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Zeitschrift
für
Fleisch- und Milchhygiene,
Herausgegeben
von
Dr. R. Ostertag-Berlin.
XVIII. Jahrgang",
BERLIN 1908.
Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz.
^
<.
n-;« 21 1922
Sachregister.
(Die Zahlen geben die Seiten an.)
Abdecker, Anspruch auf die Haut 1.
Abdeckerei, Ausschluß des Zwangs- und Bann-
rechts bei Tieren, die an anzeigepflichtigen
Seuchen gelitten haben 294.
— der Stadt Berlin in Rüdnitz 305. 327.
Privilegien und Rechtsprechung Ir §94.
unterschleife 39. 338.
Abwasserreinigung, biologische 260.
Ärztlicher Beruf und Gewerbeordnung? 93.
Allantiasis 179.
Altersbestimmung bei Federwild 127.
Amerikanisches BQchsenfleisch, Rückgang der
Ausfuhr 37.
Amerikanische Großschlächtereibetriebe 37. 107.
Amtliches 22. 93. 126. 188. 224. 261. 294. 826.
360. 391.
Anstellungsverhältnisse der Schi ach thoftierärzte
37. 69. 238.
Antisera für die Fleischdifferenzierung 61.
Anthrakosis 221.
AusfahrungsbestimmuDgen siehe unter Amtliches.
Auslandsfleischbeschau 93. 194. 224. 230. 294.
298. 360.
Außerhalb geschlachtetes Fleisch, Nachunter-
suchung 22. 25. 63. 94. 133. 138.
Außerordentliche Fleischbeschau 145. 238. 328.360.
, Gebühren 361.
Bacillus botulinuB 179. 185.
— enteritidis Gaertner 176. 185. 222. 243. 268.
— paratyphosus B 176. 185. 290.
— piscicidus haemolyticus 185.
— pyogenes bei der Ziege, Identität mit B. p.
suis 359.
— pyogenes suis als Erreger einer Schweine-
krankheit 359.
— typhi murium, Pathogenität für den Menschen
62. 222.
Backsteinblattern 226.
Bakterielle Stoffwechselprodukte 248.
Bakterien, Durchtritt durch Haut, Schleimhaut
Eischale usw. 184. 185.
— vom Typus der Ödembazillen im Fleische
gestorbener und unausgeweidet gebliebener
Tiere 214.
Bakteriologische Untersuchung von Fleisch und
Milch, Höhe der Gebühren 360.
Bandwurmkrankheit beim Hunde, Verhalten der
weißen Blutkörperchen 358.
Beanstandung und Beschlagnahme 130.
Bedingt tauglich befundene Schweine, Rückgabe
an den Eigentümer zur Verwendung im
eigenen Haushalt '63.
Bedingt taugliches Fleisch, anderwärts geschlach-
tetes, Ausschluß und Zulassung 30. 100. 402.
, Ausfuhrgenehmigung 30.
, Brauchbarmachung 100. 102.
, Freizügigkeit 30. 100.
Bekämpfung der Rindertuberkulose 41.
Belichtung der Milch, Einfluß 181.
Betäubung der Schlachttiere 60. 131. 169. 350.
354.
Beulenkrankheit der Barben 36.
Bienenzuchtanstalt 270.
Biologische Eiweißdifferenzierung 73. 169. 228.
230. 292.
Blut geschächteter Tiere 138. 402.
Blutungen, multiple, in der Muskulatur 356.
Blutverwertung 22.
Bolzenschuß- und Schlagapparate 352. 353. 354.
Borsäure als Konservierungsmittel 40. 223. 224.
Botryomykose eines Düttenbeines 91.
Botulismus 179. 305.
— , Heilserum 126.
Bovovakzin 48.
Bücherschau 34. 66. 103. 135. 167. 199. 234. 266.
301. 334. 368. 398.
Bullenfleisch mit angeblichem Phosphorgeruch
267.
Bullen, Vererbung des Fettgehaltes der Milch 151.
Zeitschrift
für
Fleisch- und Milchhygiene,
Heraasgegeben
Dr. ß. Ostertag-Berlin.
XVIII. Jahrgang,
/^Eä^
BERLIN 1908.
Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz.
Zeitschrift
für
Fleisch- und Milchhygiene.
Herausgegeben
Dr. ß. Ostertag-Berlin.
XVIII. Jahrgang,
- XIII -
PanisBet 357.
PapaYoannou 369.
P6ju 335.
Pfeiler 211.
Pirl 107.
Pitt 86. 259. 325.
Plath 332. 333.
Poels 90.
Polenske 187. 200.
Porcher 186.
Prachfeld 121.
ProBkauer 70.
Pappe 223.
Baebiger 150.
Rajat und Pöju 335.
Ravenel 160.
Ravenna 92.
Eeiß 161. 186.
Reitz 187.
Rekate 325.
Ribbert 160.
Riebet 92.
Rieck 35. 86. 137.
Riemer 267.
Rödler 221.
Rogner 291.
Rousseau 125.
Rnbner 152. 261.
Rahm 325.
Rulf 359.
IS^achs-Macke 185.
ten Sande 259.
Sandeborg 354.
Saschke 369.
Schenk 128.
Schilling 129.
Schiemenz 234.
Schloßmann 162.
Schmidt-Hirschberg
328.
Schmidt, W. A. 61.
292.
Schneider-Heinze 152.
Schreiber und Neu-
mann 57.
Schröder 292.
Schroeter 203.
Schflder 239.
Schnester 369.
Schuppius 125.
Seifert 335.
Sergent 369.
Seyfert 153.
Shitayama 62. 222.
Sommerfeld 105.
Stcherback 359.
Steuding 369.
Stiehler 158.
Stier 333. 866.
Strelinger 15.
Stroh 78. 358.
Thurmann 236.
Tiberti 259.
Titze 175.
Tromsdorff 259.
Uffenheimer 221.
!
van de Velde 292.
Vogt 105. 324.
Voirin 129.
I
' Wagner 221.
Weber 160.
Weichselbaum 239.
I Weidanz 73.
Welzel 137.
I Windisch 328.
Xylander 241.
I Zell 129.
I Zipkin 221.
. Zörner67.
Berlin, Druck von W. BCbcunstein,
Zeitschrift
ftlr
Fleisch- und Milc
Achtzehnter Jahrgang.
Oktober 19
eft 1
Original-Abhandlttqigen^ ^
(Naohdniok Terboten.
Steht privilegierten Abdeckern von ge-
schlachteten Tieren, bei denen lediglich
das Fleisch als untauglich befunden wurde,
auch die Haut zu?
Zugleich ein Beitrag zur Definition des Begriffs
„unrein**.
Von
Dr. Otterttg.
Die Besitzer privilegierter Abdeckereien
verlangen bekanntlich, daß ihnen von ge-
schlachteten Tieren, die bei Vornahme der
Fleischbeschau als untauglich befunden
wurden, nicht nur das Fleisch (Fleisch mit
Knochen, Fett, Eingeweiden und den zum
Genüsse fürMenschen geeigneten Teilen der
Haut sowie das Blut), dessen Herausgabe
von den Beteiligten nicht verweigert wird,
sondern auch die Haut abgeliefert werde.
Diese Forderung ist bei jenen Krankheiten,
bei denen der ganze Tierkörper ein-
schließlich der Haut aus sanitäts- und
veterinärpolizeilichen Gründen unschädlich
zu beseitigen ist, wie bei Milzbrand,
Rauschbrand, Rinderseuche, Tollwut, Rotz,
Rinderpest, schweren Fällen des Rotlaufs,
der Schweineseuche und Schweinepest
(vgl. § 33, Abs. 1 Nr. 1-6 und 9-10
B. B. A) begründet, in den übrigen Fällen
aber, in denen der Tierkörper ohne Ein-
schluß der Haut für untauglich erklärt wird,
nicht recht verständlich. Nun kommt noch
hinzu, daß die Haut eines Rindes einen
erheblichen Wert repräsentiert. Zurzeit
gelten Kuhhäute im Gewicht von 90 Pfd.
etwa 36 M. Die Haut einer Kuh bringt
also etwa den gleichen Eilös, der früher von
den Besitzern erzielt wurde, wenn sie not-
zuschlachtende Tiere an den Schlächter
verkauften. Durch die Verwertung der
Haut wird der Schaden, der dem Besitzer
durch die Beanstandung eines Tieres er-
wächst, wenigstens zum Teil ausgeglichen.
Deshalb ist die Frage, ob der privilegierte
Abdecker bei Beanstandungen nach § 33
Abs. 1 Nr. 7—8 und 11—18, Abs. 2 sowie
nach § 34 B. B. A einen Anspruch auf die
Haut besitzt, für die östlichen Provinzen
der preußischen Monarchie, in denen die
Abdeckereiprivilegien noch zu Recht be-
stehen, seit dem Inkrafttreten des Reichs-
fleischbeschaugesetzes von nicht geringer
Bedeutung geworden, und es dürfte nach-
stehendes, vom Professorenkollegium der
Tierärztlichen Hochschule zu Berlin er-
stattetes, dem Herausgeber durch Ver-
mittlung des Herrn Kreistierarztes L. zur
Verfügung gestelltes Gutachten für weitere
Kreise von Interesse sein.
Das Gutachten lautet:
Obergutachten
in Sachen des Abdeckereibesitzers H. Th. zu Z.
wider den Fleischermeister G. B. ebendaselbst.
In vorbezeichneter Streitsache übersandte
uns das Königliche Amtsgericht zu Z. die er-
wachsenen Akten mit dem Ersuchen um Abgabe
eines Obergutachtens darüber,
ob im Sinne des Abdeckereiprivilegiums
— im Umschlag Blatt 15 — und der bei
Erteilung des Privilegiums herrschenden
Anschauungen eine Färse, die hochgradig
mit Finnen behaftet gewesen ist, als unrein
anzusehen ist.
Diesem Ersuchen entsprechen wir nach-
stehend.
Tatbestand.
Kläger ist Inhaber des Abdeckereigrundstücks
zu Z. und als solcher Inhaber der Abdeckerei-
privilegien über die Abdeckerei zu Z. und im
Stifte W. Der Beklagte hat am 16. Novembe
— 2 —
1906 eine Eub geschlachtet, deren Fleisch als
zur menschlichen Nahrung unbrauchbar befunden
wurde, und von diesem Tiere dem Kläger zwar
das Fleisch, nicht aber das Fell herausgegeben.
Kläger behauptet, das Fell habe mindestens einen
Wert von 20 M. gehabt.
Kreistierarzt L. (Blatt 18 der Akten) hat
bekundet, der Beklagte habe am 14. November
1906 eine Färse geschlachtet, die er zwei Tage
darauf untersucht habe. Das Fleisch war mit
gesundheitsschädlichen Finnen behaftet, und zwar
in dem Maße, daß es als starkfinnig zu bezeich-
nen war. Die Finnen waren nicht zu zählen und
kamen in den verschiedensten Muskelgruppen
vor. Es mußte daher als zur menschlichen
Nahrung ungeeignet verworfen werden. Nur
Fett, Leber, Milz, Nieren, Magen und Darm waren
als genußtauglich zu betrachten. Der Sach-
verständige bemerkte noch, daß in der Haut des
Rindes Finnen nicht vorkommen.
Nach dem im Umschlag, Blatt 15, beigefügten
Abdeckereiprivilegium vom 29. April 1772 ist
laut Vorschrift der Edikte vom 18. März 1667,
23. März 1682, 22. April 1689, 11. Februar 1704,
12. November 1707 und 30. Juni 1721 jedermann
schuldig, „das außer der Viehseuche abgestandene,
auch bei dem Schlachten unrein gefundene Vieh
(Schafe ausgenommen) dem Scharfrichter oder
Abdecker des Distriktes sofort gegen Erlegung
des festgesetzten Trinkgeldes vor die Meile
k 2 Groschen an den Boten anzusagen." Bei
Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften des
Privilegiums sollen „ein gemeiner Landmann oder
bäuerlicher Untertan" dem Abdecker zur Schad-
loshaltung, wegen der Haut, Talg und Pferde-
haare „für ein Füllen, Rind oder Stärke« 1 Taler,
andere Verbrecher dagegen für dieselben Tiere
1 Taler zwölf Groschen entrichten.
Gutachten.
Nach der Bekundung des Kreistierarztes L.
ist das Fleisch der streitigen Färse in hohem
Grade mit gesundheitsschädlichen Finnen behaftet
gewesen. Die Finnen waren in den verschieden-
sten Muskelgruppen zugegen und nicht zu zählen.
Fett, Leber, Milz, Nieren, Magen und Darm waren
dagegen als genußtauglich zu betrachten.
Die in den Muskeln des Rindes vorkommende
Finne entwickelt sich im Darm des Menschen zu
einem Bandwurm (Taenia saginata), der die Ge-
sundheit seines Trägers zu schädigen geeignet ist
Aus diesem Grunde wird die in den Muskeln des
Rindes schmarotzende Finne und das Muskel-
fleisch, in dem sie enthalten ist, als gesundheits-
schädlich bezeichnet. Das Muskelfleisch hat aber
die schädliche Eigenschaft nur dann, wenn es
im rohen Zustande von Menschen verzehrt wird.
Durch Kochen, Pökeln und dreiwöchige Auf-
bewahrung im Kühlhause werden die Finnen
getötet und hiermit das Fleisch für den mensch-
lichen Genuß unschädlich gemacht. Das finnige
Rindfleisch gehört deshalb zum bedingt taug-
lichen Fleisch im Sinne des § 10 des Reichs-
gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und Fleisch-
beschau vom 3. Juni 1900, das nach Brauchbar-
machung (im vorliegenden Falle durch Kochen,
Dämpfen, Pökeln oder Aufbewahrung im Kühl-
haus) als Nahrungsmittel für Menschen verwendet
werden darf. Voraussetzung hierfür aber ist,
daß die Muskeln nur im geringen oder mittleren
Grade mit Finnen durchsetzt sind. Sind die
Finnen, wie im vorliegenden Falle, so zahlreich
vorhanden, daß sie nicht gezählt werden können,
dann ist das Muskelfleisch als untauglich für
den menschlichen Genuß zu behandeln (vgl.
§ 34 der Ausführungsbestimmungen A zum
Reich sgesetz, betreffend die Schlachtvieh- und
Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900).
Trotz starker Durchsetzung der Muskeln mit
Finnen sind das Fettgewebe (der Talg), die Leber,
Milz, die Nieren, der Magen und Darm in der
Regel finnenfrei. Deshalb sind diese Teile des
Körpers finniger Tiere als genußtauglich anzu-
sehen und dementsprechend zu behandeln, sofern
sie bei sorgfältiger Untersuchung als finnenfrei
befunden worden sind. Der Angabe des Sach-
verständigen L., daß Fett, Leber, Milz, Nieren,
Magen und Darm als genußtauglich zu behandeln
waren, ist zu entnehmen, daß die genannten
Teile bei der streitigen Färse frei von Finnen
gewesen sind.
In der Haut des Rindes kommen, wie der
Kreistierarzt L. schon zutreffend ausgeführt hat,
die gesundheitsschädlichen Finnen nicht vor.
Somit war nur das Muskelfleisch der strei-
tigen Färse zum menschlichen Genuß untauglich,
während die Haut, das Fett, die Leber und die
übrigen oben angeführten Teile, trotz der Behaf-
tung des Muskelfleisches mit Finnen, volle Taug-
lichkeit zur üblichen Verwendung hatten. Die
Finnigkeit des Rindes unterscheidet sich in dieser
Hinsicht von anderen Krankheiten des Rindes,
die das Fleisch untauglich machen, wie dem
Milzbrand, der Wild- und Rinderseuche, der Toll-
wut und Rinderpest. Bei diesen Krankheiten ist
nicht nur das Muskelfleisch, sondern der ganze
Tierkörper einschließlich des Talges und der Haut
untauglich, weil der die Schädlichkeit bedingende
Krankheitserreger in sämtlichen Teilen des Tier-
körpers zugegen ist.
Eine amtliche Erläuterung des Begriffes
„unrein" im Sinne der Abdeckereiprivilegien, die
im Preußischen Staate erlassen worden sind, be-
steht nicht. Die Bezeichnung findet sich zuerst
3 —
in den ägyptischen und mosaischen Speise-
vorschriften und wird hier auf Tierarten ange-
wandt, die nach den religiösen Anschauungen
der Ägypter und Israeliten zur Nahrung für
Menschen nicht verwendet werden durften, auch
wenn sie völlig gesund waren. In Fleischbeschau-
verordnungen aus der Zeit des Erlasses der Ab-
deckereiprivilegien wird die Bezeichnung ,,unrein''
auf das Fleisch kranker Tiere angewandt, das
wegen der Krankheit an sich oder wegen eines
bestimmten Grades der Krankheit als mensch-
liches Nahrungsmittel nicht verkauft werden
durfte. Der Begriff des unreinen Fleisches im
Sinne der Abdeckereiprivilegien entspricht
also dem heutigen Begriff des untauglichen
Fleisches.
Mithin war von der streitigen Färse unrein
im Sinne der Abdeckereiprivilegien nicht der
ganze Tierkörper oder das ganze Stflck Vieh,
sondern nur das finnendurchsetzte Fleisch aus-
schließlich der Haut und des Talges.
In dem den Akten beigefügten Publikandum
vom 29. April 1772 ist auf Edikte aus dem 17.
und 18. Jahrhundert Bezug genommen, wonach
jedermann schuldig ist, „das außer der Vieh-
seuche abgestandene, auch bei dem Schlachten
unrein gefundene Vieh (Schafe ausgenommen)",
dem Abdecker des Distrikts anzusagen.
Im 17. und 18. Jahrhundert war bekannt,
daß Finnen bei einem Hausticrc, dem Schwein,
vorkommen. Daß man zu jener Zeit schon über
das Vorkommen von Finnen bei Rindern unter-
richtet war, ist nicht zu erweisen. Die Rinder-
finnen werden erst seit 25 Jahren häufiger er-
mittelt, nachdem man die Lieblingssitze dieser
tierischen Schmarotzer kennen gelernt hatte.
Im 17. und 18. Jahrhundert besaß man auch noch
keine richtige Vorstellung von dem Wesen der
Finnen. Es ist erst um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts nachgewiesen worden, daß die
Finnen ungeschlechtliche Entwicklungsstufen von
Bandwürmern sind. Gleichwohl ist mit dem
Fleisch finniger Tiere (Schweine) zurzeit des
Erlasses der Abdeckerei-Edikte in ähnlicher Weise
verfahren worden wie heute. Das Fleisch wurde
nicht in jedem Falle als untauglich oder unrein
behandelt, sondern bei mäßigen Graden der
Finnigkeit unter Beachtung von Vorsichtsmaß-
regeln in den Verkehr gegeben und nur in den
übrigen Fällen als unrein dem Verkehr entzogen.
So bestimmte die kurpfälzische Landesverordnung
aus dem Jahre 1582, das Fleisch finniger Schweine,
solle, wenn es nicht besonders finnig wäre, außer-
halb der Schrannen oder Metzig an dem Ort, den
eine jede Obrigkeit dazu verordnet, besonders
feilgehalten werden. „Im Fall aber, daß berührt
findig Fleisch ganz unrein befunden, soll das
ganz und gar hinweg gethan und für die Menschen
nicht verkauft noch gebraucht werden."
Hiernach ist das stark mit Finnen durch-
setzte Fleisch auch im Sinne der bei der Er-
teilung der Abdeckereiprivilegien herrschenden
Anschauungen als unrein anzusehen.
Das erforderte Gutachten geben wir dahin ab :
Im Sinne des Ahdeckereiprivileyiums und der
bei Erteilung des PrivHegiums herrsefienden An-
schauungen ist das Fleisch der streitigen Färse
als unrein anxiisehen,
Berlin, den 28. März 1907.
Rektor und Professoren-Kollegium der König-
lichen Tierärztlichen Hochschule,
gez. Schmaltz.
Vergleichende Statistik der Ergebnisse der Fleischbeschau bei in- und ausländischem
Vieh in einem Grenzschlachthof.
Ein Beitrag zum Vorkommen der Finnen und Trichinen sowie der Tuberkulose
bei russischen Schweinen.
Menzel-Königshütte O.-S.,
Schlachthofdirektor.
I. Schlaohtitngen.
1. Im städtischen Schlachthofe zu Königshütte O.-S. wurden geschlachtet:
Berichtsjahr
Rinder
Schweine
Kälber
Schafe
Ziegen
Pferde
Summe
1904; 05
1905,06
1906,07
7918
6724
6275
27 925
21742
28 229
2552
2072
2686
662
315
288
268
220
179
296
276
285
39 621
31349
37 942
— 4 —
2. Davon stammten:
Berichtsjahr
Herkunfts-
Und
Rinder
jSchweine
Kälber
Schafe
Ziegen
Pferde
Summe
1904/05 {
1905/Ö6 {
1906/07 I
Inland
Ausland
Inland
Ausland
Inland
At^kind
5166
2752
3771
2953
5985
290
17101
10 824
8842
12 900
8 362
19S67
2111
441
1663
409
2590
96*
662
315
288
268
220
179
2%'
276
285
25 604
14 017
15087
16 262
17 689
20253
Die ausländischen Rinder und Kälber wurden aus Österreich-Ungarn, die Schweine
aus Bußland eingeführt.
3. Geschlachtet von auswärts eingebracht und gebührenpflichtig untersucht wurden :
Berichtsjahr
Rinder
Rinder-
Viertel
Schweine
Schweine-
Hälften
Kälber
Schafe
Ziegen
Bemerkungen
1904/05
1905/06
1906/07
698
182
116
602
14
6
610
183
656
3014
93
46
3047
446
231
117
12
15
61
74
11
}•)
Bei der Betrachtung der Schlacht- I der Fleischversorgung Oberschlesiens, das
Ziffern fällt besonders die starke Abnahme
der Schlachtungen im Jahre 1905/06 auf.
Dieses Jahr stand unter dem Merkzeichen
der Viehknappheit, und hinzu kam noch,
daß infolge der Unruhen in Eußland die
Versorgung Oberschlesiens mit russischen
Schweinen zeitweilig ganz stockte. Am
Schlüsse des Jahres erfolgte die Er-
höhung des Einfuhr-Kontingents russischer
Schweine, für Eönigshütte allmählich
aufsteigend von 220 bis zu 480 Schweinen
wöchentlich. Mit der Gewährung des vollen
Einfuhrkontingents ist am 1. März 1906
der erhöhte Zoll in Kraft getreten.
Welchen Einfluß die neuen Handels-
verträge mit dem erhöhten Einfuhrzoll
auf die weitere Einfuhr gehabt haben,
geht daraus hervor, daß nach Statistik II
die Einfuhr der Binder von 2953 Stück
im Jahre 1905/06 auf 290 Stück im
Jahre 1906/07, d. h. um das Zehnfache,
diejenige der Kälber von 409 in derselben
Zeit auf 96 Stück, d. h. um das Vier-
einhalbfache zurückgegangen ist, und daß
die Einfuhr der russischen Schweine um
etwa 5000 Stück hinter der durch den
Handelsvertrag zugelassenen Zahl für
Königshütte zurückblieb.
Da bei der Eigenart und Schwierigkeit
mit seiner starken industriellen Be-
völkerung und nur sehr wenig Land-
wirtschaft und Viehzucht zwischen
Bußland und Österreich eingekeilt ist,
viel mageres, tuberkulöses und außerdem
viel finniges Schlachtvieh zur Abschlachtung
gebracht wurde, war die Durchfiihrung
des Beichsfleischbeschaugesetzes und der
weiteren, auf Grund desselben erlassenen
Bestimmungen eine schwere Aufgabe.
Mit dem Amtsantritt des Bericht-
erstatters am 1. Juni 1905, der sich die
vollständige Durchführung der bestehenden
Bestimmungen mit allen ihren Konsequenzen
zur Pflicht gemacht hatte, setzte der hef-
tigste Widerstand der Fleischer ein, der
schließlich mit ihrem Boykott des Schlacht-
hofes endigte.
Damit war der zweite Grund fiir die
starke Abnahme der Schlachtfrequenz im
Jahre 1905/6 gegeben.
Durch das energische Eingreifen des
Magistrats und der Eegierung, sowie durch
eine von der Begierung einberufene
Konferenz der oberschlesischen
Schi achthoftierärzte, Kreistierärzte
und Fleischbeschau ausübenden
Privattierärzte, unter dem Vorsitze
des zuständigen Departementstierarztes,
*) Am 1. Oktober 1904 trat die Freizügigkeit des tierärztlich untersuch ten Fleisches in Kraft
— 5 —
Veterinärrat Bermbach, der als Vertreter
des Landwirtschaftsministeriams Professor
Ostertag beiwohnte, nnd in der die im
Schlachthofe zu Königshütte ausgeübte
Fleischbeschan l^estätigt, sowie zweifel-
hafte Fälle nnd verschiedene Auslegungen
des Fleischbeschaugesetzes erörtert und
klargelegt wurden, konnte der Boykott
jedoch in kurzer Zeit gebrochen werden.
Derselbe hörte denn auch nach etwa
dreiwöchigem Bestehen allmählich auf,
so daß bald die Schlachtungen in vollem
Umfange wieder aufgenommen wurden.
Viel zur Beruhigung der Fleischer hat
zweifellos die Einfiihrung von leistungs-
fähigen Schlachtvieh-Versicherungen
beigetragen, durch die die Fleischer vor
größeren Verlusten geschützt wurden.
Während nun im letzten Berichtsjahre
1906/7 der Mangel an Schweinen gehoben
war, die Schlachtungen derselben erheblich
zunahmen und die Preise für Schweine-
fleisch beträchtlich sanken, nahmen die
Rinderschlachtungen infolge des weiter
bestehenden Rindermangels und des hohen
Einfuhrzolles noch mehr ab und blieben die
Rindfleischpreise auf der Höhe des Vor-
jahres, zogen sogar zeitweise noch mehr an.
II. Fleischbeschau.
Von den im letzten Jahre (1906/07)
geschlachteten 37 942 Tieren wurden be-
anstandet 8O8V2 Tiere, von denen 4L
einfinnige Rinder nach 21 tägigem
Durchkühlen wieder dem freien
Verkehr übergeben wurden.
Mithin blieben beanstandet:
767Va Tiere --- 2,02 % ^er Gesamtschlachtungen,
und zwar: 126^/4 Rinder = 2,0 % der Rinderschlachtun^en,
625Va Schweine = 2,21 % ^^^ Schwcineschlachtangen,
87« Kälber = 0,8 % der Kälberschlachtungen,
1 Ziege = 0,55 7o ^^' Ziegenschlachtungen,
6 Pferde = 2,1 7ü <l®r Herdeschiachtungen.
Bei den bisherigen Veröffentlichungen
der statistischen Ergebnisse der Fleisch-
beschan im Inland ist das Herkunftsland
der Schlachttiere nicht genügend berück-
sichtigt worden, deshalb ist es bisher auch
nicht möglich gewesen, sicher festzustellen,
wie weit die Krankheiten und Mängel, die
zu Beanstandungen geführt haben, sich auf
die inländischen und ausländischen Tiere
verteilen. In den nachstehenden Aufstel-
lungen aus den letzten drei Berichtsjahren
vom 1. 4. 04 bis 31. 3. 07 habe ich die Be-
anstandungszahlen und -Prozente für die
vier wichtigsten Beanstandungsgründe —
Rinderfinnen, Schweinefinnen, Trichinen
und Tuberkulose — nach inländischer und
ausländischer Einfuhr getrennt für den
Schlachthof zu Königshütte zusammen-
gestellt. Diese Aufstellungen ergeben einige
beachtenswerte Hinweise besonders für
die Fleischbeschau auf den oberschlesischen
Schlachthöfen.
1. Rinderfinnen.
Jahr
Herkonftsland
Schlachtzahl
Davon waren finnig
Zahl o'o \ ^"mme ^^"odeKies.-Schlacht.
1904/05 {
1906/06 {
1906/07 j
Inland
Öitierrcich' Ungarn
Inland
Österreich' Ungarn
Inland
Österreich' Ungarn
12
5
39
18
107
2
0,232
0,181
1,034
0,61
1,79
0,69
17
1 ^^
1 109
0,215
0,847
1,737
Es steigerten sich danach die Finnen- I Anne bei den inländischen Rindern zwei-
funde bei Rindern von 0,215 Proz. auf
1,737 Proz. überhaupt, und es geht aus
der Aufstellung hervor, daß die Rinder-
bis dreimal Läufiger war, als bei den aus
Österreich -Ungarn eingeführten. Die
meisten finnigen Rinder stammten
— 6 —
aus den Kreisen Neiße, Leobschütz
und Neustadt O.-S., und es ist diese
Gegend seit längerer Zeit in Schlesien
als Finnenherd bekannt.*)
2. Schweinefinnen.
Jahr
Herkunftsland
Schlacfatzahl
Davon waren finnig
Zahl
%
Summe
o/o der Ges.-
Schlacht.
1904/05
1905/06
1906/07
Danach
Inland
Rußland
Inland
Rußland
Inland
Rußland
f 127 925
;}21742
17 101 1
10 824 \
8 8421
12 900 \
i^Mr 128 229
25
182
16
414
6
509
0,146
lß8
0,18
3,21
0,07
2ß6
207
430
575
0,74
1,977
2,086
Schweinefinne
etwa 40mal so
ist die
in Rußland zurzeit
häufig als im Inland, und ist bei uns
die Finne nur noch bei 0,07 Proz, der
Schweine vorhanden, also schon ziemlich
selten geworden. Aus dieser Aufstellung
ist ersichtlich, wie wichtig eine genaue
Durchsuchung der rassischen Schweine
auf Finnen ist, wenn wir nicht nur der
Weiterverbreitung der Finnen und des
Bandwurms Einhalt gebieten, sondern die-
selben mit dem bisherigen guten Erfolge
weiter ausrotten wollen.
3. Trichinen.
Jahr
Herkunftsland
Schlachtzahl
Davon waren trichinös
Zahl I o/o
Summe 7o^®f Ges.-Schlacht
1904/05 {
1905/06 I
1906,07 {
Inland
Rußland
Inland
Rußland
Inland
Rußland
17 101 \
10 824 j
8842 1
12 900 f
27 925
21742
19 867}^^^^
6
10
3
5
2
8
0,035
0,092
0,034
0,039
0,024
0y04
16
8
10
0,057
0,036
0,035
Darausgeht hervor, daß dieTrichinen
bei Schweinen in Rußland häufiger
vorkommen, als bei den einheimischen;
4. Tuberkulose.
a) bei Rindern.
anscheinend sind sie aber auch dort im
Abnehmen begriffen.
Jahr
Herkunftsland
Schlachtzahl
Davon waren tuberkulös
Zahl % Summe l^/^der Ges.-Schlacht
Beanstandet
Zahl I %
1904/05 {
1905/06 {
1906/07 {
Inland
Österr, 'Ungarn
Inland
Osterr.-Üngam
Inland
Österr, 'Ungarn
5166
2 752
3 771
2 953
5 985
290
17 918
}6 724
|6 275
1694
605
1435
569
1986
41
32,78
22,13
38,61
19,27
32,85
14,14
}2 299
|2025
}2027
29,03
30,11
32,46
21
1
21
1
83
1
0,406
0,036
0,556
0,033
1,37
0,034
Es schwankte demnach die Tuber-
kulose bei den hier geschlachteten in-
ländischen Rindern zwischen 32,78 Proz.
und 38,61 Proz., wogegen sie bei dem
Österreich.- ungarischen Vieh, das zum
größten Teil Weide vi eh ist, nur etwa
*) Durch die Versorgung von Königshfltte
mit Kindern aus den durch das ungewöhnlich
häufige Vorkommen der Finnen bei Rindern
ausgezeichneten Kreisen Neil5e, Leobschütz und
Neustadt O.-S. erklärt es sich, daß in Königshütte
der Finnenprozentsatz bei einheimischen Rindern
denjenigen bei den aus dem Ausland ein-
geführten übertrifft.
— 7
halbmal so oft vorkam. Ferner ergaben sich
Beanstandungen ganzer Tiere oder ein-
zelner Viertel bei dem ausländischen
Vieh 11 mal, im letzten Jahre sogar
40mal weniger, als beim inländischen.
Das bedeutet weiter, daß die Erkran-
kungen an Tuberkulose bei dem aus
Österreich-Ungarn eingeführten Vieh viel
leichterer Natur waren, als beim inlän-
dischen, und diese Tatsache kann der Be-
richterstatter auch bestätigen nach Maß-
b) bei Sc
gäbe der Untersuchungsbefunde. Die
Tuberkulose der ausländischen Binder be-
schränkte sich meistens auf eine leichtere
Erkrankung der Lungen oder Bronchial-
drüsen, und es wurden diese Herde sehr
häufig verkalkt und abgeheilt gefunden.
Dagegen wiesen die inländischen Binder
vielfach schwere, offene Tuberkulose,
Perlsucht und Erkrankung aller Ein-
geweide auf; auch das Euter wurde häufig
erkrankt befunden,
hweinen.
Jabr
Herkunftsland
Schlachtzahl
Davon waren tuberkulös
Zahl I % [Summe %derGeB.-Schlacht.
Beanstandet
Zahl 0/^
1901.05
1905/061
1906 07
Inland
Rtißland
Inland
Rußland
Inland
Rußland
17 101
J0824 i
8842)
129Ü0 j
8 862 1
19867 J
27 925
21742
28 229
507 2,96
160 1,48
895 10,12
846 1 6,56
463 ' 5,54|l
1295: gMi
667
1741
1768
2,39
8,01
6,23
6
1
31
7
6
13
0,035
0,009
0,35
0,054
0,071
0,065
Hier treten zwei sehr auffällige Er-
scheinungen hervor, nämlich:
1. die sehr starke Zunahme der
Tuberkulose im Jahre 1905/6, die für
das Inland in zwei Momenten ihre Er-
klärung finden dürfte, in der Sorgfalt
der Untersuchung, namentlich auch der
Gekrösdrüsen, und in der Aufzucht oder
Fütterung von größeren Posten Schweinen
in Molkereien und auf großen Gütern
mit roher tuberkulöser Milch oder rohen
Molkereirückständen, worin diese Be-
triebe in dem Jahre des großen
Schweinemangels und der Fleischteuerung
eine gi*oße und gute Einnahmequelle
gesehen haben dürften;
2. die Häufigkeit der Tuber-
kulose unter den russischen Schwei-
nen, die im letzten Jahre sogar
diejenige bei Inlandschweinen um
etwa 1 Proz. überstieg. Ein Grund
far diese auffällige Tatsache kann einst-
weilen nicht angeführt werden. Jedoch
sind Nachforschungen in der Richtung
in die Wege geleitet. Jedenfalls wird
hierdurch die vielfach, besonders
in Oberschlesien verbreitete An-
sicht, daß bei den russischen
Schweinen die Tuberkulose sehr
selten, und namentlich viel selte-
ner als bei den Inlandschweinen
sei, widerlegt und die Notwendig-
keit genauer Untersuchung
russischen Schweine erwiesen.
der
Ist zur Feststellung der Knochentuber-
kulose bei geschlachteten Tieren eine
weitergehende als die. vorgeschriebene
Untersuchung erforderlich?
Voo
HafTner-Dttren,
Schlachthof dir ektor.
In Heft 10 dieser Zeitschrift berichtet
Herr Kollege Dr.Marschner-Breslau über
Funde von Knochentuberkulose, die nur
durch eine weitergehende Untersuchung,
als sie das Gesetz vorschreibt, ermittelt
wurden. M. spricht den Wunsch aus,
daß auch von anderer Seite in gleicher
Weise Untersuchungen vorgenommen
werden möchten. Dies veranlaßt mich
darauf hinzuweisen, daß die Untersuchung
auf Knochentuberkulose in ähnlicherWeise,
wie es Marschner angibt, am hiesigen
Schlachthofe schon seit längerer Zeit üb-
lich ist. Ich lasse schon seit Jahren fast
bei allen beanstandeten Tieren einzelne
— 8 —
Eöhrenknochen, bei allen wegen Tuber-
kulose beanstandeten Tieren sämtliche
Gliedmaßenknochen in der Längsrichtung
aufsägen und bei letzteren Tieren Kopf-
knochen, Becken und Schulterblatt mehr-
mals spalten. Dieses Verfahren ist nicht
nur bei Tuberkulose, sondern auch bei ver-
schiedenen anderen Krankheiten gerecht-
fertigt. Ich fand beispielsweise außer
den zahlreichen Fällen von Tuber-
kulose Veränderungen des Knochen-
markes bei' Kälberlähme, bei Sarko-
matose, bei Pseudoleukämie,*) bei
Septikämie, Pyämie u. dgl. Mehrfach
konnte ichfemer bei notgeschlachteten
Kälbern, die nicht zeitig genug ver-
kauft werden konnten, am Knochen-
marke zuerst Fäulniserscheinungen
wahrnehmen. Durch dieses Verfahren
habe ich über die von Marschner be-
handelte Frage ein ziemlich umfangreiches
Material gewonnen.
Dieses Material umfaßt genaue Er-
mittlungen über die Ausbreitung der
Tuberkulose und das Vorkommen
von Knochentuberkulose bei 10000
Schweinen und 4700 Kindern, die in
der Zeit vom 15. April 1905 bis zum
16. Juli 1906 im hiesigen Schlachthofe
geschlachtet wurden. Bis zu letzterem
Termine wurden sämtliche Fälle von
Knochentuberkulose beanstandet. Ich ver-
merke nur die Endergebnisse dieser Zu-
sammenstellung. Zu ihrer Erläuterung
diene folgendes:
Die Zusammenstellung erfolgte teils
nach den Tagebüchern, teils nach den
hier über jedes beanstandete Tier
geführten sogenannten Beanstandungs-
scheinen. Diese Beanstandungsscheine
enthalten auf der einen Seite Gewichts-
und sonstige Angaben für den Verkauf
auf der Freibank, auf der anderen Seite
haben sie nachstehenden Aufdruck:
Signalement:
Beanstandungsgrund Tuberkulose
2 3, 4
8 9 10, 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31
w
i §
« I S ! 'S
o
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S ^
ä
§
PQ
^
CO
atark<^ Ätisdehnung t friache Infektion 1 iitiiit^cHt i:rw. Herde 1 hodigr. Abiuagening
anderer BeaiiÄtaiidungsgnmd
Bemerkungen
Verfügung.
Die Beaustandungsscheine werden,
soweit es möglich ist, direkt nach der
Untersuchung ausgefüllt; nach Zerlegen
des beanstandeten Tieres und nochmaliger
*) Vergl. meinen Artikel tlber lymphoide
Infiltrate der Muskulatur im 16. Jahrgang, Heft 12,
dieser Zeitschrift.
tierärztlicher Untersuchung werden die
Angaben vervollständigt.
Von den 10 000 geschlachteten
Schweinen waren 580 Stück = 5,8 Proz.
tuberkulös. Von den tuberkulösen
wurden 87 Stück = 15 Proz. beanstandet,
und bei diesen 87 Stück wurden sämtliche
I Knochen aufgesägt und näher untersucht.
— 9 —
1
2
3 4 1 5
6
7
8
Es waren
tuberkulös
Stück
die Milz
bei Stück
Es warei
Wirbel-
säule
bei Stück
i erkrankt
andere
Knochen
bei Stück
Knochen-
gewebe
überhaupt
bei Stück
Knochentuberkulose (Spalte 5)
war ausgedehnt auf
Wirbelsäule
und andere ^^! ^*® «"^ andere
Knochen Knochen
gleichzeitig «^"^^
580
266
= 46 o/o
44
26
48
= 8,2 0/,
22 mal
22 mal 4 mal
= 5,8 %
48
Von anderen Knochen (Spalte 4) waren erkrankt: Brustbein 2 mal, Gliedmaßenknochen 21 mal
Rippen 6 mal, Becken 4 mal, Kopfknochen 2 mal, Gelenke 4 mal.
Von 4700 in der gleichen Zeit ge-
schlachteten Rindern waren 1703 Stück ==
36 Proz. tuberkulös. Von den tuber-
kulösen wurden 90 Stück = 5,2 Proz. be-
anstandet, und auch bei diesen 90 Stück sind
die Knochen wie oben behandelt worden.
B. AiMbreltung der Tuberkulose bei Rindern.
8
Es waren erkrankt
Es waren
tuberkulös
Stück
Knochentuberkulose (Spalte 5)
war ausgedehnt auf
die Milz
bei Stück
Wirbel-
säule
bei Stück
Knochen-
gewebe
überhaupt
bei Stück I bei Stück
andere
Knochen
Wirbelsäule
und andere
Knochen
gleichzeitig
nur die
Wirbel-
säule
nur andere
Knochen
1703
* =86 o/o
nicht
notiert
11
18
= 1%
1 mal
I
7 mal
10 mal
18
Von anderen Knochen (Spalte 4) waren erkrankt : Brustbein 3 mal, Gliedmaßenknochen 4 mal,
Rippen 2 mal, Becken 1 mal, Gelenke 3 mal.
Wie aus Spalte 2 der Tabelle A her-
vorgeht, wurde hier bei fast der Hälfte
aller tuberkulösen Schweine Milztuber-
kulose ermittelt. Diese findet sich be-
kanntlich bei Schweinen außerordentlich
häufig neben ganz geringfügiger Lungen-
und Lebertuberkulose; bei erheblicher
Tuberkulose wird sie im Gegensatz zu
der Tuberkulose beim Kinde nie vermißt.
Trotzdem wird der Prozentsatz der Milz-
tuberkulose meistens geringer angegeben.
Ein mir vorliegender Bericht eines größeren
Schlachthofes gibt nur 25 Proz. Milztuber-
kulose an, ein anderer noch weniger. Da
nun mindestens in jedem Fall von Milz-
tuberkulose die Fleischlymphdrttsen an-
geschnitten werden und die Wirbelsäule
genau untersucht wird, ist es klar, daß
die Resultate andere sein werden, wenn
diese Untersuchung bei 50 Proz. vor-
genommen wird oder nur bei 25 oder
gar 10 Proz. Auch die Zahl der Fälle
von Knochentuberkulose, 8,2 Proz.
sämtlicher Tuberkuloseftlle, diLrfte höher
sein als sie sonst angegeben wird. Der
Bericht des Leipziger Schlachthofes für
1905, der einzige von den zahlreichen
mir zur Verfügung stehenden, der über-
haupt hierüber Angaben macht, gibt die
Zahl der Fälle von Knochentuberkulose
mit 4 Proz. an.
Die große Zahl der Fälle von Milz-
— 10 —
und Knochentuberkulose, die hier ermittelt
worden sind, ist wohl darauf zurückzu-
führen, daß in der Berichtszeit sehr viele
der hier geschlachteten Schweine aus der
näheren ländlichen Umgebung Dürens
stammten, in der viel Molkereiwirtschaft
betrieben wird. Es kamen deshalb ver-
hältnismäßig viel Fälle von vorgeschritte-
ner Tuberkulose vor. Es konnte beob-
achtet werden, daß in Zeiten, in denen
der hiesige Schlachthof vorzugsweise vom
Kölner Markte mit Schweinen versorgt
wurde, diese Fälle wie die Tuberkulose
überhaupt viel seltener waren. Köln hat
nach dem Bericht von 1906 nur l,4Proz.
Tuberkulose. Meine Angaben und be-
sonders der angezogene Vergleich mit
anderen Schlachthöfen erlauben deshalb
natürlich nicht einen Schluß auf die Art
der Untersuchung. Über die Erkrankung
anderer Knochen neben der Wirbeltuber-
kulose macht leider auch der Leipziger
Bericht keine Mitteilungen. Es dürften
deshalb meine Angaben hierüber als Er-
gänzung der Marschnerschen von Inter-
esse sein. Wie ein Vergleich der Spalten 4
und 6 zeigt, fand ich mehr als einhalb so
oft wie Wirbeltuberkulose auch Tuber-
kulose anderer Knochen, nämlich 26 mal.
Es ergibt sich femer die bemerkenswerte
Tatsache, daß in allen 26 Fällen, in
denen andere Knochen erkrankt wai^en,
nur viermal Tuberkulose der Wirbelsäule
fehlte, mit anderen Worten, daß die
Wirbelsäule bei Schweinen fast
regelmäßig miterkrankt war, wenn
Gliedmaßen- oder sonstige Knochen
tuberkulös waren.
Nach Feststellung von Knochentuber-
kulose wurde auch regelmäßig die
Beschaffenheit der zugehörigen
Fleischlymphdrüsen genau geprüft.
Hierbei stellte es sich heraus, daß
in außerordentlich vielen Fällen
von Tuberkulose der Gliedmaßen-
knochen beim Schweine die zu-
gehörigen eigentlichen Fleisch-
lymphdrüsen, die Bug-, Kniefalten-,
Kniekehl-, Sprunggelenkdrüsen
völlig intakt waren.*) Derartige
Fälle habe ich so zahlreich gemeinschaft-
lich mit den hier beschäftigt gewesenen
Kollegen festgestellt, daß sie nicht als
Ausnahmefälle betrachtet werden dürfen.
In einzelnen Fällen der vorgedachten
Art waren allerdings Lenden-, Darm-
bein- oder Beckendrüsen erkrankt, in
anderen waren auch diese unverändert.
Soviel mir bekannt ist, führt übrigens
die Tuberkulose der letztgenannten Lymph-
drüsen niemals zur Beanstandung; ihre
Erkrankung kommt deshalb für die Er-
mittlung von Knochentuberkulose nicht
in Betracht.
Vergleicht man meine Ermittlungen
bezüglich der Schweinetuberkulose mit
denen Marschners, so ergibt sich eine
sehr große Übereinstimmung der Resul-
tate. Zunächst konstatiert auch M. mehr-
fach, daß die zugehörigen Fleischlymph-
drüsen bei Knochentuberkulose intakt
waren. Femer findet sich unter allen
von M. aufgeführten Fällen von Knochen-
tuberkulose beim Schweine nicht ein
einziger Fall, bei dem die Tuberkulose
der Wirbelsäule fehlte. Aus Marsch-
ners und besonders aus meinen zahl-
reichen Feststellungen, die natürlich von
anderen Seiten noch geprüft und ver-
vollständigt werden müssen, glaube ich
schließen zu dürfen, daß der in den
Lehrbüchern enthaltene Satz: „Die Tuber-
kulose der Gliedmaßenknochen kenn-
zeichnet sich stets durch Erkrankung der
zugehörigen Fleischlymphdrüsen", wenig-
stens bezüglich der Schweinetuberkulose,
keine volle Gültigkeit hat. Mit größerem
Rechte kann man folgern, daß bei
Wirbeltuberkulose beim Schweine
Verdacht vorliegt, daß auch andere
*) Diese Fälle bedürfen der genauen bakterio-
logischen Bearbeitung, um festzustellen, ob es
sich überhaupt um Tuberkulose oder um tuber-
kuloseähnliche Veränderungen handelt, und wenn
es sich tatsächlich um Tuberkulose handelt,
welcher Typus vorliegt. D. H.
— 11
Knochen erkrankt sind. Nach meinen
Beobachtungen findet sich eine Erkrankung
der letzteren sogar in der Regel, wenn
starke Wirbeltuberkulose vorliegt.
Für die Richtigkeit meiner Annahme
sprechen auch noch weitere Beobachtungen,
die ich nach dem Abschluß der Statistik,
der ungefähr mit dem Inkrafttreten der
Abänderungen der Ausfuhrungsbestimmun-
gen A, C und D vom 16. Juni 1906 zu-
sammenfallt, gemacht habe. Seitdem auf
Grund dieser Abänderungsbestimmungen
bei Wirbeltuberkulose die Beanstandung
ganzer Tiere in vielen Fällen nicht mehr
erfolgt und infolgedessen hier nicht mehr
in allen Fällen von Wirbeltuberkulose die
Röhrenknochen aufgesägt werden, ist die
Tuberkulose der letzteren viel seltener er-
mittelt worden. Insbesondere wurde unter
sämtlichen seit dieser Zeit wegen Tuber-
kulose einzelner FleischJymphdrtisen bean-
standeten Vierteln — von 48 Schweinen
— kein einziges Mal Knochentuberkulose,
nur einmal Gelenktuberkulose gefunden.
Wenn es zuträfe, daß die Tuberkulose
der Röhrenknochen sich kennzeichnete
durch Miterkrankung der zugehörigen
Fleischlymphdrüsen, so hätte die erstere
bei ihrer relativen Häufigkeit nach der
Wahrscheinlichkeitsrechnung in vielen
Fällen gefunden werden müssen. Auch
hiemach scheint mir das Hauptkriterium
für den Verdacht auf Röhrenknochen-
tuberkulose die Wirbeltuberkulose zu sein.
Beim Rinde liegen, wie Tabelle B
zeigt, die Verhältnisse einmal schon in-
sofern anders, als hier die Knochentuber-
kulose viel seltener ist. Ich fand sie nui-
bei ca. 1 Proz. aller tuberkulösen Rinder.
Dann ließen sich auch keinerlei Be-
ziehungen zwischen Wirbel- und
anderer Knochentuberkulose nach-
weisen. Nur in einem von 18 Fällen
kamen beide Erkrankungen zugleich vor.
Beim Rinde wurde femer Knochentuber-
kulose fast ausschließlich bei vorge-
schrittener Tuberkulose beobachtet. Auch
hier wurde indessen bisweilen, wenn auch
viel seltener, die Miterkrankung der zu-
gehörigen Lymphdrüsen vermißt.
Über die Art der Erkrankung noch
kurz folgendes:
Beim Rinde sowohl wie beim
Schweine wiesen die erkrankten
Knochen in der Regel äußerlich
keine Veränderungen auf. Besonders
in den Röhrenknochen der Schweine wurden
neben größeren Herden ganz kleine, linsen-
bis stecknadelkopfgroße Herde gefunden,
die natürlich keine Umfangsveränderung
des Knochens hervorrufen konnten. Ich
erwähne dies, weil an einigen Stellen die
Knochen nur aufgesägt werden, wenn sie
Auftreibungen aufweisen, oder nur quer
und nicht längs durchschnitten werden.
Die tuberkulösen Herde befanden sich
nicht immer in der Mitte des Knochens,
bisweilen zeigte sich auf dem Durch-
schnitt des Knochenmarkes nur eine
Rötung, in deren Tiefe ein tuberkulöser
Herd saß. In vielen Fällen von Wirbel-
tuberkulose waren ferner nicht die Wirbel-
körper, sondern nur die Domfortsätze
erkrankt. Diese Fälle können dem ünter-
sucher besonders leicht entgehen, weil
dieDorafortsätze ganz ungleichartig durch-
gehackt werden.
Meine Feststellungen bestätigen somit
die Behauptung Marschners, daß bei
Beschränkung auf die gesetzlich vor-
geschriebene Untersuchungs weise
nicht sämtliche Fälle von Knochen-
tuberkulose gefunden werden können.
Dasselbe betonte auch schon Pitt-Königs-
berg in einem Artikel in Heft 9 des
XIV. Jahrgangs dieser Zeitschrift.
Nun sagt zwar Ostertag in einer
Anmerkung S. 237 des schon erwähnten
Jahrganges seiner Zeitschrift mit Recht:
Seltene Ausnahmefälle können nicht als
Grundlage für ein allgemein durchzu-
führendes Untersuchungsverfahren gelten.
Die vorstehenden Ausführungen beweisen
jedoch, daß insbesondere die Fälle von
Röhrenknochentuberkulose beim Schweine
nicht als seltene Ausnahmefälle betrachtet
— 4 —
2. Davon stammten:
Berichtsjahr
Herkunfts-
land
Rinder
[Schweine
Kälber
Schafe
Ziegen
Pferde
Summe
1904/05 I
1905/Ö6 {
1906/07 {
Inland
Ausland
Inland
Ausland
Inland
Ausland
5166
2752
3771
2953
5985
290
17101
10 824
8842
12 900
8 362
19 867
2111
441
1663
409
2590
96
662
315
288
268
220
179
296
276
285
25 604
14 017
15 087
16 262
17 689
20253
Die ausländischen Rinder und Kälber wurden aus Österreich-Ungarn, die Schweine
aus Rußrland eingeführt.
3. Geschlachtet von auswärts eingebracht und gebührenpflichtig untersucht wurden:
Berichtsjahr
Rinder
Rinder-
Viertel
Schweine
Schweine-
Hälften
Kälber
Schafe
Ziegen
Bemerkungen
1904/05
1905,/06
1906/07
698
182
116
602
14
6
610
183
656
3014
93
46
3047
446
231
117
12
15
61
74
11
I»)
Bei der Betrachtung der Schlacht-
ziffem fällt besonders die starke Abnahme
der Schlachtungen im Jahre 1905/06 auf.
Dieses Jahr stand unter dem Merkzeichen
der Viehknappheit, und hinzu kam noch,
daß infolge der Unruhen in Eußland die
Versorgung Oberschlesiens mit russischen
Schweinen zeitweilig ganz stockte. Am
Schlüsse des Jahres erfolgte die Er-
höhung des Einfuhr-Kontingents russischer
Schweine, für Königshütte allmählich
aufsteigend von 220 bis zu 480 Schweinen
wöchentlich. Mit der Gewährung des vollen
Einfuhrkontingents ist am 1. März 1906
der erhöhte Zoll in Kraft getreten.
Welchen Einfluß die neuen Handels-
verträge mit dem erhöhten Einfuhrzoll
auf die weitere Einfuhr gehabt haben,
geht daraus hervor, daß nach Statistik II
die Einfuhr der Rinder von 2953 Stück
im Jahre 1905/06 auf 290 Stück im
Jahre 1906/07, d. h. um das Zehnfache,
diejenige der Kälber von 409 in derselben
Zeit auf 96 Stück, d. h. um das Vier-
einhalbfache zurückgegangen ist, und daß
die Einfuhr der russischen Schweine um
etwa 5000 Stück hinter der durch den
Handelsvertrag zugelassenen Zahl far
Königshütte zurückblieb.
Da bei der Eigenart und Schwierigkeit
der Fleischversorgung Oberschlesiens, das
mit seiner starken industriellen Be-
völkerung und nur sehr wenig Land-
wirtschaft und Viehzucht zwischen
Rußland und Österreich eingekeilt ist,
viel mageres, tuberkulöses und außerdem
viel finniges Schlachtvieh zur Abschlachtung
gebracht wurde, war die Durchftihrung
des Reichsfleischbeschaugesetzes und der
weiteren, auf Grund desselben erlassenen
Bestimmungen eine schwere Aufgabe.
Mit dem Amtsantritt des Bericht-
erstatters am 1. Juni 1905, der sich die
vollständige Durchführung der bestehenden
Bestimmungen mit allen ihren Konsequenzen
zur Pflicht gemacht hatte, setzte der hef-
tigste Widerstand der Fleischer ein, der
schließlich mit ihrem Boykott des Schlacht-
hofes endigte.
Damit war der zweite Grund für die
starke Abnahme der Schlachtfrequenz im
Jahre 1905/6 gegeben.
Durch das energische Eingreifen des
Magistrats und der Regierung, sowie durch
eine von der Regierung einberufene
Konferenz der oberschlesischen
Schlachthoftierärzte, Kreistierärzte
und Fleischbeschau ausübenden
Privattierärzte, unter dem Vorsitze
des zuständigen Departementstierarztes,
*) Am 1. Oktober 1904 trat die Freizügigkeit des tierärztlich untersuchten Fleisches in Kraft.
— 5
Veterinärrat Bermb ach, der als Vertreter
des Landwirtschaftsministeriams Professor
Ostertag beiwohnte, und in der die im
Schlachthofe zn Eönigshütte ausgefibte
Fleischbeschan l^estätigt, sowie zweifel-
hafte Fälle und verschiedene Auslegungen
des Fleischbeschaugesetzes erörtert und
klargelegt wurden, konnte der Boykott
jedoch in kurzer Zeit gebrochen werden.
Derselbe hörte denn auch nach etwa
dreiwöchigem Bestehen allmählich auf,
so daß bald die Schlachtungen in vollem
Umfange wieder aufgenommen wurden.
Viel zur Beruhigung der Fleischer hat
zweifellos die Einffihrung von leistungs-
fähigen Schlachtvieh-Versicherungen
beigetragen, durch die die Fleischer vor
größeren Verlusten geschützt wurden.
Während nun im letzten Berichtsjahre
1906/7 der Mangel an Schweinen gehoben
war, die Schlachtungen derselben erheblich
zunahmen und die Preise für Schweine-
fleisch beträchtlich sanken, nahmen die
Rinderschlachtungen infolge des weiter
bestehenden Rindermangels und des hohen
Einfuhrzolles noch mehr ab und blieben die
Rindfleischpreise auf der Höhe des Vor-
jahres, zogen sogar zeitweise noch mehr an.
II. FleltchbMOhau.
Von den im letzten Jahre (1906/07)
geschlachteten 37 942 Tieren wurden be-
anstandet 808 V2 Tiere, von denen 41
einfinnige Rinder nach 21 tägigem
Durchkühlen wieder dem freien
Verkehr übergeben wurden.
Mithin blieben beanstandet:
767Va Tiere =- 2,02 % der Gesamtschlachtungen,
und zwar: 126'/4 Rinder = 2,0 % der Rinderschlachtungen,
625 Va Schweine = 2,21 % d^' Seh wcinesch Lichtungen,
8V1 Kälber = 0,8 % der Kälberschlachtungen,
1 Ziege = 0,55 % der Ziegenschlachtungen,
6 Pferde = 2,1 %
Bei den bisherigen Veröffentlichungen
der statistischen Ergebnisse der Fleisch-
beschau im Inland ist das Herkunftsland
der Schlachttiere nicht genügend berück-
sichtigt worden, deshalb ist es bisher auch
nicht möglich gewesen, sicher festzustellen,
wie weit die Krankheiten und Mängel, die
zu Beanstandungen geführt haben, sich auf
die inländischen und ausländischen Tiere
verteilen. In den nachstehenden Aufstel-
lungen aus den letzten drei Berichtsjahren
der Pferdeschlachtungen.
vom 1. 4. 04 bis 31. 3. 07 habe ich die Be-
anstandungszahlen und -Prozente für die
vier wichtigsten Beanstandungsgründe —
Rinderflnnen, Schweinefinnen, Trichinen
und Tuberkulose — nach inländischer und
ausländischer Einfuhr getrennt für den
Schlachthof zu Königsliütte zusammen-
gestellt. Diese Aufstellungen ergeben einige
beachtenswerte Hinweise besonders für
die Fleischbeschau auf den oberschlesischen
Schlachthöfen.
1. Rinderflnnen.
Jahr
Herkunftsland
Schlachtzahl
Zahl
Davon waren finnig
O'o [ Summe ^"yderGes.-Schlacht.
1904/05 1
1905/06
1906/07 {
Inland
Österreich- Ungarn
Inland
Österreich- Ungarn
Inland
Österreich- Ungarn
|1S|7918
^|f,]6275
12
5
39
J8
107
2
0,232
0,WI
1,034
0,61
1,79
0,69
1 ^^
} ^^
I 109
0,215
0,847
1,737
Es steigerten sich danach die Finnen-
fande bei Rindern von 0,215 Proz. auf
1,737 Proz. überhaupt, und es geht aus
der Aufstellung hervor, daß die Rinder-
finne bei den inländischen Rindern zwei-
bis dreimal häufiger war, als bei den aus
Österreich -Ungarn eingeführten. Die
meisten finnigen Rinder stammten
— 6 —
aus den Kreisen Neiße, Leobschütz
und Neustadt O.-S., und es ist diese
Gegend seit längerer Zeit in Schlesien
als Finnenherd bekannt.*)
2. Schweinefinnen.
Jahr
Herkunftsland
Schlachtzahl
Davon waren finnig
Zahl
0/
/o
Summe
o/o der Ges.-
Schlacht.
1904/05
1905/06
1906/07
Danach
Inland
Rußland
Inland
Rußland
Inland
Rußland
17101
10 824
8 842
12 900
8 362
19 867
} 27 925
} 21 742
128 229
25
182
16
414
6
509
0,146
1,68
0,18
3y21
0,07
2,86
207
430
575
0,74
1,977
2,036
Schweinefinne
etwa 40mal so
ist die
in Rußland zurzeit
häufig als im Inland, und ist bei uns
die Finne nur noch bei 0,07 Proz. der
Schweine vorhanden, also schon ziemlich
selten geworden. Aus dieser Aufstellung
ist ersichtlich, wie wichtig eine genaue
Durchsuchung der russischen Schweine
auf Finnen ist, wenn wir nicht nur der
Weiterverbreitung der Finnen und des
Bandwurms Einhalt gebieten, sondern die-
selben mit dem bisherigen guten Erfolge
weiter ausrotten wollen.
3. Trichinen.
Jahr
1904/05 {
1905/06
1906,07 I
Herkunftsland
Inland
Rußland
Inland
Rußland
Inland
Rußland
Schlachtzahl
17 101 \ <
10 824 j '
8842 \,
12 900]'
i??f7|28 229
[27 925
121742
Zahl
6
10
8
5
2
8
Davon waren trichinös
% Summe ^o^er Ges.-Schlacht
0,035
0,092
0,034
0,039
0,024
0,04
16
8
10
0,057
0,036
0,035
Daraus geht hervor,daßdieTrichinen
bei Schweinen in Eußland häufiger
vorkommen, als bei den einheimischen;
4. Tuberkulose,
a) bei Rindern.
anscheinend sind sie aber auch dort im
Abnehmen begriffen.
Jahr
Herkunftsland
Schlachtzahl
Davon waren tuberkulös
Zahl
%
Beanstandet
Summe jo/oder Ges.-Schlacht. Zahl | %
1904/05 {
1905/06 {
1906/07 I
Inland
Öaterr, 'Ungarn
Inland
Oster r. 'Ungarn
Inland
Österr, 'Ungarn
5 166 1 ,
2 752]
5 985
290
7 918
}6 275
1694
605
1435
569
1986
41
32,78
22,13
38,61
19,27
32,85
14,14
I 2 299
}2025
}2027
29,03
30,11
32,46
21
1
21
1
83
1
0,406
0,036
0,556
0,033
1,37
om4
Es schwankte demnach die Tuber-
kulose bei den hier geschlachteten in-
ländischen Rindern zwischen 32,78 Proz.
und 38,61 Proz., wogegen sie bei dem
Österreich.- ungarischen Vieh, das zum
größten Teil Weide vi eh ist, nur etwa
*) Durch die Versorgung von Königshütte
mit Rindern aus den durch das ungewöhnlich
häufige Vorkommen der Finnen bei Rindern
ausgezeichneten Kreisen Neiüe, Leobschütz und
Neustadt 0.--S. erklärt es sich, daß in Königshütte
der Finnenprozentsatz bei einheimischen Rindern
denjenigen bei den aus dem Ausland ein-
geführten übertrifft.
- 7
halbmal so oft vorkam. Ferner ergaben sich
Beanstandungen ganzer Tiere oder ein-
zelner Viertel bei dem ausländischen
Vieh 11 mal, im letzten Jahre sogar
40mal weniger, als beim inländischen.
Das bedeutet weiter, daß die Erkran-
kungen an Tuberkulose bei dem aus
Österreich-Ungarn eingeführten Vieh viel
leichterer Natur waren, als beim inlän-
dischen, und diese Tatsache kann der Be-
richterstatter auch bestätigen nach Maß-
b) bei Sc
gäbe der Untersuchungsbefunde. Die
Tuberkulose der ausländischen Rinder be-
schränkte sich meistens auf eine leichtere
Erkrankung der Lungen oder Bronchial-
drüsen, und es wurden diese Herde sehr
häufig verkalkt und abgeheilt gefunden.
Dagegen wiesen die inländischen Binder
vielfach schwere, oflfene Tuberkulose,
Perlsucht und Erkrankung aller Ein-
geweide auf; auch das Euter wurde häufig
erkrankt befunden,
hweinen.
Jahr
Herkunftsland
Schlachtzahl
Davon waren tuberkulös
Zahl I % j Summe %derGeB.-Schlacht.
Beanstandet
Zahl o/o
1901,05,
1905/061
1906 07
Inland
Rußland
Inland
Rußland
Inland
Rußland
17101
10824
8842
27 925
12900 \ ^^ '^^^
8 962
1986
52 J
28 229
507
160
895
846
463
1295
2,96
148
10,12
6,56
5,54|)
667
1741
1758
2,39
8,01
6,23
6
1
31
7
6
13
0,035
0,009
0,35
0,054
0,071
0,065
Hier treten zwei sehr auffällige Er-
scheinungen hervor, nämlich:
1. die sehr starke Zunahme der
Tuberkulose im Jahre 1905/6, die für
das Inland in zwei Momenten ihre Er-
klärung finden dürfte, in der Sorgfalt
der Untersuchung, namentlich auch der
Gekrösdrüsen, und in der Aufzucht oder
Fütterung von größeren Posten Schweinen
in Molkereien und auf großen Gütern
mit roher tuberkulöser Milch oder rohen
Molkereirückständen, worin diese Be-
triebe in dem Jahre des großen
Schweinemangels und der Fleischteuerung
eine gi-oße und gute Einnahmequelle
gesehen haben dürften;
2. die Häufigkeit der Tuber-
kulose unter den russischen Schwei-
nen, die im letzten Jahre sogar
diejenige bei Inlandschweinen um
etwa 1 Proz. überstieg. Ein Grund
für diese auffällige Tatsache kann einst-
weilen nicht angeführt werden. Jedoch
sind Nachforschungen in der Richtung
in die Wege geleitet. Jedenfalls wird
hierdurch die vielfach, besonders
in Oberschlesien verbreitete An-
sicht, daß bei den russischen
Schweinen die Tuberkulose sehr
selten, und namentlich viel selte-
ner als bei den Inlandschweinen
sei, widerlegt und die Notwendig-
keit genauer Untersuchung
russischen Schweine erwiesen.
der
Ist zur Feststellung der Knochentuber-
kulose bei geschlachteten Tieren eine
weitergehende als die vorgeschriebene
Untersuchung erforderlich?
Von
HafTner-Düren,
Schlachthof direkter.
In Heft 10 dieser Zeitschrift berichtet
Herr Kollege Dr. Mars ohne r-ßreslau über
Funde von Knochentuberkulose, die nur
durch eine weitergehende Untersuchung,
als sie das Gesetz vorschreibt, ermittelt
wurden. M. spricht den Wunsch aus,
daß auch von anderer Seite in gleicher
Weise Untersuchungen vorgenommen
werden möchten. Dies veranlaßt mich
darauf hinzuweisen, daß die Untersuchung
auf Knochentuberkulose in ähnlicherWeise,
wie es Marschner angibt, am hiesigen
Schlachthofe schon seit längerer Zeit üb-
lich ist. Ich lasse schon seit Jahren fast
bei allen beanstandeten Tieren einzelne
— 8 —
Röhrenknochen, bei allen wegen Tuber-
kulose beanstandeten Tieren sämtliche
Gliedmaßenknochen in der Längsrichtung
aufsägen und bei letzteren Tieren Kopf-
knochen, Becken und Schulterblatt mehr-
mals spalten. Dieses Verfahren ist nicht
nur bei Tuberkulose, sondern auch bei ver-
schiedenen anderen Krankheiten gerecht-
fertigt. Ich fand beispielsweise außer
den zahlreichen Fällen von Tuber-
kulose Veränderungen des Knochen-
markes bei* Kälberlähme, bei Sarko-
matose, bei Pseudoleukämie,*) bei
Septikämie, Pyämie u, dgl. Mehrfach
konnte ich femer bei notgeschlachteten
Kälbern, die nicht zeitig genug ver-
kauft werden konnten, am Knochen-
marke zuerst Fäulniserscheinungen
wahrnehmen. Durch dieses Verfahren
habe ich über die von Marschner be-
handelte Frage ein ziemlich umfangreiches
Material gewonnen.
Dieses Material umfaßt genaue Er-
mittlungen über die Ausbreitung der
Tuberkulose und das Vorkommen
von Knochentuberkulose bei 10 000
Schweinen und 4700 Rindern, die in
der Zeit vom 15. April 1905 bis zum
16. Juli 1906 im hiesigen Schlachthofe
geschlachtet wurden. Bis zu letzterem
Termine wurden sämtliche Fälle von
Knochentuberkulose beanstandet. Ich ver-
merke nur die Endergebnisse dieser Zu-
sammenstellung. Zu ihrer Erläuterung
diene folgendes:
Die Zusammenstellung erfolgte teils
nach den Tagebüchern, teils nach den
hier über jedes beanstandete Tier
geführten sogenannten Beanstandungs-
scheinen. Diese Beanstandungsscheine
enthalten auf der einen Seite Gewichts-
und sonstige Angaben för den Verkauf
auf der Freibank, auf der anderen Seite
haben sie nachstehenden Aufdruck:
Signalement:
Beanstandungsgrund Tuberkulose
1 2 3,4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16: 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31
W
p:^
H^ S
«3
o
I
starke Ausdehnung 1 frische Infektion 1 ausged. Erw. Herde 1 hochgr. Abmagenmg
anderer Beanstandungsgrund
Bemerkungen
Verfügung.
Die Beanstandungsscheine werden,
soweit es möglich ist, direkt nach der
Untersuchung ausgefüllt; nach Zerlegen
des beanstandeten Tieres und nochmaliger
*) Vergl. meinen Artikel über lymphoide
Infiltrate der Muskulatur im 16. Jahrgang, Heft 12,
dieser Zeitschrift.
tierärztlicher Untersuchung werden die
Angaben vervollständigt.
Von den 10 000 geschlachteten
Schweinen waren 580 Stück = 5,8 Proz.
tuberkulös. Von den tuberkulösen
wurden 87 Stück = 15 Proz. beanstandet,
und bei diesen 87 Stück wurden sämtliche
I Knochen aufgesägt und näher untersucht.
— 9 —
A. Ausbreitung der Tuberkulose bei Schweinen.
3
8
Es waren erkrankt
Es waren
tuberkulös
Stack
die Milz
bei Stack
Wirbel-
säule
bei Stück
andere
Knochen
bei Stück
Knochen-
gewebe
überhaupt
bei Stück
Knochentuberkulose (Spalte 5)
war ausgedehnt auf
Wirbelsäule
und andere
Knochen
gleichzeitig
nur die
Wirbel-
säule
nur andere
Knochen
580
= 5,8 %
266
= 46 0/,
44
26
48
= 8,2 0/,
22 mal
22 mal
4 mal
48
Von anderen Knochen (Spalte 4) waren erkrankt: Brustbein 2 mal, Gliedmaßenknochen 21 mal
Rippen 6 mal, Becken 4 mal, Kopfknochen 2 mal, Gelenke 4 mal.
Von 4700 in der gleichen Zeit ge-
schlachteten Rindern waren 1703 Stück =
36 Proz. tuberkulös. Von den tuber-
kulösen wurden 90 Stück = 5,2 Proz. be-
anstandet, und auch bei diesen 90 Stück sind
die Knochen wie oben behandelt worden.
B. Ausbreitung der Tuberkulose bei Rindern.
1
2
3
4
5
' 6
7 ■ 'r 8
Es waren erkrankt
Knochentuberkulose (Spalte 5)
war
ausgedehnt auf
Es waren
tuberkulös
die Milz
Wirbel-
andere
Knochen-
gewebe
Wirbelsäule
und andere
nur die
nur andere
säule
Knochen
überhaupt
Knochen
Wirbel-
säule
Knochen
Stflck
bei Stück
bei Stück
bei Stück
bei Stück
gleichzeitig
1703
= 86 0/,
nicht
8
11
18
= 1%
Imal
7 mal . 10 mal
notiert
18
Von anderen Knochen (Spalte 4) waren erkrankt : Brustbein 3 mal, Gliedmaßenknochen 4 mal,
Rippen 2 mal, Becken 1 mal, Gelenke 3 mal.
Wie aus Spalte 2 der Tabelle A her-
vorgeht, wurde hier bei fast der Hälfte
aller tuberkulösen Schweine Milz tuber-
kulöse ermittelt. Diese findet sich be-
kanntlich bei Schweinen außerordentlich
häufig neben ganz geringfügiger Lungen-
und Lebertuberkulose; bei erheblicher
Tuberkulose wird sie im Gegensatz zu
der Tuberkulose beim Rinde nie vermißt.
Trotzdem wird der Prozentsatz der Milz-
tuberkulose meistens geringer angegeben.
Ein mir vorliegender Bericht eines größeren
Schlachthofes gibt nur 25 Proz. Milztuber-
kulose an, ein anderer noch weniger. Da
nun mindestens in jedem Fall von Milz-
tuberkulose die Fleischlymphdrüsen an-
geschnitten werden und die Wirbelsäule
genau untersucht wird, ist es klar, daß
die Resultate andere sein werden, wenn
diese Untersuchung bei 50 Proz. vor-
genommen wird oder nur bei 25 oder
gar 10 Proz. Auch die Zahl der Fälle
von Knochentuberkulose, 8,2 Proz.
sämtlicher Tuberkulosefälle, dürfte höher
sein als sie sonst angegeben wird. Der
Bericht des Leipziger Schlachthofes für
1905, der einzige von den zahlreichen
mir zur Verfügung stehenden, der über-
haupt hierüber Angaben macht, gibt die
Zahl der Fälle von Knochentuberkulose
mit 4 Proz. an.
Die große Zahl der Fälle von Milz-
— 10 —
und Knochentuberkulose, die hier ermittelt
worden sind, ist wohl darauf zurückzu-
führen, daß in der Berichtszeit sehr viele
der hier geschlachteten Schweine aus der
näheren ländlichen Umgebung Dürens
stammten, in der viel Molkereiwirtschaft
betrieben wird. Es kamen deshalb ver-
hältnismäßig viel Fälle von vorgeschritte-
ner Tuberkulose vor. Es konnte beob-
achtet werden, daß in Zeiten, in denen
der hiesige Schlachthof vorzugsweise vom
Kölner Markte mit Schweinen versorgt
wurde, diese Fälle wie die Tuberkulose
überhaupt viel seltener waren. Köln hat
nach dem Bericht von 1906 nur l,4Proz.
Tuberkulose. Meine Angaben und be-
sonders der angezogene Vergleich mit
anderen Schlachthöfen erlauben deshalb
natürlich nicht einen Schluß auf die Art
der Untersuchung. Über die Erkrankung
anderer Knochen neben der Wirbeltuber-
kulose macht leider auch der Leipziger
Bericht keine Mitteilungen. Es dürften
deshalb meine Angaben hierüber als Er-
gänzung der Marschnerschen von Inter-
esse sein. Wie ein Vergleich der Spalten 4
und 6 zeigt, fand ich mehr als einhalb so
oft wie Wirbeltuberkulose auch Tuber-
kulose anderer Knochen, nämlich 26 mal.
Es ergibt sich femer die bemerkenswerte
Tatsache, daß in allen 26 Fällen, in
denen andere Knochen erkrankt waren,
nur viermal Tuberkulose der Wirbelsäule
fehlte, mit anderen Worten, daß die
Wirbelsäule bei Schweinen fast
regelmäßig miterkrankt war, wenn
Gliedmaßen- oder sonstige Knochen
tuberkulös waren.
Nach Feststellung von Knochentuber-
kulose wurde auch regelmäßig die
Beschaffenheit der zugehörigen
Fleischlymphdrüsen genau geprüft.
Hierbei stellte es sich heraus, daß
in außerordentlich vielen Fällen
von Tuberkulose der Gliedmaßen-
knochen beim Schweine die zu-
gehörigen eigentlichen Fleisch-
lymphdrüsen, die Bug-, Kniefalten-,
Kniekehl-, Sprunggelenkdrüsen
völlig intakt waren.*) Derartige
Fälle habe ich so zahlreich gemeinschaft-
lich mit den hier beschäftigt gewesenen
Kollegen festgestellt, daß sie nicht als
Ausnahmefälle betrachtet werden dürfen.
In einzelnen Fällen der vorgedachten
Art waren allerdings Lenden-, Darm-
bein- oder Beckendrüsen erkrankt, in
anderen waren auch diese unverändert.
Soviel mir bekannt ist, führt übrigens
die Tuberkulose der letztgenannten Lymph-
drüsen niemals zur Beanstandung; ihre
Erkrankung kommt deshalb für die Er-
mittlung von Knochentuberkulose nicht
in Betracht.
Vergleicht man meine Ermittlungen
bezüglich der Schweinetuberkulose mit
denen Marschners, so ergibt sich eine
sehr große Übereinstimmung der Resul-
tate. Zunächst konstatiert auch M. mehr-
fach, daß die zugehörigen Fleischlymph-
drüsen bei Knochentuberkulose intakt
waren. Femer findet sich unter allen
von M. aufgeführten Fällen von Knochen-
tuberkulose beim Schweine nicht ein
einziger Fall, bei dem die Tuberkulose
der Wirbelsäule fehlte. Aus Marsch-
ners und besonders aus meinen zahl-
reichen Feststellungen, die natürlich von
anderen Seiten noch geprüft und ver-
vollständigt werden müssen, glaube ich
schließen zu dürfen, daß der in den
Lehrbüchern enthaltene Satz: „Die Tuber-
kulose der Gliedmaßenknochen kenn-
zeichnet sich stets durch Erkrankung der
zugehörigen Fleischlymphdrüsen", wenig-
stens bezüglich der Schweinetuberkulose,
keine volle Gültigkeit hat. Mit größerem
Rechte kann man folgern, daß bei
Wirbeltuberkulose beim Schweine
Verdacht vorliegt, daß auch andere
*) Diese Fälle bedürfen der genauen bakterio-
logischen Bearbeitung, um festzustellen, ob es
sich überhaupt um Tuberkulose oder um tuber-
kuloseähnliche Veränderungen handelt, und wenn
es sich tatsächlich um Tuberkulose handelt,
welcher Typus vorliegt. D. H.
— 11
Knochen erkrankt sind. Nach meinen
Beobachtungen findet sich eine Erkrankung
der letzteren sogar in der Regel, wenn
starke Wirbeltuberkulose vorliegt.
Für die Bichtigkeit meiner Annahme
sprechen auch noch weitere Beobachtungen,
die ich nach dem Abschluß der Statistik,
der ungefähr mit dem Inkrafttreten der
Abänderungen der Ausführungsbestimmun-
gen A, C und D vom 16. Juni 1906 zu-
sammenfällt, gemacht habe. Seitdem auf
Grund dieser Abänderungsbestimmungen
bei Wirbeltuberkulose die Beanstandung
ganzer Tiere in vielen Fällen nicht mehr
erfolgt und infolgedessen hier nicht mehr
in allen Fällen von Wirbeltuberkulose die
Röhrenknochen aufgesägt werden, ist die
Tuberkulose der letzteren viel seltener er-
mittelt worden. Insbesondere wurde unter
sämtlichen seit dieser Zeit wegen Tuber-
kulose einzelner Fleischlymphdrüsen bean-
standeten Vierteln — von 48 Schweinen
— kein einziges Mal Knochentuberkulose,
nur einmal Gelenktuberkulose gefunden.
Wenn es zuträfe, daß die Tuberkulose
der Röhrenknochen sich kennzeichnete
durch Miterkrankung der zugehörigen
Fleischlymphdrüsen, so hätte die erstere
bei ihrer relativen Häufigkeit nach der
Wahrscheinlichkeitsrechnung in vielen
Fällen gefunden werden müssen. Auch
hiemach scheint mir das Hauptkriterium
für den Verdacht auf Röhrenknochen-
tuberkulose die Wirbeltuberkulose zu sein.
Beim Rinde liegen, wie Tabelle B
zeigt, die Verhältnisse einmal schon in-
sofern anders, als hier die Knochentuber-
kulose viel seltener ist. Ich fand sie nur
bei ca. 1 Proz. aller tuberkulösen Rinder.
Dann ließen sich auch keinerlei Be-
ziehungen zwischen Wirbel- und
anderer Knochentuberkulose nach-
weisen. Nur in einem von 18 Fällen
kamen beide Erkrankungen zugleich vor.
Beim Rinde wurde femer Knochentuber-
kulose fast ausschließlich bei vorge-
schrittener Tuberkulose beobachtet. Auch
hier wurde indessen bisweilen, wenn auch
viel seltener, die Miterkrankung der zu-
gehörigen Lymphdrüsen vermißt.
Über die Art der Erkrankung noch
kurz folgendes:
Beim Rinde sowohl wie beim
Schweine wiesen die erkrankten
Knochen in der Regel äußerlich
keine Veränderungen auf. Besonders
in den Röhrenknochen der Schweine wurden
neben größeren Herden ganz kleine, linsen-
bis stecknadelkopfgroße Herde gefunden,
die natürlich keine Umfangsveränderung
des Knochens hervorrufen konnten. Ich
erwähne dies, weil an einigen Stellen die
Knochen nur aufgesägt werden, wenn sie
Auftreibungen aufweisen, oder nur quer
und nicht längs durchschnitten werden.
Die tuberkulösen Herde befanden sich
nicht immer in der Mitte des Knochens,
bisweilen zeigte sich auf dem Durch-
schnitt des Knochenmarkes nur eine
Rötung, in deren Tiefe ein tuberkulöser
Herd saß. In vielen Fällen von Wirbel-
tuberkulose waren ferner nicht die Wirbel-
körper, sondern nur die Domfortsätze
erkrankt. Diese Fälle können dem Unter-
sucher besonders leicht entgehen, weil
dieDomfortsätze ganz ungleichartig durch-
gehackt werden.
Meine Feststellungen bestätigen somit
die Behauptung Marschners, daß bei
Beschränkung auf die gesetzlich vor-
geschriebene üntersuchungs weise
nicht sämtliche Fälle von Knochen-
tuberkulose gefunden wer den können.
Dasselbe betonte auch schon Pitt-Königs-
berg in einem Artikel in Heft 9 des
XIV. Jahrgangs dieser Zeitschrift.
Nun sagt zwar Ostertag in einer
Anmerkung S. 237 des schon erwähnten
Jahrganges seiner Zeitschrift mit Recht:
Seltene Ausnahmefälle können nicht als
Grundlage flir ein allgemein durchzu-
führendes Untersuchungsverfahren gelten.
Die vorstehenden Ausführungen beweisen
jedoch, daß insbesondere die Fälle von
Röhrenknochentuberkulose beim Schweine
nicht als seltene Ausnahmefälle betrachtet
- 12 -
werden können und daß auch die Knochen-
tuberkulose beim Rinde recht häufig unver-
mutet vorkommt. Ich halte es deshalb zum
mindestens fürnotwendig, daß die genaue
Untersuchung der Knochen bei allen
wegen erheblicher Tuberkulose be-
anstandeten Tieren und bei allen
Schweinen mit Wirbeltuberkulose
amtlich vorgeschrieben wird. Ob
das Gleiche auch bei Tuberkulose ein-
zelner Fleischlymphdrüsen notwendig ist,
müssen weitere Feststellungen ergeben.
Diese sind heute schwieriger, weil nicht
mehr in allen Fällen von Fleischdrüsen-
tuberkulose Beanstandung der ganzen
Tiere erfolgt, wie vor Erlaß der Ab-
änderungen vom 16. Juni 1906. Ich em-
pfehle deshalb, um weiteres Material zu
erhalten, besonders in großen Schlacht-
höfen, auch bei allen den beanstandeten
Schlachttieren die Knochen zerlegen
und sämtliche Fleischlymphdrüsen unter-
suchen zu lassen, bei denen neben
einem anderen Beanstandsgrunde mehr
oder weniger erhebliche Tuberkulose
vorliegt.
Wie steht es nun mit der Beur-
teilung der Knochentuberkulose?
Nach Ostertag ist bei Wirbeltuber-
kulose der betreffende Wirbel mit seinen
Adnexen zu vernichten, das übrige Fleisch
freizugeben ; bei Extremitäten- oder Rippen-
tuberkulose sind die betreffenden Viertel
untauglich. Es ist mir zweifelhaft, ob
das erstere Verfahren mit dem Wortlaute
derAusführungsbestimmungen vereinbar ist,
esistaber wohlallgemein akzeptiert worden.
Nicht so bei Tuberkulose anderer Knochen.
Ich habe feststellen köonen, daß diese
recht verschieden beurteilt wurde. Man
begegnet bezüglich der Beurteilung der-
selben zwei Auffassungen. Die einen
sagen: Knochentuberkulose ist wie
Muskeltuberkulose zu beurteilen; denn
es finden sich nirgends Ausnahmen zu-
gunsten der ersteren. Die anderen folgern :
Knochentuberkulose ist in derTuberkulose-
tabelle nicht besonders aufgeführt, ihre
Beurteilung ist deshalb dem Ermessen
des Sachverständigen überlassen.
Es empfiehlt sich, um eine Einheitlich-
keit zu erzielen, die Knochentuberkulose
in der Tuberkulosetabelle besonders auf-
zuführen und zwar scheint mir, ent-
sprechend der großen Empfänglichkeit
des Knochengewebes gegenüber der fast
immunen Muskulatur, eine möglichst milde
Beurteilung am Platze zu sein.
Mein Vorschlag geht also dahin, die
Untersuchung strenger, die Beurteilung
dagegen milder zu gestalten.
Ober das Vorkommen der Muskel-
tuberkuloee beim Schweine.
Von
Dr. phil. W. FeueraUleii-Chemnitz,
Amt«- und SlA'tulerarat.
Bekanntlich besitzt die Muskulatur
eine außerordentliche Widerstandsfähig-
keit gegen die Infektion mit tuberkulösem
Virus, und daher ist selbst bei Fällen
von hochgradiger und verallgemeinerter
Tuberkulose nur sehr selten die Skelett-
muskulatur ergriffen. Die Literatur über
den beregten Gegenstand ist infolgedessen
sehr spärlich, ich glaube jedoch, daß viele
beobachtete Fälle nicht in die ÖflFentlich-
keit gelangten. Bei der relativen Selten-
heit der Muskeltuberkulose wäre es in-
dessen sehr wünschenswert, wenn bei
zur Beobachtung kommenden Fällen
wenigstens eine kurze Notiz über den
Befund von dem Beobachter publiziert
würde. Jeder Fall ist ein wertvoller Bei-
trag zur Kasuistik und zur Statistik der
tuberkulösen Erkrankung der Muskeln.
In der mir zur Verfagung stehenden
Literatar fand ich eine Reihe von Beschrei-
bungen der Muskeltuberkulose beim Rinde,
während die genannte Erkrankung beim
Schweine nach Ausweis der Literatur nur sehr
selten zur Beobachtang zu kommen scheint.
Maske (7), Brouvier (2), Rasmussen (11),
Hanouzet (3), Közöwitsch (5), Metz (8)
Hertwig (4), Kitt (6) und andere haben FäUe
von mehr oder weniger hochgradiger Muskel-
tuberkulose beim Rinde beschrieben, die gewöhn-
13 —
lieh mit einer allgemeinen Tuberkulose der Or-
gane, Knochen usw. verbunden und durch sekun-
däre Infektion des Muskelgewebes entstanden
waren.
Beim Schweine hat Winter (13) einen
Fall von Muskeltuberkulose beschrieben, bei dem
sich eine zweihandtellergroße Stelle mit zahl-
reichen tuberkulösen Herden in der Umgebung
einer tuberkulös erkrankten Rippe fand. Sämt-
liche Eingeweide waren hochgradig mit Tuber-
kulose behaftet. Moulö (9) schildert eine von
einer tuberkulösen Lymphdrüse ausgehende Tuber-
kulose der Hinterschenkelmuskulatur eines
Schweines. Eine Veröffentlichung von Stock-
man (12) beschreibt eine totale tuberkulöse Ver-
änderung der gesamten Muskelmassen der Kruppe
und des linken Hinterschenkels eines Schweines.
Die befallenen Muskeln waren hart und schwer
schneidbar und zeigten auf dem Durchschnitte
Konglomerate unzähliger, gelber Knötchen mit
käsig-kalkigem Zentrum und fibröser Kandzone.
Nur die entsprechenden Lenden- und Leistendrüsen
waren tuberkulös, sonst alle Organe intakt.
Ostertag (10) äußert sich über diesen Fall
dahingehend, daß es sich hier wahrscheinlich um
eine primäre Tuberkulose, eine Impf-
tuberkulose, ausgehend von einer Muskel-
wunde, gehandelt hat.
Kitt (6) unterscheidet bei der Muskeltuber-
kulose eine regionäre Infektion mit lokaler
Begrenzung des tuberkulösen Prozesses in
den Muskeln, wobei die Infektionskeime von
benachbarten tuberkulösen Organen (Lymphdrüsen,
Knochen usw.) auf dem Wege der Lymph-
bahnen in das Muskelgewebe geschleppt werden
— z. B. bei Serosentuberkulose der Brustwand
Zwischenrippenmuskeltuberkulose — und eine
größere Ausbreitung der tuberkulösen
Erkrankung in den Muskeln durch auf dem
Wege des großen Kreislaufes verstreute
Bazillen (embolische Form), Beide Formen
sind streng genommen sekundäre Infektions-
modi. Die primäre Muskeltuberkulose,
wie sie der Stockmansche Fall bietet, dürfte
sehr selten sein. Beim Menschen findet sich
nach Birch-Hirschfeld (1) die tuberkulöse
Myositis am häufigsten im Anschluß an Tuber-
kulose der Knochen und des Periostes; die auf
diesem Wege entstandenen tuberkulösen Herde
sind die sogenannten „kalten Abszesse^. Auch
von einer tuberkulösen Lymphdrüse aus kann
eine Bildung von tuberkulösen Senkungsabszessen
mit Fortentwicklung der tuberkulösen Erkrankung
im Bindegewebe der Muskeln stattfinden. Die
sekundäre Muskeltuberkulose hämatogenen Ur-
sprungs ist selten; denn bei akuter Miliartuber-
kulose der Organe bleiben die Muskeln fast
immer frei. Zuweilen finden sich neben chro-
nischer Tuberkulose der Organe herdförmige
tuberkulöse Veränderungen der Muskeln auch in
solchen Muskelgruppen, die keine anatomischen
Beziehungen zu den tuberkulösen Organen haben.
Während meiner Tätigkeit an großen
Schlachthöfen habe ich wiederholt Muskel-
tuberkulose bei Schweinen und Rindern
gesehen und in allerletzterZeit drei Fälle
von tuberkulöser Erkrankung der
Skelettmuskulatur bei Schweinen
beobachtet, die mir einer ausführlicheren
Beschreibung wert erscheinen.
Der erste Fall, bei dem ich mich
kurz fassen kann, betraf ein gut genährtes,
zirka acht Monate altes Schwein, das mit
hochgradiger und verallgemeinerter Tuber-
kulose behaftet war. Von einer tuber-
kulösen Erkrankung des rechten Ober-
schenkelknochens und des Hüft-
gelenks aus war der Prozeß auf die
umliegenden Muskelmassen über-
gegangen und hatte dort zur Bildung
zahlreicher, hirsekorn- bis linsengroßer,
käsig-kalkiger Knötchen mit bindegewebi-
ger Randzone geführt.
Bei zwei anderen, von einem und
demselben Besitzer stammenden Schweinen,
über deren Herkunft leider nichts näheres
ermittelt werden konnte, lag eine derartig
ausgebreitete, verallgemeinerte Tuberku-
lose vor, wie man sie nur selten zu Ge-
sicht bekommt.
Die serösen Häute waren total mit zenti-
meterdicken tuberkulösen Auflagerungen in Form
erbsen- bis haselnußgroßer Knoten bedeckt.
Lunge, Leber, Milz und Nieren waren der-
maßen mit käsigen Herden durchsetzt, daß man
vom Organgewebe fast gar nichts mehr sah. Sämt-
liche Organ- undFleischlymphdrtisen waren
bedeutend vergrößert und total verkäst, und
mehrere Wirbel sowie bei dem einen Schweine
das Sternum wiesen käsige, tuberkulöse Herde
auf. Eines der beiden in Rede stehenden Tiere
zeigte femer eine tuberkulöse Erkrankung des
Epikard und Myokard. Das Epikard war an
mehreren Stellen, besonders an der rechten Herz-
außenseite, mit teils zottigen, teils knotigen,
rötlich-grauen Auflagerungen bedeckt, und die
Wand des linken Herzens ließ eine hühnerei-
große Vorwölbung erkennen, auf deren Schnitt-
— 4 —
2. Davon stammten:
Berichtsjahr
Herkunfta-
land
Rinder
{Schweine
Kälber
Schafe
Ziegen
Pferde
Samme
1904/05 {
1905/Ö6 {
1906/07 {
Inland
Auslafid
Inland
Ausland
Inland
Ausland
5166
2752
3771
2953
5985
290
17101
10 824
8 842
12 900
8 362
19 867
2111
441
1663
409
2590
96
662
315
288
268
220
179
2%
276
285
25 604
14 017
15 087
16 262
17 689
20253
Die ausländischen Rinder und Kälber wurden aus Österreich-Ungarn, die Schweine
aus Rußland eingeführt.
3. Geschlachtet von auswärts eingebracht und gebührenpflichtig untersucht wurden:
Berichtsjahr
Rinder
Rinder-
Viertel
Schweine
Schweine-
Hälften
Kälber
Schafe
Ziegen
Bemerkungen
1904/05
1905/06
1906/07
698
182
116
602
14
6
610
183
656
3014
93
46
3047
446
231
117
12
15
61
74
11
!•)
Bei der Betrachtung der Schlacht-
ziflfem f&Ut besonders die starke Abnahme
der Schlachtungen im Jahre 1905/06 auf.
Dieses Jahr stand unter dem Merkzeichen
der Viehknappheit, und hinzu kam noch,
daß infolge der Unruhen in Eußland die
Versorgung Oberschlesiens mit russischen
Schweinen zeitweilig ganz stockte. Am
Schlüsse des Jahres erfolgte die Er-
höhung des Einfuhr-Kontingents russischer
Schweine, fftr Königshütte allmählich
aufsteigend von 220 bis zu 480 Schweinen
wöchentlich. Mit der Gewährung des vollen
Einfuhrkontingents ist am 1. März 1906
der erhöhte Zoll in Kraft getreten.
Welchen Einfluß die neuen Handels-
verträge mit dem erhöhten Einfuhrzoll
auf die weitere Einfuhr gehabt haben,
geht daraus hervor, daß nach Statistik II
die Einfuhr der Rinder von 2953 Stück
im Jahre 1905/06 auf 290 Stück im
Jahre 1906/07, d. h. um das Zehnfache,
diejenige der Kälber von 409 in derselben
Zeit auf 96 Stück, d. h. um das Vier-
einhalbfache zurückgegangen ist, und daß
die Einfuhr der russischen Schweine um
etwa 5000 Stück hinter der durch den
Handelsvertrag zugelassenen Zahl für
Königshütte zurückblieb.
Da bei der Eigenart und Schwierigkeit
der Fleischversorgung Oberschlesiens, das
mit seiner starken industriellen Be-
völkerung und nur sehr wenig Land-
wirtschaft und Viehzucht zwischen
Rußland und Österreich eingekeilt ist,
viel mageres, tuberkulöses und außerdem
viel finniges Schlachtvieh zur Abschlachtung
gebracht wurde, war die Durchführung
des Reichsfleischbeschaugesetzes und der
weiteren, auf Grund desselben erlassenen
Bestimmungen eine schwere Aufgabe.
Mit dem Amtsantritt des Bericht-
erstatters am 1. Juni 1905, der sich die
vollständige Durchführung der bestehenden
Bestimmungen mit allen ihren Konsequenzen
zur Pflicht gemacht hatte, setzte der hef-
tigste Widerstand der Fleischer ein, der
schließlich mit ihrem Boykott des Schlacht-
hofes endigte.
Damit war der zweite Grund far die
starke Abnahme der Schlachtfrequenz im
Jahre 1905/6 gegeben.
Durch das energische Eingreifen des
Magistrats und der Regierung, sowie durch
eine von der Regierung einberufene
Konferenz der oberschlesischen
Schlachthoftierärzte, Kreistierärzte
und Fleischbeschau ausübenden
Privattierärzte, unter dem Vorsitze
des zuständigen Departementstierarztes,
Am 1. Oktober 1904 trat die Freizügigkeit des tierärztlich antersuchten Fleisches in Kraft.
— 5 —
Veterinärrat Bermbach, der als Vertreter
des Landwirtschaftsministeriums Professor
Ostertag beiwohnte, und in der die im
Schlachthofe zu Königshütte ausgeübte
Fleischbeschau I^estätigt, sowie zweifel-
hafte Fälle und verschiedene Auslegungen
des Fleischbeschaugesetzes erörtert und
klargelegt wurden, konnte der Boykott
jedoch in kurzer Zeit gebrochen werden.
Derselbe hörte denn auch nach etwa
dreiwöchigem Bestehen allmählich auf,
so daß bald die Schlachtungen in vollem
Umfange wieder aufgenommen wurden.
Viel zur Beruhigung der Fleischer hat
zweifellos die Einfuhrung von leistungs-
fähigen Schlachtvieh-Versicherungen
beigetragen, durch die die Fleischer vor
größeren Verlusten geschützt wurden.
767Va Tiere = 2,02 %
und zwar: 1267, Rinder = 2,0 %
625Va Schweine = 2,21 %
8V4 Kälber == 0,3 %
1 Ziege = 0,55 %
6 Pferde = 2,1 %
Bei den bisherigen Veröffentlichungen
der statistischen Ergebnisse der Fleisch-
beschau im Inland ist das Herkunftsland
der Schlachttiere nicht genügend berück-
sichtigt worden, deshalb ist es bisher auch
nicht möglich gewesen, sicher festzustellen,
wie weit die Krankheiten und Mängel, die
zu Beanstiindungen gefahrt haben, sich auf
die inländischen und ausländischen Tiere
verteilen. In den nachstehenden Aufstel-
lungen aus den letzten drei Berichtsjahren
Während nun im letzten Berichtsjahre
1906/7 der Mangel an Schweinen gehoben
war, die Schlachtungen derselben erheblich
zunahmen und die Preise für Schweine-
fleisch beträchtlich sanken, nahmen die
Rinderschlachtungen infolge des weiter
bestehenden Rindermangels und des hohen
Einfuhrzolles noch mehr ab und blieben die
Rindfleischpreise auf der Höhe des Vor-
jahres, zogen sogar zeitweise noch mehr an.
II. Fleischbeschau.
Von den im letzten Jahre (1906/07)
geschlachteten 37 942 Tieren wurden be-
anstandet 808 V2 Tiere, von denen 41
einfinnige Rinder nach 21 tägigem
Durchkühlen wieder dem freien
Verkehr übergeben wurden.
Mithin blieben beanstandet:
der GesamtschlachtuDgen,
der Rinderschlachtungen,
der Schwcineschlachtungen,
der Rälberschlachtungen,
der Ziegenschlachtungen,
der Pferdeschlachtungen.
vom 1. 4. 04 bis 31. 3. 07 habe ich die Be-
anstandungszahlen und -Prozente für die
vier wichtigsten Beanstandungsgründe —
Rinderfinnen, Schweinefinnen, Trichinen
und Tuberkulose — nach inländischer und
ausländischer Einfuhr getrennt für den
Schlachthof zu Königshtitte zusammen-
gestellt. Diese Aufstellungen ergeben einige
beachtenswerte Hinweise besonders für
die Fleischbeschau auf den oberschlesischen
Schlachthöfen.
1. Rinderfinnen
•
Jahr
Herkunftsland
Schlachtzahl
Davon waren finnig
Zahl o'o 1 Summe :%derGe8.-Schlacht.
1904/05 {
190Ö/06 {
1906/07 {
Inland
Österreich' Ungarn
Inland
Österreich' Ungarn
Inland
Österreich' Utrgarn
5985)6^75
12
5
39
J8
107
2
0,232
0,181
1,034
0,61
1,79
0,69
17
57
} 109
0,215
0,847
1,737
Es steigerten sich danach die Finnen-
funde bei Rindern von 0,215 Proz. auf
1,737 Proz. überhaupt, und es geht aus
der Aufstellung hervor, daß die Rinder-
finne bei den inländischen Rindern zwei-
bis dreimal häufiger war, als bei den aus
Österreich -Ungarn eingeführten. Die
meisten finnigen Rinder stammten
— 6
aus den Kreisen Neiße, Leobschütz
und Neustadt O.-S., und es ist diese
Gegend seit längerer Zeit in Schlesien
als Finnenherd bekannt.*)
2. Schweinefinnen.
Jahr
Herkunftsland
Schlachtzahl
Davon waren finnig
Zahl
0/
/o
Samme
o/o der Ges.-
Schlacht
17 101 1
lolf4]^^^^
8 8421
12 900
21742
,11^)28 229
207
430
575
0,74
1,977
2,036
1904/05 {
1905/06 {
1906/07 {
Danach ist die Schweinefinne 1 Durchsuchung der rassischen Schweine
in Rußland zurzeit etwa 40mal so i auf Finnen ist, wenn wir nicht nur der
häufig als im Inland, und ist bei uns | Weiterverbreitung der Finnen und des
die Finne nur noch bei 0,07 Proz. der Bandwurms Einhalt gebieten, sondern die-
Inland
Rußland
Inland
Rußland
Inland
Rußland
25
182
16
414
6
569
0,146
168
0,18
3,21
0,07
2,86
Schweine vorhanden, also schon ziemlich
selten geworden. Aus dieser Aufstellung
ist ersichtlich, wie wichtig eine genaue
selben mit dem bisherigen guten Erfolge
weiter ausrotten wollen.
3. Trichinen.
Jahr
Herkunftsland
Schlachtzahl
Zahl
Davon
7o
waren trichinös
Summe 7üder Ges.-Schlacht
1904/05 {
1905/06 {
1906;07 {
Inland
Rußland
Inland
Rußland
Inland
Rußland
^^1^M27 925
10 824]^^^^^
8 842 Q^ ^MQ
12 900 J ^^ '*^
8862 oQooo
19 8671^^^
6
10
3
6
2
8
0,035
0,092
0,034
0,039
0,024
0,04
} ^^
} ®
} ^^
0,057
0,036
0,035
Daraus geht hervor,daßdieTrichinen
bei Schweinen in Rußland häufiger
vorkommen, als bei den einheimischen;
4. Tuberkulose
a) bei Kindern.
anscheinend sind sie aber auch dort im
Abnehmen begriffen.
Jahr
Herkunftsland
Schlachtzahl
Davon waren tuberkulös
Zahl % Summe o/o^^erC^es.-Schlacht.
Zahl
%
21
0,406
1
0,036
21
0,556
1
0,033
83
1,37
1
0,034
1904/05 {
1905/06 {
1906/07 {
Inland
Österr. 'Ungarn
Inland
Osierr,'üngam
Inland
Öaterr, -Ungarn
6 724
6 275
3 771
2 953
5 985
290
1694
605
1435
569
1986
41
32,78
22,13
38,61
19,27
32,85
14,14
|2 299
} 2025
12 027
29,03
30,11
32,46
Es schwankte demnach die Tuber-
kulose bei den hier geschlachteten in-
ländischen Rindern zwischen 32,78 Proz.
und 38,61 Proz., wogegen sie bei dem
Österreich.- ungarischen Vieh, das zum
größten Teil Weidevieh ist, nur etwa
*) Durch die Versorgung von Königshütte
mit Rindern aus den durch das ungewöhnlich
häufige Vorkommen der Finnen bei Rindern
ausgezeichneten Kreisen Neilie, Leobschatz und
Neustadt O.-S. erklärt es sich, daß in Königshütte
der Finnenprozentsatz bei einheimischen Rindern
denjenigen bei den aus dem Ausland ein-
geführten übertrifft.
— 7 -
halbmal so oft vorkam. Ferner ergaben sich
Beanstandungen ganzer Tiere oder ein-
zelner Viertel bei dem ausländischen
Vieh 11 mal, im letzten Jahre sogar
40mal weniger, als beim inländischen, l
Das bedeutet weiter, daß die Erkran-
kungen an Tuberkulose bei dem aus
Österreich-Ungarn eingeführten Vieh viel
leichterer Natur waren, als beim inlän-
dischen, und diese Tatsache kann der Be-
richterstatter auch bestätigen nach Maß-
b) bei Seh
gäbe der Untersuchungsbefunde. Die
Tuberkulose der ausländischen Rinder be-
schränkte sich meistens auf eine leichtere
Erkrankung der Lungen oder Bronchial-
drüsen, und es wurden diese Herde sehr
häufig verkalkt und abgeheilt gefunden.
Dagegen wiesen die inländischen Rinder
vielfach schwere, offene Tuberkulose,
Perlsucht und Erkrankung aller Ein-
geweide auf; auch das Euter wurde häufig
erkrankt befunden,
weinen.
Jahr
Herkunftsland
Schlachtzahl
Davon waren tuberkulös
Zahl I % I Summe |o/oderGeB.-Schlacht
Beanstandet
Zahl o/o
1901.05
1905/06 {
1906 07
Inland
Rtfßland
Inland
Rußland
Inland
Rußland
^'^^^M 27 925
8842)
12900 I
8 862 1
19867 1
21742
28 229
507
160
895
2,96
1.48
10,12
846 i 6,56
463 I 5,54
129o\ 6,53
667
1741
1758
2,39
8,01
6,23
6
1
31
7
6
13
0,035
0,009
0,35
0,054
0,071
0,065
Hier treten zwei sehr auffällige Er-
scheinungen hervor, nämlich:
1. die sehr starke Zunahme der
Tuberkulose im Jahre 1905/6, die für
das Inland in zwei Momenten ihre Er-
klärung finden dürfte, in der Sorgfalt
der Untersuchung, namentlich auch der
Gekrösdrüsen, und in der Aufzucht oder
Fütterung von größeren Posten Schweinen
in Molkereien und auf großen Gütern
mit roher tuberkulöser Milch oder rohen
Molkereirückständen, worin diese Be-
triebe in dem Jahre des großen
Schweinemangels und der Fleischteuerung
eine große und gute Einnahmequelle
gesehen haben düi-ften;
2. die Häufigkeit der Tuber-
kulose unter den russischen Schwei-
nen, die im letzten Jahre sogar
diejenige bei Inlandschweinen um
etwa 1 Proz. überstieg. Ein Grund
für diese auffällige Tatsache kann einst-
weilen nicht angeführt werden. Jedoch
sind Nachforschungen in der Richtung
in die Wege geleitet. Jedenfalls wird
hierdurch die vielfach, besonders
in Oberschlesien verbreitete An-
sicht, daß bei den russischen
Schweinen die Tuberkulose sehr
selten, und namentlich viel selte-
ner als bei den Inlandschweinen
sei, widerlegt und die Notwendig-
keit genauer Untersuchung der
russischen Schweine erwiesen.
Ist zur Feststellung der Knochentuber-
kulose bei geschlachteten Tieren eine
weitergehende als die. vorgeschriebene
Untersuchung erforderlich?
Von
HafTner-Düren,
Schlachthof direkter.
In Heft 10 dieser Zeitschrift berichtet
Herr Kollege Dr.Marschner-Breslau über
Funde von Knochentuberkulose, die nur
durch eine weitergehende Untersuchung,
als sie das Gesetz vorschreibt, ermittelt
wurden. M. spricht den Wunsch aus,
daß auch von anderer Seite in gleicher
Weise Untersuchungen vorgenommen
werden möchten. Dies veranlaßt mich
darauf hinzuweisen, daß die Untersuchung
auf Knochentuberkulose in ähnlicherWeise,
wie es Marschner angibt, am hiesigen
Schlachthofe schon seit längerer Zeit üb-
lich ist. Ich lasse schon seit Jahren fast
bei allen beanstandeten Tieren einzelne
— 8 —
Eöhrenknochen, bei allen wegen Tuber-
kulose beanstandeten Tieren sämtliche
Gliedmaßenknochen in der Längsrichtung
aufsägen und bei letzteren Tieren Kopf-
knochen, Becken und Schulterblatt mehr-
mals spalten. Dieses Verfahren ist nicht
nur bei Tuberkulose, sondern auch bei ver-
schiedenen anderen Krankheiten gerecht-
fertigt. Ich fand beispielsweise außer
den zahlreichen Fällen von Tuber-
kulose Veränderungen des Knochen-
markes bei' Kälberlähme, bei Sarko-
matose, bei Pseudoleukämie,*) bei
Septikämie, Pyämie u. dgl. Mehrfach
konnte ich femer bei notgeschlachteten
Kälbern, die nicht zeitig genug ver-
kauft werden konnten, am Knochen-
marke zuerst Fäulniserscheinungen
wahrnehmen. Durch dieses Verfahren
habe ich über die von Marschner be-
handelte Frage ein ziemlich umfangreiches
Material gewonnen.
Dieses Material umfaßt genaue Er-
mittlungen über die Ausbreitung der
Tuberkulose und das Vorkommen
von Knochentuberkulose bei lOOOO
Schweinen und 4700 Rindern, die in
der Zeit vom 15. April 1905 bis zum
16. Juli 1906 im hiesigen Schlachthofe
geschlachtet wurden. Bis zu letzterem
Termine wurden sämtliche Fälle von
Knochentuberkulose beanstandet. Ich ver-
merke nur die Endergebnisse dieser Zu-
sammenstellung. Zu ihrer Erläuterung
diene folgendes:
Die Zusammenstellung erfolgte teils
nach den Tagebüchern, teils nach den
hier über jedes beanstandete Tier
geführten sogenannten Beanstandungs-
scheinen. Diese Beanstandungsscheine
enthalten auf der einen Seite Gewichts-
und sonstige Angaben für den Verkauf
auf der Freibank, auf der anderen Seite
1 haben sie nachstehenden Aufdruck:
Signalement:
BeanstandungBgrund Tuberkulose
2 3, 4
Ä I
W
»
8 9 10 11 12 13 141 15i 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31
S I %
WO
»
^
^
=2
pp
V
I
•*3
starke Ausdehnung 1 frische Infektion 1 ausged. Erw. Herde 1 hochgr. Abmagerung
anderer Beanstandungsgrund
Bemerkungen
Verfügung.
Die Beaustandungsscheine werden,
soweit es möglich ist, direkt nach der
Untersuchung ausgefüllt; nach Zerlegen
des beanstandeten Tieres und nochmaliger
*) Vergl. meinen Artikel über lymphoide
Infiltrate der Muskulatur im 16. Jahrgang, Heft 12,
dieser Zeitschrift.
tierärztlicher Untersuchung werden die
Angaben vervollständigt.
Von den 10 000 geschlachteten
Schweinen waren 580 Stück = 5,8 Proz.
tuberkulös. Von den tuberkulösen
wurden 87 Stück == 15 Proz. beanstandet,
und bei diesen 87 Stück wurden sämtliche
Knochen aufgesägt und näher untersucht.
— 9 —
A. AutbnHiHio der TniMriuilose bei SchwelnM.
1
2
3
4
5
6 1 7 1 8
Es waren
tuberkulös
Stück
die Milz
bei Stück
Es warei
Wirbel-
säule
bei Stück
1 erkrankt
andere
Knochen
bei Stück
Knochen-
gewebe
überhaupt
bei Stück
Knochentuberkulose (Spalte 5)
war ausgedehnt auf
Wirbelsäule
und andere °^'' ^*® °"r andere
Knochen '*' ® " Knochen
gleichzeitig ^*"^®
580
266
= 46 0/,
44
26
48
= 8,2 %
22 mal
22 mal 4 mal
= 5,8 %
48
Von anderen Knochen (Spalte 4) waren erkrankt: Brustbein 2 mal, Gliedmaßenknochen 21 mal
Rippen 6 mal, Becken 4 mal, Kopfknochen 2 mal, Gelenke 4 mal.
Von 4700 in der gleichen Zeit ge-
schlachteten Rindern waren 1703 Stück =
36 Proz. tuberkulös. Von den tuber-
kulösen wurden 90 Stück = 5,2 Proz. be-
anstandet, und auch bei diesen 90 Stück sind
die Knochen wie oben behandelt worden.
B. Autbreltuno der Tuberkultse bei Rindern.
1
2
3 ~
4
5
6
7 1 8
Es waren erkrankt
Knochentuberkulose (Spalte 5)
war
ausgedehnt auf
Es waren
tuberkulös
die Milz
Wirbel-
andere
Knochen-
gewebe
Wirbelsäule
und andere
nur die
nur andere
säule
Knochen
überhaupt
Knochen
Wirbel-
säule
Knochen
Stück
bei Stück
bei Stück
bei Stück
bei Stück
gleichzeitig
1703
nicht
8
11
18
Imal
7 mal ; 10 mal
= 36 o/o
notiert
= 1 %
18
Von anderen Knochen (Spalte 4) waren erkrankt: Brustbein 3 mal, Gliedmaßenknochen 4 mal,
Rippen 2 mal, Becken 1 mal, Gelenke 3 mal.
Wie aus Spalte 2 der Tabelle A her-
vorgeht, wurde hier bei fast der Hälfte
aller tuberkulösen Schweine Milztuber-
kulose ermittelt. Diese findet sich be-
kanntlich bei Schweinen außerordentlich
häufig neben ganz geringfügiger Lungen-
und Lebertuberkulose; bei erheblicher
Tuberkulose wird sie im Gegensatz zu
der Tuberkulose beim Rinde nie vermißt.
Trotzdem wird der Prozentsatz der Milz-
tuberkulose meistens geringer angegeben.
Ein mir vorliegender Bericht eines größeren
Schlachthofes gibt nur 25 Proz. Milztuber-
kulose an, ein anderer noch weniger. Da
nun mindestens in jedem Fall von Milz-
tuberkulose die Fleischlymphdrfisen an-
geschnitten werden und die Wirbelsäule
genau untersucht wird, ist es klar, daß
die Resultate andere sein werden, wenn
diese Untersuchung bei 50 Proz. vor-
genommen wird oder nur bei 25 oder
gar 10 Proz. Auch die Zahl der Fälle
von Knochentuberkulose, 8,2 Proz.
sämtlicher Tuberkulosefälle, dürfte höher
sein als sie sonst angegeben wird. Der
Bericht des Leipziger Schlachthofes für
1905, der einzige von den zahlreichen
mir zur Verfügung stehenden, der über-
haupt hierüber Angaben macht, gibt die
Zahl der Fälle von Knochentuberkulose
mit 4 Proz. an.
Die große Zahl der Fälle von Milz-
— 10 —
und Knochentuberkulose, die hier ermittelt
worden sind, ist wohl darauf zurückzu-
führen, daß in der Berichtszeit sehr viele
der hier geschlachteten Schweine aus der
näheren ländlichen Umgebung Dürens
stammten, in der viel Molkereiwirtschaft
betrieben wird. Es kamen deshalb ver-
hältnismäßig viel Fälle von vorgeschritte-
ner Tuberkulose vor. Es konnte beob-
achtet werden, daß in Zeiten, in denen
der hiesige Schlachthof vorzugsweise vom
Kölner Markte mit Schweinen versorgt
wurde, diese Fälle wie die Tuberkulose
überhaupt viel seltener waren. Köln hat
nach dem Bericht von 1906 nur 1,4 Proz.
Tuberkulose. Meine Angaben und be-
sonders der angezogene Vergleich mit
anderen Schlachthöfen erlauben deshalb
natürlich nicht einen Schluß auf die Art
der Untersuchung. Über die Erkrankung
anderer Knochen neben der Wirbeltuber-
kulose macht leider auch der Leipziger
Bericht keine Mitteilungen. Es dürften
deshalb meine Angaben hierüber als Er-
gänzung der Marschnerschen von Inter-
esse sein. Wie ein Vergleich der Spalten 4
und 6 zeigt, fand ich mehr als einhalb so
oft wie Wirbeltuberkulose auch Tuber-
kulose anderer Knochen, nämlich 26 mal.
Es ergibt sich femer die bemerkenswerte
Tatsache, daß in allen 26 Fällen, in
denen andere Knochen erkrankt wai-en,
nur viermal Tuberkulose der Wirbelsäule
fehlte, mit anderen Worten, daß die
Wirbelsäule bei Schweinen fast
regelmäßig miterkrankt war, wenn
Gliedmaßen- oder sonstige Knochen
tuberkulös waren.
Nach Feststellung von Knochentuber-
kulose wurde auch regelmäßig die
Beschaffenheit der zugehörigen
Fleischlymphdrüsen genau geprüft.
Hierbei stellte es sich heraus, daß
in außerordentlich vielen Fällen
von Tuberkulose der Gliedmaßen-
knochen beim Schweine die zu-
gehörigen eigentlichen Fleisch-
lymphdrüsen, die Bug-, Kniefalten-,
Kniekehl-, Sprunggelenkdrüsen
völlig intakt waren.*) Derartige
Fälle habe ich so zahlreich gemeinschaft-
lich mit den hier beschäftigt gewesenen
Kollegen festgestellt, daß sie nicht als
Ausnahmefälle betrachtet werden dürfen.
In einzelnen Fällen der vorgedachten
Art waren allerdings Lenden-, Darm-
bein- oder Beckendrfisen erkrankt, in
anderen waren auch diese unverändert.
Soviel mir bekannt ist, führt übrigens
die Tuberkulose der letztgenannten Lymph-
drüsen niemals zur Beanstandung; ihre
Erkrankung kommt deshalb für die Er-
mittlung von Knochentuberkulose nicht
in Betracht.
Vergleicht man meine Ermittlungen
bezüglich der Schweinetuberkulose mit
denen Marschners, so ergibt sich eine
sehr große Übereinstimmung der Resul-
tate. Zunächst konstatiert auch M. mehr-
fach, daß die zugehörigen Fleischlymph-
drüsen bei Knochentuberkulose intakt
waren. Ferner findet sich unter allen
von M. aufgeführten Fällen von Knochen-
tuberkulose beim Schweine nicht ein
einziger Fall, bei dem die Tuberkulose
der Wirbelsäule fehlte. Aus Marsch-
ners und besonders aus meinen zahl-
reichen Feststellungen, die natürlich von
anderen Seiten noch geprüft und ver-
vollständigt werden müssen, glaube ich
schließen zu dürfen, daß der in den
Lehrbüchern enthaltene Satz: „Die Tuber-
kulose der Gliedmaßenknochen kenn-
zeichnet sich stets durch Erkrankung der
zugehörigen Fleischlymphdrüsen", wenig-
stens bezüglich der Schweinetuberkulose,
keine volle Gültigkeit hat. Mit größerem
Bechte kann man folgern, daß bei
Wirbeltuberkulose beim Schweine
Verdacht vorliegt, daß auch andere
*) Diese Fälle bedürfen der genauen bakterio-
logischen Bearbeitung, um festzustellen, ob es
sich überhaupt um Tuberkulose oder um tuber-
kuloseähnliche Veränderungen handelt, und wenn
es sich tatsächlich um Tuberkulose handelt,
welcher Typus vorliegt. D. H.
— 11 —
Knochen erkrankt sind. Nach meinen
Beobachtungen findet sich eine Erkrankung
der letzteren sogar in der Regel, wenn
starke Wirbeltuberkulose vorliegt.
Für die Bichtigkeit meiner Annahme
sprechen auch noch weitere Beobachtungen,
die ich nach dem Abschluß der Statistik,
der ungefähr mit dem Inkrafttreten der
Abänderungen der Ausfuhrungsbestimmun-
gen A, C und D vom 16. Juni 1906 zu-
sammenfällt, gemacht habe. Seitdem auf
Grund dieser Abänderungsbestimmungen
bei Wirbeltuberkulose die Beanstandung
ganzer Tiere in vielen Fällen nicht mehr
erfolgt und infolgedessen hier nicht mehr
in allen Fällen von Wirbeltuberkulose die
Eöhrenknochen aufgesägt werden, ist die
Tuberkulose der letzteren viel seltener er-
mittelt worden. Insbesondere wurde unter
sämtlichen seit dieser Zeit wegen Tuber-
kulose einzelner Fleischlymphdrüsen bean-
standeten Vierteln — von 48 Schweinen
— kein einziges Mal Knochentuberkulose,
nur einmal Gelenktuberkulose gefunden.
Wenn es zuträfe, daß die Tuberkulose
der Röhrenknochen sich kennzeichnete
durch Miterkrankung der zugehörigen
Fleischlymphdrüsen, so hätte die erstere
bei ihrer relativen Häufigkeit nach der
Wahrscheinlichkeitsrechnung in vielen
Fällen gefunden werden müssen. Auch
hiemach scheint mir das Hauptkriterium
für den Verdacht auf Röhrenknochen-
tuberkulöse die Wirbeltuberkulose zu sein.
Beim Rinde liegen, wie Tabelle B
zeigt, die Verhältnisse einmal schon in-
sofern anders, als hier die Knochentuber-
kulose viel seltener ist. Ich fand sie nur
bei ca. 1 Proz. aller tuberkulösen Rinder.
Dann ließen sich auch keinerlei Be-
ziehungen zwischen Wirbel- und
anderer Knochentuberkulose nach-
weisen. Nur in einem von 18 Fällen
kamen beide Erkrankungen zugleich vor.
Beim Rinde wurde femer Knochentuber-
kulose fast ausschließlich bei vorge-
schrittener Tuberkulose beobachtet. Auch
hier wurde indessen bisweilen, wenn auch
viel seltener, die Miterkrankung der zu-
gehörigen Lymphdrüsen vermißt.
Über die Art der Erkrankung noch
kurz folgendes:
Beim Rinde sowohl wie beim
Schweine wiesen die erkrankten
Knochen in der Regel äußerlich
keine Veränderungen auf. Besonders
in den Röhrenknochen der Schweine wurden
neben größeren Herden ganz kleine, linsen-
bis stecknadelkopfgroße Herde gefunden,
die natürlich keine Umfangsveränderung
des Knochens hervorrufen konnten. Ich
erwähne dies, weil an einigen Stellen die
Knochen nur aufgesägt werden, wenn sie
Auftreibungen aufweisen, oder nur quer
und nicht längs durchschnitten werden.
Die tuberkulösen Herde befanden sich
nicht immer in der Mitte des Knochens,
bisweilen zeigte sich auf dem Durch-
schnitt des Knochenmarkes nur eine
Rötung, in deren Tiefe ein tuberkulöser
Herd saß. In vielen Fällen von Wirbel-
tuberkulose waren ferner nicht die Wirbel-
körper, sondern nur die Domfortsätze
erkrankt. Diese Fälle können dem ünter-
sucher besonders leicht entgehen, weil
dieDorafortsätze ganz ungleichartig durch-
gehackt werden.
Meine Feststellungen bestätigen somit
die Behauptung Marschners, daß bei
Beschränkung auf die gesetzlich vor-
geschriebene üntersuchungs weise
nicht sämtliche Fälle von Knochen-
tuberkulose gefunden wer den können.
Dasselbe betonte auch schon Pitt-Königs-
berg in einem Artikel in Heft 9 des
XrV. Jahrgangs dieser Zeitschrift.
Nun sagt zwar Ostertag in einer
Anmerkung S. 237 des schon erwähnten
Jahrganges seiner Zeitschrift mit Recht:
Seltene Ausnahmefälle können nicht als
Grundlage für ein allgemein durchzu-
führendes Untersuchungsverfahren gelten.
Die vorstehenden Ausführungen beweisen
jedoch, daß insbesondere die Fälle von
Röhrenknochentuberkulose beim Schweine
nicht als seltene Ausnahmefälle betrachtet
25 —
Schlachtungen von der Fleischbeschau Platz
greifen soll. Es hat sich jedoch in der Praxis
gezeigt, daß diese Ausnahmen nicht ausreichen,
um den im Abs. 3 verfolgten Schutz der Gesund-
heit einer größeren gemeinsam beköstigten
Personenzahl gegen die Gefahren des Genusses
von nicht untersuchtem Fleische zu gewährleisten.
Dies gilt insbesondere von Haushaltungen, in
denen eine größere Zahl von Pensionären be-
köstigt wird, ohne daß doch diese Haushaltungen
als Erziehungsanstalten oder Speiseanstalten an-
gesprochen werden können. Femer findet nach
§ 2 des Fleischbcschaugesetzes der Unter-
suchungszwang nicht ohne weiteres auf Schlacht-
tiere Anwendung, die zum Zwecke der Be-
köstigung von einquartierten Mannschaften des
Soldatenstaudes oder einer größeren Zahl von
Gästen anläßlich von Festlichkeiten wie Bauern-
hochzeiten UBW. geschlachtet werden.
In allen diesen Fällen erscheint es geboten,
die Befreiung der Hausschlachtungen von dem
Beschauzwang im Wege der Polizeiverordnung
einzuschränken, insoweit dies nicht etwa schon
in einzelnen Bezirken geschehen ist
Ein Muster einer die hiemach erforderliche
Ausdehnung der Fleischbeschau regelnden
Polizeiverordnung wird in der Anlage 4 bei-
gefügt. In erster Linie wird der Erlaß solcher
Polizeiverordnungen seitens der Oberpräsidenten,
die mit entsprechender Weisung versehen sind,
für die Provinzen zu betreiben sein. Nötigen-
falls sind sie für die Begierangsbezirke, und
wenn auch hier wider Erwarten unüberwindliche
Widerstände eintreten sollten, für kleinere Ver-
waltungsbezirke mit den alsdann erforderlichen
Änderungen der Einleitung zu erlassen.
Mit der Ausfüllung dieser Lücken der
Fleisehbeschaugesetzgebung und der dazu er-
lassenen Ausführungsvorschriften muß aber die
weitere Ausgestaltmig der allgemeinen polizei-
lichen Kontrolle des Fleiscbverkebrs Hand in
Hand gehen, wenn geordnete Zustände ge-
schaffen werden sollen. Über die von fast allen
Berichterstattern befürwortete gesetzliche Er-
wcitemng der polizeilichen Kontrollbefugnisse
durch Einbeziehen der Fleischverarbeitungs- und
Aufbewahrungsstätten in den Bereich dieser Be-
fugnisse schweben Erwägungen, die indes zu
einem bestimmten Abschlüsse noch nicht gelangt
sind. Auch in den durch das Nahrun gsmittel-
gesetz gezogenen Schranken wird sich jedoch
eine Besserang erzielen lassen.
Von einer allgemeinen regelmäßigen Kontrolle
der Verbringung von volltauglichem Fleische nach
anderen Gemeinden, insbesondere von der Unter-
werfung des nach anderen Gemeinden verbrachten
Fleisches unter einen bei der Einfuhr Platz
greifenden Zwang zur regelmäßigen Nachunter-
suchung an einem bestimmten Orte ist allerdings
abzusehen, soweit nicht zugunsten von Schlacht-
hausgemeinden für das nur von nichttierärztlichen
Beschauem erstmalig untersuchte frische Fleisch
Ausnahmen zugelassen sind.
Was insbesondere die Einfuhr amtlich von
Tierärzten untersuchten frischen Fleisches nach
Schlachthausgemeinden anlangt, so machen wir
wiederholt darauf aufmerksam, daß für solches
Fleisch eine regelmäßige Nachuntersuchung
weder durch Gemeindebeschlüsse nach Maßgabe
des Schlachthausgesetzes noch auch — nach der
Rechtjsprechung des Kammergerichts — durch
Polizeiverordnungen vorgeschrieben werden
kann. Wir ersuchen demzufolge, einem etwaigen
im Widersprach hiermit stehenden Vorgehen der
Schlachthausgemeinden entgegenzutreten.
Dahingegen ist im Anschluß an die Organi-
sation der allgemeinen Nahrangsmittelkontrolle
auf Gmnd des an die Oberpräsidenten ge-
richteten Runderlasses vom 20. September 1905
- M. 745 IL M. d. g. A , IL a. 6591 M. d. L,
IL b. 8001 M. f. H. usw., I. A. 5884 M. f. L. —
(Min.-Bl. für Medizinalangelegenheiten, S. 240)
überall da, wo es an entsprechenden Anordnungen
bisher mangelt und nicht im Hinblick auf die
Geringfügigkeit des Fleisch Verkehrs ein Bedürfnis
zu verneinen ist, dafür Sorge zu tragen, daß
eine regelmiifiige polizeiliche Beaufsichtigung
der Fleischverkaufstellen, und zwar nicht nur
der Fleischmärkte, sondern auch der Fleischer-
läden und der sonstigen Räumlichkeiten, wo
Fleisch feilgehalten wird, nach. Maßgabe der
bestehenden gesetzlichen Vorschriften stattfindet
In welchem Umfang und in welcher Art die
Kontrolle einzurichten ist, kann nur nach den
örtlichen Verhältnissen beurteilt werden. Sie
wird von den Pulizeiexekutivbehörden unter
Heranziehung der beamteten Tierärzte und
nötigenfalls auch der tierärztlichen Beschauer
auszuüben sein. Auf die nichttierärztlichen
Beschauer als Hilfsorgane wird nur im Notfalle
zurückzugreifen sein. Besondere Sorgfalt wird
diesem Zweige der Nahrnngsmittelpolizei in den
größeren Orten zuzuwenden sein, in denen es
an einer gehörigen Organisation noch mangelt.
Dabei können bestehende Anordnungen, wie sie
beispielsweise für Stettin, Magdeburg, Hannover
und Elberfeld erlassen sind, zum Muster ge-
nommen werden. In Stettin werden die Fleisch-
märkte durch den beamteten Tierarzt mindestens
viermal monatlich, die Fleisch-, Wurst-, Wild-^
Geflügolhandlungen vierteljährlich etwa einmal
revidiert. Gleiche Revisionen haben die Polizei-
reviere mindestens einmal monatlich vorzunehmen.
Außerdem ist ein Gewerbekommissariat, be-
— 26 —
stehend ans einem Polizeikommissar nnd einigen
Schntzmännern eingerichtet, die in Zivilkleidnng
Geheimkontrollen auszuführen haben. Besonders
werden die £infuhrstellen und Einfnhrstraßen
zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten kon-
trolliert. Stempelabdrücke sämtlicher in Betracht
kommenden Beschauer sind für die Eontroll-
beamten in einem Aktenhefte gesammelt. Mehr-
fach haben auch die städtischen Verwaltungen
in Orten mit Königlicher Polizeiverwaltung zur
Unterstützung der Polizeiorgane geeignete Per-
sonen bestimmt, die namentlich zur Aufdeckung
von Zuwiderhandlungen gegen die auf Grund
des Schlachthausgesetzes gefaßten Gemeinde-
beschlüsse, betreffend das eingeführte frische
Fleisch, beitragen sollen.
Die Kontrolle wird sich femer zweckmäßig
in Orten, in denen sich Schlachtvieh an anderen
Stellen als an den mit Schlachthöfen verbundenen
und veterinärpolizeilich überwachten Viehhöfen
zusammenfindet, auch auf das lebende Vieh zu
erstrecken haben und es wird darauf zu achten
sein, wohin etwa Schlachtvieh verbracht wird,
das dem äußeren Anscheine nach den Verdacht
erweckt, daß es zu Beanstandungen bei der
Fleischbeschau Anlaß geben könnte. In solchen
Fällen wird die Polizeibehörde des Ver-
bringungsortes in gehöriger Weise zu ver-
ständigen sein und die Kontrolle weiter fort-
zusetzen haben. (Vgl. auch § 27 der Aus-
führungsbestimmungen vom 20. März 1903 in der
neuen Fassung nach dem bereits erwähnten Er-
lasse vom heutigen Tage.)
Euer Durphlaucht/ Hochgeboren/ Hoch wohl-
geboren wollen hiernach die erforderlichen An-
ordnungen treffen und die Behörden mit Weisung
versehen.
Künftig haben die beamteten Tierärzte und
die Departementstierärzte sich im H. Teile ihrer
Jahres veterinärberichte besonders über die Be-
obachtungen bei der Kontrolle des Fleisch-
verkehrs, über etwaige dabei obwaltende Mängel,
über die zur Abhilfe zu empfehlenden Mittel
und über die Bewährung der auf Grund dieses
Erlasses ergriffenen Maßnahmen zu äußern.
2. An den Herrn Polizeipräsidenten hier.
Abschrift erhalten Euer Hochwohlgeboren
auf den Bericht vom 19. Dezember 1905 — Gen.
Nr. 280/346 H. a. N. 05 — zur Kenntnisnahme
und, soweit die angeordneten Maßnahmen für
den Landespolizeibezirk Berlin in Betracht
kommen, zur Nachachtnng.
Über die Forderung der Anstellung eines
neuen Kroistierarztes, dem in Berlin die Be-
aufsichtigung des Verkehrs mit Schlachtvieh
außerhalb des Schlacht- und Viehhofs sowie der
gesamten Fleischbeschau auch in sämtlichen
Vororten Berlins als ausschließliche Amts-
tätigkeit mit besonderen Vollmachten zu über-
tragen ist, wird demnächst Entscheidung ge-
troffen werden.
Wegen der anderweitigen Einteilung des
Dienstes der Polizeitierärzte sehen wir zunächst
Ihren näheren Vorschlägen entgegen.
3. An sämtliche Herren Oberpräsidenten mit
Ausnahme derjenigen in Potsdam und Cassel.
Abschrift übersenden wir Euerer Exzellenz
zur gefälligen Kenntnisnahme mit dem Ersuchen,
Ihr Augenmerk auf eine gleichmäßige Durch-
fuhrung der gegebenen Anregungen zu richten
und insbesondere den Erlaß einer Polizei-
verordnung über den Beschauzwang bei Haus-
schlachtungen nach Maßgabe der Anlage 4 für
die dortige Provinz zu betreiben. Wir ersuchen,
den Entwurf noch einer näheren Prüfung darauf-
hin zu unterziehen, ob der Erlaß der Polizei-
verordnung in der Fassung des Musters für den
dortigen Geschäftsbezirk wesentlichen Bedenken
unterliegt. Gegebenenfalls ist hierüber zu be-
richten.
4. An den Herrn Oberpräsidenten zu Potsdam.
Abschrift übersenden wir Euerer Exzellenz
zur gefälligen Kenntnisnahme mit dem Ersuchen,
Ihr Augenmerk auf eine gleichmäßige Durch-
führung der gegebenen Anregungen zu richten
und insbesondere den Erlaß einer Polizeiver-
ordnung über den Beschauzwang bei Haus-
schi ach tun gen nach Maßgabe der Anlage 4 für
die Provinz Brandenburg zu betreiben. Wir er-
suchen, den Entwurf noch einer näheren Prüfung
daraufhin zu unterziehen, ob der Erlaß der Polizei-
vorordnung in der Fassung des Musters für den
dortigen Geschäftsbezirk wesentlichen Bedenken
unterliegt. Gegebenenfalls ist hierüber zu be-
richten.
5. An den Herrn Oberpräsidenten zu Kassel.
Abschrift übersenden wir zur gefälligen
Kenntnisnahme mit dem Ersuchen, Ihr Augen-
merk auf eine möglichst gleichmäßige Durch-
führung der gegebenen Anregungen zu richten,
soweit diese für die dortige Provinz noch in
Betracht kommen.
Der Minister fiir Landwirtschaft,
Domänen und Forsten.
von Arnim.
Der Minister des Innern.
von Moltke.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und
Medizinal-Angelegenheiten.
Dr. Holle.
— Allgemeine Verfügung des Ministeriums fQr
Landwirtschaft, Domänen und Forsten, Nr. 45/1907,
betrefTend die Ausfuhrung des Fleischbeochaugeoetze«,
vom 17. August 1907.
— 27 —
1. An sämtliche Herren Regierungspräsidenten
nnd den Herrn Polizeipräsidenten hier.
Anbei erhalten Sie die von uns verfügten
Ergänzungen nnd Abänderungen der Ausfflhrungs-
bestimmungen, betreffend die Schlachtvieh- und
Fleischbeschau einschliefilich der Trichinenschau
bei Schlachtungen im Inlande, vom 20. März 1903,
nebst dem Muster einer Freibankordnung nnd
erläuternden Bemerkungen dazu in einer ent-
sprechenden Zahl von Abdrucken zur Kenntnis-
nahme und weiteren Veranlassung. Die Zahl ist
so bemessen, daß sie ausreichen wird, um die
Landräte, die Gemeindevorstände in den Stadt-
kreisen und Schlachthausgemeinden, sowie die
beamteten Tierärzte mit je einem der drei Ab-
drucke zu versehen.
Sofern eine weitere Überweisung von Ab-
drucken als erwünscht erachtet wird, ist der
Bedarf mit kurzer Begründung unverzüglich
bei mir, dem Minister fQr Landwirtschaft, Do-
mänen und Forsten, anzumelden.
Im einzelnen bemerken wir zu den Anlagen
folgendes:
Zur Änderung des § 27 Abs. 1 der Aus-
f Uhrungsbestimmungen.
Eine polizeiliche Kontrolle des Verbleibs
von Schlachttieren, die bei der Untersuchung
vor der Schlachtung vorläufig beanstandet worden
sind, hat sich auch für den Fall als erforderlich
herausgestellt, daß der Besitzer auf die Ver-
wendung des Schlachttieres als Nahrungsmittel
für Menschen verzichtet und daß demzufolge
nach § 12 die weitere Beschau unterbleibt
§ 27 Abs. 1 soll eine dementsprechende Er-
gänzung erfahren.
Zur Ergänzung des § 33 Abs. 2 der Aus-
führungsbestimmungen.
Die Haltbarkeit und der Genußwert der
Trichinenschauproben erleiden durch die bei der
Untersuchung vorkommenden Hantierungen eine
derartige Beeinträchtigung, daß die volle Genuß-
tauglichkeit nicht angenommen werden kann.
Die Proben sind daher, wie in der neuen Be-
stimmung zum Ausdruck gekommen ist, grund-
sätzlich, soweit keine anderweite Beanstandung
erforderlich wird, als minderwertig wegen mäßiger
Abweichung in bezug auf ihre Zusammensetzung
und Haltbarkeit anzusehen und in den Freibank-
bezirken auf die Freibank zu verweisen.
Zur Abänderung des §35 der Ausführungs-
bestimmungen.
Das Freibankwesen war bisher nicht er-
schöpfend geordnet, vielmehr waren in § 35 Abs. 1
nähere Ausführungsbestimmungen über die Ein-
richtung von Freibänken und deren Betrieb vor-
behalten. Der Betrieb ist nach § 10 A. G. durch
einen Gemeindebeschluß zu regeln, für den seit
alters her die Bezeichnung „Fr eiban kor d nun g''
eingeführt ist Ein Muster für Freibankordnungen
mit erläuternden Bemerkungen ist nunmehr unter
Berücksichtigung der auf den Erlaß vom 22. Juli
1904 - L 11037 F. M., M. 7791 M. d. g. A.,
L G. a. 5936 M. f. L., IL a. 6020 M. d. L, H. b.
6658 M. f. H. — erstatteten Berichte aufgestellt
worden.
Wir ersuchen, soweit erforderlich, die Ab-
änderung der bestehenden Freibankordnungen
nach Maßgabe des Musters in die Wege zu leiten
und femer dahin zu wirken, daß es auch bei
Einrichtung neuer Freibänke zur Richtschnur
genommen wird. Freibänke sind, soweit sie
nicht schon früher bestanden, auf Grund des
§ 8 Abs. 1 A. G. nunmehr in allen Gemeinden
mit Schlachthauszwang eingerichtet worden. Im
übrigen sind zwar viele, aber noch nicht alle
größeren Orte damit versehen. In kleineren
Orten und namentlich auf dem platten Lande
fehlt es in der Regel noch an solchen Ein-
richtungen. Nach den vorliegenden Berichten
ist vielfach die Verallgemeinerung der Freibänke
in Erwartung des angekündigten Musters einer
Freibankordnung aufgeschoben worden. Wir
ersuchen nunmehr, überall da, wo auf den regel-
mäßigen Anfall einer genügenden Menge bean-
standeten Fleisches und auf seine angemessene
Verwertung zu rechnen ist, die Einrichtung von
Freibänken nach Möglichkeit zu betreiben und
sie nötigenfalls von Landespolizei wegen anzu-
ordnen. Wo eine Freibank entbehrt werden
kann, wird doch häufig eine freibankähnliche
Einrichtung am Platze sein, d. h. die Bereit-
stellung eines Verkaufsraumes, in dem bedingt
taugliches Fleich nach der dort vorzunehmenden
Brauchbarmachung und minder^-ertiges Fleisch
unter den in § 11 des Fleischbeschaugesetzes
und § 7 des Ausfübrungsgesetzes (vgl. auch
§§ 83, 34 der ministeriellen Ausführungsbestim-
mungen vom 20. März 1903) vorgeschriebenen
Bedingungen verkauft werden kann. Der wesent-
liche Unterschied einer solchen freibankähnlicben
Einrichtung und einer Freibank im Sinne des
Gesetzes besteht darin, daß die erstere nicht die
im § 9 A. G. vorgesehene Folge des Verkaufs-
zwanges für bedingt taugliches und minder-
wertiges Fleisch in der Verkaufsstelle nach sich
zieht, also auch nicht einen Gemeindebeschluß
oder eine landespolizeiliche Anordnung als Ein-
richtungsakt voraussetzt. Die Benutzung durch
die Besitzer beanstandeten Fleisches ist daher
nur freiwillig. Immerhin wird es Sache der
Ortspolizeibehörde sein, in deren Gewalt das
bedingt taugliche und das minderwertige Fleisch
auch in anderen als Freibankgemeinden durch
die in § 10 des Fleischbeschaugesetzes, § 41 der
— 28 —
Ansführungsbestimmniigen A des Bundesrats
vom 30. Mai 1902 und § 33 der ministeriellen
Ausführungsbestimmungen vom 20. März 1903
vorgesehene Beschlagnahme gelangt, auf die
Benutzung der freibankähnlichen Einrichtung,
insbesondere der damit verbundenen Anlagen
zur Brauchbarmachung bedingt tauglichen
Fleisches hinzuwirken.
Es liegt auf der Hand, daß hierdurch die
Kontrolle der Beachtung der Vorschriften für
die Behandlung und den Vertrieb des bedingt
tauglichen und des minderwertigen Fleisches
wesentlich erleichtert und die Beachtung am
besten gesichert wird. Die Bereitstellung solcher
Einrichtungen wird wie bei den Freibänken
Aufgabe der Gemeinden, gegebenenfalls mehrerer
zu einem Zweck verbände zusammenzuschließen-
den Gemeinden sein. Es ist selbstverständlich,
daß für die Benutzung Gebühren zur Deckung
der Kosten einschließlich Verzinsung und
Tilgung des Anlagekapitals werden erhoben
werden können.
Sogenannte fliegende Freibänke, von
denen man spricht, wenn die freibankähnlichen
Verkaufsstätten nicht an einen bestimmten Ort
gebunden sind, sondern nach Bedarf dort aufge-
schlagen werden, wo eine Absatzmöglichkeit be-
steht, eignen sich namentlich für dünn bevölkerte
Landstriche und können sich in den einfachsten
Formen bewegen.
Die Vorzüge der festen Regelung durch eine
Freibankordnung und der Beweglichkeit der
fliegenden Freibänke können dadurch vereinigt
werden, daß aus mehreren Gemeinden ein Frei-
bankbezirk gebildet wird, in dem die Verkaufs-
stelle nicht ein für allemal feststeht, sondern
ihren Ort wechseln kann.
Zu einer solchen Einrichtung bedarf es des
tibereinstimmenden Beschlusses der beteiligten
Gemeinden oder einer Anordnung der Landes-
polizeibehörde.
Die geschilderten verschiedenen Formen
geben die Möglichkeit, die Verwertung des be-
anstandeten Fleisches entsprechend den jedes-
maligen Bedürfnissen zu regeln Es ist dahin
zu streben, daß sich möglichst das ganze Staats-
gebiet mit einem Netze von Freibänken und
ähnlichen Einrichtungen überzieht. Es steht zu
hoffen, daß dann allmählich auch die Bevölkerung
der kleinen Städte und des platten Landes die
zur Zeit dort vielfach bestehende Abneigung
gegen den Genuß des Freibankfleisches verlieren
und daß dadurch die dringend wünschenswerte
bessere Verwertung solchen Fleisches befördert
werden wird. Eine gute Verwertungsmöglichkeit
für das beanstandete f^leisch ist ein wirksames
Mittel zur Sicherung der allgemeinen Durchführung
der Fleischbeschau und sie wird in Verbindung
mit der Verschärfung der Kontrolle des Fleisch-
verkehrs am meisten zur Beseitigung der un-
lauteren Machenschaften mit nicht vollwertigem
Fleische beitragen.
Zur Erläuterung des anliegenden Musters
einer Freibankordnung wird auf die beigegebenen
Bemerkungen verwiesen und noch folgendes
hinzugefügt:
Im Eingange der Bemerkungen ist den Frei-
bankgemeinden eine durch die Notwendigkeit der
Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse bedingte
Bewegungsfreiheit in der Annahme der einzelnen
Bestimmungen des Musters eingeräumt. Diese
Freiheit findet jedoch ihre Begrenzung in den
Vorschriften, die sich als zwingende, wie z. B.
diejenigen über die Unzuhlssigkeit des grund-
sätzlichen Ausschlusses des anderwärts be-
anstandeten Freibankfleisches, darstellen. Die
letztgedachten Vorschriften sind deshalb auch
in den Text des § 35 der Ausführungsbe-
stimmungen selbst aufgenommen. Aber auch
sonst ist es wünschenswert, daß sich die Frei-
bankordnungen möglichst dem Muster anpassen.
Für die freibankähnlichen Einrichtungen und
die sogenannten fliegenden Freibänke werden
das Muster und die Bemerkungen nur insofern
von Wert sein, als sie den Polizeibehörden einen
gewissen Anhalt für die von ihnen zu treffenden
Anordnungen geben. Über die Befugnisse und
Pflichten der Polizei in bezug auf die Freibänke
ist absichtlich in dem Muster nichts gesagt, weil
eine derartige Regelung nicht in Gemeindebe-
schlüsse hineingehört. Es ist aber selbstver-
ständlich, daß der Polizeibehörde die genaue
Überwachung der Vorschriften über die Be-
nutzung der Freibank und des dort stattfindenden
Verfahrens, namentlich aber die Sicherstellung
dessen, daß das auf die Freibank gehörige Fleisch
dorthin auch wirklich gelangt, obliegt Die be-
teiligten Behörden und Beamten werden hierauf
besonders hinzuweisen sein. Insbesondere haben
die Ortspolizeibehörden, um die Einrichtung von
Vorrichtungen zur Brauchbarmachung des bedingt
tauglichen Fleisches an den Freibänken zu fördern
(vgl. die Bemerkungen Nr. 4 zu § 2), die Be-
nutzung dieser Vorrichtungen, wo solche in aus-
reichender Weise bestehen, auf Grund des § 10
des Fleischbeschaugesetzes und des § 41 Abs. 2
der Ausführungsbestimmungen A des Bundesrats
vom 30. Mai 1902 anzuordnen.
Zur Einfügung des §35a der Ausftihrungs-
bestimmungen.
Unlautere Machenschaften im Fleischverkehre
werden nach den vorliegenden Berichten be-
sonders bei der Verbringung des als bedingt
tauglich oder minderwertig beanstan-
— 29 —
deten Fleisches aus dem Schlachtorte für
möglich gehalten. Eine allgemeine und regel-
mäßige Kontrolle der Verbringung solchen
Fleisches ist daher erforderlich. Die Polizeibe-
hörden sind zu dem Zwecke in der neuen Vor-
schrift mit Anweisung versehen worden und
hierauf besonders aufmerksam zu machen. Sollten
außer den vorgeschriebenen Benachrichtigungen
noch andere Eontrollmaßregeln wie z. B. die
Mitgabe eines Transportscheins, unter Umständen
sogar eine polizeiliche Begleitung des Transportes
entweder allgemein oder fflr besondere Fälle ange-
zeigt erscheinen, so ermächtigen wir Sie dahin-
gehende Anordnungen zu erlassen. Soweit die
Verbringung beanstandeten Fleisches nach Frei-
bankgemeinden in Betracht kommt, werden die
EontroUvorschriften des § 35 a eine wichtige
Ergänzung der Bestimmungen in § 85 Nr. 2 und
in dem Muster einer Freibankordnung (§ 2 Abs. 2)
über den Verbrauch auswärts beanstandeten
Fleisches auf der Freibank bilden.
2. Abschrift nebst je drei Abdrucken der
Anlagen übersenden wir zur gefälligen Eenntnis-
nahme.
Zusatz für den Oberpräsidenten für Berlin:
und zur weiteren Veranlassung wegen der Frei-
bankordnung für Berlin.
An sämtliche Herrn Oberpräsidenten.
3. Abschrift beehren wir uns zur gefälligen
Eenntnisnahme zu übersenden.
An den Hern Reichskanzler (Reichsamt des
Innern).
Der Minister für Landwirtschaft,
Domänen und Forsten.
von Arnim.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts-
nnd Medizinal- Angelegenheiten.
Dr. Holle.
Der Minister des Innern.
von Moltke.
Der Finanzminister.
Im Auftrage: Fo erster.
Der Minister für Handel und Gewerbe.
In Vertretung: Richter.
zu I G. e. 4236 II. Ang.
Berlin, den 17. August 1907.
Abänderung der AusfUhrunasbeetlmmungen, betrefTend
die Schlachtvieh- und Fleischbeschau, einschlieBlich
der Trichinenschau, bei Schlachtungen im Inlande.
Auf Grund des § 23 des Reichsgesetzes,
betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau
vom 3. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 547) und
des § 19 des Gesetzes, betrefTend Ausführung
des Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetzes,
vom 28. Juni 1902 (Gesetzsamml. S. 229) werden
die Ausführungsbestimmungen, betrefifend die
Schlachtvieh- und Fleischbeschau einschließlich
der Trichinenschau, bei Schlachtungen im In-
lande, vom 20. März 1903 (Min.-Bl. f. d. g. i. V.
S. 56) wie folgt ergänzt und abgeändert:
1. § 27 Abs. 1 ist durch folgende Vor-
schriften zu ersetzen:
Von der Versagung der Schlachterlaubnis
(§ 9 B B A) hat der Beschauer die Ortspolizei-
behörde unverzüglich zu benachrichtigen. Die
gleiche Benachrichtigung ist erforderlich bei
einem vorläufigen Verbote der Schlachtung im
Falle des § 11 Abs. 2 B. B. A und bei Ge-
nehmigung der Schlachtung im Falle des § 11
Abs. 3 B. B. A. Die Ortspolizeibehörde hat in
den letztgenannten beiden Fällen von Amts wegen
darauf zu achten, daß die Zuziehung des tier-
ärztlichen Beschauers erfolgt. Verzichtet der
Besitzer in den Fällen des § 11 Abs. 2 B. B. A
auf die Verwendung des Schlachttiers als
Nahrungsmittel für Menschen (§ 12 B. B. A); so
hat die Ortspolizeibehörde den Verbleib des
Schlachttiers im Auge zu behalten und im Falle
der Tötung darüber zu wachen, daß keine verbots-
widrige Verwendung des Fleisches stattfindet.
Bei Verbringung des Tieres nach einem anderen
Orte ist die Ortspolizeibehörde des Bestimmungs-
ortes zum Zwecke der weiteren Überwachung zu
benachrichtigen.
2. Im § 33 ist dem Abs. 2 folgende Vor-
schrift hinzuzufügen:
Die zum Zwecke der mikroskopischen Unter-
suchung auf Trichinen entnommenen Fleisch-
proben sind, soweit sie nicht bei der Unter-
suchung völlig verbraucht oder genußuntauglich
geworden sind, stets als minderwei-tig zu be-
anstanden, weil anzunehmen ist, daß bei ihnen
infolge der Behandlung bei der Entnahme und
der Untersuchung eine mäßige Abweichung in
bezug auf die Zusammensetzung und Haltbarkeit
eintritt.
3. Im § 35 Abs. 1, 2 durch folgende Vor-
schriften ersetzt:
Für die zur Einrichtung und zur Regelung
des Betriebs von Freibänken (§§ 8—12 A. G.)
durch Gemeindebeschluß zu erlassenden Freibank-
ordnungen sind das anliegende Muster und die
ihm beigegebenen Bemerkungen*) zum Anhalt
zu nehmen.
In den Freibankordnungen darf die Zulassung
von außerhalb des Freibankbezirkes amtlich
untersuchtem Fleische zur Freibank nicht grund-
sätzlich ausgeschlossen werden. Jedoch kann
bestimmt werden, daß der Gemeinde vorstand die
Zulassung solchen Fleisches im Einzelfalle ver-
sagen darf, wenn es im Interesse der Aufrecht-
erhaltung des ordnungsmäßigen Betriebs der
*) Der Abdruck der Bemerkungen folgt nach.
D. H.
30
Freibank geboten ist. Gegen die Versagung
findet die Beschwerde bei der Gemeindeaufsichts-
behörde statt.
4. Hinter § 35 sind als neuer § 35 a folgende
Vorschriften einzustellen :
§ 35 a.
Wer bedingt taugliches oder minderwertiges
Fleisch aus dem Orte, wo es beanstandet ist,
ausführen will, bedarf dazu der Genehmigung
der Ortspolizeibehörde. Die Genehmigung darf
nur für die Ausfuhr nach einer bestimmten
Gemeinde erteilt werden. Sie darf nicht versagt
werden, wenn das Fleisch nach einem Freibank-
bezirk ausgeführt werden soll und die Zulassung
des Fleisches zur Freibank durch Erklärung des
Gemeindevorstandes oder durch Entscheidung
der Aufsichtsbehörde (§ 33 Abs. 2) sichergestellt
ist. Im übrigen ist die Genehmigung zu erteilen,
sofern gegen die Möglichkeit eines Absatzes des
Fleisches am Bestimmungsort unter zuverlässiger
Beaufsichtigung keine Bedenken bestehen. Von
der Erteilung der Genehmigung ist die Ortspolizei-
behörde des Bestimmungsorts und, falls die Aus-
fuhr nach einem Freibankbezirk erfolgen soll,
auch die Freibankvcrwaltung zu benachrichtigen.
Der Minister für Landwirtschaft,
Domänen und Forsten.
von Arnim.
Der Minister des Innern,
von Moltke.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts-
und Medizinal-Angelegenhciten.
Dr. Holle.
Der Finanzminister.
Im Auftrage:
Foerster.
Der Minister für Handel und Gewerbe.
In Vertretung:
Richter.
Zu I. G.e. 4236 II. Ang.
Anlage zu § 35 Abs. 1 der Aus-
führungsbestimmungen, betr. die
Schlachtvieh- und Fleischbeschau
ausschließlich der Trichinenschau
bei Schlachtungen im Inlande.
Muster einer Freibankordnung.'*')
Auf Grund der §§ 8 bis 11 des Gesetzes,
betreffend Ausführung des Schlachtvieh- und
Flcischbeschaugesetzes vom 28. Juni 1902 (Ge-
sctzsamml. S. 229) wird unter Zustimmung der
für den Bezirk der Gemeinde
folgendes beschlossen (1.):
*) Die eingeklammerten Stellen des Textes
sind als zulässig, nicht aber als überall wesent-
lich anzusehen.
§ 1.
In N. N. (1.) wird für den Bezirk der Ge-
meinde
eine Freibank mit der Wirkung eingerichtet, dafi
innerhalb dieses Bezirkes (des Freibankbezirkes)
Fleisch der im § 2 Abs. 1 und 2 gedachten Art
nur auf der Freibank feilgehalten oder verkauft
werden darf (2.V
§2.
Der Freibank wird alles zum Feilhalten oder
zum Verkaufe bestimmte Fleisch (I und 2) über-
wiesen, das innerhalb des Freibankbezirks der
vorgeschriebenen amtlichen Untersuchung unter-
legen h<nt und hierbei als bedingt tauglich
(§§ 10, 11 des Reichsgesetzes, betreffend die
Schlachtvieh- und Fleischbeschau, vom 3. Juni
1900 — Reichs-Gesetzbl. S. 547 — ) oder zwar
als tauglich zum Genüsse für Menschen, aber in
seinem Nahrungs- und Genußwert erheblich
herabgesetzt — minderwertig — (§24 a.a.O.,
§ 40 der vom Bundesrat erlassenen AusfÜhrungs-
bestimmungen A vom 30. Mai 1902, § 7 des Ans-
f flhrungsgesetzes vom 28. Juni 1902, § 33 der Aus-
führungsbestimmungen vom 20. März 1903 und
vom 17. August 1907) erklärt worden ist(3 und 4.).
Dasselbe gilt für Fleisch gleicher Art, das
außerhalb des Freibankbezirkes amtlich unter-
sucht worden ist und in diesen Bezirk zum
Zwecke des Feilhaltens oder Verkaufs eingeführt
wird (5.). [Die Zulassung solchen Fleisches zur
Freibank kann jedoch von dem Gemeinde-
vorstande, wenn es im Interesse der Aufrecht-
erhaltung des ordnungsmäßigen Betriebs der
Freibank geboten ist, versagt w^erden. Gegen
die Versagung findet Beschwerde bei der Ge-
meindeaufsichtsbehörde statt.]
Nicht beanstandetes Fleisch ist vom Verkauf
auf der Freibank ausgeschlossen (6.).
§3.
Die Freibank befindet sich
Ihre Verlegung bedarf der Zustimmung der Auf-
sichtsbehörde (1.).
Zweigstellen dürfen nur mit Genehmigung
der Aufsichtsbehörde eingerichtet, verlegt oder
wieder eingezogen werden.
Die Freibank und etwaige Zweigstellen werden
über dem Eingange deutlich lesbar als solche
bezeichnet. Der Ort, in dem sie sich befinden,
ihre Eröffnung, Verlegung und Einziehung sind
ortsüblich bekannt zu machen.
§4.
Die Freibank wird von der Gemeinde (1.) .
eingerichtet und betrieben.
Die Gemeinde übernimmt namentlich die
Verwertung des auf der Freibank zum Verkaufe
gelangenden Fleisches und zahlt den Erlös nach
— 31
Abzog der Gebühren (§ 1 1) und etwaiger sonstiger
Unkosten an die Eigenttlmer des Fleisches aus (2.).
§•5.
[Das zum Verkaufe gestellte Fleisch wird in
zwei Güte- und Preisklassen (1.) geschieden und
in solchen getrennt zum Verkauf ausgeboten.
Der zweiten Klasse wird alles Fleisch über-
wiesen, das (2.)
Alles sonstige Fleisch gehört in die erste Klasse.]
Im Verkaufsraum ist durch Anschlag deut-
lich erkennbar zu machen, ob das der Freibank
übeiwiesene Fleisch roh, oder vemeinendenfalls,
in welchem zubereiteten Zustand es zum Verkaufe
gelangt, aus welchem Grunde die Beanstandung
erfolgt ist, [welcher Preisklasse es angehört] und
zu welchem Preise es angeboten wird (3.).
§6.
Die Freibank steht unter der Verwaltung
des (1.) ,
dem auch nach Anhörung des Eigentümers die
[Einreihung des Fleisches in die Preisklassen
(§ 5) sowie die] Festsetzung des Preises, zu dem
das Fleisch ausgeboten werden soll (2.), obliegt.
Gegen seine Entscheidung steht dem Eigen-
tümer die Beschwerde an
zu (3.).
§7.
Die Freibank ist geöffnet (1.)
Die Verkaufszeiten sind bekannt zu machen (2.).
Nach jedesmaligem Gebrauche sind der Ver-
kaufsraum und die benutzten Gerate gehörig zu
reinigen (3.).
§8.
Unverkauft gebliebenes Fleisch ist, bevor es
wiederum zum Verkaufe gestellt wird, von neuem
auf seine Genußtauglichkeit und Beschaffenheit
zu prüfen (1.). Gegebenenfalls ist [die Preis-
klasse sowie] der Ausbietungspreis anderweitig
unter Beachtung der Vorschrift im § 6 fest-
zusetzen. Genußuntauglich befundenes Fleisch
ist unschädlich zu beseitigen (2.).
§ 9 (1.).
Das auf der Freibank feilgehaltene Fleisch
darf nur in Stücken von höchstens .... kg
Gewicht und an demselben Tage für den-
selben Haushalt nur bis zur Höchstmenge von
.... kg (2.) abgegeben werden.
Der Erwerber darf das Fleisch nur im
eigenen Haushalte verwenden.
Gast-, Schank- und Speisewirte dürfen Frei-
bankfleisch selbst oder durch Beauftragte nur
mit besonderer Genehmigung der Ortspolizei-
behörde und unter den im § 11 Abs 2 des Ge-
setzes, betreffend die Schlachtvieh- und Fleisch-
beschau, vom 3. Juni 1900 angegebenen Be-
dingungen erwerben. An Fleischhändler (3.)
darf Freibankfleisch überhaupt nicht abgegeben
werden.
§ 10.
Die Übertragung des Betriebs der Freibank
an einen Unternehmer ist nur mit Genehmigung
der Aufsichtsbehörde zulässig (1.).
§11.
Von dem durch den Verkauf des Fleisches
erzielten Erlöse werden an Gebühren (1.) in
Abzug gebracht:
a) für die Benutzung der Freibank ....
b) für die Benutzung der Nebenein-
richtungen (2.)
c) für die Hinschaffung des Fleisches nach
der Freibank, sofern sie nicht durch
den Eigentümer selbst erfolgt (3.) . . .
§ 12.
Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen
dieser Freibankordnung werden nach § 27 Nr. 4
des Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und
Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 mit Geldstrafe
bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft
bestraft.
N. N., den 190 .
Der Magistrat (Gemeinde vorstand).
(G onehmigungs vermerk.)
Statistische Berichte.
— Deutsehes^ Reich. Ergebnis der Fleisch-
beschau bei mit Tuberl(ulfii geprOftem Vieh aus den
Seequarantäneanstalten. Nach den Veröffent-
lichungen des Kaiserl. Gesundheitsamts (1907,
Nr. 34) wurden bei der Schlachtung tuberkulös
befunden: von den Hindern aus der Quarantäne-
anstalt Apcnrado 20,2 Proz., Bahrenfeld
19,9 Proz., Flensburg 28,7 Proz., Kiel 36,8 Proz.,
Rostock 32,0 Proz., Lübeck 19,4 Proz., insgesamt
23,8 Proz.
Aus den September-Kongressen.
Der Monat September ist der historische Monat
des Zusammentritts der Naturforscherversamm-
lungcn und der hygienischen Kongresse. Der
September ist ein Kongreßmonat. Diesen Namen
verdiente der September insbesondere heuer.
Diesmal häuften sich die hygienischen Versamm-
lungen, weil mehrere periodisch stattfindende auf
das Jahr 1907 fielen, so daß es nicht möglich war,
allen beizuwohnen. Außer der Naturforscher-
versammlung in Dresden tagten die „Gouttes de
lait" in Brüssel, der III. Internationale Milch-
wirtschaftliche Kongreß in Haag-Scheveningen,
der Internationale Tuberkulosekongreß in Wien,
— 32 —
der Verein für öffentliche Gesundheitspflege in
Bremen, der Verband selbständiger, öffent-
licher Chemiker Deutschlands in Goslar, der
Deutsche Verein fllr Volksgesundheitspflege in
Berlin unmittelbar vor dem ebendaselbst statt-
findenden XrV. Internationalen Kongreß für
Hygiene und Demographie, der der Clou des
Kongreßmonats und sein sehr würdiger Abschluß
gewesen ist. Bei der Fülle der Beratungsgegen-
stände und Kongreßveranstaltungen kann für
heute nur eine gedrängte Übersicht über den
Verlauf der Kongresse gegeben werden.
„Qouttes de lalfS Milchtropfen nennen sich
die Anstalten in Frankreich, die sich die Her-
stellung einwandfreier Milch als Mittel
zur Bekämpfung der Säuglingssterb-
lichkeit zur Aufgabe gemacht haben. Zur
Förderung des Zieles der „Gouttes de lait" hat vor
zwei Jahren in Paris ein Kongreß stattgefunden,
der in Deutschland nicht sonderlich beachtet
worden ist Die Idee hat aber in Deutschland
unabhängig von den „Gouttes de lait" schon
seit einer Reihe von Jahren praktische Ver-
wirklichung gefunden durch die Gesellschaften
zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit,
durch die Säuglingsmilchküchen in Verbindung
mit den öffentlichen Schlachthöfen und soll nun-
mehr eine wissenschaftliche Zentrale erhalten durch
das Auguste Viktoria-Haus, das sich zurzeit in
Charlottenburg im Bau befindet, und zu dessen
Leitung der Kinderarzt Privatdozent Dr. Keller
in Aussicht genommen ist. In Brüssel wurden
die Erfahrungen über die Wirksamkeit der
„Milchtropfen^ ausgetauscht, die sehr günstig
lauteten. Der nächste Kongreß der „Gouttes de
lait^ soll in zwei Jahren in Berlin stattfinden.
Der III. Internationale Mllohwlrtschaftliche Kongrefi
in Haag-Scheveningen wurde unter regster Be-
teiligung aus aller Herren Länder am 16. September
in Gegenwart des Prinzen Heinrich der Nieder-
lande, der gegenwärtigen und früherer Minister im
Kurhaus zu Scheveningen feierlich eröffnet. Bei
Gelegenheit der Eröffnung sprachen Arloing-
Lyon, über das Tuberkulin und Ostertag-
Berlin über die Tuberkulosebekämpfung.
Die Gesamtleitung des Kongresses lag in den
Händen des Professors Wijßmann und des
Dr. S vaving, die Leitung der Veterinärsektion in
der Hand von Dr. de Jong-Leyden. Der Kongreß-
leitung muß das uneingeschränkte Lob erteilt
werden, daß alles ausgezeichnet vorbereitet war
für erfolgreiche Verhandlungen, für interessante
Besichtigungen und gastfreundliche Aufnahme.
Hierzu kamen noch die Annehmlichkeiten des
Aufenthalts in Scheveningen, die den Kongreß
wohl zu einem der schönsten kleineren inter-
nationalen Kongresse gemacht haben. Kollege
de Jong, der der Sektion für Veterinärhygiene
vorstand, hat die Verhandlungen mit Sachlichkeit
und überaus anerkennenswertem Geschick geleitet
Die Sektion U und IIa (allgemeine und Veterinär-
gesundheitspflege) beschloß u. a. zu erklären:
i. Daß die ttcr ärztliche ^ chemische und baJUerio-
logische Kontrolle der Milch allgemein aus-
geübt werden soü;
2, die Kuhställe nach den Vorschriften der
Hygiene gebaut werden;
3, daß die iierärxtliche Kontrolle der Stallungen
und milchgebenden Tiere überall eingeführt
werden soll, wo dies nach den bestehenden
Gesetzen möglich ist^ und daß sie so ofl wie
möglich, wenigstens aber edle drei Monate,
ausgeübt werde;
4, daß die xum Genüsse und namentlich zur
Kinderemährufig bestimmte Milch aus dem
Gesamtgemelke gesunder und gut genährter
Kühe entstammen, eine normale Zusammen-
setzung haben und gtU gekühlt sein soll;
5, daß die Äusmerzung der mit Eutertuber-
kulose und den übrigen Formen der klinisch
erkennbaren Tuberkulose behafteten Tiere die
wichtigste Maßnahme zur Verhütung der
Tuberkuloseübertragung durch Milch ist'^
6, daß die Bang sehe Methode der Tuberkulose-
tilgung dort, wo sie durchführbar ist, zu
empfehlen ist, daß aber im Übrigen die
Tuberkulosebekämpfung der Rinder nach
Oster tag durch Äusmerzung der klinisch-
tuberkulösen Tiere und tuberkulosefreie Auf-
zucht der Kälber überall durchführbar ist,
und daß es dringend notwendig ist, diese
Art der Tuberkulosebekämpfung unverzüglich
mit Hilfe staatlicher Maßnahmen durch-
zuführen.
Über die Gesamtheit der Beschlüsse und
den Verlauf der Verhandlungen soll im nächsten
Heft ausführlicher berichtet werden. Den hol-
ländischen Kollegen sei aber an dieser Stelle
nochmals dafür gedankt, daß sie den fremden
und insbesondere den deutschen Besuchern
des III. Internationalen Milchwirtschaftlichen
Kongresses den Aufenthalt in Holland so an-
genehm gemacht haben. Für den nächsten
Internationalen Milchwirtschaftlichen Kongreß
hatte Staatssekretär a. D. v. Miklös die Ein-
ladung nach Budapest überbracht, die auch
angenommen wurde.
Der VI. Internationale TuberkulooekongreB ist
nach Zeitungsberichten am 19. September in
Anwesenheit mehrerer Minister, der Vertreter
der auswärtigen Regierungen, der Spitzen der
Zivil- und Militärsanitätsbehörden der Stadt
Wien im Festsaale der Universität eröffnet worden.
Die leitenden Vorträge hielten Weichsel-
— 33
baum-Wien über die Infektionswege der
Tuberkulose, Flügge - Breslau über die
Ätiologie der Tuberkulose und Fränkel-
Berlin über die Tuberkulose der oberen
Luftwege. Bekanntlich galten die Wiener
Verhandlungen des Internationalen Tuberkulose-
kongresses der Erörterung der Frage, die
von V. Behring inauguriert und von Cal-
mette besonders verfochten wurde, daß die
Tuberkuloseinfektion des Menschen in der Regel
intestinalen Ursprungs sei. Weichselbaum be-
zeichnete die Behauptung, die bisher in der Regel
aufgestellt wurde, daß die Inhalationstuber-
kulose die Fütterungstuberkulose an Häufigkeit
weitaus überwiege, als durchaus nicht sicher fun-
diert. Beim Menschen gelangen häufig, namentlich
im Kindesalter, große Mengen von Tuberkelbazillen
in den Verdauungskanal und erzeugen hier keine
oder doch keine namhafte Tuberkulose, während
sie sekundär, wie von andern Eintrittspforten aus,
die Bronchialdrüsen und die Lungen infizieren
können. Flügge führte aus, die intestinale In-
fektion könne durch Milch, Butter oder sputum-
beschmutzte Dinge erfolgen, und zwar um so
häufiger, je verseuchter der Milchstall, je ver-
nachlässigter das Kind sei und je sorgloser der
Schwindsüchtige mit seinem Sputum umgehe.
Bei einiger Vorsicht pflege aber die auf diese
Weise in den Darm gelangte Tuberkelbazillen-
menge nicht auszureichen, um eine Infektion
zu bewirken. Dagegen seien die von Phthisikern
ausgehusteten Tröpfchen eine sehr verbreitete
Infektionsquelle. Zweifellos käme der weitaus
größte Teil aller Tuberkuloseübertragungen auf
den Menschen durch Inhalation in Tröpfchenform
verstreuter Tuberkelbazillen zustande, da bei In-
halation schon kleinste Bazillenmengen eine In-
fektion vermitteln. Fränkel resümierte, man
müsse alle Möglichkeiten der Tuberkuloseüber-
tragung ins Auge fassen. £s dürfe die Ober-
tragung durch die Produkte der Rindertuberkulose
nicht außer acht gelassen werden. Die Betrachtung
der Tuberkulose der oberen Luftwege gebe aber
an keiner Stelle begründete Veranlassung, von dem
. Satz abzuweichen, daß die Hauptquelle der In-
fektion des Menschen mit Tuberkulose der an
offener Tuberkulose leidende Mensch sei. Schließ-
lich wurde eine vermittelnde Resolution an-
genommen. Regierungsrat Weber berichtete
über die von ihm ausgeführten Tuberkulose-
untersuchungen, namentlich auch über die von
ihm vorgenommenen Tuberkuloseimmunisierungs-
versuche nach V. Behrings Methode, die ebenso
wie diejenigen von Rossignol und ValI6e,
Hutyra und Eber nicht ermutigend ausgefallen
sind, und über die noch Näheres berichtet
werden soll.
Die Verhandlungen der Vereine für öffent-
liche Gesundheitspflege und für Volksgesund-
heitspflege boten diesmal nichts hier Inter-
essierendes. Gelegentlich der Naturforscher-
versammlung in Dresden berichtete Professor
Hempel-Dresden über die Behandlung der
Milch, wobei er hervorhob, daß die holstein-
friesische Rasse nach Allen Gilbert die ver-
daulichste Milch liefere, da in ihr die Fett-
kügelchen sehr klein seien, und resümierte, daß
es das Beste sei, Milch von gesunden Kühen
möglichst rein zu gewinnen, möglichst in
frischem Zustand zu verbrauchen und bis dahin
durch Kälte zu konservieren. Professor A.Eber-
Leipzig trug das Ergebnis seiner Immunisierungs-
versuche nach von Behring vor, deren negativen
Ausfall er schon veröffentlicht hatte, und Geheim-
rat Uhlenhuth über seine Untersuchungen über
Schweinepest, die gleich den Untersuchungen im
hygienischen Institut der Berliner Tierärztlichen
Hochschule die Filtrierbarkeit des Virus der
Schweinepest ergeben haben. Auf der XII. Haupt-
versammlung des Verbandes selbständiger öffent-
licher Chemiker Deutschlands referierte Dr.
V anbei -Darmstadt über die Milchkontrolle in
Darmstadt und Dr. Kayser-Nürnberg über die
freien Säuren der Nahrungsmittel.
Der XIV. Internationale Kongreß fOr Hygiene and
Demographie wurde am 23. September nach einer
zwanglosen Begrüßung am Abend zuvor im
Krollschen Opernhaus in Gegenwart des
Kronprinzen des Deutschen Reiches und einer
imponierenden Zahl heimischer und fremder
Würdenträger, Ärzte, Tierärzte und anderer Inter-
essenten der Gesundheitspflege und Demographie
in feierlichster Weise durch den Vorsitzenden
Prinzen Schoenaich-Carolath eröffnet. Der
Vorsitzende selbst, der Staatssekretär Staats-
minister von Bethmann-Hollweg, Staats-
minister Holle, der Präsident des Kaiserlichen
Gesundheitsamts Bumm, der Generalsekretär
Dr. Nietner, Geheimrat Löffler, die Rektoren
der Universität, der Technischen und Tier-
ärztlichen Hochschule, der Oberbürgermeister
Kirschner hielten Ansprachen, die der Be-
deutung der Hygiene gerecht wurden. Rektor
Schmaltz betonte die Beziehungen der Tier-
heilkunde zur öffentlichen Gesundheitspflege; er
gab der Hoffnung Ausdruck, daß, wie auf dem
Gebiete der Fleischbeschau, so auch auf dem
Gebiete der Milchkontrolle der Tierheilkunde
ihr Recht werde. Die Zahl der Mitglieder war
über Erwarten groß, am 21. September schon
über 3800, während nur auf 2000 gerechnet
worden war. Die Zahl der Delegierten betrug über
200, und, was hier als besonders erfreulich fest-
gestellt werden soll, die Zahl der tierärztlichen
- 34
Mitglieder an die 100. Berlin hat bei dieser Gelegen-
heit wieder seine werbende Kraft gezeigt.
Der XIV. Internationale Kongreß für Hygiene und
Demographie war durch das unter dem Vorsitz
des Präsidenten Bumm arbeitende Organ isations-
komitee, durch das unter Geheimrat Eilsberger
tätige Ortskomitee und durch den Generalsekretär
Dr. Nietner glänzend vorbereitet, was sich nicht
nur bei den Verhandlungen, sondern auch bei Be-
sichtigungen und den festlichen Veranstaltungen,
namentlich dem sehr schön gelungenen Festessen
in einem Saal der Berliner Kunstausstellung, ge-
zeigt hat Was bedauert wurde, war lediglich die
Überfülle derVerhandlungsgegenstände, die neben-
einander in den verschiedenen Sektionen zur
Erörterung standen, so daß es dem einzelnen
nicht möglich war, allen Verhandlungen, die ihn
interessierten, anzuwohnen. Es ist dies das
Schicksal aller größeren Kongresse. Trotzdem
werden alle Teilnehmer einen großartigen Ein-
druck von dem Verlauf des Kongresses nach
Hause genommen h<iben. Als tierärztliche
Referenten waren Arloing-Lyon über die
Ätiologie der Tuberkulose, Martel-Paris
und Ostertag-Berlin über die allgemeine
Durchführung der Fleischbeschau vom
Standpunkt der Krankheitsverhütiing,
Porcher-Lyon über die Beschaffung ein-
wandfreier Milch, aufgestellt. Das Referat
über Fleischbeschau wurde ausschließlich von
dem zweiten Referenten erstattet, da Martel
am Erscheinen verhindert war; es wird in dieser
Zeitschrift zum Abdruck gelangen. Auch
Po r eher konnte dem Kongreß nicht an-
wohnen. Außerdem wurde verhandelt über
den Stand der Nährungsmittelgesetz-
gebung und Überwachung in den ver-
schiedenen Ländern, über die Bedürfnisse
der Nahrungsmittelgesetzgebung, über
den Stand der Verwendung von Konser-
vierungsmitteln für Nahrungs- und
Genußmittel, über die Bekämpfung der
Tuberkulose, über Abwässerklärung,
über Schweinepest, die Infekt ionsgefahren
infolge der Immunisierung der Haustiere mit
lebendenS euch e erreg ern, überTuberkulose-
Infektionsversuche beim Schwein, über die
Milchleukozytenprobe, die Giftigkeit
der Austern, über Regulative, betreffend
den Vertrieb von Vorzugs- oder Sa-
nitätsmilch, über die Fleischbeschau-
gesetzgebung als Grundlage der Tuber-
kulosebekämpfung des Rindviehs, zu-
gleich ein Mittel zur Bekämpfung
der bovogenen Säuglingstuberkulose,
über die NotweiMligkeit der Fleisch-
beschau bei Wildbret. Zum Schlüsse sei
noch bemerkt, daß mit dem XIV. Internatio-
nalen Kongreß für Hygiene und Demographie eine
sehr reich und schön beschickte Ausstellung ver-
bunden war, auf der die Tierhygienc durch eine
Ausstellung auf Fleisch- und Milchhygiene be-
züglicher Gegenstände des Hygienischen In-
stituts der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin
vertreten war, und daß der XV. Internationale
Kongreß für Hygiene und Demographie in
Washington stattfinden wird.
Bucherschau.
— Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheits-
amte. 26. Bd., 2. H. Berlin 1907. Verlag von
Julius Springer.
Neben mehreren auf chemischem und sero-
diagnostischem Gebiet liegenden Abhandlungen
enthält das vorliegende Heft einige auch für den
Leserkreis der Zeitschr. f. Fleisch- und Milch-
hygiene wichtige Arbeiten aus dem Gebiete der
Desinfektionstechnik. Von den letzteren
ist diejenige von Paul und Prall: „Die Wert-
bestimmung von Desinfektionsmitteln mit Staphy-
lokokken, die bei der Temperatur der flüssigen
Luft aufbewahrt wurden^ S von besonderem In-
teresse wegen der Schilderung einer neuen
Methode, die an Stelle der bisher üblichen
Verwendung von Bazillensporen die für die
Prüfung schwächerer Desinfektionsmittel er-
forderliche Benutzung von vegetativen Bakterien-
formen ermöglicht. 1 n mehreren weiteren Artikeln
werden die Wirkungen neuerer Desinfektions-
mittel, mit hydrindensulfosaurem Natrium be-
reiteter Kresollösungen, sowie des Festoforms und
Formobors, zweier Formaldehydpräparate, be-
sprochen. Grab er t
— Raudnitz, W. Die Arbeiten aus dem Gebiete
der Mllcbwissenschaft und Moikereipraxls 1906, H.
Sem. Fortsetzung des „Sammelreferates über die
Arbeiten aus der Milchchemie'' der ganzen Reihe
8. Heft Separatabdruck aus der „Monatsschrift
für Kinderheilkunde" Bd. V, H. 1 1. Geheftet 1 M.
R. stellt in dem vorliegenden Bericht zunächst
die einschlägige Literatur zusammen und be-
richtet hierauf über die wichtigeren Arbeiten
gruppenweise in bekannter übersichtlicher Dar-
stellung. Besonders hingewiesen sei auf die
zusammenfassenden Berichte über die physiolo-
gischen Veränderungen, die Bestimmung
der Frische und den Nachweis der Er-
hitzung der Milch.
— Schmaltz, Deutscher Veterinfirfcaiender für
das Jahr 1907/8. Mit Beiträgen von Departements-
ticrarzt Vct.-Rat Dr. Arndt, Bezirkstierarzt
35 —
Dr. Ellinger, Bezirkstierarzt üartenstein,
Schlachthof direktor Koch, Professor Regen-
bogen, Professor Dr. Schlegel, Departemcnts-
ticrarzt Vet.-Bat. Dr. Steinbach, Marstall-
Stabsveterinär Dr. Top per. Berlin 1907. Verlags-
buchhandlung von Richard Schoetz. Preis 5 M.
Der deutsche Veterinärkalender ist wieder in
drei Teilen erschienen, einer Einteilung, die dem
Hauptteil seine Handlichkeit gesichert hat. Neu
bearbeitet wurde die Harnuntersuchung von
Professor Regenbogen. Fem er sind die neuen
Bestimmungen über die Schweineseuche in die
veterinärpolizeichen Vorschriften des Teiles I
aufgenommen und der Abschnitt über Gesetze
und Bestimmungen im Teil H entsprechend
ergänzt worden.
— König, VaterinärkaJender fSr das Jahr 1908.
Unter Mitwirkung von Geheimrat Dr. Dam mann,
Rechnun gsrat D a m m a n n , Professor Dr . A. £ b e r ,
Medizinalrat Dr. £ d e 1 m an n, Veterinärrat F.H o 1 1 z-
haucr, Geheimrat Dr. Johne. Berlin 1908. Ver-
lag von August Hirschwald. Preis 3 M.
Der von König herausgegebene Veterinär-
kalender erscheint im alten bekannten Gewände,
zeitgemäß durchgesehen und ergänzt und mit
einer Neubearbeitung des Kapitels über das
Militärveterinärwesen.
Nene Einginge.
— Rflhmekorf, Konrad, Über multiple dissemi-
nierte Kaplllarektaslen der Leber des Rindes und
ihre Beziehungen zu den echten Angiomen. I.-D.
Leipzig 1907.
— Becker, Paul, Untersuchungen Qber die Otitis
externa des Hundes. I.D. Gießen 1907.
— Reitz, Adolf, Mllchwirtschaftllche Studien Ober
Frankreich, England, Belgien, Dänemark, Schweden,
Holland. Nach amtlichen Quellen und auf Grund
von Studienreisen bearbeitet Stuttgart 1907.
Verlag von A. C. Reitz. Preis 5 M.
— Kuhnert, Wilhelm, Farbige Tierbilder. Text
von Oswald Graßmann. Lieferungen 4/5. Berlin
1907. Verlag von Martin Oldcnbourg. Preis der
Lieferung 2 M.
>- Neue Preußische Jagdordnung vom 17. Juli 1907.
Berlin 1907. Verlag von L. Schwarz & Cie.
Preis 1 M.
— Malm, 0., Veterlnaorvaesent og KJad-
kontrolien 1905. Norges ofFicielle Statistik V. 36.
Kristiania 1907.
— Stiles, Ch. Wardell and Hassal Albort, Index-
Catalogue of Medical and Vetorlnary Zoology. Part
17 to 19 (Authors : M to Myrepsus). Washington 1907.
ü. S. Departement of Agriculture. Bureau of
animal Industry. Bulletin Nr. 39.
— Hengst, Sonderabzug aus 1906 des Vor
waKungsberlchts der Stadt Leipzig. XXXIX.
Städtischer Schlacht- und Viehhof.
— Maske, Verwaltungsbericbt für den städ-
tischen Schlacht- und Viehhof zu Königsberg I. Pr.
für das Betrlebsjabr 1906.
— Messner, Bericht über den Schlachthof und
das Marktwesen, sowie die Lebensmittelkontrolle In
Karisbad I. B. Im Jahre 1906.
Kleine Mitteilungen.
— Echinokokken Im Rückenwirbel eines Rindes.
In einem Rückenwirbel einer sieben Jahre alten
Kuh fand ich bei der Fleischbeschau einen
Echinococcus. Das Tier hatte während des
Lebens totale motorische uud sensible
Lähmung» der rechten Hintergliedmaßo
gezeigt. Die Kuh konnte sich in der letzten
Zeit vor der Schlachtung kaum eine Viertelstunde
stehend erhalten. Hierbei stand der rechte
Hinterfuß im Fessclgelenk ttbergekötet, die Last
ruhte auf der linken Hintergliedmaße. Reaktion
auf Nadelstiche fehlte im ganzen Bereich
der rechten Hintergliedmaße. Die Wahrscheinlich-
keitsdiagnosc wurde auf „Geschwulst im RUcken-
markskanaP gestellt. Bei der Schlachtung
ergab es sich, daß das sonst vollkommen ge-
sunde Tier etwa ein Dutzend verkäste Echino-
kokken in der Leber und einen verkästen
Echinococcus in dem Körper eines Racken-
wirbels hatte. Goldmann-Sögel,
Kgl. Kreis tierarzt.
— Seltener FInnonfund. Bezirkstierarzt
Mcltzer in Donaueschingen ermittelte beim Zer-
legen einer notgeschlachteten Kuh, deren Kau-
muskeln und Zunge sich als iinnenfrei erwiesen
hatten, in der beiderseitigen Kruppen-
muskulatur mehrere Finnen, teils lebend, teils
abgestorben. (Mitteilungen des Vereins Bad.
Tierärzte 1907, Nr. 9.)
— Abnahme der Finnen- und Trichinenfunde
bei Sohlachtschweinen In Breslau. Nach dem
letzten von Riock erstatteten Verwaltungs-
bericbt über den städtischen Schlacht- und Vieh-
hof in Breslau (1906/7) wurden unter 129 908
Stack Schweinen 23 Stück als iinnig ermittelt;
dies sind 33 Stück weniger als im Vorjahre und
41 Stück weniger als im Vorvorjahre. Die Zahl
der finnigen Schweine hat im Laufe der Berichts-
jahre ständig abgenommen, was auf die ver-
besserte Schweinehaltung in den Ostprovinzen
zurückzuführen ist.
Trichinös waren 5 Schweine und 3 Hunde;
auch hier ist eine Abnahme von 26 Stück bei
Schweinen zu konstatieren und auf die oben er-
wähnte Ursache zurückzuführen.
— Ermittlunoen Über den Gewichtsverlust durch
21 Tage langes Hängenlassen Im Kühlhaus, die im
— 36 —
Schlachthof zu Breslau 1905/6 begonnen worden
waren, sind 1906/7 fortgesetzt und zu Ende
geführt worden. Die Zusammenstell nng der
einzelnen Wägungen ergibt nach dem von Rieck
verfaßten Verwaltungsbericht für 1906/7 für die
verschiedenen Schlachttiergattungen folgende
Resultate :
Gewichtsverlust in Proz. am
5. 10. 15. 21. ins-
Tage Tage Tage Tage gesamt
Ochsen .... 3,58 1,32 1,07 0,89 6,85
Bullen .... 3,80 1,56 1,11 1,08 7,55
Kalben .... 4,09 1,36 1,11 1,15 7,71
Kühe 4,88 1,53 1 25 1,14 8,80
Rinder durch-
schnittlich 3,88 1,46 1,11 1*03 7,48
— Zur Hlppopbagie bei den alten Germanen.
Professor Dr. Haß 1er, der Konservator der
Kunst- und Altertumsdenkmäler Württembergs,
erwähnt im 12. Bericht der Verhandlungen des
Vereins für Kunst und Altertum in Ulm und
Oberschwaben Funde von Pferdcskeletten mit
abgeschnittenem Kopf in Alemanncngräbem, die
auf Ulmer Gebiet aufgedeckt wurden. Hierbei
erinnert H daran, daß Agathias erzähle, die
Alemannen opferten ihren Göttern Pferde
und Ochsen und weihten das beste Stück,
den Kopf, dem Gott, während sie das
übrige Fleisch selbst verzehrten.
— Fl80lie,eln Hauptnahninosnilttel der Japanitotien
Armee. Die „Army and Navy Gazette" bringt
die interessante Mitteilung, daß ein Haupt-
nahrungsmittel der japanischen Armee eine
eigene Art von Fischkonserven (Fischmehl ge-
nannt) bilde. Zur Herstellung derselben werden
die Fische ihrer Knorpel und Knochen ent-
ledigt und das so gewonnene reine Fleisch
gepreßt, dann gekocht und endlich geräuchert.
Die Konserve, die vollkommen hart und trocken
ist, unterliegt dem Verderben absolut nicht
und wird auch von Insekten nicht angegriffen.
Um dieses getrocknete Fischfleisch genußtauglich
zu machen, wird es entweder mit einem ent-
sprechenden Quantum Reis aufgekocht oder
es dient, in kleinen dünnen Streifen in sieden-
des Wasser geschnitten, zur Herstellung einer
sehr nahrhaften Suppe. Daneben findet ein
aus einer Meeresalge, Kelp, gewonnenes Mehl,
in Japan Kombu genannt, nicht nur in der
Armee Verwendung, sondern fehlt auch wie
die geschilderte Fischkonserve in keinem ja-
panischen Haushalt.
— Japanische Ölsardlnen. Nach dem Bericht
des Kais, deutschen Konsuls in Nagasaki
(Deutsch. Kolonialbl. 1907, Nr. 1) hat die See-
versuchsstation des dortigen Verwaltungsbezirks
seit 1905 den Versuch gemacht, Sardinen, die
an den Küsten von N. massenhaft vorkommen,
mit türkischem und französischem Olivenöl in
Blechbüchsen zu konservieren und auf den
europäischen und amerikanischen Markt zu bringen.
Bisher sind die Versuche indessen nicht erfolg-
reich gewesen. Nach Ansicht der Sachkenner
soll dies auch an der Art der japanischen Sar-
dinen liegen.
— Die Beulenkranidieit (HyxotpwidlMit) der
Barben trat im Gebiet der Mosel und ihrer
Nebenflüsse namentlich in der heißen Jahres-
zeit auf. Da die kranken Barben die Verschlepper
der Krankheit sind, hat der Regierungspräsident
veranlaßt, daß zur Ablieferung benlenkranker
Fische an verschiedenen Uferstellen der Mosel
zwischen Sauermündung und Traben Trarbach mit
Nummern versehene verschlossene Fischkasten
aufgestellt werden. Die Fischereiberechtigten
sollen gefangene beulenkranke Barben nicht in
den Fluß zurücicwerfen, sondern in die Deckel-
öffnung jener Kasten schieben, aus denen sie
durch den Fischmeister wöchentlich mehrmals
unschädlich beseitigt werden. Für jede auf
diese Weise lebend abgelieferte beulenkranke
Barbe werden 30 Pfennige, für jede tot ab-
gelieferte 20 Pfennige aus der Staatskasse ver-
gütet.
— „Uktebazillin" ale Mittel gegen Darm-
stSmngen empfiehlt J. Cantlie (Joum. of tropic.
Med. and Hyg. 1907, Nr. 17) auf Grund der Studien
Metschnikoffs über die darmdesinfizierenden
Wirkungen der Milchsäurebazillen (s.diese Zeitschr.
Jahrg. 17, S. 256). „Laktobazillin'' besteht aus
Milcbsiturebazillen, die „mit größter Sorgfalt
aus europäischen und östlichen Varietäten aus-
gewählt" und absolut unschädlich sind.
— Zur Sohmutzbeetinniung der Milcii. Der in
Nr. 8, 1906 dies. Zeitschrift beschriebene Apparat
von Bernstein hat in einer größeren Zahl von
Untersuchungsämtem Anwendung gefunden.
Hierbei machte sich der Wunsch geltend, mit
Hilfe dieser einfachen Methode zu einer zahlen-
mäßigen Bestimmung der Verschmutzung der
Milch zu gelangen, wie man dies bei der
quantitativen Methode wenigstens annimmt. In
Wirklichkeit läßt allerdings die letztere Me-
thode, abgesehen von ihrer Umständlichkeit,
viel zu wünschen übrig. In der unverdünnten
Milch senken sich allmählich größere Schmutz-
teile zu Boden; kleinere aber werden durch
anhaftende Luftbläschen schwebend erhalten,
kommen daher im Bodensatz nicht zur Er-
scheinung. Handelt es sich um aufgelösten
Schmutz, den man durch Gelbfärbung der Watte
erkennt, so läßt die bisherige quantitative Methode
ganz im Stich. Um zu Zahlen zu gelangen, hat
Dr. Bai er, Direktor des Nahrungsmittel-Unter-
— 37 —
sncfauDgBamtes der Landwirtschäftskammer der
Provinz Brandenburg, eine große Anzahl von
Milcbproben mit dem Bern stein sehen Schmutz-
prüfer untersuchen lassen, und den Versuch
einer Tabelle durch Zusammenstellung ver-
schmutzter Platten gemacht. Diese wurde in
verkleinertem Maßstabe photographiert und
ist beistehend in Drucke gezeigt. Hierbei macht
sich der Übelstand geltend, daß der Schwarz-
druck, besonders in diesem kleinen Maßstabe,
nur ein unvollkommenes Bild vom Aussehen der
Schmutzplatten gibt; dies könnte nur durch
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— Professor Dr. Storch in Wien, der sich
namentlich durch seine „Chemischen Unter-
suchungsmethoden auf dem Gebiete der VeterinJIr-
chemie*' einen Namen geschaffen hat, ist ge-
storben. Ehre seinem Andenken!
— Berufung des Stadttierarztes Jacoboen
nach den Vereinigten Staaten zur Untersuchung der
dortigen GroBschiäohtereibetriebe. Dem Ver-
nehmen nach ist Stadttierarzt Jacobson aus
Christiania von Interessenten der Vereinigten
Staaten ersucht worden, die dortigen Groß-
schlächtereibctriebe zu besichtigen und die tat-
sächlichen Verhältnisse gegeni\ber den
Angaben Upton Sinclairs festzu-
stellen. Auf den Ausfall der Studien-
reise Jacobsens werden alle sehr
gespannt sein, die die Einrichtung
der Fleischereibetriebe in den Ver-
einigten Staaten aus eigener An-
schauung kennen gelernt haben. Daß
die nordamerikanischen Großfleischer
ein sehr großes Interesse an der
Wiederherstellung eines guten Rufes
haben, zeigen die Ausweise tlber die
Ausfuhr von Büchsenfleisch, das den
Hauptausfuhrartikel des nordameri-
kanischen Fleischereibetriebs bildet.
Nach dem amtlichen amerikanischen
Bericht bezifferte sich in dem am
30. Juni abgelaufenen Geschäftsjahr
der Wert der Ausfuhr von Büchsen-
fleisch jeder Art auf nur 2V3 Millionen
Versuch einer Skala der in Müch enthaltenen Schmutxmengen
einen Farbendruck in natürlicher Größe in voll-
kommener Weise erreicht werden.
Um zu diesem Farbendruck zu gelangen,
ist es wünschenswert, eine möglichst große An-
zahl von Schmutzplatten aus der Praxis zu er-
halten. Untersuchungsämter, die den Bern-
steinschen Schmutzapparat benutzen, werden
freundlichst gebeten, verschmutzte Platten an
die Nutricia Zentrale, Berlin W. 35, Potsdamer-
straße 111, zu senden. Es ist zu erwarten, daß
man in dieser Weise zu einer ebenso einfachen
wie bequemen Methode gelangt, um für die
Verschmutzung der Milch eine Zahl angeben
zu können, die aus oben angeführten Gründen
maßgebender ist als die sogenannte quantitative
Methode.
Tagesgeschichte.
— Der VeterMrreferent Im Kgl. Wörtt.
Modlzimükolleglum, Tltular-Oberregierungorat BelO-
%dUiger, ist zum Wirklichen Oberregierungsrat
ernannt worden.
Dollars gegen 9V3 Millionen Dollars
im Vorjahr.
— Zur Abwehr des von der Kaiserlichen Werft
zu Wilhelmshaven gegen die Fleischbeschau außer-
halb Wilhelmshavens erhobenen Vorwurfs hat der
Amtshauptmann von Jever folgende Bekannt-
machung erlassen:
GroßherzoglichcB Amt Jover.
Vor einiger Zeit wurden in der „Allgemeinen
Fleischer-Zeitung" Verfügungen der Kaiserlichen
Werft in Wilhelmshaven veröffentlicht, nach
denen die außerhalb Wilhelmshavens vorge-
nommenen Untersuchungen von Fleisch sich
vielfach als unzuverlässig erwiesen hätten, auch
wenn sie von Tierärzten vorgenommen wären.
Nach den diesseits angestellten Ermitt-
lungen ist ein solcher Vorwurf gegen die Tier-
ärzte und Flcischbeschauer de^ Amtsbezirks
Jover nicht begründet.
Drost.
— Regelung der Anstellungsverhältnisse der
Schlachthofdirektoren und Schlachthoftierärzte In
Ohilgs, Remscheid und Pforzheim. Der Schlacht-
hofdirektor Ackermann in Ohligs wurde nach
Ablehnung einer Berufung an einen anderen
— 38 —
Schlachthof in Anerkennung seiner ersprießlichen
Tätigkeit sofort fest angestellt und mit dem
Gas- und Wasscrwerksdircktor in dieselbe
Gehaltskiasse mit einem Höchstgehalt von
5400 Mark einbezogen. Außerdem sollen ihm
die Einnahmen aus- der Viehversicherung in
Höhe von 400 Mark aus der Schlachthofkasse aus-
bezahlt werden, und endlich ist dem Wunsche des
Schlachthofdirektors Ackermann entsprechend,
beschlossen worden, ihm zur Ermöglichung
wissenschaftlicher Arbeit aus Sparkassen-
tlberschüssen ein bakteriologisches Labo-
ratorium einzurichten. — In Remscheid ist
dem Schlachthofdirektor Spangenberg An-
stellung auf Lebenszeit, ein Gehalt von 6000 M.,
steigend jährlich um 100 M. bis 7000 M., dazu freie
Wohnung, Brand, Licht und Wasser, im pensions-
berechtigten Wert von 1000 M., außer Neben-
einnahmen aus der Schlachtvieh Versicherung in
Höhe von 700 Mark jährlich zugebilligt worden. —
Der 1. Assistenztierarzt und Stellvertreter des
Direktors am Schlachthof zu Pforzheim wurde
zum Stadttierarzt ernannt und gleichwie der
Vertreter des städtischen technischen Ressort-
chefs in die Gehaltsklasse B I versetzt
Die Wertschätzung der Tätigkeit der Tier-
ärzte macht bei den Kommunen erfreuliche
Fortschritte. Hoffentlich können endlich auch
die Anstellungs- und Gehaltsverhältnisse der
städtischen Tierärzte in Berlin eine zeitgemäße
Verbesserung erfahren.
— Öfrentliche Schlachthöfe. Die Errichtung
öffentlicher Schlachthöfe ist geplant in Wolfen-
büttel und M ü 1 1 h e i m. Erweiterungsbauten sind
beschlossen in Königshütte (Erweiterung der
Schweineschlachthalle),Wo n gr o w i t z (Errichtung
einer Kühlanlage), Plauen (Vermehrung der
Kühlzellen und Einrichtung von Bädern) und
Hannover (Bau eines weiteren Schweinestalles).
— Die Eröffnung des Berliner städtischen Unter-
suchungsamtes erfolgt am 1. Oktober.
— Unterrlchtskurse für Schlächtermeister sind
in Hamburg auf Veranlassung der Gewerbe-
kammer unter der Leitung des Professors Glage
eingerichtet worden. Der Unterricht erstreckt
sich auf das Wesen und den Zweck der Fleisch-
beschau, um eine verständnisvolle Mitwirkung
der Fleischer bei der Fleischbeschau herbei-
zuführen, und auf alle Fragen, die die Behandlung
des Fleisches in hygienischer und gewerblicher
Hinsicht betreffen, Fragen, die Professor Glage
bekanntlich zum Spezialgebiet seiner wissen-
schaftlichen Untersuchungen gemacht hat.
— Ungehöriger Nebenberuf eines Fleisch-
beschauers. Die „Allgemeine Fleischer-Zeitung^
beschwert sich mit Recht darüber, daß der
Fleischbeschauer in Höchst an der Nidder gleich-
zeitig die Leichenschau ausübt. Ein derartiger
Nebenberuf macht die Bestellung als Fleiscb-
beschauer ans ästhetischen und sanitätspolizei-
lichen Gründen unmöglich.
— Wegen Überschreitung seiner Fleischbescbau-
befugnisse ist nach der „Allg. Fleisch.-Zeitg.^ der
Schlachthofmeister und Fleischbeschauer K. am
städtischen Schlachthof in Liegnitz zu 200 M.
Geldstrafe oder 50 Tage Gefängnis verurteilt
worden. Er hatte eigenmächtig ein Kalb frei-
gegeben, das, wie hernach durch den Direktor
des städtischen Schlachthofes festgestellt wurde,
mit eitriger Nabelvenenentzündung und konse-
kutiver Pyämie behaftet gewesen war.
— Trichinen bei Wildschweinen. In der Berliner
Untersuchungsstation I wurden zwei stark mit
Trichinen behaftete Wildschweine ermittelt.
— Trichinen Im Rheinland. Gegenüber der
Forderung, die Trichinenschau im Rheinland auf-
zuheben, ist die Feststellung von Bedeutung,
daß in den letzten Tagen an zwei Orten der Rhein-
provinz, in Moers und Düsseldorf, trichinöse
Schweine ermittelt worden sind. Das in Düssel-
dorf als trichinös befundene Schwein war aus
Flehe 'eingeführt und stark mit Trichinen
durchsetzt.
— Nach Genuß von Spickgans sind in der
Familie des Pförtners M. in Berlin nach der
„Allg. Fleisch.-Zeitg." schwere Erkrankungen
vorgekommen, die sich hauptsächlich durch Obel-
keit, Erbrechen und Bewußtlosigkeit äußerten.
Insgesamt sind 5 Personen erkrankt Ein 4 jähriges
Mädchen, das von der Spickgans nichts genossen
hatte, ist auch nicht erkrankt. Die „ Allg. Fleisch.-
Zeitg." bemerkt hierzu, der Monat August sei
keine Zeit, in der man Spickgans genieße. Die
vorjähr ige War es ei unter allen Umständen
bedenklich, und frisch hergestellte sei im
August wenig haltbar, weil das Fleisch noch zu
geringe Konsistenz besitze.
— Flelschvergiftungsepidemle an Bord eines
Kriegsschiffes. Marinestabsarzt Dr. Mühlens
beobachtete im Jahre 1901 nach dem „Arch. f.
Schiffs- u. Tropen-Hyg.« (1907, S. 16) an Bord
eines auf Wusung-Reede (bei Shanghai) liegenden
deutschen Panzerschiffes eine Massenerkrankung
nach dem Genuß von an Bord bereiteter Sülze
(Fleisch und Gelatine von Shanghai bezogen).
Der größte Teil der Besatzung (über 300 Mann)
erkrankte 6—12 Stunden nach dem Genuß der
Sülze akut mehr oder minder an Gastroenteritis.
Etwa 30 Mann mußten einige Tage vom Dienst
befreit werden wegen Fiebers und länger an-
haltender Diarrhöe; bei zweien wurde Blut im
Stuhl gesehen. In kurzer Zeit waren jedoch
alle wieder dienstfähig. Bakteriologische Unter-
suchungen konnten leider nicht gemacht werden.
- 39
Nach dem klinischen Verlauf ist jedoch mit
ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß es sich
um eine durch Bac. Paratyphus B. oder Bac.
enteritidis Gaertner hervorgerufene Massen-
infektion gehandelt hat. Vor litngerem Auf-
bewahren von Sttlze und ähnlichen Gerichten in
den Tropen muß dringend gewarnt werden.
— Erneuter Untersohlelf auf der Berliner Ab-
deckerei. Allen Vorsichtsmaßregeln zum Trotz
ist es nach der »Allg. Fleischer-Zeitung^ neuer-
dings wieder einem Abdeckereikutscher möglich
gewesen, beanstandetes und zur Vernichtung
bestimmtes Fleisch in den Verkehr zu bringen.
Der ungetreue Kutscher öffnete den Transport-
wagen mit einem Nachschlassel abends in einer
unbeleuchteten Straße, entnahm ihm Fleisch und
und verkaufte es an einen Pferdeschlftchter, der
das Fleisch angeblich als Hundefutter gekauft
haben will.
— Untersehlelfe bei eingeführten! dinlechen
Fleieeh. Der Schlachthofdirektor K. in Aarhus
ist seines Amtes enthoben worden, weil er nicht
bemerkt hat, daß Schlächter, die Fleisch nach
Deutschland ausführten, an Tierkörper mit ver-
änderten Eingeweiden nach Entfernung dieser
gesunde annähten.
— Färsenktlberzentrale. Die Landwirtschafts-
kammem für die Provinzen Brandenburg und
Schleswig-Holstein haben zur Förderung der
Viehzucht Färsenkälberzentralen eingerichtet, um
den Verkauf guter Zuchtkälber aus Abmelkwirt-
schaften und aus den Hochzuchtgebieten in solchen
Gegenden zu vermitteln, in denen es an brauch-
baren Zuchtkälbem fehlt.
— QreBvereand geeobiaoMeter Scbwehie aue
der Provinz nach Berlin. Eine Vereinigung der
bedeutendsten Schweinemäster in Westpreußen
beabsichtigt, nach Errichtung des im Bau be-
griffenen Schlachthofes in Schi och au wöchent-
lich bis zu 1000 geschlachtete Schweine nach
Berlin zu senden, wo der kommissionsweise Ver-
kauf durch einen Großschlächtermeister besorgt
werden soll.
— Viehrackversicherung In der Provinz Sacbeen.
In der Provinz Sachsen bestehen etwa 250 örtliche
Vieh V ersieh erungsvereine, von denen 40 durch
die Landwirtschaftskammer zu einem Verband ver-
einigt worden sind. Dieser Verband hat be-
schlossen, einer von der Landwirtschaftskammer
ins Werk gesetzten Rückversicherung beizutreten.
Die Initiative der sächsischen Landwirtschafts-
kammer ist sehr erfreulich, und es wird interessant
sein, den Erfolg des sehr zweckmäßigen Ver-
suchs zu erfahren.
— Elerkontrolle in Karlsbad 1. B. Zur Unter-
suchung von Eiern wurden durch Schlachthof-
direktor Heßner, dem die Lebensmittelkontrolle
in Karlsbad i. B. untersteht, zwei Eierprüfer an-
geschafft, um den Händlern und auch dem
Publikum die schnelle Begutachtung der gekauften
Ware zu ermöglichen. Von den unter Meßner
arbeitenden Marktaufsichtsorganen wurden auf
diese Weise 23 816 Stück Eier geprüft und
3583 als verdorben beanstandet Ein beachtens-
werter Versuch zur Einbürgerung der Eierkontrolle
unter Leitung der städtischen Tierärzte.
— Verkauf mindermaBIgerKrebee. Der Händler
H. in Stettin ist auf Grund des Fischereigesetzes
vom 30. Mai 1874 und der Ausführungsver-
ordnung vom 8. August 1887 zu einer Geld-
strafe verurteilt worden, weil er Krebse verkauft
hatte, die mindermaßig waren, d. h. vom Kopf
bis zur Schwanzspitze weniger als 10 cm maßen.
— Wegen Geetattuno der Verarbeitung von
Pferdefleisch In einem gewöhnlichen Flelocherel-
betrieb ist der Fleischcrmeister E. in Reinicken-
dorf zu 30 M. Geldstrafe verurteilt worden.
E. hatte dem Pferdeschlächter H. entgegen der
Oberpräsidialverordnung für die Provinz Branden-
burg, nach der in Räumen, in denen Rind- und
Schweinefleisch verarbeitet wird, nicht auch
Pferdefleisch zur Verarbeitung gelangen darf,
erlaubt, in seiner Werkstatt größere Mengen
Pferdefleisch durch den Wolf gehen zu lassen.
— Ein Verbot der Verwendung von Milch-
flaschen, Bierflaechen utw. zur Abgabe von ekel-
erregenden oder geeundheltsochädllcben Stoffen ist
durch oberpolizeiliche Vorschrift vomlG.April 1907
filr den Regierungsbezirk Unterfranken und
Aschaffenburg erlassen worden.
— Für die beste Ausführung eines nach dem
ootfrleslocben Aufstallverfabren eingerichteten Kuh-
otalleo oder einzelner Teile desselben sind vom
Deutschen Milchwirtschaftlichen Verein mit
Preisen bedacht worden die Milchkuranstalt
Fr. Loß in Wolmirstedt, der Molkereibesitzer
H. Herbert in Gelsenkirchen und der Guts-
besitzer Fr. Rudorff in Glinde bei Hamburg.
Da ohne die ostfriesische Aufstauung eine
saubere Milchgewinnung unmöglich ist, wäre
zu wünschen, daß in jedem Bezirk ein Muster-
stall mit dem ostfriesischen Aufs tall verfahren
und anderen hygienischen Einrichtungen als
exemplum docens aufgeführt wird, am besten in
Verbindung mit staatlichen Instituten.
— fieoetzlicbe Regelung dee Milchverkehre In
Frankreich. Der Deputierte Lucien Cornet hat
nach den VeröfFentl. des Kaiserl. Gesundheits-
amts namens der Landwirtschaftskommission den
von der französischen Deputiertenkammer er-
forderten Bericht über den Entwurf eines Gesetzes,
betr. die Unterdrückung des Betrugs beim Milch-
handel, erstattet. Die Kommission empfahl die
Annahme des von Lucien Cornet eingebrachten
— 40 —
Gesetzentwurfs, in dem u. a. die tierärztliche
Kontrolle der Milchviehbestände und
-Ställe nach besonders festzulegenden Grund-
sätzen vorgesehen ist.
— Kontrolle des Paoteurioierungszwangs In
Dftnemark. Nach dem Bericht der chemischen
Abteilung des dänischen Versuchslaboratoriums
über die Befolgung des Pasteurisierungsgesetzes
im Finanzjahr 1905/6 fand keine Übertretung
statt in 1007 Meiereien (= 76 Proz. der kon-
trollierten Meiereien), einmal fand eine Übertretung
statt in 262 Meiereien (= 20 Proz.), zwei- bis
dreimal in 39 Meiereien (= 3 Proz.) und vier-
mal in 11 Meiereien (= 1 Proz).
— Dänisches Margarinegesetz. Am 1. Sep-
tember d. Js. ist in Dänemark ein neues Margarine-
gesetz in Kraft getreten, nach dem die Her-
stellung, Einfuhr, Ausfuhr, Durchfuhr und der
Verkauf von Margarine, deren Buttergehalt
10 Proz (bisher 15 Proz.) übersteigt, verboten
ist. Ferner ist die Verwendung von Anilin-
farben zum Färben von Butter und Margarine,
sowie die Verwendung anderer Konservierungs-
mittel als Kochsalz verboten.
— Verbot der Einfuhr mit Borsäure konservierter
Flelschwaren In Argentinien. Durch Bekanntmachung
vom 11. Mai 1907 ist die Einfuhr von Fleisch-
waren, die mit Borsäure konserviert sind, auf
Grund der Ausfuhr ungsbestimmungen zum Vete-
rinärpolizeigesetz verboten worden.
Personalien.
Ernennungen: Die Tierärzte Kuppelmayr,
bisher Schlachthoftierarzt zu Metz zum Direktor
des Schlachthofes daselbst; Anton Diez-Plauen
i. V. zum Schlachthof tierarzt daselbst; Schlacht-
hoftierarzt Skerlo -Breslau zum Kreistierarzt in
Bremervörde; Müller-Soritsch zum Schlachthof-
direktor in Halbendorf; Eduard Berendes-
Hannover zum Schlachthofassistenztierarzt in
Rheydt; Fritz Haushalter-Brumath zum
Schlachthaustierarzt in Mühlhausen i. Eis ; Her-
mann Brunn er-Coburg zum städtischen Tierarzt
in Markneukirchen; Julius Rüdinger-Wetzlar
zum Schlachthof tierarzt in Aachen; Christian
Schlenker- Seh wenningen zum Schlachthof-
tierarzt in Freiburg i. B.; M Sassenhagen-
Minden zum zweiten Assistenten am Schlacht-
hof zu Duisburg; Gustav Meyer-Bochum zum
Fleischbeschautierarzt für das Amt Eving bei
Dortmund.
Auszeichnungen: Es erhielten den Kronenorden
III. Klasse Veterinärrat Johow in Minden, den
Roten Adlerorden IV. Klasse Prof. Dr. Mal km us-
Hannover und die Kreistierärzte Veterinärräte
Bälde wein-Bielefeld, Bührmann-Halle i. W.,
Fürs tenau-Ahaus, Wenderhol d-Siegen,Nicol-
Geestemünde, Kaiserl. Veterinärrat Rickmann-
Höchst a. M.
Schlachthof inspektor Dopitzsch -Dudweller
wurde zum Schlachthofdirekior ernannt Schlacht-
hofdirektor Hei 8- Straubing erhielt vom König
von Rumänien die Jubiläumsm&iaüle,
Gestorben ist Schlachthof direktor Wysocki
in Lippstadt.
Bew.
Vakanzen.
Bochum: Assistenztierarzt, 2400 M.
an den Magistrat.
Bromberg: Kaiser Wilhelm - Institut,
Abteilung für Tierhygiene: Assistenten mit
bakter. Arbeiten vertraut Bew. a. d. Vorsteher
der Abteilung für Tierhygiene.
Daher (Kr. Naugard): Tierarzt für Fleisch-
und Trichinenschau. Bew. a. d. Polizeiverwaltang.
Düsseldorf: Schlachthofticrarzt, 2500 M.,
steigend in 16 Jahren bis 4000 M. Meldungen
an den Oberbürgermeister.
F r e i b e r g (Sachsen) : Schlachthoftierarzt,
2000 M. Gesuche an den Stadtrat
Gleiwitz: Schlachthof assistenztierarzt, 2400
M., .steigend alle drei Jahre um 200 M. bis
3600 M., 360 M. Wohnungsgeld. Bew. a. d. Mag.
Harburg: Assistenz tierarzt, 2000 M., steigend
alle drei Jahre um je 200 M. bis 2600 M. Bew.
an den Magistrat
Kreuz (Ostbahn): Tierarzt für Fleisch-
beschau, 1500 M. Bew. an den Gemeindevorsteher.
Lippstadt: Schlachthof direktor.
Ludwigslust: Schlachthofinspektor, 1900M.,
freie Wohnung und Feuerung. Praxis außerhalb
der Sehlachtzeiten gestattet. Bew. an den Mag.
Rügenwalde: Schlachthof inspektor, 2100 M.
Gehalt, sowie Wohnung und Feuerung. Privat-
praxis gestattet. Bewerbungen an den Magistrat.
Rybnik: Schlachthofverwalter. Freie Woh-
nung, Feuerung und Beleuchtung. Von Ein-
nahmen der Trichinenschau, die auf Verlangen
des Magistrats mit übernommen werden muß,
50 Proz. Einnahme usw. 1500 M. p. a. Bew.
unter Angabe der Gehaltsansprttche an den Mag.
Stein au O.-S.: Tierarzt für Fleischbeschau.
Bewerbungen an den Magistrat.
Stettin: Dritter Tierarzt ftir Auslands-
fleischbeschau, 2400 M. Bewerbungen an den
Reg.-Präsidenten.
Straßburg i. E.: Schlachthofdirektor,
Anfangsgehalt 5000 M., freie Wohnung, Licht,
Heizung. Meldungen an das Bürgermeisteramt
Yerantwortllclier Redakteur (exkL Inseratenteil): Prof. Dr. O.terUg in Berlin. - Verla« von Richard Scboet« in Beriht
Zeitschrift
Ar
Fleisch- und Milchllygiene»
Achtzehnter Jahrgang.
Iforeaiber 1907.
Heft 2.
Original-Abhandlungen.
(Nachdruck verboteo.)
Die Milchwirtschaft und die BeJcämpfung
der Rindertuberkuloee.*)
Voo
Dr. R. Ostertag.
Nur wenige Fragen haben für die
Milchwirtschaft eine ähnliche große Be-
deutung wie die Frage der Bekämpfung
der Tuberkulose des Rindes. Denn diese
Krankheit ist die häufigste, von der das
Milchvieh betroffen wird, und sie ver-
ursacht nicht nur infolge ihrer starken Ver-
breitung und des chronischen Verlaufs
den Milchwirten einen ungeheuren wirt-
schaftlichen Verlust, sondern schließt auch
die große Gefahr ein, daß die Milch zur
Quelle einer Ansteckung des Menschen
durch Tuberkulose wird. Und diese Ge-
fahr wird zusammen mit dem ökonomischen
Schaden ständig größer, wenn nicht ganz
allgemein Maßregeln zur Eindämmung
der Krankheit ergriffen werden. Es ist
deshalb nur natürlich, daß die Frage der
Bekämpftmg der Bindertuberkulose auf
die Tagesordnung des in. Internationalen
Milchwirtschaftlichen Kongresses gesetzt
wurde. Nach meiner Ansicht darf die
Bekämpfung der Rindertuberkulose, die
ein Lebensinteresse der Milchwirtschaft be-
rührt, nicht eher aus dem Arbeitsprogramm
des Milchwirtschaftlichen Weltverbands
verschwinden, als bis eine völlige Klärung
der Ansichten über die zweckmäßigste,
d, h. erfolgversprechende und durchfähr-
bare Art des Vorgehens gegen diese
Krankheit stattgefunden hat.
*) Vortrag, gehalten in der Eröffnungssitzung
des in. Internationalen Milchwirtschaftlichen
Kongresses im Haag am 16. September 1907.
Über die Häufigkeit des Vorkommens
der Rindertuberkulose haben uns die in
Deutschland eingeführte allgemeine Fleisch-
beschau und die in verschiedenen deutschen
Bundesstaaten eingerichteten Viehver-
sicherungen zuverlässige Zahlen geliefert.
Nach den im Kaiserlichen Gesund-
heitsamt bearbeiteten Ergebnissen der
Schlachtvieh- und Fleischbeschau waren
im Jahre 1904, dem ersteh bis jetzt voll-
ständig bearbeiteten Berichtsjahre, von
den im Deutschen Reiche geschlachteten
Rindern mit Tuberkulose behaftet:
5,3 7o der Jungrinder,
13,90/0 „ Bullen,
18,30/0 » Ochsen,
25,30/0 „ Kühe,
ingesamt 17,8 0/0 „ Rinder.
Die Milchkühe leiden also an Tuber-
kulose viel häufiger als die übrigen Rinder
— jede vierte Kuh ist mit Tuberkulose
behaftet gefunden worden — , und hierzu
kommt, daß bei den Kühen infolge der
längeren und die Widerstandskraft des
Körpers mehr schädigenden Nutzung die
schweren Formen der tuberkulösen Erkran-
kungen häufiger sind als bei den männlichen
und Jungrindem. Zu hochgradiger Ab-
magerung hatte, nach der angeführten
Statistik, die Tuberkulose hauptsächlich bei
Kühen geführt, und stark ausgedehnte Tuber-
kulose wiesen Kühe 5V2mal so oft auf wie
die übrigen erwachsenen Rinder!
Die Fleischbeschau vermag nur die-
jenigen Tuberkulosefälle aufzudecken, die
mit makroskopisch, durch die üblichen
üntersuchungsmethoden feststellbaren
Veränderungen einhergehen. Verwendet
man zur Prüfung der lebenden Rinder
— 42 —
auf Tuberkulose das feinste Reagens, über
das die Heilkunde verfügt, das Tuber-
kulin, so erhält man noch viel höhere
Zahlen von mit dem Keime der Tuberkulose
angesteckten Eindem.
Überall, wo die klimatischen und
wirtschaftlichen Verhältnisse dazu zwingen,
die Rinder, wenn auch nur einen Teil
des Jahres, im Stalle zu halten, dürfte
die Tuberkulose des Rindes gleich stark
verbreitet sein, mit alleiniger Ausnahme
von Norwegen, woselbst durch die Tuber-
kulinimpfung nur 6—7 Proz. tuberkulöse
Rinder ermittelt worden sind. Dies
hängt wohl mit der Vieharmut und dem
geringeren Zuchtviehverkehr des Landes
zusammen. In allen Ländern, in denen
sich die Viehproduktion und Milchwirt-
schaft zu blähenden Zweigen der Land-
wirtschaft entwickelt haben, ist auch die
Tuberkulose als unheimlicher Begleiter
häufiger geworden. Dies wird sich in den
meisten Ländern zeigen, wenn die
Methoden der Untersuchung allgemein
eingeführt werden, die in Deutschland
bei der Fleischbeschau im Gebrauche
sind. Selbst in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika, deren Prärievieh so
gut wie tuberkulosefrei war, tritt nun-
mehr infolge der zunehmenden Stall-
haltung die Tuberkulose unter den
Rindern und damit im Zusammenhang
die Tuberkulose unter den Schweinen in so
starkem Grade auf, daß Maßregeln gegen
ihre^ weitere Ausbreitung verlangt werden
und zum Teil auch schon eingeführt sind.
Aus den Jahresberichten der staat-
lichen Schlachtviehversicherung im König-
reich Sachsen geht hervor, daß die
Tuberkulose diejenige Krankheit ist, die
die meisten Schadenersatzleistungen be-
dingt. Im Jahre 1903 waren im König-
reich Sachsen
von 107 264 versicherten weiblichen Rindern
4814 = 43,59 Proz. der entschädigten,
im Jahre 1904
von 108 573 versicherten weiblichen Rindern
5696 = 43,7 Proz. der entschädigten,
also nahezu die Hälfte, wegen Tuber-
kulose zu entschädigen. Und ganz ähn-
lich liegen die Verhältnisse bei den
staatlichen Viehversicherungen in Baden
und Bayern.
Wenn Sie mir die Aufgabe stellten,
den gesamten Schaden ziffernmäßig zu
berechnen, den die Tuberkulose des Rindes
in Deutschland nach Maßgabe der sta-
tistischen Ermittlungen der Fleischbeschau
und der staatlichen Viehversichernngs-
anstalten verursacht, so müßte ich Ihnen
erklären, daß ich hierzu mich außer-
stande fühle. Man kann zwar den Ver-
lust bestimmen, der durch die ganze und
teilweise Konfiskation geschlachteter
Tiere wegen Tuberkulose erwächst. Dieser
ist in Deutschland im Jahre 1904 auf
15 Millionen M. berechnet worden. Der
Verlust aber, den die Tuberkulose vom
Beginne der Infektion an bis zur
Schlachtung durch schlechte Verwertung
des Futters, ungenügende Zucht- und
Milchleistung, Verringerung der Nutzungs-
dauer infolge Notschlachtung und Tod
herbeiführt, läßt sich auch nicht annähernd
berechnen. Das eine aber ist gewiß, daß
sich der gesamte Verlust zu einem ganz
gewaltigen Betrage summiert, da er sich
bei einer sehr großen Zahl von Tieren —
beim vierten Teil aller Kühe nach den
fleischbeschaustatistischen Erhebungen in
Deutschland — geltend macht, bei der
täglichen Fütterung als Ausfall in Er-
scheinung tritt und durch den schleichen-
den Verlauf der Krankheit sich über
Jahr und Tag erstreckt. Man hat die
mit Tuberkulose behafteten Kühe mit
Öfen verglichen, die keine Wärme geben,
auch wenn sie noch so gut geheizt
werden. Der Vergleich ist so unpassend
nicht, wenn man sich vergegenwärtigt,
daß die tuberkulösen Kühe trotz bester
Fütterung und sorgsamster Pflege mager
bleiben, ein rauhes, glanzloses Haarkleid
zeigen, wenig und zum Teil unbrauch-
bare, weil gesundheitsschädliche Milch
geben, von Zeit zu Zeit rindern, aber
43 —
nicht mehr aufnehmen und keine Kälber
mehr liefern.
Weiter ist noch zu berücksichti-
gen der Verlust infolge der Tuber-
kuloseubertragung auf das Schwein, der
sich in Deutschland im Jahre 1904
trotz der hiergegen bereits ergriffenen
Maßnahmen noch auf 8 Millionen Mark
belief, wenn lediglich der Wert des
beanstandeten Fleisches berechnet wurde,
und vor allen Dingen die durch keine
Zahl in Eechnung zu stellende Gefahr
der Übertragung der Rindertuberkulose
auf den Menschen.
Die Tuberkulose ist eine ansteckende
Krankheit. Sie greift wie alle ansteckenden
Krankheiten immer mehr und mehr um sich,
wenn nicht Mittel zu ihrer Eindämmung er-
griffen werden. Auch hierüber belehrt
uns die Statistik. In den öffentlichen
Schlachthöfen des Königreichs Preußen,
in denen schon seit 2 Jahrzehnten die
Fleischbeschau mustergültig ausgeführt
wird, waren von daselbst geschlachteten
Rindern tuberkulös:
1895 11,4%
1900 15,0%
1902 16,4%
In einzelnen Gegenden, in denen
dauernde Stallhaltung und ständige Ein-
fuhr frisch zusammengekaufter Tiere in
die Bestände — wie dies in Abmelk-
wirtschaften der Fall ist — für die
Verbreitung der Tuberkulose ganz be-
sonders günstige Verhältnisse schaffen,
ist der Anstieg des Tuberkuloseprozent-
satzes ein noch viel höherer. Der Schlacht-
hofdirektor Klepp in Potsdam, der in
dieser Hinsicht Beobachtungen gesammelt
hat, hebt in seinem Jahresbericht für das
Jahr 1904 hervor, daß die Tuberkulose
immer noch im Steigen begriffen und
1904 bei nicht weniger als 43,22 Proz. der
im Potsdamer Schlachthof geschlachteten
Rinder ermittelt worden sei. Im Jahr
zuvor hatte der Teilsatz der tuberkulös
befundenen Tiere 41,49 Proz. betragen !
Diese Zahlen müssen auch demjenigen
zu denken geben, der bis jetzt die
Tuberkulose für ein unabwendbares Übel
der Milchwirtschaft hielt und ihre
Schädigungen als etwas Unvermeidliches
mit in den Kauf nahm. Diese Zahlen
sind das Mene tekel, daß in der Tuber-
kulosetilgung ganz allgemein etwas
geschehen muß. Hiertiber besteht jetzt
unter den Landwirten und ihren sach-
verständigen Beratern in Tierseuchen-
angelegenheiten, den Tierärzten, sowie
unter den Vertretern der öffentlichen
Gesundheitspflege kein Zweifel mehr.
Zweifelhaft ist nur, welcher Weg mit
Aussicht auf Erfolg zur Bekämpftmg der
Rindertuberkulose eingeschlagen werden
soll.
Gestatten Sie mir, daß ich Ihnen die
verschiedenen Möglichkeiten der Tuber-
kulosebekämpfung auf Grund der vor-
liegenden Erfahrungen und nach dem
heutigen Stande der Wissenschaft schildere
und über die Aussichten der verschiedenen
Bekämpfungsmöglichkeiten mein Urteil
abgebe, wie Sie es von mir gewünscht
haben.
Bekanntlich datieren die ersten ernst-
haften und groß angelegten Versuche zur
Bekämpfung der Tuberkulose vom
Jahre 1890, in dem Robert Koch das
Tuberkulin entdeckt hat, das zwar nicht
als Heilmittel, dagegen als Krkennungs-
mittel der Tuberkulose eine große Be-
deutung erlangte. Zur Zeit sind drei
Verfahren zur Bekämpfung der Rinder-
tuberkulose in Anwendung:
das Verfahren nach Bang,
das von m i r organisierte Verfahren und
die von von Behring begründete
Schutzimpfung.
Lediglich der Vollständigkeit halber
will ich die Versuche erwähnen, die
nach der Entdeckung des Tuberkulins,
in der Sturm- und Drangperiode dieses
Mittels, gemacht worden sind, die Tuber-
kulose dadurch zu bekämpfen, daß
sämtliche auf Tuberkulin reagierenden
Tiere der Schlachtbank überwiesen wurden.
— 44 -
Diese Versuche mußten als aussichtslos
bezeichnet werden, nachdem man durch
Tuberkulinimpfungen in größeren Be-
ständen erfahren hatte, daß durch-
schnittlich die Hälfte, in gar nicht wenigen
Beständen selbst bis zu 75 und 80 Proz.der
älteren Binder eine positive Tuberkulin-
reaktion zeigten.*) So verlief ein in
Massachusetts von 1894— 98 gemachter Ver-
such, die auf Tuberkulin reagierenden
Rinder gegen Entschädigung zu keulen,
vollkommen ergebnislos. In Massachusetts
wurden Viehinspektoren bestellt, die die
Rinderbestände jährlich zweimal auf
Tuberkulose zu untersuchen und beim
Verdacht dieser Krankheit mit Tuberkulin
zu prüfen hatten. Reagierte ein Tier, so
wurde es gegen Entschädigung des halben
Werts getötet. Als man sich davon über-
zeugt hatte, daß dieses Verfahren für den
ganzen Staat nicht durchführbar war,
wurde der Versuch gemacht, in drei
kleinen Distrikten alle Rinder systematisch
mit Tuberkulin zu impfen und die
reagierenden zu töten. Aber auch dieser
Versuch mußte bald wieder eingestellt
werden, weil die Kosten eine un-
erschwingliche Höhe erreichten. Ganz
ähnlich verlief ein in Belgien unter-
nommener Versuch. In Belgien trat am
1. Januar 1896 ein Gesetz in Kraft,
wonach sämtliche Viehbestände, in denen
durch die Untersuchung eines lebenden
oder geschlachteten Tieres Tuberkulose
nachgewiesen worden war, der Tuberkulin-
impfung unterworfen werden mußten.
*) In Dänemark reagierten nach Bang
(VIII. Internationaler Tierärztlicher Kongreß in
Budapest 1905) von
5 047Rindemim Altervon 1 Va--2Va Jahren 38,6%
10 350 „ „ „ „ 2Va-5 „ 44,90/^
11 924 „ über 5 Jahre 48,0%
Gu6r in -Paris hat in 32 Beständen, in denen
je ein mit Tuberkulose behaftetes Rind durch
die Schlachtung oder auf andere Weise ermittelt
worden war, das Tuberkulin angewandt und bei
30—100 Proz. der Tiere dieser Bestände positive
Reaktionen erhalten. (Bericht fttr den III. Inter-
nationalen Milchwirtschaftlichen Kongreß.)
Die klinisch tuberkulösen Tiere mußten
sofort, die nur auf Tuberkulin reagierenden
binnen Jahresfrist gegen eine staatliche
Entschädigung abgeschlachtet werden.
Ferner sollte die Milch der lediglich
reagierenden Kühe ausschließlich in ge-
kochtem Zustand in den Verkehr gebracht
werden. Der belgische Versuch mußte
schon nach 1 »/^ Jahren aufgegeben werden.
Denn es hatte sich, wie es in dem
„Rapport au ßoi" vom 10. August 1897
heißt, gezeigt, daß die Tuberkulose in
Belgien so stark verbreitet ist, daß die
Beseitigung aller angesteckten Rinder
in verhältnismäßig kurzer Zeit ohne die
schwersten Schädigungen för zahlreiche
Wiitschaften nicht möglich war. Anderer-
seits lehrten die Zwangsschlachtungen
der auf Tuberkulin reagierenden Tiere,
daß ihre große Mehrzahl nur in leichtem
Grade erkrankt und nicht imstande war,
die Krankheit zu verbreiten. Man ent-
schloß sich daher in Belgien, lieber
langsam, aber sicher vorzugehen und bei
einem Ziele, dessen Erreichung soviel
Zeit in Anspruch nimmt wie die Be-
kämpfung der Tuberkulose, alles Gewalt-
same zu vermeiden. Eine zwangsweise An-
wendung des Tuberkulins findet in Belgien
nicht mehr statt. Man überläßt den
Gebrauch des Mittels der Intelligenz der
Besitzer.
Es ist ntitzlich, diese praktischen
Erfahrungen sich vor Augen zu halten,
angesichts der neuerdings wieder er-
hobenen Forderung, sämtliche auf Tuber-
kulin reagierenden Kühe von der Milch-
gewinnung auszuschließen. Die Er-
fahrungen in Massachusetts und Belgien
haben gezeigt, wohin die ehrliche Durch-
führung dieser — m. E. glücklicherweise
nicht begründeten — Forderung fiihren
würde, zum schnellen Ruin der Milch-
wirtschaft und zur Unmöglichkeit einer
Versorgung des Marktes mit Milch.
Andererseits stimme ich meinem hoch-
verehrten Freunde Bang ganz zu, wenn
er sagt, die Gerechtigkeit erfordere die
i
45 —
Anerkennung, daß die Tuberkulinproben
unser Verständnis für die Tuberkulose
im höchsten Grade erweitert und vertieft
haben. Die Tuberkulinproben haben uns
über die wahre Verbreitung der Krankheit,
über ihren Verlauf und die Ansteckungs-
wege reiche Aufklärung gegeben. Dieser
wissenschaftliche Wert der Tuberkulin-
proben sei ohne Vorbehalt anerkannt!
Professor Bang in Kopenhagen wendet
bei dem von ihm eingeführten Verfahren
der Tuberkulose tilgung auch das Tuberkulin
an. Er hat aber von vornherein jegliches
radikale Vorgehen gegen die lediglich
reagierenden Tiere abgelehnt und an die
Tuberkulinreaktion nur zwei praktische
Folgen geknüpft, nämlich die Trennung
der reagierenden Tiere von den nicht-
reagierenden und die tuberkulosefreie
Aufzucht des gesamten Nachwuchses.
Das Bangsche Verfahren ist so über-
zeugend begründet, daß von ihm die
schönsten Erfolge erwartet werden mußten.
Ich habe den Vorzug genossen, von Bang
selbst mit allen Einzelheiten seines groß
angelegten Verfahrens vertraut gemacht
zu werden und einen Bestand kennen zu
lernen, in dem Bang die Tilgung selbst
leitet. Ich kehrte als Überzeugtester
Anhänger des Bangschen Verfahrens
nach Deutschland zurück und habe durch
das Kgl. Preußische Ministerium für Land-
wirtschaft, Domänen und Foi*sten und
durch die private Initiative mehrerer von
mir hierzu veranlaßter Besitzer Gelegen-
heit erhalten, das Verfahren selbst zu ver-
suchen. Im Königreich Preußen ist seiner-
zeit in jedem Regierungsbezirk mindestens
ein Bestand ausgewählt worden, in dem
das Bangsche Verfahren mit Staats-
unterstützung auf seine Durchführbarkeit
geprüft werden sollte. Keiner dieser
Versuche hatte ein befriedigendes Er-
gebnis. Ich habe wiederholt Veranlassung
genommen, in landwirtschaftlichen Körper-
schaften mich über die Ursachen dieses
sehr bedauerlichen Mißerfolges zu äußern,
so daß ich an dieser Stelle auf die Wieder-
gabe der Einzelheiten verzichten kann.
Nur soviel will ich hervorheben, daß m. E.
das wesentlichste Hindernis fiir die erfolg-
reiche Durchführung des Bangschen
Verfahrens die Benutzung des Tuberkulins
bei den älteren Tieren gewesen ist. Das
Tuberkulin ist einerseits ein zu feines
Eeagens für die Erkennung der Tuber-
kulose, andererseits für diesen Zweck
nicht zuverlässig genug. Es verdächtigt
außerordentlich zahlreiche Tiere als tuber-
kulös, die nur mit belanglosen Ver-
änderungen behaftet sind, und gestattet
auf der anderen Seite nicht die sichere
Ermittlung aller mit Tuberkulose in-
fizierten Tiere. Denn bei den Nach-
impfungen der anscheinend gesunden
Tiere ergaben sich immer wieder Re-
aktionen. Etwa lO^/o der Rinder, die
nicht reagiert haben, sind trotzdem tuber-
kulös und bedingen Neuinfektionen.
Mit dem Bangschen Verfahren sind
in einer ganzen Reihe von Beständen
in Dänemark, Schweden, Norwegen und
Ungarn sehr gute Erfolge erzielt worden.
Bang führte in dem Bericht, den er auf
dem Vin. Internationalen Tierärztlichen
Kongreß in Budapest hierüber gehalten hat,
mehrere dänische Großgrundbesitzer an,
bei denen die Tuberkulosetilgung nach
seinem Verfahren gelungen oder so gut
wie gelungen ist, so den Hoijägermeister
Tesdorpf auf Ourupgard, Ahlmann auf
Langholt und Striber, Fonnesbech-
Wulff auf Vesterbygaard und Saltofte,
Tutein auf Edelgave, Pedersen auf
Borupgaard, außerdem 66 Bauernguts-
besitzer mit zusammen anfänglich 1045
reagierenden und 780 gesunden Tieren.
In sehr vielen anderen Beständen sind
erhebliche Besserungen erzielt worden.
Das ist sehr erfreulich, will aber wenig
bedeuten, wenn man bedenkt, daß in
Dänemark seit 1893 in 17268 Beständen
mit zusammen 404 651 Rindern das
Bangsche Verfahren mit Staatsunter-
stützung durchgeführt wird. Nach Regnfer
(VIII. Internationaler Tierärztlicher Kon-
- 46 -
greß in Budapest 1905) sind in Schweden
von 1893 bis 1904 8698 Bestände mit
226 864 Tieren dem Bangschen Ver-
fahren unterworfen worden, und von den
8698 Beständen wurden 214 mit ins-
gesamt 8205 Tieren, die ursprünglich
32,7 Proz. Eeaktion aufwiesen, reaktions-
frei. Regnfer warnt aber vor einer
Überschätzung des Tuberkulins, indem er
sagt: „Wer sich für die Unterscheidung
zwischen tuberkulösen und nichttuber-
kulösen Tieren ausschließlich auf das
Tuberkulin verläßt, wird früher oder
später bittere Erfahrungen machen." In
Ungarn sind einige gute Erfolge erzielt
worden von Professor üjhelyi in den
Beständen des Erzherzogs Friedrich
und der Anton Dreherschen Herrschaft,
femer von Professor Hutyra in
dem Rindviehbestand des Staatsgestüts
Mezöhegyes.
Hiernach kann das Bang sehe Ver-
fahren in besonderen Beständen, in denen
die Verhältnisse günstig liegen, ausge-
zeichnete Erfolge haben und es empfiehlt
sich in solchen Fällen sehr zur Anwendung.
Zur allgemeinen Durchführung eignet
sich aber das Ver&hren in den stärker
von Tuberkulose heimgesuchten Ländern
wenigstens nach den in Deutschland ge-
machten Erfahrungen nicht.
Bang hat selbst in seiner sehr lesens-
werten Schrift „Kampen med Tuberkulosen
hos kvaeget" (Kopenhagen 1900) gesagt,
daß in Dänemark, wo am meisten für sein
Verfahren geschehen ist, viele Besitzer
vor der Zeit den Mut verloren, daß sich
aber auch andererseits die Durchfährung
des Verfahrens als viel schwieriger heraus-
gestellt habe, als man anfänglich geglaubt
hatte. Bang hat 1900 das Ergebnis
seiner Erfahrungen dahin zusammengefaßt,
daß man vorläufig in den meisten zivili-
sierten Ländern, in denen die Tuberkulose
Platz gegriffen habe, von idealen Forde-
rungen etwas ablassen und sich mit der
Aufgabe begnügen müsse, langsam und
gradweise die Krankheit zurückzudrängen.
Bei dem von mir organisierten Ver-
fahren zur Tuberkulosetilgung wird unter
Verzicht auf die Anwendung des Tuber-
kulins bei älteren Tieren die Ausmerzung
der gefährlich tuberkulösen Tiere auf
Grund klinischer und bakteriologischer
Untersuchung und die tuberkulosefreie
Aufzucht der Kälber angestrebt. Die
mit Tuberkulose behafteten Rinder können
nach ihrer Bedeutung für die Verbreitung
der Seuche in zwei Gruppen geteilt werden,
nämlich in solche, die den Ansteckungs-
stoff aus ihrem Körper ausscheiden, und
in solche, bei denen dies nicht der Fall
ist. Nur erstere sind für die Verbreitung
der Tuberkulose gefährlich, die letzteren
nicht. Zu den gefährlich-tuberkulösen
gehören die Tiere mit offener Lungen-,
Darm-, Gebärmutter-, Euter- und Hoden-
tuberkulose. Die möglichst frühzeitige
Entfernung dieser Tiere muß daher die
erste Aufgabe eines planmäßigen Vor-
gehens gegen die Tuberkulose bilden,
wie dies schon Siedamgrotzky auf dem
VII. Internationalen Tierärztlichen Kon-
greß in Baden-Baden betont hat. Die
gefährlich tuberkulösen Tiere sind durch
eine sorgsame Untersuchung zu ermitteln,
die periodisch durch Sachverständige vor-
zunehmen ist. Zwischen den periodischen
Untersuchungen werden Gesamtmilch-
proben auf ihren Gehalt an Tuberkel-
bazillen geprüft, um in dieser Zeit eine
Kontrolle wenigstens darüber zu haben,
ob sich in dem Bestände Tuberkulose-
formen mit Ausscheidung von Tuberkel-
bazillen aus dem Euter entwickelt haben.
Die Ausmerzung der gefährlich-tuberku-
lösen Tiere läßt sich ohne wirtschaftliche
Schwierigkeiten vollziehen, da ihre Zahl
eine geringe ist und nur wenige Prozent
beträgt. Dieser Umstand erklärt es, daß
überall, wo das von mir organisierte
Tuberkulosetilgungsverfahren durchgeflihrt
wird, eine freudige und überzeugte Mit-
arbeit der Besitzer stattfindet, ohne die
jedes Vorgehen gegen die Tuberkulose
von vornherein aussichtslos ist. Die Be-
- 47 -
sitzer werden mit den Erscheinnngen der
Tuberkulose bekannt gemacht und ver-
pflichtet, Tiere mit tuberkulose-yerdäch-
tigen Erscheinungen bis zur nächsten
tierärztlichen Untersuchung abzusondern.
Hand in Hand mit der Ausmerzung der
gefährlich tuberkulösen Tiere hat die
tuberkulosefreie Aufzucht der Kälber zu
geschehen, entweder streng nach den Vor-
schriften Bangs durch Trennung von den
Müttern am z weitenTag und durchFütterung
mit erhitzter Milch oder, soweit diese nicht
vertragen wird, mit der rohen Milch
gesunder Ammen.
Dieses Verfahren zur Tuberkulose-
bekämpfung wird durchgeffthrt durch die
Landwirtschaftskammern und Herdbuch-
gesellschaften in den preußischen Pro-
vinzen Ostpreußen, Pommern, Branden-
burg, Schlesien, Sachsen, Schleswig-Hol-
stein und in der Rheinprovinz, im Herzog-
tum Anhalt, femer vom Zentralverein der
Milchproduzenten für Hamburg und Nach-
barstädte, z. T. auch von der Livländischen
Ökonomischen Sozietät in Beständen der
Ostseeprovinzen und von der Königlichen
Staatsregierung in den Niederlanden.
Überall hat es sich gezeigt, daß das Ver-
fahren von der Sympathie der Besitzer
getragen und durch ihre verständnisvolle
Mitwirkung gefördert wird. Was den
bisherigen Erfolg des Verfahrens anbe-
langt, so zeigte sich dieser zunächst in
einem ganz beträchtlichen Bückgang der
mit den gefährlichen Formen der Tuber-
kulose behafteten Tiere.
In der Provinz Ostpreußen wurden
mit offener Tuberkulose behaftet gefunden:
1900 bei 10900 Untersuchungen 2,7% der Tiere
1904 „ 17500 „ 1,3% „ „
in der Provinz Pommern:
1902 bei 8808 Untersuchungen 2,93% der Tiere
1906 „ 22356 „ 0,60% „ „
in der Provinz Brandenburg:
1903 bei 5200 Untersuchungen 3,46% der Tiere
1907 „ 5810 „ 1,50% „ „
in der Provinz Schleswig-Holstein:
1903 bei 2435 Untersuchungen 2,80% der Tiere
1905/6, 11000
i;
und in der Provinz Sachsen:
1903 bei 1 457 Untersuchungen 3,60% der Tiere
1906/7 „ 5395 „ 2,410/, „ „
Diese Zahlen zeigen, daß es durch das
von mir organisierte Verfahren in wenigen
Jahren möglich war, die Zahl der ge-
fährlich-tuberkulösen Tiere in den unter-
suchten Beständen erheblich einzu-
schränken, wobei zu beachten ist, daß
jedes Jahr frische, ununtersuchte Bestände
in das Verfahren einbezogen werden, daß
dieuntersuchendenSachverständigenimmer
sicherer zu untersuchen und mehr Fälle
der gefährlichen Tuberkuloseformen zu
ermitteln lernen, als zu Beginn ihrer
Tätigkeit, da sie auf diesem neuen Spezial-
gebiete klinischer Untersuchung erst noch
Erfahrungen sammelten. Ferner wird als
ein sichtbares Zeichen des Rückganges
der gefährlichen Formen der Bindertuber-
kulose die Abnahme der Schweinetuber-
kulose in den Gehöften bezeichnet, in
denen das Tilgungsverfahren zur Durch-
ftthrung kommt. Weiter haben die probe-
weisen Impfungen der tuberkulosefrei auf-
gezogenen Kälber in der Provinz Ost-
preußen, von den Beständen abgesehen,
in denen die tuberkulosefreie Aufzucht
der Kälber nicht mit der erforderlichen
Sorgfalt geschah, ein glänzendes Ergebnis
gehabt. In den preußischen Provinzen, in
denen das von mir organisierte Tuberkulose-
tilgungsverfahren staatlich unterstützt wird,
sind die Besitzer verpflichtet, nach Ein-
bürgerung des Verfahrens sämtliche Kälber
mit Tuberkulin impfen zu lassen — bei
Kälbern ist die Anwendung von Tuberkulin
bedenkenfrei — die reagierenden zu
schlachten und die nichtreagierenden Tiere
zur Begründung eines reinen Bestandes
dauernd getrennt zu lassen und nicht wieder
in den alten Bestand zurückzubringen.
Es steht also fest, daß es mit dem
von mir organisierten Verfahren möglich ist,
die Tuberkulose einzudämmen. Diesen
Erfolg betrachte ich als die erste Etappe
auf dem Wege zur Tilgung der Tuber-
kulose. Die zweite Etappe ist die all-
— 48
gemein durchgeführte tuberkulosefreie
Aufzucht und die Tuberkulinprüfung der
Kälber, die zum Teil schon erreicht ist.
Von der zweiten Etappe aus kann jeder
Besitzer früher oder später zum Ziele der
endgültigen Tuberkulosetilgung gelangen,
je nachdem es ihm früher oder später
möglich ist, das tuberkulosefrei aufge-
zogene Jungvieh in einem Stall unter-
zubringen, in dem sich tuberkulöse Rinder
noch nicht befunden haben. So wird das
Verfahren langsam, recht langsam, aber
sicher zum Ziele führen, viel sicherer
als das JBangsche, da ihm die Ent-
täuschungen durch die nicht reagierenden,
tatsächlich aber tuberkulösen älteren Tiere
erspart bleiben werden.
Hinsichtlich der von von Behring
begründeten Schutzimpfung gegen die
Tuberkulose kann ich mich kurz fassen;
denn Sie alle sind durch die milchwirt-
schaftliche Literatur über das Verfahren
selbst und den Fortgang seiner Anwen-
dung regelmäßig unterrichtet worden,
von Behring hat, wie bekannt, die
Entdeckung gemacht und als erster 1902
publiziert, daß es möglich ist, Rindern
durch die Einimpfung von menschlichen
Tuberkelbazillen einen bestimmten Grad
von Unempfänglichkeit gegenüber der
Ansteckung durch Rindertuberkulose-
bazillen zu verleihen. von Behring
hat seinen aus abgeschwächten mensch-
lichen Tuberkelbazillen bestehenden Impf-
stoff Bovovakzin genannt. Koch, Schütz,
Neufeld und Mießner haben virulente
menschliche Tuberkelbazillen unter dem
Namen „Tauruman^* zur Schutzimpfung
gegen die Rindertuberkulose empfohlen.
Die Taururaanimpfung arbeitet also nach
dem gleichen Prinzip wie die Bovovakzin-
impfung. Ich selbst habe weder Ver-
suche mit dem Bovovakzin angestellt
noch mit dem Taurum an und bin daher
mit meinem Urteil lediglich auf die
Arbeiten anderer angewiesen. Ich muß
mich darauf beschränken, die Resultate
von Versuchen mitzuteilen, die an drei
verschiedenen Stellen in letzter Zeit ab-
geschlossen wurden, und bei denen die
tatsächliche Widerstandsfähigkeit der
nach von Behrings Methode schütz-
geimpften Rinder durch eine künstliche
oder natürliche Infektion und hierauf
folgende Obduktion geprüft worden ist.
Erstlich haben Rossignol und Vallee
am 10. Oktober 1906 auf Grund ihrer in
Melun angestellten Versuche die Fol-
gerungen aufgestellt:
1. Daß die anfängliche, ziemlich be-
deutende Resistenz gegenüber der
intravenösen Infektion rasch abnimmt
und bei manchen Individuen bereits
gegen das Ende des ersten Jahres
verschwindet;
2. daß die Widerstandsfähigkeit gegen-
über der Ansteckung durch mit
offener Tuberkulose behaftete Tiere
wenig ausgesprochen ist und sich
nicht auf mehr als wenige Monate
erstreckt.
Hutyra in Budapest kam vor zwei
Monaten an der Hand seiner Versuche
und nach kritischer Würdigung der von
anderen ausgeführten Schutzimpfungen zu
dem Schluß, daß:
1. Nach einer zweimaligen intravenösen
Einverleibung menschlicher Tuber-
kelbazillen die Widerstandskraft der
Rinder gegenüber einer späteren
künstlichen Infektion unmittelbar in
bedeutendem Maße erhöht wird,
daß aber
2. die künstlich erhöhte Resistenz von
nicht langer Dauer ist, sondern
bereits gegen das Ende des ersten
Jahres nach der Schutzimpfung
erheblich abnimmt und nach einem
weiteren halben Jahre vollends er-
loschen sein kann.
Die einmalige subkutane Injektion
menschlicher Tuberkelbazillen, wie sie von
von Baumgarten, Ligniferes und
Klimm er empfohlen worden ist, stellt
Hutyra hinsichtlich ihrer Schutzwirkung
der zweimaligen intravenösen Impfung
— 49 —
gleich und er sagt weiter von der ein- I
maligen intravenösen Injektion, wie sie i
beim Gebrauch des Taurumans statt-
findet, es sei anzunehmen, daß ihre Schutz-
impfung hinter derjenigen der zweimaligen
zurfickstehe.
Eber in Leipzig hat das Ergebnis
seiner in allerjüngster Zeit veröffentlichten
Versuche dahin zusammengefaßt:
1. Daß bei den nach von Behring
schutzgeimpften Tieren eine gewisse
Zeit hindurch eine erhöhte Wider-
standskraft auch gegenüber der
natürlichen Ansteckung besteht;
2. daß dieser Impfschutz in der über-
wiegenden Zahl der Fälle bei fort-
gesetzter oder wiederholter natür-
licher Infektion nicht ausreicht, um
die Impflinge vor den Folgen der
Ansteckung zu bewahren.
Es erscheine daher aussichtslos, mit
Hilfe des Schutzimpfungsverfahrens allein
die Bindertuberkulose in stark verseuchten
Beständen zu tilgen. Auch Eber ist der
Ansicht, daß die aus seinen Versuchen
mit dem von Behringschen Bovovakzin
sich ergebenden Leitsätze auch für die
Schutzimpfung mit Tauruman zutreffend
sind, in Anbetracht der nahen inneren
Verwandtschaft der Bovovakzination und
der Taurumanimpfung.
Versuchsergebnisse wie diejenigen von
Eossignol und Vallee, Hutyra und
Eber, lauter Männern, die sich zuerst
begeistert über die Bedeutung der Tuber-
kuloseschutzimpfung geäußert haben,
müssen sehr ernüchternd wirken. Weitere
Versuche müssen zeigen, ob ein Aus-
bau der Schutzimpfung möglich ist,
entweder durch Verbesserung der Impf-
stoffe, wie dies von Behring, Arloing,
ferner Vallee anstreben, oder durch
eine besondere Art der Einverleibung,
wie sie Calmette und Guerin, femer
Hey maus empfehlen, oder durch perio-
disch (etwa alljährlich) zu wiederholende
Anwendung der Impfstoffe, wie dies
Hutyra zur Erwägung gestellt hat.
Doch hat Hutyra bereits auf ein Be-
denken hingewiesen, das sich der jährlich
wiederholten Injektion lebender mensch-
licher Tuberkelbazillen entgegenstellt,
nämlich auf den Umstand, daß sich künst*
lieh einverleibte menschliche Tuberkel-
bazillen langeZeit, nachLigni^res Unter-
suchungen bei subkutaner Injektion bis zu
zwei Jahren, lebensfähigimKörper erhalten.
Dadurch würde die Verwendbarkeit des
Fleisches der schutzgeimpften Tiere er-
heblich beeinträchtigt werden. Schon
dieser Umstand macht die periodisch zu
wiederholende Schutzimpfung unausführ-
bar. Hierzu kommt aber noch die viel
größere Gefahr, daß die eingeimpften
menschlichen Tuberkelbazillen mit der
Milch ausgeschieden werden können, ohne
daß das Euter — im Gegensatz zur
natürlichen Infektion durch den Erreger
der Rindertuberkulose — auffällige Ver-
änderungen zu zeigen braucht.*) M. H.
Diese eine Gefahr würde jeden Versuch
verbieten, Färsen oder Kühe mit lebenden
menschlichen Tuberkelbazillen zu impfen,
wenn die einmalige oder wiederholte
Impfung der Kälber im Stich läßt.
Die Entscheidung über eine erfolg-
reiche Verwendung der Schutzimpfung
zur Bekämpfung der Tuberkulose ist
hiemach der Zukunft vorbeLalten, und
das Vertrauen auf einen Erfolg der Schutz-
impfung darf uns nicht abhalten, diejenigen
Methoden der Bekämpfung anzuwenden,
mit denen eine Eindämmung und auch
♦) Nach einer Mitteilung von Bongert hat
es sich in einem Bestand, in dem sämtliche
Tiere mit lebenden menschlichen Tuberkelbazillen
schutzgeimpft worden sind, herausgestellt, daß
ein Teil der schutzgeimpften weiblichen Tiere
Tubcrkelbazillen mit der Milch ausschied, ohne
daß sich in dem Euter tuberkulöse Veränderungen
nachweisen ließen (vgl. S. 67 dieses Heftes). Mir
selbst ist in der amerikanischen Versuchsstation
Bcthesda ein ähnlicher Fall gezeigt worden.
Eine IV4 Jahr zuvor mit menschlichen Tuberkel-
bazillen geimpfte Kuh schied monatelang mensch-
liche Tuberkelbazillen aus, ohne daß das Euter
sinnfällige Veränderungen aufwies.
eine Til
maßen erziel
Die Tuberkulosetilgung nach Bang und
nach dem von mir organisierten Verfahren
ist im wesentlichen Sache der einzelnen
Züchter nnd der Zuchtverbände. Das
Bangsche und das von mir empfohlene
Verfahren kann von Staats wegen aber
gewaltig gefördert werden durch die
Einführung der Anzeigepflicht für die
gefährlichen Formen der Tuberkulose,
durch die amtstierärztliche FeststeUung
dieser Formen und durch Gewährung einer
Entschädung ftlr die mit diesen Erankheits-
formen behafteten und zwangsweise zu
schlachtenden Tiere. In Dänemark, Schwe-
den und Norwegen ist diese Maßregel
bereits für die Eutertuberkulose, in Frank-
reich und Finland*) sowie in den Nieder-
landen für alle gefährlichen Formen der
Rindertuberkulose eingeführt, in den
Niederlanden zunächst fakultativ, aber
unter ausgezeichneter Kontrolle einer
bakteriologischen Zentralstelle, nämlich
des Reichsseruminstituts.**) In Deutsch-
land soll die obligatorische Anzeigepflicht
für die gefährlichen Formen der Tuber-
kulose, die amtstierärztliche Feststellung
und die Entschädigung für die zwangsweise
zu schlachtenden Tiere demnächst durch
eine Novelle zom Reichsviehseuchengesetz
geregelt werden.
