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Full text of "Zeitschrift für Mathematik und Physik"

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Zeitschrift 


für 


Mathematik  und  Physik 


herausgegeben 


Dr.  0.  ScblOmilch  und  Dr.  B.  Witzschel. 


Erster  Jahrgang. 

Mit  9  lithographirteu  Tafeln  und  Holzschnitten. 


LEIPZIG, 

Verlag  von  B.  G.  Teubner. 

1856. 


INHALT. 


ArithMetik  and  Analysis. 

Seit« 

Ueber  eine  besondere  Gattung  von  Belhen.   Von  O.  Bcblömilch  •    .  21 

Elementarer  Beweis  eines  arithmetischen  Satzes.    Von  Demselben 47 

Restbetrachtung  für  die  Arcussinus  -  Beihe.    Von  Demselben 43 

Ueber  die  £inführung  unserer  gegenwärtigen  Ziffern  in  Europa. 

Von  Dr.  Cantob 05 

UeberdieEutwickelung  Vielfacherintegrale.  Von  O.  8chlöm  ilch.  75 

Zur  Theorie  der  Gammafunktion.   Von  Demselben 1 18 

Ueber  die  Potenzenreihen  und  deren  Res  te.   Voii  Demselben     .     .  129 

Bemerkungen  über  unendliche  Reihen.   Von  Demselben     .     - I8O 

Ueber  die  Entwickelung  von  Aresin  x.  Von  Demselben 181 

Ueber  ein  bestimmtes  vielfaches  Integpral.   Nach  J.  Lioüyillb J84 

Ueber  ein  bestimmtes  einfaches  Integral.   Von  O.  Schlömilch 186 

Ueber  die  Bernonlli^sche  Funktion  und  deren  G.ebrauch  bei  der 

Entwickelung  halbconvergenter  Reihen.   Von  Demselben  .     .  193 

Bemerkungen  zu  einigen  Manuscriptcn  Leibnizens.  Von  Dr.  H.  Weissbmbobh.  240 

Ueber  den  Werth  von  0°.    Von  Dr.  CjLNTOB 244 

Ueber  die  Funktionen 

0  0 

Von  O.  Schlömilch 245 

Ueber  Kreisbögen  mit  rationaler  Tangente.   Nach  E.  Pbouhet 313 

Ueber    die    Reduction    gewisser    vielfacher    Integrale.      Nach 

L.  LiocviLLE 356 

Ueber  einen  Satz  der  Zahlentheorie.    Nach  J.  Liouvu^le ',     ,  372 

Ueber  das  Additionstheorem  für  ellipt.  Integrale  erster  Gattung.  Nach  M.  Stubm  374 
Die  Oberfläche  des  dreiachsigen  Ellipsoides   und   deren  Schwerpunkt.     Von 

O.  Schlömilch 376 

Thedretische  rad  praktische  Getnetrie. 

Die   Kegelschnitte  als   Collinear  verwand  te   des   Kreises.     Von 

O.  Schlömilch 1 

LehrsUtzc  der  analytischen  Geometrie.   Von  Prof.  Dr.  Junge 50 

Ueber  die  Gleichung  der  Ebene.   Von  Prof.  Dr.  Schell 106 

Geometrische  Aufgabe.   Von  O.  Schlömilch 120 

Einige  trigonometrische  Formeln.   Von  Demselben 121 

Ein  Paar  Sätze  vom  Dreieck  und  Viereck.   Von  Demselben 122 

Ueber  die   Genauigkeit   der   Längenmessungcn  mit    der  Mess- 
kette.   Von  J.  Vobländeb  ,  K.  P.  Steuerrath 142 

Ueber  einen  Satz  Leibnizens  von  den  Scctoren  der  Kegelschnitte.    Von  Dr. 

E.  Baltzeb 177 

T'cbcr  Linien  von  gleicher  Steigung  aufgegebenen  Flächen.  Von  O.  S^lömilch.  250 
Ueber  die  Reduction  eines  sphärischen  Dreiecks  von  geringer 

Krümmung  auf  sein  Sehnendreieck.     Von  Lehrer  A.  Nagel  .  257 

Ueber  den  Beweis  des  Hauptsatzes  der  Transversalentheorie.  Von  O.  Schlömilch  317 

Ueber  das  Tangenten viereck.    Von  Demselben 317 

Eine  Eigenschaft  der  Kegelschnitte.  Von  Demselben 319 

Ueber  einige  Arten  der  mechanischen  Beschreibung  der  Ellipse 

und  über  den  Satz  von  Fagnano.   Von  C.  Küppeb 303 

Bemerkungen  über  die  Ellipse.   Von  Böklen  ,  Reallehrer 374 

MeduudL 

Die   neueren   hydraulischen  Untersuchungen.    Von  B.  Witz schel.  20 

Die  gleichgespannte  Kettenbrückenlinie.   Von  O.  Schlömilch 51 

Zar  Theorie  der  Torsion  cylindrischer  Wellen.   Von  Autenheimbb, 

Ingenieur 212 


IV  Inhalt. 


Seite 

Ucber  den  volle  n  Aus fluss  des  Wassers  ans  Röhren  beim  Diirch- 
gange  durch  Verengungen  etc.  Von  Dr.  C.  Tu.  Meter,  Berg- 
verwalter       275 

Bemerkungen   und  Untersuchungen   über   ein  ige  Gegcns  tände 

der  Ballistik.  Von  W.  H.  voh  Rouvbot,  K.  S.  General  -  Major     .     .  325 

Optik. 

Ueber  das  prismatische  Spectrum  des  elektrischen  Funkens.    Nach  Anoström.  57 
Optische  Eigenschaften  einiger  Kr^'stalle  des    tesseralen   oder  regulären  Sy- 

Sternes.    Xach  Marbach 58 

Ein  neuer  Lichtinterferenz  -  Versuch ,  angegeben  v.  A.  Poppe CO 

Die  Erscheinungen  der  Fluorescenz  oder  der  inneren  Disper- 
sion.   Von  B.  WiTzscHEL 160 

Ueber  Leuchtmaterialien.     Von  Dr.  H.  Fleck 217 

Ueber  die  Wellenlängen  des  ultravioletten  Lichts.  Nach  Esselbach  u.  Helmholtz  254 
Ueber  die  Totalreflexion  an  der  Oberfläche  doppelt  brechen- 
der Kry stalle.  Nach  II.  de  Sexarvont,  von  B.  Witzschel  .  .  .  298 
Veränderungen  des  Sonnenspectrums  mit  der  Höhe  der  Sonne.  Nach  CgooK>:s.  320 
Neue  Methode,  die  Bilder  in  Relief  zu  sehen,  angcg.  von  Prof.  ZiifELLi  .  .  320 
Das  Funkeln  der  Fixsterne.     Nach  Moktigxy 384 

Elfdricitat  ud  GalfaHisnu. 

Die   Fortschritte    der  elektrischen   Telegraphic.     Von  L.  (Jalle, 

K.  S.  Telegrapheninspektor 85 

Ueber  einige  Al)ändcrungen  und  Verbesserungen  in  der  Ein- 
richtung der  Volta-Inductionsapparate.     Von  B.  Witzschel.  220 

Ueber  eine  lange  Zeit  wirksam  bleiliende  Vol tausche  Batterie.  Von  Profes- 
sor ßCD.   BoTTGER 321 

Eine  neue  Volta^schc  Batterie 321 

Erzeugung  elektrischer  Staubfiguren.    Von  Prot.  Böttger 387 

Kleinere  HlttheilpBgen  ferMischten  Inhalte. 

Einfacher  Apparat  zum  Nachweis  des  Zusammenhanges  der  Tonhöhe  mit  der 

Schwingungsgeschwindigkeit.    Von  Oppel 50 

Ueber  die  Entstehung  von  Tönen  durch  Berührung  ungleich  warmer  Körper. 

Von  J.  Ttndall 50 

Ueber  ein  eigenthümliches  Verhalten  des  geschmolKcncn  Wismuths  beim  Er- 
starren.  Von  Rose  und  Schneider Ol 

Ueber  das  Aluminium.    Von  H.  Kose * Ol 

Krystallmodelle  aus  Glas.    Von  Dr.  Schsabel 03 

Ucber  Aufbewahrung  des  Brausepulvers 04 

Notiz  über  Copierleinwand 04 

Discours  de  M,  J.  Liouville,  prononc^  aiuc  funirtdlles  de  M,  Stürm 115 

Prix  pt'oposös  par  l'Arademie  des  Sciences 110 

Ueber  das  Aluminium.    Von  Prof.  Heeren  und  Dir.  Karmarsch 122 

Leichte  Methode,  arsenhaltige  Schwefelsäure  von  Arsen  zu  befreien.  Von  Büchner  1 25 

Gasverdichtungsversuche.   Von  Natterer 120 

Notiz  über  das  9amphin 128 

Erzeugung  eines  Inftverdünnten  Raumes.   Von  Brunner 188 

Apparat  zum  Experimentiren  mit  Knallgas.    Angeg.  von  Prof.  Ixeichen  .     .     .  l^H) 

Ueber  das  Reaumu rasche  Porcellan.    Nach  Dumas  und  Peloüze 192 

Mittel  zur  Beobachtung  kleiner  Zeittheilchen.   Von  Sanc. 322 

Or^ide ,   eine  dem  Golde  ähnliche  Metalllegining 323 

Ueber  die  Beschaffenheit  des  Ozons.   Von  Th.  Andrews 323 

Lang  andauerndes  Sieden  einer  übersättigten  Glaubersalzlösung.  Von  K.  Böttger  324 
Ucber  die   rothe  Färbung  des  Schwefels   und   dessen   allotropische  Zustände. 

Von  Mittscherlich  und  Magnus 379 

Ueber  die  Temperaturgfrenze ,  bei  welcher  Flüssigkeiten  die  Gefässe  zu  be- 
netzen aufhören.  .Von  Wolf 382 

Neues  Uahnsjstem  für  verdünnende  u.  verdichtende  Luftpumpen.  Von  Silbermann  382 

Blaue  Dinte  zum  Zeichnen  der  Wäsche.    Von  Roder 388 


I. 

Die  Kegelschnitte  als  Collinearverwandte  'deo:  Kreises. 

Von  0.  SCHLÖMILCH. 


JDei  einer  rein  geometrischen  Behandlung  der  Kegqjischnitte ,  welc(4  die 
letzteren  ihrem  Namen  gemäss  definirt,  sind  swei  verschiedene  Methodj&q 
anwendbar ,  je  nachdem  man  vom  Besonderen  zum  Allgemeinen  aafsteig^p. 
oder  Jenes  ans  Diesem  ableiten  will ;  man  kann  nämlich  ebensowohl  vom 
geraden  Kegel  aasgehen  und  nachher  die  Schnitte  des  schiefen  Kegels  be- 
trachten ,  als  auch  nmgekehrtr  mit  den  letzteren  den  Anfang  machen.  Der 
erste  Gedankengang  empfiehlt  sich  durch  die  Leichtigkeit,  womit  er  zu  den 
auf  Brennpunkte ,  Directricen,  Tangenten  etc.  bezüglichen  Eigenschaften, 
überhaupt  zu  den  metrischen  Belationen  an  Kegelschnitten  führt *), 
und  er  dürfte  daher  in  pädagogischer  Beziehung  unleugbare  Vorzüge  be- 
sitzen; seine  schwache  Seite  aber  besteht  darin ,  dass  er  seine  Anwendbar- 
keit verliert,  sobald  es  auf  diejenigen  Eigenschaften  der  Kegelschnitte  an- 
kommt, welche  der  Geometrie  der  Lage  angehören,  wie  z.  B.  das  Pascal*- 
sehe  Sechseck.  Anders,  und  zwar  gerade  umgekehrt,  gestalten  sich  die 
Verhältnisse,  wenn  man  die  Kegelschnitte  als  Schnitte  des  schiefen  Kegels, 
d.  h.  als  perspectivische  Projectionen  (Collinearverwandte)  des  Kreises  de- 
finirt.  Nach  dem  Poncelef  sehen  Verfahren  ergeben  sich  hierbei  die  pro- 
jectivischen  Eigenschaften  jener  Curven  mit  überraschender  Einfachheit 
und  Eleganz ,  wobei  noch  der  wesentliche  Umstand  zu  beachten  ist ,  dass 
die  Betrachtung  fortwährend  im  Gebiete  der  Anschauung  bleibt ;  dagegen 
verursacht  aber  die  Entwickelung  der  oben  erwähnten  metrischen  Relatio- 
nen einige  Mühe  und  nur  durch  eine  sorgfältige  Untersuchung  der  involu- 
torischen  Punkte  und  Strahlen  findet  man  sich  auf  den  Mittelpunkt,  die 


*)  Wie  die  belgischen  Oeometer  Qnetelet  und  Dandelin  zuerst  gezeigt  ha- 
ben ,  bedarf  es  hierzu  nur  der  beiden  Kugeln ,  welche  den  Rotstionskegel  und  die 
schneidende  Ebene  berühren;  die* Berührungspunkte  sind  die  Brennpunkte.  Eine  von 
diesem  Principe  ausgehende  Darstellung  4er  Kegelschnittslehre  findet  man  in  des 
Verfassers  „Qrundzügen  der  Geometrie;  Th.  II.  Cap.  VI.  Eisenach.  1854.*' 
Was  die  Directricen  der  Kegelschnitte  betrifft ,  so  sind  dieselben  die  Durchschnitte 
der  schneidenden  Ebene  mit  den  Ebenen  der  beiden  Kreise ,  in  welchen  jene  Kugeln 
den  Kegel  berühren.  —  Es  ist  übrigens  bei  diesem  Verfahren  ziemlich  gleichgültig, 
ob  man  die  Kegelschnitte  vorher  planimetrisch  als  Entfemung^örter  betrachtet  hat 
und  nachher  zum  Kegel  übergeht ,  wie  Manche  wollen ,  oder  ob  man  gleich  stereome- 
triich  anfängt;  die  Identität  beider  Definitionen  ergiebt  sich  in  jedem  Falle  sehr 
laieht.  Man  s.  hierüber  das  lesenswerthe  Osterprogramm  des  Gymnasiums  zu  GroiS- 
Qlogau  (1855)  vom  Oberlehrer  Dr.  Buhle. 

Z«lUchriA  f.  MathemaÜk  n.  Physik.  L  i 


2  Die  Kegelschnitte  als  CoUinearverwandtc  des  Kreises. 

Achsen,  Brennpunkte  etc.  der  Kegelschnitte  durch*).  Diesem  Uebelstande 
wäre  auf  zweierlei  Weisie  alvzuhelfen ;  man  müsste  entweder  dircet,  und 
zwar  rein  geometrisch,  dÄU.Sätz  beweisen,  dass  jeder  Schnitt  eines  schiefen 
Kegels  zugleich  als  Sckuitt  eines  anzugebenden  geraden  Kegels  betrachtet 
werden  darf  (was  übrjgchs  noch  nicht  geschehen  ist) ,  oder  man  hätte  für 
den  schiefen  Kegel  w^löer  die  projectivische  Bedeutung  des  Mittelpunktes, 
der  Achsen  etcj»natl«.ijiweisen.  In  dieser  letzteren  Richtung  bewegen  sich 
die  folgenden  UitttfMuchungen,  die  als  Skizze  einer  neuen  Theorie  der  Ke- 
gelschnitte gelt^a  können. 

..'  ;!•  Die  perspectivische  Projection, 

Theii«  um  des  Verständnisses  der  späteren  Figuren  willen ,  theils  um 
einige  bisher,  unbeachtete  Punkte  hervorzuheben,  erinnern  wir  kurz  an  die 
Grundgesetze  der  perspectivischen  Projection.  Zwei  parallele  Ebenen  FG 
und  jff/,  die  kurz  (S'  und  ß"  heissen  mögen,  werden  von  einer  dritten 
Ebene '«SiT  oder  G  geschnitten  (Taf.  I.  Fig.  1);  in  ^'  befinden  sich  beliebige 
Funfetvj  Ä\  B'  etc.,  in  (S"  das  Projectionscentrum  0,  die  Geraden  0A\ 
Qfe*/©tc.  schneiden  Ö  in  den  Punkten  A^  B  etc.  und  letztere  sind  die  per- 
,  s.pbctivischen  Projektionen  von  A\  B'  etc.  Die  in  G  und  (5'  liegen- 
den Punktesysteme  nennen  wir  einander  collinear  verwandt,  den 
Durchschnitt  von  6  und  Qc'  die  Collineationsachse,  den  Durchschnitt 
von  (5  und  @"  die  Polare**)  des  SystemesHJ.  Auf  letztere  fallen  die  per- 
spectivischen Projectionen  aller  Punkte,  welche  in  (5'  unendlich  weit  von 
der  Collineationsachse  entfernt  sind;  so  entspricht  z.B.  P  dem  Punkte  P' ^, 
—  Sehr  wesentlich  ist  die  Bemerkung,  dass  der  Begriff  der  perspectivi- 
schen Projection  oder  der  coUinearen  Verwandtschaft  ein  reciproker  ist, 
dass  folglich  auch  die  in  (F'  liegenden  l^unkte  als  die  perspectivischen  Pro- 
jectionen der  in  C^  befindliclien  Punkte  angesehen  werden  können.  Dem- 
gemäss  besitzt  das  System  (S'  gleichfalls  eine  Polare,  weiche  die  Projectio- 
nen aller  in  (S  unendlich  entfernten  Punkte  enthält;  ist  Q^  ein  derartiger 
Punkt  und  Q'  seine  Projection  auf  C^',  so  stellt  eine  durch  Q'  parallel  zur 
Collineationsachse  gelegte  Gerade  die  Polar?  des  Systemes  ©'  dar.  Im 
Folgendon  werden  wir  die  durch  P  und  (y  gehenden  Polaren  mittelst  der 
kurzen  Bezeichnungen  Polare  und  Gegonpolare  unterscheiden. 

Die  erwähnten  Verhältnisse  sind  bequem  in  einer  Ebene  zu  übersehen, 
wenn  man  sich  ö'  soweit  um  die  Collineationsachse  und  @"  soweit  um  die 
Polare  gedreht  denkt,  dass  alle  drei  Ebenen  zusammenfallen;  die  Darstel- 
lung ist  dann  folgende  (Fig.  2).  Die  Horizontale  durch  G  bedeutet  die  Col- 
lineationsachse, die  hierzu  parallele  Gerade //P  die  Polare ,  der  Flächen- 
streifon  zwischen  beiden  Geraden  ist  die  Ebene  ^.  lieber  dieser  liegt  die 
Ebene  ^"  mit  dem  Projectionscentrum  0,  unterhalb  G  befindet  sich  der  von 
0  nach  F  hin  laufende  Theil  der  Ebene  (£',  dagegen  fallt  der  von  G  nach 
Q*  sich  erstreckende  Theil  von  G '  mit  auf  @ ,  so  dass  der  zwischen  Collinea- 
tionsachse und  Gegenpolare  enthaltene  Flächenstreifen  eine  doppelte  Be- 
deutung hat  und  als  zwei  übereinander  gelagerte  Ebenen  zu  denken  ist. 
Man  hat  übrigens  bei  consequenter  Anwendung  der  accentuirten  Buchstaben 

*)  ö.  die  schöne  Arbeit  von  Fr.  Seydowitz  in  Qrunert's  Archiv.  Bd.  IV. 
S.  210. 

**)  In  der  Perspective  heisst  diese  Gerade  der  Horizont;  Magnns  (fiebt  ihr 
(Anfgahen  und  Lehrsätze  aus  der  analjt.  Geometrie  d.  Ebene,  S.  45)  den  Namen  G  e- 
genachse,  der  den  obigen  Untersuchungen  Eufolge  nicht  sehr  passend  sein  dürfte. 


Von  O.  SCHLÖMILCH. 

ftir  die  Punkte  der  Ebene  @'  und  der  nicht  accentnirtcn  für  die  Punkte  in  (5 
keine  Verwechselung  beider  Ebenen  zu  besorgen.  Ebenso  würde  auch  der 
unterhalb  der  CoUineationsachse  liegende  Theil  der  Zeichnung  in  den  Fäl- 
len doppeldeutig  sein,  wo  man  die  unter  die  CoUineationsachse  herab- 
gehcnck  Fortsetzung  der  (vorhin  noch  begrenzten)  Ebene  (5  darstellen  will, 
wobei  dieselbe  Bezeichnung  zur  Unterscheidung  dient.  Für  die  graphische 
Darstellung  ist  es  übrigens  gut,  sich  dabei  eine  feste  Hegel  zu  bilden;  wir 
haben  uns  im  Folgenden  zwischen  CoUineationsachse  und  Polare  immer  die 
Ebene  ^,  unterhalb  der  CoUineationsachse  stets  @'  obenauf  liegend  ge- 
dacht und  alle  Geraden,  welche  der  jedesmal  darunter  liegenden  Ebene 
angehören,  durch  Pnnktirung  hervorgehoben,  wie  es  an  der  Gcgenpolarif 
und  tLU  GQoi  zu  sehen  ist. 

Hinsichtlich  der  Constructionen ,  welche  sich  an  die  obige  Darstellung 
knüpfen ,  werden  wenige  Worte  gentigen.  Wenn ,  wie  gewöhnlich ,  CoUi- 
neationsachse,  Polare  und  Projectionscentrum  gegeben  sind,  so  kann  jede 
in  (5 '  befindliche  unendliche  Gerade  GP'^  leicht  auf  die  Weise  projicirt 
werden ,  dass  man  durch  0  parallel  zu  GP'^  eine  Gerade  legt ,  welche  die 
Polare  in  P  schneidet ,  und  nachher  GP  zieht ;  legt  man  femer  durch  0  eine 
zn  GP  parallele  Gerade,  welche  die  Verlängerung  von  GP'^ in  Q'  schnei- 
det, so  hat  man  einen  Punkt  der  Gegenpolare;  letztere  ist  immer  soweit 
von  der  CoUineationsachse  entfernt  wie  das  Projectionscentrum  von  der  Po- 
lare. Umgekehrt  findet  man  eben  so  leicht,  wenn  CoUineationsachse,  Pro- 
jectionscentrum, Gegenpolare  und  GP  gegeben  sind,  die  Projection  GP'^ 
und  die  Polare.  Legt  man  durch  0  irgend  eine  Gerade ,  die  GP  in  A  und 
GP'^  in  A'  schneidet,  so  sind  A  und^'  entsprechende  Punkte.  Aus  einem 
dieser  beiden  Punkte  ist  folglich  der  andere  leicht  abzuleiten,  indem  man 
durch  den  gegebenen  Punkt  eine  Hilfslinie  {GP  oder  GP'^)  legt,  diese 
projicirt  und  nachher  die  Gerade  OAA'  benutzt. 

Vier  in  einer  Geraden  liegenden  Punkten  A\  B\  C\  D'  des  einen  Syste- 
mes  entsprechen  vier  gleichfalls  in  gerader  Linie  liegende  Punkte  des  an- 
deren Systemes  und  zwar  finden  dabei  die  bekannten  Doppclschnittsver- 
hältnisso  statt 

AB^     AC_£B^      A^ 
B'l)'  ' 
A'B' 


BD 

■  CD 

AB 

AD 

BC 

DC 

AC 

AD 

CB  • 

DB 

B'C 

A'C 

CB' 
von  denen  wir  auf  zwei  verschiedene  Weisen  Gebrauch  machen  werden. 

Wenn  erstens  die  linke  Seite  einer  dieser  Gleichungen  =  1  ist,  so  hat 
die  rechte  Seite  denselben  Werth,  d.  h.  die  Projcctionen  von  vier  "harmoni- 
Bchen  I'nnkten  einer  Geraden  liegen  wiederum  harmonisch.  Nehmen  wir 
zweitens  statt  des  Punktes  C  den  Punkt  P  und  statt  2>  den  Punkt  Öod)  so 
tritt  />'oo  an  die  Stelle  von  C\  Q'  an  die  von  2>'  und  die  letzte  Doppel- 
schnittsgleichung geht  dann  in  die  folgende  über 

AP   ,       ,    A'O'  .       AP        B'O' 

bp'^=^''bW'  ^^^'^=zr-. 

Die  Punkte  P  und  Q  sind  die  von  Steiner  betrachteten  Durchschnitte 
der  Parallelstrahlen  und  die  für  sie  geltende  Beziehung  ist  der  Anfang  der 
IdTolationstheorie,  auf  die  wir  aber  nicht  weiter  einzugehen  brauchen. 

1* 


4  Die  iS^egelBchnitte  als  Gollinearverwandte  des  EjreiBes. 

Wichtig  für  das  Spätere  ist  noch  folgende,  wie  es  scheint  hisher  anbe- 
achtet gebliebene  Bemerkung.  Zwei  entsprechende  Punkte  haben  im  All- 
gemeinen verschiedene  Entfernungen  von  der  Collineationsachse ,  doch 
giebt  es  eine  Eeihe  von  Punkten,  deren  Projectionen  eben  so  hoch  ttber 
der  Collineationsachse  liegen ,  als  sie  selbst  unter  derselben.  Zieht  man 
nämlich  von  0  (Fig.  3)  aus  eine  Gerade ,  welche  die  Polare  in  D  und  die 
Collineationsachse  in  A  senkrecht  schneidet,  nimmt  femer  DF=zDO  und 
zieht  die  beliebige  Gerade  G  FH^  welcher  die  Gerade  GF'  \\  OH  entspricht, 
so  bemerkt  man  leicht  die  Congruenz  der  Dreiecke  AGF  und  AGF'\  es 
liegen  demnach  die  entsprechenden  Punkte  F  und  F'  in  gleichen  Abstän- 
•den  Yon  der  Collineationsachse.  Einer  durch  F  parallel  zur  Collineations- 
achse gelegten  Geraden  entspricht  eine  durch  F'  gehende  Parallele  zu  AG^ 
folglich  sind  alle  auf  diesen  Parallelen  liegenden  einander  entsprechenden 
Punkte,  wie  z.  B.  E  und  E\  gleichweit  von  der  Collineationsachse  entfernt. 
Bezeichnen  wir  den  Abstand  eines  in  (E  liegenden  Punktes  von  A  G  mit  d 
und  den  Abstand  des  ihm  entsprechenden  Punktes  von  derselben  Geraden 
mit  d',  so  ist  überhaupt 

mid<AF,  d  >d\ 

„   d  =  AF,  d=d\  . 

„    d>AF,  d<  d'. 

Die  beiden  einander  entsprechenden  Punkte  F  und  ^,  deren  Verbin- 
dungslinie von  der  Collineationsachse  normal  halbirt  wird ,  wollen  wir  die 
beiden  Hauptpunkte  der  betrachteten  coUinearen  Systeme  nennen ;  sie 
stehen  in  einer  eigenthümlichen  Beziehung  zu  je  zwei  anderen  beliebigen 
einander  entsprechenden  Punkten  P  und  P\  deren  ersten  wir  auf  die  will- 
kührlich  gezogene  Gerade  FG  legen.  Fällen  wir  nämlich  auf  OF  und  OF*  die 
Senkrechten  PM  und  P'M\  so  haben  wir  zunächst  aus  den  ähnlichen  Drei- 
ecken FMP  und  F'M'P' 

FP  _F'P\ 

FM~  F'M'' 
die  einander  entsprechenden  Punkte  A^  F,  3f,  D  und  A',  F\  M\  2>'«  stehen 
femer  in  dem  Doppelschnittsverhältnisse 

AF     AD  _  AF' 

FM'MD~rM'''^ 
oder 

DM_  AF'.AD  _  AB 
FM~  r  M\AF~  fM' ' 
die  Verbindung  dieser  Belation  mit  der  vorigen  giebt 

FP_F'P' 
DM~  AD 
oder  auch,  wenn  man  DM  durch  die  parallele  und  gleiche  Gerade  PN 
ersetzt, 

FP  _F'P' 
NP~  AD' 
Diese  Gleichung  führt  unmittelbar  zu  einer  Eigenschaft  der  Kreis- 
projection.  Lässt  man  nämlich  den  Punkt  P'  einen  mit  dem  Halbmesser 
F' P'  beschriebenen  Kreis  durchlaufen,  so  bleibt  die  rpchte  Seite  der  obi- 
gen.Gleichung  bei  jeder  Lage  von  P'  dieselbe,  mithin  ist  auch  linker  Hand 
für  alle  Punkte  der  Kreisprojection  das  Verhältniss  FP :  NP  constant  (d.  h. 
F  der  Brennpunkt  und  2>2r  die  Directriz  des  entstehenden  Kegelschnitts). 


Von  O,  SCHLÖMILCH,  5 

n.  Die  Ejreissclmitte  des  schiefen  Kegels, 

Aus  der  JSlementargeometrie  setzen  wir  als  bekannt  voraus,  dass  jeder 
sur  Kegelbasis  parallele  und  jeder  Wechselschnitt  des  Kegels  ein  Kreis  ist. 
Die  Parallelschnitte  untersuchen  wir  nicht  weiter,  (sie  würden  auf  die 
Lehre  von  den  Aehnlichkeitspunkten  führen)  dagegen  haben  wir  uns  die 
Wechselschnitte  etwas  genauer  anzusehen. 

Die  kürzeste  Kegelseite  sei  0A\  die  längste  0B\  der  zugehörige 
Durchmesser  der  Basis  A' B'  und  AB  seine  Projection;  die  letzteren  Ge- 
raden schneiden  sich  in  einem  Punkte  i>,  welcher  auf  der  Collineations- 
achse  der  beiden  Ebenen  6  und  6'  liegt  (Fig.  4).  Wir  legen  durch  2>  eine 
Ebene,  welche  den  Kegel  längs  der  Geraden  OEE'  berührt,  und  be- 
merken ,  dass  DE  der  Durchschnitt  der  Berührungsebene  mit  der 
Ebene  (S  und  die  entsprechende  Gerade  DE'  der  Durchschnitt  der  Tangen- 
tialebene mit  (S'  ist,  woraus  weiter  folgt,  dass  DE  den  Kreis  AEB^  DE' 
den  Kreb  Ä E'  B'  berührt.  Die  ähnlichen  Dreiecke  AA* D  und  B' BD  lie- 
fern nun  die  Proportion 

AD\A'D  =  B'D'.BD, 
woraus 

AD.BD  =  A'D.B'D, 
d.h. 


DE*  =  D'E'  *  oder  DE=D'E'. 
Legen  wir  die  Ebenen  <S  und  d'  mit  den  darin  befindlichen  Kreisen 
auf  die  in  No.  I.  gezeigte  Weise  aus  einander  (Fig.  5)  und  ziehen  von 
ii^end  einem  anderen  Punkte  P  der  Collineationsacnse  die  Tangenten  P(^ 
und  iP^'  an  jene  Kreise,  so  ist  weiter 

=DP^  +  DM^  —  ME^ 

=DP^  +  DE*, 
aus  gleichem  Grunde 

Jq^^^dp^  +  dF^ 

d.  i.  wegen  des  vorigen  2>jE  =  i>J&', 

POz=^PQ\ 

Bei  zwei  collinearen  und  collinearliegenden  Kreisen  besitzt  demnach 
die  CoUineationsachse  die  Eigenschaft,  dass  die  von  irgend  einem  ihrer 
Punkte  an  die  Kreise  gelegten  Tangenten  von  gleicher  Länge  sind;  mit 
anderen  Worten :  die  CoUineationsachse  zweier  Kreise  ist  identisch  mit  de- 
ren Potenzlinie.*) 

Für  zwei  gegebene  Kreise  wird  die  Potenzlinie  bekanntlich  auf  die 
Weise  gefunden,  dass  man  einen  dritten  Kreis  beschreibt,  welcher  den 
ersten  Kreis  in  27  und  F,  den  zweiten  in  U'  und  F'  schneidet,  darauf  UV 
und  ü'  V  bis  zu  ihrem  Durchschnitte  W  verlängert  und  von-  diesem  eine 
Senkrechte  auf  die  Centrale  beider  Kreise  herablässt;  für  die  vorige  Be- 


*)  Ausser  dor  obigen  Benennung  sind  noch  die  Namen  Radicalachse, 
C  h  o  r  d  al  e  und  idealeSehneim  Gebranch ;  nach  der  Entdeckung  der  Collineation 
kann  aber  nur  die  Bezeichnung  CollineationsachBe  auf  consequente  Richtigkeit 
Anspruch  machen,  weshalb  auch  Magnus  nie  ein  anderes  Wort  gebraucht. 


6  Die  Kcgelschnitto  als  Collincarverwandtc  des  Kreises. 

trachtuu^  folgt  hieraus,  dass  zwei  beliebige  Kreise  als  collineare  und  colli- 
nearliegende  Figuren  angesehen  werden  können.  Um  das  Projections- 
(Collineation8-)centrum  zu  finden,  braucht  man  nur  die  gemeinschafllichen 
äusseren  Tangenten  beider  Kreise  bis  zu  ihrem  Durchschnitte  0  (dem  äusse- 
ren Aehnlichkeitspunkte)  zu  verlängern ;  ebenso  kann  auch  der  innere  Aehn- 
lichkeitspunkt  als  Projectionscontrum  dienen,  nur  liegt  in  diesem  Falle  der 
Wechselschnitt  nicht  auf  derselben,  sondern  auf  der  entgegengesetzten 
Seite  der  Kcgelfiäche.  Was  endlich  die  beiden  Polaren  betrift't,  so  ergeben  . 
sie  sich  aus  der  Bemerkung ,  dass  zwei  parallelen  Geraden  in  .^ '  zwei  in 
einem  Punkte  der  Polaro  von  (S  zusammenlaufende  Gerade  entsprechen 
und  umgekehrt;  man  legt  daher  an  den  einen  Kreis  zwei  parallele  Tan- 
genten, welche  die  CoUineationsachse  in  zwei  Punkten  schneiden,  dann 
von  den  letzteren  Punkten  aus  Tangenten  an  den  zweiten  Kreis,  deren 
Durchschnitt  einen  Punkt  der  ersten  resp.  zweiten  Polare  giebt. 

Aus  der  Entstehung  des  Wechselschnittes  geht  leicht  liervor ,  dass  die 
Mittelpunkte  der  beiden  Kreise  keine  entsprechenden  Punkte  sind ;  daran 
knüpft  sich  die  Frage  nach  der  gegenseitigen  Beziehung  zwischen  den 
vier  Punkten  J/,  M\  N,  N\  von  denen  M  und  iV'  die  Mittelpunkte  dor  bei- 
den Kreise  und  M  ,  N  die. ihnen  entsprechenden  Punkte  bezeichuon  (Fig.  6). 
Jede  durch  JV'  gehende  Gerade  wird  von  dem  in  E'  betindlichen  Kreise 
harmonisch  getlieilt,  weil  bekanntlich  drei  in  gleichen  Entfernungen  auf 
einer  Geraden  liegende  Punkte  A\  N\  B'  mit  dem  unendlicli  entfernten 
Punkte  P'^  dieser.  Geraden  zusammen  ein  System  harmonischer  Punkte 
bilden;  den  Punkten  A\  N\  B\  P'^  entsprechen  der  Keihe  nach  A^  N^ 
By  Pj  diese  liegen  gleichfalls  harmonisch  und  deumach  ist  N  der  harmo- 
nische Pol  des  ersten  Kreises  in  Beziehung  auf  die  durch  P  gehende 
Polare.  Aus  gleichen  Gründen  ist  31'  der  harmonische  Pol  des  zweiten 
Kreises  in  Beziehung  auf  die  durch  0'  gehende  Gegenpolaro.  —  Einem 
Systeme  zu  A'  B'  paralleler  Kreissehnen  entspriclit  eine  Itcihe  von  Sehnen, 
welche  sich  im  Punkte  P  schneiden;  hat  man  umgekehrt  in  C^  eine  Schaar 
von  Sehnen  parallel  zu  C/>,  so"  entspricht  diesen  in  ^'  eine  Folge  von  Seh- 
nen, welche  durch  Q'  gehen.  Ueberhaupt  lassen  sich  an  dieser  Stelle  die 
bekannten  Eigenschaften  der  harmonischen  Pole  und  Polaren,  BerUhrungs- 
ceütren  und  Berührungssehnen ,  soweit  sie  den  Kreis  betreffen ,  leicht  ab- 
leiten. 

Besondere  Aufmerksamkeit  verdienen  des  Folgenden  wegen  die'con- 
jugirten  Sehnen.  In  einem  Kreise  (Fig.  7)  sei  iV^der  harmonische  Pol 
in  Beziehung  auf  eine  ausserhalb  gegebene  durch  den  Punkt  E  gehende 
Polare;  durch  N  ziehen  wir  eine  beliebige  Gerade,  welche  den  Kreis  in  A 
und  By  sowie  die  Polare  in  F  schneidet,  von  letzterem  Punkte  legen  wir  an 
den  Kreis  Tangenten,  deren  Berührungspunkte  C,  I)  heissen  mögen,  und 
ziehen  endlich  die  Gerade  CD.  Diese  geht  durch  den  Pol  N  und  ist  die 
dem  Berührungscentrum  F  zugehörige  Berührungssehne;  die  verlängerte 
CD  schneidet  die  Polare  in  G  und  zufolge  bekannter  Eigenschaften  der 
Pole ,  Polaren ,  Berührungscentra  und  Berührungssehnen  ist  nun  G  Berüh- 
rungsqentrum  für  AB  als  BerührungS6ehne.r  Zwei  in  dieser  Weise  zusam- 
mengehörige Sehnen  ^^  und  CD  mögen  conjugirte  Sehnen  heissen;  ihre 
Construction  ist  im  Vorigen  unmittelbar  enthalten,  kann  aber  auch  auf  eine 
andere  Weise  ausgeführt  werden ,  die  wegen  späterer  Folgerungen  erörtert 
werden  muss.  Ziehen  wir  die  Geraden  MF  und  MG^  welche  die  Sehnen 
A  B  und  CD  in  H  und  K  senkrecht  schneiden ,  so  erkennen  wir ,  dass  das 


Von  O.  ScHLöMiLcn. 


Dreieck  MHN  in  zwei  Winkeln  mit  dem  Dreiecke  EFN^  ebenso  Dreieck 
Mk'N  in  zwei  Winkeln  mit  Dreieck  EGN  übereinstimmt;  daraus  folgt 
LH3fN=L  EFN,     L  KMN  =LEGN, 
AMEGcK^AFEN,    AMEFcKiAGEN-, 
das  Eine  wie  das  Andere  giebt 

EG:EM=ENiEF 
oder 

EF.EG—EM.EN. 
Legen  wir  von  E  aus  an  den  Kreis  eine  Tangente,  deren  Bcrabrungs- 
pnnkt  8  heissen  möge  und  nobmen  auf  ^^  den  Abscbnitt  EIl  =  ES,   so 
wird  die  vorige  Gleichung  zu 

EF.EG^^R^ 
und  zeigt,  dass  ein  über  FG  als  Durchmesser  beschriebener  Kreis  immer 
durch  den  festen  Punkt  R  geht.  Kommt  es  also  auf  eine  rasche  Coustruction 
zweier  conjugirten  Sehnen  an,  so  braucht  man  durch  den  Punkt  B  nur  zwei 
auf  einander  senkrechte  Gorade  zu  ziehen ,  welche  die  Polare  in  F  und  G 
schneiden;  FN  und  6^iV  sind  dann  die  gesuchten  Sehnen. 

in.  Die  Kegelschnitte. 

Wie  der  Name  sagt,  vorstehen  wir  unter  einem  Kegelschnitte  jode 
Curve ,  welche  beim  Durchschnitte  irgend  eines  geraden  oder  schiefen  Kc- 
j^els  mit  irgend  einer  Ebene  entsteht,  oder  was  dasselbe  ist,  jede  mit  dem 
Kreise  in  Collineationsverwandtschaft  stehende  Linie ;  dabei  ist  auch  die 
Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dass  das  Projections-  oder  Collineations- 
centrum  (der  Mittelpunkt  der  Kegelfläcbe)  ins  Unendliche  wegrückt,  mithin 
der  Kegel  zu  einem  Cylinder  degenerirt. 

Uebergehen  wir  gleich  die  speciellen  und  leicht  zu  behandelnden 
Fälle,  in  denen  der  Kegelschnitt  zu  zwei  Geraden,  einer  Geraden,  oder  zu 
einem  Punkte  wird,  so  bleiben  drei  verschiedene  Arten  von  Kegelschnitten 
entsprechend  den  drei  verschiedenen  Lagen,  welche  die  schneidende  Ebene 
gegen  die  Kegelfläche  einnehmen  kann.  Die  genannte  Ebene  trifft  nämlich 
entweder  alle  erzeugenden  Geraden  der  Fläche  (die  Kegelseiten)  auf  der 
einen  Seite  des  Flächenmittelpunktes,  oder  sie  schneidet  alle  jene  Geraden 
mit  Ausnahme  einer  einzigen,  oder  endlich  sie  begegnet  wiederum  allen 
aber  so,  dass  die  Durchschnitte  theils  auf  der  einen ,  theils  auf  der  anderen 
Seite  des  Mittelpunktes  liegen ;  die  diesen  Lagen  entsprechenden  Schnitte 
heissen  der  Reihe  nach  elliptische,  parabolische,  hyperbolische.  —  Man 
kann  diese  Definition  noch  etwas  anders  fassen,  wenn  man  irgend  einen 
Kreisschnitt  der  Kegelfläche  als  deren  Directrix  anzieht  und  durch  den 
Mittelpunkt  der  Fläche  parallel  zur  Schnittebene  eine  Hilfsebene  legt ;  aus 
dem  Vorigen  geht  dann  unmittelbar  hervor,  dass  der  Kegelschnitt  eine 
Ellipse ,  Parabel  oder  Hyperbel  ist ,  je  nachdem  die  Hilfsebenc  ausserhalb 
der  Directrix  liegt,  sie  in  einem  Punkte  berührt,  oder  in  zwei  Punkten 
schneidet.  Bei  unserer  projecti vischen  Betrachtungsweise  denken  wir  uns 
jenen  Kreisschnitt  des  Kegels  als  dessen  Basis  in  der  Ebene  C?'  liegend; 
der  Kegelschnitt  ist  dann  die  Projection  dieses  Kreises  auf  (5,  die  vorhin 
constrairte  Hilfsebene  schneidet  CS'  in  einer  Geraden,  welche  mit  der  Ge- 
genpolare identisch  ist,  und  wir  haben  daher  den  Satz:  Die  porspec- 
tivische  Projection  des  Kreises  wird  zu  einer  Ellipse,  Para 
bei  oder  Hyperbel,  je  nachdem  die  Gcgenpolaro  mit  jenem 


Die  Kegelschnitte  als  Collin^rverwandte  des  Kreises. 


Kreise    keinen   Punkt,    einen  Punkt  oder  zwei  Punkte  ge- 
mein hat. 

Aus  bekannten  Eigenschaften  der  perspectivischen  Projection  und  des 
Kreises  folgt  nun  zunächst  die  ftir  alle  Kegelschnitte  geltende  Behauptung, 
dass  eine  Gerade  und  ein  Kegelschnitt  höchstens  zwei  Punkte  gemein  haben, 
femer  dass  letztere  in  einen  Punkt  zusammenfallen  können ,  wobei  die  Se- 
cante  zur  Tangente  wird  und  dass  endlich  auch  Gerade  möglich  sind ,  die 
keinen  Punkt  mit  dem  Kegelschnitte  gemein  haben.  Zugleich  ergiebt  sich 
ein  Verfahren  zur  Construction  der  Tangenten;  soll  nämlich  durch  einen 
Punkt  P  eine  Tangente  an  den  Kegelschnitt  K  gelegt  werden ,  so  projicire 
man  P  auf  <S'  und  lege  durch  P'  eine  Tangente  an  den  Kreis  K\  die  dieser 
Geraden  entsprechende  Linie  in  (S  ist  die  gesuchte  Tangente.  Soll  ferner 
an  K  eine  Tangente  parallel  zu  einer  gegebenen  Geraden  PQ  gelegt 
werden,  so  projicire  man  PQ^  auf®'  und  nenne  Q'  die  auf  der  Gegen- 
polare liegende  Projection  des  unendlich  entfernten  Punktes  Q^\  man 
ziehe  ferner  durch  Q'  eine  den  Kreis  AT'  berührende  Gerade  und  projicire 
letztere  wieder  auf  %  die  Projection  ist  die  verlangte  Tangente.  —  Beide 
Aufgaben  haben  im  Allgemeinen  zwei  Lösungen,  doch  können  letztere  unter 
Umständen  zu  einer  einzigen  Lösung  zusammenfallen  oder  unmöglich  werden. 

Mittelst  des  Satzes,  dass  die  Projection  einer  harmonisch  getheilten 
Geraden  eine  gleichfalls  harmonisch  getheilte  Gerade  ist,  lassen  sich  die 
ganzen  Lehren  von  den  harmonischen  Polen  und  Polaren,  den  Berührungs- 
mittelpunkten und  den  Berührungssehnen  etc.  unmittelbar  vom  Kreise  auf 
die  Kegelschnitte  übertragen ;  ebenso  bleiben  alle  nur  linealen  Constructio- 
nen  am  Kreise  dieselben  bei  den  Kegelschnitten.  Hierher  gehören  auch 
die  bekannten  Eigenschaften  der  ein  -  und  umbeschriebenen  Drei  - ,  Vier-, 
Fünf-  und  Sechsecke  (z.  B.  der  PascaFsche  Satz),  was  Alles  keiner  nähe- 
ren Erläuterung  bedarf.  Dass  aber  auch  die  metrischen  Relationen  nunmehr 
leicht  zu  entwickeln  sind,  wird  man  sogleich  sehen. 

1)  Bie  FarabeL 

In  Fig.  8  Tafel  II.  sei  GH  die  Colüneationsachse,  JK  die  Polare,  Ü'V 
die  Gegenpolare,  welche  den  um  N'  beschriebenen  Kreis  in  V  berührt, 
und  0  das  Projectionscentrum ,  dessen  Abstand  von  der  Polare  wie  immer 
der  Entfernung  von  Collineationsachse  und  Gegenpolare  gleich  ist  Jede 
durch  N'  gehende  Gerade  wird  von  N'  und  dem  Kreise  harmonisch  getheilt, 
dasselbe  gilt  auch  von  den  entsprechenden  durch  K  und  den  Kegelschnitt 
bis  zur  Polare  gehenden  Geraden;  es  ist  folglich  die  Projection  des  Ejreis- 
mittelpunktes  N'  der  harmonische  Pol  N  des  Kegelschnittes  in  Beziehung 
auf  die  Polare  JK,  Etwas  Aehnliches  findet  umgekehrt  statt.  Legen  wir 
nämlich  durch  irgend  einen  Punkt  V'  der  Gegenpolare  ^ine  Reihe  von 
Kreissecanten  wie  z.  B.  V*  P'  Q'  und  suchen  zu  F',  P\  Q'  den  vierten 
zwischen  P'  und  Q*  fallenden  harmonischen  Punkt  ilf' ,  so  liegen  alle  diese 
vierten  harmonischen  Punkte  in  einer  Geraden ,  welche  nichts  Anderes  als 
die  zu  dem  Berührungscentrum  V  gehörende  Berührungssehne  CM*  ist; 
letztere  geht  jederzeit  durch  den  Punkt  ü'  wie  auch  V*  auf  der  Gegenpo- 
lare gewählt  sein  möge.  Den  in  (S'  construirten  durch  Q*  gehenden  Kreis- 
secanten P' Q' V*  etc.  entsprechen  in  (5  parallele  Sehnen  PQV^  etc. 
und  da  Q\  M\  P\  V  harmonisch  liegende  Punkte  waren,  so  müssen  es 
auch  0»  My  Py  ^oD  sein,  was  wegen  des  unendlich  entfernten  V^  nur 
möglich  ist,  wenn  M  die  Sehne  PQ  halbirt.   Der  Geraden  C  M\  welche  alle 


Von  O.  SCHLÖMILCH. 


^^k^^h^^^^^^k^k^t^^^^^k/\^^W^^«^l^«^k^k^l^l^«^^^^^S^^^«^^^^^h^h^t^«^^^^MM^k^^«^l^k^hM^^%^^^^^^^^^t^^^^^^^^^^^^^^^« 


M'  enthXlt,  entspricht  nun  eine  Gerade  CMy  welche  die  Mittelpunkte  If 
aller  parallelen  Sehnen  verbindet,  und  daCM'  durch  V  geht,  so  geht  CM 
nach  dem  unendlich  entfernten  Punkte  der  Parabel;  d.  h.  zusammen:  die 
Mittelpunkte  aller  parallelen  Sehnen  einer  Parabel  liegen 
in  einer  Geraden  einem  sogenannten  Durehmesser  der  Pa 
rabel;  alle  Durchmesser  sind  parallel. 

Die  gemeinschaftliche  Bichtung  der  Durchmesser  kann  leicht  näher 
Angegeben  werden;  bei  zwei  einander  entsprechenden  Geraden  CMÜ^ 
und  C'JU'  ü'  ist  nämlich  jederzeit  (analog  Fig.  2)  Oü'  ||  CM,  die  Durchmes- 
ser der  Parabel  sind  also  sammt  und  sonders  der  Geraden  0  V  parallel. 

Es  liegt  nun  die  Frage  nahe ,  ob  die  Richtung  der  parallelen  Sehnen 
so  gewählt  werden  könnte,  dass  der  zugehörige  Durchmesser  die  Sehnen 
normal  halbirt;  die  Antwort  hierauf  ergiebt  sich  aus  der  Bemerkung,  dass 
einerseits  0  V  die  Bichtung  der  Durchmesser  ist  andererseits  0  V  \\  PQ 
sein  muss,  wenn  PQ  die  Projection  von  P' Q'  bedeutet.  Die  senkrechte 
Lage  von  CM  gegen  PQ  findet  demnach  statt,  sobald  0  ü'  mit  0  V  einen 
rechten  Winkel  bildet.  Will  man  also  a  priori  diejenigen  Kreissehnen  fin* 
den .  deren  entsprechende  Parabelsehnen  von  ihrem  Durchmesser  normal 
halbirt  werden ,  so  nehme  man  0  V"  senkrecht  auf  0  V  und  ziehe  beliebige 
durch  V  gehende  Kreissehnen.  Mit  Rücksicht  auf  den  Umstand ,  dass  es 
nur  einen  Punkt  V  von  der  verlangten  Lage  giebt,  erhalten  wir  den  Satz : 
Für  jede  Parabel  lässt  sich  eine  einzige  Bichtung  paralle- 
ler Sehnen  angeben,  bei  welcher  der  zugehörige  Durchmes- 
ser die  Sehnennormalhalbirt.  Dieser  Hauptdnrchmesser  heisse  die 
Achse  der  Parabel,  der  Durchschnitt  (C)  der  Achse  mit  der  Parabel  der 
Scheitel.    Die  Parabel  liegt  symmetrisch  zu  beiden  Seiten  ihrer  Achse. 

Betrachten  wir  nächst  den  Sehnen  die  Tangenten  etwas  genauer. 
Wenn  durch  T  eine  Tangente  an  die  Parabel  gelegt  werden  soll,  so  kommt 
es  zunächst  darauf  an ,  durch  den  entsprechenden  Punkt  T'  eine  Kreistan- 
gente zu  ziehen ;  letzteres  ist  auf  zweierlei  Weise  möglich,  wenn  T'  ausser- 
halb des  Kreises  liegt,  auf  einerlei  Art,  wenn  T'  der  Kreisperipherie  ange- 
hört, und  auf  keine  Weise,  wenn  T'  innerhalb  des  Kreises  liegt.  Daraus 
folgt  unmittelbar :  Von  ei  nem  gegebenen  Punkte  aus  lassen  sich 
zwei  Tangenten,  eine  oder  keine  Tangente  aA  dieParabel 
legen,  je  nachdem  der  erwähnte  Punkt  ausserhalb  des  von 
der  Parabel  umschlossenen  Raumes,  auf  der  Parabel  oder 
innerhalb  jenes  Baumes  liegt.  —  Um  femer  eine  Tangente  zu  fin- 
den, die  einer  gegebenen  Geraden  A  B^  parallel  ist ,  suchen  wir  zunächst 
die  entsprechende  Gerade  A'^B\  deren  Durchschnitt  mit  der  Gegenpo- 
lare B'  sein  möge;  von  B'  aus  sind  zwei  Tangenten  B' P'  und  B'  V'  an 
den  Kreis  möglich,  diesen  entsprechen  zwei  Tangenten  an  die  Parabel,  von 
denen  die  erste  ^qoP  den  verlangten  Bedingungen  genügt,  die  zweite  aber 
nicht  in  Betracht  kommen  kann ,  weil  sie  einen  unendlich  entfernten  Punkt 
B^  mit  einem  anderen  unendlich  entfernten  Punkte  V^  verbindet,  also 
selber  unendlich  weit  weg  liegt.  Demnach  ergiebt  sich  immer  eine  be- 
stimmte Auflösung  der  Aufgabe,  wofern  nicht  B'  mit  U'  zusammenfällt, 
d.  h.  AB^  II  CM  ist;  also:  Zu  jeder  der  Parabelachse  nicht  pa- 
rallelen Geraden  lässt  sich  immer  eine  und  nur  eine  parallel 
liegende  Tangente  an  der  Parabel  finden.  —  Nennen  wir  S  den 
Durchschnitt  der  durch  den  Parabelpunkt  P  gehenden  Tangente  mit  der 
Farabelachse  und  S'  den  entsprechenden  Punkt,  so  erhalten  wir  in  (S'  zwei 


10         Die  Eegelsclinitte  als  CoUincarverwandte  des  Kreises. 

conjagirte  Kreissehnen  S' C  M' V  und  Q' M' P' V  weil  5' C 3/ '[7' Beruh- 
mngssehne  für  das  Bertihrungscentrum  S*  ist;  den  harmonisch  liegenden 
Punkten  S\  C\  M\  U*  entsprechen  die  gleichfalls  harmonisch  liegenden 
Punkte  5,  C^  M,  Ug^^  und  da  der  letzte  ins  Unendliche  fällt,  so  muss  C  die 
Mitte  der  Strecke  SM  sein.  Dies  giebt  den  bekannten  Satz:  Die  Sub- 
tangente  der  Parabel  ist  gleich  der  doppelten  Abscisse. 

Um  einfachere  und  symmetrische  Figuren  zu  erhalten,  verlegen  wir 
das  Projoctionscentrum  auf  die  rückwärts  verlängerte  Parabelachse ,  d.  h. 
wir  sehen  die  vorhandene  Parabel  als  Schnitt  eines  anderen  Kegels  an,  bei 
welchem  die  schneidende  Ebene  senkrecht  auf  der  Ebene  der  kleinsten  und 
grössten  Kegelseite  steht.  *)  Zu  diesem  Zwecke  ziehen-  wir  irgend  eine 
Sehne  JAK  (Fig.  9)  senkrecht  zur  Achse,  legen  durch  einen  zwischen  C  und 
0  beliebig  gewählton  Punkt  J)  die  Polare  ||  JK  und  von  D  aus  die  Tangen- 
ton DG  und  DH  an  die  Parabel  (indem  wir  CF=  CD  nehmen  und  durch  F 
die  Bertthrungssehne  GH  ||  JK  ziehen) ;  den  genannten  Parabcllangenten 
entsprechen  zwei  parallele  auf  der  Collinentionsachse  senkrechte  Tangen- 
ten am  Kreise  MG'  und  NH\  deren  Berührungspunkte  in  einer  Geraden 
G*F'H'  II  MN  liegen;  es  ist  daher  der  Kreishalbmessor  F'G'  gleich  der  von 
der  Tangente  abgeschnittenen  Strecke  AM,  Ferner  muss  der  gesuchte 
Kreis  durch  die  sich  selbst  entsprechenden  Punkte  /,  K  gehen  und  ist  folg- 
lich seiner  Grösse  und  Lage  nach  vollkommen  bestimmt.  Sein  Durchschnitt 
U'  mit  AD  giebt  einen  Punkt  der  Gegenpolarc,  endlich  erhält  man  das  Pro- 
jectionscentrum  durch  die  Gleichung  DO=r^  AU'.  Wie  man  sieht,  bleibt  bei 
dieser  Construction  die  Polare  willkührlich  und  es  entsteht  daher  die  Frage, 
ob  man  letztere  nicht  so  wählen  könnte ,  dass  der  Krcismittelpunkt  F"  und 
der  ihm  entsprechende  harmonische  Pol  i'^zu  Hauptpunkten  der  beiden 
Fignrensysteme  werden.  Nun  ist  zufolge  der  zweiten  Doppelschnittsgleich- 
ung ,  wenn  man  sie  auf  die  Punkte  A^  Fy  (7,  D  und  die  ihnen  entsprechenden 
A,  F\  C\  D*^  anwendet, 

AFAD_   AF' 

FC  '  DC  ~  F'C  '^' 
oder  kürzer  wegen  FC  =  DC  und  F'C  -=  AM 

AF  _  AF' 

AD  ~  AM  ' 
für  ^und  F'  als  Jlauptpunkte  muss  aber  AF=  AF',  folglich 

AD —  AM, 
d.  h.  die  Tangente  DG  uutor  einem  halben  rechten  Winkel  gegen  die  Para- 
belachso  geneigt  sein.  In  der  vorigen  Figur  lässt  sich  diese  Taugente  con- 
struiren ,  mau  erhält  dann  statt  des  dort  betrachteten  Punktes  S  den  Punkt 
2>,  damit  zugleich  die  Polare  und  den  Kreishalbmesser  F' G'  ^^=:AM  =^  AD, 
Was  ferner  die  Lage  des  Projectiouscentrunis  anbelangt,  so  bedarf  es  nur 
der  Bemerkung ,  dass  DO~AU'=  F' U'  —F'A  =  AD  —  AF  =  DF  =^cn, 
ist.  Die  hiermit  bestimmte  speciello  Polare  DE  heisst  die  Dir  e  ctrix,  ihr 
zugehöriger  Pol  F  der  Brennpunkt  und  die  durch  letzteren  parallel  zur 
Directrix  gelegte  Sohne  GH  der  Parameter  der  Parabel.  Nach  Nr.  L 
ist  nun,  wenn  P  einen  beliebigen  Piirabelpunkt*  und  PQ  seine  Entfernung 
von  der  Dircctrix  bezeichnet , 


*)  Man  wird  bemerken ,  dass  der  ganze  Gedankengang  analog  der  analytisch- 
geometrischen  Discussion  der  Linien  zweiten  Grades  verläuft;  die  obige  Manipulation 
entspricht  der  Aen^emng  des  Coordinatensystemes. 


Von    O.  SCHLÖMILCH.  11 

FP  _F'P'  _AD_ 

PQ~  AD  ~  AD~  ' 
d.  h.  jeder  P an ktdor  Parabel  ist  von  dem  Brennpunkte  eben- 
soweit wie  von  der  Directrix  entfernt.  Daraus  folgt  sehr  leicht 
der  weitere  Satz :  Der  Unterschied  zwischen  Radiusvector  und 
Absciss«  eines  Parabelpunktes  ist  constant  und  zwar  gleich 
der  Entfernung  des  Brennpunktes* vom  Scheitel. 

Dass  nun  hieraus  alle  sonstigen  metrischen  Eigenschaften  der  Parabel ' 
mit  Leichtigkeit  abgeleitet  werden  können,  ist  zu  bekannt,  als  dass  wir  uns 
weiter  mit  der  Parabel  beschäftigen  sollten. 

2)  Bie  Ellipse. 

In  Fig.  10.  Taf.  DI.  sei  0  das  Projectionsoentrum ,  GH  die  Collinea- 
tionsachse,  JK  die  Polare,  U'V  die  Gegenpolaro,  N'  der  Mittelpunkt  des 
in  ^'  befindlichen  Kreises  und  M'  sein  harmonischer  Pol  in  Beziehung  auf 
U'V  als  Polare.  Jede  durch  JS'  gehende  Gerade  wird  von  dem  Kreise  har- 
monisch getheilt,  wenn  man  den  unendlich  entfernten  Punkt  der  Geraden 
mitrechnet ;  dasselbe  muss  auch  von  jeder  durch  den  entsprechenden  Punkt 
N  gehenden  Geraden  gelten,  d.  h.  die  Projection  N  Ae»  Kreismittelpnnktes 
.V  ist  der  harmonische  Pol  des  Kegelschnittes  in  Beziehung  auf  die  Polare 
JK.  Aehnlich  verhält  es  sich  mit  den  Punkten  ^und  AT';  legen  wir  näm- 
lich durch  irgend  einen  Punkt  V  der  Gegenpolare  Secanten  des  Kreises 
und  construiren  gleichzeitig  die  zu  V  als  Berührungscentrum  gehörende 
Berühruugssehne ,  so  theilt  letztere  alle  vorigen  Secanten  harmonisch  und 
geht  ausserdem  in  jedem  Falle  durch  den  Punkt  M'\  für  die  Ellipse  giebt 
dies  den  Satz:  Die  Mittelpunkte  aller  parallelen  Sehnen  einer 
Ellipse  liegen  in  einer  geraden  Linie,  einem  sogenannten 
Durchmesser  der  Curve;  alle  Durchmesser  gehen  durch  ei- 
nen festen  Punkt  M,  Jede  durch  M'  gehende  .Gerade  wird  von  ilf', 
dem  Kreise  und  der  Gegenpolare  harmonisch  getheilt,  der  Punkt  ^ 
halbirt  folglich  alle  durch  ihn  gelegten  Durchmesser  der 
Ellipse  und  ist  daher  ihr  Mittelpunkt. 

Die  zu  V  als  Bertihrungscentrum  gehörende  Berülirungssehne  sei  J[B\ 
V  ihr  Durchschnitt  mit  der  Gegenpolare  und  CD'  die  zu  V  gehörende 
Berührungssehne;  man  hat  jetzt  zwei  conjugirte  Berührungssehnen,  von 
denen  A'B'  alle  durch  U\  und  C*D*  alle  durch  F'  gehenden  Secanten  har- 
monisch theilt;  für  die  Ellipse  folgt  hieraus  der  Satz:  Legt  man  zu  den 
von  einem  Durchmesser  halbirten  Sehnen  eine  Parallele 
durch  den  Mittelpunkt,  so  ist  diese  Parallele  selbst  wieder 
Durchmesser  für  alle  Sehnen,  welche  mit  dem  ersten  Durch- 
mpsser  gleiche  Richtung  haben;  zwei  in  dieser  Weise  zusammen- 
gehörige Durchmesser  heissen  einander  conjugirt. 

Daran  knüpft  sich  die  Frage ,  ob  es  unter  der  unendlichen  Menge  tson- 
jugirter  Durchmesser  ein  Paar  giebt,  welche  auf  einander  senkrecht  stehen. 
Wie  nun  auch  die  Gerade  Ü'C'D\  deren  Projection  CD  ist,  liegen  möge,  so 
ist  doch  jederzeit  OU'  \\  CD^  ebenso  OV  \\  AB,  mithin  würde  die  senkrechte 
Lage  von  iJD  gegen  AB  vor  allen  Dingen  erfordern,  dass  OU'  senkrecht  auf 
OV*  steht,  oder  dass  V  und  V*  die  Endpunkte  des  Durchmessers  von 
einem  Kreise  sind ,  der  seinen  Mittelpunkt  auf  der  Gegenpolare  hat  und 
durch  0  geht.  Ausserdem  sollen  VC  D'  und  V'A'B'  conjugirte  Kreisseh« 
nen  sein  und  hierzu  gehört  die  senkrechte  Lage  der  Geraden  U'R'  und 


12         Die  Kegelschnitte  als  Collinearverwandte  des  Kreises^ 


^N^^^«««^«^W^^^^«M>^W%^W%M^W«««««i««A«^>N^«i««MiM««M«%/«A«W«A^«^«Ai»V^^^^^^^^«MW« 


V'R'y  wenn  der  Punkt  R'  hier  die  nämliche  Bedeutung  hat,  wie  R  in  Fig.7. 
Beiden  Bedingungen  zusammen  genügt  man  sehr  leicht  durch  Construction 
eines  Kreises,  welcher  seinen  Mittelpunkt  auf  der  Gegenpolare  hat  und 
ausserdem  durch  die  Punkte  0  und  R'  geht;  in  jeder  Ellipse  giebt  es 
also  ein  und  nur  ein  Paar  senkrecht  zu  einander  liegender 
'  conjugirter  Durchmesser.  Diese  Hanptdurchmesser  sind  die  Ach- 
sen der  Ellipse,  AB  die  grössere,  CD  die  kleinere. 

Was  femer  die  Tangenten  betrifft ,  so  wird  man  sich  durch  ähnliche 
Betrachtungen  wie  bei  der  Parabel  sehr  leicht  von  folgenden  Sätzen  über- 
zeugen: Durch  einen  gegebenen  Punkt  sind  zwei  Tangenten, 
eine  oder  keine  Tangente  an  die  Ellipse  möglich,  je  nach- 
dem der  Punkt  ausserhalb  des  von  der  Curve  umschlossenen 
Raumes,  auf  der  Ellipse  oder  innerhalb^  jenes  Raumes  liegt; 
zu  jeder  gegebenen  Geraden  können  zwei  parallele  Tan- 
genten an  die  Ellipse  construirt  werden. 

Um  den  Zusammenhang  zwischen  irgend  einer  Tangente  und  den 
Achsen  der  Ellipse  zu  finden,  legen  wir  durch  V  eine  beliebige  Kreissehne 
P'Q'  und  an  deren  Endpunkte  Tangenten,  die  sich  in  einem  Punkte  S'  der 
Hauptsehne  A'B'  schneiden.  Da  P'Q'  als  Berührungssehne  für  das  Be- 
rührungscentrum S'  gelten  kann,  so  liegen  die  Punkte  A\  L\  B\  S'  har- 
monisch; dasselbe  gilt  von  den  entsprechenden  Punkten  Ay  £,  B^  Si  und 
zwar  ist  hier  L  der  Durchschnitt  von  AB  mit  der  darauf  senkrechten  Sehne 
PQ  und  S  der  Durchschnitt  von  AB  mit  der  Tangente  in  P  oder  Q.  Für 
MA  =:  MB  =  a,  ML  =  x  ergiebt  sich  aus  dieser  harmonischen  Proportion 

MS=^ 

X 

und  durch  eine  ganz  ähnliche  Betrachtung  für  MC=MD  =  bf  LP  =  yy 

b* 
iJfr=-; 

y 

diese  Beziehungen  führen  zu  einer  bekannten  Construction  der  Tangente 
an  P  mittelst  des  der  Ellipse  ein  -  oder  umschriebenen  Kreises.  Auch  die 
Gleichung  der  Ellipse  lässt  sich  leicht  davon  ableiten;  man  hat  nämlich 
vermöge  der  ähnlichen  Dreiecke  MST  und  LSP 

MS^  MT 
d.  i.  nach  Substitution  der  obigen  Werthe 

-r  T  TT 1» 

ar  6' 
Wir  nehmen  jetzt  das  Projectionscentrum  in  der  Verlängerung  der 
grossen  Achse  und  suchen  rückwärts  einen  neuen  Kreis ,  als  dessen  Projec- 
tion  die  gegebene  Ellipse  betrachtet  werden  kann.  Die  Collineationsachse 
ist  in-  diesem  Falle  parallel  zur  kleinen  Halbachse ,  darf  aber  im  Uebrigen 
willkührlich  gewählt  werden,  weil  parallele  Collineationsachsen  parallele 
Schnitte  des  Kegels  geben;  das  einfachste  ist  daher,  die  Collineationsachse 
mit  der  kleinen  Halbachse  zusammenfallen  zu  lassen.  Auf  der  verlänger- 
ten AB  (Fig.  II)  legen  wir  durch  einen  zwischen  0  und  B  beliebig  einge- 
schalteten Punkt  E  die  Polare  ||CZ>  und  von  E  aus. an  die  Ellipse  eine  Tan- 
gente, welche  die  Curve  in  E  berührt  und  die  Collineationsachse  in  K 
schneidet  Der  Geraden  EHK  entspricht  nun  die  auf  der  Collineationsachse 
senkrechte  Gerade  1^J7',  welche  den  fraglichen  Kreis ,  dessen  Mittelpunkt 


Von  O.  SCHLÖMILCH.  la 

in  der  verlängerten  BM  zu  snchen  ist,  in  einem  Punkte  H'  berühren  mnss; 
es  ist  daher  MK  der  Halbmesser  des  gesuchten  Kreises.  Da  ausserdem  die 
Punkte  C  und  D  sich  selbst  entsprechen,  so  hat  man  nur  mit  MK  als  Radius 
einen  durch  C  und  D  gehenden  Kreis  zu  beschreiben.  Das  Projectionscen- 
trum  endlich  ist  der  Punkt  0 ,  in  welchem  die  Verbindtingslinie  der  ent- 
sprechenden Punkte  H'  und  H  die  verlängerte  AB  schneidet.  Bei  der  Un- 
bestimmtheit dieser  Auflösung  liegt  die  Frage  nahe,  ob  sich  die  Punkte  0 
und  E  so  wählen  lassen ,  dass  der  Kreismittolpunkt  F'  und  der  ihm  ent- 
sprechende harmonische  Pol  F  der  Ellipse  zu  Hauptpunkten  der  Collinea- 
tion  werden.  Hierzu  wäre  MF=^  MF'  oder  i>^=  DF'=^  MK  erforderlich, 
und  zwar  ist  für  MF=  x,  FH  =  yj 

ti^  ab 


aus  der  Gleichsetzung  beider  Linien  ergiebt  sich 

o*  a*  ^_  6* 

~x~y^^'  — -  — a. 

Der  hiermit  bestimmte  Punkt  F  ist  ein  Brennpunkt  dcir  Ellipse, 
sein  Abstand  vom  Mittelpunkte  die  lineare  Exentricität,  die  durch 
ihn  parallel  zur  kleinen  Achse  gelegte  Sehne  der  Parameter,  die  zuge- 
liörige  Polare  eine  Directrix*).  Vermöge  der  Eigenschaften  der  Haupt 
punkte  coUinearer  Figuren  gilt  nun  für  irgend  einen  Ellipsenpunkt  P,  des 
sen  Abstand  von  der  Directrix  =/^  ist,  die  Gleichung 

FP_F'P'  _MK  _ya^—\^ 
PQ~  ME   ~ME~       a       ' 

*)  Wir  haben  im  Obigen  bei  der  Bestimmung  der  Hauptpunkte  eine  kleine  Rech» 
nung  nicht  verschmäht ,  weil  sie  durch  die  harmonischen  Proportionen  nahe  gelegt 
war ;  indessen  können  wir  auch  ohne  diese  und  ohne  die  Gleichung  der  Ellipse  vorher 
entwickelt  su  hahen ,  die  Existena  des  Brennpunktes  und  der  Directrix  nachweisen. 
Wir  legen  zu  diesem  Zwecke  die  CoUineationsachse  durch  den  Endpunkt  A  (Fig.  12» 
Taf.  III.)  der  grossen  Halbachse  parallel  zu  CD  und  die  Polare  durch  einen  vor  der 
Hand  beliebigen  Punkt  E  in  der  Verlängerung  von  AB,  Ist  nun  wiederum  EH  Tan- 
gente an  der  Ellipse  und  K  ihr  Durchschnitt  mit  der  CoUineationsachse ,  so  erhält 
man  AK  als  Halbmesser  des  Kreises ,  von  welchem  die  Ellipse  die  Projection  sein 
soll;  dieser  Kreis  muss  die  CoUineationsachse  berühren,  also  ist  im  vorliegenden 
Falle  AF'=z  AK.  Nun  sind  folgende  Extreme  möglich:  entweder  wählt  man  E  sehr 
nahe  an  B^  dann  wird  AK  =  ^jt  sehr  gross  und  kann  jedenfalls  grösser  als  AB^  mit- 
hin um  so  mehr  grösser  als  AF  gemacht  werden ,  weil  F  immer  zwischen  M  und  B 
liegt ;  oder  man  nimmt  zweitens  E  sehr  entfernt  von  B,  dann  kann  AK  der  kleineren 
Hidbachse  MD  beliebig  nahe  gebracht,  also  AK^s^AF  jedenfalls  kleiner  als  AF  ge- 
macht werden,  weil  letzteres  in  diesem  Falle  sich  der  grösseren  Halbachse  AM 
nähert.  Lässt  man  nun  E  von  B  ins  Unendliche  fortrücken,  so  ist  anfangs  AF'z:zAK 
z=z  CO  ^AFf  und  am  Ende  AF'=:AKz=zDM<  (AM  =  AF)^  mithin  muss  es  eine 
Lag^  von  E  geben,  bei  welcher  der  Uebergang  vom  Grösseren  zum  ELleineren  eintritt, 
d«  h.  AF's=:  AF  wird.  Wie  oben  folgt  dann 

FP 

—  =:Constan8, 

und  wenn  man  diese  Constante  mit  einem  beliebigen  Buchstaben  (e)  bezeichnet,  so 
kann  man  rückwärts  die  Theorie  der  Ellipse  auf  bekannte  Weise  entweder  rein  geo- 
metrisch oder  analytisch  entwickeln,  was  Letzteres  u.  A.  Herr  Prof.  Fort  in  seinem 
Lehrbuch  der  analytischen  Geometrie  der  Ebene  (Leipzig.  Teubner.  1855)  mit  vieler 
Eleganz  ausgeführt  hat. 


Ift         Die  Kegelschnitte  »Is  Collinearverwandtc  des  Kreises. 

d.h.  die  Strecken,  am  welche  ein  Ellipsenpankt  einerseits 
von  einem  Brennpunkte,  andererseits  von  der  zugehörigen 
Directrix  entfernt  ist,  stehen  in  dem  constanten  Verhlllt- 
niss  der  linearen  Excentricität  zur  grossen  Halbachse. 

Da  die  Ellipse  von  der  kleinen  Halbachse  in  zwei  congruente  Theile 
getheilt  wird ,  so  gilt  för  die  zweite  Hälfte  dasselbe ,  wie  fiir  die  erste ;  es 
existiren  demnach  zwei  Brennpunkte  F  und  JP,  (Fig.  13),  denen  zwei  Direc- 
tricen  EQ  und  J?|  Q^  entsprechen.    Durch  Addition  der  beiden  Gleichungen 


FP~*- PQ,   F,P  =  ^ PQ, 


ergiebt  sich  weiter 


FP^F^P=  f— 0  <p,  =  f- 2ME=  2a, 

a  a 

d.h.  die  Summe   der  Kadienvectoren  eines  Ellipsenpunktes 

ist  gleich  der  grossen  Achse. 

3)   Die  Hyperbel 

In  Fig.  14.  Taf.  11.  sei  0  das  Projectionscentrum ,  Ü'V  die  Gegenpo- 
lare und  jff'Ä"  ihr  Durchschnitt  mit  dem  Kreise ,  dessen  Projection  die  Hy- 
perbel ausmacht.  Da  den  Punkten  H'  und  A"  unendlich  entfernte  Punkte 
der  Ebene  (S  entsprechen,  so  besteht  die  Hyperbel  aus  zwei  getrennten  un- 
endlichen Zügen;  der  eine  Zweig  ist  die  Projection  des  auf  der  einen  Seite 
von  ff'K'  liegenden  Kreisbogens  H'A'K\  der  andere  Zweig  entspricht  dem 
gegenüberliegenden  Bogen  H*B'K'  *).  Wie  früher  ist  die  Projection  des 
Kreismittelpunktes  der  Pol  der  Hyperbel  für  die  gegebene  Polare ,  umge- 
kehrt findet  ein  ähnliches  Verhältniss  statt,  wenn  man  H'K'  als  Berüh- 
rungssehne (innere  Polare)  des  Kreises  ansieht  und  das  zugehörige  Berüh- 
rungscentrum M'  (den  äusseren  Pol)  aufsucht.  Zieht  man  nämlich  durch 
irgend  einen  Punkt  ü'  der  Gegenpolare  beliebige  Kreissehnen ,  wie  z.  B. 
Ü'O'P'  und  bestimmt  zu  den  jedesmaligen  drei  Punkten  U\  Q',  P'  den 
vierten  harmonischen  Punkt  L'^  so  liegen  alle  Punkte  der  letzteren  Art  in 
einer  Geraden  (der  zu  ü'  geh5rigen  Borührungssehne),  diese  geht  in  jedem 
Falle  durch  M'  und  bildet  eine  zu  H'K'  conjugirte  Berühr ungssehno ;  für 
die  Projectionen  der  genannten  Geraden  folgt  hieraus  der  Satz:  Die  Mit- 
telpunkte aller  parallelen  Sehnen  einer  Hyperbel  liegen  in 
einer  Geraden,  einem  sogenannten  Durchmesser  derCurve; 
alle  Durchmesser  gehen  durch  einen  festen  Punkt  M,  Jede 
durch  M'  gehende  Gerade  wird  von  M\  dem  Kreise  und  der  Gegenpolare 
harmonisch  getheilt;  der  Punkt  JKfhalbirt  folglich  alle  durch  ihn 
gelegten  Durchmesser  der  Hyperbel  und  ist  daher  ihr  Mit- 
telpunkt. Weil  femer  J?'A"*und  L*M'  conjugirte  Berührungssehnen  des 
Kreises  sind ,  so  gilt  für  die  Hyperbel  der  Satz :  Legt  man  zu  den  von 
einem  Durchmesser  halbirten  Sehnen  eine  Parallele  durch 
den  Mittelpunkt,  so  ist  letztere  selbst  wieder  Durchmesser 
für  alle  Sehnen,  welche  mit  dem  erstenDurchmcsser  gleiche 
Richtung  haben;  man  erhält  also  zwei  conjugirte  Durchmesser. 

*)  In  der  Figur  hat  man  sich  oberhalb  der  Collineationsachse  die  Ebene  d  in 
ihrer  ganzen  Ansdehnnng,  unterhalb  der  Collineationsachse  die  Ebene  d'  obcnanf  zu 
denken;  die  Ebene  S",  welche  das  Projectionscentmm  enthält,  liegt  oberhalb  der 
Polare  unter  ^. 


Von   O.  SCHLÖMTLCH.  15 

Um  die  Frage  nach  der  etwaigen  senkrechten -Stellung  zweier  oonjn- 
girten  Durchmesser  gegeneinander  zu  beantworten,  betrachten  wir  die  Ge- 
raden OU'  und  0V\  wobei  V  den  Durchschnitt  der  conjngirten 'Kreisseh- 
nen H'K'  und  L'M'  bezeichnet.  Nach  den  Grundlohren  der  perspeotivi- 
schen  Projection  ist  OU'  \\  LP  und  OV  \\  LMy  die  senkrechte  Lage  der  pa- 
rallelen Sehnen  LP  gegen  die  zugehörigen  Durchmesser  LM  erfordert  also 
sonächfit,  dass  L  IJ'0V*=^^  sei.  Ausserdem  müssen  aber,  da  es  sich  nm 
conjugirte  Durchmesser,  d.  h.  in  <$'  um  conjugirte  Sehnen-  handelt,  die 
Punkte  Ä",  V\  H\  V  harmonisch  liegen,  also  die  Geraden  0K\  0V\  0H\ 
OV  einen  harmonischen  Strahlenbüschel  bilden.  Beiden  Bedingungen  zu- 
sammen genügt  man  mittelst  des  bekannten  Satzes:  „Zu  irgend  zwei  festen 
Strahlen  {pH\  OK')  eines  Strahlenbüschels  giebt  es  unzählige  Paare  zuge- 
ordneter harmonischer  Strahlen,  und  namentlich  sind  die  zwei  Strahlen, 
welche  die  Winkel  zwischen  jenen  Strahlen  halbiren ,  mithin  senkrecht  auf 
einander  stehen,  ein  solches  Paar**;  man  erhält  folglich  die  gesuchten 
Richtungen  durch  Halbirung  der  von  OH'  und  OK'  gebildeten  Winkel,  d.  b. 
für  jede*Hyperbel  giebt  es  ein  und  nur  ein  Paar  senkrecht 
zu  einander  liegender  conjugirter  Durchmesser.  Der  eine  von 
diesen  ist  AB^  der  andere  steht  in  M  senkrecht  auf  AB  und  schneidet  die 
Hyperbel  nicht.  Die  Strecke  AB  heisse  die  Hauptachse  der  Hyperbel; 
inwiefern  auch  eine  Nebenachse  existirt ,  wird  sich  gleich  nachher  bei  der 
Betrachtung  der  Tangenten  zeigen. 

Wenn  durch  einen  ausserhalb  des  von  beiden  Hyperbel  zweigen  um- 
schlossenen Kanmes  befindlichen  Punkt  eine  Tangente  an  die  Hyperbel  ge- 
legt werden  soll,  so  würde  man  zunächst  den  entsprechenden  Punkt  in  (S' 
aafsuchen ,  welcher  dann  ausserhalb  des  Kreises  föUt ,  von  ihm  aus  Tan- 
genten an  den  Kreis  ziehen  und  letztere  auf  (E  projiciren.  Im  Allgemeinen 
entsprechen  jenen  zwei  Kreistangenten  auch  zwei  nach  angebbaren  Hyper- 
belpunkten gehende  Hyperbeltangenten,  doch  sind  hier  einige  Ausnahmen 
möglich.  Wäre  nämlich  M  der  gegebene ,  also  M'  der  ihm  entsprechende 
Punkt,  so  würde  man  in  6'  die  Tangenten  M'H'  und  M'K'  erhalten  und 
diesen  entsprechen  in  (S  zwei  nach  unendlich  fernen  Punkten  {H^  und  K^ 
der  Hyperbel  gehende  Tangenten;  diese  speciellen  Tangenten  MH^  und 
MK^y  deren  Lagen  zwar  völlig  bestimmt  sind,  deren  Berührungspunkte 
aber  im  Unendlichen  liegen,  heissen  die  Asymptoten  der  Hyperbel;  der 
spitze  Winkel  zwischen  einer  Asymptote  und  der  grossen  Achse  ist  der  so- 
genannte Asymp'totenwinkel.  Fiele  zweitens  die  Rückprojection  des 
gegebenen  Punktes  auf  eine  der  Geraden  MH'  und  MK\  z.  B.  zwischen  M 
und  H\  so  würde  MH'  die  eine  Tangente  an  den  Kreis  sein,  die  andere 
Tangente  wäre  von  MK'  und  ihr  Berührungspunkt  von  K  verschieden,  d.  h* 
die  eine  Hyperbeltangente  fallt  mit  der  einen  Asymptote  zusammen,  die 
andere  Tangente  dagegen  hat  ihren  Berührungspunkt  in  endlicher  Ent- 
fernung. Alles  zusammen  giebt  den  Satz:  Durch  einen  ausserhalb 
des  Hypcrbelraumes  liegenden  Punkt  können  im  Allgemei- 
nen zwei  Tangenten  an  die  Hyperbel  gezogen  werden;  liegt 
der  Punkt  auf  einer  der  Asymptoten,  so  gilt  die  betreffende  " 
Asymptote  selber  als  die  eine  Tangente  und  ausserdem 
existirt  noch  eine  zweite;  ist  der  gegebene  Punkt  der  Mit- 
telpunkt der  Curvo,  so  sind  die  Asymptoten  die  gesuchten 
Tangenten.  Ferner  überzeugt  man  sich  leicht  von  folgenden  Sätzen: 
Durch  einen  gegebenenllyperbelpunkt  geht  nur  eine,  durch 


16  Die  Kegelschnitte  als  CoUinearverwandte  des  Elreises. 

einen  im  Innern  desHyperbelranmes  liegenden  Punkt  keine 
Tangente. 

Wir  untersuchen  zweitens ,  ob  sich  ÜTperbeltangenten  von  bestimmter 
Richtung  constmiren  lassen ,  und  denken  uns  zu  diesem  Zwecke  durch  den 
Mittelpimkt  M  eine  Gerade  g  in  der  vorgeschriebenen  Richtung  gezogen; 
die  Rückprojection  von  g  sei  g'  und  G'  ihr  Durchschnitt  mit  der  Gregen- 
polare  H  K\  also  G'  die  Rückprojection  des  unendlich  entfernten  Punktes 
von  g.  Nun  sind  oiffenbar  drei  Lagen  möglich ;  entweder  fällt  g  mit  einer 
der  Asymptoten,  also  g'  mit  M'H'  oder  M'K'  und  G'  mit  H'  oder  K'  zu- 
sammen, dann  ist  g  selber  die  geAichte  Tangente  für  beide  Hyperbelzweige 
zugleich;  wenn  zweitens  g  die  Hyperbel  nicht  schneidet,  so  kann  g'  den 
Kreis  ebensowenig  schneiden,  dann  kommt  G'  ausserhalb  des  Krebes  zu 
liegen, und  es  sind  von  G'  aus  zwei  Tangenten  an  den  Kreis,  folglich  auch 
zwei  zu  g  parallele  Hyperbeltangenten  möglich ;  endlich  kann  g  die  Hyper- 
bel schneiden,  dann  schneidet  g'  den  Kreis  und  G'  fällt  innerhalb  des  Krei- 
ses ,  von  wo  aus  keine  Tangenten  an  diesen  gelegt  werden  können.  Dies 
zusammen  giebt  den  Satz:  Parallel  zu  einer  gegebenen*6eraden 
sind  zwei,  eine  oder  keine  Hyperbeltangenten  möglich, 
jenachdem  eine  durch  den  Mittelpunkt  gelegte  Parallele 
die  Hyperbel  nicht  schneidet,  Asymptote  ist,  oder  die  Hy- 
perbel schneidet. 

Metrische  Relationen  für  die  Tangenten  ergeben  sich  auf  folgendem 
Wege.  An  die  Endpunkte  P  und  Q  einer  auf  der  Hauptachse  senkrechten 
Sehne  legen  wir  Tangenten,  welche  sich  in  einem  Punkte  S  der  Hauptachse 
schneiden;  ihnen  entsprechen  die  Kreistangenten  S' P'  und  S' Q\  deren 
Berührungssehne  P' Q'  durch  den  Punkt  £/' geht  und  mit  ^'i?'  ein  Paar 
conjugirter  Ejreissehnen  bildet ;  hieraus  folgt  die  harmonische  Lage  der 
Punkte  B\  L\  A\  S\  denen  vier  gleichfalls  harmonisch  liegende  Punkte 
B^  Z,  Ay  S  entsprechen.  Für  MA  =  a ,  ML  =  x  giebt  diese  harmonische 
Proportion  ^ 

MS  =  — . 

X 

Nennen  wir  femer  X  und  Y  die  Punkte ,  in  denen  die  an  P  gelegte 
Tangente  die  Asymptoten  schneidet,  so  erhalten  wir  in  6 '  (Tafel  III.  Fig.  16) 
zwei  conjugirte  Berührungssehnen  H' K'  und  M'  P\  woraus  leicht  folg^ 
dass  die  Punkte  X\  P\  Y'  und  der  Durchschnitt  Z'  von  H' K'  mit  X'  Y' 
ein  harmonisches  System  bilden;  dasselbe  muss  von  den  entsprechenden 
Punkten  gelten,  wobei  ab^r  Z  ins  Unendliche  föllt,  mithin  P  die  Mitte  X  Y 
sein  muss;  also:  der  Berührungspunkt  einer  Hyperbeltangente 
halbirtdie  zwischen  den  Asymptoten  liegende  Strecke  jener 
Tangen  te.  Hierauf  gründet  sich  folgende  kleine  Rechnung.  Die  im  Schei- 
tel A  construirte  auf  der  Hauptachse  senkrechte  Tangente  sei  C/>,  ihre 
Hälfte  AC=h  und  LP=y]  femer  mögen  a:,  und  y,  die  rechtwinkligen 
Coordinaten  von  X,  sowie  x^  und  y^  die  von  Y  bezeichnen ;  man  hat  dann 

y^ :  y  =  a:,  —  MS :  x  —  MS 
d.i. 

b  0*  a* 

-.:,:y  =  ;r,--:a:-- 

und  indem  man  x^  hieraus  bestimmt 

fl^y 

*       axy  —  b  {x^  — a*)* 


Von  O.  SCHLÖMILCH.  17 


Auf  gleich  einfache  Weise  ergiebt  sich 


da  nun  P  in  der  Mitte  zwischen  X  and  Y  liegt,  so  muss  x  das  arithmetische 
Mittel  zwischen  x^  nnd  x^  sein,  und  hieraus  findet  man 

aV  — ^"(«^  — «*)  =  0 
oder 

Der  Symmetrie  wegen  heisse  h  die  Nebenhalbachse  und  die  durch 
Ji  parallel  zu  CD  gezogene  Gerade  die  imagiulireAchse  der  Hyperbel. 
Das  Stück  ATT,  welches  die  Tangente  X  Y  von  der  letzteren  Achse  abschnei- 
det, findet  sich  aus  der  Proportion 

3fT:MS  =  LP:LS 
oder 

X  X 

Wir  bemerken  noch,  dass  die  Werthe  von  a:,  und  x^ ,  sowie  die  daraus 
'folgenden  von  y,  und  y,  eine  symmetrischere  Form  annehmen,  wenn  mau  für 

^  (o;*  —  o*)  den  gleichgeltenden  Ausdruck  -j-  setzt;  es  wird  nämlich 

(^b  a*b 


bx  —  ay  bx  +  ay' 

_     fl6«  _       afe' 

^^~bx  —  ay'  ^*~bx  +  ay 
.  Aus  denselben  Oründen  wie  früher  legen  wir  nun  das  Projcctions- 
centrum  in  die  Hauptachse ,  also  die  Polare  und  die  Collineationsachse  pa- 
rallel zur  Nebenachse.  Die  Rückprojection  der  Hyperbel  d.  h.  den  in  @' 
ihr  entsprechenden  Kreis  construiren  wir  in  diesem  Falle  auf  folgende 
Weise  (Fig.  15).  Sei  E  der  Durchschnitt  der  willkührlich  gewählten  Polaro 
nut  der  Hauptachse,  EH  eine  von  E  aus  an  die  Hyperbel  gelegte  Tangente, 
welche  die  auf  derselben  Seite  wie  ihr  Berührungspunkt  H  liegende  Asymp- 
tote in  JSfi  und  die  andere  Asymptote  in  IC^  schneidet,  femer  sei  durch  ifi 
die  Collineationsachse  gelegt,  deren  Durchschnitt  mit  der  llypcrbelachse  G 
heissen  möge ;  der  Hyperbel tangente  A^|  ff  entspricht  nun  die  auf  der  Colli- 
neationsachse senkrechte  Kreistangente  K^ff'  und  es  ist  daher  GK^  der 
Halbmesser  des  gesuchten  Kreises.  Ausserdem  muss  letzterer  durch  die 
rieh  selbfft  entsprechenden  Punkte  /  und  L  gehen ,  in  denen  die  Collinea- 
üonsachse  die  Hyperbel  schneidet;  hieraus  ergiebt  sich  eine  einfache  Con- 
Btmction  dieses  Kreises  und  seines  Berührungspunktes  //' ;  was  endlich  das 
Collineationscentrum  betrifft,  so  liegt  dieses  auf  der  Hauptachse  der  Hyper- 
bel in  einer  geraden  Linie  mit  den  entsprechenden  Punkten  Ji  und  //'.  Um 
femer  zu  entscheiden,  ob  die  eben  behandelte  unbestimmte  Aufgabe  auch 
80  gelöst  worden  kann ,  dass  der  Kreismittelpunkt  F'  und  der  ihm  entspre- 
chende harmonische  Pol  F  die  Hauptpunkte  des  CoUineationssystemes  sind, 

Z«itichnfl  f.  Mathematik  a.  Physik.  L  2 


18  Die  Kegelschnitte  als  CoUiziearverwaiidte  des  Kreises. 


bemerken  wir  zunächst,  dass  für  MF=  x,  FB==:^y  die  Funkte  JTi  und  £^ 
mit  den  vorhin  betrachteten  Punkten  X  und  Y  identisch  sind,  also  MG  =  Xiy 
CATi  =  yi  ist  und  ebenso  o?,,  y,  die  Coordinaten  von  A',  sein  würden.  Für 
F  und  F'  als  Hauptpunkte  gilt  nun  die  Gleichung  FG  =  F'G  oder  FJ= 
rj=  GK^mithm 

Tg*  +  g7*  =  gF^* 
d.i. 

hieraus  ergiebt  sich  die  einfache  Beziehung 

Xi  —  o;  =  6, 
welcher  sich  (wegen  HKi  =  HK^)  die  analoge  Gleichung 

'X  —  Xt  =  b 

anreiht;  die  Verbindung  beider  Relationen  liefert  weiter 

Xi  —  a:,  =  26 

d.  i.  vermöge  der  Werthe  von  x^  und  x, 

a«y  =  6«a;«  —  aV  =  o*^" 
mithin 


Hieraus  findet  man  noch 

JlfJ^=  — =  --==,  MG:=Xi=    , , 

^      y^  +  b*  ya*  +  b*  —  b 

die  Entfernung  des  Projectionscentrums  von  der  Polare  ist  bei  Haup^nnk- 
ten  =  EF'  also  hier 

=  X  —  ME  = =     .  =r. 

Der  feste  Punkt  F ist  ein  Brennpunkt  der  Hyperbel,  sein  Abstand 
vom  Mittelpunkte  die  lineare  Excentricität,  die  durch  jP senkrecht 
zur  Hauptachse  gelegte  Sehne  der  Parameter,  und  die  dem  Pole  F ent- 
sprechende Polare  eine  Directrix  der  Hyperbel*).  Vermöge  der  den 
Hauptpunkten  collinearer  Figuren  zukommenden  Eigenschaften  gilt  nun  f&r 
irgend  einen  Hyperbelpunkt  P,  dessen  Abstand  von  der  Directrix  =  PQ  ist 
die  Gleichung 

FP_  F'P'  _  GK^  ^FH  _}/(!? +  b^ 
PQ~  GE    ~  GE~  FE~        a 
d,  h.  die  Strecken,  um  welche  ein  Hyperbelpunkt  einerseiti 
von  einem  Brennpunkte  andererseits  von  der  zugehörigem 
Directrix  entfernt  ist,  stehen  in  dem  constanten  Verh&ltniss 
der  linearen  Excentricität  zur  halben  Hauptachse. 

Da  die  Hyperbel  symmetrisch  su  beiden  Seiten  der  imaginären  Achse 
liegt,  so  exislirt  ausser  dem  vorhin  bestimmten  Brennpunkte  noch  ein  zwei* 
ter  mit  einer  ihm  entsprechenden  zweiten  Directrix ;  es  gelten  daher  die 
Gleichungen 


*)  Wie  bei  der  Ellipse  Utost  sich  auch  hier  ohne  Rechanng  der  Naehweis  tiefem, 
daas  F  und  F'  in  Hanptpnnkten  der  ColKneation  werden  können. 


Von  O.  SCHLÖMILCn.  19 


FP=zf- — ^ — PQ,  F,P=^      ^      PQ, 
a  a 

nnd  aus  diesen  ergiebt  sich  durch  Subtraction 


i/o«  4- fr»  i/fl«  +  fr« 

a  a 

d.  h.  die  Differenz  dorKadienvoctoren  eines  Hyperbelpunk 
tes  ist  gleich  der  Hauptachse. 

Um  nicht  Bekanntes  zu  wiederholen,  brechen  wir  die  Eutwickelung 
weiterer  metrischer  Relationen  ab ;  dass  aber  die  Fruchtbarkeit  der  im  Vo- 
ri<^en  benutzten  Anschauungsweise  damit  nicht  erschöpft  ist,  dass  im  Ge- 
gentheil  die  Auseinander-  und  Aufeinanderlegung  der  Ebenen  (^,  (&\  (S" 
nebst  Polare  und  Gegenpolare  etc.  noch  zu  manchem  bomerkenswerthen 
Resultate  führen  kann,  zeigen  wir  schliesslich  an  der 

4)  Constmetion  eines  Kegeladmittes  durch  fünf  gegebene  Pnnkte. 

Die  bekannten  von  Newton  und  Pascal  herrührenden  Auflösungen 
dieses  Problems  stimmen  insofern  mit  einander  Überein,  als  sie  aus  den  ge- 
gebenen Punkten  beliebig  viele  andere  Punkte  der  Curve  der  Reihe  nach 
herleiten,  ohne  aber  die  Natur  des  betreffenden  Kegelsclmitts  zu  individua- 
lisiron  oder  die  Achsen  desselben  zu  bestimmen.  Dieser  planimetrischen 
Auffassung  der  Sache  stellen  wir  eine  stereometrische  Betrachtung  gegen- 
über ,  indem  wir  direct  einen  der  Kegel  construircn ,  auf  welche  sich  die 
durch  die  gegebenen  Punkte  gehende  Linie  zweiten  Grades  versetzen  lässt; 
mit  anderen  Worten ,  wir  lösen  die  Aufgabe  „fünf  in  einer  Ebene® 
gegebenePunkte-<4,  ^,  C,  i>,  ^aufeineandereihrerLagenach 
gegebene  Ebene  (§:'  so  zu  projiciren,  dass  die  Projectionen 
A\  B\  C'y  D\  E'  in  die  Peripherie  eines  und  desselben  Krei- 
ses fallen." 

