Bei der bakteriologischen Untersuchung der 
Milchproben wurden niemals Tuberkelbazillen 
festgestellt. Der Schmutzgehalt der angelieferten 
Milch war stets ^bei der streng durchgeführten 
Melkweise und bei der geforderten Haltung der 
Milchkühe sehr gering. Es w^ar regelmäßig nur 
eine sehr geringe Menge Zentrifugenschlamm 
festzustellen. Im Berichtsjahre sind von 107 im 
ersten Lebensjahre verstorbenen Kindern 24 an 
Brechdurchfall und Darmkatarrh gestorben. 
Davon haben drei Kinder Milch aus der Anstalt 
erhalten. Bei zweien ist der Tod auf falsche 
Behandlung der Milch zurückzuführen, was 
ärztlich festgestellt ist, eins hat im letzten Monat 
vor seinem Tode keine Milch mehr aus der 
Anstalt erhalten. 

In der Zeit vom 1. April 1907 bis 31. März 
1908 erhielten Milch aus der Anstalt: 102 Kinder 
zu 35 Pf und 63 Kinder zu 25 Pf das Liter. 
Hiervon sind 3 gestorben = 1,8 Proz., während 
sonst die Sterblichkeit der Säuglinge im ersten 
Lebensjahr an Brechdurchfall, Darmkatarrh 
allein hier in Wesel in den Jahren 1902—1905 
durchschnittlich 30,88 Proz. betrug. Hieraus ist 
die Wohltat der Säuglingsmilchanstalt für die- 
jenigen, die Milch aus derselben b^ zogen haben, 
mit Sicherheit erwiesen. Jede Mutter, die 
gezwungen ist, ihr Kind im ersten Lebensjahre 
mit Kuhmilch zu ernähren, sollte dieses Resultat 
beherzigen und nur die Milch der Anstalt zur 
künstlichen Ernährung der Säuglinge verwenden. 

Im Berichtsjahre wurden 19 670 Liter Roh- 
milch (gegen 51510 Liter im Vorjahre) verarbeitet, 
wovon I9248V5 Liter Säuglingsmilch (gegen 
44 402V8 Liter im Vorjahre) hergestellt worden 
sind, und zwar von: 



368 — 



Jr. Izu35Pf.da8l 


2160Fl.(Vgl 


Int 


i.)= 270 1 


, u » 


1» 


<W47 „ (Vs 




)= 889Vs„ 


»III , 


» 


4861 , (Vs 




)= 972V5« 


,iv , 


» 


6381 , (Vs 




)=1276V5» 


, V , 


» 


6872 , C/s 




)=1374»/5, 


,vi , 


» 


36806 . (Vs 




)=7861V5. 


»VI , 


» 


3275 . (V, 




)= 1637V,, 


, I zu26Pf. 


» 


3258 , (% 




)= 406Va, 


n 11 , 


n 


5064 , (Vs 




)=1012V5, 


,in , 


» 


8668 , (Vs 




)= 7823/,, 


,1V , 


» 


4088 , (Vs 




)= 8063/,. 


, V , 


» 


12544 , (Vs 




)= 2508*/s , 



Zusammen: 1924875 1 
Die Differenzmenge zwischen Rohmilch und 
Säuglings- oder Kurmilch beträgt hier nach 
42IV5 Liter = 2,14 Proz. gegen 13,79 Proz. im 
Vorjahre. Außer der Säuglingsmilch usw. ge- 
langten 4121 Liter Magermilch, das Liter zu 5 Pf, 
als Trinkmilch zum Verkauf. 

Die Anstalt steht unter Leitung des Schlacht- 
hofdirektors (Tierarzt); sie beschäftigt eine 
Buchhalterin, eine Frau zur Bedienung der 
Apparate usw. und einen Laufburschen. 

Die finanziellen Ergebnisse der Anstalt 
stellen sich im Etatsjahr 1907 wie folgt: 
Einnahmen. 

1. FOr Säuglings- und Kurmilch . 6190,19 M 

2. Für Magermilch 206,05 „ 

3. Für in Verlust geratene Fl aschen 37,40 „ 

6483,64 M 
Ausgaben. 
Tit. L Persönliche Ausgaben. 

1. Vergütung an den Leiter der 

Anstalt 250,00 M 

2. Lohn für Arbeits- und Schreibhilfe 2837,60 „ 

3. Zur Beschaffung von Bekleidungs- 
gegenständen für das Personal . 30,25 „ 



3117,85 M 
Tit. IT. Sächliche Ausgaben. 

1. Für 19 670 Liter Rohmilch 4 20 Pf 3934,00 M 

2. Für Milchzucker 305,45 „ 

3. Für Ergänzung des Flaschen- 
bestandes 549,39 „ 

4. Für Gestellung d. Bespannung usw. 1466,00 „ 

5. Für Reinigung u. Heizungskosten 136,85 „ 

6. Wassergeld u. Wassermessermiete 128,38 „ 

7. Schreibmaterialien u. Drucksachen 127,99 „ 

8. Für Benutzung einer Kühlhalle an 

die Schlachthofkasse 266,59 „ 

9. Für Abgabe von Licht, Dampf 
und Feuerungsmaterial seitens 

des Schlachthofes . . . . . . 250,00 „ 

7164,65 M 
Tit III. Bau- und Unterhaltungskosten: 

1. Zur Unterhaltung des Gebäudes 

und der maschinellen Anlage . . 163,89 M 

2. Zur Unterhaltung des Inventars 238,76 » 



402,15 M 



Tit rV. Insgemein. 
Unvorhergesehene Ausgaben und 

zur Abrundung 822,33 H 

Wiederholung: 
Tit. I. Persönliche Ausgaben . . 3 117,85 M 
„ II. Sächliche Ausgaben ... 7 164,65 „ 
„ III. Bau- und Unterhaltungs- 
kosten 402,15 „ 

jf IV. Insgemein 822,38 , 

Summe aller Ausgaben 11506,98 M 
Summe aller Einnahmen 6433,64 M 
Summe aller Ausgaben 11506,98 „ 
Mithin beträgt der städtische Zuschuß 5 073,34 M 
gegen 7 893,97 M im Vorjahre. 
Der Etat hatte einen Zuschuß von 4000 M 
vorgesehen. In dem diesjährigen Zuschuß sind 
die Kosten (650 M) für den neuen Milchwagen 
mit enthalten. Der Selbstkostenpreis der Säug- 
lingsmilch pro Liter beträgt annähernd 59 Pf. 



Bfiehersehan. 

— Sundelaob, Das Pferdefleisch als Nabnings- 
mlttel. Herausgegeben von der Pferdeschutz Ver- 
einigung über ganz Deutschland. Vorsitzender 
Generalmajor z. D. Zobel , Wilmersdorf bei Berlin. 

Gundelach schildert in der geschickt ver- 
faßten Schrift zur Förderung der Hippophagie 
die Entstehung der Abneigung gegen den Genuß 
von Pferdefleisch, die Wiedereinführung und der- 
zeitige Verbreitung des Pferdefleischgenusses, 
die Zusammensetzung und sonstige Beschaffen- 
heit des Pferdefleisches, seine Vorzüge und wirt- 
schaftliche Bedeutung als Nahrungsmittel, die 
jetzigen Vorschriften über den Verkehr mit 
Pferdefleisch und den ethischen Gewinn der 
Pferdeschlachtungen. 

— B. G. Tettbnert Verlag auf de« Gebiete der 
üatbematlii, Naturwlsseiisobafteii, Tecbiilc Rabat 
Granzwlaaanachaften. 101. Ausgabe, dem IV. Inter- 
nationalen Mathematiker-Kongreß in Rom ge- 
widmet. 



Kleine Mitteilnngeiu 

— Diaaaniniarta Saricanataaa daa üyalcania. 

Eine im hiesigen Schlachthof zur Schlachtung 
gebrachte Kuh ist etwa 14 Tage lang nicht im- 
stande gewesen, sich vorne zu erheben. Es 
wurde ein Fremdkörper als Ursache vermutet 
Bei der Schlachtung fand sich etwa ein Eimer 
rötlicher Flüssigkeit in der Bauchhöhle; das 
Bauchfell war mit den Eingeweiden an vielen 
Stellen verwachsen. Der Herzbeutel war mit 
eitriger, aber nicht fibelriechender FlQssigkeit 
gefüllt. Im Zwerchfell ziemlich fest ein- 
geschlossen wurden ein Drahtstift, zwei klein« 



— 369 - 



Drahtklammem und ein Stück Zinkblech ge- 
funden Das Herz war stark vergrößert und mit 
erbsen- bis taubeneigroßen graubraunen Knoten 
(Sarkomen) durchsetzt. Steu ding- Gotha. 

— Eohlnokokkin im Herzmuskel bei einem 
Oobsen. Ein Ochse stürzte, nach einer Mitteilung 
von Distrikstierarzt Schnester (Wochenschr. 
f. Tierheük. u. Viehz. 1908, S. 506), vor dem 
Wagen plötzlich zusammen und mußte not- 
geschlachtet werden. Bei der Fleischbeschau 
fand sich ein Echinokokkus von der Größe eines 
kleinen Hühnereis in der Wand der rechten 
Herzkammer. 

— Über das Vorkommen des Echinokokkus beim 
Menschen In Griechenland. Nach Th. PapaYoannou 
(Deutflch. Med. Wochenschr. 1907, S. 1635) ist 
der Echinokokkus bei den Bewohnern von 
Griechenland und Epirus häufig, wie aus der 
verhältnismäßig großen Zahl operierter und ver- 
öffentlichter Fälle gefolgert werden muß. 

— Ist der Alveoiarechinokokktto eine selbständige 
Art oder mit dem uniiokulären identisch? Jen ekel 
kommt in einer aus der chirurgischen Universitäts- 
klinik zu Göttingen stammenden Arbeit zu dem 
Schluß, daß zwischen beiden Formen von Echino- 
kokken alle möglichen Übergangsformen be- 
stehen, und daß die von Pos seit gezüchtete 
Taenia alveolaris mit der gewöhnlichen Taenia 
echinococcus von Siebold identisch sei. 

— „Thim ni'S eine beim Menschen In Algier 
vorkommendOi durch Oestrus ovis bedingte Er- 
krankung. Die Gebrüder Eduard und Etienne 
Sergent berichten in den „Annal. de Tlnst. 
Pasteur** (21. Bd., S. 392), daß in ganz Algier 
beim Menschen eine sehr schmerzhafte Ent- 
zündung der Schleimhaut der Gesichtshöhlen 
vorkomme, die durch die Larven von Oestrus 
Ovis L. bedingt werde. 

— Feldmäuse als Träger von Dasselfliegen- 
larven. Eorff (Prakt. Blätter f. Pflanzenbau 
und Pflanzenschutz 1907, S. 198) sah zuweilen 
Mäuse mit starker Anschwellung des Abdomens, 
die bald zugrunde gingen. Bei der Sektion 
zeigte es sich, daß sich unter der Haut der ge- 
storbenen Mäuse lebende Larven von Dassel- 
fliegen, wahrscheinlich von Hypoderma bovis, 
befanden. Kor ff verlangt daher neben dem 
Abdasseln auch die Vertilgung der Feldmäuse, 
um die Überwinterung der Dassellarven zu ver- 
hüten. (Wenn Larven von Hypoderma bovis 
bei Mäusen wirklich vorkommen, handelt es sich 
nach allen Erfahrungen nur um Ausnahmefälle. 
Vielleicht eignet sich aber die Maus zu Versuchen 
über die Biologie von Hypoderma bovis. D. R.) 

— Reizwirkung von Spuiwurmsaft am mensch- 
lichen Auge. Nach B ä u m 1 e r (Arch. f. Augenheilk. 
Bd. 57, S. 69) hatte ein Abdecker bei der Ob- 



duktion eines Pferdes einen Spulwurm zerrissen, 
wobei ihm von dem Saft etwas in das rechte 
Auge spritzte. Das Auge schwoll binnen 5 Minuten 
stark an, und die hochgradige Chemose sowie das 
Ödem bestanden einige Tage, um sich hierauf 
ohne Hinterlassung von Folgezuständen zurück- 
zubilden. 

— Gras (mit Spulwurmeiern) als Dichtungsmittel 
fDr MIlohgefäBe. Fumagalli (Giom. della R. 
Soc. ed Accad. vet. ital. 1907, S. 657) wies an 
Gras, das zum Dichten von Milchgefäßen ver- 
wendet wurde, Ascariden-Eier nach, ein 
weiterer Grund gegen die Verwendung von Gras 
als Dichtungsmittel für Milchgefäße. 

— Immunisierung gegen die gangränSse Mastitis 
der Schafe. Bridrö (Bull, de la Soc. centr. de 
m6d. v6t. 1907, S. 500) immunisiert gegen die 
gangränöse Mastitis der Schafe durch subkutane 
Injektion der mitigierten Erreger. Es entsteht 
hiernach eine bis zu zwei Jahren währende 
Immunität. 

— Stauungshyperämie als ein die Mllchsekretion 
berörderndes Mittel empfiehlt Saschke (Med. 
Klinik 1908, Nr. 8). Er hat bei Frauen mit 
„schwer gehenden Brüsten^ vorzügliche Erfolge 
erzielt, namentlich bei Erstgebärenden, und glaubt, 
daß man durch die Anwendung der Stauung 
vielleicht dahin gelangen könne, daß die rein 
künstliche Ernährung bei Kindern entbehrlich 
wird. (Interessant wäre die Untersuchung der 
Einwirkung künstlicher, durch Kompression der 
Eutervenen erzeugter Stauung auf die Milch- 
ergiebigkeit der Kühe. D. R.) 

— Ziegenhaltung In Wflrttemherg. In der 

öffentlichen Ziegenzüchterversammlung, die 
gelegentlich der Stuttgarter Ausstellung der 
deutschen Landwirtschaftsgesellschaft stattfand, 
berichtete Oberamtstierarzt H o n e k e r-Maulbronn, 
daß bis zum Jahre 1907 die Zahl der in 
Württemberg gehaltenen Ziegen auf 88 200 ge- 
stiegen sei. Weitaus' die Mehrzahl der Ziegen- 
zuchtvereine, nämlich */^, züchtet die bunte 
Schwarzwaldziege, der Kest die Saanenziege. 
Die Einfuhrziegen befriedigten nicht immer, und 
jetzt sei der Bezug von Ziegen aus der Schweiz 
als unnötig fast ganz aufgegeben. 

— Milchwirtschaft in der Schweiz. Seit einigen 
Jahrzehnten wird in der Schweiz der Getreide- 
bau immer mehr vom Grasbau zugunsten der 
Milchwirtschaft und der Tierzucht zurückgedrängt. 
Gegenwärtig zählt die Schweiz IVa Millionen 
Rinder, unter denen sich mehr als 700000 Kühe 
befinden. Die jährliche Milchproduktion hat 
einen Geldwert von 200 Millionen Franken. Die 
Käseausfuhr beläuft sich auf 800 000 Zentner mit 
einem Gesamtwert von 50 Millionen Franken. 
Insgesamt werden in der Schweiz 19 Käsesorten 



— 370 — 



hergeetellt; die Hauptsorte aber ist der Emmen- 
taler. Die jährliche Ausfuhr an kondensierter Milch, 
die 1876 in Cham begonnen wurde, beläuft sich 
auf 18 Millionen Franken Geldwert An Butter 
werden jährlich 2000 Zentner ausgeführt, dagegen 
aber fast 20 000 Zentner eingef ahrt, hauptsächlich 
aus Deutschland und Österreich. Wo keine 
Käsereien bestehen, blüht die Jungviehaufzucht. 
Die 700 000 Kühe bringen jährlich etwa 
500000 Kälber zur Welt, wovon 45 Proz. zur Auf- 
zucht, 35 Proz. zur Mast gelangen, während etwa 
20 Proz. bald nach der Geburt geschlachtet werden. 



Tagesgeschichte. 

— Kommandierung eines Veterinärs zum Kriegs- 
ministerium. Oberstabs Veterinär Grammlich, 
Inspizient bei der Militär-Veterinär- Akademie, ist 
zum Kriegsministerium kommandiert worden. 

— öfTentllche Schiaclithöfe. Eröffnet wurde 
der neuerbaute öffentliche Schlachthof in 
Freudenstadt. Erweiterungsbauten sind be- 
schlossen in Königsberg i. Pr. (Vergrößerung- 
der Schweineschlachthalle, 156 500 M Kosten- 
betrag), Löwenberg (Umbau der Kläranlage nach 
dem System Schweder- Grofilichterfvlde), Reut- 
lingen (Umbau des Schlachthofes, 280000 M 
Kostenbetrag), Rosenberg i. Westpr. (Er- 
weiterung des Schlachthauses), Wongrowitz 
(Errichtung einer Kühlanlage). 

— Bakterioiogisclies Laboratsrium auf dem 
Soliiaclitliof in Viersen. Das bei der Säuglings- 
milchanstalt befindliche, auch für Schlachthof- 
zwecke benutzte Laboratorium hat sich als zu 
klein erwiesen. Beim Neubau des Beamtenwohn- 
hauses auf dem Schlachthof ist ein größeres 
Laboratorium mit Stallungen für Ver- 
suchstiere vorgesehen. 

— HängegebOliren auf dem Scliiaoiitliof zu 
Hamburg. Für das Aufhängen von nicht auf 
dem Schlachthöfe geschlachteten Tieren 
zum Verkauf in den Sclilachthof- und Vieh- 
marktanlagen werden vom 1. August an folgende 
Gebührensätze erhoben: für ein Rind ausschließ- 
lich der Kälber im Fleischge wicht bis zu 75 kg 
2 M 25 Pf, für ein Kalb im Fleischgewicht von 
nicht mehr als 75 kg 75 Pf, für ein Schwein 60 Pf, 
für ein Schaf 25 Pf. 

— Lebendgewichthandei und ScMuBsohsInzwang. 
Der 81. Fleischerverbandstag, der im Juni d. J. 
in Essen zusammengetreten ist, hat sich gegen 
den obligatorischen Lebendgewichtshandel und 
den Schlußscheinzwang ausgesprochen. 

— Beschränkung des Färbens der WursthOlien. 
Nach der Bekanntmachung des Reichskanzlers, 
betr. gesundheitsschädliche und täuschende Zu- 
sätze zu Fleisch und dessen Zubereitungen, vom 
18. Februar 1902 war die Verwendung von Farb- 



stoffen zum Färben von Wursthüllen zugelassen, 
sofern diese Verwendung nicht anderen Vor- 
schriften (Nahrungsmittelgesetz, gegebenenfalls 
auch Strafgesetzbuch) zuwiderlief. Nach einer 
neuen Bekanntmachung vom 4. Juli 1908 ist die 
Vorwendung von Farbstoffen nur noch gestattet 
zur 6 e 1 b f ä r b u n g der Hüllen derjenigen Wurst- 
arten, bei denen die Gelbfärbung herkömmlich 
und als künstliche ohne weiteres erkennbar ist, 
sofern diese Verwendung nicht anderen Vor- 
schriften zuwiderläuft. Alles andere Färben von 
Wursthüllen ist vom 1. August 1908 an verboten 
(s. unter „Amtliches'', S. 360). 

— „SoharfMhiaohtungeu". Vor dem Schöffen- 
gericht zu Düsseldorf standen mehrere Schlächter 
unter der Beschuldigung, „scharf^ geschlachtet, 
d. h. vor Feststellung des Schlachtgewichts 
mehr Teile entfernt zu haben, als nach § 12 der 
Betriebsordnung für den städtischen Schlachthof 
zu Düsseldorf zulässig ist. Der angezogene 
Paragraph lautet mit Bezug auf die Schlachtung 
von Großvieh u, a. wie folgt: „Bei Tieren, die 
nicht genau nach Vorschrift ausgeschlachtet, und 
von denen zum Schlachtgewicht gehörige Teile 
bereits entfernt sind, wird vom Direktor das 
Mindergewicht endgültig festgestellt. Es werden 
herausgenommen der sehnige Teil des Zwerch- 
fells ohne Verletzung der dünnen Lummen, das 
Herzfett, der Sogg, die am Halse befindlichen 
Blutgefäße und bei Kühen das Euter. Vom Hals 
darf nichts entfernt werden.^ Die angeklagten 
Meister sollen bei Kühen außer den im § 12 be- 
zeichneten Teilen noch weitere, insbesondere vom 
Halse, herausgenommen haben. Um diese Fleisch- 
teile, so behauptete die Anklage, seien die Ver- 
käufer des Viehes geschädigt worden, da letz- 
teres nach dem festgestellten Schlachtgewicht 
bezahlt wurde. Die Fleischer sind indessen frei- 
gesprochen worden, weil die Scharfschlachtungen 
dänischen Viehs — um solches hatte es sich in 
den Anklagefällen gehandelt — seit Jahren ge- 
bräuchlich gewesen seien, und die Verkäufer sich 
im allgemeinen damit einverstanden erklärt hätten. 

— „Schneemetzger''. Nach der „Amü Zeitung 
des deutschen Fleischerverbandes'' hat die Sektion 
Thurgau des Verbandes schweizerischer Metsger- 
meister in der Versammlung vom 28. Juni d. J. 
folgende Resolution gefaßt: „Metzgermeister der 
Sektion Thurgau, die sich der Schmutzkonkurrenz 
und Preisdrückerei schuldig machen, sollen unter 
das Banner der „Schneemetzger^ gezählt werden 
und dürfen dem Verbände nicht mehr angehören." 

— Die Auadehnung des Beeeliauzwaages auf 
alle Hausschiachtungen von Rindern ist durch 
Polizeiverordnung vom 16. Mai 1908 auch für 
den Kreis Oberbarnim verfügt worden (vgL 
S. 305 und 337 der letzten Hefte dieser Zeitschrift). 



371 — 



— Fleischbeschau im Schutzgebiet Togo. Der 

Gouverneur von Togo hat für bestimmte Ort- 
schaften Schlachtzwang in dem vom Gouvernement 
errichteten Schlachthof und Untersuchungszwang 
daselbst angeordnet. Die Einfuhr von Fleisch 
in das Schutzgebiet ist nur aus Orten außerhalb 
des afrikanischen Festlandes gestattet. 

— Fleischvergiftung. Nach dem Genuß von 
Gulasch, das aus Eopffieisch bereitet war, sind 
in Berlin drei Personen unter Vergiftungs- 
erscheinungen schwer erkrankt. Einer der Er- 
krankten ist der Vergiftung bereits erlegen. 

— Rotzinfektion im Laboratorium des Kranken- 
bauoeo zu Czernowitz. Der Prosektor am Kranken- 
haus zu Czernowitz Dr. Lucksch hatte beim 
Zentrifugieren einer Rotzbazillenaufschwemmnng 
das Unglück, daß ein Zentrifugenröhrchen platzte 
und die Rotzbazillen im Laboratorium verstreut 
wurden. Die bedauerliche Folge war die Infektion 
eines Assistenten, eines Kanzlisten und eines 
Laboranten. Nach der „Öster. Monatsschr. für 
Tierheilk.« (1908, Nr. 7) sind alle der Infektion 
ausgesetzt gewesenen Personen bis auf Dr. 
Lucksch gestorben. 

— Zur Häufigkeit des Rotzes in England. Nach 
Bang sind von 29 Pferden, die aus London 
kamen, sieben im Laufe der ersten Monate nach 
ihrer Einfuhr nach Dänemark (Svendborg, Lolland 
und Kopenhagen) rotzig befunden worden. 
(Maanedsskrift for Dyrlaeger 1908, S. 430.) 

— Unter welchen Voraussetzungen sind örtliche 
Viehversicherungsvereine als Versicherungsunter- 
nebmungen im Sinne des Gesetzes anzusehen? Das 
Kaiserliche Aufsicht^amt für Privatversicherungen 
hat hinsichtlich örtlicherViehversicherungsvereine, 
die in der Hauptsache nicht bare Bei- 
träge der Versicherungsnehmer erheben, 
sondern diese verpflichten, das Fleisch 
notgeschlachteten Viehes zu einem be- 
stimmten Preisezu übernehmen und nur bei 
NichtVerwendbarkeit desFleisches den betreffenden 
baren Betrag des Fleisches zu bezahlen, folgenden 
Beschluß gefaßt: Der Umstand, daß in der 
Hauptsache nicht bare Beiträge von den Vereins- 
mitgliedem erhoben werden, ist für sich allein 
nicht geeignet, einen Verein von der durch das 
Gesetz geschaffenen Aufsicht zu befreien, da zum 
Begriff einer Versicherungsuntemehmung weder 
die Erhebung noch die Gewährung von Geld- 
leistungen gehören. Vereinen einfachster Form 
kann allerdings die Eigenschaft einer Ver- 
sicherungsunternehmung dann abgesprochen 
werden, wenn den Vereinen sehr enge persönliche 
Grenzen gezogen sind. Das Aufsichtsamt würde 
dann das Vorhandensein einer Versicherungs- 
untemehmung verneinen, wenn sich die Leistungen 
der Teilnehmer nur als ein Ausfluß nachbarlicher 



oder beruflicher Hilfeleistungen darstellen. Eine 
Entscheidung könne nur von Fall zu Fall erfolgen. 

— Die Errichtung einer gemeinscbaftlioben 
Kadavervemlohtungs- und verwertungsanotait haben 
die Kreise Alsfeld und Gronau beschlossen. 