*) In Frankreich ist unter dem 6. Oktober
1904 die Tötung der mit klinischen Merkmalen
der Tuberkulose behafteten Tiere vorgeschrieben
worden. Ein systematisches Vorgehen gegen die
klinisch erkennbaren Formen der Tuberkulose
unter Kontrolle eines Zentralinstituts scheint aber
in Frankreich noch nicht organisiert zu sein. In
Finland wurde durch Zusatzbestimmungen zu
einer Verordnung am 15.— 28. Januar 1904 an-
geordnet, daß Rinder mit allgemeiner und mit
Eutertuberkulose sofort getötet und die mit
anderen Formen der Tuberkulose behafteten
Kinder mit einem dauernden Kennzeichen ver-
sehen werden.
**) In den Niederlanden sind nach den An-
gaben von Po eis, der das Tuberkulosetilgungs-
verfahren in den Niederlanden leitet, seit £in-
fflhrung des Verfahrens am 1. Januar 1905
Das sind Marksteine in der Tuberkulose-
bekämpfung. Der Deutsche Milchwirt-
schaftliche Verein hat das Verdienst, durch
die sachgemäßen Beschlüsse, die er in der
Februartagung des Jahres 1900 gefaßt
hat, in Deutschland das staatliche Vorgehen
gegen die gefährlichen Foimen der Tuber-
kulose mit in die Wege geleitet zu haben.
Möge es dem Milchwirtschaftlichen Welt-
verbande gelingen, das private und
staatliche Vorgehen gegen die Tuber-
kulose auf erfolgversprechender Grundlage
in allen Kulturstaaten tatkräftigst anzu-
regen zur Hebung der Milchwirtschaft, die
in vielen Kulturstaaten den größten Teil
des ländlichen Reichtums ausmacht, und in
gleicher Weise zur Förderung des kostbar-
sten Gutes, der menschlichen Gesundheit!
Zur Frage der praktischen DurchfDbrung
der Milchkontroile.
Von
Tierarzt HaiM Mestner-Karlsbad,
Sohlaohthofdirektor.
Von Jahr zu Jahr wächst die Zahl
derjenigen Städte, die eine geregelte
Milchkontrolle einführen, und es ist ein
ehrendes Zeugnis für unseren Stand, daß
in den weitaus meisten Fällen, sowohl
in Deutschland wie auch in Osterreich,
Tierärzte mit der Leitung dieser Kontrolle
betraut werden. Daß diese Tatsache die
Kreise der Chemiker nicht gleichgültig
ließ, ist begreiflich. Die ganze Angelegen-
heit ist jedoch erst in der Entwicklung
17 142 tuberkulöse verdächtige Rinder von den
Besitzern dem Staat zur Abnahme und Tötung
angeboten worden. Hiervon wurden auf Grund
der amtstierärztlichen Untersuchung 9200 Tiere
als tuberkulös oder tuberkuloseverdächtig be-
zeichnet und geschlachtet Die Schlachtung
dieser Tiere ergab, daß SlProz. tuberkulös und
hiervon wieder 98 Proz. mit offener Lungentuber-
kulose behaftet waren, eine glänzende Be-
stätigung, daß die offene Tuberkulose durch
kliüische Untersuchung festgestellt werden kann
und zwar mit größerer Sicherheit, als andere der
veterinärpolizeilichen Bekämpfung bereits unter-
liegende Seuchen, wie die Lungenseuche und
der Kotz.
— 51 —
begriffen und, wenn die Chemiker im
Laufe des weiteren Ausbaues der Milch-
kontrolle sehen werden, daß es uns Tier-
ärzten fern liegt, die rein chemischen
Seiten der Milchuntersuchung für
uns in Anspruch zu nehmen, so wird
sich die Harmonie wieder herstellen. Eins
jedoch können wir Tierärzte nicht mehr aus
der Hand geben, und das ist die Fährung
in der Milchkontrolle, in seinem wesent-
lichen und wichtigsten Teil. Diese Kon-
trolle ist, in ihrer jetzigen Ausgestaltung,
ein rein tierärztliches Werk, an dem viele
Kollegen mit Ausdauer und Anspannung
aller ihrer Kräfte gearbeitet haben, und
somit haben sich die Tierärzte nicht nur
das Recht erworben, die Leitung dieser
Kontrolle stets in ihrer Hand zu sehen,
sondern sie haben dem ganzen Stande
gegenüber auch die Pflicht, dieses neue,
durch eigene Kraft geschaffene Arbeits-
feld zu erhalten und zu bebauen. Daß
es in den meisten Fällen Schlacht-
haustierärzte waren, die an der Milch-
kontrolle am eifrigsten arbeiteten, ist leicht
begreiflich, da sie den Gremeindever-
waltungen am nächsten standen und ihre
in der Fleischbeschau betätigte Organi-
sation vermuten ließ, daß sie auch das
brach damiederliegende Feld der sanitäts-
polizeilichen Milchkontrolle entwickeln
werden. Die Tierärzte haben mit der
vom Schlachthof mitgebrachten Ausdauer
und Gründlichkeit die Arbeit begonnen
und, man kann wohl sagen, bisher
auch glücklich gefährt. Während man
früher die Milchkontrolle nur von der
chemischen Seite aus in Angriff nahm,
begannen die Tierärzte, unter Wahrung
des Wertes der chemischen Untersuchung,
von der hygienischen Seite aus ihre
Arbeit, und darin liegt der Wert ihres
Erfolges.
Wie beim Beginnen jeder Arbeit mußte
man sich auch bei der Milchkontrolle
fragen, was soll sanitätspolizeilich erreicht
werden, welche gerechtfertigten Wünsche
des Publikums sind zu berücksichtigen und
nachTunlichkeit der Erfäilung zuzuführen?
Hierbei zeigte es sich; daß das Heer der
Milchkonsumenten sich in zwei Teile zer-
legen ließ, wovon der eine, weitaus größere,
lediglich eine wohlschmeckende, frische,^
unverfälschte und möglichst fettreiche
Milch anstrebte, während der andere,
kleinere und aufgeklärtere Teil außerdem
noch das Verlangen stellte, daß die
Milch auch beim Genüsse im rohen Zu-
stande in keiner Weise die menschliche
Gesundheit gefährde. Bei reiflicher Er-
wägung der ganzen Sachlage wird man
leicht einsehen, daß es richtig ist,
vorerst bei der Einführung einer Milch-
kontrolle die Wünsche der ersten größeren
Gruppe in Erfüllung zu bringen, wodurch
auch gleichzeitig die Vorarbeiten für die
Durchführung der weitergehenden Forde-
rungen von Gruppe zwei in Angriff ge-
nommen werden können.
Will man in einer Stadt mit der Ein-
führung einer rationellen Milchkontrolle
beginnen, so ist es vor allem notwendig,
sich über die Art, wie selbe mit Milch
versorgt wird, genau zu informieren. Zu
diesem Zwecke ist zu erheben, ob im
Orte selbst Milchproduzenten sind, wie
selbe ihre Milchgewinnung eingerichtet
haben und den Verkauf besorgen; femer
ob Milch aus anderen Orten eingeführt
wird, in welchen Mengen dies geschieht,
auf welchen Straßen und in welcher Weise
diese Einfuhr erfolgt und die Abgabe an
die Konsumenten durchgeführt wird. Hat
man sich auf diese Weise ein Bild der
Milchversorgung entworfen, so schreitet
man dazu, sich über die Qualität der
Milch zu orientieren. Dies wird erreicht,
indem man zahlreiche Probenentnahmen,
wenn tunlichst in den Ställen, selbst vor-
nimmt oder in der Umgebung von verläß-
lichen Personen vornehmen läßt. Die Zu-
sammenstellung der Untersuchungsresultate
dieser Proben ist ein wertvolles Grund-
material für die Anforderungen, die an
die Handelsmilch dieser Gegend, ohne
dem Produzenten und Händler Unrecht
— 52 —
zu tun, gestellt werden können. Ist dies
geschehen, so geht man daran, eine Vor-
schrift für den Verkehr mit Milch auszu-
arbeiten. Muster derartiger Vorschriften
sind heutzutage in großer Anzahl vor-
handen; doch ist es stets notwendig, die
örtlichen Verhältnisse hierbei weitgehendst
zu berücksichtigen. Unumgänglich not-
wendig sind hierbei folgende Anordnungen:
1. Entsprechende feste, nicht abnehm-
bare Bezeichnung der Milchgefäße be-
zuglich ihres Inhalts.
2. Meldezwang ftkr Milchhändler unter
Angabe ihrer Bezugsquellen.
3. Festlegung eines Minimalfettgehaltes
der Vollmilch.
4. Vorschriften über die Beschaffenheit
der Gefäße, der Transportwagen und der
Verkaufslokale, sowie der Art des Straßen-
yerkaufs.
Sehr zweckmäßig ist femer, wo es
durchfuhrbar ist, die Bezeichnung jener
Stellen an den Stadtgrenzen, an denen die
Einftihr der Milch von auswärts zu erfolgen
hat. Die Durchführung der Kontrolle
wird hierdurch wesentlich erleichtert.
Ist diese Vorschrift fertiggestellt und ge-
nehmigt, 80 erübrigt noch die eigentliche
Organisation des Eontrolldienstes. Der-
selbe gliedert sich in drei verschiedene
Abschnitte, nämlich:
1. Die Untersuchung der Milch auf
der Straße oder in den Geschäftslokalen
und Produktionsstätten, verbunden mit
Probenabnahme (Außendienst).
2. Die Voruntersuchung der ab-
genommenen Proben oder der im Außen-
dienst beanstandeten Milch im Labora-
torium des Tierarztes.
3. Die eingehende Untersuchung von
Milch je nach dem angestrebten Zwecke
durch den Tierarzt oder den Chemiker,
wobei als Bichtschnur zu gelten hat, daß
Untersuchungen bezüglich der che-
mischen Zusammensetzung, Wasser-
zusatz, Abrahmung, Zusatz von
Konservierungsmitteln usw. stets
dem Chemiker, Untersuchungen be-
treffs der Beurteilung der Milch
bezüglich aller krankhaften Ver-
änderungen, sowie die bakteriolo-
gische Prüfung stets dem Tierarzte
zu überlassen sind.
Es dürfte autfallen, daß ich eine Vor-
untersuchung nicht nur auf der Straße
oder in den Geschäften, sondern auch im
Laboratorium des Tierarztes empfehle
und ich halte es daher für notwendig,
dies näher zu begründen. Die Milch-
kontrolle kann nicht, wie es bei der
Fleischbeschau der Fall ist, sich auf die
gesamte Milchmenge erstrecken, sondern
muß sich mit Proben behelfen. Der Grund
hierfür liegt, wie jedermann einsehen
wird, einerseits in dem Bedürfnis der
raschen Approvisionierung mit diesem
Nahrungsmittel sowie in der leichten Ver-
derblichkeit desselben, andererseits in dem
Umstände, daß eine verläßliche Unter-
suchung längere Zeit in Anspruch nimmt.
Die Kontrolle wird daher um so besser
sein, je mehr Proben zu untersuchen man
imstande ist. Nun wird jeder, der sich
mit der Durchführung einer solchen
Kontrolle eingehend beschäftigt, sehr
bald zu der Überzeugung gelangen, daß
eine ledigliche Abnahme der Proben und
Abgabe an den Chemiker zwecks Unter-
suchung nicht zu dem gewünschten Ziele
führen kann, da derartige Untersuchungen
längere Zeit in Anspruch nehmen und,
was bei einer zahlreichen Probeabnahme
nicht übersehen werden darf, verhältnis-
mäßig große Mengen von Milch abzu-
nehmen erfordert. Gerade auf diesen
letzteren Umstand möchte ich ganz be-
sonders hinweisen. Zur Untersuchung
durch den Chemiker ist die Überbringung
gewöhnlich von 1 1 Milch notwendig.
Zieht man nun in Beti acht, daß, um einen
Überblick über die Beschaffenheit der
Milch eines einzigen Händlers zu erhalten,
mindestens zwei, meist jedoch vier und
noch mehr Proben notwendig sind, so
wird man einsehen, daß die Abnahme
von 2—4 1 Milch bei einem Händler in
— 53 —
kürzeren Zwischenräumen, wenn nicht
Bezahlung der Proben stattfindet, bald
zu unangenehmen Erörterungen fuhren
muß. Eine Bezahlung der Proben jedoch
bedingt bei diesen Mengen Auslagen,
die schon in einer mittelgroßen Stadt zu
ganz ansehnlichen Summen anwachsen
und oft die ganze Aktion in Frage stellen.
Ich fasse daher die Aufgabe des Tier-
arztes in der Milchkontrolle auch dahin
auf, daß ihm, abgesehen von der rein
tierärztlichen Eontrolle, auch die Arbeit
zufällt, eine möglichst eingehende Unter-
suchung der Milch nach allen Richtungen
vorzunehmen, um auf diese Weise sich
ein Bild über die Beschaffenheit der
Milch der einzelnen Händler zu bilden
und hierdurch leichter imstande zu
sein, eine entsprechende Auswahl der
dem Chemiker zuzuweisenden Proben zu
treffen. Es soll hierdurch keineswegs
eine Einschränkung der chemischen
Arbeit oder gar eine Bevormundung des
Chemikers Platz greifen, sondern haupt-
sächlich vermieden werden, daß derselbe
seine zeitraubende und mühevolle Arbeit
bei solchen Milchen nutzlos verschwende,
die schon nach der Voruntei-suchung ver-
muten lasseu, daß auch eine eingehende
chemische Analyse keine Beanstandung
ergeben werde. Ist nun schon die Ab-
gabe sämtlicher Proben in Orten, an
denen sich ein chemisches Laboratorium
befindet, nicht anzuraten, so kommt ein
derartiges Vorgehen noch weniger in
solchen Städten in Betracht, in denen ein
solches Institut mangelt. Hier würde
sich die Kontrolle durch die täglichen
Auslagen für Postporto und Packmaterial
noch ganz wesentlich verteuern. Ein
Händler, der seine Milch wässert, tut
dies gewöhnlich nicht einmal, sondern,
wie ich mich im Laufe der Jahre über-
zeugt habe, täglich. Es ist nun gewiß
rationeller, die früh abgenommenen Proben
im Laufe des Tages vom Tierarzt unter-
suchen zu lassen und wenn hierbei ein
Verdacht auf Wässerung sich zeigt, so-
fort am andern Tage von dem betreffenden
Händler ordnungsmäßig eine entsprechende
Anzahl von Proben dem Chemiker zu
übermitteln, der in mehr als 90 Proz.
den Befund des Vortages bestätigen wird,
als wahllos alle Proben ohne Auswahl
gleich dem Chemiker zuzusenden.
Es handelt sich itir den Tierarzt daher
darum, einen derartigen Untersuchungs-
] gang zu wählen, der ihn in den
Stand setzt, mit einer verhältnismäßig
geringen Menge einer Milchprobe, gegen
deren Abnahme sich auch der ärmste
Händler nicht sträubt, die also ohne Ent-
gelt zu haben ist, ein möglichst sicheres
üntersuchungsresultat zu gewinnen. Die
Erreichung dieses Zieles hatte ich
vor Augen, als ich in Karlsbad die Ein-
führung der Milchkontrolle übernahm.
Um sich ein Urteil über die Beschaffen-
heit einer Milch bilden za können, ist
die Ermittlung folgender Eigenschaften
derselben notwendig:
1. spez. Gewicht der Milch bei
150 C,
2. Fettgehalt,
3. Trockensubstanz,
4. fettfreie Trockensubstanz,
5. spez. Gewicht der Trockensub-
stanz bzw. Fettgehalt der Trocken-
substanz,
6. spez. Gewicht des Müchserums,
7. eventuell der qualitative Nach-
weis der Salpetersäure.
Die Bestimmung des spez. Gewichtes
mittelst des großen Laktodensimeters
erfordert zirka 500 ccm, kam also nicht
in Betracht. Auch die Mohr-West-
phalsche Wage benötigt noch 100 ccm,
und so blieb nur das Pyknometer übrig.
Wiederholte vergleichende Gewichtsab-
nahmen mittelst aller drei Methoden
überzeugten mich, daß bei genauerem
Arbeiten die erhaltenen Zahlen nur ge-
ring in der vierten Dezimalstelle vari-
ierten, trotzdem ich nur kleine Pykno-
meter zu 5 oder höchstens 10 ccm ver-
wendete. Ich entschied mich daher für
- 54 -
letztere. Die gleichmäßige Erwärmung
der Milch im Winter und Abkühlung im
Sommer auf stets 15o C ist natürlich für
ein sicheres Resultat Bedingung, sowie
iür rasches Arbeiten eine größere Anzahl
vorher trocken und mit destilliertem
Wasser von 15° C ausgewogener Pykno-
meter unbedingt notwendig ist.
Die Fettbestimmung erfolgt nach der
Gerb ersehen Methode, die, wenn exakt
ausgeführt, ganz vorzügliche Resultate
liefert und nur 11 ccm Milch erfordert.
Hat man Fett und spez. Gewicht auf
.diese Weise ordentlich bestimmt, so ge-
nügt es für die Voruntersuchung, die
Trockensubstanz nach der Fleischmann-
schen Formel zu berechnen oder aus
entsprechenden Tabellen, die man sich
für schnelles Arbeiten ein für allemal
anlegt, abzulesen. Subtrahiert man den
Fettgehalt von der Trockensubstanz, so
erhält man die fettfreie Trockensubstanz.
Das spez. Gewicht der letzteren, sowie
den prozentualen Fettgehalt kann man
gleichfalls nach Formeln sicher be-
rechnen.
Das Milchserum stellt man sich, wenn
man nicht Zeit hat, das freiwillige Gerinnen
abzuwarten, durch Beifügen einer ge-
ringen Menge von Essigsäure und Er-
wärmung der Milch bis 40^ C und nach-
heriges Filtrieren her. Das spez. Gewicht
wird wie bei der Milch nach Abkühlung
auf 15^ C mit dem Pyknometer bestimmt.
Was endlich den qualitativen Nachweis
der Salpetersäure anbelangt, so erfordert
selbiger nicht mehr als 5 ccm. Mit dieser
Menge ist nach der von Möslinger an-
gegebenen Methode, wie ich mich zu
wiederholten Malen überzeugen konnte,
der Nachweis auch ganz geringer Mengen
von Salpetersäure leicht zu fuhren. Ich
möchte jedoch darauf hinweisen, daß man
auf diesen Untersuchungspunkt gänzlich
verzichten kann. Das Fehlen der Salpeter-
säure ist bekanntlich kein Beweis für die
NichtWässerung und der Nachweis kein
sicherer Beweis für die Wässerung, wenn
nicht alle anderen Zahlen dafür sprechen.
Ich habe wiederholt Milch untersucht, die
ganz gewiß nicht gewässert war und die
durch einen Rest von nitrathaltigem Spül-
wasser stark auf Salpetersäure reagierte.
Berechnet man nun die zu einer solchen
ganzen Voruntersuchung notwendige Milch,
so ergibt sich:
11 ccm für Fettbestimmung,
5 ccm für Salpetersäurenachweis,
35 ccm für Serumgewinnung,
10 ccm für Nachweis von Kon-
servierungsmitteln.
Im ganzen ca. 60 ccm Milch, da das
zur spez. Gewichtsbestimmung derselben
verwendete Quantum nicht zu zählen ist,
da es wieder verwendet werden kann.
Eine Menge von 60—70 ccm Milch aber
läßt sich jeder Händler, auch wenn 4 und
6 oder noch mehr derartige Proben auf
einmal entnommen werden, ohneBezahlung
zu verlangen, abnehmen.
Mit dieser Art der Untersuchung läßt
sich in leichter Weise auch eine Kontrolle
des Schmutzgehaltes der Milch ver-
binden. Wenn man nämlich die einge-
lieferten Probenflaschen 1—2 Stunden
ruhig auf ebenem Tische stehen läßt, so
kann man bei vorsichtigem Hochheben
der Flasche und Besichtigen der Boden-
fläche von unten den zu Boden ge-
sunkenen Milchschmutz deutlich sehen.
Selbstverständlich müssen die Flaschen
von farblosem Glase und mit ebenemBoden
versehen sein. Den Kampf gegen den
Milchsehmutz führe ich in der Weise, daß
ich anfangs die Händler, deren Milch mit
freiem Auge wahrnehmbaren Schmutz auf-
weist, und deren findet man mehr als ge-
nug, verwarne und sie mit dem Filtrieren
der Milch durch Watte bekannt mache.
Fruchtet dies nichts, so erfolgt die An-
zeige zur Bestrafung. Durch dieses Vor-
gehen war ich imstande, den Schmutz-
gebalt der Milch, wenn auch langsam, aber
wesentlich zu verringern.
Was nun den sogenannten Außen-
dienst bei der Milchkontrolle anbelangt.
65 —
so können hierfür intelligente Polizei-
organe Verwendung finden, und es er-
streckt sich derselbe in erster Linie auf die
Evidenzhaltung der Händler, die Beauf-
sichtigung der Einhaltung der Vorschrif-
ten über Beinlichkeit der Lokale,
Gefäße, Bezeichnung derselben usw.,
ferner auf die einwandfreie Probe-
abnahme, auf die selbstverständlich das
größte Gewicht zu legen ist, sowie die
Untersuchung der Milch mittelst Lakto-
densimeter. Andere Untersuchungsme-
thoden habe ich ausgeschlossen, da sich
in der Praxis deren Undurchfährbarkeit
und geringe Verläßlichkeit herausgestellt
hat. Das Kontrollorgan hat eine vor-
läufige Beschlagnahme der Milch nur bei
auffallend erniedrigtem spezifischen Ge-
wichte sowie auffallender Verschmutzung
vorzunehmen, oder wenn die Milch dem
Aussehen, Geruch oder Geschmack nach
deutlich vom normalen Zustande abweicht.
Endlich hat das Eonti'oUorgan auch sein
Augenmerk auf die mit der Milch han-
tierenden Personen in der Richtung zu
wenden, ob selbe etwa mit Hautaus-
schlägen oder ansteckenden Krank-
heiten behaftet sind, oder den Verdacht
von vorgeschrittener Lungentuber-
kulose erwecken. Diesbezflglich gemachte
Beobachtungen sind, ohne die Parteien
darauf aufmerksam zu machen, zu melden
und werden dem Arzte zur Begut-
achtung mitgeteilt.
Mit einer Kontrolle, wie sie bisher geschil-
dert wurde, wird man allmählich imstande
sein, die Wünsche der eingangs erwähnten
ersten und größeren Gruppe der Milch-
konsumenten in Erfüllung zu bringen.
Man erreicht aber hierdurch weiteres noch,
daß man die Aufmerksamkeit des Publi-
kums in erhöhtem Maße auf die Vorteile
einer guten Milchkontrolle hinlenkt. Unter-
stützt wird diese Arbeit durch Ver-
öffentlichung der Beanstandungen sowie
der Ergebnisse der Untersuchung über-
haupt, namentlich der gefundenen Fett-
g^alte. Gelingt es dann, in immer
weiteren Kreisen das Interesse für eine
möglichst einwandfreie Milchversorgung
wachzurafen, so wird sich die Zahl der-
jenigen Milchkonsumenten, die ich eingangs
unter der Bezeichnung Gruppe n zu-
sammenfaßte, stetig mehren und die Stadt-
verwaltungen sowohl wie auch ganz be-
sonders die Regierung werden sich dem
Rufe nach einer gleichmäßigen allgemeinen
Kontrolle der Milch nicht mehr tatenlos
gegenüber verhalten können. Es ist so-
dann die Zeit gekommen, in der man
dazu übergehen wird, die Produktions-
stätten von Milch auch auf dem
Lande mit in die Kontrolle einzube-
ziehen. Die regelmäßige tierärztliche
Überwachung aller Milchkühe ist heutzu-
tage keine Unmöglichkeit mehr. Diese
Forderung ist bei einigermaßen gutem
Willen der Regierung durchfahrbar.
Es ist Pflicht der tierärztlichen Hoch-
schulen, jetzt schon dafür zu sorgen,
daß der angehende Tierarzt auch
nach dieser Spezialrichtung hin voll-
ständig, theoretisch sowohl wie auch
namentlich praktisch, unterrichtet werde.
Die Aufnahme der Milchkunde, d. i. der
Lehre von der Untersuchung und Be-
urteilung der Milch sowie der Milchtiere
usw., unter die Lehr- und Prüfungs-
gegenstände an unseren Hochschulen,
ist demnach schon jetzt dringend geboten.
In welcher Art und Weise die Be-
aufsichtigung des gesamten Milchtierbe-
standes zu organisieren wäre, kann der-
zeit noch nicht mit Bestimmtheit gesagt
werden, da diesbezügliche Erfahrungen
fast voUständig mangeln. Außerordentlich
naheliegend ist jedoch der Gedanke, diese
Kontrolle mit dem Ostertagschen
Tuberkulosebekämpfungsverfahren
zu verbinden. In beiden Fällen spielt
die Ermittlung der tuberkulösen Tiere
oder der mit offener Tuberkulose be-
hafteten und namentlich der an Tuber-
kulose des Euters leidenden Tiere eine
Hauptrolle. Hierbei ist es leicht, auch
auf die für die Milchkontrolle wichtigen,
— 56 —
sonstigen Erkrankungen der Tiere über-
haupt sowie besonders des Euters gleich-
zeitig zu achten. DieVerbindung der beiden
Maßregeln hätte aber auch noch den
Vorteil, daß der Landwirt, der in der
Milchkontrolle allein stets eine ihm un-
bequeme Sache erblickt, derselben eine
freundlichere Aufnahme bereiten dürfte,
wenn sie in Begleitung der Tuberkulose-
bekämpfung, mit staatlichem Ersatz der
ausgeschiedenen Tiere, erscheinen würde.
Wenn nun auf solche Weise der Kampf
gegen all die Gefahren wirksam aufge-
nommen wäre, die dem Menschen durch
die Milch kranker Tiere drohen, so
bliebe nur noch übrig, Vorkehrungen zu
treffen, um jene Gefahren abzuwehren,
die dem Menschen durch den Men-
schen auf dem Umwege der Milch
drohen. Mit anderen Worten, es gilt wirk-
sam zu verhindern, daß menschliche Infek-
tionskrankheiten durch die Milch ver-
schleppt werden. Von diesen Krankheiten
kommt neben Cholera, Scharlach, Diphtherie
am meisten der Typhus abdominalis in
Betracht. Die zahlreichen veröflFentlichten
Fälle nachgewiesener Verschleppung von
Typhus durch Milch machen ein Einbe-
ziehen von Maßregeln dagegen unumgäng-
lich notwendig. Es ist m. E. angezeigt,
bei dem Auftreten von Tjrphusf&Uen, bei
denen die Infektionsursache nicht klar
liegt und in denen namentlich eine Infektion
durch das Wasser nicht leicht angenommen
werden kann, stets ein Hauptaugenmerk
der Milch zuzuwenden. Nur genügt es
nicht immer, die Nachforschungen auf
den unmittelbaren Lieferanten der Milch
allein zu beschränken, sondern sie sind
auf alle Bezugsquellen von Milch, die nur
einigermaßen in Betracht kommen, aus-
zudehnen, da der Herd oft in einem
entlegenen Dorfe liegen kann. Auch wäre
bei den Erhebungen zu berücksichtigen,
daß sich die einzelnen Händler häufig
gegenseitig mit Milch im Geschäfte aus-
helfen, wodurch Irreführungen bei der
Erhebung der Provenienz der Milch leicht
unterlaufen. Wo die Gefahr derartiger
Seuchenverschleppungen öfters zu erwarten
ist, empfiehlt es sich, vorbauend zu wirken.
Dies wird hauptsächlich dadurch erreicht
daß eine strenge Anzeigepflicht für
alle derartigen Krankheiten, auch
auf dem flachen Lande, eingeführt
und genau überwacht wird. Die
Anzeigen sind so rasch als tunlich dem
Leiter der Milchkontrolle mitzuteilen, der
aus seinen regelmäßigen Aufzeichnungen
über die Herkunft der Milch leicht ent-
nehmen kann, ob der angezeigte Fall
bezüglich einer Verschleppung gefahrlich
werden dürfte, und sonach die ent-
sprechenden Maßregeln in Vorschlag zu
bringen hätte.
Es ist einleuchtend, daß eine derartig
nach allen Richtungen gut geregelte Milch-
kontrolle sich nicht förmlich über Nacht
in einer Stadt einführen läßt. Namentlich
was den hygienischen Teil derselben, und
diesen erachte ich für den weitaus wich-
tigeren, anbelangt, so ist es klar, daß
man hierin nur langsam, gleichsam
etappenweise arbeitend, etwas erreichen
wird. Ich betrachte es schon als großen
Fortschritt, daß man heutzutage eine
derartige Kontrolle nicht mehr, wie es
früher geschah, als Utopie bezeichnen kann,
daß sie bei gleichmäßiger Unterstützung
der Staats- und Komunalbehörden ganz
wohl erreichbar ist, und daß sich die
Erkenntnis in immer größeren Kreisen
des Publikums Bahn bricht, daß eine ein-
greifende großzügige Refoim auf diesem
Gebiete endlich Platz greifen muß.
Handelt es sich doch um ein tägliches
Lebensmittel fiir beinahe alle Menschen,
um ein wichtiges diätetisches Mittel für
Bekonvaleszente und Kranke, und, das sei
zum Schlüsse ganz besonders betont und
hervorgehoben, um das unentbehrlichste
Nahrungsmittel für unsere Kinder. Solch
ein Nahrungsmittel zu sanieren, ist
doch großer Anstrengung wert, und ein
rühmliches Blatt in der Geschichte des
tierärztlichen Standes soll es sein, auf
— 57 —
dem seine tatkräftigste Mitwirkung an
diesem großen Werke einst verzeichnet
wird.
Gehen Rotlaufbazilten durch das normale
Euter geimpfter Rinder in die Miich Ober?
Von
Dr. Oswald Sohrsiber und Kurt Neanam
Direktor ÄBsiatent
am bakt«rIologlsehen Instiliit der Beram-OeselUcbaft m. b. H.
Landabere a. W.
Die Frage, ob Botlaufbazillen in die
Milch übergehen, hat neben dem theore-
tischen für den hiesigen Ort ein prak-
tisches Interesse, weil das Landsberger
Rotlaufserum teilweise von Rindern ge-
wonnen wird, deren Milch dem Verkehr
übergeben wird.
Es ist ja bekannt, daß eine Anzahl
Contagia durch die Milch ausgeschieden
wird, so der Bacillus tuberculosis bei
Eutertuberkulose und tuberkulöser Allge-
meininfektion (Koch, Bang, Nocard,
Johne, Bollinger, Mc.Fadyean, zitiert
nach Bievel, Handbuch der Milchkunde
1907). Auch das Eontagium der Maul-
und Klauenseuche geht in die Milch des
infizierten Tieres über. Chamberland,
Moussons, Nocard, Boux, Feser,
Bollinger und Boschetti (1. c.) wiesen
das Vorkommen der Milzbrandbazillen in
der Milch der erkrankten Tiere nach;
nach Jensens und Mowatkows Unter-
suchungen soll dies indessen nur der
Fall sein, wenn Hämorrhagien in der
Mamma vorkommen. Pasteur, Nocard,
Ronx konnten durch Verimpfen der
Milch Tollwut übertragen (1. c.) Auch
für das Kontagium der Lungenseuche ist
die Möglichkeit des Überganges in die
Milch anzunehmen. Femer wiesen Kitt,
Bang, Heß, Guillebeau, Mollerau
u. a. (1. c.) die infektiöse Natur bei
Mastitiden nach. Es kamen hierbei in
Betracht: 1. Bacillus phlegmasiae uberis;
2. Staphylokokken; 3. Streptokokken;
4. Galaktokokken; 5. Saprophyten (Bacillus
mesentericus vulgaris). Es ist femer
bekannt, daß sich in der Milch gesunder
Frauen Staphylokokken und Streptokokken
vorfinden können.
Bei Rindern mit septischen Darmleiden
gehen Kolibakterien leicht in die Milch
über, die nun für Menschen pathogen
sein kann. Nach Metritiden sind
Staphylo-, Streptokokken, Kolibazillen,
Fäulniserreger in der Milch gefunden
worden (Rievel 1. c. S. 125).
Foth gibt in einem Sammelreferate
(B. T. W. 1907, Nr. 36, S. 647) an, daß
Tuberkelbazillen, femer das Kontagium
der Maul- und Klauenseuche, der Lyssa
und die Erreger septikämischer und
pyämischer Erkrankungen in die Milch
übergehen.
Über den Übergang der Rotlauf bazillen
in die Milch der infizierten Tiere fanden
wir in der uns zu Gebote stehenden Li-
teratur keine Angaben. In der Generalver-
sammlung preußischer Schlachthoftierärzte
1907 (B.T.W. 1907, Nr. 26, S. 508) beant-
wortete Ostertag eine Anfrage, ob die Rot-
laufbazillen in die Milch übergehen können,
im bejahenden Sinne, betonte aber, daß sie
nicht auf den Menschen übergingen, wobei
er nur die Fälle gemeint haben kann, wo
Rotlaufbazillen in den Intestiualtraktus des
Menschen bei völlig intakter Schleimhaut
kommen. Auf jeden Fall bleibt hierbei
zu bedenken, daß eine Infektion des
Menschen durchRotlaufbazillen des öfteren
in letzter Zeit berichtet worden ist.
Damm halten wir es für möglich, daß,
wenn sich Rotlaufbazillen in der Milch
überhaupt vorfinden, auch eine Infektion
des Menschen (z. B. bei Wunden an den
Lippen und in der Mund- und Rachenhöhle)
eintreten kann. Man bedenke hierbei
ferner, daß sich die Virulenz der Rotlauf-
bazillen, wie sie aus den gefallenen Tieren
gezüchtet werden, erheblich in letzter
Zeit gesteigert hat. Es ist mit Sicherheit
anzunehmen, daß der Bacillus rhu-
siopathiae suis, wenn Hämorrhagien in der
Mamma bestehen, bei intravenös infizierten
Rindern durch die Milch ausgeschieden
werden kann, auch ist ein gleiches für den
- 58 -
Fall der Schädig^img des Euters durch
andere pathologische Prozesse (Tuber-
kulose) anzunehmen. Uns beschäftigt hier
jedoch nur die Frage, ob durch das normale
Euter Rotlaufbazillen hindurchgehen.
Schon 1906 konnte der eine von uns
in der Sammelmiich mitRotlauf immunisier-
ter Rinder, deren Immunisierung ver-
schieden weit fortgeschritten war, Rotlauf-
bazillen niemals nachweisen. Die
Impfversuche wurden vierzehn Tage
hintereinander morgens und abends mit
Voll- und Magermilch an grauen Mäusen
(0,5 ccm subkutan) ausgeführt. Bei den
ersten Versuchen starben die geimpften
Mäuse an einer Streptokokkenseptikämie.
Es zeigte sich nun bei genauerer Unter-
suchung der Euter des Rinderbestandes,
daß sich ein Rind darunter befand, das
an einer Mastitis litt; nachdem die Milch
dieses Tieres ausgeschaltet war, blieben
die Mäuse bei den Impfversuchen am
Leben. Wenn sich Rotlauf bazillen in der
Milch gefunden hätten, hätten die Mäuse
bei ihrer großen Empfänglichkeit fttr Rot-
lauf — Vioo ccm tötet in der Regel, subkutan
injiziert, eine Maus von 15 g in 1''4 bis
3 Tagen — sterben müssen. Nach diesen
Versuchen untersuchten wir die Milch
eines Rindes während der ersten vier
Wochen seiner Immunisierungsperiode.
Es wurde aus dem Bestände ein junges,
frischmilchendes Rind mit intaktem Euter
ausgewählt, und dieses nach folgendem
Schema mit zweitägigen Rotlaufbouillon-
kulturen immunisiert:
18. VI. 07 100,0 cm intravenös
25. VI. 07 200,0 r,
3. VII. 07 300,0 „
10. VII. 07 400,0 „
17. VII. 07 500,0 „
usw.
Wir brachen die Untersuchung am
18. Juli ab, da wir von der Erwägung
aasgingen, daß mit der immer stärker
werdenden Bakterizidie des Serums bei
hoch immunen Tieren die Möglichkeit,
Rotlaufbazillen in der Milch nachzuweisen,
stets geringer wurde. Die Milch wurde
dem Tiere morgens und abends ent-
nommen; nach Säuberung des Euters mit
3 Prozent. Borlösung wurden die ersten
Strahlen vorbeigemolken und dann die
nächste Milch in einem sterilen Eölbchen
aufgefangen, ein Teil derselben wurde in
sterile Zentrifugenröhrchen abpipettiert
und diese 20 Minuten zentrifugiert bei
ca. 2000 Umdrehungen in der Minute.
Dann wurde die Milch bis auf einen
kleinen Rest abgegossen und dieser mit
dem Bodensatze aufgeschwemmt. Dieses
Gemisch wurde an graue Mäuse verimpft
und auf Agarkulturen ausgestrichen. Vom
18. Juni ab bis zum 18. Juli wurden ins-
gesamt 32 mal Proben der Morgen- oder
Abendmilch oder der Morgen- und Abend-
milch in dieser Weise geprüft. Hierbei
ist es uns nicht gelungen, in der Milch
des zur Rotlaufimmunisierung benätzten
Rindes Rotlaufbakterien nachzuweisen.
Wir schließen daraus, daß der Bacillus
rhusiopathiae suis das normale Euter nicht
passiert. Durch Tierversuch und auf Agar
wurden sehr häufig Monokokken, Diplo-
kokken, Streptokokken, Staphylokokken,
koliähnliche Bakterien, plumpe Stäbchen,
vereinzelt auch bipolare und milzbrand-
bazillenähnliche Stäbchen in den Milch-
proben nachgewiesen. Diese durch den
Tierversuch und auf Agar erhaltenen
Bakterien mußten aus dem Strichkanal
stammen oder beim Melkakte in die Milch
übergegangen sein.
Kochprobe bei Gelbsucht der Schweine.
Von
Dr. KIppel-Leipzig,
Amtttlerarzt.
Seit nunmehr Jahresfrist prüfe ich
bei jedem wegen Gelbsucht beanstandeten
Schweine die Beschaffenheit des Fleisches
durch eine Eochprobe und bin zu dem
Resultate gekommen, daß mit wenig Aus-
nahmen das Fleisch, insbesondere
auch von den nur im geringen Grade
mit Gelbsucht behaftetenSchweinen^
mit einem mehr oder weniger stark
ausgeprägten Geruch nach Dünger
— 59 —
oder Jauche behaftet ist, der in zahl-
reichen Fällen direkt als widerlich be-,
zeichnet werden maß.
Am deutlichsten macht sich diese Ab-
weichung am gekochten Fleische wahr-
nehmbar. Jedoch ist für den mit normalem
Geruchssinn ausgestatteten Beschauer
diese Beschaffenheit des Fleisches auch
schon im frischen Zustande festzustellen,
in einzelnen wenigen Fällen, wenn das
Schlachtstück noch nicht erkaltet ist,
schon auf Schrittweite. Läßt man der-
artige Schweine ein oder mehrere Tage
hängen, so nimmt der üble Geruch der
Kochprobe nicht selten so weit ab, daß
das Fleisch als im Genußwerte erheblich
herabgesetzt noch Verwertung finden
kann. Vielfach aber muß das Fleisch
als untauglich zum Genüsse für Menschen
erklärt werden, weil der widerliche Geruch
nach drei und mehr Tagen im hohen
Grade bestehen bleibt.
Zwar ist eine Erkrankung von
Menschen durch den Genuß derartigen
Fleisches noch nicht beobachtet worden.
Immerhin liegt es aber nicht nur im
Interesse der Fleischbeschau, sondern
auch sehr im Interesse des Beschauers,
bei der Beurteilung auf diese Eigen-
tümlichkeit gelbsüchtigen Schweine-
fleisches £ücksi<^ht zu nehmen, wenn er
sich nicht unangenehmen Überraschungen
aussetzen will.
Daß die Gelbsucht aller Schlachttier-
gattungen mit Geruchsabnormität des
Fleisches einhergehen kann, liegt auf der
Hand. Man nimmt dann in der Regel
als Ursache irgendwelche septischen,
jauchigen Prozesse im Tierkörper an;
abgesehen von Fleischgeruch, entstanden
infolge einer Fütterung mit ungeeigneten
Futtermitteln, oder von Geschlechtsgeruch
u. a. m.
Wie es den Anschein hat, nimmt das
Schwein in dieser Beziehung eine Sonder-
stellung ein.
Meine Untersuchungen erstreckten sich
insgesamt auf 23 Schweine, die wegen
mäßiger Gelbfärbung infolge von Gelb-
sucht beanstandet worden waren. Es
handelte sich hier nur um den hepa-
togenen, nicht aber um den häma-
togenen Ikterus und vor allen Dingen
nicht um Gelbfärbung durch Fütterung.
Bei 14 dieser Schweine lag ausgesprochene
chronische Hepatitis und bei 9 fettige
Entartung der Leber, zum Teil mit
Schwellung, vor.
Die 23 gelbsüchtigen Schweine waren
in zweierlei Gruppen einzuteilen:
a) 11 Schweine ohne Gegenwart von
jauchigen Abszessen oder Phlegmonen,
b) 12 Schweine mit Gegenwart von
jauchigen Abszessen oder Phlegmonen.
Von der ersteren Gruppe befanden
sich 8 Stück im besten oder guten Nähr-
zustande; 2 Stück waren gering genährt,
1 Stück abgemagert. Nur bei einem
dieser Schweine zeigte die Kochprobe
ein normales Ergebnis, während alle
anderen mehr oder weniger mit dem un-
angenehmen oder widerlichen Geruch be-
haftet waren.
Die 12 Schweine der zweiten Gruppe
waren alle mit der Geruchsabnormität bei
der Kochprobe behaftet. Von diesen waren
7 gut, 5 gering genährt. Bei 2 Stück
der letzteren 5 Schweine wurde eine
schleichend verlaufende, mortifizierende
Pleuropneumonie vorgefunden. Die übrigen
10 Schweine der Gruppe b wiesen
phlegmonöse Abszesse entweder in der
Hals- und Kehlgegend oder in der Scham-
und Bauchgegend (männliche Tiere) auf
und nur eins davon ausgedehnte, unvoll-
kommen abgekapselte Abzesse in beiden
Hinterschenkeln.
Über das Zustandekommen des unan-
genehmen Fleischgeruchs bei denjenigen
gelbsüchtigeu Schweinen, die jauchige
Prozesse nicht darbieten, läßt sich ein
endgültiger Schluß noch nicht ziehen.
Es wäre wohl zu erwägen, ob diese Er-
scheinung bei Schweinen nicht zurück-
geführt werden könnte auf ein Übergehen
von Darmgasen in das Fleisch als eine
60 —
Folge abnormer Gärungsprozesse imüarm-
kanal.
Herrn Amtstierarzl Wenzel- Chemnitz,
der die Güte hatte meine Wahrnehmungen
an einzelnen Fällen im dortigen Schlacht-
viehhofe zu kontrollieren und zu be-
stätigen, statte ich an dieser Stelle
meinen Dank ab.
Es wäre wünschenswert, daß auch
von anderen Seiten die vorstehenden
Feststellungen auf ihre Richtigkeit geprüft
und Äußerungen hierüber der ÖflFentlich-
keit übergeben würden.
Ein neuer Betäubungsapparat fUr
Schlachttiere.
Von
Lemnens-Maastricht,
ScbUchtbofdlrcktor.
Seit einigen Jahren ist am Maastrichter
Schlachthof ein Betäubungsapparat für
Schweine im Gebrauch, bei dem durch
eine starke Feder ein Stahlbolzen in das
Gehirn geschossen wird. Früher wurde
der Bolzenapparat von Eleinschmidt ge-
braucht. Allein die dann und wann vor-
kommenden Verwundungen von Personen
durch den Hammer veranlaßten mich,
nach einem anderen Apparat mich um-
zusehen. Erst dachte ich an den
Stoff sehen Kugelschußapparat, der hier
für das Betäuben von Großvieh im Ge-
brauch ist. Die Erwägung aber, daß ein
ziemlich großer Betrag für Patronen hätte
ausgegeben werden müssen, hielt mich
davon zurück.
Mitte 1902 erhielt ich zum Ausprobieren
vom hiesigen Mechaniker Pilet einen
neuen Apparat, „Percuteur" genannt.
Dieser wurde nach meinen Angaben ver-
bessert und wird jetzt ausschließlich nicht
nur am hiesigen, sondern auch an den
meisten anderen holländischen Schlacht-
höfen zum Betäuben der Schweine ge-
braucht. Seit Sommer 1902 sind hier mit
dem Apparat etwa 97 000 Schweine be-
täubt worden, und der Apparat hat sich stets
vorzüglich gehalten. Er wiegt 7 kg, hat
eine Länge von 1,20 m und besteht aus
einer Stange mit Stahlspitze,
die durch eine starke Feder
von 270 kg Kraft in das
Gehirn geschossen und
durch eine zweitere schwä-
chere Feder wiederum aus
das Gehirn zurückgetrieben
wird. Diese zweite Feder
hat überdies den Zweck,
daß der Apparat durch den
starken Schwung nicht zer-
trümmert wird.
Die Stahlspitze ähnelt
der des Troikars, hat aber
außerdem noch drei abste-
hende scharfe Ränder, wo-
durch die Knochenstückchen
mitgenommen werden und
in dem Schädeldach ein
rundes Loch entsteht. Um
das Zurückziehen der Spitze
zu erleichtern, ist der Hals
davon auch dünner gemacht.
Die Stange und die
Federn liegen in einem Stahl-
rohr mit Gewehrlauf. Durch
einen inderSchlachthalle an-
gebrachten Hebel wird die
Feder angezogen und dann
durch einen Hahn auf einem
auf der Stange sitzenden
Zylinder festgehalten. Ein
auf dem Gewehrlauf ange-
brachter Ring (a) dient dazu,
den Apparat aufzuhängen.
Beim Gebrauch muß der
Apparat stark gegen den
Schweinekopf gedrückt wer-
den, um den Rückstoß zu
brechen. Die Anwendung
des Apparates ist nicht er-
müdend; denn in dem mir
unterstellten Schlachthof, in
dem an einem Vormittage
etwa 150 Stück Schweine
geschlachtet wurden, genügt
ein einziger Gehilfe zu seiner
Bedienung.
L,,.i
— 61 —
Referate.
Schmidt» W. A., Dntersnehungen fiber
die Enengnng lioeliwertiger Maskel-
eiwei^-Antisera ffir die Fleiselidifferen-
zierung.
(Biochemische Ztechr. 1907, V. Bd., 6. a. 6. Heft, S. 4tt— 487.)
Sch. gelang es, wenn er fBr die Her-
stellung von Blnteiweiß- und Maskelei weiß-
antisernm nach den Angaben von Nötel
and Rappin verfahr, nicht, ein für prak-
tische Zwecke braachbares, präzipiteren-
des Seram von Kaninchen zn erhalten.
Die von Loele (Münchener Medizinische
Wochenschrift 1906) angegebenen Ver-
Sache, dem Fleischsaft Formalin in ge-
ringen Mengen C/j— 2 Proz.) zur Ab-
tötung der Bakterien zuzusetzen, und so
ein keimfreies Injektionsmaterial zu er-
halten, scheint Sch. nicht bei seinen Unter-
suchungen berücksichtigt zu haben. Er
filtrierte vielmehr, wie dies schon in vielen
Laboratorien fiblich, aber anscheinend
noch nicht beschrieben ist, den Fleisch-
saft durch Berkefeldkerzen und erhielt
schon nach wenigen Injektionen ein Serum,
das reich an Muskel- und Bluteiweiß-
Präzipitin war. Die stark giftige Wir-
kung des unfiltrierten Saftes beruht nach
Sch.s Ansicht auf dem hohen Gehalt an
Bakterien, nicht auf den im Fleischsaft
etwa vorhandenen Toxalbuminen, wie dies
Piorkowski, Grund und Ascoli an-
nahmen.
Interessant ist Sch.s Hinweis auf eine
schon von Ruppin angegebene Fehler-
quelle. Es kann nämlich infolge eines
hohen Gehaltes an Fleischmilchsäure in
dem zu untersuchenden Fleischsafte spon-
tan nach Zusatz eines beliebigen Serums
eine der spezifischen Reaktion täuschend
ähnliche Trübung und auch Fällung ein-
treten. Statt der von einigen Autoren
angegebenen Alkalisierung mit Sodalösung
empfiehlt Sch., als Neutralisationsmittel
Magnesiumoxyd zu benutzen, und zwar
nui* chemisch reines karbonatft'eies
Magnesiumoxyd, da letzteres weniger
leicht löslich ist als Magnesiumkarbonat
oder das aus ihm entstehende Magnesium-
bikarbonat. Infolge seiner Schwerlöslich-
keit verhindert es, gleichsam von selbst,
daß ein Überschuß von Alkali auftritt.
Femer macht Sch. auf eine gewisser-
maßen „paradoxe Eigenschaft der Anti-
sera'^ aufmerksam, die in der Praxis volle
Beachtung verdient, nämlich auf die bis-
her unerklärt gebliebene Tatsache, daß
„ein Antiserum neben dem Präzipitin auch
das zur Vorbehandlung der Kaninchen"
verwandte (also präzipitable) Eiweiß ent-
halten kann, ohne daß im Antiserum selbst
eine Wechselwirkung zwischen beiden
eintritt, und zweitens, daß dies präzi-
pitable Eiweiß, welches sich im „latenten"
Zustande im Antiserum befindet, durch
das Präzipitin eines anderen (mit gleicher
Blutart vorbehandelten!) Kaninchens aus-
gefällt wird". Die Anwendung solcher
Sera kann, wenn beispielsweise nach Ver-
brauch des Inhaltes einer Tube mit präzi-
pitierendem Serum eine zweite eröffiiet
wird, und aus dieser nur wenige Tropfen
zu der ersten Versuchsreihe zugesetzt
werden, zu verhängnisvollen Irrtümern
fahren. Pfeüer.
Albreehty Über ein paar Yersaclie beim
Geflügel.
(Wochenschrift f. Tierheilknnde u. Vlehsncht 1907, Nr. 87.)
Einem Huhn wurden dreimal in
Zwischenräumen von acht Tagen je 0,1 g
Jodkali in Wasser gelöst eingegeben.
Die 22 Stunden nach der ersten,
15 Stunden nach der zweiten und
18 Stunden nach der dritten Eingabe
gelegten Eier enthielten Jod, sowohl
Dotter und Eiweiß, als auch Eihaut und
Schale. Eine Einreibung von Jothion-
lösung (1 g Joth. in 5 g Spirit.) und von
Jodsalbe auf die Haut an der Brust
ergab dasselbe Resultat. Das Jod ist in
den Eiern als Jodkali, nicht aber als Jod-
fett oder Jodeiweiß enthalten. Größere
Mengen von Jod erzeugten bei Hühnern
und Enten weder eine Beeinträchtigung
62 —
des Allgemeinbefindens, noch eine Abnahme
der Legetätigkeit.
Ein anderer Versuch bezweckte die
Feststellung, ob Hühnern komradehaltiges
Futter Schaden bringe. Da die Hühner
die Eomradesamen nicht fraßen, so
wurden diese pulverisiert und den
Tieren eingegeben. Trotz Eingabe von
größeren Mengen trat eine Erkrankung
nicht ein; es ist daher anzunehmen, daß
das in der Kornrade enthaltene Gift(Saponin
oder Sapotoxin) im Verdauungsapparat
zerlegt und unschädlich gemacht wird.
Broll.
Franeisque Janln, Becherches sar la
sarcosporidie da moaton.
(Archive« de Parasltologie Tome XI, Nr. 2, 10. Ferrler 1907.)
Nach Aufzählung der Literatur gibt
Verfasser eine morphologische Be-
schreibung der Zyste. Hieran schließt
sich eine Schilderang der Entwicklung
der Sarkosporidien und der Symptome
einer Sarkosporidien-Infektion. Bei den
Camivoren erfolgt die Infektion durch
Sporozoiten wahrscheinlich, aber nicht
ausschließlich, mittelst des Digestions-
traktus, bei den Herbivoren mittelst eines
Zwischenwirtes oder einer bisher un-
bekannten Zystenform. Die Kultur der
nierenförmigen Körperchen würde das
Rätsel lösen.
Knuth.
Bonstedt, A., Einiges fiber sibiriselie
Binderpest.
(RnsB. med. Rundscbau 1907, S. 101—108.)
Verf., 1898 und 1899 beim Bau der
sibirischen Bahn als Arzt tätig, sah
40 Fälle von Übertragung der „sibirischen
Rinderpest" (Milzbrand, D. Ref.) auf den
Menschen; von diesen endigten neun töd-
lich. Die Milzbrandpustel befand sich in
21 Fällen an den oberen, in neun an den
unteren Extremitäten. Besonders erwähnt
wird ein Fall, in dem die Infektion auf
einen Fliegenstich in die Zunge zurück-
geführt wird. Städte.
Höyberg, H., Bilden sich bei der
Trichinose toxische Stoffe?
(Zeiteehr. f. TiermedlxlD, XL Bd., 6. tirtt, 8. 455.)
Aus den Versuchen Höybergs geht
hervor, daß das Blutserum frisch trichini-
sierter Tiere keine toxischen Stoffe ent-
hält, die imstande wären, bei anderen
Tieren eine Erkrankung hervorzurufen.
0.
Shitayama^ Über Pathogenität des Hanse-
typhnsbazillns für Menschen.
(Mflnchener medishiiscbe WocbeoMbrift 1907, Nr. 20.)
Sh. berichtet über mehrere vereinzelte
und Massenerkrankungen in Japan, die
auf mangelnde Vorsicht bei der Ver-
wendung von Mäusetyphuskulturen zurück-
zuführen waren. Orabcrt.
Beehtsprechuns*
— Die Vermietung vea KQbIzelleii eines SfTent-
liehen Sehlaohthaueee diireh Privatvertrag Ist nicht
etatthaft Die Klhlzellen niBesen vielmehr den ar
Benutzung des Sehlaohthaueee berechtigten Schiftcb-
tem gegen Entrichtung derjenigen Gebühren, die In
dem Scblacbthausgesetze vem 18. März 1868,
9. IMrz 1881, 29. Mal 1902 eingefOhrt sind, Ober-
Entecheidnng des Oberverwaltungsgerichts
vom 11. Juni 1907 (MiniBterialblatt der KgK
Preuß. Verwaltung fflr Landwirtschaft, Domänen
und Forsten 1907, Nr. 10).
Der Magistrat zu St. hatte, wie an dieser
Stelle seinerzeit mitgeteilt wurde, beschlossen,
die Eühlzellen des Schlachthofes nur an solche
Schlächter zu vermieten, die sich verpflichteten,
kein von außerhalb nach St. eingef Qhrtes Fleisch
in St feilzubieten oder zu verarbeiten. Der
Magistrat erklärte sich außerstande, einer Auf-
forderung des Regierungspräsidenten auf Auf-
hebung dieses Beschlusses nachzukommen. Der
Regierungspräsident hatte das Kühlhaus fOr einen
integrierenden Teil des Schlachthofes und den
Beschluß des Magistrats zu St. für einen gleich
unzulässigen Eingriff in die Gewerbefreiheit der
Fleischer wie in die Freizügigkeit des Fleisches
erklärt
Das Oberverwaltungsgcricht entschied im
Sinne des Beklagten, des Regierungspräsidenten,
daß die Einheit zwischen Schlacht- und
Kühlhaus zu bejahen sei, und deshalb die Be-
nutzung der Kflhlzellen den zur Benutzung des
Schlachthauses berechtigten Schlächtern nicht
vorenthalten werden dürfe.
63 —
— Gewihrlelstuni bei Verkauf Moh Sohlacht-
gewicht.
Das Landgericht in Görlitz hat nach der
„Allg. Fleischer-Zeitung^ in einer Streitsache
wegen Bezahlung des Kaufpreises fttr einen
Binneneber die Klage des Verkäufers auf Zahlung
des vollen ausgehandelten Preises für das
Schlachtgewicht abgewiesen und die Bezahlung
des Freibankerlöses als zulässige Minderung des
Kaufpreises erklärt. „Es sei angemessen, daß
der £igentaiaer eines Tieres, dessen Fleisch auf
der Freibank verkauft wurde, an den Verkäufer
nicht den vollen Kaufpreis, sondern nur den
Freibankerlös zahle.^
Ausführung des Fleischbesehau-
gesetzes und andereTagesfragen.
— Regeluni der Flelechbeeohau bei Beurlaobttni
ven Tierärzten, die mit der erdentllohen Fleiecb-
Tierarzt M. in Ketzin teilt mit, daß auf
eine Eingabe der Stadt Ketzin an die zuständige
Königl. Kegierung die Fleischbeschau, die an-
läßlich seines Urlaubs zuerst dem nichttierärzt-
lichen Beschauer in K. überwiesen worden
war, dem Herrn M. vertretenden Tierarzt über-
tragen wurde. Um die Angelegenheit ein für
allemal zu regeln, ist die Stadt K. erneut dahin
vorstellig geworden, daß im Falle der Behin-
derung M.8 die Fleischbeschau regelmäßig seinem
tierärztlichen Vertreter übertragen werden kann.
— Dürfen Privaten gehörige Schweine, wenn
ele als bedingt tauglich eder minderwertig bettenden
werden, den Besitzern zur Verwendung In eigenen
Hauahaft ohne weiteres zurflckgegeben werden?
Anfrage des Schlachthofdirektors D. in B.
Hier ist bisher in solchen Fällen den Be-
sitzern zu Protokoll eröffnet worden, welcher
Beanstandungsgrund vorlag, und wie das Fleisch,
ob roh, gepökelt oder gekocht, verwendet
werden darf. £s scheint mir dieses Verfahren
nach dem neuen Freibankentwurf, wonach nur
das zum Verkauf bestimmte Fleisch der Frei-
bank überwiesen werden soll, grundsätzlich
richtig zu sein. Ich habe aber Bedenken, be-
dingt taugliches Fleisch ohne die vorgeschriebene
Zubereitung dem Besitzer zurückzugeben, da mit
der Zurückgabe jede Kontrolle aufhört.
Antwort: Der Freibankzwang schließt in
der Tat nicht aus, daß minderwertiges Fleisch
roh, bedingt taugliches aber erst nach erfolgter
Tauglichmachung dem Eigentümer zur Ver-
wendung im eigenen Haushalt überlassen wird
(vgl. Schroeter, Fleischbeschaugesetz, 2. Aufl.,
S. 360).
— Ist ee zuläselg, den mit der Ergänzungs-
lleleohbesohau beauftragten Tierärzten gleichzeitig
die Beschau des nach auswärts auszuführenden
Flelechee zu Obertragen?
Haben Gemeinden, In die derartiges Fleisch ein-
geführt wird, die Berechtigung, eine Nachunter«
suchung zu verlangen?
Anfrage des Schlachthof direktors C. in D.
(Rheinprovinz). Aus der Stadt G. werden in
letzter Zeit ständig größere Mengen frischen
Fleisches den Dortmunder Fleischmärkten zu-
geführt Dieses Fleisch ist mit dem Stempel
„Tierarzt K.^ versehen. Da, so viel hier bekannt,
in der betreffenden Stadt die Fleischbeschau
durch Laienfleischbeschauer ausgeführt wird,
wurde von der OrtspolizeibehOrde eine Auskunft
hierüber erbeten. Diese hatte folgenden Wort-
laut: „Die Schlachtvieh- und Fleischbeschau ist
hier fünf Laienfleischbeschau em übertragen
worden. Metzger und Händler, welche Fleisch
nach Gemeinden mit Schlachthauszwang aus-
führen wollen, sind jedoch befugt, die Beschau
durch einen Tierarzt ausführen zu lassen.^ Da
eine „Befugniserteilung^ den bestehenden gesetz-
lichen Bestimmungen wohl kaum entspricht,
sondern nur eine amtliche Übertragung der Be-
schau zulässig ist, wurde das zuständige Land-
ratsamt um nähere Aufklärung der bestehenden
Verhältnisse gebeten. Die von dieser Stelle er-
teilte Auskunft hat folgenden Wortlaut: „Dem
früheren tierärztlichen Ergänzungsbeschauer Seh.
war durch Verfügung vom 30. März 1905 J. Nr. 5754
die Genehmigung erteilt worden, im Stadt- und
Amtsbezirk G. die Schlachtvieh- und Fleisch-
beschau sowie die Trichinenbeschau in allen den-
jenigen Fällen auszuüben, in denen eine Aus-
führung des frischen Fleisches nach Städten mit
Schlachthauszwang beabsichtigt ist. Nachdem
Seh. sein Amt niedergelegt hat, ist den tierärzt-
lichen Ergänzungsbeschauem W. und K. die Be-
fugnis versehentlich nicht erteilt worden Es ist
dies indessen jetzt nachgeholt worden. '^
Auch hier ist wieder von einer Befugnis-
erteilung die Rede. Nach diesseitigem Dafür-
balten deckt sich ein derartiges Verfahren nicht
mit den im § 5 enthaltenen Bestimmungen des
Reichsfleischbeschau gesetzes und ebensowenig
mit denen des § 5 der hierzu erlassenen Aus-
führungsbestimmungen. In Frage kommen könnte
nur der § 7 der Preußischen Ausführungs-
bestimmungen, nach denen es zulässig ist,
approbierte Tierärzte zu Stellvertretern der Be-
schauer für bestimmte Fälle zu bestellen.
Von Interesse wäre es, zu wissen, ob in
anderen Bezirken ähnliche Verhältnisse bestehen
und wie dieselben dortselbst beurteilt und be-
handelt werden. Da die Frage von prinzipieller
— 64 —
Bedeutung ist, wäre eine bestimmte Auskunft
hierüber sehr erwünscht.
Antwort: Im Königreich Preußen kann
auf Grund des § 7 A. B. J. die Bestellung von
Tierärzten zur Vornahme der Schlachtvieh- und
Fleischbeschau in fremden Beschaubezirken bei
Tieren erfolgen, die nach Schlachthofgemeindcn
ausgeführt werden sollen. Durch die an-
gegebene Anwendung des für die Kegelang
der Fleischbeschau sehr wichtigen § 7 A. B. J.
ist der frühere Mißstand beseitigt worden, daß
Tiere nach Schlachthofgemeinden ausgeführt
wurden, die nur der tierärztlichen Fleischbeschau,
nicht dagegen der tierärztlichen Schlachtvieh-
beschau unterlegen hatten.
— Bekänpflino enzootischer Kubptokea in einem
MIlohviehbestand.
Unter dem Rinderbestande des Dominiuros
N.-R. werden seit Jahren Pockenerkran-
kungen beobachtet Während nach Angabe
des Inspektors früher immer nur ein verhältnis-
mäßig geringer Teil der Kühe von der Krankheit
betroffen wurde, hat sie in diesem Herbst eine
größere Ausdehnung erreicht, so daß etwa
ein Drittel des Bestandes erkrankt ist
Die meist erheblichen entzündlichen Erschei-
nungen an den Zitzen der Kühe bedingen einen
Rückgang in der Milchproduktion. Dazu
kommt noch, daß Übertragungen der Pocken
auf mehrere Melkerinnen vorgekommen sind.
Da die üblichen Vorbeugungsmittel die Aus-
breitung der Krankheit nicht zu hemmen ver-
mochten, bin ich befragt worden, ob nicht durch
Impfung der Kühe dem Übel gesteuert werden
könnte. Bezüglich der wirtschaftlichen Verhält-
nisse auf dem bez. Dominium möchte ich nun
bemerken, daß dort seit einigen Jahren das so-
genannte Abmelkvorfahren geübt wird. Es
werden dreimal im Jahre, und zwar im April,
September und Dezember je 14 Stück frisch-
milchende Kühe angekauft, während die älteren
nach einer etwa IVa jährigen Milchnutzung an
den Fleischer abgegeben werden. Der ständige
Wechsel des Bestandes und die immer wieder
auftretenden Erkrankungen gaben nun zu er-
wägen, ob es nicht ratsam wäre, die frisch ge-
kauften Kühe jedesmal an einer vom Euter ab-
gelegenen Stelle mit Kuhpockenlymphe zu
impfen, um sie gleichzeitig erkranken zu lassen,
ohne daß hierbei die Milchproduktion erheblich
beeinträchtigt wird. Ich halte mit Rücksicht
darauf, daß die Pocken in dem Kuhstall alsdann
gewissermaßen stationär werden und auch das
Dienstpersonal der Gefahr der Ansteckung
ständig ausgesetzt bleibt, das Verfahren nicht
für ganz unbedenklich. W.
Antwort: Nach dem Vorgange ans Fraget
(s. diese Zeitschr. 17. Jahrg., S. 24) empfiehlt
es sich, zunächst einmal sämtliche Tiero des
Bestandes unterhalb der Vulva mit Kuhpocken-
lymphe zu impfen, auch die erkrankten. Dadurch
erreicht man Schutz der gesunden und schnelle
Heilung der erkrankten Tiere. Werden nach
Ablauf der Impfpocken die erkrankt gewesenen
Hautstellen, alle Geräte, Kleider und Schuhe des
Personals und der Stall desinfiziert, dann dürfte
sich eine regelmäßige Impfung der neneinzu-
stellenden Tiere erübrigen.
Aus YersammlungeD.
— Eingabe des Vereins der Sckltclrthoftler-
Irzte der Rbeinprevinz wegen anderweitiger Regeltmg
der Anttellwigs- und BesoldungtverhältniMe, ge-
richtet an den Herrn Oberpräsidenten und die
Herren Regierungspräsidenten der Rheinprovinz
am 20. Oktober 1907.
Zu den Berufen, welche in den letzten
Dezennien hervorragende Fortschritte in bezng
auf Vorbildung, Ausbildung und Leistungen,
speziell in der öffentlichen Gesundheitspflege
gemacht haben, gehört auch der Beruf der
Schlachthoftierärzte.
Leider bat die Stellung und Besoldung dieser
Beamtenkategorie hinsichtlich der erhöhten, fiir
das Allgemeinwohl so wichtigen Leistungen und
der größeren Verantwortlichkeit, welche das
Reichsfleischbeschaugesetz den Schlachthoftier-
ärzten auferlegt, nicht die entsprechende Auf-
besserung erfahren. Die Leiter der Schlachthöfe
sind, obgleich sie obrigkeitliche Befugnisse aus-
üben, noch nicht alle als Beamte auf Lebenszeit
angestellt. Die große Zahl der nicht in leitender
Stellung befindlichen Schlachthoftierärzte be-
zieht geringere Gehälter als die aus dem Militär-
anwärterstande hervorgegangenen städtischen
Beamten. Das Reichsfleischbeschaugesetz und die
zahlreichen neuen gesetzlichen und landes-
polizeilichen Vorschriften, sowie die umfangreiche
Buchführung haben an die Schlachthoftierärzte
große Anforderungen gestellt Je höhere An-
forderungen aber die Ausübung der amtlichen
Verrichtungen an den Beamten stellt, desto weit-
gehendere Ansprüche müssen an seine Vor-
bildung gestellt werden und um so höher muß
das Gehält bemessen sein. Die Schlachthof-
tierärzte zählen ihrer Ausbildung auf der tier-
ärztlichen Hochschule nach zu den akademisch
gebildeten Beamten. Für die Zulassung zum
tierärztlichen Studium ist das Maturitätszeugnis
Vorbedingung.
Der preußische Staat hat in Erkenntnis der
vermehrten Anfordenmgen die rangliche und
finanzielle Stellung der beamteten Tierärzte
wesentlich verbessert. Die Heeresverwaltung
steht im Begriif, dasselbe zu tun, indem Seine
Majestät angeordnet hat, daß ein Veterinär-
Offizierkorps bis 1906 gebildet sein soll. Mit
Beeht erstreben auch die Schlachthoftierärzte
eine Verbesserang ihrer Stellung.
Der Verein der Schlachthoftierärzte der
Rheinprovinz hat daher beschlossen, Euere
Hochwohlgeboren ganz ergebenst zu bitten,
folgende Punkte einer wohlwollenden Prüfung
zu unterziehen und eine anderweitige Regelung
der Verhältnisse gütigst herbeiführen zu wollen.
1. Wenn auch eine große Zahl der Schlacht-
hoftierärzte der Rheinprovinz als Beamte auf
Lebenszeit angestellt ist, so gibt es doch noch
eine ganze Reihe von Tierärzten, bei denen
dieses nicht zutrifft. Ein Teil der Schlachthof-
tierärzte ist entweder auf Kündigung angestellt,
oder durch Privatdienstvertrag. Zur Ausführung
einer nach jeder Richtung hin korrekten Fleisch-
beschan ist völlige Unabhängigkeit nur durch
lebenslängliche Anstellung gewährleistet. Den
Schlachthoftierärzten sind durch das Fleisch-
beschaugesetz obrigkeitliche Befugnisse über-
tragen. Hierdurch ist den Städten die Möglich-
keit gegeben, diese Beamten auf Lebenszeit an-
zustellen. Auf Grund ihrer Vorbildung dürften
die Leiter der Schlachthöfe die rangliche und
pekuniäre Stellung der oberen Gemeindebeamten
beanspruchen.
2. Die Besoldungsverhältnisse der nicht in
leitender Stellung befindlichen Schlachthoftier.
ärzte können nicht als zeitgemäß im Verhältnis zu
den technisch gebildeten Beamten der anderen
städtischen Betriebe angesehen werden. Diese
Tierärzte befinden sich oft in Stellen mit ge-
ringerem Einkommen als die Subaltembeamten.
Es dürfte in Anbetracht der gesteigerten An-
forderungen in bezug auf Vorbildung und
Leistungen diesen Beamten ebenfalls Rang und
Einkommen der oberen Gemeindebeamten zu-
zuerkennen sein.
3. Die Besoldungsverhältnisse an den
Schlachthöfen kleinerer Städte sind oft so mäßige,
daß die Leiter auf Privatpraxis angewiesen sind.
Es liegt auf der Hand, daß der Privatpraxis
treibende Schlachthoflierarzt in einem Ab-
hängigkeitsverhältnis zum Publikum und Gewerbe-
treibenden steht, welches zu Konflikten mit
seinen Amtshandlungen führen kann. Als Be-
amter und Vollstrecker des Reichsfleischbeschau-
gesetzes muß er frei von jeder Rücksichtnahme
sein. Falls aber eine Stadt dem Leiter des
Schlachthofes Privatpraxis erlaubt und aus diesem
Grunde ein geringeres Gehalt zahlt, muß die
Stadt angehalten werden, durch Einschränkung
der Beschauzeiten (§ 24 der Ausfühmngs-
bestimmungen vom 20. März 1908) auch die
Möglichkeit zur Ausübung dieser Praxis zu
gewährleisten.
4. In vielen Städten haben die tierärztlichen
Betriebsleiter in der Schlachthofkommission nur
eine beratende Stimme, dagegen befinden sich
in großer Zahl Metzger und Viehhändler in dieser
Kommission mit beechließender Stimme. Dadurch
kommt der Leiter des Schlachthofes den Ge-
werbetreibenden gegenüber in ein gewisses
Abhängigkeitsverhältnis. Nach der Städteordnung
werden die Mitglieder solcher Verwaltungs-
deputationen von dem Bürgermeister oder von
der Stadtverordnetenversammlung gewählt. Der
Leiter muß seine Erfahrungen und Spezial-
kenntnisse in der Kommission zur Geltung
bringen können, um in allen Fällen das Reichs-
fleischbeschaugesetz so ausführen zu können,
wie der Staat es verlangt.
Der Verein bittet daher Ew. Hochwohl-
geboren, die Stadtverwaltungen anzuhalten, die
Schlachthof leiter als stimmberechtigte Mitglieder
in die Schlachthofkommissionen aufzunehmen.
Der Verein der Schlachthoftierärzte der
Rheinprovinz hat den im Besitze eines städtischen
Schlachthofes befindlichen Ober- resp. Bürger-
meisterämtern der Rheinprovinz je einen Abdruck
der vorliegenden Eingabe zugesandt.
Ehrerbietigst
Der Vorstand des Vereins der Schlachthof-
tierärzte der Rheinprovinz.
Brebeck, Dr. Bützler,
Direktor des städtischen Direktor des städtischen
Schlacht- und Vieh- Schlachthofes zu Trier.
hofes zu Bonn.
Statistische Berichte.
— EmebRlMe der Fleischbasohau In Preußen.
Nach den Zusammenstellungen des Kgl. Preuß.
Statistischen Landesamts sind von den im Inland
untersuchten Tieren in Preußen erklärt worden:
für untauglich:
1905 v.H. 1906 v.H.
Großvieh .... 16766 1,05 18762 0,86
Jungvieh u. Kälber 11062 0,45 10154 0,89
Schweine .... 11446 0,18 9922 0,12
Schafe 1482 0,09 1410 0,09
Ziegen 889 0,24 872 0,22
fflr bedingt tauglich:
1905 v.H. 1906 v.H.
Großvieh .... 7584 0,47 7029 0,44
Jungvieh u. Kälber 2 222 0,08 2190 0,08
Schweine .... 23379 0,29 26741 0,33
Schafe 116 0,007 135 0,008
Ziegen 6 — 8 —
66
fftr imNahrnngs- und Genußwert erheblich
herabgesetzt:
1905 v.H. 1906 v.H.
Großvieh .... 36608 2,27 83679 2,12
Jungvieh u. Kälber 14 967 0,55 15402 0,58
Schweine .... 24618 0,30 23156 0,29
Schafe 2 832 0,17 2 742 0,17
Ziegen 537 0,34 562 0,83
nur einzelne Teile waren untauglich, im
übrigen unbeanstandeter Tiere:
1905 v.H. 1906 v.H.
Großvieh . . . .578 915 35,93 573 650 36,24
Jungvieh u. Kälber 82 309 8,01 89074 3,42
Schweine .... 914142 1138 906376 11,34
Schafe 267 534 16,34 230839 14,82
Ziegen 6407 4,08 6 394 3,79
Von den Gesamtuntersuchungen sind in
Preußen ausgeführt worden durch nicht tier-
ärztliche Beschauer:
1905 1906
bei Großvieh 24,2 v. H. 23,5 v. H.
bei Jungvieh u. Kälbern . 26,5 „ 26,4 „
bei Schweinen .... 32,4 „ S2,6 „
bei Schafen 16,9 „ 15,3 „
bei Ziegen 48,8 „ 47,0 „
Mit Ausnahme einer geringen Zunahme bei
Schweinen hat danach 1906 bei allen anderen
Gattungen eine Abnahme der nichttierärztlichen
Beschau zugunsten der tierärztlichen statt-
gefunden.
Bücherschau.
Neue Einginge.
— Edelmann, R., Lehrbuch der FieiscMiygiene
mit besonderer Berücksichtigung der Schlachtvieh-
iind Fleischbeschau. Mit 2 Farbentafeln und
201 Textabbildungen. Zweite, umgearbeitete
Auflage. Jena 1907. Verlag von Gustav Fischer.
Preis 10 M.
— RIevel, H., Handbuch der Milehkunde.
Hannover 1907. Preis 10 M.
— Tuberkulose-Arbeiten aus dem Kaiserlichen
Geeundheiteamte. 6. Heft. Vergleichende Unter-
suchungen über Tuberkelbazillen verschiedener
Herkunft III. Vorwort von A. Weber, Weitere
Untersuchungen über Tuberkelbazillen ver-
schiedener Herkunft mit besonderer Berück-
sichtigung der primären Darm- und Mesenterial-
drflsentuberkulose von A. Weber und M, Taute.
Weitere Passagen versuche mit Bazillen des Typus
humanus von A. Weber. Untersuchungen über
chirurgische Tuberkulosen von F. Oehlecker.
Fütterungsversuche mit Hühnertuberkelbazillen
an Schweinen und an einem Fohlen von
C. Titze. Berlin 1907. Verlag von Julius
Springer. Preis 9 M.
7. Heft. Die Immunisierung der Rinder
gegen Tuberkulose I von A. Weber und
('. Titze. Über die Verbreitungswege der
Tuberkulose im Tierexperiment mit besonderer
Berücksichtigung des Weges nach den Bronchial-
drüsen von F. Oehlecker. Untersuchungen
über das Vorkommen von Tuberkelbazillen in
Drüsen und Tonsillen von Kindern, welche sich
bei der Obduktion als frei von Tuberkulose er-
wiesen hatten. Berlin 1907. Verlag von Julius
Springer. Preis 4 M.
— Bericht Ober das VeterlnIrwesM tai König-
reich Sachsen für das Jahr 1906. 51. Jahrgang.
Dresden 1907.
— Randnitz, W., Die Arbeiten aus dem Gebiets
der Milcbwlssenschafl und Molkerelpraxls im Jahre
1907, I. Semester. Sammelreferat Fortsetzung
des ,, Sammelreferats über die Arbeiten ans der
Milchchemie ^. Der ganzen Reihe 9. Heft S.-A.
aus der „Monatsschrift f. Kinderheilkunde^, Bd. VI,
Heft 6. Leipzig und Wien 1907. Franz Deuticke.
Preis 1 M.
— Happich, Bericht über die TfltiQkeit des
Mllcbwirtschaflllchen Bakteriologischen Laboratortanis
zu Dorpat Dorpat 1907.
— A Magyar Kiralyl Allatorvosi FlUskfU
Evkönyve as 1906/1907. Tan^vröl. Budapest 1907.
— III. annual Report of the Henry Pbipps
Institute for the Study, Treatement and Preventlon
of Tuberculosis. Philadelphia 1907.
— Sanitary Milch Production. Report of a
Conference appointed by the Commissioners
of the distrikt of Columbia, with accompanying
papers. U. S. Departement of Agriculture, Bureau
of animal ludustry. Circular 114. Washington
1907.
— Revista de la Seccion Agronomla de la
Universidad de Montevideo. Nr.l. Juli 1907. Monte-
video 1907.
— Stiles, Ch. W., I. Agamofllaria georglana n.
sp., an apparently new Roundworm Parasite from
the Ankle of a Negress.
II. The zoologlcal Characters of the Roundworm
Genus Fliaria MUler 1787.
III. The new american Cases of infection of man
with Norsebair Worms (spocies Paragordino varlous)
with Summary of all Cases reported to date.
Washington 1907.
— Pitt, W., BeitrSge zum rogelmUlgea Vor-
kommen der Rotlauf bazHIen auf der Darmschleim-
haut und in den Tonsillen gesunder
Schweine. I.-D. Gießen 1907.
— RIBIhig, P., Bdtrige zur Biologie normaler
Tiersera. I.-D. Leipzig 1907.
— Lourons, L F. D. E., Untersuchungen über die
Filtrierbarkelt der SchwelnepostbazIUon (Bac. suh
postlfer). T.-D. Bern 1907.
— 67 —
— SohaparsVeterininiieiliiinltohe« TatcheRbuob.
VII. Jahrgang. 1907/8.
— Zeltaohrift für neuere physikalitohe Medizin,
heransgegeben als Fortsetzung des „Archiv fflr
neuere physikalische Medizin'^ unter Mitwirkung
hervorragender Fachgenossen von Dr. Zickel-
Charlottenburg. RedsÜLtion Berlin, Friedrichstr.19.
Kleine MitteilungeD.
~ Dermatltle erytbematoea als Ursaehe der
Netechlaciitung einee Schweines. Ein gewerbs-
mäßiger Kurpfuscher ordnete als Vorbeugungs-
mittel gegen den Rotlauf der Schweine an, den
Rücken der Tiere vom Kopf bis zum Schwanz
mit Kienteer zu bestreichen. Die Prozedur wurde
von dem Besitzer der Schweine auch ausgefflhrt,
bei einer tragenden Sau aber anscheinend allzu
gründlich; denn es stellten sich bei diesem Tier
alsbald Störungen des Allgemeinbefindens ein,
die den Besitzer veranlaßten, die Sau schlachten
zu lassen.
Nach der Schlachtung konnte festgestellt
werden, daß infolge der Teerbestreichung eine
große erythematöse Hautentzündung entstanden
war, die sich über den ganzen Rücken aus-
breitete und nach dem Bauche zu scharf be-
grenzt war. Die Haut hatte nach dem Schlachten
eine dunkelbraunrote Farbe angenommen. Die
Rötung erstreckte sich nirgends bis in das Fett-
gewebe. Die genaue Untersuchung der inneren
Körperorgane ergab, daß dieselben Veränderungen
durch Rotlauf nicht aufwiesen.
A. Zörner-Dühringshof,
prakt. Tierarzt.
— Tnberkuiceeetatlstik In Kiel. Im Berichts-
jahre vom 1. April 1906 bis 81. März 1907 wurden
in Kiel mit Tuberkulose behaftet gefunden:
44,96 Proz. der geschlachteten Rinder,
1,62 , , „ Kälber,
3,74 n n » Schweine.
— Schutzimfifung gegen Tuberkulose und Tu-
berkelbazlllenaueecheidung aus dem Euter. Bongert
hat auf der 79. Versammlung deutscher Natur-
forscher und Ärzte in Dresden berichtet, er habe
bei einer nach von Behrings Methode immu-
nisierten Kuh ständiges Ausscheiden von Tuberkel-
bazillen mit der Milch festgestellt. In einem
186 Haupt starken Milchviehbestand, der einer
Berliner Molkerei die Kindermilch lieferte, seien
durch Meerschweinchenimpfung bei 36 Tieren
Tuberkelbazillen in der Milch gefunden worden,
was Bongert auf die Immunisierung der
Nachzucht mit Tuberkelbazillen zurückführte.
(Wochenschr. f. Tierheilk. u. Viehz. 1907, Nr. 41.)
— Das neue Nlederllndlsche Gesetz fSr die
Fleieobbeecliau den ExpertiMechee.
Art 1. Unter Fleisch versteht das Gesetz
alle Teile der Einhufer, Rinder, Schafe, Ziegen
und Schweine einschließlich der ungeborenen
Früchte. Ausnahmen bilden Häute, insoweit es
sich nicht um Schweinehäute, Klauen, Homer,
Borsten und ganz entfleischte Knochen handelt,
bestimmt für technische Zwecke.
Art. 2. a) Es ist untersagt, nach den von
Uns zu bestimmenden Ländern Fleisch auszu-
führen oder einem Verkehrsmittel nach diesen
Ländern zu übergeben, das nicht mit einem oder
mehreren Stempeln oder Marken zum Beweis da-
für versehen ist, daß es von einem vom Staat
eingerichteten Fleischbeschauamt ftlr den Export
beschaut ist.
b) Von dieser Bestimmung können durch
den Minister, der mit der Ausführung dieses
Gesetzes beauftragt ist, Ausnahmen zugelassen
werden :
1. fflr Fleisch, das konserviert ist,
2. für Fleisch, das sich in Eisenbahnwagen,
auf Schiffen, auf Flotten befindet und zum
eigenen Gebrauch der Personen in oder
auf diesen Fahrzeugen bestimmt ist.
Art. 3. 1. Die Fleischbeschau wird unter
Aufsicht eines Inspektors ausgeübt von „Rijks-
keurmeesters" (Reichsfleischbeschauer) und^Rijks-
Hulpkeurmeesters^ (Reichshilffleischbeschauer).
2. Diese Beamten werden vom Staat an-
gestellt und entlassen (zeitweise oder für immer)
und bekommen ein festes Gehalt von der Staats-
kasse, und wo notwendig Vergütung für Reise-,
Aufenthalts- und Bureaukosten.
3. Die Bezirke, in denen sie arbeiten, werden
vom Minister festgestellt; dieser weist ihnen
auch die Standorte an. Die Dienstordnung wird
gleichfalls vom Minister festgesetzt.
4. Zur Anstellung als Inspektor oder Reichs-
fleischbeschauer können bloß Tierärzte ernannt
werden. (Diplom — Gesetz 8. Juli 1874, Art. 13.)
Als Hilfsfleischbeschauer Tierärzte oder vom
Staat bestellte Laienfleischbeschauer (Rijkshulp-
keurmeesters (voor vee en vleesch).
Art. 4. 1. Zur Beschau gebrachtes Fleisch,
das untauglich für den Exporthandel ist, wird
nicht zurückgegeben, bevor eine weitere Beschau
stattgefunden hat.
2. Nach dieser zweiten Beschau wird das
Fleisch wieder sofort zurückgegeben, wenn es
unbedingt (onvoorwaardelyk) als Nahrungsmittel
dienen kann, oder wenn es bedingt (voorwaarde-
lyk) als Nahrungsmittel dienen kann, nach vor-
hergegangener Sterilisation. Das erste Fleisch
wird durch einen Stempel gekennzeichnet
3. Untaugliches Fleisch wird je nach dem
Wunsch des Besitzers (der es zur Beschau an-
bot) denaturiert oder vernichtet.
— 68 —
Art 5. Der Staat erläßt die YorBchriften
über:
a) die Schlachtmethoden der Tiere , deren
Fleisch einer Beschau unterworfen ist;
b) die Gemeinden und Stellen, wo und die
Stunden, zu denen Fleisch zur Beschau
gestellt werden kann;
c) die Art, in der das Fleisch zur Beschau
gebracht und für den Export verladen
werden soll;
d) die Beschaumethoden, die Art Sterilisation,
Denaturierung, Vernichtung;
e) die Stempelung usw.
Art. 6. Die Kosten der Beschau und der
Sterilisation werden nach festem Tarif vom
Staat berechnet und festgestellt.
Art 7. 1. Kichtbefolgung der Vorschriften
des Art 2 Alinea 1 werden mit Geldstrafe von
höchstens 1000 fl. (1716,60 M.) bestraft
2. Das Fleisch, womit die Gesetzübertretung
stattgefunden hat, wird beschlagnahmt und dem
Besitzer nicht eher zurückgegeben, bevor es auf
seine voraus zu bezahlende Kosten beschaut und
nach den Vorschriften in Art 4 behandelt wurde.
Unbrauchbares Fleisch wird als Nahrungsmittel
vernichtet
Art 8. Rechtswidrige Entziehung des
Fleisches der zweiten Beschau, der Sterilisation
nach Art. 4 wird mit Geldstrafe von höchstens
800 fl. bestraft. Mit solchem Fleisch wird nach
Art. 7 Alinea 2 verfahren.
Art 9. Wenn bei den nach Art 7 und 8
strafbaren Übertretungen noch kein Jahr ver-
laufen ist, seit einer Bestrafung auf Grund dieser
Artikel, oder wegen anderer Übertretungen, die
nach diesem Gesetz unter Strafe gestellt sind
und eine höhere Berufung unmöglich ist, oder
die Geldstrafe bezahlt ist, wird die Höhe der
angedrohten Geldstrafen verdoppelt, oder es kann
an Stelle der Geldstrafe Gefängnisstrafe von
höchstens zwei Monate treten.
Art 10. Die nach diesem Gesetz als straf-
bar bezeichneten Handlungen werden als Über-
tretungen betrachtet.
Art 11. Mit der Ermittelung der Über-
tretungen werden die Polizei-Gendarmen, das
yVeeartsenijkundig Staatstoczicht'' (Distrikts-
veeartsen), die Douanen und die Reichsileisch-
und Reichshilfsfleischbeschauer beauftragt.
Beel.
Tagesgeschichte.
— Eine Robert Koch-Stiftuno zur BekAnpftanB
der Tuberkulose beabsichtigt ein Komitee ins
Leben zu rufen, das sich unter dem Vorsitz des
früheren Staatsministers von Studt gebildet
hat Den Anlaß bot die Wiederkehr des Tages,
an dem Robert Roch vor 25 Jahren (am
24. März 1882) die Entdeckung des Tuberkel-
bazillns bekannt gegeben hat Beiträge werden
vom Bankhause S. Bleichröder, Berlin, Behren-
straße 6B, entgegengenommen. Auskunft erteilt
Professor Dr. Schwalbe, Berlin, Am Karlsbad 5.
— Lehrstuhl für Mflohhygiene. An der Tier-
ärztlichen Hochschule zu Budapest ist ein be-
sonderer Lehrstuhl für Milchhygiene errichtet
worden. Die erste Tierärztliche Hochschule, die
die Milchhygiene unter die Lehrgegenstände auf-
nahm, ist bekanntlich die Berliner, an der nun-
mehr bereits seit 13 Jahren über „Sanitäts-
polizeiliche Milchkunde^ vorgetragen wird.
— Petitionen deo Vereins preuBlsoher Schlacht-
hofUerärztis. Nach den Beschlüssen der Haupt-
versammlung des Vereins preußischer Schlacht-
hoftierärzte hat der Vorstand an den Minister
für Landwirtschaft eine Eingabe gericht-et,
betreffend die Aufnahme der Maschinen-
kunde in den Lehrplan der tierärztlichen
Hochschulen, und eine zweite an die zustän-
digen Minister, Oberpräsidenten und Regierungs-
präsidenten wegen der Anstellung der
Schlachthof tierärzte als öffentlich recht-
liche Beamte und obere Gemeindebeamte,
ihrer angemessenen Besoldung, Hand-
habung des Einspruchsrechts gegen die
Anstellung von Schlachthoftierärzten,
Regelung des Disziplinarverfahrens für
festangestellte Schlachthof tierärzte,
Übertragung von Sitz und Stimme an die
Schlachthofleiter in den Verwaltungs-
dcputationen, Ausdehnung der Unfall-
fürsorge bei Unfällen im öffentlichen
Dienste auf die im öffentlichen Dienste
stehenden Schlachthoftierärzte (vgl.
17. Jahrgang dies. Zeitschr., S. 356/63).
— Öffentliche Schlachthöfe. Die Errichtung
öffentlicher Schlachthöfe ist beschlossen in
Schlochau, Putzig imd Oberndorf a. N.
Gänzlich umgestaltet wurde mit einem Kosten-
aufwand von 100 000 M. der öffentliche Schlacht-
hof in Jülich.
Erweiterungsbauten sind beschlossen worden
in Kolberg (neue Rinderhalle und neuer
Schweinestall, Vergrößerung der Schweine-
schlachthalle und des Brühraums), Janowitz
(allgemeine Vergrößerung), Nürnberg (neue
Kühlapparate), Weißenfels (allgemeine Er-
weiterung, Kostenbetrag 33 600 M.', Saalfeld
(Erweiterung und Vervollständigung, Kosten-
betrag 115 000 M.), Frankfurt a. M. (Eisfabrik
und Fleischhackerei, Kostenbeträge 70500 und
9900 M.).
— Ausschuß fUr die Verwaltung des gesamtea
Schlachthof betrlebo In Brannschweig. Durch § 2
— 69 —
des neuen Statuts zur Regelung des Schlacfathof-
betriebs in Braunschweig wird bestimmt, daß der
gesamte Betrieb einem Ausschufi unterstellt wird,
dem der Schlachthofdirektor als stimmführendes
Mitglied angehört, während zwei in den Aus-
schuß zu entsendende Schlächtermeister lediglich
als beratende Mitglieder beigeordnet sind.
— Regelung der Anttellnngs- und Gehalitver-
MUtniMe des Schlachthof direktore in Göttingen.
Nachdem die Göttinger städtischen Kollegien vor
etwa einem halben Jahr auf freiwilligen Vor-
schlag der Schlachthofkommission das Höchst-
gehalt des Schlachthofdirektors von 4200 M. auf
4800 M. erhöht hatten, ist vor einigen Tagen
durch Beschluß dieser Körperschaft dem je-
weiligen Direktor des Schlachthofes das Stimm-
recht als Mitglied der Schlachthofkommission
verliehen worden. Damit haben zwei Haupt-
wQnsche des Vereins preußischer Schlachthof-
tierärzte in hiesiger Gemeinde eine ebenso
schleunige wie befriedigende Erledigung ge-
funden. Da schon vor Jahren dem Direktor des
hiesigen Schlachthofes die Rechte als oberer
Gemeindebeamter, lebenslängliche Anstellung,
Pensionsberechtigung nebst Witwen- und Waisen-
versorgung zugestanden worden sind, dürfte die
Stadtverwaltung Göttingen in bezug auf die
nahezu vollständige Erfüllung aller der vom
Verein preußischer Schlachthoftierärzto an-
gestrebten Forderungen geradezu vorbildlich
anderen Gemeinden gegenüber, die sich noch ab-
lehnend verhalten, dastehen. Es muß besonders
hervorgehoben und anerkannt werden, daß diese
Beschlüsse nicht etwa die Folgen fortgesetzter
Petitionen von selten des Direktors, sondern der
eigenen Initiative des Magistrats zu ver-
danken sind. J.
— Ein hakteriologischec Lahoratorlum für den
Schlachthof ist in Kiel eingerichtet worden.
— Dao Betasten der zum Verkauf ausliegenden
Fleischwaren und das Mitbringen von Hunden In die
Flelscherllden ist nach dem Vorgang in andern
Städten nunmehr auch in Duisburg durch Polizei-
verordnung verboten worden.
— Wegen Üherschreltung seiner Flelschheschau-
befugnlsse war, wie im letzten Heft dieser Zeit-
schrift berichtet worden war, der Schlachthof-
meister und Fleischbeschauer K. in Liegnitz zu
einer Geldstrafe von 200 M. oder 50 Tagen Haft
verurteilt worden. Auf die Berufung des K.
hob die Strafkammer das erste Urteil auf und
erkannte auf Freisprechung. Es wurde, wie die
„Al\g. Fleischer -Zeitung** meldet, nur Fahr-
lässigkeit angenommen. Auf ein fahrlässiges
Verschulden fänden aber in diesem Falle die Straf-
bestimmungen des Fleischbeschaugesetzes keine
Anwendung.
— Wegen Zusatzes rotgofarbter Gelatine zur
Wurst (sog. Preßkopf) sind fünf Metzgermeister
in Aachen zu Geldstrafen verurteilt worden.
^ Wegen fahrlässiger TStung durch Ver-
arbeltenlassen undeslnflzlerter Tierhaare ist nach
der „Allg. Fleischer-Zeitung" der Produkten-
händler F. R. von der Strafkammer des Land-
gerichts Altona zu einem Monat Gefängnis
verurteilt worden. R. hatte 24 Säcke orien-
talische Rinderhaare durch sieben Personen
sortieren lassen, von denen drei an Milzbrand
erkrankten und eine der Erkrankung erlag.
— Vor dem Zusatz von Salpeter zu Hackfleisch
zwecks Roterhaltung warnt die Polizeibehörde zu
M.- Gladbach mit der Androhung, daß für die
Folge in allen wiederkehrenden Fällen Straf-
antrag gestellt werde. (In Hackfleisch wird
das Vorhandensein von Salpeter nicht voraus-
gesetzt. Femer ist der Zusatz geeignet, die
Ware länger rot zu erhalten als normal und so-
mit über ihre Frische und ihren wahren Wert
zu täuschen. Deshalb kann der Zusatz von
Salpeter zu Hackfleisch als Verfälschung auf-
gefaßt werden. D. H.)
— Wissenschaftliche Untersuchungen über den
Vorgang der P5kelung sollen an der Illinois-
Universität in den Vereinigten Staaten ausgeführt
werden. Welche Bedeutung diesen Untersuchungen
beigemessen wird, darf daraus gefolgert werden,
daß man sich hierbei des Rats und der Kontrolle
der Professoren Abel -Baltimore, Chittenden-
Jale, Grindly- Illinois und des Entdeckers der
Ätiologie des Texasfiebers Theobai d Smith-
Boston versichert hat.
~ Fleischvergiftung. Der Besitzer Seh. ist
vom Landgericht Weiden zu drei Monaten
Gefängnis verurteilt worden, weil er gesundheits-
schädliches Fleisch in den Verkehr gebracht hatte.
Er hatte eine Kuh mit einer Wunde, aus der
sich ständig Eiter entleerte, für 17 M. gekauft
und das Fleisch an zwei Familien veräußert, die
nach dem Genuß an Durchfall erkrankten.
— Erneute Erkrankungen nach Genuß von ge-
pttkelter Gänsebrust. Nach der „ Allg. Fleisch.-Ztg.''
ist eine größere Zahl von Kunden des Händlers
G., die von diesem gepökelte Gänsebrust gekauft
haben, zum Teil so schwer erkrankt, daß ihre
Überführung in Krankenhäuser erforderlich wurde.
G. kauft Gänse bei den in der Zentralmarkthalle
stattfindenden Auktionen und verarbeitet sie hier-
auf weiter.
Nach derselben Quelle sind in Rixdorf
zwei Personen nach Genuß gebratener Gans
unter Vergiftungserscheinungen erkrankt
— Ein Milchmerkblatt ist vom Kaiserlichen
Gesundheitsamt bearbeitet und herausgegeben
- 70 —
worden. Es kann einzeln zum Preis von 10 Pf.
vom Verlage von Julius Springer bezogen werden.
— Über die Beechafrenbeit der naob Berlin eln-
gefObrtea diniacben MIlob hat B. Pros kau er in
seinem früheren Amt als Abteilungsvorsteher am
Institut für Infektionskrankheiten zu Berlin
Untersuchungen angestellt, deren Ergebnisse er
in Bd. 57 der Zeitscbr. ftir Hygiene veröffentlicht
und in folgenden Sätzen zusammenfaßt:
,,Der Keimgehalt der dänischen Milch war
im Sommer sowohl wie im Winter ein höherer,
als derjenige der Berliner Handelsmilch. Außer-
dem neigte die dänische Milch etwas mehr zur
Säuerung und Gerinnung als die Berliner Milch.
Die pommersche Milch, die zu gleicher Zeit wie
die dänische am Stettiner Bahnhof zur Ab-
nahme gelangte, war keimärmer und in vielen
Fällen haltbarer als die dänische und die aus
dem Berliner Handel herrührende Milch. Nach
dem vorstehenden kann man zusammenfassend
sagen, daß unter Berücksichtigung der Transport-
verhältnisse die dänische Sommermilch der im
Berliner Verkehr befindlichen Milch in bio-
logischer Beziehung im allgemeinen nur wenig
nachsteht, sie in chemischer Hinsicht sogar über-
trifft. Man kann sie vom hygienischen Stand-
punkt aus für den Handel als zulässig erklären.
Dagegen ist sie zur Ernährung von Säug-
lingen in der festgestellten Beschaffen-
heit ebensowenig geeignet, wie die
Wintermilch. In Betracht käme wohl noch
der Preis der dänischen Milch. Diese Frage ist
vom hygienischen Standpunkt aus bei einem
unentbehrlichen Nahrungsmittel ein sehr zu be-
achtender Faktor. Inwieweit durch Einführung
dänischer Milch einer etwa unberechtigten Preis-
steigerung der Berliner Marktmilch entgegen-
gewirkt wird, entzieht sich indessen unserer
Beurteilung.^
Die Untersuchungen Proskauers haben
mithin die von mir vertretene, von den Milch-
händlem und ihren Hintermännern scharf be-
kämpfte Ansicht bestätigt, daß die nach Berlin
eingeführte dänische Milch als Säuglingsmilch
nicht geeignet ist. Auf den weiteren Inhalt der
Arbeit soll demnächst zurückgekommen werden.
0.
— Ein Informationskursus, betreffend genossen-
schafUicbe Vfehverwertung wird auf Anregung der
Zentralstelle der preußischen Landwirtschafts-
kammer vom Reichsverband der deutschen Land-
wirtschaftlichen Genossenschaften in Gemein-
schaft mit der genannten Zentralstelle vom
29. Oktober bis 2. November in Berlin ab-
gehalten.
— Viehzählung. Auf Beschluß des Bundes-
rates findet im Deutschen Reiche am 2. Dezember
d. J. eine allgemeine Viehzählung statt. Gleich-
zeitig wird die Zahl der in der Zeit vom 1. De-
zember 1906 bis einschließlich 30. November 1907
vorgenommenen Haus seh lach tun gen ermittelt
werden.
— Die HerbelfObning einer Intematlsnalen
Konferenz für die Vereinbarung einbeltlioher Unter-
suebungsmetboden von Nabrungsmittoln ist vom
Ackerbauministerium der Vereinigten Staaten
von Nordamerika geplant.
— Der nächste Internationale Tuberkulose-
icongreß wird 1908 in der Zeit vom 21. September
bis zum 12. Oktober in Washington stattfinden.
Generalsekretär ist Dr. John S. Fulton,
Washington, Colorado Building 810, Vorsitzender
der Sektion für die Beziehungen zwischen
Tier- und Menschentnberkulose der Dekan
der Veterinärfakultät an der Universität Phila-
delphia, Dr. Leonard Pearson.
— Verein der Schlacbtbofüerärzte der Rbofn-
provinz. Einladung zu der am Sonntag, den 17. No-
vember 1907, vormittags 11 Uhr im Gürzenich
zu Köln, Martinstraße, stattfindenden 31. Vereins-
versammlung.
Tagesordnung:
1. Geschäftliche Mitteilungen und Standes-
angelegenheiten.
2. Kassenbericht.
3. Neuwahl des Vorstandes.
4. Bericht über den XIV. Internationalen
Kongreß für Hygiene und Demographie.
Berichterstatter Bockelmann- Aachen.
5. Die Beurteilung der tuberkulösen Schlacht-
tiere nach den neuen gesetzlichen Be-
stimmungen. Berichterstatter : Haffner-
Düren.
6. Demonstrationen zur Frage des Altera des
Federwildes. Berichterstatter: Dr. Cle-
visch-Köln.
7. Tag* und Ort der nächsten Versammlung.
Nach der Sitzung, um 2 Uhr nachmittags,
gemeinschaftliches Mittagsmahl im Quatermarkt-
saale des Gürzenich.
Kollegen als Gäste willkommen.
Trier, den 20. Oktober 1907.
Der Vorstand.
L A.: Dr. Bützler, 1. Schriftführer.
— Verein der SoMachtboftlerirzte Wootfüono.
Einladung zu der am Sonntag, 1 . Dezember 1907,
vormittags 11 Uhr, zu Hagen, im weißen Saale
des Hotels Glitz, Elberfelderstraßel, stattfindenden
Versammlung.
Tagesordnung:
1. Geschäftliches.
2. Aufnahme neuer Mitglieder.
3. Rechnungslage.
— 71 ~
4. Yorschlftge zu den Bestimmungen fiber die
Ermittlung des Schlachtgewichts; Referent:
Schlachthof direkter C 1 a u s e n - Hagen.
5. Pflichten und Rechte der Schlachthof-
tierärzte; Referent: Schlachthofdirektor
K r e k e l e r - Recklinghausen.
6. Besprechung ttber den gegenwärtigen Stand
der Milchkontrolle und Säuglingsmilch-
anstalten an Schlachthöfen.
7. Mitteilungen aus der Praxis.
8. Beschlußfassung ttber Ort und Tag der
nächsten Versammlung.
Nach der Sitzung ündet ein gemeinsames
Mittagessen statt; Gäste sind willkommen.
Haspe, 25. Oktober 1907.
Der Vorstand.
I. A.: Dr. Kirsten, Schriftführer.
Nachruf.
Am 25. August 1907 verschied nach längerem
Leiden der Schlachthausverwalter zu Lippstadt,
Herr Tierarzt Hermann Wysocki.
Hugo Hermann Wysocki wurde geboren
am 21. März 1845 zu Brzenskowitz in Schlesien.
Seine Jugend verlebte er in Breslau und be-
suchte daselbst die Realschule zum heiligen Geist.
Von 1864- 68 studierte er Tierheilkunde in Berlin
und war sodann b:s zum Jahre 1877 nach Ab*
legung des Staatsexamens als Tierarzt im 4. Hu-
saren-Regiment in Strehlen tätig; darauf prak-
tizierte er bis 1883 in Warin i. Mecklbg. Am
1. November desselben Jahres erfolgte seine Be-
rufung zum Leiter des neuerrichteten Schlacht-
hofes in Lippstadt, welche Stelle er bis zu
seinem Tode inne hatte.
Der unterzeichnete Verein, der noch vor
kurzer Zeit zwei seiner Mitglieder durch den Tod
verlor, ist durch den Heimgang des Kollegen
Wysocki von neuem in tiefe Trauer versetzt.
Auch er zählte zu den Mitgründern des Vereins
der Schlachthoftierärzte Westfalens und hat als
solcher stets regen Anteil an unseren Beratungen
und Versammlungen genommen.
Sein freundliches und ungekünsteltes Wesen
gewann ihm die Herzen aller Kollegen, die Ge-
legenheit hatten, ihn näher kennen zu lernen.
Bieder und anspruchslos, freundlich und liebens-
würdig gegen jedermann, das sind die haupt-
sächlichsten Charaktereigenschaften, die den
Verstorbenen auszeichneten.
Leider war er durch den frühen Tod seiner
Gattin verwaist; diese Lücke in seinem Familien-
leben füllten jedoch mit aufopfernder Liebe seine
Kinder aus, die ihn bis zu seinem Lebensende
treusorgend umgaben. Es war ihm nicht mehr
vergönnt, die Segnungen eines wohlverdienten
Ruhestandes, in den er sich in kurzem versetzen
lassen wollte, zu genießen; er starb als pflicht-
treuer Beamter in den Sielen.
Der Verein ehrte das Andenken seines Mit-
gliedes durch Niederlegung eines prächtigen
Lorbeerkranzes mit entsprechender Widmung
am Sarge des Entschlafenen.
Sein Name aber wird bei uns stets in Ehren
genannt werden, und sein echt kollegialisches
Wesen ein Vorbild sein für kommende Ge-
schlechter.
Er ruhe in Frieden!
Der Vorstand
des Vereins der Schlachthoftierärzte Westfalens.
L A.: Dr. Kirsten, Schriftführer.
Personalien.
Gewählt: 1. Schlachthoftierarzt Dr. Heine -
Hannover zum Schlachthof direktor' in Duisburg;
die Tierärzte Dr. AdolfBitterich zum Schlacht-
hoftierarzt in Mannheim; Dr. Hans Brysch-
Wünschelburg zum Schlachthof tierarzt in Rybnik ;
A.W.Dumont zum Schlachthoftierarzt inGleiwitz
i. Schi.; Max Mayer-München zum Schlachthof-
tierarzt in Dortmund; Christian Schlenker-
Schwennigen zum Schlachthaustierarzt in Frei-
burg i. Baden.
Auszeichnungen: Es wurde verliehen: Geh.
Regierungsrat Professor Dr. Munk und Geh. Re-
giemngsrat Professor Dr. Roeckl in Berlin der
Preußische Rote Adlerorden HL Klasse mit der
Schleife. Geh. Oberregierungsrat Dr. Lydtin in
Baden-Baden wurde zum Offizier der französischen
Ehrenlegion ernannt. Professor Dr. Joest in
Dresden ist der Titel Modizinalrat verliehen worden.
Vakanzen.
Brilon i. Westf.: Ambulatorische Fleisch-
beschau, Zuschuß 1300 M. jährlich. Bewerbungen
an den Magistrat.
Hannover: Schlachthoftierarzt.
Herrenalb (Schwarzwald): 1300 M. Fixum
für Fleischbeschau. Bewerbungen an das Stadt-
schultheißenamt.
Lippstadt: Schlachthof Verwalter, 2500 M.,
steigend alle 3 Jahre um 300 M. bis 4000 M.,
freie Wohnung, Licht, Heizung. Meldungen an
den Magistrat.
Moers: Schlachthof leiter, 3000 M., steigend
alle 3 Jahr um 300 M. bis 4500 M. Meldungen
an den Bürgermeister.
Rügenwalde: Schlachthof Inspektor, 2100M.
Gehalt, sowie Wohnung und Feuerung. Privat-
praxis gestattet. Bewerbungen an den l^fagistrat.
— 72 —
Naohtrag.
Tafelerklärung
zu
Lenfers, Histologie der Milchdrüse des Rindes.
(Vgl. Heft 10/18 des 16. Jahrgänge! dieaer Zeitschrift.)
Sämtliche AbbilduDgen sind mit dem Zeicbeooknlar
aufgenommen und autotypisch etwas verkleinert
Fig. 1* Milchdrüsenläppchen vom Rind, drei Jahre alt, noch nicht gekalbt Radiäre
Anordnung der Läppchen um einen AusfÜhrungsgang. Tubnli teils hohl, teils ohne Lichtung, von
Zylinder- und hohem Pflasterepithel ausgekleidet, zellenreiches interalveoläres, zellenarmes inter-
lobuläres Bindegewebe. Schwache Vergrößerung.
Fig. 2« Alveolarepithel der Milchdrüse eines 23 Monate alten Rindes. Zwischen den
Zylinderzellen vereinzelte Leukozyten. Am oberen Rande ist das Epithel leicht schief getroffen.
Zeiß, Apochr. Ölimm. 2 mm. Zeichenokular.
Fig* 8« Milchdrüsenläppchen vom Rind, ein Jahr alt, nicht gekalbt, sehr fett Enge
Alveolen, viel Bindegewebe. Seibert, Apochr. 6 mm.
Fig. 4. Zwei angrenzende Milchdrüsenalveolenstücke vom Rind, 2^4 Jahre, 25 Wochen
tragend. Drüse kolostrierend. Papillenförmige Protoplasmaerhebungen.
Fig. 4a« Wandteile von drei angrenzenden Milchdrüsenalveolen desselben Rindes wie 4.
Grenzbezirke der kolostrierenden Drüse. Zeiß, Apochr. ölimm. 2 mm. Teilweise papillenförmige
Erhebungen der Zellprotoplasma.
Fig. 5. Milchdrüsenalveole von demselben Rind wie 4 und 4a. Zeiß, Apochr. ölimm.
2 mm. Siehe Text
Fig. 6. Wandteil einer Milchdrüsenalveole von der Kuh, sechs Jahre alt, milchend.
Zeiß, Apochr. ölimm. 2 mm. Starke Fettbildung im Epithel.
Fig. 7. Milchdrüsenalveole von einer Kuh, fünf Jahre alt, infolge Geburt gestorben.
Drüse kolostrierend. Zeiß, Apochr. Ölimm. 2 mm. Mäßig starke Fettbildung, Zellen und Kerne im
Alveolarinhalt
Fig. 8. Wandteile zweier anstoßender Milchdrüsenalveolen von demselben Rind wie 4—5.
Zeiß, Apochr. ölimm. 2 mm.
Fig. 9. Milchdrüsenalveole von der Kuh, sieben Jahre alt, vor acht Monaten gekalbt,
schwach milchend. Zeiß, Apochr. Ölimm. 2 mm. Papillenförmige Erhebungen des Zellprotoplasma.
Fig. 10. Alveolen einer dunklen Stelle der Milchdrüse von der Kuh, sechs Jahre alt,
vor zwei Jahren gekalbt, milchend. Zeiß, Apochr. 4 mm. Bindegewebsarmut, sezernierendes Epithel.
Fig. 11. Alveolen einer hellen Stelle der Milchdrüse von derselben Kuh wie 10. Zeiß,
Apochr. 4 mm. Bindegewebsreich, hohes Epithel.
Fig. 12. Wandteil einer „kolostrierenden^ Milchdrüsenalveole von der Kuh, sieben Jahre
alt, vor acht Monaten gekalbt, schwach milchend. Zeiß, Apochr. ölimm. 2 mm. Zweikemige
Epithelzelle.
Fig. 18. Dasselbe von einer Kuh, sechs Jahre alt, mittelmäßig milchergiebig.
Fig. 14. Von derselben Kuh wie 4—5.
Flg. 15. Von derselben Kuh wie 13.
Verantwortlicher Redakteur (ezkL Inseratenteil): Profi Dr. OaterUg in Berlin. ~ Verlag von Richard SchoeU in Berlin.
Zeitschrift
fOr
Fleisch- und Milchhygiene.
Achtzehnter Jahrgang.
Deseaiber 10O7.
Heft 3.
Original-Abhandlungen.
(Naehdraek Terboten.)
(Aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte.)
Die Anwendung des biologischen Verfahrene
zum Nachweis von Pferdefleisch.
Von
Dr. med. Wefdanz,
wiMoniebaftl. Hilfsarbeiter im Kaiserl. Qesundheitoamt.
Die Entdeckung der Präzipitine durch
Bordet und Tsistowitsch hat zuerst
Uhlenhuth praktisch zu verwerten ge-
sucht, indem er auf Grund eingehender
Untersuchungen eine Methode ausarbeitete,
die es ermöglichte, Menschen- und Tier-
blut mit Sicherheit zu unterscheiden.
Sein Verfahren, das sich als durchaus
sicher erwiesen hat, ist durch amtliche
Verfügungen bereits im In- und Aus-
lande far die gerichtsärztliche Praxis
empfohlen worden und hat sich hier in
kurzer Zeit als unentbehrlich erwiesen.
Die strenge Spezifität der biologischen
Seaktion legte den Gedanken nahe, die
gleiche Methode auch für die Erkennung
der verschiedenen Fleischsorten anzu-
wenden, oder mit anderen Worten sie fttr
die Fleischbeschau- und Nahrungs-
mittel-Prüfung mit heran zuziehen. Eine
derartige Anwendung des biologischen Ver-
fahrens wurde zuerst von Uhlenhuth
und Jeß empfohlen; die von ihnen an-
gegebene Methode der Fleischuntersuchung
fand durch weitere Arbeiten von Pior-
kowski, Nötel, Mießner und Herbst,
v.Riegler,Gröning,Ruppin, Schmidt,
Schütze, Ostertag u.a. volle Bestätigung.
Beschäftigen wir uns nun zunächst
mit der Anwendung und dem Wert des
biologischen Verfahrens für die Fleisch-
beschau. Ehe ich hierauf näher eingehe,
will ich mit kurzen Worten die für die
Einfuhr von Fleisch in Deutschland vor-
geschriebenen Maßnahmen besprechen.
Das in das Inland eingehende
frische Fleisch darf nur in ganzen
Tierkörpern, zubereitetes Fleisch
(Pökel-, Salz- und geräuchertes
Fleisch usw.) dagegen nur in
Stücken, die mindestens 4 kg
schwer sind, eingeführt werden. Die
Einfuhr von Fleisch in luftdicht
verschlossenen Büchsen oder in
ähnlichen Gefäßen, sowie von
Würsten und sonstigen Gemengen
aus zerkleinertem Fleische ist ver-
boten; ebensowenig darf Hunde-
fleisch sowie zubereitetes Fleisch,
welches von Pferden, Eseln, Maul-
tieren, Mauleseln oder anderen
Tieren des Einhufer-Geschlechtes
herrührt, eingeführt werden.
Da frisches Fleisch nur in ganzen
Tierkörpem eingeführt werden darf, wird
es bezüglich seiner Herkunft zu Ver-
wechslungen kaum Veranlassung geben
können. In der Praxis würde es sich
nur darum handeln, daß zubereitetes
Fleisch von Pferden und verwandten
Tieren unter falscher Deklaration einzu-
führen versucht würde.
Der bei der Auslandsfleischbeschau
als Sachverständiger fungierende Tierarzt
wird in der Regel schon bei einfacher
makroskopischer Besichtigung die Her-
kunft des Fleisches bestimmen können.
Erweckt aber das Fleisch infolge der
Farbe der Muskulatur, Farbe und Kon-
sistenz des Fettgewebes, Hervortreten
der Faszien den Verdacht, daß es sich
— 74 —
nm Pferdefleisch handeln könnte, so hat
gegenwärtig die chemische Untersuchnng
stattznfinden. Hierfür sind folgende
Methoden maßgebend:
1. Verfahren, welches anf der
Bestimmung des Brechungs-
Vermögens des Pferdefettes
beruht.
2. Verfahren, welches auf der
Bestimmung des Glykogens
beruht.
Für den FaU, daß nach diesen beiden
Methoden einander widersprechende Er-
gebnisse erhalten werden, kommt ein
drittes Verfahren zur Anwendung,
welches auf der Bestimmung der
Jodzahl des Fettes beruht.
Das Ergebnis der letzteren gibt dann
den Ausschlag.
Es ist also keine dieser drei Metho-
den far sich allein entscheidend. Beweis-
kräftig sind erst die übereinstimmenden
Resultate zweier Methoden.
Die in der angegebenen Weise statt-
findende Untersuchung auf Pferdefleisch
ist ziemlich weitläufig. Einfacher und
deshalb mehr berücksichtigenswert dürfte
das biologische Verfahren sein, das eine
sichere Erkennung von Pferdefleisch, ganz
unabhängig von dem grobsinnlichen Be-
ftinde des Fleisches, ermöglicht.
Umfangreiche Untersuchungen, die
ich zu diesem Zwecke unter Leitung von
Herrn Geh. Rat Uhlenhuth im Kaiser-
lichen Gesundheitsamt an frischem, ge-
pökeltem, geräuchertem und faulendem
Fleische vorgenommen habe, haben die
praktische Verwertbarkeit des biologischen
Verfahrens für die Fleischbeschau er-
wiesen.
Die wissenschaftlichen Grund-
lägen des biologischen Verfahrens beruhen
bekanntlich auf der Tatsache, daß das
Blutserum von Kaninchen, die mit einer
bestimmten Eiweißlösung eingespritzt
worden sind, die Eigenschaft besitzt, in
der zur Einspritzung benutzten Eiweiß-
lösung einen Niederschlag hervorzurufen,
und zwar nur in dieser, nicht aber in
anderen Eiweißlösungen. Ein mit Pferde-
fleischeiweiß resp. Pferdeblnteiweiß ein-
gespritztes Kaninchen liefert ein Serum,
welches in Pferdefleischlösungen einen
Niederschlag erzeugt, nicht aber in den
Fleischlösungen anderer Tiere, mit Aus-
nahme des dem Pferde verwandten Esels.
Man kann also auf diese Weise Pferde-
fleisch von anderen Fleischarten (abge-
sehen vom Eselfleisch) mit Sicherheit
unterscheiden. In gleicher Weise kann
man jede Fleischart mit Hilfe eines
speziflschen Serums erkennen, und zwar
nicht nur in frischem, sondern auch in
geräuchertem oder gepökeltem Zustande.
Auch kann man auf diesem Wege die
Zusammensetzung von Wurst und anderen
Räucherwaren bzw. der verschiedenen
Fleischarten analysieren. Nur bei ge-
kochtem Fleisch versagte bisher die
Reaktion, weil durch das Kochen die
reaktionsfähigen Eiweißkörper verändert
werden. Die mit Hilfe dieser biologischen
Methode noch nicht gelungene Difieren-
zierung von Pferde- und Eselfleisch, die
übrigens auch mit Hilfe der chemischen
Methoden nicht gelingen dürfte, spielt
praktisch kaum eine Rolle.
Zu einer exakten biologischen Fleisch-
untersuchung gehört in erster Linie ein
brauchbares, hochwertiges, spezi-
fisches Serum und ein erfahrener
Sachverständiger.
Auf die Herstellung und sterile Ge-
winnung der Sera, so interessant und
wichtig dieselbe auch für den Sach-
verständigen ist, kann ich an dieser
Stelle nicht näher eingehen. Ich verweise
auf die einschlägigen Arbeiten von
Uhlenhuth 1) u. a. Erwähnt seien hier
noch die Versuche von W. A. Schmidt^)
aus Kairo. Dem Autor gelang es, mit
filtriertem Fleischpreßsaft — im Gegensatz
*) Uhlenhuth, Das biologische Verfahreu
zur Erkennung und Unterscheidung von Menschen-
und Tierblut usw. Verlag von Gustav Fischer,
Jena 1905.
— 75 -
zu dem nnfiltrierten Saft — hochwertige
Antisera zu erhalten, Sera, die nicht nur
reich an Mnskeleiweiß-, sondern auch an
Bluteiweißpräzipitin waren.
Bei der Ansfahmng der biologischen
Untersnchnng sind allgemeine Arbeits-
grundsätze zu beachten:
1. Alle Gefäße und Instrumente,
die irgendwie mit der Reaktion
in Verbindung stehen, müssen
steril sein.
2. Sämtliche Flüssigkeiten, die
bei der Ausführung der Me-
thode benutzt werden, müssen
absolut klar sein.
Um alle Fehlerquellen bei der bio-
logischen Reaktion mit Sicherheit aus-
schließen zu können, sind außerdem noch
zahlreiche Kontrollen notwendig;
sie haben den Beweis zu fahren, daß
das zur Verwendung kommende Serum
nur auf Pferdefleisch präzipitierend wirkt,
und nicht bereits in der zur Verdünnung
der Untersuchungslösung gebraucliten
physiologischen Kochsalzlösung, und daß
zweitens normales Kaninchenserum, der
Untersuchungsflüssigkeit zugesetzt, in
dieser keinen Niederschlag hervorruft.
Das biologische Verfahren 2) zum Nach-
weis von Pferdefleisch, wie es von Henn
Geheimrat Uhlenhuth und mir ausge-
arbeitet ist, ist kurz folgendes:
Mit einem ausgeglühten oder ausge-
kochten Messer nimmt man aus der '
Tiefe des möglichst mageren Fleisch- ■
Stücks etwa 30 Gramm von einer frisch [
hergestellten Schnittfläche. Bei sehr i
zähem Fleisch wird es sich empfehlen, '
die Zerkleinerung desselben mit Hilfe !
eines ausgekochten Hack- oder Wiege-
*) Schmidt, W. A. Untersuchung über die
Erzeugung hochwertiger Mnskeleiweiß-Antisera
für die FleischdifFerenzierung. Biochemische !
ZeitÄchrift, V. Bd. 5. u. 6. Heft. 1907. !
^) Die ausführliche Beschreibung des bio- '
logischen Verfahrens wird demnächst in den '
Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamt ver- |
öfiFentlicht werden. i
messers auf einer sauberen Unterlage
vorzunehmen. Die zerkleinerte Fleisch-
masse wird dann zweckmäßig auf dem
Boden eines sterilen, etwa 100 ccm
fassenden Erlenmeyerschen Eölbchens
fein verteilt und mit etwa 50 ccm steriler
0,85 proz. Kochsalzlösung Übergossen.
Das Gemisch bleibt dann zwecks Aus-
laugung der im Fleisch vorhandenen
Eiweißsubstanzen etwa drei Stunden bei
Zimmertemperatur oder auch über Nacht
im Eisschrank stehen und darf, um eine
klare Lösung zu erhalten, nicht ge-
schüttelt werden. Um zu erkennen, ob
die fllr die biologische Reaktion nötige
Menge Eiweiß in Lösung übergegangen
ist, gießt man ungefähr 2 ccm von der
Lösung in ein steriles Reagenzglas und
schüttelt sie tüchtig durch. Entwickelt
sich dabei ein feinblasiger Schaum, der
längere Zeit stehen bleibt, so ist die
Lösung brauchbar. Die zu untersuchende
Eiweißlösung muß für die Anstellung der
biologischen Reaktion vollständig klar
sein. Um das zu erreichen, muß sie
filtriert werden.
Gewöhnlich gelingt es durch Filtration
mit gehärteten Papierfiltern eine klare
Lösung zu erhalten, sollte man auf diese
Weise nicht zum Ziele kommen, so wendet
man zweckmäßig Berkefeld'sche Kieselgur-
kerzen oder ausgeglühte Kieselgur auf
Büchner'schen Trichtern an. Die fiir die
biologische Reaktion als zweckmäßig ge-
fundene Fleisch-Eiweißlösung enthält in
dreihundert Teilen physiologischer Koch-
salzlösung einen Teil Fleischeiweiß. Einen
solchen Verdünnungsgrad, den man sich
in der Praxis nur empirisch herstellen
kann, erkennt man, abgesehen von der
beim Schütteln entstehenden Schaum-
bildung, an dem Ausfall der mit einer
kleinen Menge von etwa 1 ccm ange-
stellten Kochprobe unter dem Zusatz
einiger Tropfen Salpetersäure. Bei der
erreichten Verdünnung von 1:300 ent-
steht bei dieser Reaktion eine opalisierende
Kiweißtrübung, die sich nach etwa fiinf
- 76 —
Minuten langem Stehen, als eben noch
erkennbarer flockiger Mederschlag zu
Boden senkt. Da die vorschriftsmäßig aus-
gelaugte Fleischeiweiß-Lösung im allge-
meinen viel konzentrierter ist, so muß die-
selbe meist solange mit steriler Kochsalz-
lösung verdttnnt werden, bis die Salpeter-
säure-Kochprobe den richtigen Grad der
Verdäunnng anzeigt. Vor dem Ansetzen des
Versuches ist die Untersuchungslösung
noch auf ihre Seaktion zu prüfen; sie soll
neutral oder schwach alkalisch reagieren.
Saure Lösungen, meist bedingt durch
Fleischmilchsäure, werden zweckmäßig
durch 0,1 proz. Sodalösung oder nach
Schmidt mitMagnesiumoxyd neutralisiert.
Für die Ausführung der biologischen
Methode benfitzt man ein kleines Reagenz-
glas-Gestell (nach Uhlenhuth), in welches
sechs saubei-e Beagenzröhrchen von je
11 cm Länge und 0,9 cm Durchmesser ge-
hängt werden. Die Röhrchen sind auf dem
Holzgestell mit Nummern Ibis 6 bezeichnet.
Mit einer sterilen Pipette werden in
Röhrchen 1 und 2 je 1 ccm der zu unter-
suchenden 1:300 yerdttnnten, vollständig
klaren Eiweißlösung gebracht. InRöhrchen
3 wird 1 ccm einer ebenfalls klaren, aus
Pferdefleisch in gleicher Weise herge-
stellten Lösung eingeftillt. Die Röhrchen
4 und 5 werden mit je 1 ccm einer ebenso
hergestellten Schweine- und Rindfleisch-
lösung beschickt. In Röhrchen 6 wird
1 ccm steriler 0,85 proz. Kochsalzlösung
gegossen. Zu den verschiedenen Lösungen
müssen beim Einftillen in die einzelnen
Röhrchen sterile Pipetten benutzt werden.
Zu den einzelnen, mit je 1 ccm Lösung
gefüllten Röhrchen wird mit Ausnahme
von Röhrchen 2 je 0,1 ccm klares hoch-
wertiges, von Kaninchen gewonnenes
Pferde-Antiserum zugesetzt, während in
Röhrchen 2 0,1 ccm normales vollständig
klares Kaninchen-Serum gegeben wird.
Das zugesetzte Serum sinkt in den
Röhrchen in der Regel zu Boden; die
Röhrchen dürfen nach dem Serum-Zusatz
nicht geschüttelt werden.
Beorteilimg des BoftndM.
Tritt in Röhrchen 1 ebenso wie in
Röhrchen 3 nach etwa fünf Minuten eine
hauchartige, in der Regel am Boden des
Röhrchens beginnende Trübung auf, die sich
innerhalb weiterer fünf Minuten in eine
mehr wolkige umwandelt und sich weiter-
hin als Bodensatz absetzt, während die
Lösungen in den übrigen Röhrchen völlig
klar bleiben, so handelt es sich um Pferde-
fleisch, falls Eselfleisch auszuschließen ist.
Die Reaktion soll bei Zimmertemperatur
ausgeführt werden. Später entstehende
Trübungen, die nach etwa einer halben
Stunde, ja sogar nach 1—24 Stunden auf-
treten, dürfen als positive Reaktion nicht
aufgefaßt werden. Die Reaktion maß
nach spätestens 30 Minuten als abge-
schlossen angesehen werden. Zur besseren
Beobachtung der Trübung werden die
Röhrchen bei durchfallendem Tages- oder
künstlichem Lichte betrachtet, indem
zwischen Lichtquelle und Reagenzglas
eine schwarze Fläche (schwarzes Heft
oder desgleichen) geschoben wird.
Um die Zuverlässigkeit der in der
angegebenen Weise ausgeführten Methode
nach jeder Richtung hin zu prüfen, habe
ich, wie bereits erwähnt, umfangreiche
Untersuchungen an frischem, gepökeltem,
geräuchertem, faulendem und gekochtem
Fleisch vorgenommen.
Auf Grund dieser Untersuchungen läßt
sich bezüglich der biologischen Reak-
tionen bei verschiedenartig vorbehandeltem
Fleisch der Schluß ziehen, daß die Aus-
laugungsfähigkeit und die spezifische Re-
aktion bei frischem Fleische schneller vor
sich geht, wie bei zubereitetem Fleische
(Pökel- und Rauchfleisch), daß aber eine
erhebliche Verzögerung der Reaktion bei
Fleisch eintritt, welches durch Hitze, aber
nur unter 65^ C, geschädigt ist, wie das
bei geräuchertem Fleisch oft der Fall ist
Da bei gut durchgekochtem Fleisch
und bei reinem Fettgewebe, die für die
Reaktion erforderlichen löslichen Eiweiß-
körper nicht zu gewinnen sind, so versagt
— 77 —
hier die Methode vollständig. Es müssen
daher in solchen Fällen die chemischen
Methoden (Jodzahl- nnd Befraktometer-
zahl) wieder in ihr Becht treten.
Wie verhält es sich nan mit der Brauch-
barkeit der obigen Methoden zum Nach-
weis von Pferdefleisch beim Nahrungs-
mittelgesetz, wo es sich um die Unter-
suchung von
1. kleinen Fleischstücken, die von
allen möglichen Tieren her-
rühren können,
2. Fleischgemischen, z. B. Hack-
fleisch und Wurst, handelt?
Was die Beantwortung der ersten Frage
anbetrifft, so haben die von mir in Ge-
meinschaft mit Wedemann gemachten
Untersuchungen ergeben, daß die bio-
logische Methode, falls es sich nicht um
gekochtes Fleisch handelte, immer ein-
wandfreie Besultate lieferte, während die
chemischen Methoden, wie bekannt, hier
vollkommen versagten.
Genfigten ftr das biologische Verfahren
bereits stecknadelkopfgroße Mengen von
Untersuchungsmaterial, um den Nachweis
von Pferdefleisch zu erbringen, so stieß
dagegen die Bestimmung der Jod- und
Beiraktometerzahl selbst bei einem 25
Gramm schweren Stück Pferdefleisch auf
Schwierigkeiten, weil aus dem Unter-
suchungsmaterial nicht die genügende
Menge von Fett extrahiert werden konnte.
Ebenso war es unmöglich, von einem
jungen, wilden Kaninchen das far diese
Bestimmung nötige Fett zu erhalten, trotz-
dem das ganze Tier vollständig zerkleinert
und ausgekocht wurde. Weiterhin ist für
die chemischen Methoden hier noch zu
berücksichtigen, daß das Fett vieler Tiere
Jod- und Befraktometerzahlen aufweist,
die innerhalb oder in der Nähe der Grenz-
werte des Pferdefettes liegen, daß also
häufig Verwechslungen mit Pferdefett
unbedingt vorkommen müßten.
Im allgemeinen wird für das Nahrungs-
mittelgesetz praktisch die Untersuchung
von kleinsten Fleischstückchen keine große
Bolle spielen. Weit wichtiger ist hier
aber der Nachweis von Pferdefleisch
in Fleischgemischen, vor allem in
der Wurst.
Auch hier ermöglicht das biologische
Verfahren eine ausreichende, sichere Er-
kennung des Pferdefleisches; die Methode
versagt bisher nur bei gekochten Würsten.
Bei 150 untersuchten Wurstproben war es
mir nur in drei Fällen nicht möglich — es
handelt sich dabei jedesmal um die so-
genannte Frankfurter Wurst — , die bio-
logische Methode anzuwenden, weil hier
die Eiweißstoffe durch Kochen bereits
ausgefällt waren und daher nicht mehr
in Lösung übergeführt werden konnten.
Dagegen gelang es mir bei denselben
Wurstarten, sobald sie nicht ganz durch-
gebrüht waren, die biologische Methode
mit Erfolg anzuwenden. Hierbei konnte
man wieder deutlich beobachten, daß Ei-
weißkörper, die durch Hitze geschädigt
sind, viel schwerer auslaugen — so waren
oft 24 Stunden nötig — und daß die Be-
aktion erheblich verzögert wird.
Bei der Anwendung der biologischen
Methode auf Wurstarten, die auf Grund
ihrer makroskopischen Beschaffenheit auf
Pferdefleisch verdächtig erscheinen, würden
folgende Punkte besonders zu berück-
sichtigen sein. Das Material für die
Untersuchung wird zweckmäßig aus der
Mitte der dicksten Stelle der Wurst ge-
nommen werden, da hier am wenigsten
eine durch Bäuchern oder Kochen hervor-
gerufene Eiweißschädigung zu befürchten
ist. Um eine möglichst gleichmäßige
Auslaugung der in der Wurst enthaltenen
verschiedenen Eiweißkörper zu erhalten
und um in leicht gekochter Wurst etwa
noch lösliche Eiweißkörper leichter zur
Auslaugung zu bringen, muß die Wurst-
masse, ehe die 0,85% Kochsalzlösung zu-
gesetztwird, möglichst fein verteilt werden.
Die Auslaugungsfähigkeit der einzelnen
Wurstsorten ist verschieden, bei magerer
Wurst, die durch Bäuchem oder Kochen
wenig gelitten hat, kann man bereits nach
78 —
einer Stunde die nötige Eiweißlösung er-
halten, während andererseits leicht gekochte
W'ürste oftmals zwei Tage auslaugen
müssen. In diesen Fällen, ebenso bei
halb gar gebratenem Fleisch, sogenanntem
englischen Beefsteak, empfiehlt es sich,
nach Abgießen des Auszuges die Fleisch-
stficke durch ein Koliertuch auszupressen
und den' so erhaltenen Preßsaft mit der
vorher abgegossenen Flüssigkeit zu
mischen. Bei reichlichem Fettgehalt der
Wurst empfehlen Mießner und Herbst,
das Fett vor Ansetzen der Testflüssigkeit
erst 24 Stunden mit Äther oder mit
Chloroform zu extrahieren. Die Her-
stellung eines klaren Filtrats ist bei
Wurstlösungen viel schwieriger, wie bei
einem von reinem mageren Fleische ge-
wonnenen Eiweiß -Auszug; mit Papier-
flltem kommt man dabei in vielen Fällen
nicht zum Ziele. Anstatt der teuren
Berkefeldschen Kieselgurkerzen be-
dienen wir uns hierbei der oben bereits
beschriebenen Filtration mit ausgeglühtem
Kieselgur. Die Hauptbedingung für
die biologische Untersuchung auf
Pferdefleisch in der Wurst ist ein
hochwertiges Antiserum, denn man
hat wohl zu berücksichtigen, daß die in
der oben beschriebenen Weise hergestellten
Eiweißverdünnungen von 1 : 300 keine
reine Pferdeeiweißlösung darstellen, son-
dern von den verschiedenen in der Wurst
enthaltenen Eiweißstoffen herrühren. Be-
steht z. B. die zu untersuchende Wurst
aus drei Teilen Rindfleisch und einem
Teil Pferdefleisch, so würde aber auch
nur unter der Voraussetzung, daß sich
die beiden Eiweißstoffe gleich gut gelöst
hätten, eine Eiweißlösung von 1:300 nur
einer Pferde -Eiweißlösung von 1 : 1200
entspreclien. Ein spezifisches Serum, das
den von Uhlenhuth verlangten An-
forderungen entspricht, d. h. das noch in
Verdünnungen von 1 : 20 000 wirksam ist,
würde für die Praxis in den meisten
Fällen ausreichen. Da wir bei den Unter-
suchungslösungen absolut keinen Anhalt
haben, wie viel Pferdefleischeiweiß darin
gelöst ist, so läßt sich hier über das
Einsetzen, Stärke und die Dauer der
Beaktion keine bestimmte Zeitangabe
machen. Es können hier oft noch nach
10 Minuten speziflsche Trübungen auftreten.
Bei faulenden Würsten ist es angebracht, um
eventuell eine während der Reaktion auf-
tretende Bakterientrübung der ünter-
suchungslösungzu vermeiden, die Filtration
mit bakteriendichten Filtern vorzunehmen,
und außerdem würde es sich hier
empfehlen, zur weiteren Kontrolle ein
Röhrchen mit reiner Wurstlösung an-
zusetzen.
Zuletzt sei noch darauf hingewiesen,
daß die biologische Methode, fiir das
Nahrungsmittelgesetz angewandt, nicht
nur zum Nachweis von Pferdefleisch in
der Wurst dienen würde, sondern daß sie
auch noch zur Erkennung von Ver-
fälschungen der Wurst mit Hunde-, Katzen-
fleisch usw. , deren Nachweis auf chemischem
und physikalischem Wege von vornherein
gänzlich ausgeschlossen ist, in Betracht
kommen würde.
Aus meinen Darlegungen möchte ich
somit die Schlußfolgerung ziehen, daß die
biologische Methode, bei der Fleisch-
beschau angewandt, eine wertvolle
Ergänzung der bisher vorgeschrie-
benen chemisch-physikalischen Un-
tersuchungsmethoden zum Nachweis
von Pferdefleisch bilden würde.
Zum Teil würde sie die erwähnten anderen
üntersuchuugsverfahren sogar zu ersetzen
vermögen.
Weitere Finnenfunde bei Saugkälbern.
Von
Dr. Stroh-Augsburg,
Amtsticrarzt.
Meiner früheren Mitteilung über auf-
fallend viele Finnenfunde bei Saugkälbern
am Schlachthofe Augsburg*) möchte ich
folgendes ergänzend nachtragen.
*) Diese Zeitschrift 1905, Heft 1 und 2.
— 79
Zo den 8 Finnenfmiden vom Juli 1903
bis Ende April 1905 sind vom letzteren
Zeitpunkt an bis heute (Ende Juni 1907)
weitere 18 Feststellungen von Finnen
bei Kälbern gekommen, und zwar im Best-
teile des Jahres 1905 bei 3 (im ganzen
Jahre bei 8), im Jahre 1906 bei 11 und
in der ersten Hälfte des laufendes Jahres
bei 4 Kälbern. Diese Funde verteilten
sich auf eine jährliche Schlachtziffer von !
22—23 000 Kälbern, Bezüglich des Alters
der Kälber, der anatomischen Merkmale,
des primären Fundortes, des Sitzes und
der Verteilang der Parasiten besteht
völlige Übereinstimmung mit dem, was
ich schon Mber hierüber mitgeteilt habe.
Die speziell über das Alter der Kälber
gepflogenen Erhebungen führten in
13 Fällen zu einem positiven Ergebnis,
und es konnte ein solches von 21, 23, 25,
26, 29, 31, 32, 32, 32, 35, 37, 39 und
— ein für hiesige Verhältnisse ausnehmend
hohes — von 53 Tagen festgestellt werden.
Eine Anzahl von Fällen, die nach der
einen oder anderen Bichtung bemerkens-
wert erscheinen, sei nachstehend in Kürze
behandelt, wobei ein besonderer Hinweis
auf Nr. 13 dieser Kasuistik mit einem
schönem Beleg für die Annehmbarkeit des
seinerzeit (1. c. S. 45) aufgestellten In-
fektionsmodus — durch die mit Kot be-
schmutzten Hände bandwurmkranken
Wartepersonals — berechtigt erscheint.
1. Kuhkalb; gelbbraun mit Blesse; 59,5 kg
Schlachtgewicht; sehr gut genährt; Alter nicht
feststellbar.
In der Wand des linken Herzens, auf der
Innenfläche beider Bauchwandungen und im
Zwerchfell je ein erbsen- bis maiskomgroOer,
etwas langgestreckter Finnenknoten sichtbar,
weißgelb bzw. weißgrau von Farbe. Die Knoten
lassen sich leicht und vollständig aus der Um-
gebung ausschälen und fühlea'sich abnorm hart
an. Das Durchschneiden gelkigt verhältnismäßig
schwer, und es entsteht dabei ein deutliches
Knirschen. Bei genauer Besichtigung der
Schnittfläche der Kapselwand zeigt sich in der
opaken Grundsubstanz eine fast reinweiße Schicht
eingelagert, die sich beim Darüberstreifen mit
dem Messer oder Fingernagel rauh, kratzend an-
fahljt; Verkalkung der Kapselwand. In der
übrigen Körpermuskulatur wurden noch ungefähr
35 Knoten von doppelt Stecknadelkopfgröße bis
zu einer solchen von 15 X ^ *** gefunden. Die
Minderzahl der Knoten zeigt die normale Kon-
sistenz — und auch bei diesen ist der Ba^g vielfach
abnorm dick — , die meisten sind hart und derb,
wie vorstehend beschrieben, und weisen nicht
selten totale kalkige Inkrustation der Kapsel
auf. Inhalt der Knoten je nach Kapselstärke
reichlich oder spärlich, schmierig, gelb oder grau
in der Farbe, zum Teil mit Blutbestandteilen
gemengt Zystizerken nur bei etwa dem vierten
Teil auffindbar, darunter auch bei zweien mit
teilweise verkalkter Kapsel. Bläschen hirsekom-
bis stecknadelkopfgroß, rund, hell, intakt; in
den größeren Kopfzapfenanlage, Rand gefältelt,
Saugaäpfe wienig differenziert, vereinzelte Kalk-
körperchen, mikroskopischer Befund bei dem
käsigen Inhalt wie früher angegeben.*)
(Ob diese vielfach vorhandene kalkige In-
krustation der Kapselwand für die Möglichkeit
einer intrauterinen Infektion herangezogen werden
könnte, lassen wir dahingestellt. Immerhin
spricht dagegen, daß das Alter der Finnen-
bildungen auf nicht über vier Wochen zu be-
stimmen, hingegen das Lebensalter des Kalbes
nach Habitus und Gewicht ^eeifelsohne auf über
vier Wochen zu schätzen ist und femer, daß
im nächstfolgenden Falle, hei dem die Finnen-
bildongen noch etwas jünger waren und das
Alter des Wirtstieres mit B9 Tagen zuverlässig
festgestellt wurde — Infektion post partum also
zweifellos ist — , die gleiche kalkige Inkrustation
bei einem einzelnen Finnenknoten aufgefunden
wurde.)
2. Kuhkalb; Gelbscheck ;^ sehr gut genährt;
50 kg Schlachtgewicht; geb. den 17. Juli 1906,
geschl. den 25. August 1906; Alter 39 Tage.
An der Herzoberfläche wie im Innern des
Herzmuskels zusammen zehn Finnenknoten, von
Hirse- bis Maiskomgröße differierend. Käsiger
Inhalt im allgemeinen spärlich; Zystizerkus-
bläschen durchschnittlich stecknadelkopfgroß,
mit punktförmiger Kopfzapfenanlage an den
größeren Finnenbildungen. Mit den gleichen
Knoten ist die Skelettmuskulatur durchsetzt, be-
sonders viele sind in der Bauchwand und im
Zwerchfell vorhanden. Einer der letzteren auf-
fallend dickwandig, derb, m i t K al k e i n 1 ag e r u n g
in der Kapsel, jedoch noch gut erhaltenem
*) Nach den dankenswerten Untersuchungen
von Noack-Dresden (D. T. W. 1906, S. 348)
erwies sich in einem typischen Finnenfalle beim
Kalb diese käsige Masse innerhalb der Kapsel-
bildung bei der bakteriologischen Prüfung als
steriU
- 80 -
Zystizerknsbläschen. Eaumaskeln frei von
Finnenknoten.
3. Stierkalb; Gelbscheck; 497] kg Schlacht-
gewicht; gat genährt; 31 Tage alt.
Mehrere große Finnenknoten am und im
Herzen; Lunge frei; Knoten femer im Zwerchfell
imd im inneren Brustmuskel sichtbar; von der
Skelettmuskulatur sind besonders dieVorarm-
und Unterschenkelmuskeln mit zahl-
reichen Finnenknoten durchsetzt; femer
je ein Knoten in den Kaumuskeln und in der
Zunge, zwei in den Kehlkopfmuskeln gefunden.
Fig. 1.
Herx von einem 'Sau ff kalb mit subepikardialen
Finnen,
4. Kuhkalb; Gelbscheck; 34 kg Schlacht-
gewicht; gut genährt; 37 Tage alt.
Ohne Vornahme weiterer Zerlegung kOnnen
als Sitz der Finnenknoten festgestellt werden:
Herz, Lunge, Leber, Bauchwand, Zwischen-
rippenmuskulatur. Beim Zerlegen erweist sich
die gesamte übrige Muskulatur mit Finnenknoten
durchsetzt, besonders reichlich die Schulter- und
Halsmuskeln. In den Kaumuskeln werden mit
einiger Mühe vereinzelte Finnenknoten gefunden;
ein zystizerkushaltiger Knoten liegt im
Kutisteil der Haut
5. Stierkalb; Gelbblesse; 49V, ^g Schlacht-
gewicht; gut genährt; 30 Tage alt
Am und im Herzen besonders zahlreiche
Finnenknoten, ebenso in der Zunge, in den
Fig, 2.
Herx von einem Saugkalb mit subepikardialen
Finnen.
Kau- und den gesamten Körpermuskeln; ver-
einzelte Knoten in der Lunge und Leber, je
Fig. 3,
Herx von einem Saugkalb mit sub-
epikardialen Finnen.
ein Knoten in der Thymusdrüse und in der
Subkutis gefunden. Bei einigen größeren
— 81 —
FinnenblAschen wird der Eopfsapfen in einge-
Btalpter Lage gemessen mit 0,6— OJ'" in der
Länge nnd 0,4—0,5'" in der Breite. Finnen-
knoten selbst sind 3 X 2,5'" bis 6 X 3-4'" groß.
6. Stierkalb; Brannblesse; 527, kg Schlacht-
gewicht; mittelmäßig genährt; 32 Tage alt.
Finnenknoten in Herz, Lunge, Zunge, Kau-
muskeln usw. gefunden, ebenso in der Leber.
Die beim gewerbsmäßigen Offnen des Kalbes
sichtbar werdenden Mnskelflächen zeigen keine
Knoten.
7. Kuhkalb; Gelbscheck; 53 kg Schlacht-
gewicht; sehr gut genährt; 25 Tage alt
Finnenknoten in Herz, Lunge, femer je ein
Knoten in den Kaumuskeln und in der Zunge;
in der Körpermuskulatur wurden bei
sorgfältigem Zerlegen weitere Knoten
nicht mehr gefunden.
8. Stierkalb; Braunblesse; 51,5 kg Schlacht-
gewicht; gut genährt; Geburtsdaten nicht er-
hältlich. Das Kalb stammt aus der gleichen
Stallung wie das zirka drei Monate vorher ge-
schlachtete Nr. 7. In der Familie des be-
ta-effenden Landwirts sei eine Tochter seit
längerem „bleichsflchtig^.
Fünf Finnenknoten am und im Herzen, je
einer in der Lunge und im Zwerchfell. Zunge
und Kaumuskeln, ebenso die übrige Skelett-
musknlatur erwiesen sich frei von Finnen.
9. Stierkalb; Gelbscheck; 53 kg Schlacht-
gewicht; sehr gut genährt; 23 Tage alt
Zahlreiche Finnenknoten im Herzen, das da-
durch eine höckrige Oberfläche erhält; Lunge,
Kaumuskeln und Zunge, sowie besonders die
gesamte Körpermuskulatur in Masse mit Finnen-
knoten durchsetzt; je ein Knoten im Unter-
hautzellgewebe und im Kutisteile der
Haut
10. Stierkalb; braungrau; 66 J^ kg Schlacht-
g'ewicht; sehr gut genährt; 29 Tage alt. Je
ein großer Finnenknoten an der Herzoberfläche,
im Zwerchfell und in der Bauchwand sichtbar;
drei Ejioten im Innern des Herzmuskels, vier in
der Lunge, femer drei in der Zunge, je einer in
der Kehlkopfmuskulatur und in der Rachenwand
gefunden; Knoten femer in der übrigen Musku-
latur, besonders viele in den Yorarm- und Unter-
sehenkelmuskeln zugegen.
Aus der gleichen Stallung kam vor ca.
1 % Jahren ein mit Finnen behaftetes Kalb. Von
der Familie dieses Bauern wisse sich niemand
bandwurmkrank, nur sei auch hier eine Tochter
„bleichsflchtig*'.
11. Kuhkalb; Gelbrotscheck; 46 kg Schlacht-
gewicht; gut genährt; 32 Tage alt. Befund am
Herzen wie sonst; Finnenknoten werden in der
Lunge, am Zwerchfall sowie an der gewerbs-
mäßig angelegten Schnittfläche der Brustmuskeln
gefunden; ferner beim nachfolgenden Zerlegen in
großer Zahl in der gesamten Körpermuskulatur,
besonders in den Vorarm- und Unterschenkel-
muskeln. Zunge und Kaumuskeln frei.
12. Kuhkalb; gelb; 75 kg Schlachtgewicht;
sehr gut genährt; 53 Tage alt Einen Finnen-
knoten in der Bauch wand gesehen; beim Zerlegen
zwei in den Kaumuskeln und einer in der Unter-
schenkelmuskulatur gefunden; Herz frei.
13. Stierkalb; grau; sehr gut genährt; 48 kg
Schlachtgewicht; 26 Tage alt; stammt aus einem
größeren Stalle im benachbarten G.
Außen am Herzen zwei Finnenknoten, im
Innern deren 4; Lunge und Leber frei; in der
Bauchwand zwei und im Zwerchfell ein Knoten
sichtbar; zwei Knoten in der Zunge; die genau
durchsuchten Kaumuskeln frei; zahlreiche
Knoten in der gesamten Körpermuskulatur,
namentlich viele in den Vorarm- und Unter-
schenkelmuskeln, aber auch die Muskeln des
Oberschenkels, der Schulter usw. reichlich damit
besetzt Die Knoten sind durchweg groß, mais-
koragroß und darüber, einige wenige nur linsen-
groß; der käsige Inhalt der größeren Knoten
reichlich, teils graurötlich, teils grünlich, auch
gelbbraun in der Farbe, Kapsel relativ dtlnn;
Zystizerkusbläschen hell, intakt, bis 2 mm im
Durchmesser, teils ohne, teils mit eben sicht-
barer Kopf Zapfenanlage; exzentrische Lage des
Bläschens kann mehrmals festgestellt werden.
Der Schweizer des betr. Stalles gab
nach längerem Sträuben zu, daß er band-
wurmkrank sei. Er gehörte früher der
Schutztruppe für DeutschrSüdwestafrika
an, und dort sei während des Aufstandes
seine Kompagnie einmal gezwungen ge-
wesen, fünf Tage lang rohes Rindfleisch
zu essen. Seitdem ist er mit dem Band-
wurmbehaftet In sein er jetzigen Stellung
befindet sich der Schweizer seit etwa
fünf Wochen.
Aus vorstehenden Angaben geht zu-
nächst wiederum hervor, daß mit der
einzigen Ausnahme bei Nr. 12 stets das
Herz Sitz der Finnen war, das zugleich
in allen diesen Fällen den primären
Fundort darstellte. Mindestens ein, meist
aber mehrere, durchweg recht auffällige
Parasitenknoten waren bereits an der Herz-
oberfläche wahrzunehmen; das Anschneiden
des Herzmuskels und das Zerlegen des-
selben in Schnitte lieferte dann in der
Begel weitere Funde. Wir halten aber
— 82 —
ein generelles Anschneiden des Herzens*)
znr Feststellung der Finnenkrankheit hei
Saugkälbern nicht für notwendig, da beim
Fehlen äußerlich sichtbarer Knoten-
bildungen nur ein Fall ganz schwacher
Invasion vorliegen könnte, bei dem auch
ein ergiebiger Schnitt nur minimale Aus-
sichten für Bloßlegen eines Finnenknotens
bieten würde. Eine sorgfältige Adspektion
des Herzens, zusammen mit dem Durch-
tasten der gleichfalls besonders häufig
besetzten Lunge scheint uns — dazu einige
Übung vorausgesetzt — zur Aufdeckung
der Finneninvasion bei Saugkälbern ge-
nügend zu sein.
Die beim Saugkalb an sich noch sehr
wenig entwickelten Kaumuskeln zeigten
sich fast regelmäßig verhältnismäßig wenig
von der Finneninvasion betroffen, viel-
fach waren sie ganz frei davon. Die
Bedeutung der Kaumuskeln für die
Ermittlung der Finnenkrankheit
beiSaugkälbern muß daher als gering
angesprochen werden. Von den
übrigen Skelettmuskeln sind vorzugsweise
die des Vorarms und Unterschenkels von
Finnenknoten durchsetzt vorgefunden
worden. Daß in einem Fall die Thymus-
drüse, in 3 Fällen die Leber und je 2 mal
die Kutis und Subkutis Sitz der Finnen
waren, sei besonders hervorgehoben, eben-
so die Tatsache, daß mit Zwischenräumen
von 1/4 und IV3 Jahren bei je 2 Kälbern
aus den gleichen Stallungen Finnen ge-
funden wurden. Die in allen Fällen —
allerdings nur durch Vermittlung der be-
treffenden Händler oder Metzger - - am Ur-
sprungsorte angestellten Nachforschungen
nach einer bandwurmkranken Person
führten leider nur in einem Falle zu
einem befriedigenden Ergebnisse. Schuld
daran dürfte vor allem eine große Scheu
unserer ländlichen Bevölkerung sein, sich
als bandwurmleidend zu bekennen.
*) In Süddeutschland und wohl noch anderwärts
gestattet man sich aus naheliegenden Gründen
vielfach die Lizenz, auf das Anschneiden der
Kalbsherzen zu verzichten.
Die am hiesigen Schlachthofe während
mehr als 3 Jahren fortgesetzten Funde
von Finnen bei Saugkälbern berechtigen
nunmehr und im Gegensatze zur früher
(1. c.) vertretenen Anschauung — daß es
sich hierbei nur um gelegentliche Raritäts-
fälle handle — zu dem Schlüsse, daß
solche Funde in dem bisherigen Um-
fange (zu ungefähr 0,04 Proz. der
untersuchten Kälber) die Kegel
bilden.
Bei dieser Sachlage wurde abermals
die Frage geprüft, ob für unsere, von
anderwärts nicht in annähernd gleicher
Häufigkeit bekannt gewordenen Finnen-
ermittlungen bei Saugkälbern besondere
örtliche Verhältnisse maßgebend seien.
Für die Verbreitung der Bandwurmkrank-
heit in den einschlägigen Landbezirken
waren Zahlen nicht erhältlich. Hingegen
hatte der Oberarzt der stets stark belegten
internen Abteilung des hiesigen Kranken-
hauses Herr Dr. med. L. E. Müller die
Güte mitzuteilen, daß die Taenia saginata
auf seiner Station sehr selten, durch-
schnittlich nur 3 mal im Jahre, zur Fest-
stellung und Behandlung komme. In seinem
früheren Wirkungskreise Erlangen habe
die Kur dieses Bandwurms ungleich häufiger
vorgenommen werden müssen. Dazukommt
noch, daß wir nach wie vor nur eine sehr
mäßige Zahl von Finnenfällen beim Groß-
vieh haben (24 und 28 Stück in den
beiden letzten Jahren bei einer Schlach-
tung von ca. 12500 Stück), so daß die An-
nahme berechtigt erscheint, die fraglichen
Konstatierungen bei Sangkälbern seien
nur einer verbesserten Untersuchungs-
technik und spezieller Übung zu danken.
Über die Mitwirkung der Tierärzte in den
Ortsgesundheitsicommissionen.
Von
Ad. Maier -Konstanz,
Bezirkstierarat.
Nichts ist bezeichnender für die heutige
Bedeutung und Wertschätzung der Hygiene
als die zunehmende Bildung von sog.
— 83
OrtsgesundheitskoiDinissionen oder Orts-
gesundheitsräten in den mittleren und
größeren Städten Deutschlands. Der An-
fang ihrer Gründung wird ungefähr in
die Mitte der 80 er Jahre des vorigen
Jahrhunderts fallen. Gegenwärtig dürfte
im Reiche wohl keine namhafte Stadt
sein, die nicht über das Institut des
Ortsgesundheitsrats verfügt. Jedenfalls
hat diese Einrichtung in Verbindung mit
den gewaltigen hygienischen Fortschritten
auch den Anstoß zur Errichtung des
Reichsgesundheitsrates und in manchen
Bundesstaaten auch zu derjenigen von
Landesgesundheitsräten gegeben.
DieOrtsgesundheitskommissionen,deren
Tätigkeit in der Regel eine freiwillige
und ehrenamtliche ist, haben die Auf-
gabe, die Gemeinden auf dem so weit-
verzweigten und weitläufigen Gebiete der
öffentlichen Gesundheitspflege zu belehren
und zu beraten. Irgend eine Exekutiv-
gewalt kommt ihnen nicht zu. Zu ihrem
Geschäftsbereiche gehören: die Wasser-
versorgung, die Wohnungshygiene, das
Abfuhrwesen, das Erankenhauswesen, das
Begräbniswesen, die Kanalisation, die
Nahrungsmittelhygiene usw. In der Regel
werden die einzelnen Mitglieder (Fach-
männer) mit einem oder mehreren Re-
spiziaten betraut und die Ergebnisse in
den Sitzungen erörtert.
Dem Arbeitsgebiete entsprechend, sind
die Ortsgesundheitskommissionen gewöhn-
lich zusammengesetzt aus staatlichen und
städtischen Verwaltungsbeamten (Bürger-
meistern und Stadträten), beamteten und
nichtbeamteten Ärzten, Bauingenieuren,
Architekten, Nahrungsmittelchemikem und
zum Teil auch aus (beamteten) Tierärzten.
Ich betone: zum Teil auch aus Tier-
ärzten. Gerade dieser Umstand ist es,
der mich diese Materie hier zur Sprache
bringen läßt. Als Mitglied des hiesigen
Ortsgesundheitsrates habe ich häufig Ge-
legenheit, in dessen periodisch erscheinen-
den Zeitschriften die Sitzungsberichte der
auswärtigen Kommissionen zu verfolgen.
I Da fiel mir nicht selten die Tatsache auf,
daß eine Reihe dieser Kollegien, besonders
diejenigen norddeutscher Städte, die
Namen von Tierärzten vermissen ließ.
Wenn auch dieser auf fall enden Erscheinung
manchmal nur eine Zufälligkeit zugrunde
liegen mag, so bekundet sie doch im all-
gemeinen eine nicht genügende Würdigung
der Beziehungen der Tiermedizin zur
öffentlichen Gesundheitspflege. Sind es
doch gerade zwei wichtige — vielleicht
die wichtigsten — Gebiete der Nahrungs-
mittelhygiene, die fast stets in den
Sitzungen dieser Kommissionen einen
breiten Raum einnehmen, die Fleisch-
und Milchhygiene.
Das Reichsfleischbeschaugesetz vom
3. Juni 1900 mit seinem Untersuchungs-
zwang für die schlachtbaren Haustiere
umfaßt eine Angelegenheit, für die der
Tierarzt zuständig ist. Es handelt sich
aber hierbei nicht allein um die Beschau
der schlachtbaren Haustiere, sondern auch
um die außerordentliche Fleischbeschau
einschließlich der Kontrolle des Fisch-
und Wildpretmarktes. Die sanitätspolizei-
liche Überwachung der Fleisch- und
Wochenmärkte gehört in vielen größeren
Städten zur Amtstätigkeit der Kreistier-
ärzte.
Der Wert der tierärztlichen Kontrolle
des Milchverkehrs tritt immer mehr in
den Vordergrund des praktischen Inter-
esses. Tierärzte sind auf dem Gebiete
des Milchverkehrs mannigfach praktisch
tätig. Ich erinnere nur an die Produktion
der Säuglings- und Kurmilch, die eine
immer größere Verbreitung gewinnt, und
an die Überwachung der Milchkuranstalten
zur Gewinnung von Vorzugsmilch. Da
ist es doch natürlich, daß die Tierärzte
in den Gesundheitskommissionen solcher
Städte, die derartige hygienische Ein-
richtungen aufweisen — und sie bestehen
in fast allen größeren und mittleren
Städten Deutschlands — ihre Erfahrungen
verwerten. Bei uns in Baden z. B. ist
eine solche Mitarbeit als selbstverständlich
— 84 —
anzusehen. Sie geht aus der Anweisung
des Aufgabenkreises der Bezirkstierärzte
ohne weiteres hervor. So sagt § 14 der-
selben:
„Der Bezirkstierarzt ist zur Mitwirkung bei
der Oberwachong des Verkehrs mit Fleisch und
Milch berufen.
Die in § 2 des Reichsgesetzes vom 14. Mai
1879, den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genuß-
mitteln und Gebrauchsgegenständen betreffend,
den Beamten der Polizei eingeräumten Befug-
nisse des Betretens von Räumlichkeiten, in denen
Nahrungsmittel feilgehalten werden, und der Ent-
nahme von Proben stehen, insoweit es sich um
Fleisch oder Fleischwaren handelt, auch den
Bezirkstierärzten zu.
Dem Bezirkstierarzt liegt u. a. femer die
Veterinär- und beziehungsweise sanitätspolizei-
liche Überwachung des Betriebes der Schlacht-
häuser, der Fleischläden und Fleischbänke ob.^
Weiter heißt es in derselben An-
weisung:
„In Ansehung der unter polizeilicher Eontrolle
gestellten Milchkuranstalten steht dem Bezirks-
tierarzt die Überwachung der zur Milchgewinnung
aufgestellten Kühe in bezug auf die Gesundheit,
sowie die Art der Fütterung und die Beschaffen-
heit der Futtermittel zu.''
Die Forderungen der Neuzeit auf dem
Gebiete der Milchhygiene gehen aller-
dings weiter. Wir sehen aber hier das
tierärztliche Eingreifen in amtlicher Weise
schon genau geregelt.
Mit der Tätigkeit auf den Gebieten
des Fleisch- und Milchverkehrs ist die
Wirksamkeit der Tierärzte, die auf das
Gebiet der öffentlichen Gesundheitspflege
hinüberspielt, noch nicht erschöpft. Weitere
Zweige sind die Stallhygiene, z. B. Be-
gutachtungen von Stallungen oder neuen
Stallanlagen in geschlossenen Straßen,
das Wasenmeisterwesen, die Kadaver-
vemichtungsanlagen, die Schutzmaßregeln
gegen Tierseuchen, die auf Menschen
übertragbar sind, wie z. B. Rotz, Milz-
brand, Tollwut usw.
Selbstverständlich wird in den Ortsge-
sundheitskommissionen derjenigen Städte,
in denen keine beamteten Tierärzte
wohnen, auch die Mitwirkung privater
Tierärzte von Wert sein. Sitzen doch
in fast allen derartigen Kollegien —
allerdings in der Regel neben dem be-
amteten Arzte — auch noch ein oder
mehrere Privatärzte (nicht selten Speziar
listen).
Ein tierärztliches Arbeitsgebiet, das
auch hierher gehört, habe ich noch nicht
berührt, das des Schlacht- und Viehhof-
wesens. Diese Angelegenheit hängt aber
teils mit der bereits besprochenen Fleisch-
beschau zusammen, teils bestehen in einer
großen Zahl von Städten, wie z. B. auch
hier in Eonstanz, noch besondere Schlacht-
und Viehhof kommissionen. Dieselben haben
freilich mit den Ortsgesundheitsräten direkt
in der Regel nichts zu tun. In den Schlacht-
hofkommissionen sind aber als technische
Berater die tierärztlichen Schlachthof-
leiter vertreten.
Meines Erachtens liegt in einer der-
artigen Arbeitsteilung zwischen dem be-
amteten Tierarzt und dem städtischen
Sanitätstierarzt ein Fortschritt, der nicht
allein ihnen, sondern auch dem städtischen
Gemeinwesen zugute kommt. Getrennt
marschieren und vereint schlagen! Im
übrigen wird in einschneidenden Fragen
auf dem Gebiete des Schlacht- und Vieh-
hofwesens wohl stets auch das Votum
des beamteten Tierarztes von selten der
Staatsbehörden wie nicht selten auch der
städtischen Verwaltungen eingeholt. Steht
dem Veterinärbeamten doch überall die
staatliche Oberaufsicht der Schlachtvieh-
und Fleischbeschau und damit auch über
das Schlacht- und Viehhofwesen der
Städte zu.
Zum Schlüsse noch eins: Sicherlich
werden diejenigen Ortsgesundheitskommis-
sionen, die noch keine Tierärzte als Mit-
glieder besitzen, deren Mitarbeit gerne
annehmen. Es bedarf zweifellos nur der
mündlichen oder schriftlichen Anregung
bei den staatlichen oder bei den städti-
schen Verwaltungsbehörden, um die Zu-
ziehung der Tierärzte zu den Orts-
gesundheitskommissionen herbeizufuhren.
Die Anregung wird um so eher beachtet
— 85
werden, wenn daranf hiogewiesen wird,
daß eine Reihe namhafter Städte wie
auch der Reichsgesundheitsrat und die
bestehenden Landesgesundheitsräte Tier-
ärzte als technische Berater aufweisen.
Es handelt sich hierbei nicht am wirt-
schaftliche Vorteile für die Tierheilkunde,
sondern um ihre Nutzbarmachung zum
allgemeinen Besten!
Die Kontrolle der von auswärts in die
Stftdte eingeführten Schlachttiere.
Von
Kunibert MOIIer-Treptow a. B.,
Yonteber des Fleiichbflschaaamtai.
In meiner früheren Tätigkeit hatte
ich bei Untersuchungen von Rinder-
beständen auf Tuberkulose nicht selten
Gelegenheit, die jedem Tierarzt unter
den verschiedensten Namen bekannten
abgemagerten Kühe zu sehen. Oft habe
ich derartige Tiere wegen offener Tuber-
kulose zur Ausmerzung bestimmt. Auf
meine Fragen nach dem Verbleib dieser
Tiere wurde mir regelmäßig die Antwort,
daß bestimmte Schlächter und Händler
diese Kühe für einen Preis von 20—30 M.
kaufen, um sie nach Berlin zu senden,
und zwar nannten mir die Besitzer immer
zwei deswegen bekannte Vororte unserer
Hauptstadt. Dieselbe Erfahrung mache
ich nun seit über zwei Jahren hier in
meinem jetzigen Wirkungskreis bei den
fast täglich stattfindenden Viehverladungen
nach Berlin. Jede Woche gehen derartige
Tiere, die oft kaum die Kräfte zum Stehen
haben und deswegen nur mit Mühe in die
Bahnwagen geschleppt werden können,
dorthin ab. Tuberkulose, die verschieden-
sten Euter- und Gebärmutterentzündungen,
vollständige Abmagerung stellen das
Hauptkontingent. Häufig sagt mir ein
hiesiger Großschlächter und Viehhändler:
„Heute schicke ich wieder ein Tier nach
Berlin, da bringt sie noch schönes Geld,
Sie sind mir zu streng'' (in der Fleisch-
beschau), ein Vorwurf oder Lob für jeden
die Fleischbeschau gewissenhaft aus-
führenden Tierarzt. Tatsächlich sollen
von den 20. M.-Kühen 100—150 M. Ge-
winn erzielt werden.
Es drängt sich die Frage auf, was
aus diesen Tieren wird. Entweder werden
derartige Kühe von der Berliner Kon-
trolle sofort der Abdeckerei überwiesen
oder sie kommen nach den Vororten, wo
sie das gleiche Schicksal trifft. Eine
dritte Möglichkeit ist die, daß das Fleisch
dieser Tiere infolge Lücken oder Mängel
in der Fleischbeschau in den Verkehr
kommt oder von Versicherungsgesell-
schaften entschädigt wird. Dabei denke
ich an eine Notiz in der „AUg. Fleischer-
zeitung, die lautet:
£0 ist namentlich in der Umgebang Berlins
die Organisation der Fleischbeschau ganz wesent-
lich verbessert und funktioniert zur Zufriedenheit.
Die polizeiliche Kontrolle des Fleisch-
verkehrs bedarf allerdings noch der Ver-
schärfung.
Dies gibt zu denken, besonders weil
diese Zeilen aus einem Interessenten-
blatt stammen.
Zweck dieser Zeilen ist es, auf die
Notwendigkeit hinzuweisen, dem Verbleib
der Tiere nachzuforschen, deren Versand
nach Berlin den den Tierärzten in der
Provinz bekannten Satz zu rechtfertigen
scheint: Nach Berlin kommt das beste, aber
auch das allerschlechteste Schlachtvieh.
Eine Verfügung der Stettiner Eisen-
bahndirektion ist wohl auf Grund der in
Bede stehenden Zustände erlassen. Sie
lautet:
„Nr. 1076. Ausschließung kraftloser
Schlachttiere von der Beförderung. Es
kommt häufig vor, daß zum Schlachten bestimmte
Tiere, namentlich Pferde, zur Beförderung auf-
gegeben werden, welche infolge Altersschwäche
oder von Gebrechen schon so kraftlos sind, daß
sie eng aneinander — Körper an Körper — ver-
laden werden müssen, weil sie sonst keine Stütze
haben und umfallen würden.
Da der Eisenbahn Verwaltung aus einer
solchen, den polizeilichen Bestimmungen wider-
sprechenden Verladungsweise oft Ungelegen-
heiten entstehen, so weisen wir die Abfertigungen
an, in denjenigen Fällen, in welchen gegen ie
Transportfähigkeit der Tiere Bedenken obwalten
— 86 —
von den Absendern eine tierärztliche Beacheini*
gang einzufordern.''
Diese Vorschrift aber ist nicht aus-
reichend. Sie trifft, wenn sie befolgt
wird, nur die allerschlechtesten Tiere,
die übrigen werden durchschlüpfen. Eine
allgemeine Besserung wird erst erzielt
werden, wenn durch eine amtliche Vor-
schrift die Gewähr dafar gegeben wird,
daß alle aus der Provinz abgeschobenen,
zweifelhaften Tiere vor der Verladung und
nach der Ausladung einer genauen Unter-
suchung, die nach Lage der Fälle nur
durch einen Tierarzt ausgeführt werden
kann, unterworfen werden.
In unseren Schlachthöfen müssen allge-
meine Einrichtungen für wissenschaftliche
Arbeiten geschaffen werden.
Von
Dr. W. Pitt-Königsberg i. Pr.,
•tftdiischem Tierarzt.
Die kurzen Ausführungen von Lohoff-
Mälheim: „Kann die Lösung bestimmter
Fragen aus der Fleischbeschau auch von
dem Praktiker noch mehr als bisher
gefördert werden?"*) scheinen mir durch-
aus der Beachtung wert zu sein. L.
konstatiert die Tatsache, daß auf dem
Gebiete der Fleischbeschau die Leistungen
der mit ihrer Ausübung betrauten Sach-
verständigen in bezug auf größer angelegte
wissenschaftliche Untersuchungen noch
recht dürftige sind. Ich stimme Herrn
Lohoff vollkommen bei, daß das Funda-
ment, das für die Fleischbeschau als
Reichsfleischbeschaugesetz gelegt wurde,
an den Schlachthöfen weiter ausgebaut
werden muß im Interesse der Sache und
der Werbung eines tüchtigen Nachwuchses.
Werden nicht neue Bedingungen geschaflfen,
die den Weg zum wissenschaftlichen
Arbeiten an den Schlachthöfen mehr wie
bisher ebnen, dann werden wir Schlacht-
hoftierärzte ins Hintertreffen geraten und
lediglich zu ausfahrenden Organen dessen.
*) 12. Heft des 17. Jahrgangs dies. Zeitschr.
was an anderen Stellen wissenschaftlich
erarbeitet wird.
Wie ist diese geringe wissenschaft-
liche Fruchtbarkeit der Schlachthoftier-
ärzte zu erklären? Verfügen die Schlacht-
höfe über Einrichtungen, die wissenschaft-
liche Arbeit ermöglichen? Diese Frage
ist für die meisten Schlachthöfe leider zu
verneinen. Ein Bakterienmikroskop reicht
heute nicht mehr aus, zumal, wenn es
als Wertobjekt ängstlich verschlossen und
nur für besondere Zwecke aus seiner
Hülle befreit wird. Es gehört ein mit
dem Nötigsten ausgerüstetes bakteriologi-
sches Laboratorium dazu. In erster Linie
müssen sich die Einrichtung solcher die
Leiter aller größeren Schlachthöfe ange-
legen sein lassen. Aber auch die Leiter
kleiner Schlachthöfe könnten im Interesse
der Wissenschaft und zu ihrer eigenen
inneren Befriedigung so manchen Beitrag
für den weiteren Ausbau der Fleisch-
beschau durch genauere Bearbeitung sel-
tener oder interessanter Fälle liefern. Es
ist nicht zu verlangen, daß sie sich der
Lösung und Bearbeitung großer wissen-
schaftlicher Probleme zuwenden; denn
dazu sind große, mit allen Hilfsmitteln der
Wissenschaft ausgerüstete Laboratorien
notwendig. Sie können sich aber der
Kleinarbeit widmen, die ebenso notwendig
wie nützlich ist. Ein sehr schönes Arbeits-
gebiet bietet sich ihnen dai', wenn sie
sich den Nachprüfungen von Arbeiten, die
wenig Technik und Material erfordern,
zuwenden. Nachprüßingen sind ftir jede
Wissenschaft eine eherne Notwendigkeit,
um die Spreu von dem Weizen zu scheiden.
Wie überall im Leben wird auch in der
Wissenschaft geirrt. Derartige nachzu-
prüfende Arbeiten geben dem noch wenig
Geübten die Disposition, nach der er sich
einarbeiten und allmählich technische
Kenntnisse erwerben kann. Die Fort-
bildungskurse an der Berliner Hochschule
ermöglichen es jedem Schlachthoftierarzt,
das als Student Erlernte neu zu befestigen
und zu ergänzen. Voraussetzung hierzu
— 87 —
ist aber ein Minimum von freier Zeit, das
einem jeden Leiter zu wissenschaftlichen
Arbeiten zur Verfugung stehen muß. Es
ist mir wohl bekannt, daß es leider noch
eine Eeihe von Betrieben gibt, die in
bezug auf die Arbeitszeit an den Leiter
ungewöhnliche Ansprüche stellen. Doch
auch dies wird sich ändern lassen. Hat
doch manche Kommune eingesehen, daß
kurz bemessene Schlachtzeiten für den
Betrieb eine große Ersparnis bedeuten.
Hierzu kommt noch, daß das Reicbsfleisch-
beschaugesetz eine gesetzliche Handhabe
bietet, die Untersuchung bei künstlichem
Licht wegen der Unsicherheit, krankhafte
Zustände richtig beurteilen zu können,
zu beschränken. Zahlreiche kleinere Städte
haben bereits die Anzahl der Schlacht-
stunden derartig eingeschränkt, daß den
Tierärzten reichlich Zeit zu irgendeiner
besonderen Betätigung nach Erftillung der
laufenden Amtspflichten bleibt. Die zweite
Voraussetzung ist die Regelung der
Geldfrage. Denn das wissenschaftliche
Arbeiten kostet nicht nur Zeit, sondern
auch Geld. Es liegt auf der Hand, daß
es nur die Kommune sein kann, die die
nötigen Gelder, und seien sie auch noch
so bescheiden, für die Einrichtung und
Erhaltung einer wissenschaftlichen Arbeits-
stätte an den Schlachthöfen hergibt. Es
ist merkwürdigerweise nicht leicht, die
Vertreter einer Stadt oft von der Not-
wendigkeit der wissenschaftlichen Arbeiten
an dem Schlachthof zu überzeugen. Da
heißt es, mit der nötigen Beharrlich-
keit die Sache durchzufuhren suchen.
Fördernd wirkt sicher, daß unter den
Städten, nicht nur den großen, sondern
auch den mittleren und kleinen, ein edler
Wettstreit entstanden ist, es in sanitären
Maßnahmen und Einrichtungen zur höchsten
Vollkommenheit zu bringen.
Die Leiter der Kommune, die zum
großen Teil vorher als Stadträte oder
Assessoren in größeren Kommunalverwal-
tnngen gearbeitet haben und aus eigener
Erfahrung wissen, welche bedeutenden
Mittel für sanitäre Einrichtungen und
hygienische Zwecke dort verausgabt wer-
den, dürften der Einrichtung von wissen-
schaftlichen Arbeitsstätten an den Schlacht-
höfen von vornherein geneigt sein. Ist
doch der Schlachthof unbestritten nicht
nur eine Werkstätte, sondern auch eine
sanitäre Einrichtung mit einem aus-
gesprochenen hygienischen Zweck. Und
wenn er es ist, muß er auch die Möglich-
keit zur wissenschaftlichen Verfolgung
bestimmter, hierzu geeigneter Fälle geben.
Diese wissenschaftliche Betätigung
wird dem Leiter des kleinen Schlacht-
hofes über manche Eintönigkeit, die dem
Betriebe anhaftet, hinweghelfen und sein
Amt zu einer dauernden Quelle des befrie-
digenden Suchens und Findens der wissen-
schaftlichen Wahrheit machen.
Wie ist es nun mit den Leistungen
der großen Schlachthöfe bestellt? Man
kann behaupten, daß die Beiträge ftir
unsere Fachzeitschriften zum größeren
Teil aus der Feder der Leiter kleinerer
Betriebe stammen, während sich die
großen durch eine auffällige Zurückhaltung
auszeichnen. Zwar haben Städte wie
Hamburg, Berlin, Aachen, Breslau, Köln,
Kiel bakteriologische Laboratorien ein-
gerichtet, aber ich meine, es fehlt da-
selbst die wissenschaftliche Regsamkeit
der Gesamtheit der Tierärzte. Es genügt
nicht, daß nur die Vorsteher der Labo-
ratorien wissenschaftlich arbeiten, wobei
ich an die schönen Untersuchungen von
Bongert über Tuberkulose denke. Dem
Beispiel der genannten Großstadtschlacht-
höfe müssen die übrigen Großstädte fol-
gen, und es müssen sämtliche Schlacht-
hoftierärzte die gebotene Gelegenheit be-
nützen, die im Hallendienst gemachten Be-
obachtungen durch genauere Untersuchung
weiter zu verfolgen. Ich denke, an Zeit
mangelt es nicht. Da sind die kleinen
Schlachttage, an denen der Betrieb gering,
oft sehr gering ist, ja in manchen Städten
so gut wie ruht. Wie könnte diese Zeit
ausgenützt werden!
— 88
Wie viel wissenschaftliche Arbeiten
werden in den Krankenhäusern angefertigt
trotz der knappen freien Zeit, die den
Ärzten zur Verfügung steht. Wie wer-
den die jungen Ärzte angehalten und
geradezu gedrängt, den und den inter-
essanten Fall genau zu studieren und
wissenschaftlich in einem Fachblatt ab-
zuhandeln, und an unsem großen Schlacht-
höfen? Da soll es sogar noch Leiter
geben, die das Streben ihrer Tierärzte
nach wissenschaftlicher Betätigung nicht
mit förderndem Interesse verfolgen. Nie-
mand wird an' den Leiter eines großen
Schlachthofs, der meistens mit der Ver-
waltung reichlich zu tun hat, das An-
sinnen stellen, sich als erster wissen-
schaftlich zu betätigen, zumal, wenn er
nicht den Beruf hierfür in sich emp-
findet. Aber er kann die wissenschaft-
liche Tätigkeit unterstützen durch die
Beschaffung ausreichender Mittel zur Er-
richtung und Unterhaltung guter Labo-
ratorien.
Daß die Städte in solchen Dingen
sehr freigebig sind, habe ich gelegent-
lich als Teilnehmer der hygienischen Ex-
kursionen, wie sie hier Herr Geheimrat
Pfeiffer mit seinen Studenten unter-
nimmt, beim Besuche des städtischen
Krankenhauses feststellen können. Das
bakteriologische Laboratorium daselbst
ist so trefflich eingerichtet, daß Herr
Geheimrat Pfeiffer bemerkte, sein
hygienisches Institut sei nicht so gut
ausgestattet.
Sind die Bedingungen für wissen-
schaftliches Arbeiten geschaffen, so sollen
diese Stätten auch in richtiger, würdiger
Weise ausgenützt werden. Die Mittel,
die zur Verfügung stehen, dürfen nicht
plan- und ziellos vergeudet werden. Aus
den Untersuchungen muß etwas heraus-
kommen, und wenn es auch nur eine
durch exakte Arbeit gewonnene negative
Erkenntnis ist. Deshalb ist es von
großer Wichtigkeit, daß die richtigen
Arbeitsihemata gestellt werden. Da wäre
es sehr angebracht, daß die Leiter der
hygienischen Institute, auch die der
pathologischen, unserer Hochschulen an-
gegangen würden, zu bearbeitende Gegen-
stände aus dem Gebiete der Fleisch-
beschau anzugeben, falls sie sich nicht
aus der Schlachthofpraxis von selbst er-
geben. Auch der Leiter der Veterinär-
abteilung im Kaiserlichen Gesundheits-
amt würde sicherlich mit Freuden der-
artige Bestrebungen mit Bat unterstützen.
Ist es nicht wirklich an der Zeit, die
bescheidenen Anfänge unserer Veterinär-
hygiene auszubauen? Wir verlassen uns
noch viel zu sehr auf unsere Professoren,
die bei ihrer geringen Anzahl doch nie
im entferntesten imstande sein können,
alle die Fragen, die noch ihrer Lösung
harren, zu bearbeiten, auch wenn ihre
Arbeitskraft unerschöpflich wäre. Es
fehlt eben bei uns die Mitarbeit der
Stellen, die dazu berufen und verpflichtet
sind, der Schlachthöfe. Aber noch andere
Vorteile bieten sich ihnen. In Univer-
sitätsstädten wird ihnen jederzeit das
hygienische Institut ein guter Rückhalt
werden. Ich bin der festen Ansicht, daß
dessen Leiter sehr gern auf eine Bitte
hin Aufgaben zur Bearbeitung stellen und
in jeder Hinsicht mit Rat zur Seite
stehen wird. Aber nicht nur die Bak-
teriologie, sondern auch die pathologische
Anatomie, Parasitologie und Nahrungs-
mittelchemie wären Disziplinen, die Gegen-
stände zur Bearbeitung abgeben würden.
Auch dabei sind in einer Universitätsstadt
dieselben günstigen Voraussetzungen ge-
geben. Bedenken, wie sie Uneingeweihten
aufsteigen könnten, Mediziner seien für
tierärztliche Arbeiten nicht die richtigen
Berater, sind unbegründet und gehen von
Leuten aus, die nie in einem großen
medizinischen Institut gearbeitet haben.
Die größten Gesichtspunkte sind die maß-
gebenden, das Eleinwerk überlassen die
Herren jedem selbst. Es muß da ein
jeder sehen, wie er mit seiner Arbeit
fertig wird.
89
Wer von den an den Schlachthöfen
tätigen Tierärzten nicht den Drang wissen-
schaftlicher Betätigung in sich fühlt, sollte
wenigstens mit sanftem Zwang dazu ange-
halten werden, in den elementaren Dingen
der Bakteriologie, wie sicherem Mikro-
skopieren, sich zu üben. Wenn ich richtig
orientiert bin, besteht diese Einrichtung
am Breslauer Schlachthof. Wie kein
pathologischer Anatom ohne Anfertigung
von Gewebsschnitten, Kenntnis der Färbe-
technik und ohne Mikroskop auskommt,
sonst ist er eben kein Wissenschaftler,
so sollte jeder große Schlachthofbetrieb
seine Fleischbeschau nun endlich einmal
auf dieselbe wissenschaftliche Basis stellen,
d. h. nicht nur einseitig die Makroskopie
treiben, sondern auch der Mikroskopie
und den anderen Methoden der Forschung
den ihr gebfihrenden Platz einräumen.
Es ist auch darauf hinzuweisen, daß
die landwirtschaftlichen Korporationen
schon lange die Bedeutung und den Wert
gut eingerichteter wissenschaftlicher Ar-
beitsstätten erkannt haben. Zum Teil
verfugen die Landwirtschaftskammem
schon über treffliche bakteriologische
Laboratorien, zum Teil sind. Institute im
Bau begriffen, die Hunderttausende kosten.
Mögen die Herren Leiter der großen
Schlachthöfe, an denen bakteriologische
Laboratorien noch nicht errichtet sind,
ihre Kommunen daran erinnern, daß es
ein nobile officium sein muß, hinter der
Landwirtschaft nicht herzuhinken.
Zum Schluß meiner Ausführungen
möchte ich noch die dringende Bitte an
den Verein der Schlachthoftierärzte richten,
sich dieser Sache anzunehmen. Er könnte
z. B. anregend auf das wissenschaftliche
Streben wirken, wenn er alle Jahr eine
Preisarbeit ausschreiben würde. Das
Thema oder vielleicht auch mehrere
Themata könnten von einem zu diesem
Zweck gewählten Komitee gestellt werden.
Die Hauptaufgabe aber fällt den Leitern
der Schlachthofe zu. An ihnen liegt es
nun, die Schlachthöfe so zu gestalten,
daß sie auch den Zweck wissenschaftlicher
Institute zu erfüllen vermögen.*)
*) Die Auflführungen des Herrn Kollegen
Dr. Pitt enthalten viel Beachtenswertes. So ist
der Gedanke, die wissenschaftliche Tätigkeit auf
den Schlachthöfen durch regelmäßige Stellung von
Preisaufgaben anzuregen, sehr der Erwägung
würdig. Aber im allgemeinen glaube ich doch,
daß überall, an den großen wie an den kleinen
Schlachthöfen, der lebhafte Wunsch besteht,
Laboratorien einzurichten und zu unterhalten, und
daß sich bisher nur seine Erfüllung nicht überall
hat in wünschenswerter Weise ermöglichen
lassen. Die Gründe, die der Erfüllung im Wege
stehen, sind teils baulicher, t^ils finanzieller Art.
Diese Hindemisse müssen aber überwunden
werden. Denn die Fleischbeschau kann ohne die
Hilfsmittel der Bakteriologie und bei der Häufung
des Materials an den Schlachthöfen ohne die
Einrichtung eines Laboratoriums nicht mehr aus-
geübt werden. Dies ist ja bekanntlich auch
durch die in den Ausführungsbestimmungen D
zum Reichsfleischbeschaugesetz vorgeschriebene
Art der Ausstattung der Auslandsfleischbeschau-
stellen, wo die Verhältnisse ähnlich liegen wie
an den Schlachthöfen, amtlich zum Ausdruck
gebracht. Der erste, der die Möglichkeit wissen-
schaftlichen Arbeitens einem Schlachthofe schuf,
war wohl der verstorbene Hertwig. Hertwig
sorgte auf dem Berliner Schlachthof für die
Mittel zu einer Bibliothek, zur Anlegung einer
Sammlung und zur Ausführung wissenschaftlicher
Untersuchungen, an denen sich sämtliche am
Schlachthof tätigen Herren beteiligen konnten.
Die Kenntnis dieser Tatsache hat seinerzeit die
Brüder W. und A. Eber, femer Gmelin und
mich an den Berliner Schlachthof gezogen. Es
herrschte damals, wie jedenfalls heute noch, eine
rege wissenschaftliche Tätigkeit auf dem Berliner
Schlachthof, die die Pausen zwischen dem
Schlachthausdienst ausfüllte, und an der sich
alle Herren unmittelbar oder mittelbar beteiligten.
Hertwig 8 Bemühungen um Förderung der
wissenschaftlichen Tätigkeit der Schlachthof-
tierärzte fand das bereitwilligste Entgegen-
kommen beim Berliner Magistrat, hauptsächlich
infolge der sachverständigen Beratung durch
Rudolf Vir chow, der für den Berliner Schlacht-
hof stets das größte Interesse bekundete. Ganz her-
vorragend angelegte und ausgestattete Labora-
torien sah ich jüngst auf den Schlachthöfen in
Utrecht und Haarlem. Dort ist das erfüllt,
was Herr KoUege Pitt wünscht. Die Schlacht-
hoftierärzte sind in den Laboratorien tätig, so-
weit sie der Dienst nicht im Schlachthause be-
schäftigt. Ostertag.
90 —
Referate.
Noack, Beobachtungen aber Fsendo-
Tnberkulose der Schafe nnd deren Be-
ziehungen zur Eehinokokken-Inyasion.
(Deutiche Tierftrztl. Wochenschrift 1906, Nr. 29.)
Die besonders bei Schafen vorkommende
Pseudo-Tuberkulose unterscheidet sich von
der Tuberkulose makroskopisch durch die
Bildung von grünlichen, zähkohärenten
Käsemassen und durch die vorwiegend zu
beobachtende Einschmelzung der gesamten
Drüsenmasse. Auch kommt bei der echten
Tuberkulose die Zwiebelschalenschichtung
der trockenen Käsemassen nicht vor.
Weiterhin sind die Pseudotuberkulosen
Herde in den Organen durch eine oft
blasenartig über die Oberfläche sich her-
vorwölbende Kapselbildung von mitunter
starker Wand ausgezeichnet, aus der sich
der Inhalt leicht herausschälen läßt. Bei
der mikroskopischen Prüfung fanden sich
sehr kurze, plumpe, fakultativ aerobe Bak-
terien, die unbeweglich waren und nach
Gram sich färbten. Auf erstarrtem Blut-
serum-Agar wuchsen sie in Form eines
mattglänzenden weißen, kleinperligen
Belages. Bei Kaninchen und Meer-
schweinchen bildeten sich bei subkutaner
Infektion umfangreiche Abszesse mit
starker Drüsenschwellung an der Impf-
stelle, ferner Abszesse in Leber, Lunge,
Milz, Nieren mit eitriger Einschmelzung
der Lymphdrüsen. Ein an drei Tagen
hintereinander mit je einer Öse Reinkultur
gefüttertes Meerschweinchen bekam eine
Schwellung der linken Kniefaltendrüse,
dann eitrige Einschmelzung derselben,
einen Leberabszeß, Milztumor und graue,
knötchenförmige Verdichtungsherde in der
Lunge. AuflFallend ist es, daß bei Schafen
eine fast regelmäßige, gleichzeitig vor-
handene Echinokokken-Invasion bestand,
und daß die verkästen Echinokokkenblasen
den pseudotuberkulösen Abszeßherden
täuschend ähnlich erschienen. Es ist
daher die Annahme nicht von der Hand
zu weisen, daß das Virus der Pseudo-
Tuberkulose der Bakterienflora des Darmes
entstammt, und daß die einwandernden
Echinokokken als Zwischenträger dienen.
Bezüglich der sanitätspolizeilichen Be-
urteilung rät Verfasser, wegen der hohen
Virulenz des Infektionsstoffes für gewisse
Versuchstiere vorsichtig zu sein, solange
nicht die Unempfanglichkeit des Menschen
sichergestellt ist. Es ist zu empfehlen,
pseudotuberkulöse Organe wie tuberkulöse
zu behandeln. BroiL
Foels^ Der Kampf gegen die Blnder-
tuberkulose.
(T(jdschrift voor VeeartseoUkande, Mai 1906; ref. in Österr.
Monatsschr. 1907, April.)
Verfasser bringt den Nachweis, daß
die Anwendung des Tuberkulins bei der Be-
kämpfung der Tuberkulose keinen großen
Wert besitzt. Abgesehen von zahlreichen
Fehldiagnosen, kann die Tuberkulin-
reaktion von gewissen Behandlungen,
denen die Tiere unterworfen werden, be-
einflußt sein. Die Eingabe von 90 g
Antifebrin vier Stunden vor der Injektion
verzögerte das Eintreten der Reaktion.
In einem Falle trat die Reaktion
32 Stunden, in einem anderen erst
36 Stunden nach der Injektion auf. Das
hierzu verwandte Tuberkulin war vorher
geprüft worden.
In Rotterdam waren unter 1443 aus-
gemerzten tuberkulösen Tieren 1140 mit
offenerLungentuberkulosebehaftet. Uterine
und intestinale Veränderungen werden
selten beobachtet. Unter 1158 Fällen von
offener Tuberkulose betrafen 135=12 Proz.
das Euter, 1140=98 Proz. die Lunge.
Als Hilfsmittel bei Bekämpfung der
Tuberkulose empfiehlt Po eis die An-
wendung des Pilocarpins und Arecolins
in Dosen von 300 und 80 mg. Wird eine
Steigerung des Röcheins in bestimmten
Regionen verursacht, so kann man auf
das Bestehen von offener Tuberkulose
schließen. Beim Vorhandensein großer
tuberkulöser Kavernen wird das Vesikular-
geräusch erhöht. Die Untersuchung und
Verimpfung der Absonderungsprodukte,
— 91 —
besonders des aus dem Larynx ge-
sammelten Schleimes verdächtiger Tiere,
ist von großem Werte. BrolL
Bonstedt, A.^ Einiges über sibirische
Kinderpest.
(Ron. med. Kundnchau 1907, S. 104—108.)
Verfasser, 1898 und 1899 beim Bau
der Sibirischen Bahn als Arzt tätig, sah
40 Fälle von Übertragung der sibirischen
Binderpest (Milzbrand, d. Eef.) auf den
Menschen; von diesen endigten neun
tödlich. Die Milzbrandpustel befand sich
in 21 Fällen an den oberen, in neun an
den unteren Extremitäten. Besonders
erwähnt wird ein Fall, in dem die In-
fektion auf einen Fliegenstich in die
Zunge znrückgefahrt wird. stadü.
BAhlmann, Botryomykose eines
Dflttenbeines.
(Wochenschrifl für Tierheilkunde u. Vlehzacbt 1907, Nr. 27.)
Bei einem mit rechtsseitiger schmerz-
loser Kehlgangsdrüsenschwellung, ein-
seitigem, mißfarbigem Nasenausfluß und
hochgradiger Atemnot behafteten Pferde
wurde eine Neubildung der vorderen Dütte
vorgefunden, die zum rechten Nasenloch
hervortrat und es vollständig verschloß.
Die mikroskopische Untersuchung ergab
Botryomykose. Broll,
Calmette et On^rin, Intestinaler ür-
sprang der Lnngentuberknlose.
(Annales de rinstitat Paatear 1906, S. 8&3-36d.)
VerflF. haben vier Kühe intestinal mit
Bazillen des Typus bovinus infiziert.
Durch eine besondere Vorkehrung ver-
minderten sie die nach ihrer Meinung
bakterizide Wirkung des Panseninhalts,
die frühere Fütterungsversuche bei er-
wachsenen Rindern meist scheitern ließen.
Die vier Kühe Nr. 36, 35, 34, 33 von
7, 4, 5 und 3 Jahren erhielten ein einziges
Mal 1,0, 0,5, 0,25 und 0,1 g Bazillen in
sterilem AVasser aufgeschwemmt. Die
Tuberkulinprobe war vorher negativ, nach
30 Tagen aber bei allen Tieren positiv.
Nr. 36 nach 30 Tagen getötet, war makro-
skopisch gesund. Durch Meerschweinchen-
impfungen wurden nur in den Mesenterial-,
Bronchial- und Retropharyngealdrttsen Tuberkel-
bazillen nachgewiesen.
Nr. 35 nach 45 Tagen getötet. Graue Herde
in den Lymphdrüsen der Bauchhöhle, aber ohne
Tuberkel. Durch Meerschweinchenimpfungen
wurden nur in der rechten Lungenspitze und in
den MesenterialdrUsen Tuberkelbazillen nach-
gewiesen.
Nr. 34 nach 60 Tagen ^getötet. Einige graue
Herde in den Mesenterialdrüsen. Durch Meer-
schweinchenimpfungen wurden Tuberkelbazillen
nur in den Betropharyngeal- und Dick- und
DOnndarmlymphdrasen nachgewiesen.
Nr. 33, die jüngste Kuh, wurde nach 75 Tagen
getötet. In Mesenterial-, Leber-, Milz, Nieren-,
Bronchial- und Mediastinaldrüsen sehr kleine
Tuberkel. Leber, Milz und Nieren selbst sind
gesund. In der Lunge 20 Tuberkel bis Erbsen-
größe. Mit Ketropharyngeal- und Bugdrüsen
geimpfte Meerschweinchen blieben gesund.
C. und G. schließen aus ihren Ver-
suchen und aus den meist resultatlos ver-
laufenen Inhalationsversuchen anderer
Forscher:
1. Nicht nur junge, sondern auch ältere
Tiere erwerben sich fast ausschließlich die Tuber-
kulose durch Fütterungsinfektion, ohne daß der
Digestionstraktus selbst sichtbare Veränderungen
aufweist.
2. Bei jungen Tieren werden die Tuberkel-
bazillen meist durch die Mesenterialdrüsen zurück-
gehalten. Entweder gehen sie in denselben zu-
grunde oder führen Verkäsungen und weitere
Infektionen des Körpers auf dem Wege der
Lymphbahnen herbei.
3. Bei älteren Tieren ist die defensive Re-
aktion der Lymphdrüsen viel weniger intensiv
wie bei jüngeren. Die Leukozyten verschleppen
die Tuberkelbazillen viel leichter in die großen
Lymphbahnen, von denen sie dann in die Lungen
gelangen.
4. Die „primäre" Lungentuberkulose der Er-
wachsenen ist meistens intestinalen Ursprungs.
5. Die Fütterungsinfektioij ist die wirk-
samste und den natürli<?hen Infektionsbedingungen
am meisten angepaßt. Junack,
Fischer, U., Ein Beitrag zur Histologie
und Pathogenese der Utems- and Ei-
leltertuberlcnlose beim Binde.
(Zeitachr. f. Tiermedizin X. Bd., 8. 82-107.)
Nach einem Eückblick auf die bisher
in der Veterinär- und humanmedizinischen
Literatur niedergelegten Untersuchungs-
ergebnisse beschreibt Verf. die an 50 tuber-
— 92
knlösen üteris von ihm gefimdenen makro-
skopischen und mikroskopischen normalen
und pathologischen Verhältnisse. Die
tuberkulösen Veränderungen der Schleim-
haut beginnen in den Uterindrüsen oder
dem Stratum cellulare. Bei den Eileitern
erkrankt meist das abdominale Ende zu-
erst. Bei starken Erkrankungen des
Uterus konnte mikroskopisch eine Affektion
der Tuben nachgewiesen werden, auch
wenn letztere makroskopisch gesund er-
schienen. Nach Ansicht des Verf. wird
der Uterus in den meisten Fällen von
den Tuben aus und diese von der Bauch-
höhle aus infiziert, entsprechend einer
serösen Strömung, die vom Peritoneum
durch das Ostium tubae in die Eileiter
und von da in den Uterus fuhrt. Die
hämotogene Infektion ist weit weniger
häufig, und sehr selten die Infektion von
außen. Resow.
Biehet, Ch.y Die Emähnmg bei der ex-
perimentellen Tnberknlose^ schädlicher
EinflnjB des gekochten Fleisches.
(Revae ▼«t XXX. Bd., Angost.)
R. kommt nach Versuchen an 21 tuber-
kulös gemachten Hunden zu dem Schlüsse,
daß gekochtes Fleisch als einzige Nahrung
die allerschlechteste, rohes Fleisch aber die
allerbeste Art der Ernährung ist; es gibt
also keine Nahrungsmittel, die in ihrer
Wirkung so imähnlich wären, wie rohes
und gekochtes Fleisch. Da es sich beim
Menschen meist um gemischte Kost
handelt, will R. bezüglich der Diät Tuber-
kulöser keine Folgerung aus seinen Re-
sultaten ziehen. Oanxenmüüer,
Ravenna^ E., Experimentelle Unter-
snchangen fiber das Verhalten des Botz-
giftes im Darmkanal.
Monographie. Padov« 1905.
Verfasser hat sich unter Bonome
damit beschäftigt, das Verhalten des Rotz-
bazillus im Darmkanal des Pferdes, der
Meerschweinchen und Katzen zu be-
stimmen und fand folgendes:
1. Die Schleimhaut des Magens und Darms
beim Pferd und bei der Katze ist der Ent-
wicklung des Botzbazillus nicht günstig. Wird
durch das Verschlucken dieses Krankheits-
erregers ein Tier infiziert, so beschränkt sich
trotzdem die Krankheit nie auf den Magen oder
auf den Darm.
2. Der Magen- und Darmsaft der Katze macht
das in den Magen eingeführte Gift des Rotzes
unschädlich, bei den Meerschweinchen geht dieser
Prozeß noch schneller vor sich.
B. Die Bakterienflora des Darms und die
verschiedenen Verdauungssäfte des Pferdes, der
Katze und des Meerschweinchens üben, „in vitro^
auf die Lebensfähigkeit und Giftigkeit des Rotz-
bazillus auch nach mehreren Stunden keine
Wirkung aus.
4. Bei rotzigen Septikämien infolge sub-
kutaner Impfung kann sich der Rotzbazillos im
Darminhalt befinden und seine pathogene Wirkung
behalten. Orosso.
Loewenthal, W., Untersnehnngen Aber
die sog. Tanbenpocke. (Epithelioma
eontagiosam.)
(Deutsche medisinische Wochenschrift XXXI. Jahi^., Nr. 17.)
Die dem Epithelioma contagiosum des
Menschen vergleichbare Taabenpocke be-
steht nach Untersuchungen des Verfassers
aus charakteristischen Erhabenheiten der
äußeren Haut, die im wesentlichen auf
Vergrößerung der Epithelzellen beruhen.
Auf die Cornea ließ sich der Krankheits-
prozeß nicht übertragen. Das Virus kreist
im Körper; das Blut erkrankter Tiere
rief bei intrakutaner Impfung wiederholt
typische Pocken hervor. Überstehen der
Krankheit rief eine allerdings nur zwei
Monate dauernde Immunität hervor. Das
noch unbekannte (filtrierbare) Virus
scheint auf künstlichen Nährboden aus
Pocke und Herzblut kultivierbar zu sein.
Die Resistenz des Virus scheint sehr groß
zu sein; denn zwei Jahre lang auf-
bewahrtes Material erwies sich noch
als infektiös.
Häufig treten bei der Pockenkrankheit
zitronengelbe Beläge in der Mundhöhle
auf, die, auf gesunde Tiere verimpft, die
Krankheit hervorrufen. Charakteristisch
für die Krankheit ist der Umstand, daß
die vergrößerten Epidermiszellen aus
Fett und Eiweiß bestehende Einschlüsse
enthalten, die als ßeaktionsprodukte auf-
zufassen sind. Damel.
- 93 -
Beclitsprechnns*
— Untersteht die Ausübung des irztllchen Be-
rufes der Gewerbesrdnung?
Urteil des Beichsgerichts vom 11. Juni 1907.
Nach obigem Urteil untersteht die Ausübung
des ärztlichen Berufes nicht der Gewerbe-
ordnung. Das Urteil führt aus, die Ausübung
der Heilkunde auf Grund staatlicher Approbation
sei, trotzdem sie meist im Wege des privatrecht-
lichen Vertrages geleistet und honoriert werde,
ihrem inneren und eigentlichen Wesen nach (ab-
gesehen von gewerblich betriebenen Privat-
krankenanstalten) kein gewerbliches Unternehmen.
Auch das Oberlandesgericht zu Cöln hat
sich in einem Urteil vom 28. Februar 1907 dahin
ausgesprochen, dafi Ärzte Gewerbetreibende nicht
seien. Das ergebe sich insbesondere aus der
früheren Fassung des § 6 der Gewerbeordnung,
die lautete: „Das gegenwärtige Gesetz
findet keine Anwendung auf Ausübung
der Heilkunde." Die heutige Fassung des
§ 6 der Gewerbeordnung sei lediglich aus
redaktionellen Gründen gewählt worden und ent-
halte materiell keine Änderung.
Zar Ausftthrnng des Flelschbeschan-
gesetzes.
— I. Sireltpunkte bei der Nandhabung der
Fteieohbeschau.
II. Herausgabe bedingt tauglichen Fleisches zum
Hausgebrauch.
III. Eidliche Verpflichtung der Beschauer.
Anfragen des städtischen Tierarztes M. in G.
Ein Urteil über die von Ihnen unter I mit-
geteilten Verhältnisse abzugeben, ist für einen
Dritten nicht angängig, ehe auch der zweite
Beteiligte gehört worden ist. Deshalb bleibt
nur übrig, die strittigen Fragen möglichst im
Einverständnis mit dem zweiten Beteiligten zur
amtlichen Entscheidung zu bringen.
Zu II ist bereits im Novemberheft der Zeit-
schrift auf S. 63 beantwortet worden.
Zu III. Nach § 5 der Preußischen Aus-
fühmngsbestimmungen vom 20. März 1903 müssen
die Beschauer von der Anstellungsbehörde eidlich
verpflichtet werden.
— Welche mlkroskspischen Utensilien und lite-
rarischen Werke sind an Jedem Schiaohthsf unbe-
dingt nttwendig?
Anfrage des städtischen Tierarztes M. in G.
Zur genaueren Untersuchung zweifelhafter
Fälle sind an jedem Schlachthof ein kleines
bakteriologisch -chemisches Laboratorium mit
einem Bakterienmikroskop, Brutofen, Kochschem
Dampftopf, Mikrotom und übrigem bakterio-
logischem und chemischem Zubehör sowie die
einschlägige Fleischbeschau-, pathologisch-ana-
tomische und bakteriologische Literatur, und
zwar sowohl die wichtigsten Spezialwerke wie
die periodisch erscheinenden Zeitschriften, er-
forderlich. Zusammenstellungen der notwendigsten
Laboratoriumsutensilien finden sich in dem Lehr-
buch der Bakteriologie von Heim sowie in den
Katalogen von Altmann, Lautenschläger usw.
— Ist die Erhebung von Gebahren für die
Fleischbeschau bei einem Wildschwein und bei einem
Renntier zuiissig?
Anfrage des Schlachthofdirektors D. in C.
Meines Erachtens ist sie nicht zulässig.
Die Erhebung der Gebühren stützt sich auf
§ 2 Ziffer 2 des Gesetzes, betr. die Errichtung
öffentlicher Schlachthäuser, vom 18. März 1868
in der Fassung des Gesetzes vom 9. März 1881.
Wenn die Erhebung von Gebühren zulässig ist,
müßten doch zur Vornahme der Fleischbeschau
die Organe (in teilweisem Zusammenhange) mit
dem Tiere zur Untersuchung eingeliefert werden,
oder können sämtliche Organe fehlen?
Antwort: Für Renntiere dürfte die Er-
hebung von Gebühren an inländischen Schlacht-
höfen nicht mehr in Frage kommen, da sämtliche
Renntiere der Auslandsfleischbeschau unterliegen
und somit der Nachbeschau auch in Schlachthof-
gemeinden entzogen sind. Wildschweine unter-
liegen im Königreich Preußen nach § 1 des
Preußischen Ausführungsgesetzes vom 28. Juni
1902 der Trichinenschau. Die Fleischbeschau
für Wildschweine kann nicht auf Grund des
Schlachthausgesetzes, das sich lediglich mit
Schlachttieren befaßt, sondern nur durch landes-
rechtliche Vorschrift auf Grund des § 24 des
Reichsfleischbeschaugesetzes geregelt werden.
Mithin ist auch die Festsetzung von Gebühren
für die Fleischbeschau bei Wildschweinen
auf Grund des Schlachthausgesetzes unzulässig.
Amtliches.
— Deutsches Reich. Zum Vsilzug des Fielsoh-
beschaugesetzes. Nach Nr. V der Aufzeichnung
über das Ergebnis der Besprechungen in der
ständigen Kommission für Fleischbeschauange-
legenheiten vom 12. und 17. bezember 1906 und
16. Januar 1907 — abgedruckt in Nr. 6 der
„Mitteilungen des Vereins Bad. Tierärzte'', Jahrg.
1907 — sind gepökelte Schweineschwarten auf
Grund der Vorschriften in § 12, Abs. 2, Nr. 2
des Fleischbeschaugesetzes von der Einfuhr aus
dem Auslande auszuschließen, weil sich ihre
Unschädlichkeit für die menschliche Gesundheit
in zuverlässiger Weise bei der Einfuhr nicht
feststellen läßt Dasselbe gilt auch für
gekochte Schweineschwarten.
— 94 —
— Königreich Preußen. Anlagen zu den Erlaeeen
Nr. 35 und 45 dee Ministeriums fGr Landwirtechaft,
Dofflftnen und Forsten, betreffend die Ausführung der
Fleischbeschau.*)
Anlage I zum Erlaß Nr. 35. Finanzielle Wirlciingen
der am I. Oictober 1904 eingeführten sogenannten Frei-
zügigiceit des tierärztlich bereits untersuchten Fleisches.
Die Zahl der SchlachtuDgen in dem Jahre
nach der Einführung der Freizügigkeit, also vom
1. Oktober 1904 bis ebendahin 1905, hat gegen-
über dem Vorjahr in den weitaus meisten
Schlachthäusern der Monarchie eine Steigerung
erfahren, die sich zum Teil als recht bedeutend
erweist Einen nennenswerteren Rückgang zeigen
nur die Schlachthäuser der Regierungsbezirke
Oppeln und Aachen, doch beträgt er auch in
diesen nicht mehr als etwa 5 Prozent. Stellt
man die Schlachtungen nach den einzelnen Tier-
gattungen sowie die Gesamtschlachtungen in den
preußischen Schlachthäusern für jedes der beiden
in Frage kommenden Jahre zusammen, so er-
geben sich rund folgende Zahlen:
Es sind geschlachtet
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine | ^"S""^
im Jahre vor dem
1. Oktober 1904
1163000 1168000
i
1139000
1196 000
4 747000 j 8 217 000
im Jahre nach dem
1. Oktober 1904
1260000
1250000
4 609000
8315000
Also in dem Jahre nach dem
1. Oktober 1904
-f 97 000
+ 8,4 0/,
+ 82 000
+ 57 000
+ 5 7o
- 138000
- 2,9 0/,
+ 98000
+ 1,2 %
Es ist also bei Rindern, Kälbern und
Schafen ein verhältnismäßig starkes, die Be-
Völkerungszunahme übersteigendes Wachstum
der Schlachtungen um 5 Proz. bis über 8 Proz.
zu verzeichnen und nur bei Schweinen ein
Rückgang um 2,9 Proz., der aber auch nicht
mit dem Wettbewerb eingeführten frischen
Fleisches, sondern vielmehr mit der allgemeinen
vor dem 1. Oktober 1904 von rund 728,4 Millionen Kilogramm,
nach „ 1. „ 1904 „ ^ 745,0
Abnahme der Schweineschlachtungen in Deutsch-
land im Jahre 1905 im Zusammenhange steht.
Rechnet man alle Schlachttiere auf Schlacht-
gewicht um (mit 235 kg pro Rind, 45 kg pro
Kalb, 20 kg pro Schaf und 80 kg pro Schwein),
dann ergibt sich ein Gesamtschlachtgewicht der
Tiere, die in den Schlachthäusern der Schlacht-
hausgemeinden geschlachtet wurden, in dem Jahre
also eine Zunahme um 16,6 Millionen Kilogramm = 2,3 Prozent,
d. h. die Schlachthausgemeinden haben trotz
der Freizügigkeit des tierärztlich untersuchten
Fleisches iliren Fleischbedarf in einem der Be-
völkerungszunahme entsprechend vermehrten
Maße auch nach dem 1. Oktober 1904 aus dem in
ihren Schlachthäusern ausgeschlachteten Fleische
gedeckt. Die Einfuhr von ausgeschlachtetem und
zur Nachuntersuchung in den Schlachthäusern
der Schlachthausgemeinden vorgelegtem fri-
schen Fleische ist im zweiten Jahre naturgemäß
zurückgegangen, nachdem das von Tierärzten
amtlich untersuchte Fleisch, das bereits früher
den Hauptteil der Einfuhr nach den Schlacht-
hausgemeinden ausgemacht hatte, nicht mehr
zur Nachuntersuchung vorgeführt zu werden
brauchte.
Es sind in die Schlachthausgemeinden
Tierkörper von Rindern, Kälbern, Schafen
und Schweinen eingeführt und untersucht
worden
vor dem 1. Oktober 1904 rund 709 000 Stück, dazu noch 13 700 dz Fleisch,
nach ,1. „ 1904 „ 325000 „ , „ 11 400 „ ,
also nach dem 1". Oktober 1904 weniger .
Bezeichnend ist aber, daß von diesem Rück-
gang allein rund 300 000 Tierkörper auf Berlin
entfallen, so daß die sämtlichen übrigen (433)
Schlachthausgemeinden nur den bedeutungslosen
Ausfall an Gebühren ftlr die Untersuchung von
84 000 Tierkörpern und 2 300 dz Fleisch zu
tragen gehabt haben.
*) Siehe Heft 1 des laufenden Jahrgangs
dieser Zeitschrift, Seite 22/31.
384 000 Stück und 2 300 dz Fleisch.
Anlage 2. Kreis-Poiizeiverordnung für den Land-
kreis ÜUihelm am Rhein, betreffend Aufstellung von
Konfisicatbehäitern In den Schlächtereien. Auf Grund
des § 6 des Gesetzes über die Polizeiverwaltung
vom 11. März 1850 (Gesetzsamml. S. 265) und
des § 142 des Gesetzes über die allgemeine
Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetz-
samml. S. 195) wird unter Zustimmung des Kreis-
auBschusses für den Umfang dee Landkreises
Mülheim am Rhein hiermit folgendes verordnet:
— 95 —
§1.
In jeder gewerblichen Schlachtet fitte ist
durch den Inhaber derselben zur Aufnahme der
bei der Fleischbeschau beanstandeten Teile und
der sonstigen bei den Schlachtungen sich er-
gebenden festen Abfälle ein hinsichtlich seiner
Größe dem Umfange des Schlächtereibetriebes
entsprechender Sammelbehälter aufzustellen.
Dieser Behälter soll aus verzinktem Eisen-
blech bestehen und einen verschließbaren und
dicht schließenden Entleerungsdeckel besitzen.
An letzterem muß eine Einwurfstrommel an-
gebracht sein, derart beschaffen, daß ein un-
befugtes Herausnehmen der Fleischteile un-
möglich ist.
Sofern sie den vorstehenden Anforderungen
entsprechend umgeändert sind, können auch die
Tonnen, welche gemäß Nr. 12 der Konzessions-
urkunden in den Schlächtereien aufgestellt sein
müssen, beibehalten werden. Zu jedem Behälter
sind zwei Schlüssel zu beschaffen. Je einen
nimmt der zuständige Fleischbeschauer und der
zuständige Polizeibeamte in Verwahr.
§2.
Vor Ingebrauchnahme und nach jeder Ent-
leerung sind die Behälter bis zu etwa V5 ihres
Rauminhalts mit Chlorkalkmilch (hergestellt aus
1 Teil frischem Chlorkalk und 20 Teilen Wasser)
zu beschicken.
§3.
Die Entleerung der Behälter und die Ver-
nichtung des Inhalts erfolgt nach einem der in
§ 45 der B. B. A (AusfÜhrungsbestimmungen)
zum Fleischbeschaugesetze vom 3. Juni 1900
(Reichs-Gesetzbl. S. 547) vorgeßchriebenen Ver-
fahren (Verbrennen oder Vergraben) unter polizei-
licher Aufsicht auf dem von den Polizeibehörden
bereitgestellten Platze, und zwar durch eine
polizeilicherseits damit beauftragte Person.
Der Transport des Behälters zu dem Ver-
scharrungsplatz ist Sache der Schlächterei-
inhaber.
§4.
Die Entleerung der Behälter erfolgt an von
den Polizeibehörden näher zu bestimmenden
Terminen in den Monaten Mai bis einschließlich
September mindestens alle Wochen, in den
flbrigen Monaten mindestens alle 14 Tage.
Sofern in einzelnen Fällen eine öftere Ent-
leerung notwendig werden sollte, hat der be-
treffende Schlächtereiinhaber oder der Fleisch-
beschauer der Polizeibehörde Mitteilung zu
machen.
§5.
Die ordnungsmäßige Benutzung der Sammel-
behälter unterliegt der Beaufsichtigung durch
die Fleischbeschauer. Etwaigen Anordnungen
derselben ist Folge zu leisten.
§ 6.
Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen
dieser Polizei Verordnung werden mit Geldstrafen
bis zum Betrage von 80 M. in jedem einzelnen
Falle geahndet, an deren Stelle im Unvcrmögens-
falle verhältnismäßige Haftstrafe tritt.
Unabhängig von der Bestrafung erfolgt
zwangsweise Durchführung der Vorschriften
dieser Polizeiverordnung nach Maßgabe des
1 § 132 des Gesetzes über die allgemeine Landes-
verwaltung vom 30. Juli 1883.
§ 7.
Diese Polizei Verordnung tritt am I.Januar 1907
in Kraft.
Mülheim am Rhein, den 1. September 1906.
Der Königliche Landrat.
Unterschrift.
Anlage 3. Fleischbeschau bei Hautschlaohtungen
in Preußen.
Nach dem Fleischbeschaugesetze vom 3. Juni
1900 (§ 2) kann bei Schlachttieren, deren Fleisch
ausschließlich im eigenen Haushalte des Besitzers
verwendet werden soll, die Untersuchung vor
und nach der Schlachtung unterbleiben, wenn
keine Merkmale einer die Gennßtauglichkeit des
Fleisches ausschließenden Erkrankung vorhanden
sind. Jedoch kann durch landesrechtliche Vor-
schriften diese reichsgesetzliche Befreiung der
sogenannten Hausschlachtungen von der Fleisch-
beschau beseitigt werden (§ 24 a. a. 0.).
Das preußische Ausführungsgesetz vom
28. Juni 1902 hat hierüber folgendes bestimmt:
a) in § 4 für Gemeinden mit Schlachthans-
zwang, daß alle in das öffentliche Schlacht-
haus gelangenden Schlachttiere vor und
nach der Schlachtung einer amtlichen
Untersuchung unterliegen, auch insoweit
reichsgesetzlich ein Untersuchungszwang
nicht besteht, also auch bei Haus-
schlachtungen,
b) in § 13, daß im übrigen die Ausdehnung des
Beschauzwanges auf Hausschlachtungen
durch Polizeiverordnungen erfolgen kann
und daß die Polizeiverordnungen, in denen
bereits derartige weitergehende Be-
stimmungen getroffen sind, mit der Maß-
gabe bestehen bleiben sollen, daß auf das
Verfahren bei und nach der Untersuchung
die Grundsätze des Reichsgesetzes und der
dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen
Anwendung finden.
Vor einiger Zeit hat eine Ermittlung darüber
stattgefunden, inwieweit in Preußen auf Grund
vorstehend bezeichneter Vorschriften ein Beschau-
zwang auch bei Hausschlachtungen vorgesehen
ist. Dabei hat sich ergeben, daß in den Bezirken,
in denen ein solcher Beschauzwang besteht, rund
— 96 —
48 Proz. der Gesamtbevölkerang wohnen. Dazu
gehören sämtliche Schlachthaasgemeinden, also
mit wenigen Ausnahmen (wie z. B. Altona and
die städtischen Vororte Berlins) die größeren
Städte, daneben aber auch eine erhebliche Anzahl
kleinerer Städte, femer von geschlossenen Be-
zirken die Provinz Hessen- Nassau und der
Hansschlachtangen zu den Gesamtschlachtungen
stehen, fOr Preußen festgestellt worden, wieviel
Tiere in derselben Zeit (vom 1. Dezember 1908
bis 80. November 1904) der amtlichen Unter-
suchung unterworfen worden sind. Aus der
Zusammenziehung und Gegenüberstellung der so
gewonnenen Zahlen ergibt sich folgende TabeUe:
Tiergattung
Zahl der
Gesamt-
schlachtungen
Zahl der
Schlachtungen,
bei denen eine
amtliche Beschau
unterblieben ist
Anteil der von der
Beschau befreiten
Hausschlachtungen
an der Zahl der Ge-
samtschlachtnngen
Kühe über 3 Monate alt
Sonstige Tiere des Rindergeschlechts
8 Monate alt * . . .
über
Rinder jeglichen Geschlechts über 3 Monate alt
Kälber bis zu 8 Monaten
Rindvieh überhaupt
Schweine (einschließlich Ferkel
Schafe (einschließlich Lämmer)
Ziegen (einschließlich Lämmer)
954 601
968 232
1922888
2288078
4160911
12 540488
2007 001
661220
86108
29 457
65 565
58550
124 115
8 688086
541969
503 918
8,78 Proz.
3,04 ,
3,41 „
2,62 „
2,98 „
29,41 ,
26,22 „
76,11 ,
Zusammen: |
Regierungsbezirk Oppeln, endlich eine auf die
Monarchie sehr verschieden verteilte Anzahl
städtischer und ländlicher Gemeinden. Die Aus-
dehnung des Beschauzwanges auf Hausschlach-
tungen ist übrigens nicht gleichmäßig, nament-
lich nicht in bezug auf die Tiergattungen.
Während, wie gesagt, in den öffentlichen Schlacht-
höfen alle zur Schlachtung gelangenden Tier-
gattungen dem Beschauzwang unterworfen sind,
erstreckt sich dieser Zwang sonst vielfach nicht
auf Kleinvieh. Beispielsweise sind in Hessen-
Nassau die Schafe und Ziegen ausgenommen,
im Regierungsbezirk Oppeln auch die Kälber.
Eine Statistik über die Zahl der bei dieser
Rechtslage ohne amtliche Untersuchung ge-
schlachteten Tiere ist in Verbindung mit der am
1. Dezember 1904 vorgenommenen letzten Vieh-
zählung zu beschaffen versucht worden. Es sind
nämlich die Tiere gezählt worden, die in der
Zeit vom 1. Dezember 1908 bis zum 30. Novem-
ber 1904 geschlachtet worden sind, ohne der
Fleischbeschau unterlegen zu haben.
Für Preußen sind damals ermittelt worden:
Rinder über 3 Monate alt . 65 565 Stück,
davon Kühe 36108 Stück,
Kälber bis zu 3 Monaten . 58 550 „
Schweine (einschl. Ferkel) .3 688086 „
Schafe (einschl. Lämmer) . 541969 „
Ziegen (einschl. Ziegen-
lämmer) . 503 918 „
Zusammen: 4858088 Tiere.
Es ist femer, um zu ermitteln, in welchem
Verhältnisse die von der Fleischbeschau befreiten
19429 570
4858088
25 Proz.
Hiemach entfällt der höchste Prozentsatz
(mehr als Vi) ^^ Ziegen, dann folgen die
Schweine mit nahezu 30 Proz., dann die Schafe
mit mehr als VV ^^^ Rindern ist der Anteil
der Hausschlachtungen gering, rund 3 Proz., bei
Tieren über 8 Monate ca. 8V9 Proz., bei Kälbern
nur wenig über 2V9 Proz.
Daraus folgt, daß die Ausdehnung des Beschau-
zwanges für Haussühlachtungen auf Schweine,
Schafe und Ziegen eine sehr einschneidende Maß-
regel sein würde. Bei Schafen und Ziegen ist
auch ein erhebliches sanitäres Bedürfnis kaum
anzuerkennen, da diese Tiergattungen verhältnis-
mäßig wenig Anlaß zu Beanstandungen geben.
Die Beanstandungsprozente belaufen sich im
Jahre 1904 bei
'S)
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N
ProB.
Proz. 1 Pros.
Pro».
Pro«.
Kühen .... auf
1,52 0,54
2,47
40,05
44,58
Rindern über
3 Monate ein-
schließlich
Kühe . . . „
0,92
0,46
1,65
30,93
88,96
Kälbern bis
3 Monate . . „
0,41
0,02
0,89
1,11
1,93
Schweinen . . „
0,13
0,25
0,24
9,00
9,62
Schafen . . . „
0,08
0,16
15,65
15,89
Ziegen. . . . „
0,23
0,3
4,06
4,59
— 97 —
Die BeaiiBtandangen einzelner Teile bei
Schafen sind bedeutnngsloB, da es sich dabei
fast durchweg nur um innere Organe (Lebern)
handelt, die ohnehin nicht genossen zu werden
pflegen.
Bei Schweinen ist das sanitäre Bedürfnis
nicht in gleichem Maße zu verneinen. Indessen
ist einerseits zu berücksichtigen, dafi eine
Trichinen- und Finnenschau, durch die die der
menschlichen Gesundheit gefährlichsten Schweine-
kxankheiten ermittelt werden, auch bei Haus-
schlachtungen von Schweinen in den meisten
preußischen Bezirken stattfindet (höchstens
8 Proz. der in Preußen zur Schlachtung kommen-
den Schweine werden nicht auf Trichinen unter-
sucht, und zwar meist in Gegenden, in denen
Trichinen überhaupt sehr selten vorkommen);
anderseits ist zu erwägen, daß die Ausdehnung
der allgemeinen Beschau auf erheblichen Wider-
stand und vielfach auch auf große praktische
Schwierigkeiten stoßen würde. Der oben heraus-
gerechnete Durchschnittsprozentsatz derSch weine-
hausschlachtungen mit 29,41 Proz. wird übrigens
in zahlreichen preußischen Bezirken erheblich
überschritten. So beträgt er z. B. in den Re-
gierungsbezirken Königsberg, Stettin, Magdeburg
und Schleswig je 40 Proz., in Stralsund 42,
Erfurt und Trier je 43, Hannover und Koblenz
je 45, Merseburg 47, Köslin und Minden je 50,
Hildesheim 52, Münster 53, Osnabrück und
Aurich je 55, Gumbinnen 56, Lüneburg 62, Stade
und Sigmaringen sogar je 63 Proz. der Gesamt-
schlachtungen.
Bei den Rinderhausschlachtungen ist zu
unterscheiden zwischen Kälbern bis zu 3 Monaten
und älteren Tieren. Wie die obige Tabelle er-
gibt, sind die Beanstandungen geschlachteter
Kälber verhältnismäßig selten und wenn nun
auch die Zahl der Hausschlachtungen bei Kälbern
nicht groß ist, prozentual sogar am niedrigsten
von allen Tiergattungen, so ist doch auch der
geringe Wert der — meist bald nach der Geburt
— zum Hausgebräuche geschlachteten Kälber
als ein gegen die Ausdehnung des Beschau-
zwanges auf Hausschlachtungen von Kälbern
sprechender Umstand in Betracht zu ziehen.
Bei älteren Rindern hingegen liegen alle Vor-
aussetzungen für die Ausdehnung vor: ein sehr
erhebliches sanitäres Bedürfnis (schon durch die
obigen Beanstandungsziffern erwiesen; bei Haus-
schlachtungen sind sie aber sicherlich noch viel
höher, weil ein großer Teil der Hausschlachtungen
Notschlachtungen sind); die verhältnismäßig ge-
ringe Zahl der Hausschlachtungen und vor allem
die Erwägung, daß nach den vorliegenden Be-
richten gerade die sogenannten Hausschlachtungen
von Rindern zu den häufigsten und gefährlichsten
Umgehungen des Fleischbeschaugesetzes Anlaß
gegeben haben. Wird den Kaltschlächtem durch
die Ausdehnung des Beschauzwanges auf Haus-
schlachtungen von Rindern der Einwand der
Befreiung auf Grund des § 2 des Reichsgesetzes
entzogen, dann wird die Fleischkontrolle wesent-
lich erleichtert werden.
Um einen Überblick über die Verteilung der
von der Beschau bis jetzt befreiten Haus-
schlachtungen bei Rindern auf die einzelnen
preußischen Regierungsbezirke zu geben, ist die
nachfolgende Tabelle aufgestellt worden.
^
Prozentsatz der
"^
Regierungs-
Hausschlachtungen bei
i
bezirke
Rindern über
K&lbern bis
:?
3 Monate
zn 3 Monaten
1.
Königsberg*) .
8,5
12,7
2.
Gumbinnen . .
13,2
28,5
3.
Danzig . . .
8,8
9,3
4.
Marienwerder
10,8
12,8
5.
Berlin . . .
—
—
6.
Potsdam . .
2,05
2,1
7.
Frankfurt a. (
). .
5,3
1.2
8.
Stettin . . .
5,6
6,0
9.
Köslin . . .
20,0
13,1
10.
Stralsund . .
6,0
11,6
11.
Posen . . .
4,0
1,2
12.
Bromberg . ,
6,7
4,7
13.
Breslau
0,5
0,5
14.
Liegnitz .
0,6
0,3
15.
Oppeln . .
—
1,1
16.
Magdeburg
2,9
2,7
17.
Merseburg.
1,6
0,4
18.
Erfurt . .
1,5
0,7
19.
Schleswig.
5,8
7,3
20.
Hannover . .
10,0
0,7
21.
Hildesheim
3,0
1,5
22.
Lüneburg .
24,0
8,0
23.
Stade . .
17,1
1,7
24.
Osnabrück
30,5
12,9
25.
Aurich . .
10,4
4,4
26.
Münster
7,4
1,7
27.
Minden . .
6,5
1,3
28.
Arnsberg .
0,9
0,6
29.
Kassel . .
—
—
30.
Wiesbaden
—
—
31.
Koblenz .
2,8
0,4
32.
Düsseldorf
0,3
0,7
33.
Köln . .
0,3
0,2
34.
Trier . .
5,0
0,3
35.
Aachen .
1,0
1,1
36.
Sigmaringen
2,5
2,8
*) Für Allenstein
nicht, stattgefunden,
tische Einteilung.
hat eine Ermittlung noch
Es gilt also die alte poli-
- 98 -
Danach ist der Anteil der Hausschlachtungen
von Rindern an der GeBamtschlachtungszahl in
einigen Kegierungsbezirken allerdings beträcht-
lich; er bewegt sich zwischen 10 und 20 Proz.
in den Regierungsbezirken Gumbinnen, Marien-
werder, Köslin, Hannover, Stade und Aurich, in
Lüneburg beträgt er 24 Proz. und in Osnabrück
sogar 30,5 Proz. Indessen gewinnt es den
Anschein, daß die Zählung nicht überall gleiche
zuverlässige Ergebnisse gehabt hat. Jedenfalls
aber muß vermutet werden, daß da, wo die
Prozentsätze den Durchschnitt erheblich über-
steigen, der Begriff „Hausschlachtung** nicht in
der dem Gesetz entsprechenden Beschränkung
aufgefaßt worden ist und daß sich bei richtiger
Auffassung die Anteile wesentlich niedriger
stellen würden.
— Anlage 4. Polizeiverordnung Ober die Schlacht-
vieh- und Fleischbeschau bei Hausschlachtungen. Auf
Grund des § 137 des Gesetzes über die allgemeine
Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetz-
samml. S. 195), der §§ 6, 12 und 15 des Gesetzes
über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850
(Gesetzsamml. S. 265) *) in Verbindung mit § 24
des Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und
Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl.
S. 547) und § 13 des Ausftihrungsgesetzes zu
diesem Gesetze vom 28. Juni 1902 (Gesetzsamml.
S. 229) wird unter Zustimmung
für den Umfang
folgendes angeordnet :
§ 1.
Rindvieh im Alter von 3 Monaten und dar-
über unterliegt auch dann, wenn das Fleisch
ausschließlich im eigenen Haushalte des Besitzers
zum Genüsse für Menschen verwendet werden
soll, in allen Fällen vor und nach der Schlachtung
einer amtlichen Untersuchung nach Maßgabe der
Vorschriften des vorbezeichneten Gesetzes und
der dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen.
§2.
Rindvieh im Alter bis zu 3 Monaten, Schweine,
Schafe, Ziegen, Pferde und Hunde unterliegen
auch in den Fällen, in denen auf Grund des § 2
des Gesetzes betreffend die Schlachtvieh- und
Fleischbeschau vom 3. Juni 1900 die Unter-
suchung unterbleiben darf, vor und nach der
Schlachtung einer amtlichen Untersuchung nach
Maßgabe des vorbezeichneten Gesetzes und der
dazu erlassenen Ausführungs Vorschriften, sofern
a) das Fleisch nicht nur im eigenen Haus-
halt eines Besitzers, sondern in mehr als
einem Haushalte zum Genüsse für Menschen
verwendet werden soll,
*) Für die neuen Provinzen usw. sind die
entsprechenden Gesetzesstellen anzuführen.
b) das Fleisch in einem Haushalte zum Ge-
nüsse für Menschen verwendet werden soll,
in dem mehr als vier*) nicht zur Familie
oder zum Gesinde des Besitzers gehörige
Kostgänger regelmäßig beköstigt werden,
c) die Schlachtung zum Zwecke der Be-
wirtung eines die Zahl der sonst zum
Haushalte gehörigen Mitglieder erheblich
übersteigenden Kreises von Personen
(z. B. bei Einquartierungen und größeren
Festlichkeiten) erfolgt.
§3.
Für Zuwiderhandlungen gegen diese Ver-
ordnung gelten die Straf bestimmungcn der §§ 26
bis 28, insbesondere des § 27 Nr. 2, 3 des Ge-
setzes betreffend die Schlachtvieh- und Fleisch-
beschau vom 3. Juni 1900.
§4.
Diese Verordnung tritt am .... in Kraft
— Bemerkungen zu dem Muster einer Freibank-
ordnung (Erlaß Nr. 45).
Allgemeines.
Das vorliegende Muster einer Freibankordnung
ist den Bedürfnissen der mittleren und großen
Freibankgemeinden angepaßt. Für kleinere Ge-
meinden sind Vereinfachungen angezeigt, die in
den Bemerkungen an gegebener Stelle angeregt
werden. Auch sonst können die örtlichen Ver-
hältnisse Abweichungen rechtfertigen, die zu-
lässig sind, soweit nicht die Mustervorschriften
in den Bemerkungen als zwingend gekenn-
zeichnet sind.
Zu den Eingangsworten.
1. Die Einrichtung der Freibank erfolgt
entweder auf Grund des Gesetzes oder durch
Beschlüsse einer oder mehrerer Gemeinden oder
durch Anordnung der Landespolizeibehörde (§ 8
A. G.). Der Betrieb der Freibank ist nach § 10
A. G. durch einen Beschluß derjenigen Gemeinde
zu regeln, in der die Freibank eingerichtet ist.
Das Muster geht von dem Regelfall aus, daß die
Freibankeinrichtung für eine Einzelgemeinde
durch deren Beschluß erfolgt. In diesem Falle
wird zweckmäßig der Beschluß über die Ein-
richtung mit demjenigen über die Regelung des
Betriebs zu verbinden sein, wie dies in dem
Muster vorgesehen ist Das Zustandekommen
des Gemeindebeschlusses richtet sich nach der
Gemeindeverfassung, die regelmäßig die Zu-
stimmung der Gemeindevertretung erfordert.
Wird nach § 8 Abs. 3 A. G. zwischen nach-
barlichen Gemeinden vereinbart, daß eine Freibank
*) Diese Zahl kann nach Maßgabe des
örtlichen Bedürfnisses auch bis zu 6 erhöht
werden.
— 99 —
in einer dieser Gemeinden auch fttr die anderen
einzurichten ist, so mflssen gleichlautende Be-
schlüsse sämtlicher beteiligten Gemeinden über
die Einrichtung selbst vorliegen. Der Beschluß
über die Regelung des Betriebs braucht nur von
der Gemeinde, in deren Bezirk die Freibank liegt
und die auch als Unternehmerin der Freibank
gilt, gefaßt zu werden. £s wird sich jedoch
empfehlen, die Zustimmung auch zu diesem Be-
schlüsse seitens der anderen beteiligten Ge-
meinden einzuholen.
Hiernach werden in solchen Fällen die Ein-
gangsworte entsprechend zu ergänzen sein.
Beruht die Einrichtung der Freibank auf
einer landespolizeilichen Anordnung, so ist auch
auf diese in den Eingangsworten hinzuweisen.
Daß die nach § 11 A. G. erforderliche Ge-
nehmigung erteilt ist, wird am Schlüsse erkennbar
zu machen sein.
Zu § 1.
1. Die Bezeichnung des Freibankorts ist
nur dann notwendig, wenn der Freibankbezirk
aus mehreren Gemeinden besteht Der Ort kann
aber der Vollständigkeit halber, wie in dem
Muster vorgesehen ist, in allen Fällen namhaft
gemacht werden.
2. Die dem § 9 Satz 1 A. G. entnommene
Fassung empfiehlt sich, um die Wirkung der
Freibank errichtung nachrichtlich in der Freibank-
ordnung selbst zum Ausdruck zu bringen.
Zu § 2.
1 . Eine Aufzählung der Tiergattungen, deren
Fleisch auf die Freibank gehört, ist nicht er-
forderlich, da die Fassung des § 2 des Musters
keinen Zweifel darüber läßt, um welche Tier-
gattungen es sich handelt (vgl. § 1 des Fleisch-
beschaugesetzes nebst Ausfühningsvorschriften).
Fleisch von Pferden und Hunden wird in
der Regel entweder als volltauglich erachtet oder
als gänzlich untauglich beanstandet werden.
Nach den bestehenden Bestimmungen ist aber
der Fall denkbar, daß es für minderwertig oder
bedingt tauglich erkärt wird. Gewöhnlich wird
der Preis für derartiges Fleisch so gering sein,
daß sich der Verkauf auf der Freibank kaum
lohnen wird. Dabei ist zu beachten, daß Pferde-
fleisch nach § 18 Abs. 4 des Fleischbeschau-
gesetzes nicht mit dem Fleische anderer Tiere
zusammen feilgehalten oder verkauft werden
darf. Die Freibank muß also für Pferdefleisch
entweder einen besonderen Raum zur Verfügung
stellen, oder besondere Verkaufszeiten einrichten.
Hiemach ist nichts dagegen zu erinnern, daß in
den Freibankordnungen Bestimmungen über den
Ausschluß des Fleisches von Pferden und Hunden
zugelassen werden, wo sie bisher üblich gewesen
sind oder sonst angebracht erscheinen. Wo aber
die Zulässigkeit des Verkaufs von Pferdefleisch
auf der Freibank in der Freibankordnung hervor-
gehoben wird, ist gleichzeitig der von dem Fleische
anderer Tiere getrennte Verkauf vorzuschreiben.
2. Bestimmungen über die Verweisung von
Trichinenschauproben auf die Freibank in der
Freibankordnung zu treffen, erübrigt sich, da
solche Proben, soweit sie nicht gänzlich genuß-
untauglich sind, zufolge der ihnen zuteil ge-
wordenen Behandlung bei der Untersuchung und
zufolge der darin liegenden Herabsetzung des
Genußwerts wegen mäßiger Abweichung in bezug
auf die Zusammensetzung und Haltbarkeit als
minderwertig zu beanstanden sind und daher
ohne weiteres auf die Freibank gehören. Jeden-
falls sind Bestimmungen über die Verwendung
des Erlöses aus dem Verkaufe der Trichinen-
schauproben zu vermeiden, weil die Regelung
dieser dem materiellen Rechte angehörigen Frage
nicht durch die Freibankordnung erfolgen darf.
Herrenloses Fleisch ist nach § 965 ff. B. G. B.
und nach der Dienstanweisung des Ministers des
Innern, betreffend die polizeiliche Behandlung
der Fundsachen, vom 27. Oktober 1899 (Min. Bl.
S. 211) im Wege der öffentlichen Versteigerung
zu veräußern. Dies gilt auch, wenn es im
Schlachthause gefunden wird und § 978 B. G. B.
Platz greift. Ist das gefundene Fleisch minder-
wertig oder bedingt tauglich, so hat die Ver-
steigerung auf der Freibank unter sinngemäßer
Anwendung der Bestimmungen der Freibank-
ordnung, namentlich des § 6 (Festsetzung des
Ausbietungsprcises) und § 9 (Höchstmenge) statt-
zufinden. Die Versteigerung vollwertigen
herrenlosen Fleisches auf der Freibank wird, so-
fern ein Bedürfnis hierzu vorliegt, auch zuge-
lassen werden können. Jedoch bedarf es zu
dem Zwecke einer besonderen Ergänzung der
Freibankordnung (vgl. Bemerkung 6 zu diesem
Paragraphen) in dem Sinne, daß auf derartige
Verkäufe die Vorschriften in den §§ 5, 6 und 9
über die Einteilung in Preisklassen, über den
Anschlag und über die Verkaufsbeschränkungen
keine Anwendung zu finden haben, daß sich
vielmehr der Akt wie eine sonstige Versteigerung
in den dafür üblichen Formen zu vollziehen hat.
Über die Verwendung des Erlöses für herren-
loses Fleisch darf die Freibankordnung aus dem
bereits für die Trichinenschauproben angeführten
Grunde keine Vorschriften enthalten.
3. Anordnungen darüber, wer über die Ver-
weisung des Fleisches zur Freibank zu ent-
scheiden hat, über die Stempelung usw., wie
sie in manchen älteren Freibankordnungen vor-
kommen, sind entbehrlich, da die Verweisung
zur Freibank die notwendige Folge der bei der
— 100 —
Fleischbeschau festgestellten und durch die
Stempelung erkennbar gemachten bedingt taug-
lichen oder minderwertigen Beschaffenheit ist
Eine besondere Stempelung auf der Freibank
wird deshalb nur dort in Frage kommen, wo
Preisklassen unterschieden werden (vgl. Be-
merkung 1 zu § 5).
4. Die Brauchbarmachung des bedingt taug-
lichen Fleisches geschieht am zuverlässigsten
und zweckmäßigsten und in der Regel auch am
billigsten auf der Freibank selbst, die daher
möglichst mit entsprechenden Vorrichtungen zu
versehen ist. Es ist zwar nicht zulässig, die
Benutzung der Vorrichtungen in der Freibank-
ordnung vorzuschreiben, da hiermit in die ge-
setzlich festgelegten Befugnisse der Polizei ein-
gegriffen werden würde, die allein über die
Brauchbarmachung zu bestimmen hat (§ 10 Abs. 1
des Fleischbeschaugesetzes). Die Polizeibehörden
werden jedoch angewiesen werden, die Be-
nutzung der bei den Freibänken in sachgemäßer
Weise eingerichteten Anlagen zur Brauchbar-
machung durchgängig anzuordnen. Wegen der
Deckung der Kosten der Benutzung ist § IIb
des Musters zu vergleichen.
5. Aus § 9 des Ausführungsgesetzes zum
Fleischbeschaugesetze folgt, daß innerhalb eines
Freibankbezirkes jegliches als bedingt tauglich
oder minderwertig beanstandete Fleisch, also
auch das von auswärts eingeführte derartige
Fleisch, nur auf der Freibank feilgehalten oder
verkauft werden darf. Wollte man das einge-
führte Fleisch zum Verkauf auf der Freibank
allgemein nicht zulassen, so käme dies nahezu
einem Einfuhrverbote gleich. Es findet sich
aber weder in dem Fleischbeschaugesetze noch
anderswo eine Bestimmung, aus der sich die
Berechtigung der Freibankgemeinde herleiten
ließe, auswärts als bedingt tauglich oder minder-
wertig beanstandetes Fleisch ohne weiteres von
ihrem Weichbilde fernzuhalten. Nach § 24 des
Fleischbeschaugesetzes sind allerdings landes-
rechtliche Vorschriften zulässig, wonach der
Vertrieb beanstandeten Fleisches weitergehenden
Beschränkungen unterworfen werden kann, aber
nur mit der Maßgabe, daß die Anwendbarkeit
der beschränkenden Vorschriften nicht von der
Herkunft des Fleisches abhängig gemacht werden
kann. Hiemach ist, abgesehen von den nicht
einschlägigen Vorschriften der Schlachthaus-
gesetze, eine grundsätzliche ungünstigere Be-
handlung des auswärts beanstandeten Fleisches
gegenüber dem in der Gemeinde beanstandeten
nicht angängig. Es ist daher in das Muster der
Freibankordnung der Grundsatz aufgenommen,
daß auch das auswärts beanstandete Fleisch zur
Freibank zuzulassen ist
Anderseits ist zu berücksichtigen, daß Art
und Umfang der Freibankeinrichtungen einer
Gemeinde in der Regel nur dem Bedürfnis ent-
sprechen werden, das sich ergibt, wenn man
die durchschnittlich ermittelte Menge des in
dem Gemeindebezirk selbst beanstandeten Frei-
bankfleisches in Betracht zieht Jedenfalls kann
nicht verlangt werden, daß bei jenen Anlagen
die Möglichkeit unübersehbarer Zufuhren solchen
Fleisches von auswärts in Rechnung gezogen
wird. Erwägt man weiter, daß durch solche
Zufuhren der ordnungsmäßige Betrieb der Frei-
bank leicht erheblich gestört und namentlich
der Absatz des doch zunächst auf die Freibank
angewiesenen einheimischen Fleisches stark be-
einträchtigt werden kann, dann wird es zulässig
erscheinen, daß in der den Betrieb regelnden
Freibankordnung Vorsorge gegen solche Stö-
rungen getroffen wird. In dieser Erwägung ist
in dem Absatz 2 des § 2 der Musterordnung die
eingeklammerte Bestimmung aufgenommen, daß
die Zulassung solchen Fleisches zur Freibank
von dem Gemeindevorstand, wenn es im Inter-
esse der Aufrechterhaltnng des ordnungsmäßigen
Betriebs der Freibank geboten ist, versagt werden
kann. Gegen die Versagung ist die Beschwerde
an die Kommunalaufsichtsbehörde gegeben, um
zu hindern, daß von der Versagungsbefugnis ein
unvorschriftsmäßiger oder unangemessener Ge-
brauch gemacht wird. Bei Prüfung der Voraus-
setzungen für die Versagung wird nicht außer
acht zu lassen sein, daß es in vielen größeren
Orten mit zahlreicherer ärmerer Bevölkerung im
Interesse dieser Bevölkerung liegen wird, die
Versagung nur im äußersten Notfalle auszu-
sprechen, um nicht die Versorgung mit billiger
Fleischnahrung unnötig zu beschränken.
6. Vollwertiges Fleisch ist zweckmäßig vom
Verkauf auf der Freibank auszuschließen. Dies
empfiehlt sich auch — unbeschadet der nach
Bemerkung 2 zu § 2 für das taugliche herren-
lose Fleisch etwa zuzulassenden Ausnahme —
schon deswegen, weil nach § 11 Abs. 3 des
Fleischbeschaugesetzes Fleischhändler das be-
dingt taugliche Fleisch nicht in Räumen feil-
halten oder verkaufen dürfen, in denen taug-
liches Fleisch feilgehalten oder verkauft wird
(vgl. auch § 7 Abs. 2 des A. G.). Ein Bedürfnis
für den Mitverkauf vollwertigen Fleisches auf
der Freibank dürfte auch im allgemeinen nicht
anzuerkennen sein.
Zu § 3.
1. Bei der Bestimmung des Ortes der Frei-
bank sind mannigfache Rücksichten zu beobachten.
Dies gilt namentlich für größere städtische Ge-
meinden. Wird der Ort, wie im Muster vor-
gesehen ist, in der Ordnung genannt, so unterliegt
— 101
seine Wahl mit der Ordnung der NacbprOfnng
der GenehmigangsbehOrde. £s mag sich manch-
mal empfehlen, den Ort nicht in der Ordnung zn
nennen, sondern die nachträgliche Auswahl der
Gemeindebehörde zu flberlassen. Dann wird aber
auch die NachprOfung durch die Aufsichtsbehörde
nachzuholen sein, wie dies im Muster für die
Verlegung vorgeschrieben ist
2. Dieselben Gründe sprechen für die Ge-
nehmigung zur Anlage usw. der Zweigstellen.
Der Verkehr zwischen der Freibank und den
Zweigstellen oder zwischen den letzteren unter-
einander wird durch besondere Vorschriften zu
regeln sein.
Zu §4.
I.Wegen der Benennung der Betriebsgemeinde
im Falle der Errichtung einer Freibank für
mehrere nachbarlich belegene Gemeinden vgl.
die Bemerkungen zu den Eingangsworten.
2. In kleineren Gemeinden wird es möglich
sein, die Freibank dem Eigentümer beanstandeten
Fleisches jedesmal zum Verkaufe zur Verfügung
zu stellen. In größeren Gemeinden muß jedoch
die Gemeinde als Verkauf svermittlerin auftreten,
wenn ein ordnungsmäßiger Betrieb aufrecht-
erhalten werden soll. Wegen der Preisfestsetzung
bei dieser Art der Regelung vgl. § 6 und die
Bemerkung 2 dazu.
Zu § 5.
1. Güte und Preisklassen werden nur zu
unterscheiden sein, wo sie bisher üblich waren
und sich bewährt haben.
2. Für die Frage, welches Fleisch der zweiten
Klasse zu überweisen ist, kommen die Geschmacks-
richtung des Publikums und andere örtliche Ver-
hältnisse in Betracht. In bestehenden Ordnungen
wird z. B. vielfach als zweite Qualität das Fleisch
abnorm alter, stark abgemagerter und solcher
Tiere bezeichnet, die aus den im § 40 Nr. 8
der Ansführungsbestimmungen A angegebenen
Gründen für minderwertig erklärt sind.
3. Die Bekanntmachung des Beanstandungs-
grnndes ist aus sanitären Gründen zu empfehlen.
Eine in alten Freibankordnungen öfter
wiederkehrende Bestimmung, daß das Geschlecht
des Tieres, von dem das Fleisch stammt, und
der Käme des Besitzers des Fleisches bekannt
gemacht werden müssen, ist, da diese Nach-
richten für das kaufende Publikum gewöhnlich
ohne Interesse sein werden, in das Muster nicht
übernommen.
Zu § 6.
1. Die Gemeinde muß ein Organ bestimmen,
dessen sie sich zur Verwaltung der Freibank
bedient. Die Auswahl dieses Organs wird von
den besonderen Verhältnissen der Gemeinde ab-
hängen. In großen Städten wird eine Kommission
geeignet sein, in kleineren Gemeinden eine
einzelne Person genügen. In Schlachthaus-
gemeinden wird der Schlachthofleiter oder ein
Schlachthoftierarzt mit der Verwaltung zu be-
trauen sein, in anderen Gemeinden der Fleisch-
beschauer in Frage kommen (vgl. im übrigen
§ 10 des Musters und die Anmerkung dazu).
2. Die Preisfestsetzung wird nur in kleinen
Gemeinden dem Besitzer des Fleisches ohne
weiteres überlassen werden können. In Ge-
meinden mittlerer Größe wird sie zweckmäßig
durch eine Kommission, der der Besitzer an-
gehört, erfolgen. In größeren Betrieben aber
wird es aus betriebstechnischen Gründen nicht
zu umgehen sein, daß derjenige, der die Frei-
bank betreibt, auch den Preis festsetzt, vielleicht,
wo dies angängig erscheint, nach Anhörung des
Besitzers, der das Recht der Beschwerde hat.
Übrigens darf nicht etwa der Verkaufspreis ge-
bunden, sondern nur der Preis bestimmt werden,
zu dem das Fleisch ausgeboten wird. Die Preis-
festsetzung hat alsdann nicht die Bedeutung
einer behördlichen Einschränkung der Freiheit
des Besitzers, sondern die Eigenschaft geschäft-
licher Maßnahmen des Verkäufers, die der Be-
sitzer des Fleisches kennt und mit denen er sich
dadurch, daß er das Fleisch der Freibank zum
Verkauf übergibt, einverstanden erklärt. Damit
wird vermieden, daß in der Preisfestsetzung
eine Art der im § 72 der Gewerbeordnung ver-
botenen Taxen erblickt werden kann.
3. Für die Bestimmung der Beschwerde-
instanz gilt ähnliches wie das für die Wahl des
Verwalters in Bemerkung 1 Gesagte.
Zu § 7.
1. Auch für die Verkaufszeiten sind die Be-
dürfnisse sehr verschieden. Häufig wird es über-
haupt nicht möglich sein, die Öffnungszeiten
vorher zu bestimmen, sondern es wird die Frei-
bank dann offen zu halten sein, wenn Fleisch
zum Verkaufe vorhanden ist
2. Über die Art der Bekanntmachung läßt
sich in einer Musterordnung nichts Näheres vor-
schreiben. Es wird dafür zu sorgen sein, daß
das in Betracht kommende Publikum ausreichend
unterrichtet wird.
Für die Höhe der Gebühren (§ 11 unter a
des Musters) ist es wesentlich, ob die Bekannt-
machung auf Kosten des EigenttUners oder des
Freibankbetriebs erfolgt. Es läßt sich denken,
daß der Eigentümer diese Kosten im Interesse
einer wirksamen Reklame gern selbst übernimmt
3. Die Reinigung dem Eigentümer des
Fleisches zu übertragen, dürfte — abgesehen von
seltenen Ausnahmen — unzweckmäßig sein. Zu-
verlässiger werden die Arbeiten wohl ausgeführt
werden, wenn die Freibankverwaltung sie selbst
— 102
übernimmt und wenn ftlr die Kosten in einer
entsprechenden Bemessung der Gebühren Deckung
gesucht wird.
Zu § 8.
1. Satz 1 enthält eine in fast allen alten
Ordnungen wiederkehrende zweckmäßige Be-
stimmung.
2. Der vielfach in alten Ordnimgen anzu-
treffenden, in das Muster aber nicht auf-
genommenen Vorschrift, daß eine Vernichtung
schon dann einzutreten habe, wenn das Fleisch
eine gewisse Zeitlang, z. B. 48 Stunden, un-
verkauft geblieben sei, kann eine rechtliche oder
wirtschaftliche Begründung nicht zuerkannt
werden. Es kommt vielmehr lediglich darauf
an, ob das Fleisch genußuntauglich geworden ist.
Zu § 9.
1. Die Bestimmungen des § 9 des Masters
entsprechen dem bisherigen Gebrauch und den
jetzt geltenden gesetzlichen Vorschriften des
§ 11 des Fleischbeschaugesetzes und des § 9
des Ausfflhrungsgesetzes.
2. Wenn auch die örtlichen Verhältnisse eine
verschiedene Bemessung der Höchstmenge recht-
fertigen mögen, wird doch in der Regel nicht
über den Satz von 3 kg und keinesfalls über
den Satz von 5 kg hinauszugehen sein. Die
Festsetzung einer Mindestmenge hat keine
sanitäre, sondern nur eine geschäftliche Be-
deutung und ist für die Aufnahme in die Frei-
bankordnung wenig geeignet.
3. Die Bestimmung im § 11 Absatz 2 des
Fleischbeschaugesetzes, daß bedingt taugliches
Fleisch ausnahmsweise auch an Fleischhändler
abgegeben werden könne, ist in § 9 des Aus-
fühningsgesetzes mit Bedacht nicht aufgenommen,
weil ein Verkauf von bedingt tauglichem oder
minderwertigem Fleische in Freibankgemeinden
ausschließlich auf der Freibank erfolgen soll.
Der Deutlichkeit halber ist das unbedingte Verbot
der Abgabe von Freibankfleisch an Fleisch-
händler in dem Muster besonders zum Ausdruck
gebracht. Das Verbot gilt auch unter der Vor-
aussetzung, daß der Händler vorgibt, das Fleisch
nur im eigenen Haushalte verbrauchen zu wollen ;
denn eine Kontrolle dessen ist mit Sicherheit
nicht möglich.
Zu § 10.
1. Die Erteilung der Genehmigung erfolgt
durch die Aufsichtsbehörde (vgl. Bemerkung 1
zu § 3).