Indem  wir  alle  früheren  Bezeichnungen  beibehalten,  wobei  (Tafel  IV. 
Fig.  17)  0  das  Projectionscentrum ,  Gq/Tq  die  Collineationsachse  und  G^H^ 
die  Polare  sein  möge,  versuchen  wir  zunächst,  vier  in  (S  gegebene  Punkte 
JjB^C^J)  so  auf  6'  zu  projiciren,  dass  A\B\  C\  D'  in  die  Peripherie  eines 
and  desselben  Kreises  fallen.  Zu  diesem  Zwecke  verbinden  wir  A^  By  C,  B 
SU  einem  Vierecke  und  verlängern  dessen  Seiten  AB,  BC\  CD^  BA  bis  sie 
die  Collineationsachse  der  Reihe  nach  in  A^^^  Bq^  Cq,  Bq  und  die  Polare  in 
j^i,  ^1,  C|,  2>,  schneiden;  durch  A^,  B^^Cq^  Bq  legen  wir  Parallelen  zu  O^j, 
OB^ ,  OCi ,  07),  und  erhalten  auf  diese  Weise  vier  Gerade,  welche  No.  I.  zu- 
folge den  Viereckssciten  AB^  BCy  CB^  BA  entsprechen,  und  sich  folglich 
in  den  vier  entsprechenden  Punkten  A\  B\  C\  B'  schneiden.  Damit  nun 
ä' B'  C B'  ein  Sehnenviereck  werde,  ist  es  erforderlich,  dass  die  Gleichung 

L^'  +  iLC'=Li?'  +  Z.i>'  =  180« 
stattfinde;   aus  dieser  kann  leicht  eine  Beziehung  zwischen  den  spitzen 
Winkeln  bei  ^qy  ^o«  ^o»  ^o  hergeleitet  werden,  es  ist  nämlich 

LA'  =  LAo  +  LBo,  LC^LBo  +  LCo 
folglich 

LAo  +  LBo  +  LCo  +  LBo=m^ 
mitbin ,  wenn  die  bei  A^,  B^y  C^  2>|  vorkommenden  gleichen  spitzen  Win- 
kel mit  denselben  Buchstaben  bezeichnet  werden, 

LA^  +  LB^  +  LCt+LB^  =  ieo\ 

2* 


20  Die  Kegelschnitte  als  Collinearverwandte  des  Kreises. 

Es  kommt  also  nur  darauf  an ,   den  Punkt  0  so  zu  bestimmen ,  dass 
durch  die  von  ihm  aus  nach  den  gegebenen  Punkten  ^| ,  B^^  C^y  D^  gezo- 
genen Geraden  vier  der  obigen  Bedingung  genügende  Winkel  entstehen. 
Zur  Lösung  dieser  neuen  Aufgabe  dient  folgende  Betrachtung. 
Wenn  LA^OM=LCi  genommen  wird,  so  ist 

L0MB,  =  LA,  +  LA^0M  =  LA,  +  LC,, 
femer 

.  LOMAi  =  LB,+LBiOMy 
d.i. 

l80^—(LA^  +  C,)  =  LBi  +  LB,0M 
oder 

LA,  +  LB,  +  LCi  +  LB^OM=  180''. 
Die  Lösung  der  Aufgabe  vorausgesetzt,  folgt  hieraus  LB^OM^^LD^- 
Weiter  ist,  da  die  Dreiecke  A^OM  und  OC^M  in  zwei  Winkeln  übereiii- 
stimmen 

A^MiOM=OM.C^M 
oder  • 

0^  =  A,M.C,M 
und  auf  gleiche  Weise  aus  den  Dreiecken  J?,  O^und  OD^M 

'0M^=:B,M.D^M, 

Diese  beiden  Gleichungen  geben  zu  erkennen,  dass  M  derjenige  Punkt 
der  Geraden  A^  B  ^  ist ,  von  welchem  aus  zwei  gleiche  Tangenten  an  die 
über  A^  C^  und  B^^  D^  beschriebenen  Halbkreise  gelegt  werden  können  und 
dass  0  auf  der  Peripherie  eines  Kreises  liegt,  der  mit  jener  gleichen  Tan- 
gente als  Halbmesser  aus  dem  Mittelpunkte  M  beschrieben  wird.  Mit  an- 
deren Worten,  M  ist  der  Punkt,  in  welchem  die  Potenzlinie  der  über  A^C^  • 
und  B^  Dl  beschriebenen  Kreise  die  Centrale  A^  B^  schneidet ,  und  der  geo- 
metrische Ort  des  Projectionscentrums  0  ist  der  Kreis,  welcher  M  zum  Mit- 
telpunkte hat  und  jene  beiden  Kreise  normal  schneidet.  Wir  wollen  ihn 
kurz  den  Normalkreis  des  Vierecks  AB  CD  in  Beziehung  auf  die  Polare 
(?!  Hl  nennen ;  seine  Construction  ergiebt  sich  unmittelbar  aus  dem  Vorigen. 

Sind  nun  in  ß  fünf  Punkte  A^  B,  C,  2>,  E  gegeben ,  so  bilde  man  aus 
denselben  zwei  in  drei  Punkten  übereinstimmende  Vierecke,  wie  z.  B.  ABCD 
und  ABCE  (Fig.  18),  construire  ferner  die  Normalkreise  beider  und  nehme 
den  Durchschnitt  der  letzteren  zum  Projectionscentrum;  man  erhXlt  jetzt 
in  CS'  zwei  Sehnenvierecke  A' B' C D'  und  A' B' C E\  welche  drei  Ecken 
gemein  haben ,  also  einem  und  demselben  Kreise  eingeschrieben  sind.  Die 
Projection  dieses  Kreises  ist  der  gesuchte  Kegelschnitt. 

Um  zu  entsoheiden,  ob  die  hiermit  gefundene  Curve  eine  Ellipse ,  Pa- 
rabel oder  Hyperbel  ist,  bedarf  es  nur  der  Construction  der  Gegenpolare 
JA^,  welche  ||  FqHq  in  derselben  Entfernung  wie  0  von  der  Polare  liegt;  je 
nachdem  die  Gcgenpolare  ausserhalb  des  Kreises  fällt,  ihn  berührt  oder 
schneidet,  ist  die  Curve  eine  Ellipse,  Parabel  oder  Hyperbel. 

Endlich  können  auch  die  Achsen  des  Kegelschnitts  direct  bestimmt 
werden;  man  construirt  zu  diesem  Zwecke  diejenigen  conjugirten  Kreis- 
selincn,  denen  senkrecht  aufeinander  stehende  Durchmesser  entsprechen; 
die  Projectionen  dieser  Sehnen  sind  die  Achsen.  Bei  der  Hyperbel  kann 
man  gleichzeitig  die  Asymptoten  nach  dem  in  Nr.  3  erwähnten  Verfahren 
bestimmen. 


n. 

üeber  eine  besondere  Gattung  von  Beihen. 

Von  0.   SCHLÖMILCH. 


Uie  Reihen,  welchen  wir  im  Folgenden  eine  kurze  Untersuchung  widmen, 
sind  von  den  Formen 

A^  cos ^cos  ^  +  A^  cos^ ^cos2^+  A^ cos^  ^  cos^  +  . .  . 

B^  cos  ^sin^  +  B^  co^  ^  sin  2^  +  ^,  cos^  ^  m  3^  +  •  •  • 
und  bilden  gewissermaassen  eine  Mittelgattung  zwischen  den  nach  Poten- 
zen einer  Variabelen  {cos  d)  aufsteigenden  und  den  nach  Cosinus  oder  Sinus 
der  Vielfachen  eines  Bogens  {d)  fortschreitenden  Eeihen.  Wir  werden  zu- 
nächst zeigen ,  wie  sich  manche  Functionen ,  namentlich  Integrale ,  mit 
Leichtigkeit  in  derartige  Reihen  umsetzen  lassen ,  und  nachher  die  allge- 
meinen Bedingungen  erörtern ,  unter  denen  eine  beliebige  Function  in  eine 
solche  Reihe  verwandelbar  ist. 

I.    Die  einfachsten  Reihen  der  obigen  Form  ergeben  sich  aus  den  be- 
kannten für  jedes  acht  gebrochene  r  und  beliebige  ^  geltenden  Gleichungen 

1 — rcosd'  ,   ,  ^  ,    •       ^^  , 
-——j=l  +  rcos^  +  r*cosM+  ..., 

1  — 2rco5^  +  r*  ^ 

und  zwar  durch  die  Substitution  r=zpcos^^  wobei  p  wiederum  als  achter 
Bruch  vorausgesetzt  werden  möge  \  es  ist  dann 

^ — '- rr=  1  +pcos^cos{^  +  p*co^^cos^^'\- . . . 

p  cos  ^  sin  9  «      .  ^ 

1  —  (2p  — p*)  C05»^        /-  I  ^ 

und  ftlrp  =  l — q<t  wo  nun  q  zwischen  den  Grenzen  — 1  und  +  l  liegen 
muss, 

^^^^~^1^^^.^  =  \  +  i\—q)cos^cos^  +  {\  —  qYco^^cos1^+... 

{l  —  q)cos^sin^  ^  (l-g)cog^5tn^+  (1  — g)'cog«^5t;i2^+  . . . 

1  —  (1 — ff)  cor  ^ 
Zieht  man  von  der  ersten  Gleichung  die  Einheit  ab ,  dividirt  nachher 
beide  Gleichungen  durch  1 — q  und  drückt  schliesslich  cos  9,  sowie  sin^y 
durch  tond  aus,  so  hat  man  folgende  Formeln: 


22  '  lieber  eine  besondere  Gattung  von  Reihen. 


I 


i^>^*f*^^S^*^S^')^>^^^^^>^t^^>^l^>^S^>^>^S^^^^^^S^^0^^^^^0^^^^i>^^ 


1)  9,.    ^^=:cos^cas^-{-(l — q)cos^ecos^^+(l'^qYcos^eco8S&+.. 

2)  -— —  =  cos  d'  sin  d  +  (1 — q)  cos^  ^  sin  2  ^  +  (1 — q)*  cof  ^  m  3^ + . , 

At^  diesen  kann  man  beliebig  viele  andere  und  ähnliche  Glcichnnge 
dadurcji  ableiten,  dass  man  mit  einer  beliebigen  Function  f{q)  und  mit  « 
multij)licirt  und  zwischen  Grenzen  integrirt,  welche  nicht  ausserhalb  — 
und  +  1  liegen.    Einige  Beispiele  hierzu  sind  folgende. 

Wir  multipliciren  die  Gleichung  1)  mit  q^'^^dq^  wo  jü  eine  beliebig 
positive  Grösse  bezeichnet,  und  benutzen  rechter  Hand  die  bekannte  Form( 

es  wird  dann 


'^(^  +  l)(,t+2) 
Für  q=^xtafi^  verwandelt  sich  die  linke  Seite 

cotd- 

'  dx 


1  . 2 

co^^co*3^ +...] 


^.-u  .__,. 


wir  erhalten  daher,  wenn  coid^  kurz  mit  h  bezeichnet  wird, 

h 
cf^dx 


!1                                                                      1.2 
COS^COS&'i -— -C0S*dC052^+  ; -— — -— -  co«*^co«3^+. 
f*+l                             (f*  +  0(f*+2) 


und  diess  ist  die  Entwickelung  eines  bestimmten  Integrales ,  wobei  der  B 
gen  ^  durch  die  Gleichung  cot^=h  gegeben  ist. 

Aus  der  Formel  2)  erhält  man  durch  das  nämliche  Verfahren 

h 

0  ' 

Hf*  —  ^i  1  1.2' 

= {cos^sin^-i r--cos*&sin2^  +  -. — — -— — --r  co^^5m3^  + ... 

II      «  fi  +  1  (|Ä+0(f*+2) 

Setzt  man  in  beiden  Gleichungen  x^=^yz^  h  =  yk,  in   der  erst 

/Li  =  2il  +  1  nnd  in  der  zweiten  ^=2iL  +  2,  so  gelangt  man  zu  dein  £rge 

nisse : 

2Ä"        (  1  12 

2k^     i  1  12 


Von  O.  ScHi/ftMiLCH.  23 

Diese  Formeln  dürften  namentlich  in  den  Fällen  brauchbar  sein ,  wo  k 
mehr  als  die  Einheit,  folglich  ^=Ärccotyk  weniger  als  ^9S  beträgt  und 
gleichzeitig  l  ein  Bruch  mit  grossem  Zähler  ubd  t?enner  oder  eine  Irratio- 
nalzahl ist. 

Als  zweites  Beispiel  diene  die  Entwickelung  der  elliptischen  Integrale 
aller  drei  Arten.    Aus  Nr.  1)  erhalten  wir  zunächst  für  ^=^, 

q=j/l  —  k^sin*»r=:  J^ 

und  durch  beiderseitige  Division  mit  ^^  co^iff 

6)  1 

1  —  k^  $in*m  co^ijß     " 

=  —  1 1  +  (I  —  zf  „)  cosStf;  +  (1  —  zf  ^)*  co5^  co^5^ 

+  (1  — z/^)»co**^co54i(;  +  ...|; 

diese  Gleichung  multipliciren  wir  mit  dwy  integriren  zwischen  den  Grenzen 
(D=0  bis  (o=^7Cj  benutzen  linker  Hand  die  bekannte  Formel 


/: 


dm  n    \ 


0 

für  0*=!,  b*=l — k^cos*ifi  und  setzen  rechter  Hand  zur  Abkürzung 
4« 


^  /(^-^«)"'t-=^- 


wir  gelangen  auf  diese  Weise  zu  der  Gleichung 

Bei  einer  ferneren  Multiplication  mit  afp  und  Integration  zwischen  den 
Grenzen  tp=0  bis  •(;;==:  if;  kann  die  Formel 


ß' 


m-l.-  .      .    -v       ,  1 


}  cos^^^flßcos  (m+  l)^rf^  =  ^cos^ilfSinmip 
/q  m 

auf  jedes  einzelne  Reihenglied  angewendet  werden;  diess  giebt  die  ge- 
suchte Entwickelung: 


d^ 


Die  Coefficienten  Kq^  K^^  K^. . .  sind  nach  Nr.  7)  leicht  zu  berechnen ; 
bedienen  wir  uns  der  Jacobi^schen  Bezeichnung  für  die  vollständigen  ellip- 
tischen Integrale,  nämlich 


/$=^'  >««^«=^. 


0       ••  0 

so  erhalten  wir  für  jene  Coefficienten  der  Beihe  nach  die  Werthe : 

Kj.—K—tn  +  ZE  +  ^nk'  u.  s.  w. 
Will  man  in  Nr.  6)  statt  der  linken  Seite  das  gewöhnliche  elliptische 
Integral 


24  Ueber  eine  besondere  Gationg  von  Reihen. 


//5 


^,_-JL__=F(*,9). 


80  bedarf  es  nur  der  Bemerkung ,  dass 

ist;  man  erhält  dann  für  ^^ — ^  =  ^ 

9)        \n  F(kj  ql)'=zKq>  —  \K^  cosiff  wt^—  ^iTj  cos^ipsin  2^  —  . . . 

Die  Entwickelung  des  elliptischen  Integrales  zweiter  Art  erfordert  zu-  * 
nächst  die  Ableitung  einer  Reihe  für  ]f/l — ^co^^\  hierzu  dient  wiederum 
die  Gleichung  6),  wenn  man  beide  Seiten  derselben  mit  cof^  multiplicirt 
und  nachher  von  cosea^^f  abzieht.    Es  ergiebt  sich 
1  —  k*co^^      fi^^^^^\     ^ 

—  ^^  j  (1  — ^ö,)  C052if;+ (1  -  ^„)»  C05*  C053t(;+ . . .  j ; 

wir  multipliciren  ferner  mit  rfw,  integriren  zwischen  den  Grenzen  »=0  bis 
10  =  ^  TT  und  setzen  zur  Abkürzung 

4«  in 

das  Ergobniss  lautet  dann 

und  hieraus  folgt  durch  Multiplication  mit  d^  und  Integration  zwischen  den 
Grenzen  t/;=0  bis  ^^=i\f 

n     r"^ : 

11)  y /j/l — 1^co^i\fd^:=iEQi\} — \E^coS'^sinip — \E^co^^sin^^  — .. 

0 

Unter  Anwendung  der  Integralformel 

— —  rfro  =  —  /  j/i — }^  sin*  wdoü  —  J^  col  m 

findet  man  für  die  Cocfficienten  dieser  Reihe 

Eo=E,     E^  —  \n—E,     E^  —  n—^E  +  k'*K,.,. 
wo  k'  wie  gewöhnlich^! — Ä*  bezeichnet. 

Aus  der  Gleichung  11)  ergiebt  sich  noch  die  folgende 

12)  \nE(k,  q))z=^Eq>'\'\E^  cosip  sin^  +  \E^cos*^  5f>i2^+  . .. 
worin  if;  das  Complement  von  tp  bedeutet. 

Zur  Entwickelung  der  elliptischen  Integrale  dritter  Art  dient  eine 
Gleichung,  welche  aus  Nr.  6)  dadurch  erhalten  wird,  dass  man  erst  0  =  0, 
nachher  01»=  0  setzt  und  die  beiden  entstehenden  Gleichungen  von  einan- 
der abzieht;  die  genannte  Differenz  ist: 


Von  O.  SghlSmilch.  25 
l^  (»in* a  —  gm*»)  cog*^ 


(1 — Ä*  sin*aco^ilf)  (l— A*  «h*o>  co^^) 
1  1    1    .    (1— ^«        1—^« 


.       +ja:^_il^U,^,»+... 

Wir  multipliciren  dieselbe  mit 

da 
sinket  —  8in*m^ 
integriren  zwischen  den  Grenzen  io=0  bis  €9=^n  und  setzen. dabei  zur 
Abkürzung 

das  Resultat  ist 


2  1  —  Ar*  sin*  a  cos^rj}  j/T—  Ä*  cos^  ^ 
=  Zq  +  -^1  C052^  4-  X,  co*t/;  cos^ij)  +  ^a  C05*^  coä-4i(;  +  . . . 
und  hieraus  folgt  durch  Multiplication  mit  d^  und  Integration  zwischen  den 
Grenzen  t(;=0  bis  ij;=i(; 

y  ■  ' 

2^  (l  —  Ä*  m*«  co^tf;)  j/i  —  l^co^ilf 
==Lq^  -^  \Li  cosxff  sin^  +  i ^t  ^05* t/;  sm  2 1(;  + 


Nach  der  Jaco hinsehen  Bezeichnung  der  elliptischen  Integrale  dritter 
Art  ist 

9 

//c^JfgSin  a  cos  a  sin*  tp  dtp 
^     (1  - A»  m»«  ««V)  ^9  ~      ^  ' "'  '^' 
mitbin  das  obige  Integral 

^  J7(Ar,  g,  ^Tg)—  J7(Af,  g,  ^7g  — tf;) 
z^^  $i>t  g  CO«  g  ' 

tili  ^n — ^  =  g>  hat  man  daher 

n  (Ar,  a^q>)=  n  (Ar,  g,  4  w)  —  z/^  5m  g  C05g  |Zo if;  +  {-Xj  C05iJ;  «m ^  +  — > 

Für  9  =  0  also  ^  =  J  »  giebt  die  vorstehende  Gleichung 
0  =  J7(Ar,  g,  Ijä)  —  z/^j  5mg  cosgXo^TS 
and  wenn  man  diese  von  der  früheren  abzieht,  so  bleibt 

15)         iI(Ar,  g,  g))  =  J^j^  sina  cos a  \Lq(p  +  \ L^  co5^5mif; 

+  4X,  C05'iJ;5m2if;+  . .  .| 

IL  Zur  Entscheidung  der  Frage,  ob  nicht  unter  gewissen  Bedingungen 
jede  Function  F  {d)  in  die  eine  oder  andere  der  Keihen 

A^  co8^  cosd^  +  A^  cos*d'  co52^  +  A^  cos^'9'  co5 3d  +  ... 
B^cos^sin^  +  B^co^^sin2^  +  B^cof^sinS^  +  •  •  • 


Ucber  eine  besondere  Oattung  von  Reihen. 


verwandelbar  ist  und  wie  in  diesem  Falle  die  Coefficienten  zu  bestimmen 
sind,  wird  uns  folgende  Betrachtung  führen. 

Vorausgesetzt,  dass  der  von  x  abhängige  Ausdruck 

F  {Are  ian  x)  cos  xt  dx 

für  alle  positiven  x  endlich  und  stetig  bleibt  und  dass  die  nämliche  Eigen- 
schaft auch  den  «ersten  Differentialquotienten  von  0{x)  zukommt,  ist  zu- 
folge des  Theoremes  von  Mac  Laurin 

wo  Pfi  den  in  verschiedenen  Formen  darstellbaren  Rest  der  Reihe  bezeich- 
net.   Die  vorstehende  Gleichung  multipliciren  wir 

— X 

e     cos  [ix  dXy 
integriren  zwischen  den  Grenzen  a:  =  0.bis  a:  =  oo  und  benutzen  rechter 
Hand  die  bekannte  Formel 

Ä-i  -«X                          1.2...  (Ä- 1)  cos  [hArc  ian  |] 
X  e       cosßxdx=- TT 


OB 


indem  wir  gleichzeitig  zur  Abkürzung  Are  tan  fL:=zd^  setzen  \  wir  erhalten 
auf  diese  Weise; 

CD 

J  0{x)  e     cos  [kxdx 

0 

=  0(p)  eos^  cosd^  +  O\0)  cos^d'  cos^9  +  O"{0)  cos^&  cos^&  +  .  . . 

00 

. . .  +  O^^''^\o)  cos^  ^cosnd^  +J^n^^  cos^x  dx. 

0 

Vermöge  der  Bedeutung  von  O  (x)  ist  die  linke  Seite  dieser  Gloichnng 
einerlei  mit 

Ji  cos  [kX  dx    I  F {Are  tan  x)  cos  xxdx 
0  t/o 

d.  i.  zufolge  des  Fourier'sches  Satzes,  welcher  für  oo  >  ^  _  0  richtig  bleibt. 

Die  hiermit  gewonnene  Gleichung 
16)  ^  f'(^)  =  a>(0)  eos^eos&  +  O' {0)  cos^^cos2^  +  •  •  • 

...  +  O^^"  *\o)  co^  ^cosn^  +  I  P^J^  cos  fix  dx 

enthält  nun*  folgendes  Theorem : 

Eine  Reihenentwickelung  von  der  Form 
F{'d)  =  A^  cos^cosd'  +  A^  cos^e  cos2d^  +  .  .  .  +  A^  cos^  ^  cos  n&  +  U„ 
ist  unter  der  Bedingung  möglich,  dass  die  Function 

/»oo 

(P{x)^=e^  I  F{Arctanx)cos  XX  dx 
nebst  ihren  n  ersten  Differentialquotienten  für  alle  positi- 


Von  0-  SCHLÖMILCH.  27 

von  X  endlich  und  stetig  bleibt;  die  Coefficienten  j^  bestim- 
men sieb  mittelst  der  Formel 


7t, 

der  Rest  der  Beihe  ist:- 

P^  e    cos  (txdx, 


^.=if 


woP„  denRestderfür  <I>(a:)  geltenden  Pete  naen  reihe  bezeich- 
und  fi  =  Are  tan  9  ist. 

Durch  eine  YöUig  analoge  Betrachtung  gelangt  man  zu  folgendem  Cor- 
relate  des  obigen  Satzes : 

Eine  Reihenentwickelung  von  der  Form 
F(^)  =  B^  cosd'  sind^  +  B^cos^^sin^d^  +  . ..  +  B,^  €os^^smn^+  V^ 
ist  unter  der  Bedingung  möglich,  dass  die  Function 


so  (^ 

^{x)  =  «     \F  (Are  tan  x)  sinxz  dz 


nebst  ihren  n  ersten  Differentialquotienten  für  alle  positi- 
veno:  endlich  und  stetig  bleibt;  die  Goefficienten  ^  bestim- 
men sich  mittelst  der  Formel 

5„  =  i   «?(«.-!)  (0), 

n 
der  Rest  derReihe  ist 

2    /•*  -« 
^n  =  Z  L^n^     siniixdx, 
TS  t/o 

wo()„  denRestder  für  ?^(a*)gelt  enden  Potenzenreihe  bezeich- 
net und  fi  =::=^rc  tan  ^  ist. 

Um  den  Zusammenhang  zwischen  diesen  Theoremen  und  den  früheren 
Entwickelungen  hervortreten  zu  lassen ,  wollen  wir  den  ersten  Satz  auf  die 
Function       .  ^ 

yi—lc'cos'9       ]/{l  +  tan*  d)  (k'  *  +  tan*  9) 

anwenden,  wo  k'*  wie  gewöhnlich  =  1 — **  ist.  Wir  erhalten  in  diesem 
Falle 

und  würden  nun  beurtheilen  müssen ,  ob  der  Werth  des  in  endlicher  Form 
nicht  entwickelbaren  Integrales  eine  den  angegebenen  Bedingungen  genü- 
gende Function  von  x  bildet.  Für  diesen  Zweck  ist  aber  die  obige  Form 
von  ^(x)sehr  unbequem,  wir  benutzen  daher  die  Substitution 

ah        n  J  c^  eo^  w  +  6*  sin^  co 
fiir  fl*  =  l  + 1*,  ft*  ==  Af'*  + 1*  und  erhalten 

Oi^x)  =  ^e-JeosxxdxJ-—^=^e^Ja.J—^^ 


28     Ueber  eine  besondere  Gattung  von  Reihen.    Von  O,  Schlöhilch. 


d.  i.  nach  einer  sehr  bekannten  Formel 

Ans  dieser  neuen  Gestalt  von  <I>(x)  erkennt  man  leicht,  dass  <P(a:),  <l^{x) 
....  <^^'^{x)  den  verlangten  Bedingungen  genttgen;  ausserdem  findet  sich 

^=l*<-«(„,=  |^(._^.)-.^ 

nnd  wenn  der  Werth  des  Integrales  mit  JT^  bezeichnet  wird,  so  hat  man  jetzt 

n        co8^  ^ 

=  ICq cos ^  cos^  +  K^  co^^  cos2^  +  ICj^  co^ ^cos^^  + 

. . .  +  -fi^n— 1  cos^  ^  co*(n— l)d+  ü^  . 
Bei  unendlich  wachsenden.»  convergirt  der  Rest  U^  gegen  die  Null 
und  die  vorige  Gleichung  wird  dann  mit  derjenigen  identbch ,  aus  welcher 
die  Formel  8)  abgeleitet  wurde. 


in. 

Die  neueren  hydranlisohen  Untersuchungen. 

'     Von  WiTZSCHEL. 


Von  den  üntersuchiingen  Über  die  Bewegangen  der  Flttssigkeiten  und  des 
Wassers ,  als  des  allgemeineren  Repräsentanten  derselben ,  bieten  die  auf 
den  Ansfloss  ans  verschiedenen  Oeffnnngen  bezüglichen  ein  nicht  geringes 
Interesse  sowohl  in  theoretischer  als  in  practischer  Hinsicht  dar.  Obwohl 
nun  gerade  die  Hydraulik  dasjenige  Gebiet  der  Physik  ist,  welches  zeither 
einer  verhältnissmässig  geringeren  Aufmerksamkeit  sich  zu  erfreuen  ge- 
habt hat ,  aus  Gründen ,  die  der  Hauptsache  nach  in  der  Umständlichkeit 
der  hierzu  nöthigen  Versuche,  sowie  in  der  Schwierigkeit,  die  hier  ein- 
schlagenden Molecularverhältnisse  —  bekannter  und  unbekannter  Natur  — 
gehörig  zu  berücksichtigen  und  der  Rechnung  zu  unterziehen,  gesucht  wer- 
den müssen ;  so  konnte  sich  doch  die  Wissenschaft  der  Untersuchung  der 
Bewegnngsgesetze  einer  Substanz ,  die ,  wie  das  Wasser ,  in  so  allseitiger 
und  allzeitlicher  Berührung  mit  uns  und  unseren  Lebensverhältnissen  steht, 
nicht  auf  die  Dauer  entziehen ,  nur  erhielten  die  darüber  angestellten  Ver- 
snche  und  Beobachtungen  eine  Gestalt  und  einen  Zuschnitt ,  nach  welchem 
das  practische  Bedürfniss  immer  in  dem  Vordergründe  blieb.  Namentlich 
sind  die  Erscheinungen  und  Gesetze,  welche  sich  auf  den  Ausfluss  des 
Wassers  aus  verschieden  geformten  Oeffnungen  beziehen,  Gegenstand  viel- 
HÜtiger  Untersuchungen  gewesen ,  die  aber  meist  zur  Ermittelung  gewisser 
für  die  Praxis  wichtiger  Daten  und  Regeln,  weniger  zu  dem  Zwecke,  die 
physikalischen  Bedingungen  der  beim  Ausfluss  auftretenden  eigenthüm- 
lichen  Erscheinungen  zu  erörtern  und  festzustellen,  unternommen  worden 
sind.  Theoretische  Untersuchungen  über  die  Querschnittsformen  der  Was- 
serstrahlen ,  sowie  über  einige  andere  Ausflusserscheinungen  hat  F.  Savart 
angestellt,  deren  hauptsächliche  Resultate  bereits  in  die  meisten  Lehrbücher 
der  Physik  übergegangen  sind.  In  neuerer  Zeit  hat  Magnus  mehrere  sehr 
mteressante  Versuche  über  die  Formen  des  ausfliessenden  Strahles  bekannt 
gemacht,  nicht  minder  höchst  befriedigende  Erklärungen  über  die  Entsteh^ 
ung  der  sonderbaren  Gestalten  desselben  gegeben ,  auf  welche  aufmerksam 
SU  machen  zum  Theü  der  Zweck  dieses  Aufsatzes  sein  möge.  Von  den 
Hydraulikern ,  welche  gleichfalls  Beschreibungen  und  Erklärungen  der  Ge- 
stalten des  Wasserstrahles  gegeben  haben,  sind  noch  Eytelwein  und  Bi< 
done,  sowie  Poncelet  und  Lesbros  zu  nennen« 


30  Die  neueren  hydraulischen  Untersuchungen. 

• 

Man  wird  es  somit  in  der  Natur  der  Sache  begründet  finden,  wenn  wir 
hier  bei  Erörterung  gewisser  tlreoretischer  Untersuchungen  aus  dem  Gebiete 
der  Hydraulik  auf  Versuche  und  Beobachtungen  zurückgehen,  die  zum 
Theil  schon  seit  längerer  Zeit  Gegenstand  allgemeiner  Aufmerksamkeit  ge- 
wesen, zum  Theil  nur  zur  Verfolgung  rein  praktischer  Zwecke  unternom- 
men worden  sind.  Zudem  werden  dieselben  für  Beurtheilung  und  Würdi- 
gung der  neueren ,  unten  näher  angegebenen  Untersuchungen  nicht  unwe- 
sentliche Momente  abgeben. 

Wie  schon  angedeutet,  haben  die  meisten  hydraulischen  Untersuchun- 
gen zunächst  eine  rein  praktische  Seite,  und  wenn  wir  uns  insbesondere  an 
die  über  den  Ausfluss  des  Wassers  aus  bestimmten  Oeffnungen  halten ,  so 
sind  dieselben  in  der  Regel  zu  dem  doppelten  Zwecke  angestellt,  einmal 
die  Geschwindigkeit  des  ausfliessenden  Wassers  und  dann  die  Menge 
desselben  in  der  Zeiteinheit  zu  bestimmen.  Beide  Fragen  erlangen  überall 
da  besondere  Wichtigkeit,  wo  es  sich  um  Verwendung  der  motorischen 
Kraft  des  fliessenden  Wassers  handelt.  Eine  einfache  Betrachtung  lehrt 
nun ,  dass  die  Menge  m  des  ausfliessenden  Wassers  gleich  dem  Producte 
aus  dem  Flächeninhalte  a  des  Querschnitts  der  Oeflnung  in  die  Ausfluss- 
geschwindigkeit V  oder  m=:av  ist,  wenn  die  einzelnen  Wasserfäden,  ats 
denen  man  den  ausfliessenden  Strahl  sich  zusammengesetzt  denken  kann, 
einander  parallel,  wenigstens  auf  die  Dauer  einer  Zeiteinheit,  bleiben; 
dass  ferner  die  Geschwindigkeit  des  ausfliessenden  Wassers  aus  einer  im 
Boden  des  Gefässes  horizontalen  Oef&inng  so  gross  wie  die  Endgeschwindig- 
keit eines  von  der  Druckhöhe  frei  herabfallenden  Körpers,  oder  v^=j/2gh 
ist,  wobei  g  die  Beschleunigung  der  Schwere  und  h  den  senkrechten  Ab- 
stand des  Wasserspiegels  von  der  Mündung,  oder  die  sogenannte  Drück- 
höhe  bedeutet.  Und  in  der  That  werden  beide  Gesetze ,  das  letztere  von 
Torricelli  *),  nach  Versuchen  von  Michelotti  **),  Eytelwein  ♦**) 
und  Venturif)  durch  die  Erfahrung  fast  vollständig  bestätigt,  wenn  die 
Druckhöhe  gegen  die  Weite  der  Oeffnung  etwas  beträchtlich,  und  wenn  die 
Ausflussöffnung  sich  nach  innen  allmälig  erweitert  und  ohne  Ecken  und 
Kanten  der  inneren  Gefilssfläche  anschliesst.  Sind  jedoch  diese  Bedingun- 
gen nicht  erfüllt,  so  müssen  obige  Ausflussgesetze,  sowie  alle  davon  ab- 
hängigen, bedeutend  abgeändert  werden,  wenn  sie  mit  der  Erfahrung 
übereinstimmen  sollen.  Die  erfahrungsmässig  bestimmte  Ausflussmenge  ist 
immer  beträchtlich  geringer,  als  die  nach  obigen  Gesetzen  berechnete  und 
es  findet  daher  entweder  eine  geringere  Ausflussgeschwindigkeit  statt,  oder 
es  ist  ein  anderer  Querschnitt  als  der  der  Oeffnung  in  Rechnung  zu  ziehen, 
oder  man  muss  beide  Annahmen  nebeneinander  bestehen  lassen. 

Die  bekannte  Erscheinung  der  Contraction  des  Wasserstrahles  bei 
einer  Ausflussöffhung  in  einer  dünnen  Wand  und  vorläufige  Messungen  über 
den  Querschnitt  des  contrahirten  Wasserstrahls  führten  zu  der  Ansicht, 
dass  erst  in  einer  gewissen  Entfernung  von  der  Ausflussöffnung ,  da  wo  die 
Contraction  am  stärksten  oder  der  Querschnitt  des  Strahles  am  kleinsten 
ist,  die  Wasserfäden  des  Strahls  als  parallel  angesehen  werden  könnten, 

*)  Del  moto  dei  gravi,   1644. 

*♦)  Michelotti  Spedmenii  idraulichi:  deutsch  von  Zimmermann :  Fr,  Dom.  Miclie' 
lottPs  hydraulische  Yersnche ,  nobat  einem  Anhange  über  die  neueren  Versuche  von 
J.  Tlier.  Michelotti.  Berlin.  1808. 

*  *••)  Handbuch  der  Mechanik  und  Hydraulik. 

t)  Recherches  experimerrtales  etc.  Paris.  1797.    OiIbert*fl  Annid.  B.  II.  11h  1790. 


Von  Witzschel.  31 

und  dass  die  Ausflassmenge  demnacli  als  das  Prodnct  ans  dem  Flächen- 
kihalte  dieses  Qaerschnittes  in  die  nach  dem  Torricelirschen  Gesetze  be- 
stimmte Geschwindigkeit  betrachtet  werden  müsse.  Genauere  Messungen  *), 
nach  welchen  die  Geschwindigkeit  aus  der  Sprungweite  eines  aus  vertikaler 
Oeffnung  ausfliessenden  Strahles,  sowie  die  Menge  des  ausgeflossenen 
Wassers  und  die  Querschnitte  an  verschiedenen  Stellen  des  Strahles  direct 
und  unabhängig  von  einander  bestimmt  wurden ,  zeigten  jedoch ,  dass  der 
Quersehnitt  des  zusammengezogenen  Strahles  nicht  so  direct  als  Element 
lur  Bestimmung  der  Wassermenge  dienen  kann.  Nur  bei  kleineren  Mün- 
doBgen  lässt  sich  unter  Umständen  die  Differenz  zwischen  der  wirklichen 
und  der  so  berechneten  Ausflussmengew  als  eine  zu  vernachlässigende  Grösse 
ansehen. 

Die  Messungen  der  stärksten  Contraction  des  Wasserstrahles  und  ihres 
Abstandes  von  der  (inneren)  Mündung  sind  alle  noch  mit  einer  ziemlichen 
Unsicherheit  behaftet  Für  kreisförmige  Mündungen  schwankt  das  Yer- 
hältnias  des  Durchmessers  der  grössten  Zusammenziehung  zu  dem  der  Oe£F- 
nung  nach  den  Angaben  von  Bossut  und  Michelottid.  J.  zwischen  0,8a 
und  0,76.  Die  Angaben  von  Eytelwein**)  und  Venturi***)  stehen 
uemlich  mitten  zwischen  diesen  .Grenzen.  Noch  stärker  weichen  die  An* 
gaben  der  beiden  Erstgenannten  bezüglich  des  Verhältnisses  der  Entfer- 
mnng  des  Querschnittes  der  stärksten  Contraction  zum  Durchmesser  der 
Mündung  von  einander  ab ,  indem  dasselbe  zwischen  0,54  und  0,87  fallt  Im 
Mittel  lassen  sich  nach  den  Beobachtungen  der  Genannten  die  Verhältnisse 
10:8:5  zwischen  dem  Durchmesser  der  Oeflhung,  dem  des  Querschnitts  des 
am  stärksten  zusammengezogenen  Strahles  und  seinem  Abstände  von  der 
(inneren)  Mündung  annehmen.  Schon  die  Messungen  von  Bossut  und 
Hichelotti,  noch  mehr  aber  die  von  Poncelet  und  Lesbros  (s.  oben) 
deuten  darauf  hin,  dass  diese  Verhältnisse  veränderlich  sind  mit  der  Druck- 
höhe, der  Weite  der  Mündung  und  besonders  auch  mit  der  Gestalt  des  Um- 
fanges  derselben.  So  sind  die  Contractionserscheinungen  bei  quadratischen 
Mündungen  ganz  andere  als  bei  kreisförmigen t)*  Poncelet  und  Lesbros 
fanden  bei  einer  quadratischen  Oeflnung  von  2  Decimeter  Seite  in  einem 
vertikal  gerichteten  Kupferbleche  und  bei  einer  Druckhöhe  von  1,68 '^^  die 
stärkste  Contraction  in  einem  Abstände  von  30  Centimetem  und  das  Ver- 
h&ltnisa  der  Querschnittsfläche  derselben  zur  Mündung  wie  226:400=9:16 
=  0,M3.  Ausserdem  scheint  bei  Oeffnungen  jeder  Art  mit  zunehmender 
Dmckhöhe  die  stärkste  Contraction  grösser  und  ihr  Abstand  von  der  Mün- 
dung kleiner  zu  werden.  ' 

Das  Verhältniss  der  wirklichen  Geschwindigkeit  des  Strahles  zur  theo- 
retischen ,  nach  dem  Toricelli'schen  Gesetz  berechneten ,  ist  nach  den  gut 
übereinstimmenden  Messungen  von  Bossut  und  Michelott i  d.  Ae.  =0,06. 
Diese  auf  die  Sprungweiten  des  Strahles  gerichteten  Messungen  geben  in- 
dess  keine  Andeutung  darüber,  ob  auch  für  jeden  Querschnitt  die  Ge- 
schwindigkeit in  jedem  einzelnen  Punkte  desselben  dieselbe  s^i,  d.  h.  ob 
die  einzelnen  nebeneinander  liegenden  Wasserfaden,  aus  denen  man  den 


*)  Ch,  Sostut,  Trtdt6  ihivrique  et  expärimental  d'hydrodynandque,  (Uebersotst 
vou  Langsdorf.)  Castel,  Noitveiles  exp&rience*  sur  Väa>ulement  de  Venu.  VI.  exp,  9, 10. 
Poncelet  et  Lesbros,  Eocp&riences  hydrauliques  stir  les  lois  de  Vicotd,  Paris,  1832. 

**)  Handbuch  der  Mechanik  und  Hydraulik.  §.  92. 

♦♦•)  Gilbert'B  Annal.  B.  III. 

t)  Qectiglick  diaser  ••  unten  Seite  46. 


32  Die  neueren  hydraulischen  Untersuchungen. 

Strahl  zusammengesetzt  denken  kann,  in  jedem  Querschnitte  des  Strahles 
gleiche  Greschwindigkeit  haben.  Dass  dem  nicht  so  ist,  wird  naoh  mehreren 
noch  weiter  angeführten  Erscheinungen  und  Resultaten  wahrscheinlich. 
Sehr  häufig  setzt  man  indess  das  Verhältniss  der  theoretischen  zur  wirk- 
lichen Ausflussmenge  aus  dem  Verhältnisse  der  theoretischen  und  wirklichen 
Geschwindigkeit  und  dem  der  Querschnitte  der  Mündung  und  grössten  Con« 
traction  zusammen,  oder  man  betrachtet  den  Ausflusscoef&cient  als  ein  Pro- 
duct  aus  dem  Oeschwindigkeits  -  und  dem  Contractionscoefficienten.  Ob 
diese  aus  practischen  Gesichtspunkten  gewonnene  Ansicht  sich  theoretisch 
rechtfertigen  lässt ,  möchte  demnach  zweifelhaft  sein ,  ist  wenigstens  eine 
Frage ,  deren  Beantwortung  yon  genaueren  Messungen  über  die  Geschwin- 
digkeit des 'Strahles  sowohl  in  seinen  einzelnen  Querschnitten  als  auch  in 
seinen  zur  Axe  parallelen  Theilen  oder  Fäden  noch  abhängig  bleiben  wird. 
Berechnet  man  nach  den  mit  grosser  Umsicht  angestellten  Versuchen-  von 
Poncelet  und  Lesbros  aus  der  wirklichen  Ausfiussmenge  oder  aus  dem 
Ausflusscoefficienten ,  der  für  ],6s"  Druckhöhe  und  eine  quadratische  Oeff- 
nung  von  3  Decimeter  Seite  =0,609  war,  und  aus  dem  derselben  Druck- 
höhe und  Oeffhung  zugehörigen  Contractionscoefficienten  =  0,5S3  den  Gk- 
schwindigkeitscoefficienten ,  so  wird  derselbe  sogar  grösser  als  1,'d.  h.  die 
wirkliche  Geschwindigkeit  wäre  demnach  grösser  als  die  theoretische ,  was 
dem  Princip  der  ErhsJtung  der  lebendigen  Kräfte  widerstreitend  anzusehen 
ist.  Zu  bemerken  aber  ist  hierbei ,  dass  der  Ausflusscoefficient  unter  Um- 
ständen von  Elementen  und  in  einer  Weise  mit  abhängig  sein  kann ,  die 
den  Contractionscoefficienten  und  den  Geschwindigkeitscoefficienten  gar 
nicht,  oder  doch  ganz  anders  beeinflussen  und  umgekehrt.  So  scheinen  die 
verschiedenen  Gestalten  der  Mündung,  welche  die  Form  des  contrahirten 
Strahles  wesentlich  bedingen ,  auch  auf  die  Geschwindigkeit  des  Strahles 
in -seinen  zur  Axe  parallelen  Theilen  einflussreicher  zu  sein,  als  man  ge- 
wöhnlich annahm,  wie  man  ans  weiter  unten  angeführten  Contractions- 
erscheinungen  ohne  Weiteres  abnehmen  kann.  Auch  der  Ausflusscoefficient 
hängt  von  der  Form  und  den  Dimensionen  seines  Umfanges  in  ganz  eigen- 
thümlicher  Weise  ab,  wie  die  Ergebnisse  der  Versuche  von  Poncelet 
und  Lesbros  zeigen.  Die  beiden  Experimentatoren  wendeten  rectangu- 
läre  Oeffnungen  von  constanter  Breite  =0,2o'"  und  von  veränderlicher  Höhe 
=  0,20°,  0,10°,  0,05°,  0,03",  0,02",  0,01°  an.  Die  Druckhöhen  wurden  so- 
wohl unmittelbar  über  der  Oeflhung ,  wo  der  Wasserspiegel  eine  gewisse 
Senkung  zeigt ,  als  auch  weiter  oben ,  wo  die  Wasserfläche  als  unveränder- 
lich angesehen  werden  konnte,  gemessen.  Die  Versuche  haben  ergeben, 
dass  bei  einer  Oeffnungshöhe  der  Mündung  von 

0,20°,      0,10°,      0,05°,      0,03°,      0,02°,      0,01° 

die  Maxima  der  Ausflusscoefficienten 

0,605,      0,617,      0,631,      0,640,      0,660,      0,705 

ZU  einer  Druckhöhe  (nicht  unmittelbar  über  der  Mündung)  von 

1,000°,    0,500°,    0,160°,    0,050°,    0,015°     [0,005°] 

gehörten.  Ueber  und  unter  den  bezeichneten  Druckhöhen  ergaben  sich  ge- 
ringere Ausflusscoefficienten.  Wurden  die  Druckhölicn  unmittelbar  über 
der  Mündung  gemessen ,  so  zeigte  sich  in  der  Ausflussmenge  der  Einfluss 
einer  eigenthümlichen  Bewegung  des  Wassers  vor  dem  Eintritt  in  die  Oeff- 
nung,  welche  auch  in  der  erwähnten  Senkung  des  Wasserspiegels  sichtbar 
ist.  Die  Senkung  bei  horizontalem  Ausfluss  durch  eine  vertikale  Wand 
nimmt  bei  vertikalem  Ausfluss  aus  einer  horizontalen  Bodenwand  gewölm- 


Von  WiTzscHEL.  33 

lieh  eine  trichter-  oder  kegelförmige  Gestalt  an,  wobei  das  Wasser  in  eine 
wirbelnde  Bewegung  gerftth.  Diese  Wirbelbewegung  ist  bei  den  von  Mag- 
nns  in  neuerer  Zeit  angestellten  Versuchen,  deren  unten  Erwähnung  ge- 
schieht, üorgföltig  durch  eine  besondere  Vorrichtung  aufgehoben  worden. 
Wie  einflussreich  sie  auf  die  Ausflusserscheinungen  sein  mag,  deuten  schon 
die  Beobachtungen  von  Poncelet  und  Lesbros  an;  denn  für  dieselben 
Oeffnangshöhen  der  Mündungen  von 

0,20",      0,10",      0,05",      0,03",      0,02",      0,01" 

ergaben  sich  die  Maxima  der  Ausflusscoefficienten  zu 

nnd!3>  S;S»   <>'^"'    **'"^'    "'""'     **•''*' 
bei  den  Druckhöhen  (unmittelbar  über  den  Mündungen) 

0,0  )       0,0  I  „        Q    ai        Q   „  « 

0,9") '    0,5") '       '    '        '    '•       '    '        '    ; 
Für  die  beiden  ersten  Oeffnungshöhen  gehörte  ein  Minimum  des  Aus- 
flusscoefficienten  von 

0,594   und  0,613, 

zu  den  Dmckhöhen 

0,07"  und  0,04". 

Uebrigens  ergaben  noch  die  Versuche ,  dass  bei  grösseren  Druckhöhen 
der  Auflflnsscoefficient  für  verschiedene  Oeffnungshöhen  der  rectangulären 
Mfindong  sich  der  Grenze  O^eo  oder  0,6i  näherte. 

Bei  allen  bisher  erwähnten  Ausflussverhältnissen  ist  die  sogenannte 
voUsUindige  Contraction,  wobei  das  Wasser  von  allen  Seiten  der  Oeffnung 
zuströmt  und  einen  allseitig  contrahirten  Strahl  bildet,  vorausgesetzt  wor- 
den. Kann  dagegen  das  Wasser  nur  von  einigen  Seiten  der  Oeffnung  un- 
gehindert zuströmen  und  findet  demnach  unvollständige  oder  partielle  Con- 
traction statt,  io  werden  auch  alle  übrigen  Ausflusserscheinungen  in  ent- 
sprechender Weise  modificirt.  Die  Versuche  und  Beobachtungen  über  den 
Autffloss  bei  partieller  Contraction  sind ,  abgesehen  von  ihrer  Wichtigkeit 
für  die  Praxis,  indem  diese  Art  Ausfluss  ungleich  häufiger  vorkommt,  be- 
sonders be achtens werth ,  wenn  man  auf  die  Ursachen  und  die  Bedingungen 
der  einzelnen  Contractionserscheinungen  näher  eingehen  will.  Wird  durch 
senkrecht  auf  die  Ebene  der  Münduug  gerichtete  Wände  oder  innere  Ein- 
fassungen von  einer  oder  mehreren  Seiten  der  freie  Zufluss  des  Wassers 
zur  Mündung  gehindert,  so  nimmt  zunächst  die  Axe  des  ausfliessenden 
Strahles  zur  Ebene  der  Mündung  eine  von  der  früheren  senkrechten  ab- 
weichende Richtung  an ,  wenn  die  Form  der  Mündung  unsymmetrisch,  oder 
wenn  bei  symmetrischer  Form  derselben  die  Einfassungen  unsymmetrisch 
am  Umfange  vertheilt  sind.  Es  neigt  sich  dabei  der  Strahl  mehr  nach  der 
Seite  des  eingefassten  Theiles  der  Mündung.  Ebenso  wird  die  Form  der 
Querschnitte  des  Strahles  wesentlich  verändert.  Die  ausgedehntesten  Un- 
tersuchungen hierüber  hat  früher  Bidone  *)  angestellt,  welcher  sowohl  die 
Dimensionen  der  Querschnitte  des  zusammengezogenen  Strahles ,  als  auch 
die  Abweichungen  der  Axenrichtung  desselben  bei  verschieden  geformten 
Anaßoflsöffhungen  gemessen  hat.  Es  würde  aber  zu  weit  führen,  die  nume- 
rischen Resultate  dieser  und  anderer  Versuche  anzuführen.  Zudem  erlangt 
man  ans  den  neueren  Untersuchungen  von  Magnus  eine  klarere  und  über- 


*)  ExpSriences  sur  La  forme  et  sur  la  direction  des  veines  et  des  courans  d'eau,  in 
Memarie  della  Reale  Aeademia  delle  edenze  di  Tarino.    T.  XXXIV.    1880. 
ZeiUchrifl  f.  MathamAtik  u.  Physik.  I.  3 


34  Die  neueren  hjdrauliechen  Untersuchungen. 


><1i»N»W%/>/S/WN/>/^^^^^^^/^»^^^^><»^^^^^V^»»^»»^S^^^t^ 


sichtlichere  Kenntniss  von  die&en  Erscheinungen ,  so  dass  wir  auch  deshalb 
die  älteren  Beobachtungen  hier  übergehen  können.  Ebenso  müssen  wir 
von  den  Ausflusserscheinungen  bei  inneren  oder  äusseren,  cylindrischen  wie 
konischen  Ansatzröhren  hier  absehen,  die,  so  wichtig  sie  für  die  Praxis 
sind ,  doch  zur  Erörterung  der  einfacheren  Phänomene  als  noch  zu  compli- 
cirte  Fälle  dastehen ,  insofern  anderweitige  UDistände ,  wie  z.  B.  das  Ver« 
hältni'ss  des  äusseren  Luftdrucks  und  inneren  Wasserdrucks ,  die  Adhäsion 
des  Wassers  an  den  Röhren  wänden  etc.  mit  ins  Spiel  treten  *). 

Schon  aus  den  angeführten  Ergebnissen  dürfte  hervorgehen ,  dass  zur 
Ermittelung  der  eigentlichen  Ausflussgesetze  und  insbesondere  zur  Feststel- 
lung der  wesentlichen  physikalischen  Bedingungen  der  bezüglichen  Er- 
scheinungen die  bisherigen  Versuche  nicht  ausreichend  und  zweckent- 
sprechend erscheinen.  Es  hat  zwar  nicht  an  Bemühungen  gefehlt,  auf  die 
Resultate  der  bisherigen  Versuche  eine  Theorie  der  Ausflusserscheinungen 
zu  begründen,  oder  wenigstens  eine  Erklärung  derselben  zu  geben,  zu  wel- 
chem Zweck  namentlich  Bidone  die  ausführlichsten  Untersuchungen  an- 
gestellt hat,  doch  haben  diese  Versuche  entweder  wegen  der  untergelegten 
Voraussetzungen  oder  wegen  der  geringen  Uebereinstimmung  mit  der  Er- 
fahrung wenig  allgemeine  Anerkennung  finden  können. 

Newton**)  bestimmte  zuerst  das  Verhältniss  der  Querschnitte  des 
zusammengezogenen  Strahles  und  der  kreisförmigen  Oeffnung  =^^=0,i»7, 
woraus  sich  der  Durchmesser  des  zusammengezogenen  Strahles  =3  0,s4i  er- 
giebt,  wenn  der  der  Mündung  :=  I  gesetzt  wird.  Die  Messungen  haben 
aber  alle  eine  grössere  Contraction  oder  einen  kleineren  Querschnitt  des 
zusammengezogenen  Strahles  herausgestellt. 

Navier  ***)  giebt  folgende  Ausdrücke  für  den  Ausflusseoefficienten 

l 


wobei  vorausgesetzt  wird,  dass  die  Oberfläche  des  Wasserspiegels  sehr 
gross,  die  Bodenfläche  des  Gefässes  =^,  die  der  Mündung  =a  und  die 

Geschwindigkeit  des  an  der  Mündung  ankommenden  Wassers  =  -j  v  ist, 

welche  in  der  Mündung  sofort  in  v  übergehen  soll.    Der  somit  entstandene 
Verlust  an  Druckhöhe  kann  durch 


^g  V       aJ  ^g 


9* 

ausgedrückt  werden.    Dieser  nebst  der  Geschwindigkeitshöhe  —  muss  die 
ganze  Druckhöhe  geben ,  wodurch  man 


*)  Wir  verweisen  hierbei  auf  den  von  Jul.  Weis b ach  bearbeiteten  Artikel 
„  Ausfluss**  der  allgemeinen Maachinenencydopädie  von  Hülsse,  I.  Bd.  S.  464  (F., 
der  eine  grossenthieils  kritische  Zasammenstellong  aller  wichtigeren  Yennche  nmd 
deren  HesuUate  enthält,  sowie  anf  die  eigenen  Untersuchungen  desselben  Yerfasseni : 
„Untersuchungen  in  der  Mechanik  nnd  Hydraulik,  Versuche  über  die  unvollkommene 
Contraction  des  Wassers  etc.  Leipzig.  1843."  und  auf  dessen  „Lehrbuch  der  Inge- 
nieur- und  Maschinen -Mechanik.  L  Th." 

♦♦)  PMlos,  not,  princ.  nuUh.    Lib.  II,  36. 

'^'*^)  Risumi  de$  lepons  $ur  VappNcaüoff  de  la  mdcanique,  Pwrit.  1844.  T.  //. 


<»^»»^^^^^^^»>^»^^^^^^»>^^»^^/v^^w^A/v^»vwvv^<v^»V^»^/vv^^^»vv^^^^^^s^v»^<^<■^v^^M^v^^^v^^^^^^»M^^v^v^/v^^^/^^^/^^vi^ww^rf^^^ 


Von  WiTZSCfiEL.  35 

und 


% 

_         Vigh 

erhält.     Die  Aasflnssmenge ,  als  das  Product  des  Querschnittes  der  Mün- 
dang  und  dieser  Oeschwindigkeit  betrachtet,  ist  dann 


y^wir' 


▼oraiis  der  obige  Ausflasscoef&eient  folgt.  Man  kann  hierbei  die  angege 
bene  (Geschwindigkeit  v  nicht  als  die  wirkliche  des  Strahles  ansehen ,  denn 
diese  ist  nach  den  Beobachtungen  viel  weniger  Yon  der  theoretischen  ver- 
sehiedeii.  Es  ist  der  obige  Aosdmck  für  v  nur  dann  für  znlässig  zu  halten, 
wem  man  diese  Oesehwindigkeit  für  eine  hypothetische ,  ftir  diie  Yorans- 
setBimg  giltige  betrachtet,  dass  das  Wasser  ans  der  Mtindnng  in  einem 
p ri am ati 8  c  h e  n  Strahle  ansfliesst.  Nimmt  man  aber  diese  Geschwindigkeit 
für  die  des  Strahles  an,  so  hat  die  Formel  eine  entschieden  falsche  Beden- 
tong;  das  in  ihr  enthaltene  richtige  Element,  insofern  sie  zn  einem  einiger 
nassen  richtigen  Ansflusscoefficienten  führt ,  mnss  demnach  unter  anderen, 
wenigstens  dem  Ausdrucke  und  der  Bedeutung  nach  modificirten  Voraus- 
setsangen  entwickelt  werden.  Bemerkt  sei  noch,  dass  wenn  man  a  hin- 
tauglich  klein  gegen  A  setst,  man  den  Ausflusscoefficienten  Newton's  f/^ 
und  füx  die  Geschwindigkeit  v  den  Ausdruck  J/gh  erhält,  welcher  mit  der 
Yon  demselben  Mathematiker  suerst  gemachten  Annahme  übereinstimmt, 
dass  die  Gesehwindigkeit  gleich  der  eines  von  der  halben  Druckhöhe  frei 
herabfallenden  Körpers  sei. 

Eise  zweite  Formel  für  den  Ausflusscoefficienten  wird  dadurch  abge 
leitet,  dass  die  kreisförmige  Mündung  in  gleiche  concentrische  Ringe  zer- 
legt gedacht  wird.  Für  jeden  Bing  wird  die  hindurchgehende  Menge  Was- 
ser mit  Berücksichtigung  des  Winkels,  welchen  dieselbe  mit  der  Axenrich- 
tung  der  Mündung  bildet,  bestimmt  und  die  Summe  dieser  einzelnen 
Wassermengen  wird  dann  mit  der  theoretischen  Ausflussmenge  verglichen. 
Es  ergiebt  sich  nach  diesem  ein  Ausflusscoefflcient 

=5  —  =  0,637, 

n 
welcher  Werth  mit  der  Erfahrung  im  Allgemeinen  übereinstimmt.  Pon- 
celet  legt  auf  diese  Formel  mehr  als  auf  die  übrigen  Werth  in  seinen 
ExpSriences  f^/drauUques.  In  voriger  Formel  ist  die  Menge  des  Wassers  in 
den  einzelnen  zur  Axe  peripherischen  Schichten  gleich  gross  angenommen, 
bei  dieser  dagegen  die  Geschwindigkeit.  Beide  Annahmen  stimmen  aber 
not  den  Ausfiusserscheinungen  nicht  überein  und  insofern  sind  beide  For- 
meln mangelhaft  in  den  Voraussetzungen ;  ausserdem  fehlt  bei  ihnen  jede 
Bertteksiehtigung  der  Druckhöhe  und  der  Gestalt  der  Mündungen. 

Buff  *)  geht  bei  der  Bestimmung  eines  Ausflusscoefficienten  von  der 
Ansicht  aus,  dass  das  Wasser  nach  dem  Umfange  zu  mit  abnehmender 

^)  PoggmkL  Jbmai.  B.  XLVL 

8» 


36  Die  neueren  hydraalischeu  Untersuchungen. 

Geschwindigkeit  und  in  parallelen  Strahlen  ausströme.  Er  theilt  dahei  den 
Wasserstrahl   in   einen   inneren   Kemstrahl   mit  dem  halben  Querschnitt 

—  =  —  der  Mündung  und'der  theoretischen  Geschwindigkeit  yigh    und 

in  einen  äusseren ,  den  Kern  umgebenden  Strahl ,  dessen  Geschwindigkeit 
nach  dem  Umfange  bis  zu  0  abnimmt.  Die  ausiliessendc  Wassermenge  lässt 
sich  somit  in  der  Form  eines  abgekürzten  Kegels  denken,  dessen  beide 

Oberflächen  r^n  und  — -  sind,  dessen  Höhe  }/^gh    und    dessen    Volumen 

demnach 

r»  «  ^-i^titm  ^^  =  0,735  r»  «  j/2^ 
o 

ist.    Hieraus  ergiebt  sich  der  Ausflusscoef&cient  =0;736,  der  allen  Erfah-' 

Hingen  zufolge  viel  zu  gross  ist. 

Bidon  e  betrachtet  den  Ausflusscoefficienten  als  ein  Produet  des  Ge- 
schwindigkeits  -  und  Contractionscoefficienten.  Mit  Zugrundelegung  dieses 
zweifelhaften  Satzes  sucht  er  letzteren  Coefficienten  direct  zu  bestimmen*) 
und  findet  ihn  =  f  bei  einer  kreisförmigen  Mündung  in  einer  dünnen  Wand. 
Aus  dem  Ausflusscoefficienten  0,(n  ergiebt  sich  dann  der  G^schwindigkeits- 
coefficient  =0,62  .  f  =0,93. 

In  neuester  Zeit  hat  Dejean  der  Academie  der  Wissenschaften  sn 
Paris  ein  Memoire  überreicht ,  in  welchem  nach  einer  neuen  Theorie  die 
Berechnung  der  Ausflussmenge  für  jede  beliebige  Oe&ung  und  Druckhöhe 
gegeben  wird.  Ein  Auszug  **)  davon  enthält  Folgendes.  Der  Verfasser 
betrachtet  die  Flüssigkeiten  aus  kleinen  festen  Kügelchen  (Bläschen)  zu- 
sammengesetzt ,  welche  einander  durchdringen ,  ein  sehr  kleines  Volumen, 
doch  ein  beträchtlich  grösseres  als  ein  Molecule  haben.  Der  grössere  oder 
geringere  Durchmesser  dieser  Kügelchen  ist  je  nach  dem  Flüssigkeitsgrade 
durch  die  Bedingung  gegeben,  dass  die  übrige  Masse  ohne  Reibung  auf  de- 
ren Oberfläche  hingleiten  kann.  Eine  Flüssigkeitssäule  von  demselben 
Durchmesser  soll  wie  ein  fester  Körper  unempfänglich  für  die  Wirkung  der 
Seitenpressungen  sein  und  ohne  Keibung  an  der  umgebenden  Masse  hin- 
gleiten können.  Demgemäss  soll  dann  im  Momente ,  wo  der  Ausfluss  be- 
ginnt, die  Flüssigkeitsmasse  sich  in  Fäden  von  der  Dicke  dieser  Kügelchen 
zertheilen ,  welche  dann  an  der  Mündung  unter  gleichen  Neigungen  zu  ein- 
ander ankommen.  Unter  der  Voraussetzung  zuvörderst,  dass  diese  Fäden 
ausserhalb  des  Gefösses  dem  Einflüsse  der  Schwere  noch  entzogen  und  so 
weit  unabhängig  von  einander  sind ,  dass  sie  nur  ihre  Klebrigkeit  (tenaciid) 
behalten ,  berechnet  der  Verfasser  die  Ausflussgeschwindigkeit  und  findet 
dieselbe  für  alle  Fäden  gleich  der  eines  von  der  halben  Druckhöhe  frei 
fallenden  Körpers.  Indem  er  hierauf  für  den  Strahl  wieder  den  vollkom- 
menen Flüssigkeitszustand  annimmt^  dabei  aber  immer  noch  von  der  Wir- 
kung der  Schwere  absieht ,  zeigt  er ,  dass  die  Ablenkung  der  Fäden  in  der 
N^he  der  Mündung,  zu  der  sie  normal  ankommen,  in  jedem  derselben  eine 
elastische  Kraft  entwickelt,  deren  Intensität  direct  proportional  zur  Neigung 
der  Fäden  gegen  die  Axe  der  Mündung  ist.  Die  elastische  Kraft  strebt 
einerseits,  die  Flüssigkeit,  bevor  sie  durch  die  Mündung  geht,  in  das  In- 

*)    Memoire  sur  la  Determination  th^orique  de  la  section  contractde  des  vcines  &*-_ 
qmdeü  im  34.  Bande  der  Memoiren  der  Turiuer  Academie.* 

**)  Comptes  Rendus  des  siances  de  VAcad,   Tom,  XL,  1855.  pag,  407. 


Von  WiTZSCHEL.  37 


nere  desGefösses  zurückzudrängen,  andererseits  derselben,  nach  dem  Durch- 
gange durch  die  Mündung,  einen  Zuwachs  an  Geschwindigkeit  zu  geben. 
£»*wird  somit  die  Flüssigkeit  jedes  Fadens  mit  zweierlei  Geschwindigkei- 
ten getrieben,  von  denen  die  eine  v,  die  innere,  den  Ausfluss  regelt,  die 
andere,^  Süssere,  v'  durch  ihr  Verhältniss  zur  inneren  die  Contraction  des 
Strahles  bestimmt. 

Der  Verfasser  giebt  für  jedeü  Faden  diese  beiderlei  Geschwindigkei- 
ten zuerst  unter  der  Annahme,  dass  die  Trennung  der  inneren  und  äusseren 
Flüssigkeit  ohne  Widerstand  vor  sich  gehen  könne,  sodann  mit  Berück- 
sichtigung des  Zusammenhanges  der  Molecüle.  Er  bestimmt  hierauf  den 
vollen  Ausfluss,  d.  h.  er  berechnet  die  innere  mittlere  Geschwindigkeit  der  ver- 
8ehiedenen  Fäden,  welche  er  genau  gleich  der  eines  von  dem  dritten  Theile 
der  Druckhöhe  herabfallenden  Körpers  findet;  ebenso  sucht  er  die  mittlere 
äussere  Geschwindigkeit,  die  er  gleich  der  eines  von  |  der  Druckhöhe  frei 
herabfallenden  Körpers  erhält.  Daraus  ergiebt  sich  das  Verhältniss  beider 
Geschwindigkeiten  zu  | ,  welches  demnach  auch  der  Contractionscoefficicnt 
ist  (wie  ihn  auch  Bidone  gefunden  hat). 

Unter  Berücksichtigung  des  Einflusses  der  Schwere  modificirt  er  die 
Formel  für  den  Ausfluss  dergestalt,  dass  er  diese  Wirkung  zum  Theil  durch 
Zug  auf  die  innere  Flüssigkeit  sich  fortpflanzen  lässt.  Ist  H  die  Druckhöhe, 
h  die  vertikale  Länge  des  (zusammenhängenden)  Strahles ,  so  soll  der  Aus- 

flnsscoefficient  sich  mit  dem  Verhältniss  -—  vermehren  oder  vermindern. 

/r 

Diese  Formel  wird  noch  durch  ein  Glied  vervollständigt,  das  einen 
Zuwachs  an  Ausflussmengo  giebt,  welcher  von  dem  Widerstände  herrührt, 
der  gegen  jede  durch  die  Geschwindigkeitszunahme  F' —  V  hervorgerufene 
Erweiterung  des  Strahles  gerichtet  ist.  Dieser  Widerstand  (bedeutend  in 
der  Nähe  der  Mündung  infolge  einer  Ungleichheit  der  Geschwindigkeiten, 
welche  den  Strahl  in  einen  ganz  eigenthümlichen  Zustand  versetzt)  soll 
dem  Durchmesser  der  Mündung  umgekehrt  proportional  sein,  d.  h.  der 
Strahl  soll  sich  mit  um  so  grösserer  Leichtigkeit  zusammenziehen ,  je  be- 
trächtlicher dieser  Durchmesser  ist.  Daraus  folge,  dass  bei  einer  quadrati- 
schen oder  rectangulären  Mündung  der  Strahl  sich  längs  der  Diagonale  viel 
leichter  zusammenziehe,  woraus  die  bekannten  Wendungen  des  Strahles 
oder  der  Blätter  (renveirsemeni  des  nappes)  hervorgehen. 

Der  Verfasser  vergleicht  die  ErgobnisKO  seiner  Formel  mit  denen, 
welche  Poncelet  und  Losbros  aus  ihren  Versuchen  erhalten  haben,  und 
findet  sie  mit  denselben  bis  auf  zwei  oder  drei  Tausendtheilo  übereinstim- 
mend bei  beliebigen  Oeflnungen  und  für  einen  Druck  gegen  0,5°*,  dagegen 
vollkommen  genau  für  einen  Druck  von  1"  und  darüber.  (V?)  Mit  Berück- 
sichtigung der  inneren  und  äusseren  Geschwindigkeiten  und  des  Wider- 
standes der  Luft  entwickelt  sodann  der  Verfasser  den  Zuwachs  an  Ausfluss 
durch  Ansatzröhren  und  macht  seine  Formel  anwendbar  für  den  Ausfluss 
aus  cjlindrischen  Ansatzröhren.  Zuletzt  geht  er  auf  die  Pulsationen  ein, 
welche  F.  Savart  in  seiner  Abhandlung  über  den  Strahl  beschrieben  hat; 
eine  Erscheinung,  die  nach  ihm  durch  die  Zerlegung  der  Flüssigkeiten  in 
Fäden  hervorgerufen  wird,  welche  wegen  ihrer  Biegsamkeit  sehr  empfang- 
lich für  die  an  der  Mündung  entwickelten  Druckveränderungen  sind ,  wäh- 
rend ihre  eigene  Geschwindigkeit  viel  weniger  rasch  durch  die  Druckver- 
änderungen berührt  wird,  die  ai^b  an  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  her 


38  Die  neueren  hjdraoliBchen  Untersuchungen. 


^^«^^>«^^M^^>^^>^>^^>^«V^^>^iM^^>^^«WW^>^^^««*'«»M«M^>M^>MAAMMAMMMM^tM^IMMM<^MM•% 


ausstellen.  Er  misst  die  Entstellung  dieser  Pulsationen  der  Wirkung  ent- 
gegengesetzter Kr&fte  bei ,  denen  die  Flttssigkeit  beim  Diirch|puige  dureh 
die  Mündung  unterworfen  ist  und  giebt  die  Gesetie  derselben  so,  Vie 
die  Erfahrung  sie  kennen  lehrt,  nftmlich,  dass  die  Zahl  derselben  uniU)- 
hängig  von  der  Natur  der  Flüssigkeit,  dem  Durchmesser  der  Oeihung  ubh 
gekehrt ,  der  Quadratwurzel  der  Druckhöhe  direct  proportional  ist. 

Er  erklärt  noch  die  Bildung  der  ringfiSrmigen  Anschwellungen^  welche 
sich  längs  des  durchsichtigen  Theiles  am  Strahlb  fortpflanaen ,  und  selgt, 
wie  di^er  Theil  durch  ein  in  der  Nähe  der  Mündung  tongebendes  Instru- 
ment bis  auf  zwei  Drittel  der  ursprünglichen  Länge  verkürzt  werden  kann. 

Man  wird  erst  nach  einer  Veröffentlichung  der  vollständigen  Abhand- 
lung den  Werth  und  die  Richtigkeit  der  aufgestellten  Gesetze  über  den 
Ausfluss  beurtheilen  und  sehen  können,  ob  die  dem  Caleul  untergelegten 
Voraussetzungen  nur  Rechnungshypothesen  sind,  welche  durch  die  Richtig- 
keit des  Endresultates  sich  rechtfertigen  müssen ,  oder  ob  der  Verfasser  au 
deren  Annahme  noch  durch  anderweitige  Beobachtungen  und  Versuche 
veranlasst  worden  ist.  Eine  Vergleichung  dieser  Resultate  theoretischer 
Betrachtungen  mit  einigen  Ergebnissen  der  von  Magnus  angestellten 
neueren  Versuche  kannindess  schon  jetzt  zur  Beurthoilung  der  ersteren  führen. 

Magnus  hat  bereits  im  Jahre  1850  Mehreres  über  die  Bewegung 
einer  Flüssigkeit  in  einer  anderen  gleichartigen  veröffentlicht,  namentlich 
über  schon  früher  von  Venturi  u.  A.  beobachtete  Erscheinungen,  welche 
beim  Einströmen  einer  Flüssigkeit  in  eine  grössese  ruhende  Masse  dersel- 
ben Art  entstehen ,  über  das  Eindringen  von  Luft  beim  Einfluss  eines 
Strahles  in  eine  grössere  Flüssigkeitsmasse ,  sowie  über  den  Vorgang  beim 
sogenannten  Wassertrommolgebläse  ♦). 

Die  im  95.  Bande  der  Poggend.  Anna],  und  in  den  Monatsberichten  der 
Preussischen  Academie  der  Wissenschaften  vom  14.  December  1854  und 
1.  März  1855  bekannt  gemachten  Untersuchungen  über  den  flüssigen  Strahl 
gehen  weniger  auf  Bestimmung  numerischer  Verhältnisse ,  als  vielmehr  auf 
die  Ermittelung  der  physikalischen  Bedingungen  und  Entstehungsursachen 
der  Contraction  und  der  verschiedenen  Formen  des  Strahles  hinaus,  schlies- 
sen  sich  also  den  oben  Seite  33  kurz  erwähnten  Bidon ersehen  Untersuch- 
ungen ,  sowie  denen  von  Felix  S  a  v  a  r  t  an  *♦). 

Magnus  geht  bei  Erforschung  der  Form  eines  Wasserstrahles  plan- 
mässiger,  wie  es  scheint,  als  seine  Vorgänger  zu  Werke,  indem  er  erst  die 
Einwirkung  zweier  kreisförmigen  Strahlen  aufeinander  untersucht,  um  so 
eine  Ansicht  über  den  gegenseitigen  Einfluss  der  in  einem  zusammengesetz- 
teren Strahle  vereinigten  Wasserfäden  zu  gewinnen.  Schon  aus  den  Unter- 
suchungen S  avart^s  ist  bekannt,  dass,  wenn  zwei  Strahlen  von  gleichem 
Durchmesser  und  gleicher  Geschwindigkeit  gegen  einander  so  gerichtet 
werden,  dass  ihre  Achsen  in  eine  Linie  zu  liegen  kommen,  das  Wasser  eine 
auf  der  gemeinschaftlichen  Achse  der  Strahlen  senkrechte  kreisförmige 
Scheibe  bildet.  Wenn  die  Strahlenachsen  nicht  mehr  in  eine  Linie  fallen, 
aber  parallele  Richtung  gegen  einander  haben,  so  bilden  nach  Magnus 
die  sich  .treffenden  Strahlen  eine  etwas  gekrümmte,  gegen  die  Strahlen 
geneigte  Wasserfläche  von  mehr  ovaler  Begrenzung,   so   dass  die  grös- 


*)  Poggend,  AnnaL   Bd.  LXXX,    8.  1. 

♦♦)  ArmaL  de  chim,  et  de  phys,    II,  Ser.    Tarn,  LIII  et  LV,     Vergl.   Pouitt^t, 
iUmens  de  phyt.  expiir.    6.  edit.    Tarn.  1.  pag.  149. 


Von  W1TZ8CHEL.  39 


sere  Dimensioii  in  der  dnrch  die  Achsen  beider  Strahlen  gelegten  Ebene 
enthalten  ist« 

Bilden  die  Strahlen  einen  Winkel  mit  einander  und  liegen  die  Achsen 
beider  Strahlen  in  einer  Ebene  (Magnus  nennt  das  Zusammentreffe  bei 
dieser  Lage  der  Achsen  ein  centrales);  so  entsteht  eine  auf  der  Ebene 
der  Achsen  senkrechte,  ebene  Wasserfläche,  welche,  wenn  die  Strahlen  aus 
gleichen  Oefihongen  mit  gleicher  Geschwindigkeit  kommen,  den  Winkel 
der  Strahlen  halbirt.  Diese  Fläche  ist,  von  dem  Punkte  des  Zusammentref- 
fen« der  Strahlen  aus  gerechnet,  mehr  nach  der  mittleren  Kichtung  beider 
Strahlen  aasgedehnt,  dagegen  um  so  weniger  nach  der  Seite  hin,  welche 
innerhalb  des  von  den  Strahlen  gebildetei^  hohlen  Winkels  liegt,  je  spitzer 
dieser  Winkel  ist.  Ebenso  nimmt  die  darauf  senkrechte  Dimension  oder  die 
Breite  der  Fläche  mit  der  Grösse  dieses  Winkels  und  mit  der  Geschwin- 
digkeit der  Strahlen  ab. 

Treffen  die  unter  einem  Winkel  zu  einander  gerichteten  Strahlen  nicht 
central ,  sondern  berühren  sie  sich  nur  an  ihren  Rändern ,  so  werden  beide 
Strahlen  in  ihrer  Richtung  etwas  abgelenkt  und  nähern  sich  einander,  wenn 
der  Winkel  nicht  grösser  als  60^  —  70®  ist;  zwischen  beiden  Strahlen  spannt 
sich  dabei  vom  Punkte  des  Zusammentreffens  an  eine  dünne  Wasserfläche 
ras  y  welche  je  nach  Umständen  sich  mehr  oder  weniger  fortsetzt  und  dann 
serreisst.  Sie  aerreisst  aber  nicht  mehr,  wenn  unter  übrigens  gleichen  Um- 
ständen die  Achsen  der  Strahlen  einander  genähert  werden,  oder  ein  grösse- 
rer Theil  der  Wasserstrahlen  auf  einander  treffen.  Nach  ihrem  Zusammen- 
treffen nähern  sich  dann  die  Strahlen  viel  mehr,  kommen  zum  zweiten  Male 
lusammen  und  gehen  übereinander  hinweg,  so  dass  der  Strahl,  welcher  vor 
dem  ersten  Zusammentreffen  der  obere  und  nach  demselben  der  untere  ist, 
nach  dem  aweiten  Zusammentreffen  wieder  der  obere  wird.  Magnus  hat 
unter  Beachtung  einiger,  den  Apparat  betreffender  Vorkehrungen  bei  Win- 
keln anter  30®,  sowie  bei  massiger  Geschwindigkeit  ein  viermaliges  Ueber- 
einandergehen  der  Strahlen  und  drei  zwischen  denselben  ausgespannte  dünne 
Wasserflächen  oder  Membranen  hervorgebracht.  Letztere  bilden  etwas  ge- 
krflmmte  Fläche%  deren  mittlere  Stellung  ziemlich  parallel  den  Achsen 
beider  Strahlen  ist«  wenn  letztere  sich  nur  an  ihren  äusseren  Randen  treffen. 
Rttcken  dagegen  die  Achsen  näher  aneinander ,  so  nimmt  auch  die  mittlere 
Stellang  der  ersten  Wasserfläche  eine  grosse  Neigung  gegen  die  beiden 
Strahlen  parallele  Ebene  an,  und  die  zweite  Membrane  bildet  mit  der  ersten 
nahe  denselben  Winkel,  so  dass,  wenn  die  Achsen  der  Strahlen  in  eine 
Ebene  kommen  oder  ein  centrales  Zusammentreffen  stattfindet,  dieser  Win- 
kel am  grössten  wird,  oder  die  erste  Wasserfläche  senkrecht  auf  der  Ebene 
der  Achsen  steht,  die  zweite  aber  wieder  in  dieser  Ebene  liegt.  Beide 
Strahlen  bringen  dann  die  durch  Fig.  19  angedeutete  Erscheinung  hervor. 

Von  diesen  in  systematischer  Reihenfolge  hervorgerufenen  Erscheinun- 
gen giebt  Magnus  folgende  einfache  Erklärung.  Jeden  der  beiden  gleichen 
Strahlen  kann  man  als  eine  Aufeinanderfolge  von  gleichen  Wassertheilchen 
betrachten ,  die ,  wenn  sie  gegen  einander  und  central  gerichtet  sind ,  ver- 
möge ihrer  leichten  Beweglichkeit  und  in  Folge  des  allseitigen  und  gleich- 
massigen  Drucks  der  darauf  folgenden  Theile  von  dem  Orte  des  Zusam- 
mentreffens aus  eine  gegen  die  Richtung  der  Strahlen  symmetrische  Seiten- 
bewegnng  annehmen,  also  mit  gleicher  Geschwindigkeit  in  Linien  senkrecht 
sar  gemeinschaftlichen  Achse  ausweichen.  Die  Cohäsion  bewirkt,  dass  diese 
Linien  rieh  an  einer  einsigen  kreisrunden  Wasserfläche  vereinigen,  welche 


48  Kleinere  lfitiheilange&. 

Die  noch  willkührliche  ganze  Zahl  k  werde  nun  > r-r  gewählt,   es    ist 

dann  k  (a  —  /5)  >  1  mithin 

a  +  m^y  ß  +  m+V 
dies  giebt  für  m  =  0,  1 ,  2  . . .  n  —  1  und  durch  Hultiplication  aller  ent- 
stehenden Beziehungen 

«  («  +  I)  («  +  2)  . . .  («  +  «—  I)  ^  f"  /J  +  «• 
Hieraus  folgt  unmittelbar  der  zu  beweisende  Satz,  von  welchem  bei  Unter- 
suchungen über  die  Convergenz  und  über  die  Reste  der  Reihen  nicht  selten 
Gebrauch  gemacht  wird.   Das  Nächste  giebt  hierzu  ein  Beispiel. 


n.  Sestbetraehtung  fax  die  ArensiiiLns-Beiha. 

In  den  Lehrbüchern  der  Differentialrechnung  findet  man  gewöhnlich 
die  Discussion  der  Reihenreste  für  (l  +a:)^ ,  log  o:,  a*,  co$  or,  m  ar,  Are  Um  x 
nicht  aber  für  Are  sin  x  wahrscheinlich  wegen  des  etwas  complicirten^ Aus- 
druckes, den  der  n^^  Differentialquotient  von*  Are  sin  x  liefert.  Auf  folgeftde 
Weise  wird  die  Sache  sehr  einfach. 

Main  hat  zunächst 

J/"^^Arcsinx=D''  -— L====.  ==/>«[( l  +  ar)""*  (l  — ar)~*l 

und  mittelst  der  bekannten  Regel  für  die  mehrmalige  Differentiation  der 
Producte 

D"^-^^  Are  sin  X 
_l.3.5...(2w— i)        1  i  1  Wi    1— ar  1.3  {n\         f^—^V 

~       2"  }/\^^^      (l  — ^r  \         ^^~^  l+x'^  (2«— l)(2w— 3)  \i+xJ 

(2n— 1)  (2n— 3)  (2ii— 6)  \l+xJ  '^'y 
wobei  (w), ,  («)t  etc.  die  Binomialcoefficienten  n,  ^n{n — I)  etc.  bedeuten. 
Hinsichtlich  der  Coefficienten 

1  W»  l>3(yt),  ;  1.3.5(n). 

'  2n— 1'    (2n— 1)(2«— 3)'    (2«  — 1)(2«— 3)(2«  — 5)  '  *  * 
welche  unter  der  allgemeinen  Form 

1.3.5...  (2x— 1)  (n)^  _ 

(2/1  — 1)(2«— 3)...(2n— [2x  — 1])~    * 
enthalten  sind,  ist  nun  Folgendes  zu  bemerken.    So  lange  x<  ^{n — I) 
oder  w  >  2  x  +  1  bleibt,  hat  man 

n — x>x+I,      <  — ; — 


n  —  X  x+r 


Kleinere  Mittheilangen.  49 


.>-^t-j 


2 

n 

d.  h.  nach  geböriger  Reduction 

2x+  1 


2n  — [2k+1]  x+ J 
und  daraus  folgt  durch  beiderseitige  Multiplication  mit  C^ 

^x  >  ^x  +  i« 
Wird  später  x  >  i(n—  1),  so  kehren  sich  alle  diese  Verhältnisse  um,  d.  h. 
zusammen :  anfangs  nehmen  die  Coefficienten  ab  und  ^egen  das  Ende  hin 
wieder  zu.  Femer  bemerkt  man  leicht,  dass  die  von  Anfang  und  Ende 
gleich  weit  entfernten  Coefffcienten  C^  und  C^„__x  gleich  sind,  dass  mithin 
das  Wachsthum  der  Coefficienten  nicht  über  C„  =  C©  =  1  hinausgeht.  Da 
hiemach  keiner  der  Coefficienten  die  Einheit  überschreitet,  so  beträgt  die 
Summe  der  endlichen  Eeihe 

2w_i  l  +  a:"^(2n— l)(2n  — 3)   \l  +  xj 
in  welcher  wir  x  als  positiv  voraussetzen,  ihrem  absoluten  Werthe  nach  we- 
niger als  die  Summe  der  unendlichen  convergirenden  Eeihe 

'  +  l  +  x^  \l  +  xj  ^ aar   ' 

folglich  ist,  wenn  e  einen  nicht  näher  bestimmbaren  ächten  Brnch  bezeichnet 

2»j/l— a:»         (l_a:)"2      a; 
Nehmen  wir  jetzt  den  Mac  Laurin'schen  Satz : 

«.,=m +q5> . + CB  ^ + . . . + Ä.. + ^.,„ 

(1— »)"a;»  +  '  ,(n+i), 
1.2. ..n 
fOr  f{x)  =  Are  sin  x  in  Ansprach ,  so  erhalten  wir 

=  ,    l-a.5...(2w— I)  /(l— »)a-\"  j^  j/T+J^ 
"+'        ^     2.4.6. ..(2«)      Vi  — da:/    #^    I— dar' 
bei  nnendlich  wachsenden  n  wird  hier  (nach  Nr.  I.  für  u=l  und  /3  =  4) 
,.     1.3.5...(2«  — 1) 
•^•"'      2.4.6. ..(2n)     ="' 
die  tlbrigen  Factoren  bleiben  endliche  Grössen  so  lange  x  die  Einheit  nicht 
überschreitet,  und  so  ergiebt  sich  Xim  Ä^^i  =0  unter  der  Bedingung, 
1  >x  >  0,  welche  sich  leicht  auf  i  ">  x  >  —  1  ausdehnen  lässt. 

O.    SCHLÖMILCn. 


^.+»=^7?    „  r^^i^^i  i>^>o 


Z«iUcbrifl  f.  AUthematik  u.  Physik.  I. 


50  Kleinere  Mittheiiungen. 


^^V^^^f^PS^^^^WSy^^^^^^^^h^h^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^'^^^^^^^^^^^^^^^S^^^^^^^^^k^^h^^k^^^^^k^k^h^h^k^^t^k^^^k^h^k^k^hAA^h^k^t^^A^hM^^^^^^^^ 


m.    Lehnätze  der  analytiBchen  Geometrie. 

Herr  Prof.  Dr.  Junge  an  der  K.  S.  Bergakademie  zu  Freiberg  hat 
mir  folgende  Sätze  mitgetheilt,  deren  Beweis  als  zweckmässige  Hebung  in 
der  analytischen  Geometrie  der  Ebene  dienen  kann: 

Wenn  die  Grundlinie  eines  Dreiecks  unveränderlich 
gelassen  und  die  Spitze  desselben  auf  irgend  einer 
festen  Geraden  fortgeftlhrt  wird,  so  beschreibt  der 
Durchschnitt  der  drei  Höhen  des  Dreiecks  im  Allge- 
meinen eine  Hyperbel;  umgekehrt,  wenn  die  Leitlinie 
der  Dreieckspitze  eine  Hyperbel  ist,  so  wird  der  geo- 
metrische Ort  des  Höhendurchschnittes  zu  einer  Ge- 
raden. 

Die  Hyperbel  degenerirt  in  eine  Parabel,  wenn  die 
Leitlinie  parallel  zurBasis  liegt,  und  in  eine  Gerade, 
wenn  die  Leitlinie  entweder  auf  der  Basis  senkrecht 
steht  oder  mit  einer  der  Dreiecksseiten  zusammenfällt. 
Heisst  AB  die  Grundlinie  des  veränderlichen  Drei- 
ecks ^^C  und  2>  der  Durchschnitt  derDirectrix  mit  der 
Basis,  so  ist  die  in  D  auf  ^i?  errichtete  Senkrechte  die 
eine  Asymptote  der  Hyperbel;  die  andere  Asymptote 
erhält  man  dadurch,  dass  man  vom  Mittelpunkte  iRfdei^ 
Basis  aus  den  Abschnitt  ME  entgegengesetzt  =MD 
nimmt  und  von  E  eine  Senkrechte  auf  die  Directrix 
herablässt. 

In   dem   speciellen  Falle,  wo   die  Leitlinie   parallel 
zur  Basis    liegt,   kann   man  über  letzterer  ein  gleich- 
schenkliges Dreiek  construiren,  dessen  Spitze  auf  die 
Directrix    fällt;    der   Höhendurchschnitt   dieses  Drei- 
ecks ist   der    Scheitel   und   der  Abstand   der  Directrix 
von  der  Basis  der  doppelte  Parameter  jener  Parabel. 
Die  obige  Mittheilung  veranlasste  mich  zu  einer  flüchtigen  Untersuch- 
ung der  Geraden,  welche  den  Höhendurchschnitt,  den  Schwerpunkt  und 
den  Mittelpunkt  des  umschriebenen  Kreises  verbindet ;  bei  jener  Bewegung 
der  Dreieckspitze  berührt  nämlich  die  genannte  Gerade  im  Allgemeinen 
eine  Curve,  die  aber  meistens  einem  höheren  Grade  anzugehören  scheint. 
Nur  in  einem  Falle  gestaltet  sich  die  Sache  sehr  einfach,  nämlich: 

Wenn  die  Spitze  des  veränderlich A  Dreiecks  eine 
auf  der  Basis  senkrechte  stehende  Gerade  durchläuft, 
so  bleibt  die  erwähnte  Transversale  des  Dreiecks 
Tangente  an  einem  festen  Kegelschnitte;  dieser  ist 
eine  Ellipse  oder  Hyperbel,  jenachdem  die  Leitlinie 
die  Basis  oder  deren  Verlängerung  schneidet.  In  Be- 
ziehung auf  ein  rechtwinkliges  Coordinatensystem, 
dessen  Anfang  im  Mittelpunkte  M  der  Basis  liegt  und 
dessen  ar-Achse  die  Grundlinie  ist,  erhält  man  als 
Gleichung  des  berührten  Kegelschnittes: 


Kleinere  Mittheilungen.  •    &t 

worin  c  die  halbe  BasisJK/^und  a  den  Abstand  derDi- 
rectrix  vom   Üoordinatenanfange  bezeichnet. 
Man  kann  diesen  Satz  ebensowohl  seiner  Fassung  entsprechend  bewei- 
sen ,  als  aus  der  Theorie  der  eingehüllten  Curven  herleiten. 

SCHLÖMILCn. 


IT.    Dia  glaichgespannte  Kettenbrackenlinie  *). 

Bekanntirch  wächst  die  in  der  Tragkette  einer  Hängebrücke  vorhan- 
dene Spannung  vom  Scheitel  nach  den  Aufhängepunkten  zu  und  es  ist  da- 
her bei  einer  überall  gleich  starken  Kette  die  auf  die  Flächeneinheit  fal- 
lende Spannung  (die  ganze  Spannung  an  einer  Stelle  dividirt  durch  den 
Querschnitt)  in  demselben  Maasse  veränderlich.  Diese  Ungleichheit  joner 
Spannung  hat  eine  ungleiche  Sicherheit  des  ganzen  Bauwerks  zur  Folge, 
denn  sobald  an  den  Aufhängepunkten  schon  die  nöthige  Sicherheit  vorhan- 
den ist,  findet  im  Scheitel  eine  noch  grössere  Sicherheit  statt,  die  nicht  nur 
fiberflüssig ,  sondern  sogar  schädlich  ist,  weil  das  eigene  Gewicht  der  Trag- 
kette geringer  ausgefallen  wäre ,  wenn  man  ihren  Querschnitt  im  Scheitel 
kleiner  und  zwar  gerade  nur  so  gross  genommen  hätte ,  als  zur  Erreichung 
derselben  Siclierheit  wie  an  deü  Aufhängepunkten  nöthig  sein  würde.  Um 
diesem  Uebelatande  abzuhelfen,  muss  man  der  Kette  einen  veränderlichen 
Querschnitt  geben ,  der  vom  Scheitel  nach  den  Aufhängepunkten  hin  in  der 
Weise  zunimmt,  dass  das  Verhältniss  der  Spannung  in  jedem  Kettenele- 
mente zu  dessen  Querschnitte  constant  ist.  Eine  kurze  Notiz  über  die 
Gleichung  einer  solchen  gleichgespannten  oder  gleichsicheren  Ketten- 
brückenlinie giebt  Coriolis  in  Liouville^s  Journal,  Bd.  I. ,  S.  75,  ohne  je- 
doch die  Frage  zu  erörtern,  wie  bei  gegebener  Spannweite,  Pfeil,  Sicher- 
heit etc.  das  wichtigste  Element,  nämlich  der  Querschnitt  in  jedem  Punkte, 
bestimmt  werden  könne;  mit  der  letzteren  Aufgabe  hat  sich  Prof.  Kulik 
mehrfach  beschäftigt  (u.  A.  in  seinen  Anfangsgründen  der  höheren  Mecha- 
nik ,  Cap.  Vin.) ,  ist  aber  zufolge  einer  nicht  glücklichen  Anlage  des  Cal- 
cüla  in  eine  umständliche  Näherungsrechnung  gerathcn,  welche  sich  voll-, 
ständig  vermeiden  lässt.  Dies  ist  der  Grund ,  warum  wir  jene  in  theoreti- 
scher Beziehung  ebenso  interessante  als  practisch  wichtige  Frage  wieder 
vornehmen. 

Zwei  in  einer  horizontalen  Geraden  liegende  Punkte  A  und  B  denke 
man  sich  durch  eine  Kette  verbunden,  deren  tiefster  Punkt  C  von  A  und  B 
gleichweit  entfernt  sein  möge.  Den  Scheitel  C  nehmen  wir  zum  Anfangs- 
punkte eines  rechtwinkligen  Coordinatensystemes  und  legen  die  Abscissen- 
achse  horizontal  mit  der  positiven  Seite  nach  A  hin,  die  Ordinatenachse 
vertikal  mit  der  positiven  Seite  nach  oben,  so  dass  die  Curvo  convex  gegen 
die  Abscissenachse  ist.    Ferner  sei 

X  die  Abscisse  eines  Curvenpunktes  P^ 

y  die  Ordinate     „  „  P, 

8  der  von  C  bis  P  reichende  Bogen, 

%  der  spitze  Winkel  zwischen  der  Tangente  an  P  und  der  positiven. 
Seite  der  x  -  Achse , 


*)  Aus  dem  Osterprognuam  von  1855  der  K.  polytechnisch.  Schule  zu  Dresden. 

4* 


S2    *  Kleinere  MitÜheiliingen. 

^   q  der  Quersclinitt  der  Kette  im  Punkte  P, 

T  die  mn  dieser  Stelle  auf  q  wirkende  Spannung , 
y  das  Gewicht  der  Voliimeneinheit  des  Kettenmaterials , 
G  das  Gewicht  der  Längeneinheit  der  Brttckenhahn  sammt  deren  Maxi- 
malbelastnng  mit  Einschlnss  des  auf  die  Längeneinheit  redncirten 
Gewichtes  der  Tragstangen. 
Lassen  wir  den  Bogen  s  um  sein  Differential  PP^  =  ds  zunehmen ,  so 
wachsen  o:,  y,  t,  T  um  ihre  Differentiale  und  es  entsteht  ein  Kettenelement, 
auf  welches  vier  Kräfte  wirken,  nämlich  die^in  tangentialen  Richtungen  an 
P  und  P,  angreifenden  Spannungen  T  und  T+  dT^  ferner  das  eigene  Ge- 
wicht des  Kettenelementes,  endlich  das  Gewicht  von  demjenigen  Theile 
der  Fahrbahn ,  welchen  jenes  Kettenelement  tragen  muss.    Hinsichtlich  je- 
ner Spannungen  ist  zu  bemerken,  dass  sie  in  entgegengesetztem  Sinne  wir- 
ken ,  dass  folglich  T  mit  der  Abscissenachse  den  Winkel  i  + 180®,  und 
T+dT  mit  derselben  Achse  den  Winkel  r  +  dv  einschliesst;  zerlegt  man 
jede  dieser  Kräfte  in  zwei  den  Coordinatenachsen  parallele  Componenten, 
so  sind  die  Seitenkräfte  von  T 

Tcos{ieO^  +  x)  =  —Tcost    und    T sin  {ISO^  +  v)  =  — Tsinvj 
dagegen  die  von  T+dT  • 

{T+dT)co8{x  +  dt)    und  {T  +  d  T)  iin  {t  +  dt). 
Femer  ist  qds  das  Volumen  des  Kettenelementes  PPti  mithin  yqds 
sein  Gewicht,  endlich  hat  das  von  dem  Kettenelemente  getragene  Stttek 
der  Fahrbahn  die  Horizontalprojection  von  ds,  nämlich  dx  zur  Länge,  mit- 
hin Gdx  zum  Gewicht;  letztere  zwei  Kräfte  wirken  vertikal  abwärts  und 
sind  daher  negativ.     Zum  Gleichgewichte  des  Kettenelementes  wird  nun 
erfordert,  dass  die  Summe  sowohl  der  horizontalen  als  der  vertikalen  Kräfte 
fUr  sich  Null  sei ,  und  wir  haben  demgemäss  die  Bedingungsgleichungen : 
{T+dT)  cos  (t  +  dt)  —  Tcosx  =  0, 
{T  +  dT)  sin  {t  +  dv)  —  Tstnx-^yqds — Gdx  =  0^ 
oder  in  compendiöserer  Form 

1)  d{TcoST)=0,     d  {TsinT)^=:  yqds  +  Gdx. 
Die  erste  Gleichung  liefert  durch  Litegration 

Tcost=^  Constans , 
und  hier  ergiebt  sich  die  Bedeutung  von  Constans  dnrch  die  Specialisirufag 
ar  =  0,  wobei  t  zu  Null  und  T  gleich  der  im  Scheitel  C  vorhandenen  Span- 
nung wird;  bezeichnen  wir  letztere  mit  T^,  so  ist 

2)  Tcosv=  To     oder  7=  J©  ^^c  t. 

Vermöge  des  bekannten  Werthes  von  sect  können  wir  statt  dieser 
Gleichung 


»)       /='-.s='-.-'/^^W 


setzen  und  erhalten  durch  Substitution  dieses  Ausdruckes  in  die  zweite 
Gleichung  von  Nr.  2) 

^od(^)  =  yqds  +  Gdx, 

•  ^y    •  ' 

oder,  wenn  wir  —  wie  gewöhnlich  mit  y'  bezeichnen  und  </«  durch  dx  und 
y'  ausdrücken 


Tody':^(yqj/T+^+G)dx. 


Kleinere  MiHheilongeii«  63 

Nach  Sonderling  der  Variabelen  giebt  die  Integration 
4)  r,  f- ^4==  =  «+. Com*., 

wobei  auf  der  linken  Seite  die  Fälle  eines  constanten  und  eines  variabelen 
q  nnterscbieden  werden  müssen. 

Für  ein  const^tes  q  hat  zwar  die  Ausführung  der  angedeuteten  auf  y' 
besttglichen  Integration  keine  Schwierigkeit,  gleichwohl  ist  aber  mit  dem 
Resultate  nicht  viel  anzufangen.  Die  gefundene  Gleichung  zwischen  y  und 
X,  welche  im  Allgemeinen  die  Fdrm  f(jy)z=zx  besitzt,  muss  nämlich  auf  y 
reducirt  werden,  in  der  neuen  unter  der  Form  yz=sq>(x)  enthaltenen  Form 

wäre  dann  für  y   sein  Werth  3^  zu  setzen  und  durch  nochmalige  Integra- 

dx 

tion  nach  dem  Schema 

y=fq>{x)dx  =  fp{x)  +  Const 
die  endliche  Gleichung  der  Kettenbrückenlinie  abzuleiten.  Von  diesen 
Operationen  ist  schon  die  erste  (die  Rednetion  auf  y)  unausführbar,  weil 
das  auf  y  bezügliche  Integral  Potenzen  und  Logarithmen  von  y  gleichzei- 
tig enthält,  wodurch  die  aufzulösende  Gleichung  eine  transcentende  Form 
erhält ;  hierin  liegt  der  Grund ,  warum  man  sich'  mit  Näherungen  begnügen 
muss,  indem  man  ^1  +  y' •  entweder  schlechthin  =1 ,  oder  etwas  genauer 
=  i  +  4y'«^tzt. 

Die  angedeuteten  Schwierigkeiten  verschwinden  gänzlich  bei  der  Vor- 
aussetzung ,  dass  die  auf  die  'Flächeneinheit  des  Querschnittes  fallende 

T  T 

Spannung  —  überall  dieselbe  mithin  ==  —   sei ,  wo  g«  den  Scheitelquer- 
schnitt der  Kette  bezeichnet;  wir  haben  in  diesem  Falle. 


9o. 


5)  •  q=^T=qo$ect  =  qoyi+tr, 

und  bekommen  jetzt  statt  der  Gleichung  4)  die  folgende 

wobei  die  Integration  wegep  des  rationalen  Nenners  sehr  einfach  wird.  Unter 
der  Bemerkung,  dass  x  und  y=zianr  gleichzeitig  verschwinden,  ergiebt  sich 


oder  umgekehrt  ,  

Durch  Multiplication  mit  dx  und  nochmalige  Integration  gelangt  man 
zur  Gleichung  der  gleichgespannten  Kettenbrttckenlinle 

^  ^       Y9o  To 

wobei  keine  Integrationsconstante  beizufügen  ist,  weil  für  a;=0  auch  y=0 
werden  muss. 