-- Eine Versuchs- und üuoteranotalt für Vogel- 
schutz ist vom Freiherm von Berlepsch zu 
Seebach im Kreise Langensalza eingerichtet 
worden. Die Anstalt stellt Versuche und Be- 
obachtungen an und will die auf dem Gebiete 
des Vogelschutzes gewonnenen Erfahrungen 
mehr als bisher der Allgemeinheit zugänglich 
machen. 

— Neue Vorschriften fGr die Mllcbbeförderung 
auf Eisenbahnen. Seit dem 1. Juli d. Js. müssen 
die Gefäße, in denen Milch auf Eisenbahnen 
transportiert werden soll, handlich hergestellt 
und mit sicherem Verschluß versehen sein. Das 
Fassungsvermögen darf nicht über 40 1, die Höhe 
nicht über 75 cm betragen. 

— Genoosenschaftlicbe INilchversorgungsanstait 
in Dresden. Die nach Dresden liefernden Milch- 
produzenten, etwa 400 Landwirte aus der Um- 
gebung Dresdens, haben sich zu einer Genossen- 
schaft zusammengeschlossen und mit einem 
Kostenaufwand von 600000 Mark eine Milch- 
versorgungsanstalt errichtet, die allen gesund- 
heitlichen Ansprüchen genügen soll. Dem Vorstand 
gehören bedeutende Landwirte aus der Umgebung 
Dresdens an. Die angelieferte Tagesmilchmenge 
beträgt gegenwärtig 15000 1. 

— Überwachung der IMolkereien durch IMolkerei- 
sachverständige. Die Regierung der bayerischen 
Bezirke Schwaben und Neuburg hat zur Förderung 
des richtigen Betriebs der Molkereien deren 
ständige Überwachung durch amtlich bestellte 
Kreis-Molkereisachverständige angeordnet. Die 
Überwachung erfolgt nach einer bestimmten 
Dienstanweisung. 

— Neuordnung der französischen Veterinir- 
Polizei. Die französische Deputiertenkammer hat 
den Entwurf eines Gesetzes über die Regelung 
der Veterinärpolizei unter dem Eindruck der 
beunruhigenden Unterschleife bei den Fleisch- 
lieferungen für die Armee als dringlich beraten 
und am 15. Juni angenommen. Das neue Gesetz 
soll die bisherige Selbständigkeit der Bezirks- 
regierungen in veterinärpolizeilichen Angelegen- 
heiten beseitigen und dem Landwirtschafts- 
minister einen bestimmenden Einfluß auf die 
Anstellung und die Tätigkeit der Departements- 
tierärzte sichern und die Möglichkeit geben, die 
Überwachung der Schlacht- und Viehhöfe sowie 
die Ausübung der Fleischbeschau einheitlich zu 
gestalten. Das „Jonrn. de m6d. vöf bezeichnet 
den Entwurf des neuen Gesetzes als unvoll- 
ständig, da die zentrale technische Leitung für 



— 372 — 



die AuBfahrong des Gesetzes fehle. Nach den 
gegebenen Versprechungen sei aber eine dem- 
nächstige befriedigende Lösung der ganzen An- 
gelegenheit zu erhoffen. 

— ÜRtersttOhuiigdee fDrdle fNuizItelscheii Truppe« 
bettinnten Fleltohe«. Nach Aufdeckung der Un- 
regelmäßigkeiten bei der Versorgung des fran- 
zösischen Militärs mit Fleisch (s. diese Zeitschr. 
H. 8, lauf. Jahrg., S. 271) ist nach ^Le Progrös 
vöf (1908, Nr. 12) durch Ministerialet lasse vom 
28. 3., 2. und 16. 5. 1908 angeordnet worden, daß 
das für die Truppen bestimmte Schlachtvieh in 
jedem Falle (durch einen Militärtierarzt) vor und 
nach der Schlachtung genau zu untersuchen und 
besonders zu kennzeichnen ist. Die ursprüng- 
liche Bestimmung des Erlasses vom 28. 3., daß 
in keinem Falle die gegebenen Vorschriften 
durch die Bescheinigung eines Gemeindetierarztes 
als erftlllt anzusehen seien, ist durch eine mini- 
sterielle Anweisung • vom 22. 4. 1908 dahin ab- 
geändert worden, daß die Truppenteile ausnahms- 
weise in Städten, in denen der Schlachthof dienst 
von Tierärzten ohne Privatpraxis ausgeübt 
wird, auf ihre Verantwortung Fleisch zulassen 
können, das den Stempel des Gemeindetierarztes 
trägt. Stets müsse aber das Fleisch außerdem 
in den Kasernen durch einen Tierarzt und in 
Ermangelung eines solchen durch einen Arzt 
untersucht werden. Ein Dekret vom 5. 6. 1906 
regelt die Anwendung des Gesetzes vom 1.4. 1905 
auf den Verkauf von Nahrungsmitteln und Ge- 
tränken für die Armee, und stattet bestimmte 
militärische Beamte, darunter auch die Militär- 
tierärzte, mit Befugnissen aus, die durch das 
Dekret vom 31. 7. 1906 lediglich den Zivilbehörden 
übertragen waren. 

— Ein Preisausschreiben fOr Schiachthaus- 
entwflrfe ist vom Niederländischen Ministerium für 
Landwirtschaft, Gewerbe und Handel am 10. Mai 
d. J. erlassen worden. Zum Wettbewerb sind Bau- 
sachverständige aller Länder zugelassen. Aus- 
kunft erteilt der Schriftführer des Preisgerichts. 
Die Entwürfe und Kostenanschläge sind innerhalb 
4 Monaten nach Veröffentlichung des Preisaus- 
schreibens an das Reichsbaumeisterbüreau im 
Haag, Nassau Odyckstraat Nr. 59 einzusenden. 

— Der I. internationale Kongreß fGr Kälte- 
industrie findet vom 5.— 10. Oktober in Paris statt 
und behandelt in Sektion I die Kältewirkung, in 
Sektion II die Kälteerzeugung, in Sektion III 
die Verwendung der Kälte zur Konservierung 
von Nahrungsmitteln, in der Sektion IV die Ver- 
wendung der Kälte zu anderen Zwecken, in der 
Sektion V die Verwendung der Kälte im Handel 
und zu Transportzwecken, in der Sektion VI die 
Gesetzgebung. Unter den offiziellen französischen 



Delegierten zu dem Kongreß finden sich Namen 
besten Klanges, u. a. Chauveau und Roux. 
Anmeldungen sind an das Sekretariat Rue Denis- 
Poisson 10 in Paris zu richten. 



Personalien. 

Ernannt: Professor Dr. Wilhelm Zwick an 
der Tierärztlichen Hochschule Stuttgart zum 
Regierungsrat und Vorstand der Abteilung ftlr 
experimentelle Tierseuchenforschung im Kaiser- 
lichen Gesundheitsamt 

Die Tierärzte August Dechant aas 
Schweinfurt zum Assistenten am Pharma- 
kologischen Institut und AugustMulzer, bisher 
am Pharmakologischen Institut zum 2. Assistenten 
an der Chirurgischen Klinik der Tierärztlichen 
Hochschule in Mflnchen; Schlachthofdirektor Dr. 
Wiendi eck -Barth in Pommern zum komiss. 
Kreistierarzt in Lingen; Schlachthoftierarzt F. 
Bauer-Saargemünd zum Schlachthofvorsteher 
daselbst; Schlachthof tierarzt C. Ganzenmfiller 
zum Schlachthof direktor in Kattowitz; Schlacht- 
hoftierarzt Joseph Strauß in Flensburg zum 
Stadt. Bezirkstierarzt in Freising; Schlaehthoftier- 
arzt Dr. W. Feuere iß en zum städtischen Amts- 
tierarzt und stellvertretenden Schlachthofdirektor 
in Plauen im Vogtl.; Dr. Paul Rißling ans 
Straßburg zum Repetitor am Hvgien. Institut der 
Tierärztlichen Hochschule Berlin; Tierant 
Ganzenmüller- Frankfurt a. M. zum Schlacht- 
hofdirektor in Frankfurt a. M. 

Anueiohnongen: Es wurde verliehen dem 
kgl. wttrttembergischen Landestierarzt, Wirkl. 
Ober-Rcgierungsrat Beißwänger das Ehren- 
kreuz des Ordens der Wtirttembergischen Krone 
mit dem persönlichen Adel, dem Geh. Ober- 
regierungsrat Dr. Ly dt in der Kgl. preußische 
Kronenorden II. Kl, dem Obermedizinalrat Dr. 
t^delmann das Offizierkreuz des österreichischen 
Franz Joseph-Ordens, dem Pol izei tierarzt J. Neu- 
gebaner in Berlin der Kgl. preußische Kronen- 
orden IV. Kl. 

Vakanzen. 

Tierärztllobe Hochschule Stuttgart: II. Assistent 
a. d Chirurg. Pferdeklinik zum 1. Oktober 1908. 
Gehalt 1270 M, freies Zimmer usw. Bewerb. 
bis 8. August an die Direktion der Hochschule. 

Tierseucheninstitut der LandwirtschaftaiuunHier 
für die Provinz Schleswio-Holttein: Bakteriolog. 
Assistent zum 1. Sept oder 1. Okt. er. Gehalt 
2400 M. Bewerbungen an das Institat in Kiel, 
Kronshagenerweg 7. 

Schlachthoflierarztstollen: Frankfurt a. M.: 
Tierarzt alsbald. Gehalt 2500 M. Bewerbungen 
an die Schlacht- und Viehhofverwaltung. 

Lyck: Schlachthofinspektor zum 1. Oktober. 
2400 M Gehalt, nebst freier Wohnung, Heizung 
und Beleuchtung, im Werte von öOO M. Mel- 
dungen an den Magistrat. 

Osterode: Schlachthof direktor zum 1. Ok- 
tober. 2100 bis 3000 M Gehalt, freie Dienst- 
wohnung im Werte von 500 M, Privatpraxis wider- 
ruflich gestattet. Meldungen an den Magistrat 

Stellen fflr ambulatorische Fleischbeschau und 
Privatpraxis: 

Seh wetz (Weichsel): Tierarzt. Auskunft 
erteilt der Landrat von Halem in Schwetz. 



Verantwortlicher Redakteur (exU. Inseratenteil): Prof. Dr. Oatertag In Berlin. — Verlag von Riehard Sehoets in Berlin. 



Zeitschrift 

tat 



Fleisch- und Milchliygiene. 



Achtzehnter Jahrgang. 



September 1908. 



Heft 12. 



Ori^al-Abhandlunsen. 

(Naohdniok Torboten.) 



Ist die Trichinenschau in den westlichen 
Provinzen Preußens notwendig? 

Von 

Dr. med. vet. L. Opalka-Berlin, 

Tierarzt an dem bakteriologischen Laboratorium der Land- 
wirtschafUkammer für die Provln» Brandenburg. 

In den westlichen Provinzen Preußens 
— Westfalen, Hessen-Nassau und Rhein- 
provinz — wird bekanntlich die Trichinen- 
schau vielfach als eine überflüssige 
Maßnahme empfunden, und es sind schon 
Anträge gestellt worden, die Trichinen- 
schau daselbst aufzuheben. ZurB^ründung 
wurde angegeben, daß Trichinenftinde bei 
Schweinen in den westlichen Provinzen 
sehr selten seien, und daß die Kosten 
der Trichinenschau in keinem Verhältnis 



zu ihrem Nutzen ständen. Die Trichinen- 
schau sei im Grunde eine überflüssige 
Maßnahme, gegen die sich jeder ver- 
ständige Mensch schützen könne, indem 
er lediglich gut gekochtes oder gebratenes 
Schweinefleisch genieße. 

Hierzu ist folgendes zu bemerken: 
Es läßt sich zwar das seltene 
Vorkommen der Trichinen bei Schweinen 
in dem westlichen Gebiet der preußischen 
Monarchie nicht in Abrede stellen, indessen 
beweist doch die Statistik, daß die Gesamt- 
zahl der trichinös befundenen Schweine 
auch in den westlichen Provinzen Preußens 
nicht unbeträchtlich ist. 

Mit Trichinen und Finnen wurden 
behaftet gefunden: ^-ß) 



■ 


1876—1886 


1886-1896 


1896-1906 


Provinz 


Zahl der 

untersuchten 

Schweine 


Zahl der 
trichinösen 
Schweine 


Zahl der 
finnigen 
Schweine 


Zahl der 

untersuchten 

Schweine 


Zahl der 

trichinösen 

Schweine 

Zahl der 

finnigen 

Schweine 


Zahl der 

untersuchten 

Schweine 


Zahl der 
trichinösen 
Schweine 


Zahl der 

finnigen 

Schweine 


Westfalen . . . 
Hessen-Nassau . . 
Rheinprovinz . . 


3 239 252 
1934 527 
1208 604 


215 
663 
141 


3 855 
1520 
1714 


5 010 542 

3 748 808 

4 604013 


131 2 725 

456 1 818 
148 3 598 


7 217 976 

5 171 489 

11762 710 


77 
194 
194 


1235 
1204 
8 571 



Mithin entfallen auf die einzelnen 
Provinzen für die Zeit von 1876—1906: 



Provinz 


Zahl der 
untersuchten' [ 
Schweine ^ ' 


Zahl der T' 1 
trichinösen JS 
Schweine g 


Zahl der 

finnigen 

Schweine 


Westfalen .... 
Hessen-Nassau . . 
Rheinprovinz . . . 


15 467 770 
10 854 824 
17 575 327 


423 

1313 

483 

• 


7 815 

4 542 

13 883 



Unter je 10000 Schweinen wurden 
in der Zeit von 1876 — 1906 fest- 
gestellt: 
In der Provinz Westfalen: 

0,20 trichinöse Schweine, 
in der Provinz Hessen-Nassau: 

1,20 trichinöse Schweine, 
in der Rheinprovinz: 

0,20 trichinöse Schweine. 

Vergleicht man die Ergebnisse der 

Trichinenschau in den westlichen Pro- 



— 374 — 



vinzen mit der Zahl trichinöser Schweine 
in dem östlichen Gebiet der preußischen 
Monarchie, so ergibt sich folgendes: 

Ostpreußen zählte von 1876—1906 
unter 5 495 059 untersuchten Schweinen 
4 620 trichinöse und 10 587 finnige 
Tiere. 

In Westpreußen wurden in dem 
gleichen Zeitraum 4 960 809 Schweine, 
darunter 3 619 trichinöse und 10 303 
finnige, der Trichinenschau unterworfen. 

Die Provinz Posen hatte unter 
7 439 624 untersuchten Schweinen 17 611 
trichinöse und 14 752 finnige, Schlesien 
unter 29375883 Schweinen 6715 trichinöse 
und 72 324 finnige. 

Demnach tibertriflft die im Osten er- 
mittelte geringste Zahl trichinöser Schweine 
diejenige im Westen um das 8 Vs fache, 
während die höchste Ziffer derselben im 
Osten die höchste im Westen um das 
13 fache, die geringste um das 41 fache 
übersteigt. 

Über die Angemessenheit der für die 
Trichinenschau im Westen gemachten 
Aufwendungen können daher wohl Er- 
wägungen stattfinden. Berücksichtigt man 
jedoch, daß ein einziges trichinöses 



Schwein Hunderte von Menschen- 
erkrankungen und Todesfälle verursachen 
kann,^) so müssen diese Erwägungen zu- 
gunsten der Trichinenschau ausfallen. 

Hierzu kommt, daß die Zahl der Tri- 
chinen- und Finnenfunde — als unzweifel- 
hafte Folge der Trichinenschau — in 
sämtlichen Provinzen des Westens eine 
Abnahme gefunden hat. Letztere Tat- 
sache erklärt sich aus der unschädlichen 
Beseitigung der stark trichinösen und 
finnigen Schweine und der Zwangs- 
kochung der schwach trichinösen und 
finnigen Tiere. Wie aus nachstehender 
Tabelle hervorgeht, ist die Abnahme der 
trichinösen und finnigen Schweine in der 
Rheinprovinz besonders groß. 

Betrachtet man die Ergebnisse der 
Trichinenschau im ganzen preußischen 
Staat, so ergibt sich, daß in den Jahren 
1885—1889 auf je 10 000 untersuchte 
Schweine fünf und mehr trichinöse ent- 
fielen, und daß in den Jahren 1890—1897 
diese Zahl nur etwa zwei bis vier und 
seitdem wenig mehr als eins betrug. 

Die Trichinenschau muß daher als 
eine wichtige prophylaktische Maßregel 
auf dem Gebiete der Nahrungsmittel- 
hygiene bezeichnet werden. 





1885 


1895 


1907 


Provinz 


Trichinöse 

Schweine 

% 


Finnige 

Schweine 

% 


Trichinöse 

Schweine 

% 


Finnige 

Schweine 

% 


Trichinöse 
Schweine 


Finnige 
Schweine 


Westfalen . . . 
Hessen-Nassau . 
Rheinprovinz . . 


0,004 

0,03 

0,01 


0,10 
0,06 
0,23 


0,002 
0,003 
0,01 


0,02 
0,03 
0,10 


0,0003 

0,003 

0,0004 


0,005 
0,007 
0,004 



Obwohl durch die einfache Maßnahme 
des Garkochens und Garbratens jeder 
Konsument sich selbst gegen die Gefahr 
der Trichinosis schützen kann, und der 
Genuß rohen oder halbgaren Fleisches 
hauptsächlich in den östlichen Provinzen 
verbreitet ist, so zeigt doch die Geschichte 
der Trichinenepidemien, daß auch im 
Westen des preußischen Staates der 
Genuß rohen Fleisches eine Rolle spielt. 



Erwähnt seien die Trichinenepidemien 
von Niederzwehren bei Kassel im Jahre 
1877, wo die Hälfte der Einwohnerschaft 
erkrankte, die Epidemie von Barmen im 
Jahre 1880 mit über 100 Erkrankungen, 
die Epidemie von Höxter im Regierungs- 
bezirk Minden im Jahre 1877 mit 52 Er- 
krankungen. Aus dem Regierungsbezirk 
Düsseldorf^) wird berichtet, daß jährlich 
gegen 20 Fälle von Trichinosis vorkommen. 



- 375 - 



Die Gesamtzahl der Erkrankungen und 
Todesfälle an Trichinose betrug in den 



einzelnen Provinzen, soweit ich nach den 
Literatürangaben feststellen konnte: 



Ort 




Zahl der 
Erkrankten 



.^5 I 



Ursache 



Rgbz. Minden: 
Lippspringe^) . . 



Minden »0) 
Höxter 9) 



Minden ^0 

Minden 9) 

llgbz. Arnsberg: 

Altena") 

Provinz Westfalen . . 

Rgbz. Kassel: 
Langenhain b.Eschwcge^^) 

KassePä) 

Ni ed erzwehren *3) 



Fulda 1*) . 
Homberg^*) 



Rgbz. Wiesbaden: 
Frankfurt a. M. ^ß) . . 
Frankfurt a. M.i^ . . 
Prov. Hessen-Nassau 

Rgbz. Köln: 

Honnef»«) 

Köln »8) 

Köln 19) 



Köln^o) 

Rgbz. Dasseldorf: 

Barmen 21) 

Dasseldorf ^'a) . . . . 

Rheinprovinz . . . 



1876 

1876 
1877 

1877 

1878 

1891 
1876-91 

1865 
1865 
1877 

1900 
1903 

1873 

1895 

1865—1903 

1865 
1878 
1882 

1883 

1880 

1891 

1865-91 



1 


_ 


3 





52 


— 


1 


— 


1 


— 


40 





98 


— 


2 


1 


6 


— 


Hälfte der 
Einwohner- 
schaft 




1 


— 


120 


— 


8 




2 


— 


über 139 


1 


1 


1 


12 


— 


60 Soldaten 


— 


35 


— 


über 100 




60 


— 


über 268 


1 



Genuß voji aus Schlesien bezogenen Wild- 
schwoinfleisch. 



Genuß von aus Braunschweig bezogener 

Mettwurst. 
Absichtlicher Genuß rohen trichinen- 

haltigen Schweinefleisches, 
desgl. 

— Pflichtvergessenheit des Trichinenschauers. 



Absichtlicher Genuß rohen trichinen- 

haltigcn Schweinefleisches. 
Genuß wahrscheinlich eingeschmuggelten, 

nicht untersuchten Schweinefleisches. 



Berücksichtigt man ferner, daß der 
jährliche Zuzng der Bevölkerung nach 
dem Westen sich steigert — in den 
Industriegebieten des Westens schwankt 
die Wanderziffer zwischen -\- 34,6 Proz. 
(Zuzug) und — 8,8 Proz. (Abzuges) — , 
und daß die Gewohnheiten auch hin- 
sichtlich des Fleischgenusses nicht mehr 
an politische Grenzen gebunden sind, so 
wird man zugeben müssen, daß trotz des 



Genuß von Mettwürsten^ bereitet aus 
entwendetem trichinenhaltigem Fleisch. 

Genuß ungaren Schweinefleisches gelegent- 
lich einer Hochzeit. 

Genuß roher Brat- und Mettwurst. 



seltenen Vorkommens der mit Trichinen 
behafteten Schweine die Gefahr der 
Trichinosis auch für den Westen nicht 
unbeträchtlich ist. 

Ferner muß mit dem Umstand ge- 
rechnet werden, daß Schweine alljährlich 
aus dem Osten, wo die Trichinen bei 
Schweinen, wie nachgewiesen, viel häufiger 
sind als im Westen, nach dem Westen 
importiert werden. So betrug der 



376 — 



Schweineversand^) im Jahresdurchschnitt 
aus Ost- und Westpreußtn nach: 



Provinz 



Hessen-Nassau . . . 
Ruhrrevier (Westfalen) 
Ruhrrevier (Rheinpr.) . 

Westfalen 

Rheinprovinz r. d. Rh. . 
Rheinprovinz 1. d. Rh. . 

Aus Berlin nach: 



Zahl der eingeführten 
Schweine 

1886/901891/95 1896/98 



21 
51 



1488 

101 

648 

12 

87 



5 851 

112 

344 

93 

544 

1074 



Provinz 



Hessen-Nassau . . . 
Ruhrrevior (Westfalen) 
Ruhrrevier (Rheinpr.) . 

Westfalen 

Rheinprovinz r. d. Rh. . 
Rheinprovinz 1. d. Rh. . 



Zahl der eingeführten 
Schweine 

1886/90^1891/95 1896/98 



2 542 
256 

3 649 
1398 

259 
141 



1161 

948 

1087 

3343 

18 

302 



3157 
3492 
3 905 

790 
28 

700 



Aus der Provinz Sachsen, wohin die 
größte Einfuhr aus dem Osten stattfand, 
wurden importiert, aus Magdeburg nach: 



Hessen-Nassau . . . 
Ruhrrevier (Westfalen) 
Ruhrrevier (Rheinpr.) . 

Westfalen 

Rheinprovinz r. d. Rh. . 
Rheinprovinz 1. d. Rh. . 



108 


1725 


— 


147 


175 


424 


— 


124 


— 


4 


216 


261 



12 685 

266 

2153 

116 

89 

179 



Aus Merseburg, Erfurt und den 
thüringischen Staaten nach: 



Hessen-Nassau . . . 
Ruhrrevier (Westfalen) 
Ruhrrevier (Rheinpr.) . 

Westfalen 

Rheinprovinz r. d. Rh. . 
Rheinprovinz 1. d. Rh. . 



1515 


738 


7 


5 


475 


118 


78 


35 


8 


3 


400 


21 



340 
5 

48 

18 

2 

22 



Im Verhältnis der Zunahme dieser 
Einfuhr von Schweinen aus dem Osten 
dürfte sich in Anbetracht der Häufigkeit 
der Trichinen bei Schweinen in den öst- 
lichen Provinzen die Gefahr der Trichinose 
für den Westen erhöhen. Schon dieser 
Umstand im Zusammenhalt mit der Tat- 
sache, daß in den westlichen Provinzen 
Schweinefleisch auch roh und halbgar 



verzehrt- wird, dürfte vorläufig einer ernst- 
lichen Erwägung der Frage der Aufhebung 
der Trichinenschau in den westlichen 
Provinzen Preußens hindernd im Wege 
stehen. 

Die Trichinenschau hat für die west- 
lichen Provinzen noch den großen Nutzen, 
daß sie gleichzeitg bei den Hausschlach- 
tungen, die von der Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau ausgenommen sind, die 
Ermittelung der gesundheitsschäd- 
lichen Finnen sichert. 

In den westlichen Provinzen hat die 
gesundheitsschädliche Schweinefinne eine 
verhältnismäßig große Verbreitung. In 
bezug auf die Zahl der als finnig 
ermittelten Schweine stehen diese 
Provinzen etwa auf dem Durchschnitt 
des Staatsgebiets. Daher haben die west- 
lichen Provinzen ein gi'oßes Interesse an 
der Tilgung der schädlichen Schweinefinne. 

In Preußen *^) entfallen jetzt auf 10 000 
Schweine 10,44 finnige, während in den 
achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts 
die Zahl noch 30 betrug. Ohne die 
Trichinenschau würden wir heute wahr- 
scheinlich auf 10 000 Schweine etwa 5,5 
trichinöse und 30 finnige und insgesamt 
bei einer jährlichen Schlachtungszahl von 
10 Millionen Schweine etwa 36 000 trichi- 
nöse und finnige haben. Tatsächlich sind 
in den letzten Jahren aber nur 5000 
Schweine wegen Trichinen und Finnen 
beanstandet worden. Es resultiert also 
ein Gewinn von mehr als 30 000 ge- 
sunden Schweinen, sicherlich ein sehr 
beachtlicher wirtschaftlicher Erfolg der 
Trichinenschau! 