Der Unternehmer tritt im Falle der Über-
tragung des Betriebs in alle Rechte und Pflichten
der Gemeinde ein. Die Aufsichtsbehörde wird
dafür zu sorgen haben, daß den Fieischbesitzem
dadurch keine höheren Kosten erwachsen. Wenn
der Unternehmer auch für seine Mühewaltung,
für die Hergabe der Geschäftsräume und Gerät-
schaften usw. eine Entschädigung mit Recht
wird beanspruchen können, so wird sich diese
Entschädigung doch etwa in der Höhe der Kosten
zu halten haben, die der Gemeinde zu eigenem
Betriebe der Freibank erwachsen würden. Unan-
gemessene Untemehmergewinne sind zu ver-
meiden.
Überdies wird der Unternehmer einer strengen
Aufsicht zu unterwerfen sein.
Zu § 11.
1. Die Höhe der Gebühren wird von der
Höhe der Kosten und diese wieder davon ab-
hängen, wie die Freibank ausgestattet, wie der
Betrieb eingerichtet ist, und welche Verrichtungen
von der Freibankverwalung übernommen werden
oder dem Eigentümer des Fleisches übertragen
sind. Als Kosten kommen in Betracht die Be-
schaffung der Räume und der Einrichtnngsgegen-
stände, Instandhaltung, Beleuchtung, Heizung,
Reinigung, Besoldung der Angestellten und
Arbeiter, Veröffentlichung usw. (vgl. § 11 unter c
nebst Bemerkung 3). Daß die Gebühren lediglich
zur Deckung der Kosten dienen sollen und
keine Einnahmequelle der Gemeinden werden
dürfen, kann nach § 10 des Ausführungsgesetzes
nicht zweifelhaft sein. Besonders ist zu betonen,
daß die bei öffentlichen Schlachthäusern einge-
richteten Freibänke nicht etwa als Bestandteile
der Schlachthäuser in dem Sinne anzusehen sind,
daß durch die Gebühren eine 8 proz. Verzinsung
des Anlagekapitals (§ 11 des Kommunalabgaben-
gesetzes) erzielt werden kann, sondern daß auch
für solche Freibänke lediglich die Vorschrift des
§ 10 a. a. 0. maßgebend ist, demnach also eine
höhere Verzinsung als die den Gemeinden selbst
obliegende oder als die landesübliche bei Be-
rechnung der Kosten nicht in Ansatz gebracht
werden darf.
2. Sind besondere Einrichtungen zur Brauch-
barmachung des bedingt tauglichen Fleisches,
zur unschädlichen Beseitigung usw. getroffen,
so können für deren Benutzung besondere, die
Kosten deckende Gebühren erhoben werden.
3. Die Kosten des Transports könnten bei
der Gebühr zu a berücksichtigt werden. Indessen
wird eine Regelung denkbar und vielleicht
nicht selten empfehlenswert sein, wonach es
dem Eigentümer freigestellt wird, selbst den
Transport zu besorgen. Für diesen Fall erscheint
die Auswerfung besonderer Transportgebühren
zweckmäßig.
Im übrigen versteht es sich von selbst, daß
der Transport dem Eigentümer nicht ohne weiteres
überlassen werden darf, sondern sich stets unter
polizeilicher Kontrolle zu vollziehen haben wird.
— 103 —
Statistische Bericlite.
— Kiaiireieli Preolm. Die ErgataitM der ScbltcMvIeli- und Fleltcbbewlian «owle der TriehiaeMchau
!■ Viertel]alire v«ü I. JhII bl« 30. Septeaber 1907.
•
I. Allgemeine Schlachtvieh- und Fleischbeschau
n. Trichinen-
schau
Zahl der Tiere,
an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau
Staat.
vorgenommen wurde
Zahl der
Davon
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waren
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12
13
14
A. Staat
1
1
1
3. Vierteljahr 1907 . .
18664
78205 77021
250010
184491
647487
2S89075
507519
24506
815
8816985
188
544
3. ^ 1906 . .
17702
76767, 76145
244181
123868 491988
1860268
532383
26932
327
1926394
123 698
2. „ 1907 . .
17005
68723 70254
223448
92685 650412
2 226 725
303513
52291
355
2408 853
127
425
Juli 1907
5754
22264 27745
84591
41784 205734
750268 169827
4945
75
772953
50
154
August 1907
6372
23784 25558
83957
44888" 185737
726 229 182820
7631
111
742519
36
203
September 1907
6538
27157 23718
81462
47822 156016
762578 154902
11930
129
801513
52
187
3. Vierteljahr /
1907 mehr . .
1
962
—
876
5829
10626 55499
378807
—
—
—
390591
15
—
ffeg.3.Viertel- 1 weniger
—
3562 -
— 1
—
24834
2426
12
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154
jähr 1906
i
1
oder in mehr. .
5,43
—
1,15
2,39! 8,58 11,28 20,36' — !
—
—
20,2812,20 -
Handertteileni weniger
—
4,64
1
—
— '
—
4,66
9,01
8,67
—
—
tt,06
Bficherschsu.
— ArbeKen aus dem Kaiserlichen Getundheits-
ant 26. Bd., 3. Heft. Mit 14 Tafeln Berlin 1907.
Verlag von Julius Springer.
Das Schlußheft des 26. Bandes enthält einen
eingehenden Beitrag zur Anatomie der Tsetsefliege
von Stuhlmann, femer einen Artikel von Pleiß
aber die LOslichkcit einiger Bleiverbindungen in
Wasser mit RQcksicht auf die mit der Ver-
wendung von Bleiröhren bei Wasserleitungs-
anlagen verknüpften gesundheitlichen Gefahren.
Von Polenske wird für den bisher nicht sicher
zu erbringenden Nachweis tierischer Fette in
Gemischen mit anderen tierischen Fetten ein
Verfahren beschrieben, dem die Beobachtung
zugrunde liegt, daß die Temperaturdifferenz
zwischen dem Schmelz- und dem Erstarrungs-
punkt bei den Fetten verschiedener Tierarten
nicht gleich groß ist, aber für das Fett einer
Tierart eine ziemlich konstante Größe besitzt.
Über den Reaktionsmechanismus der zum Nach-
weis der Erhitzung der Milch üblichen Ver-
fahren, der Arnold sehen Guajakprobe und
der Storchseben in der Verwendung von
Paraphenylendiamin und Wasserstoffsuperoxyd
bestehenden Probe, stellte Waentig Unter-
suchungen an, deren Ergebnisse geeignet sind,
die Anwendung dieser Methoden zu vervoll-
kommnen. Die dieser Arbeit als Anhang ange-
fügte Literaturübersicht, betr. die Veränderungen
der Kuhmilch beim Erhitzen, ist bei dem noch
währenden Widerstreit der Ansichten über den
Wert erhitzter Milch als Kindernahrung von be-
sonderem Interesse. Grab er t.
— Arbeiten aus den Kaiserflolien Gesundheitt-
amt 27. Bd, 1. H. Berlin 1907. Verlag von
Julius Springer.
Der vorliegende Band enthält außer den
Ergebnissen der amtlichen Weinstatistik Studien
über Formaldehyd, IL Mitteilung, die festen
Polymeren des Formaldehyds von Friedrich
Auerbach und Hermann Barschall, die er-
geben haben, daß es sechs verschiedene feste
Polymeren des Formaldehyds gibt. Die Fest-
stellung der wichtigsten Eigenschaften dieser
verschiedenen Polymeren, namentlich ihrer Lös-
lichkeit in Wasser, Alkohol und Äther und ihres
Verhaltens beim Erhitzen auf 100^0, eröffnet
für ihre medizinische Verwendung neue Gesichts-
punkte.
— Luliarsch, 0. und Ostertag, R., Ergebnisse der
allgemeinen Pathologie und pathologischen Anatomie
des Menschen und der Tiere. XI. Jahrgang, IL Ab-
teilung, Wiesbaden 1907. Verlag von J. F. Berg-
mann.
Die zweite Abteilung des XL Jahrgangs der
Ergebnisse der allgemeinen Pathologie und patho-
logischen Anatomie des Menschen und der Tiere
— 104 —
enthält kritische Sammelreferate von H. Rievel-
HannoverflberKnochenpathologiederTierei
von Caspar über Geschwülste bei Tieren»
von L. Freund-Prag über Anomalien des
Fischskeletts, von H. Kerschensteiner-
München über Nenritis, von £. v. Malaisö-
Berlin über die Lähmung des Nervus facialis,
von L. Jores-Eöln über Pathologie der Ham-
und männlichen Geschlechtsorgane, Ch. Thorel-
Nümberg über Pathologie der Kreislauforgane,
E. Gierke-Freiburg i. B. über physiologische
und pathologische Glykogenablagerung, von
E. Schwalbe -Karlsruhe über Thrombose, Ge-
rinnung und Blutplättchen, von W. Risel-
Zwickau über Chorionepitheliome, chorion-
epitheliomartige Wucherungen in Teratomen
und chorionepitheliomähnliche Geschwülste, von
E. Albrecht- Frankfurt a. M. über die Pathologie
der Zelle (III. Teil: Zur Physik des Zellleibs in
normalen und pathologischen Zuständen), femer
Berichte von R. Weinberg-Dorpat über die
rassische allgemein-pathologische und patho-
logisch-anatomische Literatur für 1905/6 und von
J. St ein haus -Brüssel über die polnischen patho-
logischen und bakteriologischen Arbeiten aus
den Jahren 1901/5.
- Reltz, A., Mllchwirttehaftliche Studien Ober
Frankreich, England, Belgien, Dänemark, Schweden,
Holland. Stuttgart 1907. Verlag von A. C. Reitz.
R. bringt historische Notizen über die Milch-
versorgung von Paris und über die Entwicklung
der Milchwirtschaft, speziell der Genossenschafts-
molkereien und Eontrollstationen in Belgien und
Holland, sowie umfangreiches statistisches
Material über Milchversorgung, Ein- und Aus-
fuhr, und schildert femer den Betrieb und die
Vorschriften in Mustermolkereien. Besonders
eingehend behandelt er die einschlägigen
Verhältnisse der auf diesem Gebiet an der
Spitze marschierenden skandinavischen Länder.
Die Kopenhagener Milchversorgungsanstalt, das
Milchgeschäft Trifolium, das schwedische
Mustergut Hamra, die gouttes de lait in
Stockholm lehrt er uns eingehend kennen. Hier-
bei bespricht er auch die verschiedenen Systeme
der Pasteurisierungsmaschinen, das Verfahren
der Rahmsäuerung, macht auch kurze Mit-
teilungen über den genossenschaftlichen Eier-
export und die Genossenschafts-Schlächtereien
Dänemarks u. a. m. Stadie.
— Albrecht, M. und Bürchner, H., TIerfirztllober
Tasohenkalender fOr 1908. XIL Jahrgang. München
1907. Verlag von J. Gotteswinter.
Der in erster Linie für bayerische Verhält-
nisse bestimmte Kalender ist durch die Aufnahme
der tierärztlichen Behörden und beamteten Tier-
ärzte Deutschlands erweitert und im übrigen zeit-
gemäß ergänzt worden. Nach dem Vorbild der
übrigen Veterinärkalender fand auch eine Tren-
nung in drei Teile statt, die der Handlichkeit
des Kalenders zunutze kommt.
Neue Einginge:
— Hink, A., Einträgliche Rlndvlehzucht Zweite
vermehrte und verbesserte Auflage. Freiburg i. B.
und Leipzig 1906. Preis 3,80 M.
— LIgnIiree, J., Estudlc 6 Informe presentado
al MInleterlo de Agricultura por la Comltlön encar-
gada de Investigar la Eflcacia y Pader Inranlaate
de las Vacunas contra el Carbuncio, Pasteurelas y
Tristeza. Buenos-Ayres 1906.
— Caaares, A. et Martlnez, A. B., Annnalre
Statletique de la Villa de Buenoa-Ayrea, XYI. amte
1906. Buenos-Ayres 1907.
— Trotter, A. M., Report of tbe Veterinary
Surgeon to tbe Corporation of tbe City of Glaogow
for 1906. Glasgow 1907.
— Eberle, R., Untoroucbungen Ober Sporulatlon
der Mllzbrandkelme und Ihre Bodeutung fOr die
NacbprOfUng der Mllzbranddlagnooe. L-D. Gießen
1907. Vertag von Richard Schoetz.
— Neumark, L, Beitrag zur Frage der deo-
Inflzlorenden Wirkung deo Ucbteo; sein Einfluß
auf die tierpathogenen Erreger. I.-D. Gießen 1907.
Verlag von Richard Schoetz.
— Unton, L, Notes on Paraolteo of Bermuda
floheo. Washington 1907. Government Printing
Office.
— Beriebt Ober das Veterinirweoen In König-
reich Saoboen fOr das Jabr 1906. Dresden 1907.
— Bericht Ober die KSnIgllche TIerirztllche
Hocbsobule zu Dreoden für das Jabr 1906, erstattet
vom Rektor und Senat. Dresden 1907.
Kleine MitteUungen.
Bemerkenowerte Funde bei der Flelscbbe-
1. Bei einer mageren, im übrigen gesunden
Kuh fand ich eine abszedierende Mastitis
mit einem Gewicht des Euters von i30 Pfund.
2. Bei einem gesunden Schwein stellte ich
zwei Ausführungsgänge aus dem Magen
nach dem Darm fest, und zwar außer dem nor-
malen in den Dünndarm einen zweiten an
der großen Kurvatur des Magens nach dem Dick-
darm (Grimmdarm) hin.
3. Bei einer einfinnigen Ruh, die an Lungen-
tuberkulose erkrankt war, bestand gleichzeitig
offene Kehlkopftuberkulose.
H e i n e n - Homberg.
— Embolia mit nachfolgender Tbrombooe der
Arteria pulmonallo. Am 29. August 1907 wurde
— 105 —
die betreifende Kuh in den hiesigen Schlachthof
eingeliefert Sie soll seit etwa acht Wochen
immer mehr abgemagert sein, obgleich die Futter-
au&ahme bis zuletzt eine gute war. Bei der
Untersuchung zeigt das Tier ein munteres Aus-
sehen, allerdings ist es abgemagert. Die Atmung
geschieht obei^ächlich und zwar 40 mal in der
Minute. Bei der Auskultation hOrt man bron-
chiales Atmen. Puls 60. Bei der Auskultation des
Herzens keine bestimmten HerztOne. Temperatur
normal. Nach der Schlachtung zeigen sich so-
wohl an den Semilunarklappen wie an der
Bicuspidalis und Tricuspidalis erbsen- bis hasel-
nußgroße Geschwülste, zum Teil mit geschwüriger
Oberfläche (Endocarditis valvularis ulcerosa).
In der Arteria pulmonalis findet man an zwei
Stellen zum Teil geschwürige Emboli, die mit
der Arterienwand verwachsen und die Ursache zu
einer fast vollständigen Thrombose der Arterie
und ihrer Äste geworden sind. Der Thrombus
selbst ist von blutroter Farbe, fester Konsistenz,
so daß er sich brechen und schneiden läßt.
Außerdem finden sich in der ganzen Lunge
kleine emboliscb-ulzeröse Herde und Thrombosen
kleinerer Gefäße. Ein walnußgroßer ulzeröser
Herd findet sich auch in einem Lendenwirbel,
in dem das Knochengewebe eitrig eingeschmolzen
war. Femer sind in Milz, Nieren und Leber
mehrere Herde, zum Teil eitrig, zum Teil in
Organisation und Abkapselung begriffen, ge-
funden worden. Vogt, Tierarzt, Weißenfels.
— Battrat zur katalysierenden Elgensohaft der
Nilch. Gelegentlich meiner Arbeit über Sterili-
sierung tuberkulöser Milch arbeitete ich auch
einiges über Katalyse der Milch und fand
dabei eine interessante Tatsache, die ich leider
nicht weiter verfolgen konnte. Durch das
Much- und Rom ersehe Sterilisierungsverfahren
wird nach meinen Untersuchungen die kata-
lytische Fähigkeit der Milch im allgemeinen
vernichtet — anders bei Milch von euter-
tuberkulösen Kühen. Diese zeigt starke
katalytische Eigenschaft. Der Versuch ist etwas
umständlich, läßt sich aber meines Erachtens
bedeutend vereinfachen.
Ganz frische, sauber ermolkene Milch aus
dem tuberkulösen Euter wird in eine 100 g
Flasche (Pulverstreuflasche) gefüllt, 0,33 ccm
Perhydrol zugesetzt, bei Zimmertemperatur auf-
gestellt (vor Sonnenlicht geschützt), nach zwölf
Stunden eine Stunde lang auf 52^ G im Wasserbad
erwärmt, dann wieder fünf Stunden bei Zimmer-
temperatur aufgestellt Darauf wird wieder 0,33 oder
0,5 oder auch mehr Perhydrol zugesetzt, jetzt
schnell ein dichtschließender Stopfen aufgesetzt,
durch dessen Durchbohrung ein Glasrohr geht,
das etwa 20 cm ansteigt, einen Winkel be-
schreibt und in einem Wasserbad unter ein
Eudiometer oder auch einen mit Wasser ge-
füllten umgekehrten Meßzylinder mündet. Nach
meinen Beobachtungen entwickelt dann Milch
aus tuberkulösen Eutern aus dem Perhydrol 0.,
andere Milch dagegen nicht.
Diese Beobachtung könnte vielleicht von
den Stellen, die sich mit der Tuberkulose-
bekämpfung nach Ostertags Verfahren be-
schäftigen, bei ihrem großen Material genauer
untersucht werden. Eine Vereinfachung läßt
sich meines Eracbtens ohne weiteres dadurch
erzielen, daß man die Milch kürzere Zeit nach
dem ersten Perhydrolzusatz eine Stunde auf
52** erwärmt — es kommt ja nur darauf an,
die der frischen Kuhmilch innewohnende natür-
liche Fähigkeit H^O^ schnell zu zersetzen, ab-
zutöten, so daß danach die Wirkung der Tuberkel-
bazillen, ihrer Toxine oder aber der Schleimhülle
zur Geltung kommt. Vorläufig bietet ja die An-
gelegenheit nur rein wissenschaftliches Interesse,
und es ist wohl kühn, anzunehmen, daß sie bei der
Diagnostik tuberkelbazillenhaltiger Milch eine
Rolle zu spielen berufen sein würde.*)
Dr. Sommerfeld, Regierungstierarzt,
Wilhelmsthal (Deutsch-Ostafrika).
— Motsallna, ein neues Bindemittel für WOrste.
Der Fleischermeister L. in Bischofswerda wurde
unter Anklage gestellt, weil er zur Herstellung
von Brühwürstchen ein Bindemittel des Phantasie-
namens „Mussalina^ zugesetzt hatte. Das Gericht
kam entgegen dem Gutachten des Sachverstän-
digen zu einer Freisprechung, da L. in seinem
Laden ein Plakat mit der Inschrift: „Meine
Wurstwaren enthalten einen Zusatz des besten
Eiweißes' ausgehängt hatte.
— Katgiit ven gesunden Schlaohttleren verlangt
mit Recht K. Kuhn (Therapeut Monatshefte
1907, H. 1) zu chirurgischen Zwecken. Femer
sei auch die Gelatina sterilisata, die chirur-
gische Verwendung findet, nur aus gesunden Tieren
zu verwenden.
— Zun Solilaohten der Gänse empfiehlt
A. Be eck- Halle a. S. in der Landwirtschaft.
Wochenschr. f. d. Provinz Sachsen (1907, Nr. 37),
die Tiere an einem aus Querleisten bestehenden
*) Proskauer, Seligmann und Croner
haben bei ihren Milchuntersuchungen zwei vom
gleichen Händler bezogene Proben ge-
funden, die besonders stark Wasserstoff-
superoxyd zersetzten. Beide Proben er-
wiesen sich als tuberkelbazillenhaltig.
P., S. und Cr. sagen, vielleicht bestehe hierin
ein Zusammenhang, eine Vermutung, die durch die
Sommerfeldschen Feststellungen erhärtet wird.
0.
106 -
Gestell ZQ befestigen, an dessen oberer und
unterer Leiste gebogene federnde Eisen ein-
gebohrt sind, die senkrecht übereinander liegen.
Die oberen Ösen sind schmäler als die unteren.
Den Gänsen werden die Flügel verschränkt,
worauf sie mit dem rechten Fu0 in dem oberen
Haken und mit dem Hals in dem unteren Haken
befestigt werden. Die Gänse sind hierbei außer-
stande, mit den Flügeln zu schlagen oder sonstige
hindernde Bewegungen auszuführen. Mit einem
SehlachtffeeteU für Qänse.
großen, haarscharfen Schlachtmesser werden
den Gänsen, indem mit der linken Hand der
Schnabel festgehalten wird, ungefähr 3 cm unter
dem unteren Haken die großen Halsblutgefäße
durchgeschnitten. Leider findet fast nirgends
ein Betäuben der Gänse vor dem Schlachten
statt, was Beeck mit Recht tadelt. Nach der
Verblutung werden die Flügel der verendeten
Tiere wieder gelöst und die großen Schwung-
federn ausgezogen, die an die Zigarrenspitzen-
und Zahnstocherfabriken geliefert werden. Hier-
auf erfolgt das Rupfen und die weitere Zu-
richtung zum Versand.
Tagesgeschichte.
— Robert Koch ist nach der Rückkehr von
seiner Expedition nach Ostafrika, die er zum
Studium der Verbreitung und Bekämpfung der
Schlafkrankheit unternommen hat, zum Wirk-
lichen Geheimen Rat mit dem Prädikat Exzellenz
ernannt worden.
— Geh. ModizlMlrat Profoooor Dr. Uebreich,
der Leiter des Pharmakologischen Instituts
der Berliner Universität, hat Zeitungsmeldungen
zufolge wegen Krankheit seine Professur nieder-
gelegt Liebreich hat bekanntlich beharrlich
den Standpunkt vertreten, daß Borsäure bis zu
einer bestimmten Grenze ohne Bedenken Nah-
rungsmitteln zugesetzt werden könne. Lieb-
reich ist mit dieser Ansicht allein geblieben.
— ÖlTentliche SohlachthSfe. Die Errichtung
eines Öffentlichen Schlachthofes ist geplant in
Gerresheim (Rheinprovinz), beschlossen in
Mariendorf bei Berlin, Worms (Kostenbetrag
1 Vs ^111* M.). Mit dem Bau wird im kommenden
Frühjahr begonnen in Duderstadt. Neue öffent-
liche Schlachthöfe sollen in Ratibor und
Mühlheim a d. Ruhr errichtet werden. Er-
öffnet wird der neu erbaute Öffentliche Schlacht-
hof in Gl atz (L Dezember)
Erweiterungsbauten sind beschlossen in
Striegau (Kühlhalle mit Eiserzeugungsanlage,
Kostenaufwand 135000 M.), Osnabrück (neues
Kühlhaus), Elberfeld, Gleiwitz, Köln
(Bau einer Schweineschlachthalle, eines Groß-
viehstalles und Vergrößening des Kühlhauses,
Kostenbetrag 1 V, Millionen M.), Beuthen
(Neubau von Kühlhallen, Kostenaufwand 350000 bis
400000 M.), Magdeburg (Anlegung von Bc-
rieselungskondensatoren, Kostenbetrag 30 000 M ),
Lüdenscheid (Vervollständigung des Ergän-
zungsbaues, Kostenbetrag 12000 M).
— Erlöse au8 der Floiochextr&ktfabrikation uad
au8 den TrichlBOnochauproben an Berliner Scfalacfat-
bof. Der letzte Jahreserlös aus der Fleisch-
extraktfabrikation, zu der die Fleischbrühe des
sterilisierten bedingt tauglichen Rindfleisches
verwendet wurde, betrug 18 000 M., der Erlös
aus den Resten der Trichinenschauproben 22 000 M.
— Tödliche Unfälle beim Gebraneh des Schutt-
apparatco. Ein Hausschlächter zu Klein-Neun-
dorf wurde durch die Kugel eines Schußapparates
getötet, der sich entlud, als der Schlächter im
Begriff war, zu einer Schlachtung zu gehen. In
Eschollbrücken starb der Fleischergeselle R.
an Verblutung infolge Verletzung der Schenkel-
arterie durch die fehlgegangene Kugel eines
Schußapparates, der zur Schlachtung eines Ochsen
Verwendung finden sollte. Die Häufung von
schweren und tödlichen Unfällen beim Gebrauch
von Schußapparaten legt die Erwägung nahe,
ob oder unter welchen Vorsichtsmaßregeln die
Verwendung von Schußapparaten zum Töten
von Schlachttieren weiter gestattet werden soll.
In einigen Schlachthöfen, wie z. B. in Potsdam,
darf der Schußapparat nur vom Hallenmeister
angewandt werden.
— 107 —
— Wnrtt »K 80,34 % WaMergehali Wegen
Verkaufs von sog. Eiioblauchswnnt mit dem
imgewöhnlich hohen Waseergehalt von 80,34%
ist der Worstfabrikant Seh. in Breslau zu 10 M.
Geldstrafe verurteilt worden. Der Direktor des
Breslauer Untersuchungsamtes, Dr. Bührig, be-
kundete nach der „Allg. Fleischer-Zeitung"*, das
Wasser sei aus der Wurst ausgetreten, so daß
das Umhüllungspapier, in dem die Wurst ein-
geliefert wurde, ganz durchnäßt worden war.
Dr. B. bezeichnete die Wurst als verfälscht und
gab an, sog. Knoblauchwurst dfirfe nach seiner
Ansicht auf keinen Fall mehr als 72,5 % Wasser
enthalten.
— „Partieware" in Wurtthaidel. In der Ver-
handlung der Strafsache gegen die Erste Pommer-
sche Wurstfabrik in Stettin, deren Inhaber wegen
Inverkehrbringens verdorbener Wurst unter An-
klage gestellt worden waren (vgl. S. 438 des
XVI. JsJirgangs dies. Zeitschr.) kam zur Sprache,
daß einem Käufer Dauerwurst zum Preise von
15 Pf. f&r das Pfund als „Partieware'' angeboten
worden sei. Der als Sachverständiger über den
Begriff der „Partieware'' vernommene Kaufmann
Bull verstand unter diesem Begriff Dauerwurst,
deren Farbe nicht ganz der der erstklassigen
Ware entspreche oder die sonst einen Schönheits-
fehler habe. Verdorbene Wurst falle aber nicht
unter den Begriff der „Partie wäre''.
— Zur Auswahl der Trlchinensohauproben im
Herzegtan Anhalt In der von Herrn Rust ver-
faßten tabellarischen Übersicht über die Regelung
der Trichinenschau in den verschiedenen Staaten
des Deutschen Reichs, im Heft Nr. 12 des 17. Jahr-
ganges dieser Zeitschrift ist bezüglich des Herzog-
tums Anhalt angegeben, daß hier für die Proben-
entnahme außer den Zwerchfellpfeilem, Kehlkopf-
muskeln und Zungenmuskeln die „Hinter-
Bchenkelmuskeln an der Beckenfuge" be-
zeichnet seien. Diese Angabe ist irrig; denn
nach § 70 der in Anhalt maßgebenden und bisher
in keiner Weise abgeänderten Landespolizeiver-
ordnung, betr. die Schlachtvieh- und Fleisch-
beschau, einschließlich der Trichinenschau, vom
21. April 1904 (Nr. 1188 d. Anh. Ges.-Sammlg.)
gelten für die Ausführung der Inlands-Trichinen-
schau ebenfalls lediglich die B. B. D. b.
Pirl- Dessau, Veterinärrat.
— Erwiderung, betr. Beslchtloung der Groß-
•cliläohterelbetrlebe In U. S. A. Zu dem Artikel
in der Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene
Heft 1, Seite 37, erlaube ich mir hierdurch einige
Bemerkungen zu machen: Aus meinem offiziellen
Rapport für 1906 ist zu entnehmen, daß ich
bereits im vorigen Jahre die erwähnte Reise
nach U. S. A. machte, nicht aber, um die An-
gaben des üpton Sinclairs zu kontrollieren, und
auch nicht auf Ersuchen der Interessenten der
Vereinigten Staaten, sondern in meiner Eigen-
schaft als Stadttierarzt und Chef der Nahrungs-
mittelkontrolle hierselbst. Da der Import von
Fleisch, Talg, Margarine und zubereiteten Fleisch -
waren nach Christiania einen Betrag von zirka
SVa Millionen Kr. pro Jahr repräsentiert, hatte
die Angelegenheit im sanitären Interesse offiziell
sehr große Bedeutung, und es wurde ausschließ-
lich aus diesem Grunde meine Reise ausgeführt.
Das Resultat meiner Untersuchungen der Groß-
schlächtereien in Chicago kann folgendermaßen
i kurz zusammengefaßt werden:
Der „ Stock- Yard^ mit seinen Einfriedigungen
für Rindvieh, Schweine und Schafe dürfte in
sanitärer Beziehung besser sein, gab aber seiner-
zeit keine berechtigte Veranlassung zur Klage.
I Die Schlächtereilokale, die sämtlich in den
I höheren Etagen untergebracht sind, waren in
den meisten Fällen wenig modern oder zeitgemäß
eingerichtet. Die Fußb(klen waren teils aus Stein,
teils aus hartem Holz. Durchschnittlich war die
Sauberkeit jedoch gut. An der Behandlung des
Fleisches während des Schlachtens war nichts
auszusetzen. Die Kontrolle des Fleisches, be-
sonders des Schweinefleisches, war gut. An der
Kleidung usw. des Personals fand ich nichts zu
bemängeln. In allen Abteilungen waren Wasser-
klosetts, Waschräume usw. vorhanden. Die Kühl-
hallen und die Räume, wo das Fleisch gepackt
wurde, waren alle sauber und gut ventiliert,
wenn sie auch, was die meisten betrifft, alt und
unmodern waren.
Christiania, den 6. November 1907.
Adolf Jacobson,
Stadttierarzt und Chef für die Nahrungsmittel-
kontrolle in Christiania.
— Die bakteriologische Untersuchung der Leip-
ziger Harktnllch ist nach der „Zeitschrift für
Öffentliche Chemie" (1907, S. 21) dem Milch-
hygienischen Institut von Privatdozent Dr.
Pfeiffer übertragen worden.
— Bekanntmachung der Mllohunterouchungs-
ergebniooe. Die Polizeiverwaltung zu Ober-
hausen macht nach den in dieser Zeitschrift
mitgeteilten Vorgängen in anderen Städten die Er-
gebnisse der regelmäßigen Untersuchungen der
Milch auf Fettgehalt seit einiger Zeit bekannt,
und der Erfolg ist bereits eine erhebliche Ver-
besserung der Milchqualität. In Zukunft soll
auch das Resultat der Schmutzprobenprilfung
öffentlich mitgeteilt werden.
— Eine dontoche Famgeoellochan für den Vleh-
famibetrleb In Deutooh-SOdweot-AfHka ist in Düssel-
dorf unter Beteiligung der Liebig-Compagnie in
London gegründet worden. Vorstand der neuen
Gesellschaft, der u. a. auch der Präsident
— 108 —
des Deutschen Landwirtschaftsrats, Graf von
Schwerin-LOwitz angehört, ist 0. Günther
in Dtlsseldorf, der frühere Generalmanager der
Fleischextraktfabrik der Liebig-Compagnie in
Urugoay.
— Zur Statistik derFlelschpreise. Vorschläge
zur Verbesserung der jetzigen Stastitik der
Kleinhandelspreise für Fleisch zumachen,
war der Zweck einer vom Herrn Landwirtschafts-
minister auf Veranlassung des Landes-Ökonomie-
Kollegiums zusammenberufenen Kommission von
Sachverständigen, die am 15. November unter
dem Vorsitz des Herrn Ministerialdirektors
Küster getagt hat. Die Beratungen waren vor-
bereitender Art, eine Veröffentlichung ihrer Er-
gebnisse war daher, da auch Beschlüsse nicht
gefaßt worden sind, nicht beabsichtigt. Nachdem
aber von anderer Seite Mitteilungen über die Be-
ratung an die Öffentlichkeit gebracht worden sind,
gehen auch die „Mitteilg. der Zentralst, d. preuß.
Landwirtschaftsk.^ auf die Verhandlungen ein.
Völlige Übereinstimmung herrschte hiemach
darüber, daß die jetzige Statistik der Fleischpreise
nicht nur nicht ermögliche, einen Vergleich
zwischen den Vieh- und den Fleischpreisen aufzu-
stellen, sondern auch ihrer ersten Aufgabe, ein
Bild der Jeweiligen wirklichen Höhe der
Fleischpreise zu geben, in keiner Weise
gerecht werde. Während aber die anwesenden
Vertreter des Fleischergewerbes die Auffassung
vertraten, daß es überhaupt ganz unmöglich sei,
eine Statistik der Fleischpreise aufzustellen, die
auch nur einigermaßen ein Bild der wirklich
gezahlten Fleischpreise gebe, man daher, wenn
man ihren Ausführungen folgen wollte, auf jede
Ermittlung und, Veröffentlichung der Klein-
handelspreise für Fleisch verzichten müßte,
wurde sowohl von selten der Regierungs Vertreter,
als auch der Vertreter der Landwirtschaft und
der Statistik auf das entschiedenste betont, daß
eine solche Statistik vor allem im Interesse der
Konsumenten, denen in Norddeutschland zurzeit
jede Möglichkeit fehle, sich ein Bild über die
augenblickliche Höhe derFlelschpreise zu machen,
geschaffen werden müsse. Es kann daher
als Ergebnis der Beratungen vielmehr bezeichnet
werden, daß angestrebt werden soll, in 20—25
preußischen Großstädten in Zukunft durch be-
sondere Kommissionen von Sachverständigen
die Preise, und zwar in erster Linie die Laden-
preise, für drei verschiedene Sorten Rind-
fleisch (ev. noch nach Ochsen- und Kuhfleisch
getrennt), für vier Sorten Schweiuefleisch
und je zwei Sorten Kalb- und Hammelfleisch
möglichst allwöchentlich zu ermitteln
und sofort im Reichsanzeiger oder ähnlich zu
veröffentlichen.
Eine solche Ausgestaltung der Statistik
würde nach übereinstimmender Ansicht
aller Kommissionsmitglieder einen wesent-
lichen Fortschritt bedeuten und in Verbindung
mit den mancherlei anderen Anregungen, die
durch die Beratungen gegeben worden sind, eine
wesentlich bessere Orientierung der Konsumenten
über die wirklichen Fleischpreise schaffen. Be-
sonders beachtenswert war es, daß von selten
der Vertreter der landwirtschaftlichen Verwaltung
ausdrücklich hervorgehoben wurde, daß die Frage,
ob auch in Preußen ein Anschlag der Fleisch-
preise in den Fleischerläden, wie er in
Bayern zumeist, in Sachsen teilweise bereits
vorgeschrieben ist, durch Polizeiverordnungen
werde eingeführt werden können, noch keines-
wegs als endgültig geklärt angesehen
werden könne. Die weitere Verfolgung der
Angelegenheit wird durch das Landes-Ökono-
mie-Kollegium geschehen.
Personalien.
Gewählt: Schlachthofdirektor Goetz-Straß-
burg i. E. zum Kais. Gestütdirektor von Elsaß-
Lothringen; Assistent Mayr- München zum
Schlachthof tierarzt in Dortmund ; Tierarzt B i nd e r-
Berent zum Schlachthof direktor in Bischofsburg;
Amtstierarzt Dr. Ewald Weber-Markneukirchen
zum Assistenten an der Abteilung für Tierzucht
der Tierärztlichen Hochschule und bei dem Königl.
sächsischen Landestierzuchtdirektor in Dresden;
Tierarzt Georg Fritze und Dr. Willies zu
Assistenten am Bakteriolog. Institut für Tier-
seuchen der Landwirtschaftskammer in Kiel;
Tierarzt Hans Ebert-München zum zweiten
Schlachthof tierarzt in Freiburg (Sachsen).
Auszeichnung : Schlachthof leiter Dr. S i m a d e r
in Ansbach ist zum Schlachthotdirektor daselbst
ernannt worden.
Gestorben: Schlachthof dir. Beruh. Andrich
in Kattowitz.
Vakanzen.
P a k s c h: Schlachthof Verwalter (approbierter
Tierarzt) zum 1. Dezember 1907. Bewerb. an
den Mag.
Pyritz: Schlachthof direktor zum 2. Febniar
1908. Anfangsgehalt 1800 M., steigend bis
2400 M , freie Wohnung usw. Bew. an den Mag.
S a a r 1 u i s : Assistenztierarzt. Gehalt 1 800 M.
Meld, an das Bürgermeisteramt
Schwiebus (Bez. Frankfurt a. 0.): Schlacht-
hof leiter alsbald. Anfangsgehalt 2400 M. Bewerb.
an den Mag.
Verantwortlicher Redakteur (exkL Inseratenteil): Prof. Dr. Ostertag in Berlin. — Verlag von Richard Sehoets in Berlin.
Zeitschrift
Ar
Fleiscli- und Milchhygiene.
lehtzehnter Jahrgang.
Jsnnsr 1008.
Heft 4.
Orlginal-Abhandluiigeii.
(Nftohdruek rerboton.)
Die Schlachthofanlage In Teingtau.
Von
Eggebrecht,
GonyeroemeiiUiierarzt
In zwei kleineu Aufsätzen, die im
Jahre 1899 von dem damaligen ünter-
roßarzt Bassau in Nr. 22 der Berliner
Tierärztlichen Wochenschrift und 1903
in Nr. 18 derselben Zeitschrift von mir
veröffentlicht worden sind, wurde der
ersten Anfänge einer Fleischbeschau und
ihrer Entwicklung in Tsingtau Erwähnung
getan. Der gewaltige Aufschwung der
Kolonie, die Zunahme der europäischen
wie chinesischen Bevölkerung und das
stetig wachsende Handels- und Ver-
kehrsleben konnten auf diesen Zweig
der öffentlichen Hygiene in Tsingtau
nicht ohne Einfluß bleiben. Hand in
Hand mit dem Ausbau und der Sanie-
rung des Stadtgebietes Tsingtau und
dank der großen Förderung, die der Gou-
verneur, Vizeadmiral Truppel, der tier-
ärztlichen Mitarbeit an der Erreichung
dieses Zieles stets angedßihen ließ, konnte
die Fleischbeschau in wenigen. Jahren zu
einer Vollkommenheit ausgestaltet werden,
daß sie nicht nur för China und Japan
vorbildlich geworden ist, sondern sich
auch ebenbürtig an die Seite der in der
Heimat mit der Fürsorge und Pflege der
Fleischhygiene geschaffenen Einrichtungen
zu stellen berechtigt ist.
In nachstehenden Zeilen soll ver-
sucht werden, ein Bild des hiesigen, am
4. Juli 1906 dem Verkehr geöfl&ieten
Schlachthofes zu geben. Von der Mitteilung
der im Juli 1906 durch den Kaiserlichen
Gouverneur erlassenen Verordnungen und
Bestimmungen for die Benutzung des
Schlachthofes und seiner Einrichtungen
kann abgesehen werden, da sie sich an
das Reichsfleischbeschaugesetz und die
heimischen Schlachthofi*egulative voll-
kommen anlehnen.
Die Schlachthofanlage in Tsingtau ist
zwischen der Arkonabrücke und dem
kleinen Hafen auf + 15,80 i. M. über N. 0.
gelegen und bedeckt mit einer Nordsüd-
ausdehnung von 135,50 m und einer
Ostwestausdehnung von 125,63 m eine
Grundfläche von rund 17023 qm. Hiervon
sind 3503 qm bebaut, 4316 qm bilden
befestigte Straßen und Plätze, der Rest
von 9204 qm steht für Wirtschaftszwecke
und gärtnerische Anlagen zur Verfügung.
Mit dem Bau des Schlachthofs wurde im
Frühjahr 1904 begonnen. Die Bau-, In-
stallations- und Montagearbeiten wurden
so gefördert, daß am 7. Juni 1906 der
Probebetrieb angenommen werden konnte.
Die Ausführung der Pläne, die Bau-
leitung und Überwachung der Arbeiten war
dem Königlich Preußischen Regierungs-
baumeister Stößel übertragen worden;
sämtliche Stein-, Maurer-, Zimmer- und
Schlosserarbeiten wurden durch hiesige
Unternehmer mit chinesischem Persona]
ausgefohrt, während die Installations- und
Montagearbeiten durch Monteure der Fir-
men Beck und Henkel in Cassel und
Borsig in Tegel geleistet wurden.
Inmitten des Grundstückes liegt das
Hauptgebäude oder Schlachthallen-
gebäude, dessen größte Länge 76,34 m,
größte Breite 421,66 m beträgt. Es ist, wie
alle Gebäude des Schlachthofes, als Putz-
110 —
bau mit sparsamer Verwendung von
Granitwerksteinen ausgeführt und enthält
zwei Stockwerke nach Norden, 4 Stock-
werke im Wasserturm und ist im äbrigen
einstöckig.
unteren Teil in den Schlachthallen und
Ealdaunenwäschen 2 m und 1,60 m hoch
mit glasierten Verblendem bekleidet,
während im Vorktthl- und Eühlraum, so-
wie im Raum für beanstandetes Fleisch
Fig. 1,
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Gesamtansicht der Schlachthofanlage in Tsingtau,
Unter Terrain sind zwei Düngerwagen-
Räume vorhanden. Der Sockel ist mit
Ziegel verblendet.
Das Dach ist mit Biberschwänzen als
Eronendach auf Latten eingedeckt. Der
Fußboden ist je nach der Benutzungsart
und im Bad glasierte Wandplatten bis
2,50 m hoch verwendet wurden. Die
Decken sind mit Ausnahme der über dem
Maschinen- und Kesselraum befindlichen
massiv von Zementbeton zwischen schmie-
deeisernen I- Trägem eingestampft. Die
Fig. 2.
Haupt-fSeklarhtfiallen'J Gebäude.
der Räume aus Granitplatten, glatten oder
geriffelten Mettlacher Fliesen, Zement-
beton und Zementestrich, oder aber aus
amerikanischen Brettern auf Lagerhölzern
hergestellt.
Wände und Decken sind mit Kalk-
Zementmörtel geputzt, erstere in ihrem
Decke im Vorkühl- und Kühlraum ist
40 cm stark und trägt außerdem eine
50 cm starke Auffüllung von Schlacken
zur Isolierung.
Zur Abhaltung der Erdwärme in diesen
beiden Räumen befindet sich unter dem
Fliesenfußboden gleichfalls eine 50 cm
— 111 —
starke Scblackenschicht, die ihrerseits
auf einer Betonlage ruht. Zwischen
Schlacken und Beton ist eine Lage
Isolierpapier eingefttgt.
Die 1,15 m starken ümfassnngswände
verhindern dnrch zwei Lüftisolierschichten
das Eindringen der Anßenwärme, während
dies bei den Fensteröffiiongen durch zwei
Lagen answechselbarer Glasbausteine er-
reicht wird.
Die Decken der Schlachthallen, Eal-
daunenwäschen und desEählhauses werden
von dreiteiligen, gußeisernen Säulen ge-
tragen, welche zum Teil mit Eonsolen
zum Auflagern der Qeleise versehen oder
zur Aufnahme von Eranen abgedreht
sind.
Die in den unteren Räumen befindlichen
Fenster sind von Schmiedeeisen und als
Eippflfigelfenster ausgebildet.
Schlachthallen-, Dängerhäuser- und
Ealdaunenwäschen-Tttren sind aus Well-
blech in Winkeleisenrahmen. Die hölzernen
Türen sind als Vierfüllungstüren aus
amerikanischem Holz hergestellt, die ins
Freie fahrenden Taren auf der Innenseite
mit Eisenblech beschlagen.
Der Anstrich der Wände erfolgte mit
Ealkfarbe; alle Eisenteile wurden mit
Mennige grundiert und zweimal mit
Bessemerfarbe überzogen.
Stlßwasserversorgung geschieht durch
die städtischeWasserleitung; das Seewasser,
welches Beinigungszwecken dient und
zum Eandensieren verwendet wird, drückt
eine im Elektrizitätswerk aufgestellte
Pumpe herauf. Zum Aufspeichern und
zur Gebrauchsentnahme des Wassers sind
im Wasserturm aufgestellt: ein See Wasser-
behälter, ein mit der städtischen Leitung
verbundener Sfißwasserbehälter und ein
mit diesem kommunizierender Warm-Süß-
wasserbehälter. Das Wasser des letzteren
wird teils durch den Abdampf, teils durch
eine besondere Dampfleitung erwärmt und
zu den Warmwasser-Mischhähnen und der
Kesselspei9^wassergrube geleitet.
Die Entwässerung der Schlachthallen
erfolgt durch GefäUe von der Mitte der
Halle nach den Seitenwänden und dnrch
granitene Binnen, die an den Längs-
wänden der Hallen angeordnet sind.
Glasierte Tonrohrleitungen fuhren die Ab-
wässer der Elärgrube zu, die ihrer Breite
nach in zwei Ealnmem geteilt ist. Jede
dieser Eammem besitzt zwei Längsabteile
mit Sammelschacht, Tauchwand, Abstreich-
rinne und eiserne Gitter. Durch zwei
Schieber wird der Zufluß nach den beiden
Kammern geregelt. Von der Elärgrube
werden die Abwässer dann in nordöstlicher
Bichtung der allgemeinen Gravitations-
leitung zugeflihrt.
Das Hauptgebäude enthält zwei
Schlachthallen, eine für Groß- und Elein-
vieh, eine für Schweine, zwei Ealdaunen-
wäschen, zwei Düngerhäuser, einen
Aufenthaltsraum für Metzger, einen Bade-
raum, eine Werkstätte, einen Generator-
raum für Eisfabrikation, einen Maschinen-,
einen Dampfkessel- und Eohlenraum, einen
Baum für beanstandetes Fleisch, ein
Trichinenschauzimmer mit Schrankkammer,
einen Geräteraum und ein Hallenmeister-
zimmer.
Zwischen den beiden Schlachthallen,
und mit diesem durch einen Verbindungs-
gang verbunden, liegt der Vorkühlraum
und der Eühlraum.
Im Zwischengeschoß des Haupt-
gebäudes liegen fünf Bäume zum Unter-
bringen und Lagern von Maschinenreserve-
teUen, Öl, Materialien und Geräten.
DerLichtzuführung dienen 215 Fenster,
wovon 4 in den Düngerwagenunter-
ständen, 83 im Erdgeschoß, 48 im
Zwischengeschoß^und Wasserturm, 69 im
Dachboden und 11 als Oberlichter in
Türen eingesetzt sind.
Die Entlüftung der Bäume erfolgt
mittels 33 Saugköpfen nach Dr. Platner
und Müller, außerdem durch 36 In den
Wänden liegende Bohre, welche innen
mit Schiebern und Jalousieklappen, außen
mit Sieben versehen sind.
— 112 —
Die Einrichtnng nnd Ausrfistang be-
steht aas einem Hochbahnsystem mit
zusammen 500 m Gleise und Gleise-
trägern, sowie den erforderlichen Weichen
nnd Befestignngsteilen.
In der Schlachthalle für Groß- und
Kleinvieh sind angeordnet 18 Sicherheitswinden
mit Rollenböcken und Tiegelgnßstahl-Drahtseil,
Schlachtspreizen und Winkelbreitscheiten, femer
13 Fesselringe mit Ankern im Fußboden. An
den eisernen Säulen sind 6 Hakenkränze, im
Abteil für Kleinvieh 29 m Hakenrahmen ange-
bracht. Außerdem sind eine Hochbahnwage mit
einen mittels direkt gekuppelten Elektromotors
angetriebenen Mitteldruck-Exhaustor erfolgt
In der Kaidaunenwäsche für Groß-
und Kleinvieh sind 2 Kaidaunen-Brühbottiche,
2 Tische, 12 Kaldaunenwaschgefässe und Ent-
fettungstische, sowie ein Schöpfgefäß mit Dampf-
wasser-Mischapparat aufgestellt. Über je 2 Kal-
daunenwaschgefäßen befindet sich ein Heiß-KalU
wasser-Mischhahn.
Die Kaidaunenwäsche für Schweine
enthält 9 Waschgefäße und Entfettungstische,
1 Schöpfgefäß mit Dampfwasser-Mischapparat
In das Dunghaus für Groß- und Klein-
vieh gelangen die Eingeweide durch eine auf
Fig, 3.
SdUnchthalle für Oroß- und Kleinvieh.
Wiegekartendruckapparat, 18 vierrädrige Fleisch-
transportwagen, 2 Handstangen und 30 Transport-
haken vorhanden.
Die Schweineschlachthalle ist ausge-
rüstet mit 2 Brühbottichen, 2 Drehkranen, 2 Lauf-
kranen mit Schnellflaschenzügen, 1 Hochbahnwage
mit Wiegekartendruckapparat und 4 Fleisch-
transportwagen und enthält 2 Tötebuchten mit
9 Anbinderingen. Femer sind vorhanden 2 Ent-
haarungstische, 11 hölzerne Schlachtbänke für
chinesische Metzger, die ihre Schweine ge-
wöhnlich nicht brühen nnd enthaaren, sondern
den Schweinen die Haut abziehen, rund 61 m
Hakengerüste mit 190 festen und 76 beweglichen
Haken.
Das Absaugen des Wasserdampfes über den
Brühbottichen wird durch eine Aeolus-Ent-
nebelungsvorrichtung bewirkt, deren Betrieb durch
dem Hochbahngleis fahrbare Kaldaunentransport-
vorrichtung, um hier nach der Entleerung über
dem Einfalltrichter in zwei WampenspültrOgen
mit je einem Dampfwassermischapparat gereinigt
zu werden.
Für das Dunghaus für Schweine ist eine
Kaldaunentransportvorrichtung nicht vorhanden,
ihr Mangel wird auch nicht empfunden. Jedoch
hat ein Spültrog mit Dampfwassermischapparat
aufgestellt werden müssen.
Im Vorkühlraum befinden sich außer den
Überführungsgleisen aus beiden SchlachthaUen
zwei Laufkräne zum Abnehmen der Hinterviertel,
sowie rund 34 m Hakenrahmen mit 122 festen
Haken.
Die Kühlhalle ist mit 21 Fleischcellen, in
Rohr- und Rundeisenkonstruktion ausgeführt,
versehen.
- 113 —
Die Belenchtang B&mtlicher Räame erfolgt
durch elektrisches Licht, welches durch das
hiesige Elektrizitätswerk abgegeben wird.
Die Dampfmaschinenanlage besteht
aus einer liegenden Einzylinderdampfmaschine
von 35 HP. ohne Kondensation, mit Präzisions-
schieberstenening, Luftpumpe mit Einspritz-
kondensation.
Im Maschinenraum ist der mit der Dampf-
maschine gekuppelte, zu der Kälteerzeugungs-
^li^ gehörende Kompressor, sowie ein Tauch-
kondensator aufgestellt
Im danebenliegenden Generatorraum sind
untergebracht: der Verdampfer mit Eisgenerator,
Sammeltrichter mitRohrleitongin den Gene-
rator wieder zurück. Der am hinteren Teil
des Lnftkühlers aufgestellte Motor drückt
durch einen Propeller die mittelst hölzerner
Kanäle aus dem Vorkühl- und Etthlraum
abgesogene Luft durch den Soleregen
hindurch, kühlt, trocknet und reinigt sie
damit. Durch Durchkanäle tritt die ge-
kühlte Luft in die Kühlräume ein, um
nach Abgabe der Kälte durch die Saug-
kanäle wieder dem Lufkkühler zugeführt
zu werden. Die erwärmte und durch
Fig, 4.
SehtcetneseßUachthaUe.
1 Aoftangefäfl, 2 Wärmeaustauschgefäße, 1 Sole-
pumpe ffir das Solerohrsystem, 1 Solepumpe fOr
den Eindampfapparat und 1 Seewasserpumpe.
Die Kälteerzeugungsanlage ist nach
dem Schwefligsäuresystem mit Naß-
kfihlnng (Chlomatrium oder Chlormag-
nesium) ausgeführt. Zur Kühlung des
Vorkühl- und Kühlraums wird die bei
240 Beaum6 auf— 160 C gekühlte Salzsole
mit der Zirkulationspumpe nach dem über
dem Yorkühlraum aufgestellten Luftkühler
gedrückt. Hier fällt sie, von oben aus
geschlitzten Bohren heraustretend, auf ein-
geschobene und durchlöcherte Bleche kas-
kadenfSrmig zuBoden und fließtdurch einen
Wasserau&ahme an Volumen vergrößerte
Sole läuft, wie schon gesagt, in den Ver-
dampfer zurück, der überschüssige Teil
tritt durch einen Überlauf in die Solegrube.
Je nach Bedarf wird die in der
Solegrube angesammelte verdünnte Sole
durch eine Pumpe nach dem im Boden-
raum stehenden Eindampfapparat ge-
schickt und durch Verdampfen eingedickt.
Der Lage der Schlachthallen ent-
sprechend sind je ein Groß- und Klein-
viehstall und ein Schweinestall vorhanden.
Der Groß- und Kleinviehstall, an
der Westseite des Grundstückes gelegen.
— 114 —
ist 40,28 m lang, 11 m breit und in der
Baaausffihrung dem beschriebenen Schlacht-
hallengebäude angelehnt. Die Fußböden
sind von Zementbeton mit gerauhtem
Estrich hergestellt. Die Decken werden
Yon gußeisernen Säulen getragen und sind
gleichfaUs aus Zementbeton zwischen
I-Trägem hergestellt.
Nach dem Hofe hinliegende Luken
mit granitenen Austritten zum Aufziehen
des Futters auf den Futterboden vervoll-
ständigen das Stallgebäude. Das Klein-
vieh wird in zwei Stallabteilungen mit
sind, nehmen die eingestellten Tiere auf.
Zwei Zapfstellen für Süß- und Seewasser
sind auch hier vorhanden.
Zur Vornahme der Schlachtung von
krankem Vieh und von Pferden ist in
der Nordostecke ein 18,90 bzw. 7,75 m
langes und 6,76 bzw. 5,26 m breites,
durch Einzäunung von dem übrigen Gre-
lände getrenntes Gebäude aufgeführt.
Es besteht aus dem Hauptbau mit 4,50 m
Geschoßhöhe und 2 Anbauten nach Süden
und Westen mit 3 m Geschoßhöhe. Der
westliche Anbau enthält den Pferdestall
Fig. 5.
Kühlhaus.
12 Buchten, die aus Eisengitter mit nach
innen und außen, nach rechts und links
sich öffnenden Türen mit Hebelverschluß
bestehen, eingestellt. Für das Großvieh
sind anschließend drei Abteile mit je 16
Anbinderingen vorhanden. Jede Stall-
abteilung wird durch Zapfstellen mit Süß-
und Seewasser versorgt.
Das Stallgebäude für Schweine liegt
auf der Ostseite des Grundstückes gegen-
über der Schweineschlachthalle; es ist
18,56 m lang und 8,56 m breit. Zwei
Abteile mit je sieben Buchten, die durch
eiserne Gitter von den Gängen getrennt
mit zwei Ständen und die Pferdeschlacht-
halle, der südliche den Stall für Groß-
und Kleinvieh und die Schlachthalle. Ein
Brühbottich, zwei Winden mit Hänge-
vorrichtungen und rund 5 m Hakenrahmen,
sowie ein Ealdaunenwaschgefäß mit zwei
Tischplatten und ein Dampfwasser-Misch-
apparat ergänzen die innere Einrichtung.
Im Hauptbau des Krankenviehschlacht-
hauses ist ein Fleischsterilisator nach
Hönnicke-Remscheid für 500 1 Inhalt
mit elektrischen Kontrollinstmmenten und
ein Verbrennungsofen nach Kori, etwa
500 kg Fleisch fassend, aufgestellt.
— 115 —
An der Südseite des Schlachtbofgrnnd-
stfickes, links dem Eingangstor, steht das
25,46 m lange und 15,33 m breite Ver-
waltungsgebäude. Es besitzt 4 Stock-
werke, Keller-, Ober- und Dachgeschoß
und ist massiv als Putzbau unter Ver-
wendung Yon Granitbändem, Gesimsen,
Lisenen und Umrahmungen und mit Fach-
werkgiebeln ausgeführt (siehe das Ge-
bäude auf der Gesamtansicht links vom
Eingangstor). Außer den Wohnungen für
die Schlachthofbeamten (einen Buchhalter,
einen Hallenmeister, einen Maschinist und
zwei Trichinenschauer) enthält die östliche
In dem unter den Laboratoriums-
räumen befindlichen Kellergeschoß findet
demnächst eine bei der Firma Lentz in
Berlin bestellte Zentrifuge mit elektrischem
Antrieb Aufstellung, die zur Gewinnung
von Blutserum, in erster Linie Rinderpest-
Serum gebraucht wird.
Für den Schlachthofvorstand ist
Wohnungsunterkunft, wie in der Heimat
durchweg üblich, noch nicht vorhanden.
Dies ist der einzige Mangel der in allen
Teilen gut eingerichteten und allen An-
forderungen der Neuzeit entsprechenden
Schlachthofanlage.
Fig. 6.
m m
i^~m.jiiii iwi^w
j
Schlachthaus für krankes Vieh und Pferde,
Seite des Erdgeschosses je ein Schreib-
zimmer für den Schlachthofvorstand und
denBuchhalter, femer das Lab Oratorium.
Das aus einem Mikroskopierzimmer,
dem eigentlichen Laboratoriums- und In-
strumentenraum, dem SterilisatioQS- und
Abdampfraum und einer Brutschränke-
kammer bestehende Laboratorium ist nach
Norden gelegen. Sämtliche Räume werden
ausreichend mit elektrischem Licht ver-
sorgt, der eine Brutschrank und Paraffin-
schrank wird elektrisch, der zweite Brut-
schrank mit Petroleum geheizt. Die innere
Einrichtung ist von der Firma H. Haupt-
ner und F. und M. Lautenschläger be-
zogen worden. Eine umfangreiche tier-
ärztliche und medizinische Bibliothek,
für deren Ergänzung eine jährliche Summe
ausgeworfen ist, und 4 Zeitschriften er-
gänzen die Laboratoriumsausstattung.
Als Nebenanlagen sind noch zu er-
wähnen: ein Pferdestallmit Wagenremise,
ein Wohnhaus für die chinesischen Schlacht-
hofarbeiter und endlich das Pförtnerhaus
mit Viehwage.
Die Einftiedigung des Geländes besteht
ans einer 1 m hohen Sockelmauer von
Ziegeln, die durch mit Granitköpfen ab-
gedeckte Pfeiler von gleichem Material
verstärkt wird. Auf den Sockel ist ein
1 m hoher Zaun aus amerikanischem
Kiefernholz gestellt.
Während der nunmehrigen einjährigen
Betriebsdauer des Schlachthofes haben
sich die baulichen und maschinellen Ein-
richtungen sehr gut bewährt. Die chine-
sischen Metzger wurden schnell mit den
Schlachtvonichtungen und der Hand-
habung der verschiedenen technischen
— 116 —
Hilfsmittel vertraut und gewöhnten sich
auch bald an die zur Aufrechterhaltung
der Ordnung und Sauberkeit erlassenen
Bestimmungen.
Als Sehenswürdigkeit nicht nur Tsing-
taus, sondern ganz Ostasiens erfreut sich
der Schlachthof des überaus häufigen Be-
suches durchreisender Personen. Eine
Beihe hochgestellter chinesischer und
japanischer Beamten nahm während des
Aufenthalts am Orte Gelegenheit, den
Betrieb und die Einrichtungen des
Schlachthofes kennen zu lernen.
In dem Fremdenbuch, in das jeder
Besucher sich einzutragen gebeten wird,
ist bereits eine stattliche Anzahl Personen
von Namen und Rang verzeichnet, und es
bieten die in deutschen, lateinischen,
chinesischen und japanischen Schriftzeichen
wechselnden Namenszüge ein sehr inter-
essantes Bild.
Möge diese Wohlfahrtseinrichtung zur
Pflege und Förderung der Veterinär-
wissenschaften in der deutschen Kolonie
Kiautschou beitragen und ein nachahmens-
wertes Beispiel deutscher Kulturarbeit
im fernen Osten werden!
Die durch Filarien (Filaria flexuosa)
bedingten Knoten in der Unterhaut des
Hirsches.
Von
KJeß-Tablngen,
OberamtBÜerant
Die im Januarheft 1907 dieser Zeit-
schrift veröffentlichte Arbeit von Dr.
Müller-Straßburg über „Multiple hypo-
derme Knotenbildung beim Hirsch, ver-
ursacht durch Filaria terebra", veranlaßt
mich, ein fast vergessenes Manuskript
hervorzuholen, in dem ich vor Jahren
das üntersuchungsergebnis von Parasiten-
fundeii in der Unterhaut des Hirsches nieder-
gelegt habe. Ich habe mit der Veröffent-
lichung dieser Arbeit damals zurück-
gehalten, weil ich die ursächliche Filarie
nach der zoologischen Seite noch spezieller
beaarbeiten wollte, wozu ich aber später
neben der Praxis leider keine Zeit fand.
Da ich mit Müllers Ausführungen nicht
ganz einig gehe, so will ich nachstehend
das Resultat meiner Untersuchungen kurz
mitteilen.
In der Unterhaut des Hirsches findet
man beinahe regelmäßig flache, gegen die
Umgebung scharf abgesetzte Knoten. In
ihrem Innern beherbergen sie einen Knäuel
von Wurmfäden, die erstmals von Wedl^)
beschrieben und von ihm als Leiber
einer stets weiblichen Filarie, die er
Filaria flexuosa nannte, bezeichnet worden
sind.
Diese Wurmkapseln sind mir zum ersten-
mal im Jahre 1893 bei Beaufsichti-
gung des Stuttgarter Wildbret-
marktes aufgefallen. Der Umstand, daß
in der mir am nächsten liegenden tier-
ärztlichen Literatur über Parasiten wohl
das Vorkommen von Oestruslarven in der
Unterhaut des Hirsches angefahrt, nir-
gends aber dasjenige von Filarien erwähnt
wurde, war für mich der Grund, die
Parasitenfunde im Auge zu behalten und
eigene Untersuchungen anzustellen. Diese
führten mich zu einigen anderen Ergeb-
nissen, als diejenigen, die die über diesen
Nematoden vorhandene, sehr spärliche
Literatur nachweist.
Wedl,i) der, wie schon erwähnt, Filaria
flexuosa als neue Spezies aufstellte, und
dem wir die einzige eingehende Arbeit
über diesen Parasiten verdanken, äußert
sich folgendermaßen über den Inhalt der
Wurmkapseln oder „Knollen":
„Macht man in letztere (Knollen) einen ober-
flächlichen Einschnitt, so kommt ein Konvolut
von feinen Fäden zutage» von welchen einzelne
heraushängen und sich bis auf eine gewisse
Strecke hervorziehen lassen, bei weiteren der-
artigen Versuchen reifit jedoch der Faden stets
ab. Sammelt man nun die herausgezogenen
Fäden, um einen approximativen Begriff von der
Längenausdehnung derselben zu erhalten, und
betrachtet man vorerst die Lagerstätte, Bo er-
scheint diese als ein sinuöses Gewebe, dessen
Buchten die Durchschnittsöffnungen von einem
mannigfach gewundenen Kanäle vorstellen; aus
einzelnen sieht man noch hier und da die Fäden
— 117 —
henrorb&igen. Das sinnOse Gewebe selbst ist
ein derbes Bindegewebe. Wenden wir uns nun
snr Analyse der Fäden selbst, so werden wir
dahin belehrt, daß dieselben nur Bmchstacke
einer stets weiblichen Filarie sind. Die Länge
eines solchen Weibchens wird nicht nberschätzt,
wenn man sie auf IVi dem angibt, die Dicke
Qbersteigt nicht Vs na™ '• • •'
Über den Sitz des Mftnnchens
sagt er:
«Während das Weibchen in den unter spitzen
Bogenkrflfl(imiingen verlaufenden Gängen der zell-
gewebigen Knollen wohnt, wo es so eng um-
schlossen ist, daß es, wie erwähnt, unmöglich
ist, lange Strecken des schmalen Wurmes oder
vollends denselben in seiner Totalität hervorzu-
ziehen, liegt das dflnnere Männchen neben dem
Knollen in lockerem Zellgewebe eingerollt und
kann ans demselben bei einiger Vorsicht ganz
herausgeholt werden. Es stellt einen gegen
7 cm langen Faden dar, dessen eines Ende
(Kopfende) einen gestreckten Verlauf zeigt, wäh-
rend das andere (Schwanzende) spiralig auf dem
hinteren Leibesabschnitte hernmgeschlungen ist,
ungefähr so, wie die Schlange Äskulaps auf
dem Stabe. "^
Die Besfaltate der sonstigen Unter-
sncboDgen Wedls faßtMolin^) in seiner
Monographie der Filarien zu folgender
Beschreibung, der er nar die Ringelung
des Körpers nnd die Form der Penis-
scheide hinzufügte, zusammen:
Os inerme; corpus filiforme, tenuissime den-
sissimeque annulatum; extremitas anterior at-
tenuata, posterior crassior; extremitas candalis
maris in anfractus involuta, retroflexa corpus
amplectens, limbis lateralibus ac subtus duabus
papillarum seriebus; vagina penis monopetala,
lignlaeformis; penis spiraliter tortus; extremitas
caudalis feminae in anfractus involuta, appendi-
culata, obtusa. (Vivipara). Longit mar. Vs";
crassit V»"'; Longit. fem. 1»/,"; crassit Vs'".
Diesing') erwähnt Filaria flezuosa in
seiner „Revision der Nematoden^' nur kurz,
während v. L in stow 7) die Zahl und die
Lage der Papillen am Schwanzende des
Männchens als 8 postanale Papillen be-
stimmt hat. Dieser Autor fährt unter an-
derem wörtlich aus:
»Im Unterhautbindegewebe des Fufics (ad
tarsum et carpum) des Hirsches findet sich in
unzählbarer Menge nesterweise diese merkwürdige
Form. Die Tiere sind zu einem unauflösbaren
Knftuel mit dein Bindegewebe gleichsam ver-
wachsen, und ihre Befreiung aus demselben ein
höchst schwieriges Kunststück usw. Das Weib-
chen ist weit über 100 mm lang und 0,31 mm
breit; es hat mir trotz angestrengter Mühe nicht
gelingen wollen, ein unverletztes Exemplar aus
dem gordischen Knoten heraüszuprftparieren. Da
abgerundete Schwanzende ist sondenknopfförmig
verdickt."
Eigene Uiitersiiobiingea.
Die Wurmknoten sitzen gewöhnlich
im Unterhautbindegewebe. Zuweilen sind
sie auch straff mit der Cutis verwachsen,
so daß sie nur mit Vorsicht von dieser
lospräpariert werden können. Auch kommt
es vor, daß die Wurmkapsel eine förm-
liche Anschwellung in der Haut bildet,
die von außen als ein deutlicher Höcker
dnrchgeffihlt werden kann und durch ihre
weiche Konsistenz und blaurote Farbe
den Anschein erweckt, als ob es hier
über kurz oder lang zu einem Durchbruch
kommen mfisse. Man findet die Wurm-
knoten auch unter den flachen Haut-
muskeln, besonders häufig auf dem Rücken,
der neben der Kruppe den Lieblingssitz
der Parasiten darstellt. Sie sind übrigens
auch am Bauch, an der Brust, den
Schulterblättern und am Halse, wenn
auch viel weniger häufig, anzutreffen.
Rficken und Hinterbacken haben durch
diese Knoten bei starker Invasion ein
vollständig höckeriges Aussehen, da
Knoten an Knoten gruppenweise, bald
einzeln nebeneinander und übereinander
sitzt. Ich habe schon eine ganze Reihe
von Hirschen auf das Vorhandensein
dieser Wurmbrut untersucht und konnte
sie in allen Fällen, wenn auch manchmal
nur in geringer Anzahl, feststellen. Die
Größe ist sehr wechselnd. Man trifft
Wurmknoten von Erbsen- bis Zehnpfennig-
stttckgröße, von rundlicher, flacher Form
und von der Dicke bis zu einem halben
Zentimeter und darüber. Die Knoten sind
an der Oberfläche gewöhnlich glatt, haben
eine meist derbe Konsistenz und grau-
weiße Farbe. Konsistenz und Farbe sind
indessen verschieden, da man nicht selten
— 118 —
erweichte Eapsehi von blutroter Farbe,
verkäste, verkalkte und bindegewebig
indnrierte Knoten von verschiedenster
Form antrifft. Man sieht auch kleine
Blntgefäßchen die Kapseln umgreifen und
in dieselben eindringen. Femer kann
man Residuen von Blutungen in den
Wandungen und eine dadurch bedingte
Dunkelfärbung der Kapseln beobachten.
Was ist nun der Inhalt der Knoten?
Schneidet man einen solchen in der Mitte
durch, so kann man auf der Schnittfläche
eine derbe, bindegewebige H&lle erkennen,
von der eine Reihe von Septen und Tra-
bekeln ausgeht, die im Innern ein unregel-
mäßiges Netzwerk bilden, das von einer
Menge weißer, glänzender Wurmfäden
ausgefüllt wird. Nesterweise findet man
auch eine größere Anhäuftang von Wurm-
f&den, wobei dann die zellgewebige Ge-
rüstsubstanz fehlt oder zerstört ist, die
Filarie aber vielfach gewunden und ge-
schlungen wie ein wirrer Fadenknäuel
verläuft. Wedl analysiert diese Fäden
kurzweg als diejenigen einer stets weib-
lichen Filarie, von der es unmöglich sei,
sie in ihrer Totalität zu entwickeln. Der
Knoten besteht, wie man bei mikroskopi-
scher Untersuchung von Längs- und Quer-
schnitten beobachten kann, aus einer
derben, bindegewebigen Randzone, auf die
nach innen eine aus zahlreichen Kund-
zellen mit spärlicher Grundsubstanz be-
stehende Schicht folgt, von der aus breite
Ausläufer, rundliche oder unregelmäßig
gestaltete Lakunen begrenzend, sich im
Lumen der Knoten verzweigen. Die binde-
gewebige Außenschicht enthält zahlreiche
Blutgefäßchen, während die innere Zellen-
schicht und besonders das die Lakunen,
in denen die Rundwürmer verlaufen,
zwischen sich lassende Gerästwerk, sich
als außerordentlich gefäßarm erweist. Man
kann in diesen Schnitten femer beobach-
ten, daß ein freies Lumen für den Verlauf
der Parasiten auch zuweilen in der derben,
bindegewebigen Außenschicht, dicht an
der Oberfläche liegt.
Das zellreiche Netzwerk fällt nicht
selten Ernährungsstörungen anheim und
damit rflckgängigen Metamorphosen aller
Art« Man sieht in manchen Knoten Ver-
käsung und Verkalkung eintreten, auch be-
obachtet man Blutungenin den Wandungen
der Kapseln und in ihrem Lumen mit
deren Folgen. Durch diese Veränderungen
werden die eingeschlossenen Parasiten
teilweise mit zugrunde gerichtet. An-
dererseits beherbergen aber veränderte
Knoten gerade die größten und best-
entwickelten Rundwürmer, da eben durch
ihr schnelles Wachsen für das sie um-
gebende Gewebe Ernährungsstörungen,
rflckgängige Metamorphosen, Gefäßaltera-
tionen usw. eingeleitet werden. Man be-
gegnetKnoten, die, abgesehen von denRund-
wärmem, mit einer blutig serösen oder
eiterähnlichen Flüssigkeit oder einer dick-
breiigen, rötlich tlngierten Masse angefttUt
sind.
Um nun womöglich eine ganze Filarie
aus dem gordischen Knoten zu lösen und
damit einen Einblick in den wirklichen
Inhalt der Knoten zu bekommen, habe
ich zunächst erweichte Knoten, die neben
einer blutigen oder eitrigen Flüssigkeit
gut entwickelte, ausgewachsene Rund-
würmer beherbergen, untersucht. Doch
ist hier gewöhnlich die Hülle noch zu derb,
und deshalb eine Verletzung des Wurmes
an den peripheren Stellen, an denen er
die derben bindegewebigen Kapselwan-
dungen in kleineren oder größeren Bogen-
gängen bis nahe an die Oberfläche durch-
bohrt, fast unvermeidlich. Ich habe des-
halb die Kapseln einer langsamen Mazera-
tion in schwachen Sublimatlösungen oder
Drittelalkohol unterworfen, von der An-
nahme ausgehend, daß die Filarien wider-
standsfähiger sein würden als das aus
Granulationsgewebe bestehende Gerüst-
werk der Knoten, während die derben
bindegewebigen Wandungen in erwünschter
Weise in ihrem Gefüge gelockert würden.
Auf diese Weise ist es mir gelungen, den
ganzen Inhalt aus den Knoten heraoaszii-
— 119 —
schälen, die Hnndwünner von den ver-
änderten Oewebeteilen zn trennen nnd sie
zu isolieren. Es ist dies ein ebenso müh-
sames wie zeitraubendes Unternehmen,
wobei man durch Mißerfolge die Geduld
nicht verlieren darf. Man stelle sich vor,
daß der Inhalt der Kapseln einem kaum
zu entwirrenden Fadenknäuel gleicht, der
erst von fremdem Gewebe befreit werden
muß und der, wenn nicht ganz vorsichtig
unter Wasser gearbeitet wird, bei der
geringsten Zerrung entzweireißt. Die
entwirrten Filarien werden am besten
sofort auf ein Holzstäbchen aufgewickelt.
So ist es mir gelungen, ganze weibliche
Filarien zu entwickeln und mich genau
über den Inhalt der Knoten zu orientieren.
Die Knoten enthalten entgegen den
unwidersprochenen Angaben Wedls
in der Regel beide Geschlechter,
tad zwar mindestens ein Männchen und
ein Weibchen. Gewöhnlich sind aber die
Geschlechter in der Mehrzahl vertreten.
Sie sind jedoch nicht immer in gleicher
Zahl vorhanden, sondern man findet in
manchen E^notea zwei bis vier Männchen
und nur ein Weibchen, während andere
wieder mehrere (ein bis drei) Weibchen
und nur ein Männchen beherbergen.
Morpktlogle der au« den Knoten Isolierten Filarien.
Die Weibchen stellen vielfach gewundene,
weiBglänzende Wonnfäden dar, die die Binde-
gewebekapseln bis anf den vom Männchen ein-
genommenen Baum dicht ausfüllen. Sie erreichen
eine größte Breite von 0,38—0,52 mm und ver-
jüngen sich gegen das Kopfende, das einen
ziemlich gestreckten Verlauf nimmt, bis zu 0,04
bis 0,06 mm. Das Schwanzende ist stumpf, viel-
fach gewunden, gewöhnlich in die Touren gleich-
mäßiger Schraubenwindungen gelegt Die Kör-
perbreite nimmt zwar gegen das Schwanzende
zu ab, beträgt aber immer noch kurz vor diesem
0,29-— 0,38 mm, verjüngt sich dann plötzlich zu
einem makroskopisch kaum sichtbaren Fortsatz,
der eine Länge von 11 mm und an dem Ende
eine Breite von 0,05 mm erreicht. Dieser Fort-
satz, der häufig Ähnlichkeit mit einem etwas
gebogenen Finger zeigt, wurde von Wedl als
fingerförmiger Ansatz bezeichnet. Die von
Wedl, Hol in und von v. Linstow angegebenen
Längenverhältnisse der Weibchen, die auch von
diesen Autoren eher als zu niedrig denn zu hoch
gegriffen bezeichnet wurden, werden tatsächlich
weit übertroffen. Die Weibchen erreichen
nach Maßgabe der von mir isolierten
Exemplare eine Länge von 60—90 cm und
sind somit 6— 9mal länger, als bisher an-
gegeben wurde.
Das Männchen findet sich, wie schon er-
wähnt, mit dem Weibchen in derselben Kapsel
eingeschlossen, und zwar ist sein Schwänzende
gewöhnlich dicht neben dem Kopfende des Weib-
chens, wo auch die weibliche GleschlechtsOffnung
zu suchen ist, gelagert. Das Männchen nimmt
entweder, den weiblichen Wnrmfäden folgend,
einen ziemlich gestreckten Verlauf oder man
findet, wenn mehrere Männchen in einer Kapsel
vorhanden sind, das eine oder das andere in
einer Ecke zusammengerollt liegen. Es ver-
ursacht in der Regel keine besondere Mühe, die
überaus zarten Männchen in ihrer Totalität aus
dem Wurmknäuel herauszuziehen. Die Angaben
Wedls, daß die Männchen neben den Knoten in
lockerem Zellgewebe eingerollt liegen, kann ich
insofern bestätigen, als ich auch Männchen
außerhalb der Bindegewebskapsel angetroffen
habe. Sie waren dann neben den Knoten, auf
oder unter denselben, in lockerem Bindegewebe
vielfach gewunden, gelagert.
Das Männchen zeigt gegenüber dem
Weibchen einen mehr gestreckten Verlauf. Das
konische Kopfende verjüngt sich bis zu 0,06 mm,
verdickt sich alsdann ziemlich rasch, so daß
gewöhnlich schon 5— 10 mm hinter dem Kopf-
ende die größte Breite mit 0,18-'0,24 mm, welche
bis zur Mitte beibehalten wird, erreicht wird.
Hinter der Mitte beginnt sich der Wurmfadön
langsam zu verdünnen, so daß er an der Schwanz-
spitze nur noch eine Dicke von 0,02—0,06 mm
besitzt. Das Schwanzende ist spiralig gewunden
und zwar derart, daß der Parasit gegen das
Ende gewöhnlich zu einer größeren Spiral-
windung ausholt, seine Windungen sehr schnell
verengt und mit 3 dicht aneinander geschlossenen
Touren endigt. Selbst wenn die Windungen
weniger geschlossen sind, wie man dies bei
Männchen in erweichten Knoten antrifft, so sind
die 3 oder 4 Windungen ganz konstant nachzu-
weisen. Das männliche Schwanzende erhält da-
durch ein Aussehen, das am meisten Ähnlichkeit
mit dem eines Nagelbohrers besitzt.
Wedl sagt von dem Schwänzende des
Männchens, daß es spiralig um den hinteren
Leibesabschnitt herumgeschlungen sei, wie die
Schlange Äskulaps um den Stab. Mol in hat die-
selbe Beobachtung als charakteristisches Merkmal
in seine Diagnose aufgenommen. Die beiden
Autoren dürften damit doch zu weit gegangen
— 1^ —
sein; denn es kann sieh hier nnr um einen rein
znßllligen Befand handeln. Ich habe gewiß auch
gelegentlich beobachtet, dafi das haardOnne
männliche Schwanzende im Laufe der Mani-
pulationen und besonders beim Verbringen männ-
licher Exemplare von einer FlOssigkeit in die
andere, sich zurClckbiegt und den Leib mit
seinen feinen Windungen umschlingt, doch habe
• ich dies bei frisch aus den Knoten entwickelten,
mit Weibchen zusammenlebenden männlichen
Exemplaren gar nie bemerken können, sondern das
Schwanzende imm«r in der schon beschriebenen
und den natflrlichen Verhältnissen wohl auch
mehr entsprechenden Lagerungsweise angetroffen.
In den meisten Fällen sind abrigens die
Spiraltouren des männlichen Schwanzendes so
eng aneinander geschlossen und zeichnen sich
durch eine solche Starrheit aus, daß dem
männlichen Schwanzende dadurch ein nicht zu
verkennendes, charakteristisches Aussehen ver-
liehen wird und ein Zurfickbiegen desselben und
Umschlingen des eigenen Leibes vollstMndig un-
möglich erscheint
Von Maller wird Filaria terebra als
Ursache der Wurmknoten bezeichnet. Er
berechnet nach Größe und Gewicht dieses
Parasiten den Inhalt der Knoten auf durch-
schnittlich 425 Exemplare. Daß diese Be-
rechnung irrt, dürfte aus vorstehenden
Ermittlungen hervorgehen, bei denen der
Inhalt der Wurmknoten einwandfrei
nachgewiesen wurde.
Was die Diagnose des Parasiten
anlangt, so hat Wedl, als er Filaria
flexuosa als besondere Spezies aufstellte,
erschöpfend auf die Unterschiede hinge-
wiesen, die die Filaria flexuosa als be-
sondere Art neben der Filaria terebra
rechtfertigen. Wesentlich ist, daß Filaria
flexuosa unbewafihete Mundwerkzeuge be-
sitzt, während Filaria terebra nach Die-
sing mit 4 Häkchen ausgestattet ist.
Auch Diesing,'**) der der Filaria cervina
den systematischen Namen Filaria terebra
gegeben hat, filhrt Filaria flexuosa neben
Filaria terebra in seiner Revision der
Nematoden besonders auf, und Forscher
wie Molin und von Linstow haben
Filaria flexuosa als artverschieden von
Filaria terebra anerkannt. Ich will des-
halb auf die zoologische Differential-
diagnose nicht weiter eingehen, weil ich
annehme, daß Mttller auch nicht beab-
sichtigt hat, Filaria terebra und Filaria
flexuosa zu identifizieren, und ihm nur
die einschlägige zoologische Literatur
nicht zugängig war.
Das Ergebnis meiner Untersuchungen
fasse ich dahin zusammen:
1. Die W^urmknoten in der Unterhaut
des Hirsches werden durch Filaria
flexuosa (Wedl) und nicht durch
Filaria terebra (Die sing) verursacht.
2. Lieblingssitze der Parasiten sind
die Gegend der Kruppe und des
Rttckens der Tiere.
3. Die Knoten beherbergen gewöhnlich
beide Geschlechter des Fadenwurmes
in je einem oder mehreren Exemplaren
(2—4 Männchen und 1—3 Weibchen).
4. Mit weniger Regelmäßigkeit finden
sich auch einzelne Männchen ge-
wöhnlich ohne Reaktion des Gewebes
neben den Knoten, auf oder unter
denselben vielfach gewunden im
lockeren Bindegewebe gelagert.
5. Die weibliche Filarie erreicht die
ungewöhnliche Länge von fast einem
Meter (60—90 cm) bei einer größten
Breite von 0,33—0,52 mm, der männ-
liche Fadenwurm nur eine Länge bis
zu 8 cm bei einer größten Breite
von 0,24 mm.
Literatur-Verzeichnis:
1. Wedl, Vortrag aber einige Nematoden in den
Sitzungsberichten der Math.-naturwissenschaftl.
Klasse der Kaiserl. Akademie der Wissen-
schaften, Wien, Band XIX, Jahrgang 1856,
Seite 122—126.
2. M 1 i n , Versuch einer Monographie der Filarien
in den Sitzungsberichten der Math.-natur-
wissenschaftl. Klasse der Kaiserl. Akademie
der Wissenschaften, Wien, Bd. 28, Jahrg. 1858,
S. 386-387.
3. Diesing, Denkschrift der K. Akademie der
Wissenschaften VIII, S. 18.
4. Diesing, Syst. Helminth. II, S. 274.
5. Dujardin, Hist. nat des helminths. 49.
6. V. Linstow, Compendium der Helminthologie
1878, S. 54.
7. y. Linstow, Jahresberichte des Vereins fflr
vaterländische Naturkunde in Wttrttbg. 1879,
S. 328. __^__^
121 —
(AuB dem bakteriologischen Laboratorium des
landwirtschaftlichen Instituts der Universität
Leipzig.)
Bakteriologische Untereuchungen einiger
TrodcenmilchprSparate.
Von
Dr. Franz PraobfeM,
ÄMistent an der agriknltur-botanlseheii Vertuchsitation der
land Wirts ebaftUchen Akademie in Tabor (Böhmen).
Während die Zahl derjenigen Unter-
sQcbangen nicht gering ist, die darauf
gerichtet waren, den Eeimgehalt frischer
Milch zn ermitteln, ist nur erst sehr
wenig über die bakteriologische Be-
schaffenheit von Trockenmilchpräpa-
raten bekannt.
G. Grosso*) veröffentlichte kürzlich
die Ergebnisse einiger in dieser Hinsicht
unter Benutzung einer nach dem Just-
Hatmakerschen Verfahren gewonnenen
Trockenmilchausgeffihrten Versuche. Nach-
stehend seien die Befunde einiger Unter-
suchungen mitgeteilt, die unter Ver-
wendungvon sechs Trockenmilchpräparaten
erlangt wurden.
Zwei von diesen Präparaten Nr. I
und II hatten vor der Trocknung keinen
besonderen Zusatz erhalten, bei der
Herstellung von Probe HI waren auf je
100 1 Müch 90 g CaO, bei Probe IV
1000 ccm HjOj, bei Probe V 90 g
CaO + 1000 ccm HjOj zugegeben; Probe
VI stellt das unter der Bezeichnung
„Holländische Säuglingsnahrung^' bekannte
Material dar. Probe I wurde bei einem
in einer Prager Molkerei ausgeführten
Versuch über Trockenmilchherstellung ge-
wonnen, Probe II bis VI verdanke ich
der Freundlichkeit des Herrn Ritterguts-
pächters Töpfer in Groß-Zschocher bei
Leipzig.
Unteraucliungsverrahren : Um eine
der urspränglichen Milch ungefähr ent-
sprechende Lösung zu erhalten, waren
von Probe I bis V 140 g Substanz
*) 6. Grosso, Diese Zeitschrift 1907, Heft 9,
S. 312-315.
in 1 1 Wasser zu verteilen. Von der
„Holländischen Säuglingsnahrung'' (Probe
VI) sind gemäß der beigegebenen Vor-
schrift 200 g pro Liter zu verwenden.
Zwecks Erreichung möglichst vollständiger
Lösung wurden die Mischungen 45 Minuten
im 40^ C warmen Wasserbade gehalten.
Von den so gewonnenen Milchsorten
wurden unter Benutzung sterilisierten
Wassers zwei Verdünnungen 1 : 100 und
1 ; 1000 angelegt. Je 1 ccm der be-
treffenden Aufschwemmung wurde mittels
sterilisierter Pipette in die Petrischale
gebracht und dazu die geschmolzene
Fleischgelatine oder das Fleischagar ge-
geben. Durch Hin- und Herbewegen der
Schale wurde grflndliche Mischung erzielt.
Diesem Verfahren ist m. E. der Vorzug
zn geben vor dem sonst ziemlich üblichen,
auch von G. Grosso befolgten, das darin
besteht, daß man das Impfinaterial zu-
nächst in das Gelatine- oder Agarröhrchen
einträgt und von da aus in die Schale
bringt. Hierbei ist es unvermeidlich, daß
Keime im Reagenzglas zurückbleiben.
Die Agai^ßkulturen wurden vier Tage
bei 37 ^ die Gelatinekulturen elf Tage bei
20^im Thermostaten gehalten. Eine so lange
Beobachtungszeit ist entschieden nötig,
wenn man möglichst alle Keime ermitteln
will. Sind die Agarplatten nicht zu dicht
besät, so bleiben die Kolonien (in den
umgekehrt aufbewahrten Schalen) inner-
halb der angegebenen Zeit recht gut
isoliert. Auf der Gelatineplatte müssen
naturgemäß die verflüssigenden Keime
und die Schimmelpilze (nach der Ab-
impfung) durch Betupfen mit AgN03
an der weiteren Entwicklung verhindert
werden.*)
Keimzalilen. Für den Keimgehalt der
sechs Trockenmilchproben ergaben sich
mit Hilfe des beschriebenen Verfahrens
folgende Werte (pro 1 g Trockenmilch):
*) Vgl. H ihn er und Stornier, Arbeit, aus
der biolog. Abt des Kaiserl. Gesundheitsamts.
Bd, III, S. 449.
— 122 —
Gelatine
Agar
20"
370
Pirobe I ohne Zusatz . .
4Ö71
7 450
n n , ...
12143
21700
„ ra mit CaO ...
19714
32857
.. IV . H,0, . . .
12 857
6 857
„ V CaO + HA . .
68 928
40 714
„ VI Holländische
Sänglingsnahrnng
18000
9150
Aus diesen Zahlen geht hervor, daß der
Keimgehalt durchweg nicht unbedeutend
war. Derjenige von Probe I entspricht
ungefähr dem von G. Grosso ermittelten,
T^ährend die übrigen Werte diesen recht
beträchtlich übertreffen. Auffallend er-
scheint es, daß auch die mit H^Os be-
handelte Milch so hohe Zahlen lieferte.
Aus den nachstehend mitgeteilten Be-
funden hinsichtlich der Art der vor-
handenen Keime ist indessen zu ent-
tiehmen, daß es sich hierbei augenschein-
lich vorwiegend um nachträgliche In-
fektion mit Lufbkeimen n. a. handelte.
Arten der vorhandenen Mikroorganismen.
Von sämtlichen verschieden erscheinen-
den Kolonien wurden Abimpfungen vor-
genommen, die weiterhin nach erfolgter
Reinigung durch wiederholtes Platten-
gießen hinsichtlich ihrer morphologischen
und kulturellen Eigenschaften eingehend
geprüft wurden. Ich erhielt folgende
Arten:
Ans Probe I: a) von Fleisch-
gelatine neben zwei (nicht näher unter-
suchten) jedenfalls der Luft entstammen-
den Schimmelpilzen, einer Rosahefe
(wahrscheinlich gleicher Herkunft) und
^inem Actinomyces chromogenes ß
alba Gasperini, ftinf Stämme von Bac.
subtilis Cohn, drei Stämme von Bac.
sphaericus Meyer et Neide, je einen
Stamm von Bac. helvolum (Zimmer-
mann) Lehm. etNeum., Streptococcus
lactis innocuus Löhnis und Micro-
coccus sulfureus Zimmermann.
Von den fttnf Subtilis -Stämmen
zeigte einer durchaus die typischen Eigen-
schafben. Zwei wichen durch fehlende
Häutchenbildung auf der verflüssigten
Gelatine von der Grundform ab, bei dem
einen von ihnen blieb die Venflüssigung
trichterförmig. Der vierte Stamm ähnelte
in seiner Kolonieform dem Bac. mycoides*),
während der fünfte durch lochförmige
Verflüssigung ausgezeichnet war.
Die drei Stämme des gleichfalls in
der Natur sehr verbreiteten Bac. sphae-
ricus stimmen bis auf folgende Differenzen
mit der bei Lehmann und Neumann**)
wiedergegebenen Beschreibung überein:
Stamm I ähnelt in der Agarstrichkultnr
dem Bac. mesentericus vulgatns
Flügge, für Stamm II gilt das gleiche
für die Kartoffelkultur, für Stamm HI
sowohl fär Agarstrich- wie Kartoffelkultiu:.
Das isolierte Bacterium helvolum
zeigte ein den Angaben von Lehmann
und Neu mann***) entsprechendes Ver-
halten. Während diese Art die Milch
koaguliert, bleibt Micro coccus sulfu-
reusf) sowie Streptococcus lactis in-
nocuus ff) auf diese lohne Einwirkung,
b) vom Fleischagarfff) wurde isoliert
je ein Stamm von Bacillus teres Meyer
et Neide, Bacterium lactis saponacei
Weigmann et Zirn und von Micro-
coccus Intens Lehm, et Neum. Ihr
Verhalten entsprach dem von Lehmann
und Neumann beobachteten. Während
Bac. teres ebenso wie Snbtilis und
sphaericus die Milch nach voraufge-
gangener Koagulierung peptonisiert, er-
teilt ihr Bact. lactis saponacei einen
seifigen, laugenartigen Geschmack; Micro-
coccus Intens bringt sie bei saurer
Reaktion zum Gerinnen.
*) Vgl. Lehmann und Neumann, Atlas,
4. Aufl., Tab. 45, VH.
**) Ebenda Bd. U, 4. Aufl., S. 414.
***) Ebenda, S. 353.
t) Vg^. Lehmann und Neumann a. a. 0.
5. 235.
tt) Vgl. Löhnis, Zentralbl. f. Bakt. Abt. 2,
Bd. XVIII, S. 129.
ttt) Vom Fleisohagar sind stets nur die
Arten besonders aufgeführt, die auf der Gelatine-
platte nicht zur Beobachtung kamen.
— 123 —
Ans Probe IL a) von Fleisch«
gelatine: zwei Stämme von Bac. snb-
tilis Cohu, der eine typisch, der andere
mit Mycoides ähnlicher Kolonie (vgl.
Probe I), ein Stamm von Bac. sphaericns
Meyer et Neide, dnrch kurze Form der
Aosläafer, fehlende Gelatineverflüssigung
and mangelnde Einwirkung auf Milch
von der Grundform abweichend, eine inter-
essante Übergangsform von Bac.vulgatus
(Flügge) Lehm, et Neum. zu Bac. me-
sentericus ruber Globig, die nach der
Beweglichkeit und dem Wachstum auf
Agar, Bouillon sowie Milch der erst-
genannten Art angehört, das Wachstum
auf Kartoffel sowie relativ hohes Wärme-
bedfirfnis (gute Entwicklung nuibeiS?^)
nähert sie der zweiten Art. Außerdem
fand sich je ein Stamm von Bac. Intens
W. Smith et Baker'*'), dessen an sich
schwaches Gelatineverflfissigungsvermögen
vollständig verschwunden war, von Bact.
fulvum (Zimmermann) Lehm, et Neu-
mann und Streptococcus lactis innoc-
cuus Löhnis. Abgesehen von dem iso-
lierten Sphaericns -Stamm sowie von
der zuletzt aufgef&hrten Art^ wirken
sämtliche aus dieser Milchprobe aus Gela-
tine isolierten Bakterien auf Milch in der
Weise ein, daß sie dieselbe nach vorauf-
gegangener Koagulierung peptonisieren.
b) Von Fleischagar: je ein Stamm
Bac. teres Meyer et Neide, Bac.
osterosporus (A. Meyer) Mignla,
Bact. erythrogenes (Grotenfelt)
Lehm, et Neum., Microc. pyogenes
7 albus (Bosenbach) Lehmann et
Neumann und Micrococcus sulfu-
reus ß tardigradus (Flagge) Lehm,
et Neum. Sämtliche Stämme entsprechen
in ihrem Verhalten den von Lehmann
und Neumann als typisch beschriebenen.
Die beiden Bazillenarten sowie Bact.
erythrogenes wirken koagulierend und
peptonisierend auf die Milch ein, Microc.
pyogenes koaguliert bei saurer Reaktion,
*) Smith and Baker, Zentralbl. f- Bakt
Abt. 1, Bd. IV, 8. 788.
Microc. sulf Ureas ß tardigradus bleibt
ohne derartige Einwirkung.
Aus Probe IIL a) von Fleisch-
gelatine: Von sporenbildenden Arten
wiederum Bac. subtilis Cohn, Bac.
sphaericns Meyer et Neide, Bac. In-
tens W. Smith et Baker, außerdem
Bac. parvus Meyer et Neide und Bac.
mesentericus (Flügge) Lehm.et Neum.
Femer die sporenfreien Arten Bact. vul-
gare (Hauser) Lehm, et Neum. in einer
schwach verflüssigenden, Milch nicht mehr
koagulierenden Form, Bact. alcaligenes
(Petruschky) Lehm, et Neum. — neben
einer typischen Form wurde ein stark
schleimbUdender Stamm isoliert*)—, femer
ein Stamm mit den bisher selten beob-
achteten Eigenschaften eines gelatine-
verflttssigenden Bact. pneumoniae
(Friedländer**), ein typischerStrepto-
coccus acidi lactici Grotenfelt,
Streptococcus lactis innocuus Löh-
nis, ein Microc. pyogenes 7 albus
(Bosenbach) Lehm, et Neum., der
speziell dem „verflfissigenden Coccusf^
Freudenreichs***) ausKäse sehr ähnlich
war, weiter Micrococcus pyogenes ß
citreus (Passet) Lehm, et Neum. und
Microc. rosettaceus Zimmermann.
b) Von Fleischagar: Je ein Stamm
von Bacterium punctatum (Zimmer-
mann), Lehm, et Neum., der durch
fehlende Gasbildung von der Gmndform
abweicht, und ein Bact. ochräceum
(Zimmermann) Lehm, et Neum. mit
durchaus typischem Verhalten.
Aus Probe IV. a) von Fleisch-
gelatine: Neben den auch in den soeben
besprochenen Milchproben angetroffenen
*) Efl handelt sich hierbei offenbar um ana-
loge ErBcheinongen, wie sie in der Gmppe des
Bacterium pneumoniae Friedländer wiederholt
beobachtet wurden; vgl. Löhnis, 1. c. S. 119,
122.
♦♦) Löhnis, 1. c. S. 121.
***) Freudenreich und Thöni, Zentralbl. i.
Bakt, Abt 2, Band X, S. 844, Typus IV,
VMetät b.
— 124 —
typischen Formen des Streptococcus
acidi lactici Grotenfelt, Strepto-
coccus lactis innocuus Löhnis,
Micrococcus pyogenes /Scitreus und
/albus, Micrococcus luteus und sul-
fureus, wurde ein typischer Micro-
coccus candicans Flfigge, eine dem
Micrococcus lactis acidi Marpmann*)
sehr ähnliche Form, sowie ein Strepto-
coccus lactis innocuus Löhnis iso-
liert, der sich dadurch auszeichnete, daß
der (sehr spärliche) Agarstrichbelag zi-
tronengelbe Farbe zeigte. Es handelt
sich hier augenscheinlich um interessante
nicht pathogene Parallelformen zu manchen
pigmentbildenden Stämmen von Strepto-
coccus pyogenes.
b) Von Fleischagar: Bacillus lu-
teus W. Smith et Baker.
Aus Probe V. a) Von Fleisch-
gelatine: Eine sporenbildende Form,
Bacillus ruminatus Meyer et Gott-
heil, von der bei Lehmann und Neu-
mann (1. c. P. 416) wiedergegebenen Be-
schreibung durch schwache Gelatine-
verflässigung und Bildung eines reich-
lichen flockig-schleimigen Sediments in
Bouillon abweichend. Femer überein-
stimmend mit den anderen Proben:
Streptococcus acidi lactici, Strepto-
coccus lactis innocuus, Micrococcus
pyogenes o aureus, ß citreus und
7 albus, Micrococcus rosettaceus,
candicans und sulfureus ß tardi-
gradus. Von Micrococcus pyogenes
wurden neben den typischen Formen, die
Milch bei saurer Reaktion rasch koagu-
lieren, auch verschiedene atypische Formen
gewonnen, die auf Milch mehr oder minder
kräftig peptonisierend einwirkten. Von
Micrococcus sulfureus wurde auch
eine forma depauperata isoliert, ausge-
zeichnet durch sehr geringe Größe (0,2 bis
0,3 ii)\ durch sehr schwaches Ver-
flüssigungsvermögen ist sie als Über-
*) Marpmann, Erg.-Hefte d. ZentralbL für
allg. Gesundheitspflege. Bd. II, Heft % S. Id2.
gangsform zu Micrococcus ilävus
(Flügge) Lehm, et Neum. charakteri-
siert.
b) Vom Fleischagar: Bacillus
lactis innocuus Wilde.
Aus Probe VL a) Von Fleisch-
gelatine: Ebenfalls zunächst typische
Stämme von Streptococcus acidi lac-
tici, Streptococcus lactis innocuus,
Micrococcus pyogenes ß citreus,
Micrococcus rosettaceus, Micro-
coccus candicans, femer (wie in
Probe IV) zwei gelb wachsen de sowie
ein auf Kartoffel einen geringen orangen-
farbigen Belag bildender Stamm von
Streptococcus lactis innocuus, eine
dem Micrococcus acidi lactis lique-
faciens R. Krüger*) entsprechende
Form, sowie eine Übergangsfoim von
Micrococcus pyogenes /albus zu
Micrococcus lactis acidi Marpmann.
b) Von Fleischagar: lediglich die-
selben Arten wie auf der Gelatine.
Über die Häufigkeit, in der die ge-
nannten Arten in den verschiedenen Milch-
proben durch die Gelatineplatte er-
mittelt werden konnten, orientiert nach-
stehende Übersicht, in der die nächst-
verwandten Formen stets zusammengefaßt
wurden.
Die günstige Einwirkung des vor dem
Trocknen der Milch zugesetzten Wasser-
stoffsuperoxydes tritt klar hervor.
Die Nachteile, die die Verwendung
dieser Substanz als Konservierungsmittel
frischer Milch nicht unbedenklich er-
scheinen lassen, kommen naturgemäß bei
der Trockenmilch nicht in Frage. Zweifel-
los werden auf diese Weise aber nicht
nur die sporenbildenden, (Sondern ebenso
die etwa vorhandenen pathogenen Keime
mit Sicherheit unschädlich gemacht. Die
in derartigem Material noch vorkommen-
den Streptokokken- und Mikrokokken-
formen dürften, wenn nicht ausschließlich,
*) R; Krüger, Zentralbl. f/Bakt. Bd. VII.
1890 S. 19.
— 125 —
1
Art
Prozent. Anteil der Kolonien von Probe:
I
n
in
IV
V
VI
BaeiUQB BubHIiii
86,84
11,76
7,90
Bphaericns .
10,53
35,80
5,26
—
—
—
, Tidgatos .
—
5,88
—
—
—
—
„ lateas . .
—
5,88
2,63
—
—
—
parvus . . .
—
—
2,63
—
-—
„ mesenterieus
—
—
2,63
—
—
—
y, . raminatuB . .
—
—
—
—
1,25
—
Bacterium helvolam
5,26
—
—.
—
—
—
9 falvam .
—
5,68
—
— ■
—
—
vulgare .
—
—
5,26
—
^__
—
n alcaligenes
1
54»
—
—
—
9 pneamoniae
2,63
*—
—
—
„ erythrogenes
— 1 —
—
5,26
—
—
StreptococcQB acidi lactioi
— —
2,68
5,26
2,50
7,70
„ lactis innoenus
15,79 1 35,30
39,49
31,59
83,75
28,00
Micrococcas pyogenes aaurena
^~ j
—
—
5,00
—
„ n ß citrens
5,26
21,06
27,50
19,25
„ /albus .
— —
2,63
5,26
6,25
26,95
Inteus ....
— —
—
5,26
—
— '
„ BulfureuB . .
10,52 —
—
10,53
13,75
—
„ rosettaceuB .
— —
7,90
— -
3,75
3,85
„ candicaoB
__ —
—
10,53
2,50
3,85
Actinomyccs chromogeneB
5,26 ' - 1 -
—
—
3,85
RoBa-Hefe
• 1
5,26 1 - 1 7,89
—
1,25
3.85
Schimmelpilxe
.
10,53 i - ! —
5,26
2,50
7,70
SO doch vorwiegend auf nachträgliche in größter Mer
Ige in der Milch, sowie
Infektion zorückzofähren sein. Es handelt in den Stall- and Molkereiräaraen anzu-
sich hier durchweg um Formen, (
lie stets treffen
sind.
Referate.
Schnppins, R., Die Silehl^akoKyteii-
probe nach Trommsdorff.
(ArebiT f. Hyg. 1907, Bd. 6S, 8. 137-146.)
Bei Untersuchungen von Handelsmilch
(Mischmilch) nach der von Trommsdorff
angegebenen Milcheiterprobe war der
durch das Zentrifngieren erhaltene Boden-
satz nicht gelblich, wie Tr. fand, sondern
graugrfin, bestand zur Hälfte aus Fett
und enthielt daneben sehr viele fremd-
artige Bestandteile, wie Kuhkot, Haare,
Baumwollfaserh und eine große Anzahl
der verschiedensten Bakterien, dagegen
nur sehr vereinzelte Leukozyten. Auch
Milch von einzelnen Kühen, unmittelbar
nach der vorschriftsmäßigen Probe-
entnahme kentrifugiert, wies im Boden-
satz einen sehr hohen Fettgehalt auf.
Die in diesen Proben gefundenen Leuko-
zyten waren außerdem vorwiegend solche
mit eosinophilen Granulationen, deuteten
also nicht auf eine Eiterung hin. Endlich
ist, wie Verf. hervorhebt, die Graduierung
der von Tr. angegebenen, im Handel
erhältlichen Zentrifugenröhrchen nicht
genau. Stadie,
Roasseau, Über die Sterilisierimg der
Mileh dureli Wasserstoffperoxyd.
(Nach olncm Referate von Kaufhiann in der Mllchseiiang,
36. Jahrgang, Nr. 82.)
Da die Verauche, die Milch durch
Wasserstoffperoxyd zu sterilisieren (das
sog. Buddisieren) in Dänemark angeblich
zu sehr guten Ergebnissen geführt
haben, stellte Verfasser im Jahre 1905
Versuche mit Milch aus dem Orbec-Tale
in der Normandie an und gelangte zu
dem Schlüsse, daß die Buddisierong nicht
— 126 -
1
allgemein die positiven und sicheren Re-
sultate lieferte, die die Methode von
Pasteur und Ronx ergibt. Simon.
Rechtsprechung.
— Mehlzusatz zu Wurst betrefTend.
Das OberlaDdeBgericht zu Frankfurt a./M. be-
stätigte ein Urteil der dortigen Strafkammer,
wonach Wurst nur aus tierischen Bestand-
teilen bestehen soll, und jeder Mehlzusatz, auch
ein solcher von 1 Proz., alsVerfälschung aufzufassen
sei. Die Frankfurter Metzgerinnung hatte 1885
mit Zustimmung der Polizeibehörde eine Bekannt-
machung erlassen, wonach ein Mehlzusatz bis
zu 2V2 Proz. statthaft sei.
— Die Befkignis der Sohlaohthoflelter zur Auf-
rechterhaltung dar Ordnung auf den SohlachtbSfen.
Entscheidung des Kgl. Preußischen
Oberverwaltungsgerichts.
In der Beleidigungsklage des Fleischer-
meisters D. in B. wider den Schlachthofdirektor
M. in E. hat das Kgl. Preußische Oberverwaltungs-
gericht, nach der „Allg.Fleisch.-Ztg.^, den von der
zuständigen Kgl. Regierung erhobenen Kompetenz-
konflikt fttr begründet erklärt. In dem Antrag
der Kgl. Regierung wurde nach der genannten
Quelle u. a. ausgeführt, M. sei als Schlachthof-
direktor befugt und verpflichtet, während der
Betriebszeit die Ordnung aufrecht zu erhalten
und Personen hinauszuweisen, die nach seiner
Ansicht die Ordnung stören. Da Meister D. sich
der Anordnung des Schlachthofdirektors nicht
ohne weiteres fügte, sei er auf Weisung des
Schlachthofdirektors durch einen Polizeibeamten
hinausgeführt worden. Der Schlachthofdirektor
habe sich in Ausübung amtlicher Tätigkeit be-
funden, als er seine Anordnungen erließ,
und habe seine amtlichen Befugnisse nicht über-
schritten. Der Schlachthofdirektor sei befugt,
Personen aus dem Schlachthause auszuweisen.
Er habe auch das, was er anordnete, für geboten
erachtet Ein etwaiger Irrtum müsse als ent-
schuldbar angesehen werden. Wörtlich oder
tätlich habe der Schlachthofdirektor aber den D.
nicht beleidigt; hierzu wäre der Schlachthof-
direktor auch nicht berechtigt gewesen. Die
Voraussetzungen für die Erhebung des Konflikts
gemäß dem Gesetze vom 13. Februar 1854 seien
mithin gegeben.
Amtliches.
— Königreich Preußen. Hellteruni gegen den
Botnifsniu«. Erlaß des Ministers der usw. Medizinal-
angelegenheiten -M. Nr. 14 362 vom9.November
1907 an sämtliche Herren Begierungspräsidenten.
Es ist dem Abteilungsvorsteher im Institut
für Infektionskrai^eiten, Geheimen Medizinal'
rat Prof. Dr. Wassermann gelungen, ein Heil-
serum gegen den Botulisif^us zu gewinnen, welches
zwecks Anwendung bei Fällen von Botulismas
in dem genannten Institut — hier Nr. 39, Nord-
ufer- Föhreratraße -r bereitgehalten wird und von
demselben erbeten werden kann.
Ew. Hochwohlgeboren . benachrichtige ich
hiervon ergebenst zur geeignet erscheinenden
weiteren Veranlassung.
— Königreich Sachten. Verordnung zur Aus-
fOhrung dea Schiaohtviehvercicberungsgetetzes vtn
2. Juni 1898 24. Aprii 1906, vom 12. Augast 1907.*)
(Bestimmt ein vereinfachtes Verfahren, sofern
der Besitzer auf. die Schätzung durch den Orts-
schätzungsausBchnß verzichtet.)
— Württemberg. EriaB des Kgl. Mtaletertams
des innern, betr. den Vollzug doo Roichogooetzeo
Ober die Schlachtvieh- und FMoobbaochtu vom
3. Juni 1900, vom 8. August 1907.'*')
(Benennung der Gutachter und Obergutacbter
in Fleischbeschaufragen.)
— Meclüenburg-Scbwerln. Bekanntmachung, betr.
den Nachwels der Untersuchung auf Trichinen, vom
24. September 1907.**)
(Betrifft den Beitritt zu der Trichinenschau-
gemeinschaft der norddeutschen Bundesstaaten.)
— Mecklenburg-Schwerin. Bekanntmachung, botr.
die fachminnioche Vorbildung der Probeentnohmer bei
der Trichinenschau, vom 25. September 1907.**)
(Ordnet an, daß als Probeentnehmer, die in
Mecklenburg-Schwerin auch fär das platte Land
vorgesehen sind, nach Möglichkeit nur fachmän-
nisch vorgebildete Personen angestellt werden.)
— PreuBon. Verfiigung, betr. Nacbweio der
Untersuchung von Schwelnefleioch auf Trichinen,
vom 30. September 1907.***)
— Sachsen-Weimar. Nachtrag zur Minioterlai-
verordnung vom 25. Seiitembor 1906 und zur Auo-
fiihrungoverordttung, betr. Schlachtvieh- und Floiooh-
beochau vom 31. üärz 1903, vom 30. September
1907.t)
— ReuB t. L Bokannimaohung, betr. den Boh
tritt der GroßherzogtOmor Mecklenburg zu dem nach
der Regierungoverordnung vom 27. November 1906
gebildeten Trichinenochauhezirk, vom 7. November
1907.tt)
(Die drei vorstehenden Verordnungen be-
treffen die Einbeziehung von Mecklenburg-
Schwerin und Mecklenburg - Strelitz in die
Trichinenschaugemeinschaft.)
— ReuB a. L Gesetz, betr. Abänderung den
Gesetzes vom 10. März 1903 Bber die BITentlicbe
Schiachtviohverolcherung vom 10. April 1907.tt)
*) Wortlaut in den Veröffentlichungen des
Kaiseriichen Gesundheitsamts 1907, Nr. 47.
♦*) Ebenda, Nr. 44. ***) Ebenda, Nr. 48.
t) Ebenda, Nr. 46. tt) Ebenda, Nr. 51.
— 127 —
Tersaminliingsberichte.
— 31. VersaMHliuio des VerslM der Sctilaoht-
Iwftterinte der Rheinprevlnz am 17. November d. Jb.
im Gürzenieh zu KOln.
Anwesend waren die Hitglieder: Acker-
mann -Ohligs, Dr. Bettendorf -Uerdingen,
Bo ckelmann- Aachen, BoUinger-Eupen^Bre-
beck-Bonn, Bncbem-KOln, Dr. Bützler-Trieri
Clansen-Hagen, Dr. Cleviach-Köln, Dr. Da-
vids-Mfllheim (Rhein), fihrhardt-Essen, tho
6empt-DflB8eldbrf,Haffner-Düren,Heckmann-
Crefeld,Heinen-Homberg,Hintzen-E8chweiler,
Elein-Lennep, Knörchen-Werden, Erings-
Kalk, L evy Brüh], Lohbeck-Duisburg-Meiderich,
Yeterinärrat Dr. Lothes-KOln, Li) foke- Honnef,
LütkefeU-Emmerich, Mucha-Hambom, Mül-
farth-Jülich,NienB-0berhauBen,Plath-Vier8en,
Qaandt-M.-Gladbach,Qaandt-Bhe7dt,Rehmet-
Köln, Dr. Rub che -Köln, Schache-AltenesBen,
Dr. S c h e e r B - Siegbnrg, Schenk- DflBBeldorf ,
Sehilling^Barmen, Schweitzer-Linz, Span-
genberg*RemBcheid, Stier-Wesel, Dr. Tiede-
Köln, Tie mann -Siegen, Ullrich-Mttnster, Ut-
hoff- Coblenz, Wetzmüller- Mülheim (Rnhr),
W o c k e n -Andernach und Zell -Kreuznach, sowie
als Gäste: Becker -Viersen, Berendes-
Rheydt,Dr.D'heil-Neu6, Kreist! erarzt Franke-
Köln, £ il er t- Iserlohn, Kreistierarzt Grupe-
Malmedy, Rüdin ger- Aachen und Dr. Voirin-
Elberfeld.
1. Der Vorsitzende Brebeck eröffnet um
11 Vi Uhr vormittags die Sitzung und begrüßt
die zahlreich erschienenen Mitglieder und Gäste
in herzlicher Weise. Mehrere eingelaufene
Schreiben werden verlesen, darunter eines vom
Provinzial-Verein von Schleswig-Holstein, der
ersucht, von seinen Ausführungen, betr. die
Milchkontrolle, Kenntnis zu nehmen. Auf eine
Anregung des Vorstandes hin wird der Beschluß
gefaßt, zu den Vereinsversammlungen Ein-
laduDgen ergehen zu lassen an den Herrn
Regierungs-Präsidenten sowie an die Verwaltung
derjenigen Stadt, in der der Verein seine Sitzung
abhält; ein entsprechender Antrag von Plath
wird angenommen. Der Schriftführer bringt zur
Kenntnis, daß die Eingabe des Vereins, betr.
anderweitige Regelung der Anstellungs- und
Besoldungsverhältnisse, dem Herrn Oberpräsi-
denten und den Herren Regierungs-Präsidenten
übersandt worden ist; auch ist dieselbe den
Bürgermeisterämtern der Rheinprovinz zu-
gegangen, die Schlachthöfe besitzen.
Folgende Herren werden in den Verein neu
aufgenommen: Berendes-Rheydt, Döpke-
Crefeld, Dr. D'beil-Neuß, Rüdinger- Aachen
imd Dr. V o i r i n - Elberf eld. Die Mitglieder B o r -
mann und Marcus sind wegen Wegzugs auff
dem Verein ausgeschieden.
2. Kassenbericht Nach Mitteilung des
Kassierers Hintzen betrug der Barbestand
nach der Sitzung vom 25. November 1906
M. 249,44. Hierzu kommen Beiträge und Ein-
trittsgelder 206, Zinsen der Einlage bei der
Sparkasse 4,65, zusammen M. 460,09. Die Aus-
gaben betragen M. 172,33, so daß ein Bestand
von M. 287,76 verbleibt, wovon M. 281,44 bei
der Eschweiler Bank hinterlegt sind, während
der Rest zur Deckung der laufenden Ausgaben
verwendet wird. Der Verein zählt zuzüglich
der heute neu eingetretenen Kollegen 105 Mit-
glieder, darunter 3 Ehrenmitglieder. Qu and t-
Rheydt und Stier- Wesel werden zu Kassen-
prüfern gewählt; nachdem sie die Rechnung ge-
prüft und richtig befunden hatten, wird dem
Kassierer unter dem Danke der Versammlung
Entlastung erteilt.
3. Die Neuwahl des Vorstandes wird auf
den Antrag von Heckmann durch Akkla-
mation vorgenommen und der Vorstand wieder-
gewählt.
4. Darauf berichtet Bockelmann über
den XrV. Internationalen Kongreß für Hygiene
und Demographie und die im Anschluß daran be-
Bichtigte Seegefelder Mastanstalt Der Bericht
bietet in allen Teilen so viel Interessantes, daß
er in dieser Zeitschrift im Wortlaute veröffent-
licht wird.
Die an den Vortrag sich anschließende,
rege Diskussion zeigte, ein wie großes Interesse
aus der Versammlung heraus allen Fragen der
modernen Hygiene entgegengebracht wird.
Heckmann fragt an, ob auch anderwärts auf
Schlachthöfen Schweinemästung mit Speiseresten
und sonstigen billigen Futterstoffen betrieben
werde, da die Stadtverwaltung zu Grefeld sich
für diese Angelegenheit interessiere. Nach
Bo ekel mann sind derartige Versuche, außer
einem solchen mit 6 Schweinen auf dem Schlacht-
hofe zu Aachen, noch nicht gemacht worden.
5. Wegen der vorgerückten Zeit wird der
Vortrag über die Beurteilung der tuberkulösen
Schlachttiere nach den neuen gesetzlichen Be-
stimmungen bis zur nächsten Sitzung verschoben,
und es folgen
6. Die Demonstrationen zur Frage des AKere
des Federwildee. Dr. Clevisch hat zu diesem
Zwecke folgende Objekte aufgestellt: Auer-
hahn, Birkhahn, Birkhenne, Schneehuhn, Krick-
ente und Fasan, älteres und jüngeres Exemplar.
Die Frage der Altersbestimmung ist in der
deutschen Literatur äußerst dürftig behandelt,
und auch dfe fremdsprachliebe gibt nur. wenig
— 128 —
Anskanft darfiber. Da ich selbst fiber grofie
Vogelbalgsammlongen verfüge nnd jährlich
eine grofie Anzahl präpariere, werde ich in
Zukunft bei meiner Sammlertätigkeit eingehend
auf die Alterskennzeichen achten und meine Be-
obachtungen dann später ausführlich mitteilen.
Wahrscheinlich aber sind viele Kennmale, die
wohl für die Altersbestimmung bei dem zahmen
Geflügel mafigebend sein mögen, nicht für die Be-
urteilung des Alters beim Federwild zu verwerten.
Das beste Kennzeichen, das allerdings nur
dem speziellen Vogelkenner, dem Omithologen,
zur Verfügung steht, ist die Betrachtung der
Farbe und Pracht des Federkleides.
Namentlich zeichnen sich alte Männchen durch
besondere Pracht aus, während junge Männehen
wiederum noch Anklänge im Farbenton zeigen,
die an die Färbung der Weibchen erinnern. Die
erste Handschwinge gibt zuverlässigen An-
halt für die Altersbestimmung bei Beb-, Hasel-»
Stein-, Rot-, Schnee-, Perl-, Trut-, Auer- und
Birkhühnern, und zwar ist die erste Handschwinge
(= erste Schwungfeder) bei jungen Exemplaren
an der Federfahne spitz, bei alten Tieren mehr
oder weniger abgerundet. Zur Beurteilung bei
Fasanen kann aber die Beschaffenheit der ersten
Handschwinge nicht verwertet werden.
Häufig entfernen die Wildhändler diese Feder,
in diesem Falle müssen die anderen Alterskenn-
zeichen beachtet werden. In der Mauserzeit —
Juli bis Ende September — kann aber auch
diese Feder fehlen. Differential -diagnostisch
kommt dann die allgemeine Beurteilung des Ge-
fieders, ob das Tier sich im Zustande der Mauser
befindet, in Betracht.
Bei Trut-, Auer- und Fasanenhahn ist die
Beschaffenheit des Sporns zu beachten.
Junge Tiere haben einen kurzen und stumpfen
Sporn, alte einen langen Sporn mit scharfer
Spitze. Die Widerstandsfähigkeit der
Luftröhrenringe gegen Druck ist bei jungen
Tieren sehr gering, während die Luftröhrenringe
bei alten Tieren, besonders bei Wildenten und
Wildgänsen, gegen Druck sehr widerstandsfähig
sind. Junge Rebhühner besitzen schmächtigeren
Körperbau, die Beine sind gelblich; bei jungen
Männchen ist der rote Brustfleck noch gering
entwickelt, der Kopf mit grauen Federn bedeckt
und die erste Handschwinge spitz. Alte Reb-
hühner haben starken Körperbau, Beine blau-grau
bis weißlich-grau; alte Männchen haben grofien,
roten, hufeisenförmigen Brustfleck, Kopffedem
gelbbraun, die erste Handschwinge mehr oder
weniger abgerundet. Zu beachten ist aber auch,
dafi schon im Oktober die jungen Rebhühner
gelbbraune Kopffedem aufweisen.
Bei dem Auerhahn ist der Schnabel elfen-
beinweiß, bei der Auerhenne schwarzbraun; es
darf also dieser Farbenunterschied des Schnabels
nicht irrtümlich als Alterskennzeichen gedeutet
werden. Nach B 1 oh m- Lübeck besitzen alte
Auer- und Birkhähne ein tieferes Braun in der
Federfärbung als dies bei jungen Exemplaren
der Fall ist. Bei alten Exemplaren des Hühner-
geschlechtes, wozu Auer-, Birk- usw. Hühner ge-
hören, findet man die Sehnen der Waden -
muskeln, zumeist verknöchert, bei jungen
Tieren nicht.
Bei der Krickente habe ich beobachtet, daß
die Stoßfedern bei alten diese Form
haben,
bei jungen diese Form
Hat man die
Exemplare in zerlegtem Zustande, so kann die
knorpelige Beschaffenheit des Brustbeines,
Sitz- und Schambeines, die sich bei jungen
Tieren leicht einbiegen lassen, zur Altersbe-
stimmung herangezogen werden. Bei alten
Exemplaren ist der Verknöcherungsprozeß aa
Brust-, Scham- und Sitzbein schon sehr weit
vorgeschritten, wodurch die betreffenden Knochen
schwer zu brechen sind. Der Redner schließt
seine Ausführungen mit der Bitte, bei Gelegen-
heit nach den Alterskennzeichen zu forschen
und die gemachten Beobachtungen zu veröffent-
lichen, um in der Frage „über die Altersbestim-
mung beim Federwild'' aufklärend zu wirken.
Der Vorsitzende dankt beiden Rednern für
ihre lehrreichen Vorträge.
7. Bockelmann fragt an, ob und wo gut-
gehende selbttregittriereade FeuohtliiceitsneMar in
Tätigkeit sind. Niens erklärt, daß es an den
Hauptschlachttagen nicht möglich sei, 80^/o rel.
Feuchtigkeit im Kühlhause zu erzielen. Auch rät
er, nicht zu niedrige Temperaturen im Kühlhause
zu halten, solche von 0—1^ seien unsinnig*}; es
sei zweckmäßiger, die Kühlhausluft auf 2 — 4^
und dabei relativ trockener zuhalten. Schenk
bestätigt, daß die selbstregistrierenden Feuchtig-
keitsmesser sehr empfindliche Instrumente sind. In
Düsseldorf ist das Hygrometer in dem zur Auf-
nahme der finnigen Rinder bestimmten, separierten
Räume des Kühlhauses untergebracht; hierhin
wird besonders stark abgekühlte Luft geführt,
so daß sich hier der vorgeschriebene Feuchtig-
*) Auf den Ozeandampfern, die Fleisch von
Nord- und Südamerika nach England bringen,
sind die Kühlräume ohne Nachteil für das Fleisch,
das nur oberfiächlich gefriert, auf 0^ eingestellt
— 129 —
keitBgrad halten Iftfit. Schilling teilt mit, daß
in Bannen das zerkleinerte Fleisch abgekocht,
von einer 8 wöchigen Anfbewahning also abge-
sehen wird. Zell benutzt seit 10 Jahren ein
selbstregistrierendes Hygrometer nnd hat die
Erfahrang gemacht, dafi die Hauptsache darin
liegt, das die Temperatnrgrade zu den Feuchtig-
keitsgraden im richtigen Verhältnis stehen.
Dr. Bettendorf betont, daß es sich nicht nm
absolute, sondern um relative Feuchtigkeit
handelt Heck mann ersucht um Auskunft
darüber, wie die Frage der Lohnschlftchter im
Schlachthofe zu regeln sei; man erwäge in
Crefeld, ob dieselben ov. von der Verwaltung
anzustellen seien. An der Beantwortung beteiligen
sich Bo ekel mann und Dr. Bützler, welche
empfehlen, dafi die Lohnschlächtcr von der
Fleischorinnung angenommen und von der
Schlachthofverwaltung zugelassen, jedoch nicht
angestellt werden; denn in letzterem Falle müsse
der Schlachthof auch die gesetzlichen Ver-
pflichtungen übernehmen, welche durch das
Unfall-, Alters- und Invalidengesetz, sowie durch
das Rrankenversicherungsgesetz vorgeschrieben
sind. Brebeck bemerkt, dafi in Bonn den Lohn-
schlächtern nur für 1 Jahr Erlaubnis erteilt
werde, und Dr. Voirin hat in Elberfeld die
Frage kürzlich durch eine neue Geschäftsordnung
geregelt, die sich bisher gut bewährt habe.
Nachdem man sich dahin geeinigt hatte, dafi
die nächste Versammlung gegen Ende Mai in
Trier stattfinden soll, wurde die Sitzung um
2 Uhr nachmittags geschlossen. Daran schlofi
sich im Quatermarktsaale des Gürzenich das
gemeinschaftliche Mittagsmahl an, das die Teil-
nehmer noch lange in fröhlicher Stimmung bei-
sammen hielt. I. A.:
Dr. Bützler, 1. Schriftführer.
— Bericht Oher die VertannliMi des VerelM
der SohlaoMhefUerlrzte Wertfalens am 1. De-
zember 1907 zu Hagen.
Um llVa Uhr vormittags eröffnete der
Vorsitzende die zahlreich besuchte Ver-
sammlung; anwesend waren: Regierungsrat
Haxter-Amsberg, Veterinärrat Blome-Arns-
berg, Müther-Paderbom, Schrader-Hamm,
Dr. Kirsten-Haspe, Stolte-Hörde, Beckhaus-
Dorstfeld, Meinikmann-Bocholt, Eilert-Iser-
lohn, Retzgen-Hohenlimburg, Dr. Eckhardt-
Dortmund, Klopmeyer -Wattenscheid, Sei-
bert- Langendreer, Oberschulte- Lüdenscheid,
Jochim-Wanne, Thurmann-Altena, Clausen-
Hagen, Clausnitzer- Dortmund, Tiemann-
Siegen, Schmidt-Lflnen, Neuhaus-Schwerte;
als Gäste: Meyer -Eving, Dr. Dönecke-
Boehum, Dr. Maafi-Hagen, Bischofswerder-
Hörde.
Der Herr Regierungspräsident zu Arnsberg
hatte in einem Schreiben für die Einladung zu
der Versammlung seinen Dank ausgesprochen
und den Herrn Regierungsrat Haxt er mit seiner
Vertretung beauftragt.
Der Vorsitzende gedachte zunächst in warmen
Worten des verstorbenen Vereinsmitgliedes, des
Schlachthof direktors W y s o c k i - Soest und stellte
den Dahingeschiedenen als Muster eines Kollegen
hin, der stets gern und freudig seine Kräfte dem
Verein widmete. Die Versammlung erhob sich
zu Ehren des Verstorbenen von ihren Sitzen.
Neu aufgenommen wurde in den Verein Herr
Schlachthofdirektor Dr. Utendörfer-Soest
Ober die Rechnungslage erstattete der Herr
Kassenwart , Schlachthof direktor Thurmann-
Altena Bericht; ihm wurde auf Antrag von Kol-
legen Krekeler-Recklinghausen und Jochim-
Wanne Entlastung erteilt.
Zu Punkt 4 der Tagesordnung hielt Herr
Schlachthofdirektor C lausen -Hagen einen sehr
beifällig aufgenommenen Vortrag über „Ver-
•ohliie zu dm Bettlmmwiaea Iber die Ermlttliiiig
des ScblaciitgfwIoMt''. Der Vortrag wird im
Wortlaut erscheinen. Im Anschlufi hieran ent-
wickelte sich eine ziemlich lebhafte Diskussion.
Oberschulte -Lüdenscheid meinte, man müsse
danach streben, einen beamteten Hallenmeister
anzustellen, der das Wiegen der Schlachttiere
übernimmt, derselbe hätte dann gegebenenfalls
das Wiegen ohne weiteres abzulehnen, sofern
der betreffende Metzger nicht den Vorschriften
der Wiegeordnung entsprechend geschlachtet
hätte. Der Metzger ist seiner Meinung nach
nicht für ein unreelles Schlachten haftbar zu
machen, ein vollendeter oder versuchter Betrug
liegt nach Ansicht von Schöffengerichten nicht
vor. Es ist eine bekannte Tatsache, dafi Gerichte
stets Metzger, die sich gegen die Wiegeordnung
vergangen hatten, freigesprochen haben. Claus-
nitzer-Dortmund pflichtet Obers chulte-Lüden-
scheid in jeder Hinsicht bei. Bei Streitfällen wäre
es wohl am richtigsten, eine Abschätzung vorzu-
nehmen. Anderer Ansicht ist Veterinärrat B 1 o m e ;
er glaubt, dafi durch Erlafi einer Polizeiverordnung
dem Übelstand entgegenzutreten ist, während
Oberschulte nochmals seinen Standpunkt vertritt
und darauf hinweist, dafi der Metzger höchstens
wegen „Nichtbefolgung^ einer Polizeivorschrift
bestraft werden könne. Es wurde sodann noch-
mals von mehreren Rednern betont, dafi Tier-
ärzte die Pflicht haben, den Landwirten zu ihrem
Recht zu verhelfen, indem sie darauf ihr
Augenmerk richten, dafi die Vorschriften der
Wiegeordnung in jeder Richtung gewahrt werden.
Der zweite Vortrag von Kollegen K rekele r-
Reoklinghanscn nlicr die „Pfliehteii und Rechte der
— 130 —
Sehftdiihoflierirzte'' war nicht wenigerinteresaant;
K. wies ansführlich darauf hin, wie schlecht es
mit den Besoldongsverhältnissen der Schlachthof-
tierärzte augenblicklich noch stände, wenn auch
nicht zu leugnen wäre, daß manche Städte ihren
Schlachthofdirektoren ein angemessenes Gehalt
zahlten. Dies ist besonders in der letzten Zeit
durch Eingreifen verschiedener Vereine (Verein
preußischer Schlachthoftierärzte, Verein west-
fälischer, rheinischer und schlesischer Schlacht-
hoftierärzte) besser geworden, hoffentlich gelingt
eS) so schloß Redner seinen mit großem Beifall
aufgenommenen Vortrag, in absehbarer Zeit, daß
die Schlachthoftierärzte aus den unwürdigen
Besoldungsverhältnissen herauskommen. Auch
dieser Vortrag wird in dieser Zeitschrift im
Wortlaut publiziert werden.
FUr den nächsten Punkt der Tagesordnung
„Besprechung Ober den geaenwftrtlgen Stand der
Milchkontrolle und Sauglingmilchanotalten'' hatte
Kollege C lausen -Hagen ein einleitendes Re-
ferat übernommen. £r machte in seinem Vor-
trag die Kollegen nochmals darauf aufmerksam,
daß nur Tierärzte dazu berufen sein können, die
Milchkontrolle auszuüben und die Säuglings-
milcbanstalten zu leiten. Viele Städte haben
schon Säuglingsmilchanstalten errichtet und unter
tierärztliche Kontrolle gestellt, dies trifft be-
sonders für Mittel- und Großstädte zu, aber auch
kleinere Gemeinden haben sich von dem Nutzen
solcher Wohltätigkeitseinrichtungen für das Allge-
meinwohl überzeugt und sind ans Werk ge-
gangen, derartige Anstalten zu schaffen. Auf
eine Anregung von Dr. Kirsten-Haspe, eine
Kommission zu wählen, die eine Petition aus-
arbeiten soll zwecks Errichtung von Säuglings-
milchanstalten und Überreichung dieser Eingabe
an die Städte Westfalens, erwiderte Herr
Regierungsrat Haxter, daß über diese Materie
in kurzem ein Ministerialerlaß zu erwarten steht.
Von allen Rednern wurde darauf hingewiesen,
daß die Milchkontrolle noch ein Feld sei, worin
sich der Tierarzt betätigen könnte zum all-
gemeinen Besten. Damit müsse Hand in Hand
gehen die Belehrung der Tierbesitzer, dafür
Sorge zu tragen, daß dem Tierarzt zu jeder Zeit
eine Kontrolle des Viehbestandes ermöglicht
wird.
Recht interessante Mitteilungen wurden bei
Punkt 7 der Tagesordnung — Erfahrungen aus
der Praxis — gemacht. So berichtete Kollege
Joch he im -Wanne, daß man bei Beschlag-
nahmungen nie den Ausdruck „beanstandet^
gebrauchen dürfe. Dies gilt besonders für An-
fertigung von Gutachten und Ausstellung von
Attesten. Einzig und allein soll es darin heißen,
ich habe das und das Fleischstück beschlagnahmt
Sofern ein Gegenstand dagegen beanstandet
wird, ist er noch in dem Besitz des betreffenden
Metagera; als Beweis für die Richtigkeit führte
Redner eiiieii Fall an, in dem das Gericht zum
Freispruch dea Metzgers kam, da dieser angab,
nicht gewußt zu baben, daß das betreffende
Fleisch sich nicht mehr in seinem Besitz befinde.
Der betreffende Tierarzt hatt« in seinem Attest von
„beanstanden^, nicht von ^bMchlagnahmen''
gesprochen.
Dann brachte Oberschulte nodi den so-
genannten Finnenerlaß zur Sprache, wonach die
Kühlhansluft 75 Proz. Feuchtigkeit enthaltni
müsse; nach seiner Ansicht ist die Befolgung
dieser Verordnung unmöglich, dasselbe glaubt
Clausnitzer. Es wurde festgestellt, daß die
Kollegen vom rheinischen Verein der Schlacht-
hoftierärzte zu denselben Beschlüssen gekommen
seien. Clausen teilte mit, daß die Metzger in
Hagen lieber ihr Fleisch sofort unter der
Deklaration „minderwertig' verkaufen, als es nach
dreiwöchigem Divchktlhlen wieder in ihrem
Laden vollwertig zum Verkauf anbieten.
Dr. Kirsten -Haspe berichtete ähnliches von
den Hasper Metzgern. Im weiteren Verlauf
der Debatte vertrat Veterinärrat Blome die
Ansicht, daß die Pökelung des Fleisches neben
der Kühlung wohl zwecklos wäre. Dagegen
war Clausnitzer der Meinung, daß die
Pökelung besonders ländlichen Gemeinden ohne
Kühlhaus zugute komme und unbedingt bei-
behalten werden müsse. Es sei schließlich Sache
der Aufsichtsbehörde dafür zu sorgen, daß die
Pökehmg ordnungsmäßig durchgeführt und
Unterschlagungen verhütet werden.
Als Ort für die nächste Versammlung wurde
Königsbom-Unna bestimmt, dem Vorstande da-
gegen überlassen, den Tag der Zusammenkunft
näher festzusetzen.
Zum Schluß sprach noch Herr Regierungs-
Rat Haxter seinen Dank dafür aus, daß es ihm
möglich gewesen ist, die vielfachen Anregimgen
der Tierärzte aus der Provinz Westfalen selbst
entgegen zu nehmen; besonders der Besoldnngs-
frage wolle er gern näher treten und der König-
lichen Regierung die berechtigten Wünsche der
Schlachthoftierärzte unterbreiten.
Den beiden Herren Regierungvertretern,
Regierungs-Rat Haxter und Veterinärrat Blome,
die mehrfach in die Debatte selbst eingriffen
und sich später auch an dem gemeinsamen Mahle
beteiligten, sei an dieser Stelle nochmals für
ihr Erscheinen zu unserer Versammlung gedankt.
Zum erstenmale seit Bestehen unseres Vereins
durften wir Herren von der Königlichen
Regierung zu Arnsberg, speziell den Vertreter
des Herrn Regierungspräsidenten, begrüßen.
- 131 -
Hoffen wir, daft es nieht das letzte Mal ge-
wesen ist. Dr. Kirsten, Schriftführer.
— Bericht Iber die Haii|itveriaainfmif des
„VerelM eiebeleclier Geneliidetierib*ite wid SchtacM-
hefttlrekttrea." Sonnabend, den 2. November 1907,
abends 7 Uhr, fand im Hotel „Sachsenhof in
Leipzig eine Yorberatung des Vorstandes statt,
sn welcher die Mitglieder des Vereins anch ein-
geladen wareD, nnd an welcher der Vorstand,
insgesamt aber etwa 15 Herren, teilnahmen.
Der Vorsitzende, Herr Schlachthofdirektor
Dr. Meyfarth-Glauchan, eröffnet die Sitzung,
begrfißt die Erschienenen nnd verliest eine Reihe
eingelaufener Schreiben. Es wird beschlossen,
die Sitzungsberichte in der „Schlacht- und Vieh-
hofzeitung'S der „Zeitschrift fOr Fleisch- nnd
Milchhygiene", der „Berliner** und der „Deutschen"
Tierärztlichen Wochenschrift" zu veröffentlichen.
Auf Vorschlag des städtischen Tierarztes |
Herrn Dittr ich -Dresden soll nach Antrag des
Herrn Direktor Enke- Zittau der morgigen Ver-
sammlung der Antrag unterbreitet werden, daß
an das Ministerium und den Rektor der Hoch-
schule in Dresden ein Gesuch gerichtet werde,
daß immaturen Tierärzten die Möglichkeit eröffnet
werde, unter gewissen Bedingungen eine Über-
gangszeit lang zum Dr. med. vet. in Sachsen
promovieren zu können.
Die im Prinzip angenommenen sdddeutschen
Statuten des Vereins sollen nach unwesentlichen
Änderungen bei einer Reihe von Kollegen
kursieren und dann gedruckt werden.
Neu eingetreten sind: Dr. Tempel, Ober-
tierarzt und Direktor der Fleischbeschan in
Chemnitz; Bethke, Schlachthofdirektor in Alten-
burg (Sachs.- Altenburg); Polizeitierarzt Zinke
in Leisnig; städtische Tierärzte Jan icke nnd
Marschall in Dresden nnd Stadttierarzt Dr.
Eberle in Auerbach.
Die einzelnen Punkte der morgigen Tages-
ordnung werden emgehend besprochen, und es
wird zu einer Reihe von Fragen Stellung ge-
nommen. Schluß der Sitzung abends 12 Uhr.
Sonntag, den 3. November, vormittags
11 Uhr: Hauptversammlung imHotel„Sach-
senhof** in Leipzig. Es waren erschienen:
Landestierarzt Medizinalrat Prof. Dr. Edelmann
und die Gemeindetierärzte bzw. Schlachthof-
direktoren Achilles-Leipzig, Arnold-Oschatz,
Bethke- Altenburg, Enke-Zittau, Engelmann-
Grimma, Dr. Eberle-Auerbach, Dr. Feuereißen-
Chemnitz, Dr. Fischer-Buchholz, Gänsehals-
Großenhain, Dr. Geißler-Werdau, Vorsitzender
des Privattierärztevereins, Geyer-Penig, Gün-
ther-Eibenstook, Hafemann-Leipzig, Hahn-
Reichenbach, Hengst -Leipzig, H e m p e 1 - Meißen,
Dr.H o r n - Leipzig, K am ah 1 -Freiberg, Dr.K ä p p e l
Leipzig, Dr. Keil -Leipzig, Klawitter-Leipzig,
Lägel-Zschppau, Litty- Leipzig, Dr. Meyfarth-
Glanchau, Mi e lach -Freiberg, M int zl äff -Anna-
berg, Oertel-Leipzig, Pauli tz-Leipzig,Pöt ssch-
Hainiohen, Richter- Frankenberg, Rfihmekorf-
Leipz., Dr.S chmidtche n-Leipz., Dr.S c h m u t z e r-
Waldheim,Schneiderheinze-Dresden, Schulze
Leipzig, Semper-Leipzig, Dr. Seyfert-Pima,
Stein-Wurzen, Stiehler-Bautzen und Uder-
Meißen. Schriftlich entschuldigt hatten sich Dr.
Tempel-Chemnitz,Dittrich-Dre8den und andere.
Der Vorsitzende Herr Dr. Meyfarth begraßt
die zahlreich erschienenen Mitglieder und die
Gäste und von diesen namentlich Herrn Landes-
tierarzt Medizinalrat Prof. Dr. E d e 1 m a n n. Insbe-
sondere wird Kenntnis genommen von den An-
und Antwortschreiben an Mitglieder der König-
lichen Veterinärkommission, an den Landes-
kulturrat und die landwirtschaftlichen Kreis-
vereine, vom Eintritt des Vereins in den Veterinär-
rat, vom Briefwechsel mit den tierärztlichen
Kreisvereinen, dem bezirkstierärztlichen und äeia
privattierärztlichen Verein und dem tierärzt-
lichen Landesverband und von internen An-
gelegenheiten.
Der Vorsitzende berichtet, daß er mit Herrn
Dr. Seyfert (Pirna) zusammen den Mitgliedern
der Königl. Veterinärkommissiön, den Herren
Rektor Geh. Medizinalrat Professor Dr. Ellen-
berger, Obermedizinalrat Professor Dr. MflUer,
Landestierarzt Medizinalrat Professor Dr. Edel-
mann und Tierzuchtdirektor Medizinalrat Pro-
fessor Dr. Pusch die Gründung unseres Vereins
offiziell mündlich mitgeteilt habe.
Im Anschluß an ein Schreiben des Schleswig-
schen Tierärztlichen Provinzialvereins (Veterinär-
rat Dr. Foth), die Milchkontrolle betreffend,
wurde mit Dank für gegebene Anregung der
Beschluß gefaßt: Diesem Gegenstände dauernde
Aufmerksamkeit zu widmen und ihn bereits für
die nächste Versammlung auf die Tagesordnung
zu setzen. Femer faßt der Verein auf Anregung
des Vereins zur Förderung humanen Schlachtens
(Sanitätsrat Dr. R am dohr) folgende Resolution:
Der Verein hält es für dringend wünschenswert,
daß in allen Bundesstaaten der Betäubungs-
zwang für alle Schlachttiere, einschließlich der
den Schächtschnitt erhaltenden, baldmöglichst
gesetzlich eingeführt werde.
Femer wird Kenntnis davon genommen,
daß Direktor Dr. Tempel (Chemnitz) als Grund-
stock zu einer Vereinssammlung sämtlicher
Ortsgesetze die dortigen übersendet hat. — Es
werden einige Entschuldigungsschreiben und Tele-
gramme verlesen, darunter das mit besonderer
Freude aufgenommene Telegramm des Herrn
Direktors Kühnau (Köln).
— 132 —
1. Hierauf nahm der Vorsitzende Dr. Meyf arth
das Wort zu seinem Referat: „Ist der weitere
Autbaii der Sohlachthofgesetziebiwi fOr das K»iii|-
reioh SaehMR aotwendli?"
Ausgehend von den wenigen und kärglichen
sanitäts- und veterinärpolizeilichen Bestimmungen
der jüngsten Fleischbeschau- und Viehsenchen-
gesetzgebung des Reiches und Landes, welche
die Schlachthöfe betreffen, bespricht Referent
das sächsische Gesetz, die Öffentlichen Schlacht-
höfe betreffend, vom 11. Juli 1876, femer die
Instruktion, betreffend die Begutachtung von
Schlachthofanlagen seitens der Königlichen Be-
zirkstierärzte in Sachsen, vom 10. Juli 1891 und
das Gutachten der Königlichen Kommission fflr
das Veterinärwesen, betreffend die Einrichtung
von öffentlichen Schlachthöfen, erkennt die grofie
Bedeutung, di^ klassische Kürze und den treffenden
Inhalt dieser Bestimmimgen und Auslassungen
fllr die Zeit ihres Entstehens an mit dem Be-
dauern, dafi sie nicht zu einem noch heute brauch-
baren Gesetz sich verdichtet haben, welches auch
den Bi^u und die Verwaltung öffentlicher Schlacht-
höfe regelt Insbesondere ist auffällig, daß in
Prenfien die Zahl der städtischen Schlachthöfe
stetig und auffallend auch in kleineren Gemeinden
zunimmt (1902 = 896; 1907 beinahe 500 öffentliche
Schlachthöfe), während in Sachsen nur eine ganz
langsame Zunahme zu verzeichnen ist, nach 81
Jahren der Wirksamkeit des Gesetzes nur 85
Schlachthöfe, so daß zurzeit noch 106 Gemeinden
(69 Stadt- und 87 Landgemeinden) über 5000
Einwohner keinen öffentlichen Schlachthof haben
(von 810 Gemeinden über 2000 Einwohnern
haben nur 85 Schlachthöfe), und zwar sind nur 15
städtische gegenüber 20 Innungsschlachthöfen
vorhanden. Es fehlt eben in Sachsen der Impuls
zum Bau von Schlachthöfen, besonders Gemeinde-
schlachthöfen, wie ihn das preußische Schlacht-
hausgesetz besitzt Außerdem erklären diese
eigentümliche Schlachthofmüdigkeit in Sachsen
noch andere Gründe:
1. Die ambulatorische Beschau sorgt für
gesundes Fleisch auch ohne Schlachthof.
2. Der Schlachthof ist infolge zahlreich ge-
machter Fehler beim Bau nach den jüngsten Er-
fahrungen einer größeren Zahl von Gemeinden
kein angenehmes Finanzobjekt mehr (Defizit!).
8. Fleischerinnungen sind aus diesem Grunde,
und weil die jüngst erbauten öffentlichen Schlacht-
höfe meist im Besitz der Stadt sind oder in deren
Besitz übergehen, Gegner des Projekts.
4. Die Erörterung der Fleischpreise in der
Öffentlichkeit läßt fälschlicherweise die Kosten
für den Schlachthof als einen weiteren erheblichen
Grund zur Fkischteuening erscheinen.
5: Die schlechte Bezahlung und Stellung der
Sachverständigen an Schlachthöfen läßt die
Tierärzte selbst nicht wünschen, daß Schlacht-
höfe gebaut werden. Dieser Zustand ist ungesund.
Noch immer gelten alle hygienischen, sanitäts-
und veterinärpolizeilichen und nicht zuletzt aneb
kommerziellen Vorteile des Scblachtzwanges so-
wohl für Konsumenten als Interessenten, welche
in der Literatur noch keineswegs erschöpfend
behandelt, in diesem Referate nicht näher aus-
geführt werden sollen.
Es müssen nach wie vor Schlachthöfe gebaut
werden. Der Bau eines Schlachthofs ist min-
destens eine solche Kulturtat als der Bau einer
Kirche, man muß nur das volkswirtschaftliche
Augenmaß für diese Wahrheit besitzen. Selbst-
verständlich muß die Gemeinde den Schlachthof
bauen lassen, alle vortrefflichen Sätze des Gut-
achtens der Kgl. Veterinärkommission gelten noch
heute im vollen Umfange und auch für jene städ-
tischen Schlachthöfe der Mittelstädte, welche in
einem allzu innungsfreundlichen Sinne verwaltet
werden. Hätten wir in Sachsen 800 anstatt reich-
lich 30 Gemeindeschlachthöfe, so würden die
lokalen Verhältnisse nicht so buntscheckig sein
und zu allerhand Unzufriedenheiten Anlaß geben.
Hier ist Wandel zu schaffen eine dringende Auf-
gabe. Verdienen auch die preußischen Ver-
hältnisse in mancher Beziehung kein Loblied,
so ist doch das preußische Schlachthausgesetz
ein Meisterstück darin, daß es den Impuls zum
Bau zahlreicher Gemeindeschlachthöfe gegeben
hat. Das hat in Sachsen selbst das vortreff-
liche Gutachten der Kgl. Veterinärkommission
niemals erreicht, wenn es auch langsam wirkt
Wir hoffen, daß das Dresdener Beispiel einer
wohltuenden Energie des Stadtoberhauptes, die
Ablösung des Innungsschlachthofes, Schule
machen wird. Dieser selbstverständliche Ent-
wicklungsprozeß sollte von selten der Kgl.
Regierung im ganzen Lande beschleunigt
werden. Das kann nur ein dahingehender
Gesetzentwurf. Man wende nicht ein, daß beide
Kammern unserer Volksvertretung einem solch
eingreifenden Entwürfe niemals ihre Zustimmung
geben (vgl. § 4 der revidierten Städteordnung,
Selbstverwaltung der Gemeinden). Aber die
moralische Wirkung eines solchen Entwurfs
würde von ausschlaggebender Wirkung sein.
Der Grundsatz der Selbstverwaltung in allen
Ehren (vgl. die letzte Thronrede Seiner Majestät),
aber die Entwicklung des modernen Schlacht-
hofwesens, welches gleich tief in die Interessen
von Stadt, Land und Wissenschaft, eingreift,
muß von einer höheren Warte geleitet werden,
als es die Entwicklung einer Innungsversamm-
lung oder, ich behaupte es, die Entschließung
— 133 —
allein ein» Btftdtischen Körperschaft besonders
einer kleinen Stadt ist Gesetze und Verord-
nungen mflssen Impnls geben nnd Wegweiser
sein. Erfahnmgen sind — teilweise recht bOse —
genug gesammelt Wer die Innungen liebt und
ihnen wirklich nützen will, mnfi gegen Innungs-
schlachthöfe sein. Ich habe die größte Hoch-
achtung vor den Kenntnissen, dem praktischen
Bliek, der Tatkraft und reichen Lebenserfahrung
unserer Innungsmeister. Werden diese Vorzüge
im städtischen Schlachthof e betätigt, so kommen
sie nicht bloß einer egoistisch führenden Clique,
sondern allen Innungsmitgliedem und der All-
gemeinheit zugute, und die . Hauptarbeit lastet
nicht auf einem allein, dem Obermeister.
Zunächst müssen in Sachsen aus allen In-
nungsschlachthOfen städtische werden. Die
Gründe gelten heute noch mehr als früher (vgl.
das Gutachten der Veterinärkommission). Das
sächsische Schlachthofgesetz ist ein Torso des
preußischen. Stellen wir das alte Kunstwerk
wieder her und fügen wir den jetzigen Ver-
hältnissen passende Bestimmungen hinzu, so
würde ein solcher Gesetzentwurf etwa folgende
Hinweise enthalten. Der weitere Ausbau eines
Gesetzes, die Errichtung und Verwaltung Öffent-
licher Schlachthofe betreffend, ist notwendig.
1. Jeder Öffentliche Schlachthof soll in ge-
nügendem Umfange von der Gemeinde
(dem Gemeindeverbande) errichtet und
verwaltet werden.
2. Insbesondere sollen bestehende Öffent-
liche Schlachthofe, welche in Privatbesitz
(Innung usw.) sich befinden, gleichwohl
von der Gemeinde als Aufsichtführende
durch einen Schlachthofausschuß verwaltet
und Vergrößerungen (Neubauten etc.)
auf Kosten der Gemeinde vorgenommen
werden. Verzichtet die Innung auf ihr
Besitzrecht, oder genügt der ihr gehörige
Schlachthof nicht mehr den an ihn zu
stellenden Forderungen, so geht er gegen
entsprechende Entschädigung in den Besitz
der Gemeinde über.
3. Gemeinden und Gemeindeverbände von
5000 und mehr Einwohnern sollen ver-
pflichtet sein. Öffentliche Schlachthofe zu
errichten.
Die Bausumme muß der Einwohner-
zahl der Gemeinde (des Verbandes) an-
gemessen sein, soll eine bestimmte Hohe
(prozentual pro Kopf der Bevölkerung)
nicht übersteigen, kann jederzeit durch
Anleihe aufgebracht werden und bedarf
ebenso wie die Nachbewilligung von Über-
schreitungen des Projektes der Geneh-
migung des Ministeriums des Innern.
4. In Öffentlichen Schlachthöfen sollen sämt-
liche mit dem Schlachthof in Beziehung
stehende Nebenanlagen tunlichst unter-
gebracht werden (Pferde-, Hundeschlacht-
haus, Talgschmelze, Häutesalzerei usw.).
5. Alles nicht in einem Öffentlichen Schlacht-
hof ausgeschlachtete frische Fleisch soll
beim Einbringen in eine Schlachthof-
gemeinde einer Kontrolle und einer Gebühr
dafür unterliegen.
6. Die Zeit, wann das Verbot der Benutzung
von Öffentlichen Schlachthäusern oder
Privatschlächtereien in Kraft tritt, be-
stimmt das Königliche Ministerium des
Innern.
7. Die Gemeinde ist befugt, für die Be-
nutzung des Schlachthofs Gebühren zu
erheben.
Die Hohe des Tarifs ist so zu be-
stimmen, daß die Gebühren für die Schlacht-
hofbenutzung den zur Unterhaltung der
Anlage für Betriebskosten einschließlich
einer auf x Proz. berechneten Rücklage,
femer zur Verzinsung und allmählichen
Amortisation des Anlagekapitals und der
etwa gezahlten Entschädigungssummen
erforderlichen Betrag erreichen, jedoch
nicht übersteigen.
Die Hohe des Zinsfußes jährlich und
die Amortisationsquote ist gesetzlich fest-
zulegen.
8. Die Leitung der Schlachthofe, sowie die
Untersuchung der Schlachttiere und des
Fleisches soll durch Tierärzte ausgeübt
werden. Hierfür sind die gesetzlichen
Gebühren zugleich mit den Schlachthof-
benutzungsgebtlhren zu erheben. (Die
Fleischbeschaugebtlhren sollen in Ein-
nahme und Ausgabe getrennt von den
Schlachthofgebühren verrechnet werden
und es sollen die ersteren lediglich zur
Bestreitung aller mit den Untersuchungen
in Verbindung stehenden und nötigen
Einrichtungen und Vorkehrungen (Miete,
Gehalte, Pensionen, Versicherungsgelder,
Bibliothek- und Laboratoriumsgelder, Fort-
bildungskurse usw.) Verwendung finden.
9. Die Benutzung des Schlachthofes ist
jedem gestattet, der den allgemeinen und
Ortlich vorgeschriebenen Bestimmungen
nachkommt.
10. Die bekannten Bestimmungen üb6r die
Erstattung des erweislichen und wirklichen
Schadens an den Eigentümer oder Nutz-
ungsberechtigten von aufzubauenden Öffent-
lichen oder privaten Schlachthäusern.
134 —
11. Die Bestimmungen des Gesetzes sollen
auch anf die In Privatbesitz befindlichen
öffentlichen (Innnngs-)Schlachthöfe An-
wendung finden, und zwar soll die Kreis-
hauptmannschaft das gegenseitige Ver-
hältnis zwischen Gemeinden und Unter-
nehmer regeln.
12. Strafbestimmungen för Zuwiderhandelnde.
Ein solches Gesetz würde der Buntscheckig-
keit der sächsischen Verhältnisse mit einem
Schlage ein Ende machen und Ordnung und
Zufriedenheit aller Beteiligten zur Folge haben
(die Innungen eingeschlossen).
Natürlich würden weitere Verordnungen den
Gemeinden an die Hand zu geben sein. Ins-
besondere:
1. eine Bauordnung für Gemeindeschlacht-
höfe, • welche alles Wissenswerte enthält
dergestalt, dafi eine wesentliche Über-
schreitung der Bausumme von vornherein
ausgeschlossen ist.
2. Eine Verordnung zur Ausführung des Ge-
setzes, welche alles Nähere regelt, beson-
ders auch Zusammensetzung und Tätigkeit
des Schlachthof ausschusses (Mitglieder:
1 Jurist als Dezernent, 1 Ratsmitglied,
1 Stadtverordneter, 1 Landwirt, 1 Fleischer,
1 Viehhändler und der Tierarzt).
3. eine allgemeine Schlachthof Ordnung für
Gemeindeschlachthöfe, den Verkehr usw.
betreffend,
4. a) eine Verordnung, welche die veterinär-
polizoilichen Bestimmungen enthält für
grofie, für mittlere und kleine Schlacht-
höfe,
b) eine Verordnung, welche die Aus-
führung der Fleischbeschau auf Schlacht-
höfen regelt (inkl. Bnchführang und
Statistik),
5. von der Gemeinde zu erlassen
ein Ortsgesetz, die Benutzung des
Schlachthofes, betreffend Schlachtzeiten
und Gebührenordnung.
Der Erlaß dieses Gesetzes und der Ver-
ordnungen würde ein Segen sein. Hoffen wir,
daß unser verehrter Herr Landesreferent, welcher
aus unseren Reihen hervorging, dem alle Spezial-
kenntnisse eines Fachmannes in hervorragender
Weise zur Seite stehen, so führte der Vor-
tragende aus, uns diesen Weg führt. Sollten
ihn andere dringlichere Berufsaufgaben in den
nächsten Jahren daran hindern, so wünschen wir,
daß ein hervorragender begabter Spezialkollege
irgendwoher aus dem Deutschen Reiche in der
Doppeleigenschaft als Dozent unseres Spezial-
bemfes an der Dresdener Hochschule und als
Referent unserer Spezialfachangelegenheiten im
Ministerium des Innern die Besserung unserer
Verhältnisse als ernste Lebensarbeit glücklich
erledigen möge. Schon die nahe Zukunft wird
es der Königlichen Regierung zur unabweis-
baren Pflicht machen, diesen Fragen näher zu
treten. Möge es in einem uns günstigen Sinne
geschehen.
Eine Debatte über diesen mit Beifall auf-
genommenen Vortrag fand im Hinblick auf die
reichhaltige Tagesordnung nicht statt.
(Schluß folgt)
Statistische Berichte.
— Geschäftsbericht der Amialt für staatliche
Scblachtvlehverslcherunien Im K9nl|reioh Sachsen
fQr das Jahr 1906.
Im Berichtsjahre wurden 28739 Entschädi-
gungsansprüche erhoben. Davon wurden 28461
bewilligt, 263 abgelehnt und 15 anderweitig er-
ledigt. Die gewährten Entschädigungen bezogen
sich auf 28 799 und zwar auf 1302 männliche,
13 791 weibliche Rinder und 13 706 Schweine.
Davon sind
gewerblich nicht gewerblich
geschlachtet: geschlachtet:
männliche Rinder 734 568
weibliche Rinder 5380 8461
Schweine 4 416 9 290
Die Gesamtsumme der Entschädigungen für
die bewilligten 28 461 Entschädigungsfälle belief
sich auf 2 191 938,64 M., und zwar für
gewerblich nicht gewerblich
geschlachtete : geschlachtete :
männliche Rinder 94 336,93 M. 60 900,46 M.
weibliche Rinder 513137,64 » 946 285,51 „
Schweine 205 033,70 „ 372 244,40 „
Darunter befanden sich auch diejenigen
Fälle, bei denen es sich nur um Beanstandungen
einzelner Fleischteile von im übrigen als bank-
würdig befundenen Tieren handelte, und zwar
bei gewerblichen Schlachtungen:
männliche Rinder 29 Stück mit 1536,11 IL
weibliche Rinder 131 „ „ 4817,70 „
Schweine 128 „ „ 1763,16 „
bei nicht gewerblichen Schlachtungen:
männliche Rinder 5 Stück mit 146,46 M.
weibliche Rinder 22 „ „ 656,24 „
Schweine l*? » » 298,39 ,
Die durchschnittlichen Entschädigungen be-
trugen:
a) für Tiere, von welchen das gesamte Fleisch
beanstandet worden ist:
gewerbliche nicht gewerb-
Schlach- liehe
tungen: Schlachtungen:
bei einem männl. Rind 181,63 M. 107,91 M.
„ „ weibl. Rind 97,77 „ 112,05 „
„ „ Schweine 47,40 „ 40,11 „
— 135 —
b) fflr Tiere, von welchen nur einzelne
Fleiscbteile beanstandet worden sind:
gewerbliche nicht gewerb-
Schlach- liehe
tungen: Schlachtungen:
bei einem männL Rind 58,97 M. 29,31 M.
, „ weibL Rind 75,25 „ 29,83 ,
, „ Schweine 13,77 „ 17,55 „
Es wurden 19 Beschwerden gegen die vom
YerwaltnngBaasschnß gefaßten Entschließungen
behn Ministerium des Innern erhoben, wovon
18 Fälle als unbegrfindet zurflckgewiesen wurden.
Die Entscheidung des Bezirksschätzungsaus-
schnsses wurde in 15 Fällen angerufen, wovon
7 als begründet erachtet wurden. Endlich mußte
in 564 Fällen von der Anstalt eine niedrigere
Entschädigung als die vom Ortsschätzungs-
ausschuß berechnete ausgesprochen werden, da
die von dem letzteren festgestellten Werte die
tatsächlichen Verhältnisse tiberstiegen hatten.
Die Yergfltungen für die Mitglieder der
Ortsschätzungsausschttsse beliefen sich auf
144 992,25 M. Diese Summe verteilte sich auf
7797,50 M. bezüglich der männlichen, 90 289,50 M.
bezüglich der weiblichen Rinder und 46 905,25 M.
bezüglich der Schweine. Im Durchschnitt stellte
sich die Vergütung auf 5,93 M. bei einem männ-
lichen, 6,48 M. bei einem weiblichen Rinde und
3,47 M. bei einem Schwein. Diese Vergütung er-
scheint ziemlich hoch. Die Mitglieder der Bezirks-
schätzungsausschüsse erhielten 81,60 M., soweit
die Bezahlung nicht von den Versicherten ge-
tragen wurde.
Die im Berichtsjahr von den Mitgliedern
erhobenen Beiträge waren festgesetzt auf 4 M.
für ein männliches, 14 M. ftlr ein weibliches Rind
und 0,60 M. für ein Schwein. Die für die zwei
ersten Kategorien bestimmten Beiträge reichten
nicht allein zur Deckung der Entschädigungen
von 1906 und der verbliebenen Fehlbeträge von
1905 aus, sondern ergaben auch am Jahresschluß
noch einen Überschuß und zwar von 5534,53 M.
bei männlichen und 87028,96 M. bei weiblichen
Rindern. Bei den Schweinen mußten dagegen
die Beiträge in Anbetracht der im Jahre 1906
gestiegenen Preise auf 0,75 M. erhöht werden.
Hatte sich doch die durchschnittliche Entschädi-
gung von 35,30 M. im Jahr 1905 auf 43,25 M.
im Berichtsjahre erhöht
Die Einnahmen betrugen 2 559 905,95 M. Die
Ausgaben betrugen 2 604 103,73 M. Der Ausfall
stellte sich somit auf 44 198,78 M. Dieses Minus
wurde\einstweilen aus der Staatskasse gedeckt.
Die Einnahmen weisen femer auch den Staats-
zuschuß (gleich 25 Proz. der Prämieneinnahme)
in Höhe von 540 727 M. auf. Endlich betrugen die
Verwaltungskosten 219 338 M. (gleich 10,7 Proz.).
Der Bericht rügt verschiedene Mißstände
bei dem Abschätzungsverfahren, so das ver-
spätete Einsenden der Abschätzungsprotokolle
von selten der Gemeindebehörden, den zu billigen
Verkauf der Häute und die Abschätzung von
Tieren, die noch nicht laoge genug sich im
Königreich befanden.
Den Schluß bilden dann tabellarische Ober-
sichten über die Qualität, das Schlachtgewicht,
den Schlachtwert und das Alter der entschädigten
Tiere, femer eine Zusammenstellung der Schaden-
fälle bei den einzelnen Tierarten und endlich
eine Übersicht über die Verwertung der be-
anstandeten Teile. Es würde zu weit führen,
diese Zahlen einzeln anzuführen. Nur bezüglich
der Schadenursachen sei bemerkt, daß, wie immer,
die Tuberkulose voransteht. Bei männlichen
Rindem belief sie sich auf 37,25 Proz., bei
weiblichen Rindem auf 45,22 Proz. und bei
Schweinen auf 34,63 Proz. sämtlicher Verlust-
fälle. Dann folgen wiederam die Erkrankungen
der Verdauungsorgane mit 8,98 Proz., 10,57 Proz.
und 4,17 Proz. Die Fremdkörperentzündungen
figurieren hierbei mit 2,76 Proz., 6,21 Proz. und
1,01 Proz. Es schließen sich dann die Schwer-
geburten und deren Folgen mit 7,69 und
6,12 Proz. aller Verluste an.
Ad. Maier-Konstanz.
Bücherschan.
— Edelmann, Richard, Lehrbuch der Fltltob-
byglene. Mit besonderer Berücksichtigung der
Schlachtvieh- und Fleischbeschau, far Stadierende
der Veterinärmedizin, Tierärzte, Fleischbeschauer,
Ärzte und Verwaltungsbeamte. Mit zwei Farben-
tafeln und 201 Textabbildungen. Zweite, neu-
gearbeitete Auflage. Jena 1907. Verlag von
Gustav Fischer. Preis 10 M.
Das Edelmann sehe Lehrbuch der Fleisch-
hygiene liegt in sorgfältig ausgeführter Um-
arbeitung vor, wie dies von dem Verf. nicht
anders erwartet wurde. Die Notwendigkeit der
Umarbeitung ergab sich aus der Neugestaltung
der Fleischbeschaugesetzgebung, die seit dem
Erscheinen der ersten Auflage erfolgt ist, und
aus den wissenschaftlichen Neuerungen, die sich
in der Zwischenzeit ergeben haben. In richtiger
Würdigung der Bedeutung guter Abbildungen
sind in dem Lehrbuch der Fleischhygiene einige
Abbildungen der ersten Auflage durch bessere
ersetzt und außerdem 29 Abbildungen neu auf-
genommen worden. Die Abbildungen sind nun-
mehr in der überwiegenden Zahl sehr gut und
instruktiv. Einen besonderen Vorzug des Edel-
mann sehen Buches bildet, wie auch bei der
Besprechung der vorliegenden Auflage hervor-
— 136 —
gehoben werden soll, die eingehende Behandlang
derjenigen Tiere, die außer den SchlachUieren
zur Versorgung des Menschen mit Fleisch dienen,
des Geflügels, des Wildbrets, der Krustentiere,
Weichtiere, Reptilien und Amphibien. Die gute
Bearbeitung sichert auch der zweiten Auflage
den gleichen Erfolg wie der ersten. Es gereicht
dem Referenten zur Ehre, erneut auf das Edel-
mann sehe Werk, das sich in der Fleischbeschau-
literatur bereits eine ansehnliche Stellung ge-
sichert hat, hinzuweisen.
— Weignanii, Arbeiten der Versuchettatien für
Molkerelweten in Kiel. V. Heft. Leipzig 1907.
Verlag von M. Heinsius Nachfolger. Preis 4 M.
Das Heft enthält u. a. Untersuchungen über
den Fettgehalt der Milch in einer größeren An-
zahl von Meiereien in der Provinz Schleswig-
Holstein während mehrerer Jahre, über Be-
stimmung des Fettgehalts in Rahm und Butter,
über Körper im Serum normaler und pathologischer
Milch, die mit /?-Naphtalinsulfochlorid reagieren,
über die beweglichen und unbeweglichen an-
aeroben Gärungserreger in der Milch, über den
B.mesentericus ruber sowie Beobachtungen an den
echten Milchsäureerregem des Molkereigewerbes.
— Hink, A., Einträgliche RIndviehzucfat nebst
einer Beiebruni Ober Wahrsohaftsreoht und Gewftbrs-
fehler, Seuchen und Krankheiten. Zweite, vermehrte
und verbesserte Auflage. Freiburg und Leipzig
1906. Verlag von Paul Waetzel. Preis 3,80 M.
Das Buch ist nach den vom Verfasser über
die verschiedenen Fragen der Rindviehzucht
gehaltenen Vorträgen bearbeitet und für den
Züchter bestimmt. Die Kapitel über den Zucht-
betrieb dürften aber auch für den angehenden
Tierarzt manches Interessante bieten, da sie von
einem in der Rindviehzucht mit großem Erfolge
tätigen Tierarzt geschrieben sind.
— Wells, Der Einfluß von Dorsch-Lebertran auf die
Emähruni tuberkulöser Schweine. Manchester 1907.
W. folgert aus seinen Versuchen, daß die
Beigabe von Lebertran die Ernährung seiner
Versuchsschweine auch der mit Tuberkulose in-
fizierten, günstig beeinflußt habe, und daß bei
den tuberkulösen Tieren die tuberkulösen Ver-
änderungen Zeichen einer möglichen Heilung
zeigten. Letztere Schlußfolgerung findet in den
Versuchsergebnissen des Verfassers keine aus-
reichende Stütze.
Neue Eingänge:
— Kllmmer, Veterinftrhyglene. Grundriß der
Gesundheitspflege der landwirtschaftlichen Haus-
tiere mit besonderer Berücksichtigung der Fütte-
mngslehre. Mit 81 Textabbildungen. Berlin 1908.
Verlag von Paul Parey. Preis 12 M.
— Johne, A., Tasohenkalender fQr Fleloch-
booobauer und Triohlnenochauer. 8. Jahrgang 1908.
Berlin 1908. Verlag von Paul Parey. Preis
2,25 M.
— Kuhnert, W., Farbige TIerbllder. 50 farbige
Reproduktionen nach Originalen. Mit Text von
Oswald Graßmann und einer Einführung von
F. H. Meißner. 9./10. (Schluß-)Heft Berlin
1907. Verlag von Martin Oldenbourg. Preis
des Heftes 2 M.
— AngelofT, St, Die grauen durohoohoinoMlen
Knötchen in den Lungen deo Pferdeo und ihre Be-
ziehung zu der Rotzkrankheit I.-D. Gießen 1907.
Berlin 1907.
— Freytag, Friedrich, Beziehungen der Milz
zur Reinigung und Regeneration deo Blutoo. I.-D.
Erlangen 1907. Bonn 1907.
— Nobler, John R. and Washbum, Henry J.,
A Comparative Study of Tubercle Baoilil from
varied Sourceo. U. S. Departement of Agri-
culture. Bulletin Nr. 96. Washington 1907.
— Ijuie, C. B. and Weld, Ivan C, A City Milii
and Cream Content As a practical method of
improving the milk supply. Circular 117 des
U. S. Bureau of animal Industry. Washington 1907.
— Raneome, i. Tbe Genera Tricbootrongyliio,
Ostertagia, n. g., Cooperla, n. g., and NematodiniOi
n. g., with brief deocriptlons of new opeoieo.
II. Oboervationo on the lifo history of
otrongyloldeo longuo. Infeotlon throug the moutb
and trough the okln.
III. Notes on the lifo history of tricbo-
otrongyluo retortoeformlo. Circular 116 des
Bureau of animal Industry. Washington 1907.
— Blaokleg, Its nature, cause and prevention.
Circular 31 (II. revision) des U. S. Bureau of
animal Industry. Washington 1907.
Kleine Mlttellimgeii.
— Kflnotllche Übertragung der Mftuoe-Sarko-
oporidlen. Nachdem Smith die Übertragung
der Sarkosporidien der Mäuse auf dem Wege
des Verdauungskanals gelungen war, nahm
Nögre diese Versuche auf und konnte fest-
stellen, dafi die Parasiten erst nach etwa
45 Tagen in den Muskeln auftreten und
75—90 Tage zu ihrer vollständigen Ent-
wicklung brauchen. Junge Mäuse sind emp-
fänglicher als alte. Die Infektion läßt vor dem
muskulären ein intestinales Stadium erkennen,
währenddessen die Darmausscheidungen sehr
reich an Sporen sind. Die Verftttterung des
sporenhaltigen Kotes erzeugt die nämlichen Ver-
änderungen und in der gleichen Zeit wie die
Verfütterung infizierter Muskulatur.
— Finnen beim Reh. Bündle (Rundschau a.
d. Geb. d. ges. Fleischbeschau usw. 1907, S. 862)
— 137 —
fand in einem ihm von AngeBtellten eines Ver-
kanfsvennittlers fiberbrachten Stück eines Reh-
rflekens zahlreiche Exemplare des Cysticercus
cellulosae. In einem 34 g schweren Stück
Fleisch waren nicht weniger als 27 lebende
Finnen zu zählen.
— Behaadlung von Impfhitltuf beim Meneohen
durch Rotlaiiftenim. Welzel- Emmerich (Münch.
Med. Wochenschr. 1907, Nr. 50) behandelte einen
Kollegen, der sich mit einer Schweinerotlauf-
kultur am Finger infiziert hatte und hiemach an
einer progressiven, erysipelartigen Schwellung
der Hand erkrankt war, durch Impfung mit Rot-
laufserum. Die Wirkung war überraschend
günstig und beinahe augenblicklich einsetzend.
— Borloht Dbor die TltlgkoH des Laboratoriums
auf dem etil dtischon Schlachthof in Breslau. Nach
dem von Rieck erstatteten Yerwaltungsbericht
wurde das Laboratorium, von zahlreichen Fleisch-
kochproben abgesehen, in 285 Fällen in Anspruch
genommen. Das Untersuchungsmaterial ist vom
Schlacht- und Viehhof, der damit verbundenen
Abdeckerei, dem städtischen Schauamt, ver-
schiedenen Polizeikommissariaten und Einwohnern
Breslaus eingeliefert worden.
Als seuchenverdächtig kamen zur Unter-
suchung:
Milzbrand 26 mal (Imal bestätigt beim Schaf),
Rinderseuche Imal (nicht bestätigt),
Schweineseuche 6 mal (3 mal bestätigt),
Schweinepest 2 mal (bestätigt),
Rotlauf 25 mal (12 mal bestätigt),
Geflügelcholera 3 mal (bestätigt),
Tuberkulose 36mal (17mal bestätigt),
Sarkoptesräude 3 mal (2 mal bestätigt).
Die Souchendiagnose wurde gewöhnlich
durch Ausstrich, Kultur und Impfung sicher-
gestellt. Bei Tuberkulose und Sarkoptesräude
genügte die mikroskopische Untersuchung.
Fleisch von Tieren, die einer Blut-
vergiftung verdächtig waren, wurde durch
Fütterungs- und Kulturversuche auf seine
Schädlichkeit oder Unschädlichkeit geprüft. Es
kamen so zur Untersuchung 84 Rinder, 2 Schweine,
1 Schaf, 32 Kälber und 28 Pferde. Davon
zeigten 3 Rinder, 2 Kälber und 1 Pferd Mikro-
organismen im Fleisch, bei 3 Rindern und
1 Kalb erkrankten oder starben die mit rohem
Fleisch gefütterten weißen Mäuse. Diese
Untersuchungen ermöglichten es, die
gänzliche Vernichtung bedenklich er-
krankter Tiere auf ein Minimum herab-
zusetzen und durch Freigabe oder Ver-
wertung des unschädlichen, genußtaug-
lichen Fleisches auf der Freibank nicht
unbedeutendes Kapital zu erhalten. Es
mag hier noch erwähnt werden, daß bei beson-
ders bedenklichen Fällen vor dem Inverkehr-
bringen des Fleisches (außer den angegebenen
Untersuchungen) auch Beamte des Schlachthofes
sich freiwillig Speiseversuchen unterzogen, nach-
dem die zuvor mit dem verdächtigen Fleische
gefütterten Tiere gesund geblieben waren.
Bei den zahlreichen Kochproben des
Fleisches zeigten: urinOsen Geruch 10 Binnen-
eber und 1 Rind mit Blasenentzündung, abnormen
üblen Geruch 10 Rinder und 1 Pferd mit
jauchigen Prozessen und Fischgeruch 2 Schweine.
Zur Feststellung der Diagnose wurden
histologische Untersuchungen 24mal be-
nötigt (5 mal Organerkrankungen verschiedener
Art, 16 mal Geschwülste, 2 mal Leukämie beim
Schwein und Imal massenhafte Invasion von
Cysticercus pisiformis beim Hasen).
Untersuchungen auf Fäulniserscheinun-
gen des Fleisches wurden 4 mal mit positivem
Resultat ausgeführt
Vierteljährlich einmal wurde vom Viehhof
eingelieferte Mischmilch des Marktviehes
untersucht: Die Milch war von gutem Geruch
und Geschmack und hatte normalen Fettgehalt.
Die Reaktion war amphoter, die Keimzahl
nicht hoch. Tuberkelbazillen konnten auch nach
dem Zentrifugieren mikroskopisch nicht nach-
gewiesen werden. Jedoch erkrankten in 2 Fällen
die mit zentrifagierter Milch geimpften Meer-
schweinchen an Tuberkulose.
Mehrfach wurden wissenschaftlich inter-
essante Fälle bakteriell und histologisch unter-
sucht und zum Teil für die pathologisch-ana-
tomische und histologische Sammlung präpariert
und konserviert
Die Tierärzte des Schlachthofes nahmen
vielfach Gelegenheit, sich mit den mikroskopi-
schen und bakteriellen Untersuchungsmethoden
vertraut zu machen.
Also alles in allem hat sich die Errichtung
eines Laboratoriums auch auf dem Schlachthofe
zu Breslau als eine für die Sicherheit der
Fleischbeschau, für die Erhaltung von Fleisch
als Nahrungsmittel und für die Förderung der
Wissenschaft nützliche Einrichtung erwiesen.
Tagesgeschichte.
— öfTontliche Schlachthöfe. Der Bau öffent-
licher Schlachthöfe ist geplant in Nikolaiken,
beschlossen in Leer. Eröffnet wurden die neu
errichteten öffentlichen Schlachthöfe zu Alt-
damm und Gl atz. Die Eröffnung steht bevor
in Regenwalde. Die Errichtung von Kühl-
häusern ist in Antonienhütte und Kempten
beschlossen worden. Erweiterungsbauten sind
beschlossen in Metz (Kostenbetrag 100000 M.).
— 138 —
— Das Peret nal der eiädtlschen Fleiacbbesobau
zu Berlin umfaßte im vergangenen Rechnungs-
jahre 1 Direktor, 48 Tierärzte (darunter 10 Stell-
vertreter des Direktors), 21 Hilf Stierärzte, 1 Bureau-
assistenten, 13 Bureaugehilfen, 3 Kontrolleure,
14 Abteilungsvorsteher des Trichinenschauamts,
26 Stellvertreter derselben, 2 Kassierer, 1 Stell-
vertreter derselben, 124 Trichinenschauer, 127
Trichinenschauerinnen, 40 Hilfsbeschauer und
44 Hilfsbeschauerinnen, 91 Probenentnehmer, 39
Stempler, 58 Hilfsstempler, 1 Oberaufseher, 3
Aufseher, 2 Pförtner, 27 Arbeiter und 13 Arbeite-
rinnen, zusammen 700 Personen. Die Gesamt-
kosten der Berliner Fleischbeschau beliefen sich
auf 1 361 640 M.
— Änderung des Oldenburoischen Schlacbthaus-
geeetzet. Der Oldenburgischen Ständeversammlung
lag ein Entwurf zur Abänderung des Schlacht-
faausgesetzes vor, wonach in Übereinstimmung
mit den Preußischen Gesetzen eine wieder-
holte Untersuchung tierärztlich bereits unter-
suchten Fleisches in Zukunft auch in Schlacht-
hofgemeinden nicht mehr stattfinden, außer-
dem aber auch die Anordnung gesonderter Feil-
bietung des von auswärts eingeführten frischen
Fleisches untersagt sein sollte. Nach der „AUg.
Fleischer-Ztg.^ ist der Gesetzentwurf indessen
mit der Änderung angenommen worden, daß auch
das von nichttierärztlichen Beschauem untersuchte
Fleisch in Schlachthausgemeinden einer Nach-
untersuchung nicht mehr unterworfen werden
darf. Damit würde das Oldenburgische Schlacht-
hausgesetz über das Preußische hinausgehen,
das mit Rücksicht auf die tierärztliche Beschau
in den Schlachthofgemeinden Erleichterungen
nur ftlr das tierärztlich bereits untersuchte
Fleisch geschaffen hat.
— Sind die als Elnzelbeamte tätigen Fleiach-
bescbaoer Gewerbetreibende oder Angestellte im
Sinne des invaiidenversicberungsgesetzes? Nach
einer Entscheidung des Reichsversicherungs-
amts ist ein im Königreich Preußen als
Einzelbeamter tätiger Fleischbeschauer An-
gestellter im Sinne des Invalidenversicherungs-
gesetzes und versicherungspflichtig, wenn seine
Tätigkeit als Fleischbeschauer den Hauptberuf
bildet und das Gehalt den Betrag von 2000 M.
nicht überschreitet
— Trennung des Fleiscbvericaufe und des Qeld-
empfange hi den Fleiscberiaden empfiehlt der
Polizeipräsident in Breslau aus hygienischen
Gründen. Wo dies wegen kleinen Geschäfts-
betriebs nicht angängig sei, solle dafür gesorgt
werden, daß die Verkäufer die Fleischwaren
nicht unmittelbar mit den Händen, sondern mit
Gabeln oder dergleichen fassen und -abgeben.
— Die Anordnung der Anbringung von Preio-
tafein in den Fleitcheriädon hat die Strafkammer
zu Gera als unzulässig, weil mit dem § 72 der
Gewerbeordnung im Widerspruch stehend, be-
zeichnet. Ein Schöffengericht zu Leipzig hat
sich auf den gleichen Standpunkt gestellt
— Das Blut geschftchteter Tiere ist nach einem
Erlaß der Königl. Preuß. Herrn Minister für
Landwirtschaft und der Geistlichen usw. Ange-
legenheiten als untauglich nach § 35 Nr. 18
B. B. A. auch dann anzusehen, wenn nach dem
Schächtschnitt die sogenannte Schlundzange an-
gelegt wurde.
— Erneuter Unfall beim Gebrauch des Sohuß-
apparates zum Töten von Scblaobtvleb. Dem
Schlächtergesellen E. in Eupen drang eine
Kugel, die vom Kopf eines mit dem Schuß-
apparat zu tötenden Schweines abgeprallt war,
in den Unterleib.
— Die Aufbebung dar in Baden bottebeiMten
Scbiacbtsteuer wird von der Großherzoglichen
Begierung dem Badischen Landtage vorge-
schlagen.
— Scblacht- und Mattviebauostellungon. Nach
dem Vorbild von Berlm, Köln, Hamburg, Königs-
berg, Magdeburg beabsichtigt auch Stuttgart
die Veranstaltung einer Schlacht- und Mastvieh-
ausstellung, um den dortigen Schlachtviehmarkt
zu heben. Die erste derartige Ausstellung soll
in Stuttgart im April 1909 stattfinden.
— Die Beiträge zur staatiioben Soblaobtvieb-
versicberung im KSnigreicb Sacbsen betragen für
1908: 3 M. für ein männliches, 5 M. für ein
weibliches Rind und 80 Pf. für ein Schwein.
— Gegen die Einfubr gekflhiten und gefirorenen
Qberseeiscben Fieiscbes hat sich, nach der ^Allg.
Fleischer- Zeitung", der Ackerbauminister Dr.
Ebenhoch im österreichischen Landtag mit der
Begründung ausgesprochen, daß die Verhältnisse
der Viehhaltung und Veterinärgesetzgebung in
jenen Ländern nicht die genügenden Garantien
bieten.
— Eine neue Art von Fleiochstempeifäloobung.
Der Fleischermeister E. in K. ist von der Straf-
kammer zu K. wegen Vergehens wider das
Fleischbeschaugesetz zu 450 M. Geldstrafe ver-
urteilt worden. E. hat eine als minderwertig
abgestempelte Kuh gekauft und den Minder-
wertigkeitsstempel in einen VoUwertigkeits-
stempel dadurch umzuändern versucht, daß er
das Viereck um den Kreis aus dem Fleisch
ausschnitt (vgl. auch den Bericht über die Leip^
ziger Fleischvergiftung vor Gericht).
— Trichinenscbau in Bayern. In Germ er s-
heim und Landau in der Pfalz ist die TrichineU"
schau fakultativ eingeführt worden.
— 139 —
— ElM TrioMiwepfdMie ii Churkm. In
letiter Zeit ist eine Trichinenepidemie in Charkow
aufgetreten, in deren Verlauf 87 PerBonen er-
krankten nnd 2 starben. Diese Zahlen waren
antlieh registriert; es ist aber möglich, dafi auch
in den armen und niedrigen Volksschichten die
£pidemie unbekannterweise geherrscht hat
Interessant ist, daß in diesem Falle die Diagnose
durch Biopsie festgestellt wurde. £in erkrankter
Ofensetzer und zwei Studenten erlaubten, dafi
aus ihrem Körper kleine Stückchen Fleisch
herausgenommen wurden. Gewifi waren diese
Stttckchen aus Muskeln, in denen die Patienten
Schmerzen ftlhlten. In allen drei Fallen hat
man Trichinen entdeckt. Diese Untersuchung
wurde zwölf Tage nach den ersten Symptomen
dieser Krankheit vorgenommen. Die Unter-
suchung mußte ausgeführt werden, weil die
Symptome nicht klar waren. Die Untersuchung des
Blutes ergab starke Leukocytose (90 Proz.
Eosinophilie). Die Nekropsie des zuletzt ge-
storbenen Patienten erwies zahlreiche Trichinen
in dem Muskelgewebe. Dieses letzte Opfer war
ein junges Fräulein, Mitglied der hiesigen
deutschen Kolonie. Die Stadt Charkow hat
einen öffentlichen Schlachthof mit guten Ein-
richtungen und ausreichendem Personal; außer-
dem haben wir Zwangsfleischbeschau auf dem
Markt für das von außerhalb eingebrachte Fleisch.
Leider haben wir aber keine Viehversicherung,
und dieses ist eine Ursache großen Fleisch-
schmnggels. D e d ü l i n - Charkow.
— Ein Opfer der Vtotzkrankhelt Der russische
Tierarzt Suchodolskj ist im vorigen Herbst
infolge einer Rotzinfektion gestorben. Er
mußte auf einem Viehmarkt im Ekaterino-
slawischen Gouvernement • Pferde untersuchen.
Während dieser Arbeit ist die Ansteckung erfolgt.
Kollege Suchodolsky starb etwa drei Wochen
nach der Infektion. Dedül in -Charkow.
— Fleisohvergtftuni. In Rostock sind an
die 60 Personen nach Genuß von Landleber-
wurst unter den Erscheinungen von Durchfall
und Erbrechen erkrankt. Eine Untersuchung
über die Herkunft der giftigen Würste ist ein-
geleitet
— Die Lei|izl|er Fleisofavemlfluno vor Gerloht
Im Mai 1905 erkrankten in Leipzig und den Vor-
orten Wahren, Böhlitz-Ehrenberg und Möckem
nach Fleischgenuß gegen 200 Personen, von
denen zwei, zwei Knaben im Alter von 9
und 11 Jahren, gestorben sind. Die Krank-
heitserscheinungen bestanden in Benommenheit
des Kopfes, heftigen Kopfschmerzen, Mattig-
keit, Leibschmerzen, Erbrechen, Krampfanfällen.
Die schwersten Erkrankungen zeigten sich bei
denjenigen Personen, die das Fleisch roh genossen
haben. Bei den gestorbenen Knaben hat
Professor Marchand eine infektiöse Enteritis
festgestellt Der Hygieniker Hoff mann isolierte
aus dem giftigen Fleisch den Bacillus
enteritldis, der ein stark hitzebeständiges
Toxin erzeugte; das Toxin wurde erst durch
nachhaltiges Kochen, nicht dagegen durch das
gewöhnliche Kochen zerstört.
Die Verhandlung ergab, daß das Fleisch von
einer Kuh stammte, die anfangs Mai zwei Kälber
geboren hatte und hierauf krank wurde. Am
18. Mai wurde tierärztliche Hilfe nachgesucht
Am 21. Mai ist dem behandelnden Tierarzt S. in T.
gemeldet worden, daß die Kuh das Maul nicht
mehr öffnen könne, worauf S. Starrkrampf an-
nahm und zur Schlachtung riet, nachdem der
Fleischbeschauer zur Lebendbesichtigung zu-
gezogen worden sei. Der Fleischbeschauer sah
die Kuh erst nach der Schlachtung und verwies
die Beschau an den ELreistierarzt B. in T. Dieser
stellte an den Sexualorganen eine schleimig-
eitrige Entzflndung fest Erscheinungen einer Blut-
vergiftung hätten nicht vorgelegen. Deshalb hat
Kreistierarzt B. dem Besitzer erklärt, das Fleisch
dürfe nicht ausgeführt, aber im eigenen Haushalt
verwendet werden. B.hat das Fleisch in gekochtem
und gebratenem Zustand für zum menschlichen
Genuß geeignet, also für bedingt tauglich ge-
halten, versehentlich aber mit dem Minder-
wertigkeitsstempel versehen. Der Besitzer I. ver-
kaufte die Kuh durch Vermittlung des Haus-
schlächters T. zum Preise von SO M. an zwei
Leipziger Schlächter W.und M., die das Quadrat
von den Minderwertigkeitsstempeln ab-
schnitten, so daß ein dem Tauglichkeitsstempel
ähnlicher Stempel übrig blieb. Das Fleisch ist
zum Preise von 80 Pf. das Pfund verkauft worden.
Die Fleischermeister W.und M. wurden wegen
Vergehens gegen § 10 Ziff. 2 N. M. G. und §§ 26
Ziff. 3 und 27 Ziff. 4 R. 6. zu 5 und 6 Monaten
Gefängnis sowie zu einer Geldstrafe von 800 M.
und wegen Beihilfe zu dem Vergehen wider den
§ 10 Ziff. 2 N. M. G., der Besitzer I. zu einem
Monat und der Hausschlächter T. zu 6 Wochen
Gefängnisstrafe verurteilt
— StrafirecMlcho Verfelouig der LieferaateA
von Wurttverfilscbuiiiitmltteln. Der Fleisetaer-
meister F. in Aachen wurde wegen Zusatzes
von Thüringer Wurstrot zu sog. Preßkopf zu
einer Geldstrafe verurteilt Gleichzeitig wurde
ein Agent, der dem Fleischermeister das
Wurstrot geliefert hatte, wegen Beihilfe zur
Nahrungsmittelfälschung angeklagt Das
Verfahren gegen ihn wurde nur deswegen ein-
gestellt, weil er kurz zuvor wegen des gleichen
Vergehens bestraft worden war und das Gericht
eine fortgesetzte Handlung annahm*
— 140
•— Der genMeeiisohaRlicbe Eierverkauf ent-
wickelt sich in der Provinz Hannover in er-
freulicher Weise. Es bestehen daselbst jetzt
130 Eierverkanfsgenossenschaften, von denen
112 im verflossenen Jahr 23 Millionen Eier um-
gesetzt haben.
— Deklaration der Eier detrtsGher Herkunft.
Die deutschen Nutzgeflflgelzüchter verlangen die
allgemeine Einführung eines Stempels „deutsches
Ei** für Eier deutscher Herkunft Gegen die un-
reellen Händler, die abgelagerte ausländische
Eier als frische deutsche Trinkeier ausgeben, soll
auf Grund des Gesetzes gegen den unlauteren
Wettbewerb vorgegangen werden.
— Ate Fuüermittel fQr Kindermiloh liefernde
Ktthe sind durch Bekanntmachung des Ober-
prfisidenten zu Potsdam vom 20. September 1907
auch Steffens Original - Zuckerschnitzel
in vorzüglicher Qualität zugelassen worden.
— Ein Miichmerkbtett, das die wichtigsten
Angaben über Milcherzeugung und Milchver-
brauch, über die Zusammensetzung, gesundheit-
liche Bedeutung, Gewinnung und Behandlung
der Milch, über Milchfehler, sowie über Milch-
erzeugnisse enthält, ist im Kaiserlichen
Gesundheitsamt bearbeitet worden und
durch die Yerlagshandlung von Julius
Springer in Berlin zum Preise von 10 Pf. zu
beziehen.
— VerVfrentiicIiung der MllchkontrolleroebnlMe
und Beaaerung dea Fettgehaita der Milch. In
Biebrich hat sich seit Veröffentlichung der Er-
gebnisse der polizeilichen Milchkontrolle, nach
der „Molkerei-Ztg. Berlin**, der Fettgehalt der
Marktmilch um fast l^o gehoben.
— Kennzeichnung däniaoher Butter und diniaohen
Schwelnefleiachea. Durch Königliche Verordnung
vom 12. Juli 1907 ist vorgeschrieben worden, daß
alle in Dänemark ans pasteurisiertem Rahm
hergestellte Butter am Herstellungsort mit
einem bestimmten, die ViTorte „Dansk Smer** oder
eine entsprechende fremdsprachliche Bezeichnung
enthaltenden Kennzeichen zu versehen sei. Nach
der gleichen Verordnung muß alles dänische
leicht gesalzene Fleisch, das aus dem Land
ausgeführt wird, mit einem den Namen „Danmark**
aufweisenden Stempel versehen werden.
— MiBbrauch der HolUbidiaoban Reiohakontroll-
buttermarke. Holland hat bekanntlich als
Kampfmittel gegen die gewerbsmäßigen Butter-
verfälschungen, die die holländische Butter
in schweren Mißkredit gebracht haben, eine
Reichsbutterkontrolle eingerichtet. Die Molke-
reien, die sich der Kontrolle freiwillig unter-
werfen, werden von Reichsbeamten dauernd
kontrolliert und erhalten zum Zeichen hierfür
numerierte Papiermarken, die mit einem Holz-
instrument derart auf der Butter angebracht
werden, daß sie nicht mehr imversehrt von der
Butter abgelöst und etwa auf gefälschter Ware
angebracht werden können. Der Butterhändler
V. L. in Nijmwegen hat nun, nach der „Molkerei-
Ztg. Berlin^, die Marke in der Weise mißbraucht,
daß er die obere Butterschicht samt Marke ab-
schnitt und auf eine Margarine legte. Die Sühne
für diesen Betrug waren 3 Monate Gefängnis.
PersonaUen.
Gewählt: Die Tierärzte Both-Altdamm zum
Schlachthofdirektor daselbst; Hermann Hars-
lem -München zum Schlachthoftierarzt in Saar-
louis; Müller-Glatz zum Schlachthofdirektor
daaelbst; Schäme -Villingen zum Schlachthof-
tierarzt in Metz; Peter Kämmerer-Langstadt
zum Schlachthoftierarzt in Heidelberg; Richard
Kurth -Laubegast zum Schlachthoftieraizt in
Zwickau in S.
YakanzeiL
Freienwalde (Pommern): Tierarzt für
Fleischbeschau; Bewerbungen an den Magistrat.
Gelsenkirchen: Assistenztierarztstelle zum
1. April 1908. Anfangsgehalt 2700 M. Be-
werbungen an den Oberbürgermeister.
Osnabrück: H. Assistenztierarzt am
Schlachthof, 2100 M., steigend alle 3 Jahre um
150 M. bis 3000 M., freie Wohnung, Licht»
Heizung. Bewerbungen an den Magistrat
Polle (Weser): Tierarzt für Fleischbeschau,
Fixum etwa 1000 M.
Pyritz: Schlachthofdirektor, 1800 M., steigend
alle drei Jahre um 150 M. bis 2400 M., freie
Wohnung, Licht, Heizung. Bewerbungen an den
Magistrat
Schorndorf: Stadt- und Distriktstierarzt,
Wartegeld 1000 M. Bewerbungen an das KgL
Oberamt daselbst.
Schwiebus (Bez. Frankfurt a. 0.): Schlacht-
hofleiter, 2400 M., steigend alle 3 Jahre um 300 M.
bis 3000 M., freie Wohnung, Heizung. Bewerbungen
an den Magistrat.
S t e i n au (Oberschlesien) : Tierarzt für Fleisch-
beschau.
Stettin: Assistent für das bakteriologische
Institut der Landwirtschaftskammer. Anfangs-
gehalt 2400 M.
Stuttgart: Fleischbeschauassistenztierarzt,
2400 M., jährliche Erhöhung um 50 M. bis 3000 M.
100 M. Teurungszulage. Bewerbungen an daa
Stadt. Fleischbeschauamt.
Yerantwortllcber Redukteor (exld. Inseratonteil): Prot Dr. Ostertag in Berlin; — Vorlag von Rlchanl Sohoets in BerliiL
Zeitschrift
für
Fleisch- und Milchhygiene.
Achtzehnter Jahrgang.
Febrasr 1908.
Heft 5.
Original-Abhandlungen.
(Nachdmek Terboten.)
Die bakteriologische Untersuchung von
Fleisch notgeschlachteter Tiere.
Von
Dr. Bugge-Kiel,
Vontaiier de« Tierseoctaeniiutitat« der Landwirticbaftskanimer
fAr die Provinz Schlesvrig-Holstein.
Die Beurteilung des Fleisches not-
geschlachteter Tiere gehört zu den
schwierigeren Aufgaben des tierärztlichen
Bemfes, da die Notschlachtungen der
Tiere seltener in den mit den erforderlichen
Hilfsmitteln ausgerüsteten Schlachthöfen,
als auf dem flachen Lande vorgenommen
werden. In den Schlachthöfen wird ein
notgeschlachtetes Tier, über dessen Ver-
wertung nach dem anatomischen Befund
Zweifel bestehen, vorläufig beschlagnahmt
und in den Eühlraum gehängt, um nach
dem Ausfall ergänzender Untersuchungen
begutachtet zu werden. Der Tierarzt auf
dem flachen Lande ist in Fällen von Not-
schlachtungen auch angewiesen (All-
gemeine Verfügung des Ministeriums für
Landwirtschaft vom 24. März 1905,*)
in ZweifelsftUen nicht sofort sein Gut-
achten abzugeben, sondern die Beschau
zu wiederholen, hat aber mit Rücksicht
auf die ungeeignete Art der Aufbe-
wahrung des Fleisches und die hiermit
verknüpfte Gefahr raschen Verderbens
darauf Bedacht zu nehmen, die zweite
Untersuchung der ersten möglichst bald,
jedenfalls in spätestens 24 Stunden, folgen
zu lassen.
Bei der Begutachtung des Fleisches
notgeschlachteter Tiere handelt es sich
um eine Entscheidung zwischen Scylla
und Charybdis, um die Pflicht, das Fleisch
*) Siehe diese Zeitschrift XV. Jahrg., S. 249.
kranker Tiere soweit als möglich der Ver-
wertung als Nahrungsmittel zu erhalten,
und die Aufgabe, nicht ein Stück Fleisch
notgeschlachteter Tiere in den Verkehr
zu geben, das geeignet ist, die mensch-
liche Gesundheit zu beschädigen. Geht der
Tierarzt, um sich vor strafrechtlicher Ver-
antwortung zu sichern, zu streng vor, so
vernichtet er erhebliche Werte in kurzer
Zeit. Läßt er sich dagegen durch die
Klagen der Besitzer über den großen mit
der Beanstandung eines ganzen Tieres ver-
bundenen Verlust bestimmen, Fleisch not-
geschlachteter Tiere vor Beseitigung aller
Zweifel über die Genußtauglichkeit dem
Konsum zu übergeben, so kommt er, wie die
traurigen Fälle von Massenerkrankungen
nach Fleischgenuß lehren, in die Gefahr,
schweres Unheil herbeizuführen. Da die
Verhütung von Gesundheitsschädigungen
die erste Aufgabe der Fleischbeschau ist,
hat der Sachverständige in allen zweifel-
haften Fällen die Vernichtung anzuordnen,
wenn die Zweifel nicht durch er-
gänzende Untersuchungen beseitigt werden
können.
Zur Sicherung der Entscheidung in
zweifelhaften Fällen von Notschlachtungen
haben wir z. Z. nur ein Mittel, die
bakteriologische Untersuchung des Flei-
sches. Die Prüfung der Reaktion, die
histologische Untersuchung der Muskulatur
und die Kochprobe, die auch zur Er-
gänzung der ordnungsmäßigen Beschau
empfohlen worden sind, liefern in dieser
Hinsicht keine sicher verwertbaren Er-
gebnisse. Es lassen sich zwar Fälle
theoretisch konstruieren, in denen auch
142 —
die bakteriologische Untersuchung nicht
ausreicht. Bei dem tieferen Eindringen
in das Wesen der Infektionskrankheiten
und in die Biologie der Krankheitserreger
erfahren wir immer wieder, daß das Ge-
biet der Infektionskraukheiten noch Bätsei
birgt, und daß Überraschungen auch auf
einem anscheinend bekannten Felde nie-
mals auszuschließen sind. Ein aus dem
Rahmen unserer jetzigen Kenntnisse heraus-
tretender Fall wird neues Licht in das
Wesen der Krankheiten bringen, die die
Notschlachtungen bedingen, wie dies in
der Medizin in anderen Fällen — ich
erinnere nur an paradoxe Einzelfälle bei
Anwendung des Chloroforms, des Phenols,
des Chloralhydrats usw. — schon ge-
schehen ist. Auch hier hat die Erfahrung
die Erkenntnis weitergebracht. Nach dem
gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse
müssen wir aber das Verfahren der bakterio-
logischen Untersuchung als das beste und
sicherste fär die Beseitigung von Zweifeln
bei der Beurteilung des Fleisches not-
geschlachteter Tiere bezeichnen. Haben
wir dieses Verfahren angewandt, so ist alles
getan worden, um eine sichere Unterlage
für das Verfahren mit dem Fleische eines
notgeschlachteten- Tieres zu erlangen.
Durch die Errichtung von bakterio-
logischen Instituten und Laboratorien in
der Provinz ist die Möglichkeit gegeben,
auch bei Notschlachtungen auf dem platten
Lande die erforderlich werdenden bakte-
riologischen Untersuchungen auszuflihren.
Selbstverständlich muß, wenn die Provinz-
institute diesem Zwecke nutzbar gemacht
werden sollen, das Fleisch schnellstens
(als „Eilpaket'^ und als „dringend, auch
nachts zu bestellen") eingesandt werden.
In den Laboratorien muß das einkommende
Material sofort verarbeitet werden, damit
das Ergebnis der Untersuchung möglichst
bald mitgeteilt werden kann. Die König-
liche Regierung zu Schleswig hat, wie in
dieser Zeitschrift*) schon mitgeteilt worden
♦) Jahrgang XVBL, S. 259.
ist, im Februar 1907 verfugt, daß in allen
Fällen von Notschlachtungen ein Stück
Muskelfleisch an dasmirunterstelltelnstitut
zur bakteriologischen Prüfung eingesandt
werden. Hierauf sind bis zum 10. No-
vember 1907 116 Untersuchungsproben
dem Institute zugegangen, deren Prüfung
folgendes Ergebnis hatte.
Untersuohungsverfahren. Zur Ausfühning der
Untersuchung war ein Fleischwarfel von 10 cm
Länge, Breite und Höhe verlangt worden. Leider
wurden sehr häufig so kleine Stflcke eingeliefert,
daß die Einsendung weiteren Materials not-
wendig wurde. Nach genauer Buchung werden
die eingehenden Pakete geöffnet und die Fleisch-
stücke auf signierte Teller gelegt. Nunmehr wird
die Oberfläche der Fleischstücke mit einer starken
Flamme oder eine Stelle mit glühenden Messern
gründlichst abgesengt und darauf mit einem
glühend gemachten Messer ein tiefer Schnitt an-
gelegt. Von der Mitte der Schnittflächen werden
mit sterilisierten Messern Fleischmassen in der
Größe einer Bohne bis Haselnuß abgeschabt und
in verflüssigten, auf 42 Grad Celsius abgekühlten
Agar gebracht. Die Fleischmassen werden in
dem Agar fein verteilt und insgesamt von
jedem Fleischstück vier Agarplatten ge-
gossen.
Zu den Versuchen wurde der gebräuchliche
Agar verwendet, weil auf diesem Nährboden alle
Keime wachsen, die bisher als Erreger von
Fleischvergiftungen ermittelt worden sind, und
weil er der Bruttemperatur ausgesetzt werden
kann, und auf diese Weise etwaige in dem Fleisch
enthaltene Keime am schnellsten zur Entwick-
lung gebracht werden.
Sowohl die Agarplatten, wie auch die ent-
leerten Agarröhrchen, deren Inhalt zum Platten-
gießen verwendet wurde, werden in den Brut-
schrank gestellt.
Treten auf die Oberfläche des Fleisches
Bluttropfen hervor oder befindet sich in den
durchschnittenen Gefäßen Blut, so wird es in be-
sonderen Agarplatten verarbeitet und gleichzeitig
mikroskopisch auf die Gegenwart von Keimen
geprüft.
Zur Feststellung der Reaktion der Muskulatur
wird rotes und blaues Lackmnspapier auf die
frischen Schnittflächen gelegt; hierauf werden
die Schnittflächen gegeneinander gedrückt Auf
diese Weise wird ein Einfluß anderer Stoffe wie
des Wassers, des Messers, des an der Hand
haftenden Schweißes usw. auf die Reaktion aus-
geschlossen. Femer wird in Kochsalzlösung ein
Stückchen Muskulatur zerzupft und histologisch
— 143 —
iintereucht In einer grofien Zahl von Fällen
wurde aoch die Kochprobe angestellt, die in-
dessen in keinem Falle ein verwertbares Ergebnis
lieferte.
Nach 10 bis 12 Standen werden die A gar-
platten nnd -röhrchen eingehend makroskopisch
auf etwa gewachsene Kolonien untersucht Ver-
düchtige Stellen werden angezeichnet und bei
der folgenden mikroskopischen Untersuchung bei
30 facher Vergrößerung geprüft. Von hierbei nicht
sofort richtig zu deutenden kolonienähnlichen Ge-
bilden werden Kulturausstriche angelegt und ge-
färbte Ausstrichpräparate angefertigt Sind die
Platten und Röhrchen frei von Kolonien, so wird die
meist telephonisch oder telegraphisch eingeforderte
Auskunft übermittelt und darauf sofort, um
jeden Irrtum auszuschließen, auf besonderem
Formular die Mitteilung wiederholt Auf dem
Formular ist besonders hervorgehoben, daß das
Untersuchungsergebnis sich nuraufdieSkelett-
Muskulatur, nicht auf die Eingeweide bezieht
Es haben nach unseren Untersuchungen die Ein-
geweide häufig Keime in Fällen enthalten, in
denen die Muskulatur von Keimen frei war.
Von den 116 eingelieferten Proben
waren:
Zahl der
Proben
92
vom Bind
vom Kalb 7
vom Schwein 7
vom Pferd 2
vom Kaninchen 1
vom Geflägel 2
keim-
haltig
17
3
2
keim-
frei
75
4
5
2
1
2
Aoßerdem sind fanf Wurstproben ein-
gesandt worden.
Als Ursache der Notschlachtungen bei
den Tieren, von denen die Fleischproben
stammten, wurden angegeben:
a) beim Rind:
Gesamt- Proben
zahl keimhaltig
Geburtshindemisse .... 4 1
Schwäche nach der Geburt . 1 —
Gebärmutterzerreifiung ... 1 1
Festliegen und Folgen ... 4 2
Scheidenvorfall 2 —
Retentio secundinarum ... ? —
Metritis septica 4 2
^ ichorrhoica .... 2 —
„ suppurativa .... 1 1
„ chronica 1 —
Metritis et Mastitis .... 3 1
Mastitis mit Folgezuständen . 6 3
Lymphdrfisenschwellung . « 2 —
Septikämie
Appetitlosigkeit mit Störung
des Allgemeinbefindens .
Rniegelenkentzttndung . .
Verletzung des Metacarpus
Panaritium ....
Pericarditis traumatica
Pleuritis et Peritonitis
Bauchfellentzündung
Toxische Symptome .
Parenchymatöse Leber-
entzündung
Leberabszesse und Nekrose
Durchfall u. Leberschwellung
„ ff Gelenkentzündung
Lungen Veränderungen
Lähmungen ....
PansenlähmuDg . .
Blutungen ....
Keine Diagnose bei .
Gesamt- Proben
zahl keimhaltig
2 ~
1 —
1 —
1 1
1 —
2 —
2 —
2 —
4
2
27
Zusammen:
b) beim Kalb:
Durchfall
Kniegelenkabszeß ....
Keine Diagnose bei . . . .
92
1
4
17
2
1
Zusammen: 7
c) beim Schwein:
Geburtshindemisse .... 1
Gebärmuttervorfall .... 1
Septikämie 3
Hautentzündung 1
Keine Diagnose bei . . . . 1
Zusammen: 7 2
Über die gefundenen Keimarten werde
ich später berichten. Es sei nur hier
schon hervorgehoben, daß durch diese
Untersuchungen in zwei Fällen bei
Schweinen mit unerkiärlichenKrank-
heitssymptomen Milzbrandkeime in
allen Fleischstttcken durch das Platten-
verfahren und die folgenden Tierversuche
festgestellt worden sind.
Bei Einsendung der Fleischproben vom
Pferd und Geflügel war die Krankheit,
die zur Notschlachtung führte, nicht mitge-
teilt worden. Das eingelieferte Kaninchen
hatte ein großes Lipom in der Bauch-
höhle.
Zwischen dem Zeitpunkt der Ein-
lieferung und dem Abschluß der Unter-
suchung und der Übermittelung der Er-
— 144 —
gebnisse sind bei Einsendung genügend
großer Mnskelstflcke kanm mehr als
24 Stunden verflossen. Wenn die
Sendungen abends oder nachts eintrafen,
konnte das Resultat meist am Morgen,
nach 10 bis 12 Stunden, übermittelt
werden. In einigen Fällen, in denen kleine,
unzureichende Mengen von Fleisch gesandt
worden waren, mußte eine nochmalige
ÜberweisungvonMaterialveranlaßtwerden,
wodurch der Abschluß sich bis zu 36
Stunden verzögerte.
Mehrfach sind von dem gleichen Tiere
mehrere Muskelstücke untersucht worden.
Es wurde aber stets das gleiche Er-
gebnis hinsichtlich desEeimgehaltes
der verschiedenen Muskelstücke er-
zielt. Dagegen sind einmal in dem Herz-
muskel Keime in großer Zahl festgestellt
worden, während die Skelettmuskulatur
Keime nicht aufwies. Bei einigen Unter-
suchungen wurden in der ersten Serie von
Agarplatten je einige Kolonien angetroffen.
Als nach 12 bis 18 Stunden eine zweite
Serie von Platten mit den gleichen Mengen
Material gegossen wurde, war der Agar
von Kolonien dicht durchsetzt. Es hatte
demnach in der Zwischenzeit im Fleisch
eine erhebliche Vermehrung der Keime
stattgefunden.
Auf die Bakterienart, die in der Tiefe
der Muskulatur nachgewiesen werden
konnte, kam es zunächst nicht an, da auf
dem platten Lande — im Gegensatz zu
Schlachthöfen — die Möglichkeit nicht
besteht, durch eine Sterilisation Fleisch
verwertbar zu machen, das Bakterien
enthält, die Toxine überhaupt nicht oder
doch keine hitzebeständigen Toxine bilden.
Die Reaktion der bakterienfreien
Muskulatur war zurzeit der Einsendung
meist sauer, etwa in 7 Proz. der Fälle
amphoter bis schwach sauer, einmal
amphoter bis alkalisch und in drei Fällen
anfangs alkalisch und nach 24 Stunden
sauer. Die keimhaltige Muskulatur
reagierte ebenfalls meist sauer, nur
ganz vereinzelt alkalisch; selbst in Fleisch-
stücken, die Kolon- und Enteritisbakterien
in großer Menge enthielten, war eine
deutliche saure Reaktion nachweisbar.
Die Struktur der Muskulatur war
meist normal; in ganz vereinzelten
Fällen waren die Muskelfasern leicht ge-
körnt. Es ist besonders hervorzuheben, daß
keimfreie Muskulatur, wenn auch selten,
kömige Einlagerungen aufwies, während
keimhaltige Muskelstücke ohne irgend-
welche Körnung der Muskelfasern waren.
In einem Falle, der zu einer schweren
Fleischvergiftung Veranlassung gegeben
hatte und von dem wir darauf Material
zur Untersuchung erhielten, war die
Muskulatur ohne jede histologische
Veränderung und die Reaktion sauer,
desgleichen bei der einen Probe Muskel-
fleisch vom Schwein, in der Milzbrand-
erreger in großer Zahl gefunden wurden.
Nach der Fleischbeschau-Literatur sind
keine bestimmten Krankheiten der Haus-
tiere bekannt, in denen Fleischvergifter
die Ursache waren. Die Krankheiten
fielen unter das Bild der Sepsis. Es muß
deshalb angenommen werden, daß diese
Erreger nur gelegentlich auf Tiere über-
gehen, die vielleicht durch andere Krank-
heiten in ihrer Widerstandsfähigkeit ge-
schwächt sind, und es muß die Aufgabe
der Fleischbeschau sein, die klinischen
Symptome bei jenen Tieren genau zu er-
mitteln, deren Fleisch Gesundheits-
schädigung bedingen kann.
In der Leber des Kalbes habe ich in
meiner früheren Stellung am Hygienischen
Institut der Tierärztlichen Hochschule zu
Berlin kleine Knötchen beobachtet, die
bei Weiterverimpfung an andere Versuchs-
tiere letztere in kurzer Zeit krank machten
und töteten. In den liCbem der Versuchs-
tiere wurden die gleichen kleinen Knöt-
chen gefunden. Ich überließ die weitere
Bearbeitung der Frage Herrn Dr. Langer,
der feststellte, daß die Knötchen durch
Bakterien aus der Gruppe der Paratyphus-
bazillen (Fleischvergifter) verursacht
wurden. Bei der großen Zahl von Kälber-
— 145 —
Sektionen im hiesigen Tierseucheninstitut
habe ich mehrfach derartige Knötchen in
den Lebern von Kälbern gesehen, und es
konnte auf Omnd dieses Befundes vor-
ausgesagt werden, daß Paratyphusbazillen
die Ursache der Krankheit und des Todes
der Kälber bildeten. Die weiteren Unter-
suchungen haben jene Voraussage stets
bestätigt. Nach diesen Untersuchungen
sind Kälber mit kleinen grauweißen bis
orangeroten Herden in der Leber von der
Größe eines Grieskomes, da sie Paratyphus-
bazillen in der Leber und im Blut be-
herbergen, vom Verkehr auszuschließen.
Von den von mir untersuchten 116Fleisch-
proben sind 22 mit Keimen, darunter
2 mit den Erregem des Milzbrandes
behaftet gefunden worden. In diesen
Fällen war das Fleisch dem Verkehre zu
entziehen. Im übrigen entschied das
negative Ergebnis der bakteriologischen
Untersuchung fBr die Inverkehrgabe des
Fleisches, gewiß ein Beweis, in wie vielen
Fällen die bakteriologische Untersuchung
das Verfahren bei der Begutachtung
des Fleisches notgeschlachteter Tiere zu
sichern und die Zweifel zu beseitigen
vermag, die nach dem anatomischen Be-
iunde bestehen.
Die außerordentliche Fleischbeschau als
besonderer Lehrgegenstand an den tier-
ärztlichen Hochschulen."^)
Von
K. Berobnami-Berlin,
Pollxeitlerant.
In jüngster Zeit ist in verschiedenen
größeren Städten die Absicht hervor-
getreten, eine erweiterte Nahrungsmittel-
kontrolle einzuführen. Hierbei sollen auch
die animalischen Nahrungsmittel auf den
Märkten und in den Qeschäften einer schär-
feren Beaufsichtigung unterworfen worden.
Diese Kontrolle geschieht bereits an
einigen Stellen durch polizeiliche, Exekutiv-
oder sonstige Laien-Beamte. Diese Rege-
lung der Angelegenheit dflrfte sich zurNach-
*) Vortrag, gehalten am 20. Januar 1908 in
der Tierärztlichen Oesellschaft zii Berlin.
ahmung nicht empfehlen; denn wenn die
Kontrolle zweckentsprechend und wirksam
sein soll, sind genauere Kenntnisse in der
Fleischbeschau, Hygiene, Bakteriologie,
Zoologie usw. Voraussetzung, die der
nicht medizinisch gebildete Beamte nicht
besitzt, auch niemals in dem erforder-
lichen Maße auf empirischem Wege zu
erwerben imstande ist.
Die Markt- und Geschäftskontrolle der
animalischen Nahrungs- und Genußmittel,
sowie die Beaufsichtigung der Zu-
bereitungsstätten, der Wurst-, Fleisch-,
Fisch- und sonstiger animalischer Kon-
servenfabriken kann einschließlich der
Untersuchungen des inländischen und aus-
ländischen Fleisches, wie nicht weiter
begründet zu werden braucht, nur durch
hierzu besonders vorgebildete Tierärzte
ausgefOhrt werden. Diesen würde gleich-
zeitig die Aufgabe zufallen, Fleisch-
stempelfälschungen und Hinterziehungen
der Fleischbeschau festzustellen, sowie
außerdem als wissenschaftliche Sach-
verständige Zuwiderhandlungen gegen
die Jagdordnung, das Fischerei- und
Vogelschutz-Gesetz ermitteln zu helfen.
Zwecks einheitlicher Durchfahrung
dieser Aufgaben seitens der Sach-
verständigen sind hierfür besondere Kurse
mit praktischen Unterweisungen in der
gesamten Lehre der animalischen
Nahrungsmittel und in der außerordent-
lichen Fleischbeschau an den tierärzt-
lichen Hochschulen ein zeitgemäßes und
sehr dringendes Bedürfnis. Femer muß
eine mindestens halbjährige Ausbildung
an einem Schlachthof unbedingt verlangt
werden. Denn derjenige Sachverständige
wird bei Ausübung der außerordentlichen
Fleischbeschau in erster Linie mit Erfolg
tätig sein können, der die ordentliche
Fleischbeschau selbst praktisch ausgeübt
hat und auch über die Gewinnung, den
Transport, die Aufbewahrung, Ver-
arbeitung, Konservierung und Verpackung
der animalischen Waren aus praktischer
Anschauung heraus genau unterrichtet ist.
— 146
Ans diesem Grande wäre es weiterhin
wünschenswert, wenn mit den Kursen fftr
animalische Nahrangs- und Genußmittel-
kontrolle und außerordentliche Fleisch-
beschau gleichzeitig entsprechende Ex-
kursionen zwecks Besichtigung von
Wurst-, Fleisch- und anderen Konserven-
Fabriken, von Fischräuchereien u. dgl.
verbunden würden, wodurch eine prak-
tische Anschauung dieser Dinge und damit
erst das richtige Verständnis ermöglicht
würde. Mit anderen Worten, es müßte
an den tierärztlichen Hochschulen außer
der Fleischbeschau noch das weit schwie-
rigere Gebiet der Nahrungsmittelkunde
einschließlich der außerordentlichen und
der Fleischbeschau für ausländisches
Fleisch als besonderer Lehrgegenstand
eingeführt werden.
Wie notwendig die Kenntnis der vor-
stehend nur kurz skizzierten Dinge far
einen Sachverständigen für animalische
Nahrungsmittel ist, beweisen u. a. dahin-
zielende Klagen der Fachleute, die be-
haupten, gelegentlich durch unzureichend
unterrichtete Sachverständige kontrolliert
zu werden. Die durch die Aussagen der
gewerblichen Gegensachverständigen be-
dingten verschiedentlichen Freisprechun-
gen pro foro sind beachtlich und lassen
es erwünscht erscheinen, daß hier ein
Wandel eintritt.
Je besser vorgebildet und je sach-
kundiger der amtliche Sachverständige
ist, um so unanfechtbarer wird er seines
Amtes walten können. Einen wissen-
schaftlich tüchtigen und praktisch er-
fahrenen tierärztlichen Sachverständigen
werden die rechtlich denkenden Vertreter
der Nahrungsmittelbranche sich stets
unbeanstandet gefallen lassen. Der Ver-
ein deutscher Fischhändler hat auf der
27. Generalversammlung in Kassel 1907
und der Verein der Fischindustriellen
Deutschlands auf seiner in Altena tagen-
den Gründungsversammlung allerdings den
Beschluß gefaßt, eine Eingabe an den
Reichskanzler zu richten, dahingehend,
daß in Zukunft neben den Tierärzten
Handelschemiker oder statt der Tierärzte
Chemiker und außerdem noch gewerbliche
Sachverständige vor Anhängigmachung
eines Strafverfahrens bei Beschlagnahme
„unfrischer^^ oder dem Gesetz zuwider in
Verkehr gebrachter Fische herangezogen
werden möchten. Diese Beschlüsse be-
weisen, daß die Fischhändler im allgemeinen
ein nicht genügendes Vertrauen zu der
Sachkenntnis der von den Behörden be-
auftragten oder gerichtlieherseits hinzu-
gezogenen Sachverständigen haben. In-
wieweit dieses Mißtrauen berechtigt ist,
bedarf hier keiner Erörterung. Dies zu
entscheiden, kann getrost dem Urteil der
mit diesem Gebiete speziell vertrauten
Sachverständigen überlassen werden.
Wen diese kurzen Zeilen aber noch
nicht von der Notwendigkeit einer ein-
heitlichen spezialistischen Vorbildung für
dieses tierärztliche Arbeitsgebiet über-
zeugt haben, den darf ich auf die das
Gebiet der Marktpolizei betreflfenden An-
fragen hinweisen, die dem Schreiber
dieser Zeilen von Kollegen aus dem In-
und Auslande zugegangen sind, die gleich
ihm mit der markt- und geschäftspolizei-
lichen Kontrolle der animalischen Nah-
rungs- und Genußmittel betraut sind oder
denen sie erst übertragen werden sollten.
Aus der Literatur allein, deren Kenntnis
zui-zeit außerdem wegen der weit ver-
streuten Einzelabhandlungen nur mühsam
erlangt werden kann, ist der polizei-
tierärztliche Sachverständige nicht in der
Lage, sich genügend vorzubereiten. Das
eingehendste Studium der Literatur ist
niemals imstande, den praktischen An-
schauungsunterricht zu ersetzen.
Zum Schluß sei mir noch ein Wort
darüber gestattet, wie ich mir entsprechend
den heutigen modernen Anschauungen über
Hygiene die Gesamttätigkeit eines mit
der animalischen Nahrungskontrolle be-
trauten Tierarztes denke und for dringend
geboten halte.
Erstens hat dieser die praktische
]
— 147 —
polizeiliche EontroUe der animalischen
Nahrongs- und Gennßmittel und ihrer
Erzengnisse auf den Märkten, in den
Geschäften und Znbereitangsränmen ans-
zufahren.
Zweitens aber müssen die genaueren,
nur mit wissenschaftlichen Hilfsmitteln
möglichen Feststellungen in einem be-
sonders hierfür errichteten Laboratorium
erfolgen. Hier wären nicht nur die anato-
mischen (histologischen), mikroskopischen
und bakteriologischen sowie biologischen
Untersuchungen auszuführen, sondern auch
die mit Kücksicht auf die Ausfuhrung der
Jagdordnung, des Fischerei- und Vogel-
schutzgesetzes sich ergebenden übrigen
tierärztlichen, sowie ferner die leicht
durchführbaren einfacheren chemischen
Prüfungen. Die wissenschaftliche Bear-
beitung und Verarbeitung der anläßlich
derMarktkontrollebeschlagnahmteuGegen-
stände ist bisher recht stiefmütterlich be-
handelt worden, so daß hier ein Wandel
viele neue Erkenntnis bringen wird.
Tierärztliche Nahrungsmittelämter, die
diesen Zweck erfüllen können, sind ja
in Städten mit Schlachthöfen fast überall
auf letzteren bereits in gewisser Be-
ziehung vorhanden und brauchten für
obige i^wecke nur weiter ausgebaut und
nutzbar gemacht zu werden. In größeren
Städten mit Markthallen würde die Er-
richtung solcher Ämter für die genauere
Untersuchung tierischer Nahrungsmittel
in die Zentralmarkthalle gehören.
Die Absicht der Behörden, die öffent-
liche hygienische Eontrolle der animalischen
Nahrungsmittel nicht nur auf den Schlacht-
höfen, in denNahrungsmitteluntersuchungs-
ämtem und Markthallen vornehmen zu
lassen, sondern in absehbarer Zeit mehr
und mehr auch auf die Nahrnngsmittel-
geschäfte sowie die Zubereitungsstätten
und Lagerräume (Kühlhäuser) auszudehnen,
ist eine notwendige Folge der Einführung
des Fleischbeschaugesetzes.
Damit diese Erweiterung der Nahrungs-
mittelkontrolle sich ebenso glatt vollzieht.
wie die Durchführung des genannten Ge-
setzes, haben die in Betracht kommenden
Tierärzte der Materie ihre erhöhte Auf-
merksamkeit zuzuwenden. Unsere Hoch-
schulen aber, die die Wichtigkeit der
Vorbereitung des Tierarztes fär neue Auf-
gaben stets zur rechten Zeit erkannt haben,
werden sich nunmehr auch die Pflege des
Spezialgebietes der außerordentlichen
Fleischbeschau auf die geeignete Weise
angelegen sein lassen.
Tyrosinablagerungen in und auf Faßlebern.
Von
Dr. phil. W. Feuereißen-Chemnitz,
Amt«- and SUdUieranet.
Unter gleichem Titel findet sich eine
Veröffentlichung von Dr. Gröning- Ham-
burg im XV. Bande dieser Zeitschrift auf
Seite 341. Gröning fand einen großen
Posten (23 Fässer) in Lake konservierter
Eindslebern mit zahllosen, hirsekom-
großen Körnchen besetzt, die er .näher
beschreibt, und deren mikroskopische und
chemische Untersuchung ergab, daß es
sich um Tyrosinablagerungen handelte.
Gleichzeitig bringt Gröning die sehr
instruktive Abbildung einer derartig ver-
änderten Rindsleber.
Edelmann erwähnt in seinem Lehr-
buche der Fleischhygiene (2. Auflage)
ebenfalls die Tyrosinablagerung in Faß-
lebern, und inOstertags Handbuch findet
sich die Beschreibung der fraglichen Ver-
änderung in geräuchertem Schweine-
fleische.
Der Umstand, daß ich in der Lite-
ratur über Fleischhygiene sehr wenig
Beschreibungen von Tyrosinablagerungen
in konservierten Lebern gefunden habe,
veranlaßt mich, einen im hiesigen Schau-
amte für Auslandsfleisch konstatierten Fall,
derein Seitenstück zu der Gröningschen
Beobachtung bilden dürfte, zur Veröffent-
lichung zu bringen.
Dem genannten Schauamte werden all-
wöchentlich drei- bis viermal aus Hamburg
stammende Fässer mit Schweinelebern,
148 -
die in Lake konserviert sind, zur Unter-
suchung zugeführt. In den letzten Wochen
wurden wiederholt (viermal) unter dem
sonst völlig normalen Inhalte der Fässer
mehrere (im ganzen 30) Schweinelebern
geflinden, die ein ganz eigentümliches
Aussehen hatten: Die Oberfläche ist mit
zahllosen, hirsekorngroßen, gelblichweißen
Kömchen fast vollständig bedeckt. Jedes
einzelne Kömchen hat, wie es Gröning
sehr anschaulich schildert, ein gelbliches,
halbkugeliges, erhabenes Zentrum, das
von einer schmalen, weißgrauen Zone um-
randet ist. Das einzelne Körnchen los-
gelöst, hat eine rundliche Form; oft
lagem zwei biskuitförmig aneinander, oder
es haben sich mehrere zusammengelagert,
verschmelzen mit der Peripherie und sehen
Bakterienkolonien nicht unähnlich. Die
Auflagerungen sind fest verbunden mit
dem Leberüberzuge und können nur ge-
waltsam und unter Hinterlassung einer
rauhen Stelle losgelöst werden. Im Gegen-
satze zu Gröning konnte ich die Ge-
bilde auch im eigentlichen Leberparen-
chyme entdecken, jedoch nur vereinzelt.
Besonders zahlreich saßen die Kömchen
auf der Oberfläche der Intima sämt-
licher Lebergefäße, die stellenweise
geradezu damit ausgepflastert waren.
Zunächst erschien mir der Befund
etwas befremdlich, da Niederschläge aus
der Lake an der Oberfläche der Lebem,
far die man den Belag bei flüchtiger
Betrachtung hätte halten können, sich er-
fahrangsgemäß mehr als ein grauweißer,
rauher, reifahnlicher Belag darstellen.
Als ich mich jedoch der Gröning-
schen Veröffentlichung erinnerte und die
obengenannten Lehrbücher zu Bäte zog,
blieb mir kein Zweifel übrig, daß es sich
um Tyrosinablagerangen handelte.
Diemikroskopischeüntersuchung,
die nach den Angaben Grönings in einer
Prüfung der isolierten und mit Glyzerin
aufgehellten Gebilde bei starker Ver-
größerang bestand, zeigte um den undurch-
sichtigen gelben Kem feine, helle, bündei-
förmig liegende Nadeln, die nach der
Peripherie ausstrahlten.
Die chemische Untersuchung
wurde im hiesigen chemischen Unter-
suchungsamte vorgenommen, wobei nach
dem Berichte des Herrn Direktors Dr.
Behre folgendes festgestellt wurde: Bei
der Behandlung der fraglichen Ausschei-
dungen mit Salpetersäure zeigte die
Lösung eine Gelbfärbung, die sich auf
Zusatz von Natronlauge in Botftrbung
verwandelte. Auch mit Millons Beagens
trat Rotfarbung ein. Die Ausscheidungen
waren in alkoholischer Ammoniaklösung
löslich und schieden daraus beim Ver-
dunsten des Alkohols dünne, seiden-
glänzende Kristalle aus, die in Wasser
erst nach einiger Zeit sich lösten und in
Alkohol ziemlich unlöslich waren.
Dr. Behre meint zwar, daß es eine
einwandfreie spezifische Reaktion auf
Tyrosin nicht gibt und daß die in der
Literatur als für Tyrosin charakteristisch
angegebenen Reaktionen aach für andere
Spaltungsprodukte des Eiweißes zutreffen
(Xanthoprotemreaktion), hält es jedoch
für sehr wahrscheinlich, daß es sich tat-
sächlich um Tyrosin handelt.
Die Enzyklopädie der mikrosko-
pischen Technik von Ehrlich, Messe,
Krause, Rosin und Weigert gibt für
Tyrosin die Formel
^6^4 1 C2H3(NH[2) — COOH
an und nennt Reaktionen, die ungefähr
den oben erörterten entsprechen.
Das Tyrosin ist bekanntlich ein
Spaltungsprodukt des Eiweißes, also ein
organischer Körper, der sich bei post-
mortalen Vorgängen auf animalischen
Stoffen findet. In geräuchertem Schweine-
fleische werden Tyrosinablagerungen häufig
in Form von weißen Stippchen, die
makroskopisch verkalkten Trichinen nicht
unähnlich sehen, gefunden.
Daß in jedem der Fässer nur einzelne
Lebem in der angegebenen Weise ver-
ändert geftinden wurden, erkläre ich mir
— 149
dadurch, daß nur der Inhalt eines Fasses
dnrch die Tyrosinablageningen verändert
war, der betreflfende Händler aber, um
diese Lebern nnauffäUig an den Mann zu
bringen, sie mit andern, normalen Lebern
zusammen verpackte oder die Tyrosin-
lebem auf mehrere Fässer mit nonnalem
Inhalte verteilte. Dafür spricht auch die
Tatsache, daß Gröning in dem von ihm
beobachteten Falle in 23 Fässern alle
Lebern verändert und auch die Innen-
seite der eichenen Fässer dicht mit
Tyrosinmassen belegt fand, wovon ich in
meinem Falle nichts bemerkte.
Die fraglichen Lebern wurden wegen
der auffälligen Veränderung flir untaug-
lich zum menschlichen Genüsse er-
klärt (§ 35 Nr. 16 B. B. A).
Studien Aber die sogenannte sterilisierte
Milch des Handels.
Ein Beitrag znr Biologie der peptonisicrcndcn
Milchbakterien.
Von
Otto KnOsel-Luzern,
Tierarzt.
Im Hygienischen Institut der Tier-
ärztlichen Hochschule zu Berlin habe ich
über die sogenannte sterilisierte Milch
des Handels Untersuchungen angestellt.
Aus den Untersuchungen, deren Einzel-
heiten in einer Monographie*) niedergelegt
sind, lassen sich folgende Schluß-
folgerungen ableiten:
1. Von den untersuchten Proben
der „sterilisierten" Milch des
Handelswaren 13— 100 Proz. je nach
den Bezugsquellen keimhaltig. Je
größer der Prozentsatz der keimfreien
Flaschen war, um so deutlicher haftete der
Milch Bräunung und Kochgeschmack an.
2. Der vollständigen Sterilisation der
Milch stehen sehr lebenszähe Sporen von
Anaerobiern und Proteolyten in der
Milch im Wege. Die Milchkuranstalten
haben die Möglichkeit, durch aseptisches
*) Arbeiten aus dem Hygienischen Institut
der Kgl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin.
Nr. XIIT. Berlin 1907. Verlag von Richard Schoetz.
Melken und sofortige Sterilisation
eine Infektion der Uilch mit diesen
Sporen zu verhindern oder doch sehr zu
beschränken.
3. Der positive Ausfall der sog.
Knackprobe beweist, daß das Vakuum
über der Milch in der Flasche noch vor-
handen ist. In diesem Fall ist der Ver-
schluß der Flasche dicht, und es hat in
der Milch keine Gasentwicklung statt-
gefunden. Peptongärung der Milch läuft
ohne Gasbildung ab und hat keinen VAn-
fluß auf das Bestehen oder Verschwinden
des Vakuums.
4. Flaschen, die keimhaltig sind,
können trotzdem im Thermostaten recht
lange unverändert bleiben. Den spätesten
Eintritt der Zersetzung beobachtete ich
nach 45 Tagen.
5. Koch- und Alkoholprobe eignen sich
wenig zur Vorprüfung der Flaschenmilch
auf Sterilität. Diese Proben vermögen
nicht einmal, wenn beginnende Peptoni-
sierung schon durch eine schmale Serum-
zone offenbar ist, regelmäßig Gerinnung
hervorzurufen.
6. Die WasserstoflFsuperoxydprobe zeigt
durch sehr energische Sauerstoffentwick-
lung die Anwesenheit von Proteolyten an,
bevor die Milch makroskopisch oder im
Geschmack verändert ist. Die Wasser-
stoffsuperoxydprobe kann zur Kon-
trolle der Sterilität der Flaschen-
milch Anwendung finden.
7. Die Anaerobier spielen in der
„sterilisierten Milch" des Handels eine
untergeordnete Bolle.
8. Die peptonisierenden Milchbakterien
lassen sich nach ihrem Wachstum in
Milch und Gelatine in rasch peptoni-
sierende (I. Gruppe) und langsam
peptonisierende (IL Gruppe) einteilen.
Seltener vorkommende Keime vermögen
trotz kräftigen Wachstums Milch weder
zu koagulieren noch zu peptonisieren
(III. Gruppe). Für die praktischen Ver-
hältnisse kommen ausschließlich die Ver-
treter der I. Gruppe in Betracht.
— 150 —
9. Die peptonisierenden Milch-
bakterien bilden durch ihrenLebens-
prozeß ein Labferment, ein pro-
teolytisches Ferment, eine Reduk-
tase und eine Superoxydase.
10. Bakterienlab ist verschieden
vom Tierlab. Bakterienlab koaguliert
auch sterilisierte Milch. Sein Temperatur-
optimum liegt über der Buttertemperatur.
Bei 60® C wirkt es ebenso kräftig wie bei
31 ^y das Lab eines aus „sterilisierter"
Milch isolierten Bakteriums wird selbst bei
70® nicht alteriert. Das häufig beobachtete
Gerinnen der Milch im Thermostaten ist
auf Labwirkung von Proteolyten zurück-
zufuhren. Bei 22 <^ und noch niedrigeren
Temperaturen wirkt Bakterienlab nicht,
obschon es in Kulturen noch gebildet wird.
11. Es ist anzunehmen, daß das Lab
der peptonisierenden Milchbakterien bei
der Entstehung der „käsigen Milch" in
der Gärprobe von Bedeutung ist.
12. Das proteolytische Ferment greift
das Kasein auch bei Temperaturen unter
22®, bei denen das Lab unwirksam ist,
an. Daher kann eine Milch bitter werden,
ohne zu gerinnen. Bei 8® entsteht in
Milch, wenn Proteolytenwachstum statt-
hat, keine Serumzone, sondern der Nähr-
boden wird in toto aufgehellt und bekommt
seifen wasserähnliches Aussehen . Weil
Milch meist nicht in dünner Schicht,
sondern in Kolben oder gar in undurch-
sichtigen Gefllßen aufbewahrt wird, ent-
geht diese wenig auffallende Veränderung
leicht der Beobachtung.
13. Da die peptonisierenden Milch-
bakterien auch eine Reduktase und eine
Superoxydase bilden, sind sie auch eine
Quelle der bakteriellen Reduktasen und
Superoxydasen der Rohmilch. Die Super-
oxydase der Proteolyten ist an die Fett-
kügelchen gebunden und geht durch
Aufkochen d^r Kultur zugrunde. Auf
dem Nachweis des H^Og spaltenden
Fermentes beruht die von mir vor-
geschlagene Methode zur Prüfung der
Flaschenmilch auf ihre Sterilität.
14. Die peptonisierenden Milch-
bakterien entwickeln auf den ver-
schiedenen Nährböden Ammoniak
und Schwefelwasserstoff. Die Pep-
tongärung ist also ein Fäulnis-
prozeß der Milch.
15. Die peptonisierenden Milchbakterien
sind keine oder nur schlechte Indolbildner.
16. Die meisten peptonisierenden
Milchbakterien haben die Fähigkeit,
Nitrate und Nitrite abzubauen. Ein Teil
vermag Nitrate in Gegenwart von Glyzerin
zu vergären.
17. Durch ihre sehr breiten Grenzen
kräftigen Wachstums (S^— 650) sind
einige häufig vorkommende peptoni-
sierende Milchbakterien befähigt, sich in
Milch bei fast jeder Aufbewahrungs-
temperatur, die für die Praxis in Betracht
kommen kann, rasch zu vermehren. Soll
jedes Bakterienwachstum hintan gehalten
werden, so muß die unvollständig sterili-
sierte Milch bei einer Temperatur von unter
8<^ C gehalten werden. Im Thermophor
werden vielen Proteolyten die Bedin-
gungen zu üppiger Vermehrung gegeben.
18. Ein für kleine Versuchstiere
giftiger peptonisierender Milchbazillus
wurde von mir 5 mal gefunden. Das Gift
scheint den Bazillenleibern selbst anzu-
haften, wird durch das Kochen unwirk-
sam und ist nicht flltrierbar.
Referate.
Baebiger, H., Maßnahmen zur
Bekämpfung der Batten-, Mäuse- und
Schneekenplage.
(Jahrbuch der Deatschen Landwirtschafts-Gesellschaft,
Band S2, 1. Lieferang. April 1907.)
Die Vertilgung der Ratten ist aus
wirtschaftlichen und hygienischen Gründen
(Verschleppung der Trichinose und Pest)
eine Notwendigkeit. Den an ein ver-
wertbares Eattenvertilgungsmittel zu
stellenden Anforderungen — • gutes Lock-
mittel, Unschädlichkeit für Menschen,
. Haustiere und Wild, auf den ganzen
— 151 —
Rattenbestand sich erstreckende Wirk-
samkeit, leichte Anwendbarkeit und Preis-
würdigkeit — entsprechen nach R.s
üntersuchuDgen am besten Bakterien-
verfahren. Die Wirksamkeit der meisten
Rattenbazillen hat sich aber als unzuver-
lässig erwiesen, und zwar kommen für die
wechselnden Erfolge zweierlei Punkte in
Betracht: der Züchtigungsmodus und
die durch besondere Ernährungsweise
(Nahrungsinfektion) erworbene Immunität
mancher Rattenstämme gegen die Bakterien-
gruppe, der die Rattenbazillen angehören.*)
Der Issatschenkosche Bazillus hat in
der Praxis nur an etwa 70 Proz. der Orte
ein günstiges Resultat gezeigt, das Virus
Danysz kaum an 50 Proz., dagegen hat
das Ratin infolge eines geeigneten Züch-
tungsverfahi-ens im Jahre 1906 in 99,35 Proz.
der Fälle gewirkt. Die Fehlergebnisse
von 0,65 Proz. erklären sich durch das
Vorkommen ratinimmuner Ratten. Gegen
diese kann erfolgreich mit dem Ergän-
zungspräparat Ratinin oder Ratin II
vorgegangen werden. Die dänische Re-
gierung hat kürzlich zurRattenbekämpfting
mit Ratin einen nennenswerten Betrag
aus der Staatskasse bewilligt. „Ratten-
typhus", „Rattenvertilgungskulturen" und
„Morrattin" sind Abimpfungen des Origi-
nalratin und von nur geringer Virulenz.
Das beste und billigste Mittel gegen
Feldmäuse sind die Löflflerschen Mäuse-
typhuskulturen, in zweiter Linie kommt
das Schwefelkohlenstoffverfahren. Die in
Gärten und Obstbaumschulen an den
Wurzeln der Pflanzen großen Schaden an-
richtenden Wühlmäusearten (Mollmäuse,
Ackermäuse und Waldwühlmäuse) ver-
nichtet man am sichersten mit virulenten
Rattenbazillen, da sie auf den Löfflei-
schen Bazillus nicht prompt reagieren.
Die Brandmaus (braunrot mit schwarzem
Streifen auf dem Rücken, an den Seiten
heller, unten weiß), widersteht allen
Mäuse und Ratten tötenden Kulturen. Sie
*) Der Rattenbazillus unterscheidet sich vom
Paratyphus, das Virus Danysz dagegen nicht.
tritt jedoch nur selten als Landplage auf
und ist dann mit SchwefelkohlenstoflF aus-
zurotten. Referat des Autors.
Hermes, Die Tererbang des Fettgehaltes
der Milch.
Achtjährige schwedische Untersuchungen von
K. A. Högström.
(Bfitteilnngen der Deutseben Landwirtschaft!. Geselluchaft,
8. Dezember 1906.)
Nach den Versuchen des Engländers
Galton auf dem Gebiete der Vererbung
ist hinsichtlich derjenigen Eigenschaften,
die in" verschiedenem Grade erworben
werden können, der Einfluß der beiden
Eltern gleich stark. Daneben üben aber
auch die Voreltern von Vater und Mutter
sowie deren Eltern, kurz die Familie, der
Stamm einen verhältnismäßig ebenso
starken Einfluß aus. Högström hat nun
durch umfangreiche Untersuchungen fest-
zustellen versucht, ob die Eigenschaft,
Milch von einem bestimmten Fettgehalt
zu erzeugen, auch durch die Bullen weiter
vererbt wird, und nach diesem Nachweis
mit Anwendung der Galt onschen Formel
den Grad dieser Eigenschaft beim Bullen,
die bei ihm in latenter Form vorhanden
ist, bestimmt, sowie das Maß der Ver-
erbung dieser Eigenschaft berechnet. Aus
den mitgeteilten Tabellen geht folgendes
hervor: Die überwiegende Mehrzahl der
weiblichen Nachkommen erzielte einen
höheren Fettgehalt als ihre Mütter, was auf
einen tatsächlichen Einfluß des Vaters hin-
deutet. Der Fettgehalt der Töchter stieg in
denjenigen Fällen, in denen er bei der Mutter
zwischen 3,08 und 3,77 Proz. lag, wonach
der laktetrate Fettgehalt beim Bullen einen
die letzte Ziffer weit übersteigenden Wert
besitzen muß. Sobald die Mütter die hohe
Ziffer 3,77 Proz. erreichten und über-
schritten, genügte der Einfluß des Bullen
nicht mehr zu einer weiteren Vermehrung
des Fettgehaltes der Töchter, und dieser
blieb niedriger als bei den Müttern. So-
weit das Högströmsche Material reicht,
ist die Übereinstimmung mit dem Galt on-
schen Gesetz unverkennbar. Die Züchter
werden gut tun, bei der Auswahl der
— 152 -^
Zuchttiere auf die Herkunft von einem
Stamme zu achten, bei dem die Eigen-
schaft, viel und fettreiche Milch zu liefern,
feststeht. Die Steigerung des Fettgehaltes
wird um so sicherer und dauernder sein,
als auch die Nachkommen einmal zu Eltern
werden und dadurch an der Bildung des
Stammes hervorragend beteiligt sind.
Simon.
Cathcart, E. P., lipon the reduction
of methylen blue by cows milk,
(The Journ. of Hygiene, Vol. 6, 1906, S. 800—803.)
Nach Schardingers Untersuchungen,
die durch H. Smidt (Hygien. Rund-
schau 1903, Nr. 23) bestätigt wurden,
wird ein Gemenge von Formaldehyd und
Methylenblau durch die Einwirkung roher
Milch entfärbt. Die Wirkung beruht auf
einem in der Milch enthaltenen, durch
Hitze zerstörbaren Ferment (Katalase).
Die Zusammensetzung der Mischung ist
folgende :
Gesättigte alkohol. (absol.") M. Bl. Lösung 5 ccm
Formaldehyd 5 ccm
Aq. dcstill 190 ccm
Zu 10 ccm Milch werden 0,5 ccm dieser
Mischung zugesetzt.
Auch C. bestätigt den Wert dieser
Probe für die Unterscheidung der un-
gekochten von der gekochten Milch. Je-
doch eignet sich dieses Verfahren nicht,
wie er glaubte annehmen zu dflrfeD, auch
zur Erkennung der Eeimfreiheit der Milch.
Kaestner.
Rubner, M», Über spontane Wärme-
bildüDg in KuhmiiGh und die Milch-
säaregilrang.
(Archiv f. Hyg. 1906, 8. 844/68.)
Verf. fand, daß bei der sauren
Gärung der Milch eine kräftige Wärme-
bildung statthat. Die Wärme entwickelt
sich in der Hauptsache erst nach dem Ge-
rinnen der Milch, kann daher nicht allein
aus der Zersetzung des Milchzuckers in
Milchsäure stammen. Ein Teil der Wärme
rührt vielmehr von der Zerlegung von Ei-
weiß und Fett her. Von einem Liter Milch
wurden pro Tag 4,81 Kalor. geliefert.
Bcsotr. I
Rechtsprechung.
— Freizagigkelt der Würste auch in Elsaß-
Lothringen.
Das Oberlandesgcricht zu Kolmar i. Eis.
hat durch Urteil vom 1. Oktober 1907 nach der
„Deutschen Schlacht- und Viehhofzeitung*^ (1906,
Nr. 3) entschieden, daß die von drei elsaß-
loth ringischen Bezirkspräsidenten erlassenen
Polizeiverordnungen, wonach Fleisch wie andere
zum Genuß bestimmte Teile geschlachteter Tiere
beim Versand von einem Beschaubezirk in einen
andern mit dem Kontrollstempel des Schlachtorts
und einer Bescheinigung über die ausgeführte
Beschau versehen sein müssen, auf Würste keine
Anwendung finden
Yersammlangsberichte.
— Bericht Ober die HauptversaminlMiig des
„Vereins säciislsoiier Gemeindetierirzte und Sobiacht-
hofdirektoren." (Schluß.)
Zu Punkt 2 der Tagesordnung: „Wibwebe
der städtischen Tierärzte an den großen Scbiacht-
h8fen"y referierte zunächst Herr Schneider-
he inze- Dresden im Namen der dortigen städ-
tischen Tierärzte und stellte folgende Punkte auf :
1. Die vor kurzem in Dresden eingeführte
Gehaltsstaffel der städtischen Tierärzte
von 2200— 3200 M. (erreichbar in 7 Jahren)
genügt nicht, sondern es muß für ältere,
dabei bleibende Tierärzte ein Endgebalt
von 5--6000 M. wie in Chemnitz erstrebt
werden. Anschließend hieran ist bei einem
Anfangsgehalt von 2500 M. ein Probejahr
zu fordern, welches aus 4 Monate Praxis,
4 Monate Tätigkeit an einem kleinen
und 4 Monate an einem großen Schlacht-
hofe besteht. Erstrebenswert sind femer
Wohnungsgeld, Teuerungszulagen und
Aiislüsungsgeldcr für ambulatorischen
Dienst außerhalb des Schlachthofes und
inneren Stadtteiles.
2. Die Titolfrage wäre durch den Namen
Sanitäts- oder besser Polizeitierarzt end-
gültig zu regeln.
3. Markthallen- und Milchkontrolle ist über-
all gleichmäßig zu erstreben.
4. Im Interesse einer genauen Untersuchung
ist die Höchstzahl der zu untersuchenden
Tiere, Beschränkung der Dienstzeiten an
Hauptschlachttagen in den Hallen und
Vermehrung der Hilfskräfte wie sie Opel/^
in Köln in Nr. 8 Jahrgang 1905 derFleisch-
und Milchhygiene, vorgeschlagen hat, fest-
zulegen.
-1*-«
/; ' *i f ></'.' ^
153
r.Mffv.
5. Beschränkung der Schlacbtzeiten an Neben-
tagen, nm sich mit Sanitäts- und Labora-
torittmsdienst beschäftigen zu können.
6. Die Oberbeg^itachtung über Organe und
Ganzbeanstandungen ist überall gleich-
mäßig zu regeln.
7. Konfiskate sind vor Abgabe resp. Ver-
nichtung allen im Betriebe tätigen
Kollegen zugänglich zu machen und
eventuell zu demonstrieren.
Yeterinärberichte und Jahresberichte
^ vom eigenen und anderen Schlachthöfen
sind jedem Kollegen zuzustellen.
8. Für Anfänger sind genauere Dienst-
/ instruktionen und die Einsicht in frahere,
/ auf den Betrieb bezugnehmende direk-
\ torieile Rundschreiben nötig.
^ .9. Die Tötung des I^leinviehs, besonders der
yiH <^'^jl Schaf- und Ziegenböcke mit hohem Ge-
hörn sollte nur mittelst Schlagbolzen
oder durch getlbte Schlachtmeister ge-
stattet sein.
10. Bei Anlage von neuen Schlachthöfen ist
/l auf Badeeinrichtungen (Duschen), sowie
Sitzgelegenheiten in den Hallen für kürzere
Betriebsstockungen Bedacht zu nehmen.
11. Zum Schluß wird die Anfrage gestellt, an
welchen Schlachthöfen und in welcher
Weise eine Nachkontrolle der Beschau-
tätigkeit der Tierärzte stattfinde.
Hierauf erhielt Dr. Keil-Leipzig das Wort
und betonte in seinen Ausffthrungen, daß man
in Leipzig bedauerlicherweise bei der Milch-
kontrolle zu spät gekommen sei, da sie bereits
in Ärztehänden sei. Die Annahme, daß die
Tierärzte chemisch nicht genflgend vorbereitet
seien, wäre als falsch zurückzuweisen und ihr
sei entschieden entgegen zu treten. Die Rang-
verhältnisse der Tierärzte betrefFend, spricht der
Referent den Wunsch aus, daß die akade-
mischen Beamten der Stadt eine besondere
Gruppe bilden möchten. In der Nachkontrolle
der Tierärzte wünscht er Rcmedur. Diesem Refe-
rate zufolge wird beschlossen, der Direktion der
Fleischbeschau in Dresden die vorgebrachten
Wünsche der dortigen Kollegen vom Verein aus
schriftlich mitzuteilen.
Herr Direktor Hengst (Leipzig) sagt, daß
ihm die beabsichtigte Milchkontrolie in Leipzig
zu spät zur Kenntnis gekommen sei, bedauert
dies, vertritt aber den Standpunkt, daß die
Kontrolle der Milch, besonders der Milchtiere,
nur Sache des Tierarztes sein könne, und sichert
zu, nach seinen Kräften in dem Sinne hinwirken
zu wollen.
Herr Landestierarzt Medizinalrat Edelmann
meint, daß die Behörden bezüglich der Milch-
kontrolle den Tierärzten gar nicht so abhold
seien, wie immer gedacht würde, es liege viel-
mehr daran, daß die Behörden die notwendige
Mitwirkung der Tierärzte dabei nicht kennten.
Es unterliege wohl keinem Zweifel, daß in der
Milchfrage die Chemiker nur Hilfskräfte seien,
dann kämen die Ärzte und in erster Linie seien
die Tierärzte dazu berufen. Er macht den
Vorschlag, die tierärztlichen Vereine sollten eine
Denkschrift ausarbeiten, die diese Verhältnisse
darlegen und den Behörden «zur Kenntnisnahme
unterbreitet werden soll.
3. Herr Dr. Seyfert (Pirna) referierte über
„Mißstände an mittleren und kleinen Schlachthöfen
und Wantohe der daselbst angestellten Tierftrzte'S
wie folgt:
Jeder längere Zeit an den Schlachthöfen der
mittleren und kleinen Städte Sachsens tätige
Tierarzt wird die Gründung eines Vereines
sächsischer Schlachthoftierärzte als einen längst
gehegten Wunsch mit Freuden begrüßt haben,
in der Überzeugung, daß nur ein Zusammen-
schluß dieser Spezialgruppo der Tierärzte die
Verfolgung ihrer Interessen gewährleistet.
Daß auf unserem Spezialgebiete unendlich
vieles, was außerhalb des Rahmens der Kreis-
vereine liegt und ohne Interesse für einen er-
heblichen Teil seiner Mitglieder ist, eingehender
Besprechung, ernster Beratungen und der Regelung
bedarf, dafür gibt uns ein Blick in die Ein-
richtungen der Schlachthöfe mittlerer und kleiner
Städte den Beweis, dafür genügt der Hinweis über
die weiß-grünen Grenzpfähle hinaus in die eifrige
und auch schon von Erfolg gekrönte Tätigkeit
der dortigen Spezialkollegen. Bei meinen Aus-
führungen stütze ich mich einerseits auf meine
eigene 14jährige Schlachthoftätigkeit, andererseits
auf frühere, durch Umfrage erhaltene Auskünfte
und vor allen auf die jüngst eingegangenen
Fragebogen.
Nicht will ich mich verlieren in Auseinander-
setzungen der Mißstände, die in unzulänglichen
Schlachthof einrichtungen bestehen, welche den
Zeitverhältnissen und den Anforderungen der
Veterinär- und Sanitätspolizei, sowie der Ge-
werbepolizei nicht oder nur notdürftig entsprechen.
Sie dürften späteren besonderen Be-
sprechungen vorbehalten bleiben.
Meine heutigen Worte sollen vielmehr den
Anstellungs- und Besoldungsverhältnissen der
Tierärzte an den Schlachthöfen der mittleren
und kleinen Städte gelten und allen den Ein-
richtungen, welche auf die Fleischbeschau und
die Trichinenschau und die dieselben ausübenden
Tierärzte Bezug haben.
Daß in diesen Beziehungen oft noch recht
mißliche Zustände zu finden sind und diese
— 154 —
der Abänderung und Verbesserung bedürfen, und
daß wir Tierärzte uns in einer oft schwierigen,
exponierten und isolierten Stellung befinden,
soll aus meinen Ausführungen hervorgehen.
Ich wende mich zunächst den Anstellnngs-
verhältnissen zu. Dieselben lassen hier und da
zu wünschen übrig, an manchen Orten sind sie
sogar als ungenügende zu bezeichnen. Gibt es
doch immer noch Schlachthofgemeinden, deren
Tierärzte weder als Gemeindebeamte angestellt,
noch für sich und die Hinterbliebenen pensions-
berechtigt sind. Mancher Kollege hat erst nach
jahrelangem Mühen dieses Ziel erreicht, anderen
wieder ist es bei dem Widerstand der städtischen
Behörden und eventuell der Fleischerinnung bis
zum heutigen Tage nicht gelungen. Bei dem an
sich geringen Gehalte und bei der Unmöglich-
keit, sich durch gute Privatpraxis einen sorgen-
freien Lebensabend zu verschaffen, ist aber die
Anstellung als pensionsberechtigter Beamter eine
Lebensfrage.
Da einzelne sächsische Schlachthoftierärzte
nicht im Besitze von vorschriftsmäßigen An-
stellungsurkunden sind, so ist das ein weiterer
Mangel, welcher der Abstellung bedarf.