Sind  nun  die  halbe  Spannweite  a  und  der  Pfeil  b  gegeben ,  welche  als 
rechtwinklige  Coordinaten  des  Endpunktes  A  betrachtet  werden  können,  so 
gilt  erstens  die  Gleichung 


34  Kleinere  Mittheihingen. 


.  yqo  To 

setzen  wir  zweitens  voraus ,  ^dass  die  Kette  überall  die  n  -  fache  Sicherheit 
darbiete ,  so  muss  die  auf  die  Flächeneinheit  des  KettenqaerschnittB  wir- 

T       T 

konde  Spannung  —  =:  —  der  w-to  Theil  der  absoluten  Festigkeit  den  Ket- 
^  9        9o 

F 
tenmaterials  sein:  letztere  sei  -Fund  —  =z  f    wir  haben  dann  die  zweite 
'  n     , 

Bedingung 

-»=/^oder  ro  =  ^oA       ' 

,  Um  aus  den  beiden  vorhandenen  Bcdingungsgleichungen  die  Unbe- 
kannten q^  und  Tq  zu  finden ,  substituiren  wir  den  obigen  Ausdruck  für  T, 
in  die  erste  Gleichung  und  erhalten : 

y  q^f 

hieraus  ergiebt  sich  q^ ,  wenn  man  erst  den  Hilfswinkel  S  nach  der  Forme] 

8)  lsece  =  ^-^ 

berechnet  und  daraus  qo^  sowie  Tq  ableitet,  nämlich 

\ya/ 

Hat  man  q^  und  Tq  hiernach  ermittelt,  so  kann  man  die  in  den  Gleich- 
unf^en  6)  und  7)  vorkommenden  Coustanten  berechnen,  indem  man  etwa 
netzt : 


to)  /,=-— .A_.,    k=-/'i+i^  =  -L; 

die  gauze  Uechnuiig  geht  dann  nach  den  Formeln 

f  X  %c 

II)        y^=z~  l  sec  rr^     tanT=ktan—^     q^^q^secx,     T=^qf, 
y  h  h 

und  ist  äusserst  einfach,  wenn  man  Tafeln  der  natürlichen  Logarithmei 
der  trigonometrischen  Functionen  zur  Hand  hat  (z.B.  J.  C.  Schulze's  Samm- 
lung mathematischer  Tafeln,  Berlin,  1778.  2  Bde.). 

Um  endlich  das  Gewicht  der  Kette  zu  bestimmen ,  braucht  man  siel 
nur  zu  erinnern,  dass  yqds  das  Gewicht  eines  Kettenelementes  bedeutet 
dass  mithin  die  von  a:  =  0  bis  a:  =  a  genommene  Summe  aller  Elementar- 
gewichte das  Gewicht  der  halben  Kette  giebt.  Nennen  wir  F  das  Gewichl 
der  ganzen  Kette,  so  ist  hiernach 

r=2  jyqds  =  2yqo  I sccT  ds 

ar  =  0  x=0  

und  durch  .Substitution  der  Werthe  von  sec  x  =  }/T+  ian^  x  =  yi  +  y  * 
und  ds 


Kleinere  Mittheilungen.  55 

a 
r=^yqo  ni+k^tan^j^   dx  —  ^yqoln  +  k'  (hCauj—ajj. 

Diese  Formel  vereinfaclit  sich  durch  die  Bemerkung ,  dass  -r-  einerlei 

h 

mit  dem  vorhin  benutzten  Hilfswinkel  S ,  mithin  h:=  ^  ist ;  man  findet  so 


12)  r=2r«?.['+Ä'(^-i)]. 


Beispielsweise  sei  ö  =  210',  6  =  30',  C=20  Ctnr.,  w=3,  2?*=  144. 500 

Cinr. ,  mithin  /"==  48.500  Ctnr.  und  y  =  5  Ctnr.;  die  Formel  8)  giebt  dann 

5  30 
lsece=      '        =  0,00625,      ß  —  6^24'  =  0,1117, 
4o  .  500 

femer  ist  nach  Nr.  9) 

4  4 

^"^  /48  .  500  .  0,0II17Y       ^  ^  515178  "^  ^>^^^°'> 
\         5 .  210         / 

oder  nahe 

•4 

^0=1000"  und  ro=7TT^- 48.  500  =  17438  Ctnr. 

5,517o 

Die  Formeln  ll)  werden 

y  =  4800./^ec^^,     ton  t  =  2,547  .  ten  j^ , 

^  =  0,7249.  5öcr,     r  =  24000,5r; 
hiemach  beträgt  z.  B.  an  den  Auf  hängepunkten  der  Tangenten winkel  15^57 ', 
der  Querschnitt  108,57 D"  nnd  die  Spannung  18095  Ctnr.,  für  das  Gewicht 
der  ganzen  Kette  ergiebt  sich  1563,7  Ctnr.    Zur  Vergleichung  setzen  wir 
die  nach  der  gewöhnlichen  parabolischen  Theorie  (d.  h.  für  q  =  Consi.  und 
j/|  4-y'*  =  l)  berechneten  Werthe  daneben ;  sie  sind 
q  =  0,7577  D '  =  109  D  "  circa , 
ro=  17485  Ctnr., 

^  =  lSs'      '"''^  =  71' 

T=  17485  .secT,     r=  1612,4  Ctnr. , 
wonach  die  gleichgespannte  Kettenbrückonlinie  bei  der  nämlichen  Sicher- 
heit eine  Materialerspamiss  von  48,7  Ctnr.  gewährt. 

In  practischer  Hinsicht  bemerken  wir  noch ,  dass  die  wenigstens  nähe- 
nmgsweise  Ausführung  einer  Kette  von  wachsendem  Querschnitte  keine 
Schwierigkeit  darbietet,  weil  die  einzelnen  Kettenglieder  aus  Schmiede- 
eisen hergestellt  werden  und  eben  desswegen  jede  beliebige  Form  erhalten 
können.  Auch  existirt  bereits  in  London  eine  derartige  Brücke  {Hunger- 
ford-bridge) ,  doch  ist  nichts  über  die  ihr  zu  Grunde  liegende  Theorie  be- 
kannt geworden;  wahrscheinlich  haben  auch  die  in  der  Praxis  gewandten 
und  kühnen ,  mit  der  Theorie  aber  meistens  wenig  vertrauten  englischen 
Ingenieure  überhaupt  nach  gar  keinen  Formeln  construirt,  sondern  sich 
hier  wie  bei  unzähligen  anderen  Gelegenheiten  auf  empirische  Versuche 
und  graphische  Methoden  verlassen.  '  Schlömilch. 


56  Kleinere  Mittheilungen. 

V.  Einfacher  Apparat  zum  ITachweis  des  Zmammeiiliaiiges  dar  Tonhöhe 
mit  der  Schwingnngsgeiohwindigkeit. 

In  einer  Abhandlung  von  Oppel  (Poggend.  Annal.  Bd.  94.  S.  564) 
bezüglich  einer  besonderen  Entstehungsweise  von  Tönen  (Keflexionstöne) 
wird  gelegentlich  von  demselben  Verfasser  eine  einfache  Vorrichtung  an- 
gegeben, welche  statt  der.Savart' sehen  Zahnräder  oder  anderer  mehr 
complicirter  Apparate  zur  Anstellung  der  Fundamentalversuche  über  die 
Entstehung  der  Töne  dienen  kann.  Zum  Einbinden  der  Bücher  wird  jetzt 
häufig  ein  unter  dem  Namen  „Cambric^^  bekannter  Baumwollenstoff,  in 
welchem  verschiedene  Muster  eingepresst  sind,  benutzt.  Eine  der  einfach- 
sten Sorten  derselben  ist  diejenige^  bei  welcher  das  Dessin  als  ein  System 
dichter  paralleler  gerader  Linien  sich  hervorhebt.  Mit  diesem 
Stoffe  überkleide  man  zweckmässig  geformte  Körper  von  Holz  oder  Pappe, 
so  dass  dieselben  fein  gefurchte  Oberflächen  erhalten.  Zieht  man  dann 
eine  solche  Fläche  über  eine  andere,  (z.  B.  die  Decken  zwdier  mit  „Cambric" 
eingebundener  Bücher)  etwas  rasch  und  mit  massigem  Drucke  hinweg,  so 
dass  die  Richtung  des  Zugs  auf  der  der  gepressten  Streifen  senkrecht  steht, 
so  hört  man  deutlich  einen  etwas  hohen  Ton,  dessen  Höhe  mit  der  Ge- 
schwindigkeit der  Bewegung  sich  verändert.  Ebenso  entsteht  der  Ton, 
wenn  man  über  eine  der  gefürchten  Flächen  mit  der  Spitze  eines  geeignet 
zugeschnittenen  FederkieJ[es  (eines  Zahnstochers)  in  senkrechter  Richtung 
hinwegfährt.  'Ueberzieht  man  die  cyliudrische  Fläche  eines  Scheiben-  oder 
trommeiförmigen  Körpers  (z.  B.  den  Rand  einer  runden  Pappschachtel),  der 
mit  einer  Drehachse  versehen  ist,  mit  dem  genannten  Stoffe,  so  dass  die 
Richtung  der  Furchen  der  Drehachse  parallel  ist,  so  hat  man  eine  Vorrich- 
tung, welche  das  Savart'sche  Zahnrad  für  die  angegebenen  Zwecke  recht 
gut  ersetzt.  Man  kann  mehrere  solcher  Trommeln  von  verschiedenen  Durch- 
messern durch  eine  gemeinschaftliche  Drechachse  verbinden  und  gemäss 
nahe  liegender  Wahl  in  den  Verhältnissen  jener  Durchmesser  beliebige 
Tonverhältnisse  zur  Anscliauung  bringen.  Voraussichtlich  ändert  sich  auch 
unter  übrigens  gleichen  Umständen  die  JTonhöhe  mit  der  Richtung,  welche 
man  der  Bewegung  des  Federkieles  gegen  die  Richtung  der  Streifen  giebt. 
Fährt  man  in  einer  krummen  Linie  über  eine  so  gestreifte  Ebene  hin,  so  ist 
der  Ton  in  dem  Augenblicke  am  höchsten,  wo  die  Bewegungsrichtung  der 
Federspitze  die  Streifen  der  Fläche  rechtwinkelig  durchschneidet;  vorher 
und  nachher  zeigt  sich  die  Höhe,  des  Tones  um  so  geringer,  je  schiefer  der 
Winkel  beider  Richtungen  ist.  Bei  kleineren  Winkeln  (unter  35*^  —  30**) 
wird  der  Ton  zugleich  merklich  unbestimmter  und  undeutlicher.  Es  Hessen 
sich  daher  bei  einem  Systeme  vorhererwähnter  Trommeln,  welche  alle  über 
eine  Drehachse  geschoben  werden  können ,  noch  mehrfache  Abänderungen 
in  sofern  treffen,  als  man  die  Furchen  des  Stoffes  nicht  parallel  mit  der 
Drehachse,  sondern  unter  gewissen  Winkeln  gegen  dieselbe  geneigt  stellte, 
um  so  auch  kleinere  für  gewisse  Zwecke  vorher  bestimmte  Tonintervalle 
hervorzubringen. 


YL  lieber  die  Entstehnng  von  Tönen  dnrch  Berühnmg  nngleich  wanner 
Körper  hat  J.  Tyndall  neuere  Versuche  angestellt,  deren  Resultate  zum 
Theil  mehrere  zeither  als  wahr  hingenommene  Ansichten  berichtigen.  Dera- 
gemäss  ist  es  zunächst  nicht  nothwendig,  dass  die  beiden  zur  Berührung  kom- 
menden Körper  (Wieger  oder  Wackler  und  die  Unterlage  beim  bekannten 


Kleinere  Mittheilungen.  57 

Trevelyau'  sehen  Versuche)  verschiedene  Metalle  sind ;  auch  gleiche 
Metalle  geben ,  bei  ungleichem  Temperaturzustande  unter  geeigneten  Be- 
dingungen in  Berührung  gebracht,  die  bekannten  Töne*).  Auch  Antimon 
und  Wismuth  bringen,  eben  so  gut  als  Träger  wie  als  Wieger  verwendet, 
die  Erscheinung  hervor  und  bilden  somit  keine  Ausnahme  unter  den  Me- 
tallen. Ferner  ist  es  nicht  nothwendig,  dass  beide  Körper  Metalle  sind; 
auch  Unterlagen  von  verschiedenen  anderen  nicht  metallischen  Körpern 
sind  mehr  oder  minder  geeignet  hierzu,  nur  müssen  dieselben  —  was  auch 
bei  Metallen  vortheilhaft  ist  —  da ,  wo  man  den  Wieger  oder  Wackler  ba- 
lanciren  lässt,  zu  einer  Kante  zugeschärft,  nicht  abgerundet  sein. 
Als  eine  ganz  vorzüglich  geeignete  Substanz  zur  Unterlage  hat  sich  Stein- 
salz bewährt.  Auf  der  Kante  eines  Würfels  davon  «geräth  ein  (messinge- 
ner) Wieger  schon  bei  verhältnissmässig  geringeren  Temperaturerhöhungen 
in  Schwingungen,  wobei  ein  deutlicher  musikalischer  Ton  entsteht.  Die 
merkwürdigen  thermischen  Eigenschaften  dieses  Salzes  sind  somit  um  eine 
neue  vermehrt.  Dieselben  Versuche  haben  auch  dargethan,  dass  die  Vibra- 
tionen keineswegs  mit  einer  dem  Unterschiede  des  Wärmeleitungsvermö- 
geus  der  Metalle  proportionaler  Intensität  geschehen ,  und  dass  das  Metall 
von  schwächerem  Leitungsvermögen  nicht  nothwendig  das  kältere  sein 
müsse.  So  geben  kupferne,  messingene,  eiserne  Wieger  auf  dem  Kande  einer 
dünnen  Silberplatte  deutliche  musikalische  Töne.  (Poggendorff.  Annal. 
Bd.  94.  S.  613.) 


Tu.  Das  prismatische  Spectnim  des  elektrischen  Funkens  ist  nach 
Augström's  Untersuchungen  als  eine  Ueberdeckung  zweier  besonderer 
Spectren  zu  betrachten,  von  denen  das  eine  dem  Metall,  oder  dem  Körper, 
aus  dem  der  Leiter  besteht,  und  das  .andere  der  Luft,  in  welcher  der  Funke 
überspringt,  angehört.  Es  ergiebt  sich  dieses  daraus,  dass,  wenn  der  Funke 
in  anderen  Gasarteu  als  atmosphärische  Luft  überspringt,  das  Spectrum 
entsprechende  Veränderungen  zeigt ,  dagegen  bei  verschiedenen  Metallen, 
welche  als  Leiter  verwendet  werden,  in  gewissen  Theilen  eine  Unveräuder- 
lichkeit  und  Unabhängigkeit  von  der  Verschiedenheit  der  angewandten 
Ijoiter  zu  erkennen  giebt.  Das  elektrische  Spectrum  ist  nämlich  durchzogen 
erstens  von  einer  grossen  Menge  leuchtender  Linien  nach  Anzahl  und 
Vertheilung  in  ähnlicher  Weise  wie  das  Sonnenspectrum  von  den  dunklen 
F  raun  ho  fernsehen  Linien.  Dieselben  sind  (beim  Ueberspringen  des  Fun- 
kens in  atmosphärischer  Luft)  für  alle  Metalle  gleich,  variiren  nur  an  Inten- 
sität nach  ,der  Stärke  des  Condensators  und  nach  dem  Feuchtigkeitsgrade 
der  Luft.  Dagegen  wird  die  Anzahl  und  Lage  dieser  Linien  abgeändert, 
wenn  man  den  Funken  durch  verschiedene  Gase  gehen  lässt.  Die  helleren 
Linien  im  Spectrnm  der  atmosphärischen  Luft  scheinen  mehr  dem  Stickstoff 
angehörig  zu  sein,  denn  sie  erscheinen  zwar  im  reinen  Stickstoff  wieder, 
nicht  aber  im  reinen  Sauerstoff  (und  fast  eben  so  wenig  im  Kohlensäuregas). 
Im  Ganzen  liegen  die  meisten  hellen  Linien  beim  Sauerstoffspectrum  im 
blauen  und  violetten  Felde,  beim  Stickstoffspectrum  im  grünen  und  gelben, 
beim  Wasserstoffspectrum  im  rothen,  was  wohl  mit  den  chemischen  und 
thermischen  Eigenschaften  dieser  Gase  im  Zusammenhange  stehen  mag.  Die 


*)  Was  übrigens  sckön  S  e  e  b  eck  (Folgend.,  Ann.  Bd.  51.  1.)  nachgewiesen  hat. 


58  Kleinere  Mittheilungen. 

Entstehung  dieses  dorch  die  Oase  bedingten  Spectmms  erklSrt  Angström 
.durch  ein  Ergltthen  der  Gastheilehen,  hauptsächlich  hervorgerufen >  oder 
wenigstens  befördert,  wie  es  scheint,  durch  das  Erglühen  der  vom  Condnctor 
abgerissenen  und  fortgeführten  Metalltheilchen.  Letztere  bedingen  nämlich 
das  Auftreten  einer  zweiten  Art  leuchtender  Linien  im  elektdschen  Spectrum, 
welche  glänzender ,  jedem  besonderen  Metalle  eigenthümlich  und  von  den 
vorhergehenden  in  leicht  bemerklicher  Weise  dadurch  unterschieden  sind, 
dass  sie ,  bei  nicht  allzu  starker  Ladung  des  Condensators ,  unvollständige 
Querlinien  bilden,  indem  sie  scheinbar  von  beiden  Kanten  des  Prisma's  aus- 
gehend schon  erlöschen,  ehe  sie  die  Mitte  erreichen.  Der  stärkere  Glanz 
dieser  Lichtlinien  verdunkelt  die  vorhergenannten  etwas  und  erschwert  de- 
ren Beobachtung  einigermaassen ,  doch  sind  jene  wieder  daran  leichter  zu 
erkennen,  dass  sie  mit  unveränderlicher  Intensität  für  jeden  Punkt  der 
Querdimensionen  erscheinen.  Die  Veränderlichkeit  der  Intensität  der  zwei- 
ten Art  von  Lichtlinien  erklärt  sich  leicht  dadurch ,  dass  die  von  beiden 
Polen  ausgehenden  Theilchen  der  Leiter  unterwegs  ihre  hohe  Temperatur 
und  zugleich  ihre  Leuchtkraft  verlieren.  (Somit  scheint  aber  das  Glühen 
der  Gasthcilchen  zu  einem  grossen  Theile  auch  durch  die^directe  Fortpflan- 
zung der  Elektricität  hervorgerufen  zu  werden.)  (Poggend.Ann.Bd.94.S.141.) 


Vm  Optische  Eigenschaften  einiger  Krystalle  des  toMoralen  oder 
regulären  Systems.  Das  Gesetz,  nach  welchen  die  Krystalle  des  regulären 
Systems  in  allen  Richtungen  in  gleicher  Weisse  auf  das  Licht  wirken,  das- 
selbe einfach  brechen  und  in  Bezug  auf  Polarisation  von  den  ELryställen 
anderer  Systeme  abweichen,  hat  einige  Ausnahmen  gefunden.  Brewster 
entdeckte  eine  Doppelbrechu n g  am  Analcim;  er  bezeichnete  densel- 
ben als  mit  unzähligen  Achsen  doppelter  Brechung  begabt,  weil  beim  Anal- 
cim in  mehreren  zu  seinen  Flächen  symmetrisch  geleg«nen,  doch  einzelnen 
Ebenen  nach  jeder  Richtung  die  Doppelbrechung  fehlt.  Ausserdem  übt  jedes 
Theilchen  dieses  Minerals  eine  ähnliche  Wirkung  auf  das  Licht  aus ,  wie 
erhitztes  oder  gepresstes  Glas.  Dieselben  Eigenschaften  besitzen  auch  Leu- 
cit  und  Boracit.  Biot  fand,  dass  mehrere  Krystalle  des  tesseralen  Sy- 
stems, namentlich  Alaun,  Flussspath,  Kochsalz  eine  eigenthümlicho 
Einwirkung  auf  polarisirtes  Licht  haben  und  somit  auf  ein  Vermögen ,  das 
Licht  wenigstens  in  einzelnen  Theilen  doppelt  zu  brechen,  schliessen  lassen. 
Er  bezeichnete  diese  Art  von  Erscheinungen  mit  Polarisation  lamellaire  und 
erklärte  dieselbe  durch  Annahme  eines  lamellenartigen  Baues  dieser  Kry- 
stalle (im  Gegensatz  zu  einer  molecularen  Constitution).  Mitscherlich 
entdeckte  dieselben  Eigenschaften  am  chlorsaurcn  Natron  und  bezeich- 
nete zugleich  die  Krystallisation  desselben  als  eine  heraiedrische.  An  dem- 
selben Salz  entdeckte  endlich  H.  Marbach  in  Breslau  eine  Drehung  der 
Polarisationsebene,  wie  sie  am  Quarz  und  bis  dahin  nur  an  demselben, 
beobachtet  wurde.  (Poggend.  Ann.  Bd.  91.  S.  482)  Dieselben  Erscheinun- 
gen zeigen  nach  ihm  entschieden  auch  bromsaures  Natron,  essigsau- 
res Uranoxyd-Natron  (iVitiO  -f-  2  Ur^O^  -f-3  C^H^O^  und  wahrscheinlich 
noch  einige  andere  Salze,  welche  die  der  Polarisation  lamellaire  besitzen, 
nämlich  bromsaures  Nick oloxydul  und  bromsaures  Kobaltoxydul  (Poggend. 
Ann.  Bd.  94.  S.  414).  Das  chlorsaure  Natron,  bromsaure  Natron  und  das 
essigsaure  Uranoxyd  -  Natron  geben  nach  Marbach  die  bezeichnete  Er- 
scheinung in  folgender  Weise  zu  erkennen. 


SAemere  Mittheilungen.  59 

1)  Von  jeder  dieser  Substanzen  findet  man  einige  Krjstalle ,  welche 
die  Polarisationsebene  nach  rechts ,  andere ,  welche  sie  nach  links  drehen. 
In  welcher  Kiehtnng  aber  auch  diese  Drehung  vor  sich  geht,  immer  ist  die 
Grösse  derselben  für  beide  Arten  von  Krystallen  dieselbe,  wenn  der  vom 
Lichte  zurückgelegte  Weg  gleich  gross  ist. 

2)  Bei  jeder  Substanz  ist  die  Drehung  der  Dicke  der  Platte  proportio- 
nal. Legt  man  mehrere  Platten  desselben  Salzes  übereinander,  so  ist  die 
Wirkung  derselben  proportional  der  Summe  oder  der  Differenz  der  Dicken, 
je  nachdem  die  Krjstalle  in  gleichem  oder  entgegengesetztem  Sinne  wirken. 

3)  Die  Drehung  der  Polarisationsebene  bleibt  für  dieselbe  Substanz  und 
bei  unveränderter  Dicke  dieselbe ,  welche  Richtung  auch  die  Lichtstrahlen 
zu  den  Krystallisationsachsen  haben  mögen. 

4)  Am  chlorsauren  Natron  lassen  die  entgegengesetzten  hemiedrischen 
Gestalten  (Tetraeder  oder  Pentagondodekaeder)  im  Voraus  erkennen ,  ob 
der  Krystall  ein  rechts-  oder  linksdrehender  ist.  Denn  die  nach  rechts 
oder  links  symmetrisch  ausgebildeten  Flächensysteme  dieser  Körper  geben 
die  damit  übereinstimmende  Drehungsrichtung  unmittelbar  an. 

5)  Die  beschriebenen  Erscheinungen  erleiden  bisweilen  Modificationen 
durch  die  der  Polarisation  lamellaire.  An  manchen  Krystallen  des  chlorsau- 
ren Natrons  werden ,  wenn  sie  in  den  Polarisationsapparat  gelegt  sind ,  im 
intensiv  gefärbten  Gesichtsfelde  weisse  Flecke  sichtbar,  die  bei  einer  der 
Krysiallplatte  gegebenen  Drehung  in  ihrer  eigenen  Ebene  Abwechselnd  ver- 
schwinden und  wieder  entstehen.  Wird  ein  derartiges  Exemplar  so  in  das 
verdunkelte  Gesichtsfeld  des  Polarisationsapparates  gelegt,  dass  je  ein  Paar 
der  Würfelflächen  einer  der  Polarisationsebenen  parallel  wird,  und  durch 
das  dritte  Paar  von  Würfelflächen  das  Licht  geht,  so  zeigen  sich  vier  weisse 
Flecke  auf  gefärbtem  Grunde ,  die  ein  nicht  in  der  Mitte  zusammenhängen- 
des Kreuz  bilden  u^d  durch  zwei  Grade  symmetrisch  geschnitten  werden, 
welche  45  ®  gegen  die  dem  Lichte  parallelen  Würfelflächen  geneigt  sind. 
Mit  einer  Drehung  des  Zerlegers  wird  der  farbige  Grund  geändert,  und 
wenn  dieser  die  dunkelste ,  die  violette,  Färbung  angenommen  hat ,  so  sind 
die  Flecke  am  deutlichsten;  dieselben  vorschwinden  wieder,  wenn  die 
Drehung  fortgesetzt  und  das  Gesichtsfeld  wieder  hell  wird.  Sind  die  Flecke 
recht  deutlich  geworden,  so  werden  sie  durch  eine  Drehung  des  Krystalles 
wieder  undeutlicher  und  verschwinden  ganz,  wenn  die  den  Lichtstrahlen  pa- 
rallelen Würfelflächen  45^  gegen  die  Polarisationsebenen  geneigt  sind.  In 
dieser  Stellung  verhält  sich  der  Krystall  ganz  wie  ein  gewöhnlicher  dessel- 
ben Salzes.  Aehnliche  Erscheinungen  sind  an  (sehr  vielen)  Krystallen  des 
bromsauren  Natrons,  des  bromsauren  Nickels  und  des  bromsauren  Kobalts 
zu  beobachten,  doch  hat  Marbach  am  essigsauren  Uranoxyd-Natron  keine 
Andeutung  von  Polarisation  lamellaire  gefunden.  An  Krystallfragmenten 
bleiben  diese  Erscheinungen  unverändert  dieselben. 

6)  Eine  Lösung  eines  solchen  Salzes,  in  eine  Köhre  von  25  Centimeter 
Länge  gebracht,  zeigt  keine  Wirkung  auf  polarisirtes  Licht,  auch  dann  nicht, 
wenn  man  nur  Krystalle  von  einer  Art,  welche  eine  Drehung  nach  ein  und 
demselben  Sinne  bewirken,  aufgelösst  hat.  Aus  einer  solchen  Lösung  von 
Krystallen  derselben  Art  scheiden  sich  sowohl  links-  als  rechtsdrehende 
Krystalle  aus. 

7)  Die  Grössen  der  Ablenkungen  des  gelben,  der  leinte  sensible  com- 
plement&ren  Lichtes  sind  bei  diesen  Substanzen  im  Vergleich  zu  der  beim 


60  Kleinere  Mittheilongen« 


i^MW«««#«M^^W«««^««^^«^IMM^l^^tMMMMA^iAM^^MWWMWMVWM 


Quarz ,  Terpentinöl  und  der  Znckerlösung  für  die  gemeinschaftliche  Dicke 

von  i  par.  Linie  wie  folgt  gefunden  worden. 

Quarz 54*  rechts  oder  links, 

chlorsaurcs  Natron  .  .  .  8^®  „  „  „ 
bromsaures  Natron  •  •  •  6^*  „  „  „ 
essigsaures  Uranoxjd- Natron  4®       „         „        „ 

•Zuckerlösung 1  ®,65  rechts, 

Terpentinöl 0^79  links. 

{Compt,  Rend.  T.  XL.  p.  7S3.  —  Poggend.  Ann.  Bd.  94.  S.  413.) 


EL  Ein  neuer  ein&cher  Liohtinterferenz-Tersuoh  wird  von  A.  P o pp  e 
in  Frankfurt  a.  M.  in  folgender  Weisse  angegeben.  Man  schneide  in  ein 
StauniolblHttchen  von  einem  Punkte  aus  drei  kleine  etwa  1  Millimeter  lange 
Linien  unter  Winkeln  von  120®,  biege  die  drei  stumpfwinkligen  Lappen  so 
weit  zurück,  dass  sie  auf  der  Ebene  des  Blättchens  senkrecht  stehen  and 
bringe  über  die  somit  entstandene  Oeffnung  von  der  Gestalt  eines  gleich- 
seitigen Dreiecks  ein  Tröpfchen  klares  Oel  oder  auch  Wasser  mit  Hilfe 
eines  feinen  Pinsels.  Die  eingebrachte  Flüssigkeit ,  jvon  der  sich  ein  Theil 
vermöge  der  Oapillarattraction  in  das  Loch  ziehen  wird,  breite  man  auf  der 
Vorderseite  gleichmässig  rings  um  die  Oeffnung  in  eine  ebene  oder  schwach 
convexe  Fläche  aus.  Sieht  man  hierauf  durch  die  dicht  vor  das  Auge  ge- 
haltene Oeffnung  dieses  in  eine  geeignete  Fassung  gebrachten  Präparates 
nach  einem  leuchtenden  Punkte,  so  nimmt  man  eine  schöne  und  scharf  aus- 
geprägte lutorferenzerscheinung  wahr.  In  der  Mitte  des  Sehfeldes  sieht 
man  auf  lichtgrauem  Grunde  drei  Systeme  hyperbolisch  gebogener  schwar- 
zer Streifen,  welche  durch  helle  Zwischenräume  getrennt  sind.  Die  Achsen 
der  drei  Systeme  stossen  in  einem  Punkte  unter  Winkeln  von  120"  zu- 
sammen. Im  weissen  Sonnenlichte  erscheinen  die  Streifen  gegen  die  Mitte 
des  Gesichtsfeldes  farbig  gesäumt.  Bedient  man  sich  eines  rothen  Glases, 
so  findet  man  die  Anzahl  der  dunklen  Streifen  bedeutend  vermehrt.  Eines 
finsteren  Zimmers  bedarf  man  zu  diesem  Versuche  nicht,  sondern  es  genügt 
zur  Abhaltung  des  Scitenlichts  die  Vorrichtung  in  die  hohle  Hand  zu  neh- 
men, oder  in  eine  innen  geschwärzte  Köhre  zu  stecken  und  nach  dem  Son- 
nenbilde, welches  von  der  vordem  Fläche  einer  Sammellinse  von  6 — 8  Zoll 
Brennweite,  oder  von  einem  geschwärzten  Glase  zurückgestrahlt  wird,  aus 
einer  Entfernung  von  einigen  Schritten  zu  sehen. 

Die  Erscheinung  erklärt  sich  dadurch ,  dass  durch  die  Adhäsion  der 
Flüssigkeit  an  den  drei  zurückgebogenen  Lappen  sich  besondere,  gegen  die 
Mitte  der  Oeffnung  hin  flacher  werdende  Erhebungen  bilden,  welche  wie 
das  Interferenzprisma  die  durchgehenden  Lichtstrahlen  zur  Interferenz 
bringen.  Die  Zunahme  des  Abstandes  der  dunklen  Streifen  mit  ihrer 
Annäherung  nach  der  Mitte  des  Gesichtfeldes,  ist  von  dem  allmäligen 
Flacherwerdcn  der  Flüssigkeitsprismen  gegen  die  Mitte  der  Oeffnung  ab- 
hängig. Der  Versuch  ist  als  eine  Modification  und,  wegen  der  leichteren 
Darstellung  desselben,  als  eine  Vereinfachung  des  Fnndamentalversuchs 
mit  den  Spiegeln  oder  dem  Prisma  anzusehen.  Lässt  man  den  Wasser- 
tropfen verdunsten  odör  vermindert  den  Oeltropfen  in  geeigneter  Weise,  so 
.stellt  die  Erscheinung  eine  Reihenfolge  regelmässiger  Phasen  von  pracht- 
vollem Farbenwechsel  dar ,  wobei  sich  in  der  Mitte  des  Gesichtsfeldes  ein 
regelmässiges  Sechseck  bUdet,  das  mit  Both  beginnend  der  Beihe  nach  in 


Kleinere  Mittheilongen«  61 

die  übrigen  Spectralfarben  übergeht,  während  zugleich  an  seine  Seiten  sich 
andere  Sechsecke  unter  stetem  Farbenwechsel  anschlies^en.  Je  mehr 
solche  Reihen  entstehen ,  desto  kleiner  worden  die  Sechsecke ,  bis  sie  end- 
lich nicht  mehr  erkennbar  sind.  Zuletzt  erscheint  noch  ein  dreiseitiger, 
mit  feinen  schwarzen  Linien  durchzogener  Kaum,  der  in  dem  Maasse 
dnnkler  wird ,  als  er  sich  ausbreitet ,  bis  endlich  ein  Platzen  des  Fltissig- 
keitshäutchens  die  Erscheinung  beendigt.  Die  Interferenzfiguren  gestalten 
sich  ganz  den  gewöhnlichen  Gesetzen  gemäss  anders ,  wenn  statt  der  drei- 
seitigen mit  drei  zurückgebogenen  Lappen  versehenen  Oefl'nung  eine  andere 
polygonale  vorbereitet  wird.  (Poggend.  Ann.  Bd.  95.  S.  483.) 


X.  Heber  ein  eigenthümliches  Verhalten  des  geschmolzenen  Wis- 
muthfl  beim  Erstarren  bemerkt  Kose  nach  mitpcetheilten  Beobachtungen 
Ton  B.  Schneider  Folgendes.  Es  wird  gewöhnlich  als  ein  sicherer  Be- 
weis fHr  die  Ausdehnung,  die  das  Wismuth  beim  Erstarren  erfährt,  ange- 
sehen, flass,  wenn  dasselbe  im  geschmolzenen  Zustande  auf  eine  kalt« 
Platte  aasgegossen  wird,  während  der  Erstarrung  zahlreiche  Wismuthku- 
geln  aus  der  Masse  hervordringen.  Der  Beweis  ist  'nicht  richtig :  gerade 
chemisch  reines  Wismuth ,  unbeschadet  der  Ausdehnung ,  die  es  beim  Er- 
starren erfahren  mag,  zeigt  wenigstens  nicht  die  Erscheinung  hervordrin- 
gender Wismuthkugeln.  Diese  Erscheinung  wird  vielmehr  nur  bei  unreinem 
Wismuth  beobachtet  und  merkwürdiger  «Weise  zeigt  sich,  dass  die  aus  die- 
sem hervordringenden  Wismuthkugeln  einen  hohen  Grad  von  Keinheit  be- 
sitzen. Selbst  dann ,  wenn  das  angewandte  Metall  eine  bedeutende  Menge 
fremdartiger  Stoffe  (Schwefel,  Arsenik,  Eisen,  Nickel,  Kupfer,  Silber) 
in  nicht  unbedeutender  Menge  enthielt,  wurden  bis  zu  50  Procent  hervor- 
gedrangener  Wismuthkugeln  erhalten ,  in  welchen  stets  über  99,5  Procent 
Wismnth  enthalten  waren.  Bemerkenswerth  ist ,  dass  von  den  schwereren 
Metallen  nur  das  Silber  dem  hervortretenden  Wismuth  folgt,  während  z.  B. 
Kupfer  vollständig  in  der  Grundmasse  zurückbleibt. 

Ohne  Zweifel  wird  das  Hervordringen  der  Wismuthkugeln  aus  der 
Oberfläche  des  erstarrenden  unreinen  Metalles  dadurch  bedingt,  dass  die 
binären  Verbindungen  und  Legirungen  des  Wismuths  mit  den  es  verunrei- 
nigenden Stoffen  sich  im  Momente  ihrer  Erstarrung  ausdehnen  und  dabei 
das  wegen  seines  niedrigen  Schmelzpunktes  und  seiner  späteren  Erstarrung 
noch  flüssige  Wismuth  aus  der  Masse  herausdrängen.  Da  im  Zeitpunkte 
dieses  Hervortretens  jene  fremden  Stoffe  bereits  fixirt  sind,  so  können  sie 
dem  hervordringenden  Wismuth  nicht  folgen.  Dieses  Verhalten  könnte  zu 
einer  wenn  auch  nur  vorläufigen  Keinigung  des  käuflichen  Wismuths  be- 
nutzt werden.     (Monatsber.  der  K.  Prenss.  Acad.  d.  Wiss.  1865.  S.  495.) 


XL  Für  das  von  Wo  hl  er  entdeckte  Aluminium  sucht  man  bekannt- 
lich in  neuerer  Zeit  bequemere  und  weniger  kostspielige  Methoden  seiner 
Darstellung  im  Grossen  und  in  zusammenhängenden  Massen.  In  letzterem 
Zustande  zeigt  nämlich  dieses  Metall  Eigenschaften ,  welche  an  dem  mehr 
pulverförmigen  Metalle,  wie  es  Wöhler  zuerst  erhielt,  nicht  wahrgenommen 
wurden.  So  kann  es  in  zusammenhängenden  Massen  bis  zur  Kothglnht  er- 
hitzt Werden  y  ohne  merklich  zu  oxydiren,  während  es  in  Pulverform  zu 
weisser  Thonerde  Verbrennt.    Das  Metall  ist  sehr  geschmeidige  beslUt 


62  Kleinere  Mittheilnngen. 

grosse  Un Veränderlichkeit  an  der  Luft,  widersteht  der  Salpeiersftare ,  soll 
als  ein  vorzüglicher  Elektricitätserreger  zu  galvanischen  Elementen  vor- 
theilhaft  zu  verwenden  sein  etc.  Dieses  Metall  wird  nach  D^ville  gross- 
tentheils  noch  mittelst  Zersetzung  des  Chloralaminiums  durch  Natrium  ge- 
wonnen ,  ein  Verfahren ,  das  allerdings  immer  noch  als  ein  mühsames  wie 
kostspieliges  bezeichnet  werden  muss.  Eine  Aussicht  auf  grössere  Wohl- 
feilheit der  Reductionsweise  ist  insofern  gegeben,  als  es  Deville  gelungen 
ist,  die  Darstellung  des  bisher  gleichfalls  kostbaren  Natriums  zu  verbessern 
und  wohlfeiler  zu  machen.  Die  Anwendung  des  Chloraluminiums  und  seiner 
Verbindung  mit  alkalischen  Chlormetallen  hat  indessen  wegen  der  Eigen- 
schaft desselben ,  leicht  Feuchtigkeit  an  sich  zu  ziehen ,  noch  seine  beson- 
deren unangenehmen  Seiten.  Man  ist  deshalb  darauf  bedacht ,  diese  Ver- 
bindung durch  eine  andere  zu  ersetzen.  H.  Kose  hat  dafür  die  Verbindung 
des  Fluoraluminiums  mit  Fluornatrium,  welche  in  der  Natur  als  ITry  olith 
sich  vorfindet^  zu  verwenden  gesucht.  Der  Kryolith  kann  mit  Leichtigkeit 
zu  feinstem  Pulver  gebracht  werden,  ist  wasserfrei,  zieht  keine  Feuchtig- 
keit aus  der  Luft  an  und  bietet  somit  schon  mehrere  Vortheile  gegen  die 
Anwendung  des  Chloraluminiums  bei  der  Darstellung  des  betreffenden  Me- 
talles dar.  Zudem  kommt  der  Kryolith  schon  in  bedeutenderen  Massen 
und  von  grosser  Reinheit  im  Handel  unter  dem  Namen  Mineralsoda  vor 
(der  Centner  zu  3  Thlr. ,  für  welchen  Preis  er  bisher  von  Grönland  über 
Kopenhagen  in  Stettin  zu  beziehen  ist ;  vermittelst  gebrannten  Kalkes  iKsst 
sich  daraus  eine  Natronlauge  bereiten,  welche  wahrscheinlich  wegen  ihres 
Thonerdegehaltes  sich  zur  Darstellung  mancher  Seifen  eignen  mag).  Kose 
bediente  sich  zur  Reduction  kleiner  dünner  gusseisener  Tiegel ,  in  welchen 
das  feine  Pulver  des  Kryoliths  mit  Natrium  geschichtet  und  mit  einer  Lage 
von  Chlorkalium  bedeckt  zur  starken  Rothgluht  gebracht  wurde.  Nach  dem 
Erkalten  wurde  der  Inhalt  des  Tiegels  mit  Wasser  behandelt,  wodurch  nur 
eine  sehr  geringe ,  bisweilen  kaum  merkliche  Gasentwickelung  stattfand. 
Die  geringe  Menge  des  entweichenden  Wasserstoffgases  hat  denselben  un- 
angenehmen Geruch,  welchen  das  bei  der  Auflösung  des  Roheisens  in 
Chlorwasserstoffsäure  sich  entwickelnde  Gas  besitzt.  Der  Kohlengehalt 
rührt  nur  von  der  sehr  geringen  Menge  des  Steinöls  her,  welches  dem  Na- 
trium auch  nach  dem  Abtrocknen  noch  anhangt.  Wegen  der  Schwerlös- 
lichkeit des  Fluomatriums  erweicht  die  Masse  nur  langsam.  Nach  12  Stun- 
den indess  kann  man  die  ungelösten  Klumpen  mit  einem  Pistill  in  einem 
Porzellanmörser  zerdrücken.  Man  findet  dann  nebst  kleineren  auch  grössere 
Kugeln  von  Aluminium  von  0,3  bis  0,4  Gramm  Gewicht,  welche  man  ab- 
sondert. Die  kleineren  Kugeln  können  von  der  zugleich  gebildeten  Thon- 
erde  nicht  durch  Schlämmen  getrennt  werdeja.  Man  behandelt  darauf  das 
Ganze  mit  verdünnter  Salpetersäure ,  wodurch  zwar  die  geglühte  Thonerde 
nicht  gelöst  wird ,  aber  die  Kugeln  des  Aluminiums  erst  ihren  metallischen 
Glanz  erhalten.  Man  trocknet  sie  und  nach  dem  Trocknen  trennt  man  die 
feine  Thonerde  durch  Reiben  auf  seidnem  Moussellin  von  den  kleinen  Me- 
tallkugeln ,  welche  auf  dem  Zeuge  zurückbleiben.  Die  kleinen  Kugeln  des 
Aluminiums  können  in  einem  bedeckten  kleinen  Porzellantiegel  unter  einer 
Schicht  von  Chlorkalinm  zusammengeschmolzen  werden.  Sie  ohne  ein 
Flussmittel  durch  Schmelzen  zu  vereinigen,  gelingt  nicht.  Denn  wenn  auch 
das  Aluminium  durch  Glühen  an  der  Luft  scheinbar  sich  nicht  oxydirt ,  so 
überzieht  es  sich  doch  dabei  mit  einer  kaum  sichtbaren  Oxjdhaut,  welche 
das  Zusammenschmelzen  verhindert.   Das  Zusammenschmelzen  unter  einer 


ELleinere  Mittfaeilungen.  63 

Decke  von  Chlorkaliam  ist  immer  mit  einem  Verlast  von  Alominiom  ver-  - 
banden ;  eine  Kagel  von  3,w  Gramm  verlor  darch  Schmelzen  anter  Chlor- 
kaliam 0,05  Gramm.  Es  warde  daher  aach  das  Verfahren  vonD^ville 
benatzt,  nach  welchem  die  Kngeln  des  Alominiams  in  einem  hedeckten 
Porsellantiegel  anter  einer  Decke  von  Chloralamininmnatriam  vorgenom- 
men wird.  —  Diese  Darstellungsmethode  lüsst  bezüglich  der  Aasbeate  noch 
Manches  za  wünschen  übrig.  Die  günstigste  Aasbeute  betrag  nur  9  Pro- 
cent vom  verwendeten  Kr jolith ,  der  überhaupt  nur  13  Procent  Aluminium 
enthält.  Wenn  aher  auch  nur  6  —  4  Procent  gewonnen  wurden ,  so  musste 
dieses  Resultat  immer  noch  ein  günstiges  genannt  werden,  denn  oft  wurden 
nur  3  Procent  und  bisweilen  fast  gar  nichts  erhalten.  Diese  verschiedenen 
Besaltate  hängen  zum  Theil  von  dem  Grade  der  Erhitzung  ab,  sowie  da- 
von, dass  während  des  Erkaltens,  welches  beim  Zutritt  von  Luft  geschah, 
der  feinzertheilte  Theil  des  reducirten  Aluminiums  sich  oxydirte.  Kose 
hofft,  dass  die  Resultate  dieser  ersten  Versuche  nach  fortgesetzten  Unter- 
Buchongen  günstiger  ausfallen  werden. 

(Monatsber.  d.  K.  Preuss.  Academ.  1865.  S.  513.) 


Xn.  Kryitallmodelle  ans  Glas.  Dr.  Schnabel,  Dir.  der  Realschule 
la  Siegen,  hat  in  Verbindung  mit  dem  Oberlehrer  Kysaeus  Krystall- 
modelle  aus  Glas  durch  den  Bachbindermeister  Thomas  an  demselben 
Orte  anfertigen  lassen ,  welche  den  Unterricht  in  der  Mineralogie  vor  zahl- 
reicheren Classen  nicht  unwesentlich  unterstützen  und  befördern  dürften. 
Die  Modelle  ,5  —  8  Zoll  gross ,  sind  aus  Glastafeln  zusammengesetzt ,  die 
Axen  and  Hilfslinien  darin  durch  ausgespannte  Seidenfaden  angedeutet, 
and  Bwar  in  abweichenden  Farben  für  die  verschiedenen  Flächen  und  an- 
deren Linien.  Die  Kanten  von  den  äusseren  und  inneren  Formen  sind 
dorch  Leisten  von  Papier  eingefasst  und  auch  diese  haben  verschiedene, 
der  Symmetrie  der  Kanten  entsprechende  Farben.  Die  Modelle  umfassen 
in  drei  Abtheilungen :  1)  die  holoedrischen ,  2)  die  hemiedrischen  Gestalten, 
nnd  3)  die  wichtigsten  binären  Combinationen  derselben  für  die  6  Krystall- 
systeme. 

Die  Modelle  der  Holoeder  unterscheiden  sich  von  den  bisher  gebräuch- 
lichen, aus  Holz,  Pappe  etc.  angefertigten  dadurch,  dass  darin  die  Länge, 
Verschiedenheit  und  Neigung  der  Achsen  zu  erkennen  ist  und  die  Bezieh- 
uogen  der  Flttchensysteme  zu  denselben  hervortreten;  dass  die  Verschie- 
denheit nnd  Gleichartigkeit  der  Ecken  und  Kanten  ersichtlich  ist;  dass  die 
Gnmdfbrm  and  deren  Verhältniss  zu  den  abgeleiteten  Formen  veranschau- 
licht ist. 

Die  Modelle  der  hemiedrischen  Körper  sollen  dienen ,  die  Entstehung 
dieseüf^ormen  aas  den  entsprechenden  holoedrischen  durch  Wachsen  und 
Verschwinden  einzelner  Flächen  oder  Flächensysteme  zu  erklären  und  zu 
veranschaulichen.  Zu  dem  Zwecke  sind  die  Holoeder  aus  feinem  Carton 
oder  Glas  angefertigt,  die  Flächen  der  Hernieder  aus  Glas  über  die  wach- 
senden (colorirten)  Flächen  gelegt  und  bis  zum  Durchschneiden  über  den 
verschwindenden  (weissen)  Flächen  erweitert.  Die  wichtigsten  hemiedri- 
schen Foi^men  werden  noch  besonderik  mit  Achsen  und  Grundformkanton 
construirt. 

Die  binären  Combinationen  werden  durch  die  dritte  Art  von  Modellen 
erläutert.    Die  aus  Glas  oder  Carton  angefertigte  Krystallgestalt ,  welche 


64  Kleinere  Mlttheilungen. 

dnrch  Combination  mit  einer  anderen  Abänderungen  erlitten  bat,  ist  auf 
den  Combinationsfläcben  mit  Glastafeln  bedeckt,  die  bis  zur  VeryoUstiindi- 
gnng  des  abändernden  Krystalles  erweitert  sind.  Hinzugefügt  zu  diesen 
sind  noch  die  wichtigsten  Zwillingskry stalle  ans  Glas  mit  Achsen. 

Die  krystallographischen  Zeichen  nach  Weiss  oder  Naumann  sind 
auf  den  betreffenden  Flächen  in  rother  Oelfarbe  angebracht. 

Die  Modelle  sind  verhältnissmässig  billig,  ihr  Preis  richtet  sich  haupt* 
sächlich  nach  der  Anzahl  ihrer  Flächen.  Im  Durchschnitt  wird  die  Glas- 
fläche zu  2  Sgr.,  die  innen  liegende  Pappfläche  zu  1  Sgr.,  jeder  einge- 
spannte Faden  zu  1  Sgr.  berechnet.         (Poggend.  Annal.  Bd.  96.  8.  626») 


XnL  Ueber  Anfbewahrung  des  Brausepulvers,  von  Otto.  Zu  den 
gebräuchlichsten  Hausmitteln  gehört  jetzt  das  Brausepulver,  am  besten  zu- 
sammengesetzt aus  3  Theilen  Weinsäure  und  5Theilen  doppeltkohlensaurem 
Natron.  Merkwürdig  ist  es  nun,  dass  dasselbe  in  einer  Glasflasche  mit  ein- 
geriebenem Glasstöpsel  schon  nach  einigen  Tagen  unbrauchbar  wird,  indem 
es  sich  zu  einem  Klumpen  zusammenballt  und  damit  den  Beginn  einer  Zer- 
setzung anzeigt,  während  es  sich  in  einer  ganz  gewöhnlichen  Pappschach- 
tel, wenn  dieselbe  nicht  an  einem  feuchten  Orte  aufbewahrt  wird,  ganz 
vortrefiElich  hält  und  seine  lockere  Beschaffenheit  bewahrt.  Die  Ursache  die- 
ses eigenthümlichen  Verhaltens  liegt  höchst  wahrscheinlich  darin ,  dass  das 
Pulver  eine  gewisse  Menge  von  Feuchtigkeit  enthält,  welche  seine  Zer- 
setzung einleitet,  wenn  dieselbe  nicht  abdunsten  kann  oder  weggeführt 
wird.  Wird  das  Brausepulver  scharf  getrocknet  und  nachher  in  ein  Glas 
gethan,  so  hält  es  sich  besser;  werden  dagegen  die  Ingredienzen  dazu  vor 
dem  Vermischen  einzeln  getrocknet,  so  zersetzt  sich  die  Mischung  in  einem 
Glase  ebenfalls  sehr  leicht.  Es  scheint  somit,  dass  die  Feuchtigkeit  des 
Natronsalzes,  welche  die  Zersetzung  einleitet,  in  Folge  der  durch  das 
Mischen  des  Salzes  mit  Weinsäure  bewirkten  Auflockerung  und  Zertheilung 
leichter  und  bei  niederer  Temparatur  abdunsten  könne. 

(Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm,  v.  Wöhler.  Bd.  93.  S.  378.) 


Praktisclie    Notizen. 

Pur  Zeichner.  Wer  öfter  Zeichnungen  copirt  hat,  wird  die  Uebel- 
stände  kennen,  welche  aus  der  geringen  Steifigkeit  und  unbedeutenden 
Haltbarkeit  des  gewöhnlich  benutzten  durchscheinenden  Papiers  erftsprin- 
gen;  da  auch  das  Aufkleben  einer  solchen  Copic  auf  stärkeres  Papier  häu- 
fig mit  dem  Zerreissen  oder  Verziehen  derselben  endigt,  so  ist  in  der  That 
ein  längerer  Gebrauch  derartiger  Copieen  kaum  möglich.  Frei  voü^allen 
diesen  Unbequemlichkeiten  hält  sich  eine  neuerdings  in  den  Handel  gekom- 
mene Copierleinwand,  die  wir  aus  eigenem  mehrfachen  Gebraitche  den 
Zeichnern  bestens  empfehlen  können.  Wir  legen  eine  Probe  dieses  aus- 
gezeichneten Fabrikates  bei  ,  welches  durch  Robert  Winckler  in 
Chemnitz  zu  beziehen  ist.  SchI/Ömilch. 


IV. 

Heber  die  Einfahnmg  unserer  gegenwärtigen  Ziffern 
•      in  Europa. 

Von  De.  Cantoe,  Privatdocent  in  Heidelberg: 


nXjdi^  Gedanke,  alle  Quantitäten  durch  neun  Zeichen  auszudrücken,  in- 
dem man  ihnen  zugleich  einen  absoluten  und  einen  Stellungswerth  giebt, 
ist  so  einfach,  dass  man  eben  deshalb  nicht  genugsam  erkennt,  welche  Be- 
wunderung er  verdient." 

Wenn  noch  der  berühmte  Verfasser  der  exposition  du  sysUme  du  tnonde 
sich  in  dieser  Weise  aussprechen  konnte ,  so  wäre  der  jetzigen  Generation 
gegenüber  ein  solcher  Vorwurf  der  Undankbarkeit  wohl  ungegründet,  in- 
dem in  diesem  Jahrhunderte  die  bedeutendsten  Forscher  sich  gerade  mit 
Untersuchungen  über  die  Erfindung  unseres  Zahlensjstemes  beschäftigten 
und  in  der  Heftigkeit  ihrer  Polemik  ein  glänzendes  Zeugniss  von  der 
Wichtigkeit  des  behandelten  Gegenstandes  ablegten*).  Wenn  wir  auch 
nach  diesen  Gelehrten  versuchen  wollen,  über  denselben  Gegenstand  Mit- 
theilongen  zu  machen ,  so  ist  unser  Zweck  weniger  der ,  Neues  zu  liefern, 
als  vielmehr  das  vorhandene  Material  zu  sichten  und  unbeschadet  der 
scheinbaren  Widersprüche  es  zu  einem  klaren  Bilde  zu  vereinigen.  Eben 
deshalb  wollen  wir  uns. auch  auf  die  Betrachtung  eines  einzigen  Zahlensj- 
stemes  beschränken  und  von  anderweitigen  Bezeichnungen  nur  so  viel  er- 
wähnend vorausschicken,  als  zum  Verständniss  unumgänglich  ist. 

So  ist  aber  vor  Allem  nothw endig  ein  Begriff  von  der  Zahlenschrift 
der  Römer  und  Griechen.  Beide  basiren  sich,  wie  es  die  Sprache  auch  mit 
sich  brachte ,  auf  die  Grundzahl  10.  Bei  den  Römern  bezeichnete  ein  Ver- 
ticaistrich  I  die  Einheit;  zwei  zu  einem  Kreuze  verbundenen  Striche  X  die 
2#ehner;  drei  Striche,  von  denen  einer  vertical,  zwei  horizontal.waren,  Q  die 
Hundert;  endlich  vier  Striche,  wo  drei  verticale  von  einem  horizontalen 


*)  Zu  den  Hauptarbeiten,  die  in  dieser  Eichtang  erschienen  sind,  gehören :  Man- 
nert,  bt  nwnerorum  quos  Arabicos  vacani,  vera  origine  Pyihagorica,  (Norimb,  1801).  Alex, 
von  Humboldt ,  Ueber  die  bei  verschiedenen  Völkern  üblichen  Systeme  von  Zahlzei- 
chen etc.  (in  Crel]e*s  Journal  für  reine  und  angewandte  Mathematik  Bd.  IV,  Berlin  1829). 
Chasles,  Geschichte  der  Geometrie  (übersetzt  von  Sohncke  1839  8.  526  ff.  der  Ueber- 
setzung).  Libr%  HUtohre  des  sdences  mathimaiiques  en  Italie  (Paris  1838  T.  I.  pag,  193, 
201,  377,  r.  //.  pag,  21,  287j.  Nesselmann,  Geschichte  der  Algebra  bei  den  Griechen 
(Berlin  1842,  drittes  Kapitel:  Ueber  Zahlensysteme  nnd  Zahlzeichen). 
Z«iUehrift  f.  lUlhtmaÜk  v,  Physik.  1.  5 


66     lieber  die  Einführang  unserer  gegenwärtigen  Ziffern  in  Europa. 

bedeckt  waren,  [J[  die  Tausend*).  Daraus  bildeten  sich  zum  Theil  durch 
Abrundung  die  späteren  Zeichen  I,  X,  C,  (I)  und  aus  den  drei  letzteren 
durch  Halbirnng  die  deichen  V,  L,  D  für  5,  50,  500,  womit  auch  der  Grund- 
zahl fünf  ein  Recht  eingeräumt  war.  Alle  zwischenliegenden  Zahlen  bilde- 
ten sich  durch  blosse  Juxtapposition  theils  additiv,  theils  subtractiv,  je 
nachdem  ein  Zeichen,  von  geringerem  Werthe  einem  höheren  folgte  oder 
voranging.  Wir  Ifinden  in  dieser  Art  der  Bezeichnung  die  unvollkommenste 
Spur  eines  Systems,  das  unbehilflichste  Mittel  Rechnungen  auszuführen. 

Ganz  unverhältnissmässig  höher  steht  schon  die  Art,  wie  die  Griechen 
ihre  Zahlen  schrieben.  Bei  ihnen  waren  schon  besondere  Zeichen  für  die 
einzelnen  Zahlen  zwischen  jenen  Hauptgrenzen  so  weit  vorhanden,  dass 
jeder  der  verschiedenen  Einer ,  Zehner  und  liunderter  durch  einen  beson- 
deren Buchstaben  ihres  Alphabetes  angegeben  wurde,  was  sowohl  die  Aus- 
sprache der  einzelnen  Zahlen  bedeutend  erleichterte,  als  auch  der  Rech- 
nung eine  übersichtlichere  Basis  darbot.  Missverständnissen  war  dadurch 
vorgebeugt,  dass  in  der  Regel  die  Buchstaben  als  Zahlenausdrücke  durch 
einen  darüber  gezogeneh  Horizontalstrich  ausgezeichnet  wurden,  wie  es 
auch  bei  den  semitischen  Völkern  gebräuchlich  war,  z.  B.  fi^=48,  ^oiy=778, 
i]^=:3il.  Um  die  Tausender  zu  schreiben,  wurden  die  früheren  Buchstaben, 
welche  1  bis  9  bezeichneten,  wieder  benutzt,  indem  denselben  ein  seitwärts 
unten  angebrachter  Strich  den  so  erhöhten  Werth  beilegte,  z.  B.  ^o=1000, 
j?  =  2000,  ^6  =  9000.  Um  10000  hingegen  jsu  schreiben,  benutzte  man  nicht 
i  sondern  Moder  Mv.  als  Anfangssilbe  des  Wortes  [ivqiag,  welchen  Zei- 
chen die  Einheitszahlen  als  Factoren  entweder  vorgestellt,  oder  fiberge- 
schrieben, oder  auch  wohl  hinten  angehängt  wurden.**) 

Jedenfalls  ist  aber  nicht  zu  verkennen ,  dass  der  Gebrauch  desselben 
Buchstabens  mit  oder  ohne  Strich  in  verschiedener  Bedeutung,  sich  schon 
sehr  der  Bezeichnung  nähert,  welche  e\nen  Positionswerth  anerkennt;  und 
hätte  man,  wie  Humboldt  scharfsinnig  bemerkt***),  die  Strichnotation  für 
alle  Gruppen  angewandt  und  alle  Zeichen  nach  dem  0=9  unterdrückt,  so 
hätte  man  in  ß  mit  einem  oder  zwei  oder  drei  Strichen  Ausdrücke  für  iO, 
200,  2000  gehabt,  und  wäre  fast  mit  Nothwendigkeit  auf  die  Bezeichnung 
durch  Stcllenwerth  gekommen.  Wenigstens  lässt  es  sich  nachweisen,  dass 
auf  ganz  ähnliche  Art  die  chinesische  ZiiFernschrift  entstanden  istf),  die 
von  unserer  jetzigen  europäischen  nur  darin  abweicht,  dass  die  Zehner  nicht 
^links  von  den  Einem,  sondern  über  denselben  stehen  etc. 

Unserer  jetzigen  Bezeichnung  noch  näher  kamen  die  Griechen  bei  der 
Art ,  wie  sie  sechzigtheilige  Brüche  schrieben ,  wo  der  Nenner  des  Bruches 
nur  durch  accentartige  Striche  angegeben  wurde.  So  bekamen  die  Sech- 
zigstel  eines  Grades  oder  die  Minuten  einen  Strich,  die  Sechzigstel  der 
Minuten  oder  die  Secundcn  zwei  Striche  n.  s.  f.,  eine  Schreibart,  deren  wir 
uns  noch  heute  bedienen,  um  das  Maas  eines  Winkels  anzugeben.  In  dieser 
Gedankenverbindung  soll  sogar  das  Zeichen  der  Null  als  Merkmal  eines 


*)  Vergl.  P.  Rwni  Scholarum  Mathematicm'ton  Ubriimus  et  triginia,  BasüeaBf  1569,  4. 
p.  1 17  und  0.  J.  Voasii  de  universae  mai/ieseos  natura  et  constitutione  Über,  cm  subjungiiur 
chronologia  mathetfiaticortim,  Atnstetod.  lOoü,  4.  Cap,  VII L  §.  4*. 

**)  Verjifl.  NcRHeliiiiinn,  Gcschiclite  der  Algebra  bei  den  Griechen,  S.  80. 
*♦*)  Vergl.  Grelle,  Journal  für  reine  und  angewandte  Mathematik,  Ud.  IV,  S.  222. 
t)  Vergl.  Librx,  Ilittoire  de  sciences  mathanatiques  en  Italic  T.  I,  p,  202. 


Von  Db.  Caktob,  Privatdocent  in  Heidelberg.  67 

fehlenden  Olredranges  in  Mannscripten  des  Pto lern aens  vorkommen*), 
sowie  Boeckh  Aehnliches  auf  einem  von  Müller  bei  Athen  aufgefundenen 
Steine  entdeckt  haben  will**). 

In  demselben  Grade ,  wie  die  Zahlenschrift  der  Griechen  über  äer  der 
Bömer  stand,  in  demselben  Grade  war  auch  die  Rechenkunst  derselben 
weiter  vorgerückt,  und  nur  so  liest  man  ohne  allzugrosse  Verwunderung  z. 
B.  die  vollständige  Theorie  der  Quadratwurzelausziehung  bei  Theon  von 
Alexandrien  ***)  dem  Commentator  des  Ptolemäus  aus  dem  vierten  Jahr- 
hundert. , 

Eine  Frage  von  .grösster  Wichtigkeit  nun  für  unsere  ganze  Unter- 
suchnng  liegt  darin,  ob  es  nicht  ausser  der  volksthümlichen  Zahlenbezeich- 
nung  durch  Buchstaben  noch  eine  andere  dem  europäischen  Systeme  ganz 
nahe  stehende  gab,  aus  welcher, eben  jene  Bruchbezeichnung  herstammte, 
nnd  welche  als  der  Wissenschaft  allein  angehörig  vielleicht  in  dem  ver- 
loren gegangenen  Werke  des  Archimed  über  Zahlensysteme,  in  den  aqxalg 
auseinandergesetzt  war? 

Zuerst  Mannert,  dann  Chasles  sprachen  sich  für  die  Wahrscheinlichkeit 
aus,  Libri  dagegen.  Und  doch  verschwindet  bei  näherer  Betrachtung  ihrer 
Ansichten  dieser  .scheinbare  Widerspruch,  und  beide  treffen  in  der  Mitte 
überein ,  wo  auch  nach  unserer  Ansicht  das  Richtige  zu  finden  ist  Auch 
wir  glauben  zwar  nicht  an  eine  ausgebildete  Ziffernschrift  von  der  ange- 
gebenen Art,  schon  deshalb  nicht,  weil  eine  solche  kaum  ausschliessliches 
-  Eigenthnm  der  Gelehrten  hätte  bleiben  können ,  weil  sie  dann  wohl  auch 
in  deutlichen  Ueberresten  vorhanden  sein  müsste.  Aber  wir  glauben  an 
eine  nach  decadischem  Systeme  eingerichtete  Rechenme- 
thode, an  die  Existenz  einer  Rechentafel  bei  den  Griechen  in  sehr  früher 
Zeh,  einer  Tafel ,  welche  die  entschiedenste  Aehnlichkeit  mit  dem  Abacus 
der  späteren  Römer,  mit  dem  Suanpan  der  Chinesen  besass.  Zeugnisse 
dafür  liefern  viele  alte  Schriftsteller  f)  und  ein  römischer  Abacus  war  noch 
im  17.  Jahrhunderte  in  den  Händen  eines  augsburgischea  Patriciers  ff)  aus 
der  bekannten  Familie  der  Welser ,  der  eine  Beschreibung  davon  hinter- . 
Hess.  Ausführlicheres  hat  darüber  Klügel  in  seinem  mathematischen  Wör- 
terbuche (Bd.  II,  S.  736)  unter  dem  Artikel  „Instrumentale  Arithmetik",  wo 
jene  Beschreibung  so  wiedergegeben  ist : 

„Der  Abacus  war  von  Metall  und  hatte  8  längere  und  8  kürzere 

Einschnitte,  je  einen  von  jenen  mit  einem  von  diesen  in  gerader  Linie. 

In  den  Einschnitten  waren  bewegliche  Stifte  mit  Knöpfen ,  in  einem  der 


*)  Vergl.  Delambrc,  Ueber  die  Arithmetik  der  Griechen,  tibersetzt  von  Hoffmann, 
Mainz  1817,  8.  11. 

♦*)  Vergl.  Index  lectionum  qxiae  in  ttniversitate  Frid.  Ouilelma  per  semestre  aestwnm 
amd  1841  instiiuentwr. 

***)  Die  ersten  Ausgaben  des  betreffenden  Werkes  sind:  Kl,  IlToXBfAdiov  (AsydXfjg 
övrtäiBmg  ßißX.  ty,  Simvog  'jtXt^ccvdQtag  itg  xd  dvtd  vnofivrjfidTav  ßißX.  la  Basüeae 
1553  nnd  1538. 

+)  Die  Uanptstelle  ist  bei  PolyhiusY,  26,  13:  ^Ovtmg  ydg  iiaiv  ovroinaQonXijaioi 
Tttt^  inl  %mv  dßanlnv  ^q>otg,  'Bkttvdi  tb  ydq  %axä  rrjv  tov  fprjfpitovtog  ßovXrjOtv  aqxi 
XaXnovv  %ai  na^ctvjlna  xdXctvxa  tüxovatv  oi  xs  nsQl  xag  dvXdg  nccxd  x6  xov  ßaotXimg 
ptvfut  fumdifioi^  Tud  ncegä  noSag  iXtiivol  ylyvovxai.  Femer  Persiua  Sat.  /,  v.  132;  TVec 
qui  abaco  numerus  et  seciu  in  pulvere  metax  seit.  Dann  noch  Plntarch.  vita  Catonis  Uttcensis 
am  Ende  und  Martiawa  Capctla,  de  nuptiis  Philologiae  et  Meraini,  lih,  VI  de  Oeometria. 

tt)  Vergl.  Mord  Velseri  apera,  Norib,  1082  pag.  819. 

5* 


68     Ueber  die  EinfUhrong  unBerer  gegenwärtigeü  Ziffern  in  Eoropa. 

längeren  5  Stück,  in  den  übrigen  4,  in  den  kürzeren  je  1.  Die  längeren 
Einschnitte  waren  bezeichnet  mit: 

e-i.x.c.(i).((i)).(((i))).[i]. 

Der  Gebrauch  dieser  Rechentafel  ist  leicht  einzusehen.  Die  Stifte  oder 
Knöpfchen 'in  den  längeren  Einschnitten  bedeuteten  einzelne  Einheiten 
ihrer  Klasse ,  die  einzelnen  Knöpfe  in  den  kürzeren  Einschnitten  galten 
5  solcher  Einheiten.  Der  mit  0  bezeichnete  Einschnitt  enthielt  die  asses^ 
die  übrigen  die  uncias  oder  sesteriios,  Einer,  Zehner,  Hunderte  etc.  In 
dem  ersteren  Einschnitte  konnte  man  bis  1^  bemerken  und  wenn  noch 
mehrere  dazu  kamen,  statt  12  daselbst  I  in  dem  Einschnitt  I  angeben. 
In  den  folgenden  7  Einschnitten  konnte  man  bis  9  Einheiten  in  jeder 
Klasse  von  den  Einern  bis  zu  Millionen  bezeichnen,  wenn  man  die  Knöpfe 
von  dem  unteren  Ende  eines  Einschnittes  bis  zu  dem  oberen  yerschob, 
um  sie  dadurch  zu  bedeutenden  Zahlzeichen  zu  machen.  So  zeigten 
2  verschobene  Knöpfe  in  einem  längeren  Einschnitte  und  der  einzelne  in 
dem  zugehörigen  kürzeren  fortgerückt  die  Zahl  7  in  der  entsprechenden 
Klasse  an.  Neben  dem  längeren  Einschnitte  für  die  Asses  finden  sich 
noch  3  kleine  mit  2  oder  1  Knöpfchen  und  gewissen  Beizeichen.  Ver- 
muthlich  dienten  sie  zu  einer  Bruchrechnung.*^ 

Nicht  viel  anders  war  der  Suanpan  der  Ost- Asiaten,  nicht  viel  anders 
auch  die  Rechentafel,  die  an  Ende  des  16.  Jahrhunderts  in  Deutschland 
von  allgemeinem  .Gebrauche  war,  und  welche  von  Büchern  aus  jener  Zeit 
dem  Pythagoras  zugeschrieben  wird.  Ein  bedeutsames  Denkmal  in  dieser 
Beziehung  ist  die  margaritha  philosophica  des  Gregorius  Reisch  {Heidelbergae 
1496,  Argentoraii  1512  und  häufiger).  In  diesem  mannigfach  merkwürdigen 
Buche  '*')  findet  sich  nämlich  ein  Holzschnitt,  auf  welchem  Pythagoras,  wie 
es  die  Ueberschrift  ausser  Zweifel  lässt,  mit  einer  Rechentafel  abgebildet 
ist,  während  neben  ihm  Boethius  eine  Rechnung  mit  Ziffern  ausführt,  die 
mit  den  jetzigen  völlig  übereinstimmen.  Auf  letzteren  Punkt  werden  wir 
sogleich  noch  zurückkommen.  Vorläufig  galt  es  uns  nur  wahrscheinlich  zu 
machen ,  dass  schon  den  alten  Griechen  der  Sßa^  Nichts  fremdes  war ,  dass 
wenigstens  die  P3rthogoräer  und  sonstige  Mathematiker  mit  ihm  vertrant 
waren. 

Wenn  aber  diese  Thatsache  anerkannt  ist,  dann  war  bei  der  UnbehilfT 
lichkeit  der  metallnen  Rechentafeln  nichts  natürlicher ,  als  dass  man  bald 
darauf  kommen  musste ,  in  Ermanglung  einer  solchen  einen  Abacus  in  den 
Sand  zu  zeichnen  und  die  Knöpfchen  durch  Punkte  zu  ersetzen.  Dann 
war  es  auch  ein  leichter  Schritt,  die  in  jeder  Columne  enthaltenen  Punkte 
durch  ein  Zahlzeichen  anzugeben.  Anfangs  mochten  dazu  die  Buchstaben 
des  Alphabetes  dienen,  wenigstens  haben  wir  keinen  Grund  das  Gegentheil 
anzunehmen.  Später  aber  wurden  von  Einigen,  wie  die  Quellen  sagen**) 
statt  der  Buchstaben  besondere  Zeichen  mit  besonderen  Namen  gewählt; 
und  diese  Einige  waren  wohl  nur  solche,  die  mit  indischen  und  semitischen 
Völkern  auf  Reisen  zusammengekommen  waren,  denn  sowohl  jene  Zeichen 
als  ihre  Naipen  weisen  deutlich  auf  diesen  Ursprung  hin.  Gemeingut,  selbst 


*)  Die  straasburger  Ausgabe,  die  einzige,  deren  wir  uns  bedienen  konnten,  ent- 
hält eine  Karte ,  auf  welcher  Amerika  verzeichnet  ist ;  sowie  eine  hebräische  Gram- 
matik, welches  nicht  ohne  Interesse  sein  dürfte,  wenn  man  die  Schwierigkeiten  ver- 
gleicht, mit  denen  noch  Luther  bei  seiner  Bibelübersetzung  zu  kämpfen  hatte. 

**)  Die  hierher  gehörige  Stelle  aus  der  Geometrie  des  Boethius  ist  bei  Mannert 
und  Chasles  abgedruckt.  Dann  auch  bei  Nesselmann  S.  93. 


Von  Db.  Cantor,  Privatdocent  in  Heidelberg.  69 

der  Gelehrten ,  war  aber  diese  letztere  Neuerung  gewiss  nicht ,  geschweige 
denn  dass  sie  ins  Volksleben  übergegangen  wäre. 

Deshalb  finden  wir  auch  so  lange  keinen  sicheren  Beleg  vom  Gebrauche 
eines  solchen  Columnenwcrthen  bis  zu  Sexlus  Julius  Africanus^  der  um  das 
Jahr  222  unserer  Zeitrechnung  in  seinem  xcaroi  eine  römische  Signalein- 
richtnng  beschreibt,  die  eines  solchen  sich  bedient.  Es  waren  nämlich  drei 
SignaUtangen  aufgerichtet  und  an  jeder  konnten  Fackeln  befestigt  werden. 
Dann  bedeutete  jede  Flamme  links  eine  Einheit ,  in  der  Mitte  Zehen  und 
rechts  Hundert*). 

Solche  Andeutungen  mögen  noch  hin  und  wieder  vorhanden  sein.  Zur 
Gewissheit  aber  wird  das  bisher  Ausgesprochene  durch  eine  berühmt  ge- 
wordene Stelle  aus  der  Geometrie  des  Boethius ,  welche ,  wenn  auch  nicht 
in  allen  Manuscripten ,  doch  in  zwei  an  verschiedenen  Orten  aufbewahrten 
sich  findet.  Der  Codex  dieser  Geometrie  in  Chartres,  sowie  der  in  Altdorf 
beide  aus  dem  elften  Jahrhunderte ,  beschreibt  ganz  deutlich  eine  Richen- 
tafel  und  setzt  hinzu,  die  früheren  Mathematiker  hätten  sie  dem  Erfinder 
zu  Ehren  Tafel  des  Pythagoras  genannt,  in  späterer  Zeit  habe  man 
dafür  das  Wort  abacus  eingeführt.  Andere  Exemplare  haben  allerdings  auch 
diese  Namen,  aber  statt  der  Rechentafel  eine  Multiplicationstabelle  und 
daher  rührt  die  so  lange  verbreitete  apocryphe  Meinung,  als  habe  das  so- 
genannte Einmaleins  Pythagoras  zum  Verfasser.  Die  erwähnten  Manuscripte 
haben  femer  beide  jene  schon  oben  angeführten  Zeichen,  die  unter  sich 
nur  wenig  verschieden**)  ihre  Verwandtschaft  mit  den  jetzt  gebräuchlichen 
Ziffern  auch  dem  ungeübtesten  Auge  verrathen,  während  die  Namen  we- 
nigstens zum  grössten  Theil  von  Nesselmann  als  semetisch  erklärt  sind. 

Wenn  daraus  geschlossen  werden  kann,  dass  Boethius  einen  Positions- 
werth  von  Ziffern  kannte,  so  war  diese  Ansicht  zu  Anfang  des  16.  Jahrhun- 
derts zur  Genüge  verbreitet.  Das  ist  der  Sinn  jenes  Holzschnittes  aus  der 
margariiha  philosophica.  Dasselbe  bezeugt  ein  anderes  gleichzeitiges  Werk, 
welches  Kästner  in  seiner  Geschichte  der  Mathematik  (Bd.I,  S.  82)  beschreibt, 
nämlich  die  Arithmetice  opuscula  duo  Theodorici  Tzrvivel^  Monasterii  1507.  In 
diesem  heisst  es  ausdrücklich  von  den  neun  Ziffern :  characteres  sive  nume- 
rorum  apices  a  divo  Severmo  Boeihio  mtncupantur. 

Durch  diese  nicht  we^rzuleugnende  Uebereinstimmung  so  vieler  Quellen 
ins  den  verschiedensten  Zeiten  scheint  es  uns  zur  Evidenz  erwiesen ,  dass 
schon  die  alten  Griechen  und  Kömer  eine  Rechenmethode  besassen,  welche 
von  dem  Positionswerthe  der  Zahlzeichen  Gebrauch  machte  und  dass  nur 
4rci  allerdings  wesentliche  Momente  der  Verschiedenheit  von  der  heutigen 
Zifferschrift  es  waren,  die  es  erlauben,  noch  von  einer  Einführung  der- 
selben zu  sprechen.    Diese  Momente  bestehen  darin,  dass 

1)  der  Abacus  der  Alten  nur  eine  Rechenmethode,  nicht  aber  eine 
Schrift  war; 

2)  dass  die  Alten  Columnen  nöthig  hatten,  um  den  Stellungswerth  der 
einzelnen  Zahlzeichen  anzugeben; 

3)  dass  eben  deshalb  um  das  Nichtvorhandensein  von  Einheiten  eines 
bestimmten  Ranges  anzugeben,  das  Leerlassen  der  betreffenden  Co- 
lumne  genügte,  während  wir  uns  dazu  eines  besonderen  Zeichens, 
der  Null  bedienen. 


♦)  Verg^l.  Vhicent  in  den  Comptes  rendus  kebdomadaires  des  siances  de  Vacndimie  des 
$cienee$  fdr  den  3.  Januar  1842  (T.  XIV,  p.  13). 

**)  Die  Zeichen  vergl.  Nesselmann  8. 100,  die  Namen  nnd  deren  Ableitung  S.  102. 


70     Ueber  die  Einflihrang  unserer  gegenwärtigen  Ziffern  in  Europa. 

Die  Hauptfrage  ist  also  die :  Wo  wurde  das  Zeichen  der  Null  erfunden, 
wann  und  durch  wen  wurde  es  in  Europa  bekannt? 

Den  früher  erwähnten  Hypothesen ,  als  fände  sich  die  Null  schon  bei 
den  Griechen,  dürfen  wir  nur  wenig  Gewicht  beilegen,  weil  auch,  wenn  sie 
überhaupt  begründet  sind,  keine  der  aus  diesem  Gebrauche  so  leicht  folgen- 
den Consequenzen  irgend  Beglaubigung  finden.  Wir  stimmen  daher  mit  der 
verbreitetsten  Ansicht  überein,  dass  den  Indern  die  Ehre  dieser  Erfindung 
zukommt ,  und  dass  von  ihnen  erst  die  Araber  sie  erhielten  in  einer  Zeit, 
deren  Ermittelung  wir  Anderen  überlassen  müssen ,  denen  die  Werke  in 
jener  Sprache  zugänglich  sind: 

Nur  so  viel  müssen  wir  bemerken,  dass  die  Behauptung  von  Libri*), 
als  hätten  die  Araber  im  Jahre  700  die  indischen  Ziffern  noch  nicht  gekannt, 
völlig  unhaltbar  erscheint.  Abul  —  Pharajii  hisL  compend.  dynasL  sagt  auf 
8.  139  (nicht  S.  127  wie  bei  Libri  citirt  ist)  Chalif  Welid  I.  habe  699  das 
Gebo^  erlassen ,  die  öffentlichen  Bücher  künftig  arabisch  zu  führen ,  ohne 
etwas  über  die  Zahlenbezeichnung  hinzuzusetzen.  Die  Stelle  in  des  Theo- 
phanes  Chronicon  aber  ist  so  unverständlich**),  dass  wir  es  für  sehr  gewagt 
halten,  ihr*  mit  dem  Commentator  Jacobus  Goar  (um  1500)  den  Sinn  beizule- 
gen ,  als  hätten  die  Araber  damals  noch  keine  Ziffernschrift  gehabt.  Denn 
jedenfalls  war  denselben  doch,  wie  aus  anderen  Quellen  bekannt  genug  ist, 
die  Bezeichnung  der  Zahlen  durch  Buchstaben  gebräuchlich ,  und  die  war 
nicht  schwerer  und  nicht  leichter  als  die  der  Griechen.  Es  war  also  kein 
Grund  vorhanden,  die  Zahlen  auf  griechische  Art  schreiben  zu  lassen,  wäh- 
rend alles  Uebrige  arabisch  eingetragen  werden  musste.  Bei  dem  gänzlichen 
Mangel  authentischer  Nachrichten***)  ist  daher  dem  auch  sonst  unzuver- 
lässigen Theophanes  hier  kein  Glaube  zu  schenken.  Am  wenigsten  aber 
möchten  wir,  wie  Libri  es  thut,  die  Erklärung  eines  späten  Commentators 
als  quellenmässige  Ansicht  substituiren. 

So  wissen  wir  denn  positiv  nur,  dass  Alkindi  im  9.  Jahrhunderte  die 
indische  Arithmetik  kannte ;  wahrscheinlich  abet  war  sie  schon  viel  früher 
bekannt.  Jedenfalls  kam  die  neue  Arithmetik  durch  die  Araber  nach  Spa- 
nien und  bildete  einen  der  Gegenstände,  die  an  den  dortigen  gelehrten 
Schulen  ausgebildet  wurden ;  dieselben  gelehrten  Schulen ,  deren  productiv 
mathematische  Bedeutsamkeit  man  zu  lange  unterschätzt  hat.  Freilich  war 
die  Abgeschlossenheit  von  dem  übrigen  Europa  einerseits  und  das  mangelnde 
Interesse  für  die  Wissenschaft  andrerseits  der  Art,  dass  nur  wenig  von  den 
neuen  Entdeckungen  durchdrang.  So  existiren  schon  vor  dem  Jahre  1200 . 
deutliche  Spuren  einer  Buchstabenrechnung  f)  bei  Ihn  Almonam^  bei  Alahdam 
und  bei  Ihn  Alhanhä^  während  erst  Franciscus  Vieta  (1540 — 1603)  als  europäi- 
scher Erfinder  derselben  gilt.  Ganz  ähnlich  ging  es  mit  der  decadischen 
Ziffernrechnung.  Während  sie  bei  den  östlichen  dann  bei  den  westlichen 
Arabern  mehr  und  mehr  blühte,  ging  parallel  damit  ein  allmäliges  Vergessen 


*)  Vergl.  Libri,  Ilistoire  des  sei.  math.  en  Italie  T.  I.  p.  378. 

**)  Kai* ixdXvas  yQdq)Sö9'ai  'EXXrjviaTl  zoifg  drjfioaiovg  rmv  Xoyod'Bolcov  xcoSixag^ 
dXX'  'ylQaßioig,  dvrä  nccQacrjfidiviö^ai  z^9^S  ^^f  tpijqxovy  infidrj  ddvvcttov  xrj  ixfivtov 
yXmaarj  fiovdÖa  rjövada  ij  TQiäda  ij  oxroo  -^fitifv  ij  TQla  yqdtptaO'ai'  Öiö  x€cl  ^tag  aijfie^bv 
.tiötv  aifv  avTotg  vordqtoi  XQiatiavoi, 

***)  Herr  Professor  G.  Weil,  der  gelehrte  Verfasser  der  Geschichte  der  Chalifea, 
versichert  uns,  dass  selbst  das  von  Abulpharajiiis  angeführte  Gesetz  in  lUteren  QiicU 
len  nirgends  erwähnt  werde. 

t)  Vergl«  Woepke  in  dem  Coupes  Rendus  vom  17,  Juli  1854, 


Von  Db.  Cantob,  Privatdocentin  Heidelberg.  71 

des  früheren  Abacussystemes  in  dem  christlichen  Europa,  so  dass  nur  einige 
erwähnenswerthe  Werke  über  diese  Rechnungsmethode  sporadisch  auf- 
tauchen ;  und  auch  diese  nur  innerhalb  eines  bestimmton  engen  Zeitraumes 
von  150  Jahren,  vom  Ende  des  10.  bis  zur  Mitte  des  V2,  Jahrhunderts.  Es 
sind  dieses  Werke,  die  alle  einerlei  Ursprung  haben,  die  alle  der  von  Ger- 
be r  t  in  Keims  gestifteten  Schule  angehören. 

An  der  Spitze  steht  die  berühmte  Abhandlung  yyde  nutnerorum  divisione^^ 
welche  von  einer  Widmung  an  Constantinus  als  Vorrede  begleitet  ist  Auf- 
fallender Weise  findet  sich  dieselbe  nicht  nur  in  den  Werken  Gerberts  (der 
bekanntlich  als  Pabst  Sylvester  11.  1003  starb) ,  sondern  auch  in  fast  wört- 
licher Uebereinstimmung  unter  den  Werken  des  englischen  Mönchs  Jß  e  d  a 
Vencrabilis,  der  drei  Jahrhunderte  früher  (675 — 735)  lebte.  Es  scheint  in- 
dessen keinem  Zweifel  unterworfen,  dass  Gerbcrt  der  wahre  Verfasser  dieser 
Unterweisung  in  der  Methode  des  Abacus  ist,  und  zwar  dass  er  die  Kenntniss 
derselben  aus  der  Geometrie  des  Boethius  geschöpft  hat. 

Für  das  Erstere  spricht  ausser  dem  Zcugniss  des  William  von  Malmes- 
btiry  (um  1250),  der  das  Datum  der  Schrift  näher  auf  das  Jahr  999  präcisirt  ^) 
noch  die  Bemerkung  des  Richerus ,  eines  Freundes  Gerberts ,  dass  „wer  in 
der  Kunst  des  Abacus  sich  unterrichten  wolle,  dai^Buch  lesen  müsse,  welches 
Gerbert  an  C.  den  Gramatiker  geschrieben  habe*^  **).  Und  dass  dieser  C. 
der  Gramatiker  Niemand  anders  als  jener  Constantinus  ist,  geht  wohl  mit 
Bestimmtheit  daraus  hervor,  dass  auch  sonst  noch  Briefe  mathematischen 
Inhaltes  von  Gerbert  an  seinen  Freund  Constantinus,  einen  Mönch  der  Abtei 
Fleury  existiren  ***) ,  während  bei  Beda  dieser  Name  nirgends  weiter  vor- 
kommt. Zudem  ist  es  durch  den  neuesten  Herausgeber  von  Beda's  Werken 
klar  genug  gezeigt,  mit  welcher  Schamlosigkeit  man  diesem  Autor  fremde 
Arbeiten  zuschrieb  f) ;  und  ziehen  wir  endlich  noch  in  Betracht ,  dass  nach 
der  so  gründlichen  Darstellung  der  hiographie  universelle  (neueste  Ausgabe) 
Beda  niemals  England  verlassen  hat,  dass  also  seine  Kenntnisse  in  der 
Arithmetik  nur  um  so  räthselhafter  erscheinen  würden,  so  ist  die  Autorschaft 
Gerberts  wohl  bestimmt  genug  nachgewiesen. 

Eben  so  evident  erscheint  es  uns,  dass  Gerbert  seine  Kenntnisse  in 
dieser  Beziehung  aus  der  Geometrie  des  Boethius  und  nicht,  wie  man  sonst 
wohl  behauptete,  von  den  Arabern  her  hatte.  Der  schlagendste  Grund  dafür, 
den  zuerst  Chasles  anführte,  liegt  darin,  „dass  zur  Zeit  Gerberts  die  Mauren 
io  Spanien,  sowie  die  Indier  und  Araber  sich  der  Null  (oder  des  Punktes 
ab  Null)  bedienten;  so  dass  Gerbert,  indem  er  ihr  Zahlensystem  lieferte, 
von  der  Null  Gebrauch  gemacht  und  ausdrücklich  gesprochen  hätte,  wovon 
wir  aber  in  dem  genannten  Werke  keine  Spur  finden ,  in  welchem  wir  viel- 
mehr annehmen  müssen,  dass  dieses  Ililfszeichen  durch  die  Anwendung  der 


*)  Vergl.  Moniuela,  Histoire  des  mathimatiques ,  nouvelle  ediiion  T,  J.  p,  bOl,  Kb 
wäre  also  kurz  vor  seiner  Erhebung  zum  Pabstc  geschrieben,  da  diese  am  2.  April  909 
stattfand. 

♦*)  Richeri  histotiarum  libri  IUI  in  den  von  Pertz  herausgegebenen  monwnenta  Ger- 
maniae  historica,  T,  Z,  p.  618.  Die  hierher  gehörigen  Stellen  finden  sich  auch  in  einer 
Abhandlnng  von  Chasles:  Comptes  rendus  vom  23.  Januar  1843. 

*•♦)  Vergl.  Histoire  literaire  'de  ia  Frtmce,  T.  VI,  p.  576  und  583. 

i)  Giles  sagt  in  der  Vorrede  zu  Beda's  Werken,  London  1843:  The  sh/melessness, 
trith  mhich  ncrks  were  falsely  ascribed  io  Bede  ut  sufficiently  evident  from  onc  instance,  The 
mnsical  tracts  eoniafn  French  names  ofairs,  but  thal  Umguage  could  not  have  been  spoken  tili 
mmy  aget  öfter  (he  time  ofBtde. 


72     lieber  die  EinfUhrongninserer  gegenwärtigen  Ziffern  in  Europa. 

Colnmnen  ersetzt  wurde,  wie  bei  Boothius."*)  Zur  Unterstützung  dient 
dann  der  schon  erwähnte  Richerus,  welcher  ausdrücklich  sagt:  In  geomebria 
vero  non  minor  in  docendo  lahor  expensus  estj  cujus  introduciioni  abacum,  id  est 
iabulam  dimensionibus  aptam  opere  scutarii  effecit.  Cujus  longiiudini  in  viginH 
Septem  partes  diduciae  novem  uumero  notas  omnem  numerum  signifi- 
cantes  disposuit.  Ad  quarum  etiam  similitudinem  mille  corneos  effecit  caracie- 
res,  quiper  viginti  Septem  abaci  partes  mutuati  cujusqüe  numeri  muUiplicationem 
sive  divisiojtem  designarent.  Eine  deutliche  Beschreibung  der  römischen  Re- 
chentafel mit  neun  Zahlzeichen  und  folglich  ohne  Null.  Endlich  spricht 
noch  eine  Stelle  aus  dem  Briefe  ad  Constantinum  dagegen,  dass  arabische 
Lehren  zu  Grunde  liegen.  In  jener  Vorrede  heisst  es  nämlich :  Itaque  quum 
aliquot  lustra  jam  transierint,  ex  quo  nee  Hb r um,  nee  exercilium  harum 
rerum  habuerimus,  quaedam  repetila  memoria  eisdem  verbis  proferimus,  quaedam 
eisdem  sententiis.  Daraus  geht  hervor,  dass  Gerbert,  was  er  hier  lehrt,  selbst 
aus  einem  bestimmten  Buche  schöpfte,  welches  er  vor  einer  geraumen  Zeit, 
mindestens  15 — 20  Jahre  früher  in  Händen  gehabt  hgtte.  Ausserdem  ist 
aus  Ademar  von  Chabanois,  seines  Zeitgenossen,  Chronik  bekannt,  dass  Ger- 
bert seine  ersten  Studien  auf  einer  Rundreise  durch  Frankreich  machte, 
während  er  erst  später  in  Spanien  den  mündlichen  Unterricht  des  Bischoffs 
Haiton  genoss.  **)  Wenn  nun  noch  heute  ein  Mannscript  des  Boethius  aus 
dem  elften  Jahrhunderte  in  Chartres  existirt ,  welches  seinem  Inhalte  nach 
wohl  der  Abhandlung  Gerberts  zu  Grunde  liegen  konnte,  dann  ist  doch  wohl 
anzunehmen,  dass  auch  zu  Gerberts  Zeiten  ein  solches  Manuscript  in 
Frankreich  existirte,  dessen  Abschrift  vielleicht  der  Codex  von  Chartres  ist. 

Von  sonstigen  Werken,  die  denselben  Gegenstand  in  der  genannten  Zeit 
behandeln,  sind  hauptsächlich  die  Schriften  von  Gerland  und  von  Ra- 
dulph  V.  Laon  erhalten,  sowie  eine  Abhandlung  von  unbekanntem  Ver- 
fasser regule  abaci  betitelt,  welche  Chasles  in  einem  alten  Manuscripte  wahr- 
scheinlich aus  dem  Anfange  des  12..  Jahrhunderts- aufgefunden  hat.***) 
Diese  alle  enthalten  nicht  blos  Zeichnungen  von  Rechentafeln,  sondern  auch 
Ziffern,  die  mit  denen  im  Boethius  die  grösste  Aehnlichkeit  haben,  und 
welche  dieselben  semitischen  Namen  führen.  Zum  Theil  liefern  sie  sogar 
die  Rechnungsmethoden  als  Einleitung  in  die  Geometrie  ,  ganz  wie  sie  bei 
Boethius  eingeführt  werden,  so  dass  alle  Einzclnheiten  die  Ueberzeugung 
noch  bestärken  müssen,  dass  Gerbert  und  seine  Scbule  ihre  Lehren  vom 
Abacus  nicht  aus  arabischen,  sondern  aus  lateinischen  Quellen  schöpften. 

Bis  die  indische  Arithmetik  in  Europa  bekannt  wurde ,  sollte  es  noch 
einige  Zeit  anstehen.  Zwar  existiren  Uebersetzungen  aus  dem  Arabischen 
in's  Lateinische,  worin  sie  auseinandergesetzt  wird^  so  die  Ysagoge  alchorismi 
in  artem  astronomicam  a  magistro  Abraham  Judeo  ispano,  qui  dicitur  Savacorda, 
1134;  aber  doch  blieben  üebersetzung  wie  Original  ohne  grössere  Ver- 
breitung. Da  zu  Beginn  des  13.  Jahrhunderts  erschienen  plötzlich  von 
allen  Seiten  Bücher  über  die  neue  Rechnungsart,  die  mit  fast  unbegreiflicher 
Geschwindigkeit  die  früheren  Methoden  verdrängten,  bis  kaum  eine  Spur 
davon  übrig  blieb.  Auch  hier  linden  wir  einen  Mann  an  der  Spitze,  der 
wenn  auch  nicht  vom  Schicksal  in  so  günstige  Verhältnisse  gestellt  wie 
Gerbert ,  doch  schon  in  der  bescheidenen  Lage  als  Kaufmann ,   Schule  bil- 


"*)  Vergl.  Chasles,  Geschichte  der  Geometrie,  S.  529  der  Üebersetzung. 

♦♦)  Die  Histoire  literaire  de  l<f  France  VI,  560  citirt  hierfür:  Adern,  ehr.  169. 

***)  Der  wörtliche  Abdruck  dieser  Schrift  in  den  camptes  rendu»  T*  XVI,  p,  237. 


Von  Dr.  Cantor,  Privatdocent  in  Heidelberg.  73 

dend  auftrat  nnd  Denkmale  seines  Geistes  hinterlies,  die  ihm  nicht  blos 
der  Zeit  nach  einen  Platz  zwischen  Archimed  nnd  Newton  anweisen. 

Leonardu#mit  dcmBcinamen  Bigollone  warder  Sohn  eines  Schrei- 
befrs,  der  für  einen  Kaufmann  aus  Pisa  die  Douanengeschäfte  an  der  nordafri- 
kanischen Küste  führte  und  der  auch  nur  unter  dem  Spottnamen  Bonaccio  be- 
kannt ist.  Nach  ihm  nannte  sich  der  Sohn  Filius  Bonaccio  und  daraus  ent- 
stand durch  Znsammenziehung  der  Name  Leonardo  FibonacciPisano. 
Schon  frühe  an  dem  Aufenthalsorte  seines  Vaters  in  die  Geheimnisse  der 
arabischen  Rechenkunst  eingeweiht,  genügte  es  ihm  nicht  nur  diese  Metho- 
den zu  kennen ,  und  auf  den  Geschäftsreisen ,  die  er  nach  Aegypten ,  nach 
Syrien,  nach  Griechenland,  Sicilien  unn  der  Provence  machen  musste,  suchte 
er  sich  überall  neue  Kenntnisse  zu  verschaffen.  So  war  sein  wissenschaft- 
licher Gang  der,  dass  er  zuerst  die  indische  Arithmetik  kennen  lernte, 
welche  er  Abacus  nennt,  und  dann  erst  die  europäischen  Methoden,  die 
er  als  den  Algorithmus  des  Pythagoras  bezeichnet.  Sein  scharfer 
Geist  erkannte  alsbald  die  Vorzüge  der  ersteren  vor  den  letzteren,  die  ihm 
so  bedeutend  erschienen,  dass  er  sjch  ausdrückt :  Algorismum  Pictagorae  quasi 
errorem  computavi  respeclu  modi  Yndorum. 

So  entstand  sein  liber  Ahacci  compositus  a  Leonardo  filio  Bonacci  Pisano 
in  anno  1202*),  welches  nur  der  Anfang  einer  ganzen  Reihe  von  Büchern 
war,  die  den  Algorithmus  lehrten.  Eigenthümlicher  Weise  scheint  näm- 
lich nur  bei  Fibonacci  die  Verwechslung  eingetreten  zu  sein ,  dass  er  die 
Methode  des  Pythagoras  Algorithmus  nennt,  während  von  allen  anderen 
Autoren  gerade  umgekehrt  die  indische  Arithmetik  mit  9  bedeutsamen 
Ziffern  und  der  0  als  zehntem  Zeichen  unter  dem  Algorithmus  verstanden 
wird.  So  in  den  Schriften  des  John  of  Balifax  (gewöhnlicher  Johannes  de 
saero  Bosco  1232);  in  einer  Schrift  aus  dem  13.  Jahrhunderte:  Opusculumde 
praxi  numerorum,  quod  Algorismum  vocant,  welche  von  Jodocus  Chlichtovaeus 
1503  herausgegeben  wurde;  in  dem  Algorithmus  de  numeris  integris,  fraciis, 
regulis  communibus  et  de proportionibus  des  Georg  Pur  bach  (1 423  —  1 46 1 ) ;  in 
der  margaritha  philosophica;  und  selbst  noch  später  wie  bei  Schoner,  Algo- 
rithmus demonstratus,  Francofurti  1599  etc. 

Allerdings  scheint  der  Name  Algorithmus  arabischen  Ursprunges  zu 
sein  nnd  so  vorzugsweise  für  die  Rechnungsmethoden  zu  passen ,  welche 
zuerst  bei  den  Arabern  einheimisch  geworden  waren.  Möge  man  nun  dieses 
Wort  als  Zusammensetzung  des  arabischen  Artikels  al  mit  dem  griechischen 
ttQi^Hog  gelten  lassen ,  oder  es  nach  der  Hypothese  des  gelehrten  Orienta- 
listen Reinaud  von  dem  Namen  des  arabischen  Mathematikers  Mohamed  ben- 
Moussa  Alkharesmi  (starb  812  am  Hofe  Barun  al  BaschicTs)  ableiten.  Für  die 
erstcre  Etymologie  spricht  indessen  wohl  die  ganz  ähnliche  Entstehung 
des  Wortes  „Almagest"  aus  al  und  fAiyiarog. 