Die Gegner der Trichinenschau mögen 
an das Beispiel von Linden bei Han- 
nover erinnert sein. Dort kam nach 
Einführung der Trichinenschau im Jahre 
1866 kein Fall von Trichinosis vor. Als 
man aber diese Maßnahme wieder ein- 
gehen ließ, weil man sie für überflüssig 
hielt, war die Folge die Trichinenepidemie 
im Jahre 1874, bei der mehr als 400 
Menschen erkrankten und 40 starben, *^ 



— 377 — 



Aus allem erhellt, daß die Trichinen- 
schau im Königreich Preußen sowohl in 
den westlichen Provinzen, als auch im 
ganzen preußischen Staat die erwarteten 
gesundheitlichen und daneben auch wirt- 
schaftlichen Erfolge gezeitigt hat, die die 
Aufwendungen für die Maßregel voll recht- 
fertigen. 

Sollen diese Erfolge von Dauer sein 
und die Geldmittel, die bisher ausge- 
geben sind, nicht verloren gehen, so ist 
es nötig, den einmal aufgenommenen 
Kampf gegen die Trichinen und Finnen 
solange fortzuführen, bis diese gesund- 
heitsschädlichen Schmarotzer ausgerottet 
sind. Da Preußen von der Einfuhr von 
Schlachtschweinen und von Schweinefleisch 
aus dem Ausland, das eine Trichinenschau 
nicht besitzt, immer unabhängiger wird, 
steht die Ausrottung der Trichinen und 
der gesundheitsschädlichen Schweinefinnen 
nach den bisher gemachten Erfahrungen 
mit Sicherheit zu erwarten. 

Literatur. 

1) VierteljahrBSchrift für gerichtliche Medizin, 
Bd. 28, S. 149; Bd. 30, S. 175; Bd. 32, 
S. 127: Bd. 34, S. 166 und S. 335; Bd. 37, 
S. 345; Bd. 39, S. 335; Bd. 43, S. 305; 
Bd. 44, S. 385. 

2) Ellenberger-SchUtz, Jahresberichte, IV. 
Jahrg., S. 78. 

3) Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund- 
heitsamts 1891, S. 244; 1894, S. 208; 1895, 
S. 347; 1896, S. 790. 

4) Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene, 
VIII. Jahrg., S. 235; IX. Jahrg., S. 36; 
X. Jahrg., S. 272; XI. Jahrg., S. 155; 
XII. Jahrg., S. 152; XIII. Jahrg., S. 253; 
XIV. Jahrg., S. 152. 

5) Berliner Tierärztliche Wochenschrift 1905, 
S. 757. 

6) Statistische Korrespondenz 1904/5 und 1906, 
XXXII. Jahrg., Nr. 17, 29, 42, 6; XXXIIL 
Jahrgang. 

7) Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medizin, 
Bd. 42, S. 111. 

8) Sanitatswesen des preußischen Staates 1897, 
S. 188. 

9) Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medizin 
1878, S. 149; Bd. 30/31, S. 175; Bd. 32/33, 
S. 131. 

10) Deutsche Zeitschrift für prakt Medizin 1876. 



11) Sanitätswesen des preußischen Staates 
1889/91, S. 188. 

12) Schmidts Jahrbücher, Bd. 130, S. 197; 
Bd. 130, S. 117. 

13) Ostertag, Handbuch der Fleischbeschau 
1899, S. 488. 

14) Zeitschrift far Fleisch- und Milchhygiene 
X. Jahrg., S. 223. 

15) Gesundheitswesen des preuß. Staates 1903, 
S. 30. 

16) Schmidts Jahrbücher, Bd. 97/98, S. 300. 

17) Ellenberger-Schütz, Jahresberichte, XVI. 
Jahrg., S. 205. 

18) Schmidts Jahrbücher, Bd. 130, S. 117.; 
Bd. 191, S. 83. 

19) Deutsche militärärztl. Zeitschrift, XII. Jahrg., 
S. 1. 

20) Schmidts Jahrbücher 1884, S. 203. 

21) Deutsche med. Wochenschrift, VIII. Jahrg., 
S. 34. 

22) Sanitätswesen des preuß. Staates 1889/91, 
S. 188. 

23) Zeitschrift des Kgl. Statistischen Bureaus 
1902, S. 273. 

24) Schnitze, Deutschlands Vieh- und Fleisch- 
handel, II. T., 1900. 

25) Reichstags-Verhandlungen, Bd. IV, S. 502. 

26) Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene, 
VI. Jahrg., S. 121. 



Die Trichinenschau mit Hiife des 
Trichinoskopes. 

Von 

Klein-Lennep, 

Schlacbthofdirektor. 

Auf Anregung des Herausgebers dieser 
Zeitschrift habe ich im Jahre 1902/03 
längere Versuche über Trichinenschau mit 
dem Ze iß sehen Trichinoskop nach 
Dr. Kabitz gemacht. Dabei wurde ich 
von der Absicht geleitet, für den hiesigen 
Schlachthof, der ohnehin stets städtischen 
Zuschuß braucht, die Trichinenschau 
billiger und auch schneller auszuführen. 
Wie weit beides mit Hilfe des Trichino- 
skopes ohne Schaden für die Sicherheit 
der Untersuchungen möglich ist, mag 
nachstehender Bericht lehren, den ich 
seinerzeit als Endergebnis meiner Ver- 
suche an die Königl. Regierung in Düssel- 
dorf erstattet habe. Wie sehr der Ver- 
such die Aufsichtsbehörde interessiert hat, 
mag daraus erhellen, daß während der 



— 378 — 



Zeit der Versuche der zuständige De- 
partementstierarzt in Begleitung eines 
weiteren Eegierungsvertreters zweimal zur 
Besichtigung hier war. Beide Herren 
sprachen sich über das Gesehene sehr an- 
erkennend aus. Ich machte darauf an 
die Regierung eine Eingabe, den Apparat 
zur direkten Untersuchung auf Trichinen 
auch durch besonders ausgebildete Laien- 
Trichinenschauer unter steter Aufsicht 
von Tierärzten an Schlachthöfen benutzen 
zu dürfen. Es traf darauf die Antwort ein, 
daß die Vorzüge des Trichinoskopes wohl 
anerkannt würden, es müsse aber vor end- 
gültiger Genehmigung nochmals ein 
längerer Versuch als Nachbeschau der 
untersuchten Proben stattfinden und über 
das Ergebnis berichtet werden. Da ich 
die bisherigen, langdauernden Unter- 
suchungen stets außerhalb der Dienst- 
stunden machen mußte, stellte ich bei 
der Stadt den Antrag, mir für die weiteren 
Versuche eine Hilfskraft zu stellen. Der 
Stadt schien indessen die Verheißung der 
Regierung zu ungewiß, und man beschloß, 
für den Montag einen weiteren Trichinen- 
schauer heranzuziehen, was bei Benutzung 
des Trichinoskopes unnötig gewesen wäre. 
Leider ist damit die Angelegenheit für 
den hiesigen Schlachthof zu Grabe ge- 
tragen worden. In der Zwischenzeit ist 
auf dem Schlachthofe zu Aachen weiter 
mit dem Trichinoskop gearbeitet worden. 
Herr Kollege Bock el mann hat über die 
Ergebnisse schon einmal im November- 
heft 1903 dieser Zeitschrift, S. 53, be- 
richtet. Man scheint nun auch anderwärts 
der Frage der Projektions-Trichinenschau 
näher treten zu wollen, wie mir die in 
letzter Zeit mehrfach erfolgten Anfragen 
über die hiesigen Erfahrungen beweisen. 
Als Antwort auf weitere Fragen ver- 
öifentliche ich nachfolgend meinen seiner- 
zeitigen Bericht. Er ist zum Teil noch 
für die Vorschriften zugeschnitten, wie 
sie zu der Berichtszeit, also vor Ein- 
führung der allgemeinen Fleischbeschau, 
im Regierungsbezirk Düsseldorf für die 



j Trichinenschau bestanden. Es sind darin 
' aber doch die Verhältnisse des neuen 
' Fleischbeschaugesetzes, die bei Abfassung 
des Berichtes gerade erst bekannt wurden, 
in Betracht gezogen. Eine Beschreibung 
des Apparates erübrigt sich, da eine 
solche in dem Januarheft 1903 dieser 
Zeitschrift, S. 107 und 111, und im 
Maiheft 1906, S. 255, eingehend ge- 
geben ist. 

Bericht, betrelTend die AvefOhnang der Tricbinen- 

•cbau mit Hilfe des K. ZeiGecben Tricbineeliops 

(Projeictionsapparat) nach Dr. Kabitz. 

Der vor einem halben Jahr am hiesigen 
Schlachthof aufgestellte Projektionsapparat ist 
bisher zur Kontrolle der Trichinenschauer benutzt 
worden und hat sich dafür so gut bewährt, daß 
von hier aus jetzt ohne Bedenken der Gebrauch 
desselben zur direkten Untersuchung empfohlen 
werden kann. Die mechanischen Vorrichtungen 
des Apparates haben vorzüglich funktioniert, 
die elektrische Bogenlampe ist an die Dynamo- 
maschine des Schlachthofes angeschlossen, und 
es haben diese Einrichtungen zu Beschwerden 
keinerlei Anlaß gegeben. 

Die Dynamomaschine und die Bogenlampe 
besorgt der Maschinist des Schlachthofes. Die 
Beschau, als Nachuntersuchung, hat bisher 
der tierärztliche Leiter des Schlachthofes selbst 
ausgeführt oder unter seiner Aufsicht von 
den Trichinenschauem ausführen laasen. Die 
Trichinenschauer sind jetzt hinreichend mit dem 
Apparat vertraut gemacht und können denselben 
absolut sicher bedienen. Die Ausführung der 
Beschau kann weiterhin dem Trichinenschau- 
personal, nachdem es den Apparat eingehend 
kennen gelernt hat, ohne Bedenken übertragen 
werden, die Handhabung ist für den mit dem 
Mikroskop einigermaßen Vertrauten spielend 
leicht. Einer der hier beschäftigten Trichinen- 
schauer, der vorzügliche Sehschärfe besitzt, zählt 
im Augenblick aus jedem mit dem 50 mm Planar 
auf einmal projizierten haferkorngroßen Stück- 
chen die Anzahl der Trichinen in einer Ent- 
fernung von 2—3 m vom Schirm. Um aber 
jedes Auge in passende Entfernung vom Schirm 
bringen zu können, sind die Fembewegungen 
des Apparates vom Berichterstatter so ver- 
längert worden, daß der Untersuchende direkt 
am Schirm sitzen und von dort ans bequem 
die Fortbewegung des Kompressoriums und die 
Feineinstellung besorgen kann. Als Schirm, 
auf den das Bild projiziert wurde, ist hier 
zunächst ein großes, glattes Brett mit darüber- 
gespanntem, weißem Papier benutzt worden. 



— 379 — 



Es ist jedoch später als nicht praktisch wieder 
beiseite gesetzt worden. Der Aufstellangsraum war 
während des Winters geheizt, nnd infolgedessen 
hatte sich das Brett mit dem Papier beulig ge- 
zogen. Dadurch wurde für verschiedene Stellen 
des Präparats wegen ungleicher Höhe eine ver- 
schiedene Einstellung nötig, was zeitraubend 
war. Jetzt wird die Projektion auf eine glatte, 
zu dem Zweck hergestellte Gipsplatte, die mit 
Emaillefarbe überstrichen ist, geworfen. Diese 
Platte bleibt dauernd glatt, wodurch eine mög- 
lichst einheitliche Mikroeinstellung für das ganze 
Gesichtsfeld erzielt wird. Aus demselben Grunde 
ist es vorteilhaft, die Linse möglichst parallel 
zum Schirm zu stellen. 

Was nun die Deutlichkeit des Bildes 
und das Auffinden von Trichinen anbetrifft, 
so ist es für einen geschulten Trichinenschauer 
fast unmöglich, in einem Präparat befindliche 
Trichinen zu übersehen, ja, Laien, die nie 
Trichinen gesehen hatten, suchten, nachdem sie 
kurz belehrt waren, jede einzelne Trichine aus 
dem Präparat heraus. Die Muskelfasern, etwa 
vorhandene Nerven oder Blutgefäße sind scharf 
und deutlich zu erkennen und es ist das ganze 
Projektionsbild eines haferkomgroßen Stückchens 
auf einmal mit einem Blick zu übersehen. 
Gerade in der Übersicht eines ganzen, haferkom- 
großen Stückchens auf einmal liegt die über- 
wiegende Sicherheit der Projektionsbeschau vor 
der mikroskopischen. Es kann bei ersterer kein 
Teil dieses Stückchens Übersehen werden, wie 
es bei letzterer vorkommen kann. Der Bericht- 
erstatter ist zu demselben Ergebnis gekommen 
wie es die Technische Deputation für das 
Veterinärwesen in ihrem Gutachten schon nieder- 
legte, nämlich, „daß die Prüfung der Projektions- 
bilder auf die Gegenwart von Trichinen wenig 
ermüdend und das von Kabitz angegebene Er- 
mittelungsverfahren sich empfiehlt, weil es tat- 
sächlich in seiner Ausführung sicherer ist, als 
die mikroskopische Untersuchung^. Dieser volle 
Erfolg gilt für die Untersuchung frischen und 
frisch gepökelten (Salz-) Fleisches. Anderes 
konserviertes trichinöses Material konnte wegen 
Fehlens solchen nicht zur Untersuchung ge- 
bracht werden, es müssen dafür späterhin noch 
weitere Prüfungen vorgenommen werden. 

Im ersten Bericht (ich hatte dem vorliegenden 
schon einen kurzen Bericht vorausgeschickt) 
schlug Referent vor, in 36 je 1 qcm große Felder 
eingeteilte Kompressorien zu verwenden, um in 
jedes ein halbhaferkomgroßes Stückchen legen 
und zu 1 qcm ausquetschen zu können, wodurch 
die im Kegierungsbezirk Düsseldorf geforderte 
36 qcm große Fläche zur Untersuchung gebracht 
würde. Von dieser Ansicht ist Unterzeichneter 



jedoch wieder abgekommen. Die hiesige Unter- 
suchung hat nämlich einwandfrei ergeben, daß 
selbst haferkombreite und mindestens 1 V2 hafer- 
kornlange Stückchen von dem mit einem Zeiß- 
schen 50 mm Planar (Jena) ausgerüsteten Apparat 
bequem auf einmal projiziert werden, ohne daß 
bei der Quetschung benachbarte Stückchen in- 
einander übergreifen und ohne daß ein Heben 
und Senken des Präparats oder eine seitliche 
Verschiebung zur Totaluntersuchung des einzelnen 
Stückchens nötig wird. Das Projektionsbild 
jedes einzelnen Stückchens von angegebener 
Größe ist mit einem Blick in toto auf die Gegen- 
wart von Trichinen zu prüfen. Es ist das ein 
großer Vorteil der Z ei ß sehen Linse, die bei 
2 m Schirmabstand eine 40 fache Vergrößerung 
liefert. Die Vergrößerung kann durch Abrücken 
oder Anrücken des Apparates an den Schirm 
vermehrt oder verringert werden, ohne daß die 
Umrisse der einzelnen Stückchen über das durch 
Mechanik eingestellte Gesichtsfeld hinausragen. 
Dadurch ist der Mangel, der bei Prüfung durch 
die Technische Deputation für das Veterinär- 
wesen dem Apparat noch anhaftete, nämlich die 
Projektion eines nicht größer als halbhaferkom- 
großen Stückchens, auf einmal beseitigt. Bericht- 
erstatter schlägt deshalb jetzt vor, für die mit 
Z e i ß sehen 50 mm-Planar ausgerüsteten Apparate, 
die Untersuchung 24 haferkornbreiter und 
1— IVa haferkornlanger Stückchen vor- 
zuschreiben und die Untersnchungszeit 
für die 24 Stückchen auf 3—4 Minuten 
festzusetzen, in welcher Zeit die 24 Felder des 
Kompressoriums absolut sicher auf die An- 
wesenheit von Trichinen geprüft werden können. 
Es ist diese Tatsache ebenfalls schon in dem 
Gutachten der T. D. f. d. V. niedergelegt, aller- 
dings nur für die Untersuchung halbhaferkorn- 
großer Stücke. Durch die Untersuchung hafer- 
kornbreiter und l—lVs haferkornlanger Stückchen 
auf einmal, wie es das Zeißsche Planar er- 
möglicht, wird die Zeitdauer des Überblickes im 
Vergleich mit der für die Beschau nur halbhafer- 
korngroßer Stückchen nicht beeinflußt. Es ge- 
nügt deshalb dieselbe Zeit auch für die Unter- 
suchung der größeren Stückchen. 

Durch die Untersuchung der Anzahl und 
Größe der Stückchen, wie sie im Bericht für die 
Projektionsbeschau vorgeschlagen werden, wird 
die Menge des im Regierungsbezirk Düsseldorf 
(mit 36— -40 qcm vorgeschriebener Fläche) durch 
das Mikroskop zu untersuchenden Fleisches noch 
übortroffen und mindestens der für ausländisches 
Fleisch (also jetzt auch für inländisches Fleisch) 
durch die neuen Fleischbeschanbestimmungen vor- 
geschriebenen Quantität gleichgestellt. Rechnet 
man dazu noch, daß, wie bereits einmal aus 



— 380 



dem Gntachten der T. D. f. d. Y. zitiert und wie 
Unterzeichneter es auch fand, „das Projektions- 
verfahren viel sicherer in seiner Ausführung ist 
als die mikroskopische Beschau^, so fallen wohl 
sämtliche sanitären Einwände gegen die Sicher- 
heit des Verfahrens, soweit es sich um frisches 
oder frisch gepökeltes Fleisch handelt, weg. 

Was die wirtschaftlichen Vorteile der Pro- 
jektionsbeschau betrifft, so liegen diese, wie schon 
im Vorbericht (an die Königl. Regierung) aus- 
geführt, in der schnelleren und mit weniger 
Personal auszuführenden Untersuchung derselben 
Anzahl von Schweinen. Rechnet man für die 
Projektionsbeschau 3—4 Minuten und ebenfalls 
4—5 Minuten für das Auflegen des Präparates, 
so sind mit der acht Minuten dauernden Unter- 
suchung schon zehn Minuten Zeitersparnis gegen 
die 18 Minuten dauernde Untersuchungszeit für 
ausländische Schweine pro Stück gewonnen. £s 
macht das auf die zirka 30 hier Montags zur 
Schlachtung kommenden Schweine 10 X 30 = 
300 Minuten = 5 Stunden. Nun erst die Zeit- 
ersparnis, so lange noch bei inländischem Fleisch 
länger als 18 Minuten, z. B. im Regierungsbezirk 
Düsseldorf 30 Minuten ohne Vorpräparieren, 
untersucht werden muß; da macht die Zeit- 
ersparnis für ein Schwein zirka 20—25 Minuten 
aus. Besonders für kleine, aber auch für größere 
Schlachthöfe ist das auch nach anderer Richtung 
noch wichtig. Es sind dort vielfach nicht 
genügend Aufhängehaken für alle Schweine zu- 
sammen, besonders an starken Schlachttagen. 
Vor abgeschlossen er Trichinenuntersuchung sollen 
die Schweine aber nicht entfernt werden, 
woraus bei der langen Dauer der Untersuchung 
vielfach Unannehmlichkeiten entstehen. Die 
schnellere Projektionsbeschau hilft dem Übel- 
stande wesentlich ab. Auch den Metzgern er- 
wächst durch die schnellere Abfertigung großer 
Vorteil, einmal durch die Zeitersparnis und be- 
sonders aber im Sommer, wenn das Fleisch 
möglichst schnell in die Eühlräume geschafft 
werden muß, was aber vor definitiver Unter- 
suchung auf Trichinen nicht angeht. 

Endlich kommt noch die Billigkeit der Aus- 
führung in Betracht. Ein Mann kann, wie 
im ersten Bericht schon näher erörtert, bequem 
40 Schweine an einem Tage untersuchen. „Es 
ist**, wie auch das Gutachten der T. D. f. d. V. 
sagt, „die Prüfung der Projektionsbilder auf die 
Gegenwart von Trichinen viel weniger ermüdend, 
als die mikroskopische Untersuchung der Präparate, 
so daß ein und derselbe Beschauer mit Hilfe 
des neuen Apparates eine beträchtlich größere 
Zahl von Proben an einem Tage zu erledigen 
vermag, als bei der früheren Art der Unter- 
suchung.^ Jetzt darf ein Mann nicht mehr als 



10 Schweine pro Tag untersuchen. (Derzeitige 
Bestimmung im Regierungsbezirk Düsseldorf.) 
Es sind also bei den ca. 30 hier an einem Tage 
zur Schlachtung kommenden Schweinen drei 
Trichinenschauer nötig. Die Projektionsbeschau 
für diese Anzahl Schweine können zwei Mann 
bequem besorgen. Einer fertigt die Präparate 
an — eine Arbeit, die sich durch Konstruktion 
eines Schneideapparates nach Art der Mikrotome, 
wahrscheinlich noch wesentlich vereinfachen und 
schneller ausführen ließe — und der andere 
projiziert dieselben. Dabei kann derjenige, der 
die Präparate anfertigt, noch die Lampe bedienen. 
Meist braucht mit dieser Arbeit jedoch nach 
einmaligem Inbetriebsetzen und vorheriger ordent- 
licher Instandsetzung gar nicht gerechnet zu 
werden. Hier ist es nach Einsetzen neuer Kohlen- 
stifte zu Beginn der Untersuchung nie nötig 
gewesen, sich während der Beschau von ca. 30 
Schweinen überhaupt um die Lampe zu kümmern ; 
sie arbeitete mit Einschalten des elektrischen 
Stromes stets tadellos. 

Nach Untersuchung von 40 Schweinen in 
je vier also in 160 Minuten kann dann ein 
Wechsel in der Tätigkeit eintreten; der zweite 
Mann besorgt dann die Projektion und der erste 
das Präparieren. Auf diese Weise können von 
zwei Personen in ca. 3 -|- 3 Stunden 80 Schweine 
ohne Anstrengung der Untersuchenden beschaut 
werden. In derselben Zeit — also 860 Minuten — 
werden bei 18 Minuten Beschauzeit 360 : 18 = 20 
Schweine von jedem Beschauer, also die Hälfte, 
durch das Mikroskop fertiggestellt, ein Umstand, 
der die Anwendung der Projektionsbeschau auch 
für den Großbetrieb wohl genügend empfiehlt. 
Aber nicht nur Zeit, sondern auch Gelderspamis 
erwächst daraus; wenn jetzt für 80 Schweine 
vier Beschauer nötig sind, die, nach den neuen 
Bestimmungen in je 18 Minuten vier Schweine und 
20 Schweine im ganzen untersuchen, so werden die- 
selben die 80 Schweine in 20 X 18 = 360 Minuten 
oder sechs Stunden bewältigen. Dieselbe Arbeit 
leisten aber mit dem Projektionsapparat zwei 
Leute in derselben Zeit, wodurch eine wesentliche 
Ersparnis an Personal und damit an Geld eintritt 
Hier bekommen die Trichinenbeschauer 0,50 M. 
pro Schwein, macht auf 80 Schweine wöchent- 
lich =80.52 =4160 Schweine jährlich = 2080.00 M. 
Durch Wegfall zweier Beschauer entsteht ein 
jährlicher Gewinn von 1040.00 M., da die Be- 
schauer für die leichtere Ausführung der Pro- 
jektionsbeschau mit M. 0.50 für je 2 Schweine 
sehr gut bezahlt sind. Der Verbrauch an elek- 
trischem Strom, Ersatz an Kohlenstiften, die 
Verzinsung und Abschreibung für den Apparat 
werden diesen Gewinn bei weitem nicht aus- 
gleichen. 



— 381 



Der Apparat ist also nach jeder Richtung 
hin zu empfehlen. 

Zusammenfassend ergibt sich aus den hier 
gemachten Versuchen: 

y,Daß die Untersuchung von frischem und 
frisch gepökeltem Sehweinefleisch auf Trichinen 
vermittelst des von der Firma Karl Zeiß, Jena^ 
hergestellten Triehinoskops nach Dr. Kahitx viel 
sicherer ist, als die mikroskopische Beschau (in 
bexug auf Auffinden von Trichinen), und daß sieh 
durch dieselbe gegenüber der mikroskopischen Be- 
schau erhebliche Zeü- und eider spamisse erxielen 
lassen,*^ 

Der Unterzeichnete bittet daher, gestatten 
zu wollen, den bisher nur zur Kontrolle der 
Trichinenschauer benutzten Projektionsapparat 
weiterhin zur direkten Untersuchung auf Trichinen, 
auch durch besonders geschulte Laien unter steter 
tierärztlicher Aufsicht, verwenden zu dürfen. 

Es mag nicht unerwähnt bleiben, daß der 
Apparat von mehreren, die Fleischbeschau aus- 
übenden Tierärzten im Betrieb besichtigt wurde, 
speziell verschiedentlich vom zuständigen Herrn 
Kreistierarzt und vom Herrn Schlachthofdirektor 
Spangenberg- Remscheid. Alle stimmten in 
ihrer Ansicht aberein, daß der Apparat zur 
Trichinenschau in der im Bericht vorgeschlagenen 
Art vorzüglich brauchbar sei. 