Wir Schlachthoftierärzte sind wohl in der
Hauptsache mit vierteljährlicher Kündigung an-
gestellt. Wenn nun diese Kündigungszeit auch
mit den fleischbeschaugesetzlichen Bestimmungen
im Einklang bestehen mag, so befinden wir
uns doch damit zeitlebens in der Gefahr, unserer
Stelle verlustig gehen zu können. Die Art der
Betriebsverhältnisse an den Schlachthöfen ist der-
art, daß die Tierärzte leicht mit den Schlachtenden
in Konflikt kommen. Klagen über die Tätigkeit
des Tierarztes bei den Anstellungsbehörden und
selbst auch geringe Versehen desselben, die man
nach Möglichkeit aufzubauschen pflegt, können
dann bei dem hier und da vorhandenen starken
Einfluß der Gewerbetreibenden bei den Stadt-
behörden die Entfernung des Tierarztes aus
seinem Amte veranlassen. Dieser Schwierigkeit
gegenüber bedarf der Tierarzt eines zuverlässigen
Rückhaltes, den nur die feste Anstellung ohne
Kündigungsrecht bieten kann.
Soll der Gemeinde ein Urteil über die
Bewährung des betreffenden Tierarztes zuge-
standen bleiben, so ist doch mindestens zu
erstreben, daß analog den Staatsbeamten den
zehn Jahre im Dienst befindlichen Schlachthof-
tierärzten gegenüber seitens der Stadträte ein
Kündigungsrecht nicht mehr zusteht, es sei denn,
daß grobe Vergehen oder fortgesetzte Pflicht-
widrigkeiten vorliegen.
Femer ist es wünschenswert, daß den Schlacht-
hoftierärzten innerhalb der städtischen Beamten-
schaft die ihrer Vor- und Ausbildung entspre-
chende Stellung zugestanden wird, daß sie mit den
sog. „oberen Gemeindebeamten" rangieren, welche
akademische Bildung besitzen und nicht mehr
den mittleren, subalternen Beamten zugezählt
werden.
Ein weiterer Punkt, welchen eine Anstellongs-
urkunde zu enthalten hat, ist der Jahresurlaub.
Bei der Art des Schlachthofbetriebes mit
seinem aufreibenden Lärm und der Tätigkeit des
Tierarztes mit ihrem nervenangreifenden und oft
bei der Unmöglichkeit zu anderer wissenschaft-
licher Betätigung geistig abstumpfend wirkenden
Dienst ist ein längerer Jahresurlaub dringend
geboten und zwar sollte derselbe bei selbst-
ständigen und älteren, den Schlachthof und die
Beschau leitenden Tierärzten nicht unter vier
Wochen betragen, entsprechend dem Urlaub
anderer akademischer Kreise. Um den säch-
sischen Bestimmungen zu entsprechen, nach
welchen die Leitung des Schlachthofes bzw. der
Fleischbeschau daselbst nur Tierärzten über-
tragen werden soll, darf meines Erachtens die
Vertretung auf Wochen hinaus auch nur Tier-
ärzten übertragen werden, aber nicht, wie es
leider seitens einzelner Gememden aus Spar-
samkeitsrücksichten ihrer selbst oder der diese
Anregung gebenden Fleischerinnungen noch
immer geschieht, durch Laienfleischbeschauer
erfolgen, während ein Tierarzt nur bei Beanstan-
dungen gerufen wird.
Um hier gleich meinen Standpunkt zur Ver-
wendung von Laienfleischbeschauem an Schlacht-
höfen mittlerer und kleiner Städte zu kenn-
zeichnen, so meine ich, daß ohne jede Ver-
wendung solcher Hilfskräfte schwer auszukommen
sein wird, selbst dort, wo andere Tierärzte
ansässig sind. Es treten hier und da plötz-
liche Abhaltungen der Schlachthoftierärzte durch
kurzes Kranksein, durch vorübergehenden Unfall,
stundenweise dringende Abhaltungen durch dienst-
liche oder Familienangelegenheiten usw. ein, ohne
daß sofort ein Tierarzt zur Vertretung zur Stelle
sein kann.
In solchen kurzen und plötzlichen Behin-
dorungen dürfte ohne Bedenken ein zuverlässiger
Fleischbeschauer mit der Beschau betraut werden
können.
Hingegen mit dem Brauche, bei wochen-
langer Beurlaubung oder Krankheit, Fleisch-
beschauem die Beschau zu überlassen, oder wie
es auch vorkommen soll, um der Praxis ausgiebig
nachgehen zu können, den Schlachthof den Tag
über und selbst auch an Hauptschlachttagen
dem Laienfleischbeschauer zu überlassen, um
am Abend bei der Rückkehr nur eventuell
Beanstandungen zu regeln; mit dem Brauche
- 155 —
sollte unbedingt gebrochen werden, schon aus
dem Grande, weil wir hierdurch uns selbst und
unsere Tätigkeit in den Augen der Fleischer,
der Behörden und des Publikums herabsetzen,
und dies sollte regierungsseitig verboten werden.
Ich wende mich nun den Besoldungsverhält-
nissen zu. Sie sind in den meisten Orten als
unzulänglich zu bezeiciinen, wenn man sie mit
den uns zufallenden Aufgaben vergleicht und
mit den Besoldungen anderer akademischen
Berufsarten und der übrigen Geraeindebeamten
in Parallele stellt.
Die Höhe des Gehaltes der Schlachthoftier-
ärzte wird vielfach von der Rentabilität des
Schlachthofes beeinflußt, weil die Schlachthofge-
meinden eine Trennung des Fleischbeschauetats
vom Verwaltungsetat nicht kennen, Gebühren
für die Benutzung des Schlachthofes und für
Beschau getrennt gar nicht festgesetzt haben,
sondern beide zusammenwerfen und von § 43
der sächsischen Verordnung vom 27. Januar 1903
nach welchem aus den in die Schlachthofkasse
fließenden Beschaugebflhren nennenswerte Gber-
Bcbüsse nicht gewonnen werden sollen, keinen
Gebrauch machen. Beide Gebühren werden unter
dem Namen „Schlachtgebühren" erhoben, die
zur Bestreitung sämtlicher Kosten, auch des Ge-
haltes des Schlachthoftierarztes herangezogen
werden.
Dieses Verfahren ist meines Dafürhaltens
angesetzlich, wie es auch ungesetzlich ist, in
Innungsschlachthöfen verschieden hohe Gebühren,
je nachdem ob der Schlachtende Mitglied der
Innung ist oder nicht, zu erheben.
Da diesbezügliche Vorstellungen bei den
Gemeindebehörden, besonders bei denen mit
Innungsschlachthöfen meist erfolglos waren, und
es doch nicht in der Ordnung ist, daß die
Schlachthofverwaltungen sich auf Kosten der
Fleischbeschau bzw. der Tierärzte bereichern,
so meine ich, daß mit Hilfe der Regierang auf
eine Wandlung dieser unhaltbaren Zustände zu
hoffen ist und zwar in dem Sinne, daß die Ge-
meinden bzw. Schlachthofverwaltungen an-
gewiesen werden, die VerwaltuDgsetats von den
Fleischbeschauetats vollständig zu trennen, Ge-
bühren für die Benutzung des Schlachthofes
getrennt von den Gebühren für die Beschau
der Schlachttiere und des eingeführten Fleisches
festzusetzen, dieselben in den Büchera getrennt
zu führen, und zwar den Beschangebühren die in
den §§ 38, 39, 41 und 42 der sächsischen Ver-
ordnung vom 27. Januar 1903 eingeführten Ge-
bührensätze zugrande zu legen.
Wenn nach meinen Berechnungen, soweit
Städte von 10 bis 80000 Einwohnern in Frage
kommen, den SchlachthoiVerwaltungen vom Staat
vorgeschrieben würde, nicht unter Va der staatlich
festgesetzten Gebühren als Beschaugebühren ein-
zusetzen, so dürfte sich eine Summe ergeben,
die den Gemeinden, besonders den mit Innungs-
schlachthöfen, welchen vielfach nur die Anregung
von der Regierung fehlt, eine geeignete Grund-
lage bildet für eine Regelung des Gehaltes, eines
Anfangsgehaltes, entsprechender Gehaltsstaffel
und des Endgehaltes, dabei genügend Überschuß
läßt ftlr Bestreitung aller mit der Fleischbeschau
in Zusammenhang stehender notwendiger Aus-
gaben und je nach Größe der Stadt auch noch
einen Betrag erübrigt, der für Pensionszwecke
usw. von der Stadt angelegt oder den Schlacht-
hofverwaltungen jährlich zurückgegeben werden
kann.
Als Beispiel will ich eine Stadt von
10-'12000 Einwohnera anführen. Es werden
daselbst geschlachtet:
800 Rinder, welche zu Vs ^^^ staatlichen Ge-
bühren 800 M.
3000 Schweine, welche zu ^/^ der staat-
lichen Gebühren 1500 „
1500 Kälber, Welche zu V3 der
700 Schafe und Ziegen, (staatl. Gebühren 880 „
in Summa 3180 M.
ergeben oder eine Stadt mit ca. 25000 Einwohnera:
1500 Rinder .... ergeben 1500 M.
6500 Schweine ... „ 3250 „
8500 Kälber \
1500 Schafe und Ziegen I ^^^ ^
in Summa 6750 M.
Und selbst wenn man nur auf die Hälfte
der staatlich festgesetzten Gebühren zukäme,
würde sich eine immer noch annehmbare Summe
ergeben, wie ich am folgenden Beispiel dartun will.
Stadt mit 10-12000 Einwohnern:
800 Rinder . . . ergeben 600 M. (ä 75 Pf.)
3000 Schweine . . „ 1200 „ (ä 40 Pf.)
2200 Kälber, Schafe
und Ziegen „ 660 „ (ä 30 Pf.)
in Summa 2460 M.
und Stadt mit 25000 Einwohnera:
1500 Rinder ergeben 1125 M.
6500 Schweine „ 2600 „
5000 Kälber, Schafe und Ziegen^ „ 1500 „
in Summa 5225 M.
Rechnet man die entsprechenden Gebühren-
sätze für Pferde und Hunde und für eingeführtes
Fleisch hinzu, so wird sich die Gesamtsumme je
nach den örtlichen Verhältnissen mehr oder minder
noch erhöhen. Zu berücksichtigen wäre auch,
ob der betreffende Tierarzt die volle Verwaltung
des Schlachthofes mit zu erledigen hat Die Ent-
schädigung hierfür entfiele zum Teil auf den
Verwaltungsetat und als solche käme freie
Wohnung — dieselbe ist vielfach ungenflgend
— 156 -
und nicht standesgemäß — und eventuell
Heizung und Beleuchtung in Frage. Wäre Wohnung
nicht vorhanden, so wäre in Geldeswert ein
Äquivalent aus dem Verwaltungsetat zu schaffen.
Von großem Wert und erheblichem Vorteile
würde es femer sein, wenn durch die Regierung
erreicht werden könnte, daß die Gemeindebehörden
mit Jnnungsschlachthöfen zur vollständigen
Verstadtlichung der Fleischbeschau angehalten
würden.
Es würden dann manche für den Tierarzt
höchst unangenehme, den Zwecken der Fleisch-
beschau zuwiderlaufende Bestimmungen ohne
weiteres wegfallen.
Der Tierarzt soll unabhängig sein Amt aus-
üben. Wenn aber, wie in den meisten Innungs-
schlachthöfen, bei Änderungen der Anstellungs-
bcdingungen, bei Besoldungs- und Urlaubs-
fragen und anderem mehr die Flcischerinnung
gehört wird und für die Entscheidung vielfach
ausschlaggebend ist bei den Stadtbehörden, so
befindet sich der Tierarzt zur Innung in einem
Verhältnis, welches seinem Ansehen nicht för-
derlich sein kann und seine Autorität unter-
graben muß.
Zum mindesten muß in solchen Gemeinden
verlangt werden, daß unter vollständiger Tren-
nung der Schlacht- und Beschaugebühren
letztere an die Stadt abzuführen sind und nur
diese die Anstellnngs- und Besoldungs-
bedingungen und die durch die Fleischbeschau
entstehenden Ausgaben zu bestimmen hat, wie
es ja in einzelnen Gemeinden bereits durch-
geführt ist und wie es auch in Orten ohne
Schlachthöfe, wo die Tierärzte festbesoldet
sind, gehandhabt wird.
Würde auf diesem Wege eine Hegclung er-
folgen, so würden wir nicht mehr mit Gehältern
abgespeist werden, die oft unter den der
Subaltembeamten stehen, Gehälter, die in ihrem
Grundgehalt an sich schon zu niedrig bemessen
sind, meist keine oder nur unzulängliche Ge-
haltsstaffel aufweisen und mit einem un-
genügenden Endgehalt schließen, Gehälter,
meist 3500 M. nicht übersteigend, in einzelnen
Fällen 4500 M. erreichend, die den an uns
heute gestellten Anforderungen, unserer Ver-
antwortung und den jetzigen Lebensverhält-
nissen nicht entsprechen.
Bei der Gehaltsregelung kommen die Dienst-
zeit und eventuelle Nebeneinnahmen und Privat-
praxis in Frage. Letztere ist man zu leicht
geneigt, bedeutend zu überschätzen.
Die Dienstzeit geht an den meisten Schlacht-
höfen mittlerer und kleiner Städte über das Be-
dürfnis hinaus.
Wonn z. B. an Schlachthöfen von Städten von
15—20 000 Einwohnern Beschanzeiten von früh
7 Uhr bis abends 7 Uhr mit zweistOndlicher
Mittagspause gelten, so ist damit der Bequem-
lichkeit der Interessenten über die Maßen Bech-
nung getragen. Etwa sechs bis sieben Stunden
an den zwei bis drei Haupttagen und ent-
sprechend weniger Stunden an den übrigen
Tagen werden überall genügen, ohne geschäft-
liche Schädigung der Fleischer, und der eigent-
liche wirkliche Betrieb, der sich an sich wohl
überall auf gewisse Stunden, zumeist die Abend-
stunden beschränkt, wird sich bei zweck-
entsprechender Verteilung der Dienstzeit zum
Vorteil des Schlachthofes auch billiger gestalten.
Hierdurch wäre vor allem in kleinen
Schlachthofgemeinden, in welchen es nicht
möglich ist, den Tierärzten eine zum Leben
auskömmliche Besoldung zu gewähren, eine Ge-
legenheit gegeben, das Fehlende durch Ausübung
von Privatpraxis zu ergänzen.
Als ein Mißstand ist es auch zu bezeichnen,
wenn in einzelnen Schlachthofgemeinden die
Tierärzte auf Grund ihrer Anstellungsbedingungen
zur Ausübung der Trichinenschau verpflichtet
sind. Bei den einen ist eine gewisse Anzahl
von Untersuchungen im Gehalte eingeschlossen,
andere haben einen Teil der Untersuchungen für
die entsprechenden Gebühren zu erledigen, sollen
aber dadurch ihr Einkommen erhöhen und einen
weiteren Trichinenschauer ersparen. Da nun die
Trichinenschau für den Tierarzt gerade an den
Haupttagen, wo die Zahl der Schweineschlach-
tungen höhere sind, wo er aber durch die
Fleischbeschau an sich schon genügend be-
schäftigt ist, in Frage kommt, so werden Über
häufungen von Untersuchungen nicht ausbleiben,
und letztere darunter leiden. Zu den Ein-
richtungen, welche zum „Fleischbeschauetat''
eines Schlachthofes gehören, ist ein geräumiges
Dienstzimmer zu rechnen, welches genügend
Licht zum Mikroskopieren hat und durch seine
Lage gesundheitlich ohne Nachteile ist. Hier
und da soll ein eigenes Zimmer für den Tier-
arzt fehlen oder ein gemeinsames Zimmer für
alle Beamten vorhanden sein.
Ein unbedingt separates tierärztliches Dienst-
zimnier müßte genügende Einrichtungen für histo-
logische und bakteriologische Untersuchungen,
wie Mikroskop, Mikrotom, Farbflttssigkeiten,
eventuell Brutofen usw. haben; davon ist aber
nur vereinzelt etwas zu finden. Hierdurch wäre
den Tierärzten Gelegenheit geboten, neben der
doch ohne Frage eintönigen Beschäftigung
der Fleischbeschau, zumal da, wo wenig Bean-
standungen vorkommen, sich wissenschaftlich
zu betätigen. Denn selbst auf den kleinsten
Schlachthöfen kommen Fälle vor, die von wissen-
— 157 —
Bchaftlichem Werte sind, aber infolge Fehlens 1
jl^enflgender laboratoriummäßiger Einriebtungen
der AUgemeinbeit niebt zugute kommen können. '
Wie die Anschaffung dieser Utensilien meist auf
Schwierigkeiten stößt oder an der Abneigung
der Itebörden oder Innungen überhaupt scheitert,
so ist zum Teil auch nicht genügende Dienst-
kleidung (Mäntel)), Handtflcher, zu finden, femer
nicht oder mangelhaft gesorgt für Wasch-
oinrichtungen mit warmem Wasser und Des-
infektionsvorricbtungen für Hände und Messer
und anderes mehr.
Auch dürften die Haltung von Gesetzblättern,
den'Scblachthof, die Fleischbeschau und das
Fleischergewerbe betrefiPende Zeitungen und
Material zur Anlegung von Akten usw. auf
Kosten der Fleischbeschau eine Notwendigkeit
und die Gewährung von Beihilfen zum Besuche
von Fortbildungskursen und tierärztlichen Ver-
sammlungen ein Bedürfnis sein. Meist fehlen
auch Räumlichkeiten zur Abhaltung von
Trichinenschauerkursen und Platz zur Abhaltung
der Nachprüfungen der Fleisch- und Trichinen-
schauer durch die Bezirkstierärzte.
Endlich stehen noch den Tierärzten bei Aus-
übung der Beschau nicht genügend Hilfskräfte
zur Beseitigung von Beanstandungen, zum Ab-
stempeln usw. zur Verfügung, so daß den Tier-
ärzten manche Verrichtungen zufallen, die sich
mit ihrer Stellung nicht vereinbaren.
Zum Schluß komme ich zur Stellung und
zum Titel der Schlachthof tierärzte im allge-
meinen, welche sie in ihrem Interesse und vor
allem in Ansehung des Publikums einnehmen
bzw. führen möchten. Bei einer Reihe von
mittleren und kleinen Städten hat dies bereits
in der Weise eine Regelung erfahren, daß der
den Schlachthof bzw. die Fleischbeschau leitende
Tierarzt den Diensttitel „ Schlachthof direktor^
oder „Direktor der Fleischbeschau oder des
Fieischbeschauamts*' führt An einer Anzahl von
Schlachthöfen dagegen hat man sich ablehnend
verhalten, daselbst führen die betrefTenden Tier-
ärzte die Bezeichnung: Schlachthoftierarzt, städt.
Tierarzt, Schlachthofverwalter, Polizeitierarzt
usw. Die letzteren Bezeichnungen sind geeignet,
in tierärztlichen Kreisen sowohl als auch bei
den Fleischern und beim Publikum den Anschein
zu erwecken, als ob die Stellung dieser Tier-
ärzte und ihre Funktionen untergeordnete oder
andere seien als dort, wo sie den Titel Direktor
führen.
Der Gleichmäßigkeit halber ist daher für alle
einen Schlachthof bzw. die Fleischbeschau da-
selbst leitenden Tierärzte der Titel „Schlachthof-
direktor^ oder „Direktor der Fleischbeschau"
wünschenswert und wird zur Hebung des An-
sehens bettragen. Dies ist vor allem auch dort
anzustreben, wo der Schlachthof und die Ver-
waltung in Innnngshänden ruht, da die Fleisch-
beschau an sich unter Leitung des Tierarztes
steht und der Schlachthof als öffentliches, sani-
tären und Veterinären Zwecken dienendes Institut
ihm unterstellt, nur von ihm, als dem in diesen
Beziehungen verantwortlichen Sachverständigen
dirigiert werden darf.
Es bleibt mir nur noch übrig, der Schlachthof-
ausschüsse Erwähnung zu tun.
Da gibt es zunächst Gemeinden mit Innungs-
schlachthöfen, wo ein Schlachthofausschuß ü!)cr-
haupt nicht bestellt. Die Innung ist zugleich
die Verwaltung und schaltet und waltet im
Schlachthof nach ihrem Gutdünken.
Dann gibt es Orte, wo ein Schiachthofaus-
schuß wohl besteht, seine Zusammensetzung aber
dermaßen zugunsten der Gewerbetreibenden
erfolgt ist, dnß er einem Innungsausschuß gleich
zu achten ist und demnach auch seine Beschlüsse
ausfallen.
Meiner Meinung nach ist unbedingt darauf
hin zu arbeiten, daß überall ein Schlachthofaus-
schuß bestehen uiuß, vor allem ist er dringend
dort nötig, wo der Schlachthof sich in Innungs-
händen befindet. Der Ausschuß hat aus einer
beschränkten Zahl von Geraeindevertretern und
Fleischern und aus dem Tierarzt mit beschließen-
der Stimme zu bestehen. Nur so wird etwas
Gedeihliebes für einen Schlachthof erschalFen
werden können, nur so wird es möglich sein,
daß der Tierarzt sich in seinem Spezialberuf
einarbeiten und in Verwaltungsangelegenheiten
praktisch betätigen kann, nur so wird er auch
an Achtung und Autorität mehr und mehr ge-
winnen. Dies, meine Herren, sind in der Haupt-
sache die mißlichen Zustände, wie sie an einem
großen Teil unserer sächsischen Schlachthöfe
mehr oder weniger zu finden sind.
Daß hier Abhilfe not tut, davon sind wir
zumeist schon seit Jahren überzeugt und dies
ist vor allem mit die Veranlassung zu unserem
Zusammenschluß.
Wie der Weg zur Abhilfe betreten werden
soll, mag der folgenden Besprechung vorbehalten
bleiben.
Jedenfalls sind wir wohl alle der Meinung,
da die Schlachtvieh- und Fleischbeschau eine
staatliche Einrichtung ist, und die dieselbe aus-
übenden Personen staatliche Funktionen ver-
richten, demnach gewissermaßen Organe des
Staates sind, da ferner die Schlacht- und Vieh-
höfe unter geregelter Veterinär- und sanitäts-
polizeilicher Aufsicht stehen, daß nur von der
Regierung eine sichtliche Besserung unserer
ganzen Verhältnisse zu erhoffen ist.
— 158 —
Der Staat wird, meine ich, ein Interesse
daran haben, daß die Schlachtvieh- und Fleisch-
beschau überall gesetzmäßig gehandhabt wird,
und daß vor allem die berufenen Vertreter
derselben, die Tierärzte, auch in ihren Funk-
tionen als Leiter der Schlachthöfe und der
Fleischbeschau berufsfreudig ihres Amtes walten
und in ihm ihre Befriedigung finden.
Den Ausfahrungen des Vortragenden fügte
der folgende Referent Herr Amtstierarzt S t i e h 1 e r
Bautzen noch an, daß vor allem andere Dienst-
zeiten sehr wünschenswert seien, betonte, daß
die Gemeindebehörden sich um die Innungs-
schlachthöfe ungenügend kümmerten, daß es
daselbst an ausreichenden Hilfskräften bei der
Beschau fehle, wünschte femer, daß anderwärts
verbrachte Dienstzeit bei der Pension mit ange-
rechnet werde, tadelte die ungenügende und
unwürdige Ausstattung der Dienstzimmer und
verlangt zum Schluß dringend die Trennung
der Fleischbeschaugebühren vom Verwaltungs-
etat und die Festsetzung zureichender Gebühren
für die Beschau.
Herr Direkt G an s e h a 1 s-Großenhain wünscht,
daß an Innungsschlachthöfen alle Schlachthof-
beamten von der Stadtbehörde angestellt werden
müßten.
Herr Landestierarzt Medizinalrat Professor
Dr. Edelmann betont, daß wir bei der Kon-
stellation der Behörden und dem Selbstbe-
stimmungsrecht der Gemeinden in Sachsen
nicht zu viel von der Staatsregierung erwarten
sollten. Die Stellvertretung der Tierärzte an
Schlachthöfen betr. glaubt er nach den voran-
gegangenen Darlegungen annehmen zu dürfen,
daß von den Mitgliedern des Vereins aus die
Regierung unterstützt wird in dem Bestreben,
Vertretungen nur Tierärzten zu übertragen.
4. Über die „Wege zur Besserung der
Verhältnisse der Gemeindetierärzte^
referiert der Vorsitzende unter teilweiser
Benutzung des überaus reichhaltigen Materials
der Fragebogen, deren wichtigsten Inhalt er
bespricht.
Das gesamte Material soll mitsamt den
Referaten einer Kommission übergeben werden,
welche dieselben zu einer Denkschrift ver-
arbeiten soll.
In die Kommission werden gewählt die
Herren Dr. Meyfarth -Glauchau, Dr. Tempel-
Chemnitz, Dr. Keil -Leipzig, Dr. Seyfert-Pima
und Dr. Schmutzer-Waldheim.
Derselben werden folgende Beschlüsse bzw.
Hinweise auf den Weg gegeben: Es ist eine
Verkürzung der Betriebszeiten bzw. Dienst-
stunden dergestalt zu erstreben, daß Erholungs-
stunden bzw. freie Praxis ermöglicht werden.
Der Verein erachtet ein pensionsfähiges Gehalt
von 3000 bis 6000 M. in Staffeln in 15 bis 20 Jahren
erreichbar und freie Praxis soweit angängig
bzw. freie Wohnung undKebenbezüge für sämtliche
Gemeindetierärzte in unteren Stellen in Rücksicht
auf die Vor- und Ausbildung als angemessen,
fordert femer Unfall-, Witwen- und Waisenver-
sorgung und erstrebt Haftpflicht nach dem Staats-
dienergesetz und Kündigung zunächst viertel-
jährlich, nach einem Jahr unkündbar. Für amts-
tierärztliche Stellen 5000 bis 8000 M., ftlr höhere
Stellen entsprechend mehr Gehalt Anrechnung
der Dienst- und Militärjahre und Anerkennung
der Gehaltstaffel bei Stellenwechsel. Es ist be-
deutsam, daß nach den jetzt bestehenden Ver-
hältnissen niemand etwas als Reingewinn zu-
rücklegen oder ersparen konnte.
Als gemeinsamer Titel soll in größeren Ge-
meinden städtischer Tierarzt (nicht Hilfstierarzt),
in leitenden Stellungen Direktor erstrebt werden.
Was die Rangstellung anlangt, so befinden
sich zwar die Gemeindetierärzte als sogenannte
Gemeindeunterbeamte, zu welchen sämtliche
Kategorien technischer Oberbeamten (mit Aus-
nahme der Juristen und in größeren Städten
noch der Stadtbauräte) zählen, in guter Gesell-
schaft, jedoch ist gemeinsam mit 'den übrigen
akademisch gebildeten Gemeindeunterbeamten
eine besondere Gmppe der technischen Gemeinde-
oberbeamten zu erstreben.
Es wird anerkannt, daß die jetzt bestehenden
Verhältnisse in Sachsen trotz der Buntscheckii^-
keit durchschnittlich besser sind als anderwärts.
Besonders wird auf Gmnd des „Voll mar sehen
Pensionsrechts sächsischer Gemeindebeamten''
festgestellt, daß jeder Gemeindetierarzt, sofern
er Beamter ist (d. h. ein bestimmtes jährliches
Einkommen aus der Gemeindekasse im Lebens-
beruf, nicht als Nebenerwerb bezieht), bereits
jetzt Pension, Unfallversicherang, Witwen- und
Waisenversorgung und Haftpflichtschutz nach
Maßgabe der bestehenden Gesetze genießt, ganz
gleichgültig, ob es die Gemeinde ausgesprochen
hat oder nicht, ebenso daß er nach zehnjähriger
Dienstzeit (ausgenommen Disziplinarvergehen)
unkündbar angestellt ist. Wo noch nicht vor-
handen, ist die Ausstellung einer Anstellungs-
urkunde, in welcher die Anstellungsverhältnisse
unzweideutig ausgesprochen sind, zu erstreben.
Da die Gemeinden in diesen Fragen die Initiatiye
nicht selbst ergreifen werden, ist staatliches Ein-
greifen erwünscht Die ungleichmäßigen Ver-
hältnisse namentlich an Innungsschlachthöfen
verlangen, daß die Ausschüsse in allen Schlacht-
höfen gesetzlich geregelt werden. Es ist femer,
da Wählbarkeit in das Stadtverordnetenkollegium
nach § 46 der revidierten Städteordnnng zur Zeit
— 169 —
/..
ausgeschlossen ist, Eintritt in das Ratskolleginm
nach einer Reihe von Dienstjahren nach Art der
Stadtbaurftte, mindestens aber Selbstreferieren im
Ratskolleginm erwOnscht Der Kühlmaschinen-
betrieb ist schon jetzt den Schlachthofleitem zu
nnterstellen, die Laboratorien und Bibliotheken
neuzuschaffen oder erheblich zu verbessern.
Die Revisionen werden nicht empfunden, jedoch
ist es wünschenswert, dafi ein anderwärts wohnen-
der höherer Vorgesetzter, welcher durch Stellung
und Rang wirklich einen Einfluß auf die Gemeinde
hat, die jeweiligen Revisionen vornimmt und
Obelstilnde direkt abstellt. Hierbei ist zu er-
örtern, ob nicht ein hochgestellter Schlachthof-
direktor, welcher genaue Betriebskenntnisse be-
sitzt, die geeignete Person ist.
Es wird beschlossen, das Königl. Ministerium
zu ersuchen, das Wort Beschauer, soweit es
Tierärzte betrifft, in allen gesetzlichen Be-
stimmungen und Verordnungen durch den Titel
„Tierarzt** zu ersetzen und den Titel „Fleisch-
beschauer*' nur fflr Laien gelten zu lassen, und
in diesem Sinne auch § 30 der sächsischen Ver-
ordnung vom 27. Januar 1903 zu interpretieren.
Auf gewissen großen Schlachthöfen ist es
dringend erforderlich, würdigere Dienstränme zu
schsüffen und den Tierärzten Gelegenheit zu geben,
sich im Verwaltungswesen die nötigen Kenntnisse
anzueignen.
Der Einfluß des Staates auf Schlachthöfe
und Fleischbeschau soll in Zusammenfassung
aller Stellen im Ministerium des Innern im Sinne
der Fragebogen und dadurch zum Ausdruck
gebracht werden, daß der Staat etwa ein Drittel
der Beschaugebühren für sich vereinnahmt und
dafür staatliche Pension, Unfallversicherung,
Witwen- und Waisenfürsorge usw. gewährt.
Femer ist der Einfluß der Landwirtschaft^ auf
die Schlachthöfe als wesentlich beteiligte Inter-
essenten, welche weitsichtig die allgemeinen und
wissenschaftlichen Interessen niemals außer acht
gelassen haben, unbedingt erheblich zu vergrößern.
Die in der Sitzung des Vorabends behandelte
Promotionsfrage für immature Tierärzte betr.
wird, da Herr Medizinalrat Edelmann vor einem
übereilten Beschluß warnt und rät, vorher einen
Vertreter der Hochschule zu hören und der
folgenden Versammlung die Angelegenheit wieder
zu unterbreiten, beschlossen, den tierärztlichen
Landesverband zu veranlassen, der Sache näher
zu treten, daß im hiesigen Verein der Wunsch
vorhanden sei, daß immaturen Tierärzten die
Möglichkeit zur Erlangung des Dr. med. vet.
gegeben, daß aber vor weiteren Schritten die
Anhörung der Hochschule anempfohlen werde.
5. a) Die Unfallversicherung betr., macht der
Vorsitzende darauf aufmerksam, daß nach den
sächsischen Bestimmungen Beamte zu 66^3 Proz.
des Gehaltes versichert seien.
b) Die Fortbildungskurse betr., beschließt
man, Kurse auf Fleischbeschaukosten zu erstreben,
daß jedes Mitglied in drei bis fünf Jahren
mindestens einmal an einem solchen teilnehmen
kann. Der Verein soll sich deshalb an den
Rektor der Dresdner Hochschule wenden.
c) Erweiterung des Studienplans. Einer
Äußerung des Rektors zufolge ist nicht eher daran
zu denken, als bis unser Studium um mindestens
ein Semester verlängert ist. Der Verein beschließt,
in diesem Sinne beim Ministerium zu petitionieren.
d) Die Angelegenheit, die Schlachthof-
laboratorien betr., wird der Kommission über-
lassen.
e) Die Verwendung von Laienfleischbe-
schauem an Schlachthöfen betr., wird altgemein
der Wunsch zum Beschluß erhoben, dieselben
in Schlachthöfen nicht zu verwenden.
Herr Medizinalrat Edelmann schlägt dazu
vor, darüber auf Grund von Referaten in einer
der nächsten Versammlungen zu verbandeln und
zu beschließen.
f) Anschluß an Fachvereine. Von einem
Zusammenschluß mit Preußen und Süddeutsch-
land wird als verfrüht abgesehen. Der Verein
gibt an den tierärztlichen Landesverband nur
allgemeine Sachen weiter, bleibt aber selbständig
in Eingaben an Behörden. Zu Punkt 6 der
Tagesordnung wird ein Antrag auf Schluß der
Debatte angenommen.
Als nächster Versammlungsort wird Chemnitz
und als Zeit Februar oder März 1908 gewählt.
Schluß der Verhandlungen nachmittags 2Va Uhr.
In sehr angeregter Stimmung einte die Ver-
sammlungsteilnehmer ein fröhliches Mahl. Bedeut-
same ernste und heitere Tischreden legten
Zeugnis ab von der allgemeinen Befriedigung
über den Verlauf der erfolgreichen Versammlung.
Leipzig, den S.November 1907.
gez. Dr. Meyfarth, gez. Dr. Seyfert,
1. Vorsitzender. 1. Schriftführer.
— Bericht Ober den XIV. Internationalen Kongreß
für Hygiene und Demographie, Berlin, 23.-29. Sep-
tember 1907, von Bo ekel mann- Aachen.
Für den Tierarzt beanspruchten Verhandlungs-
gegenstände der I. Sektion das meiste Interesse,
aber auch in der III. und V. Sektion wurden
Fragen verhandelt, an deren Lösung wir Tier-
ärzte bemfen sind, mitzuwirken. Bei meinem
heutigen Referat kann ich natürlich nur einen
kurzen Überblick geben und werde mich hin-
sichtlich der verhandelten Themata auf diejenigen
beschränken, die uns besonders interessieren,
und auch diesen kann ich nur eine kurze Be-
sprechung widmen.
160
Die Sektion I behandelte in erster Linie
die Tuberkulose.
An der Tuberkuloseerforschnng sind stets
Tierärzte in hohem Maße beteiligt gewesen, und
es war auch hier einem Tierarzt vorbehalten,
als erster über die Ätiologie der Tuberkulose
zu referieren, nämlich Arloing, Directeur de
TEcole V6törinaire de Lyon. Er sprach über die
Verwandtschaftlicbkeit der Tuberkulosebazillen.
Kavenel-Philadelphia berichtete über die
tuberkulöse Infektion durch Nahrungsaufnahme
und durch Eontakt. Der Tuberkelbazillus hat die
Fähigkeit, die intakte Schleimhaut des Spcise-
kanals zu durchdringen, ohne eine Verändening
der Schleimhaut zu verursachen; dies geschieht
namentlich während der Verdauung von Fett-
stoffen. Die Ansteckung durch den Verdauungs-
kanal ist besonders häufig bei Kindern. In vielen
Fällen ist die Milch von tuberkulösen Kühen die
Ursache der Ansteckung. Auch durch Berührung,
Küssen, unreine Hände, durch Verrichtungen bei
der Reinigung von Gefäßen, die von Tuber-
kulösen benutzt worden sind, kann die Tuber-
kulose übertragen werden.
Flügge -Breslau sprach über Inhalations-
tuberkulöse. Es genügen schon äußerst geringe
Mengen von in Tröpfchenform mit der Luft ein-
geatmeten Tuberkelbazillen, um eine Lungen-
tuberkulose hervorzurufen. Werden Tuberkel-
bazillen verfüttert, so sind millionenfach größere
Bazillenmengen nötig, um manifeste Krankheits-
erscheinungen hervorzurufen. Für die Menschen
haben die Infektionsgelegenheiten durch Inhalation
entschieden mehr Bedeutung als die intestinale
Infektion.
Ribbert-Bonn behandelte die pathologisch-
anatomischen Befunde bei der Tuberkulose und
wies darauf hin, daß diese am häufigsten in den
Lungen und in den BronchialdrUsen lokalisiert
gefunden würde. Die Bronchialdrüsentuberkulose
wird weitaus am häufigsten festgestellt und ist
in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle die
einzige Lymphdrüsentuberkulose des Körpers.
Hieraus folgt, daß die a^rogene Infektion bei Er-
wachsenen in erster Linie in Betracht kommt, und
die intestinale Infektion keine große Rolle spielt.
Bei Kindern dagegen betragen die Fälle der in-
testinalen Infektion 15% sämtlicher Tuberkulösen.
Hofrat von Schrötter-Wien sprach über
die klinischen Beobachtungen hinsichtlich der
Entstehung primärer Tuberkulose beim Menschen.
Es wurde noch ein Vortrag gehalten von
Oberarzt Dieterlen. Seine Versuche haben
ergeben, daß, wenn man Bakterienauf-
schwemmungen Tieren per Klysma beibringt,
sich die Keime schon 4 Stunden nachher in den
Lungen nachweisen lassen. Die Keime steigen
den Verdauungskanal empor und gelangen vom
Ösophagus in die Lungen. Bei unterbundenem
Ösophagus konnten die Keime niemals in den
Lungen nachgewiesen werden.
An der Diskussion über die fünf offiziellen
Referate beteiligten sich 17 Redner, u. a. auch
Kollege Bongert- Berlin.
In den Schlußsätzen der Referenten ist
manches enthalten, was uns Tierärzten aus der
praktischen Erfahrung heraus, insbesondere
durch die Fleischbeschau, bereits in Fleisch und
Blut übergegangen ist Wir stehen längst schon
auf dem Standpunkt, daß bei Erwachsenen
(in unserem Falle z. B. Rinder) die aörogene
Infektion die erste Rolle spielt, während bei
den jugendlichen Individuen (Kälber, Ferkel)
die intestinale Form der Infektion vorwiegt.
Von dieser auf überzeugende Befunde gestützten
Erkenntnis konnte uns auch die einseitige Be-
tonung der intestinalen Tuberkuloseinfektion
seitens v. Behrings nicht abbringen.
Die übrigen Verhandlungsgogenstände der
I. Sektion, so interessant sie auch sein mögen,
hatten besonderes Interesse nur fQr den
speziellen Bakteriologen. Die Mehrzahl der
tierärztlichen Kongreßteilnehmer hat deshalb
während der Verhandlungsdauer für uns Tierärzte
aktuellere Vorträge in anderen Sektionen gehört.
Für mich kamen die IIL, V. und VII. Sektion in
Betracht, und zwar für folgende Vorträge:
III. Sektion: Herstellung tadelloser Kinder-
milch.
Sektion V: Die allgemeine Durchführung
der Fleischbeschau mit Rücksicht auf
KrankheitsverhQtung.
Sektion VIII: Säuglingssterblichkeit.
In der IIL Sektion hielt einen ausgezeich-
neten Vortrag über die Herstellung tadelloser
Kindermilch Reg.-Rat Dr. Weber aus dem
Reichsgesnndheitsamt. Er wies einleitend darauf
hin, daß hierbei der Tierarzt, der Arzt, der
Hygieniker und der Landwirt ein wichtiges Wort
mitzureden hätten, und besprach dann die
Forderungen, welche an eine tadellose Kinder-
milch gestellt werden müßten. Kindermilch soll
frei von jeglichen, die menschliche Gesundheit
bedrohenden Schädlichkeiten sein. Bisher ist
keine Sicherheit gegeben, daß die Milch frei von
Krankheitskeimen ist. Dieselbe kann mit tierischen
und menschlichen Krankheitserregern infiziert
sein. In Deutschland liegt eine gewisse Vorbeuge
in dem Reichsgesetz, betr. die Bekämpfung
menschlicher Seuchen, und in vielen dazu
erlassenen Polizeiverordnnngen. Aus den Molkerei-
betrieben sowie vom Handel und Verkehr mit
Milch sind kranke Personen, namentlich solche,
die Krankheitskeime ausscheiden oder mit
UM
sich herumtragen (sog. Bazillenträger) auszu-
schließen, namentlich muß dies der Fall sein bei
Typhus und Tuberkulose. In dem Reichsvieh-
seuchengesetz liegt eine Vorbeuge gegen die
Übertragung des Milzbrandes, der Maul- und
Klauenseuche und der Tollwut. In der Milch
wurden vielfach Streptokokken gefunden, die teil-
weise von auf den Menschen übertragbaren
Erkrankungen herrührten. Die pathogenen Strep-
tokokken sind von den nicht pathogenen nicht
zu unterscheiden. Neuerdings wird der eitrige
Bodensatz der zentrifugierten Milchprobe diagnos-
tisch verwertet (Eiterprobe nach Trommsdorf—
Streptokokken -Mastitis). Der Vortragende ging
dann auf die Frage der Übertragbarkeit der
bovinen Tuberkulose auf den Menschen durch den
Milchgenufi über, an deren Möglichkeit, namentlich
bei Säuglingen und Kindern nicht mehr gezweifelt
werden kann. Nach Webers Ansicht sind Fälle
von Mesenterialdrüsentuberkulose und der Hals-
driisentuberkulose der Kinder der Milchinfektion
verdächtig. Diese Ansicht findet ihre Stütze in
dem Ergebnis der groß angelegten Versuche, die
im Keichsgesundheitsamt über die Beziehungen
zwischen Tier- und Menschentuberkulose durch-
geführt worden sind. Die Bekämpfung der Rinder-
tnberknlose ist deshalb nicht nur im landwirt-
schaftlichen Interesse, sondern im Interesse der
Volkswohlfahrt auch geboten. Der Genuß der
rohen Milch ist trotz der Empfehlung durch
V. Behring zurzeit nicht gutzuheißen, nament-
lich da neuerdings bekannt geworden ist, daß
die erhitzte artfremde Milch bekömmlicher ist,
als die rohe artfremde Milch. (Berl Kinderarzt
Dr. Fink eiste in.) Nur bei der Barlowschen
Krankheit ist die Verabreichung von roiicr
Milch unbedingt erforderlich.
Die V. B e h r i n g sehe Immunisierungsmethode
kann als ein sicheres Mittel zur Bekämpfung
der Rindertuberkulose nicht anerkannt werden,
nachdem die Untersuchungen von Hutyra, Eber
und dem Reichsgesundbcitsamt die nur zeitlich
beschränkte Wirksamkeit derselben ergeben haben.
Ein Teil der Kindertuberkulose kann
auf den Genuß von Tuberkelbazillen enthalten-
der Butter zurückzuführen sein, welche ja nur
selten aus pasteurisiertem oder sterilisiertem Rahm
hergestellt wird.
Die Bekämpfung der Rindertuberkulose ist
im Interesse der Milchhygiene erstrebenswert.
Kühe, die Tuberkelbazillen mit der Milch aus-
scheiden, müssen unbedingt ausgemerzt werden.
Hierzu sind erforderlich, eine fortlaufende Tuber-
kulinprüfung und klinische Untersuchung der
Milchdrüse auf offene Tuberkulose.
Die Schlußsätze von Weber lauten:
1. Es ist anzustreben, daß als Ersatz für die
natürliche Ernährung der Säuglinge Kuh-
milch von solcher Beschaffenheit in den
Handel kommt, daß sie auch in ungekochtem
Znstand ohne Gefährdung der Gesund-
heit getrunken werden kann.
2 Dies ist nur möglich, wenn eine sichere
Gewähr dafür gegeben ist, daß die Milch
frei von Krankheitserregern, insbesondere
auch von Tuberkelbazillen ist.
3. Die bestehende Milchkontrolle reicht jedoch
nicht aus, um dem Publikum diese Sicher-
heit zu geben.
4. Daher kann zur Zeit die Erhitzung der
Milch behufs Abtötung der in ihr ent-
haltenen Krankheitserreger nicht entbehrt
werden.
5. Die Abtötung der Krankheitserreger, auch
der verhältnismäßig widerstandsfähigen
Tuberkelbazillen, kann durch sachgemäße
Erhitzung erreicht werden, ohne dadurch
die Milch in ihrer Zusammensetzung so
stark zu schädigen, daß sie minderwertig
und damit als Säuglingsnahrung unbrauch-
bar wird, vorausgesetzt, daß die Milch vor
der Erhitzung frisch und bakteriellen Zer-
setzungen noch nicht ausgesetzt war.
6. Ob dem von v. B e h r i n g und seinen Schülern
empfohlenen Verfahren, durch Zusatz
chemischer Mittel die Krankheitskeime bei
Erhaltung des genuinen Charakters der
Milch abzutöten (Perhydrase-, Sufonin-
Milch) praktische Bedeutung speziell für
die Säuglingsernährung zukommt, muß erst
die Zukunft lehren.
Dr. K ober- Washington stimmte im wesent-
lichen den Ausführungen Webers zu und
wies unter anderm darauf hin, daß die in
Amerika eingesetzten, ehrenamtlich wirkenden
Kommissionen die Gefahren, die der menschlichen
Gesundheit durch den Mllchgonuß drohen, so
hoch anschlagen, daß sie die strengsten Be-
stimmungen festgelegt haben: Es muß der
Identitätsnachweis bezüglich der Herkunft und
der Qualität erbracht werden. Die Milch darf
nicht älter als 24 Stunden und muß unter 0" C
abgekühlt sein. Die Milchproduktion steht unter
ständiger tierärztlicher Kontrolle.
In dem folgenden Vortrage von Reiß-
Bcrlin gelangt dieser zu folgenden Schlußsätzen:
1. Die behördlichen Vorschriften und Kontroll-
methoden gewährleisten nicht die sichere
Unterscheidung von Vorzugsmilch und
gewöhnlicher Handelsmilch.
2. Aus diesem Grunde muß die Identität
bezüglich Beschaffenheit und Deklaration
von Vorzugsmilch auf andere Weise ge-
sichert werden.
— 162 —
3. Die Mafiregel der jüngsten Dannstädter
Polizeiverordnung, wonach der Flaschen-
abzug der Vorzugsmilch auf die Pro-
duktionsstätte beschränkt wird, erscheint
vorzüglich geeignet, die Identität dieser
Milch zu verbürgen, wenn Hand in Hand
mit der bezeichneten Maßregel eine be-
hördliche Sachverständigen-Kontrolle von
Produktionsstätten und Milchhandlungen
stattfindet.
4. Erst nach Sicherstellung der Identität der
Vorzugsmilch sind weitere Verbesserungen
dieser Milch denkbar und erwünscht.
An der lebhaften Diskussion über die refe-
rierten drei Vorträge beteiligten sich u. a.
Ostertag-Berlin, Lothes-Köln, Bongert-
Berlin, Müller-Königsberg, de Jong-Leyden.
Lothes wendet sich auf Gnind seiner
Erfahrungen gegen den noch weit verbreiteten
Glauben, dafi Ziegen für Tuberkulose wenig
empfänglich seien. Er sah Tuberkulose unter
den Ziegen auftreten, sobald diese in größerer
Zahl, hauptsächlich bei Stallfütterung, gehalten
wurden und mit Kühen in Berührung kamen.
Oster tag und Bongert führen den von
Weber zu sehr betonten hohen diagnostischen
Wert des Tuberkulins auf das richtige Maß
zurück. Bongert fordert außerdem Verbot
der Pasteurisation und Sterilisation der Milch
von selten der Milchinteressenten, da sie durch
diese Maßnahme der Milch eine bessere Be-
schaffenheit geben wollen, wie sie ursprünglich
hat und außerdem durch die Erhitzung der
Milch der Mühe und Sorgfalt enthoben seien,
welche sie anwenden müßten, um die Milch im
rohen Zustande verkaufsfähig zu erhalten.
Außerdem würde hierdurch erreicht, daß der
Käufer sich von der wahren Beschaffenheit der
Milch (Tuberkelbazillengehalt) nicht mehr über-
zeugen könne. Es seien somit alle Tatbestands-
merkmale des § 10 des Nahrungsmittelgesetzes
gegeben, welcher eine wirksame, strafrechtliche
Verfolgung dieser Manipulation ermögliche.
Müller hat nur in solchen Rindvieh-
beständen eine Übertragung der Tuberkulose
auf die Kälber durch die Verabreichung der
Milch konstatieren können, in denen sich eine
cutertnberkulöse Kuh befand. Das gelegentliche
Vorkommen von wenig Tuberkelbazillen bei den
anderen offenen Tuberkuloseformen sei für die
Nachzucht belanglos. Er glaubt deshalb, daß
durch eine sorgsame tierärztliche Kontrolle eine
ausreichende Gewähr geboten sei für die Schaffung
einer guten Kindermilch, und warnt davor, Inder
Besserung der Milchversorgung zu scharf vor-
zugehen.
In der V. Sektion waren für das zur
Beratung gestellte Thema: „Die allgemeine Durch-
führung der Fleischbeschau mit Rücksicht auf
Kx&nkheitsverhütung^ Martel-Paris und Oster-
tag-Berlin bestellt.
Der erstere war nicht erschienen und ließ
seine Schlußsätze verlesen, in denen er eine all-
gemeine Fleischbeschau fordert, und daß die mit
der Fleischbeschau beauftragten Inspektoren in
der Handhabung der neuen Untersuchungs-
methoden, welche die Wissenschaft zur Ver-
fügung stellt, durch den periodischen Besuch
wissenschaftlicher Untersuchungsanstalten und
durch die Teilnahme an gut geleiteten Kursen
in der Fleischuntersuchung stets auf dem
Laufenden gehalten werden.
Ostertag forderte eine überall durchzu-
führende Fleischbeschau zur sicheren Verhütung
einer Übertragung der im Fleisch enthaltenen
Schädlichkeiten, von denen er als die wichtigsten
bezeichnete: die Brut der verschiedenen Ein-
geweidewürmer, insonderheit der taenia saginata
und taenia solium, die schädlichen Fischparasiten,
femer Tuberkulose, Milzbrand, Rotz und Tollwut,
sowie die Fäulnistoxine, das Wurst- und Fleischgift.
Von einem ausführlichen Referat über seinen
Vortrag darf ich Abstand nehmen, nachdem
Ostertag den Abdruck desselben in der Zeit-
schrift für Fleisch- und Milchhygiene in Aussicht
gestellt hat. An der Diskussion beteiligte sich u. a.
Borch mann- Berlin, der in ausführlichen Dar-
legungen für eine amtliche Beschau des Wildes,
des Geflügels und der Eier eintrat
Aus den Verhandlungen der VIII. Sektion
verdienen als bedeutungsvoll für uns Tierärzte
zwei Vorträge hervorgehoben zu werden, die
der bekannte Kinderarzt und Professor an der
Düsseldorfer Akademie Dr. Schloßmann und
Veterinärrat Dr. Foth- Schleswig hielten.
Dr. Schloßmann bezeichnete es als einen
Widerspruch, daß eins der allerwichtigsten
Nahrungsmittel, das die Milch als einziges für
viele zarte Säuglinge ist, so wenig sorgfältig
behandelt wird. Namentlich in den Großstädten,
in denen im übrigen das Bestreben herrscht, die
Nahrungs- und Genußmittel im besten Zustande zu
liefern, gelangt die Milch meist in ganz miserablem
Zustand in den Verkehr. Die in manchen Städten
eingerichteten Milchküchen haben es nicht ver-
mocht, eine bessere Beschaffenheit der zur
Säuglingsemährung bestimmten Milch herbeizu-
führen, die hiermit angeblich erzielten Erfolge sind
nur Scheinerfolge. Das Gegenteil von dem, was
erstrebt wird, ist durch diese Küchen erzielt
worden. Die Hauptaufgabe ist darin zu er-
blicken, die großen Massen, die Großstädte, mit
guter Milch zu versorgen. Viele Städte haben
— 163 —
Regalatiye erlassen, aber die Milch sei trotzdem
immer «schlechter geworden, weil die Milch bis-
her nur an! ihren ehemischen Nährwert kon-
trolliert wird, die hygienische Kontrolle dagegen
noch aussteht. Auf diese Weise wird zwar der
Geldbeutel, nicht aber die Gesundheit der Kon-
sumenten geschätzt. Eine Änderung dieses
hygienisch unglaublichen Zustandes ist nur dann
möglich, wenn eine intensive Kontrolle ausgeübt
wird, die am Orte der Produktion, im Stalle,
einsetzt. Regelmäßige Ontersuchung des Vieh-
bestandes und die Beaufsichtigung der Milch-
gewinnung seitens des Tierarztes und des
hygienisch geschulten Arztes ist unbedingt erfor-
derlich. Den Ausführungen Schloßmanns kann
tierärztlicherseits nur zugestimmt werden. Nur
in seiner Auffassung über den Wert der städtischen
Milchküchen kann ihm nicht beigepflichtet werden.
Es muß vielmehr anerkannt werden, daß die
Städte hierbei den richtigen Weg eingeschlagen
haben. Es fehlt freilich auch hier noch an einer
ausreichenden Kontrolle der Prodnktionsstätte,
die sich aber ohne allzugroße Schwierigkeiten
angliedern lassen wird, wie das Vorgehen von
Berg.-Gladbach, Köln u. a. Städten, in denen die
Herkunftsstätten der in die Milchküchen ge-
lieferten Milch einer periodischen tierärztlichen
Kontrolle unterworfen sind, beweist.
Der im Anschluß hieran gehaltene Vortrag
Foths ist in extenso in der B. T. W. erschienen
und in unseren meisten übrigen Fachzeitschriften
einer Besprechung unterworfen worden, so daß
es sich erübrigt, auf denselben näher einzugehen.
Hygienische Ausstellung.
In Verbindung mit dem XIV. Internationalen
Kongreß für Hygiene und Demographie fand eine
Hygiene-Ausstellung statt, die überaus reich
von den hygienischen Universitätsinstituten, staat-
lichen Behörden, Stadtverwaltungen und einer
großen Zahl von Firmen beschickt worden war.
Für die mikroskopische Technik war neu der
Spiegelkondensor zur Sichtbarmachung
ultramikroskopischer Teilchen.
Diese neue Methode zur Sichtbarmachung
ultramikroskopischer Teilchen gründet sich auf
die Beleuchtung in dunklem Felde, bei welcher
das Objekt durch Strahlen größerer Apertur be-
leuchtet und durch Strahlen geringerer Apertur
abgebildet wird.
Den Kongreßteilnehmern war außerdem Ge-
legenheit gegeben, eine große Anzahl von staat-
lichen, städtischen und privaten, den verschieden-
sten Zweigen der Hygiene dienenden Instituten
und Anlagen zu besichtigen. Die Besichtigungen
fanden unter ortskundiger Führung sachver-
ständiger Herren statt und boten viellnteressantes.
Ich habe mich an dreien derselben beiteiligt und
zwar an der Besichtigung der Meierei Bolle
in Alt-Moabit, des Kaiserin Friedrich-Hauses für
das ärztliche Fortbildungswesen und der Müll-
beseitigungsanstalt der Stadt Charlottenburg.
— Bericht aber einen Besuch In der MOII-
aufberellHnosanstaK Seegefeid b. Spandau von
Bockelmann- Aachen.
Sehr interessant war der Besuch der Müllauf-
bereitungsanstalt Seegefeld b. Spandau, der bei
Gelegenheit des XIV. Internationalen Kongresses
für Hygiene und Demographie veranstaltet wurde.
Die Stadt Charlottenburg bat die Abfuhr und
Verwertung des Hausmülls der Allgemeinen
Müllverwertungsgesollschaft m. b. H. Charlotten-
burg auf 15 Jahre zum Preise von 1.30 Mk. pro
Einwohner und Jahr übertragen. Es ist hier das
sogenannte Dreiteilungssystem eingeführt worden,
nach dem die Hausabfälle bereits in den Haus-
haltungen nach 3 Gruppen getrennt, angesammelt
werden :
1. Asche und Kehricht. Im Haushalt dient
zur Aufnahme der Mülleimer, der später in
einen auf dem Hofe stehenden Eisenblech-
kasten entleert wird.
2. Küchenabfälle. Diese werden ebenfalls in
einen auf dem Hofe stehenden besonderen
Behälter in Gestalt einer runden Tonne
geworfen. Hierher gehören alle Küchen-
abfälle und Speisereste, z. B. Fleisch-
und Gemüsereste, Fisch- und Geflügelab-
fälle, Kartoffelschalen, ObsUbfäUe, Eier-
schalen, altes Brot usw.
3. Alle übrigen Abfälle, wie Papier, Holz
und Stroh, alte Kleider, Knochen, Lumpen,
Flaschen, Konservenbüchsen, Glas usw.
Zur Aufnahme dieser dienen Schränke,
welche einen auswechselbaren Sack mit
Bügelverschluß enthalten.
Die für die Dreiteilung erforderlichen
Sammelgefäße für das Haus liefert die Gesell-
schaft, während die übrigens nicht unbedingt
notwendigen Dreiteil ungsspinden oder auch ein-
fachere Einrichtungen auf dem Hofe von den
einzelnen Haushaltungen gestellt werden müssen.
i Die Abfälle werden 3 mal wöchentlich durch
besondere dreiteilig konstruierte Wagen, welche
staubsichere Entleerung ermöglichen, abgefahren
und in Eisenbahnwagen'verladen, welche sie dann
zu der genannten Anstalt in Seegefeld bringen.
Das Hauptgebäude ist von zwei Seiten von
Gleisen des für die Anstalt besonders angelegten
Bahnanschlusses begrenzt, so daß die Eisenbahn-
wagen bis dicht an das Haus heranfahren können.
Mittelst Elevatoren werden die Abfallmassen der
3. Gruppe in den 2. Stock des Hauptgebäudes ge
— 164
schafft. Hier befinden sich grofie mit Exhaustoren
in Verbindung stehende rotierende Trommeln,
in die hinein gedachte Abfälle portionsweise
in ununterbrochener Aufeinanderfolge gegeben
werden, wobei schon ganze Flaschen nach Mög-
lichkeit gesammelt werden. Durch die Exhaustoren
wird der Staub in einen besonderen Behälter
abgesogen. An die Trommeln schließen sich
lange, etwa 60 cm breite, mit Seitenborten ver-
sehene Tische an, die durch einen besonderen
Mechanismus in ständiger Rüttelbewegung ge-
halten werden, derart, daß die aus der Trommel
darauf geschleuderten Gegenstände beständig
weiter geworfen werden. Zu beiden Seiten der
Tische stehen Frauen, die mit ihren behand-
schuhten Händen das Aussortieren aller brauch-
baren Teile besorgen und zwar in sie umgebende
Körbe. Schon hier wird eine Trennung nach
Qualitäten sonst gleichartiger Dinge vorgenommen ;
es wird z. B. das Papier, welches übrigens die
Hauptmasse ausmacht, nach Farbe und Qualität
sortiert. Beim Beobachten der sortierenden
Tätigkeit der Frauen bekommt man einen Begriff
von der Vielseitigkeit und Vielartigkeit des
Großstadtmülls. Alles mögliche kommt hier zum
Vorschein : die verschiedenartigsten Papiergegen-
stände, Scherben, Teile aller Arten von Haus-
gerät, Kinderspielwaren, Photographiealbums,
Knochen, Lumpen, alte Kleider und Stoffetzon;
aber auch wertvollere Sachen werden mitunter
gefunden, ja sogar Geld und Schmucksachen.
Unter der fingergewandten Tätigkeit der Sortier-
franen ist am Ende des Tisches nicht viel mehr
übrig geblieben. Etwa 5% der ganzen Masse
wird hier als unbrauchbarer Rest gesammelt und
in einem besonders konstruierten Ofen verbrannt.
Die hierdurch erzeugte Hitze genügt vollständig,
um die für den Betrieb der Maschinen usw.
erforderliche Kraft zu gewinnen.
In dem I. Stockwerk befindet sich ein
Lagerraum für die verschiedenartigen aussortierten
Gegenstände: Papier, Konservenbüchsen, Metall-
abfälle, Stoffabfälle usw. Außerdem ist hier
eine Papierpresse aufgestellt, in der die Papier-
abfälle in versandfähige Ballen gepreßt werden.
Etwa 100 Waggons Papier und etwa 12 Waggons
Flaschen, Konservenbüchsen usw. sollen jährlich
zur Versendung kommen.
Zu ebner Erde befinden sich die Ein-
richtungen zur Verarbeitung der Küchenabfälle
und Speisereste zu Schweinemastfuttor. Diese
kommen in besonderen Waggons verladen in
der Anstalt an, werden mittelst eines Schöpf-
werks aus den Wagen hochgezogen und durch
Rohre in Kessel geführt, in welchen sie zehn
Stunden lang bei 2 Atm. erhitzt werden. Aus
diesen werden die breiigen Massen dann in
Sammelgefäße gedrückt, worin sie mit Kleie,
Maisschrot, Melasse u. dgl. gemischt und so
zu dem fertigen Schweinefutter verarbeitet
werden, welches dann durch unterirdische Rohr-
leitungen direkt in die Schweinestallnngen ge-
leitet wird. Die luftigen, hellen und nach jeder
Richtung hin hygienisch erbauten Ställe sind
vorläufig auf eine Mästerei von 12000 Schweinen
eingerichtet. In jede für je 250 Schweine her-
gestellte Abteilung führt nur ein Eingang, in
welchen ein kleiner Vorraum eingeschaltet ist,
dessen Boden beständig mit einer stark des-
infizierenden Flüssigkeit getränkt ist. Jede Ab-
teilung hat nur einen und zwar stets denselben
Wärter, und es darf außer ihm niemand den Stall
betreten. In der Längsachse verläuft ein Damm,
an dessen beiden Seiten die einzelnen Buchten
vorgesehen sind, worin die Schweine, für die je
ein Raum von IVa qm vorgesehen ist, auf Holz-
pritschen liegen. Über dem Damm ist eine
Schwebebahn angebracht, an welcher das aas
dem Futterbereitungsraum hierhin geleitete Futter
in Behältern von Eisenblech bequem und mühe-
los zu den einzelnen Buchten befördert werden
kann. Die Ausräumung des Mistes erfolgt durch
eine dem Eingang gegenüberliegende automatisch
verschließbare Öffnung.
Die zur Mast stehenden, verschiedenen
Altersstufen angehörenden Schweine, die alle
als Läuferschweine eingestallt waren, machten
im allgemeinen einen recht guten Eindruck, und
die älteren Tiere befanden sich in sehr gutem
Mastzustande. Hieraus läßt sich entnehmen,
was übrigens auch von allen Beamten der
Anstalt bestätigt wurde, daß das auf oben er-
wähnte Art hergerichtete Futter durchaus be-
kömmlich ist. Das letztere sah übrigens recht
appetitlich aus, hatte einen guten Geruch und
wurde von den Schweinen, wie ich mich zu
überzeugen Gelegenheit hatte, recht gern auf-
genommen.
Wenn somit das ganze Schweinemästungs-
verfahren auf den unbefangenen Beobachter
durchaus vertrauenerweckend einwirkte, so war
doch ein Umstand vorhanden, der die sonst
guten Aussichten auf Erfolg in bedenklichem
I Maße beeinträchtigte, ja sogar auf absehbare
Zeit illusorisch machte. Das war nämlich der
vor einiger Zeit erfolgte Ausbruch einer sehr
akuten Form der Schweinepest, die wie ein
Würgeengel unter dem Bestände aufräumte.
Infolge dieser Seuche war die ganze Anstalt
unter Sperre gestellt, und zwar nicht nur hin-
sichtlich der Ausfuhr, sondern auch für die Ein-
fuhr. Demzufolge konnten die angelieferten, für
die Herstellung des Schweinefutters in Betracht
kommenden Abfälle keine Verwertung finden,
165 —
ein Umstand, der schon an sich eine Stockung
im Betrieb und eine Beeinträchtigung der
Rentabilität zur Folge haben mufi.
Die Gesellschaft bat nach meiner Meinung
einen Fehler gemacht, indem sie gleich mit der
Mast von ans den verschiedensten Gegenden
und Beständen herrOhrenden Länferschweinen be-
gann. Sie mnfite mit der Schweinezucht be-
ginnen und nur auf Mast stellen, was im eigenen,
der Anstalt angeschlossenen Betriebe erzflehtet
war. Dann war ein Übel, wie es zur Zeit meines
Besuches bestand, ausgeschlossen oder doch in
dem Umfange kaum möglich.
Ich kann oifen gestehen, daß ich früher ein
Gegner des sogen. Dreiteilungssystems gewesen
bin, namentlich weil ich an der Durchführbarkeit
der Teilung in den Haushaltungen zweifelte.
Nachdem ich aber von kompetentester Seite ge-
hört habe, daß sich gerade in dieser Beziehung
die wenigsten Schwierigkeiten ergeben hätten,
und nachdem ich die Einrichtungen der vor-
zuglich angelegten und geleiteten MüUaufbe-
reitungsanstalt in Seegefeld gesehen habe, bin
ich ein Anhänger des Systems geworden, und
ich glaube allen Kollegen, in deren Städten die
Mflllverwertnng geregelt werden soll, empfehlen
zu können, für dasselbe Propaganda zu machen.
Statistische Berichte.
— JabresberieM des baditchea Vietaversloheniait-
verbandet für 1906.
Der Verband umfaßte im Berichtsjahre 363
Ortsviehversicherungsanstalten (gegenüber 341 im
Vorjahre) mit 31 336 Besitzern (29758) und 123396
versicherten Tieren (118282). Der Versicherungs-
wert der letztern belief sich auf 44855630 M.
(41049000 M.). Der Durchschnittswert des ver-
sicherten Tieres betrug 363,50 M. (347,04 M.).
Es wurden im ganzen 3205 Entschädigungs-
ansprüche erhoben, von denen 3158 = 98,53 Proz.
begründet waren und daher voll entschädigt
wurden; 14 Fälle = 0,54 Proz. waren teilweise
begründet und 33 Fälle = 1,03 Proz. waren un-
begründet. Im übrigen hat die Zahl der an-
gemeldeten Schadenfälle im Berichtsjahr aber-
mals abgenommen.
Im ganzen sind 3144 Schadenfälle =2,54 Proz.
der versicherten Tiere vorgekommen. Von den
entschädigten Rindviehstücken waren:
notgeschlachtct 2708 = 86,13%
umgestanden 221 = 7,03 „
gewerblich geschlachtet
(Schlachtviehversich. nach
Art. 40 d Ges.) . . . . 215 = 6,84 „
zusammen 3144 = 100,00%
Unter den zur Entschädigung gelangten
Tieren waren:
Kühe 2519 = 80,12%
Rinder, Kalbinnen .... 503 = 16,00 „
Farren 45 = 1,43 „
Ochsen 77 = 2,45 „
zusammen 3144 = 100,00^/o
Davon standen im Alter:
unter 1 Jahre 225 = 7,16%
von 1-5 Jahren 1193 = 37,94 .
von 6—12 Jahren .... 1506 = 47,90 „
über 12 Jahren 220 = 7,60 .
zusammen 3144 = 100,00%
Bei den 2929 wegen Notschlachtung oder
Umstehens entschädigten Fällen fanden statt:
Notschlachtung Tod durch
in Fällen Umstehen
mit tierärztl. in Fällen
Behandlung od.
Untersuchung 2551= 94,20% 117= 52,94%
ohne
Untersuchun g 157= 5,80 „ 104= 47,06 „
2708 = 100,00 % 221 = 100,00%
2929.
Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der
in tierärztlicher Behandlung stehenden Tiere um
6,93 Proz. gestiegen. Davon trafen auf not-
geschlachtete Tiere 1,18 Proz. und auf um-
gestandene 5,75 Proz. Diese Zunahme der
Verlustziffer der umgestandenen Tiere ver-
anlaBte die Verbandsverwaltung zu der Mahnung,
in Fällen mit zweifelhafter Wiederherstellung
oder bei grofiem Zeit- und Geldaufwand die
Schlachtung möglichst bald anordnen zu lassen.
Der Gesamtaufwand für Behandlung und Heil-
mittel betrug 118 159,18 M. = durchschnittlich
95 Pf. pro versichertes Tier. Hiervon entfielen
auf tierärztliche Behandlung 91 137,35 M. = 74 Pf.
und auf Heilmittel 27 021,84 M. = 21 Pf. pro Haupt
des versicherten Bestandes.
Die Summe der durch die Amtskassen vor-
schußweise ausbezahlten Entschädigungen belief
sich auf 883 416,30 M. = 1,96 Proz. des gesamten
Versicherungswertes. Dieselbe verteilte sich auf
2929 notgeschlachtete und umgestandene Tiere mit
862 001,92 M. und 215 Schlachtviehversicherungs-
fälle mit 21 414,08 M. Die durchschnittliche Ent-
schädigung betrug pro Stück 280,98 M. Für
notgescblachtete und nmgestandene Tiere wurden
durchschnittlich 294,29 M. pro Stück = 80,96 Proz.
des Versicherungswertes entschädigt. Bei der
Schlachtviehversicherung, woselbst es sich meist
nur um den Minderwert oder um den Wert be-
schlagnahmter Teile handelte, betrug die durch-
schnittliche Entschädigung 99,60 M. Aus Tieren
— 166 —
und Tierteilen wurde ein Brutto-Erlös von
381 389,32 M. erzielt. Der Reinerlös nach Ab-
zug der Schlachtungs- und Verwertungskosten
mit 22 015,16 M. belief sich auf 359 374,16 M.;
das ist 122,19 M. pro Stück = 41,69 Proz. der
bezahlten Entschädigungssumme gegenüber
41,25 Proz. des fünfjährigen Durchschnitts. So-
%nit ist eine Zunahme von 0,44 Proz. zu ver-
zeichnen, was auf die bessere Fleischverwertung
zurückzuführen ist.
Die durchschnittliche Ortsumlage erreichte
die Höhe von 89 Pf. für 100 M. Versicherungs-
wert, also 0,89 Proz. Dieselbe schwankte natur-
gemäß in den einzelnen Ortsanstalten ganz
bedeutend und belief sich auf:
bis 50 Pf. in 75 Ortsanstalten = 20,66 %
51 , 100 „ „ 172 „ = 47,38 ,
101 , 150 , , 80 , = 22,04 ,
über 150 „ „36 ^ = 9,92 „
zusammen 363 Ortsanstalten = 100,00 %
In 208 Ortsanstalten = 57,30 % blieb die
Ortsumlage unter dem Durchschnitt, und in 155
Ortsanstalten = 42,70 % überstieg sie denselben.
Für die Deckung des Verbandsaufwandes
wäre eigentlich eine Umlage von 58 Pf. für 100 M.
Versicherungswert erforderlich. Gesetzlich darf
aber eine Verbandsumlage von nur 20 Pf. von
je 100 M. Versicherungswert erhoben werden.
Der zur Deckung des Mehrbetrags erforderliche
Aufwand, in unserm Falle also 38 Pf. für 100 H.
Versicherungswert, wird von der Großh. Staats-
kasse geleistet. Somit belief sich der im Berichts-
jahr erforderliche Staatszuschuß auf 172 800 M.
Die durchschnittliche Gesamtumlage (Orts- und
Verbandsumlage) stellte sich im Jahre 1906 auf
89 und 20 Pf. = 109 Pf. von 100 M. Ver-
sicherungswert oder 1,09 Proz. Diese Summe ist
als sehr niedrig zu erachten und umso günstiger
zu beurteilen, als in ihr nicht allein sämtliche
Kosten für tierärztliche Behandlung und Heil-
mittel, sondern auch diejenigen für Schlachtung
und Verwertung der Tiere mit inbegriffen sind.
Bei einem durchschnittlichen Versicherungswert
von 363,50 M. stellt sich somit im Betriebsjahre
die gesamte Umlage auf ein versichertes Tier-
haupt auf 4,03 M. Die Kosten der Verbands-
verwaltung werden bekanntlich von der Großh.
Staatskasse getragen.
Schließlich sei noch die Liste der Schaden-
ursachen der 2929 notgeschlachteten und um-
gestandenen Tiere angeführt. Danach kamen vor:
1. ELrankheiten des Nervensystems
und der Sinnesorgane ... 74= 2,53%
2. Krankheiten des Gefäßsystems 65= 2,22 „
3. r> der Atmungsorgane 74= 2,53 „
A. „ „ Verdauungs-
organe 792=^27,04 „
5. Krankheiten der Hamorgane . 78 = 2,66 %
6. „ „ Geschlechts-
organe 534 = 18,23 ,
7. Infektionskrankheiten . . . . 884 = 30,18 „
8. Parasiten (tierische) . . . . 53= 1,81 „
9. Krankheiten der Haut, Knochen,
Muskeln 36= 1,23 ^
10. Krankheiten der Knochen und
Gelenke 93= 3,18 „
11. Krankheiten der Klauen . . 17= 0,58 „
12. Vergiftungen 3= 0,10 „
13. Störungen der Ernährung . . 76 = 2,59 „
14. Äußere Einwirkungen oder
durch dieselben verursachten
Krankheiten 148= 5,05 „
15. Unbekannte Ursachen . . . 2= 0,07 „
Summa 2929 = 100 %.
Bei sämtlichen 215 Fällen der Schlacbt-
viehversicherung war Tuberkulose die Ursache
der Beschlagnahme des Fleisches.
An der Spitze der Schadenursachen stehen
wiederum die Infektionskrankheiten. Dieselben
weisen gegen das Jahr 1905 eine Zunahme von
2,48 Proz. auf. Daran ist hauptsächlich die
Tuberkulose mit 712 Fällen = 24,3 Proz. aller
Verluste beteiligt. Rechnen wir noch die 215
Fälle von Tuberkulose der gewerblich geschfacTi-
teten Tiere hinzu, so erhalten wir einen Gesamt-
verlust von 927 = 29,48 Proz. Gegenüber dem
Jahre 1905 ist damit eine Zunahme von 1,51 Proz.
festzustellen. Der Bericht empfiehlt zur Tilgung
dieser unheimlich verbreiteten Seuche einen reich-
licheren Gebrauch der Tuberkulinimpfung der
eingestellten und frühzeitige Ausmerzung der
verdächtigen Tiere. In zweiter Reihe der Schäden
stehen die Krankheiten der Verdauungsorgane
mit 792 Fällen = 27,04 Proz. Hier ist es
wiederum die traumatische Entzündung des
Magens, Darmes usw. mit 378 Vorkommnissen
gleich 12,9 Proz., die am verlustbringendsten auf-
getreten ist. Im übrigen ist gegenüber 1905 ein
Rückgang der Krankheiten der Verdauungsorgane
um 1,51 Proz. zu verzeichnen. Bei den hierauf
folgenden Krankheiten der Geschlechtsorgane
sind es naturgemäß die Schwergeburten mit ihren
Folgeerscheinungen (Scheiden- und Gebärmutter-
entzündung), die die meisten Schäden hervor-
riefen. Aber auch hier ist eine Verminderung
um 0,99 Proz. eingetreten. Zur Herabsetzung
der Schäden auf diesem Gebiete wird frühzeitige
Beiziehung tierärztlicher Hilfe empfohlen. Auch
von der frühzeitigen Verwendung zu jugendlicher
Tiere zur Zucht wird abgeraten. Es sollte damit
bis zur Vollendung der Entwicklung abgewartet
werden. Maier-Konstanz, Bezirkstierarzt.
167
Büchersehan«
— Rievol, H., Handbueh der Milchkunde.
Hannover 1907. Verlag von M. und H. Schaper.
Preis 10 M.
Ein landwirtschaftlicher Rezensent hat beim
Erscheinen des Riev eischen Boches seinem
Erstannen Ausdruck verliehen, daß sich die
Tierärzte nunmehr auch auf das Gebiet der
Milchkunde begeben. Dieses Erstannen wird nur
durch Würdigung des bisherigen Brauchs ver-
ständlich, bei der Untersuchung der Milch
lediglich oder vorwiegend auf ihre physikalischen
und chemischen Eigenschaften zu achten und
die hygienische Seite zu vernachlässigen. Darin
ist in den letzten Jahren ein erfreulicher Wandel
eingetreten, und das Buch Rievels kann jeden-
falls in dem Teil, der sich auf die Pathologie
der Milch und die Stallkontrolie bezieht, als Be-
gründung fOr die Berechtigung der tierärztlichen
Mitarbeit an dem weiteren Ausbau der Milch-
kunde und an der praktischen Milchkontrolle
betrachtet werden. R. bespricht die Physiologie
der Milch, die gesundheitsschädliche, verdorbene
und verfälschte Milch, die Kindermilch, die
Milchkontrolle und fflgt dem Ganzen muster-
gültige Polizeiverordnungen über den Milch-
verk.ehr an. Rievels Buch wird dem an-
gehenden und dem in der Praxis stehenden
Tierarzt als Leitfaden der Milchkunde will-
kommen sein.
— Klinmer, M., Veteriiiirhyoleiie. Grundriß
der Gesundheitspflege der landwirtschaftlichen
Hanstiere mit besonderer Berücksichtigung der
Ffltterungslehre. Mit 81 Textabbildungen. Berlin
1908. Verlag von Paul Parey. Preis 12 M.
Die Veterinärhygiene ist noch ein junges
Reis am Baume der Veterinärmedizin. Sie nährt
sich noch, was die Methodik anbelangt, von dem
Gut ihrer älteren Schwester, der Gesundheits-
pflege des Menschen, und versucht im übrigen
durch kritische Sichtung des vorhandenen
Beobachtungsmaterials und durch das Experiment
zuverlässige Grundsätze für die Gesundheits-
pflege der Tiere zu gewinnen. Denn in der
A'^eterinärhygiene herrschte die Phrase, und die
Axiome der menschlichen Hygiene lassen sich
auf das Tier nicht übertragen. Bei dieser Sach-
lage mußte den Hygienikem von Fach, die sich
um die Vertiefung der Erkenntnis auf dem Ge-
biete der Veterinären Hygiene mühten, das Er-
scheinen von Büchern über Veterinärhygiene auf-
fallen, die ohne die Legitimation der Verfasser
durch eigene umfassende hygienische Forschung
entstanden waren. Wahrscheinlich hat das Er-
scheinen dieser jüngeren Bücher Klimm er ver-
anlaßt, sein Buch zu verfassen, das zwar auch
noch nichts grundlegend Xeues bringen kann —
das war bei der kurzen Beschäftigung des Verf.
mit der Hygiene unmöglich — das aber die
Methoden richtig schildert und die Literatur
sorgfältig verwertet und zeigt, wie man das
vorhandene Literaturmaterial zu verarbeiten hat.
Von diesem Gesichtspunkt aus und wegen der
eingehenden Darstellung der Fütterungslehre,
die zwar nach des Referenten Auffassung nicht
in ein Lehrbuch der Hygiene gehört, sondern
nach dem Vorgange Kellners selbständig zu
behandeln ist, verdient das Erscheinen des
KU mm ersehen Buches Beachtung und das Buch
selbst Empfehlung. Es behandelt in der her-
kömmlichen Weise die Hygiene der Luft, des
Bodens, des Wassers, der festen Nahrung sowie
die Hygiene der Haltung und Nutzung im Stall
und auf der Weide. Die Ausstattung des Buches ist
sehr gut, der Preis ein mäßiger.
— Kahnau, M. md Clevlsoh, A., Einrlohtuno und
Betrieb ven Säuolingmilohanstalteii. Beriin 1908.
Veriag von Reinhold Kühn. Preis 2,50 M.
Nach dem Vorgange von Bergi seh- Glad-
bach, über deren Säuglingsmilchanstalt Suckow
eine kleine Broschüre verfaßt hat, ist Köln auf
die Anregung Ktthnaus daran gegangen, im
größeren Maßstabe Einrichtungen für die Her-
stellung und Abgabe guter Säuglingsmiich zu
schaffen. Die Einrichtungen und der Betrieb
dieser Anstalt werden von den Verfassern
in der vorliegenden Abhandlung geschildert, die
für alle diejenigen, die dem Beispiele Kölns
folgen wollen, als Unterlage von größtem
Interesse sein wird. Vielleicht empfiehlt es sich,
die Kölner Lieferungsverträge für die Milch und
die Vorschriften über die Kontrolle der Kuh-
stallnngen, die in einigen Punkten der Abänderung
bedürfen, auf einer Versammlung des Vereins
der Schlacbthoftierärzte zur Sprache und muster-
gültigen Redaktion zu bringen.
— Jahresbericht Ober die Verbreityno von Tier-
teyohen In Deutsohen Reiche. Bearbeitet im
Kaiserlichen Gesundheitsamt zu Berlin. 21. Jahr-
gang, das Jahr 1906. Berlin 1907. Veriag von
Julius Springer. Preis 10, — M.
Der Jahresbericht über die Verbreitung der
Tierseuchen liegt für das Jahr 1906 mit dem
bekannten Inhalt vor, aus dem für die Leser
dieser Zeitschrift die an anderer Stelle (Seite 168)
abgedruckten Angaben über die Übertragung von
Tierseuchen auf den Menschen und die Er-
mittlungen von Tierseuchen durch die Fleisch-
beschau sowie die Verkehrsbeschränkungen hin-
sichtlich der Ein- und Durchfuhr von Vieh von
besonderem Interesse sind. Der Jahresbericht
über die Verbreitung der Tierseuchen im Deutschen
Reich ist in den Bibliotheken der beamteten Tier-
ärzte längst unentbehrlich geworden.
— 168 —
— Lezi, R., Utilisatlon des d^bris de« animaux
et d^chets de la boucherie. Paris 1907. Verlag
von Charles Amat. Preis 3 Fr.
Verfasser, ein Ingenieur, bespricht die Ver-
wertung des Blutes, der Häute, der Wolle, der
Borsten, Knochen, leimgebenden Substanzen, des
Fettes und der übrigen Schlachttierabfälle vom
Standpunkt der Technik in kurzer, klarer Dar-
stellung. Das kleine Buch verdient Empfehlung.
Neue Eingänge.
— Rickmann, W., Tierzucht und Tierlcrankhelten
in Deutech-SOdweatafriica. Berlin 1908. Verlag von
Richard Schoetz. Preis 9 M.
— Engelmann, M., Untersuchungen Oher die
elastischen Fasern vom Pferd, Rind, Schwein und
Hund und Über die an ihnen ablaufenden Alters-
veränderungen. Veterinärmedizinische Dissertation
Leipzig. Leipzig 1907.
— Schraepler, M., Ober Wundheiiung und Narben-
biidung beim HausgeflQgel. Veterinärmedizinische
Dissertation Leipzig. Borna. Leipzig 1907.
— Siegel, R., Anatomische Untersuchungen über
die äußere Haut des Hundes. Veterinärmedizinische
Dissertation Leipzig. Dresden 1907.
— V. d. Siooten, J. C, Bakteriologische Wurst-
untersuchung. L-D. Bern. Haag 1907.
— Dosquet, W., Die Fabrikation von Flelsch-
konservon. Braunschweig 1908.
— Zuschlag, L, Le rat migratoire et la de-
struction rationelle. Kopenhagen 1908.
— Gesetz betreffs der Vertilgung von Ratten
Im Königreich Dänemark nebst Erläuterungen zur
praktischen Durchführung dieses Gesetzes.
Kopenhagen 1907.
— Andersson, J. och Jundoil, J., En Typhus-
och Dlarrh^epldemi. Stockholm 1907.
— Andersson, J. och Guinchard, J., Häisov&rds-
nämndens Berättelse Jämte öfVersIkt af Stockholms
sanitira Statistik fSr &r 1906. Arg. XXLK. Ny
följd 2, Stockholm 1907.
— Lane, C. B. and Weld, J. C, A City Milk and
Cream Contest, as a practical Method of improving
the Milk Supply. Circular No. 117. U. S. Bureau
of animal Industry. Washington 1907.
— Bericht über den 6. Verbandstag und die
2. Mllchhygienische Ausstellung des Verbandes
deutscher Milchhändiervereine, abgehalten vom
26.-29. August 1907. Berlin.
Kleine Mltteilnngen.
— Ermittelungen von Tierseuchen durch die
Fleischbeschau. Nach dem „Jahresbericht über die
Verbreitung von Tierseuchen im Deutschen
Reiche'' 21. Jahrg. sind im Deutschen Reiche
während des Berichtsjahres 1906 bei der Schlacht-
vieh- und Fleischbeschau ermittelt worden:
6907 Fälle von Schweineseuche and
Schweinepest*),
2136 Fälle von Rotlauf,
134 „ „ Milzbrand,
12 „ „ Rauschbrand,
10 „ „ Rotz.
21 „ „ Pferderäude,
15 „ „ Schafräude,
1 Fall „ Bläschenausschlag,
endlich zahlenmäßig nicht genau festgestellte
Fälle von Maul- und Klauenseuche.
— Übertragung von Tierseuchen auf den
Hensohen. Nach dem „Jahresbericht über die
Verbreitung von Tierseuchen im Deutschen
Reiche^' 21 . Jahrg. sind im Berichtsjahre 1906 von
Tieren auf Menschen übertragen worden:
Milzbrand in 133 Fällen (in 18 Fällen tödlicher
Ausgang),
Tollwut in 7 Fällen (in 5 Fällen mit tödlichem
Ausgang),
Rotz in 1 Falle (mit tödlichem Ausgang),
Sarkoptesräude in mehr als 8 Fällen (mehrere
der Zahl nach nicht genau angegeben).
— Vorwendung beanstandeten Fleisches als
FIsohftotter. Nach einem Erlaß des Großherzogl.
Badischen Ministeriums des Innern darf genaß-
untaugliches Fleisch mit den Veterinär- und
sanitätspolizeilich gebotenen Ausnahmen nach
zweistOndiger Dämpfung bei Va Atmosphäre
Cberdruck in Stacken von nicht über 600 g
Gewicht als Fischfntter verwendet werden.
— Milz als Flsohfutter. Hoffmeyer hat
nach der „Allg. Fischerei-Zeitung" 1907, Nr. 3,
festgestellt, daB das beste Nahrungsmittel fOr
Regenbogenforellen Milz ist. Hof f mey er hat vom
26. Mai 1905 an je 1000 Stück Regenbogenforellen-
brut mit Kasein, mit Kasein und Blut und mit
Milz gefüttert. Hiervon lebten am 10. August noch
100 Stück der mit Kasein gefütterten Tiere
200
II II II
„ u. Blut gefütterten Tiere
Da die Milz fast wertlos ist, würde sie als
Fischfutter sehr geeignete Verwendung finden.
— Die Geschwindigkeit des Lachses. Nach
den Beobachtungen von Professor Dr. Metzger
steigt der Lachs bei seiner Wanderung zu den
Laichplätzen in der Weser mit einer Durch-
schnittsgeschwindigkeit von etwa 40 Kilometer
in 24 Stunden stromaufwärts. Am 25. No-
vember 1906 wurde morgens 10 Uhr ein 7 kg
schwerer männlicher Lachs, der im Fischpaß bei
Hameln gefangen worden war, mit einer Plombe
*) Außerdem zahlreiche, der Zahl nach nicht
genau festgestellte Fälle in den preußischen
Kegierun^bezirken Alienstein, Danzig, Stralsund,
Stade, Trier, sowie in Mecklenburg-Schwerin, und
Sachsen-Coburg-Gotha.
— 169 —
gezeichnet und wieder in die Weser eingesetzt
Am 28. November, abends 8 Uhri wurde derselbe
Lachs an der Mflndener Fuldamflhle wieder ge-
fangen; in den 82 Stunden war der Lachs 136 km
in der Weser aufwärts gestiegen, hatte somit in
24 Stunden 39 km zurückgelegt
— Laohelnperte aaoh England. Aus dem
Ochotskischen Meere traf im Herbst vergangenen
Jahres eine Sendung von 300000 Lachsen in London
ein. Eine Gesellschaft, die sich zum Zwecke der
Einfuhr von gefrorenen Lachsen nach England
gebildet hat, ist von der russischen Regierung
bestätigt worden. Man glaubt, daß der Londoner
bald in der Lage sein wird, den besten Lachs
ebenso billig — wenn nicht noch billiger — zu
kaufen wie Schellfisch.
— Ein Wettleflen hat der Verein für Nutz-
geflflgelzucht vom 1. Oktober ab auf einem be-
sonderen Geflügelhof zwischen Groß-Lichterfelde
und Osdorf nach amerikanischem Vorbild zwischen
Hühnern aller Rassen veranstaltet, um auch bei
den Hühnern zur Züchtung auf Leistung an-
zuregen. Li Australien hat sich nach der „Milch-
zeitung^ seit der ersten Legekonkurrenz, die vor
fünf Jahren stattfand, die Eierproduktion um
50 Proz. gehoben, und zwar ohne wesentliche
Vermehrung des Hühnerbestandes. Bei dem
letzten australischen Wettlegen legte keine Henne
unter 120 Eiern im Jahr, und der Siegerstamm
brachte es auf 247 Eier für die Henne und das
Jahr. Im Durchschnitt legte jede der 600 zur
Konkurrenz gebrachten Hennen 170 Eier jährlich.
Tagesgeschlchte.
R8 70. Gebnrtotao. Professor
Dr. F I e i s c h m a n n in Göttingen hat am 31 . Dezem-
ber des vergangenen Jahres seinen 70. Geburts-
tag gefeiert Professor Dr. Vieth, einer der
berufensten Vertreter der Milchwirtschaft nennt
Fleischmann den „Begründer der Milchwirt-
schafts- Wissenschaft^. Diesen Ehrentitel hat
sich Fleischmann verdient durch die Ein-
führung mathematischer Untersuchungen in die
Milchkunde, um das Gesetzmäßige bei den Vor-
gängen der natürlichen Aufrahmung und der
künstlichen Entrahmung, das Gesetzmäßige des
Verhältnisses zwischen dem spezifischen Gewicht
und dem Fettgehalt und der Trockensubstanz
und vieles Andere mehr klarzulegen. Fleisch-
mann war von Haus aus Philologe und wurde
zur Beschäftigung mit der Milchwirtschaft durch
Unterrichtsstunden geleitet, die er als Lehrer für
Naturwissenschaften den Schülern der Gewerbe-
schule in Memmingen im Algäu vor 45 Jahren
gegeben hat. Möge dem verdienten Gelehrten
noch ein recht langer, heiterer Lebensabend be-
schieden sein!
— Aufk-uf zur Errichtung eines Denkmals fOr
Themassen-Utrecht Die Holländischen Kollegen
beabsichtigen dem zu früh verstorbenen Professor
Thomassen am Orte seiner langjährigen ver-
dienstlichen Tätigkeit ein würdiges Denkmal zu
setzen. Zur Beteiligung an der dem Verstorbenen
zugedachten Ehrung sind auch die deutschen
Kollegen eingeladen. Beiträge werden von
Professor van Esveld -Utrecht, Reichstierarznei -
schule, entgegengenommen.
— Öirentliche Schlaohtbttfe. Der Bau öffent-
licher Schlachthöfe ist beschlossen in Franken-
berg und Rogowo in Posen. Ein neuer öffent-
licher Schlachthof soll in Deggendorf (Bayeni)
erbaut werden. Im Bau begriffen ist der öffent-
liche Schlachthof zu Calbe a.d.8. Erweiterungs-
bauten sind beschlossen in Schweidnitz.
Über die Behandlung des Fleisches in KOhl-
ist auch in Württemberg eine ministe-
rielle Anweisung ergangen, in der darauf hin-
gewiesen wird, daß die Kühlhausluft nicht bloß
kühl, sondern auch trocken sein müsse und nur
60—70 Proz., jedenfalls nicht über 75 Proz.
relative Feuchtigkeit haben dürfe.
— Biologische Untersuchungen von WQrsten auf
Pferdefleisch, werden ' nach einer Notiz in der
„Deutschen Schlacht- und Viehhofzeitung" nun-
mehr auch im bakteriologischen Laboratorium
des Kölner Schlachthofs von Dr. Tiede aus-
geführt. Die genau nach den Angaben Uhlen-
huths ausgeführten Prflfungen führten in
mehreren Proben zu einem positiven Resultat
und damit zur Feststellung, daß in den Würsten
Pferdefleisch enthalten war.
— Ablndening des FQrstlich Reußisohen
Schlachtviehversicbeningsgesetzes. Dem Ffirstlich
Reußischen Landtag liegt der Entwurf zur Ab-
änderung des Schlachtviehversicherungsgesetzes
vor, wonach auch beanstandete Teile vom Mindost-
wert von 5 M. entschädigt werden sollen.
— Der Schlachthofstrelt In Berchtesgaden, über
den an dieser Stelle berichtet wurde, soll dem
Vernehmen nach dadurch erledigt werden, daß
dem neu anzustellenden Distriktstierarzt die
Leitung des Schlachthofs in B. nebenamtlich
übertragen wird.
— Betäubung der Scblachttlere. Durch eine
Polizeiverordnung des Fürstlich Lippischen
Ministeriums ist vom 1. Januar 1908 ab für sämt-
liche gewerblichen Schlachtungen — Federvieh
ausgenommen — die Betäubung vorgeschrieben
worden.
— Zur Elnrührung der Trichinenschau In Bayern.
Die Einführung der Trichinenschau ist in
Kaiserslautern im Prinzip beschlossen
worden.
— 170 —
— Ein Gesetz, betrefTend die Ausrettung der
Ratten, ist in Dänemark am 22. März 1907 er-
lassen worden. Auch in England sind Be-
strebungen zur wirksameren Bekämpfung der
Rattenplage im Gange, die England schätzungs-
weise einen jährlichen Schaden von 200 Millionen
Mark verursacht.
— Fleischvergiftung? Einer Meldung der
„AUg. Fleisch.-Zeitung** zufolge sind in Viersen
nach dem Genuß von Fleisch eines zum Haus-
gebrauch geschlachteten Schweines fünf Kinder
einer Familie erkrankt und zwei bereits ge-
storben. Gegen das Vorliegen einer Fleisch-
vergiftung spricht, daß nur Kinder erkrankt sind,
die vom Fleisch auch bei Hausschlachtungen
doch nur erheblich geringere Mengen zu er-
halten pflegen als die erwachsenen Mitglieder
eines Haushalts.
— Sperre gegen die Schweiz. Wegen weiterer
Ausbrüche der Maul- und Klauenseuche in der
Schweiz haben die süddeutschen Grenzstaaten
die Einfuhr von Rindern und Ziegen aus der
Schweiz verboten. Die Schweiz hat ihrerseits
die Einfuhr von Rindern aus Italien wegen starken
Herrschens der Maul- und Klauenseuche untersagt
— Eine Viehhaitungs- und Melliersohuie wird
vom Milchwirtschaftlichen Verein des Algäu in
Gaishof bei Memmingen errichtet.
— Die Deutsche Pathoiogische Geseiischaft hält
ihre diesjährige Versammlung vom 23. bis 25. April
zu Kiel im Hörsal des Pathologischen Instituts ab.
— Vorstands-Sitzung des Vereins preuftischer
Sohlaohthoftierftrzte zu Berlin am 12. Januar d. J.
Zu der Sitzung hatten sich eingefunden: Die
Herren Kollegen Goltz-Berlin, Colberg-
Magdeburg, K ü h n a u - Köln, Schrader- Branden-
burg, Hentschel-Oels und Geldner-Burg.
Brebeck-Bonn und Dr. He ine- Duisburg ent-
schuldigt. Die Versammlung wurde von dem
Vorsitzenden, Herrn Goltz, um 11 Uhr eröfinet
Als Grund zur Notwendigkeit der Anberaumung
der Vorstandssitzung führte der Vorsitzende an,
daß der Entwurf zur Abänderung des Vieh-
seuchengesetzes jetzt im Reichstag zur Beratung
gelange und es darum unbedingt erforderlich sei,
daß der Verein preußischer Schlachthoftierärzte
von neuem zu diesem Entwurf Stellung nehme
und seine Wünsche den gesetzgebenden Faktoren
zur Kenntnis bringe. Der Schriftführer, Herr
Kollege Kühn au, erstattete Bericht über die
Geschäftserledigung der Vereinsangele-
genheiten seit der letzten allgemeinen Ver-
sammlung. Die Beschlüsse der VI. allgemeinen
Vereinsversammlung sind zur Ausführung ge-
bracht worden. Die Petition über die Anstellungs-
verhältnisse der Schlachthoftierärzte ist außer
den zuständigen Herren Ministem den sämtlichen
Herren Oberpräsidenten und den Herren Re-
gierungspräsidenten zugesandt worden. Von den
Herren Oberpräsidenten der Rheinprovinz und
Westfalen sowie den Herren Regierungspräsi-
denten zu Köln, Kassel, Aachen, Minden, Lüne-
burg und Schleswig sind weitere Druckexemplare
eingefordert worden, um Äußerungen der Ver-
waltungen der Städte zu den in der Eingabe
niedergelegten Wünschen des Vereins der
Schlachthoftierärzte einzuholen. Von dem Herrn
Regierungspräsidenten zu Breslau ist auf die
Eingabe die Antwort eingelaufen: „daß der Ver-
ein schlesischer Schlachthoftierärzte bereits im
Mai vorigen Jahres eine Petition ähnlichen In-
halts, wie die an den Herrn Minister gerichtete
vorgelegt hat. Diese Petition hat Veranlassung
gegeben, bei den in Betracht kommenden Schlacht-
hofgemeinden des dem Regierungspräsidenten
unterstehenden Bezirks eine Umfrage bezüglich
der den Gegenstand der Petition bildenden Ver
hältnisse zu halten und die daselbst zum Aus-
druck gebrachten Wünsche einer eingehenden
Prüfung zu unterziehen. Die Prüfung hat er-
geben, daß die berechtigten Wünsche der Petition
im hiesigen Regierungsbezirk im großen und
ganzen erfüllt sind.^ Nach einer Mitteilung des
Herrn Kollegen Hentschel-Oels sind im Bres-
lauer Regierungsbezirk sämtlichen Schlachthof-
tierärzten obrigkeitliche Funktionen verliehen
worden. Der Herr Oberpräsident der Provinz
Schlesien hat von den Ausführungen der Eingabe
mit Interesse Kenntnis genommen. Zurzeit sieht
er sich jedoch nicht in der Lage, denselben
weiter Folge zu geben, da die Abstellung etwaiger
Mißstände in erster Linie den Herren Regierungs-
präsidenten als der zuständigen Kommnnal-
aufsichts-Instanz obliegt, ihm aber Beschwerden
aus der ihm unterstellten Provinz, die ihn zu
einem Eingreifen veranlassen könnten, bisher
nicht zugegangen sind. Er stellt daher anheim,
sich zunächst an die betreffenden Herren Re-
gierungspräsidenten zu wenden. Der Regierungs-
präsident zu Lüneburg hat dem Verein die Ant-
wort zukommen lassen, daß er die Eingabe mit
Interesse gelesen und daraus Veranlassung ge-
nommen habe, den Magistraten der drei Schlacht-
hausgemeinden des Bezirkes unter Übersendung
je eines Exemplars der Petition nahezulegen,
die Anstellungs- und Besoldungsverhältnisse der
Schlachthausleiter einer erneuten Prüfung auf
Grund der in der Petition gegebenen durchaus
sachlichen Darlegung zu unterziehen. Der Herr
Regierungspräsident zu Aurich ist in eine Prüfung
der Anstellungsverhältnisse der Schlachthaus-
tierärzte des Regierungsbezirks eingetreten und
veranlaßte, daß auf die Abstellung der hierbei
— 171 —
beiTortretenden Mängel unter tunlichster Be-
rücksichtigung der zum Ausdruck gebrachten
WtLnsche hingewirkt werde.
Auch einzelne Gemeindeverwaltungen, wie
HOhlhausen i. Th., Linnich usw. haben sich
Druckexemplare der Eingabe kommen lassen.
Im allgemeinen geht aus diesen Angaben hervor,
daß der Eingabe des Vereins preußischer Schlacht-
hoftierärzte die ihr gebührende Aufmerksamkeit
durch die staatlichen Behörden zuteil geworden
ist und ist zu wünschen, daß in gleicher Weise
wie im Regierungsbezirk Breslau auch in den
übrigen Regierungsbezirken eine Regelung der
Anstellungs- und Gehaltsverhältnisse der Schlacht-
hoftierärzte erfolgt.
Die Petition des Vereins, betreffend Ein-
reihung der Maschinenkunde in den Lehrplan
der tierärztlichen Hochschulen, ist ebenfalls den
zuständigen Ministem zugesandt worden, außer-
dem dem Rektor der Berliner tierärzlichen Hoch-
schule und dem Direktor der tierärztlichen Hoch-
schule zu Hannover. Von dem Rektor der tier-
ärztlichen Hochschule zu Berlin, Herrn Professor
Dr. Schmal tz, ist eine Antwort eingegangen,
in welcher er namens der tierärztlichen Hoch-
schule verbindlichst für die Zusendung der dem
Herrn Minister überreichten Eingabe des Vereins
betr. gewisser Ergänzungen des Unterrichts in
den tierärztlichen Hochschulen dankt, und mit-
teilt, daß er die Eingabe der Konferenz des
Professoren-Kollegiums vorlegen und nicht ver-
fehlen wird, die Bestrebungen des Vereins zu
unterstützen, soweit dies nach den Beschlüssen
der Konferenz möglich sein wird.
In der nächsten allgemeinen Vereinsver-
sammlung soll über die weiteren Ergebnisse der
Erfolge der gemachten Eingaben berichtet werden.
Über den Entwurf zur Abänderung des Vieh-
seuchengesetzes berichtet der Vorsitzende Herr
Kollege Goltz. Nachdem eine eingehende all-
gemeine Besprechung des Entwurfes, an welcher
sich die anwesenden Vorstandsmitglieder lebhaft
beteiligten, stattgefunden hatte, wurden folgende
Anträge zur Abänderung des Entwurfs zum Vieh-
seuchengesetz angenommen:
Zu § 2, Abs. 2, ist im zweiten Satze das
Wort „dringende^ zu streichen. Hinter Absatz 2
ist folgender neuer Absatz einzuschalten: „Die
gleichen Amtsverrichtungen sind den in den von
den Gemeinden verwalteten öffentlichen Schlacht-
und Viehhöfen auf Antrag der Gemeinde in dem
von der Landesregierung festgesetzten Umfange
mit der Ausübung der Fleischbeschau betrauten
Gemeindetierärzten zu übertragen.^
Zu § 8, Abs. 2. Das Wort „und" ist zu
streichen und hinter „Verboten** einzuschalten:
„und ihre Aufhebung**.]
Zu § 9, Abs. 3. Es wird folgender Wort-
laut vorgeschlagen: „Zur unverzüglichen Anzeige
sind, wenn die in Absatz 1 und 2 genannten
Personen nicht zugegen sind, femer verpflichtet:
1. der zugezogene Tierarzt;
2. sonstige Personen, die sich mit der Aus-
übung der Tierheilkunde oder mit der
Kastriemog von Tieren beschäftigen;
3. die Fleischbeschauer, einschließlich der
Trichinenschauer ;
4. die das Schlächtergewerbe ' betreibenden
Personen;
5. die sich gewerbsmäßig mit der Bearbeitung,
Verwertung oder Beseitigung geschlach-
teter, getöteter oder verendeter Tiere be-
schäftigenden Personen, wenn sie, bevor
ein polizeiliches Einschreiten stattgefunden
hat, von dem Ausbrach einer der Anzeige-
pflicht unterliegenden Seuche (§ 10), oder
von Erscheinungen, die den Ausbrach einer
solchen Seuche befürchten lassen, Kenntnis
erhalten. Die Verpflichtung der unter
1—5 genannten Personen tritt nur dann
ein, wenn ein früher genannter Verpflich-
teter nicht vorhanden ist.
Zu § 10, Abs. 1 Ziffer 12. Von der Mehr-
heit der Anwesenden wird der Zusatz: „und es
sich nicht um Schlachtvieh handelt** angenommen.
Eine Minderheit spricht sich dagegen aus.
Zu § 16, Abs. 1. Der Zusatz: „auch ist der
behandelnde Tierarzt berechtigt, sowohl den
Untersuchungen als auch den Zerlegungen der
Tiere beizuwohnen**.
Zu § 17, Abs. 1. Soll folgendermaßen ge-
ändert werden: „Zum Zwecke der Ermittlung
und Bekämpfung der Tierseuchen sind alle usw.**
Zu § 17, Abs. 1, Ziffer 1. Die Worte: amtstier-
ärztliche sind zu streichen.
Zu § 17 a, Ziffer 3. Der Wortlaut zu Ziffer 3
ist zu streichen, weil sich die Beibringung von
Ursprungs- und Gesundheitszeugnissen nirgends
bewährt hat. Zu § 17 a, Ziffer 12. Es wird
folgender neuer Wortlaut vorgeschlagen:
„Überwachungen von Viehausstellungen,
Viehmärkten und gewerblichen Schlachtstätten,
insbesondere auch bei Neuanlagen, räumliche
Trennung der Viehhöfe von den Schlachthöfen,
sowie Anlegung getrennter Zu- und Abfuhrwege
für Viehmärkte, Vieh- und Schlachthöfe.** Die
weiteren Bestimmungen sind zu streichen.
Zu § 19, Abs. 1. Die Worte: „der für die
Seuchen empfänglichen Tiere** sind zu streichen.
Zu § 19, Abs. 3. Der Wortlaut ist ganz zu
streichen.
Zu § 20, Abs. 2. Anstatt „für die Seuche
empfänglich** ist zu sagen „der Seuchengefahr
ausgesetzten**.
— 172 —
Zu § 52d ist am Schluß hinzuzufügen: „Der
Zentrifugenschlamm ist zu beseitigen und unter
keinen Umständen zu Yiehfütterungszwecken zu
verwenden."
Zu § 44 a. Anstatt „für die Seuchen
empfängliche" ist zu sagen „verdächtig".
Zu § 55. Als zweiter Absatz ist der zweite
Absatz des § 56 des bestehenden Gesetzes wieder
aufzunehmen :
„Strengere Absperrungsmaßregeln dürfen nur
in dringenden Fällen angewendet werden."
Zu § 56, Abs. 1. Im ersten Absatz sind die
Worte: „unter Aufsicht des beamteten Tierarztes
in den dazu bestimmten Räumen."
Zu § 57, Ziffer 4. Hinter „Kinder" ist ein-
zuschalten: „Schafe, Ziegen".
Vor § 57 b ist folgender neuer Paragraph ein-
zuschalten:
„Die Kosten der behördlichen Ermittlungen,
der behördlich angeordneten amtstierftrztlichen
oder polizeilichen Untersuchungen, Beobachtungen
und Überwachungen der Tötung und Zerlegung
der Tiere sind aus öffentlichen Mitteln zu be-
streiten."
Zu § 67 c. Der zweite Absatz ist zu streichen.
Diese Anträge des Vereins sollen eingehend
begründet und den zuständigen Behörden und
der Kommission, welche für die Beratung des
Viehseuchengesetzes niedergesetzt wird, ein-
gereicht werden.
Von Herrn Kollegen Kühn au wird ein Fall
zur Sprache gebracht, wo dem Schlachthoftier-
arzt der Kreistierarzt als Gegengutachter gegen-
übergestellt ist. In der betreffenden Regierungs-
verfügung ist gesagt, daß das Gutachten des
Kreistierarztes bei der Entscheidung zur Grund-
lage genommen werden soll. Allgemein sind
die Vorstandsmitglieder des Vereins der Ansicht,
daß das kreistierärztlicbe Gutachten immer nur
als Gegengutacbten anzusehen ist und daß es
sich für Schlachthofdirektoren empfehlen würde,
in allen diesen Fällen auf die Einholung eines
Obergutachtens durch den Departementstierarzt
zu dringen.
Bezüglich der Lieferung der Separatabzüge
der Generalversammlung für die Mitglieder des
Vereins wird beschlossen, von der Fachzeit-
schrift, welche den Bericht veröffentlicht, eine
der Anzahl der Mitglieder entsprechende Zahl
von Separatabzügen kostenlos einzufordern.
Weiter eingeforderte Separatabzüge können von
der Fachzeitschrift in Rechnung gestellt werden.
Es wird weiter beschlossen, die VII. all-
gemeine Vereinsversammlung am 20. und 21. Juni
1908 zu Berlin abzuhalten und zwar mit
folgender Tagesordnung:
1. Geschäftliches, Neuwahlen;
2. Bericht über den Erfolg der Eingaben des
Vereins;
3. Verwertung der Schlachtabfälle und
Trichinenschauproben ;
4. Die Anwendbarkeit der verschiedenen
Kraftquellen für die Schlacht- und Viehhof-
betriebe;
5. Bericht über die Beratungen des Vieh-
Seuchengesetzes;
6. Mitteilungen aus der Praxis.
Am Tage vor der Versammlung soll die neue
Tierkörpervemichtungsanstalt in Rüdnitz bei
Bernau besichtigt werden.
Berlin, den 12. Januar 1908.
I. A.: M. Kühnau, Schriftführer.
Personallen.
Gewählt: Tierarzt Linus Vogt, bisher
Assistent, zum Schlachthofdirektor in Weißen -
f eis ; Schlachthof inspektor Rud.Schmidt- Lünen
zum Schlachthof direktor daselbst; Stabsveterinär
a. D. Richard Seiderhelm zum Schlachthof-
direktor in Strafiburg; Tierarzt Dr. W. Prell er
zum Schlachthoftierarzt in Hannover; Tierarzt
Albert Auerbach aus Cochstedt zum Assistenz-
tierarzt am Schlachthof in Weißenfels.
Der wissenschaftliche Hilfsarbeiter Tierarzt
Dr. Titze im Kaiserl. Gesundheitsamt ist zum
Mitglied des Gesundheitsamts und Regierungs-
rat ernannt worden.
Todesfall : Polizeitierarzt Schliephake-
Hamburg. . .___
Vakanzen.
Bochum: I. und IL Schlachthofe erarzt
möglichst bald. Anfangsgehalt 3000 M. und
2400 M., freie möblierte Wohnung usw. Be-
werbungen umgehend an den Magistrat
Bremen : IV. Tierarzt zum 1. April. Gehalt
2400 M. bis 3900 M. Bewerbungen an den
I. Tierarzt für den Schlachthof.
Görlitz: ü. Tierarzt zum I.April. Gehalt
2400 bis 3800 M. und Dienstwohnung. Bewerb.
bis 15. Februar an den Magistrat.
Kattowitz: Schlachthof direktor. Gehalt
3600 M. bis 4800 M., freie Dienstwohnung usw.
Privatpraxis ausgeschlossen. Bewerbungen bis
15. Februar an den Magistrat.
Königsberg i. Pr.: 2 Tierärzte sofort
Gehalt 2800 M. und freie möblierte Wohnung usw.
Bewerbungen bis 1. Februar an die Direktion
des städt Schlacht- und Viehhofes.
Landsberg a. W.: Assistenztierarzt zum
1. April 1908. Gehalt 2400 M. Privatpraxis nicht
gestattet. Bewerbungen baldigst an den Magistrat
Veraotwortllcher Redakteur (ezkL Inseratenteil): Prof. Dr. Ogtertag in Berlin. — Verlag von Rlcb&rd Bchoets in Berlin.
ZeitschrijR
Ar
Fleisch- und Milclihygieiie.
Aehtiehnter Jahrgang. iHftra 1908. Heft 6.
Original-Abhandlungen.
(Naehditiek Terboton.)
Nach welcher Richtung Ist eine Vertiefung
des Unterrichts in der Fleischbeschau und
eine Erweiterung der praktischen Kenntnisse
des Sanitätstierarztes erstrebenswert?
Von
Tierarzt Karl Uhoir-Mühlheim-(Ruhr) Stymm,
Dr. med. yet. d«r UniyorsitAt Born.
Bei der Mehmng der Aufgaben, die
die Gegenwart an den Sanitfttstierarzt
stellt, ist es nicht zu yerwnndem, wenn
er nicht in allen Einzelheiten der sanitäts-
tierärztlichen Disziplinen gleich gut vor-
bereitet ist. Dies erklärt sich ans der
ungewöhnlich schnellen Entwicklung
unseres Faches und aus der Notwendig-
keit, daß sich die Dozenten bei der nur
Tsemestrigen Studienzeit in der Auswahl
des reichhaltigen Lehrstoffes schon aus
pädagogischen Gründen eine gewisse Be-
schränkung auferlegen müssen. Am besten
ist der Praktiker noch in der Unter-
suchung des frischen Fleisches be-
wandert, deren Technik er mit großem
Eifer fortgebildet hat. Dagegen ist bis
jetzt die praktische Ausbildung der sanitäts-
tierärztlicheu Beschau des zubereiteten
Fleisches im allgemeinen nur wenig
Gegenstand des Interesses und der Be-
arbeitung gewesen. Aus dieser auf-
fallenden Tatsache kann gefolgert werden^
daß der Unterricht in diesem Zweige der
Beschau erweiterungsbedürftig ist. Jeder
die Fleischbeschau ausübende Tierarzt
— nach Einfahrung des R. F. G. ist jetzt
fast jeder Tierarzt mehr oder weniger
auch Sanitätstierarzt — kommt in die
Lage, auch gepökeltes oder geräuchertes,
gebratenes oder gekochtes Fleisch oder
Wurst oder Talg* auf seine Genußtauglich-
keit zu untersuchen. Dies ergibt sich
besonders bei polizeilichen Revisionen der
Aufbewahrungsräume des Fleisches. Hier-
bei ist derjenige Sachverständige in einer
üblen Lage, der nicht sein Buchwissen
durch Anschauungswissen ergänzt hat.
Der junge Kollege — und dieser soll in
diesen Zeilen einige praktische Winke
finden — möge wohl bedenken, daß der
Fleischer einen offenen Blick dafttr hat,
wie der Tierarzt die rein praktische Seite
seiner Sachverständigentätigkeit ausübt.
Auch pro foro wird bekanntlich vom
Tierarzt mitunter ein Gutachten über
zubereitetes Fleisch eingefordert.
Wenn selbstverständlich bei der Begut-
achtung des zubereiteten Fleisches auch
das Urteil des Chemikers zu seinem Rechte
kommen muß, so sollte der Tierarzt von
heute doch befähigt sein, wenigstens eine
einleitende chemische Untersuchung all-
gemein orientierender Art vornehmen zu
können. Es dürfte nun zweckmäßig sein,
wenn die Studierenden schon während der
chemischen Übungen nach dieser Richtung
hin vorbereitend praktisch angeleitet
würden. (Dasselbe gilt auch von der
Milchkunde.) Auf Grund einer solchen
Vorbereitung wäre späterhin der Kandidat
befähigt, sich in den praktischen Übungen
über die sanitätstierärztliche Beurteilung
des zubereiteten Fleisches mit besserem
Erfolge zu unterrichten. Es wird sich
empfehlen, den Studierenden nicht nur
frisches, sondern auch zubereitetes Fleisch
im normalen und abnormen Zustande bei
den Fleischbeschaudemonstrationen als De-
monstrationsmaterial und Untersuchungs-
— 174 -
Objekt vorzulegen. Aach könnte bei den
Studierenden das Interesse an der Sache
geweckt werden, wenn sie unter sach-
kundiger Führung mehrere größere
Fleischereibetriebe besichtigen würden.
Später bietet sich dem jungen Tierarzt
in der Praxis — besonders in der ambu-
latorischen Fleischbeschau — günstige
Gelegenheit, die Zubereitung des Fleisches
vom praktischen Standpunkte durch An-
schauung genauer kennen zu lernen.
Jedenfalls liegt die praktische Aus-
bildung der sanitätstierärztlichen
Untersuchung des zubereiteten
Fleisches im dringenden Interesse
unseres Standes. Daher erscheint
auch eine Vertiefung des Unter-
richts in der Beschau desselben
notwendig.
Der angehende Kollege sei hier darauf
hingewiesen, daß der wissenschaftliche
Sachverständige in der Jetztzeit mehr
wie je mit dem frisch pulsierenden Leben
in Berührung treten muß, um seiner Auf-
gabe, auf die Verhältnisse im praktischen
Leben einen Einfluß auszuüben, gerecht
werden zu können. So muß auch der
moderne Sanitätstierarzt sich einen gründ-
lichen Einblick in das Fleischergewerbe
verschaffen. Ostertag hat die Wichtig-
keit bestimmter, den Fleischereibetrieb
betreffi&Bder Kenntnisse für den Sanitäts-
tierarzt frühzeitig erkannt, was schon
aus der ersten Auflage seines Hand-
buches 1892 hervorgeht. Es diürfte auch
bekannt sein, daß diejenigen Tierärzte^
die eine gründliche Kenntnis des Fleischer-
gewerbes und Interesse und Verständnis
för die Fragen des Gewerbebetriebs be-
sitzen, die den Fleischer bewegen, nicht
nur von den Gewerbetreibenden, sondern
auch von den Behörden besonders ge-
schätzt werden. Wenn auch ein Sanitäts-
tierarzt beim Fleischer selten beliebt
sein wird, weil letzterer die objektiven
Maßnahmen des ersteren, wenn sie
schädigend wirken, stets mit der Person
verquickt, so ist es doch selbstverständlich,
daß der Tierarzt hierdurch unbeirrt durch
die Gesamtheit seiner Handlungen dem
Gewerbetreibenden Achtung abzunötigen
versuchen muß. Der verdiente Schmidt-
Mülheim hat einmal gesagt — und die
Fleischer berufen sich häufig hierauf —
„der Tierarzt soll ein Freund des
Fleischers sein". Dieser Ausspruch
scheint mir in seiner wörtlichen Fassung
i nicht glücklich gewählt zu sein. Sagen
wir lieber „der Tierarzt soll sich
mit dem Gewerbe des Fleischers
befreunden". Das wird sowohl dem
Tierarzt als auch dem Fleischer zum
Vorteil gereichen.
Eine Fleischvergiftung in Rätzlingen.
Von
Veterinftrrat Lei8tlfc«w-Magdeburg,
I>«pArtenieDUti«rftnit.
In Rätzlingen im Kreise Gardelegen
sind anfangs Dezember v. J. 21 Personen
nach dem Genuß von „Sülze" aus Fleisch-
teilen einer notgeschlachteten Kuh schwer
erkrankt und davon zwei, darunter die
Frau des Hausschlächters, der die
Kuh geschlachtet hatte, gestorben. Es
handelte sich um eine Hausschlachtung.
Eine Untersuchung des Tieres hat weder
vor noch nach der Schlachtung statt-
gefunden. Die Kuh, die seit einiger Zeit
behufs Schlachtung fllr den Haushalt ge-
mästet war, erkrankte am 29. November
unter Appetitmangel, weshalb sie am
1. Dezember, etwas früher als ursprünglich
beabsichtigt, geschlachtet wurde.
Der Schlächter hat über den Zustand
der Kuh zur Zeit der Schlachtung bei seiner
polizeilichen Vernehmung nachstehende
Angaben gemacht:
„Bei der Schlachtung kam aus dem
After der Kuh eine grünliche, schlammige
Masse, die wie Froschlaich aussah. Auch
in den Schlußdärmen war noch etwas
von dieser Masse enthalten. Die Schluß-
därme zeigten an der Innenlläche aiif-
fallend rote Streifen. Der Blätterpansen
war steif und klebrig wie Pech und
r
175 —
Mtzig. Die Krauzdärme waren an-
scheinend infolge der Hitze etwas ge-
schwollen nnd mürbe/'
Der Gedanke, daß das Fleisch gennß-
untanglich oder gar gesundheitsschädlich
sein könnte, ist dem Schlächter nicht ge-
kommen, da er sonst wohl nicht mit seiner
Frau von der Salze gegessen haben würde.
Elr selbst ist auch erkrankt, aber genesen.
Zweifellos hat bei der kranken Kuh
eine Magen- und Darmentzündung vor-
gelegen. Die „klebrige" Beschaffenheit
des Blättermagens deutet auch auf Bauch-
fellentzündung hin.
Die Sülze, nach deren Oenuß die Er-
krankungen der Personen erfolgt sind,
ist in nachstehender Weise hergestellt
worden t Bauchfleisch, Kopf fleisch, Lunge,
Herz und Zwerchfell wurden in Kesseln
„weichgekocht", dann zerschnitten, in
einem „Wolf" zermahlen und schließlich
nach Vermischung mit der Brühe in einer
sog. Molle erkalten gelassen.
Von dieser Speise erhielten die Nach-
barn und Bekannten im Orte geschenk-
weise einzelne Portionen. Daß von dem
fibrigen Fleisch etwas genossen wurde, ist
nicht bekannt geworden.
Die an der Fleischvergiftung ge-
storbene Frau des Hausschlächters ist
auf Anordnung der Staatsanwaltschaft
obduziert worden. Nach dem Gutachten
der Obduzenten ist der Tod infolge von
Herzlähmung nach Darmentzündung ein-
getreten.
DasHygienische Institut der Universität
zu Halle a. S. hat Leichenteile der ver-
storbenen Frau, Teile der Sülze, eine
Qrtttzwurst und ein Stück rohes Fleisch
von der Kuh untersucht. In der Milz der
Frau und in dem rohen Kuhfleisch wurden
Paratyphusbazillen der Gruppe B
aufgefunden, in der Sülze und Wurst da-
gegen nicht. Angeblich sind sie hier
durch Fäulnisbakterien überwuchert
worden. Femer wurden in dem ge-
nannten Institut Blutproben mehrerer er-
krankt gewesener Personen mittelst des
biolo^schen Verfahrens (Agglutination)
untersucht und dabei bei allen sichere
Anzeichen einer vorausgegangenen Infek-
tion mit Paratyphusbazillen der Gruppe B
aufgefunden. Nach dem Gutachten des
Hygienischen Instituts sind die Er-
krankungen auf die Übertragung der
Paratyphusbazillen aus dem Fleisch der
Kuh mittelst der Sülze in den Verdauungs-
traktus der Personen zurückzuführen.
Gegen dieses Gutachten dürfte ein-
zuwenden sein, daß das Fleisch, welches
zu der Sülze Verwendung fand, „weich-
gekocht", also Hitzegraden ausgesetzt
wurde, die geeignet waren, die Bazillen
zu zerstören. Es bleibt weiter hervor-
zuheben, daß in der Sülze Bazillen nicht
gefunden worden sind. Es wird daher
die Möglichkeit nicht ausgeschlossen
werden können, daß es sich nicht um
eine Infektion, sondern um eine In-
toxikation gehandelt hat.
Die Staatsanwaltschaft hat das gegen
den Besitzer der Kuh und den Haus-
schlächter eingeleitete Verfahren wieder
eingestellt. Es wurde weder ein Vergehen
gegen das Nahrungsmittelgesetz noch
eine Übertretung des B'Ieischbesohau-
gesetzes gefunden.
Dieser Fall weist von neuem auf
die Notwendigkeit der Unterstellung
der Hausschlachtungen unter die
Fleischbeschau hin.
Neueres Ober Fleischvergiftungen.
Sammelreferat ■
▼on
Dr. med. vet C. TKze-Beriin.
Die sichere Erkennung gesundheits-
schädlichen Fleisches ist nicht nur von
großer hygienischer, sondern auch von er-
heblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung.
Im Jahre 1904 wurden 0,4 Proz. des
Fleisches der geschlachteten Tiere bei der
Beschau als untauglich befunden, das
waren 11087 212 kg, wobei die un-
schädlich beseitigten Eingeweide und das
Eingeweidefett nicht in Rechnung gestellt
sind. Der Geldwert des beschlagnahmten
Fleisches betrug etwa 6 Millionen Mark
— 176
Da nur solches Fleisch zum Genüsse
zugelassen werden darf, das nach
allen unseren Kenntnissen mit Sicher-
heit, eine Gesundheitsschädigung nicht
bedingt, und da deshalb im Zweifelsfall
immer nach der für die Verwertung des
Fleisches ungünstigen Seite hin geurteilt
werden muß, so ist es einleuchtend, daß
mit zunehmender Klarheit über das Wesen
der sogenannten Fleischvergiftungen die
Zahl der Untauglichkeitserklärungen yer-
mindert wird. Auf dem immer noch
ziemlich dunklen Gebiete der Fleisch-
vergiftungen sind daher umfangreiche
.experimentelle Untersuchungen dringend
geboten.
Die Krankheitserscheinungen, hervor-
gerufen durch Fleiscjivergiftung, wurden
lange Zeit als echte Vergiftungen
durch Fänlnisgifte Ptomainen (giftige
Fättlnisbasen nach Ehrenberg), be-
trachtet. In den meisten Fällen waren
jedoch an dem Fleische, das zu den Ver-
giftungen Anlaß gegeben hatte, auffällige
Veränderungen, besonders nach der Rich-
tung der fauligen Zersetzung hin, nicht
bemerkt worden. Wir wissen heute dank
den bakteriologischen üntersuchungs-
methoden, daß man unter der Bezeichnung
Fleischvergiftung Krankheiten zusammen-
gefaßt hat, die ätiologisch grundverschieden
sind. Wir wollen sie der besseren Über-
sicht wegen unter drei Klassen bringen.
Die erste Klasse umfaßt diejenigen
Fleischvergiftungen, die oft erwähnt,
aber äußerst selten beobachtet worden
und noch nicht wissenschaftlich bearbeitet
sind. Es handelt sich um gesundheits-
schädigende Eigenschaften des Fleisches,
die durch eiweißzersetzende Bakterien
hervorgerufen werden sollen, also in
der Hauptsache durch Saprophyten. Es
kommen in erster Linie in Betracht
die Fäulniserreger: die Bazillen
der Proteusgruppe BaciUus putrificus,
Bazillen, die zur Ödembazillengruppe
gehören, und die Begleitbakterien, wie
Bacterium coli, die man häufig bei
lokalen, mit Verjauchung einhergehenden
Prozessen in Gemeinschaft mit Staphylo-
kokken und Streptokokken findet. Sie
führen außerordentlich selten zu einer
Allgemeininfektion; beschrieben ist noch
kein einziger Fall. Wir würden es demnach
bei dieser Klasse wohl nur mit Fleisch
zu tun haben, das von ganz gesunden
Tieren stammt und erst durch gift-
bildende Saprophyten eine gefahrbringende
Eigenschaft . erlangt hat. Durch die
Fäulnis sollen Alkaloide gebildet werden
(Ptomaine, Sepsin). Exakte Versuche
über ihre Giftigkeit per os fehlen voll-
ständig. Sehr häufig hat es sich gezeigt,
daß gewisse Lebensmittel, die deutlich
in Fäulnis begriffen waren, ohne jeden
Nachteil verzehrt worden sind.
Die zweite Klasse von Fleischver-
giftungen ist die umfangreichste, da wir
allß die Fälle hierher rechnen, die ätio-
logisch auf spezifische Bazillen zurück-
zuführen sind, die nach Löffler unter
die große Ordnung der Typhaceen
fallen.
Hier sind zwei Hauptgruppen zu
unterscheiden:
1. Bacillus enteritidis Gärtner.
2. Bacillus paratyphosus B.
Zu 1. Gärtner hat bekanntlich bei
der Epidemie zu Frankenhausen^ 1888
aus dem noch frischen Fleisch und aas
der Milz einer Kuh, die in extremis wegen
einer akuten Enteritis notgeschlachtet
werden mußte, sowie aus der Milz eines
an der Fleischvergiftung gestorbenen
Menschen einen pathogenen Mikroorga-
nismus isoliert, den er genau untersuchte.
Es ist ein kurzer, dicker, ziemlich be-
weglicher Bazillus, der bei der Unter-
suchung im hängenden Tropfen in der
Mitte eine stärkere Lichtbrechung zeigt
als an den Enden. Das Mittelstück f&rbt
sich mit den gebräuchlichen Anilinfarben
weniger intensiv. Der Bazillus ist gram-
negativ und bildet in Peptonwasser kein
Indol. Milch wird nicht koaguliert.
Traubenzucker, Milchzucker, Rohrzucker
werden vergoren unter ziemlich be-
deutender Gasentwicklung. Kulturelles
Verhalten ist nicht charakteristisch. Er
ist pathogen far Mäuse, Meerschweinchen,
Kaninchen, Tauben, Schafe und Ziegen.
Die eingegangenen Tiere zeigen das
Bild einer Enteritis mit folgender Septi-
kämie. Unempfänglich sind Hunde, Katzen
und Hühner. Die Bakterien wuchern be-
sonders üppig in dem meist schlecht ent-
bluteten Muskelfleisch notgeschlachteter
Tiere. Sie erzeugen mit ihren Stoff-
wechselprodukten ein starkes Gift^ das
sehr widerstandsfähig ist und selbst durch
die Siedehitze des Wassers nicht ver-
nichtet wird. Das Toxin — aus künst-
lichen Kulturen im Laboratorium ge-
wonnen — ruft bei geeigneten Versuchs-
177 —
tieren und beim Menschen die gleichen
Krankheitserscheinungen hervor, wie sie
nach dem Genoß des infizierten Fleisches
selbst aoftreten.
Die Krankheitserscheinungen beim
Menschen treten fast stets rasch — nach
6 bis 12 Stunden — auf und bestehen
in der Hauptsache in einer katarrhalischen
Magen-Darmentz&ndung (Cholerine), die
sich in häufigen, dünnen, schleimigen, zu-
weilen blutigen, sehr fibel riechenden
Entleerungen äußert. Fieber kann ganz
fehlen.
Zu den Bazillen der Gärtnergruppe
gehören die Erreger der Fleisch-
vergiftungen von Frankenhausen,
Moorseele, Gent, Brügge, Rumfleth
nnd Haustedt. Hier handelte es sich
stets um Fleisch von Tieren, die an
Enteritis oder Metritis gelitten hatten,
also um Fleisch von kranken und not-
geschlachteten Tieren.
Zu 2. In Deutschland fand Schott-
muller im Jahre 1900 zum ersten Male ge-
legentlich ausgedehnter Blutuntersuchun-
gen beim Abdominaltyphus in 6 unter
68 Fällen statt der erwarteten Typhus-
erreger typhusähnliche Bazillen, die sich
im wesentlichen durch ihr Gärungsver-
mögen in Traubenzuckerbonillon von den
Typhusbazillen unterscheiden. Sie bilden
kein Indol, bringen die Milch nicht zur
Gerinnung (wie es dagegen die Coli-
bazillen tun) und wachsen auf Conradi-
IMgalski-Platten wie der Tybhusbazillus.
Schottmüller nannte sie Paratyphus-
bazillen und trennte sie in zwei Arten,
in eine seltene, die den Typhusbazillen
noch sehr nahe steht, und in eine häufiger
vorkommende, die sich stärker differenziert.
Die erste Art wurde später von Brion
und Kayser als Paratyphusbazillus A,
die zweite als Paratyphusbazillus B
bezeichnet
Die Paratyphusbazillen B sind nun in
den letzten Jahren mehrfach als Er-
reger von Fleischvergiftungen beschrieben
worden, so z. B. bei den Fleischver-
giftungen von Breslau (Flügge-Kaen-
sche), von Düsseldorf, Aertryke,
Neunkirchen und Greifswald. Be-
sonders bemerkenswert ist noch, daß es
mit allen unseren heutigen bakterio-
logischen Differenzierungsmethoden nicht
möglich ist, den sogenannten „Schweine-
pestbaziUas'S, und den Mäusetyphusbazillus
voA. den. Paratyphusbazillen B zu unter-
scheiden.*) Hieraus kann aber nicht auf
eine Identität aller dieser Bazillen ge-
schlössen werden. XylanderundGrabert
haben nachgewiesen, daß der „Schweine-
pestbazillus" sich bei gut 10 Proz. der ge-
sunden Schweine findet. Wäre er ein Fleische
vergifter, so müßten die Fleischvergiftungs-
Epidemien an der Tagesordnung sein.
Vom weit verbreiteten Bacterium coli
unterscheiden sich alle Bazillen der
Fleischvergiftungen durch ihr Verhalten
in Milch. Diese wird von den Fleisch-
vergiftem nach 8—14 Tagen in eine
gelbliche, transparente Flüssigkeit ver-
wandelt, während das Bacterium coli bei
Züchtung im Brutschrank Milch meist
schon nach 24 Stunden zur Gerinnung
bringt. Die Paratyphusbazillen können
gelegentlich nachträglich durch irgend-
einen Zufall, z. B. durch menschliche
Bazillenträger, in Hackfleisch, Milch,
Mehlspeisen usw. gelangen, sich hier ver«
mehren und die vorher einwandfreien
Nahrungsmittel zu gesundheitsschädlichen
machen.
Für die bakteriologischen Unter-
suchungen bei Fleischvergiftungen ist
es eine Notwendigkeit, die in Betracht
kommenden Mikroorganismen deutlich zu
unterscheiden einmal von den gewöhn-
lichen Eadaverbazillen, dann vom Bacte-
rium coli und zuletzt festzustellen, ob es
sich um die Gärtnergruppe oder um die
Paratyphusgruppe handelt. Wenn die
aufgezählten morphologischen imd biolo*»
gischen Eigenheiten auch schon ziemlich
viele Anhaltspunkte geben, so f&Ut doch
dem wichtigsten Differenzierungs-»
mittel ähnlicher Bakterien, der Agglu-
tination, das Hauptgewicht zu. Das
Agglutinationsphänomen, das zuerst von
Gruber, Durham, Pfeiffer, Kolbe,
Sobernheim, Vidal und Fraenkel wahr-
genommen und angewandt wurde, beruht
bekanntlich darauf, daß sich nach künst-
lichen oder natürlichen Infektionen mit
Bakterien im Serum der infizierten Tiere
spezifische Stoffe anreichem, die Agglu-
tinine, denen die Eigenschaft zukommt,
im Reagenzglase die Bakterien, auf die sie
abgestimmt sind, unbeweglich zu machen
und zusammenzuballen, so daß eine gleich-
*)Anm. Der Ratinbazillus ist, wie Xylander
festgestellt hat, identisch mit dem Bacillus
enteritidis Gärtner. Es stehen demnach seiner
allgemeinen Verwendung zur Rattenvertilgung
ernste Bedenken entgegen.
— 178 —
mäßig trübe bakterielle Emulsioi), in der
keinerlei körperliche Elemente zu sehen
sind, nach Znsatz von agglutinierendem
Serum bald von Bakterienflocken erfüllt ist,
die sich zu Boden setzen, während sich
die Flüssigkeit selbst völlig klärt. Nach dem
Verdünnungsgrad, bis zu welchem Serum
noch eben deutlich agglutiniert, bezeichnet
man bekanntlich den Grenzwert oder
Agglutinationstiter (z. B. 1 : 500, 1 : 1000
usw.). Das Phänomen ist der Wahrnehmung
mit dem unbewafheten Auge zugänglich.
Das Wort Agglutinine stammt von Grub e r ;
er glaubte in diesen Substanzen eine Haupt-
ursache der Heilung von Infektionskrank-
heiten und des Immunwerdens gegen die-
selben sehen zu dürfen, eine Auffassung,
die sich aber nicht bestätigt hat.
Ein weiteres serodiagnostisches Hilfs-
mittel zur Differenzierung von Bakterien
ist die Komplementablenkung von
Bordet und Gengou, die von Rick-
mann in dieser Zeitschrift*) beschrieben
worden ist, und auf die deshalb hier nicht
näher eingegangen zu werden braucht.
Die Serodiagnostik hat zur Aufstellung
der beiden genannten Hauptgruppen der
Fleischvergifter geführt.
Waches ist liun die Methodik der
bakteriologischen Untersuchung bei
den Fleischvergiftungen?
Zunächst kommt in Betracht die
Untersuchung des Stuhlganges der er-
krankten Personen, die ich nach den
Angaben von Uhlenhuth kurz wieder-
gebe;
Mit Schleimflocken des Stuhlgangs der Er-
krankten bei der Greifswalder Fleischvergiftung
wurden gewöhnliche Agarplatten angelegt und
aufierdem zahlreiche Malachitgrün -Agarplatten
nach Löffler bestrichen. Dieser Nährboden,
der ursprünglich Ton Löffler für den Nachweis
von Typhusbazillen in Fäces. Wasser und Erde
vorgeschlagen wurde, hat aen großen Vorteil,
daß das in dem Nährboden in einem Verhältnis
von 1 : 1000 vorhandene Malachitgrün das Wach-
tum des sonst alles überwuchernden Bacterium
coli fast vollkommen verhindert, während Tvphus-
bazillen und typhusähnliche Bakterien bei diesem
Zusatz von Malachit^ün noch üppig gedeihen.**)
Und so wuchsen bei den Uhlen hu th sehen Ver-
suchen auf dem MalachitffrQn-Nährboden im
Geg^satz zu den gewöhnlicnen Agarplatten, die
durch Bacterium coli vollständig überwuchert
waren, zarte, durchscheinende Kolonien, die sich
besonders dadurch auszeichneten, daß sie den
Nährboden nach 18 — 20 Stunden entfärbten.
♦> 17. Jahrgang, S. 197.
**) Genaue Angabe über Herstelhmg von
Löfflers Malach itgrfinnährboden findet sich in
der Deutsch, med. Wochenschrift 1906, S. 1330.
Gleichzeitig wurde eine Anzahl weiße M&oae
mit dem Stuhlgang geimpft Der Stahlgaag
wurde im Verhältnis von 1:10 mit physio-
logischer Kochsalzlösung verdünnt und von
dieser Verdünnung 0,2 ccm Mäusen subkutan
beigebracht. (Tod nach 10 — 18 Stunden).
Besonders wichtig ist natürlich im
Fall einer Fleischver^nng die bakterio-
logische Untersuchung des verdäch-
tigen Fleisches. Diese geschieht nach
der Methode von Basenau (vgl. Oster-
tag, Handbuch der Fleischbeschau).
Nach der bakteriologischen Unter-
suchung der verfügbaren Fleischreste
sind die Bakterien aus dem Stuhlgang zu
vergleichen mit den aus dem Fleische
gewonnenen nach ihren morphologischen,
biologischen und pathogenenEigenschaften
und dann namentlich nach den Grund-
sätzen der Serodiagnostik. Hierzu be-
nötigt man eines agglutinierenden Para-
typhus- und eines Gäi-tnerbazillusserums,
das man sich am besten durch geeignete
Vorbehandlung von Ziegen oder Schafen
herstellt und vorrätig hält.
Für die aus dem Stuhlgang ge-
wonnenen suspekten Bakterien bestimmt
man den Agglutinationstiter des ans
dem verdächtigen Fleisch ausgepreßt^i
Muskelsaftes und den Agglutinationstiter
des Serums des erkrankten Menschen
mit den notwendigen Eontrollen. Dieselbe
Prüfung nimmt man mit den Fleisch-
bakterien vor. Zum Vergleich sind be-
kannte Bakterien aus den beiden ange-
fahrten Hauptgruppen heranzuziehen. Ein
agglutinierendes Paratyphusserum agglu-
tiniert die Gärtnerbazillen nicht und um*
gekehrt.
Erweist sich das nach der Methode
von Basenau untersuchte Fleisch als frei
von Bakterien, so ist es als nicht gesund-
heitsschädlich anzusehen. Hat man da-
gegen aus dem Fleische Gärtnerbazilleh
oder Paratyphusbazillen gezüchtet, und
zeigt es sich, daß der ausgepreßte Muskel-
saft oder das Blutserum des betreffenden
Schlachttieres für diese isolierten Bak-
terien einen hohen Agglutinationstiter hat,
so kann man daraus schließen, daß die
agglutinierte Bakterienart einen Anteil an
dem Zustandekommen der Allgemein-
infektion des Schlachttiers gehabt hat.
Isoliert man aus Hackfleisch den Para-
typhusbazillus oder den Gärtnerbazillus,
und zeigt der ausgepreßte Muskelsaft
gegen diese keine erheblichen agglu-
tinierenden Fähigkeiten, so kann dies
r
— 179 —
darauf hindeuten, daß erst nach der
Schiachtang des Tieres eine Vemnreini-
gnng des Fleisches mit den Fleisch-
vergiftern stattgefunden hat.
Die dritte Klasse der Fleischver-
giftungen umfaßt den Botulismns oder
die AllantiasiSy beobachtet nach Genuß
konservierten Fleisches. Identisch hier-
mit ist der lehthyosismus nach Genuß
von gesalzenen Fischen (Stör, Sterlett,
Lachs). Der Botulismus wurde beobachtet
nach dem Genuß von Würsten, nament-
lich dicken Blut- und Leberwürsten, ge-
pökeltem oder geräuchertem Fleisch,
Büchsenfleisch, Konserven, Pasteten. Die
schädlichen Nahrungsmittel wurden nach
mehreren Wochen der Konservierung ver-
zehrt und waren durch die Art der Be-
handlung^sehr geeignet, die Entwicklung
anaerobef Bakterien zu begünstigen. Das
Botulismustoxin ist durch Siedehitze zer-
störbar. Beim Botulismus sind keine
gastrointestinalen, sondern eine Summe
von nervösen Erscheinungen zentralen
Ursprungs vorhanden (Akkomodationsläh-
mung, Mydriasis, Ptosis, Doppeltsehen,
Trockenheit und Rötung der Mund- und
Rachenschleimhaut, sekretorischeLähmung,
Aphonie und Dysphagie). Fieber fehlt
Auftreten der ersten Krankheitserscheinun-
gen 24 bis 36 Stunden nach der kritischen
Mahlzeit Mortalität 25- 30 Proz. infolge
Bulbärparalyse.
Der Bacillus botulinus v. Ermengem,
ein anaerober toxigener Saprophyt, ist
ein 4—6 /» langes Stäbchen mit etwas
abgerundeten Enden. Bisweilen bildet
er Verbände von zwei Individuen oder
selbst wenig lange Fäden. Gasbildner,
endständige Sporen. Sehr empfänglich
ffSff das Botulismustoxin sind Katzen und
Mäuse.
Die Frage, welche Krankheiten bei
unseren Schlachttieren durch Mikro-
organismen hervorgerufen werden, die das
Fleisch zu einem gesundheitsschädlichen
Nahrungsmittel machen, ist bisher trotz
ihrer Bedeutung noch nicht geklärt. Aus
den epidemiologischen Erfahrungen wissen
wir, daß das gesundheitsschädliche Fleisch
meistens von notgeschlachteten Tieren
stammte. Es handelte sich in der Regel bei
diesen Tieren um Endometritis, Peritonitis,
Enteritis, Mastitis, Pneumo-Enteritis der
Kälber, Nabelinfektion und Gelenkerkran-
kung, Phlegmonen und Dekubitus, wenn sich
an-Se genannten Leiden eine Septikämie
oder Pyämie anschloß. Des. weiteren
haben aber die tierärztlichen Erfahrungen
vor Einführung der allgemeinen Schlacht-
vieh- und Fleischbeschau gelehrt, daß das
Fleisch von Tieren mit den genannten
Krankheiten nur in seltenen Fällen ge-
sundheitsschädlich ist. Eingehende bakte-
riologische Untersuchungen derSeptikämien
der Schlachttiere, femer Untersuchungen
über die Verbreitung der Fleischvergifter
im Darmkanale gesunder Schlachttiere, ihr
etwaiges Vorkommen in Eiern und Ei-
leitern von Hälmem usw. wären ein dank-
bares Feld fllr die sich immer mehr als
notwendig erweisenden bakteriologischen
Laboratorien der Schlachthöfe.
Die Ergebnisse der bisherigen wissen-
schaftlichen Untersuchungen fiber Fleisch-
vergiftungen lassen sich in folgende
Sätzen zusammnefassen:
1. Die überwiegende Mehrzahl der unter-
suchten Fleischvergiftungen wurde
durch Bakterien hervorgerufen, die
zur Gärtnergi'uppe oder zur Para-
typhus B-gruppe gehören.
2. Diese Bakterien gelangen gewöhnlich
in das Fleisch infolge septischer Er-
krankungen der Schlachttiere. Sie
sind aber vielleicht nicht die prima
causa der septischen Krankheits-
prozesse, sondern sie stellen möglicher-
weise eine Begleiterscheinung der
durch die gewöhnlichen Sepsiserreger
hervorgerufenen Ailgemeinerkrankun-
gen vor.
3. Die Paratyphusbazillen können auch
durch Zufälligkeiten irgendwelcher
Art erst nach der Schlachtung in das
Fleisch völlig gesunder Tiere gelangen
(Hackfleischvergiftungen).
4. Über das Vorkommen und die Ver-
breitung der Fleischvergifter bei
gesunden Menschen und Tieren und
außerhalb des Tierkörpers, über die
Gründe der Schwankungen in ihrer
Toxinproduktion und fiber die die Toxin-
produktion bestimmenden Faktoren
sind wir gänzlich unanterrichtet.
5. Genauere Untersuchungen fiber^ Ge-
sundheitsschädlichkeit von Fleisch
infolge Eiweißzersetzungen durch
Saprophyten (Ptomaine, Sepsine)
liegen nicht vor.
6. Der Botulismus wird durch einen
anaeroben Saprophyten, den Bacillus
botulinus, hervorgei*ufen.
— 180
Über die Entstehung von Schwefelwaeeer-
stolT bei der Erhitzung der Milch.
Von
Dr. Enrique Fyin-BuenoB Aires,
Vorsteher der Landwirtschaftlichen Abteilung des Ackerbau-
mlnisteriums der Ari^ntlnischen Republik.
An einer anderen Stelle (i) wies ich
auf das Auftreten von Schwefelwasserstoff
hin, und, zwar bei Besprechung der Steri-
lisierung der Milch, einen Befand, den
Baudnitz (2) nicht bestätigen konnte.
ütz (3) konnte gleich mir und anderen
früheren Beobachtern bei Erhitzung der
Milch HgS nachweisen. Die Leichtigkeit,
mit der man die Qegenwart dieser Ver-
bindung feststellen kann und das negative
Ergebnis, das ein so guter Kenner der
Milchchemie, wie Baudnitz hatte, ließ
vermuten, daß dieser Forscher in der
Tat mit Milch gearbeitet hatte, bei der
kein Schwefelwasserstoff bei der Er-
hitzung entstand. So mußte es von
Interesse sein, dieses Gebiet weiter zu
erforschen.
Hierzu unterwarf ich der Erhitzung
Milch verschiedener Laktationszeit nach
dem gleichen früheren Verfahren (1. c).
Bei ftlnf Kühen, deren Kolostrum vom
ersten Tage nach dem Kalben untersucht
wurde, konnte selbst nach dfeiviertel-
stfindiger Erhitzung bei 100^ C kein H^S
konstatiert werden; erst am dritten Lak-
tationstage zeigte das Bleipapier durch
die Färbung Spuren dieser Verbindung
an. Vom vierten Tag an wurde die
Reaktion ganz deutlich. In dem Kolostrum
zweier anderer Kühe wurde ein etwas
abweichendes Ergebnis erhalten insofern,
als die ersten Anzeichen des Auftretens
des HgS erst am vierten Tage sich
zeigten.
Späterhin habe ich vei-schiedene
Proben Milch der Erhitzung unterworfen
behufs gleicher Untersuchung, und obgleich
die entnommenen Muster einer vor-
geschrittenen Laktationszeit angehörten,
wurde bei einigen das Ausbleiben der
Schwefelwasserstoflreaktion beobachtet,
ohne daß ein Zusammenhang zwischen
Laktationszeit und der Entstehung obiger
Verbindung sich feststellen ließ. Folgende
Tabelle gibt einen Überblick über die
untersuchten Proben und deren Ergeb-
nisse. Die Erhitzung wurde stets an
doppelten, von der gleichen Kuh herrühren-*
den Proben angestellt. Die Erhitzungszeit
betrug tüT alle Proben ^/^ Stunden, . die
Temperatur lOO® C.
Nr. der Kuh Laktationszelt HjS-Befond
1 120 Tage +
2 30 ,
2 37 „
2 45 ,
2 55 ,
3 120 „ Sparen
4 90 „ +
5 150 , +
5 180 ^ +
6 30 , -f
7 210 „ +
8 105 „ +
9 90 „ +
Es sei erwähnt, daß es auch Rubner (4)
und Nie mann (5) nicht gelungen ist, die
Bildung von Schwefelwasserstoff beim Er-
hitzen der Milch nachzuweisen.
Da das Kasein in der Milch k:onstant
vorkommt, so ist zu folgern, daß diese
Verbindung nicht der Atomkomplex ist,
das das leicht abspaltbare Schwefelatom
führt. In der Tat habe ich in unserer
ersten Publikation (1. c.) erwähnt, daß,
wenn man amphotere Kaseinlösungen in
Dinatriumphosphat erhitzt, keine Schwefel-
wasserstoffentwicklung stattfindet. Da
jedochRettger(6)angibt,daß80WohlKaseTn
als auch Laktalbumin Schwefelwasser-
stoff beim Kochen der Milch abgeben,
habe ich diese Frage nochmals geprüft,
indem ich amphotere Kaseinlösungen
(3proz.) während drei Viertelstunden, auf
1000 C erhitzte, ohne H^S-Bildung nach-
weisen zu können. Ebenso verhielten
sich die Kaseinlösungen, als die Tempe-
ratur auf 1200 C erhöht wurde. Auf diese
Art und mit dem gleichen Resultat ist
Kasein, das aus vier verschiedenen Jtfüch-
proben stammte, untersucht worden^ Es
r
- 181
ist zu bemerken, daß die fraglichen Milch-
proben bei der Erhitzung TLß abgaben.
Erst als ich die Reaktion der Kasein-
lösungen nicht mehr amphoter ließ, son-
dern deutlich alkalisch machte, konnte
ich bei der Erhitzung die H.^S-Eeaktion
durch die Schwärzung des Bleipapiers
hervorbringen. Dieses Verhalten war
jedoch im voraus zu erwarten, da durch
die Gegenwart freien Alkalis, unter dem
Einfluß der Temperatur, das Kasein eine
tiefgreifende Zersetzung erleidet, ein Ver-
halten jedoch, das ganz verschieden ist
von den Umständen, unter denen der
Schwefelwasserstoff beim Kochen der
Milch entsteht.
Da ich leider nicht im Besitz der
OriginalabhandlungRettgers war, sondern
dessen Ergebnisse nur aus Referaten
kannte, habe ich weiter versucht, die
Umstände kennen zu lernen, unter
denen der Säureniederschlag der Kuh-
milch, beim Erhitzen seiner amphoteren
Lösung, Schwefelwasserstoff abgibt.
Fällt man nämlich Milch mit Essig-
säure nach dem Hammersteinschen
Verfahren, so gibt der im Dinatrium-
phosphat gelöste Niederschlag beim Er-
hitzen Schwefelwasserstoff ab. Wenn man
aber den ursprünglichen Niederschlag
nach Hammersteins Vorschrift in
Natriumhydratlösung löst und mit Essig-
säure wieder fällt, so fand ich, daß seine
amphoteren Lösungen in Natriumhydrat
oder Phosphatlösungen beim Erhitzen
keinen Schwefelwasserstoff abgaben.
Statt das Kasein durch Wiederauf-
lösung von der leicht Schwefelwasser-
stoff abgebenden Verbindung zu reinigen,
habe ich dies auch erreicht, indem ich
den Säureniederschlag unter allmählichem
Zusatz kleiner Anteile kalten 95 proz.
Alkohols im Mörser verrieb und durch
Filtration trennte. Die amphoteren
Lösungen des so erhaltenen Kaseins
geben beim Erhitzen keinen Schwefel-
wasserstoff ab. Dagegen befindet sich
die leicht abspaltende Schwefelwasser-
stoff führende Verbindung im alkoholischen
Auszug. Um dies nachzuweisen, habe ich
die alkoholische Lösung unter ver-
mindertem Druck abdestilliert und den
wäßrigen Rückstand, wie bei der Milch
beschrieben, auf 100^ C erhitzt. Durch die
braune Färbung des Bleipapiers habe ich
mich von der Entstehung des Schwefel-
wasserstoffs überzeugt. Es sei bemerkt,
daß während der Destillation, obgleich
die Temperatur niedrig gehalten wurde
(46 bis 58^0), etwas Schwefelwasserstoff
entstand. Für die soeben beschriebenen
Versuche bin ich selbstverständlich von
einer Milch ausgegangen, die beim Er-
hitzen einen positiven H^S-Befund gab.
Mit der Schwefelwasserstoffentstehung
bei der Erhitzung der Milch steht im
Zusammenhang das Vorkommen von
freiem Schwefel in sterilisierter
Milch. So berichtet Sartori (7) einen
Fall, bei dem im Ätherextrakt Schwefel
gefunden wurde, dessen Abstammung er
sich nicht erklären konnte. Die Erklärung
ist aber möglich, wenn man bedenkt, daß
wäßrige Schwefelwasserstofflösungen unter
dem Einflüsse des Lichtes in Gegenwart
des atmosphärischen Sauerstoffs in Wasser
und Schwefel umgesetzt wurden. Diese
Bedingungen sind, wie ich früher betont
habe (0, für sterilisierte Milch in Glas-
flaschen gegeben. In diesen Gefäßen
nimmt man daher die Schwefelwasser-
stoffreaktion der sterilisierten Milch nach
einigen Tagen nicht mehr wahr. In
Milchblechdosen dagegen kann man die
in Rede stehende Verbindung selbst nach
Monaten noch nachweisen. Man kann sich
davon überzeugen, wenn man durch die
Milch Luft treibt und diese hierauf über
einen Streifen Bleipapier streichen läßt.
Die hier in Frage kommenden Ver-
hältnisse bei Frauenmilch, die ich bei
früheren Versuchen (8) studierte, seien
der Vollständigkeit halber auch noch er-
wähnt. Es wurden drei Milchproben
verschiedener Frauen, die vor zwei, vier
und fünf Monaten geboren hatten, während
— 182 —
3/^ Stunden auf 100^ C erhitzt, ohne daß
Schwefelwasserstoff nachgewiesen werden
konnte. Eine vierte Probe (Laktations-
zeit SVa Monat) wurde sogar auf 120^ C
während -^4 Stunden erhitzt, mit gleichem
negativen Erfolg.
Meine Untersuchungen ergaben also,
daß die Gegenwart von Verbindungen in
der Milch, die leicht HgS abgeben, nicht
konstant ist, wodurch die negativen
Befunde von Raudnitz, Rubner und
Nie mann erklärt werden. Noch sei
hingewiesen auf die schon bekannte
Tatsache der leichten Abspaltbarkeit von
H2S beim Erhitzen des Eiinhaltes. Trennt
man bei diesem das Eiweiß vom Dotter,
indem man letzteren, ohne ihn zu ver-
letzen, mit etwas Wasser spült, und er-
hitzt die zwei Eikomponenten für sich,
so nimmt man wahr, daß, während das
Eiweiß intensiv HgS entwickelt, dies der
Eidotter nur in sehr geringem Maße tut.
Hiernach liegt es nahe, anzunehmen, daß
die leicht H^S abspaltende Verbindung
im Eiweiß als Quelle für die stabileren
Schwefelverbindungen bei der Entwicklung
des Embryo gelten kann.
Im Eiweiß liegen die Verhältnisse
ähnlich wie bei dem Säureniederschlag
der Milch. Es läßt sich ihm nämlich
durch kalten Alkohol eine Verbindung
entziehen, die in dem wäßrigen Rück-
stand nach der Destillation des Alkohols
unter vermindertem Druck hinterbleibt.
Beim Erhitzen des wäßrigen Rückstandes
auf 100^ (J kann man sich von der Ent-
stehung des Schwefelwasserstoffs über-
zeugen. Versuche, diese Verbindung
näher zu charakterisieren, sind im Gange.
Literaturnachweis.
1) Fynn, Berliner Molkerei-Zeitung 1902,
Nr. 32.
2) R. W. Raudnitz, Sammelreferate über
Arbeiten aus der Milchchemie. Monatsschrift f.
Kinderheilkunde 1903.
3) Utz, Milchzeitung 1903, Nr. 23.
4) Rubner,M., Hygienische Rundschau 1895.
5) F. Niemann, Archiv für Hygiene 1893.
6) L. F. Rettger, Am. J. of physioL 1902, VI.
7) A. Sartorl, Chemische Zeitung, 17, 1893.
8) Fynn, Anales de la Sociedad Cientifica
Argentina LTV, 1902.
Untersuchung von Eiern mit farbiger
Schale (Möven-, Kiebitz-, Kräheneiern usw.)
durch die Schwemmprobe.
Von
K. Borohmann-Berlin,
PoIlEeitlerarzt.
Die Untersuchung der Möven- und
Kiebitzeier ist wegen der buntgeförbten
und dadurch undurchscheinenden EaJk-
schale im Gegensatz zu Hühner-, Perl-
huhn-, Enten- und Gänseeiern mit Hilfe
der Durchleuchtung nicht möglich. Anstatt
dieser wird handelsüblich die sogenannte
„Schwemm-" oder „Schwimmprobe"
vorgenommen.
Ich hatte unter anderem Gelegenheit,
diese Probe an einer größeren Anzahl
Möveneiern vorzunehmen, die mir zur
Untersuchung übergeben worden waren.
Zu diesem Zwecke werden die frag-
lichen Eier, soweit sie äußerlich ganz
erscheinen, mit dem stumpfen Pole nach
unten vorsichtig in ein mit gewöhnlichem
Wasser gefülltes Gefäß gesenkt. Diejeni-
gen Eier, die sich sofort wagerecht auf den
Boden des Gefäßes legen, sind unver-
dorben und genußtauglich, die übrigen,
die sich mehr oder weniger auf die Spitze
stellen oder sogar schwimmen (sogenannte
„ausgeschwemmte" EierX sind entweder
„verdorben" und genußuntauglich — an-
gebrütet, faul oder sonstwie verdorben —
oder angeknickt (sogenannte „Knickeier").
Die völlig zerbrochenen Eier, deren Ei-
inhalt z. T. ausgelaufen und infolgedessen
stets mehr oder weniger durch das Pack-
material (meist Sägespäne) verunreinigt
ist (sogenannte „Brucheier"), müssen von
vornherein als „untauglich zum mensch-
lichen Genuß" erachtet werden.
„Knickeier" verhalten sich demnach
bei der „Schwemmprobe" ebenso wie
„verdorbene" Eier. Sie sind indes er-
fahrungsgemäß zum großen Teil unver-
I
— 183 —
dorben, obwohl sie beispielsweise senk-
recht auf der Spitze stehen oder, falls sie
schon seit mehreren Tagen angeknickt
sind, sogar anf der Oberfläche schwimmen.
Aus diesem Grande werden die Knickeier
aus den aasgeschwemmten Eiern, da
feinere Spränge in der Schale nar aus-
nahmsweise sichtbar sind, mittels der
„Klangprobe" herausgesucht. Diese ge-
schieht, indem man jedes fragliche Ei j
möglichst nahe an das Ohr hält und es
ringsherum mit der Nagelschneide des
Zeigefingers in einem recht ruhigen Räume
beklopft. Ein mehr oder weniger dumpfer
Klang verrät bei einiger Übung leicht
die Sprünge oder Knickstellen und läßt
das betr. Ei als „Knickei" erkennen.
Darauf werden die so ermittelten Knick-
eier eröffnet und der Eiinhalt geprüft.
Die hiemach als gut befundenen Knick-
eier sind zwar für Bratzwecke verwend-
bar, könnten aber nur in einem Topf oder
dergleichen eingeschlagen als sogenannte
„Einschlageier" verkauft werden. Sie
eignen sich deshalb nicht zur Ver-
steigerung. Abgesehen davon, daß im
allgemeinen der auktionsweise Verkauf
von Möven- und Kiebitzeiern in Form
von „Einschlageiern" nicht üblich ist,
wäre dieser im übrigen auch mit Rücksicht
auf die gegebenenfalls zu geringe Stück-
zahl der in jedem beschlagnahmten Einzel-
posten vorhandenen Knickeier praktisch
undurchführbar.
Aus diesen Gründen sind bis auf
weiteres von beschlagnahmten Möven-
und Kiebitzeiern nicht nur die Brucheier
und die ausgeschwemmten verdorbenen
Eier, sondern auch die ausgeschwemmten
Knickeier zu verwerfen.
Die in vorstehender Weise ausgeführte
Untersuchung von über 100 Möveneiern,
die ich zur Prüfung erhalten habe, ergab
folgenden Befund: Brucheier habe ich
nicht vorgefunden. Bei der Schwemm-
probe wurden 30 Eier „ausgeschwemmt".
Von diesen erwiesen sich bei der Klang-
probe etwa die Hafte als Knickeier, die
übrigen mithin anscheinend als verdorben.
Bei der Eröffnung zeigten sich letztere
zum größten Teil angebrütet und gleich-
zeitig „rotfaul" oder „schwarzfaul", teils
nur angebrütet. Von den eingeschlagenen
Knickeiern waren drei Stück „rotfaul",
der Rest an und für sich für Bratzwecke
geeignet.
Auf Grund dieses Befundes wurden
sämtliche ausgeschwemmten Möveneier
als „untauglich zum menschlichen Genuß"
oder „nicht verkaufsfahig" verworfen.
Um festzustellen, ob vielleicht die zur
Bestimmung des spezifischen Gewichts
von Hühnereiern verwendeten Kochsalz-
lösungen dem gewöhnlichen Wasser vor-
zuziehen sind, und ferner, ob die un-
verdorbenen Knickeier möglicherweise
schon ohne Eröffnung ermittelt werden
können, wurden zahlreiche Möven-
und Kiebitzeier vergleichsweise in
reinem Wasser sowie in 2proz., Sproz.,
öproz., 6proz., Sproz., lOproz. und
12 proz. Kochsalzlösung geschwemmt.
Darauf eröffnete ich jedes ausge-
schwemmte Ei und prüfte so die Befunde
der Schwemmprobe nach. Hierbei zeigte
es sich; daß die Schwemmprobe
in gewöhnlichem Wasser die ein-
deutigsten Ergebnisse ergab, und
daß die Beurteilung der Eier mit der
gesteigerten Konzentration der Kochsalz-
lösung immer unsicherer und zweideutiger
wurde, so daß häufig selbst gute, nicht
angeknickte Eier in Kochsalzlösungen
von über 6 Proz. fälschlich als verdorben
oder als Knickeier ausgeschwemmt wurden.
Demzufolge ist die Verwendung von
Kochsalzlösungen an Stelle des reinen
Wassers nicht zu empfehlen. Die
Schwemmprobe in gewöhnlichem Wasser
muß vielmehr bis auf weiteres als das
einfachste und verhältnismäßig beste
Mittel zur Untersuchung von Eiern mit
farbiger Schale (Möven-, Kiebitzeiern usw.)
auf Genußtauglichkeit bezeichnet werden.
Möven- und Kiebitzeier dürfen bekanntlich
nach der Jagdordnung vom 15. Juli 1907
- 184 —
(Preuß. Gesetzformular Nr. 31, S. 207 ff.)
nur bis zum 30. April einschl. einge-
sammelt werden. Diese Frist kann durch
Beschluß des Bezirksausschusses fär
Kiebitzeier bis zum 10. April einschl.
verkürzt, fär Möveneier bis zum 15. Juni
einschl. verlängert werden. Dagegen ist
der Vertrieb von Eiern der übrigen jagd-
baren sowie der unter das Vogelschutz-
gesetz fallenden Vögel für Nahrungs-
mittelzwecke verboten und lediglicli unter
gewissen Einschränkungen für Brut- und
wissenschaftliche oder Lehrzwecke erlaubt.
Außer Kiebitz- und Möveneiem werden
häufiger auch noch Kräheneier und
seltener die Eier des Bläßhuhns (Fulica
atra L.) und des grünfußigen Teichhuhus
(Gallinula chloropus L.) auf dem Markte
angetroffen, die weder den Beschränkungen
der Jagdordnung noch dem Vogelschutz-
gesetz unterliegen. Der Marktpolizei-
tierarzt muß daher in der Lage sein, die
Eier der erwähnten Vogelailen von den
mehr oder weniger ähnlichen Eiern der
übrigen jagdbaren Vögel und der unter
das Vogelschutzgesetz fallenden Arten
zu unterscheiden. Hierauf werde ich
später in einer besonderen Abhandlung
näher eingehen.
Referate.
C. Fraenkel, Über die Wirkung der
Tuberkelbazillen von der anverletzten
Haut ans.
'(Hygienische Rundfichan 1907, Nr. 15.
Von 22 Meerschweinchen, denen auf die
rasierte Bauchhaut eine geringe Menge
Tuberkelbazillenkultur eiDgerieben wurde,
erkrankten 21 an Tuberkulose der inneren
Organe. Bei dem einen gesund gebliebenen
Tier war eine hochgradig abgeschwächte
Kultur benutzt worden. Die betreifenden
Hautstellen zeigten in keinem einzigen
Falle Veränderungen. BroU.
Joest, Untersachangeu zur Frage des
Yorkommens latenter Taberkelbazillen
in den Lymplidrflsen des Kindes nnd
Schweines.
(^Verhandlungen der Naturforschcrveriammlung in Dresden.)
In den letzten Jahren ist die Frage,
ob in unverändert oder jedenfalls makro-
skopisch nicht tuberkulös erscheinenden
Lymphdrüsen lebende, virulente Tuberkel-
bazillen vorkommen (wir sprechen in
solchen Fällen von latenten Tuberkel-
bazillen), mehrfach Gegenstand von Unter-
suchungen gewesen. Für den Menschen
— hier wurden in der Hauptsache Lymph-
drüsen nichttuberkulöser Individuen ge-
prüft — ist diese Frage von mehreren
Forschern bejahend beantwortet worden.
Die Frage des Vorkommens latenter Tuber-
kelbazillen beim Rind ist bei Gelegen-
I heit von Immunisierangs versuchen zur Er-
örterung gelangt. Man fand bei Rindern,
die einige Zeit nach der Immunisierung
durch Impfung mit virulenten Rinder-
tuberkelbazillen auf ihre Immunität geprüft
worden waren, in den anscheinend un-
veränderten Lymphdrüsen lebende Tuber-
kuloseerreger. Nähere Untersuchungen
für das Rind und andere Haustiere fehlen
jedoch. Da Joe st die Frage nach der
Latenz von Tuberkelbazillen in Lymph-
drüsen im Hinblick auf die Fleischbeschau
von Wichtigkeit erschien, untersuchte er
vergrößerte, bei der Fleischbeschau in-
dessen nicht tuberkulös befundene Lymph-
drüsen generalisiert tuberkulöser Tiere.
Es wurden insgesamt 141 solcher Lymph-
drüsen geprüft (57 Lymphdrüsen vom Rind,
82 Lymphdrüsen vom Schwein, 2 Lymph-
drüsen von der Ziege), und zwar wurde
einerseits im Meerschweinchenversuch fest-
gestellt, ob sie Tuberkelbazillen enthielten,
andererseits wurden sie auf das eingehendste
makroskopisch und vor allen Dingen
histologisch untersucht. In 27 Lymph-
drüsen vom Rind und in 4 Lymphdrüsen
vom Schwein (also in 31 Drüsen insgesamt)
wurden im Tierversuch Tuberkelbazillen
gefunden. In allen diesen Fällen ergab
die histologische Untersuchung spezifische
— 185 —
tuberkulöse Veränderungen (Epitheloid-
zelltuberkel mit Eiesenzellen) im Gewebe
dieser Drusen. Die histologische Unter-
suchung dieser Lymphdrüsen hat somit
gezeigt, daß es sich hier nicht um
latente Tuberkelbazillen handelte.
Latente Tuberkelbazillen haben hier-
nach in den Lymphdrüsen des Rindes
undSchweines überhaupt nicht nach-
gewiesen werden können. Wo der
Tierversuch das Vorhandensein von
Tuberkelbazillen anzeigte, ließen
sich histologisch stets die spezifi-
schen Veränderungen finden. — Auf
die näheren pathologisch - anatomischen
Einzelheiten, die der Vortragende noch
erörterte, kann hier nicht näher einge-
gangen werden. Die ausführliche Arbeit
findet sich in der „Zeitschrift für Infektions-
krankheiten usw. der Haustiere" sowie in
den Verhandlungen der Deutschen Patholo-
gischen Gesellschaft.
Marks, L. H., Über einen für Fische
pathogenen Bazillus (Bac. piscieidus
haemolyticns.)
(Zontralbl. f. Bakteriol. usw. 1907, Bd. 44., S. »70 — 974.)
Als Ursache eines in einem Reservoir
unter Schleien, Karpfen und Goldfischen
auftretenden seuchenhaften Sterbens er-
mittelte Verfasser ein bewegliches, kurzes,
dickes, gramnegatives, durch eine deut-
liche Kapsel ausgezeichnetes Stäbchen,
das die Fähigkeit besitzt, Hämolysin und
ein sehr virulentes lösliches Toxin zu
bilden. Sfadie.
Holle, Beitrag zu der Frage der Durch-
g&ngigkeit der Magen- und Darm- |
Schleimhaut fftr nicht pathogene Mikro- '.
Organismen beim normalen und beim j
durstenden Tiere. !
(Zontralbl. f. Bakt. uaw. 1907, Bd. 44, S. 325-332.) i
Verfütterte Keime sind bei Kaninchen i
und Meerschweinchen schon nach zehn i
Minuten in den inneren Organen nach- i
weisbar. Bei dürstenden Tieren erfolgt i
ein viel reichlicherer Durchtritt von i
Keimen durch die Schleimhaut. Als Weg !
dienen den Mikroben sowohl die Lymph-
bahnen als auch die Pfortader, stadie.
Lange, R., Über das Eindringen von
Bakterien in das Hühnerei dnreh die
Eischale.
(Archiv f. Hyg. 1907, Bd. 62, 8. 201—215.)
Coli-, Typhus-, Paratyphus B-Bazillen,
der Bac. enteritidis Gärtneri und Bac.
botulinus drangen bei denLange sehen Ver-
suchen, bei denen die Eier bis zu zehn
Tagen bei Bruttemperatur in Bouillon-
kulturen der betr. Erreger lagen, durch
die intakte Eischale bis ins Eigelb vor;
diese Fähigkeit schien mit der Intensität
der Eigenbewegung zu- und abzunehmen.
Zum Abtöten der bis ins Eigelb ein-
gewanderten Mikroorganismen genügte
bei den genannten Arten, mit Ausnahme
des Bac. botulinus, acht Minuten langes
Kochen der Eier. Eier, die in flüssigen
Reinkulturen des Bac. enteritidis oder
botulinus gelegen hatten, enthielten im
Eigelb Gifte, auch ohne daß der Nach-
weis lebender Erreger gelang. Stadie.
Saehs-Mfilce, Können lebende Dysenterie-
bazillen dieEiwand des frischen Hühner-
eies durchwachsen?
(Archiv f. Hyg. 1907, Bd. 62, 8. 229-238)
An der Außenfläche der unverletzten
Eischale angetrocknete Euhrbazillen drin-
gen nicht in das Eiinnere ein und gehen
nach etwa acht Tagen zugrunde. Auch
in Bouillonkulturen der genannten Mikroben
gelegte Eier blieben bei intakter Schale
keimfrei, während Knickeier hierbei leicht
infiziert werden konnten. Die Erreger der
Euhr wurden im Ei durch zwei Minuten
langes Kochen abgetötet. Auch eine künst-
liche Infektion unverletzter Eier mit
Schimmelpilzen gelang nicht. siadie.
Arends, E„ Zur Milchhygiene.
(Deutsche Vierteljahraschr. f. öff. Gesundheitspfl., 38. Bd.^
4. Heft, S. 734.)
Verfasser, der als Badearzt auf der
Nordseeinsel Juist amtiert, verbreitet sich
in längerer Ausführung im wesentlichen
an der Hand der Literatur über Ernährung,
186 —
Haltung und Züchtung des Milchviehs unter
besonderer Berücksichtigung der Wirt-
schaftsweise und des Milchviehschlages in
Ostftiesland und auf Juist und fordert
zum Schlüsse alle, die durch ihren Beruf
hierzu berufen sind, Hygieniker, Ärzte,
Tierärzte, Apotheker, Chemiker u. a., auf,
die Sache der Milchhygiene zu fördern
und das Volk über das Wesen, die Be-
deutung und den Wert der Milch auf-
zuklären. Er erinnert hierbei daran,
daß nach Mohr (1903) der Wert der
Milchproduktion im Deutschen Reich
- 1625 Mill. M*), der der Eindfleisch-
produktion dagegen nur = 832 Mill. M
und der der Schweinefleischproduktion nur
= 1192 Mill. M ist.
Porcher^ La Question du Lait.
(Journal de M^d. V6t. 1907, 8 1-24.)
Wie in anderen Ländern wird die
Bedeutung der Milchhygiene jetzt auch
in Frankreich immer mehr gewürdigt.
Staat, Provinz, Gemeinde, medizinische,
tierärztliche, landwirtschaftliche und
andere Gesellschaften bemühen sich um
ihre Förderung. Deshalb ist für die
Tierärzte die Zeit gekommen, ihr Spezial-
wissen zur Erlangung des ihnen ge-
bührenden Hauptanteils an der Kontrolle
des Milchhandels zu verwerten. Man kann
drei Perioden in den Methoden der Milch-
untersuchung unterscheiden:
1) Die durch die Sinne (Aussehen,
Geruch, Geschmack),
2) die chemische,
3) die bakteriologische.
Wenn die Sinne auch durch lange
Übung in der Beurteilung der Milch sehr
geschärft werden, ist diese Art der Unter-
suchung doch ganz unzureichend. Auch
die Chemie genfigt zur Beurteilung der
Milch bei weitem nicht. Denn viel
wichtiger als der Nachweis chemischer
Mängel sind der Gehalt an pathologischen
Keimen und der Gesundheitszustand
der Milchtiere, ihre Pflege und Er-
2 Vgl. auch die Notiz über den Jahreswert
ilchproduktion S. 202.
nährung, die Beschaffenheit der Ställe
und die Überwachung von Transport und
Verkauf. Hier ist der Tierarzt der einzig
geeignete Sachverständige, zumal da seine
Kenntnisse zur Erledigung der not-
wendigen und nützlichen chemischen
Untersuchungen vollkommen ausreichen.
Denn langwierige chemische Unter-
suchungen kommen bei dem schnellen
Verbrauch der Milch für den Konsumenten
zu spät. Bis jetzt ist in der Milchkontrolle
in Frankreich nur wenig und Stückwerk
geschehen. Sache der Tierärzte ist es
jetzt, das Publikum in dieser Frage an-
zuregen und ihre Stellung gegenüber
Chemikern, Medizinern und Apothekern
zu wahren. Um den Tierärzten das not-
wendige Rüstzeug in diesem Kampfe zu
liefern, ist es vor allem notwendig, der
Milchhygiene den gebührenden Platz im
tierärztlichen Unterricht zu geben, wie
Verf. es in Deutschland sah, und wie es
jetzt an der Lyoner Schule geschehen ist.
Bcsow.
Beisz, F., Eingefrorene Milch, eine Oe-
falir für die Hilchhandlnngen.
(Molkerei-Zeitung Hildesheim 1907, Nr. 31 )
R. macht darauf aufmerksam, daß teil-
weise gefrorene und wieder aufgetaute Milch
mit in doloser Absicht gewässerter Milch
verwechselt werden kann, wenn die ge-
frorenen Anteile nach dem Auftauen nicht
mit dem Rest, der flüssig geblieben war,
wieder vermischt, sondern för sich ver-
wertet werden. Siadie.
Hayge, C, Über bittere Milch.
(Revue generale du lait 5. Jahrgang^ Nr. 80.)
In einer bedeutenden Milchfabrik
nahmen die gewonnenen Produkte einige
Tage nach der Sterilisation einen derartig
bitteren Geschmack an, daß sie nicht
mehr zu verwerten waren. Verfasser fand
in den ihm zur Untersuchung gesandten
Proben in beträchtlicher Menge stäbchen-
förmige Organismen von mittlerem Durch-
messer und wechselnder Länge, teils ein-
zeln, teils in scharf geknickten Ketten,
— 187 —
die aus zwei oder drei Gliedern bestanden.
Die Vernichtung dieses Bakteriums wurde
folgendermaßen herbeigeführt: Die ge-
samte Milch wurde 5 Minuten lang auf
1050 und der Rahm dreimal während der-
selben Zeitdauer mit je 24 Stunden
Pause auf 90^ C erhitzt. Auf diese Weise
verschwand die bittere Milch aus der
oben genannten Fabrik. Simon.
Reitz, i., Bakteriologische Butterunter-
sachQDgen.
(Zontralbl. f. Bakt. II. Abt. 16. Bd. Nr. 7/9)
Ders., Bakteriologische Uutersochungen
mit der Stuttgarter Markt- und Handels-
bntter.
(Arch. f. Hyg. Bd. 57.)
ß hat im ganzen 94 Butterproben
aus 90 verschiedenen Bezugsquellen und
8S verschiedenen Molkereien durch Ver-
impfung an Meerschweinchen auf das
Vorhandensein von Tuberkelbazillen ge-
prüft und in 8 (= 8,5 %) solche gefunden.
Neben der intraperitonealen Einspritzung
kam auch die von Ostertag empfohlene
intramuskuläre Injektion 1,5 ccm fett-
freien, durch Zentrifugieren gewonnenen
Bodensatzes zur Anwendung. E. sagt,
die intramuskuläre Impfung habe
sich bewährt und sei wohl geeignet,
die seither angewandte intraperito-
ne-ale Injektion zu ersetzen.
Klein, Sehweinefutternngsversnch mit
verschiedenen Mengen Magermilch unter
Verwendung der gleichen Futtermittel
(Milchwirtacb. Zentralblatt 1907, 8. 137 119.)
21 Wochen hindurch wurden 4 Paar
junge Schweine mit Gerste, Kartoffel-
pulpe oder Kartoffelflocken gefüttert, ein
Paar davon außerdem mit Fischmehl, und |
zwar in einer Zusammensetzung, daß |
Trocken- und Eiweißgehalt sowie der
Stärkewert dieses Futters bei allen
4 Paaren ein gleicher war. Dazu er-
hielten die Tiere verschiedene Mengen
Magermilch, und zwar Paar 1 und 4
(letzteres bekam das Fischmehl) im ganzen
815 kg, Paar 2 1050 kg und Paar 3
1284,5 kg. Die erzielten Lebendgewicht-
zunahmen, die Schlachtgewichte und das
Verhältnis zwischen beiden wiesen keine
wesentlichen Differenzen auf. Auch ließen
Wassergehalt, Schmelztemperatur und
Refraktometerzahl des Fettes keine er-
heblichen Unterschiede erkennen. Der
Geschmack des gekochten, gebratenen
und gepökelten Fleisches war bei allen,
auch bei den mit Fischmehl gefütterten,
ein gleich guter. Resoir.
Polenske, Ed., Über den Wassergehalt
im Schweineschmalz.
(Arb. a. d. Kair GesandhelUamt 26. Bd., 1907, S. 505-511.)
Der Wassergehalt im Schweineschmalz
beträgt im allgemeinen weniger als 1 Proz.
Ein absichtlicher Wasserzusatz dürfte
höchstens in vereinzelten Fällen erfolgen,
um einer mißfarbigen Ware durch Emul-
gierung mit Wasser eine weißere Farbe
zu verleihen. Die Wasserbestimmung
nach der in der Anweisung zur chemischen
Untersuchung von Fetten und Käsen
gegebenen Vorschrift ist ziemlich um-
ständlich. Das Polenskesche Ver-
fahren gestaltet sich folgendermaßen: Ein
9 cm langes, stark wandiges Reagiergläschen
von 18 ccm Inhalt wird bis zur Höhe von
5,5 ccm mit der halbflüssigen Schmalz-
probe beschickt und mit einem Kautschuk-
stopfen, der ein in die Fettprobe ein-
tauchendes Thermometer trägt, ver-
schlossen. Hierauf wird es auf 50—52 o
erwärmt. War das Fett bei dieser
Temperatur klar, und tiitt auch keine
Trübung nach der durch Schütteln be-
wirkten Abkühlung auf 40 Grad ein, so
beträgt der Wassergehalt des Schmalzes
nicht mehr als 0,15 Proz., andernfalls
0,15— 0,2 Proz. War das auf 50-52 Grad
erwärmte Fett trübe, verschwindet die
Trübung aber bei allmählichem Erhitzen
auf 95 Grad vollständig, so beträgt die
Wassermenge 0,2 bis 0,45 Proz.; ver-
schwindet die Trübung hierbei nicht, so
rührt dies davon her, daß entweder der
Wassergehalt mehr als 0,45 Proz. beträgt,
oder daß im Fett Eeste fein verteilter
anderweitiger Stoffe enthalten sind. Der
— 188 —
Wassergehalt muß dann eventuell nach
dem Trockenverfahren bei 100 Grad unter
Luftabschluß bestimmt werden, örabert.
HaSy Über desinfizierende Wandan-
strif he mit besonderer Berfieksiehtigang
des Titralin.
(ZeiUcbr. f. Hygiene n. Infektionskrankheiten 1907, 3. Heft.)
Zu seinen Versuchen benutzte Ver-
fasser diePorzellanemaillefarbeVitralpetB
und die Hochglanzfarbe Vitralin. Deren
keimtötende Wirkung prüfte er am
Bacillus prodigiosus, Staphylococcus pyo-
genes aureus und an virulenten Tuberkel-
bazillen. Die erste Versuchsreihe fand
gleich nach der Oberflächeutrocknung
statt, die zweite nach sieben Wochen,
die dritte nach drei Monaten und die
vierte nach einem Jahre. Im ersten Falle
war der Bacillus prodigiosus schon vier
Stunden nach dem Auftragen auf die
beiden Wandanstriche abgetötet. Der
Staphylococcus p.a. war nach sechs Stunden
auf der Vitralinwand und nach neun
Stunden auf der Vitralpetwand, die
Tuberkelbazillen waren nach drei Tagen
auf der ersteren, nach fünf Tagen auf der
letzteren Wand abgestorben. Versuch II
ergab, daß Bacillus prodigiosus auf der
Vitralinwand nach vier, auf der Vitralpet-
wand nach sechs Stunden abgetötet war.
Staphylokokken waren auf der Vitralin-
wand nach 16 Stunden und auf der
Vitralpetwand nach 20 Stunden vernichtet.
Im dritten Versuch war der Prodi-
giosus auf der Vitralinwand nach zwölf,
auf der Vitralpetwand nach 20 Stunden,
die Staphylococcen auf der ersteren nach
drei, auf der anderen Wand nach vier
Tagen nicht mehr keimfähig.
Prodigiosus war in der vierten Ver-
suchsreihe nach drei Tagen auf der
Vitralinwand und nach vier Tagen auf
der Vitralpetwand abgetötet. Die Staphylo-
kokken waren nach sechs Tagen auf der
ersteren und nach sieben Tagen auf der
letzten zugrunde gegangen. In jedem
Falle hatte das Vitralin eine stärkere
desinfizierende Wirkung gezeigt.
(Auf Grund dieser Ergebnisse wäre
das Vitralin zum Anstrich in Schlacht-
höfen sehr zu empfehlen. D. Bef.)
DrcUL
Amtliches.
— Allgemeine VerfBouRg dee MinitteriBms für
Landwirtschaft, Demlnen und Fersten, Nr. 6 fOr 1908,
vem 28. Januar 1908, betr. Invaiidenverslchenmge-
pflicht der Fleiscbbeschauer.
An die sämtlichen Herren Regierungspräsidenten
und den Herrn Polizeipräsidenten hierselbst.
In der Frage der Invalidenversichcrungs-
pflicbt der Fleischbeschauer hat das Reichs-
versicherungsamt den in Abschrift beigefügten
Beschluß vom 5. November v. J. gefaßt, der zur
Beachtung und weiteren Veranlassung mitgeteilt
wird.
Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und
Forsten.
Im Auftrage: gez. Küster.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und
Medizinalangelegenheiten.
Im Auftrage: gez. Förster.
Abschrift zu Nr. I. A. IIL e. 1628 M f. L.
M. 5357 M. d. g. A.
Beschluß.
In der Beschwerdesache des Vorstandes der
Landesversicherungsanstalt N. wider die Ent-
BcheiduDg des Königlichen Landrats in N. vom
23. Juni 1905, betreffend die Versichernngspflicht
des Fleischbeschauers N., hat das Reichsver-
sicherungsamt auf Grund des § 155 Abs. 1
Schlußsatz des Invalidenvcrsicherungsgesetzes
beschlossen:
Unter Aufhebung der vorbezeicbneten Ent-
scheidung wird der Fieischbeschaucr N. für
versichenmgspflichtig erklärt; die Gemeinde N.
ist verpflichtet, für den Genannten Beiträge
zur Invalidenversicherung zu entrichten.
Gründe:
Gegen die Entscheidung des Königlichen
Landrats zu N. vom 23. Juni 1905, auf deren
Inhalt Bezug genommen wird, hat der Vorstand
der Landesvcrsicherungsanstalt N. rechtzeitig bei
dem Königlichen Regierungspräsidenten zu N.
Beschwerde erhoben und, da es sich um eine
Frage von grundsätzlicher Bedeutung handle,
beantragt, die Streitsache dem Reichsversiche-
rungsamt zur Entscheidung zu überweisen.
Diesem Antrag ist entsprochen worden.
Die Beschwerde ist begründet.
N. ist Fieischbeschaucr in der Gemeinde N.,
er ist als solcher durch den Landrat des Kreises N.
bestellt und vereidigt worden; als Entschädigung
— 1«9 —
für dieso Tätigkeit erhält . er aus der Gemeinde-
kasse jährlieb 1500 M. Die YorentscheidaBg
verneint die Versichemngspfiicht, da N. nicht
Angestellter der Gemeinde N. sei; erhalte er
seine Belohnung auch ans der Gemeindekasse,
so doch nicht von der Gemeinde.
Die Bildung der Bescbaubezirke erfolgt in
Städten mit mehr als 10000 Einwohnern sowie
in den selbständigen Städten der Provinz Hannover
durch die Ortspolizeibehörden, im übrigen durch
die Landräte; denselben Behörden liegt die Be-
stellung und die eidliche Verpflichtung der Be-
schauer ob. Die Bestellung erfolgt unter Vor-
behalt joderzeitigen Widerrufs; jedoch können
tierärztliche Beschauer auf Kündigung oder für
längere Dauer bestellt werden (§§ 1 bis 6 des
Ministerialerlasses). Die Tätigkeit der Beschauer
wird mehrfach als eine amtliche bezeichnet (§§1,9
der Ansführungsbestimmungen des Bundesrats B,
§§ 5 Satz 1, 24 Abs. 2, 55 Abs. 1 des Ministerial-
erlasses). Für Preußen ist auch noch die amt-
liche Untersuchung von Schweinen und Wild-
schweinen auf Trichinen angeordnet worden
(§ 1 des Gesetzes, betreffend die Ausführung des
Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetzes, vom
28. Juni 1902).
Die Kosten der Schlachtvieh- und Fleisch-
beschau, abgesehen von den Kosten der Unter-
suchung in öffentlichen Schlachthäusern und der
sonst durch Gemeindebeschluß angeordneten
Untersuchungen, die der Schlachthausgemeinde
zur Last fallen, gelten als Kosten der örtlichen
Polizeiverwaltung (§ 14 des preußischen Aus-
führungsgesetzes). Zu diesen Kosten gehören
nach der angeführten Bestimmung und nach
§60 ff. des Hinisterialerlasses vom 20. März 1903
die Belohnung der Beschauer, die Kosten der
Kennzeichnung des Fleisches, die Kosten der
Trichinenschau, die den Beschauem etwa zu
zahlenden Wege Vergütungen, sowie die Kosten
der Ergänzungsbeschau. Zu ihrer Deckung können
von den Besitzern der Schlachttiere und des
Fleisches Gebühren erhoben werden, die so zu
bemessen sind, daß die gesamten Beschaukosten
gedeckt werden. Die Entlohnung der Fleisch-
beschauer und Trichinenbeschauer k«ann sowohl
durch Bewilligung fester Gebälter als auch durch
Gewährung von Vergütungen für die einzelnen
Leistungen erfolgen. Die Einziehung der Ge-
bühren kann entweder durch öffentliche Kassen
geschehen oder den Beschauem überlassen werden.
Die Festsetzung der Gebühren tarife ist den
Landespolizeibehörden übertragen. Im vorliegen*
den Falle ist hierzu der Königliche Regiorungs-
präsidealr in N zuständig, der die für die Vor-
nahme der Beschau und der Ergänzungsbeschau
an den verschiedenen Tierarten zu zahlenden
Gebühren festgesetzt und angeordnet hat, daß
die Gebühren zu den Gemeindekassen zu ver-
einnahmen und von diesen den Beschauem aus-
zuzahlen sind (Verfügungen vom 8. März 1903
und vom 22. Juni 1904); jedoch sollen die Land-
räte darauf hinwirken, daß mit den Laienfleisch-
beschauem, sofem sie aus der Beschau eine
Einnahme von mehr als 1500 M. hatten, feste
Jahresvergfltungen vereinbart werden, wobei ein
Jahresgehalt von 1500 M. bei voller Beschäftigung
als angemessene Vergütung gelten soll (Verfügung
vom 25. November 1903). Daraufhin hat der
Landrat des Kreises N die Gemeindebehörden
angewiesen, den Laienfleischbeschauem zu er-
öffnen, daß ihnen vom 1. Januar 1904 ab eine
höhere Entschädigung als monatlich 125 M. nicht
mehr ausgezahlt werde.
Die gesamte Tätigkeit der Beschauer unter-
liegt nach § 48 der Ausführungsbestimmungen
des Bundesrats A, §§ 75 bis 78 des preußischen
Ministerialerlasses vom 20. März 1903 einer fach-
männischen Kontrolle. Eine allgemeine Dienst-
aufsicht ist nicht angeordnet worden.
Das Keichsversichernngsamt hat früher mehr-
fach die nicht in Schlachthäusem tätigen Fleisch-
beschauer als selbständige Gewerbetreibende
angesehen, indem es davon ausging, daß Fleisch-
beschauer mit Rücksicht auf § 36 der Reichs-
geweibeordnung in der Regel als Untemehmer
zu erachten seien, und daß die für die Aus-
übung ihrer Tätigkeit maßgebenden Polizei-
vorschriften nicht geeignet seien, sie als Hilfs-
personen der Polizeibehörden erscheinen zu lassen
(zu vergleichen die Revisionsentscheidungen 128
und 607, Amtliche Nachrichten des R. V. A. J.
und A. V. 1892 Seite 37, 1897 Seite 471). Dieser
Standpunkt hat mit Rücksicht auf die neuerliche
Gesetzgebung insofem verlassen werden müssen,
als Fleischbeschauer, die in Württemberg als
Einzelbeamte tätig waren, alsG^meindeangestellto
behandelt werden mußten (zu vergleichen Ent-
scheidung 1207, a. a. 0. 1905 S. 438). Es trifft
auch im vorliegenden Fall nicht mehr zu.
Nach § 1 des Reichsgesetzes, betreffend die
Schlachtvieh- und Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900
unterliegen Rindvieh, Schweine, Schafe, Ziegen,
Pferde und Hunde, deren Fleisch zum Genüsse
für Mensehen vorwendet werden soll, einer amt-
lichen Untersuchung. Diese nimmt der Beschauer
vor; er entscheidet, ob das Tier geschlachtet
werden darf, und nach der Schlachtung, ob das
Fleisch zum Genüsse für Menschen tauglich ist
(§§ 7 bis 10 a. a. C). Die Entscheidung ist in ge-
wissen Fällen dem tierärztlichen Beschauer vor-
. behalten (Ausführungsbestimmungen des Bundes-
rats A §§11, 30, 31). Gegen die Entscheidungen
des Beschauers •— mit alleiniger Ausnahme der
— 190
Erklämng, daß der nicht als Tierarzt approbierte
Beschauer zur selbständigen Beurteilung des
Schlachttieres nicht zuständig sei — findet die
Beschwerde statt (§ 46 der Ausführungsbe-
stimmungen A des Bundesrats, § 68 des preußi-
schen Ministerialerlasses vom 20. März 1903),
über die die Ortspolizeibehörde beziehungsweise
die nach § 69 des Ministerialerlasses zuständige
Behörde zu entscheiden hat.
Den Beschauem können die polizeilichen
Befugnisse insoweit übertragen werden, als es
sich nur um die unschädliche Beseitigung
einzelner Organe oder geringwertiger Fleischteile
handelt, und der Besitzer mit dieser Beseitigung
einverstanden ist (§ 67 Abs. 3 des Ministerial-
erlasses).
Das Reichsgesetz, betreffend die Schlacht-
vieh- und Fleischbeschau, bezeichnet die Unter-
suchung der Schlachttiere und des Fleisches als
eine amtliche; ebenso das preußische Ausführungs-
gesetz die Untersuchung der Schweine und Wild-
schweine auf Trichinen. In den vom Bundesrat
erlassenen Ausführungsbestimmungen sowie im
preußischen Ministerialerlasse vom 20. März 1903
wird die Tätigkeit der Fleischbeschauer als eine
amtliche anerkannt. Eine amtliche Untersuchung
im Sinne der angeführten Vorschriften ist nur
eine solche, die durch einen amtlich bestellten
Fleischbeschauer in seinem Bezirke vorgenommen
wird; nur durch eine solche Untersuchung wird
den gesetzlichen Anforderungen genügt; ins-
besondere befreit nur die Untersuchung durch
einen approbierten Tierarzt, der zugleich von
der zuständigen Behörde zum amtlichen Fleisch-
beschauer bestellt ist und in dieser seiner amt-
lichen Eigenschaft die Untersuchung vor-
genommen hat, gemäß § 5 des preußischen Aus-
führungsgesetzes von der Nachuntersuchung in
Gemeinden mit Schlachthauszwang (zu ver-
gleichen stenographische Berichte über die Ver-
handlungen des preußischen Herrenhauses,
Session 1902, S. 425).
Auf Grund seiner Untersuchung gibt der
Fleischbeschauer Erklärungen ab, die als Ent-
scheidungen erscheinen: er genehmigt die
Schlachtung, erklärt das Fleisch zum Genüsse
für Menschen ftir tauglich oder bedingt tauglich
oder untauglich; in den beiden letzteren Fällen
beschlagnahmt er es vorläufig. Gegen seine
Entscheidungen findet eine Beschwerde statt,
die ausdrücklich als ein Rechtsmittel be-
zeichnet wird.
Hiemach erscheint die Schlachtvieh- und
Fleischbeschau als eine amtliche Angelegenheit.
Die dabei ausgeübte Tätigkeit ist eine polizei*
liehe ; im Hinblick auf ihre ortspolizeiliche Natur
sind die Kosten der Schlachtvieh- und Fleisch-
beschau für das Königreick Preußen als Kosten
der Örtlichen Polizeiverwaltung erklärt und den
Trägem der örtlichen Polizeikostenlast auferlegt
worden (zu vergleichen die Begründung zum
Entwurf eines Gesetzes, betreffend Ausführung
des Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetzes,
Dmcksachen des Hauses der Abgeordneten,
19. Legislaturperiöde, IV. Session 1902, Nr. 232,
S. 26).
Hiernach ist in der neuerlichen Regelung
des Beschauwesens, soweit das Königreich
Preußen in Betracht kommt, der Fleischbeschaaer
lediglich ein Glied des amtlichen Organismus.
Da die Träger der Polizeikostenlast einer-
seits die Kosten der Beschau tragen müssen,
andererseits aber berechtigt sind, zur Deckung
dieser Kosten von den Besitzern der Schlaoht-
tiere und des Fleisches Gebühren zu erheben,
so empfangen die Fleischbesjchauer auch ihre
Entlohnung auf Kosten dieser Träger. Das ist
ohne weiteres deutlich, wenn ihnen feste Ge-
hälter ausgesetzt sind; die Sache liegt aber
versichemngsrechtlich nicht anders, wenn ihnen
die Erhebung der Gebühren übertragen ist, und
sie aus den Gebühren ihre Entlohnung ent-
nehmen dürfen (zu vergleichen Ziffer 16 der An-
leitung, betreffend den Kreis der nach dem In-
validenversicherungsgesetze vom 13. Juli 1899
versicherten Personen, vom 6. Dezember 1905
— Amtliche Nachrichten des R. V. A. 1905,
S. 613ff — , Entscheidung 1300 — a. a. 0. 1907,
S. 415). Da also den Fleischbeschauern ihre
Vergütung für Rechnung der Träger der
Örtlichen Polizeiverwaltung gezahlt wird,
so sind diese im Sinne des Invaliden-
versicherungsgesetzes als Arbeitgeber anzusehen
(zu vergleichen die Begründung zum Entwurf
eines Gesetzes, betreffend die Invaliditäts- und
Altersversicherung — Dmcksachen des Reichs-
tags, 7. Legislaturperiode, IV. Session 1888/89,
Nr. 10, Seite 42 — und z. B. die Entscheidungen
849, 1152 — Amtliche Nachrichten des R. V. A.
1900, S. 831, 1904, S. 508). Hiernach ist die
Gemeinde N Arbeitgeberin des Fleischbeschauers
N. Dagegen scheint allerdings der Umstand zu
i sprechen, daß er nicht von der Gemeinde-
verwaltung angestellt, sondem vom Landrate
„bestellt^ und vereidigt worden ist; indessen
muß im Hinblick auf die sich häufig findende
Erscheinung, daß Kommunalbeamte nicht von
dem Kommunalverbande, in dessen Dienst sie
treten, sondem von einer anderen amtlichen
Stelle mit verbindlicher Kraft für den Kommunal-
verband angestellt werden (zu vergleichen die
Aufzählung bei von Rönne, Staatsrecht der
preußischen Monarchie, 5. Auflage, Band 1,
S. 433), angenommen werden, daß lediglich aus
— 191 —
ZweckmäßigkeitsgrOnden die Bestellung und
eidliche Verpflichtung der Fleischbeschauer den
Landräten übertragen worden ist, und daß
dadurch das aus anderen Erwägungen sich
ergebende Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem
Träger der Polizeiverwaltung und dem Fleisch-
beschauer nicht berührt wird. So ist auch
lediglich aus Zweckmäfiigkeitsgründen die Fest-
setzung der Gebahrentarife nicht den Trägem
der Polizeikostenlast überlassen, sondern in die
Hand der LandespolizeibehOrde gelegt worden
(zu vergleichen Begründung zum Entwürfe des
Ausführungsgesetzes S. 27). Ebensowenig kann
entscheidend sein, daß den Trägem der Polizei-
kostenlast gegenüber den Beschauem nicht das
Recht einer allgemeinen Dienstaufsicht gegeben
worden ist.
Auch die für die Durchführung der Schlacht-
vieh- und Fleischbeschau in Preußen zuständige
Stelle, nämlich der Minister für Landwirtschaft,
Domänen und Forsten, erachtet N als in einem
Anstellnngs Verhältnisse zur Gemeinde N stehend.
Die Vorbildung und Tätigkeit des Laien-
fleischbeschauers weist diesen dem Kreise der
„sonstigen Angestellten" im Sinne des § 1 Ziffer 2
des Invalidenversicherungsgesetzes zu (zu ver-
gleichen Entscheidung 1207, Amtliche Nachrichten
des R.V.A. 1905 S. 438). Danach ist N —
da er nicht als Beamter mit Pensionsanwartschaft
angestellt ist und mithin der Befreiungsgrand
des § 5 Abs. 1 des Invalidenversicherangsgesetzes
nicht zutrifft — versicherangspflichtig, wenn
seine Tätigkeit als Fleischbeschauer seinen
Hauptberuf bildet, und sein Gehalt den Betrag
von 2000 M. nicht übersteigt.
Er übt außer der Fleischbeschau nur noch
die Trichinenschau aus; aus der Fleischbeschau
hat er eine jährliche Einnahme von 1500 M.
und aus der Trichinenschau eine solche, von
350 M.; er besitzt ein Haus im Werte von 4500 M.;
sonstige Einnahmen hat er nicht Die Trichinen-
schau übt er nur in den Wintermonaten Oktober
bis April aus, sie erfordert täglich durchschnittlich
8 Stunden, die Fleischbeschau und die Trichinen-
schau zusammen erfordern täglich durchschnittlich
6 Stunden. Hiemach bildet die Fleischbeschau
den Hauptberaf des N; dabei kann dahingestellt
bleiben, ob auch die Trichinenschau ihn als
sonstigen Angestellten erscheinen iJlßt und dem-
nach für die Frage nach dem Hauptberufe mit
der Fleischbeschau zusammen zu betrachten ist
(zu vergleichen Entscheidung 970, Amtliche
Nachrichten des R. V. A. 1902 S. 394) oder
nicht. Denn einmal erscheint die Fleischbeschau,
auch wenn die Tätigkeit als Trichinenschauer
gesondert zu betrachten ist, als Hauptberuf des
N, andererseits übersteigt sein Jahresarbeits-
verdienst in keinem Falle den Betrag von
2000 M. Er ist hiernach in jedem Falle als
„sonstiger Angestellter^ versicherungspflichtig.
Berlin, den 5. November 1907.
Das Reichs- Versicherangsarat,
Abteilung für Invalidenversicherung,
gez. Dr. Kaufmann. '
Statistische Berichte.
— Deuiscbe« Reich. Vorlftuflge Ergebnisse der Schlachtvieh- und Fleischbeschau fQr dal Jahr 1906.
Zusammengestellt im Kaiserlichen Gesundheitsamte. (Besondere Beilage zu den VerüfiFcntlichungen
des Kaiserlichen Gesundheitsamts 1908, Nr. 7.)
I. Schlachtvieh- und Fleischbeschau bei Schlachtungen Im Inlands.
Beschaute Sehlachttiere.
Gesamtzahl der Schlachtungen. .
Reich
Staaten
und
Landeste il e
Pferde
Rindvieh :
I
und
andere i
Ein. 1 Ochsen
Bullen
hufer
. 1
2
J~
Kühe
Jung-
rinder
über
I 3Mo-
, nate
I alt
zu-
sammen
(Sp. 2-5)
I
Kälber
bis
3 Monate
alt
'Schweine
•Schafe
Ziegen
10
Dentsches Reich
1. Preußen
1906
1905
1906
1905
147 424
147 737
95 996
97 494
613 62i;438 581 1 631 0551 926 412 3 609 669, 4 217 348ll3 365 082
594 253|466 032,1 659 367: 942 440 3 662 092
314 762285 877, 982 305 445 797 2 028 741
307 148 292 046|l 012 311 [ 453 309|2 064 814
4 394 078,13 569 392
2 283 605
2435 968
2 154 5831 7 993 444 1 556 846
2 279 106, 8 027 999,1 637 506
449 547
435 070
168 581
157 924
») Außerdem 6506 (6251) Hunde.
— 192 —
Herde
Rindvieh:
Reich
Staaten
und
und
andere
Ein-
Ochsen
Bullen
Kühe
Jung.
rinder
über
8 Mo-
zu-
sammen
Kälber
bis
3 Monate
Schweine
Schafe
Ziegen
Landeste
ile
hufer
nate
alt
(8p. 2-6)
alt
1
2
3
4
ö
6
7
8
9
10
2. Bayern . .
1906
1905
12 714
12 598
121856
117 804
47 482
53449
191 392
189845
151359
157 929
512089
519027
729208
744166
1474308
1521487
148482
169 ö57
94477
94862
8. Sachsen . .
1906
1905
12 930
12 689
86 784
39434
36 972
40213
141 074
144126
18 495
14160
233 325
237 933
404372
414538
1112 599
1118 505
205068
212 784
74153
68876
4. Württem-
berg . . .
1906
1905
1529
846
18 973
17 272
13682
24391
47 624
45 300
91331
87174
171 610
174 137
184713
194356
423 613
443 281
27 898
31563
19876
19598
5. Baden . .
1906
1905
2097
1916
28 741
26 387
10208
10002
44080
43 405
80599
88 557
163 628
163 351
181 581
179 759
384 378
416 242
23341
23 672
21204
22449
6. Hessen . .
1906
1905
1827
1912
20115
20175
2 297
2165
36 638
36427
37 799
39168
96 849
97 935
73 562
76306
292 894
317 952
14193
17610
26907
26775
7. Mecklenb.-
Schwerin
1906
1905
1830
1757
653
727
5 651
6 099
17 703
14506
5223
6295
29230
27 627
73826
78 917
114353
116521
35 227
39 777
921
789
8. Sachsen-
Weimar . .
1906
1905
817
749
1731
1722
1148
1079
10 512
10 776
6011
6 407
19402
19 984
26 533
27 963
89119
91177
17174
18777
6739
7351
9. Mecklenb.-
Strelitz . .
1906
1905
387
324
139
132
295
295
1831
1905
519
612
2 784
2 944
9452
9952
17 846
18396
5422
5 416
114
111
10. Oldenburg .
1906
1905
488
605
2 256
1984
941
1391
6488
7930
5066
5023
14 746
16328
16 356
18 284
78 778
82 978
8051
12049
440
5i:i
11. Braun-
schweig . .
1906
1905
484
467
1145
1000
8 742
8 584
5 510
5800
9673
10 389
26070
25 773
26 256
28498
245 772
246 522
25877
28394
430
413
12. Sachsen-
Meiningen .
1906
1905
414
428
1473
1155
665
689
6 556
6 724
5141
5 585
13835
14153
18457
13817
47 955
52215
8315
9031
2956
2800
18. Sachsen-
Altenbnrg .
1906
1905
310
259
250
314
1222
1258
8 550
8612
1819
1841
11841
12025
13828
14225
49 774
53 680
5367
5 467
3959
4896
14. Sachsen-
Cob.-Gotha .
1906
1905
475
657
1269
1344
568
523
7 868
7 845
4 291
4 669
13 996
14 381
14115
14 902
106 207
105982
14 777
15 781
9078
9851
15. Anhalt . .
1906
1905
1667
1746
1306
1315
2 695
2 682
6150
6 259
2 396
2 500
12 547
12 756
14978
16 074
81758
78 898
14484
15485
918
571
16. Schwzb.-
Sondersh. .
1906
1905
25
64
185
215
284
244
3 859
3 614
1180
2142
5 458
6 215
6 473
5 667
39 918
88307
4030
4233
236
200
17. Schwzb.-
Rudolstodt .
1906
1905
73
67
305
894
202
157
2702
2 814
1855
1778
5064
5143
6055
6155
18454
19319
4907
4287
398
479
18. Waldeck. .
1906
1905
1
1
304
400
240
253
986
995
1602
1521
3132
3169
5208
5 328
8039
7 628
1943
1989
354
264
19. Reufi a. L. .
1906
1905
142
141
519
527
420
403
1997
1990
1050
1012
3 986
3 932
4358
4 570
19031
19962
4171
4721
2707
3274
20. Reuß j. L. .
1906
1905
307
846
672
742
1130
1074
5 737
5 565
2 409
2316
9 948
9 697
8680
9217
49253
38148
7 955
8173
6057
5768
21. Schaumburg-
Lippe . . .
1906
1905
25
30
25
16
68
88
981
1030
175
157
1249
1291
1860
1943
4256
4 521
278
312
198
216
22. Lippe . . .
1906
1905
165
158
85
101
1134
1178
2646
2 818
835
1095
4 700
5192
6 629
7209
21644
21587
1292
1402
669
671
23. Lübeck . .
1906
1905
832
927
491
376
1094
813
8407
6 608
1146
1598
11138
9 395
14603
14 710
83461
34197
6298
6511
512
454
24. Bremen . .
1906
1905
2 350
2638
6 749
6 441
5 379
5305
2 727
8 201
2417
2 878
17272
17 825
17 919
20019
90612
92450
3801
17 912
85
86
25. Hamburg .
1906
1905
5 720
5 632
30 804
26169
5153
5162
6 793
9328
23155
24 626
65 905
65 285
57 867
59835
297 309
306 042
91132
91610
81
88
26. Elsaß-
Lothringen .
1906
1905
3 819
3396
22 029
20959
5082
6 489
79 944
79 638
25 069
24 699
132 124
131780
151962
148 562
270307
295446
46 776
51699
7667
6304
— 193 —
Ordnungsmäfiige und Notschlacbtungen und Beurteilung des Fleisches.
Tiergattungen
Ord-
nungs-
mäßige
Schlach-
tungen
Schlach-
tungen,
bei denen
eine Be-
schau der
Tiere im
lebenden
Zustande
nicht
stattge-
funden
hat ;
Für
genuB-
tauglich
ohne
Ein-
schrän-
kung
erklärte
Tier-
kOrper *)
Un-
taugliche
ganze
Tier-
kOrper
Un-
taugliche
ganze
Tier-
kOrper,
ausge-
nommen
Fett
Bedingt
tauglich
Im Nah -
rungs-
und Ge-
nußwert
erheblich
herab-
gesetzt
erklärte Tierkörper
und Fleischviertel
kamen auf je 100 geschlachtete und beschaute Tiere
1
Pferde und andere / 1906
Einhufer. . . . \ IBa^
Ochsen jj^
B«We^ [S
^^^^ { 1905
JungrinderüberSMo- f 1906
nate alt .... 1 1905
1905
Kälber bis 3 Monate f 1906
alt 1 1905
(1906
1905
Schafe { jQ(j5
Z'egeu jj^
3
96,28
96,99
99,86
99,32
99,54
99,48
96,79
96,60
98,78
98,78
98,07
97,97
99,31
99,35
99,47
99,54
99,70
99,75
99,23
99,05
3,72
3,01
0,64
0,68
0,46
0,52
3,21
3,40
1,22
1,22
1,93
2,03
0,69
0,65
0,53
0,46
0,30
0,25
0,77
0,95
98,87
98,98
98,26
98,15
98,63
98,61
93,02
93,61
98,19
98,25
96,37
96,18
99,17
99,19
99,24
99,24
99,68
99,72
99,42
99,41
1,13
1,02
0,23
0,28
0,14
0,16
1,51
1,77
0,38
0,39
0,84
0,97
0,31
0,33
0,11
0,12
0,10
0,09
0,26
0,27
0,01
0,01
0,02
0,01
0,08
0,10
0,08
0,03
0,05
0,05
0,002
0,003
0,02
0,03
0,001
0,001
0,002
0,002
0,34
0,36
0,40
0,88
0,47
0,49
0,29
0,28
0,39
0,40
0,08
0,03
0,29
0,26
0,01
0,01
0,01
0,01
1,16
1,20
0,81
0,84
8,92
4,03
i,n
1,05
2,35
2,40
0,49
0,45
0,34
0,35
0,20
0,18
0,31
0,81
*) Einschließlich derjenigen genußtauglichen Tierkörper, von denen einzelne veränderte
Teile unschädlich beseitigt worden sind.
Beanstandungen veränderter Teile.
Bezeichnung
der
veränderten Teile
Gesara
tttbersicht Aber die unschädlich beseitigten
Körperteile von
Pferden
Rindern
über
3 Mon
Kälbern
bis
Ate alt
Schweinen
Schafen
Ziegen
1
2
3
4
5
6
7
Köpfe
Zungen
Lungen
Lebern
Därme
Sonstige einzelne Organe
Sämtliche Baucheingeweide
Teile des Muskelilcisches
Stückzahl
290 I 9194 i
67 1 7182 I
6810 I 787069
3 846 ! 209476 i
548 82953
1919 1 161657
412 66011
425
2 979
218
2053
32054
939111
16111
270 343
8626
121600
24 255
165 944
6 937
63194
40 653
399 905 ;
Kilogramm
12 301 ; 158 930 \
1782
107
236352
135 259
1398
5 935
1514
3 707
206
38
5 862
5314
020
1486
421
501
— 192 —
Pferde
Rindvieh :
Reich
Staate
und
Landest!
n
)lle
und
andere
Ein-
hufer
Ochsen
Bullen
Kühe
Jung-
rinder
über
8 Mo-
nate
alt
zu-
sammen
(8p. »-6)
Kälber
bis
3 Monate
alt
Schweine
Schafe
Ziegen
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
2. Bayern .
1906
1905
12 714
12 598
121 856
117 804
47 482
53449
191392
189845
151359
157 929
512089
519 027
729 208
744166
1474308
1 521 487
148 482
169 ö57
94477
94862
3. Sachsen .
1906
1905
12 930
12 689
86784
39434
36 972
40 213
141 074
144126
18 495
14160
233 325
237 933
404372
414 538
1 112 599
1 118 505
205068
212 784
74153
68876
4. Württem-
berg . .
1906
. 1905
1529
846
18 973
17 272
13682
24 391
47 624
45 300
91331
87174
171 610
174 137
184713
194856
423 613
443 281
27 898
31568
19876
19598
5. Baden .
1906
1905
2097
1916
28 741
26 387
10208
10002
44080
48405
80599
83 557
163628
163351
181531
179759
384378
416242
23341
23 672
21204
22449
6. Hessen .
1906
• 1905
1827
1912
20115
20175
2 297
2165
36638
36427
37 799
39168
96 849
97 935
73562
76306
292 894
817 952
14193
17 610
26907
26775
7. Mecklenb.-
Schwerin
1906
1905
1830
1757
653
727
5651
6099
17 703
14506
5223
6295
29230
27 627
73826
78 917
114353
116521
35 227
39 777
921
789
8. Sachsen-
Weimar .
1906
. 1905
817
749
1731
1722
1148
1079
10512
10 776
6011
6 407
19 402
19 984
26 533
27 963
89119
91177
17174
18777
6739
7351
9. Mecklenb.-
Strelita .
1906
. 1905
387
324
139
132
295
295
1831
1905
519
612
2 784
2944
9452
9 952
17 846
18396
5422
5 416
114
111
10. Oldenburg
1906
• 1905
488
605
2256
1984
941
1391
6 483
7 930
5 066
5023
14 746
16328
16 356
18284
78 778
82978
8 051
12049
440
515
11. Brann-
schweig .
1906
1905
484
467
1145
1000
8 742
8 584
5 510
5800
9 673
10389
25070
25773
26 256
28498
245 772
246 522
25 877
28394
430
413
12. Sachsen-
Meiningen
1906
. 1905
414
428
1473
1155
665
689
6 556
6 724
5141
5 585
18835
14153
13457
13817
47 955
52215
8315
9031
2956
2800
18. Sachsen-
Altenburg
1906
. 1905
310
259
250
314
1222
1258
8550
8612
1819
1841
11841
12025
13828
14225
49 774
53 680
5367
5 467
3959
4396
14. Sachsen-
Cob.-Gotha
1906
. 1905
475
557
1269
1344
568
523
7 868
7 845
4291
4669
13 996
14381
14115
14 902
106 207
105 982
14777
15 781
9078
9851
15. Anhalt .
1906
1905
1667
1746
1306
1315
2 695
2 682
6150
6 259
2 396
2500
12 547
12 756
14978
16 074
81758
78 898
14484
15485
918
571
16. Schwzb.-
Sondersh.
1906
1905
25
64
185
215
234
244
3 859
3614
1180
2142
5 458
6 215
5 473
5 667
39918
38307
4030
4233
236
200
17. Schwzb.-
Rudolstadt
1906
. 1905
78
67
305
894
202
157
2702
2 814
1855
1778
5 064
5143
6 055
6155
18454
19319
4907
4 287
479
18. Waldeck.
1906
■ 1905
1
1
304
400
240
253
986
995
1602
1521
3132
8169
5208
5 328
8039
7 628
1943
1989
854
2^
19. Reuß ä. L.
1906
' 1905
142
141
519
527
420
403
1997
1990
1050
1012
3 986
3 932
4358
4 570
19031
19 962
4171
4 721
2707
3274
20. Reuß j. L. ,
1906
1905
307
846
672
742
1130
1074
5 737
5 565
2409
2316
9948
9 697
8680
9217
49253
38148
7 955
8178
6057
5758
21. Schaumburg-
Lippe . . .
1906
1905
25
30
25
16
68
88
981
1030
175
157
1249
1291
1860
1943
4 256
4 521
278
312
198
216
22. Lippe . . .
1906
1905
165
158
85
101
1134
1178
2646
2 818
835
1095
4 700
5192
6 629
7209
21644
21587
1292
1402
669
671
23. Lübeck . .
1906
1905
832
927
491
376
1094
818
8407
6608
1146
1598
11138
9395
14603
14 710
33461
34197
6298
6511
512
454
24. Bremen . ,
1906
' 1905
2350
2 633
6 749
6 441
5 379
5 305
2 727
3201
2417
2 878
17 272
17 825
17 919
20019
90612
92 450
3801
17912
85
86
25. Hamburg
1906
1905
5 720
30804
26169
5153
5162
6 793
9328
23155
24 626
65 905
65 285
57 867
59835
297 309
306 042
91132
91610
81
88
26. Elsaß-
Lothringen ,
1906
. 1905
3819
3396
22 029
20959
5082
6 489
79 944
79 633
25069
24 699
132124
131780
151962
148562
270307
295446
46 776
51699
7667
6304
— 193 —
Ordnnngsmäfiige und Notsehlachtungen und Beurteilung des Fleisches.
Tiergattungen
Ord-
nungs-
mäßige
Schlach-
tungen
Schlach- i
tnngen,
bei denen
eine Be-
schau der
Tiere im
lebenden
Zustande
nicht
stattge-
funden
hat
Für
genuß-
tauglich
ohne
Ein-
schrän-
kung
erklärte
Tier-
körper
Un-
taugliche
ganze
Tier-
kGrper
Un-
taugliche
ganze
Tier-
körper,
ausge-
nommen
Fett
Bedingt
tauglich
Im Nah-
rungs-
und Ge-
nußwert
erheblich
herab-
gesetzt
erklärte Tierkörper
und Fleischviertel
kamen auf je 100 geschlachtete und beschaute Tiere
1
Pferde und andere / 1906
Einhufer. . . . l 1905
^'^'^^ [\m
^«»«^ Iffi
™« 11^
Jungrinder überSMo- 1 1906
nate alt .... ) 1905
(1906
19^
Kälber bis 3 Monate ( 1906
alt 1 1905
(1906
1905
s«"»^« Um
z'«««" {\m
3
1 5
6
7
1,18
1,02
—
—
0,23
0,28
0,01
0,01
0,34
0,36
0,14
0,16
0,02
0,01
0,40
0,38
1,51
1,77
0,08
0,10
0,47
0,49
0,38
0,39
0,03
0,03
0,29
0,28
0,84
0,97
0,05
0,05
0,39
0,40
0,31
0,33
0,002
0,003
0,03
0,03
0,11
0,12
0,02
0,03
0,29
0,26
0,10
0,09
0,001
0,001
0,01
0,01
0,26
0,27
0,002
0,002
0,01
0,01
96,28
96,99
99,86
99,32
99,54
99,48
96,79
96,60
98,78
98,78
98,07
97,97
99,31
99,35
99,47
99,54
99,70
99,75
99,23
99,05
3,72
3,01
0,64
0,68
0,46
0,52
3,21
3,40
1,22
1,22
1,93
2,03
0,69
0,65
0,53
0,46
0,30
0,25
0,77
0,95
98,87
98,98
98,26
98,15
98,63
98,61
93,02
93,61
98,19
98,25
96,37
96,18
99,17
99,19
99,24
99,24
99,68
99,72
99,42
99,41
1,16
1,20
0,81
0,84
3,92
4,03
1,11
1,05
2,35
2,40
0,49
0,45
0,34
0,35
0,20
0,18
0,31
0,81
>) Einschließlich derjenigen genufltauglichen Tierkörper, von denen einzelne veränderte
Teile unschädlich beseitigt worden sind.
Beanstandungen veränderter Teile.
Bezeichnung
der
veränderten Teile
Gesamtübersicht über die unschädlich beseitigten
Körperteile von
Pferden
Rindern
über
Kälbern
bis
3 Monate alt
Schweinen
Schafen
Ziegen
Stückzahl
Köpfe
Zungen
Lungen
Lebern
Därme
Sonstige einzelne Organe
Sämtliche Bancheingeweide
Teile des Muskelfleisches
290
9194
425
2979
1782
206
67
7182
218
2053
107
38
6810
787 069
32 054
939 111
236352
5 862
3 846
209476
16111
270343
135 259
5 314
548
82 953
8626
121600
1398
020
1919
161 657
24 255
165 944
5 935
1486
412
66011
6 937
63194
1514
421
40653
399 905
Kilogramm
12 301 ; 158 930 [
3 707
501
— 194 —
n.
Fleischbeschau bei dem in das
Einfuhr und Bestandungen
Herkunft-
Bezeichnung
der eingeführten
Fleisßhwaren
Österreich-
Ungarn
Rußland
Frankreich
Niederlande
Dänemark
Einfuhr
dz
Davon
bean-
standet
dz
Einfuhr
dz
Davon
bean-
standet
dz
Einfuhr
dz
Davon
bean-
standet
dz
Einfuhr
dz
Davon
bean-
standet
dz
Einfuhr
dz
Davon
bean-
standet
dz
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
l.FrischesFleisch.»)
Rindfleisch einschl.
Kalbfleisch . . .
Schweinefleisch . .
Sonstiges Fleisch . .
Außerdem:
153,27
3 173,70
74,11
11,29
0,54
^) 12,80
4,10
1,40
1 334,73
4,10
0,73
3) Ö^O
4 958,59
4 172,49
45,14
35,75
5,63
0,14
3) 17,93
74078,95
100496,99
74,15
624,30
588,95
0,75
») 587,89
83 386,98
27^1
1 734,17
402,85
1,04
») 881,12
Zusammen 1906
1905
2. Zubereitetes
Fleisch.
Rindfleisch einschl.
Kalbfleisch . . .
Schweineschinken . .
Speck
Sonstiges Schweine-
fleisch
Sonstiges Fleisch . .
Außerdem:
3401,08
15 799,11
349,18
4 073,79
251,46
114,58
1,24
24,63
116,33
3,76
15,09
0,05
4,67
0,85
3) 0,06
1340,23
1 620,14
4 136,82
15,81
1,79
30,28
95,72
4,93
35,19
122,29
0,22
1,10
2,06
3) 8,85
9 176,22
3 229,25
0,17
63,00
832,16
6,19
0,13
59,45
73,75
0,17
1,05
2,28
0,11
0,11
174650,09
168230,33
151,13
2 579,79
1 142,38
1 653,82
1,36
1801,89
2 135,67
39,87
37,77
0,57
44,72
0,97
8)172,12
85 148,66
111259,75
3 733,85
3 714,79
5 787,99
34985,84
7,02
1285,01
1 589,11
78,04
34,42
10,33
466,78
4,4ß
»)6 173,75
Zusammen 1906
1905
Därme . • . . 1906
1905
S.ZnbereiteteFette.
Schweineschmalz . .
Oleomargarin . . .
Margarine
Kunstspeisefette . .
Sonstiges Fett warm-
blütiger Tiere . .
4790,25
5684,49
7 907,31
7 814,83
594,58
5 808,56
430,50
1,09
8133,82
24,48
51,49
19,47
45,15
1,54
2,61
0,14
4 280,42
4 282,12
33 406,20
33 274,21
2,43
0,01
5,04
134,52
42,21
22,99
483,75
4,94
901,65
3014,65
13 043,75
15 754,91
216,43
16 275,40
0,80
18080,97
3,72
107,03
127,82
248,51
0,05
31,01
0,80
222,24
5 528,48
5 158,98
12 967,13
10444,97
6445,06
3 122,36
2,35
639,49
8821,89
296,02
216,84
262,12
168,49
132,20
"1^77
3,19
294,43
48 229,49
48 152,54
39 298,82
36856,81
10265,06
33,30
0,50
37,53
3448,83
6767,78
6 834,30
16,76
62,34
75,48
3,33
0,08
188,10
Zusammen 1906
1905
14968,55
9526,65
4,29
18,29
7,48
92,73
4,94
1,74
34 573,60
27 937,17
254,10
3%,92
19031,15
11 333,80
431,59
754,18
13785,22
16 903,10
211,99
651,57
Unberücksichtigt blieben hierbei Fleischmengen (Rindfleisch einschl. Kalbfleisch 1,11 dz, Schweine-
Ausführungsbestimmungen D) fallen. — ^ Gewicht der beseitigten veränderten Teile von im übrigen nicht
Yersammlungsberlchte.
Plllcbteii und Rechte der Schlachthoftierftrzte.'*')
Von
Krekeler- Recklinghausen,
SchUehthofdirektor.
Der Pflichten, die wir als städtische Schlacht-
hoftierärzte zu erfüllen haben, sind recht viele
und schwere.
*) Vortrag, gehalten auf der letzten Ver-
sammlung des Vereins Westfälischer Schlachthof-
tierärzte.
Als Leiter der Schlachthöfe haben wir die
Verantwortung für die Untersuchungen der zahl-
reichen Schlachtticre, für die Tätigkeit der
Trichinenschauer, der Hallenmeister, Maschinen-
meister und des sonstigen Schlachthofpersonals,
für den ordnungsmäßigen Zustand an und in
den Gebäuden und Bäumen des Schlachthofes,
für die Maschinen und Apparate, für ordnungs-
mäßiges Verhalten der Metzger und des Publi-
kums in den Schlachthofräumen, für die Buch-
führung, für die Schlachthofkasse usw.
^ 195 —
Zollinland eingeführten Fleische,
nach Herkunftsländern.
länder:
Grofibritannien
und
Irland
Übrige
europäische Aus-
landsstaaten
(einschl. Zoll-
ausschlüsse usw.)
Amerika
Asien
Afrika
Australien
Davon
Einfuhr | bean-
standet
Insgesamt
Einfuhr
Davon
bean-
standet
Davon
Einfuhr bean-
standet
1 Davon
Einfuhr . bean-
, standet
Einfuhr ' Davon
beanstandet
dz
dz
dz dz
dz dz
dz
1 dz
dz dz
%
12
13
14 1 15
16 1 17
18
19
20 1 21
22
18317,73
109,64
51,07
52,36
^ 78,68
1 128,81
1971,38
422,84
16,49
4,55
8,42
2) 18,98
—
') -
—
•0 -
182 027,93
109 953,11
3 736,21
1 135,85
611,15
10,89
•") 1 597,50
0,62
0,56
0,29
^) 0,54
18478,44
16964,35
131,04
162,51
3522,53 48,44
2 983,23| 17,53
1
— —
—
295 717,25 3 355,39
320086,16' 4130,09
1
1,13
1,29
919,92
10,09
7,56
72,24
0,05
0,03
1009,03
43,12
106,45
173,11
5,56
9,79
80822,10 1147,79
3 848,50, 17,75
48 746,51 40,64
1,15
0,40
0,09
0,13
91 123,35
14 858,29
56 876,89
1 637,27
112,04
63,69
1,80
0,78
0,11
3236,01
0,02
62,00
0,02
») 1 541,66
218,99 49,07
6,84 0,56
- ^ 34,74
28725,761 336,21
213,53 0,05
— 3) 378,77
0,03
0,70
0,03
0,70
68 971,50
326,56
964,69
9,78
3)8309.95
1,40
2,99
3) 3,59
4182,60
1600,90
39503,76
39173,36
1 676,00
378,18
458,49
582,14
1 384,43
8449,25
8 953,93
12 251,38
272,83
412,50
61,92
91,20
162 356,40
153 819,41
142 501,57
126099,36
1 921,21
2078,48
911,74
4 522,59
2,37
40,83
8 413,77
5 229,61
0,86
8,86
109,13
300,96
231 656,09
225 203,17
305 996,24
286 899,44
11097,42
10 129,89
1990,44
6 505,18
4,79
4,50
0,65
2,27
47,26
4 745,14
0,16
2,56
0,14
4 636,70i 31,58
195,66 -
4,74 0,01
2,41. -
1 281 744,59
268 992,60
25,05
17 361,62
1 283,75
409,17
11,79
198,60
1,91
345,45
—
1303 954,02
299 518,47
464,10
18044,71
1 524,60
443,51
17,20
201,79
0,12
0,15
3,71
1,12
40985.57
199,28
1838,011 112,14
103 761,50 1891,16
3826,58
146,18
188 902,21
3 003,61 ; 1,59
45780,69
38884,95
199,42
1 785,03
6677,52
6 197,46
143,73
43,52
1 671 885,86
1559 904,83
3 794,47
4 650,89
4 173,94
5 881,36
146,18
249,18
1810 883,51
1676662,05
6 190,71
8 551,32
0,29
0,51
fleisch 2,64 dz, sonstiges Fleisch 0,80 dz), die nicht unter den Begriff „Tierkörper*'
beanstandeten Tierkörpern. — ^) Desgleichen von Fleischstücken.
2, Abs. 3 und 6 der
Auch die übrigen an den Schlachthöfen an-
gestellten Tierärzte haben für ihre zahlreichen
Untersuchungen der Schlachttiere und als zeit-
weilige Vertreter der Schlachthofdirektoren eine
erhebliche Verantwortung.
Dann ist die Stellung der Tierärzte am
Schlachthof eine recht unangenehme dadurch,
daß sie die Pflicht haben, in erster Linie das
Interesse der Allgemeinheit zu vertreten, das
mit dem Sonderinteresse der Metzger nur allzuoft
in Widersprach steht. Für Erfüllung dieser Pflicht
ernten wir sehr oft Hafi und Feindschaft bei
den Metzgern.
Femer ist der lange Dienst von morgens
früh bis abends in den nassen, kalten, zugigen
und geräuschvollen Räumen der Schlachthöfe,
besonders in den Wintermonaten sehr aufreibend
und ungesund, so daß eine frühe Invalidität des
Schlachthoftierarztes unausbleiblich ist. Jeder
Kollege, der längere Jahre Schlachthofdienst
getan hat, weiß dies aus eigener Erfahrung.
Endlich haben wir, um eine Schlachthof-
— 196 —
tierarztfltelle bekleiden zu können, ein langes
kostspieliges Studium durchzumachen, und vor
diesem Studium mußten wir bis 1903 die Prima-
reife und seit 1903 die Universitätsreife erlangt
haben. Auch wird bei der Anstellung als Schlacht-
hoflierarzt verlangt, daß der Bewerber sich schon
in anderen tierärztlichen Stellen als tachtig be-
währt hat; besonders an den leitenden Schlacht-
hoftierarzt in einer Mittelstadt und Großstadt
werden bei Besetzung der Stelle hohe Ansprüche
gestellt
Fragen wir nun : Stehen mit diesen Pflichten
und Anforderungen der Rang, die Besoldung und
sonstigen Rechte im Einklang? Leider müssen
wir darauf antworten: Nein, bis jetzt durchaus
nicht
Alle übrigen städtischen Beamten, die ein
ähnlich langes Studium wie wir Tierärzte durch-
gemacht haben, haben eine wesentlich bessere
Stellung als die städtischen Tierärzte. Wenn
der städtische Tierarzt ansehen muß, wie Juristen,
Polytechniker usw. nach eben bestandenem
Staatsexamen in städtischen Stellen sehr hohe
Gehälter beziehen, Anfangsgehalt meistens €000 M.
ohne weiteres als städtische Oberbeamten gelten,
ja meistens zum Magistrat gehören und wie
wiederum städtische Mittelbeamte, Polizeibeamte,
Bnreaubeamte, Eassenbeamte ohne besondere
Mühe und Kosten, in der Regel mit Elementar-
schulbildung, dieselbe Gehaltsskala oder noch
eine höhere erreichen wie der städtische Tier-
arzt, so muß er sich sehr zurückgesetzt und in
seinem Empfinden gekränkt fUhlen.
Es besteht ohne Zweifel für die städtischen
Tierärzte ein großes Mißverhältnis zwischen
Leistung und Lohn, wie es bei den übrigen
städtischen Beamten nicht der Fall ist^ im
Gegenteil die Städte bezahlen im allgemeinen,
wenigstens in der Indnstriegegend, ihre Beamten
besser als der Staat
Welche mögen nun die Gründe sein, daß
die städtischen Tierärzte so unangemessen be-
soldet werden? Stichhaltige Gründe sind meines
Erachtens gar nicht vorhanden. Vor einer Reihe
von Jahren waren die Schlachthoftierärzte in
der Regel keine vollbesoldeten Beamten. Die
Städte rechneten bei der Gehaltsfestsetzung für
den Schlachthoftierarzt mit der Aussicht, daß
der Schlachthoftierarzt noch erhebliche Ein-
nahmen aus der Privatpraxis haben würde. Sie
verlangten auch nicht, daß der Tierarzt während
der Schlachtstunden immer am Schlachthof an-
wesend war, sondern er sollte in der Hauptsache
die Oberaufsicht im Schlachthof und die Er-
gänzungsbeschau ausüben. Wegen Unzuträglich-
keiten, die durch die Ausübung der Privatpraxis
sich vielfach herausgestellt hatten, und damit
der Tierarzt sich ganz dem städtischen Dienste
widmen sollte, ist es später üblich geworden,
den Schlachthof tierärzten in den Mittelstädten
und Großstädten fast überall die Privatpraxis zu
untersagen. Außerdem ist durch die Bestimmungen
des Fleischbeschaugesetzes die dienstliche Arbeit
des Schi ach thoftierarztes derartig gewachsen,
daß die Kräfte derselben jetzt durch den
Schlachthofdienst vollständig in Anspruch ge-
nommen sind und oft sogar übermäßig an-
gestrengt werden.
Die früheren Einnahmen aus der Privat-
praxis sind daher in den Mittelstädten und Groß-
städten fast überall fortgefallen. Der Schlacht-
hof tierarzt ist jetzt einzig und allein auf sein
Gehalt angewiesen.
Er ist vollbesoldeter Beamter geworden, und
es hätte dementsprechend auch das Gehalt ein
angemessenes werden müssen. Das ist nun
leider nicht geschehen. Die städtischen Ver-
waltungen haben sich mit ganz wenigen Aus-
nahmen bis heute noch nicht dazu verstehen
können, dem Schlachthoftierarzt ein Gehalt zu
geben, wie es seiner dienstlichen Verantwortung
und seinem Bildungsgrad entspräche.
Der Einwand kann nicht gemacht werden,
daß die Mittel für eine angemessene Besoldung
fehlen. Gerade für die Schlachthoftierärzte sind
am allerleichtesten die Mittel zu beschaffen, ohne
die Kommunalsteuem erhöhen zu müssen, da die
Städte Gebühren für die Schlachtungen und
Untersuchungen erheben, die je nach Bedarf
erhöht und ermäßigt werden können. Ob in
einem Schlachthof z. B. 80 000 oder 81 000 M.
zur Bestreitung der Ausgaben aufgebracht werden
müssen, macht so gut wie keinen Unterschied
in den Gebühren bei den zahlreichen Schlachtungen
aus. Bei Festsetzung des Schlachthof etats werden
die voraussichtlichen Einnahmen in der Regel
knapp und die Ausgaben reichlich veranschlagt,
so daß meistens jährlich verschiedene Tausend
Mark Überschuß vorhanden sind, aus denen die
Mittel zu einer angemessenen Besoldung des
Tierarztes genommen werden könnten. Auch
sind die Beschaugebühren in den Schlachthöfen
äußerst gering gegenüber den Beschaugebühren
außerhalb der Schlachthöfe, wenn man rechnet,
wieviel Tiere der Schlachthoftierarzt für sein
Gehalt zu untersuchen hat. Die Gebühren können
mit Leichtigkeit um 5—10 Pf. pro Stück erhöht
werden, was bei den vielen Schlachttieren im
Jahr eine erhebliche Summe ausmachte. Das
ist aber in den meisten Schlachthöfen gar nicht
einmal nötig, da ohne dies mit den besteihenden
Gebühren Überschüsse erzielt werden.
Es fehlt demnach durchaus nicht an Mittefai.
Die starke Konkurrenz bei Besetzung von
— 197 —
ScfalaehthoftiemntiBtellen kann auch kein Grund
für iniangemessene Besoldung sein. Es wäre ja
besser, wenn die Konkarrenz schwächer' wäre*
Viele Kollegen melden sich, die noch gamicht
oder doch noch «u kurze Zeit an einem Schlacht-
hof tätig waren und daher keine Aussicht haben,
die Stelle in bekommen. Dieselben vermehren
unnötig die Zahl der Bewerbungen. Andere
Kollegen wieder, die sich melden, haben gar nicht
die ernste Absicht die betreffende Stelle an-
zunehmen. Bei andern städtischen Stellen geht
es aber genau so. Ist eine städtische Stelle far
einen Juristen, Techniker oder Mittelbeamten aus-
geschrieben, so meldet sich regelmäßig eine ebenso
große Menge Bewerber. Die Konkurrenz bei
andern städtischen Stellen ist mindestens eben
so stark wie bei den tierärztlichen Stellen.
Die Einwendung wird vielfach gemacht, daß
die Schlaehthoftierärzte in den Nachbarstädten
auch keine besseren Gehälter hätten, und daß
aus diesem Grunde 6ich eine bessere Besoldung
nicht genügend begrOnden lasse, da es üblich
sei, bei Gehaltsfestsetzungen die Gehälter der
Nachbarstädte als Maßstab anzulegen. Dies
scheint tatsächlich das Haupthindernis zu sein,
weshalb es mit der Besoldung nicht besser wird.
Keine Stadt will den Anfang machen mit einer
angemessenen Besoldung des Schlachthoftier-
arztes. Derjenigen Städte, die sich zu einer
angemessenen Besoldung und Rangstellung des
Schlachthoftierarztes bis jetzt bereit gefunden
haben, sind leider noch äußerst wenige. Er-
freulicherweise läßt sich aus der letzten Zeit
melden, daß die Stadt Bemscheid mit gutem
Beispiel in dieser Richtung vorangegangen ist,
indem sie dem Schlachthofdirektor vor einiger
Zeit ein angemessenes Gehalt bewilligt hat: ein
Anfangsgehalt von 6000 M. und ein Endgehalt
von 7000 M., außerdem freie Wohnung, Licht
und Brand.
In kleineren Städten von etwa 6000—15000
Einwohnern läßt sich wegen der geringeren Zahl
der Schlachtungen aus den Schlachthofgebühren
öfters allein nicht gut ein ausreichendes Gehalt
für den Schlachthof tierarzt aufbringen. In diesen
Städten ist der Tierarzt ein nicht vollbesoldeter
Beamter, vorausgesetzt, daß die betr. Stadt dem
Schlachthofiierarzt die Privatpraxis nicht ver-
bietet» sondern durch Beschränkung der Dienst-
Btunden auf etwa 3—4 Stunden täglich dafür
sorgt, daß ihm genügend Zeit zur Privatpraxis
zur Verfügung steht. Andernfalls müßte dort
der nötige Zuschuß aus der Stadtkasse zu einer
ausreichenden Besoldung gewährt werdeq.
In Mittelstädten und Großstädten, in denen
die Arbeit des Schlachthoftierarztes so groß ist,
daß seine ganze Krjidi in Anspruch genommen
wird, und in deinen er Pnvatpräxis nicht aus-
üben kann und nicht darf, da muß das Gebalt
so beschaffen sein, daß er standesgemäß davon
leben kann. Femer muß das Gehalt im richtigen
Verhältnis stehen zu dem Gehalt der anderen
städtischen Beamten derselben Stadt. Die offizielle
Unterscheidung in städtische Ober-, Mittel- und
Unterbeamte kennt man in vielen Städten nicht.
An der Gehaltsskala des vollbesoldeten städtischen
Tierarztes sieht man aber, welchen Rang er unter
den anderen städtischen Beamten einnimmt. Die
Gehaltsskala muß unter allen Umständen höher
sein als die derjenigen städtischen Beamten, die
allgemein beim Staat und Stadt zu den Mittel-
beamten gerechnet werden: z. B. Obersekretäre,
Kendanten, Polizeiinspektoren usw.; denn es
richtet sich bei einem vollbesoldeten Staats- und
städtischen Beamten das Gehalt nach dem Rang
und umgekehrt der Rang nach dem Gehalt.
Für einen vollbesoldeten, den Schlachthof
leitenden Tierarzt in einer Mittelstadt, dürfte,
wenn man die Besoldung anderer akademisch
gebildeter städtischer Beamten und die der
städtischen Mittelbeamten in Berücksichtigung
zieht, ein Anfangsgehait von 4500 M. iand ein
Endgehalt von 6500 M., Steigerung jährlieh 100
bis 150 M. neben' freier Dienstwohnung ein an-
gemessenes sein. Ein solches Gehalt würde dann
in der Regel noch um etwa 1000 M. hinter dem
Anfangs- und Endgehalt anderer städtiacher
Oberbeamten — städtischer Bauinspektoren,
Assessoren usw. — zurückbleiben und etwa um
1000 M. dem Anfangs- und Endgehalt der ersten
städtischen Mittelbeamten voraus sein; wenigstens
sind diese Verhältnisse so in den Industrie-
städten Westfalens. Auch müßten die Reise-
kosten und Tagegelder bei Dienstreisen des
städtischen Tierarztes schon des Ansehens wegen
die der Oberbeamten und nicht die der Mittel-
beamten sein, wenn man den Bildungsgang des
städtischen Tierarztes berücksichtigt, was auch
um so leichter geschehen kann, da Dienstreisen
bei dem städtischen Tierarzt zu den größten
Seltenheiten gehören. Es kommt vor, daß der-
selbe mehrere Jahre keine einzige Dienstreise
macht.
Was ferner die Pensionsverhältnisse des
städtischen Tierarztes anbetrifft, so sieht es
damit noch ungünstiger aus. Die meisten Schlacht-
hoftierärzte kommen erst mit dem 30. bis 35.
Lebensjahre in eine etatsmäßige städtische
Stelle. Um sich erst genügend im tierärzt-
lichen Fach auszubilden und auf Grund dessen
besser eine Schlachthoftierarztbtelle ausfüllen
zu können, sind viele Schlachthoftierärzte erst
5 bis 10 Jahre lang in der PrivatpraxiB
tätig gewesen, was für die Tätigkeit am
— 198
Schlachthof sehr nützlich ist. Diese Jahre werden
aber bei der Pensionierung nicht angerechnet,
trotzdem die Städte doch den Nutzen davon
haben, wenn sich die Tierärzte erst ge-
nügend Erfahrung in ihrem Fach gesammelt
haben. Dieser Übd^amd ist sehr zu beklagen.
Die städtischen Tknrftrzte kommen auf diese
Weise um 5 bis 10 Jahre den ancleren städtischen
Beamten gegenüber im Dienstalter zu kurz. Bei
den Juristen z. B., die in den Städten angestellt
sind, zählen schon die Befwendarjahre bei der
Pensionierung mit, bei den Bureaubeamten die
Assistentenjahre, gleichgültig, wo die Betreffenden
in diesen Jahren tätig gewesen sind. Bei den
meisten städtischen Beamten zählen das 22. bis
25. Lebensjahr schon als erste Dienstjahre. Diese
Beamten erreichen mit Leichtigkeit Vi ^^s Ge-
haltes als Pension, während der städtische Tier-
arzt bei der späten Anstellung und bei der
frühen Invalidität, die bei dorn aufreibenden und
ungesunden Schlachthofdicnst in sicherer Aus-
sicht steht, in der Regel kaum Vs ^is Vs ^^s
Gehalts als Pension erreichen wird. Ist nun das
Gehalt ein unangemessenes, so fallen die Pension
und bei Todesfall die Reliktenversorgung noch
viel ungünstiger aus.
Es ist daher dringend nötig, daß das Gehalt
ein angemessenes wird und dafi wegen der
späten Anstellung namentlich auch das Anfangs-
gefaalt nicht zu niedrig ist.
Bekanntlich gibt es nun noch verschiedene
andere erhebliche Übelstände in der Stellung der
städtischen Tierärzte, die ich heute nicht weiter
erwähnen will, da die Gehalts- und Rangfrage
zurzeit die wichtigste ist.
Wie sollen wir nun diese ungünstigen Be-
soldungsverhältnisse, die für die städtischen
Tierärzte fast überall noch bestehen, beseitigen?
Erfreulicherweise ist in den letzten zwei
Jahren von den Schlachthoftierärzten schon
vieles getan worden, um hierin Wandel zu
schaffen. Ein kleiner Fortschritt ist in einzelnen
Städten auch schon zu bemerken. In den meisten
Städten ist aber bis heute noch wenig oder gar
nichts erreicht Der Verein preußischer Schlacht-
hoftierärzte hat eine Denkschrift an den Herrn
Landwirtschaftsminister und die Königlichen
Regierungen gesandt, worin auf die schlechte
Besoldung der städtischen Schlachthoftierärzte
hingewiesen ist Dieses Rundschreiben scheint
von den hohen Behörden durchweg gut auf-
genommen und die darin vorgetragenen Wünsche
scheinen als berechtigt anerkannt zu sein.
Femer sind ähnliche Rundschreiben den
Königlichen Regierungen und den städtischen
Verwaltungen von dem Westfälischen, Rheinischen
und Schießischen Schlachthoftierärzteverein zu-
gegangen. Vom Verein aus kann daher meiner
Ansicht nach augenblicklich nach dieser Richtung
hin nichts Neues unternommen werden. Jetzt
ist die Reihe an jedem einzelnen Kollegen in
seiner Stadt, danach zu streben, daß das, was
in den Rundschreiben gewünscht wird und zur
Kenntnis der Behörden gebracht ist, in die
Wirklichkeit umgesetzt wird. Ohne Anträge und
ohne Anregungen des einzelnen Kollegen in seiner
Stadt werden die Rundschreiben allmählich wieder
in Vergessenheit geraten.
Es war hohe Zeit, daß die städtischen Vrr-
waltungen darauf aufmerksam gemacht wurden,
daß die jetzigen Besoldungs- und Rangverhält-
nisse der städtischen Tierärzte sehr unangemessen
sind. Das Ansehen der städtischen Tierärzte
hat unter den ungünstigen Besoldungsverhält-
nissen sehr zu leiden. Auf die andern Beamten des
Schlachthofes, auf die Metzger, auf die andern
Staats- und städtischen Beamten und auf die
Bewohner der Stadt und Umgegend macht es
einen sehr schlechten Eindruck, wenn die Be-
soldung des städtischen Tierarztes im Vergleich
zu den andern städtischen Beamten so auffallend
gering ist. Bei Gelegenheit von Stadtverordneten-
beschlüssen, betreffend Besoldungsordnung der
städtischen Beamten, pflegen von Zeit zu Zeit
die Gehälter der städtischen Beamten öffentlich
in den Lokalblättern zu stehen, und es kann
dann jeder Bewohner der Stadt und Umgegend
sehen, welche Stelle <}er städtische Tierarzt mit
seiner Gehaltsskala unter den andern städtischen
Beamten einnimmt Daß andere städtische Ober-
beamte, die um mehrere Tausend Mark dem
städtischen Tierarzt sowohl im Anfangs- als
auch Endgehalt voraus sind, ans diesem
Grunde auf diesen vielleicht herabsehen, ist
ganz natürlich und ebenso, daß die ersten
städtischen Mittelbeamten meist mit Elementa^-
schulbildung, wie Obersekretäre, Hendanten
usw., die eine gleich hohe oder noch eine höhere
Gehaltsskala haben, als der Schlachthofdirektor
sich ranglich demselben gleich oder noch für
mehr halten müssen und auch vom Publikum und
andern Beamten dafür gehalten werden, ist eben-
so leicht erklärlich. Ein solches Mißverhältnis
muß für das allgemeine Ansehen des Tierarztes
sehr schädlich sein und auch ungünstig auf die
amtliche Stellung und Tätigkeit desselben ein-
wirken.
Da nun die eine Stadt sich in ihren Ein-
richtungen, besonders auch Gehältern immer nach
Nachbarstädten zu richten pflegt, so ist jeder
Erfolg eines Kollegen in einer Stadt immer ein
Gewinn für alle andern, besonders für die der
Nachbarstädte. Es wäre daher zweckmäßig,
wenn Kollegen, die einen Erfolg erzielt haben
— 199 —
dies alsbald in einer tieräntlichen Fachzeitnng
mitteilten oder doch wenigstens dem Vereins-
vorstand anzeigen wdllten, damit die Tierärzte
in andern Städten Kenntnis davon erhalten nnd
diesen Fortsehritt bei eventuellen Anträgen ver-
werten können. Die großen Städte Westfalens
dienen den andern westfälischen Städten in der
Regel als Beispiel, und es wäre daher von großem
Vorteil, wenn in diesen möglichst bald die fOr
einen Tierant angemessenen Rang- und Gebalts-
verhältnisse geschaffen würden. So lange dort
noch nichts Befriedigendes erreicht ist, haben die
Tierärzte in den Mittelstädten auch wenig Aus-
sicht auf Besserstellung. Bei der Regelung ist
meiner Ansicht nach das Hauptgewicht darauf
zu legen, daß der vollbesoldete städtische Tier-
arzt mit seiner Gehaltsskala unter allen Um-
ständen Aber die ersten städtischen Mittel-
beamten: Rendanten, Polizeiinspektoren, Ober-
sekretäre usw. kommt und nicht zu weit hinter
andere städtische Oberbeamten derselben Stadt.
In der Hoffnung, daß die städtischen Tierärzte
recht bald aus den ungünstigen und unan-
gemessenen Besoldungs- und Rangverhältnissen
heraus kommen, schließe ich meinen Vortrag.
Bficherschan.
— Martiiiy, Beme, Preisaussohreiben des
Deitsohen Milchwirisohaftliclieii Vereins, betr. das
HeHiMilsohe Aiifrtallverfaiirmi. Prüfungsbericht
der Preisrichter. Leipzig 1908. Verlag von
M. Heinsius Nachfolger.
Die holländische oder ostfriesische Auf-
stallung ist diejenige Stalleinrichtungs- und Be-
triebsform, die fOr Milchwirtschaften in gesund-
heitlicher und wirtschaftlicher Hinsicht nicht
dringend genug empfohlen werden kann. Um
dieses Verfahren in ganz Deutschland zu fördern,
hat der Deutsche Milchwirtschaftliche Verein ein
Preisausschreiben erlassen für die beste Durch-
führung des Verfahrens und drei An-
lagen (Friedrich Loß & Cie. auf Rittergut
Junkerhof zu Wolmirstedt, Provinz Sachsen,
I. Preis, Gutsbesitzer Herbert zu Gelsen-
kirchen, Westfalen, 11. Preis, und Gutsbesitzer
Rudorff zu Glinde, Holstein, HI. Preis) prä-
miieren können. In der vorliegenden Schrift des
Deutschen Milchwirtschaftlichen Vereins sind das
holländische Aufstallverfahren in sachkundigster
Weise und im Anschluß daran die Einrichtungen
der preisgekrönten Stallungen beschrieben.
Meines Erachtens sollte in jedem Bundes-
staat und, soweit größere Bundesstaaten
in Betracht kommen, in jedem Regie-
rungsbezirk je ein Stall mit vorschrifts-
mäßiger holländischer Aufstauung unter
staatlicher Förderung eingerichtet wer-
den, als exemplum docens für die all-
gemeine Einführung dieser für eine
saubere Milchgewinnung unentbehrlichen
Aufstallmethode. Ostertag.
— Piisom Die KindeniilehpredaktiM in wirt-
schaftlicher und hygienischer Beleuchtung unter
besonderer Beriicksichtignng der im Rassestalle
der Tierärztlichen Hochschule in Dresden ge-
machten Erfahrungen. Mit 10 Textabbildungen.
Berlin 1908. Verlag von Richard Schoetz. Preis 2M.
Eine ausgezeichnete Arbeit über die An-
forderungen, die an den Gesundheitszustand und
die Haltung der Kindermilchkühe, an die Ge-
winnung und Behandlung der Kindermilch zu
stellen sind. Verfasser spricht aus eigener
Erfahrung und hält sich von unerfüllbaren
Forderungen fem, die die einheitliche Regelung
des Verkehrs mit Kindermilch bis jetzt unmöglich
gemacht haben. Die verdienstliche Abhandlung
Puschs sei hiermit angelegentlichst empfohlen!
~ PMivifiiz, VI. InterMtiMale Tzberkuloee-
kMiferenz, Wien, 19.— 21. September 1907. Berlin
1907. Internationale Vereinigung gegen Tuber-
kulose. Kommissionsverlag von Rudolf Mosse,
Berlin.
Der vorliegende Bericht enthält den Wortlaut
der Verhandlungen der letzten Internationalen
Tuberkulosekonferenz, von denen für die Leser
dieser Zeitschrift insbesondere die Verhandlungen
über die Infektionswege der Tuberkulose von
Interesse sein dürften.
— Scbnidt, W., Bettreg zur Gesoblohte des
Landesverbandes PreuBisober Triobinen- und Fleisoh-
bescbaiier-Vereine mit besonderer Berücksichtigui\g
der Bestrebungen desselben, für die Fleisch- und
Trichinenschauer eine Teilnahme an den staat-
lichen Wohlfahrtseinrichtungen zu erzielen.
Berlin 1906. Verlag von Richard Schoetz. Preis
0,50 M.
— U Traducteur (16. Jahrg.), Tbe Translator
(5. Jahrg.), II Traduttsre (1. Jahrg.), Halbmonats-
schriften zum Studium der französischen, eng-
lischen, italienischen und deutschen Sprache.
La Chaux-de-Fonds. Preis 4 M. jährlich.
Die in der Überschrift genannten Sprach-
schriften bringen Erzählungen, naturwissenschaft-
liche Aufsätze, Belehrungen über Länder- und
Völkerkunde, Handel, Sitten und Gebräuche,
entweder mit genauer Obersetzung oder mit Fuß-
noten und sind ein zweckmäßiges Mittel zur
Vermehrung fremden Sprachschatzes für den-
jenigen, dem die Möglichkeit der Konversation
in den fremden Sprachen fehlt.
— Feiger, A. F., Bidrag tll BUiyrernes pattlsglske
Kopenhagen 1907.
— 200
Kleine Mitteilungen.
— Die Jela-Masse zum Oberzieben von Dauer-
fleieobwareu besteht nach £. Polenske (Beihefte
zu den Veröff. d. K. Gesundheitsamtes, XXn. Bd.,
3. H.) aus
Paraffin .... 35 Proz.
Kolophonium . . 62,8 „
Schlemmkreide . 2,2 „
— „Eimelin-Trocken" ist der Phantasienamc
für ein Eiweißpräparat zur Wurstfabrikation, das
aus Magermilch hergestellt wird. Nach der
yAllg. Fleischer- Zeitung** sind vom Schöffen-
gericht in Chemnitz wegen dieses Zusatzes zur
Wurst drei Fleischermeister zu Geldstrafen von
50 und 75 M. verurteilt worden.
— Starke Ecbinokokkeninvasion der Leber beim
Rfnd. Feuereißen beschreibt unter Mitteilung
der Literatur in der „D. T. W.** (1908, Nr. 8) drei
Fälle von starker Invasion von Echinokokken
in der Leber bei Kühen. Die Lebern zeigten
gewöhnlichen Zwecke verwendet werden kann,
vorausgesetzt, daß sie sinnfällige Abweichungen
von normaler Milch nicht ^e'igt und insbesondere
frei von Blut ist.
— Über den ,,PreBluft8tab" zur Zuführung von
Luft zu Flscbtrantportwasaer schreibt die „Allg.
Fischerei-Zeitung*': Der ^Preßluft-Stab^ ist
eine Einrichtung ^ zur Zuftlhrung und innigen
Vermischung von Luft sowie überhaupt von
Gasen in oder mit Wasser oder Flüssig-
keiten jeder Art Je nach der Größe des in
Betracht kommenden Flüssigkeitsbehälters oder
je nach dem Zweck werden entsprechend
viele Preßluftstäbe in der Nähe des Behälter-
bodens angeordnet und mit einer gemeinsamen
Preßluft- oder Gaszuführungsleitung versehen.