Fassen  wir  unsere  bisherigen  Untersuchungen  zusammen,  so  erhalten 
wir  in  Kürze  ausgedrückt  folgende  Resultate : 

1)  Allen  Sprachen  des  indogermanischen  Stammes  ist  ein  decadisches 
Zahlensystem  gemeinsam. 

2)  Bei  allen  Völkern  dieses  Stammes  hat  sich  eine  Rechnungsmethode 
gebildet,  welche  gleichfalls  von  dem  Systeme  Gebrauch  macht,  indem 
die  verschiedene  Rangordnung  durch  die  Stellung  der  Zeichen  aus- 
gedrückt wird. 


*)  Der  Anfang  ist  atojpedruckt  bei  L  i  b  r  i  T.  II.  p.  287. 


74        Ueber  die  Einführung  anserer  gegenwärtigen  Ziffern  in  Europa. 


^^^^'^^»^^V^^'W'^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^'^^S^k^ 


3)  Die  Europäer  gingen  nie  über  diese  Rechnungsmethode  hinaus  und 
bedienten  sich  dazu  einer  mit  Columnen  versehenen  RechentafeL 

4)  Bei  den  Indiern  machte  die  Erfindung  der  Null  ^q  Columnen  un- 
nöthig  und  von  da  an  nimmt  der  frühere  Kunstgriff  ganz  den  Charakter 
einer  Schrift  an. 

5)  Die  Ziffernschrift  verbreitete  sich  als  solche  unter  dem  Volke  der 
Araber,  während  die  Rechnungsmethode  nur  bei  einzelnen  Gelehrten, 
wie  Boethius,  Gerbert  sich  erhielt. 

6)  Die  Einführung  der  zehn  Zeichen  der  Indier  gehört  dem  Leonardo 
Fibonacci  an  und  seit  dieser  Zeit  wird  die  Rechenkunst  mehr  und 
mehr  Volkseigenthum. , 

Auf  diese  Weise  aufgefasst,  erscheint  die  Leistung  des  Pisaners  in 
einem  ganz  neuen  Lichte.  Es  war  nicht  ein  dem  europäischen  Bildungs- 
gange ganz  Fremdes,  was  er  einführte.  Dazu  hätte  jeder,  andere  auch  min- 
der begabte  Geist  hingereicht ,  wenn  der  Zufall  ihn  die  Entdeckung  hätte 
machen  lassen.  Es  war  etwas  scheinbar  viel  Geringeres ,  aber  in  Wirklich- 
keit viel  Bedeutsameres,  was  er  that.  Er  lernte  den  Unterschied  der  euro- 
päischen und  der  indischen  Arithmetik  kennen.  Er  begriff,  dass  die  kleine 
Verschiedenheit  derselben,  wonach  die  eine  an  eine  Rechentafel  gebunden, 
die  andere  eine  in  jeder  Beziehung  freie  Kunst  war ,  von  so  grosser  Wich- 
tigkeit werden  musste,  dass  er  ausrief :  Gegen  die  Indier  war  selbst  Py tha- 
goras  nur  ein  Stümper !  Um  dieses  im  Voraus  einzusehen ,  dazu  gehörte 
allerdings  das  gewidtige  Genie  eines  Leonardo  Fibonacci.  Es  scheint  fast 
unmöglich,  dass  Gerbert  bei  seinem  Aufenthalte  in  Spanien  die  Ziffernschrift 
nicht  sollte  kennen  gelernt  haben ;  und  doch  kam  er  nicht  über  die  Methode 
des  Abacus  hinaus.-  Er  blieb  in  der  alten  Gewohnheit  befangen.  Der  Pi- 
saner erst  zeigte  der  Welt ,  welche  grosse  Erfolge  durch  die  kleinste  Um- 
änderung gewonnen  werden  konnten.  Und  so  musste  sein  Name  unter  die 
der  hervorragendsten  Mathematiker  eingetragen  werden,  wenn  auch  keins 
seiner  sonstigen  Werke  sich  erhalten  hätte.  Um  wie  viel  schöner  ist  aber 
die  nachträgliche  Beglaubigung  seiner  Verdienste  durch  die  im  vorigen 
Jahre  von  Baldassare  Buoncompagni  in  der  ambrosianischen  Bibliothek  zu 
Mailand  entdeckten  Schriften,  welche  Leonardo  Fibonacci  auch  als  Meister 
in  der  Zahlentheorie  documentiren ,  welche  ihn  als  Vorgänger  der  grossen 
Algebristen  zeigen,  die  erst  Jahrhunderte  nach  ihm  blühten. 


V. 
Ueber  die  Entwickelimg  vielfacher  Integrale. 

Von    0.   SCULÖMILCH. 


I. 

DekanntHch  hat  L.  Dir i chic t  zuerst  bewiesen,  das» der  Werth  deß  viel- 
fachen Integrales 

/»  /*  /• 

-*  zP—^ . .  .djidt/dz, 


ffj- 


worin  sich  die  Integrationen  auf  alle  positiven ,  der  Bedingung 

1  ^  a:  +  y  +  ^  +  •  •  •  ^  0 
genügenden  Xy  y,  z  , , .  beziehen,  durch 

r{m)r{n)r{p).,.  ' 

r{i  +  m  +  n  +  p  +  ,,.) 
dargestellt  wird;  dieser  elegante  in  der  Theorie  vielfacher  Integrale  häufig 
anwendbare  Satz  erhielt  später  eine  Erweiterung  durch  Liouville,  wel- 
cher -die  allgemeinere  Formel 

/T/! . .  0:-- *  y-*  zP-^ . . .  f{x  + !/  +  z  +  . .)  djc  dij  dz  . , . 

r{m+n+p  +  ..)J^  /W«^ 

ableitete ,  worin  linker  Hand  die  für  Xy  y^  z  . . ,  geltenden  Bedingungeoi  die« 

selben  wie  vorhin  sind  und  f^g)  eine  beliebige  Function  von  q  bedeutet. 

Aber  auch  dieses  Resultat  ist  nur  ein  specieller  Fall  des  umfassenderen 

llicoremcs 

Jo^'-^y^^zP-K.f{x+y  +  z+,.,) 

dx  dy  dz  ,,, 


ffJ 


"  {\  +  ax+ßy  +  yz  +  ...)'^+''+P+- 

—  r{m  +  n+p+":.)J  {i  +  a^y-  (i  + /?(>)'•  (i  +  y?)^  •  • ' 

woraus  durch  Variation  der  beliebigen  Constauten  « ,  j9,  /  *  •  *  °^^^  zahl- 
reiche Formeln  ähnlicher  Art  hergeleitet  werden  können.  Das  genannte 
Theorem  habe  ich  zuerst  im  2.  Baude  meiner  Analytischen  Studien 
(§.  33)  mittelst  der  Dirichlet'schen  Integrationsmethode  unter  Awisteni;  de« 


76  üeber  die  Entwickelung  vielfacher  Integrale. 

Fonrier'schen  Satzes  entwickelt,  kann  aber  gegenwärtig  einen  weit  ein- 
facheren Beweis  desselben  geben,  welcher  nur  die  Kenntniss  der  Formel 

'^         J  [14- «1  +  4(1-1)]?+»         r(p+y)   (l+a)P(l+ft)» 

in  Anspruch  nimmt.  Von  der  Richtigkeit  derselben  ttbArzengt  man  sich 
durch  die  Substitution 

('+«)!       ^„ 

1  +  <.|  +  6(I-|)    •  ''' 
woraus 

_H_+b)(l-^)     __  (i+a){t+b)di    _ 

,4.«l  +  fr(rr|j-'    "'    [,+«|+ft(,_|)].-'"»' 

man  erhält  nämlich 

./[!+ «1  +  6(1-1)]"+'       (1+«)''(H-*)'^^        ^        ^^  V 

was  mit  der  gemachten  Angabe  übereinstimmt.  Lässt  man  —  und  ->  an  die 
Stellen  von  a  und  b  treten,  so  giebt  Nr.  1) 

.        r^l^'(i-^)^'tf$     _r{p)r{g)  I 

und  hieraus  lassen  sich  durch  mehrmalige  Differenziation  in  Beziehung  auf  c 
neue  Formeln  ableiten,  bei  denen  der  Exponent  von  aj  +  6  (I  — l)  +  c  be- 
liebig viel  Einheiten  mehr  als  p  -f-  5^  beträgt. 

Was  nun  das  erwähnte  vielfache  Integral  betrifft,  so  wird  es  hinrei- 
chen, die  Keduction  desselben  bei  einer  nicht  zu  grossen  Anzahl  Variabelcn 
zu  zeigen,  da  ans  dem  Gange  der  Rechnung  unmittelbar  einleuchtet,  dass 
das  Verfahren  bei  jeder  anderen  Anzahl  von  Variabelen  dasselbe  bleibt. 
Wir  betrachten  demgemäss  das  vierfache  Integral 

JJJJ      (\+ax  +  §y  +  yz  +  du)'^'^''+P+^  ^ 

worin  sich  die  Integrationen  auf  alle  positiven ,  der  Bedingung 

genügenden  .r,  y,  z,  m  erstrecken  sollen;  dabei  sind  unter  Beibehaltung  der 
angegebenen  Reihenfolge  der  Integrationen  die  Grenzen 
für  a: :  a:  =  0  und  a:  =  I , 

>;  y:  y  =  o    „    y=\  —  x, 

„z:z  =  0     „      2=1— o:  — y, 
„m:w  =  0     „      M=l  —  X  —  y  —  z. 
Das  in  Rede  stehende  Integral  S  ist  ein  specieller  Fall  des  folgenden 

r  r    r      r        x'—^y^^zi--ui^*f{x+y+z±u).  .  ^  ^ 

00         0  0  irifi^iy 

welches  eine  Funktion  der  beliebigen  Grösse  q  bildet  und  mit  F{q)  bezeich- 
net werden  möge;   man  hat  dann  5  =  jP(1)  oder  auch,  weil  F{q)  mit  ^ 


Von  O.  SCHLÖMILCH.  77 


gleichseitig  verschwindet,  S  =  F {\)  ^^  F (0).    Uin  weiter  F{q)  zu  finden, 
schreiben  wir 

0  0 

if-x-y-z 


0  0 

0         " 
nnd  differenziren  in  Beziehung  auf  q ,  indem  wir  von  der  bekannten  Regel 

i/*(.,„.,.=*(.,„|-*(.,„|+/^^ 

a  fl  - 

Gebrauch  machen  und  berücksichtigen,  dass  im  vorliegenden  Falle 

V  {9,  ^)  =  0  und  *  (^  — a:,  ^)  =  0 
ist ;  es  ergiebt  sich 

dFi 


dg  J  dg       ' 


0 
rfp  J^  ^       dg        '  dg  J  dg      ' 

oder  bei  Substitution  von  jeder  Gleichung  in  die  vorhergehende 

g  f-x  g-x-y 
JF(£)^     ,.    fl       f     x'^-^y'^^z^Hg—x  —  y—z)9-^dxdydz 

Um  den  Werth  des  vorstehenden   dreifachen  Integrales,  worin  f{g) 
nicht  mehr  vorkommt,  zu  entwickeln,  nehmen  wir  der  Keihe  nach 

zz={g  —  x—y)t,     y={g—x)fi,     x^g^, 
oder,  was  dasselbe  ist, 

x  =  9i,   y  =  *(i-l)i?,    -  =  ?(«- {)(•-'»)£. 

und  erhalten 

3)  ££(?l=^-+-+P+»-i/'(^)7', 

ag  ^ 

worin  T  das  dreifache  Integral 

^    ^    ^   f*»-i(I— g)»+yHg-i  e/S.t,>'-'(l— iy)P+g"'rf,y..{:l^'(l-{:)y"'^t 
[l+«p|+/J^(I-S)iy+y?(l~|)(l-i?){:+^?(l-S)(i-i?)(l-f)]-+-^^ 
0  Ö  0  • 

bezeichnet.   Hier  Iftsst  sich  die  auf  %  bezügliche  Integration  nach  Formel  1) 
ausführen  und  giebt 


SSh 


78  Ueber  die  Entwickelnng  vielfacber  Integrale. 


1     r{m)r(n+p+q)  /^A>-'(i— 1?)"+»-'^*?  •  i'^'O—i)^^  «g. 
(I +«?)"  r  (m +«+i> +  ?)  JJ  [i-HJt»n +yp  (•-»?)  f+^«  ('-»»)  0-0]  "+'^* 

0  0 
wiederum  kann  jetzt  mit  Hülfe  der  Formel  I)  in  Beziehung  auf  ij  integrirt 
Averden;  es  bleibt 

1"  r{m)r{n)r(p+q)  r    t>-'(i-t)T-irfe 

^— (H-o^)-(l+^)-     r{m+n+p+q)    J  [l  +  rPf+««(«-f)]'+' ' 

0 

endlich  bei  nochmaligem  Gebrauche  derselben  Formel: 

.,    „ I rHn'>)np)T_(9) 

"^  ^  ~  (1  +  ag)"  (1  -h  ße)'  (I  +  Y^y  (I  +  «*)»     r{m+n+p  +  q)     ' 
Znfolge  der  Gleichung  3)  ist  nun 

mithin 

S=F(l)-F{0)=fQ-^-^-+P-^^-^f(Q)  TdQ, 
0 
hier  bedarf  es  nur  der  Substitution  des  für  T  gefundenen  Wertbes ,  um  für 
S  sogleich  die  Form  zu  erhalten,  welche  dem  allgemeinen  Theoreme  ent- 
spricht. 

Ersetzt  man  «,]?,/...  durch  —,—,  —  ...,  so  hat  man  etwas  allge- 


meiner 


^r(m)  nn)  r(p)  .  .  .    /•^^«.+n+;>+.  '•-y(g)  dg  _ 
'r(m  +  ;,+;>+..  oJ  "(x  +  agr  (k  +  ßg^  (k  +yg)P  .  .  .  ' 

durch  Differenz iation  in  Beziehung  auf  x  und  Anwendung  der  bekannten . 
Formeln 

s  r(s)—r(\+s),     dP—PdlP 
ergiebt  sich  noch 

,.,       CCC      a:"-'y'-'c"-'...A-»^  +  y+»  +  --)    .     ,     , 

1 

^  r{m)  r(,n)  .  . .      />■"+"+•  -'/^(e)</g    j  _»._  n  ) 

/•(l+m+/i+..)  J  (K  +  op)«  (x+|Spr  . .  .  \k+«q  "^  X+/S9  ■♦'•••  j 

und  überhaupt  «würde  es  keine  Schwierigkeit  haben,  durch  mehrmalige 
Differenziationen  in  Beziehung  auf  x  den  Exponenten  von  x  +  oa:+... 
um  beliebig  viele  Einheiten  zu  erhöhen.  Wie  die  Dirichlet'sche  Formel 
kann  jede  der  Gleichungen  5)  und  6)  noch  dadurch  etwas  verallgemeinert 
werden ,  dass  der  Reihe  nac^ 

fö"(l)".(7)'    ■™".— ■ 


Von  O.  SCHLÖMTLCH.  '  79 


und  — ,    —  ,    —  . . .  nir  m,  fi,  »  . . . 

■I      n       p 

gesetzt  wird ;  die  Integratioueu  beziehen  sich  dann  auf  alle  der  Bedingung 

•5(f)"+(l)"+(7)'+-S» 

genügenden  positiven  a:,  y,  ? . . . 

II. 

Das  vorhin  benutzte  Verfahren  passt  auch  auf  das  Integra] 

S=  fff..x^-^y^^z^\.r(    \~^Tl''^~'"    )dxdydz.., 
JJJ  ^  '  XX  +  ax  +  ßy+yz-^r^'J         ' 

worin  sich  die  Integrationen  wiederum  auf  alle  positiven  der  Bedingung 

\^x  +  y  +  z  +  .,..^0 

genügenden  x,  y,  c  . . .  erstrecken  mögen.    Nehmen  wir  z.B.  drei  Variabele 

und  setzen 

9  f -«  Q-ic-y 

0  0  0 

80  ist  Uhnlich  wie  früher 

S=FO)  —  F(0) 

und  durch  Differenziation  in  Beziehung  auf  q 

Mittelst  der  Substitutionen 

x  =  g^,     y  =  p(l— |)i; 
ergiebt  sich  hieraus 

II* 

wobei  zur  Abkürzung 

a=«|  +  /J(l-|)«j  +  y(I-|)(l-i,) 
gpsetzt  worden  ist.    Durch  Multiplication.  mit  (Iq  und  Integration  zwischen 
den  Grenzen  q  =  0  bis  p=I  erhalten  wir  weiter 
111 


0  0  0  ^9/ 

wir  kehren  hier  die  Anordnung  der  Integrationen  in  der  Weise  um ,  dass 
wir  uns  die  auf  q  bezügliche  Integration  zuerst  ausgeführt  denken;  zu  dem 
Zwecke  sei 

^  =  T,     also,  =  ^^j-^,      „,_____^^^^rf,, 

den  Grenzen  ^=^0  und  ^=1  entsprechen  dann  die  Grenzen  t=1  und 
v=0,  so  dass  yrir  erhalten 


80  Ueber  die  Entwickelung  vielfacher  Integrale. 

Versparen  wir  die  auf  t  bezügliche  Integration  an*8  Ende,  so  mnss  zu- 
nächst das  nach  |  und  tj  genommen^  Integral 

1— •  (I -1)-+"-' 1»"-' a-5)^V 


fß 


(.+..)....M.,f. 0  +  .)^^.,.     ■ 

0  0'^ 
entwickelt   werden ,    was    nach   den   anfangs   erwähnten   Formeln    keine 
Schwierigkeit  hat;  man  findet  als  Werth  des  fragliche^  Doppelintegrales 
r(m)  rjn)  r(p) I i       l  +  a  l+ß  ,       l  +  y| 

r(n-»+«+p)0+«)"0+^')"0+r)'l    i+«      i+ßr^i+r) 

and  hieraas  ein  einfaches  Integral  für  S.   Uoberhaupt  ist 

~"r(I+m+«+..y  (l+a«)-(l  +  ^r)".J      1  +  «»"^     l  +  ßx'^-i'"- 

Nimmt  man  bei  zwei  Variabelen  m  =  n  =  ^ ,  f(r)  =  — =    und   lässt 

nachher  «*,  y*,  t*,  — c',  — /?  für  x,  y,  t,  «,  ß  eintreten,  so  hat  man  die 
Formel  ,    y^^_^,^ 


0  0  " 


*    ^»^ I    ■  —  a  1  — p 

f^  ^  I  —  a~T  j  \i  —  p'  r-/  i*       •**  *^j^** 

0 
welche  bekanntlich  zur  Complanation  des  dreiachsigen  Ellipsoides  dient. 


'  III. 
Um  zu  einer  weiteren  und  neuen  Reduction  eines  vielfachen  Integrales 
zu  gelangen ,  betrachten  wir  zunächst  das  einfache  Integral 

2« 


fr 


0 
Wir  zerlegen  dasselbe  in  die  drei  Theile 

C  =jf  [k  sin  («  +  d)]  (J^  +  jf  [k  sin  (a  +  ^)]  d& 

0  ^n^a 

2« 


+  ff[ksin(a+^)]d&, 


in-i 


Von  O.  SCHLÖMILCH.  81 


und  benutzen  die  Substitation 

sin  (a  +  ^)  =  2 ; 
aus  dieser  folgt 

a  +  0=Arcsinz,     a  +  ^=it  —  Are  sin  z^     a  +  ^  =  27r  +  ^rc  *f>i  2  etc. ' 
jenachdem 

0<a  +  ^<j^«,     ^it<a+^<\n,     |7r<a  +  ^<|«  etc. 
Darcb'die  vorgenommene  Zerlegung  sind  diese  Bedingungen  der  Reihe 
nach  in  den  einzelnen  Integralen  erfüllt,  mithin  ist  im  ersten  Integrale* 

dz 


im  zweiten 

dz 


d^=- 


j/i  —  z? 
and  im  dritten 

d^  =  + 


}/\—z^ 
Hiernach  ergiebt  sich  augenblicklich 

d.  i.  bei  gehöriger  Zusammenziehung 

Demnach  hat  man  für  z  =  cos  B  die  Formel 

f\ksin(a+ff)\  d^=2jf{kcosS)  dß 
ü  0 


oder  fttr  tan  «=— ,  k=y^+^ 

8) 


/2  flf,  /*Ä 

f{acos^  +  bsind)d^=2jf(y(^+b^cose)de. 


0  0 

Mittelst  dieser  Formel  lässt  sich  das  Doppelintegral 

5=  /       j  F{a+Vx  +  cy){h*—a^-if)^dxdy 

leicht  auf  ein  einfaches  Integral  reduciren.    Durch  Einführung  der  Polar- 
coordinaten  mittelst  der  Gleichungen 

x^=rcos^^     y=rsin^,     dxdy^ssrdr  dd^ 
erhält  man  zunächst 

Sz=z  I     I  F(a+b'rcos»  +  crsind){h*  —  r*)'^rdrd^ 

0      0 
ond  nach  Formel  8)  wenn  a  =  b'r^  b=cr  und  f{u)=zF{a  +u)  gesetzt  wird 

^  =  2J    J  F{a  +j/F^'+7^rcose){h^  —  t^)'^rdrde. 
0      0 
Zdtoeltfill  f.  MikUiMBattt  «.  Physik.  L  6 


82  Ueber  die  Entwiokelmig  einfacher  Integrale. 

Das  vorstehende  Integral  würde  man  gleichfalls  erhalten,  wenn  man  in  der 
Gleichung 

5=2   /      /  F{a^y\)^'\-c^x)  {h?—ci*—y')'^dxdy 

— Ä  0 
die  Polarcoordinaten  mittelst  der  Formeln  x^=r  cosS^  y=r  sin  S  einge- 
führt hätte;  es  bietet  aber  die  letztere  Gestalt  des  Integrales  den  wesent- 
lichen Vortheil,  dass  die  Variabele  y  nicht  mehr  in  der  willkürlichen  Function 
F  vorkommt  und  dass  folglich  die  auf  y  bezügliche  Integration  ausführbar 
ist.   Mittelst  der  Substitution 


erhält  man 

0  _  ^ 

~*    r(m+4)    ^^-^^       ' 

setzt  man  diesen  Werth  ein  und  stellt  die  erste  und  letzte  Form  von  S  zu- 
sammen, so  ergiebt  sich 

f  F{a  +  bx  +  cy)  {h^—a^—y")^  dx  dy 

Mittelst  dieser  Gleichung  können  wir  das  vielfache  Integral 
f  f  f...F{ax  +  ßy  +  yz+,.  .){\  —  a^—y^  —  z^—  ,  .  .)«•  dx  dy  dz  .  .  . 

worin  sich  die  Integrationen  auf  alle  positiven  und  negativen  der  Bedingung 

l>x^  +  i/+z*  +  .,.^0 
genügenden  x^  y,  z  . .  ,  erstrecken,  leicht  in  ein  einfaches  Integral  verwan- 
deln ;  es  wird  hinreichen,  dies  an  dem  dreifachen  Integrale 

J   J    jF{ax  +  ßy  +  yz)  (I  —  .t'  — y«— z«)"»  dx  dy  dz 

—  1   —yi  —  a^    —  ^1  — a:«  — 2^ 
nachzuweisen.    Denkt  man  sich  in  der  Formel  9)  die  Grössen 

a,      6,      c,  Ä,  X,     y 

durch 

ax,     ß,     y,     y\—a^^     y,     z 
ersetzt,  so  ist 

J  J  F{ax  +  ßy  +  yz)(\  —  a^—y^  —  z')^dydz 

ynr{^^^'  ^^^^^ 


^±^y(l-a:«-y«r  +  i  F{ax  +  }/V+?y)  dy 


n  . .,  -_„ 


Von  O.  SCHLÖMILCH.  83 

und  folglich  wird  das  betrachtete,  dreifache  Integral  gleich  dem  Doppel- 
integrale 

^rf^lV^f  /(I- J-y»r+4  F  {ax  +  /^+/y)  dx  dy; 

dieses  kann  wieder  nach  Formel  9)  behandelt  werden,  wenn  man  m  +  ^  für 
m,  a=0,  6=ß,  c  =  }/a'  +  ßF  setzt;  der  Werth  des  dreifachen  Integrales 
ist  folglich 

Ueberhaupt  gilt  für  das  nfache  Integral  die  Keductionsformel 

^0)  Jj. . ,  (i--.x'—t/'—  . .  .)^  F{ax  +  ßy+  . . .)  dx  dt/  .  .  , 


n  2  r 


K"+^') 


&ti>/(I-^"+Vy(„)*,, 


worin  X  zur  Abkürzung  für  ya*  +  ß^+ , . .  gesetzt  worden  ist.  .Etwas  all- 
gemeiner wird  die  Gleichung,  wenn  man  x,  y,  z...,  a,/?,  y...  durch 

X    y     z 

-,-,  —  ...,  cffl,  ßbj  yc  , , ,  ersetzt;   die  Integrationen  linker  Hand  be- 
ziehen sich  dann  auf  alle  positiven  und  negativen  der  Bedingung 

■s(f)V(?)'+(f)V...go 

genügenden  ar,  y,  z  . . .  und  es  ist 

U)Jf...(l-^,-^,-...yF{ax  +  ßy+...)dxdy... 


n'    r(m  +  l)ab...    f^  , 


Diese  Formel,   von    welcher  ich  den  speciellen  Fall  m  =  0  schon   früher 
(Analytische  Studien  II,  S.  186)  auf  anderem  Wege  gefunden  habe,  enthält 
i&^hrere  bekannte  Resultate  in  sich,  die  bisher  isolirt  standen;   so  ist  aus 
Nr- 10)  fär  w=3  und  bei  Einführung  der  Polarcoordinaten 
*=  r  co8<&j  y  =  r  sin  ^cos  a,  z  =  r  sin  d'  sin  oo,  dx  dy  dz=r^  sin  &  dr  d^  e/o», 

J    I     1(1 — r*)*^  F{ar cos ^  +  ßr sin <& cos (o  +  yf'  sin ^  Sinai)  T^ sin ^drdd  d(o 
0    0     0  i 

=-4—  /(i— a^-+*  ^M  ^. 

m  +  It/ 
Nimmt  man  specieller  m  =  0  und  setzt  überhaupt 

V/'(^r)dr=/*(^) 

0 

6^ 


P 


84  lieber  die  Entwickelimg  einfacher  Integrale, 

oder  für  rfi=<, 


0 
woraus  durch  Dififerenziation  in  Beziehung  auf  fi 

/•(^)  =  3/'0»)  +  ,i/'(f») 
folgt,  80  hat  man 

}  f{acos^  +  ß  sin  ^cos  m  +  y  sin ^  sin  «)  sin  d  d^  dm 
0      Ö 


fß 


h  j{i  —  a^  f{%x)dx  +  %  J(x  —  sc")  f  {%x)  dx\ 


— 1 


das  zweite  Integral  rechter  Hand  ist  bei  partieller  Integration  einerlei  mit 

—  -  l{l—^x')f{xx)dxy 

und  man  gelangt  so  zu  der  von  P  o  i  s  s  o  n  angegebenen  Formel 

12)  /      //"(« cos  b '\-  ß sin  ^ cos  m-^  y  sin  ^  sin  «)  sin  d  d^  dm 

0      0 

=  2»  lf{itx)dx=^n  I f{xcose)sinede. 

—  1  0 

Durch  ein  -  oder  mehrmalige  Differenziation  in  Beziehung  auf  a^  ß,  y  .  > » 
können  aus  den  bisherigen  Resultaten  leicht  neue  Formeln  abgeleitet  wer- 
den; auch  die  Differenziation  in  Beziehung  auf  das  in  der  Gleichung  10) 
enthaltene  beliebige  m  hat  keine  Schwierigkeit,  wenn  man  von  der  bekann- 
ten Foipiel 

1 

r\p)=r{p)  ^l^M  =_  c+  P— 2^"'  az,    c=o,  5772156  . . . 

0 

Gebrauch  macht.    Bezeichnet  man  zur  Abkürzung  wie  folgt 

0 
so  gelangt  man  zu  der  Gleichung : 

^^)  JJ"'{l'-a:'—y'— ...)'- l{i-a^-y'-...)F{ax  +  ßy+...)dxdy,.. 

w— I 

welche  sich  auf  ähnliche  Weise  wie  Nr.  10)  noch  etwas  verallgemeinern 
lässt. 


VI. 
Die  Fortochritte  der  elektrischen  Telegraphie. 

Von  L.  Galle, 

Telegraphen  -  Inspector  in  Leipzig. 


I.   Kurze  Geschichte  der  Telegraphie  bis  zur  Anwen- 
dung des  Elektromagnetismus  und  der  Inductionselek- 
tricität  auf  dieselbe. 


D. 


'em  zu  allen  Zeiten  vorhanden  gewesenen  Bedürfnisse,  wichtige  Mit- 
theilnngen  schnell  an  entfernte  Orte  gelangen  zu  lassen,  konnte  früher  und 
bis  zn  dem  Zeitpunkte,  von  welchem  an  man  das  elektrische  Fluidum 
selbstsUindig  zu  erzeugen  und  in  beliebigen  Richtungen  auf  weite  Strecken 
fortzuleiten  verstand,  nur  sehr  unvollkommen  genügt  werden.  Man  bediente 
sich  hierzu  akustischer  und  optischer  Signale.  Die  akustischen  Sig- 
nale erfüllen  den  Zweck  der  schnellen  Correspondenz  auf  grosse  Entfer- 
nungen wegen  der  Unvollkommenheit  der  hierzu  verwendeten  Instrumente 
(Trompeten,  Pfeifen,  Olocken,  Schallrohre,  bohlgeschliffene  Körper  etc.) 
und  wegen  ihrer  Unsicherheit  nur  sehr  unvollständig  und  man  musste  sich 
daher  fast  ausschliesslich  auf  optische  Signale  beschränken.  Die  Alten  be- 
dienten sich  hierzu  der  Fackeln,  indem  z.  B.  24  beliebig  sichtbar  zu  ma- 
chende Feuerstellen,  in  drei  gesonderte  Gruppen  zu  je  8  getheilt,  ^  Buch- 
staben des  Alphabets  bezeichneten,  während  ausserdem  durch  3  gesonderte 
Feuerstellen  angedeutet  wurde ,  zu  welcher  der  3  Gruppen  die  gegebenen 
Feuerzeichen  gehörten;  doch  konnte  diese  Art  Telegraphie  wohl  nur  bei 
za  erwartenden  wichtigen  Ereignissen ,  weniger  bei  unerwarteten  zur  An- 
wendung kommen. 

Nachdem  im  Mittelalter  wenig  Gebrauch  von  den  optischen  Telegra- 
phensignalen gemacht  worden  war,  erlangte  die  optische  Telegraphie  erst 
eine  weitere  Ausbildung,  als  gegen  Ende  des  17.  Jahrhunderts  Hook  und 
später  Amontons  die  Anwendung  des  Fernrohres  zur  Beobachtung  der 
optischen  Signale  vorschlugen,  welche  Vorschläge  indess  erst  ein  Jahrhun- 
dert später  (1794)  durch  Chappe  zur  praktischen  Anwendung  kamen. 

Der  optische  Telegraph  von  Ohappe  besteht  aus  einem  senkrechten 
Haste,  um  dessen  oberste  Spitze  ein  gleicharmiger  Hebel  (Regulator)  in 
senkrechter  Ebene  drehbar  ist,  welcher  letztere  an  jedem  Ende  einen  eben- 
falls in  senkrechter  Ebene  drehbaren  Flügel  trägt.  Mittelbt  dieses  Appa- 
rates, der  gewöhnlich  auf  einem  Thurme  oder  Berge  angebracht  ist,  können 
durch  die  verschiedenen  Stellungen  des  Armes  und  der  Flügel  196  Speichen 
gegeben  werden ,  wenn  man  die  leicht  zu  verwechselnde  Stellung  weglässt, 


86  Die  Fortschritte  der  elektrischen  Telegraphie. 

in  welcher  ein  Flügel  die  Verlängerung  des  Armes  hildet.  Die  englischen 
(1796)  und  preussischon  (1832)  optischen  Telegraphen  sind  von  den  Chappe- 
schen  einigermaassen  abweichend ;  die  ersteren  bestehen  aus  6  achteckigen, 
in  zwei  senkrechten  Reihen  angeordneten  drehbaren  Tafeln,  die,  jenach- 
dem  sie  als  Fläche  oder  als  Linie  erscheinen ,  in  ihrer  Verbindung  64  ver- 
schiedene Zeichen  geben  können ;  die  optischen  Telegraphen  in  Preussen 
bestehen  aus  3  unter  einander  befindlichen  Fitigelpaaren,  welche  durch 
Combination  ihrer  Stellungen  4096  Zeichen  zu  geben  im  Stande  sind. 

Obgleich  verschiedene  Vorschläge  gemacht  wurden,  die  optischen  Te- 
legraphen mittelst  Lampen  und  Hohlspiegeln  auch  für  die  Nacht  brauch- 
bar zu  machen,  so  sind  sie  doch  ihrer  Kostspieligkeit,  Schwerfälligkeit  und 
beschränkten  Benutzung  wegen  nur  auf  wenigen  Linien  zur  Einführung 
gekommen  und  gegenwärtig ,  mit  Ausnahme  auf  Eisenbahnen  und  Schiffen, 
überall  durch  die  elektrischen  Telegraphen  verdrängt  worden. 

Die  grosse  Geschwindigkeit  und  die  Eigenschaft  der  Keibungselek- 
t  r  i  c  i  t  ä  t ,  in  der  Feme  gewisse  mechanische  Bewegungen  (Anziehung  und 
Abstossung  leichter  Körper)  hervorzubringen ,  sowie  sich  als  tiberspringen- 
der Funke  sichtbar  zu  machen,  ist  zwar  schon  sehr  lange  bekannt,  doch 
findet  sich  erst  im  Jahre  1753  ein  Vorschlag  zur  Anwendung  derselben  auf 
die  Telegraphie.  In  diesem  Jahre  machte  nämlich  ein  Unbekannter  in  einem 
englischen  Journale  den  Vorschlag ,  soviel  Drähte ,  als  Buchstaben  nötbig 
erscheinen ,  isolirt  aufzuspannen ,  jedes  Ende  mit  einer  Metallkugel  zu  ver- 
binden und  darunter  ein  mit  einem  Buchstaben  bezeichnetes  Papierblätt- 
chen  zu  legen ,  welches ,  wenn  der  Conductor  einer  Elektrisirmaschine  mit 
dem  zugehörigen  Drahte  in  Verbindung  kommt,  angezogen  und  gleich  dar- 
auf wieder  abgestossen  wird. 

Im  Jahre  1774  schlug  Lesage  in  Genf  vor,  die  Abstossung  von  Hol- 
lundermarkkügelchcn  zur  Telegraphie  zu  benutzen ;  an  jedem  der  isolirten 
Leitungsdrähte  sollte  ein  Paar  solcher  Ktigelchen  hängen,  die  bei  der  La- 
dung des  Drahtes  sich  nach  dem  bekannten  Gesetze  abstossen  und  hier- 
durch einen  gewissen  Buchstaben  zu  bezeichnen  hatten. 

Im  Jahre  1794  machte  Keissner  den  Vorschlag  zu  einer  telegraphi- 
schen Corrospondenz  mit  Benutzung  des  tiberspringenden  elektrischen  Fun- 
kens. Er  gedachte  an  der  einen  Station  26  Glastäfelchen  aufzustellen ,  auf 
deren  jeder  eine  parallele  Reihe  schmaler  Staniolstreifen  mit  kleinen  Unter- 
brechungen sich  befinden  sollten,  dergestalt,  dass  die  Lticken  die  Figur  des 
Buchstabens  bildeten.  Von  einem  Ende  jedes  Staniolstreifens  sollte  nun 
ein  Draht  nach  der  andern  Station  laufen  und  dort  mit  dem  Conductor 
einer  Elektrisirmaschine  oder  mit  dem  einem  Belag  einer  Leydner  Flasche 
verbunden  werden,  während  die  sämmtlichen  anderen  Enden  mittelst  eines 
gemeinschaftlichen  27.  Drahtes  mit  dem  andern  Belag  der  Leydner  Flasche 
in  Verbindung  gebracht  werden  sollten.  Durch  die  Entladung  der  Flasche 
durch  den  einen  oder  andern  der  Staniolstreifen  hindurch  musste  nun  der 
elektrische  Funke  tiber  sämmtliche  Lticken  hinwegspringen  und  auf  diese 
Weise  das  leuchtende  Bild  dds  Buchstabens  darstellen. 

Praktischer  waren  schon  die  Vorschläge ,  welche  darauf  hinausgingen, 
mittelst  weniger  Drähte  nur  einige  verschiedene  Zeichen  hervorzubringen 
und  durch  die  verschiedenen  Combinationen  derselben  das  Alphabet  dar- 
zustellen. 

Hierher  gehört  der  Vorschlag  von  L  o  m  o  n  d  (1787) ,  welcher  ebenfalls 
die  Divergenz  von  HoUundermarkkügelchen  zur  Zeichengebung  benutztOi 


Von  L.  Galle.  87 

durch  kürzer  oder  länger  andauerndes  Drehen  der  Elektrisirmaschine  die 
Divergenz  auf  kürzere  oder  längere  Zeit  bewirkte  und  diese  beiden  unter- 
scheidbaren  Zeichen  weiter  combinirte;  ferner  der  von  Böckmann,  wel- 
cher mittelst  zweier  Leitungsdrähte  den  überspringendeen  Funken  in  ge- 
wissen Zeitzwischenräumen  überspringen  Hess  und  durch  Combination  die- 
ser Zeichen  die  Buchstaben  und  Ziffern  darstellte. 

Andere  derartige  Vorschläge  gingen  aus  von  Dr.  Salva  in  Madrid  im 
Jahre  1798,  von  Betankourt,  von  Cavallo  im  Jahre  1797,  von  Ko- 
naids im  Jahre  1816  und  Andern. 

Die  Benutzung  der  Keibungselektricität  zu  telegraphischen  Zwecken 
ist  jedoch  nicht  zur  praktischen  Anwendung  im  Grossen  gekommen ,  weil 
die  Anlage  wegen  der  vielen  Drahtleitungen  sehr  kostspielig  geworden 
wäre ,  weil  das  Geben  und  Empfangen  der  Zeichen  umständlich  und  nicht 
sicher  war  und  weil  die  Keibungselektricität  unbeständig,  von  dem  Feuch- 
tigkeitszustande der  Luft  abhängig  und  schwer  zu  isolircn  ist. 

Durch  die  wichtige  Entdeckung  des  Galvanismus  im  Jahre  1786 
wurde  ein  glänzendes  Feld  für  die  weitere  Ausbildung  der  elektrischen  Te- 
legraphie  eröffnet,  weil  man  durch  die  Volta'sche  Säule,  insbesondere  durch 
die  von  Daniell,  Grove  und  Andern  construirten  constanten  Batterien 
einen  ziemlich  gleichmässigen  elektrischen  Strom  erhält,  dessen  Stärke  und 
Dauer  man  in  seiner  Gewalt  hat,  weil  man  also  die  durch  den  Strom  her- 
vorgebrachiten  Wirkungen  den  Sinnen  auf  beliebige  Zeitdauer  wahrnehm- 
bar machen  kann  und  weil  die  galvanische  Elek^icität  weniger  von  dem 
Zustande  der  Atmosphäre  abhängig  und  leicht  zu  isoliren  ist. 

Ungeachtet  dieser  für  die  Anwendung  auf  die  Telegraphie  vortheil- 
haften  Eigenschaften  der  galvanischen  Elektricität  fand  dieselbe  doch  vor 
der  Entdeckung  des  Elektromagnetismus  und  der  Inductionselektricität 
keine  dauernde  Anwendung  in  grösserem  Haassstabe. 

Sömmering  war  im  Jahre  1808  der  erste,  welcher  mit  Benutzung  der 
Volta^schen  Säule  einen  Tolegraphenapparat  construirte,  indem  er  die  Zer- 
setzung des  Wassers  durch  den  galvanischen  Strom  zur  Zeichengebung  be- 
nutzte. Er  hatte  ebensoviel  Leitungsdrähte  als  Buchstaben  im  Alphabet 
und  setzte  mittelst  einer  Claviatur  die  Pole  einer  Volta^schen  Säule  immer 
mit  zweien  dieser  Drähte  in  Verbindung.  An  der  entfernten  Station  be- 
fanden sich  in  einem  Wasserbehälter  ebensoviel  umgestülpte ,  mit  Wasser 
gefüllte  Gläschen ,  als  Leitungsdrähte  vorhanden  waren ,  und  die  vergolde- 
ten Enden  der  letzteren  reichten  von  unten  in  je  ein  solches  Gläschen  hin- 
ein. Sobald  durch  das  Niederdrücken  zweier  Tasten  die  Kette  geschlossen 
war,  entstand  in  zwei  Gläschen  auf  der  entfernten  Station  eine  Gasent- 
wickelung und  es  wurden  hierdurch  zugleich  zwei  Buchstaben  bezeichnet, 
von  denen  der  als  der  erste  galt,  tei  welchem  die  Wasserstoffentwickelung 
vor  sich  ging.  Auch  hatte  Sömmering  mit  seinem  Apparate  einen  Wecker 
verbunden,  welcher  aus  einem  waagerechten  Hebel  bestand,  der  eine  bei 
Aenderung  der  waagerechten  Lage  leicht  herabfallende  Kugel  trug.  Der 
eine  Arm  dieses  Hebels  hatte  einen  unten  glockenförmig  ausgehöhlten  An- 
satz, welcher  unter  Wasser  über  dem  Ende  eines  Leitungsdrahtes  hing. 
Sobald  nun  die  Gasentwickelung  unter  dieser  Glocke  stattfand ,  wurde  die- 
selbe gehoben  und  der  Hebel  aus  der  horizontalen  Lage  gebracht,  so  dass, 
nun  die  Kugel,  welche  das  Lärmzeichen  zu  geben  hatte,  herabfallen  musste. 

Schweigger  hielt  zwei  Drähte  für  ausreichend ,  um  alle  erforder- 
lichgi  Zeichen  zu  geben ,  indem  er  zwei  Volta'sche  Säulen  von  verschiede- 


88  Die  Fortschritte  der  elektrischen  Telegraphie. 


4. 


ner  Stärke  anwenden  and  die  Zeit  zwischen  den  einzelnen  Gasentwieke- 
langen  in  Betracht  ziehen  wollte. 

ProH  C  o  X  e  in  Philadelphia  machte  fUnf  Jahre  später  den  Vorschlag, 
die  Wirkung  der  galvanischen  Elektricität  aaf  verschiedene  Salze  und  an- 
dere Sahstanzen  zar  Zeichengebang  zu  benatzen ;  doch  ist  dieser  Vorschlag 
ebensowenig,  wie  der  von  Schweigger,  zur  praktischen  Ausführung  ge- 
kommen. 

Eine  anderweite  Anwendung  des  Galvanismus  in  der  Telegraphie 
wurde  durch  die  Wahrnehmung  hervorgerufen ,  dass  der  menschliche  Kör- 
per, wenn  er  in  den  Schliessungsbogen  der  elektrischen  Kette  eingeschaltet 
wird ,  sowohl  beim  Oeffhen ,  als  beim  Schliessen  der  Kette  Zuckungen  und 
Schläge  empfindet.  Ein  solcher  Apparat  ist  im  Jahre  1839  von  Vorssel- 
mann  de  Heer  vorgeschlagen  und  in  kleinerem  Maassstabe  ausgeführt 
worden.  Derselbe  besteht  auf  jeder  Station  aus  zwei  Abthißilnngen  von  je 
zehn,  nämlich  fünf  obern  und  fünf  untern,  metallischen  Tasten,  welche 
durch  Niederdrücken  mit  den  Polen  einer  Batterie  in  Verbindung  gebracht 
werden  können ;  je  zwei  Tasten ,  eine  obere  und  die  nächste  untere ,  sind 
stets  unter  sich  und  mittelst  eines  Leitungsdrahtes  mit  den  entsprechenden 
Tasten  der  entfernten  Station  in  Verbindung. 

Wenn  man  eine  Nachricht  durch  diesen  Apparat  zu  erhalten  hat ,  so 
legt  man  die  zehn  Finger  auf  die  zehn  obern  oder  auf  die  zehn  untern  Ta- 
sten. Werden  nun  auf  der  entfernten  Station  gleichzeitig  zwei  Tasten  nie- 
dergedrückt, so  geht  dor  Strom  von  einem  Batteriepole  in  einen  Leitungs- 
draht, durch  zwei  Finger  des  Zeichenempfängers  und  durch  den  andern, 
mit  der  zweiten  niedergedrückten  Taste  in  Verbindung  stehenden  Leitungs- 
draht zurück  zum  andern  Pole  der  Batterie.  Auf  diese  Weise  kann  man 
einen  Finger  der  linken  und  einen  der  rechten  Hand  oder  zwei  Finger  der 
rechten  oder  endlich  zwei  Finger  der  linken  Hand  gleichzeitig  afticiren, 
wodurch  45  Zeichen  gegeben  werden  können.  Beim  Zeichengeben  muss 
man  seidene  Handschuhe  anziehen,  damit  nicht  der  Strom  durch  die  eige- 
nen Finger  sofort  zur  Batterie  der  Abgangsstation  zurückkehre.  Wenn  der 
Apparat  ausser  Thätigkeit  ist,  so  werden  die  fünf  Tasten  einer  jeden  Cla- 
viatur  metallisch  verbunden  und  mittelst  zweier  beweglichen  Drähte  mit 
Metallplatten  an  den  Enden  mit  irgend  zwei  unbedeckten  Theilen  des  Kör- 
pers in  Verbindung  gesetzt,  so  dass  man  auch  in  grösserer  Entfernung  vom 
Apparate  auf  den  Umfang  der  Correspondenz  aufmerksam  gemacht  wer- 
den kann. 

Dieser  physiologische  Telegraph  konnte  um  so  weniger  zar 
praktischen  Anwendung  gelangen ,  als  er  wegen  der  dazu  nöthigen  Drabt- 
leitungen  kostspielig,  femer  unbequem  zu  handhaben  und  nicht  hinreichend 
sicher  ist ,  da  bei  schnellerem  Arbeiten  Lßicht  eine  Verwechselung  der  Fin- 
ger eintreten  kann  und  weil ,  wie  die  Erfahrung  gezeigt  hat ,  der  Körper 
nach  und  nach  uraempfindlich  für  schwächere  Erschütterungen  wird ,  wäh- 
rend häufige  starke  Erschütterungen  nachtheilig  auf  das  Nervensystem 
wirken. 

In  neuerer  Zeit  hat  man,  nachdem  der  Elektromagnetismus  und  die 
Inductionselektricität  schon  längst  bei  der  elektrischen  Telegraphie  Anwen- 
dung gefunden  hatten,  den  chemischen  Wirkungen  des  galvanischen  Stro- 
mes wieder  grössere  Aufmerksamkeit  zugewendet  und  die  Construction 
mehrerer  Apparate  hierauf  gegründet,  die  zum  Theil  jetzt  noch  bei  Tele- 
graphenanlagen im  Betriebe  sind.     Da  dieselben  jedoch   gewöhnlich .  mit 


Von  L.  Galle. 

Elektromagneten  in  Verbindung  stehen  und  eigentlich  zu  den  Schreibappa- 
raten gehören,  so  sollen  sie  erst  weiter  unten  näher  betrachtet  werden. 

n.  Ueber  die  Principien,  auf  denen  die  telegraphischen 

Nadel-,  Zeiger-  und  Schreib -Apparate  beruhen,  sowie 

allgemeine  Beschreibung  derselben. 

Die  Entdeckung  des  Elektromagnetismus  und  der  Inductionselektrici- 
Ult  durch  Oerstedt,  Arago,  Faraday  u.  A.  wurde  die  Veranlassung 
zur  Einführung  der  elektrischen  Telegraphie  in  das  praktische  Leben  und 
zur  befriedigenden  Lösung  der  Aufgabe  derselben,  die  sich  in  folgenden 
Worten  zusammenfassen  lässt:  Vollständige  Oedankenmittheilung  auf  be- 
liebige grosse  Entfernungen  zu  jeder  Zeit,  aufschnelle,  sichere  und  wenig 
kostspielige  Weise.  ♦ 

Die  Construction  sämmtlicher  elektrischer  Telegraphenapparate  be- 
ruht auf  einem  oder  mehreren  der  folgenden  Principien : 

1)  Eine  Magnetnadel  wird  von  ihrer  natürlichen  Richtung  abgelenkt, 
wenn  ein  elektrischer  Strom  in  der  Nähe  derselben  vorbeigeht  und  es  ist 
die  Richtung  der  Ablenkung  von  der  Lage  und  Richtung  des  elektrischen 
Stromes  abhängig. 

2)  Ein  Stück  weiches ,  kohlenstofffreies  Eisen  wird ,  so  lange  ein  elek- 
trischer Strom  um  dasselbe  circulirt,  magnetisch,  verliert  aber  den  Magne- 
tismus sogleich  wieder,  wenn  der  elektrische  Strom  unterbrochen  wird.  Die 
magnetische  Polarität  kehrt  sich  um ,  sobald  die  Richtung  des  elektrischen 
Stromes  umgekehrt  wird. 

3)  In  einem  geschlossenen  Drahte  entsteht  bei  Annäherung  eines  Mag- 
neten ein  elektrischer  Strom  von  gewisser  Richtung,  bei  Entfernung  dessel- 
ben ein  elektrischer  Strom  von  entgegengesetzter  Richtung. 

4)  Wenn  ein  elektrischer  Strom  durch  einen  Draht  hindurchgeht,  so 
entsteht  in  einem  andern ,  nahe  befindlichen  geschlossenen  Drahte  in  dem 
Angenblicke  des  Eintretens  des  erstem  ein  momentaner  Strom  von  ent- 
gegengesetzter Richtung,  dagegen  im  Augenblicke  des  Aufhörens  des  er- 
stem ein  momentaner  gleichgerichteter  Strom. 

5)  Viele  farblose  oder  schwachgefSrbte  Flüssigkeiten  werden  beim 
Durchgange  des  elektrischen  Stromes  so  zersetzt,  dass  sie  eine  tiefe  Fär- 
bung annehmen. 

Schon  im  Jahre  1820  gab  Ampere  die  Idee  zu  einem  elektromag- 
netischen Nadeltelegraphen  an,  indem  er  die  Ablenkung  von  Mag- 
netnadeln zur  Zeichengebung  zu  benutzen  vorschlug.  Diese  Idee  kam  je- 
doch damals  nicht  zur  Ausführung  in  grösserem  Maassstabo ,  hauptsächlich 
deshalb,  weil  sein  Vorschlag  dahin  ging,  ebensoviel  Magnetnadeln  und  dop- 
pelt soviel  Leitungsdrähte  anzuwenden ,  als  Buchstaben  zu  bezeichnen  wa- 
ren, und  abwechselnd  je  zwei  LeiUingsdrähte  mit  den  Polen  einer  Batterie 
in  Verbindung  zu  setzen,  um  durch  die  Ablenkung  der  Nadel  eines  beliebi- 
gen Multiplicators  irgend  einen  Buchstabon  zu  bezeichnen.  Aehnliche  Vor- 
schläge gingen  von  Ritchie,  Fe  ebner,  Davy  und  Alexander  aus, 
die  jedoch  zumTheil  einen  gemeinschaftlichen  Rückleitungsdraht  annahmen. 

Der  russische  Staatsrath  Baron  Schilling  vonCannstadt  erwarb 
sich  dadurch  ein  Verdienst,  dass  er  im  Jahre  1832  einen  Apparat  mit  nur 
zwei  liCitungsdrähten  construirte  und  durch  die  Ablenkung  einer  Magnet- 
nadel nach  rechts  oder  links,  mittelst  Wechseln  der  Pole ,  sowie  duf ch  die 


90  Die  Fortschritte  der  elektrischen  Telegraphie. 

Gombinationen  dieser  beiden  Ablenkungen  die  verschiedenen  Zeichen  dar- 
stellte. Auch  verband  er  einen  Wecker  mit  seinem  Apparate,  indem  er 
durch  die  erste  Bewegung  der  Magnetnadel  eine  Bleikugel  fallen  liess, 
welche  durch  ihren  Fall  den  Wecker  auslöste. 

Im  Jahre  1833  waren  es  die  Professoren  Gauss  und  Weber,  welche 
das  Princip  der  Nadelablenkung  durch  den  elektrischen  Strom  zuerst  in 
grösserem  Maassstabe  praktisch  anwendeten  und  das  Oauss'sche  Magneto- 
meter benutzten ,  um  zwischen  der  Sternwarte  und  dem  physikalischen  Ca- 
binet  in  Göttingen  zu  telographiren ,  indem  sie  aus  den  Ablenkungen  eines 
Magnetstabes  nach  rechts  und  links  und  ans  den  Gombinationen  dieser  bei- 
den Zeichen  bis  zu  vier  ganze  die  Buchstaben  und  Ziffern  zusammensetzten. 
Sie  wandten  Inductionsströme,  von  einem  Stahlmagneten  erzeugt,  hierzu  an. 

Nach  Gauss  und  Weber  war  es  zunächst  Steinheil,  welcher  sich  um 
dm  elektrische  Telegraphie  verdient  machte ,  indem  er  im  .Jahre  1837  den 
ersten  elektromagnetischen  Drucktelegraphen  ausführte,  zu 
welchem  er  ebenfalls  Inductionsströme  von  verschiedener  Richtung  ver- 
wandte. Bei  diesem  Telegraphen  dienen  zwei  in  eine  horizontale  Linie 
fallende  Stabmagnete  zum  Zeichengeben;  dieselben  kehren  die  entgegen- 
gesetzten Pole  einander  zu ,  sind  um  verticalo  Achsen  leicht  drehbar  und 
von  einer  grossen  Multiplicationsspule  umgeben.  An  den  einander  zuge- 
kehrten Polen  der  Magnetstäbe  befinden  sich  messingene  Ansätze,  welche 
an  den  vorderen  Enden  kleine  Geßisschen  tragen,  die  mit  schwarzgefärbter 
Flüssigkeit  gefüllt  sind  und  in  einer  hohlen,  stets  mit  aufgesaugter  Flüssig- 
keit gefüllten  Spitze  endigen.  Sobald  nun  ein  elektrischer  Strom  in  der 
einen  oder  andern  Kichtung  durch  die  Windungen  des  Multiplicators  hin- 
durchgeht, so  wird  entweder  der  eine  oder  der  andere  Magnetstab  mit  dem 
Ende ,  welches  die  gefüllte  Spitze  trägt ,  seitwärts  bewegt  und  gegen  einen 
durch  ein  Uhrwerk  fortbewegten  Papicrstroifeu  gedrückt,  auf  dem  nun  ein 
schwarzer  Punkt  entstehen  muss.  Das  Zurückgehen  der  Magnetstäbe  in 
ihre  vorige  Stellung  nach  dem  Aufhören  des  Stromes  erfolgt  durch  perma- 
nente Stahlmagncte.  Die  Punkte,  welche  durch  die  beiden  Magnetstäbe 
auf  dem  Papierstreifen  hervorgebracht  werden,  entstehen  auf  zwei  Verschie- 
denen Linien  und  es  sind  dieselben ,  um  alle  erforderlichen  Zeichen  geben 
zu  können,  bis  zu  vieren  zu  combiniren.  Gleichzeitig  mit  den  sichtbaren 
kann  man  auch  hörbare  Zeichen  dadurch  hervorbringen ,  dass  man  neben 
den  Spitzen  Hämmerchen  anbringt,  welche  an  verschieden  tönende  Glöck- 
chen  anschlagen. 

Noch  mehr  als  durch  diesen  Apparat  hat  sich  Steinheil  dnrch  seine 
Entdeckung ,  die  Erde  als  Eückleitung  für  den  elektrischen  Strom  zu  be- 
nutzen ,  verdient  gemacht. 

Die  Engländer  Cooke  und  Wheatstone  haben  zur  praktischen 
Ausführung  und  Anwendung  der  Nadeltelegraphen  viel  beigetragen.  Im 
Jahre  1837  vollendeten  dieselben  einen  N[/ideltelegraphen  mit  fünf  Leitungs- 
drähten und  fünf  Multiplicatornadeln  auf  jeder  Station*  durch  deren  con- 
vergirende  Stellung  zu  je  zweien  ein  gewisser  Buchstabe  markirt  wurde. 
Die  im  Jahre  1840  auf  der  Great-Western-Bahn  erfolgte  Einführung  dieses 
Systems  auf  eine  Länge  von  39  engl.  Meilen  bewies  sich  nach  den  damali- 
gen Anforderungen  als  praktisch ,  wurde  jedoch  seiner  Kostspieligkeit  we- 
gen nicht  weiter  fortgesetzt. 

Zu  grösserer  Ausbreitung  gelangte  der  einfache  Nadeltelegraph 
von  Cooke  und  Wheatstone,  welcher,  mit  Benutzung  der  Erde  als  Rücklei- 


Von  L.  Galle.  91 

tang,  nur  einen  einzigen  Leitungsdraht  erfordert  und  durch  die  Combina- 
tionen  von  zwei  Zeichen  (die  Ablenkung  der  Nadel  nach  rechts  und  links) 
alle  Bnchstaben  und  Ziffern  anzudeuten  im  Stande  ist.  Bei  allen  Appara- 
ten ,  welche ,  wie  dieser ,  mit  umgekehrten  Strömen  arbeiten  müssen ,  ist  es 
von  Wichtigkeit,  eine  Vorrichtung  zu  haben,  durch  welche  der  Strom  leicht 
und  sicher  umgekehrt  werden  kann.  Solche  Vorrichtungen,  Commuta- 
toren,  Stromwender  oder  Schlüssel  genannt,  können  auf  sehr  ver- 
schiedene Weise  construirt  sein  und  es  soll  hier  beispielsweise  ein  solcher 
mit  Hilfe  der  Fig.  23  beschrieben  werden. 

Der  Commutator  besteht  aus  einer,  mittelst  eines  Handgriffes  nach 
rechts  und  links  drehbaren  Scheibe  mit  sieben  in  der  Figur  schwarz  ange- 
deuteten Metallstücken ,  von  denen  L  mit  4,  2  mit  5,  3  mit  6  und  5  mit  7  in 
permanenter  leitender  Verbindung  ist,  während  vier  Metallfedern,  die  be- 
ziehentlich- mit  der  Erde,  den  Batteriepolen  und  der  Leitung  verbunden 
sind ,  je  nach  der  Drehung  der  Scheibe  mit  dem  einen  oder  andern  dieser 
Metallstücke  in  Berührung  kommen  und  dadurch  den  Strom  in  beliebiger 
Richtung  durch  die  Apparate  gehen  lassen.  Ist  die  Commutatorschcibe, 
wie  in  der  Figur  angedeutet,  etwas  nach  rechts  gedreht,  so  geht  der  Strom 
in  der  Richtung  der  Pfeile  vom  +  Pole  der  Batterie  in  das  fünfte  und  sie- 
bente Metallstück,  von  da  durch  den  Multiplicator  und  in  die  Leitung,  kehrt 
in  der  Erde  zurück  und  vollendet  durch  das  dritte  und  sechste  Metallstück 
den  Lauf  zum  —  Pole  der  Batterie.  Wird  die  Commutatorschcibe  ebenso- 
viel nach  links  gedreht,  so  dass  die  Erde  mit  1,  die  Batterie  mit  4  und  5  in 
Berührung  kommt,  während  die  Leitung  stets  mit  7  in  Verbindung  bleibt, 
so  geht  der  Strom  vom  +  Pole  durch  4  und  1  zur  Erde,  steigt  an  der  letz- 
ten Station  durch  den  Apparat  in  die  Leitung  empor  und  kehrt  von  da 
durch  7  und  5  zum  —  Pole  der  Batterie  zurück.  ,  Da  der  Strom  im  letztern 
Falle  die  entgegengesetzte  Richtung  von  jenem  hat,  so  werden  auch  alle 
Nadeln  nach  der  entgegengesetzten  Seite  abgelenkt,  als  bei  der  Drehung 
der  Commutatorscheibe  nach  rechts. 

Wenn  der  Apparat  in  Ruhe  ist ,  also  zum  Zeichenempfangen  geschickt 
sein  soll,  so  steht  die  Cammutatorscheibe  so,  dass  die  Battcriepolc  ausge- 
schaltet sind  und  nur  die  hölzernen  Zwischenräume  zwischen  4  und  6  be- 
rühren, während  die  Erde  mit  2  und  die  Leitung  mit  7  in  leitender  Verbin- 
dung ist.  Ein  von  der  entfernten  Station  kommender  Strom  geht  dann 
durch  den  Multiplicator  in  das  7.,  5.  und  2.  Metallstück  und  von  da  zur 
Erdplatte  P. 

Der  Doppelnadel  telegraph,  welcher  jetzt  noch  fast  allgemein  in 
England  angewendet  wird,  ist  eigentlich  nur  eine  Verbindung  von  zwei 
einfachen  Nadel telegraphen  zur  Erzielung  einer  einfachem  Zeichengebung, 
weil  durch  die  einzelnen  oder  gleichzeitigen  Bewegungen  zweier  Nadeln 
nach  rechts  und  links  die  zu  gebenden  Zeichen  aus  weniger  Nadelbewegun- 
gen zusammengesetzt  sein  können;  doch  sind  hierzu  zwei  Leitungsdrähte 
erforderlich. 

Der  Nadeltelegraph  von  Bain  ist  im  Principe  dem  einfachen 'Nadel- 
telegraphen von  Cooke  und  Wheatstone  gleich  und  unterscheidet  sich  von 
diesetn  nur  in  der  Construction  des  Commutators  und  Zeichengebers.  Eine 
Modification  dieses  Apparates  vom  Mechaniker  E kling  in  Wien  besteht 
darin,  dass  der  Commutator  durch  zwei  nebeneinander  liegende  Tasten  ge- 
bildet wird,  dass  ein  durch  den  Strom  rechts  oder  links  abgelenkter  Arm 
an  zwei  verschieden  tönende  Glöckchen  schlägt  und  somit  gleichzeitig 


92  Die  Fortschritte  der  elektrischen  Telegraphie. 

sichtbare  und  hörbare  Zeichen  giebt  und  dass  die  Bewegungen  dieses  Ar- 
mes in  kurze  und  lange  geschieden  werden;  durch  letatere  Einrichtung 
werden  die  Zeichen  selbst  so  Vereinfacht,  dass  fast  alle  Buchstaben  und 
Ziffern  durch  zwei  Ablenkungen  ausgedrückt  werden  können.  Der  Ekling- 
sche  Apparat  ist  an  österreichischen  Eisenbahnen  im  Gebrauch,  war'  es 
auch  früher,  vor  Einführung  der  Schreibtelegraphen,  bei  den  österreichi- 
schen Staatstelegraphen. 

Die  elektromagnetischen  Zeigertelegraphen,  um  deren 
Ausführung  sich  besonders  Wheatstone,  Pelchrzim,  Drescher, 
Siemens  und  Halske,  Fardelj,  Kramer  und  Stöhrer  verdient  ge- 
macht haben,  beruhen  hauptsächlich  auf  der  Erzeugung  von  temporftren 
Magnetismus  in  weichem  Eisen  durch  den  elektrbchen  Strom ,  theilweise 
auch  auf  der  Erregung  von  elektrischen  Strömen  durch  permanente  Mag- 
nete. Die  Zeichengebung  geschieht  bei  denselben  durch  einen  Zeiger,  wel- 
cher beliebig  durch  die  Wirkung  eines  oder  mehrerer  Elektromagneten  um 
den  Mittelpunkt  einer  kreisförmigen  Scheibe  gedreht  werden  kann ,  bis  er 
auf  einem  der  darauf  verzeichneten  Buchstaben  oder  sonstigen  Zeichen, 
welches  angedeutet  werden  soll ,  stehen  bleibt. 

Bei  den  älteren  Zeigerapparaten  von  Wheatstone  geschieht  die 
Bewegung  des  den  Zeiger  treibenden  Echappement  -  Rades  unmittelbar 
durch  die  anziehende  Kraft  des  Elektromagneten ,  ohne  die  Wirkung  eines 
-  Gewichtes  oder  einer  Feder.  Das  successive  Schliessen  und  Oefinen  der 
Batterie  erfolgt  mittelst  einer  senkrechten  Speichenscheibe,  welche  an  ihrem 
Umfange  abwechselnd  kurze  und  lange  Speichen  hat ,  deren  jede  auf  der 
Scheibe  selbst  mit  einem  Buchstaben  etc.  bezeichnet  ist.  Unter  der  Scheibe 
befindet  sich  eine  Feder ,  von  der  ein  Ende  an  einem  Metallstifte  anliegt 
und  dadurch  den  Schluss  der  Batterie  durch  die  eine  Leitung  hindurch  be- 
wirkt. Steht  nun  eine  lange  Speiche  unten  senkrecht,  so  drückt  sie  die 
Feder  nieder ,  entfernt  sie  dadurch  von  dem  Stifte  und  öffnet  die  Kette, 
steht  eine  kurze  Speiche  senkrecht  nach  unten ,  so  drückt  die  Feder  empor 
an  den  Stift  und  schliesst  den  Strom.  Durch  das  Umdrehen  der  Speichen- 
scheibe wird  also  die  Batterie  abwechselnd  geschlossen  und  geöffnet ,  und 
da  die  Buchstaben  der  Speichenscheibe  mit  denen  der  Zeigerscheibe  cor- 
respondiren,  so  wird  auf  letzterer  immer  der  Buchstabe  angezeigt,  welcher 
der  unteren  senkrecht  stehenden  Speiche  entspricht.  Bei  der  Stellung  der 
Speichenscheibe  auf  dem  Nullpunkte  ist  die  Batterie  ausgeschlossen,  dage-. 
gen  der  Apparat  zum  Empfangen  von  Nachrichten  bereit. 

Wheatstone  brachte ,  um  solche  Apparate  auch  mit  schwächeren  Strö- 
men in  Gang  setzen  zu  können,  ein  besonderes  Laufwerk  mit  Gewicht  an, 
welches  das  Rad  fortzubewegen  hat,  während  dieses  durch  ein  von  dem 
Elektromagnet  bewegtes  Echappement  bald  angehalten,  bald  freigelassen 
wird,  wobei  jedesmal  der  Zeiger  um  ein  Feld  vorwärts  rückt.  Durch  Far- 
dely  sind  die  zuletzt  bezeichneten  Apparate  in  mehrerer  Beziehung  ver- 
bessert und  so  an  einigen  deutschen  Eisenbahnen  in  Gebrauch  genommen 
worden". 

Die  elektro  -  magnetischen  Wecker  beruhen  auf  denselben 
Principien,  wie  die  Zeigerapparate.  Ein  Schlagwerk  der  einfachsten  Art 
besteht  aus  einem  Elektromagneten,  welcher  den  Hammer  einer  Glocke 
direct  anzieht;  doch  ist  diese  Art  nur  bei  kurzen  Leitungen  mit  geringem 
Widerstände  anwendbar,  weil  ein  ziemlich  starker  Strom  dazu  gehört.  Bei 
längeren  Leitungen  wendet  man  Weckerwerke  an ,  welche  durch  ein  Ge- 


Von  L.  Galle.  93 

wicht  oder  eine  Feder  im  Gange  erhalten  und  nur  durch  eine  yom  Elektro- 
magneten zu  bewegende  Armatur  ausgelöst  und  wieder  arretirt  wird. 

Um  auch  mit  sehr  schwachen  Strömen  Schlag  -  oder  Weckerwerke  in 
Bewegung  &u  setzen,  kam  Wheatstone  auf  die  sinnreiche  Idee ,  einen 
Uebertrager  anzuwenden,  d.h.  durch  den  schwachen,  von  der  eutfern- 
ten  Station  kommenden  Strom  eine  neue  Batterie  (Localbatterie)  am  Orte 
des  Werkes  zu  schliessen  und  den  kräftigen  Strom  dieser  letzteren  mittelst 
eines  besonderen  Elektromagneten  direct  auf  die  Glocke  wirken  zu  lassen. 
Den  Uebertrager  bildet  hier  ein  Multiplicator ,  innerhalb  welches  eine 
senkrechte  Magnetnadel  um  eine  horizontale  Axe  leicht  drehbar  ist.  Recht- 
winklig zu  dieser  Axe  und  der  Nadel  ist  ein  daran  befestigter  metallener 
Doppelarm ,  von  dem  ein  Ende  gabelförmig  gestaltet  ist  und  bei  der  seit- 
lichen Ablenkimg  der  Nadel  durch  den  schwachen  Strom  in  zwei  Queck- 
silbemftpfchen  taucht^  die  nun,  miteinander  metallisch  verbunden,  den 
Strom  der  Localbatterie  ungehindert  durch  das  Schlagwerk  circuliren 
lassen. 

Der  Zeigerapparat  von  Siemens  und  H  a  1  s  k  e ,  einer  der  sinnreich- 
sten Apparate  seiner  Art,  arbeitet  durch  Selbstunterbrechung  und  ist  in 
seinen  Haupttheilen  in  Fig.  24  dargestellt.  MM'  sind  die  Pole  eines  Elek- 
tromagneten, AA'  die  Enden  des  zugehörigen  um  eine  vertikale  Achse 
drehbaren  Ankers ,  welcher  mit  einem  Hebel  f  und  einem  anderen  o  h  fest 
verbunden  ist.  Letzterer  trägt  an  seinem  äussersten  Ende  einen  Haken, 
welcher  in  das  gezahnte  Stahlrädchen  r  eingreift.  Dieses  Bädchen  kann 
sich  nur  nach  einer  Richtung  herumdrehen ,  indem  ein  an  der  linken  Seite 
desselben  befestigter  Sperrhaken  die  entgegengesetzte  Bewegung  verhin- 
dert. Sobald  der  Anker  AA*  von  dem  Elektromagnet  angezogen  wird,  greift 
der  Haken  um  einen  Zahn  des  Rädchens  r  weiter ,  während  dieses  still 
steht.  Wenn  aber  nach  dem  Aufhören  des  elektrischen  Stromes  der  Anker 
durch  die  am  Arme  f  befestigte  Feder  wieder  zurückgezogen  wird ,  so  wird 
das  Rädehen  r  um  einen  Zahn  fortgerückt,  ebenso  der  auf  derselben  Achse 
sitzende  Zeiger  Z  um  ein  Feld. 

Die  hin-  und  hergehende  Bewegung  des  Armes  o  wird  durch  Selbst- 
unterbrechung des  Stromes  hervorgebracht.  Zu  dem  Ende  trägt  die  Mes- 
singplatte S  einen  nahe  unter  dem  Arme  o  hinlaufenden  Messingstreifen  m, 
auf  welchem  eine  kleine  metallene  Brücke  ss'  mit  metallenen  Hervor- 
ragongen  befestigt  ist.  Beim  Hin  -  und  Hergehen  des  Armes  o ,  welcher 
innerhalb  der  Brücke  durch  elfenbeinerne  Stifte  von  derselben  isolirt  ist, 
wird  diese  mit  dem  Streifen  m  um  einen  Drehpunkt  der  Platte  S  hin  -  iind 
herbewegt,  so  dass  m  und  dadurch  $$'  abwechselnd  mit  den  Schrauben  D 
ond  D'  in  metallische  Berührung  kommt. 

Im  Ruhestande  des  Apparates,  wenn  der  Anker  AA'  nicht  angezogen 
ist,  liegt  die  Hervorragung  s'  an  der  Schraube  D'  an.  Wenn  nun  bei  D' 
ein  Strom  eintritt,  so  geht  derselbe  durch  s'mS  durch  die  Windungen  des 
Elektromagneten  und  weiter  in  die  Linie;  dadurch  wird  AA'  angezogen 
und  der  Haken  bei  h  greift  in  den  nächsten  Zahn  von  r,  gleichzeitig  wird 
aber  auch  die  Brücke  ««'an  die  Schraube  D  angedrückt,  die  Verbindung 
swischen  s'  und  D'  aufgehoben  und  somit  der  Strom  unterbrochen.  Da  nun 
der  Elektromagnet  den  Anker  AA'  nicht  mehr  anzieht,  so  wird  derselbe 
durch  die  Spiralfeder  an  f  in  seine  vorige  Lage  zurückgebracht,  wobei  h 
den  ergriffenen  Zahn  mit  zurückzieht  und  dadurch  den  Zeiger  auf  den 
nächsten  Bachstaben  fortrückt.     Durch  das  Zurückgehen  von  AA'  wird 


94  Die  Fortschritte  der  elektrischen  Telegraphie. 


aber  die  Verbindung  von  $'  und  D'  wiederhei^estellt,  also  die  Kette  von 
Neuem  geschlossen.  Indem  sich  dieses  Spiel  wiederholt,  geht  der  Zeiger  Z 
sprungweise  von  einem  Felde  der  Zeigerscheibe  zum  andern ,  so  lange  als 
die  Batterie  eingeschaltet  bleibt  oder  bis  ein  mechanisches  Hindemiss  den 
Zeiger  anhält.  Das  letztere  geschieht  durch  eine  Taste ,  welche  oben  auf 
der  Zeigerscheibe,  jedem  Buchstaben  gegenüber,  angebracht  ist  und  beim 
Niedergehen  gleichzeitig  den  Strom  unterbricht.  Es  bleiben  also  die  Zei- 
ger aller  eingeschalteten  Stationen  auf  dem  Buchstaben  stehen ,  dessen  zu- 
gehörige Taste  niedergedrückt  worden  ist,  und  zwar  so  lange,  bis  die  Taste 
wieder  losgelassen  wird.  Mit  jedem  solchen  Zeigerapparate  ist  ein  Wecker 
in  Verbindung ,  der  ganz  ähnlich  construirt  ist  und  ebenfalls  durch  Selbst- 
unterbrechung wirkt. 

Der  St  Öhr  er 'sehe  Zeigerapparat  unterscheidet '  sich  wesentlich  von 
den  übrigen  Zeigerapparaten ;  indem  bei  jenem  der  elektrische  Strom  nicht 
durch  Batterien ,  sondern  durch  die  magneto  -  elektrische  Rotationsmaschine 
erzeugt  wird ,  indem  femer  die  Bewegung  des  Zeigers  nicht  durch  das  ab- 
wechselnde Unterbrechen  und  Wiederherstellen  des  Stromes,  sondern  durch 
fortwährende  Umkehrung  desselben  und  durch  den  hierbei  hervorgerufenen 
Polwechsel  eines  Elektromagneten  bewirkt  wird  und  indem  das  Telegraphi- 
ren nicht  durch  Niederdrücken  von  Tasten  oder  Drehung  einer  Scheibe, 
sondern  durch  Drehung  eines  Armes  geschieht,  den  der  Telegraphist  mit 
beliebiger  Geschwindigkeit  und  in  beliebiger  Richtung  auf  das  beabsichtigte 
Zeichen  einer  Scheibe  stellt. 

Der  elektro  -  magnetische  Zeigertelegrifph  von  Drescher  besteht  im 
Wesentlichen  aus  einem  Uhrwerke,  welches  bei  seinem  Oange  den  Strom 
in  gleichen  Zeitzwischenräumen  abwechselnd  schliesst  und  unterbricht  und 
hierdurch  die  Bewegung  eines  Zeigers  veranlasst.  Auf  jedem  Felde  der 
Zeigerscheibo  befindet  sich  ein  Knopf  oder  eine  Taste ,  welche ,  wenn  sie 
niedergedrückt  wird,  den  Zeiger  auf  dem  entsprechenden  Buchstaben  an- 
hält und  das  Uhrwerk  arretirt.  Die  Batterien  auf  den  verschiedenen  Sta- 
tionen sind  so  eingeschaltet ,  dass  sie  beim  Telegraphiren  sämmtlich  in  der- 
selben Richtung  wirken.  Auf  der  arbeitenden  Station  sind  die  Zeiger  und 
das  Uhrwerk  in  Bewegung,  auf  der  empfangenden  Station  steht  das  Uhr- 
werk still  und  nur  der  Zeiger  läuft  rund. 

Der  elektro  -  magnetische  Zeigertelegraph  von  Kr  am  er  ist  dem  Prin- 
cipe nach  ein  Wheatstone'scher  Zeigerapparat  mit  Laufwerk  und  unter- 
scheidet sich  von  den  oben  beschriebenen  hauptsächlich  dadurch ,  dass  der 
Strom,  welcher  nach  der  entfernten  Station  geht,  nicht  dazu  verwandt 
wird,  um  dort  den  Zeigerapparat  oder  überhaupt  den  Zeichengeber  zu  be- 
wegen, sondern  vielmehr  nur  dazu  dient,  um  durch  eine  kleine  und  leicht 
zu  erzeugende  Bewegung  eine  Localbatterie  abwechselnd  zu  öffnen  und  zu 
schliessen,  und  es  ist  diess  daher  ein  Zeigerapparat  mit  Uebertrager. 
Die  Localbatterie  wirkt  direct  auf  den  Zeichengeber,  und  übt ,  da  ihr  Strom 
nur  wenig  Widerstand  zu  tiberwinden  hat ,  eine  sehr  kräftige  Wirkung  aus. 
Kramer  nennt  den  von  ihm  angewandten  Uebertrager  das  Pendel. 

Unter  den  elektrischen  Schreibapparaten  verdient  der  von 
Morse  vor  allen  andern  den  Vorzug.  Mit  demselben  können  die  Zeichen 
schnell  (bis  zu  100  Buchstaben  in  einer  Minute)  gegeben  werden ,  er  ist  in 
seiner  Construction  einfach ,  leicht  zu  handhaben  und  daher  nicht  oft  Stö- 
rungen unterworfen,  die  Zeichen  werden  auf  einem  Papierstreifen  fixirt  und 
sind  zugleich  hörbar  und  es  übt  ein  unrichtiges  Zeichen  keinen  Einfluss 


Von  L.  Galle.  95 

auf  die  folgenden  Zeichen  ans,  wie  es  z.  B.  bei  den  Zeigertelegraphen 
der  Fall  ist. 

Der  Morse'sche  Schreibapparat  besteht  in  seiner  einfachsten  Gestalt 
ans  zwei  Hanpttheilen,  nämlich  dem  Taster  und  dem  Schreibappa- 
rate, welche  in  Fig.  25  von  der  Seite  und  in  Fig.  26  im  Grnndriss  in  ihren 
Haupttheilen  und  in  ihrer  VerbinduDg ,  mit  Berücksichtigung  später  ange- 
brachter Verbesserungen ,  dargestellt  sind.  Der  Taster  besteht  aus  einem 
Metallhebel  T,  welcher  im  Buhestande  durch  den  Druck  einer  Feder  auf 
dem  kleinen  Ambose  q  fest  aufliegt,  während  derselbe  beim  Zeichengeben 
mittelst  des  Holzknopfes  P  auf  den  vordem  Ambos  p  niedergedrückt  und 
dabei  mit  einem  Pole  K  der  Batterie  in  Verbindung  gebracht  wird.  Der 
Schreibapparat  besteht  aus  einem  Elektromagnet  MM\  dessen  Drahtenden 
in  dem  vorliegenden  Falle  einerseits  mit  dem  hintern  Tasterambose  q ,  an- 
dererseits mit  der  Erde  oder  dem  anderen  Batteriepole  Z  in  Verbindung 
stehen.  Der  Eisenanker  a  ist  in  einem  Hebel  H  eingelassen ,  welcher  bei  r 
drehbar  ist  und  an  andern  Ende  einen  stumpfen  Stahlstift  s  trägt,  der  als 
Schreibstift  dient.  Wenn  ein  Strom  durch  die  Windungen  des  Elektromag- 
neten geht,  80  wird  der  Anker  a  angezogen  und  der  Schreibstift  s  schlägt 
eine  Erhöhung  in  einem  Papierstreifen  t  ein ,  welcher  durch  die  mit  einem 
Uhrwerke  verbundenen  Walzen  v  und  w  gleichmässig  fortbewegt  wird ;  bei 
knrser  Anziehung  des  Ankers  a,  entsprechend  einem  kurzen  Niederdrücken 
des  Tasters,  entsteht  auf  dem  Papierstreifen  ein  Punkt,  bei  länger  dau- 
ernder Anziehung,  also  bei  längerem  Niederdrücken  des  Tasters,  ein 
Strich,  und  aus  den  Combinationen  dieser  beiden  Zeichen  bis  zu  vier 
werden  die  Buchstaben,  zu  fünf  die  Ziffern  und  zu  sechs  die  Interpunctions- 
ond  sonstigen  Zeichen  dargestellt.  Wie  aus  der  Zeichnung  ersichtlich  ist, 
geht  beim  Fortgeben  von  Zeichen,  also  beim  Niederdrücken  des  Tasters, 
der  Strom  vom  Pole  K  durch  p  und  T  in  die  Leitung  L  nach  der  entfernten 
Station  und  kehrt  in  der  Erde  zurück ;  beim  Empfangen  von  Zeichen ,  also 
im  Ruhestande  des  Tasters ,  geht  der  ankommende  Strom  von  L  durch  J,  q 
imd  den  Elektromagneten  zur  Erde  und  zurück  zur  Abgangsstation. 

Der  Doppelstiftapparat  von  Stöhrer  hat  zwei  Elektromagnete 
und  zwei  Schreibstifte ,  welche  willkührlich  abwechselnd  und  auf  zwei  ver- 
schiedenen Linien  im  Papierstreifen  die  Grundzeichen  (Punkt  und  Strich) 
hervorbringen ,  so  dass  die  Buchstaben  etc.  durch  viel  einfachere  Combina- 
tionen dargestellt  werden  können ,  als  bei  dem  Morse'schen  Einstiftappa- 
rate. Bei  dem  Stöhrer 'sehen  Apparate  ist  ein  Commutator,  aus  zwei  Tasten 
bestehend ,  erforderlich ,  welcher  den  Strom  bald  in  der  einen ,  bald  in  der 
entgegengesetzten  Richtung  in  die  Leitung  bringt,  je  nachdem  der  eine 
oder  der  andere  Schreibhebel  in  Bewegung  gesetzt  werden  soll.  * 

Was  nun  die  chemischen  Schreibtoiegraphen  anlangt,  so 
wurde  im  Jahre  1839  ein  solcher  von.Davy  construirt,  welcher  aus  einer 
mit  chembch  präparirtem  Zeuge  überzogenen  Walze  besteht,  deren  Ober- 
fläche durch  Längen-  und  Querlinien  in  kleine  Quadrate  abgetheilt  ist. 
Diese  Walze  ist  derart  in  die  Leitung  der  Batterie  eingeschaltet,  dass  durch 
die  Zersetzung  der  chemischen  Stoffe  in  dem  einen  oder  dem  andern 
Quadrate  deutlich  wahrnehmbare  Striche  entstehen,  welche  die  Buchstaben 
bezeichnen.  Vermittelst  7  oder  8  Drahtlcitungen  kann  man  diese  Striche 
bald  in  dem  einen ,  bald  in  einem  andern  Quadrate  entstehen  lassen  und 
dadurph  die  erforderliche  Mannichfaltigkeit  der  Zeichen  hervorbringen.  Die 
absatzweise  Umdrehung  der  Walze  geschieht  durch  ein  besonderes  Echap- 


96  Die  Fortschritte  der  elektrischen  Telegraphie. 


pement,  welches  bei  jedem  Anziehen  und  Loslassen  des  Ankers  eines  Elek- 
tromagneten einmal  ausgelöst  und  wieder  gehemmt  wird,  wobei  jedesmal 
der  Umfang  der  Walze  um  ein  Quadrat  vorwärts  rückt. 

Einer  der  vollkommensten  chemischen  Schreibtelegraphen  ist  unzwei- 
felhaft der  im  Jahre  1852  von  Stöhrer  construirte  elektro-chemische 
Doppelstift apparat.  Derselbe  besteht  aus  einem  beliebig  in  Gang  zu 
setzenden  Uhrwerke ,  welches  einen  mit  Jodkaliumlösung  getränkten  und 
angenetzten  Papierstreifen,  auf  dem  zwei  von  einander  isolirte  metallene 
Schreibstifte  liegen ,  gleichmässig  fortbewegt.  Der  Papierstreifen  geht  un- 
terhalb der  Schreibstifte  über  eine  Metall  walze  hinweg,  so  dass  ein  elektri- 
scher Strom  von  jedem  der  Stifte  durch  die  feuchte  Papierschicht  hindurch 
zur  Walze  gelangen  kann.  Wenn  nun  ein  positiver  elektrischer  Strom  aus 
einem  der  Schreibstifte  durch  das  feuchte  Papier  in  die  Walze  übergeht,  so 
wird  das  Jodkalium  zersetzt  und  giebt  auf  der  obern  Fläche  des  Papier- 
streifens eine  braune  Färbung,  die  je  nach  der  kürzeren  oder  längeren 
Dauer  des  Stromes  als  Punkt  oder  Strich  erscheint. 

Da  man  nun  mittelst  eines  aus  zwei  Tasten  bestehenden  Commntators 
den  positiven  Strom  beliebig  durch  den  einen  oder  den  andern  Schreibstift 
zur  Walze  gelangen  lassen  kann,  so  werden  die  Zeichen  auf  zwei  verschie- 
denen Linien  bald  an  dem  einen,  bald  an  dem  andern  Schreibstifte  anf  dem 
Papier  erscheinen  und  durch  ihre  Combinationen ,  so  wie. bei  dem  elektro- 
magnetischen Doppelstiftapparate ,  die  Schrift  darstellen.  Der  Apparat  ist 
ausserdem  mit  einem  Glockenwerk  versehen,  damit  man  auf  den  Anfang 
des  Telegraphirens  von  der  entfernten  Station  her  aufmerksam  gemacht 
werden  kann.- 

Der  elektrochemische  Schreibapparat  von  Dr.  Gintl  ist  ganz  ähnlich 
construirt  wie  der  Stöhrer'sche ,  hat  aber  nur  einen  Schreibstift  und  ver- 
hält sich  also  zum  Stöhrer'schcn  chemischen  Apparate  wie  der  Morse*sche 
Einstiftapparat  zum  Stohrer'schon  Doppelstiftapparate. 

Endlich  ist  noch  eines  elektro-chemischen.Copirtclegraphen 
von  Bain  zu  gedenken,  mittelst  dessen  es  möglich  ist,  allerlei  Handschrif- 
ten und  selbst  Zeichnungen  telegraphisch  mitzutheilen.  Derselbe  hat  im 
Allgemeinen  folgende  Einrichtung :  Durch  ein  Triebwerk  werden  auf  bei- 
den Stationen  zwei  gleich  grosse  Metallcylindcr  mit  genau  gleicher  Ge- 
schwindigkeit in  rotirende  Bewegung  versetzt;  auf  jedem  derselben,  wovon 
einer  in  der  Kegel  zum  Geben ,  der  andere  zum  Empfangen  von  Nachrich- 
ten benutzt  wird ,  liegt  ein  Metallstift ,  welcher  während  der  Drehung  des 
Cylinders  langsam  fortrückt  und  also  auf  dem  Mantel  des  erstem  eine  dichte 
Spirallinie  beschreibt. 

•  Die  zu  gebende  Nachricht  wird  mit  Ilarzfirniss  oder  einem  andern 
nichtleitenden  StoflFe  auf  Zinnfolie  oder  Goldpapier  geschrieben  und  die  so 
vorbereitete  Mittheilung  auf  einen  Cylinder  gebracht,  während  ein  Oylin- 
der  des  corrcspondirenden  Instrumentes  auf  einer  andern  Station  mit  che- 
misch präparirtem  Papier  Überzogen  wird.  Der  Strom  der  Batterie  geht 
nun  auf  beiden  Stationen  durch  den  Stift  und  die  Walze  und  erzeugt  auf 
dem,  mit  chemisch  präparirtem  Papier  überzogenen  Cylinder  der  Empfangs- 
station ,  da  derselbe  rotirt ,  eine  dichte  Spirallinie,  welche  allemal  dann  un 
terbrochen  wird ,  wenn  der  Stift  auf  der  Abgangsstation  über  den  nicht- 
leitenden Stoff  hin  wegstreicht  und  dabei  den  Strom  unterbricht.  Die  aus- 
gelassenen Stellen  der  Spirallinie  auf  der  Empfangsstation  geben  daher 
eine  Copie  der  au  der  Abgangsstation  aufgezeichneten  Schriftzüge. 


Von  L.  Galle.  97 


ni.   Ueber  das  Relais   und  den  Uebertrager  beim 
Morse'schen  Schreibapparate. 

Der  Morse^che  Apparat  war,  wie  oben  unter  11.  beschrieben  wurde, 
ursprünglich  so  construirt ,  das»  der  von  der  entfernten  Station  kommende 
elektrische  Strom  direct  in  die  Umwindungen  des  am  Schreibwerk  befind- 
lichen Elektromagneten  geführt  wurde  und  dadurch  den  Schreibhebel  an- 
zog. Bei  längeren  Telegraph^nlinien  mit  grossem  Widerstände  wird  der 
Strom  aber  so  schwach ,  dass  der  Elektromagnet  nicht  mehr  im  Stande  ist, 
den  Schreibhebel  kräftig  anzuziehen  und  dass  dann  eine  Unsicherheit  in 
der  Zeichengebung  entstehen  muss.  Dieser  Umstand  gab  Veranlassung  zur 
Constmction  des  Relais,  welches,  durch  einen  schwachen  Linienstrom 
afficirt,  eine  zweite  Batterie  —  Localbatterie  genannt  —  in  der  Nähe 
des  Schreibapparates  durch  den  Elektromagneten  des  letztern  hindurch 
ichliesst  und  dadurch  eine  kräftige -Anziehung  des  Schreibhebels  bewirkt. 

Das  Relais  nach  der  neuesten  Construction  von  Siemens  und  H  a  1  s  k  e 
ist  in  Fig.  27  in  der  Ansicht  von  oben  dargestellt,  m  und  rn  sind  die  Pole 
eines  mit  sehr  vielen  feinen  isolirten  Drahtwindungen  umgebenen  Elektro- 
magneten, dessen  Drahtenden  mittelst  der  Klemmen  a  und  b  mit  den  beider- 
seitigen Telegraphenleitungen  oder  mit  einer  Leitung  und  der  Erde  ver- 
bunden sind,  hh  ist  ein  um  den  Punkt. t  leicht  drehbarer  Hebel,  welcher 
im  Ruhestände  des  Apparates  durch  die  mittelst  der  Schraube  f  zu  regu- 
lirende  Spiralfeder  g  an  die  Schraube  k  angedrückt  wird ;  letztere  ist  mit 
einem  Achathütchen  versehen  und  bleibt  demnach  von  dem  Hebel  h  isolirt. 
/  ist  eine  metallische  Schraube ,  welche  mit  k  zugleich  in  dem  Gehäuse  n 
sitzt  und  mittest  der  Schraube  e  verschoben  werden  kann,  wobei  gleichzei- 
tig der  Hebel  h  sich  den  Magnetpolen  min  nähert  oder  von  denselben  ent- 
fernt. B  bezeichnet  die  Localbatterie  und  MM'  den  Elektromagnet  des 
Schreibwerkes.  Wenn  nun  ein  elektrischer  Strom  durch  die  Umwindungen 
des  Relais- Elektromagneten  geht,  so  wird  der  Hebel  h  von  den  Polen  mm 
uigezogen  und  das  längere  Ende  desselben  mit  der  Schraube  /  in  Berüh- 
rung gebracht.  Hierdurch  erfolgt  der  Schluss  der  Localbatterie,  welche 
ihren  Strom  nur  durch  den  Elektromagnet  des  Schreibwerkes  gehen  lässt 
und  daher  bei  dem  verhältnissmässig  geringen  Widerstände  einen  starken 
Magnetismus  und  eine  kräftige  Anziehung  des  Schreibhebels  bewirkt.  Der 
Localstrom  geht  dann  nämlich  von  K  durch  d  in  den  Hebel  A,  in  die  Schraube 
',  über  n  und  c  in  die  Umwindungen  des  Schreibelektromagneten  und  zu- 
rück zum  andern  Pole  Z, 

Um  den  Widerstand  dieses  Stromes  möglichst  zu  verringern,  lässt 
man  die  Localbatterie  gewöhnlich  nur  aus  einem  oder  wenigen  grossen  Ele- 
menten bestehen  und  umwindet  den  Elektromagnet  des  Schreibwerkes  nur 
mit  wenigen  Lagen  stärkeren  Drahtes.  Je  schwächer  der  durch  den  Re- 
laiselektromagneten gehende  Strom  ist ,  desto  näher  muss  der  Hebel  h  den 
Polen  m  und  m'  stehen  und  desto  schwächer  muss  die  Spiralfeder  ge- 
spannt sein. 

Obgleich  jedes  Relais  mit  dem  Namen  Uebertrager  oder  Trans- 
lator bezeichnet  werden  kann,  was  auch  häufig  geschieht,  so  nennt  man 
doch  Uebertrager  vorzugsweise  eine  solche  Vorrichtung,  mittelst  welcher 
anstatt  einer  Localbatterie  eine  neue  Linien  -  oder  Telegraphir  -  Batterie 
nach  einer  entfernten  Station  hin  geschlossen  wird.    Die  Erfindung  dieses 

ZeiUchrift  f.  Mathematik  n.  Physik.  I.  7 


Die  Fortschritte  der  elektrischen  Telegraphie. 


Instrumentes  wnrde  durch  den  Umstand  veranlasst ,  dass  bei  sehr  grossen 
Entfernungen  der  Strom  in  der  Leitung  endlich  so  schwach  wird ,  dass  das 
Relai»  selbst  bei  sehr  zarter  Stellung  und  bei  Anwendung  starker  Batterien 
nicht  mehr  im  Stande  ist,  den  Hebel  A,  welcher  die  Localbatterie  zu  schlies- 
$en  hat ,  kräftig  genug  und  sicher  anzuziehen.  Durch  Anwendung  von 
Uebertragem  auf  einer  oder  mehreren  Zwischenstationen  wird  das  Umtele- 
graphiren,  das  ausserdem  nöthig  werden  würde,  erspart. 

Die  Priorität  der  Erfindung  des  Uebertragers  wird  von  verschiedenen 
Seiten  her  in  Anspruch  genommen  und  es  ist  auch  nicht  zu  bezweifeln, 
dass  es  mehreremals  selbstständig  erfunden  worden  ist.  Als  Erfinder  Und 
Verbesserer  der  Uebertrager  sind  besonders  zu  benennen* :  Mazzenaner, 
Siemens  und  Halske  und  Steinheil. 

Die  Gonstruction  des  Uebertragers  ist  in  seiner  einfachsten  Fonction 
der  des  Relais  ganz  gleich  und  in  Fig.  28  mit  den  zugehörigen  Einschaltun- 
gen dargestellt.  Wenn  eine  Nachricht  von  Station  A  nach  C  mittelst  des 
Uebertragers  telegraphirt  werden  sol>,  so  tritt  der  Strom  von  Ä  bei  X,  in 
den  kleinen  Hebel  y  ein  und  geht  durch  den  Elektromagneten  des  Ueber- 
tragers zur  Erde  E,  Der  hierbei  in  den  Eisenkernen  m  und  m'  entstehende 
Magnetismus  bewirkt  die  Anziehung  des  Hebels  h  und  die  Berührung  des- 
selben mit  der  Schraube  /.  Dadurch  wird  der  Strom  der  Telegraphirbatte- 
rie  B^  von  welcher  ein  Pol  mit  der  Erde  in  Verbindung  steht,  durch  /,  * 
und  den  Hebel  x  nach  Z,  und  weiter  nach  C  so  lange  ge^ihrt,  als  der  Strom 
von  A  her  wirksam  ist.  Bei  dieser  Einschaltung  kann  man  nur  von  A  nach 
C,  nicht  aber  umgekehrt  mit  Uebertragung  sprechen.  Soll  letzteres  gesche- 
hen ,  so  sind  die  Hebel  x  und  y  in  die  Stellung  x  und  y  zu  bringen.  Dann 
geht  der  von  C  kommende  Strom  durch  Z,  und  y  in  den  Elektromagnet  des 
Uebertragers  und  zur  Erde,  der  Strom  der  Telegraphirbatterie  B  hingegen 
durch  /,  Ä,  x'  und  Z,  nach  A. 

Bei  der  vorstehend  beschriebenen  Einrichtung  des  Uebertragers  liegt 
ein  grosser  Uebelstand  darin ,  dass  die  Hebel  x  und  y  abwechselnd  in  die 
Lage  xy  und  xy  gebracht  werden  müssen,  jenachdem  von  A  nach  Coder 
umgekehrt  von  C  nach  A  mit  Uebertragung  gesprochen  werden  soll.  Soll 
diese  unbequeme  und  störende  Umschaltung  vermieden  werden ,  so  ist  es 
nöthig ,  auf  jeder  Uebertragungsstation  zwei  Uebertrager  mit  einander  in 
Verbindung  aufzustellen ,  denselben  aber  auch  eine  veränderte  Einrichtung 
zu  geben.  Die  Schraube  k  darf  dann  nämlich  nicht  mit  einem  isolirenden 
Achathütchon  versehen,  sondern  mnss  ganz  metallisch,  aber  von  der  andern 
Contactschraube  /  isolirt  sein.  Ein  solcher  Uebertrager  heisst  auch  Dop- 
pelcontact-Rclais,  weil  der  Hobel  h  sowohl  mit  der  Schraube  /  als 
auch  mit  k  in  metallischen  Contact  kommen  kann.  Die  Einrichtjung  einer 
Uebertragungsstation  mit  zwei  Uebertragem,  wo  dann  in  beiden  Richtun- 
gen ohne  weitere  Hebelstcllung  mit  Uebertragung  gesprochen  werden  kann, 
ist  in  Fig.  29  dargestellt.  Die  von  A  kommende  Leitung  ist  mit  dem  Hebel 
h  de«  Uebertragers  I.,  die  von  C  kommende  mit  ä'  des  Uebertragers  II.  ver- 
bunden, femer  steht  je  ein  Drahtende  der  Umwindungen  beider  Elektro- 
magnete  mit  der  Erde,  dagegen  das  andere  Drahtende  von  I.  mit  Ar',  das  . 
von  II.  mit  k  in  Verbindung.  Ein  Pol  der  Telegraphirbatterie  B  ist  mit  der 
Erde,  der  andere  Pol  mit  den  Sclirauben  /  und  /'  in  fortwährendem  metalli- 
schen Contact. 