Vielleicht gibt mein Bericht die Ver- 
anlassung dazu, daß an anderer Stelle 
nochmals der Versuch gemacht wird, die 
Genehmigung zur Benutzung des sehr 
brauchbaren Apparates zur direkten Unter- 
suchung auf Trichinen zu erlangen. 
Meines Erachtens wird die Genehmigung 
auch auf die Dauer sicher erteilt, beson- 
ders wenn die Versuche mittelst der Pro- 
jektionsbeschau an anderen Stellen auch 
veröffentlicht und die dort sicher eben- 
falls gemachten guten Erfahrungen zur 
Erlangung der Genehmigung verwendet 
werden. In vorzüglichen Ausfuhrungen 
hat ja schon im Maiheft 1906 dieser 
Zeitschrift Schul 1er- Stettin über seine 
ebenfalls gttnstigen Ergebnisse mit dem 
Trichinoskop berichtet 



Vernichtung und Verwertung von 
untauglichem Fleisch. 

Von 

G. Hönnicke, 

Zivilingenieur. 

Über die zweckmäßigste Art der un- 
schädlichen Beseitigung des untauglichen 



Fleisches sind -die Meinungen noch geteilt. 
Es kommen die Verwertung (das sogen, 
thermo-chemische Verfahren) und die Ver- 
brennung in Betracht. Die sanitären und 
gewerbepolizeilichen Bedingungen werden 
von heilen Methoden gleich gut erfüllt. 
Eine Überlegenheit der einen Methode vor 
der andern in diesen zwei Punkten liegt 
nicht vor. Infolgedessen wird der national- 
ökonomische Standpunkt als ausschlag- 
gebender Faktor für die Beurteilung der 
zu wählenden Methode anzusehen sein. 
Der von mir konstruierte Verwertungs- 
apparat (Patent), der sowohl in seinem 
Arbeitsverfahren als auch in gewissen 
Einzelheiten auf Angaben des Herrn Ober- 
tierarztes Goslar in Aachen beruht, ist 
bereits zweimal*) beschrieben worden. Die 
nachstehende Erläuterung soll sich daher 
möglichst kurz auf die Einrichtung und 
den Arbeitsgang der nach mehreren 
Abänderungen endgültig festge- 
stellten Form beschränken. 

Konstruktion des Apparates. Der Apparat a*^) 
besitzt eine hermetisch verschließbare Einfülitar b. 
Durch diese läßt sich Kleinvieh unzerteilt ein- 
bringen; Großvieh muß in Viertel zerlegt werden. 
Bei ist ein großer Deckel aufgeschraubt, welcher 
mit Ösen versehen wird. Wenn unzerteilte Groß- 
viehkörper eingebracht werden müssen, schraubt 
man diesen Deckel ab, hängt ihn mittelst der 
Ösen an eine Laufkatze und fährt ihn bei Seite. 
Ist der Tierkörper eingebracht, so schraubt man 
den Deckel wieder auf. Kleinere Apparate, ins- 
besondere für Schlachthöfe, werden nur bei Bedarf 
auf Wunsch mit dieser Einrichtung zum Ein- 
bringen unzerteilter Großviehkörper versehen. 

Die Beschickung ruht im Appars^t auf dem 
wagerecht drehbaren Rost d. Der Raum unter- 
halb des Rostes ist durch den Doppelboden k 
nach unten abgeschlossen, oberhalb dessen Ruhr- 
arme o sitzen. Der Unterraum besitzt eine Ent- 
leerungstür V. An der höchsten Stelle des Unter- 
raumes befindet sich der Fettabnehmer I, welcher 
in Fig. 2 besonders abgebildet ist. 



*) Zeitschrift für Fleisch- und Milch- 
hygiene, Heft 4, Januar 1907; Deutsche Tier- 
ärztliche Wochenschrift, Heft 15 vom I.April 1908. 
**; Die fettgedruckten Buchstaben beziehen 
sich auf Figur 1, die kursiv gedruckten auf 
Figur 2. 



— 382 — 



Fig. 1. 




- 383 — 



Der Fettabnehmer besitzt ein Gehäuse a, 
vor welchem mittelst des Deckelrahmens b ein 
Schauglas c befestigt ist. Hinter dem Schauglas 
befindet sich ein Kolbenschieber </, welchen man 
mittelst einer Schraubenspindel e auf- und ab- 
bewegen kann. Die Abdichtung der Schrauben- 
spindel erfolgt durch die Stopfbuchse /*, ihre Be- 
wegung durch das Handrad g. Ein Stift an der 
Oberkante des Schiebers d zeigt die Stellung 
des Schiebers am Schauglase an. Da im Apparat 
über der Leimbrühe k die Fettschicht * liegt, so 
schraubt man den Schieber d so hoch, daß das 
oberste Fett bequem über ihn hinüberlaufen 
kann. Durch den geöffneten Hahn k fließt dann 
das Fett in das bereit gehaltene Gefäß aus. 
Durch Niederschrauben des Schiebers folgt man 




dem sinkenden Fettniveau und kann auf diese 
Weise das Fett sauber von der Leimbrühe ab- 
nehmen. 

An den Apparat a, Fig. 1, schließt sich 
oben das BrUdenabzugsrohr an, in welches ein 
Schieber e eingeschaltet ist. Zwischen Apparat 
und Schieber e befindet sich das Manometer. 
In das Brüdenrohr ist ein Ventilator p zum Ab- 
saugen der Dämpfe eingeschaltet. Bei kleineren 
Apparaten ist derselbe entbehrlich ; bei größeren 
Apparaten erfolgt die Absaugung zweckmäßig 
durch eine Luftpumpe. — Durch das Ventil f 
wird Dampf direkt in den Apparat geleitet; 
durch Ventil g wird der Dampf in den Doppel- 
boden k geführt. 

An den Unterraum ist unten ein Schlamm- 
topf r angeschlossen, welcher mit einer Siebwand 
und einem Schlammeimer ausgestattet ist, um 



etwaige grobe Stücke aufzunehmen. An den 
Schlammeimer schließt sich ein Rohr, in dessen 
gerader Verlängerung ein Auslauf Schieber m 
sitzt, während ein senkrechter Abzweig mit einem 
Schieber i in ein kleines Gefäß, den sogenannten 
Meßzylinder 8, mündet. Über diesem befindet 
sich ein Schauglas t und ein Dreiwegehahn h, 
welch letzterer seitlich mit der Dampfleitung 
in Verbindung steht. Über dem Dreiwegehahn h 
führt ein Rohr h' zum Aufnehmer u, welcher 
außerdem oben mit dem Brüdenrohr in Verbindung 
steht, damit auf diesem Wege die Luft ein- und 
austreten kann. 

Der Motor n dient zur Bewegung der inneren 
Einrichtung des Apparates. — Bei w ist schließ- 
lich eine Einfüllöffnung angedeutet, welche zum 
Einbringen der Pflanzen-Trockenfutterstoffe bei 
großen Apparaten vorgesehen wird. Bei kleineren 
Apparaten hat sich das Einbringen der Zusatz- 
stoffe durch die Einfülltür b als zweckmäßig 
erwiesen. 

Betrieb des Apparates. Der Apparat ist ge- 
füllt; beide Türen b und v sind geschlossen. 
Femer sind die Ventile f und g, sowie die 
Schieber m und q geschlossen. Geöffnet bleiben 
die Schieber e und I; der Dreiwegehahn h wird 
in die auf derZeichnung durch Marken angedeutete 
Stellung gebracht, d. h. so gestellt, daß aus der 
Dampfleitung kein Dampf durch den Dreiwege- 
hahn treten kann, aber die Verbindung zwischen 
Schauglafl t und Rohr h' geöffnet ist. Natürlich 
muß auch der Fettablaßschieber am Fettabnehmer f 
geschlossen sein; den Kolbenschieber im Fettab- 
nehmer schraubt man zweckmäßig herunter, damit 
das Schauglas für die Beobachtung frei ist. 
Behufs Inbetriebsetzung öffnet man zunächst eine 
Weile das Ventil g, durch welches hindurch etwa 
in der Dampfleitung angesammeltes Kondens- 
wasser durch den Doppelboden k und den an 
diesen angeschlossenen (nicht dargestellten) 
Kondenstopf hindurch abgeführt wird. Hat man 
auf diese Weise die Dampfleitung entwässert, so 
schließt man Ventil g und öffnet Ventil f. Der 
Dampf tritt in die Beschickung des Apparates 
ein. Die Luft kann auf zwei Wegen aus dem 
Apparat entweichen. Aus dem oberen Raum 
zieht sie durch das Brüdenrohr mit dem geöffneten 
Schieber e ab; aus dem Unterraum zieht sie auf 
dem Wege r, i, s, t, h, h' durch den Aufnehmer u 
ebenfalls zum Brüdenrohr. Wenn die Schieber e 
und I heiß werden, ist die Luft ausgetrieben, 
denn es strömt dann Dampf hier durch. Man 
schließt darauf die beiden Schieber. Der Apparat 
ist jetzt vollkommen abgeschlossen und es ent- 
steht in dems^ben Überdruck. Man kann den 
Apparat verlassen, er bleibt unter Überdruck je 
nach Art der Beschickung 4 bis 5 Stunden stehen. 



— 384 



Der Dampf extrahiert aus den Fleischmassen Fett 
und Leimbrühe, welche sich unterhalb des Rostes d 
auf dem Doppelboden sammeln. 

Nach beendeter Extraktion sperrt man das 
Dampfventil f ab und läßt den Apparat solange 
stehen, bis der Überdruck von selbst verschwunden 
ist. Sehr vorteilhaft geht man so vor, daß man 
die Extraktion nachmittags vornimmt und nach 
der Extraktion den Apparat Aber Nacht stehen 
läßt. Hierbei scheidet sich das Fett über der 
Leimbrühe ausgezeichnet ab, und außerdem er- 
kaltet die Beschickung, so daß beim Fettabziehen 
nicht der geringste unangenehme Geruch ent- 
steht 

Auf die Extraktionsperiode folgt das Ab- 
nehmen des Fettes. Zu dem Zweck öffnet man 
zunächst den Schieber e, damit Luft in den 
Apparat eintreten kann. In welcher Weise darauf 
mittelst des Fettabnehmers die Fettschicht von 
der Leimbrühe abgezogen wird, ist bereits oben 
bei der Erläuterung des Fettabnehmers angegeben 
worden. 

Nunmehr beheizt man durch Öffnen des 
Ventils g den Doppelboden k, bringt die auf 
demselben liegende Leimbrühe zum Kochen und 
setzt den Motor n in Betrieb. Der Rost d dreht 
sich und arbeitet durch den Ringspalt, der sich 
zwischen dem Rost und Apparatmantel a be- 
findet, die festen Rückstände in die Brühe her- 
unter. Im Unterraum werden die zerriebenen 
Rückstände mit der Leimbrühe zu einem gleich- 
mäßigen Brei verrührt, welcher infolge der Be- 
heizung des Doppelbodens durch Eindicken auf 
eine bestimmte Konsistenz gebracht wird. Ist 
der Brei fertig, so schließt man Schieber e und 
öffnet Ventil f. Es tritt wieder Kesseldampf in 
den Apparat und unter dem Druck dieses Dampfes 
wird der Brei durch den Schlammtopf r, welcher 
etwaige grobe Stücke zurückhält, über I, s, t, b, h' 
in den Aufnehmer u hinaufgedrückt. Sobald man 
Dampf durchtreten hört, schließt man Ventil f, 
denn der Brei ist dann aus dem Apparat in den 
Aufnehmer hinübergebracht. Der Motor wird 
wieder in Bewegung gesetzt und bei umlaufendem 
Motor wird eine Portion Pflanzenfutterstoffe und 
eine Portion des Breies in den Apparat gebracht 
Die Einführung der Breiportion geschieht, nach- 
dem die Kleieportion in den Apparat gebracht 
ist, wie folgt Man schließt Schieber I und öffnet 
Schieber q. Aus dem Aufnehmer a fließt dann 
der Brei in den Meßzylinder •. Man beobachtet 
das Schauglas t; sobald in diesem Glase von 
unten her der Brei erscheint, sperrt man Schieber q 
ab. Die aus dem Meßzylinder s vom Brei ver- 
drängte Luft entweicht durch h, h', u. Die Brei- 
portion kann man entweder durch ihre Schwer- 
kraft in den Apparat laufen lassen, indem man 



Schieber I öffnet, oder aber man spritzt sie mittelst 
mäßigen Dampfdruckes in den Apparat, indem 
man nach öffnen des Schiebers I den Dreiwege- 
hahn b so hcrumstellt, daß etwas Dampf aus der 
Dampfleitung von oben auf die Breiportion drückt. 
Die Rührarme o vermischen den Brei sofort 
gründlich mit den Zusatzstoffen und bereits nach 
drei Minuten kann man durch die geöffnete Tür v 
das Futter mittelst des Wurfbleches o' auswerfen 
lassen. Man lehnt die Tür v wieder an und 
gibt eine neue Portion Kleie und Brei hinein usf., 
bis der Inhalt des Aufnehmers u verarbeitet ist 
Der Meßzylinder wird in der Regel so einge- 
richtet, daß der Brei in 12 bis 15 Portionen fertig 
zu machen ist so daß die ganze Futterbereitung 
je nach Umständen Va ^^^ ^ Stunde erfordert 
Das ausgeworfene Futter wird an der Luft unter 
einigem Umschaufeln in dünner Schicht luft- 
trocken gemacht und kann darauf eingesackt 
werden. 

Benutzung des Apparates znn Ausschmelzen 
untangiichen Fettes. Wenn entsprechende Mengen 
untauglichen Fettes vorliegen, kann man dies 
sehr bequem im Apparat ausschmelzen. Man 
füllt das Rohfett von oben ein, so daß es sich 
ebenfalls auf den Rost d stützt Ist der Apparat 
mit Fett beschickt, geht man genau so vor, wie 
beim Beginn der Extraktion von Fleischmassen. 
Man entwässert durch Ventil g und öfhiet Ventif f, 
läßt die Luft durch Schieber e und I entweichen 
und schließt Schieber e und I, so daß im Apparat 
Dampfüberdruck entsteht Nach etwa 2 bis 2Vs 
Stunden ist das Fett extrahiert. Auf dem Doppel- 
boden ruht das Kondcnswasser, über diesem das 
ausgeschmolzene Fett; auf dem Rost d sind die 
Bindegewebsteile usw. zurückgeblieben. Die 
Entnahme des Fettes kann durch den Fettab- 
nehmer I erfolgen. Da es sich aber beim bloßen 
Fettausschmelzen um verhältnismäßig große 
Fettmengen handelt, empfiehlt es sich mehr, 
durch den Schieber m hindurch zunächst das 
Kondcnswasser abzulassen und, sobald dies ent- 
fernt ist, durch denselben Schieber m das Fett 
in bereit gehaltene Gefäße ablaufen zu lassen. 
Hat man das ausgeschmolzene Fett herausge- 
nommen, so arbeitet man in wenigen Minuten 
durch Ingangsetzen des Motors die Gewebsteile 
vom Rost herunter und läßt sie sofort durch die 
Tür V hinauswerfen. 

Die Mischung des Fleischbreies mit 
Pflanzenfutterstoffen bietet folgende Vor- 
teile. Die Aufspeicherung der Leimbrfihe 
in besonderen Rezipienten und ihre Ver- 
arbeitung auf — immer nur minder- 
wertigen! — Leim fällt fort. Zwar 
trennt auch der Podewilssche Apparat 



— 385 — 



die Leimbrähe nicht von den Fleisch- 
massen, sondern trocknet die Leimbrühe 
mit den Fleischmassen zusammen ein. 
Demgemäß dauert aber auch beim 
Podewilsschen Apparat die Trocknung 
außerordentlich lange. Indem nach dem 
Goslarschen Verfahren in meinemApparat 
der Fleischbrei mit Pflanzenfutterstoffen 
versetzt wird, wird die backende und 
klebende Wirkung der Masse, welche auf 
ihren Leimgehalt zurückzuführen ist und 
die Trocknung sehr erschwert, auf- 
gehoben. Die Leimsubstanz wird infolge 
des Überganges in die aufsaugenden 
Pflanzenfutterstoffe leicht verdaulich, 
während reine Fleischmehle mit dem 
Leimgehalt schwer verdaulich sind. Nun 
mischt man allerdings auch reine Fleisch- 
mehle bei der Verabreichung als Futter 
mit pflanzlichen Beigaben. Eine derart 
feine Verteilung des Leimgehaltes im 
Futter wie beim Goslarschen Verfahren 
ist aber bei diesem nachträglichen 
Mischen nicht mehr erreichbar. Das 
Goslarsche Veifahren bildet daher die 
beste Methode zur Verwertung und Halt- 
barmachung der sonst so lästigen Leim- 
brühe. Infolge des Gehaltes an lockeren 
Pflanzenfutterstoffen liegt das neue Futter 
sehr lose und besitzt infolgedessen eine 
ganz vorzügliche Haltbarkeit. Als Zusatz- 
stoffe sind alle beliebigen Pflanzenfutter- 
mittel verwendbar. Vorteilhaft nimmt 
man die örtlich am bequemsten und 
billigsten zu erhaltenden Stoffe und setzt 
diesen einen gewissen Prozentsatz Weizen- 
kleie zu. Die Kleie bietet den wesent- 
lichen Vorteil, daß unangenehme Kadaver- 
gerüche nicht auftreten. Die erwärmte 
Kleie erzeugt vielmehr einen sehr an- 
genehmen Geruch, welcher dem Geruch 
frisch gebackenen Brotes gleichkommt. 
Von besonderem Interesse ist die Frage 
der Rentabilität. Diese ist viel umstritten, 
weil die Freunde des Verbrennungsofens 
eine Eentabilität von Verwertungsanlagen 
insbesondere für Schlachthöfe in Abrede 
stellen. Es ist selbstverständlich, daß sich 



die Verwertung der Konflskate usw. erst 
dann lohnt, wenn eine der Anlage ent- 
sprechende Mindestmenge zur Verarbeitung 
verfugbar ist. Da bei einer Anzahl be- 
stehender Anlagen vermutlich ein Anlage- 
kapital investiert ist, welches nicht im 
richtigen Verhältnis zur verfügbaren 
Rohmaterialmeuge steht, so mögen die 
Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der 
Verwertung durch vereinzelte Beispiele 
wohl gestützt werden. Es ist aber durch- 
aus falsch, die Eentabilität der Ver- 
wertungsanlagen gnindsätzlich zu ver- 
neinen. 

Bei jeder Anlage muß zunächst darauf 
Weit gelegt werden, daß dieselbe nicht 
zu groß eingerichtet wird. Ist ein er- 
hebliches Anwachsen der Konflskatmengen 
vorauszusehen, so sorge man für Platz, 
um später die Apparatur verdoppeln zu 
können, nehme aber keinen Apparat von 
solcher Größe, daß er bereits für die später 
erwartete Leistung ausreicht. Meistens wird 
für Schlachthöfe die Apparatgröße so ge- 
wünscht, daß das wöchentliche Quantum 
an einem Tage verarbeitet werden kann. 
Vom wirtschaftlichen Standpunkte aus 
ist es jedoch richtiger, den Apparat nur 
so groß zu wählen, daß er in jeder Woche 
zweimal in Betrieb kommt. Selbstver- 
ständlich werden immer*Fälle eintreten, wo 
aus örtlichen Gründen die Verarbeitung 
des ganzen Wochenquantums in einer 
Charge vorzuziehen ist. 

Über meine Anlage auf dem städtischen 
Schlachthofe in Aachen liegen mir nun 
Angaben aus dem Tagebuch der Ver- 
wertungsaulage vom 1. Quartal d. J. vor. 
Danach wurden in 17 Chargen ca. 190 
Zentner Organe und 30 Zentner Fleisch 
verarbeitet. An ganzen Tierkörpern be- 
fanden sich darunter: 1 Pferd, 5 Kühe, 
7 Schweine und 3 Kälber. Aus diesem 
Rohmaterial wurden gewonnen: ca. 228 
Zentner Futter und l^j^ Zentner Fett. 
(86% des Eohmaterials waren lediglich 
Organe!) Das Futter, welches vorzüglichen 
Absatz findet, wird in Aachen mit 8,50 M. 



386 — 



für den Zentner verkauft. Das Fett erzielte 
im 1. Quartal d. J. 22 M. für den Zentner. 
(In Aachen wird das Fett keiner be- 
sonderen Klärung unterworfen!) Die 
Betriebsunkosten sind auf 6 M. ins- 
gesamt für die Charge ermittelt worden. 
An Pflanzenfutterstoffen wurde in dem 
genannten Zeitraum nur Weizenkleie 
verwendet und zwar 160 Zentner zu 
6 M. Auf Grund dieser Daten berechnet 
sich das Ergebnis des ersten Quartales 
für die Aachener Anlage wie folgt: 
Einnahmen: 

228 Zentner Futter M. 1938 

7Vs Zentner Fett . „ 165 

M. 2103 
Ausgaben: 
17 (*hargen Betriebskosten . . . . M. 102 

160 Zentner Kleie „ 960 

Zinsen, Amortisation, Unterhaitang 
pro Vierteljahr . „ 140 

M. 1202 



Oberschuß 



901 



Hiernach ergibt sich ein jährlicher 
Überschuß von rund 3600 M. Wie aus 
dem Bericht von Herrn Obertierarzt 
Goslar*) bekannt ist, wird aber ein 
Teil des Materials gar nicht auf Futter 
verarbeitet, sondern auf Dünger. Es 
kann keinem Zweifel unterliegen, daß es 
zweckmäßiger ist, das anfallende Material 
gleich frisch zu .verarbeiten, ehe die 
Verwesung einzusetzen beginnt. 

Die obigen Zahlen des Aachener 
Betriebes sind also insofern noch zu 
niedrig, als bei Verarbeitung sämtlichen 
Materials ohne Ausnahme auf Futter und 
bei Auswahl günstigerer PflanzenstofFe 
als der reinen Weizenkleie sich noch ein 
beträglich höherer Überschuß ergeben 
könnte. Jedenfalls tun aber schon diese 
Zahlen dar, daß eine unbestreitbare gute 
EentabUität vorhanden ist. 

Zugunsten des Verbrennungsofens wird 
nun gern geltend gemacht, daß er keines 
Gebäudes, sondern höchstens eines 
Schutzdaches bedürfe. Es ist sehr frag- 
lich, ob eine derartige Aufstellung der 
Öfen für die Haltbarkeit derselben nicht 



doch sehr nachteilig ist. Es ist meines 
Erachtens auch beim Ofen das einzig 
richtige, ihn gegen die Witterungseinflüsse 
durch ein geschlossenes Gebäude zu 
schützen. Tut man dies nicht, so genügt 
die Amortisationsquote von 5 Proz., mit 
denen beim Verbrennungsofen gerechnet 
werden soll, nicht. Der jüngst erschienene 
Bericht von Herrn Schlachthofdirektor 
Rogner- Nürnberg*) über den neuen 
Koriofen bestätigt dies. Der erste Ofen 
wurde in Nürnberg im Jahre 1892 auf- 
gestellt; derselbe war bereits 1901 un- 
brauchbar geworden, hat also nur neun 
Jahre gehalten. Mit Rücksicht darauf 
würde flir den Ofen eine Amortisation 
mit 12 Proz. erforderlich sein. Jedenfalls 
wird eine geringere Tilgung als die mit 
10 Proz. pro Jahr nicht angesetzt werden 
können. Die vielfach hervorgehobenen 
Unterscheidungen zwischen den Anlage- 
kosten, Amortisation und Unterhaltung 
zw^ischen Verwertungsanlagen und Ver- 
brennungsöfen lassen sich daher als stich- 
haltig keineswegs anerkennen. Tatsächlich 
stellen sich diese Verhältnisse bei beiden 
Beseitigungsmethoden etwa gleich. Nimmt 
man also für einen gleichgroßen Ver- 
brennungsofen einen jährlichen Kohlen- 
verbrauch von 340 M. an und macht 
denselben Ansatz flir Verzinsung, Amor- 
tisation usw., wie er oben gemacht wurde, 
d. h. mit 560 M. pro Jahr, so verursacht 
ein Verbrennungsofen jährlich etwa 900 M. 
Unkosten, während, wie erwiesen, meine 
Aachener Anlage 3600 M. Überschuß 
bringt. Es besteht also in diesem Falle 
zwischen den beiden Methoden ein jähr- 
licher Kostenunterschied von 4500 M, Be- 
rechnet man den Unterschied für 15 Jahre, 
welche Lebensdauer einer Verwertungs- 
anlage mindestens zuzuschreiben ist, so 
ergibt sich die beträchtliche Differenz von 
67 500 M.! 

Es kann hiernach keinem Zweifel 
unterliegen, daß überall dort, wo die 

*) Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene 
Heft 9, Juni 1908. 



— 387 



Rohmaterialmenge ausreichend groß ist, 
um überhaupt einen Überschuß — sei er 
auch noch so klein! — sicherzustellen, 
es falsch sein würde, die Verbrennungs- 
methode anzuwenden, denn es ist nicht 
ein einziger Grund vorhanden, welclier 
es berechtigt erscheinen ließe, die in dem 
für menschlichen Genuß untauglichen 
Rohmaterial noch enthaltenen Werte völlig 
preiszugeben. Bereits, wenn der Erlös 
aus den Produkten die Selbstkosten der 
Vernichtung' mit Sicherheit deckt, ist die 
gegebene Beseitigungsmethode die der 
Verwertung und nicht die der Verbrennung 
zu bloßer Asche. 