Eine derartige Anordnung ist aus beistehender
Abb. 2 ersichtlich. Die Einführuug der Gase in
die Flüssigkeit tritt bei Anwendung des Preß-
luftstab - Systems bereits bei einem Druck ein,
Figur 1.
Eisenhahniransportwagen mit Preßluftstabeinrichtung für lebende Fische.
Gewichte von 33, 36 und 67,5 kg. Das zuletzt
genannte Tier ist bei der Lebendbeschau durch
seinen besonders an der rechten Seite stark auf-
getriebenen Hinterleib aufgefallen; das Allgemein-
befinden des Tieres war aber gut gewesen.
— Mauh und Klauenseucbe beim Wildschwein.
Borzoni (!l nuovo Ercolani 1907, S. 292) hatte
zweimal Gelegenheit, bei geschossenen Wild-
cbem Maul- und Klauenseuche nachzuweisen.
— Von welcbem Tag an kann Kolostralmilcb
für die gewöbniichen Zwecke verwendet werden?
Nach Untersuchungen von Gilchrist (The Joum.
of the Board of Agriculture 1907, Nr. 9) nähert
sich die Zusammensetzung der Milch vom dritten
Tage nach dem Kalben an derjenigen der normalen,
und Gilchrist nimmt keinen Anstand zu erklären,
daß die MHch von Kühen, die gekalbt haben,
nach Ablauf des dritten Tages für alle
welcher der Höhe der über ihm befindlichen
Flüssigkeitssäule entspricht. Die Luft oder das
Gas tritt in mikroskopisch feiner Verteilung in
die Flüssigkeit aus. Mittels Absperrventils oder
Hahnes kann eine sehr feine und eine äußerst
starke Vermischung der Flüssigkeit mit Luft oder
Gas herbeigeführt werden. Wegen des in den
meisten Fällen nur sehr geringen Druckes und zu-
folge der feinen Verteilung der eingeführten Luft
oder des Gases werden nur immer sehr geringe
Betriebskosten für eine mit den Preßluftstäben
ausgerüstete Anlage in Frage kommen;
Die Anregung zu der Erfindung gab die Fisch-
großhandlung Gebr. Jacob Berlin und Stettin,
der es darum zu tun war, eine gründliche
und billige Durchlüftung der Fischbe-
hälter, sowohl während längerer Eisen-
bahnfahrten als auch in ruhenden Be-
- 201 —
hältern, zu erzielen, und somit Fische auf
längere Zeit lebend zu erhalten. Bisher er-
reichte man diesen Zweck sehr unvollkommen
dadarch, daß man einen starken Wasserstrahl
von oben in den Behälter eintreten liefi. Es ist
leicht erklärlich, daß hierbei nur eine geringe
Luftmenge mitgerissen wird, die um so un-
gentlgender ist, je größer die Wassermenge des
Behälters ist. Zufolge der gegebenen Anregung
ist die Erfindung des Ingenieurs A. Ser^nyi,
Berlin, betreffend die Einrichtung einer innigen
Durchlüftung von Wasser, entstanden. Die Abb. 1
veranschaulicht einen Eisenbahntransportwagen
far lebende Fische mit der Preßluftstabeinrichtung
wie solcher von der Firma Gebrüder Jacob in
Betrieb gestellt ist, und mit dem außer-
ordentlich gute Resultate erzielt wurden. Nach
durch einen kleinen Motor erfolgen. Der Arbeits-
aufwand zum Antrieb ist verschwindend klein.
^ ^refs2tt/t
Figur 2, System und Anordnung der Preßluftstäbe,
den bisherigen Erfahrungen dieser Firma konnten
die mit der Preßluftstabeinrichtung ausgerüsteten
Behälter mit einer wesentlich größeren Menge
von Fischen besetzt werden als bisher. Die
bereits vielfach ausgeführten Transporte von
größeren Mengen lebender Fische haben ganz
bedeutende Erfolge gezeigt. Die Einrichtung
eines Fischtransportwaggons, wie vorstehend ab-
gebildet, arbeitet in folgender Weise: Durch
ein Filter wird von einem Luftkompressor
atmosphärische Luft angesaugt. Die kompri-
mierte Luft wird durch einen Windkessel der
Verteilungsrohrleitung zugeführt. Von hier
strömt die Luft durch Abzweigleitungen den auf
dem Boden der Transportbehälter gelegten Preß-
luftstäben zu. Aus den Stäben gelangt die Luft
in der oben beschriebenen Weise in feinster Ver-
teilung in das Wasser. Durch eingeschaltete
Hähne kann die Luftzufuhr zu den einzelnen
Behältern nach Belieben reguliert werden. Der
Antrieb des Kompressors kann von der Achse
des Wagens oder, falls dies nicht angängig ist,
Tagesgeschichte.
— 25 Jahre städtische Fleischbeschau
i» Berlin* Am 6, Marx 1883 sind die Be-
stimmungen des Oemeindebeseklusses vom 16, Juni
1882, die Einführung des Schlctchtxwanges in
Berlin betreffend^ sowie das auf Orund des Preu-
ßischen Sehlaehthausgesetxes erlassene Regulativ
für die Sehlaehttnek- und Fleischbeschau in Kraft
getreten. Die städtische Fleischbeschau in Berlin
vollendet hiermit am 6, Marx dieses Jahres das
25, Jahr ihres Bestehens, In dieser Zeit hat sie
sieh xur größten Einrichtung dieser Art auf detn
europäischen Kontinent entwickelt und sie ist Ijchr-
meisterin gewesen für ungezählte Tierärxte des
In- und Auslandes, die sieh in die Fleischbeschau
einführen woUten, Nickt vergessen seien auch die
Entdeckung des Lieblingssitxes der Rinderfinnen,
die mustergültige Organisation der Trichinenschau,
der Ausbau der Untersuchufigsieehnik überhaupf,
die grundlegenden Untersuchungen über die Brauch-
barmachung des bedingt tauglicfien Fleisches, die
sich an die Namen der beiden Leiter der städtischen
Fleischbeschau, Hertwig und Reißmann, und
ihrer Mitarbeiter knüpfen. Die Zahl der Tierärxte,
die bei der städtischen Fleischbeschau xu Berlin
tätig sind, ist in den 25 Jahren voit 11 auf 70
gestiegen, die Zaltl der bei der Fleischbeschau über-
haupt beschäftigten Personen von 138 auf 700,
Möge die Berliner städtische Fleischbeschau auch
in den künftigen Jahrxeknten blühen und waehsen,
und möge die Stadt Berlin das 25 jährige Begehen
der Fleischbeschau xum Anlaß nehmen, die be-
rechtigten Wünsche der bei ihr tätigen städtischen
Tierärxte endlieh xu erfüllen.'
— Auszeichnungen. Der Landestierarzt von
Elsaß-Lothringen, Regierungsrat Feist, wurde
zum Geheimen Kegierungsrat ernannt.
Dem Honorardozenten an der Wiener Tier-
ärztlichen Hochschule, städtischem Obertierarzt
Postolka, ist der Titel eines außerordent-
lichen Professors verliehen worden.
— Der Lehrstuhl für Tierproduktion und Hygiene
in der vetorinarnedizinlochen Fakultät der Unlveroltat
Bern ist neu zu besetzen. Meldungen sind bis
zum 7. März an die Direktion des schweizerischen
Unterrichtswesens zu richten.
— Neuregelung der Gehälter der badisohen
Bezirkotierärzte. Bei der bevorstehenden Neu-
regelung der Gehälter der badischen Beamten
soll das Höchstgehalt der badischen Bezirks-
tierärzte, das bis jetzt 2880 M. betrug, auf
3700 M. festgesetzt werden.
— Ötrentllche Schlachthöfe. Die Errichtung
öffentlicher Schlachthöfe ist beschlossen in
— 202 —
Urach nnd Altenstadt in Baden. In Erfurt
wird ein neaer öffentlicher Schlachtviehhof mit
einem Kostenaufwand von 3 Millionen Mark er-
richtet werden.
Erweiterungsbauten sind beschlossen in
Stettin (Neubau der Ktthlhalle, Umbau der Ma-
schinenhalle usw., Gesamtko'stenbetrag 655100 M.)
und Oberhäusen (Neubau von Stallungen und
Errichtung eines Häutelagers).
— Zum Fleischkonsum in Deutschland Im Jahre
1907 findet sich in den „Mitteilungen der Zentral-
stelle der Preußischen Landwirtschaftskammem^
folgende Berechnung: „Auf Grund der vom
Kaiserlichen StatistischeA Amte veröffentlichten
Zahlen derjenigen Tiere, an denen die Schlacht-
vieh- und Fleischbeschau vorgenommen worden
ist, ergibt sich, daß im Jahre 1907 außer den
Hausschiächtungen zum Konsum geschlachtet
worden sind: ^^^ ^^^^ ,^^^
1907 gegen 1906 gegen 1905
Pferde! . . 135239 - 11372 - 11387
Ochsen . . 575 671 — 37 727 — 19558
Bullen . . 428142 — 12 069 — 38615
Kühe. . . 1596382 - 28349 - 59073
Jungrinder. 938936 + 13 572 — 1160
K&lber . . 4374842 +166 594 - 17 257
Schweine . 16382985 +3040523 +2810159
Schafe . . 2186113 — 109142 — 250010
Ziegen . . 489 743+38 910+60448
Hunde . . 6 472 — 49 -f 314
Berechnet man unter Außerachtlassung der
Pferde und Hunde für obige Schlachttiere das
vermutliche Schlachtgewicht und behält
dabei der Yergleichbarkeit halber die vom
preußischen Landwirtschaftsministerinm ange-
nommenen Durchschnittsgewichte 235 kg für
Rinder, 40 kg für Kälber, 80 kg für Schweine
und 20 kg für Schafe und Ziegen bei,*) so erhält
man an verfügbar gewesenen Fleischmengen in
Doppelzentnern:
1907 gegen 1906 gegen 1905
Rindfleisch. 8 316958 — 151747 — 278242
Kalbfleisch. 1 749 937 + 66 638 — 6 903
Schweine-
fleisch .. 13106388 +2432418 +2 248127
Schaf fleisch 437 223 — 21828 — 50002
Zi egenfleisch 97 949 + 7 782+12090
zusammen: 23 708 455 +2333263 +1925 070
Demnach hat gegenüber dem Jahr 1905 eine
*) Diese den Berechnungen zugrunde ge-
legten Durchschnittszahlen müssen als besonders
niedrig bezeichnet werden; da aber alle diese
Zahlen auf Schätzung beruhen, wollen wir, .bis
bessere Unterlagen eine Nachprüfung derselben
gestatten, an denselben festhalten, um von vorn-
herein dem Einwurf zu begegnen; daß unsere
Darstellungen zu günstig gefärbt seien. Z. L. V.
Zunahme der für den Fleischverzehr der auf den
Kauf des Fleisches angewiesenen BevOlkerungs-
kreise verfügbar gewesenen Fleischmengen*)
um rund 8^ v. H. und gegenüber dem Jahr
1906 gar um 10,91 v. H. stattgefunden. Nach
der Statistik der Volkszählungen nimmt jetzt
unsere Bevölkerung durchschnittlich um nicht
ganz 1,5 V. H. jährlich zu, es ist daher der
Fleischkonsum aus den durch Schlachtungen im
Inlande verfügbar gewesenen Fleischvorräten im
Jahre 1907 gegenüber dem Jahr 1905 um 5,84 v.H.
und gegenüber dem Jahre 1906 um 9,41 v. H.
größer gewesen, als durch die Bevölkerungs-
zunahme erforderlich gewesen wäre, d. h. also,
der Fleischkonsum ist pro Kopf der Bevölkerung
beträchtlich gestiegen. Nehmen wir für 1905
eine Bevölkerung von 59750000 Einwohnern,
für 1906 von 60650000 und für 1907 von
61 550 000 Einwohnern für ganz Deutschland an,
so hat der Fleischverbrauch, wenn wir die Haus-
schlachtungen mit dem Reichsarbeitsblatt (1907,
Nr. 11) mit 9,91 kg pro Jahr und Kopf der Be-
völkerung (hier sind die etwas höheren Durch-
schnittsgewichte zweifellos berechtigt) gleich-
mäßig in Rechnung stellen, sich in den einzelnen
Jahren folgendermaßen, pro Kopf der Bevölkerung
gerechnet, gestaltet:
Es sind verzehrt worden:
1907 1906 1905
48,43 kg 45,15 kg 46,36 kg
Also selbst wenn die aus Hansschlachtungeü
in den Verzehr gelangten Fleischmengen nicht
gleichfalls erheblich zugenommen haben sollten,
was dagegen, wie die Zählung vom 1 . Dezember 1907
ergeben wird, sicher anzunehmen ist, hat allein
schon bei den der Schlachtvieh- und Fleisch-
beschau unterliegenden Schlachtungen der pro
Kopf der Bevölkerung verfügbar gewesene Fleisch-
vorrat im Jahre 1907 zugenommen gegen 1906
um 3,28 kg und gegen 1905 um 2,07 kg, sicher
ein Zeichen, daß die deutsche Landwirtschaft
auf dem Gebiet der Fleischversorgung durchaus
in der Lage ist, den Ansprüchen auch des durch
die Bevölkerungszunahme ständig steigenden
Konsums Rechnung zu tragen. (Z. L. V.)"
— Ober die VerbesseruDg der Statistik der
Flelsohprelse im Kleinhandel referierten während der
letzten Tagung des Kgl. Preuß. Landesökonomie -
koUegiums Gutsbesitzer Engel brecht- Oben-
deich und Dr. Ost er tag- Berlin. Das Landes-
*) Ein Abzug für die durch die Fleisch-
beschau verworfenen Fleischmengen ist von uns
nicht vorgenommen worden, da ja auf der
anderen Seite die bei Anwendung der Durch-
schnittschlachtgewichte noch für den Verzehr
verfügbar bleibenden Eingeweide nicht berück-
sichtigt worden sind. Z. L. V.
— 203 —
ökoBomiekoUegiuin nahm den Antrag der Bericht-
erstatter an:
„Das LandeBÖkonomiekollegium wolle be-
Bchliefien, der Kgl. Staatsregierang für die
Statistik der Fleischpreise folgende Leitsätze zu
empfehlen:
1. Die Notierung der Großhandelspreise für
Fleisch muß sich anlehnen an das Schema der
Viehpreisnotierungen. Die für Berlin bereits
durchgeführte Statistik der Großhandelspreise
ist auf diejenigen Städte auszudehnen, in denen
ein Fleischgroßhandel tatsächlich stattfindet
2. Die alljährlich veröffentlichte Statistik der
Kleinhandelspreise für 165 Marktorte der Monarchie
ist beizubehalten.
3. Dagegen ist die allmonatlich veröffentlichte
Statistik der Kleinhandelspreise für 24 Marktorte,
welche große praktische Bedeutung hat, als
ungenügend zu betrachten und durch eine bessere
Statistik zu ersetzen.
4. Diese Statistik hat nur die wichtigsten
KonsumplAtze aufzunehmen, also die Großstädte
und die Zentren der Industriebezirke.
5. Die Feststellung der Preise ist durch
Sachverständige nach genauer Anweisung vor-
zunehmen.
6. Die Feststellung der Preise hat zu er-
folgen:
beim Bindfleisch für Keule, Bug und
Bauchfleisch,
beim Kalb- und Hammelfleisch für Keule
und Bug,
beim Schweinefleisch für Keule, Bug,
Rückenfett und Kopf mit Beinen.
7. Die hiemach aufzunehmende Statistik der
Kleinhandelspreise für Fleisch hat nicht etwa
den Zweck, den Verdienst des Fleischers zahlen-
mäßig festzustellen; wohl aber kann sie über
die Bewegung der Fleischpreise und ihr Ver-
hältnis zu den Viehpreisen Aufschluß geben.^
— Zu den Kosten der Fleischbetcliau ist im
Kgl. Preuß. Landesökonomiekollegium vom
Grafen v. Rantzau und Generalsekretär Dr.
Burckhardt folgender Antrag eingebracht
worden:
„Das Landesökonomiekollegium steht mit
Rücksicht darauf, daß die Fleischbeschau eine
im Interesse der Allgemeinheit getroffene sanitäre
Maßnahme ist, nach wie vor auf dem Standpunkt,
daß die daraus erwachsenden Kosten auch von
der Staatskasse zu tragen sind. Es erhebt
daher auch wiederum diese Forderung in erster
Linie und wird auf dieselbe so lange zurück-
kommen, bis diese durchaus berechtigte Forderung
der Landwirtschaft ihre Erfüllung gefunden hat
Da aber die Aussicht auf Verwirklichung dieser
Forderung mit Rücksicht auf die Staatsflnanzen
zurzeit außerordentlich gering zu sein scheint;
so erklärt das Kollegium im Verfolg seines Be-
schlusses vom 6. bis 9. März 1907 für die
Zwischenzeit eine sofortige Abänderung
der bisherigen Gebührenerhebung nach
der Rücksicht für unbedingt erforderlich, daß
1. der Gebührensatz für alle außerhalb der
Schlachthausgemeinden geschlachteten und der
Schlachtvieh- und Fleischbeschau unterliegenden
Tiere für jede Tiergattnng einheitlich für die
ganze Monarchie, mindestens aber für jede Provinz
festgesetzt wird;
2. hierbei für ein Rind nicht mehr als 2 M.,
für ein Schwein, einschließlich der Trichinen-
schau, nicht mehr als 1,20 M. und für ein
sonstiges Stück Kleinvieh nicht mehr als 40 Pf.
erhoben wird;
3. die Kosten der Ergänzungsbeschau sowie
der Steilvertretung und sonstiger polizeilicher
Ausgaben durch von den Fleischbeschauem
an die Ortspolizeifoehörde abzuliefernde Abzüge
von diesen Beträgen, in gleicher Weise, wie es
zurzeit bereits in Hannover üblich ist, auf-
gebracht und in bei den Provinzial verbänden zu
bildenden Fonds gesammelt werden;
4. soweit diese Fonds zur Deckung dieser
Kosten nicht ausreichen, hierfür Mittel des Staates
eingestellt werden.
Die Königliche Staatsregierung bittet das
Landesökonomiekollegium, die zur Durchführung
dieser Neuregelung der Fleischbeschaugebühren
erforderlichen Änderungen der einschlägigen
Bestimmungen baldmöglichst zu veranlassen und
auch eine gesetzliche Änderung des § 14 des
Ausführungsgesetzes zum Schlachtvieh- und
Fleischbeschaugesetz vom 28. Juni 1902 zu be-
wirken."
Geheimer Oberregierungsrat Schroetor er-
klärte hierzu, er glaube, die Übernahme der
Fleischbeschaukosten auf die Staatskasse nicht
in Aussicht stellen zu können, da es sich um
die Bereitstellung außerordentlicher Mittel handle.
Man müsse mit einem Betrag von mindestens
10—15 Millionen M. rechnen. Die Vereinheit-
lichung des Gebührenwesens sei erwünscht,
werde aber ohne eine gesetzliche Änderung
nicht zu erreichen sein.
— MaBmhmen zur rdrderuno der Vieh-
verslohening. Die 36. Plenarversammlung des
Deutschen Landwirtschaftsrats nahm nach einem
Referat von Weilandt-Berlin folgenden An-
trag an:
„1. Die 86. Plenarversammlung des Deutschen
Landwirtschaftsrats erkennt die zurzeit herr-
schenden Obelstände im Versicherungswesen an
und erblickt in der Förderung der Ortsvieh-
versichernngsvereine und Bildung von Rück-
204 —
versicherungBverbAnden die LösuDg einer exakt
arbeitenden ViehversLcherüng. Um dieses Ziel
zu erreichen, werden tdie Landwirtschaftskammern
und sonstigen Korporationen ersucht, gemeinsam
an diesem geideinnatzigen Werke mitzuarbeiten.
Als ersteiTf Schritt zu diesem Wege ' soll beim
Deutschön Landwirtschaftsrat eine ,, Zentralstelle
für das landwirtschaftliche Versicfaerungsweson^
gebildet werden, welche in erster Linie alle
weiteren Maßnahmen zur Förderung des Vieh-
versichernngswesens zu treffen bat.
2. Der Vorstand wird ermächtigt, das Reichs*
amt des In&em zu bitten, fllr die Verwaltungs-
kosten dieser Stelle einen laufenden jährlichen
Keichszuschufi zu gewähren.^
— Die Bildung eines Sdilaohtvieliversiclierunga-
Verbands wird im Eeg.-Bez Kassel durch Zu-
sammenschliefinng der lokalen Viehversicherungs-
vereine von der Landwirtschaftskammer für
Kurhessen erstrebt. 16 der größten Viehver-
sicfaerungsvereine des Regierungsbezirks haben
bereits ihren Beitritt zu dem Verband erklärt.
- IX. mternatlonaler tierärztliclier Kongreß im
Haag 1909. Das Exekuiiv-Komitee des IX. Inter-
nationalen tierärztlichen Kongresses hat unter
dem 27. Dezember 1907 ein Rundschreiben an
die Delegierten des ständigen Ausschusses er-
lassen und darin mitgeteilt,, dafi die Absicht
besteht, in dem kommenden Kongreß fünf
Sektionen zu bilden:
1. Staats Veterinärwesen, Seuchenlehre, Vete-
rinärpolizei, Vieh Versicherung;
2. Anatomie, Physiologie, pathologische Ana-
tomie und Nahrungsmittelkundc;
3. Praktische Tiermedizin, innere Medizin,
Chirurgie, Heilkunde, Geburtshilfe;
4. Tierzucht und Hygiene;
5. Tropenhygiene und -krankheiten.
Mit Bezug auf diese Mitteilungen fragt das
Komitee an, welche Fragen seitens der deutschen
Tierärzte und insbesondere der Spezialisten zur
Einschreibung auf die Tagesordnung der ge-
nannten Sektionen gewtinscht werden.
Personallen.
Gewählt: Tierarzt Ernst Haas -Altenheim
zum Schlachthofdirektor in Offenburg; Schlacht-
hofinspektor Frickinger zum 1. Schlachthof- und
Polizeitierarzt in Bochum; Tierarzt Fichtner-
Trachenberg zum Schlachthoftierarzt in Liegnitz;
Tierarzt Golsch -Breslau zum Schlachthof ver*
Walter in Pakosch (Posen); Tierarzt Schlicker-
Duisburg zum Schlachthof Inspektor in Lippstadt;
Distrikstierarzt Reimann-Berehtesgaden neben-
amtlich zum Schlachthofleiter daselbst.
Der Leiter der Kgl. Preußischen Auslaads-
fleischbeschaustelle in Stettin, Tierarzt Schill 1er
und der praktische Tierarzt Weich el ans Elsafi-
Lothringen sind als Hilfsarbeiter in die Vete-
rinärabteilnng des Kais. Gesandheitsamts ein-
getreten.
Vakanzen.
Bakteriologisches Institut der Landwirtschafto-
kammer fOr die Provinz Brandenluirg: IL Assistent.
Gehalt 1800 M. und 400 M. Wohnungsgeldzuschuß.
Bewerbungsgesuche zum 1. April sind bei dem
obigen Institut: Berlin, Kronprinzen-Ufer 5/6, ein-
zureichen.
Bremen: 4. Schlachthof tierarzt, 2400 M-
steigend alle 3 Jahre um 300 M. bis 3900 M. Be-
werbungen an den I. Tierarzt für den Schlachthof.
Duisburg-Meiderich: L Tierarzt als
Assistent des Direktors. Gehalt 3000 M. Be-
werbungen bis 10. März an die Verwaltangsstelle
Duisburg-Meiderich.
Erfurt: Schlachthoftierarzt zum 1. Mai. Ge-
halt 3400 M., steigend bis 4900 M. Bewerbungen
bis 12. März an den Magistrat.
Essen (Rnhr):
1) Schlachthoftierarzt. 2900 M., steigend alle
2 Jahre um 200 M. bis 4700 M. Gesuche an den
Oberbargermeister.
2) Obertierarzt am Schlacht- und Viehhof.
3500 M., steigend alle 2 Jahre um 2ö0 M. bis
5750 M. Bewerbungen bis 10. März an den Ober-
bargermeister.
Frankfurt a.M.: Schlachthoftierarzt, 2500 M.
Bewerbungen an die Direktion.
Giengen (Brenz): Stadttierarzt, Wartegeld
1800 M. Bewerbungen an das Stadtschult-
heißenamt.
Hamburg: Staatstierarzt, 9000 M., steigend
alle 4 Jahre um 1000 M. bis 11000 M., Berech-
tigung zu konsultativer Praxis. Bewerbungen
hoher gestellter Tierilr^te mit wissenschaftlichem
Ruf bis 10. März an die Polizeibehörde.
Harburg: Schlachthof assistenztierarzt, 2400
M., steigend alle 3 Jahre um 300 M. bis 8600 M.
Bewerbungen an den Magistrat.
Bad Kreuznach: Scblachthofassistenztier-
arzt, 2400 M. Bewerbungen an die Direktion
des Schlachthofes.
Plauen (Vogtld.) : Amtstierarzt am Schlacht-
hof^ 4200 M., steigend alle 3 Jahro um 300 M«
bis 5700 M., freie Wohnung, Licht, Heizung gegen
400 M. Gehaltsabzug. Meldungen an die Direktion.
Wehr (Baden): Tierarzt ftir Fleischbeschau,
2000 M. Meldungen an den Gemeinderat.
Verantwortlicher RedAktent («xkl. InxeratenUil): Prof. Dr. Ostertag in Berlin. — Verlajf von Richard Sehoet» lö Berlls.*
Zeitsclirift
tax
Fleisch- und Milchhygiene,
Achtzehnter Jahrgang. April 1908. Heft 7.
Original-Abhandlungen.
(Nachdruck rerboten.)
Ist die Milch von Kühen,
die lediglich auf Tuberkulin reagierten,
klinische Erscheinungen der Tuberkulose
aber nicht zeigen, schädlich?*)
Von
R. Ostertag.
Über die Frage der sanitätspolizei-
lichen Beurteilung der Milch solcher Kühe,
die lediglich auf Tuberkulin reagierten,
klinische Erscheinungen der Tuberkulose
aber nicht zeigen, ist immer noch keine
Einhelligkeit erzielt.
Die neuere Erörterung der Angelegen-
heit ist hauptsächlich durch das Ergebnis
von Untersuchungeil veranlaßt worden,
die von Martel in Verbindung mit
öuerin, außerdem von Moussu vor-
genommen worden sind. Hierzu kommen
die Versuche von de Jong, über die
er heute näheres vorgetragen hat.
Martel hat mit Guerin zwei Reihen
von Versuchen ausgeführt, eine im Jahre
1904, die zweite im Jahre 1906.
Über das Resultat der ersten Versuchs-
reihe haben Martel und Guerin in der
„Societe d'hygiene alimentaire** berichtet.
Martel und Qu6rin haben 13 Euter
von Kühen mit vorgeschrittener
Tuberkulose, von denen einige Ver-
härtung, Entzündung und zum Teil
auch Tuberkulose der zugehörigen
Lymphdrüsen zeigten, auf das Vor-
handensein von Tuberkelbazillen geprüft,,
indem sie je 2 g des Eutergewebes
verrieben und Meerschweinchen subkutan
injizierten. Fünfmal (= in38,4Proz. der
Fälle) wurden die geimpften Meer-
*) Vortrag, gehalten auf dem III. Milch-
wirtschaftlichen Kongreß im Haag.
schweinchen tuberkulös, aber viel lang-
samer als nach Verimpfung tuberkulöser
Organe. Hieraus schlössen Martel und
Guerin, daß im Eutergewebe von mit
hochgradiger Tuberkulose behafteten
Kühen zufallig, aber nicht selten, eine
geringe Menge von Tuberkelbazillen ent-
halten sein könne.
In ihrer zweiten Versuchsreihe ver-
impften Martel und Guerin je 2 g Sub-
stanz von 20 Eutern tuberkulöser Kühe,
die weder makroskopische Läsionen noch
tuberkelbazillenähnliche Bakterien im
Ausstrich erkennen ließen. Viermal (= in
20 Proz. der Fälle) waren die Ergebnisse
positiv, und Martel und Gu6rin folgeni
hieraus, daß in Fällen von vorgeschrittener
Tuberkulose ohne makroskopische Ver-
änderung des Euters und der Euter-
lymphdrüsen das Eutergewebe Tuberkel-
bazillen enthalten könne.
Ich halte meinen verehrten Freund
Martel für einen viel zu tüchtigen,
erfahrenen und gewissenhaften Arbeiter,
als daß ich das Ergebnis seiner Unter-
suchungen, das von demjenigen der Unter-
suchungen No Cards abweicht, durch die
Arbeitsmethodik zu erklären versuchen
wollte. Immerhin ist aber ein Schlacht-
hof, in dem täglich tuberkulöse Tiere
geschlachtet und Tuberkelbazillen in
Unmengen verstreut werden, kein sehr
geeigneter Ort für derartige Unter-
suchungen. Untersuchen Sie einmal die
Lokalitäten auf den Schlachthöfen und
Sie werden erstaunt sein, wo und wie oft
Sie Tb. finden. Ferner fehlen histo-
logische Untersuchungen der verimpften
— 206
Euter, und es ist deshalb kein Urteil i
darüber möglich, ob in den Fällen von aus-
gebreiteter Tuberkulose, die das Material I
zu den Untersuchungen geliefert haben, i
nicht beginnende Eutertuberkulose vor- ,
lag. Endlich aber beweisen die Versuche
nur, daß makroskopisch gesund er-
scheinende Euter Tuberkelbazillen ent-
halten können, nicht aber, daß die Milch i
lediglich reagierender Kühe virulent sein
kann. Denn in dieser Hinsicht sind die
Kühe vor der Schlachtung nicht geprüft
worden. Es hat sich vielmehr, wie
Martel undGuerin in ihren Publikationen
betont haben, um Kühe mit ausgebreiteter,
bei sorgsamer klinischer Untersuchung
wohl erkennbarer Tuberkulose gehandelt.
Deshalb scheiden die Versuche von Martel
und Gu6rin für unsere Frage als Beweis-
gegenstände aus.
Moussu hat in einer ersten, in der
„Societe de Biologie*^ am 16. April 1904 ge-
machten Mitteilung nach dem „Recueil de
medecine veterinaire" berichtet, er habe
Milch von Kühen, die in gutem Stand,
anscheinend gesund und ohne nachweis- I
bare Euterveränderungen waren, bei denen
aber Tuberkulose entweder durch Tuber-
kulin allein, oder durch die klinische
Untersuchung und den bakteriologischen ;
Nachweis (Impfung) ermittelt worden war,
verimpft. Die Milchproben wurden so
aseptisch wie möglich in sterilisierte
Flaschen gemolken, zentrifugiert und die
Bodensätze auf Meerschweinchen verimpft.
Von 57 Impfungen gaben 7 positive Er- |
gebnisse (=12 Proz.). Moussu hält es |
hiernach für logisch, jedes tuberkulöse ■
Tier, auch das nur auf Tuberkulin 1
reagierende, von der Milchgewinnung aus-
zuschließen. Ich nehme an, daß Moussu |
die Milchproben selbst entnommen hat,
daß die Probenentnahme nicht im Innem
eines Stalles geschal), in dem sich Tiere
mit oifener Tuberkulose befanden, weil
sich in der Luft solcher Ställe Tb. be-
finden, die beim Melken in die Milch
gelangen können. Aber auch, wenn ich
dies annehme, kann ich dem Schlüsse
Moussus nicht folgen, weil er nicht
lediglich die Milch reagierender Kühe,
sondern auch die Milch solcher verwandt
hat, bei denen die Tuberkulose duixh die
klinische Untersuchung festzustellen war.
Sodann ließ Moussu 5 Kälber an
4 Kühen saugen, die mindestens zweimal
auf Tuberkulin reagiert hatten, aber keine
klinischen Erscheinungen der Tuberkulose
zeigten. Die Kälber waren gleich nach
der Geburt isoliert, in einem sauberen
Stall aufgestellt und mit Milch von nicht
tuberkulösen Kühen ernährt worden. Nach
8 Tagen wurden sie mit Tuberkulin ge-
prüft und als nichtreagierend befunden.
Der Versuch dauerte 5—6 Monate. Von
den 5 Kälbern hatte eines bei der Tötung
sehr geringe Veränderungen in den Mesen-
terial-, hinteren Mediastinal- und Bron-
chialdrüsen. Bei einem zweiten wurde durch
Verimpfung der Mesenterialdrüsen Tuber-
kulose nachgewiesen. Die übrigen waren
gesund. Moussu sieht in dem Ergebnis
dieserFütterungsversuche eine Bestätigung
dafür, daß die Milch lediglich reagierender
Kühe Tuberkelbazillen enthalten kann.
Ich bedaure, dem verehrten Kollegen auch
hierin nicht folgen zu können. Moussu
hat nach Abschluß der Versuche nur drei
seiner Kühe getötet, die vierte nicht. Er
weiß also nicht, wie deren Euter beschaffen
war. Moussu gibt ferner nicht an, ob
die Kühe nicht während des Versuchs
klinisch tuberkulös wurden. Weiter ist
die Milch, die an die Kälber in den ersten
8 Tagen verfüttert wurde, nicht durch
Meerschweinchenimpfung auf Tb. geprüft
worden. Denn fehlende Tuberkulinreaktion
beweist bekanntlich nicht, daß Tiere
frei von Tuberkulose sind. In meinen
Versuchen haben selbst Kühe nicht
reagiert, die mit Eutertuberkulose be-
haftet waren.*) Sodann genügt es nicht,
die Kälber in einem sauberen Stall unter-
*) Ober gleiche Erfahrungen verfügt Professor
Happich in Dorpat nach einer milndlich mir
gemachten Mitteilung.
— 207 —
zubringen. Wenn man Kälber in einem
lediglich gesäuberten Stall unterbringt,
in dem sich vorher Tiere mit offener
Tuberkulose befanden, werden sie bekannt-
lich tuberkulös. Endlich geht aus den Ver-
suchen nicht hervor, ob alles geschehen ist,
um die zufäUige Infektion der Kälber
während des Saugenlassens zu verhüten.
Wer die verschlungenen Pfade würdigt, auf
denen eine tuberkulöse Infektion zustande
kommen kann, weiß, welche Vorsicht hier am
Platze ist und namentlich während des
Saugenlassens derKälber beobachtet werden
muß. Ich habe bei meinen Versuchen, die
Mo US SU anscheinend unbekannt geblieben
sind, alle zur Verimpfung verwandten Proben
selbst abgemolken, um die Verantwortung
jftir den Ausfall der Versuche tragen zu
können, und habe auch die Milch der
Kühe nach Desinfektion der Euter ab-
melken lassen, um sie den in einem be-
sonderen, ganz neuen Stalle unter-
gebrachten Kälbern und Schweinen als
Futter zu geben.
Des weiteren hat Moussu Unter-
suchungen über die Eutertuberkulose an-
gestellt und die auch in Deutschland durch
die Fleischbeschau ermittelte Tatsache be-
stätigt, daß Tuberkulose der Euterlymph-
drüsen bestehen kann, ohne daß das Euter
selbst tuberkulös verändert ist. Moussu
glaubt sich dieses so erklären zu müssen,
daß die Tuberkelbazillen, die mit dem Blut-
strom in das Euter gelangen, mit der Milch
ausgeschieden werden, während sie sich in
den zugehörigen Lymphdrüsen festsetzen.
Aus den Immunisierungsversuchen mit
menschlichen Tuberkelbazillen geht zwar
hervor, daß diese das Euter verlassen
können, ohne tuberkulöse Veränderungen
zu erzeugen, ebenso wie sie, was zuerst
Lignieres gezeigt hat, in den Lymph-
drüsen monatelang liegen bleiben können,
ohne diese sichtbar zu verändern. Darin
liegt, wie ich schon an anderer Stelle
ausgeführt habe, ein großes Bedenken
gegen die Anwendung der Schutzimpfung
mit lebenden menschliclien Tuberkelbazillen
bei älteren weiblichen Tieren, Färsen und
Kühen. Der Bindertuberkulosebazillus
erzeugt dort, wo er hinkommt, spezifische
Veränderungen. Versuche von mir und von
Prettner haben auch gezeigt, daß intra-
venös eingespritzte Bindertuberkelbazillen
durch das Euter nicht glatt ausgeschieden
werden. Bei säurefesten Saprophyten kann
dies, wie ich in ad hoc angestellten Ver-
suchen ermittelte, wie bei den in die Blut-
bahn von Bindern eingespritzten mensch-
lichen Tuberkelbazillen der Fall sein. Es
gibt driisige Organe, die Tuberkelbazillen
hindurchlassen. Die Nieren und Leber ge-
hören nach Untersuchungen von Biedl
und Kraus hierher. B. und K. haben
aber gezeigt, daß sich die drüsigen Organe
hinsichtlich der Ausscheidung von Bak-
terien verschieden verhalten. Während
die Nieren und die Leber Mikroorganismen
durchlassen, werden sie z. B. in den
azinösen Speicheldrüsen und im Pankreas
zurückgehalten. Das Freibleiben des
Eutergewebes von Tuberkulose bei Euter-
lymphdrüsentuberkulose erklärt sich nicht,
wie Moussu will, durch die Ausschei-
dung der Tb. aus dem Euter, sondern
durch ihr Vermögen, intaktes Gewebe
bis zu den korrespondierenden Lymph-
drüsen zu passieren, vielleicht in Leu-
kozyten, ohne Veränderungen zu hinter-
lassen, und hat sein Analogon in den
Fällen von Leberdrüsentuberkulose ohne
Erkrankung der Leber, der Fleischlymph-
drüseiituberkulose ohne Erkrankung der
Muskulatur usw., wo doch von einer Aus-
scheidung durch die Blutbahn verschleppter
Tb. keine Bede sein kann.
Zum Schlüsse noch eine Bemerkung!
Moussu hat die Ansicht ausgesprochen,
seine ersten, die Meerschweinchenimpf-
versuche, könnten deslialb anders als
die bekannten Versuche des leider viel
zu früh verstorbenen , unvergeßlichen
Nocard und auch von 6 alti er ausgefallen
sein, weil er mehr Material, den Boden-
satz von 100 bis 300 ccm Milch an Meer-
schweinchen verimpft habe. Meine Herren,
— 208 —
wir wissen aus den von mir angestellten
Versuchen, daß die Milch vonKühen mit vor-
geschrittener Eutertuberkulose erst bei
millionenfacher Verdünnung und selbst bei
beginnender Eutertuberkulose erst bei
tausendfacher Verdünnung avirulent wird.
Deshalb ist es bei einer belangreichen Tuber-
kelbazillenausscheidung ohne Bedeutung,
ob viel oder wenig Material zur Impfung
verwendet wird.
Daß die z. T. positiven Versuche
Mohlers, sowie diejenigen von Rabi-
no witsch und Kempner und die übrigen
älteren Versuche nicht im Sinne der An-
schauung verwertet werden können, daß
die Milch lediglich reagierender Kühe
Tuberkelbazillen enthalte, habe ich an
anderer Stelle vor Jahren schon ausein-
andergesetzt. Mohler und Eabinowitsch
haben die Impfproben nicht selbst ent-
nommen und in Beständen und z. T. mit
Tieren gearbeitet, die mit hochgradiger
allgemeiner Tuberkulose behaftet waren.
Es wurden sogar Tuberkelbazillen in der
Milch von Kühen, die gar nicht tuberkulös
waren, gefunden. Eine strenge Logik
könnte aus solchen Ergebnissen, die nur
durch Fehler bei der Probenentnahme zu
erklären sind, wie Po eis zutreffend be-
tont hat, folgern, daß man die Milch
sämtlicher Kühe, gleichviel ob sie tuber-
kulös sind oder nicht, als tuberkelbazillen-
haltig zu behandeln habe.
Es ist schon von mir angedeutet
worden, daß ich selbst auch Untersuchungen
über den Tuberkelbazillengehalt lediglich
reagierender Kühe angestellt habe. Ich
habe die Milch von 49 Kühen auf Tb.
geprüft, die lediglich eine Tuberkulin-
reaktion gezeigt hatten. Keines der mit
Rahmbodensatzgemengederzentrifugierten
Milch geimpften Meerschweinchen ist tuber-
kulös geworden. Die Mischmilch des Be-
standes machte bei 14maliger Prüfung
einmal ein Meerschweinchen, das geimpft
worden war, tuberkulös, während die Ver-
ftitterung der gleichen Probe ein negatives
Ergebnis hatte. Nachdem ich festgestellt
habe, daß bei Kühen mit offener Lungen-
tuberkulose die verschluckten Tuberkel-
bazillen auf das Euter gelangen können,
muß ich annehmen, daß es sich bei der
Mischmilchprobe, die in der gewöhnlichen
Weise ermolken worden ist, um eine solche
Verunreinigung gehandelt hat.
Weiter habe ich die Milch von 18
lediglich reagierenden Kühen ohne Erfolg
auf Meerschweinchen übergeimpft und die
Milch von 10 dieser Kühe 5 Monate hin-
durch an Meei^schweinchen, 4 Monate lang
an 20 Ferkel und 8—11 Wochen lang an
10 Kälber verfuttert, ohne daß auchnur eines
dieser Tiere tuberkulös geworden wäre.
Diese Tiere waren, wie schon erwähnt,
in einem neuen, noch nie zu Versuchen
benutzt gewesenen Stall untergebracht.
Auf Grund dieser Untersuchungen
glaubte ich die Sätze aufstellen zu dürfen:
1. daß die Milch lediglich reagierender
Kühe Tuberkelbazillen nicht enthält,
2. daß die Ausmerzung der eutertuber-
kulösen und der klinisch erkennbaren
tuberkulösen Tiere als die wichtigste
Maßnahme zur Verhütung der Tuber-
kuloseübertragung auf den Menschen
zu bezeichnen sei.
Diesem Votum hat sich die Sachverstän-
digen-Kommission, der ich meine im amt-
lichenAuftragausgefuhrtenUntersuchungen
vorzutragen hatte, angeschlossen.
Außer mir haben völlig negative Re-
sultate bei der Verimpfung der Milch
lediglich reagierender Kühe erhalten:
0. Müller in 9 Fällen,
Ascher in 7 Fällen und
Stenström in 50 Fällen.
Stenström hebt hervor, sämtliche
von ihm zu den Versuchen benützten
Kühe hätten auf Tuberkulin reagiert,
mehrere auch klinische Erscheinungen und
bei der Obduktion ziemlich hochgradige
Veränderungen der Tuberkulose gezeigt.
Von den mit der Milch dieser Tiere
geimpften Versuchstieren ist kein ein-
ziges an Tuberkulose erkrankt. Sten-
ström hat die Milch von den Kühen in
209 —
richtiger Würdigung der Möglichkeit einer
Verunreinigung der Müchproben durch in
der Stallluft enthaltene Tb. außerhalb
des Stalles unter Beachtung möglichst
aseptischer Maßnahmen gewonnen. Endlich
haben die beiden bekannten amerika-
nischen Autoren Schroeder und Cotton,
die im gleichen Dienste sich befinden wie
Mo hl er, Milch von 11 Kühen, von denen
9 an generalisierter Tuberkulose, 2 an
ausgebreiteter Tuberkulose der Brust-
organe litten, an 224 Meerschweinchen
verimpft und hierdurch nur 4 Stück =
1,78 Proz. tuberkulös gemacht. Von
132 Meerschweinchen und 19 Schweinen,
die die Milch als Futter erhielten, wurde
nur 1 Meerschweinchen = 0,76 Proz. tuber-
kulös, das 357 Tage lang mit der
Milch einer Kuh gefuttert worden war.
Schroeder und Cotton, die selbst die
Milch der an generalisierter Tuberkulose
leidenden Kühe fast immer frei von Tb.
fanden — im Gegensatz zu Mo hl er,
Rabinowitsch, Moussu u. a., wie sie
hervorheben — , erklären diese Versuchs-
differenzen durch die Möglichkeit, daß
die Bazillen durch Luftstaub, Streu,
Fouragepartikel, Hautabschuppungen der
Kühe oder die Hände der Melker in in-
fizierten Stallungen in die Milch gelangen
können. Deshalb sind auch die negativen
Ergebnisse der Versuche höher zu be-
werten als die positiven, wenn nicht die
genannten Fehlerquellen mit absoluter
Sicherheit ausgeschlossen werden können.
Die Versuche von Schroeder und
Cotton sprechen gewiß nicht zugunsten
der Versuchsergebnisse von Martel und
Guerin sowie von Moussu und de Jong,
sondern sind eine direkte Unterstützung
der meinigen, gleichwie die Versuche von
Müller und Ascher und die älteren
Versuche von zweien unserer größten
Forscher, Bang und Nocard, die die
Milch von 103 Kühen, die mit klinisch
erkennbarer allgemeiner Tuberkulose be-
haftet waren, auf das Vorhandensein von
Tuberkelbazillen untersucht haben und
ihr Vorhandensein nur in 9 Fällen fest-
stellen konnten. In den 9 Fällen handelte
es sich 6mal um Eutertuberkulose, Imal um
die Milch einer Kuh, die an Tuberkulose
zugrunde gegangen war, und in den
beiden anderen Fällen um Tiere, die
hochgradig tuberkulös waren.
Endlich darf ich noch drei Tat-
sachen anführen, die allesamt dafür
sprechen, daß die Milch der lediglich
reagierenden Kühe Tuberkelbazillen nicht
enthält, die Untersuchungen über das
Vorkommen von Tuberkelbazillen in der
Marktbutter, die Feststellungen über das
Auftreten der Schweinetuberkulose und das
Ergebnis der periodischen Untersuchungen
von Mischmilch aus Beständen, in denen die
Tuberkulose durch Ausmerzung der offen-
tuberkulösen Tiere zu tilgen versucht wird.
Frau Dr. Rabinowitsch hat 80 Butter-
proben, die aus den verschiedensten
Butterhandlungen bezogen waren (30 Pro-
ben wurden in Berlin, 50 in Philadelphia
untersucht), auf das Vorhandensein von
Tuberkelbazillen geprüft und in keinem
einzigen Falle solche nachweisen können.
In einer zweiten Versuchsreihe untersuchte
Frau Dr. Rabinowitsch 15 Butterproben
aus 14 verschiedenen Geschäften in Berlin
und vermochte nur in zwei Proben, die
aus einer und derselben Quelle — einer
großen Meierei — stammten, Tuberkel-
bazillen festzustellen. Die weitere Unter-
suchung von Butterproben aus der gleichen
Quelle ergab das regelmäßige Vorhanden-
sein von Tuberkelbazillen in ihnen.
Dieses grundverschiedene Verhalten der
Butterproben aus einem großen milch-
wirtschaftlichen Betrieb einerseits und
anderen Butterverkaufsstellen anderseits
spricht dafür, daß in der Milch der ledig-
lich reagierenden Kühe Tuberkelbazillen
nicht enthalten sind. Denn die Reaktions-
tuberkulose ist bei den Milchkühen größerer
Bestände gleichmäßig verbreitet und be-
ziffert sich auf 75 bis 90 Proz. Würde
mit der Reaktionstuberkulose eine Aus-
scheidung von Tuberkelbazillen mit der
— 210 —
Milch einhergehen, so könnte kein Unter-
schied in dem Tnberkelbazillengehalt der
Butter aus verschiedenen Bezugsquellen
bestehen. Da ein solcher Unterschied, und
zwar in auffälligster Weise, feststeht, so muß
dies auf einem anderen Grunde beruhen.
In meiner ersten Publikation über den
Tuberkelbazillengehalt der Milch lediglich
reagierender Kühe habe ich schon darauf
hingewiesen, daß das verschiedene Ver-
halten der Milchprodukte aus verschiedenen
Bezugsquellen hinsichtlich desV orkommens
von Tuberkelbazillen nur durch die Euter-
tuberkulose erklärt werden kann. Das
Eutersekret von Kühen, die mit Tuber-
kulose des Euters behaftet sind, ist außer-
ordentlich reich an Tuberkelbazillen.
Wenn solches Sekret, das im Anfang den
Eindruck völlig normaler Milch machen
kann, mit der 1000— 1 000 000 fachen
Menge Milch gesunder Kühe vermischt
wird, erzeugt es trotzdem noch bei Meer-
schweinchen nach der Einspritzung in
die Bauchhöhle oder unter die Haut
Tuberkulose. Nun findet sich die Euter-
tuberkulose bei etwa 0,5 Proz. aller
Kühe. Deshalb ist in kleinen Betrieben,
in denen die Milch weniger Kühe zur
Verarbeitung kommt, die Möglichkeit,
daß sich unter der gesamten Milch solche
von eutertuberkulösen Kühen nicht be-
findet, viel größer als in Betrieben, in
denen die Milch von mehreren hundert
und selbst tausend Kühen täglich ver-
mengt und verarbeitet wird. In sehr
großen Betrieben muß sich bei dem an-
gegebenen Prozentsatz des Vorkommens
eutertuberkulöser Kühe unter der zur
Verarbeitung gelangenden Milch stets
solche befinden, die von eutertuberkulösen
Kühen herrührt.
Ähnlich wie mit den Tuberkelbazillen-
funden in der Marktbutter verhält es sich
mit der Verbreitung der Schweinetuber-
kulose. Die Schweine, die von kleinen
Besitzern mit der Milch ihrer eigenen
Kühe gemästet werden, sind nur zu etwa
^2 — 4 Proz. tuberkulös, diejenigen da-
gegen, die rohe Mischmagennilch aus
großen Meiereien erhalten, weit häufiger,
selbst bis zu 60 und 70 Proz. Auch hier
kann es nur die Milch eutertuberkulöser
Kühe mit ihrem enormen Bazillengehalt
sein, die die Mischmilch von Hunderten
von Kühen regelmäßig infektiös macht.
Würde schon die Reaktionstuberkulose
die Ausscheidung einer tuberkelbazillen-
haltigen Milch bedingen, so müßten bei
der ziemlich gleichmäßigen Verbreitung
der Reaktionstuberkulose unter den Kühen
auch die mit Milch gefutterten Schweine
gleichmäßig mit Tuberkulose behaftet
sein, unabhängig von der Größe der Be-
triebe, aus denen die zur Ernährung der
Schweine verwendete Milch stammt.
Wie die Entfernung der eutertuber-
kulösen Kühe auf die Häufigkeit der
Schweinetuberkulose wirkt, hat jüngst der
Schlachthofdirektor Stier in Wesel an
einem instruktiven Beispiel gezeigt. In
einer großen Molkerei wurden 40 Proz.
aller geschlachteten Schweine tuberkulös
befunden. Da der Vorschlag, die Mager-
milch zu sterilisieren, nicht durchfährbar
war, wurden die Bestände klinisch unter-
sucht und hierbei sechs Kühe mit Euter-
tuberkulose ermittelt. Nach Ausmerzung
dieser Kühe ist die Häufigkeit der Tuber-
kulose bei den Schweinen auf das normale
Verhältnis, nämlich auf 4 Proz., gesunken.
0. Müller hat nahezu 1600 Proben
des Gesamtgemelkes von Kuhbeständen
der ostpreußischen Herdbuchgesellschaft
auf Tuberkelbazillen geprüft und solche
nur in einem kleinen Teil der Proben
gefunden. Fand Müller Tb. in einer
Gesamtmilchprobe, so konnte er auch
nahezu regelmäßig eine oder mehrere mit
Eutertuberkulose behaftete Kühe in dem
Bestand feststellen. In den wenigen
Fällen, in denen sich eutertuberkulöse
Kühe nicht nachweisen ließen, war das
Vorhandensein der Tb. in der Milch
ungezwungen durch eine Verunreinigung
von außen durch Tiere mit offener Lungen-,
Darm- oder Gebärmuttertuberkulose zu er-
— 211 —
klären, die sich in dem Bestände be-
fanden.
Ganz genau ebenso waren die Ergeb-
nisse von Sammelmilchpräfungen, die in
Berlin, Kiel, Stettin und Halle durch
die Leiter der Bakteriologischen Institute
der Landwirtschaftskammem ausgeführt
worden sind.
Meine Herren ! Ich glaube, Ihnen auf
Grund dieser wissenschaftlichen Fest-
stellungen und epidemiologischen Tat-r
Sachen über die Ausscheidung von Tb. mit
der Milch dieselbe Resolution vorschlagen
zu müssen, die von der bereits erwähnten
Sachverständigenkommission angenommen
worden ist,
daß die Ausmerzung der eutertuber-
kulösen und der übrigen klinisch
erkennbaren tuberkulösen Tiere als
die wichtigste Maßnahme zur Ver-
hütung der Tuberkuloseübertragung
durch die Milch zu bezeichnen ist.
Zur Kenntnis der Zersetzungsvorgänge an
Fleisch bei höheren Temperaturen.
Von
Dr. Willy Pfeiler-Berlin,
Aulstenten am Hygienischen Institut der Tierärztlichen
Hochschule.
Im Juliheft 1907 dieser Zeitschrift hat
Ostertag (1) ein von der Technischen
Deputation für das Veterinärwesen er-
stattetes Gutachten veröffentlicht, das von
Interesse für die Beurteilung der Zer-
setzungsvorgänge ist, die beim Wildfleisch
auftreten, wenn das Kadaver einige Zeit
nach dem Schusse gelegen hat.
Aus den im Gutachten angeführten
Bekundungen der Zeugen ging folgendes
hervor:
Pas Fleisch stammte von einem Hirsch, der
in der Nacht vom 12. zum 13. Juli 1899 gegen
7(2 Uhr angeschossen und morgens um V4^ Uhr
tot aufgefunden worden war. Das Kadaver
wurde auf einen Wagen geladen und nach einem
etwa 20 Minuten entfernt liegenden Waschhause
gefahren. Hier erst wurde der Hirsch aufge-
brochen. Nach einer oder anderthalb Stunden
wurde er, offenbar noch nicht völlig ausgekühlt,
verladen, mit nassen Säcken bedeckt (!) und
nach S. transportiert, wo er am Nachmittage zer-
legt wurde. Das Fleisch machte einen frischen
Eindruck, Erscheinungen der Fäulnis oder
Gärung, insbesondere ein tlbler Geruch waren
bei der Zerlegung nicht wahrzunehmen. Ein Teil
des Fleisches (61 Pfund) wurde noch am selben
Tage, in einen Korb verpackt, versandt. Das
Fleisch zeigte, als der Korb am 14. Juli mittags
geöffnet wurde, ein „wäßrig-granes Aussehen,
war schwammartig aufgetrieben. Die Keule er-
schien doppelt so groß als in gutem Zustande.
Beim Einstechen ließ das Fleisch Gase hoch-
steigen". Wegen dieser Beschaffenheit wurde
die Annahme der Fleischsendung verweigert.
Daraufhin entspann sich ein Prozeß zwischen
dem Absender in S. und dem Empfänger in N.,
der die Frage zum Gegenstand hatte, ob „die
Ursache des Verderbens des Hirschfleisches, wie
solche bei der Ankunft in N. festgestellt wurde,
schon vor oder bei der Absendung In S. vor-
handen war^.
In dem von der Technischen Deputation
erstatteten Gutachten wurde es als erwiesen
angesehen, daß die Ursache des Ver-
derbens schon vor der Absendung in S.
vorhanden war. Die dem Gutachten bei-
gegebene Begründung führte aus,
„daß sich eine Zersetzung, wie sie an dem
streitigen Fleische festgestellt wurde, nur dann
entwickelt, wenn das Fleisch von Tieren stammt,
die unaufgebrochen, das heißt im Zusammen-
hang mit dem Darmkanale, kürzere oder längere
Zeit gelegen haben. Hierbei können die im
Darmkanal vorhandenen Fäulniserregcr in das
Fleisch eindringen und unter besonderen Um-
ständen in verhältnismäßig kurzer Zeit faulige
Zersetzungen nicht nur der oberflächlichen,
sondern auch der tieferen Fleischschichten unter
starker Gasentwicklung hervorrufen. '^
Als Unterlage für den in diesem Gut-
achten ausgesprochenen Standpunkt, der
auch von Ostertag (2) in seinem Hand-
buche der Fleischbeschau vertreten wird,
könnten zwei Reihen von Untersuchungen
über das Auftreten von Zersetzungs-
erscheinungen an Fleisch dienen, die ich
im Auftrage des damaligen Leiters des
Hygienischen Institutes, Herrn Geheimrats
Ostertag, ausführte. Dieselben hatten
zum Zweck, festzustellen, welche groben
Unterschiede in den Zersetzungsvorgängen
sich an Fleisch beobachten lassen, das
von geschlachtt^ten und gut ausgebluteten
— 212
oder von gestorbenen Tieren stammt und
bei höheren Temperaturen aufbewahrt
wird. Verwandt wurden aus den Vorder-
oder Hintervierteln entnommene Fleisch-
stücke, die nicht über 500 Gramm wogen.
Dieselben stammten von einem gestorbenen
(Pf. I) und einem moribund geschlachteten
Pferde (Pf. II), von einem gestorbenen
Rinde (R. I) und einem verendeten Schaf
(Seh.). Die Eingeweide waren bei diesen
Tieren etwa drei Stunden nach dem
Tode entfernt worden. Als Kontrollen
dienten zwei Fleischstücke von Rindern
(R. II und R. in), die auf dem Berliner
Schlachthofe gewerbsmäßig geschlachtet
worden waren. Die für die Versuche be-
nutzten Viertel hingen zwei und drei
Tage, ehe die Feststellungen begannen,
in einem Räume, dessen Temperatur 10^ C
nicht überstieg. Zersetzungserscheinungen
wurden bei dieser Art der Aufbewahrung
nicht beobachtet.
Für die Aufnahme der Fleischstücke
dienten offene Glasschalen, auf deren
Boden je drei etwa 3 cm hohe und 2 cm
breite Holzleisten gelegt waren. Auf
diese wurde das Fleisch gepackt, um der
Luft von allen Seiten den Zutritt zu ge-
statten. Diese Anordnung war nötig,
da sich in einem Vorversuch gezeigt
hatte, daß direkt auf dem Boden der
Gefäße liegendes Fleisch, auch wenn es
von gut ausgebluteten Tieren stammte,
bei 370 C wegen der durch diese Lage-
rung geschaffenen anaeroben Verhältnisse
in kurzer Zeit in Fäulnis überging. Die
so beschickten Schalen wurden in einen
auf 37^ C eingestellten Brutraum gebracht.
Diese Temperatur wurde absichtlich ge-
wählt, um die zu beobachtenden Reaktionen
schnell und kräftig auftreten zu lassen.
Vor Beginn der Versuche waren das Ge-
wicht der einzelnen Fleischstücke, ihre
Reaktion, die Konsistenz, der Geruch
und das Aussehen geprüft und aufge-
zeichnet worden. Alle Stü cke reagierten in
den Versuchen zu Anfang sauer, auffällige
Unterschiede im Aussehen und der Be-
schaffenheit waren an dem Fleisch der ge-
storbenen und geschlachteten Tiere nicht
wahrzunehmen. Während der Versuche
selbst wurden die Fleischstücke auf ihre
Reaktion an der Oberfläche und in der
Tiefe, auf Veränderungen im Aussehen,
in der Konsistenz und dem Gewicht,
sowie auf die Absonderung von Flüssig-
keit, das Auftreten von Gerüchen, auf
grobsinnlich durch Form- und Konsistenz-
yeränderung wahmehmbare Gasbildung
und mittelst Bleiazetatpapier auf Schwefel-
wasserstoffbildung geprüft. Die Fest-
stellungen wurden eine Stunde nach Be-
ginn der Versuche und dann in Zwischen-
räumen von je zwei Stunden dreimal
wiederholt. Tabellarisch sind die hierbei
gemachten Veränderungen in bezug auf
Reaktion, Gewicht und Schwefelwasser-
stoffbildung eingetragen; die übrigen Fest-
stellungen folgen den entsprechenden
Tabellen.
Sämtliche Fleischstücke zeigten nach
einem einstündigen Aufenthalt im Brut-
raume eine Dunkelung an der Oberfläche,
das Schaffleisch sah anfangs dunkelrot,
später gebräunt aus. Die Stücke Pf. I,
Versuch I.*) .
Zeit der
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H^S , , .
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a = alkalisch, am = amphoter reagierend.
— 213 —
Kontrollen.
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500
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—
—
—
-
—
—
—
—
—
—
Pf. n, E. I und Seh. nahmen weiterhin
auf der Oberfläche ein schmierig grau-
grünes oder graurotes, stellenweise glasig
gequollenes Aussehen an. Sie hatten
einen unangenehmen, fauligen (Schwefel-
wasserstoff) oder widerlich süßlichen oder
muffigen oder leicht stechenden Geruch
nach Ammoniak. An dem von den ge-
storbenen Tieren herrührenden Material
zeigte sich nach Ablauf von 3—5 Stunden
eine beträchtlicheUmfangs Vermehrung,
während die KontroUstücke eher in ihrer
Masse etwas ab- als zugenommen hatten.
Die Schnittfläche der Stücke Pf. I, R. I
und Seh. hatte ein gedunkeltes oder grau-
rotes schwammiges Aussehen und wölbte
sich vor. Das intermuskuläre Bindege-
webe war verbreitert, trübe oder glasig
durchscheinend, stark durchfeuchtet. Beim
Einschneiden entwichen übelrieehendeGase
aus dem Innern. Nach mehrstündigem
Aufenthalt im Brutraume hatte sieh aus den
Fleischstücken Pf. I, Pf. II und R. I mehr
oder weniger Flüssigkeit abgesondert, die
sich auf dem Boden der Gefäße als trübe,
bräunlieh- oder graurote Ansammlung
zeigte. Bei der letzten Besichtigung war
die Konsistenz der nicht ausgebluteten
Stücke im Gegensatz zu den Stücken
R. n und R. ni, die gleichmäßig fest
blieben, weicher, mürber, das Fleisch
nahm Fingereindrücke an und ließ sich
leicht durchbohren; man hatte das Gefühl,
als wenn im Innern mit Luft gefüllte
Hohlräume vorhanden wären. Dement-
sprechend schienen diese Stücke beim
abschätzenden Wägen mit der Hand leichter
wie die der ausgebluteten Tiere.
Versuch II.
Für den zweiten Versuch wurde die-
selbe Anordnung befolgt wie für I. Die
Fleisehstüeke entstammten denselben
Vorder- und Hintervierteln. Die Unter-
suchung fand einen Tag später statt, die
Feststellungen erfolgten in dreistündigen
Zwischenräumen viermal am ersten und
am Morgen des zweiten Tages um 8 Uhr.
Zeit der
Prüfung
«Hierfläclj.-
Heaktton
Tiefen-
liejiktioii
Oewiebt ,
Bildung V.
H,S . . .
Pf. 1
9 |12~ TT"6T8
I
B —
S I —
48O475'4riO'450
Pf. II
9 I tS I 3 I 6 i S
I I
— e
360l480480;4f^5
420 400
Zeit der
R. I
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9 12, 3 6
8
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Obedlndi.-
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Oi^ wicht .
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440,4:35 400
365
ÖOÜ 495:480
460 445
Bildimg V.
1
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H^Ä . . .
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Kontrollen.
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Reaktion
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8
Gewicht .
500 500
470
460 460
500:495 490
470
450
Bildung V.
'
1 1
1
HaS . . .
—
—
—
— —
—
— —
-
—
Der Ausfall der Prüfung war im
wesentlichen derselbe wie in Versuch I.
Die Reaktionen verliefen in ungefähr der
gleichen Intensität wie vordem. Ab-
weichend war nur das Bild bei der fünften,
am Morgen des zweiten Tages erfolgenden
Untersuchung. Die Stücke Pf. I, Pf. 11,
ß. I und Seh. waren vollkommen zersetzt.
Die Gewichtsabnahme war dem langen
Aufenthalt im Brutraum entsprechend eine
stärkere. Vor allem war aber die be-
— 214 —
deutende Umfangsvermehrung auffallend.
Die Fleischstücke hingen über den Rand
der Schalen hinaus, so stark waren sie
aufgetrieben. Die Kontrollen (R. 11 und
R. III) dagegen zeigten nur eine geringe
Umfangsvermehrung, in R. n machte sich
leichte Gasbildung und eine schmutzig
grünlichrote Verfärbung bemerkbar.
Aus den objektiven Feststellungen
in Versuch I und 11 geht hervor, daß das
Fleisch krepierter und gewerbsmäßig ge-
schlachteter, gut ausgebluteter Tiere, in
etwa pfundgroßen Stücken bei 37^ C
aufbewahrt, sich in bezug auf seine Ober-
flächen- und Tiefenreaktion nicht wesent-
lich voneinander unterscheidet. Es kann
bei faulenden Objekten saure (Misch-
prozesse), amphotere (Laken und saft-
reiche Gegenstände) und alkalische Re-
aktion vorherrschen (Ostertag). Mit
dem Fortschreiten des Fäulnisprozesses
scheint an der Oberfläche die alkalische
Reaktion zuzunehmen, während in der
Tiefe die Reaktion sauer bleiben oder
wieder alkalisch werden kann.
Die Gewichtsabnahme infolge von
Flüssigkeitsverlust und Bildung von Gasen
ist bei Fleisch von nicht ausgebluteten
Tieren bei der gewählten Versuchs-
anordnung eine beträchtliche. Sie kann
bei Stücken von ungefähr 500 Gramm
100 und mehr Gramm betragen, beläuft
sich aber meist nur auf ungefähr 15 Proz.,
während sie bei Fleisch von ausgebluteten
Tieren 10 Proz. nicht zu überschreiten
scheint.
Schwefelwasserstolfbildung ist durch
die chemische Reaktion nur in einem
Falle, und zwar bei Schaffleisch, nach-
gewiesen worden.
Außer diesen objektiven Feststellungen
ließ sich eine Reihe anderer Erscheinungen
beobachten. Das Fleisch krepierter Tiere
bekommt, längere Zeit bei 37 ^ C auf-
bewahrt, eher ein unappetitliches, schmie-
riges Aussehen als das ausgebluteter
Tiere. Mit dieser Veränderung des Aus-
sehens geht parallel eine nicht unbeträcht-
liche Umfangsvermehrung bei Fleisch
gestorbener und nicht frühzeitig von den
Eingeweiden befreiter Tiere. Im Innern
solchen Fleisches tritt infolge bakterieller
Umsetzungsprozesse eine Gasentwicklung
unter gleichzeitigem Austritt von Flüssig-
keit ein, die das Fleisch leichter maclk
und ihm eine mürbe, schwammige Kon-
sistenz verleiht. Hinsichtlich der bak-
teriologischen Befunde sei hier nur so
viel erwähnt, daß in dem Fleisch der
gestorbenen und unausgeweidet liegen
gelassenen Tiere regelmäßig Bakterien
vom Typus der Ödembazillen gefunden
wurden, deren Zahl bei der Aufbewahrung
im Brutofen gewaltig zunahm.
Literatur.
1. Ostertag, R., Zur Kenntnis der Zer-
setzungsvorgänge bei Wild, das einige Zeit
unausgeweidet gelegen hat. Zeitschr. f. Fleisch-
u. Milchhyg., 17. Jahrg., 10. H., 1907, S. 333—336.
2. Ostertag, R., Handbuch der Fleisch-
beschau. 4. Aufl., Stuttgart 1902, S. 772.
Gutachten über ein Rehkalb im Sinne der
Jagdordnung nebst Schema.
Von
K. Borchmann-Berlin,
Pollseltlerarxt.
Mit 8 Abbildungen.*}
Schema:
Am 19 . . wurde mir der
Unterkiefer eines durch den Polizei-Wiicht-
meister Nr. . . . am
19 . . beschlagnahmten, von dem
in an den
Verkauf svermittler i
Wildhändler 1 ^° ß®^""^»
gesandten Rehes mit dem Er-
suchen vorgelegt, ein Gutachten darüber abzu-
geben, ob daraus mit Sicherheit geschlossen
werden könne, daß das beschlagnahmte Tier ein
Rehkalb sei.
*) Die Photographien sind mit gütiger Erlaubnis
des Direktors des Museums für Katurkunde in
Berlin, Herrn Professors Dr. Brauer, im Zoolo-
gischen Museum hergestellt worden. Bei der
Auswahl der Stücke hat mich in liebenswürdiger
Weise der Kustos der Säugetier-Sammlung, Herr
Professor Matsch ie, unterstützt. Die Ab-
bildungen 1—6 sind in natürlicher Größe, 7 und
8 etwa im Verhältnis von 14:15 roproJuÄiert.'
— 215 —
Untersuchungsbefund.
In dem als Beweismittel hier aufbewahrten
Reh-Unterkiefer sind vier Paar Schneidezähne
und auf jeder Seite Backenzähne vor-
handen. Der und Backenzahn
fehlt ganz, der ist im Durchbruch
begriffen.
Von den Schneidezähnen sind das
Paar Milchzähne, das und Paar
ist I ^^^^<^hB®l^> ^^ ist im Wechsel
begriffen. Die beiden mittleren Milchschneide-
Zähne (erstes Paar) sind als solche zu erkennen
an der nach der äußeren (lateralen) Seite spitz-
bogig geschweiften Form der Zahnkrone, femer
an dem im Verhältnis zum Zahnhals auffallend
breiten vorderen Rand der Beißiläche sowie
außerdem an dem eine einzige Mulde bildenden
hinteren Teile dieser Beißfläche, in der eine
nur sehr schwach hervortretende Leiste an-
gedeutet ist. Von den übrigen Schneide-
zähnen kennzeichnen sich die des und
Paares durch ihre feine und spitze,
stiftförmige Gestalt als Milchzähne. Die ersten
drei Backenzähne sind Milchzähne. Namentlich
der dritte ist an seiner langgestreckten drei-
teiligen Form deutlich als Milchzahn zu erkennen.
Auf Grund dieses Befundes erstatte ich mein
Giitachten, wie folgt:
Wäre das beschlagnahmte Reh kein Kalb
im Sinne der Jagdordnung, also bereits im Vor-
jahre, d. h. 19 . ., gesetzt, so müßten, da der Zahn-
wechsel des Rehes durchschnittlich mit 15 Monaten
abgeschlossen zu sein pflegt, achtErsatz-Schneide-
zähne und jederseits sechs Backenzähne vor-
handen sein; es wäre mithin das bleibende
Gebiß vollendet. Dies ist bei dem vorliegenden
Unterkiefer jedoch nicht der Fall. Das fragliche
Stück ist vielmehr der Zahnbildung nach ungefähr
Monate alt, muß also unbedingt im
Jahre 19 . . gesetzt sein. Das beschlagnahmte
Reh ist somit zweifellos ein Reh kalb.
Berlin, den 19 . .
Polizeitierarzt.
Anlage.
AusfOhiiicbe Begründung nebst allgemeinen Er-
läuterungen zur Informierung des Geiicbts.*)
Eehkälber dürfen gemäß § 39 6 der
Jagdordnung vom 15. Juli 1907 nur vom
*) Anmerkung 1: Die ausführlichen £r-
läutemngen sind aus allgemein wissenschaft-
lichen Granden absichtlich etwas eingehender,
etwa nach Art eines Obergutachtens gehalten.
Zwecks ausschließlicher Abgabe eines einfachen
gerichtlichen Gutachtens ist natürlich eine
entsprechende Kürzung angezeigt. Der Verfasser.
1. November bis einscliließlich 31. De-
zember geschossen werden, mithin unter-
liegen alle in der Zwischenzeit, das heißt
in der Schonzeit erlegten Rehkälber nach
§ 78, Absatz 3 der Einziehung.
Vom 1. Januar bis 1. bzw. 15. Mai*)
einschließlich erübrigt es sich, ein Rehkalb
als solches nachzuweisen, da zu dieser Zeit
Rehe gemäß §39 5, 6 überhaupt nicht gejagt
werden dürfen; es genügt vielmehr ge-
gebenenfalls lediglich der Nachweis, daß
es sich an und für sich um ein Reh
handelt. Dagegen hat die Polizeibehörde
bei Beschlagnahmen in der Zeit, wo Reh-
kälber schonpflichtig sind, das heißt vom
2. bzw. 16. Mai bis 31. Oktober bzw.
31. Dezember,**) jedesmal den einwand-
freien Nachweis zu erbringen, daß nicht
ein erwachsenes Reh, sondern ein Reh-
kalb vorliegt.
Praktisch kommt bei der polizeilichen
Wildkontrolle hierfür in der Regel außer
dem Monat September und Oktober
namentlich der November und Dezember
in Betracht. Vor September erlegte Reh-
kälber werden nur sehr selten im fielen
Verkehr angetroffen. Tatsächlich sind
im August bereits Beanstandungen solcher
vorgekommen. Zu dieser Zeit kann man,
falls das betreffende Tier sich in der
Decke befindet, in der Regel schon ohne
weiteres an dem gefleckten Jugendkleid
erkennen, daß es sich um ein Rehkalb
handelt. Hat jedoch das Rehkalb
bereits das Jugendkleid gewechselt und
das einfarbige Winterkleid angelegt, dann
müssen, da die erwachsenen Rehe das
gleiche Haarkleid tragen, zu seiner Er-
kennung andere Merkmale herangezogen
werden.
*) Anmerkung 2: In einzelnen Bezirken hört
die Schonzeit far Rehböcke statt am 15. Mai
gemäß § 40, Absatz 2a der JagdordnuDg schon
am 1. Mai auf. Der Verfasser.
**) Anmerkung 3: Die Bezirksausschüsse
haben gemäß § 40, Absatz 2 c die Befugnis, für
Rehkälber die Schonzeit zu verlängern oder auf
das ganze Jahr auszudehnen und machen hiervon
vielfach Gebrauch. Der Verfasser.
— 216 —
Als Kalb gilt das Jungwild beim
Elch-, Bot-, Dam- und Eehwild gemäß
§ 39 Abs. 3 der Jagdordnung „bis ein-
schließlich zum letzten Tage des auf die
Geburt folgenden Februars".
Eehe werden in Deutschland durch-
schnittlich Anfang Mai gesetzt. Die Setz-
zeit fallt indes im südwestlichen Deutsch-
land etwas früher, im nordöstlichen etwas
später. Allein diese Verfrühungen oder
Verspätungen sind für die praktische
Handhabung der Jagdordnung belanglos.
Das ßeh hört demnach ungefähr nach
Ablauf von 10 Monaten auf, ein „Kalb
im Sinne der Jagdordnung" zu sein.
Bezüglich der Erkennung eines Eeh-
kalbes ist folgendes zu bemerken. Aus
dem Gewicht eines Rehes lassen sich
keine sicheren Rückschlüsse auf das Alter
ziehen, und zwar deshalb, weil das Ge-
wicht erfahrungsgemäß oft sehr erheb-
lichen Schwankungen unterliegt, je nach-
dem das betreffende Tier unter mehr oder
weniger günstigen klimatischen und Er-
nährungsverhältnissen aufgewachsen ist
oder früher oder später gesetzt wurde.
So sind beispielsweise nicht selten früh
gesetzte stark entwickelte Kitzböcke
(Kälber) stärker an Wildbret, als „ge-
ringe" Spießböcke vom vorhergehenden
Jahre. Folglich können Rehe auf das
gegebenenfalls ermittelte geringe Gewicht
hin allein niemals ohne weiteres als
Kälber angesprochen werden.
Auch die Geweihbildung bietet er-
fahrungsgemäß keine zuverlässige Hand-
habe hierfür. Es ist längst nachgewiesen(l)
und durch die neuere Wildmarken-
forschung (2) bestätigt, daß die Entwick-
lung der einzelnen Geweihstufen durch-
aus nicht immer an ein bestimmtes
Lebensalter gebunden ist. Zum Beispiel
gibt es Rehböcke, die im zweiten Jahr
kaum eine Andeutung von Rosenstöcken
haben, und solche, die schon im November
des ersten Lebensjahres auf sehr starken,
bis 2,5 cm langen Rosenstöcken die ersten
Knöpfe abgeworfen haben. Dadurch können
die betreffenden Kälber das Ansehen von
Spießern erhalten, d. h. von Rehen, die
im Sinne der Jagdordnung ausgewachsen
sind. Demzufolge ist die mehr oder
weniger weit vorgeschrittene Geweih-
bildung kein sicheres Alterskennzeichen.
Der bei den meisten Beschlagnahmen
männlicher Rehkälber gewöhnlich erhobene
Einwand, daß das fragliche Tier deutlich
Spieße aufgesetzt habe, ist somit völlig
belanglos.
Als einzig sicheres Merkmal bezüglich
der Erkennung eines Rehkalbes kommt
nach der wissenschaftlichen und prak-
tischen Erfahrung die Altersbestimmung
des Wildes auf Grund der Zahnbildung
im Unterkiefer in Frage. Bis IV2 J*^
läßt sich das Alter eines Rehes mit
Sicherheit feststellen. Maßgebend hierbei
sind die mehr oder weniger charakteristi-
schen Unterschiede in der Form und Zahl
der Zähne vor und nach dem Zahnwechsel.
Die Zahnformen des Oberkiefers bieten
nicht ganz so scharf ausgeprägte Unter-
scheidungsmerkmale und eignen sich da-
her nicht so gut zur schnellen Alters-
bestimmung, weshalb in nachfolgendem
nur das Unterkiefergebiß Berücksichtigung
finden soll.
Das Auftreten und der Wechsel der
einzelnen Zähne ist im allgemeinen an
ein bestimmtes Lebensalter gebunden und
tritt nur, je nach der früher oder später
erfolgten Geburt, etwas früher oder später
im Kalenderjahr in Erscheinung. Die da-
durch bedingten zeitlichen Verschiebungen
sind jedoch, wie schon erwähnt, nicht
erheblich, so daß sie für die praktische
Altersbestimmung nicht in die Wagschale
fallen.
Im ersten Lebensmonat werden in dem
Unterkiefer eines Rehes vierPaarSchneide-
zähne und jederseits drei Backenzähne vor-
gefunden. Alle sind Milchzähne, d. h. sie
fallen nach einer gewissen Zeit aus und
werden durch bleibende, unter jenen
hervorwachsende Zähne („Ersatzzähne",
„Dauerzähne") ersetzt.
— 217 —
In den nachstehenden Abbildungen
sind die Milchzähne mit arabischen, die
Ersatzzähne mit römischen Ziffern be-
zeichnet; die paarigen Schneidezähne
werden von der Mitte des ünterkiefer-
körpers nach außen, die Backenzähne von
vom nach hinten gezählt.
Die einzelnen Milchzähne und Ersatz-
zähne sind durch Größe und Form von-
einander mehr oder weniger auffallend
verschieden.
Der erste und namentlich der zweite
Milch-Backenzahn sind von ihren Ersatz-
Fig, L
Ftg, 2,
Der erste(mittlere) Milch-Schneide-
zahn (Fig. 1) hat folgende Merkmale: Die
Zahnkrone ist nach der äußeren (lateralen)
Seite auffallend spitzbogig ausgezogen;
der vordere Band der Beißfläche ist viel
breiter als der Zahnhals; die Beißfläche
selbst (hintere oder Zungenfläche) bildet
eine einzige Mulde, die eine nur sehr
schwach hervortretende Leiste enthält.
Der erste Ersatz - Schneidezahn
(Fig. 2 und 3) ist erheblich größer,
seine Krone entweder gar nicht oder
nur unerheblich nach außen geschweift
Fig. 3.
End9 September des
ersten Jahres, Linkes
Mi Ich' Schneidezahn-
gebiß
Dexember des ersten
Jahres. Im Wechsel
begriffenes linkes
Sehneidexahngebiß
Dexember des xweiten
Jahres. lAnkes Ersatz-
Sehneidegebiß
vofn Unterkiefer des Rehes.
Zähnen nicht ganz leicht zu unterscheiden;
der erstere ist indes erheblich kleiner als
sein Ersatzzahn, während sich der zweite
Milch-Backenzahn vor seinem Ersatzzahn
außerdem noch durch die schärfer aus-
geprägten Höcker und Ränder auszeichnet
(Fig. 7 und 8).
Die drei äußeren Milch-Schneidezahn-
paare, die zweiten bis vierten, lassen sich
schon etwas leichter von ihren Ersatz-
zähnen unterscheiden. Sie sind kürzer,
stiftförmig und spitzer, also feiner, ihre
Ersatzzähne kräftiger, d. h. länger,
breiter, gerader und dicker (Fig. 1 — 3).
Der erste (mittlere) Milch-Schneide-
zahn und besonders der dritte Milch-
Backenzahn lassen sich am leichtesten
von ihren Ersatzzähnen unterscheiden.
und hat einen ziemlich geraden vorderen
Beißflächenrand. Bei nicht abgekauten
Ersatzzähnen hebt sich eine scharf hervor-
tretende höhere Längsleiste ab, durch
die die Beißfläche in zwei Mulden
geteilt wird, in eine schmalere, tiefere
(laterale) und in eine breitere, flachere
(mediale) Mulde.
Der am meisten charakteristisch ge-
formte dritte Milch-Backenzahn
(Fig. 4 und 7) läßt sich am leichtesten
von seinem Ersatzzahn unterscheiden.
Er hat eine langgestreckte Form und zeigt
drei deutlich abgegrenzte, hintereinander
gelegene Teile, von denen jeder einen
Höcker und eine Wurzel besitzt. Der
Zahn ist also drei höckerig und drei-
wurzelig. Seine ursprünglich scharfkantige
— 218 —
und namentlich am inneren (lingualen)
Band spitzhöckerige Eaufläche kaut sich
allmählich ab und wird flacher, ohne indes
die charakteristische dreiteilige Form zu
Fig. 4,
Fig. 5,
Junger, noch nickt ab-
gekauter
AUer,
stark abgekauter
Fig. 6.
dreiteiliger 3. unterer Milch-
Backenxahn des Rehes.
verlieren (Fig. 5). Der dritte Ersatz-
Backenzahn ist dagegen nur zwei-
teilig, zweihöckerig und zweiwurzelig
(Fig! 6).
Der erste (mittlere) Milch-Schneide-
zahn unterscheidet sich meistens, der
dritte Milch-Backen-
zahn dagegen stets von
seinem Ersatzzahn so
deutlich, daß ersterer
in der Regel, letzterer
in jedem Falle auch
von einem Laien,
der sich beide Formen
(die Milchzähne und
Ersatzzähne) einmal
auf ihren Unterschied
hin betrachtet hat, von
seinem Ersatzzahn mit
absoluter Sicherheit zu unterscheiden ist.
Der Wechsel der Schneidezähne be-
ginnt mit dem ersten (mittelsten) Paar
im 6. bis 7. Lebensmonat, d. h. Ende
Oktober bis Ende November.
Das zweite Schneidezahnpaar wird im
9. bis 10. Lebensmonat, also im Januar
oder Februar, ausnahmsweise schon im
Dezember des Geburtsjahres, also im
8. Lebensmonat, das dritte im IL bis
///. unterer Ersatx-
Backenxahn des
Rehes.
12. Lebensmonat, im März bis April, und
das vierte (äußerste) Paar im 12. bis
13. Lebensmonat, mithin im April bis
Mai des auf die Geburt folgenden Jahres
gewechselt (Fig. 3 und 8).
Die Entwicklung der Backenzähne
geschieht in folgender Weise:
Ungefähr im Alter von 5 bis 6 Mo-
naten, etwa Ende September bis Oktober,
bekommt das Eeh die vierten (Fig. 7) und im
6. bis 7. Lebensmonat, also Oktober bis
November, die flnftcn Backenzähne, unge-
fähr zur selben Zeit, wo das erste (mit-
telste) Ersatz-Schneidezahnpaar auftritt.
Der vierte und fünfte Backenzahn sind
beide zweiteilig. Bald nach dem Wechsel
des vierten (äußersten) Schneidezahn-
paares werden gewöhnlich vom 14. Lebens-
monat ab, also etwa im Juni des auf
die Geburt folgenden Jahres, die drei Milch-
Backenzähne durch bleibende ersetzt.
Ungefähr gleichzeitig, zuweilen noch
etwas später, erscheint der sechste
Backenzahn, der ein bleibender und
ähnlich wie der dritte Milch-Backenzahn
dreiteilig und dreihöckerig ist.
Hiermit ist das bleibende Gebiß des
Rehes vollendet (Fig. 8).
Aus obigem geht daher folgendes
hervor:
Findet man in der in Frage kommenden
Zeit, also vom September bis gegebenen-
falls Ende Dezember, den dritten Backen-
zahn dreiteilig vor und höchstens
5 Backenzähne, so ist das betreffende Beh
zweifellos als ein Kalb anzusprechen,
gleichviel, welches Gewicht oder Geweih
es hat. Denn es müßte sonst, falls es
sich um ein erwachsenes vorjähriges Tier
handeln würde, bereits seit dem Juni
oder Juli desselben Jahres mit dem zwei-
teiligen Ersatz - Backenzahn ausgestattet
sein. Außerdem müßten sich im letzteren
Falle der sechste Backenzahn sowie alle
acht Ersatz -Schneidezähne vorfinden.
Obwohl im August, wie oben ausge-
führt, wegen des zu dieser Zeit noch vor-
— 219
Fig. 7.
Linker Unterkiefer des Rehes mit dreiteiligem 3, Milck-Baekenxaknf Ende September des 1, Lebensjahres.
Fig. 8.
Linker Unterkiefer des Be^es piit x weiteiligem JJI^ Er satx- Backenzahn; Dezember des 2, J^bensjahres,
— 220
handenen gefleckten Jugendkleides die
Verwechslung eines Rehkalbes mit einem
erwachsenen Bock kaum in Frage kommt,
will ich noch erwähnen, daß in seltenen
Fällen der dritte drei teilige Milch-Backen-
zahn noch im August des zweiten Jahres,
bisweilen sogar noch später,
vorhanden sein kann. In diesem
Fall ist er indes ganz flach
abgekaut (Fig. 5) und sitzt mit
schwachen Wurzelresten nur noch
lose dem bereits vorhandenen
Ersatzzahn auf, während er in
demselben Monat des 1. Le-
bensjahres, also bei einem vier
Monate alten Kalbe, scharf-
kantige, hervorstehende Höcker
und volle kräftige Wurzeln hat.
Hierzu kommen außerdem noch
die übrigen Merkmale, der sechste
Backenzahn und die vollzähligen
Ersatz-Schneidezähne. •
Literatur.
(1) Schaff, E., Jagdtierkunde. Berlin 1907.
u. a. m.
(2) Matschie, P., Die Ergebnisse der Wild-
markenforschung auf der Geweihausstellung 1908.
Monatsheft d. Allgem. Deutsch. Jagdschutz-Ver-
eins usw., 13. Jg., Nr. 5, 1908, S. 93-102, dgl.
Wild u. Hund, 14. Jg., Nr. 11, 1908, dgl. St.
Hubertus, 26. Jg., 1908, dgl. Deutsche Jäger-
zeitung, Bd. 50, Nr. 49. 1908.
Abmagerung eines Schweines infolge
Echinokolclceninvasion.
Von
Bolle-Düsseldorf.
sUdt Obertierarat.
Auf dem hiesigen Schlachthof wurde
ein Schwein geschlachtet, das zu Leb-
Fig. L
Fig. 2.
Leber (fes in Fig- ^ abgebildeten Schtceines.
Schwein mit starker Echinokokkeninvasion der Leber,
Zeiten durch starke Abmagerung auffiel.
Die Domfortsätze der Rückenwirbel
und die Rippen waren deutlich durch
die Schwarte zu sehen; auffallend war
femer der umfangreiche Bauch (Fig. 1).
Das Tier wog lebend 90 kg. Nach
dem Schlachten fand sich
eine Leber von folgenden
Dimensionen: Breite 85 cm,
Höhe 65 cm, Dicke 25 cm.
Gewicht 35,5 kg. Das
Organ war vollständig mit
Echinokokken durchsetzt
(Fig. 2). Das Tier zeigte
keine Spur von Fettgewebe,
die Muskulatur war serös
durchtränkt. Deshalb wurde
der Tierkörper für un-
tauglich erklärt und ver-
nichtet.
Während gewöhnlich die
Tiere auf Echinokokken-
invasion gar nicht reagieren,
ist im vorliegende?! Fall
phne Zweifel die Echino»
221 —
kokkenleber die Ursache der hoch-
gradigen Abmagerung gewesen, da sich
sonst keine pathologischen Veränderungen
bei dem Tiere vorfanden.
Referate.
Kahn, F. und Böller, M., Gelatina
sterllisata.
(Therap. UonaUhefte 1907, Nr. 4.\
Infolge von Gelatineinjektionen, traten
nach Literaturangaben 35 Fälle von
Tetanus auf. Verfasser mahnen deshalb
zur Vorsicht bei der Herstellung der
Gelatine, damit Eeimfreiheit und das
Fehlen von Tetanussporen garantiert
werden. Zu empfehlen ist, die Gelatine
nur aus ganz gesunden Schlacht-
tieren und unter ganz besonderer asep-
tischer Vorsicht herzustellen.*) w.
Zipkin, B.y Über Biesenzellen mit rand-
ständigen Kernen in Sarkomen.
(Virehowf Archiv Bd. 186, 8. 240— S68.)
Ausfährliche Beschreibung zweier Fälle
von Sarkomen mit zahlreichen Riesen-
zellen, die im ersten Falle ausschließlich
randständige Kerne (Langhansscher
Typus), im zweiten z. T. randständige,
z. T. zentral gelegene Kerne aufwiesen.
St.
Forgeoty Orlgine de l'anthracose
pulmonalre.
(Journ. de möd. T6t. 1906, S. 739.)
An der Hand der einschlägigen Literatur
prüft Verf. die Streitfrage, ob als Ein-
gangspforte fftr die Lungenanthrakose die
Atmungsorgane oder der Darmkanal an-
zusehen sind, und kommt zu dem Schluß,
daß die Anthrakose nur durch Inhalation
entsteht. ä.
H. Adler-Karlsbad (Berlin), Znr Frage
Ober den Gehalt an Extraktivstoffen
des dunklen und welSen Fleisches.
(Berl. Klin. Wochenschrift 1906, Nr. 8.)
Aus neuen von ihm angestellten Unter-
suchungen schließt Verfasser folgendes:
*) Zur Bereitung chirurgisch zu verwendender
Gelatine wäre hinsichtlich der Keimfreiheit das
beste Material, worauf ich schon früher hin-
gewiesen habe, das Fleisch von FOten.
Oster tag.
1. Genußfertiges Fleisch vom Rind und Kalb
zeigt Differenzen, die eine Scheidung in dunkle
und weiße Sorten rechtfertigen.
2. Das Kochen begünstigt beim weißen
Fleische die Entziehung der stickstoffhaltigen
Extraktivstoffe mehr als das Braten.
8. Durch die neugewonnene Erkenntnis er-
halt der Erfahrungssatz von der relativen
Schädlichkeit des dunklen gegenüber dem weißen
Fleische eine Stütze.
4. Unter Voraussetzung des schädigenden
Einflusses der Extraktivstoffe, ist in der Kranken-
emährung auf den Unterschied zwischen weißem
und dunklem Fleische wenigstens bei gewissen
Krankheiten (Gicht, Nephritis) Rücksicht zu
nehmen. W.
K. E. TTagner-Kiew^ Zar Frage der
eosinophilen Leukozytose bei Echino-
kokkus der innem Organe.
(Zentralbl. f. innere Medistn 1908, Nr. 6.)
Bei einem Soldaten, der mit Leber-
nnd Lnngenechinokokken behaftet war,
zeigte sich eine ganz ungewöhnliche
Eosinophilie: durchschnittlich ca. 50 Proz.
bei ca. 12 000 Leukozyten, während die
neutrophilen Leukozyten stark vermindert
waren (ca. 30 Prozent). Die Eosinophilie
kann besonders bei Tumoren und andern
Erkrankungen derLebervon diagnostischer
Wichtigkeit sein ; sie zeigt sich aber erst
dann, wenn infolge von Kontinuitäts-
trennungder Blasenwand toxische Stoffe
ins Blut gelangen. w,
Uffenheimer A., Wie schfltzt sich der
tierische Organismus gegen das Ein-
dringen von Keimen vom Magendarm-
kanal ans?
(Manch. Med Woehenschr. 1907, Nr. 20.)
Wenn das Alexin des Kaninchen-
körpers durch die Injektion von Ziegen-
erythrozyten absorbiert ist, so findet
regelmäßig ein Übertritt der per so oder
per klysma einverleibten Mikroorganismen
ins Blut und in die inneren Organe statt,
was normal beim erwachsenen Kaninchen
222 —
nicht der Fall ist. Es entscheidet demnach
nach Uffen heimer der Gehalt an Alexin im
Serum eines Individuums in letzter In-
stanz darüber, ob Bakterien aus dem
Magendarmkanal in die Blutbahn über-
treten und sich hier zu halten vermögen.
Si.
Shitayama, G«, Über Pathogenität des
Mäusetyphasbazillus fflr Mensehen.
(Mfinchn. Med. Wocbenschr. 1907, Nr. ?0, 8. 970—980.)
Shitayama berichtet über 5 teils ver-
einzelt, teils als Massenerkrankungen auf-
getretene Infektionen durch den Mäuse-
typhusbazillus, bei denen 4 Menschen und
1 Pferd der Erkrankung erlegen sind.
Unvorsichtigkeit im Umgänge mit den als
Mäusegift ausgeteilten Kulturen gab die
Gelegenheit zur Infektion. st,
Bertarelli, Übertragung der Manl- nnd
Klaaenseaehe anf den Mensehen and
Wiederimpfung der menschlichen Krank-
heit anf die Binder.
(Zentralbl. f. Bakt. 45. Bd., 1907, L Originale, H. 7, 8 «28.)
Schon früher wurde die spontane und
experimentelle Übertragung der Aphthen-
seuche von fiind auf Mensch von mehreren
Autoren festgestellt. Verf. beobachtete
bei einem 18 jährigen und einem 8 jährigen
Patienten, die mit maul- und klauen-
seuchenkranken Bindern in Berührung
gekommen waren, neben Allgemein-
erscheinungen Aphthen an der Zunge
und an der Lippen- und Backenschleimhaut,
deren Eückübertragung auf Kälber leicht
gelang. p,
Galtier, Dangers inh^rents k la con-
sommation des viandes provenant d'anl-
maax tnbercnlenx. Nontoxicit6 des
viandes, des laits et des lesions steri-
lis^es par la coisson. Traitement de
la taberealose par la steryehnine.
(Journ. de indd. vfet. 1907, 8. 705/12.)
Galtier stellte durch zahlreiche Ver-
suche fest, daß die rohe Muskulatur
tuberkulöser Tiere bei der Aufnahme
durch den Verdwungstraktu« nur in
seltenen Fällen und in diesen seltenen
Fällen stets nur schwach virulent war.
Galtier glaubt, daß es genüge, Tiere
mit starker Abmagerung oder tuberku-
lösen Veränderungen der Muskeln und
Knochen zu beschlagnahmen, und schlägt
vor, die in Frankreich noch bestehende
strenge Beurteilung des Fleisches tuber-
kulöser Tiere zu mildern. Galtier er-
wähnt endlich noch von ihm ausgeführte
Versuche, wonach durch die Einverleibung
von Arsenik, Jodkalium und Strychnin die
Widerstandsfähigkeit des Organismus ge-
stärkt die Generalisation der Tuberkulose
verhindert, die Entwicklung der Krank-
heit verzögert, ja, daß eine Vernarbung
tuberkulöser Veränderungen herbeigeführt
werde. B.
Fainschmidt, J., Beitrag znr Klinik der
Vergiftungen mit Fleischgift.
(Cbarkowaki med. Jovrrn.; Ref. in Ärztl. Sachveratftndigen-
Zeitang 1908, Nr. 0, B. 198.)
Durch den Genuß von Bindfleisch, das
mit dem Bazillus enteritidis Gärtner infi-
ziert war, erkrankten 8 Personen; 2 davon
starben. Verfasser äußert den Wunsch,
es möchten unsere Kenntnisse in bezug
auf die Verbreitung dieser Erreger in
der Natur sich erweiteni, damit die in
Betracht kommenden Krankheiten der
Schlachttiere sowie die bakteriologische
Methodik der Fleischuntersuchung ein-
gehend bearbeitet würden. w,
Liefmann, H., Fleischvergiftung nnd
Widalsche Reaktion.
(Miinchn. Mediz. Wochenschrift, Heft 4, 28. L 1908.)
In H. erkrankten anfangs August 50
Soldaten und 12 Insassen eines Ver-
sorgungsstiftes unter Erscheinungen, die
zuerst als Influenza gedeutet wurden. Es
stellte sich aber bald heraus, daß es sich um
eine Hackfleischvergiftung handelte,
hervorgerufen durch den Bacillus enteri-
tidis Gärtner. Auffallend war es, daß
Typhusbazillen durch das Serum der Er-
krankten durchweg stärker agglutiniert
wur^epi als die aus deu y^c^S isolierten
— 223 —
Gärtnerstämme. Ein Paratyphus-Bazillns
Serum (Titer 15 000) agglutinierte die
Gärtnerstämme nur bis 1 : 1000, Typhus-
bazillen bis 1 : 500. Verfasser untersuchte
weiterhin die Beeinflussung der isolierten
Gärtnerstämme durch Serum von Menschen,
die an Typhus erkrankt waren, und fand,
daß von den 60 Fällen, in denen der
Widal positiv war, die Gärtnerstämme in
25 Fällen agglutiniert wurden. Durch
Absättigungsversuche mit Gärtnerbazillen
konnten die Agglutinine für diese aus dem
Typhusserum entfernt werden, während
die Typhusbazillen auch nachher noch be-
einflußt wurden. Das Hackfleisch stammte
aus einer Metzgerei, in der ein Metzger-
geselle leichte Krankheitserscheinungen
gezeigt hatte; aus seinen Faeces wurden
Gärtnerbazillen isoliert. Ein anderer
Metzgergeselle, der nicht krank gewesen
war, hatte ebenfalls Gärtnerbazillen in
den Faeces. Es handelte sich also nach L.
um eine nachträgliche Verunreinigung des
Hackfleisches mit Gärtnerbazillen, die von
den beiden Metzgergesellen stammten.
Pappe, Die gerlehtsärztlicheBearteilnng
der ^^Konserylerang^^ von Nahrangs-
und GenoBmitteln Yermittelst der Bor-
säare.
(Äntl. SacbversUndigen-Zeltung 1907, Nr. 16.)
Im Anschluß an ein zu Eingang des
Artikels abgedrucktes Obergutachten der
wissenschaftlichen Deputation für das
Medizinalwesen, das sich unter Ab-
lehnung des Standpunktes der bekannten
Borsäureverteidiger Liebreich und
Gerlach gegen die Verwendung der
Borsäure als Zusatz zu menschlichen
Nahrungsmitteln ausspricht, teilt Professor
Puppe -Königsberg Versuche mit, die er
an vier Hunden vornahm, um festzustellen,
ob ein Hund durch längere Zeit fort-
gesetzte Fütterung mit Borsäuremengen,
wie sie sich in mit Borsäure konservierten
Nahrungsmitteln fanden (IV2 Proz.) ge-
tötet werden kann, Diese Frage ist nach
dem Ergebnis von Pupp es Versuchen zu
bejahen.
Unter den klinischen Erscheinungen
bei den Versuchstieren war die starke
Abmagerung besonders bemerkenswert;
die Darmstörungen standen weniger im
Vordergrund des Krankheitsbildes, obwohl
sich anatomisch in allen vier Fällen ein
mit Nekrose und Darmblutungen einher-
gehender Darmkatarrh nachweisen ließ.
Demnach charakterisiert sich die Bor-
säure vorwiegend als ein Stoffwechselgift.
Gr,
Berberich, F. M., Kondensierte Milch.
(Molkerei-Zeitung Hildeiheim 1908. Nr. S8, 8. 180.)
Verfasser bespricht die Herstellung
kondensierter Milch in den Vereinigten
Staaten von Nordamerika. Die bekannteste
Sorte ist die gezuckerte oder gesüßte
Kondensmilch. Zu ihrer Herstellung
wird Milch bei ziemlich hoher Temperatur,
meist bei 85 bis 95 ^ C, pasteurisiert. In
der heißen ungekühlten Milch wird feinster
Saffinadezucker aufgelöst und zwar im
Verhältnis von etwa 16 Pfund Zucker auf
50 1 Milch. Dann wird im Vakuumapparat
abgezogen, bis ein Vakuum von etwa
600 mm erreicht ist und hierauf so
weit eingedampft, bis das Gewicht un-
gefähr 40% der angewandten frischen
Milch beträgt. Nunmehr wird die Milch
in Blechkannen abgefüllt und in kaltem
Wasser auf 40 ^ C gekühlt. Die so her-
gestellte Milch hält sich sehr lange, eine
Sterilisation ist nicht nötig.
Eine andere Sorte ist die un ge-
zuckerte kondensierte Milch, die in
derselben Weise hergestellt wird wie die
gezuckerte, nur findet ein Zuckerzusatz
nicht statt. Nach dem Eindampfen wird
sie möglichst rasch in Büchsen von Vs
bis 41/2 1 Inhalt gefüllt, mit der Maschine
verschlossen oder verlötet und bei ziem-
lich hoher Temperatur sterilisiert. Der
schnelleren , gleichmäßigeren Erhitzung
wegen findet die Sterilisation in Apparaten
statt, in denen die Büchsen durch eine
1
— 224 —
geeignete Vorrichtung in steter Bewegung
gehalten werden. Dadurch soll eine Ab-
tötung der Bakterien und ein Dicker-
werden der Milch herbeigeführt werden,
so daß ein Aufrahmen nicht mehr statt-
finden kann und die Ware ein rabm.^'
ähnliches Aussehen erhält^ Nach der
Sterilisation kommen die Büchsen in den
Schüttelapparat und werden 2—4 Wochen
bei Bruttemperatur aufbewahrt, um dann
auf ihre Sterilität geprüft zu werden.
Erst hierauf werden sie in Kisten ver-
packt und in den Verkehr gebracht.
Als dritte Sorte kommt die konden-
sierte Rohmilch in Betracht, bei deren
Herstellung Milch auf ungefähr 72^ C
pasteurisiert und dann im Vakuum auf
ungefähr 25 bis 30 ^/q abgedampft wird.
Nach der Konzentration wird sie schnell
und möglichst tiefgekühlt. Infolgedessen
ist sie wie frische Milch sehr leicht dem
Verderben ausgesetzt und muß rasch ver-
braucht werden. Sie wird meist för
Restaurants, Schokoladenfabriken, Bäcke-
reien hergestellt und dient auch zur Be-
reitung von „Tee-Cream". [Wenn diese
bei 72^ kondensierte Milch mit Konser-
vierungsmitteln, etwa mit Borsäure ver-
setzt wiirde, so wäre ihre Haltbarkeit
ebenso groß wie die der beiden erst-
genannten Sorten! D. R.] m.
Rechtsprechung.
— Ausübung privater Tfttlgkeit durch einen
Sclilacbtliofinspelctor ohne Erlaubnis seiner vorge-
setzten Behörde.
EntscheiduDg des Kgl. Preußischen Ober-
verwal tungsgeri ch ts.
In der Klagesache des Schlachthofinspektors
T. in A., der wider die Genehmigung des
Magistrats private Tätigkeit bei einer Versiche-
rungsgesellschaft ausgeübt hatte, gegen den
Regierungspräsidenten in A. erachtete das Ober-
verwaltungsgericht die gegen T. wegen Aus-
übung privater Tätigkeit verhängte Ordnungs-
strafe für gerechtfertigt und wies die gegen den
Regierungspräsidenten erhobene Klage als un-
begründet zurück.
— Naohtrlglich auf Flaschen gefDIite Milch Ist
keine Kinder- und Knrmilch.
Kammergerichtsentscheidung.
Der Milchhändler K. in X. wurde zur straf-
rechtlichen Verantwortung gezogen, weil er ent-
gegen der für B. erlassenen Polizeiverordnnng,
wonach Kur- und Kindermilch nur in weiß oder
halbweiß gefärbten Flaschen befördert und in
den Verkehr gebracht werden darf, Milch in
Kannen aus einer Milchkuranstalt in F. bezogen
und erst in seinem Laden auf Flaschen gefüllt
hat. Das Landgericht verurteilte als Berufungs-
instanz den Angeklagten, da der Zweck der an-
gezogenen Polizeiverordnung vereitelt werde,
wenn man das Überfüllen von Kur- und Kinder-
milch aus Blechkannen in Flaschen gestatte.
Die gegen das Urteil des Landgerichts vom An-
geklagten eingelegte Revision ist vom L Strafsenat
des Kammergerichts zurückgewiesen worden.
Amtliches.
— Deutsches Reich. Bekanntmachung des Reichs-
kanzlers, hetr. Änderung der AusfOhningsbestimmun-
gen D nebst Aniagen a, h, c und d zum Schiacht-
vieh- und Flelschbesehaugesetze, vcm 22. Februar 1908.
Die Bekanntmachung, deren Wortlaut in
Nr. 10 des laufenden Jahrgangs des Zentral-
blattes für das Deutsche Reich abgedruckt ist,
enthält folgende, die tierärztliche Untersuchung
berührende Änderungen, die durch Kursivschrift
hervorgehoben sind.
AusfQhrungsbestimmungen D.
Untersuchung und gesundheitspcllzeillche Be-
handlung des In das Zoiliniand eingehenden Fleisches.
§ 3.
(2) Hierher gehört insbesondere das durch
Pökelung, wozu auch starke Salzung zu rechnen
ist, oder durch hohe Hitzgrade (Kochen, Braten,
Dämpfen, Schmoren) behandelte Fleisch. AU
genügend starke Pökelung (Salxung) ist nur eine
solche Behandlung anzusehen, nach der das Fleisch
auch in den innersten Schichten mindestens ßProxent
Kochsalz enthält; auf Speck findet diese Bestimmung
insofern Anwendung, als der angegd>ene Mindest-
gehalt an Kochsalx nur in den etwa eingelagerten
schwachen Muskelfleischsekiehten enthalten sein muß,
§ 5.
(3)
b) Formaldehyd und solche Stoffe, die bei
ihrer Verwendung Formaldehyd abgeben})
% 12.
(3) Bei Sendungen von zubereitetem Fleische
kann die Untersuchung auf Stichproben beschränkt
werden, und zwar bei Fett und Därmen die ge-
1) In § 5 sind außerdem unter Nr. 3 h die
Worte „wnrf xum Färben von WursthüUen'* ge-
strichen worden.
— 225 —
samte Prüfung, bei sonstigem Fleische die
Prüfung auf
a) Behandlung mit verbotenen Stoffen (i 5
Nr. 3 und g 14 Abs. 1 unter b),
b) Mindestgewicht (§ 7 Abs. 1 und g 14
Abs. 1 unter ej,
cj Durchpokelung oder sonstige genügende
Zubereitung fg 3 Abs. 1, 2 und g 14
Abs. 1 unter d).
Die Beschränkung d^r Untersuchung auf Stich-
proben ist jedoch nur in so weit zulässig, als die
Sendung nach Inhalt der Begleitpapiere (Rech-
nungen, Frachtbriefe, Konossemente, Ladescheine
u. dgl.) eine bestimmte gleichartige, aus der-
selben Fabrikation stammende Ware enthält, die
auch äußerlich nach der Art 4er Verpackung
oder Kennzeichnung (vgl. Anlage e. unter D) als
gleichartig angesehen werden kann. Die Aus-
wahl der Stichproben erfolgt nach den Be-
stimmungen im § 14 Abs.d, 4 und § 15 Abs. 5.
(4) Führt die Untersuchung bei einer Stichprobe
XU einer Beanstandung, so hat die Beschaustelle
die Untersuchung xu unterbrechen und den Ver-
fügungsberechtigten sofort unter Angabe des Be-
anstandungsgrundes XU benachrichtigen. Binnen
einer eintägigen Frist nach der Benachrichtigung
kann der Verfügungsberechtigte die Sendung , insoweit
nicht eine unschädliche Beseitigung (g 19 Abs. 1
unter I) oder eine Zurückweisung (g 19 Abs. 1 unter
II und g 21) erforderlich wird, vor der weiteren
Untersuchung freiwillig xurückxiehen (tgl. jedoch
§ 25 Abs. 3). Erfolgt die Zurückziehung nicht, so
sind xunäehst sämtliche nach g 14 Abs. 3, 4 und
g 15 Abs. 5 entnommenen Stichproben auf den
Beanstandungsgrund weiter xu untersuchen. Sofern
nicht diese Untersuchung wegen Beanstandung aüer
Stichproben nach g 19 Abs, 1 unter 11 A oder g 21
Abs. 3 die Zurückweisung der ganzen Sendung
xur Folge hat, ist der Verfügungsberechtigte xunäehst
unederum von dem Ergebnisse der Untersuchung
%u benachrichtigen. Binnen einer xwdtägigen Frist
nach dieser Benachrichtigung steht ihm erneut das
Becht xu, den nicht beanstandeten Rest der Sendung
freiwillig xurückxuxiehen. Macht er auch von dieser
Befugnis keinen Gebrauch, so ist die Untersuchung
auf den Beanstandungsgrund bei Därmen und Fetten
an der Gesamtheit der Packstücke, im übrigen aber
an jedem einxelnen Fleischstücke des Restes der
Sendung auszuführen. Die chemische Unter-
suchung ist jedoch in diesem Falle — abgesehen von
Fetten — in der Weise fortxusetxen, daß aus allen
noch xu untersuchenden Packstücken oder als solche
xu behandelnden Sendungsteilen Proben nach g 14
Abs, 4 entnommen werden. Mit den nach diesem
Absatx erforderlichen Benachrichtigungen ist ein
Hinweis auf die dem Verfügungsberechtigten xu-
stehenden Befugnisse und auf die sonstigen ai4s
den Beanstandungen sich ergebenden Folgen, ins-
besondere auf die bei Ausdehnung der Stichproben-
Untersuchung eintretenden Gebührenerhöhungen xu
verbinden.
§ 14.
(2) Bei der gemäß Abs. 1 unter b vorzu-
nehmenden Prüfung hat auch eine chemische
Untersuchun g stattzufinden :
a) zur Feststellung, ob dem Verbot im
§ 5 Nr. 2 zuwider Pferdefleisch unter
falscher Bezeichnung einzuführen ver-
sucht wird, wenn der Verdacht eines
solchen Versuchs besteht und die
biologische Untersuchung (Anlage a § 16)
nicht xu einem entscheidenden Ergebnisse
führt '^
b) zur Feststellung, ob das Fleisch mit
einem der im § 5 Nr. 3 aufgeführten
Stoffe behandelt worden ist; bei
Schinken in Postsendungen bis xu3 Stück,
bei anderen Postsendungen im Gewichte
bis xu 2 kg, bei Speck und bei Därmen
sowie bei Sendungen, die nachweislich
als Umxugsgut von Ansiedlem und
Arbeitern eingeführt werden, jedoch nur,
wenn der Verdacht einer solchen Be-
handlung besteht.
(3) Liegen die Voraussetzungen des § 12
Abs. 3 für eine Beschränkung der Untersuchung
auf Stichproben vor, so hat sich die dort er-
wähnte Prüfung bei Sendungen, die aus 1 oder
2 Packstücken bestehen, auf jedes Packstück,
bei Sendungen von 8 bis 10 Packstücken auf
mindestens 2 Packstücke, bei größeren Sendun-
gen auf mindestens den 10. Teil der Packstücke
zu erstrecken. Besteht die Sendung aus unver-
paMen Schinken oder sonstigen Fleischstücken, so
sind bis xu 20 Stück a^s ein Packstück xu rechnen.
Aus den hiernach auszuwählenden Packstücken
oder als solche xu behandelnden Sendungsteilen ist
xum Zwecke der Untersuchung — mit Ausnahme
der im Abs. 4 geregelten chemischen Untersuchung
nach Abs. 2 unter b — mindestens der 10. Teil
des Inhalts, bei eigentlichen Packsiücken aus ver-
schiedenen Lagen, zu entnehmen. Auf weniger
als 2 Fleischstücke aus jedem einzelnen Pack-
stück oder ali solches xu behandelnden Sendungs-
teile darf die Untersuchung nicht beschränkt
werden.
{4} Zu der nach Abs. 2 unter b erforderlichen
regelmäßigen, chemischen UrUerstAchung sind aus
jedem der nach Abs. 3 ausgewählten Packsiüeke
oder als solche xu behandelnden Sendungsieile min-
destens eine Mischprobe und, wenn ein Packstück
mehr als 30 Fleischstücke enthält, mindestens
2 Mischproben aus möglichst vielen Fhischstüclcen
— 226 —
und bei eigentlichen Pcuikstüeken aus verschiedenen
Lagen xu entnehmen. Außerdem ist aus den aus-
geitählten Paeksiücken^ falls das Fleisch von Pökel-
lake eingeschlossen ist oder äußerlich die Anwendung
von Konservesalx erkennen läßt, noch je eine Probe
der Lake oder, wenn möglich, des Salxes xu efit-
nehmen. Besteht bei gleichartigen Sendungen von
Speck oder Därmen der Verdacht einer Behandlung
mit einem der im } 5 Nr, 3 aufgeführten Stoffe,
so hat die %ur Aufklärung dieses Verdachts nach
Abs, 2 unter b er forderliche ehemische Untersuchung
mindestens an Stichproben xu erfolgen, die nach
vorstehenden Grundsätxen ausxuicählen sind. Jedoch
bedarf es bei Därmen — abgesehen von den danach
etwa xu untersuchenden Lake- oder Konservesalx-
proben — nur der Untersuchung je einer Miseh-
probe, die aus den xur Siichprobenuntersuchung aus-
gewählten Packstücken und xwar aus verschiedenen
Lagen xu entnehmen ist,
§ 15.
(1)
b) Geruch und nötigenfalls auf
Geschmack, ferner auf das Vorhanden-
sein von Schimmelpilzen
(8) Die Hauptprflfung ist nach folgenden Ge-
sichtspukten vorzunehmen :
a) es ist zu prüfen, ob äußerlich am Fette
wahrnehmbare Merkmale auf eine Ver-
fälschung oder Nachmachung oder sonst
auf eine vorschriftswidrige Beschaffen-
heit hinweisen;
außerdem ist:
b) zu prüfen, ob das Fett verfälscht, nach-
gemacht oder verdorben ist, unter das
Verbot des § 3 des Gesetzes vom
15. Juni 1897, betreffend den Verkehr mit
Butter, Käse, Schmalx oder deren Ersatz-
mitteln, fällt oder ob es einen der im
§ 5 Nr. 2 der gegenwärtigen Bestim-
mungen aufgeführten Stoffe enthält;
c) Margarine auf die Anwesenheit des ge-
mäß dem Gesetze vom 15. Juni 1897
und der Bekanntmachung ^ betreffend Be-
stimmungen xur Ausfuhrung dieses Ge-
setxes, vom 4. Juli 1897 ( Reich s-Q esetx-
blattl897, S.69JJ vorgeschriebenen Er-
kennnngsmittels (Sesamöl) zu prüfen;
d) Schweineschmalz mit dem Zeiß-Wollny-
schen Refraktometer zu untersuchen.
(4) Die Proben für die Hauptprüfung sind
nach Maßgabe der Bestimmungen in Anlage c
zu entnehmen und unverzüglich der zuständigen
Stelle zu übermitteln. Bei Postsendungen und bei
Warenproben im Gewichte bis xu 2 kg, ferner bei
Sindungen, die nachweislieh als Umxugsgut von
Ansiedlem und Arbeitern eingeführt werden, hcU
die Hauptprüfung nur im Verdaehtsfcdle xu er-
folgmt
(5) Liegen die Voraussetzungen des § 12
Abs. 3 für eine Beschränkung der Untersuchung
auf Stichproben vor, so halben sich die Vor-
prüfung und die unter Abs. 3a, c und d fallenden
Untersuchungen der Hauptprüfung mindestens auf
2 Packstücke, bei 40 und mehr Packstücken bis
zu 100 auf 5 vom Hundert, vom Mehrbetrage bis
zu 500 Packstücken auf 3 vom Hundert, von
einem weiteren Mehrbetrage auf 2 vom Hundert
zu erstrecken.
§ 16.
Für die Ausführung der Untersuchungen sind
maßgebend:
8. die Anweisung für die Probenentnahme
zur chemischen Untersuchung vonFleisch
einschließlich Fett sowie für die Vor-
prüfung zubereiteter Fette und für die
Beurteilung der Gleichartigkeit der Sen-
dungen (Anlage c).
§ 17.
(1) ^
I. C
e) Bei Schweineseuche oder Nesselfieber
(Backsteinblattem) oder dem begrün-
deten Verdacht einer dieser Krank-
heiten;
IL A
.... Schweineseuche "oder Nessel-
fieber (Backsteinblattem)
'«L- .■.•.■.;. '"■
d) von Organen mit Sehma-
rotxem, die durch den Fleischgenuß
auf den Mensehen nicht übertragen
werden können
II. Von der Einfuhr zurückzuweisen ist das
Fleisch, so weit es nicht nach I unschädlich be-
seitigt werden muß, und zwar
A, die ganxe Sendung^
a) wenn sämtliche daraus entnommenen
Stichproben f§ 14 Abs, 3, 4) bei der
Prüfung auf die Behandlung mit ver-
botenen Stoffen f§ 5 Nr. 3, § i4 Abs. 1
unter b) oder, abgesehen von Därmen,
auf die Durchpökelung usw. (§ 3 Abs. 1, 2,
§ 14 Abs, 1 unter d) wegen desselben
Grundes beanstandet worden sind;
b) wenn auch nur ein Fleischstück als
Hundefleisch oder als Fleisch von Ein-
hufern f§ 5 Nr. 2} erkannt ist;
B. das ganxe Packsiück,
a) wenn die Ware den Angaben in den
Begleitpapieren nicht entspricht;
b) wenn, abgesehen von dem Falle unter Aa,
auch nur eine aus dem Packstück ent-
nommene Probe wegen Behandlung mit
verbotenen Stofftn (§ 5 Nr, 3, i 14 Abs, t
unter b} beanstandet ist'^
— 227 -
e) wenn in dem Paekaiüeke Därme gefunden
sinä, die in Veterinär- oder geeundheits-
polixeilieher Beziehung xu Bedenken
Anlaß geben, aateeit nicht im Falle xu
I unter d der Mangel durch Beseitigung
der veränderten Teile behohen wird;
di icenny abgesehen von dem Faüe unter Äa,
sämtHehe aus dem Paekstüek ent-
nommenen Proben fg 14 Abs. 3) wegen
unvollständiger Fohelung usw. (i 3 Abs, 1,
2, g 14 Abs. 1 unter d) beanstandet sind;
e) wenn auch nur an einem Fleischstück
Erscheinungen der Lungenseuche oder
der Maul' und Klauenseuche vorliegen
oder der begründete Verdacht dieser
Krankheiten besteht.
Bei Sendungen unverpackter Fleiseh-
stücke ist als Pticksiück im Faüe xu b
der nach g 14 Abs. 3 einem Paekstücke
gleichxtieraehtende Teil einer Sendung an-
zusehen; in den anderen Fällen unter B
hat sich bei unverpackten Fleischstücken
die Beanstandung nur auf das einxelne
Fleischstüdc xu erstrecken.
C. das einzelne Fleiscbstflck, dcts^ — abgesehen
von den Fällen unter A und B — auf Qrund der
Prüfung nach g 14, Abs. 1 beanstandet ist
(2) Die Zurackweisung kann bei Be-
anstandungen auf Grand der Bestimmungen in
Abs. 1 unier II Ba unterbleiben, wenn nach-
träglich für die Ware entsprechende Begleit-
papiere beigebracht werden.
§ 21.
(1) ^
I
b) wenn das Fett mit einem ranzigen,
sauer-ranxigen, fauligen, oder sauer-
fauligen Geruch oder Geschmack be-
haftet
(2) Stichproben (g 15 Abs. 5)
§ 25.
(2) (§18 Abs. 1 unter II Ba; § 19
Abs. 1 unter II £a ;
(3) im Falle des § 12 Abs. 4
§ 27.
A
V. Statt der vorstehend unter Nr. II und IV
vorgeschriebenen Kennzeichnung genügt bei nicht-
enthäuteten Kälbern, Lämmern, Benntieren und
Wildschweinen die Stempelung in der Nähe des
Schaufelknorpels und neben dem Nierenfett oder an
den Innenflächen der Hinterschenkel.
B
(2) Bei zubereiteten Fetten und Därmen
hat die Kennzeichnung
§ 28.
(2) zu beseitigen, sotceit nicht nach
g 18 Abs. l unter I B die Wiederausfuhr gestattet
wird.
S 29.
(1) Fleisch, welches zwar nicht für den
menschlichen Genuß bestimmt ist, aber dazu
verwendet werden kann, darf ohne vorherige
Untersuchung zur Einfuhr zugelassen werden,
wenn die Unbrauchbarmachung für den mensch-
lichen Gennfi entweder im Wege der fabrikations-
mäßigen Behandlung durch geeignete Kontroll-
maßregeln siehergestellt wird oder durch besondere
Behandlung herbeigeführt ist.
(2) Diese besondere Behandlung hat xu erfolgen:
a) bei Fleisch, ausgenommen zubereitete
Fette, durch Anlegen von tiefen Ein-
schnitten und Zusetzen von Kalk, Teer oder
rohen Steinkohlenteerölen (Karbolsäure,
KresoÜ, bei getrockneten Schafdärmen
auch von Kampfer oder Naphthalin,
b) bei zubereiteten Fetten durch Vermischen
mit gewöhnlichem, stark riechenden Brennr
petroleum^ mit Teer, rohen Steinkohlen-
teerölen (Karbolsäure, KresoJ), Gerber-
trän, rohem BirkeniU {Birkenteer) oder
Rosmarinöl.
(3) Auf je 100 kg Fett sind zur Unbrauchbar-
machung folgende Gewichtsmengen der einzelnen
Mittel zu verwenden: 1 kg gewöhnliches, stark
riechendes Brennpetroleum, 2 kg Teer, 2 kg rohe
Steinkohlenteeröle (Karbolsäure, Kresol), 10 kg
Gerbertran, 5 kg rohes Birkenöl (Birkenteer),
1 hg Rosmarinöl.
(4) Für das Verfahren bei der Unbrauchbar-
machung der Fette sind die zollamtlichen Vor-
schriften über das üngenießbarmaehen von Fetten
maßgebend
(5) Der Reichskanzler ist ermächtigt, noch
weitere Mittel zur Unbrauchbarmachung zu-
zulassen.
§ 30.
(1) (§12 Abs. 4 und § 24 Abs. 2)
Anlage a.
Anweisuno fOr die tierärztliche Untersuchung des In
das Zolllnland eingehenden Fleischet.
§2.
In welchen Fällen und in welcher Weise die
Prüfung zu 2 und 3 auf Stichproben beschränkt
werden kann, richtet sich nach § 12 und § 14
Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen D.
§3.
8. ob Organe oder sonstige Körperteile, auf
die sich die Untersuchung zu erstrecken
hat, fehlen oder angeschnitten sind (gg 6
und 7 der Ausführungsbestimmungen DJ.
§5.
4 Die zur biologischen Untersuchung auf
Einhuferfleisch erforderlichen Stoffe und
Geräte;
— 228 —
§6.
; insbesondere sind verdächtige
oder erkrankte Teile anzuschneiden.
Im gefrorenen Zustand eingehende Tierkörper
müssen vor der Untersuchung aufgetaut werden.
Bei Renntieren kann die Äufiauung auf die Ein-
geweide beschränkt werden, wenn nicht das Ergebnis
der Besichtigung des Muskelfleisches eine weiter-
gehende Untersuchung erforderlich macht.
§8.
Bei Rindern und Renntieren
§ 11.
Auch sind die inneren Darmbein-
drüsen, Lendendrüsen, Bugdrüsen, Scham-, Knie-
falten- und Kniekehlendrflsen anzuschneiden und
zu untersuchen. Von der Untersuchung der Enie-
kehlendrüsen kann abgesehen werden, wenn in natür-
lichem Zusammenhange mit den Tierkörpem Leber
und Müx eingeführt und mit ihren Lymphdrüsen
frei von Tuberkulose befunden werden.
Die Untersuchung auf Trichinen erfolgt nach
der besonderen Anweisung (Anlage b zu den
Ausführungsbestimmungen D).
Bei Wildschweinen darf auf Antrag des Ver-
fügungsberechtigten von der Spaltung der Wirbel-
säule und des Kopfes abgesehen werden, wenn auf
andere Weise ausreichend sichergestellt ist, daß
Finnen nicht vorhanden sind,
§ 13.
Erforderlichenfalls ist auch die Kochprobe ')
und die Prüfung auf Kochsalz^) yorzunehmen.
Hat die Prüfung auf Kochsalx eine deutliche
Reaktion nicht ergeben, so ist ein etwa hühnerei-
großes Stück aus den innersten Teilen des Fleiseh-
stücks XU entnehmen und die Feststellung des Koch-
salxgehalts^) ausxuführen. Die Untersuchung kann
auch dem Chemiker übertragen werden.
*)
^) a) Herstellung des Reagens: looecm
einer g prozentigen SilhernitratUSsung werden
mit 100 ecm Normal -Ammoniakflüssigkeit
vermischt. Von dieser Flüssigkeit sind
je SO g in gelben Gläschen aufzubewahren.
b) Ausführung der Prüfung: Von dem
Fleische wird ein aus den inneren
Schichten entnommenes haselnußgroßes,
etwa S g wiegendes Stück in ein mit 20 g
der Flüssigkeit beschicktes Reagenz-
gläschen gebracht und darin einigemale
kräftig geschüttelt. Wenn ein weißer,
bei Tageslicht schnell schwärzlich
werdender Niederschlag entsteht, ist
das Fleisch gesalzen, wenn nicht, so
ist es frisch.
^J S g Flei^ich werden mit 2 g chlorfreiem See-
sand und 2 bis 3 cem Wasser in einer Porzellan-
Frisches Muskelt\eiBch ist
Durchgepökeltes (gesalzenes) Muskel-
fleisch hat
Durchgekochtes (gebratenes, gedämpftes,
geschmortes) 3ff«s^e/fleisch hat
§ 15.
In welchem Umfange die Untersuchung yor-
zunehmen ist, richtet sich nach § 12 und 14
Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen D.
§16.
Beim Vorliegen des Verdachts verbotswidriger
Einfuhr von xubereüeten Einhuferfleisch (§ 2 Abs. 1
Nr. 1} ist die biologische Untersuchung ausxuführen.^}
schale zu einem gleichmäßigen Brei zerrieben. Dieser
wird mit geringen Mengen Wasser in einen Maßkolben
von HO cem Inhalt gespüUy der über der 100 ecm-
Marke noch einen Steigraum von mindestens 10 cem
hat. Darauf wird zu der Mischung Wasser hinzu-
gefugt, bis die 100 ecm-Marke erreicht ist. Hierauf
stellt man den Kolben, nachdem sein Inhalt tüchtig
durchgeschüttelt ist, 10 Minuien lang in kochendes
Wasser. Hierbei gerinnt das Eiweiße und die Flüssig-
keit wird fast farblos. Nunmehr wird der KoWenin-
haü durch Einstellen in kaltes Wasser schnell abge-
kühlt, nochmals durchgeschüttelt und filtriert. Von
dem klaren, fast farblosen FiUraJte werden je 25 ccm,
wenn nötig, mit Natronlauge unter Anwendung von
Lackmus als Indikator neutralisiert. In der neutrali-
sierten Flüssigkeit wird nach Zusatz von 1 bis g Tropfen
einer kalt gesättigten Lösung von Kaliumchromat durch
Titrieren mit Yio Normal-Silbemitratlö'sung der Koch-
salzgehalt ermittelt.
^ Zur Ausführung der biologischen Unier-
suchungen auf Pferdefleisch und anderes Ein-
huferfleiseh sind mit einem ausgeglühten oder aus-
gekochten Messer aus der Tiefe des verdächtigen
Fleischstücks etwa SO g Muskelfieisch, möglichst ohne
Fettgewebe, von einer frisch hergestellten Schnittfiäehe
zu entnehmen und auf einer ausgekochten, mit un-
geln-auchtem Schreibpapiere bedeckten Unterlage durch
Schaben mit einem ausgekochten Messer zu zerkleinem.
Die zerkleinerte Fleisehmasse wird in ein ausgekochtes
oder sonst durch Hitze sterilisiertes, etwa 100 cem
fassendes Erlenmeyersches Kölbchen gebracht, mit Hilfe
eines ausgekochten sterilisierten Olasstabs gleichmäßig
verteilt und mit 50 cem sterilisierter 0,85 proz. Koch-
Salzlösung Übergossen. Gesalzenes Fleisch ist zuvor
in einem größeren sterilisierten Erlenmeyerschen Kolben
zu entsalzen, iridem man es mit sterilem destillierten
Wasser übergießt und letzteres, ohne zu schütteln,
während 10 Minuten mchrjtials erneuert. Das Gemisch
von Fleisch und 0,85 proz, Kochsalzlösung bleibt zur
Alisziehung der im Fleische vorhandenen Eiweiß-
substanzen etwa drei Stunden bei Zimmertemperatur
oder über Nacht im Eisschranke stehen, und darf, um
229
Sofern diese Unter sachung^ s. B. bei ungeeigneter
Beschaffenheit des McUericds^ nicht xu einem ent-
scheidenden Ergebnisse führt, ist die chemische
Untersuchung (Anlage d xu den Ausfuhrungsbe-
Stimmungen D, Erster Abschnitt unter 1) torxu-
nehmen.
eine klare Lögung zu erhalten, nicht gesehütteU werden.
Zur Feststellung, ob die fiir die Untersuchung nötige
Menge Eiweiß in Lösung gegangen ist, sind etwa
g eem der Ausziehungsflüssigkeit in ein sterilisiertes
Reagenzglas zu gießen und tüchtig durchzuschütteln.
Entwickelt sich dabei ein feinblasiger Schaum^ der
längere Zeit stehen bleibt, so ist der Auszug verwend-
bar. Die zu untersuchende Eiweißlösung muß für die
Ausfuhrung der biologischen Untersuchwng wie alle
übrigen zur Verwendung kommenden Flüssigkeiten
vollständig klar sein. Zu diesem Zwecke muß der
Fleisehauszug filtriert werden, und zwar entweder durch
gehärtete PajnerfiUer, oder, wenn hierbei ein klares
FiUrat nicht erzielt wird, durch ausgeglühten Kiesel-
gur auf BüchTiersehen Trichtern oder auch durch
Berkefeldsche Kieselgurkerzen. Das Filtral ist für die
weitere Prüfung geeignet^ wenn es wie der unfiürierte
Auszug beim Schütteln schäumt und außerdem eine
Probe (etwa 1 ccm) beim Kochen naeh Zusatz eines
Tropfens Salpetersäure vom spezifischen Gewicht 1,1 5 S
eine opalisierende Eiweißtrübung gibt, die sieh nach
etwa fünf Minuten langem Stehen als eben noch er-
kennbarer flockiger Niederschlag zu Boden senkt.
Dann besitzt das FiUrat die für die biologische Prüfung
zweckmäßigste Konzentration des Eiweißes in der
Ausziekungsflüssigkeii {etwa 1 : SOG). Ist das FiUrat
zu konzentriert, so muß es so lange mit sterilisierter
Kochsalzlösung verdünnt werden, bis die Salpetersäure-
Kochprobe den richtigen Grad der Verdünnung anzeigt.
Femer soll das FiUrat neutral, schwach sauer
oder schwach alkaliseh reagieren.
Von der fiürierten, neutralen, schwach sauren
oder schwach alkalischen, völlig klaren Lösung
wird mit ausgekochter oder anderweitig durch Hitze
sterilisierter Pipette je 1 ccm in 2 Reagenzröhrchen
von je 11 eem Länge und 0,8 Durchmesser {Röhrchen
1 und g) gebracht. In ein Röhrchen S wird 1 ccm
eines ebenfalls klaren, neutral, schwach sauer
oder schwach alkalisch reagierenden, aus
Pferdefleisch in gleicher Weise hergestellten FiUrats
eingefüllt. Weitere Röhrchen 4 und 5 werden mit
je 1 ccm einer ebenso hergestellten Schweine- und
Rindfleischlösung beschickt. In ein Röhrchen 6 wird
1 eem sterilisierter 0,86 proz. Kochsalzlösung gegossen.
Die Rökrchen werden in ein kleines, passendes Reagenz-
glasgestell eingehängt. Sie müssen vor dem Gebrauch
OMsgckocht oder anderweitig durch Hitze sterilisiert
und vollkommen sauber sein. Zum Einfüllen der ver-
schiedenen Lösungen in die einzelnen Röhrchen sind
je besondere sterilisierte Pipetten zu benutzen. Zu
Bestehen Aber das Vorhandensein von Fäulnis
Zweifel, so ist frisches Fleisch der Salmiak-
probe*) zu unterwerfen, von Salzfleisch eine
kleine Probe zu kochen und auf seinen Geruch
zu prüfen.
§ 17.
Liegt der Verdacht der Anwendung eines der
nach § 6 Nr. 3 der Atisführungsbestimmungen D
den, wie angegeben^ beschickten Röhrchen wird, mit
Ausnahme von Röhrchen 2, je 0,1 ccm vollständig
klares, von Kaninchen gewonnenes Pferdeeiweiß aus-
fällendes Sertim von bestimmtem Titer so zugesetzt,
daß es an der Wand des Röhrchens herabfließt und
sieh auf seinem Roden ansammelt. Zu Röhrchen 2
wird 0,1 eem normnies, ebenfalls völlig klares
Kaninehen- Serum in gleicher Weise gegeben.
Die Röhrchen sind bei Zimmertemperatur aufzu-
bewahren und dürfen nach dem Serum-Zusatze nicht
geschüttelt werden.
Reurteilung der Ergebnisse. Tritt im Röhr-
chen 1 ebenso wie in Röhrchen S nach etwa fünf
Minuten eine hauchartige, in der Regel am Roden
des Röhrchens beginnende Trübung auf, die sich
innerhalb weiterer fünf Minuten in eine wolkige um-
wandelt und Tuuih spätestens SO Minuten als Roden-
salz absetzt, während die Lösungen in den übrigen
Röhrchen völlig klar bleiben, so handelt es sich um
Pferdefleisch {oder anderes Einhuferfleisch). Später
entstehende Trübungen dürfen als positive Reaktion
nicht aufgefaßt werden. Zur besseren Feststellung der
zuerst eintretenden Trübung können die Röhrchen bei
auffallendem Tages- oder künstlichem Lichte betrachtet
werden, indem hinter das belichtete Reagenzglas eine
schwarze Fläche {z. B. schwarzes Papier oder dgl.)
geschoben wird.
Das ausfällende Serum muß einen Titer 1 : 20 000
haben, d. h. es muß noch in der Verdünnung 1 : 20 000
in einer Lösung von Pferdeblut- Serum binnen fünj
Minuten eine beginnende Trübung herheiführen. Der-
artiges Serum ist bis auf weiteres vom Kaiserlichen
Gesundheitsamt erhältlich. Das Serum wird in Röhrchen
von 1 ccm Inhalt versandt. Getrübtes oder auch nur
opalisierendes Serum ist nicht zu verwenden. Serum,
das durch den Transport trüb geworden ist, darf nur
gebraucht werden, wenn es sich in den oberen Schichten
binnen 12 Stunden vollkommen klärt, so daß die
trübenden Bestandteile entfernt werden können. Zur
Untersuchung soll stets nur der Inhalt eines Röhrchens,
nicht dagegen eine Mischung mehrerer Röhrchen ver-
wendet werden.
*) Ein Reagenzglas oder zylindrisches Glas-
gefäß von etwa 2 cm Durchmesser und 10 cm
Länge wird mit einem Gemische von 1 Raumteil
Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,124, 3 Raum-
teilen Alkohol ....
— 230
verbotenen Stoffe vor^ so ist^ unbescfta^fet der im § 14
Abs, 2 zu b daselbst vorgeschriebenen regelmäßigen
chemischen Untersuchungj eine solche xur Auf-
klärung des Verdachts nach der besonderen An-
toeistmg (Anlage c und d der AusfUhrungsbe-
Stimmungen DJ xu veranlassen.
Anlage b.
Anweisung fOr die Untersuoliung des Fleisclies auf
Tricliinen und Finnen.
§2.
Auf die mikroskopische ÜDtersuchung der
Proben eines Schweines oder eines kalben zube-
reiteten Schweines ....
§3.
.... Wenn aus mehreren Schweinen oder
halben zubereiteten Schweinen .... Die einzelnen
Schweine oder halben zubereiteten Schweine ....
§ 4.
Die Proben sind in der Größe einer Bohne
oder Haselnuß zu entnehmen, und zwar bei ganzen
Schweinen oder halben zubereiteten Schweinen aus
folgenden Körperstellen: ....
§5.
.... Bei ganzen Schweinen oder halben zu-
bereiteten Schweinen ....
§9.
.... 20 Schweine, 20 halbe zubereitete Schweine
.... bis zu 25 Schweine, 26 halbe zubereitete
Schweine ....
— Königreicli Preußen. Untersucliung des aus-
iändisclien Fleisches. Allgemeine Verfügung des
Ministeriums fflr Landwirtschaft, Domänen und
Forsten. Nr. 18 für 1908 vom 6. März 1908.
Die AusfQhrungsbestimmungen D nebst An-
lagen a, b, c und d zum Fleischbeschaugesetze
sind durch Beschluß des Bundesrats in mehreren
Punkten abgeändert und in ihrer jetzigen Fassung
durch die Bekanntmachung des Herrn Reichs-
kanzlers vom 22. Februar d. J. (Zentral-Bl. f. d.
D. R. Nr. 10 Bl. 59/103) neu veröffentlicht worden.
In den beigefügten Abdrücken dieser Be-
kanntmachung sind die Änderungen, die am
1. April d. J. in Kraft treten, durch den
Druck hervorgehoben worden. Mit Rücksicht
auf die große Zahl der Änderungen wird von
ihrer Anführung und weiteren Erläuterung hier
abgesehen. Den Beschaustellen (einschließlich
der chemischen Untersuchungsstellen) ist aber
eine sorgfältige Durcharbeitung der neuen Be-
stimmungen besonders zur Pflicht zu machen,
damit Verstöße gegen die üntersuchungsvor-
schriften vermieden werden.
Ergänzend wird folgendes bemerkt:
1. Nach § 3 Abs. 2 der Ausführungsbe-
stimmungen und § 13 Abs. 2 der Anweisung
für die tierärztliche Untersuchung (Anlage a) soll
fortan in zweifelhaften Fällen bei der Prüfung
von Fleisch auf genügende Durchpökelung der
Kochsalzgehalt des Fleisches festgestellt werden.
Vorbehaltlich besonderer Anordnungen für ein-
zelne Beschaustellen bestimmen wir hierdurch,
daß diese Feststellung im allgemeinen von den
Tierärzten der Beschaustellen vorzunehmen ist
Bei denjenigen Beschaustellen, bei denen staat-
liche chemische Laboratorien vorhanden sind,
können letztere mit der Prüfung beauftragt
werden.
2. Im § 5 der Ausführungsbestimmungen sind
unter Nr. 3 h die Worte „und zum Färben von
Wursthüllen" gestrichen worden, da Würste aus
dem Auslande nicht eingeführt werden dürfen.
Hierdurch wird ein Anlaß zu der irrigen Auf-
fassung beseitigt, als ob Därme zur Verwendung
als Wursthüllen in gefärbtem Zustande ein-
geführt werden dürften.
3. Im § 14 der Ausführungsbestimmungen
ist der bisherige Abs. 2 in Wegfall gekommen;
die Prüfung von Därmen hat nach den Vor-
schriften in Abs. 1 a. a. 0. zu erfolgen.
4. Nach § 14 Abs. 2 zu a der Ausführungs-
bestimmungen und § 16 Abs. 2 der Anweisung
für die tierärztliche Untersuchung (Anlage a) ist
künftig beim Vorliegen des Verdachts verbots-
widriger Einfuhr von Einhuferfleisch die bio-
logische Untersuchung auszuführen. Das bei
§ 16 der genannten Anweisung näher beschriebene
Verfahren beruht auf der Ausfällung des Pferde-
fleischeiweißes durch ein spezifisches Serum.
Es ist nicht anwendbar, wenn aus dem ver-
dächtigen Fleische infolge besonderer Art der
Zubereitung, die das Eiweiß unlöslich macht
(z. B. Kochen oder scharfes Räuchern), Eiweiß
nicht ausgezogen werden kann. In solchen
Fällen muß, wie bisher, zum Nachweis des
Pferdefleisches die chemische Untersuchung an-
gewendet werden. Sie ist nach den abgeänderten
Vorschriften unter I des ersten Abschnittes der
Anweisung für die chemische Untersuchung (An-
lage d) auszuführen. Das Verfahren, das auf
der Bestimmung des Glykogens beruht, ist bei
dieser Untersuchung in Wegfall gekommen.
Da Untersuchungen auf Pferdefleisch nach
den bisherigen Erfahrungen verhältnismäßig selten
auszuführen sind", sollen die biologischen Unter-
suchungen auf bestimmte Beschaustellen be-
schränkt werden. Die übrigen Stellen haben
Vorkommendenfalls Proben des verdächtigen
Fleisches an die zur Untersuchung befugte Be-
schaustelle zu übersenden.
Vorbehaltlich späterer Änderungen bestimmen
wir hierdurch, daß die biologischen Unter-
suchungen auszuführen sind:
a) bei der Beschaustelle in Königsberg für
die Beschaustellen in Königsberg, Memel,
— 231
Eydtkubnen, Tilsit, Prostken, Danzig und
Thorn,
b) bei der Beschaustelle in Berlin für die
Beschaustellen in Berlin, Magdeburg, Halle
und Erfurt,
c) bei der Beschaustelle in Stettin für die
BeschauBtelle daselbst,
d) bei der Beschaustelle in Breslau für die
Beschaustellen in Breslau, Myslowitz,
Kattowitz, Ratibor, Posen und Brombcrg»
e) bei der Beschaustelle in Altona für die
Beschaustellen in Altona, Flensburg, Kiel,
Rendsburg und Geestemünde,
f) bei der Beschaustelle inBentheim für die Be-
schaustellen in Bentheim, Emden, Weener
und Münster,
g) bei der Beschaustelle in Borken für die
Beschaustellen in Borken und Bocholt,
h) bei der Beschaustelle in Duisburg-Ruhrort
für die Beschaustellen in Duisburg-Ruhrort,
Crefeld, Duisburg, Emmerich, Essen, Goch,
Kaldenkirchen, Dortmund und Lippstadt,
i) bei der Beschaustelle in Köln für die Be-
schaustellen in Köln, Düsseldorf, Elber-
feld, Dalheim, Aachen und Düren,
k) bei der Beschaustelle in Frankfurt a. M.
für die Beschaustellen in Frankfurt a. M.,
Koblenz und St. Johann-Saarbrücken.
Nur die zur Ausführung der Untersuchungen
vorstehend bestimmten Beschaustellen sind mit
den erforderlichen Stoffen und Geräten gemäß
§ 5 Abs. 1 Nr. 4 der Anweisung für die tier-
ärztliche Untersuchung (Anlage a) auszurüsten.
Wir machen hierbei darauf aufmerksam, daß
vor einiger Zeit bei einer Beschaustelle der
Versuch gemacht worden ist, Pferdedärme
unter der Bezeichnung als Rinderdärmo
einzuführen.
Die Beschaustellen werden auf ähnliche Vor-
kommnisse ihr besonderes Augenmerk zu richten
haben.
5. Soweit sich in den vorhandenen Beschau-
büchem die nach dem neuen Beschaubuchmuster
vorgeschriebenen Angaben ohne große Er-
schwerung der Übersichtlichkeit unterbringen
lassen, sind die alten Bestände zu verbrauchen.
Im übrigen sind vom 1. April d. J. ab neue Be-
schaubficher anzulegen.
Wir ersuchen, die Beschaustellen hiemach
unverzüglich mit den erforderlichen Weisungen
zu versehen, zu welchem Zwecke wir auch Ab-
drücke dieser Verfügung in der nötigen Zahl
beifügen.
Den Provinzialsteuerdirektoren ist der Erlaß
von hier aus mitgeteilt worden.
Der Minister für Landwirt-
schaft, Domänen u. Forsten.
L A.: Küster.
Der Minister der geistlichen,
Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.
L A.: Förster.
Der Finanzminister.
L A.: Köhler.
Statistische Berichte.
— Die vorläufigen Ergebnis8e der Viehzählung
und der Zählung der Hausschlachtungen vom 2. De-
zember 1907 fOr den preuGitchen Staat sowie die
FQrotentOmer Waldeok
„Stat. Korrespondenz'
und Pyrmont Nach der
waren vorhanden:
Im Jahre
Pferde
Rinder
Schafe
Schweine
Ziegen
Federvieh
1873
2 282435
8 639 514
19 666 794
4 294 926
1 481 461
1883
2 417 367
8 737 641
14 752 328
5 819136
1680 686
1892
2 653 661
9 871521
10109 594
7 725 601
1 964 130
—
1897
2 808 419
10 552 672
7 859 096
9 390 231
2 164 425
36 472202
1900
2 923 627
10 876 972
7 001 518
10 966 921
2 051560
1)38 575 360
1902
2 927 484
10405 769
5 917 698
12 749 998
—
—
1904
2 964 408
11 156 133
5 660 'i2M
12 563 899
2116 360
—
1906
3 018 443
11 646 908
r> 435 053
If) 355 959
—
1907
3 041805
11996 804
5 398 460
15 070311
2 215 548
46 685 572
Es vermehrten (+) oder verminderten (—
sich von 1906 auf 1907
die Pferde um +23 362 Stück (= +0,11%),
die Rinder um + 349 896 Stück (=- + 3 %i
die Schafe um — 36 593 Stück (= — 0,67 %),
die Ziegen um + 99 198 Stück (= + 4,69 %),
das Federvieh um +8202696 Stück (= +21,32%).
Hiemach ist eine beträchtliche Zunahme der
Rinder zu verzeichnen, während der bekannte
Rückgang der Schafe weiter angehalten hat.
die Schweine um — 285 648 Stück (= —1,86 7o)» ' Auch die Schweine zeigen diesmal einen
>) Ohne Perlhühner 38 482 876, ohne Trut- und Perlhühner 38 214 768.
232 —
Bestandsverlust, der mit 285 648 Stflck nicht so
unbedeutend ist, aber zu erwarten war. Das
Jahr 1907 brachte stark fallende Preise für
lebende Schweine. Die Massenaufzucht, die
infolge der höheren Preise im Jahre 1906 ein-
trat, war nicht länger haltbar. Eine Bestand-
vermehrung von 1 396 030 Stück oder 11,11 Proz.
in einem einzigen Jahre, wie sie. 1906 vor-
gekommen war, ist zuvor niemals auch nur
annähernd erreicht worden. Erfreulich ist die
Zunahme der Ziegen, stark die Vermehrung
des Federviehs.
Hausschlachtungen sind vorgenommen
worden bei
Rindern Schafen Schweinen Ziegen
1907 139144 504 906 3 861366 468 819
19043) 124115 541969 3 688086 503918
Die Zahlen zeigen, daß die Hausschlachtungen
bei den Schafen und Ziegen ab-, bei den Rindern
und Schweinen zugenommen haben. Bemerkens-
wert ist die starke Zunahme der Schweine-
schlachtungen, die wohl in ursächlichem Zu-
sammenhange mit der gleichzeitigen Abnahme
des Lebendbestandes an Schweinen steht Man
kann annehmen, daß die zeitweilig niedrigen
Schweinepreise manchen Besitzer, veranlaßt
haben, sein Schwein, statt es unvorteilhaft zu
veiAcaufen, selbst zu verbrauchen.
— Deutsches Reich.
Die Emebnlsse
der Schlachtvieh- und
Fieiscnnescluui iin 3
. Vierteljahr 1907.
Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt.
Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau
vorgenommen wurde
Staaten
1
und
Land estei 1 e
Pferde
und
andere
"Rin-
Ochsen
' Jung-
rinder
Bullen Kühe (^^er
Kälber
bis
Schweine
Schafe ;
Ziegen
Hun-
de
hufer
3 Monate alt
i
Königreich Preußen . .
18 664 73 205
77 021 260010
134494
547 487
2 239075
507549'
24506
315
Königreich Bayern
2 239 30796 14 202 43154|
45 281
194 768
468 496
36 835
3 616
95
Königreich Sachsen
2063 8 722 10377
36 802
5 880
111804
295 549
52 412
3979; 484
Wtlrttemberg . . .
168 4 970 3 769
9711
26432
49 489
116 491
6356
1 140| 13
Baden
333 7 668 3 081
9.^99
22894
10fU2
47 877
20 282
11806
119 616
90094
27 923
7112
2 901
14065
1341 4
Hessen
206 4 674 593 8648
2102 —
Mecklenburg-Schwerin
235| 208l 1968; 4 657' 1710
221 -
Sachsen-Weimar .
92 437
268; 1903
1951
7120
22 418
4495
403: 3
Mecklenburg-Strelitz
54
27
941 478
218
1539
5024
2038
21 —
Oldenburg ....
76
460
174 1 747 1 517
3115
12 553
3 678
59 -
Braunschweig . .
90
238
2098
1 134 2 607
6 548
39 664
7 782
103; 1
Sachsen-Meiningen .
52
400
194
1248
1669
3960
14 885
2 494
1331 -
Sachsen-Altenburg .
47
67
318
1749
696
3815
12197
1249
138, 1
Sachsen-Coburg-Gotha .
72
363
148
1641
1444
4237
18 559
4516
386 5
Anhalt
328
9ft7
737
57
1319
674.
3409
1463
22 641
5854
4 264
1125
133 29
Schwarzburg-Sondershausen
4 42
879 374
53 —
Schwarzburg-Rudolstadt .
7 60 80, 507 585
1754
5 843
1079
5 —
Waldeck
— i «Ol 97
196 641
397, 314
2159
1195
1554
4 852
823
856
53 —
Reuß ältere Linie .
18
119 123
33 2
Reuß jüngere Linie
52
183 263
1 142; 784
2 340
11220
1994
84i —
Schaumburg-Lippe .
3j 2, 31. 250! 95
492
1327
126
46 —
Lione
29 12
1261 72
314 665 308
429 1 963 332
1 212 7631 836
1571i 2 037 6537
1714
2 849
4125
14 371
3 852
8 368
26 714
91012
523
2 229
5 575
25259
141 —
M^^y^X/ .....
Lübeck
85 —
Bremen
435
1077
2047
6906
71 —
Hamburg ....
39 -
Elsaß-Lothringen
7351 5069i 18281 20 014 j 8342
41310
83 849
10 530
505; —
Deutsches Reich .
27 205147114
121047 402872
277 457
|109097S
; 8 749e60
707 865
89882
932
Dagegen im 2. Vierteil. 1907
25 366,134 278
106 983 369 207
203 918
1 187 195
8 711571
434 742
178 918
943
, „ 1. , 1907*1
37 402 141 078
96 968 392 623
183989
1 1 053 585
4076 384
440346
131 699
2 278
„ 4. „ 1906*
47 638,155 094
98 5581407191
233 776
; 892405
4 012 464
1 580848
140029
2325
„ , 3. , 1906*
26 4261153 916
120 254 395 206
258 035
1008 979
, 3109802
742 403
41485
1032
» n 2. , 1906*)
29 005
152 118
117 348 392 6601222341
1 1 254 177
1 2 981914
! 486139
170 99611 013
„ , 1. „ 1906*1
43542
152 270 104 051 429 6741 211 212
' 1 052 687
3 238 282
485 865
' 98323 2151
, „ 4. „ 1905*
52 591
156 340; 99 763
426 707 262 146
913112
3 471742
657 722
130351
2 405
l Is. l 1905*
28 913
152 708129068
408151 276 020
1033 593
3 033690
841971
38 235
1021
: : 2. : ms*
29 224
143 962 125 143
406841,215 677
1322 529
3 143 114
484033
152981
947
„ 1. , 1905*
35 899
142 214112 783
413 756' 186 353
1122865
3924280
452 397
107 778
1785
„ 4. „ 1904*1
44 810
162 867111763
410 763 219 773
999326
4404158
609630
136938
1763
» « 3. , 1
1904
23 827
145 682
128 553
379 179
246478
1072 835
1 3508461
768461
44223
1 762
*) Abgeändert infolge nachträglicher Berichtigungen. ^) £rste Zählung der Hausschlachtungen.
— 233 —
— Kilaigreioh PreuBen. Die EriebniSM der Schlachtvieh- und Fielschbeschau sowie der TrichincMchaa
In Vierteljahre von I. Okteber hie 31. Dezemher 1907. (Stat. Korrespondenz.)
I. Aligemeine Schlachtvieh- und Fleischbeschau
IL Trichinen-
schau
Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau
vorgenommen wurde
Zahl der
Davon
1 In
auf Trl-
waren
1 1 T __
Kälber
bis
.1
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4
1 3 Monate alt
QQ
'B
1
2
3
5 , 6 1 7
8
9
10
11
12
13
14
Kalenderjahr 1907 M .
90688
291959
879818968989 400126 2287718 9 868 485
1470918
1761841771
12855 814
650
2477
1906 .
959% 314762 285877 982305 445797 2154583 7 993 444' 1556846
168581 1159410 528187
5333109
I.Vierteljahr 19072) .
242511 72571 65019 2331521 89695 572364 2 462 799 1 284398
40747I 595 3 769185
169
765
2. „ 1907») .
17452 70132 71833 2275051 93942! 653935 2 2331081 304378
5234U 355 2 414315,124
429
3. ^ 1907 >j .
18685 732311 77042 250305 134551 1 547738.2 240 259 507631
24519 315 2317 971
138
545
4. , 1907 . .
80146; 79025 65924 2579671419881 5186812927 829 880511
58528 506 4858848
219 788
davon ^^^^^^^ '^^
;J? November 1907
8998 31329! 23320; 90439 55869| 166863
920781 158575
21679 132 1066 950
60
235
10555 24870 20725' 82111' 46113! 154998
973 559; 128309
221911 169 1502 494
67
240
*™- Dezember 1907
10592 22826 21879' 85417i 39956 191820
1032 989 93627
14658, 205 1784 399
92
263
4. Vierteljahr 1906 .
30861 80927 63732 244111! 118603 435231
2 430 297 368783
63965 481
3 653 363
179
844
4. Vierteljahr!
'
1907 mehr . .
- - 2192
138561 23335 78450
497 032 11728
- 25
700480
40
—
geg.4. Viertel- weniger
716 1902. -
—
— —
— 1 —
5437
—
—
—
106
jähr 1906
j
oder in jmehr. .
Hundertteilenlweniger
—
—
8,44
5,68
19,67 18,02
20,45' 3,18 -
5,20
19,17
tt,3ft
—
2,32
2,35
— —
—
—
___
8,50
—
~~"
—
12,56
') Die Zahlen für das Jahr 1907 enthalten nicht alle
RQckfragen ftlr das 4. Vierteljahr 1907 noch nicht beendet
träglicher Meldungen.
nachträglich gemeldeten Schlachttiere, weil die
sind. — '■') Berichtigtes Ergebnis infolge nach-
— Deutschlande Einfuhr an Fleisch und tierischen
Fetten Im dritten Vierteijahr 1907.
I. Fleisch und Zubereitungen von Fleisch.
Die Einfuhr von Fleisch zeigt auch im
dritten Vierteljahr d. J. eine sehr beträcht-
liche Abnahme gegenüber der gleichen Zeit
des Voijahres, sie hat auch nicht ganz die Höhe
der Einfuhr im zweiten Vierteljahr d. J. erreicht.
Die Gesamteinfuhr an Fleisch und Fleischwaren
ist in den ersten drei Vierteln des Jahres 1907
bereits um 268011 dz kleiner als in der
gleichen Zeit des Jahres 1906. Dieser Rückgang
ist am stärksten bei frischem Schweinefleisch,
aber auch bei frischem und zubereitetem Rind-
fleisch ist ein sehr bedeutender Rückgang in
der Einfuhr zu verzeichnen. In den einzelnen
Fleischsorten ist die Einfuhr folgende gewesen:
Juli- geg. Juli- Jan.-
Sept. Sept. Sept.
1907
dz
25 132
6065
5425
5 740
1421
718
Rindfleisch, frisch
„ einfach zubereitet
Schweinefleisch, frisch
„ einfach zubereitet
Schweineschinken . .
Hammelfleisch . . .
1906
1907
dz
dz
-10397
100150
- 3093
22 967
-14 880
19 997
- 2091
16 748
— 1106
5 671
- 35
1866
Jan.-
Sept.
1907
dz
128
8369
160
Juli- geg. Juli-
Sept. Sept.
1907 1906
dz dz
Ziegen- usw. Fleisch,
zum feineren Tafel-
genuß zubereitet . . 63 — 3
Schweinespeck . . . 2 677 — 6 391
Fleischwürste . . . 64 — 6
47 305 -38002 176 056
Der Gesamtwert der vorstehenden
Fleischeinfuhr berechnet sich für die Zeit
vom 1. Januar bis 30. September d. J. auf
17 365 000 M.
II. Tierische Fette.
Die Einfuhr tierischer Fette zeigt vom
1. Juli bis 30. September d. J. gegenüber sowohl
dem zweiten Vierteljahr d. J. als auch gegen-
über dem dritten Vierteljahr des Vorjahres eine
beträchtliche Steigerung, doch ist diese
lediglich einer vermehrten Einfuhr an für unsere
Industrie wichtigen Rohfetten zuzuschreiben,
während speziell die Einfuhr des als Nahrungs-
mittel wichtigen Schweineschmalzes stark zurück-
geblieben ist. Die Mindereinfuhr an Schweine-
schmalz stellt sich in diesem Jahre bis 30. Sep-
tember bereits auf 136 077 dz. Die Gestaltung
— 234 —
der Einfuhr der verschiedenen Fettsorten gibt
nachstehende Zusammenstellong wieder:
Juli- geg. Juli- Jan.-
Sept. Sept. Sept.
1907 1906 1907
dz dz dz
Schmalz V.Schweinen 290 314 — 1583 785 361
Oleomargarin .... 77 241 — 243 231 984
Schmalz von Gänsen,
Rindermark n. andere
schmalzartige Fette 2 836 +1 801 3 710
Schweine- und Gänse-
fett roh 109 4- 85 124
Schweineflomen. . . 14—66 48
Premier jus . . . .21361 +5197 43121
Talg von Rindern und
Schafen 58 821 — 2 253 164 102
Knochenfett , Abfall-
fette 17127+7 930 35 612
Fischtran, Robbentran 52 900 +15 367 145 561
Fischspeck, Robben-
speck 510—568 1415
Tierfett anderw. nicht
genannt . . . , . 701 + 568 1467
521 934 +26 235 1412 505
Der Gesamtwert der Fetteinfuhr stellt
sich nach den vorläufigen Berechnungen für die
ersten drei Vierteljahre 1907 auf 114216 000 M.
Bttcherschau.
— Schiemenz, P., Unsere Versorgung mit
frischem Fischfleisch.
Festrede
zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des
Kaisers. Berlin 1907. Paul Parey.
Die Fleischteuerung, die im Jahre 1904 in-
folge der zu geringen Ernte an Futterkartoffeln
eintrat, hat Stadtverwaltungen und industrielle
Betriebe daran denken lassen, den Fisch und
besonders den Seefisch als Volksnahrungsmittel
zu verwerten. Dabei hat sich, wie aus der von
Seh. mit Bedeutung verarbeiteten Statistik hervor-
geht, gezeigt, daß die See- wie die Binnen-
fischerei nicht in der Lage ist, den Bedarf an
Fischen zu decken.
Die Statistik, so wertvoll sie an sich ist,
ist nach Seh. für die besagte Frage mangel- und
lückenhaft ; denn sie verzeichnet die Fischeinfuhr
und -ausfuhr nur ungenau. Das liegt in den
gesetzlichen Vorschriften begründet, in denen
der Gesetzgeber mit Rücksicht auf die Ver-
derblichkeit der Ware und die aus einer Kon-
trolle entstehende Belästigung und Erschwerung
der Fischerei für die Seefischerei zuläßt, daß
„die von inländischen Fischern im Meere oder
in anderen das Zollgebiet begrenzenden Ge-
wässern gefangenen und an das Land gebrachten
frischen Fische, Muscheln, Schaltiere und der-
gleichen, mit Ausnahme von Austern, so weit
diese zollpflichtig sind, von der Anmeldepflicht
befreit sind'^ Die Menge der von ausländischen
Fischern gefangenen eingeführten Seefische da-
gegen ist genau bekannt.
Unsere Einfuhr von lebenden Süßwasser-
fischen war von 1899—1901 erheblich größer,
als in den folgenden Jahren. 1902 fiel sie bei-
nahe auf die Hälfte, um dann wieder eine lang-
same Steigerung zu zeigen. Bei den toten Süß-
wasserfischen ist seit 1899 eine bedeutende
Vermehrung des Konsums eingetreten. Die Ein-
fuhr von frischen Seefischen hat sich seit 1899
mehr als verdoppelt. Unser Mehrbedarf an Süß-
wasserfischen wird aus Österreich, Rußland,
Schweden, Holland, Frankreich, Rumänien, Italien
und den Vereinigten Staaten gedeckt Ja, selbst
Sibirien, Ägypten und Nordafrika beteiligen sich
an der Einfuhr. Sibirien importiert hauptsächlich
Lachse, Ägypten und Nordafrika Aale.
Der Konsum von Seefischen war ursprüng-
lich fast auf das Küstenland beschränkt. Ver-
suche, die Seefischerei im großen zu betreiben,
wurden von Hamburger Firmen schon 1866
unternommen, scheiterten aber an dem Mangel an
Verbindungen mit dem Binnenland und den zu
hohen Frachten. Seit 1885 floriert die deutsche
Hochseefischerei, 1896 gab es bereits 91 deutsche
Fischdampfer. Zurzeit sind 220 vorhanden, die
ihre Fahrten im Norden bis nach Island und im
Süden bis an die Küste von Marokko ausdehnen.
Neben dem großartigen Ausbau des Eisenbahn-
netzes und der Verbesserung der Transport-
möglichkeiten ist es vor allem die Errichtung
von Fischereihäfen und Auktionshai leu in der
Nähe der Küste wie in Altona, Hamburg, Geeste-
münde usw., die den Aufschwung unserer See-
fischerei bedingt hat. Einer ungefähren Fest-
stellung zufolge zieht die deutsche Seefischerei
aus dem Fang von frischen, unmittelbar für den
menschlichen Konsum bestimmten Fischen einen
Ertrag von durchschnittlich rund 20 Millionen
Mark. Dabei betrug die Steigerung des Fanges
in den letzten sechs Jahren in der Nordsee
ungefähr 30 Proz.
Für die Beurteilung des Verbrauches an
Süßwasserfischen, den Deutschland, wie aus den
eingangs angeführten Zahlen über den Import
hervorgeht, längst nicht mehr decken kann, ist
eine einwandfreie Statistik nicht vorhanden.
Seefische werden im wesentlichen tot verhandelt,
sie müssen schnell verkauft werden, daher findet
ihr Verkauf mehr Öffentlich statt. Der Handel
mit Süßwasserfischen spielt sich dagegen —
und dies ist der Grund für die Unbrauchbarkeit
— 235 —
der Statistik — größtenteils im Klein- und
Privathandel ab. Im allgemeinen gibt die
Statistik aber, wie Seh. sehr treffend an zwei
Beispielen zeigt, viel zu geringe Zahlen an.
Auch die in der Literatur gemeinhin angegebenen
Höchsterträge an Fischfleisch bei wilden Wasser-
flächen sind nach Seh. viel zu niedrig gegriffen.
Die allgemein gewordene Klage über die
Verödung unserer Binnengewässer beruht auf
einer falschen Beurteilung der Vorgänge, welche
sich in unserer Siißwasserfischerei vollzogen
haben. „In früheren Jahren hatten nur die-
jenigen Bewohner Fische, welche sich in Ort-
schaften am Wasser aufhielten; hier gab es
früher reichlich Fische .... Durch das Empor-
wachsen der Riesenstädte richtet sich der Strom
(die A^erteilung der Fische. D. Ref.) bei den
heutigen bequemen Transportmitteln dorthin . . .
Früher hatten die Fischerorte Fische und die
Binnenstädte keine, heute verschwinden die
Fische in den großen Städten mit ihren Millionen
und Hunderttausenden von Einwohnern, «reiche
willig jeden Preis für Süßwasserfische zahlen."
Es sind so z. B. in den Jahren 1896—1901 un-
gefähr doppelt so viel Süßwasserfische in Berlin
konsumiert worden, als Seefische. Auch in der
Provinz überwiegt der Verbrauch von Süßwasser-
fischen denjenigen an frischen Seefischen er-
heblich.
Besonders ist es die billige Plötze, welche
im Binnenland auf den Markt kommt, und die
vom Arbeiter namentlich dem toten Seefisch vor-
gezogen wird, dessen Geruch ihn abschreckt.
„An dem Konsum der frischen Seefische beteiligen
sich besonders die Beamten und besseren Hand-
werker . . . Deshalb ist gerade im Beamten-
stand, also im Mittelstand, der Glaube vorhanden,
daß im wesentlichen mehr Seefische gegessen
werden, als Süßwasserfische". Der — in den
größeren Städten — konstatierte stärkere Konsum
an Seefischen beschränkt sich jedoch im großen
und ganzen auf die Wintermonate, bzw. die
kühlere Jahreszeit.
Die Überlegenheit der Stißwasserfischerei
ist nach Seh. in folgenden Momenten begründet:
Der tote Seefisch muß in kurzer Zeit verkauft
werden, der lebende Süßwassertisch braucht
nicht gleich verhandelt zu werden. Daher ißt
ihn das Publikum im Sommer so gern wie im
Winter. Der Seefisch riecht immer fischig. Dies
ist ein Grund, der viele vom Genuß abhält. Bei
der leichten Verderblichkeit des toten Seefisches
herrscht bei den Konsumenten eine große Furcht
vor Zersetzungen desselben und dem Entstehen
der so hochgefährlichen Fischgifte. Zudem ist
der anfangs billige Preis der Seefische in den
letzten Jahren sehr gestiegen. Der kleine Mann
muß heute für den toten Seefisch 30—35 Pf.
zahlen, während die lebende Plötze nur 30—40 Pf.
kostet.
Bei der starken Nachfrage nach Süßwasser-
fischen muß die Stißwasserfischerei weiterhin
darauf bedacht sein, die Produktion unserer
Teiche und Gewässer zu erhöhen. Daß eine
solche Ausdehnung, z. B. der teichwirtschaftlichen
Betriebe, statthat, dürfte aus folgenden Angaben
hervorgehen. Der 187. Teil des Königreiches
Sachsen besteht aus Fischteichen mit 7989,11 h.
Bayern hatte vor wenigen Jahren 24 992 Teiche
mit 13 865 h Grundfläche. Der Regierungsbezirk
Lüneburg allein besitzt 3293 Teiche, Schleswig
Holstein 5677 Teiche mit 4149 h. Einzelne Teich-
wirtschaften verkaufen pro Jahr bei stetiger
Steigerung ihrer Produktion für eine Viertel-
million Karpfen.
Trotz dieser so hohen Ziffern könnte die
Teichwirtschaft ihre Erträge noch bedeutend
steigern, wenn überall richtig und rentabel be-
wirtschaftet würde. Zum Teil wird aber über-
haupt noch nicht bewirtschaftet, ein Teil der
Teiche wird nie abgelassen, mit dem stets inten-
siver werdenden Betriebe mehren sich die Krank-
heiten, ohne daß ihnen die genügende Auf-
merksamkeit geschenkt würde.
Auch auf die Wildfischerei hat man, zum
großen Segen derselben, immer mehr und mehr
die Prinzipien der modernen Teichwirtschaft über-
tragen. Aber es wird in dieser Beziehung immer
noch nicht genug getan. Wenn wir an allen Orten
mit dem ungesunden und unrationellen Prinzip der
Schonung brechen würden, ließen sich die Er-
träge der Wildfischerei leicht um das sechs- bis
achtfache erhöhen. Einer gedeihlichen Ent-
wicklung in diesem Sinne stehen leider noch
einige Bestimmungen des Fischereigesetzes und
der Ausführungsbestimmungen zu demselben ent-
gegen.
An dem Beispiel des Sees bei Groß-Glienicke
zeigt Seh. dann auf Grund von Angaben des
bekannten Großfischmeisters Mahnkopf aus
Spandau, wie schädigend auf den Ertrag eines
Sees das übertriebene Schonprinzip wirken kann.
Wohl waren früher mehr Fische in den Gewässern,
aber es wurden auch, da die Transportmöglich-
keiten fehlten, viel weniger herausgefangen.
Daher das „Fischgewimmel früherer Zeiten".
Durch übermäßige Schonung wird ein See nicht
nur bezüglich seines Ertrages geschmälert,
sondern ruiniert. Raubfische, wie Welse, Barsche
und Hechte, die bei sachgemäßer Befischung
in ihrer Vermehrung zurückgehalten werden, und
schlechte, minderwertige Friedfische wie Bleie
nehmen überhand. Zu viele Fische in einem
Gewässer nehmen sich gegenseitig die Nahrung
236
alle wachsen schlecht, mit jedem Lebensjahre
wachsen sie, obwohl sie mehr fressen, schlechter;
es ist also unrentabel, alte und große Fische
zu züchten. Grtlndliche, alljährliche Ausfischung
sichert den größten Ertrag eines Sees.
Schs. Ansicht, die er auch anderen Ortes
vertreten hat, daß nicht gehörig befischte Seen
außerordentlich häufig parasitäre Erkrankungen
ihrer Bewohner zeigen, sollte allen modernen
Fischproduzenten eine Warnung sein. Je älter
ein Fisch ist, desto mehr können sich Parasiten
in ihm ansiedeln, desto mehr sorgt dieser Fisch
für die Heranzüchtung von Parasitenjungbrut.
In der Bekämpfung und Ausrottung der oben
angeführten, auf falschen Voraussetzungen be-
gründeten Ansichten beruht ein Teil der Arbeit,
welche die Süßwasserfischerei zu tun berufen
ist, wenn sie das eingangs angedeutete Ziel, der
Nation billige und gute Fischnahrung zu ver-
schaffen, erreichen will. Sie muß dies um so mehr,
als ihr im Handel mit seinem Dampferverkehr,
der Industrie und dem schnellen Wachstum
unserer Städte mit ihrer Abwässerbeseitigung
gefährliche, mächtige und für die National-
ökonomie wichtigere Mitbewerber an der Be-
nutzung der Flußläufe und Gewässer entstanden
sind. Willy Pfeiler.
Neue Eingänge.
— Kitt, Bakterienkunde und Pathologische
Mikroskopie fOr die Tierarzte und Studierende der
Tierhellkunde. 5., wiederholt verbesserte und
umgearbeitete Auflage. Wien 1908. Verlag von
Moritz Perles. Preis 15 M.
— I. VeJIednIng red bedommelse af ked 1908.
II. Undersagelsesregler for kadkontrol 1908.
Udarbejdet paa foranledning af kedkontrol^r-
foreningen for danske dyrlaeger. Godkendt af
Landbrugsministeriet. Kjebenhavn 1908.
— Benneoke, A., Studien Ober GefiBerkran-
kungen durch Gifte. Habilitationsschrift Rostock.
Berlin 1908.
— Pomayer, C, Das ZurOckhaKen der Nach-
geburt beim Rind. Berlin 1908. Verlag von
Richard Schoetz. Preis 2,50 M.
— Sven Wall, Die Kolik des Pferdes. Stock-
holm 1908.
— Hottba, P. K. M., La Cutte oontre la tuber-
culose bovine en Holland. S.-A. ans „L'^cho
v6t6rinaire" 1907, März.
— Dorset, M., Mc. Bryde, C. N. and Nlles, W. B.,
Further Experiments concerning the production
of Immunlty ft^om Hogcholera. U. S. Departe-
ment of Agriculture. Bureau of animal Industry.
Bull. Nr. 102. Washington 1908.
— Graham, C. K., Squab Investigatlons. Storrs
Agricultural Experiment Station. Storrs Conn.
Bull. Nr. 50. November 1907.
— Llgnl^res, J., Estudio i Informs, presentado
al MInIsterlo de Agricultura por la Comislön encar-
gada de Investigar la efAcaola y poder Immnnl-
zante de las Vacunas contra el Carbuncio, Pasteurelas
y Tristcza. Buenos Aires.
— Bertolinl, G., Osservazionl sulla „Bllharzia
crassa" (Schlstosomum bovis) e suile afterazioni da
essa prodotte. S.-A. aus „La Clinica veterinaria"*,
1908, Nr. 1.
— Oberwarth, E. und Rablnowitsob, L, Über
die Resorptionsinfektion mit Tuberkelbazillen vom
Magendarmkanal aus. S.-A. aus der Berl. Klin.
Wochenschr. 1908, Nr. 6.
— Nietner, Bericht Ober den XIV. Internationalen
KongroB fQr Hygiene und Demographie. Berlin,
23.-29. September 1907. Bd. I. Berlin 1908.
i Verlag von August Kirschwald
— Augsburg. Bericht ttber die Verwaltung des
Stadt. Schlacht- und Viehhofs pro 1906. Augs-
burg 1907.
— Stadt Ijixemburg, Reglement, betreff, die
Flelschbftnke und Wursterelbetriebe. Luxemburg 1908.
— Rensoignements statistiques sur le Service
sanitaire k rAbattoir de la Ville de Luxembourg
pendant l'ann^e 1907.
Kleine Mitteilungen«
— Unter welchen Voraussetzungen sind bei
Tuberkulose die intermuskuiaren LymphdrOsen an-
zuschneiden? Als Beitrag zu der Frage, wann
die Fleischlymphdrüsen bei Tuberkulose an-
geschnitten werden müssen, möchte ich folgenden
Fall zur Veröffentlichung bringen:
Bei einer etwa sieben Jahre alten Kuh
waren die Lungendrüsen, eine einzige Gekrös-
drüse, die retropharyngealen und die unter der
Ohrspeicheldrüse gelegenen Lymphdrüsen tuber-
kulös. Die retrophaiyngealen Lymphdrüsen ent-
hielten hühnereigroße Erweichungsherde. Bei
weiterer Untersuchung fand sich in jedem
Fleisch viertel eine tuberkulöse Lymphdrüse; es
waren erkrankt beide Bugdrüsen und je eine
Kniefalten- und Kniekehldrüse. Die Leber-,
Nieren- und inneren Dannbeindrüsen waren un-
verändert. Thur mann -Altena i. W.,
Schlachthofdirektor.
— Zur Kenntnis des Parasitismus der Pentastomon.
Max Koch (Arbeiten aus dem Pathologischen
Institut zu Berlin) fand unter 75 Hunden in Berlin
5 mal Linguatula rhinaria, also soviel wieDeffke
1891 (6,50/0). wahrend die Zahl der Parasiten-
träger die gleiche geblieben ist, hat die Individuen-
zahl der Parasiten beträchtlich zugenommen.
Deffke fand immer nur wenige Exemplare, Koch
bei seinen 5 Hunden insgesamt 37 Exemplare. Bei
400 Leichen Erwachsener, die im Pathologischen
- 237 —
Institut der Universität Berlin von Juli 1904,05
untersucht wurden, waren 47 (=:llJ5Vo) ^^^ ^^^
Parasiten behaftet Mithin hat eine Abnahme
der Parasiten seit Einführung der Fleischbeschau
nicht stattgefunden, wobei allerdings zu beachten
ist, daß nicht bloß die Hanstiere, sondern auch
Wild (Hasen und Rehe) Träger der Larven
des Parasiten sind.
— Zunahne der Sohweinetuberkulose in den
Vereinigten Stnaten. Nach Moore und Dawson
(Report of the Bureau of animal Indnstry for
1905/06, Washington 1907) zeigt die Schweine-
tuberkulose in den letzten 6 Jahren in den vom
U. S. Bureau of animal Industry überwachten
Schlachthöfen der V. St. folgende Zunahme:
1900 . . . 0,023%
1901 ... 0,035 „
1902 . , . 0,077 „
1903 . . . 0,32 y,
1904 ... 0,63 „
1905 . . . 0,81 „
Diese Zunahme ist zum Teil eine Folge sorg-
fältigerer Untersuchungen, im wesentlichen aber,
wie der frühere Leiter des U. S. Bureau of
animal Industry, Salmon, betont hat, durch die
zunehmende Verabreichung roher Milchrückstände
bedingt.
— Zur Beteitlgnno der Kaninohenplage. In
Australien ist ein 2000 englische Meilen langes
Kaninchengatter mit einem Kostenaufwand vod
5 Millionen Mark fertiggestellt worden, um die
von der Kaninchenplage noch nicht heimgesuchten
Distrikte zu schützen. In dem Gatter befinden
sich von fünf zu fünf Meilen große Fallen, in
denen sich die Kaninchen fangen. Die ge-
fangenen Kaninchen werden in den Gefrier-
schiffen, die zum Export von Rind- und Schaf-
fleisch dienen, nach England exportiert, von wo
ein kleiner Teil auch nach Hamburg gelangt.
Der mechanische Kaninchenschutz ist eingerichtet
worden, nachdem sich die bakteriologischen
Mittel zur Bekämpfung der Kaninchenplage in
Australien als erfolglos erwiesen hatten.
— Der Jaiireswert der Miiolipreduktlon des
DeutiClien Relclis wird in den „Mitteilungen des
Milchwirtschaftlichen Vereins im Algäu^ bei
einem Bestände von rund 10 Millionen Kühen
und einem jährlichen Milchertrag von nur 2000 1
auf das Stück und einen Preis von 9 Pf. für das
Liter Milch auf 1800000 000 M. berechnet.
— Zur KOlillialtunfl der Mlloli Im Hause empfiehlt
M. Kaiser Kühlkisten, wie sie von Prausnitz
schon im Jahre 1904 und neuerdings auch von
Speck aus dem Flügge sehen Institut angegeben
worden sind. Da Eis für die Kühlhaltnng zu
teuer ist, wird die Kühlung in den Kühlkisten
durch Leitungs- oder Brunnenwasser besorgt,
das, alle 8—9 Stunden erneuert, die Temperatur
der Milch unter 20 ^ C hält.
— Vereinbarungen fUr Bewertung von Miloii bei
Wettbewerben. Bei Wettbewerben für Frischmilch,
die in den Vereinigten Staaten von Nordamerika
seit zwei Jahren stattfinden, geschieht die Be-
urteilung nach folgender Bewertnngsliste:
Höchstzahl
der Punkte
Geruch und Geschmack 40
Zusammensetzung 25
Bakteriengehalt 20
Säuregrad 5
Aussehen von Verpackung und Inhalt 10
Insgesamt 100
Bei einem im März 1907 in Cleveland ver-
anstalteten Wettbewerb war die Milch 3 Tage alt,
als sie beurteilt wurde. Hierbei ist der Bakterien-
gehalt der Milch wie folgt bewertet worden:
Höchstzahl
In 1 ccm der Punkte
bis zu 10000 Keimen 20
10000 bis nicht voll 25000 „ 19
25000 „ „ „ 50000 „ 18
50000 „ „ „ 75000 „ 17
75000 „ „ „ 100000 „ 16
Für je 25000 Bakterien über 100000 im
ccm war ein Punkt abzuziehen, und beim Vor-
handensein einer ungewöhnlich hohen Zahl
schädlicher Bakterien konnten je nach den Ver-
hältnissen weitere Abzüge gemacht werden.
Tagesgeschichte.
— M. G, de Bruin f. Am 7. März ist der
Professor an der Reiehstierarzneisehule zu Utrecht,
Professor M. G. de Bruin, an den Folgen einer
Infektion gestorben, die er sich hei einer an einem
Pferde vorgenommenen ZahnoperaHon zugezogen hatte.
De Bruin ist nach 1 4 jähriger Praxis als Dozent
an die holländische tierärztliche Lehranstalt berufen
worden und hat sieh in den 15 Jahren seiner dortigen
Wirksamkeit durch seine Lehrtätigkeit als Erzieher dei'
angehenden und durch seine schriftsteUerische als Berater
der praktischen Tierärzte eine gleich hohe, Bedeutung rrr-
sehafft. De Bruin war eine der Zierden der Utrechter
Anstalt und weit über die Grenzen seines Vaterlandes
geachtet und verehrt. In de Bruin paarten sich die
hervorragenden Eigenschaften des Gelehrten mit den
Vertrauen, Freundschaft und lAebe weckenden eines
guten Mensehen. Die praktischen Tierärzte in den
Niederlanden hingen an ihn mit Verehrung, weil er
die großen Schwierigkeiten gewissenhafter Praxis ans
eigener Erfahrung kannte und deshalb jederzeit gern
bereit war, die praktischen Tierärzte zu verstehen und
ihnen zu helfen. Was mir an de Bruin besonders
sympathisch war, ivar nein Interesse an den deutschen
238 —
Verhältnissen. Er schätzte die Feinheit den fran-
zösijtchen Wesens, aber das deutsche lag ihm
näher. Deshalb führte ihn auch sein Weg immer
und immer wieder nach Deutsehland, De Bruin
hinterläßt in Deutschland Freunde nicht nur an den
tierärztlichen Hochschulen, sondern auch unter Hei-
beschäftigten praktischen Tierärzten, mit denen er sieh
auf die Praxis begab^ um zu lernen, wie er sich be-
scheiden ausdrückte. Fr war auch ein genauer
Kenner der deutschen Literatur^ die er durch ein be-
deutendes Werk, .^eine „Geburtshilfe beim Binde",
bereiehert hat. Mich verband Freundschaft mit dem
ausgezeichneten Manne. Als ich ihn zum letzten Male
vor einem halben Jahr im Kreise seiner Familie und
im Kreise der holländiMchen Tierärzte sah, habe ich
nicht geglaubt, daß dem Leben dieses Mannes, der
großen Jloffnung der holländi^hen Tierärzte für die
Zuhtnftj so rasch ein Ziel gesetzt würde. Bin Bild
des Lebens! Er ruhe im Frieden! Osteriag.
— Eine neue Zeitschrift für Fleisolibeeeliau.
Unter der Redaktion der Herren Carreau,
Roussean, Ledere und Moreau erscheint in
Reims als Monatsschrift die „Revue pratique des
abattoirs et de Tinspection des viandes et
comestibles**.
— Städtisclie Untertucliungsftfliter. Nach dem
Etat für das kommende Rechnungsjahr besteht
das wissenschaftliche Personal des städtischen
Untersuchungsamts in Berlin aus dem Direktor,
2 Abteilungsvorstehern, 7 ständigen, 4 nicht-
ständigen Assistenten und 3 Assistentinnen. —
F(ir Koblenz ist die Errichtung eines Nahrungs-
mitteluntersuchungsamts ministeriell genehmigt
worden.
— Regelung der Besoldung des Solilaolitliof-
direktors in FranicfUrt a. 0. Dem Schlachthof-
direktor Resow in Frankfurt a. 0. ist lebens-
längliche Anstellung und ein von 4000-5000 M.
steigendes Gehalt neben freier Wohnung, Licht
und Heizung gewährt worden.
— Das neue Geliaitsreguiativ für bayerisclie
Staatsbeamte, dessen Entwurf nunmehr veröffent-
licht worden ist, sieht folgende Gehaltssätze vor:
a) filr den Landes tierarzt 8400— 11 400 M.
(^Höchstgehalt vom 13. Dienstjahr ab);
b) für die Professoren der Tierärztlichen
Hochschule, die Kreistierärzte, den Landszucht-
inspektor, den Landgestütstierarzt, die Landstall- |
meister und den Gestütdirektor 6000-8100 M I
(Höchstgehalt vom 13 Dienstjahr ab); |
c) für die außerordentlichen Professoren der
Tierärztlichen Hochschule 3600—6000 M. (Höchst-
gehalt vom 13. Dienstjahr ab);
d) für die Bezirkstierärzte y000-G0(X) M.
i Höchstgehalt vom IG. Dienstjahr ab).
Bei den Professoren an der Tierärztlichen
Hochschule ergibt sich eine Erhöhung des ctats-
mäfiigen Gehalts durch den Bezug eines Anteils
an den Eolleggeldem.
— Zur Nstierung der Sohlaciitviebprelse nach
Lebendgewicht Um eine einwandfreie Notierung
der Schlachtviehpreise nach Lebendgewicht zu
erlangen, haben die Reichstagsabgeordneten
Graf V. Schwerin-Löwitz und Dr. Roesicke
folgende Resolution im Reichstag eingebracht:
„Der Reichstag wolle beschliessen: den Herrn
Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage noch
in dieser Session einen Gesetzentwurf vorzulegen,
durch welchen für solche Märkte und markt-
ähnlichen Veranstaltungen, welche dem Handel
mit Schlachtvieh in größerem Umfange dienen,
Anordnungen zu treffen sind, welche eine zu-
verlässige Feststellung der Viehproise nach
Lebendgewicht gewährleisten."
— VerfGgung, betr. Tuberkulosestatistilc In
ötTentlioben Schlaohthöfen. Durch allgemeine Ver-
fügung Nr. 3 für 1908 des Königl. preußischen
Ministeriums für Landwirtschaft vom 17. Januar
1908 ist angeordnet worden:
„Die Zusammenstellungen der öffentlichen
Schlachthöfe über die Befunde von Tuberkulose
bei Schlachttieren, Anlage D der Bundesrats-
bestimmungen über die Fleischbeschau- und
Scblachtungsstatistik, kommen vom 1. Januar d. J.
ab in Wegfall.
Wir ersuchen, die Schlachthofverwaltungen
hiervon mit dem Hinzufügen zu verständigen,
daß die Zusammenstellungen für das Jahr 1907
in der bisherigen Weise noch einzureichen sind.
Um einen Überblick über die in Preußen
vorhandenen öffentlichen Schlachthöfe zu be-
halten, ersuche ich, der Minister für Landwirt-
schaft, Domänen und Forsten, mir fortan alljähr-
lich im Januar, erstmalig im Januar 1909, eine
Anzeige über etwaige Zu- und Abgänge an
öffentlichen Schlachthöfen zu erstatten. Der Ein-
reichung von Fehlanzeigen bedarf es nicht. ^
— Außerordentiiohe Fleiscbbescbau. Im Reg.-
Bez. Breslau sind nach der „Allg. Fleisch.-Ztg.^*
die beamteten Tierärzte angewiesen worden,
fortan die Fleisch-, Wurst-, Wild- und Geflügel-
liandlungen sowie die auf Wochenmärkten und
bei ähnlichen Gelegenheiten eingerichteten
Fleischverkaufsstellen zu revidieren.
— Neuer Unfall durob Verwendung der Sobiacbt-
pistole. In Erkerode bei Braunschweig wurde
ein Schlächtergeselle durch ein Geschoß aus
einer Schlachtpistole, die während des Gebrauchs
zu Boden fiel und sieh hierbei entlud, am Arm
verletzt.
— Triobinose. Nach Zeitungsmeldungen brach
in der Familie der Gutsbesitzersw^itwe H.
zu Skaisgirren, die ein Schwein schlachten
ließ, ohne es auf Trichinen untersuchen
— 239
zu lassen, nach dein Genüsse des Fleisches
Trichinosis auf. Die Frau und zwei Kinder
liegen schwer darnieder, während die übrigen
Erkrankten leichter betroffen sind.
— Trichinen beim Bftren. In der Auslands-
fleischbeschaustelle zu Berlin wurden in einem
Bärenschinken Trichinen nachgewiesen.
— Trichinenfunde in Schweden. Nystedt
führt im letzten Jahresbericht über die Fleisch-
beschau in Stockholm an, daß bei schwedi-
schen Schweinen in 0,0557% ^^^ Fälle, bei
eingeführtem amerikanischen Schweine-
fleisch in 0,567% der Stücke Trichinen nach-
gewiesen worden seien.
— Zur Einfahrung der Trichinenechau in Bayern.
Die Einführung der obligatorischen Trichinen-
schau ist in Regensburg und Kaiserslautern
in Aussicht genommen, in Bern eck in der
Oberpfalz beschlossen worden.
— Wieviel kostet einer Stadt die Trichinen-
schau? Diese Frage beantwortet Dr. Böhm-
Nürnberg in einem sorgfältig durchgearbeiteten
Expose für einen gut geregelten Betrieb. Er
weist zur Zerstreuung von Bedenken in süd-
deutschen Gemeinden, in denen die Trichinen-
schau noch nicht besteht, nach, daß durch die
Einrichtung der Trichinenschau den Gemeinden
ein Reingewinn für die zu schaffenden Ein-
richtungen in Aussicht stehe, ohne daß das
Fleisch mit mehr als 1 Pf. für das Kilogramm durch
die Kosten der Trichinenschau belastet werde.
— Der Fleischverbrauch in Deutschland und der
Geldwert des verzehrten Fleisches in den letzten
drei Jahren. Nach einer im „Berliner Tageblatt^
veröffentlichten Statistik betrugen:
^ -,, . , , , Der Geldwert des ver-
Der Fleischverbrauch, . _^ t:,i • u
,- « 1. V j TT zehrten Fleisches
abzüglich der Haus- , ,
®, , , nach den
Schlachtungen: n oi. ^ i
^ Großhandelspreisen :
1905 2 299115 Tonnen 3,07 Milliarden M.
1906 2 259 553 Tonnen 3,21 Milliarden M.
{— 39 562 Tonnen (+ 137 Millionen M.)
gegenüber dem
Vorjahr)
1907 2 452 753 Tonnen 3,15 Milliarden M.
(+193 200 Tonnen (— 64 Millionen M.)
gegenüber dem
Vorjahr)
Im Jahre 1907 hat also der gesamte Fleisch-
verbrauch gegenüber dem Jahre 1906 wieder er-
heblich zugenommen, und die Gesamtausgabe
hierfür war gleichwohl, wenigstens nach der
Preisnotierung im Großhandel, geringer als im
Vorjahr. An der Steigerung des Fleischkonsums
ist hauptsächlich das Schweinefleisch be-
teiligt, dessen Konsum von 1906 auf 1907 um
222 964 Tonnen (mehr als 20 Proz.) zugenommen
hat. Da der Preis für Schweine von 1906 auf
1907 um ca. 18 Proz. gesunken ist, so erklärt
es sich, daß trotz der Zunahme des Konsums
der Geldwert des verzehrten Schweinefleisches
von 1,46 Milliarden Mark im Jahre 1906 auf
1,45 Milliarden Mark im Jahre 1907 zurückging.
Für Rindfleisch wurden 1906 1,39 Milliarden
Mark verausgabt, 1907 nur 1,33; dem Rückgang
der Ausgaben für Rindfleisch entsprach eine
fast ebenso starke Abnahme des Konsums. Die
I Menge des verzehrten Kalbfleisches nahm
1907 gegenüber 1906 um 6666 Tonnen (4 Proz.)
zu, die Wertsumme, die hierfür im Großhandel be-
zahlt wurde, ging von 274 Millionen im Jahre 1906
auf 286 im Jahre 1907 oder um rund 5 Proz.
hinauf. Der Konsum an Schaf fleisch und
damit auch der Geldwert des verzehrten Schaf-
fleisches sind in den letzten drei Jahren un-
unterbrochen zurückgegangen.
— Tuberkuiosetiigung in Livland. Professor
Dr. Happich teilte in der Sitzung des Vereins
livländischer Tierärzte mit, daß sich die Kartell-
kommission der baltisch- litauischen Herdbuch-
gesellschaften entschlossen habe, die Tuberkuiose-
tiigung nach dem ostpreußischen Muster ein-
zuführen.
' — Abdomlnaityphus und Milch. Anläßlich einer
; in jüngster Zeit in Wien vorgekommenen Typhus-
epidemie, bei der etwa 50 Personen erkrankt
sind, und die nach Lage der Umstände auf
Verschleppung durch Milch zurückgeführt
werden mußte, wies Obersanitätsrat Professor
Dr. Weich selbanm auf das Häuflgkeits Verhält-
nis der Typhus Verschleppung durch Milch nach
einer Statistik von Schüder hin. Von 638
Typhusepidemien verschiedener Länder, die Seh.
aus den drei Dezennien 1870—1899 zusammen-
gestellt hat, konnten 71 Proz. auf Wasser und
17 (ganz sicher 12,5) Proz. auf Milch zurück-
geführt worden.
— Gegen das ÜbermaB von Sammelmeikereien.
In Sachsen -Weimar wird nach der „Kölner
Zeitung" Material gesammelt, um zu verhindern,
daß mehr Molkereien entstehen, als dem Landes-
interesse dienlich ist. Es wird befürchtet, daß
die Sammelmolkereien dazu führen, daß siimtliche
Milch in diese abgeführt und der Milchgenuß
bei den Produzenten über Gebühr eingeschränkt
wird. Eine derartige Folge sei bereits in
Hannover eingetreten, das die meisten Molkereien
aufweist. Das Sinken der Militärtauglichkeits-
ziffer in Hannover wird auf die Einschränkung
des Milchgenusses auf dem Lande zurückgeführt.
— IX. internationaler Tierärztlicher Kongreß im
Haag. Das Exekutivkomitee des im September
1909 im Haag tagenden IX. Internationalen Tier-
ärztlichen Kongresses teilt durch den Präsidenten
— 240 —
W. C. Schimmel und den Generalsekretär
D. A. de Jong folgendes mit:
1. Wegen des Internationalen Medizinischen
Kongresses in Budapest, der ebenfalls im Jahre
1909 stattfindet, kann das genaue Datum des
Tierärztlichen Kongresses erst später bekannt
gegeben werden.
2. Auskünfte erteilen 4ie Herren:
Dr. D. A. de Jong, Generalsekretär des
Exekutivkomitees, in Leiden; Dr. H. Remmelts,
zweiter Schriftführer des Exekutivkomitees, im
Haag; Dr. H. Markus, zweiter Schriftführer
des Exekutivkomitees, in Utrecht.
3. Sobald nach Beratung mit dem ständigen
Ausschuß der Internationalen Tierärztlichen
Kongresse Sicheres festgesetzt ist, wird Näheres
über die Organisation des Kongresses zur Mit-
teilung gelangen.
4. An die Mitglieder des ständigen Aus-
schusses richtete das Exekutivkomitee die Bitte,
in den Ländern, die sie vertreten, nationale
Komitees zur Förderung des Kongresses im
Haag zu bilden.
5. Das Exekutivkomitee hat sich mit der
Kurverwaltung Scheveningen in Verbindung ge-
setzt, um den Mitgliedern des Kongresses während
ihres Aufenthaltes in Holland den Besuch dieses
bekannten Weltbades so angenehm wie möglich
zu gestalten.
— Der XVI. Internationale Medizinische Kongreß
findet in Budapest in der Zeit vom 29. August
bis 4. September 1909 statt.
Personalien.
Auezeiohnungen : Es wurde verliehen dem
ofessor Dr. Sußdorf, Direktor der Tierärzt-
lichen Hochschule in Stuttgart, das Ehrenkreuz
der Württembergischen Krone, mit dem der
persönliche Adel verbunden ist. Professor Dr.
M. Sciilegel, Vorstand des Tierhygienischen
Instituts der Universität Freiburg, ist zum ordent-
lichen Honorarprofessor ernannt worden.
Ernennungen: Dr. Grabert, Leiter des
Bakteriologischen Laboratoriums am städtischen
Schlachthof zu Breslau, zum Kreistierarzt und
Leiter der Kgl. Auslandsfleischbeschaustelle in
Stettin; Tierarzt Fauß-Geißlingen zum Stadt-
tierarzt in Giengen a. Br.; Schlachthoftierarzt
Fimmers mann -Osnabrück zum Schlachthof-
direktor daselbst; Tierarzt Dr. Kormann-
Dresden zum ü. Schlachthoftierarzt in Görlitz; der
städtische Tierarzt Heinrich Lohbeck-Duis-
bnrg-Meiderich zum Schlachthofdirektor daselbst;
Tierarzt Eckardt- Ammweiler zum Schlachthof-
tierarzt in Graudenz; Tierarzt Schneider-
Siegburg zum Schlachthoftierarzt in Bremen;
Tierarzt Engelmann- Frankfurt a. M. zum
H. Schlachthof tierarzt in Osnabrück ; Schlachthof-
tierarzt Kirsch -Harburg zum Polizeitierarzt in
Hamburg; Schlachthofvorsteher Heinemann-
Goslar zum Schlachthofdirektor daselbst und
Franz We i s s -Wolgast zum Schlachthofdirektor
daselbst; die Tierärzte Friedrich Hohe-Dachau
und G. Rühm-Perlach zu Schlachthof tierärzten
in München; Gerhard Schmidt- Sinsheim zum
Assistenten am Seucheninstitut der Tierärztlichen
Hochschule zu Stuttgart.
Der Direktor des Bakteriologischen Instituts
der Landwirtschaftskammer für die Provinz
Pommern, Dr. F. Schmitt, ist xuin außerordent-
lichen Professor an der Tierärztlichen Hoch-
schule zu München ernannt worden.
Gestorben : Schlachthof direktor S c h ö nwe i 1 e r
Pforzheim und Schlachthoftierarzt Schroeder-
Kassel.
Vakanzen.
Schlachthofstellen:
Duisburg-Meiderich: 1. Schlachthoftior-
arzt, 3000 M. Bewerbungen an den Oberbürger-
meister.
Erfurt: Schlachthoftierarzt zum L Mai. Ge-
halt 3400 M., steigend bis 4900 M. Bewerbungen
an den Magistrat.
Esse n(Ruhr): Schlachthof obertierarzt, 3500M.,
steigend alle 2 Jahre um 250 M. bis 5750 M. Ge-
suche an den Oberbürgermeister.
Freiburg i.Br.: Assistent am tierhygienischen
Institut, 1500 M., freie Wohnung, Licht, Heizung.
Bewerbungen an den Institutsvorstand.
Lübeck: IL Tierarzt zum 1. April. Gehalt
2400 M. Bewerbungen sofort an die Verwaltung
des öffentlichen Schlachthofes.
Ostrach (HohenzoUem): Tierarzt ftlr Fleisch-
beschau, Wartegeld 1000 M. Bewerbungen an
den Bürgermeister.
Spangenberg: Tierarzt für ambulatorische
Fleischbeschau. Meldungen an den Magistrat
Für die Übersendunij von interessanterem
Mate?iul aus dem Gebiete der Tierseuchen
und der parasitären Kra7ikheiten der Haus-
tiere XU SammlimyS' und Forschungs-
xivechen unter meiner Adresse an
das Kaiserliche Gesundheitsamt
Gross- Lichter felde W.
würde ich den Herren Kollegen sehr zu
Dank verpflichtet sein. Ost er tag.
Verantwortlicher Redakteur (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Ostertag in Berlin. — Verlag von Richard Schoet2 In Berlin.
Zeitschrift
fOr
Fleisch- und Milchliygieiie.
Achtzehnter Jahrgang. Mal 1908. Heft 8.
Original-Abhaiidlimgeii.
(Nachdraek Terbotan.)
Beitrag zum Vorkommen vereinzelter
Cysticerci celiuloeae beim Scliwein.
Von
Dr. Werner Meyer - Weimar,
Btidtlschem SchUchtbofdirektor.
Während das sporadische Vor-
kommen des Cysticercus inermis des
Eindes zumeist die Regel bildet, treffen
wir beim Schwein häufiger eine Massen-
invasion des Cysticercus cellulosae an.
Immerhin sehen aber die Ausführungs-
bestimmungen A zum Reichsfieischbeschau-
gesetz im § 37 III, 4a und § 40 2 Abs. 1
sogar den Fall der sog. Einfinnigkeit auch
bei Schweinen vor.
Seit einem Zeitraum von mehr als
2^/2 Jahren kamen am hiesigen Schlacht-
hofe nur zwei Fälle von Vorhandensein
echter Schweinefinnen vor. Beide Fälle
sind insofern bemerkenswert, als es sich,
wenn auch nicht um sog. Einfinnig-
keit, so doch um vereinzeltes Vor-
kommen des C. cellulosae handelte.
Der erste Fall ereignete sich im
Oktober 1905. Wegen generalisierter
Tuberkulose schnitt ich bei einem etwa
^/^ Jahre alten Landschwein die Körper-
lymphdrüsen an und fand in jeder Bugdrüse
2 bzw. 3 echte Schweinefinnen von
reichlich Hirsekorngröße. Bei genauer
Untersuchung des gesamten Körpers nach
Zerlegung in 2V2 kg schwere Stücke
konnten nur noch zwei Exemplare dieses
Parasiten, welche gleichfalls nur gut hirse-
korngroß waren, in der Schultermuskulatur
gefunden werden. Ohne Zweifel führte
lediglich die gleichzeitige Anwesenheit
generalisierter Tuberkulose zur Auffindung
der Finnen.
Der zweite Fall ereignete sich am
9. April d. J. Auch hier betraf er ein etwa
•'*/4 jähriges Landschwein. Nach Heraus-
schneiden der Proben für die Trichinenschau
fand sich an der Schnittfläche der Unter-
zungenmuskulatur eine echte Schweine-
finne und bei genauer Durchsuchung nach
Zerlegung der Zunge noch ein zweites
Exemplar. Beide Finnen waren klein-
erbsengroß. Eine peinliche Untersuchung
des gesamten Köi-pers nach seiner Zer-
legung zum Kochen förderte kein
weiteres Exemplar dieses Parasiten zu-
tage.
Daß es sich in beiden Fällen um
C. cellulosae handelte, bewies einmal der
Sitz, zum anderen die mikroskopische
Untersuchung. Beim ersten Tiere waren
nämlich die Finnen mit 22—28, beim
zweiten nur mit je 22 sensenförmigen
Haken bewaffnet.
Da es sich in den vorbeschriebenen
Fällen um „Mehrfinnigkeit" handelte, so
wurden beide Schweine gemäß § 38
B. B. A unter 11 b, 3 im gekochten Zu-
stande der Freibank überwiesen.
Über die Verwendung von Baicterien zur
Rattenvertiigung.
Von
Dr. Xyiander- Dresden,
Oberarzt im 1. (Leib*) Grenadier- Regiment Nr. 100.
Wiederholt sind Versuche angestellt
worden, ein zuverlässiges Vertilgungs-
mittel für die Ratten, diese lästigen
Nager, zu finden. Besondere Aufmerk-
samkeit widmete man diesen Tieren, als
in ihnen die gefthrlichen Überträger der
— 242 —
Pest erkannt wurden. So ist seinerzeit
in Deutsehland die Eattenvertilgungsfrage
der Pestgefahr wegen für so wichtig ge-
halten worden, daß von selten des Beichs-
gesundheitsrates eine eigene Kommission
gewählt wurde, die mit dem Ausflndig-
machen eines wirksamen Verfahrens zur
Vertilgung der Batten sich beschäftigen
sollte. Auch andere Länder widmeten
sich dieser Frage, so Frankreich, Eng-
land, Amerika und in jüngster Zeit auch
Dänemark. — In letzterem Staat ist durch
Beichsgesetz jährlich eine bestimmte
Summe ausgeworfen, die an Vereinigungen,
welche sich mit der Battenvertilgung be-
fassen, als Prämie bzw. Unterstützung
ausgezahlt werden soll.
Leider gibt es bis jetzt noch kein
einigermaßen wirksames Mittel zur ratio-
nellen Vertilgung der Batten auf Ge-
höften usw., welches zur allgemeinen Ver-
wendung geeignet wäre.
Alle die zur Vernichtung vorgeschla-
genen Mittel, wie Fallen, Battengift,
Phosphorlatwerge, Meerzwiebel, Clayton-
gas führten zu keinem sonderlichen Besul-
tat (Nehringi), Loriga^). Auch die in
Südafrika versuchte Vertilgung der Batten
mittelst Frettchen, hat sich nicht bewährt,
da diese Tiere selbst der Pestinfektion
erliegen (Blackmore^).
Die Tatsache, daß es gelingt, mit dem
Löfflerschen Mäusetyphusbazillus unter
den Mäusen eine für den Menschen an-
sclieinend ungefährliche Seuche hervorzu-
rufen, führte zu dem Versuche mit den
verschiedensten, meist bei Batten gefun-
denen Bakterien, auch unter diesen
Nagern eine Epizootie hervorzurufen.
Neben diesen vielen anderen, wie schon
gesagt, meist bei Batten gefundenen und
auch zum Teil für diese pathogenen Bak-
terien — Issatschenko^), Toyama^),
Klein<^, Neumann^), Schilling^),
Aujeszky^), Xylander^^) — interessiert
uns am meisten eine gewisse Species,
welche zur Vernichtung der Batten heran-
gezogen wurde und von der auch neuer-
dings einige im Handel zur Vertilgung
der Batten vertrieben werden. Es sind
dies der Bazillus Danysz, Dunbar und
Batin.
Danysz^^) fand während einer Epi-
demie unter den Feld- und Waldmäusen
in Charny en Seine einen Bazillus, welcher
sich in Laboratoriumsversuchen bei Ver-
fütterung für alle Mäusearten pathogen
erwies, während er anfangs für Batten
wenig pathogen war.
Durch Tierpassage gelang es, dem-
selben eine erhöhte Virulenz zu geben,
so daß er bei Verfttttertrag für Batten
äußerst virulent war. Leider haben sich
die auf den Bazillus Danysz gesetzten
Hoffnungen nicht verwirklicht. Die Ver-
suche, welche Danysz in der Praxis an-
stellte, ergaben ja ein verhältnismäßig
günstiges Besultat, indem an 50 Proz.
der Versuchsorte eine fast völlige Ver-
nichtung, an 30 Proz. eine Verminderung
und nur an 20 Prozent ein negatives
Besultat erzielt wurde; jedoch stehen
den positiven Erfolgen, welche bei der
Nachprüfung der Danyszschen Angaben
Braunsteini2), Kister und Köttgen^^^
erzielten, andere mit zweifelhaftem oder
überwiegend negativem Besultat entgegen
— Kolle'4), AbeP^), Markl»^), Krauß^^)^
Williams^^), Bosenau^^).
Über Laboratoriumsversuche mit eindm
Bakterium, das von Dun bar bei einer
unter seinen Versuchsratten aufge-
tretenen Epizootie isoliert wurde, be-
richtet Trautmann^o). Dunbar beobach-
tet seit mehreren Jahren unter dem Tier-
bestande, vorwiegend den Versuchsratten
des Hamburger hygienischen Instituts
eine manchmal seuchenhaft, öfters mehr
vereinzelt auftretende Infektionskrankheit,
die in ihren Erscheinungen mehr oder
minder stark an die Pest der Nager er-
innert: Abmagerung, lebhafte Injektion der
Gefäße des Unterhautzellgewebes, bis auir
Bohnengröße anschwellende, zuweilen
hämorrhagische oder auch eingeschmolzene
Bubonen, sowie öfters punktförmige Nekrose
243 —
der Leb^r und namentlich Milz, Hyperämie |
der Lungen. Bei Fütterungstieren ent-
zündeter Darmtraktus mit stark durch-
scheinenden, geschwollenen, öfters gerun-
zelten Peyerschen Drüsenhaufen, sowie
Schwellung der sämtlichen Lymphdrüsen.
— Diese große Ähnlichkeit des makro-
skopischen Sektionsbefundes mit dem bei
Pestratten, veranlaßte Dunbar für Ham-
burg von der Verwendung des Bakteriums
im Kampfe gegen die Hatten abzusehen.
Gleichwohl suchte er die Pathogenität
seines Bazillus gegenüber Ratten durch
Laboratoriumsversuche festzustellen. Es
gelang ihm in 45 bis 50 Proz. der Fälle,
die zu diesen Versuchen verwendeten
grauen Batten zu vernichten.
In neuester Zeit wird nun zur Ver-
tilgung von wilden Batten ein Bakterien-
präparat in den Handel gebracht, welches
den von G. Neumann^i) in Aalborg aus
dem Hain eines zweijährigen, an einer
(Zystitis leidenden Kindes, gezüchteten
.,Ratinbazillus'^ enthält.
Versuche im Laboratorium und teil-
weise auch in der Praxis, welche mit
diesem Batinbazillus bzw. dem Bakterien-
präparat Ratin zur Vertilgung der wilden
Ratten angestellt wurden, ergaben nicht in
jedem Falle ein befriedigendes Resultat,
immer blieben mehrere Tiere am Leben.
— Bahr22), Xylander^s). —Dies haben
auch teilweise die inzwischen von der
Landwirtschaftskammer in Halle ^) im
großen in der Praxis angestellten Versuche
bestätigt. — In dem fraglichen Bericht
heißt es: „An einzelnen, örtlich begrenzten
Plätzen ist das Ratin unwirksam.^'
Interessant ist nun zunächst das kul-
turelle und biologische Verhalten
dieser drei Arten von Rattenbazillen.
Die Erreger sind kleine, schlanke, typhus-
ähnliche Stäbeben. Sie sind mit den gebräuch-
iicben Anilinfarben gut darstellbar; die Färbung
nach Gram gelingt nicht. Die Erreger sind leb-
haft beweglich; bei Benutzung der Geißelfärbung
sieht man an ihnen eine Anzahl peritricher Geißel-
fäden. Sporenbildung wurde nicht beobachtet.
In Bouillon tritt gleichmäßig starke Trübung auf,
es bildet sich nach Verlauf einiger Tage ein
Häutchen, das nach längerem Stehen im Brut-
schrank zu Boden sinkt.
Milch wird nicht zur Gerinsung gebracht,
es wird in ihr nach mehitSg^ein Wachstum stark
Alkali gebildet, mit der Zeit wird sie gelblich
und fast durchsichtig.
In Lackmusmolke tritt inneffialb 24 Stun-
den starke Rötung auf. Vom dritten Wachs-
tumstage an nimmt die Molke unter zunehmender
TrQbung einen bläulichen Ton an, bis sie unter
Klärung nach 4 bis 5 Tagen intensiv veilchen-
blau geworden ist. Am dritten bis vierten Tage
bildet sich auf der Oberfläche eine Kahmhaut,
die bald zu Boden sinkt.
Die von Löffler angegebene Malachit-
GrUnlösung wird nach 12 bis 18 Stunden ge-
trübt und entfärbt.
In Traubenzuck eragar erfolgt Vergärung
und Gasbildung.
Bouillon mit Zusatz von Glukose, Maltose^
Arabinose, Xylose .und Dulcit wird vergoren,
dagegen mit einem solchen von Laktose, Saccha-
rose und Adonit nicht.
In Neutralrotagar erfolgt Gasbildung und
Fluoreszenz.
Das ganze Verbalten der drei Bakterien
auf den verschiedenen Nährböden läßt
schon erkennen, daß man es mit
Vertretern der großen Gruppe der so-
genannten Fleischyergifter zu tun hat.
Durch eingehende Agglutinationsversuche
haben weiterhin Trautmann^^) und
Xyl anderes) fesi gestellt, daß sie sich
identisch erweisen mit dem Bac. paratyph.
enteritidis (Gärtner).
DieVirulenz desDanysz-Dunbar und
Satinbazillus ist eine sehr schwankende.
Nach Feststellung der beiden vorgenann-
ten Untersucher gelingt es auch mit
den verschiedensten Arten der Virulenz-
steigerung nicht, eine gleichmäßig an-
dauernde Virulenzsteigerung grauen Ratten
gegenüber zu erzielen. Stets zeigt sich
die Wirksamkeit der für zahme Batten
und weiße Mäuse hoch virulenten Bakterien-
stämme gegenüber grauen Hatten unsicher
und beschränkt. Nach den einschläg-
lichen Untersuchungen ist der Grund für
dieses refraktäre Verhalten eines großen
Teiles der grauen Eatten in dem Vor-
handensein von Schutzstofifen im Blute
— 244 -
mancher Tiere zu suchen. Die Entstehung
dieser anscheinenden Immunität führen
Trautmann und Xy] ander auf eine in
früherer Zeit bereits überstandene leichte
Infektion mit gleichen oder verwandten
Krankheitserregern bzw. auf hierduixh
gebildete Schutzstoffe zurück.
Was eine derartige Gelegenheits-
infektion glaubhaft macht, ist der Um-
stand, daß die in Frage kommenden In-
fektionseiTCger in der Tat sehr verbreitet
sein müssen. Die Literatur der letzten
Jahre hat uns darüber aufgeklärt, daß
Bakterien, die der Paratyphusgruppe zuzu-
rechnen sind, nicht nur in menschlichen
und tierischen Abgängen, Leichen usw.,
sondern auch in verunreinigtem Trink-
wasser (Sternberg), Schmutzwasser usw.
vorkommen. Die hier isolierten Stämme
sind manchmal recht wenig oder gar nicht
infektiös für Versuchstiere gewesen. Ein
Beweis für ihre Unschädlichkeit ist dies
jedoch keineswegs, haben wir ja doch auch
bei anderen pathogenen Bakterienstämmen
sehr oft eine Abnahme der Virulenz.
Wenn wir nun in Erwägung ziehen,
daß sich die Hatten vorwiegend an Unrat-
stellen, wie Abfallschächten, Tierställen,
Kanälen, Abdeckereien usw. aufhalten, so
erscheint es sehr wahrscheinlich, daß sie
dort mit den oben genannten Bakterien
der Qärtnergruppe in Berührung kommen
und sich infizieren bzw. immunisieren. In
der Tat fand Xylander bei seinen Unter-
suchungen, daß Eatten, die aus einer
Knochenmühle stammten, also dort Ge-
legenheit hatten mit Fleischabfällen aller
Art in Berührung zu kommen, sich bei
Verfütterung dem Batinbazillus gegenüber
refraktär verhielten. In dem Blut konnten
gewisse gegen den Batinbazillus gerichtete
Schutzstoffe nachgewiesen werden.
Aus den vorstehenden Ausführungen
läßt sich unschwer erkennen, daß man
mit den für weiße Eatten sehr virulenten
Bakterien — Danysz-Dunbar-Ratin —
zur Rattenbekämpfung in der Praxis
wenigstens bei uns wahrscheinlich keinen
größeren als mittelmäßigen Erfolg haben
wird. Man hat eben mit der erworbenen
Immunität der wilden Ratten zu rechnen.
Selbst bei Verwendung eines vollvirulenten
Stammes wird mau wohl auf die Ver-
nichtung von kaum mehr als die noch
vöUig unberührten bzw. nur mangelhaft
geschützten Ratten rechnen können. Nach
den von den verschiedenen Unter-
suchern angegebenen Resultaten wird
man nur immer auf ungefähr 50 Proz.
Erfolg rechnen können. Vermutlich wird
diese Prozentzahl noch kleiner werden,
wenn durch das Ausstreuen wenig viru-
lenter oder gar avirulenter Keime den
Ratten Gelegenheit gegeben wird, mit
den Bakterien in Berührung zu kommen
und sich auf diese Weise zu immunisieren.
Die Verwendung von Bakterienkulturen
im Kampfe gegen die Ratten wird aus
biologischen und mechanischen Gründen
wohl stets sehr eingeschränkt sein. Sie
wird für gewisse Verhältnisse noch da-
durch erschwert, daß zurzeit bedingungslos
menschenunschädliche Bakterienstämme
nicht bekannt sind. Es ist Bonhoffs
Verdienst, auf die enge Verwandtschaft
des Löfflerschen Mäusetyphusbazillus mit
den Erregern des menschlichen Paratyphus
hingewiesen zu haben; und Trommsdorff
wieder hat mehrfach vor der Möglichkeit
einer menschlichen Infektion durch ihn
gewarnt. Es scheint zwar diese Varietät
etwas milder zu sein, als die Enteritidis-
Spielart, da bei der ersten hitzebestän-
dige Gifte nicht mit Sicherheit nach-
gewiesen sind. Umsomehr ist auf die
Bakterien der Enteritidisgruppe , bei
welchen derartige, Menschen und auch
Tiere schädigende Gifte vorkommen, die
obige Warnung auszudehnen.
Diese Artzugehörigkeit der Bakterien
zur Gärtnergruppe*) weist gleichzeitig
1
*; Raebi^er zwar^ibt an, der Rattenbazillus
(Ratin?) sei nicht identisch mit dem Paratyphus,
wohl aber der Danyszbazillus. Einen weiteren
Beweis für seine Behauptung ftthrt er nicht an.
Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene, 1908,
^Autorreferat.)
— 245
nachdrücklich darauf hin, daß bei Ver-
wendung des Bakteriums in der Praxis
Vorsicht zu walten hat. Mit anderen
Worten, so lange es nicht gelingt, auf
irgendeine Weise den Beweis zu er-
bringen, daß diese genannten Bakterien
sich wesentlich von den Vertretern der
Gärtnergruppe unterscheiden, müssen die-
selben als echte Vertreter dieser Gruppe
angesehen werden, und es sind Menschen,
Kinder wie Erwachsene, femer nament-
lich auch große Haustiere durch die-
selben in nicht unerheblichem Maße ge-
fährdet. Wenn auch in den Prospekten,
welche Danysz- und Batinbazillen zur
Battenvertilgung anpreisen, ausdrücklich
versichert wird, daß diese Bakterien un-
schädlich sind far andere Tiere und
Menschen, so sind damit die ernsten
Bedenken, die einer systematischen Aus-
streuung von pathogenen Keimen von
hygienischer Seite entgegenstehen, immer
noch nicht aus dem Wege geschafft.
Literatur.
^) Nehring, Hygienische Rundschan. 1899.
Nr. 25.
2) Loriga, Rev. hyg. tome 21. p. 719. 1899.
3) Blackmore, Lancet. 1902. Oktober.
*) a) IssatscheDko, Zentralblatt für Bakt.
u. Parasitkd. Bd. 23 u. 31.
b) Grimm, ebenda Bd. 81. S. 286.
^) Toyaraa, Zentralblatt fttr Bakt. u. Para-
Bitenkd. Bd. 33. S. 273.
ö) Klein, ebenda. Bd. 32. S. 674.
^) R. 0. Neu mann, Zeitschrift für Hygiene
u. Inf. Bd. 45. S. 450.
") Schilling, Arbeiten ans dem Kaiserl.
Gesundheitsamt. Bd. 18. S. 108.
^) Aujeszky, Zentralblatt für Bakteriologie.
Bd. 36. S. 603.
'^) Xylander, Arbeiten ans dem Kaiserlichen
Gesundheitsamt. 1906. Bd. 24. S. 196.
") Danysz, Annales de l'institnt Pasteur. 190^.
p. 193.
*^} Braunstein, Deutsche med. Wochenschr.
1901. S. 577.
13) Kister und Köttgens, Deutsche med.
Wochenschr. 1901. S. 18.
") Kolle und Martini, Deutsche medizinische
Wochenschr. 1902. Nr. 1—4.
15) Abel, Deutsche med. Wochenschr. 1901.
S. 869.
16) Markl, Zentralbl. für Bakt. und Parasitkd.
Bd. 31. Nr. 6.
1^ Krauß, Deutsche med. Wochenschr. 1901
Nr. 22.
1^ Williams und Klein. Lancet vol. 2. p. 440.
1^) Rosenau, Ref. im Arch. f. Tierheilkde. 1907
30) Trautmann, Zeitschrift für Hygiene und
Inf. Bd. 54. S. 104.
31) Bahr, Zentralbl. für Bakt. und Parasitkde.
Bd. 39. S. 203.
32) Bahr, 1. c.
3^ Xylander, Arbeiten aus dem Kaiserlichen
Gesundheitsamt Bd. 29, Heft 1.
3*) Mitteilungen der Deutschen Landwirtschafts-
gesellschaft 1906, Nr. 18.
33) Trautmann, 1. c.
Enthalten die Tierkörpermehle Ptomaine
und Toxine?
Experimentelle Untersuchungen über die in
faulendem Fleisch vorkommenden Ptomaine und
deren Verhalten bei gleichzeitiger Einwirkung
hohen Druckes und hoher Temperaturen.
Von
Dr. Haefoke, Berlin-Friedenau.
Seit etwa zwölf Jahren ist in Deutsch-
land auf einem der wichtigsten Gebiete
der Hygiene eine Bewegung im Gange,
die zielbewußt und sicher fortschreitet
und mit jedem Jahr in erfreulicher Weise
an Terrain gewinnt. Es ist das die
Modernisierung des Abdeckereiwesens
durch Einführung des sogenannten thermo-
chemischen Verfahrens. Die Grundlage
dieses Verfahrens bildet bekanntlich die
Eigenschaft des Fleisches und der Knochen,
durch die Einwirkung hochgespannten ge-
sättigten Wasserdampfes in relativ kurzer
Zeit soweit entwässert und entfettet zu
werden, daß die zurückbleibenden festen
Bestandteile in geeigneter Weise ein-
getrocknet werden können.
Die in ihrer ursprünglichen Form zu
den bedenklichsten Abfallstoffen zu
rechnende Kadavermasse wird auf diese
Weise in Stoffe oder Produkte zerlegt,
welche unbegrenzt lagerfähig sind und
bei normaler Behandlung keinerlei • Nei-
gung zeigen, Zersetzungsvorgängen
anheimzufallen. Da außerdem durch die
stundenlange Einwirkung vonTeraperaturen
— 246
bis zu 150 Grad eine absolut sichere Ab-
tötung der in den Kadavern eventuell
vorhandenen Ansteckungskeime erzielt
wird, so kann das thermochemische Ver-
fahren der schärfsten Kritik des
Hygienikers standhalten.
Aber auch der Volkswirt kann dem
thermochemischen Verfahren sein# An-
erkennung nicht versagen. Werden doch
alle in den Tierleichen enthaltenen Wert-
stoffe in ihrer Gesamtheit in den Pro-
dukten wiedergewonnen, während nur das
wertlose Wasser verloren gegeben wird,
und zwar in. völlig steriler Form und frei
von fäulnisfähiger organischer Substanz.
Gerade diese Möglichkeit, das verarbeitete
Rohmaterial in vollwertige Produkte um-
zusetzen, sichert dem thermochemischen
Arbeitsverfahren seine Zukunft.
Dabei darf nicht vergessen werden,
daß es bei der Einführung dieser Pro-
dukte mancherlei Schwierigkeiten zu über-
winden galt. Dem Fett räumte man wohl
gleich den Platz eines nicht nur brauch-
baren, sondern sogar gesuchten Roh-
materials in der Seifensiederei ein, aber
dem durch Eintrocknung der extrahierten
Fleisch- und Knochenmassen erhaltenen
Tierkörpermehl brachte man schon Miß-
trauen entgegen, als es zunächst als
Düngemittel in den Handel gebracht
wurde. Ganz allgemeiner Widerstand,
ja fast absolute Ablehnung auf der ganzen
Linie wurde ihm aber zuteil, als man
versuchte, das Tierkörpermehl als Futter-
mittel flir die landwirtschaftlichen Nutz-
tiere einzuführen und auf diese Weise
eine höhere Verwertung des neuen Pro-
duktes zu erzielen. Veranlaßt wurden
diese Versuche durch die guten Erfah-
rungen, welche man mit der Verfütterung
des bekannten, aus den Rückständen der
Fleischextraktfabrikation gewonnenen so-
genannten Liebigschen Fleischfuttermehls
gemacht hatte.
Der erste Einwand, den man gegen
das mit dem Odium eines Abdeckerei-
produktes belastete Tierkörpermehl erhob,
war die Möglichkeit, daß in ihm infolge
Verarbeitung von Seuchenkadavem pa-
thogene Keime enthalten seien, und des-
halb durch seine Verintterung Seuchen
verschleppt werden könnten. Trotzdem
der Hinweis auf die bei der Herstellung
angewendeten Temperaturen von 140 bis
150 Grad genügen mußte, um die Halt-
losigkeit dieses Einwandes zu beweisen,
bedurfte es doch jahrelanger Aufklärung
und Belehning, um in den beteiligten
Kreisen alle Bedenken in dieser Richtung
zu zerstreuen.
Als diese erste Schwierigkeit glück-
lich überwunden war, tauchte der weitere
Einwand auf, daß in dem Tierkörper-
mehl Leichenalkaloide, Ptomaine, ent-
halten sein könnten, von denen nicht er-
wiesen sei, daß sie durch die Einwirkung
hoher Hitzegrade zerstört würden. Es
bestände deshalb die Gefahr, daß bei
der Verfütterung des Tierkörpermehls
gelegentlich Vergiftungen vorkommen
könnten.
Zunächst muß konstatiert werden, daß
dieser zweite Einwand erst erhoben
wurde zu einer Zeit, wo schon jahre-
lang in großen Mengen Tierkörpermehle
der verschiedensten Provenienz verfiittert
waren, ohne daß jemals Unregelmäßig-
keiten aufgetreten wären, welche das
Vorkommen von Giftstoffen der erwähnten
Art hätten vermuten lassen. Dabei
wurden von den Urhebern dieser Be-
denken keinerlei konkrete Fälle angeführt,
welche geeignet gewesen wären, die Be-
rechtigung ihres Einwandes zu unter-
stützen. Es blieb vielmehr den Anhängern
der Tierkörpermehlftttterung überlassen,
den Nachweis dafür zu erbringen, daß
Leichenalkaloide, Ptomaine und Toxine, in
dem Tierkörpermehl nicht enthalten sind.
Professor Glage in Hamburg hat sich
in dankenswerter Weise der Aufgabe
unterzogen, durch umfangreiche Tierver-
suche die Ptomainfrage zu klären. Er
stellte aus Kadavermaterial, in dem er
durch Verfüttern an Schweine, Mäuse und
— 247 —
Ratten nnd durch Yerimpfen an Kanin-
chen und Meerschweinchen das Vorhanden-
sein von toxisch wirkenden Giftstoflfen
nachwies, Tierkörpennehle her, mit denen
er monatelang Schweine fütterte, ohne
daß dabei in irgendeiner Weise Unregel-
mäßigkeiten bemerkt wurden oder schäd-
liche Wirkungen beobachtet wären. Viel-
mehr konnte er feststellen, daß die Zu-
nahme an Körpergewicht und das All-
gemeinbefinden stets sehr günstig waren,
und daß das Fleisch der mit diesem
verdächtigen Tierkörpermehl gefütterten
Schweine sich weder in rohem noch in
zubereitetem Zustande in irgend einer
Weise als minderwertig erwies.*)
Die Beweiskraft der G lag eschen Ver-
suche ist nicht anzuzweifeln, und irgend-
welche nennenswerten Widersprüche gegen
dieselben sind auch nicht laut geworden.
Ich möchte aber trotzdem nicht unterlassen,
im Nachstehenden die wichtigstenKesultate
einer Arbeit zu veröffentlichen, die ich
bereits in Angriff genommen habe, als
sich Glage noch nicht mit der Ptomain-
frage beschäftigte. Im übrigen sind die
Ergebnisse meiner Arbeit, die sich auf
rein chemisch-experimentellem Gebiet be-
wegt, sehr wohl geeignet, die Glageschen
Versuchsergebnisse zu ergänzen und in
wirksamer Weise zu stützen.
Dabei will ich von vornherein fest-
stellen, daß ich bedauerlicherweise infolge
äußerer Umstände nicht in der Lage war,
die vor mehreren Jahren begonnenen Unter-
suchungen zu dem Abschluß zu bringen,
den ich ihnen gewünscht hätte und den
ich mir ursprünglich als Ziel gesetzt hatte.
Da ich aber infolge unaufschiebbarer und
wichtiger anderer Arbeiten in der näch-
sten Zeit kaum Gelegenheit finden werde,
meine Untersuchungen fortzusetzen, habe
ich mich entschlossen, das bis jetzt Ge-
fundene der Öffentlichkeit zu übergeben.
Mit dem Moment, in dem das Leben
aus dem menschlichen oder tierischen
*) Glage, Über die Tierkörpennehle, Monats-
hefte für praktiBche Tierheilkunde, Bd. 13 und 14.
Organismus schwindet, beginnt der Zer-
fall der organischen Substanzen, aus
denen sich der Körper aufbaut. Es tritt
zunächst ein Stadium der sauren Fäulnis
oder Gärung ein, während dessen die Mus-
keln und inneren Organe die dem ganzen
Körper mit Ausnahme eines Teils des
Verdauungstraktus zukommende alkalische
Reaktion verlieren und deutlich sauer
reagieren. Verursacht wird diese saure
Reaktion durch das Auftreten verschieden-
artiger Säuren, so beispielsweise der
Milchsäure, welche aus Glykogen, Trauben-
zucker und Maltose des Körpers entsteht.
Es handelt sich hierbei um eine Verände-
rung, die ganz ohne bakterielle Mitwirkung
vor sich geht und lediglich durch Enzyme
zur Entwicklung kommen kann.
Dem Stadium der sauren Fäulnis oder
Gärung folgt das Stadium der ammoniaka-
lischen Leichenveränderung, welche auf
die Tätigkeit von Mikroorganismen zu-
rückzuführen ist. Während dieser Periode
entstehen aus den komplizierten Eiweiß-
molekülen und einigen anderen orga-
nischen Stickstoffverbindungen des Tier-
körpers jene basischen Körper, denen zun/
Teil Alkaloidcharakter eigen ist, und
welche wir seit Jahren mit dem Sammel-
begriff „Ptomaine" zu bezeichnen gewöhnt
sind.
Das Wort „Ptomaine" wurde von
Francesco Selmi nach ^rc3//a (gefallenes
Vieh, Kadaver) gebildet und von ihm zu-
erst in seiner später sehr berühmt ge-
wordenen Abhandlung „Alcaloidi cada-
verici" gebraucht, welche er am 9. Februar
1873 der Akademie zu Bologna vorlegte.
In dieser Arbeit stellte Selmi die Be-
hauptung auf, daß in jeder Leiche, gleich-
viel welche Todesursache vorliegt, nach
dem Verfahren von Stas-Otto alkaloi-
dische Substanzen nachgewiesen werden
können, welche bei der Untersuchung
von Leichenteilen in Vergiftungsf&llen zu
den gröbsten Irrtümern Veranlassung
bieten können. An überzeugenden Be-
weisen für die Richtigkeit seiner Be-
248 —
hauptung hat es Selmi in seiner gerichts-
chemischen Praxis nicht fehlen lassen.
Die eng gefaßte Definition Selmis
für die Ptomaine als Leichenalkaloide,
d. h. also als organische Basen, welche
sich beim Faulen von Leichen bilden,
mußte bald eine Erweiterung erfahren.
Man fand derartige Gifte auch in faulen-
dem Mais; man stellte fest, daß giftige
Basen auch im menschlichen und tierischen
Körper intra vitam gebildet werden können,
und man fand endlich, daß verschiedene
Ptomaine, trotzdem sie zweifellos wohl
charakterisierte Basen sind, doch keine
giftigen Eigenschaften haben. Man de-
finierte deshalb später die Ptomaine als
„alkaloidische Stoffwechselprodukte der
Bakterien'^, ohne indessen damit das
Richtige getroffen zu haben. Tatsächlich
fehlt unterschiedlichen Ptomainen der
Alkaloidcharakter,*) und wieder andere
werden nicht durch Mikroorganismen ge-
bildet, sondern sind Stoffwechselprodukte
des Menschen oder einzelner Tierarten,
welche ohne Mitwirkung von Bakterien
entstehen. Man kann deshalb als eine
durchaus präzise und zutreffende Begriffs-
bestimmung die von Kobert**) gewählte
akzeptieren. Nach dieser sind die Pto-
maine Stoffwechselprodukte der Menschen,
der Tiere und der in ihnen teils intra
vitam, teils post mortem unter Umständen
vorhandenen oder sich in menschlichen
Nahrungsmitteln entwickelnden Mikro-
organismen.
Von den Ptomainen sind einige frei
von jeder Giftwirkung, während andere
wieder sehr giftig sind ; letztere hat man
nach dem Vorgange Briegers „Toxine"
genannt.
Neben Selmi und Gautier hat sich
namentlich Brieger sehr verdient ge-
macht um die Erforschung dieses schwieri-
*) Kippenberg er, Grundlagen für den
Nachweis von Giftstoffen bei gerichtlich -chemi-
schen Untersuchungen. S. 68 u. flf. Berlin, 1897.
**) K. Kobert, Lehrbuch der Intoxikationen.
S. 699. Stuttgart 1893.
gen Gebietes. Brieger verdanken wir
in erster Linie Isolierung und Reindar-
stellung zahlreicher Ptomaine und deren
analytische Untersuchung. Er war es,
der zuerst nachdrücklich auf die Quelle
arger Täuschungen aufmerksam machte,
in die man verfallen muß, wenn man dem
bis Mitte der achtziger Jahre allgemein
üblichen Verfahren der Identifizierung der
Ptomaine folgt. Man kann und darf nicht,
gestützt auf Reaktionen, die mit un-
genügend gereinigten syrapösen Extrakten
ausgeführt werden, Unterscheidungsmerk-
male zwischen vegetabilischen und ani-
malischen Alkaloiden und letzteren unter-
einander gründen oder einzig und allein
auf Grund von physiologischen Experi-
menten mit dergleichen Extrakten das
Dasein von Ptomainen herleiten. In die
gebräuchlichen Extraktionsmittel gehen
stets Kali- und Ammoniaksalze sowie
Peptone über, durchweg Substanzen, die
— an und fär sich giftig — sehr wohl
geeignet sind, die Vergiftungserschei-
nungen wesentlich zu modifizieren, sobald
sie in Wechselwirkung treten.
In hervorragendem Maße erleichtert
wird das Übergehen dieser störenden
Substanzen in die Lösungsmittel durch
das aus den Fetten sich abspaltende und
in allen zersetzten tierischen Geweben
sich reichlich ansammelnde Glyzerin. Aber
auch bei den durch Fällungen darge-
stellten Substanzen werden Salze und
Peptone mitgerissen und können hier
ihre störenden Wirkungen bei den Er-
kennungsreaktionen geltend machen. Schon
Gautier*) sprach sich gegen die An-
nahme eines Gruppenreagens für die
Ptomaine aus, wie sie unter anderem von
Brouardel und Boutmy**) in Vor-
schlag gebracht wurde (Blaufärbung der
*) A. Gautier, Ptomaines et leucomaines.
Paris 1886 — und Ballet de Tacadömie de med,
1886, 2.
**) P. Brouardel und E. Boutmy, Compt
rend. T. 92. 1881, 1056 — und Ann. d'hyg. publ,
[3] 5. 1881. 497.
249 —
Ptomaine bei Zusatz von Ferricyankalium
und Eisenchlorid). In wirksamster Weise
unterstützt und begründet wurden aber
Gautiers Einwände erst durch die klassi-
schen Untersuchungen Briegers,*) der
die differente chemische Konstitution der
von ihm isolierten Ptomaine darlegte und
ihr verschiedenartiges Verhalten gegen
die gebräuchlichen Alkaloidreagentien
nachwies. Seit Briegers Arbeiten wird
man in vollem Umfange den Satz unter-
schreiben müssen, daß
sichere Gewähr daflir, ein Ptomain in
Händen zu haben, nur dasjenige basi-
sche Produkt bietet, welches sich ge-
mäß den Kriterien der reinen Chemie
als ein einheitliches Individuum legiti-
miert.
Als ich deshalb der Frage näher trat,
auf chemisch-experimentellem Wege zu
prüfen, ob in dem nach dem sogenannten
thermochemischen Verfahren gewonnenen
Tierkörpermehl Ptomaine und Toxine vor-
handen sind, war ich mir von vornherein
über den einzuschlagenden Weg im klaren.
Es galt, aus einem geeigneten Material
einerseits Ptomaine in absolut einwands-
freier Weise, entsprechend den vor-
stehenden Forderungen, zu isolieren und
anderseits dasselbe Material einer mehr-
stündigen Einwirkung gesättigten ge-
spannten Wasserdampfes auszusetzen, um
danach zu prüfen, ob sich aus diesem
Material nach dem gleichen Verfahren
dieselben Ptomaine und Toxine isolieren
lassen.
In Gemeinschaft mit meinen damaligen
Assistenten, den Herren Dr. F. Tripcke
und Dr. Beyer, unterzog ich mich dieser
in ihren Einzelheiten oft recht zeit-
raubenden Arbeit.
Nach umfangreichen Vorarbeiten, bei
denen die verschiedensten Rohmaterialien
als Ausgangsprodukt Verwendung fanden,
*) L. Brieger, Über Ptomaine. Berlin 1885.
— Derselbe, Weitere Untersuchungen über
Ptomaine, Berlin 1885. — Derselbe, Untersuchun-
gen über Ptomaine. Berlin 1886.
entschlossen wir uns, nur Pferdefleisch zu
verarbeiten, da wir übereinstimmend mit
Brieger fanden, daß hieraus die besten
Ausbeuten erhalten wurden.
Etwa zehn Kilogramm Pferdefleisch wurden
in frischem Zustande samt den darin ent-
haltenen Knochen fein zerhackt, in einer
großen Porzellanschale mit etwas Wasser ver-
rührt und mit Pankreas versetzt. Sodann wurde
das Ganze im Thermostaten bei Bruttemperatur
sich selbst überlassen. Die schon nach kurzer
Zeit eintretende Fäulnis machte sich durch einen
entsprechend intensiven üblen Geruch bemerkbar.
Gleichzeitig stieg in der an Konsistenz zu-
nehmenden Masse die Temperatur während der
ersten zwei Tage um 7® C. Am dritten Tage war
die Masse ganz dick, wurde dann während der
nächsten beiden Tage zähflüssig, bis sie nach
Verlauf von insgesamt acht Tagen eine ganz
dünnflüssige Beschaffenheit angenommen hatte.
Die Hälfte der dünnflüssigen gefaulten
Fleisch- und Knochenmasse wurde mit Salzsäure
angesäuert, aufgekocht und filtriert, und das
Filtrat darauf zu einem Syrup eingedampft.
Dieser Syrup wurde wiederholt mit 96proz.
Alkohol ausgezogen, und von dem so erhaltenen
Auszug der Alkohol verjagt. Der dabei ver-
bleibende Syrup wurde in gleicher Weise wieder
mit 96proz. Alkohol behandelt, der Alkohol
wieder verjagt, und der Restsyrap nochmals mit
Alkohol aufgenommen.
Die andere Hälfte der gefaulten Fleisch- und
Knochenmasse wurde in genau derselben Weise,
wie dies mit den Kadaverteilen in den thermo-
chemischen Apparaten geschieht, in einem Auto-
klaven während vier Stunden auf vier Atmosphären
erhitzt, dann mit Salzsäure angesäuert, auf-
gekocht und filtriert. Das Filtrat wurde zum
Syrup eingedampft, und dieser Syrup unter
kräftigem Kühren in etwa fünf Liter Alkohol
eingegossen. Von dem hierbei entstehenden
Niederschlag wurde abfiltriert, sorgfältig mit
96proz. Alkohol ausgewaschen und von dem
Filtrat der Alkohol verjagt. Der verbleibende
Syrup wurde wieder mit Alkohol aufgenommen.
Die alkoholischen Lösungen, welche so aus
den beiden Hälften des Ausgangsmaterials er-
halten waren, wurden zunächst ganz gleichartig
behandelt. Beide wurden mit warmer alkoholischer
Bleiazetatlösung versetzt; in beiden Fällen wurde
nach 24 Stunden von dem entstandenen Nieder-
schlage abfiltriert, und das Filtrat im luftver-
dünnten Räume destilliert. Der verbleibende
Rest wurde mit Wasser aufgenommen, durch
Behandeln mit Schwefelwasserstoff entbleit und
das von dem Bleiniederschlage befreite Filtrat
— 250 —
unter AbstumpfuDg der Sänre durch Soda ein-
gedampft. Der 80 erhaltene Syrup wurde wieder-
holt mit Alkohol ausgezogen und der letzte
alkoholische Extrakt mit alkoholischer Queck-
silberchloridlOsung gefällt.
Von dieser Operation an trat nun ein
augenfälliger Unterschied in dem Ver-
halten der aus den beiden verschieden
behandelten Hälften des Ausgangs-
materials gewonnenen Extrakte zutage,
so daß von hier ab über jede Hälfte
gesondert berichtet werden muß.
L Aus dem gefaulten und nicht
weiter behandelten Material wurde
folgendes erhalten:
Der aus dem alkoholischen Extrakt
durch Zusatz von alkoholischer Queck-
silberchloridlösung erhaltene Nieder-
schlag wurde nach 24 ständigem Stehen
abflltriert, mit Alkohol ausgewaschen
und sodann mit Wasser ausgekocht.
Beim Erkalten des Filtrates kristalli-
sierte ein Teil der Quecksilbersalze aus.
Durch mehrfaches Umkristallisieren aus
kochendem Wasser wurde ein in Nadeln
kristallisierendes Präparat erhalten, das
bei der Analyse 68,09 Proz. Quecksilber
ergab und damit als Quecksilbersalz des
Chol ins gekennzeichnet wurde, dem
theoretisch ein Quecksilbergehalt von
68,21 Proz. zukommt. Das in den
typischen übereinander geschobenen
Blättchen kristallisierende Salz konnte
nicht ganz rein erhalten werden, so daß
für weitere Untersuchungen kein ge-
nügendes Material vorlag. Dagegen
wurde das schwer lösliche Golddoppel-
salz durch wiederholtes Umkristallisieren
aus heißem Wasser genügend rein er-
halten. Es ergab 44,32 Proz. Gold gegen-
über den berechneten 44,45 Proz.
Das Filtrat vom Cholinsalz wurde
durch Einleiten von Schwefelwasserstoff
vom Quecksilber befreit, das ausgefallene
Schwefel quecksilber abfiltriert, und das
erhaltene Filtrat eingedampft. Die
restierende Salzmasse wurde aus 96 proz,
Alkohol umkristallisiert. Hierbei schössen
während des Erkaltens des Lösungs-
mittels nadelfSrmige Kristalle eines
Chlorhydrates an, ans welchem eine in
schwerlöslichen Blättchen kristallisierende
Platindoppelverbindung dargestellt wurde.
Die Analyse derselben ergab 39,41 Proz.
Platin. Wir hatten es also mit dem
Doppelsalz des Putrescins zu tun,
dem ein berechneter Platingehalt von
39,52 Proz. zukommt.
Auch die Umwandlung in das mit zwei
Molekülen Kristallwasser kristallisierende
Golddoppelsalz des Putrescins gelang. Das
bei etwa 110^ völlig entwässerte Prä-
parat ergab bei der Analyse einen Gehalt
von 51,46 Proz. Gold gegenüber 51,30 Proz.
der fär das reine Salz berechneten Menge.
Aus den Mutterlaugen des salzsauren
Putrescins wurde durch Platinchlorid eine
dem Platinsalmiak ähnlich kristallisierende
Verbindung erhalten, die nach wieder-
holtem Umkristallisieren bei der Analyse
38,18 Proz. ergab und sich als die Platin-
doppelverbindung des von Brieger zuerst,
und zwar ausschließlich in menschlichen
Leichenteilen gefundenen Diamins Ca-
daverin herausstellte. Die für das reine
Platinat berechnete Platinmenge beträgt
38,29 Proz.
Das alkoholische Filtrat des Queck-
silberniederschlages wurde vom Alkohol
befreit, der Rückstand mit Wasser auf-
genommen, und aus dieser Lösung mit
Schwefelwasserstoff das Quecksilber be-
seitigt. Das Filtrat wurde zum Syrup ein-
geengt, dieser mit Alkohol aufgenommen
und die alkoholische Lösung nochmals,
wie weiter oben angegeben, mit alko-
holischer Bleiazetatlösung gefällt, das
Filtrat wie oben behandelt, mit Schwefel-
wasserstoff entbleit und mit alkoholischem
Quecksilberchlorid behandelt. Aus dem
Filtrat des so entstandenen Niederschlags
wurde wiederum das Quecksilber mit
Schwefelwasserstoff entfernt und der nach
der oben näher angegebenen Behandlung
erhaltene Bückstand mit Natronlauge über
Salzsäure destilliert. Das Destillat wurde
- 2&1 -
eingedampft, der Rückstand mit Alkohol
aufgenommen, dieser verjagt, und der
letzte Ruckstand mit Chloroform aus-
gezogen. Das in Chloroform Lösliche,
dem auch Löslichkeit in Wasser und
Alkohol, nicht aber in Äther eigen war,
wurde eingedampft.
In der alkoholischen Lösung entstand
durch Zusatz von Platinchlorid ein reich-
licher Niederschlag, der nach dem Ab-
filtrieren und Auswaschen mit siedendem
Wasser behandelt wurde. Dabei blieb ein
Teil in Lösung und kristallisierte beim Er-
kalten wieder aus. Nach mehrmaligem
Umkristallisieren erhielten wir bei der
Analyse einen Gehalt von 30,30 Proz.
Platin, hatten mithin das Platinat des
Triaethylamins, dessen berechneter
Platingehalt sich auf 30,11 Proz. stellt.
Das Filtrat hiervon lieferte ein in
winzigen monoklinen Prismen auskristalli-
sierendes Platinsalz, das in Alkohol un-
löslich, in Wasser dagegen nicht gerade
schwer löslich war. Die Analyse ergab
33,33 Proz. Platin. Die vorliegende Base
war also das Diaethylmethylamin,
dessen Platindoppelsalz einen theoretischen
Platingehalt von 33,37 Proz. aufweist.
Der Rückstand von dem in Wasser
Unlöslichen wurde mit kochendem Alkohol
erschöpft, der nur sehr wenig aufnahm;
nach dieser Behandlung löste er sich
leicht in kochendem Wasser. Beim Er-
kalten kristallisierte das Platinsalz in
wunderschönen goldgelben, hervorragend
glänzenden Fahnen aus. Unter dem
Mikroskop erwiesen sich die Kriställchen
als ganz kleine, dünne, rhombische
Blättchen mit nur teilweise scharfen
Kanten. Die geringe Menge des zur
Verfügung stehenden Platinats ging leider
bei einer verunglückten Analyse verloren,
und da weiteres Material nicht vorhanden
war, konnte die Bestimmung des Platin-
gehaltes nicht erfolgen.
Aus dem alkoholischen Filtrate vom
Quecksilbemiederschlag hatte sich bei
längerem Stehen noch ein Niederschlag
abgesetzt. Derselbe wurde behandelt wie
vorher; das über Salzsäure aufgefangene
Destillat wurde nach dem Verdunsten mit
Chloroform behandelt und die alkoholische
Lösung dieses Rückstandes mit Platin-
chlorid gefällt. Es entstand ein volumi-
nöser Niederschlag, der in heißem
Wasser löslich war. Aus dieser Lösung
kristallisierten winzige Sternchen mit
prismatischen Kristallen, die bei der Ana-
lyse einen Platingehalt von 30,59 Proz.
ergaben. (Vielleicht Triaethylamin.)
Die sämtlichen Mutterlaugen wurden
nach Befreiung von den in ihnen ent-
haltenen Metallen eingedampft, und der
Rückstand mit Pikrinsäure versetzt. Durch
ft-aktionierte Fällungen und fraktionierte
Krystallisation gelang es noch, sieben in
Krystallform und Löslichkeit sich unter-
scheidende Präparate zu isolieren, deren
Schmelzpunkt — und zwar bei sämtlichen
unter Zersetzung — bei folgenden
Temperaturen festgestellt wurde:
Pikrat 1 bei 253o, Pikrat 5 bei 274o,
„ 2 „ 2640, „ 6 „ 2770,
„ 3 „ 2690, „ 7 „ 2830.
„ 4 „ 2730,
Bei der Elementaranalyse explodierten
die sämtlichen Präparate, und zur weiteren
Untersuchung erwies sich ihre Menge
leider als zu gering.
IL Die in dem Autoklaven vier
Stunden lang auf vier Atmosphären
erhitzte Hälfte der gefaulten
Fleischmasse ergab bei der Unter-
suchung folgendes:
Der aus dem ursprünglichen
alkoholischen Extrakt (siehe weiter oben
vor I) durch Zusatz von alkoholischer
Quecksilberchloridlösung erhaltene Nieder-
schlag war von einer unangenehmen
schmierigen Beschaffenheit und infolge
dessen außerordentlich schwer zu be-
handeln. Es zeigte sich mithin von vorn-
herein eine ganz wesentliche Verschieden-
heit gegenüber der nicht im Autoklaven
behandelten gefaulten Masse. Schon
— 252 —
diese Erscheinung ließ auf tiefgreifende
Veränderungen schließen.
Es wurden nun mit diesem
Material genau dieselben Opera-
tionen vorgenommen, wie unter I
beschrieben, allein mit durchweg
negativem Erfolge. Es erübrigt sich
deshalb, auf den unter I näher be-
schriebenen Arbeitsgang nochmals näher
einzugehen. Nur in einem einzigen Falle
gelang es, in ganz geringer Menge ein
analysierbares Platinsalz mit 28,25 Proz.
Platin zu erhalten, dessen Natur aber
wegen der zu geringen Mengen nicht
weiter aufgeklärt werden konnte.
Sehr erschwert wurde das Arbeiten
durch das Auftreten einer äußerst leicht
reduzierenden Substanz, die sowohl Silber-
nitrat reduzierte als auch aus Goldchlorid
sofort metallisches Gold niederschlug.
Während es uns also gelungen
ist, aus dem gefaulten Fleisch- und
Knochenmaterial nicht nur die wich-
tigsten von Brieger gefundenen
Ptomaine zu isolieren, sondern auch
noch neue, bis dahin in faulendem
Fleisch nicht gefundene Aminbasen
nachzuweisen, konnte aus dem ge-
faulten und danach sterilisierten
Material kein spezifisches Ptomain
isoliert werden.
Die vollkommene Zersetzung der
Ptomaine in der relativ kurzen Zeit von
vier Stunden ist zweifellos auf Rechnung
der gleichzeitigen Einwirkung des Druckes
von vier Atmosphären und der diesem
entsprechenden Temperatur von etwa
loO^ C zu setzen. Die alleinige Ein-
wirkung von hohen Temperaturen genügt j
erwiesenermaßen nicht, um eine sichere
Zersetzung herbeizuführen.
Nun ist ja allerdings zu betonen, daß
die in dem ursprünglichen fauligen
Material gefundenen Basen bzw. Diamine
durchweg Verbindungen darstellen, die
physiologisch indifferent sind. Nur das
('holin löst in größeren Dosen muskarin-
ilhnliclie Wirkungen aus und auch das
Trimethylamin vermag in größeren Gaben
toxische Wirkungen zu erzeugen.
Aber es ist auf der andern Seite eine
von fast allen Forschem, die das Gebiet
der Ptomaine bearbeitet haben, gemachte
Erfahrung, daß die typisch toxischen
Substanzen, welche aus faulenden Leichen-
teilen gewonnen werden können, sowohl
der Quantität nach den ungiftigen Basen
ganz erheblich nachstehen, als auch weit
weniger beständig sind als diese. Ihre
außerordentlich große Zersetzlichkeit
bildete ja u. a. stets das Haupthindernis
für das genauere Studium dieser Körper.
Wiederholt konnten auch wir die un-
angenehme Erfahrung machen, daß sich
die Ausbeute im Laufe der Reinigungs-
manipulationen immer mehr verringerte,
und uns das Material förmlich unter den
Händen verschwand.
Weiterhin ist es eine von fast allen
hier in Betracht kommenden Autoren be-
obachtete Erscheinung, daß die im Anfang
der Leichenfäulnis auftretenden giftigen
Produkte durch die fortschreitende Fäulnis
selbst zerstört werden, ein weiterer Be-
weis für ihre leichte Zersetzlichkeit. Bei
der langsamen Leichenzersetzung bei
niederer Temperatur treten sie allerdings
entsprechend später auf; ihre geringe
Beständigkeit ist aber die gleiche.
Man kann deshalb wohl mit Fug und
Recht behaupten, daß die Mittel, welche
die beständigeren ungiftigen Ptomaine zu
zersetzen geeignet sind, unter allen Um-
ständen ausreichen werden, auch die weit
weniger beständigen giftigen Basen zu
zerstören. Bedauerlicherweise war es
mir, wie bereits weiter oben bemerkt, aus
äußeren Gründen nicht möglich, meine
nach dieser Richtung eingeleiteten Unter-
suchungen zu Ende zu führen. Jeden-
falls dürften aber die im vorstehenden
wiedergegebenen Resultate meiner Ar-
beiten auch so als ein brauchbarer Be-
weis dafür zu betrachten sein, daß durch
die bei dem thermochemischen Verfaliren
gegebenen Bedingungen eine sichere
— 253 —
Gewähr für die Zerstörung von etwa
in dem Eadavermaterial vorhandenen
Ptomainen und Toxinen geboten ist. Der
Beweis wird aber ein zweifellos voll-
gültiger im Zusammenhang mit den Resul-
taten der rein physiologischen Gl a gesehen
Versuche.
Nun zum Schluß noch ein Wort über
den Standpunkt der Praxis gegenüber den
gegen die Tierkörpermehlfütterung er-
hobenen Bedenken!
Während gegen Mitte des Jahres 1905
das Quantum des als Futtermittel ver-
wendeten Tierkörpermehls sich in Deutsch-
land auf rund 1000000 Kilo stellte, ist
dasselbe nach einer in den letzten Monaten
des Jahres 1907 von mir angestellten
Umfrage inzwischen auf rund 2 560 000
Kilo angewachsen.
Davon entfallen
auf Hartmannsche An-
lagen
System Hartmann ca. 1 760 000 Kilo
System Otte . . „ 200 000 „
auf Podewilssche An-
lagen „ 450 000 „
„ Venuleth & Ellen-
berg e r sehe Anlagen^2^150000___^
2 560 000 Kilo
Das ist eine Zunahme um mehr als
150 Proz. innerhalb zweier Jahre, ein
schlagender Beweis dafür, daß der Prak-
tiker den Wert des neuen Futtermittels
erkannt und schätzen gelernt hat. Gleich-
zeitig handelt es sich bei diesem Konsum
um Mengen, die im Sinne meiner vor-
stehenden Ausführungen als überzeugendes
Beweismaterial zu verwerten sind. Wenn
bei der Verfütterung derartiger Mengen
von Tierkörpermehl in der landwirtschaft-
lichen Praxis keine Vergiftungen vor-
kommen, so kann man über die Ptomain-
frage mit gutem Gewissen zur Tages-
ordnung übergehen.
Zur Frage der Kennzeichnung von Wildbret
mittels Farbstempelung.
Von
K. Borchmann-Berlin,
Polizeitierarzt.
Um über die Verwendbarkeit von
Farbstempeln zur Kennzeichnung von
Wildbret ein Urteil zu gewinnen, sind sie
von mir nach dem von Dr. Gröning-
Hamburg für die Stempelung von Pökel-
fleisch angegebenen Verfahren an ver-
schiedenaltrigem, frischem und durch-
gefrorenem oder obei-flächlich aufgetautem
Wild, und zwar an 8 zerlegten Hirschen,
3 zerlegten Rehen und einem unzerlegten
und in der Decke belassenen Reh ein-
gehend geprüft worden. Die Stempelung
geschah mit Metall- und Eautschuk-
stempeln unter Verwendung von 7 ver-
schiedenen Fleischstempelfarben.