Wenn  nun  von  A  nach  C  mit  Uebertragung  gesprochen  werden  soll,  so 
gellt  der  von  A  kommende  Strom  durch  h  und  k  des  Uebertragers  I.  in  den 


Von  L.  Galle.  99 


Elektromagnet  des  Uebertragerflf  IL  und  lur  Erde  E.  Hierdurch  wird  der 
Hebel  h'  von  mtn  dergestalt  angezogen,  dass  er  mit  /'  in  Berührung  kommt 
und  den  Strom  der  Batterie  B  durch  /'  und*A'  nach  C  hin  so  lange  schliesst, 
als  der  Strom  von  A  her  wirksam  ist.  Soll  umgekehrt  von  C  nach  A  mit 
Uebertragung  gesprochen  werden,  so  geht  der  Strom  von  C  durch  A'  und  k' 
in  den  Elektromagnet  des  Uebertragers  I.  und  zur  Erde  E^  wodurch  die 
Batterie  durch  /  und  h  nach  A  hin  geschloss'en  wird.  Das  Telegraphiren 
mit  Uebertragung  in  beiden  Richtungen  ist  daher  möglich,  ohne  dass  irgend 
eine  Umsehaltung  vorgenommen  zu  werden  braucht. 

In  vielen  Fällen  ist  es  wünschenswerth ,  dass  das,  was  zwischen  A  und 
C  coprespondirt  wird,    auf   der  Uebertragungsstation  mitgelesen  werden 
könne.    Dann  kann  man  mit  den  beiden  Uebertragern  noch  ein  Relais  ge- 
wöhnlicher Construction  und  einen  Schreibapparat  in  Verbindung  setzen. 
Schaltet  man  z.  B.  bei  R  Fig.  29  ein  Relais  ein ,  so  wird  dasselbe  sowohl 
Ton  dem.  von  A  als  auch  von  dem  von  C  kommenden  und  zur  Erde  gehen- 
den Strome  in  gleicher  Weise ,-  wie  einer  der  Uebertrager  afiicirt  und  ist 
demnach  im  Stande ,  den  Strom  einer  besondem  Localbatterie  durch  einen 
Schreibapparat  hindurch  zu  schliessen  und  letzteren  in  Thätigkeit  zu  setzen. 
Man  kann  jedoch  auch  —  und  dies  geschieht  fast  allgemein  *auf  Uebertra- 
pingsstationen  —   das  Schreibwerk  gleichzeitig  als  Uebertra- 
ger ben  atzen  und  dann  ist  es  nöthig,  zwei  Relais  und  zwei  Schreibappa- 
rate anfzustellen ,  welche  die  Uebertragung  in  beiden  Richtungen  vermit- 
teln.  Bei  einem  solchen ,  gleichzeitig  als  Uebertrager  wirkenden  Schreib- 
tpparate  (s.  Fig.  So)  vertritt  die  Schraube  c  diejenige  Schraube  k  (Fig.  29) 
des  Uebertragers,  an  welcher  der  Hebel  h  im  Ruhestande  anliegt,  die 
Schraube  d  (Fig.  35)  entspricht  der  Schraube  /  (Fig.  39)  und  der  Schreib- 
hebel E  dem  Uebertragungshebel  h.   Fig.  30  stellt  eine  Skizze  einer  Ueber- 
tragungsstation dar,  auf  welcher  die  Schreibapparate  gleichzeitig  als  Ueber- 
trager wirken. 

Wird  von  A  nach  C  mit  Uebertragung  gesprochen ,  so  geht  der  Strom 
Ton  A  in  den  Schreibhebel  H  des  Schreibapparates  I.  und  in  die  Schraube 
c,  hierauf  in  den  Elektromagnet  des  Relais  II.  und  zur  Erde,  der  Rolais- 
hebel  h'  wird  angezogen  und  mit  /'  in  Berührung  gebracht  und  hierdurch 
die  Localbatterie  11.  geschlossen ,  deren  Strom  nach  der  punktirten  Linie 
durch  den  Elektromagnet  M' M'  des  Schreibapparates  II.  hindurchgeht. 
Letzteres  bewirkt  die  Anziehung  des  Schreibhebels  H'  und  die  Berührung 
desselben  mit  der  Schraube  d\  welche  mit  einem  Pole  der  Linienbattcrie 
in  Verbindung  steht,  gleichzeitig  aber  auch  die  Entfernung  des  mit  H-  ver- 
bandenen  Armes  /'  von  der  Schraube  c.  Der  Strom  der  Linienbatterie 
geht  in  Folge  dessen  durch  d'  und  H'  in  die  Leitung  nach  C  und  zwar 
ebenso  lange ,  als  der  Strom  von  A  her  wirksam  ist.  Ganz  analog  ist  der 
Btromlauf,  wenn  von  C  nach  A  hin  mit  Uebertragung  gesprochen  wird.  Der 
Strom  g6ht  dann  von  C  nach  H\  V  und  c'  durch  den  Elektromagnet  des 
Relais  I.  und  zur  Erde,  wodurch  der  Hebel  h  angezogen,  mit  /  in  Verbin- 
dong  gebracht  und  der  Strom  der  Localbatterie  I.  durch  den  Elektromagnet 
^M  des  Schreibapparates  I.  hindurch  geschlossen  wird.  Die  hierdurch  be- 
wirkte Anziehung  des  Schreibhebels  H  und  dessen  metallische  Berührung 
mit  d  schliesst  die  Linienbatterie  durch  d  und  H  in  die  Leitung  nach  A, 
Die  telegraphische  Correspondenz  zwischen  A  und  C  mit  Uebertragung  ist 
alio  auch  hier  ohne  irgend  eine  Umschaltung  möglich.  In  der  Regel  wer- 
den jedoch  noch  besondere,  in  der  Zeichnung  nicht  angegebene  Umschalter 

7* 


100  Die  Fortschritte  der  elektrischen  Telegraphie. 

angebracht ,  durch  deren  Stellung  man  bewirkt ,  dass  Apparat  I.  einseitig 
nach  C  hin  und  Apparat  II.  gleichzeitig  nach  A  hin  correspondiren ,  auch 
dass  A  und  Cdirect,  ohne  Uebertragnng ,  mit  einander  verkehren  können. 

Schliesslich  möge  hier  noch  das  Relais  des  Stöhrer'schen  Doppelstift- 
apparates Erwähnung  finden.  Dasselbe  ist  Fig.  31  in  seinen  Haupttheileo 
im  Grundriss  dargestellt.  Es  besteht  aus  zwei  hufeisenförmigen ,  senkrechl 
stehenden,  starken  Stahlmagneten,  deren  Pole  NS^  N' S'  mit  Schrauben- 
spitzen versehen  sind,  in  welchen  sich  die  eisernen  Relaisanker  D  und  D' 
leicht  drehen.  Die  mittleren  Theile  dieser  Relaisanker  sind  von  Messing 
und  es  besitzen  die  Enden  ns,  n$  durch  Induction  dieselbe  magnetische 
Polarität ,  wie  die  ihnen  zunächst  stehenden  Enden  der  Stahlmagnete ;  er^ 
stere  stehen  im  Ruhestände  des  Apparates  den  eisernen  Schenkelenden 
mm  des  Elektromagneten  MM'  sehr  nahe,  ohne  dieselben  jedoch  zu  be- 
rühren. 

Wenn  ein  elektrischer  Strom  durch  die  Windungen  des  Elektromag- 
neten geht,  so  erhalten  bekanntlich  die  Pole  min'  desselben  entgegengesetzte 
magnetische  Polarität  und  es  ist  klar,  dass ,  je  nach  der  Richtung  des  Stro- 
mes im  Elektromagnete ,  entweder  der  eine  oder  der  andere  Relaisankei 
mit  beiden  Enden  bis  zur  Berührung  angezogen  werden  muss,  wodoreh  dei 
Schluss  der  Localbatterie  entweder  durch  den  Elektromagnet  des  einen 
oder  durch  den  des  andern  Schreibhebels  hindurch  erfolgt.  Es  ist  nämlich 
ein  Pol  der  Localbatterie  B  mit  den  Eisenkernen  m  m '  des  Relais  -  Elektro- 
magneten MM'  fortwährend  in  leitender  Verbindung,  während  der  andere 
Pol  durch  einen  Elektromagnet  des  Schreibwerkes  hindurch  mit  demjeni- 
gen Relaisanker  in  Verbindung  tritt,  welcher  vom  Relais- Elektromagneten 
angezogen  wird;  auf  diese  Weise  wird  der  Durchgang  des  elektrischen 
Stromes  der  Localbatterie  entweder  durch  den  einen  oder  andern  Elektro- 
magneten I.  oder  U.  des  Schreibwerkes  vermittelt  und  demgemäss  der  eine 
oder  andere  Schreibhebel  angezogen. 

IV.  Ueber  das  gleichzeitige  Telegraphiren  auf  einem 
Drahte  in  entgegengesetzten  Richtungen. 

Das  allgemein  giltige  Gesetz,  dass  zwei  homogene  gleichgrosse  Kräfte, 
welche  in  entgegengesetzter  Richtung  wirken,  sich  in  ihren  Wirkungen  auf- 
heben ,  Hess  bis  vor  wenigen  Jahren  jeden  Versuch  einer  gleichzeitigen  te- 
legraphischen Correspondenz  auf  einem  Drahte  in  entgegengesetzten  Rich- 
tungen als  vergeblich  erscheinen.  Da  es  jedoch  keine  nothwendige  Folge 
ist,  dass  die  Kräfte,  die  sich  in  ihren  Wirkungen  auHieben,  hierbei  selbst 
vernichtet  werden ,  da  man  ferner  nach  Analogie  zu  der  Annahme  berech- 
tigt ist,  dass  dem  Wesen  der  Elektricität,  gleich  jenem  des  Schalles,  der 
Wärme  und  des  Lichtes,  Vibrationen  eigenthümlicher  Art  zu  Grunde  liegen 
und  dass  demnach  hier  ähnliche  Fälle  eintreten  können ,  wie  z.  B.  bei  der 
Fortpflanzung  des  Schalles,  von  welchem  es  nachgewiesen  ist,  dass  sich 
die  Wellen  desselben  durch  eine  Röhrenleitung  in  entgegengesetzter  Rich- 
tung gleichzeitig  und  unbeirrt  auf  weite  Distanzen  fortpflanzen,  da  es  femer 
Thatsache  ist,  dass  die  elektrischen  Ströme  verschiedener  Telegraphen- 
leitungon  iii  einem  gemeinschaftlichen  p]rdleitungsdraht  zu  ihren  Aus- 
gangspunkten zurückgeführt  werden  können ,  ohne  sich  gegenseitig  zu  irri- 
tiren:  so  glaubte  der  österreichisch^  Telegraphen  -  Director  Dr.  Gintl  die 
Möglichkeit    einer    gleichzeitigen   entgegengesetzten    Correspondenz   anf 


Von  L.  Galle.  •..*   •.  101 

^   ^  •   •   • 

einem  Leitangsdrabte  gegeben.  Den  Beweis  für  ^iQ«gleicbzeitige  Coexi- 
stens  mehrerer  elektriscben  Ströme  in  einem  DrahtDe/crat  Dr.  Gintl  dnrcb 
folgenden  Versucb  zn  fübren  gefübrt.  In  Fig.  3'i  bezeicfftiien  A  nnd  B  zwei 
chemische  Schreibapparate ,  nftmlich  T  nnd  T'  die  Taster  **^  und  M'  Me- 
tallstege, S  nnd  S'  metallene  Schreibstifte,  Pund  P'  feuchlfe'.fpit  Jodkalium- 
lösnng  getränkte  Papierstreifen,  p  undp'  die  positiven,  n  nitd.fl.'  die  nega- 
tiven Batteriepole.  Beim  Niederdrücken  des  Tasters  T  nimmt  der  positive 
Strom  der  Batterie  I.  die  Richtung  der  mit  der  Ziffer  l  bezeichnetmi  Pfeile 
und  bringt  am  Apparat  B  bei  seinem  Uebergange  vom  Schreibstifte  S\  zum 
Stege  M'  auf  der  obern  Seite  des  Papierstreifes  TP'  farbige  Zeißhrii"-h«r- 
vor;  der  vom  positiven  Pole  der  Batterie  II.  kommende  Strom  ninrttMr 'da- 
gegen beim  Niederdrücken  des  Tasters  J'  die  Richtung  der  mit  2  bezftfer- 
ten  Pfeile  und  erzeugt  am  Apparate  A  beim  Uebergange  vom  Schreibstil^t'e 
5  mm  Stege  M  auf  der  obern  Seite  des  Papier  Streifens  farbige  Zeichen.'  -*  . 

Werden  nun  beide  Taster  zugleich  niedergedrückt,  so  erscheinen  airf 
dem  Papierstreifen  der  beiden  Apparate  A  und  B  zugleicli  farbige  Zeichen 
und  zwar  die  am  Taster  T  gegebenen  Zeichen  auf  dem  Papierstreifeu  des 
Apparates  B  und  die  am  Taster  T'  gemachten  Zeichen  auf  jenem  des  Ap- 
parates Ay  wovon  man  sich  dadurch  überzeugen  kann,  dass  man  z.  B.  mit 
dem  Taster  T  lange  und  mittelst  des  Tasters  T*  gleichzeitig  kurze  Zeichen 
giebt.  In  diesem  Falle  erscheinen  am  Apparate  B  farbige  Striche ,  welche 
den  mit  dem  Taster  T  gegebenen  langen  Zeichen  entsprechen,  und  am  Ap- 
parate A  farbige  Punkte,  welche  von  den  mit  dem  Taster  T'  gegebenen 
kurzen  Zeichen  herrühren. 

Dr.  Gintl  schliesst  hieraus,  dass  sich  die  zwei  von  den  Batterien  I.  und 
n.  ausgegangenen  elektrischen  Ströme  durch  die  Drahtleitung  x  in  der 
Richtung  der  beigesetzten  Pfeile  gleichzeitig  und  ungehindert  fortpflanzen. 

Dieser  Versuch  kann  indess  nicht  vollständig  entscheidend  genannt 
werden ,  weil  beim  gleichzeitigen  Niederdrücken  der  Taster  T  und  T'  der 
Strom  von  Batterie  I.  nicht  blos  durch  den  Draht  or,  sondern  getheilt  durch 
X  und  y  nach  dem  Apparate  B  liingelangt,  und  durch  z  zurückgekehrt, 
ebenso  der  Strom  von  Batterie  II.  getheilt  durch  x  und  z  nach  A  hin  und 
durch  y  zurück ,  und  weil  dann  immer  noch  die  Zeichen  in  der  oben  ange- 
gebenen Weise  an  den  Apparaten  A  und  B  entstehen  müssen ,  wenn  auch 
die  einander  entgegengesetzten  Zweigströme  in  dem  Drahte  x  aufgehoben 
würden,  denn  in  den  Drähten  y  und  z  gehen  die  Ströme  von  I.  und  II.  in 
gleicher  Richtung. 

Ein  anderer  Versuch  GintPs ,  welcher  in  Fig.  33  dargestellt  ist,  spricht 
indess  mehr  zu  Gunsten  der  Annahme,  dass  mehrere  Ströme  in  einem 
Drahte  gleichzeitig  coexistiren  können.  Die  Buchstaben  haben  hier  dieselbe 
Bedeutung,  wie  in  Fig.  32.  Hier  sind  die  Pole  der  Batterien  so  verbunden, 
dass  beim  Niederdrücken  der  Taster  T^  und  7"  die  positiven  Ströme  zwi- 
schen dem  Schreibstifte  und  dem  Metallstege  des  Apparats  ./  entgegenge- 
setzte Richtung  haben ,  während  der  Strom  von  I.  gleichzeitig  in  der  Erde 
nach  Apparat  B  geht,  dort  von  S'  zu  M'  übergeht  und  in  der  Leitung  L  zu- 
rückkehrt. Zwischen  der  Batterie  11.  nnd  dem  Metallstege  M  des  Appa- 
tes  ^  ist  ein  Widerstand  W  eingeschaltet ,  der  grösser  ist ,  als  der  im  Pa- 
pierstreifen des  Apparates  A^  damit  beim  gleichzeitigen  Niederdrücken  der 
Taster  T^  und  T*  der  von  der  Batterie  I.  ausgehende  Strom  den  Apparat  A 
nicht  nmgehen  kann.  Wird  der  Taster  T*  allein  niedergedrückt,  so  erhält 
man  am  Apparate  A  das  farbige  Zeichen  auf  der  obern  Seite  des  Papier« 


102  Die  Fortschcittc  der  elektrischen  Telegraphie. 

Streifens  und  ebens<2  äilf  dem  PApierstreifen  des  Apparates  B.  Durch  das 
Niederdrücken  des>/J[^ter8  T*  für  sich  allein  erscheint  das  farbige  Zeichen 
dagegen  nur  au£'ä«i:'lintern  Seite  des  Papierstreifens  am  Apparate  A,  Beim 
gleichzeitigen  J^iederdrücken  des  Tasters  T'  und  T*  erscheint  auf  dem  Pa- 
pierstreifen d^s 'Apparates  A  weder  oben ,  noch  unten  ein  farbiges  Zeichen, 
wahrend  aaZ/^'r  obern  Seite  des  Papierstreifens  am  Appasate  B  ein  sol- 
ches zum  Yqrlschein  kommt.  Hieraus  folgt ,  dass  zwar  die  chemische  Wir- 
kuug  de^^  elektrischen  Stroms  der  Batterie  I.  am  Papierstreifen  des  Appa- 
rates A  durch  den  gleichzeitigen ,  aber  auf  demselben  Apparat  beschräuk- 
ton  (^egftiistrom  der  Batterie  II.  aufgehoben,  der  Strom  der  Batterie  I.  selbst 
al>eF.'^d«durch  in  seiner  Existenz  nicht  vernichtet  wird  ,  weil  sonst  auf  dem 
Pa'pipl'streifen  des  Apparates  ^ß  kein  Zeichen  entstehen  würde.  Hebt  man 
aiü  Apparate  B  die  Verbindung  des  Schreibstifts  mit  der  Erde  auf  und 
*.su[;*kaltet  dazwischen  einen  Taster  J'  und  eine  Batterie  III.  in  gleicher 
Weise,  wie  beim  Apparat  A  ein,  so  erscheint,  wenn  man  die  Taster  T\  J' 
-und  T'  gleichzeitig  niederdrückt,  nicht  allein  das  farbige  Zeichen  .auf  dem 
Papierstreifen  des  Apparates  B^  sondern  auch  auf  dem  des  Apparates  A^ 
woraus  zu  schliessen  ist,  dass  der  von  der  Batterie  IIL  in  den  Leitungs- 
draht L  eingeführte  elektrische  Strom  sich  in  demselben  gleichzeitig  mit 
dem  von  der  Batterie  I.  erzeugten  fortpflanzt  und  am  Apparate  A  das  far- 
bige Zeichen  hervorbringt,  während  das  farbige  Zeichen  am  Apparate  B 
gleichzeitig  durch  den  Strom  der  Batterie  I.  und  III.  erzeugt  wird. 

Wenn  nun  auch  die  Annahme  von  der  unbeirrten  Coexistenz  mehrerer 
elektrischer  Ströme  in  einer  Leitung  Veranlassung  zur  Erflndung  von  Ap- 
paraten wurde,  mittelst  welcher  gleichzeitig  auf  einem  Drahte  in  entgegen- 
gei>etzten  Richtungen  gesprochen  werden  kann,  so  zeigte  doch  die  Construc- 
tion  dieser  Apparate,  dass  es  dabei  auf  die  Entscheidung  obiger  Frage  gsr 
nicht  ankam,  sondern  dass  mehr  eine  technische  Aufgabe  zu  lösen  war.  Die 
Schwierigkeit  lag  hauptsächlich  darin,  dass  der  Morsc'sche  und  auch  der 
elektrochemische  Schreibapparat  so  eingerichtet  ist,  dass  beim  Fortgeben 
von  Nachrichten,  also  beim  Niederdrücken  des  Tasters,  der  zugeliörige  Ap- 
parat aus  der  Linie  ausgeschaltet,  dagegen  nur  im  Ruhestände  und  beim 
Empfangen  von  Nachrichten  in  die  Linie  eingeschaltet  bleibt.  Wollte  man 
—  was  leicht  ausführbar  ist  den  Apparat  fortwährend,  also  auch  beim 
Fortgeben  von  Nachrichten ,  in  der  Leitung  eingeschaltet  lassen ,  so  würde 
der  Apparat  nicht  nur  die  ankommende,  sondern  auch  die  abgehende  Schrift 
aufzeichnen,  was  nothwendig  bei  gleichzeitigem  Arbeiten  auf  beiden  Sta- 
tionen Verwirrung  herbeiführen  müsste.  Das  für  die  Doppelcorrespondenz 
zu  lösende  Problem  bestand  demnach  in  Folgendem:  Das  Relais,  resp. 
der  elektrochemische  Schreibapparat  muss  stets  in  der 
Leitung  eingeschaltet  bleiben,  ohne  jedoch  durch  den  Strom 
der  zugehörigen  Batterie  beim  Fortgeben  von  Nachrichten 
afficirt  zu  werden. 

Dr.  Gintl  hat  dieses  Problem  zuerst  im  Jahre  1863  auf  folgende  sinn- 
reiche Weise  gelöst.  Jedes  Relais  der  Apparate  A  und  B  Fig.  34  besitzt 
zwei  von  einander  unabhängige  Drahtumwickelungen,  von  denen  die  innere, 
wie  gewöhnlich,  in  die  Linienbatterie  und  Linienleitung ,  die  darüber  ge- 
wickelte, aus  stärkerem  Drahte  bestehende  in  die  Kette  einer  Localbatterie, 
Ausgleichungsbatterie  genannt,  so  eingeschaltet  ist,  dass  beide  Batterien 
beim  gleichzeitigen  Schluss  derselben  in  gleicher  Stärke,  aber  in  entgegen- 
gesetztem Sinne  auf  den  Elektromagnet  einwirken ,  denselben  also  nicht 


Von  L.  Galle.'  103 

afficiren.  Um  die  Linien  -  und  Ausgleichnngsbatterie  stets  gleichzeitig  za 
fichliessen  und  zu  öffnen,  wird  ein  Doppeltaster  angewandt,  bestehend  aus 
zwei  gewöhnlichen  nebeneinander  befindlichen,  aber  von  einander  isolirten* 
Tastern ,  welche  dnrch  einen  isolirenden  Knopf  gleichzeitig  niedergedrückt 
werden.  Dieser  Taster  ist  später  von  Dr.  Gintl  in  sehr  compendiöser  Weise 
mit  einem  aus  zwei  von  einander  isolirten  Theilen  bestehenden  Hebel  con- 
struirt  werden.  In  Fig.  34  sind  bb'  die  Charniere  der  beiden  Tasterhebel, 
aa'  die  Ambose  und  cc'  die  Ruholager. 

Wird  nun  auf  einer  Station,  z.  B.  in  A  der  Doppeltaster  niedergedrückt, 
80  wird  die  Linien-  und  Ausgleichungsbatterie  gleichzeitig  geschlobsen.  Der 
Strom  der  Linienbatterie  geht  dnrch  a'  und  b'  und  durch  die  inneren  IJm- 
Windungen  des  Relais  in  die.  Leitung,  dann  auf  der  entfernten  Station  B 
durch  die  inneren  Um  Windungen  des  dortigen  Kclaia,  durch  b'  und  c'  zur 
Erde  und  zurück  nach  A.  Da  aber  auf  der  Station  A  gleichzeitig  der  Strom 
der  Ausgleichnngsbatterie  in  entgegengesetzter  Richtung  durch  die  äussere 
Umwindung  des  Relais  geleitet  wird,  so  entsteht  hier  k(;in  Magnotismus  und 
der  Rclaishebel  bleibt  in  Ruhe.  Auf  der  entfernten  Station  D  findet  der  an- 
kommende Linienstrom  im  Relais  keine  solche  Compensation  und  setzt  letz- 
teres in  gewöhnlicher  Weise  in  Thätigkeit. 

Wird  nun  in  B  gleichzeitig  der  Dappeltaster  niedergedrückt,  so  com- 
pensirt  sich  hier  der  Strom  der  Linien  -  und  Ausgleichungsbatterie  und  es 
bleibt  nur  der  von  A  herkommende  Strom  allein  wirksam ;  ebenso  wirkt  in 
A,  wo  seither  das  Relais  durcli  das  Tasterdrücken  daselbst  nicht  afficirt 
wurde,  allein  der  von  B  herkommende  Linienstrom  und  es  ist  somit  klar, 
dass  gleichzeitig  Zeichen  von  A  nach  B  und  von  B  nach  A  gelangen  kön- 
nen. Es  ist  hierbei  ganz  gleich,  welche  Pole  der  Linienbatterie  in  die  Lei- 
tung eingeschaltet  werden,  wenn  nur  der  Strom  der  Ausgleichungsbatterie 
dem  der  zugehörigen  Linienbatterie  entgegengerichtet  ist. 

Weil  nun  aber  der  Linienstrom  fortwährenden  Veränderungen  unter- 
liegt und  weil  die  Ausgleichungsbatterie  wegen  des  geringen  zu  überwin- 
denden Widerstandes  schneller  in  ihrer  Stärke  abnimmt,  als  die  Linien- 
batterie, so  wird  die  Compensation  der  Strom  Wirkungen  im  Relais  beim 
Niederdrücken  des  zugehörigen  Doppeltastcrs  nie  vollständig  erfolgen  und 
M  vielen  Störungen  beim  gleichzeitigen  Entgegensprechen  Veranlassung 
geben.  Dieser  Umstand  veranlasste  den  Dr.  Gintl,  den  elektrochemischen 
Schreibapparat  hierbei  anzuwenden ,  mit  dem  auch  in  der  That  ein  günsti- 
geres Resultat  erzielt  wurde ,  weil  die  Erfahrung  gelehrt  hat,  dass  auch  bei 
ziemlich  verschiedener  Stromstärke  der  Linien-  und  Ausgleichungsbatterie 
in  ihrer  Verbindung  dennoch  eine  Compensation  der  chemischen  Wirkungen 
dieser  Ströme  bei  ihrem  Durchgange  durch  den  feuchten ,  chemisch  präpa- 
rirten  Papierstreifen  in  entgegengesetzten  Richtungen  eintritt.  Fig.  35  stellt 
die  Verbindungen  zweier  zum  gleichzeitigen  Entgegensprechen  eingerichte- 
ten chemischen  Schreibapparate  dar  und  es  findet  hierbei  folgender  Vor- 
gang statt: 

Wenn  auf  Station  A  der  Doppeltaster  niedergedrückt  wird,  so  geht  der 
positive  Strom  der  Linienbatterie  durch  a  und  c  des  Tasters  in  den  Platin - 
•tift  dj  durch  das  feuchte  Papier  zur  Metall  walze  e  und  in  die  Leitung,  der 
positive  Strom  der  Ausgleichungsbatterie  dagegen  durch  einen  Rheostaten 
in  die  Metallwalze,  in  einer  dem  Linienstrome  entgegengesetzten  Richtung, 
durch  den  Papierstreifen  und  durch  d,  c'  und  a  zurück  zur  Batterie.  Auf 
dem  Papierstreifen  des  Apparates  A  entsteht  folglich  kein  Zeichen ,  wohl 


104  Die  Fortschritte  der  elektrischen  Telegraphie. 

aber  auf  dem  des  Apparates  B ,  wo  der  von  A  herkommende  positive  Li- 
nienstrom aus  dem  Schreibstifte  d  dnrch  das  feuchte  Papier  zur  Walze  e 
und  von  hier  durch  c  und  b  des  Tasters  zur  Erde  gelangt.  Der  Rheostat 
ist  deshalb  eingeschaltet,  damit  der  Linienstrom  gezwungen  wird,  durch 
den  Papierstreifen  hindurchzugehen  und  nicht  denselben  auf  dem  Wege 
über  c'  a'  und  durch  die  Aiisgleichungsbatterie  hindurch  umgehen  kann. 

Wird  nun  am  Apparate  B  gleichzeitig  der  Doppeltaster  niedergedrückt, 
so  ist  hier  derselbe  Vorgang  wie  bei  A ;  die  Ströme  der  Linien  •  und  Aus- 
gleichungsbatterie gehen  in  entgegengesetzter  Richtung  durch  den  feuchten 
Papierstreifen  und  compensiren  sich  hieV  in  ihrer  chemischen  Wirkung,  so 
dass  der  von  ^  herkommende  Strom  allein  wirksam  bleibt,  dagegen  geht 
der  positive  Linienstrom  von  B  in  der  Erde  nach  A ,  durch  die  dortige  Li- 
nienbatterie über  a  und  c  in  den  Schreibstift,  durch  den  Papierstreifeu  und 
über  e  in  der  Leitung  zurück  zum  andern  Pole  der  Linienbatterie  von  B. 
Es  entstehen  also  auf  dem  Papierstreifen  des  Apparates  A  so  lange  farbige 
Zeichen ,  als  in  B  der  Doppeltaster  niedergedrückt  wird ,  ebenso  Zeichen 
auf  dem  Papier  des  Apparates  B  in  dem  Maasse  als  mit  dem  Taster  in  A 
gearbeitet  wird,  es  mag  dies  gleichzeitig  geschehen  oder  nicht. 

Da  der  elektrochemische  Apparat  keine  hörbaren  Zeichen  giebt,  so 
muss  mit  jedem  Apparate  noch  ein  Weckerwerk  verbunden  werden ,  wel- 
ches durch  den  von  der  entfernten  Station  kommenden  Strom  gelöst  wird. 

Im  Jahre  1854  ist  es  dem  Telegraphen •  Ingenieur  Frischen  in  Han- 
nover, sowie  den  Herren  Siemens  und  Halske  in  Berlin  gelungen,  dem 
Morse'schen  Schreibapparate  eine  solche  Einrichtung  zu  geben,  dass  das 
gleichzeitige  Telegraphiren  auf  einem  Drahte  in  entgegengesetzten  Rich- 
tungen nnabhHngig  von  dem  variabelu  Zustande  der  Batterien  und  ohne 
Anwendung  von  Ausgleichungsbatterien  vollkommen  sicher  ausgeführt  wer- 
den kann.  Die  Einrichtung  und  Verbindung  zweier  solcher  Apparate  A 
und  B  ist  in  Fig.  36  dargestellt.  Das  Relais  eines  solchen  Apparates  ist  mit 
zwei  gleichlangen  und  gleichstarken  von  einander  isolirten  Drähten  um- 
wunden, so  dass  zwei  gleichstarke  elektrische  Ströme,  welche  gleichzeitig 
in  entgegengesetzten  Richtungen  durcli  diese  beiden  Drähte  hindurchge- 
sandt werden,  sich  in  ihrer  elektromagnetischen  Wirkung  vollständig  auf- 
heben und  keinerlei  Bewegung  an  denselben  hervorbringen.  Geht  hingegen 
ein  Strom  durch  eine  dieser  Windungen  allein  oder  durch  beide  Windungen 
in  derselben  Richtung  oder  gehen  endlich  zwei  ungleichstarke  Ströme  in 
entgegengesetzter  Richtung  durch  beide  Drahtwindungen,  so  wird  das  Re- 
lais dadurch  afficirt  und  der  Strom  der  Localbatterie  durch  das  Schreib- 
werk hindurch  geschlossen.  Der  Strom  der  Linienbatterie,  welcher  beim 
Niederdrücken  des  Tasters  in  Circuiation  tritt,  theilt  sich  hinter  dem  Taster 
in  zwei  Zweigströme,  welche  die  beiden  Drähte  des  Relais  in  entgegen- 
gesetzten Richtungen  und  in  gleicher  Stärke  durchströmen  und  demnach 
keine  Wirkung  auf  dasselbe  hervorbringen.  Der  eine  dieser  Ströme  geht 
durch  die  Leitung  nach  der  entfernten  Station  und  kehrt  in  die  Erde  zu- 
rück, der  andere  hingegen,  um  mit  jenem  gleiche  Stärke  zu  haben,  durch 
einen  eingeschalteten  künstlichen  Widerstand ,  welcher  dem  in  der  Leitung 
und  den  eingeschalteten  Apparaten  zusammengenommen  gleich  ist,  und 
hierauf  an  derselben  Station  zurück  zum  andern  Pole  der  Linienbatterie. 
Der  Vorgang  beim  einfachen  Telegraphiren  von  A  nach  B  ist  demnach  fol- 
gender :  Der  Strom  der  Linienbatterie  geht  von  p  durch  a  und  b  des  nieder- 
gedrückten Tasters  nach  einer  Metallfeder  S  und  in  den  Hebel  x  und  theilt 


Von  L.  Galle.  105 

fiich  hier  in  zwei  Zweige;  einer  derselben  geht  durch  einen  Relaisdraht  in 
der  Richtung  von  e  nach  r/,  durch  den  Widerstand  zur  Erde  und  zum  an- 
dern Batteriepole,  der  andere  durch  den  zweiten  Relaisdraht  in  der  Rich- 
tung von  rf'  nach  e'  und  in  der  Leitung  nach  dem  Apparate  B,  hier  durch 
einen  Draht  des  Relais  in  der  Richtung  von  c'  nach  iV  in  den  Hebel  x  und 
durch  b  und  c  des  ruhenden  Tasters  zur  Erde.  Ein  schwächerer  Stromtheil 
geht  hier  auch  noch  durch  den  zweiten  Relaisdraht,  jedoch  in  derselben 
Richtung  von  e  nach  d  und  durch  den  Widerstand  zur  Erde.  Das  Relais 
des  Apparates  A  bleibt  demnach  in  Ruhe,  während  in  B  des  Relaishebel  f 
angezogen  und  mit  der  Schraube  g  in  Berührung  gebracht  wird,  wodurch 
sich  die  Localbatterie  durch  den  Elektromagnet  des  Schreibwerks  hindurch 
schliesst,  wie  aus  der  Zeichnung  deutlich  zu  ersehen  ist. 

Wird  nun  in  ß  gleichzeitig  der  Taster  niedergedrückt,  so  geht  auch 
hier  der  Linienstrom  in  zwei  gleichstarken  Zweigen  und  in  entgegengesetz- 
ten Richtungen  durch  das  Relais  und  übt  demnach  keine  Wirkung  auf  das- 
selbe aus ,  es  bleibt  also  nur  der  von  A  herkommende  Strom  hier  wirksam. 
Derjenige  Zweigatrom  der  Linienbatteric  von  B^  welcher  in  der  Leitung 
nach  A  gelangt,  geht  hier  durch  den  einen  Relaisdraht  in  der  Richfung  von 
e*  nach  d\  über  x  und  S  in  den  Tasterhebel  b  und  von  hier  aus  über  a 
(wenn  der  Taster  niedergedrückt  ist)  oder  über  c  (wenn  der  Taster  in  Ruhe 
iflt)  oder  endlich  durch  den  zweiten  Relaisdraht  in  der  Richtung  von  c  nach 
d  und  durch  den  Widerstand  (wenn  der  Tasterhebel  b  während  des  Nieder- 
drückens weder  mit  «  noch  mit  c  in  Berührung  ist)  zur  Erde ,  afficirt  hier 
das  Relais  und  bewirkt  dadurch  den  Schluss  der  Localbatterie.  Das  Nie- 
derdrücken des  Tasters  in  A  wird  daher  stets  nur  entsprechende  Zeichen 
in  B  und  das  Tasterdrücken  in  B  Zeichen  in  A  hervorbringen ,  es  mag  dies 
gleichzeitig  geschehen  oder  nicht. 

Zu  demselben  Resultate  der  Erklärung  des  gleichzeitigen  Entgegen- 
sprechens gelangt  man  auch ,  wenn  nmn  die  gleichzeitige  Coexistenz  meh- 
rere Ströme  in  einem  Drahte  läugnet.  Wenn  sich  die  Ströme  in  der  Lei- 
tung zerstören,  so  bleibt  an  jeder  Station  der  Zweigstrom  Übrig,  welcher 
durch  den  Widerstand  hindurchgeht  und  welcher  wegen  seines  einseitigen 
Dnrchganges  durch  das  Relais  dasselbe  nothwendigerweise  afficiren  muss. 

Die  in  Fig.  36  dargestellten  Apparate  sind  als  Uebertragungsapparate 
80  construirt,  dass  man  durch  jeden  derselben  eine  ankommende  Depesche 
ohne  Zuthun  eines  Beamten  gleichzeitig  znrücktelegraphiren ,  also  coUa- 
doniren  lassen  kann.  In  diesem  Falle  vorrichtet  der  Schreibhebel ,  indem 
er  die  Zeichen  auf  dem  Papierstreifen  einschlägt,  gleichzeitig  die  Function 
de«  Tasters.  Wenn  eine  Depesche,  welche  von  A  nach  B  telegraphirt  wird, 
durch  den  Apparat  B  gleichzeitig'  nach  A  zurücktelegraphirt  werden  soll, 
60  wird  in  B  der  Hebel  x  auf  die  Feder  C  gestellt,  wodurch  der  Taster  aus- 
*  geschaltet  wird  und  der  Schreibhebel  an  dessen  Stelle  tritt.  Der  von  A  nach 
B  kommende  Strom  geht  dann  nämlich  durch  den  einen  Relaisdraht  in  der 
Richtung  von  e*  nach  d'  in  den  Hebel  x^  über  C  in  den  Schreibhebel  h  und 
Ton  hier  analog  wie  beim  Taster,  entweder  durch  die  Schraube  f  oder  durch 
k  oder  endlich  durch  den  andern  Relaisdraht  von  e  nach  d  und  den  Wider- 
stand zur  Erde. 

Wenn  nun  der  Schreibhebel  h  angezogen  ist  und  auf  der  Schraube  i 
aufliegt,  80  geht  der  Linienstrom  von  p  durch  i  und  h  nach  C  in  den  He- 
bel x  und  von  hier  an  in  gleicher  Weise,  wie  oben  beschrieben  wurde,  näm- 
lich in  zwei  gleichstarken  Zweigen ,  aber  in  entgegengesetzten  Richtungen 


106  Ueber  die  Gleichung  der  Ebene. 

durch  die  beiden  Relaisdrähte,  hierauf  einerseits  durch  den  Widerstand 
zur  Erde  und  Batterie  zurück,  andernseits  in  der  Leitung  nach  A  und  bringt 
hier  dieselben  Zeichen  hervor,  welche  von  da  aus  mittelst  des  Tasters  nach 
B  hin  telegraphirt  werden. 

In  einem  folgenden  Artikel  soll  das  auf  einem  ganz  anderen  Principe 
beruhende  gleichzeitige  Telegraphiren  von  zwei  gleichgerichteten  Depe- 
schen besprochen  werden. 


vn. 

Ueber  die  Gleichung  der  Ebene. 

Von  Dr.  W.  Schell, 

Privatdocent  an  der  Universität  Marburg. 


u. 


jm  zu  einer  Gleichung  für  die  Ebene  in  Bezug  auf  ein  Parallelcoordina- 
tensystem  zu  gelangen,  besitzt  die  analytische  Geometrie  verschiedene 
Mittel.  Entweder  betrachto£  man  nämlich  die  Ebene  als  den  Ort  aller 
Punkte,  wolche  von  zwei  festen  Punkten  gleichweit  abstehen,  oder  man 
geht  von  der  Eigenschaft  der  Ebene  auj»,  vermöge  welcher  von  irgend 
einem  Punkte  in  ihr  sieb  unzählige  Gerade  ziehen  lassen,  welche  ganz  in 
dieselbe  hineinfallen,  oder  man  sieht  die  Ebene  als  den  Ort  aller  Punkte 
an,  welche  mit  dreien  festen  Punkten  in  ihr  die  Ecken  einer  Pyramide  bil- 
den, deren  Volumen  gleich  Null  ist,  oder  endlich  man  benutzt  den  Satz, 
nach  welchem  die  Projection  eines  geschlossenen  Polygons  auf  irgend  eine 
Gerade  im  Kaume  verschwindet.  Jede  dieser  Methoden  besitzt  ihre  Vor- 
züge ,  aber  alle  haben  Das  gemein ,  dass  ihre  Anwendung  bei  schiefwinkli- 
gen Coordinatensystemeu  weniger  einfach ,  als  beim  rechtwinkligen  ist.  Im 
Folgenden  soll  nun  eine  Methode ,  die  Gleichung  der  Ebene  abzuleiten,  ge- 
geben werden ,  welche  von  diesem  Mangel  frei  ist  und  zugleich  die  Rech- 
nung auf  ein  Minimum  reducirt.  Es  gründet  sich  dieselbe  auf  einen  be- 
kannten Satz  über  das  Dreieck ,  dessen  Beweis  wir  aber  hier  etwas  sorg- 
fältiger führen  wollen ,  als  sonst  wohl  zu  geschehen  pflegt. 

Sind  Ay  B,  C  die  Dur clischnitte  dreier  festen  Geraden, 
M  ein  beliebigerPunkt  in  ihrer  Ebene  und  er,  ßy  y  die  Punkte, 
in  welchen  die  Transversalen  MA^  MB ^  iIfCdie  den  Punkten  A^ 
By  C  gegenüberliegenden  Linien  BC,  CA^  AB  treffen,  so  ist, 
welches  auch  immer  dieLage  des  Punktes  ilf  und  die  gegen- 
seitige Lage  der  drei  festen  Geraden  sein  mag,  die  Summe 
der  absoluten  Werthe  der  drei  Verhältnisse 


Von  Db.  W.  Schell.  107 


uM     ßM     yM 

der  positiven  Einheit  gleich. 

Ein  solches  Verhältniss ,  z.  B.  — -  wird  hierbei  alb  positiv  oder  ne- 

aA 

gativ  angesehen,  je  nachdem  die  beiden  .Linien  et Jlf  und  aA^  zwischen 

denen  es  besteht,  gleiche  oder  entgegengesetzte  Richtung  haben. 

Im  zweiten  Falle  ist  also 7  als  der  absolute  Werth  dieses  Verhältnisses 

aA 

einzuführen. 

Beweis. 
I.  Wir  wollen  zunächst  annehmen,  dass  keiner  von  den  Punkten  A^ 
B,  C  im  Unendlichen  liege.  Dann  theilen  die  drei  Geraden ,  welche  sich  in 
diesen  Punkten  schneiden ,  die  gaa^e  Ebene  in  sieben  Theile  (Flg.  37),  von 
denen  einer,  die  Fläche  F  des  Dreiecks  ABC,  endlich  ist,  während  die  sechs 
übrigen  sich  ins  Unendliche  erstrecken.  Von  diesen  letzteren  werden  drei 
[U)  durch  F  zu  den  Kliumen  der  Winkel  Ay  B,  C  ergänzt,  während  die  drei 
übrigen  {V)  in  die  Scheitelwinkel  von  A^  B^C  fallen.  Liegt  nun  der  Punkt 
M  iu  irgend  einem  dieser  sieben  Räume,  so  ist,  wie  man  leicht  sieht,  in 
allen  Fällen  die  algebraische  Summe  der  Dreiecke  MBC^  MCA,  MAB  gleich 
dem  Dreiecke  ABC.   Insbesondere 

a)  wenn  M  in  F  liegt ,  so  ist 

A  MBC  +  A  MCA  +  A  MAB  =  A  ABC, 
wenn  dagegen 

b)  if  sich-iu  einem  der  Räume  ü  befindet,  so  besteht  eine  der  Relationen 

A  MBC  +  A  MCA  —  A  MAB  =  A  ABC 
A  MBC—  A  MCA  +  A  MAB  =.-=  A  ABC 
—  A  MBC  +  A  MCA  +  A  MAB  =  A  ABC 
und  swar  hat  hierin  jedesmal  dasjenige  Dreieck  das  Zeichen  — ,  welches 
mit  dem  Dreieck  ABC  auf  entgegengesetzten  Seiten   ihrer  gemeinschaft- 
lichen Seite  liegt;  fällt  endlich 

c)  der  Punkt  M  in  einen  der  Räume  F,  so  ist  diese  Relation  durch  eine 
der  folgenden 

A  MBC—  A  MCA  —  A  MAB  ^  A  ABC 

—  A  MBC  +  A  MCA  —  A  MAB  ~  A  ABC 

—  A  MBC—A  l^tCA  +  A  MAB  =^  A  ABC 

111  ersetzen  und  auch  hier  haben  diejenigen  beiden  Dreiecke  das  Zeichen — , 
welche  mit  A  ABC  auf  entgegengesetzten  Seiten  der  gemeinschaftlichen 
Seitenlinien  liegen. 

Liegt  der  Punkt  M  in  einer  der  drei  Geraden  selbst,  so  gehört  er 
zweien  Räumen  F,  U  oder  F,  V  oder  ü,  V  gleichzeitig  an  und,  wie  leicht 
SU  sehen ,  bestehen  die  beiden  hierauf  bezüglichen  Relationen  dadurch  si- 
Q^nltan,  dass  das  Dreieck,  welches  in  der  einen  das  entgegengesetzte  Zei- 
chen von  dem  hat,  das  es  in  der  andern  führt,  verschwindet.  Dies  Dreieck 
J8t  immer  dasjenige,  ovelches  die  beiden  Punkte  A,  B  oder  A,  C  oder  B ,  C 
in  deren  Verbindungslinie  M  liegt ,  mit  M  zu  Ecken  hat. 

Fälh  M  in  eine  Ecke  A,  B,  C^  so  gehört  dieser  Punkt  dem  Räume  F, 
<)inem  Räume  V  und  zweien  Räumen  ü  gleichzeitig  an.  Die  hierauf  bezüg- 
lichen ^vier  Relationeii  bestehen  auch  hier  simultan  und  zwar  wird  dies  di^* 


108  Ueber  die  Oleichung  der  Ebene. 

durch  möglich ,  dass  diejenigen  beiden  Dreiecke  verschwinden ,  welche  die 
Ecke  gemein  haben ,  mit  welcher  M  susammenfällt. 

Rückt  M  ins  Unendliche ,  so  bestehen  die  obigen  Relationen  ebenfalls 
fort,  nur  gehen  die  Dreiecke,  welche  ilf  zu  einer  Ecke  haben,  in  Parallel- 
streifen über. 

Da  die  aufgestellten  sieben  Relationen  sich  nur  durch  die  Vorzeichen 
von  einander  unterscheiden,  mit  welchen  die  Dreiecke  MBC^  MCA^  MAB 
behaftet  sind ,  und  also  aus  irgend  einer  von  ihnen  abgeleitet  werden  kön- 
nen ,  wenn  man  die  nöthigen  Bedingungen  über  den  Wechsel  dieser  Zei- 
chen hinzufügt,  so  genügt  es,  eine  derselben  als  die  allgemeine  aufzustel- 
len. Wir  wählen  hierzu  die  erste  und  stellen  sie  unter  folgender  Form  dar: 
A  MBC  A  MCA  A  MAß  _ 
'^  A  ABC  "^  Ä  ABC  '^  A  ABO  ~  "' 

Die  Bedingung  ihrer  Allgomeingültigkeit  ist  dem  Vorigen  zufolge  die, 
dass  jedes  der  drei  Verhältnisse  auf  d%r  linken  Seite  mit  dem  Zeichen  + 
oder  —  versehen  werden  muss ,  je  nachdem  die  beiden  Dreiecke ,  zwischen 
welchen  es  besteht,  auf  derselben  oder  auf  entgegengesetzten  Seiten  ihrer 
gemeinschaftlichen  Seitenlinie  liegen. 

Nun  bestehen  femer,  sowohl  hinsichtlich  der  absoluten  Werthe,  als 
auch  der  Vorzeichen ,  die  Gleichungen  (Fig.  38  und  39) 

A  MBC       €tM 


2) 


Aabc     m 

AMCA  _ßM 


AABC'^    ßB 
A  MAB  _  yM 
AABC~^' 
Von  dem  ersten  Thcile  dieser  Behauptung  überzeugt  man  sich  sofort; 
was  aber   die  Vorzeichen   betrifft,    so   erhält    nach    der   oben   gegebenen 

Erklärung  ein  Verhältniss ,  wie  — ,  das  Zeichen  + ,  wenn  aM  und  aA  gleiche, 

das  Zeichen  — ,  wenn  sie  entgegengesetzte  Richtung  haben.  Liegen  M  und 
A  auf  derselben  Seite  von  «,  so  tritt  der  erste,  liegen  sie  auf  entgegen- 
gesetzten Seiten  dieses  Punktes,  der  zweite  Fall  ein.  l5a  der  Punkt  a  aber 
in  der  Linie  BC  liegt,  so  liegen  die  beiden  Dreiecke  MBC  und  ABC  im  er- 
sten Falle  auf  derselben ,  im  zweiten  auf  entgegengesetzter  Seite  der  ge- 
meinscliaftlichen  Linie  BC  und  es  erhält  also  nach  dem  Obigen  das  Ver- 

A    JLIDQ 

hältniss  -r — --^7,  ebenfalls  das  Zeichen  +  oder  -  .    Es  stimmen  also  auch 
£\  AnL 

die  Vorzeichen  von  -j — ----  und  — -  überein.    Ebenso  verhält  es  sich  bei 
A  ABC  aA 

den  in  der  zweiten  und  dritten  Gleichung  vorkommenden  Verhältnissen. 

Addiren  wir  jetzt  diß  drei  Gleichungen  2),  so  folgt  mit  Rücksicht  auf  1) 

ganz  allgemein 

^.ß^yM^^ 

oA'^  ßB^  yC 

wie  zu  beweisen  war. 

2.    Wir  wollen  jetzt  zeigen,   dass  unser  Satz  auch  noch  gilt,    wenn 

einer  der  Punkte  Ay  B^  Cy  z.  B.  C,  im  Unendlichen  liegt.     Da  in  diesem 

Falle  die  Linien  AC  und  BC  parallel  laufen ,  so  geht  die  Fläche  F  in  einen 


Von  Dr.  W.  Schall*  1*09 


halben  Parallelstreifen  über ,  welchen  einer  der  Räume  ü  ergänzt ;  die  bei* 
den  anderen  Räume  U  fallen  mit  deh  Räumen  der  Nebenwinkel  von^^  und 
B  zusammen;  ein  Raum  F  yerschwindet  im  Unendlichen,  während  die  bei- 
den anderen  bleiben  (Fig.  40).  Nun  erkennt  man  sogleich ,  dass  unter  den- 
selben Bedingungen  der  Allgemeinheit,  welche  unter  1.  aufgestellt  wurden, 
auch  jetzt  noch  die  Relation 

MBC  +  MCA  +  MAB  —  ABC 
Qnd  also  auch  die  folgende 

MBC  MCA  MAB   _ 

^^  AABC'^  AABC^  AABC~^ 

besteht.    Femer  sieht  man ,  dass ,  wenn 

a)  der  Punkt  M  in  den  Halbparallelstreifen  F  oder  in  seine  Ergänzung  ü 
fällt, 

AMAB  =  A^MAy  +  AMBy, 
dass  dagegen 

b)  wenn  M  in  einen  der  Räume  U  oder  V  fällt,  welche  durch  die  Linie 
BC  von  F  und  seiner  Ergänzung  geschieden  werden , 

A  MAB=zA  MAy  —  A  MBy, 
sowie,  dass  wenn 

c)  M  in  einem  der  Räume  ü  oder  V  sich  findet ,  welche  durch  AC  von  F 
und  seiner  Ergänzung  getrennt  sind, 

AMAB  =  A  MBy  —  A  MAy 
wird. 

Fasst  man  diese  drei  Fälle  in  einen  zusammen,  so  kann  man  sagen, 
dass  allgemein 

A  MAB  —  A  MAy  —  A  MBy  =  0 
iüt,  wenn  man  dabei  festhält,  dass  ein  Dreieck  wie  MAy  oder  MBy  das  Zei- 
chen ändert,  sobald  die  dem  ilf  gegenäberliegende  Seite  Ay  oder  By  ganz 
in  die  Verlängerung  von  AB  fällt.     Dividiren   wir  diese  Gleichung  mit 
A  ABC  und  subtrahiren  sie  von  der  Gleichung  3) ,  so  kommt 
MBC  +  MBy       MCA  +  MAy  _ 
A  ABC       ■*"       A  ABC      ~  ^ ' 
oder  weil 

MBC  +  MBy  =  CBy 
MCA  +  MAy  =  CAy 
ist, 


Weiter  ist  aber 


CBy  CAy     _ 

AABC^  Aabc~ 


CBy     _ 

uM 

AABC 

ttA 

CAy    _ 

ßM 

AABC 

ßB' 

daher  hat  man 

rtM       ßM 
aA  '^  ßB 

=  1. 

Da  der  Punkt  C  im 

Unendlid 

\ion  liegt,  so  ist 

•  yl-^o 

yC 


1 10  üeber  die  Gleichung  der  Ebene. 

nnd  also,  wenn  man  dies  addirt, 

aJ^  ßR^  yC~    ' 
wie  zu  beweisen  war. 

3)  Hückea  zwei  Punkte  B  und  C  ins  Unendliche  (Fig.  41),  so  geht  i 
in  den  Winkelraum  A^  zwei  Räume  U  in  die  der  Nebenwinkel  von  A  ttber 
der  dritte  Kaum  U  verschwindet  im  Unendlichen,  ebenso  zwei  Räume  V 
und  von  dieser  letzteren  Art  bleibt  nur  der  Scheitclraum  von  A.  Man  sieht 
leicht,  dass  auch  hier  noch 

MBC  +  MCA  +  MAB  =  ABC 
oder 

MBC       MCA        MAB    _ 

ABC  """  ABC  -      ABC  ~  ' 
ist,  obgleich  hier  MCA  und  MAB  Halbparallelhtreifen ,  MBC  uftd  ABC  Win- 
kelrüume  sind.    Auch  hier  ist  noch 

MBC       aM 


ABC        aA 

MCA        AM       ßM 

ABC        aA        ßB 

MAB       AM       yM 

ABC  ~  aM^  yC 

und  folglich 

•''+;r+'';^= 

aA  ^  ßB  ^  yC 

Allpin  weil 

aM 

aA 

r=-o 

ßB 

y^^=o 

yC 
wird ,  so  löst  sich  diese  Gleichung  in  eine  bedeutungslose  Identität  auf. 

Der  im  Vorstehenden  bewiesene  Satz  drückt  die  Bedingung  aus,  welche 
erfüllt  sein  muss ,  wenn  ein  Punkt  M  in  dor  Ebene  dreier  fester  Punkte  A^ 
B,  C  liegen  soll.  Denn  sobald  M  aus  dieser  Ebene  heraustritt,  so  schnei- 
den die  Geraden  MA ,  MBy  MC  die  Seiten  des  Dreiecks  ABC  nicht  mehr,  es 
hören  also  die  Momente  aM,  ßM,  yM,  aA,  ßB,  yC  auf  zu  existiren.  Unser 
Satz  ist  daher  ein  Ausspruch  der  charakteristischen  Eigenschaft  der  Ebene 
und  kann  in  Folge  dessen  dazu  dienen ,  eine  Gleichung  für  die  Ebene  zu 
entwickeln,  wie  wir  dies  sogleich  sehen  werden. 

n. 

Es  werde  die  Ebene  E  auf  irgend  ein  rechtwinkliges  oder  schiefwinkli- 
ges Parallelcoordinatensystem  der  ar,  y,  z  bezogen  (Fig.  4*2)  und  seien  y/,  B, 
C  die  Durchschnittspunkte  derselben  mit  den  Axen  der  .r,  y,  z  und  also  AB, 
BC,  CA  ihre  Kantenlinien  in  den  Ebenen  der  xy,  yz,  zx.  Die  Entfomungon 
der  Punkte  A,  B,  C  vom  Coordinatenursprung  0,  nämlich  die  Strecken  OA, 
OB,  OC  bezeichnen  wir  mit  a,  h,  c;  die  Ooordinaten  eines  beliebigen  Punk- 
tes M  der  Ebene  seien  x ,  y,  z. 


Von  Db.  W.  Schall.  11t 

1.  Nehmen  wir  znnXehst  an,  es  seien  n,  ft,  c  alle  endlich  und  po- 
sitiv. Dnrch  den  Pnnkt  M  and  die  Axe  x  legen  wir  eine  Ebene,  welche 
die  Ebene  E  and  die  der  yz  in  den  Geraden  Äa  and  Oa  schneiden  wird, 
deren  Durchschnittspankt  a  auf  der  Geraden  BC  liegt.  Ziehen  wir  nun 
darch  M  eine  Gerade  parallel  der  x  -  Axe ,  so  ist  das  Stück  Mp  derselben 
von  M  bis  snm  Darchschnitt  dieser  Geraden  mit  Oa  die  Coordinate  x  des 
Paliktes  M  und  es  besteht  sowohl  dem  absoluten  Werthe  als  auch  dem  Vor- 
zeichen nach  die  Gleichung 

€tM  X 

aA        a  ' 
Ersteres  sieht  man  sofort  vermöge  der  Aehnlichkeit  der  Dreiecke  aMO 
und  aMp  ein,  letzteres  folgt  so.   Da  a  positiv  ist,  so  hängt  das  Zeichen  von 

-  nur  vom  Zeichen  des  x  ab.    Die  Grenze  für  die  positiven  und  negativen 
fl  ■  •     • 

Werthe  von  x  bildet  aber  die  xz  -  Ebene ;  die  Grenze  für  die  positiven  und 

aM 

negativen  Werthe  von  — j  ist  aber  nach  den  Entwickelangen  unter  I.  die 

Linie  BC  und  da  diese  in  derselben  Ebene  liegt,  ebenfalls  die  xz- Ebene, 

Daher  stimmen  —  und  —  auch  im  Vorzeichen  überein. 
a  aA 

Legt  man  ebenso  dnrch   die  ^-Axe  und  den  Punkt  3f  eine  Ebene, 

welche  die  Linie  ^Am  ß^  und  durch  die  c-Axe  und  M  eine  Ebene,  welche 

AB  in  Y  schneidet,  so  erhält  man 

ßM_l    rJ^  —  1 

ßB    .     b'    yC         c 
Addirt  man  nun  die  drei  Gleichungen,  so  folgt  mit  Rücksicht  auf  I. 

-  +  1  +  7='' 

a         0         c 
welches  die  Gleichung  der  Ebene  ist. 

3.  Ist  einer  der  Parameter  z.  B.  negativ,  so  sind  die  Grössen 

nM       ,  X 

— 7  und  — 
aA  a 

Absolut  gleich ,  aber  von  entgegengesetztem  Zeichen ,  mithin 

aM  X 

nüthin  ist  die  Gleichung  der  Ebene 

a^   b*^  c 

Aehnlich,  wenn  noch  ein  anderer  oder  anch  alle  drei  Parameter 
negativ  sein  sollten. 

3.  Läuft  die  Ebene  parallel  der  or-Axe,  so  fällt  A  ins  Unendliche,  es 
wird  «  =  00  und 


mithin  bleibt  blos 

als  Gleichung  der  Ebene. 


aM  X 

aA  a 


!  +  -=-• 

b         c 


112  üeber  die  Gleichung  der  Ebene. 


4.  Läuft  die  Ebene  zngleich  auch  noch  mit  der  y  Achse  parallel ,  ist 

also  6  =  00  ,  so  bleibt  blos 

z 

-  =  1. 

c 

5.  Fällt  die  Ebene  mit  einer  der  Coordinatenebenen  s.  B.  der  xy  Ebene 
zusammen,  so  wird  0  =  0,  a==fr  =  co  und  die  Gleichung  geht  über  in 

2  =  0 

wie  man  sieht,  wenn  man  sie  unter  der  Form 

ab 
darstellt. 

6.  Verschwinden  alle  3  Parameter,  so  dass  «  =  6'=r:=0  wird,  wäh- 
rend ihre  Verhältnisse  endlich  bleiben,  nämlich 

a:6:c  =  A.:^:v, 
so  erhält  man  als  Gleichung  für  eine  durch  den  Ursprung  der  Coordinaten 
gehenden  Ebene 

J  +  i^  +  ^=o 

wie  man  sieht,  wenn  man  dieselbe  unter  einer  Form,  wie  z.  B. 

a  a 

x  +  -ry+-:Z  —  a 
o  c 

darstellt  und  für  —  ,    — ,  a    ihre   Werthe  — ,  — ,  0  eintetzt.    Um  die  Be- 

'b      c  ^     ** 

deutung  von  ü*  fi,  v  zu  erkennen,  denke  man  «,  6,  c  im  Momente  des  Ver- 
schwindens  und  falle  auf  die  Ebene  vom  Coordinatenursprung  ein  Perpen- 
dikel, dessen  Länge  ;>  gleichfalls  mit  a,  ^,  c  verschwindet.  Dann  ist,  wenn 
a^  ß,  y  die  Detenninantenwinkel  der  Richtung  dieses  Perpendikels  sind, 

a___      I 

p        cos  a  ' 

b  _      1 

p         cos  ß  ' 

c  I 


Hieraus  folgt 


a:b:c  ^^ 


p         cos  y 

1  1  I 


cos  a     cos  ß     cos  y 
und  weiter  durch  Vergleichung  mit  dem  obigen 

a:b  :l^  =  k:  fiiv 

1.                    111 
A  :  u  :  V  = : 3  :  . 

cos  a     cos  p     cos  y 

Es  sind  also  A,  f*,  v  Zahlen,  welche  den  Determinanten  des  im  Ursprünge 
auf  die  Ebene  errichteten  Perpendikels  umgekehrt  proportional  sind. 


Die  Ebene  ist  eine  von  den  vielen  Flächen,  deren  Gleichungen  sowohl 
für  rechtwinklige  als  schiefe  Coordinaten  in  der  allgemeinen  Form 

(7r+aA(f)'- 


I 


Von  Db.  W.  Schell,  113 


enthalten  sind.  Mit  Hilfe  des  im  Vorstehenden  unter  L  hewiesenen  Theo- 
rems gelangt  man  ohne  Mühe  auch  zu  den  Gleichungen  solcher  Flächen. 
Wir  wollen  hier  nur  das  Ellipsoid  betrachten. 

I.  £s  seien  n,  6,  c  irgend  drei  conjugirte  Diameter  eines  Ellipsoids, 

deren  Richtungen  wir  als  Richtungen  der  Achsen  eines  Coordinatensystems 

annehmen  wollen,   dessen  Ursprung  0  im  Mittelpunkt  der  Flttche  liegt. 

Durch  einen  beliebigen  Punkt  M  der  Fläche ,  dessen  Coordinaten  a: ,  y ,  z 

seien,  legen  wir  an  diese  die  Tangentenebene;  sie  trifft  die  Achsen  der  a:, 

y,  z  in  Punkten  A^  B,  C  und  die  Coordinatenebenen  ocy^  yz^  zx  in  den  Graden 

AB^  BC^  CA.   Durch  die  a:  Achse  und  den  Punkt  M  legen  wir  weiter  eine 

£bene ,  welche  das  Ellipsoid  in  eine  Ellipse  und  die  Tangentenebene  in 

einer  Graden  An^   nämlich  der  Tangente  dieser  Ellipse  in  if/,  sowie  die 

xz  Ebene  in  einer  Graden  Oa  schneidet ,  deren  Richtung  zur  Richtung  OA 

conjugirt  ist  (Fig.  43).   Zieht  man  nun  nach  Mp=zx  parallel  OA  und  MP 

parallel  Ocr,  so  hat  man 

aM X 

'iÄ~dA' 
Nun  ist  aber  einem  bekannten  Satze  über  die  Ellipse  zufolge 
OP.OA  =  x.OA  =  a* 
und  daher  wird 

aM X    /^Y 

Tertanscht  man  die  Achsen,  so  findet  man  ebenso 

ßM y__/»Y 

daher  ist  schliesslich  unter  Anwendung  des  unter  I.  bewiesenen  Theorems 

(7)'-(f^(7)  =  '- 

Um  die  Gleichung  der  Tangentenebene  des  Ellipsoids  im  Punkte  M 
(',  y,  z)  zu  finden,  genügt  Folgendes.  Ist  iV  ein  beliebiger  Punkt  dieser 
Ebene  mit. den  Coordinaten  £,  17,  {;  so  ist,  wenn  die  durch  N  und  die  Coor- 
dinatenachsen  gelegten  Ebenen  die  Graden  BCy  CA^  AB  in  a\  /?,  /  tre£Pen, 

aA        pB       y  C 
Nun  ist  aber,  wie  leicht  zu  sehen 

aA       OA       /^\        ö* 

^^i  ebenso 

ß'N^yfl  , 

ß'B        b^ 

y'C       c* 
Z«ltsclirm  f.  Mathematik  u.  Phyiik.  1.  8 


114  Ueber  die  Gleichung  der  Ebene.    Von  Db.  W.  Schell. 

mithin  ^^   .   PV   ,   ^i 

-^  +  1;^  +  ^='' 

2.  Kennt  man  für  irgend  eine  Fläche  die  Natur  der  ebenen  Schnitte, 
welche  durch  die  Achsen  der  x,  y^  z  geführt  werden  können  und  kann  man 
ans  der  Betraclitnng  diesei>  die  Achsenabschnitte  der  Tangentenebenen, 
nämlich  die  Strecken  OA^  OB,  OC  erhalten ,  so  ist  die  Gleichung  der  Fläche 

OA^  OB^  OC 
bedeuten  p,  <j,  t  die  Subtangenten  jener  ebenen  Schnitte,  so  wird 

OA^z-x+Q,      OB^=y  +  a,       OC=z  +  t 
und  also  die  Gleichung  der  Fläche 

Da  ^,  a,  T  als  Functionen  der  Koordinaten  .r,  y,  z  ausgedrückt  werden 
müssen,  so  ist  diese  Methode  insbesondere  dann  brauchbar,  wenn  diese 
Längen  nur  von  resp.  a:,  y,  r  allein  abhängen,  so  dass  etwa  p  =  qj)(.r), 
c=  i^(^),  T  =  xW  wird,  wie  dies  im  Obigen  der  Fall  ist.  Die  Gleichung 
der  Tangentenebene  ist  in  allen  Fällen ,  wenn  S ,  iy ,  f  laufende  Coordinaten 
auf  derselben  bedeuten 


3.  Schliesslich  möge  noch  bemerkt  werden ,  dass  analoge  Betrachtun- 
gen auch  zur  Auffindung  der  Gleichung  ebener  Curven  dienen  können.  So 
ist  z.  B.  für  die  Ellipse  (Fig.  7),  wenn  dieselbe  auf  zwei  conjngirte  Diame- 
ter OA  und  Ott  bezogen  wird  und  aA  die  Tangente  in  M  (o-,  y)  ist 

aM       AM  _ 
aA         Aa 
oder  weil 

aM_OP 

tä    in 

AM  _  PM 

1^~  Oa 
OP   ,    PM 

Da  nun  PJ^  die  Richtung  der  Polaren  des  Punktes  A  und  pM  die  der 
Polaren  von  B  ist,  so  sind  A,  P;  Z>,  //  und  rr,  p'^  Ä\  K'  zwei  Quadrupel  har- 
monischer Punkte,  mithin 

0P.0A  =  7W* 

0p,0ct  =  OE^ 
oder  weil 

OPzr=x,     Op-^y 
ist,  wenn  noch  die  halben  Diameter  07>  und  OA'mit  a  und  b  bezeichnet  werden 

x,OA  =  a^,       y  .  Oa  —  b\ 
mithin,  wenn  man  hieraus  OA  und  Oa  entnimmt  und  in  die  Gleichnng  I) 
einsetzt,  so  kommt  als  Gleichung  der  Ellipse 

^*    .    y* 
a»  ^  h^ 


Kleinere  Mittheilungen. 


XIV.    Disconn  de  M.  J.  lionvflle, 

prononc^  aux  fun^railles  de  M.  Sturm, 

le  Jeudiy  20  Decembre  1855. 


Messieurs. 

Le  g^omMre  sup^rieur,  rhomme  excellent  dont  nous  accompagnons 
les  restes  mortels ,  a  ^t^  pour  moi,  pendant  yingt  -  cinq  ans,  nn  ami  d^vou^ ; 
^  ptr  la  bont^  m^me  de  cette  amiti^ ,  comme  par  les  traits  d^un  caract^re 
Bilf  Uni  k  tant  de  profondeur ,  il  me  rappelait  le  mattre  v^n^r^  qui  a  goid^ 
ntes  Premiers  pas  dans  la  carri^re  des  matb^matiques ,  Fillustre  Ampere. 

M.  Sttirm  ^tait  k  mes  yeux  un  second  Ampere:  candide  comme  lai,  in- 
soQciant  comme  lui  de  la  fortnne  et  des  vanit^s  du  monde ;  tous  deux  joig- 
nant  k  Tesprit  d'invention  une  instmction  encyclop^diqne ;  n^glig^s  ou 
mtee  d^daign^s  par  les  babiles  qui  cberchent  le  ponvoir,  mais  exer^ant 
nne  haute  influence  sur  la  jeanesse  des  Cooles ,  que  le  g^nie  frappe ;  poss^- 
^&nt  enfin,  sans  Tavoir  d^sir^,  sans  le  savoir  peut-^tre,  une  immense  po- 
pnlarit^. 

Prenez  au  hasard  un  des  candidats  k  notre  Ecole  Polytecbnique ,  et 
^emandez  -  lui  ce  que  c^est  que  le  tb^orfeme  de  M.  Sturm :  tous  verrez  s'il 
r^pondra!  La  question  pourtant  n^a  jamais  ^t^  exig^e  par  aucun  pro- 
grimme :  eile  est  entr^e  d^elle-m^me  dans  Tenseignement,  eile  s'est  impos^e 
€omme  autrefois  la  tb^orie  des  couples. 

Par  cette  d^couverte  capitale ,  M.  Sturm  a  tont  k  la  fois  simplifi^  et 
perfectionn^ ,  en  les  enricbissant  de  r^sultäts  nouveaux ,  les  ^l^ments  d^al- 
fibre. 

Ce  magpiifique  travail  a  surgi  comme  un  corollaire  d'iroportantes  re- 
cberches  sur  la  m^canique  analytique  et  sur  la  m^canique  Celeste,  que  notre 
confr^re  a  donn^es,  par  extrait  senlement,  dans  le  Bulletin  des  Sciences  de 
H.  F^russac. 

Deux  beaux  M^moires  sur  la  discussion  des  4quations  diff^rentielles 
^  k  diff^rences  partielles ,  propres  aux  grands  problimes  de  la  pbysique 
luifth^matique  y  ont  ^t^  du  moins  publi^s  en  entier,  grÄce  k  mon  insistance. 
«La  post^riti  impartiale  les  placera  k  c6t^  des  plus  beaux  M^moires  de 
Lagrange. »  Yoilk  ce  que  j^ai  dit  et  imprim^  il  7  a  vingt  ans ,  et  ce  que  je 
r^pite  sans  craindre  qu*aujourd*bui  personne  vienne  me  reprocber  d'^tre 
trop  bardi. 

•  8» 


116  E^leinere  Mittheilangen. 

M.  Sturm  a  ^t^  le  coUaborateur  de  M.  Colladon ,  dans  des  exp^riences 
sur  la  compressibilit^  des  liquides,  que  rAcad^mie  a  honor^es  d'un  de  ses 
grands  prix. 

Nons  lui  devons  un  travail  curieux  sur  la  vision ,  un  Memoire  sur  Töp- 
tique ,  d'int^ressantes  *  rechercLes  sur  la  m^canique ,  et  en  particulier  un 
th^or^me  remarquable  sur  la  yariation  que  la  force  vive  ^prouve  lors  d'un 
changement  brusque  dans  les  liaisons  d'un  Systeme  en  mouvement.  Quel- 
ques articles  sur  des  points  de  detail  oment  nos  recueils  scientifiques. 

Mais ,  bien  qu'il  y  ait  de  quoi  suffire  k  plus  d'une  Imputation  dans  cet 
ensemble  de  d^couvertes  solidement  Fondues  et  que  le  temps  respectera,  les 
amis  de  notre  confr^re  savent  que  M.  Sturm  est  loin  d'^tre  \k  tout  entier, 
m^me  comme  g^om^tre.  Puissent  les  manuscrits  si  pr^cieux  que  quelques- 
uns  de  nous  ont  entrevus  se  retrouver  intacts  entre  les  malus  de  safamille! 
En  les  publiant,  eile  ne  d^parera  pas  les  chefs  -  d^oeuvre  que  nous  avons 
tant  admir^s. 

L'orfginalitm  dans  les  id^es,  et,  je  le  r^pite,  la  solidit^  dans  Tex^cu- 
tion ,  assurent  k  M.  Sturm  une  place  k  part.  H  a  en  de  plus  le  bonheur  de 
rencontrer  une  de  ces  v^rit^s  destin^es  k  traverser  les  si^cles  sans  changer 
de  .forme,  et  en  gardant  le  nom  de  Tinventeur,  comme  le  cylindre  et  la 
spbferc^  d'Archim^de. 

Et  la  mort  est  venue  nous  Tenlever  dans  la  force  de  T^e !  H  est  all^ 
rejoindre  Abel  et  Galois ,  Qöpel ,  Eisenstein ,  Jacobi. 

Ah  I  eher  ami ,  ce  n^est  pas  toi  qnil  faut  plaindre.  Echapp^e  aox  an- 
goisses  de  cette  vie  terrestre,  ton  &me  Immortelle  et  pure  habite  en  pais 
dans  le  sein  de  Dieu ,  et  ton  nom  vivra  autant  que  la  science. 

Adieu,  Sturm,  adieu. 


Prix   propos^s 

par 
TAcad^mie   des   Sciences*). 


L^Acad^mie  a  propos^,  sur  des  questions  math^matiques ,  plusieurs 
grands  prix  dont  nous  croyons  devoir  donner  ici  les  programmes.  La  solu 
tion  des  questions  auxquelles  ils  se  rapportent  serait  sans  aucun  doute  d^un 
tr^s  -  haut  intärßt  pour  les  gc^om^tres.  Tous  ces  prix  consistent  en  une  m^- 
daille  d'or  de  la  valeur  de  3000  francs ;  les  noms  des  concurrents  doivent 
ßtre  renferm^s  dans  un  billet  cacliet^  qu'on  n'ouvrira  que  si  la  pi^ce  est 
couronn^e.  Le  terme  de  rigueur  pour  le  d^pöt  des  M^moires  (qui  doivent 
^tre  adress^s  francs  de  port  au  Secr^tariat  de  TAcad^mie)  est  seul  difT^rent 
Voici  les  programmes  de  ces  prix  au  nombre  de  six. 

I. 

THEORIE  DES  PH^NOMÄNES  CAPILLAIRES. 

«iReprendre  Texamen  comparatif  des  th^ories  relatives  aux  ph^nomi- 
))  nes  capillaires ;  discuter  les  principes  math^matiques  et  physiques  sur  les- 
»quels  on  les  a  fond^es;  signaler  les  modifications  qu'ils  peuyent  exiger 


*)   Voyezy  pour  plus  de  d^tails^  les  Comptes  rendus^  tome  XLII,  s^ance  da  28  jan- 
vier  1806. 


Kleinere  Mittheilungen.  117 

npoar  s'adapter  aax  circonstances  reelles  dans  lesqnelles  ces  pL^nom^nes 
»s'accomplissent,  et  comparer  les  r^snltats  du  calcul  k  des  exp^riences  pr^- 
»cises  faites  entre  toutes  les  limites  d^espace  mesarables ,  dans  des  condi- 
iitions  telles,  que  les  effets  obtenns  par  chacuue  d^elles  soient  constants. » 
Terme  de  rigueur:  le  l*'  avril  1856. 

n. 

THlSORJSME  DE  FERMAT. 

«Trouyer,  pour  an  exposant  entier  qnelconque  /i,  les  Solutions  en  nom- 
»bres  entiers  et  in^gaux  de  T^quation 

^*  +  y*"  =  ^*  > 
•OQ  prouver  qu*elle  n'en  a  pas,  quand  n  est  >2.» 
Terme  de  rigueur:  le  1"  avril  1856. 

m. 

THEORIE  DES  MARIES. 

«Perfectionner  dans  quelque  point  essentiel  la  th^orie  math^matique 
des  Maries. 

Terme  de  rigueur:  le  i*'  mai  1856. 

IV. 

MOUVEMENTS  Gi^N^RAUX  DE  l'ATMOSPHERE. 

«Etablir  les  ^quations  des  monvements  g^n^raux  de  Tatmosph^re  ter- 
»restre  en  ayant  ^gard  k  la  rotation  de  la  terre ,  k  Taction  calorifique  du 
»wleil,  et  aux  forces  attractives  du  soleil  et  de  la  lune.» 

Les  auteurs  sont  invit^s  k  faire  voir  la  concordance  de  lenr  th^orie 
Avec  quelques  -  uns  des  mouvements  atmospb^riques  les  mieux  constat^s. 

Lors  m^me  que  la  questipn  n'anrait  pas  ^t^  entiörement  r^solue,  si 
Tanteur  d*un  Memoire  avait  fait  quelque  pas  important  vers  la  Solution, 
TAcad^mie  pourrait  lui  accorder  le  prix. 

Terme  de  rigueur:  le  I"  janvier  1857. 

V. 

^QUILIBRE  INTERIEUR  DES  CORPS  ^LASTIQUES. 

«Trouver  les  integrales  des  ^quations  de  requilibre  int^rieur  d'un  corps 
»solide  eiastique  et  homogene,  dont  toutes  les  dimensions  sont  finies,  par 
»exemple,  d'un  parall^lipip^de  ou  d'un  cjlindre  droit;  en  supposant  con- 
»111168  les  pressions  ou  tractions  inegales  exerc^es  aux  diff^rents  points  de 
»sasorface.» 

Terme  de  rigueur :  le  1*'  avril  1857. 

VI. 

MOUYEMENT  DE  LA  CHALEUR  DANS  UN  ELLIPSOIDE. 

«Trouver  Tint^grale  de  T^quation  connue  du  mouvement  de  la  chaleur, 
»pour  le  cas  d'un  ellipsoide  bomog^e ,  dont  la  surface  a  un  pouvoir  rayon- 
»nant  constant,  et  qui,  apr^s  avoir  ^t^  priraitivement  ^chauff^e  d'une  ma- 
»niire  quelconque,  se  refroidit  dans  un  milieu  d'une  temperature  donn^e.» 

Terme  de  rigueur:  le  l**  octobre  1857. 


NouB  ajouterons  encore  le  programme  du  prix  Bordin.  Quoique  la 
IQestion  propos^e  se  rattacbe  surtout  k  la  pbysiquo  exp^rimentale  propre- 
inent  dite ,  eile  n^est  pourtant  pas  sans  quelque  liaison  avec  les  questions 
math^matiques  qui  pr^c^dent,  par  exemple  avec  celle  des  mouvements  g^- 
Q^raux  de  l'atmosphire. 


118  Kleinere  Mittheilungen. 


PRIX  BOEDIN. 

Fea  M.  Bordin,  ancien  notaire,  ayant  l^gn^  k  TAcad^mie  nne  rente  de 
irois  mitte  francs  pour  la  fondation  d'un  prix  annuel  «  k  la  meilleare  compo- 
sition  sur  des  sujets  ayant  pour  but:  Tint^r^t  public,  le  bien  de  Thumanit^, 
les  progres  de  la  science  et  Thonneur  national. » 

L^Acad^mie  a  d^cid^  que  ce  prix  serait  d^cem^  alternativement  dans 
les  Sections  des  Sciences  math^matiques  et  dans  celles  des  Sciences  pby- 
siques. 

Elle  propose  en  cons^quence ,  pour  Fannie  18&6 ,  la  question  snivante 
pour  sujet  de  prix  dans  les  Sections  des  Sciences  matb<^matique8 : 

«  Un  thermometre  k  mercure  ^tant  isol^  dans  une  masse  d^air  atmosph^- 
»rique,  limit^e  on  illimit^e,  agit^e  ou  tranquille,  dans  des  circonstances 
»telles,  qu'il  accuse  actuellement  une  temp^rature  fixe,  on  demande  de  d^- 
»terminer  les  corrections  qu'il  faut  appliquer  k  ses  indications  apparentes, 
»  dans  les  conditions  d'exposition  oüi  il  se  trouve ,  pour  en  conclure  la  tem- 
»  p^rature  propre  des  particules  gazeuses  dont  il  est  environn^. » 

Ce  prix  consistera  en  une  m^daille  d'or  de  la  valeur  de  irois  mille  francs. 

Les  M^moires  devront  ^tre  d^pos^s,  francs  de  port,  au  Secr^tariat  de 
rinstitut  avant  le  l**  octobre  1856,  terme  de  rigueur. 


ZV.    Zur  Theorie  der  Ganunafonktion. 

Nach  einem  Yon  Gauss  in  den  Comment.  Gotting.  rec.  T.  II.  (1812) 
bewiesenen  Satze  kann  die  Funktion 

1  _  00 

0  0 

als  der  Grenzwertb  angesehen  werden,  welchem  sich  das  Produkt 

I  .  2  .  3  .  .  .  yt ^ 

^(^  +  0(^  +  2). ..(^  +  N)" 
bei  unendlich  wachsenden  n  nähert;  noch  etwas  genauer  lässt  sich  die  Sache 
dadurch  ausdrücken ,  dass  man  den  Werth  von  r{^)  zwischen  zwei  derar- 
tige Produkte  bringt,  welche  für  unendlich  werdende  n  gegen  eine  und  die- 
selbe Grenze  convergiren.    Hierzu  dient  folgende  Betrachtung. 
Wendet  man  den  bekannten  Satz 

f{x  +  h)  —  f{x)  =  hr{x  +  eh),     I  >^>0 
auf  f{x)  =0*  an ,  so  ergiebt  sich 

a^  —  I  =ha^^la 

und  fÜrfl  =  --,Ä=  — 

"'(f)="(-=-)'-^ 

demgemäss  ist 

r{(,)z.T.nf'-t  l^l  —  z")        z      '     dt 

0 

und  daraus  wird  mittelst  der  Substitatiou  z^y* 


Kleinere  Mittheilungen.  119 

1 

0 
Setzen  wir  ^  als  positiv  voraus  und  nennen  k  die  nächst  grössere  ganze 
positive  Zahl ,  so  haben  wir  die  Ungleichungen 

1  >i  — ^>i_/r, 

deren  letzte  stärker  wird ,  wenn  wir  linker  Hand  statt  O  die  grössere  Ein- 
heit nehmen  und  rechter  Hand  die,  wegen  ^{k —  I)  <  k —  1  geltende, 
Ungleichung  ^  (1  —  Ar)  >  I  —  k  benutzen.    So  ist  nun 

«  >  w  —  1  +  O  (I  — fi)  >n  —  k, 
und  weil  y  die  Grenzen  0  und  I  nicht  überschreitet , 

Demgemäss  haben  wir 

1  ^l 

nf'jiX  -y)''-'  y-  dy  <  r(^)  <  n^ /(l  -  i/)^- '  y--'  dy 
0  0 

und  durch  Ausführung  der  angedeuteten  Integrationen,  wenn  n  als  ganze 
positive  Zahl  >/f  vorausgesetzt  wird. 

Hieraus  folgt  der  Gauss'sche  Satz ,  wenn  man  die  beliebige  Zahl  n  in's 
Unendliche  wachsen  lässt  und  berücksichtigt,  dass  das  erste. Produkt  nur 
^ie  k  Faktoren 

(,,-^^-l)(;,_^  +  2)...;» 

(fi  + /i  — Ar  +  I)  (^  + /»  — Ar +  2)  .  .  .  (<u+/0 
mehr  enthält  als  das  zweite  und  dass  diese  in  ihrer  Gesammtheit  für  n  =  oo 
den  Werth  1  geben.    Bezeichnet  man 

1  .  2  .  3  . . .  yt 

fi(ft+l)(fi  +  2)...(^  +  n) 
mit  Pft  und  setzt  im  zweiten  Theile  der  obigen  Formel  ;t  -{-  /:  für  ;t ,  so  hat 
man  auch 

n^/>„<r(fi)<(;i  +  Ar)^P« 
und  umgekehrt 


Am  einfachsten  gestalten  sich  diese  Verhältnisse,  wenn  ^  ein  positiver 
icbter  Bmcb,  mithin  k=\  ist. 


120  Kleinere  Mittheilongen. 

ZVI.    Oeometrische  Au^bo. 

In  der  Dresdener  mathematischen -Gesellschaft  stellte  Herr  Dr.  Balt- 
zer  die  Aufgabe: 

Durch  ein  gegebenes  Dreieck  ABC  eine  Transversale ,  welche  AC  in 
G  und  BC  in  H  schneidet ,  so  zu  legen ,  dass  die  Strecken  AG ,  BH  und 
GH  gleich  werden ; 
mit  der  allgemeineren  Forderung,  dass  jene  Strecken  sich  wie  drei  gege- 
bene Zahlen  verhalten  sollen ,  löste  der  Verfasser  die  Aufgabe  folgender- 
maassen. 

Zur  Abkürzung  sei  ^C=a,  CA  =  b,  AB  =  c,  BH=zx,  AGz=y^ 
GH=zz  und  x:yiz=za:ß:y\  man  bilde  unter  der  jederzeit  zulässigen 
Voraussetzung  a<^b  aus  den  Seiten  AG  und  GH  das  Parallelogramm  AGHF 
und  ziehe  die  Gerade  BF^  welche  AC  in  D  schneiden  möge.  Aus  ähnlichen 
Dreiecken  hat  man  jetzt 

HF       CD        ,  HF  y 

-—-  =  ---  mithm  CD  =  —^.CB^=:^a, 
HB       CB  HB  X     ' 

d,  i.  der  gestellten  Forderung  gemäss, 

li  *  CD—^a. 

^  o 

Ferner  geben  die  nämlichen  Dreiecke 

HF_CD^  y   _ß     a 

FB~DB^  ^^  FB~ä  DB' 
und  wenn  t/  mittelst  der  Proportion  y\zz=zß:y  durch  z  ausgedrtlckt  wird, 

z        y    ^ 

FB~'^  DB' 
Legt  man  ferner  durch  D  parallel  zu  GH  eine  Gerade,  welche  die  ver- 
längerte BA  in  E  schneidet ,  so  ist 

FA_DE  ^_:^ 

FB~  DB  ^  ^^  FB~'DB 
und  der  Vergleich  mit  dem  Vorigen  giebt 

2)  *  DE=^a. 

a 

Aus  den  Gleichungen  1)  und  2)  folgt  augenblicklich  die  Construktion ; 
man  bestimmt  nämlich  auf  CA  den  Abschnitt  CD  nach  Nr.  I)  und  beschreibt 

y 

aus  dem  Mittelpunkte  D  mit  dem  Halbmesser  —  a  einen  Kreis ,  welcher  BA 

im  Punkte  £  schneidet;  der  Durchschnitt  der  Geraden  BD  und  AF//DF  giebt 
den  Punkt  F,  yior&\i(  noch  FH//AC  und  HG //DE  7A\  ziehen  sind.  Da  der  Hilfs- 
kreis im  Allgemeinen  dfe  verlängerte  BA  zweimal  schneidet,  so  existiren  zwei 
der  Aufgabe  genügende  Transversalen,  von  denen  die  eineC^  und  CBy  die  an- 
dere die  Verlängerungen  dieser  Seiten  schneidet.  —  Für  a  =  ß  =  y  wird  sehr 

einfach  CD  =  DE=CB',  für  «=1,  /3  =  i-,  y  =  -  erhält  man  ax  ~  by 

=  c-:,  CD^  -  \xndDE=--. 
b  c 

Die  obige  Aufgabe  ist  sehr  wohl  geeignet,  den  vortheilhaften Gebrauch 

von  Hilfslinien  zu  zeigen;  ohne^iese,  z.  B.  analytisch  behandelt,  führt  sie 

auf  ziemlich  verwickelte  Betrachtungen.  "^ 


Kleinere  Mittheilungen.  121 

ZVn.    Einige  trigonometAsche  Fomeln. 

In  dem  reichhaltigen  Apparate  von  Formeln,  womit  die  ansführliche- 
ren  Lehrbücher  der  Trigonometrie  versehen  sind ,  dürften  wohl  auch  fol- 
gende Gleichungen  Platz  finden,  auf  die  mich  Herr  Dr.  Baltzer  hier 
aufmerksam  gemacht  hat: 

5m*  {w  +  ili)  =  sin*  q),  +  sin*  t/;  +  2  sin  q>  sin  t/;  cos  (<p  +  ij^) , 
sin*  (<p  —  if')  =  sin*  q>  +  sin*  ^  —  2  sin  <p  sin  '^  cos  (tp  —  i^) , 
co#*  (g>  +  ^)  =  cos*  <p  +  sin*  t(;  —  ^cos  fp  sin  ^  sin  (q)  +  ^)  ^ 
cos^  {(p  —  ^)  =  cos*  q>  +  sin*  t/;  +  2  cos  q>  sin  t/;  sin  (<p  —  i^). 
Da  die  Beweise  für  dieselben  sich  unmittelbar  von  selbst  darbieten,  so 
tibergehe  ich  sie  und  erwähne  nur  den  vortheilhaften  Gebrauch ,  der  sich 
von  den  obigen  Formeln  machen  lässt.    Nicht  selten  hat  man  es  nämlich 
mit  drei  Gleichungen  zu  thun,  deren  erste  auf  stitg)  oder  cosq>  reducirt  wer- 
den kann,  deren  zweite  entweder  sin-p  oder  cosi^f  giebt  und  deren  dritte 
entweder  9  +  t^  oder  9 —  tf;  kennen  lehrt;  in  allen  diesen  Fällen  dient  eine 
der  obigen  Gleichungen  zur  Aufstellung  einer  vierten  Beziehung,  worin  die 
Winkel  fp  und  tf;  nicht  mehr  vorkommen.     Mit  anderen  Worten,  die  ge- 
nannten Formeln  *geben  unter  jenen  Voraussetzungen  eine  rasche  Elimina- 
tion. —  Wendet  man  z.  B.  die  erste  Formel  auf  das  geradlinige  Dreieck 
für  tp  =  A^  ^  =  ^ 

a  b 

sinA^=  —  sinC,        sinB=s  —  sinC,     A+  B=\W—C 
c  c 

an,  so  erhält  man  augenblicklich 

c*^=a*  +  b*  —  ^ab  cosC. 

In  dem  Pothenot'schen  Probleme   kennt  man  die  gegenseitige  Lage 

dreier  Punkte  Ay  B^  Cy  mithin^C==  a,  CA  =  by  LaCB  =  y  und  ausserdem 

die  an  einem  vierten  Punkte  D  gemessenen  Winkel  BDC  =tt  und  ADC=ß\ 

will  man  nun  sogleich  die  Diagonale  CD^=z  berechnen ,   so  setze  man 

LCBD  =  9>,  LCAD  =  ij;  und  beachte  die  Gleichungen 

z  z 

sinq)=z  —  sin  «,         sin  t/;  =  —  sinß^       <p  +  ^  =360° —  (a  +  ß+y)- 

Die  erste  trigonometrische  Formel  giebt  dann  sofort  dre  rein  quadrati- 
sche Gleichung 

.  •/     .  /)  .     X        rsin*a    .    sin*ß  ,  ^sinasinß        ,    .    _  ,     ."1    _ 

zar  Berechnung  von  2. 

Hat  man  eine  Standlinie  AB  ■=•  c  und  an  den  ausserhalb  derselben  lie- 
genden Punkten  C  und  2>  die  Winkel  ACB  =  a ,  BCB  =  /?,  CDA  =  y,  ABB 
=  ^  gemessen  und  will  die  Entfernung  der  Punkte  CD  direct  berechnen,  so 
setze  man  CD  =  z^  LABC^=^  9,  LBAD  =  t/;;  es  ist  dann 
AC    .  ,^  *i>i  y 

^         c  sin^a  +  ß-k-y) 


mithin 

Qnd  auf  ähnliche  Weise 

endlich  9  +  ^  =  /3  +  y- 


z        stnastny  z 

Stn  CD  = : — 7 ; — rr^. :  =  —  m , 

^         c   stn{a  +  ß  +  y)        c      ' 


sin  ß  sind  z 

c  sm(ß+y  +  d)        c 


122  Kleinere  Mittheilangen. 

Durch  Anwendnng  der  ersten  nnserer  trigonometrischen  Formeln  fin- 
det sich  nun  für  z  die  rein  quadratische  Gleichung 

worin  tn  und  n  zur  Abkürzung  benutzt  worden  sind. 


ZVnL    Ein  Paar  Satze  vom  Dreieck  nnd  Viereck. 

1.  Durch  ein  beliebiges  Dreieck  ^^C  sei  eine  Transver- 
sale gelegt,  welche  AB  in  C|,  AC  in  B^  und  BC  in  A^  schneidet; 
die  Mittelpunkte  der  Strecken  B^C^y  ^i-^^n  A^\  mögen  der 
Reihe  nach  ^oi  ^oi  ^o  heissen.  Die  Geraden  AA^^  BB^^  CC^ 
schneiden  die  Dreiecksseiten  BC,  CA^  AB  in  drei  in  gerader 
Linie  liegenden  Punkten. 

2.  Durch  ein  beliebiges  Viereck  ABCDy  dessen  Gegen- 
seiten AB  und  CD  sich  in  £*,  dessen  andere  zwei  Gegenseiten 
^CundD^sich  iujP*,  und  dessen  Diagonalen  sich  in  (?  schnei- 
den, sei  eine  Transversale  gelegt,  welche  a6  nnd  CD  \u  üi 
und  17,,  BC  und  DA  in  F,  und  T,,  AC  und  BD  in  W^  und  W^ 
trifft;  die  Mittelpunkte  der  Strecken  V^ü^,  FtF,,  W^W^  mö- 
gen der  Reihe  nach  i7,  F,  W  heissen.  Die  Geraden  Eü^  FV, 
GW  gehen  durch  einen  und  denselben  Funkt. 

Der  erste  dieser  Sätze  ist  das  nach  dem  Reciprocitätsgesetze  gebildete 
Correlat  des  Satzes  vom  Schwerpunkte  des  Dreiecks;  das  zweite  Theorem 
entspricht  dem  Gauss^schen  Satze ,  die  Mittelpunkte  der  Diagonalen  eines 
Vierecks  betreffend.  Es  wäre  wünschenswerth ,  von  den  obigen  S&tzen 
ebenso  einfache  geometrische  Beweise  zu  haben,  wie  sie  für  die  entspre- 
chenden Theoreme  längst  bekannt  sind.  Schlömilch. 


XIX.  lieber  das  Alumininm  theilen  Prof.  Dr.  Heeren  und  Dir.  Kar- 
marsch  in  HSinover  folgende  bemerkenswertho  Thatsachon  mit. 

Auf  der  Pariser  Industrieausstellung  waren  einige  Dutzend  Aluminium- 
barren von  etwa  I  Fuss  Länge ,  1  Zoll  Breite  und  %  Zoll  Dicke ,  sowie  ein 
aus  diesem  Metall  gefertigter  kleiner  Becher  nebst  einigen  Löffeln  ausge- 
legt. Der  Verkauf  dos  Metalles  ist  der  Handlung  von  Rousseau  freres ,  Rue 
de  Vecole  de  medicine,  übertragen,  doch  erst  nach  wochenlangem  Harren  war 
die  bestellte  Probe  zu  dem  Preise  von  3  Francs  für  das  Gramm  (11%  Thlr. 
das  Hannoverische  Loth)  zu  erlangen.  Die  chemische  Analyse  derselben 
wies  den  nicht  unbedeutenden  Eisengehalt  von  4,6  Procent  nach  (die  Fa- 
brikation im  Grossen  geschieht  nämlich  in  eisernen  Retorten)  und  es  kön- 
nen daher  die  im  Folgenden  aufgeführten  Eigenschaften  nur  für  das  unreine 
Pariser  Aluminium  gelten. 

1.    Physische  Eigenschaften  und  V'erhalten  bei 
mechanischer  Bearbeitung. 

Eine  reine  blanke  Fläche  des  Aluminiums  erscheint  grauweis  von  einer 
Nuance ,  welche  zwischen  der  Farbe  des  Zinns  und  jener  des  Zinks  liegt. 

Die  Bruchflächen  zeigen  eine  körnige  Textur  und  zwar  um  so  feiner, 
je  mehr  das  Metall  einer  mechanischen  Bearbeitung  unterworfen  war  (siehe 
yreiter  unten). 


Kleinere  Mittheilungen.  123 

Das  specifische  Gewicht  ist  hei  Gussstticken  2,7302  bis  2,7636,  bei  ge- 
wabstem  Blech  2,7696  bis  2,7979.  Dieser  grossen  Leichtigkeit  zufolge  glaubt 
man  eher  ein  unecht  versilbertes  Stück  Holz  als  ein  Metallsttick  in  der 
Hand  zu  haben ;  gleichwohl  besitzt  das  Metall  eine  so  bedeutende  Festig- 
keit ,  dass  jedenfalls  eine  ungewöhnliche  Körperkraft  dazu  gehören  würde, 
eine  Barre  von  den  obenerwähnten  Dimensionen  zu  biegen  oder  abzubrechen. 

Ein  gegossenes  Aluminiumstäbchen ,  an  einem  Faden  freischwebend, 
mit  einem  harten  Körper  angeschlagen ,  giebt  einen  starken  und  schönen 
Klang. 

Im  rohen  Gussstück  ist  das  Aluminium  härter  als  Zinn ,  aber  weicher 
als  Zink  und  Kupfer,  etwa  von  gleicher  Härte  mit  feinem  Silber,  voraus- 
gesetst,  dass  letzteres  ebenfalls  roher  Guss  ist;  denn  Blech  und  Draht  von 
Feinsilber  ritzen  den  Aluminium -Gussstab,  sind  also  härter. 

Das  gegossene  Stäbchen  mit  der  Säge  querüber  nur  ganz  seicht  ein- 
geachnitten  liess  sich  an  dieser  Stelle  leicht  abschlagen  und  brach  mit  un- 
ebener, zackig  feinkörniger  Fläche,  auf  welcher  einzelne  Pünktchen  schim- 
merten ,  die  aber  im  Ganzen  ohne  Glanz  war.  War  kein  vorläufiger  Ein- 
schnitt gemacht,  so  bog  sich  das  Stäbchen  unter  den  Hammerschlägen  und 
brach  nur  widerwillig  ab. 

Das  Aluminium  ist  sehr  leicht  zu  feilen,  setzt  sich  aber  im  Feilhiebe 
fest  und  verstopft  denselben  wie  Blei  oder  Zinn.  Unter  dem  Hammer  zeigte 
sich  das  Gussstäbchen  geschmeidig ,  bekam  aber  bei  etwas  starkem  Aus- 
breiten viele  und  beträchtliche  Kantenrisse.  Zwischen  Walzen  gestreckt 
nahm  der  Gussstab  schon  nach  den  ersten  Durchgängen  Kantenrisse  an, 
welche  sich  fort  und  fort  vermehrten  und  ausbreiteten.  Das  gewalzte  Me- 
tall ist  leicht  zu  zerbrechen  und  zeigt  eine  matte  Bruchfläche  von  höchst 
feinem  Korn,  etwa  wie  gehärteter  Gussstahl  (nur  von  hellerer  Farbe  als 
dieser);  dabei  zeigt  es  einen  bedeutenden  Grad  von  Steifheit,  jedoch  ohne 
auffallende  Federkraft.  Blech ,  zu  Papierdicke  gestreckt,  verträgt  ziemlich 
das  wiederholte  Hin-  und  Herbiegen,  bevor  es  bricht.  Beim  Auswalzen 
var  das  Metall  über  der  Spirituslampe  angewärmt,  etwa  bis  zu  der  Tem- 
peratur, welche  bei  Zink  angewendet  wird  und  dort  ein  so  vortreffliches 
Mittel  zur  Erhöhung  der  Geschmeidigkeit  ist,  doch  konnte  hier  kein  Nutzen 
dieser  Operation  bemerkt  werden. 