Genossenschaftliche Bestrebungen zur 
Forderung der Milchhygiene. 

Von 

C. Meinert-Wandfibek. 
Die Anforderungen, welche die Wissen- 
schaft seit längerer Zeit, ganz besonders 
aber in den letzten Jahren in steigendem 
Maße an die Milchproduzenten bezüglich 
der Beschaffenheit, der fär den öffent- 
lichen Verkehr bestimmten Milch stellt, 
sind vom Standpunkte des Praktikers aus 
durchaus nicht so einfach zu erfüllen, als 
man vielfach glaubt. Die auch in Ge- 
lehrtenkreisen noch vielfach verbreitete 
Meinung, daß der Viehbesitzer wohl in 
der Lage sei, die Zusammensetzung der 
Milch durch entsprechende Auswahl be- 
sonderer Viehrassen und durch geeignete 
Gaben von Futtermitteln nach seinen 
Wünschen zu regeln, ist nicht stichhaltig. 
Wissenschaftliche Autoritäten auf dem 
Gebiete der Viehzucht wie der Milch- 
wirtschaft, wie Lehmann, Kirchner, 
Kühn, Zürn u. a. m., haben den Nach- 
weis auf physiologischem Gebiete, die Ver- 
suchsanstellungen unserer landwirtschaft- 
lichen Hochschulen und gewiegter Prak- 
tiker haben die wirtschaftliche Bestätigung 
dafür erbracht, daß nurdielndividualität 
des einzelnen Tieres bestimmend für die 
Umsetzung des gereichten Futters in 
Milch ebensowohl der Menge, wie der 



Qualität nach ist. Eine Beeinflussung 
durch die Futtergabe aber kommt in dieser 
Richtung nur in so weit in Betracht, als 
bei richtiger Zusammenstellung der ge- 
botenen Nährstoffe, bei einer, den prak- 
tischen Erfahrungen entsprechenden Her- 
stellung des Nährstoffverhältnisses die dem 
Individuum eigenen Anlagen zur Milchab- 
sonderung in vollkommenster Weise nutz- 
bar zu machen sind. 

Eine für die städtische Milchversorgung 
passende Kuh, welche eine, den Ansprüchen 
der Konsumenten, wie der Wissenschaft 
gleichartig genügende Milch absondert, 
beim Ankauf auf ihre Vollkommenheit 
oder Minderwertigkeit hin zu erkennen, 
ist nicht nur sehr schwierig, sondern 
fast unmöglich. 

Gewiß aber haben die erhobenen 
Forderungen zum Teil wenigstens mit 
dahin gewirkt, daß heute mehr und mehr 
in den Kreisen der Züchter durch eine 
fortdauernde Kontrolle der Leistungen 
des verwandten Zuchtmaterials dahin ge- 
strebt wird: nur solche Tiere zur Fort- 
pflanzung zu verwenden, welche in den 
eigenen Eigenschaften hinsichtlich der 
Milchabsonderung den allseitig zutage 
tretenden Anforderungen entsprechen, und 
damit die meiste Gewähr bieten, daß die 
Nachzucht sich in gleicher Weise betätigt. 

Solche Eliteware ist infolge der 
Aussonderung ungeeigneter Tiere, sowie 
der erwachsenden Umstände nur kost- 
spielig zu erzeugen und muß demgemäß 
vom Käufer teuer, sehr teuer bezahlt 
werden. *) 

Immerhin würde der Produzent seine 
Rechnung dabei finden können, wenn ihm 
das Endprodukt, die Milch, seitens des 
Publikums entsprechend bezahlt würde. 

*) Manche andere die Milcherzeugung be- 
einflussende Frage, wie die Erschwernisse der 
LeutebeschafFung, die Steigerung der Eraftfutter- 
mittelpreise, die Ausschaltung von Nutztieren, 
deren Milch bislang unbeanstandet — heute ver- 
pönt wird, und manche andere, die Produktion 
verteuernde Tatsachen seien hier nur hindeutungs- 
weise angeführt. 



— 388 — 



Nicht mit Phantasiepreisen, sondern nach 
Maßgabe des Nährstoffgehalts in derselben 
Höhe, wie andere Nährmittel gebräuch- 
lichster Art anstandslos ihre Bewertung 
finden. Das ist leider nicht der Fall. 
Die Erkenntnis des Notwendigen in dieser 
Sichtung ist beim Publikum durchaus 
nicht mit der Forderung des Nützlichen 
gestiegen. Während alle andern Lebens- 
bedürfnisse, damit auch die für die 
Milchproduzenten und zu dem Betriebe 
einer Milchwirtschaft nötigen Erforder- 
nisse seit etwa 20 Jahren um 30 bis 
60 Proz. gestiegen sind, ist der Milch- 
preis ungefähr derselbe geblieben. Man 
beansprucht auch und hält das für eine 
ganz selbstverständliche Forderung, daß 
er des weiteren so bleibe. Im letzten 
Jahr ist eine kleine Aufbesserung einge- 
treten. Jedoch schon lange vordem traten 
nicht nur die Produktionskosten indirektem 
Widerspruch zu den erzielten Preisen, 
sondern es machte sich seitens des 
Zwischenhandels das fortdauernde Be- 
streben bemerkbar, dem Produzenten noch 
weniger als seither für die Milch zu 
gewähren. 

Aus diesem Banne sich zu befreien 
und sich vor dem unvermeidlichen wirt- 
schaftlichen Niedergange zu schützen, 
schlössen sich dann vielerorts die Milch- 
produzenten zu Vereinigungen zusammen, 
um die Milchpreise angemessen zu ge- 
stalten und zu festigen. 

Derartige Bestrebungen stehen durch- 
aus nicht dem Interesse des Publikums 
entgegen, wenn sie maßvoll arbeiten und 
ihre Forderungen mit der nötigen Festig- 
keit durchzusetzen wissen. 

Eine den Produktionskosten ent- 
sprechende Höhe des Milchpreises ist 
natürlich. Eine über das Maß des 
Berechtigten gehende Steigerung wird 
sofort durch die Konkurrenz der Pro- 
duktion aus weiterer Entfernung wieder 
pai'alysiert werden. Der Wunsch, den 
benötigten Preis hoch zu halten, wird 
sich in dem Bestreben kennzeichnen, 



die Ware durch Gleichmäßigkeit der 
Lieferung in Menge und Güte, sowie durch 
eine besonders gute, die Haltbarkeit be- 
dingende Behandlung bei Gewinnung und 
Transport dem Empfänger besonders 
wertvoll zu machen. Damit wird das 
Angebot minderwertiger Ware, wenn es 
auch zu billigem Preisen erfolgt, mehr 
und mehr zurückgedrängt. 

Aus diesem notwendigen Wettbewerb 
der Produzenten in guter Ware erwächst 
dem Publikum der Vorteil des Erhalts 
wirklich guter Milch in höherem Maße 
als bei stetig . schwankenden Preisen, 
die, durch gegenseitiges Unterbieten 
hervorgerufen, nur für kurze Zeit durch- 
führbar sind, und zwar auf Kosten der 
Güte und Haltbarkeit der Milch, die 
unter dem Bestreben eines Produzenten, 
die Produktionskosten möglichst zu ver- 
ringern, unter allen Umständen Not 
leiden müssen. Die Verbesserung der 
Milchqualität seit dem Zusammenschluß 
der Produzentenvereinigungen steht außer 
aller Frage, wie jeder, der die ein- 
schlägigen Verhältnisse zu beobachten 
Gelegenheit hat, insoweit er ehrlich und 
objektiv urteilt, bestätigen wird. 

Es sollten deshalb solche Vereini- 
gungen, wo sie noch nicht bestehen, 
seitens des Publikums unterstützt und 
gefördert werden. Der erzieherische 
Nutzen, der daraus entspringt, die Vor- 
teile einer ^ erwachsenden Qualitäts- 
konkurrenz, die wirtschaftliche Stärkung 
des einzelnen in dem Zusammenschluß 
kommen der Allgemeinheit zugute! 

Nur derjenige, der etwas hat, vermag 
auch etwas zu geben. Von einer Milch- 
wirtschaft, die durch zu niedrige Milch- 
preise kaum in der Lage ist, die Pro- 
duktionskosten zu decken, kann man 
bUligerweise nicht die Aufwendung voa 
Mitteln verlangen, die nötig sind, - um 
den heutigen Anforderungen betreffs 
Lieferung hygienisch einwandfreier Milch 
Folge zu leisten. Wird das Ideal in 
diesem Sinne für das große Publikum ja 



— 389 — 



überhaupt nie zu en*eichen sein, so muß 
man doch vernünftigerweise zugestehen, 
daß jeder Schritt, der getan wird, um uns 
dem Ziele näher zu bringen, Geld kostet! 

Ein Beispiel dafftr, wie bei wirtschaft- 
licher Stärkung die Interessen der All- 
gemeinheit seitens der für die städtische 
Milchversorgung in Betracht kommenden 
Produzenten gewahrt werden können und 
auch bedacht werden, liefert der „Zen- 
tralverein der Milchproduzenten für 
Hamburg und Nachbarstädte e. V." 

Dieser Verein, im Jahre 1900 ge- 
gründet, um weiteren Schädigungen durch 
zu niedrige und immer noch mehr sin- 
kende Milchpreise vorzubeugen, gewährt 
in erster Linie seinen Mitgliedern Schutz 
gegen die Unverkäuflichkeit der Milch 
zu angemessenem Preise. 

Dies geschieht dadurch, daß die Milch, 
welche nicht zu den vereinsseitig fest- 
gesetzten Preisen zu verkaufen ist, in 
sechs von Vereinsmitgliedem erbauten und 
einigen Privatmeiereien auf Ällgemein- 
kosten verarbeitet wird. Das heißt, die 
Diflferenz zwischen Meiereierlös und Ver- 
kaufswert der Milch in der Stadt wird 
den betreffenden Mitgliedern aus der 
Vereinskasse erstattet. 

Solche DiflFerenzen wurden während der 
ersten sech«r Geschäftsjahre 898 093 M. 
oder jährlich durchschnittlich 166090 M. 
ausgezahlt. Die Mittel hierzu wurden 
durch die Mitglieder aufgebracht, welche 
ihre Milch zu den festgesetzten Preisen 
verkaufen konnten. Es genügte im all- 
gemeinen ein Beitrag von V2 P^- P- Liter 
verkaufter Milch. 

Für diese „Prämie" wurde von den 
Vereinsmitgliedern ein Mehrerlös von 1 ,6 Pf. 
für das Liter Milch gegenüber der Preislage 
vor der Vereinsbildung erzielt und ge- 
wissermaßen gewährleistet. Dieser wirt- 
schaftliche Schutz ist die Grundlage für die 
weiteren Ziele und entsprechende Tätigkeit 
des Vereins. Seine Satzungen besagen: 

„Der Zweck des Vereins ist die Hebung 
der Milchwirtschaft durch Förderung der 



Mitglieder in allen die Milchwirtschaft, 
insbesondere die Behandlung des Milch-' 
viehs, der Milch und der Milcherzeugnisse, 
sowie ihre Verwertung betreffenden 
Fragen." 

Der Aufschwung in Behandlung des 
Milchviehs, Gewinnung und Behandlung 
der Milch machte sich gemäß den früher 
geschilderten und hier günstig wirkenden 
Konkurrenzverhältnissen sehr bald be- 
merkbar. 

Genährt wurden das Streben nach 
Besserung, und das Verständnis für be- 
nötigte Maßnahmen durch die „Mit- 
teilungen". Diese den Mitgliedern jetzt 
allmonatlich unentgeltlich ütiermittelte 
Korrespondenz enthält nicht nur alle für 
das Vereinsleben nötigen Bekanntgaben, 
sondern Spezialartikel flir die Hamburger 
Milchversorgung und Auslesen aus Fach- 
schriften, die wieder besonders für den 
Milchwirt von Interesse und Nutzen sind. 

Seit annähernd zwei Jahren hat der 
Verein in sein Programm die Tilgung 
der Tuberkulose nach Ostertagschem 
Verfahren in den Kuhbeständen der 
Mitglieder aufgenommen. Die Zahl der 
Mitglieder beträgt heute etwa 2500 
— mit einem Bestand von ca. 26000 Kühen. 

Die Untersuchungen werden auf Kosten 
des Vereins (jährlich ca. 26 000 M.) von 
hierzu besonders angestellten Tierärzten 
vorgenommen . Die Anstellung und Kontrolle 
derselben, sowie die weitere Unter- 
suchung der entnommenen Sekrete durch 
Überimpfung auf Meerschweinchen usw. 
hat in entgegenkommendster Weise die 
„Landwirtschaftskammer für Schleswig- 
Holstein in KieP' übernommen und ihr 
bakteriologisches Institut für diesen Zweck 
zur Verfugung gestellt und erweitert. 

Auffällig gestalten sich die Unter- 
suchungsergebnisse. Sie schwanken in 
den verschiedenen Bezirken der 26 dem 
Zentralverein angeschlossenen (ebenfalls 
rechtsfähigen) Lokalvereine zwischen 0,66 
und 3,2 Proz. Tuberkulosebefunde. Erstere 
Ziffern sind weiter abliegenden, letztere 



— 390 — 



den in der Nähe der Äbsatzzentren be- 
findlichen Euhbeständen zn eigen. In 
einem Falle Zucht-, im andern Falle zur 
Hauptsache Abmelk-Wirtschaften. 

Da der Beginn der erstmaligen Unter- 
suchung zu spät fiel, um den Gesamt- 
bestand der Kühe bis Anfang Mai — zu 
welcher Zeit der Austrieb auf die Weiden 
stattfindet — zu bewältigen, mußten die 
eingehenden, nur im Stalle vorzunehmen- 
den Ermittlungen abgeschlossen werden, 
als erst 13 Vereine mit insgesamt 15 174 
Kühen begangen waren. In diesem, 
dem zweiten Jahre der Sanierungs- 
tätigkeit konnte rechtzeitig (gleich nach 
Aufstauung des Viehs) und mit genügenden 
Kräften an das Werk gegangen werden, 
so daß außer bei einigen später hinzu- 
gekommenen neuen Mitgliedern der Ge- 
samtbestand an Kühen, ca. 26 000 Stück, 
der eingehenden Untersuchung überwiesen 
wurde. 

Von jenen ersterwähnten 15174 Kühen 
wurden 274 oder 1,8 Proz. als lungen- 
tuberkulös und 20 oder 0,14 Proz. als 
eutertuberkulös, insgesamt 294= l,94Proz. 
als mit offener Tuberkulose behaftet nach- 
gewiesen und ausgemerzt, geschlachtet. 

Diese Kühe waren 198 Besitzern ge- 
hörig, also in ebensoviel Stallungen 
verteilt. 

Da die Milch zum Versand in Kannen 
von je 20 Liter Inhalt gefüllt wird, so 
wäre, wenn nicht durch das Zusammen- 
gießen in größeren Sammelgefaßen schon 
vorher eine weitergehende Infektion statt- 
gefunden hätte, doch mindestens eine Ver- 
seuchung von rund 200 Kannen ä 20 Liter 
gleich 4000 Litern Milch durch Zulügung 
des Gemelkes jener 294 Kühe zur Milch 
anderer möglich gewesen. 

Es entfallen in Hamburg (s. Beuke- 
mann, der Milch verbrauch der Städte, 
Hamburg 1904) auf eine Haushaltung 
4,3 Köpfe und ein durchschnittlicher Ver- 
brauch von 1,4576 Liter Milch. Es 
würden sich demnach obige 4000 Liter 



Milch auf 2666 Haushaltungen mit 
11 464 Konsumenten verteilen können. 

Nach der Volkszählung von 1905 
kamen auf 100 Köpfe der Bevölkerung 
in Hamburg 2,2 Kinder im Alter bis zu 
einem Jahr. Auf 1 1 464 Einwohner dem- 
nach 252 Kinder jugendlichsten Alters, 
denen fortdauernd der Genuß von Milch 
zuteil geworden wäre, die mehr oder 
minder die Möglichkeit einer Infektion 
durch Tuberkelbazillen bot! Diese Ge- 
fahr wurde beseitigt. 

Wenn der „Zentralverein der Milch- 
produzenten für Hamburg und Nachbar- 
städte, e. V." durch sein Vorgehen, 
die Ausmerzung als tuberkulös erkannter 
Kühe, auch nicht das ins Auge zu fassende 
Ideal der Bestrebungen hinsichtlich der 
Milchhygiene erreicht, so dürfte doch mit 
der Entfaltung der gekennzeichneten 
Tätigkeit ein nicht zu verachtender 
Schritt auf einem der Wege getan sein, 
die zu dem erstrebten Ziele der Volks- 
gesundung zu führen geeignet erscheinen. 

Durch eine Verallgemeinerung und 
einen entsprechenden Ausbau derartiger 
privater Tätigkeit würden wahrscheinlich 
die für eine gründliche Sanierung der 
Viehbestände und eine so wünschenswerte 
Kontrolle der Milchgewinnung usw. notwen- 
digen Maßregeln leichter Eingang finden 
und zweckmäßiger durchzuführen sein, als 
dies auf dem Wege der Verordnung und 
Gesetzgebung möglich erscheint. 

Vorbedingung hierfür ist aber, daß 
das Publikum den Wert einer solchen 
Tätigkeit schätzen lernt, und sie 
nicht nur mit anerkennenden Worten, 
sondern mit der Tat unterstützt, indem 
es der Milch, welche aus derartig be- 
handelten Stallungen stammt, den Vorzug 
vor unkontrollierbarer Ware gibt, auch 
wenn sie etwas teurer ist als diese. 

Das Publikum in dieser Richtung auf- 
zuklären und durch Wort und Schrift zu be- 
lehren, ist wiederum eine der vornehmsten 
Pflichten der Männer der Wissenschaft. 



— 391 — 



Referate. 

Haase, Beitrag znr sanitätspolizeilichen 

Begataehtnng der Nachkrankheiten des 

Schweinerotlaafs. 

(Berliner Tieräritl. Wochciischr. 1908, Nr. 24.) 

Da außer der Rotlaufendokarditis auch 
die auf embolischer Grundlage beruhende 
Rotlaufnephritis nicht selten zu beobachten 
ist, so fordert H., daß in das Gesetz, 
betreffend die Schlachtvieh- und Fleisch- 
beschau, vom 3. Juni 1900 Bestimmungen 
über Botlaufnachkrankheiten des Schweines 
aufgenomtnen werden, derart, daß bei Nach- 
krankheiten des Schweinerotlaufs das 
Fleisch für bedingt tauglich zu erklären 
ist, wenn Erscheinungen einer frischen 
Blutinfektion bestehen. Poppe, 

Wyßmann^ Über tuberkulöse, von 

den Kastrationswnnden aasgehende 

Infektionen bei Schweinen. 

(Schweizer Archiv fQr Tierheilkunde 50. Bd., 2. lieft, 1908.) 

W. beschreibt zwei Fälle von Tuber- 
kulose, die von der Kastrationswunde 
ihren Ausgang genommen hatten, bei 
weiblichen Schweinen und erörtert im 
Anschluß daran die verschiedenen Mög- 
lichkeiten der Entstehung dieser Tuber- 
kuloseform. Poppe. 



Ausführung des Fleischbeschau- 
gesetzes und andereTagesfragen. 

— I8t die Verwendung von Rinderblut zur 
Heretellung von Würsten gewerbsübllch, oder hat der 
Verkauf der aus Rinderblut gefertigten Wflrste unter 
Deklaration zu erfolgen? 

Antwort: Früher ist zur Herstellung von 
Wttrsten nur Schweine- und Kälberblut ver- 
wendet worden. Jetzt wird auch das Blut von 
Rindern als Wurstgut vorwertet, wobei letzterem 
zur Erzielung einer glatten Schnittfläche an der 
fertigen Wurst Milch oder Sahne hinzugefügt 
wird. Die Verwendung des Rinderbluts, die 
jetzt in den Großstädten gewerbsüblich geworden 
SU sein scheint, geschah wohl ohne Wissen der 
Konsumenten, und es dürfte zur Beurteilung der 
Frage, ob die Verwendung von Rinderblut als 
Verfälschung aufzufassen ist, und ob Rinder- 
blutwürste beim Feilhalten und Verkauf zu 
deklarieren sind, in den verschiedenen Bezirken 
festzustellen sein, ob die Käufer von Blutwurst 



solche aus Schweine- und Kälberblut zu erhalten 
erwarten oder die Verwendung von Rinderblut 
zur Herstellung der Blutwürste kennen und damit 
einverstanden sind. H. 



Amtliches. 

— Königreich Preußen. Allgemeine VerfOgung 
des Ministeriums fQr Landwirtschaft, Domänen und 
Forsten Nr. 42 fQr 1908, betr. Zusätze zu Fleisch 
und dessen Zubereitungen, vom 21. Juli 1908. 

Eure Durchlaucht/Hochgeboren/Hochwohlge - 
boren werden hiermit auf die Bekanntmachung 
des Herrn Reichskanzlers vom 4. Juli 1908 
(R. G. Bl. S. 470) hingewiesen, wonach durch 
Beschluß des Bundesrates die Bekanntmachung, 
betreffend gesundheitsschädliche und täuschende 
Zusätze zu Fleisch und dessen Zubereitungen, 
vom 18. Februar 1902 (R. G. Bl. S. 48) in 
folgenden Punkten Abänderungen erfahren hat: 

a) Im ersten Absatz ist hinter dem Worte 
„Formaldehyd" eingeschaltet: „und solche 
Stoffe, die bei ihrer Verwendung Formal- 
dehyd abgeben." 

b) Der zweite Absatz wird durch folgenden 
Satz ersetzt: „dasselbe gilt für Farbstoffe 
jeder Art, jedoch unbeschadet ihrer Ver- 
wendung zur Gelbfärbung der Margarine 
und der Hüllen derjenigen Wurstarten, bei 
denen die Gelbfärbung herkömmlich und 
als kunstliche ohne weiteres erkennbar 
ist, sofern diese Verwendung nicht anderen 
Vorschriften zuwiderläuft." 

Der Zusatz zu a) bezweckt fär den gesamten 
Geltungsbereich des § 21 des Fleischbeschau- 
gesetzes, also auch für den inländischen Verkehr, 
die Übereinstimmung mit dem durch die Be- 
kanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 
22. Februar d. J. (Zentralblatt f. d. d. R. S. 
59/103) abgeänderten § 5 Absatz 3 unter b der 
vom Bundesrate zum Fleischbeschaugesetz er- 
lassenen Ausführungsbestimmungen D (über die 
Untersuchung des in den Zollämtern eingehenden 
Fleisches) herbeizuführen. Der Zusatz bringt 
im übrigen nur einen Grundsatz ausdrücklich zur 
Geltung, der auch bisher schon bei sinngemäßer 
Auslegung der abgeänderten Bekanntmachung 
Anwendung gefunden hat (vgl. den Runderlaß 
vom 1. Dezember 1904 — M. f. L. I. Ga 9733 
II. Ang., M. d. g. A. M 9142, M. d. I. IIa 8903, 
M. f. H, Hb 10214 — betreffend das Fleisch- 
konservierungsmittel Carin-Hexametylentetramin). 

Zu der Änderung zu b) hat die ErwMgung 
geleitet, daß durch das bisher allgemein zuge- 
lassene Färben der Wursthüllen namentlich mit 
roter Farbe, vielfach eine Täuschung über die 
mangelhafte Beschaffenheit der Würste hervor- 



— 392 — 



gerafen wird. Künftig wird deshalb nur noch 
die, soviel bekannt, besonders in einigen sttd- 
deutschen Gebieten übliche und beliebte Gelb- 
färbung der Wursthallen zugelassen sein, bei 
der Täuschungen der gedachten Art nicht zu 
befürchten sind. Alle anderen Arten von Wurst- 
hüllenfärbung, namentlich die Rotfärbung, sind 
fortan selbst dann verboten, wenn nicht gesund- 
heitsschädliche Farben verwendet werden. 

Als Zeitpunkt des Inkrafttretens der 
Änderungen ist der 1. August d. J. fest- 
gesetzt. Eure Durchlauch t/Hochgeboren/Hoch- 
wohlgeboren wollen daher unverzüglich die 
Ihnen unterstellten Polizeibehörden und Nahrungs- 
mittel-Untersuchungsämter mit den erforderlichen 
Weisungen versehen. 

Der Minister für Landwirtschaft, Domänen 

und Forsten. 

Im Auftrage: Schroeter. 

Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und 

Medizinal-Angelegenheiten. 

Im Auftrage: Förster. 