Zur Verwendung gelangten:
1. die violette (bläulich- violette) Fleisch-
stempelfarbe von Schellhas -Berlin, Brüder-
straße 9 a, die in Berlin zur Stempelung der
Schlachttiere wie auch der der Trichinenschau
unterliegenden Wildschweine benutzt wird;
2. die violette (rötlich- violette) „Carin/*-
Farbe von Leonhardi -Dresden (in Original-
fiasche amtlich geliefert);
3. die rote (dunkelrote) Fleischstempelfarbe
„Ideal" von Dr. Kurtz-Altona, gr. Bergs tr. 181,
die Dr. Gröning besonders für die Stempelung
von Pökelfleisch empfohlen hat;
4. die azurblaue „Carin"-Farbe von Leon -
hardi -Dresden (von Hauptner-Berlin, Luisen-
straße, überlassen);
5. die rote (hellrot) „Carin"-Farbe von
Leonhardi-Dresden (ebenfalls von Hauptner
überlassen);
6. die grüne (dunkelgrüne) Fleischstempcl-
farbe von Schellhas -Berlin;
7. eine gelbe (orangegelbe) amtlich gelief erte
Farbe.
Die Prüfung der Kennzeichnung mit
diesen Farben erfolgte unter allgemeiner
Berücksichtigung der in der Praxis des
Wildhandels obwaltenden Verhältnisse
und erstreckte sich auf die nachstehend
angeführten Hauptpunkte.
Vertuchsergelinlste.
I. Welche Farbe hebt sich am
deutlichsten von dem zum Teil ver-
— 254 —
schieden gefärbten Fleisch des
Wildes ab?
Zur Entscheidung dieser Frage wurde
teils die „Decke" lediglich in der im
Wildhandel üblichen Weise „abgeschält'*,
teils wurden außerdem durch sorgfältige
Entfernung des Unterhautbindegewebes
und -fettes die glatten, die Muskeln über-
kleidenden Faszien freigelegt. Hierauf
brachte ich mit sämtlichen Yersuchsfarben
Stempelabdrücke auf Blättern, Keulen,
Rücken, Unterbrust und Hals an, und
zwar immer auf gleichartigen und gleich-
gefarbten Teilen unmittelbar nebenein-
ander. Hierbei ergab sich folgendes:
Die violette Berliner Schlachtvieh-
Stempelfarbe (l) und Violett-„Carin" (2)
zeichneten sich durchschnittlich am besten
ab, und zwar an allen Teilen nahezu
gleich deutlich. Weniger gut trat die
rote Dr. Kurtzsche Farbe „Ideal" (3)
hervor. Noch undeutlicher ließen sich
im allgemeinen Azurblau-„Carin" (4), Rot-
„Carin" (5) und Grün-Schellhas (6) er-
kennen. Die beiden roten Farben (3 u. 5)
waren namentlich schlecht sichtbar auf
braunrötlicher Muskulatur. Die gelbe
Farbe, die sich nur auf weißem Grund
ein wenig abhob, war auf einige Schritte
Entfernung überhaupt nicht mehr erkenn-
bar. Am besten hoben sich mithin die
violetten Farben (1 u. 2) ab.
IL Werden frische Stempelab-
drücke unter allen Verhältnissen
scharf und leserlich und dringen sie
tief genug ein?
Frische Stempelabdrücke ließen sich
scharf und leserlich nur auf vollständig
unverschiebbaren und von dem Unterhaut-
binde- oder Fettgewebe peinlich sauber
befreiten, glatten und trocknen Teilen
herstellen. Die einwandfreie Ausführung
beanspruchte aber stets außergewöhnliche
Sorgfalt und dadurch unverhältnismäßig
viel Zeit. Dagegen konnten bei an-
getautem gefrorenen wie auch bei frischem
Wild, das nicht in der ebenerwähnten
Weise vorbereitet, sondern lediglich nach
handelsüblichem Brauch enthäutet war,
scharfe und leserliche Abdrücke nicht
erzielt werden. Letztere wurden bei satter
Stempelung besonders verschwommen und
unleserlich und in noch erhöhtem Maße
auf Stücken, die bei warmer Witterung
auftauten, weil sich auf ihnen trotz des
Abtrocknens sofort wieder Wassei-dampf
aus der Luft niederschlägt, und sie außer-
dem in vermehrter Weise eiweißhaltigen
Zellsaft ausschwitzen.
Ordnungsmäßig angebrachte Stempel-
abdrücke durchdrangen, selbst bei den
beiden besten Farben Violett- Schellhas(l)
und Violett -„Carin" (2), meistens nur
zwei Faszien, so daß beispielsweise
küchenmäßig hergerichtete „Ziemer** trotz
vorschriftsmäßiger Stempelung in der
Regel keinen Stempelabdruck mehr auf-
wiesen, mithin so zum Verkauf ausgehängt,
meist der Beschlagnahme unterliegen
würden.
Bei der Stempelung erwiesen sich
Kautschuk- und Metallstempel als an-
nähernd gleichwertig. Mit dem Kautschuk-
stempel ließen sich die Abdrücke im all-
gemeinen leichter scharf und leserlich
herstellen als mit dem Metallstempel,
während letzterer einfacher und besser
zu reinigen war.
lU. Lassen sich frische und alte
Stempelabdrücke in positiver Schrift
leserlich abklatschen?
Zwecks Herstellung von Abklatsch-
stempeln wurde gewöhnliches geleimtes
Papier (Kanzleipapier), stärkefreies und
mit Alkoholäther angefeuchtetes Leinen,
die innere HandflS^che und eine mäßig
rauhe Gummiplatte verwendet. Hiermit
klatschte ich zunächst die mit den allein
in Frage kommenden Farben, Violett-
Schellhas (L), Violett-„Carin" (2.) und
Rot-„Ideal" (3.), vorschriftsmäßig frisch
hergestellten Stempelabdrücke ab, und
zwar entweder sofort darauf oder nach
ein bis zwei Minuten, und übertrug sie
dann auf geeignete Fleischstellan,
255
Auf diese Weise ließen sich stets
genügend scharfe und deutlich leserliche
Abklatschstempel herstellen, die in keinem
Falle von richtigen Stempelabdrücken zu
unterscheiden waren und nicht den ge-
ringsten Verdacht einer Stempelfälschung
erweckten. Die besten Abklatsche wurden
mit der Gummiplatte und mit der Hand
erzielt. Lediglich bei einzelnen Hand-
abklatschen konnte man durch genauere
Prüfung an ihrer riefigen Zeichnung die
Fälschung erkennen; aber auch nur in
den Fällen, in denen nicht die verhältnis-
mäßig glatte „Maus", sondern der mit
den scharf ausgeprägten Biefen versehene
Teil der inneren Handfläche zur Über-
tragung benutzt worden war. Satte
Stempelabdrücke waren meist noch nach
fänf Minuten in positiver Schrift deutlich
leserlich abklatschbar. Wurde von starken
Originalabdrücken sofort ein Abklatsch
gemacht, so ließ sich sogar von diesen
häufig noch ein zweiter Abklatsch her-
stellen, der allerdings nur schwach, aber
meistenteils noch deutlich leserlich war.
Selbst drei Abklatsche glückten bis-
weilen.
Später als fünf Minuten nach Vornahme
der Stempelung gelangen auf mittel-
barem Wege (positive) Abklatsche in der
Kegel nicht mehr. Wohl aber war es
durch unmittelbares Aufdrücken gestem-
pelter Stücke auf ungestempelte sowie
auch durch bloßes direktes Zusammen-
hängen solchen Wildes, falls nur die ein-
ander zugekehrten Flächen genügend
glatt und eben und in gleichmäßiger Be-
rührung waren, selbst bei 14 Tage alten
Stempelabdrücken noch möglich — be-
sonders bei ursprünglich gefroren ge-
wesenen, dann aufgetauten und im Eühl-
hause aufbewahrtem Wild — , Abklatsche
zu gewinnen, die zwar verschwommen
und unleserlich waren, immerhin aber
noch richtige, nur stark verwischte
Stempelabdrücke vortäuschen konnten.
IV. Sind frische Stempelabdrücke
ohne und nachBehandlungmitPökel-
lake verwischbar sowie bei abwech-
selnder Aufbewahrung des Wildes
im Gefrierhaus, im Kühlhaus oder
Eisschrank und in gewöhnlicher
Temperatur haltbar?
Unmittelbar nach derStempelung lassen
sich selbst tadellose, auf trocknen, voll-
kommen ebenen und glatten Teilen
frischen oder hart gefrorenen Wildbrets
hergestellte und nicht mit Pökellake be-
handelte Stempelabdrücke sämtlicher Far-
ben (1. bis 7.) leicht verwischen. Auch
nach zwei bis fünf Minuten und bis-
weilen sogar noch später war dies mehr
oder weniger gut dann möglich, wenn
die Stempelung auf Teilen geschah, die von
lockerem Bindegewebe bedeckt oder un-
eben und rauh oder ^ßerdem etwa noch
im Auftauen begriffen waren, oder wenn
sie zu fett geraten war. Hierbei zeigte
sich, daß die violette Berliner Schlacht-
viehstempelfarbe (1.) am besten haftete,
nahezu ebenso gut Violett-„Carin" (2.),
etwas weniger gut als letztere wieder
Bot-„Idear' (3.), und daß alle drei Farben
entsprechend verwischbar waren. Ferner
wurde ermittelt, daß Eot-„Carin" (5.)
und Grün-Schellhas (6.) noch schlechter
als die vorgenannten Farben, am schlech-
testen aber Gelb (7.) und voniehmlich
Azurblau-„Carin" (4.) unter den erwähnten
ungünstigen Verhältnissen vom Fleische
aufgenommen wurden, und daß demzu-
folge jede dieser Farben gleichfalls ent-
sprechend leicht verwischt werden konnte.
Wurden dagegen von den mittels der
drei relativ besten Farben, Violett-
Schellhas (1.), Violett-„Carin" (2.) und
ßot-„Idear' (3.) hergestellten Stempel-
abdrücken sofort die überschüssige Farbe
mit Fließpapier entfernt und die Abdrücke
mit 25 proz. Pökellake befeuchtet, so
ließen sich diese auf keine Weise, weder
unmittelbar nach der Stempelung noch
innerhalb der ersten Tage verwischen.
Indessen stellte es sich im Laufe der
Untersuchungen bald heraus, daß bei
jeglichem, selbst unter Anwendung aller
256
Vorsichtsmaßregeln fehlerfrei abge-
stempeltem Wild jedesmal dann sämtliche
Stempelabdrücke fast ausnahmslos völlig
unkenntlich wurden und sich schießlich zu
unbestimmten Farbeklecksen verwischen
ließen, wenn es nach der Stempelung
zuerst im Gefrierhaus durchgefroren,
darauf bei gewöhnlicher Temperatur
wieder aufgetaut und hierauf etwa 5 bis
14 Tage lang im Kühlhaus aufbewahrt
worden war. Wurde das Wildbret an-
statt im Kühlhaus im Eisschrank eng ver-
packt aufgehoben, so ging die Erkennbar-
keit der Stempelabdrücke noch in kürzerer
Zeit, meist schon nach drei bis fünf Tagen
verloren.
Als wichtigste Ursache dieser schlechten
Haltbarkeit der 'Farbstempelabdrücke
beim Wild muß die Aufbewahrung der
Versuchsstücke im Gefrierhause in Ver-
bindung mit dem darauf erfolgten Auf-
tauen angesprochen werden. Das Ge-
frieren bedingt nämlich eine verschieden
starke Volumenzunahme sämtlicher Körper-
teile (das sogenannte „Auffrieren" des
Wildes), die bei den flüssigen Bestand-
teilen erheblich größer ist als bei den
festen. Infolgedessen treten überall Zer-
reißungen der nicht genügend elastischen
Zellwandungen und der Zwischengewebg-
(Saft-)lücken ein. Beim Auftauen kehrt
dann das „aufgefrorene" Stück mehr oder
weniger auf das ursprüngliche Volumen
zurück, indem sich die nicht zerrissenen,
stärker elastischen Bestandteile wieder
zusammenziehen. Hierdurch werden die
wieder flüssig gewordenen eiweißhaltigen
Körpersäfte aus den zerrissenen Zell-
wänden und erweiterten Gewebslücken
herausgepreßt und z. T. auf die Fleisch-
oberfläche „ausgeschwitzt". Auf diese
Weise durchtränkt das flüssige Eiweiß
auch die Stempelabdrücke und verbindet
sich allmählich mit dem noch nicht ge-
bundenen überschüssigen Farbstoff. Die
Linien der Stempelzeichnung verbreitem
sich, werden immer undeutlicher und ver-
schwimmen schließlich so ineinander, daß
nur noch ein unbestimmter Farbklecks
zurückbleibt.
Im Wildhandel kann aber im all-
allgemeinen die Aufbewahrung des Wildes
in Gefrierräumen nicht entbehrt werden,
da nur hierdurch, bei der Unregelmäßig-
keit der Jagdeingänge und besonders
auch mit Rücksicht auf den Vertrieb des
Wildes während der Schonzeiten, eine
Regelung des Wildbretkonsums ermöglicht
wird. Im Gegensatz zum Wild wird das
Fleisch der Schlachttiere zwecks längerer
Aufbewahrung, in Deutschland wenigstens,
in der Regel nicht in Gefrierhäuser,
sondern lediglich in Kühlhäuser oder Eis-
schränke oder in andere Räume oder
Behälter mit Kühltemperatur eingelagert.
Aus diesem Grunde treten die oben ge-
schilderten Übelstände beim Schlachtvieh
nicht oder nicht annähernd in dem Maße
wie beim Wild hervor.
V. Färben gestempelte Teile beim
Kochen die Brühe und das übrige
Fleisch?
Fleischstücke, die mit den in Betracht
kommenden drei besten Farben (1. bis 3.)
satt gestempelt waren, wurden zusammen
mit einem Stückchen Speilholz, das. zum
Speilen der Würste verwendet wird, in
leicht angesalzenem Wasser gekocht.
Hierbei ergab sich folgendes: Die violette
Berliner Schlachtviehstempelfarbe (1)
fllrbte Kochbrühe, Fleischoberfläche und
Holzstückchen nur ganz schwach bläulich-
violett. Dagegen färbte Violett-„Carin"
(2) Brühe, Holz und Fleisch auffällig
rötlich-violett, letzteres bis 2 mm tief,
desgleichen Rot-„Ideal" (3) alle Teile
ausgesprochen rosa- bis karminrot. Beim
Fleisch färbten sich stets die frischen
Schnittflächen am stärksten. Diese Ver-
färbungen verblaßten allerdings wieder
etwas nach längerem Kochen.
Hiemach empfiehlt es sich, wie dies
übrigens in der Küche schon längst ge-
schieht, die gestempelten Fleischteile vor
der Zubereitung zu entfernen.
— 257 —
VI. Genügt zur Stempelung von
Wild die Lostrennung einzelner
Hautstücke, oder muß jedes Stück
hierzu enthäutet werden?
Ein unzerlegtes und in der Decke
belassenes, durchgefrorenes und ober-
flächlich aufgetautes Reh wurde in der
für Wildschweine durch das Fleisch-
beschaugesetz vorgeschriebenen Weise,
lediglich nach Loslösung der betr. Haut-
teile mit den am besten haftenden Farben
Violett-Schellhas (1) und Violett-
„Carin" (2) je zur Hälfte gestempelt.
Die losgelösten Hautteile verblieben mit
Rücksicht auf die zwecks besserer Ver-
wertbarkeit erforderliche Erhaltung der
„Decke** zur Hälfte im Zusammenhange
mit der übrigen Haut und wurden lediglich
zurückgeschlagen, zur Hälfte gänzlich
abgeschnitten. Das so gestempelte Stück
kam nach völliger Trocknung der Abdrücke
auf sechs Tage wieder ins Gefrierhans
und wurde dann völlig aufgetaut. Das
Ergebnis war, daß sämtliche Stempel-
abdrucke sich als mehr oder weniger stark
verwischt oder unleserlich erwiesen. Die
ursprünglich beiseitegeklappten Haut-
lappen, die durch das Hantieren auf dem
Transport in ihre alte Lage zurückgefallen
waren, hatten die darunter befindlichen
Stempelabdrücke am stärksten verwischt;
letztere glichen einem völlig undeutlichen
Farbklecks. Das gleiche war dort ein-
getreten, wo sich zwei gegenüberliegende,
von der „Decke" gänzlich befreite ge-
stempelte Fleischteile, wie z. B. die
Innenflächen der Hinterschenkel, unmittel-
bar berührten. Die übrigen ganz frei-
liegenden und unberührt gebliebenen
Stempelabdrücke hatten sich nicht ver-
wischt, waren gleichwohl aber ver-
schwommen und unleserlich.
Demzufolge würde die Stempelung des
Wildes in der „Decke", lediglich nach
Lostrennung einzelner Hautteile, nicht
zweckentsprechend, vielmehr gegebenen-
falls das gänzliche „Abschälen" (Ent-
häuten) desselben erforderlich sein.
Letzteres ist indes nicht allein zeit-
raubend, sondern bedingt auch eine ver-
ringerte Haltbarkeit des Wildes.
Das Gesamtergebnis der von mir aus-
geführten Stempelungsversuche läßt sich
daher wie folgt zusammenfassen:
Die Kennxeichung des Wildbrets mittels
Farbstempelung empfiehlt si<ih nicht.
Eine neue Einrichtung für Schweine-
schlachthallen.
Von
Kunibert MUller-Treptow a. R.,
Vorsteher des Fleischbescbauamte».
Vier Hauptforderungen stellt man an
eine der Neuzeit entsprechende Schlacht-
hofeinrichtung: Gute Ausnutzung des
Raumes, Ermöglichung bequemen Schlach-
tens, Möglichkeit einer bequemen und
gründlichen tierärztlichen Untersuchung,
endlich praktische und billige Ausstattung.
Die ersten drei Bedingungen sind bei der
neuen Einrichtung für Schweineschlacht-
hallen Patent Kleinert der Firma Beck &
Henkel-Kassel erfüllt. Da ich Gelegen-
heithatte, mitHermArchitektKleinert, dem
Erbauer des hiesigen Schlachthofes, über
diese Anlage mich genauer zu informieren,
diese Anlage auch aus Zeichnungen, Mit-
teilungen von Kollegen, nach dem Modell
und in der Praxis zu Kolberg, wo sie auf Ver-
anlassung des Herrn Kollegen Loeschke
eingeführt wurde, kennen zu lernen, so
gestatte ich mir, eine kurze Beschreibung
derselben zu geben, in Verbindung
mit einem Vorschlag, wie die Anlage
nach der wesentlichsten Eigentümlichkeit
verbilligt und verbessert werden kann, so
daß die zugehörigen Schweinehälften nicht,
wie bisher, nebeneinander, sondern ein-
ander gegenüber hängen. Nur auf diese
Weise ist eine bequeme und gründliche
Untersuchung von allen Seiten möglich.
Weitere Vorzüge der Anlage sind :
Vom Brühbottich gehen der Länge der
Halle nach in einer Höhe von etwa 2,80 m
parallel zueinander, ca. 130 cm vonein-
anander entfernt, 2 Eisen-I-Träger. An
— 258 —
der unteren Fläche dieser sind immer,
etwa 50 cm entfernt, ca. 80 cm lange be-
wegliche Eisenhaken befestigt. Zwischen
diesen hängen auf der einen Seite gleich-
lange feste Bandeisen, an deren Ende
„ausziehbare Doppelhaken" befestigt sind.
Diese dienen zum Aufhängen derGeschlinge,
Gekröse, Liesen, Magen und Därme,
während je ein Haken immer eine Schweine-
hälfte aufnimmt.
In der Mitte der beiden Träger geht in
einer Höhe von ungefähr 3,30 m ein dritter
Träger entlang mit einem fahrbaren
Flaschenzug, an dem an einem Ketten-
ende eine Eisenspreize hängt.
Die Benutzung ist folgende: Nach
Enthaarung des Schweines wird dasselbe
an die Spreize gehängt und an das Ende
der Anlage gefahren. Hier wechselt je
ein Haken jeder Seite die Spreize aus,
so daß der Flaschenzug frei wird und
das Schwein nunmehr in dem 1,30 m
Zwischenräume hängt. Nach dem Aus-
brechen und Spalten fällt jede Hälfte nach
jeder Seite sich gegenüber.
Durch diese Neuerung ist einmal
die Forderung der Ausnutzung des Raumes
erfüllt; denn es hängen in einer Entfernung
von 10 Metern 20 Schweine. Diese
brauchen mithin nur 10 X 1,30 = 13 qm
Platz. Dann ist die Voraussetzung leichten
Schlachtensgegeben,daderSchlächterüber-
haupt keine Anstrengung beim Aufhängen
mehr nötig hat. Weiter ist auch die Voraus-
setzung bequemer und gründlicher Unter-
suchungerfüllt, da jeder Teil von allen Seiten
untersucht werden kann. Verwechslungen
werden durch Nummern an den zusammen-
gehörigen Haken und Doppelhaken ver-
liindert. Was den letzten Punkt, die Billig-
keit anlangt, so ist nicht zu verkennen, daß
die Anlage aus der Studierstube stammt.
M. E. enthält sie noch „zu viel Eisen". Die
herabhängenden Bandeisen können samt
ihren Verkupplungen an den I-Trägern
und ausziehbaren Haken ganz fort-
fallen. Dafür müßte in Höhe der Haken
ein Bandstreifen entlang laufen, der
einmal an den I-Trägersäulen und event.
eine Unterstützung von oben, vom I-Träger,
erhielte. Für die „ausziehbaren Doppfl-
haken" könnten an dem Eisenstreifen
feste Doppelhaken angebracht werden.
Bei einer Länge von 10 m werden jetzt
gebraucht 20 X 0,80 = 16 m Bandeisen,
20 feste Verkupplungen, 20 ausziehbare
Haken, nach meinem Vorschlage Band-
eisen nur 10 m + 0,80 m Unterstützung.
Es kämen in Fortfall: 5,20 m Bandeisen,
19 Verkupplungen, 20 Ausziehvomch-
tungen. Läßt man, wie es in größeren
Schweineschlachthallen der Fall ist, von
jedem Brühkessel 2—4 Anlagen herstellen,
so wird mein Vorschlag doppelt und vier-
fach billiger. Das Praktische der neuen
Anlage bleibt dabei völlig gewahrt.
Referate,
Lehmann, Studie fiber die Zähigkeit
des Fleisches und ihre Ursachen.
(Arch. f. Hyg. 1907, 2. Heft, S. 184-180.)
Verschiedene Muskeln desselben Tieres
besitzen verschieden große Zähigkeit. Die
eines Hautmuskels übertrifft diejenige der
Lendenmuskeln etwa um das 4fache;
und letztere sind 2— 3 mal leichter zu
durchbeißen wie ersterer. Schweine-
schlegel ist 2 mal so zäh wie Filet, zartes
Schweine- und Hammelfleisch verhält sich
gleich bestem Rindfleisch. Histologisch
wurden in den Muskeln nur Differenzen
in dem Gehalt an Bindegewebe geflinden;
je zäher die Muskeln waren, desto mehr
Bindegewebe enthielten sie. Beim Auf-
bewahren nimmt die Zähigkeit des rohen
Fleisches um 20—40 zuweilen 50 Proz. ab;
die Ursache sieht Verfasser in einem
Ferment (Autolyse), nicht in der Ein Wirkung
der Milchsäure. Auch Gefrierenlassen
und Auftauen vermindert die Zähigkeit,
— 259 —
ebenso das Kochen. Fleisch zeigt beim
Kochen nach überstandener Totenstarre
einen größeren Gewichtsverlust, als wenn
es vor der Starre gekocht wurde.
B.
Lehmann, Die Festigkeit (Zähigkeit)
vegetabiliseher Nahrangsmittel und ihre
Yeränderang darch Koehen,
(Arch. f. Hyg. 1907, 2. Heft, S. 180—182.)
Beim Kochen von Kartoffeln, Kohl-
rabi, Äpfeln, Kuben und Brot wurde die
Zähigkeit durch Kochen im allgemeinen
um ^/e bis ^/^^ herabgesetzt. Vegetabilien
sind roh wie gekocht weicher wie Fleisch;
nur das Gehirn macht eine Ausnahme.
R.
Kerp, Über schweflige Sänre in Nah-
rungsmitteln.
(Chemiker-Zt^. 1907, Nr. 96.)
Zur Konservierung und Verbesserung
des Aussehens wird bei vielen Nahrungs-
und Genußmitteln, wie Wein, Dörrobst
(Aprikosen, Prünellen, Rosinen, Dön--
kartoffeln), Büchsengemüsen (Spargel,
Champignons, Erbsen), Zucker, Stärke,
Syrup, Gelatine, Hopfen, Bier, Gersten-
graupen, Mehl, Gebäckteig und Hack-
fleisch schweflige Säure verwendet. Diese
hält sich jahrelang unverändert, weil
chemisch gebunden, z. B. beim Dörrobst,
an die Glukose. Die schädliche Wirkung
der schwefligen Säure hängt ab von der
Menge des in den Körperflüssigkeiten zur
Abspaltung gelangenden Sulfitians, also
von der Art der Nahrungsmittel und den
Bedingungen, unter denen sie genossen
wird. Salzsaure Lösungen sind weit
weniger giftig wie das glukose-schweflig-
saure Natrium. b.
Pitt, Beiträge znm regelmäßigen Tor-
kommen der Botlanfbazillen anf der
Darmschleimhant nnd in den Tonsillen
gesander Sehweine.
(Inaag.-Dlss. Giefien 1907.)
Bei 66 Darm- und 55 Tonsillenunter-
suchungen fand Verfasser fast bei jedem
zweiten Schwein Botlaufba^illen. Diese
Bakterien sind also häufige Bewohner der
Schleimhaut gesunder Schweine. Wert
hat daher zur Bekämpfung des Botlaufs
allein die Schutzimpfung. ä.
Tiberti, N., Bakteriologische Unter-
snchnngen aber eine Fleisehvergiftnngs-
epidemie.
(8.-A. aus der Zeitvchrifl f. Hygiene u. Infektionskraukheiten,
Bd. 60, 1908.)
In B. erkrankten über 30 Personen
unter mehr oder weniger schweren gastro-
enteritischen Erscheinungen, die auf den
Genuß von gekochten Wurstwaren zurück-
zuführen waren. Eine Person, die die
Wurst in ungekochtem Zustande gegessen
hatte, ist gestorben. Verfasser isolierte
aus den betreffenden Wurstwaren einen
Mikroorganismus, der in seinen morpho-
logischen, kulturellen und biologischen
Eigenschaften mit den Fleischvergiftungs-
bakterien übereinstimmte. Wie sich
durch die vergleichenden Agglutinations-,
bakteriolytischen und Immunisierungs-
versuche nachweisen ließ, war derselbe
identisch mit der paratyphösen Gruppe der
Fleischvergiftungsbakterien, wie sie durch
den Typus Ärtryck von de Nobfele
repräsentiert wird. ^^•
Berger^Eine Ty phns-Epidemie in Cref eld*
^ZeitBohr. f. Mediz.-Beamte 1907, S. 606.)
In Crefeld hat immer Typhus ge-
herrscht. Im Juli und August 1907 wurden
55 Fälle gemeldet, von denen 43 durch
Milchgenuß übertragen waren; 18mal
war der Ausgangsort ein Milchgeschäft
und 25 mal ein Milchbauemgehöft. j?.
Andries ten Sande, Tnberkelbazillen
nnd Typhasbazillen im Kefir.
(Bern 1906. Disaertation.)
Während 48 Stunden lang der Keflr-
gärung noch ausgesetzte Typhusbazillen
abgetötet waren, vermochten Tuberkel-
bazillen selbst nach ötägiger Dauer der
Gärung noch Meerschweinchen zu infi-
zieren. Die Milch muß daher vor der Keflr-
gärung gekocht werden. B.
- 260 —
Tromsdorff, Bemerkangen za dem Artikel
von Cand. med/Sehuppias ^Dle Milch-
lenkozytenprobe nach Tromsdorff^.
(Arch. f. Hyg. 1907, H. 1, S. 122- 122 d.)
Verfasser tritt deo Schlüssen von
Schuppius, der bekanntlich den Wert der
Tromsdorffschen Methode bestritten hat,
entgegen und sucht ihre Verwendbarkeit
zur leichten und raschen AufiQndung
euterkranker Kühe erneut zu begründen.
Uammersclimidt^ Die Onesener Klär-
anlage. Ein Beitrag znr biologischen
Abwasserreinigung.
(Zoitiohr. f. Hyg. u. Infektionskr. 1907, 8. 353-387.)
Um die mißlichen Verhältnisse in der
Beseitigung der Abfallstoffe zu bessern,
wurde in Gnesen das biologische Klär-
verfahren eingeführt. Die Einrichtung
besteht aus der Vorkammer, in der durch
einen Sandfang die groben Sinkstoffe auf-
gehalten werden, ferner aus den Absatz-
kammem, die 70 Proz. der ungelösten
Stoffe sedimentieren, und den aus Kohlen-
schlacken und Sandschichten zusammen-
gesetzten Tropf- oder Oxydationskörpern,
die abwechselnd 60 Stunden arbeiten und
36 Stunden ruhen. Die eingehenden
Untersuchungen des Verfassers ergaben,
daß trotz guten Funktionierens der An-
lage die Lebensföhigkeit der Kolibazillen
nicht vernichtet war. Verfasser schließt
daraus auf ein gleiches Verhalten der
Typhus-, Paratyphus-, Ruhr-, Cholera-,
Tuberkelbazillen und Milzbrandsporen und
hält für möglich, daß beim biologischen
Verfahren Infektionskeime in saubere und
wirtschaftlichen Zwecken dienende Vor-
fluter gelangen können und von da aus
Epidemien zu erzeugen imstande sind.
R,
Bechtsprechung«
— Wegen Inverkehrbringung untauglichen
trichinttten Schweinefleleches
ist der Beniner R. durch Urteil der Straf-
kammer beim Amtsgericht Sehr i mm vom
14. Juni 1905 (Beilage zu den VeröJEfentlichungen
des Kaiserlichen Gesundheitsamts) zu 6 Monaten
Gefängnis verurteilt worden. R. hatte Teile
eines wegen starken Trichinengehaltes ver-
grabenen Schweines wieder ausgegraben und
verkauft. (Das Vergraben trichinöser Schweine ist
nach § 45, Abs. 3 B. B. A untersagt, u. a. auch aus
dem Grunde, um das Ausgraben und Inverkehr-
bringen der untauglichen trichinösen Tiere zu
verhftten. Die Ortspolizeibehörde, die das Ver-
graben der Schweine gestattete, ist von dem Vor-
wurfe nicht freizusprechen, das Delikt des R.
dadurch ermöglicht zu haben, daß sie die un-
schädliche Beseitigung des untauglichen Tier-
körpers entgegen den Ausführungsbestimmungen
zum Fleischbeschaugesetz durch Vergraben ge-
stattete.)
Zar Aasftthrang des Fleischbesclian-
— Hat ein nichttierärztlicher Beschauer auch
FleischiymphdrQsen zu untersuchen oder nicht?
Anfrage des Beschauamts Vorsteher K. in T.
Antwort: Die Notwendigkeit der Unter-
suchung der Fleischlymphdrüsen ergibt sich
hauptsächlich beim Vorliegen der Septikämie
und der auf dem Wege der großen Blutbahn
verbreiteten Tuberkulose oder beim Vorliegen
des Verdachts dieser Krankheiten. In diesen
Fällen ist der nichttierärztliche Beschauer nicht
zuständig, und es liegt deshalb für ihn kein .
Anlaß vor, die Untersuchung der Fleischlymph: j
drUsen auszuführen.
-^ Kann eine Tuberkullninjektlon die neiscli-
qualltftt beeinflussen und bejahendenfalls wie lange?
Ist Fleisch eines soeben tuberkulinisierten Tieres,
das sofort nach Ablauf der Tuberkullnreaktionszeit
geschlachtet wurde, gesundheltsscbadlich?
Anfrage des Schlachthofdirektors P. A. B.
in R. (Holland).
Antwort: In Deutschland wird das Fleisch
der in den Seequarantäneanstalten während der
zehntägigen Quarantänezeit auf Tuberkulin ge-
impften Tiere in den freien Verkehr gegeben,
wenn die Tiere im übrigen keinen Grund zur
Beanstandung geben. Irgendein Nachteil hat
sich bei dieser Art des Verfahrens nicht her-
ausgestellt. Bei unmittelbar nach der Tuberkulin-
impfung geschlachteten Tieren könnten im Fleische
trotz der Verteilung des eingespritzten Tuber-
kulins auf die Gesamtfleischmenge und der Aus-
scheidung mit den Exkreten noch kleinste
Mengen enthalten sein, die bei tuberkulösen
Menschen nachteilig wirken könnten. Unmittel-
bar nach der Tuberkulinimpfung müßte daher
das Fleisch deklariert werden, und es empfiehlt
sich mithin, mehrere (etwa fünf) Tage nach Vor-
nahme der Tuberkulinimpfung verstreichen zu
lassen, ehe zur Schlachtung geschritten wird.
— 261 —
— Werden durch das Sterilisieren des Flelsclies
tHberi(uiöser Tiere die im Fleisch enthaltenen Tuherkel-
bazlllen zerstört, und ist sterilisiertes Fleisch selcher
Tiere, selbst wenn die Tubericelbaziilen zerstört sind,
nicht tretzdem schädlich (giftig)?
Anfrage des städt. Tierarztes Dr. P. in G.
(England).
Antwort: Die Tnberkelbazillen gehen bei
einer Temperatur von 80° C zugrunde, wenn
diese 10 Minuten einwirkt. Nach den Aus-
fahrungsbestimmungen A zum deutschen ßeichs-
fleischbeschaugesetz ist die Sterilisierung als ge-
nügend anzusehen, wenn eine Temperatur von
80» C 10 Minuten lang eingewirkt hat (§ 39 Nr. 3).
Mithin werden durch das in Deutschland vorge-
schriebene Verfahren der Sterilisierung die im
Fleische tuberkulöser Tiere enthaltenen Tuber-
kelbazillen vernichtet. Von einer sonstigen
Schädlichkeit des sterilisierten Fleisches tuber-
kulöser Tiere, etwa durch Tuberkulingehalt, ist
nichts bekannt geworden, wie auch die Experi-
mente von Galtier die Unschädlichkeit des steri-
lisierten Fleisches tuberkulöser Tiere dargetan
haben.
Amtliches.
— Königreich Preußen. Gutachten der Wissen-
schaftlichen Deputation für das INedizinalwesen Oher
Zulässiglceit eines Zusatzes von Formaldehyd zur
Handelsmiich. Referenten: Heubner, Rubner,
Förster.
Das Gutachten ist in folgenden Sätzen zu-
sammengefaßt:
Es ist weder durch die Versuche an mensch-
lichen Säuglingen, noch auch durch die bisher
veröffentlichten Versuche von Behrings an
Tieren dargetan, daß die Formaldehydmilch in
bezug auf ihre Verdaulichkeit und Ausnützbar-
keit einer in gewöhnlicher Weise reinlich ge-
wonnenen Kuhmilch überlegen ist. Es ist, wenn
auch nicht sicher erwiesen, doch auch nicht sicher
auszuschließen, daß ein auch nur in dem Ver-
hältnis von 1 : 25000 erfolgender Zusatz von
Formaldehyd zur Säuglingsmilch bei wochen-
und monatelangem Genuß eine Schädigung des
Nierenepithels beim jungen Kinde herbeizuführen
vermag. Die Freigabe eines Formaldehydzu-
satzes zur Handelsmilch würde mit Sicherheit
dazu führen, daß zersetzte, die Gesundheit
schädigende Milch unter der Maske frischer Milch
an das Publikum verkauft und von diesem, ins-
besondere von Säuglingen, konsumiert würde.
Selbst der Deklarationszwang würde dagegen
nichts helfen, da das Publikum erfahrungsgemJlß
derartige Deklarationen nicht zu beachten pflegt.
Eine Kontrolle aller Kuhställe, Molkereien, Milch-
läden usw., die Tilg für Tag ausgeübt werden
müßte, würde sich der Kosten wegen verbieten.
Aus diesen Gründen muß der Zusatz von Form-
aldehyd zur Handelsmilch schlechthin als un-
zulässig bezeichnet werden. (Durch „Apotheker-
Zeitung").
— Königreich Bayern. Gemeinverständliche Be-
lehrung für die Verhraucher von Konserven, Erlaß
des Staatsministeriums des Innern vom 17.Märzl908.
Der Verbrauch an Konserven hat in den
letzten Jahren in weiten Schichten der Be-
völkerung eine große Verbreitung gewonnen.
Mit dem steigenden Verbrauche haben sich auch
die Fälle gemehrt, in denen Erkrankungen und
Todesfälle infolge des Genusses verdorbener
Konserven vorgekommen sind. Durch eine
richtige Behandlung der Konserven und durch
rechtzeitige Erkennung der äußeren Kennzeichen
des Verdorbenseins der Ware lassen sich Gesund-
heitsschädigimgen in den meisten Fällen
hintanhalten. Es erscheint deshalb angezeigt,
hierüber die Öffentlichkeit zu belehren. Diesem
Zwecke dient die nachstehende, gemein-
verständliche Belehrung, für deren mög-
lichst weite Verbreitung in der örtlichen Presse
zu sorgen ist.
I. Kennzeichen verdorbener Konslsrven.
Als verdorben sind Büchsenkonserven
anzusehen, deren Deckel und Boden aufgetrieben
sind (bombieren), desgleichen solche, deren
Deckel oder Boden federn, d. h. dem Finger-
druck nachgeben, um sofort wieder in die alte
Lage zurückzukehren.
Büchsen mit derartigen Anzeichen des
Verdorbenseins sind zurückzuweisen und unter
keinen Umständen zu verbrauchen.
Als verdorben sind femer auch jene
Konserven zu erachten, die sich nach Öffnen
der Behälter als vertrocknet oder stark ver-
schimmelt erweisen. Konserven die fremdartig
oder gar übel riechen, namentlich auch solche,
die sich in Gärung befinden, was an der
schaumigen Oberfläche der Flüssigkeit erkennbar
ist, sind vom Gebrauch auszuschließen.
II. Die Behandlung der Konserven.
Sowohl im Haushalt, als auch in Verkaufs-
stellen sind die Konserven stets an trockenen,
kühlen Orten aufzubewahren.
Büchsenkonserven sind vor Sturz oder Stoß
zu schützen, da hierdurch entstehende Undichtig-
keiten erfahrungsgemäß die Haltbarkeit des
Büchseninhaltes erheblich beeinträchtigen.
Gewisse Arten von Konserven, z. B. Ge-
müsekonserven, FischkoDserven, namentlich
aber solche in sauren Saucen oder Sulzen, sollen
nach Anbruch der Büchsen, wegen der Gefahr
der Zersetzung, stets rasch verbraucht werden.
Wenn die Konserven, wie Sardinen u. a. in
— 262 —
Ol, oder wie Salzheringe, in Salzlake liegen,
besteht diese Gefahr in geringerem Mafie,
solange die Konserven noch von der Flüssigkeit
bedeckt sind.
Für den Hausgebranch ist dringend anzu-
raten, den einmal aus einer Büchse heraus-
genommenen Inhalt nicht wieder in diese zurück-
zulegen, auch wenn die Speise nicht auf einmal
verzehrt wird.
Andere Konserven, wie Dunstobst oder mit
Zucker eingemachte Früchte u, dgl. werden
nach Anbruch der Behälter bei längerer Auf-
bewahrung nicht selten an der Oberfläche von
Schimmel befallen. Wenn sie auch deshalb
nicht ohne weiteres für verdorben gelten können,
so ist dennoch stets für öftere, vorsichtige Ent-
fernung der Schimmeldecke Sorge zu tragen.
Hat der Schimmel schon tiefere Schichten er-
griffen, dann ist die Konserve für den Verkauf
und den Verbrauch nicht mehr tauglich.
Zu beachten ist endlich, daß das Auf-
kochen verdächtiger Konserven keine sichere
Gewähr für die Zerstörung aller giftigen
Keime bietet, weshalb in allen verdächtigen
Fällen auf den Genuß der Konserve besser ver-
zichtet wird.
Konserven, auf deren Genuß, wenn auch
nur vermutungsweise, Erkrankungen zurück-
geführt werden, soll man nicht vernichten, da
hierdurch die weitere Verfolgung des Falles
erschwert und unter Umständen unmöglich ge-
macht wird; es sind vielmehr die Reste — wo-
möglich samt der Büchse — unverzüglich der
Ortspolizeibehörde zur Herbeiführung einer
Untersuchung durch die zuständige Stelle
(Hygienisches Institut, Tierarzt, Unter-
suchungsanstalt) zu fibergeben.
— Hessen. Bekanntmachung des Ministeriums
des Innern, Abt für öfTentl. Gesundheitspflege, hetr.
den Verbrauch von Konserven. Vom 20. August 1907.*)
Bei dem fortwährend zunehmenden Verbrauch
der Konserven aller Art sind die Fälle häufiger
geworden, in denen durch den Genuß verdorbener
Konserven Erkrankungen und Todesfälle ein-
getreten sind. Diese Gefahren lassen sich ver-
mindern, wenn alle durch die Sinne als verdorben
erkannten Konserven von der Verwendung unter
allen Umständen ausgeschlossen werden, und
wenn beim Ankauf und bei der Verwendung
des Inhalts stark verbeulter oder augenscheinlich
beschädigter Konservenbüchsen mit ganz be-
*) Bekanntmachungen ähnlich der bayrischen
und hessischen, die durch den bekannten Fall
von Botulismus nach Genuß von Bohnengemüse
veranlaßt wurden, sind auch von den übrigen
Bundesstaaten erlassen worden.
sonderer Vorsicht verfahren wird. Die mit auf-
fallender Verwölbung des Deckels oder des
Bodens behafteten sog. bombierten Büchsen
sollen überhaupt nicht geöffnet, vielmehr un-
bedingt vernichtet werden. Die Beseitigung ist
gleicherweise zu empfehlen, wenn der Inhalt
der Büchse durch eigenartigen oder gar üblen
Geruch oder durch Bildung von Schaum oder
Gasblasen auffällig wird, da das vielfach be-
liebte und für ausreichend erachtete Aufkochen
durchaus keine Gewähr für die Unschädlich-
machung aller giftigen Substanzen gewährt.
— Preußen. Reg.-Bez. Bromberg. Bekannt-
machung, betr. Trichinensohau, vom 29. Januar 1908.*)
(Betrifft Ausbildung der Trichinenschauer durch
die Kreistierärzte in Kreisen, in denen öffent-
liche Schlachthäuser fehlen und die nächsten
öffentlichen Schlachthäuser vom Wohnsitz des
Prüflings V/Citer entfernt sind als der Wohnsitz
des Kreistierarztes).
Provinz WestpreuDen. Nachtrag zu dem
Reglement vom 17. INirz/S. Juni 1904 zur Auofahrung
des Gesetzes vom 22. April 1892, betr. die Ent-
schädigung fOr an üilzbrand gefallene Tiere, vom
17. April 1907 *).
Reg.-Bez. Posen. Landespolizeiliche An-
ordnung, betr. die Einfuhr von Schweinefleisch
im kleinen Grenzverkehr aus Rußland, vom
28. Februar 1907 **).
Vorochrinea, betr. die Aus-
fGhrung der Untersuchung des Im kleinen Grenz-
verkebr eingebrachten Schweineflelscheo auf Hnnen
und Triebinen, vom 5. Juli 1907**).
Polizeiverordnung, betr. das Aus-
melken der Habe vor dem Auftrieb auf den Vieh-
markt oder dem Antreiben zu Handelszweoken,
vom 12. Juni 1907***).
— Mecklenburg - Schwerin. Verordnung, betr.
die Prüfung der Trichinenscbauer, vom 12. Oktober
1907 1).
— Anhalt Runderiaft, betr. die Einrichtung
von Frelbftnken, vom 6. März 1907.
— Schaumburg-Lippe. Polizeiverordnung, betr.
die Betäubung des Schlachtviehs beim gewerblichen
Schlachten, vom 30. November 1907 ff).
— Darmstadt, GroAherzogi. Kreisamt, Milch-
Verkaufsordnung fOr den Kreis Darmstadt, vom
8. März 1907ttt).
*) Wortlaut in den Veröffentl. des Kais.
Gesundheitsamtes 1908, Nr. 17.
**) Ebenda Nr. 14.
t) Ebenda Nr. 17.
tt) Ebenda Nr. 6.
ttt) Wortlaut 8. „Molkerei-Zeitung Berlin"
1907, Nr. 15.
— 263 —
Statistische Berichte.
— Deutsches Reich
Schlachtvieh-
Zusammengestellt
im Kaiserlichen Statistischen Amt.
Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau
vorgenommen wurde
1 ~ " ~'\
Staaten
"
und
Land esteile
Pferde
und
andere
Ein-
Ochsen
Bullen
Kühe
Jung-
rinder
über
Kälber
bis
Schweine
Schafe
Ziegen
Hun-
de
hufer
1
3 Monate alt
Provinz Ostpreußen . . .
695
1073
1611
8058
7 825
14 066
109190
34 895
1362
„ Westpreußen . . .
298
816
2330
7168
5169
13646
91291
12 076
2 221
Stadt Berlin
3 233
20016
9075
4118
9 227
40191
203156
107 951
74
Provinz Brandenburg . .
3147
5 293
9 328
25 959
12 554
48 266
245 610
22 964
2 748
81
„ Pommern . . .
790
345
2 905
8 670
3 354
21952
98454
21119
809
„ Posen ....
270
547
1951
7 205
6 409
21980
120833
12 849
16 833
„ Schlesien ....
5196
3252
12 274
31471
21286
86 021
399 736
17 271
9050
318
y, Sachsen . . .
2 939
2 411
5418
18122
8 565
38151
217 936
26995
4 727
80
„ Schleswig- Holstein
1676
5 365
1527
11440
7 869
25140
112 456
10090
194
9
„ Hannover . . .
2 587
5 649
5193
13622
8276
27 959
192220
46165
1325
„ Westfalen . . .
3014
3 566
5 758
39 054
10 787
39 321
256 916
9 732
3473
4
y, Hessen-Nassau .
1025
8556
1663
17 964
13 713
45 385
317 197
19 505
4972
y, Rheinland . . .
5 275
22054
6867
64 749
26 317
90 540
460084
38820
10699
14
Hohenzollem
—
82
24
367
587
1063
2250
79
41
Königreich Preußen
30145
79 025
65 924
257 %7
141938
513681
2 927 329
380511
58528
506
Bayern rechts des Rheins
3 212
28904
11503
49 782
31202
173 664
476325
55 999
7 712
133
„ links des Rheins
287
1334
599
3 332
10267
12 898
55 665
932
1580
Königreich Bayern
3499
30238
12102
53114
41469
186 562
581990
56 931
9 292 133
Königreich Sachsen . .
3 968
9072
8 861
35 760
5 796
103 284
377 016
60171
44 319
1496
Wtlrttemberg
518
4 341
3619
14 621
24747
51472
140 914
12 964
3 318
17
Baden
642
6 791
2242
11487
20369
45 868
136199
5 749
3318
Hessen
601
4 914
438
9 941
10194
18 379
96 647
5 251
6 413
Mecklenburg-Schwerin
522
203
1537
4 887
1978
21616
47 722
8160
465
Sachsen-Weimar . . .
217
396
256
2 651
1643
6 277
25 896
4 224
1414
1
Hecklenburg-Strelitz . .
137
36
77
508
217
2431
8 211
899
33
Oldenburg
121
592
180
1987
1533
3 568
34 537
3 262
177
_ .
Braunschweig ....
146
436
2007
1463
2390
1567
6333
105 418
5 772
202 -
Sachsen-Meiningen . . .
124
313
154
2063
3 521
15 556
2133
384
Sachsen-Altenburg . . .
101
71
274
2533
528
3600
16 643
1380
438
3
Sachsen-Coburg-Gotha
136
252
131
2 363
1361
3853
41850
4 732
8061
20
Anhalt
499
249
676
1462
612
3 769
27 739
2 486
630
113
Schwarzburg-Sondershausen
10
50
38
1067
326
1537
14 001
945
109
Schwarzburg-Rudolstadt .
9
63
60
641
494
1531
5907
862
58
Waldeck
1
42
75
202
481
906
3 361
334
158
Reuß ältere Linie . . .
34
%
114
472
271
1233
6 880
2178
78
4
Reuß jüngere Linie . .
88
116
235
1535
677
2104
17 542
2129
382
6
Schaumburg-Lippe . . .
20
7
29
301
103
478
1711
123
110 —
Lippe
60
21
265
875
319
1188
8 274
327
204' -
Lübeck
247
99
• 290
2216
388
3 689
13 794
1602
123 -
Bremen ..:....
710
2 260
971
864
936
4 005
33 617
3 665
49 -
Hamburg
1630
7 997
1363
1976
6 776
14 568
115 257
21697
56 -
Elsaß-Lothringen . . .
1081
5 521
1226
19 224
6 459
37 631
91359
14 673
1 475 —
Deutsches Reich .
45 206158201
108144
432180
278572
1048084
4845870
008180
189 7942299
Dagegen im S.Viertelj. 1907
27 205 147 114
121047
402 372
277 457
1090 978
3 749 660
707 865
39332
952
« n 2. , 1907
25 366,134 278
106 9a3
369 207
203 918
1 187 195
8 711571
434 742
178918
943
r, . 1. . 1907
37 402141078
96 968
392 623
183 989
1053 585
4076384
440346
131 699
2 278
, , 4. „ 1906*;
47 638 155 094
98 558
407 191
233 776
892 405
4012464
580848
140029
2 325
, , 3. , 1906*
1 26 426153 916
120254
395 206
258 035
1008 979
3109 802
742 403
41485
1032
„ „ 2. „ 1906*;
29005152118
117 348
392 660
222 341
1 254 177
2 981914
486 139
170 996|1013
, 1. „ 1906*;
1 43 542,152 270
104 051
429 674
211 212
1 052 687
3 238 282
485 865
98323 2151
„ 4. „ 1905*
) 52 591 1 156 340
99 763
426 707
262146
913 112
3 471742
657 722
130351
2 405
, , 3. , 1905*
) 28 913 152 708
129 068
408151
276 020
1 033 593
3 033 690
841971
38 235
1021
, „ 2. „ 1905*;
) 29 224143 962
125 143
406 841
215 577
1322 529
3 143 114
484 033
152 981
947
. . 1. . 1905*
35 899 142 214
112783
413 756
186 353
1122 865
3 924 280
452 397
107 778
1785
„ „ 4. , 1904*;
) 44 810152 867
111763
410 763
219 773
999326
4404158
609 630
136 938
1763
n « 3. , 1904
23 827
145 682
128 553
379 179
246 478
1072 835
3 508461
768 461
44 223
762
*) Abgeändert infolge nachträglicher Berichtigungen.
— 264 —
— Bertin. Jahresbericht der Freibank für 1907/08.
(Unternehmer: Schlachtviehversicherung Ver-
einigter Yiehkommissionäre Berlins.) Berlin 1908.
Vom 1. April 1907 bis 31. März 1908 wurden
der Berliner Freibank zur Verwertung übergeben :
3996 Rinder,
1019 Rinderviertel,
884 Kälber,
51 Kälberviertel,
130 Schafe,
1 Schafviertel,
18 Ziegen,
6355 Schweine
und Fleischteile von Rindern, Kälbern, Schweinen
sowie
30800 kg Trichinenschauprobenreste,
insgesamt 1 605 096 kg Fleisch.
Hiervon waren
minder- minder-
wertig wertig bedingt
I. Qualität II. Qualität tauglich
kg kg kg
von Rindern,
Kälbern, Schafen
und Ziegen . . 646 839 60093 319 632
von Schweinen . 356 977 53 203 168 352
Der Gesamterlös betrug
fttr das Fleisch der Wiederkäuer 774 642,18 M.
„ „ „ „ Schw eine . . 456 832,88 M.
Zusammen 1 231 475,06 M.
Die Erlöse betrugen für das Kilogramm nach
Abzug der Unkosten
minder- minder-
wertig wertig bedingt
I. Qualität II. Qualität tauglich
Pf.
Pf.
66-72 42-52
50-78 60-78
Pf.
für Rindfleisch,
Kalbfleisch usw. 84—94
für Schweinefleisch 78—96
Der Erlös für Fleisch ex trakt bclief sich auf
17 685 M. (35 370 Glas ä 100 g zum Preise von
50 Pf.), der Erlös aus den Trichinenschauproben
auf 23000 M.
Das Fleisch findet jetzt regelmäßig reißen-
den Absatz. Die Nachfrage ist Freitags am
größten; an diesem Tage ist die Freibank
in Berlin schon von nahezu 3000 Käufern
aufgesucht worden. Die für die Freibank ein-
gerichtete Kuhleinrichtung gestattet nicht nur
die Kühlung der einfinnigen Rinder, sondern
auch die Aufbewahrung der Fleischvorräte für
die Hauptverkaufstage. Als Fleischdämpfer sind
ausschließlich dieHoennicke sehen im Gebrauch,
die sich nach Auskunft der Verwaltung der
Berliner Freibank ausgezeichnet bewährt haben
(Preis des Apparates von je 10 Zentner Fassungs-
vermögen 4000 M.). Daneben wird noch ein
B e c k e r - U 1 m a n n scher Kochapparat zum
Nachkochen ungenügend gekochten Fleisches
verwendet.
— Die Milohkontrtlle im KSnlgreiob PrevSen.^
Der Verkehr mit Milch wurde im Berichtsjahr
wiederum ftür eine Reihe von Gemeinden durch
Erlaß von Polizeiverordnungen geregelt, so
in Fürstenwalde und Forst, Reg.-Bez. Frankfurt,
in Waidenburg, Reg.-Bez. Breslau, in Warmbrunn,
Reg.-Bez. Liegnitz, im Stadt- und Landkreis
Hanau, Reg.-Bez. Kassel. Seitens der Zentral-
instanz wurde eine Neubearbeitung der in den
Jahren 1899 und 1900 bekannt gegebenen Grund-
sätze für den Verkehr mit Kuhmilch, die für den
Erlaß von Polizei Verordnungen die leitenden
Gesichtspunkte angeben sollen, entsprechend den
Fortschritten der Wissenschaft und der ein-
schlägigen Rechtsprechung in die Wege geleitet
Die Medizinalbeamten widmeten allgemein
dem Verkehr mit Milch besondere Aufmerksam-
keit. Insbesondere richteten sie ihr Augenmerk
auf die Sammelmolkereien, deren regelmäßige
Besichtigung ihnen in mehreren Bezirken zur
Pflicht gemacht ist. Mißstände in den Molkereien
waren noch immer häufig zu finden, zumal war
Unreinlichkeit oft zu tadeln, femer Verwendung
hygienisch zu verwerfenden Wassers und Ab-
leitung der Abflüsse ohne genügende Reinigung.
Um nur einige Beispiele zu erwähnen, so waren
in einer Meierei im Reg.-Bez. Gumbinnen die
Wände mit Schimmelpilzen bedeckt, die Balken-
lagen teilweise vom Schwamm zerstört, die Fuß-
böden schadhaft. In einer kleinen Molkerei des
Reg.-Bez. Bromberg diente der Betriebsraum zu-
gleich zum Schlafen und Essen. Im Reg.-Bez.
Uildesheim fand sich ein Kübel mit schmutziger
Wäsche im Presseraum einer Käserei, aus dem
eine Tür unmittelbar in den Schweinestall führte.
Die Benutzung der Molkereibetriebsräume zum
Wäschewaschen ist überhaupt ein verbreiteter
Übelstand, der im Reg.-Bez. Stade Anlaß zur
Forderung einer besonderen Waschküche bei jeder
Molkerei gab. Im Reg.-Bez. Aachen sah der
Kreisarzt in einer Molkerei einen Knaben mit
nackten, schmutzigen Füßen über die Apparate
hin laufen. Eine Molkerei im Reg.-Bez. Trier
mußte polizeilieh geschlossen werden, weil sie
ihr Betriebswasser aus einem Bache entnahm, an
dessen Oberlaufe häufiger Typhus erkrankungen
vorkamen. Die Räume einer Meierei im Reg.-Bez.
Gumbinnen wurden nebenbei zur Abhaltung reli-
giöser Versammlungen benutzt. Im ganzen
scheinen aber doch die Einrichtungen der Molke-
reien sich zu bessern; gute Verhältnisse weisen
namentlich diejenigen Sammelmolkereien auf, in
denen ein Milchfachmann die Leitung hat
*) Aus dem amtlichen, im Kultusministerium
bearbeiteten Bericht für das Jahr 1906.
— 265 —
Pastearisierapparate werden in immer größerer
Zahl eingeführt. So haben im Reg. -Bez. Königs-
berg Aber 70 v. H. der Molkereien, imReg.-Bez.
Osnabrflck 59 der 66 Molkereien solche Apparate,
im Reg.-Bez. Breslau allerdings nur 41 der 137
Sammelmolkereien und 13 der 49 sonstigen
Molkereien. Im Reg.-Bez. Trier, wo 95 Molke-
reien, davon nur 27 mit Dampfbetrieb, vorhanden
sind und der Kreis St Wendel allein 34 Molke-
reien zählt, haben dagegen nur einige wenige
Betriebe Pasteurisiervorrichtungen, das gleiche
wird aus den Regierungsbezirken Bromberg und
Hildesheim berichtet. In der Stadt Posen nötigte
das Auftreten von Typhus dazu, vorübergehend
allgemein die Erhitzung der Milch auf 85^ vor
dem Inverkehrbringen vorzuschreiben. Im Kreise
Uelzen des Reg.-Bez. Lüneburg, wo eine Typhus-
epidemie durch eine Molkerei veranlaßt worden
war, wurde sämtlichen Molkereien die Anschaffung
von Pasteurisierapparaten und die Erhitzung
wenigstens der den Liefernden zurückgegebenen
Magermilch polizeilich aufgegeben. Ein Kreis-
arzt im Reg.-Bez. Frankfurt bezweifelt übrigens,
daß die Pasteurisierapparate immer richtig an-
gewendet werden, da eine Erhitzung bis auf die
zur Abtötung von Krankheitserregern nötige
Temperatur im betriebstechnischen Interesse
nicht nötig ist
Die Zahl der Sammelmolkereien ist auch im
Berichtsjahr wieder gewachsen, namentlich im
Osten und Norden. Im Reg.-Bez. Trier sind
wiederum 7 Molkereien eingegangen, was der
Regierungsmedizinalrat in Anbetracht der mangel-
haften Einrichtung der meisten kleinen Betriebe
des dortigen Bezirks als hygienischen Fortschritt
ansieht — Wiederum wird darauf hingewiesen,
daß in den Familien der an Sammelmolkereien
liefernden Landwirte meist nur Magermilch ge-
nossen werde und dadurch die Ernährung der
kleinen Kinder Not leide.
Der Handel mitVorzugsmilchistvonden
Medizinalbeamten besonders sorgfältig beobachtet
worden. Leider mußte dabei festgestellt werden,
daß dem höheren, für die Vorzugsmilch ge-
forderten Preise manchmal durchaus nicht eine
verstärkte Sorgfalt bei der Auswahl der milch-
liefemden Kühe und der Behandlung der Milch
entspricht Im Berichte des Reg.-Bez. Osnabrück
wird geradezu von Unfug gesprochen, der mit
der Bezeichnung „Kindermilch^ für eine keines-
wegs einen Vorzug verdienende Ware getrieben
wird. Im Reg.-Bez. Erfurt diente der Flaschen-
spülraum in „ Sanitätsmolkereien ^ nebenbei auch
als Waschküche. In Berlin werden die Molke-
reien halbjährlich, die Kindermilchanstalten aber
vierteljährlich durch die beamteten Tierärzte
einer Besichtigung unterzogen.
Angaben in den Berichten aus denRegiemngs-
bezirken über ungenügende Sorgfalt bei der
Gewinnung und Behandlung der Milch auf
dem Lande sind wiederum häufig. Von einer
Reinigung der Hände und der Euter vor dem
Melken, einer gehörigen Seihung oder Filtration
der Milch, schneller Abkühlung und kühler Auf-
bewahrung, gründlicher Reinigung der Milchge-
fäße ist noch vielfach keine Rede. Häufig genug
dienen noch Schlafräume zur Aufbewahrung der
Milch bis zum Transport an den Abnehmer. Be-
zeichnend ist, daß z. B. in Duisburg von 212
Milchproben 41 wegen ihres hohen Schmutzge-
haltes zu beanstanden waren. Auch verstehen
sich die Landwirte hier und dort recht gut aufs
Fälschen der Milch, fanden sich doch z. B. im
Reg.-Bez. Minden von 78 Milchproben, die von
Molkereien zur Kontrolle ihrer Lieferer zur
Untersuchung gebracht wurden, 17, also mehr
als ein Fünftel, durch teilweise Entrahmung oder
Wasserzusatz gefälscht
Auch in den Milchhandlungen herrschen
noch viele Mißstände, besonders infolge von Be-
nutzung der Verkaufs- und noch mehr der Vor-
ratsräume auch zu anderen Zwecken. Als Bei-
spiel sei nur angegeben, daß in Tilsit, Reg.-Bez.
Gumbinnen, der Verkaufsraum einer Milchhandlung
zugleich als Schuhmacherwerkstätte und nachts
als Schlafraum diente. Solche Verhältnisse haben
denn auch in verschiedenen Orten dazu geführt,
daß von Vereinen, die sich mit Sozialhygiene
beschäftigen , hygienische Milch Verkaufsstellen
errichtet oder geplant worden sind.
Die Kontrolle der Handelsmilch ge-
schieht in der Regel durch Polizeiorgane,
in größeren Städten auch durch Tierärzte
oder Chemiker. Die Ergebnisse der Kontrolle
sind leider meist wenig erfreulich. So mußten
in Königsberg 73 Bestrafungen wegen Milch-
fälschung erfolgen. Im Landespolizeibezirk
Berlin wurden wegen Entrahmung, Wässerung,
starken Schmutzgehaltes, Verdorbenheit und Zu-
sätzen von Borsäure oder Formalin beanstandet
in Berlin 1175 von 3389 chemisch untersuchten
Proben, in Charlottenburg 74 von 208, in
Schöneberg 65 von 192, in Rixdorf 55 von 183.
In Spandau waren von 111 Milchproben 37, in
Halle von 312 Proben 55 zu beanstanden, in
Altona 21,9 v. H., in Wandsbek 11,2 v. H., in
Kiel 30 V. H. der untersuchten Milchsorten. In
Frankfurt a. M. belief sich die Zahl der Be-
anstandungen auf 482 bei 3647 Proben mit Ver-
hängung von 470 Polizeistrafen, von denen 25
nach erhobenem Einspruch gerichtlich bestätigt
wurden. In Wiesbaden waren von 106 Milch-
proben 22, in Homburg 21 von 263, in Koblenz
44 von 305 gefälscht In Barmen waren von
— 266 —
841 Milchen 26 gewässert, 94 entrahmt, in Kre-
feld 90 von 656, in Remscheid 58 von 351, in
Köln 157 von 674 gefälscht; hier wurden vier
Freiheitsstrafen wegen Milchfälschung verhängt
Bestrafung einer Milchhändlerin wegen Form-
atdehydzusatzes zur Milch wird ans Düsseldorf
berichtet
Solche Ergebnisse zeigen, daß die Kontrolle
des Milchverkehrs noch wesentlich verschärft
werden muß, um hygienisch befriedigende Ver-
hältnisse zu erreichen; gerade auf diesem Gebiete
wird die ins Werk gesetzte Einftüimng einer
allgemein geregelten Kontrolle sich sehr ntitzlich
erweisen.
In Berlin wurde die dorthin in großer Menge
aus Dänemark in pasteurisiertem Zustande ein-
gefflhrte Milch unter scharfe Kontrolle genommen;
ein Grund zur Beanstandung der Ware ergab
sich aber selten.
Bucherschau.
— Kitt, Tb., Bakterienkunde imd Patbolotisohe
Mikroskopie für Tierärzte und Studierende der Tier-
medizin. Fünfte, wiederholt verbesserte und
umgearbeitete Auflage. Mit mehr als 200 Ab-
bildungen und 4 kolorierten Tafeln Wien 1908.
Verlag von Moritz Perl es. Preis 15 M.
Die Bakterienkunde und Pathologische
Mikroskopie Kitts ist längst der Mentor der
angehenden Tierärzte bei den bakteriologischen
und pathologisch-histologischen Übungen und in
gleicher Weise der nicht versagende Ratgeber
derjenigen praktischen Tierärzte in Deutschland
geworden, die ihre Diagnosen in zweifelhaften
Fällen durch mikroskopische Untersuchungen zu
sichern pflegen. Man findet das ausgezeichnete
Lehrbuch in jeder tierärztlichen Bibliothek.
Diese Tatsache spiegelt sich wieder in dem
raschen Erscheinen der fünften Auflage, die mit
Sorgfalt bearbeitet und mit neuen Abbildungen
ausgestattet, alle neueren Forschungsergebnisse
namentlich auf dem Gebiete der Bakteriologie
berücksichtigt und so wieder auf die Höhe der
gegenwärtigen Zeit gebracht ist.
— Bongort, J., Baktoriolotioche Diagnostik mit
besonderer Beritekoldrtlgnng der Immunltatolekre,
der Serodiagnootik nnd Sobatzimpfungen fOr Tier-
ärzte und Studierende. Zweite, stark vermehrte
nnd verbesserte Auflage. Mit 16 Abbildungen
und einer Farbendrucktafel im Text sowie
20 Lichtdruck tafeln, enthaltend 111 vom Ver-
fasser hergestellte Photogramme. Leipzig 1908.
Verlag von Otto Nemnich. Preis 12 M.
Die Vorzüge der von Bongert verfaöten
Bakteriologischen Diagnostik, die knappe und
klare Darstellung und die ganz hervorragend
instruktiven Photogramme, sind bei dem Er-
scheinen der ersten Auflage an dieser Stelle
eingehend gewürdigt worden. Die neue Auflage
des Buches, die nach verhältnismäßig kurzer
Zeit erschienen ist und beredtes Zeugnis ablegt
von der zunehmenden bakteriologischen Be-
tätigung der Kollegen in der Praxis, ist vom
Verfasser auf breitere Grundlage gestellt und unter
kritischer Würdigung der seit der ersten Heraus-
gabe erschienenen Literatur bearbeitet worden.
Das Buch wird sich in seiner neuen Auf-
lage zu seinen alten viele neue Freunde
erwerben.
— Riokmann, W., Tierzucht und Tierkrankheiton
in Deutoch-Sadwestafrika. Berlin 1908. Verlag
Richard Schoetz. Preis 9 M.
Der Verfasser hat 12 Jahre in Deutsch-
Südwestafrika als Regierungstierarzt nnd späterer
Leiter des Veterinärwesens gewirkt und im
Frieden und Krieg der Kolonie, die auch er als
des Besitzes und tatkräftiger kolonisatorischer
Arbeit wert bezeichnet, die wichtigsten Dienste
geleistet. Nach seinem Ausscheiden aus dem
Kolonialdienst ist von ihm das vorliegende Buch
verfaßt worden, als eine Art Glaubensbekenntnis
in den für die künftige Entwicklung von
Deutsch-Südwestafrika lebenswichtigsten Fragen
der Tierzucht und Tierseuchenbekämpfung zum
Nutzen und Frommen der Farmer. Verfasser hat
durch die Herausgabe des Buches in der Tat
eine moralische Verpflichtung erfüllt. Das Buch
des im deutschen Kolonialdienst erfahrensten
Verfassers ist aber nicht nur für Deutsch-
Südwestafrika geschrieben, sondern beansprucht
das Interesse auch aller heimischen Kreise, die sich
für den südafrikanischen Farmbetrieb und die
für Südwestafrika spezifischen Seuchen inter-
essieren, weshalb auf das interessante Buch auch
an dieser Stelle hingewiesen sei.
— Leiotikow, Das ReiohsfloiocbboocbtuiOBOtz
nobst AusfOhrungovoroobriflen (inkuMf). Für den
Regierungsbezirk Magdeburg zusammengestellt.
Magdeburg 1908.
Verfasser hat die Bestimmungen über die
Fleischbeschau im Inland nebst den für den
Reg. -Bez. Magdeburg erlassenen einschlägigen
Polizeiverordnungen in sehr zweckdienlicher
Weise zusammengestellt, um eine schnelle und
vollständige Orientierung über einzelne Fragen
der Fleischbeschau nach dem heutigen Stand
der zu dem Fleischbeschaugesetz erlassenen
Ausführungsvorschriften und sonstigen Ver-
ordnungen zu ermöglichen.
— 267
— Ubb€l«hde. HandbHCh der Chemie und
TeclMtlegle der öle und Fette. Chemie, Analyse,
Gewinnung und Verarbeitung der Öle, Fette,
Wachse und Harze. In 4 Bänden. 1. Bd. Chemie,
Analyse und Gewinnung der Öle, Fette und
Wachse. Mit 424 Abbildungen und Tafeln.
Leipzig 1908. Verlag von S. Hinzel. Preis 30 M.
Das groß angelegte Werk Ubbelohdes
vereinigt die Chemie, Technologie und Analyse
der Fette und öle. Der vorliegende 1. Band
enthält als für uns wichtigsten Abschnitt die
Gewinnung der tierischen Fette (S. 642/722)
ans der Feder des bekannten Spezialisten der
Kadaververarbeitungsfrage Dr. Haefcke. Ver-
fasser behandelt in umfassender, erschöpfender
Darstellung die Rohmaterialien fttr die Ge-
winnung tierischer Fette, die Aufbewahrung,
die Beinigung und Zerkleinerung der Roh-
materialien, die Fettgewinnung durch Aus-
schmelzen, die Fettgewinnung aus Kadavern,
die Fettgewinnung durch Pressen, Extrahieren,
Zentrifugieren, die Kläreinrichtungen zum
Reinigen der Fette, die Verarbeitung der Neben-
und Abfallprodukte bei der Verarbeitung anima-
lische Fette und die Einrichtung ganzer Anlagen
mit Beigabe sehr zahlreicher instruktiver Ab-
bildungen. Die Schlachthofverwaltungen seien
hiermit auf das neue Werk aufmerksam gemacht.
— Zwiok, Schema des Blutkreislaufes und des
Blut- und Lymphstromt beim Rind. 2 Tafeln.
Berlin 1908. Verlag von Richard Schoetz. Preis
jeder Tafel 7,50 M.
Zwick hat den Blutkreislauf und den Blut
und Lymphstrom schematisch auf zwei farbigen,
von der Verlagsbuchhandlung sehr schön aus-
geftthrten Tafeln dargestellt, die sich beim Unter-
richt der Hilfsbeschauer als gutes Hilfsmittel
bewähren werden.
Neue Einginge.
— Basenau, F., Klndersterfte, Alcoholltmus en
Tuberculoee. Openbare les gehonden bij den
aanvang zijner lessen als Privaat-Docent in de
Hygiene van de Rijksuniversiteit te Leiden.
Amsterdam 1908.
— Degen, K., Untersucbungeii über die häma-
togen« eitrige Nephritis des Schweines. L-D.
Gießen 1907.
— Dobbertln, F., Über das Verhalten der welBen
Blutkttrperoben beim Hund unter besonderer Bedick-
sicbtlgung der Bandwurm- und Tricblnenkrankbelt
L-D. Leipzig 1907.
— Goedecke, A., Über die Wirkung einiger Salze
bei üMurtaner und Intraventeer Anwendung. L-D.
Bern 1906.
— Knasel, 0., Studien Ober die sog. sterilisierte
s. Ein Beitrag zur Biologie der
peptonisierenden Milchbakterien. L-D. Zttrich.
Beriin 1906.
— Neumark, E., Beitrag zur dootaillzleronden
Wirkung dos LIcbts. Sein Einfluß auf tierpathogene
Erreger. L-D. Gießen 1907. Beriin 1907.
— Pröooholdt, 0., Papilläres Akanthom auf der
Innenfläcbe des Pferdeohrs. L-D. Bern. Berlin
1906.
— Schumann, K., Untersuchungen Ober Abszesse
und abozeBäbnIlcbe Nokrooeborde In der Lobor des
Kalbes. Veterinärmedizinische L-D. Leipzig 1906.
— Freiburg I. B. 1908. Jahresbericht der
otfdtlocben Schlacht- und VIehhofVerwaltung fUr
das Jahr 1907.
— U. 8. Departement of Agriculture Twonty-
tblrd «mual Report of tbe Bureau of animal In-
dustry for tbe Year 1906. Washington 1906.
Kleine Mitteilungen.
— Hetzen derSobtachttlere InAfHka. F.O.Koch
erwähnt in einem Feuilleton-Artikel der „Deutsch.
Landw. Presse'' (1908, Nr. 18), daß die Schwarzen,
bevor sie bei gewöhnlichen Gelegenheiten an
das Schlachten eines Tieres gehen, dieses eine
halbe Stunde lang umherhetzen. Sie behaupten,
daß das Fleisch dadurch wohlschmeckender
werde. Da die Neger das Fleisch der geschlachteten
Tiere sofort nach der Schlachtung zubereiten,
dürfte das Hetzen dadurch auf den Geschmacks-
wert des Fleisches gänstig einwirken, dafi es
sofortigen Eintritt der Totenstarre und damit
rasches Garwerden des Fleisches bedingt.
— Angebilcbor Phoophorgoruch von BulloaMoeb.
In München ist der Metzgermeister N. unter
Anklage gestellt worden, weil er das Filet eines
Bullen mit angeblichen Phosphorgeruch in den
Verkehr gebracht hatte. Wahrscheinlich hat es
sich nicht um einen Phosphorgemch, sondern
um einen Geruch nach Knoblauch gehandelt,
der Bullenfleisch u. U. anhaftet (vgl. Goltz, diese
Zeitschr. 7. Jahrg., S. 147) und dessen Vor-
kommen jedenfalls die Veranlassung war, daß
für den Verkauf des Bullen fleisches in den
Fleischbeschauverordnungen des Mittelalters der
Deklarationszwang vorgeschrieben worden ist.
— Zusammensetzung des sog. Frikassee vom
Huhn. Einer Notiz der „Allgemeinen Fleischer-
Zeitung^ ist zu entnehmen, daß zur Herstellung
des genannten Gerichts in der Zentralküche
einer größeren Speisewirtschaft-Gesellschaft in
einer Woche verbraucht worden sind: 800 Pfd.
Hühner, 400 Euter und Herzen, 45 Stück
Thymusdrüsen und eine größere Zahl von Kalbs-
zungen.
— Ober die Wurotvorgiflung In Rostock vom
Anfang Dezember 1907 berichtet Dr. Riemer im
— 268 —
RoBtocker Ärzteverein (D. Med.-Wochenschr. 1908,
Nr. 9). Dieselbe trat nach dem Gennß von
Leberwürsten auf, die von einem Gute in der
Nähe von P. in Pommern bezogen waren. Die
nach einer Inkubationszeit von 8—15 Stunden
sich einstellenden Erkrankungszeichen bestanden
in Fieber, Erbrechen, Durchfällen und allgemeinem
Schwächegefahl. Die Dauer der Krankheit er-
streckte sich durchschnittlich Aber 4—12 Tage.
Im ganzen wurden in Rostock 63 und auf dem
Gute, das die Leberwurst geliefert hatte,
zehn ErkranknngsfäUe dieser Art gemeldet.
Todesfälle traten nicht ein. Die bakteriologische
Untersuchung der Wurst ergab das Vorhanden-
sein eines Mikroorganismus, der kulturell und
durch sein Verhalten bei der Agglutination von
dem Bacterium enteritidis Gaertner nicht
unterschieden werden konnte. Dasselbe
Bacterium wurde auch aus den Ausleerungen
der Kranken isoliert, deren Blut den Mikro-
organismus noch in 800facher Verdünnung
agglutinierte. Die Schlachttiere (Schweine),
von denen die zur Wurstbereitung
verwendeten Lebern stammten, sollen
gesund gewesen sein. Bei einer noch nach-
träglich vorgenommenen bakteriologischen Unter-
suchung des übriggebliebenen, eingepökelten
Fleisches konnte der erwähnte Mikroorganismus
nicht nachgewiesen werden. Zum Schluß wies
Riemer auf die Häufigkeit des Vorkommens
von Fleischvergiftungserregem aus der Typhus-
Koli-Gruppe bei Tieren hin. Bei elf Fällen von
septischen Kälbererkrankungen, die im Dezember
1907 im hygienischen Institute untersucht
wurden, konnte bei vier ein Mikroorganimus
isoliert werden, der sich von dem Erreger der
Rostoker Fleischvergiftimg weder kulturell noch
durch Agglutination trennen ließ.
- Wert der im Jahre 1907 in Deuttohland ge-
acliiacMeteii Tiere. Nach einer Berechnung der „Allg.
Fleisch.-Ztg.^ betrug der Wert der im letzten Jahr
im Deutschen Reich geschlachteten Tiere 37) Mil-
liarden Mark. Davon entfallen auf Berlin allein
254 Millionen und auf Hamburg 113 Millionen M.
In Husum wurden für 31 Millionen Mark Vieh ver-
kauft Im letzten Berichtsjahre wurden in Deutsch-
land geschlachtet 3 328 903 Rinder, 4 287 491
Kälber, 2 268 739 Schafe und 15 066 116 Schweine.
Doch umfassen diese Zahlen nur die gewerbs-
mäßigen Schlachtungen. Die Hausschlachtungen
betrafen 89 361 Rinder, 81 860 Kälber, 628 271
Schafe und 5 933240 Schweine. Das Gewicht
der geschlachteten Schweine war doppelt so
grofi als das der geschlachteten Rinder.
-- Fleisch- md Ullchverfarauch auf den Ozean-
danpfem der Hamburg-Amerlica-Linie. Im Jahre
1906 sind auf den Dampfern der Hamburg-
Amerika-Linie nach der „ Allg. Fleisch.-Ztg.' ver-
braucht worden 6 638 919 Pfd. frisches und
469375 Pfd. geräuchertes Fleisch, 537 720 Pf d.
Geflügel und 430 814 Pfd. frische Fische,
866 520 Pfd. Butter, 3 395811 Pfd. Eier, 387 324
Pfd. Käse, 618969 Pfd. Milch und Rahm.
— Export- und Konsnm von Floiocii in den
Vereinigten Staaten von Nordamoriiia. In den fünf
Jahren von 1878 bis 1882 betrag der durchschnitt-
liche jährliche Export 1340000000 Pfd.; in den
fflnf Jahren von 1898 bis 1902 2209000000 Pfd.
Im Jahre 1900 wurden 12 978000 Rinder und
Kälber, 24548000 Schafe und Lämmer, 50145000
Schweine geschlachtet und 276000 Tiere, meist
Rinder, lebend exportiert Im ganzen sind im
Jahre 1900 16 549 921000 Pfd. Fleisch auf den
Markt gebracht worden, wovon 14116886000 Pfd.
fQr den heimischen Konsum verwandt wurden.
Im Jahre 1906 haben die Konsumenten in den
Vereinigten Staaten rand 2304000000 Dollars für
Fleisch bezahlt Rind- und Kalbfleisch machen
47 Prozent des Fleischkonsums aus. Seit 1840
hat der Fleischkonsum pro Kopf der
Bevölkerung stetig abgenommen, vermut-
lich wegen der stetig steigenden Fleischpreise.
Damals bildete die Fleischkost 50 Prozent der
Volksnahrung, heute ist sie auf etwa 33 Prozent
gesunken. Im Fleischkonsum haben deshalb die
Vereinigten Staaten nicht mehr wie früher die
führende Stelle. Australien steht jetzt an der
Spitze mit 263 Pfd.-, es folgen Neuseeland mit
212, Vereinigte Staaten 185, Cuba 124, England
121,3, Deutschland 98,7, Frankreich 79, Belgien
70, Dänemark 76, Schweden 62, Italien 46,5 Pfd.
— Fieiochbeschau und Vetorinirpollzei in den
Vereinigten Staaten von Nerdamorilca.*) Nach dem
Report of the Operations of the Bureau of Animal
Industiy of the Department of Agricultnre for
the fiscal year ending June 30, 1906, Washington
1907, wurden in den Vereinigten Staaten von
Amerika während des Rechnungsjahres 1906
(1. Mai 1905 bis 30. Juni 1906) in 163 Schlacht-
häusern von 58 Städten, die eine staatliche Be-
aufsichtigung der Vieh- und Fleischbeschau
besitzen, 42 330709 Tiere, in anderen Städten
266 579 862, zusammen 308 910 571 Tiere vor der
Schlachtung einer Untersuchung unterworfen; es
wurde vorbehalten eine zweite Beschau nach
der Schlachtung bei 9120 Tieren in Schlacht-
häusern und bei 151 523 in Viehhöfen. Die Zahl
der Besichtigungen ist im Vergleich zum Vor-
jahre um 4,69 7o gestiegen. Nach der Schlach-
tung sind insgesamt 42 901 284 Tiere untersucht,
darunter 113494, bei denen auf den Viehhöfen
♦) Veröff. d. Kais. Gesundheitsamts 1907,
Nr. 35.
269 -
eine 2. Beschau vorbehalten worden war. Bean-
standet w^urden im ganzen 158953 Tierkörper,
darunter 12 629 von Tieren, bei denen auf Vieh-
höfen schon eine 2. Beschau vorbehalten worden
war, 146 324, die in Schlachthöfen untersucht
wurden, femer 126159 Teile von Tierkörpem.
Die Gesamtzahl an Tierkörpem und Teilen von
solchen, die beanstandet und beseitigt wurden,
einschließlich der tot aufgefundenen und der von
Inspektoren getöteten Tiere, betrug an Rindvieh
21 723 ganze Tierkörper und '4016 Teile von
solchen, an Schafen 8821 und 123, an Kälbern
11992 und 89, an Schweinen 151615 und 121931.
Grund zur Beanstandung gaben nachstehende
Krankheiten: bei Rindem, und zwar von ganzen
Tierkörpem (oder bei einzelnen Teilen) Aktino-
mykose 797 (1985), Tuberkulose 13 548 (1114),
Texasfieber 328, Abszesse 94 (242), Lungenent-
zündung 278, Bauchfellentzündung 299, Septik-
ämie 246, Pyämie 456, Anämie, Abzehrung 2139,
Unfälle, Verletzungen usw. 1786, Verenden infolge
verschiedener Ursachen 867; bei Schafen Tuber-
kulose 4, käsige Lymphdrüsenentzandung 680 (3),
Abszesse 108 (22), Lungenentzündung 335, Sep-
tikämie 198, Pyämie 201, Anämie, Abzehrung 2303,
Gelbsucht 488, Unfälle, Verletzungen usw. 833,
Verenden infolge verschiedener Ursachen 2873;
bei Kälbem Tuberkulose 25, Texasfieber 280,
Anämie 657, Unreife 3224; bei Schweinen Aktino-
mykose 13 (5), Tuberkulose 95 396 (113 491),
Schweinepest und Schwoineseuche 19329, Rot-
lauf 22, Abszesse 1256 (419), Echinokokken 1 (5),
Geschwülste 624 (275), Lungenentzündung 1333,
Darmentzündung 318, Bauchfellentzündung 685,
Septikämie 1196, Pyämie 3033, Anämie, Ab-
zehrung 798, Gelbsucht 920, Unfälle, Verletzungen
usw. 1019 (7723), Verenden infolge verschiedener
Ursachen 13 222.
Das Fleischbeschausiegol wurde an-
gebracht auf 24163 869 Rindervicrteln und
123 470 Packungen von Rindfleisch, auf dem
Fleische von 8 154 490 Schafen, 1 094 946 Kälbern,
939 656 Schweinen und 1120 955 Packungen von
Schweinefleisch. Mit dem Fieischbeschaustempel
wurden 23 659 481 Packungen von Fleisch und
Fleischerzeugnissen versehen, und zwar 7 684 116
von Rind-, 32 701 von Hammel-, 2437 von Kalb-,
15 940 227 von Schweinefleisch. Die Zahl der
versiegelten, mit untersuchtem Fleisch und
Fleischerzeugnissen beladenen Fahrzeuge betrug
76 956. Über die vorgenommene Beschau von
zur Ausfuhr bestimmtem Fleisch und von Fleisch-
erzeugnissen wurden 42 784 Bescheinigungen aus-
gestellt. Mit solchen kamen zum Versand 787
geschlachtete Rinder (ganze Tierkörp3r), 1 301 923
Rinderviertel, 9397 Stacke und 1598 229
Packungen voa Rindfloisch mit einem Gesamt-
gewicht von 390 291 533 Pfund; 42 geschlachtete
Schafe und 20482 Packungen von Schaffleisch
im Gewicht von 609 373 Pfund; 3788 geschlachtete
Schweine und 646 103 Packungen von Schweine-
fleisch im Gewicht von 201 453 171 Pfund. Im
ganzen belief sich die Ausfuhr an Fleisch und
Fleischerzeugnissen auf 592 354 077 Pfund gegen-
über 516 732 408 Pfund im Vorjahr. Die Gesamt-
kosten für die Fleischbeschau beliefen sich auf
789 263,76 Dollars.
Trichinenschau. Von 536 997 auf Tri-
chinen untersuchten Schweinen wurden 523 915
= 97,57% ^rei von Trichinen befunden; 6220
= 1,16 7o waren mit trichinenähnlichen Gebilden
oder abgestorbenen Trichinen und 6832=1,27^0
mit lebenden Trichinen behaftet. Von 6926 zur
Verfügung gestellten trichinösen Tierkörpem im
Gewicht von 1613365 Pfund wurden 47,24%
vernichtet und der Rest in gekochtem Zustande
verarbeitet. Für mikroskopisch untersuchtes,
zur Ausfuhr bestimmtes Schweinefleisch in
68 689 Packungen mit einem Gewicht von
26 566 409 Pfund wurden 3104 Zeugnisse ausge-
stellt. Die Ausfuhr von mikroskopisch unter-
suchtem Schweinefleisch hat gegenüber dem
Jahre 1905 um 80,45 % zugenommen. Die
Kosten der mikroskopischen Untersuchung be-
liefen sich auf 63297,94 Dollars, durchschnittlich
11,79 Cents für jedes untersuchte Tier und
0,24 Cent für jedes Pfund Fleisch.
Nach Europa wurden ausgeführt
416372 Stück Rindvieh, 67 840 Schafe, 1252
Pferde, an kanadischen Tieren 46 863 Stück
Rindvieh, 27 257 Schafe, 6 Pferde. Alle diese
Tiere gingen nach Großbritannien, ausgenommen
7981 Stück Rindvieh und 77 Pferde, die für
Belgien, 110 Pferde, die für Deutschland und
150 Pferde, die für Frankreich bestimmt waren.
Der Verlust an lebenden Tieren bei der
Überfahrt nach den englischen Häfen betrug
beim Rindvieh 0,158, bei Schafen 0,666 und bei
Pferden 0,991 %.
Zur Verhütung der Einschleppung von
Texasfieber aus den Südstaaten fand, wie in
den Vorjahren, eine Quarantäne und Überwachung
des Viehverkehrs statt. Während der Periode
1905 wurden aus Gebieten südlich der Quaran-
tänelinie 1279453 Tiere zur sofortigen Schlachtung
nach den Hauptviehzentralen des Nordens ver-
bracht. Auch wurden in den seuchefreien Ge-
bieten von Texas und Oklahoma 125 225 Stück
Rindvieh besichtigt und zur Einfuhr nach dem
Norden, und zwar nicht zur sofortigen Schlachtung
zugelassen. Unter amtlicher Aufsicht wurden
100916 Petroleum-Zeekenbäder vorgenommen und
die Reinigung und Desinfektion von 42 510 Fuhr-
werken ausgeführt.
— 270 —
Auf Räude wurden untenucht 59246288
Schafe; die Zahl der Häudeb&der betrug
12896976, davon fanden 1661020 zu wieder-
holton Malen statt Von den wegen Räude zur
Untersuchung gelangten 14988260 Rindvieh-
stflcken wurden 248826 (davon 24688 wieder-
holt) gebadet, von 27 507 untersuchten Pferden
wurden 690 einem Badeverfahren unterzogen.
Im Laufe des Berichtsjahres wurden 108 510
Dosen Tuberkulin und 10105 Dosen Malle Yn,
d. 8. jeweils etwa 40^0 ^^^^ ^Is iiu Vorjahre,
hergestellt und abgegeben.
In der gleichen Zeit sind 1 350 915 Dosen
Rauschbrand Impfstoff an Viehbesitzer ver-
teilt worden. Über den Erfolg der Schutzimpfung
gegen den Rauschbrand liegen Mitteilungen vor
aus 38 Staaten oder Territorien. Danach wurden
788421 Tiere geimpft, von denen innerhalb
48 Stunden bis zu 1 Jahre nach der Impfung
3963, d. s. 0,54 7o verendeten. Dagegen gingen
in den Rauschbranddistrikten vor der Impfung
10 bis 12 % der jährlich geborenen Kälber an
der Seuche ein.
Tagesgeschichte.
— Aiifhif z«r Errichtuiil eines Denknal« fOr
M. 6. de BrHlR. In Holland hat sich ein Komitee
gebildet, um dem um die Tierheilkunde hoch-
verdienten Professor M. 6. de Bruin ein Denkmal
zu errichten. Beiträge fir danelbe sind an
Herrn SüdwireterfBär A. Frederikse in Amers-
foort zu abermitteln. Ich mochte hoffen, daß
sich auch recht viele deutsche Kollegen an
dieser Sammlung beteiligen, damit dem ver-
storbenen vortrefflichen Lehrer und ausgezeich-
neten Menschen ein ihn ehrendes Denkmal gesetzt
werden kann. Ho efnagel- Utrecht
— Der Scklaohthofdirektor de Jong In Leiden
ist zum aufierardentliehen Professor der ver-
glnehendenPathoioffie in der Medizinischen Fakultät
der Universität Leiden ernannt worden. Zu dieser
ehrenvollen Berufung sei dem verdienten Kollegen,
der neben seiner Tätigkeit als Schlachthofdirektor
immer noch die Zeit zu ernster wissenschaftlicher
Arbeit gefunden hat, von Herzen Glück ge-
wAnscht!
— Teihmg der Lehraufgahen de« Hygienitoben
IttttKiitn der Tlerintllohen HodMChule zu Beriin.
Wie Schmaltz in der „B. T. W.** mitteilt,
wird beim Hygienischen Institut der Berliner
Tierärztlichen Hochschule ein Abteilungs-
vorsteher angestellt werden, dem der Lehr-
auftrag in der Nahrungsmittelkunde ttber-
tragen werden soll.
— KelenlallnetlM In HMhnrg. Der Senat in
Hamburg hat bei der Bürgerschaft die Errichtung
eines Kolonialinstituts beantragt, das Beamte
und andere Personen, die in die Schutzgebiete
zu gehen beabsichtigen, unterrichten und eine
Zentralstelle fOr alle wissenschaftlichen und wirt-
schaftlichen kolonialen Bestrebungen bilden soll.
an dar Tlerirzt-
An der Tierärzt-
lichen Hochschule lu Dresden wird ein opsonisches
Laboratorium eiogmchtet werden, um Studien
aber die Opsonine nach Wright- London und
die Möglichkeit der hierauf begrflndeten Therapie
(Steigerung des opsonischen Index durch Ein-
verleibung von Vakzine) bei Tierseuchen in
größerem Umfange zu betreiben.
— Eine Anstalt fOr Bleneniuolit wurde an der
Universität Erlangen in Verbindung mit dem
dortigen Zoologischen Institut eingerichtet Sie
gliedert sich in eine wissenschaftliche Abteilung
unter der Leitung des Privatdozenten Dr. Zander
und in eine praktische unter dem bayrischen
Konsulenten für Bienenzucht Hof mann.
— Zahl der SofilacMlittfe In Bayern. Nach
amtlichen Erhebungen bestanden in Bayern 1907
100 öffentliche, von den Gemeinden errichtete
Schlachthöfe, darunter 11 mit Viehhöfen, und
zwei Innungsschlachthöfe.
— Die westpreuBlscheFettviehproduktengenewen-
aoliaft hat nach dänischem Muster ein Schlacht-
haus in Schlochau errichtet, um geschlachtete
Tiere in die Hauptkonsumzentren zu liefern. Die
ersten Sendungen geschlachteter Schweine sind
bereits nach Berlin abgegangen.
— Mllltlritohe Geflrienmlagen. Im Osten Frank-
reichs sollen nach „L'hygiöne de la viande et
du lait^ drei Gefrieranlagen, darunter eine in
Belfoft, errichtet werden, für die ein Kredit von
1 527 000 Frcs. ausgeworfen ist. Die fflr Beifort
vorgesehene Anlage soll den Kern eines neuen
und modernen Schlachthofs daselbst bilden.
— EataeMdIgung für den Verhitt duroh Zwugs-
Fielteh wegen Mllzbrandinfoktien
Schlachten. In Bremen wurden 22 ge-
schlachtete Schweine sterilisiert, weil sie durch
Spülwasser, in dem die Eingeweide eines milz-
brandkranken Schweines gelegen hatten, mit
Milzbrandkeimen infiziert worden waren. Nach
der „Allg. Fleisch. -Ztg." hat die Schlachthofkasse
zu Bremen den durch die Zwangssterilisation
des Fleisches der Tiere erwachsenen Schaden
in Höhe von 1650 M. entschädigt.
~- Erweiterung der EntsoWUWinngiverplllclitnng
bayrische Staatsrat hat über einen Gesetzentwurf
zur Abänderung des Gesetzes, betr. die Vieh-
versicherungsanstalt beraten, durch welchen die
— 371 —
zurzeit auf die Entschädigung fllr ontaugliches
Fleisch beschränkte Schlachtviehversicherung
auch auf das für bedingt tauglich und
minderwertig erklärte Fleisch ausgedehnt
werden soll.
— Die AasdalHMMi des BMobaiizwaiiit auf
ItottohlacMMiieii mmI SohlaoMiiiiai Privater hi de«
SoMaoUMHMni der Fletoolier ist fflr den Reg.-Bez.
Dan zig dnreh Polizeiverordnung vom 31. Mai 1907
angeordnet worden. Nur bei Schlachtungen in
unmittelbare AaBehlofi an plötzliche äufiere
Einwirkungen kann die Beschau vor und nach
dem Schlackten ustert^leiben, wenn das Fleisch
im eigenen HauahaH des Eigentflmers verwendet
werden soll und das betreffende Tier noch
kei»e KraAbeitserseheinmgen gezeigt hat.
iv HeleeMMWkaii bei RMera
Im Beg.-Bez. Bromberg ist auf Grund
des § 8 R. O. die Schlachtvieh- und Fleisch-
besokau bei Rindern wegen Ausbruchs der
LungMHHMhe lAr einige Kreise, Stadtbezirke und
PoliseidMdkte auf die Hansschlachtungen aus-
gedehnt worden.
> Fleiacbbeaohau. In B e r 1 i n
ist seit dem 1. April 4. J. durch den Königl.
Polizeipräsidenten, im Einverständnis mit dem
Landwirtschaftsministerium, die außerordentliche
Fleischbeschau in Verfolg der Erhebungen aber
die Notwendigkeit dieser Einrichtung so ge-
staltet worden, daß acht Polizeitierärzte lediglich
mit der Kontrolle der Fleisch waren und übrigen
animalischen Nahrungsmittel in den Markthallen
und Ladengeschäften beschäftigt werden.
— Die in säcbslsoben Stidtea ottrofTeneii An-
, wedurcb die Fleischer verpfllohtet werden^
I In Ihren Gesohäften auf^hängen, ist vom
Oberlasdesgerieht in Dresden für ungültig er-
klärt worden.
— Eine WurstkOche für die Militärverwaltung
wind jiaob 4flB Vorgang in Potsdam auch in
Posen aar liersCeHn^r der für die Garnison
benötigten Wurstwaren seitens der Stadt ein-
gerichtet.
— Ueferong suspekten Fleisches fOr die fhmi9-
tltobe Arnes. Der Fleischer L. aus Bar-le-Duc
wurde vom dortigen Zuchtpolizeigericht wegen
andauernder Lieferung gesundheitsschädlichen
Fleisches und sonstiger Betrügereien zu einem
Jahr Gefängnis ohne Strafaufschub, 500 Francs
Buße, 3000 Francs Schadenersatz und in sämt-
liche Kosten verurteilt. Die Bestrafung erfolgte
auf Grund von Erhebungen, die über die Fleisch-
lieferungen für die Armee in Paris und an der
Ostgrenze Frankreichs angestellt worden sind.
Die Erhebungen, die durch unerklärliche Epidemien
in mehreren Garnisonen und durch Klagen über
die schlechte Beschaffenheit des den Soldaten
gelieferten Fleisches veranlaßt wurden, ergaben
Zeitungsnachrichten zufolge, daß eine förmliche
Organisation zum Aufkauf zweifelhaften Schlacht-
viehs zwecks Verwertung für Armeelieferungen
bestand. Unterstaatssekretär Chiron hat in
einem Zirkular vom 28. März d. J. (L'hygiöne
de la viande et du lait 1908, Nr. 4) bestätigt,
daß nach seinen eigenen Fesstellungen in ver-
schiedenen Garnisonen des Ostlichen Frankreichs
das den Truppen gelieferte Fleisch häufig zu
wünschen übrig lasse, und daß die Vorkehrungen
gegen die Ausgabe schädlichen Fleisches an sich
uBgmflgend und doch nicht hinreichend beachtet
worden seien.
— GerbereimllibnuHl. Nach der „Deutsch.
Tierärztl. Wochenschr.** (1908, Nr. 16) sind in
Nürnberg im Verlauf der letzten Monate zwei
Gerbereiarbeiter an Milzbrandinfektion gestorben.
— Gehäuft auftretender SeburtirausehbraMl.
Drei Kühe, deren Uterus wegen Retentio secun-
dinarum unter Benutzung eines und desselben
Irrigators ausgespült worden war, erkrankten nach
Heger (Mitteilungen des Vereins Badischer Tier-
ärzte 1907, Nr. 12) an sog. Geburtsrauschbrand.
— Kaaiaobeatohau. Der Kaninchenzüchter-
verein in München veranstaltete daselbst eine
Kaninchenschau, um das Interesse für das
Fleischkaninchen zn fördern, daiB bekanntlich in
Frankreich, England und Italien eine große
wirtschaftliche Rolle spielt.
— Die fhuuttslsefcg teagilsuhift air BekiaipflMg
der Slugllugeeterbllohkelt hat eine Milchkom-
m i s s i o n eingesetzt zur Forderung der Gewinnung
und Lieferung einwandfreier Milch. Der Kom-
mission gehört u. a. der Chef des Pariser
Veterinärwesens, Henry Martel, an.
— Fleltchbeseliau bi Kanada. Die kanadische
Regierung hat am 26. August 1907 Ausfflhrungs-
bestimmungen zum Fleischbeschaugesetz vom
gleichen Jahre erlassen, die in Nr. 17 des
laufenden Jahrgangs der nVeröff. des Kaiserl.
Ges.-Amts* zum Abdruck gebracht sind.
— 80. Versanatag Deutaeher Naturfgraober
uad Arzte In Cöln 1908. Die 80. Versammlung
Deutscher Naturforscher und Ärzte findet vom
20.— 26. September d. J. in Cöln sUtt Die
Einführenden der Abteilung für praktische
Veterinärmedizin sind Schlachthof direktor
Kühn au, Veterinärrat Dr. Lothes, Tierarzt
Nehrhaupt, die Schriftführer Kreistierarzt
Franke, Tierarzt Hey den und Schlacbthof-
tierarzt Dr. Rusche. Vorträge und Demon-
strationen sind bis zum 10. Mai an den ersten
Einführenden, Veterinärrat Dr. Lothes, Cöln,
Kaesenstr. 8, zu richten.
- 272 —
— Verela dar SobtachthtfUerlrzte der Rhein-
EinladoDg za der am 16. und 17. Hai
1908 zu Trier Btattfind enden 32. Vereins-
versammlnng.
Sonnabend, den 16. Hai, nachmittags 4 Uhr,
im städtischen Schlachthofe.
Tagesordnung:
1. Demonstration folgender feuerungstechni-
scher Apparate und Nebenanlagen beim
Dampfkesselbetrieb diirch Dr. B tl t z 1 e r-Trier :
a) Wassermesser ftlr das Kesselspeise-
wasser, b) Vorwärmer für dasselbe,
c) ranchschwache Feuerung, d) Aschen-
fall, e) Wasser-Reinigungsapparat, f) Ober-
hitzer, g) Heizeffektmesser, h) Wasser-
Kochapparat verbunden mit Speisenwärmer
im Kesselhause.
2. Wie werden die Betriebskosten in den
Schlachthöfen verringert? Berichterstatter:
N i e n s - Oberhausen.
Abends 7 Uhr: Gesellige Zusammenkunft im
9 Restaurant auf dem Weißhaus^ bei Trier.
Sonntag, den 17. Mai, vormittags 11 Uhr,
im Kasino, Kommarkt.
Tagesordnung:
1. Geschäftliche Angelegenheiten.
2. Beurteilung tuberkulöser Schlachttiere nach
den neuen gesetzlichen Bestimmungen.
Berichterstatter : Haffner- Düren.
3. Die städtische Hilchkontrolle. Bericht-
erstatter: Plath -Viersen.
4. Mitteilungen aus der Praxis der Fleisch-
beschau.
5. Tag und Ort der nächsten Versammlung.
Nach der Sitzung, um 2 Uhr nachmittags,
gemeinschaftliches Mittagsmahl im Gartensaale
des Kasinos. Gedeck 3 M. Die Herren Kollegen
werden gebeten, bis zum 12. Mai die Teilnahme
am Mittagessen im Kasino mitzuteilen und zu
demselben sowie zu der Zusammenkunft auf dem
Weißhaus ihre Damen mitzubringen.
Gäste sind sehr willkommen.
Der Vorstand:
I. A.: Dr. Bützler, 1. Schriftführer.
Personalien.
Ernennungen: Tierarzt Hugo Borowy aus
Mierunsken zum Schlachthof Verwalter in Briesen;
Tierarzt Fried r. Schliecker zum Schlachthof-
verwalter in Lippstadt; Tierarzt Hugo Pohl-
Stettin zum Schlachthof-Assistenten in Harburg
a. Elbe; Tierarzt C. Haupt zum städtischen
Tierarzt am Schlachthof I in Gelsenkirchen;
Tierarzt Stölger- Tilsit zum Assistenten am
Seraminstitut der Landwirtschaftskammer für
die Provinz Brandenburg in Prenzlau; Tierarzt
Bruno Hafner-Karlsruhe zum Assistenten am
Tierhygienischen Institut in Freiburg i. B.
Der Abteilungsvorsteher am Königl. Institut
für Infektionskrankheiten, Geheimer Medizinalrat
Professor Dr. Frosch, ist als etatsmäßiger Pro-
fessor und Leiter des Hygienischen Instituts, der
Privatdozent an der Medizinischen Fakultät der
Berliner Friedrich-Wiihelms-Universität, Professor
Dr. Emil Abderhalden, als etatsmäßiger Pro-
fessor und Leiter des Physiologischen Instituts
an der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin be-
rufen worden.
Der ständige veterinärtechnische Hilfsarbeiter
im Köngl. Preußischen Ministerium für Land-
wirtschaft, Domänen und Forsten, Veterinärrat
Nevermann, wurde zum Regierungs- und Vete-
rinärrat, der Vorsteher der Veterinärabteiiung
im Kaiserlichen Gesundheitsamt, Geh. Regiernngs-
rat Professor Dr. Ostertag, zum Abteilungs-
direktor ernannt.
Auszelchmingen : Schlachthofinspektor G e u t h e r-
Rathenow wurde zum iS^A/a<r^/^/i/irei(:/or, Schlacht-
hoftierarzt Goslar- Aachen zum Obertürarxt
ernannt worden. Dem Schlachthof direktor B u r g -
mann in Osnabrück ist anläßlich seines Aus-
scheidens aus dem städtischen Dienste der Kronen-
Orden IV. Klasse verliehen worden.
Vakanzen.
Soblaohthofstellen:
Bremen: IV. Tierarzt zum 1. Juli er. Gehalt
2400 bis 3900 M. Bewerb. an den ersten Tierarzt
für den Schlachthof.
Halle a. S.: Assistenztierarzt sofort. Gehalt
200 M. pro Monat und freie möbl. Wohnung.
Angebote an die Verwaltung des städtischen
Schlacht- und Viehhofes.
Lübeck: 2. Schlachthof tierarzt, 2400 M.
Bewerb. an die Verwaltung des Schlachthofes.
Pforzheim: Direktor. Gehalt 3600— 6000 M.
und freie Wohnung usw. Bewerb. bis 5. Mai
an den Stadtrat.
Plauen i. Vgtl.: II. Tierarzt baldigst.
Gehalt 2300—3200 M. Meldungen umgehend an
die Direktion.
Treptow a. R.: Schlachthof direktor zum
1. Juli. Gehalt 2400 M. bis 3600 M. Bewerb.
an den Magistrat.
Steilen fOr ambulatorltche Fleisobbesohaii und
Privatpraxis:
Menge de (Kr. Dortmund): Fleischbeschau-
tierarzt zum I.Juni er. Gehalt 3000 M., Wohnungs-
geld 300 M., Wegegeld 300 M. Meldungen bis
1. Mai an den Amtmann.
s t r a c h (Hohenzollem) : Tierarzt für Fleisch-
beschau, Wartegeld 1000 M. Bewerbungen an
den Bürgermeister.
Spangenberg: Tierarzt für Fleischbeschau.
Meldungen an den Magistrat.
Verantwortlicher Redakteur (exkL Iiuerateiiteil): Prot Dr. OtterUg in Berlin. — Verlag von Richard SchoeU in Berlin.
Zeitschrift
für
Fleisch- und Milchliygieiie.
Achtzehnter Jahrgang. Juni 1908. Heft 9.
Original-Abhandlungen.
CNachdrnck verboten.)
Zur Erhebung der Fleischpreise Im
Kleinhandel.'^)
Von
R. 0«tertag.
Die bisherigen Erhebungen über die
Fleischpreise im Kleinhandel sind un-
befriedigend, weil sie die verschiedene
Bewertung verschiedener Teile des Tier-
körpers nicht hinreichend berücksichtigen
und deshalb kein rechtes Bild von der
Bewegung der Fleischpreise im Kleinhandel
geben, geschweige denn auch nur die
annähernde Möglichkeit des wirtschaftlich
sehr interessanten Vergleichs bieten
zwischen den Preisen, die für das lebende
Schlachtvieh, und den Preisen, die für das
ausgeschlachtete Fleisch beim Verkauf an
die Konsumenten bezahlt werden.
Ob eine Statistik durchfuhrbar ist, die
als Grundlage für den zuletzt angeführten
Vergleich dienen kann, wird in der amt-
lichen Zeitung des deutschen Fleischer-
verbandes in Zweifel gezogen. Es wird
überhaupt als ein Unding bezeichnet, für
irgendeinen Artikel die Marktlage durch
die Statistik erfassen zu wollen. Dies
treffe insbesondere für das Fleisch zu,
bei dessen Verkauf es keine bestimmten
Normen gebe, nach denen sich der Preis
regle. Die Regelung erfolge hier einzig
und allein nach dem Gesetze des An-
gebots und der Nachfrage.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß
Angebot und Nachfrage wie bei allen
Waren, deren Preise nicht durch Verein-
*) Bericht, erstattet im Königlich Preußischen
Landes - Ökonomie - KoUegium bei der ersten
Tagung der XL Sitzungsperiode.
barungen der Verkäufer künstlich auf
einer bestimmten Höhe erhalten werden,
von bestimmendem Einfluß auch auf die
Preisbildung für das Fleisch im Klein-
handel sind. Indessen will die Statistik
ja gerade das Ergebnis dieser Wechsel-
wirkung zwischen Angebot und Nachfrage
zu ermitteln versuchen. Ferner dürfte
doch darauf hinzuweisen sein, daß es auch
beim Fleischverkauf im Kleinhandel be-
stimmte Normen gibt, die damit zusammen-
hängen, daß einzelne Teile des Tierkörpers
reicher sind an seinem wertvollsten Be-
standteile, dem Muskelfleisch, als andere,
und daß diese verschiedenen Teile des
Tierkörpers gruppenweise in einem be-
stimmten Verhältnis zum Schlachtgewicht
des Tieres stehen, von dem der Körper
stammt. Es ist doch eine Norm, daß
knochen-, sehnen- und fettreiche Teile
billiger sind als knochen-, sehnen- und
fettarme Teile, und es ist in der Anatomie
des Schlachttieres begründet, daß diese
Teile einen bestimmten Gewichtssatz des
ausgeschlachteten Tieres ausmachen.
Ferner ist es eine Norm, daß die
Haut, der Kopf und die Gesamtheit der
Eingeweide, die, vom Lebendgewicht ab-
gezogen, das Schlachtgewicht ergeben,
einen bestimmten Wert haben, der zu
dem Wert des Schlachttiers in einem
gewissen, wenn auch im ganzen schwan-
kenden Verhältnis steht. Auf diesen
Normen beruht die ganze Kalkulatur des
Schlächters, ohne diese Normen wäre die
Ladenschlächterei mit Verkauf von Fleisch
im Kleinhandel das reine tägliche Speku-
lationsgeschäft, was es doch, wie die
— 274 —
Stetigkeit der Fleischpreise für längere
Perioden zeigt, nicht ist.
Eins ist allerdings richtig: die Er-
mittlung von Durchschnittsfleischpreisen
für Rindfleisch, die mit den Preisen für
lebendes Vieh in Vergleich gestellt werden
können, ist zurzeit mit ganz erheblichen
Schwierigkeiten verknüpft.
Für drei Gattungen Schlachtrinder,
nämlich für Bullen, magere Kühe und die
sogenannten Fresser, lassen sich die
Durchschnittsfleischpreise im Kleinhandel
nicht ermitteln, da von diesen Vieh-
gattungen nur die wertvolleren Teile als
Fleisch verkauft werden, während die
andern zur Herstellung von Würsten Ver-
wendung finden. Die übrigen Rinder-
gattungen, Ochsen, Kalben, gut genährte
Kühe werden im Kleinverkauf durch-
einander geworfen. Wenigstens verkauft
man in Norddeutschland in der Regel
das geringwertige Kuhfleisch nicht als
Kuhfleisch, sondern mit dem Fleisch der
Ochsen und Kalbinnen zusammen als
Rind- und Ochsenfleisch. In Süddeutsch-
land gibt es Ochsen- und Mastochsen-
schlächter, die nur Ochsenfleisch, unter
Ausschluß anderen Rindfleisches, in den
Verkehr bringen. Hier ist der Klein-
verkaufspreis für das Fleisch der ver-
schiedehenRindergattungen kontrollierbar,
in Norddeutschland im allgemeinen nicht.
In Norddeutschland muß man sich damit
behelfen, daß man in den Städten die
Rindfleischpreise, die in den besseren
Geschäften oder in den besseren Stadt-
teilen bezahlt werden, als Preise für
bestes Ochsen- und Kalbenfleisch ansieht,
die in den übrigen Geschäften und Stadt-
teilen bezahlten als Preise für das Fleisch
geringwertiger Gattungen von Schlacht-
rindem. Das ist eine Schwierigkeit, die
die ganz genaue Ermittlung der Klein-
handelspreise der verschiedenen Schlacht-
rinderkategorien vereitelt. Durch die
Erhebungen in verschiedenen Geschäften
und Stadtgegenden lassen sich aber die
Grenzwerte nach unten und oben und damit
auch Mittelwerte feststellen. In Süd-
deutschland und Westdeutschland, wo das
Ochsen- und Kuhfleisch getrennt verkauft
wird, wird die Statistik in genauerer
Form sich ermöglichen lassen.
Eine weitere Schwierigkeit für die
Erhebung der Statistik liegt in der schon
berührten verschiedenen Bewertung des
Fleisches der verschiedenen Körpergegen-
den des Tieres. Fleisch ist nicht Fleisch,
wird mit Recht gesagt. Es werden z. B.
in Berlin unterschieden
Rindfleisch in 4 Hauptqaalitäten mit 16 Unter-
qaalitäten,
Kalbfleisch in 4 Hauptqualitäten mit 10 Unter-
qualitäten,
Schaffleisch in 3 Hauptqualitäten mit 6 Unter-
qualitäten,
Schweinefleisch in 4 Hauptqualitäten mit 8 ünter-
qualitäten.
Wenn die Statistik der Fleischpreise
im Kleinhandel absolut genau ausfallen
sollte, würde es notwendig sein, die Preise
sämtlicher Unterqualitäten nach Schlacht-
tiergattungen (bei Rindern also nach
Ochsen, Bullen, Kühen, Färsen, Fressern)
getrennt und innerhalb der Schlachttier-
gattungen noch nach dem Mastzustand
unterschieden, festzustellen. Es bedarf
keiner weiteren Auseinandersetzung, daß
eine solche Statistik ein ungemein mühe-
volles und umständliches Beginnen wäre,
dessen Durchführung einen großen Apparat
von an den Ermittelungen zu beteiligenden
Personen erfordern würde.
Meines Erachtens ist es aber für den
Zweck, den die Erhebung der Fleisch-
preise im Kleinhandel verfolgt, nämlich
für die Feststellung der Bewegung dieser
Preise an sich und im Vergleich zu den
Fleischgroßpreisen und den Lebendvieh-
preisen, gar nicht notwendig, die Preise
für alle Qualitäten und Unterqualitäten
zu erfahren. Es genügt vielmehr, die
Preise für einige Fleischstücke nachzu-
weisen, die die Hauptstücke des Tier-
körpers nach ihrem Gewichtsverhältnis
zum Gesamtschlachtgewicht vorstellen
und gleichzeitig solchen Qualitäten an-
— 275
gehören, die nach Maßgabe ihrer Ver-
wendung ganz allgemein, nicht nar nach
örtlich begrenzten Liebhabereien, ver-
schieden bewertet werden. Derartige
Fleischstücke sind
beim Rinde die Keule, der Bug, die Bauchlappen,
„ Kalb und Schaf die Keule und der Bug,
„ S c h w e i n die Keule, der Bug, das Rücken-
fett und der Kopf mit den Beinen.
Diese Teile werden überall verachieden
bewertet; die Keule am höchsten, der
Bug in mittlerer Höhe und die Bauch-
lappen beim Rind sowie der Kopf und
die Beine beim Schwein am niedrigsten.
Diese verschiedene Bewertung greift
jedenfalls in allen Fällen Platz, in denen
der Käufer oder die Käuferin bestimmte
Stücke Fleisches verlangen und reeller
Weise auch erhalten, und das dürfte jetzt
schon die Regel sein oder doch immer
mehr die Regel werden. Die Fälle, in
denen die Hausfrau sich mit dem zu-
frieden gibt, was ihr beim Einkauf oder
bei der Bestellung ausgehändigt wird,
dürften Ausnahmen bilden, die bei der
Aufstellung der Statistik billigerweise
unberücksichtigt bleiben können.
Erheben wir die Durchschnittspreise
für die genannten Fleischstücke, so er-
halten wir ein Bild von der Preisbewegung
der hochwertigen, mittelwertigen und
geringwertigen Stücke, was an sich von
Interesse ist und an Interesse gewinnt
durch den Vergleich mit der Bewegung
der Fleischpreise im Großhandel und durch
den Vergleich mit der Bewegung der
Preise, die für das lebende Schlachtvieh
bezahlt werden. Es lassen sich Kurven
aufstellen, die untereinander vergleichbar
sind und bei normalen Preisverhältnissen
einen gewissen Parallelismus aufweisen
werden. Dabei bin ich mir vollständig
darüber klar, daß beim Rindfleisch wegen
der Unmöglichkeit, fär das Fleisch aller
Schlachtrindergattungen Einzelerhebungen
anzusteUen, der durch die Statistik er-
mittelte Durchschnittspreis nur einen ganz
approximativen Wert haben wird. Bei
gleichmäßiger Erhebung, die durch eine
gemeinsame Belehrung aller an der Er-
hebung Beteiligten in Form einer An-
weisung gesichert werden kann, wird
aber der Fehler gleich bleiben und die
Bewegung der Preise jedenfalls richtig
zum Ausdruck kommen.
Aus den angeiuhrten Gründen glaube
ich mit dem ersten Herrn Berichterstatter
die angegebene Art der Preisfeststellung
fär das Fleisch im Kleinhandel zur Durch-
fahrung empfehlen zu können.
Zweckdienlich wäre es, an einer amt-
lichen Zentralstelle, am besten im
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen
und Forsten, eine Kommission einzusetzen,
die aus Statistikern und technischen
Sachverständigen zu bestehen und die
Aufgabe zu erfüllen hätte, die Ergebnisse
der Erhebungen regelmäßig in bestimmten
Zeiträumen festzustellen.
Vielleicht ist es möglich, aus den
Kleinhandelspreisen, die für die be-
zeichneten Fleischstücke regelmäßig er-
mittelt werden, auch eine ungefähre,
wenn auch nur ganz ungefähre Be-
rechnung des Gesamterlöses aus dem
Verkauf des Fleisches eines Schlacht-
tieres im Kleinhandel aufzustellen und
den so berechneten Gesamterlös in Paral-
lele zu bringen zu den Großhandelsfleisch-
preisen und den Schlachtviehpreisen.
Hierzu führen allgemeine Erwägungen
und spezielle Aufstellungen über die
Erlöse für die verschiedenen Teile des
Tierkörpers beim Kleinverkauf. Schlacht-
hofdirektor Windisch hat z. B. die
Kleinhandelspreise und die Anteile am
Gesamtgewicht für 12 Fleischqualitäten
eines 472,5 kg schweren Ochsen zusammen-
gestellt. Nach den erzielten Preisen
lassen sich die zwölf Qualitäten in drei
zusammenfassen. Es wurde nämlich der
gleiche Preis, 1,60 M. für das Kilo-
gramm, erzielt für:
Brust und Spannrippe,
Bug,
Rippen,
Kamm.
— 276 —
Das Gesamtgewicht dieser Teile be-
trug 177 kg oder rund 41 Proz. des
Schlachtgewichts. Für Hals und Beine,
insgesamt 56 kg = 13 Proz., wurden je
1,40 M. für das Kilogramm gelöst.
Nun kommen noch Teile mit ver-
schiedenen Preislagen, nämlich:
105 kg Keule .... zu je 1,80 M.
25 „ Roastbeef . . . „ , 2,00 „
8 n ^ilet „ „ 2,80 „
17 „ Talg (Nierentalg) „ „ 0,50 „
Die Keule, das Roastbeef und Filet
lassen sich zu einer einheitlichen Gruppe
mit 32 Proz. des Gesamtschlachtgewichts
zu je 1,80 M. für das Kilogramm ver-
einigen.
Desgleichen läßt sich der Nierentalg
in die 1,40 M.- Gruppe einreihen; denn
der Überschuß, den das Roastbeef und
das Filet bringen — 13 M. — entspricht
ungefähr dem Minus des Talgwerts —
15,30 M.
So wäre, die allgemeine Gültigkeit
der von Windisch för einen Einzelfall
angegebenen Werte vorausgesetzt, die
Möglichkeit fflr die Ermittlung des
Gesamterlöses für das Fleisch eines
Tieres im Kleinverkauf gegeben. Man
hätte die Preise für eine kleine Zahl von
Fleischstücken, die die Haupttypen ver-
schiedener Qualitäten sind, nachzuweisen,
wie für Keule, Bug und Bauchlappen,
und diese mit den Gewichtsprozentsätzen
zu multiplizieren, die auf die zugehörigen
Fleischkategorien entfallen. So würde
man den Kleinverkaufspreis für einen
Doppelzentner Fleisch erfahren. Von dem
berechneten Gesamtwert würde ein be-
stimmter Prozentsatz für Eintrocknen
und Gutgewicht in Abzug zu bringen
sein, den Windisch mit 10 Proz., ein
von mir befragter anderer Sachverständiger
dagegen mit 5 Proz. angegeben hat.
Hinzuzuzählen wäre aber dem berechneten
Gesamterlös andererseits der Wert der
Haut, des Kopfes und der Eingeweide,
des sogenannten Krames.
Der zuletzt angeführte Sachverständige,
ein erfahrener Schlächtermeister, hat mir
bestätigt, daß man für das Gewicht der
Fleischstücke, die ich für die Preis-
ermittlung bei den verschiedenen Schlacht-
tieren vorgeschlagen habe, und die der
Qualität und dem Erlöse nach dazu
gehörigen Teile bestimmte Prozentsätze
des gesamten Schlachtgewichts angeben
könne. Er teilte mir folgende Zahlen
nach überschläglicher Berechnung mit:
Beim Rind:
I. Keule und zugehörige Qualitäten 42 Proz.
n. Bug „ « „ 36 „
III. Bauchfleisch „ „ 22 „
Diese Zahlen sind berechnet für ein
Rind mit 500 Pfd. Fleischgewicht ohne
Nierentalg. Mein Gewährsmann sagte,
die Gewichtsverhältnisse bei schweren
und leichteren Rindern seien wohl
prozentual dieselben; bei gemästeten
Rindern falle nur der Nierentalg ins
Gewicht.
Beim Kalb und Schaf wären zu
unterscheiden :
L Keule mit Rücken 60 Proz.
II. Bug 40 .
Beim Schwein von 200 Pfd. Fleisch-
gewicht:
I. Keule (mit Rücken) . . 49 Proz.
II. Bug und Bauch. ... 20 ^
III. Rückenfett 25 „
IV. Kopf und Vorderbein . 6 „
Mein Gewährsmann sagte, die einzelnen
Teile vom Schwein seien je nach der
Jahreszeitbedeutenden Preisschwankungen
unterworfen. Im Sommer koste z. B.
das Rückenstück 90 Pfg. pro Pfund, Kopf
und Beine nur 10 bis 15 Pfg., im Winter
dagegen könne das Rückenstück 70 Pfg.
pro Pfund kosten, Kopf und Beine da-
gegen 30—35 Pfg. Auch das Rücken-
fett sei im Winter teurer als im Sommer,
da es zur Wurstfabrikation gekauft werde.
Die mir mitgeteilten Zahlen beruhen
auf Schätzung. Um ihre Richtigkeit zu
prüfen, sind nach einer Vorbesprechung
über die Fleischpreisstatistik auf An-
regung des Ministeriums für Landwirt-
— 277 —
Schaft, Domänen and Forsten Wägangen
in den Armeekonservenfabriken zu Hasel-
horst und Mainz und in einer Beihe von
Schlachthöfen vorgenommen worden. Mit
den Einzelheiten dieser Wägnngen will
ich Sie nicht aufhalten. Hier will ich
nur über die Endergebnisse referieren, die
die sehr sorgsam ausgeführten Wägungen
in den Armeekonservenfabriken gehabt
haben.
In Haselhorst wurden gewogen:
116 holsteiner, Bcblesische und bayerische Ochsen
Scblachtgewichtsanteile für:
I. Fleischgr. IL Fleischgr. III. Fleischgr.
(Keule usw.) (Bug usw.) (Bauchlappen)
35,6 Proz. 37,0 Proz. 27,4 Proz.
In Mainz:
270 bayerische und ostpreuOische Ochsen.
Schlachtgewichtsanteile für:
I. Fleischgr. IL Fleischgr. IIL Fleischgr.
(Keule usw.) (Bug usw.) (Bauchlappen)
37,3 Proz. 37,2 Proz. 25,5 Proz.
Also eine ganz ausgezeichnete Über-
einstimmung für die in den beiden Armee-
konservenfabriken gewogenen Ochsen.
Hierzu kommt, daß die Schwankungen
der Schlachtgewichtsteile bei den einzelnen
Tieren nur geringe waren und sich in
engen Grenzen bewegten.
120 Schweine im Gewichte von 85 bis
120 kg, die in Haselhorst geschlachtet
worden sind, ergaben
Schlachtgewichtsanteile für:
I. Fleischgruppe IL Fleiscbgruppe
(Keule usw.) (Bug usw.)
38,3 Proz. 26,9 Proz.
III. Fleischgruppe IV. Fleischgruppe
(Rückenfett) (Kopf und Beine)
23,8 Proz. 11 Proz.
Die Wägungen auf den Schlachthöfen
konnten zu gleich schönen Ergebnissen
schon deshalb nicht führen, da sich die
Wägungen wegen der besonderen Art
der Wägung, die erforderlich war, auf
solche Tiere beschränken mußte, die auf
den Freibänken wegen Erkrankungen zum
Verkauf gelangten. Teils war die Zahl
der gewogenen Tiere zu klein, um ver-
wertet werden zu können, teils verbot
sich die Verwertung der Wägungsresultate,
weil offenbar nicht nur solche Tiere ge-
wogen wurden, deren Ernährungszustand
durch die Beanstandungsursache nicht
gelitten hatte, sondern auch Tiere mit
erheblichen Störungen des Allgemein-
befindens. Hierfftr sprechen bei einer
Beihe der Schlachtungen die ungewöhn-
lichen Schwankungen der Schlachtgewichte
an sich und der Schlachtgewichtsanteile,
die für die verschiedenen Fleischstäcke
ermittelt wurden. Weitere Erhebungen
mit einwandfreiem Material, am besten
mit Fleisch von finnigen Tieren, deren
Ernährungszustand durch die Natur der
Erkrankung nicht beeinflußt wird, werden
aber ermöglichen, ähnliche Zahlen, wie
sie fiir Ochsen in den Armeekonserven-
fabriken gewonnen wurden, für alle
Schlachttiergattungen aus den Schlacht-
höfen zu erhalten. Diese Ermittlungen
können ruhig noch eine bestimmte Zeit
lang währen, immerhin bieten auch die
bisherigen Schlachtungen schon einen
wertvollen Anhalt. Das Wesentliche für
die künftige Gestaltung der Fleischpreis-
statistik ist die Ermittlung der Klein-
handelspreise für die angegebenen Fleisch-
stücke, die Typen bestimmter Qualitäts-
gruppen darstellen.
Die Preise für diese Stücke geben
auch ohne Umrechnung auf den ganzen
Tierkörper ein Bild von der Bewegung
der Kleinhandelspreise und die Möglichkeit
eines Vergleichs mit den Fleischgroß-
preisen und den Schlachtviehpreisen und
damit auch die Grundlage eines Urteils,
ob sich die Gestaltung der Kleinhandels-
preise für Fleisch den Schwankungen der
Schlachtviehpreise in normaler, gesunder
Weise anschließt.
Beschluß:*)
Das Landes-Ökonomie-Kollegium beschließt,
der Königlichen Staatsregierung für die Statistik
der Fleischpreise folgende Leitsätze zu empfehlen:
1. Die Notierung der Großhandelspreise für
Fleisch muß sich anlehnen an das
*) Der Beschluß wurde gefaßt auf Grund
des vorstehenden nnd eines weiteren, von Herrn
Hofbesitzer Engelbrecht -Obendeich erstatteten
Berichts.
— 278 —
Schema der ViebpreiBnotierungen. Die fttr
Berlin bereits durchgefahrte Statistik der
Großbandelspreise ist auf diejenigen Städte
auszndebnen, in denen ein Fleiscbgroß-
bandel tatsäcblicb stattfindet.
2. Die alljäbrlicb veröffentlicbte Statistik der
Kleinhandelspreise für 165 Marktorte der
Monarchie ist beizubehalten.
3. Dagegen ist die allmonatlich veröffentlichte
Statistik der Kleinhandelspreise für 24
Marktorte, welche große praktische Be-
deutung hat, als ungenügend zu betrachten
und durch eine bessere Statistik zu ersetzen.
4. Diese Statistik hat nur die wichtigsten
Konsumplätze aufzunehmen, also die Groß-
städte und Zentren der Industriebezirke.
5. Die Feststellung der Preise ist durch
Sachverständige nach genauer Anweisung
vorzunehmen.
6. Die Feststellung der Preise hat zu erfolgen:
beim Rindfleisch für Keule, Bug und
Bauchfleisch,
beim Kalb- und Hammelfleisch für Keule
und Bug,
beim Schweinefleisch für Keule, Bug,
Rückenfett und Kopf mit Beinen.
7. Die hiernach aufzunehmende Statistik
der Kleinhandelspreise für Fleisch hat
nicht etwa den Zweck, den Verdienst des
Fleischers zahlenmäßig festzustellen; wohl
aber kann sie über die Bewegung der
Fleischpreise und ihr Verhältnis zu den
Viehpreisen Aufschluß geben.
Das Landes Ökonomie-Kollegium beschließt:
den Herrn Minister zu bitten, daß, unab-
hängig von der Reichsstatistik, jetzt bereits
von Staats wegen dem Antrag Engel-
brecht-Ostertag Folge gegeben wird.
Über Fälschungen bei dem Verkauf
von Kiebitz- und Möweneiern.
Von
Dr. A. Clevisch-Cöln- Schlachthof,
St&dtischem Tierarzt.
(Mit einer Tafel.)
Die Städte und Gemeinden haben in
neuerer Zeit derKontroUe der animalischen
Nahrungsmittel eine größere Bedeutung
zuerkannt und häufiger als bisher bei
Revisionen und Begutachtungen Tierärzte
herangezogen. Daß bei solchen Maß-
nahmen Kenntnisse der Fleischbeschau,
Hygiene usw. in Betracht kommen,
brauche ich nicht besonders hervor-
zuheben; daß aber auch beispielsweise
spezialistische Kenntnisse in der Zoologie
notwendig sind, das zu beobachten hatte
ich in meiner Praxis schon öfters Ge-
legenheit.
Da ich mich seit Jahren mit Ornithologie
beschäftige, mag es nicht unzweckmäßig
erscheinen, wenn ich nachstehend zwei
omithologische Fragen beantworte, die
an mich vor einiger Zeit gestellt wurden.
Diese Fragen können auch leicht an den
auf dem Gebiete der Nahrungsmittelkunde
tätigen Tierarzt gerichtet werden, wes-
halb es angemessen erscheint, in dieser
Zeitschrift näher darauf einzugehen. Die
beiden recht interessanten Fragen sind
folgende:
1. Welche Vogeleier werden am häu-
figsten unter der Bezeichnung
Kiebitzeier feilgehalten?
2. Welche als Möweneier im Handel
dargebotenen Eier stammen nicht
von Möwen her?
Das Einsammeln, der Yerkaaf und
die Verkaufszeit fiir Kiebitz- und Möwen-
eier sind durch gesetzliche Bestimmangen
geregelt. Da die Kenntnis dieser Gesetze
und Verordnungen für den Sachver-
ständigen auf dem Gebiete der Nahrungs-
mittelkunde unerläßlich ist, wird es nötig
sein, diese im folgenden ausführlich zum
Abdruck zu bringen.
Nach dem Reichsgesetz, betr. den
Schutz von Vögeln, vom 22. März 1888 ißt
das Einsammeln und der Verkauf von £iem
verboten, jedoch richtet sich das Einsammeln
und der Verkauf von Eiern von Strand-
vögeln, Seeschwalben und Kiebitzen nach den
Landesgesetzen der einzelnen Bundesstaaten.
Für den Umfang der preußischen Monarchie
sind durch das am 13. August 1904 in
Kraft getretene Wildschongesetz (veröffent-
licht am 14. Juli 1904) und die am 15. Juli 1907
erlassene Jagdordnung, zu dem allerdings
noch zu Recht bestehenden Vogelschutzgesetz
einige Änderungen geschaffen. Die neuerdings
getroffenen Vorschriften sind deshalb von Belang,
weil durch sie nur das Einsammeln und der Ver-
kauf von Kiebitz- und Möweneiern gestattet sind.
AHe anderen Strandvögel sowie die Seeschwalben
dürfen nicht mehr wie früher ihrer Eier beraubt
werden, da sie nach § Ib des Wildschutzgesetzes
— 279 —
jagdbar sind und Eier jagdbaren Federwildes
von niemanden ausgenommen werden dOrfen.
Aus der Jagdordnung vom 15. Juli 1907, der
das Wildschutzgesetz zugrunde gelegt ist, sind
folgende Paragraphen für den Sachverständigen
beachtenswert.
Nach § 30 bedarf es eines Jagdscheines zum
Ausnehmen von Kiebitz- und Möweneiern nicht.
Der § 42 bestimmt: Kiebitz- und Möweneier
dQrfen nur bis zum 80. April einschließlich ein-
gesammelt werden. Durch Beschluß des Bezirks-
ausschusses kann jedoch dieser Termin bis zum
10. April einschließlich (fOr Kiebitzeier) zurttck-
verlegt oder für Möweneier bis zum 15. Juni ein-
schließlich verlängert werden. Das Sammeln der
Kiebitz- und Möweneier darf von anderen als
von dem Jagdberechtig^en nur in dessen Be-
gleitung oder mit dessen schriftlich erteilter Er-
laubnis, die der Sammelnde bei sich zu führen
hat, vorgenommen werden.
Der § 43 Abs. 1, wonach vom Beginn des
15. Tages der für eine Wildart festgesetzten
Schonzeit bis zu deren Ablauf es verboten ist,
derartiges Wild feilzubieten usw., findet auf
Kiebitz- und Möweneier entsprechende An-
wendung.
Eier oder Junge von anderem jagdbaren
Federwild auszunehmen, ist auch der Jagdbe-
rechtigte nicht befugt, mit Ausnahme derjenigen
Eier, die anderweitig ausgebrütet werden sollen.
Zum Ausnehmen von Eiern, die zu wissenschaft-
lichen oder zu Lehrzwecken benutzt werden
sollen, bedarf es der Genehmigung der Jagd-
polizeibehörde.
Die Beachtung des § 43 Abs. 1 ist besonders
wichtig. Bestrafungen und Revisionen behufs
Rontrolle der Verkaufsstände nach Ablauf der
für Kiebitz- und Möweneier festgesetzten Ver-
kaufszeit sind, wie mir der bekannte Oologe
Hocke mitteilt, häufig erfolgt.
Der § 78 besagt: Mit Geldstrafe bis 150 M.
wird bestraft: Wer den Vorschriften der §§ 43, 44
und 45 zuwider Wild, Kiebitz- oder Möweneier
versendet, zum Verkaufe herumträgt oder aus-
stellt, feilbietet, verkauft, ankauft oder den Ver-
kauf von solchem Wild oder Eiern vermittelt.
Hat der Täter gewerbs- oder gewohnheits-
mäßig gehandelt, so ist eine Geldstrafe von
nicht unter 30 M. zu verhängen. Neben der
Geldstrafe ist das den Gegenstand der Zuwider-
handlung bildende Wild, die Kiebitz- und Möwen-
eier einzuziehen, ohne Unterschied, ob der
Schuldige Eigentümer ist oder nicht; von der
Einziehung kann abgesehen werden, wenn der An-
kauf nur zum eigenen Verbrauche geschehen ist.
§ 79 bestimmt: An die Stelle einer nach
Maßgabe der vorstehenden Bestimmung zu ver-
hängenden nicht beitreibbaren Geldstrafe tritt
Haftotrafe nach Maßgabe der §§ 28 und 29 StG.B.
Außerdem verweise ich auf die „Tabelle
über die rechtliche Behandlung der in
dieser Arbeit erwähnten Vögel". (Nach
Dr. jur. Leo von Boxberger.)
Es würde zu weit fdhren, und die
vorliegende Arbeit könnte den Charakter
einer ornithologischen Abhandlung an-
nehmen, wollte ich alle die Arten von
Vogeleiem beschreiben, die nur hin und
wieder zu Fälschungszwecken unter dem
Namen von Kiebitz- und Möweneiern ein-
geschmuggelt werden. Ich müßte dann
die Eier sämtlicher Strandvögel usw. er-
wähnen. Aus diesem Grunde sollen nur
jene Vogeleier angeführt werden, die am
häufigsten auf den Märkten unter der
Bezeichnung Kiebitz- bzw. Möweneier an-
getroffen werden und deren Kenntnis für
den Sachverständigen unerläßlich ist.
Die Zeit des Legens der Kiebitzeier
fällt in günstigen Jahren in die letzten
Tage des Monats März, gewöhnlich in
die ersten Tage des ApriL Die ver-
hältnismäßig großen, durchschnittlich
46 mm langen, 33 mm dicken Eier
sind birnenförmig, am stumpfen Ende
stark, am entgegengesetzten spitz zu-
gerundet, feinkörnig, glattschalig und auf
matt olivengrünlichem oder -bräunlichem
Grunde mit dunkleren, oft schwarzen
Punkten, Klexen und Strichelchen sehr
verschiedentlich gezeichnet. Der Sach-
verständige muß sich Gestalt und Färbung
des Kiebitzeies besonders einprägen. Ich
glaube daher zu größerer Veranschau-
lichung des Vorhergehenden noch beizu-
tragen, wenn ich die Abbildung eines
Kiebitzeies hier beifüge. (Siehe die Ab-
bildung des Eis Fig. 4 der Tafel.)
Als Pseudokiebitzeier werden im
Handel die verschiedensten Vogeleier
untergeschoben und namentlich die Eier
der Sumpfvögel dienen häufig zu
Fälschungen. Nach den Beobachtungen
von Bau, Hocke und denen des Ver-
fassers kommen hauptsächlich als Pseudo-
— 280 —
Kiebitzeier folgende Vogeleier zu Markte.
Der Übersicht wegen wähle ich folgende
Einteilung:
A. I. Den Kiebitzeiern an Farbe und Ge-
stalt sind ähnlich:
1. Die Eier der Bekassine Gallinago
gallinago (L.).*)
2. Die Eier des Kampfhahnes Totanus
pugnax (L.).
3. Die Eier der schwarzschwänzigen
Uferschnepfe Limosa-limosa (L.).
4. Die Eier des ßotschenkels Totanus
totauus (L.).
II. Den Kiebitzeiern zwar an Gestalt,
weniger aber an Färbung ähnlich
sind:
Die Eier des Flußuferlänfers Trin-
goides hypoleucus (L.).
III. Den Kiebitzeiern überhaupt nicht
ähnlich sind folgende:
1. Die Eier der Saatkrähe Corvus
frugilegus L.**)
2. Der Nebelkrähe Corvus comix L.
3. Der Rabenkrähe Corvus corone L.
4. Des Haubensteißfußes Colymbus
cristatus L.
5. Des kleinen Steißfiißes Colymbus
nigricans (Scop.).
IV. Die Kiebitzeier an Größe bedeutend
übertreffend:
1. Die Eier der großen Trappe Otis
tarda L.
2. Des Brachvogels Numenius arquatus
(L.).
3. Des grauen Kranichs Grus grus (L.).
Früher, als die Kiebitzeier bis in den
Sommer hinein verkauft werden durften,
kamen in der letzten Verkaufszeit auch
noch folgende Vogeleier zu Markte:
V. 1. Die Eier des Sumpfhuhnes Orty-
gometra porzana (L.).
*) Als Norm für die Nomenklatur ist die von
dem Ornithologen Prof. Dr. AntonReichenow
gewählte Bezeichnung angenommen.
**) Das Fehlen oder Vorhandensein der ( )
bei L. ist durch die Vorschriften der Nomen-
klatur bedingt.
2. Des Teichhuhnes Gallinula chloropos
(L.).
3. Des Wasserhuhnes Fulica atra L.
Die Eier des Kampfhahnes, des Fluß-
uferlänfers und des Haubensteißfußes
werden wegen der nunmehr etwas be-
schränkten Sammelzeit weniger — wie
früher — unter den Kiebitzeiern vertreten
sein. Es erklärt sich dies auch durch die
späte Legezeit des Kampf hahnes, des Fluß-
uferläufers und des Haubensteißftüies.
Nur mit böswilliger Absicht werden
manche Vogeleier von selten des Sammlers
unter den Kiebitzeiern verkauft. Die
Sammler kennen zumeist die Eier der
verschiedenen in Betracht kommenden
Vogelarten sehr genau. Manche Vogel-
eier können die Sammler unmöglich bei
der speziellen Kiebitzeiersuche finden, so
z. B. von Trappen, Tauchern und Krähen,
da diese Vogelarten an ganz anderen
Stellen brüten, wie dies bei dem Kiebitz
der Fall ist.
Im Anschluß an die Übersicht will
ich die Eier der vorhergenannten Vogel-
arten näher beschreiben. (Siehe Be-
stimmungstabelle 1.)
Bei der großen Veränderlichkeit der
Möweneier in bezug auf Färbung und
Gestalt, ist es fast unmöglich, die typischen
Kennzeichen der Eier auch nur f&r ein
und dieselbe Möwenart erschöpfend an-
zugeben. Um Möweneier bisweilen fest-
zustellen, dazu ist nur ein erfahrener
Oologe berufen.
Welche abweichende Formen unter den
Möweneiem beispielsweise vorkommen
können, das ist aus einer Tafel des
größten Werkes auf dem Gebiete der
Oologie, der „Oologia universalis palae-
arctica" von G. Krause (Verlag von
Lehmann, Stuttgart) zu ersehen. Hier
finden sich z. B. bei der Art Lachmöwe
Larus iidibundus L. auf einer Tafel
16 Eier, die ganz bedeutend dui*ch un-
regelmäßige Färbung und mehr oder
weniger verschiedene Größe von einander
281
abweichen. Die Farben bewegen sich in
den Tönen vom reinsten Hellblau bis zum
schwarzgesprenkelten Hellbraun. Hat
sich nun der Revisionsbeamte nur ein an-
nähernd typisches Möwenei in bezug auf
Färbung und Gestalt seinem Gedächt-
nis eingeprägt, dann wird er als Nicht-
oologe bei dem Vorfinden solcher unregel-
mäßig gefärbter und gestalteter Möwen-
eier der Ansicht sein, es handle sich um
andere als Möweneier. Er wird also irr-
tümlicherweise die Eier einziehen lassen.
Der Verkäufer, der aber vielleicht zufällig
selbst die Eier aus Lachmöwennestern
entnommen hat, wird Einspruch erheben.
Da nun das Sammeln der Möweneier zu-
meist von mehreren Personen zu gleicher
Zeit gemeinschaftlich vorgenommen wird,
so können diese Einsammler als Ent-
lastungszeugen angerufen werden. Fer-
ner könnte in einem solchen oder ähn-
lichen Falle auch das Gutachten eines
erfahrenen Oologen eingeholt werden, und
dies könnte nur zugunsten des Beklagten
lauten, nämlich, daß es sich tatsächlich um
unregelmäßig gefärbteMöweneier handelte,
deren Einziehen aus Mangel an Sach-
kenntnis zu Unrecht erfolgt sei. Daß
ein solches Ergebnis nicht von Vorteil
ist fiir den Sachverständigen, der das
Einziehen der Eier veranlaßt hat, bedarf
keiner weiteren Ausführung.
Unter den echten Möweneiem er-
scheinen im Handel zumeist die Eier von
folgenden Möwenarten:
B. 1. Der Lachmöwe Laras ridibundus L.
2. Der Silbermöwe Laras argentatus
Brunn.
3. Der Sturramöve Laras canus (L.)
Bei der Beurteilung der normalen Eier
der vorerwähnten Möwenarten möge die
in der Bestimmungstabelle 2 angegebene
Beschreibung Beachtung finden.
Als Pseudomöveneier kommen zum
Verkauf:
C. 1. Die Eier des Austerafischers Haema-
topus ostralegus L.
2. Die Eier der Eüstenseeschwalbe
Steraa macrara Naum.
3. Die Eier der Flußseeschwalbe Sterna
hirando L.
4. Die Eier der Brandseeschwalbe Steraa
cantiaca Gmel.
5. Die Eier der Raubseeschwalbe Steraa
caspia Pall.
6. Die Eier des Säbelschnablers Be-
curvirostra avosetta (L.)
Die Eier der erwähnten Arten
sind an den Merkmalen kenntlich,
die in der Bestimmungstabelle 3 an-
gegeben sind.
Zum Schluß kann ich in meiner Eigen-
schaft als Oraithologe nicht umhin, einige
Erörterungen zu dem Vogelschutz zu
bringen, da dies teilweise zur besseren
Erläuterung des Vorhergesagten dienlich
ist, teilweise auch deshalb, weil öfters
der Tierarzt in die Lage kommen kann,
sich über den Vogelschutz äußera zu
müssen. Ich will mich indessen in dieser
Arbeit darauf beschränken, den Vogel-
schutz nur insoweit heranzuziehen, als er
sich auf das Kapitel Kiebitz- und Möwen-
eier bezieht.
Das Wildschongesetz und die Jagd-
ordnung haben schon insofern gute Früchte
gezeitigt, als der Handel mit Kiebitz-
und Möweneiera, nach den Beobachtungen
des Oologen Hocke, bedeutend ab-
genommen hat. Hocke teilt in der Zeit-
schrift für Oologie Jahrgang 1900 S. 17,
noch mit, daß in der Zeit vom 26. März
bis zum 24. April 1900, also in etwa
vier Wochen, eine einzige Berliner Firma
10000, in der ganzen Saison 30000 Kiebitz-
eier verkauft hat. In einer Delikatessen-
handlung zu Berlin sah Dr. von Box-
berger unter dem Namen von Kiebitz-
und Möweneiern Eier der großen Trappe,
der Wildente, der Knäckente und anderen
jagdbaren Federwildes.
Sehr beachtenswert sind die Vor-
schläge, die Alexander Bau in einer
Arbeit „Zum neuen preußischen Wild-
schongesetz" in der „Ornithologischen
— 282 —
Monatsschrift'^ Jahrgang 1905 macht. Mit
diesen Ausführungen kann ich mich wohl
einverstanden erklären und deshalb gebe
ich diese mit einigen Ergänzungen wieder.
Am besten wäre es, wenn das Sammeln
der Kiebitzeier ganz verboten würde.
Hiergegen werden sich aber die Fein-
schmecker wehren, in ähnlicher Weise,
wie dies bei der letzten Beratung des
Vogelschutzgesetzes im Beichstage ge-
legentlich der Stellungnahme zu dem
Krammetsvogelfang in der Sitzung vom
10. Januar 1908 der Fall war. Wenigstens
sollte schon aus folgenden Gründen
die Sammelzeit erheblich eingeschränkt
werden. In der Regel legt der Kiebitz
Ende März oder Anfang April. Als Zeit
für das erste Gelege sei beispielsweise
der 5. April angenommen. Wird dieses
erste Gelege ausgenommen, so zeitigt der
Kiebitz etwa am 15. April das zweite
Gelege. — Nach Fortnahme dieses ersten
Nachgeleges wird er etwa am 25. April
das dritte Gelege, nach Fortnahme dieses
zweiten Nachgeleges z. B. am 5. Mai das
vierte Gelege = drittes Nachgelege zu-
stande bringen, — das er nun endlich be-
brüten kann. Durch dieses viele Legen
muß der Kiebitz, der sonst nur ein Gelege
produziert, körperlich sehr geschwächt
werden, und die unausbleibliche Folge
davon wird die Degeneration der Eier
sein. Die Trockenlegung der Sümpfe und
andere Kulturarbeiten haben den Vögeln
im Vergleich zu früher manche Brut-
gelegenheit genommen, wo sehr viele
Vögel noch an unzugänglichen Stellen ihr
erstes Gelege ungestört ausbrüten konnten.
Da die Nistgelegenheiten bei der fort-
schreitenden Kultur immer geringer
werden, müßte ein Ausgleich dadurch
geschaffen werden, daß die Sammelzeit
für Kiebitzeier herabgesetzt wird. Sie
sollte ein für allemal mit dem 15. April
ihr Ende erreichen.
Das Einsammeln der Möweneier ist
teilweise ein notwendiges Übel. Für
einzelne Grundbesitzer bildet die Einnahme
für verkaufte Möweneier einen wesent-
lichen Posten im Haushalt and für viele
Personen, die das Einsammeln besorgen,
eine Lebensfrage. In Betracht kommen,
wie schon erwähnt, hauptsächlich die
Eier der Lach-, Sturm- und Silbermöwe,
da diese Arten hauptsächlich in kleineren
oder größeren Kolonien an unsem deut-
schen Küsten oder auf deren vorgelagerten
Inseln brüten. Es wäre zweckmäßig, um
eine bessere Kontrolle zu erzielen, wenn
das Gesetz nur das Einsammeln von Eiern
für diese drei Möwenarten gestattete und
auch die zulässige Sammelzeit für jede
Art besonders festsetzte. Die Lachmöwen
fangen schon Anfang bis Mitte April mit
dem Legen an, — die Sturmmöwen Anfang
Mai, — die Silbermöwen nach Mitte Mai.
Nun sollen Möweneier bis zum 30. April
gesammelt werden dürfen. Durch Be-
schluß des Bezirksausschusses kann dieser
Termin sogar bis 15. Juni einschließlich
verlängert werden.
Die allgemeine Bestimmung bis 30. AprU
ist nur für die Lachmöweneier eigentlich
gültig. Für die Ausbeutung von Silber-
möwenkolonien wird aber stets eine Ver-
längerung bis 15. Juni gestattet werden
müssen. Brüten nun Lach- und Silber-
möwen, wie es häufig vorkommt, örtlich
nahe zusammen, so werden die Lachmöwen
durch die lange Sammelzeit erheblich ge-
schädigt und zu mehreren Nachgelegen
gezwungen. Naturgemäß muß, wie schon
oben beim Kiebitz erwähnt, dadurch eine
Degeneration des Eies eintreten. (Siehe
die Abbildung des Eis Fig. 5 der Tafel.)
Selbst bei den Silbermöwen, die sich
durch späte Legezeit auszeichnen und
infolgedessen am wenigsten ausgebeutet
werden können, tritt diese Degeneration
der Eier ein. Die zuerst gelegten Eier
— 3 an der Zahl — sind zumeist von
normaler Größe 70X48 mm (siehe die Ab-
bildungen der Eier Fig. 1, 2 und 3), dann
nehmen sie an Größe ab, es werden nur
2 Eier gelegt und dann 1 Ei. (Siehe die
Abbildung des Eis Fig. 5.)
- 283 -
Alexander Bau hat 55 Silbermöwen-
eier gemessen. Die größten Maße be-
trugen 79,8 X 53.1 mm. Die kleinsten
Maße 58,5 X 44,1 mm*). Die Unter-
schiede in den Größen sind also sehr be-
deutend und wohl teilweise auf eine
durch zu langes Ausnehmen beruhende
Schwächung zuräckzufuhren.
Um Irrtümer zu vermeiden, sei jedoch
bemerkt, daß auch andere Ursachen —
als der Eierraub — bei der Produktion
von anomalen Eiern einwirken können.
Denn es werden z. B. im hohen Norden,
in Gegenden, die von Menschen nur selten
besucht und in denen die Vögel
durch Eierraub gar nicht beeinträchtigt
werden, öfters anomale Eier von
Forschem gefunden.
Für jede Möwenart müßte daher eine
bestimmte Sammelzeit festgesetzt werden.
Da die Möwen kolonienweise brüten, könnte
leicht das Sammeln beaufsichtigt und eine
genaue Kontrolle ausgeübt werden. Wäre
eine bestimmte Sammelzeit für die drei
genannten Möwenarten festgesetzt, so
würden dadurch auch andere Sumpfvögel
in ihrem Brutgeschäft geschützt sein;
denn heutzutage können unter den be-
stehenden mißlichen Verhältnissen Sumpf-
vogelnester trotz des Verbotes des Ein-
*) Siehe die Abbildung des Eis Fig. 5 der
Tafel.
Tabelle 1.
sammelns von Sumpfvogeleiern (unter
dem Vorgeben, nach Möweneiem suchen
zu wollen) in großem Umfange ungestört
ausgeraubt werden. Wenn das Betreten
der Möwenkolonien vor dem Beginn der
Sammelzeit verboten würde, dann würden
die in der Nähe brütenden, aber vorher
legenden Sumpfvogelarten, nicht gestört
werden und hätten beim Beginn des
Sammelns der Möveneier bereits Junge.
Es würde daher auch durch diese getrennte
Sammelzeit nicht nur die Degeneration der
Möweneier möglichst vermieden werden,
sondern es würden auch alle anderen
Sumpfvögel in ihrem Fortkommen mehr
geschützt sein. Die Anforderungen, die
vom Standpunkt eines besseren Vogel-
schutzes gestellt werden müssen, sind also:
1. Einschränkung der Verkaufszeit über-
haupt,
2. gesetzlich festgelegte Sammelzeit der
Eier für jede Möwenart besonders.
Aus dem ersten Teil meiner Aus-
führungen dürfte daher hervorgehen, daß
die sichere Unterscheidung der einzelnen
Eierarten in manchen Fällen außerordent-
lich schwierig ist, und daß der Tierarzt
diese Aufgabe nur dann zu lösen vermag,
wenn er sich mit der Ornithologie in Ver-
bindung mit Oologie eingehend beschäftigt.
Hoffentlich geben meine Zeilen hierzu die
Anregung.
Bestlmmungttabelle für die unter A I.— V. genannten Vogeleier.
Die BestimmuDgstabellen sind zusammengestellt unter Benutzung von „Brehms Tierleben^,
Friderich-Baus „Naturgeschichte der deutschen Vögel ^ und Krauses „Oologia universalis
palaearctica^.
Bekassine
Gallinago gallinago (L.)
Kampfhahn
Totanus pugnax (L.)
Schwarzschw. Ufer-
schnepfe
Limosa limosa (L.)
Gelege:
Brutzeitbeginn :
lang:
dick:
Größe
Beschreibung der
Farbe usw.:
4 Eier.
Ende April, Mai.
38 mm.
28 mm.
Feinkörnige, glattschalige
Eier, die auf schmutzig
oder grünlich oliven-
gelbem, auch schwach
4—3 Eier.
Ende Mai.
40 mm.
32 mm.
Glattschalige, glanzlose
Eier, die auf oliven-
bräunlichem oder grün-
lichem Grunde rötlich-
3—4 Eier.
Ende April, Mai.
55 mm.
38 mm.
Bauchige Eier, die auf
graugelblichem, bräun-
lichem, dunkel ölgrünem
oder rostbraunem, immer
— 284
Bekassine
Gallinago gallinago (L.)
Kampfhahn
Totanas pugnax (L.)
Schwarzschw. Ufer-
schnepfe
Limosa limosa (L)
graugrünem Grunde mit
grauen Schalenflecken
und vielen groben Ober-
flecken und Punkten von
grünlicher oder rötlicher
und schwarzbrauner Fär-
bunggezeichnet sind. Die
tiefschwarzen Punkte und
Kritzel sind am stumpfen
Ende häufiger vertreten.
Durchschnitt von 52 Eiern
nach Bau 39,2 X 27,2,
dp. 14,51 bis 5,5 mm.
braun oder schwärzlich,
am dickeren Ende ge-
wöhnlich stärker als am
anderen Ende gefleckt
sind.
Durchschuitt von 28 Eiern :
48,2 X 31,4, dp. 15,5 bis
17,5 mm.
trübem Grunde mit großen
und kleinen Flecken,
Stricheln und Punkten
von aschgrauer, erd-
brauner, dunkelbrauner
Färbung gezeichnet sind.
Durchschnitt von 28 Eiern:
56X38,5, dp. 20 bis 23 mm.
Rotschenkel
Totanus totanus (L.)
Flußuferläufer
Tringoides hypoleucns
(L.)
Saatkrähe
Corvus fnigilegus L.
Gelege:
Brutzeitbeginn :
lang:
dick:
Größe
Beschreibung der
Farbe usw.:
4 Eier.
Mitte April.
48 mm.
30 mm.
Kreiselförmiffe Eier, glatt-
schalig, feinkörnig, glanz-
los und auf bleich bräun-
lich- bis trübe ocker-
gelbem Grunde mit vielen,
mehr oder weniger dicht
stehenden, sehr ver-
schieden großen Tüpfeln,
Flecken und Punkten von
graulicher, dunkelgran-
und purpurbrauner Fär-
bung.
Durchschnitt von 83 Eiern :
43,3 X 30,5, dp. 15 bis
17mm.
4 Eier.
Ende Mai.
35 mm.
26 mm.
Eier, die bald kürzer, bald
gestreckter,bimenförmig,
feinschalig, glänzend, auf
bleichrostgeTbem Grunde
mit grauen Unter-, rot-
braunen Mittel- und
schwarzbraunen Ober-
flecken gezeichnet und
bepunktet sind.
Durchschnitt von 34 Eiero :
36X25,2, dp. 13 bis 14 mm.
4-5 Eier.
Anfang April.
38 mm.
27 mm.
Blaßgrüne Eier, aschgrau
und dunkelbraun gefleckt.
Sehr selten finden sich
auch Eier mit rötlicher
Grundfärbung.
Durchschnitt von 69 Eiern:
39,8X27, dp. 17 bis 20mm.
Nebelkrähe
Rabenkrähe
Haubensteißfuß
Corvus comix L.
Corvus corone L.
Colymbus cristatus L.
Gelege:
4-5 Eier.
4—5 Eier.
4 Eier.
Brutzeitbeginn:
April.
April.
Ende Mai.
Größe ( J^^'f '
dick:
44 mm.
29 mm.
44 mm.
29 mm.
52 mm.
35 mm.
Beschreibung der
Farbe usw.:
Eier, die auf blaugrün-
Hchem Grunde mitoliven-
farbenen, dunkelgrünen,
dunkelaschgrauen und
schwärzlichen Punkten
und Flecken c^ezeichnet
sind. Foim kurz, ge-
drungen, oft fast oval,
schön eiförmig oder läng-
lich.
Durchschnitt von 86 Eiern :
41,3X29, dp. 15 bis 19 mm.
Die Eier der Rabenkrähe
und der Nebelkrähe sind
so ähnlich in Farbe und
Gestalt, daß sich äußer-
lich kein Unterschied an-
geben läßt.
Durchschnitt von 24 Eiern :
40,7 X 29,3, dp. 15 bis
20 mm.
Anfänglich rein weiße Eier,
bald aber sich schmutzig-
lehmgelb bis bräunlich
färbend.
Durchschnitt von 44 Eiern:
53,3X35,8, dp. 24 bis
27 mm.
285 —
Kleiner Steißfuß
ColymbuB nigricans
(Scop.)
Große Trappe
Otis tarda L.
Brachvogel
NumeniuB arquatus (L.)
Gelege:
Brutzeitbeginn :
Größe
lang:
dick:
Beschreibung der
Farbe usw.:
4-6 Eier.
Ende April, Mai, Anfang
Juni.
36 mm.
25 mm.
Längliche bis ovale an-
fänglich rein weiße Eier,
deren spätere Färbung
aber durch die Nest-
pflanzen bestimmt wird.
Die Farbe der Eier kann
dann also grünlich gelb-
weiß bis grünlichbraun
werden.
Bei gekochten Eiern ist
das Eiweiß grünlich, der
Dotter hochrot (nach '
A. Bau). I
Durchschnitt von 67 Eiern :
37,6 X 26,1, dp. 15 bis
18 mm.
2 Eier.
Mai.
78 mm.
56 mm.
Kurzeiförmige Eier, stark-
schalig, grob gekörnt,
glanzlos, auf bleich oli-
vengrünem oder matt
graugrünem Grunde
dunkler gefleckt und ge-
wässert.
Durchschnitt von 47 Eiern:
78,3 X 56, dp. 33 bis
38 mm.
4 Eier.
April.
66 mm.
46 mm.
Bim- oder kreiseiför-
mige Eier, nicht ganz
glattschalig, glanzlos und
auf schmutzig-ölgrünem,
mehr oder weniger ins
Gelbliche und Bräun-
liche spielendem Grunde
mit dunkelgrauen Unter-
flecken und Punkten, grau-
schwarzbraunen Ober-
flecken, Stricheln und
Schnörkeln gezeichnet
Letztere besonders am
stumpfen Ende.
Durchschnitt von 42 Eiern :
66,6 X 46,5, dp. 23,5 bis
27 mm.
Grauer Kranich
Sumpfhuhn
Grus grus (L.)
Ortygometra porzana (L.)
Gelege:
2 Eier.
9-12 Eier. '
Brutzeit beginn:
April, Mai.
Ende Mai, Anfang Juni.
-'• 1 5:
94 mm.
61 mm.
33 mm.
24 mm.
Beschreibung der
Farbe usw.:
Große, gestreckte Eier, starkschalig,
grobkörnig, fast glanzlos, Grundfarbe
bald graugrün, bald bräunlich, bald
hellgrün, deren Zeichnung aus grauen
und rotgrauen Unterflecken, rotbraunen
unddunkelbraunenOberflecken,Tüpfeln
und Schnörkeln besteht, aber vielfach
abändert
Durchschnitt von 38 Eiern: %,2 X 61,3,
dp. 40 bis 45 mm.
Sie gehören zu den größten Eiern der
europäischen Vögel.
Eiförmige Eier, oft bauchig oval. Schale
etwas glänzend. Der Grund ist hell
gelblichgrau oder gelblich isabell grau
mit violettgrauen Schalenflecken und
rot-, oft schwarzbraunen, punktförmi-
gen bis großen Oberflecken, die meist
zerstreut, oft am stumpfen Pole gehäuft
stehen.
Durchschnitt von 58 Eiern: 33,1 X 23,8,
dp. 13,5 bis 15 mm.
Teichhuhn
Gallinula chloropus (L.)
Schwarzes Wasserhuhn
Fulica atra L.
Gelege :
Brutzeitbeginn :
lang:
dick:
Größe
Beschreibung der
Farbe usw.:
8—10 Eier.
Zweite Hälfte Mai.
40 mm.
29 mm.
Eiförmige, gedrungene, bauchförmige
Eier. Der spitze Pol ist oft sehr zu-
gespitzt, bei' anderen Exemplaren
5-9 Eier.
Mitte Mai.
53 mm.
36 mm.
Eiförmige, feinschalige Eier, glfnzlos,
auf bleich lehmgelbem oder blaß gelb-
braunem Grunde äußerst zart mit
- 286 —
Teichhuhn
Gallinula chloropus (L.)
Schwarzes Wasserhuhn
Fulica atra L.
dunkel aschgrauen und dunkel
schwarzbraunen Pünktchen und Flecken
gezeichnet.
Durchschnitt von 68 Eiern: 53,3X35,4,
dp. 22 bis 24 mm.
stumpf zugerundet Schale feinkörnig,
glatt, glanzlos. Grund rötlichgelb.
Darauf spärliche bis häufigere rost-
und schwarzbraune Punkte, rundliche
und größere Flecke, die an ihren
Rändern oft verwischt sind: gewöhnlich
sind auch graue Schalflecke da.
Durchschnitt von 68 Eiern: 40,9X29,4, |
dp. 16 bis 19 mm.
Bei Benutzung der Bestimmungstabellen ist folgendes zu beachten:
Der Beginn der Brutzeit kann Schwankungen unterworfen sein. Solche Schwankungen
können durch die Witterung und den Standort bedingt sein. Ebenso kann die Anzahl der Eier
des Geleges schwanken.
Die angegebenen Größenverhältnisse beziehen sich auf Durchschnittsmaße. Man mißt die
Länge der Eier, das ist die Achse zwischen den beiden Eipolen, und die Breite an ihrer dicksten Stelle.
Zum Messen der Eier erhält man in den Naturalienhandlnngen, z. B. bei Wilhelm Schlüter in
Halle a. Saale, eigens dazu hergestellte Meßinstrumente.
Die sogenannte Dopphöhe — in der Tabelle mit dp. bezeichnet — ist die Entfernung des
Schnittpunktes von Längs- und Breitenachse vom stumpfen Eipol. Aus diesen Maßen kann man
die ungefähre Form eines Eies erkennen.
Tabelle 2.
Bestimmungstabelle fOr die unter B genannten Vogeleier.
Lachmöwe
Larus ridibundus L.
Silbermöwe
Larus argen tatus Brunn.
Sturmmöwe
Larus canus (L.)
Gelege :
Brutzeitbeginn:
Größe
lang:
dick:
Beschreibung der
Farbe usw.:
2-3 Eier.
Anfang und Mitte Mai.
Die größten 64,5 mm,
die kleinsten 54,1.
Die größten 44,3 mm,
die kleinsten 38,2.
Eiförmige Eier,die auf blaß-
olivengrünem, schmutzig
meergrünem, grünlich
rostgelbem, selbst tonröt-
lichem Grunde mit bräun-
lich aschgrauen Schalen-
flecken und rötlich
schwarzbraunen, mehr
runden als zackigen
Flecken, Tüpfeln und
Punkten besetzt sind, die
sich nicht selten am
stumpfen Ende kranzartig
häufen. Die Flecken sind
bald grob, bald feiner.
Schale glanzlos oder matt-
glänzend.
Durchschnitt von 64 Eiern:
58,5 X 41,1, dp. 23 bis
27,1 mm.
Vorzüglich gelungene Aufnahmen von Eiern der Küstenseeschwalbe, der Sturmmöwe, des
Säbelschnablers und des Austernfischers finden sich in Heft 1, Vögel 1. Reihe, Natururkunden von
Georg E. Schulz, Verlag von Paul Parey, Berlin 1908. Preis 1 M. das Heft.
2—3 Eier.
Mitte bis Ende April,
Anfang Mai.
50 mm.
36 mm.
Eier, die auf matt
schmutzig meergrünem
Grunde — auch blaß-
olivengelbem oder grü-
nem oder olivenbraunem
Grunde — mit grauen
Schalenflecken, sowie
hell- und schwarzbraunen
Flecken, Punkten und
Schnörkeln bezeichnet
sind. Die Eier variieren
in Form und Farbe, wie
überhaupt alle Möwen-
eier. Schale stark, sehr
schwach glänzend.
Durchschnitt von 84 Eiern:
52,2 X 36,5, dp. 19,5 bis
22,5 mm.
2-3 Eier.
Ende Mai.
Die größten 79,8 mm,
die kleinsten 58,5.
Die größten 53,1 mm,
die kleinsten 44,1.
Schlanke Eier, die auf oli-
vengrünlichem, grauem,
gelbem bis braunem
Grunde mit mattgrauen
oder graugelben Schalen-
flecken und olivgelben,
gelbbraunen bis schwarz-
braunen Oberflecken ge-
zeichnet sind. Die Schale
ist stark, rauh, glanzlos.
Sie wechseln in Größe,
Form und Färbung, bei-
nahe ins Unkenntliche ab,
speziell bei Nachgelegen.
Durchschnitt von 55 Eiern:
70,1 X 48,6, dp. 28 bis
35 mm.
— 287 —
Tabelle 8.
BestimmuRgstabelle für die unter C genannten Vogeleier.
Austernfischer
Haemotopus ostralegus L.
Küstcnsceschwalbe
Stcrna uiacrura Naum.
Flußseeschwalbe
Sterna hirundo L.
Gelege:
Brutzeitbeginn :
lang:
dick:
Größe
Beschreibung der
Farbe usw.:
3-2 Eier.
Ende April, Mai.
56 mm.
40 mm.
Spitzige, oft reineiförmige
Eier, festschalig, glanz-
los, auf schwach bräun-
lich rostgelbem Grunde
mit hellvioletten oder
dunkelgraubraunen und
grauschwarzen Klcxen
und Punkten,Strichen und
Schnörkeln gezeichnet.
Die Eier ändern vielfach
ab in Größe, Färbung
und Zeichnung.
Durchschnitt von 38 Eiern :
55,4 X 39,7, dp. 22 bis
25 mm.
I
2-3 Eier.
Ende Mai, Juni.
40 mm.
29 mm.
Die Form der Eier ist ge-
wöhnlich kurz, ziemlich
bauchig. Die Grundfarbe
der Eier ist hell grau-
grQnlich, grünlich oliven-
gelb, bräunlich oder grau-
gelb, gelbbräunlichweiß,
grflnlichweiß; die Scha-
lenflecke sind dunkel-
grau, die Zeichenflecke
meist schwarzbraun, ein-
zelne ganz schwarz, auch
dunkel olivenbraun, be-
stehend inKlexen,Tüpf ein
und kleinen bis sehr
großen Flecken. Sie
variieren in Form und
Größe sehr.
Durchschnitt von 48 Eiern :
40,8 X 29,7, dp. 16,5 bis
19,5 mm.
2—3 Eier.
Ende Mai.
41 mm.
30 mm.
Eier, die auf trüb rostgelb-
lichem, gelblichgrauem
oder hell bräunlichgelbem
Grunde violettgraue Scha-
lenflecke und rotbraune,
braune und schwarz-
braune Flecken, Tüpfeln
; und Punkte haben.
In Form und Flecken-
j Zeichnung variieren die
j Eier bedeutend.
! Durchschnitt von 54 Eiern:
I 41,3 X 30,1, dp. 16 bis
I 19 mm.
Brandsees chwalbe
Sterna cantiaca Gmel.
Raubsees chwalbe
Sterna caspia Fall.
Säbelschnabler
Recurvirostra avosetta (L).
Gelege :
Brutzeitbeginn:
lang:
dick:
Größe
Beschreibung der
Farbe usw.:
2—3 Eier.
Ende Mai, Anfang Juni.
55 mm.
36 mm.
Etwas zugespitzte Eier mit
rauher matter Schale. Der
Grund ist rost-, rötlich-,
weißgelb oder auch weiß.
Darauf stehen vereinzelte
kleinere und größere,
matte und dunklere, graue
Schalenflecke und ver-
schieden geformte, kleine
bis große Oberflecke von
gelb- oder rötlich- bis
schwarzbrauner Färbung.
Durchschnitt von 46 Eiern :
51,2 X 35,9, dp. 18 bis
22 mm.
Wird an den deut-
schen Küsten auch
seltener.
2-3 Eier.
Mai, Juni.
64 mm.
45 mm.
Eier ziemlich glatt, trüb
gelblich- oder bräunlich-
weiß mit aschgrauen und
schwarzbraunen Flecken
und Punkten bestreut.
Sie wechseln mannig-
faltig in Farbe usw.
Durchschnitt von 1 1 Eiern :
62,5 X43,l, dp. 25,5 bis
27 mm.
Als Brutvogel an den
deutschen Küsten
fast verschwunden!
3—4 Eier.
Mitte Mai.
48 mm.
37 mm.
Bim- oder kreiseiförmige
Eier. Zarte glanzlose
Schale, licht rost- oder
olivengelbliche Grund-
färbung, gezeichnet mit
mehr oder weniger zahl-
reichen schwarzgrauen
und violetten Flecken
und Punkten.
Durchschnitt von 46 Eiern:
50,9 X 35,6, dp. 18,5 bis
22 mm.
- 288 —
Tabelle 4»
Tabelle Ober die rechtilohe Behandlung der In dieser Arbelt erwlhnten Vögel.
Nach Dr. jur. Leo von Boxberger. Für das Königreich Preußen znsammengestellt ans „Omith*'.
Monatsschrift, Jahrgang 1904, Nr. 10.
Vogelart
Grad des gewährten
Schutzes
Vogelart
Grad des gewährten
Schutzes
Vanellus Vanellus (L.) jagdbar, bez. der Eier bes.
Gallinago gallinago (L.)
Totanus pugnax (L.) .
Limosa limosa (L.) . .
Totanus totanus (L.) .
Tringoides hypoleucus
(L.)
Corvus frugilegus L. .
„ comix L. . . .
„ corone L. . . .
Colymbus cristatns L.
„ nigricans (Scop.)
Otis tarda L
Numenius arquatus (L.)
Grus grus (L.;
[Bestimmung
vogelfrei
n
vogelfrei
jagdbar
Ortygometra porzana
(L.)
Gallinula chloropus(L )
Fulica atra L
Larus ridibundus L. .
„ argentatuB Brfinn.
„ canus (L.) . . .
Haematopus ostralegus
L
Stema macrura Naum.
„ hirundo L. . . .
„ cantiaca Gmel.
„ caspia Fall. . .
Recurvirostra avosetta
(L.)
jagdbar
vogelfrei
jagdbar.
bez. der Eier
besondere
Bestimmung
„Der Begriff Jagdbar*" bedeutet, daß der Vogel nur vom Jagdberechtigten und nicht inner-
halb der Schonzeit gefangen oder getötet werden darf, daß ihm dagegen von anderen Personen
tlberhaupt nicht nacbffestellt werden darf. Die Eier jagdbarer Vögel, sowie ihre Jungen,
dürfen von niemanden — Ausnahmen: „Wie Ausbrüten der Eier, Sammeln der Eier für Lehr-
zwecke sind gestattet^ — auch nicht vom Jagdberechtigten ausgenommen werden.""
„Der Ausdruck „vogelfrei"* besagt, daß der Vogel von jedermann getötet oder gefangen
und seinen Eiern oder Jungen beliebig nachgestellt werden darf; daß er mit anderen
Worten gesagt, überhaupt keinen gesetzlichen Schutz genießt.^
Für „geschiftzte^ Vögel z. B. die Finken, die aber für vorliegende Arbeit nicht in Betracht
kommen, ist folgendes nach von Boxberger zu beachten.
„Das Wort „geschützt"" bedeutet, daß der Vogel den vollen Schutz des Reichs Vogelschutz -
gesetzes genießt. Es ist also verboten, dem geschützten Vogel — von einigen Ausnahmefällen
abgesehen — irgendwie nachzustellen und ihn seiner Eier und Jungen zu berauben, ihn also,
kurz gesagt, in seinen Lebensfunktionen unmittelbar zu beeinträchtigen.""
Tafelerklärung.
Die außerordentlichen Unterschiede in der Färbung bei den Möweneiem sind einigermaßen
aus der beigefügten photographischen Abbildung zu ersehen. Leider können die schönen Farben-
töne der Eier durch die Einfarbigkeit der Photographie nicht zur Geltung kommen.
Die in den Fig. 1, 2, 3 und 5 abgebildeten Eier stammen von der Silbermöwe her. Larus
argentatus BrÜnn.
Fig. 1, 2 und 3 sind Abbildungen von normalgroßen Eiern, die aus Normalgelegen zu je
drei Eiern herstammen.
Fig. 5 ist die Abbildung eines degenerierten Eies aus einem Nachgelege mit nur einem Ei.
Fig. 4 stellt ein Kiebitzei dar. Vanellus vanellus (L).
Das in Fig. 1 dargestellte Ei besitzt eine fast hellschokoladenbraune Grundfarbe der Schale.
Femer ist die Schale mit großen braunen bis aschgrauen, runden und zackigen Flecken und
Punkten versehen.
Das in Fig. 2 gezeichnete Ei hat gelbweiße Grundfarbe der Schale. Außerdem ist die Schale
mit rötlich schwarzbraunen und aschgrauen, zackigen und rundlichen Flecken, Strichen und Punkten
ausgestattet. Die Flecken, Striche und Punkte sind am stumpfen Ende zahlreicher als am spitzen
Ende vorhanden.
Das in Fig. 3 abgebildete Ei besitzt eine fast weiße Grundfarbe der Schale. Die Zeichnung
besteht im übrigen nur aus wenigen Punkten, Strichen und einzelnen Flecken von fast asch-
grauer Farbe.
Das in Fig. 5 aufgeführte Ei verfügt über eine hellgelbbraune Grundfarbe der Schale. Die
ganze Außenfläche des Eies ist mit wenigen rotbraunen Strichen, Punkten und Flecken besetzt.
— 289 —
Zur bakteriologischen Fleischbeechau.
Von
Dr. Junack-Berlin.
Nach den Zusammenstellungen des
Kaiser]. Gesundheitsamts sind im Jahre
1904 wegen Septikämie und Pyämie an
Tierkörpem zur Vernichtung gelangt
360 Pferde = 2,93 7oo
475 Ochsen = 0,82 «/oo
193 Bullen = 0,44 7oo
8218 Kühe
= 5,41 %
556 Jungrinder = 0,70 ^/oo
4387 Kälber = 1,02 7üo
1508 Schweine = 0,lO°/oo
247 Schafe = 0,34 «/oo
der zur Untersuchung gelangten Tiere.
Nach dem vom Kaiserl. Gesundheits-
amte festgestellten Durchschnittsschlacht-
gewicht würden das etwa 2Va Millionen
Kilogramm Fleisch sein, die wegen
Septikämie und Pyämie als untauglich
befunden wurden.
In dieser Zusammenstellung fällt die
große Zahl (8218) der wegen Septikämie
und Pyämie beanstandeten Kühe auf, die
nicht viel geringer war als die der wegen
Tuberkulose ganz beanstandeten Kühe
(9831).
Im ganzen Heich wurden 2,84 Prom.
der Einder wegen Septikämie und Pyämie
vernichtet. In den einzelnen Landes-
teilen sind die Verhältniszahlen der
Beanstandungen sehr verschieden und
schwanken von 0,55 Prom. im Regierungs-
bezirk Wiesbaden bis zu 5,12 Prom. im
Begierungsbezirk Stade. In Berlin sind
sogar nur 0,07 Prom. der Rinder zur Be-
anstandung gelangt.
Diese Differenzen erklären sich be-
züglich Berlin dadurch, daß irgendwie
klinisch verdächtige Tiere des oft weiten
Transportes wegen gar nicht erst nach
Berlin gebracht werden. Es spielen ja
auch auf dem flachen Lande die Be-
anstandungen wegen Notschlachtungen
im Anschluß an Geburten, wie bekannt,
eine große Rolle,
Es fragt sich nun, ob die vorstehend
angegebenen hohen Zahlen der Be-
anstandungen eine innere Berechtigung
in sich tragen, ob wirklich in dem Fleisch
aller dieser Tiere für den menschlichen
Körper schädliche Keime enthalten waren.
In letzterer Zeit ist mehrfach über
bakteriologische Untersuchungen ver-
dächtigen Fleisches berichtet worden.
Ich selbst habe im Laboratorium des
Schlachthofes zu Breslau im Lauf eines
Jahres das Fleisch von 67 Tieren, nämlich
30 Rindern, 25 Kälbern, 10 Pferden und
2 Schafen, bakteriologisch untersucht. Nur
bei 2 Kälbern mit Enteritis fanden sich
Bakterien aus der Koli-Typhusgruppe, der
die hauptsächlichsten Fleischvergifter an-
gehören. Bei zwei weiteren Kälbern
fanden sich ein weißer und ein gelber
Kokkus. Bei einer Kuh mit Metritis
konnte ich einen weißen Kokkus nach-
weisen, bei einer weiteren Kuh mit
jauchiger Pneumonie ein auf Agar
sehr spärlich wachsendes unbewegliches
Stäbchen und bei einem Pferde mit
jauchiger Pododermatitis einen weißen
Traubenkokkus. Also in 7 Fällen
(= ca. 10 Proz.) fanden sich Bakterien
im Fleisch und hierbei nur in zwei Fällen
Bakterien aus der Gitippe der Fleisch-
vergifter.
In Berlin wurden im Jahre 1905 bei
der Untersuchung des Fleisches von 28
verdächtigen Rindern nur in 2—3 Fällen
(die Statistik gibt darüber keinen ge-
nauen Aufschluß) Bakterien gefunden.
Edenhuizen*) hat im Göttinger
Hygienischen Institut das aus 5 ver-
schiedenen Schlachthöfen stammende
Fleisch von 40 verdächtigen Tieren ein-
gehend untersucht. Es handelte sich um
das Fleisch von 11 Rindern, 12 Kälbern,
1 Schaf, 7 Schweinen und 8 Pferden. Bei
1 Pferd und 2 Kälbern fand er im Fleische
*) Edenhuizen, „Ober den Zusammenhang
zwischen Schlachttier-Krankheiten und Fleisch-
vergiftungen durch Bakterien der Typhus-Koli-
Gnippe."" J. D. Göttingen 1907.
290 —
„mit Wahrscheinlichkeit als Fleischver-
gifter^^ anzusprechende Bakterien. Eden-
huizen resümiert sich dahin, daß man
nur in etwa 5—8 Proz. der Fälle von ver-
dächtigen Schlachttierkrankheiten mit dem
Vorkommen von den Fleischvergiftem
ähnlichen Bakterien zu rechnen hat. Er
fand diese Bakterien bei 2 von 12 Kälbern,
aber bei keinem erwachsenen Rinde.
Im Februarheft 1908 dieser Zeitschrift
hat nun Bugge auch über Fleischunter-
suchungen von auf dem platten Lande
notgeschlachteten Tieren berichtet. Wie
voraus zu sehen, war hier der Befund
quoad Keimgehalt ein viel ungünstigerer.
Bugge ermittelte Keime in 17 von 92
Eindfleischproben, in 3 von 7 Kalbfleisch-
proben und in 2 von 7 Schweinefleisch-
proben. 2 Pferdefleischproben waren
steril. In beiden keimhaltigen Schweine-
fleischproben fanden sichMilzbrandbazillen,
so daß diese Fälle für unser Thema
keine Bedeutung haben. Bugge fand
also 18 Proz. der Binder- und 42 Proz. (!)
der Kalbfleischproben keimhaltig; über die
Art der gefundenen Bakterien hat Bugge
bisher nichts angegeben.
Sowohl bei den normalen Schlach-
tungen als auch bei den Notschlachtungen
stellten die Kälber ein hohes Kontingent
der keimhaltigen Fleischproben; nächst
ihnen scheinen Pferde in höherem Maße
zu Septikämien zu neigen, eine Erfahrung,
die auch der Kliniker bestätigen kann.
Hervorheben will ich noch, daß weder
Edenhuizen noch ich bei 41 in Schlacht-
höfen geschlachteten erwachsenen Rindern
den Fleischvergiftem nahestehende Keime
aus dem Fleische züchten konnten.
Daß auch in Schlachthöfen viele Tiere
wegen Septikämie und Pyämie zur Ver-
nichtung gelangen, erhellt daraus, daß
im Jahre 1905/06 in einem großen deutschen
Schlachthofe 93 Tierkörper wegen Septi-
kämie und Pyämie als untauglich be-
funden wurden.
Ich will hier nicht näher auf die unter
den Bakteriologen noch strittige Frage
eingehen, ob die Fleischvergiftungen immer
durch Fleisch von Tieren bedingt sind,
die infolge Infektion durch einen Fleisch-
vergifter krank geworden waren. Kutscher
und Meinicke*) fanden, daß der haupt-
sächliche Fleischvergifter, nämlich der
Bacillus Paratyphus B., bei unseren
Schlachttieren eine ernsthafte Infektion
hervorzurufen nicht imstande ist, auch
wenn die von ihnen benützte Bakterien in
großer Menge und auf alle mögliche Art
und Weise den Tieren einverleibt wurden.
Der Bazillus Paratyphus B. ist fernerhin
mehrere Male in Mehl- und Vanille-Speisen
nachgewiesen worden, deren Genuß unter
dem Bilde der Fleischvergiftung ver-
laufende Erkrankungen beim Menschen
hervorgerufen hatten. (Vage des und
Curschmann). Liefmann**) berichtet
über eine Hackfleischvergiftung bei 62
Personen. Das Hackfleisch war von
2 Metzgergesellen aus infiziert worden,
die Gärtnerbazillen mit ihrem Kot aus-
schieden. Bezüglich der bakteriologischen
Seite der Fleischvergiftungsfi-age verweise
ich auf die Ausführungen von Titze im
Mäizheft 1908 dieser Zeitschrift. Die
Ausfahrung der bakteriologischen Fleisch-
beschau ist bekannt; bei den oft nur
sehr spärlich im Fleische vorhandenen
Keimem möchte ich empfehlen, die Platten
und Kulturen mindestens 48 Stunden zu
beobachten.
Sensu strictiore brauchte nach meiner
Auffassung, und dies zu betonen ist
wichtigster Zweck dieser Zeilen, nur das
Fleisch, das mit den ein hitzebeständiges
Toxin bildenden Gärtnerbazillen infiziert
ist, vollkommen vernichtet zu werden. Alles
durch andere, nicht thermostabiles Toxin
erzeugende Bakterien infizierte Fleisch
könnte bei sonst normaler Beschaffenheit
nach genügendem Erhitzen noch als
Nahrungsmittel verwendet werden, ein
Verfahren, wie es nach dem Vorschlage
*) Zeitschr. f. Hyg. u. Inf. Band 52.
**) Referat, Aprilheft 1908 der Zeitachrift für
Fl. und Milchh.
— 291 —
von Basenau in Amsterdam seit mehreren
Jahren gefibt wird. Ein Analogon dazn
besitzen wir in Deutschland in dem Ver-
fahren bei spezifischen Septikämien wie
Kotlauf, Schweineseuche und einigen
Tuberkuloseformen und bei der gering-
gradigen Durchsetzung des Fleisches mit
Trichinen und Finnen. Die großen
Schlachthöfe besitzen meistens gut ein-
gerichtete Laboratorien zu dement-
sprechenden Untersuchungen, die kleineren
Schlachthöfe und die Kollegen auf dem
Lande müßten auf die Hochschulinstitute,
die Auslaadsfleischbeschaustellen, auf die
Laboratorien der Landwirtschaftskammem
und sonstige Provinzialinstitute amtlich
verwiesen werden, wie das schon in
Schleswig-Holstein geschehen ist.
Der Einwand von van Ermengen*),
daß bei der Länge der Entscheidung das
fragliche Fleisch oft in Fäulnis übergehen
würde, ist für die Schlachthöfe wegen des
Vorhandenseins von Kühlhäusern und für
das Land während der Winterzeit, in der
die meisten Notschlachtungen wegen Ge-
burtskomplikationen vorgenommen werden,
von geringer Bedeutung.
So würde durch die bakteriologische
Fleischbeschau der schon vor Dezennien
von 6 er lach getane Ausspruch im
modernen Sinne seine Erfüllung finden,
daß es das Ziel der Fleischbeschau sei,
unter möglichster Verwertung des Fleisches
nicht normaler Tiere die Gesundheit des
konsumierenden Menschen zu schützen.
Nach meiner Schätzung würden durch
die Vornahme der bakteriologischen
Fleischbeschau in allen Zweifelsfällen im
Deutschen Reiche jährlich ungefähr zwei
Millionen kg Fleisch der Vernichtung
entzogen werden. Wahrlich Grund
genug, die bakteriologische Fleischbeschau
möglichst in allen Fällen von Pyämie und
Septikämie zur Sicherung der Diagnose
und damit zur Entscheidung über das
*) Kolle- Wassermann, Artikel Fleisch-
vergiftung.
Verfahren mit dem Fleische heranzu-
ziehen.
Die Vernichtung der Fleischlconfisicate
im Schlachthofe zu Nürnberg.
Von
Rogner-Nürnberg,
Schlachthofdircktor.
Zur Verhütung einer mißbräuchlichen
Verwendung der Fleischkonfiskate wurde
im Schlachthof zu Nürnberg bereits 1892
ein Kori scher Verbrennungsofen aufge-
stellt. In demselben werden alle für
ungenießbar befundenen ganzen Tiere,
Fleischteile, Eingeweide und alle sich
sonst noch ergebenden tierischen Ab-
fälle, sowie auch die im Schlacht- und
Viehhof an ansteckenden Krankheiten
verendeten oder bereits tot daselbst aus-
geladenen Tiere und der bei Seuchen-
fällen in den Ställen vorhandene Dünger
verbrannt.
Dieser Ofen war 1901 unbrauchbar
geworden und wurde durch einen Doppel-
verbrennungsofen ersetzt, dessen Her-
stellungskosten rund 10000 M. betrugen.
In jedem dieser Öfen kann 1 cbm Fleisch
auf einmal verbrannt werden. Die Ein-
füUung geschieht von einer klappen-
formigen Öflhung in der Decke des Ofens
aus. Kleinviehstücke und Schweine können
ganz eingelegt, Großviehstücke und Pferde
müssen zu diesem Zweck in vier Viertel
zerteilt werden. Die Heizgase zum Ver-
brennen des Fleisches werden von den
vorderen Feuerungen geliefert, die voll-
ständig rauchfreie Heizgase und eine lange
Flamme geben. Die Verbrennungsgase
aus dem Fleische, die mit denen der
vorderen Feuerungen gemischt sind, werden
durch hintere Feuer geleitet, welche dort
angebracht sind, wo die Heizgase die
Öfen verlassen, um in den Eauchkanal
abzuziehen. Durch Schaulinsen kann
man den Zustand dieser Heizgase beob-
achten. Zeigen sie sich als sauerstoff-
arm, so kann hocherhitzte Luft zugeführt
werden, um die vorhandenen Oxydgase
— 292
zur Entzündung zu bringen. Die hinteren
Feuerungen, die zur vollständigen Ge-
ruchlosmachung der Verbrennungsgase
dienen, wirken unter den gleichen Be-
dingungen wie die vorderen.
Die Anlage arbeitet bei sachgemäßer
Bedienung geruchlos. Der Brenn-
materialverbrauch beträgt für je 100 kg
Fleisch 50 kg böhmische Braunkohle
I. Qualität, also durchschnittlich 1,18 M.
Für die Bedienung der Öfen erwachsen
keine Kosten, da dieselben von den
Maschinenheizern mit versorgt werden. Die
Unterhaltungskosten belaufen sich im
Durchschnitt jährlich auf 250 M. Der
Verbrennungsrückstand besteht nur
aus reinen Salzen (Enochenasche),
die der hiesigen Stadtgärtnerei zur
Verwendung gegeben werden. Die hier
eingeführte Vernichtung der Fleisch-
konfiskate liefert also keine Einnahme,
bietet aber die größte Zuverlässigkeit
bezüglich mißbräuchlicher Verwendungder-
selben, ebenso die denkbar einfachste und
bequemste, sowie auch für die Umgebung
keine Belästigungen erzeugende Vernich-
tung dieses Fleiscbabfalles. Man ist des-
halb hier auch allgemein damit zuMeden.
Referate.
Oasis, D., Über die Unterscheidang
versehiedener PflanzeneiweiSarten mit
Hilfe spezifischer Sera.
(Berl. Klin. Wochenschr. 1908, Nr. 7.)
G. kommt zu dem Schluß, daß sich
die pflanzlichen Eiweißstoffe durch das
Präzipitations verfahren besser differen-
zieren lassen als die tierischen.
Orahert,
Schmidt, Chemische und biologische
Untersachnngen von ägyptischem
Mamienmaterial, nebst Betrachtangen
Aber das EinbalsamiernngSYerfahren
der alten Ägypter.
(ZeiUchr. f. allgem. Physiologie. 1907, S. 869-898.)
Während der Nachweis von Hämo-
globin und seiner Derivate in Mumien
nicht gelang, vermochte Verfasser feste
und flüchtige Fettsäuren, intaktes Fett,
Cholestearin und neben Albumosen Spuren
koagulierbaren Eiweißes aufzufinden.
Die Präzipitinreaktion blieb allerdings
negativ. Die Altersgrenze der biologischen
Reaktionsfähigkeit reiche nach unseren
jetzigen Kenntnissen bis 66 Jahr. Das Ein-
balsamierungsverfahren der alten Ägypter
bestand in der Entfernung der Ein-
geweide, Kochsalzbad, Austrocknen und
Bandagieren. Besoto.
Tan de Yelde^ Beitrag zar Bakteriologie
der Yergiftnngdurch ungesundes Fleisch.
(Aead. de M^decine de Belgique, Des. 1907, Aef. Manch. Med-
Wochenschr. 190S, Nr. 8.)
Das Blutserum zweier infolge Genusses
von verdorbenem Schweinefleisch gestor-
bener Personen wirkte auf B. enteritidis
stark agglutinierend, obwohl aus den
Leichen keine Bakterien dieser Art isoliert
werden konnten. V. schließt daraus, daß
die Personen nicht durch die Bazillen
selbst, sondern durch Bazillenprodukte
vergiftet wurden. Die stark agglutinierende
Eigenschaft des Blutes ist nach der Mei-
nung des Verf. auf frühere leichte Infektionen
mit B. paratyphosus B, der nach Genuß von
schlechtem Fleisch häufig zxjl leichten Ente-
ritiden Veranlassung gebe, zurückzuführen.
Orahert.
Schröder, E. C, Die Oetährlichkeit
versteckt perlsfichtiger Kflhe.
(U.-S. -Department of Agriculture, Bureaa of animal Industry.
Girkular 118.)
In einer frühern Arbeit (Bull. 99) hat
Schröder schon nachgewiesen, in welchen
oft ungeheuren Mengen bei ofiensichtlich
perlsüchtigen Rindviehbeständen Perlsucht-
Bazillen durch den Darm entleert werden,
und wie leicht demnach in Stallungen,
die Verunreinigung der Kühe mit ihrem
Kot nicht verhüten, solche Krankheits-
keime in die Milch gelangen können.
293
Die gegenwärtige Arbeit betrifft insbe-
sondere Kühe, die in gefährlichem Grad
mit Perlsucht behaftet waren, aber darch
ihr Aussehen und ihr Gebaren die
Krankheit nicht verrieten. Das Ergebnis
der Untersuchungen ist in folgende Sätze
zusammengefaßt:
1. Die gefährlich perlsüchtige Kuh vermag lange
Zeit die Erscheinung vollkommener Gesundheit
zu bewahren.
2. Die gegenwärtig zu Gebot stehenden Mittel,
die Gegenwart von Perlsuchtkeim on in den
Absonderungen und den Ausleerungen perl-
süchtiger Kühe zu erkennen, lassen zuver-
lässige Ergebnisse nur bei sehr zahlreichem
Vorkommen von Keimen gewinnen; daher
kann man oft wohl nachweisen, daß eine
Kuh in gefährlichem Maß perlsüchtig, der
Mangel solchen Nachweises besagt aber nicht,
daß die betreffende Kuh von Pcrlsucht frei sei.
3. Von gesund erscheinenden Kühen, deren
Perlsüchtigkeit erst durch die Tuberkulin-
probe erkannt wird, geben 40 v. H., oder
mehr, Perlsuchtkeime auf einem für andere
Tiere und für Menschen gefährlichen Weg
von sich.
4. Milchkühe, die drei Jahre oder länger an
Perlsucht erkrankt waren, sind, mit seltenen
Ausnahmen, lebhafte Verbreiter der Krankheit.
5. Perlsüchtige Kühe pflegen Perlsuchtkeime
erst einige Zeit nach erfolgter Ansteckung
abzustoßen. Dieser Umstand verschafft die
Möglichkeit, die Rindviehbestände mit Hilfe
der Tuberkulinprobe von perlsüchtigen Tieren
zu säubern, ehe diese anfangen, gefährlich
zu werden.
6. Der zwischen erfolgter Ansteckung und statt-
findender Abgabe von Perlsuchtkeimen lie-
gende Zeitverlauf darf nicht als Grund gelten,
eine als perlsüchtig erkannte Kuh noch länger
zu behalten, da die Dauer dieser Zwischenzeit
bei den einzelnen Tieren sehr verschieden,
und es kaum möglich ist, sich zu vergewissern,
wie schwer eine perlsüchtige Kuh behaftet
war, als die Krankheit bei ihr entdeckt wurde.
7. Der gewöhnliche Weg, auf welchem Perlsucht-
keime den Körper der Milchkühe verlassen,
ist der Darm. Diese Tatsache, zusammen
mit der allgemeinen Verbreitung der Perlsucht
unter den Milchkühen und mit der häufig
vorkommenden Verunreinigung der Milch
durch Kuhkot, begründet die Wahrscheinlich-
keit, daß die Milch der Kühe und die daraus
hergestellten Nahrungsmittel zu großem Teil
Perlsuchtkeime enthalten«
8. Die aus diesem Umstand für den Menschen
erwachsende Gefahr beschränkt sich nicht
auf die Milch als Getränk, sondern betrifft
auch alle daraus gewonnenen Erzeugnisse,
insbesondere die Butter, worin Perlsucht-
keime ihre Ansteckfähigkeit sieben Wochen
oder länger bewahren können.
9. Die Gefährdung der menschlichen Gesundheit
durch Perlsuchtkeime vom Rindvieh ist nicht
dem Zufall überlassen, sondern findet gleich-
sam planmäßig, durch die Verbreitung der
Keime auf dem Weg des von Tür zu Tür
betriebenen Handels statt. So lange es
gestattet ist, perlsüchtige Kühe zu halten,
so lange ist jedes Mitglied der menschlichen
Gesellschaft durch die bestehende Art des
Handels mit Milch und Molkereierzeugnissen
der Ansteckungsgefahr ausgesetzt. Daraus
erklärt sich der Befund dreier europäischer
Ärzte, die von zusammen 2052 an verschie-
denen Krankheiten Gestorbenen nachträglich
bei 91 V. H. Perlsuchtspuren feststellten.
10. Die große Gefahr, durch Milch von perl-
süchtigen Kühen angesteckt zu werden, ist
leider nur eine der vielen Gefahren, denen
jedermann durch Genuß unreiner Milch
ausgesetzt ist.
11. Wenn schon diesem Obelstande im all-
gemeinen gesteuert wird, so sollte doch ein-
fache Überlegung zu der heiligen Verpflichtung
führen, wenigstens den Kindern nur gesunde
Milch zu verabreichen. Wir haben kein
Recht, dieser Verpflichtung aus dem Weg
zu gehen, und würden dazu keine Neigung
haben, wenn wir uns die Zeit und die Mühe
nehmen würden, die Zahl von Todesfällen,
insbesondere unter den Kindern, zu ermitteln,
die auf verunreinigte Milch zurückzuführen
sind. Leider ist die Häufigkeit der durch
Milch perlsüchtiger Kühe verursachten Er-
krankung, wegen des heimtückischen schlei-
chenden Wesens der Krankheit, weniger
deutlich wahrnehmbar.
12. Unsre Milchviehherden können von perl-
süchtigen Kühen durch richtige Anwendung
der Tuberkulinprobe und durch Entfernung
aller durch sie gekennzeichneten Tiere befreit
werden. Jahrelange Erfahrungen haben be-
wiesen, daß das Tuberkulin ein besseres
Erkennungsmittel für die Perlsucht ist, als
wir sonst eins für die meisten anderen
Krankheiten besitzen.
Im Licht dieser Forschungsergebnisse
gewinnt der kürzlich veröffentlichte Be-
richt des Deutschen Milchwirtschaftlichen
Vereins über das Preisausschreiben für
294
das Holländische Aufstallverfahren
eine weitere, nicht unwesentlich erhöhte
Bedeutung. Auch die bisher befremdliche
Auffindung von Perlsuchtkeimen in der
Milch mancher Kühe, deren Euter nicht
von Perlsucht ergriffen war, findet nun-
mehr in der Möglichkeit einer Verun-
reinigung der Milch mit dem Kot der
betreffenden oder ihnen benachbarter
Tiere eine ungezwungene Erklärung.
Benno Marliny.
Bechtsprechung.
— Ausaohluß de« Zwangs- und Bannrechts bei
Tieren, die an einer anzeigepflichtigen Seuche ge-
litten haben.
Urteil des Kgl. Preuß. Kammergerichts vom
23. April 1908.
Das Publikandum vom 29. April 1772, betr.
das Zwangs- und Bannrecht der Abdeckereien,
ist auf Tiere, die an einer nach dem Reichsvieh-
seuchengesetz und dem Rinderpestgesetz an-
zeigepflichtigen Seuche gelitten haben, nicht an-
wendbar. Denn die genannten Gesetze haben
die Maßregeln beim Auftreten der in Betracht
kommenden Seuchen erschöpfend, also unter
Ausschluß aller nicht auf Grund dieser und
anderer Reichsgesetze erlassenen landesrecht-
lichen Vorschriften geregelt. Beiläufig ist in
dem Erkenntnis erwähnt, es könne dahingestellt
bleiben, ob das Publikandum vom 29. April 1772
sich auch auf Schweine beziehe — in dem
strittigen Fall hatte es sich um ein an Rotlauf
gefallenes Schwein gehandelt — , und ob nicht
seine Anwendung schon durch die in Nr. 1 des
Publikandums enthaltene Beschränkung auf das
„außer der Viehseuche** abgestandene Vieh
ausgeschlossen werde.
Fragen aus dem Gebiete
der Mllchkontrolle.
— Verwendung von Trockentrebern als Futter-
mittel für Klndemlichkahe.
Anfrage des k. k. Bezirks tierarztes H. in S.
Vor einem halben Jahre habe ich in der
Nähe von S. eine Kur- und Kindermilchanstalt
ins Leben gerufen. Die Fütterung des Vieh-
bestandes dieser Anstalt erfolgte bisher gleich-
mäßig mit Heu und Mehltrank. Da das Viehmehl
heuer in Österreich ungeheuer hoch im Preise
steht, beabsichtigt der Besitzer der Anstalt, in
Zukunft an Stelle des Mehls Trocken treber zu
füttern, die am Vortage des Verbrauchs ein-
geweicht werden sollen. Ist die Fütterung von
Trockentrebern an Kühe, die Kinder milch
liefern, statthaft?
Antwort: Es ist ganz unbedenklich, an
Kindermilchkühe Trockentreber in vorzüglicher
Qualität zu verfüttern (s. diese Zeitschr. 13. Jahrg.,
S. 127/28). Es ist nur zu empfehlen, die Treber
trocken den Tieren vorzulegen und sie nicht
zuvor einen Tag lang einzuweichen.
— Prüfung der Milch auf erfolgte Kochung.
Anfrage von Dr. J. in B.
Inwieweit ist der Ausfall der Prüfung der
Milch mit Guajaktinktur für ausreichend zur
strafrechtlichen Verfolgung zu halten? An-
gewendet wurde eine Tinktur, die sich mir in
sehr vielen Fällen als durchaus eindeutig in
ihren Ergebnissen erwiesen hat.
Antwort: Das Milchferment, das die
Guajaktinktur bläut, wird bei Erhitzung der
Milch auf 72—75 « C zerstört. Die Guajakreaktion
ist zuverlässig, wenn sie mit einer an Rohmilch
geprüften und reagierend befundenen Guajak-
tinktur ausgeführt worden ist.
Amtliches.
— DeuUches Reioh. Bekanntmachung des Relchs-
kanilers, betr. Änderung der AusfOhrungebeatimmun-
gen D nebst Anlagen a, b, c und d zum Sohlachtvleb-
und Fleischbeachaugeaetze, vom 22. Februar 1908."^)
Anlage d.
Aus Anlage d, Anweisung für die chemische
Untersuchung von Fleisch und Fetten, ist hervor-
zuheben, daß von dem Chemiker vorbehal-
tenen Methoden zum Nach weis von Pferde-
fleisch, der zu führen ist, wenn die biologische
Prüfung nicht ausgeführt werden kann (vgl. § 16,
Anlage a), nur noch die refraktometrische
Untersuchung und die Bestimmung der Jod-
zahl zugelassen sind. Der Glykogen-Nachweis ist
aus den bekannten Gründen gestrichen worden.
Ferner dürften die Methoden interessieren, die
nunmehr für den Nachweis der Borsäure,
des Formaldehyds, der schwefligen
Säure, der Salizylsäure und von Farb-
stoffen vorgeschrieben worden sind.
1. Nachweis von Borsäure und
deren Salzen.
50 g der feinxerkleinerien Fleischnutsse tterden
in einem Becherglase mit einer Mischung ran 50 ecm
Wasser und 0,2 ecm Salxsäure vom spexifisehen
Oeicicht 1,124 xu einem gleichmäßigen Brei gut
*) Vgl. S. 224/2d0 des vorletzten Hefts der
Zeitschrift, woselbst die wichtigsten Änderungen
der Ausführungsbestimmungen D nebst Anlagen
a und b zum Fleischbeschaugesetz wieder-
gegeben sind.
— 295 —
durchmischt, Nach halbstündigem Stehen wird das
mit einem Ukrglctse bedeckte Becherglas, unter xeü-
weüigem Umrühren^ Va Stunde in einem siedenden
Wasserhad erhitzt. Alsdatm wird der noch warme
Inhalt des Becherglases auf ein Oaxetuch gebracht,
der Fteischrückstand abgepreßt und die erhaltene
Flüssigkeit durch ein angefeuchtetes Filter gegossen.
Das FiUrat wird nach ZuscUx von Phenolphthalein
mit Vio Normal-Natronlauge schwach alkaliseh ge-
macht und bis auf 25 cem eingedampft. 5 com
von dieser Flüssigkeit werden mit 0,5 cem Salzsäure
vom spezifischen Qewieht 1,124 angesäuert, filtriert
und auf Borsäure mit Kurkuminpapiery g^fniift.
Dies geschieht in der Weise, daß ein etwa 8 cm
langer und 1 cm breiter Streifen geglättetes Kurku-
minpapier bis^ xur kctlben Länge mit der ange-
säuerten Flüssigkeit durchfeuchtet und auf einem
ührglase von etwa 10 cm Durchmesser bei 60 bis
70^ getrocknet tcird. Zeigt das mit der sauren
Flüssigkeit befeuchtete Kurkuminpapier nach dem
Trocknen keine sichtbare Veränderung der ursprüng-
lichen gelben Farbe, dann enthält das Fleisch keine
Borsäure. Ist dagegen eine rötliehe oder orangerote
Färbung entstanden, dann betupft man das in der
Farbe veränderte Papier mit einer 2proxentigen
Losung von wasserfreiem Natrium-
karbonat. Entsteht hierdurch ein rotbrauner
Fleck, der sich in seiner Farbe nicht von dem rot-
braunen Fleck unterscheidet, der durch die Natrium-
karbonatlösung auf reinem Kurkuminpapier erzeugt
wird, oder eine rotviolette Färbung, so enthält das
Fleisch ebenfalls keine Borsäure. Entsteht dagegen
durch die Natriumkarbonatlösung ein blauer Fleck,
dann ist die Gegenwart der Borsäure nachgewiesen.
Bei blauvioletten Färbungen und in ZweifelsfaUen
V Das Kurkuminpapier wird durch ein-
maliges Tränken von weißem Filtrierpapier mit
einer Lösung von 0,1 g Kurkumin in 100 cem
90prox£ntigem Alkohol hergestellt. Das getrocknete
Kurkuminpapier ist in gut verschlossenen Gefäßen,
vor Licht geschützt, aufzubewahren.
Das Ktirkumin wird in folgender Weise her-
gestellt :
30 g feines bei 100^ getrocknetes Kurkuma-
wurxelptäver (Curcuma longa} werden im
Soxhletschen Extraktionsapparat xunächst
4 Stunden lang mit Petroleumäther ausge-
zogen. Das so entfettete und getrocknete
Pulver wird alsdann in demselben Apparat
mit heißem Benzol 8 bis 10 Stunden lang,
unter Anwendung von 100 cem Benzol, er-
schöpft. Zum Erhitzen des Benzols kann
ein Glyzerinbad von 115 bis 120^ verwendet
werden. Beim Erkalten der Benzollösung
scheidet sich innerhalb 12 Stunden das für
die Herstellung des Kurkuminpapiers zu
verwendende Kurkumin ab.
ist der Ausfall der Flammenreaktion ausschlag-
Die Flammenreaktion ist in folgender Weise
auszuführen: 5 cem der rückständigen alkalischen
Flüssigkeit werden in einer Platinschale zur
Trockne verdampft und verascht. Zur Herstellung
der Asche wird die verkohlte Substanz mit etwa
20 cem heißem Wasser ausgelaugt, Naclidtm die
Kohle bei Meiner Flamme vollständig verascht
worden ist, fügt man die ausgelaugte Flüssigkeit
hinzu und bringt sie zunächst auf dem Wasserbad,
alsdann bei etwa 120^ C zur Trockne. Die so
erhaltene lockere Asche unrd mit einem erkalteten
Gemische von 5 cem Methylalkohol und 0,^ cem
konzentrierter Schwefelsäure sorgfältig zerrieben und
unter Benutzung weiterer 5 cem Methylalkohol in
einen Erlenmeyerkoll>en von 100 cem Inhalt gebracht.
Man läßt den verschlossenen Kolben unter mehr-
maligem Umschütteln Y2 Stunde lang stehen; als-
dann wird der Methylalkohol aus einem Wasserbade
von 80 bis 85^ vollständig abdestilliert. Tos
Destillat itird in ein Gläsehen von 40 ecm Inhalt,
und etwa 6 cm Höhe gebracht, welches mit einem
zweimal durchbohrten Stopfen verschlossen wird,
durch den 2 Glasröhren in dc^ Innere führen.
Die eine Röhre reicht bis auf den Boden des
Gläschens, die andere nur bis in den Hals. Das
verjüngte äußere Ende der letzteren Röhre wird
mit einer durehlochten Platinspitxe, die aus Platin-
blech hergestellt werden kann, versehen. Durch die
Flüssigkeit wird hierauf ein getrodcneter Wasser-
stoffstrom derart geleitet, daß die angezündete
Flatnme 2 bis 3 cm lang ist. Ist die bei zerstreutem
Tageslichte zu beobachtende Flamme grün gefärbt,
so ist Borsäure im Fleische enthalten.
Fleisch, in welchem Borsäure nach diesen
Vorschriften nachgewiesen ist, ist im Sinne der
Ausführungsbestimmungen D § 5 Nr. 3 als mit
Borsäure oder deren Salzen behandelt zu betrachten.
2. Nachweis von Formaldehyd
und solchen Stoffen, welche bei ihrer Ver-
wendung Formaldehyd abgeben.
30 g der zerkleinerten Fleischmasse werden in
220 com Wasser gleichmäßig verteilt und nach
halbstündigem Stehen in einem Kolben von etwa
500 cem Inhalt mit 10 cem einer 25 prozentigen
Phosphorsäure versetzt. Von dem bis zum Sieden
erhitzten Gemenge werden unter Einleiten eines
Wasserdampfstroms 50 cem abdestilliert. Das
Destillat wird filtriert. Bei nicht geräuchertem
Fleische werden 5 cem des Destillats mit 2 cem
frischer Milch und 7 cem Salzsäure vom spezi-
fischen Gewicht 1,124, welche auf 100 cem 0,2 cem
einer lOprozentigen EisenehloridlÖsxmg enthält, in
einem geräumigen Probiergläschen gemischt und
etwa 7a Minute lang in sehwachem Sieden erhalten.
Durch Vorversuche ist festzustellen, einerseits, daß
— 296 —
die Müeh frei von Formaldehyd ist, anderseits, daß
sie auf Zuscdx von Forma^dehyd die Reaktion gibt.
Bei geräucherten Fleisehwaren ist ein Teü
des Destillats mit der 4 fachen Menge Wasser zu
verdünnen und 6 ccm der Verdünnung in derselben
Weise xu behandeln. Die Oegentcart von Form-
aldehyd bacifkt Violett färbung. Tritt letztere nicht
ein, so bedarf es einer weiteren Prüfung nicht. Im
anderen Falle wird der Rest des Destillats mit
Ammoniakflüssigkeit im Überschusse versetxt und
in der Weise, unter xeüweüigem Zusatxe geringer
Mengen Ammoniakflüssigkeit, xur D^oekne ver-
dampft, daß die Flüssigkeit immer eine alkalische
Reaktion behält. Bei Gegenwart von nicht xu
geringen Mengen von Formaldehyd hinterbleiben
charakteristische Kristalle von Hexamethylentetra-
min. Der Rückstand wird in etwa 4 Tropfen Wasser
gelöst, von der iJösung je ein Tropfen auf einen
Ohjekiträger gebracht und mit den beiden folgenden
Reagentien geprüft:
1. mit 1 Tropfin einer gesättigten Quecksilber-
chloridlösting. Es entsieht hierbei sofort oder
nach kurxer Zeit ein regulärer kristallinischer
Niederschlag; bald sieht man drei- und mehr-
strahlige Sterne, später Oktaeder'^
2. mit 1 Tropfen einer Kaliumquecksilberjodid-
lösung und einer sehr geringen Menge ver-
dünnter Salxsäure, Es bilden sich hexago-
nale sechsseitige, hellgelb gefärbte Sterne.
Die KcUiumquecksilberyodidlösung wird
in folgender Weise hergestellt: Zu einer
lOproxentigen Kaliumjodidlösung wird unier
Erwärmen und Umrühren so lange Queek-
siWerjodid zugesetzt, bis ein Teil desselben
ungelöst bleibt'^ die Lösung wird nach dem
Erkalten abfiltriert.
In nicht geräucherten Fleischwaren
darf die Gegenwart ron Formaldehyd als erwiesen
betrachtet werden, wenn der erhaltefie Rückstand
die Reaktion mit Quecksilberchlorid gibt. In ge-
räucherten Fleisehwaren ist die Gegenwart
des Formaldehyds erst dann naehgetciesen, wenn
beide Reaktionen eintreten.
Fleisch, in welchem Formaldehyd nach diesen
Vorschriften tiachgewiesen ist, ist im Sinne der
Ausführungsbestimmungen D § 5 Nr. 3 als mit
Formaldehyd oder solchen Stoffen, die Formaldehyd
abgeben, behandelt xu betrachten.
3. Nachweis von schwefliger Säure und
deren Salzen und von unterschweflig-
sauren Salzen.
30 g fein xerkleinerte Fleischmasse und 5 ccm
25proxefitige Phosphorsäure werden möglichst auf
dem Boden eines Erlenmeyerkölbehem von 100 ccm
Inhalt durch schnelles Zusammenkneten getnischt.
Hierauf wird das Kölbchen sofort mit einem Korke
verschlossen. Das Ende des Korkes^ welches in den
Kolben hineinragt, ist mit einem Spalt versehen,
in dem ein Streifen Kaliumjodadstärkepapier so
befestigt ist, daß dessen unteres etwa 1 cm lang
mit Wasser befeuchtetes Ende ungefähr 1 em über
der Mitte der Fleischmasse sich befindet. Die
Lösung xur Herstellung des Jodstärkepapiers besteht
aus 0,1 g Kaliumjodat und lg löslicher Stärke in
100 ccm Wasser.
Zeigt sich innerhalb 10 Minuten keine Bläuung
des Streifens, die xuerst gewöhnlich an der Grenz-
linie des feuchten und trockenen Streifens eintriU,
dann stellt man das Kölbchen bei etwas loserem
Korkverschluß auf das Wasserbad, Tritt auch jetxt
innerhalb 10 Minuten keine vorübergehende oder
bleibende Bläuung des Streifens ein, dann läßt
man das wieder fest verschlossene Kölbchen an der
Luft erkalten. Macht sieh auch jetxt innerhalb
Va Stunde keine Blaufärbung des Papierstreifens
bemerkbar, dann ist das Fleisch als frei ton
schwefliger Säure xu betrachten. Tritt dagegen
eine Bläuung des Papierstreifens ein, dann ist der
entscheidende Nachweis der schwefligen Säure durch
flachstehendes Verfahren xu erbringen.
Lieferte die Prüfung ein positives Ergebnis,
so ist das Fleisch im Sinne der Ausführungs-
bestimmungen D i 5 Nr. 3 als mit schwefliger
Säure, sehweftigsauren Salxen oder unterschweflig-
sauren Salxen behandelt xu betrachten. Liegt ein
Anlafi vor, festzustellen, ob die schweflige Säure
unterschwef ligsauren Salzen entstammt, so ist in
folgender Weise zu verfahren:
5. Nachweis von Salizylsäure und deren
Verbindungen.
50 g der fein xerkleinerten Fleischmasse
werden in einem Beeherglase mit 50 ccm einer
2proxentigen Nalriumkarbonatlösung xu einem
gleichmäßigen Brei gut durchmischt und Vs Stunde
lang kalt ausgelaugf. Alsdann setxt man das mit
einem Uhrglase bedeckte Beeherglas 7s Stunde lang
unter xeitweiligem Umrühren in ein siedendes
Wasserbad. Der noch warme Inhalt des Becher-
glases wird auf ein Oaxetueh gebracht und abge-
preßt. Die abgepreßte Flüssigkeit wird alsdann
mit 5 g Chlomatrium versetxt und nach dem An-
säuern mit verdünnter Schwefelsäure bis xum be-
ginnenden Sieden erhitxt. Nach dem Erkalten
wird die Flüssigkeit filtriert und das klare Filtrat
im Sckütteltrichier mit einem gleichen Raumteil
einer aus gleichen Teilen Äther und Petroleuntäther
bestehenden Mischung kräftig ausgesehüitelt. Sollte
hierbii eine Emulsionsbildung stattfinden, dann
entfernt man xunächst die untere klar abgeschiedene
wässerige Flüssigkeit und schüttelt die emulsions-
artige Ätherschicht unter Zusatx von 5 g pulveri-
siertem Natriumchlorid nochmals mäßig durch.
— 297 ~
teobei fiocA einiger Zeit eine hinreichende Ab-
Scheidung der Ätherackieht stattfindet. Nachdem
die ätherische Flüssigkeit zweimal mit Je 5 ccm
Wasser gewaschen tcorden ist, wird sie durch ein
trockenes Filter gegossen und in einer PorxeÜan-
schcUe unter Zusatx von etwa 1 ccm Wasser bei
massiger Wärme und mit Hilfe eines Luftstrofns
verdunstet. Der wässerige Rückstand wird nach
dem Erkalten mit einigen Tropfen einer frisch
bereiteten Ofiöproxentigen Eisenchloridiösung ver-
setxt. Eine deutliche Blauviolettfärbung xeigt
Salizylsäure an.
Fleisch, in welchem Salizylsäure nach dieser
Vorschrift nachgewiesen ist, ist im Sinne der
Ausführungsbestimmungen D § 5 Nr. 3 als mit
Salizylsäure oder deren Verbindungen behandelt zu
betrachten,
6. Nachweis von Farbstoffen oder
Färb st off Zubereitungen.
50 g der zerkleinerten Fleisehmasse werden in
einem Becherglase mit einer Lösung von 5 g
Natriumsalixylat in 100 ccm eines Gemisches aus
gleichen Teilen Wasser und Glyzerin gut durch-
miscfit und Ya Stunde lang unter xtitweiligem Um-
rühren im Wasserbad erhitzt. Nach dem Erkalten
wird die Flüssighit abgepreßt und filtriert^ bis sie
klar abläuft. Ist das Filtrat nur gelblich und
nicht rötlich gefärbt, so bedarf es einer weiteren
Prüfung nicht. Im anderen FaUe bringt man den
dritten Teil der Flüssigkeit in einen Glaszylinder,
setxt einige Tropfen Alaunlösung und Ammoniak-
flüssigkeü in geringem Überschüsse hinzu und
läßt einige Stunden stehen, Karmin wird durch
einen rot gefärbten Bodensatz erkannt. Zum Nach-
weise ron Teerfarbstoffen wird der Rest des Filtrats
mit einem Faden ungebeixter entfetteter Wolle unter
Zusatx von 10 ccm einer lOproxentigen Kalium-
bisutfatlösung und einigen Tropfen Essigsäure
längere Zeit im kochenden Wasserbad erhitzt.
Bei Gegenwart von Teerfarbstoffen wird der
Faden rot gefärbt und behält die Färbung auch
nach dem Auswaschen mit Wasser.
Fleisch, in welchem nach vorstehender Vor»
Schrift fremde Farbstoffe naehgeieiesen sind, ist im
Sinne der Ausführungsbestimmungen D § 5 Nr. 3
als mit fremden Farbstoffen oder Farbstoff-
zubereitungen behandelt zu betrachten,
— Preußen. Allgemeine Verfügung das Mini-
cterlum« für Landwirtschaft, Domfinen und Forsten,
Nr. 24 für 1908, betr. die Ausführung des Fleisch-
besohaugesetzes, vom 13. April 1908.
Zur weiteren AusfUhning des Fleischbeschau-
gesetzes, insbesondere zur Beseitigung von
Zweifeln und Verschiedenheiten bei der Hand-
habung der Vorschriften fUr die Einfuhr und
Untersuchung ausländischen Fleisches, ordnen
wir folgendes an:
1. Gepökelte Schweineschwarten (Haut
vom Schwein) und Rinderpansen (Vormagen
vom Rind) sind nach § 4 des Fleischbeschau-
gesetzes und § 1 der Ausftthrungsbestim-
mungen D als Fleisch anzusehen. Gemäß den
Vorschriften in § 12 Ziffer 2 des Fleischbeschau-
gesetzes dürfen sie zur Einfuhr aus dem Aus-
lande nicht zugelassen werden, weil sich ihre
Unschädlichkeit für die menschliche Gesund-
heit in zuverlässiger Weise bei der Einfuhr
nicht feststellen läßt.
Dasselbe gilt far gekochte Schweine-
schwarten.
2. Die Einfuhr des Fettgewebes der Bauch-
höhle von Schweinen, das zwar gleich-
zeitig mit den Tierkörpern, denen es ent-
nommen ist, aber nicht im natürlichen
Zusammenhange mit diesen vorgelegt wird,
ist unzulässig, auch wenn das Fett gesalzen
ist. Als frisches Fleisch darf es nicht einge-
führt werden, weil die Einfuhr frischen
Fleisches nur in ganzen Tierköpem gestattet
ist (§ 6 der Ausführungsbestimmungen D),
als zubereitetes Fleisch (Pökelfleisch) i^t
solches Fettgewebe aber deshalb von der Ein-
fuhr ausgeschlossen, weil es nach den vom
Kaiserlichen Gesundheitsamte vorgenommenen
Versuchen unter gewöhnlichen Umständen
durch Pökelung nicht so hergerichtet werden
kann, daß es die Eigenschaften frischen
Fleisches im wesentlichen verloren hat (§ 3
Abs. 1 der Ausfühningsbestimmungen D).
3. Bei der Untersuchung des in ganzen Tier-
körpem zur Einfuhr kommenden frischen
Fleisches ist das Ausschneiden der Ein-
geweide tunlichst von den untersuchenden
Tierärzten selbst vorzunehmen. Soweit hier-
zu eine Hilfskraft herangezogen werden muß.
ist die Tätigkeit dieser Hilfskraft bei der
Herausnahme der Eingeweide von dem Tier-
arzt zu überwachen.
4. Bei einer Beschaustelle ist wiederholt die Er-
fahrung gemacht worden, daß Fette wegen
äußerer Mängel (Fäulnis, Verschimmelung
usw.) zu beanstanden waren, obwohl die
mittelst Stechbohrer vom Spund aus ent-
nommenen Proben einen Beanstandungs-
grnnd nicht ergeben hatten. Die Mängel
wurden erst nach Öffnung der Behälter durch
Anheben des Deckels oder des Bodens fest-
gestellt, wobei sich ergab, daß die Packstücke
verschieden gelagerte Fäulnisherde usw.
aufwiesen.
Die Vorfälle zeigen die Notwendigkeit einer
umfassenden äußeren Prüfung der Fette. Es
wird darauf zu halten sein, daß künftig nach
Möglichkeit wenigstens bei einem Teile der
— 298 —
Stichproben von Fettsendungen die Behälter
vollständig geöffnet werden. Bei verdächtigen
Fetten hat dies regelmäßig zu geschehen.
5. Bei Durchführung der tierärztlichen
Untersuchung des ausländischen Fleisches
wird vielfach von den bakteriologischen und
chemischen Einrichtungen der Beschaustellen
nicht genügend Gebrauch gemacht. Die
häufigere Vornahme bakteriologischer Unter-
suchungen ist zur Gewinnung von Erfahrungen
aber die Beschaffenheit des ausländischen
Fleisches erwünscht. Es wird dafür zu sorgen
sein, daß Nährböden für bakteriologische
Untersuchungen stets in gebrauchsfähigem
Zustande vorhanden sind.
6. Bei der gewöhnlichen gewerbsmäßigen Her-
richtung von Schinken befinden sich an diesen
in der Regel die Schamdrüsen. Sie liegen
im oberflächlichen Fettgewebe und sind durch
einen Einschnitt in das Unterhautfettgewebe
in der Verlängerung der Gesäßschambeinfuge
zu finden. Die Schamdrüsen gehören mithin
zu den durch Anschneiden leicht erreichbaren
Lymphdrüsen und sind gemäß § 14 Abs. 1
zu c der Anweisung für die tierärztliche
Untersuchung (Anlage a der Ausführungs-
bestimmungen D) bei den aus dem Auslande
zur Einfuhr kommenden Schinken regelmäßig
zn untersuchen.
7. Die Freigabe von Sendungen, die einer
chemischen Untersuchung unterzogen worden
sind, darf, soweit Untersuchung und Ab-
fertigung der Sendungen nicht in einer Hand
liegen, erst auf Grund der vorgeschriebenen
schriftlichen Benachrichtigung über das Unter-
suchungsergebnis erfolgen (vgl. ersten und
zweiten Abschnitt der Anweisung für die
chemische Untersuchung von Fleisch und
Fetten, Anlage d der Ausftlhrungsbestim-
mungen D, unter „Schlußbericht^). Auf
telephonische Mitteilung des Untersuchungser-
gebnisses kann zwar mit der Abstempelung
der Sendungen begonnen werden; eine Frei-
gabe ist jedoch nur auf Grund der schriftlichen
Benachrichtigung zulässig.
8. Bei den Anschreibungen in denBeschau-
bü ehern ist zwischen Beanstandungen wegen
Tuberkulose der Bronchialdrüsen oder der
Portaldrüsen zu unterscheiden, damit aus dem
Beschaubuche ersehen werden kann, ob der
Fall des § 18 Abs. 1 zu I C c der Aus-
führungsbestimmnngen D voi^elegen hat oder
nicht. Es darf also beispielsweise in Fällen
in denen wegen Tuberkulose der Bronchial-
drüsen nur die Lunge eines Tierköperp zn
beanstanden war, die Eintragung in das Be-
schaubuch nicht unter der Bezeichnung
„Tuberkulose der Lunge^ erfolgen, sondern
es muß zum Ausdruck gebracht werden, daß
die Tuberkulose auf die Bronchialdrüsen be-
schränkt war.
9. Bereits durch den Runderlaß vom 10. Januar
V. J. (I Ge 6ÖÖ0 M. f L., M 8839 M. d. g. A., III
21 158 F. M., IIb 163 M. f. H.) ist darauf hin-
gewiesen worden, daß die Tätigkeit der
bei der Untersuchung des ausländischen
Fleisches verwendeten Trichinenschauer
von den Tierärzten der Beschaustellen zn
überwachen sei. Die Kontrolle ist auch in
der Weise auszuüben, daß den Trichinen-
schauem von Zeit zu Zeit ohne ihr Wissen
trichinenhaltige Proben vorgelegt werden.
Trichinöses Fleisch ist im Bedarfsfalle von
der Abteilung III des Hygienischen Instituts
der Tierärztlichen Hochschule in Berlin NW.,
Luisenstraße 56, zu beziehen.
Die Beschaustellen sind mit der erforder-
lichen Anweisung zu versehen, zn welchem
Zwecke die nötige Anzahl von Abdrücken dieses
Erlasses beigefügt ist,
Den Oberzolldirektionen geht der Erlaß von
hier aus zu.
Der Finanzminister.
Im Auftrage: Koehler.
Der Minister für Handel und Gewerbe.
Im Auftrage: von der Hagen.
Der Minister für Landwirtschaft,
Domänen und Forsten.
Im Auftrage: Küster.
Der Minister der geistlichen,
Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.
Im Auftrage: Förster.
— Prov. P^inmem. AmfOhniiHltiMatImiiuigM
zu S 2 des Milzbrandentschldlguniisreilenents vt«
16. Mftrz/20. April 1905, vom 13. Februar/2. Juli
1907.*)
— WQrtteMborg. MinlsterialeriaB, b«tr. dea
Transport von Sehlacbttieren, vom 17. Februar 1908.
(Ordnet an, daß die Polizeibehörden und Fleisch-
beschauer mit Strenge die Einhaltung der Vor-
schriften der §§ 8 fif. der Ministerialverordnung
vom 1. Februar 1903 über den Transport der
Schlachttiere überwachen.)
— Brauntohwele. Gesetz, betr. das Verfabrea
beim Schlaciiten, vom 9. August 1907.**)
— Schaumbiirg>Llppe. PoHzeiverardaanOf betr.
Abänderung der Pollzelvertrdnung, betr. Betiabea
des Schlachtviebe beim gewerblichen Schlaohtea,
vom 30. November 1907, vom 8. Januar 1908.***)
*) Wortlaut in den Veröffentlichungen des
Kaiserlichen Gesundheitsamts 1908, Nr. 19.
**) Ebenda Nr. 18.
*♦*) Ebenda Nr. 13.
299 —
Statistische Berichte.
— Deutsches Reich. Schlachtvieh- und Fieischbeschaa. Zahl der im I. Vierteljahr 1908 beschauten
.Schlachttiere. (Znsammengestellt im Kaiserlichen StatistiBchen Amt.)
Staaten
und
Landesteile
Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau
vorgenommen wurde
Pferde, |
und I I
andere Ochsen; Bullen
Ein- i I
hnfer
Kühe
Jung-
rinder
über
I 3 Monate alt
Kälber
bis
Schweine
Schafe
Ziegen
Hun-
de
Provinz Ostpreußen . .
„ Westpreußen . .
Stadt Berlin
Provinz Brandenburg . .
„ Pommern . . .
„ Posen ....
„ Schlesien . . .
„ Sachsen . . .
„ Schleswig-Holstein
„ Hannover . . .
„ Westfalen . . .
„ Hessen-Nassau .
„ Rheinland , . .
Hohenzollem
Königreich Preußen
Bayern rechts des Rheins
„ links des Rheins
Königreich Bayern
Königreich Sachsen
Württemberg ....
Baden
Hessen
Mecklenburg-Schwerin
Sachsen-Weimar . .
Mecklenburg-Strelitz .
Oldenburg
Braunschweig . . .
Sachsen-Meiningen . .
Sachsen-Altenburg . .
Sachsen-Coburg-Gotha
Anhalt
Schwarzburg-Sondershausen
Schwarzburg-Rudolstadt
Waldeck ....
Reuß ältere Linie .
Reuß jOngere Linie
Schaumburg-Lippe .
Lippe
Lübeck
Bremen
Hamburg ....
Elsaß-Lothringen
527
286
3(H6
2 597
560
180
8997
2 419
1281
1939
2186
687
4 179
1
23885
2 371
194
2 565
3383
471
451
535
433
160
90
105
128
104
79
101
377
6
28
1
28
65
14
42
160
567
1345
864
1490
1116
18 930
6 255
548
742
3837
2 551
3 312
2909
2407
7 689
17 052
52
68 890
29667
1215
30882
9452!
3 801;
5 825i
4 881!
182
406
82
345
146
315
66
191
311
23
63
32
105
176
1
7
126
1197
6 925
4533
1869
2 472
11320
11137
3696
2154
11428
5 670
2 510
6 217
4906
1440
6911
13
71743
10 032
537
10569
8 754
2909
1880
379
1431
300
71
316
2235
140
312
161
694
76
54
71
125
247
27
272
280
1874
1959
981
7 665
6 762
3 780
27 408
9 530
6 841
30 345
18100
10 516
11713
35 311
17 546
61216
315
247 048
49367J
3 450!
52 817,
37 3381
13 041
118481
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1442
1135
2199
2 962
2684
1452
1136
899
220
595
2070
212
609
1839
951
2 237
18 678
6 231
3 338
6983
10 965
2 882
53
16 680
7 407
5133
5 937
5846
10310
16 404
419
103843
26 682
7 596
34 278
5183
20 310
16634
7 713
1622
12
144
875
2142
1122
471
972
524
234
490
311'
296;
622|
60i
173
411
559
7 568
4 766
33 247
30 516
41327
53053
26 898
30 796
93 995
36187
39 209
30166
51905
48416
105 584
920
622 219
168709
12 786;
181 495
102 445
46 6061
43 632
18 917]
28890,
6 301
3430
5 256
5 973
3 689
3 409
3 914
3809
1577
1643
847
1051
2188
507
1650
4 897
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14 295
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221441
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175 644
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285302
400988
2034
2 6.52 551
427 986
45 337
478 323
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127 647
118 421
82 592
40749
24 246
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33080
91081
12 750
16 594
45 319
21852
19 911
4 949
3 569
7 696
18462
1427
8443
12 279
32 357
114543
81014
6 789
8 253
113121
22 989
17 270
8170
16 333
24995
4 475
18107
3176
13 251
26 057
30
288 016
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714
34496
50 528
6388
4 767
3 375
5066
8685
561
503
4072
1720
1348
2759
2 664
702
779
110
977
1866
37
115
1091
2 888
22185
10 482
454
967
39
2 697
425
4 206
12 873
4830
140
664
1859
3126
5089
104
37 473
35 806
1881
37187
15 409
7 672
7136
8035
235
2 255
17
86
91
23%
1389
1228
216
36
109
119
1167
2 893
52
123
108
23|
24:
1457i
34
1
348
40
3
1
1
17
445
104
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104
1344
23
1
1
4
23
105
Deutsches Reich
Dagegen im 4.Viertelj.l907«)
„ 3. r, 1907*)
2. : 1907*)-
„ 4. „ 1906»)
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„ 4. „ 1905*)
l Is, l 1906*
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l Ih l 1905*)
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:3. 1904'
859871188918
45144|l53 274
27 3191147 173
25 904 135 726
37 408
47 639
26 426
29005
43 506
52 591
28 913
29 224
35 899
141136
156094
153916
152 118
152 245
156 340
152 708
143 962
107 860
103162
121 076
108 576
97 006
98 558
120254;
117 348
104 050
99 763
129 068
125 143
142 214,112783
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23 827!l45 682:128 553
420 758
433 092
403 383
373 887
393557
407 191
395 206
392 660
429163
426 707
408151
406 841
413 756
410 763
379 179
212612
273 756
277 642
205 279
184 202
233 776
258 035'
222341
211 151
262 146
276020
215 677
186 353
219 773
246 478
1149842'
1042 774
1 091 285
1 190 758
1053 925
892 405
1008 979
1 254 177
1052263
913112
1 033 593
1 322 529
1122865
999326
1072 8351
4 418 214
4846 861
3 750984
3 718066
4 079 656
4 012 464
3109 802
2 981 914
3 237 092
3 471742
3 033 690
3 143 114
3924 280
4404158
3 508 461
446180
603 208
707 975
435 599
1269662061
139 836 2 299
39 346 952
178 940 943
440 495|131775 2 267
580 848!l40 029 2 325
742403! 414851032
486139170 9961013
485 880
657 722
841971
484 083
452 897
609 630
768 461
98 301
130 851
38 235
152 931
107 778
136 938
44 223
2151
2405
1021
947
1785
1763
762
*) Abgeändert infolge nachträglicher Berichtigungen.
- 300 —
— PreuDen. Die Ergebniese der Schlachtvieh- und Fleischbeschau sowie der Trichiuenschau in Viertel-
Jahre von L Januar bis 31. Harz i908.<)
Staat.
Provinzen.
Monate.
I. Allgemeine Schlachtvieh- und Fleischbeschau
Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau
vorgenommen wurde
Pferde
und
andere
Ein-
hufer
o
O
PQ
rinder »,.
über •»»
3 Monate alt
IL
Trichinen-
schau
10 f 11
Zahl der
auf Tri-
chinen
(nnd
Finnen)
unter-
suchten
Schweine
Davon
waren
12
13
a
S3
14
Staat 19072). . .
davon im:
I.Vierteljahr 19073) .
2. „ 19072) .
3. „ 19073) .
4. „ 19072) .
A. Staat
1. Vierteljahr 1908 . .
davon im: Januar .
Februar .
März. . .
1. Vierteljahre
1908 Imehr. .
geg.l.Viertel- 1 weniger
jähr 1907 l
oder in jmehr . .
Hundertteilenlweniger
B. Provinzen.
Ostpreußen
davon im: Januar .
Februar .
März . .
Westpreufien
davon im: Januar .
Februar .
März . .
Stadtkreis Berlin . . .
davon im: Januar .
Februar .
März . .
Brandenburg
davon im: Januar .
Februar .
März . .
Pommern
davon im: Januar .
Februar .
März . .
Posen
davon im: Januar .
Februar .
März . .
Schlesien
davon im : Januar .
Februar .
März . .
90390 294 989
24 25172571
17 452 70 132
18685 73 231
30002 79 055
23 885 68890
8 95121903
7 680123014
7 254123973
279 830 969 133
366
1,51
527
205
162
160
286
102
98
86
3046
1091
1009
946
2 597
918
856
560
227
171
162
180
62
57
61
3 997
1509
1286
1202
3 681
5,07
1490
466
531
493
1116
361
359
396
18 930
5625
6 857
6448
6 255
18
2305
2127
548
169
173
206
65 019
71833
77 042
I
460 186 2 287 &81
9864 577
1 476 m
176 164 11771
233152
227 505
250305
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24 925i 85 475
230861 79214
23732 82359
6 7241 13 896
10,34
1869
647
616
7 665
2653
2485
606| 2 527
2 4721 6 762
877
886
709
11320
8993
3917
3410
11 I37I
38571
8477,1
3
3 696
1302
1163
1231
742 2154
218 724
269 742
255 688
8837
1227
1259
1351
I
2 316
2147
2 299
3 780
1482
1275
1
27 408
9638
8 812
8 958
9 530
3323
3068
3139
6 841'
2 503'
2 251,
20871
11428 30345
3994; 10 877
3650: 9535
3 7841 9 933
89 695 572 364,2 462 799 284 398 40 747! 595
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134 551 547 738 2 240 259 507 631 !24 519 315
12 855459 650 2 485
1
3 769185 169; 765
2 414 315 124' 429
2 317 971 138' 545
4 353 988 219. 746
i
103 843 622 219 2 652 551
37 725 185 713.
32 845
33273
196 21
240295
14148 49855
964 851
868 905
818 795
189 752
6 231
2229
2 026
1976
3 338
1355
1098
885
8,71 1 7,70
I
33 247
7 572
9080
16 595
30 516
6420
8111
15985
6 983 41327
2 607 12453
2185 14156
2191 14718
10965
3869
3436
3660
2882
1034
914
934
5308
2035
1718
1555
16 680
6013
5 336
5 331
53053
17 289
16 805
18 959
26 898
7 837
8 093
10968;
30796
9555'
9 706
11535
93 995
31147
30 579
32 269
99 404
35 437
32060
31907
82 545
28 544
28 534
25 467
307 237
100 991
102 582
103664
221441
77 904
70 693
72 844
92451
32487
30012
29 952
105 766
40554
37 080
28132
350045
125 758
115 137
109150
283016 37 473;
95 072 8 380
92193 6 880
95 75122 213
1382 3 274
0,49 8,03
6 789 454
2 598 195
2 018: 141
2 173 118
445
160
128
157
150
25,21
8253
2 756
2 783
2 714
113121
967
372
293
302|
39
35 483; 26
39 277 8
38361 5
22 989 2 697 34
7 0251
7 3081 324 4
8 6561 1990 2
17 270 425|
5 963, 171
5 408' 123
5 899; 131 '
8170
2832
2 713
2625
4206
1795
1172
1239
16 33312 873
5 302 1311
5154 1538
5 877110024
348
105
108
135
3 946 926 232!
1529853 88!
1 324 159
1092 914
177 741
4,72
79
65
653
264
210
179
63 —
112
14,64
116 334
44 230
37 204 4
34 900 4
124 506
45 592
43 615
35299
307 237
100991
102582
103664
388 649
153142
130 874
104633
153471
56963
50 527
45981
168227
66 722
62 524
38981
433529
157 603
146140
129 786
10 48
2 21
19
8
5 15
5j 4
— 5
— 6
24| 32
71 8
3 10
14 14
29
8
12
9
2
1,
r —
-' 2
IO4I 69
37 33
11
4
4
3
3
1
47
20
36
19
6
11
23
13
304
120
88
96
1) Statistische Korrespondenz. ^ Berichtigtes Ergebnis infolge nachträglicher Meldungen.
- 301 —
Staat.
Provinzen.
Monate.
I. Allgemeine Schlachtvieh- und Fleischbeschau
Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau
vorgenommen wurde
H
«'S
'S«
2
0)
PQ
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I
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9
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n. Trichinen-
schau
Zahl der
auf Tri-
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(und
Finnen)
unter-
suchten
Schweine
12
Davon
waren
13
.SP
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14
Sachsen . .
davon im:
Januar
Februar
März .
Schleswig-Holstein .
davon im: Januar
Februar
März .
Hannover
davon im: Januar
Februar
März .
Westfalen
davon im: Januar
Februar
März .
Hessen-Nassau . . .
davon im: Januar
Februar
März .
Rheinland
davon im: Januar
Februar
März .
Hohenzollern ....
davon im: Januar
Februar
März .
2419
887
758
774
2551
786
798
%7
5670
1858
1807
2005
1281 3 312
490 1164
4221 1059
369| 1089
1939 2 909
734 1019
18100
6460
5863
5 777
2 510 10516
758 3 512
599
606
I
924
966
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988.
6217|
21791
1935
2103
21861 2 407
837
697
652
687
268
225
194
4119
1621
1340
1218
1
871
694
842
7 6891
2 647i
2 356
2 686
17 052
5506
5 413
6133
52
21
17
14
3 324
3 680
11713
4 081
3 691
3941
4 906 35311
1858 11570
1475
1573
1440
580
407
11196
15 545
17 546
6453
5 622
453j 5471
6 911 61 216
2297 20485
2 239 19 835
2375 20 896
I
13
1
8
4
315
122
110
7 407
2 568
2364
2475
5133
1919
1624
1590
5 937
2154
1845
19
5 846
2165
1765
1916
10310
3 769
3173
3 368
16404
5882
5 217
5 305
419
126
144
149
Das ± betrug:
Pferde usw. . . .
Ochsen
Bullen
dai
. . . 23885 -
. . . 68890 -
... 71743 H
gegen
j I. Viertel-
ahr 1907
366
- 3 681
|- 6 724
Kühe
... 247048 -
- 13 896
Jungrinder. . . .
Kälber
. . . 103843 -
. . . 622219 -
- 14148
- 49 855
36187
12129
11851
12 207
39 209
8 859
11040
19310
30166
9176
9 578
11412
51905
14327
16127
21451
48 416
16 291
15 613
16 512
105 584
32 374
35136
38074
920
284
386
300
185 649
66 247
59 851
59551
106 359
38 489
34163
33707
175644
67464
57 406
50774
237 686
89 744
76 955
70987
285 302
119 957
93239
72106
400988
140536
130531
129 921
2034
739
662
633
24 995
8135
7844
9016
4 475
1647
1352
1476
18107
6 907
5 277
5923
3176
1364
916
896
13 251
4 762
4011
4478
26 057
10 278
8127
7 652
30
20
5
5
4830 40
591 19
444, 9
3 795 12
1401 3
54 1
39 1
47 1
664
216
188, -
260' 1
1859
681
545
633 -
3126 —
736 —
568 —
1822 —
5 089
1839
1485
1765
104
10
12
17
6
6
483 711
195 469
161644
126 598
107 553
39 242
34 519
33 792
508567
210 420
174 540
123 607
416 209
174 176
136 288
105 745
243 734
102 763
79 986
61035
495 199
182 540
168766
148893
2
40
13
20
7
2
2
85
41
1 26
1 18
19
8
4
7
13
4
7
2
12
5
4
3
Schweine 2 652 551
Schafe 283016
Ziegen 37 473
Hunde 445
Zahl der auf Trichinen (u. Finnen)
untersuchten Schweine . . 3 946 926 + 177 741
gegen
das I. Viertel-
jahr 1907
+ 189 752
— 1382
— 3274
— 150
Die Schlachtungen haben danach bei allen Rindergattungen mit Ausnahme der Ochsen sowie bei den
Schweinen beträchtlich zugenommen. Dagegen haben die Schlachtungen bei Schafen und Ziegen, sowie bei
Pferden und Hunden abgenommen.
Buchersehan.
Neue EInoänge.
— Suckow, E., Die Bedeutung der kommunalen
Kinder- und Kurmliciinnttalten und die Bedeutung
der Tierärzte für die Leitung dieser Woiitfahrte-
einrlchtungen. Berg. Gladbach 1908.
— Xylander, Der RatinbazHius alt Ratten-
vertilgungsmittel. S.-A. aus den „Arbeiten aus
dem Kaiserlichen Gesundheitsamt^, Bd. XXVIII,
Heft 1, 1908.
— Ammelounx, A., Über Entwicklung und
Entwicklungsetörungen der Nieren. I.D. Bern 1908.
— 302 —
— Richt0r, F., Die Hundestaupe, Ihre Vor-
beugung und Behandlung durch ImpfUng. I-D.
ZOrich, Dossau 1908.
— Geedecke, A., Ober die Wirkung einiger
Salze bei subkutaner und Intravenöser Anwendung.
J.-D. Bern 1908.
— Siibersiepe, E., Die Fesseibeinfrakturen des
Pferdes. I.D. Leipzig 1008.
— reichert, Jahresbericht der Milchwlrtschaft-
ilchen Untersuohungsanstalt Im Aigin zu Memmingen
aber Ihre Tfttigkeit Im Jahre 1907. Memmingen 1908.
— Sandeborg, Göteborgs olTentliga Slakthus
Arsberättelse 1907. Göteborg 1908.
— Chemnitz, 24. Bericht über den Schlacht-
und Viehhof der Fieischerinnung auf das Jahr 1907.
— Hamburg, Jahresbericht der Schlachthof-
deputation fOr das Jahr 1907.
Kleine Mlttellunseii.
— Zum Hetzen der Schlachttlere vor der
Schlachtung. Mit Bezug auf die Notiz „Hetzen
der Schlachttiere in Afrika" im letzten Heft
laufenden Jahrganges der „Zeitschrift für Fleisch-
und Milchhygiene'' möchte ich darauf hinweisen,
daß ein ähnlicher Brauch früher auch hierzulande
üblich war. Kam aufs Land unerwarteter Besuch
und war kein frisches Fleisch im Hause, so wurde
ein Hahn „gehetzt^, d. h. eine halbe Stunde auf
dem Hofe umhergejagt, was unter großem Hallo
und unter Mitwirkung der Hunde geschah. Die
besseren Verkehrsverhältnisse, namentlich die
Verwendung des Telephons, dürften dieser wider-
lichen Tierquälerei ein Ende gemacht haben.
Dr. Fritz Müll er- Popelken i. Ostpr.,
prakt. Tierarzt.
— Verluste beim Kühlen von Fleisch. Schlacht-
hofdirektor Metz in Freiburg i. B. teilt in
seinem letzten Schlachthofbericht (1907) mit,
daß bei 22 gekühlten einfinnigen Rindern ein
Gesamtgewichtsverlust von 338 kg, das sind
durchschnittlich 15,36 kg auf das Rind, fest-
gestellt wurden. Im übrigen sind in Freiburg i. B.
von 26 einfinnigen Rindern die Mehrzahl, nämlich
22 Stück, nach dreiwöchiger Kühlung in den
Verkehr gegeben worden.
— Die Geheimnisse der Fleischsäfte Furo und
Robur. Dr. Horiuchi hat im hygienischen In-
stitut der Universität München festgestellt, daß
die Fleischsäfte Furo und Robur kein Fleisch-
eiweiß, sondern Eiereiweiß enthalten. Sie geben,
wie Prof. Grub er, der Leiter des hygienischen
Instituts der Universität München, in Nr. 18 der
Deutsch. Mediz. Wochenschr. schreibt, mit den
entsprechenden präzipitierenden Antiseris nur
solche Spuren von Präzipitat, wie sie auch von
Fleischextraktlösungen gegeben werden. Dr.
Horiuchi überzeugte sich auch noc|). davon,
daß die beiden Präparate unmöglich so ge-
wonnen sein konnten, wie in den Reklamen und
Gebrauchsanweisungen angegeben ist, dadurch,
daß er feststellte, daß sie keine Spur von Blut-
farbstoff oder von dessen Spektroskop isch wirk-
samen Derivaten enthalten und daß sie erst bei
Temperaturen zwischen 60 und 65^ zu gerinnen
beginnen, während im Fleisch bekanntlich £i-
weißlLÖrper enthalten sind, welche bei 42^ zu
koagulieren beginnen. Die letzte Beobachtung
brachte Dr. Horiuchi auf die richtige Fährte.
Die Gerinnungstemperatur von „Pnro" und
„Robur'' lag der Gerinnungstemperatur von
Hühnereiereiweiß auffallend nahe. Wirklich
konnte nun erwiesen werden, daß das ganze
native Eiweiß der beiden „Fleischsäfte*' Eier-
eiweiß ist. Der Beweis wurde auf doppeltem
Wege geführt: Antihühnereiereiweißserum fällt
die Lösungen von Paro und Roburj und Anti-
puro- bzw. Antiroburserum fällt Hühnereier-
eiweißlösungen genau so wie Antihühnereier-
eiweißserum selbst. Da Pnro und Robur wie
Fleischextrakte riechen und schmecken, zog
Horiuchi den Schluß, daß sie durch Mischung
von käuflichem Hühnereiweiß mit Fleischextrakt
hergestellt sein dürften. Später stellte sich her-
aus, daß bezüglich des Puro schon andere Unter-
suchcr auf chemischem Wege zu demselben
Schluß gekommen waren. Auf der Naturforscher-
versammlung in München im Jahre 1899 hielt
Dr. H.Bremer einen Vortrag über „Diätetische
Nahrungsmittel der Neuzeit", in welchem er,
gestützt auf Untersuchungen, die er gemeinsam
mit Dr. L. Ger et, damals Assistent am Münchener
hygienischen Institut, ausgeführt hatte, unter
anderem sagte (Seite 175), daß der Fleischsaft
„Kamo" „ebenso wie Puro aus Blut (oder neuer-
dings aus käuflichem Albumin) unter Zusatz von
Fleischextrakt gewonnen wird". Noch klarer
wurde Puro von Dr. R. Hutchinson erkannt, der
in seinem Artikel „An Addreß on Patent Foods"
im Lancet v. 5. Juli 1902 mitteilte, daß er „im Puro
eine reichliche Menge Eiereiweiß gefunden" habe.
Auf briefliche Anfrage teilte mir Herr Dr. Geret
mit, daß er wiederholt bis in die neueste
Zeit Puro analysiert habe. Durch Vergleich
seiner Zusammensetzung mit der vom echten
Fleischsaft habe er sich überzeugt, daß Puro
unmöglich durch hohen Druck gewonnener, ohne
Veränderung eingedickter Fleischsaft sein könne,
sondern durch Mischung eines Fleischextraktes
mit käuflichem Eiweiß hergestellt sein müsse.
Aus Beobachtung der Koagulationstemperatur
des Puro und absichtlich hergestellter Mischungen
von Serumeiweiß beziehungsweise Hühnereier-
eiweiß und Fleischextrakt habe auch er ge-
schlossen, daß bei der Herstellung des Puro
- 303 —
Eiereiweifi verwendet werde. Dr. Ger et teilte
mir weiter mit, daß Paro nach Beinen Analysen
8 bis 4 Proz. Glyzerin und seit 1904 stets 0,24
bis 0,32 Proz. Salpeter und etwas Borsäure ent-
halte. Der Fund von Salpeter und Borsäure
mache es wahrscheinlich, daB zur Herstellung
des Puro ein minderwertiges, aus Pökelbrühe
gewonnenes Fleischextrakt verwendet werde.
— Warnung vor der Verwendung der Milch von
euterkranken Kilben. Die amtliche Milchunter-
suchungsstelle der Stadt München hat an sämt-
liche Sammelstellen, deren Milch nach München
bestimmt ist, eine Zuschrift folgenden Inhalts
gerichtet:
In letzter Zeit ist es häufig vorgekommen,
daß Sammelmilch beanstandet werden mußte,
weil ihr Milch von euterkranken Tieren bei-
gemengt war. Solche Milch ist gesundheits-
schädlich. Da diese Gesundheitsschädlichkeit
der Milch ohne weitere Untersuchung nicht immer
angesehen werden kann, war es notwendig, oft
große Milchsendungen so lange vom Weiter\ erkehr
aufzuhalten, bis jeder einzelne Kübel geprüft
war, eine Arbeit, die bei größeren Sendungen
bis zu zwölf Stunden und mehr den Weiter-
transport der einwandfrei befundenen Milch ver-
zögern kann. Große Stockungen im Milchhandel
sind die Folge. Die Sammellieferanten erhalten
daher den Auftrag, jeden Milchlieferanten und
-Produzenten ihrer Sammelstelle vor der Lieferung
oder Beimengung der Milch von eutcrerkrankten
Tieren zu warnen.
Als „euterkrank" sind dabei Tiere zu ver-
stehen, die Entzündungserscheinungen irgend-
welcher Art an einem oder allen vier Vierteln
zeigen, also auch sogenannte drei-, zwei- oder
einstrichige Rinder, selbst wenn auffällige Ent-
zündungserscheinungen nicht mehr wahrgenommen
werden können. Es ist bewiesen, daß die Milch
solcher Tiere auch von scheinbar gesunden
Vierteln gesundheitsschädlich sein kann, wenn
die Milch hoch keine auffälligen Veränderungen
zeigt oder schon wieder nach den ersten Ent-
zündungserscheinungen scheinbar normal ist. Die
amtliche Milchuntersuchungsstelle ist daher ver-
anlaßt, auf die Unzulässigkeit der Beimengung
der Milch von drei-, zwei- und einstrichigen,
sowie sonst euterkranken Tieren hinzuweisen.
Das Verbot stützt sich auf § 2 der oberpolizei-
lichen Vorschrift vom 15. Juli 1887, „den Verkehr
mit Milch" betreffend.
Die Sammellieferanten haben am ersten
Gelegenheit, auf den Kreis ihrer Produzenten
einzuwirken. Die Produzenten mögen bei dieser
Gelegenheit darüber aufgeklärt werden, daß die
meisten Euterentzündungen, besonders die Drei-,
Zwei- und Einstrichigkeit von einem Euterviertel
auf die anderen und von einem Tier auf das
andere übertragbar sind. Die Übertragung findet
meist durch das Melken statt. Die kranken Tiere
sollen daher zuletzt gemolken werden. Das
Melken der kranken Tiere ins Stroh vermehrt die
Ansteckungsgefahr, da dadurch die Krankheits-
keime in der Streu verbreitet werden. Gründ-
liche Reinigung der Hände der Melker und der
Euter der Milchktthe mmdert die Ansteckungs-
gefahr. Tüchtiges Ausmelken aller, auch der
kranken Viertel, wirkt heilfordemd. Anfangs
wird das Verbot, die Milch solcher Tiere vom
Verkehr auszuschalten, dem Produzenten als
geringe Schädigung erscheinen. Die Maßregel
bedeutet aber dadurch, daß eine ansteckende
Krankheit allmählich in ihrer Weiterverbreitung
gehindert und im Stalle zum Verschwinden
gebracht werden kann, einen direkten Nutzen
auch für den Landwirt und Milch viehhalter.
Bestehen über die Natur des Euterleidens
oder über die Genußtauglichkeit der Milch von
einem der Euterentzündnng verdächtigen Tier
Zweifel, so ist die amtliche Milchuntersuchungs-
stelle erbötig, eingeschickte Proben von Milch,
die für München bestimmt ist, kostenlos zu unter-
suchen.
Tagesgeschichte.
— Der Königiloho Sioboioohe Landettlerarzt
Medizlntlrat Prof. Dr. Edelmann ist zum Ober-
medixinalrat ernannt worden.
— Krelttlerarzt Prof. Dr. Peter in Angermünde
ist zum Staatstierarxt in Hamburg gewählt
worden.
— Dem Pollzeitlerarzt Karl Borchmann in Berlin ist
die Stelle eines Abteüungsvorstehera für Nakrunga-
mitteücunde an der Tierärxtlichen Hochschule %u
Berlin, zunächst nebenamtlich, tibertragen worden.