Das  Aluminium  zu  Draht  zu  ziehen,  wollte  nicht  gelingen.  Bei  dem 
Versnche ,  von  einem  gewalzten  Stücke ,  dessen  Dicke  Vi  e  Zoll  betrug,  mit 
der  Seheere  Streifchen  zu  schneiden,  zerbrachen  diese  während  des  Schnei- 
dens schon  in  Trümmer.  Als  hierauf  Streifchen  von  viel  dünnerem  Bleche 
geschnitten  und  in  die  Löcher  des  Zieheisens  gebracht  wurden ,  war  es  un- 
möglich ,  dieselben  zu  ziehen ,  denn  stets  riss  die  vielmals  erneuerte  Spitze 
ab ,  sobald  nur  die  geringste  Zugkraft  auf  die  Zange  wirkte. 

Die  bei  den  letzteren  Operationen  beobachtete  geringe  Geschmeidig- 
keit legt  Dir.  Karmarsch  dem  Eisengehalte  des  Aluminiums  zur  Last  und 
ist  daher  geneigt  zu  glauben,  dass  zur  Anfertigung  der  in  Paris  ausgelegten 
Becher,  Löffel  etc.  ein  reineres  Metall  genommen  worden  sei. 

2.    Chemische  Eigenschaften. 
Das  Aluminium  hält  sich  an  der  Luft  sehr  gut  und  erträgt  selbst  Glüh- 
hitze ,  ohne  sich  beträchtlich  zu  oxydiren ;   nur  bildet  sich  dabei  •  auf  der 
Oberfläche  ein  Häutchen  von  Oxyd  (Thonerde) ,  wodurch  die  Theile  des 
Hetalla  dergestalt  eingehüllt  werden,  dass  ein  ZuBammenfliessen  zu  einem 


124  Kleinere  Mittheilangen« 


glänzenden  Metallkügelchen  nicht  erfolgt.  Man  ist  daher  heim  Schmelzen 
nnd  Giessen  genöthigt,  ein  Flnssmittel  anzuwenden,  wozn  sich  nach  Rose^s 
Empfehlung  sehr  gut  Chlorkalinm  eignet.  Noch  hesser,  obwohl  mühsam  zu 
bereiten,  ist  das  von  Deville  angewandte  Chloraluminiuranatrium.  Borax 
oder  Salpeter  können  hierzu  nicht  in  Anwendung  kommen,  weil  sie  das  Me- 
tall stark  sangreifen. 

Der  Schmelzpunkt  liegt  bei  geringer  Glühhitze  weit  unter  dem  des 
Messings.  Wenn  der  Schmelzpunkt  des  Zinks  hei  432^  C  und  jener  des 
Messings  zu  900^  C  angenommen  wird ,  so  schätzt  Prof.  Heeren  den  des 
Pariser  Aluminiums  zu  etwa  700^  C\  eine  genauere  Bestimmung  des  Schmelz- 
punktes schien  wegen  der  mangelnden  chemischen  Reinheit  nicht  wichtig. 

Besonders  merkwürdig  ist  das  Verhalten  gegen  die  verschiedenen  Auf- 
lösungsmittel. 

a)  Salzsäure  wirkt  ausserordentlich  heftig  ein  und  löst  das  Metall 
unter  stürmischer  Entwickelung  von  Wasserstoffgas  zu  einer  farblosen ,  hei 
längerem  Kochen  an  der  Luft  in  Folge  des  Eisengehaltes  sich  gelb  färben- 
den Flüssigkeit  auf. 

6)  Verdünnte  Schwefelsäure  verhält  sich  der  Salzsäure  ähn- 
lich ,  wirkt  aber  bedeutend  langsamer. 

c)  Concentrirte  Schwefelsäure  scheint  in  der  Kälte  gar  nicht 
zu  wirken ,  löst  aber  erhitzt  das  Metall  langsam  unter  Entwickelung  schwe- 
feliger Säure  auf. 

d)  Concentrirte  Salpetersäure,  sowohl  kalt  wie  warm,  wirkt 
nicht  im  Geringsten. 

e)  Verdünnte  Salpetersäure  übt  in  der  Kälte  und  selbst  beim 
Erwärmen  so  geringe  Wirkung,  dass  es  zweifelhaft  wird,  ob  die  ab  und  zu 
sich  entwickelnden  Gasbläschen  wirklich  einer-  stattfindenden  Auflösung 
oder  Oxydation  dos  Metalls  zuzuschreiben  sind. 

f)  Essigsäure  wirkt  in  der  Kälte  sehr  wonig  aber  doch  bemerk- 
lich, in  der  Wärme  schneller,  wobei  sich  Wasserstoffgas  entwickelt. 

g)  Aetzende  Kalilauge  bewirkt  schon  in  der  Kälte  die  Auflösung 
des  Aluminiums  mit  derselben  Heftigkeit  stürmischer  Wasserstoffgasent- 
wickelung  wie  Salzsäure,  wobei  sich  das  Eisen  in  Gestalt  eines  grau- 
schwarzen  ,  am  Sonnenlichte  glänzende  Flitterchen  zeigenden  Pulvers  ab- 
scheidet. 

Nach  diesem  Verhalten  gegen  die  verschiedenen  Auflösungsmittel  ge- 
hört das  Aluminium,  wie  das  Zink,  zu  den  elektropositiven  Metallen; 
es  steht  in  der  Reihe  derselben  dem  Zink  mindestens  gleich^  wenn  es  ihm 
nicht  noch  vorgehen  sollte,  wie  seine  Leichtlöslichkeit  in  Aetzlauge  be- 
weist ,  welche  selbst  in  der  Wärme  auf  Zink  kaum  merklich  einwirkt ,  wäh- 
rend sich  Ziukoxyd  ebenso  wie  Thonerde  mit  grosser  Leichtigkeit  in  Kali 
löst.  Nur  die  auffallende  Indifferenz  gegen  Salpetersäure  könnte  auf  den 
ersten  Blick  befremden ,  da  Zink  von  dieser  mächtigen  Säure  mit  fast  ex- 
plosionsartiger Heftigkeit  oxydirt  und  gelöst  wird.  Seitdem  man  aber  auch 
beim  Eisen,  einem  unstreitig  elektropositiven  Metalle,  die  Beobachtung 
gemacht  hat,  dass  es  in  Berührung  mit  concentrirter  Salpetersäure  in  einen 
elektronegativen  oder  passiven  Zustand  geräth,  ist  diese  Erscheinung 
beim  Aluminium  nicht  mehr  auffallend,  wenn  man  sich  vorstellt,  dass  letz- 
teres bei  Berührung  mit  Salpetersäure  dem  passiven  Zustande  mehr  als  das 
Eisen  und  zwar  in  solchem  Grade  anheimfällt,  das»  es  diesen  schon  durch 
verdünnte  Säure  annimmt. 


Kleinere  Mittheilnngen.  125 


Es  wftre  utm  interessant  gewesen,  diesen  Verhältnissen  weiter  nach- 
sngehen,  da  sich  gerade  das  Aluminium  zu  einer  solchen  Untersuchung  eig- 
net, aber  hier  Hess  die  Unreinheit  des  Metalls  keine  entscheidenden  Resul- 
tate hoffen.  Aus  demselben  Grunde  wurde  die  Absicht,  alles  disponibele 
Metall  zu  Legirungen  zu  benutzen,  aufgegeben.  Zu  erwähnen  ist  nur,  dass 
sich  das  Aluminium  mit  Quecksilber,  selbst  wenn  es  auf  kochendem  Queck- 
silber schwimmt,  nicht  vereinigt,  dass  es  dagegen  mit  Zinn  zu  einer  ziem- 
lich harten  aber  doch  streckbaren  Legirung  zusammenschmilzt.  Nach  De- 
Tille kann  es  mit  Blei  nicht  vereinigt  werden,  verhält  sich  also  in  dieser 
Beziehung  wie  Eisen. 

.  Nach  seinen  bis  jetzt  bekannten  Eigenschaften  gewährt  das  Aluminium 
keine  grosse  Nutzbarkeit ,  da  es  schon  wegen  seiner  unansehnlichen  Farbe 
und  noch  mehr  wegen  seiner  Leichtlöslichkeit  in  den  meisten  Säuren  und 
Alkalien  auf  die  Anwartschaft  als  Stellvertreter  des  Silbers  verzichten 
muss.  Wollte  z.  B.  der  Zufall,  dass  ein  Seifensieder  seine  Aluminium-Uhr 
auf  eine  mit  Lauge  verunreinigte  Stelle  legte,  so  würde  er  sie  durchlöchert 
wieder  aufnehmen. 

Sollte  es  gelingen ,  dieses  Metall  auf  leichte ,  wenig  kostspielige  Art 
im  Grossen  zu  produciren ,  so  könnte  es  in  vielen  Fällen  ein  Ersatzmittel 
für  Eisen  und  Zink  abgeben.  Die  einzigen  zur  Zeit  bekannten  Anwendun- 
gen des  Aluminiums  sind:  1)  bei  sehr  feinen  Waagen  zu  den  kleineren  Ge- 
wich tstticken ,  welche  in  Folge  der  Leichtigkeit  des  Metalls  viel  grösser 
ausfallen,  daher  weniger  leicht  verloren  gehen  und  auch  leichter  zu  justiren 
sind  als  die  aus  Messing,  Argen  tan  oder  Platin  gefertigten;  3)  zu  galvani- 
schen Apparaten ,  in  welchen  es  statt  des  kostbaren  Platins  und  der  in  vie- 
ler Hinsicht  unbequemen  Kohle  grosse  Yortheile  verspricht.  Für  diese 
letztere  Anwendung  wäre  auch  in  dem  Falle  eines  nicht  sehr  niedrigen 
Preises  auf  eine  allgemeinere  Verbreitung  des  Aluminiums  zu  rechnen. 
(Mittheil,  des  Hannöv.  Gewerbevereins.  1855.  Nr.  6.) 


XZ.  Eine  leichte  Methode,  arsenhaltige  Sohwefelsanre  vom  Arsenik 
n  befreien,  von  Buchner.  Die  im  Handel  vorkommende  Schwefelsäure 
ist  zuweilen  in  einem  unverhältnissmässigen  Grade  mit  fremdartigen  Stof- 
fen verunreinigt,  von  denen  manche  die  Säure  selbst  zur  gewöhnlichsten 
Verwendung  ganz  unbrauchbar  machen.  Sehr  störend  ist  der  oft  bedeutende 
Gehalt  derselben  an  arseniger  Säure.  Auf  die  Thatsache,  dass  sich  letztere 
durch  Einwirkung  der  Salzsäure  leicht  in  das  viel  flüchtigere  Arsenchlorid 
Terwandeln  und  dieses  bei  einer  weit  unter  dem  Siedepunkt  (325^)  der 
Schwefelsäure  liegenden  Temperatur  (unter  132°)  überdestilliren  lässt,  grün- 
det sich  die  von  Buchner  angegebene  (übrigens  schon  früher  von  Otto  — 
8.  dessen  Lehrbuch  d.  Chem.  1.  Aufl.  B.  IL  S.  450  —  angedeutete)  Methode. 
Nach  derselben  versetzt  man  die  arsenhaltige  Schwefelsäure  mit  ein  wenig 
Salzsäure  und  erwärmt  dieselbe,  oder  noch  besser,  man  leitet  durch  die 
erhitzte  Schwefelsäure  einen  massigen  Strom  von  salzsaurem  Gas.  Dadurch 
wird  alles  Arsenik  schnell  als  Chlorarsen  aus  der  Schwefelsäure  entfernt. 
Um  jede  Spur  von  Arsen  zu  vertreiben,  braucht  man  nur  nach  dem  Hin- 
durchleiten des  salzsauren  Gases  das  Erhitzen  noch  ein  wenig  fortzusetzen. 
Fast  zum  Ueberfluss  sei  noch  bemerkt,  dass  Chlorarsen  sehr  giftig  wirkt. 
Durch  dieses  Verfahren  wird  zugleich  die  in  der  rohen  Schwefelsäure  ge- 


126  Kleinere  Mütheilungen. 

wohnlich  noch  vorkommende  salpetrige  Säure   als  Chlor  -  Stickoxyd  mit 
verflüchtigt.  (Annal.  d.  Ghem.  n.  Pharm,  v.  Wöhler.  Bd.  94.  S.  341.) 


ZZL  Die  Oaiyerdiohtangsverfuche,  welche  Natterer  schon  früher 
angestellt  und  (Sitznngsber.  d.  kaiserl.  Akademie  der  Wissensch.,  mathem.- 
naturw.  Classe.  Bd.  Y.  S.  351,  1850  und  Bd.  VI.  S.657,  1851;  vergl.  Pog- 
gend.  Annal.  Bd.  63.  S.  132)  bekannt  gemacht  hat,  scheinen  den  Beweis  zu 
liefern,  dass  es  unmöglich  ist,  die  sogenannten  permanenten  Oase  durch 
blose  Anwendung  des  mechanischen  Druckes  in  den  tropfbarflttssigen  und 
festen  Aggregatzustand  zu  versetzen.  Dieselben  Versuche  haben  unzwei- 
felhaft dargethan,  dass  das  Mariotte'sche  Gesetz  für  hohe  Drucke  nicht 
mehr  giltig  ist,  sondern  dass  die  Gase  sich  bei  gesteigertem  Drucke  in 
einem  immer  geringeren  Verhältnisse  verdichten  lassen ,  und  dass  auch  bei 
gleichem  Drucke  die  Dichte  verschiedener  Gase  verschieden  ist.  Bezüglich 
der  letzteren  Punkte  hat  der  genannte  Experimentator  unter  Darlegung 
sowohl  hohen  persönlichen  Muthes  als  besonderer  praktischer  mechanischer 
Einsicht  wiederholte  Untersuchungen  angestellt  (Sitznngsber.  d.  kaiserl. 
Akad.  Bd.  XII.  S.  199,  1854;  vergl.  Poggend.  Annal.  Bd.  94.  S.  436)  mit 
einem  für  die  Natur  der  Sache  hinlänglichen  Grade  wissenschaftlicher 
Schärfe  und  Genauigkeit.  Der  Druck  des  comprimirten  Gases  im  Recipien- 
ten  wurde  in  ähnlicher  Weise  ermittelt,  wie  der  Druck  des  Dampfes  in 
einem  Kessel  durch  ein  gewöhnliches  Sicherheitsventil  gemessen  werden 
kann.  Zu  dem  Ende  war  am  Recipienten  eine  genau  cylindrische  Bohrung 
von  1,445  Wiener  Linien  Durchmesser  angebracht,  in  welcher  sich  ein  gut 
eingeschliffener  Stahlcylinder  hin  -  und  herbewegen  konnte  und  durch  wel- 
chen die  Oeffnung  verschlossen  wurde.  Zum  bessern  Verschluss  war  an 
dem  untern  Ende  des  Cylinders  eine  mit  Fett  getränkte  Lederkappe  be- 
festigt. Das  obere  stumpf  zugespitzte  Ende  des  Cylinders  ragte  etwas  aus 
der  Bohrung  heraus  und  wirkte  auf  das  System  zweier  in  einander  greifen- 
der einarmiger  Hebel  dergestalt,  dass,  wenn  der  Cylinder  durch  den  Druck 
des  Gases  gehoben  wurde ,  derselbe  gegen  den  kürzern  einen  Zoll  langep 
Arm  des  ersten  Hebels  drückte  und  dadurch  den  langem  11  Zoll  langen 
Arm  gegen  den  kurzen,  ebenfalls  1  Zoll  langen  Arm  des  zweiten  Hebels 
trieb ,  dessen  längerer  Arm  16  Zoll  lang  mit  einer  Waagschale  zur  Auf- 
nahme von  Gewichten  versehen  war.  Somit  hielt  ein  in  die  Waagschale 
gelegtes  Gewicht  einem  176  Mal  so  grossen  Drucke ,  der  auf  das  untere 
Ende  des  Cylinders  wirkte,  das  Gleichgewicht.  Die  Hebel  nebst  der  Waag- 
schale waren  durch  Gegengewichte  gehörig  balancirt,  so  dass  deren  Ge- 
wicht ausser  Acht  gelassen  werden  konnte.  Da  der  Durchmesser  des  Cy- 
linders 1,445  Wien.  Linien,  die  Grundfläche  desselben,  aufweiche  das  Gas 
drückte,  1,6412  Quadratlinien  enthielt,  so  übte  eine  Atmosphäre  einen  Druck 
von 8 1,377  Grammen  auf  den  Cylinder  und  es  entsprach  demnach  einem  Atmo- 

81  377 
Sphärendrucke  das  Gewicht  von  — ^—  =  0,462  Grammen  in  der  Waag- 
schale. Mit  Berücksichtigung  der  Reibung  des  Stahlcylinders  bei  seiner 
Bewegung,  zu  welcher  eine  direkte  Belastung  von  gegen  800  Grammen  oder 
ein  Druck  von  10  Atmosphären  erforderlich  war ,  konnte  durch  diese  Vor- 
richtung der  Druck  des  Gases  im  Recipienten  für  jeden  Moment  hinlänglich 
genau  bestimmt  werden.  Das  im  Recipienten  befindliche  Gas  wurde  seinem 
Volumen  nach  dadurch  gemessen ,  dass  es  durch  eine  mittelst  eines  Schrau- 


Kleinere  Mittheilongen.  127 


benhahns  Terschliessbare  Aasströmnngsöffhting  nnd  sodann  dnrch  einen 
Kantschnkschlanch  in  eine  Glasglocke  geleitet  wnrde,  welche  in  einer 
pneumatischen  Wanne  dnrch  Rollen  und  Gegengewichte  dergestalt  aufge- 
hangen war,  dass  sie  sich  in  dem  Maasse  hob,  als  Gas  in  sie  einströmte,  also 
stets  das  Gas  in  einer  dem  Drucke  der  Atmosphäre  entsprechenden  Di6hte 
enthielt.  Die  Glasglocke  war  in  80  gleiche  Raumtheile  getheilt,  deren  jeder 
dem  Rauminhalte  des  Recipienten  —  60  Kubikcentimeter  —  gleich  war. 
Indem  das  im  Reeipienten  comprimirte  Gas  langsam  und  successiv  (wofür 
•der  Schraubenhahn  entsprechende  Einrichtung  hatte)  in  die  Glasglocke  ge- 
leitet wurde ,  konnte  das  Volumen  desselben  bestimmt  werden. 

Saueristoff  Hess  sich  nur  bis  zu  einem  Drucke  von  1360  Atmosphären 
verdichten ,  weil ,  wie  schon  frühere  Versuche  gezeigt  hatten ,  das  Oel ,  wo- 
mit das  Ventil -Leder  getränkt  war,  sich  bei  höherem  Drucke  entzündete, 
wodurch  ein  Entzünden  des  Stahls  und  eine  Zerstörung  des  Rebipienten 
leicht  möglich  geworden  wäre.  Die  übrigen  Gase  wurden  im  Reeipienten 
Bowait  verdichtet,  bis  ein  Gewicht  von  1290  Grammen  in  der  Waagschale 
grade  noch  gehoben  wurde ,  was  einem  Drucke  im  Reeipienten  von  gegen 
1790  Atmosphären  entsprach.  Durch  wiederholtes  Herauslassen  einer  ge- 
wissen Quantität  Gas  in  die  Glasglocke  wnrde  nun  dieser  Druck  nach  und 
nach  vermindert  und  es  zeigte'  sich  dabei  eine  bedeutende,  für  verschiedene 
Gase  übrigens  verschiedene  Abweichung  vom  Mariotte^schen  Gesetze. 
Wäre  nämlich  dasselbe  bei  so  hohem  Drucke  noch  giltig,  so  hätte,* wenn 
10  Raumtheile  Gas  aus  dem  Reeipienten  gelassen  wurden ,  auch  der  Druck 
in  demselben  um  10  Atmosphären  abnehmen  müssen.  Allein  der  Druck 
nahm  bei  gleicher  Verminderung  der  Dichte  in  einem  für  die  einzelnen 
Gase  verschiedenen  und  um  so  stärkern  Verhältnisse  ab,  je  grösser  derselbe 
oder  die  Dichte  des  Gases  gewesen  war.  So  sank  der  Druck  .von  2970  At- 
mosphären ,  wenn  10  Raumtheile  Gas  entwichen,  nicht  um  10  Atmosphären, 
sondern  bei  Wasserstoffgas  um  101 ,  bei  Stickstoffgas  um  136,  bei  atmosphä- 
rischer Luft  um  131  und  bei  Kohlenoxydgas  um  163  Atmosphären.  Erst 
onter  einem  Drucke  von  78  Atmosphären  zeigte  sich  für  Wasserstoffgas, 
nnter  177  Atmosphären  für  Sauerstoffgas ,  unter  85  Atmosphären  für  Stick- 
stoffgas, unter  96  für  atmosphärische  Luft,  unter  127  Atmosphären  für 
Rohlenoxydgas  das  Mariotte'sche  Gesetz  giltig.  Desgleichen  entsprach 
einem  und  demselben  Drucke  von  2790  Atmosphären  nicht  dieselbe  Menge 
von  Raumtheilen  oder  dieselbe  Dichte  der  verschiedenen  Gase.  Bei  279a 
Atmosphären  Druck  waren  vom  Wasserstofi^ase  1008,  vom  Stickstoffgase 
706,  von  atmosphärischer  Luft  726,  vom  Kohlenoxydgase  727  Raumtheile 
im  Reeipienten  comprimirt.  Es  stellte  sich  somit  Wasserstoffgas  als  am 
meisten,  Stickstoffgas  als  am  wenigsten  zusammendrückbar  heraus.  Die 
jedesmalige  Menge  des  comprimirten  Gases  wnrde  durch  successives  Ent- 
leeren des  Reeipienten  um  je  10  Raumtheile,  bis  derselbe  vollständig  entleert 
war,  bestimmt.  Gleichzeitig  wurde  der  Druck  der  noch  im  Reeipienten  beffnd- 
licben  Gasmenge  auf  die  oben  angegebene  Weise  ermittelt.  Die  nachfol- 
gende kleine  Tabelle,  welche  einer  vollständigeren,  ans  mehrern  Versuchs- 
reihen von  Natterer  zusammengestellten  entnommen  ist,  zeigt  für  einzelne 
Drackhöhen  das  Verhältniss  des  Drucks  zum  Volumen  oder  der  Dichte  des 
Gases  and  die  Abnahme  des  erstem,  wenn  das  Volumen  um  je  IQ  Raum- 
theüe  vermindert  wird. 


128 


Kleinere  Hittheilangen. 


^^^^^^^»^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^>^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^,^^^^^^^»l^^^»^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^»^^^^^^^^^^^^^^»^»^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^ 


WasfleratoSgas* 

Stick»to%aä. 

Süiiersioffg««* 

Atmoaph.  LufL 

Kolli  enoxydgaa,  | 

Ld 

|g 

fe 

Bi 

b 

n 

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11 

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11 

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as 

1008 

2790 

705 

2790 

657 

1354 

726 

2790 

727 

2790 

998 

2ÖS9 

löl 

695 

2654 

136 

647 

1284 

70 

716 

2059  131 

717 

2627 

163 

9S8 

2594 

95 

6^5 

2522 

132 

637 

1218 

66 

706 

2531 

128 

707 

2477 

150 

978 

2505 

89 

075 

239i 

128 

627 

1 100 

58 

696 

2405 

120 

097 

2339 

138 

968 

2423 

82 

665 

2272 

122 

617 

1100 

54 

686 

2283 

122 

087 

2209 

130 

958 

2347 

70 

055 

2156 

HO 

607 

1050 

50 

676 

2165 

118 

077 

2088 

121 

508 

7O0 

(22) 

455 

729 

(35) 

507 

670 

(30) 

576 

1273 

(67) 

577 

1196 

(68) 

498 

085 

21 

445 

6Ö5 

34 

497 

641 

29 

566 

1212 

61 

567 

1133 

63 

488 

005 

20 

435 

662 

33 

487 

014 

27 

550 

U56 

56 

557 

1073 

60 

478 

046 

19 

425 

630 

32 

477 

588 

26 

546 

1101 

55 

547 

1016 

57 

408 

027 

19 

415 

600 

30 

407 

563 

25, 

530 

1047 

54 

537 

962 

54 

458 

öoe 

19 

405 

570 

30 

457 

539 

24' 

526 

993 

54 

527 

911 

51 

32i 

393 

0?^) 

265 

292 

(14) 

307 

322 

(12J 

376 

459 

(22) 

377 

424 

(lö) 

318 

379 

14 

255 

278 

14 

297 

310 

12 

360 

430 

20 

367 

408 

16 

303 

365 

14 

245 

205 

13 

287 

298 

12 

356' 

420 

19 

357 

394 

14 

298 

352 

13 

235 

252 

13 

277 

287 

11 

346 

401 

19 

347 

381 

13 

SB8 

339 

13 

225 

240 

12 

267 

276 

11 

336 

383 

18 

3S7 

368 

13 

278 

320 

13 

215 

228 

12 

257 

265 

11 

320 

367 

16 

327 

355 

13 

128 

134* 

(12) 

115 

118 

(in 

207 

210 

(11) 

126 

129 

(U) 

177 

182 

(H) 

IIS 

122 

12 

105 

107 

11 

197 

199 

U 

116 

'  118 

11 

107 

171 

11 

108 

111 

11 

95 

96 

u 

187 

188,  11 

106 

107 

11 

157 

160 

11 

98 

100 

II 

85 

85 

11 

177 

177 

11 

90 

00 

11 

147 

149 

11 

88 

89 

11 

75 

75 

10 

157 

107 

10 

86 

8Ü 

10 

137 

138 

11 

78 

7Ö 

11 

05 

05 

10 

157 

157 

10 

70 

76 

10 

127 

127 

11 

Ö8 

08 

10 

55 

55 

10 

147 

147 

10 

66 

06 

10 

117 

^1^ 

10 

58 

58 

10 

45 

45 

10 

137 

137 

10 

50 

56 

10 

107 

107 

10 

48 

48 

10 

35 

35 

10 

127 

127 

10 

40 

46 

10 

97 

97 

10 

88 

38 

10 

25 

25 

10 

117 

117 

10 

1  36 

30 

10 

87 

87 

10 

28 

28 

10 

15 

15 

10 

107 

107 

10 

20 

26 

10 

77 

77 

10 

XXTT.  Das  mannigfaltig  in  Anwendung  kommende  sogenannte  Camphii 
ist  nichts  anderes  als  vollkommen  gereinigtes  Terpenthinöl.  Um  dasselbe  zt 
bereiten  wird  Terpenthinöl  mit  einem  Zusatz  von  Wasser  und  ^^^  friscl 
gelöschtem  Kalk  destillirt ,  wodurch  es  weit  vollkommener  von  allen  harzi- 
gen Theilen  befreit  wird ,  als  bei  einer  einfachen  Destillation  ohne  Kalk 
Das  von  dem  mit  überdestillirtem  Wasser  abgenommene  Camphin,  welches 
gewöhnlich  durch  eingemengtes  Wasser  trübe  ist,  wird  mit  Löschpapiei 
(2 — 3  Bogen  auf  10  Pfund  Terpenthinöl)  geschüttelt,  bis  es  ganz  wasser- 
hell  ist,  und  dann  noch  durch  Löschpapier  filtrirt. 

(Dingler's  polyt.  Journal.  Bd.  137.  S.  209.) 


Druck  von  B.  G.  Teubner  in  Dresden. 


VIII. 
üeber  die  Fotenzenreihen  und  deren  Beste. 

Von   0.    SCHLÖMILCH. 


TT  enn  man  den  Rest  einer  nach  Potenzen  von  x  fortschreitenden  Reihe 
genau  ausdrücken  will,  so  hat  man  im  Allgemeinen  kein  anderes  Mittel, 
als  den  Mac  Laurin'schen  Satz  in  der  Fassung : 


1 .1 

••^1.2...(«  — 1)  ^     "' 


(Orf/; 


diese  Darstellung  des  Restes  leidet  aber  an  der  grossen  Unbequemlichkeit, 
dass  sie  die  independente  Angabe  von  Z*^"^  {cc)  oder  /^"^  {t)  voraussetzt,  wel- 
che letztere  in  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle  auf  sehr  complicirte 
Ausdrücke  führt.  Daraus  entspringt  nachher  einige  Schwierigkeit  für  die 
Bestimmung  der  Grenzen,  zwischen  denen  Rn  Hegt,  und  es  ist  sogar  nicht 
leiten,  dass  man  kein  Mittel  mehr  sieht,  um  bei  unendlich  werdenden  n 
den  Betrag  von  Lim  Ä„  aufzufinden.    So  z.  B.  erhält  man  für 

Qx  -/  V         Aresin  X 

3)  f{x)==-—= 

y  1  —  .x« 
sun&chst 

(l_a^)/"(x)  =  l  +  a:/^(a:), 
ferner  durch  m-malige  Differentiation  dieser  Gleiclmng, 

4)  ^>-4..>  (^y_  (2 »»  +  ')  ^  /•'">  C-^)  +  »'•  r'"- "  O^-) 

L  —  a:* 
QDd  hieraus  der  Reihe  nach 

/(o)  =r(o) =/•''' (o)....=o 
r(o)=i, 

/-"(0)  =  2V'(0)=2« 
fy  (0)  =  4»  f"  (0)  =  2»  .  4«   n.  K.  w., 
mithin 

Arciin  x  .«..2.4^. 


^/f^^  ■     »         '3.5 

ZeiUehi-m  f.  Mathematik  u.  Piiy^ik. 


3.0.7...  (2A •+  1) 


130  Ueber  die  Pot^nzenreihen  und  deren  Reste. 

der  Rest  aber  wird  sebr  complicirt,  wenn  man  aus  der  itecarsionsformel  4) 
eine  independente  Formel  für  /  ^"^  {x)  abzuleiten  versucht  oder  auch  /"<*>  (x) 
direct  durch  n- malige  Differentiation  des  Pröductes  (I — a^)  ^Jtrcsinx 
bestimmt.  Crleicbwobl  ist  im  vorliegenden  Falle  eine  sehr  einfache  Form 
des  Restes  zu  bekommen  und  zwar  auf  folgendem  Wege.  Einer  bekann- 
ten Reductionsformel  zufolge  ist 


f   x^dx    ^^a^-^y|-a»«      A  +  2    / 


X 


oder ,  wenn  zur  Abkürzung 


V\—^^%  y\—x^ 


gesetzt  wird, 

hieraus  ergiebt  sich  d^r  Reihe  nach 

X        2 

3  3 


Substitilirt  man  jode  Gleichung  in  die  nächste,  so  wird 

^'       ^3.5      ^         ^3.5...(a*+l) 

2.4.6....(2A)  (2 AH-2)  _ 

"•■       3.5....C2ATT) — ^"+' 

d.  i.  vermöge  der  Wcrthe  von  Pq  und  Pik^i 

Aresin  x  i2j,2.4.,  ,        2.4...  (2A)        ...  .  , 


+ 


2.4.6...(2A-)(2Ä  +  2)  1  i"  x^^-^hix 


J 


Bei  dieser  einfachen  PVrm  des  Restes  können  leicht  Grenzen  für  letzteren 
angegeben  werden;  schreibt  man  nämlich  das  Integral  in  der  Gestalt: 


s 


0     '^  I 

so  hat  man  für  das  Integralionsintcrvall  /  =  0  bis  /  rr-  x 

mithin 


Von-O.  SCHLÖMILCH.  131 


X       '  X  X 

y  f/  vT—T*     -t/x—g^J 


i  ^  y 


d.  i. 


X 


2Ar  +  3^e/    yT=7^       /r=^«2Ar+3' 

doT  Rest  der  yorigen  Reihe  liegt  also  zwischen 

2.  4.  6...  (2^  +  2)    a:^*-^3 

3.5.7. ..(aAr  +  äJ^Tir^ 

and 

2.4.6..  ..(2A:  +  2)a?.a*"H3  * 

3.5.7...(2Ar  +  3)  l—x*' 
daraus  folgt  sehr  leicht,  dass  R  bei  unendlich  wachsenden  k  gegen  die  Null 
conTergirt,  sobald  die  Bedingung  l>x>  —  1  erfüllt  ist. 

Nach  demselben  Verfahren  lassen  sich  alle  in  der  algebraischen  Ana- 
IjTsis  vorkommenden  Reihen  und  deren  Reste  mit  ebenso  grosser  Kürze  als 
Strenge  entwickeln ,  Wie  im  Folgenden  gezeigt  werden  soll. 

Die  binomische  Reihe.    Ans  der  bekannten  Reductionsforroel 

/;t*rfflr       _  a:*-H  I  ^— ^-1    f    x^+^  da: 

(l+a)/'+i  —  it+i  (|+.rf  "^     ^+1      J    {l+x)f*+^ 
0  ü 

ergiefat  sich ,  wenn 


gesetzt  wird, 


^+«    .    u  —  k—\  ^ 


nimmt  man  k  der  Reihe  nach  =  0,  1,  2,  3, . . .  (n —  l)  nnd  substitnirt  jede 
Gleichung  in  die  nächste ,  so  hat  man 

•  ^      3  ^  2.3 


(m- !)(>*— 2)...  (>.-«-!)  ^   ,  0^—  I)  (f*-2)...  ((*-/!)  „ 

••■^         ^     a.3...«  "^         "2:3....«  ^'" 

and  wegen 

•_(l+;ry-l 
-fo  —  ■ 

ergiebt  sieh  sofort 

(i  +  xy  =1  +  ii  ^  +  fL(fL:zl)^.+  ?ik:z.'l(^).r.  +  .... 

^'^  1  1.2  1.2.3 

'^    ^         1.2....n  "^  1.2...W 

Um  den  Rest  is  zwei  Grenzen  einzuschliesscn,  geben  wir  Pn  die  Form 

9* 


132  Uebcr  die  Potenzenreihen  und  deren  Reste. 


X 


dt 


und  bemerken,  dass  (1 +  /)"''*""*  jederzeit  zwischen  1  und  (1  +  a:)"-'*"-'  ent- 
halten ist;  es  folgt  daraus 

0  0     '  '  0 

d.  i. 

x"-^^   ^  P«_  >  1  a^+^ 

;,  +  !  <li  ^^a:)f'<  (I  +a:f+>  u+i 
Man  kann  demnach  sagen,  dass  P«  eine  Mittelgrösse  zwischen 

^(l  +  ar)^und^         - 
n+l^   ^    ^  n+\  i+x 

ist,  und  daher  den  binomischen  Satz  in  folgender  Form  darstellen 

5)  (l  +  a;)'*=I+(^),«  +  (^).a:'+(^),a» +  ......  . 


6)  ^  =  ^[('+-)''T^} 


Die  Bedingungen ,  unter  denen  der  Rest  bei  unendlich  wachsenden  n 
verschwindet,  ergeben  sich  hieraus  ohne  alle  Rechnung;  wenn  nämlich  die 
Reihe  I  +  {t^^t^  +  (f*)«^'  +  ...  bei  ihrer  Fortsetzung  in's  Unendliche  con- 
vergirt,  was  für  I  >  ir>  —  1  der  Fall  ist,  so  hat  man  eo  ipso 

folglich  auch 

Lim[{fx)„+iX-'^^Q]  =  0, 
weil  Q  zufolge  jener  Determination  zwischen  endlichen  Grössen  liegt,  also 
seibor  eine  endliche  Zahl  sein  muss. 

Die  Reihen  für  r'  und  /(a:+  1)  ergeben  sich  auf  bekannte  Weise  aus  der 

Gleichung  5) ;  setzt  man  nämlich  a:  =  ~  und  lässt  nachher  (i  unendlich  wer- 

den,  so  folgt 


7)  e'  ^l  +  -  + +  . . .  + 

.^/(6'^l); 


1.2-  '   1  .  2  . . .  ;i 


1.2...(n  +  l) 

zieht  man  ferner  von  beiden  Seiton  der  Gleichung  5)  die  Einheit  ab ,  divi- 
dirt  mit  fi  und  geht  zur  Grenze  für  verschwindende  ft  über,  so  bleibt 

8)     /(l  +  aO  =  |a:-ix*  +  ia»  — ...  +  (— 1)«^!  I  o:« 


n 


^  ^       ^    n+l  \  '  l+xj 


Für  die  Gleichungen  7)  und  8)  gilt  wieder  die  Bemerkung,  dass  die 
Reste  verschwinden,  sobald  die  Reihen  couvergiron. 

Die  trigonometrischen  und  cyclome trischen  Reihen.  So- 
wie die  Binomialreihe  als  die  Quelle  aller  Reihen  für  algebraische,  expo- 


Von  0.  ÖOHLÖMILCH.  133 

nentielle  und  logarithmische  Functionen  betrachtet  werden  kann,  so  lassen 
sieb  auch  alle  Reihen  für  trigonometrische  und  cy ciometrische  Functionen 
ans  den  Entwickelungen  von  cos  ^z  und  sitifAZ  nach  Potenzen  von  sin  z 
herleiten.  Hierzu  gelangt  man  ohne  Hilfe  imaginärer  Zahlen  auf  folgende 
Weise. 

Wendet  man  die  bekannte  Formel  der  theilweisen  Integration 

I  UV  dx  =u  j  V  dx  —    I  du    j  vdx 

zweimal  nach  einander  auf  das  Integral 

z 

Plf^2  =    /   5f>l*+2  zcos  ^z  dz 

an ,  indem  man  das  erste  Mal  u  =  sin^+^z  und  nachher  u  =^  sim*  +  '  2  cos  z 
setzt ,  so  findet  man  sehr  leicht 

{k  +  l)  (Ar  +  2)  /*4  =  f*  sin^^'^z  sin  fiz  +  (Ar  +  2)  5iw*+  ^zcosz  cos  ^  z 
+  [(Ar  +  2)«-^«]/>,+2; 
durch  eine  ähnliche  Rechnung ,  auf  das  Integral 

2 


Q^^2  =  I  W«*+^r  sin  fiz  dz. 


0 
angewendet,  ergiebt  sich  die  entsprechende  Relation 

{k+  l)  (Ar +  2)  Ot  =  —  fisin^-^'^  z  cos iiz+{k  +  2)  5m*+'c  cos  z  sin  fi: 
+  [(Ar+2)«-u«]£)4+2. 
Die  erste  Gleichung  multipliciren  wir  mit  sin  ^z,  die  zweite  mit  cos  fiz^ 
subtrahiren  und  setzen 

ük  =  Pk  sin  fi z —  Qk  cos  \kZ'^ 
wir  erhalten  dann  nach  Division  mit  (Ar+  I)  (Ar +  2) 

J)  ■*"(*+  1)  (*  +  2)  "^  (Ä  +  I)  (A  +  2)     *+•'' 

in  ähnlicher  Weise  ergiebt  sich  für  den  Ausdruck 

V\t  :=Pi(  cos  fiz  +  Qk  sin  fi z 
die  Relation 

sin'^^^zcosz        (/r  +  2)«-fi' 
^0)  ^*=        ^+,        +()t+,)()t  +  2)^^+^-  . 

Die  Gleichung  9)  nehmen  wir  zunächst  in  Anspruch  für  Ar  =  0,  2,  4,  6  ... . 
(2n  —  2)  und  substituiren  die  gefundenen  Gleichungen  in  einander;  dies 
giebt 

•       1.2  1.2.3.4  1.2.3.4.5.6  ^ 


M(2'->.')(4'->.')...(2>,-2--ft') 

•  +  ry.TT. . .  (2 «)  *'"     * 

_    (2«-^')(4»-^')....(2;i'-^') 
"*" 1.2.3....  (2;.)  ^'"- 


Vermöge  der  Bedeutung  von  Uk  ist 


134  Ueber  die  Poteiusenreihen  and  deren  Reste. 


Z  X 


Uo^=8in(iz  I  cos  i/kzdz  —  cos  (iz  j  sin  ^z  dz 

-  0  0 

sin  uz  I — cos  uz    »   I — cos  uz 

=^stnuz — cos.uz = 

.  ^     •  f*  f* 

also  durch  Substitution  in  die  obige  Gleichung 


11)         co,^z=l-^m«z-r-_^^^_^ 


snr  z  —  . 


1.2. 3. ...(2») 

>*(2'->*') (äy->**)„ 

f. 2.3.. ..(2«)  *^'- 

Zu  einem  ähnlichen  Resultate  führt  die  Gleichung  9) ,  wenn  man  sie  für 
Xr  =:  I,  3,  6, . . .  (3n —  I)  benatit  und  gleichzeitig  den  Werth 

..  siniiz — (isim 

.         ^' 1-^' 

beachtet;  man  findet  nämlich 

,(.'-,';..;.(2-^-v)^;,;^;;  - 

^  1.2.3....(2n  +  0 

■^  1:^7:7.  (^n+i)  ''•^'•+»'  ' 

Die  unter  Nr.  10)  verzeichnete  Relation  gestattet  zwei  entsprechende  An- 
wendungen und  giebt  für  Ar  =  0,  2,  4'.. .  (2n — 2) 

^.        siHfiz       fi     .  ia(2«— (Ä«)    .-      ,   ^(2«—^*)  (4*  —  ^«)    ,,      , 

'^^       -cJj-T'''''  +  ^\2i^ '''''+  1.2.3.4.6  "^^  +  " 

^(2«-^')(4«-^«)...(2-;^±:?-^') 
"^  1.2.3.... (2«  — 1)  ^'" 

^(2«-fi')(4«-^«)...(27;'-^»)    V^ 

1.2.3 (2w)  ro5z 

und  für  Ar=l,  3,  5,  ...(2«— I) 

...        cos(iz        ^    ,    V—fi*    .,      .    (it_^f)(3«_»t) 

^^>        -co77  =  ^  +  -T.r  "^^+  1   2.3.4— ^"^'^"" 

(l«-^')(3'-f.»)...(2^^'-^') 
"*^  1.2.3...  (2«) 

1.2.3 (2n+l)  co5r 

Die  nämlichen  Resultate  ergeben  sich  auch  durch  D.ifferenziation  der  Glei- 
chungen 11)  und  12). 

Was  nun  die  Reste  der  obigen  vier  Reihen  betriff,  so  kommt  es  nur 
darauf  an,  die  Grössen  ük  und  Vk  in  möglichst  einfacher  Gestalt  darzu- 
stellen.   Schreibt  man  zu  diesem  Zwecke 


Von   O.  SCHLÖMILCH.  136 


i  -  z 

Pk=  I  sin^  w  cos  ^fv  dw^         Q/^  =:  j  sin^  w  sin  ^w  dtv ^ 

0  d 

86  erhalten  ü^  and  Vk  die  Formen: 

r' 

15)  ük  =^  I  sit^  w  sin  f*  (z  —  w)  dw , 

0 

z 

16)  Vk  =  f  sinf' w  cos^{z  —  w)dw, 

0 
Ein  Paar  Grenzen  für  üi^  und   Fit  finden  sich  auf  folgende  Weise.    Wir 
schreiben  statt  Nr.  15) 

z 

««tt  (z  —  w)   , 

CO«  w       ^  ^ dw 

cosw 
0 

und  bezeichnen  mit  a  und  ß  das  Maximum  und  das  Minimum ,  welches  die 
gebrochene  Function 

sin  (IL  {z — w) 
cosw 
annimmt,  wenn  w  das  Integrationsintervall  0  bis  z  durchläuft;  damit  weder 
o  noch  ß  unendlich  werde ,  müssen  wir  voraussetzen ,  dass  cos  w  nicht  zum 
Verschwinden  komme ,  dass  also  der  grösste  Werth  von  iv,  nämlich  z ,  we- 
niger ala  ^n  betrage.  Unter  dieser  Bedingung  liegt  Uk  zwischen  den 
Grössen 

a  I  stn^  w  cos  w  dw^=  a- 


z 
üit=  j  sin''  w  i 


und 


demnach  ist 


*+' 


z 

/sin  ^  z 
sin''  w  cos  w  dw  =  ß  — ; 


wo  M  (a,  ß)  eine  zwischen  a  und  ß  liegende  von  k  unabhängige  Grösse  be- 
xeichnet.  Nennen  wir  entsprechend  y  und  d  den  grössten  und  den  klein- 
sten Werth ,  welchen  die  gebrochene  Function 

cos  (i  {z — w) 
cosw 
annimmt,  wenn-n^  das  Intervall  0  bis  z  durchläuft,  so  erhalten  wir  durch 
eine  ähnliche  Schlussweise 

sin'^^^z  V 

Unter  ider  gemeinschaftlichen  Bedingung  i»>2>  —  in  haben  wir  nun 
die  vier  Formeln 


■sm 


.a»-ii 


136  Ueber  die  Potenzenreihen  und  deren  Reste. 

^'^        ^  1.2.3.4.... (2m) 

+  (_^)-+l  ^^^'-^^ (f^'-^;^)  ,,•„..+, z.M{a,ß), 

^^      ^  1.2.3....(2«+l)  ^  ^^' 

18)  ,.«,z=  ^  *^  -  -   tV.  3-  ""'  ^  +   ^TTäJTT    -"""'  —  ■ 

..+(_,),>>(^'-'')--y-^')..v.'->-^-z 

^^        ^  1.2.8.... (2w+ I) 

'       C0S2  1  1.2.3  I.2.3.4.& 

■■"^^      ^  1.2.3....(2«— 1) 

'^         cr>sc  1.2  1.2.3.4 

••+(-')'•  -^^ 1.2.3.... (2.) '"'^ 

^^      '^  1.2 (2/1  +  2)  *''*  ^    C05Z 

Bei  ganzen  positiven  fi  sind  gerade  und  ungerade  fi  zu  unterscheiden; 
die  Reihen  in  11)  und  13)  werden  für  ^  =  2«  endlich  und  ihre  Reste  ver- 
schwinden, ebenso  brechen  die  Reiben  12)  und  14)  für  ft=2/i  +  1  ab  mit 
verschwindenden  Resten.  In  jedem  anderen  Falle  dagegen  werden  die 
Reihen  unendlich  und  dann  ist  aus  den  Formeln  17)  bis  20)  das  Verhalten 
der  Reste  zu  erkennen,  wenn  die  Bedingung  47t>t>  —  ^n  festgehalten 
wird.  Jede  der  vier  in  den  erwähnten  Formeln  vorkommenden  Reihen  con- 
vergirt  nämlich  unter  der  gemachten  Voraussetzung  und  daraus  folgt,  dass 
für  unendlich  wachsende  n  jedes  der  allgemeinen  Glieder  die  Null  zur 
Grenze  hat.  Der  Faktor  von  M  {a,  ß)  in  Nr.  17)  ist  nun  identisch  mit  dem 
allgemeinen  Gliede  der  Reihe  19),  imd  der  Faktor  von  M  {a^  ß)  in  Nr.  18) 
einerlei  mit  dem  allgemeinen  Gliede  der  Reihe  20);  die  Reste  der  ersten 
beiden  Reihen  verschwinden  also  für  w  =  qo.    Weil  ferner  die  Coefficien- 

ten  von  — ^'.^  in  1 9)  und  20)  mit  den  allgemeinen  Gliedern  der  nämlichen 

Reihen  übereinstimmen,  so  verschwinden  auch  hier  die  Reste. 

X 

Die  Reihe  für  cos  x  ergiebt  sich  aus  Nr.  11),  wenn  man  z  =  —  setzt 

und  nachher  (i  unendlich  werden  lässt ;  vermöge  der  Bedeutung  voiv  Uk  in 
Nr.  15)  ist  zunächst: 


•   Von  O.  SCHLÖMILCH.  137 

1    /     .  ^V.  ^  ^  V/  /     .    xY 
1.2  V^        fiJ  ^    1.2.3.4     \^        fij 

••  +  (-•) i.a.3....(';^n) 1'**'%; 

durch  Einführung  einer  neuen  Variabelen  v  ^=  fiw  oder  tv=^—  wird  das 
letzte  Glied  ^ 

<-"*' ,.1.i....{in) J  (,»•""?]    ».(x-.)d» 

and  für  ^  =  oc  ergiebt  sich  nun 

2t)       cosx=l-— +  ——--, ,.  +  {-1)" 


1.2        1.2.3.4        •    •   •    V        /    1.2... (2w) 

X 

^        ^         1.2...(2w),/  ^  ^ 

0 
Aus' Nr.  12)  erhält  man  durch  dasselbe  Verfahren 

22)  w«a:=-----^+....  +  (-I)« 


1.2.3    '  '     .  '    1.2.3... (2n+  I) 


dt;. 


0 

Will  man  diese  Reihen  direct  entwickeln,  so  braucht  man  nur  von  der 
dnrch  partielle  Integration  leicht  erweisbaren  GUeichung 

X  X 

y  r*+2  sin  (x  —  v)  dv  =  x^-^"^  —  (ä"  +  1)  (A:  +  2)  j  v^  sin  {x  —  v)  dv 

0  0 

oder 

«  OD 

O  0 

anszogehen  und  sie  erst  für  Ar  =  0,  1,  2,  ...  (2n  —  2)  und  dann  für  Ar=  1, 
3,  5  ...  (2 n — 1)  in  Anwendung  zu  bringen.  Da  sin  {x  —  v)  von  t;  =  0  bis 
pz=  X  ein  ächter  Bruch  ist,  so  beträgt  der  Rest 

07 


I   v'^sinlx  —  v)dv 


einen  Bruchtheil  von 


138  lieber  die  Pot^nsenreihen  und  deren  Reste. 


X 
-i fv^dv=: 

....  Ar«/ 


r*+l 


1.2. ...Art/  l.2.3...(^+l) 

und  verschwindet  ftir  unendlich  werdende  k. 

Zieht  man  beide  Seiten  der  Gleichung  II)  von  der  Einheit  ab  und  di- 
vidirt  mit  ^4',  so  hat  man  ^ 

1.3.3 (2n) 


+  ^ r-T^ \^  V  /    5in^*  w  — ^--^^ 'dtv 

1.3....  {2w)         e/  f* 

und  für  fi  =  0 


2.4.6...  (2/1  —  2)  wt^*g 

3.5..7...(2«  — I)     2« 

z 

3.5.7...(2w  — I)       t/ 

0 

Liegt  z  zwischen  —  \n  und  +  1 »»  so  kann  das  vorkommende  Integr<il 

z 


m^*  wcoswdw 

co^rv 


0 
leicht  in  zwei  endliche  Grenzen  eingeschlossen  werden;  es   ist  nHmlich, 

wenn  a  und  3  das  Maximum  und  Minimum  von bezeichnen 

'^  cosm 

2 

• stn*^  w  cos  w  dw= M(a,  ff). 

cosw  2n  +  l 

0 

Hieraus  folgt  sehr  leicht,  dass  der  Rest  in  23)  verschwindet,  wenn  die  vor- 
hergehende Reihe  convergirt  und  \n>  z>  —  \^n  ist.  Das  Ergebniss  be- 
steht in  der  von  Stainville  zuerst  entwickelten  Formel  für  {Aresin  x)\ 

Dividirt  man  beide  Seiten  der  Gleichung  12)  durch  fi  und  lässt  nach- 
her n  in  Null  übergehen,  so  bleibt  ^ 


24)  .^^^  +  4 


I       •    »      3       '   2.4     6       ' 
1.3.5....  (2w  — I)  ^fV^"+i2 


2.4.6.... (2w)       2n+l 

z 


0 
unter  der  Bedingung  4  ;i  >  t  >   -   1  n;  ist  wie  vorhin  der  Rest 


Von  O.  SCHLÖMILCH.  139 

2.4.6... (2n)      2n  +  2  ^  "^^ 

und  verschwindet  für  n  =  oo.    Im  letzteren  Falle  erhält  man  die  bekannte 
Reihe  für  Arc9in  x. 

Ans  der  Gleichung  13)  ergiebt  sich  durch  Division  mit  f*  und  nachher 
fÜrfisO 

25)  .±-  =  smz  +  tsin*z  +  l^sm^z  + 

^  cosz  ^         /^3.5 

,   2.4.6....  (211  —  2)    .  „..  , 

•••^3.5.7....(2«  — l)*"* 


z. 

2. 4. 6. .•(2«  — 2)    2n     P  , 

7 ^ I  sm 

3.5.6...  (2 n  —l)  coszj 


was  für  ^9s>2>  —  ^n  mit  dem  in  der  Einleitung  entwickelten  Eesul- 
tate  übereinstimmt. 

Nicht  ohne  Interesse  sind  noch  die  Ergebnisse,  welche  man  aus  den 
Gleichungen  17)  und  18)  durch  Multiplication  mit  dz  und  Integration  zwi- 
schen den  Grenzen  z  =  0  bis  z  =  ^  9c  ableiten  kann.  Unter  Benutzung  der 
bekannten  Formel 

"  .«.      ,  1.3.5...(2A:— 1)  n 

2.4.6....  (2Ä^)     2 
Ö 

erhält  man  nämlich  aus  Nr.  17) 

sm\yLn_n  f.        ^*        ^'(2«  — fi') 

2«. 4«  


J- 


8   L         3» 

2*.4»....(2n)«  J 

1.2. 3....  (2«)        J 


and  durch  Zasammenziehung  der  eingeklammerten  Reihe 
tin\ji^_n_  (a«- ^') (4* ->.*).... (2?- p«) 
"^^  F        ~~*  2«. 4» (2n)« 


.1* 

"•->*■)   / 

l.2.3....(2»i) 


,>(a'-^')(4»-^')...(i?-,t')  Tj^^^rf,, 


Vermöge  der  Bedeutung  von  I/q«  ist 

U^ndz 


/' 


^4«  2  4«  z 

^^=  f  Hnigzdz  I  siii^"  w  cos  ^rv  dw —  I  cosfiLzdz  j  sitfi'^tv  sin  fktvdw 
0  0  0  0 


140  Ueber  die  Potensenreihen  und  deren  Reste. 

und  hier  lässt  sich  auf  jedes  Doppelintegral  rechter  Hand  die  bekannte 
Formel*) 

h 


h  h 

=  9>  W  /  /*  W  d^  —   /  9>  W  f{w)  dw 


v)  dw 
h 


0  ö 

anwenden,  indem  man  h  =  ^n^  das  erste  Mal 

cos  Ai  2 

fp  (z)  = -^-— ,         f{fv)=z.  sin^'*  w  sin  fiLW  dw 

f* 
und  das  zweite  Mal 

,  ,     •       .   sin  uz  _ ,   .  .  - 

(p  (2)  =  H ■ — ,         f(w)^=  stn*^  w  cos  (iwdw 

substituirt.    Man  erhält  auf  diese  Weise 

iz 


fu^ndz 

= cos^iin  I  sin^**w  cos  ^w  dw  -{ I   cos  iiw  sin'^''w  cos  fiw  dw 


'0  %- 


4«  4^ 

51«  4  f*7C    /  sin'^'*w  sin  fiw  dw  -{ /  sin^w  m**w  sin  fiw  dw 


"  0 


d.  i.  bei  Vereinigung  aller  Integrale 


*)  Bezeichnet  man  nämlich  J  f(w)  div  für  dcirAugenblick  mit  F{w) ,  so  ist  das 
in  Rede  stehende  Doppelintegral 

J=f'p'{z)di[F{z)-F{())] 

0 

=fF{t)  q>'  (z)  dz  -F(0)  [9  (A)  -  <p  (0)]. 
0 
Bei  unbestimmter'theilweiser  Integration  hat  man  weiter 

/  F(z)  q>'  (i)  dz  =  F{z)  tp(z)  -/f'  (z)  dz  (p  (z) 

=  F(z)ip(z)-fr{z)q,{z)dz, 
mitliin  nach  Einführung   der  Grenzen  z=shy  z  =  0  und  durch  Substitution   in  das 
Vorige 

J^F(f,)  <p  (Ä)  -  *'(0)  tp  (0)  -J  9  (X)  r(.z)  dz  -  F(0)  [<p  (A)  -  <p  (0)] 

0 

=  9  (h)  [F(/.)  -  F  (0)]  -fq,  (z)  r(z)  dz 


=  V  {^)Jf(">)  dl»  —J  9  (f)  /■('!')  dm 


0  0 

wie  oben  behauptet  wurde. 


Von  O.  SCHLÖMILCH.  141 

/    U^^  dz  =  —   I  «m^*  IV  [l  —  cosfi  {^7t — w)]  drv     . 
0  '**  0 

Oller  endlich  mittelst  der  Substitution  fv  =  ^n  —  v 

/   U^n  dz  =  —   I  cos^'^v  .  sin*  ^  ^v  dv. 
0  '^  0 

Um  den  Werth  dieses  Integrales  zwischen  zwei  bequeme  Grenzen  zu  brin- 
gen, setzen  wir  2  >  f4  >  —  2  votaus;  es  ist  dann 

0  <  sin*  ^t^v<i  [sin* »  =  1  -   cos*  v] , 
und  folglich  liegt  der  Werth  des  Integrales  zwischen  0  und        . 

—   /  (co*^**  V  —  cos^'"^^v)  dv 
^  0 
2       1.3.5.... (2w—l)        I        ?r 


fi  2.4.6. ...(2n)      2n  +  2  2 

Wir  sind  demgemüss  berechtigt 

l   1.3.5... (2n—  1)      2^      n 


f 


Ü2ndz=  — 


fi      2.4.6...  (2«)      2«  +  2   2 

zu  setzen,  wo  ^  einen  positiven  ächten  Bruch  bezeichnet.  Nach  Substitu- 
tion dieses  Werthes  und  für  ^  =  2Jl  ergiebt  sich  aus  Nr.  26)  unter  der  Be- 
dingung I  >  A  >  —  1 

«,   (-'r)('-i-)(-S)-(-S)=1^"-V 


2«+2 
oder  mit  anderen  Worten,  der  Werth  des  linker  Hand  stehenden  Produktes 
liegt  zwischen 


sin  In        ,  sin  Xn  (     ,     1  \ 

und (  <  +  -  j; 

kn  In     \         nj 


für  n  =  00  erhält  man  das  bekannte  unendliche  Produkt  für  den  Sinus. 

Mnltiplicirt  man  die  Gleichung  12)  mit  dz  und  integrirt  von  t  =  0  bis 
^  ==  l «  unter  Anwendung  der  bekannten  Formel 

r',",>^._,j,_.       a.4.6....(2<:) 

80  findet  man  zunächst 

(l'-ft*)(3»-ft«)(5'-ft')  ...  (2M^1*-  p») 
'"***"  = 1'.3».5« (2«  +  l)' 

"»*  1.2.3.... (2n+I)  J   ^2-  +  '<'*; 


142    Ucber  die  Genauigkeit  d.  LängenmesBiingen  m.  d.  Mesakette  ete. 

das  noch  übrige  Integral  kann  ebenso  wie  das  vorige  behandelt  werden, 
wobei  sich  ergiebt,  dass  für  2  >  fi  >  —  2 

4«  • 

1      2.4. 6.. ..(2«)        2d 


f' 


fA  3.5.7... (-In+l)  2«+3 

zu  setzen  ist,  wenn  ^  wiederum  einen  positiven  ächten  Bruch  bezeichnet; 
die  vorige  Gleichung  geht  dann  in  die  folgende  ttber 

I 


('-?.)(-;^)-(-5Äi?)=-i' 


»- 


211+3 

aus  welcher  das  unendliche  Produkt  f^r  den  Cosinus  folgt.. 

Nach  den  hier  mitgetheilten  Entwickelungen  dürfte  man  sich  wohl  zu 
der  Behauptung  berechtigt  halten ,  dass  eine  ausführlichere  und  genauere 
Theorie  der  Potenzenreihen  weniger  in  die  Differentialrechnung,  als  viel- 
mehr in  die  Integralrechnung  gehört,  wo  sie  vor  den  Lehren  von  den  halb- 
convergenten  und  von  den  periodischen  Reihen  eine  passende  Stelle  fin- 
den würde. 


IX. 

,    üeber  die  Genauigkeit  der  Lftngemnessiingeii  mit  der 
Mesftkette  auf  yerBchiedenen  Bodenarten. 

Von  J..J.  VORLAENDER, 
Königl.  Preuss.  Steucrrath  iu  Preussisch  Minden. 

Xn  den  meisten  Ländern  ist  der  Genauigkeitsgrad  der  Längenmessungen, 
welcher  bei  der  Ausübung  der  Feldraesskunst  erreicht  werden  muss,  gesetz- 
lich oder  reglementarisch  festgestellt,  gewöhnlich  in  der  Form,  dass  der 
Fehler  in  der  Angabe  des  Feldmessers  einen  gewissen  aliquoten  Theil  der 
betreffenden  Länge  nicht  überschreiten  soll. 

Ohne  Zweifel  beruhen  solche  Bestimmungen  auf  practischen  Erfahr- 
ungen, wie  genau  man  mit  den  in  jenen  Vorschriften  vorausgesetzten  Hülfs- 
mitteln  messen  kann ,  aber  weder  die  Vorschriften  selbst  noch  die  Lehr- 
bücher über  practische  Feldmesskunst  geben  darüber  genügenden  Aufschluss. 
Ist  nun  durch  solche  positive  Vorschriften  die  Fehlergrenze  bestimmt,  so 
haben  Erfahrungen  der  gedachten  Art  seitdem  keineswegs  nur  ein  theore- 
tisches Interesse;  sie  sind  auch  jetzt  noch  wichtig,  um  die  Wahl  der  Werk- 
zeuge und  die  Anforderungen  an  die  letzteren  zu  leiten,  um  das  Verfahren 
bei  der  Messung  zu  regeln  und  das  Urtheil  des  Feldmessers  über  seine  Ar- 
beiten sicher  zu  stellen.  Zum  Bedürfniss  endlich  wird  die  Xenntniss  von 
dem  bei  Längenmessungen  erreichbarem  Genauigkeitsgrade ,  wenn  es  sich 
darum  handelt,  Messungen  verschiedener  Gattung,  z.  B.  Längenmessungen 
und  Wiukelbeobachtungen,  mit  einander  zu  verbinden,  um  daraus  diejenigen 
Resultate  für  die  zu  bestimmenden  Grössen  zu  entwickeln,  welche  allen 
auf  sie  gerichteten  Messungen  am  besten  entsprechen.     Der  Feldmesser, 


Von  J.  J.  VOKLAENDER.  143 

welcher  mit  dem  Theodolithen  und  der  Messkette  operirt,  wird,  wenn  et 
seine  Kunst  mit  wiBsenschaftlichem  Interesse  betreibt,  nicht  unterlassen,  vor 
dem  Oebraach  dieser  Werkzeuge  sich  von  dem  wahrscheinlichen  Fehler 
einer  einzelnen  Winkelnahme  und  einer  Anspannung  der  Messkette  zu 
unterrichten. 

Die  Ermittlung  des  wahrscheinlichen  Fehlers  einer  einzelnen  Winkel- 
nahme hat  im  Allgemeinen  wenig  Schwierigkeit.  Der  Feldmesser  braucht 
nnr  sein  Instrument  gehörig  aufzustellen,  den  Winkel  zwischen  zwei  scharf 
bezeichneten  Zielpunkten  wiederholt  zu  messen  und  darauf  Bedacht  zu 
nehmen ,  dass  die  Nonien  bei  dieser  Operation  den  ganzen  Umkreis  des 
Werkzeugs  durchlaufen;  er  hat  es  ohne  grosse  Umstünde  und  Kosten  in 
seiner  Gewalt,  diese  Arbeit  so  oft  zu  wiederholen,  als  er  es  fUr  nöthig  hält, 
dtmit  die  zufillligen  Fehler  der  einzelnen  Ablesungen  keinen  merklichen 
Einflnss  auf  das  Endresultat  ausüben  können ,  der  gemessene  Winkel  also 
so  genau  bekannt  wird ,  als  er  es  wünschen  mag.  Die  Vergleichung  dieses 
Resultats  mit  den  einzelnen  Beobachtungsresultate'n  liefert  dann  unmittelbar 
eine  Reihe  von  Fehlern,  woraus  er  den  mittlem  oder  wenn  er  will  den  wahr- 
scheinlichen Fehler  der  einzelnen  Winkelnahme  leicht  berechnen  kann. 
Eine  Untersuchung  dieser  Art  hat  auch  noch  die  Bequemlichkeit,  dass  es 
dabei  auf  die  Grösse  des  gemessenen  Winkels  nicht  ankommt ,  weil  nach 
allgemeiner  Annahme  unter  den  Sachverständigen  der  wahrscheinliche  Feh- 
ler der  einzelnen  Winkelnahme  von  der  Grösse  des  gemessenen  Winkels 
nicht  abhängig  ist. 

Schwieriger  ist  die  Ermittlung  des  wahrscheinlichen  Fehlers  bei  den 
Längenmessungen.  Versuchsweise  Winkelmessungen  kann  der  Feldmesser 
tülenfalls  von  seiner  Wohnstube  oder  doch  von  jedem  beliebig  gewählten 
Standpunkte  ans  mit  aller  Bequemlichkeit  anstellen;  die  Linienmessung  er- 
fordert noth wendig,  dass  er  sich  in  der  Richtung  der  zu  messenden  Linie 
fortbewege  und  das  Resultat  der  Operation  ist  allen  Einflüssen  der  Boden- 
verschiedenheit und  anderer  störenden  Einwirkungen,  ausgesetzt  Wollte 
er  die  Umstände  so  günstig  als  möglich  wählen,  etwa  seine  Versuchsmessung 
Mf  dem  Fusswege  einer  ebnen  Chaussee  anstellen ,  so  würde  er  ein  Resul- 
tat finden,  welches  von  dem  durchschnittlichen  Genauigkeitsverhältniss  der 
in  der  practiachen  Ausübung  der  Feldmesskunst  vorkommenden  Längen- 
messungen  ohne  Zweifel  beträchtlich  abwiche.  Er  müsste  also  das  Local 
der  Messung  so  oft  wechseln,  als  nöthig  wäre,  um  einigermaassen  sicher  zu 
•teilen,  dass  die  Einflüsse  der  Bodenverschiedenheit  und  anderer  Umstände 
Ach  gegen  einander  ausgeglichen  haben;  auch  müsste  die  Arbeit  so  oft 
^Hederholt  werden ,  dass  von  einer  Gruppirung  der  als  zufällige  Fehler  an- 
gesehenen Messungsdifferenzen  ein  Schluss  auf  das  ihnen  zum  Grunde  lie- 
^de  Wahrscheinlichkeitsverhältniss  gemacht  worden  könnte.  Aber  zu 
j^er  Messung  einer  geraden  Linie  vermittelst  der  Messkette  bedarf  der 
Feldmesser  wenigstens  zweier  Gehülfen  (Ketten zieher);  das  Geschäft  in 
dem  gedachten  Umfange  ausgeführt,  würde  also  ein  sehr  kostspieliger  Ver- 
weh sein. 

Diesen  Schwierigkeiten  ist  es  wohl  hauptsächlich  zuzuschreiben,  dass 
^is  jetzt  noch  so  wenig  gründliche  Untersuchungen  über  die  Zuverlässigkeit 
dtt  Längenmessungen  öffentlich  mitgothcilt  worden  sind.  Das  Wenige, 
vti  wir  haben ,  beschränkt  sich  auf  Versuchsmessungen  mit  Ketten  oder 
Haassstäben  von  verschiedener  Länge  an  ausgewählten  Plälsen,  die  Anzahl 
der  verglichenen  Resultate  ist  gering. 

Indem  ich  zu  diesen  immerhin  sebr  schätzbarem  VersucK^w  «\w^Xk^^v 


144     lieber  die  Genauigkeit  d.  Längenmessungen  m.  d.  Messkette  etc. 

trag  liefere,  schlage  ich  einen  von  dem  bisherigen  Verfahren  abweichenden 
Weg  ein;  ich  befrage  nämlich  einfach  die  Erfahrung  in  einem  concreten 
Falle.  Dabei  glaube  ich  den  doppelten  Vortheil  zu  erlangen,  dass  die  be- 
nutzten Thatsachen  von  den  unvermeidlichen  Mängeln  eines  willktihrlicb 
angestellten  Versuches  völlig  unabhängig  sind  und  dass  die  genommenen 
Resultate  der  Praxis  um  so  sicherer  entsprechen  werden,  als  sie  der  Praxis 
selbst  ihren  Ursprung  verdanken. 

Die  Arbeit,  welche  jene  Thatsachen  geliefert  hat,  ist  die  in  den  Jahren 
1852  und  1853  ausgeführte  Vermessung  dos  Amtes  Reckenberg  im  preussi- 
sehen  Regierungsbezirk  Minden.  Dieses  Amt  umfasst  eine  Fläche  von 
2V10  QuadratmeÜQn  und  wird  durch  den  Emsfluss  in  zwei  nahe  gleichgrosse 
Theile  zerlegt,  wovon  der  nördliche  Theil  aus  lockerm  Sandboden,  der  süd- 
liche aus  Kleiboden  besteht.  Die  Vermessungsmethode  war  die  in  den 
Jahren  1820  bis  1832  bei  der  Aufnahme'  des  Grundsteuerkatasters  in  den 
Provinzen  Westfalen  und  Rheinland  fast  überall  zur  Ausübung  gekommene 
sogenannte  Polygonal  -  Constructionsmethode ,  wobei  dem  Feldmesser  die 
Coordinaton  der  Dreieckspunkte  III.  Ordnung  gegeben  wurden,  zwischen 
denen  er  Dreiecke  IV.  Ordnung  zu  construiren  und  in  Verbindung  damit 
jede  Flur,  d.  h.  jede  in  dem.vorschriftsmässigen  Maassstabe  auf  einem  Kar- 
tenbogen darstellbare  in  natürliche  Grenzen  eingeschlossene  Fläche  mit 
einem  Polygon  zu  umgeben  hatte,  in  dessen  Winkelpunkte  und  Seiten  die 
zur  Aufnahme  des  im  Innern  befindlichen  Details  erforderlichen  Con- 
structionslinien  eingebunden  wurden.  Die  Winkel  dieser  Polygone  wurden 
,mit  Theodolithen ,  die  Seiten  im  Rheinlande  mit  Messruthen  ^  in  Westfalen 
mit  Messketten  gemessen. 

Im  Amte  Reckenberg  wurden  zu  den  Längenmessungen  Messketten 
von  5  Ruthen  Länge  gebraucht,  deren  einzelne  Glieder  ein  Zehntel  Ruthe 
lang  sind.  Nach  der  Mittheilung  des  Herrn  Kataster-Controleurs  Sartor  j 
welcher  die  Vermessung  des  Amtes  leitete,  waren  die  im  nördlichen  Theile 
desselben,  also  auf  dem  Sandboden  gebrauchten  Messketten  nicht  von  gleicher 
Beschaffenheit,  wie  diejenigen,  welche  später  im  südlichen  Theile  angewen- 
det wurden.  Erstere  wogen  9%  Pfund ,  ihre  Glieder  bestanden  aus  Eisen- 
draht und  waren  durch  messingene  Ringe  verbunden  und  die  ganzen  Ruthen 
durch  messingene  Abzeichen  kenntlich  gemacht.  An  den  beiden  Ketten- 
stäbenringcn  und  den  Abzeichen  der  ganzen  Ruthen  waren  Schrauben  zum 
Justiren  angebracht.  Die  später  gebrauchten  Ketten  hatten  ein  Gewicht 
von  11  Pfund  24  Loth  bis  12  Pfund  28Loth  und  hatten  statt  der  messingenen 
Ringe  zwischen  den  einzelnen  Gliedern  eiserne  Ringe.  Die  Ringe  zwischen 
den  halben  Ruthen  waren  zwar  hier  auch  von  Messing,  aber  bedeutend 
stärker.  Herr  Sartor  giebt  den  letztern  Ketten  den  Vorzug,  weil  er  be- 
merkt hat,  dass  die  messingenen  Verbindungsringe  der  einzelnen  Glieder 
sich  leichter  abschleifen  auch  die  Schraubengewinde  der  Justirungs Vorrich- 
tungen beim  Gebrauche  der  Messketten  nachgeben  und  verschloissen. 

Zur  Prüfung  dieser  Messketten  war  für  den  nördlichen  Theil  des  Amtes 
auf  einer  Kegelbahn  für  den  südlichen  Theil  in  dem  Wohnhause  des  Herrn 
Sartor  auf  ebenem,  gedieltem  Boden  die  Länge  von  5  Ruthen  vermittelst 
geaichter  Maassstäbe  von  5  Fuss  Länge,  deren  Enden  von  Metall,  mit  mög- 
lichster Vorsicht  an  einander  gelegt  wurden ,  abgesetzt.  Jede  neue  Mess- 
kette wurde  vor  dem  Gebrauche  mit  einem  dieser  Normalmaasse  verglichen 
und  in  Ueber^instimmung  gebracht  und  nach  zwei-  bis  dreitägigem  Ge- 
brauche fand  wieder  eine  Vergleichung  statt.  Gewöhnlich  zeigte  sich  in 
den  ersten  Tagen  des  Gebrauchs  die  grösste  Veränderung  der  Kettenlänge, 


Von  J.  J.  VOBLAENDER.  145 

• 

welches  Herr  Bartor  dem  Umstände  zuschreibt,  dass  bei  der  AnfertigUDg 
der  Ketten ,  insbesondere  bei  dem  Umbiegen  des  Eisendrahtes  nach  Innen 
hin  ein  Abblättern  des  Metalls  entstanden  sein  mochte,  welches  bei  dem 
erstmaligem  Oebranche  abgerieben  wurde,  wodurch  sich  die  Kette  verlän- 
gern mosste.  Bei  den  Messungen  im  nördlichen  Theile  des  Amtes  geschah 
die  PrttfVing  der  neuen  Ketten  stets  in  Gegenwart  des  Herrn  Sartor,  bei 
den  spSiern  Prüfungen  ist  er  dagegen  nicht  immer  anwesend  gewesen ;  im 
südlichen  Theile  dagegen  haben  alle  Prüfungen  in  seiner  Gegenwart  statt- 
gefunden. Bei  den  Poljgonseitenmessungen  geschahen  die  Prüfungen  in 
der  Regel  nach  zweitägigem  Gebrauche  einer  Messkette ,  bei  der  Parcellar- 
▼eimessung  nach  siebentägigem  Gebrauche.  Jed«  Polygonseite  wurde  zwei- 
mal gemessen  und  zwar  das  eine  Mal  in  der  Kichtung  von  Ä  nach  B^  das 
tndere  Mal  in  der  Richtung  von  B  nach  A.  Ruthen  und  die  zehntheiligen 
Fssse  worden  auf  der  Kette  selbst,  die  Zolle  auf  einem  an  das  letzte  Fuss-' 
glied  gelegtem  Maassstabe  abgelesen.  Es  ist  nur  nach  vollen  Zollen  ge- 
lesen worden ,  abo 

von  0      bis  zu  0,oes  Ruthen  ist  gelesen  0,oo 

„    0,005  „     „    0,015         „  „  „         0,01 

„   0,015   „    „    0,025         „  „  „         0,0J 

U.  8.  W. 

Bei  der  Sorgfalt,  womit  nicht  nur  die  ganze  Länge  jeder  Messkette, 
sondern  anch  die  Stellung  des  einzelnen  Gliedes  in  derselben  stets  über- 
wacht worden  ist,  darf  angenommen  werden,  dass  der  Ablesungsfehler  (ab- 
gesehen von  groben  Irrthtimem  im  Ablesen  der  Glieder  und  Zollstriche) 
aiemak  einen  vollen  Zoll  betragen  hat,  dass  also  die  Differenz  zwischen  der 
ersten  und  zweiten  Seitenmessung  lediglich  den  Schwankungen  im  Ein- 
stecken der  Kettenstäbe  und  im  Anspannen  der  Messkette  beizumessen  ist. 
Der  wahrscheinliche  Fehler  einer  Kettenmessuug  ist  nach  dieser  Voraus- 
setznng  nur  noch  von  der  Anzahl  der  in  der  gemessenen  Länge  enthaltenen 
▼ollen  Kettenzüge  abhängig.  In  der  nachfolgenden  Betrachtung  sind  daher 
^e  Poljgonseiten,  deren  Längen  um  weniger  als  5  Ruthen  verschieden  sind, 
in  eine  Gruppe  zusammengeworfen.  Diese  Vereinigung  hat  es  möglich  ge- 
macht, die  Resultate  der  Messung  sämmtlicher  986  Poljgonseiten ,  soweit 
nc  flBr  die  gegenwärtige  Betrachtung  von  Interesse  sind ,  in  den  Raum  der 
inliegenden  Verzeichnisse  I.  nnd  U.  zusammen  zu  drängen.  Das  erste 
dieser  Verzeichnisse  enthält  die  Messungen  auf  dem  Sandboden,  das  zweite 
dio  anf  dem  Kleiboden.  Die  erste  Spalte  derselben  zeigt  die  Intervalle  an, 
^orin  die  gemessenen  Poljgonseiten  liegen,  nämlich  die  Anzahl  der  in  jeder 
.der  letzteren  enthaltenen  vollen  Kettenlängen  von  5  Ruthen,  die  zweite  die 
^sahl  der  Polygonseiten,  welche  einem  Intervalle  angehören.  Die  mit 
O)*«  his  0,45  überschriebenen  Spalten  zählen  die  Anzahl  der  Differenzen 
»tischen  der  ersten  und  zweiten  Seitenmessung  von  der  im  Kopfe  der  Ver- 
i^iehnisse  angegebenen  Grösse.  Die  Summe  der  Producte  ans  der  Anzahl 
der  Differenzen  in  die  Grösse  derselben  ergibt  das  mit  s  überschriebene 
'^S^gat  der  Differenzen.  In  der  folgenden  Spalte  ist  das  Aggregat  s  ipit 
der  Quadratwurzel  aus  der  Anzahl  der  Kettenlänge,  in  der  letzten  mit  dieser 
'^uhl  selbst  g^theilt.  Die  Einrichtung  dieser  Verzeichnisse  springt  zwar 
leicht  in  die  Augen,  doch  möge  man  erlauben,  sie  durch  ein  Beispiel  zu  er- 
ntetem. Anf  dem  Sandboden  sind  17  Polygonseiten  vorgekommen,  deren 
Littge  5  voll^  Kettenzüge,  also  35  bis  30  Ruthen  betrug,.  Bei  der  Ver- 
gleiehung  der  ersten  Seitenmessnngen  mit  den  zweiten  fanden  sich 

X«llMkriA  r.  lUtheiuUk  «.  Physik.  1.  10 


über  0,006  and     „      0,015 

»1 

0,01 

»1 

0,03 

„     0,015     „      „      0,025 

»» 

0,02 

»» 

0,06 

„     0,025     „       „       0,085 

»> 

0,03 

»» 

0,06 

„     0,035     „       „       0,045 

11 

0,04 

»T 

0,04 

„      0,045     „     „       0,055 

»1 

0,05 

»» 

0,10 

„     0,055     „       „       0,065 

»» 

0,06 

11 

0^2 

146    Ueber  die  Oenaaigkeit  d.  Längenmessungen  m.  d.  Messkette  etc. 

4  Messungen,  deren  Differenzen  unter  0,005  also  0,00  überhaupt  0,00  waren 

3 

3 

2 

1 

2 

2 

17  0,41 

Die  Theilung  der  Zahl  0,4 1  dnrch  j/T=  2,3S6  giebt  dann  0,i833 

„  „  „       „       „       „  5  selbst       „         „     0,0820 

In  der  Zahl  0,4 1  sind  alle  Differenzen  zwischen  der  ersten  nnd  zweiten 
Seitenmessung  zusammengezählt,  ohne  Unterschied,  ob  die  erste  oder  die 
zweite  Seitenmessung  das  grössere  von  den  beiden  verglichenen  Resul- 
taten war. 

Handelt  es  sich  um  Beurtheilung  der  Fehler  vorliegender  Messungen, 
so  muss  zuvörderst  bemerkt  werden,  dass  wir  nach  theoretischen  Unter- 
suchungen und  nach  dem  practischen  Gefühl  bei  unmittelbaren,  gleichförmigen 
und  gleich  Vertrauens  würdigen  Beobachtungen,  womit  wir  es  hier  zu  thun 
haben,  den  wahrscheinlichen  Werth  einer  Grösse  finden,  wenn  wir  alle  vor- 
liegenden unmittelbaren  Beobachtungsresultate  zusammen  addiren  und  die 
Summe  mit  ihrer  Anzahl  theilen ,  oder  nach  dem  gewöhnlichen  Sprachge- 
brauch das  arithmetische  Mittel  ziehen. , 

Sind  also  a  d'  d" a<*)  die  einzelnen  durch  jene  Beobachtung  ge- 
fundenen Werthe ,  so  gelangen  wir  zu  dem  wahrscheinlichsten  Werthe  A 
durch  die  Formel 

^       d  +  d:  -f  d"  + a^") 

A  = 

«    n 

In  dem  gegenwärtigon  Falle  sind  immer  nur  zwei  Messungen  vorhan- 
den,  die  Formel  zieht  sich  also  zusammen  auf: 

2 

Bei  Beurtheilung  der  Fehler  bedient  man  sich  verschiedener  charak- 
teristischer Fehler ,  nämlich  des 

mittleren  Fehlers m 

wahrscheinlichen  Fehlers  .  .   r. 

Der  mittlere  Fehler  ist  strenge  genommen  derjenige,  welcher  gefunden 
würde,  wenn  von  den  einzelnen  durch  unmittelbare  Beobachtung  g^unde- 
nen  Werthen,  der  wahre  Werth  der  beobachteten  Grösse  abgezogen,  die 
Unterschiede  einzeln  zum  Quadrat  erhoben  und  diese  Quadrate  summirt 
würden,  sodann  die  Summe  durch  die  Anzahl  der  Unterschiede  getheilt  und 
aus  dem  Quotienten  die  Quadratwurzel  ausgezogen  würde.  Da  wir  aber 
den  wahren  Werth  eines  Maasses  niemals  kennen  können ,  wir  uns  immer 
mit  dem  wahrscheinlichsten  Werthe  begnügen  Füssen ,  so  hat  die  Wahr- 
scheinlichkeitsrechnung ein  Schätzungsmittel  an  die  Hand  gegeben,  welches 
darin  besteht,  dass  statt  des  wahren  Werthes  der  Grösse  der  wahrschein- 
lichste Werth  derselben,  von  den  unmittelbar  beobachteten  Werthen  abge- 
zogen, die  Unterschiede  quadrirt,  die  Quadratsumme  mit  der  um  1  vermin- 
derten Anzahl  der  Beobachtungen  getheilt  und  aus  dem  Quotient  die  Qua- 
dratwurzel ausgezogen  wird. 

l^ach  äer  obigen  Bezeichnung  wäre  also: 


Von  J.  J.  VORLAENDEK.  147 


,=/(^ 


—  ^*  +  ja'  -  J)«  +  (g  "  —  ^)«  +  .  .  ,  .  (gjn)  _  ^« 
w—  1 
oder  Hir  den  vorliegenden  Fall ,  wo  n  =  2  ist 


«■-/(«•-°-4^)"+(""-=4^T=<"'-"'^r 

Der  wahrscheinliche  Fehler  endlich  ist  derjenige,  welcher  von  den 
^Fehlem  der  einzelnen  Beobachtungen  ebenso  leicht  überschritten  wird ,  als 
unerreicht  bleibt.  Bei  einer  grossen  Anzahl  von  Fehlem  werdea  also  nach 
dem  Charakter  des  Znfalls  ebenso  viele  Fehler,  abgesehen  vom  Zeichen, 
unterhalb  als  oberhalb  des  wahrscheinlichen  Fehlers  fallen.  Bei  einer 
solchen  Anzahl  von  Beobachtungen  kann  man  den  wahrscheinlichen  Fehler 
anf  mechanischem  Wege  finden.  Man  ordnet  die  einzelnen  Fehler  der 
Ghr588e  nach  nnd  sieht  zu,  auf  welchen  Fehler  beim  einfachen  Herabzählen 
die  Hälfte  aller  Fehler  trifft;  jener  ist  der  wahrscheinliche  Fehler,  wenig- 
stens annäherungsweise.  Bei  scharfem  Untersuchungen  leitet  man  indessen 
den  wahrscheinlichen  Fehler  aus  dem  nach  dem  obigen  Verfahren  geschätzten 
mittlem  Fehler  ab.  Die  Wahrscheinlichkeitsrechnung  ergiebt  zu  diesem 
Ende  folgende  Relation : 

r  =  0,67450  .  m. 

Setzt  man  im  dieser  Formel  für  m  den  obigen  Werth  (a  —  a")  ^J,  so 
erhalten  wir  für  die  vorliegende  Betrachtung : 

r  =  0,47694  .  (fl  —  fl"). 

Bei  einer  zweiten  Poljgonseite ,  deren  Länge,  von  der  ersten  nicht  um 
volle  5  Bnthen  verschieden,  bei  der  ersten  Seitenmessung  zu  b'  bei  der  zwei- 
ten b"  gefunden  wäre ,  erhielte  man : 

r  =  0,4761M  .  (ft'  —  ft") 
bei  einer  dritten 

r"  =  0,47694  .  (c  —  c")- 
Die  Werthe  r  r  r"  u.  s.  w.  sind  völlig  unabhängig  von  einander,  sie  sind 
auch  gleichförmig  entstanden' und  gleich  vertrauenswürdig,  auf  sie  kann 
daher  der  Satz  vom  arithmetischen  Mittel  angewendet  werden.  Dadurch 
erhält  man  bei  n  Doppelmessungen,  welche  sich  auf  Längen,  die  nicht  mehr 
^  5  Ruthen  von  einander  verschieden  sind ,  beziehen,  den  wahrscheinlich- 
sten Werth  des  wahrscheinlichen  Fehlers,  welcher  mit  g  bezeichnet  werden 
iDAg,  durch  die  Formel: 
^r  +  r'  +  r'  +  ..  .r(*'-^)_ (ja  —  a")  +  {b'  —  b")  +  {c' —  c')  + . ..) , 0,47694 

wobei  die  Addition  der  Werthe  (a  —  a"),  (6' —  6") ,  {c  —  c')  u.  s.  w. ,  weil 
zwischen  der  ersten  und  zweiten  Messung  kein  wesentlicher  Unterschied 
l^estebt,  ohne  Rücksicht  auf  das  Vorzeichen  geschehen  muss.  Die  Resul- 
^  dieser  Addition  für  die  aufsteigende  Anzahl  der  Kcttenlängen  sind  die 
Zahlen,  welche  in  den  anliegenden  Zusammenstellungen  mit  dem  Buchstaben 
*  fiberschrieben  sind.   Mit  Anwendung  dieses  Buchstabens  ist  also : 

O  =  —  .  0,47694. 

n 
Es  kommt  jetzt  noch  darauf  an,  den  wahrscheinlichen  Fehler  aus  Dop- 
pelmessungen zu  entwickeln ,  welche  sich  auf,  um  mehr  als  5  Ruthen  ver- 
"thiedene  Polygoi^Beiten  beziehen.    Um  dieses  zu  können,  muss  das  Gesetz 
^kannt  sein ,  wonach  der  wahrscheinliche  Fehler  bei  zunehin^\id«t  \Axi%^ 


1 48     Ueber  die  Genauigkeit  d,  Längenmessungen  m.  d.  Messkette  etc. 

der  gemessenen  Linie  sich  ändert.  Nach  den  Behauptungen  der  Wahr- 
scheinlichkeitsrechner*) soll  der  Fehler  im  Verhältniss  der  Quadratwurzel 
aus  der  Länge  der  Linie  oder  genauer  aus  der  Anzahl  der  Maassstab-  oder 
Kettenlängen  steigen.  Bei  den  dessfallsigen  Untersuchungen  ist  einfach 
angenommen  worden,  dass  eine  einmalige  Messung  einer  Linie  von 
n  -  Kettenlängen  für  den  Zweck  der  Untersuchung  vergleichbar  sei  mit  der 
n  -  maligen  Messung  einer  Linie  von  einer  Kettenlänge. 

Es  würde  leicht  sein,  die  wesentliche  Verschiedenheit  beider  Operationen 
und  die  Unzulässigkeit  jener  Voraussetzung  nachzuweisen,  aber  es  ist  dem 
Plane  der  gegenwärtigen  Betrachtung  angemessener,  lediglich  die  That^ 
Sachen  reden  zu  lassen.  Die  vorliegenden  Beobachtungen  sind  daher  sowohl 
unter  den  Gesichtspunkt  jenes  theoretischen  Schlusses ,  als  auch  unter  den 
des  practischen  Gefühls,  wonach  der  Fehler  einfach  von  der  Länge  der 
Linie  abhängig  ist,  gestellt  worden.  Benennt  man  die  Anzahl  der  in  einer 
gemessenen  Linie  enthaltenen  Maassstab-  oder  Kettenlängen  mit  dem  Buch- 
staben a,  so  ist  der  wahrscheinliche  Fehler  der  ganzen  Linie,  wenn  der 
wahrscheinliche  Fehler  einer  M%assstab-  oder  Kettenlänge  =  R  ist: 

L   nach  dem  theoretischen  Satze  =  B  .  ^a, 

II.    nach  dem  practischen  Gefühl  =  /{ .  a, 
oder  man  hat,  wenn  wie  oben  der  Fehler  der  gapzen  Linie  mit  ^  beseichnet 
ist,  bei  der  Voraussetzung  oder  der  Hypothese 

n.  Ä'=i. 

a 
oder  wenn  der  obige  Wertli  von  q  substituirt  wird : 

s  s 

zu     I.  /?  = -=■  .  0,47094  = —  .  Ä'  , 

n ,y  a  n , y  a 

s  s 

zun.  Ä'  = .0,47694  = .  if  , 

n  .  a  n  ,  a 

wo  E  an  die  Stelle  des  constanten  Factors  0,47694  gesetzt  ist. 

Es  fragt  sich  nun ,  welche  von  beiden  Hypothesen  den  wirklichen  Be- 
obachtangen  am  besten  entspricht. 

Da  /{und  R'  die  wahrscheinlichen  Fehler  einer  Kettenanspannung 
bedeuten,  somtissten,  wenn  der  Seitenmessungen  in  allen  Intervallen  hin- 
reichend viele  angestellt  wären  und  wenn  eine  der  Voraussetzungen  I.  oder 
n.  die  richtige  wäre,  von  den  kürzesten  bis  zu  den  längsten  der  gemessenen 

s  s 

Polygonseiten   die  Ausdrücke  -— odar unter  sich  gleiche  Werthe 

n.j/a  n.a 

ergeben  und  wenn  die  Messungen,  was  offenbar  geschehen  muss,  sämmtlich 
als  zufällig  fehlerhaft  vorausgesetzt  werden ,  so  liegt  wenigstens  kein  Grund 

s  s 

vor,  dass  die  Werthe  von -=  oder ,  je  nachdem  die  eine  oder  die 

n.ya  ^  -  ^ 

andere  Voraussetzung  richtig  ist,  mit  der  Grösse  von  a  wachsen  oder  ab- 
nehmen. Findet  daher  bei  der  einen  oder  der  andern  Hypothese  ein  solches 
Wachsen  oder  Abnehmen  statt,  so  kann  sie  nicht  die  richtige  sein.  Erscheint 
bei  beiden  Hypothesen  ein  Wachsen  oder  Abnehmen,  so  liegt  diejenige  der 

♦)  Vergleiche  G.  Hagen s  Gnindzüge  der  Wahrscheinlichkeitsrechnung,  Berlin, 
belF.  Dümmler,  1837,  Seite  07. 


Von  J.  J.  VORLAENDER.  149 

Wahrheit  näher,  bei  welcher  jene  Veränderlichkeit  das  kleinste  Maass  be- 
hauptet. 

Um  zu  untersuchen ,  ob  ein  Wachsen  oder  Abnehmen  des  wahrschein- 
lichen Fehlers  B  einer  Kettenanspannung  mit  der  Länge  der  Linie  wirklich 
stattfindet,  genügt  schon  der  einfache  Weg,  aus  sämmtlichen  von  den  kür- 
sesten  bis  zu  den  längsten  Poljgonseiten  B  mit  Berücksichtigung  der  ver- 
schiedenen Seitenzahl  innerhalb  der  aufeinander  folgenden  Intervallen  von 
5  Ruthen  das  arithmetische  Mittel  zu  nehmen  und  dieses  von  oben  bis  unten 
mit  den  einzelnen  B  zu  vergleichen.  Eine  solche  Vergleiehung  ist  in  der 
anliegenden  III.  Tabelle  angestellt.  In  der  ersten  Spalte  findet  sich  die 
Anzahl  der  vollen  Kettenlängen ,  welche  in  den  gemessenen  Polygonseiten 
enthalten  war  (a) ,  in  3er  zweiten  die  Anzahl  der  letzteren  innerhalb  der 
Tersebiedenen  Intervalle  v5n  5  Ruthen  Länge  (n),  in  der  dritten  die  Summe 
der  in  die  Intervalle  gefallenen  Differenzen  zwischen  der  ersten  und  zweiten 
Seitenmessung  {{a  —  a")  +  {b'—b")  +  {c—c')  + =  *),  in  der  vier- 

ten  und  achten  die  Zahlenwerthe  für  die  Ausdrücke  -t=  und  •- ,    in    der 

ya  « 

g  g 

fttnfien  und  neunten  die  W^rthe  für -=::  und ,  in  der  sechsten  und 

n  .y  a  '*•« 

sehnten  die  Unterschiede  dieser  Werthe  gegen  ihr  mit  Rücksicht  auf  die 
Anzahl  der  Seiten  gezogenes  arithmetisches  Mittel.     Sind   z.  B.  bei  der 

ersten  Hypothese  — ^-^—=  .  K,   — ^  .  K,      ^'      .K ^*'_  .  K  die 

aufeinanderfolgenden  wahrscheinlichsten  Werthe  der  wahrscheinlichen  Feh- 
ler ftir  die  fi, ,  /t, ,  it,  . . .  n^  Polygonseiten,  von  der  beziehungsweisen  Ketten- 
längenanzahl  ag ,  n^i,  a,  . . .  a«,,  so  ist  das  arithmetische  Mittel  derselben,  wel- 
ches mit  M  bezeichnet  werden  mag, 

Jlf  =0,47094.   \        ^^'^^/         ""'  U/ V         '''  U/ V  '  '  '         \nmVä^  I 

'   f  «I  .+  w,  +  It,  +  .  .  .  «„, 

d.  h. 

/_f«^  +  -4.  +  -4=  + i?.\ 

^=o,4T«4 .  \y^L_v^i-p^ A^  1 

\  w,  +  n,  +  w,  +  . . .  it«  / 

•  Um  also  dieses  arithmetische  Mittel  zu  ziehen,  braucht  nur  die  Summe 
der  vierten  Zahlenreihe  mit  der  der  zweiten  Reihe  getheilt  zu  werden.  Der 
Quotient  mfisste  nun  mit  dem  constanten  Factor  K  oder  0,47eo4  multiplicirt 
werden«  Diese  Multiplication  ist  aber  überall  unterlassen ,  weil  es  ausrei* 
ehend  und  bequemer  ist,  sie  nur  an  dem  Endresultat  der  Zusammenstellung 
vorzunehmen.   Der  in  der  Klammer  stehende  Werth  ist  jetzt  nur  von  den 

tf  tf  o 

einzelnen  Weithen j= ,  — j= ,  — ^  u.  s.  w.  algebraisch  abzuziehen, 

«i/«i  «tr«t  «s^öi 
um  der  Reihe  nach  die  in  die  sechste  Spalte  einzurückenden  Zahlen  zu  er- 
halten. Diese  Zahlen  sind  in  der  Tabelle  III.  mit  dem  Buchstaben  A  über- 
8chriebei|.  Schon  die  Vorzeichen  derselben  geben  ein  Hilfsmittel  an  die 
Hand,  über  das  Verhalten  beider  Differenzreihen  eine  Vermuthung  zu  ent- 
wickeln. Wäre  der  Wechsel  der  +  und  —  Zeichen  vor  den  Differenzen  A 
und  A'  lediglich  dem  Zufalle  hingegeben,  so  würde  der  WahT^^Vi^vtAv^- 


150    Ueber  die  Genauigkeit  d.  Längenmessungen  m.  d.  Messkette  etc. 

keit  nach  in  der  ersten  Hälfte  der  43  Längen -Intervallen  des  Sandbodens 
das  Zeichen  +  oder  —  ebenso  oft  vorkommen ,  als  in  der  zweiten.  In  der 
That  kommt  aber  vor : 

in  der  Spalte  fUr  A  in  der  Spalte  für  A' 

in  der  ersten  Hälfte  in  der  ersten  Hälfte 

das  Zeichen  + 8mal  das  Zeichen  + lOmal 

)♦  >»  *«^   »»  n  I»  ■*    11 

in  der  zweiten  Hälfte                             in  der  zweiten  Hälfte 
das  Zeichen  + 15  mal         -     das  Zeichen  + 9  mal 

11  %%  ' ^     ^^  »1  ^'i  ■*     ^'i 

Bei  der  zweiten  Hypothese  ist  also  ein  Zunehmen  der  negativen  und 
ein  Abnehmen  der  positiven  Differenzen  kaum  merklich,  wogegen  bei  der 
ersten  Hypothese  ein  Abnehmen  der  negativen  und  ein  Zunehmen  der 
positiven  Differenzen  unverkennbar  ist.  Die  Differenzen  'A'  zeigen  also 
eine  schwache  Neigung  zum  Sinken ,  .die  A  dagegen  eine  merklich  stärkere 
Neigung  zum  Steigen ,  beides  in  positivem  Sinne  gedacht.  Um  aber  das 
Wesen  beider  Differenzreihen  genauer  kennen  zu  lernen ,  muss  auch  die 
Grösse  der  einzelnen  Differenzen  ins  Auge  gefasst  werden.  Dieses  geschieht 
am  zuverlässigsten ,  wenn  jede  Differenz  zum  Quadrat  erhoben,  dieses  mit 
der  Anzahl  der  Polygonseiten  in  dem  betreffenden  Intervalle  multiplicirt 
wird  und  alle  Producte  dieser  Art  in  eine  Summe  vereinigt  werden.     Je 

grösser  diese  Summe  ist,  desto  weniger  stimmen  r  oder  r  mit -=  oder 

n  ya 
g 
—   überein ,  desto  weniger  bewähren  sich  die  Hypothesen  I.  oder  ü. 

In  der  siebenten  Spalte  ist  diese  Summe  gebildet;  sie  ist 

für  die  Hypothese  I.  für  die  Hypothese  11. 

0,01714378*27  0,000616'i644 

Diese  Resultate  zeigen  auf  den  ersten  Blick,  dass  die  Hypothese  II. 
der  Wahrheit  sehr  viel  näher  liegt,  als  die  L  Hypothese.  Ganz  ähnliche 
Erscheinungen  zeigt  die  Tabelle  III.  auch  in  der  Abtheilung  flir  den  Klei- 
boden. 