— Königreich PreuBen. Verfagung, betreffeMl 
Statistik des IHarlctverkelirs mü Scliiaciitvieli, vom 

23. Juni 1908. 

Anliegend übersende ich 

1 Abdruck des Erlasses des Herrn 

Reichskanzlers vom 30. Mai d. J. — IV 6563 — , 
betreffend die Statistik des Marktverkehrs mit 
Schlachtvieh, 

2 Abdruck der Bestimmungen übir die 

Durchführung dieser Statistik, 

3. je Abdruck der Erhebungsformulare, 

Muster 1 bis 3, 
4 Abdruck des Formulars für die nach- 
träglich vom Jahre 1900 ab zu liefernden 
Angaben über den Auftrieb von Schlachtvieh 

zur Kenntnis mit dem Ersuchen, die 

der bei 2 bis 4 bezeichneten Drucksachen um- 
gehend entsprechend zu benachrichtigen und 
wegen der unmittelbaren und sofortigen Anmel- 
dung des erforderlichen Bedarfs an Formularen 
bei dem Kaiserlichen Statistischen Amt mit An- 
weisung zu versehen. Ich mache besonders auf 
die Vorschrift in Nr. 2 der Bestimmungen (An- 
lage 2) aufmerksam, wonach in den dafür be- 
stimmten Spalten der Erhebungsformulare das 
in ganzen Tieren eingeführte geschlachtete Vieh 
nur insoweit nachzuweisen ist, als die Zufuhr 
am Markttage nach dem Schlacht- (bzw. Vieh-) 
hofe erfolgt, nicht aber etwa auch die sonstige 
Fleischzufuhr nach Markthallen usw. Diese Zufuhr 
würde nach der Beseitigung des Nachunter- 
suchungszwanges für tierärztlich untersuchtes 
Fleisch ohnehin nicht vollständig ermittelt 
werden können und bleibt daher außer Betracht. 
In Vertretung: v. Conrad. 



Der Reichskanzler. Anlage 1. 

(Reichsamt des Innern.) 

IV 6563. Berlin, den 30. Mai 1908. 

An den Herrn Minister für Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten. 

In den Anlagen beehre ich mich, die in 
Aussicht genommenen Bestimmungen über die 
Statistik des Marktverkehrs mit Schlachtvieh, 
welche mit dem 1. Juli 1908 in Kraft treten 
sollen, und die für die Berichterstattung und 
Veröffentlichung erforderlichen Formulare, in 
denen die noch weiter eingegangenen Wünsche 
möglichst Berücksichtigung gefunden haben, zur 
gefälligen Kenntnisnahme und mit dem Anheim- 
stellen der gefälligen weiteren Veranlassung zu 
übersenden. 

Hervorzuheben ist, daß in den Erhebungs- 
formularen die sich mehr auf eine Verzehrs- 
statistik beziehenden Spalten in Fortfall ge- 
kommen sind, da sich herausgestellt hat, daß 
bei der Mehrzahl der in Betracht kommenden 
Schlachtorte sich hierfür keine brauchbaren 
Unterlagen würden beschaffen lassen. 

Für die nachträglich vom Jahre 1900 ab zu 
liefernden Angaben über den Auftrieb von 
Schlachtvieh wird das beiliegende Formular den 
Vi^hmarkts- usw. Verwaltungen mit den im 
Juni d. J. zuzusendenden Erhebungs- und Bericht- 
erstattungsformularen zugehen. 

Um die Versendung der Formulare an die 
Berichtsstellen unmittelbar und rechtzeitig be- 
wirken zu können, bitte ich, die in Frage 
kommenden Marktverwaltungen veranlassen zu 
wollen, ihren Bedarf an den noch zu druckenden 
Anlagen unter genauer Bezeichnung ihrer Adresse 
dem Kaiserlichen Statistischen Amt, Berlin W. 10, 
Lützowufer 6/8, unmittelbar und baldigst bekannt- 
zugeben. 

25 Abdrucke dieses Schreibens beehre ich 
mich beizufügen. 

Im Auftrage: Delbrück. 

— Bayern. Gesetz Ober die Abänderungen des 
Gesetzes, die VIehversicherungsansttIt betr., vom 
11. Mai 1896, vom 6. Juli 1908. (Ges.- u. Verordn.- 
Bl. S. 355.) 

Im Namen usw 

Luitpold, usw. 

Wir haben nach Vernehmung des Staatsrates 
mit Beirat und Zustimmung der Kammer der 
Reichsräte und der Kammer der Abgeordneten die 
Abänderung dos Gesetzes, die Viehversicherungs- 
anstalt betr., vom 11. Mai 1896 (Ges.- u. Verordn.- 
Bl. S. 207) beschlossen und verordnen, was folgt: 
Einziger Artikel. 

Der Artikel 1 erhält folgende Fassung: 

„Die für das Königreich errichtete öffentliche 
Viehversicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit be- 



— 393 — 



faßt gich mit der Versicherung von Vieh mit 
Ausnahme der Pferde. 

Die Anstalt hat ihren Sitz in München. Die 
Verwaltung und rechtswirksame Vertretung der- 
selben wird der Königlichen Versicherungs- 
kammer übertragen.^ 
Gegeben zu Hohenschwangau, d. 6. Juli 1908. 
Luitpold, 
Prinz von Bayern, 
des Königreichs Bayern Verweser. 
Dr. Frhr. v. Podewils. v. Miltner. 
Dr. V. Wehner. v. Frauendorfer. v. Pfaff. 
Frhr. v. Hörn. v. Brettreich. 

— Königreich WQrttemberg. Konirolle deo Milch- 
verkehrs. Erlaß des Königl. Ministeriums des Innern 
von 2. April 1908 an die Königl. Stadtdirektion 
Stuttgart, die Königl. Oberämter und die Orts- 
polizeibehörden. 

Nach den gemachten Wahrnehmungen wird 
bei der polizeilichen Kontrolle des Milchverkehrs 
(Erlaß vom 12. Mai 1886, Amtsbl. S. 184) auf 
die Feststell <ing des spezifischen Gewichts der 
Milch ein zu großer Wert gelegt Da dieses 
Gewicht durch Zusatz von Wasser und gleich- 
zeitige Entnahme von Rahm unverändert gelassen 
werden kann und anderseits eine Milch mit ge- 
ringerem als dem normalen spezifischen Gewicht 
sich durch besonders hohen Fettgehalt, also 
durch besondere Güte auszuzeichnen vermag, 
indem ein hoher Fettgehalt auf das spezifische 
Gewicht erniedrigend wirkt, letzteres allein somit 
kein sicheres Urteil fiber die Beschaffenheit der 
Milch gestattet, so genügt es nicht, bei der 
polizeilichen Milchkontrolle das spezifische Ge- 
wicht der Milch zu ermitteln, es ist vielmehr 
notwendig, daß von Zeit zu Zeit auch der Fett- 
gehalt der in den Verkehr gelangenden, das 
normale spezifische Gewicht aufweisenden Milch 
darch eine Nahrungsmitteluntersuchungsstelle 
festgestellt wird. 

Die in dieser Überschrift genannten Behörden 
werden angewiesen, hiemach zu verfahren. 

— Haupt- und Residenzstadt MOnchen. Orts- 
pollzeliicbe Vorschrift Ober den Verkehr mit Nahrungs- 
und GenuDmltteln, vom 5. Oktober 1906. 

(Schluß.*) 

§ 61. Mit der Gewinnung, Behandlung und 
Abfüllung der Milch dürfen nur solche Personen 
beschäftigt werden, welche gesund, insbesondere 
frei von Lungentuberkulose und eitrigen Affek- 
tionen sind. 

Die Melker müssen überdies frei sein von 
Geschlechts- und Hautkrankheiten. Im Falle 
akuter eigener oder infektiöser Erkrankung eines 

'^) Siehe S. 361 des letzten Heftes. 



Hausgenossen (bes. Typhus, Diphtherie, Scharlach, 
Ruhr) sind die bei der Gewinnung, Behandlung 
und Abfüllung der Milch beschäftigten Personen 
hiervon auszuschließen und der Arzt sofort durch 
den Stallbesitzer zu verständigen. 

Gleichzeitig ist seitens des letzteren Vor- 
sorge dafür zu treffen, daß diese Personen mit 
der gewonnenen Milch nicht in Berührung 
kommen. 

Bei bestehendem Verdacht auf Vorhanden- 
sein einer der vorstehend genannten Krankheiten 
haben sich die obenbezeichneten Personen auf 
Aufforderung zu amtsärztlicher Untersuchung zu 
stellen. 

§ 62. Von auswärtigen Produzenten darf 
Kindermilch nur in Flaschen oder in Kannen 
aus stark verzinntem Fisenblech ohne Naht und 
innere Lötstellen in die Stadt eingeführt werden. 

Kannen und Flaschen mit Kindermilch müssen 
mit der Aufschrift „Kindermilch'' und Angabe 
der Melkezeit (Morgen-, Mittag- oder Abendmilch) 
versehen sein und im übrigen den für Marktmilch 
erlassenen Vorschriften entsprechen. 

§ 63. Milch aus verschiedenen Stallungen 
darf nicht zusammengemischt und als Kinder- 
milch eingeführt, feilgehalten oder verkauft 
werden. 

Ebenso ist verboten, Morgen-, Mittag- und 
Abendmilch miteinander zu vermischen. 

§ 64. Händler dürfen von auswärts bezogene 
Kindermilch nur unmittelbar nach dem Eintreffen 
auf Flaschen füllen. 

Wird dazu ein Flaschenfüllapparat benützt, 
so ist dieser vor jedesmaligem Gebrauch mit 
heißer Sodalauge und darauf mit heißem Wasser 
gründlich zu reinigen. 

Die Flaschen sind sofort nach dem Füllen 
derart zu kühlen, daß die Milch innerhalb einer 
halben Stunde auf mindestens -|- 13 Grad Celsius 
abgekühlt ist. 

§ 65. In der Stadt gewonnene Kindermilch 
muß am Gewinnungsort selbst unmittelbar nach 
dem Melken und Seihen in Flaschen abgefüllt 
werden; doch darf sie, ebenso wie von auswärts 
eingeführte Kindermilch, an Anstalten, die Milch 
trinkfertig zubereiten, auch in Kannen der in 
§ 62 angegebenen Art abgegeben werden. 

§ 66. An Konsumenten darf Kindermilch 
nur in reinen Flaschen aus weißem oder halb- 
weißem Glase abgegeben werden. 

§ 67. Die Flaschen müssen flüssigkeitsdicht 
verschlossen, deren Verschluß muß gegen un- 
befugtes Öffnen versichert sein; auch müssen sie 
eine Aufschrift haben, die angibt: den Namen 
und Wohnort des Verkäufers, den Tag, an dem 
die Milch gemolken wurde und die Tageszeit, ob 
morgens, mittags oder abends. 



— 394 — 



§ 68. Von auswärtigen Milchprodnzenten 
gelieferte Kindermilch darf beim Eintreffen in die 
Stadt nicht wärmer als -{-Ib Grad Celsius sein. 

In der Stadt feilgehaltene Kindermilch darf 
während der ganzen Zeit der Aufbewahrung keine 
höhere Temperatur als + ^3 Grad Celsius haben 
und an die Haushaltungen mit keiner höheren 
Temperatur als + 1^ Grad Celsius abgeliefert 
werden. 

IV. Abschnitt. 

Vorsobriften über den Verkehr mit Brot, 
Mehl und HaisenfrOcbten. 

(§§ 69-89.). 

VIT. Abschnitt. 

Hausierbandel mit Lebensmitteln. 

§ 90. Es ist verboten, Nahrungs- und Genuß- 
mittel, mit Ausnahme von Obst und Gemüse, 
ohne vorherige Bestellung durch Herumtragen 
von Haus zu Haus feilzubieten. 

VIII. Abschnitt. 
Geschäftsanmeldung. 

§ 91. Wer Nahrungs- und Genußmittel ge- 
werbsmäßig herstellt oder verkauft, ist ver- 
pflichtet, den Geschäftsbeginn bei dem zuständigen 
Bezirksinspektor innerhalb 3 Tagen anzumelden. 
Hierbei sind die für den Geschäftsbetrieb in 
Betracht kommenden Räumlichkeiten und der 
Geschäftsinhaber genau zu bezeichnen. 

Die gleiche Verpflichtung ist zu erfüllen, 
wenn ein bereits bestehendes Geschäft in andere 
Räumlichkeiten verlegt wird. 

Die in § 14 der Reichsgewerbeordnung vor- 
geschriebene Anzeige wird durch diese Anmel- 
dung nicht ersetzt. 

IX. Abschnitt. 
Übergangs- und Vollzugs-Bestimmungen. 

§ 92. Gegenwärtige ortspolizeiliche Vorschrift 
tritt mit dem dreißigsten Tage nach ihrer Ver- 
öffentlichung in der Münchener Gemeindezeitung 
in Kraft; ausgenommen hiervon sind die Be- 
stimmungen der §§ 4^ und 46, Abs. 1, welche 
am 1. Januar 1907 und des § 47, welche am 
1. Oktober 1907, sowie des § 87, welche am 
1. Oktober 1908 in Wirksamkeit treten. 

§ 93. Die Bestimmungen in § 7, Abs. 5, in- 
soweit dieselben auf die an die Verkaufslokale 
sich anschließenden und mit diesen verbundenen 
Räumlichkeiten Bezug haben, sowie des § 40 
treten für neu zu eröffnende Geschäfte sofort, 
für die gegenwärtig schon bestehenden am 
1. Oktober 1907 in Wirksamkeit. 

§ 94. Durch gegenwärtige ortspolizeiliche 
Vorschrift werden aufgehoben: 

Die ortspolizeiliche Vorschrift vom 12. Ja- 
nuar 1892 über den Verkehr mit Nahrungs- und 
Genußmitteln, sowie die hierzu erlassenen Er- 
gänzungen vom 17. November 1896, 7. Januar 
1898 und 17. September 1901, femer die orts- 



polizeiliche Vorschrift vom 29. Dezember 1899 

über den Verkauf von Kindermilch. 

Magistrat der K. Haupt- und Residenzstadt 

München. 

Bürgermeister: 

Dr. von Borscht 



Statistische Berichte. 

— Königreicb Preußen. Die ErgebniMe der 
Sohiaobtvieb- und Fieischbescbau fOr das Jahr 1907. 

(.Zusammengestellt im Kgl! Preuß. Statistischen 
Landesamt. Nach „Statist. Korresp." 1908, Nr. 32.) 

Die weitaus größte Zahl von Schlachtungen 
entfiel 1907 wie in früheren Jahren auf die 
Schweine, von denen 9866051 geschlachtet 
worden sind, das sind 1872607 oder 23,43 v. H. 
mehr als im Vorjahre. Es hat also eine ge- 
waltige Zunahme stattgefunden, die um so 
bemerkenswerter ist, als sowohl von 1904 auf 
1905 wie von 1905 auf 1906 die Schweine- 
schlachtungen zurückgegangen waren. Diese 
bedeutende Steigerung des Jahres 1907 licftrrt 
zugleich auch eine Erklärung für die Abnahme 
der Schweinezahl, die von 1906 auf 1907 ein- 
getreten ist; bei der Viehzählung vom 2. De- 
zember 1907 wurde nämlich eine Abnahme des 
Schweinebestandes von 2S5 648 Stück gegenüber 
dem Vorjahre festgestellt. Demgegenüber sind 
im Jahre 1907 fast 2 Millionen Schweine mehr 
geschlachtet worden als im Jahre 1906. Ohne 
diese ungewöhnlich große Zahl von Schlach- 
tungen hätte die letzte Viehzählung also wahr- 
scheinlich wieder, wie seit langen Jahren fast 
regelmäßig, eine Zunahme des Schweinebestandes 
ergeben. Allerdings sind die angeführten Zahlen 
nicht ganz genau vergleichbar, weil die Schlach- 
tungen sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 
bis 31. Dezember 1907, die Zahlen der Bewegung 
des Viehstandes aber auf die Zeit vom 1. De- 
zember 1906 bis 2. Dezember 1907 beziehen; 
groß ist die Abweichung danach indessen nicht 
Die Gründe für den auffallend großen Umfang 
an Schweineschlachtungen werden hauptsächlich 
darin zu suchen sein, daß die 1906 noch sehr 
hohen Schweine- und Schweinefleischpreise 1907 
erheblich sanken. Daher war einmal die 1906 
rasch stark gesteigerte Schweinezucht nicht 
mehr in dem Maße lohnend, man schaffte mithin 
viele Schweine wieder ab, ferner aber dürfte 
sich gleichzeitig infolge der niedrigen Preise 
der Verbrauch an Schweinefleisch fühlbar ge- 
hoben haben. 

An zweiter Stelle stehen die Schlachtungen 
von bis 3 Monate alten Kälbern, die 2286840 
Stück betrugen, 132 257 oder 6,14 v. H. mehr 
als im Vorjahre. Die Zunahme ist also ebenfalls 



— 395 — 



I. Zahl der Sohiachttiere, an denen die Bwchau vTfletiorameii wurde.*) 



Art der Schlachtungen 
bzw. UnterBuchungen 



Pferde 
und 

andere 
Ein- 
hufer 



o 

O 



's 



U1 



Jung- 
rinder 
über 



Kälber 
bis 



8 Monate alt 



OD 

'S 

'S 



0) 



(D 



a 

SS 



1 . Ordnungsmäßige Schlachtungen 

2. Schlachtungen, bei denen eine 
Beschau der Tiere im lebenden 
Zustande nicht stattgefunden hat 



87 186; 292 443 

9S 120 S12 SS9 



3. Zusammen . 



1907 gegen das Jahr f mehr . 
1906 \ weniger 

oder in Hundert- | mehr 

teilen \ weniger 
Zahl der Schlachttiere nach Ab- 
zug der unter „2. Beanstan- 
dungen^ „I. Untauglich der 
ganze Tierkörper", „IL Un- 
tauglich der ganze Tierkörper, 
ausgenommen Fett" nach- 
gewiesenen Tiere 

1907 gegen das Jahr j mehr 

1906 l weniger 

oder in Hundert- \ mehr . 
teilen \ weniger 

Von den unter „3. Zusammen" 

aufgeführten Schlachttieren 

sind untersucht durch 

a) tierärztliche Beschauer und 
Beschauämter, an denen 
neben Tierärzten auch andere 
Personen als Beschauer tätig 
sind 

b) nichttierärztliche Beschauer 



3128 

8 876 

90814 

95 996 

5 682 
5,92 



89 294 

94 989 

5 695 
6,0Ü 



2 893 

2 48S 

294836 

S14 76i 

19 926 
6,33 



293 884 

S18 789 

19 905 
6,34 



278 167 

284 479 

1617 

1 S98 

279 784 

285 877 

6 093 
2,13 



934 922 

951 105 



33 502 

31 200 

968 424 

982 305 

13 881 
1,41 



454191 

440 073 



2 267 665 

2 136 223 



9 808 2181472121 

7 941 502 1 552 615 



6 211' 19175 

5 724' 18 361 

460402 2286840 

445 797 2 154 583 
14605 132 257 



?? 



3,28 



6,14 



57 833 

51 942 

866051 

993 444 
1872 607 

23,43 



279 321 

285 459 

6138 
2,15 



955 938 

969 934 

13 996 
1,44 



458 690 2 277 833 

444 106 2 146 120 

14 584 131713 



3,2 



6. Von den unter- 
suchten Tieren 
sind wegen Unzu- 
ständigkeit des 
nichttierärztlichen 
Beschauers neben- 
bezeichnete Tiere 
dem zuständigen 
tierärztlichen Be- 
schauer über- 
wiesen 



a) vor der 
Schlachtung 



b) nach der 
Schlachtung 



90314 258646 

95 996 272 539 

— '36190 

— 42 223 



56 

67 



1327 

1 530 



230839,704458 

236 1 Oll 703 079 

48 9451 263 966 

49 776\ 279 226 



6,14 



9 855 650 

7 983 522 

1 872 128 
23,45 



4 251 

4 231 

1476872 

/ 556 746 

80 474 
5,17 



175 794 

167 214 



1 367 

176 774 

168 581 

8193 
4,86 



1711 

1 576 



15 

18 

1726 

7 594 

132 



8,2 



1474 966 

1 555 436 

80 470 

5,17 



2917221743631 

278 532^1 636 537 

168680 543 209 

167 265 518 O46 



23: 

29. 



982 

1 053 



650 

831 



20108 

20 272 



131 

139 



6684 983 

5 384 4^^ 
3181068 



176 374 

168 209 

8165 

4,85 



1265370; 

1 318 608] 

211002| 



1707 

1 578 

129 

8,17 



950161393 

89 089^1 276 

81758 333 



2 608 951' 238 2381 79 492 



4129 

3 960, 



233 



6 466 

6 727 



697 

1 346 



27 051 

29 961 



I 



18 

25 \ 



860 

987 



226 

222 



318 



*) In den einzelnen Spalten betreffen die Zahlenreihen aus gewöhnlichen Ziffern das Jahr 1907, die aus 
kursiven das Jahr 1906. — ^) Einschliefilich 1898 (1726) Schweine, die lediglich dem Trichinenschauzwange 
unterlagen oder vom Besitzer freiwillig zur Untersuchung auf Trichinen gestellt worden sind und bei der Unter- 
suchung beanstandet wurden. 

2. Beanetandungen. 



® ü? =* 

111 


I. Untauglich der ganze TierkOrper 






II. 


Untauglich der ganze Tierkörpe 
ausgenommen Fett 


r, 


g 




S i über ^^* 


.9 
'S 

1 

o 




g 


'TS 


o 

OQ 

'S 

o 


1 




Jung- 
rinder 
über 


Kälber 
bis 


0? 

.9 

1 

QO 


II 


s^«;o 


W 1 3 Monate alt 


3 Monate alt 


^ ;s 


1020 

1 007 


937 

956 


446 

390 


12 317. 1643 8 992 

12 135 , 1 611 ' 8 44^ 


8 923 

8 466 


1400 

1 410 


398 

372 


19 

16 


15 

17 


17 

28 


169 

236 


69 

80 


15 

21 


1478 

1 456 


6 


2 



— 396 — 



nL Untauglich nur die veränderten Teile im flbrigen nicht beanstandeter Tiere. 



Pferde 

und 

andere 


Ochsen 


Bullen 


Kühe 


Jung- 
rinder 
über 


Kälber 
bis 


Schweine 


Schafe 


Ziegen 


Hunde 


Einbufer 


3 Monate alt 








8459 

8 622 


104271 

108 507 


69 334 

69 276 


398107 

395 867 


59 345 

57 699 


33130 

31 375 


1089 016 

906 376 


229080 

230 839 


6 396 

6 394 


243 

145 









IV. Bedingt tauglich. 








Ochsen 


Bullen 


Kühe 


Jungrinder 
über 


Kälber 
bis 


Schweine 


Schafe 


Ziegen 




3 Monate alt 




915 ^^U 

977 »340/^ 


862 9^8/4 

970^^U 


32846391/^ 

3 342^''U 


1 366 '053/^ 
1403 ^^u 


366 6'V4 

366 ^'^U 


24 689 "218/^ 
24 691 «J»74 


75»06/4 
112 ^u 


11 «A 

^^4 





V. 


Im Nahrungs 


- und Genußwert erheblich 


herabgesetzt. 




Ochsen 


Bullen 


Kühe 


Jungrinder 
über 


Kälber 
bis 


Schweine 


Schafe 


Ziegen 




3 Monate alt 




2839 ^'^^U 

3307 »^'^4 


1665 653/^ 

1833 ^^U 


26379 6039/^ 

25 969 ""/4 


4117 85V4 
4211 tl55/^ 


11 293 634/^ 

10 708 "Vi 


22155 8853/^ 

20 023 >253Y^ 


2984 »074 
S712 »9/4 


575 «/4 

559 ^y. 



3. Schlachttiere, 


von denen Körperteile unschädlich beeeltigt wurden. 






Von den 


in Tabelle 2, Abteilung III, IV und V aufgeführten 




Schlachttieren sind die in Spalte 1 genannten Körperteile un- 






schädlich beseitigt worden bei 




Bezeichnung der Körperteile 


Pferden 


Kindern, 


Kälbern 










und 
anderen 


aus- 
genommen 


bis 
3 Monate 


Schweinen 


Schafen 


Ziegen 




Einhufern 


Kälber 


alt 








1. Köpfe 


216 


5067 


288 


2333 


1228 


28 




173 


5 315 


280 


2 063 


1 381 


37 


2. Zungen 


42 


3500 


146 


1356 


42 


7 




36 


3 910 


146 


1 550 \ 65 


G 


3. Lungen 


4 337 


501 469 


20 744 


807113 


144249 


2746 




4 386 


507 038 


19 097 


655 lOG 


148 850 


2732 


4. Lebern 


1926 

1 992 


146 410 

137 547 


7 899 

8 019 


213 683 

175 268 


85 964 

81 942 


3441 




3261 


5. Därme 


250 


51568 


4 783 


86 346 


880 


183 




195 


50 028 


4 808 


71 292 936 


160 


6. Sonstige einzelne Organe . . 


768 


94 304 


12 440 


117 242 


3036 


400 




968 


96 501 


12471 


96 921 


3 077 


447 


7. Sämtliche Baucheingeweide . 


191 


39 610 


3 645 


46 265 


1020 


156 




188 


37 601 


3 605 


40370 


961 


110 


Außerdem: 














Teile des Muskelfleisches (kg) . 


26 610 


245 630 


6 736 


130 292 


2446 


166 




24401 


208 794 


6 579 


107 896 


2 207 


156 



4. Beschwerden. 

Gegen die Entscheidungen wurde Beschwerde eingelegt in 713 {734) Fällen; hierbei wurde 
das angefochtene Gutachten bestätigt in 576 {573), gemildert in 115 {147), vorschärft in 21 (14) Fällen. 
In einem Falle wurde das angefochtene Gutachten nicht bestätigt 



— 397 — 



erheblich, kann aber weniger auffallen, weil von 
1905 auf 1906 ein Rückgang ähnlichen Umfanges 
eingetreten war, jetzt also nur der damalige 
Ausfall, der vielleicht nicht als normal anzu- 
sehen war, wieder ausgeglichen ist. 