— Goldenes Jubiläum. In seltener geistiger
und körperlicher Frische feierte am 10. Mai der
Schlachthausdirektor a. D. Alb. Kleinschmidt-
Erfurt im Kreise seiner Familie und unter Teil-
nahme einer Schar von Kollegen und Freunden
im Alter von fast 75 Jahren sein 50 jähriges
Jubiläum als Tierarzt. Schon in aller Frühe
grüßten den Jubilar die Klänge eines von der
Kapelle des 19. Art. -Regts. dargebrachten
Ständchens. Gegen Mittag erschien alsdann
eine große Zahl von Gratulanten, u. a. im Namen
des Vereins Thüringer Tierärzte, dessen Gründungs-
und Ehrenmitglied Kleinschmidt ist, Veteri-
när-Kat Wall mann und Schlachthausdirektor
Dr. Massig. Die Hauptfeier fand nachmittags
in den festlich geschmückten Sälen der Ressource-
Gesellschaft statt, wo der Verein Thüringer
Tierärzte eine stattliche Festtafel mit ungefähr
— 304 —
100 Gedecken veranstaltet hatte. Hier wurden
dem Jubilar noch verschiedene Huldigungen
dargebracht. Der Vorsitzende des Vereins,
Veterinär-Rat Wall mann, hielt die Begrüßungs-
ansprache und überreichte im Namen des Ver-
eins dem Jubilar in Anerkennung seiner Ver-
dienste um das Veterinär- und insbesondere das
Schlachthauswesen, sowie um den Verein Thür.
Tierärzte, einen künstlerisch ausgestatteten und
mit Widmung versehenen Weinkühler. Schlacht-
hansdirektor Colberg-Magdeburg feierte den
Jubilar als den Senior der Schlachthaustierärzte {
und überreichte im Namen des Vereins Preußischer
Schlachthoftierärzte eine Glückwunschadresse.
Während der Feier traf eine große Zahl von
Glückwünschen aus nah und fern und in allen
Formen ein. — Telegraphisch wurde der Jubilar
u. a. begrüßt von dem Offizierkorps des Pommer-
schen Train Bataillons zu Altdamm, dem Klein-
schmidt einstmals als Stabsroßarzt angehörte,
ferner von dem Direktor im Reichsgesundheits-
amt, Geheimrat Prof. Dr. Ostertag, von dem
Geh. Med.- Rat Prof Dr. Edelmann, Mitglied der
Kommission für das Veterinärwesen in Dresden,
vom Verein niederländischer Schlachthofdirek-
toren, von dem Tierschutzverein in Nymwegen
(Holland) u. a. m. — Besonders erfreut wurde
der Jubilar aber durch die in warme Worte der
Anerkennung gekleideten Glückwunschschreiben
des früheren Oberbürgermeisters von Erfurt,
Geh. Regierungsrats Dr. Schneider, des Herrn
Bezirkskommandeurs Oberst z. D. Lüdke, des
Rektors der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin
und des Vereins zur Förderung des humanen
Schlachtens zu Leipzig. — Der Jubilar dankte
tiefergriffen für all die Beweise aufrichtiger
Anerkennung. Möge es ihm vergönnt sein, sich
dieser Anerkennung und Wertschätzung in der
augenblicklichen, geradezu beneidenswerten Ge-
sundheit und Frische noch recht lange zu er-
freuen! Wall mann- Erfurt.
Veterinärrat.
Diesem Bericht über die Ehrung des um das
Schlachthofwesen und die Schlachtkunde sehr ver-
dienten Schlachthofdirektors Kleinschmidt
durch seine Kollegen ist noch hinzuzufügen, daß
ihm auch eine Allerhöchste Anerkennung durch
Verleihung des Roten Adler-Ordens IV. Klasse zu
teil wurde, der dem Jubilar durch den
Regierungspräsidenten zu Erfurt am 22. Mai
eigenhändig tiberreicht worden ist.
— Der Begründer der Milchkuranttalten, öko-
nomierat F. Grub in Berlin feierte am 19. Mai
in voller Frische seinen 75. Geburtstag. Auf
Grund von Erfahrungen, die Grub an seinen
eigenen Kindern mit der Milch von Kühen ge-
macht hatte, die feuchte Biertreber erhielten,
kam er zu dem System der Trockenfütternng,
das er als erster in der im Jahre 1875 von
ihm in Stuttgart begründeten Milchkuranstalt
durchführte. Im Jahre 1888 errichtete Ökonomie-
rat Grub die Milchkuranstalt am Viktoriapark
in Berlin, deren Besitzer er heute noch ist.
— Galtier f. Der Professor an der Tier-
ärztlichen Hochschule zu Lyon, Galtier, der
durch seine langjährigen experimentellen Unter-
suchungen über die Schädlichkeit des Fleisches
tuberkulöser Tiere wertvolle Beiträge zur wissen-
schaftlichen Fleischbeschau geliefert hat, ist
gestorben. Das Lyoner „Journal de mM. vöt*^
widmet dem Verstorbenen, der seiner Liebe zur
Wissenschaft sein und der Seinen materielles
Wohl zum Opfer gebracht hat, einen sehr ehrenden
Nachruf. In diesem wird außer dem glühenden
Hang G a 1 1 i e r s zur wissenschaftlichen Arbeit seine
große Bescheidenheit hervorgehoben. Sie hat ihn,
schreibt die Lyoner Zeitschrift, verhindert, in
der Welt die Rolle des großen Gelehrten zu
spielen, der er war: „Seine Entdeckung der
Schutzimpfung gegen die Wut, lange vor
Pasteur, hätte ihn zu gewaltiger Höhe
erheben können.^ Aber seine Unruhe, seine
Zaghaftigkeit und Zweifelsucht haben ihn ab-
gehalten, auf diese Höhe zu steigen. Soweit
das „Journal de mM. vöf Die frühen Zweifel
Galtiers an dem Werte der Schutzimpfung
gegen die Tollwut gewinnen in jetziger Zeit
vielleicht erneut an Boden. Im übrigen war es
in Deutschland nicht bekannt, daß Galt! er der
Vorläufer Paste urs in der Frage der Schutz-
impfung der Wut gewesen ist
— EinfUhruiio der Fleischbeschau als Uster-
richtsgegeostand an den russischen tierärztlichen
Hochschulen. Nach einer privaten Mitteilung des
Professors Dedülin in Charkow sind im Anfang
dieses Jahres an den tierärztlichen Hochschulen
Rußlands Vorlesungen über Fleischbeschau dem
Unterrichtsplan eingefügt worden. Professor
Dedülin ist mit dem Lehrauftrag für Fleisch-
beschau an der Tierärztlichen Hochschule zu
Charkow betraut worden.
— öffentliche Schlachthöfe. Die Errichtung
öfFentlichor Schlachthöfe ist geplant in Nakel
und Nikolaiken, beschlossen in Kroppitz
(Bez. Oppeln) und Kletzko. Ein neuer
öffentlicher Schlachthof soll in Münster-
berg i. Schi, erbaut werden. Im Bau begriffen
sind die öffentlichen Schlachthöfe in Calbe
a. d. S. und Griesheim a. M.
Erweiterungsbauten sind beschlossen in
Gießen (Erweiterung der ganzen Anlage, Er-
richtung von Kühlräumen und einer Eisfabrik),
Elbing (Erweiterung der Kühlanlage), Woll-
stein (Erweiterung des Schlachthauses), Allen-
305 —
stein (Kühlanlage), Arys (Umbau des Kühl-
hauses), Cöln (Vergrößerung des Vorkühlraumes,
Ausbau der zweiten Etage des Schlachthofes),
K Ottbus (Vergrößerung des Kühlhauses, Bau
einer Vorkühlhalle und eines Pökelraumes, Bau
besonderer Kühlräume für Pferdefleisch, Wild,
Geflügel, Eier, Anlage einer Fleischtransportbahn
von der Rinderhalle zu den Vor kühlräumen, Bau
eines Eiskellers, Vergrößerung der Eisfabrik),
Leipzig (Erneuerung der Kühlzellen und der
Kühlanlage), Waidenburg i. Schi. (Errichtung
einer Kühlhalle), Aalen (Errichtung eines Kühl-
hauses).
— Regeluiig det Notierunitwetent auf den Vieh-
markten. Der „Allg. Fleischer-Zeitung" zufolge
hat der Königl. Preußische Handelsminister den
beteiligten Behörden zur Begutachtung den Ent-
wurf einer Novelle zur Reichsgewerbe-
ordnung übersandt, durch die der Handel nach
Lebendgewicht und der Notiernngszwang auf den
Viehroärkten eingeführt werden soll. (Vgl. die
Notiz über die Notierung der Schlachtviehpreise
nach Lebendgewicht S. 238 des laufenden Jahr-
gangs dieser Zeitschrift.) Hiemach soll der § 70
der Gewerbeordnung folgende Fassung erhalten:
„Die Landeszentralbehörden sind befugt,
für Viehmärkte zum Zwecke der Feststellung
von Preis und Gewicht der Tiere Vorschriften
zu erlassen und Einrichtungen anzuordnen.
Die hierdurch entstehenden Kosten fallen dem
Unternehmer des Marktes zur Last; der g 68
findet Anwendung. Schriftstücke, deren Aus-
stellung auf Grund des Absatz 1 angeordnet
ist, sind stempelfrei."
Ferner soll hinter dem § 70 folgender § 70a
eingeschaltet werden:
„Die Landeszentralbehörden sind befugt,
für Orte, an denen eine Regelung auf Grund
des § 70 getroffen ist, und für deren Umgebung
den Handel mit Vieh außerhalb des Markt-
platzes während des ganzen Markttages oder
für bestimmte Stunden zu verbieten."
— Laboratorium am ttftdtischen Schiachtviehhof
zu ÜOnchen. Auf dem städtischen Schlachtvieh-
hof zu München ist auf Veranlassung des Schlacht-
hofdirektors Opel ein hygienisches Laboratorium
eingerichtet und der Leitung des städtischen
Tierarztes Dr. L. Roth unterstellt worden.
— Die Berliner stadtitche Abdeciierei In ROdnitz
wird am 1. Juni d. J. dem Betrieb übergeben.
— Zufuhr von Quarantänevieh. In J)üssel*
dorf wurde durch Beschluß der Stadtverwaltung
vom L Maiid. J. die Einfuhr dänischen Rind-
viehs auf 150 Stück wöchentlich bis auf weiteres
beschränkt.
— Auodehnung der Schlachtvieh- und Fleloch-
beochau bei Hauoochiaohtungen. Für den Kreis
Teltow ist die Ausdehnung der Schlachtvieh-
und Fleischbeschau auf Rinderschlachtungen
durch Polizeiverordnung angeordnet worden.
— Auodehnnng der Trichinenschau auf Haus-
schlachtungen. Für den Reg.-Bez. Düsseldorf
ist durch Polizeiverordnung vom 6. Dezember
1907 die Trichinenschau auch auf Haus-
schlachtungen ausgedehnt worden.
— Rinderfinnenfunde in Bayern. Auf dem
Schlachthof zu Augsburg sind im Jahre 1906
nach dem Schlachthofbericht für dieses Jahr
28 Rinder (0,22 Proz. der geschlachteten) und
11 Kälber (0,05 Proz.) mit C^ysticercus inermis be-
haftet gefunden worden. Aus Österreich-
Ungarn stammten von den finnigen Rindern
4 Stück (0,21 Proz. der eingeführten).
— Botulismus? Nach Genuß von Schinken-
fleisch erkrankten, nach der^Allg.Fleisch.-Zeitg.^,
in Oppeln ein Schlossermeister und drei
erwachsene Kinder. Der Schlossermeister starb
bereits 24 Stunden, eine Tochter drei Tage nach
Genuß des Fleisches.
— Erweiterung der bayerischen Schiachtvieh-
versicherung. Die bayerische Abgeordneten-
kammer hat die Erweiterung des Artikels 1 des
Gesetzes, betreffend die Landesviehversicherungs-
anstalt, angenommen, wonach in Zukunft bei
Schlachtvieh auch der Minderwert ersetzt wird,
der infolge der Minderwertigkeits- oder Bedingt-
tauglichkeitserklärung des Fleisches erwächst
— Aus einem BeleidigungsprozoB. Vor der
Strafkammer zu Braunschweig wurde eine
Beleidigungsklage des städtischen Tierarztes F.
gegen den Fleischermeister M. verhandelt.
Letzterer hatte die Äußerung fallen lassen, daß
die Tierärzte der Fleischer wegen da
seien. In dieser — in Schlachthöfen oft ge-
hörten — Äußerung erblickte der Gerichtshof
eine grobe Ungebühr und erkannte dieser-
halb auf eine Geldstrafe von ö M.
— Eine Saoglingsmilchanstalt wird in Waiden-
burg i. Schi, in Verbindung mit dem Schlacht-
hof errichtet werden.
— IX. internationaler Tierärztlicher Kongreß im
Haag, 14.— 19. September 1909.
II. Tagung des Ständigen Ausschusses vom
14. bis 16. April 1908 in Baden-Baden.
Erschienen waren:
von Frankreich: Herr Professor Arloing-Lyon,
Direktor der Tierärztlichen Hochschule zu
Lyon;
von Österreich: Herr Ministerialrat Binder im
Ackerbauministerium, Wien;
von Belgien: Herr Professor Degive, Direktor
der Tierärztlichen Hochschule in Brüssel;
von Rußland: Herr Staatsrat Professor Dr.
Happich an der Universität zuJurjew (Dorpat);
— 306
von der Schweiz: Herr Sanitätsrat Professor
Dr. Heß an der Universität in Bern;
von Ungarn: Herr Hof rat Professor Dr. Hutyra,
Rektor der Tierärztlichen Hochschale in Buda-
pest;
von Holland: Herr Professor Dr. de Jong von
der Universität Leiden (Holland);
von Schweden: Herr Medizinalrat Kjernlf in
Stockholm ;
von Deutschland: Herr Geheimer Oberregierungs-
rat Dr. Lydtin, Baden-Baden;
von Norwegen: Herr Direktor Dr. Malm,
Kristiania;
von Italien: Herr Professor Dr. Perroncito an
der Universität Turin;
von Ungarn: Herr Professor Dr. von Ratz,
Budapest;
von Holland: Herr Professor Schimmel von
der Tierarzneischule zu Utrecht;
von Bulgarien: Herr Ministerialrat Tuleff, Sofia.
Außerdem wohnte der österreichische Veteri-
närkonsulent Hanka von München den Ver-
handlungen als Gast bei.
Entschuldigt hatten sich die Delegierten von
Dänemark, England und der Kapkolonie.
Als Mitglieder des Organisationskomitees
des Haager Kongresses waren die Ausschuß-
mitglieder, die Herren Dr. de Jong und
Schimmel, letzterer an Stelle des leider zu
frtth verstorbenen Thomas sen, erschienen. Zur
Verhandlung tlber die zootomische Nomenklatur
war auch Professor v. Sußdorf- Stuttgart eine
Zeitlang anwesend.
Nach Begrüßung der Mitglieder des Aus-
schusses durch den deutschen Vertreter, zugleich
Vorsitzenden, wurde, im Anschluß an den von
dem Vorsitzenden und dem Generalsekretär er-
statteten Geschäftsbericht, eine Kommission, be-
stehend aus den Herren Geheimrat Professor
Dr. Ostertag, Direktor der Tierärztlichen Ab-
teilung im Kaiserlichen Gesundheitsamte Berlin,
Ministerialrat Binder -Wien und Leclainche-
Toulouse, erwählt, um ein einheitliches Formular
für die internationalen Seuchennachweise dem
nächsten Kongresse zur Beschlußfassung vor-
zulegen. Nach dem Geschäftsbericht sind sämtliche
Regierungen der zivilisierten Staaten von den
Satzungen und von der Konstituiening des Stän-
digen Ausschusses in Kenntnis gesetzt worden.
Außerdem erhielten sie den Bericht über den achten
Kongreß und die daselbst gefaßten Resolutionen,
einschließlich derjenigen über die Doktorats-
promotion. Die in der ersten Tagung des Aus-
schusses genehmigten Satzungen sind in den
drei Kongreßsprachen gedruckt, versendet und
verteilt worden. Weiter ist aus dem Geschäfts-
bericht her\'orzuheben, daß eine Umfrage über
die auf die Tagesordnung des Haager Kongresses
zu stellenden Verhandlongsgegenstände statt-
gefunden hat. Zum ehrenden Andenken an den
durch Tod ausgeschiedenen Prof. Dr.Thomassen
erhob sich die Versammlung von den Sitzen.
Hutyra berichtete dann über den von ihm
und seinem Kollegen v. Ratz ausgearbeiteten
Entwurf der Satzungen der Internationalen Tier-
ärztlichen Kongresse. In der Hauptsache wurde
der Entwurf genehmigt, jedoch die vorgesehene
Bildung von Sektionen dahin geändert, daß,
unter Aufrechterhaltung der Beschüsse des
VIII. Kongresses, die Bildung der einzelnen Sek-
tionen nach Zahl und Benennung dem Organi-
sationskomitee der jeweiligen Kongresse zu über-
lassen sei. Die beschlossenen Satzungen werden
in den drei Kongreßsprachen im Laufe des näch-
sten Vierteljahres allgemein bekannt gegeben
werden.
Längere Verhandlungen veranlaßten die Vor-
schläge des Haager Organisationskomi tees über
die Gegenstände, welche auf die Tagesordnung
des nächsten Kongresses gesetzt werden sollten.
Das Haager Komitee hatte 50 Themata vor-
gesehen, gegen 11 in Baden und 2ß in Budapest
Wie leicht verständlich, waren hier Streichungen
vorzunehmen. Der Ausschuß einigte sich schließ-
lich mit dem Haager Organisationskomitee dahin,
daß etwa 10 Fragen von allgemeiner Bedeutang
auf der Tagesordnung der Plenar Versammlungen
erscheinen sollten. Im übrigen wurde dem
Organisationskomitee freie Hand gelassen, die
vom Ständigen Ausschuß genehmigten oder auch
andere Fragen in die Plenar- oder Sektions-
sitzungen zu verweisen, vorausgesetzt, daß die
Zahl der Fragen in Einklang mit der Zeit zu
deren Verhandlungen gebracht werde. Die Be-
schlußfassung über zootomische Nomenklatur
wurde wegen finanzieller Schwierigkeiten vertagt.
Der Kongreß soll in der Woche vom 14.
bis 19. September 1909 im Haag tagen. Man
erwartet eine große Beteiligung. Über die Höhe
des Mitgliederbeitrages konnte das Organisations-
komitee Bestimmtes noch nicht mitteilen. Der
Ausschuß empfahl, über den Betrag von 20 M.
nicht hinauszugehen.
Am Schluß der Tagung dankte der Vor-
sitzende den Herrn Berichterstattern für deren
Mühewaltung, besonders den Herren Hutyra und
von Ratz, ferner dem Herrn Generalsekretär
Dr. de «Long.
Dem Vorsitzenden dankte Herr Hutyra für
die geschickte und förderliche Leitung der Ver-
handlungen.
Von der Stadt Baden hatten die Herren
Mitglieder Freikarten zum Besuch der Promenade,
des Konversationshauses, der Konzerte usw.
— 307 —
erhalten. Der AuBSchnß verfehlte nicht, dafür
zu danken.
Femer hat sich nach Beginn der Ver-
handlungen ein deutscher Ausschuß für An-
regung zur Beteiligung an dem IX. Inter-
nationalen Tieriirztlichen Kongresse gebildet.
Er setzt sich zusammen aus dem Ausschusse
des Deutschen Veterinärrates, dem Herrn
Geheimrat Professor Dr. Esser- Göttingen,
Herrn Oberregieningsrat Beifiwänger- Stuttgart,
Herrn Professor Dr. Schmal tz, Rektor der Tier-
ärztlichen Hochschule Berlin, Herrn Kreistierarzt
Zünde 1-MQlhausen i. £., Herrn Veterinärrat
Heyne, Departementstierarzt zu Posen, und
Herrn Mölter, Obertierarzt am Schlachthof in
Vflnchen, denen sich Herr Geheimrat Professor
Dr. Ostertag, Direktor der Veterinärabteilung
im Kaiserlichen Gesundheitsamt Berlin, und Herr
Geheimer Oberregierungsrat Dr. Lydtin -Baden-
Baden, letzterer als Vorsitzender, angeschlossen
haben. In den nächsten Tagen wird ein Aufruf
des Ausschusses an die deutschen Tierärzte
ergehen. L.
— Einladung zu der am 20. und 21. Juni 1908
In Berlin ttattflndenden VII. allgemeinen Verelnever-
•annlung des Vereint preuBiecher Schlachthef-
Tierftrzte.
Programm.
A. Sonnabend, den 20. Juni 1908.
1. Nachmittags 5 Uhr:
Besichtigung der städtischen Fleischvemich-
tungs- und Verwertungs-Anstalt in Rüdnitz.
3 Uhr 35 Min.: Abfahrt mit der Vorortbahn
vom Stettiner Bahnhof.
4 Uhr 16 Min.: Ankunft in Bernau, von dort
mit Wagen nach Radnitz.
6 Uhr 15 Min.: Rückfahrt von Rüdnitz.
6 Uhr 58 Min.: Rückfahrt von Bernau.
7 Uhr 39 Min.: Ankunft in Berlin, Stettiner
Bahnhof.
2. Abends 8 Uhr:
Versammlung im Ratskeller zu Berlin zur
Erledigung des Geschäftlichen.
a) Geschäftsbericht des Vorstandes.
b) Kassenbericht.
c) Aufnahme neuer Mitglieder.
d) Mitteilungen aus der Schlachthofpraxis.
B. Sonntag, den 21. Juni 1908.
1. Vormittags 10 Uhr:
Vn. allgemeine Hauptversammlung im Hör-
saal des hygienischen Instituts der König-
lichen Tierärztlichen Hochschule zu Berlin,
Luisenstraße 56.
Tagesordnung:
I. a) „Der maschinelle Betrieb auf Schlacht-
und Viehhöfen unter Berücksichtigung
der Anwendbarkeit der verschiedenen
Kraftquellen." Referent: Herr Ingenieur
Musmacher, Cöln.
b) „Über die verschiedenen Kraftquellen
für die Schlacht- und Viehhofbetriebe."
Referent: Herr Professor L. Klein der
Königl. Technischen Hochschule Han-
nover.
c) „Die Anwendbarkeit der verschiedenen
Kraftquellen für den Betrieb der
maschinellen Anlage der Schlacht- und
Viehhöfe." Referent: Herr Privatdozent
Dr. Ingenieur H e i n e 1 der Königl. Tech-
nischen Hochschule Charlottenburg.
II. „Bericht über die im Reichstage ge-
pflogenen Beratungen des Reichs-Vieh-
seuchengesetzes". Referent: Herr Schlacht-
hofdirektor Goltz, Berlin.
III. Ort und Zeit der nächsten Versammlung.
2. Nachmittags 3 Uhr:
Gemeinschaftliches Mittagessen im Restaurant
„Kaiserkeller", Ratsstube, Friedrichstr. 178.
— Preis des Gedecks 3,50 M.
Beteiligung der Damen der Mitglieder er-
wünscht.
Anmeldungen zur Fahrt nach Rüdnitz und
zum Essen sind bis 15. Juni d. J. an Herrn
Direktor Goltz, Berlin 0. 67, erbeten.
Nichtangemeldete können auf Beteiligung an
der Wagenfahrt nicht rechnen.
Der Vorstand des Vereins preuß. Schlachthof-
tierärzte.
I. A.:
Goltz,
Verwaltungsdirektor des städt. Vieh- und Schlacht-
hofes in Berlin 0. 67,
Vorsitzender.
Kühnau,
Direktor des stlldt. Schlacht- und Viehhofes in
Cöln am Rhein,
Schriftführer.
Personalien.
Ernannt: Kreistierarzt Prieur- Jarotschin zum
Kreistierarzt auf dem Zentralviehhof in Berlin;
Polizeitierarzt Dr. Karl Oestern-Hamburg zum
Obertierarzt am Schlacht- und Viehhof in Essen
(Ruhr); die Tierärzte Carl Bolle und Johann
Mrozik zu Assistenztierärzten am städtischen
Schlachthof in Rostock; Tierarzt Dr. Willies-
Kiel zum Polizei tierarzt in Hamburg; Tierarzt
Otto Engelmann - Frankfurt a. M. zum
IL Schlachthaustierarzt in Osnabrück; Tierarzt
Dr. R. Höfling - Lübeck zum städtischen
Tierarzt in Bad Oldesloe in Holstein; Tier-
arzt Chr. A. Crohn zum Schlachthof tierarzt
in Lübeck; Tierarzt Dieckerhoff - Unna
zum Schlachthof-Verwalter in Neuhaus bei
— 308 —
Schwerte; städtischer Tierarzt Ernst Lingk-
Stettin zum Schlachthof direkter in Treptow a. R.;
Assistent M. Grub er- Gerabronn zum Stadttier-
arzt in Murrhardt; Stadttierarzt F. He in- Giengen
zum Distriktstierarzt in Altdorf bei Nürnberg.
Der Assistent am hygienischen Institut der
Universität Leipzig, Tierarzt Dr. Poppe, ist als
Hilfsarbeiter in das Yeterinärlaboratorium des
Kaiserlichen Gesundheitsamts, Schlachthoftierarzt
Cnrt Preß 1er als Volontärassistent bei der
Abteilung zur Erforschung von Tierkrankheiten
am hygienischen Institut der Universität Rostock
eingetreten.
Der zum Professor für die ambulatorische
Klinik an der Tierärztlichen Hochschule zu
München ernannte Direktor des Bakteriologischen
Instituts der Landwirtschaftskammer ftlr die
Provinz Pommern, Dr. Schmitt, hat auf die ihm
übertragene Professur Verzicht geleistet.
Auszeichnungen: Es wurden verliehen dem
Wirklichen Ober-Regierungsrat Hugo Beiß-
w ä n g e r - Stuttgart, dem Ober - Regierungsrat
Hafner- Karlsruhe und dem Landestierarzt
Regierungsrat Dr. Vogel -München das Komtur-
kreuz des Kaiserlich Österreichischen Franz
Joseph-Ordens, dem Schlachthof direktor Jakob
Mag in -München das Ritterkreuz des Öster-
reichischen Franz Joseph-Ordens, dem Landes-
tierarzt Dr. Edelmann und dem Professor Dr.
Pusch -Dresden der Charakter als Ober-
medizinalrat, den Professoren DDr. Eber-Leipzig,
Biedermann, Lungwitz und Schmidt-
Dresden, Schlachthof direktor Hengst- Leipzig
und den Bezirkstierärzten Bncher-Löbau und
Harten stein -Döbeln das Ritterkreuz I. Klasse
des Albrechtsordens, dem Schlachthof direktor a.D.
Kleinschmidt-Erfurt der Rote Adlerorden
IV. Klasse. Die Schlachthofinspektoren F. Läng-
rich-Rostock, Tiemann-Siegen und F. Heus-
ler-Demmin sind zu Schlachthof direktoren er-
nannt worden.
Promotionen: Prof. Dr. med. vet. Gm einer-
Gießen von der Medizinischen Fakultät der
Universität München zum Dr. med.
Vakanzen.
Schiachthoftlerarztstelle : Barmen (Rhld.) :
1. Assistenztierarzt, zum 1. August. GehaJt 2400 M.
bis 4500 M., freie Wohnung usw. Bewerbungen
an das Oberbürgermeisteramt.
Straßburg (Elsaß): Schlachthof- Assistenz-
tierarzt, 2400 M., freie möblierte Wohnung.
Meldungen an die Direktion des Schlacht- und
Viehhofes.
Ambuiatorloche Fieisolibeschau : Herrnhut
Oberlausitz) : Tierarzt für Fleischbeschau.
Menge de (Kr. Dortmund): Tierarzt für
Fleischbeschau, Gehalt 3000 M., Wohnnngsgeld-
zuschuß 300 M., Wegegelder 300 M. Meldungen
an den Amtmann daselbst.
We i l h e i m a. d. T e c k : Stadttierarzt, Warte-
geld 1000 M., Fleischbeschaugebühren 600 M.
Bewerbungen an den Gemeinderat.
Dringliehe Bitte.
In der Mushdahir des Rhides gibt es
geschwiilstartige Herderkrankungen y von
denen Oeheimrat Ostertags Handbuch der
Fleischbeschau in allen Auflagen und
Kitts Lehrbuch der pathol. Aiiatornie in
der 3. Aufl. 1905, L Bd., S. 278 u, 279,
Abbildungen (Rinderschivänxe) geben, Fälle
dieser Art sind selten; ihre Veränderufigen
scheinen aber immer zahlreich zu sein und
oberflächlich xu sitxen in den Muskeln des
Schivanxes, der Kruppe, Schul ter, Rippen-
ivand und des Halses. Die bisherige
Kenntnis dieser Vorkommnisse ist xu ihrer
Beurteilung ungenügcjid; daher tvird in
U7iserm pathologischen Institut in
Stuttgart an der Sammlung und Mehrung
des Wissens über jene Erscheinungen ge-
arbeitet. Aber es fehlt uns xu manchen
Utitersuchungeyi noch an geeignetem Ma-
terial, tveshalb wir un^ hiermit an alle
Herren Kollegen, insbesondere die Herren
Schlachthaustierärxte, icenden mit der Bitte
um Mitteilungen und untersuchungsfähiges
Material, konserviert oder frisch. Am wert-
vollsten wären frische Teile in möglichst
sterilem Zustande mit jugendlichen Knoteji.
Den Sendungen bitte ich anxufügen
Angaben über Nährxustand, Alter, Ge-
schlecht usw. des Tieres, Sitx, Zahl, Ver-
breitung, Größe U7ui Bescfuiffenkeit der
Knoten sowie über die Beschaffenheit der
regioMren Lymphdrüsen und darüber, ob
auch Verändeni7igen in anderen Organen
und Teilen vorhanden si?id oder ob Tuber-
kulose besteht — 7iach Alter, Grad tmd
Sitx.
Kosten iverden auf Antrag ersetzt,
Lüpke.
Verantwortlicher Redakteur (exkL Inseratenteil): Prof. Dr. OsterUg in Berlin. — Verlag von Richard Schoetx In Berlin.
Zeittehrifl ßr Fteitch- und Müehhygi&ne.
XVIII. Jahrgang, Heft 9.
Clemseh: Über Fälschungen bei dem Verkauf von
KiebtiX' und Moweneiem,
O
W**^ I
«•
Verlagsbuchhandlung von Richard SchoeU, Berlin SW.
Zeitschrift
tax
Fleisch- und Milclihygieiie.
Aehtzelmter Jahrgang. Jnll 1»08. Heft 10.
Original-Abhandlungen .
(Naohdruek Terboten.)
(Aus dem YeteriDärinstitut der Universität Leipzig.)
Unter8uchungen über den Tuberkelbazlllen-
gehalt der in Leipzig zum Vericauf
Icommenden Milch und Moiicereiproduicte.
Von
Prof. Dr. A. Eber.
Alsbald nach Fertigstellang des Neu-
baues im Frühjahr 1903 wurden im
Veterinärinstitut umfassende Unter-
suchungen über die Beziehungen zwischen
Menschen- und Bindertuberkulose be-
gonnen. Bekanntlich haben diese Unter-
suchungen, soweit sie zurzeit abgeschlossen
vorliegen,*) in Übereinstimmung mit den
Untersuchungen zahlreicher anderer
Forscher die von Robert Koch im Jahre
1901 auf dem Londoner Tuberkulose-
Kongreß vertretene Auffassung von der
Verschiedenheit der beim Menschen und
beim Kinde vorkommenden Tuberkulose
und der Ungefährlichkeit der Rinder-
tuberkulose für den Menschen nicht be-
stätigt. Auch die Anhänger Kochs haben,
so sehr sie im übrigen an der Verschieden-
heit der beim Menschen und beim Rinde
vorkommenden Tuberkelbazillen festhalten
zu müssen glauben, das Dogma von der
Ungefährlichkeit der Rindertuberkulose
für den Menschen fallen gelassen. Erkennt
man aber an, daß die vom Rinde stammenden
Tuberkelbazillen dem Menschen gefährlich
werden können, dann gewinnt auch die
Frage, wie oft der Konsument beim An-
kauf von Milch und Molkereiprodukten
Gefahr läuft, ein tuberkelbazillenhaltiges
*} Vergl. die diesbezüglichen VeröflFent-
lichungen in Nr. 7 des 15. Jahrgangs und in
Nr. 7 des 16. Jahrgangs dieser Zeitschrift,
Nahrungsmittel zu erwerben, erneut ein
großes Interesse.
Bekanntlich sind bereits im letzten Jahrzehnt
des vorigen Jahrhunderts eine Reihe von Unter-
suchungen über den Tnberkelbazillengehalt der
Marktmilch zur Ausführung gelangt, die
ergeben haben, daß die gewöhnliche Handels-
milch verhältnismäßig oft tuberkelbazillenhaltig
gefunden wird. Derartige Untersuchungen wurden
angestellt von Friis (1893, 1894) in Kopenhagen,
Obermüller (1895), Petri(1898) und Beck (1900)
in Berlin, Zacharbeckow (1895) in Petersburg,
Mas sone (1897) in Genua, Stepanow (1900) in
Kasan, Bujwid (1900) in Krakau u. a. Der Pro-
zentsatz der tuberkelbazillenhaltig befundenen
Milchproben schwankte in ziemlich weiten Grenzen
(2,2 [Kasan] und 30 [Berlin]) und ist zweifellos nicht
nur durch den Herkunftsort und die Gesamtzahl
der überhaupt untersuchten Proben, sondern auch
durch die jeweilig angewandte Untersuchungs-
methode stark beeinflußt Dasselbe gilt von den
zahlreichen ebenfalls seit Mitte der neunziger
Jahre zur Ausführung gelangten Butterunter-
suchungen — es sei hier nur auf die Veröffent-
lichungen von Roth (1895) über Untersuchung von
Schweizer Butter, Brusaf erro(1896) über Butter-
prttfungen in Turin, Gröning (1897) in Hamburg,
Obermüller (1897, 1899), Rabinowitsch (1897,
1899), Petri (189:5) und Hormann-Morgcnroth
(1899) in Berlin, Coggi (1899) in Mailand, Korn in
Freiburg, Herr-Beninde (1900) in Breslau,
Anjeszky (1902) in Budapest, Merkl (1902) in
Wien, Bonhof (1905) in Marburg hingcv.iesen — ,
bei denen sich die Prozentzahl der tuberkel-
bazillenhaltig gefundenen Proben zwischen
und 100 bewegt. Verhältnismäßig selten sind
Margarine und Käse auf Tuberkelbazillcn
untersucht worden. Aber auch hier war das Er-
gebnis in einzelnen Fällen positiv (Morgenroth
bez. Hormann-Morgenroth [1899]).
Wenn auch die Unteröuchungen, auf
deren interessante Einzelheiten ich mir
leider versagen muß, an dieser Stelle
näher einzugehen, «larttber keinen Zweifel
310 —
lassen, daß alle zum Verkauf gelangenden
Molkereierzeugnisse gelegentlich einmal
Tuberkelbazillen enthalten können, so
bieten sie doch für die Beurteilung
des Tuberkelbazillengehalts der ge-
samten Milch und Molkereiprodukte
einer Stadt und für die Schätzung der
dem Konsumenten hieraus erwachsenden
Gefahren keine ausreichende Unterlage.
Es erschien mir daher wünschenswert,
einmal den Versuch zu unternehmen, fiir
eine Großstadt wie Leipzig im Verlauf
eines längeren Zeitraumes die gesamten
diesbezüglichen Verhältnisse einer Prüfung
zu unterwerfen. Wir begannen daher
bereits im Frühjahr 1905 mit der syste-
matischen Untersuchung der in Leipzig
zum Verkauf gelangenden Marktmilch
und dehnten die Untersuchung in den
folgenden Jahren auf die in Leipzig feil-
gebotene Butter und Margarine, ferner
auf Sahne und Quark aus.
Diese Untersuchungen sind jetzt ab-
geschlossen, und wenn sie auch, infolge
einer Reihe von Einschränkungen, die
der ursprüngliche Versuchsplan erfahren
mußte, und sonstigen Mängeln weit davon
entfernt sind, ein erschöpfendes Bild der
einschlägigen Verhältnisse zu geben, so
mögen sie doch als ein kleiner Beitrag
zur Klarstellung der neuerdings wieder
akut gewordenen Frage der Gefährdung
der menschlichen Gesundheit durch die
vom Rinde stammenden tuberkelbazillen-
haltigen Nahrungsmittel im Nachfolgenden
kurz mitgeteilt werden.
I. Mlloh (Marktmiloh).
Der tägliche Milchverbrauch der Stadt
Leipzig betrug im Frühjahr 1903 nach
einer vom Rat der Stadt Leipzig fttr die
allgemeine Ausstellung für hygienische
Milchversorgung in Hamburg (1903) an-
gestellten statistischen Erhebung 91 881 1,
wovon 3150 1 in der Stadt selbst erzeugt,
50 348 1 durch die Eisenbahn, 38 888 1
auf Landstraßen zugeführt wurden.
Die in der Stadt selbst erzeugte Milch
scheidet an dieser Stelle aus, da sie meist
als Vorzugsmilch verkauft wird, die einer
besonderen Kontrolle untersteht.
An der Lieferung der verbleibenden
88 731 1 sogen. Marktmilch beteiligten
sich insgesamt 663 Händler.
Von diesen hatten einen täglichen
Umsatz:
11 Händler von über 1000 1 == 28 594 1
13 „ „ 500-10001 = 84501
58 „ „ 200- 5001 = 154651
164 „ ^ 100- 1951 == 200901
181 „ „ 50- 951 = 132431
236 „ „ unter 50 1 = 2 889 1
663 88 7311
Diese Zusammenstellung zeigt, in
welch hohem Maße in Leipzig der Klein-
handel (in der Mehrzahl Butter-, Brot-
und Grünwarengeschäfte) an dem Milch-
verkauf beteiligt ist. Eine solche Zer-
splitterung des Milchhandels erregt, da der
Verkauf der Milch fast allgemein noch aus
offenen Gefäßen und nicht in plombierten
Flaschen erfolgt, an sich schon die
schwersten hygienischen Bedenken.
Die große Zahl der in Leipzig vor-
handenen Milchhändler bereitete der
geplanten systematischen Untersuchung der
Leipziger Marktmilch von vornherein er-
hebliche Schwierigkeiten und wäre an-
gesichts dieser Verhältnisse einwandfrei
nur bei wiederholter Entnahme von Milch-
proben an den Einfuhrstätten, d. h. auf
sämtlichen Bahnhöfen und Zufahrtsstraßen,
möglich gewesen. Allein die Hilfsmittel
und Hilfskräfte des Instituts würden zur
Durchführung derartiger gehäufter Unter-
suchungen nicht ausgereicht haben. Wir
mußten daher von vornherein darauf be-
dacht sein, auf einem andern Wege zum
Ziele zu gelangen.
Da nach Mitteilung des Stadtbezirks-
arztes die Zahl der Milchhändler zu Be-
ginn unserer Untersuchungen (Februar
1905) auf etwa 700 angestiegen war, so
beschlossen wir, bei einem Zehntel =
70 Händlern im Laufe eines Jahres ins-
gesamt dreimal Proben zu entnehmen und
diese in der weiter unten angegebenen
- 311 —
Weise auf Tuberkelbazillen zu unter-
suchen. Die zur Untersuchung erforder-
liche Milch (einviertel Liter) wurde in
sauberen, vorher sterilisierten Milch-
flaschen vom Institutsdiener in den be-
treffenden Geschäften gekauft und sofort
etikettiert.
Um bei diesem üntersuchungsmodus
einen möglichst großen Teil der in
Leipzig zum Verkauf gelangenden Markt-
milch in die Untersuchung einzubeziehen,
haben wir zunächst versucht, von den in
der Zusammenstellung vom Jahre 1903
mit einem täglichen Umsatz von aber
500 Liter aufgeführten Händlern (ins-
gesamt 24 mit einem Tagesumsatz von
37 014 Liter) die erforderlichen Proben
zu erhalten. Es gelang dieses in
18 Fällen. Sechs Händler waren nicht
mehr aufzufinden. Unsere Absicht, auch
die übrigen Händler nach der Größe des
täglich zum Verkauf kommenden Milch-
quantums auszuwählen, mußten wir leider
aufgeben, da in den seit Aufstellung der
Statistik verflossenen zwei Jahren in den
Verhältnissen der Händler mancherlei
Wandlungen eingetreten waren. Viele
waren verzogen, einige überhaupt nicht
mehr aufzufinden. Bei einigen war das
Geschäft größer geworden, bei anderen
kleiner. Daher haben wir, um die noch
fehlenden ca. 50 000 Liter ziemlich gleich-
mäßig zu treffen, eine Einteilung nach
Stadtteilen vorgenommen und in den ein-
zelnen Stadtteilen wiederum nach dem
äußeren Augenschein größere und kleinere
Geschäfte ausgewählt. Um endlich auch
diejenigen Milchhändler zu treffen, die
keine ständige Geschäftsstelle in Leipzig
unterhalten, haben wir weiterhin eine
Anzahl uns bekannter oder von dritter
Seite für diesen Zweck namhaft gemachter
Familien, von denen wir wußten, daß sie
ihre Milch von einem auswärtigen Händler
erhielten, veranlaßt, uns von ihrer Haus-
haltsmilch Proben für die Untersuchung
zu überlassen. Hierbei war es natürlich
nicht zu vermeiden, daß zur zweiten
oder dritten Untersuchung gelegentlich
einmal Milch von einem andern Lieferanten,
der inzwischen gewechselt hatte, ver-
wendet wurde. Auch von den festen
Milchgeschäften gingen im Laufe des
Jahres ein paar ein, die dann bezüglich
der weiteren Untersuchung durch ein
gleichartiges Geschäft in derselben Stadt-
gegend ersetzt wurden. Der Preis,
welcher far die Milchproben bezahlt
wurde, betrug fast ausnahmslos 20 Pf.
für das Liter.
Trotz mancher Mängel, die unserm
Aus wähl verfahren zweifellos anhaften,
glauben wir, daß die mit den untersuchten
Proben erlangten Ergebnisse doch ein
einigermaßen zuverlässiges Bild von der
Häufigkeit des Vorkommens von Tuberkel-
bazillen in der Leipziger Marktmilch
geben. Das Verfahren hatte aber für
uns den großen Vorzug, daß es uns ge-
stattete, beliebig, je nach Maßgabe der
verfügbaren Hilfskräfte und Versuchstiere,
die Untersuchungen zu sistleren und
wieder aufzunehmen. Nur hierdurch war
es uns möglich, die zeitraubenden und
außerordentlich viele Versuchstiere be-
anspruchenden Untersuchungen zugleich
mit den übrigen Tuberkulosearbeiten im
Institut durchzuführen.
Für die Untersuchung der einzelnen
Milchproben auf Tuberkelbazillen kam,
da es sich in allen Fällen um Mischmilch
handelte, nur der Tierversuch (Über-
impfung des durch Zentrifugieren ge-
wonnenen Bodensatzes bzw. Kahmes auf
Meerschweinchen) in Betracht.
Zum Ausschleudern der Milch diente eine
dänische Kontrollzentrifuge, die im Jahre 1902
durch Vermittlung des leider so früh verstorbenen
Kollegen Stribolt, Assistenten von Professor
Bang in Kopenhagen, von der Werft Titan in
Kopenhagen geliefert war und seitdem dauernd
im Institut in Gebrauch ist. Mit Hilfe dieser
ans Panzerstahl hergestellten, von einem Elektro-
motor (2 Pferdekräfte) direkt angetriebenen,
ca. 4000 Umdrehungen in der Minute ausführenden
Zentrifuge können gleichzeitig bis zu 6 Glas-
tuben mit je 100 ccm Milch ausgeschleudert
werden. Die Zentrifuge ist außerdem mit einer
— 312 —
nach je 100 Umdrehungen lant anschlagenden
Zähl Vorrichtung versehen und bietet ihrer ganzen
Konstruktion nach die denkbar größte Sicher-
heit gegen Unglücksfälle.
Zur weiteren Untersuchung wurden von jeder
der 7« 1 betragenden Proben zwei Gläser zu
100 ccm Inhalt in die mit etwas Wasser gefüllten,
am Boden mit einer Gummiplatte versehenen
Metallbüchsen gestellt und mindestens eine Viertel-
stunde lang zcntrifugiert. Im Anfang kam es
einigemal vor, daß Gläser während des Zentri-
fugierens zerbrachen, wodurch eich der Inhalt
der Gläser mit dem Wasser der Metallbüchse
mischte. Nachdem aber aus einem größeren
Vorrat durch Probezentrifu gieren die nicht ge-
nügend widerstandsfähigen Gläser ein für allema
ausgemerzt waren, ereigneten sich derartige
Zufälle nicht mehr. Nach einviertelstündigem
Zentrifugieren bildet der Rahm eine 4—6 mm
dicke, ziemlich feste, gelbe Decke über dem
flüssigen Inhalt des Glases, und auch der die
Wölbung des Glasbodens ausfüllende Boden-
satz stellt eine ziemlich kompakte grauweiße
Masse dar, zu der man nach Lockerung der
Rahmschicht und Abgießen des flüssigen In-
halts bequem gelangen kann. Von diesem
Bodensatz wurden nun je zwei große
Platinösen von jedem zu einer Milch-
probe gehörigen Glase, also insgesamt
vier Ösen Bodensatz von jeder Probe,
einem Meerschweinchen subktan am
Rücken (Lendongegend) eingeimpft. Die
Untersuchung des Bodensatzes auf Tuberkel-
bazillen, vermittelst Färbung (Earbolfuchsin) die
wir anfangs zur Eontrolle mit ausführten, fiel
stets negativ aus.
Wir haben bei den im Institut ausgeführten
Milchuntersuchungen, namentlich wenn es sich
um die Untersuchung einzelner verdächtiger
Kühe handelte, zunächst aus äußeren Gründen,
die Verwendung des Bodensatzes bevorzugt.
Von ihm lassen sich am einfachsten Deckglas-
präparate herstellen, und auch die subkutane
Verimpfung des fettarmen Bodensatzes schien
uns bequemer. Trotzdem wurde anfangs auch
wiederholt der bekanntlich ebenfalls tuberkel-
bazillenhaltige Rahm zur weiteren Untersuchung
benutzt, und erst, nachdem in einem besonderen
Falle von zwei mit derselben Milch infizierten
Meerschweinchen das mit Rahm behandelte ge-
sund geblieben war, während sich das mit Boden-
satz geimpfte bei der Tötung mit einer von der
Impfstelle ausgehenden Tuberkulose der inneren
Organe behaftet erwies, wurde die Verarbeitung
des Bodensatzes zur Regel.*)
*) Ausführliche Untersuchungen über das Ver-
halten der Tuberkelbazillen beimZentri-
Von der Überlegenheit der subkutanen In-
fektionsmethode bei jeder Art von Nachprüfung
tuberkuloseverdächtigen Materials hatten wir uns
bereits seit langem im Institut durch zahlreiche
Versuche überzeugen können, so daß bei den
vorliegenden Untersuchungen von Anfang an
nur diese Methode in Anwendung kam. Sie hat
speziell für die Prüfung von Milch- und Molkerei-
produkten den großen Vorteil, daß sie ohne
weitere Hilfsmittel den Unterschied zwischen
echten Tuberkelbazillen und den übrigen säure-
festen Stäbchen klar hervortreten läßt; denn
niemals sahen wir bei unsem Untersuchungen
säurefeste Stäbchen, die nicht echte Tuberkel-
baziilen waren, bei subkutaner Einverleibung des
Ausgangsmaterials über die nächstgelegenen
Lymphdrüsen (Kniefaltenlymphdrüsen), in denen
sie mäßige Schwellung und gelegentlich Abszeß-
bildung hervorrufen, hinaus vordringen oder
gar auf dem Wege der Blutbahn auf die inneren
Organe sich ausbreiten. Nur wenn diese an sich
harmlosen Stäbchen mit Milch oder Butter direkt
in die Bauchhöhle von Meerschweinchen gebracht
werden, erzeugen sie unter Umständen am Netz
bzw. Bauchfell pathologische Veränderungen, die
gelegentlich einmal eine echte Bauchfelltuber-
kulose vortäuschen können. Endlich trägt die
subkutane Einverleibung des Materials nicht
unwesentlich zur Verminderung der im Anschluß
an die intraperitoneale Einimpfung nicht ganz
frischer Milch und Molkereiprodukte häufig zu
beobachtenden Todesfälle (Peritonitis, Septi-
kämie) bei und verdient auch aus diesem Grunde
den Vorzug.
Einige Zeit hindurch haben wir auch die
intramuskuläre Einspritzung des mit
destilliertem Wasser aufgeschwemmten Boden-
satzes (in die Muskulatur des Hinterschenkels
nach Ostertag) versucht. Doch bot diese Art
der Einverleibung für unsere Zwecke keine be-
sonderen Vorteile gegenüber der subkutanen
fugieren sind bekanntlich von Scheuerlen
(Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte
Bd. VII, H. 2 und 3 [1891]) und E. Marpmann
(Milchzeitung 1908, Nr. 41) angestellt, von denen
ersterer auf Grund seiner Versuche annimmt,
daß die Tuberkelbazillen, abweichend von allen
übrigen in der Milch vorkommenden Bakterien,
in der Hauptsache durch das Zentrifugieren aus-
geschleudert werden und zu Boden sinken,
während letzterer auf Grund seiner Unter-
suchungen über das spezifische Gewicht der
Tuberkelbazillen die Ansicht vertritt, daß diese
wegen ihres in ziemlich weiten Grenzen
schwankenden spezifischen Gewichts bald mehr
im Rahm, bald mehr im Bodensatz angetroffen
werden.
— 313
Methode. Die ersten Zeichen erfolgreicher In-
fektion konnten regelmäßig noch 14—16 Tagen
an den geschwollenen Rniefaltenlymphdrflsen
festgestellt werden.
Was nun die Beurteilung der Er-
gebnisse anbelangt, so haben wir in
allen Fällen, in denen die Versuchstiere
vor Ablauf von 15 Tagen starben, sei es
infolge der Impfung (Sepsis mit und ohne
Abszeßbildung), sei es an interkurrenten
Krankheiten (Darmentzündung, Lungen-
entzündung), neue Milchproben entnommen
und neue Impfversuche angestellt. Alle
geimpften Versuchstiere ohne Ausnahme
wurden frühestens sechs und spätestens
acht Wochen nach der Impfung zur Fest-
stellung des Impfergebnisses getötet.
Todesfälle nach Ablauf der ersten
15 Tage sind nur vereinzelt vorgekonmien.
Der Sektionsbefund war in allen diesen
Fällen klar und eindeutig. In allen
Fällen, in denen die Versuchstiere nach
der Tötung tuberkulös befunden wurden,
war der Zusammenhang der tuberkulösen
Erkrankung mit der Impfung offensichtig.
Wir haben auch niemals einen Fall von
spontaner Meerschweinchentuberkulose
unter den Versuchstieren beobachtet,
obwohl die Zahl der aus Anlaß dieser
Versuche geimpften und getöteten ge-
sunden Meerschweinchen fast Tausend
beträgt.
Die dreimalige Kontrolle der nach den
früher dargelegten Gesichtspunkten aus-
gewählten 70 Milchhändler wurde nun
im Laufe des Jahres 1905 in der Weise
durchgeführt, daß die erstmalige Probe-
entnahme (I. Rundgang) in den Monaten
Februar und März, die zweite Probe-
entnahme (II. Bundgang) in den Monaten
April, Mai und Juni und die dritte Probe-
entnahme (in. Bundgang) in den Monaten
November und Dezember, sowie in den
ersten Tagen des Januar (1906) stattfand.
Beim ersten Eundgange (Februar,
März 1905) starben von den 70 geimpften
Meerschweinchen fünf vorzeitig (d. h. vor
Ablauf von 15 Tagen) und zwar:
2 == 8 Tage n. d. Impf. (Sepsis),
1=7^ ^ ^ ^ (Abszeßbildung an
der ImpfsteUe),
1 = 15 „ „ „ „ (Abszeßbildong an
der Impfstelle).
Es waren daher fünf neue Proben-
entnahmen nötig, so daß insgesamt auf
dem ersten Rundgange 75 Proben ver-
arbeitet wurden. Sechs Meerschwein-
chen wurden bei der Tötung mit
einer von der Impfstelle ausgehen-
den generalisierten Tuberkulose
behaftet befunden.
Beim zweiten Rundgange (April,
Mai, Juni 1905) starben von den 70
geimpften Meerschweinchen sieben vor-
zeitig und zwar:
1=1 Tag n. d. Impf. (Sepsis),
1=2 Tage „ v n
ö = ** » I» » » »
1=8 „ n n » (Abszeßbildung),
1 = 12 » » » r, (Todesursache
nicht nachweisbar).
Es waren daher sieben neue Probe-
entnahmen nötig, so daß insgesamt auf
dem zweiten Rundgange 77 Proben ver-
arbeitet wurden. Neun Meerschwein-
chen wurden bei der Tötung mit
einer von der Impfstelle ausgehen-
den generalisierten Tuberkulose
behaftet befunden.
Beim dritten Rundgange(November-
Dezember 1905, Januar 1906) starben von
den 70 geimpften Meerschweinchen dre
vorzeitig und zwar:
1=4 Tage n. d. Impf. (Sepsis),
1=9 n » » y, (Pneumonie),
1 = 11 r» f, „ n (Peritonitis).
Es waren daher drei neue Probe-
entnahmen nötig, so daß insgesamt auf
dem zweiten Rundgange 73 Proben ver-
arbeitet wurden. Sieben Meerschwein-
chen wurden bei der Tötung mit
einer von der Impfstelle ausgehen-
den generalisierten Tuberkulose
behaftet befunden.
Das Ergebnis der im Jahre 1905
durchgeführten Milchkontrolle läßt
sich somit dahin zusammenfassen, daß
— 314 —
von 70 gewöhnliche Marktmilch liefernden
Händlern beim
I. Rundgange 6= 8,6 Proz.,
IL „ 9=12,9 „
m. „ 7 = 10,0 „
tuberkelbazillenhaltige Milch lie-
ferten.
Von Interesse ist weiterhin die Fest-
stellung, daß ein Händler sowohl bei der
ersten als auch bei der zweiten Proben-
entnahme (am 14. Februar und 14. Mai
1905) und ein anderer Händler bei allen
drei Probenentnahmen (am 14. Februar,
10. Mai und 15. November 1905) tuberkel-
bazillenhaltige Milch fahrte.
Die Verkaufsläden dieser beidenHändler
lagen nahe beieinander, so daß mit einiger
Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß
beide Händler wenigstens zur Zeit der
ersten beiden Probeentnahmen, d. h.
während eines Zeitraumes von mindestens
drei Monaten ihre Milch aus der gleichen,
wie es scheint, stark infizierten Quelle
entnommen haben. Alle übrigen Händler
führten immer nur einmal tuberkelbazillen-
haltige Milch. Bei den voraufgegangenen
oder nachfolgenden Probenentnahmen er-
wies sich die Milch als tuberkelbazillen-
frei. Aber auch hier kam es noch im
ganzen dreimal vor, daß an demselben
Tage zwei nahe beieinander liegende Milch-
geschäfte tuberkelbazillenhaltige Milch
verkauften, so daß man mit großer Wahr-
scheinlichkeit aus diesem Umstände auf
einen gemeinsamen Engros -Lieferanten
schließen konnte, wie das ja auch nach
Lage der Verhältnisse sehr wohl ver-
ständlich ist. Es sei daher nochmals
betont, daß die Art der Probenentnahme
wie wir sie für unsere Versuche in An-
wendung gebracht haben, keinen sicheren
Aufschluß über die absolute Tuberkulose-
verseuchung der einzelnen großen Milch-
produktionsstätten, die für Leipzig in
Betracht kommen, gewährt, sondern ledig-
lich einen Anhalt dafür bietet, wie groß
etwa die Gefahr für den Milchkonsumenten
ist, beim Einkauf der gewöhnlichen Markt-
oder Haushaltsmilch ein tuberkelbazillen-
haltiges Produkt zu erhalten. Und diese
Gefahr ist nach unseren Untersuchungen
nicht gering anzuschlagen; denn von 70
dreimal im Laufe eines Jahres kon-
trollierten Milchgeschäften führten
19 = 27,1 Proz. mindestens einmal
eine mehr oder weniger lange Zeit
hindurch tuberkelbazillenhaltige
Milch. Bei den Engros -Händlern
gestaltet sich das Verhältnis so, daß von
den 18 kontrollierten Engros -Händlern,
welche allein fast die Hälfte des gesamten
Konsums befriedigen, 5 = 27,8 Proz. min-
destens einmal tuberkelbazillenhaltige
Milch führten, während von den 52
kleinerenHändlern,welchesichziemlich
gleichmäßig auf die einzelnen Stadtteile
und ehemaligen Vororte verteilen, bei
14 = 26,9 Proz. tuberkelbazillenhaltige
Milch ermittelt wurde. Diese auffallende
Übereinstimmung in den Verhältniszahlen
zwischen Engros- und Detaillieferanten
zeigt, daß wir in der Auswahl der ein-
zelnen Geschäfte und Verteilung über die
ganze Stadt ungefähr das Bichtige ge-
troffen haben.
Endlich läßt sich noch das Ver-
hältnis der tuberkelbazillenhaltigen
Milchproben zu der Gesamtzahl der
überhaupt entnommenen Proben er-
mitteln. Untersucht wurden insgesamt
in den drei Bundgängen 225 Proben.
15 Proben ergaben kein verwertbares
Eesultat, da die Versuchstiere vor Ablauf
von 15 Tagen starben. Unter den
210 Proben mit einwandfreien Er-
gebnissen waren 22 = 10,5 Proz.
tuberkelbazillenhaltig. Andere säure-
feste Stäbchen, die wir bei den mit Butter
geimpften Meerschweinchen einige Male in
den abszedierten Lymphdrüsen nahe der
Impfstelle nachweisen konnten, fehlten bei
den Milchmeerschweinchen völlig.
Was schließlich noch den pathologisch-
anatomischen Befund bei den 15 in den
ersten 15 Tagen nach der Impfling ein-
gegangenen Meerschweinchen betrifit, so
315 —
wurden bei den 9 innerhalb der ersten
4 Tage an Sepsis verendeten Tieren außer
einer oft nur wenig deutlich hervor-
tretenden sulzigen Infiltration an der
Impfstelle und einer leichten Darmrötung
keine pathologischen Veränderungen ge-
funden. Hier handelt es sich offenbar
um die Einwirkung von Giftstoffen, die
sich in der Milch selbst bereits fertig
gebildet vorfinden, oder deren Erreger
ihre giftbildende Wirkung in der Subkutis
noch fortzusetzen vermögen. Welche
Rolle bei diesen Vorgängen die Jahreszeit
spielt, geht aus der Tatsache hervor, daß
sich nur ein Fall von Sepsis bei den im
November und Dezember verarbeiteten
Milchproben, gegenüber drei Fällen im
Februar und März und fünf Fällen im
Mai und Juni ereigneten. Im übrigen
wurden noch dreimal kleinere und größere
Abszesse an der Impfstelle, die offenbar
durch den erheblichen Schmutzgehalt
einiger Milchproben verursacht waren,
einmal Lungenentzündung und zweimal
Darm- bzw. Bauchfellentzündung bei den
verendeten Tieren festgestellt. In den
drei letzteren Fällen, in denen der Tod
meist 9, 11 bzw. 12 Tage nach der
iQipfnng eintrat, dürfte es sich um inter-
kurrente Krankheiten der Versuchstiere
gehandelt haben, die mit der Impfung
selbst nicht im Zusammenhang stehen.
2. Butter.
Gleichzeitig mit der Untersuchung der
Marktmilch wurde eine Untersuchung der
in Leipzig käuflichen Butter auf Tuberkel-
bazillen durchgeführt. Hierbei wurde ein
Unterschied gemacht zwischen der in den
Spezialbutterhandlungen und den meisten
Milchgeschäften käuflichen sogenannten
Molkereibutter, von der die meisten
Geschäfte zwei Sorten, eine teuere
(I. Sorte) und eine billigere (II. Sorte)
führten, und der an bestimmten Tagen
und in bestimmten Ständen der Markt-
halle von den Bauersfrauen selbst feil-
gebotenen Land- oder Bauernbutter.
Dagegen war es nicht möglich, über das
Alter der untersuchten Butter zuverlässige
Angaben zu erhalten. Sämtliche Butter-
proben waren leicht gesalzen. Um eine
möglichst einwandfreie Übersicht über die
einschlägigen Verhältnisse zu gewinnen,
wurden insgesamt 150 Butterproben ge-
prüft, nämlich:
50 Proben Molkereibutter I. Sorte,
50 Proben Molkereibntter II. Sorte,
50 Proben Bauernbutter.
Die Molkereibutterproben (je V4 Pfd.)
wurden teils in den bekannten großen
Buttergeschäften, teils bei Entnahme der
Marktmilchproben in den kleineren Milch-
geschäften noch während des Jahres 1905
eingekauft, so daß die einzelnen Gegenden
der Stadt einschließlich der eingemeindeten
größeren Vororte ziemlich gleichmäßig
berücksichtigt sind. Die Preise zwischen
der I. und II. Sorte differierten um 20
bis 30 Pf. für das Kilogramm. Die Bauem-
butter wurde im Januar, Februar und
März 1905, sowie im Januar und Februar
1906 in der Markthalle gekauft. Der
Preis hielt sich meist in der Mitte
zwischen den beiden Sorten Molkerei-
butter. Der Preis, der ftlr die einzelnen
Butterproben bezahlt wurde, schwankte
zwischen 2,60 und 2,90 M. flir das Kilo-
gramm. Sämtliche Butterproben wurden
am Tage des Einkaufs verarbeitet. Die
Prüfung auf Tuberkelbazillen erfolgte, wie
bei der Marktmilch, ausschließlich durch
den Tierversuch.
Zu diesem Zweck wurden von jeder der zu
untersuchenden Proben ca. 25 g in einer
sterilisierten Petrischale 3—4 Stunden lang in
den Brutschrank (38 « C) gestellt. Die Butter
zergeht innerhalb dieser Zeit vollständig zu einer
öligen Flüssigkeit mit einem weißlichen,
klumpigen, in der Hauptsache aus Kasein und
Wasser bestehenden Bodensatz. Mit einer
frisch ausgekochten, noch warmen In-
jektionsspritze (am besten eignet sich hierzu
eine 5 ccm fassende Metallspritze) wurden so-
dann 4— 5 ccm von der zerlassenen Butter
mit einermöglichst großen Menge Boden-
satz vorsichtig aufgezogen und einem
Meerschweinchen subkutan am Rücken
(Lendengegend) eingespritzt. Um möglichst
viel Bodensatz in die Spritze zu bekommen,
— 316 —
empfiehlt es sich, durch wiederholtes Anfsaagen
lind Ausspritzen der Öligen Flflssigkeit den
Bodensatz vor der endgültigen Entnahme des
Injektionsmaterials wieder mit einem Teil des
noch fiflssigen Biitterfettcs zu mischen. Die
kleine Wunde am Rücken wird mit Kollodium
gut verschlossen. Die Resorption der Butter ist
in wenigen Tagen beendet. 6—8 Wochen nach
der Einspritzung werden die Versuchstiere getötet.
Bei Prüfung der 50 Molkereibutter-
proben L Sorte starb ein Meerschwein-
chen vorzeitig infolge Abzeßbildung an der
Impfstelle (neun Tage nach der Impfung).
Es machte sich daher eine Ersatzimpfung
nötig, so daß insgesamt 51 Proben ver-
arbeitetwurden. Bei neunMeerschwein-
chen wurde durch die Sektion eine
von der Impfstelle ausgehende ge-
neralisierte Tuberkulose festge-
stellt. Bei zwei Meerschweinchen fanden
sich in den beiderseitigen, in erbsengroße
Abszesse umgewandelten Lymphdrüsen
säurefeste Stäbchen, während sich
sämtliche Organe und sonstigen Lymph-
drüsen intakt erwiesen. Diese bei den
Buttermeerschweinchen gelegentlich in den
vergrößerten Kniefaltenlymphdrüsen an-
zutreffenden säurefesten Stäbchen können
durch subkutane Weiterimpfung eines
Stückchens von den erkrankten Lymph-
drüsen auf Meerschweinchen stets sicher
von echten Tuberkelbazillen unterschieden
werden.
Bei Prüfung der 50 Molkereibutter-
proben IL Sorte starb ebenfalls ein
Meerschweinchen vorzeitig an Sepsis
(zwei Tage nach der Impfung), so daß
eine Ersatzimpfung stattfinden mußte, wo-
durch die Zahl der insgesamt verarbeiteten
Proben auf 51 stieg. Bei fünf Meer-
schweinchen wurde durch dieÖektion
eine von der Impfstelle ausgehende
generalisierte Tuberkulose fest-
gestellt. In einem Falle wurden harm-
lose säurefeste Stäbchen in den Knie-
faltenlymphdrtisen angetroffen.
Bei Prüfung der 50 Bauernbutter-
proben starben drei Meerschweinchen
vorzeitig an Sepsis oder Abszeßbildung
(2 und 15 Tage nach der Impfung).
Durch die hierdurch erforderlichen Ersatz-
impfungen stieg die Zahl der in^esamt
verarbeiteten Proben auf 53. Bei vier
Meerschweinchen wurde durch die
Sektion eine von der Impfstelle
ausgehende generalisierte Tuber-
kulose festgestellt. Bei drei Meer-
schweinchen fanden sich in den erbsen-
großen, zentral erweichten Kniefalten-
lymphdrüsen harmlose säurefeste Stäbchen.
Das Gesamtergebnis der 150 vor-
schriftsmäßig zu Ende geführten
Butteruntersuchungen war somit
folgendes:
von 50 Molkereibutterproben I. Sorte ent-
hielten 9=187üTuberkelbazillen,2=4%
andere säurefeste Stäbchen;
von 50 Molkereibutterproben n. Sorte ent-
hielten 5=10%Tuberkelbazillen,l=2^/o
andere säurefeste Stäbchen;
von 50 Bauembutterproben enthielten
4=8% Tuberkelbazillen, 3=6% andere
säurefeste Stäbchen;
von 150 insgesamt geprüften Butterproben
enthielten 18 = 12% Tuberkelbazillen,
5=3,3% andere säurefeste Stäbchen.
Der Durchschnittsprozentsatz der
tuberkelbazillenhaltigen Butterproben be-
trägt hiemach 12, d. h. man läuft beim
Einkauf von Butter Gefahr, in etwa
12 Proz. der Fälle ein tuberkel-
bazillenhaltiges Erzeugnis zu
kaufen.
Interessant ist des weiteren die Fest-
stellung, daß die Molkereibutter I. Sorte
fast doppelt so oft tuberkelbazillenhaltig
geftinden wurde als die Molkereibutter
n. Sorte und daß die Bauernbutter noch
relativ am besten abschnitt. Es mag
dieses vor allem darin seinen Grund
haben, daß in den Molkereien durch einige
wenige tuberkelbazillenhaltige Milch
liefernde Rinderbestände, wie sie wohl
überall vorkommen, die gesamte Milch
aller Lieferanten bei der Verarbeitung
infiziert wird, während die noch selbst
butternden Bauern nur ihre eigene Milch
— 317 —
verarbeiten, die naturgemäß entsprechend
seltener ein taberkelbazillenhaltiges Pro-
dukt liefert. Auffallend dagegen ist der
hohe Gehalt an sonstigen säurefesten
Stäbchen in der Bauembutter, der offen-
bar auf spätere Verunreinigungen zurück-
zuführen ist. Hiermit im Einklang steht
auch die Beobachtung, daß von den mit
den Molkereibutterproben I. und ü. Sorte
geimpften Meerschweinchen nur je
l=2Proz. an Sepsis oder Abszeßbildung
zugrunde gegangen ist, während die Zahl
der aus dem gleichen Anlaß vorzeitig
verendeten Meerschweinchen bei den
Bauembutterproben 3 = 6 Proz. beträgt.
Es scheint hiemach die Bauembutter im
allgemeinen zwar tuberkelbazillenärmer,
aber im übrigen stärker verunreinigt zu
sein, während die Molkereibutter zwar
durchweg mehr Tuberkelbazillen, aber
weniger sonstige Verunreinigungen ent-
hält. Auch dieser Umstand findet durch
die speziell auf die Beseitigung und Ver-
meidung von Verunreinigungen hinzielende
vollkommenere Technik der Molkerei-
betriebe seine Erklärang.
Endlich sei noch erwähnt, daß bei
Wiederholung der Butteruntersuchung bei
mehreren größeren hiesigen Butter-
handlungen, die im März 1905 tuberkel-
bazillenhaltige Butter geführt hatten,
zwei Geschäfte bei der zweiten Probe-
entnahme im Juli 1905 wiederum tuberkel-
bazillenhaltige Butter feilhielten. Beide
Male handelte es sich um Molkereibutter
I.Sorte. Es schützt also keineswegs
der höhere Preis vor der Gefahr, ein
tuberkelbazillenhaltiges Produkt zu
erwerben, ja bei unsern Versuchen
hat sich gerade die teurere I. Buttersorte
als die tuberkelbazillenreichere erwiesen.
3. Birtterersaizmlttei.
Von den Butterersatzmitteln haben
wir zunächst die Margarine auf Tuberkel-
bazillen untersucht. Sowohl die Art der
Gewinnung des Hauptbestandteils der
Margarine, des sogenannten Oleomargarins,
aus Eindertalg bei verhältnismäßig
niedriger Temperatur (40—50^ C), als
auch die spätere Verarbeitung des Oleo-
margarins unter Zusatz von Milch und
Euterextrakt*) zu Margarine, gewährt die
Möglichkeit für das Hineingelangen von
Tuberkelbazillen bei Verwendung tuberkel-
bazillenhaltigerUrsprangsmaterialien. Und
tatsächlich sind ja auch schon gelegentlich
Tuberkelbazillen in der Margarine nach-
gewiesen.**)
Um einen ungefähren Vergleich
zwischen dem Tuberkelbazillengehalt der
in Leipzig käuflichen Butter und Margarine
zu erhalten, haben wir von der Margarine
ebenfalls 150 Proben in allen Stadt-
teilen aufkaufen lassen und verarbeitet.
75 Proben sind ausdrücklich als beste
Margarine in größeren Geschäften ein-
gekauft; die übrigen 75 Proben sind als
gewöhnliche Speisemargarine oder als
Kochmargarine verlangt. Der Preis, der
für die einzelnen Margarineproben ge-
zahlt wurde, schwankte zwischen 1,60 M.
und 1,85 M. für das Kilo. Die Probe-
entnahme fand von November 1905 bis
März 1907 und Im November 1907 statt.
Die weitere Verarbeitung geschah in der
gleichen Weise wie bei der Butter.
Im Bratschrank (38 <^ C) verhielten
sich die einzelnen Margarineproben in-
sofern etwas verschieden, als nur ein
kleiner Teil der Proben bei diesem Ver-
fahren eine klare, gelbe, ölige Flüssigkeit
und zwar ohne nennenswerten Bodensatz
lieferte. Die Mehrzahl der Proben nahm
im Brutschrank die Konsistenz eines
dünnen Breies an, ohne daß die Farbe
sich wesentlich änderte und ohne daß es
zur Bildung eines deutlichen Bodensatzes
kam. Mit Hilfe einer etwas angewärmten
Metallspritze ließen sich auch diese
Proben bequem unter die Haut der Meer-
*) Zu 80 kg 0]eomargarin werden 25 Liter
Milch (oder entsprechend weniger Sahne) und
25 Liter Wasser, welches die ausgelaugten Be-
standteile von 100 g Euter enthält, hinzugefügt.
**) Morgenroth, Hygienische Rundschau
1899, S. 1123.
318 —
schweinchen (je 4 — 5 ccm) einspritzen.
Die Eesorption vollzog sich meist inner-
halb weniger Tage glatt. Nur in fünf
Fällen (vier Eßmargarine, eine Koch-
margarine) war die Eesorption mangel-
haft. Hier fanden sich bei der Tötung
(6-8 Wochen nach der Einspritzung)
noch Beste des Injektionsmateiials vor.
Man hatte bei der Sektion zunächst den
Eindruck von haselnußgroßen Abszessen
an der Impfstelle, doch ergab die Unter-
suchung, daß der Inhalt dieser schein-
baren Abszesse aus einem sterilen
Fettbrei bestand. Vorzeitig starb keins
der 150 Versuchstiere. Die ersten
50 Margarinemeerschweinchen wurden wie
die Buttermeerschweinchen 6—8 Wochen
nach der Impfung getötet und sämtlich
frei von tuberkulösen Veränderungen be-
funden. Da uns dieses Ergebnis in Er-
staunen versetzte, ließen wir die später
geimpften Meerschweinchen bis zu drei
Monaten am Leben. Aber auch unter
diesen wurde niemals eins mit Tuber-
kulose behaftet gefunden.
Das Ergebnis unserer Margarine-
untersuchungen läßt sich somit dahin zu-
sammenfassen, daß unter 150 unter-
suchten Proben keine tuberkel-
bazillenhaltig befunden wurde. Auch
verdient hervorgehoben zu werden, daß
von den 150 geimpften Versuchstieren
keines an Sepsis oder infolge von Abszeß-
bildung zugrunde gegangen ist, und
daß sich bei keinem andere säurefeste
Stäbchen in den Lymphdrüsen nahe der
Impfstelle vorgefunden haben.
Diese Untersuchungen zeigen, daß
jedenfalls ein Teil der größeren Margarine-
fabriken die zur Herstellung der Margarine
erforderlichen Molkereiprodukte durch
Sterilisation von den etwa vorhandenen
Tuberkelbazillen befreit, und auch sonst
bei der BeschaflFung der vom Binde
stammenden Bohmaterialien, sowie bei der
späteren Verarbeitung der Erzeugnisse
mit äußerster Sorgfalt und Sauberkeit
verfährt.
Es bestand die Absicht, auch die aus
dem Pflanzenreich stammenden Butter-
ersatzmittel, vor allem das neuerdings
sehr in Aufnahme gekommene Palmin,
mit in den Bereich der Untersuchungen
zu ziehen, in der Annahme, daß auch
diesen Pflanzenfetten Milch bzw. Sahne
zur Erhöhung der Schmackhaftigkeit zu-
gesetzt werde. Die chemische Unter-
suchung des Palmins ergab aber, daß es
keinerlei Milchzusatz enthält. Es wurde
daher von einer Untersuchung des als
Butterersatz käuflichen Palmins auf
Tuberkelbazillen Abstand genommen.
4. Sahne.
Um ein Urteil über den Tuberkel-
bazillengehalt der in Leipzig käuflichen
Sahne zu gewinnen, wurden insgesamt
50 Proben zu je V* Liter untersucht.
Die Proben entstammten 50 verschiedenen
Geschäften, die sich ziemlich gleichmäßig
auf die Stadt und Vororte verteilen. Der
Preis für gute Sahne (Vollsahne) betrug
1,60 M. und 1,80 M. für 1 Liter. Die
kleineren Milchgeschäfte liefern diese
Sahne nur auf vorherige Bestellung. Für
gewöhnlich führen sie eine dünnere Sahne
(sogenannte Kaffeesahne), von der das
Liter 0,80 M. kostet. Auch von dieser
Sahne haben wir eine Anzahl Proben
untersucht. Die Probeentnahme fand im
November und Dezember 1907 statt. Von
jeder Probe wurden genau wie bei der
Milch 200 ccm, auf zwei Glasröhrchen
verteilt, ca. 20 Minuten lang zentrifugiert.
Nach Entfernung der oberen Schichten
wurden sodann aus der Tiefe (von einem
Bodensatz wie bei der Milch kann man
wenigstens bei der Vollsahne kaum
sprechen) je zwei große Ösen von jedem
Eöhrchen, also vier Ösen von jeder Probe,
einem Meerschweinchen subkutan am
Kücken (Lendengegend) eingeimpft. Nach-
impfungen waren nicht erforderlich, da
vorzeitige Todesfälle nicht vorkamen.
Sämtliche Versuchstiere wurden sechs bis
acht Wochen nach der Impfung getötet.
— 319 —
Von den 50 mit Sahneproben ge-
impften Meerschweinchen erwiesen
sich 3 = 6 Proz. mit einer generali-
sierten, von der Impfstelle aus-
gehenden Tuberkulose behaftet. Bei
einem Meerschweinchen (2 Proz.) wurden
in den zentral erweichten beiderseitigen
EniefaltenlymphdrQsen harmlose säurefeste
Stäbchen nachgewiesen.
Es hat sich hiernach bei der einmaligen
Untersuchung einer verhältnismäßig kleinen
Anzahl von Sahneproben aus den ver-
schiedensten Verkaufsstätten in Leipzig
ergeben, daß in 6 Proz. der Fälle ein
tuberkelbazillenhaltiges Erzeugnis
feilgeboten wurde.
5. Quark.
Daß auch dieses aus bereits zentri-
fugierter Milch hergestellte, in mannig-
facher Zubereitung als Nahrungsmittel
Verwendung findende Molkereierzeugnis
nicht frei von Tuberkelbazillen ist, lehrt
die Untersuchung von 50 in den ver-
schiedensten Geschäften der Stadt ge-
kauften Quarkproben.
Die Probeentnahme fand im November
und Dezember 1907, sowie im Januar und
Februar 1908 statt, und zwar stets am
Freitag, an welchem Tage die Geschäfte
den Quark frisch von den Molkereien
erhalten. Ein halbes Kilogramm Quark
kostete 10 Pfennig.
Zur Untersuchung wurden von jeder
Probe 15 g mit 100 g physiologischer
Kochsalzlösung zu einer milchigen Flüssig-
keit aufgeschwemmt und 20 Minuten lang
zentrifugiert. Hierbei ballt sich der ge-
samte Quark zu einem kompakten Boden-
satz im Röhrchen zusammen, von dessen
tiefster Schicht 4 Ösen einem Meerschwein-
chen subkutan am Rttcken eingeimpft
wurden. Ein Meerschweinchen starb vor
Ablauf von 15 Tagen infolge einer Biß-
verletzung, so daß eine Nachimpfung nötig
war. Die übrigen Tiere, sowie auch das
nachgeimpfte Versuchstier wurden sechs
Wochen nach der Impfung getötet.
Hierbei erwiesen sich zwei Meer-
schweinchen mit einer von der
Impfstelle ausgehenden generali-
sierten Tuberkulose behaftet; die
übrigen waren gesund. Es haben sich
somit von 50 untersuchten Quark-
proben insgesamt 2=4Proz. tuberkel-
bazillenhaltig erwiesen.
Zusammenfassung,
1. Von 70 dreimal im iMufe eines Jahres
kon troHierten Milchgeschäften führten
19 = 27yl Prox. mindestens einmal eine
mehr oder weniger lange Zeit hindurch
tuherkelbaxillenhaltige Milch. In xwei
Milchgeschäften ivurde die Milch l/ei
xwei etwa drei Monate auseinander
liegenden Probeunter suchin ujen und in
einem Milchgeschäft bei jeder der drei
Probe im tersuch ungeti tuberkelbax illen -
haltig befunden. Von 210 vorschrifts-
mäßig untersuchten Milchprobeii er-
unesen sich insgesamt 22 = 10^5 Pro\,
tubcrkelbaxillenhaltig.
2. Von 150 untersuchten Butterprobe?i
tinirden 18 ~ 12 Prox. tuberkelhaxillen-
haltig befunden. Zwei große Butter-
geschäfte, tvelche vier Mormte nach der
ersten Untersuchung xum xweiten Male
kontrolliert wurden, führten beide Male
tuberkelbaxillenhaltige Butter.
3. Von 150 untersuchten Margarine-
proben war keine tuberkelbaxillen-
haltig.
4. Bei der Untersuchung der Sahne von
50 verschiedenen Milchgeschäften er-
wiesen sich drei Proben = 6 Prox.
tuberkelhaxillenhaltig.
5. Von 50 untersuchten Quarkproben
wurden 2 = 4 Prox. tuberkclbaxillen-
haltig befundefi.
Zur Morphologie und Biologie der Trichinen.
Von
Dr. J. Bahm-Nürnberg,
Sanititstierarzt am Schlachthof.
(Mit 3 Abbildungen und 2 Tafeln.)
Während meiner bisherigen Tätigkeit
als Leiter des hiesigen Trichinenschau-
amtes habe ich mich nicht nur von der
— 320 —
Notwendigkeit der mikroskopischen Be-
schau des Schweinefleisches auch in Süd-
deutschland überzeugen können, sondern
es war mir außerdem Gelegenheit ge-
boten, manches Interessante in bezug auf
die Lebensgeschichte der Trichine wahr-
zunehmen. Einige dieser Befunde möchte
ich in nachfolgendem kurz mitteilen.
I. Vergleicht man die Größenmaße,
die die einzelnen Forscher für die fertig
gebildete Trichinenkapsel angeben, so
findet man, daß z. B. im Jahre 1878
Duncker ihre Länge durchschnittlich auf
0,35 mm, die Breite auf 0,25 mm angab,
während im Jahre 1898 Johne als ent-
sprechende Maße 0,4 und 0,26 mm und
Dammann 0,495 und 0,415 mm anführten.
Diese Zahlen beziehen sich anscheinend auf
Kapseln in der Muskulatur des Schweines.
Ich selbst konnte nun bei vielen
trichinösen Schweinen, die ich daraufhin
untersuchte, konstatieren, daß recht oft
eine große Verschiedenheit in Größe und
Form der Trichinenkapseln besteht. Als
Beweis hierfür mögen die beigegebenen Ab-
bildungen (Tafel I) dienen, die 30 Kapseln
veranschaulichen, die sämtlich einem
Kompressorium von 24 Präparaten eines
Schweines entnommen sind. Die Länge
schwankte hier zwischen 0,26 und 0,66 mm,
die Breite zwischen 0,21 und 0,31 mm.
Auch die Form war eine sehr unterschied-
liche; man sah runde, ovale, bim-, zitronen-
förmige und flaschenkürbisähnliche Kapseln.
Die in diesen eingeschlossenen Trichinen
waren sämtlich lebensfähig, und außerdem
konnten in keinem Teil der von diesem
Schweine untersuchten Muskeln abge-
storbene Trichinen oder pathologisch
verkalkte Kapseln aufgeftinden werden.
Die zweite Serie von Kapselbildern
(Tafelll) stammt von einem andern Schwein
desselben Jahres, ein Zeichen, daß der
Befund nicht als besondere Seltenheit
anzusehen ist. Die Kapseln waren hier
0,37—0,68 mm lang und 0,15—0,28 mm
breit. Kuft man sich die Gestalt der
Mischerschen Schläuche ins Gedächtnis,
die ebenfalls innerhalb der Muskelfaser
gelegen sind, so findet man hier eine
ähnliche Mannigfaltigkeit in Form und
Größe. Es scheint mir deshalb die An-
nahme, daß für die Gestaltung in erster
Linie Einflüsse außerhalb der Kapsel —
etwa die verschiedenen Druckverhältnisse
in den einzelnen Partien der Muskel-
bündel — hierbei eine KoUe spielen, nicht
unberechtigt. Für die leichte Form-
veränderlichkeit der den Rundwurm ein-
schließenden Kapsel spricht auch Figur 1,
aus der man ersieht, wie die beiden
Kapseln eng aneinander geschmiegt sind,
Fig. 1.
Zwei eng aneinander gelagerte Trichinenkapseln
( Kapsel form fj, Vergrößerung 38 fach,
gleichsam als müßten sie sich in eine
bestimmte Lage einpassen. Auf die Aus-
dehnung der Kapsel hat es unter um-
ständen selbst keinen Einfluß, ob zwei
oder nur eine Trichine in ihr gelegen
sind, das zeigt Bild 13 der Tafel I, die
nicht größer ist als z. B. Bild 5 oder 30.
Fleischstückchen mit solchen ver-
schieden geformten und verschieden
großen Kapseln (Fig. 2), die ich an
weiße Mäuse verfütterte, erzeugten bei
diesen Trichinen. Die Kapseln waren aber
hier bedeutend kleiner (Kg. 3), durch-
schnittlich 0,23 mm lang, 0,13 mm breit
(geringerer Querdurchmesser der Muskel-
faser), nahezu rund oder höchstens oval, ein
321 —
Befund, der übrigens bei dieser Tierart
fast regelmäßig gemacht werden kann.
Die Länge der ans den Kapseln befreiten
Fig. 2.
Eingekapselte Trichinen vom Schwein,
Vergrößerung 88faeh,
Trichinen zeigte aber keinen Unterschied,
gleichviel ob sie der Muskulatur des
Schweines oder der Mäuse entnommen
waren.
Fig. 3.
Eingekapselte Trichinen von der Maus (hervor-
gerufen durch Verfütterung des Fleisches von dem
Schwein^ dessen Trichinenkapseln in Fig. 2 ab-
gebildet sind). Vergrößerung 35 fach.
Hinsichtlich der verschiedenen Kapsel-
größe konnte Opalka in der Mus-
kulatur von trichinösen Leichen meinen
Wahrnehmungen ähnliches finden. Er
schreibt in seinem „Beitrag zum Vor-
kommen der Trichinen beim Menschen",
1904, Berlin, S. 28: „Die Größe der
Kapseln schwankt in bezug auf die
Länge zwischen 0,216 — 0,576 mm, was
die Breite betrifit, zwischen 0,0864 bis
0,3164 mm."
Die Verschiedenartigkeit der Kapseln
bei Schweinen hat eine Bedeutung fiir
die praktische Ausführung der Trichinen-
schau insofern, als man beim Auffinden
von Verkalkungsherden sich nicht ver-
leiten lassen darf, ohne weiteres ihre
Herkunft von Trichinen zu verneinen,
wenn die Kalkeinlagerungen nicht mit
der bisher angegebenen Form und Größe
übereinstimmen. In solchen Fällen ist
stets nach § 6 Abs. 2 der Anweisung für
die Untersuchung auf Trichinen (Ausf.-
Best. D) zu verfahren und während der
Einwirkung der zugesetzten Essigsäure
im Mikroskop die Stelle zu * beobachten;
denn sonst könnte leicht der ebenfalls
verkalkte Wurmkörper aufgelöst sein, ehe
er wahrgenommen wurde. Ich habe des-
halb für das hiesige Beschaupersonal
u. a. auch die Anordnung getroffen, daß
jede Kalkeinlagerung behufs Nachkontrolle
durch mich oder die aufsichtführenden,
für die vorläufige Beurteilung solcher
Funde besonders unterrichteten Trichinen-
schauer, die auch das Beschaubuch
führen, gemeldet werden müssen. Auf
diese Weise ist es hier bereits einige
Male gelungen, in weiteren als den
vorgeschriebenen Präparaten lebende
Trichinen aufzufinden. Bei der Seltenheit
von Trichinenfnnden ist diese Meldepflicht
aller Einlagerungen nebenbei ein sehr
gutes Mittel, die Aufmerksamkeit der Be-
schauer rege zu erhalten und ihre Unter-
suchungen nachprüfen zu können. Dem
gleichen Zweck dient auch die Be-
stimmung, daß neben Finnen (die eigent-
liche Finnenschau nehmen hierorts die
Laienfleischbeschauer vor) tuberkulöse
Veränderungen in den den Proben des
322
Zwerchfellfortsatzes häufig anhängenden
Lymphdrusen, abnormer Geruch des Probe-
fieisches usw. anzugeben und von dem
Buchführer durch Vermittlung der Proben-
entnehmer dem betreffenden Fleisch-
beschauer mitzuteilen sind.
II. Was die Lieblingssitze der
Trichine betrifft, wo werden als solche
primo loco bekanntlich das Zwerchfell mit
seinem Fortsatz angegeben. Das trifft
nach meinen Erfahrungen auch voll-
kommen zu far das Schwein; nur bei sehr
starker Invasion kann es vorkommen,
daß die Zahl der Parasiten in einem
anderen Körperteil, z. B. der Zunge, eine
größere ist. So konnte ich bei einem
hochgradig trichinösen Schwein in 24
Präparaten vom Zwerchfell 150—240, von
der Zunge hingegen 680—750 Trichinen
zählen. Dieser Befund hat aber keinerlei
praktische Bedeutung, da bei einer so
starken Durchsetzung die Parasiten nie-
mals übersehen werden und andererseits
bei schwacher und mittelstarker Trichi-
nose des Schweines, wie vielfach er-
wiesen ist, stets das Zwerchfell die zu-
verlässigste Fundstelle bleibt.
Anders veihält es sich bei gefangen
gehaltenen, künstlich infizierten Mäusen.
Hier vermochte ich bisher bei nicht hoch-
gradiger Trichineneinwanderung fast aus-
nahmslos die Kaumuskeln als diejenigen
Stellen zu erkennen, die am häufigsten
Trichinen enthalten. Um mich darüber noch
zu vergewissern, futterte ich eine isoliert
gehaltene weiße Maus mit 10 eingekapselten
Trichinen und ließ das Tier 8 Wochen
hernach töten. Während vom Zwerchfell
das Präparat (gleich Va Normalgröße) nur
0—5, Präparate anderer Muskeln höchstens
10 Trichinen beherbergten, fanden sich
in einem Präparat des Kaumuskels- 11 bis
28 Stück. Es ist dies einerseits ein Be-
weis für die Richtigkeit des eben Ge-
sagten, andererseits ein Zeichen, wie
verhältnismäßig stark nach Aufnahme von
im günstigsten Falle 9 weiblichen Tri-
chinen die Muskulatur (eines allerdings
kleinen) Tieres durchsetzt wird. In der
bereits erwähnten Abhandlung über Tri-
chinen beim Menschen sagt Opalka:
„Als Lieblingssitze der Trichine kann ich
bei schwacher Invasion die Kehlkopf-
muskulatur bezeichnen, in welcher ich den
Parasiten 22 mal feststellte, während er
im Zwerchfell 9 mal, in der Brust-
muskulatur 6 mal zu finden war, bei starker
Invasion, war eine Abstufung kaum vor-
handen.'^ Es ist also beim Menschen
wiederum ein anderer Körperteil als
Lieblingssitz erkannt.
Nach diesen Ergebnissen scheint die
Annahme richtig, wonach insbesondere
diejenigen Muskelgruppen bei der Ein-
lagerung von Trichinen bevorzugt werden,
die je nach der Lebensweise der Tierart
hauptsächlich und häufig in Funktion
treten. Allerdings müssen zur voll-
ständigen Klärung dieser Frage noch
genaue Untersuchungen und Fütterungs-
versuche bei Hunden, Katzen, im Stall
oder nur im Freien gehaltenen Schweinen
und bei Wildschweinen vorgenommen
werden.
Aus der Verschiedenheit des Trichinen-
sitzts läßt sich vielleicht auch erklären,
warum beim Menschen, bei dem die ent-
zündlichen Schwellungen und schweren
Funktionsstörungen hauptsächlich im Be-
reich des für die Atmung und Nahrungs-
aufnahme wichtigen Kehl- und Schlund-
kopfes auftreten, die Krankheit so starke
Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens,
ja sogar den Tod zur Folge hat, während
beim Schwein die Zwerchfellmuskulatur,
bei der kleinen Maus die Kaumuskeln
förmlich durchspickt mit Trichinen sein
können, ohne daß man eine wesentliche
Gesundheitsschädigung oder deren Folgen
nachzuweisen imstande ist. Ob außerdem
beim Menschen nicht noch andere Ur-
sachen, wie vielleicht das Auftreten von
giftig wirkenden Abscheidungsstoffen
hierbei beteiligt sind, entzieht sich zu-
nächst noch unserer Kenntnis. Auffallend
und vorläufig unaufgeklärt sind die Mit-
- 323 -
teilungeD, daß beim Menschen schon in
den ersten Tagen nach der Aufnahme
trichinenhaltigen Fleisches Schmerzen in
der Muskulatur auftreten sollen. Ober-
medizinalrat Dr. Q ottlieb v. Merkel in
Nümbei^ gab im Jahre 1866 in der
Naturhistorischen Gesellschaft dahier einen
genauen Bericht nach eigenen Wahr-
nehmungen in Hedersleben, wohin er
anläßlich der dort heiTSchenden Trichinen-
epidemie im amtlichen Auftrage des
hiesigen Stadtmagistrats gereist war.
Die betreffenden Worte lauteten: „Die
ersten Symptome sind Schmerzen in den
Beugemuskeln der Extremitäten, die durch
Druck und Bewegung sich steigern. Der
Ausdruck der Leute „ich bin lähmig",
ist für diesen Zustand sehr bezeichnend.
Dann treten Verdauungsbeschwerden ein,
die sich in vielen Fällen zum heftigen
Brechdurchfall steigern."
Prof. Dr. Adolf Strümpell schreibt in
seinem Lehrbuch der speziellen Pathologie
und Therapie der inneren Krankheiten im
Kapitel Trichinosis:
„Oft klagen die Kranken schon im
Anfang der Krankheit über Muskel-
schmerzen und Muskelsteifigkeit, welche
Symptome noch nicht auf Trichinen-
einwanderung beruhen können."
Wie Geh. Medizinalrat Dr. A. Johne
in Nr. 11, Jahrgang 1905, der Rundschau
auf dem Gebiete der Fleischbeschau,
bayer. Ausgabe, mitteilt, sollen bei den
Trichinenerkrankungen in Augustusburg
drei Personen am ersten und zweiten
Tage nach dem Genuß des trichinösen
Fleisches Muskelschmerzen gezeigt haben.
In Nr. 14 derselben Zeitschrift bemerkt
Johne auf Grund von Zeugenaussagen,
daß diese Krankheitserscheinungen sehr
unwahrscheinlich in diesem Falle die
Folge eines erst zwei Tage vorher ge-
gessenen trichinösen Schweinefleisches
waren.
III. Als letzten Punkt möchte ich
auf die Verkalkung der Kapsel kurz zu
sprechen kommen. Wie bekannt, unter-
scheidet man eine normale und eine
pathologische Verkalkung der Trichinen-
kapsel. Diese besteht aus einer Wand
oder Hülle und einer im Innern befind-
lichen wasserklaren Flüssigkeit, in der
der zusammengerollte Wui-m schwimmt.
Bei der normalen Verkalkung (Alters-
erscheinung der Kapsel) findet die Ab-
lagerung der Kalksalze, beginnend an den
Polen, nur in der Kapselwand statt, der
Inhalt bleibt vollständig intakt, und daher
ist es möglich, daß die Trichine dort
jahrelang lebensfähig bleibt. Professor
Bab^s in Budapest hat festgestellt, daß
21 Jahre nach der Invasion die Trichinen
noch lebens- und fortpflanzungsfahig waren.
Opalka fand in 28 Fällen bei mensch-
lichen Leichen nur einmal die Trichinen
lebensfähig; die betreifenden Kapseln
waren nur an den Polen verkalkt, in
vollständig verkalkten Kapseln war der
Wurm abgestorben.
Im vorigen Jahre wurde hier ein drei
Jahre altes, aus einem bayerischen Stalle
stammendes Mutterschwein trichinös be-
funden. Die Kapseln waren meist voll-
ständig durchsichtig, mit polarständigen
Fettzellen, nur bei etwa Vr>der besichtigten
waren die Pole verkalkt. Die persönlich
mit dem Eigentümer des Schweines ge-
pflogenen sowie die amtlichen Nachfor-
schungen ließen mich erfahren, daß das
Tier seit 2 Jahren in seinem Besitze war,
niemals aber mit Fleischabfällen gefüttert
worden sei; auch gebe es in seinem Anwesen
und dessen Umgebung keine Ratten. Ge-
kauft habe er das Schwein in einem Alter
von einem Jahr von einem Wasenmeister,
der einige Stunden entfernt wohnte und
bei dessen Schweinen früher einmal
Trichinen festgestellt worden sein sollen.
Diese Anamnese bringt den Gedanken
nahe, daß die Ansteckung bereits vor dem
Kaufe erfolgt ist. Bei einer Anzahl von
weißen Mäusen, die ich innerhalb
2V2 Jahren wiederholt mit frischem trichi-
nösen Fleisch fütterte, konnte ich bei
dem Tode nach einem Jahr vier Monaten
— 324 —
keinerlei Kapselverkalkung feststellen,
nach zwei Jahren bestand Verkalkung an
den Polen bei den meisten Kapseln, nach
zwei Jahr fünf Monaten fanden sich
mehrere fast ganz verkalkte Kapseln.
Letztere waren hauptsächlich in den Kau-
und Rückenmuskeln gelegen. Nach diesen
Untersuchungsergebnissen dürfte der
Anfang von Kalksalzablagerung in der
Kapselwand auf etwa eineinhalb Jahre
nach der Ansteckung zu legen sein,
während zur vollständigen Verkalkung
wahrscheinlich mehr als zwei Jahre not-
wendig sein dürften.
Anders liegen die Verhältnisse bei
der pathologischen Kapselverkalkung.
Hier treten zuerst Veränderungen in der
Kapselflüssigkeit, ähnlich wie bei der
regressiven Metamorphose der Finnen
ein, und nachfolgend lagern sich dort die
Kalksalze ab. Wahrscheinlich geht diesen
Vorgängen das Absterben des Parasiten
voraus, der in seiner Gestalt erhalten
bleibt und ebenfalls verkalkt oder zerfällt.
Die Kapselhülle kann sekundär von der
gleichen Veränderung mit ergriffen werden
oder sie zerreißt. In letzterem Falle
können dann die aufgefundenen Ver-
kalkungsherde auch eine von der ur-
sprünglichen Kapselform abweichende Ge-
stalt bekommen. Sofern die KapselhüUe
unverändert in ihrer Form und Durch-
sichtigkeit geblieben ist, gelingt es durch
Anwendung eines mäßigen Druckes sie
zu sprengen und den zum Teil verkalkten
Inhalt herauszuquetschen. Auch bei den
mit dem Mikrotom hergestellten Quer-
schnitten durch solche Kapseln kann man
das vollkommene Intaktsein der Kapsel-
wand konstatieren.
Sonderbarerweise habe ich bei den
vielen, von mir künstlich infizierten
Mäusen und Ratten selbst bei hoch-
gradigster Durchsetzung niemals eine
pathologisch verkalkte Kapsel oder eine
abgestorbene Trichine auffinden können.
Welche Einflüsse das frühzeitige Zu-
grundegehen dieser Parasiten verursachen.
ist vorerst noch unerforscht. Es dürfte
vielleicht der Grund mehr schon in einer
kurzen Lebenskraft des Wurmes selbst,
bedingt durch gewisse Zustände der be-
treffenden mütterlichen Darmtrichine zu
suchen sein, da häutig bei Schweinen
neben abgestorbenen Trichinen noch voll-
ständig lebensfähige vorkommen. Wollte
man die abtötende Ursache in Stoffen des
zirkulierenden Blutes, der Lymphe oder
in der Gewebsflüssigkeit suchen, so sollte
man eigentlich stets nur tote oder nur
lebendige Trichinen finden. Überein-
stimmend mit letzterer Erwägung ist auch
die Tatsache, daß es bisher nicht gelungen
ist, durch irgendein subkutan, intravenös
oder per os in den Körper eingeführtes
Mittel die Muskeltrichinen im lebenden
Individuum zum Absterben zu bringen.
Tafelerklärnng.
Tafel L Verschiedene Formen von Trichinen-
kapseln, die in 24 Präparaten eines Schweines
enthalten waren. Sämtliche Kapseln zeigten
weder normale noch pathologische Verkalkung.
Die Wiedergabe im Bild geschah nur deshalb
in ganz schwarz, um die großen Unterschiede
der Gestalt und Größe für das Auge besser
hervortreten zu lassen. Die durch zwei helle
Punkte gekennzeichnete Kapsel (Fig. IB) enthielt
zwei Trichinen, alle übrigen nur einen einzigen
Wurm.
Die Herstellung der Figuren erfolgte mittelst
des Zeichenprismas von Leitz; gemessen wurde
mit dem Objekt-Mikrometer.
Tafel IK Kapselformen in der Muskulatur
eines zweiten trichinösen Schweines. (Im übrigen
siehe Erklärung zu Tafel I.)
Beitrag zur Klinik und pathologischen
Anatomie der RUcIcenmarkstuberkulose
beim Schwein.
Von
Yogt-Weißenfels,
SchUchthofdirektor.
Im lebenden Zustande zeig^te das Schwein
eine vollständige Lähmang der Hinter-
hand ; das Tier stand auf den Vorderbeinen
und schleppte bei Vorwärtsbewegungen
die Hinterbeine nach. Außerdem war ein
Mastdarmvorfall vorhanden.
— 325 -
Bei der üntersuchuDg nach der
Schlachtung fand sich in den Lungen
und der Leber Miliartuberkulose, ferner
Tuberkulose des Brustfells und der
mesenterialen Lymphdrüsen. Am Processus
spinosus des ersten Lendenwirbels zeigte
sich ein großer tuberkulöser Herd, der
sich auf den Wirbelkörper fortsetzte. Das
Rückenmark, das auf diese Weise von
tuberkulösen Granulationen ganz umgeben
war, hatte in einer Länge von 6 cm nur
einen Durchmesser von 172 — 3 mm,
während derselbe an normalen Stellen
8 mm betrug; es war also stark atrophiert.
Außerdem hatte die Tuberkulose vom Wirbel
auch auf die Lendenmuskulatur überge-
griflfen, in der sich ein taubeneigroßer,
hellgrünlicher tuberkulöser Herd befand.
Um den Herd war eine Art von binde-
gewebiger Kapsel. Außerdem war ein
tuberkulöser Herd im vierten Lenden-
wirbel; von diesem waren die tuberkulösen
Wucherungen direkt auf das Rückenmark
übergegangen und hatten in einer Länge von
etwas cm fast das ganze Rückenmark durch-
setzt, so daß sich nur in dem oberen Teil noch
Rückenmarksubstanz vorfand. Auch im
Rückenmark zeigten sich tuberkulöse
Veränderungen in Form perlenartiger
Wucherungen von gelblich-grüner Farbe.
Endlich fand sich in der Harnblase Ham-
gries vor. Dieses Vorkommen ist wohl
darauf zurück zu führen, daß durch eine
Lähmung sowohl des M. sphincter, als
auch des M. detrusor vesicae der Harn
einerseits fortwährend abfließen konnte,
anderseits aber ein Teil, weil der
M. detrusor vesicae die Harnblase nicht
mehr zusammenzog, dauernd darin blieb,
wodurch das Hamsediment zustande
kam. Es waren also hier, teils durch
Atrophie, teils durch direkte Tuberkulose
des Rückenmarks die Leitungsbahnen
und die Zentren im Lenden- und Sakral-
mark gelähmt, besonders, was auch in
Erscheinung trat, das Centrum vesico-
spinale für den Blasenschluß nnd das
Centrum ano- spinale für den Mastdarm-
schluß, ferner die motorischen Nerven für
die Muskulatur der Hinterhand.
Referate.
Pitt, W., Das Yorkonimen der Rotlanf-
bazillen In der Gallenblase von
Sehweinen, die die Infektion Aber-
standen haben.
(Z'DtralbUtt für Bakteriologie usw., Abt. I., Orig., Bd. 46,
190tf, S. 4LOO-405.)
Verf. untersuchte die Gallenblase von
fünf Schweinen, die Residuen eines über-
standenen Anfalles von Backsteinblattern
(verblaßte quadratische Flecke in der
Haut) zeigten, sowie eines Schweines mit
Eotlaufendokarditis auf das Vorhanden-
sein von Eotlaufbazillen. Er fand in zwei
der fünf erstgenannten Fälle und bei dem
Schwein mit Endokarditis virulente Eot-
laufbazillen, Bezüglich der drei Fälle
mit negativem Befund läßt P. die Frage
offen, ob die in der Haut dieser Tiere
gefundenen Veränderungen tatsächlich auf
einen überstandenen Eotlaufanfall zurück-
zuführen waren. Sehüller.
Bekate^ Die Entwertung der Lnngen
durch Brfihwasser.
(Randflchaa auf dem Gebiete der ges. Floisclibeachau 1908,
S. 161.)
Zur Vermeidung des Eindringens des
Brühwassers in die Schweinelungen emp-
fiehlt Verf., die Haken, an denen die
Schweine in die Brühkessel gesenkt werden,
nicht mehr am Einnwinkel, sondern an
den Beugesehnen der Hinterfüße zu be-
festigen. Durch dieses Verfahren werde
auch die Verunreinigung der bei der alten
Methode erforderlichen großen Schnitt-
fläche am Halse vermieden. Resow.
Bflhm, üntersnehungen über das Tor-
kommen nnd die Hänflgkeit der Strepto-
kokkenmastitis bei Kfihen.
(Wochenschr. f. Tierheilk. u. Viehz. 1908, Nr. 7 n. 8.)
Mit Hilfe der Milchleukozytenprobe
nach Tromsdorff gelang es B. bei 5
— 326 —
unter 16 Kühen eines Stalles Strepto-
kökkenmastitis nachzuweisen. Das Er-
gebnis seiner Untersuchungen faßt B. in
folgenden Sätzen zusammen: „Als prak-
tisch wichtig ist dabei hervorzuheben,
daß es gelang, frühzeitig — noch bevor
durch Milchinspektion und Palpation des
Euters Mastitis festgestellt werden konnte
— auf einfache Weise eitrige Mastitis zu
erkennen. Hiermit scheint mir die Brauch-
barkeit der Milchleukozytenprobe nach
Tromsdorff fiir die Praxis erwiesen."
Poppe,
Miller^ The signiflcance of leacocytes
and Streptococci in milk.
(Milk and its reUtion to the public healtb. Troasury Department
of the United States. Hygfenic Laboratory, Bulletin Nr. 41.)
DaLeukozyten undStreptokokken
häufig in der normalen Milch ge-
sunder Kühe gefunden werden, so
soll nur eine Milch mit ungewöhn-
lich hohem Leukozytengehalt als
verdächtig, von erkrankten Kühen
zu stammen, angesehen werden. Weitere
Untersuchungen über die Unterschei-
dung der pathogenen von den nicht
pathogenen Streptokokken der Milch
sind besonders mit Eücksicht dar-
auf anzustellen, daß vom häufigen Befund
bei Streptococcus lacticus keine regel-
mäßigen Beziehungen zwischen der Zahl
der Streptokokken und der der Leuko-
zyten in der Milch erwartet werden können.*)
Poppe,
Amtliches.
— Preußen. Verbot der Verwendung von
Hflutefleieoh als Nahrungsmittel.
Erlaß der Minister für Handel und Gewerbe,
Min. f. Landw. usw., Min. d. geistl. usw. Angelegen-
heiten vom 27. April 1908 — IIb Nr. 3765, lA
nie Nr. 6208 — an sämtliche Herren Regierungs-
präsidenten.
Die auf den Runderlaß vom 9. Mai 1906 —
Min. d« g. Ang. M. Nr. 6151, Min. f. Landw. usw.
I Ge Nr. 4182 — eingegangenen Berichte haben
ergeben, daß an verschiedenen Orten sogenanntes
Häutefleisch als Nahrungsmittel für Menschen
*) Vgl. auch die „Kleinen Mitteilungen",
S. 335/36.
Verwendung gefunden bat, sei es, daß es in den
Haushaltungen der Besitzer von Gerbereien oder
Häutehandlungen oder in den Haushaltungen
ihrer Arbeiter verzehrt, sei es, daß es an Dritte
verkauft worden ist. Dabei ist vereinzelt der
Verdacht ausgesprochen, daß das zum Verkaufe
gebrachte Fleisch zur Wurstfabrikation ver-
wendet worden sei; auch soll bei dem als
Hundefutter oder Hahnerfutter abgegebenen
Fleische Mißbrauch nicht ausgeschlossen sein.
£s erscheint daher geboten, die Ortspolizei-
behörden anzuweisen, dort, wo eine mißbräuch-
liche Verwendung von Häutefleisch zu vermuten
ist, der Angelegenheit besondere Aufmerksamkeit
zuzuwenden.
Euere Hochwohlgeboren ersuchen wir er-
gebenst, in dieser Beziehung das weitere zu ver-
anlassen, indem wir gleichzeitig bemerken, daß
die bes ehenden Vorschriften ausreichen, den
Schutz gegen die bestehenden Mißstände zu
gewährleisten. Denn so weit es sich um Fleisch
handelt, das den Vorschriften des Fleisch-
beschaugesetzes zuwider einer Untersuchung ent-
zogen oder bei einer solchen Untersuchung nicht
fttr genußtauglich erklärt worden ist, stehen dem
Inverkehrbringen des Fleisches die Straf-
bestimmungen des vorerwähnten Gesetzes ent-
gegen. So weit Häutefleisch als verdorben im
Sinne des § 10 des Nahrungsmittelgesetzes zu
gelten hat, was nach den Betriebs Verhältnissen
in den Gerbereien und Häutehandlnngen vielfach
anzunehmen sein wird, sind die Polizeibehörden
in der Lage, auch auf Grund des Nahrimgs-
mittelgesetzes einzuschreiten und eine straf-
rechtliche Verfolgung herbeizuführen. Unter
Umständen könnte, da als Konsumenten des
Häutefleisches zumeist die in den betreffenden
Betrieben beschäftigten Arbeiter in Betracht
kommen, zur Verhinderung der Abgabe gesund-
heitsschädlicher Bestandteile an die Arbeiter
auch der Erlaß von Schutzbestimmungen ans
§ 120 a, d und e der Reichsgewerbeordnung in
Frage kommen.
— Hessen. Erlaß des Ministeriums des Innern,
betr. Maßnahmen zur Verhütung der Tuberkulsse
unter den Haustieren.
Vom 21. April 1908. (Amtsbl. Nr. 415.)
Zusätzlich zu unserem Amtsblatt Nr. 2 vom
20. Januar 1. J. bestimmen wir
I. Die Abgabe von Magermilch und Buttermilch
aus Sammelmolkereien istaufausdracklichen
Wunsch der Abnehmer auch ohne vorheriges
Erhitzen gestattet, jedoch nicht in größeren
Mengen, die offenbar zur Verfütterung an Tiere
bestimmt sind.
II. Das Erhitzen der zur VerfQtterung an
Tiere bestimmten Magermilch, Buttermilch und
— 327 —
Molken darf durch Einleiten von überhitztem
Dampf erfolgen.
Dem Kochen gleichzuachten ist das Erhitzen
auf 1000 c.
Braun.
Dr. Seyferth.
An die Großherzoglichen Kreisämter.
— PreuBen. Reg.-Bez. Frankfurt Pollzeiver-
ordnung über die Sohlachtvieh- und Fleischbeschau
bei Hau88Chlachtungen, vom 3. April 1908.*)
— Reg.-Bez. Bromberg. AuafUhrungsvorschrlften
Bber die Unterauehung des in liieinen Grenzverlcehr
eingeführten Schweinefleisches auf Finnen und
Trichinen, vom 18. Dezember 1907.«*)
Yersammlungsberlchte.
— VII. Allgemeine Versammlung des Vereins
PreuBischer SchlachthoftierSrzte.
Die Mitglieder des Vereins Preußischer
Schlachthoftierärzte versammelten sich am
Sonnabend, den 20. Juni, zu einer Fahrt nach
RQdnitz zur Besichtigung der dort vom
Berliner Magistrat errichteten Fleisch-
vernichtungs- und -Verwertnngsanstalt.
Welches Interesse die Besichtigung der erst vor
kurzem fertiggestellten und dem Betrieb über-
gebenen Anstalt erweckte, lehrte die sehr rege
Beteiligung. 80 Mitglieder des Vereins hatten
sich zu der Besichtigung eingefunden, die unter
Führung von Goltz- Berlin stattfand. Die neue
Anstalt liegt etwa eine gute Wegstunde von
Bernau entfernt, mitten im Walde. Sie besteht
aus abseits liegenden Beamtenwohnhäusern, die
einen sehr gefälligen Eindruck machen, und
der in grofiem Stil eingerichteten Abdeckerei.
Dieser werden die in Berlin anfallenden Kadaver
und die Konfiskate der Fleischbeschau bei Nacht
in luftdicht verschlossenen Eisenbahnwagen
aus zwei Sammelstellen in Berlin selbst zu-
geführt. Die eine der beiden Sammelstellen be-
findet sich auf dem städtischen Schlachthof und
dient zur Auf Sammlung der Konfiskate, die
andere ist in der Nähe des Schlachthofes er-
baut und zur Aufnahme der Kadaver gefallener
Tiere aus der Stadt bestimmt. Jn der zweiten
Sammelstelle, auf der regelmäßig ein städtischer
Tierarzt Dienst tut, können auch Sektionen zu
veterinärpolizeilichen und gerichtlichen Zwecken
ausgeführt werden.
Die städtische Abdeckerei in Rüdnitz ist
mit einer Mauer umfriedigt und mit undurch-
*) Wortlaut s, Veröffentlichungen des Kais.
Gesundheitsamts 1908, Nr. 24.
»*) Ebenda Nr. 22.
lässigem Pflaster versehen. Das Abdeckerei-
gebäude ist in zwei Teile getrennt, einen Teil
für die Aufnahme und Zerlegung der Roh-
materialien, einen anderen für die Verarbeitung
und die Aufbewahrung der Endprodukte. Der
erste Teil weist noch eine besondere, von den
übrigen Räumen abgeschlossene Unterabteilung
zur Zerlegung seuchekranker Tiere auf. Die
Kad<aver und Kadaverteile gleiten aus den
Räumen für die Aufnahme und Zerlegung der
Rohmaterialien auf beweglichen Quertüren in
die darunter befindlichen Hartmann sehen
Dampfdestruktoren, in denen die Kadaver in
Fett, Leim und Kadavermehl geschieden werden.
Die Endprodukte werden in einem Kellergeschoß
gelagert. Ein besonderer Teil des Keller-
geschosses dient zur Aufbewahrung der ge-
salzenen Häute, die auf einer Gleitbahn vom
Zerlegungsraum in den Keller geschafft werden.
Sämtliche Räume sind desinfizierbar aus-
geführt.
Die ganze Anlage macht den Eindruck einer
durchdachten, sehr zweckmäßigen Einrichtung.
Ein Übelstand ist lediglich die verhältnismäßig
weite Entfernung von Berlin, die sich im Sommer
durch starke Fäulnis der Kadaver bis zum Ein-
treffen in Rüdnitz äußert. Vielleicht ist auch
die Anlage nicht groß genug, wenn das Material
so reichlich anfällt, wie in der ersten Betriebs-
woche, in der 109 000 kg- Kadaver und Konfis-
kate zu verarbeiten waren. Außerdem wäre es
vielleicht zweckmäßig, die bei der Fleisch-
beschau beschlagnahmten Tierkörper und fett-
reichen Eingeweide (Netze, Gekröse, Liesen) be-
sonders zu verarbeiten, da sie sich leichter
fäulnisfrei und deshalb zu wertvolleren End-
produkten verarbeiten lassen als die K«adaver
der gestorbenen Tiere.
Nach der sehr lohnenden Besichtigung der
städtischen Fleischvernichtungs- und Verwertungs-
anstalt in Rüdnitz versammelten sich die Mit-
glieder des Vereins Preußischer Schlachthof-
tierärzte im Ratskeller zur Erledigung geschäft-
licher Angelegenheiten. Nachdem der Vorsitzende
Goltz die erschienenen Herren begrüßt hatte,
teilte er mit, daß dem Verein zu Beginn des
letzten Vereinsjahres 284 Mitglieder angehörten,
von denen einer in das Ausland verzogen ist,
zwei sich abgemeldet haben und drei, Andrich-
Kattowitz, Wysocki-Lippstadt, v. Gerhardt-
Osterode i. Ostpr., gestorben sind. Zur Auf-
nahme haben sich 11 Herren angemeldet.
Der Schriftführer Kühnau-Köln berichtet
über die Erfolge der von der letzten Vereins-
Versammlung gefaßten Beschlösse. Die Magistrate,
Regierungspräsidenten und Oberpräsidenten,
denen die Denkschrift über die Anstellungs-
— 328
verbältnisse der Schlachthoftierärzte flbersandt
wurde, hätten sich, nach den darauf erfolgten
Antworten zu schließen, den Wünschen des
Vereins gegenüber wohlwollend verhalten und
auf ihre Erfüllung hingewirkt. Es sei aber fest-
zustellen, daß in den meisten Städten die
Wünsche des Vereins bereits erfüllt seien. Die
zweite Denkschrift, die sich auf die Einführung
der Maschinenkunde in den Lehrplan der Tier-
ärztlichen Hochschulen bezog, sei an den zu-
ständigen Minister und die Leiter der Tierärzt-
lichen Hochschulen in Berlin und Hannover
gesandt worden. Von dem Rektor der Tierärzt-
lichen Hochschule in Berlin und dem Direktor
der Tierärztlichen Hochschule in Hannover ist
dem Verein mitgeteilt worden, daß beim Herrn
Minister für Landwirtschaft die Einführung der
Maschinenkunde als Lehrgegenstand an den
Tierärztlichen Hochschulen beantragt worden sei.
Mit Kücksicht auf die beantragte Neuerung ist
die Tagesordnung der Hauptversammlung gewählt
worden, um einen Überblick darüber zu geben,
was für den Schlachthoftierarzt ans der Maschinen-
kunde von Interesse ist.
Goltz verliest hierauf eine Zuschrift des
Schlachthofinspektors Hartmann-Rawitsch, in
der die Mängel seiner Anstellungsverhältnisse
geschildert werden. Dr. Magdeburg-Posen
empfiehlt, die Angelegenheit dem Verein der
Schlachthoftierärzte für die Provinz Posen zur
weiteren Verfolgung zu überweisen. Es wird
demgemäß beschlossen.
Schmidt-Hirschberg bringt den Beschluß
der Gruppe der Schlachthoftierärzte Im Schleslsohcu
Provinzlalverein zur Sprache, der Verein Preußi-
scher Schlachthoftierärzte möge die
Kosten für das Verwaltungsstreitver-
fahren tragen, wenn einem Schlachthof-
tierarzt, dem für die Ausübung der
Fleischbeschau polizeiliche Funktionen
übertragen seien, von seiner Gemeinde
gekündigt werde, und der. Schlachthoftierarzt
mit dieser Kündigung nicht einverstanden sei.
Auf Grund der hieran sich anschließenden Debatte,
an der sich Goltz, Kühn au, Niens-Oberhausen,
Hentschel -Oels, W i n d i s c h -Görlitz beteiligten,
formuliert Windisch schließlich den von
Schmidt vorgetragenen Schlesischen An-
trag dahin:
,,Der Verein beschließt^ auf seine Kosten^
zunächst in einem Fallet ^tim Ausirag xu bringen^
ob die Übertragung polizeilicher Funktionen an
einen Schlaehthoftierarxt die unkündbare An-
stellung im Gefolge hat.'*^
Dieser Antrag ist einstimmig angenommen
worden,
Goltz erwähnt im seinem Bericht den
Übertritt des Ehrenmitgliedes Ostertag in
den Reichsdienst und berichtet weiter Über den
Antrag der Berliner Tlerarztllcben Gesellsehaft auf
EinfOhning der anlnalicchen Nahrunginlttelkunde
alc Lehrgegenetand an den Tierärztlichen Hoch-
schulen, der sich auf den in dieser Zeitschrift
(18. Jahrg., S. 145) abgedruckten Vorbrag
Borchmanns stützt. Goltz glaubt, daß die
Versammlung den Ausführungen Borchmanns
ohne weiteres zustimmen könne; denn der
Verein habe bereits bei früherer Gelegenheit
über die außerordentliche Fleischbeschau ver-
handelt und nur bedauert, daß sie nicht im
Fleischbeschaugesetz Berücksichtigung gefunden
habe. Es sei Aufgabe der tierärztlichen Labo-
ratorien auf den Schlachthöfen, diese Materie
immer mehr auszubauen. — Niens-Oberhausen
widerspricht der Meinung, daß die außerordent-
liche Fleischbeschau an den Hochschulen ver-
nachlässigt worden sei. Sie sei an der
Hochschule, an der er studiert habe, gelehrt
und demonstriert worden. Zu betonen sei aber,
daß die ordentliche Fleischbeschau die Haupt-
sache, das Wesentliche sei. Wind i seh -Görlitz
wünscht Vertiefung unserer Kenntnisse in der
oft schwierig zu beurteilenden Materie der
außerordentlichen Fleischbeschau, desgleichen
Wahrendorff-Greifswald und Dr. Garth-
Darmstadt. Hafonrichter- Landsberg a. W. er-
wähnt, daß in seinem Wirkungskreis die Frage
noch nicht entschieden sei, wer die außer-
ordentliche Fleischbeschau auszuführen habe, oh
die Schlachthoftierärzte oder der Kreistierarzt
Windisch teilt mit, daß in Görlitz die
außerordentliche Fleischbeschau dem Kreis-
tierarzt und dem derzeitigen Schlachthofticrarzt
übertragen sei. Goltz weist darauf hin, daß die
Zuständigkeit davon abhänge, ob in einer Ge-
meinde städtische oder königliche Gesundheits-
polizei bestehe. Ostertag ist auch der Ansicht,
daß dort, wo eine städtische Sanitätspolizei
nicht eingeführt sei, die außerordentliche Fleisch-
beschau nach dem Polizeiverwaltungs- und dem
Nahrungsmittelgesetz (§§ 2 — 4) Sache der
Beamten der Polizei sei. Wie das Beispiel von
Görlitz zeige, könnten aber die Befugnisse der
Polizeibeamten auf die städtischen Tierärzte
übertragen werden. Im übrigen lassen sich die
über die außerordentliche Fleischbeschau vor-
getragenen Meinungen gut vereinigen. Die
ordentliche Fleischbeschau sei die Grundlage
der animalischen Nahrungsmittelkunde, die
außerordentlich sei auf dieser Grundlage weiter
zu entwickeln, wie dies früher schon geschah,
den erweiterten Erfahrungen entsprechend,
die in der außerordentlichen Fleischbeschau
gesammelt werden. Die Berufung Borchmanns
— 329 —
an die Tierärztliche Hochschulo zu Berlin sei
wohl ein Beweis dafür, daß die Ansicht von der
Zweckmäßigkeit des Ausbans der außerordent-
lichen Fleischbeschau auch an den für den Unter-
richt maßgebenden Stellen geteilt werde. Im
übrigen solle von der Hochschule nicht alles
erwartet werden. Die Hochschule habe die
wissenschaftliche Grundlage zu legen, die Praxis
aber müsse die Reife bringen. Deshalb sei ein
praktisches Jahr mit einem halben Jahr praktischer
Fleischbeschau und außerordentlichen Fleisch-
beschau unter der Leitung eines erfahrenen
Mannes notwendig. Goltz schlägt unter Zu-
stimmung der Versammlung vor, eine Resolution
etwa dieses Inhalts in das Protokoll aufzunehmen.
Goltz bringt ferner den Antrag des tier-
ärztlichen Vereins von Schleswig-Holstein zur
Sprache, daß die tierarztlichen Vereine die Milch-
kunde alt ständigen Verhandlungsgegenttand auf ihre
Tagesordnung setzen. Der Antrag erledige sich
dadurch, daß der Verein Preußischer Schlacht-
hoftierärzte die Frage bereits im ähnlichen Sinne
behandelt habe.
Über eine an den Verein gerichtete Eingabe
des Vorstandes des Sächsisch-Anhaltinischen
Bezirksvereins im Deutschen Fleischerverband,
das Fleisch einflnniger Tiere schon nach I4tägiger
Kühlung fk*eizugeben, wird zur Tagesordnung über-
gegangen, nachdem Ostertag ausgeführt hatte,
daß nach seinen Versuchen 14 Tage zur Ab-
tötung der Rinderfinnen im Fleische ihres Trägers
nicht ausreichen. Zur Verhütung von Zersetzungs-
erscheinungen, die sich am Fleische junger Tiere
bei dreiwöchiger Kühlung an bestimmten Stellen
einstellen könnten, empfehle es sich, die ge-
fährdeten Stellen nach dem im Rheinland
geübten und erprobten Verfahren vor
dem Einhängen der Tierkörper in das
Kühlhaus mit Salz einzureiben.
Das frühere Mitglied des Vereins, Wulff-
CottbuB, regt in einem Schreiben an den Verein
an, für die Schlachthoftierärzte ganz allgemein
die Beamteneigenschaft zu erstreben, da sie ihre
Tätigkeit auf Grund eines Reichsgesetzes aus-
üben. Goltz und Stier-Wesel sind nicht der
Meinung, daß die Anregung Wulffs weiter zu ver-
folgen sei, da dies ganz aussichtslos sei, und die
Versammlung beschließt demgemäß. Schließlich
dankt Goltz im Namen des Schlachthofdirektors
Kl ein Schmidt- Erfurt für die ihm anläßlich
seines 70. Geburtstages von den Kollegen er-
wiesenen reichen Ehrungen.
Damit schloß die sehr anregende Vor-
versammlung.
Vor Eintritt in die Tagesordnung der Haupt-
versammlung werden die Schreiben verlesen, die
auf die Einladungen zur Teilnahme an der Ver-
sammlung ergangen sind. Sodann findet die
Aufnahme neun neuer Mitglieder statt, wobei
auf die Notwendigkeit einer Statutenänderung
hingewiesen wird, um die Aufnahme solcher in
der Fleischbeschau tätigen Tierärzte zu ermög-
lichen, die sich nicht oder nicht mehr im
Schlachthofdienste befinden.
Der Vorsitzende teilt mit, daß der Schrift-
führer Kühnau die Anstellungsvorhältnisso der
preußischen Schlachthof - Tierärzte zusammen-
gestellt hat. Die Zusammenstellung soll gedruckt
und als vertraulich zu behandelnde Drucksache
den Mitgliedern auf Wunsch übersandt werden.
Bei der Vorstands wähl werden die früheren
Vorstandsmitglieder durch Zuruf wiedergewählt.
Für den verstorbenen Schlachthofdirektor
Kredewahn wird Seh lach thofdirektor Claus-
nitzer-Dortmund gewählt.
Weiter wird dem Kassenwart Geldner
Entlastung erteilt unter Anerkennung der aus-
gezeichneten Kassenführung.
Sodann findet der Vortrag des Ingenieurs
Masmacher-Köln statt über den maschinellen
Betrieb auf Schlacht- und Viehhöfen unter BerBcfc-
sichtlgung der Anwendbarkelt der verschiedenen
Kraftquellen. Die wichtigste maschinelle Anlage
auf Schlachthöfen ist die Kühlanlage, die den
bekannten Zweck hat, die Luft in den Aufbe-
wahrungsräumen für Fleisch abzukühlen, zu
trocknen und von Keimen zu befreien. Es
werden die verschiedenen Kühlsysteme erörtert
und durch Projektionsbilder erläutert. Als zweck-
mäßigsten Feuchtigkeitsgehalt bezeichnet M.
nach den in Köln gemachten Erfahrungen
80—85 Proz. relative Feuchtigkeit bei einer
Temperatur von -}-2~3®C. Redner geht der
Reihe nach genauer ein auf die verschiedenen
Arten von Kompressionsmaschinen, auf die Be-
rieselungs- und Tauchkondensatoren, auf die Nach-
kühlung, auf die Eisherstellung aus entlüftetem
Wasser (Kristalleis) und nicht entlüftetem
Wasser (Milcheis) und betont den hygienischen
Vorteil des aus entlüftetem Kondenswasser her-
gestellten bakterienfreien Kristalleises. Weiter
wurde die Überlegenheit des hochgespannten
und überhitzten Dampfes zur Kraftleistung, des
niedrig gespannten dagegen zu Heizzwecken
besprochen, sodann die Konstruktion und Be-
deutung der Flammrohr- und der Röhrenkessel
und die verschiedenen Arten von Antriebs-
maschinen, Dampfmaschinen, Gasmaschinen mit
besonderer Berücksichtigung der mit Generator-
gas arbeitenden Maschinen, bei denen Va ^S
Kohle eine Pferdekraftstnnde leiste, endlich der
elektrischen Maschinen. Die verschiedene
Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Systeme
wurde durch Kostenberechnungen erläutert.
— 330 —
Den Schluß des belehrenden Vortrages bildete I
die Schilderung der Warmwasserbereitung im
Schlachthof zu Köln.
Der folgende Redner, Professor Dr. Klein
von der Königlichen Technischen Hochschule zu
Hannover, gibt in seinem Vortrag Ober die ver-
schiedenen Kraftquellen für die Schlacht- und Viehbof-
betrlebe einen allgemeinen Überblick aber die
technische Entwicklung der Kraftmaschinen. Wie
das Bedürfnis nach mechanischen Arbeitskräften
gewachsen ist, so haben sich auch die Maschinen
entwickelt, die menschliche Kraft ersetzen. Unter
diesen letzteren hat die Dampfmaschine allent-
halben, und namentlich fdr Schlachthofanlagen,
die größte Bedeutung. Die Dampfmaschinen
arbeiten mit gespanntem Dampf, der in kleinen
oder großen Wasserraumkesscln erzeugt wird.
Für Schlachthof anlagen empfehlen sich am meisten
Flammrohrkessel, weil aus ihnen entnommener
Dampf (z. B. zum Wassererwärmen) schnell wieder
ersetzt wird. Die Dampfmaschinen werden unter-
schieden in solche mit durchgehenden Kolben
solche mit rotierendem Kolben (diese haben sich
bislang nicht praktisch bewährt) und in Dampf-
turbinen (kommen für Schlachthofanlagen nicht
in Betracht). Redner erklärt sodann, wie die
Kraft der Dampfmaschinen gemessen wird,
schildert den Vorteil der Nutzanwendung der
Expansionskraft des Dampfes und bespricht den
Mechanismusder Kondensations- und der AuspufF-
maschine. Die Kondensationsmaschinen ver-
brauchen weniger Dampf, trotzdem sind ihnen
aber in vielen Schlachthofanlagen die Auspuff-
maschinen vorzuziehen, weil man den Auspuff-
dampf zum Vorwärmen von Wasser nutzbringend
veiwenden kann. Die neueren Dampfmaschinen
arbeiten weit sparsamer wie die älteren Modelle.
Auffallenderweise hat Redner in keinem Lehrbuch
der Physik eine moderne Dampfmaschine richtig
beschrieben gefunden. Redner schildert dann,
wie man Wärmeverluste beschränken und den
Abgangsdampf aufspeichern kann. Er weist ferner
auf die Notwendigkeit hin, alle Anlagen des
Schlachthofes, die Dampf gebrauchen, möglichst
nahe an der Dampfquelle aufzustellen. Zum
Schluß betonte Prof. Klein die Notwendigkeit
der Ausbildung der Schlachthoftierärztc in den
Grundlehren der Maschinentechnik.
Privatdozent Dr. ing. Hcinel von der
Königl. Technischen Hochschule zu Charlotten-
burg behandelt in seinem Vortrag über die An-
wendbarkeit der verschiedenen Kraftquellen für den
Betrieb der maschinellen Anlage der Schlacht- und
Viehhöfe die Frage des Kflhlmaschinenantriebes
und schilderte unter Vorführung zahlreicher Zeich-
nungen und Photogramme die Verwendung von
Dampfmaschinen, Verbrennungskraftmaschinen
und Elektromotoren in Kühlanlagen. In ein-
gehender Weise wurden die verschiedenen Me-
thoden der Übertragung der Kraft vom Motor
auf den Kompressor beschrieben. Die Dampf-
maschinen haben die größte Betriebssicherheit
für sich; einige Schwierigkeiten bereitetes, ihre
Arbeit dem wechselnden Kältebedarf anzupassen.
Diese Schwierigkeit fällt weg bei der Anwendung
von Elektromotoren. Die Verbrennungskraft-
maschinen arbeiten nicht so sicher, daß auf eine
Reservemaschine verzichtet werden könnte, sie
passen sich auch einem plötzlich hervortretenden
Mehrbedarf an Kälte nicht gut an. Von allen
Maschinen arbeitet die Dampfmaschine am wirt-
schaftlichsten. Darum ist sie für Schlachthaus-
kuhlanlagen am meisten zu empfehlen. Redner
zeigt an einer Kostenberechnung, daß in Städten,
wo die Elektrizität zum Selbstkostenpreise der
Elektrizitätswerke zur Verfügung steht, diese
Kraftquelle nicht wesentlich teurer zu stehen
kommt als der Dampf. Am günstigsten ist es,
wenn Schlachthof und Elektrizitätswerk dicht
beieinander gelegt werden oder wenn das letztere
gar mit der Schlachthofanlage verbunden wird.
Schlachthofdirektor Goltz -Berlin be-
richtet endlich, daß der Vorstand des Vereins Preu-
ßischer Schlachthoftierärzte den Entwurf einer Ne-
velle zun Viehseuchengesetz beraten und dem Reichs-
tage eine Petition vorgelegt hat, deren Wortlaut
den Vereinsmitgliedern aus der Veröffentlichung in
der Fachpresse bekannt sein dürfte. Redner
geht dann auf die Hauptpunkte der Petition ein
und stellt die Frage, ob die Versammlung gegen
das Vorgehen dos Vorstandes Einwendungen zu
erheben habe. Dies geschieht von keiner Seite.
Über das bisherige Schicksal der Petition hat
Redner bisher nichts erfahren können.
Als Ort der nächsten Versammlung
wurde Berlin bestimmt, sie soll in der zweiten
Hälfte des Mai 1909 stattfinden.
Nach Erledigung der Tagesordnung ver-
einigte die Teilnehmer an der Versammlung
wie im Vorjahre ein festliches Mahl im Kaiser-
keller.
— DerVereln der SchiachthofUerIrzte der Rhein-
prsvinz hielt am 16. und 17. Mai d. J. in Trier
seine 32. Vereinsversammlung ab. Es waren er-
schienen: Ackermann-Ohligs, Dr.Bettendorf-
Ürdingen, Bockel mann-Aachen, Bolle -Düssel-
dorf, Bossle -Neunkirchen, Bourmer-Trier,
Brebeck-Bonn, Dr. Bützler-Trier, Clausen-
Hagen, Dr. Davids-Mülheim (Rhein), Ehrhardt-
Essen,Fischer-Bonn,Goslar-Aachen,Haffner-
Düren, Hintzen- Eschweiler, Klein -Lennep,
Knörchen-Werden,Knüppel-Solingen,Kring8-
Kalk, Kühnau-Köln, Lauff-Merzig, Levy-
Brühl, Dr. Loge mann -Barmen, Lohbeck-Duis-
- 331 —
bürg -Meiderich, Lübke-HoDnef, Niens -Ober-
hausen, Piath- Viersen, Quandt-M.-Gladbach,
Qnandt-Rheydt, Schache- Altenessen, Dr.
Scheer8-Siegburg,Sohweitz er- Linz, Spangen-
berg -Remscheid, Sprenger -Kleve, Stier -
Wesel, UIlrich-Mtlnster, Uth off- Koblenz, Dr.
Vo i r i n - Elberfeld, We i 1 a n d - Dillingen, Wo c k e n -
Andernach, Zell -Kreuznach, sowie als Giiste
Yeterinärrat Dr. Steinbach im Auftrage der
Königl. Regierung und Beigeordneter Dr. Baur
seitens der Stadtverwaltung, die Kreistierärzte
Dr. Finkcnbrink-Saarbrücken und Grupe-
Malmedy, Unterveterinär Hahn -Saarbrücken, Dr.
He ine- Duisburg, die Kreistierärzte Kemner-
Wittlich, Matschke-Cochem und MlUler-Ott-
weiler, Kreistierarztassistent Dr. Lenf ers-Tricr,
Oberstabsveterinär Schulz -Trier, Oberveterinär
Suchanke-Trier und Wenn er- Mülheim (Rhein).
Am erstgenannten Tage versammelten sich
die Kollegen um 4 Uhr nachmittags im städtischen
Schlachthof und wurden von dem Direktor
Dr. Bützl er willkommen geheißen. Derselbe ver-
anstaltete im Kesselhause an der Hand zahlreicher
Zeichnungen und Abbildungen eine Demonstration
folgender feuerungstechniocher Apparate und Neben-
anlagen beim Dampfkeoselbetriebe, die große Er-
sparnisse mit sich bringen: a) Wassermesser für
das Kesselspeisewasser; b) Vorwärmer für das-
selbe; c) rauchschwache Feuerung; d) Aschenfall ;
e)Wassorreinigungsapparat; f) Überhitzer; g) Heiz-
cfFektmesser und Rauchgasgeschwindigkeits-
messcr und h) Wasserkochapparat, verbunden mit
Speisewärmer für die Angestellten. Die Demon-
stration ist in Nr. 18 und 19 der Schlacht- und
Viehhofzeitung unter dem Titel „Erfahrungen
im Dampfkessel- und Maschinenbetrieb" ver-
öffentlicht worden. Nach der Besichtigung des
neuen Kessel- und Maschinenhauses sowie des
vollständig umgebauten Kühlhauses hielt Niens
im Verwaltungsgebäude einen Vortrag über das
Thema: Wie werden die Betriebskosten In den
Schlachthöfen verringert? Dabei besprach er die
Vorteile der Kohlenwage und die Verwendung
gut ausgebildeter und zuverlässiger Kesselheizer,
um Ersparnisse im Kohlenverbrauch zu erzielen.
Femer bezeichnet er es als eine Notwendigkeit,
sowohl das Speisewasser als auch die Temperatur
desselben zu messen, sowie allen Abdampf der
Maschine rationell auszunutzen. £r empfiehlt,
im Kühlhar.se nicht zu niedrige Temperaturen
zu halten und die relative Feuchtigkeit auf
75 Proz. zu bringen durch Einbauen eines Heiz-
körpers in der Nähe des Luftkühlcrs und Er-
wärmen der Lnft. Auch macht er darauf auf-
merksam, daß im Eisgenerator nicht Temperaturen
unter 8^0 gehalten werden dürfen. Nicht zum
mindesten empfiehlt er die Betriebszeit des
Schlachthofes, wenn möglich, zu verkürzen, da dies
nicht zur Bequemlichkeit der Tierärzte, sondern
zur Erzielung bedeutender Ersparnisse diene.
Abends fand eine gesellige Zusammenkunft
im WeifihausRestaurant bei Trier statt, welche
äußerst gemütlich verlief. Allgemein entzückte
der Blick, welchen man von dem auf der Berges-
höhe gelegenen Weißhaus auf die Stadt genießt.
Am folgenden Tage begann die Sitzung um
llVa Uhr vormittags im Kasino. Der Vorsitzende
Brebeck begrüßt die zahlreich erschienenen Kol-
logen und besonders die Gäste, darunter die
Herren Veterinärrat Dr. Steinbach und Beige-
ordneten Dr. Baur. Dr. Steinbach dankt für
die Einladung, der er als Vertreter des Herrn
Regierungspräsidenten gefolgt ist, und betont
die Wichtigkeit der veterinärmedizinischen
Fragen, die heute mit zu den Tagesfragen gehören.
Dr. Baur dankt im Namen des Herrn Oberbürger-
meisters, drückt seine Freude aus über den Ent-
schluß des Vereins, gerade in Trier zu tagen,
und hebt hervor, wie wichtig die städtische
Milchkontrolle und die Frage der Errichtung
einer Säuglingsmilchanstalt für die hiesige Stadt
sei; er wünscht der Tagung einen guten Erfolg.
1. Als Mitglieder werden in den Verein neu
aufgenommen Kreistierarzt und Schlachthof-
direktor Grupe-Malmedy und Schlachthof-
direktor Dr. Heine-Duisburg.
2. Haffner hält einen sehr interessanten
Vortrag über die Beurteilung der Tuberkuiooe
nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen. Ob-
gleich das Fleischbesch<augesetz Einheitlichkeit
bei der Beurteilung geschaffen hat, bestehen
doch noch manche Unklarheiten und Meinungs-
verschiedenheiten; dieselben bewirken die in
einzelnen Städten außerordentlich von einander
abweichenden Ergebnisse, die durch besondere
örtliche Verhältnisse nicht erklärt werden
können. In erster Linie müssen wir uns be-
mühen, Einheitlichkeit bei der Beurteilung herbei-
zuführen, alsdann auch die Fälle von Tuber-
kulose festzustellen, bei denen die bisherigen
Bestimmungen nicht genügen oder mit den Er-
fahrungen der Praxis nicht übereinstimmen.
Dadurch ergibt sich Material für Abänderungen.
Die Formen, die leicht zu Meinungsverschieden-
heiten Anlaß geben, sind: 1. stark ausgedehnte
Tuberkulose, 2. frische Blutinfektion und
3. Knochentuberkulose.
1. Die sichere Feststellung der stark ausge-
dehnten Tuberkulose ist dadurch erschwert, daß
die verschiedenen Stellen in den gesetzlichen
Bestimmungen, welche sich auf diese Form be-
ziehen, verschieden lauten und infolgedessen
kein einheitliches Bild geben. So soll ein Tier
im Nahrungs- und Gen«ßwcrt erheblich herabge-
332 —
setzt sein, wenn die Tuberkulose in mehreren
Organen stark ausgedehnt ist. Was ist stark
ausgedehnt? Dies ist dann als vorhanden zu
betrachten, a) wenn ein großer Teil jedes Organs
erkrankt, wenn mindestens ein Drittel des Organs
zerstört oder wenn die Hälfte des Brust- oder
Bauchfells ergriffen ist, b) wenn ein Organ
hervorragend erkrankt ist.
2. Die Vorschriften über die frische Blut-
infektion sind in Nr. 18 der Ausführungsbe-
stimmungen genau geregelt, und doch wie ver-
schieden sind die Ergebnisse der Fleischbeschau-
statistik in diesem Punkte. Die Beurteilung
kann höchstens fraglich werden, wenn neben den
frischen, nicht über hirsekomgroßen Knötchen
noch ältere vorhanden sind, desgleichen bei
Lymphdrüsenschwellung. Häufig ist in den ver-
größerten Lymphdrüsen nichts nachzuweisen, in
einigen dagegen finden sich Riesenzellen, in
anderen epithelioide Zellen. In praxi vernichten
wir in diesen Fällen das Fleisch nicht, weil es
heißt, „wenn Schwellung der Milz und Lymph-
drüsen besteht,*' wir kochen die betreffenden
Viertel. Feiner, wie verhält es sich mit den
Lymphdrüsen, die, ohne daß sie zu den Fleisch-
drüsen gerechnet werden, Lymphgefäße aus Musku-
latur und Knochen aufnehmen? So z. B. emp-
fangen die KehlgangslymphdrUsen Lymphe aus
der unteren Kopfhälfte, die OhrdrUsen aus
Schädelbasis und Ohrgegend, die retropharyngealen
Lymphdrüsen aus Schädelhöhlc, Rachenhöhle,
die Halsdrüsen aus den Muskeln der betreffenden
Halsabschnitte, die Drüsen der unteren Brust-
wand aus dem Brustbein und den umgebenden
Muskeln, die Lenden- und Darmbeindrüsen aus
den Lenden- und Bauchmuskeln. Bei Tuberkulose
der Kehlgangslymphdrüsen und retropharyngealen
Lymphdrüsen sollen die Tonsillen mit Adnexen
für untauglich erklärt werden, der Rest des
Kopfes für tauglich. Alle die genannten Drüsen
haben das gemeinsam, daß sie außer Lymph-
drüsen ans der Muskulatur auch aus anderen
Teilen Lymphe aufnehmen, wie die Rachendrüsen
aus den Tonsillen, die Bmstbeindrüsen aus dem
Brustfell, die Darmbeindrüsen aus dem Bauchfell
also aus Teilen, die leicht imd oft erkranken,
während die Muskulatur fast nie erkrankt. Es
empfiehlt sich daher folgender Grundsatz: Sind
Lymphdrüsen erkrankt, welche aus verschiedenen
Teilen Lymphe aufnehmen, von denen der eine
leicht und oft, der andere fast nie erkrankt, so
ist anzunehmen, daß die Erkrankung von dem
ersten Teil ausgegangen und somit dieser zu
beanstanden ist.
3. Die Knochentuberkulose erfordert eben-
falls eine besondere Besprechung. Bei Wirbel-
tuberkulose ist nach Ostertag der betr. Wirbel
mit Adnexen untauglich, der Rest tauglich, bei
Tuberkulose der Rippen, Gliedmaßen, Gelenke,
ist das betr. Viertel untauglich, der Rest des
Fleisches tauglich. Das erstere Verfahren wird
damit begründet, daß der Wirbel als ein dem
Fleischviertel entsprechender abgegrenzter Teil
anzusehen ist. Warum wollen wir aber das
gleiche nicht auch bei Gelenk- und Röhren-
knochen und sonstiger Knochentuberkulose tun,
nämlich nur die betr. Teile für untauglich er-
klären, jedoch das Fleisch der betr. Viertel für
bedingt tauglich. In diesen und manchen anderen
Punkten wäre es wünschenswert, daß die ver-
schiedenen Formen der Tuberkulose durch genaue
Begriffsbestimmungen gesetzlich festgestellt
würden, damit nicht nur Sicherheit, sondern auch
Einheitlichkeit bei der Beurteilung eintritt
An der sich anschließenden Besprechung
beteiligen sich Dr. Heine, Bolle und Bockel-
mann; letzterer schlägt vor, eine Kommission
zu bilden, welche nach eingehender Prüfung der
einschlägigen Fragen die Neuerungen ausarbeiten
soll, damit dieselben vom Verein aus an ge-
eigneter Stelle in Vorschlag gebracht werden
können. Die Kommission besteht aus Dr. Davids,
Haffner, Dr. Heine, Zell und Dr. Bützler.
3. Plath behandelt darauf ausführlich da«
Thema „die städtische Milchksntrdle" und sagt,
es sei eigenartig, daß einem so wichtigen
Nahrungsmittel so wenig Beachtung geschenkt
werde, zumal da es doch bekannt sei, daß
die Säuglingssterblichkeit in den meisten Fällen
durch die schlechte Beschaffenheit der Milch
hervorgerufen werde. Eine städtische Milch-
kontrolle habe nur dann einen Zweck, wenn eine
eingehende Stallkontrolle vorhergehe. Die Stall-
kontrolle hat sich auf folgende Punkte zu er-
strecken: die Tiere müssen in guten, luftigen
Ställen untergebracht sein, einwandfreie Streu
und gutes, kontrolliertes Futter haben, dazu
stets tadellos geputzt und gepflegt werden.
Kranke Tiere, besonders solche mit fieberhafter
Allgemeinerkrankung müssen ausgeschlossen
werden, ferner tuberkulöse Kühe, nicht allein
solche mit Eutertuberkulose, sondern alle
Tiere mit tuberkulöser Erkrankung. Tuber-
kulinimpfung empfehle sich dabei aber nicht zur
Diagnose, weil das Tuberkulin ein zu feines
Reagens sei, und diejenigen Tiere am stärksten
reagierten, die nur Anfänge der Tuberkulose an
den Bronchial- oder Mediastinaldrüsen aufwiesen.
Die Stallkontrolle hat sich alsdann zu erstrecken
auf das Wasser und die Milchgefäße; ersteres
muß gesund und frei von schädlichen Bei-
mengungen, wie Salpeter, sein; letztere müssen
so beschaffen sein, daß sie eine tadellose Sauber-
haltung der Milch ermöglichen. Die Gefäße
— 333 —
massen mit solchen Deckeln versehen sein, dafi
die Milch entlüftet werden kann; am zweck-
mäßigsten haben sich Doppeldeckel mit Watte
filter erwiesen. Die Melker müssen sauber nnd
vor allen Dingen gesund sein. Die sauber ge-
wonnene Milch muß schließlich abgekühlt
werden. Die städtische Kontrolle hat sich
nur zu erstrecken auf Wasserzosätze und Kon-
servierungsmittel. Die Prüfung ist ausschließlich
Sache des Tierarztes.
Bei der Diskussion bezeichnet Dr. Davids
die Milchgewinnung als einen wunden Punkt,
weil das Schweizerwesen noch sehr im argen
liege. Dr. Bettendorf berichtet über seine Er-
fahrungen mit der Säuglingsmilchanstalt, welche
weniger Zuschuß gebraucht habe, als veranschlagt
worden sei. Wenn es auch auf diesem Gebiete
Schwierigkeiten gebe, so dürfe man doch nicht
mutlos werden. Dr. Bützler führt aus, daß bei
Errichtung neuer Milchanstalten stets die Frage
erörtert werde, ob die Milch sterilisiert werden
solle oder nicht Manche Ärzte stehen auf dem
Standpunkt, daß die Milch nur durch Kühlung zu
konservieren, aber nicht zu sterilisieren sei.
Nach Prof. Dr. Siegert, der kürzlich hier einen
Vortrag gehalten, beeinträchtige die Sterilisierung
nicht die Verdaulichkeit der Milch. So lange die
Milchgewinnung nicht absolut sauber vor sich
gehe, könne man ohne Sterilisieren nicht aus-
kommen. Bockelmann ist der Ansicht, daß
hinsichtlich der Milchkontrolle und Fürsorge für
die Säuglingsemährung gegenwärtig sehr viel
geschieht. Früher waren es die Chemiker, dann
die Ärzte, und jetzt sind es die Tierärzte, die
die Milchkontrolle für sich beanspruchen; wir
begründen es mit Recht damit, daß wir hervor-
heben, daß in erster Linie die Produktionsstätte
kontrolliert werden muß. Hindernd sind uns
darin oft die Landwirte, denen die Vorschriften
über die Milchgewinnung Kosten bereiten. Die
Säuglingsmilchanstalt in Aachen befindet sich in
blühender Entwicklung, die Milch kommt aus
einem Stalle von 20 Kühen, welcher gegenwärtig
noch in Privatbesitz ist, jedoch später von der
Stadt übernommen werden soll. Auch sei dem
Tuberkulin nicht jeder Wert abzusprechen, aller-
dings zeitige nur das bovine Tuberkulin eine
einwandfreie Reaktion. VorzQglich sei die
Augenreaktion. Plath berichtet, daß in Viersen
vor Errichtung der Säuglingsmilchanstalt 20 Proz.
Sterblichkeit bestanden habe, jetzt aber in dem
gleichen Zeiträume nur ein Todesfall bei Kindern
vorgekommen sei. Wenn die Anstalten auch
viele Mühe machten, so sollten sie wir uns doch
nicht aus den Händen gehen lassen, denn sie
müßten ausschließlich auf den Schlachthöfen
gebaut werden. Stier sagt, wenn eine Stadt
eine Milchanstalt errichten wolle, so müsse sie
von dem Standpunkt ausgehen, daß sie eine
soziale Frage lösen wolle; sie müsse Zuschuß
leisten, dies habe sich auch in Wesel gezeigt
Kühn au führt folgendes aus: Weil die allge-
meine Stallkontrolle bisher an der Geldfrage
scheitert, so geht eben die Stadt daran, nur ge-
wisse Ställe unter Kontrolle zu stellen, wie dies
bei der Säuglingsmilchanstalt der Fall ist Zudem
will man die Kleinhändler beseitigen, weil sie für
saubere Produktion und sauberen Vertrieb keine
Gewähr bieten. Als ideal ist es zu bezeichnen,
wenn die Stadt selbst Kuhställe bei den Milch-
anstalten errichtet; da dies nicht überall möglich
ist, so muß man sich mit einer korrekten Durch-
führung der Milchlieferungsbedingungen zufrieden
geben. Die Mutterberatungsstellen sind sehr zu
empfehlen, indem dadurch die Milch nur auf
ärztliche Anordnung abgegeben wird. Kühn au
schlägt vor, eine Kommission zu ernennen, welche
die Frage bearbeiten soll; in dieselbe werden
gewählt: Dr. Bettendorf, Bockelmann,
Dr. Davids, Fischer, Plath und Stier.
4. Niens fragt an, unter Bezugnahme auf eine
Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten zu
Düsseldorf, betr. Besichtigung der Fleischerläden,
ob es angängig sei, zu dieser Besichtigung einen
Metzger hinzuzuziehen; in der Schlachthof-
kommission habe ein Metzger einen dies-
bezüglichen Antrag gestellt. Die Versammlung
stimmt darin überein, daß es im eignen Interesse
des Metzgers, der an der Besichtigung teilnehmen
solle, sich nicht empfehle, diesem Antrage
stattzugeben.
5. Tag und Ort der nächsten Versammlung.
Da der tierärztliche Verein für Rheinpreußen
angeregt hat, daß alle Provinzialvereine bei
Gelegenheit der Naturforscherversammlung im
September in Köln gemeinsam tagen sollen, so
beantragt Bockelmann, die nächste Ver-
sammlung zusammen mit dem rheinischen Verein
in Köln abzuhalten. Nachdem der Antrag bei-
fällig aufgenommen worden war, wurde die Ver-
sammlung geschlossen.
Um 2 Uhr fand im roten Saale des Kasinos
ein gemeinschaftliches Mittagsmahl statt, woran
einschließlich der Damen 54 Personen teilnahmen.
Die Stimmung war vorzüglich und erreichte ihren
Höhepunkt, als Kollege Bockelmann dem Vor-
sitzenden Brebeck, der am 19. Mai seine
silberne Hochzeit feierte, die Glückwünsche des
Vereins aussprach und zum Andenken an diesen
Tag eine prachtvolle silberne Bowle überreichte.
Kollege Bolle photographierte nach dem Essen
sämtliche Teilnehmer im Garten und übersandte
jedem am folgenden Tage ein wohlgelungenes
Gruppenbild; besten Dank! Hoffentlich haben
— 334 —
alle Kollegen von der alten Stadt Trier eine
angenehme Erinnerung mitgenommen.
I.A.: Dr. Bützler, I.Schriftführer.
Bucherschau.
— Ellenberger und GQnther, Grundriß der ver-
gleichenden Histologie der Haussftugetiere. Dritte,
umgearbeitete und vermehrte Auflage. Mit
572 Textabbildungen. Berlin 1908. Verlag von
Paul Parey. Preis 13 M.
Die neue Auflage des Grundrisses der ver-
gleichenden Histologie der Haussäugetiere er-
scheint verbessert und erweitert und in glänzender
Ausstattung. Die textliche Verbesserung und
Erweiterung nach den neuen Forschungs-
ergebnissen sind selbstverständlich. Hervorzu- .
heben sind aber die Neubearbeitung und wesent-
liche Erweiterung des Anhangs über die
mikroskopische Technik und die Ausmerzung
von 126 den Ansprüchen nicht ganz genügenden
Abbildungen und die Neuaufnahme von 268
schönen, instruktiven Bildern. Man kann den
Verfassern darin beistimmen, daß in einer Histo-
logie an Ausstattung mit Abbildungen kaum des
Guten zu viel geschehen kann. Es ist eine
Freude, das Werk durchzublättern und die
Hauptsätze der Gewebelehre im Bild an seinem
Auge vorüberziehen lassen. Man kann den
heutigen Studierenden der Tierheilkunde dazu
Glück wünschen, daß sie ein so ausgezeichnetes
Buch, das sich bescheiden einen „Grundriß^
nennt, als Anleitung für ihre histologischen
Studien besitzen.
— Rubner, M., Voiksernfthrungofragen. Leipzig
1908.
Der bekannte Berliner Hygieniker behandelt
in dem vorliegenden Buche zwei wichtige Volks-
ernährungsfragen, die Frage des kleinsten Ei-
weißbedarfes des Menschen und die volkswirt-
schaftlichen Wirkungen der Armenkost, in
weiterer Ausgestaltung von Berichten, die er
auf dem letzten Hygienekongreß in Berlin er-
stattet hat.
— Raudnitz, Die Arbeiten aus dem Gebiete der
Milchwlosenschaft und Molkereipraxis Im Jahre 1907,
11. Semester. Separatabdruck aus der Monats-
schrift für Kinderheilkunde, Bd. VI, Heft 11.
Wien 1908. Verlag von Franz Deuticke in
Leipzig und Wien. Preis 1 M.
Im vorliegenden Hefte bespricht R. nach
Aufzählung der in der zweiten Hälfte des
Jahres 1907 erschienenen Abhandlungen aus
dem Gebiete der Milchwissenschaft und Molkerei-
praxis die wichtigsten Forschungen über die ge-
nannnten Gegenstände mit besonderer Berück-
sichtigung der Chemie und Physiologie der Milch.
Poppe.
— Franke, G., Merkbuch fOr Ziegenbalter. Im Auf-
trage der Kommission zur Förderung der Ziegen-
zucht im Landkreise Köln herausgegeben. Berlin
1908. Verlag von Richard Schoetz. Preis 0,50 M.
Das kleine Büchlein gibt Fingerzeige für
sachgemäße Haltung, Fütterung, Pflege, Zucht
und Aufzucht der Ziege und ist zur Ver-
breitung in Gegenden, in denen eine vermehrte
Ziegenzucht und Ziegenhaltung erstrebt wird,
sehr geeignet.
— Nevermann,Ver9frentiichungen aus den Jahres-
veterlnärberichten der beamteten Tierirzte Preußens
für das Jahr 1905. Zusammengestellt im Auftrage
des Vorsitzenden der technischen Deputation
für das Veterinärwesen. Zweiter Teil. Berlin
1908. Verlag von Paul Parey.
In dem vorliegenden zweiten Band der
VerüfFentlichungen aus den Jahresveterinär-
berichten der beamteten Tierärzte Preußens
finden sich sehr interessante, statistische, kasu-
istische und Sammelbeobachtungen über die
nicht anzeigepflichtigen Seuchen, über Vergif-
tungen, allgemeine Ernährungsstörungen und
sporadische Krankheiten und über Fleisch-
beschau, sowie eine Zusammenstellung der im
Jahre 1905 erlassenen Veterinären Verordnungen
und die endgültigen Ergebnisse der Viehzählung
im preußischen Staat vom 1. Dezember 1906.
Von den Mitteilungen über die nicht anzeige-
pflichtigen Seuchen nehmen diejenigen über die
Tuberkulose besonderes Interesse in Anspruch.
— Tuberkulose-Arbeiten aus dem Kaiserlichen
Gesundheilsamte. 6. Heft 1907. Verlag von
Julius Springer, Berlin.
Nachdem durch die in den vorhergehenden
Heften veröffentlichten Arbeiten die verschie-
densten Arten menschlicher Tuberkulose unter-
sucht waren und dabei das Ergebnis gewonnen
war, daß die Tuberkelbazillen des Typus bovinus
eine Fütterungstuberkulose beim Menschen hervor-
rufen können, haben die vorliegenden Arbeiten
die Aufgabe, zu untersuchen, wie groß die Ge-
fahr ist, die dem Menschen vom tuberkulösen
Rinde droht In dieser Hinsicht sind von Weber
und Taute die primären Darm- und Mesenterial-
drüsentubcrkulosen und von Oehleckerdie sog.
chirurgischen Tuberkulosen bearbeitet worden.
Die in der letzteren, umfangreichen Arbeit ge-
schilderten Verfahren bei der Anlage und Züchtung
der Tuberkelbazillenkulturen und bei der Ver-
wendung des Kaninchens zur Unterscheidung des
Typus bovinus vom Typus humanus bieten dem
auf diesem Gebiete weniger bewanderten Bak-
teriologen wertvolle Anregungen. Das für die
Fleisch- und Milchhygiene äußerst wichtige Er-
gebnis dieser Forschungen ist dahin zusammen-
zufassen, daß die Infektion des Menschen mit
— 335 —
den Bazillen des Typus bovinus vorzugsweise
eine Erkrankung des Kindesalters ist, und daß
die Erankheitskeime hauptsächlich durch die
Wand des Verdauungsschlauches eindringen. £s
kann keinem Zweifel unterliegen, daß auch die
Bazillen des Tjrpus bovinus imstande sind, beim
Menschen eine fortschreitende Tuberkulose hervor-
zurufen. Die Infektion mit Bazillen des Typus
bovinus weist auf Nahrungsmittel, die von tuber-
kulösen Kühen stammen, insbesondere auf die
Milch als Infektionsquelle hin.
Von Weber werden in einer weiteren Arbeit
Passageversuche mit Bazillen dos Typus humanus
mitgeteilt, in denen es im Gegensatz zu den
Versuchen von v. Behring, de Jong, sowie
Dammann und Müssemeier nicht gelang,
Stämme des Typus humanus durch Ziegen-,
Schweine- und Rinderpassagen in ihren Wachs-
tumseigenschaften und ihrer Virulenz abzuändern
und dem Typus bovinus ähnlich zu machen.
Bei Fütterungs versuchen mit Hühnertaberkel-
bazillen, über die Titze berichtet, konnte trotz
Verfütterung ungeheurer Bazillenmengen bei
Ferkeln keine fortschreitende Tuberkulose er-
zeugt werden, so daß der Infektion der Schweine
mit Hühnertuberkelbazillen keine wirtschaftliche
Bedeutung beizumessen sein dürfte. Der gleiche
Versuch an einem Fohlen ergab keine Bestätigung
der Ansicht Nocards, nach welcher die von
ihm als abdominelle Form der Tuberkulose be-
zeichnete Erkrankung der Pferde auf Geflügel-
tuberkelbazillen zurückzuführen sein soll.
Grabert.
Neue Eingänge.
— Rallllet, A., et Henry, A , N^mathelminthe«
parasite«. Expedition antarctique fran^aise
(1903—1905), command6e par le Dr. J. Charcot.
Paris 1908.
— Railllet, A., et Henry, A., Sur les Oe8opha-
gostomes de« Primates. Extrait des Comptes
rendus des söances de la Society de Biologie.
S6ance du 3. Mars 1906.
— Peters, A., Twelft semiannual Report of the
Chief of the Cattle Bureau to the Massachussets
State Board of Agriculture. Boston 1908.
— Lane, Cl. B., Medical milk Commissions and
the Produetion of certifled Milic in the United
State«. Bulletin Nr. 104. U.-S. Departement of
Agriculture. Bureau of animal Industry.
Washington 1908.
— Schröder, E. C, and Cotton, W. E., Tubercie
Bacilli in Butter. Their oecurrence, vitaiity and
«igniflcance. Circular Nr. 127. U.S. Departement
of Agriculture. Bureau of animal Industry.
Washington 1908.
— Hart, 6. H., Rabies and it« Increasing
prevalence. Circular 129. U.-S. Departement of
Agriculture. Bureau of animal Industry.
Washington 1908.
— Suclcow, E., Über Vererbung und Aufzucht
der Pferde mit besonderer BerUciisichtigung der
Schrittpferdezucht. Hannover. Verlag von M. und
H. Schaper.
— Stietenroth, W., Da« Lenicet, ein neue«
Tonerdeacetat und «eine Anwendung in der Tier-
heiilcunde. I.-D. Gießen 1908.
— Ga««e, R., Untereuchungen über da« Ver-
halten der Blutlcörperchen bei chirurgiechen Kranic-
heiten de« Pferde«, beeonder« bei eitrigen Ent-
zündungen. I.-D. Gießen 1907.
Kleine Mitteilungen.
— HIppophagie in Pari«. Im Pferdeschlacht-
haus in Paris wurden im ersten Halbjahr 1906
geschlachtet und tierärztlich untersucht: 303 Esel,
22117 Pferde und 60 Maulesel, zusammen 22480
Equiden, d. h. 2748 mehr als zur selben Zeit
des Vorjahres.
-— Lebende Tänie in einem HOhnerei. Rajat
und P6ju fanden in einem Hühnerei einen
lebenden Bandwurm, der infolge erlittener Ver-
stümmelungen nicht mehr genau klassifiziert
werden konnte.
— Säuglingsernährung und Säugiing««terbiichiceit.
Nach einer im Anschluß an die Volkszählungen
im Deutschen Reiche veranstalteten Statistik
sank, laut „Deutsch. Med. Wochenschr.", 33. Jahrg.,
Nr. 19 die natürliche Säuglingsemährung in
15 Jahren von 57,8 Proz. der Säuglinge auf
32,1 Proz, während die Ernährung durch Tier-
milch und Surrogate entsprechend stieg.
Fligg.
— Kann Milch einige Tage nach dem Abicalben
bereit« verarbeitet werden? (Milchzeitung 1908,
S. 209.) Auf Grund der chemischen Analyse
folgert Professor Douglas B. Galchrist, daß
die Milch neumelker Kühe, die bekanntlich
sehr reich an Eiweiß und auch an Zucker ist,
3 Tage nach dem Kalben als normale Milch be-
zeichnet werden kann, vorausgesetzt, daß die-
selbe ihr früheres Aussehen wieder erlangt hat.
Poppe.
— Über die vorläufigen Resultate der balcterioiogl-
«chen Milchkontrolie in Leipzig berichtete Seif ert in
der Vereinigung Sächsisch-Thüringischer Kinder-
ärzte in Leipzig, Sitzung am 8. März 1908, nach der
„Deutsch. Medizinisch. Wochenschr." wie folgt:
Auf eine gutachtliche Äußerung des Redners hin
hat sich im Jahre 1907 der Rat der Stadt
Leipzig zur versuchsweisen Einrichtung einer
hygienischen, d. h. also bakteriologischen und
physiologischen Untersuchung der Handelsmilch
entschlossen, nachdem die Bestrebungen der
— 336
chemischen Milchkontrolle bereits zu einer wesent-
lichen Herabsetzung des groben Schmutzgehalts
der Milch und zu einer Besserung der chemischen
Beschaffenheit der Marktmilch geführt hatten.
Zur Untersuchung der in der Stadt in den Ver-
kehr gelangenden Milch benutzt die neugegrün-
dete Milchuntersuchungsstelle die Methoden der
Bakteriologie, experimentellen Biologie und
Säuglingsphysiologie. Zunächst sind die Be-
strebungen darauf gerichtet, ein Bild von der
Höhe der bakteriellen Milchverschmutzung und
der Häufigkeit pathologischer, pathogene Mikro-
organismen enthaltender Milch zu gewinnen.
Dazu dient der direkte mikroskopische Nachweis
dieser pathogenen Organismen und von Eiter-
zellen, da das Tromsdorffsche Verfahren
der Bestimmung des blofien quantitativen Leuko-
zytengehalts einer Milch nicht ausreichend er-
schien. Zur Erläuterung, in welchem Umfange
und auf welche Art eine starke Verunreinigung
der Milch mit zweifellos pathogenen Strepto-
kokken zustande kommen kann, berichtet der
Vortragende über eine zur Beobachtung gelangte
Mastitis-Enzootie, die durch die bakteriologische
Milchuntersuchung zu seiner Kenntnis gelangte.
Es handelt sich um einen Stall mit 24 Kühen,
deren Milch nach Leipzig in den Handel gebracht
wurde. Die Untersuchung der Einzelproben jener
24 Tiere ergab, daß fünf der Tiere eine mit sehr
reichlichen Eitermassen, Streptokokken und eitrig
zerfallenen Gewebsfetzen aus den Eutern der
Tiere durchsetzte Milch lieferten. Die Milch
zweier Tiere enthielt Tuberkelbazillen. 13 Tiere
lieferten eine Milch, die zwar nur mäßige Mengen
weißer Blutzellen, aber mehr oder weniger reich-
liche Streptokokkenketten enthielt. Wenn man
bedenkt, daß aus einem solchen kranken Vieh-
bestand täglich rund 200 Liter Milch in den
Handel und sehr wahrscheinlich oft zur Ver-
mischung mit anderer, vielleicht gesunder Milch
gelangen, so lehrt ein solches Beispiel, wie
wichtig die bakteriologische Beaufsichtigung der
Milch für die öffentliche Gesundheitspflege ist.
— (In ganz gleicher Weise wird die bakteriolo-
gische Milchkontrolle in München vom städt.
Tierarzt Dr. Ernst, dem Leiter des städt. Milch-
untersuchungsamts, und in Hamburg von Professor
Glage, dem Leiter des Tierhygienischen Instituts,
ausgeführt. 0.)
— Ein Urteil Oher die Milclielterprobe. Privat-
dozent Dr. Löhnis- Leipzig berichtete (Milch-
zeitung Nr. 21, 1908.) in einem auf der Haupt-
versammlung des „Deutschen milchwirtschaft-
lichen Vereins" gehaltenen Vortrag, daß die Gär-
probe zuverlässiger als die Troms-
dorffsche Schleuderprobc die Erkennung
einer schleichendenEntzflndung gestatte.
Femer könne auch das normale Euter lange Zeit
hindurch ansehnliche Mengen von Steptokokken in
sich beherbergen und eine sehr leukozytenreiche
Milch reichlich (2 Prom.) liefern.
Poppe.
— Ländliclie Untererfilhrimg. Nach einer Mit-
teilung der „Zeitschrift für soziale Medizin"
(Heft 3, 1908) haben die preußische Zentralstelle
fQr Volkswohlfahrt und der Deutsche Verein für
ländliche Wohlfahrtspflege an die Bundesregie-
rungen eiuQ Eingabe gerichtet, in der auf
die Unterernährung auf dem Lande, als auf
eine vom sozialhygienischen Standpunkt aus
sehr bedenkliche Erscheinung hingewiesen wird.
Die Zunahme der Milchkühe während des
letzten Jahrzehnts habe nicht annähernd mit der
Verbrauchszunahme der Milch in den Städten
Schritt gehalten. Es ist berechnet worden,
daß zwischen 1890 und 1900 die Zahl der
Milchkühe in Deutschland von 8,700,000 auf
9,300,000 angewachsen, während der Milch-
konsum in den Städten von 2870 auf 5130
Millionen Liter in die Höhe geschnellt ist In der
genannten Zeitspanne müsse sich der ländliche
Milchverbrauch von 115 Litern auf den Kopf
jährlich bis auf 54 Liter herabgemindert haben.
Die Zentralstelle für Volkswohlfahrt wie der
Deutsche Verein für ländliche Wohlfahrtspflege
richten daher an die Bundesregierungen das
Ersuchen, überall Erhebungen über diese Wand-
lung in der Ernährung der ländlichen Bevölkerung
anstellen zu lassen. Es soll fernerhin der Rückein^
fluß dieser Unterernährung auf die Mutterschafts-
und Säuglingsfttrsorge ermittelt werden. Denn
davon hänge nicht zum wenigsten die Erhaltung
der deutschen Volks- und Wehrkraft ab.
Mit hohem Interesse muß dem Ergebnis der
Erhebungen entgegengesehen werden. Schon
jetzt aber darf darauf hingewiesen werden, daß
einer etwaigen, durch den Abfluß der Vollmilch in
die Molkereien und Städte bedingten Unter-
ernährung auf dem Lande dadurch entgegenge-
wirkt werden kann, daß die Magermilch in
anderem Umfange als jetzt im ländlichen Haus-
halt verwendet wird. Das fehlende Butterfett
läßt sich bei älteren Kindern und Erwachsenen
durch andere Fette ersetzen.
Tagesgeschichte.
— Professor Dr. Aibreclit der Jangere, der
hervorragende pathologische Anatom, der zuletzt
dem Senckenbergianum in Frankfurt a. M. vor-
stand, ist gestorben. Die pathologische Anatomie
erleidet durch Albrechts Tod einen großen
Verlust. Albrecht, aus dessen Institut auch
Arbeiten zur pathologischen Anatomie der Hans-
— 337 —
tiere hervorgegangen sind, war ein Sohn des
derzeitigen Direktors der Münchener Tier-
ärztlichen Hochschule.
— Von der Tierärztlichen Hocliscliule in Kopen-
hagen. Assistent Falger ist zum Nachfolger
von C. 0. Jensen auf dem Lehrstuhl für patho-
logische Anatomie ernannt worden. Professor
Jensen übernimmt die Leitung des neuen
großen Seruminstitntfl und widmet sich aus-
schließlich der Tierseuchenforschung und Serum-
bereitung.
— Über Milchhygiene wird nunmehr auch an
der Tierärztlichen Hochschule zu Wien gelesen.
Assistent Kossmeißl hält seit Beginn des
laufenden Sommersemesters ein zweistündiges
Publicum über Milchhygiene.
— ÖfTentllche Schlachthöfe. Der Bau öffent-
licher Schlachthöfe ist geplant in Deggendorf
L Bayern, beschlossen in Frankenberg i. Posen.
Ein neuer öffentlicher Schlachthof mit Viehhof
soll in Erfurt zum Gesamtkostenbetrag von drei
Millionen Mark errichtet werden. Der neuerbaute
öffentliche Schlachthof in Duisburg-Meiderich
wird am 18. Juli d. J. dem Betrieb übergeben
werden. Erweiterungsbauten sind geplant in
Braunschweig (Errichtung eines Viehhofs,
500000 M. Kostenaufwand), Janowitz, Rosen-
berg, Antonienhütte(Kühlhaus), Kheydt und
Viersen (Erweiterung des Kühlhauses).
— Ein Laboratorium fQr hittologische und
bakterioiogitche Arbeiten oowie fOr IHiichunter-
suchungen ist am städtischen Schlachtviehhofe zu
Weißenfels eingerichtet worden.
— Aushang der Fieiochpreise in den Fleischer-
geschälten. Der Stadtrat von Leipzig hat die
Verordnung, betr. den Aushang von Verzeich-
nissen der Fleisch- und Fleischwarenpreise, vom
12. September 1907 aufgehoben, nachdem sie
vom Oberlandesgericht zu Dresden für ungültig
erklärt worden ist.
— Die Ausdehnung des Beschauzwangs auf alle
Hausschlachtungen von Rindern ist auch für den
Kreis Osthavelland durch Polizei Verordnung
verfügt worden (vgl. S. 305 des letzten Heftes
dieser Zeitschrift).
— Ausdehnung des Beschauzwanges auf Haus-
schiachtungen bei Rindern ist für die Kreise
Strasburg, Culm, Thorn und Briesen mit
Rücksicht auf die Gefahr der Verbreitung der
Lungenseuche am 7. April 1908 angeordnet
worden (vgl. § 3 E. G.).
— Das Verhältnis der Haussohiachtungen zu
den Gesamtschiachtungen in Preußen. Bei der
letzten Viehzählung am 1. Dezember 1907 hat
bekanntlich auch in gleicher Weise, wie es bei
der Viehzählung am 1. Dezember 1904 der Fall
war, eine Zählung der in den vorhergehenden
12 Monaten erfolgten Hausschlachtungen statt-
gefunden (s. S. 232 des 7. H. des lfd. Jahrg.
dies. Zeitschr.). Für diese Zählung ist für
Preußen kürzlich das vorläufige Ergebnis ver-
öffentlicht worden, so daß nunmehr festgestellt
werden kann, ob die Hausschlachtungen eine
Vermehrung oder eine Verminderung gegen 1904
erfahren haben. Um völlig vergleichbare Zahlen
gegenüberzustellen, ist es erforderlich, auch die
gewerblichen Schlachtungen je für den Zeitraum
vom 1. Dezember bis 30. November zur Be-
rechnimg heranzuziehen. Das ist für Preußen
dadurch ermöglicht worden, daß die Schlach-
tungen im Dezember 1903 auf Veranlassung der
landw. Verwaltung nachträglich noch gezählt
worden sind. Man erhält danach der „Z. L. V."
zufolge folgende Zahlen:
1.12.1903 1.12.1903 1.12 1903
bis bis bis
30. 11. 1904 30. 11. 1904 30. 11. 1904
Gewerbliche Haus- Gesamt-
Schlach- schlach- Schlach-
tungen tun gen tungen
Rindvieh . . 4 036 796 124 115 4 160 911
Schweine. . 8 852 352 3 688 086 12 540438
Schafe . . 1465 032 541969 2007 001
Ziegen . . 157 302 503918 661220
dagegen 1.12.1906 1.12.1906 1.12.1906
bis bis bis
30. 11. 1907 30. 11. 1907 30. 11. 1907
Gewerbliche Haus- Gesamt-
Schlach- schlach- Schlach-
tungen tungen tungen
Rindvieh. . 4 250 205 139144 4 389 349
Schweine . 9714005 3 861366 13 575371
Schafe . . 1477 658 504 906 1982 564
Ziegen . . 176 858 468 819 645 677
Eine absolute Zunahme der Hausschlach-
tungen hat daher zwar sowohl bei Rindern als
auch bei Schweinen stattgefunden, dagegen ist
im Verhältnis zu den Gesamtschlachtungen nur
bei Rindern eine kleine Steigerung vorhanden,
während bei allen anderen Tiergattungen der
Anteil der Schlachtungen, bei denen eine amt-
liche Beschau unterblieben ist, an den Gesamt-
schlachtungen der betreffenden Tiergattung
kleiner geworden ist. Berechnet man nämlich
auf Grund der obigen Zahlen den prozentualen
Anteil der Hausschlachtungen an den Gesamt-
schlachtungen für Preußen, so ergibt sich, daß
die amtliche Beschau unterblieben ist im Ver-
hältnis der Gesamtschlachtungen bei
Rindern Schweinen Schafen Ziegen
1904 2,98 v.H. 29,41 v.H. 26,22 v.H. 76,21 v.H.
1907 3,17 „ 28,44 „ 25,48 „ 72,61 ,
— Die Fleischpreise In Berlin vor 35 Jahren,
ein Beispiel für die sinkende Kaufkraft des Geldes
— 338 —
in Deutschland. In einem Aufsatz des Berliner
Tageblatts über «Berlin 1872—1908« wird als
Beispiel, in welchem Maße die Kaufkraft des
Geldes gesunken ist, angefahrt, daß im Jahre
1872 in Berlin das Pfund Schweinefleisch
53/4 Groschen, das Pfund Rindfleisch dagegen
nur 4 Groschen gekostet hat.
— Maßnahmen zur Bekämpfung der Rinderfinne.
Die Bezirks vereine Ostpreußen und Braun-
schweig haben auf dem 31. deutschen
Fleisch er- Verbandstag in Essen, der am 23. und
24. Juni tagte, den Antrag gestellt: „Der
Verbandstag wolle beschließen, den Vorstand
zu ersuchen, an zuständiger Stelle vorstellig zu
werden, damit recht bald Maßnahmen zur Ver-
tilgung und Bekämpfung der Rinderfinne ge-
troffen werden."
— Maul- und Klauenseuche wieder in Siebt.
Die Maul- und Klauenseuche ist durch einen
Transport Läuferschweine aus Westpreußen nach
dem Kreise Stolp i. P. verschleppt worden
und bereits auf den großen Verkehrsstraßen für
Schlachtvieh, nämlich auf den Schlachtviehhöfen
in Berlin, Nürnberg, Dortmund und Straß-
burg i. £. aufgetreten. Hoffentlich gelingt es,
wie bisher, die Seuche in den Verschleppnngs-
gebieten festzuhalten und ihre weitere Aus-
breitung zu hemmen.
— Trichinoeis. Nach Zeitungsmeldungen ist der
Förster P. in Pudelkeim nach dem Genüsse von
rohem Schweinefleisch an Trichinoeis gestorben.
Weitere Angehörige der P. sehen Familie, die auch
von dem Fleische gegessen haben, liegen zum Teil
noch schwerkrank danieder. Da« Fleisch rührte
von einem von P. selbst geschlachteten Schweine
her, das auf Trichinen nicht untersucht worden
war. Bei der nachträglichen Untersuchung des
Fleisches wurde eine große Menge von Trichinen
festgestellt.
— Wurst für technieche Zwecice. Der Kauf-
mann M. in Berlin hat verdorbene Wurst mit
der Plakatankündigung „für technische Zwecke"
pfundweise verkauft. Das Schöffengericht Berlin
Mitte verurteilte M. wegen Vergehens gegen
§ 10 N.-M.-G., da es mit Recht annahm, Wurst
zu technischen Zwecken werde nicht pfundweise
verkauft.
— Wegen Inverkehrgabe von Iconfisziertem
Fleisch wurden ein ungetreuer Kutscher des
früheren Berliner Abdeckereipächters und ein
Händler zu je zwei Monaten Gefängnis verurteilt.
— Vergiftungen nach Genuß von „Rouener
Enten". Die Tageszeitungen meldeten, daß in
der ersten Juniwoche in Paris 300 Personen
gelegentlich eines Banketts nach Genuß von
„Rouener Enten** unter Vergiftungserscheinungen
erkrankt seien, und daß einer der Teilnehmer
der Erkrankung erlegen sei. Über die Eigen-
tflmlichkeiten der Tötung, Herrichtung und Auf-
bewahrung der „Rouener Enten**, die schon
wiederholt zu Massenerkranknngen Veranlassung
gegeben haben, bat A. Marcus -Maastricht nach
den Angaben von Rappin, Andouard und
Fortireau in dieser Zeitschrift (16. Jahrg., S. 271)
referiert.
— Nach GenuB von verdorbenem hollftndlscben
Käoe ist, Zeitungsmeldungen zufolge, die ganze
Familie eines Gerichtsvollziehers in Düsseldorf
unter Vergiftungserscheinungen schwer erkrankt
Einer der Erkrankten, der Familienvater, ist
bereits gestorben.
— Melkkurse. Zur Heranziehung tüchtiger
Melker werden im Algäu unter Leitung des
Zuchtinspektors der Herdbuchgesellschaft regel-
mäßige Melkkurse auf Gutshöfen abgehalten. In
Pommern besteht eine ähnliche Einrichtung.
Dort werden am Milchwirtschaftlichen Institut
Ruhme ister ausgebildet, die ihrerseits in der
Provinz Melkkurse zu veranstalten haben.
— Holländische Butterkontrolle. Der Bntter-
händler P. wurde nach der „Molkerei-Zeitung,
Berlin" zu einer Geldstrafe von 30 Mark ver-
urteilt, weil er „la Süßrahmbutter** mit einem
Wassergehalt von 27 Proz. verkauft hatte. Der
Einwand von P., daß die Butter aus Holland
bezogen worden sei, den Staatskontrollstempel
getragen habe, und daß ihm ein Höchstwasser-
gehalt von 13 Proz. garantiert worden sei, wurde
nicht für durchgreifend erachtet. Das Gericht
führte aus, P. hätte sich bei der Holländischen
Kontrolle nicht beruhigen dürfen, da diese für
deutsche Verhältnisse nicht maßgebend sei.
— Neue eerbieche Exportschlfichterei in Nioch.
Die Belgrader „Balkauska Bank** beabsichtigt,
in Nisch ein großes Schlachthaus mit Viehmarkt-
halle für Exportzwecke zu errichten.
— Verein der Schlaohthoftierftrzte Westfalens.
Einladung zu der am Sonntag, den
12. Juli 1908, vormittags IIV2 Uhr, zu
Unna-Königsborn im Kurgarten statt-
findenden Versammlung.
Tagesordnung:
1. Mitteilungen; Bericht über die Versammlung
preußischer Schlachthof tierärzte.
2. Schlachttierversicherung; Referent: Kreis-
tierarzt und Schlachthof direktor Vo Im er-
Hattingen.
3. Stellungnahme zum Antrage der tierärztlichen
Gesellschaft zu Berlin betr. außerordentliche
Fleischbeschau bzw. Markt- und Laden-
kontrolle; Referent: Schlachthoftierarzt Dr.
Ma aß -Hagen.
4. Besprechung der Vorschriften für die Wiege-
ordnung.
— 339 —
5. Mitteilangen aus der Praxis.
6. Ort und Zeit der nächsten Versammlung.
Nach der Versammlung gemeinschaftliches
Mittagessen im Kursaale. Die Beteiligung der
Damen ist erwünscht. Gäste sind willkommen.
Hagen, den 10. Juni 1908.
Der Vorstand.
I. A. : C 1 a u s e n , stellvertr. Vorsitzender.
— IV. Internationaler KongreS fOr Milchwirtschaft
zn Budapest, im Monat Juni 1909.
Programm.
I. Abteilung.
Gesetzgebung und Ordnungsvorschriften.
1. Die Kontrolle der Milch und der milchwirt-
schaftlichen Erzeugnisse während des Trans-
portes.
2. Maßregeln für den Miichhandel und den
Handel mit milchwirtschaftlichen Erzeug-
nissen.
3. Die Milchversorgung größerer Städte und
die Bedingungen der Milchlieferung ins Haus.
4. Kontrolle der Käsefabrikation.
5. Organisation des milchwirtschaftlichen Fach-
unterrichtes.
n. Abteilung.
Hygiene und tierärztliche Wissenschaften.
1. Hygienische Anforderungen für die Erzeugung
und die Behandlung der Milch auf dem Orte
der Produktion, sowie für deren Verkauf,
femer für die Beschaffenheit und die Be-
handlung der Milchgefäße.
2. Die Bedeutung der Nitrate in der Milch.
3. Der relative Wert der sterilisierten, der
pasteurisierten und der rohen Milch bzw. der
Trockenmilch als Lebensmittel.
4. Der Einfluß der Fütterung auf die Erzeugung
der Milch und speziell der Milch, die zur
Ernährung von Säuglingen bestimmt ist.
(Verwertung von Fabrikabfällen bei der Er-
nährung der Milchkühe.)
5. Die Pasteurisierung der Milch und ihrer
Nebenprodukte sowie die Bedingungen, unter
welchen Magermilch und abgerahmte Milch
den Produzenten zurückgeliefert werden kann.
(Temperatur?)
6. Die Milch als Erreger von Krankheiten der
Menschen und der Tiere; Vorsichtsmaßregeln
zum Schutz der öffentlichen Gesundheit.
in. Abteilung.
Industrie.
1. Die Verwertung der milchwirtschaftlichen
Nebenprodukte.
2. Der Einfluß der Dünger auf die Qualität der
Milch und der Milchprodukte.
3. Die Erzeugung von Käse aus pasteurisierter
Milch.
IX. internationaler tierirzUicher Kongreß im Haag 1909.
Im Verfolg seines Aufrufs vom 19. Mai 1908
teilt das Deutsche Nationalkomitee den tier-
ärztlichen Vereinen und sämtlichen Herren Kol-
legen das soeben erschienene Pro^amm des
IX. Internationalen Tierärztlichen Kongresses
im Haag, vom 14.— 19. September 1909, zur
Kenntnisnahme mit. Der Mitgliederbeitrag be-
läuft sich auf 17 M. und ist an Herrn D. F. van
Esoeid, Dozent an der Keichstierarzneischule zu
Utrecht, zu entrichten.
Programm.
Allgemeine Sitzungen.
Verhandlungsgegenstände .
1. Die polizeiliche Bekämpfung der Schweine-
seuche und Schweinepest mit Rücksicht auf
die neueren Forschungen über deren Ätiologie.
2. Gesetzlicher Schutz der Veterinärmedizin.
3. Der Tierarzt als amtlicher Sachverständiger
in Tierzuchtsachen.
4. Die Bedingungen für die Promotion zum
veterinärmedizinischen Doktorat.
5. Die sanitäre Milchkontrolle und die staatliche
obligatorische Fleischbeschau.
6. Die unschädliche Beseitigung der Tierkadaver
und der Fleischkonfiskate.
7. Die Prophylaxis und die Pathologie der
Protozoen - Krankheiten (Piroplasmosen,
Trypanosomosen usw.) mit Demonstration der
spezifischen Parasiten und die Übertragung
vermittelnder Tiere (Zecken, Mücken usw.).
8. Staatliche Kontrolle der Sera und Bakterien-
produkte, sowie deren Herstellung von
Staatswegen.
9. Die Tuberkulose des Geflügels in ihren Be-
ziehungen zu der der Säugetiere.
10. Die Sterilität des Rindes und ihre Be-
ziehungen zu den ansteckenden Krankheiten
der Geschlechtsorgane.
11. Die staatliche Bekämpfung der Tuberkulose
mit Rücksicht auf deren Infektionswege.
12. Bau und Einrichtung der Stallungen mit Rück-
sicht auf die Prophylaxis der Tierkrankheiten,
besonders der Tuberkulose, und auf die
Milchhygiene.
Sektionen des Kongresses.
I. Öffentliches Veterinärwesen; Nahrungsmittel-
kontrolle.
IL Pathologie und Bakteriologie.
III. Klinische Tierheilkunde.
IV. Tierzucht.
V, Tropische Krankheiten.
Sektions Sitzungen.
I. Sektion.
1. Die Kontrolle der animalischen Nahrungs-
mittel, ausgenommen des Speisefleisches und
der Milch.
— 340 —
2. Die Schlachtviehvenicberung^.
8. DeBinfektion der Transportmittel und der
tierischen Rohprodukte im internationalen
Verkehr.
4. Die Serotherapie, die Seroprophylaxe und
die Impfung bei Maul- und Klauenseuche und
deren Wert für die Veterinärpolizei.
II. Sektion.
1. Die Diagnose der ansteckenden Tierkrank-
heiten mittelst der neueren Immnnitäts-
reaktionen mit Ausnahme des subkutanen
Einverleibens des Tuberkulins und des
Malleins.
2. Die Ätiologie und Pathogenese der malignen
Tumoren, namentlich des Krebses.
3. Die Impfung gegen Tuberkulose.
4. Die pathologisch-anatomische und patholo-
gisch'histologische Diagnostik der Tollwut.
III. Sektion.
1. Die spezifische chronische Enteritis des
Rindes.
2. Die infektiöse Pleuropneumonie des Pferdes.
3. Die Hämostase bei den modernen Kastrations-
methoden.
. 4. Die Pathologie und Therapie der Strepto-
kokkenkrankheiten.
5. Arthritis chronica deformans des Pferdes.
IV. Sektion.
1. Die Physiologie der Milchsekretion und die
Beziehung zwischen Exterieur des Rindes und
. der Milchproduktion.
2. Der Einfluß der verschiedenen Futtermittel
auf die Qualität der Produkte (Fleisch, Milch)
und die Anwendung der Kellnerschen
Prinzipien bei der Ernährung der Haustiere
mit Rücksicht auf die Kraft-, Milch- und
Fleischerzeugung.
3. Die Verhütung der nachteiligen Folgen der
Leistungszncht bei den Hanstieren.
4. Der Unterricht in der Tierzucht
V. Sektion.
1. Die hygienischen Maßregeln ffir den Über-
seeischen Transport der Haustiere.
2. Die Veterinärpolizei in den Kolonien.
3. Die Laboratorien zur Untersuchung der tro-
pischen Krankheiten und der Unterricht in
denselben.
Baden-Baden, Berlin, Göttingen, Stuttgart, Mfll-
hausen i. E , Posen und München, den 19. Mai 1908.
Dr. Lydtin, Dr. Esser, .Beißwänger, Heyne,
Mölter, Dr. Ostertag, Dr. Schmaltz, ZUndel.
Personalien.
Ernennungen: Hofrat Dr. Gustav v. Vaerst,
Herzoglich. Sachsen-Meiningonscher Hof- und
Landestierarzt, zum ordentlichen Professor für
ambulatorische Klinik sowie gerichtliche und
polizeiliche Tierheilkunde an der Tierärztlichen
Hochschule München; Tierarzt Dr. Ewald Franke
aus Godesberg zum Leiter des bakteriologischen
Laboratoriums auf dem städtischen Schlachthofe
zu Breslau; am bakteriologischen Institut der
Landwirtschaftskammer in Halle a. S. Tierarzt
Skiba, bisher Assistent an der Tierärztlichen
Hochschule in Hannover, zum Assistenten, desgl.
Tierarzt Dr. Schumann, bisher Assistent am
Schlachthof zu Halle, in Vertretung des Tier-
arztes Münchgesang; Tierarzt Dr. Holzapfel-
Hagen i. W. zum Fleischbeschautierarzt in
Mengede, die Assistenztierärzte Ledschbor und
Littwitz am städtischen Schlachthof in Breslau
zu etatsmäßigen städtischen Tierärzten daselbst,
Tierarzt Schiller zum zweiten städtischen Tier-
arzt in Eichstätt; Stadttierarzt Solger-Weilbeim
a. d. Teck zum Stadttierarzt und Schlachthof-
verwalter in Nürtingen; Tierarzt V. Leonhardt-
Sindelfingen zum Stadttierarzt in Weilheim
a. d. Teck; Assistenztierarzt G. Stemmer-Weimar
zum zweiten Hilfstierarzt am Schlacht- und Vieh-
hof in Leipzig.
Auszeichnungen : Schlachthaus - Inspektor
Agerth in Neubrandenburg wurde in An-
erkennung seiner verdienstvollen zehnjährigen
Tätigkeit als Inspektor des Schlachthauses da-
selbst zum Srhla^'hfhausdirekfor emannnt.
Der Herausgeber dieser Zeitschrift ist vom
Verein der dänischen Fleischbeschantierärzte
zum Ehrenmitglied gewählt worden.
Gestorben: Schlachthof direktor Paul von
Gerhardt in Osterode (Ostpreußen).
Vakanzen.
Sohlaohthoftlerarztttellen: Barmen: Schlacht-
hofassistenztierarzt, 2400 M., steigend jährlich um
100 M. bis 4500 M., freie Wohnung, Licht, Heizung.
400 M. fUr Untersuchung des Sperrviehs. Gesuche
an den OberbOrgermeister.
S ta r gar d i. P m m. : Assis tenztierarzt,1800M.
Gehalt, freie möblierte Wohnung, Heizung und
Beleuchtung. Meldungen an Schlachthofdirektor
Zahl-Stargard.
Stellen an wissenschaftlichen Instituten:
Leipzig: 2. Assistent am Veterinär Institut
der Universität. 125 M. monatlich, freie Wohnung,
Heizung und Beleuchtung. Bewerbungen an
Prof. Dr. Eber- Leipzig.
Ambulatorische Fleischbeschau:
Herrnhut (Oberlausitz). Tierarzt für Fleisch-
beschau.
Seh wetz (Weichsel). Tierarzt Auskunft
erteilt Landrat von Halem in Seh wetz.
Vermnt wörtlicher Redakteur (exkL Inaeratenteil) : Prof. l>r. Oatertag iu Jierlüa. — Verlag von Richard Boboots in Berlin.
''. :i.
Z9U$chriß ßr FteiacK- und MilehhygißM.
XYUL Jakrgansf, Hefl 10.
Böhm^ Zur Morphologie und Biologie der Trichinen,
Tafel L
4
%
• I
#
t
Etwa 60 Cache Vergröflerung.
Yerlagsbachbandloiig von Riebard Scboetz, Berlin SW.
Zeiiechrift ßr Ft«i$ch' und Milehhygieno
XVIII. Jahrgang, Heß 10,
Böhm, Zur Morphologie und Biologie der Trichinen.
Tafel IL
I
Etwa 60 fache Vergröfierang.
VerUgibaohhandlong ron Richard Sohoets, Berlin SW
Zeitschrift
Ar
Fleisch- und Milchhygiene.
Aehtsehnter Jahrgang.
Aacnatt 1908.
Heft 11.
Original-Abhandlimgeii.
(Kaehdraek yerboten.)
Die Trichinenepidemie in Rothenburg
0. d. Tauber, ein Meneteicel fUr die Gegner
der Trichinenechau in Sflddeutechland.
Von
Dr. Jos. Böhn-Nürnberg,
Sanititstlerant.
Bei meinen Bemfihungen, die Sachver-
ständigen in Süddentschland von der Not-
wendigkeit der Einftthrang der Trichinen-
schau zn überzeugen, ist mir gegenüber
öfters betont worden, in Süddeutschland
seien bisher nur vereinzelte Trichinoseflllle
vorgekommen, und die Möglichkeit, daß
mehr als 10 Personen an einem Orte zu-
gleich erkrankten, sei auch wohl für die
Zukunft nicht zu befürchten. Ich wider-
sprach stets dieser Ansicht, besonders
unter Hinweis auf die Art der zum Ge-
nüsse kommenden Schweinefleischprodukte.
Vor etwa Jahresfrist fiel auch einmal die
Äußerung: „So lange keine richtige Epi-
demie mit mindestens 30 bis 40 Erkran-
kungen vorkommt, wird man nach den
vielfach gemachten Erfahrungen in anderen
ähnlichen Angelegenheiten der Sache nicht
näher treten wollen."
Die Aufgabe, die ich mir vor Jahren
gestellt hatte, war vorläufig dadurch zum
Abschluß gebracht, daß es mir mit Unter-
stützung des Vereins süddeutscher Schlacht-
hoftierärzte gelungen ist, bei der höchsten
zuständigen bayerischen Behörde das In-
teresse für die Trichinenschaufrage neuer-
dings zu erwecken (vgl. Erklärung des
Egl. Staatsministers des Innern in der
Verhandlung des bayerischen Landtages
am 16. März 1908). Nunmehr hat uner-
wartet das Schicksal selbst eingegriffen
und die Notwendigkeit der Einftihrung
der Trichinenschau in Süddeutschland in
tief betrübender Weise ad hominem demon-
striert.
Am 28. Juni 1. J. erhielt ich die brief-
liche Mitteilung, daß in dem bekannten
bayerischen Städtchen Rothenburg ob der
Tauber eine Trichinenepidemie ausge-
brochen sei. Nachdem ich am folgenden
Tag in mündlicher Rücksprache Näheres
in Erfahrung gebracht hatte, fuhr ich am
1. Juli selbst nach Rothenburg, haupt-
sächlich um das Krankheitsbild der Trichi-
nose durch persönliche Besichtigung der
erkrankten Personen kennen zu lernen.
Nachfolgend sei der Fall kurz be-
schrieben :
In der Woche nachPfingsten erkrankten
rasch hintereinander mehrere Personen
unter Erscheinungen, über deren Natur
sich die dortigen Ärzte nicht vollkommen
einig waren. In der Stadt ging das Ge-
rücht, es handle sich um Wurstvergiftung
oder Trichinose. Der Bürgermeister erließ
hierauf eine Bekanntmachung, in der erklärt
wurde, daß kein Grund zur Beunruhigung
vorliege, da die im Gerüchte genannten
beiden Krankheiten ärztlicherseits nicht
festgestellt worden seien. Als aber die
Zahl der Erkrankten mit gleichen Symp-
tomen sich mehrte und Gewißheit ge-
schaffen werden mußte, schickte man das
einem Patienten mit dessen Erlaubnis
herausgeschnittene Stückchen Muskel-
fieisch an das Pathologische Institut der
Universität Erlangen. Bald traf von dort
die telephonische Mitteilung ein, daß die
Probe stark mit Trichinen durchsetzt sei.
Nun bestand auch bei den Ärzten kein
- 342 -
Zweifel mehr, daß es sich bei den Er-
krankten um Trichinose handle. Die in-
zwischen stärker hervorgetretenen Sym-
ptome waren hauptsächlich starke Schwel-
lung der Augenlider, große Hinfälligkeit mit
vollständiger Unterdrückung des Appetits,
Steifigkeit, Anschwellungen undSchmerzen
in der Muskulatur der Extremitäten.
Diesen Erscheinungen gingen bei den
meisten Patienten heftiger Durchfall oder
auch das Gegenteil, hartnäckige Ver-
stopfimg, verbunden mit Leibschmerzen,
voraus. Vielfach aber wurden Wahrneh-
mungen, die auf ein Ergriffensein des
Darmkanals schließen ließen, nicht
gemacht. (Diesen Umstand möchte ich
betonen, da ich in meiner Abhandlung
„Morphologie und Biologie der Trichinen" ♦)
bemerkte, daß von einigen Autoren Ver-
änderungen in der Muskulatur als erstes
wahrnehmbares Zeichen bei Trichinen-
erkrankungen angegeben werden. Jetzt
glaube ich für die genannten Fälle die
Erklärung darin finden zu mästen, daß
mitunter die Beschwerden, die die Darm-
trichinen hervorrufen, unbeachtet bleiben.)
Fast sämtliche Erkrankte sind jetzt in
dersechstenV?^oche von den Schmerzen und
Anschwellungen glücklicherweise befreit;
die Folgen der starken Schwächung
des ganzen Organismus sind aber noch
fühlbar und werden es bei manchen mangels
kräftiger Nahrung noch länger bleiben.
In ärztlicher Behandlung standen nach
der letzten Mitteilung 57 Personen,
außerdem aber lag noch eine nicht
genau feststellbare Anzahl Personen
unter den gleichen Krankheitssymptomen
mehrere Tage danieder. Ein Metzger-
gehilfe, der etwa 50 g rohes öehäck
verzehrt hat, das zur Anfertigung von
Krackauer und Mett-Würsten bestimmt und
aus dem Fleische von vier am 4. Juni
geschlachteten,inRothenburgaufgezogenen
Schweinen gemischt war, erkrankte zu-
erst, angeblich am 11. Juni. Die
Schwellung an den Augen soll besonders
*) Diese Zeitschr., Juliheft lauf. Jahrg., S. 323.
charakteristisch ausgeprägt gewesen sein.
Diejenigen Personen, die Würste obiger
Art aufi dem Geschäfte des gleichen
Metzgers gegessen haben (sie wohnten
fast alle in nächster Nähe des Verkaufs-
lokals) traf dasselbe Schicksal. In einer
Familie waren vier Mitglieder erkrankt,
mit Ausnahme der Frau, die zur kritischen
Zeit keine Mettwurst verzehrt hatte. Da
die Diagnose erst am 20. Juni feststand,
konnten Fleisch- oder Wurstwaren von
den vor Pfingsten geschlachteten Schweinen
nicht mehr nachuntersucht werden, weil
vor und während der Feiertage der ganze
Vorrat verkauft worden war. Am Pfingst-
montag fand in Rothenburg das historische
Festspiel „Der Meistertrunk'^ statt, aus
welchem Anlaß dort über 5000 Fremde
anwesend waren. Es ist nicht unmöglich,
daß unter diesen auswärts auch noch
einige erkrankt sind.
Auf meine Anregung hin fahndete man
in den Anwesen, aus denen die in Frage
kommenden Schweine stammen konnten,
nach Ratten, und am 8. Juli teilte mir
der städtische Bezirkstierarzt in Rothen-
burg mit, daß er zwei ihm von der
Polizei überbrachte Ratten dieser
Anwesen hochgradig trichinös be-
funden hat (in 24 Präparaten 640
Trichinen!). Es dürfte demnach die
Kette der Beweise, daß es sich um eine
in Rothenburg selbst erfolgte Trichinen-
infektion handelte, geschlossen sein.
Von Seiten der KgL Kreisregierung
wurde über die in Betracht kommende
Schweinestallung die Sperre verhängt mit
der Bestimmung, daß die noch vorhande-
nen Schweine nur in einem unter tier-
ärztlicher Aufsicht stehenden Schlachthof,
auf dem eine Untersuchung auf Trichinen
möglich sei, geschlachtet werden dürfen.
Zur Vermeidung von Verwechslungen
wurde femer angeordnet, daß die Schweine
zu kennzeichnen seien (Ohrmarken), und
daß über die Schlachtung und erfolgte Tri-
chinenschau eine Bescheinigung vorgelegt
werden müsse. Auch eine Razzia auf Ratten
— 343 —
wurde regierungsseitig dringend anemp-
fohlen.
Die Stadtgemeinde Rothenburg, die
noch im Januar d. J. eine Trichinenschau
für überflüssig gehalten hat, da dort bis
jetzt eine Trichinosis nicht vorgekommen
sei und Pleischwaren nur gekocht ver-
wendet werden, hat Zeitungsmeldungen
zufolge jetzt bereits, nicht zum mindesten
in Erfüllung der Wünsche der Metzger
und der Einwohnerschaft, beschlossen, die
Trichinenschau einzuführen. Bis zur An-
stellung von Beschauern nimmt ein von
Nürnberg abgestellterHilfstrichinenschauer
die Untersuchungen vor. Auch die Privat-
schlachtungen werden in Zukunft der Be-
schau im Schlachthof unterliegen.
Rothenburg o. Tauber zieht also aus
dem traurigen Vorkommnis die Eonse-
quenz, und hoffentlich warten jetzt andere
bayerische Gemeindebehörden nicht zu,
bis sie selbst durch ein ähnliches Ereignis
an die Notwendigkeit der Einführung der
Trichinenschau gemahnt werden. In erster
Linie möchte dies von den großen Städten
zu erwarten sein, da das von diesen ge-
gebene Beispiel für die kleineren Gemein-
wesen ein mächtiges Argument ist, daß
in gleicher Weise vorgegangen werden
muß.
Bedauerlich bleibt der Umstand, auf
den ich schon wiederholt hingewiesen
habe, daß nämlich durch einen Fall wie
den vorliegenden das Ansehen der Fleisch-
beschau Einbuße erleidet. Man konnte
sowohl in Rothenburg als hier in Nürn-
berg im Laienpublikum die Äußerung
hören „wenn sich solches ereignen kann,
muß es mit der Fleischbeschau doch
nicht gut bestellt sein." Man glaubt
hiernach, daß die durch Reichsgesetz vor-
geschriebene Fleischbeschau auch in Süd-
deutschland bereits alles tue, um Er-
krankungen nach Genuß von Fleisch zu
verhüten. Der städt. Tierarzt zu Rothen-
burg, der die Einführung der Trichinen-
schau im Januar dringend verlangt hat,
muß sich jetzt für die Schuld anderer
ungerechterweise Mißtrauen und Vorwürfe
entgegenbringen lassen.*)
Über den Wert der Lymphdrüeenquetschung
nach Bloch und der intramamroären Infektion
fOr die Schnelldiagnose der Tuberkulose.
Von
Dr. Franz Johann Fllag-Braunsberg,
prakt. Tierarzt.
Von den verschiedenen Infektions-
metboden zur sicheren Feststellung der
Tuberkulose ist von Ostertag die intra-
muskuläre als die zweckdienlichste be-
zeichnet worden. Sie liefere durchweg
bessere Resultate selbst als die subkutane
Impfung; denn sie erzeuge viel erheb-
lichere Veränderungen an der Impfstelle
als diese. Es entstehe stets eine starke
Anschwellung der infizierten Muskelpartie,
in der sich bei der Wahl der Muskulatur
des Hinterschenkels als Impfstelle zwei spe-
zifisch veränderte Lymphdrüsen, die Knie-
kehl- und die Leistendrüse, nachweisen
lassen. Infolge der auffalligeren lokalen
Veränderungen ermögliche sie eine früh-
zeitigere klinische Diagnose der Impf-
tuberkulose und bedeute deshalb eine Ver-
kürzung des Impfversuchs, eine Ersparnis
an Kosten und ermögliche bei der Be-'
kämpfung der gefährlichen Tuberkulose-
formen des Rindes ganz besonders eine
frühzeitigere Ausmerzung derjenigen Tiere,
die tatsächlich an Tuberkulose leiden.
Die intramuskuläre Impfung gebe auch
die Möglichkeit einer früheren Ent-
scheidung als die intraperitoneale; denn
die Impftiere könnten zum Zwecke der
weiteren Untersuchung getötet werden,
sobald die der Impfstelle benachbarten
Lymphdrüsen als derbe, feste, schmerz-
lose, von der Umgebung scharf abge-
*) Die Massenerkrankung in Rothenburg
o. Tauber hat die Befürchtungen, die wegen der
Möglichkeit des Auftretens der Trichinosis in
Sttddeutschland in letzter Zeit ausgesprochen
wurden, und denen namentlich Herr Dr. Böhm als
eindringlicher Warner nachdrücklich Worte ge-
geben hat, leider bestätigt. Sie wird in Süd-
deutschland zu erneuter ernster Prüfung Ver-
anlassung geben, was geschehen muß, um der
Wiederholung ähnlicher Massenerkrankungen nach
Fieischgenuß vorzubeugen. D. H.
— 344 —
grenzte Knoten von Eleinerbsengröße
und darüber hervortreten. Dies könne
aber schon am zehnten Tage der Fall sein.
Durch die intramuskuläre ImpAing würden
femer die pseudotuberkulösen Verände-
rungen vermieden, die bei der intraperi-
tonealen auftreten können. Endlich ge-
währe sie den großen Vorteil, daß inter-
kurrente Todesfälle viel seltener seien. An
Wirksamkeit habe sich die intramuskuläre
Impfung der intraperitonealen insofern als
überlegen gezeigt, als je ein mit 1 ccm
Vollmilch und Bahm sowie zwei mit Milch
in der Verdtlnnung 1 : 1000 Million intra-
muskulär geimpfte Tiere an generalisierter
Tuberkulose erkrankten, während die
intraperitoneal geimpften Paralleltiere ge-
sund blieben.
Nun hat Arthur Bloch*) angegeben,
er habe eine Methode gefunden, die eine
Mhzeitigere Diagnosestellung als die ein-
fache, subkutane Infektion möglich mache,
nämlich die subkutane Infektion unter
gleichzeitiger Quetschung der regio-
nären Lymphdrüsen. Dieser von Bloch
eingeschlagene Weg zur Schnelldiagnose
der Tuberkulose hat seine Vorgänger.
Kosenbach und Wyssokowitsch
haben durch Injektion von Eitererregem
in die Blutbahn nach vorhergehender
künstlicher Verletzung der Herzklappen
ulzeröse Endokarditis erzeugt. Aus diesem
Versuch zieht Orth**)für die Lehre von der
Krankheitsdisposition folgende Schlüsse:
jylnjektion einer feinsten Aufschwemmang
geeigneter Organismen ins Blut von Kaninchen
macht allein keine mykotische Endokarditis; die
äußere Krankheitsursache ist also hier für sich
allein, so lange sie auf ihre eigene V^irksamkeit
angewiesen bleibt, nicht imstande, die Krankheit
zu erzengen. Aber ebensowenig ist auch die
Disposition, die innere Krankheitsursache, dazu
imstande; denn wir haben ebenso wie Kosen-
bach nach bloßer Verletzung der Klappen ge-
sunder Kaninchen niemals auch nur eine sicht-
bare Thrombose an den verletzten Stellen,
*) Berl. Klin. V^ochenschr. 1907, Nr. 17.
**) Über die Ätiologie der experimentellen
mykotischen Endokarditis. Virchows Arch.
Bd. 103, S. 333.
geschweige denn eine Endokarditis entstehen
sehen. Also beide Faktoren sind jeder ffir sich
allein ohnmächtig, dagegen entsteht sofort nnd,
wie es scheint, mit vollster Regelmäßigkeit die
Erkrankung, sobald beide in Gemeinschaft zur
Einwirkung gelangen, und zwar bedingen sie
keine geringfügige Affektion, sondern eine
schwere Veränderung, welche zunächst zwar
eine lokale ist, aber bald weitere Organe in
Mitleidenschaft zieht und den Tod des Tieres in
kürzester Zeit bedingt^
Nach diesen Gesichtspunkten hat
Bloch seine Versuche zor Schnelldiagnose
der Tuberkulose angestellt. Er versuchte,
durch eine willkürlich hergestellte lokale
Disposition eine schwere Tuberkulose-
infektion zu erzeugen, und kommt auf
Grund der Ergebnisse seiner Versuche
zu dem Schluß, daß man nach seiner
Methode binnen 9—11 Tagen mit Sicher-
heit feststellen könne, ob Tuberkulose
vorliegt oder nicht.
Auf Veranlassung des Herrn Geh. Reg.-
Rat Prof. Dr. Ostertag habe ich mich
der Arbeit unterzogen, die Angaben
Blochs auf ihre Richtigkeit zu prüfen.
. AMfühning der YersMlie.
Als Versuchstiere dienten ausschließlich
Meerschweinchen. Als Impfmaterial wurden
tuberkulöse oder tuberkuloseverdächtige Lymph-
drOsen, Eiter, MUch, Sputum und Tuberkulose-
reinkulturen verwandt. Die ersten Versuche
wurden genau nach den Angaben Blochs aus-
geführt: Die Impfung erfolgte subkutan in die
rechte Leistengegend. Dann wurde die rechte
Kniefalte des Tieres zwischen Daumen und
Zeigefinger genommen und einige Male reibend
die Leistengegend durchtastet, immer mit den
Fingern von der Tiefe zur Oberfläche gebend.
Dabei kamen die Eniefaltendrüsen als ganz
kleine Knötchen zwischen den Fingern zur
Wahrnehmung und konnten durch festeres Zu-
drücken gequetscht werden.
Bei dem dritten Versuch war die Impfung
zufällig nicht subkutan, sondern intramuskulär
ausgeführt worden. Da aber bei dieser Art der
Impfung die Veränderungen ebenso deutlich aus-
geprägt waren wie bei der subkutanen, die Masse
des Entzündungsgewebes in der Nachbarschaft der
gequetschten Lymphdrüse jedoch viel geringer
war und deshalb diese zur Untersuchung viel
freier lag, so wurde von da an neben der sub-
kutanen Impfung vergleichend die intramuskuläre
ausgeführt, um zu ermitteln, ob nicht die letztere
— 345 —
g&nstigere Resultate liefere. Neben jedem Tier
mit geqnetBchter EniefaltendrüBe wurde ein
solches geimpft, das frei von jeder künstlichen
Verletzung blieb. Alle geimpften Tiere wurden
tftglich auf die klinischen Veränderungen, be-
sonders der Kniefaltendrttsen, geprüft, und diese
genau aufgezeichnet. Sobald sich nun bei einem
der geimpften Tiere eine Schwellung der ge-
quetschten Lymphdrüse bemerkbar machte, die
an Gröfie und Härte zunahm und dadurch den
Verdacht erweckte, dafi es sich um eine tuber-
kulöse Veränderung handelte, wurde das Tier
zusammen mit einem Kontrolltier getötet und
einer genauen Sektion unterworfen.
Bei den Kontrolltieren waren die nicht ge-
quetschten, mehr oder weniger veränderten
Lymphdrüsen der weiteren Untersuchung un-
mittelbar zugänglich. Die gequetschten Drüsen
lagen dagegen in verschiedenen Packeten in
dem sie umhüllenden Entzündungs- oder Fett-
gewebe zerstreut. Auf dem Durchschnitt durch
das Gewebe waren sie an ihrer durchscheinenden,
grauen Farbe, die bei beginnender Verkäsung
einen trüben, weißlichen Farbenton angenommen
hatte und bei stärkerer Verkäsung gelb war, von
ihrer Umgebung zu unterscheiden. War die Drüse
nur mäßig vergrößert und leicht aufzufinden, so
wurde sie in toto zwischen zwei Objektivträgern
gequetscht, zerrieben und nach Färbung genau
auf Tuberkelbazillen durchmustert War jedoch
die Schwellung eine größere oder die zer-
sprengte Lymphdrüse aus dem sie umgebenden
entzündeten Gewebe nicht genau zu isolieren,
so wurde die eine Hälfte der ganzen Geschwulst
zu Quetschpräparaten, die andere zu Schnitt-
präparaten verarbeitet. Auch die Leisten- und
inneren Darmbeindrüsen wurden, wenn sie ver-
dächtige Veränderungen zeigten, in gleicher
Weise untersucht. So konnten etwa vorhandene
Tuberkelbazillen der Beobachtung nicht leicht
entgehen. Die Fixierung geschah anfangs in
Aceton, um ein schnelleres Resultat zu er-
zielen. Da sich aber die in Aceton gehärteten
Drüsen schlecht schneiden ließen, wurde die
FixierungmitFormalin und Sublimatspiritus
bevorzugt. Die Einbettung geschah in Paraffin.
Es wurden von den Gewebestückchen 5—10 fi
dicke Schnitte angefertigt, und zwar wurden
Schnitte aus, vier verschiedenen Lagen jedes
Stückchens aufgelegt, um jedes Übersehen der
Tuberkelbazillen zu vermeiden.
Indem ich bezüglich der Einzelheiten
auf meine Dissertation (Brannsberg 1908)
verweise, bemerke ich hier folgendes:
Die ersten neun Versuche wurden mit
Material angestellt, in dem schon vor der
Impfung Tuberkelbazillen nachgewiesen
waren. Es wurde dadurch bezweckt, fest-
zustellen, ob es überhaupt möglich ist,
in 9-— 10 Tagen nach der Impfung in den
der Impfstelle zunächst gelegenen Lymph-
drüsen Tuberkelbazillen zu finden. Die
Versuche beweisen, daß dieses der Fall
ist. Zugleich geht aus ihnen hervor, daß
durch die Quetschung einer Lymphdrüse
eine gewisse Disposition geschaffen wird,
da die gequetschten Drüsen stets reicher an
Bazillen waren, als die nicht gequetschten.
Der 10., 11. und 12. Versuch wurde
mit Material angestellt, das in dem Ver-
dachte stand, tuberkelbazillenhaltig zu
sein, in dem aber durch die mikroskopische
Untersuchung keine Tuberkelbazillen ge-
funden werden konnten. Durch die
Impfung wurde nach9— 11 Tagen bewiesen,
daß es sich in der Tat um tuberkulöses
Material handelte. Es ist also möglich,
durch die Impfling nach 9—11 Tagen die
Diagnose auf Tuberkulose mit Sicherheit
zu stellen. Hierdurch wird die Behaup-
tung Blochs bestätigt. Allerdings konnten
die Tuberkelbazillen nicht immer in der
Menge in den Lymphdrüsen gefunden
werden, wie Bloch dies angibt. Jedoch ge-
nügte ihre Zahl stets, um eine sichere
Diagnose durch die mikroskopische Unter-
suchung gefärbter Ausstrichpräparate
stellen zu können.
Am meisten sind Meerschweinchen
zur Impfung geeignet, die eine nicht zu
kleine, derbe, von wenig Fettgewebe um-
gebene Lymphdrüse besitzen; denn solche
Lymphdrüsen sind leicht zu quetschen
und liegen nach der Tötung verhältnis-
mäßig frei für die weitere Untersuchung da.
Der Verlauf der Impfung ist ein fast regel-
mäßiger: Am 2. oder 3. Tage tritt in der
Kniefalte der Impfseite eine etwa hasel-
nußgroße, weiche Anschwellung auf. Sie
nimmt in den nächsten Tagen an Größe
ab, dafar aber an Härte zu. Am 10. Tage
hat sie Erbsen- bis Haselnußgröße erreicht
und fühlt sich hart an, dabei ist sie
schmerzlos. Am 3. bis 5. Tage kann ein
— 346 —
Abszeß an der Impfstelle aufbrechen und
ein eiterndes Geschwür entstehen.
Die einzelnen Teile der zerquetschten
Lymphdrüsen sind gewöhnlich aus dem sie
umgebenden Gewebe an ihrer grauweißen
Farbe herauszukennen. Mitunter ist je-
doch das Auffinden der Drüsenteile schwer,
zumal wenn durch die Quetschung eine
Blutung verursacht worden ist. In diesem
Falle bemerkt man bei der Anfertigung von
Quetschpräparaten die Anwesenheit von
Drüsengewebe leicht daran, daß dieses
den Objektträger milchig trübt und an ihm
haften bleibt, während das sie umhüllende
Fettgewebe spurlos über die Fläche des
Objektträgers gleitet.
Zum Fixieren der Schnitte eignet sich
meiner Erfahrung nach Aceton nicht so
gut als die anderen Fixirungsmittel; denn
die Tuberkelbazillen nehmen in solchen
Schnitten den Farbstoff schlecht auf, und
in Aceton eingebettetes Material schneidet
sich schlecht. Auch die Fixierung in
Formalin ist nicht günstig, weil die Tuber-
kelbazilleu in solchen Schnitten ihre Farbe
in kurzer Zeit wieder verlieren. Am
vorteilhaftesten ist die Fixierung in
Sublimatspiritus.
Die intramuskulär ausgeführten
Impfungen zeigten günstigere Er-
folge als die subkutanen; denn bei
ihnen waren die Veränderungen noch aus=
geprägter, die Zahl der Tuberkelbazillen
in den veränderten Teilen größer, und es
kamen weniger häufig interkurrente Todes-
fälle vor. Ja die intramuskuläre
Impfung ohneDiüsenquetschungkam
an Wirksamkeit der subkutanen mit
Drüsenquetschung gleich. Wenn auch
die Zahl der Tuberkelbazillen in der unver-
letzten Kniekehldrüse nicht so groß war
wie in der gequetschten Kniefaltendrüse,
so war sie doch ausreichend, um eine
sichere Diagnose stellen zu können. Die
Erklärung hierfür ist vielleicht darin zu
finden, daß die wenigen im Impfmateriale
vorhandenen Bazillen bei der intramus-
kulären Einverleibung mit dem sie auf-
nehmenden Lymphapparate in innigere
Berührung kommen und die höhere
Temperatur im Innern der Muskulatur ihre
Vermehrung begünstigt. Jedenfalls kann
u. U. auch durch die intramuskuläre
Impfung ohne Drüsenquetschung in
9—11 Tagen die Diagnose auf Tuber-
kulose gestellt werden.
Durch weitere Versuche stellte ich mir
die Aufgabe, zu ermitteln, ob die derbe,
an Größe zunehmende Schwellung der
Impfstelle benachbarter Lymphdrüsen
lediglich die der Tuberkelbazilleninfektion
eigentümliche ist oder ob auch die tuber-
kelbazillenähnlichen, säurefesten Bakterien
eine gleiche oder ähnliche Drüsen-
schwellung verursachen können. Salus
ist der Ansicht, daß „eine solche Drüsen-
schwellung wohl nur bei echter Tuber-
kulose vorkommt". Ostertag bestätigt
diese Ansicht. Weber hat andererseits
festgestellt, daß säurefeste Bakterien,
in großer Menge in den Tierkörper ein-
gebracht, hier als Fremdkörper wirken und
sogar Eiterung erzeugen können. Um die
Richtigkeit dieser Ansichten zu prüfen,
stellte ich mir von vier verschiedenen Stäm-
men säurefester Bakterien Aufschwem-
mungen in Kochsalzlösung her. Im Ausstrich
dieses Materials wurden sehr zahlreiche
Bakterien gefunden, die sich als äußerst
säure- und alkoholfest erwiesen. Mit je
1 ccm dieser vier verschiedenen Auf-
schwemmungen wurden je vier Meer-
schweinchen subkutan oder intramuskulär
geimpft und ebenso behandelt wie die
Tiere der ersten Versuchsreihe.
Die Meerschweinchen zeigten hiernach
in den ersten 3—5 Tagen eine weiche
Anschwellung, die sich aber nach
Ablauf dieser Zeit wieder rasch zu-
rückbildete. Als die Versuchstiere am
10. Tage getötet wurden, ließen sich bei
denjenigen Meerschweinchen, derenlmpfort-
lymphdrüsen gequetscht worden waren, in
den durch Zerreibung der ganzen gequetsch-
ten Lymphdrüsen hergestellten Ausstrich-
präparaten einige wenige (3, 4, 5 höchstens
347 —
10) sänrefesie Bakterien nachweisen. Bei
den Meerschweinchen, bei denen eine
Lymphdrüsenquetschung unterblieben war,
waren dagegen in den den Impfstellen
benachbarten Lymphdrüsen keine säure-
festen Bakterien festzustellen.
Hiemach kommt eine allmählich zu-
nehmende derbe, schmerzlose Anschwel-
lung der der Impfstelle benachbarten
Lymphdrüsen, wie sie nach der Verimpfung
tuberkulösen Materiales auftritt, nach der
Einimpfung säurefester Pseudotuberkel-
bazillen nicht vor. Die Quetschung
der Lymphdrüsen nach Bloch kann
aber nach meinen Versuchen bak-
terioskopisch zu diagnostischen
Irrtümern führen, da in den ge-
quetschten Lymphdrüsen säurefeste
Pse Udotuberkelbazillen nachgewie-
sen werden können, was in den un-
gequetschten Lymphdrüsen nicht der
Fall ist.
Eine dritte Versuchsreihe galt der
interessanten Impfart, die Nattan-
Larrier*) und Griffon**)zurFeststellung
der tuberkulösen Natur eines patho-
logischen Produktes verwandten. Sie be-
nutzten dazu die Mamma des Meer-
schweinchens im Stadium der Lak-
tation. Die Menge der Injektionsflüsslg-
keit kann nach ihrer Meinung 1 — 3 ccm
betragen. Einen Tag nach der Injektion
schon schwillt nach den Angaben von
Nattan-Larrier und Griffon die Milch-
drüse an, verhärtet sich, die sezemierte
Milch wird erst gelblich-serös, dann puri-
form. Jemma hat den Versuch kon-
trolliert und ist ebenfalls zu einem posi-
tiven Resultat gekommen; nach seiner
Erfahrung genügen schon 6—8 Tage, um
die Diagnose stellen zu können. Der
Weg durch die Mamma besitzt fär J.
einen viel höheren Wert als der gewöhn-
liche durch das Peritoneum; denn in der
Milchdrüse vermehrten sich die Bazillen wie
*) Compt rend. de la Soc. de Biologie Bd. 55,
Nr. 6, S. 239.
**) Riv. di Cün. pediatr. 1905 (?) Nr. 6.
in einem wahren lebenden Kulturboden,
und man könne sie in der Tat schon nach
6 - 8 Tagen im Sekret der Mamma finden.
Den Verlauf der Impfung schildert
Nattan-Larrier folgendermaßen:
Die Infektion erfolgt vom Warzenhof ans
in das Parenchym der Drüse. Dann läfit die
Milcbsekretion bald nach; vom 4. Tage an er-
hält man kaum ein Tröpfchen einer gelblichen,
durchscheinenden Flüssigkeit. Nach dem 20. Tage
quillt nur eine dicke, käsige Masse hervor. In
der Milch findet man frühestens am 5. Tage,
spätestens am 15. Tage Tuberkelbazillen. Makro-
skopisch konstatiert man an der zur Impfung be-
nützten Milchdrüse eine Schwellung und Auftreten
von harten Knötchen im Gewebe; später bildet
sich ein Geschwür aus, die Warze ragt als ge-
schwollenes Gebilde hervor und läßt beim ge-
ringsten Druck dicken, rahmigen Eiter heraus-
quellen.
Diese Impfinethode habe ich an fünf
laktierenden Meerschweinchen nachge-
prüft. Als Impfmaterial diente Milch von
einer eutertuberkulösen Kuh, in der
mikroskopisch Tuberkelbazillen nachge-
wiesen waren.
Meine Versuche ergaben, daß in den
ersten Tagen nach der Impfung eine
Schwellung des Euters auftritt. Vom 4.
bis 6. Tage beginnt das Milchsekret eine
wäßrige Beschaffenheit anzunehmen. Vom
6. bis 9. Tage bildet sich am Grunde des
Euters ein Abzeß, der allerdings auch
ausbleiben kann, und es sind im Euter
kleine Knötchen zu flihlen, die täglich
größer werden. Die Milchsekretion nimmt
allmählich ab und kann schon am 14.
Tage nach der Impfung völlig aufhören.
Das Sekret wird immer geringer und
wäßriger und ist in den letzten Tropfen
völlig wasserklar. Vom 7. bis 12. Tage
lassen sich in ihm Tuberkelbazillen
nachweisen. In der 2. oder 3. Woche
tritt eine Schwellung der Kniefaltendrüsen
auf. Bei der Sektion der nach dem Auf-
hören der Sekretion getöteten Tiere findet
man das Bild allgemein ausgebreiteter
Tuberkulose.
So sicher nun auch diese Impfart zum
Ziele führt, so wird sie doch nie all-
348 —
gemeine Anwendang finden können, weil
geeignete Impftiere nicht immer zur Hand
sind. Dazu kommt, daß eine genaue
Darcbmusterung der Ausstriche, die täg-
lich vorgenommen werden muß, sehr zeit-
raubend ist. Hiemach ist diese Impf-
methode für die Praxis nicht verwertbar,
dagegen in Instituten für Fälle, in denen
an der raschen Feststellung der tuberku-
lösen Natui* eines Erankheitsproduktes
sehr viel gelegen ist.
Schlußsätxe:
L Durch die subkutane Verimpfung
tuberkulösen Materials, verbunden mit
Quetschung der KniefaUefidrüse, läßt
sich in 9 — 11 Tagen feststellen, ob
Tuberkulose vorliegt oder nicht.
IL Die intramuskuläre Impfung mit
Quetschung der Kniefaltendriise führt
ebenso schnell zum Ziele.
III. Es läßt sich aber auch durch die
intramuskuläre Impfung ohne Quet-
schung der Kniefaltendrüse in 9 — 11
Tagen eine sichere Diagnose stellen.
IV. In allen Fällen müssen sicherheits-
halber mehr als xtvei Tiere geimpft
werden.
V. Die nach der Impfung auftretende
Schwellung der Lymphdrüsen ist für
die Tuberkulose charakteristisch.
VI. Durch die intramammäre Impfung
läßt sich in 7—12 Tagen die tuber-
kulöse Natur eines pathologischen
Produktes sicher feststellen.
Wissenschaftliche ZQchtungskunde und
Ffeischbeschau.
Von
A. Maler-Konstanz,
BeEirlutlenurst.
So bedeutende wirtschaftliche Erfolge
die Tierzucht in den letzten Jahrzehnten
auch aufzuweisen hat, so sind ihre Grund-
sätze bisher doch ziemlich empirischer
Natur gewesen. Erst der Neuzeit blieb
es vorbehalten, auch auf diesem Gebiete
neue Wege zu betreten, Wege, die uns
eine ungeahnte Aussicht von großer
wissenschaftlicher und praktischer Be-
deutung eröffnen. Es sei hier nur an die
Arbeiten eines Weißmann, de Vries,
Häckel, Gebrüder Hertwig u. a. er-
innert. Ihre großen Vorläufer Lamarck,
Geoffroy de Saint-Hilaire, Goethe,
Darwin usw. sollen nur beiläufig genannt
werden.
Bei der zunehmenden Bedeutung der
Tierzucht war es selbstverständlich,
die wissenschaftlichen Forschungsergeb-
nisse nicht allein zu sammeln, sondern
auch weiter auszubauen und in bestimmte
Bahnen zu leiten. Diese ebenso schwierige
wie dankbare Aufgabe hat sich die vor
zwei Jahren gegründete deutsche Gesell-
schaft fOr Zfichtungskunde mit dem Sitz
in Berlin gestellt. Sie ist, wie § 1 ihrer
auch in dieser Zeitschrift seinerzeit ab-
gedruckten Satzungen besagt, eine freie
Vereinigung und bezweckt, die landwirt-
schaftliche Tierzucht wissenschaftlich und
praktisch zu fordern, und zwar
1. die Forschungen über Zeugung,
Entwicklung, Gestaltung sowie über
Krankheiten und Lebensvorgänge in
Rücksicht auf die Haustierzucht zu
sichten;
2. der Geschichte der Haustierrassen,
ihrer Verbesserung und Veredlung nach-
zugehen;
3. den praktischen Züchtern Gelegen-
heit zu geben, ihre Erfahrungen im
gegenseitigen Meinungsaustausch zu be-
sprechen.
Die Gesellschaft, deren Bestrebungen
die größte Beachtung der Tierärzte ver-
dienen, hat ihre Tätigkeit durch die am
1. April 1908 errichtete Sammelstelle für
praktische züchterische Beobachtungen
energisch in Angriff genommen. Eine
Hauptaufgabe diesei- Sammelstelle ist u. a.
die Prüfung der Beziehungen der
äußeren Körpermaße und -formen
zu Größe und Gewicht der inneren
Organe. Diese Aufgabe soll haupt-
sächlich an Schlachthöfen erfällt
werden. Ihre Ergebnisse werdenznsammen-
- 349 —
gestellt and in dem Organ der Gesell-
schaft später veröffentlicht. Damit
bietet sich auch den mit der Fleisch-
beschan betrauten Tierärzten die
Möglichkeit einer Mitarbeit an den
verdienstlichen Bestrebungen der
Gesellschaft.
Gewiß sind schon zahlreiche Messungen
und Wägungen der einzelnen Organe im
Verhältnis zum Körpergewicht bei den ver-
schiedenen Schlachttierarten vorgenommen
worden. Diese Feststellungen galten
aber mehr für das praktische Leben, wie
z. B. den Vergleich zwischen Lebend-
und Schlachtgewicht. Die von der Ge-
sellschaft för Zächtungskunde beab-
sichtigten Forschungen sollen haupt-
sächlich biologischer Natur sein. Es
handelt sich hierbei nicht allein um die
einzelnen Schlachttierarten, sondern auch
um die einzelnen Bässen, die Geschlechter
usw. Es ist anzuehmen, daß die Wägungen
der Muskulatur, Knochen usw. eine reich-
haltige Ausbeute ergeben, die der Tier*
zucht wissenschaftlich und praktisch zu-
gute kommen wird.
Das Bild wird noch vielgestaliger,
wenn bei allen diesen Arbeiten, wie be-
absichtigt, die Haltungsweise und Er-
nährung der Schlachttierarten in Betracht
gezogen wird. So wurde bereits ein
biologisch bedeutungsvolles Gebiet, das
des Geschlechtsdimorphismus, mehrfach in
den Kreis der Forschungen gezogen. Es
handelt sich hier also um morphologische
Fragen, die mit den Verschiedenheiten
der einzelnen Geschlechter zusammen-
hängen. Diese Momente spielen sowohl
in zootechnischer wie auch in wissen-
schaftlicher Hinsicht eine große Rolle.
Es sei hier nur an die sekundären
Geschlechtscharaktere und deren Be-
deutung für die praktische Tierzucht er-
innert. Je ausgeprägter die sekundären
Geschlechtsmerkmale sind, desto leistungs-
fähiger wird auch das Tier in zttchte-
rischer Hinsicht sein, dasselbe wird also
wirtschaftlich wertvoller werden. Gerade
auf diesem Gebiete haben bereits Mes-
sungen und Wägungen des Skeletts und
der Organe verschieden geschlechtlicher
Tiere eine ganz interessante Ausbeute
geliefert. Selbstverständlich handelt es sich
hierbei um Tiere, die sich unter dengleichen
(konvergenten) Lebensverhältnissen be-
fanden. . So wurde auf Grund von
Wägungen festgestellt — ich folge hier
hauptsächlich den Ausfährungen von
Professor Marchi-Perugia im Jahrbuch
für wissenschaftliche und praktische Tier-
zucht 1906 — , daß das Skelett beim
männlichen Tiere stärker entwickelt und
schwerer ist als beim weiblichen Tier.
Die Muskelansatzstellen treten femer beim
ersteren stärker hervor. Ebenso ist der
knöcherne Schädel und der Femur beim
männlichen Tier schwerer. Das Gewicht
des Beckens ist dagegen beim weiblichen
Tier immer größer. Hinsichtlich des
Beckens wurde im übrigen nachgewiesen,
daß nicht nur das Geschlecht, sondern
auch die beim männlichen und weiblichen
Tier konvergente oder divergente Lebens-
weise von großem Einfluß sind. So zeigt
z.B. das Wildschwein geringere Ver-
schiedenheiten im Beckengewicht als das
Craonnais- und Yorkshire-Schwein.
Interessant ist der sogenannte cranio-
mandibulare Index. Man versteht dar-
unter das Verhältnis zwischen dem
Gewicht des Hinterkiefers (Mandibula)
und dem des ganzen Schädels. Er zeigt
sehr bedeutende Schwankungen bei den
Tieren, deren Männchen allein Homer
tragen, und bei denjenigen, deren männ-
liche mit sehr großen Zähnen zur Ver-
teidigung ausgestattet sind. Dieser Index
ist bei den weiblichen Wiederkäuem stets
größer, was auf eine größere nutritive
Tätigkeit hindeutet.
Ferner erscheint die absolute Kapazität
des Schädels beim männlichen Tier immer
größer. Es ist nachgewiesen, daß bei
den Rindem die Unterschiede von der
geschlechtlichen Anpassung in bezug auf
die Nutzung, Geschlechtsfunktionen und
350
die Lebensweise beherrscht werden. Be-.
züglich der Entwicklung der Muskulatnr
im Verhältnis znm Skelett haben die
Wägungen Cornevins ergeben, daß die
erstere beim Männchen schwerer ist als
beim Weibchen. Nach demselben Forscher
ist der Unterschied bei großen Tieren
bedeutender als bei kleinen. Nach
Mar Chi hängt dieser Unterschied aber
von den Verschiedenheiten des Ge-
schlechtslebens ab.
Weiter ist festgestellt, daß bei einem
Vergleiche der Organe die Nieren und
Leber des Weibchen fast stets schwerer
sind als beim männlichen Tier. Marchi
erklärt diese Erscheinung damit, daß
Organe, die mit den Ernährungsiunktionen
im Zusammenhang stehen, erkennen lassen,
daß beim Weibchen die Ernährungspro-
zesse im Vordergrund stehen.
Was die übrigen Geschlechtszeichen
anbelangt, so ist es eine bekannte Tat-
sache, daß das Männchen stets eine
schwerere Haut als der Kastrat und das
Weibchen hat. Seine Deck-, Schwanz-
und Mähnenhaare usw. sind stärker ent-
wickelt. Dagegen ist das Gewicht der
Homer bei den Boviden nicht immer
beim Männchen größer. Charakteristisch
ist femer die verschiedene Richtung der
Höraer bei beiden Geschlechtem. Es ist
einleuchtend, daß dadurch der Schädel
morphologisch beeinflußt wird. Dieser ist
Oberhaupt vom Gewicht und der Richtung
der Homer abhängig (sog. Korrelation
des Wachstums). Schließlich weist auch
die Färbung beträchtliche geschlechtliche
Verschiedenheiten auf. Im allgemeinen
ist die Färbung des Männchens etwas
tiefer, lebhafter und glänzender.
Wenn ich an dieser Stelle etwas näher
auf die bis jetzt vorliegenden Ergebnisse
der Forschungen der wissenschaftlichen
Züchtungskunde eingegangen bin, so wollte
ich damit nur gewisse Fingerzeige geben,
in welcher Richtung sich die weiteren
Forschungen zu bewegen haben. Die an
den Schlachthöfen beschäftigten Tierärzte
haben dank ihrer Stellung die beste Ge-
legenheit, das reichlich vorhandene Material
nutzbringend im Interesse der Wissen-
schaft und nicht zuletzt im Interesse
unseres Standes zu verwerten.
Beitrag zur Frage der Betäubung auf
Schlachthöfen.
Von
Dr. Wenier Meyer-Weimar,
Btldtitchem Schlachthof-Direktor.
In seiner preisgekrönten Schrift, be-
titelt „Das Betäuben der Schlachttiei-e
mittels blitzartig wirkender Betäubungs-
apparate", sagt Schlachthofdirektor Heiß -
Straubing: „Die Schlachthöfe sind Wohl-
fahrtseinrichtungen, welche zur Förderung
der Menschlichkeit dienen. Sie stehen
unter entsprechender Aufsicht, und die
Geschäftsordnung verlangt, daß tier-
quälerische Handlungen in denselben
unterlassen werden mässen." Diesen
Ausspruch wird wohl jeder Leiter eines
Schlachthofs unterschreiben und es als
eine seiner vornehmsten Pflichten be-
trachten, ständig darauf bedacht zu sein,
daß die zugefahrten Schlachttiere so
schnell und so schmerzlos, wie nur mög-
lich, vom Leben zum Tode befördert
werden. Die Erfüllung dieser Forderung
wird, wie in den Kreisen der Schlacht-
hoftierärzte wohl allgemein anerkannt
wird, durch eine Betäubung erreicht,
die in kürzester Zeit eine absolute
Gefühllosigkeit gewährleistet. Wie er-
reichen wir diese am zweckmäßigsten
auf unsem Schlachthöfen?
Ich will mich bei der Besprechung
der Frage nachstehend hauptsächlich mit
den sogenannten „mittleren'' Schlacht-
höfen befassen. („Mittlere'' Schlachthöfe,
indem ich mich kurz der üblichen und
allgemein gebräuchlichen Bezeichnungen
„große", „mittlere" und „kleine" Schlacht-
höfe bediene.)
Die Betäubung des Kleinviehs ge-
staltet sich auf allen Schlachthöfen ein-
fach. Sie erfordert weniger Kraft und
Geschicklichkeit als die des Großviehs
— 351 —
und der Schweine und kann daher allent-
halben von dem jeweilig Schlachtenden
ohne tierquälerische Manipulation mit
einer Keule oder einem Hammer durch
ein oder zwei kurze, kräftige Schläge aus-
geführt werden.
Leicht ist auch die Beantwortung der
Frage hinsichtlich des Großviehs und
der Schweine auf großen und kleinen
Schlachthöfen.
Auf großen Schlachthöfen ist eine
Reihe von gewerbsmäßigen sogenannten
„Totschlägern" angestellt, die vorzugs-
weise Großvieh und Schweine mit einem
sichern Schlage, gewöhnlich unter An-
wendung der Schlachtmaske (Großvieh)
oder eines Hammers oder einer Axt
(Schweine), betäuben. Die Verwendung
von Schußapparaten mit freifliegendem
Geschoß dürfte für den Großbetrieb mit
relativ enger Räumlichkeit eine gewisse
Gefahr mit sich bringen; auch die soge-
nannten Bolzenschußapparate sind wegen
der Möglichkeit einer Yerbiegung des
herausgeschneUten Bolzens und der dar-
aus resultierenden Funktionsunfähigkeit
nicht empfehlenswert.
An kleinen Schlachthöfen ist stets
ein Hallenmeister angestellt, dem zumeist
so viel Zeit übrig bleibt, daß er die Be-
täubung von Großvieh und Schweinen
diurch Schliß oder Schlag nötigenfalls
selbst vornehmen kann.
Schwieriger ist die Lösung der Be-
täubungsfrage für die sog. mittleren
Schlachthöfe, auf denen außer dem hier
nicht in Frage kommenden Kleinvieh jähr-
lich etwa 7—15 000 Schweine und
2000-3500 Stück Großvieh (einschl.
Pferde) geschlachtet werden. Weimar
mit ca. 32 000 Einwohnern besitzt einen
solchen Schlachthof. Im Jahre 1907
wurden außer 8216 Stück Kleinvieh ge-
schlachtet 2385 Stück Großvieh (einschl.
Pferde), sowie 12 766 Schweine. Das
Großvieh wird obligatorisch mit dem
Stoffschen Schußapparat vom Hallen-
meister betäubt. Für mittlere Schlacht-
höfe halte ich diese Betäubungsmethode
fär die idealste. Fast mit Ertönen des
Schusses stürzt auch der schwerste Ochse
oder das stärkste Pferd zusammen, und
ich habe zu Hunderten von Malen den
Comeareflex vergeblich auszulösen ver-
sucht, ein Beweis fUr die absolute Be-
wußtlosigkeit. Der Stoffsche Schuß-
apparat findet seit dem Jahre 1900 bei
uns obligatorische Verwendung zur Be-
täubung aller Rinder und Pferde. Schon
seit dem Jahre 1897 war das Er-
schießenlassen des Großviehs dem Be-
sitzer freigestellt (sogar gegen be-
sonderes Entgelt); es wurde aber
trotzdem fast ausschließlich davon Ge-
brauch gemacht. Hieraus geht wohl zur
Genüge hervor, daß bei Benutzung des
Schußapparates die Güte des Fleisches
in keiner Weise beeinträchtigt wird.
Unerwähnt darf nicht bleiben, daß
während des nunmehr fast 11jährigen
Gebrauchs Unglücksfälle nicht vorge-
kommen sind; trotzdem aber wird nie die
Vorsichtsmaßregel außer acht gelassen,
jede in der ungefähren Schußrichtung ar-
beitende Person vor dem Schuß aufzu-
fordern, für einen Augenblick zur Seite
zu treten. Das Erschießen des Großviehs
erfolgt kostenlos; uns kostet der Schuß
allerdings 6,5 Pf. (Kaliber 9,6 mm). „Ver-
sager" sind äußerst selten. — Wenn auch
das freifliegende Geschoß oft am Hinter-
hauptsbein oder den ersten Halswirbeln
abprallt und alsdann beim Anschneiden
der retropharyngealen Lymphdrüsen im
Kehlgang gefunden wird, so darf doch
nicht der einzig wunde Punkt, der sich
bei Anwendung des Stoffschen Apparats
ergibt, unerwähnt bleiben. Er besteht
darin, daß sich das Geschoß hie und da in
der Nackenmuskulatur verirrt; da diese
aber zumeist in den Fleischwolf wandert,
so wurden früher vereinzelte Klagen laut,
daß das Geschoß die Messer des Wolfs zer-
brochen hätte. Seit langer Zeit wird aber
auch in dieser Hinsicht keine Beschwerde
mehr geführt, da die Fleischer jetzt die
— 352 —
Nackenmaskulatur vor Beschickung des
Wolfs sorgsam auf Vorhandensein des
Geschosses prüfen.
Das Kleinvieh betäubt jeder Schlach-
tende — gegebenenfalls auch ein kräftiger
Lehrling — mit der Keule oder dem
Hammer selbst.
Wie steht es aber mit der Schweine-
betäubung? Soll sie vollkommen sein,
so muß sie folgende Forderungen erfüllen:
1. Die Betäubung muß absolut schnell
und sicher erreichbar sein. 2. Sie muß
von jedem Gesellen oder älterem, kräftigem
Lehrling ausgeführt werden können. 3. Sie
muß möglichst wenig Anschafifungs-, Be-
triebs- und Unterhaltungskosten ver-
ursachen. Leider sind diese drei Bedin-
gungen für die Schweinebetäubung auf
mittleren Schlachthöfen noch nicht voll-
kommen erftillt, was aus der nachstehen-
den Besprechung der etwa verwendbaren
Betäubungsmethoden erhellt:
Der Stirnschlag mit Axt, Beil,
Hammer oder Keule kann nur von einer
kräftigen und geschickten Person
derart ausgeführt werden, daß die Be-
täubung sicher und schnell erfolgt. Solche
Personen stehen aber dem Fleischermeister
nicht immer zur Verfugung. Die Umstände
werden es öfter erfordern, daß er ein oder
mehrere Schweine von seinem jungen
Gesellen oder älteren Lehrling auf dem
Schlachthofe schlachten läßt, die diese
Werkzeuge nicht mit Kraft und Geschick
handhaben können. Von selten der
Schlachthofverwaltung aber kann nicht
geholfen werden ; denn an mittleren Schlacht-
höfen ist in der Regel nur ein Hallen-
meister angestellt. Die Tätigkeit dieses
Beamten ist eine überreichliche, wenn sie,
wie hier in Weimar, auch noch die Er-
schießung jedes Stücks Großvieh umfaßt.
Es ist also ausgeschlossen, daß der Hallen-
meister auch noch die Betäubung der
Schweine ausfahren könnte. Die Anstellung
eines besonderen „Totschlägers", wie an
großen Schlachthöfen, lohnt sich nicht, weil
ein solcher Mann bei weitem nicht ge-
nügend beschäftigt sein würde und doch,
da seine Anwesenheit während der Ge-
samtdauer der meist sehr ausgedehnten
Schlachtzeit nötig ist, voll besoldet werden
müßte. — Der freie Stimschlag, wie er
auf großen Schlachthöfen von geübten,
eigens angestellten Leuten ausgeführt wird,
ist also für mittlere Schlachthöfe unge-
eignet.
Schußapparate mit freifliegendem
Geschoß sind, wie wohl ohne weiteres klar
sein wird, zu gefährlich, um jedermann
in den überdies oft engen Tötebuchten
in die Hand gegeben zu werden. Bei den
schnellen Bewegungen der Schweine
würden tägliche Fehlschüsse mit den
schlimmsten Folgen nicht ausbleiben. Der-
artige Apparate mögen für den Klein-
betrieb geeignet sein, in dem der Hallen-
meister die Betäubung der doch nur in
geringer Zahl zugetriebenen Schweine mit
eigener Hand nebenbei . vornehmen kann.
Schußapparate mit selbsttätig
zurückschnellendem Bolzen oder
solche mit Bolzen, die nicht zurück-
schnellen, eignen sich nicht für mittel-
große Betriebe, weil das immer wieder
vorkommende Verbiegen des Bolzens die
Funktion des Apparats für längere oder
kürzere Zeit aufhebt. Selbst wenn diesem
Übelstand abgeholfen würde, so könnte die
Schlachthofleitung diese Apparate — ich
kann nicht auf die mannigfachen Modelle
eingehen — nicht jedem einzelnen, der
ein Schwein zu betäuben hätte, überlassen,
schon weil ihnen die notwendige diffizile
Behandlung nicht zuteil werden würde.
Es machte sich also wiederam die An-
stellung einer besonderen Hilfskraft nötig,
die zu teuer wäre, ganz abgesehen davon,
daß die Ausgaben ftlr Munition und Waffen
sich jährlich auf 400—700 Mark beliefen.
Schlagbolzenapparate entsprechen
den vorbezeichneten drei Erfordernissen
am meisten. Ich habe fast alle bekannten
Modelle auf ihre Gebrauchsfähigkeit durch-
probiert und bin zu dem Resultat ge-
kommen, daß das Schumann & Küch-
— 363 —
lersche oder Eleinschmidtsche Ge-
häuse mit einem einfachen, auf dem ins
Gehirn zu treibenden Ende keilstern-
fSrmig geschärften Bolzen (kein Feder-
bolzen!) der z. Z. brauchbarste Schweine-
betäubungsapparat flir mittlere Schlacht-
höfe ist. Ganz vollkommen ist er indes
auch nicht; denn die Bedienung des
Apparates durch zwei Personen hat ihre
Schattenseiten : Sowohl derjenige, der den
Apparat auf die Stirn des Tieres setzt,
wie auch derjenige, der den Schlag aus-
übt, müssen in ihren Bewegungen konform
mit denen des zu betäubenden Schweins
sein, sonst gibt's einen Fehlschlagt Und
Fehlschläge kommen auch bei Leuten vor,
die den Apparat jahrelang zusammen ge-
handhabt haben; das beobachte ich hie
und dabei den sogenannten Eopfschlächtem,
die paarweise zusammenarbeiten.
Es war und ist daher mein Bestreben
darauf gerichtet, fär die Schweinebetäu-
bung noch einen geeigneteren Apparat zu
erhalten. Mit Freuden ergriff ich die
Gelegenheit, den neuen Betäubungsappa-
rat, den Schlachthof-Direktor Lemmens-
Maastricht (Holland) in der November-
Nummer 1907 dieser Zeitschrift beschrieb,
auszuprobieren, um so mehr, als die
gestellten Bedingungen sämtlich erfüllt
zu sein schienen: sichere und schnelle
Betäubung, leichte Handhabung, keine
Betriebskosten. Hinsichtlich der Beschrei-
bung und Handhabung verweise ich auf
den angeführten Artikel. Der Apparat
wurde von mir bei der Maastrichter Draht-
nagelfabrik—Maastricht (Holland) bestellt
und traf am 27. Februar d. J. hier ein.
Er kostete einschließl. der Fracht und
des Zolls 80,81 M., von welcher Summe
uns der hiesige Tierschutzverein auf
meinen Antrag in entgegenkommendster
Weise 40 M. bewilligte. Der Apparat
wurde von mir möglichst vielen Fleischern
demonstriert, vom Hallenmeister, einem
sehr geschickten Mann, so oft als mög-
lich in praxi vorgeführt und zur frei-
willigen Benutzung an sein Spanngerüst
gehängt. Bald zeigte sich, daß zur
richtigen Handhabung eine gewisse Ge-
schicklichkeit und Übung gehörte. Wurde
der Apparat hinten ein
wenig zu hoch gehalten,
so drang die Stahlspitze
nicht in das Gehirn;
wurde nicht durch kräf-
tiges Aufsetzen und
Gegenhalten des 8,5 kg
schweren und 1,40 m
(ungespannt) langen '
Apparats nach Abzug
seines Bügels (B) ein
Efickstoß verhindert, so
war die Betäubung illu-
sorisch. Leuten, die
denApparat in dieser
Hinsicht geschickt
handhabten, gelang
die Betäubung aller-
dings vorzüglich, so
daß ich ohne weiteres
glaube, daß ein nur für
seine Bedienung an-
gestellter Mann kaum » _
einen „Fehlschuß" tun
wird. Der Haupt-
mangel aber lag in
der Konstruktion.
Während die beiden
gleichgroßen Federn (1
und 2) außerordentlich
stark waren (ihre Trag-
kraft soll 270 kg be-
tragen), war die vordere
Feder (3) nur eine
starke Drahtfeder, die
dem heftigen Anprall der
hinteren Feder nicht
standhielt. Oft war sie
nach 2 bis 3 maligem
„Schuß" gänzlich zu-
sammengeschoben, hatte Betäubungsapparat
•V T^^ A' 'j.u± j. j. ^ • für Schweine nach
ihre Elastizität total ein- ' ,
Lemmens.
gebüßt und war somit ÄAbzttgbügel,ZZylinder
unbrauchbar geworden. %u^X"^Ve kllt^
In der Zeit bis zum "^^''TB'Seiu''''"
— 354 —
2. Mai waren nicht nur die 3 mit-
gesandten Reservefedem, sondern auch
noch 4 in einer hiesigen Maschinen-
fabrik angefertigte zerschlagen. Ich ließ
deshalb die schwache Feder 3 versuchs-
weise durch eine solche von der Stärke
der Federn 1 und 2 ersetzen. Leider
war das Mißgeschick nun noch ärger.
Nach 2—3 maligen Gebrauch brach die
Stahlstange oberhalb des Zylinders (Z)
an der mit * bezeichneten Stelle glatt
durch, so daß die Außerbetriebsetzung des
„Holländers" auf unbestimmte Zeit erfolgt
ist. Das war am 2. Mai d. J. Im ganzen
sind mit dem Apparat nur ca. 150 Schweine
betäubt worden.
Wir sind nun zur Benutzung des
Schlagbolzenapparates zurückge-
kehrt, der zwar nicht das Ideal der
Schweinebetäubungapparate bedeutet, aber
für mittlere Schlachthöfe sich m. E. am
besten bewährt hat.
Fasse ich meine Betrachtungen zu-
sammen, so glaube ich als zweckmäßigste
Betäubungsmittel ansehen zu müssen:
I. Große Schlachthöfe:
a) Großvieh: Schlachtmaske oder
(bei genügend großen
Räumlichkeiten) Stoff-
scher Schußapparat
b) Schweine: Hammer, Axt usw.
c) Kleinvieh: Hammer oder Keule
(Fleischer).
n. Mittlere Schlachthöfe:
a) Großvieh: Stoff scher Schußapparat
(Hallenmeister)
b) Schweine: Schlagbolzen-
apparat
c) Kleinvieh: Hammer oder
Keule.
durch
beson-
dere
Leute
Fleischer.
HI. Kleine Schlachthöfe:
a) Großvieh | Schußapparat irgendwelcher
b) Schweine j Konstruktion (Hallenmeister)
c) Kleinvieh: Hammer oder Keule
(Fleischer).
Apparat zum Festhalten der Schweine bei
der Betäubung.
Von
Tierarzt M. Sandeborg-Gothenbarg,
SchUtehthausdirektor.
Im öffentlichen Schlachthofe zu Gothen-
burg ist seit einigen Jahren ein Apparat
zum Einfangen und Festhalten der
Schweine beim Schlachten im Gebrauch,
der in mehrfacher Hinsicht beachtens-
wert ist.
Fig. L
Ootkenburger „Schweine falle" geöffnet,
von der Seite gesehen.
Der Apparat steht unmittelbar vor der
Türöffnung zu den Wartebuchten, winkel-
recht zu der Wand. Er besteht aus einem
offenen Eisenkasten. Der Boden ist aus
einer geriefelten Eisenplatte hergestellt
und auf kleinen Eisenbahnschienen ver-
schiebbar. Die eine Langseite kann
mittelst Gegengewichts leicht gehoben
und gesenkt werden. Die Vorderseite
des Kastens besteht aus einer von d&a
Seiten etwas zusammengebogenen und nach
oben etwas vorwärts gerichteten Eisen-
platte, in welcher von oben ein vertikaler
Spalt angebracht ist, der weit genug
ist, die Schweineschnauze aufzunehmen.