Führte  vorhin  die  Beobachtung  des  Zeichenwcchsels  auf  die  Vermu- 
thung,  dass  die  nach  der  ersten  Hypothese  entwickelten  wahrscheinlichen 
Fehler  einer  Kettenanspannung  /?| ,  /?,,  Ä,  u.  s.  w.  für  die  steigende  Ket- 
tenlängenanzahl  («)  steigende,  die  naoh  der  zweiten  Hypothese  gefun- 
denen /?,' ,  i?,' ,  Äj'  u.  s.  w.  sinkende  Werthe  haben ,  so  kann  nun  dieser  Er- 
scheinung etwas  näher  getreten  werden ,  wenn  man ,  um  die  Untersuchung 
möglichst  einfach  zuführen,  die  neue  Hypothese  aufstellt,  dass  jenes  Steigen 
und  dieses  Sinken,  abgesehen  von  zufalligen  Schwankungen,  in  einer  arith- 
metischen Reihe  erfolgen ,  oder  mit  andern  Worten ,  wenn  der  wahrschein- 
liche Fehler  einer  Kettenanspannung,  welcher  eben  war: 

für  die  Hypothese  .  für  die  Hypothese 

I.  II. 

j/a  « 

durch  eine  den  Hypothesen  I.  und  II.  entsprechende  lineare  Gleichung  von 
der  Form: 

-l==:tj  +  j/a.t  L^y'  +  a.t' 

ya  « 


Von  J.  J.  VORLAENDER.  151 

oder  —  anch  hier  vorläirfig  von  dem  gemeinschaftlichen  Factor  0,47694  ab- 
gesehen —  durch : 

— ^=y  +  /fl.^  -4=y'  +  «./' 

n.ya  w-« 

ausgedrückt  wird. 

Die  Factoren  y  und  t  (erstes  Glied  und  Eeihendifferenz )  sind  unbe- 
kannt, sie  können  aber  unter  dem  Princip  entwickelt  werden,  dass  die 

s 
Summe  der  Quadrate  der  Unterschiede  zwischen  den  wirklichen — ;=.  und 

n  ya 

den  y  +  V^.  t^     und  den  y  +  a  .  /'  so  klein  als  möglich   sein  muss 

n .  a 

oder  wenn  man  diese  8nmme  für  alle  a  von  den  kleinsten  bis  zu  den  längsten  . 

Polygonseiten  hinauf  mit  einer  eckigen  Klammer  andeutet : 

1/ — — — y — ^fl*.  A  |  =  Minimum,         | y — at'\     c=  Minimum, 

wobei  aber  doch  noch  berücksichtigt  werden  muss ,  dass  die  einzelnen  Qua- 
drate, welche  zu  dieser  Summe  beitragen,  verschiedene  Zuverlässigkeiten 
besitzen,  je  nachdem  die  Anzahl  (;i)  der  Polygonseiten  innerhalb  eines  In- 
tervalls grösser  oder  geringer  ist.  Wird  auch  dieser  Umstand  berücksich- 
tigt, so  gestaltet  sich  die  Bedingung ,  welcher  die  Factoren  y  und  t  genügen 
sollen,  wie  folgt: 

Differenziirt  man  diesen  Ausdruck  zaerst  nach  y  und  dann  nach  t  und 
setzt: 

SO  findet  man : 

wobei  die  eckigen  Klammern  die  ihnen  oben  beigelegte  Bedeutung  behalten. 
\n\  ist  also  die  Anzahl  aller  gemessenen  Polygonseiten ,  \n  Y^\  die  Summe 
der  Producte,  welche, man  erhält,  wenn  man  für  jede  Gruppe  von  nicht  um 
5  Bnthen  verschiedenen  Polygonseiten  die  Anzahl  der  Seiten  mit  der  Qua- 
dratwurzel aus  der  entsprechenden  Kettenlängenanzahl  multiplicirt ,  \na\ 
die  Summe,  wenn  statt  mit  der. Quadratwurzel  mit  der  Anzahl  der  Seiten 
selbst  multiplicirt  wird,  \n  aa\  die  Summe,  wenn  die  Multiplication  mit  dem 
Quadrate  von  a  erfolgt ;  ferner  ist  s  die  Summe  aller  Messuhgsunterschiede, 

endlich  sind  1  -—=:  I  und    —    die  Summen,  welche  entstehen,  wenn  man  die 

Fehlersumme  jeder  Gruppe  mit  der  Quadratwurzel  der  betreffenden  Ketten- 
längenanzahl, beziehungsweise  mit  letzterer  selbst  multiplicirt  und  die  Pro- 
ducte addirt. 

Werden  diese  Ziffern-Operationen  yorgenommen,  so  erlüLlt  m«.\i\ 


1 52    Ueber  die  Genauigkeit  d«  Lftngenmessungen  m.  cT.  Messkette  etc. 

A.    auf  dem  Sandboden  - 

für  die  Hypothese  I.  für  die  Hypothese  II. 

9,6772  =  &35  y  +  I9<^2,5!is  /,  2,«6i7  =  &35  y  +  7815  t\ 

37,75  =  1982,523  y  +  7815  i,  37,7»  =  7815  y   +-  146853  f. 

Daraus  durch  Elimination : 

y  =  +  0,0031404,  y  =  +  0,0053964, 

/  =  +  0,0040336,  t'  =  —  0,0000301. 

B.    auf'dem  Kleiboden 
5,2705  =  451  y  +  1638,025  /,  1,4724  =  451  y  +  6297  /', 

19,93  ==  1638,025  y  +  6297  r,  19,93  =  6297  y  +  108377  /'. 

Daraus  durch  Elimination : 

y=  +  0,0034593,                   y'=  +  0,0036935, 
i  =z  +  0,0022651,  <'  = 0,0900307. 

Entspräche  eine  von  den  Hypothesen  L  oder  U.  über  die  Abhängig- 
keit des  wahrscheinlichen  Fehlers  in  der  Messung  einer  Linie  von  ihrer 
Länge  der  Wahrheit  genau,  so  müsste  bei  den  vorstehenden  Eliminationen 
/:=0  oder  /'  =0  zum  Vorschein  kommen,  vorausgesetzt,  dass  der  Messungen 
so  viele  sind,  um  eine  Ausgleichung  der  zufälligen  Fehler  erwarten  zu 
können.  Diejenige  Hypothese  also  liegt  der  Wahrheit  näher ,  bei  welcher 
t  oder  i'  den  kleinsten  Werth  hat. 

Nun  ist  auf  dem  Sandboden : 

t    =  +  0,0040336 
r  =  —  0,0000301 

auf  dem  Kleiboden : 

/    =  +  0,0022651 
r'=  —  0,0000307 

Die  zweite  Hypothese  liegt  also  der  Wahrheit  bedeutend  näher ,  als 
die  zweite.    Der  Factor  /'  in  der  obigen  Formel: 

^  =  y+ai'      • 
a 

oder  Q=z  a  ,y  +  aat' 

ist  so  gering,  dass   er  für  gewöhnliche  Rechnungen  =  0  gesetzt   werden 

kann.    Für  solche  Rechnungen  bestätigt  sich  daher  der,  den  bestehenden 

landesherrlichen  Verordnungen  zu  Grunde  liegende  Satz : 

„Der  bei  der  Messung  einer  geraden  Linie  zu  befürchtende  Fehler 

„ist  ihrer  Länge  proportional." 

Für  jschärfere  Rechnungen  würden  wir  zu  setzen  haben : 

und  nach  Substitution  der  für  y  und  t'  gefundenen  Werthe  hätte  man : 
auf  dem  Sandboden :  q  =  0,0053964 a  —  0,oooo30i  a* 
auf  dem  Kleiboden:    9  =  0,oo36935a  —  0^ooooso7a* 
oder  endlich ,  wenn  die  bisher  unterbliebene  Multiplication  mit  0,47694  jetzt 
nachgeholt  wird,  so  finden  wir  den  wahrscheinlichen  Fehler  in  der  ein- 
maligen Messung  einer  Linie  von  a  Kettenlängen: 

auf  dem  Sandboden  =  0,0025737a  —  0,ooooi44a' 
auf  dem  Kleiboden  =  0,ooi76i6a  —  0,ooooi46a' 
oder  von  einer  Kettenlänge: 

auf  dem  Sandboden  =  0,0025737  —  0,ooooi44a 

auf  dem  Kleiboden  =0,0017616  —  0,ooooi46a. 

Wenn,  um  noch  einmal  auf  die  weniger  strengen  Rechnungen  zurück- 

zukomnlcn,  /'  =  0  gesetzt  wird  ,  so  muss  zur  bessern  Ausgleichung  für  y, 

welches  der  Länge  einer  Linie  von  einer  Kettenlänge  gegenübersteht,  das 


Von  •  J.  J.  VOBLABNDEB,  1 53 

M 

geseUt  werden »  wie  er  sich  ans  den  ersten  der  obigen  Normalgleichnngen : 


mittlere  y  oder  der  in  der  dritten  Tabelle  gefundene  Werth  i=pp  an  die  Stelle 


[^]_ 


My' +  [««]<' 


anmittelbar  ergiebt,  wenn  darin  T  =0.   Man  hat  daher 

anf  dem  Sandboden  =^  0,omw76 
anf  dem  Kleiboden  =2  0,6033(147; 
beide  mit  0,47604  multiplicirt : 

anf  dem  Sandboden  =  0,0003645 
anf  dem  Kleiboden  s=  0,ooi5S7i. 
Diese  wahrscheinlichen  Fehler  einer  Kettenlänge  sind  in  Buthen  ans- 
gedrfickt. 

Sollen  sie  sich  ittcht  anf  die  fQnfmthige  Kette,  sondern  anf  eine  Rnthe 
beliehen,  so  müssen  vorstehende  Zahlen  mit  5  getheilt  werden.  Es  ist  dann 
der  wihrscheinliche  Fehler  einer  Ruthen  -  Ausspannung : 
anf  dem  Sandboden  =  0,ooo4729  =  ^i  t¥ 
auf  dem  Kleiboden  =0,0003114  =  -^^^ 
im  ganzen  Amte  Reckenberg  =  0,ooo399o  =  95^18-* 
Nach  der  Kataster  -  Instruction  ist  die  äusserste  Fehlergrenze  =  ^g- 
=  0,003» . . . ;  sie  ist  also 

anf  dem  Sandboden  das  7  fache  des  wahrscheinlichen  Fehlers, 
auf  dem  Kleiboden  das  tO  fache  des  wahrscheinlichen  Fehlers. 
Nun  ist  aber  nach  der  Wahrscheinlichkeits  Rechnung  unter  100000 Fällen 
i^Qr  ]  Fall  zu  fürchten,  wo  der  wirkliche  Fehler  den  wahrscheinlichen  Feh- 
ler um  das  &h  fache  übersteigt;  mithin  ist  ein  solcher  Fall  bei  der  Vorsicht, 
welche  im  Amte  Reckenberg  aufgewendet  wurde,  unter  den  986  Doppel - 
messnngen  oder  1972  Einzelmessungen  nicht  zu  fürchten.  Zwar  kommt 
auf  dem  Kleiboden  bei  einer  Poljgonseite  von  105  Ruthen  ein  Unterschied 
'^^  0,45  Ruthen  zwischen  der  ersten  und  zweiten  Seitenmessung  .vor ,  aber 
einer  dieser  Messungen  kann  doch  nach  dem  Obigen  nur  ein  wahrschein- 

lUk«    w  1^1  («' — «")•  0,47694        0,45     ^  ^  j  1  1 

lieber  Fehler  von  ^^ — = .0,47694  =  0,003044  der  noch  merk- 

a  105  • 

lieb  unterhalb  0,00333  .  • .  liegt,  zugeschrieben  werden. 

Da  die  vorliegende  Erfahrung  dem  auf  theoretischem  Wege  entwickele 

^n  Satze,  dass  der  wahrscheinliche  Fehler  in  der  Messung  einer  Linie  dem » 

Prodncte  aus  dem  wahrscheinlichen  Fehler  einer  Kettenanlegung  und  der 

Q^idratwurzel  aus  der  Anzahl  dieser  Anlegungen  gleich  sei ,  widerspricht, 

▼iehnehr  die  Annahme  des  practischen  Gefühls ,  dass  der  wahrscheinliche 

Fehler  der  ganzen  Linie  dem  Producte  aus  dem  wahrscheinlichen  Fehler 

der  einzelnen  Kettenanlegung  und  der  Anzahl  der  letzteren  selbst  gleich 

^1)  bis  anf  eine  für  gewöhnliche  Arbeiten  unerhebliche  Abweichung  bestä- 

^P-^  so  rechtfertigt  sich  dadurch  zugleich  das  überall  übliche  praktische 

ycrfabreni  wonach  der  Fehler ,  welcher  am  Endpuncte  einer  Messungslinie 

bemerkt  wird ,  anf  die  etwa  in  ihr  vorkommenden  Abschnitte  einfach  im  Ver- 

bültniss  der  Abstände  vom  Anfangspuncte  zur  ganzen  Länge  vertheilt  wird. 


1-54    lieber  die  Genauigkeit  d^LängenmeBSimgen  m.  d.  Mesekette  etc. 


L   Zusammenstellung  der  Differenzen  zwischen  je  zw< 

bestehenden  Thefl 


AnaaM 

der 

len- 


3 

4 

5 

6 

7 

8 

Q 

10 

tl 

12 

13 

14 

la 

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17 

18 

19 

20 

21 

2t 

23 

24 

25 

2ß 

27 

28 

29 

30 

u 

32 
33 
34 
35 
3Q 
37 
39 
42 
43 
4Ö 
47 
50 
62 

1029 


der 

seilen 


2 
17 

19 
2** 
38 
43 
33 
33 
39 
41 
34 
30 
10 
18 

m 

15 
13 

15 

11 

B 

6 

3 

4 

6 

4 
3 
3 
1 
4 
2 
1 
1 

3 
1 

1 
1 

l 

535 


A^(fre 
iTftt 

renken 
s 

RuUira. 

r),ü3 

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0.41 
036 
L09 
130 
2.00 
L51 
IM 
2,13 
2.50 
244 
2.2S 
M6 
1>4Ü 
1.17 
1,24 
1.58 
1J2 
1.19 
1.14 
0,50 
0,22 
0.58 
0,37 
0,99 
0,75 
0.35 
0.63 
0.44 
0,02 
0,40 
0,51 
0,IO 
0,35 
0,40 
0.5  L 
0,19 
0,33 
0,38 
0,30 
0.34 

37.75 


Auf  ahl  der  Biffdreazen  nAch  Ti 


S 


3y 


48 


49 


g 


50 


4Ö 


60 


32 


32 


15 


23 


18 


16 


14 


13 


0    5     7    3  U 


Von  J.  J.  VORLAENDBK. 


155 


«sungen  der  Polygonseiten  in  dem  aus  Sandboden 
I  Amtes  Beckenberg. 


iodoiÜLelt  üuvr  Grötae  gaordnet. 

Raulen. 

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0,0173 
0,0250 
0,1833 
0.3M1 
0,4120 
0,6082 
OMmi 
0,4775 
0,4764 
0,0140 
0,7183 
0,5710 
0,5ft87 
0,2^00 
0,3306 
0,2758 
0.2845 
0,3533 
0.3754 
0,2537 
0,2377 
0,1143 
0,0440 
0JI37 
0.0712 
0J871 
0,1303 
0,0039 
0.U3I 
0,077i 
0.0035 

o,mi86 

0,0456 
0,0350 
0.0575 
0.0640 
0,0787 
0,02<)0 
0,01H7 
0,0554 
0.0424 
0.0132 

0,0100 
0,0125 
0,0820 
0,1433 
0,1557  : 
0,2363 
0,2222 
0.1510 
0.1436 
0.1775 
0>1992 
0.1527 
0.1520 
0.0725 
0*0824 
0.0650 
0.tH552 
0.0790 
0»0819 
0.0541 
04)490 
0.0233 
Ot008S 
0^223 
0-0137 
0.0354 
(>,0258 
0i0U7 
1  0^03 
0.0137 
0-0006 

OrQUÖ 

041077 

0*0058  ; 

0-0005 
0-0103 
0^0121 
0-0044 

0,0!i81 

o,ooew 

0,0055 

l   Z 

1 

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2 

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2 

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1 

1 

i 

1 

1 

- 

^ 

^ 

• 

1 

9,6772 

2,6517 

.1 56    Uebcr  die  Genauigkeit  d.  LäDgenmessungen  m.  d.  MeBskette  etc. 


U.  Zusammenstellung  der  Differenzen  zwischen  je  swc 

bestellenden  Theü 


Anzab] 

Ret- 

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24 
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43 

1 

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2 

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0,29 

0,67 

1.15 

0,69 

l.ll 

0,70 

IM 

IM 

1,28 

1.31 

1,23 

1.21 

0,05 

0.32 

0,72  ' 

1.03 

0,51 

Oßl 

0,4S 

0,11 

0,57 

0.30 

O.lß 

0;V2 

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0,40 

0,15 

0,43 

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6 
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i 

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451 

19.93 

8. 

51 

53  3 

7  34 

67 

25 

14 

12 

» 

34    1 

e   6 

3 

2    6    2 

12-3 

Von   3.  J.  VOBLAENDKR. 


157 


Messungen  der  Polygonseiten  in  dem  ans  Kleiboden 
les  Amtes  Reckenberg. 


Ku(hen^ 

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k      ^        «         *  1      ' 

;  1  * , . 

.   1  ^ 

.      0.0000 
,       0.0071 
.      0.1050 
.      0.0701 
.      0,1184 
.      0,2532 

.    o.40tm 

.       O.2300 
.      0.3510 
.      0.2111 
.      0,314*> 
'.      0,3716 
.      0.3421 

*  0.3382 
.      (^3075 
.      0/2034 
.      0,2230 
,      0^734 
.      OplölO 
1     (K2248 

.    aiog7 

.      0.1814 
.      00980 
,      00220 
.      OII18 
,      00577 

•  O0302 
.      O0507 
.      0.0274 
.      O»O707 
,      O0257 
.      O0727 
.      00015 

0,0000 
0.0050 
0,0525 
0,0320 
0,04S3 
0,0057 
OI43S 
0,0767 
0,1100 

0.0tM*8 
0.1031 

o.mn4 

0.fl«73 
0.07tJO 
0,0712 
(K0Ö28 
O.O108 
0.0360 
0,0400 
0.0232 
0.0378 
(h0200 
0,0044 
0.0219 
0.0111 
0.iH)57 
0.0110 
0,0050 
0,0125 
0,0044 
0,0123 
0,0002 

1         1    . 

■ 

■ 

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* 

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■  * 

1     5,2705 

1,4724 

1 58    Ueber  die  Genauigkeit  d.  Längenmessangen  m.  d.  Messkette  etc. 


III.  Vergleichung  dea  mittleren  Werthes  des  wahrsch 

den  einzelnen  In 


Sandboden. 


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37 
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43 
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47 
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0.05 
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0,0030 
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0,0778 
0,0035 
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0,0455 
0,0350 
0.0575 
0,0640 
0,0787 
0,0200 
0.0487 
0,0554 
0.0^24 


0,34|0.0432 


0,00806 
0,01250 
0,01078 
0.01848 
0,01471 
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0.01550' 
0,01447 
0,01444 
0,01577 
0,01752 
0.01640 
0,01902 
0,01526 
0.01886 
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0.01508' 
0.037721 
0,02590| 
0,00356 
0,01715 
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0,00405 
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0,05543 
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0,0055 


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0,00435 
0,00455 
0,00186 
0,00440 
0,00507 
0,00381 
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0,00406 
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0,00607 
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0,0171437827 


2,6517 

535=0,00490 


0,000516 


Von   J.  J.  VORLAENDER. 


159 


len  Fehlers  mit  den  wahrscheinlichen  Fehlern  aus 
len  von  5  Ruthen. 


Eldiboden, 


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0,2U1 
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0,3382 
0,3075 


1,210,2934 


0,05 
0,32 
0J2 
1,03 


0/2230 
0,0734 

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0,2248 


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0,H7|0.1bl4 
0,48|0,OQ80 
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0.570.1US 
0,300,0577 
0,I6|0,0302 
0,22  0,0507 
0,15  0,0274 
0,40  0,070^ 
0,150,0257 
0«43  0,0727 
0,01  0,0015 


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0,00710 
0,00955 

0,00701 
0,00789 
0,00844 
0,0lü99 
0,00793 
0.01132 
0,01005 
0,01124 
0,01327 
0.01316 
0.01301 
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0,01174 
0,02035 
0,00018 
0,01464 
0,01729 
0,01201 
0,01512 
0.01900 
0,01100 
0,01863 
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0,01370, 
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0.01285 
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0,00150 


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—  0,00458 
—0.00213 

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—0,00030 
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+  0,00148 
+  0,00133 

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+  0,00006 
+0,00807 
—0,00250 
+  0,00296 
+  0,00561 
+  0,00033 
+  0.00344 
+  0.Ü0792 

—  0,00068 
+  0,00605 
"0,00014 
—0,00161 
—0,00173 
+  0,00202 
+  000600 
+  0.00117 
+  0,00650 
-0,01018 


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0,0528 
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0,0360 
0,0490 
0,0232 
0,0378 
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0,0044 
0.0219 
0,0111 
0,0057 
0,0110 
0,0050 
0,0125 
0,0044 
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0,0002 


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0,(W)500 
0,00477 
0,00320 
0,00322 
0.00310 
0,00,389 
0,00265 
0,00355 
0.00303 
0.00324 
0,0036!t 
0,00352 
0,00336 
0,00275 
0,00285 
0,00480 
0,00210 
0,00327 
0,00377 
0,00258 
0,00315 
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0,00220 
0,00365 
0,00222 
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0,00220 
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+  0,00010 
—0.00051 
—0,00041 
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+  0,00001 
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,  ,,,.107648 

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.  ,,..,11552 

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45t 


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5.2705 
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0,0041980789 


.4724 

T  451^,00326 


0,0001714904 


X. 

Die  Eneheintingen  der  Fluorescens  oder  der  inneren 

Dispersion« 

Von   WiTKSCHEL. 


Di 


I.  Von  der  Fluorescenz  im  Allgemeinen. 


'ie  von  John  Herschel  an  einer  Lösung  schwefelsauren  Chinins,  so* 
wie  von  David  Brewster  an  der  alkoholischen  Lösung  des  grfinen  Farb- 
stoffs der  Blätter  und  am  Flussspath .  zuerst  entdeckten  eigenthttmlichen 
Farbenerscheinungen  sind  der  Ausgangspunkt  einer  Reihe  beaohtenswer- 
ther  Untersuchungen  über  eine  besondere  Classe  optischer  Phänomene  ge- 
worden, welche  im  Ganzen  genommen  auf  eine  Veränderung  der  Brechbar- 
keit des  Lichts  unter  gewissen  Umständen  hinauslaufen  und  zuerst  mit  dem 
Namen  innere  (epipolische)  Uispersion,  sodann  mit  Fluores- 
cenz belegt  worden  sind.  Eine  Zusammenstellung  der  wichtigsten  dahin 
gehörigen  Erscheinungen  und  der  Resultate  der  darüber  angestellten  Unter- 
suchungen dürfte  daher  für  die  Leser  unserer  Zeitschrift,  welche  von  den 
darauf  bezüglichen  Mittheilungen  nähere  Kenntniss  zu  nehmen  nicht  Zeit 
und  Gelegenheit  gehabt  haben ,  nicht  unwillkommen  sein. 

Stellt  man  eine  Auflösung  von  schwefelsaurem  Chinin  (etwa  auf  100 
Gramm  Wasser  eine  Messerspitze  schwefeis.  Chinin,  wozu  noch  3 — 4  Trop- 
fen Schwefelsäure  hinzugesetzt  werden)  in  einem  cjlinderförmigen  (Probir-) 
Glase  gegen  die  einfallenden  Lichtstrahlen,  und  betrachtet  die  farblose 
durchsichtige  Flüssigkeit  von  oben  herab,  so  sieht  man  an  der  Seite  des  ein- 
< fallenden  Lichts,  da  wo  die  Flüssigkeit  das  Glas  berührt,  eine  dünne  Schicht 
Von  himmelblauer  Farbe.  Wird  dabei  directes  Sonnenlicht  angewendet,  so 
rückt  ein  blauer  Schein  noch  etwas  weiter  in  die  Flüssigkeit  hinein.  Eine 
eigenthümliche  Färbung  eines  Theiles  der  Flüssigkeit  tritt  hervor,  wenn 
man  nach  Brewsters  Vorgange  mittelst  einer  Sammellinse  von  kurzer 
Brennweite  ein  verdichtetes  Bündel  Licht  in  der  Flüssigkeit>  concentrirt,  indem 
man  die  Linse  so  stellt,  dass  ihr  Brennpunkt  etwas  tiefer  in  die  Flüssigkeit 
zu  liegen  kommt.  Man  erblickt  dann  einen  Lichtkegel  von  himmelblauer 
Farbe  in  der  farblosen  durchsichtigen  Flüssigkeit.  Wird  derselbe  Versuch 
mit  der  alkoholischen  Lösung  des  grünen  Farbestoffs  der  Blätter  angestellt, 
so  ist  der  in  die  Flüssigkeit  fallende  Lichtkegel  durch  eine  blutrothe  Farbe 
ausgezeichnet ,  welcher  gegen  das  Grün  der  übrigen  Lösung  auffallend  ab- 
sticht. Wie  diese  zeigen  noch  eine  grosse  Zahl  von  Auflösungen  grössten- 
theils  pflanzlicher  Stoffe ,  deren  in  der  Folge  zum  Theil  Erwähnung  gethan 


EHe  Erscheinun^fh  d.  Fluorescenz  etc.    Von  WiTSCHBL.        161 

werden  soll,  in  besondern  Richtungen  betrachtet  eine  ungewöhnliche  Fär- 
bung. Man  hat  diese  Eigenschaft  in  der  Folge  nach  dem  Vorgange  von 
S tokos  mit  dem  Namen  „Fluorescenz"  belegt,  weil  an  einer  gewissen 
Sorte  von  (grünem)  Flussspath  dieselbe  mit  beobachtet  worden  ist,  und  hat 
diesen  (Trivial-)  Namen  demjenigen  „innere  Dispersion"  vorgezo- 
gen ,  weil  er  niehr  als  letzterer  frei  ist  von  irgend  einer  Andeutung  theore- 
tischer Erklärung  der  angezogenen  Erscheinung. 

Es  lag  der  Gedanke  nahe,  dass  der  blaue  oder  rothe  Lichtkegel  in  den 
erwähnten  Lösungen  von  besonderen  Theilchen,  welche  daselbst  in  der 
Schwebe  gehalten  würden,  herrühre.  Bei  näherer  Untersuchung  fand  sich 
indess,  dass  das  dispergirte  Licht  grossentheils  unpolarisirt  war,  während 
doch  zu  erwarten  stand ,  dass  ein  von  suspendirten  Theilchen  reflectirtes 
Licht  als  durch  Reflexion  polarisirt  erscheinen  würde.  Es  zeigten  sich  aller- 
dings nicht  selten  Spuren  von  Polarisation ,  eine  schärfere  Betrachtung  er- 
gab aber,  dass  dieses  polarisirte  Licht  wirklich  von  schwebenden  Theilchen 
reflectirt  war ,  dass  dagegen  das  eigentliche  dispergirte  Licht  ohne  Polari- 
tion  ist. 

*  Zur  Bestimmung  des  eigentlichen  AVesens  der  Fluorescenz  ist  die 
gleichfalls  von  J.  Herschel  gemachte  Beobachtung  nicht  unwichtig,  dass  das 
Licht ,  nachdem  es  die  blaue  Färbung  oder  überhaupt  die  Fluorescenz  her- 
vorgebracht hat,  unfähig  geworden  ist,  in  einem  zweiten  Medium  dieselbe 
Erscheinung  hervorzurufen ,  also  insofern  eine  qualitative  Veränderung  er- 
litten haben  muss.  J.  Herschel  nannte  deshalb  ein  Licht,  welches  diese 
Veränderung  seiner  Beschaffenheit  zeigte,'  epipolisirt. 

Die  ausgedehntesten  und  sorgfältigsten  Untersuchungen  über  diese  und 
einige  damit  verwandte  Erscheinungen  hat  George  Stokes,  Professor  der 
Mathematik  zu  Cambridge,  angestellt.*)  Derselbe  prüfte  zunächst  das  letzt- 
erwähnte Resultat  von  J.  Herschel  durch  mehrere  Versuche,  welche  ihn  zu- 
gleich auf  die  eigentlicho^Natur  der  Fluorescenz  führten..  Da  ihm  die  Po- 
larisation 9es  Lichts  in  keiner  Weise  Anhaltepunkte  zur  Erklärung  dieses 
optischen  Phänomens  gab ,  vielmehr  jede  darauf  gegründete  Hypothese  zu 
Widersprüchen  führte,  nahm  er  an,  dass  der  Vorgang  in  einer  Veränderung 
der  Brechbarkeit  des  Lichts  bestehe,  eine  Hypothese,  welche  allerdings 
auch  den  bisherigen  Ansichten  über  die  Brechbarkeit  des  Lichts  entgegen 
.  war  y  aber  gegen  andere  Erklärungsweisen'  gehalten  immer  noch  die  ein- 
fachste blieb.  Er  nahm  an,  dass  die  unsichtbaren,  jenseits  des  äussersten 
Violett  liegenden  Strahlen  des  zusammengesetzten  weissen  Lichts  in  den 
erwähnten  Flüssigkeiten  Anlass  geben  zu  anderen  Strahlen  von  niederer 
Brechbarkeit,  so  dass  diese  dann  zwischen  den  Brechbarkeitsgrenzen  lie- 
gen ,  innerhalb  welcher  die  Netzhaut  des  Auges  erregt  werden  kann ;  oder 
mit  anderen  Worten,  dass  die  fluorescircnden  Flüssigkeiten  die  Eigenschaft 
haben,  die  Brechbarkeit  der  Lichtstrahlen  zu  erniedrigen,  dass  also  bei- 
spielsweise durch  eine  Lösung  von  schwefelsaurem  Chinin  die  nicht  sicht- 
baren, ultravioletten  Strahlen  in  weniger  brechbare  blaue  Strahlen  verwan- 
delt und  somit  dem  Auge  sichtbar  werden.  Warum  in  der  genannten  Flüs- 
sigkeit nur  eine  dünne  Schicht  von  himmelblauer  Farbe  an  der  Seite  der 
einfallenden  Lichtstrahlen  sichtbar  ist,  erklärt  er  durch  eine  gewisse  Opaci- 
tat  der  Flüssigkeit  für  die  unsichtbaren  Strahlen ,  obgleich  dieselbe  trans- 


*)  Phil.  Transact.  f.  1852  p.463,  1853  p.  385.    Poggend.  Ann.  Ergänz.  Bd.  iV 
8.1T7.  Bd.  96  S.  522.  ErstereAbhandl.  anssugsweise  in  Bd.  87  B.4^. 
ZeiUchrift  f.  Hathematik  o.  Physik.  I.  \\ 


162  Die^Erscheinungen  der  Fluorescenz  oder  dN*  innem  Dispersion. 

parent  ist  für  die  sichtbaren.  Der  Uebergang  von  der  völlkommneren 
Transparenz  zur  völligen  Opacität  würde  die  Strahlen  von  zwischenliegen- 
der Brechbarkeit  betreffen ,  welche  dann  den  weiter  in  die  Flüssigkeit  rei- 
chenden blauen  Schein  oder  den  durch  eine  Linse  hervorgebrachten  (von 
Brewster  beobachteten)  blauen  Liclitkegel  erzeugen  könnten.  Folgende 
von  Stokes  angestellten  Versuche  bestätigten  seine  Ansichten  vollkommen. 

In  ein  dunkles  Zimmer  wurde  durch  ein  Loch  im  Fensterladen  Licht 
in  horizontaler  Richtung  reflectirt.  In  dem  Loclie  war  eine  Linse  von  kür- 
zerer Brennweite  angebracht,  vor  welche  ein  Probirglas  mit  der  Chinin- 
lüsung  vertikal  in  einem  solchen  Abstände  von  derselben  aufgestellt  wurde, 
dass  der  Brennpunkt  etwas  innerhalb  der  Flüssigkeit  fiel.  Auf  diese  Weise 
kam  sowohl  die  zuerst  genannte  schmale  blaue  Schiclit  oder  Zone,  als  auch 
der  zuletzt  erwähnte  blaue  Lichtkegel  zum  Vorschein.  Als  er  hierauf  von 
mehreren  verschiedenfarbigen  Gläsern  das  eine  bald  zwischen  das  einfal- 
lende Licht  und  die  Flüssigkeit  stellte ,  bald  zwischen  die  Flüssigkeit  und 
das  Auge  hielt ,  bemerkte  er  sehr  bald  die  qualitative  Verschiedenheit  des 
einfallenden  und  des  in  der  Flüssigkeit  erzeugten  Lichts,  sowie  dass  unter 
der  Wirkung  eines  und  desselben  farbigen  Glases  der  längere  blaue  Licht- 
kegel und  die  schmale  blaue  Schicht  sich  nicht  gleich  verhielten.  Unter  den 
Farbengläsern  befand  sich  ein  blassrauchfarbenes ,  welches ,  wenn  es  zwi- 
schen das  einfallende  Licht  und  die  Flüssigkeit  gestellt  wurde ,  den  blauen 
Kegel  verschwinden  Hess ;  wurde  es  dagegen  zwischen  die  Flüssigkeit  und 
das  Auge  gehalten ,  so  konnte  durch  dasselbe  der  Kegel  sehr  gut  gesehen 
werden ,  nur  war  die  Farbe  desselben  etwas  verändert ,  mehr  weisslich  ge- 
worden. Ein  anderes  Glas  von  Flohfarbe  zeigte  das  entgegengesetzte  Ver- 
halten ;  zwischen  die  Linse  und  die  Flüssigkeit  gestellt  Hess  es  den  Kegel 
in  der  Flüssigkeit  wie  früher  entstehen ,  absorbirte  ihn  aber ,  wenn  es  vor 
das  Auge  gehalten  wurde.  Diese  Versuche  ergaben  deutlich ,  dass  das  ein- 
fallende und  das  fluorescirende  Licht  von  ein  und  demselben  Farbenglase 
verschiedenartig  afficirt  wird.  Da  nun  die  absorbirende  Wirkung  eines  far- 
bigen Glases  darin  besteht,  dass  ein  gewisser  Theil  der  verschieden  brech- 
baren Strahlen  aufgefangen  und  nur  gewisse  Strahlen,  deren  Brechbarkeit 
innerhalb  engerer  Grenzen  liegt ,  hindurcligelassen  werden ,  so  weist  das 
verschiedene  Verhalten  des  einfallenden  und  fluorescirenden  Lichts  hinter 
demselben  oder  hinter  verschiedenen  farbigen  Glasern  auf  eine  Veränderung 
in  der  Brechbarkeit  hin.  Der  folgende  ebenfalls  von  Stokes  angestellte 
(Fundamental-)  Versuch  ist  noch  entscheidender. 

Durch  eine  senkrechte  Spalte  im  Fensterladen  eines  dunklen  Zimmers 
reflectirtc  er  das  Sonnenlicht  horizontal ,  leitete  es  durch  drei  dicht  hinter 
einander  aufgestellte  Flintglasprismen  (jedes  ziemlich  in  der  Lage  der  Mi- 
nimum-Ablenkung) und  erzeugte  so  in  einem  Abstände  von  einigen  Füssen 
von  der  Spalte  ein  reines  Farbenspectrum  in  horizontaler  Richtung.  Ein  Rea- 
genzglas mit  einer  Auflösung  von  schwefelsaurem  Chinin  stellte  er  nun  zu- 
nächst jenseits  des  äussersten  Roth  des  Spectrums  auf  und  führte  es  so- 
dann in  senkrechter  Haltung  durch  die  einzelnen  Farben  desselben  hin- 
durch. Bei  dieser  Wanderung  fast  entlang  des  ganzen  sichtbaren  Spec- 
trums zeigte  sich  nichts  Auffallendes,  indem  die  farbigen  Strahlen  des 
Spectrums  durch  die  Lösung  wie  durch  bloses  Wasser  hindurchgingen.  Als 
er  jedoch  mit  dem  Glase  ziemlich  bis  an  das  äussersto  Violett  gekommen 
war,  erschien  auf  einmal  ein  Schein  von  blauem  Lichtin  demselben.  Wurde 
dasselbe  noch  weiter  in  derselben  Richtung  fortgeführt ,  so  nahm  das  blaue 


Von  WiTZSCHEL,  183 

Licht  snerst  an  Intensität  zu ,  hierauf  wieder  ah  nnd  verschwand  nach  nnd 
naeb  gans,  indem  es  sich  auf  eine  immer  dünnere  Schicht  der  Flüasigkeit 
an  der  Seite  des  einfaltenden  Lichts  zurückzog,  während  bei  seinem  ersten 
Anftreten  kurz  vor  dem  änssersten  Violett  es  sich  durch'  die  ganze  Flüssig- 
keit auf  einmal  verbreitet  hatte.  Das  Verschwinden  fand  erst  an  einer 
Stelle  statt ,  welche  weit  über  das  violette  Ende  des  sichtbaren  Spectmms 
hinanslag.  Stokes  äussert  sich  unter  dem  Eindrucke  dieser  höchst  interes- 
santer Erscheinung  folgendermassen :  „  Gewiss  war  es  ein  sonderbarer  An- 
blick, die  Rühre  beim  Eintauchen  in  die  unsichtbaren  (ultravioletten)  Stra- 
len  augenblicklich  erleuchtet  zu  sehen;  es  war  buchstäblich  sichtbare 
Dunkelheit^  die  Erscheinung  hatte  etwas  Ueberirdisches  (tomelking  of 
M  unearihly  appearancey*^ 

Dass  die  Flüssigkeit  hierbei  auf  die  Strahlen  von  äusserster  Brechbar- 
keit eine  der  farbigen  Gläser  analoge  Wirkung  ausübt,  wurde  durch  fol- 
gende Abänderung  des  Versuchs  noch  dargethan.  Die  Spalte  wurde  mit 
einem  tief  blauen  Glase  bedockt  und  hinter  dasselbe  zuerst  ein  Glas  mit 
Wasser  gesetzt.  Betrachtete  er  so  die  Spalte  durch  ein  Prisma,  so  konnte 
«r  in  Folge  der  gewöhnlichen  Brechung  des  Lichts  noch  etwas  Über  die 
brechbarere  Linie  der  im  Violetten  befindlichen  Doppelgruppe  JI  sehen. 
Wurde  aber  das  Wasser  im  Glase  durch  eine  Lösung  schwefelsauren  Chi- 
nins ersetzt ,  so  erschien  zunächst  der  blaue-  fluorescirende  Lichtstreifen  in 
derselben  und  bei  Betrachtung  der  Spalte  durch  das  Prisma  fand  er  das 
Speetrum  schon  zwischen  den  Linien  G  und  ff  abgeschnitten  und  zwar 
ziemlich  scharf,  was  eine  rasche  Zunahme  der  Absörptionskraft  der  Flüssig- 
keit für  die  brechbareren  Strahlen  an  dieser  Stelle  des  Spectrums  b&weist. 
Lichtstrahlen  demnach ,  welche  durch  eine  Chininlösung  (und  ebenso  durch 
eine  andere  fluorescirende  Flüssigkeit)  gegangen  sind  und  welche  von 
J.  Herschel  zuerst  e'pipolisirtes  Licht  genannt  wurden,  sind  von  den 
stärker  brechbaren  Strahlen  des  Spectrums  gereinigt,  und  weil  letztere  wie- 
der nur  vorzugsweise  die  Fähigkeit  haben,  die  Fluqrescenz  zu  erzeugen,  in 
Folge  dessen  unfähig  geworden ,  dieselbe  Erscheinung  in  einer  zweiton  da- 
f&r  empfindlichen  Flüssigkeit  hervorzubringen. 

Man  kann  den  Vorgang  hierbei  auch  so  ansehen ,  dass  die  in  die  fluo- 
rescirende Flüssigkeit  eindringenden  (brechbaren)  Lichtstrahlen  dieselbe 
bis  zn  einer  gewissen  Tiefe  leuchtend  (zum  Theil  zu  einem  in  einer  beson- 
deren Farbe  selbstleuchtenden  Körper)  machen ,  die  je  nach  der  Natur  der 
flaorescirenden  Flüssigkeit  verschieden  sein  kann.  Im  Allgemeinen  wird 
bei  einer  Flüssigkeit  von  grösserer  fluorescirender  Kraft  der  leuchtende 
Theil  tiefer  eindringen.  Aaben  aber  die  einfallenden  Lichtstrahlen  eine 
Flttssigkeitsschicht  zu  durchdringen ,  die  dicker  ist,  als  die  Tiefe,  bis  zu 
welcher  rie  leuchtend  erscheint,-  so  können  die  übrigen  durchgehenden  Licht- 
strahlen keine  Fluorescenz  in  einer  zweiten  dazu  empfindlichen  Flüssigkeit 
hervorbringen. 

Folgender  Versuch  wird  die  obigen  Beobachtungen  bestätigen  und  die 
Natnr  des  eigenthümlichen  Vorganges  von  einer  etwas  anderen  Seite  er- 
klären. Wird  in  einem  dunklen  Zimmer  das  Farbenspectrum  auf  der  län- 
geren Seitenwand  eines  parallelepipedischen  GlasgeHlsses ,  das  mit  einer 
fluorescirenden  Flüssigkeit ,  z.  B.  mit  schwefelsaurer  Chininlösung  gefüllt 
ist,  aufgefangen,  so  sieht  man  die  weniger  brechbaren  Strahlen  ungehin* 
dert  wie  durch  Wasser  durch  die  Flüssigkeit  hindurchgehen ;  erst  im  Blau 
beginnt  die  Dispersion ,  man  erblickt  dann  einen  Farbenstreifen  von  zer- 


164    Die  Erscheinungen  der  Flnorescenz  od.  d.  innem  Dispersion. 


strentem  Licht  auf  der  Vorderseite  des  Gef^sses ,  der  zwischen  den  Linien 
G  und  E  des  Spectmm  auffingt  und  sich  noch  weit  über  das  Violett  hinaus 
fortsetzt.  Dabei  dringt,  wie  schon  erwähnt,  der  blaue  Schein  zuerst  am 
tiefsten  in  die  Flüssigkeit  hinein  und  reducirt  sich  zuletzt  in  dem  übervio- 
letten Theile  des  Spectrums  auf  eine  immer  schmalere  Schicht  an  der  Ober- 
fläche der  Flüssigkeit  zur  Seite  der  einfallenden  Strahlen.  Die  festen  Li- 
nien, welche  dem  Violett  und  den  ultravioletten  Strahlen  angehören,  geben 
sich  durch  dunkle  Ebenen  zu  erkennen,  die  den  blauen  Kaum  unterbrechen. 
Bei  gehöriger  Stellung  des  Auges  projiciren  sich  dieselben  als  dunkle  Li- 
nien. Stokes  hat  von  den  dem  ultravioletten  Theile  des  Spectrums  zuge- 
hörigen Linien  eine  Zeichnung  entworfen  und  die  hervorstechenden  Grup- 
pen desselben  in  ähnlicher  Weise  wie  Frauenhofer  die  des  sichtbaren  Spec- 
trums besonders  bezeichnet.  Er  hat  hierzu  die  kleinen  Buchstaben  des  la- 
teinischen Alphabets  /,  m.  ;t,  o,  p  gewählt  und  bezeichnet  mit  einem  dersel- 
ben sowohl  eine  ganze  Gruppe  dunkler  Linien ,  als  auch  die  in  der  soge- 
nannten Gruppe  hervorstechendste  dunkle  Linie.  Von  der  im  äussersten 
Violett  liegenden  Doppellinie  nennt  er  die  brechbarste  k*).  Auch  in  dem 
Spectrum ,  welches ,  wie  sofort  beschrieben  werden  soll,  auf  einem  mit  fluo- 
rescirender  Flüssigkeit  getränkten  Papierstroifen  entworfen  ist,  sind  die 
dunklen  Linien  der  übervioletten  Kegion  wahrzunehmen. 

Aus  dem  Vorstehenden  geht  hervor,  dass  man  es  mit  zweierlei  Licht- 
mengen verschiedenen  Verhaltens  zu  thun  hat;  die  eine  besteht  aus  ge- 
wöhnlichem Licht,  welches  unter  dem  Prisma  in  das  bekannte  farbige 
Spectmm  zerlegt  wird  und  das  durch  die  betreifende  Flüssigkeit  ungehin- 
dert hindurchgeht.  Die  andere  wird  aber  durch  die  Flüssigkeit  eigen- 
thümlich  modificirt  und  bringt  die  Erscheinung  der  Flnorescenz  hervor,  in- 
dem sie  ein  zweites  Farbenäpcctnim  erzeugt,  das  innerhalb  des  ersten  be- 
ginnend über  das  äusscrstc  Violett  hinausgeht. 

Statt  der  fluorcscirenden  Flüssigkeiten  können  hierbei  in  einfacherer 
Weise  auch  Papiorstreifen ,  welche  mit  diesen  getränkt  sind ,  angewendet 
werden.  Sehr  emptindlich  zeigt  sich  in  dieser  Hinsicht  mit  Ourenmatinktur 
getränktes  Papier.  Sclion  J.  Hcrschel  hatte  an  demselben  die  Eigenthüni- 
lichkeit  beobachtet ,  dass  es,  wenn  man  ein  reines  Spectmm  auf  dasselbe 
fallen  lasse,  am  violetten  Ende  viel  weiter  erleuchtet  erscheine,  als  weisses 
Papier.  Die  Farl)en  vom  rothen  Ende  des  8pectruins  an  bis  gegen  die 
dunkle  Linie  F  zeigen  keine  wesentliche  FarbenHuderung,  etwas  weiter 
zwisclien  /''und  G  wird  eine  röthliche  Farbe  siclithar,  die  sich  mit  dem  da- 
selbst befindlichen  Grün  und  lUau  des  Spectrums  vermischt.  Uel)er  G  hin- 
aus wird  die  Farbe  g>5ll)rich  und  die  eigentliche  Verlängerung  des  Spec- 
trums ist  gelblich  -  grün. 

Dass  die  Abänderung  dos  gewöhnlichen  Spectrums  auf  Flnorescenz 
des  getränkten  J^apiers  beruht,  ist  auf  verschiedene  Weise  zu  erkennen. 
Bricht  man  nämlich  das  «auf  das  empfindliche  Papier  geworfene  Spectrum 
nochmals  durch  ein  vor  das  Auge  gehaltenes  JVisma  und  zunächst  so,  dass 
die  Kefraction  in  einer  den  festen  Linien  des  Spectrums  parallelen  Ebene 
vor  sich  geht,  so  lasson  sich  alle  diese  durcli  das  ganze  Spectrum  hin  deut- 
lich verfolgen.  Wird  aber  sodann  das  Prisma  mit  seiner  brechenden  Kante 
senkrecht  gegen  die  Längenrichtung  der  festen  Linien  gehalten,  so  sind 
dieselben  zwar  in  dem  weniger  brechbaren  Tlieil  des  Spectrums  etwa  bis 
zur  Linie  i^  eben  noch  deutlich  wahrzunehmen,  in  dem  übrigen  Theile  des 

*)  M.  s.  Tal).  I  Fig.  l  zu  Pogg.  Ann.  Ergränz.  Bd.  IV. 


Von   WiTZSCHEL.  ^  166 

Spectrams  jedoch  woniger  oder  mehr  verwaschen  oder  ganz  vernichtet ,  je 
nach  dem  Grade  ihrer  ursprünglichen  Stärke,  sowie  nach  der  Beschaffen- 
heit und  dem  Abstände  des  hierbei  gebrauchten  Prisma's. 

Noch  entschiedener  zeigt  sich  eine  Verschiebung  der  festen  Linien  im 
brechbareren  Theile  des  Spectrums,  wenn  man  letzteres  auf  einem  weissen 
Schirme  auffängt,  auf  welchem  ein  Streifen  mit  Curcumatinktur  getränk- 
ten Papiers  so  aufgespannt  ist,  dass  seine  längere  Seite  das  Spectrum  der 
Länge  nach  durchschneidet,  also  ein  und  dieselbe  feste  Linie  zur  Hälfte 

.  auf  das  getränkte ,  zur  andern  Hälfte  auf  das  weisse  Papier  des*  Schirmes 
fällt,  und  wenn  man  dann  dieses  Spectrum  durch  ein  Prisma  so  betrachtet, 
dass  es  in  einer  gegen  die  festen  Linien,  senkrechten  Richtung  gebrochen 
wird.  Während  dabei  die  Linie  F  noch  ununterbrochen  zu  sehen  ist,  er- 
scheint die  Linie  Q  verschoben ,  indem  das  auf  dem  getränkten  Papiere  ge- 
bildete Stück  derselben  weniger  gebrochen  ist,  als  das  auf  dem  weissen 
Papiere  liegende.  Letzteres  zeigt  sich  schwach  in  das  zum  gefärbten  Theile 
des  Schirmes  gehörende  Spectrum  hinein  verlängert,  so  dass  hier  Q  doppelt 
erscheint.  Die  Erscheinung  cilclärt  sich  dadurch ,  dass  das  vom  getränkten 
Papier  in  der  Nähe  von  Q  herkommende'  Licht  aus  zwei  Theilen  besteht; 
einmal  aus  dem  indigblauen  Licht,  welches  durch  Brechung  in  gewöhnlicher 
Weise  entstanden  ist,  und  sodann  zum  grössern  Theile  aus  solchem,  welches 
eine  geringere  Brechbarkeit  als  Q  besitzt  und  durch  Dispersion  aus  Licht 
von  höherer  Brechbarkeit  entstanden  ist.  Die  Linie  G  entsteht  nun  durch 
die  Abwesenheit  einmal  des  erstgenannten  Lichts,  sodann  des  zuletzt  er- 
wähnten ,  wodurch  zwei  dunkle  Linien  hervortreten  müssen ,  die  der  ver- 
schiedenen Brechbarkeit  beider  Lichtportionen  entsprechende  Lage  haben. 
Bei  der  Betrachtung  eines  auf  Ourcumapapier  aufgefangenen  Spec- 
tmms  durch  ein  Prisma,  dessen  brechende  Kante  senkrecht  zu  den  festen 
dunklen  Linien  gehalten  wird ,  tritt  noch  eine  andere  eigenthümliche  Er- 
scheinung hervor ,  welche  gleichfalls  auf  die  Anwesenheit  zweier  verschie- 
dener Lichtportiouen  hinweist.  Liegt  in  dem  ursprünglichen  auf  das  ge- 
tränkte Papier  geworfenen  Spoctruni  das  Roth  zur  Linken  und  wird  das 
Prisma  vor  dem  Auge  so  gehalten,  dass  tue  zu  brechenden  Strahlen  auf- 
wärts gehen,  also  das  Bild  nach  dem  Beobachter  hin  herabwärts  gebrochen 
wird",  80  gewahrt. man  durch  das  Prisma  zwei  von  einander  wohl  zu  unter- 
scheidende Spectra.  Das  eine,  welches  das  durch  die  Brechung  der  ge- 
wöhnlichen Lichtstrahlen  hervorgebrachte  ist,  läuft  dem  Brechungs vermö- 
gen der  einzelnen  Farbestrahlon  gemäss  von  der  Linken  zur  Rechten  schräg 
herab  und  enthält  auch  die  natürlichen  Farben  des  Spectrums  vom  Roth 
biß  zum  Violett.  Das  zweite  Spectrum  ist  weniger  gebrochen ,  als  das  er- 
Btore,  liegt  gegen  dasselbe  irtmer  an  ein  und  derselben  Seite  und  gehört 
den  dispergirten  Lichtstrahlen  an.  In  beiden  Spectrcn  ist  das  blaue  Ende 
unten,  das  rothe  oben  und  die  den  festen  Linien  des  ursprünglichen  Spec- 
trams entsprechenden  Unterbrechungen  erscheinen  nun  verlängert  und  quer 
durch  die  Farben  laufend. 

#  Die  Intensität  und  Farbenzusammensetzung  des  zweiten  Spectrnms  im 

Ganzen  und  m  seinen  einzelnen  Theilen  und  seine  Ausdehnung  nach  den  ver- 
schiedenen Richtungen  hängen  übrigens  von  der  Natur  des  fluorescirenden 
Körpers  ab,  auf  welchem  das  ursprüngliche  Spectrum  aufgefangen  wird. 
Im  Allgemeinen  geht  es  von  dem  helleren  Theile  des  ersteren  Spectrums 
aus,  erstreckt  sich  bis  über  das  äusserste  Violett  hinaus  und  bleibt  in  seiner 
Farbe  mit  der  des  auffangenden  Körpers  ziemlich  übereinstimmend. 


166    Die  Erscheinungen  der  FlnoreBcenz  od.  d.  inncrn  Dispersion. 


Die  Verlängerung  des  auf  Curcumapapier  entworfenen  Spectrums 
wurde  zuerst  als  ein  Beweis  für  die  Sichtbarkeit  der  übervioletten  Strah- 
len angesehen ,  obgleich  es  nach  den  Vorstehenden  zunächst  nur  die  Exi- 
stenz gewisser  unter  gewöhnlichen  Umständen  nicht  sichtbaren  Strahlen 
von  höherer  Brechbarkeit  und  deren  Modification  anzeigt.  Eine  andere 
Frage  ist,  ob  die  ultravioletten  "Strahlen  eine  directe  Lichtempiindung  im 
Auge  hervorzubringen  im  Stande  sind ,  ob  also  die  häufige  Identificirung 
der  Ausdrücke  „überviolette**  und  „unsichtbare**  Strahlen  des  Spectrums 
noch  fortbestehen  kann  oder  nicht.  Stokes  ist  mehrfach  bemüht  gewesen, . 
diese  Frage  zur  Entscheidung  zu  bringen ;  die  geringe  Intensität  schon  der 
violetten,  noch  mehr  aber  der  darüber  hinausliegenden  Strahlen,  sowie  der 
Umstand,  dass  die  Glasprismon  einen  grossen  Theil  der  brechbareren  Strah- 
len absorbiren ,  machen  die  Untersuchung  sehr  schwierig ,  so  dass  es  nicht 
Wunder  nehmen  darf,  wenn  dem  genannten  Experimentator  anfänglich  da- 
hin zielende  und  die  Sache  entscheidende  Versuche  missglückten.  Erst 
später  ist,  wie  er  bemerkt  (Zus.  B.  der  oben  gen.  Abhandl.),  ihm  eine  be- 
sondere Vorrichtung  gelungen,*  soweit  in  die  übervioletten  Stralilen  hinein- 
zusehen ,  dass  er  die  Von  ihm  mif  m,  n  und  p  bezeichneten  Gruppen  fester 
Linien  mittelst  direct  ins  Auge  gelangenden  Lichtes  erkennen  und  selbst 
jenseits  derselben  noch  Licht  wahrnehmen  konnte.  Die  Farbe  dieser  Strah- 
len vergleicht  er  mit  der  von  der  CoroUe  des  Lavendels  (weshalb  er  sie 
auch  „lavendelblaue**  Strahlen  nennt)  und  setzt  hinzu,  dass  ihnen  das  Leuch- 
tende des  Blaus  und  die  Höthe  des  Violetts  fehle.  Helmholtz  hat  die- 
selben Untersuchungen  mehrfach  wieder  aufgenommen.  In  einer  Abhand- 
lung über  die  Zusammensetzung  von  Spectralfarben*)  erwähnt  er  eine  auch 
schon  früher  von  ihm  beschriebene  Methode**),  die  brechbareren  licht- 
schwachen  Strahlen  dem  Auge  sichtbar  zu  machen,  soWeit  sie  durch  das 
Glas  hindurchzugehen  im  Stande  sind.  Er  hat  auf  diesem  Wege  eine  be- 
deutende Verlängerung  des  violetten  Endes  des  Spectrums  beobachtet  und 
dessen  feste  Liniengruppon  sowohl  mit  denen  eines  auf  Chininlüsung  ent- 
worfenen Spectrums,  als  mit  der  von  Stokes  gegebenen  Zeichnung  verglei- 
chen können.  Die  von  Stokes  mit  /,  m  und  n  bezeichneten  Gruppen  sind 
sehr  leicht  und  deutlich  und  am  äussersten  Ende  noch  die  ersten  Linien  der 
Gruppe  p  zu  beobachten  gewesen.  Helmholtz  gebrauclit  daher  für  diese 
Strahlen  die  Bezeichnung  „  üb e  r v  i o  1  e  1 1  e  **,  anstatt  der  allerdings  nicht 
mehr  passenden  unsichtbaren  Strahlen,  wenn  auch  durch  dieselben  das 
Auge  verhältnissmässig  wenig  afficirt  wird.  Dass  sie  bei  objectiver  Dar- 
stellung in  einem  Spectrum  auf  weissem  Papier  so  schwer  zu*  sehen  sind, 
davon  Kegt  der  Grund  in  dem  diffusen  gewöhnlichen  Lichte ,  welches  die- 
selben überstrahlt;  dasselbe  Ilinderniss  findet  auch  in  den  meisten  übrigen 
Fällen  statt. 

Bezüglich  der  Farbe  bemerkt  er  mit  Stokes  im  Ganzen  übereinstim- 
mend ,  dass  das  zwischen  G  und  H  befindliche  Violett  bis  zur  Gruppe  /  sich 
ausdehne.  Der  Farbenton  wechsele  übrigens  sehr  mit  der  Lichtintensität; 
je  licKtschwächer  das  Violett  wird ,  desto  mehr  bekomme  es  einen  Anflug 
von  Rosa,  bei  gesteigerter  Lichtintensität  werde  es  dem  Blau  ähnlicher  und 
gehe  dann  in  ein  weissliches  Graublau  über.  Jenseits  der  Gruppe  /  seien 
die  Strahlen   wieder  indigblau  bei  geringer  oder  weissblau  bei  grösserer 


*)  Poggcnd.  Annal.  Hd.  04  Ö.  U. 
**)  Dieselben  Annal.  Bd.  86  S.  513. 


Von  W1TZ8CHEL.  167 

Lichtstärke.   £s  scheine  somit  die  Keihe  der  Farheutöne  des  Spectrums  bei 
diesen  Strahlen  sich  umzukehren. 

Dieselben  Untersuchungen  hat  er  mit  Hilfe  eines  Apparats  von  Quarz- 
prismen, welche  für  die  brechbareren  Strahlen  weit  durchsichtiger  sind  als 
Glas,  wieder  aufgenommen.*)  Unter  diesen  Umständen  schien  ihm  das 
Auge  keine  geringere  Empfindlichkeit  für  die  äussersten  überviolctten  Strah- 
len zu  haben,  als  wie  für  die  der  Gruppe  /  und  m.  Soweit  Chininpapier  das 
Vorhandensein  von  übervioletten  Strahlen  ihm  anzeigte ,  konnte  er  diesel- 
ben auch  direct  mit  dem  Auge  wahrnehmen.  Die  Farbe  derselben  ist  ihm 
von  /  bis  zum  Ende  hin  als  dieselbe  erschienen,  nämlich  blau  bis  weisslich- 
blau,  und  nttr  an  den  lichtschwächeren  Stellen  ein  dem  Violett  ähnlicheres 
Indigblau,  wie  es  alle  indigblauen  Strahlen  bei  geringerer  Lichtintensität 
zeigen. 

Helmholtz  suchte  die  hierbei  sehr  wichtige  Frage  auf  dem  Wege  des 
Experiments  zu  beantworten ,  ob  die  Netzhaut  die  überviolettcn  Stranlen 
unmittelbar,  wie  etwa  die  andern  Farben  des  Spoctrums,  sieht  oder  ob  sie 
unter  deren  Einflüsse  fluorescirt,  so  dass  die  blaue  Farbe  Licht  von  gerin- 
gerer Brechbarkeit  ist,  welches  erst  durch  diesen  Frocess  auf  der  Netzhaut 
in  ähnlicher^Weise  wie  auf  Chininpapier  sich  entwickelt.  Seine  Unter- 
suchungen hatten  das  Ergebniss,  dass  die  Netzhaut  allerdings,  wenn  auch 
nur  schwach,  fluorescirt  (schwächer  als  Papier,  Leinwand,  Elfenbein,  doch 
stärker  als  Porzellan),  und  zwar  mit  gemischtem  weissen  dispergirten  Licht, 
dem  sich  ein  blaugrüner  Schein  zugesellte  und  welchem,  wie  die  Zerlegung 
durch  das  Prisma  ergab,  das  Koth  fehlte.  Das  ziemlich  gesättigte  Blau  des 
ttbervioletten  Lichts,  wie  es  vom  Auge  direct  wahrgenommen  wird,  und  die 
weisse  Farbe  des  dispergirten  Lichts  der  fluorescirenden  Netzhaut  scheinen 
ihm  nnn  zu  wenig  die  Ansicht  zu  unterstiftzen ,  dass  die  Netzhaut  die  über- 
violetten nur  nach  ihrer  Verwandlung  in  weniger  brechbares  Licht  em- 
pfinde, doch  könne,  wie  einige  andere  seiner  Untersuchungen  zeigen,  wohl 
tngenommen  werden ,  dass  die  Fluorescenz  der  Netzhaut  stark  genug  ist, 
am  durch  Beimischung  des  von  ihr  dispergirten  Lichts  die^Farbe  des  direct 
empfundenen  überviolctten  merklich  abzuändern.  Die  oben  bemerkte  Um- 
kehr der  Farbenreihe  im  übervioletten  Lichte  erklärt  er  demnach  so ,  dass 
einer  schwachen  Empfindung  violetter  Farbe ,  welche  diese  Strahlen  direct 
erregen,  sich  die  Wahrnehmung  des  in  der  Netzhaut  durch  Fluorescenz  er- 
seogten  grttnlich-weissen  Lichts  beimischt,  wodurch  die  weisslich- indigblau e 
Färbung  entsteht,  welche  die  übervioletten  Strahlen  unmittelbar  dem  Auge 
darbieten.   Als  Resultate  seiner  Versuche  stellt  H.  folgende  auf: 

1)  Die  menschliche  Netzhaut  ist  im  Stande,  alle  Strahlen  des  Sonnen- 
lichts direct  wahrzunehmen,  deren  Brechbarkeit  die  der  äussersten 
rothen  Strahlen  übertrifi^  [und  von  deren  Vorhandensein  man  an- 
derweitig Kenntniss  hat].     • 
3)  Die  Substanz  der  Netzhaut  dispergirt  unter  dem  Einflüsse    der 
überviolet^en  Strahlen  gemischtes  Licht  von  niederer  Brechbar- 
keit, dessen  Gesammtfarbe  nicht  ganz  reines  (grünlich  blaues) 
Weiss  ist. 
3)  Die  Fluorescenz  der  Netzhaut  ist  aber  kein  hinreichender  Erklä- 
rungsgrund dafür,  dass  die  übervioletten  Strahlen  überhaupt  wahr- 
^        genommen  werden. 

*)  Poggend.  Annal.  Bd.  94  8.  205. 


168    Die  Erscheinungen  der  Fluorescenz  od.  d.  innern  Dispersion« 


n.    Modificationen  des  dispergirten  Lichts  je  nach  der 

Beschaffenheit  der  fluorescirenden  Substanz  und 

des  einfallienden  Lichts. 

Ausser  am  schwefelsauren  Chinrn  ist  die  Fluorcscens  noch  an  unge- 
mein vielen  Lösungen  hauptsächlich , organischer  Substanzen,  sowie  auch 
an  einigen  unorganischen  Stoffen  beobachtet  Worden.  Zur  Herstellung  der 
zweckmässigsten  Concentration  der  Lösungen  ist  es  vortheilhaft,  zu.  einer 
Quantität  Wasser  in  einem  cjlindrischon  Glase,  das  gc^en  die  einfalleuden 
Strahlen  des  Sonnenlichts  vor  das  Fenster  gestellt  wird ,  eo  viel  von  dem 
(meist  alkoholischen)  Auszuge  hinzuzugiessen,  bis  die  Fluorescenz  deutlich 
hervortritt.    Einige  von  den  empfindlicheren  Substanzen  sind  folgende. 

1)  Auszug  der  Rinde  von  Rosskastanien  (Aesculinlösung). 
Eine  blose  Abkochuug  der  Rinde  dieses  Baumes  reicht  statt  einer  lege  arlis 
bereiteten  Aesculinlösung  vollkommen  hin.  Die  Flüssigkeit  ist  sehr  em- 
pfindlich und  fluorescirt  wie  Chinin  mit  blauem  Lichte.  Die  ifispersion 
fäng^  im  Spectrum  etwas  eher  an,  als  bei  der  Chininlüsung ,  bei  letzterer 
nämlich  zwischen  G  und  /T,  bei  dieser  etwas  vor  G,  wodurch,  wie  Stokes 
bemerkt,  sich  eine  Beobachtung  Herschers  erklärt,  nach  welcher  ein  durch 
Chininlösung  hindurchgegangenes  Lichtbündel  durch  Aesculin  noch  dis- 
pergirt  wird. 

3)  Alkoholischer  Extract  von  Stechapfelsaamen.  Diese 
Flüssigkeit  ist  sehr  empfindlich  und  zeigt  auch  schon  bei  zerstreutem  Ta- 
geslicht die  Fluorescenz.  Im  durchgelassenen  Lichte  erscheint  sie  gelb 
mit  etwas  grün ;  an  der  Seite  des  einfallenden  Lichtes  fluorescirt  sie  mit 
bläulich  grünem  Lichte. 

3)  Curcumatinktur.  Im  durchgehenden  Lichte  gelb,  fluorescirt  mit 
grünlichem  bis  gelbgrünem  Lichte.  Die  Dispersion  scheint  im  Spectrüm 
zwischen  E  und  F  bei  der  Linie  b  anzufangen.  Die  festen  Linien  im  über- 
violetten Theile  des  Spectrums  zeigen  sich  in  der  oben  beschriebenen  Weise 
an  dieser  Flüssigkeit  l-echt  gut. 

4)  Alkoholische  Lösung  von  Guajakliarz;  dispergirt  in  einer 
sehr  schmalen  Schicht  an  der  Oberfläche  zur  Seite  der  einfallenden  Strah- 
len ein  violettes  Licht.  Im  Spectrum  geht  die  Dispersion  bis  zum  Anfange 
des  Grün  in  der  Nähe  von  h  herab.  Das  dispergirte  violette  Licht  wird 
durch  die  übervioletten  Strahlen  zwischen  m  und  n  und  darüber  hinaus  er- 
zeugt, und  für  diese  ist  die  Flüssigkeit  stark  ahsorbirend. 

5)  Alkoholische  Lösung  von  Blattgrün.  Die  Blätter  sind  vor- 
her in  siedendem  Wasser  aufzuweichen,  hierauf  mit  Alkohol  auszuziehen,  die 
Flüssigkeit  dann  von  den  Blättern  abzugiessen,  wenn  sie  hinreichend  concen- 
trirt  ist,  und  im  Dunklen  aufzubewahren.  Sie  ist  im  durchgehenden  Lichte 
dunkelgrün  und  dispergirt,  wie  schon  bemerkt,  ein  rothes  Licht.  Der  einzige 
Zusammenhang  des  absorbirenden  und  fluorescirenden  Aiermögens  einer  em- 
pfindlichen Flüssigkeit  giebt  sich  an  dieser  in  eigenthümlicher  Weise  zu 
erkennen.  W^enn  man  nach  Stokes  die  Lösung  in  ein  reines  Spectrum  bringt 
und  von  oben  auf  dieselbe  durch  ein  rothes  Glas  herabsieht ,  so  beobachtet 
man  gewisse  Helligkeitsminima  meistens  in  Gestalt  von  Zähnen ,  welche 
zwischen  den  Absorptionsstreifen  liegen,  die  durch  dunkle  Zähne  von  ent- 
gegengesetzter Richtung  angezeigt  sind.  Das  abwechselnde  Auftreten  die- 
ser Minima  erklärt  St.  dadurch,  dass  je  reichlicher  das  dispergirte  Licht 


Von  W1TZ8CHEL.  169 

entsteht,  desto  mehr  das  einfallende  Licht  dazu  verbraucht  wird.  Minima 
der  Fluorescensthätigkeit  entsprechen  somit  solchen  Stellen  des  Spectrums, 
an  welchen  das  einfallende  Licht  auf  verhältnissmftssig  grössere  Tiefen  bis 
zur  völligen  Absorption  in  die  Lösung  eindringen  kann. 

6)  Grüner  Flussspat h  (von  Alston-Moor) ;  zeigt  in  gewissen  Rich- 
tungen betrachtet  eine  dunkelblaue  Dispersion  des  Lichts,  die  zwischen  den 
Linien  G  and  H  beginnt  und  sich  über  H  hinaus  erstreckt.  Die  festen  Li- 
niengruppen Bj  /,  m  und  n  sind  von  Stokes  deutlich  erkannt  worden.  Der 
Abstand ,  bis  zu  welchem  das  disporgirte  Licht  von  der  Oberfläche  an  der 
Seite  der  einfallenden  Strahlen  ab  verfolgt  werden  kann,  schien  mit  Zu- 
nahme der  Brechbarkeit  des  Lichts  sich  nicht  schnell  zu  verringern,  wie 
bei  einer  Lösung  von  schwefelsaurem  Chinin  (s.  8.  163  u.  164). 

8)  Kanari  eng  las;  ein  gelbgrünliches  Glas,  dessen  Farbe  auch  bis- 
weilen mit  annagrün  bezeichnet  wird,  dispergirt  ein  gAnischtes  lebhaft 
grünes  Licht.  Es  ist  eine  der  empfindlichsten  Substanzen  mit  sehr  inten- 
siver Fluorescenz  und  sehr  bequem  zu  handhaben.  Die  Verwendung  dieser 
Glassorte  zu  Flacons  und  dergl.  beruht  grossonthoils  auf  dieser  optischen 
Eigenschaft,  in  Folge  deren  die  daraus  verfertigten  Gegenstände^  ein  eigen- 
thümliches  und  gefälliges  Ansehen  erhalten.  Die  prismatische  Zerlegung 
des  fluorescirenden  Lichtes  ergiebt  nach  Stokes  dasselbe  bestehend  aus  fünf 
helleren  Streifen  von  gleicher  Breite  und  ziemlich  gleichem  Abstand  und 
getrennt  durch  schmale  dunkle  Streifen.  Der  erste  helle  Streifen  ist  roth, 
der  zweite  röthlich  orange ,  der  dritte  gelblich  grün ,  der  vierte  und  fünfte 
grün.  Im  Spectrum  beginnt  die  Fluorescenz  plötzlich  zwischen  E  und  F 
bei  der  Linie  b  und  bleibt  bis  über  das  sichtbare  Spectrum  hinaus  gleich 
stark;  nur  etwas  über  F  hinaus  findet  in  dieser  Beziehung  ein  Minimum 
statt;  desgleichen  scheint  die  Farbe  des  dispergirten  Lichts  überall  gleich- 
formig  zu  sein.  Die  Fluorescenz  beginnt  im  Spectrum  an  der  Stelle,  wo 
das  durch  dieselbe  modificirte  Licht  endet;  oder  denkt  man  sich  das  weisse 
Licht  in  zwei  Theile  zerlegt,  von  denen  der  erste  Strahlen  aller  niederen 
Brochbarkeiten  bis  zur  Linie  b ,  der  andere  die  übrigen  Strahlen  enthält, 
80  kann  man  annähernd  genau  sagen ,  dass  das  dispergirte  Licht  Strahlen 
enthält,  welche  dem  erstem  Theile  angeliören;  doch  würde  keine  Fluores- 
cenz entstehen ,  wenn  das  Glas  nur  von  Strahlen  des  ersten  Theiles  be- 
leuchtet würde,  indem  nur  diejenigen  des  zweiten  Theiles  dieselbe  her- 
vorbringen und  Strahlen  (Farben)  von  der  niedern  Brechbarkeit  des  erste- 
ren  Theiles  erzeugen  (vergl.  ob.  S.  162).  Dieses  Glas  ist  eins  der  besten 
Medien,  um  die  festen  Linien  der  ultravioletten  StriUilcn  zu  zeigen. 

8.  Uran  oxydsalze.  Das  „gelbe,  ins  Grünliche  schillernde*^  Glas, 
wie  man  häufig  auch  das  vorhin  genannte  Glas  bezeichnet,  wird  durch 
Uranoxyd  gelb  gefärbt.  Merkwürdiger  Weise  fluoresciren  auch  mehrere 
Uranoxydsalze  ziemlich  auf  dieselbe  Weise,  wie  das  Kanarienglas*  So 
zeigt  sich  krystallisirtes  salpetersaures  Uranoxy.d  sehr  empfindlich, 
indem  es  ein  grünes  Licht  dispergirt,  dass  dieselbe  eigbnthümliche  Zusam- 
mensetzung, wie  das  von  jenem  Glase  hat.  Eine  Lösung  von  salpetersau- 
rcm  Uranoxyd  fand  Stokes  zwar  auch  empfindlich,  doch  nicht  in  so  hohem 
Grade.  Das  von  derselben  dispergirte  Licht  löste  sich  gleichfalls  in  helle 
Streifen-  auf  und  bei  Untersuchung  desselben  im  reinen  Spectrum  ergab 
sich,  dass  die  Fluorescenz  an  derselben  Stelle  des  Spectrums  beginnt,  wie 
beim  Kanarienglase ,  und  dass  aucli  darauf  ein  merkwürdiges  Empfindlich- 
keitsminimum, an  derselben  Stelle  de.s  Spectrums  wie  dort  folgt.    Ebenfalls 


170    Die  Erscheinungen  der  Fluorescenz  od.  d.  innern  Dispersion. 

sehr  empfindlich  ist  essigsanres  Uranoxyd  and  der  gelbe  Uranit; 
weniger,  doch  immer  noch  in  wohl  bemerkbarer  Weise,  das  Uranoxyd- 
hjdrat.  Das  Uranoxydnl  scheint  unempfindlich  zu  sein.  (Das  nach  8to- 
kes  Angabo  aus  dem  salpetersauren  Salz  bereitete  U^anoxyd  von  ziegel- 
rother  FarbQ  dürfte  vielleicht  einer  zu  scharfen  Uitze  ausgesetzt  gewesen 
sein  und  Beimengungen  von  anderen  Oxydationsstufen  enthalten  haben; 
das  bei  einer  niedrigeren  Temperatur  im  Oelbade  zersetzte  Salpetersäure 
Salz  iHsst  dagegen  ein  helleres,  mehr  gelbliches  Oxyd  zurück.) 

9.  Getränkte  Papiere.  Die  oben  genannten  fluorescirenden  Flüs- 
sigkeiten, sowie  auch  wohl  die  meisten  übrigen  geben  empfindliche  gefärbte 
Papiere,  wenn  man  mit  denselben-  gewöhnliches  Papier  bestrichen  hat. 
Dieselben  zeigen  in  der  Regel  mit  den  entsprechenden  Tlüssigkeiten  über- 
einstimmende J^rechbarkeitsverXnderungen  der  Strahlen.  Besonders  be- 
merkenswerth  md  ausser  dem  schon  (S.  164)  erwähnten  Carcumapapier,  die 
mit  schwefelsaurem  Chinin  oder  mit  einem  Extract  von  Stechapfelsaamen 
getränkten  Papiere.  Auf  dem  Chiuinpapiero  sind  in  der  oben  (S.  163  u.  164) 
angegebenen  Weise  die  zu  den  übervioletten  Strahlen  gehörigen  festen  Li- 
nien bis  zur  Gruppe  p  zu  verfolgen. 

Ausser  den  genannten  organischen  wie  unorganischen  Stoffen  giebt  es 
noch  ungemein  viele,  welche  eine  grössere  oder  geringere  Fluorescenz  ent- 
wickeln. Um  einen  Körper  anf  diese  Eigenthümlichkeit  zu  prüfen,  sind 
zwar  im  Obigen  mehrfache  Mittel  zugleich  mit  angegeben ,  doch  erfordern 
die  meisten  einige,  zum  Thcil  ziemlich  umständliche  Vorkehrungen.  Bei 
weiten  einfachere  Prüfhngsmittel  und  Methoden  hat  Stokes  in  einem  spä- 
tem Aufsatze  angegeben*).  Das  von  demselben  eingehaltene  Verfahren 
möge  durch  -Anwendung  auf  einen  besonderen  Fall  erläutert  werden ;  die 
Uebcrtragung  auf  jeden  andern  Fall  muiatis  miUandis  Ist  dann  leicht  zu 
machen. 

Wie  bemerkt,  beginnt  die  Fluorescenz  des  Kanarienglases  fast  plötz- 
lich zwischen  E  und  F  bei  der  dunklen  Linie  b  des  Spectrums  und  alle  dis- 
pergirten  Strahlen  zeigen  eine  niedere  Brechbarkeit,  als  der  genannten 
Stelle  des  Spoctrums  zugehört,  werden  aber  von  denjenigen  Strahlen  des 
einfallenden  weissen  Lichts  hervorgebracht,  welchen  eine  höhere  Brech- 
barkeit als  h  zukommt.  Es  möge  wieder  derjenige  Theil  des  Spectrums 
und  der  zugehörigen  Strahlen,  welche  unterhalb  der  Linie  b  liegen,  als  der 
erste  Theil,  und  der  über  der  Linie  b  liegende  Theil  des  Spectrums  und  der 
zugehörigen  Strahlen  als  der  zweite  Theil  des  gemischten  weissen  Lichts 
bezeichnet  werden.  Besitzt  man  nun  zweierlei  Absorptionsmittel,  von  de- 
nen das  erste  alle  45um  ersten  Theil  gehörigen  Strahlen  absorbirt,  oder  für 
dieselben  undurchsichtig,  dagegen  für  die  zum  zweiten  Theile  gehörigen 
Strahlen  (auch  für  die  übervioletten)  durchsichtig  ist,  das  zweite  dagegen 
undurchsichtig  für  den  zweiten  Theil  und  durchsichtig  für  den  ersten  Theil 
der  Strahlen  ist,  so  werden  beide  Absorptionsinittel  auf  einander  gelegt  ein 
voUkommnes  Absoi'ptionsmittel  für  Strahlen  von  jeder  beliebigen  Brech- 
barkeit abgeben ,  d.  h.  man  wird  durch  beide ,  wenn  sie  zugleich  vor  das 
Auge  gehalten  werden,  gar  nichts  sehen.  Dasselbe  muss  auch  im  Allgemei- 
nen der  Fall  sein ,  wenn  mit  dem  ersten  Absorptionsraittel  die  Oeffnung  im 
Fensterladen  eines  dunklen  Zimmers  versetzt  wird,  und  das  zweite  Absorp- 
tionsmittel vor  das  Auge  gehalten  wird.    Denn  die  durch  das  erste  Mittel 


♦)  Phil,  Tranaact.  für  1853  p.  385,   Poggend.  Annal.  Bd,  06  8.  522. 


Von  WiTZSCHEL.  171 

noch  ms  Zimmer  eiDdringenden  grünen,  blauen,  Yioletten  und  ttbervioletten 
Strahlen,  welche  von  den  Gegenständen  im  Zimmer  in  gewöhnlicher  Weise 
sarfickgeworfen  oder  einfach  zerstreut  werden,  können  nicht  durch  das 
Bweiie  vor  das  Auge  gehaltene  Absorbeus  dringen.  Wenn  aber  bei  dersel- 
ben Anordnung  der  absorbirenden  Medien  zwischen  denselben  ein  Gegen- 
stand aufgestellt  wird,  der  die  Eigenschaft  besitzt,  Lichtstrahlen  von  höherer 
Brechbarkeit  in  solche  von  niederer  Brechbarkeit  au  verwandeln,  so  wird 
man  denselben  auch  durch  das  zweite  Absorptionsmittel  mit  um  so  grösserer 
Deutlichkeit  erblicken  müssen ,  je  vollkommner  ihm  die  erwtthnte  Eigen- 
schaft, zukommt.  Wird  also  ein  Stück  Kanarienglas  zwischen  das  erste  und 
zweite  Absorptionsmittel  gestellt,  so  setzt  dasselbe  alle  darauf  faUenden 
durch  das  erste  Mittel  kommenden  grünen ,  blauen ,  violetten  und  übervio- 
letten Strahlen ,  deren  Brochbarkeit  sämmtlich  über  b  liegt ,  in  rotfie ,  oran- 
gene  und  gelbe  um,  welche  nun  durch  das  zweite  Mittel,  weil  es  für  solche 
transparent  ist,  ungehindert  ins  Auge  gelangen.  Das  Kanarienglas  muss 
also  in  dem  ihm  eigenen  fiuorcscirenden  gemischten  Lichte  sichtbar  sein, 
und  kann  wohl,  da  bei  demselben  die  Fluorescenz  sehr  intensiv  ist,  gleich- 
wie ein  selbstleuchtender  Körper,  noch  andere  Gegenstände  sichtbar  machen. 
Es  ist  hieraus  im  Allgemeinen  ersichtlich ,  wie  auf  ähnlichem  Wege  fluo- 
rescirende  Körper  von  anderen ,  welche  diese  Eigenschaft  nicht  besitzen, 
anterscheidbar  gemacht  werden  können.  Vorausgesetzt  wird  nun  hierbei, 
dass  man  zwei  sich  in  der  beschriebenen  Weise  ergänzende  Absorptions- 
mittel  besitze ,  deren  gemeinschaftliche  Grens^e  für  die  Absorption  auch  in 
derjenigen  Gegend  des  Spectrums  liege,  bis  zu  welcher  die  obere  Grenze 
der  Brechbarkeit  des  dispergirten  Lichtes  von  dem  zu ,  prüfenden  Körper 
geht.  Diesen  Ansprüchen  kann  natürlich  nicht  vollkommen  genügt  werden, 
weil  einmal  die  oberen  Grenzen  der  Brechbarkeit  des  fluorescirenden  Lichts 
nicht  bei  allen  Substanzen  dieselben  sind,  und  dann  weil  es  auch  schwer 
hält,  für  alle  möglichen  Grenzen  Paare  von  Absorptipnsmitteln  ausfindig 
zu  machen,  welche  ein  so  genaues  Complementarverhältniss  darbieten.  In- 
dessen werden  einige  Paare,  bei  welchen  die  gemeinschaftliche  Grenze  der 
Absorption  je  zweier  auf  verschiedene  Stellen  des  Spectrums,  z.  B.  für  das 
eine  Paar  ins  Violett,  für  ein  anderes  ins  Dunkelblau  oder  ins  Hellblau  etc. 
flillt,  zur  beabsichtigten  Prüfuijg  auf  Fluorescenz  hinreichend  sein,  auch 
wenn  dfg  untere  Grenze  der  Absorption  des  einen  Mediums  und  die  obere 
des  anderen  für  jedes  Paar  nicht  genau  auf  em  und  derselben  Stelle  .des 
Spectrums  zusammentreffen.  Für  den  Fall  nämlich,  dass  die  Absorptions- 
mittel nicht  streng  complomentar  sind,  wird  es  zwar  möglich  sein,  dass  noch 
eine  gewisse  Lichtmenge  durch  beide  Medien  hindurchgeht  und  es  könnte 
demgemäss  zweifelhaft  bleiben,  ob  die  Helligkeit,  womit  man  den  zwischen 
beide  gesteUten  Gegenstand  sieht ,  blos  von  gewöhnlich  zerstreutem,  durch 
beide  Medien  hindurchgegangenem,  oder  von  wirklich  fluorescirendem 
Lichte  herrührt;  doch  kann  man  sich  darüber  in  den  meisten  Fällen  da- 
durch hinreichend  vergewissem,  dass  man  das  vor  das  Auge  gehaltene 
zweite  Mittel  auch  vor  das  Loch  im  Fensterladen  stellt.  War  der  Gegen- 
stand vorher  blos  im  gewöhnlich  zerstreuten  Lichte  sichtbar,  so  wird  er  es 
such  jetzt  in  unveränderter  Weise  sein ,  wenn  sonst  das  Zimmer  gehörig 
dunkel  ist.  War  jedoch  die  Helligkeit  des  Gegenstandes  durch  fluoresciren- 
des  Licht  vermittelt,  so  wird  derselbe  jetzt  verhältnissmässig  dunkel  er- 
•eheinen. 

In  Ermangelung  eines  dunklen  Zimmers  könnte  man  sich  auch  eines 


1 72    Die  Erscheinungen  der  Fluorescenz  od.  d.  Innern  Dispersion. 

parallelepipeditchen,  oder  pyramidalen  Kastens  von  Pappe,  dessen  Innen- 
seiten gettchwärst  sind ,  bedienen.  Auf  der  einen  Seite  desselben  befindet 
sich  eine  Oeffnung,  vor  oder  hinter  welcher  das  erstgenannte  Absorptions- 
mittel gestellt  wird,  und  durch  welche  das  Licht  einfi&llt ;  auf  der  gegenüber- 
stehenden Seite  ist  eine  andere  Oeffiiung  angebracht,  welche  mit  dem  zwei- 
ten Absorptionsmittel  verschlossen  wird  und  durch  welches  man  den  in  den 
Kasten  durch  eine  Seitenöffnung  eingebrachten ,  auf  seine  Fluorescenz  zu 
prüfenden  -Oegenstand  betrachtet. 

Es  ist  gut  neben  den  zu  prüfenden  Gegenstand  einen  anderen  zu  stel- 
len, welcher  gar  nicht,  oder  doch  ganz  unbedeutend  fluorescirt ,  damit  man 
aus  der  Vergleichung  des  Ansehens  beider  die  Beobachtung  mehr  differen- 
tial  mache.  Als  eine  solche  Substanz  empfiehlt  S tokos  ein  Porcellan- 
tftfelchen,  auch  kann  dazu  die  untere  matte  Seite  einer  noch  ungebrauchten 
Abdampfschaale  benutzt  werden.  Es  ist  indessen  gut,  eine  solche  Porcel- 
lanfläche  vorher  auf  ihre  Fluorescenz  zu  prüfen;  ganz  frm  ven  dieser  Eigen- 
schaft sind  dieselben  nicht,  namentlich  bringen  die  am  stärksten  brechba- 
ren Strahlen,  welche  allerdings  meist  durch  Glas  absorbirt  werden  und  nur 
durch  Quarz  hindurchgehen,  immer  einen  Grad  von  Fluorescenz  noch  her- 
vor; auch  ist  nicht  jede  Porcellanmasse  für  diese  Zwecke  gleich  gut  brauch- 
bar. Desgleichen  kann  eine  kleine  Platte  von  Kreide  als  Vergleichsgegen- 
stand gewählt  werden. 

S tokos  giebt  als  Absorptionspaare  folgende  Substanzen  an  und  be- 
seichnet  dabei  dasjenige  Medium,  welches  vor  das  Loch  im  Fensterladen 
gesteUt  wird,  als  Uauptabsorbens  und  das  zweite  als  Complementar- 
absorbens.  Wenn  beide  zu  wenig  complementar  sich  erweisen  und  auch 
das  obige,  für  diesen  Fall  bemerkte  Verfahren* unzureichend  erscheint,  so 
dient  zur  Prüfung  noch  ein  drittes  Medium,  welches  er  Uebertragungs- 
mittel  nennt.  Dasselbe  kann  sowohl  von  dersolhen  Art  wie  das  erste  als 
auch  wie  das  zweite,  nur  etwas  blasser,  sein,  und  wird  bald  vor  das  Auge 
bald  zwischen  den  Gegenstand  und  das  Uauptabsorbens  gehalten. 

L  Uauptabsorbens  ein  durch  Mangan  und  etwas  Kobalt  tief  violett 
gefärbtes  Glas,  oder  ein  durch  Mangan  allein  tief  gefärbtes  Glas,  combinirt 
mit  einem  blassblauon  Kobaltglasc.  Bei  Prüfung  der  Substanzen  durch 
diese  Medien  ist  in  der  Regel  ein  Complerayntarabsorbens  nicht  nöthig,  doch 
kann  man  sich  als  :jolchen  eines  blassgelben  Glases  wie  bei  der  folgenden 
Combination  bedienen.  Die  Verbindung  ohne  das  gelbe  Glas  ist  aber  gut, 
wenn  das  fluorescirende  Licht  blau  oder  dunkelblau  ist,  weil  sonst  zu  viel 
Licht  durch  Abscprption  im  gelben  Glase  verloren  geht. 

2.  Hauptabsorbens  eine  Lösung  von  schwefelsaurem  Kupferoxyd-Aiii- 
moniak  in  solcher  Tiefe,  dass  ein  tiefes  Blau  entsteht.  Zweckmässig  bringt 
man  die  Lösung  in  eine  Zelle  mit  parallelen  Glaswänden  oder  in  eine  breite 
flache  Flasche  (wie  man  sich  deren  auf  Reisen  bedient).  Das  Complemen- 
tarabsorbens  ist  ein  durch  Silber  gelb  gefärbtes  und  schwach  überbranntes 
Glas.  Wenn  das  Glas  bei  seiner  Bereitung  einer  etwas  höhern  Hitze  als 
nöthig  ausgesetzt  gewesen  ist,  so  erlangt  es  einen  zarten  blauen  Schein, 
welcher  ziemlich  das  Ansehen  einer  Chininlösung  hat,  was  jedoch  mit  Fluo- 
rescenz in  keinem  Zusammenhange  steht.  Bei  dieser  Beschaffenheit  ist  das 
Glas  fast  undurchsichtig  für  die  übervioletten  Strahlen,  und  für  beide  Stel- . 
Inngen  sowohl  vor  dem  Auge  als  auch  vor  dem  Loche  im  Fensterladen 
brauchbar.  Diese  Verbindung  ist  in  der  Regel  sehr  wirksam,  vorzüglich 
wenn  das  fluorescirende  Licht  gelb ,  orange  oder  roth  ist.     Schreibt  man 


Von  W1TZ8OHEL.  173 

z.  B.  mit  Tinte  auf  die  erw&hnte  Porcellanschaale ,  so  ist  nichts  sn  lesen, 
wenn  man  dieselbe  zwischen  beide  Medien  bringt.  Stellt  man  aber  dazn 
noch  öin  Stückchen  Canarienglas  oder  eine  ähnliche  flnorescirende  Sub- 
stanz, so  erscheint  nicht  blos  das  Glas  leuchtend,  sondern  sendet  auch  so 
viel  Licht  aus,  dass  die  Schrift  auf  dem  Porcellan  sichtbar  wird. 

3.  Das  Hauptabsorbens  der  voHgen  Zusammenstellung  kann  kuch 
durch  ein  dunkelblaues  Kobaltglas  ersetzt  werden.  Bei  dieser,  wie  bei  der 
vorhergehenden  Verbindung  liegt  die  ziemlich  gemeinschaftliche  Orense 
der  Absorptionsfähigkeit  im  Blau.  Bei  der  folgenden  liegt  sie  etwas  tiefer 
im  Spectrum ,  doch  bietet  dieselbe  nicht  eben  wesentliche  Vortheile  vor  den 
beiden  eben  genannten  dar. 

4.  Hauptabsorbens  eine  Lösung  von  salpetersaurem  Kupferoxyd  und 
Complementarabsorbens  ein  lichtrotlies  oder  tief  orangenes  Olas. 

Durch  die  genannten  Beobachtungsmittel  und  Methoden  tritt  die  Flno- 
rescenz  nicht  blos  der  schon  genannten  Substanzen,  z.B.  von  Curcuma-, 
Chinin-,  Stramonium-  (mit  Stechapfelsamentiuktur  gefllrbtes)  Papier, son- 
dern auch  von  solchen  deutlich  hervor,  deren  Fluprescenz  nicht  leicht  zn 
entdecken  ist,  z.  B.  von  weissem  Papier  und  von  Baumwolle.  Lässt  man 
ein  Stück  Rosskastanienrinde  auf  einem  Glase  Wasser  schwimmen  und  stellt 
dasselbe  vor  dem  Hauptabsorbens  auf,  so  kommen  die  herabiiiessenden 
Striemen  von  Aesculinlösung  vermöge  ihrer  Fluorescenz  deutlich  zum 
Vorschein.  % 

Es  ist  ersichtlich ,  dass  man  nun  auch  umgekehrt  das  Phänomen  der 
Fluorescenz  benutzen  kann ,  um  gewisse  Substanzen  auf  die  Fähigkeit  zu 
prüfen ,  Strahlen  von  hoher  Brechbarkeit  zu  absorbiren  oder  auch  zu  re- 
flectiren.  Ist  die  zu  prüfende  Substanz  ein  Absorptionsmittel,  so  braucht 
man  mit  demselben  nur  das  Loch  oder  die  Spalte  im  Fensterladen  des  dun- 
keln Zimmers  zu  versetzen  und  zuzusehen ,  wie  sich  ein  Gegenstand  von 
bekannter  Fluorescenz  verhält.  Soll  das  Reflexionsvermögen  einer  Fläche 
untersucht  werden,  so  braucht  man  nur  die  von  derselben  zurückgeworfenen 
Strahlen,  von  allen  übrigen  isolirt^  auf  den  fluorescirenden  Gegenstand  fal* 
len  zu  lassen  und  dessen  Verhalten  zu  beobachten. 

Es  ist  unschwer  vorauszusehen ,  dass  auch  die  Beschaffenheit  der  ur- 
sprünglichen Lichtquelle  und  des  von  derselben  ausgehenden  Lichtes  auf 
die  Entwickeluug  der  Fluorescenz  an  einem  dafür  empfindlichen  Gegen- 
stande von  EinfluRS  sein  wird.  Die  Natur  der  Fluorescenz  deutet  femer  im 
Voraus  schon  dahin,  dass  Licht  von  irgend  einer  Lichtquelle  diese  Erschei- 
nung um  so  kräftiger  unter  Übrigens  gleichen  Umständen  entwickeln  wird, 
je  reicher  es  an  Strahlen  von  höherer  Brechbarkbit  sein  wird.  In  dieser 
Beziehung  wird  die  Beobachtung  der  Fluorescenz  ein  Mittel,  die  Zusam- 
mensetsHing  eines  Lichts  namentlich  hinsichtlich  der  brechbareren  Strahlen 
zu  untersuchen  und  festzustellen.  Versuche  von  S tokos  und  Anderen  ha- 
ben nun  gezeigt,  dass  die  so  schwach  leuchtende  Flamme  des  Alkohols  in 
einer  Chininlösung  eine  starke  Fluorescenz  erzeugt,  also  reich  an  sehr  brech- 
baren Strahlen  ist  Bei  Anstellung  der  betreffenden  Versuche  ist  zu  be- 
rücksichtigen, dass  das  Glas,  in  welclicr  die  Chininlösung  enthalten  ist,  einen 
grossen  Theil  der  brechbaren  Strahlen  absorbirt,  und  dass  man  daher  eine 
Vorkehrung  treffen  muss,  nach  welcher  die  einfallenden  Strahlen  der  Flamme 
entweder  durch  eine  Quarzplatte  gehen  oder  in  das  offene  GeOtss  auf  die 
Oberfläche  der  Flüssigkeit  fallen ,  indem  man  die  Flamme  dicht  darüber 
hält.    Da  die  Opacität  einer  Chininlösung  mit  der  Brechbarkeit  des  Lichts 


174    Die  Erscheinnngen  der  Flnorescenz  od.  d.  innem  Dispersion 


regelmässig  und  rssch  zu  wachsen  scheint ,  so  kann  man  die  Brechbarkeit 
nach  dem  Orade,  in  welchem  sich  hierbei  die  Beleuchtung  der  Flttssigkeit 
auf  die  Oberfl&ehe  zusammenzieht ,  beurtheilen.  Es  ist  zweckmässig ,  die 
Losung  in  recht  verdünntem  Zustande  anzuwenden;  denn  auch  in  einer 
solchen  bringt  die  Alkoholflamme  eine  grosse  Helligkeit  hervor  und  die  ein- 
zelnen Schichten,  wtblche  vom  Lichte  verschiedener. Brechbarkeit  herrüh- 
ren, drängen  sich  nicht  zu  sehr  zusammen.  Die  bedeutende  Helligkeit  so- 
wie die  starke  Absorption  durch  das  Glas  machen  es  sehr  wahrscheinlich, 
dass  die  Weingeistflamme  Strahlen  von  sehr  hoher  Brechbarkeit,  welche 
wohl  noch  über  p  hinausgehen,  besitze.  Beinahe  dieselbe  Wirkung  übt  eine 
Naphthaflamme  aus,  eine  geringere  aber  die  Aetherflamme,  sei  es  wegen 
ihres  grössern  Reichthums  an  sichtbaren,  oder  wegen  ihres  Mangels  an 
ttbervioletten  Strahlen.  Dagegen  bringt  die  Wasserstoffgasflamme  eine 
starke  Wirkung  hervor;  dieselbe  scheint  überviolette  Strahlen  von  noch 
grösserer  Brechbarkeit  als  die  Alkoholflamme  zu  haben.  Die  Flamme  des 
Schwefelkohlenstoffs  bringt  eine  viel  stärkere  Wirkung  als  die  Weingeist- 
flamme hervor  und  entwickelt  namentlich  an  einer  alkoholischen  Lösung 
von  Ouajakharz  eine  Fluorescenz  von  blauem  Licht,  das,  wie  die  Untere 
snehnng  im  Spectmm  ergiebt ,  von  den  übervioletten  Strahlen  der  Linien- 
gruppen m  und  n  herrührt  und  das  von  der  Alkoholflamme  nicht  hervorge- 
bracht wird.  Es  scheint  somit  die  letztere  Flamme  ausser  an  sichtbaren 
auch  noch  arm  an  Übervioletten  Strahlen  aus  der  Gegend  der  genannten 
Gruppen  zu  sein  und  das  Meiste  ihres  übervioletten  Lichtes  eine  weit  hö- 
here Brechbarkeit  zu  besitzen.  Die  Alkoholflamme  wird  dadurch  ein  Mittel, 
gewisse  Substanzen  auf  ihre  Durchsichtigkeit  für  Strahlen  von  hoher  Brech- 
barkeit zu  prüfen;  man  braucht  nur  dieselben  einmal  zwischen  die  Flamme 
und  eine  Chininlösung  zu  stellen ,  dann  wieder  zu  entfernen  und  dabei  den 
Unterschied  in  der  Fluorescenz  der  Flüssigkeit  zu  beobachten.  Auf  diese 
Weise  bestätigt  sich  z.  B.  die  Opacität  der  meisten  Glassorten  für  Licht 
von  hoher  Brechbarkeit,  sowie  die  grosse  Durchsichtigkeit  des  Quarzes  für 
dieselben  Strahlen. 