Weiter folgen mit 1476 372 die Schlach- 
tungen von Schafen, die um 80474 oder 5,17 
V. H. gefallen sind. Damit setzt sich nur die 
rückläufige Bewegung fort, die auch im Vor- 
jahre schon zu beobachten war. 

Die Zahl der Schlachtungen von Kühen 
hat 968 424 betragen und ist um 18 881 oder 
1,41 V. H. gefallen. Auch im Vorjahre war 
hierin ein Rückgang zu bemerken. 

Bei allen übrigen Viehgattungen waren die 
Schlachtungen weit weniger zahlreich. Be- 
merkenswert ist, daß die Schlachtungen von 
Jungrindern nach einer Abnahme im Jahre 1906 
jetzt wieder gestiegen sind, allerdings nur um 
3,28 V. H. 

Gestiegen ist die Zahl der Schlachtungen 
sonst noch bei den Ziegen und Hunden, ge- 
fallen dagegen bei den Pferden, Ochsen und 
Bullen, doch sind hierbei weder die absoluten 
noch die Verhältniszahlen hoch. 

Als Hauptergebnis ist jedenfalls eine 
beachtenswerte Zunahme der Schlach- 
tungen bei den für die Volksernährung 
wichtigsten Viehgattungen festzustellen, 
die ihre Ursache wohl in steigendem Bedarfe 
infolge gefallener Fleischpreise hat. 

Was die Verteilung der Schlachtungen auf die 
einzelnen Provinzen nnd Regierungsbezirke anbe- 
trifft, so ergibt sich, daß im großen und ganzen 
in den volkreichsten Landesteilen die meisten 
Schlachtungen vorgekommen sind, jedoch ist das 
nicht bei allen Viehgattungen gleichmäßig der Fall. 
Bezüglich der Schweine stehen die Rheinprovinz, 
Schlesien und der Stadtkreis Berlin mit je 
mehr als 1 Million Schlachtungen voran. Bei 
den Kälbern sind es ebenfalls die genannten 
Landesteile, außerdem noch Brandenburg, jedoch 
steht Berlin hinter der Rheinprovinz und Schlesien 
weit zurück. Bei den Schafen überragt Berlin 
alle anderen Provinzen bedeutend, es folgen 
Hannover, Brandenburg, Ostpreußen, Sachsen, 
Rheinland und Pommern mit je über 100000. 
Auffallend ist die Zunahme der Schafschlach- 
tungen in Ostpreußen; in allen anderen Pro- 
vinzen, mit Ausnahme von Sigmariogen, sind 
sie zurückgegangen. Von den Kühen wurden 
weitaus am meisten in der Rheinprovinz ge- 
schlachtet, je mehr als 100000 auch noch in 
Westfalen und Schlesien, sehr niedrig war die 
Zahl dagegen in Berlin. Jungrinder wurden 
ebenfalls am meisten in der Rheinprovinz und 
Schlesien geschlachtet. 



Bezüglich der Beanstandungen sei be- 
merkt, daß die meisten Fälle von Schweine- 
seuche und Schweinepest wie im Vorjahre 
im Regierungsbezirke Schleswig festgestellt 
wurden, jedoch ist die Zahl der Beanstandungen 
erheblich gesunken, während die Zahl der 
Schweineschlachtungen beträchtlich gestiegen 
ist. Es folgt Wiesbaden, wo die Beanstandungen 
bedeutend zugenommen haben, und weiter Düssel- 
dorf mit einer geradezu auffallend starken Zu- 
nahme der Beanstandungen. In den genannten 
Bezirken überschreiten die BeanstandungsfäUe 
je 10 000. Damit vergleiche man den Regierungs- 
bezirk Aurich, wo im ganzen nur 28 Fälle vor- 
kamen; im Vorjahre waren es hier noch 399, 
also eine starke Abnahme, obgleich hier 1907 
rund 10 500 Schweine mehr als 1906 geschlachtet 
wurden. 

Die Beanstandungen wegen Rotlaufs waren 
nicht zahlreich und sind im ganzen Staate trotz 
vermehrter Schweineschlachtungen sogar etwas 
gefallen. Die meisten Fälle, überwiegend be- 
dingter Tauglichkeit, hatten Oppeln und Bromberg, 
im ersten Bezirke sind sie jedoch stark zurück- 
gegangen, im letzteren etwas gestiegen. Be- 
sonders wenig wurden auch hier wieder in Aurich 
festgestellt, im übrigen sind die Fälle im Westen 
überhaupt weit weniger zahlreich als im Osten. 

Bei der Tuberkulose wurden in der 
großen Mehrzahl der Fälle nur die veränderten 
Teile der Tiere für untauglich erklärt Obenan 
stand hierin bei den Schweinen Berlin, wo 
gleichzeitig eine Vermehrung von 36 605 auf 
44035 festgestellt wurde. Beträchtlich war die 
Zahl auch noch in Magdeburg mit 20021 gegen 
17 780 im Vorjahre und in Düsseldorf mit 15 727 
gegen 12 836, sehr gering dagegen namentlich 
in Osnabrück mit 231 gegen 187. Bei den 
Ochsen steht wieder Berlin mit 28908 gegen 
28 651 im Vorjahre weit voran, im übrigen hat 
noch der Westen des Staates besonders viele 
Fälle, während sie im Osten im allgemeinen 
weniger zahlreich sind, doch sind auch die 
Zahlen in Schlesien und Schleswig- Holstein 
ziemlich hoch. Ähnlich liegt es bei den Bullen, 
doch hat hier außer Berlin besonders Breslau 
ziemlich hohe Zahlen. Bei den Kühen überragt 
Düsseldorf mit 35 907 gegen 33 959 im Vorjahre 
alle anderen Bezirke. Arnsberg folgt mit 30 743 
gegen 31 506, femer Potsdam mit 25 984 gegen 
24 321, Schleswig mit 17 987 gegen 17 527 und 
Oppeln mit 17 410 gegen 16 605. Am tiefsten 
steht außer Sigmaringen Alienstein mit nur 717 
gegen 794. Bei den Jungrindem und namentlich 
Kälbern sind die Zahlen auch viel kleiner, ob- 
wohl namentlich von den letzteren besonders 
viel geschlachtet wurden. Bei den ersteren 



— 398 — 



steht Schleswig mit 5882 gegen 6107 im Vor- 
jahre, bei den letzteren Berlin mit 1403 gegen 
1223 voran. Die Fälle völliger Verwerfung des 
Tierkorpers wegen Tnberkalose Bind viel seltener. 
Am zahlreichsten waren sie bei den Kühen, sind 
hier aber von 4079 auf 3867 gesunken. Voran 
steht Schleswig mit 802 gegen 383 im Vorjahre. 
Es folgen die Schweine mit 2004 gegen 1816, 
davon 232 gegen 247 in Schleswig. 

Die Fälle gänzlicher Verwerfung von 
Schweinen wegen Trichinen haben sich wieder 
von 340 auf 399 vermehrt, davon entfallen auf 
den Regierungsbezirk Posen 139 gegen 120 im 
Vorjahre. Andererseits sind in mehreren Be- 
zirken Beanstandungen wegen Trichinen über- 
haupt nicht zu verzeichnen gewesen. 

Fälle gänzlicher Verwerfung gesundheits- 
schädlicher Finnen kamen weitaus am meisten 
bei den Schweinen vor, die Gesamtzahl hat sich 
gegen das Vorjahr kaum verändert. Am stärksten 
hieran beteiligt sind Oppeln mit 91 gegen 159 
und Posen mit 91 gegen 73 Fällen im Vorjahre. 
Gar keine Fälle hatten Stralsund und Sigmaringen. 



Büehersehau. 

— Abel, R., Bakterlolofltches Taschenbuch, 

enthaltend die wichtigsten technischen Vor- 
schriften zur bakteriologischen Laboratoriums- 
arbeit. Zwölfte Auflage. Würzbarg 1908. Karl 
Kabitzsch (A. Stubers Verlag). Preis 2 M. 

Der beispiellos glänzende Erfolg ist dem 
Abelschen Taschenbuch treu geblieben. Es hat 
seit 1903 jährlich eine neue Auflage erlebt, ein 
hinreichender Beweis für die Wertschätzung, 
deren sich das Taschenbuch im bakteriologischen 
Laboratorium erfreut. Die zwölfte Auflage des 
verdienstlichen Buches ist durch zahlreiche 
Ergänzungen und Verbesserungen wieder auf 
den heutigen Stand gebracht 

— Dsterteg, R. und Henkel, Tb., MelkbOchleln. 
Mit 64 Abbildungen. Stuttgart 1908. Vedag von 
Eugen ülmer. Preis 1,30 M. 

Das kleine Buch, das als Schrift des Deutschen 
Milchwirtschaftlichen Vereins erschienen ist, be- 
zweckt die Förderung des richtigen, verständnis- 
vollen Melkens. 

— Weigmann, H., Über die Organisation ameri- 
kanischer milchwlrtschafllicher Lehranstalten und 
Versuchsstationen und Gedanken zu der von Deutschen 
INlichwirtschafllichen Verein gegebenen Anregung 
der Gründung einer Reichsanstalt für Milchwirtschaft. 
Mit 13 Abbildungen. Leipzig 1908. Preis 2,40 M. 

Verfasser teilt in der vorliegenden Schrift 
des Deutschen Milchwirtschaftlichen Vereins die 
Studien mit, die er über die Milchwirtschaft in 
den Vereinigten Staaten anläßlich seiner Reise 



zur Weltausstellung in St. Louis gemacht hat 
Auch Verfasser hat — gleich dem Referenten — 
die Überzeugung erhalten, dafi die Milchwirt- 
schaft in den Vereinigten Staaten auf einer sehr 
hohen Stufe steht, und daß man dort namentlich 
hinsichtlich der Gewinnung und Versorgung der 
Städte mitguterVerbrauchsmilch zum Teil sehr viel 
weiter vorgeschritten ist als in Europa. An die 
Beschreibung der amerikanischen milchwirtschaft- 
lichen Lehranstalten und Versuchsstationen knüpft 
Verfasser einen interessanten Vergleich der 
amerikanischen mit den deutschen Anstalten und 
tritt zum Schluß für die Gründung einer Reichs- 
anstalt für Milchwirtschaft ein. In der Organi- 
sation der letzteren würde wohl für den Tierarzt 
eine breitere Tätigkeit vorzusehen sein, als dies 
der verdiente Verfasser durch den Vorschlag der 
alternativen Bestellung eines ärztlichen oder tier- 
ärztlichen Bakteriologen tut. 0. 

Neue Eingänge. 

— De Jong, D. A., Veterinalre Pathologie en 
Hygiene. Mededeelingen en Onderzoekingen uit 
Praktik en Laboratorium. Vierte en laatste 
Reeks van het eerste Deel. Met 2 Platen en 
1 Afbeelding in den tekst. Leiden 1908. G. L. 
van den Berg. 

— Glaesmer, C, Heroouohenbekfinipfbng In 
Felde. L-D. Bern 1908. 

— Neumann, K., Beitrag zur Biologie des Er- 
regers der Kftlberruhr. L-D. Gießen 1908. 

— Schirop, H., Beitrag zur Biologie doo Bacillus 
vitulisepticus und zur Immunisierung gegen die durch 
denselben hervorgerufene septische Pneumonie der 
Kälber. L-D. Bern 1908. 

— Sonnenbrodt, A., Die Wachstumsperiode der 
Oocyte des Huhnoo. L-D. Gießen 1908. 

— Stiles, Ch. Wardell, and Hassall, Albert, 
Index-Cataloguo of medical and veterinary Zoologie. 
Part 20/21. Authors: N to Ozzard. U. S. De- 
partement of Agriculture. Bureau of animal 
Industry. Washington 1908. 

— Chapln, Robert, The Analysis of Coal-Tear 
Creosot and cresylic acid Sheepdips. Bulletin 107. 
U. S. Departement of Agriculture. Bureau of 
animal Industry. Washington 1908. 



Kleine Mitteilungen« 

— Einen Beitrag zur Geschichte der Fleisch- 
beschau in Berlin veröffentlicht das „Bcrl. Tage- 
blatt^. Hiemach ist aus dem Berliner Stadtbuche, 
das die Kechtc und Privilegien der St^odt ent- 
hült und ungefähr vom Jahre 1391 bis 1397 
zusammengestellt ist, zu entnehmen, daß Berlin 
schon fr(lh ein städtisches Schlachthaus hatte. 
Der Rat hielt von jeher auf eine Versorgung 
der Einwohner mit gutem und gesundem Fleisch* 



— 399 — 



« Denn Fleisch wurde im mittelalterlichen Berlin 
reichlich gegessen. Bei einer Einwohnerzabi 
von höchstens 14 000 Köpfen zählte die Fleischer- 
innung 46 Fleischermeister, die im Stadtbuche 
genannt sind. Einen Viehmarkt erhielt Berlin 
erst nach dem Jahre 1681, als der Große Kur- 
fürst das Mästen von Schweinen in der Stadt 
verboten hatte. Die Schweine liefen nämlich 
auf den Straßen frei umher, wobei eins dem 
Kurfürsten bei einem Ausritt unter das Pferd 
lief, so daß er beinahe zu Falle gekommen wäre. 
Der Viehmarkt entstand bei dem sogenannten 
Stelzenkruge, Ecke Alexander- und Königstraße. 
Das Gasthaus gehörte dem Invalidenhause, wo- 
her seine Benennung stammte. Es befanden 
sich hier auch Fleischscharrcn , und als das 
Grand Hotel Alexanderplatz an der Stelle des 
Kruges erbaut wurde, mußte der letzte Scharren 
eingebaut werden, weil der Besitzer nicht 
weichen wollte; erst seit etwa zehn Jahren ist 
der Scharren verschwunden. Im Jahre 1765 
verkaufte das Invalidenhaus den Krug für 12 600 
Taler an den Gastwirt Kläger, dessen Sohn 
im Jahre 1827 den Viehmarkt weiter hinaus nach 
dem Königstor zu verlegte. 

Die Fleischkontrolle war von jeher in Berlin 
streng; das Stadtbuch enthält darüber eingehende 
Verordnungen. Verboten war das Schlachten 
von einäugigem, einhufigem Vieh, von mit Beulen 
behafteten, lahmen oder kranken Tieren. Die 
Schlächter, heißt es im Stadtbuch, sollen ge- 
sundes Vieh schlachten. Die Verordnung für 
die jüdischen Schlechter bestimmte, daß sie Vieh 
nur auf offenem Markte, nicht vor den Toren der 
Stadt kaufen durften. Verboten war ihnen das 
Schlachten von krankem, unreinem, zu magerem 
oder zu altem Vieh. Auch durften sie nur ganze 
Viertel eines Viehes verkaufen. Die christlichen 
Schlächter besaßen das Recht, Übertretungen 
anzuzeigen. Femer gab es in Berlin drei Wurst- 
macher, die im Wursthof wohnten. Die 
Kontrolle des Fleischverkaufes erleichterte die 
Feilhaltung in den Scharren, die der Stadt ge- 
hörten und in Erbpacht ausgetan wurden. Wer 
Streit oder Schlägerei begann, verlor seinen 
Scharren. Fleischerscharren standen in Berlin 
noch bis zur Aufhebung der Wochenmärkte auf 
den Marktplätzen: Neuer Markt, Gendarmenmarkt, 
DönhofFplatz usw. 

Die erste Nachricht über Fleischtaxen gibt 
die Polizeiordnung Kurfürst Joachims I. vom 
Jahre 1515; der Preis wurde nach den jedes- 
maligen Verhältnissen vom Rat festgesetzt. Er 
ließ einige Stücke fettes und geringeres Vieh 
schlachten, das ausgenommene Tier ohne Kopf 
und Haut wurde gewogen und nach dem Einkaufs- 
preis unter Aufschlag der Unkosten bestimmt, 



zu welchem Preise das Pfund verkauft werden 
sollte. 

Die Taxordnung vom Jahre 1623 bestimmt, 
daß jeder Schlächter bei Verlust seines Scharrens 
mindestens alle vierzehn Tage einen Ochsen im 
Schlachthans schlachten mußte. Taxen: Gutes 
Rindfleisch zehn gute Pfennig, Kuhfleisch sieben 
Pfennig, Schweinefleisch einen Silbergroschen, 
Hammelfleisch zehn gute Pfennig, Kalbfleisch 
acht gute Pfennig; Kälber unter d6 Pfund durften 
nicht geschlachtet werden. Die Fleischtage 
waren Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, im 
Winter früh sechs, im Sommer um fünf Uhr. 
Diese Fleischtaxen gaben zu stetigen Mißhellig- 
keiten Anlaß, so daß die Schlächter schließlich 
streikten. Es trat Fleischmangcl ein, dem man 
dadurch abzuhelfen suchte, daß man den 
Schlächtern der Kreise Teltow, Ober- und Nieder- 
bamim und Osthavelland erlaubte, Mittwochs 
und Sonnabends frisches, gesundes Fleisch nach 
Berlin zu bringen. Aber auch sie hielten bald 
die Taxe nicht inne, und der Rat mußte sich 
entschließen, die Altmeister des Schlächter- 
gewerkes bei der Feststellung zuzuziehen. 
Eine gewisse Kontrolle des eingeführten Fleisches 
wurde dadurch geübt, daß man ein Zeugnis der 
Ortsbehörde über Gesundheit und Reinheit des 
Fleisches verlangte. Indes der Mangel an Fleisch 
blieb, und man mußte den auswärtigen Schlächtern 
gestatten, an jedem Wochentage Fleisch nach 
Berlin zu bringen und überall feilzuhalten. Aber 
die Zufuhr genügte nicht, und die Berliner 
Schlächter gingen mit den Preisen beliebig in 
die Höhe. 

Aus einer Verordnung vom Jahre 1705 er- 
sieht man, daß die Hofküche täglich acht Kälber 
brauchte ; reichten diese nicht zu, so konnte sich 
der Küchenmeister das beste Fleisch aus den 
Scharren holen lassen. Die Meister versteckten 
nun die besten Kalbsbraten für die Kunden in 
ihren Häusern, was bei fünfzig Talern Strafe 
verboten wurde. 

Um dem Fleischmangel zu begegnen, ließ 
ein Patent vom 23. Juli 1709 die Einfuhr von 
auswärtigem Fleisch täglich außer Sonntags zu, 
und die Taxe wurde um vier bis fünf Pfennig 
für das Pfund erhöht. In der Königstadt wies 
der Magistrat den auswärtigen Schlächtern sogar 
Scharren an. Die Taxe war in jedem Scharren 
auf einer Tafel angeschrieben, Beilagen und 
Stücke wurden auf einem besonderen Tische vor 
den Scharren verkauft. Wer bei dem Fleisch- 
verkauf solche Beilagen zulegte, wurde in zehn_ 
Taler Strafe genommen. Am 9. Mai 1741 er- 
schien eine neue Taxe, die den Preis allen 
Fleisches durchgängig auf einen Groschen sechs 
Pfennig für das Pfund festsetzte; Fleischer aus 



400 — 



der Knrmark durften Dienstags, Donnerstags 
und Sonnabends die öffentlichen Märkte beziehen. 
Erst mit dem Erlafi der Gewerbeordnung die 
für Handel und Industrie völlig freie Bewegung 
schuf, verschwanden die Fleischtaxen, die so oft 
den Unfrieden der Fleischer herbeigeführt hatten. 

— Kommunale Milchflmter. Ein gemeinsamer 
Erlaß des Kgl. Preuß. Ministeriums der Geistlichen 
usw. Angelegenheiten und des Ministeriums des 
Innern weist nach der „Molkerei-Zeitg. Berlin" 
anf die Wichtigkeit der Aufklärung der Be- 
völkerung für die Bestrebungen auf dem Gebiete 
der Säuglingsfürsorge hin und teilt die Leitsätze 
der wissenschaftlichen Deputation für das Medi- 
zinalwesen mit, in denen als beste Methode zur 
Beschaffung einer einwandfreien Tiermilch für 
die Säuglinge der Minderbemittelten die Kontrolle 
und geeignetenfalls die Übernahme der Milch- 
versorgUDg durch ein kommunales Milchamt be- 
zeichnet wird. 

— Butterausfuhr und Kindersterblichkeit Im 
russisch-sibirischen Gouvernement Perm ist nach 
der „Molkerei-Zeitg. Berlin* infolge der zu- 
nehmenden Butterausfuhr die Kindersterblichkeit 
von 50 auf 75 Proz. gestiegen. In Westsibirien 
wird die Milch von 90 Proz. der dort vorhandenen 
143000 Milchkühe zur Butterfabrikation ver- 
wendet. 

— Angebliche Vergiftung dnrch Milch einer 
Kuh, die mit bespritztem Reblaub gefüttert worden 
war. In Pfaffenschwabenheim a. Rh. sind 
Zeitungsmeldungen zufolge nach Genuß der Milch 
einer Kuh, die bespritztes Heblaub erhalten hatte, 
zwei ein halbes Jahr alte Kinder gestorben, 
während ein drittes schwer krank daniederliegt. 
Genauere Ermittlungen müssen zeigen, ob der 
angenommene Zusammenhang zwischen der 
Schädlichkeit der Milch und der Reblaubfütterung 
tatsächlich besteht. 

— Bericht der belgischen Ksmmission Ober die 
miafinahmen gegen die Gefahr der Ansteckung mit 
Tuberkeibaziilen durch infizierte mich. Der belgische 
Nationalverein zur Bekämpfung der Tuberkulose 
hat auf Anregung von Professor Heymans in 
Gent ein aus den Tierärzten Marcqu-Namur, 
Geudens- Malines und Stadtrat Wilmart- 
Brüssel bestehende Kommission eingesetzt, die 
Maßnahmen zur Verhütung der Tuberkulose- 
übertragung auf die Menschen durch infizierte 
Milch vorschlagen sollte. Die Kommission empfahl 
Tuberkulinprobe, regelmäßige Unter- 
suchung der Milch auf Tuberkelbazillen, 
sofortige Tötung eutertuberkulöser Tiere 
sowie Maßnahmen zur Verbesserung der 
Stallhygiene und der Sauberkeit des 
Personals. Der Milchhandel soll von Jahr zu 
Jahr konzessioniert und die Konzession entzogen 



werden, wenn die Vorschriften für die Milch- 
gewinnung nicht befolgt oder Tuberkelbazillen 
in der Milch nachgewiesen werden. 



Tagesgescblchte. 

— Dem Kgl. WOrttembergischen Landestlerarzt, 
Oberregierungsrat Beißwinger ist das Ehrenkreuz 
des Ordens der Württembergischen Krone, mit 
dem der persönliche Adel verbunden ist, ver- 
liehen worden. 

— Veterinftrrat Ph. Fuchs in IHannheim hat in 
jugendlicher Frische sein 50jähriges Beamten- 
jubiläum gefeiert. Fuchs steht dem muster- 
gültigen städtischen Schlacht- nnd Viehhof in 
Mannheim vor, dessen Errichtung sein Werk ist. 

— Reicbsicolonlalinstitut In Hamburg. Das neue 
Reichskolonialinstitut in Hamburg wird im 
Oktober d. J. eröffnet. Im Vorlesungsverzeichnis 
findet sich u. a. auch ein Kolleg von Professor 
Glage über die Verwendung der Nahrungs- 
mittel in den Tropen. Professor Glage hatte 
schon früher im Hamburger Institut für Tropen- 
hygiene den Lehrauftrag für Fleischbeschan. 

— Öffentliche Schlachthöfe. Der Bau öfiFent- 
licher Schlachthöfe ist geplant für Laurahütte- 
Siemianowitz und die benachbarten Ge- 
meinden, Altenstadt (Württbg.), beschlossen 
in Worms, in Rogowo (im Zweckverband mit 
der Ansiedlungsgemeinde Roggenau), Obern- 
dorf (Württbg.) imd Münsterbergi. Schi, (neue 
öffentliche Schlachthöfe), sowie Nakel. Eröffnet 
wurden die neuerbauten öffentlichen Schlachthöfe 
in Gladbeck und Treptow a. R. Die Er- 
öffnung steht bevor in Stolberg i. Rheinl. zum 
Januar 1909. 

Der Magistrat von Glogau hat mit der 
dortigen Fleischerinnung einen Vertrag ge- 
schlossen, wonach das der letzteren gehörige 
Innungsschlachthaus zum öffentlichen Schlacht- 
hof erklärt und die Bestellung der zur Durch- 
führung der Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
erforderlichen Sachverständigen und Hilfskräfte 
der Stadt vorbehalten wird. 

Erweiterungsbauten sind beschlossen in 
Sensburg (Schweineschlachthalle und Stall- 
gebäude), Thorn (Um- und Neubau im Kosten- 
betrag von 482 000 M), Lötzen (Anbau im 
Kostenbetrag von 20 000 M), Bremen (Erweite- 
rung der Schweineschlachthalle), Aalen (Er- 
richtung einer Kühlhalle), Beuthen (Kühlhalle) 
und Rheydt (Erweiterung der Kühlanlagen). 