Die Hinterseite des Kastens besteht
aus einer geriefelten, mit Handgriffen
— 355 —
versehenen Eisenplatte, die durch Schar-
niere am beweglichen Boden befestigt
ist. Hinabgeklappt bildet sie eine Brücke
bei dem Eintreiben des Tieres. Durch
Hinaufklappen der Hinterwand werden
das Tier und der bewegliche Boden leicht
vorgeschoben, bis die Schnauze des Tieres
durch die in der vorderen Wand befind-
liche Öflhung hervorsteht.
Beim Eintreiben der einzelnen Tiere
von den Wartebttchten aus wird eine an der
Oothenburger „Schiceine falle** im Gebrauch.
Längsseite mit zwei Handgriffen ver-
sehene Holzscheibe, 100 X 70 cm, benutzt,
durch die man das Tier bis an die
Türöffnung bequem herantreibt. In den
meisten Fällen geht das Tier ganz frei-
willig und ruhig in den Apparat hinein
und läßt sich ohne Widerstand den be-
täubenden Schuß oder Schlag beibringen.
Nachdem das Tier betäubt ist, wird
die heb- und senkbare Seitenwand hoch-
geschoben, der Tierkörper wird aus dem
Apparat herausgerollt, der Halsstich wird
gemacht und damit die Blutentleerung
bewerkstelligt.
Die Gothenburger „Schweinefalle"
bietet mithin folgende Vorteile:
1. Das Schlachten der Schweine voll-
zieht sich still und ruhig; die Be-
täubung kann ganz sicher bewerk-
stelligt werden ohne die Gefahr von
Fehlschlägen und Unglücksfällen.
2. Der Apparat läßt sich Schweinen
jeglicher Größe bequem anpassen,
ist billig anzusch*affen, billig zu
unterhalten und leicht zu reinigen.
3. Die „Falle" ist sehr leistungsfähig,
da drei Personen bequem zwei
Schweine in der Minute eintreiben,
betäuben und stechen können.
Man kann daher sagen, daß durch
den hier beschriebenen Apparat die
schwierige Frage der Betäubung der
Schweine glücklich gelöst ist. Da femer
die Leistungsfähigkeit des Apparates
hochgestellte Ansprüche befriedigt, so
verdient er, besonders bei den Massen-
schlachtungen in den Schlachthöfen
empfohlen zu werden.
Verschiedenes aus der Praxis der Fleisch-
beschau.
Allgemeine SarkeMatetlt bei einem Rinde.
Von
GäneelNÜe-Großenhain,
Sehlachthofdirektor.
Folgender, selten vorkommender Er-
ki ankungsfall bei einem Rinde dürfte vom
Sts^dpunkt der Fleischbeschau erwähnens-
wert sein.
Eine 8 Jahre alte, mäßig gut genährte
Kuh zeigte bei der Lebenduntersuchung
in der rechten Flanke eine kopfgroße
höckerige Geschwulst, die der Bauch-
wand breit und fest aufsaß; ebenso war
im oberen Drittel des Schlundes eine faust-
große, bewegliche Neubildung zu fühlen.
Durch innere Untersuchung ließ sich rech-
terseits eine stark vergrößerte Darmbein-
diüse feststellen. Sonstiges Befinden des
Tieres gut, jedoch war die Milchabgabe
356 —
trotz regelmäßiger ' Fntteranfhahme im
Schwinden.
Die Fleischbeschau des auf meine An-
ordnung am nächsten Tage getöteten
Tieres ergab allgemeine Sarkomatosis mit
Metastasenbildung. Es fanden sich die
gleichartigen Neubildungen im Schlund,
in der Muskidatur der linken Herzkammer
und der Ansatzstelle der großen Blut-
gefäße. Sämtliche Mittelfelldrttsen zwar
faustgroß, die L^nge aber ohne sichtbare
Veränderungen, ebenso verhielt es sich mit
den Nieren und Nierenlymphdrüsen. Leber
und Milz einschließlich ihrer Lymphdrüsen
waren anscheinend normal, hingegen sämt-
liche Magen mit blauweißen, glasartig
durscheinenden und stellenweise gelblich
verfärbten, starken, schwartenartigen Neu-
bildungen durchsetzt, deren Durchmesser
oft mehrere Zentimeter erreichte. In der-
selben Weise war das Zwerchfell mit
Ausnahme des sehnigen Teiles ringsher-
um verändert und von gummiartiger Be-
schaffenheit.
Weiterhin wurden metastatische Herde
verschiedener Größe in der Muskulatur
des Brustkorbes, der Schulter, der Lenden,
der Flanke und der Hüfte, sowie im Euter
festgestellt. Merkwürdigerweise war nicht
eine Fleischlymphdrflse sichtbar entartet,
worauf bereits Lungwitz (s. u.) in seinem
Artikel hingewiesen hat.
Die als Sarkome angesprochenen Ge-
schwülste von grauer, festweicher Kon-
sistenz besaßen durchgängig einen lang-
gestreckten schmalen Kern von gelber
Farbe (Nekrose) und wurden im Patho-
logischen Institut der Tierärztlichen Hoch-
schule Dresden als „Rundzellensarkome"
bestimmt.
Das Fleisch des Eindes ist auf Grund
des § 33^ Nr. 14 für untaugUch erklärt
worden.
(Vergleiche Lungwitz, Fleisch- und
MilchhygieneMaiheft 1894 S. 146; Resow,
ebenda Aprilheft 1900 S. 132 und Knoll,
ebenda Dezemberheft 1901 S. 90.)
Multiple EfltzüMlimgtlierde In der IhiekiilatM- einet
RIedee.
Von
Dr. K. Grabert-Stettin,
Ereittierant n. Leiter d. KOdIrI. AoBlAndsfleUehbetehMuteUe.
In Nr. 2 des XV. Jahrg. dies. Zeitschr.
beschreibt Claußen-Itzehoe einen Fall
von multiplen Blutungen in der Muskulatur
eines Eindes, der deswegen von Interesse
ist, weil sich in den Handbüchern fiber
Fleischbeschau nur Angaben über Muskel-
blutungen beim Schwein finden. Einen
Fall, der in seiner Vorgeschichte große
Ähnlichkeit mit dem Claußenschen be-
sitzt, hatte ich im März d. J. Gelegen-
heit im bakteriologischen Laboratorium
des Breslauer Schlachthofes zu unter-
suchen.
Bei der Zerlegung eines gutgenährten
Ochsen, der am vorhergehenden Tage bei der
Beschau im Schlachthof als tauglich be-
funden worden war, fand der Fleischer
das gesamte Muskelfleisch von haferkom-
bis erbsengroßen blutig-roten Flecken
durchsetzt. An der Oberfläche des
Fleisches waren ihm ebensowenig wie dem
untersuchenden Tierarzte Veränderungen
aufgefallen. Auch die daraufhin nochmals
vorgenommene Besichtigung der Ein-
geweide, besonders der Leber und Nieren,
ergab keine Abweichungen, die etwa bei
der Beschau den Verdacht auf eine
Septikämie hätten erregen müssen.
In Zupfpräparaten aus den veränderten
Muskelpartieen vermochte ich im Gegen-
satz zu Claußen nichts Besonderes fest-
zustellen. Die Querstreifiing der Muskel-
fasern war überall deutlich erkennbar;
insbesondere wurden die bestimmt er^
warteten Anhäufungen von roten Blut-
körperchen vermißt. Dagegen fanden
sich in Parafflnschnitten fleckweise
zwischen denMuskelfasem im verbreiterten
Bindegewebe Herde von neutrophilen,
polymorphkernigen Leukozyten. Da zur
Fixierung des Muskelgewebes Formalin
verwandt war, hätten rote Blutkörperchen
ihre Form deutlich bewahren müssen«
Nach meiner Ansicht waren daher die
— 357 —
Yerändenmgen der Masknktur nicht durch
mnltiple Blatnngen, sondern durch eine
herdweise auftretende interstitielle Myo-
sitis bedingt
Referate.
Martel, La radioseopie et la radio-
graphie des l^sions taberenleuses appli-
qn^es k Finspeetion des Tlandes.
(R«eaeil de m«d. tAL 1907, 8. 816.)
M. konnte in den Lymphdrusen und
Organen yonEind und Schwein tuberkulöse
Veränderungen durch Röntgenstrahlen
gut nachweisen und glaubt hiemach
an die Möglichkeit der Verwendung der
Radioskopie bei der praktischen Fleisch-
beschau. Resow.
Martel, La radlographiae et la radio-
seopie appliqu^es k la reeherche des
alt^rations des oenfs.
(Reeaell de mM. y«t. 1907, 8. 816.)
Die Radioskopie eignet sich zur Er-
kennung von Veränderungen in Eiern
nicht. Resotc.
Martel^ Badiographie et radioseopie
de quelques l^sions pulmonaires.
(Bztrait du bnlletin de la locl^t^ centrale de m&d. ret.,
1907, 81. aoftt)
Bei seinen Untersuchungen über die
Verwendbarkeit der Radiumstrahlen zur
Diagnose pathologischer Prozesse konnte
M. yerirrte Leberegel in den Lungen,
abgestorbene und verkalkte Exemplare
von Sclerostomum equinum in Lunge und
Lebery> alte Rotzherde und käsige und
kalkige Tuberkel durch die Strahlen im
Gewebe deutlich erkennen. Resow.
Kowalewsky^ Rapport sur les abattoirs
du Cancase.
(L*H7gi«De de Im rlande et dn lait 1907, S. 818.)
In den 36 Schlachthöfen des Kaukasus
werden jährlich 1 226 248 Tiere, darunter
237 930 Rinder, 27 026 Kälber, 42 045
Schweine und 918 247 Schafe und Ziegen
geschlachtet, die von 40 Tierärzten und
41 Hilfskräften, Feldschere genannt,
untersucht werden. Nur in 14 Schlacht-
häusern befinden sich besondere Vor-
richtungen zum Schlachten, in 7 moderne
Einrichtungen. In 15 Schlachthöfen wurde
eine einigermaßen reguläre Beschau vorge-
nommen, in 14 ist auch die Trichinenschau
obligatorisch, 1 hatKühlvorrichtungen. Bei
Rindern wurde bei 6 Proz., bei Schweinen
bei 10 Proz. Tuberkulose gefunden. In 7
Schlachthäusern findet bei Beanstandungen
Entschädigung durch die Gemeinde statt.
Zu einer ordnungsmäßigen und erfolg-
reichen Fleischbeschau fehlt ein ange-
messenes Gesetz. 2208011^.
Panissety Alt^rations obseryees dans les
cayit^s splanehniqnes de moutons
r6fHg6r6s.
^Rec. de mM. T^t. 1007, S. 688.)
Verfasser sah auf gekühltem Hammel-
fleisch neben Schimmelpilzansiedelungen
(Mucor mucedo, M. racemosus, Rhizopus
nigricans) einen gelbrOtlichen, schmie-
rigen, unangenehm riechenden Belag aus
folgenden Bakterien: Bacterium coli,
Bacillus subtilis, Sarcinaarten, ein grüner,
dem Pyocyaneus ähnlicher Bazillus,
Staphylococcus citreus und ein f&ulnis-
erregender Diplococcus griseus. Das
Fleisch selbst war feucht, roch schlecht und
mußte deshalb vernichtet werden. Besow.
Hintzen, Zur Frage der Erhebung Yon
Kfihlhansgebflhren.
(Deutacb. Sehlacht, nnd Vl«hh.-Ztg. 1907, 8. S48.)
Wie in anderen Städten wurde in Esch-
weiler fär die Benutzung der Kühlzellen
eine Grundgebühr und dazu fttr jedes ge-
schlachtete oder eingeführte Tier eine
Stückgebühr erhoben, gleichviel ob dieses
Stück gekühlt wurde oder nicht. Vom
Aachener Bezirksausschuß und vom Ober-
verwaltungsgericht wurde die Rechts-
gültigkeit der Bestimmung, auch von nicht
gekühlten Tieren Gebühren zu erheben,
verneint, da solche Zuschläge nicht mehr
als Gebühren, sondern als Verbrauchs-
steuern zu betrachten seien, deren Er-
hebung das Kommunalabgabengesetz ver-
biete. Resaw.
^ 358 —
Strah, Zar Frage der Wildbretbeeehaii.
(SoDderabdrnek ant „Der D«iitiehe Jft^er^.)
Wenn das Wild auch nicht so häufig
und mit so bedenklichen Erkrankungen
behaftet ist, wie die Schlachttiere, so ist
im hygienischen Interesse und zur Unter-
stützung des Wildschützes doch eine
bessere Kontrolle des gewerbsmäßigen
Wildbrethandels notwendig, die allerdings
mindestens von den Landesregierungen
allgemein geregelt werden müßte. Bis zu
einer solchen Regelung hält Verf. häufige
Yisitationen der in Frage kommenden
Betriebe für angebracht. Resow.
Loeschke^ Das Pendelhakensy stein in der
Schweineschlachtlialle des 8tädti8<Aen
Schlachthofes zu Kolberg.
(DeoUcbe SehUcbt- und Viehhofstg. 1908, S. M3.)
Auf Grund seiner viermonatlichen Er-
fahrungen im Kolberger Schlachthofe emp-
fiehlt Verfasser für die Neueinrichtung von
Schweineschlachthallen zum Transport und
Ausschlachten an Stelle der bisherigen Lauf-
katzen und Hakenrahmen das neue Pendel-
hakensystem von Beck und Henkel, da
dieses die Arbeit so erleichtert, daß ein
Mann ohneKraftanstrengung das schwerste
Schwein und dazu schneller wie bisher in
den Schlachthallen transportieren und aus-
schlachten kann, femer Verwechslungen
von Schweinen und Eingeweiden besser
verhütet werden als bisher. Resow.
Heine, Die Behandlnng nnd Yerwertong
der Schlaehtabf&lle nnd Konflskate.
(DeüUche TlerlritUche WocheDSchrlft 1908, S. 166.)
Verfasser hält es für möglich, auf
Grund des Polizeiverwaltungsgesetzes vom
11. März 1850 Bestimmungen über die
Beseitigung gewisser Schlachtabfälle zu
treffen, die nicht Fleisch im Sinne des
Fleischbeschaugesetzes sind wie z. B. die
Geschlechtsteile. Das Hautabfallfleisch und
die Gehörausschnitte will Verfasser wegen
ihrer Unappetitlichkeit und regelmäßigen
Beschmutzung auf die Freibank verwiesen
haben. Femer empfiehlt er eine rationellere
Verwertung der Fleischabfälle und Konfis-
kate, z. B. zu Hunde-, "Fisch-, Geflfigel-
futter, nach voriieriger Sterilisierung und
Denaturierung mit Sägemehl, Reww.
Banm^ Bote Lymphknoten.
(Deutsche TierIntUehe WoohenBchrlft 1107, Nr. 84.)
Häufig beim Rind und Scha^, selten
beim Hund, wahrscheinlich gar nicht beim
Pferd finden sich an allen Körperteilen,
vornehmlich in der Bauch- und Brusthöhle,
rote Lymphknoten, teils mit, teils ohne
ab- und zuführende Lymphgefäße, deren
Natur nicht aufgeklärt ist. Wahrschein-
lich sind dies") Gebilde keine besonderen
Organe, sondern Abarten der echten
Lymphdrüsen. Mikroskopisch fehlt die
Trennung der Rinden- von der Mark-
subst^nz; Keimzentren und stark ent-
wickelte, mit Erythrozyten gefüllte Lymph-
sinus dagegen sind vorhanden. Rcsow.
Horiy M., Nachtrag zn dem Fall von
yyPnenmatosis eystoides intestinornm
hominls^^
(DeuUche Zeittehr. f. Cbinirg. 91. Bd., Januar 1908, Bef.
MQneh. Med. Wocbenacbr. 1906, Nr. 8.)
M. erzielte mit der operativen Ent-
fernung des erkrankten Darmabschnittes
einen guten Erfolg. Er sieht die Zysten-
bildung nicht als Folge mykotischer Noxen,
sondern von Zirkulationsstörungen an,
wodurch der Erfolg der Operation allein
zu erklären sei. Orahert.
Dobbertin, Über das Yerhalten der
weUen Blutkörperehen beim HnndT unter
besonderer Berfleksichtignng der Band-
wurm- nnd Triehlnenkrankheit.
(Inaug.-DlM. Leipftig 1907.)
Bei Anwesenheit von Bandwürmern im
Darm des Hundes, sowie bei der Ein-
wanderung junger Trichinen in die Mus-
kulatur (vom siebenten Tag nach der In-
fektion ab) tritt im Blute des Hundes
eine Vermehrung der Leukozyten ein.
Dabei entspricht das prozentuale Verhalten
der einzelnen Leukozytenarten nicht den
normalen Verhältnissen; es erfolgt näm-
lich eine Zunahme der eosinophilen Leu-
kozyten auf Kosten der neutrophilen.
Oraberl.
- S69 -
Bohme^ Seltene BinderflBnenftiiide.
(Deatsehe Tierftntliehe Woeheoflchrift 1907^ S. Sa)
Verf. hat die in den letzten Jahren
gemachten Fnnde von Rinderfinnen an
ungewöhnlichen Stellen gesammelt. Es
worden Finnen beobachtet in Niere, Leber,
Thymus, Subkutis, Lunge, Pansen und
Schlundmuskeln, Pleura, Bronchial, Mittel-
fell- und Unterkieferdrttse, Stützknorpel
der Nickhaut, Hals-, Bauch-, Psoas-,
Nacken-, Zungenbeinmuskeln, Cremaster,
sowie im Fettgewebe unter dem Brustbein
und in dem des Herzens. Resow.
Dammann und Freese, Über das Tor-
kommen des ^Baeillus pyogenes^ bei
der Ziege und den Nachweis seiner
Identit&t mit dem Bacillus pyogenessuis.
(Deutsche Tierärztliche WochenBchrift 1908, Nr 28.)
Verfasser stellten fest, daß der Ba-
cillus pyogenes auch bei der Ziege die
£o11e eines spezifischen Eitererregers
spielt und daß sich der bei der Ziege ge-
fundene Bazillus im großen und ganzen
so verhält, wie der des Kindes und
Schweines.
Bair, 6., Über eine durch den Baeillns
pyogenes suis bedingte Schweine-
krankheit.
(Allatorvosi Lapok 1906, Nr. 6, Ref. D. T. W. 1907, S. 645.)
In einem Bestände von 290 Ferkeln
erkrankten 180 unter den Erscheinungen
der Mattigkeit, Appetitlosigkeit, des Durch-
falls und Hustens und zeigten fleckige
Rötung der Haut, an deren Stelle später
schwärzliche Krusten traten. Der größte
Teil starb, 64 teils schnell, 44 nach
starker Abmagerung. Die Sektion er-
gab akute Qastro-Enteritis, Bronchial-
katarrh, Schwellung der Mesenterial- und
Bronchialdriisen und bei chronischem Ver-
lauf Abzesse unter der Darmschleimhaut,
in Lunge und Milz. In den kranken
Organen fanden sich Oripssche Bazillen.
Einige Monate später trat in dem Bestände
Schweineseuche und Schweinepest auf.
Verfasser schreibt den Gripssschen Bazillen
eine vorbereitende Rolle zu. Resow.
Steherbaek, Hnmmemverglftnng.
(ArebiT. de Nenrolof. 1907, Des.)
Ein 35jähriger Mann erkränkte nach
Genuß konservierten Hummers an
einer rasch vorübergehenden, schweren
hämorrhagischen Gastro -Enteritis mit
Polyneuritis, vorwiegend ataktischer Art,
welch letztere nach längerer Dauer in
Heilung überging.
Ausführung des Fleischbeschau-
gesetzes und andereTagesfragen.
— Verfahren mit dem Schild der Elier.
Auf Grund welches Paragraphen der B. B. A
Isann der Eberschild beanstandet werden?
Auflage des Schlachthoftierarztes T. in A.
Antwort: Die B. B. A geben keine Hand-
habe zur Beanstandung des Schildes der Eber.
Da die Schlächter den Schild gewerblich ver-
werten können, ließe sich auch die Beanstandung
veterinärtechnisch nicht rechtfertigen. Höchstens
kann Denaturierung vorgenommen werden. Im
übrigen sind die Schlächter darauf hinzuweisen,
daß sie sich durch den Verkauf des Schildes als
menschliches Nahrungsmittel ohne dieBezeichnung
„Eberschwarte'' strafbar machen und zwar auf
Grund des § 10 des Nahrungsmittelgesetzes.
Wenn diese Teile aber deklariert werden, hört
ihr Verkauf von selbst auf. Diese Teile sind
auch vor Abstempelung des übrigen, als Nahrungs-
mittel geeigneten Fleisches der Tiere zu ent-
fernen und ohne Stempelung zu belassen. Bei
der Verwertung der Eberschwarte liegen die
Verhältnisse ähnlich wie bei der Verwendung
der Rinderhaut und der Genitalien als Nahrungs-
mittel.
— Beurteilung von Därmen mit Nematoden-
iinötehen.
Welcher Art sind die in den tibersandten
Proben gesalzener Därme vorhandenen Knötchen
und wie ist damit — es handelt sich um Einfuhr-
ware — zu verfahren? Anfrage des Tierarztes
Seh. in P.
Antwort: Die eingesandten Darmabschnitte
sind mit Nematodenknötchen in großer Zahl
behaftet Derartige Därme sind nach § 19, H
und § 14, Abs. 2 B. B. D von der Einfuhr
zurückzuweisen.
— Ist Fleisch nach Behandlung mit gasförmigem
Formoi nach Verdunstung dieses Hitteis genußtaugiich?
Anfrage von Dr. F. in B.-A. (Argentinien).
Antwort: In Deutschland ist durch Be-
kanntmachung des Reichskanzlers, betr. ge
— 360 —
snndheitBBchftdliche and täuschende Zusätze
zu Fleisch und dessen Zubereitungen, vom
18. Februar 1902 auf Grund der Bestimmungen
im § 21 des Reichsfleischbeschaugesetzes jegliche
Anwendung des Formols, auch diejenige im
gasförmigen Zustand, untersagt
~ Sterillsatloii bedlnot taugllohen Fleisches.
Ist die Sterilisation bei 80 ^ C genflgend, um die
im Fleisch unter Umständen vorkommenden
Parasiten und Bakterien zu toten? Welcher
Apparat empfiehlt sich, der neue Hartmannsche,
Patent Becker-Ullmann, oder der Rohrbecksche?
Anfrage des Staatsveterinärs B. in H.
(Schweden).
Antwort: Nach den Ausführungsbestim-
mungen zum deutschen Fleischbeschaugesetz darf
Fleisch, das bestimmte tierische oder pflanzliche
Parasiten enthält, zum Genüsse für Menschen in
Verkehr gegeben werden, wenn es nachwei|lich
auch in den innersten Schichten zehn Minuten
lang auf 80 ^ C erhitzt gewesen ist. Diese
Temperatur genügt also, um die in Betracht
kommenden Krankheitserreger zu vernichten. —
Von den Fleischsterilisatoren der verschiedenen
Firmen wird derjenige den Vorzug verdienen«
der mit dem geringsten Überdruck und mit dem
kleinsten Materialverbrauch obiges Ziel erreicht.
- H»he der Gebabrea für iMücterMoglsche
UntertuobuRgea von Fleisch md Mlleli.
Anfrage des Schlachthoftierarztes Dr. K. in L.
Antwort: Die Gebührensätze ftlr bakterio-
logische Untersuchungen von Fleisch und Milch
dürften sich zum Teil nach den Ortlichen Ver-
hältnissen richten. Allgemeine Anhaltspunkte
kann aber der Gebührentarif bieten, den der
Regierungspräsident von Potsdam für die Tätig-
keit des dortigen Medizinainntersuchungsamts
festgesetzt hat. Hiemach kostet die Bestimmung
des Keimgehalts der Milch und Fleisch sechs
Mark und die Untersuchung von Nahrungsmitteln
(Milch, Fleisch, Konserven, Gemüsen, Frachten)
auf krankheitserregende Bakterien und Gifte
zehn Mark.
Amtliches.
— Deutsches Reich. Bekarnitaaehung, betrefTend
aesundheitssohfldilohe und täuschende Zusätze zu
Fleisch und dessen Zubereitungen, vom 4. Juli 1908.
Auf Grund der Bestimmungen im § 21 des
Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und
Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 (Reichs-
Gesetzbl S. 547) hat der Bundesrat beschlossen,
den nachstehenden Abänderungen der Bekannt-
machung vom 18. Februar 1902 (Reichs-Gesetzbl.
S. 48) mit der Maßgabe zuzustimmen, daß die
Änderungen am 1. August 1908 in Kraft treten.
a) Im ersten Absatz ist .hinter dem Worte
„Formaldehyd' einzuschalten:
und solche Stoffe, die bei ihrer Ver-
wendung Formaldehyd abgeben,
b) Der zweite Absatz erhält folgende Fassung:
Dasselbe gilt ffir Farbstoffe jeder Art,
jedoch unbeschadet ihrer Verwendung zur
Gelbfärbung der Margarine und der Hüllen
derjenigen Wurstarten, bei denen die
Gelbfärbung herkömmlich und als künst-
liche ohne weiteres erkennbar ist, sofern
diese Verwendung nicht anderen Vor-
schriften zuwiderläuft
Berlin, den 4. Juli 1908.
Der Reichskanzler.
I. V.: von Bethmann Hollweg.
— Deutsobes Releb. Bekanntmackyng, betreireiid
das Gesetz über die Sehlaebtvieb- und nelsohbasehu
VMH 3. Jnni 1900, vom 4. Juli 1908.
Auf Grund der Bestimmungen im § 12, Abs. 2,
§ 15 des Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh-
und Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 (Reichs-
Gesetzbl. S. 547) hat der Bundesrat beschlossen,
der nachstehenden Abänderung der Bekannt-
machung vom 10. Juli 1902 (Reichs-GesetzbL
5. 242) mit der Maßgabe zuzustimmen, daß die
Änderung am 1. August 1908 in Kraft tritt
Hinter Nr. 2 ist als Nr. 2 a einzufflgen:
Bei der Einfuhr von frischem Fleische
dürfen die Organe und sonstigen Körper-
teile, auf die sich die Untersuchung zu
erstrecken hat, nicht angeschnitten sein,
bei der Einfuhr von zubereitetem Fleische
die der Untersuchung zu unterziehenden
Lymphdrüsen nicht fehlen oder an-
geschnitten sein, jedoch darf in die
Mittelfelldrüsen und in das Herzfleisch je
ein Schnitt gelegt sein.
Beriin, den 4. Juli 1908.
Der Reichskanzler.
I. V.: von Bethmann Hollweg.
— Dentscbes Reich. Bekanntmachung, betrelTend
Abändenmgen der Flelschbescban-ZollerdnHng, vom
6. Juli 1908.
Der Bundesrat hat beschlossen, den nach-
stehenden Abänderungen der Fleischbeschau-
Zollordnung vom' 5. Februar 1903 (Zentralblatt
für das Deutsche Reich S. 32) mit der Maßgabe
zuzustimmen, daß die Änderungen am 1. August
1908 in Kraft treten.
a) Im § 1 Nr. 3 ist unter b hinzuzufügen:
„und solche Stoffe, die bei ihrer Ver-
wendung Formaldehyd abgeben';
b) im § 1 Nr. 3 unter h sind die Worte:
„und zum Färben der Wursthüllen*
zu streichen;
— 361 —
c) im § 1 Nr. 4 sind hinter dem Worte
„Körperteilen^ einzuschalten die Worte:
^ferner in bezug auf die Unversehrtheit';
d) dem § 1 ist als nene Nr. 7 zuzufügen:
„Zubereitetes Fleisch, das in bezug auf
das Vorhandensein und die Unversehrtheit
der Lymphdrüsen der Vorschrift im § 7
Abs. 8 der AusfUhrungsbestimmungen D
nicht entspricht'
Berlin, den 6. Juli 1908.
Der Beichskanzler. L A.: Kühn.
— DeirtsohM ReiGb. BakaantiiMCliais, betrelTeMl
die Gebühren fOr die UntertuGfauiig des la das Zoll-
biland etageheadea Fleiaebet, vom 4. Juli 1908.
Auf Grund des § 23 Nr. 3 des Gesetzes,
betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau,
vom 3. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 547) hat
der Bundesrat beschlossen, den nachstehenden
Abänderungen der Bekanntmachung vom 12. Juli
1902 (Zentralblatt für das Deutsche Reich S. 238)
mit der Maßgabe zuzustimmen, dafi die Än-
derungen am 1. August 1908 in Kraft treten.
a) Dem Abs. 1 des § 6 ist folgende Fassung
zu geben:
Für die biologische oder chemische
Untersuchung von zubereitetem Fleische
auf das Vorhandensein von Pferdefleisch
(§ 16 der Anl. a, § 14 Abs. 2 unter a der
Ausführungsbestimmungen D) wird, wenn
der Verdacht durch die Untersuchung be-
stätigt wird, eine Gebühr von 0,15 M. für
jedes Kilogramm der Sendung erhoben.
Unter der gleichen Bedingung ist
1. für die Untersuchung von Schinken in
Postsendungen bis zu 3 Stück, von
anderen Postsendungen zubereiteten
Fleisches im Gewichte bis zu 2 kg,
von Speck und von Därmen sowie von
Sendungen, die nachweislich als Um-
zugsgut von Ansiedlem und Arbeitern
eingeführt werden, desgleichen von
frischem Fleische auf die Anwesenheit
der im § 5 Nr. 3 der Ausführungs-
bestimmungen D genannten Stoffe (§ 14
Abs. 2 unter b, § 13 Abs. 2 der Aus-
führungsbestimmungen D),
2. für die chemische Untersuchung von
zubereitetem Fette bei Postsendungen
und bei Warenproben im Gewichte bis
zu 2 kg, femer bei Sendungen, die
nachweislich als Umzugsgut von An-
siedlem und Arbeitem eingeführt
werden (§15 Abs. 4 der Ausfühmngs-
bestimmungen D),
eine Gebühr von 0,05 M. für jedes
Kilogramm der Sendung zu ent-
richten.
b) Der Abs. 2 des § 6 erhält folgende Fassung:
Die Mindestgebühr beträgt bei der
Untersuchung auf das Vorhandensein von
Pferdefleisch 15 M., bei den übrigen im
Abs. 1 unter Nr. 1 und 2 bezeichneten
Untersuchungen 2,50 M. für jede Sendung.
c) Dem § 6 der Gebührenordnung wird
folgender dritter Absatz beigefügt:
Für die im Abs. 1 unter Nr.* 2 be-
zeichneten Fettsendungen werden im Falle
der Gebührenerhebung nach vorstehenden
Vorschriften die regelmäßigen Gebühren
nach § 5 nicht erhoben.
d) Im § 8 Abs. 1 ist in der hinter dem
Worte „wird^ beginnenden Klammer das
Zitat: § 12 Abs. 6 zu ersetzen durch § 12
Abs. 4.
Berlin, den 4. Juli 1908.
Der Reichskanzler.
In Vertretung: von Bethmann Hollweg.
— Hau|it- nnd Rasldanzttadt MlnohM. Orts-
pollzeillohe Yorsobrifl Ober den Verkehr nlt Nabimot-
imd GeauBnitteln, vom 5. Oktober 1906.*)
m. Abschnitt
Voreehrifton Ober den Verkebr nit Milob.
A. Im allgemeinen.
§ 37. Sämtliche Milchviehbesitzer und Milch-
händler, welche direkt an Konsumenten in
München Milch zu verkaufen beabsichtigen,
müssen vor Beginn des Milchverkaufes die Art
und Weise, wie sie die Milch dahier verleitgeben
wollen, beim einschlägigen Bezirksinspektor zur
Anzeige bringen und hierbei die Verkanfsstätte
genau bezeichnen; hierbei ist es gleichgültig, ob
der Milchviehbesitzer oder Milchhändler hier
oder auswärts wohnt
Milchhändler haben auf Verlangen den
Aufsichtsorganen jederzeit die Bezugsquelle der
Milch zu nennen.
Jede Änderang, welche sich in der Verkaufs-
weise oder der Verkaufsstätte der Milch ergibt^
sowie auch die gänzliche Geschäftsaufgabe ist
durch den Inhaber sofort beim einschlägigen
Bezirksinspektor anzuzeigen.
§ 38. Die für den Verkehr mit Milch be-
stimmten Räumlichkeiten dürfen hierfür erst
benützt werden, nachdem sie auf ihre Tauglich-
keit für diesen Zweck durch die städtischen
Aufsichtsorgane geprüft worden sind und der
Magistrat die Benützung genehmigt hat Diese
Räume müssen den oben in den allgemeinen
Bestimmungen über die Verkaufs- und Auf-
bewahrangslokale überhaupt gestellten Anfor-
*) Auf Wunsch nachträglich zum Abdruck
gebracht D. H.
— 362 —
derungen durchaas entsprechen, jedoch mit dem
Abmaße, daß der Zugang zum Yerkaufslokale
auch vom Hofe aus stattfinden darf und daß
dasselbe nicht direkt an der Straße gelegen
sein muß.
Femer müssen die Verbindungstüren zu
Räumen, welche nicht für den Verkauf oder fUr
die Aufbewahrung der Milch dienen, mit selbst-
tätigen Türschließern versehen sein.. Pendel-
türen können nicht zugelassen werden.
Die Wände des Milchverkaufslokales müssen
bis zur Höhe von 2 m mit waschbarem Anstrich
versehen oder mit einem Belage von Mettlacher
Platten oder ähnlichem Material verkleidet sein.
Der Fußboden muß fugendicht und leicht zu
reinigen sein.
Das Milchverkaufslokal muß mit einer ent-
sprechenden Vorrichtung für die Abkühlung der
Milch und mit einem richtig zeigenden Thermo-
meter ausgestattet sein.
Außerdem muß dasselbe eine ausreichende
Lüftungsvorrichtnng besitzen.
§ 39. Von Bereitstellung eines eigenen
Milchverkaufs- und Aufbewahrungsraumes im
Sinne des vorhergehenden Paragraphen wird für
den Fall abgesehen, daß der Verkauf der Milch
unmittelbar nach ihrer Gewinnung direkt vom
Stall weg erfolgt.
§ 40. Neben der Milch dürfen im gleichen
Lokale nur noch Brot, Butter, Butterschmalz,
frischer Topfen, Honig in verschlossenen Gläsern
und ausgepackte Eier aufbewahrt, feilgehalten
und verkauft werden, und zwar in einem derart
beschränkten Maße, daß hierdurch der Charakter
des Milchgeschäftes als solches nicht verdrängt
wird.
§ 41. Das Ausschenken der Milch auf den
Straßen und Plätzen der Stadt sowie auf
Treppen, in Hauseingängen und Höfen ist
verboten. Ausnahmen von dieser Bestimmung
kann der Magistrat dann zulassen, wenn durch
geeignete Vorkehrungen Gewähr dafür geboten
ist, daß die Milch beim Ausschenken keine
nachteilige Veränderung erleidet.
Die Zustellung der Milch an die Abnehmer
darf nur in geschlossenen Gefäßen erfolgen.
§ 42. Milch darf nur in reinen Gefäßen aus
stark verzinntem oder emailliertem Eisenblech,
glasiertem Ton, weißem oder halbweißem Glase
ausgemessen, versandt oder aufbewahrt werden.
Die Verwendung von Gefäßen, deren Innen-
seit« schadhaftes Email, abgesprungene Glasur,
abgenützte Verzinnung aufweist, sowie von Ge-
fäßen, welche sonstwie Beschädigungen haben,
durch welche die genügende Reinigung erschwert
wird, ist verboten.
§ 43. Außerhalb der Stadt gewonnene Milch
darf nur in Gefäßen eingeführt werden, die am
Orte der Gewinnung derart verschlossen worden
sind, daß ein unbefugtes öffnen und Wieder-
verschließen leicht zu erkennen ist.
Das gleiche gilt für den Transport von
Milch, die innerhalb der Stadt gewonnen ist,
sofern sie nicht unmittelbar an Verbraucher ab-
gegeben wird.
§ 44. Jeder Milchproduzent, der Milch in
den Verkehr der Stadt bringt, hat auf den Ver-
sandgefäßen eine Aufschrift anzubringen, die
seinen Vor- und Zunamen, sowie Wohnort oder
den Namen und Sitz der Gutsverwaltang, Ge-
nossenschaft u. dgl. angibt.
§ 45. Zum Abdichten von Gefäßverschlüssen
darf kein Stoff verwendet werden, der Milch auf-
saugt oder sonstwie geeignet ist, auf die Milch
nachteilig einzuwirken.
§ 46. Milch aus verschiedenen Stallungen
darf nicht zusammengemischt eingeführt werden.
Ausnahmen hiervon werden vom Stadt-
magistrat München für Vereinigungen von Pro-
duzenten zugelassen, wenn und insolange die-
selben infolge ihrer Organisation und ent-
sprechender Überwachung Gewähr für Lieferung
gesunder und unverfälschter Milch bieten.
§ 47. Von auswärts gelieferte Milch darf
bei ihrem Eintreffen in der Stadt nicht wärmer
als + 20 Grad Celsius sein. Die zum Ver-
kaufe in der Stadt bestimmte Milch muß sofort
durch Abkühlung auf eine Temperatur von
höchstens -f- 17 Grad Celsius gebracht werden und
darf während der ganzen Zeit ihrer Aufbe-
wahrung keine höhere Temperatur mehr erlangen.
S 48. Unter der . Bezeichnung Milch oder
Vollmilch darf nur das durchmischte, volle Ge-
melke von einer oder mehreren Kühen in Ver-
kehr gebracht werden.
Die zum Verkaufe bereit gehaltene Milch
muß vor jedesmaliger Abgabe eines Quantums
aus derselben durch Umrühren genügend durch-
mischt werden. Milch darf nicht zuerst in
Rahm und entrahmte Milch getrennt und dann
wieder zusammengemischt werden.
In irgend einer Art erhitzte (pasteurisierte,
sterilisierte usw.) Milch muß entsprechend be-
zeichnet, auch muß auf den Gefäßen angegeben
sein, an welchem Tage die Erhitzung statt-
gefunden hat.
§ 49. Milch darf nur in einem solchen Zu-
stande der Reinheit in Verkehr gebracht und
feilgehalten werden, daß nach einstündigem
ruhigen Stehen eines Viertelliters Milch in einer
Glasflasche mit ebenem Boden sich kein sicht-
barer Bodensatz abscheidet.
— 368
§ 50. Das Abrahmen der Milch durch Blasen
mit dem Munde und das Abstreifen des Rahmes
mit dem Finger ist verboten.
B. Im besonderen fttr Kinder- und Vorzugsmilch.
I 51. Als Kindermilch, Säuglingsmilch, Vor-
zugsmilch oder mit ähnlichen Namen, durch
welche der Glaube erweckt wird, die Milch sei
in gesundheitlicher Beziehung der gewöhnlichen
Milch vorxuziehen, darf nur rohe Vollmilch be-
zeichnet werden, welche den nachfolgenden An-
forderungen entspricht.
Wer solche Milch einfuhren, feilhalten oder
verkaufen will, hat dies dem Stadtmagistrate
anzuzeigen.
Ober von auswärts eingeführte Milch der
in Absatz I bezeichneten Art ist amtlicher Nach-
weis darüber beizubringen, daß den Anforderungen
gegenwärtiger Vorschrift Genüge getan ist.
Nur denjenigen Milchproduzenten kann die
Lieferung von Kinder- und Vorzugsmilch ge-
stattet werden, welche Mischmilch von mindestens
vier Kühen liefern kennen.
§ 52. Kindermilch darf nur von Kühen ge-
wonnen werden, welche noch mindestens drei
Liter Milch täglich geben oder welche seit
mindestens 14 Tagen abgekalbt haben.
Die für die Gewinnung der Vorzugsmilch
bestimmten Kühe sind getrennt zu stellen und
als Kindermilchkühe entsprechend zu bezeichnen.
§ 53. Die Stallungen, Verarbeitungs- wie
Aufbewahrungsräume müssen allen hygienischen
Anforderungen entsprechen und mit genügenden
Mengen reinen Wassers versorgt sein.
§ 54. In den Stallungen, in welchen sich
Kindermilchkühe befinden, dürfen nur so viele
Tiere eingestellt werden, als von dem beauf-
sichtigenden Tierarzte für zulässig erklärt wurde.
In solchen Stallungen dürfen Schweine, Ziegen-
bocke und Geflügel nicht gehalten werden.
Es dürfen nur solche Kühe — gleichviel ob
sie zur Kindermilchgewinnung bestimmt sind
oder nicht — eingestellt werden, deren Gesund-
heit durch die Untersuchung des beaufsichtigenden
Tierarztes sichergestellt ist.
Jede auf Grund der Untersuchung eingestellte
Kuh ist vom Tierarzt zu kennzeichnen.
Wenn der beaufsichtigende Tierarzt es für
notwendig erachtet, zur Feststellung des
Gesundheitszustandes einer Kuh die Tuberkulin-
probe vorzunehmen, so hat der Eigentümer diese
auf seine Kosten vornehmen zu lassen.
§ 55. Der Gesundheitszustand der Kühe
ist allmonatlich mindestens einmal durch den
beaufsichtigenden Tierarzt festzustellen und der
Befund in ein Register einzutragen.
Jede Erkrankung einer Kindermilchkuh ist
unverzüglich dem beaufsichtigenden Tierarzte
anzuzeigen.
Die Milch solcher Tiere darf nur mit Ge-
nehmigung des beaufsichtigenden Tierarztes als
Kindermilch verkauft werden.
§ 56. Die Kühe und ihr Stall müssen sorg-
fältig sauber gehalten werden, gebrauchtes Bett-
stroh u. dgl. darf als Streu nicht Verwendung
finden.
Die Beseitigung des Düngers aus dem Stalle
darf erst nach dem Melken und nach Entfernung
der Milch erfolgen.
§ 57. Wenn begründeter Verdacht besteht,
daß das verabreichte Futter nachteilig auf die
Gesundheit der Kühe oder auf die Milch wirkt,
ist die Fütterung nach der Anweisung des zu-
ständigen Tierarztes zu ändern. Unbedingt aus-
geschlossen ist die Verfütterung von nassen
Biertrebem, Branntweinschlempe, Baumwollsaat-
kuchen, Melassemischfutter, solchem Heu, das
Samenkapseln von Herbstzeitlosen enthält, sogen.
Viehpulvem und von verdorbenem Futter.
Der Magistrat behält sich vor, die Ver-
wendung weiterer Futtermittel für Vorzugsmilch-
kühe zu verbieten.
§ 58. Vor dem Melken muß das Euter
gründlich gereinigt und der Schwanz der Kuh
festgebunden werden.
Der Melker hat unmittelbar vor dem Melken
die Hände und Vorderarme gründlich mit Seife
und Wasser zu waschen und mit einem reinen
Handtuche zu trocknen, femer eine * saubere
Schürze anzulegen.
Während des Melkgeschäftes sind die Ärmel
aufgestülpt zu lassen.
Beim Reinigen des Euters und beim Melken
muß für ausreichende Beleuchtung gesorgt sein.
Der Melkschemel und der Melkkübel müssen
auf das sauberste gereinigt sein.
Die ersten Striche aus jeder Zitze sind auf
den Boden zu melken.
§ 59. Sofort nach dem Melken muß die
Milch außerhalb des Stalles geseiht und unter
+ 13 Grad Celsius abgekühlt werden.
Seihtücher müssen nach jedesmaligem Ge-
brauche gründlich abgebürstet und ausgekocht,
Wattefilter dürfen nicht wieder verwendet
werden.
§ 60. Die Vorzugsmilch muß abgesondert
von anderer Milch gereinigt, gekühlt und auf-
bewahrt werden.
(Schluß folgt.)
— 364 —
StatiBtisehe Berichte.
— Die EntwIoMuaa der Hauptvlehgattangea la PreaBe« vm 1816 Mt 1906.
ZählangB-
jahre
Pferde
Kindvieh
Schafe
Schweine
Ziegen
1906
8018 443
11646 908
5435053
15355 959
1904
2964 408
11 156 133
5660529
12 563899
2116360
1902
2 927 484
10405 769
5917 698
12 749 998
1900
2 923627
10876 972
7001518
10966921
2051560
1897
2 808 419
10552672
7 859096
9390231
2164425
1892
2653661
9 871521
10109 594
7 725601
1964130
1888
2417 367
8 737 641
14752 328
5819136
1680686
1873
2 282 435
8639 514
19 666 794
4294926
1481461
1867
2 341150
8024 245
22304984
4889 223
1347678
Staat alten
Bestandes *)
1906
2493 508
8804678
4397 766
11163390
_
1904
2431365
8 419116
4613436
9256077
1650022
1902
2 400177
7835009
4 796 781
9468252
—
1900
2408872
8 265373
5636 029
8 238267
1 597 108
1897
2312273
8042033
6245340
7124732
1699696
1892
2182488
7504887
8231668
5932464
1544971
1883
1 991 439
6 656 752
12376108
4 519402
1312433
1873
1877 639
6 520881
16 762 617
3365583
1148495
1867
1848 271
5 988 689
18819194
3 799 228
1044432
1864
1863 009
6111994
19329030
3 257 531
871259
1861
1680624
5634 610
17 457228
2636701
806109
1858 ♦♦)
1622400
5527402
15374717
2 589371
667145
1855
1550879
5505285
15071425
2106013
598189
1852
1570560
5374407
16539210
2042854
591288
1849
1575 417
5871644
16 296928
2466316
584771
1846
1614597
5262093
16505 548
2199 716
518306
1843
1564554 .
5042010
16235880
2115 212
394459
1840
1512429
497572*/
16 844018
2238749
859820
1837
1472901
4838622
15011452
1936804
327525
1884
1415 389
4780831
12647910
1941209
268308
1881
1374594
4446368
11 751 603
1736004
214072
1828
1385 081
4877959
12611937
1667 219
198740
1825
1402352
4355 578
11606429
1806173
185 572
1822
1363249
4247 021
10037 522
1599211
175847
1821
1368015
4275 679
9605461
1590009
171806
1820
1846626
4264162
9348527
1524985
168694
1819
1332 276
4275705
9065 720
1495604
162815
1818
1 311 525
4209460
8618822
1434342
159149
1817
1272613
4066 892
8241896
1890256
154 728
1816
1248261
4013912
8260896
1494369
143488
*) D. h. ohne Schleswie-Holstein, Hannover, Hessen-Nassan, Kreis Meisenheim, Kreis Herzogtum
Lauenbor^ sowie Helgoland.
**) Seit 1858 mit Hohenzollem and Jadegebiet, vordem ohne diese.
— Gesohäftsberiobt der bayerisohen Landat-
YiebversicherungMiietalt fOr das II. Getobäfttjabr
1906/1907.
An die Versicherangsanstalt waren im Herbst
1907 1614 Vereine angeschlossen mit 81 552 Mit-
gliedern und 320 776 Tieren mit einem Ver-
sicherungswert von 85489565 M. Auf einen
Ortsverein entfielen durchschnittlich 51 Mitglieder
mit 199 versicherten Tieren. Der Versicherungs-
wert fttr ein Rindviehstfick belief sich im Durch-
schnitt auf 312 M nach der Herbstschau, gegen-
über 306 M im Vorjahr.
Einschließlich eines von früher flbemommenen
Falles wurden 10418 M Entschädigungsansprüche
erhoben. Davon erwiesen sich 10330 Fälle als
begründet, 84 Fälle als unbegründet. Die
Schadenfälle sind gegen das Vorjahr bei den
Ochsen nur um 0,04 Proz. und bei den Kühen um
0,03 Proz. im Anteil der Tiere zurückgegangen.
Beim Jungvieh betrug dagegen der Rückgang
0,23 Proz. und bei den Ziegen sogar 0,84 Proz.
Von den entschädigten Viehstücken waren
notgeschlachtet 6771=65,55%
nmgestanden 3347=32,40%
geschlachtet (Schlachtvieh-
Versicherung) .... 212= 2,05 V
Wenn auch der Anteil der umgestandenen
Tiere gegenüber dem Vorjahre mit 33,18 Proz.
365 —
etwas zurfickgegangen ist, bo muß doch ihre
Ziffer immer noch als auffallend hoch bezeichnet
werden. Mit Recht fordert deshalb der Bericht
im Interesse der Fleischyerwertung die recht-
zeitige Schlachtung bei unheilbaren oder schwer
heilbaren Erkrankungen.
Die 10118 notgeschlacbteten und um-
gestandenen Tiere betrafen 7703 BindviehstUcke
und 2415 Ziegen. Bei 5511 Rindviehstücken
(= 71,54 Proz. der Schadenfälle) und 178 Ziegen
{==1^S1 Proz.) hat eine tierärztliche Behandlung
oder Untersuchung stattgefunden.
Die Schätzung der zu entschädigenden
7703 Rindviehstücke blieb in 6295 Fällen
(= 81,72 Proz.) in Übereinstimmung mit dem
Versicherungsbuch, in 429 Fällen (= 5,57 Proz )
unter und in 979 Fällen (--= 12,71 Proz.) über der
Versicherungssumme.
Aus der Verwertung von Tieren wurde ein
Erlös von 671 697 M 07 Pf erzielt. Davon
trafen 649 195 M 30 Pf auf 6771 notgeschlachtete
und 21 901 M 77 Pf auf 3347 nmgestandene
Tiere. Im Durchschnitt ergab sich ein Reinerlös
von 95 M 88 Pf für ein notgeschlachtetes und
6 M 54 Pf für ein umgestandenes Tier. Im
ganzen betrug der Erlös 33,80 Proz. der Ent-
schädigung gegenaber 34,68 Proz. im Vorjahre.
Was die Schlachtviehversicherung anbelangt,
so wurden für 212 Fälle 14 453 M 50 Pf ent-
schädigt Hierbei wurde das Fleisch in 165 Fällen
für teilweise und in 47 Fällen für gänzlich
ungenießbar erklärt. Bei den ersteren Schäden
belief sich die durchschnittliche Vergfltung auf
40 M 91 Pf, bei den letzteren auf 163 M 91 Pf
Dabei ist der Erlös aus der Verwertung, wie
immer, den Versicherten verblieben.
Die von den Ortsvereinen bestrittenen Kosten
für die tierärztliche Behandlung und Arzneien
beliefen sich auf 135 595 M 44 Pf (= 0,16 Proz.
der beitragspflichtigen Versicherungssumme) und
diejenigen für die örtliche Verwaltung 72 844 M
90 Pf (== 0,09 Proz.). Die ersteren sind sich
gleich geblieben, die letzteren betrugen im Vor-
jahre 0,10 Proz.
Die durchschnittliche Verbaudsumlage er-
reichte die Höhe von 0,685 Proz.; dieselbe ist
von allen zum Landesverband gehörigen Vereinen
zu tragen. Die Ortsumlage, die von den
einzelnen Ortsvereinen aufzubringen ist, stellte
sich im Durchschnitte auf 0,745 Proz. Somit
belief sich die Gesamtumlage durchschnittlich
auf 1,43 Proz. der beitragspflichtigen Ver-
sicherungssumme gegenüber 1,40 Proz. im Vor-
jahre. Naturgemäß schwankte die Gesamtumlage
wie jedes Jahr bei den einzelnen Ortsvereinen
je nach der Höhe der Schadenfälle. Sie belief
sich auf je 100 M der Versicherungssumme auf:
792 Vereinen,
20
568
108
16
10
0,685 Proz. bei 100 Vereinen
(also ohne Schaden),
0,69—1,42 Proz. bei ... .
1,43 Proz. (Durchschnitt) bei
1,44—2,00 Proz. bei ... .
2,01—2,50 Proz. bei ... .
2,51—3,00 Proz. bei ... .
3,01—3,50 Proz. bei ... .
Ein Beitrag über 2 Proz. traf hauptsächlich
solche Vereine, die vorherrschend Milchwirtschaft
betreiben; hier ist das Risiko in der Regel ein
großes. Es sei femer noch bemerkt, daß Orts-
vereine, die bei einer Umlage von über 1,70 Proz.
als überlastet erschienen, wieder einen beson-
deren Staatszuschuß von 25000 M erhielten.
Bezflglich des Reservefonds ist noch zu er-
wähnen, daß er von 396 518,50 M im Vor-
jahr auf 424053,31 M im Berichtsjahre ge-
stiegen ist Von den Zinsen desselben konnten
diesmal 16 544,28 M zur Deckung der Ent-
schädigungen verwendet werden. (Der Reserve-
fonds stellt das gemeinschaftliche Vermögen der
angeschlossenen Ortsvereine dar und setzt sich
zusammen aus den Zinsen des von der Staats-
kasse zur Verfügung gestellten Stammkapitals
von 500000 M und den Beitrittsgebühren nach
§ 29 des Normalstatnts.)
Bei den Schadenursachen ergab sich das
alte Bild. Die Krankheiten der Verdauungs-
organe, der Geburtswege und die Infektions-
krankheiten riefen wiederum die meisten Verluste
hervor. Bei den Verdauungserkrankungen waren
es wieder die Fremdkörperentzündungen,
die mit 744 = 7,2 Proz. am meisten Opfer
forderten. Zur Verminderung wird angeregt,
einfache Kästchen im Hof und auf den Straßen
aufzustellen, um daselbst die bezüglichen Gegen-
stände zu sammeln. Die Tuberkulose ver-
ursachte 2925 Schadenfälle = 28,32 Proz. aller
Verluste, also mehr als ein Viertel sämtlicher
Schäden. Die Drehkrankheit ist mit 172Ver-
lusten verzeichnet. Aus dem Bestand eines
Versicherten mußten vier und aus den Beständen
mehrerer Besitzer einer Gemeinde neun Tiere
wegen Drehkrankheit notgeschlachtet werden. Zur
Verhütung weiterer Erkrankungen wurden sämt-
liche Hunde der in Frage stehenden zwei Ge-
meinden einer Bandwurmkur unterzogen.
Zur Kennzeichnung der Tiere sind ver-
schiedene Ohrmarken im Gebrauch. Der Bericht
empfiehlt als zweckmäßig die Benutzung jener
Ohrmarken, welche die in den einzelnen Orten
bestehenden Zuchtgenossenschaften jeweils ein-
geführt haben.
Die Versicherungskammer spricht am
Schlüsse allen Beteiligten, so auch den Tier-
ärzten und Zuchtinspektoren, ihren wärmsten
366 -
Dank ans und gibt sich der Hofibung hin, dafi
die Anstalt im Interesse der Landwirtschaft sich
noch ersprießlich weiter entwickeln werde.
Bezirkstierarzt M a i e r - Konstanz.
— Jahresbericht der Schlaohtvlehverslchening
vereinigter Ylehicomiiiissionäre Berlins für 1907.
Es wurden
versichert entschädigt
Rinder 181897 3762
Kälber 177 947 1163
Schweine .... 1194090 8422
Die angeführten Entschädigungen betrafen
ganze Tiere. Außerdem wurde Entschädigung
geleistet f&r:
829 Rinderviertel wegen Tuberkulose, Durch-
schnittswert rd. 94 M,
Ö248 Rindviertel wegen Anschneidung der Fleisch-
lymphdrttsen, Durchschnittswert rd. 25 M,
746 Schweineviertel wegen verschiedener Ur-
sachen, Durchschnittswert rd. 25 M,
28 847 Schweinelebem wegen verschiedener Ur-
sachen, Durchschnittswert rd. 2 M,
14 571 Schweine-Uteri über 4 kg wegen Trächtig-
keit, Durchschnittswert rd. 13 M.
Insgesamt sind für die 14 571 wegen vorge-
schrittener Trächtigkeit beanstandeten Schweine-
Uteri 184 199 M bezahlt worden.
An Erlösen wurden durch die Veräußerung
der beanstandeten Tiere durchschnittlich erzielt
für das kg:
Rindfleisch minderw. I. Qual. rd. 0,91 M
„ II. „ „ 0,70 „
„ bedingt tauglich „ 0,50 „
Kalbfleisch minderw. I. Qual. „ 0,92 „
„ II. „ „ 0,70 „
„ bedingt tauglich „ 0,50 „
Schweinefleisch minderw. I. Qual. „ 0,89 „
„ II. „ , 0,66 „
f, bedingt tauglich „ 0,68 „
Die Durchschnittserlöse für die ganzen Tiere
betrugen :
für ein Rind bei einem Durchschnittsgewicht von
232 kg rd. 180 M, -
für ein Kalb bei einem Durchschnittsgewicht von
43 kg rd. 31,5 M,
für ein Schwein bei einem Durchschnittsgewicht
von 70 kg rd. 56 M.
Für eine Rinderhaut wurden durchschnitt-
lich 26,5 und für einKalb fell6,62 M eingenommen.
— Bericht Ober den Betrieb der städtischen
Klndermiichanstait zu Wesel fUr das Etatsjabr 1907,
erstattet vom Schlachthof direktor Stier.
Die im Jahre 1905 zur Bekämpfung der
Säuglingssterblichkeit errichtete Kindermilch-
anstalt ist nunmehr zwei Jahre im Betriebe Die
zur Herstellung der Säuglingsmilch erforderliche
Rohmilch wird nach wie vor zum Preise von
20 Pf für das Liter von dem Inhaber eines
hiesigen größeren landwirtschaftlichen Betriebes
(dem Pächter des städtischen Römerwards) be-
zogen, dessen Viehbestand und Betrieb der Milch-
gewinnung der Aufsicht des Schlachthofdirektors
unterstehen. Der Lieferant hat sich vertraglich
verpflichtet, nur durchaus gesunde Kühe ein-
zustellen, die durch klinische Untersuchung
tuberkulosefrei befunden sind. Im Verdachts-
falle werden die Tiere zur Feststellung der
Tuberkulose mit Tuberkulin geimpft Kranke
und verdächtige Tiere werden von der Milch-
lieferung sofort ausgeschlossen. Der Besitzer
ist verpflichtet, jeden Krankheitsverdacht unter
den Milchkühen sofort dem Schlachthofdirektor
zu melden Der Gesundheitszustand der Kühe
wird dauernd tierärztlich überwacht. Im Früh-
jahr, Sommer und anfangs Herbst gehen die Kühe
auf Weide unmittelbar am Schlachthofe. Bei
Stallfütterung sind alle landwirtschaftlichen
Futtermittel, soweit sie nicht als verdorben
anzusehen sind, gestattet Treber und Schlempe
jeder Art dürfen nicht, Rüben nur bis 25 Pfund
täglich an eine Kuh gefüttert werden. Das
Melken geschieht auf die sauberste Weise. Un-
mittelbar nach dem Melken wird die Milch durch-
geseiht und mittelst Kühlapparates gekühlt. Dann
wird sie in der Anstalt durch Wattefilter geseiht,
zentrifugiert (entschlammt) und gekühlt, nach
Herstellung der Mischungen im Sterilisator erhitzt
und sofort im Kühlhause des Schlachthofes tief
(auf 2» C) gekühlt Der Vertrieb der Milch ge-
schieht durch einen der Anstalt gehörigen
Wagen, während die Gestellung des Pferdes
und Kutschers an einen Fuhrunternehmer für
\'<, Tag für 4 M und für einen ganzen Tag für
7 M vergeben worden ist Die Milch kann auch
aus der Anstalt abgeholt werden, was jedoch
selten geschieht Die Säuglingsmilch wird nach
wie vor in ftlnf verschiedenen, dem Alter und der
Verdauungfähigkeit der Säuglinge entsprechenden
Mischungen hergestellt und zwar:
Kindermilch I für Kinder im Alter bis zu 1 Monat
n II n n r> j> von2u.3Monaten
n -^'n » »»»^»» »
V 8 9
Der Übergang zu einer schwereren Mischung
darf nur allmählich geschehen. Eine ausführliche
Gebrauchsanweisung wird jedem Abnehmer bei
der ersten Inempfangnahme der Milch aus-
gehändigt Die Mischungen werden nach dem
Biedert- und Siegertschen Verfahren her>
gestellt.
Von der Anstalt wird auch gereinigte, je
nach Wunsch rohe oder im Sterilisator erhitzte
Vollmilch als Milch Nr. VI, die besonders auch
367
als Kurmilch geeignet ist, vertrieben. Nach neun
Monaten erhalten die Kinder Vollmilch.
Im Jahre 1906 wurde die Milch für ein-
heimische Abnehmer, die höchstens ein zur Steuer
veranlagtes Einkommen von 1800 M hatten zu
20 Pf, bei einem höheren Einkommen zu 30 Pf
für das Liter abgegeben.
Das abgegebene Milchquantum war sehr er-
heblich (44 403 Liter) und wäre noch erheblich
größer gewesen, wenn der Lieferant der Roh-
milch unter den vertragsmäßigen Bedingungen
mehr Milch hätte liefern können, es war nament-
lich die Abnahme der Vollmilch groß. Dies
mußte bei den verhältnismäßig billigen Preisen
den Verdacht ervt^ecken, daß die Milch nicht
allein zur Ernährung von Säuglingen, sondern
auch im Hausgebrauch Verwendung fand. Es
mußte daher die Stadt zur Bestreitung der Ge-
samtkosten einen Zuschuß von 7893,97 Mark
gewähren. Die Milch war hierbei den Abnehmern
ins Haus geliefert worden mittelst zweier Hand-
wagen. Diese Art des Milchvertriebes ließ sich
nicht länger durchführen, da die Kräfte der
Laufburschen versagten. Diese und andere Um-
stände brachten die Gesundheitskommission zu
der Überzeugung, daß die Milch den Abnehmern
mittelst Gespann ins Haus geliefert werden
müsse, und demgemäß beschloß sie in der
Sitzung vom 15. März 1907. Um die Mehrkosten
des Milchvertriebes zu erzielen, wurde der Preis
der Milch vom 1. April 1907 ab für das ganze
Etatsjahr für einheimische Abnehmer, die
höchstens ein zur Steuer veranlagtes Einkommen
von 1800 M hatten, zu 25 Pf und für besser
situierte Abnehmer zu 35 Pf und für Vollmilch
in jedem Falle zu 35 Pf das Liter festgesetzt.
Es stellte sich im Laufe des Berichtsjahres
infolge der Erhöhung der Milchpreise heraus,
daß die Abnahme der Milch immer mehr zurück-
ging bis schließlich auf täglich 35 Liter. Von
den weniger gut Bemittelten war die Abnahme
schließlich gleich Null geworden. Die Wohltat
der Anstalt kam daher dieser Bevölkerungsklasse
nicht mehr zugute. Erfahrungsgemäß gehen
namentlich aber die Säuglinge der weniger gut-
situierten in dem ersten Lebensjahre zugrunde.
Die Gesundheitskommission beschloß daher, um
den Betrieb der zur Bekämpfung der Säuglings-
sterblichkeit errichteten Kindermilchanstalt noch
weiter aufrecht zu erhalten, in der Sitzung vom
5. März 1908, die Milchpreise vom 1. April 1908
ab für die mit einem zur Steuer veranlagten
Einkommen bis zu 1800 M auf 22 Pf das Liter,
darüber auf 30 Pf zu ermäßigen. Vollmilch soll
zu dem ermäßigten Preise von 22 Pf nur ab-
gegeben werden, wenn sie vom Arzt aus-
drücklich verordnet ist und der Nachweis
darüber vom Abnehmer geführt wird. Dieser
Beschluß scheint das Richtige getroffen zu
haben; denn es stieg nach und nach die Milch-
abnahme und beträgt zurzeit (20. Juni 1908)
täglich 75 Liter, besonders muß auch hervor-
gehoben werden, daß die Wohltat der Anstalt
jetzt erheblich mehr von den weniger gut-
situierten einheimischen Bewohnern in Anspruch
genommen wird. Vollmilch wird jetzt erheblich
weniger von der Anstalt bezogen, wie im ersten
Betriebsjahre. Hieraus ergibt sich, daß die
Anstalt jetzt den Charakter einer wirklichen
Säuglingsmilchanstalt hat.
Der Fettgehalt der gelieferten Rohmilch
betrug im Winter bei Stallftitterung der Kühe
durchschnittlich 3,9 Proz., bei Weidegang der
Kühe 3,3 Proz., der Fettgehalt der Sahne betrug
durchschnittlich 19 Proz. Nach dem Vertrage
muß die gelieferte Vollmilch mindestens einen
Fettgehalt von 3 Proz. haben. Hieraus ergibt
sich, daß die angelieferte Rohmilch ausgezeichnet
ist. Bei der bakteriologischen Untersuchung der
Milchproben wurden niemals Tuberkelbazillen
festgestellt. Der Schmutzgehalt der angelieferten
Milch war stets ^bei der streng durchgeführten
Melkweise und bei der geforderten Haltung der
Milchkühe sehr gering. Es w^ar regelmäßig nur
eine sehr geringe Menge Zentrifugenschlamm
festzustellen. Im Berichtsjahre sind von 107 im
ersten Lebensjahre verstorbenen Kindern 24 an
Brechdurchfall und Darmkatarrh gestorben.
Davon haben drei Kinder Milch aus der Anstalt
erhalten. Bei zweien ist der Tod auf falsche
Behandlung der Milch zurückzuführen, was
ärztlich festgestellt ist, eins hat im letzten Monat
vor seinem Tode keine Milch mehr aus der
Anstalt erhalten.
In der Zeit vom 1. April 1907 bis 31. März
1908 erhielten Milch aus der Anstalt: 102 Kinder
zu 35 Pf und 63 Kinder zu 25 Pf das Liter.
Hiervon sind 3 gestorben = 1,8 Proz., während
sonst die Sterblichkeit der Säuglinge im ersten
Lebensjahr an Brechdurchfall, Darmkatarrh
allein hier in Wesel in den Jahren 1902—1905
durchschnittlich 30,88 Proz. betrug. Hieraus ist
die Wohltat der Säuglingsmilchanstalt für die-
jenigen, die Milch aus derselben b^ zogen haben,
mit Sicherheit erwiesen. Jede Mutter, die
gezwungen ist, ihr Kind im ersten Lebensjahre
mit Kuhmilch zu ernähren, sollte dieses Resultat
beherzigen und nur die Milch der Anstalt zur
künstlichen Ernährung der Säuglinge verwenden.
Im Berichtsjahre wurden 19 670 Liter Roh-
milch (gegen 51510 Liter im Vorjahre) verarbeitet,
wovon I9248V5 Liter Säuglingsmilch (gegen
44 402V8 Liter im Vorjahre) hergestellt worden
sind, und zwar von:
368 —
Jr. Izu35Pf.da8l
2160Fl.(Vgl
Int
i.)= 270 1
, u »
1»
<W47 „ (Vs
)= 889Vs„
»III ,
»
4861 , (Vs
)= 972V5«
,iv ,
»
6381 , (Vs
)=1276V5»
, V ,
»
6872 , C/s
)=1374»/5,
,vi ,
»
36806 . (Vs
)=7861V5.
»VI ,
»
3275 . (V,
)= 1637V,,
, I zu26Pf.
»
3258 , (%
)= 406Va,
n 11 ,
n
5064 , (Vs
)=1012V5,
,in ,
»
8668 , (Vs
)= 7823/,,
,1V ,
»
4088 , (Vs
)= 8063/,.
, V ,
»
12544 , (Vs
)= 2508*/s ,
Zusammen: 1924875 1
Die Differenzmenge zwischen Rohmilch und
Säuglings- oder Kurmilch beträgt hier nach
42IV5 Liter = 2,14 Proz. gegen 13,79 Proz. im
Vorjahre. Außer der Säuglingsmilch usw. ge-
langten 4121 Liter Magermilch, das Liter zu 5 Pf,
als Trinkmilch zum Verkauf.
Die Anstalt steht unter Leitung des Schlacht-
hofdirektors (Tierarzt); sie beschäftigt eine
Buchhalterin, eine Frau zur Bedienung der
Apparate usw. und einen Laufburschen.
Die finanziellen Ergebnisse der Anstalt
stellen sich im Etatsjahr 1907 wie folgt:
Einnahmen.
1. FOr Säuglings- und Kurmilch . 6190,19 M
2. Für Magermilch 206,05 „
3. Für in Verlust geratene Fl aschen 37,40 „
6483,64 M
Ausgaben.
Tit. L Persönliche Ausgaben.
1. Vergütung an den Leiter der
Anstalt 250,00 M
2. Lohn für Arbeits- und Schreibhilfe 2837,60 „
3. Zur Beschaffung von Bekleidungs-
gegenständen für das Personal . 30,25 „
3117,85 M
Tit. IT. Sächliche Ausgaben.
1. Für 19 670 Liter Rohmilch 4 20 Pf 3934,00 M
2. Für Milchzucker 305,45 „
3. Für Ergänzung des Flaschen-
bestandes 549,39 „
4. Für Gestellung d. Bespannung usw. 1466,00 „
5. Für Reinigung u. Heizungskosten 136,85 „
6. Wassergeld u. Wassermessermiete 128,38 „
7. Schreibmaterialien u. Drucksachen 127,99 „
8. Für Benutzung einer Kühlhalle an
die Schlachthofkasse 266,59 „
9. Für Abgabe von Licht, Dampf
und Feuerungsmaterial seitens
des Schlachthofes . . . . . . 250,00 „
7164,65 M
Tit III. Bau- und Unterhaltungskosten:
1. Zur Unterhaltung des Gebäudes
und der maschinellen Anlage . . 163,89 M
2. Zur Unterhaltung des Inventars 238,76 »
402,15 M
Tit rV. Insgemein.
Unvorhergesehene Ausgaben und
zur Abrundung 822,33 H
Wiederholung:
Tit. I. Persönliche Ausgaben . . 3 117,85 M
„ II. Sächliche Ausgaben ... 7 164,65 „
„ III. Bau- und Unterhaltungs-
kosten 402,15 „
jf IV. Insgemein 822,38 ,
Summe aller Ausgaben 11506,98 M
Summe aller Einnahmen 6433,64 M
Summe aller Ausgaben 11506,98 „
Mithin beträgt der städtische Zuschuß 5 073,34 M
gegen 7 893,97 M im Vorjahre.
Der Etat hatte einen Zuschuß von 4000 M
vorgesehen. In dem diesjährigen Zuschuß sind
die Kosten (650 M) für den neuen Milchwagen
mit enthalten. Der Selbstkostenpreis der Säug-
lingsmilch pro Liter beträgt annähernd 59 Pf.
Bfiehersehan.
— Sundelaob, Das Pferdefleisch als Nabnings-
mlttel. Herausgegeben von der Pferdeschutz Ver-
einigung über ganz Deutschland. Vorsitzender
Generalmajor z. D. Zobel , Wilmersdorf bei Berlin.
Gundelach schildert in der geschickt ver-
faßten Schrift zur Förderung der Hippophagie
die Entstehung der Abneigung gegen den Genuß
von Pferdefleisch, die Wiedereinführung und der-
zeitige Verbreitung des Pferdefleischgenusses,
die Zusammensetzung und sonstige Beschaffen-
heit des Pferdefleisches, seine Vorzüge und wirt-
schaftliche Bedeutung als Nahrungsmittel, die
jetzigen Vorschriften über den Verkehr mit
Pferdefleisch und den ethischen Gewinn der
Pferdeschlachtungen.
— B. G. Tettbnert Verlag auf de« Gebiete der
üatbematlii, Naturwlsseiisobafteii, Tecbiilc Rabat
Granzwlaaanachaften. 101. Ausgabe, dem IV. Inter-
nationalen Mathematiker-Kongreß in Rom ge-
widmet.
Kleine Mitteilnngeiu
— Diaaaniniarta Saricanataaa daa üyalcania.
Eine im hiesigen Schlachthof zur Schlachtung
gebrachte Kuh ist etwa 14 Tage lang nicht im-
stande gewesen, sich vorne zu erheben. Es
wurde ein Fremdkörper als Ursache vermutet
Bei der Schlachtung fand sich etwa ein Eimer
rötlicher Flüssigkeit in der Bauchhöhle; das
Bauchfell war mit den Eingeweiden an vielen
Stellen verwachsen. Der Herzbeutel war mit
eitriger, aber nicht fibelriechender FlQssigkeit
gefüllt. Im Zwerchfell ziemlich fest ein-
geschlossen wurden ein Drahtstift, zwei klein«
— 369 -
Drahtklammem und ein Stück Zinkblech ge-
funden Das Herz war stark vergrößert und mit
erbsen- bis taubeneigroßen graubraunen Knoten
(Sarkomen) durchsetzt. Steu ding- Gotha.
— Eohlnokokkin im Herzmuskel bei einem
Oobsen. Ein Ochse stürzte, nach einer Mitteilung
von Distrikstierarzt Schnester (Wochenschr.
f. Tierheük. u. Viehz. 1908, S. 506), vor dem
Wagen plötzlich zusammen und mußte not-
geschlachtet werden. Bei der Fleischbeschau
fand sich ein Echinokokkus von der Größe eines
kleinen Hühnereis in der Wand der rechten
Herzkammer.
— Über das Vorkommen des Echinokokkus beim
Menschen In Griechenland. Nach Th. PapaYoannou
(Deutflch. Med. Wochenschr. 1907, S. 1635) ist
der Echinokokkus bei den Bewohnern von
Griechenland und Epirus häufig, wie aus der
verhältnismäßig großen Zahl operierter und ver-
öffentlichter Fälle gefolgert werden muß.
— Ist der Alveoiarechinokokktto eine selbständige
Art oder mit dem uniiokulären identisch? Jen ekel
kommt in einer aus der chirurgischen Universitäts-
klinik zu Göttingen stammenden Arbeit zu dem
Schluß, daß zwischen beiden Formen von Echino-
kokken alle möglichen Übergangsformen be-
stehen, und daß die von Pos seit gezüchtete
Taenia alveolaris mit der gewöhnlichen Taenia
echinococcus von Siebold identisch sei.
— „Thim ni'S eine beim Menschen In Algier
vorkommendOi durch Oestrus ovis bedingte Er-
krankung. Die Gebrüder Eduard und Etienne
Sergent berichten in den „Annal. de Tlnst.
Pasteur** (21. Bd., S. 392), daß in ganz Algier
beim Menschen eine sehr schmerzhafte Ent-
zündung der Schleimhaut der Gesichtshöhlen
vorkomme, die durch die Larven von Oestrus
Ovis L. bedingt werde.
— Feldmäuse als Träger von Dasselfliegen-
larven. Eorff (Prakt. Blätter f. Pflanzenbau
und Pflanzenschutz 1907, S. 198) sah zuweilen
Mäuse mit starker Anschwellung des Abdomens,
die bald zugrunde gingen. Bei der Sektion
zeigte es sich, daß sich unter der Haut der ge-
storbenen Mäuse lebende Larven von Dassel-
fliegen, wahrscheinlich von Hypoderma bovis,
befanden. Kor ff verlangt daher neben dem
Abdasseln auch die Vertilgung der Feldmäuse,
um die Überwinterung der Dassellarven zu ver-
hüten. (Wenn Larven von Hypoderma bovis
bei Mäusen wirklich vorkommen, handelt es sich
nach allen Erfahrungen nur um Ausnahmefälle.
Vielleicht eignet sich aber die Maus zu Versuchen
über die Biologie von Hypoderma bovis. D. R.)
— Reizwirkung von Spuiwurmsaft am mensch-
lichen Auge. Nach B ä u m 1 e r (Arch. f. Augenheilk.
Bd. 57, S. 69) hatte ein Abdecker bei der Ob-
duktion eines Pferdes einen Spulwurm zerrissen,
wobei ihm von dem Saft etwas in das rechte
Auge spritzte. Das Auge schwoll binnen 5 Minuten
stark an, und die hochgradige Chemose sowie das
Ödem bestanden einige Tage, um sich hierauf
ohne Hinterlassung von Folgezuständen zurück-
zubilden.
— Gras (mit Spulwurmeiern) als Dichtungsmittel
fDr MIlohgefäBe. Fumagalli (Giom. della R.
Soc. ed Accad. vet. ital. 1907, S. 657) wies an
Gras, das zum Dichten von Milchgefäßen ver-
wendet wurde, Ascariden-Eier nach, ein
weiterer Grund gegen die Verwendung von Gras
als Dichtungsmittel für Milchgefäße.
— Immunisierung gegen die gangränSse Mastitis
der Schafe. Bridrö (Bull, de la Soc. centr. de
m6d. v6t. 1907, S. 500) immunisiert gegen die
gangränöse Mastitis der Schafe durch subkutane
Injektion der mitigierten Erreger. Es entsteht
hiernach eine bis zu zwei Jahren währende
Immunität.
— Stauungshyperämie als ein die Mllchsekretion
berörderndes Mittel empfiehlt Saschke (Med.
Klinik 1908, Nr. 8). Er hat bei Frauen mit
„schwer gehenden Brüsten^ vorzügliche Erfolge
erzielt, namentlich bei Erstgebärenden, und glaubt,
daß man durch die Anwendung der Stauung
vielleicht dahin gelangen könne, daß die rein
künstliche Ernährung bei Kindern entbehrlich
wird. (Interessant wäre die Untersuchung der
Einwirkung künstlicher, durch Kompression der
Eutervenen erzeugter Stauung auf die Milch-
ergiebigkeit der Kühe. D. R.)
— Ziegenhaltung In Wflrttemherg. In der
öffentlichen Ziegenzüchterversammlung, die
gelegentlich der Stuttgarter Ausstellung der
deutschen Landwirtschaftsgesellschaft stattfand,
berichtete Oberamtstierarzt H o n e k e r-Maulbronn,
daß bis zum Jahre 1907 die Zahl der in
Württemberg gehaltenen Ziegen auf 88 200 ge-
stiegen sei. Weitaus' die Mehrzahl der Ziegen-
zuchtvereine, nämlich */^, züchtet die bunte
Schwarzwaldziege, der Kest die Saanenziege.
Die Einfuhrziegen befriedigten nicht immer, und
jetzt sei der Bezug von Ziegen aus der Schweiz
als unnötig fast ganz aufgegeben.
— Milchwirtschaft in der Schweiz. Seit einigen
Jahrzehnten wird in der Schweiz der Getreide-
bau immer mehr vom Grasbau zugunsten der
Milchwirtschaft und der Tierzucht zurückgedrängt.
Gegenwärtig zählt die Schweiz IVa Millionen
Rinder, unter denen sich mehr als 700000 Kühe
befinden. Die jährliche Milchproduktion hat
einen Geldwert von 200 Millionen Franken. Die
Käseausfuhr beläuft sich auf 800 000 Zentner mit
einem Gesamtwert von 50 Millionen Franken.
Insgesamt werden in der Schweiz 19 Käsesorten
— 370 —
hergeetellt; die Hauptsorte aber ist der Emmen-
taler. Die jährliche Ausfuhr an kondensierter Milch,
die 1876 in Cham begonnen wurde, beläuft sich
auf 18 Millionen Franken Geldwert An Butter
werden jährlich 2000 Zentner ausgeführt, dagegen
aber fast 20 000 Zentner eingef ahrt, hauptsächlich
aus Deutschland und Österreich. Wo keine
Käsereien bestehen, blüht die Jungviehaufzucht.
Die 700 000 Kühe bringen jährlich etwa
500000 Kälber zur Welt, wovon 45 Proz. zur Auf-
zucht, 35 Proz. zur Mast gelangen, während etwa
20 Proz. bald nach der Geburt geschlachtet werden.
Tagesgeschichte.
— Kommandierung eines Veterinärs zum Kriegs-
ministerium. Oberstabs Veterinär Grammlich,
Inspizient bei der Militär-Veterinär- Akademie, ist
zum Kriegsministerium kommandiert worden.
— öfTentllche Schiaclithöfe. Eröffnet wurde
der neuerbaute öffentliche Schlachthof in
Freudenstadt. Erweiterungsbauten sind be-
schlossen in Königsberg i. Pr. (Vergrößerung-
der Schweineschlachthalle, 156 500 M Kosten-
betrag), Löwenberg (Umbau der Kläranlage nach
dem System Schweder- Grofilichterfvlde), Reut-
lingen (Umbau des Schlachthofes, 280000 M
Kostenbetrag), Rosenberg i. Westpr. (Er-
weiterung des Schlachthauses), Wongrowitz
(Errichtung einer Kühlanlage).
— Bakterioiogisclies Laboratsrium auf dem
Soliiaclitliof in Viersen. Das bei der Säuglings-
milchanstalt befindliche, auch für Schlachthof-
zwecke benutzte Laboratorium hat sich als zu
klein erwiesen. Beim Neubau des Beamtenwohn-
hauses auf dem Schlachthof ist ein größeres
Laboratorium mit Stallungen für Ver-
suchstiere vorgesehen.
— HängegebOliren auf dem Scliiaoiitliof zu
Hamburg. Für das Aufhängen von nicht auf
dem Schlachthöfe geschlachteten Tieren
zum Verkauf in den Sclilachthof- und Vieh-
marktanlagen werden vom 1. August an folgende
Gebührensätze erhoben: für ein Rind ausschließ-
lich der Kälber im Fleischge wicht bis zu 75 kg
2 M 25 Pf, für ein Kalb im Fleischgewicht von
nicht mehr als 75 kg 75 Pf, für ein Schwein 60 Pf,
für ein Schaf 25 Pf.
— Lebendgewichthandei und ScMuBsohsInzwang.
Der 81. Fleischerverbandstag, der im Juni d. J.
in Essen zusammengetreten ist, hat sich gegen
den obligatorischen Lebendgewichtshandel und
den Schlußscheinzwang ausgesprochen.
— Beschränkung des Färbens der WursthOlien.
Nach der Bekanntmachung des Reichskanzlers,
betr. gesundheitsschädliche und täuschende Zu-
sätze zu Fleisch und dessen Zubereitungen, vom
18. Februar 1902 war die Verwendung von Farb-
stoffen zum Färben von Wursthüllen zugelassen,
sofern diese Verwendung nicht anderen Vor-
schriften (Nahrungsmittelgesetz, gegebenenfalls
auch Strafgesetzbuch) zuwiderlief. Nach einer
neuen Bekanntmachung vom 4. Juli 1908 ist die
Vorwendung von Farbstoffen nur noch gestattet
zur 6 e 1 b f ä r b u n g der Hüllen derjenigen Wurst-
arten, bei denen die Gelbfärbung herkömmlich
und als künstliche ohne weiteres erkennbar ist,
sofern diese Verwendung nicht anderen Vor-
schriften zuwiderläuft. Alles andere Färben von
Wursthüllen ist vom 1. August 1908 an verboten
(s. unter „Amtliches'', S. 360).
— „SoharfMhiaohtungeu". Vor dem Schöffen-
gericht zu Düsseldorf standen mehrere Schlächter
unter der Beschuldigung, „scharf^ geschlachtet,
d. h. vor Feststellung des Schlachtgewichts
mehr Teile entfernt zu haben, als nach § 12 der
Betriebsordnung für den städtischen Schlachthof
zu Düsseldorf zulässig ist. Der angezogene
Paragraph lautet mit Bezug auf die Schlachtung
von Großvieh u, a. wie folgt: „Bei Tieren, die
nicht genau nach Vorschrift ausgeschlachtet, und
von denen zum Schlachtgewicht gehörige Teile
bereits entfernt sind, wird vom Direktor das
Mindergewicht endgültig festgestellt. Es werden
herausgenommen der sehnige Teil des Zwerch-
fells ohne Verletzung der dünnen Lummen, das
Herzfett, der Sogg, die am Halse befindlichen
Blutgefäße und bei Kühen das Euter. Vom Hals
darf nichts entfernt werden.^ Die angeklagten
Meister sollen bei Kühen außer den im § 12 be-
zeichneten Teilen noch weitere, insbesondere vom
Halse, herausgenommen haben. Um diese Fleisch-
teile, so behauptete die Anklage, seien die Ver-
käufer des Viehes geschädigt worden, da letz-
teres nach dem festgestellten Schlachtgewicht
bezahlt wurde. Die Fleischer sind indessen frei-
gesprochen worden, weil die Scharfschlachtungen
dänischen Viehs — um solches hatte es sich in
den Anklagefällen gehandelt — seit Jahren ge-
bräuchlich gewesen seien, und die Verkäufer sich
im allgemeinen damit einverstanden erklärt hätten.
— „Schneemetzger''. Nach der „Amü Zeitung
des deutschen Fleischerverbandes'' hat die Sektion
Thurgau des Verbandes schweizerischer Metsger-
meister in der Versammlung vom 28. Juni d. J.
folgende Resolution gefaßt: „Metzgermeister der
Sektion Thurgau, die sich der Schmutzkonkurrenz
und Preisdrückerei schuldig machen, sollen unter
das Banner der „Schneemetzger^ gezählt werden
und dürfen dem Verbände nicht mehr angehören."
— Die Auadehnung des Beeeliauzwaages auf
alle Hausschiachtungen von Rindern ist durch
Polizeiverordnung vom 16. Mai 1908 auch für
den Kreis Oberbarnim verfügt worden (vgL
S. 305 und 337 der letzten Hefte dieser Zeitschrift).
371 —
— Fleischbeschau im Schutzgebiet Togo. Der
Gouverneur von Togo hat für bestimmte Ort-
schaften Schlachtzwang in dem vom Gouvernement
errichteten Schlachthof und Untersuchungszwang
daselbst angeordnet. Die Einfuhr von Fleisch
in das Schutzgebiet ist nur aus Orten außerhalb
des afrikanischen Festlandes gestattet.
— Fleischvergiftung. Nach dem Genuß von
Gulasch, das aus Eopffieisch bereitet war, sind
in Berlin drei Personen unter Vergiftungs-
erscheinungen schwer erkrankt. Einer der Er-
krankten ist der Vergiftung bereits erlegen.
— Rotzinfektion im Laboratorium des Kranken-
bauoeo zu Czernowitz. Der Prosektor am Kranken-
haus zu Czernowitz Dr. Lucksch hatte beim
Zentrifugieren einer Rotzbazillenaufschwemmnng
das Unglück, daß ein Zentrifugenröhrchen platzte
und die Rotzbazillen im Laboratorium verstreut
wurden. Die bedauerliche Folge war die Infektion
eines Assistenten, eines Kanzlisten und eines
Laboranten. Nach der „Öster. Monatsschr. für
Tierheilk.« (1908, Nr. 7) sind alle der Infektion
ausgesetzt gewesenen Personen bis auf Dr.
Lucksch gestorben.
— Zur Häufigkeit des Rotzes in England. Nach
Bang sind von 29 Pferden, die aus London
kamen, sieben im Laufe der ersten Monate nach
ihrer Einfuhr nach Dänemark (Svendborg, Lolland
und Kopenhagen) rotzig befunden worden.
(Maanedsskrift for Dyrlaeger 1908, S. 430.)
— Unter welchen Voraussetzungen sind örtliche
Viehversicherungsvereine als Versicherungsunter-
nebmungen im Sinne des Gesetzes anzusehen? Das
Kaiserliche Aufsicht^amt für Privatversicherungen
hat hinsichtlich örtlicherViehversicherungsvereine,
die in der Hauptsache nicht bare Bei-
träge der Versicherungsnehmer erheben,
sondern diese verpflichten, das Fleisch
notgeschlachteten Viehes zu einem be-
stimmten Preisezu übernehmen und nur bei
NichtVerwendbarkeit desFleisches den betreffenden
baren Betrag des Fleisches zu bezahlen, folgenden
Beschluß gefaßt: Der Umstand, daß in der
Hauptsache nicht bare Beiträge von den Vereins-
mitgliedem erhoben werden, ist für sich allein
nicht geeignet, einen Verein von der durch das
Gesetz geschaffenen Aufsicht zu befreien, da zum
Begriff einer Versicherungsuntemehmung weder
die Erhebung noch die Gewährung von Geld-
leistungen gehören. Vereinen einfachster Form
kann allerdings die Eigenschaft einer Ver-
sicherungsunternehmung dann abgesprochen
werden, wenn den Vereinen sehr enge persönliche
Grenzen gezogen sind. Das Aufsichtsamt würde
dann das Vorhandensein einer Versicherungs-
untemehmung verneinen, wenn sich die Leistungen
der Teilnehmer nur als ein Ausfluß nachbarlicher
oder beruflicher Hilfeleistungen darstellen. Eine
Entscheidung könne nur von Fall zu Fall erfolgen.
— Die Errichtung einer gemeinscbaftlioben
Kadavervemlohtungs- und verwertungsanotait haben
die Kreise Alsfeld und Gronau beschlossen.
-- Eine Versuchs- und üuoteranotalt für Vogel-
schutz ist vom Freiherm von Berlepsch zu
Seebach im Kreise Langensalza eingerichtet
worden. Die Anstalt stellt Versuche und Be-
obachtungen an und will die auf dem Gebiete
des Vogelschutzes gewonnenen Erfahrungen
mehr als bisher der Allgemeinheit zugänglich
machen.
— Neue Vorschriften fGr die Mllcbbeförderung
auf Eisenbahnen. Seit dem 1. Juli d. Js. müssen
die Gefäße, in denen Milch auf Eisenbahnen
transportiert werden soll, handlich hergestellt
und mit sicherem Verschluß versehen sein. Das
Fassungsvermögen darf nicht über 40 1, die Höhe
nicht über 75 cm betragen.
— Genoosenschaftlicbe INilchversorgungsanstait
in Dresden. Die nach Dresden liefernden Milch-
produzenten, etwa 400 Landwirte aus der Um-
gebung Dresdens, haben sich zu einer Genossen-
schaft zusammengeschlossen und mit einem
Kostenaufwand von 600000 Mark eine Milch-
versorgungsanstalt errichtet, die allen gesund-
heitlichen Ansprüchen genügen soll. Dem Vorstand
gehören bedeutende Landwirte aus der Umgebung
Dresdens an. Die angelieferte Tagesmilchmenge
beträgt gegenwärtig 15000 1.
— Überwachung der IMolkereien durch IMolkerei-
sachverständige. Die Regierung der bayerischen
Bezirke Schwaben und Neuburg hat zur Förderung
des richtigen Betriebs der Molkereien deren
ständige Überwachung durch amtlich bestellte
Kreis-Molkereisachverständige angeordnet. Die
Überwachung erfolgt nach einer bestimmten
Dienstanweisung.
— Neuordnung der französischen Veterinir-
Polizei. Die französische Deputiertenkammer hat
den Entwurf eines Gesetzes über die Regelung
der Veterinärpolizei unter dem Eindruck der
beunruhigenden Unterschleife bei den Fleisch-
lieferungen für die Armee als dringlich beraten
und am 15. Juni angenommen. Das neue Gesetz
soll die bisherige Selbständigkeit der Bezirks-
regierungen in veterinärpolizeilichen Angelegen-
heiten beseitigen und dem Landwirtschafts-
minister einen bestimmenden Einfluß auf die
Anstellung und die Tätigkeit der Departements-
tierärzte sichern und die Möglichkeit geben, die
Überwachung der Schlacht- und Viehhöfe sowie
die Ausübung der Fleischbeschau einheitlich zu
gestalten. Das „Jonrn. de m6d. vöf bezeichnet
den Entwurf des neuen Gesetzes als unvoll-
ständig, da die zentrale technische Leitung für
— 372 —
die AuBfahrong des Gesetzes fehle. Nach den
gegebenen Versprechungen sei aber eine dem-
nächstige befriedigende Lösung der ganzen An-
gelegenheit zu erhoffen.
— ÜRtersttOhuiigdee fDrdle fNuizItelscheii Truppe«
bettinnten Fleltohe«. Nach Aufdeckung der Un-
regelmäßigkeiten bei der Versorgung des fran-
zösischen Militärs mit Fleisch (s. diese Zeitschr.
H. 8, lauf. Jahrg., S. 271) ist nach ^Le Progrös
vöf (1908, Nr. 12) durch Ministerialet lasse vom
28. 3., 2. und 16. 5. 1908 angeordnet worden, daß
das für die Truppen bestimmte Schlachtvieh in
jedem Falle (durch einen Militärtierarzt) vor und
nach der Schlachtung genau zu untersuchen und
besonders zu kennzeichnen ist. Die ursprüng-
liche Bestimmung des Erlasses vom 28. 3., daß
in keinem Falle die gegebenen Vorschriften
durch die Bescheinigung eines Gemeindetierarztes
als erftlllt anzusehen seien, ist durch eine mini-
sterielle Anweisung • vom 22. 4. 1908 dahin ab-
geändert worden, daß die Truppenteile ausnahms-
weise in Städten, in denen der Schlachthof dienst
von Tierärzten ohne Privatpraxis ausgeübt
wird, auf ihre Verantwortung Fleisch zulassen
können, das den Stempel des Gemeindetierarztes
trägt. Stets müsse aber das Fleisch außerdem
in den Kasernen durch einen Tierarzt und in
Ermangelung eines solchen durch einen Arzt
untersucht werden. Ein Dekret vom 5. 6. 1906
regelt die Anwendung des Gesetzes vom 1.4. 1905
auf den Verkauf von Nahrungsmitteln und Ge-
tränken für die Armee, und stattet bestimmte
militärische Beamte, darunter auch die Militär-
tierärzte, mit Befugnissen aus, die durch das
Dekret vom 31. 7. 1906 lediglich den Zivilbehörden
übertragen waren.
— Ein Preisausschreiben fOr Schiachthaus-
entwflrfe ist vom Niederländischen Ministerium für
Landwirtschaft, Gewerbe und Handel am 10. Mai
d. J. erlassen worden. Zum Wettbewerb sind Bau-
sachverständige aller Länder zugelassen. Aus-
kunft erteilt der Schriftführer des Preisgerichts.
Die Entwürfe und Kostenanschläge sind innerhalb
4 Monaten nach Veröffentlichung des Preisaus-
schreibens an das Reichsbaumeisterbüreau im
Haag, Nassau Odyckstraat Nr. 59 einzusenden.
— Der I. internationale Kongreß fGr Kälte-
industrie findet vom 5.— 10. Oktober in Paris statt
und behandelt in Sektion I die Kältewirkung, in
Sektion II die Kälteerzeugung, in Sektion III
die Verwendung der Kälte zur Konservierung
von Nahrungsmitteln, in der Sektion IV die Ver-
wendung der Kälte zu anderen Zwecken, in der
Sektion V die Verwendung der Kälte im Handel
und zu Transportzwecken, in der Sektion VI die
Gesetzgebung. Unter den offiziellen französischen
Delegierten zu dem Kongreß finden sich Namen
besten Klanges, u. a. Chauveau und Roux.
Anmeldungen sind an das Sekretariat Rue Denis-
Poisson 10 in Paris zu richten.
Personalien.
Ernannt: Professor Dr. Wilhelm Zwick an
der Tierärztlichen Hochschule Stuttgart zum
Regierungsrat und Vorstand der Abteilung ftlr
experimentelle Tierseuchenforschung im Kaiser-
lichen Gesundheitsamt
Die Tierärzte August Dechant aas
Schweinfurt zum Assistenten am Pharma-
kologischen Institut und AugustMulzer, bisher
am Pharmakologischen Institut zum 2. Assistenten
an der Chirurgischen Klinik der Tierärztlichen
Hochschule in Mflnchen; Schlachthofdirektor Dr.
Wiendi eck -Barth in Pommern zum komiss.
Kreistierarzt in Lingen; Schlachthoftierarzt F.
Bauer-Saargemünd zum Schlachthofvorsteher
daselbst; Schlachthof tierarzt C. Ganzenmfiller
zum Schlachthof direktor in Kattowitz; Schlacht-
hoftierarzt Joseph Strauß in Flensburg zum
Stadt. Bezirkstierarzt in Freising; Schlaehthoftier-
arzt Dr. W. Feuere iß en zum städtischen Amts-
tierarzt und stellvertretenden Schlachthofdirektor
in Plauen im Vogtl.; Dr. Paul Rißling ans
Straßburg zum Repetitor am Hvgien. Institut der
Tierärztlichen Hochschule Berlin; Tierant
Ganzenmüller- Frankfurt a. M. zum Schlacht-
hofdirektor in Frankfurt a. M.
Anueiohnongen: Es wurde verliehen dem
kgl. wttrttembergischen Landestierarzt, Wirkl.
Ober-Rcgierungsrat Beißwänger das Ehren-
kreuz des Ordens der Wtirttembergischen Krone
mit dem persönlichen Adel, dem Geh. Ober-
regierungsrat Dr. Ly dt in der Kgl. preußische
Kronenorden II. Kl, dem Obermedizinalrat Dr.
t^delmann das Offizierkreuz des österreichischen
Franz Joseph-Ordens, dem Pol izei tierarzt J. Neu-
gebaner in Berlin der Kgl. preußische Kronen-
orden IV. Kl.
Vakanzen.
Tierärztllobe Hochschule Stuttgart: II. Assistent
a. d Chirurg. Pferdeklinik zum 1. Oktober 1908.
Gehalt 1270 M, freies Zimmer usw. Bewerb.
bis 8. August an die Direktion der Hochschule.
Tierseucheninstitut der LandwirtschaftaiuunHier
für die Provinz Schleswio-Holttein: Bakteriolog.
Assistent zum 1. Sept oder 1. Okt. er. Gehalt
2400 M. Bewerbungen an das Institat in Kiel,
Kronshagenerweg 7.
Schlachthoflierarztstollen: Frankfurt a. M.:
Tierarzt alsbald. Gehalt 2500 M. Bewerbungen
an die Schlacht- und Viehhofverwaltung.
Lyck: Schlachthofinspektor zum 1. Oktober.
2400 M Gehalt, nebst freier Wohnung, Heizung
und Beleuchtung, im Werte von öOO M. Mel-
dungen an den Magistrat.
Osterode: Schlachthof direktor zum 1. Ok-
tober. 2100 bis 3000 M Gehalt, freie Dienst-
wohnung im Werte von 500 M, Privatpraxis wider-
ruflich gestattet. Meldungen an den Magistrat
Stellen fflr ambulatorische Fleischbeschau und
Privatpraxis:
Seh wetz (Weichsel): Tierarzt. Auskunft
erteilt der Landrat von Halem in Schwetz.
Verantwortlicher Redakteur (exU. Inseratenteil): Prof. Dr. Oatertag In Berlin. — Verlag von Riehard Sehoets in Berlin.
Zeitschrift
tat
Fleisch- und Milchliygiene.
Achtzehnter Jahrgang.
September 1908.
Heft 12.
Ori^al-Abhandlunsen.
(Naohdniok Torboten.)
Ist die Trichinenschau in den westlichen
Provinzen Preußens notwendig?
Von
Dr. med. vet. L. Opalka-Berlin,
Tierarzt an dem bakteriologischen Laboratorium der Land-
wirtschafUkammer für die Provln» Brandenburg.
In den westlichen Provinzen Preußens
— Westfalen, Hessen-Nassau und Rhein-
provinz — wird bekanntlich die Trichinen-
schau vielfach als eine überflüssige
Maßnahme empfunden, und es sind schon
Anträge gestellt worden, die Trichinen-
schau daselbst aufzuheben. ZurB^ründung
wurde angegeben, daß Trichinenftinde bei
Schweinen in den westlichen Provinzen
sehr selten seien, und daß die Kosten
der Trichinenschau in keinem Verhältnis
zu ihrem Nutzen ständen. Die Trichinen-
schau sei im Grunde eine überflüssige
Maßnahme, gegen die sich jeder ver-
ständige Mensch schützen könne, indem
er lediglich gut gekochtes oder gebratenes
Schweinefleisch genieße.
Hierzu ist folgendes zu bemerken:
Es läßt sich zwar das seltene
Vorkommen der Trichinen bei Schweinen
in dem westlichen Gebiet der preußischen
Monarchie nicht in Abrede stellen, indessen
beweist doch die Statistik, daß die Gesamt-
zahl der trichinös befundenen Schweine
auch in den westlichen Provinzen Preußens
nicht unbeträchtlich ist.
Mit Trichinen und Finnen wurden
behaftet gefunden: ^-ß)
■
1876—1886
1886-1896
1896-1906
Provinz
Zahl der
untersuchten
Schweine
Zahl der
trichinösen
Schweine
Zahl der
finnigen
Schweine
Zahl der
untersuchten
Schweine
Zahl der
trichinösen
Schweine
Zahl der
finnigen
Schweine
Zahl der
untersuchten
Schweine
Zahl der
trichinösen
Schweine
Zahl der
finnigen
Schweine
Westfalen . . .
Hessen-Nassau . .
Rheinprovinz . .
3 239 252
1934 527
1208 604
215
663
141
3 855
1520
1714
5 010 542
3 748 808
4 604013
131 2 725
456 1 818
148 3 598
7 217 976
5 171 489
11762 710
77
194
194
1235
1204
8 571
Mithin entfallen auf die einzelnen
Provinzen für die Zeit von 1876—1906:
Provinz
Zahl der
untersuchten' [
Schweine ^ '
Zahl der T' 1
trichinösen JS
Schweine g
Zahl der
finnigen
Schweine
Westfalen ....
Hessen-Nassau . .
Rheinprovinz . . .
15 467 770
10 854 824
17 575 327
423
1313
483
•
7 815
4 542
13 883
Unter je 10000 Schweinen wurden
in der Zeit von 1876 — 1906 fest-
gestellt:
In der Provinz Westfalen:
0,20 trichinöse Schweine,
in der Provinz Hessen-Nassau:
1,20 trichinöse Schweine,
in der Rheinprovinz:
0,20 trichinöse Schweine.
Vergleicht man die Ergebnisse der
Trichinenschau in den westlichen Pro-
— 374 —
vinzen mit der Zahl trichinöser Schweine
in dem östlichen Gebiet der preußischen
Monarchie, so ergibt sich folgendes:
Ostpreußen zählte von 1876—1906
unter 5 495 059 untersuchten Schweinen
4 620 trichinöse und 10 587 finnige
Tiere.
In Westpreußen wurden in dem
gleichen Zeitraum 4 960 809 Schweine,
darunter 3 619 trichinöse und 10 303
finnige, der Trichinenschau unterworfen.
Die Provinz Posen hatte unter
7 439 624 untersuchten Schweinen 17 611
trichinöse und 14 752 finnige, Schlesien
unter 29375883 Schweinen 6715 trichinöse
und 72 324 finnige.
Demnach tibertriflft die im Osten er-
mittelte geringste Zahl trichinöser Schweine
diejenige im Westen um das 8 Vs fache,
während die höchste Ziffer derselben im
Osten die höchste im Westen um das
13 fache, die geringste um das 41 fache
übersteigt.
Über die Angemessenheit der für die
Trichinenschau im Westen gemachten
Aufwendungen können daher wohl Er-
wägungen stattfinden. Berücksichtigt man
jedoch, daß ein einziges trichinöses
Schwein Hunderte von Menschen-
erkrankungen und Todesfälle verursachen
kann,^) so müssen diese Erwägungen zu-
gunsten der Trichinenschau ausfallen.
Hierzu kommt, daß die Zahl der Tri-
chinen- und Finnenfunde — als unzweifel-
hafte Folge der Trichinenschau — in
sämtlichen Provinzen des Westens eine
Abnahme gefunden hat. Letztere Tat-
sache erklärt sich aus der unschädlichen
Beseitigung der stark trichinösen und
finnigen Schweine und der Zwangs-
kochung der schwach trichinösen und
finnigen Tiere. Wie aus nachstehender
Tabelle hervorgeht, ist die Abnahme der
trichinösen und finnigen Schweine in der
Rheinprovinz besonders groß.
Betrachtet man die Ergebnisse der
Trichinenschau im ganzen preußischen
Staat, so ergibt sich, daß in den Jahren
1885—1889 auf je 10 000 untersuchte
Schweine fünf und mehr trichinöse ent-
fielen, und daß in den Jahren 1890—1897
diese Zahl nur etwa zwei bis vier und
seitdem wenig mehr als eins betrug.
Die Trichinenschau muß daher als
eine wichtige prophylaktische Maßregel
auf dem Gebiete der Nahrungsmittel-
hygiene bezeichnet werden.
1885
1895
1907
Provinz
Trichinöse
Schweine
%
Finnige
Schweine
%
Trichinöse
Schweine
%
Finnige
Schweine
%
Trichinöse
Schweine
Finnige
Schweine
Westfalen . . .
Hessen-Nassau .
Rheinprovinz . .
0,004
0,03
0,01
0,10
0,06
0,23
0,002
0,003
0,01
0,02
0,03
0,10
0,0003
0,003
0,0004
0,005
0,007
0,004
Obwohl durch die einfache Maßnahme
des Garkochens und Garbratens jeder
Konsument sich selbst gegen die Gefahr
der Trichinosis schützen kann, und der
Genuß rohen oder halbgaren Fleisches
hauptsächlich in den östlichen Provinzen
verbreitet ist, so zeigt doch die Geschichte
der Trichinenepidemien, daß auch im
Westen des preußischen Staates der
Genuß rohen Fleisches eine Rolle spielt.
Erwähnt seien die Trichinenepidemien
von Niederzwehren bei Kassel im Jahre
1877, wo die Hälfte der Einwohnerschaft
erkrankte, die Epidemie von Barmen im
Jahre 1880 mit über 100 Erkrankungen,
die Epidemie von Höxter im Regierungs-
bezirk Minden im Jahre 1877 mit 52 Er-
krankungen. Aus dem Regierungsbezirk
Düsseldorf^) wird berichtet, daß jährlich
gegen 20 Fälle von Trichinosis vorkommen.
- 375 -
Die Gesamtzahl der Erkrankungen und
Todesfälle an Trichinose betrug in den
einzelnen Provinzen, soweit ich nach den
Literatürangaben feststellen konnte:
Ort
Zahl der
Erkrankten
.^5 I
Ursache
Rgbz. Minden:
Lippspringe^) . .
Minden »0)
Höxter 9)
Minden ^0
Minden 9)
llgbz. Arnsberg:
Altena")
Provinz Westfalen . .
Rgbz. Kassel:
Langenhain b.Eschwcge^^)
KassePä)
Ni ed erzwehren *3)
Fulda 1*) .
Homberg^*)
Rgbz. Wiesbaden:
Frankfurt a. M. ^ß) . .
Frankfurt a. M.i^ . .
Prov. Hessen-Nassau
Rgbz. Köln:
Honnef»«)
Köln »8)
Köln 19)
Köln^o)
Rgbz. Dasseldorf:
Barmen 21)
Dasseldorf ^'a) . . . .
Rheinprovinz . . .
1876
1876
1877
1877
1878
1891
1876-91
1865
1865
1877
1900
1903
1873
1895
1865—1903
1865
1878
1882
1883
1880
1891
1865-91
1
_
3
52
—
1
—
1
—
40
98
—
2
1
6
—
Hälfte der
Einwohner-
schaft
1
—
120
—
8
2
—
über 139
1
1
1
12
—
60 Soldaten
—
35
—
über 100
60
—
über 268
1
Genuß voji aus Schlesien bezogenen Wild-
schwoinfleisch.
Genuß von aus Braunschweig bezogener
Mettwurst.
Absichtlicher Genuß rohen trichinen-
haltigen Schweinefleisches,
desgl.
— Pflichtvergessenheit des Trichinenschauers.
Absichtlicher Genuß rohen trichinen-
haltigcn Schweinefleisches.
Genuß wahrscheinlich eingeschmuggelten,
nicht untersuchten Schweinefleisches.
Berücksichtigt man ferner, daß der
jährliche Zuzng der Bevölkerung nach
dem Westen sich steigert — in den
Industriegebieten des Westens schwankt
die Wanderziffer zwischen -\- 34,6 Proz.
(Zuzug) und — 8,8 Proz. (Abzuges) — ,
und daß die Gewohnheiten auch hin-
sichtlich des Fleischgenusses nicht mehr
an politische Grenzen gebunden sind, so
wird man zugeben müssen, daß trotz des
Genuß von Mettwürsten^ bereitet aus
entwendetem trichinenhaltigem Fleisch.
Genuß ungaren Schweinefleisches gelegent-
lich einer Hochzeit.
Genuß roher Brat- und Mettwurst.
seltenen Vorkommens der mit Trichinen
behafteten Schweine die Gefahr der
Trichinosis auch für den Westen nicht
unbeträchtlich ist.
Ferner muß mit dem Umstand ge-
rechnet werden, daß Schweine alljährlich
aus dem Osten, wo die Trichinen bei
Schweinen, wie nachgewiesen, viel häufiger
sind als im Westen, nach dem Westen
importiert werden. So betrug der
376 —
Schweineversand^) im Jahresdurchschnitt
aus Ost- und Westpreußtn nach:
Provinz
Hessen-Nassau . . .
Ruhrrevier (Westfalen)
Ruhrrevier (Rheinpr.) .
Westfalen
Rheinprovinz r. d. Rh. .
Rheinprovinz 1. d. Rh. .
Aus Berlin nach:
Zahl der eingeführten
Schweine
1886/901891/95 1896/98
21
51
1488
101
648
12
87
5 851
112
344
93
544
1074
Provinz
Hessen-Nassau . . .
Ruhrrevior (Westfalen)
Ruhrrevier (Rheinpr.) .
Westfalen
Rheinprovinz r. d. Rh. .
Rheinprovinz 1. d. Rh. .
Zahl der eingeführten
Schweine
1886/90^1891/95 1896/98
2 542
256
3 649
1398
259
141
1161
948
1087
3343
18
302
3157
3492
3 905
790
28
700
Aus der Provinz Sachsen, wohin die
größte Einfuhr aus dem Osten stattfand,
wurden importiert, aus Magdeburg nach:
Hessen-Nassau . . .
Ruhrrevier (Westfalen)
Ruhrrevier (Rheinpr.) .
Westfalen
Rheinprovinz r. d. Rh. .
Rheinprovinz 1. d. Rh. .
108
1725
—
147
175
424
—
124
—
4
216
261
12 685
266
2153
116
89
179
Aus Merseburg, Erfurt und den
thüringischen Staaten nach:
Hessen-Nassau . . .
Ruhrrevier (Westfalen)
Ruhrrevier (Rheinpr.) .
Westfalen
Rheinprovinz r. d. Rh. .
Rheinprovinz 1. d. Rh. .
1515
738
7
5
475
118
78
35
8
3
400
21
340
5
48
18
2
22
Im Verhältnis der Zunahme dieser
Einfuhr von Schweinen aus dem Osten
dürfte sich in Anbetracht der Häufigkeit
der Trichinen bei Schweinen in den öst-
lichen Provinzen die Gefahr der Trichinose
für den Westen erhöhen. Schon dieser
Umstand im Zusammenhalt mit der Tat-
sache, daß in den westlichen Provinzen
Schweinefleisch auch roh und halbgar
verzehrt- wird, dürfte vorläufig einer ernst-
lichen Erwägung der Frage der Aufhebung
der Trichinenschau in den westlichen
Provinzen Preußens hindernd im Wege
stehen.
Die Trichinenschau hat für die west-
lichen Provinzen noch den großen Nutzen,
daß sie gleichzeitg bei den Hausschlach-
tungen, die von der Schlachtvieh- und
Fleischbeschau ausgenommen sind, die
Ermittelung der gesundheitsschäd-
lichen Finnen sichert.
In den westlichen Provinzen hat die
gesundheitsschädliche Schweinefinne eine
verhältnismäßig große Verbreitung. In
bezug auf die Zahl der als finnig
ermittelten Schweine stehen diese
Provinzen etwa auf dem Durchschnitt
des Staatsgebiets. Daher haben die west-
lichen Provinzen ein gi'oßes Interesse an
der Tilgung der schädlichen Schweinefinne.
In Preußen *^) entfallen jetzt auf 10 000
Schweine 10,44 finnige, während in den
achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts
die Zahl noch 30 betrug. Ohne die
Trichinenschau würden wir heute wahr-
scheinlich auf 10 000 Schweine etwa 5,5
trichinöse und 30 finnige und insgesamt
bei einer jährlichen Schlachtungszahl von
10 Millionen Schweine etwa 36 000 trichi-
nöse und finnige haben. Tatsächlich sind
in den letzten Jahren aber nur 5000
Schweine wegen Trichinen und Finnen
beanstandet worden. Es resultiert also
ein Gewinn von mehr als 30 000 ge-
sunden Schweinen, sicherlich ein sehr
beachtlicher wirtschaftlicher Erfolg der
Trichinenschau!
Die Gegner der Trichinenschau mögen
an das Beispiel von Linden bei Han-
nover erinnert sein. Dort kam nach
Einführung der Trichinenschau im Jahre
1866 kein Fall von Trichinosis vor. Als
man aber diese Maßnahme wieder ein-
gehen ließ, weil man sie für überflüssig
hielt, war die Folge die Trichinenepidemie
im Jahre 1874, bei der mehr als 400
Menschen erkrankten und 40 starben, *^
— 377 —
Aus allem erhellt, daß die Trichinen-
schau im Königreich Preußen sowohl in
den westlichen Provinzen, als auch im
ganzen preußischen Staat die erwarteten
gesundheitlichen und daneben auch wirt-
schaftlichen Erfolge gezeitigt hat, die die
Aufwendungen für die Maßregel voll recht-
fertigen.
Sollen diese Erfolge von Dauer sein
und die Geldmittel, die bisher ausge-
geben sind, nicht verloren gehen, so ist
es nötig, den einmal aufgenommenen
Kampf gegen die Trichinen und Finnen
solange fortzuführen, bis diese gesund-
heitsschädlichen Schmarotzer ausgerottet
sind. Da Preußen von der Einfuhr von
Schlachtschweinen und von Schweinefleisch
aus dem Ausland, das eine Trichinenschau
nicht besitzt, immer unabhängiger wird,
steht die Ausrottung der Trichinen und
der gesundheitsschädlichen Schweinefinnen
nach den bisher gemachten Erfahrungen
mit Sicherheit zu erwarten.
Literatur.
1) VierteljahrBSchrift für gerichtliche Medizin,
Bd. 28, S. 149; Bd. 30, S. 175; Bd. 32,
S. 127: Bd. 34, S. 166 und S. 335; Bd. 37,
S. 345; Bd. 39, S. 335; Bd. 43, S. 305;
Bd. 44, S. 385.
2) Ellenberger-SchUtz, Jahresberichte, IV.
Jahrg., S. 78.
3) Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund-
heitsamts 1891, S. 244; 1894, S. 208; 1895,
S. 347; 1896, S. 790.
4) Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene,
VIII. Jahrg., S. 235; IX. Jahrg., S. 36;
X. Jahrg., S. 272; XI. Jahrg., S. 155;
XII. Jahrg., S. 152; XIII. Jahrg., S. 253;
XIV. Jahrg., S. 152.
5) Berliner Tierärztliche Wochenschrift 1905,
S. 757.
6) Statistische Korrespondenz 1904/5 und 1906,
XXXII. Jahrg., Nr. 17, 29, 42, 6; XXXIIL
Jahrgang.
7) Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medizin,
Bd. 42, S. 111.
8) Sanitatswesen des preußischen Staates 1897,
S. 188.
9) Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medizin
1878, S. 149; Bd. 30/31, S. 175; Bd. 32/33,
S. 131.
10) Deutsche Zeitschrift für prakt Medizin 1876.
11) Sanitätswesen des preußischen Staates
1889/91, S. 188.
12) Schmidts Jahrbücher, Bd. 130, S. 197;
Bd. 130, S. 117.
13) Ostertag, Handbuch der Fleischbeschau
1899, S. 488.
14) Zeitschrift far Fleisch- und Milchhygiene
X. Jahrg., S. 223.
15) Gesundheitswesen des preuß. Staates 1903,
S. 30.
16) Schmidts Jahrbücher, Bd. 97/98, S. 300.
17) Ellenberger-Schütz, Jahresberichte, XVI.
Jahrg., S. 205.
18) Schmidts Jahrbücher, Bd. 130, S. 117.;
Bd. 191, S. 83.
19) Deutsche militärärztl. Zeitschrift, XII. Jahrg.,
S. 1.
20) Schmidts Jahrbücher 1884, S. 203.
21) Deutsche med. Wochenschrift, VIII. Jahrg.,
S. 34.
22) Sanitätswesen des preuß. Staates 1889/91,
S. 188.
23) Zeitschrift des Kgl. Statistischen Bureaus
1902, S. 273.
24) Schnitze, Deutschlands Vieh- und Fleisch-
handel, II. T., 1900.
25) Reichstags-Verhandlungen, Bd. IV, S. 502.
26) Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene,
VI. Jahrg., S. 121.
Die Trichinenschau mit Hiife des
Trichinoskopes.
Von
Klein-Lennep,
Schlacbthofdirektor.
Auf Anregung des Herausgebers dieser
Zeitschrift habe ich im Jahre 1902/03
längere Versuche über Trichinenschau mit
dem Ze iß sehen Trichinoskop nach
Dr. Kabitz gemacht. Dabei wurde ich
von der Absicht geleitet, für den hiesigen
Schlachthof, der ohnehin stets städtischen
Zuschuß braucht, die Trichinenschau
billiger und auch schneller auszuführen.
Wie weit beides mit Hilfe des Trichino-
skopes ohne Schaden für die Sicherheit
der Untersuchungen möglich ist, mag
nachstehender Bericht lehren, den ich
seinerzeit als Endergebnis meiner Ver-
suche an die Königl. Regierung in Düssel-
dorf erstattet habe. Wie sehr der Ver-
such die Aufsichtsbehörde interessiert hat,
mag daraus erhellen, daß während der
— 378 —
Zeit der Versuche der zuständige De-
partementstierarzt in Begleitung eines
weiteren Eegierungsvertreters zweimal zur
Besichtigung hier war. Beide Herren
sprachen sich über das Gesehene sehr an-
erkennend aus. Ich machte darauf an
die Regierung eine Eingabe, den Apparat
zur direkten Untersuchung auf Trichinen
auch durch besonders ausgebildete Laien-
Trichinenschauer unter steter Aufsicht
von Tierärzten an Schlachthöfen benutzen
zu dürfen. Es traf darauf die Antwort ein,
daß die Vorzüge des Trichinoskopes wohl
anerkannt würden, es müsse aber vor end-
gültiger Genehmigung nochmals ein
längerer Versuch als Nachbeschau der
untersuchten Proben stattfinden und über
das Ergebnis berichtet werden. Da ich
die bisherigen, langdauernden Unter-
suchungen stets außerhalb der Dienst-
stunden machen mußte, stellte ich bei
der Stadt den Antrag, mir für die weiteren
Versuche eine Hilfskraft zu stellen. Der
Stadt schien indessen die Verheißung der
Regierung zu ungewiß, und man beschloß,
für den Montag einen weiteren Trichinen-
schauer heranzuziehen, was bei Benutzung
des Trichinoskopes unnötig gewesen wäre.
Leider ist damit die Angelegenheit für
den hiesigen Schlachthof zu Grabe ge-
tragen worden. In der Zwischenzeit ist
auf dem Schlachthofe zu Aachen weiter
mit dem Trichinoskop gearbeitet worden.
Herr Kollege Bock el mann hat über die
Ergebnisse schon einmal im November-
heft 1903 dieser Zeitschrift, S. 53, be-
richtet. Man scheint nun auch anderwärts
der Frage der Projektions-Trichinenschau
näher treten zu wollen, wie mir die in
letzter Zeit mehrfach erfolgten Anfragen
über die hiesigen Erfahrungen beweisen.
Als Antwort auf weitere Fragen ver-
öifentliche ich nachfolgend meinen seiner-
zeitigen Bericht. Er ist zum Teil noch
für die Vorschriften zugeschnitten, wie
sie zu der Berichtszeit, also vor Ein-
führung der allgemeinen Fleischbeschau,
im Regierungsbezirk Düsseldorf für die
j Trichinenschau bestanden. Es sind darin
' aber doch die Verhältnisse des neuen
' Fleischbeschaugesetzes, die bei Abfassung
des Berichtes gerade erst bekannt wurden,
in Betracht gezogen. Eine Beschreibung
des Apparates erübrigt sich, da eine
solche in dem Januarheft 1903 dieser
Zeitschrift, S. 107 und 111, und im
Maiheft 1906, S. 255, eingehend ge-
geben ist.
Bericht, betrelTend die AvefOhnang der Tricbinen-
•cbau mit Hilfe des K. ZeiGecben Tricbineeliops
(Projeictionsapparat) nach Dr. Kabitz.
Der vor einem halben Jahr am hiesigen
Schlachthof aufgestellte Projektionsapparat ist
bisher zur Kontrolle der Trichinenschauer benutzt
worden und hat sich dafür so gut bewährt, daß
von hier aus jetzt ohne Bedenken der Gebrauch
desselben zur direkten Untersuchung empfohlen
werden kann. Die mechanischen Vorrichtungen
des Apparates haben vorzüglich funktioniert,
die elektrische Bogenlampe ist an die Dynamo-
maschine des Schlachthofes angeschlossen, und
es haben diese Einrichtungen zu Beschwerden
keinerlei Anlaß gegeben.
Die Dynamomaschine und die Bogenlampe
besorgt der Maschinist des Schlachthofes. Die
Beschau, als Nachuntersuchung, hat bisher
der tierärztliche Leiter des Schlachthofes selbst
ausgeführt oder unter seiner Aufsicht von
den Trichinenschauem ausführen laasen. Die
Trichinenschauer sind jetzt hinreichend mit dem
Apparat vertraut gemacht und können denselben
absolut sicher bedienen. Die Ausführung der
Beschau kann weiterhin dem Trichinenschau-
personal, nachdem es den Apparat eingehend
kennen gelernt hat, ohne Bedenken übertragen
werden, die Handhabung ist für den mit dem
Mikroskop einigermaßen Vertrauten spielend
leicht. Einer der hier beschäftigten Trichinen-
schauer, der vorzügliche Sehschärfe besitzt, zählt
im Augenblick aus jedem mit dem 50 mm Planar
auf einmal projizierten haferkorngroßen Stück-
chen die Anzahl der Trichinen in einer Ent-
fernung von 2—3 m vom Schirm. Um aber
jedes Auge in passende Entfernung vom Schirm
bringen zu können, sind die Fembewegungen
des Apparates vom Berichterstatter so ver-
längert worden, daß der Untersuchende direkt
am Schirm sitzen und von dort ans bequem
die Fortbewegung des Kompressoriums und die
Feineinstellung besorgen kann. Als Schirm,
auf den das Bild projiziert wurde, ist hier
zunächst ein großes, glattes Brett mit darüber-
gespanntem, weißem Papier benutzt worden.
— 379 —
Es ist jedoch später als nicht praktisch wieder
beiseite gesetzt worden. Der Aufstellangsraum war
während des Winters geheizt, nnd infolgedessen
hatte sich das Brett mit dem Papier beulig ge-
zogen. Dadurch wurde für verschiedene Stellen
des Präparats wegen ungleicher Höhe eine ver-
schiedene Einstellung nötig, was zeitraubend
war. Jetzt wird die Projektion auf eine glatte,
zu dem Zweck hergestellte Gipsplatte, die mit
Emaillefarbe überstrichen ist, geworfen. Diese
Platte bleibt dauernd glatt, wodurch eine mög-
lichst einheitliche Mikroeinstellung für das ganze
Gesichtsfeld erzielt wird. Aus demselben Grunde
ist es vorteilhaft, die Linse möglichst parallel
zum Schirm zu stellen.
Was nun die Deutlichkeit des Bildes
und das Auffinden von Trichinen anbetrifft,
so ist es für einen geschulten Trichinenschauer
fast unmöglich, in einem Präparat befindliche
Trichinen zu übersehen, ja, Laien, die nie
Trichinen gesehen hatten, suchten, nachdem sie
kurz belehrt waren, jede einzelne Trichine aus
dem Präparat heraus. Die Muskelfasern, etwa
vorhandene Nerven oder Blutgefäße sind scharf
und deutlich zu erkennen und es ist das ganze
Projektionsbild eines haferkomgroßen Stückchens
auf einmal mit einem Blick zu übersehen.
Gerade in der Übersicht eines ganzen, haferkom-
großen Stückchens auf einmal liegt die über-
wiegende Sicherheit der Projektionsbeschau vor
der mikroskopischen. Es kann bei ersterer kein
Teil dieses Stückchens Übersehen werden, wie
es bei letzterer vorkommen kann. Der Bericht-
erstatter ist zu demselben Ergebnis gekommen
wie es die Technische Deputation für das
Veterinärwesen in ihrem Gutachten schon nieder-
legte, nämlich, „daß die Prüfung der Projektions-
bilder auf die Gegenwart von Trichinen wenig
ermüdend und das von Kabitz angegebene Er-
mittelungsverfahren sich empfiehlt, weil es tat-
sächlich in seiner Ausführung sicherer ist, als
die mikroskopische Untersuchung^. Dieser volle
Erfolg gilt für die Untersuchung frischen und
frisch gepökelten (Salz-) Fleisches. Anderes
konserviertes trichinöses Material konnte wegen
Fehlens solchen nicht zur Untersuchung ge-
bracht werden, es müssen dafür späterhin noch
weitere Prüfungen vorgenommen werden.
Im ersten Bericht (ich hatte dem vorliegenden
schon einen kurzen Bericht vorausgeschickt)
schlug Referent vor, in 36 je 1 qcm große Felder
eingeteilte Kompressorien zu verwenden, um in
jedes ein halbhaferkomgroßes Stückchen legen
und zu 1 qcm ausquetschen zu können, wodurch
die im Kegierungsbezirk Düsseldorf geforderte
36 qcm große Fläche zur Untersuchung gebracht
würde. Von dieser Ansicht ist Unterzeichneter
jedoch wieder abgekommen. Die hiesige Unter-
suchung hat nämlich einwandfrei ergeben, daß
selbst haferkombreite und mindestens 1 V2 hafer-
kornlange Stückchen von dem mit einem Zeiß-
schen 50 mm Planar (Jena) ausgerüsteten Apparat
bequem auf einmal projiziert werden, ohne daß
bei der Quetschung benachbarte Stückchen in-
einander übergreifen und ohne daß ein Heben
und Senken des Präparats oder eine seitliche
Verschiebung zur Totaluntersuchung des einzelnen
Stückchens nötig wird. Das Projektionsbild
jedes einzelnen Stückchens von angegebener
Größe ist mit einem Blick in toto auf die Gegen-
wart von Trichinen zu prüfen. Es ist das ein
großer Vorteil der Z ei ß sehen Linse, die bei
2 m Schirmabstand eine 40 fache Vergrößerung
liefert. Die Vergrößerung kann durch Abrücken
oder Anrücken des Apparates an den Schirm
vermehrt oder verringert werden, ohne daß die
Umrisse der einzelnen Stückchen über das durch
Mechanik eingestellte Gesichtsfeld hinausragen.
Dadurch ist der Mangel, der bei Prüfung durch
die Technische Deputation für das Veterinär-
wesen dem Apparat noch anhaftete, nämlich die
Projektion eines nicht größer als halbhaferkom-
großen Stückchens, auf einmal beseitigt. Bericht-
erstatter schlägt deshalb jetzt vor, für die mit
Z e i ß sehen 50 mm-Planar ausgerüsteten Apparate,
die Untersuchung 24 haferkornbreiter und
1— IVa haferkornlanger Stückchen vor-
zuschreiben und die Untersnchungszeit
für die 24 Stückchen auf 3—4 Minuten
festzusetzen, in welcher Zeit die 24 Felder des
Kompressoriums absolut sicher auf die An-
wesenheit von Trichinen geprüft werden können.
Es ist diese Tatsache ebenfalls schon in dem
Gutachten der T. D. f. d. V. niedergelegt, aller-
dings nur für die Untersuchung halbhaferkorn-
großer Stücke. Durch die Untersuchung hafer-
kornbreiter und l—lVs haferkornlanger Stückchen
auf einmal, wie es das Zeißsche Planar er-
möglicht, wird die Zeitdauer des Überblickes im
Vergleich mit der für die Beschau nur halbhafer-
korngroßer Stückchen nicht beeinflußt. Es ge-
nügt deshalb dieselbe Zeit auch für die Unter-
suchung der größeren Stückchen.
Durch die Untersuchung der Anzahl und
Größe der Stückchen, wie sie im Bericht für die
Projektionsbeschau vorgeschlagen werden, wird
die Menge des im Regierungsbezirk Düsseldorf
(mit 36— -40 qcm vorgeschriebener Fläche) durch
das Mikroskop zu untersuchenden Fleisches noch
übortroffen und mindestens der für ausländisches
Fleisch (also jetzt auch für inländisches Fleisch)
durch die neuen Fleischbeschanbestimmungen vor-
geschriebenen Quantität gleichgestellt. Rechnet
man dazu noch, daß, wie bereits einmal aus
— 380
dem Gntachten der T. D. f. d. Y. zitiert und wie
Unterzeichneter es auch fand, „das Projektions-
verfahren viel sicherer in seiner Ausführung ist
als die mikroskopische Beschau^, so fallen wohl
sämtliche sanitären Einwände gegen die Sicher-
heit des Verfahrens, soweit es sich um frisches
oder frisch gepökeltes Fleisch handelt, weg.
Was die wirtschaftlichen Vorteile der Pro-
jektionsbeschau betrifft, so liegen diese, wie schon
im Vorbericht (an die Königl. Regierung) aus-
geführt, in der schnelleren und mit weniger
Personal auszuführenden Untersuchung derselben
Anzahl von Schweinen. Rechnet man für die
Projektionsbeschau 3—4 Minuten und ebenfalls
4—5 Minuten für das Auflegen des Präparates,
so sind mit der acht Minuten dauernden Unter-
suchung schon zehn Minuten Zeitersparnis gegen
die 18 Minuten dauernde Untersuchungszeit für
ausländische Schweine pro Stück gewonnen. £s
macht das auf die zirka 30 hier Montags zur
Schlachtung kommenden Schweine 10 X 30 =
300 Minuten = 5 Stunden. Nun erst die Zeit-
ersparnis, so lange noch bei inländischem Fleisch
länger als 18 Minuten, z. B. im Regierungsbezirk
Düsseldorf 30 Minuten ohne Vorpräparieren,
untersucht werden muß; da macht die Zeit-
ersparnis für ein Schwein zirka 20—25 Minuten
aus. Besonders für kleine, aber auch für größere
Schlachthöfe ist das auch nach anderer Richtung
noch wichtig. Es sind dort vielfach nicht
genügend Aufhängehaken für alle Schweine zu-
sammen, besonders an starken Schlachttagen.
Vor abgeschlossen er Trichinenuntersuchung sollen
die Schweine aber nicht entfernt werden,
woraus bei der langen Dauer der Untersuchung
vielfach Unannehmlichkeiten entstehen. Die
schnellere Projektionsbeschau hilft dem Übel-
stande wesentlich ab. Auch den Metzgern er-
wächst durch die schnellere Abfertigung großer
Vorteil, einmal durch die Zeitersparnis und be-
sonders aber im Sommer, wenn das Fleisch
möglichst schnell in die Eühlräume geschafft
werden muß, was aber vor definitiver Unter-
suchung auf Trichinen nicht angeht.
Endlich kommt noch die Billigkeit der Aus-
führung in Betracht. Ein Mann kann, wie
im ersten Bericht schon näher erörtert, bequem
40 Schweine an einem Tage untersuchen. „Es
ist**, wie auch das Gutachten der T. D. f. d. V.
sagt, „die Prüfung der Projektionsbilder auf die
Gegenwart von Trichinen viel weniger ermüdend,
als die mikroskopische Untersuchung der Präparate,
so daß ein und derselbe Beschauer mit Hilfe
des neuen Apparates eine beträchtlich größere
Zahl von Proben an einem Tage zu erledigen
vermag, als bei der früheren Art der Unter-
suchung.^ Jetzt darf ein Mann nicht mehr als
10 Schweine pro Tag untersuchen. (Derzeitige
Bestimmung im Regierungsbezirk Düsseldorf.)
Es sind also bei den ca. 30 hier an einem Tage
zur Schlachtung kommenden Schweinen drei
Trichinenschauer nötig. Die Projektionsbeschau
für diese Anzahl Schweine können zwei Mann
bequem besorgen. Einer fertigt die Präparate
an — eine Arbeit, die sich durch Konstruktion
eines Schneideapparates nach Art der Mikrotome,
wahrscheinlich noch wesentlich vereinfachen und
schneller ausführen ließe — und der andere
projiziert dieselben. Dabei kann derjenige, der
die Präparate anfertigt, noch die Lampe bedienen.
Meist braucht mit dieser Arbeit jedoch nach
einmaligem Inbetriebsetzen und vorheriger ordent-
licher Instandsetzung gar nicht gerechnet zu
werden. Hier ist es nach Einsetzen neuer Kohlen-
stifte zu Beginn der Untersuchung nie nötig
gewesen, sich während der Beschau von ca. 30
Schweinen überhaupt um die Lampe zu kümmern ;
sie arbeitete mit Einschalten des elektrischen
Stromes stets tadellos.
Nach Untersuchung von 40 Schweinen in
je vier also in 160 Minuten kann dann ein
Wechsel in der Tätigkeit eintreten; der zweite
Mann besorgt dann die Projektion und der erste
das Präparieren. Auf diese Weise können von
zwei Personen in ca. 3 -|- 3 Stunden 80 Schweine
ohne Anstrengung der Untersuchenden beschaut
werden. In derselben Zeit — also 860 Minuten —
werden bei 18 Minuten Beschauzeit 360 : 18 = 20
Schweine von jedem Beschauer, also die Hälfte,
durch das Mikroskop fertiggestellt, ein Umstand,
der die Anwendung der Projektionsbeschau auch
für den Großbetrieb wohl genügend empfiehlt.
Aber nicht nur Zeit, sondern auch Gelderspamis
erwächst daraus; wenn jetzt für 80 Schweine
vier Beschauer nötig sind, die, nach den neuen
Bestimmungen in je 18 Minuten vier Schweine und
20 Schweine im ganzen untersuchen, so werden die-
selben die 80 Schweine in 20 X 18 = 360 Minuten
oder sechs Stunden bewältigen. Dieselbe Arbeit
leisten aber mit dem Projektionsapparat zwei
Leute in derselben Zeit, wodurch eine wesentliche
Ersparnis an Personal und damit an Geld eintritt
Hier bekommen die Trichinenbeschauer 0,50 M.
pro Schwein, macht auf 80 Schweine wöchent-
lich =80.52 =4160 Schweine jährlich = 2080.00 M.
Durch Wegfall zweier Beschauer entsteht ein
jährlicher Gewinn von 1040.00 M., da die Be-
schauer für die leichtere Ausführung der Pro-
jektionsbeschau mit M. 0.50 für je 2 Schweine
sehr gut bezahlt sind. Der Verbrauch an elek-
trischem Strom, Ersatz an Kohlenstiften, die
Verzinsung und Abschreibung für den Apparat
werden diesen Gewinn bei weitem nicht aus-
gleichen.
— 381
Der Apparat ist also nach jeder Richtung
hin zu empfehlen.
Zusammenfassend ergibt sich aus den hier
gemachten Versuchen:
y,Daß die Untersuchung von frischem und
frisch gepökeltem Sehweinefleisch auf Trichinen
vermittelst des von der Firma Karl Zeiß, Jena^
hergestellten Triehinoskops nach Dr. Kahitx viel
sicherer ist, als die mikroskopische Beschau (in
bexug auf Auffinden von Trichinen), und daß sieh
durch dieselbe gegenüber der mikroskopischen Be-
schau erhebliche Zeü- und eider spamisse erxielen
lassen,*^
Der Unterzeichnete bittet daher, gestatten
zu wollen, den bisher nur zur Kontrolle der
Trichinenschauer benutzten Projektionsapparat
weiterhin zur direkten Untersuchung auf Trichinen,
auch durch besonders geschulte Laien unter steter
tierärztlicher Aufsicht, verwenden zu dürfen.
Es mag nicht unerwähnt bleiben, daß der
Apparat von mehreren, die Fleischbeschau aus-
übenden Tierärzten im Betrieb besichtigt wurde,
speziell verschiedentlich vom zuständigen Herrn
Kreistierarzt und vom Herrn Schlachthofdirektor
Spangenberg- Remscheid. Alle stimmten in
ihrer Ansicht aberein, daß der Apparat zur
Trichinenschau in der im Bericht vorgeschlagenen
Art vorzüglich brauchbar sei.
Vielleicht gibt mein Bericht die Ver-
anlassung dazu, daß an anderer Stelle
nochmals der Versuch gemacht wird, die
Genehmigung zur Benutzung des sehr
brauchbaren Apparates zur direkten Unter-
suchung auf Trichinen zu erlangen.
Meines Erachtens wird die Genehmigung
auch auf die Dauer sicher erteilt, beson-
ders wenn die Versuche mittelst der Pro-
jektionsbeschau an anderen Stellen auch
veröffentlicht und die dort sicher eben-
falls gemachten guten Erfahrungen zur
Erlangung der Genehmigung verwendet
werden. In vorzüglichen Ausfuhrungen
hat ja schon im Maiheft 1906 dieser
Zeitschrift Schul 1er- Stettin über seine
ebenfalls gttnstigen Ergebnisse mit dem
Trichinoskop berichtet
Vernichtung und Verwertung von
untauglichem Fleisch.
Von
G. Hönnicke,
Zivilingenieur.
Über die zweckmäßigste Art der un-
schädlichen Beseitigung des untauglichen
Fleisches sind -die Meinungen noch geteilt.
Es kommen die Verwertung (das sogen,
thermo-chemische Verfahren) und die Ver-
brennung in Betracht. Die sanitären und
gewerbepolizeilichen Bedingungen werden
von heilen Methoden gleich gut erfüllt.
Eine Überlegenheit der einen Methode vor
der andern in diesen zwei Punkten liegt
nicht vor. Infolgedessen wird der national-
ökonomische Standpunkt als ausschlag-
gebender Faktor für die Beurteilung der
zu wählenden Methode anzusehen sein.
Der von mir konstruierte Verwertungs-
apparat (Patent), der sowohl in seinem
Arbeitsverfahren als auch in gewissen
Einzelheiten auf Angaben des Herrn Ober-
tierarztes Goslar in Aachen beruht, ist
bereits zweimal*) beschrieben worden. Die
nachstehende Erläuterung soll sich daher
möglichst kurz auf die Einrichtung und
den Arbeitsgang der nach mehreren
Abänderungen endgültig festge-
stellten Form beschränken.
Konstruktion des Apparates. Der Apparat a*^)
besitzt eine hermetisch verschließbare Einfülitar b.
Durch diese läßt sich Kleinvieh unzerteilt ein-
bringen; Großvieh muß in Viertel zerlegt werden.
Bei ist ein großer Deckel aufgeschraubt, welcher
mit Ösen versehen wird. Wenn unzerteilte Groß-
viehkörper eingebracht werden müssen, schraubt
man diesen Deckel ab, hängt ihn mittelst der
Ösen an eine Laufkatze und fährt ihn bei Seite.
Ist der Tierkörper eingebracht, so schraubt man
den Deckel wieder auf. Kleinere Apparate, ins-
besondere für Schlachthöfe, werden nur bei Bedarf
auf Wunsch mit dieser Einrichtung zum Ein-
bringen unzerteilter Großviehkörper versehen.
Die Beschickung ruht im Appars^t auf dem
wagerecht drehbaren Rost d. Der Raum unter-
halb des Rostes ist durch den Doppelboden k
nach unten abgeschlossen, oberhalb dessen Ruhr-
arme o sitzen. Der Unterraum besitzt eine Ent-
leerungstür V. An der höchsten Stelle des Unter-
raumes befindet sich der Fettabnehmer I, welcher
in Fig. 2 besonders abgebildet ist.
*) Zeitschrift für Fleisch- und Milch-
hygiene, Heft 4, Januar 1907; Deutsche Tier-
ärztliche Wochenschrift, Heft 15 vom I.April 1908.
**; Die fettgedruckten Buchstaben beziehen
sich auf Figur 1, die kursiv gedruckten auf
Figur 2.
— 382 —
Fig. 1.
- 383 —
Der Fettabnehmer besitzt ein Gehäuse a,
vor welchem mittelst des Deckelrahmens b ein
Schauglas c befestigt ist. Hinter dem Schauglas
befindet sich ein Kolbenschieber </, welchen man
mittelst einer Schraubenspindel e auf- und ab-
bewegen kann. Die Abdichtung der Schrauben-
spindel erfolgt durch die Stopfbuchse /*, ihre Be-
wegung durch das Handrad g. Ein Stift an der
Oberkante des Schiebers d zeigt die Stellung
des Schiebers am Schauglase an. Da im Apparat
über der Leimbrühe k die Fettschicht * liegt, so
schraubt man den Schieber d so hoch, daß das
oberste Fett bequem über ihn hinüberlaufen
kann. Durch den geöffneten Hahn k fließt dann
das Fett in das bereit gehaltene Gefäß aus.
Durch Niederschrauben des Schiebers folgt man
dem sinkenden Fettniveau und kann auf diese
Weise das Fett sauber von der Leimbrühe ab-
nehmen.
An den Apparat a, Fig. 1, schließt sich
oben das BrUdenabzugsrohr an, in welches ein
Schieber e eingeschaltet ist. Zwischen Apparat
und Schieber e befindet sich das Manometer.
In das Brüdenrohr ist ein Ventilator p zum Ab-
saugen der Dämpfe eingeschaltet. Bei kleineren
Apparaten ist derselbe entbehrlich ; bei größeren
Apparaten erfolgt die Absaugung zweckmäßig
durch eine Luftpumpe. — Durch das Ventil f
wird Dampf direkt in den Apparat geleitet;
durch Ventil g wird der Dampf in den Doppel-
boden k geführt.
An den Unterraum ist unten ein Schlamm-
topf r angeschlossen, welcher mit einer Siebwand
und einem Schlammeimer ausgestattet ist, um
etwaige grobe Stücke aufzunehmen. An den
Schlammeimer schließt sich ein Rohr, in dessen
gerader Verlängerung ein Auslauf Schieber m
sitzt, während ein senkrechter Abzweig mit einem
Schieber i in ein kleines Gefäß, den sogenannten
Meßzylinder 8, mündet. Über diesem befindet
sich ein Schauglas t und ein Dreiwegehahn h,
welch letzterer seitlich mit der Dampfleitung
in Verbindung steht. Über dem Dreiwegehahn h
führt ein Rohr h' zum Aufnehmer u, welcher
außerdem oben mit dem Brüdenrohr in Verbindung
steht, damit auf diesem Wege die Luft ein- und
austreten kann.
Der Motor n dient zur Bewegung der inneren
Einrichtung des Apparates. — Bei w ist schließ-
lich eine Einfüllöffnung angedeutet, welche zum
Einbringen der Pflanzen-Trockenfutterstoffe bei
großen Apparaten vorgesehen wird. Bei kleineren
Apparaten hat sich das Einbringen der Zusatz-
stoffe durch die Einfülltür b als zweckmäßig
erwiesen.
Betrieb des Apparates. Der Apparat ist ge-
füllt; beide Türen b und v sind geschlossen.
Femer sind die Ventile f und g, sowie die
Schieber m und q geschlossen. Geöffnet bleiben
die Schieber e und I; der Dreiwegehahn h wird
in die auf derZeichnung durch Marken angedeutete
Stellung gebracht, d. h. so gestellt, daß aus der
Dampfleitung kein Dampf durch den Dreiwege-
hahn treten kann, aber die Verbindung zwischen
Schauglafl t und Rohr h' geöffnet ist. Natürlich
muß auch der Fettablaßschieber am Fettabnehmer f
geschlossen sein; den Kolbenschieber im Fettab-
nehmer schraubt man zweckmäßig herunter, damit
das Schauglas für die Beobachtung frei ist.
Behufs Inbetriebsetzung öffnet man zunächst eine
Weile das Ventil g, durch welches hindurch etwa
in der Dampfleitung angesammeltes Kondens-
wasser durch den Doppelboden k und den an
diesen angeschlossenen (nicht dargestellten)
Kondenstopf hindurch abgeführt wird. Hat man
auf diese Weise die Dampfleitung entwässert, so
schließt man Ventil g und öffnet Ventil f. Der
Dampf tritt in die Beschickung des Apparates
ein. Die Luft kann auf zwei Wegen aus dem
Apparat entweichen. Aus dem oberen Raum
zieht sie durch das Brüdenrohr mit dem geöffneten
Schieber e ab; aus dem Unterraum zieht sie auf
dem Wege r, i, s, t, h, h' durch den Aufnehmer u
ebenfalls zum Brüdenrohr. Wenn die Schieber e
und I heiß werden, ist die Luft ausgetrieben,
denn es strömt dann Dampf hier durch. Man
schließt darauf die beiden Schieber. Der Apparat
ist jetzt vollkommen abgeschlossen und es ent-
steht in dems^ben Überdruck. Man kann den
Apparat verlassen, er bleibt unter Überdruck je
nach Art der Beschickung 4 bis 5 Stunden stehen.
— 384
Der Dampf extrahiert aus den Fleischmassen Fett
und Leimbrühe, welche sich unterhalb des Rostes d
auf dem Doppelboden sammeln.
Nach beendeter Extraktion sperrt man das
Dampfventil f ab und läßt den Apparat solange
stehen, bis der Überdruck von selbst verschwunden
ist. Sehr vorteilhaft geht man so vor, daß man
die Extraktion nachmittags vornimmt und nach
der Extraktion den Apparat Aber Nacht stehen
läßt. Hierbei scheidet sich das Fett über der
Leimbrühe ausgezeichnet ab, und außerdem er-
kaltet die Beschickung, so daß beim Fettabziehen
nicht der geringste unangenehme Geruch ent-
steht
Auf die Extraktionsperiode folgt das Ab-
nehmen des Fettes. Zu dem Zweck öffnet man
zunächst den Schieber e, damit Luft in den
Apparat eintreten kann. In welcher Weise darauf
mittelst des Fettabnehmers die Fettschicht von
der Leimbrühe abgezogen wird, ist bereits oben
bei der Erläuterung des Fettabnehmers angegeben
worden.
Nunmehr beheizt man durch Öffnen des
Ventils g den Doppelboden k, bringt die auf
demselben liegende Leimbrühe zum Kochen und
setzt den Motor n in Betrieb. Der Rost d dreht
sich und arbeitet durch den Ringspalt, der sich
zwischen dem Rost und Apparatmantel a be-
findet, die festen Rückstände in die Brühe her-
unter. Im Unterraum werden die zerriebenen
Rückstände mit der Leimbrühe zu einem gleich-
mäßigen Brei verrührt, welcher infolge der Be-
heizung des Doppelbodens durch Eindicken auf
eine bestimmte Konsistenz gebracht wird. Ist
der Brei fertig, so schließt man Schieber e und
öffnet Ventil f. Es tritt wieder Kesseldampf in
den Apparat und unter dem Druck dieses Dampfes
wird der Brei durch den Schlammtopf r, welcher
etwaige grobe Stücke zurückhält, über I, s, t, b, h'
in den Aufnehmer u hinaufgedrückt. Sobald man
Dampf durchtreten hört, schließt man Ventil f,
denn der Brei ist dann aus dem Apparat in den
Aufnehmer hinübergebracht. Der Motor wird
wieder in Bewegung gesetzt und bei umlaufendem
Motor wird eine Portion Pflanzenfutterstoffe und
eine Portion des Breies in den Apparat gebracht
Die Einführung der Breiportion geschieht, nach-
dem die Kleieportion in den Apparat gebracht
ist, wie folgt Man schließt Schieber I und öffnet
Schieber q. Aus dem Aufnehmer a fließt dann
der Brei in den Meßzylinder •. Man beobachtet
das Schauglas t; sobald in diesem Glase von
unten her der Brei erscheint, sperrt man Schieber q
ab. Die aus dem Meßzylinder s vom Brei ver-
drängte Luft entweicht durch h, h', u. Die Brei-
portion kann man entweder durch ihre Schwer-
kraft in den Apparat laufen lassen, indem man
Schieber I öffnet, oder aber man spritzt sie mittelst
mäßigen Dampfdruckes in den Apparat, indem
man nach öffnen des Schiebers I den Dreiwege-
hahn b so hcrumstellt, daß etwas Dampf aus der
Dampfleitung von oben auf die Breiportion drückt.
Die Rührarme o vermischen den Brei sofort
gründlich mit den Zusatzstoffen und bereits nach
drei Minuten kann man durch die geöffnete Tür v
das Futter mittelst des Wurfbleches o' auswerfen
lassen. Man lehnt die Tür v wieder an und
gibt eine neue Portion Kleie und Brei hinein usf.,
bis der Inhalt des Aufnehmers u verarbeitet ist
Der Meßzylinder wird in der Regel so einge-
richtet, daß der Brei in 12 bis 15 Portionen fertig
zu machen ist so daß die ganze Futterbereitung
je nach Umständen Va ^^^ ^ Stunde erfordert
Das ausgeworfene Futter wird an der Luft unter
einigem Umschaufeln in dünner Schicht luft-
trocken gemacht und kann darauf eingesackt
werden.
Benutzung des Apparates znn Ausschmelzen
untangiichen Fettes. Wenn entsprechende Mengen
untauglichen Fettes vorliegen, kann man dies
sehr bequem im Apparat ausschmelzen. Man
füllt das Rohfett von oben ein, so daß es sich
ebenfalls auf den Rost d stützt Ist der Apparat
mit Fett beschickt, geht man genau so vor, wie
beim Beginn der Extraktion von Fleischmassen.
Man entwässert durch Ventil g und öfhiet Ventif f,
läßt die Luft durch Schieber e und I entweichen
und schließt Schieber e und I, so daß im Apparat
Dampfüberdruck entsteht Nach etwa 2 bis 2Vs
Stunden ist das Fett extrahiert. Auf dem Doppel-
boden ruht das Kondcnswasser, über diesem das
ausgeschmolzene Fett; auf dem Rost d sind die
Bindegewebsteile usw. zurückgeblieben. Die
Entnahme des Fettes kann durch den Fettab-
nehmer I erfolgen. Da es sich aber beim bloßen
Fettausschmelzen um verhältnismäßig große
Fettmengen handelt, empfiehlt es sich mehr,
durch den Schieber m hindurch zunächst das
Kondcnswasser abzulassen und, sobald dies ent-
fernt ist, durch denselben Schieber m das Fett
in bereit gehaltene Gefäße ablaufen zu lassen.
Hat man das ausgeschmolzene Fett herausge-
nommen, so arbeitet man in wenigen Minuten
durch Ingangsetzen des Motors die Gewebsteile
vom Rost herunter und läßt sie sofort durch die
Tür V hinauswerfen.
Die Mischung des Fleischbreies mit
Pflanzenfutterstoffen bietet folgende Vor-
teile. Die Aufspeicherung der Leimbrfihe
in besonderen Rezipienten und ihre Ver-
arbeitung auf — immer nur minder-
wertigen! — Leim fällt fort. Zwar
trennt auch der Podewilssche Apparat
— 385 —
die Leimbrähe nicht von den Fleisch-
massen, sondern trocknet die Leimbrühe
mit den Fleischmassen zusammen ein.
Demgemäß dauert aber auch beim
Podewilsschen Apparat die Trocknung
außerordentlich lange. Indem nach dem
Goslarschen Verfahren in meinemApparat
der Fleischbrei mit Pflanzenfutterstoffen
versetzt wird, wird die backende und
klebende Wirkung der Masse, welche auf
ihren Leimgehalt zurückzuführen ist und
die Trocknung sehr erschwert, auf-
gehoben. Die Leimsubstanz wird infolge
des Überganges in die aufsaugenden
Pflanzenfutterstoffe leicht verdaulich,
während reine Fleischmehle mit dem
Leimgehalt schwer verdaulich sind. Nun
mischt man allerdings auch reine Fleisch-
mehle bei der Verabreichung als Futter
mit pflanzlichen Beigaben. Eine derart
feine Verteilung des Leimgehaltes im
Futter wie beim Goslarschen Verfahren
ist aber bei diesem nachträglichen
Mischen nicht mehr erreichbar. Das
Goslarsche Veifahren bildet daher die
beste Methode zur Verwertung und Halt-
barmachung der sonst so lästigen Leim-
brühe. Infolge des Gehaltes an lockeren
Pflanzenfutterstoffen liegt das neue Futter
sehr lose und besitzt infolgedessen eine
ganz vorzügliche Haltbarkeit. Als Zusatz-
stoffe sind alle beliebigen Pflanzenfutter-
mittel verwendbar. Vorteilhaft nimmt
man die örtlich am bequemsten und
billigsten zu erhaltenden Stoffe und setzt
diesen einen gewissen Prozentsatz Weizen-
kleie zu. Die Kleie bietet den wesent-
lichen Vorteil, daß unangenehme Kadaver-
gerüche nicht auftreten. Die erwärmte
Kleie erzeugt vielmehr einen sehr an-
genehmen Geruch, welcher dem Geruch
frisch gebackenen Brotes gleichkommt.
Von besonderem Interesse ist die Frage
der Rentabilität. Diese ist viel umstritten,
weil die Freunde des Verbrennungsofens
eine Eentabilität von Verwertungsanlagen
insbesondere für Schlachthöfe in Abrede
stellen. Es ist selbstverständlich, daß sich
die Verwertung der Konflskate usw. erst
dann lohnt, wenn eine der Anlage ent-
sprechende Mindestmenge zur Verarbeitung
verfugbar ist. Da bei einer Anzahl be-
stehender Anlagen vermutlich ein Anlage-
kapital investiert ist, welches nicht im
richtigen Verhältnis zur verfügbaren
Rohmaterialmeuge steht, so mögen die
Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der
Verwertung durch vereinzelte Beispiele
wohl gestützt werden. Es ist aber durch-
aus falsch, die Eentabilität der Ver-
wertungsanlagen gnindsätzlich zu ver-
neinen.
Bei jeder Anlage muß zunächst darauf
Weit gelegt werden, daß dieselbe nicht
zu groß eingerichtet wird. Ist ein er-
hebliches Anwachsen der Konflskatmengen
vorauszusehen, so sorge man für Platz,
um später die Apparatur verdoppeln zu
können, nehme aber keinen Apparat von
solcher Größe, daß er bereits für die später
erwartete Leistung ausreicht. Meistens wird
für Schlachthöfe die Apparatgröße so ge-
wünscht, daß das wöchentliche Quantum
an einem Tage verarbeitet werden kann.
Vom wirtschaftlichen Standpunkte aus
ist es jedoch richtiger, den Apparat nur
so groß zu wählen, daß er in jeder Woche
zweimal in Betrieb kommt. Selbstver-
ständlich werden immer*Fälle eintreten, wo
aus örtlichen Gründen die Verarbeitung
des ganzen Wochenquantums in einer
Charge vorzuziehen ist.
Über meine Anlage auf dem städtischen
Schlachthofe in Aachen liegen mir nun
Angaben aus dem Tagebuch der Ver-
wertungsaulage vom 1. Quartal d. J. vor.
Danach wurden in 17 Chargen ca. 190
Zentner Organe und 30 Zentner Fleisch
verarbeitet. An ganzen Tierkörpern be-
fanden sich darunter: 1 Pferd, 5 Kühe,
7 Schweine und 3 Kälber. Aus diesem
Rohmaterial wurden gewonnen: ca. 228
Zentner Futter und l^j^ Zentner Fett.
(86% des Eohmaterials waren lediglich
Organe!) Das Futter, welches vorzüglichen
Absatz findet, wird in Aachen mit 8,50 M.
386 —
für den Zentner verkauft. Das Fett erzielte
im 1. Quartal d. J. 22 M. für den Zentner.
(In Aachen wird das Fett keiner be-
sonderen Klärung unterworfen!) Die
Betriebsunkosten sind auf 6 M. ins-
gesamt für die Charge ermittelt worden.
An Pflanzenfutterstoffen wurde in dem
genannten Zeitraum nur Weizenkleie
verwendet und zwar 160 Zentner zu
6 M. Auf Grund dieser Daten berechnet
sich das Ergebnis des ersten Quartales
für die Aachener Anlage wie folgt:
Einnahmen:
228 Zentner Futter M. 1938
7Vs Zentner Fett . „ 165
M. 2103
Ausgaben:
17 (*hargen Betriebskosten . . . . M. 102
160 Zentner Kleie „ 960
Zinsen, Amortisation, Unterhaitang
pro Vierteljahr . „ 140
M. 1202
Oberschuß
901
Hiernach ergibt sich ein jährlicher
Überschuß von rund 3600 M. Wie aus
dem Bericht von Herrn Obertierarzt
Goslar*) bekannt ist, wird aber ein
Teil des Materials gar nicht auf Futter
verarbeitet, sondern auf Dünger. Es
kann keinem Zweifel unterliegen, daß es
zweckmäßiger ist, das anfallende Material
gleich frisch zu .verarbeiten, ehe die
Verwesung einzusetzen beginnt.
Die obigen Zahlen des Aachener
Betriebes sind also insofern noch zu
niedrig, als bei Verarbeitung sämtlichen
Materials ohne Ausnahme auf Futter und
bei Auswahl günstigerer PflanzenstofFe
als der reinen Weizenkleie sich noch ein
beträglich höherer Überschuß ergeben
könnte. Jedenfalls tun aber schon diese
Zahlen dar, daß eine unbestreitbare gute
EentabUität vorhanden ist.
Zugunsten des Verbrennungsofens wird
nun gern geltend gemacht, daß er keines
Gebäudes, sondern höchstens eines
Schutzdaches bedürfe. Es ist sehr frag-
lich, ob eine derartige Aufstellung der
Öfen für die Haltbarkeit derselben nicht
doch sehr nachteilig ist. Es ist meines
Erachtens auch beim Ofen das einzig
richtige, ihn gegen die Witterungseinflüsse
durch ein geschlossenes Gebäude zu
schützen. Tut man dies nicht, so genügt
die Amortisationsquote von 5 Proz., mit
denen beim Verbrennungsofen gerechnet
werden soll, nicht. Der jüngst erschienene
Bericht von Herrn Schlachthofdirektor
Rogner- Nürnberg*) über den neuen
Koriofen bestätigt dies. Der erste Ofen
wurde in Nürnberg im Jahre 1892 auf-
gestellt; derselbe war bereits 1901 un-
brauchbar geworden, hat also nur neun
Jahre gehalten. Mit Rücksicht darauf
würde flir den Ofen eine Amortisation
mit 12 Proz. erforderlich sein. Jedenfalls
wird eine geringere Tilgung als die mit
10 Proz. pro Jahr nicht angesetzt werden
können. Die vielfach hervorgehobenen
Unterscheidungen zwischen den Anlage-
kosten, Amortisation und Unterhaltung
zw^ischen Verwertungsanlagen und Ver-
brennungsöfen lassen sich daher als stich-
haltig keineswegs anerkennen. Tatsächlich
stellen sich diese Verhältnisse bei beiden
Beseitigungsmethoden etwa gleich. Nimmt
man also für einen gleichgroßen Ver-
brennungsofen einen jährlichen Kohlen-
verbrauch von 340 M. an und macht
denselben Ansatz flir Verzinsung, Amor-
tisation usw., wie er oben gemacht wurde,
d. h. mit 560 M. pro Jahr, so verursacht
ein Verbrennungsofen jährlich etwa 900 M.
Unkosten, während, wie erwiesen, meine
Aachener Anlage 3600 M. Überschuß
bringt. Es besteht also in diesem Falle
zwischen den beiden Methoden ein jähr-
licher Kostenunterschied von 4500 M, Be-
rechnet man den Unterschied für 15 Jahre,
welche Lebensdauer einer Verwertungs-
anlage mindestens zuzuschreiben ist, so
ergibt sich die beträchtliche Differenz von
67 500 M.!
Es kann hiernach keinem Zweifel
unterliegen, daß überall dort, wo die
*) Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene
Heft 9, Juni 1908.
— 387
Rohmaterialmenge ausreichend groß ist,
um überhaupt einen Überschuß — sei er
auch noch so klein! — sicherzustellen,
es falsch sein würde, die Verbrennungs-
methode anzuwenden, denn es ist nicht
ein einziger Grund vorhanden, welclier
es berechtigt erscheinen ließe, die in dem
für menschlichen Genuß untauglichen
Rohmaterial noch enthaltenen Werte völlig
preiszugeben. Bereits, wenn der Erlös
aus den Produkten die Selbstkosten der
Vernichtung' mit Sicherheit deckt, ist die
gegebene Beseitigungsmethode die der
Verwertung und nicht die der Verbrennung
zu bloßer Asche.
Genossenschaftliche Bestrebungen zur
Forderung der Milchhygiene.
Von
C. Meinert-Wandfibek.
Die Anforderungen, welche die Wissen-
schaft seit längerer Zeit, ganz besonders
aber in den letzten Jahren in steigendem
Maße an die Milchproduzenten bezüglich
der Beschaffenheit, der fär den öffent-
lichen Verkehr bestimmten Milch stellt,
sind vom Standpunkte des Praktikers aus
durchaus nicht so einfach zu erfüllen, als
man vielfach glaubt. Die auch in Ge-
lehrtenkreisen noch vielfach verbreitete
Meinung, daß der Viehbesitzer wohl in
der Lage sei, die Zusammensetzung der
Milch durch entsprechende Auswahl be-
sonderer Viehrassen und durch geeignete
Gaben von Futtermitteln nach seinen
Wünschen zu regeln, ist nicht stichhaltig.
Wissenschaftliche Autoritäten auf dem
Gebiete der Viehzucht wie der Milch-
wirtschaft, wie Lehmann, Kirchner,
Kühn, Zürn u. a. m., haben den Nach-
weis auf physiologischem Gebiete, die Ver-
suchsanstellungen unserer landwirtschaft-
lichen Hochschulen und gewiegter Prak-
tiker haben die wirtschaftliche Bestätigung
dafür erbracht, daß nurdielndividualität
des einzelnen Tieres bestimmend für die
Umsetzung des gereichten Futters in
Milch ebensowohl der Menge, wie der
Qualität nach ist. Eine Beeinflussung
durch die Futtergabe aber kommt in dieser
Richtung nur in so weit in Betracht, als
bei richtiger Zusammenstellung der ge-
botenen Nährstoffe, bei einer, den prak-
tischen Erfahrungen entsprechenden Her-
stellung des Nährstoffverhältnisses die dem
Individuum eigenen Anlagen zur Milchab-
sonderung in vollkommenster Weise nutz-
bar zu machen sind.
Eine für die städtische Milchversorgung
passende Kuh, welche eine, den Ansprüchen
der Konsumenten, wie der Wissenschaft
gleichartig genügende Milch absondert,
beim Ankauf auf ihre Vollkommenheit
oder Minderwertigkeit hin zu erkennen,
ist nicht nur sehr schwierig, sondern
fast unmöglich.
Gewiß aber haben die erhobenen
Forderungen zum Teil wenigstens mit
dahin gewirkt, daß heute mehr und mehr
in den Kreisen der Züchter durch eine
fortdauernde Kontrolle der Leistungen
des verwandten Zuchtmaterials dahin ge-
strebt wird: nur solche Tiere zur Fort-
pflanzung zu verwenden, welche in den
eigenen Eigenschaften hinsichtlich der
Milchabsonderung den allseitig zutage
tretenden Anforderungen entsprechen, und
damit die meiste Gewähr bieten, daß die
Nachzucht sich in gleicher Weise betätigt.
Solche Eliteware ist infolge der
Aussonderung ungeeigneter Tiere, sowie
der erwachsenden Umstände nur kost-
spielig zu erzeugen und muß demgemäß
vom Käufer teuer, sehr teuer bezahlt
werden. *)
Immerhin würde der Produzent seine
Rechnung dabei finden können, wenn ihm
das Endprodukt, die Milch, seitens des
Publikums entsprechend bezahlt würde.
*) Manche andere die Milcherzeugung be-
einflussende Frage, wie die Erschwernisse der
LeutebeschafFung, die Steigerung der Eraftfutter-
mittelpreise, die Ausschaltung von Nutztieren,
deren Milch bislang unbeanstandet — heute ver-
pönt wird, und manche andere, die Produktion
verteuernde Tatsachen seien hier nur hindeutungs-
weise angeführt.
— 388 —
Nicht mit Phantasiepreisen, sondern nach
Maßgabe des Nährstoffgehalts in derselben
Höhe, wie andere Nährmittel gebräuch-
lichster Art anstandslos ihre Bewertung
finden. Das ist leider nicht der Fall.
Die Erkenntnis des Notwendigen in dieser
Sichtung ist beim Publikum durchaus
nicht mit der Forderung des Nützlichen
gestiegen. Während alle andern Lebens-
bedürfnisse, damit auch die für die
Milchproduzenten und zu dem Betriebe
einer Milchwirtschaft nötigen Erforder-
nisse seit etwa 20 Jahren um 30 bis
60 Proz. gestiegen sind, ist der Milch-
preis ungefähr derselbe geblieben. Man
beansprucht auch und hält das für eine
ganz selbstverständliche Forderung, daß
er des weiteren so bleibe. Im letzten
Jahr ist eine kleine Aufbesserung einge-
treten. Jedoch schon lange vordem traten
nicht nur die Produktionskosten indirektem
Widerspruch zu den erzielten Preisen,
sondern es machte sich seitens des
Zwischenhandels das fortdauernde Be-
streben bemerkbar, dem Produzenten noch
weniger als seither für die Milch zu
gewähren.
Aus diesem Banne sich zu befreien
und sich vor dem unvermeidlichen wirt-
schaftlichen Niedergange zu schützen,
schlössen sich dann vielerorts die Milch-
produzenten zu Vereinigungen zusammen,
um die Milchpreise angemessen zu ge-
stalten und zu festigen.
Derartige Bestrebungen stehen durch-
aus nicht dem Interesse des Publikums
entgegen, wenn sie maßvoll arbeiten und
ihre Forderungen mit der nötigen Festig-
keit durchzusetzen wissen.
Eine den Produktionskosten ent-
sprechende Höhe des Milchpreises ist
natürlich. Eine über das Maß des
Berechtigten gehende Steigerung wird
sofort durch die Konkurrenz der Pro-
duktion aus weiterer Entfernung wieder
pai'alysiert werden. Der Wunsch, den
benötigten Preis hoch zu halten, wird
sich in dem Bestreben kennzeichnen,
die Ware durch Gleichmäßigkeit der
Lieferung in Menge und Güte, sowie durch
eine besonders gute, die Haltbarkeit be-
dingende Behandlung bei Gewinnung und
Transport dem Empfänger besonders
wertvoll zu machen. Damit wird das
Angebot minderwertiger Ware, wenn es
auch zu billigem Preisen erfolgt, mehr
und mehr zurückgedrängt.
Aus diesem notwendigen Wettbewerb
der Produzenten in guter Ware erwächst
dem Publikum der Vorteil des Erhalts
wirklich guter Milch in höherem Maße
als bei stetig . schwankenden Preisen,
die, durch gegenseitiges Unterbieten
hervorgerufen, nur für kurze Zeit durch-
führbar sind, und zwar auf Kosten der
Güte und Haltbarkeit der Milch, die
unter dem Bestreben eines Produzenten,
die Produktionskosten möglichst zu ver-
ringern, unter allen Umständen Not
leiden müssen. Die Verbesserung der
Milchqualität seit dem Zusammenschluß
der Produzentenvereinigungen steht außer
aller Frage, wie jeder, der die ein-
schlägigen Verhältnisse zu beobachten
Gelegenheit hat, insoweit er ehrlich und
objektiv urteilt, bestätigen wird.
Es sollten deshalb solche Vereini-
gungen, wo sie noch nicht bestehen,
seitens des Publikums unterstützt und
gefördert werden. Der erzieherische
Nutzen, der daraus entspringt, die Vor-
teile einer ^ erwachsenden Qualitäts-
konkurrenz, die wirtschaftliche Stärkung
des einzelnen in dem Zusammenschluß
kommen der Allgemeinheit zugute!
Nur derjenige, der etwas hat, vermag
auch etwas zu geben. Von einer Milch-
wirtschaft, die durch zu niedrige Milch-
preise kaum in der Lage ist, die Pro-
duktionskosten zu decken, kann man
bUligerweise nicht die Aufwendung voa
Mitteln verlangen, die nötig sind, - um
den heutigen Anforderungen betreffs
Lieferung hygienisch einwandfreier Milch
Folge zu leisten. Wird das Ideal in
diesem Sinne für das große Publikum ja
— 389 —
überhaupt nie zu en*eichen sein, so muß
man doch vernünftigerweise zugestehen,
daß jeder Schritt, der getan wird, um uns
dem Ziele näher zu bringen, Geld kostet!
Ein Beispiel dafftr, wie bei wirtschaft-
licher Stärkung die Interessen der All-
gemeinheit seitens der für die städtische
Milchversorgung in Betracht kommenden
Produzenten gewahrt werden können und
auch bedacht werden, liefert der „Zen-
tralverein der Milchproduzenten für
Hamburg und Nachbarstädte e. V."
Dieser Verein, im Jahre 1900 ge-
gründet, um weiteren Schädigungen durch
zu niedrige und immer noch mehr sin-
kende Milchpreise vorzubeugen, gewährt
in erster Linie seinen Mitgliedern Schutz
gegen die Unverkäuflichkeit der Milch
zu angemessenem Preise.
Dies geschieht dadurch, daß die Milch,
welche nicht zu den vereinsseitig fest-
gesetzten Preisen zu verkaufen ist, in
sechs von Vereinsmitgliedem erbauten und
einigen Privatmeiereien auf Ällgemein-
kosten verarbeitet wird. Das heißt, die
Diflferenz zwischen Meiereierlös und Ver-
kaufswert der Milch in der Stadt wird
den betreffenden Mitgliedern aus der
Vereinskasse erstattet.
Solche DiflFerenzen wurden während der
ersten sech«r Geschäftsjahre 898 093 M.
oder jährlich durchschnittlich 166090 M.
ausgezahlt. Die Mittel hierzu wurden
durch die Mitglieder aufgebracht, welche
ihre Milch zu den festgesetzten Preisen
verkaufen konnten. Es genügte im all-
gemeinen ein Beitrag von V2 P^- P- Liter
verkaufter Milch.
Für diese „Prämie" wurde von den
Vereinsmitgliedern ein Mehrerlös von 1 ,6 Pf.
für das Liter Milch gegenüber der Preislage
vor der Vereinsbildung erzielt und ge-
wissermaßen gewährleistet. Dieser wirt-
schaftliche Schutz ist die Grundlage für die
weiteren Ziele und entsprechende Tätigkeit
des Vereins. Seine Satzungen besagen:
„Der Zweck des Vereins ist die Hebung
der Milchwirtschaft durch Förderung der
Mitglieder in allen die Milchwirtschaft,
insbesondere die Behandlung des Milch-'
viehs, der Milch und der Milcherzeugnisse,
sowie ihre Verwertung betreffenden
Fragen."
Der Aufschwung in Behandlung des
Milchviehs, Gewinnung und Behandlung
der Milch machte sich gemäß den früher
geschilderten und hier günstig wirkenden
Konkurrenzverhältnissen sehr bald be-
merkbar.
Genährt wurden das Streben nach
Besserung, und das Verständnis für be-
nötigte Maßnahmen durch die „Mit-
teilungen". Diese den Mitgliedern jetzt
allmonatlich unentgeltlich ütiermittelte
Korrespondenz enthält nicht nur alle für
das Vereinsleben nötigen Bekanntgaben,
sondern Spezialartikel flir die Hamburger
Milchversorgung und Auslesen aus Fach-
schriften, die wieder besonders für den
Milchwirt von Interesse und Nutzen sind.
Seit annähernd zwei Jahren hat der
Verein in sein Programm die Tilgung
der Tuberkulose nach Ostertagschem
Verfahren in den Kuhbeständen der
Mitglieder aufgenommen. Die Zahl der
Mitglieder beträgt heute etwa 2500
— mit einem Bestand von ca. 26000 Kühen.
Die Untersuchungen werden auf Kosten
des Vereins (jährlich ca. 26 000 M.) von
hierzu besonders angestellten Tierärzten
vorgenommen . Die Anstellung und Kontrolle
derselben, sowie die weitere Unter-
suchung der entnommenen Sekrete durch
Überimpfung auf Meerschweinchen usw.
hat in entgegenkommendster Weise die
„Landwirtschaftskammer für Schleswig-
Holstein in KieP' übernommen und ihr
bakteriologisches Institut für diesen Zweck
zur Verfugung gestellt und erweitert.
Auffällig gestalten sich die Unter-
suchungsergebnisse. Sie schwanken in
den verschiedenen Bezirken der 26 dem
Zentralverein angeschlossenen (ebenfalls
rechtsfähigen) Lokalvereine zwischen 0,66
und 3,2 Proz. Tuberkulosebefunde. Erstere
Ziffern sind weiter abliegenden, letztere
— 390 —
den in der Nähe der Äbsatzzentren be-
findlichen Euhbeständen zn eigen. In
einem Falle Zucht-, im andern Falle zur
Hauptsache Abmelk-Wirtschaften.
Da der Beginn der erstmaligen Unter-
suchung zu spät fiel, um den Gesamt-
bestand der Kühe bis Anfang Mai — zu
welcher Zeit der Austrieb auf die Weiden
stattfindet — zu bewältigen, mußten die
eingehenden, nur im Stalle vorzunehmen-
den Ermittlungen abgeschlossen werden,
als erst 13 Vereine mit insgesamt 15 174
Kühen begangen waren. In diesem,
dem zweiten Jahre der Sanierungs-
tätigkeit konnte rechtzeitig (gleich nach
Aufstauung des Viehs) und mit genügenden
Kräften an das Werk gegangen werden,
so daß außer bei einigen später hinzu-
gekommenen neuen Mitgliedern der Ge-
samtbestand an Kühen, ca. 26 000 Stück,
der eingehenden Untersuchung überwiesen
wurde.
Von jenen ersterwähnten 15174 Kühen
wurden 274 oder 1,8 Proz. als lungen-
tuberkulös und 20 oder 0,14 Proz. als
eutertuberkulös, insgesamt 294= l,94Proz.
als mit offener Tuberkulose behaftet nach-
gewiesen und ausgemerzt, geschlachtet.
Diese Kühe waren 198 Besitzern ge-
hörig, also in ebensoviel Stallungen
verteilt.
Da die Milch zum Versand in Kannen
von je 20 Liter Inhalt gefüllt wird, so
wäre, wenn nicht durch das Zusammen-
gießen in größeren Sammelgefaßen schon
vorher eine weitergehende Infektion statt-
gefunden hätte, doch mindestens eine Ver-
seuchung von rund 200 Kannen ä 20 Liter
gleich 4000 Litern Milch durch Zulügung
des Gemelkes jener 294 Kühe zur Milch
anderer möglich gewesen.
Es entfallen in Hamburg (s. Beuke-
mann, der Milch verbrauch der Städte,
Hamburg 1904) auf eine Haushaltung
4,3 Köpfe und ein durchschnittlicher Ver-
brauch von 1,4576 Liter Milch. Es
würden sich demnach obige 4000 Liter
Milch auf 2666 Haushaltungen mit
11 464 Konsumenten verteilen können.
Nach der Volkszählung von 1905
kamen auf 100 Köpfe der Bevölkerung
in Hamburg 2,2 Kinder im Alter bis zu
einem Jahr. Auf 1 1 464 Einwohner dem-
nach 252 Kinder jugendlichsten Alters,
denen fortdauernd der Genuß von Milch
zuteil geworden wäre, die mehr oder
minder die Möglichkeit einer Infektion
durch Tuberkelbazillen bot! Diese Ge-
fahr wurde beseitigt.
Wenn der „Zentralverein der Milch-
produzenten für Hamburg und Nachbar-
städte, e. V." durch sein Vorgehen,
die Ausmerzung als tuberkulös erkannter
Kühe, auch nicht das ins Auge zu fassende
Ideal der Bestrebungen hinsichtlich der
Milchhygiene erreicht, so dürfte doch mit
der Entfaltung der gekennzeichneten
Tätigkeit ein nicht zu verachtender
Schritt auf einem der Wege getan sein,
die zu dem erstrebten Ziele der Volks-
gesundung zu führen geeignet erscheinen.
Durch eine Verallgemeinerung und
einen entsprechenden Ausbau derartiger
privater Tätigkeit würden wahrscheinlich
die für eine gründliche Sanierung der
Viehbestände und eine so wünschenswerte
Kontrolle der Milchgewinnung usw. notwen-
digen Maßregeln leichter Eingang finden
und zweckmäßiger durchzuführen sein, als
dies auf dem Wege der Verordnung und
Gesetzgebung möglich erscheint.
Vorbedingung hierfür ist aber, daß
das Publikum den Wert einer solchen
Tätigkeit schätzen lernt, und sie
nicht nur mit anerkennenden Worten,
sondern mit der Tat unterstützt, indem
es der Milch, welche aus derartig be-
handelten Stallungen stammt, den Vorzug
vor unkontrollierbarer Ware gibt, auch
wenn sie etwas teurer ist als diese.
Das Publikum in dieser Richtung auf-
zuklären und durch Wort und Schrift zu be-
lehren, ist wiederum eine der vornehmsten
Pflichten der Männer der Wissenschaft.
— 391 —
Referate.
Haase, Beitrag znr sanitätspolizeilichen
Begataehtnng der Nachkrankheiten des
Schweinerotlaafs.
(Berliner Tieräritl. Wochciischr. 1908, Nr. 24.)
Da außer der Rotlaufendokarditis auch
die auf embolischer Grundlage beruhende
Rotlaufnephritis nicht selten zu beobachten
ist, so fordert H., daß in das Gesetz,
betreffend die Schlachtvieh- und Fleisch-
beschau, vom 3. Juni 1900 Bestimmungen
über Botlaufnachkrankheiten des Schweines
aufgenomtnen werden, derart, daß bei Nach-
krankheiten des Schweinerotlaufs das
Fleisch für bedingt tauglich zu erklären
ist, wenn Erscheinungen einer frischen
Blutinfektion bestehen. Poppe,
Wyßmann^ Über tuberkulöse, von
den Kastrationswnnden aasgehende
Infektionen bei Schweinen.
(Schweizer Archiv fQr Tierheilkunde 50. Bd., 2. lieft, 1908.)
W. beschreibt zwei Fälle von Tuber-
kulose, die von der Kastrationswunde
ihren Ausgang genommen hatten, bei
weiblichen Schweinen und erörtert im
Anschluß daran die verschiedenen Mög-
lichkeiten der Entstehung dieser Tuber-
kuloseform. Poppe.
Ausführung des Fleischbeschau-
gesetzes und andereTagesfragen.
— I8t die Verwendung von Rinderblut zur
Heretellung von Würsten gewerbsübllch, oder hat der
Verkauf der aus Rinderblut gefertigten Wflrste unter
Deklaration zu erfolgen?
Antwort: Früher ist zur Herstellung von
Wttrsten nur Schweine- und Kälberblut ver-
wendet worden. Jetzt wird auch das Blut von
Rindern als Wurstgut vorwertet, wobei letzterem
zur Erzielung einer glatten Schnittfläche an der
fertigen Wurst Milch oder Sahne hinzugefügt
wird. Die Verwendung des Rinderbluts, die
jetzt in den Großstädten gewerbsüblich geworden
SU sein scheint, geschah wohl ohne Wissen der
Konsumenten, und es dürfte zur Beurteilung der
Frage, ob die Verwendung von Rinderblut als
Verfälschung aufzufassen ist, und ob Rinder-
blutwürste beim Feilhalten und Verkauf zu
deklarieren sind, in den verschiedenen Bezirken
festzustellen sein, ob die Käufer von Blutwurst
solche aus Schweine- und Kälberblut zu erhalten
erwarten oder die Verwendung von Rinderblut
zur Herstellung der Blutwürste kennen und damit
einverstanden sind. H.
Amtliches.
— Königreich Preußen. Allgemeine VerfOgung
des Ministeriums fQr Landwirtschaft, Domänen und
Forsten Nr. 42 fQr 1908, betr. Zusätze zu Fleisch
und dessen Zubereitungen, vom 21. Juli 1908.
Eure Durchlaucht/Hochgeboren/Hochwohlge -
boren werden hiermit auf die Bekanntmachung
des Herrn Reichskanzlers vom 4. Juli 1908
(R. G. Bl. S. 470) hingewiesen, wonach durch
Beschluß des Bundesrates die Bekanntmachung,
betreffend gesundheitsschädliche und täuschende
Zusätze zu Fleisch und dessen Zubereitungen,
vom 18. Februar 1902 (R. G. Bl. S. 48) in
folgenden Punkten Abänderungen erfahren hat:
a) Im ersten Absatz ist hinter dem Worte
„Formaldehyd" eingeschaltet: „und solche
Stoffe, die bei ihrer Verwendung Formal-
dehyd abgeben."
b) Der zweite Absatz wird durch folgenden
Satz ersetzt: „dasselbe gilt für Farbstoffe
jeder Art, jedoch unbeschadet ihrer Ver-
wendung zur Gelbfärbung der Margarine
und der Hüllen derjenigen Wurstarten, bei
denen die Gelbfärbung herkömmlich und
als kunstliche ohne weiteres erkennbar
ist, sofern diese Verwendung nicht anderen
Vorschriften zuwiderläuft."
Der Zusatz zu a) bezweckt fär den gesamten
Geltungsbereich des § 21 des Fleischbeschau-
gesetzes, also auch für den inländischen Verkehr,
die Übereinstimmung mit dem durch die Be-
kanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom
22. Februar d. J. (Zentralblatt f. d. d. R. S.
59/103) abgeänderten § 5 Absatz 3 unter b der
vom Bundesrate zum Fleischbeschaugesetz er-
lassenen Ausführungsbestimmungen D (über die
Untersuchung des in den Zollämtern eingehenden
Fleisches) herbeizuführen. Der Zusatz bringt
im übrigen nur einen Grundsatz ausdrücklich zur
Geltung, der auch bisher schon bei sinngemäßer
Auslegung der abgeänderten Bekanntmachung
Anwendung gefunden hat (vgl. den Runderlaß
vom 1. Dezember 1904 — M. f. L. I. Ga 9733
II. Ang., M. d. g. A. M 9142, M. d. I. IIa 8903,
M. f. H, Hb 10214 — betreffend das Fleisch-
konservierungsmittel Carin-Hexametylentetramin).
Zu der Änderung zu b) hat die ErwMgung
geleitet, daß durch das bisher allgemein zuge-
lassene Färben der Wursthüllen namentlich mit
roter Farbe, vielfach eine Täuschung über die
mangelhafte Beschaffenheit der Würste hervor-
— 392 —
gerafen wird. Künftig wird deshalb nur noch
die, soviel bekannt, besonders in einigen sttd-
deutschen Gebieten übliche und beliebte Gelb-
färbung der Wursthallen zugelassen sein, bei
der Täuschungen der gedachten Art nicht zu
befürchten sind. Alle anderen Arten von Wurst-
hüllenfärbung, namentlich die Rotfärbung, sind
fortan selbst dann verboten, wenn nicht gesund-
heitsschädliche Farben verwendet werden.
Als Zeitpunkt des Inkrafttretens der
Änderungen ist der 1. August d. J. fest-
gesetzt. Eure Durchlauch t/Hochgeboren/Hoch-
wohlgeboren wollen daher unverzüglich die
Ihnen unterstellten Polizeibehörden und Nahrungs-
mittel-Untersuchungsämter mit den erforderlichen
Weisungen versehen.
Der Minister für Landwirtschaft, Domänen
und Forsten.
Im Auftrage: Schroeter.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und
Medizinal-Angelegenheiten.
Im Auftrage: Förster.
— Königreich PreuBen. Verfagung, betreffeMl
Statistik des IHarlctverkelirs mü Scliiaciitvieli, vom
23. Juni 1908.
Anliegend übersende ich
1 Abdruck des Erlasses des Herrn
Reichskanzlers vom 30. Mai d. J. — IV 6563 — ,
betreffend die Statistik des Marktverkehrs mit
Schlachtvieh,
2 Abdruck der Bestimmungen übir die
Durchführung dieser Statistik,
3. je Abdruck der Erhebungsformulare,
Muster 1 bis 3,
4 Abdruck des Formulars für die nach-
träglich vom Jahre 1900 ab zu liefernden
Angaben über den Auftrieb von Schlachtvieh
zur Kenntnis mit dem Ersuchen, die
der bei 2 bis 4 bezeichneten Drucksachen um-
gehend entsprechend zu benachrichtigen und
wegen der unmittelbaren und sofortigen Anmel-
dung des erforderlichen Bedarfs an Formularen
bei dem Kaiserlichen Statistischen Amt mit An-
weisung zu versehen. Ich mache besonders auf
die Vorschrift in Nr. 2 der Bestimmungen (An-
lage 2) aufmerksam, wonach in den dafür be-
stimmten Spalten der Erhebungsformulare das
in ganzen Tieren eingeführte geschlachtete Vieh
nur insoweit nachzuweisen ist, als die Zufuhr
am Markttage nach dem Schlacht- (bzw. Vieh-)
hofe erfolgt, nicht aber etwa auch die sonstige
Fleischzufuhr nach Markthallen usw. Diese Zufuhr
würde nach der Beseitigung des Nachunter-
suchungszwanges für tierärztlich untersuchtes
Fleisch ohnehin nicht vollständig ermittelt
werden können und bleibt daher außer Betracht.
In Vertretung: v. Conrad.
Der Reichskanzler. Anlage 1.
(Reichsamt des Innern.)
IV 6563. Berlin, den 30. Mai 1908.
An den Herrn Minister für Landwirtschaft,
Domänen und Forsten.
In den Anlagen beehre ich mich, die in
Aussicht genommenen Bestimmungen über die
Statistik des Marktverkehrs mit Schlachtvieh,
welche mit dem 1. Juli 1908 in Kraft treten
sollen, und die für die Berichterstattung und
Veröffentlichung erforderlichen Formulare, in
denen die noch weiter eingegangenen Wünsche
möglichst Berücksichtigung gefunden haben, zur
gefälligen Kenntnisnahme und mit dem Anheim-
stellen der gefälligen weiteren Veranlassung zu
übersenden.
Hervorzuheben ist, daß in den Erhebungs-
formularen die sich mehr auf eine Verzehrs-
statistik beziehenden Spalten in Fortfall ge-
kommen sind, da sich herausgestellt hat, daß
bei der Mehrzahl der in Betracht kommenden
Schlachtorte sich hierfür keine brauchbaren
Unterlagen würden beschaffen lassen.
Für die nachträglich vom Jahre 1900 ab zu
liefernden Angaben über den Auftrieb von
Schlachtvieh wird das beiliegende Formular den
Vi^hmarkts- usw. Verwaltungen mit den im
Juni d. J. zuzusendenden Erhebungs- und Bericht-
erstattungsformularen zugehen.
Um die Versendung der Formulare an die
Berichtsstellen unmittelbar und rechtzeitig be-
wirken zu können, bitte ich, die in Frage
kommenden Marktverwaltungen veranlassen zu
wollen, ihren Bedarf an den noch zu druckenden
Anlagen unter genauer Bezeichnung ihrer Adresse
dem Kaiserlichen Statistischen Amt, Berlin W. 10,
Lützowufer 6/8, unmittelbar und baldigst bekannt-
zugeben.
25 Abdrucke dieses Schreibens beehre ich
mich beizufügen.
Im Auftrage: Delbrück.
— Bayern. Gesetz Ober die Abänderungen des
Gesetzes, die VIehversicherungsansttIt betr., vom
11. Mai 1896, vom 6. Juli 1908. (Ges.- u. Verordn.-
Bl. S. 355.)
Im Namen usw
Luitpold, usw.
Wir haben nach Vernehmung des Staatsrates
mit Beirat und Zustimmung der Kammer der
Reichsräte und der Kammer der Abgeordneten die
Abänderung dos Gesetzes, die Viehversicherungs-
anstalt betr., vom 11. Mai 1896 (Ges.- u. Verordn.-
Bl. S. 207) beschlossen und verordnen, was folgt:
Einziger Artikel.
Der Artikel 1 erhält folgende Fassung:
„Die für das Königreich errichtete öffentliche
Viehversicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit be-
— 393 —
faßt gich mit der Versicherung von Vieh mit
Ausnahme der Pferde.
Die Anstalt hat ihren Sitz in München. Die
Verwaltung und rechtswirksame Vertretung der-
selben wird der Königlichen Versicherungs-
kammer übertragen.^
Gegeben zu Hohenschwangau, d. 6. Juli 1908.
Luitpold,
Prinz von Bayern,
des Königreichs Bayern Verweser.
Dr. Frhr. v. Podewils. v. Miltner.
Dr. V. Wehner. v. Frauendorfer. v. Pfaff.
Frhr. v. Hörn. v. Brettreich.
— Königreich WQrttemberg. Konirolle deo Milch-
verkehrs. Erlaß des Königl. Ministeriums des Innern
von 2. April 1908 an die Königl. Stadtdirektion
Stuttgart, die Königl. Oberämter und die Orts-
polizeibehörden.
Nach den gemachten Wahrnehmungen wird
bei der polizeilichen Kontrolle des Milchverkehrs
(Erlaß vom 12. Mai 1886, Amtsbl. S. 184) auf
die Feststell <ing des spezifischen Gewichts der
Milch ein zu großer Wert gelegt Da dieses
Gewicht durch Zusatz von Wasser und gleich-
zeitige Entnahme von Rahm unverändert gelassen
werden kann und anderseits eine Milch mit ge-
ringerem als dem normalen spezifischen Gewicht
sich durch besonders hohen Fettgehalt, also
durch besondere Güte auszuzeichnen vermag,
indem ein hoher Fettgehalt auf das spezifische
Gewicht erniedrigend wirkt, letzteres allein somit
kein sicheres Urteil fiber die Beschaffenheit der
Milch gestattet, so genügt es nicht, bei der
polizeilichen Milchkontrolle das spezifische Ge-
wicht der Milch zu ermitteln, es ist vielmehr
notwendig, daß von Zeit zu Zeit auch der Fett-
gehalt der in den Verkehr gelangenden, das
normale spezifische Gewicht aufweisenden Milch
darch eine Nahrungsmitteluntersuchungsstelle
festgestellt wird.
Die in dieser Überschrift genannten Behörden
werden angewiesen, hiemach zu verfahren.
— Haupt- und Residenzstadt MOnchen. Orts-
pollzeliicbe Vorschrift Ober den Verkehr mit Nahrungs-
und GenuDmltteln, vom 5. Oktober 1906.
(Schluß.*)
§ 61. Mit der Gewinnung, Behandlung und
Abfüllung der Milch dürfen nur solche Personen
beschäftigt werden, welche gesund, insbesondere
frei von Lungentuberkulose und eitrigen Affek-
tionen sind.
Die Melker müssen überdies frei sein von
Geschlechts- und Hautkrankheiten. Im Falle
akuter eigener oder infektiöser Erkrankung eines
'^) Siehe S. 361 des letzten Heftes.
Hausgenossen (bes. Typhus, Diphtherie, Scharlach,
Ruhr) sind die bei der Gewinnung, Behandlung
und Abfüllung der Milch beschäftigten Personen
hiervon auszuschließen und der Arzt sofort durch
den Stallbesitzer zu verständigen.
Gleichzeitig ist seitens des letzteren Vor-
sorge dafür zu treffen, daß diese Personen mit
der gewonnenen Milch nicht in Berührung
kommen.
Bei bestehendem Verdacht auf Vorhanden-
sein einer der vorstehend genannten Krankheiten
haben sich die obenbezeichneten Personen auf
Aufforderung zu amtsärztlicher Untersuchung zu
stellen.
§ 62. Von auswärtigen Produzenten darf
Kindermilch nur in Flaschen oder in Kannen
aus stark verzinntem Fisenblech ohne Naht und
innere Lötstellen in die Stadt eingeführt werden.
Kannen und Flaschen mit Kindermilch müssen
mit der Aufschrift „Kindermilch'' und Angabe
der Melkezeit (Morgen-, Mittag- oder Abendmilch)
versehen sein und im übrigen den für Marktmilch
erlassenen Vorschriften entsprechen.
§ 63. Milch aus verschiedenen Stallungen
darf nicht zusammengemischt und als Kinder-
milch eingeführt, feilgehalten oder verkauft
werden.
Ebenso ist verboten, Morgen-, Mittag- und
Abendmilch miteinander zu vermischen.
§ 64. Händler dürfen von auswärts bezogene
Kindermilch nur unmittelbar nach dem Eintreffen
auf Flaschen füllen.
Wird dazu ein Flaschenfüllapparat benützt,
so ist dieser vor jedesmaligem Gebrauch mit
heißer Sodalauge und darauf mit heißem Wasser
gründlich zu reinigen.
Die Flaschen sind sofort nach dem Füllen
derart zu kühlen, daß die Milch innerhalb einer
halben Stunde auf mindestens -|- 13 Grad Celsius
abgekühlt ist.
§ 65. In der Stadt gewonnene Kindermilch
muß am Gewinnungsort selbst unmittelbar nach
dem Melken und Seihen in Flaschen abgefüllt
werden; doch darf sie, ebenso wie von auswärts
eingeführte Kindermilch, an Anstalten, die Milch
trinkfertig zubereiten, auch in Kannen der in
§ 62 angegebenen Art abgegeben werden.
§ 66. An Konsumenten darf Kindermilch
nur in reinen Flaschen aus weißem oder halb-
weißem Glase abgegeben werden.
§ 67. Die Flaschen müssen flüssigkeitsdicht
verschlossen, deren Verschluß muß gegen un-
befugtes Öffnen versichert sein; auch müssen sie
eine Aufschrift haben, die angibt: den Namen
und Wohnort des Verkäufers, den Tag, an dem
die Milch gemolken wurde und die Tageszeit, ob
morgens, mittags oder abends.
— 394 —
§ 68. Von auswärtigen Milchprodnzenten
gelieferte Kindermilch darf beim Eintreffen in die
Stadt nicht wärmer als -{-Ib Grad Celsius sein.
In der Stadt feilgehaltene Kindermilch darf
während der ganzen Zeit der Aufbewahrung keine
höhere Temperatur als + ^3 Grad Celsius haben
und an die Haushaltungen mit keiner höheren
Temperatur als + 1^ Grad Celsius abgeliefert
werden.
IV. Abschnitt.
Vorsobriften über den Verkehr mit Brot,
Mehl und HaisenfrOcbten.
(§§ 69-89.).
VIT. Abschnitt.
Hausierbandel mit Lebensmitteln.
§ 90. Es ist verboten, Nahrungs- und Genuß-
mittel, mit Ausnahme von Obst und Gemüse,
ohne vorherige Bestellung durch Herumtragen
von Haus zu Haus feilzubieten.
VIII. Abschnitt.
Geschäftsanmeldung.
§ 91. Wer Nahrungs- und Genußmittel ge-
werbsmäßig herstellt oder verkauft, ist ver-
pflichtet, den Geschäftsbeginn bei dem zuständigen
Bezirksinspektor innerhalb 3 Tagen anzumelden.
Hierbei sind die für den Geschäftsbetrieb in
Betracht kommenden Räumlichkeiten und der
Geschäftsinhaber genau zu bezeichnen.
Die gleiche Verpflichtung ist zu erfüllen,
wenn ein bereits bestehendes Geschäft in andere
Räumlichkeiten verlegt wird.
Die in § 14 der Reichsgewerbeordnung vor-
geschriebene Anzeige wird durch diese Anmel-
dung nicht ersetzt.
IX. Abschnitt.
Übergangs- und Vollzugs-Bestimmungen.
§ 92. Gegenwärtige ortspolizeiliche Vorschrift
tritt mit dem dreißigsten Tage nach ihrer Ver-
öffentlichung in der Münchener Gemeindezeitung
in Kraft; ausgenommen hiervon sind die Be-
stimmungen der §§ 4^ und 46, Abs. 1, welche
am 1. Januar 1907 und des § 47, welche am
1. Oktober 1907, sowie des § 87, welche am
1. Oktober 1908 in Wirksamkeit treten.
§ 93. Die Bestimmungen in § 7, Abs. 5, in-
soweit dieselben auf die an die Verkaufslokale
sich anschließenden und mit diesen verbundenen
Räumlichkeiten Bezug haben, sowie des § 40
treten für neu zu eröffnende Geschäfte sofort,
für die gegenwärtig schon bestehenden am
1. Oktober 1907 in Wirksamkeit.
§ 94. Durch gegenwärtige ortspolizeiliche
Vorschrift werden aufgehoben:
Die ortspolizeiliche Vorschrift vom 12. Ja-
nuar 1892 über den Verkehr mit Nahrungs- und
Genußmitteln, sowie die hierzu erlassenen Er-
gänzungen vom 17. November 1896, 7. Januar
1898 und 17. September 1901, femer die orts-
polizeiliche Vorschrift vom 29. Dezember 1899
über den Verkauf von Kindermilch.
Magistrat der K. Haupt- und Residenzstadt
München.
Bürgermeister:
Dr. von Borscht
Statistische Berichte.
— Königreicb Preußen. Die ErgebniMe der
Sohiaobtvieb- und Fieischbescbau fOr das Jahr 1907.
(.Zusammengestellt im Kgl! Preuß. Statistischen
Landesamt. Nach „Statist. Korresp." 1908, Nr. 32.)
Die weitaus größte Zahl von Schlachtungen
entfiel 1907 wie in früheren Jahren auf die
Schweine, von denen 9866051 geschlachtet
worden sind, das sind 1872607 oder 23,43 v. H.
mehr als im Vorjahre. Es hat also eine ge-
waltige Zunahme stattgefunden, die um so
bemerkenswerter ist, als sowohl von 1904 auf
1905 wie von 1905 auf 1906 die Schweine-
schlachtungen zurückgegangen waren. Diese
bedeutende Steigerung des Jahres 1907 licftrrt
zugleich auch eine Erklärung für die Abnahme
der Schweinezahl, die von 1906 auf 1907 ein-
getreten ist; bei der Viehzählung vom 2. De-
zember 1907 wurde nämlich eine Abnahme des
Schweinebestandes von 2S5 648 Stück gegenüber
dem Vorjahre festgestellt. Demgegenüber sind
im Jahre 1907 fast 2 Millionen Schweine mehr
geschlachtet worden als im Jahre 1906. Ohne
diese ungewöhnlich große Zahl von Schlach-
tungen hätte die letzte Viehzählung also wahr-
scheinlich wieder, wie seit langen Jahren fast
regelmäßig, eine Zunahme des Schweinebestandes
ergeben. Allerdings sind die angeführten Zahlen
nicht ganz genau vergleichbar, weil die Schlach-
tungen sich auf den Zeitraum vom 1. Januar
bis 31. Dezember 1907, die Zahlen der Bewegung
des Viehstandes aber auf die Zeit vom 1. De-
zember 1906 bis 2. Dezember 1907 beziehen;
groß ist die Abweichung danach indessen nicht
Die Gründe für den auffallend großen Umfang
an Schweineschlachtungen werden hauptsächlich
darin zu suchen sein, daß die 1906 noch sehr
hohen Schweine- und Schweinefleischpreise 1907
erheblich sanken. Daher war einmal die 1906
rasch stark gesteigerte Schweinezucht nicht
mehr in dem Maße lohnend, man schaffte mithin
viele Schweine wieder ab, ferner aber dürfte
sich gleichzeitig infolge der niedrigen Preise
der Verbrauch an Schweinefleisch fühlbar ge-
hoben haben.
An zweiter Stelle stehen die Schlachtungen
von bis 3 Monate alten Kälbern, die 2286840
Stück betrugen, 132 257 oder 6,14 v. H. mehr
als im Vorjahre. Die Zunahme ist also ebenfalls
— 395 —
I. Zahl der Sohiachttiere, an denen die Bwchau vTfletiorameii wurde.*)
Art der Schlachtungen
bzw. UnterBuchungen
Pferde
und
andere
Ein-
hufer
o
O
's
U1
Jung-
rinder
über
Kälber
bis
8 Monate alt
OD
'S
'S
0)
(D
a
SS
1 . Ordnungsmäßige Schlachtungen
2. Schlachtungen, bei denen eine
Beschau der Tiere im lebenden
Zustande nicht stattgefunden hat
87 186; 292 443
9S 120 S12 SS9
3. Zusammen .
1907 gegen das Jahr f mehr .
1906 \ weniger
oder in Hundert- | mehr
teilen \ weniger
Zahl der Schlachttiere nach Ab-
zug der unter „2. Beanstan-
dungen^ „I. Untauglich der
ganze Tierkörper", „IL Un-
tauglich der ganze Tierkörper,
ausgenommen Fett" nach-
gewiesenen Tiere
1907 gegen das Jahr j mehr
1906 l weniger
oder in Hundert- \ mehr .
teilen \ weniger
Von den unter „3. Zusammen"
aufgeführten Schlachttieren
sind untersucht durch
a) tierärztliche Beschauer und
Beschauämter, an denen
neben Tierärzten auch andere
Personen als Beschauer tätig
sind
b) nichttierärztliche Beschauer
3128
8 876
90814
95 996
5 682
5,92
89 294
94 989
5 695
6,0Ü
2 893
2 48S
294836
S14 76i
19 926
6,33
293 884
S18 789
19 905
6,34
278 167
284 479
1617
1 S98
279 784
285 877
6 093
2,13
934 922
951 105
33 502
31 200
968 424
982 305
13 881
1,41
454191
440 073
2 267 665
2 136 223
9 808 2181472121
7 941 502 1 552 615
6 211' 19175
5 724' 18 361
460402 2286840
445 797 2 154 583
14605 132 257
??
3,28
6,14
57 833
51 942
866051
993 444
1872 607
23,43
279 321
285 459
6138
2,15
955 938
969 934
13 996
1,44
458 690 2 277 833
444 106 2 146 120
14 584 131713
3,2
6. Von den unter-
suchten Tieren
sind wegen Unzu-
ständigkeit des
nichttierärztlichen
Beschauers neben-
bezeichnete Tiere
dem zuständigen
tierärztlichen Be-
schauer über-
wiesen
a) vor der
Schlachtung
b) nach der
Schlachtung
90314 258646
95 996 272 539
— '36190
— 42 223
56
67
1327
1 530
230839,704458
236 1 Oll 703 079
48 9451 263 966
49 776\ 279 226
6,14
9 855 650
7 983 522
1 872 128
23,45
4 251
4 231
1476872
/ 556 746
80 474
5,17
175 794
167 214
1 367
176 774
168 581
8193
4,86
1711
1 576
15
18
1726
7 594
132
8,2
1474 966
1 555 436
80 470
5,17
2917221743631
278 532^1 636 537
168680 543 209
167 265 518 O46
23:
29.
982
1 053
650
831
20108
20 272
131
139
6684 983
5 384 4^^
3181068
176 374
168 209
8165
4,85
1265370;
1 318 608]
211002|
1707
1 578
129
8,17
950161393
89 089^1 276
81758 333
2 608 951' 238 2381 79 492
4129
3 960,
233
6 466
6 727
697
1 346
27 051
29 961
I
18
25 \
860
987
226
222
318
*) In den einzelnen Spalten betreffen die Zahlenreihen aus gewöhnlichen Ziffern das Jahr 1907, die aus
kursiven das Jahr 1906. — ^) Einschliefilich 1898 (1726) Schweine, die lediglich dem Trichinenschauzwange
unterlagen oder vom Besitzer freiwillig zur Untersuchung auf Trichinen gestellt worden sind und bei der Unter-
suchung beanstandet wurden.
2. Beanetandungen.
® ü? =*
111
I. Untauglich der ganze TierkOrper
II.
Untauglich der ganze Tierkörpe
ausgenommen Fett
r,
g
S i über ^^*
.9
'S
1
o
g
'TS
o
OQ
'S
o
1
Jung-
rinder
über
Kälber
bis
0?
.9
1
QO
II
s^«;o
W 1 3 Monate alt
3 Monate alt
^ ;s
1020
1 007
937
956
446
390
12 317. 1643 8 992
12 135 , 1 611 ' 8 44^
8 923
8 466
1400
1 410
398
372
19
16
15
17
17
28
169
236
69
80
15
21
1478
1 456
6
2
— 396 —
nL Untauglich nur die veränderten Teile im flbrigen nicht beanstandeter Tiere.
Pferde
und
andere
Ochsen
Bullen
Kühe
Jung-
rinder
über
Kälber
bis
Schweine
Schafe
Ziegen
Hunde
Einbufer
3 Monate alt
8459
8 622
104271
108 507
69 334
69 276
398107
395 867
59 345
57 699
33130
31 375
1089 016
906 376
229080
230 839
6 396
6 394
243
145
IV. Bedingt tauglich.
Ochsen
Bullen
Kühe
Jungrinder
über
Kälber
bis
Schweine
Schafe
Ziegen
3 Monate alt
915 ^^U
977 »340/^
862 9^8/4
970^^U
32846391/^
3 342^''U
1 366 '053/^
1403 ^^u
366 6'V4
366 ^'^U
24 689 "218/^
24 691 «J»74
75»06/4
112 ^u
11 «A
^^4
V.
Im Nahrungs
- und Genußwert erheblich
herabgesetzt.
Ochsen
Bullen
Kühe
Jungrinder
über
Kälber
bis
Schweine
Schafe
Ziegen
3 Monate alt
2839 ^'^^U
3307 »^'^4
1665 653/^
1833 ^^U
26379 6039/^
25 969 ""/4
4117 85V4
4211 tl55/^
11 293 634/^
10 708 "Vi
22155 8853/^
20 023 >253Y^
2984 »074
S712 »9/4
575 «/4
559 ^y.
3. Schlachttiere,
von denen Körperteile unschädlich beeeltigt wurden.
Von den
in Tabelle 2, Abteilung III, IV und V aufgeführten
Schlachttieren sind die in Spalte 1 genannten Körperteile un-
schädlich beseitigt worden bei
Bezeichnung der Körperteile
Pferden
Kindern,
Kälbern
und
anderen
aus-
genommen
bis
3 Monate
Schweinen
Schafen
Ziegen
Einhufern
Kälber
alt
1. Köpfe
216
5067
288
2333
1228
28
173
5 315
280
2 063
1 381
37
2. Zungen
42
3500
146
1356
42
7
36
3 910
146
1 550 \ 65
G
3. Lungen
4 337
501 469
20 744
807113
144249
2746
4 386
507 038
19 097
655 lOG
148 850
2732
4. Lebern
1926
1 992
146 410
137 547
7 899
8 019
213 683
175 268
85 964
81 942
3441
3261
5. Därme
250
51568
4 783
86 346
880
183
195
50 028
4 808
71 292 936
160
6. Sonstige einzelne Organe . .
768
94 304
12 440
117 242
3036
400
968
96 501
12471
96 921
3 077
447
7. Sämtliche Baucheingeweide .
191
39 610
3 645
46 265
1020
156
188
37 601
3 605
40370
961
110
Außerdem:
Teile des Muskelfleisches (kg) .
26 610
245 630
6 736
130 292
2446
166
24401
208 794
6 579
107 896
2 207
156
4. Beschwerden.
Gegen die Entscheidungen wurde Beschwerde eingelegt in 713 {734) Fällen; hierbei wurde
das angefochtene Gutachten bestätigt in 576 {573), gemildert in 115 {147), vorschärft in 21 (14) Fällen.
In einem Falle wurde das angefochtene Gutachten nicht bestätigt
— 397 —
erheblich, kann aber weniger auffallen, weil von
1905 auf 1906 ein Rückgang ähnlichen Umfanges
eingetreten war, jetzt also nur der damalige
Ausfall, der vielleicht nicht als normal anzu-
sehen war, wieder ausgeglichen ist.
Weiter folgen mit 1476 372 die Schlach-
tungen von Schafen, die um 80474 oder 5,17
V. H. gefallen sind. Damit setzt sich nur die
rückläufige Bewegung fort, die auch im Vor-
jahre schon zu beobachten war.
Die Zahl der Schlachtungen von Kühen
hat 968 424 betragen und ist um 18 881 oder
1,41 V. H. gefallen. Auch im Vorjahre war
hierin ein Rückgang zu bemerken.
Bei allen übrigen Viehgattungen waren die
Schlachtungen weit weniger zahlreich. Be-
merkenswert ist, daß die Schlachtungen von
Jungrindern nach einer Abnahme im Jahre 1906
jetzt wieder gestiegen sind, allerdings nur um
3,28 V. H.
Gestiegen ist die Zahl der Schlachtungen
sonst noch bei den Ziegen und Hunden, ge-
fallen dagegen bei den Pferden, Ochsen und
Bullen, doch sind hierbei weder die absoluten
noch die Verhältniszahlen hoch.
Als Hauptergebnis ist jedenfalls eine
beachtenswerte Zunahme der Schlach-
tungen bei den für die Volksernährung
wichtigsten Viehgattungen festzustellen,
die ihre Ursache wohl in steigendem Bedarfe
infolge gefallener Fleischpreise hat.
Was die Verteilung der Schlachtungen auf die
einzelnen Provinzen nnd Regierungsbezirke anbe-
trifft, so ergibt sich, daß im großen und ganzen
in den volkreichsten Landesteilen die meisten
Schlachtungen vorgekommen sind, jedoch ist das
nicht bei allen Viehgattungen gleichmäßig der Fall.
Bezüglich der Schweine stehen die Rheinprovinz,
Schlesien und der Stadtkreis Berlin mit je
mehr als 1 Million Schlachtungen voran. Bei
den Kälbern sind es ebenfalls die genannten
Landesteile, außerdem noch Brandenburg, jedoch
steht Berlin hinter der Rheinprovinz und Schlesien
weit zurück. Bei den Schafen überragt Berlin
alle anderen Provinzen bedeutend, es folgen
Hannover, Brandenburg, Ostpreußen, Sachsen,
Rheinland und Pommern mit je über 100000.
Auffallend ist die Zunahme der Schafschlach-
tungen in Ostpreußen; in allen anderen Pro-
vinzen, mit Ausnahme von Sigmariogen, sind
sie zurückgegangen. Von den Kühen wurden
weitaus am meisten in der Rheinprovinz ge-
schlachtet, je mehr als 100000 auch noch in
Westfalen und Schlesien, sehr niedrig war die
Zahl dagegen in Berlin. Jungrinder wurden
ebenfalls am meisten in der Rheinprovinz und
Schlesien geschlachtet.
Bezüglich der Beanstandungen sei be-
merkt, daß die meisten Fälle von Schweine-
seuche und Schweinepest wie im Vorjahre
im Regierungsbezirke Schleswig festgestellt
wurden, jedoch ist die Zahl der Beanstandungen
erheblich gesunken, während die Zahl der
Schweineschlachtungen beträchtlich gestiegen
ist. Es folgt Wiesbaden, wo die Beanstandungen
bedeutend zugenommen haben, und weiter Düssel-
dorf mit einer geradezu auffallend starken Zu-
nahme der Beanstandungen. In den genannten
Bezirken überschreiten die BeanstandungsfäUe
je 10 000. Damit vergleiche man den Regierungs-
bezirk Aurich, wo im ganzen nur 28 Fälle vor-
kamen; im Vorjahre waren es hier noch 399,
also eine starke Abnahme, obgleich hier 1907
rund 10 500 Schweine mehr als 1906 geschlachtet
wurden.
Die Beanstandungen wegen Rotlaufs waren
nicht zahlreich und sind im ganzen Staate trotz
vermehrter Schweineschlachtungen sogar etwas
gefallen. Die meisten Fälle, überwiegend be-
dingter Tauglichkeit, hatten Oppeln und Bromberg,
im ersten Bezirke sind sie jedoch stark zurück-
gegangen, im letzteren etwas gestiegen. Be-
sonders wenig wurden auch hier wieder in Aurich
festgestellt, im übrigen sind die Fälle im Westen
überhaupt weit weniger zahlreich als im Osten.
Bei der Tuberkulose wurden in der
großen Mehrzahl der Fälle nur die veränderten
Teile der Tiere für untauglich erklärt Obenan
stand hierin bei den Schweinen Berlin, wo
gleichzeitig eine Vermehrung von 36 605 auf
44035 festgestellt wurde. Beträchtlich war die
Zahl auch noch in Magdeburg mit 20021 gegen
17 780 im Vorjahre und in Düsseldorf mit 15 727
gegen 12 836, sehr gering dagegen namentlich
in Osnabrück mit 231 gegen 187. Bei den
Ochsen steht wieder Berlin mit 28908 gegen
28 651 im Vorjahre weit voran, im übrigen hat
noch der Westen des Staates besonders viele
Fälle, während sie im Osten im allgemeinen
weniger zahlreich sind, doch sind auch die
Zahlen in Schlesien und Schleswig- Holstein
ziemlich hoch. Ähnlich liegt es bei den Bullen,
doch hat hier außer Berlin besonders Breslau
ziemlich hohe Zahlen. Bei den Kühen überragt
Düsseldorf mit 35 907 gegen 33 959 im Vorjahre
alle anderen Bezirke. Arnsberg folgt mit 30 743
gegen 31 506, femer Potsdam mit 25 984 gegen
24 321, Schleswig mit 17 987 gegen 17 527 und
Oppeln mit 17 410 gegen 16 605. Am tiefsten
steht außer Sigmaringen Alienstein mit nur 717
gegen 794. Bei den Jungrindem und namentlich
Kälbern sind die Zahlen auch viel kleiner, ob-
wohl namentlich von den letzteren besonders
viel geschlachtet wurden. Bei den ersteren
— 398 —
steht Schleswig mit 5882 gegen 6107 im Vor-
jahre, bei den letzteren Berlin mit 1403 gegen
1223 voran. Die Fälle völliger Verwerfung des
Tierkorpers wegen Tnberkalose Bind viel seltener.
Am zahlreichsten waren sie bei den Kühen, sind
hier aber von 4079 auf 3867 gesunken. Voran
steht Schleswig mit 802 gegen 383 im Vorjahre.
Es folgen die Schweine mit 2004 gegen 1816,
davon 232 gegen 247 in Schleswig.
Die Fälle gänzlicher Verwerfung von
Schweinen wegen Trichinen haben sich wieder
von 340 auf 399 vermehrt, davon entfallen auf
den Regierungsbezirk Posen 139 gegen 120 im
Vorjahre. Andererseits sind in mehreren Be-
zirken Beanstandungen wegen Trichinen über-
haupt nicht zu verzeichnen gewesen.
Fälle gänzlicher Verwerfung gesundheits-
schädlicher Finnen kamen weitaus am meisten
bei den Schweinen vor, die Gesamtzahl hat sich
gegen das Vorjahr kaum verändert. Am stärksten
hieran beteiligt sind Oppeln mit 91 gegen 159
und Posen mit 91 gegen 73 Fällen im Vorjahre.
Gar keine Fälle hatten Stralsund und Sigmaringen.
Büehersehau.
— Abel, R., Bakterlolofltches Taschenbuch,
enthaltend die wichtigsten technischen Vor-
schriften zur bakteriologischen Laboratoriums-
arbeit. Zwölfte Auflage. Würzbarg 1908. Karl
Kabitzsch (A. Stubers Verlag). Preis 2 M.
Der beispiellos glänzende Erfolg ist dem
Abelschen Taschenbuch treu geblieben. Es hat
seit 1903 jährlich eine neue Auflage erlebt, ein
hinreichender Beweis für die Wertschätzung,
deren sich das Taschenbuch im bakteriologischen
Laboratorium erfreut. Die zwölfte Auflage des
verdienstlichen Buches ist durch zahlreiche
Ergänzungen und Verbesserungen wieder auf
den heutigen Stand gebracht
— Dsterteg, R. und Henkel, Tb., MelkbOchleln.
Mit 64 Abbildungen. Stuttgart 1908. Vedag von
Eugen ülmer. Preis 1,30 M.
Das kleine Buch, das als Schrift des Deutschen
Milchwirtschaftlichen Vereins erschienen ist, be-
zweckt die Förderung des richtigen, verständnis-
vollen Melkens.
— Weigmann, H., Über die Organisation ameri-
kanischer milchwlrtschafllicher Lehranstalten und
Versuchsstationen und Gedanken zu der von Deutschen
INlichwirtschafllichen Verein gegebenen Anregung
der Gründung einer Reichsanstalt für Milchwirtschaft.
Mit 13 Abbildungen. Leipzig 1908. Preis 2,40 M.
Verfasser teilt in der vorliegenden Schrift
des Deutschen Milchwirtschaftlichen Vereins die
Studien mit, die er über die Milchwirtschaft in
den Vereinigten Staaten anläßlich seiner Reise
zur Weltausstellung in St. Louis gemacht hat
Auch Verfasser hat — gleich dem Referenten —
die Überzeugung erhalten, dafi die Milchwirt-
schaft in den Vereinigten Staaten auf einer sehr
hohen Stufe steht, und daß man dort namentlich
hinsichtlich der Gewinnung und Versorgung der
Städte mitguterVerbrauchsmilch zum Teil sehr viel
weiter vorgeschritten ist als in Europa. An die
Beschreibung der amerikanischen milchwirtschaft-
lichen Lehranstalten und Versuchsstationen knüpft
Verfasser einen interessanten Vergleich der
amerikanischen mit den deutschen Anstalten und
tritt zum Schluß für die Gründung einer Reichs-
anstalt für Milchwirtschaft ein. In der Organi-
sation der letzteren würde wohl für den Tierarzt
eine breitere Tätigkeit vorzusehen sein, als dies
der verdiente Verfasser durch den Vorschlag der
alternativen Bestellung eines ärztlichen oder tier-
ärztlichen Bakteriologen tut. 0.
Neue Eingänge.
— De Jong, D. A., Veterinalre Pathologie en
Hygiene. Mededeelingen en Onderzoekingen uit
Praktik en Laboratorium. Vierte en laatste
Reeks van het eerste Deel. Met 2 Platen en
1 Afbeelding in den tekst. Leiden 1908. G. L.
van den Berg.
— Glaesmer, C, Heroouohenbekfinipfbng In
Felde. L-D. Bern 1908.
— Neumann, K., Beitrag zur Biologie des Er-
regers der Kftlberruhr. L-D. Gießen 1908.
— Schirop, H., Beitrag zur Biologie doo Bacillus
vitulisepticus und zur Immunisierung gegen die durch
denselben hervorgerufene septische Pneumonie der
Kälber. L-D. Bern 1908.
— Sonnenbrodt, A., Die Wachstumsperiode der
Oocyte des Huhnoo. L-D. Gießen 1908.
— Stiles, Ch. Wardell, and Hassall, Albert,
Index-Cataloguo of medical and veterinary Zoologie.
Part 20/21. Authors: N to Ozzard. U. S. De-
partement of Agriculture. Bureau of animal
Industry. Washington 1908.
— Chapln, Robert, The Analysis of Coal-Tear
Creosot and cresylic acid Sheepdips. Bulletin 107.
U. S. Departement of Agriculture. Bureau of
animal Industry. Washington 1908.
Kleine Mitteilungen«
— Einen Beitrag zur Geschichte der Fleisch-
beschau in Berlin veröffentlicht das „Bcrl. Tage-
blatt^. Hiemach ist aus dem Berliner Stadtbuche,
das die Kechtc und Privilegien der St^odt ent-
hült und ungefähr vom Jahre 1391 bis 1397
zusammengestellt ist, zu entnehmen, daß Berlin
schon fr(lh ein städtisches Schlachthaus hatte.
Der Rat hielt von jeher auf eine Versorgung
der Einwohner mit gutem und gesundem Fleisch*
— 399 —
« Denn Fleisch wurde im mittelalterlichen Berlin
reichlich gegessen. Bei einer Einwohnerzabi
von höchstens 14 000 Köpfen zählte die Fleischer-
innung 46 Fleischermeister, die im Stadtbuche
genannt sind. Einen Viehmarkt erhielt Berlin
erst nach dem Jahre 1681, als der Große Kur-
fürst das Mästen von Schweinen in der Stadt
verboten hatte. Die Schweine liefen nämlich
auf den Straßen frei umher, wobei eins dem
Kurfürsten bei einem Ausritt unter das Pferd
lief, so daß er beinahe zu Falle gekommen wäre.
Der Viehmarkt entstand bei dem sogenannten
Stelzenkruge, Ecke Alexander- und Königstraße.
Das Gasthaus gehörte dem Invalidenhause, wo-
her seine Benennung stammte. Es befanden
sich hier auch Fleischscharrcn , und als das
Grand Hotel Alexanderplatz an der Stelle des
Kruges erbaut wurde, mußte der letzte Scharren
eingebaut werden, weil der Besitzer nicht
weichen wollte; erst seit etwa zehn Jahren ist
der Scharren verschwunden. Im Jahre 1765
verkaufte das Invalidenhaus den Krug für 12 600
Taler an den Gastwirt Kläger, dessen Sohn
im Jahre 1827 den Viehmarkt weiter hinaus nach
dem Königstor zu verlegte.
Die Fleischkontrolle war von jeher in Berlin
streng; das Stadtbuch enthält darüber eingehende
Verordnungen. Verboten war das Schlachten
von einäugigem, einhufigem Vieh, von mit Beulen
behafteten, lahmen oder kranken Tieren. Die
Schlächter, heißt es im Stadtbuch, sollen ge-
sundes Vieh schlachten. Die Verordnung für
die jüdischen Schlechter bestimmte, daß sie Vieh
nur auf offenem Markte, nicht vor den Toren der
Stadt kaufen durften. Verboten war ihnen das
Schlachten von krankem, unreinem, zu magerem
oder zu altem Vieh. Auch durften sie nur ganze
Viertel eines Viehes verkaufen. Die christlichen
Schlächter besaßen das Recht, Übertretungen
anzuzeigen. Femer gab es in Berlin drei Wurst-
macher, die im Wursthof wohnten. Die
Kontrolle des Fleischverkaufes erleichterte die
Feilhaltung in den Scharren, die der Stadt ge-
hörten und in Erbpacht ausgetan wurden. Wer
Streit oder Schlägerei begann, verlor seinen
Scharren. Fleischerscharren standen in Berlin
noch bis zur Aufhebung der Wochenmärkte auf
den Marktplätzen: Neuer Markt, Gendarmenmarkt,
DönhofFplatz usw.
Die erste Nachricht über Fleischtaxen gibt
die Polizeiordnung Kurfürst Joachims I. vom
Jahre 1515; der Preis wurde nach den jedes-
maligen Verhältnissen vom Rat festgesetzt. Er
ließ einige Stücke fettes und geringeres Vieh
schlachten, das ausgenommene Tier ohne Kopf
und Haut wurde gewogen und nach dem Einkaufs-
preis unter Aufschlag der Unkosten bestimmt,
zu welchem Preise das Pfund verkauft werden
sollte.
Die Taxordnung vom Jahre 1623 bestimmt,
daß jeder Schlächter bei Verlust seines Scharrens
mindestens alle vierzehn Tage einen Ochsen im
Schlachthans schlachten mußte. Taxen: Gutes
Rindfleisch zehn gute Pfennig, Kuhfleisch sieben
Pfennig, Schweinefleisch einen Silbergroschen,
Hammelfleisch zehn gute Pfennig, Kalbfleisch
acht gute Pfennig; Kälber unter d6 Pfund durften
nicht geschlachtet werden. Die Fleischtage
waren Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, im
Winter früh sechs, im Sommer um fünf Uhr.
Diese Fleischtaxen gaben zu stetigen Mißhellig-
keiten Anlaß, so daß die Schlächter schließlich
streikten. Es trat Fleischmangcl ein, dem man
dadurch abzuhelfen suchte, daß man den
Schlächtern der Kreise Teltow, Ober- und Nieder-
bamim und Osthavelland erlaubte, Mittwochs
und Sonnabends frisches, gesundes Fleisch nach
Berlin zu bringen. Aber auch sie hielten bald
die Taxe nicht inne, und der Rat mußte sich
entschließen, die Altmeister des Schlächter-
gewerkes bei der Feststellung zuzuziehen.
Eine gewisse Kontrolle des eingeführten Fleisches
wurde dadurch geübt, daß man ein Zeugnis der
Ortsbehörde über Gesundheit und Reinheit des
Fleisches verlangte. Indes der Mangel an Fleisch
blieb, und man mußte den auswärtigen Schlächtern
gestatten, an jedem Wochentage Fleisch nach
Berlin zu bringen und überall feilzuhalten. Aber
die Zufuhr genügte nicht, und die Berliner
Schlächter gingen mit den Preisen beliebig in
die Höhe.
Aus einer Verordnung vom Jahre 1705 er-
sieht man, daß die Hofküche täglich acht Kälber
brauchte ; reichten diese nicht zu, so konnte sich
der Küchenmeister das beste Fleisch aus den
Scharren holen lassen. Die Meister versteckten
nun die besten Kalbsbraten für die Kunden in
ihren Häusern, was bei fünfzig Talern Strafe
verboten wurde.
Um dem Fleischmangel zu begegnen, ließ
ein Patent vom 23. Juli 1709 die Einfuhr von
auswärtigem Fleisch täglich außer Sonntags zu,
und die Taxe wurde um vier bis fünf Pfennig
für das Pfund erhöht. In der Königstadt wies
der Magistrat den auswärtigen Schlächtern sogar
Scharren an. Die Taxe war in jedem Scharren
auf einer Tafel angeschrieben, Beilagen und
Stücke wurden auf einem besonderen Tische vor
den Scharren verkauft. Wer bei dem Fleisch-
verkauf solche Beilagen zulegte, wurde in zehn_
Taler Strafe genommen. Am 9. Mai 1741 er-
schien eine neue Taxe, die den Preis allen
Fleisches durchgängig auf einen Groschen sechs
Pfennig für das Pfund festsetzte; Fleischer aus
400 —
der Knrmark durften Dienstags, Donnerstags
und Sonnabends die öffentlichen Märkte beziehen.
Erst mit dem Erlafi der Gewerbeordnung die
für Handel und Industrie völlig freie Bewegung
schuf, verschwanden die Fleischtaxen, die so oft
den Unfrieden der Fleischer herbeigeführt hatten.
— Kommunale Milchflmter. Ein gemeinsamer
Erlaß des Kgl. Preuß. Ministeriums der Geistlichen
usw. Angelegenheiten und des Ministeriums des
Innern weist nach der „Molkerei-Zeitg. Berlin"
anf die Wichtigkeit der Aufklärung der Be-
völkerung für die Bestrebungen auf dem Gebiete
der Säuglingsfürsorge hin und teilt die Leitsätze
der wissenschaftlichen Deputation für das Medi-
zinalwesen mit, in denen als beste Methode zur
Beschaffung einer einwandfreien Tiermilch für
die Säuglinge der Minderbemittelten die Kontrolle
und geeignetenfalls die Übernahme der Milch-
versorgUDg durch ein kommunales Milchamt be-
zeichnet wird.
— Butterausfuhr und Kindersterblichkeit Im
russisch-sibirischen Gouvernement Perm ist nach
der „Molkerei-Zeitg. Berlin* infolge der zu-
nehmenden Butterausfuhr die Kindersterblichkeit
von 50 auf 75 Proz. gestiegen. In Westsibirien
wird die Milch von 90 Proz. der dort vorhandenen
143000 Milchkühe zur Butterfabrikation ver-
wendet.
— Angebliche Vergiftung dnrch Milch einer
Kuh, die mit bespritztem Reblaub gefüttert worden
war. In Pfaffenschwabenheim a. Rh. sind
Zeitungsmeldungen zufolge nach Genuß der Milch
einer Kuh, die bespritztes Heblaub erhalten hatte,
zwei ein halbes Jahr alte Kinder gestorben,
während ein drittes schwer krank daniederliegt.
Genauere Ermittlungen müssen zeigen, ob der
angenommene Zusammenhang zwischen der
Schädlichkeit der Milch und der Reblaubfütterung
tatsächlich besteht.
— Bericht der belgischen Ksmmission Ober die
miafinahmen gegen die Gefahr der Ansteckung mit
Tuberkeibaziilen durch infizierte mich. Der belgische
Nationalverein zur Bekämpfung der Tuberkulose
hat auf Anregung von Professor Heymans in
Gent ein aus den Tierärzten Marcqu-Namur,
Geudens- Malines und Stadtrat Wilmart-
Brüssel bestehende Kommission eingesetzt, die
Maßnahmen zur Verhütung der Tuberkulose-
übertragung auf die Menschen durch infizierte
Milch vorschlagen sollte. Die Kommission empfahl
Tuberkulinprobe, regelmäßige Unter-
suchung der Milch auf Tuberkelbazillen,
sofortige Tötung eutertuberkulöser Tiere
sowie Maßnahmen zur Verbesserung der
Stallhygiene und der Sauberkeit des
Personals. Der Milchhandel soll von Jahr zu
Jahr konzessioniert und die Konzession entzogen
werden, wenn die Vorschriften für die Milch-
gewinnung nicht befolgt oder Tuberkelbazillen
in der Milch nachgewiesen werden.
Tagesgescblchte.
— Dem Kgl. WOrttembergischen Landestlerarzt,
Oberregierungsrat Beißwinger ist das Ehrenkreuz
des Ordens der Württembergischen Krone, mit
dem der persönliche Adel verbunden ist, ver-
liehen worden.
— Veterinftrrat Ph. Fuchs in IHannheim hat in
jugendlicher Frische sein 50jähriges Beamten-
jubiläum gefeiert. Fuchs steht dem muster-
gültigen städtischen Schlacht- nnd Viehhof in
Mannheim vor, dessen Errichtung sein Werk ist.
— Reicbsicolonlalinstitut In Hamburg. Das neue
Reichskolonialinstitut in Hamburg wird im
Oktober d. J. eröffnet. Im Vorlesungsverzeichnis
findet sich u. a. auch ein Kolleg von Professor
Glage über die Verwendung der Nahrungs-
mittel in den Tropen. Professor Glage hatte
schon früher im Hamburger Institut für Tropen-
hygiene den Lehrauftrag für Fleischbeschan.
— Öffentliche Schlachthöfe. Der Bau öfiFent-
licher Schlachthöfe ist geplant für Laurahütte-
Siemianowitz und die benachbarten Ge-
meinden, Altenstadt (Württbg.), beschlossen
in Worms, in Rogowo (im Zweckverband mit
der Ansiedlungsgemeinde Roggenau), Obern-
dorf (Württbg.) imd Münsterbergi. Schi, (neue
öffentliche Schlachthöfe), sowie Nakel. Eröffnet
wurden die neuerbauten öffentlichen Schlachthöfe
in Gladbeck und Treptow a. R. Die Er-
öffnung steht bevor in Stolberg i. Rheinl. zum
Januar 1909.
Der Magistrat von Glogau hat mit der
dortigen Fleischerinnung einen Vertrag ge-
schlossen, wonach das der letzteren gehörige
Innungsschlachthaus zum öffentlichen Schlacht-
hof erklärt und die Bestellung der zur Durch-
führung der Schlachtvieh- und Fleischbeschau
erforderlichen Sachverständigen und Hilfskräfte
der Stadt vorbehalten wird.
Erweiterungsbauten sind beschlossen in
Sensburg (Schweineschlachthalle und Stall-
gebäude), Thorn (Um- und Neubau im Kosten-
betrag von 482 000 M), Lötzen (Anbau im
Kostenbetrag von 20 000 M), Bremen (Erweite-
rung der Schweineschlachthalle), Aalen (Er-
richtung einer Kühlhalle), Beuthen (Kühlhalle)
und Rheydt (Erweiterung der Kühlanlagen).
— Die Peptonfutterwerke auf dem Berliner
Schlachthofe, die s. Z. mit großen Hoffnungen
errichtet wurden, sind geschlossen worden.
Die Peptonfutterwerke haben bekanntlich aus
dem Mageninhalt und Blut der Schlachttiere ein
Pferdefutter hergestellt. Jetzt soll das auf dem
— 401 —
Berliner Schlachthof anfallende Blut wieder auf
Albumin verarbeitet werden.
— SchlieBung eines öffentlichen Schlaohtbofee.
Eine Stadtgemeinde hatte beschlossen, ihren
öffentlichen Schlachthof eingehen zu lassen, und
vom Bezirksausschuß war hierzu die Genehmi-
gung unter der Bedingung erteilt worden, daß
die Stadtgemeinde das einer Privatperson gehörige
und bisher schon nebenher als öffentliches
Schlachthaus benutzte Privatschlachthaus er-
werben und als öffentliches Schlachthaus erhalten
'solle. Gegen diesen Beschluß d^s Bezirksaus-
schusses hatte der Magistrat der Schlachthaus-
gemeinde Rekurs eingelegt, und der preußische
Minister für Handel und Gewerbe hat darauf
der „Allg. Fleischer-Ztg." zufolge den Beschluß
des Bezirksausschusses seinem ganzen Umfange
nach aufgehoben mit folgender Begründung:
Der Beschluß einer Gemeinde, das öffentliche
Schlachthaus eingehen zu lassen, kann gemäß
§ 4 des Schlachthausgesetzes nur dann geneh-
migt werden, wenn zu dem Zeitpunkte, zu dem
das Eingehen erfolgen soll, für die Durchführung
des Schlachthauszwanges ein anderes öffent-
liches Schlachthaus bereit gestellt ist. Da im
vorliegenden Falle der Nachweis, daß die Ge-
meinde L. bis zum 1. Oktober d. J. ein eigenes
öffentliches Schlachthaus errichtet oder gemäß
§ 12 des Schlachthausgesetzes über die Benutzung
eines bestehenden Schlachthauses als öffentliches
Schlachthaus einen Vertrag abgeschlossen hat,
nicht erbracht ist, so war die Genehmigung der
Beschlüsse der städtischen Körperschaften über
das Eingehen des zurzeit benutzten Schlacht-
hauses von vornherein abzulehnen. Die vom
Bezirksausschuß erteilte Genehmigung muß
daher aufgehoben werden, zumal die obige
Zusatzbedingung des Bezirksausschusses einen
durch die Gesetzgebung nicht zu rechtfertigenden
Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht einer
Gemeinde darstellt
— Zur Gewinnung von „Hftutefleisch". Der
Magistrat zu Nürnberg hat folgende zur Ver
hütung von Unzuträglichkeiten bei der Gewinnung
des sogenannten Häutefleisches sehr zweck-
dienliche Ergänzung der Schlachthofordnung
erlassen : „Die Häute dürfen von den geschlachteten
Tieren erst dann abgenommen werden, wenn die
zweite Beschau stattgefunden und zu Bean-
standungen nicht geführt hat. Das Fleisch,
das in den Häuten verbleibt, muß sofort nach
der Abnahme der Häute noch im Schlacht-
hof abgetrennt werden, wenn es zum mensch-
lichen Genüsse Verwendung finden soll. Das
in den Häuten verbleibende Fleisch von Schlacht-
stücken, die bei der zweiten Beschau bean-
standet wurden, darf nur im Amtsschlachthause
abgelöst und nur nach tierärztlicher Anordnung
verwendet werden.**
— Wärme- und Kälteecliutzwagen hat nach der
„Zeitschrift für die gesamte Kälteindustrie** die
Verwaltung der preußischen Staatsbahnen zu-
nächst in der Zahl von 16 Stück in Betrieb ge-
nommen. Die Wagen sind mit Kühl- und Heiz-
vorrichtungen versehen, um zum Versand von
wärme- und frostempfindlichen Gütern verwendet
zu werden.
— Die Aufbewahrung des unmittelbar zum Ver-
icauf bestimmten zerkleinerten Fleisches unter Glas
ist durch Polizeiverordnung des Königlichen
Regierungspräsidenten zu Trier angeordnet
worden. Das Kammergericht hat diese Polizei-
verordnung als rechtsgültig anerkannt.
— Ausdehnung der Schiachtvieh- und Fleisch-
beschau auf Hausschlachtungen. Der Oberpräisident
der Rheinprovinz hat am 4. Juli d. J. eine
Polizeiverordnung für den ganzen Umfang der
Rheinprovinz erlassen, die folgendes vor-
schreibt: Rindvieh im Alter von drei
Monaten und darüber unterliegt auch dann,
wenn das Fleisch ausschließlich im eigenen
Haushalt des Besitzers zum Genüsse für Men-
schen verwendet werden soll, vor und nach
der Schlachtung einer amtlichen Untersuchung.
Rindvieh im Alter bis zu drei Monaten,
Schweine, Ziegen, Schafe unterliegen auch
in den Fällen, in denen auf Grund des Fleisch-
beschaugesetzes die Untersuchung unterbleiben
darf, vor und nach der Schlachtung einer amt-
lichen Untersuchung, sofern das Fleisch nicht
nur im eigenen Haushalt eines Besitzers, sondern
in mehr als einem Haushalt zum Genüsse
für Menschen verwendet werden soll.
Beschaupfiicht besteht danach femer für Haus-
schlachtungen in einem Haushalte, in dem mehr
als vier nicht zur Familie oder zum Gesinde ge-
hörige Kostgänger regelmäßig beköstigt werden
oder wenn die Schlachtung zum Zwecke der
Bewirtung eines die Zahl der Haushaltungs-
mitglieder übersteigenden Kreises von Personen
(z. B. bei Einquartierungen, Kirmessen, Schützen-
festen, Hochzeiten usw.) erfolgt
Eine der vorstehenden völlig entsprechende
Polizeiverordnung ist vom Oberpräsidenten der
Provinz Schleswig-Holstein am 4. August d.J.
erlassen worden.
Endlich ist für den Umfang des Regierung s-
bezirksBreslau die Ausdehnung der Schlacht-
vieh- und Fleischbeschau auf die Haus-
schlachtungen von Rindern im Alter von drei
Monaten und darüber durch Polizeiverordnung
vom 19. Juli 1908 verfügt worden.
— Zum Vertrieb bedingt tauglichen und minder-
wertigen Fleisches hat der Regierungspräsident
— 402
von Schleswig nach der „Allg. Fleisch -Ztg.^
eine Verf&gang erlassen, wonach die bisher
bestehende Annahme, daß das bean-
standete Fleisch nach Hamburg aus-
geführt werden dürfe, eine irrige ist.
Hierbei ist auf den § 35 a der Abänderung der
Ausffihrungsbestimmnngen über die Schlachtvieh-
und Fleischbeschau bei Schlachtungen im In-
lande vom 17. August 1907 hingewiesen worden.
Danach ist die Genehmigung der Aus-
führung bedingt taugliehen und minder-
wertigen Fleisches nach Gemeinden, in denen
keine Freibänke bestehen, nur dann zu erteilen,
wenn gegen die Möglichkeit des Absatzes
des Fleisches am Bestimmungsort unter
zuverlässiger Beaufsichtigung keine Be-
denken bestehen. In Hamburg besteht keine
Freibank, ebenso bestehen dort keine den
preußischen Ausführungsbestimmungen ähnliche
Vorschriften über eine Beschränkung des Ver-
triebes minderwertigen Fleisches. Dieses wird
(lort vielmehr nur mit dem vom Bundesrat be-
stimmten Stempel versehen, aber dann ohne
jede Beschränkung zum Verkauf freigegeben.
Bei der zusammenhängenden Lage der Städte
Hamburg, Altona und Wandsbeck wird solches
Fleisch vielfach auch von Einwohnern der beiden
preußischen Städte irrigerweise als vollwertiges
Fleisch gekauft und bezahlt. Es liegt kein Grund
vor, dem Vorschub zu leisten und andererseits
den einheimischen minderbemittelten Be-
völkerungsklassen die Möglichkeit zu nehmen,
solches, vielfach recht gutes Fleisch zu mäßigem
Preise zu erwerben. Eine Benachteiligung der
Schlächter liegt auch nicht vor, weil diese das
geringwertige Vieh auch billiger kaufen. Die
Ortspolizeibehörden sind daher ersucht worden,
die Ausführung des beanstandeten Fleisches
nach Hamburg nicht mehr zu erlauben, vielmehr
die Einrichtung von Freibänken schleunigst und
nachdrücklichst zu betreiben. Der Regierungs-
präsident hat nichts dagegen einzuwenden, daß
im Interesse der Beschleunigung zunächst ein-
fache polizeilich geregelte freibank-
ähnliche Einrichtungen für den Vertrieb
solchen Fleisches getroffen werden. Solche
Einrichtungen bestehen bereits in vielen Städten.
Empfehlenswert ist die Regelung z. B. in
Schleswig, Neumünster, Elmshorn, Itzehoe usw.
Später kann ortsstatntarische Regelung dieser
Einrichtungen eintreten.
— Fleischverglftong. Infolge Genusses ge-
pökelten Fleisches erkrankten in den Vororten
Groß-Ottersleben und Lemdsdorf bei
Magdeburg gegen 200 Personen.
— Eine Rotzepidemle beim Mensohen. Rcvan
und Hamburger (Joum. of amoric. Assoc. HM)8,
Nr. 20) beschreiben eine Rotzepidemie in drei
untereinander verwandten Farmerfamilien. Die
Übertragung des Rotzes auf die Patienten ist
durch rotzkranke Pferde erfolgt.
— Verairtwarttichkelt für eine Infektion im Ge-
werbebetrieb. Die erste Strafkammer des Land-
gerichts zu Altona verurteilte den Gerberei-
besitzer N. zu E. wegen fahrlässiger Tötung zu
drei Monaten Gefängnis. Eine in dem Betrieb
des Gerbereibesitzers beschäftigt gewesene Frau
ist an Milzbrand erkrankt und gestorben. Worin
die Fahrlässigkeit des N. bestand, ist aus der
Notiz der „Allg. Fleischer-Zeitung^, der vor-
stehende Mitteilung entnommen ist, nicht zu
ersehen.
— Wegen Verwenduno des Blutes geschächteter
Tiere zu Wurst ist der Metzger K. in Schw. von
der Strafkammer zu Mannheim zu 30 M. Geld-
strafe verurteilt worden. Die Strafkammer nahm
ein Vergehen gegen § 10 des Nahrungsm ittel-
gesetzes an, nachdem der in der Sache ver-
nommene Sachverständige bekundet hatte, es
sei auch bei der Kompression der Speiseröhre
während des Schlachtens unmöglich, die Verun-
reinigung des Blutes durch den Mageninhalt zu
verhüten. Der verurteilte Metzger hatte zu seiner
Entschuldung angeführt, die Verwendung des
Blutes geschächteter Tiere zur Wurst sei Über-
all üblich.
— Tuberkulssetilung in Westfalen. Die Einfflh-
ning des klinischen Verfahrens zur Tilgung der
Rindertuberkuloso wurde in der Hauptver-
sammlung vom 20. Januar 1908 nach den Vor-
schlägen des Vorstandes der Landwirtschafts-
kammer für die Provinz Westfalen genehmigt.
Die klinischen Untersuchungen sollen von Ver-
trauenstierärzten, die von den betreffenden Tier-
besitzem auszuwählen seien, die bakteriologischen
Untersuchungen in einem in Münster einzu-
richtenden T i e r s e u c h e n am t ausgeführt werden.
— Empfindliche Bestraftangen vsn Mllchfflischem.
Das Schöffengericht zu Vilbel verurteilte wegen
Milchfälschung den Gutspächter D. aus N. E.
zu 3 Monaten Gefängnis und 500 M. Geld-
strafe, das Schöffengericht zu Stuttgart wegen
desselben Vergehens den Bauern W. aus B. zu
1 Woche Gefängnis und 60 M. Geldstrafe.
D. hatte jahrelang zur Milch Wasser bis zu
30 Proz. zugesetzt.
— Genossenschaftliche Milchversorgung. Der
24. Deutsche Landwirtschaftliche Genossenschafts-
tag, der im Juli in Mainz tagte, hat nach einem
Vortrag des Landesökonomierates Johannsen-
Hannover über die Milchversorgung der Städte
und Industriebezirke folgende Resolution an-
genommen:
„Die Versorgung der Städte und Industrie-
— 4oa —
bezirke mit einwandfreier Milch ist eine der
wichtigsten volkswirtschaftlichen Aufgaben. Sie
läßt sich am vollkommensten lösen durch einen
lückenlosen genossenschaftlichen Zusammen-
schluß der an der Milchlieferung in den einzelnen
Absatzgebieten beteiligten Landwirte. Durch
diesen Zusammenschluß allein können die be-
rechtigten Anforderungen an die Güte der Milch
allgemein erfüllt und die Mißstände in der Milch-
verteilung (Milchhandel) beseitigt werden.^'
— Einführung der alloemeinen obligatoritohen
Fleischbeschau in Ungarn. Die allgemeine obli-
gatorische Fleischbeschau ist in Ungarn durch eine
Verordnung des Ackerbauministeriums vom
1. August d. J. geregelt worden.
~ Die Regelung der Fieischbesohau in Gemeinden
ohne öfTentllche Schlachthöfe stand auf der Tages-
ordnung der letzten Versammlung des
Landesvereins dänischer Tierärzte, die
am 21, Juni 1908 in Kopenhagen stattfand.
Nach dem Bericht in der ,,Maanedskrift for
Dyrlaeger" vom 15. Juni 1908 wurde die Aus-
gestaltung der Fleischbeschau, wie sie in
Deutschland erfolgt ist, als Ziel weiterer
Bestrebungen bezeichnet. Die Erfolge in den
£xportschlächtereien, deren es in Dänemark
bereits 49 gibt, seien schon recht beachtlich
und die öffentlichen Schlachthöfe in Aarhus und
Odense funktionierten zur vollen Zufriedenheit.
Hinsichtlich der Fleischbeschau bei den Schweinen
in den Exportschlächtereien wünschte die Ver-
sammlung einige Reformen, insbesondere die
Ausdehnung der Beschau auf sämtliche Ein-
geweide und Verbesserung der Schlachtein-
richtungen. Außerdem wurde über die Kon-
trolle des Milchverkehrs verhandelt.
— Verbot der Verwendung von WDrtten in der
franzöolachen Armee. Die Wurst ist schon im Mittel-
alter der Wechselbalg der Fleischerei gewesen,
wie Adler in seiner Broschüre über die Fleisch-
teuerungspolitik des Mittelalters gesagt hat, und
sie wird auch heute noch überall dort, wo eine
geregelte, ordentliche und außerordentlicheFleisch-
beschau nicht besteht, mit scheelen Augen be-
trachtet. Aus diesem allgemeinen Grande und
nach besonderen ungunstigen Erfahrangen, die
man in der französischen Armee mit den Wurst-
liefemngen gemacht hat, ist, wie „L'hygiöne de
la viande et du lait" (1908, S. 378) meldet, in
der französischen Armee die Verwendung von
„saucisses, saucissons et pätes^ verboten worden.
Lediglich die Kantinen dürfen noch Würste
fuhren.
— Einsetzung einer Fleischbescfaaukommisslon
in Frankreich. Am 16. Juli d. J. trat in Paris
nach „L'hygiene de la viande et du lait" unter
dem Vorsitze des Staatsrats Blanc eine Kom-
mission zusammen, die den amtlichen Auftrag
erhalten hatte, Ausführungsbestimmungen zu
dem Gesetz vom 1. August 1905 zu verfassen,
so weit es sich auf den Nahrangsmittelverkehr
bezieht und das Dekret vom 31. Juli 1906 keine
Anwendung finden kann. Im besonderen hat
die Kommission eine Musterverordnung zu ent-
werfen, nach der in jedem Departement die
Fleischbeschau und die Überwachung der
Schlachthöfe unter der Aufsicht des Departements-
tierarztes stattfinden soll, ferner die Gründe und
das Verfahren bei der Beschlagnahme von
Fleisch in einem Entwurf zu regeln. In der
allgemeinen Besprechung wurde von dem
Kommissionsmitglied Cazeneuve hinsichtlich
des Verfahrens bei der Beschlagnahme dem in
Deutschland angewandten Verfahren der kontra-
diktorischen Feststellung am Objekt statt der
kontradiktorischen Untersuchung entnommener
Proben („expertise contradictoire portant snr
des öchantillons pr^levös") der Vorzug gegeben.
Zur Erledigung der übertragenen Aufgabe wurde
eine Unterkommission eingesetzt, der Blanc,
Roux, Leclainche, Martel, Morean,
Rossignol, Vall^e, Rabieaux, Lemercier,
Lesconv^, Cazeneuve und Chavoix an-
gehören. Bei der Tagung der Unterkommission
betonte Leclainche, neben Martel der beste
Kenner der deutschen Fleischbescbauverhältnisse,
die grundsätzliche Wichtigkeit genauer Aus-
führungsbestimmungen zu dem bestehenden all-
gemeinen Gesetz (vom 1. August 1905) und ver-
wies hierbei auf die guten Ergebnisse des
Fleischbeschaugesetzes in Deutschland,
die allmähliche Schließung der Einzel-
Schlachthäuser, die wachsende Zahl der
öffentlichen Schlachthöfe und ihre aus-
gezeichnete Einrichtung daselbst. Die
meisten Länder von Europa seien im Be-
griff, die Fleischbeschau nach deutschem
System einzurichten, Ungarn beschreite so-
eben diesen Weg, und ein dem österreichischen
Parlament vorliegender Gesetzentwurf sehe eine
ähnliche Organisation vor. Blanc legt einen
im Ministerium des Innern bearbeiteten Entwurf
einer Polizeiverordnung vor, der sich, wie
Leclainche bemerkt, an die deutschen Vor-
schriften anschliefit und als Grundlage für die
Verhandlungen benutzt werden kann. Die Unter-
kommission beauftragt Leclainche mit einem
Bericht über die Handhabung der Fleischbeschau
in Deutschland, Moreau mit der Ausarbeitung
der Beanstandungsgründe, Rabieaux mit einem
Bericht über die Regelung der Fleischbeschau,
die in einigen Departements durch Polizei-
verordnung schon versucht worden ist.
Cazeneuve schlug zum Schluß die Ent-
— 404 —
Sendung einer Studienkommission nach
Deutschland vor, um die Handhabung der
dortigen Fleischbeschau kennen zu lernen.
— 80. VerMnmlmg deottoher Naturforscher
und Arzte in Köln vom 20. bis 26. September 1908.
In der Abteilung »Praktische Veterinärmedizin**
werden u. a. Vorträge halten: Jag er- Frank-
furt a. M. über die Tumorgenese (mit Demonstra-
tionen) und über die Melanose — Melasarko-
matose — des Pferdes; Erautstrunk-Bonn
über die Bekämpfung der Rindertuberkulose in
der Rheinprovinz (mit Demonstrationen); Schipp-
Gießen über Beiträge zur Biologie des Rotlauf-
bazillus; Schmitt- Stettin über den Bazillus
Paratyphi B als Krankheitserreger bei Kälbern
sowie über die Ätiologie des Kälbersterbens;
Steinbach-Trier über die infektiöse Anämie
der Pferde im Regierungsbezirk Trier ; F am b a c h -
Glauchau über die Autochromplatte im Dienste
der praktischen und wissenschaftlichen Photo-
graphie; J. Bongert- Berlin über den Tuberkel-
bazillengehalt des Blutes, der Muskulatur und
der Lymphdrüsen der schlachtbaren Haustiere.
Die Abteilung ladet ein: die Abteilung 15
zu den Vorträgen Jäger und Bongert; die
Abteilung 29 zu den Vorträgen Schipp und
Schmitt; die Abteilung 10 zu dem Vortrage
Fambach.
Die Abteilung ist eingeladen: von der Ab-
teilung 5 zu dem Vortrage Klopfer -Hagen:
Natürliche und künstliche Einflüsse auf Güte
und Menge der Milch und die polizeiliche Milch-
kontrolle; von der Abteilung 10 zu dem Vor-
trage Hoffmann-Bonn: Ober Rachenbremsen;
von der Abteilung 14 zu dem Vortrage Hage-
m an n -Bonn: Ober das Respirationskalorimeter
des Tierphysiologischen Instituts in Bonn; von
der Abteilung 15 zu den Vorträgen Jäger-
Frankfurt: Ober eine Aspergillusmykose der
Rehleber und über eine infektiöse Blutgefäfi-
erkrankung beim Axis-Wild; Orth -Berlin: Ober
experimentelle enterogene Tuberkulose; von der
Abteilung 20 zu dem Vortrage Schloßmann-
Düsseldorf: Ortliche Tuberkulosereaktion; von
der Abteilung 24 zu dem Vortrage Imhofer-
Prag: Beiträge zur pathologischen Anatomie der
Otitis externa beim Hund; von der Abteilung 29
zu dem Vortrage Wolf-Eisner-Berlin: Ober
die Konjunktivaireaktion.
— Vll.WanderversanimlungSchleaischerSchlaoht-
hoftierärzte in Hirsobberg am Sonntag, den 6. Sep-
tember 1908.
Tagesordnung.
1. Bericht über die 7. Hauptversammlung des
Vereins Preußischer Schlachthoftierärzte. Ref.
Gerlach-Liegnitz.
2. Bakteriologische Fleischuntersuchung. Ref.
Dr. Franke -Breslau.
3. Freie Besprechungen.
4. Wahl des nächsten Versammlungsortes.
Der Obmann Der derzeitige Festordner
i. V. Mahlendorff. Schmidt
Personalien.
Ernannt: Tierarzt H. Böhme -Bitterfeld
zum Stadttierarzt in Heubach; Oberveterinär
H. G üb a- Saarlouis zum Schlachthofverwalter
in Ragnit; Polizeitierarzt Dr. Hausmann-
Düsseldorf zum Polizeitierarzt in Köln-£hrenfeld;
Distriktstierarzt G re i n er- Sünching zum Schlacht-
hofdirektor in Amberg; Tierarzt Kirn er- Ober-
hausen zum städtischen Tierarzt in Lechhausen ;
Schlachthof tierarzt Dr. Martin -Karlsruhe zum
Schlachthof direktor in Pforzheim; Schlachthof-
inspektor A. Reinbacher-Bischofswerder zum
komm. Kreistierarzt in Rosenberg i. Westpr.;
Polizeitierarzt Dr. Peter s-Köln zum komm.
Kreistierarzt in Rheinbach ; Tierarzt A. Schaich-
Mengede zum I. Schlachthoftierarzt in Duisburg-
Meiderich; C. Heemsoth zum I. Assistenten
am Schlacht- und Viehhof in Barmen; Dr. Emil
Rothhaar- Stuttgart zum Assistenten am
bakteriologischen Institut der Landwirtschafts-
kammer in Stettin.
Promoviert zum Dr. med. vet.: Schlachthof-
inspektor Kurtzwig in Gießen, städt Tierarzt
S c ha ch ts ch ab el- Leipzig in Leipzig, städt
Amtstierarzt Noack- Dresden in Bern.
Auszeicbnung: Dem Schlachthofdirektor
Demmin in Zerbst wurden die Ritterinsignien
IL Klasse des Anhaltinischen Hausordens
Albrechts des Bären verliehen.
Vakanzen.
Bochum: Assistenztierarzt am städtischen
Schlachthof zum 1. Oktober, 2400 M. Gehalt.
Bewerbungen an den Magistrat.
Düsseldorf: Polizeitierarzt alsbald, Gehalt
8000 M., steigend alle 3 Jahre um 300 M. bis
4800 M. Meldungen bis zum 10. September an
den Oberbürgermeister.
Nürnberg: Assistenztierarzt am Schlacht-
hof zum 1. November 1908. Gehalt vorerst
2400 M. Meldungen bis zum 1. September 1908
beim Stadtmagistrat
Besetzt: Die Schlachthof stellen Bremen,
Duisburg-Meiderich, Erfurt, Königsberg i. P.,
Bad Kreuznach, Landsberg a. W., Mengede,
Pyritz, Schwiebus, Stettin, Treptow a. R.
Verantwortlicher Redakteur (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Ostertag in Berlin. — Verlag von Richard SchoeU in BarUn.
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