— Die Peptonfutterwerke auf dem Berliner 
Schlachthofe, die s. Z. mit großen Hoffnungen 
errichtet wurden, sind geschlossen worden. 
Die Peptonfutterwerke haben bekanntlich aus 
dem Mageninhalt und Blut der Schlachttiere ein 
Pferdefutter hergestellt. Jetzt soll das auf dem 



— 401 — 



Berliner Schlachthof anfallende Blut wieder auf 
Albumin verarbeitet werden. 

— SchlieBung eines öffentlichen Schlaohtbofee. 
Eine Stadtgemeinde hatte beschlossen, ihren 
öffentlichen Schlachthof eingehen zu lassen, und 
vom Bezirksausschuß war hierzu die Genehmi- 
gung unter der Bedingung erteilt worden, daß 
die Stadtgemeinde das einer Privatperson gehörige 
und bisher schon nebenher als öffentliches 
Schlachthaus benutzte Privatschlachthaus er- 
werben und als öffentliches Schlachthaus erhalten 
'solle. Gegen diesen Beschluß d^s Bezirksaus- 
schusses hatte der Magistrat der Schlachthaus- 
gemeinde Rekurs eingelegt, und der preußische 
Minister für Handel und Gewerbe hat darauf 
der „Allg. Fleischer-Ztg." zufolge den Beschluß 
des Bezirksausschusses seinem ganzen Umfange 
nach aufgehoben mit folgender Begründung: 
Der Beschluß einer Gemeinde, das öffentliche 
Schlachthaus eingehen zu lassen, kann gemäß 
§ 4 des Schlachthausgesetzes nur dann geneh- 
migt werden, wenn zu dem Zeitpunkte, zu dem 
das Eingehen erfolgen soll, für die Durchführung 
des Schlachthauszwanges ein anderes öffent- 
liches Schlachthaus bereit gestellt ist. Da im 
vorliegenden Falle der Nachweis, daß die Ge- 
meinde L. bis zum 1. Oktober d. J. ein eigenes 
öffentliches Schlachthaus errichtet oder gemäß 
§ 12 des Schlachthausgesetzes über die Benutzung 
eines bestehenden Schlachthauses als öffentliches 
Schlachthaus einen Vertrag abgeschlossen hat, 
nicht erbracht ist, so war die Genehmigung der 
Beschlüsse der städtischen Körperschaften über 
das Eingehen des zurzeit benutzten Schlacht- 
hauses von vornherein abzulehnen. Die vom 
Bezirksausschuß erteilte Genehmigung muß 
daher aufgehoben werden, zumal die obige 
Zusatzbedingung des Bezirksausschusses einen 
durch die Gesetzgebung nicht zu rechtfertigenden 
Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht einer 
Gemeinde darstellt 

— Zur Gewinnung von „Hftutefleisch". Der 

Magistrat zu Nürnberg hat folgende zur Ver 
hütung von Unzuträglichkeiten bei der Gewinnung 
des sogenannten Häutefleisches sehr zweck- 
dienliche Ergänzung der Schlachthofordnung 
erlassen : „Die Häute dürfen von den geschlachteten 
Tieren erst dann abgenommen werden, wenn die 
zweite Beschau stattgefunden und zu Bean- 
standungen nicht geführt hat. Das Fleisch, 
das in den Häuten verbleibt, muß sofort nach 
der Abnahme der Häute noch im Schlacht- 
hof abgetrennt werden, wenn es zum mensch- 
lichen Genüsse Verwendung finden soll. Das 
in den Häuten verbleibende Fleisch von Schlacht- 
stücken, die bei der zweiten Beschau bean- 
standet wurden, darf nur im Amtsschlachthause 



abgelöst und nur nach tierärztlicher Anordnung 
verwendet werden.** 

— Wärme- und Kälteecliutzwagen hat nach der 
„Zeitschrift für die gesamte Kälteindustrie** die 
Verwaltung der preußischen Staatsbahnen zu- 
nächst in der Zahl von 16 Stück in Betrieb ge- 
nommen. Die Wagen sind mit Kühl- und Heiz- 
vorrichtungen versehen, um zum Versand von 
wärme- und frostempfindlichen Gütern verwendet 
zu werden. 

— Die Aufbewahrung des unmittelbar zum Ver- 
icauf bestimmten zerkleinerten Fleisches unter Glas 
ist durch Polizeiverordnung des Königlichen 
Regierungspräsidenten zu Trier angeordnet 
worden. Das Kammergericht hat diese Polizei- 
verordnung als rechtsgültig anerkannt. 

— Ausdehnung der Schiachtvieh- und Fleisch- 
beschau auf Hausschlachtungen. Der Oberpräisident 
der Rheinprovinz hat am 4. Juli d. J. eine 
Polizeiverordnung für den ganzen Umfang der 
Rheinprovinz erlassen, die folgendes vor- 
schreibt: Rindvieh im Alter von drei 
Monaten und darüber unterliegt auch dann, 
wenn das Fleisch ausschließlich im eigenen 
Haushalt des Besitzers zum Genüsse für Men- 
schen verwendet werden soll, vor und nach 
der Schlachtung einer amtlichen Untersuchung. 
Rindvieh im Alter bis zu drei Monaten, 
Schweine, Ziegen, Schafe unterliegen auch 
in den Fällen, in denen auf Grund des Fleisch- 
beschaugesetzes die Untersuchung unterbleiben 
darf, vor und nach der Schlachtung einer amt- 
lichen Untersuchung, sofern das Fleisch nicht 
nur im eigenen Haushalt eines Besitzers, sondern 
in mehr als einem Haushalt zum Genüsse 
für Menschen verwendet werden soll. 
Beschaupfiicht besteht danach femer für Haus- 
schlachtungen in einem Haushalte, in dem mehr 
als vier nicht zur Familie oder zum Gesinde ge- 
hörige Kostgänger regelmäßig beköstigt werden 
oder wenn die Schlachtung zum Zwecke der 
Bewirtung eines die Zahl der Haushaltungs- 
mitglieder übersteigenden Kreises von Personen 
(z. B. bei Einquartierungen, Kirmessen, Schützen- 
festen, Hochzeiten usw.) erfolgt 

Eine der vorstehenden völlig entsprechende 
Polizeiverordnung ist vom Oberpräsidenten der 
Provinz Schleswig-Holstein am 4. August d.J. 
erlassen worden. 

Endlich ist für den Umfang des Regierung s- 
bezirksBreslau die Ausdehnung der Schlacht- 
vieh- und Fleischbeschau auf die Haus- 
schlachtungen von Rindern im Alter von drei 
Monaten und darüber durch Polizeiverordnung 
vom 19. Juli 1908 verfügt worden. 

— Zum Vertrieb bedingt tauglichen und minder- 
wertigen Fleisches hat der Regierungspräsident 



— 402 



von Schleswig nach der „Allg. Fleisch -Ztg.^ 
eine Verf&gang erlassen, wonach die bisher 
bestehende Annahme, daß das bean- 
standete Fleisch nach Hamburg aus- 
geführt werden dürfe, eine irrige ist. 
Hierbei ist auf den § 35 a der Abänderung der 
Ausffihrungsbestimmnngen über die Schlachtvieh- 
und Fleischbeschau bei Schlachtungen im In- 
lande vom 17. August 1907 hingewiesen worden. 
Danach ist die Genehmigung der Aus- 
führung bedingt taugliehen und minder- 
wertigen Fleisches nach Gemeinden, in denen 
keine Freibänke bestehen, nur dann zu erteilen, 
wenn gegen die Möglichkeit des Absatzes 
des Fleisches am Bestimmungsort unter 
zuverlässiger Beaufsichtigung keine Be- 
denken bestehen. In Hamburg besteht keine 
Freibank, ebenso bestehen dort keine den 
preußischen Ausführungsbestimmungen ähnliche 
Vorschriften über eine Beschränkung des Ver- 
triebes minderwertigen Fleisches. Dieses wird 
(lort vielmehr nur mit dem vom Bundesrat be- 
stimmten Stempel versehen, aber dann ohne 
jede Beschränkung zum Verkauf freigegeben. 
Bei der zusammenhängenden Lage der Städte 
Hamburg, Altona und Wandsbeck wird solches 
Fleisch vielfach auch von Einwohnern der beiden 
preußischen Städte irrigerweise als vollwertiges 
Fleisch gekauft und bezahlt. Es liegt kein Grund 
vor, dem Vorschub zu leisten und andererseits 
den einheimischen minderbemittelten Be- 
völkerungsklassen die Möglichkeit zu nehmen, 
solches, vielfach recht gutes Fleisch zu mäßigem 
Preise zu erwerben. Eine Benachteiligung der 
Schlächter liegt auch nicht vor, weil diese das 
geringwertige Vieh auch billiger kaufen. Die 
Ortspolizeibehörden sind daher ersucht worden, 
die Ausführung des beanstandeten Fleisches 
nach Hamburg nicht mehr zu erlauben, vielmehr 
die Einrichtung von Freibänken schleunigst und 
nachdrücklichst zu betreiben. Der Regierungs- 
präsident hat nichts dagegen einzuwenden, daß 
im Interesse der Beschleunigung zunächst ein- 
fache polizeilich geregelte freibank- 
ähnliche Einrichtungen für den Vertrieb 
solchen Fleisches getroffen werden. Solche 
Einrichtungen bestehen bereits in vielen Städten. 
Empfehlenswert ist die Regelung z. B. in 
Schleswig, Neumünster, Elmshorn, Itzehoe usw. 
Später kann ortsstatntarische Regelung dieser 
Einrichtungen eintreten. 

— Fleischverglftong. Infolge Genusses ge- 
pökelten Fleisches erkrankten in den Vororten 
Groß-Ottersleben und Lemdsdorf bei 
Magdeburg gegen 200 Personen. 

— Eine Rotzepidemle beim Mensohen. Rcvan 
und Hamburger (Joum. of amoric. Assoc. HM)8, 



Nr. 20) beschreiben eine Rotzepidemie in drei 
untereinander verwandten Farmerfamilien. Die 
Übertragung des Rotzes auf die Patienten ist 
durch rotzkranke Pferde erfolgt. 

— Verairtwarttichkelt für eine Infektion im Ge- 
werbebetrieb. Die erste Strafkammer des Land- 
gerichts zu Altona verurteilte den Gerberei- 
besitzer N. zu E. wegen fahrlässiger Tötung zu 
drei Monaten Gefängnis. Eine in dem Betrieb 
des Gerbereibesitzers beschäftigt gewesene Frau 
ist an Milzbrand erkrankt und gestorben. Worin 
die Fahrlässigkeit des N. bestand, ist aus der 
Notiz der „Allg. Fleischer-Zeitung^, der vor- 
stehende Mitteilung entnommen ist, nicht zu 
ersehen. 

— Wegen Verwenduno des Blutes geschächteter 
Tiere zu Wurst ist der Metzger K. in Schw. von 
der Strafkammer zu Mannheim zu 30 M. Geld- 
strafe verurteilt worden. Die Strafkammer nahm 
ein Vergehen gegen § 10 des Nahrungsm ittel- 
gesetzes an, nachdem der in der Sache ver- 
nommene Sachverständige bekundet hatte, es 
sei auch bei der Kompression der Speiseröhre 
während des Schlachtens unmöglich, die Verun- 
reinigung des Blutes durch den Mageninhalt zu 
verhüten. Der verurteilte Metzger hatte zu seiner 
Entschuldung angeführt, die Verwendung des 
Blutes geschächteter Tiere zur Wurst sei Über- 
all üblich. 

— Tuberkulssetilung in Westfalen. Die Einfflh- 
ning des klinischen Verfahrens zur Tilgung der 
Rindertuberkuloso wurde in der Hauptver- 
sammlung vom 20. Januar 1908 nach den Vor- 
schlägen des Vorstandes der Landwirtschafts- 
kammer für die Provinz Westfalen genehmigt. 
Die klinischen Untersuchungen sollen von Ver- 
trauenstierärzten, die von den betreffenden Tier- 
besitzem auszuwählen seien, die bakteriologischen 
Untersuchungen in einem in Münster einzu- 
richtenden T i e r s e u c h e n am t ausgeführt werden. 

— Empfindliche Bestraftangen vsn Mllchfflischem. 

Das Schöffengericht zu Vilbel verurteilte wegen 
Milchfälschung den Gutspächter D. aus N. E. 
zu 3 Monaten Gefängnis und 500 M. Geld- 
strafe, das Schöffengericht zu Stuttgart wegen 
desselben Vergehens den Bauern W. aus B. zu 
1 Woche Gefängnis und 60 M. Geldstrafe. 
D. hatte jahrelang zur Milch Wasser bis zu 
30 Proz. zugesetzt. 

— Genossenschaftliche Milchversorgung. Der 
24. Deutsche Landwirtschaftliche Genossenschafts- 
tag, der im Juli in Mainz tagte, hat nach einem 
Vortrag des Landesökonomierates Johannsen- 
Hannover über die Milchversorgung der Städte 
und Industriebezirke folgende Resolution an- 
genommen: 

„Die Versorgung der Städte und Industrie- 



— 4oa — 



bezirke mit einwandfreier Milch ist eine der 
wichtigsten volkswirtschaftlichen Aufgaben. Sie 
läßt sich am vollkommensten lösen durch einen 
lückenlosen genossenschaftlichen Zusammen- 
schluß der an der Milchlieferung in den einzelnen 
Absatzgebieten beteiligten Landwirte. Durch 
diesen Zusammenschluß allein können die be- 
rechtigten Anforderungen an die Güte der Milch 
allgemein erfüllt und die Mißstände in der Milch- 
verteilung (Milchhandel) beseitigt werden.^' 

— Einführung der alloemeinen obligatoritohen 
Fleischbeschau in Ungarn. Die allgemeine obli- 
gatorische Fleischbeschau ist in Ungarn durch eine 
Verordnung des Ackerbauministeriums vom 
1. August d. J. geregelt worden. 

~ Die Regelung der Fieischbesohau in Gemeinden 
ohne öfTentllche Schlachthöfe stand auf der Tages- 
ordnung der letzten Versammlung des 
Landesvereins dänischer Tierärzte, die 
am 21, Juni 1908 in Kopenhagen stattfand. 
Nach dem Bericht in der ,,Maanedskrift for 
Dyrlaeger" vom 15. Juni 1908 wurde die Aus- 
gestaltung der Fleischbeschau, wie sie in 
Deutschland erfolgt ist, als Ziel weiterer 
Bestrebungen bezeichnet. Die Erfolge in den 
£xportschlächtereien, deren es in Dänemark 
bereits 49 gibt, seien schon recht beachtlich 
und die öffentlichen Schlachthöfe in Aarhus und 
Odense funktionierten zur vollen Zufriedenheit. 
Hinsichtlich der Fleischbeschau bei den Schweinen 
in den Exportschlächtereien wünschte die Ver- 
sammlung einige Reformen, insbesondere die 
Ausdehnung der Beschau auf sämtliche Ein- 
geweide und Verbesserung der Schlachtein- 
richtungen. Außerdem wurde über die Kon- 
trolle des Milchverkehrs verhandelt. 

— Verbot der Verwendung von WDrtten in der 
franzöolachen Armee. Die Wurst ist schon im Mittel- 
alter der Wechselbalg der Fleischerei gewesen, 
wie Adler in seiner Broschüre über die Fleisch- 
teuerungspolitik des Mittelalters gesagt hat, und 
sie wird auch heute noch überall dort, wo eine 
geregelte, ordentliche und außerordentlicheFleisch- 
beschau nicht besteht, mit scheelen Augen be- 
trachtet. Aus diesem allgemeinen Grande und 
nach besonderen ungunstigen Erfahrangen, die 
man in der französischen Armee mit den Wurst- 
liefemngen gemacht hat, ist, wie „L'hygiöne de 
la viande et du lait" (1908, S. 378) meldet, in 
der französischen Armee die Verwendung von 
„saucisses, saucissons et pätes^ verboten worden. 
Lediglich die Kantinen dürfen noch Würste 
fuhren. 

— Einsetzung einer Fleischbescfaaukommisslon 
in Frankreich. Am 16. Juli d. J. trat in Paris 
nach „L'hygiene de la viande et du lait" unter 
dem Vorsitze des Staatsrats Blanc eine Kom- 



mission zusammen, die den amtlichen Auftrag 
erhalten hatte, Ausführungsbestimmungen zu 
dem Gesetz vom 1. August 1905 zu verfassen, 
so weit es sich auf den Nahrangsmittelverkehr 
bezieht und das Dekret vom 31. Juli 1906 keine 
Anwendung finden kann. Im besonderen hat 
die Kommission eine Musterverordnung zu ent- 
werfen, nach der in jedem Departement die 
Fleischbeschau und die Überwachung der 
Schlachthöfe unter der Aufsicht des Departements- 
tierarztes stattfinden soll, ferner die Gründe und 
das Verfahren bei der Beschlagnahme von 
Fleisch in einem Entwurf zu regeln. In der 
allgemeinen Besprechung wurde von dem 
Kommissionsmitglied Cazeneuve hinsichtlich 
des Verfahrens bei der Beschlagnahme dem in 
Deutschland angewandten Verfahren der kontra- 
diktorischen Feststellung am Objekt statt der 
kontradiktorischen Untersuchung entnommener 
Proben („expertise contradictoire portant snr 
des öchantillons pr^levös") der Vorzug gegeben. 
Zur Erledigung der übertragenen Aufgabe wurde 
eine Unterkommission eingesetzt, der Blanc, 
Roux, Leclainche, Martel, Morean, 
Rossignol, Vall^e, Rabieaux, Lemercier, 
Lesconv^, Cazeneuve und Chavoix an- 
gehören. Bei der Tagung der Unterkommission 
betonte Leclainche, neben Martel der beste 
Kenner der deutschen Fleischbescbauverhältnisse, 
die grundsätzliche Wichtigkeit genauer Aus- 
führungsbestimmungen zu dem bestehenden all- 
gemeinen Gesetz (vom 1. August 1905) und ver- 
wies hierbei auf die guten Ergebnisse des 
Fleischbeschaugesetzes in Deutschland, 
die allmähliche Schließung der Einzel- 
Schlachthäuser, die wachsende Zahl der 
öffentlichen Schlachthöfe und ihre aus- 
gezeichnete Einrichtung daselbst. Die 
meisten Länder von Europa seien im Be- 
griff, die Fleischbeschau nach deutschem 
System einzurichten, Ungarn beschreite so- 
eben diesen Weg, und ein dem österreichischen 
Parlament vorliegender Gesetzentwurf sehe eine 
ähnliche Organisation vor. Blanc legt einen 
im Ministerium des Innern bearbeiteten Entwurf 
einer Polizeiverordnung vor, der sich, wie 
Leclainche bemerkt, an die deutschen Vor- 
schriften anschliefit und als Grundlage für die 
Verhandlungen benutzt werden kann. Die Unter- 
kommission beauftragt Leclainche mit einem 
Bericht über die Handhabung der Fleischbeschau 
in Deutschland, Moreau mit der Ausarbeitung 
der Beanstandungsgründe, Rabieaux mit einem 
Bericht über die Regelung der Fleischbeschau, 
die in einigen Departements durch Polizei- 
verordnung schon versucht worden ist. 
Cazeneuve schlug zum Schluß die Ent- 



— 404 — 



Sendung einer Studienkommission nach 
Deutschland vor, um die Handhabung der 
dortigen Fleischbeschau kennen zu lernen. 

— 80. VerMnmlmg deottoher Naturforscher 
und Arzte in Köln vom 20. bis 26. September 1908. 
In der Abteilung »Praktische Veterinärmedizin** 
werden u. a. Vorträge halten: Jag er- Frank- 
furt a. M. über die Tumorgenese (mit Demonstra- 
tionen) und über die Melanose — Melasarko- 
matose — des Pferdes; Erautstrunk-Bonn 
über die Bekämpfung der Rindertuberkulose in 
der Rheinprovinz (mit Demonstrationen); Schipp- 
Gießen über Beiträge zur Biologie des Rotlauf- 
bazillus; Schmitt- Stettin über den Bazillus 
Paratyphi B als Krankheitserreger bei Kälbern 
sowie über die Ätiologie des Kälbersterbens; 
Steinbach-Trier über die infektiöse Anämie 
der Pferde im Regierungsbezirk Trier ; F am b a c h - 
Glauchau über die Autochromplatte im Dienste 
der praktischen und wissenschaftlichen Photo- 
graphie; J. Bongert- Berlin über den Tuberkel- 
bazillengehalt des Blutes, der Muskulatur und 
der Lymphdrüsen der schlachtbaren Haustiere. 

Die Abteilung ladet ein: die Abteilung 15 
zu den Vorträgen Jäger und Bongert; die 
Abteilung 29 zu den Vorträgen Schipp und 
Schmitt; die Abteilung 10 zu dem Vortrage 
Fambach. 

Die Abteilung ist eingeladen: von der Ab- 
teilung 5 zu dem Vortrage Klopfer -Hagen: 
Natürliche und künstliche Einflüsse auf Güte 
und Menge der Milch und die polizeiliche Milch- 
kontrolle; von der Abteilung 10 zu dem Vor- 
trage Hoffmann-Bonn: Ober Rachenbremsen; 
von der Abteilung 14 zu dem Vortrage Hage- 
m an n -Bonn: Ober das Respirationskalorimeter 
des Tierphysiologischen Instituts in Bonn; von 
der Abteilung 15 zu den Vorträgen Jäger- 
Frankfurt: Ober eine Aspergillusmykose der 
Rehleber und über eine infektiöse Blutgefäfi- 
erkrankung beim Axis-Wild; Orth -Berlin: Ober 
experimentelle enterogene Tuberkulose; von der 
Abteilung 20 zu dem Vortrage Schloßmann- 
Düsseldorf: Ortliche Tuberkulosereaktion; von 
der Abteilung 24 zu dem Vortrage Imhofer- 
Prag: Beiträge zur pathologischen Anatomie der 
Otitis externa beim Hund; von der Abteilung 29 
zu dem Vortrage Wolf-Eisner-Berlin: Ober 
die Konjunktivaireaktion. 

— Vll.WanderversanimlungSchleaischerSchlaoht- 
hoftierärzte in Hirsobberg am Sonntag, den 6. Sep- 
tember 1908. 

Tagesordnung. 
1. Bericht über die 7. Hauptversammlung des 
Vereins Preußischer Schlachthoftierärzte. Ref. 
Gerlach-Liegnitz. 



2. Bakteriologische Fleischuntersuchung. Ref. 
Dr. Franke -Breslau. 

3. Freie Besprechungen. 

4. Wahl des nächsten Versammlungsortes. 

Der Obmann Der derzeitige Festordner 

i. V. Mahlendorff. Schmidt 



Personalien. 

Ernannt: Tierarzt H. Böhme -Bitterfeld 
zum Stadttierarzt in Heubach; Oberveterinär 
H. G üb a- Saarlouis zum Schlachthofverwalter 
in Ragnit; Polizeitierarzt Dr. Hausmann- 
Düsseldorf zum Polizeitierarzt in Köln-£hrenfeld; 
Distriktstierarzt G re i n er- Sünching zum Schlacht- 
hofdirektor in Amberg; Tierarzt Kirn er- Ober- 
hausen zum städtischen Tierarzt in Lechhausen ; 
Schlachthof tierarzt Dr. Martin -Karlsruhe zum 
Schlachthof direktor in Pforzheim; Schlachthof- 
inspektor A. Reinbacher-Bischofswerder zum 
komm. Kreistierarzt in Rosenberg i. Westpr.; 
Polizeitierarzt Dr. Peter s-Köln zum komm. 
Kreistierarzt in Rheinbach ; Tierarzt A. Schaich- 
Mengede zum I. Schlachthoftierarzt in Duisburg- 
Meiderich; C. Heemsoth zum I. Assistenten 
am Schlacht- und Viehhof in Barmen; Dr. Emil 
Rothhaar- Stuttgart zum Assistenten am 
bakteriologischen Institut der Landwirtschafts- 
kammer in Stettin. 

Promoviert zum Dr. med. vet.: Schlachthof- 
inspektor Kurtzwig in Gießen, städt Tierarzt 
S c ha ch ts ch ab el- Leipzig in Leipzig, städt 
Amtstierarzt Noack- Dresden in Bern. 

Auszeicbnung: Dem Schlachthofdirektor 
Demmin in Zerbst wurden die Ritterinsignien 
IL Klasse des Anhaltinischen Hausordens 
Albrechts des Bären verliehen. 



Vakanzen. 

Bochum: Assistenztierarzt am städtischen 
Schlachthof zum 1. Oktober, 2400 M. Gehalt. 
Bewerbungen an den Magistrat. 

Düsseldorf: Polizeitierarzt alsbald, Gehalt 
8000 M., steigend alle 3 Jahre um 300 M. bis 
4800 M. Meldungen bis zum 10. September an 
den Oberbürgermeister. 

Nürnberg: Assistenztierarzt am Schlacht- 
hof zum 1. November 1908. Gehalt vorerst 
2400 M. Meldungen bis zum 1. September 1908 
beim Stadtmagistrat 

Besetzt: Die Schlachthof stellen Bremen, 
Duisburg-Meiderich, Erfurt, Königsberg i. P., 
Bad Kreuznach, Landsberg a. W., Mengede, 
Pyritz, Schwiebus, Stettin, Treptow a. R. 



Verantwortlicher Redakteur (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Ostertag in Berlin. — Verlag von Richard SchoeU in BarUn. 



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