Der  elektrische  Funke  ist  gleichfalls  sehr  reich  an  Strahlen  von  hoher 
Brechbarkeit.  In  einer  soweit  verdünnten  schwefelsauern  Chininlösung, 
dass  eine  Alkoholflamme  nur  einen  höchst  schwachen  Liclitscliimmer  in  der- 
selben zu  erzeugen  vermochte,  der  nicht  einmal  entschieden  auf  Fluorescenz 
hindeutete,  brachte  nach  Stokes  ein  eloktrischor  Funke  eine  sehr  bemerk- 
bare Fluorescenz  hervor ,  und  zwar  ergab  sich ,  dass ,  wenn  der  Funke  als 
ein  schwacher,  verästelter  vom  Conductor  überschlug,  das  schwache  fluo- 
rescirende  Licht  eine  grössere  Verbreitung  in  der  Lösung  hatte ,  als  wenn 
der  Funke  hell  und  scharf  war,  oder  eine  Leidner  Flasche  entladen  wurde, 
in  welchen  letzteren  Fällen  das  fluorescirende  Licht  nur  auf  eine  schmale 
Schicht  der  Lösung  beschränkt  war.  Die  Strahlen  des  scliwachen  verästel- 
ten Funkens  wurden  vom  Glas  in  reichlichem  Maassc  durchgelassen,  die  des 
scharfen  und  hellen  Funkens  aber  vom  Glase  absorbirt,  obwohl  vom  Quarze 
durchgelassen.  Nach  dem  oben  Bemerkten  bezüglich  der  Zunahme  der  Opa- 
cität von  Glas  und  von  Chininlösung  mit  der  Brechbarkeit  der  Strahlen 
geht  daraus  hervor ,  dass  ein  starker  elektrischer  Funke  sehr  reich  ist  au 
ttbervioletten  Strahlen  von  hoher  Breclibarkcit. 

Die  eben  genannte  Hervorrufung  der  Fluorescenz  legt  eine  Vergleichung 
dieser  Erscheinung  mit  der  der  Phosphorescenz,  —  die  des  Leuchtens 
gewisser  Körper  nach  vorhergegangener  Bestrahlung  von  irgend  einer  Licht- 


Von  WiTZSCHEL.  175 

queUe  —  sehr  nahe.  Die  Erfahrung  hat  gelehrt ,  dass  die  phosphorogeni- 
schen  Strahlen  eines  elektrischen  Funkens ,  welche  z.  B.  den  Ganton^schen 
Phosphor  (Schwefelcalcium)  leuchtend  machen,  ganz  frei  den  Quarz  durch- 
dringen, aher  von  Glas  schon  bei  massiger  Dicke  aufgefangen  werden,  dass 
also  dieselben  ebenfalls  Strahlen  von  hoher  Brechbarkeit  sind.  Stokes 
stellte  hierüber  folgenden  Versuch  an.  Er  bedeckte  zuerst  den  Canton'schen 
Phosphor  mit  einem  Quarzgef^ss  und  brachte  denselben  durch  einen  elektri- 
schen Funken  zum  Leuchten ;  hierauf  wiederholte  er  den  Versuch  mit  einer 
frischen  Portion  Phosphor,  wobei  er  aber  über  denselben  das  Gefkss  mit 
Wasser  gefilllt  stellte.  Es  wurde  eine  ebenfalls  starke  Phosphorescens  her- 
vorgerufen, die  ihm  nur  etwas  weniger  schwächer  erschien  als  zuvor.  Zu* 
letzt  wurde  das  Wasser  im  QuarzgefÜss  durch  eine  schwache  Lösung  von 
schwefelsaurem  Chinin  ersetzt  und  es  ergab  sich ,  dass  nun  der  elektrische 
Fanke  keine  Phosphorescenz  erregen  konnte.  Schon  eine  Lösung,  die  in 
lOOOO  Theilen  nur  einen  Theil  Chinin  enthielt,  war  bei  einer  Tiefe  von  einem 
halben  Zoll  im  Stande ,  die  Phosphorescenz  zu  unterdrücken.  Diese  Ver- 
suche seigen,  dass  die  Fluorescenz  und  Phosphorescens  durch  Strählen 
derselben  Art,  nämlich  von  hoher  Brechbarkeit  erregt  werden  und  deuten 
ausserdem  in  Verbindung  mit  anderen,  früher  erwähnten,  eine  grosse  Aehn- 
lichkeit  in  der  Entstehungsweise  dieser  beiden  Phänomene ,  sowie  desjeni- 
gen der  Absorption  an. 

Stokes  bemerkt  hierüber,  dass  die  Innern  Verhältnisse  der  Fluorescens 
sich  wohl  begreifen  lassen,  wenn  man  annimmt,  dass  das  fluorescirende  Me 
dium  während  der  Erregung  durch  die  einfallenden  Strahlen  ein  selbst- 
leuchtende« ist.  Der  Unterschied  zwischen  Fluorescenz  und  Phosphorescens 
besteht  demgemäss  hauptsächlich  darin,  dass  bei  letzterer  die  Wirkung  de« 
thätigen  Lichtes  noch  eine  Zeit  lang  im  betreffenden  Körper  fortdauert, 
nachdem  derselbe  dem  unmittelbaren  Einflüsse  desselben  entzogen  ist, 
während  bei  der  Fluorescenz  die  Wirkung  mit  Entfernung  des  thätigen  Lich- 
tes aufhört.  Nimmt  man  nun  an,  dass  die  Vibrationen  des  einfallenden 
Lichts  in  dem  fluorescirenden  Körper  gewisse  Molecularvibrationen  erzeu- 
gen und  diese  wieder  in  dem  denselben  umgebenden  Aether  neue  Schwingun- 
gen hervorbringen ,  so  ist  im  Allgemeinen  die  Entstehung  des  fluoresciren- 
den Lichtes  erklärlich.  Da  nun. die  zeitherigen  Beobachtungen  als  allge- 
meines und  einfaches  Gesetz  herausstellen,  dass  das  fluorescirende  Licht 
immer  aus  Strahlen  von  niederer  Brechbarkeit,  als  die  thätigen  Strahlen  des 
einfallenden  Lichtes,  besteht,  so  ist  anzunehmen,  dass  durch  die  Uebertra- 
g^ng  der  Vibrationen  des  Aethers  an  die  Molecule  des  fluorescirenden  Kör- 
persund von  diesen  wieder  an  den  Aether  eine  Verlängerung  der  Schwingungs- 
periode herbeigeführt  wird,  eine  Veränderung,  die  durch  mannigfaltige  Ver- 
hältnisse der  uns  unbekannten  Molecularconstitutionen  bedingt  sein  kann, 
und  worüber  vielerlei  Hypothesen  zulässig  sein  mögen ,  solange  nur  keine 
derselben  eine  Verminderung  der  Quantität  der  Bewegung  bei  diesem  Vor- 
gänge involvirt.  Die  Phosphorescenz  würde  auf  einem  ähnlichen  Vorgange 
beruhen,  ohne  dass  es  auch  zugleich  nöthig  wäre,  eine  ähnlicheVerlangsamung 
der  Schwingungsdauer  durchgehends  anzunehmen,  da  die  Versuche  eine  Er- 
niedrigung-der  Brechbarkeit  des  phosphorescirenden  Lichts  mit  Bestimmtheit 
nicht  dnrchgehends  ergeben  haben.  Der  Unterschied  beider  Erscheinungen, 
nämlich  die  Fortdauer  der  Wirkung  des  thätigen  Lichts  bei  der  Phospho- 
rescens einerseits  und  das  sofortige  Anfangen  und  Aufhören  der  Erleuch- 
tung bei  der  Fluorescenz  mit  dem  Beginn  und  dem  Ende  der  unmittelbaren 


1 76    Die  Erscheinungen  der  Flnorescenz  od.  d.  innem  Dispersion. 


Einwirkung  des  thätigen  Lichts  andererseits  lässt  sich  vielleicht  in  analoger 
Weise  erklären,  wie  die  Entwickelung  stehender  nnd  fortschreitender 
Schwingungen. 

Die  Einwirkung  der  brechbareren  Strahlen  des  thätigen  Lichts  auf 
eine  Substanz,  insofern  in  derselben  eine  gewisse  Art  Molecnlarvibrationen 
erzeugt  wird ,  kann  auch  je  nach  der  Beschaffenheit  der  getroffenen  Sub- 
stanz so  intensiv  sein ,  dass  die  Schwingungsamplituden  der  Molecule  oder 
gewisser  Atomgrnppen  grösser  werden ,  als  dass  ein  Fortbestand  des  frü- 
hem Gleichgewichts  zwischen  denselben  mehr  möglich  bliebe,  nnd  dass  ent- 
weder ein  neuer  Gleichgewichtszustand  oder  eine  vollständige  Trennung  der 
Bestandtheile  hervorgebracht  wird.  Auch  hier  dürfte  der  Umstand,  dass  die 
violetten  und  übervioletten  Strahlen  vorzugsweise  die  sogenannten  chemi- 
schen sind,  nicht  bedeutungslos  sein. 

Da  bei  der  Fluorescenz  die  Strahlen  höherer  Brechbarkeit  in  solche 
von  niederer  Brechbarkeit  verändert  werden ,  so  ist  es  auch  denkbar ,  dass 
gewisse  Körper  mit  derselben  Eigenschaft  in  der  Weise  versehen  sind,  dass 
die  fluorescirenden  Strahlen  eine  Brechbarkeit  besitzen ,  welche  unter  die 
untere  Grenze  der  Sichtbarkeit  für  das  menschliche  Auge  fallt,  so  dass  die 
Anwesenheit  dieser  Strahlen  nur  etwa  durch  Wärmeerscheinungen  nachge- 
wiesen werden  könnte.  Es  wäre  hierbei  auch  möglich,  dass  der  fluoresci- 
rende  Körper  einen  grössern  oder  geringern  Thcil  der  unterhalb  dem  Vio- 
lett liegenden  oder  sichtbaren  Strahlen  in  solche  verwandelte,  welche  unter - 
dem  äussersten  Roth  liegen,  alsdann  würde  er  diesen  Theil  der  Strahlen  in 
sich  aufgenommen  haben,  ohne  dass  diese  eine  weitere  Lichtempfindung 
davon  im  Auge  erregen  könnten ,  d.  h.  er  würde ,  wie  man  sagt,  sie  ver- 
schluckt oder  absorbirt  haben.  Das  Absorptionsvermögen  der  fluoresciren- 
den Substanzen  für  die  stärker  brechbaren  Strahlen  ist  schon  oben  näher 
bemerkt  worden :  man  erkennt  somit  den  Zusammenhang,  welchen  die  Er- 
scheinungen der  Fluorescenz  und  der  gewöhnlichen  Absorption  haben  kön- 
nen, und  wie  beide  durch  einen  Vorgang  ein  und  derselben  Art  sich  erklä- 
ren lassen. 

Die  Hauptresultato  der  bezüglich  der  Fluorescenz  vornehmlich  von 
Stokes  angestellten  Untersuchungen  sind  nun: 

1.  Bei  dem  Phänomen  der  Fluorescenz  wird  die  Brochbarkeit  des  Lichts 
geändert;  einfallendes  Licht  von  bestimmter  Breclibarkeit  giebt  fluoresci- 
rendes  von  verschiedenen  Breclibarkeiten. 

2.  Die  Brechbarkeit  des  einfallenden  Lichts  ist  die  obere  Grenze  der 
Brechbarkeit  der  Bestandtheile  des  fluorescirenden  Lichts. 

3.  Die  Fjirbe  des  Lichts  wird  im  Allgemeinen  bei  der  Fluorescenz 
geändert  und  die  neue  Farbe  entspricht  der  neuen  Brechbarkeit.  Es  ist 
dabei  gleichgültig,  ob  die  einfallenden  Stralilcn  zum  sichtbaren  oder  für  ge- 
wöhnlich unsichtbaren  Tlieile  des  Spectrums  gehören. 

4.  Das  fluorescirende  Licht  scheint  gleichmässig  nach  allen  Richtungen 
auszustrahlen,  wie  wenn  die  empfindliclie  Substanz  selbst  leuchtend  wäre. 

5.  Die  Erscheinung  der  Brechbarkeitsvcränderung  scheint  ausseror- 
dentlich gemein  zu  sein ,  besonders  bei  organischen  Substanzen. 

6.  Das  Stadium  der  übervioletten,  für  gewöhnlich  unsichtbaren  Strah- 
len des  Spectrums,  sowie  der  Absorption,  welche  Medien  auf  dieselben  aus- 
üben, wird  durch  dieses  Phänomen  sehr  erleichtert. 

7.  Dasselbe  erhebt  neue  Schwierigkeiten  für  die  Voraussetzung  einer 
verschiedenen  Natur  der  leuchtenden ,  chemischen  und  phosphorogenischen 


Kleinere  Mittheilungen.  177 

Strahlen ,  stimmt  aber  vollkommen  mit  der  Annahme ,  dass  die  Erzengang 
von  Licht,  von  chemischer  Veränderung  und  von  Phosphorescenz  nur  ver- 
schiedene Wirkungen  ein  und  derselben  Ursache  seien.  Die  phosphoroge- 
nischen  Strahlen  eines  elektrischen  Funkens,  welche  von  Glas  bekanntlich 
aufgefangen  werden,  scheinen  nichts  anderes  zu  sein,  als  überviolette 
Strahlen  von  ungemein  hoher  Brechbarkeit  und  es  ist  kein  Grund  vorhan- 
den, sie  ihrer  Natur  nach  als  verschieden  von  den  Lichtstrahlen  anzusehen. 

WiTZSCHEL. 


Kleinere  Mittheilungen. 


XXn.  JJehet  einen  Sats  Leibnizens  von  den  Sectoren  der  Kegel- 
lehnittOy  von  Dr.  R.  Baltzer.  Der  Herausgeber  des  Archiv  für  Mathema- 
tik hat  im  23.  Bd.  S.  385  ff.  eine  Stelle  aus  einem  Briefe  von  L  e  i  b  n  i  z  an 
Uugens  in  Erinnerung  gebracht  und  zur  Deutung  derselben  eine  ausführ- 
liche Rechnung  angestellt,  aus  der  sich  ergiebt,  dass  der  daselbst  von  Lcib- 
niz  ausgesprochene  Satz  der  besondere  Fall  eines  allgemeineren  ist.  Einen 
einfachen  Beweis  dieses  Satzes,  sowie  einer  vonHugens  angedeuteten 
Modification  desselben,  beide  in  allgemeinerer  Fassung,  erlaube  ich  mir  im 
Folgenden  mitzutheilen.  Die  Stelle  selbst  (Leibnizens  math.  Schriften, 
herausgeg..  von  Gerhardt  IL  S.  55)  lautet  nach  Wiederherstellung  von 
+  ^i^  statt^+^r*,  welches  ein  Druckfehler  der  letzen  Ausgabe  dieses 
Briefs*)  ist: 

y^  Seetor  comprehensus  arcu  seciionis  conicae  a  veKiice  incipienie  ei  reciis 
ex  centro  ad  ejus  exirema  dticlis ,  aequaiur  reciangulo  sub  semilatere  irans- 
verso  et  recta  '  +  l^'+5''  +  f'^  ^^^*  posito  t  esse  pordonem  iangeniis  in 
veriice^  inter  verlicem  et  iangentem  f)  dlierius  eoctremi  inierceptam ,  ei  recian- 
ffulum  sub  dimidiis  laieribus  recio  ei  transversa .  (id  est  quadratum  a  semiaxe 
transversa)  esse  uniiatem.  Est  auiem  +  in  hyperbola  +  in  ellipse  vel  cir 
culo  ' — . 

t)  Hagen 8  hat  bemerkt:  Secantem," 

Um  die  Worte  Leibnizens,  an  denen  der  Herausgeber  des  Archivs  An- 
8t088  genommen  hat,  und  die  mir  ebenfalls  der  Verbesserung  zu  bedürfen 
schienen ,  zu  verstehen ,  braucht  man  sich  nur  zu  erinnern ,  wie  mein  ver- 
ehrter Lehrer  Herr  Professor  Drobisch  bemerkt,  dass  in  der  Sprache  der 
altem  Geometer  latus  transversum  die  grosse  Axe,  latus  rectum  der  Parame- 
ter ist,  axis  iransvertus  (hier  statt  axis  conjugatus  gesetzt**)  die  zweite  Axe 
des  Kegelschnitts  bedeutet,  und  dass,  wenn  das  Quadrat  über  der  zweiten 
Axe  als  Flächeneinheit  angenommen  wird ,  die  zweite  Axe  selbst  die  Län- 
geneinheit ist,  wonach  der  "erwähnte  Tangentenabschnitt  gemessen  wird. 


♦)  Er  ist  schon  früher  abgedruckt  in  Christiani  Hugenii  aliorumqtie 8ecuH  XVII 
virorum  celebriwn  exercitaiiones  mathematicae  et  philosophicae,  ed,  üylenbroek.  Hagae 
1833.  p.  30. 

**)  Wie  in  der  That  in  Leibnizens  historia  et  origo  calc,  differ,,  heransgeg.  v.  G  e  r  - 
hardt  (Hannover  1846)  p.  12  steht,  wo  der  Satz  fast  mit  denselben  Worten,  wie  im 
Briefe  an  Hugens,  angeflUurt  wird. 

Z«itt«hrift  f.  Mathematik  n.  Physik.  I.  12 


178  Kleinere  Mittheilangen. 

Die  Variante  secanlem  für  kmgeniem^  welche  Hugens  hinsngefügt  hat, 
und  deren  Sinn  Herr  Grunert  in  Zweifel  zieht,  ist  in  der  That  sulässig, 
wenn  man  zugleich  im  Satze  semirectangulo  für  rectangulo  sahstituirt. 

Der  Satz  von  L  e  i  b  n  i  z  gilt ,  wie  Herr  G  r  a  n  e  r  t  gefunden  hat ,  auch 
dann ,  wenn  die  Halbaxefi  des  Kegelschnitts  durch  irgend  ein  Paar  conju- 
/S  girte  Halbmesser  desselben  ersetzt  werden.  Der- 
selben Erweiterung  ist  der  Satz  von  Hugens 
fähig. 

Um  die  angeführten  Sätze  zu  beweisen,  kann 
man  sich  der  Formel  \  sin  a  {xdy  —  ydjc)  für 
das  Increment  OMM'  eines  Flächensectors  OAM 
bedienen ,  worin  x  und  y  die  Coordinaten  von 
M  sind,  deren  Anfang  0  ist  und  deren  Richtun- 
gen OA  und  OB  den  Winkel  a  einschliessen. 

1.  Sind  OA  =  a  und  OB  =  b  conjugirte  Halbmesser  einer  Ellipse ,  so 
ist  für  jeden  Punkt  M  derselben 

folglich 


dx 
=  -7—  I  «6  sin  a  . 


j/(^-^x' 
und  durch  Integration 

OAM=z  tr  .  OAB  .  arc  cos  ~. 
a 

Bekanntlich  ist  das  Dreieck  OAB  für  alle  conjugirten  Halbmesser  von  glei- 
cher Fläche,  und  zwar  der  1n^^  Theil  der  ganzen  EUipseufläche. 

X         ,  y  *  (ly  ; 

2.    Ist  cos  g)  =  —  ,  so  ist  sin  g>  =  —  ,  lang  tp  =  — ,  folglich 
ö  0  bx 

OAM=  tr  .OAB  ,  arc  lang  ~. 
^  bx 

Sind    insbesondere   a  und  b   die  halben  Axen,   mithin  a  recht,    so   ist  — 
^-^  X 

=  lang  AOM  =  fang  ^  und 


OAM  =  tr  .  OAB  .  arc  iang  (  —  fang^j. 


Vergl.  Archiv  f.  Math.  23.  S.  441  und  478. 

Wird  die  Berührende  an  A  von  dem  Vector  OM  in  S  geschnitten ,  so 

ay 
ist  ohne  Beschränkung  AS  :  y  =  a  :  x,  —-  =.  AS :  0B=  s.  also 

bx 

OAM  =^tr  .OAB  .  arc  tang^s, 
wie  Hugens  für  den  Fall  behauptet,  dass  A  ein  Scheitel  der  Ellipse  ist. 

3.     Ist  005  2-^  =  — ,    so   ist   2  sin^  tf;  =  ^       ^,   2  cos^  ^  =  ^   '"^, 


iang  t[;  =  7/    — ; — ,  daher 
f      a  +  X 


Kleinere  Mittheilungen.  179 


OAM=  2  tr  .  GAB  .  arc  tang  j/^^—-^. 

r     a  +  oc 

Für  irgend  einen  Punkt  x*y  der  Berührenden  an  aM  ist 

Für  den  Durchschnitt  T  derselben  mit  der  Bertihrenden  an  A  ist  folglich 

a^  b  '  OB 


-^at/ob^^''--^-=t/'^. 


y 

mithin 

OAM  =  2  /r  .  OAB  .  arc  te/i^  (, 
wie  Leibniz  fOr  den  Fall  behauptet,  dass  A  ein  Scheitel  der  Ellipse  ist, 
und  wie  Herr  Orunert  allgemein  nachgewiesen  hat. 

1*.   Für  die  Hyperbel  erhält  man  das  apaloge  Resultat  durch  Ver- 
tanschnng  von  6*  mit  —  V ,  also 

dx 
OMM  ^z^dbsina  ■ 

'  /x«  — a« 

und  dnrch  Integration  von  a  bis  o: 


OAM=  \absina.  log  ^  +  A'  — «' 

a 

OAM  =  ir  .  OAB  .  /o(;  T^  +  |  Y 
2*.I>»5-^=l.-ist/o,(f  +  |)  =  -/o,(^^|),also 

2log{'-  +  ^)=log =  log , 

ab  bx 

und  wenn  s  die  obige  Bedeutung  behält, 

OAM=:  tr  .  OAB  .  4  % y^- 

3*.   Wenn  man  —  +  —  mit  1 h  -r  multiplicirt  und  dividirt,  und 

ab  ab 

dabei  —  —  i^  =  J »  so  wie  —  —  -^  ^  =  l  benutzt ,  worin  i  die  obige  Bedeu- 
a*       br  ab 

tung  hat,  so  erhält  man 

X   ,    y_l  +  i 

folglich 

OAM=  tr  .  OAB  .  log  -^^• 

12  ♦ 


180  Kleinere  Mittbeilungen. 

4i.    Beide  Sätze  nach  Lcibnizens  Art  zusammengefasst  geben  ver- 
möge der  bekannten  Keihen 

r=:2lr.0AB.it±lt^  +  ll^  +  \r  +  .,\ 
worin  8  =  AS:  OB,  i:=zAT:OB. 

Bemerkenswerth  sind  die  Kelationcn 

X 

(eil.)  arc  cos  —  =  arc  lang  s  =  2  arc  iang  t. 

(Der  K.  S.  Gesellsch.  d.  Wissensch.  zu  Leipzig  mitgetheilt  durch  Prof. 
Dr.  Drob is eh.    Sitzungsber.  Jahrg.  1855,  II.) 


XXIV.  Bemerkung  Aber  unendliche  Seihen.  In  meiner  algebraische^ 
Analjsis  habe  ich  das  Rechnen  mit  diyergenten  Keihen  aus  dem  Grunde  als 
unzulässig  bezeichnet ,  weil  alle  Rechnungen  durch  Gleichungen  vermittelt 
werden  und  eine  divergente  Reihe  keiner  bestimmten  Grösse  gleich  gesetzt 
werden  darf.  Dies  halte  ich  heute  noch  für  vollkommen  richtig,  glaube 
aber  der  Sache  weit  besser  auf  den  Grund  zu  gehen ,  wenn  ich  in  Folgen- 
dem nachweise,  dass  die  Forderung,  mit  einer  —  gleichviel  ob  convergen- 
ten  oder  divergenten  —  unendlichen  Reihe  irgend  eine  Rechnungs- 
operation auszuführen,  streng  genommen,  einen  Widerspruch  involvirt. 
Ich  bitte  dabei  den  geneigten  Leser,  sich  auf  jenen  elementaren  Standpunkt 
zu  versetzen,  der  überhaupt  noch  keine  unendliche  Reihe  gesehen  hat. 

Nach  Dem,  was  die  Elementararithmetik  über  die  Bedeutung  des  Plus- 
zeichens und  über  den  Gebrauch  der  Parenthesen  feststellt,  kann 

b  —  (flr,  +  rt,  +  «3  +  . . .  +  a„) 
in  Worte  übersetzt  nichts  Anderes  heissen  als:  „man  addire  die  w-Grössen 
rt, ,  «2  •  •  •  ^n )  ^^nd  nachdem  man  mit  dieser  Operation  fertig  geworden  ist, 
ziehe  man  ihr  Ergebniss  von  b  ab";  wer  dies  zugiebt  —  und  wer  sollte  das 
nicht  —  muss  consequenter  Weise  den  Ausdruck 

6  —  (flf,  +  «2  -f  «3  +  . . .  in  ifif,) 
folgendermassen  aussprechen:  „man  addire  die  unendliche,  d.  h.  die  nicht 
endenwollende  Reihe  von  Grössen  öj  ,  er,  •••  '^  ''*/•'  ^^^  nachdem  man 
diese  Operation  beendigt  hat,  subtrahire  man  ihr  Ergebniss  von  b*\  -^ 
Der  Widerspruch  ist  hier  so  auffallend,  dass  er  sich  bei  genauer  Fassung 
schon  in  den  Worten  ausprägt;  eine  Operation  erst  in's  Unendliche  fort- 
gehen lassen  und  dann  noch  von  Dem  reden,  was  hinterher  kommen  soll, 
ist  —  streng  genommen  —  völlig  absurd  und  nicht  besser ,  als  wenn  man 
Jemandem  zumuthete,  eine  Unendlichkeit  zu  leben  und  nachher  deren 
Geschichte  zu  schreiben.  —  Ganz  ebenso  verhält  es  sich  mit  jeder  anderen 
Operation ,  welche  an  die  Stelle  der  oben  angedeuteten  Subtraction  gesetzt 
werden  könnte ,  und  wir  gelangen  damit  zu  der  bemerkenswerthen  That- 
sache,  dass  im  Anfange  der  Reihentheorie  eine  ganze  ähnliche  unmögliche 
Forderung  auftritt,  wie  sie  in  der  Buchstabenrechnung  bei  den  Ausdrücken 
2  —  7 ,  yjö  etc.  zum  Vorschein  kommt.  Das  Mittel ,  dessen  sich  in  solchen 
Fällen  die  Arithmetik  bedient,  nämlich  die  Bildung  neuer  Zahlen,  ist  bc- 


Kleinere  Mitth^eilungen.  181 

greiflicherweise  hier  nicht  anwendbar ,  die  Unmöglichkeit  der  geforderten 
Operation  rnnsa*  daher  anf  andere  Weise  eliminirt  werden. 

Nun  erhellt  aber  unmittelbar,  dass  der  oben  nachgewiesene  Wider- 
spruch zu  existiren  aufhört,  sobald  sich  die  Möglichkeit  zeigt,  jene  in 's  Un- 
endliche fortlaufende  Addition  wirklich  ausführen  zu  können;  sei  es  nun, 
dass  man  direkt  diejenige  Summe  anzugeben  weiss,  die  bei  wirklicher  Aus- 
führung der  Addition  herauskommen  w.ürde ,  sei  es  auch  nur ,  dass  man  die 
Existenz  einer  solchen  Summe  nachzuweisen  versteht.  Mit  andern  Wor- 
ten, so  lange  die  Convergenz  einer  Keihe  nicht  entschieden  ist,  so  lange 
hat  es  überhaupt  gar  keinen  vernünftigen  Sinn  mit  der  Keihe  rech- 
nen zu  wollen ;  schon  das  blose  Hinschreiben  eines  Ausdrucjcs  wie 

m{\  +  l.x  +  l.^.x^  +  l.2.S.x^+  ...) 
enthält  einen  ebenso  grossen  Widerspruch,  als  wenn  Jemand  für  ein  Polyeder 

^=5,       /'=6,       k  =  20 
gesetzt  hätte,  während  ^  +  /*=/:  +  2  sein  muss,  bevor  nur  überhaupt  von 
einem  Polyeder  die  Rede  sein  kann. 

Dass  man  diesen  Widerspruch  nicht  gleich  anfangs  bemerkt  hat,  scheint 
mir  übrigens  an  einem  Principe  zu  liegen ,  welchem  Viele ,  theils  bewusst, 
theils  unbewusst ,  gefolgt  sind.  Man  hat  nämlich  gemeint ,  was  für  jede 
endliche  Anzahl  von  Summanden  gilt,  wie  z.  B.  der  Satz 

^  («1  +  «1  +  •••+«*)  =  m«!  +  ma,  +  ...+  ma)t, 
muss  auch  für  eine  unendliche  Menge  von  Summanden  richtig  bleiben,  und 
.  damit  war  man  flugs  mitten  in  der  Rechnung  mit  unendlichen  Reihen.  Ab- 
gesehen von  der  unlogischen  Form  seiner  Schlussweise  (nämlich :  was  von 
jedem  ^gilt,  gilt  auch  von  Nicht -JF/),  widerlegt  sich  das  genannte  Prin- 
cip  leicht  durch  bekannte  Thatsachen;  z.  B.  die  Summe  jeder  endlichen 
Anzahl  rationaler  Summanden  ist  rational,  die  Summe  einer  unendlichen 
Menge  solcher  Summanden  kann  aber  recht  gut  irrational  sein ,  wie  ^  =  2 
+  J  +  ^  +  ^j  +  etc.  —  Im  Gegen theil  muss  man  sagen,  weil  eine  unend- 
liche Reihe  keine  endliche  Reihe,  also  etwas  ganz  Anderes  ist,  dürfen  die 
für  endliche  Reihen  geltenden  Sätze  nicht  ohne  Weiteres  für  unendliche 
Reihen  in  Anspruch  genommen  werden. 

Schliesslich  noch  die  Bemerkung,  dass  der  oben  geführte  Nachweis 
eines  Widerspruchs  nichts  mit  der  speciellen  Natur  der  Summanden  a^ ,  a,, 
a,  .  . .  zn  schaffen  hat;  man  kann  sich  unter  diesen  eb^n  sowohl  Zahlen  als 
Ohm'sche  Träger  von  Operationen  vorstellen ,  der  Widerspruch  eines  posi 
infinitum  bleibt  immer.  Damit  fällt  auch  die  von  Ohm  unairfliörlich  wieder- 
holte Behauptung ,  dass  das  Rechnen  mit  unendlichen  Reihen  im  Allgemei- 
nen von  deren  Convergenz  unabhängig  sei  und  dass  letztere  erst  da  in 
Frage  komme,  wo  es  sich  um  numerische  Reihen  handle. 

SCHLÖMILCH. 


XZ7.  Heber  die  Entwickelang  von  Aresin  x.  Da  die  im  ersten 
Hefte  S.  48  und  49  mitgetheilte  Restbetrachtung  für  Aresin  x  von  Herrn 
Prof.  Grunert  im  Archiv  der  Mathem.  Bd.  26  Nr.  2  nach  vielem  überflüs- 
sigen Gerede  feierlichst  für  null  und  nichtig  erklärt  worden  ist ,  so  nehme 
ich  hier  die  Sache  noch  einmal  auf,  um  zu  zeigen,  dass  es  nur  einer  kleinen 
Modification  meiner  Betrachtungsweise  bedarf,  um  sie  ohne  Aufgabe  des 
zu  Grunde  liegenden  Princips  vor  allen  und  selbst  Grunert'schen  Einwän- 


1 82  Kleinere .  Mittheilungen. 


den  sicher  zu  stellen.  Zugleich  will  ich  die  Entwickelang  von  Aresin  x  voll- 
ständig und  nachher  noch  eine  neue  Restuntersnchnng  geben. 

I.  Da  man  nach  dem  binomischen  Satze  schon  die  Oleichnng 

^=L=  =  l  +  io:« +  1^^x^  +  144^+- 

y\—x^  2.4       2.4.6 

hat,  aus  welcher  hervorgeht,  dass  (I  — x*)  i  nach  dem  Mac  Laurim'schen 
Satze  entwickelbar  sein  mnss,  so  lassen  sich  die  Werthe  D  (1 — a:*)  ', 
D*  (1  —  rc*)  i  etc.  für  den  speciellen  Fall  ar  =  0  im  Voraus  angeben ;  es 
ist  nämlich 

^- [d-  {i-x^)-\\  ^  LiiLllI^ZlL)  für  gerade  n. 

1.2.3...«  1     ^  ^        J  2.4.6....n  ^ 

=  0  für  ungerade  it. 

Wegen  D**  Aresin  x  =  />*"— '  (l  —  a^)      «  erhält  man  weiter 

"  fn-  >      .       1         1.3.5. ..'(m  — 2)   1   ^,  , 

,   ^  ^  « \  />"•  Aresm  x  \  ==i  -— --r ) ~  —  für  ungerade  m. 

1.2.3...m|  J        2.4.6...(m  —  1)  m  ® 

=  0  für  gerade  m, 

und  damit  sind  die  Coefficienten  des  Arcussinusreihe  bestimmt. 

Um  noch  den  Rest  zu  ermitteln,  halten  wir  uns  an  die  im  ersten  Hefte 
bewiesene  Formel 

worin  Cj,  Q,  C^  ...  C«  gewisse  positive  die  Einheit  nicht  übersteigende 
Coefficienten  bezeichnen ;  in  diesem  Satze  (und  das  ist  das  Princip)  liegt 
ein  Mittel,  um  die  eingeklammerte  Reihe,  folglich  auch  JD'*'^^  Aresin  x^  zwi- 
schen zwei  Grenzen  einzuschliessen.    Setzt  man  nämlich 


5p  =  1 


l—x       /l — xY  /l — x\P 


wählt  p^  n  und  x  als  positiven  ächten  Bruch ,  so  liegt  der  absolute  Werth 
jener  eingeklammerten  Reihe  immer  zwischen  0  und  Sp ,  und  nian  kann  auf 
diesem  Wege  beliebig  viele  solcher  Grenzen  finden;  a.  a.  O.  nahm  ich 
p  =  QO  ,  wer  sich  damit  nicht  befreunden  mag,  nehme  p  =  n  und  setze  zum 
Ueberflusse  noch  jedes  der  obigen  Reihenglieder,  mit  Ausnahme  des  ersten, 
<  1»  es  ist  dann  der  absolute  Werth  von 

'-'^.([^:)^<^.(^:)"-+<-)-'--fe)" 

zwischen  0  und  w  +  1  enthalten,  mithin 

r.  _L..  .  1.3.5... (2;i—I)       ,     ,    ,^ 

D''-^^  Aresin  x  = ^ — -^.  c  (n  +  I) , 

2n(i— a:")/l  — x* 

wo  B  einen  nicht  weiter  bestimmbaren  positiven  oder  negativen  ächten  Bruch 

bezeichnet.    Nach  der  Formel 

I  •^•O  ..•  fl 

wird  nun  für  f{x)  =  Aresin  x 


Kleinere  Mittheilungen.  1S3 

_        _  1.3.5...(2>i-l)  tx  y^-<»*\" 

^-+' — 3.4.6.... (2«)  y.zT^f^  ^"+*HrH^;' 

von  den  Faktoren  rechter  Hand  ist  der  erste  ein  ächter  Bruch ,  der  hei  un- ' 
endlich  wachsenden  n  die  Null  zur  Grenze  hat;  der  zweite  Faktor  hleibt 
immer  eine  endliche  zwischen 

+  und  — 


j/l  —  x^  j/\—a^ 

enthaltene  Grösse;  im  dritten  Faktor  sei  znr  Abkürzung 

X  —  ^x 

dann  ist  £  ein  positiver  ächter  Bruch  ^  x ,  mithin 

(«+ 1)  I- <  I  +  s+ r  + 1»  + ...  + 1»  <  ^ 

folglich  (n  +  1)  {■  eine  positive  endliche  Grösse,  welche  höchstens  = 

1        X 

werden  könnte.  Hieraus  zusammen  folgt,  dass  LünRn^i  hei  unendlich 
wachsenden  n  gegen  die  Grenze  Null  convergirt,  sobald  x  der  Bedingung 
1  >>  X  >  0  unterworfen  ist.*)  Zu  demselben  Resultate  kann  man  auch  ohne 
Kenntnisfl  des  Satzes 

1.3.5... (2w-l)_ 

^""    2.4.6.... (2n)    7^ 
gelangen,  nur  muss  man  in  diesem  Falle  nachweisen,  dass  Lim  [(w  +  l)^"]  =0 
ist,  was  übrigens  keine  Schwierigkeit  hat.**) 

U.  Ein  anderer  Weg  zur  Entwickelung  von  Aresin  x  und  zur  Discus- 
sion  des  Restes  ist  folgender.    Wie  schon  Euler  gezeigt  hat  und  wie  man 
leicht  mittelst  des  Schlusses  von  n  auf  m  +  1  verificiren  kann ,  gilt  für  den 
(«  +  I  )*^  Differentialquotienten  von  Aresin  x  die  Formel 
/>»+>  Aresin  «  =  /)«  (1  —a^  —  \ 

=(l3^[^  +  i^")'^"-'+2^w*-"-^+ii!^6W'--+-]' 

^)  Wenn  Herr  Professor  Graner t  beim  Lesen  meines  Artikels  seine  Aufmerk- 
samkeit anf  die  Hauptsache  statt  auf  Nebendinge  gerichtet  hätte,  so  würde  er  nicht 
von  der  „Yerfehltheit  der  ganzen  Betrachtung^*  gesprochen,  sondern  vielmehr  be- 
merkt haben,  dass  diese  Betrachtung  auf  einem  völlig  richtigen  Grundgedanken  be- 
ruht. Oleichwohl  behält  Herr  G  r  u  n  e  r  t  mit  seinem  errare  humanum  vollkommen  Recht, 
namentlich  im  Hinblick  auf  den  mancherlei  analytischen  Nonsens ,  den  er  selber  sei- 
ner Zeit  hat  drucken  lassen. 

♦•)  Da  £  ^  o;  ist,  so  wird  Lim  [(«  + 1)  |"}  <  Lim  [(n  + 1)  a:»]  und  es  bedarf  daher 
nur  des  Nachweises ,  dass  der  letztere  Grenzwerth  verschwindet.    Für  das  acht  ge- 
brochene positive  X  kann  man  den  Ausdruck            setzen,  worin  y  jedenfalls  eine  po- 
sitive die  Null  übersteigende  Grösse  sein  muss ;  man  hat  dann  • 
•     (  J-n    n  — J1±JL^ "4-  1 

oder 

1  +  1 
(«+l)a?»<Y- 


n 


+  y  +  l(«-l)y« 


woraus  für  unendlich  wachsende  n  sofort  Lim  [(»4-1)  x*]  =  0  folgt. 


184  Kleinere  Mittheilungen. 

woraus  man  für  o:  =  0  unmittelbar  die  Coefficienten  der  Arcussinus  -  Beihe 
erhält.  Ferner  beträgt  die  eingeklammerte  Summe ,  x  als  positiv  voraus- 
gesetzt, weniger  als 

ar-  +  («).  x«- 2  +  («),  X'-*  +  OOe  J.— «  + =^  (^  +  l)"  +  (x-ir 

nnd  es  ist  folglich,  wenn  t  einen  nicht  weiter  bestimmbaren  positiVen  ächten 
Bruch  bezeichnet, 

„,.,-         .  1.2.3....»(j:  +  l)''  +  (a:— 1)" 

(1— «*)"+*  2 

*  /r=^  \(i-*)-^(i+a^)-| 

t)iese  Form  von  />»+'  Arcsin  x  führt  sogleich  zu  folgender  Form  des  Restes 
unter  der  Voraussetzung  J  >  a-  >  0  sind und  ,    ,    -     ächte  Brüche, 

1  —  VX  1  ■+•  vÄ 

deren  successive  Potenzen  die  Null  zur  Grenze  haben ,  und  da  femer  der 
erste  Faktor  des  obigen  Ausdruckes  eine  endliche  Grösse  bleibt,  so  ergiebt 
sich  Zim'/?„^i  =  0  wie  vorhin.  Schlömilch. 


XZVI  lieber  ein  bestimmtes  vielfaches  IntegraL  Im  Februarhefte 
von  1856  seines  JournaVs  für  Mathematik  giebt  Liouville  folgende  ele- 
gante Entwickelung  des  {n  —  1)- fachen  Integrales: 

^=1    l,.,e  xy,.j  r^n         yn         , , ,  dx  dy .  .  . 

0     0 
Man  betrachte  einen  speciellen  Fall  etwa  w  =  4  und  differenzire  die 
betreffende  Gleichung 

S=jyyyi'-^^^^-^^)  a:i''yi-''zi''dxdydz 

0    0     0 
in  Beziehung  auf  r ;  diesjs  giebt 

dr  J  J   J  xyz 

0    0    0 

Mittelst  der  Substitution 


xz= ■» 


worin  |  die  neue  Variabele  bezeichnet,  erhält  man 

'  X  % 

den  Grenzen  x  =  0  und  a:  =  oc  entsprechen  die  neuen  Grenzen  J  =  qo  , 
1  =  0,  und  nach  Umtausch  derselben  wird 


SUeinere  Mittheiltmgen.  185 


_QO_QO,Ä 


f  =  -  *fTfe-^^-''^"''\  .*-  ^*-'  I*-'  äy  är  .|; 
0    0    0 
da  in  einem  bestimmten  Integrale  nichts  auf  die  Wahl  der  Buchstaben  an- 
kommt, womit  die  Variabelen  der  Integration  bezeichnet  werden ,  so  kann 
man  rechter  Hand  x^  y^  z  für  y,  z,  £  schreiben  und  dann  ist  das  dreifache. 
Integral  wieder  r=  S  also ' 

^  =  —  4S  mithin  S=  Ce"^^. 
dr 

Die  Constante  C  bestimmt  sich  durch  die  Specialisirung  r  =  0,  bei  welcher 

s  =  r{^)r{Jt)r{i) 

wird ;  es  ist  folglich 

s=r{^)ni)ra)e-*r. 

Auf  gleiche  Weise  lässt  sich  das  allgemeine  (n — 1)  fache  Integral  be- 
handeln; man  findet  als  Werth  desselben 

^=K^)KI)KI)-K"-^)'-' 

oder  kürzer  nach  einem  bekannten  Satze  von  den  Oammafunctionen  , 

#  yn 

Man  hat  demnach  die  bemerkenswerthe  Integralformel 


0    0 


1      ,^    X-;; «»• 


=:-^  (2^)    ^     e 

worin  die  Anzahl  der  Variabeln  x^y,  z  .  , .  und  mithin  auch  die  der  Inte- 
grationen =  11  —  1  ist. 

Ans  der  vorigen  Formel  leitet  Lionville  den  Gauss*schen  Satz  von 
den  Gammafnnktionen  folgendermaassen  ab.  Wenn  man  beide  Seiten  der 
Oleichnng  mit  rf^''^  dr  multiplicirt  und  zwischen  den  Greüzen  r  =  0  bis 
r  ==  00  integriert,  so  hat  man  bei  Voranstellung  der  auf  r  bezüglichen  In- 
tegration 

I    I...C  x^       y*        ...dxdylr        e    ^-'dr 

Linker  Hand  ist  das  nach  r  genommene  Integral  von  der  Form 


0    0  0 


=  -}={2n)  2      /  r'     'e       dr 
v  n  9/ 


j 


0 
und  geht  für  r*  =  {;  über  in 


V 


f"      ^    ^t=^     (i 


n      Cl 


186  Kleinere  MitiheilungeD. 

rechter  Hand  ist  der  Werth  des  Integrales 

Nach  Substitution  dieser  Ausdrücke  sowie  des  Werthes  ---:=xyz. . .  redu- 

n 

cirt  sich  die  vorige  Gleichung  auf 

H'^yHjJJ'  '  ^  ...äa:dy... 

ü    0 

Die  linke  Seite  zerfKllt  in  ein  Produkt  einfacher  Integrale ,  und  die  nun- 
mehrige Gleichung 

stellt  den  erwähnten  Oauss'sehep  Sats  dar. 


XXVn.  Heber  das  bestimmte  Integral 

0 
Das  vorstehende  Integral ,  welches  die  bekannten  Integrale 

/  -^ — ^dx     und  /  e~"y*^*  cos^ßxdx 
0     "  "^^  0 

als  specielle  Fälle  in  sich  enthält,  lässt  sich  durch  folgende  Transforma- 
tionen auf  eine  sehr  bekannte  Transcendonto  zurückführen. 

Statt  des  unter  dem  Integralzeichen  vorkommenden  Factors 

a*  +  ar 

setzen  wir  das  Integral 


/- 


^-r«3+.«)«^^ 


0 

und  erhalten  für  das  ursprüngliche  Integral,  dessen  unbekannter  Werth  vor- 
läufig M  heissen  möge, 

M=^  I  cos2ßxe—Y'^^  dx     I  c  — («--t-^^-;«  du 
0  0 

oder  bei  umgekehrter  Anordnung  der  Integrationen 


=^    f  cos2ßxe  —  y*^^  (ix     /c  — ra*4-a:.»)« 

0  0 

shrter  Anordnung  der  Integrationen 


M 

ö 


Kleinere  Mittheilnngen.  187 


Nach  einer  bekannten  Formel  giebt  diese 
daraus  wird  mittebt  der  Substitution  w  =  J*  —  y* 

y 

and  statt  dessen  schreiben  wir 

y 

In  dem  mit  N  bezeichneten  Integrale  benutzen  wir  die  Substitution 

ag  —  -|  =  ly,  mithin  g  =  '  — ^  ^^ ^» 

und  setzen  die  Constanten  «r,  /?,  y  als  positiv  voraus.  Dieser  Bestimmung 
zufolge  darf  das  vorkommende  Radical  nur  mit  dem  p.ositiven  Vorzeichen 
genommen  werden,  weil  sonst  £,  im  Widerspruche  mit  den  dafür  geltenden 
positiven  Integrationsgrenzen  y  und  oo ,  negativ  ausfallen  würde.  Demge- 
mäss  ist 

€cy^IL 

wir  beziehen  die  Integration  auf  beide  Theile  des  Faktors  von  dtf ,  setzen 
im  zweiten  Integrale 

Vv'  +  ^^ß  =  t»  woraus       ^l\       =  dj;, 

^d  erbalten 

«y — £-  ay-^-^ 

y  y 

ü»mit  ist  N  auf  die  in  der  Wahrscheinlichkeitsrechnung  und  Wärmetheorie 
oft  gebrauchte  Transcendente 

"*^ckgeftthrt ,    die  wir  kurz   mit   T(fi)  bezeichnen   wollen;    wir    haben 
nimlicii 

^öd  daraus  folgt  für  M  der  Werth 

^^Uen  wir  endlich  die  erste  und  letzte  Form  von  M  zusammen  und  lassen 
^P  durch  ß  vertreten ,  so  gelangen  wir  zxx  dem  Resultate 


188  Kleinere  Mittheilungen. 


A 


cos  ßx      __v«-.«  ^ 


-='^''"'"  { '-'*  K"-r,) + '■^•' K"  +  f,)  }■ 

Durdh  Differentiation  in  Beziehung  auf  ß  unter  Rücksicht  auf  die  Gleichung 
dT{ii)=  —  e     f'    dfi  ergiebt  sich  noch 


/ 


X  sin  ßx    _y«a;« 


t-L^  C-y-^-  dx 
0  ~ 


Mit  Hülfe  der  ziemlich  ausgedehnten  Tafel,  welche  Kramp  in  seiner  Ab- 
handlung über  die  astronomische  Sttahlenbrechung  gegeben  hat ,  und  bei 
Anwendung  der  leicht  zu  beweisenden  Relation 

—  f»  —00  f» 

d.h. 

hat  die  numerische  Berechnung  der  in  Rede-  stehenden  Integrale  nicht  die 
mindeste  Schwierigkeit.  Füry  =  0  wird  T{  qc)=0,  T{ —  oo)=j/«^und  dann 
erhält  man  ein  paar  längst  bekannte  Formeln. 


XXVm  Die  Erzeugung  eines  ioftverdünnten  Ranmes  wird  in  man- 
chen Fällen  nach  Brunn  er  (Mittbeilungen  der  naturforsch.  Gesellscb.  in 
Bern  1854^  Poggend.  Annal.  Bd.  94.  S.  523),  z.  Th.  auf  vorth eilhaftere  und 
wirksamere  Weise  als  durch  die  Luftpumpe,  durch  Absorption  eines  leicht 
absorbirbaren  Gases  bewerkstelligt  werden  können ;  ein  Mittel,  dessen  auch 
schon  Andrews  (Poggend.  Ann.  Bd.  88.  S.  309.)  und  Fontaine  (Corapt. 
rend.  Mars  1853)  Erwähnung  gethan  haben.  Selbstverständlich  können  im 
Allgemeinen  hierzu  nur  solche  Gase  gebraucht  werden,  welche  wenig  und 
gar  keine  Einwirkung  auf  das  Material  des  Apparates  und  die  dem  Ver- 
suche noch  anderweitig  ausgesetzen  Substanzen  haben ,  und  es  werden  da- 
her Kohlensäure  und  etwa  noch  Ammoniak  sich  als  die  geeignetsten  Gase 
herausstellen.  Kommt  es  behufs  einer  Demonstration  zunächst  und  haupt- 
sächlich nur  auf  Herstellung  eines  möglichst  luftleeren  Raumes  an,  so  kann 
man  hierzu  ein  gewöhnliches  starkes  Bierglas  verwenden ,  auf  dessen  sorg- 
fältig abgeschliffenem  und  mit  etwas  Fett  bestrichenem  Rande  ein  metalle- 
ner Deckel  luftdicht  aufsitzt.  Der  Deckel  hat  in  der  Nähe  des  inneren 
Randes  vom  Glase  eine  Oeffhung,  welche  nach  Aussen  mit  einem  kurzen 
Ansätze  versehen  ist  und  mit  einem  konisch  geformten,  gut  eingeschliffenen 
metallenen  Stopfen  verschlossen  werden  kann.  Durch  den  Stopfen  ist  eine 
Glasröhre  von  etwa  2  Millifti.  Weite  im  Lichten  geführt,  an  deren  nach 
Aussen  etwas  schief  gerichtetem  Ende  eine  Kugel  angeblasen  ist.    Der  an- 


Kleinere  Mittheilungen.  189 

(lere  für  das  Innere  des  Olases  bestimmte  Theil  der  Röhre  ist  an  seinem 
untern  Ende  offen  and  etwas  nach  entgegengesetzter  Seite  zn  gebogen. 
Durch  den  Deckel  ist  noch  eine  zweite,  zweischenklige  Glasröhre  luftdicht 
geführt,  deren  längerer  ausserhalb  des  Glases  herabsteigender  Schenkel 
30  Zoll  lang  ist  und  eine  Barometerscale  trügt.  In  das  Glas  wird  ein  auf 
drei  Füsschen  von  Glas  oder  Blei  stehendes  Schälchen  gesetzt,  welches  mit- 
tels eines  daran  angebrachten  Messingdrahtes  bequem  eingestellt  werden 
kann,  und  auf  welchem  vorher  etwa  4  Gramm  trockner,  gut  gebrannter  Aetz- 
kftlk  aal*  einer  Unterlage  von  2  oder  3  Blättern  Fliesspapier  ausgebreitet 
morden  ist  Vor  dem  Einsetzen  des  Schälchens  werden  auf  den  Boden 
des  Glases  40  —  50  Grammen  englische  Schwefelsäure  gegossen.  Die  Oeff- 
nung  des  Deckels,  welche  für  die  mit  der  Kugel  versehene  Glasröhre  bestimmt 
ist,  verschliesst  man  zuerst  in  gewöhnlicher  Weise  mit  einem  durchbohrten 
Korke,  durch  welchen  eine  Glasröhre  aus  einem  Kohlensäureentwickelungs- 
ftpparat  bis  nahe  an  die  Oberfläche  der  Schwefelsäure  herabgefülirt  ist. 
Nachdem  nun  das  Glas  mit  Kohlensäure  gefüllt  und  man  sicher  ist,  dass 
alle  atmosphärische  Luft  durch  die  Barometerröhre  hindurch  ausgetrieben 
worden,  wofür  einige  vorläufige  Versuche  angestellt  werden  können,  ver- 
schliesst man  die  untere  Oeffnung  der  Barometerröhre  durch  ein  darunter 
gesetztes  Gefkss  mit  Quecksilber,  dessen  Oberfläche  bis  an  das  Nullzeichen 
der  Röhre  steht.  Hierauf  wird  die  Röhre,  durch  welche  das  Gas  einströmte, 
herausgenommen  und  dafür  die  mit  der  Kugel  versehene  und  mit  Wasser 
oder  Kalilauge  gefüllte  Röhre  luftdicht  eingesetzt.  Durch  Erhitzung  der 
Kogel  wird  die  Flüssigkeit  derselben  auf  das  mit  Aetzkalk  belegte  Schäl- 
chen getrieben ,  wobei  das  Fliesspapier  eine  allseitigere  Verbreitung  der 
Flüssigkeit  nnd  eine  sleichmässigere  Löschung  des  Kalkes  bewirkt.  Das 
&Qf  diese  Weise  aus  dem  Aetzkalk  entstandene  Kalkhjdrat  absorbirt  nun 
sehr  begierig  die  Kohlensäure,  wie  aus  dem  alsbaldigen  Steigen  des  Queck- 
silbers in  der  Barometerröhre  ersichtlich  wird.  Bei  gehöriger  Anordnung 
^ßs  Apparates  von  den  bemerkten  Dimensionen  ist  binnen  ö  —  6  Minuten 
durch  Absorption  der  Kohlensäure  eine  Verdünnung  bis  gegen  12'Millim. 
Barometerstand  erreicht.  Die  übrige  Spannung  rührt  noch  von  dem  gleich- 
seitig mit  entwickelten  Wasserdampfe  her,  welcher  nun,  allerdings  in  einer 
etwas  langem  Zeit  (ll^ — 3  Stunden),  von  der  Schwefelsäure  grösstentheils 
aufgenommen  wird,  so  das«  dann  das  Quecksilber  sehr  nahe  dem  Barometer- 
Stande  gleich  steht. 

Die  oben  vorausgesetzte  vollständige  Verdrängung  der  atmosphäri- 
scken  Luft  durch  die  Kohlensäure  lässt  a-  priori  einige  Zweifel  bezüglich 
^er  Erreidiiing  eines  so  hohen  Grades  von  Verdünnung  aufkommen ,  in- 
^euen  ist  eine  Verdünnung  bis  auf  1  Millim.  Unterschied  zwischen  dem  Ba- 
^iQeterstandfr  nnd  der  Qnecksilberprobe  thatsächlich  auf  diesem  Wege  er- 
reicht worden; 

Der  eben  beschriebene  Apparat  lässt  sich  zur  Anstellung  anderer  Ver- 
sehe bequemer  einrichten.  Man  kann  sich  hierbei  einer  grösseren  Glasglocke 
dienen,  welche  mit  ihrem  gut  abgeschliffenen  Rande  auf  einem  ebenen 
Teller  luftdicht  aufgesetzt  wird.  Die  Glocke  enthält  oben  die  mit  einer 
'^^mgfassung  umkleidete  Oe&ung,  durch  welche  die  Röhre  aus  dem 
Kohlensänreentwickelnngsapparat  lose  gesteckt  wird,  und  welche  dann 
<lQreh  die  mit  der  Kugel  versehene  Röhre  auf  dieselbe  oben  beschriebene 
^«ise  luftdicht  verschlossen  werden  kann.  Aetzkalk  und  Schwefelsäure 
werden  in  besonderen  übereinanderstehenden  Schälchen  vorher  eingesetzt 


190  Kleinere  Mittheilungen. 

und  ebenso  werden  eine  abgekürzte  Barometerprobe,  wie  sie  unter  der  Olocke 
einer  Luftpumpe  eingestellt  zu  werden  pflegt,  sowie  die  Gegenstände,  welche 
dem  luft verdünnten  Räume  ausgesetzt  werden  .sollen,  auf  einem  besonderen 
Tischchen  darüber  oder  daneben  unter  der  Glocke  aufgestellt. 

Die  aus  möglichst  dichtem  kohlensauren  Kalk  (am  besten  Marmor)  und 
Salzsäure  entwickelte  Kohlensäure  leite '  man ,  ehe  sie  in  die  Glocke  tritt, 
durch  eine  Waschflasche  mit  englischer  Schwefelsäure,  welche  Wasser  und 
übergerbsene  Salzsäure  zurückhält.  Wendet  man  einen  Gasentwickelungs- 
apparat  und  eine  Waschflasche  nicht  grösser  als  nöthig  ist  an ,  so  hat  man 
den  Vortheil,  nicht  zu  viel  atmosphärische  Luft  vorher  austreiben  zu 
müssen. 

Dieser  Apparat  hat  vor  dem  der  Luftpumpe  jedenfalls  den  Vorzug, 
dass  er  leichter  an  jeden  beliebigen  Ort  hingetragen  werden  kann ;  doch  ist 
es  wohl  kaum  nöthig  zu  bemerken ,  dass  derselbe  nicht  in  allen  Fällen  die 
Luftpumpe  zu  ersetzen  im  Stande  ist,  namentlich  dann  nicht,  wo  es  auf 
möjglichst  rasch  zu  bewirkende  Luftverdünnung  ankommt. 

Wollte  man  ftlr  dieselben  Zwecke  4^nioniakgas  verwenden,  so  würde 
ab  Absorptionsmittel  sowohl  für  dasselbe  als  auch  für  den  Wasserdampf 
die  englische  Schwefelsäure  gleichmässig  dienen  können;  dieselbe  würde 
nach  dem  Einleiten  des  Gases  auf  dieselbe  Weise  vermittels  der  Röhre  mit 
der  Kugel  in  den  Apparat  hineingebracht  werden.  Die  Anwendung  dieses 
Gases  hat  indess  für  viele  Fälle  etwas  umständlicheres. 


XnXm  Die  Apparate  vom  Experimentiren  mit  Knallgaa  sind  in 
der  Regel  ziemlich  complicirt,  daher  nicht  ohne  erhebliche  Kosten  herzu- 
stellen ,  sowie  auch  nicht  besonders  leicht  zu  handhaben  und  zu  reguliren. 
Eine  eben  so  einfache  wie  gefahrlose  Vorrichtung,  die  von  jedem  Laboran- 
ten selbst  ohne  bedeutende  Kosten  hergestellt  werden  kann,  hat  Prof. 
In  eichen  in  Luzem  angegeben,  (Poggend.  Ann.  Bd.  95.  S.  334).  Dieselbe 
besteht 4m  Wesentlichen  aus  einem  Fläschchen  mit  etwas  weitem  Halse  (von 
der  Form  sogenannter  Opodeldocfläschchen),  welches  bis  an  den  eidgepass- 
ten  Kork  mit  Wasser  gefüllt  ist.  J)urch  den  Kork  gehen  zwei  Glasröhren, 
die  erstere  ist  ziemlich  bis  an  den  ^oden  des  Glases  oder  doch  einige  Gen- 
timeter  bis  unter  die  Oberfläche  des  Wassers  geführt,  an  dem  äusseren  Ende 
rechtwinklig  gebogen  und  mittelst  einer  Kautschukröhre  mit  einer  Messing- 
röhre verbunden ,  die  mit  einem  Hahne  versehen  ist  und  mit  einem  Gaso- 
meter oder  dem  Behältniss,  in  welchem  sich  das  Gas  befindet,  in  Verbin- 
dung steht.  Die  zweite  durch  den  Kork  der  Flasche  gesteckte  Röhre  endet 
unmittelbar  an  der  inneren  Grundfläche  des  Korkes.  An  dieser  Stelle  ist 
der  Kork  etwas  ausgeschnitten,  so  dass  zwischen  diesem  Theil  der  untern 
Korkfläche  und  der  Wasseroberfläche  ein  kleiner  wasserleerer  Raum  sich 
befindet ,  dessen  obere  Fortsetzung  die  letzterwähnte  zweite  Röhre,  welche 
ebenfalls  umgebogen  ist,  bildet.  Mit  dieser  Röhre  ist  vermittelst  einer 
Kautschukröhre  noch  eine  zweite  etwa  4  Decimeter  lange  und  1  Millimeter 
weite  Glasröhre  verbunden  und  an  diese  wieder  eine  Löthrohrspitze  ge- 
steckt. 

Wird  auf  das  Gasgemenge  im  Gasometer  ein  Druck  ausgeübt,  so  tritt 
dasselbe  durch  die  erste  Röhre  unter  das  Wasser  im  Glase ,  sammelt  sich 
in  dem  kleinen  Räume  unter  der  zweiten'Röhre  und  tritt  durch  dieselbe  bis 
an  die  Mündung  der  Löthrohrspitze,  wo  es  angezündet  wird.     In  dieser 


Kleinere  Mittheilungen.  191 

Flamme  können  die  bekannten  Versnclie  über  das  Siderallicht,  die  Schmel- 
mng  strengflüssiger  Metalle,  Verbrennung  des  Eisens  etc.  gefahrlos  vorge- 
Bommen  werden,  indem  die  Flamme  nicht  in  den  Gasbehälter  zurücktreten, 
sondern  nur  bis  zu  dem  kleinen,  unter  dem  Ende  der  zweiten  Röhre  und  dem 
Korke  befindlichen  Oasvolum  gelangen  kann.  Dasselbe  Iftsst  sich  aber  so 
klein  machen,  dass  eine  Explosion  nicht  zu  besorgen  ist.  Beträgt  es  bis 
gegen  27  Cubikcentimeter ,  so  erhält  das  Glas  durch  Zurücksteigen  der 
Flamme  nur  eine  kleine  gefahrlose  Erschütterung.  Die  Erschütterung  wird 
kaum  bemerkbar,  wenn  das  Volum  bis  auf  10 — 12  Cubikcentimeter  herab- 
gebracbt  wird.  Zu  klein  diesen  Kaum  zu  machen  ist  deshalb  nicht  rath- 
sam,  weil  dann  die  im  Glase  aufsteigenden  Gasblasen  leicht  Wasser  in  die 
iweite  Bohre  mit  hinauftreiben. 


Das  sogenannte  Beanmnr'sche  Poreellan  oder  entglmite,  un- 
dnrehiielitig  gewordene,  Glai  wird  bekanntlich  dadurch  erhalten,  dass  ge- 
wöhnliches Glas  nach  dem  Schmelzen  einer  sehr  langsamen  Erkaltung, 
oder  einer  andauernden  Erweichung  unterworfen  wird.  Dasselbe  ist  we- 
niger dicht  aber  beträchtlich  härter  als  das  durchsichtige,  indem  es  das 
Ifitstere  leicht  ritst ,  und  giebt  am  Stahl  Funken ;  es  ist  noch  spröde ,  doch 
viel  weniger,  als  das  durchsichtige;  leitet  die  Wärme  schlecht,  dagegen 
die  Elektricität  sehr  merklich,  etwa  in  einem  Grade,  wie  Marmor,  jedenfalls 
besser  als  das  gewöhnliche  Glas  und  Poreellan.  Das  undurchsichtige  Glas 
ist  keineswegs  so  unschmelzbar  wie  Poreellan,  schmilzt  im  Gegentheil  eben 
80  leicht  wie  das  gewöhnliche.  Jodes  Glas  kann  entglast  oder  undurch- 
sichtig gemacht  werden,  das  Kaliglas  allerdings  schwieriger  als  das  Natron- 
glas. Das  dreifach  kieselsaure  Natron  NaOySSiO*  entglast  sich  unter  allen 
Silicaten  am  leichtesten. 

lieber  die  Constitution  dieses  entglasten  Gldses  sind  i.  J.  18^  von  Du- 
mas und  I8i5  YonLeblanc  vergleichende  Analjsen  von  durchsichtigem 
und  undurchsichtigem  Glase  angestellt  worden.   Dieselben  betrachten  letz- 
terei als  eine  bestimmte  chemische  Verbindung,  welche  mehr  Kieselerde 
und  weniger  Alkali  enthält,  als  das  durchsichtige,  und  somit  auch  streng- 
flfissiger  ist.  Die  Entglasung  wäre  demnach  eine  Kristallisation  des  Glases 
in  Folge  der  Bildung  bestimmter  Verbindungen ,   welche  bei  der  zur  Zeit 
der  Entglasung  -stattfindenden  Temperatur  unschmelzbar  sind ,  und  diese 
rektiTe  Unschmelzbarkeit  würde  entweder  durch  Verflüchtigung  der  alka- 
lisoben  Basis  herbeigeführt,   oder  durch  blose  Vertheilung  der  Bestand- 
tkefle  des  Glassatzes,  wobei  die  Alkalien  mehr  in  den  Theil  übergehen, 
welcher  den  amorphen  Zustand  beibehält.    Dass  das  Kcaumur'sche  Porcel- 
^  eine  krjstallisirte  Glasmasse  ist,  damit  stimmen  auch  andere  Chemiker, 
*<>^e  auch  die  Glasfabrikanten  überein,   dass  diese  Krystallisation  aber 
durch  andere  Vertheilung  der  Bestandtheile  des  Glassatzes  herbeigeführt 
werde,  wird  von  Einigen,  namentlich  von  P  e  1  o  u  z  e  {Comptes  rend,  Juin  1855. 
Nr.  26)  in  Zweifel  gezogen.  Derselbe  hält  nach  den  Kesultaten  seiner  Ana- 
vion,  welche  die  Zusammensetzung  des  krjstallisirten  und  amorphen  Glases 
^  identisch  herausstellten ,  das  erstere  nur  für  eine  andere  Modification 
des  gewöhnlichen  Glases  vielleicht  in  Folge  einer  anderen  Wärmecapacität 
^d  betrachtet  somit  die  Entglasung  lediglich  als  eine  physische  Verände- 
"^  des  Glases.    Er  glaubt  seine  Ansicht  noch  unterstützt  durch  den  Um- 
B^d,  dass  während  der  langsamen  Erkältung  des  Glases  beim  Entglasen 


192  Kleinere  Mittheilungen. 

keine  Blasen,  Streifen  etc.  als  Anzeichen  eingetretener  Ungleichartigkeit  in 
der  Zusammensetzung  der  Glasmasse  entstehen,  dass  femer  das  Gewicht 
der  Glasmasse  durch  die  Entglasung  nicht  verändert  wird.  Diese  angeführ- 
ten Umstände  sind  indessen  noch  nicht  entscheidend  genug.  Man  kann,  wie 
Dumas  (a  a.  O.)  nachträglich  bemerkt,  den  Vorgang  der  Entglasung  sich 
'  80  Vorstellen ,  dass  die  zuerst  entstandenen  Krystalle  und  die  Fortsetzung 
der  Erkaltung  Veraulassung  zur  Bildung  und  Absonderung  ganz  verschie- 
dener. Krjstalle  von  verschiedener  Zusammensetzung  geben.  So  wie  also 
in  der  scheinbar  homogenen  Masse  durchsichtigen  Glases  verschiedene  und 
bestimmte ,  aber  zusammengeschmolzene  Silicate  vorkommen ,  ebenso  kön- 
nen in  den  faserigen  Massen  von  entglastem  Glase  neben  einander  Nadeln 
von  krjstallisirten  Silicaten  vorhanden  sein,  welche  eine  bestimmte  Zusam- 
mensetzung haben,  unter  einander  aber  vollkommen  verschieden  sind.  Diese 
undurchsichtigen  Glasmassen  werden  dann,  wieder  geschmolzen,  auch  das- 
selbe durchsichtige  Glas  von  derselben  Zusammensetzung  geben ,  wie  das- 
jenige, woraus  sie  zuerst  entstanden.  Dumas  vergleicht  die  Krystallmas* 
sen  des  entglasten  Glases  mit  gewissen  Gemengen  von  festen  Fettsäuren, 
welche  durch  Schmelzen  ebenfalls  eine  homogene  Flüssigkeit  geben ,  beim 
Erstarren- aber  eine  faserige  Masse  bilden,  in  der  das  Auge  nichts  Ungleich- 
artiges erkennt,  obgleich  jede  Säure  sich  von  der  andern  in  bestimmten 
Krystallen  abgeschieden  hat  Diese  Massen  kann  man ,  wie  das  krystalli- 
sirte  Glas,  beliebig  oft  umschmelzen  und  wieder  erstarren  lassen,  wobei  sich 
dieselben  Erscheinungen  wiederholen. 


l>iurk  von  B.  G.  Teubner  in  Dresden. 


XI. 

Ueber  die  Bemoulli'sche  Funktion    und   deren  Gebrauch 
bei  der  Entwickelung  halbconvergenter  Reihen. 

Von  O.    SCHLÖMILCH. 


u. 


nter  den  zahlreichen  Transformationen  endlicher  und  unendlicher  Kei- 
hen,  welche  Stirling  in  seinem  Meihodus  differenlialis  sive^  traciaius  de 
iumtnoHone  serierum^  Londini  1730,  entwickelt  hat,  ist  besonders  die  Formel 
/l  +  /2  +  /3  +  .  . .  +  /p  =  1/  (27r)  +  (p  +  4)  Ip  -p 

.    ^1 b^L^. 

l.2p        3.4p»"^ 

SU  einer  gewissen  Berühmtheit  gelangt ,  weil  sie  namentlich  bei  grossen  p, 
wie  sie  z.  B.  in  der  Wahrscheinlichkeitsrechnung  vorkommen ,  ein  leichtes 
Mittel  zur  Benrtheilung  des  Werthes  von  /  (l .  3  .  3  .../?)  an  die  Hand  giebt. 

Die.  oben  erwähnte,  nach  Potenzen  von  —  fortschreitende  Reihe  besitzt  die 

%enthiimlichkeit,  dass  sie  anfangs  zwar  gut  convergirt,  späterhin  aber 
jedesmal  divergirt  (weil  die  Bemoulli^schen  Zahlen  B^y  B^, . .  rascher  als 
eine  geometrische  Progression  wachsen) ,  und  es  ist  daher  gerade  hier  eine 
genaue  Untersuchung  des  Restes  unerlässlich ,  da  man  sonst  nicht  einmal 
diejenige  Oliederzahl  anzugeben  wtisste ,  deren  Summe  dem  Betrage  von 
'0*3..  .p)  am  nächsten  liegt.  Eine  ähnliche  Bemerkung  trifft  die  allge- 
meinere Formel 


/(a?=p) 
f{x)da 


fil)  +  /'(2)  +  .  .  .  +  /-(p)  =  ConsL  +J  fix)  dx  +  \f  (p) 

^^6  gewöhnlich  als  die  Euler 'sehe  Summenformel  bezeichnet  wird ,  ob- 
scton  sie  nur  die  Folge  eines  von  Mac  Laurin  im  Treatise  on  fluxions 
(P*g.  672)  entwickelten  Satzes  ist.  Da  auch  diese  Reihe  anfangs  zu  con- 
^^fgiren  und  späterhin  divergent  zu  werden  pflegt,  also  unter  die  sogenann- 
^n  halbconvergenten  Reihen  gehört,  so  bedarf  es  wiederum  einer 
Untersuchung  des  Ergänznngsgliedes ,  und  diese  ist  bereits  von  mehreren 
^Älytikem  auf  vei^chiedene  Weisen  angestellt  worden. 

Den  ersten  derartigen  Versuch  findet  man  nach  Erchinger's  Vor- 
gänge ausgeführt  in  Ettingshausen's  Vorlesungen  über  höhere 
Mathematik,  und  zwar  wird  dort  die  Restbestimmung  auf  die  Integra- 
^on  einer  gewissen  Differentialgleichung  zurückgebracht.     Da  aber  letz- 

ZeiUchrifl  f.  Bfalhematik  o.  PhyBik.  1.  V^ 


194  Ueber  die  BernoulH'Bche  Function  etc. 

tere  nur  bei  vorausgesetzter  Convergenz  der  Reihe  besteht  und  gerade 
dieser  Umstand  nicht  immer  stattfindet,  so  kann  jene  Restbestimmung  nicht 
als  eine  allgemein  gültige  angesehen  werden. 

Eine  von  Poisson  zu  dem  nämlichen  Zwecke  angestellte  Unter- 
suchung geht  von  dem  Satze  aus,  dass  jede  Funktion  f{x)  innerhalb  der 
Grenzen  a:  =  —  ilbisa;=  +  il  durch  die  Reihe 

/^  W  =  i  «0  +  «1  ('OS  —  +  a^  cos  —j-  + 

+  Oj  sm  — — |-  ö,  stH  — h  . . . . 

ausgedrückt  werden  kann,  wenn  die  Coef&cicnten  at  und  bi^  mittelst  der 
Formeln 

+  Z  +1 

rtjt  —  y  /  f  (m)  cos  -^  duy     bk^=jj  fiu)  sm  -y-  du 

'bestimmt  werden.  Abgesehen  von  dem  Umstände,  dass  dieser  Satz  der 
Sache  selber*  etwas  fremd  sein  dürfte,  ist  auch  das  Endresultat  der  übrigeus 
äusserst  scharfsinnigen  Deduction  kein  völlig  allgemeines,  denn  nur  für 
den  Fall ,  dass  /"^^"^  {x)  innerhalb  des  Intervalles ,  welches  x  bei  der  Sum- 
nürung  durchläuft  (oben  1  bis/?)  sein  Vorzeichen  nicht  ändert,  kommt  es  zu 
einer  in  endlicher  Form  darstellbaren  Restbestimmung. 

Wie  in  vielen  Theilen  der  Wisjsenschaft,  so  hat  auch  hier  Jacobi  den 
entscheidenden  Schritt  gethan  indem  er  zeigte,  dass  die  Discussion  des 
Restes  auf  die  Betrachtung  einer  gewissen  ganzen  rationalen  und  algebrai- 
schen Function  zurückkommt  (De  usu  legitimo  formulae  summaloriae  Machntri- 
nianac.  Crelles  Jouru.  Bd.  12,  pag.  263) ;  er  leitete  daraus  eine  kurze  Aus- 
drucksweise des  Restes  unter  der  Annahme  her,  dass  x  auf  ein  Intervall 
besclirränkt  wird,  innerhalb  dessen  die  Summen  ^/'(2«)  (x)  und  2^/'^*^'*"+"2^(x) 
beide  das  nämliche  Vorzeichen  behalten. 

Auch  dieses  Resultat  ist  nicht  allgemein ,  und  es  blieb  daher  immer 
noch  die  Frage,  ob  nicht  eine  Restbestiramung  möglich  sei,  bei  welcher  hin- 
sichtlich der  Function  fijjc)  nur  die  eine  unumgängliche  Bedingung  der 
Continuität  von  fix),  f  (.r),  f"  (.t)  ....  innerhalb  des  dem  x  ertheilten 
Spielraumes  gestellt  würde.  Die  Antwort  hierauf  hat  Malmst  ^n  gegeben 
(Crelle's  Journal  Bd.  35,  pag.  55)  und  damit  die  Sache  wohl  ohne  Zweifel 
zur  vollständigen  Erledigung  gebracht.  Der  Ausgangspunkt  der  Malmst^n- 
schen  Untersuchung  ist  der  nämliche  wie  bei  Jacobi,  aber  eine  genauere 
Discussion  der  vorhin  erwähnten  ganzen  rationalen  algebraischen  Funktion 
führt  zu  einer  von  Jacobi  nicht  bemerkten  Eigenschaft  derselben,  wo- 
durch gerade  die  allgemeine  Restbestimmung  ermöglicht  wird. 

Wenn  wir  trotzdem  diesen  Gegenstand  hier  noch  einmal  aufnehmen, 
so  geschieht  diess  aus  einem  doppelten  Grunde.  Der  Jacobi  -  Malmst^n'sche 
Gedankengang  erheischt  vielerlei  einzelne  Entwickelungen,  namentlich 
Transformationen  endlicher  Reihen,  unter  denen  sich  die  eigentliche  Idee 
fast  vergräbt;  dagegen  wird  die  Sache  äusserst  einfach^  wenn  man  die  bis- 
her übersehene  Bemerkung  hinzubringt,  dass  jene  algebraische  Funktion, 
auf  die  zuletzt  Alles  hinauskommt,  ein  Differentialquotient  ist  — 
hieraus  ergeben  sich  alle  ihre  Eic^enschaften  mit  grösster  Leichtigkeit.  Von 
ganz  anderer  Seite  her,  ohne  Zusammenhang  mit  der  Mac  Laurin'schen 


Von   O.  SOHLÖMILCH.  195 

Sammenformel ,  ist  die  nämliche  Funktion  nnter  dem  Namen  der  Ber- 
nonll loschen  Funktion  betrachtet  worden  von  Raabe  in  Crelle*s  Journal 
Bd.  43,  pag.  348,  und  es  wird  daher  die  folgende  Darstellung  den  weiteren 
Vortbeil  bieten,  dass  man  auch  die  Kaabe'schen  Ergebnisse  ihrer  eigent- 
lichen Quelle  entfliessen  sieht. 


Die  Bernoulli'sche  Funktion. 

I.  Von  dem  Ausdrucke  v  :  (e*'  —  l) ,  den  wir  im  Folgenden  immer  mit 
l{v)  bezeichnen  wollen,  ist  bekannt,  dass  er  sich  für  2«  >»  >  —  2ä  in 
eine  nach  Potenzen  von  v  fortgehende  Reihe  verwandeln  lässt ,  nämlich 


^)     x(^)  =  :^,  =  ^-h- 


^1.2  1.2.3.4      ^1.2. ..6 

worin  -P,,  -P,,  ^5 . . .  die  Bemoulli'schen  Zahlen  !>  tVv  ^s*  vV)  bV  *  -  *  ^^- 
deuten ;  man  hat  daher 


2)      Jz(0)  =  0,     x'(0)  =  -l, 

U<'-'(o)==(-i)"-'^2— I.    z»-+»(o)=o,   « 


>o. 


Nach  der  bekannten  Regel  für  die  mehrfache  Differentiation  der  Pro- 
dukte ist  femer 

K  ("  7^0  =  K  h  W  (e"  -  D] 

=  X  (p)  t-  «•«  +  (m)j  x'  (»)  *— '  e»  +  (m),  x"  W  '"^  e"  +  ... 
...  +  (m)«_,  x<— »  (f)  ze"  +  («)„  x^-->  (v)  (e"  —  1) 
mithin  für  t>  =  0  nnter  Benutzung  der  Gleichungen  3) 

wobei  die  Reihe  rechter  Hand  nur  soweit  zu  nehmen  ist,  dass  (m),„  nicht 
mdir Vorkommt,  weil  der  Coefficient  dieses  Ausdrucks  (vorhin  e^* — l)  je- 
denfalls verschwindet.  Die  auf  der  rechten  Seite  der  Gleichung  3)  ver- 
seichnete  ganze  rationale  und  algebraische  Funktion  von  2  wollen  wir  dieBer- 
noulli'sche  Funktion  m**"  Grades  nennen  und  mit  (p(z^  m)  oder,  wo  die  An- 
gabe des  Grades  nicht  nothwendig  ist,  kürzer  mit  q>  {z)  bezeichnen ;  demnach 
haben  wir  die  Gleichungen 

4)  ^(,,«)=^;(,^^)^^^ 

oder  auch,  wie  sich  leicht  findet, 

5)  ^(,,^)=.2):-'(^^)^^^ 

ond  bei  ansgeführter  Differentiation 
6)    tp  (r,  ot)  s=  2"»  —  I  (m),  j«»— • 

+  (m),  B^  z«— 1—  {m\  B^z"-*  +  (m),5, j«— 6— . . . 


196  Ueber  die  BemoulU'Bche  Fnnktion  etc. 

also  z.  B. 

9  (z,  2)  =  «*  —  «  =  t  (j  —  I), 

V(r,3)  =  z»-|z»  +  4t  =  r(r-i)(t-l), 

9,(,,5)  =  z>-|c*  +  fz»-^j, 

,,  (r,  7)  =  *'  -  Jz-  +  5.»  -  ^J»  +  ^  ., 
V  (c,  8)  =  z«  -  4.'  +  V^'  -  iz'  +  iz\ 
u.  s.  w. 

Aus  der  Fundamentalgleichung  4)  erhält  man  sofort  für  z  =  0  und  für 
z  =  1 

7)  g>(0,m)  =  9(l,m)=Ö; 
ferner  ist  nach  Nr.  4) 

(^r(x-l-l) e^'X- 
^ TZ i ) 

und  bei  Ausführung  der  Differentiation 

8)  "  q>(x  +  ljm)  —  9(a:,  m)  =  ma;'"— '; 

daraus  folgt  umgekehrt  tp  (.r,  tn)  =:  2(mx^^^)  wenn  Jx  =  1  gesetzt  wird. 
Dieses  bekannte  Resultat  führen  wir  nur  an  um  die  Bemerkung  daran  zu 
knüpfen,  dass  sich  die  Untersuchung  von  q>  («,  m)  auf  das  Intervall  z  =  0 
bis  r  =  l  beschränken  kann;  wäre  nämlich  z  >  1,  so  würde  man  z  in  eine 
ganze  Zahl  k  und  in  einen  acht  gebrochenen  Rest  x  zerlegen  und  dann 
mittels!;  der  Formel  8)  leicht  zu  folgender  Relation  gelangen : 

9)  g>  {z,  m)  =  <p{k  +  x,  m) 

=  g)(a:,m)  +  m[a:'«-'  +  (a:+l)"— '  +  (a: +  2)«— »  +  ...  + (or  +  ^—l)'^»]. 
Für  x  =  0  erhält  man  specieller 

10)  q>  {k,  m)  =  m  [l*"-«  +  S**-'  +  .  .  .  +  (^  — l)'"-'] 

was  hinreichend  bekannt  ist  und  für  uns  aie  Bedeutung  hat,  dass  hiermit 
der  Werth  von  (p  (z^  m)  für  ein  ganzes  positives  Argument  bestimmt  wird. 

Unter  Rücksicht  auf  die  identische  Gleichung 

ßvil—x) 1    ^-vx —  I 

e^'  —  i  ^         e-"  — 1 

leitet  man  aus  der  Fundamentalformel  4)  die  folgende  ab 

oder  wenn  rechter  Hand  t;  =  —  rv  gesetzt  wird, 

für  w  =  0  mithin  auch  w  =  0  giebt  diess 

11)  <p{l—a;m)  =  {-~i)-tp(.,:,m). 


Von  0*  SCHLÖMILCH.  197 


Die  Bemoiilli*sche  Funktion  nimmt  also  von  z  =  ^  bis  z  ^=  1  wieder  diesel- 
ben absoluten  Werthe  an,  die  sie  von  z  =  0  bis  z  =  ^  hatte  und  zwar  mit  dem 
nämlichen  oder  mit  dem  entgegengesetzten  Vorzeichen,  jenachdem  die 
Funktion  gerader  oder  ungerader  Ordnung  ist.  Man  ersieht  zugleich,  dass 
sich  vermöge  dieser  Eigenschaft  die  Discussion  von  tp  (z,  m)  auf  das  Inter- 
voll  z  =  0  bis  z  =  J  beschränken  darf.  Für  o:  =  ^  ^nd  ein  ungerades 
m=^^n  —  1  giebt  die  Formel  ll) 

12)  <)p(i,2n— l)  =  0. 

Auch  für  gerade  m  ist  der  Werth  von  g)  (4,  w)  leicht  zu  ermitteln;  man  hat 
nach  Nr.  4) 

und  hier  lässt  sich  die  Differentiation  mittelst  der  schon  von  Laplffce  an- 
gewendeten identischen  Gleichung 

•T^ —  ==  X  (i«^)  —  X  W 
leicht  ausführen.   Diess  giebt  nämlich 

mithin  fttr  r  =  0  und  durch  Substitution  des  bekannten  Werthes  von 
3^(2.)  (0)  ^^^ 

13)  9'(ii2n)  =  (-l)»^^^2n-,. 

Die  80  eben  entwickelten  Sätze  sind  nur  specielle  Fälle  eines  allge- 
meineren Theoremes,  zu  welchem  man  durch  den  naheliegenden  Versuch 
gelangt,  den  Betrag  von 

j  2  k 1 

9  (op,  m) +9)(a:+-^,"m)+g)(a:  +  Y, »»)  +  ...  +  9>(^+  -jp»  >») 

zu  ermitteln,  wo  k  eine  beliebige  positive  ganze  Zahl  bedeutet.  Man  fin- 
det zunächst  den  Werth  dieser  Summe 

=  ^-('^:-f-'['(r)-'«]l; 

nimmt  man  t?  =  Ar«;,  wp  w  mit  v  gleichzeitig  verschwindet,  so  ist  der  vorige 
Ausdruck 

und  hieraus  ergiebt  sich  bei  geraden  m : 


198 


lieber  die  Bernoulli'sche  Funktion  etc. 


14) 


(p  {x,m)  +  (p  {x  +  j,m)  +  <p  {x  +  j,m)  + . ..  +  (p  {x+  —^ ,  m ) 
=  7^^  [9>  (*^, »«)  +  (- 1)*- (Ä*  -  0  ^—i] 


dagegen  für  ungerade  m : 


15) 


I  2  k 1 

q>{x,m)+q){x  +  —,m)  +  (p  {x  +  j^m)  + ...  +  q>(x+—j--,m) 

1 


=  -j^;;^^i^^^^)' 


IL  Um  die  Eigenschaften  der  Differentialquotienten  von  g>  (z,  m)  ken- 
nen zu  lernen,  differenziren  wir  den  Ausdruck 

«•'»  — 1 


e«»—  l 


(m —  l)mal  in  Beziehung  auf  t;,  einmal  in  Beziehung  auf  z  und  machen  von 
dem  Satze  Gebrauch,  dass  diese  Operationen  in  beliebiger  Ordnung  vorge- 
nommen werden  dürfen.   Wir  erhalten  auf  diese  Weise 

mithin  für  t;  =  0  unter  Benutzung  der  Formeln  5)  und  4) 

^.--^^='p(^.'«-0+z<"-'»(o). 

Auf  die  Unterscheidung  gerader  und  ungerader  m  eingehend  ziehen  wir 
hieraus  die  Differentialformeln 


16)  ^^=-2n^(.,2.-,),     .>!, 


dz 


sowie  umgekehrt  bei  Rücksicht  auf  den  Umstand ,  dass  (p  (z,  m)  für  z  =  0 
verschwindet,  die  Integralformeln : 

z 

IS)   fg,(zr2n-l)dz=^^^^,  n>  l, 

0 

19)  f^(^z,in)dz  =  ^^^^^±Jl  +  i-l)'B,,_,z; 
0 

spccielle  für  z  =  -^  zum  Vorschein  kommende  Fälle  hiervon  sind : 
4 

20)  J,p  (z,  in  —  1)  dz  =  (-  1)»  ^'"^~  ^  B-tn-i , 


Von  O.  SCHLÖMILCH.  199 


21 


)   y^c^i^/i)  jz=(-i)»4^2«-i. 


0 

Die  Formeln  16)  und  17)  geben  vollständigen  Aufschluss  über«deü  Ver- 
lauf der  BernouUi'schen  Funktion  innerhalb  des Intervalles  z  =  0  bis  z=^-^ 
die  betreffende  Discussion  fangen  wir  mit  dem  einfachsten  Falle  m  =  2  an 
und  führen  sie  mittelst  der  obigen  Relationen  weiter. 
•    Hinsichtlich  der  ersten  Funktion 

9  (:r,  2)  =  z*  —  2  ==  z  (z  —  1) 
erhellt  unmittelbar,  dass  sie  von  z  =  0  bis  z  =  ^  negativ  bleibt  und  fort- 
während abnimmt;  der  Werth  9(i,2)  =  —  J  ist  folglich  ihr  absolutes 
Minimum  innerhalb  des  genannten  Intervalles. 
Weiter  haben  wir  nach  Formel  17) 

dy(z,3)_      ,     «X   .    «. 
t ^ —  —  9>  t^i  2;  +  ^, ; 

die  rechte  Seite  ist  anfangs  für  z  =  0  positiv ,  nimmt  dann  continuirlich  ab 
ttnd  erhält  für  z  =  ^  den  negativen  Werth 

woraus  folgt,  dass  es  zwischen  z  =  0  und  z  =  ^  einen  aber  auch  nur  einen 
Werth  giebt,  für  welchen  der  fragliche  Ausdruck  verschwindet.  Diesem 
Verhalten  von  9' (z, 3)  gemäss  steigt  anfangs  9(z,3),  erreicht  zwischen 
2  =  0  und  z  =  ^  ein  Maximum,  und  fällt  dann  wieder.  Jenes  Steigen  fängt 
an  mit  ^  (0,  3)  =  0,  das  nachherige  Fallen  hört  auf  mit  ^  (^ ,  3)  =  0,  die 
Funktion  9  (z,  3)  bleibt  also  positiv  während  des  Intervalles  0  bis  ^  und 
besitzt  innerhalb  desselben  ein  Maximum. 
Die  Formel  16)  giebt 

J^  =  »(M),  . 

and  da  nach  dem  Vorigen  die  rechte  Seite  mithin  auch  9'  (z ,  4)  positiv  ist, 
80  findet  bei  9(z,4)   ein  fortwährendes  Wachsthum  statt;  dieses  beginnt 
mit  9  (0,  4)  ==  0 ,  mithin  ist  9> (z,  4)  positiv  und  zunehmend. 
In  der  ferneren  Gleichung 

1  d(p  (z,  5) ,^  ^, 

t ^ =  9K^^V—^s 

ist  die  rechte  Seite  anfangs  für  z  =  0  negativ,  wird  aber  immer  grösser  und 
erreicht  für  z  ==  J  ihren  grössten  Werth 

9)(i,4)— 2?,=(l-i)^„ 

welcher  positiv  ist.  Aus  diesem  Verhalten  von  9'  (z ,  5)  folgt ,  dass  q>  (z,  5) 
erst  ab  -  und  nachher  wieder  zunimmt.  Die  Abnahme  ftingt  mit  <p  (0, 5)  ==  0 
an,  die  Zunahme  hört  mit  g>  (^,  5)  =  0  auf,  mithin  bleibt  g?  (z,  5)  negativ 
▼on  z  =  0  bis  z  =  ^  und  besitzt  innerhalb  dieses  Intervalles  ein  Mi- 
nimum. 

Weil  ferner 

^—dz ^(^^') 

und  die  rechte  Seite  also  auch  q>  (r,  6)  immer  negativ  ist,  so  nimmt  q)  (c,  6) 


200 


*  lieber  die  Bernoulli'sche  Funktion  etc. 


immer  ab  mit  9  (O,  6)  =  0  anfangend;  mithin  ist  9  (z,  6)  negativ  nnd  ab- 
nehmend. 

Man  übersieht  augenblicklich  den  Fortgang  dieser  überaus  einfachen 
Schlüsse,  deren  Gesammtergebniss  sich  leicht  graphisch  darstellen  lässt, 
wenn  mmn  z  als  Abscisse  nnd  9  (z,  m)  als  zugehörige  rechtwinklige  Ordinate 
construirt.  Für  ÄC=iCB^=^\  werden  nämlich  die  Funktionen  gerader  Ord- 
nung repräsentirt 

Fig.  2. 
Fig.  I. 


durch  Fig.  I.  wenn  m  =  2,  6,  10,  14, 
„      Fig.  2.      „      m  =  4,  8,  12,  16, 

und  die  Funktionen  ungerader  Ordnung 
Fig.  3. 


.    4it  — 2, 

..    4^, 


durch  Fig.  3,  wenn  m  =  3,  7,  II,  15, ...  4A:  —  l, 
„      Fig.  4,      „      m  =  5,9,  13,  I7,...4A:+1. 

III.  Wir  versuchen  jetzt  die  Bernoulli'sche  Funktion  in  eine  nach  den 
Cosinus  oder  Siuus  der  Vielfachen  eines  Bogens  fortgehende  Reihe  zu  ver- 
wandeln indem  wir  den  bekannten,  für  A^z  >0  gültigen  Satz 

r/   \  I  I  nZ  27CZ     , 

f(z)  ==^ao  +  a,  cos  —  +  «,  ^^*"~T~  + 


2     l\.  .  kitz  , 


in  Anwendung  bringen.    Nehmen  wir  A  =  1  und  /"(z)  =  9  (2,  2«),  so  ist  für 
1>  ^^0 

<p  (z,  2w)  =  -J  r?o  +  ö,  cosnz  +  öTj  cos  2nz  +  .  .  .  . 
und  auch,  wenn  1  —  z  an  die  Stelle  von  z  tritt, 

(p  [zy  2w)  =  i  «0  —  «,  C05  TT  z  +  a,  cos  Inz  —  .  .  .  . ; 

hieraus  folgt,  dass  die  Coefficienten  ungerader  Nummer  verschwinden,  also 
nur  bleibt 

9  (z,  2w):i=^flfo  +  atCOs27rz  +  rt4C05  4«z  +  .  .  .  . 
1 


«fc  =  2   I  (f  {z,2n)cos knz  dz 


worin  k  eine  gerade  Zahl  bedeutet.     Der  Formel  4)  zufolge  ist 


Von  O.  SCHLÖMILCH.  201 

1 

0^  =  2    I  ^f,  (v—- —)    cosknzdz 

and  bei  umgekehrter  Anordnung  der  Operationen 

l 

wo  nnn  die  Integration  leicht  auifgeführt  werden  kann  wenn  man  die  Fälle 
Af  =  0  und  Ar  >  0  unterscheidet.    Für  /r  =  0  ergiebt  sich 

dagegen  für  Ar  >  0 

mithin  ist  die  gesuchte  Reihenentwickelung ,  worin  1  .  2  . 3  . . .  m  kurz  mit 
Hl '  bezeichnet  werden  möge, 

9(«,2n)=(— l)«^2n-i 

\«— 1     i^nf\cos1nz      cos\nz      cos^nz  1 

+  (    1)*     2  -^ry    2*»  ^  6^^^^      •"  •  •  J- 

Setzt  man  in  dieser  ftir  1  ^  z  >  0  geltenden  Gleichung  z  =  0  und  subtrahirt 
das  entstehende  specielle  Ergebniss  von  der  vorstehenden  Gleichung,  so 
hat  man  ^uch 

för  l^r^O,  \tp{z,1n) 

(2n)'  ri  —  C05  29CZ       1  —  co$knz       \  — co$^nz  "l 

~  V      *)"""J^  [         2*»  4^*  6^*^  •"••••] 

oder 

22)  ftlr2^ti^a,   \^{\u,%n) 

-       .^  (2n)'   Fl  —  cosnu      1  —  coslnu       \  —  cos^nu  "1 

Durch  ein  ähnliches  Verfahren  kann  man  tp{z^%n  —  l)  oder  fp{\u^1n  —  1) 
in  eine  nach  Sinus  fortgehende  Reihe  verwandeln ,  kürzer  jedoch  gelangt 
mim  hierzu  durch  Differentiation  der  vorigen  Gleichung ;  diess  giebt 

23)  für  2^11^0,     i<p(4w,2n  — 1) 

—  \~^)    (2«)««-i  L  1^»-'   "*"  2^»-*         32»-i    +  •  •  •  •  J- 

Die  Formeln  22)  und  23)  sind  unter  etwas  anderer  Gestalt  längst  be- 
kannt aber  niclit  immer  streng  bewiesen  worden;  Prof.  Raabe  leitet  sie  in 
seiner  Abhandlung  dadurch  ab ,  dass  er  die  Gleichung 


202  Ueber  die  Bernonlli'sche  Funktion  etc. 

i(*  — «)  =  -|~  + -j— +  — ^  +  •  •  •  • 

mehrmals  nach  einander  mit  dx  maltiplicirt  und  swischen  'den  Grenzen 
x:=0^  x^=x  integrirt,  wobei  linker  Hand  der  Reihe  nach  die  Bemonlli- 
Bchen  Funktionen  ^r  m  =  3,  6,  4 . . .  znm  Vorschein  kommen.  Die  in  den 
Abschnitten  I.  und  II.  entwickelten  Eigenschaften  derselben  werden  dann 
mittelst  der  Gleichungen  33)  und  33)  bewiesen »  was  gerade  die  Umkehnmg 
des  obigen  Gedankenganges  ist 

« 
Die  Mac  Laurin^sohe  SummenformeL 

IV.  Wir  beaeichnen  im  Folgenden  mit  F{u)  eine  beliebige  Funktion 
von  ti,  und  mit  x  und  h  awei  in  der  Art  willkührlich  gew&hlte  Grössen,  dass 
die  Funktionen  • 

F(u),r  (u),  r'  («) F9'+»  («) 

von  u  =  x  hia  u=sx  +  h  stetig  and  endlich  bleiben;  femer  aetseii  wir 

1 

24)       ^a.=      .*'"^\„  ,   A» (<,«»)-?<»"+ "(*  +  «)* 


1.S.3 


1^ f 


und  versuchen  den  Werth  der  vorlllufig  mit  R^  bezeichneten  Grösse  zu  er- 
mitteln. 

Für  den  einfachsten  Fall  n  =  ]  ist 

1 


Ä,  =  4Ä»y  9  (^3)r"  {X  +  ht)  dl-. 


0 
durch  theilweise  Integration  nach  der  Formel 

j  ÜVdl~Ü  j  Vdt—  fü'dlj  Vdi 

und  unter  Beachtung  des  Umstandes,  dass  C^=9)(/,3)  sowohl  fiir<=:l 
als  für  <  =  0  verschwindet ,  erhalten  wir  einfacher 

l 

Ä,  =  -\h^Jq>'  (/,  3)  r'  {x  +  ht)di 

1 

=  — 4ä»  f{^t—l)F"{x  +  hi)dt, 
% 
und  durch  wiederholte  theilweise  Integrationen 

R^  =  -\h{F'{xJ^h)  +  r(x)]  +  F{x  +  h)  —  F{x)^ 
oder  bei  Gebrauch  der  gewöhnlichen  Bezeichnung /'(ä+ä)  — f{x)  =Jf(x)^ 
25)  R^^  —  hF'  {x)  —  \hJF'  {x)  +  ^F{x). 

'Auf  ganz  analoge  Weise  findet  sich  aus  Nr.  34)  durch  einmalige  par- 
tielle Integration 


Von  O.  SCHLÖMILCH.  203 


'  ^*'  =  -  i.a.3.".(an)  /"'('■ «")  ^'"^  (^  +  **)  * 

0 

1 

=  -  i.a..'(2n-l)/-^  C'  ^'- ')  ^''-n-+A')  *. 

und  nach  einer  zweiten  partiellen  Integration 

1 

i 

*     "*\  0 

Integrirt  man  rechter  Hand  die  einzelnen  Theile ,  so  giebt  die  Integration 
des  ersten  Theiles  den  Ausdrack  R^u—^  ^^^  es  ist  folglich 

oder 

R^  -  ^-, = (-  .)•  ,.,^r.%"n"-^)  ^^""""  (^^- 

In  dieser  Gleichung  setzen  wir  für  n  der  Reihe  nach  die  Zahlen  2,  3,  4  . .  .  n 
und  addiren  alle  entstehenden  Gleichungen  nebst  der  Gleichung  25) ;  wir 
erhalten  dadurch 

Äto  =  —  Ä  F'  (xj  —  ^h  JF'  (x)  +  JF(x) 

+ f^^'-w-fx^.^"'"  w+-  •  •+'-)-.1:3'.!.'(^V^-''w 

womit  der  Werth  des  fraglichen  Integrales  gefunden  ist. 

Die  vorstehende  Formel  lässt  sich  noch  unter  einem  anderen  Gesichts- 
punkte betrachten  wenn  man  ihr  die  folgende  Gestalt  ertheilt 

26)         hF'{x)  =  JF{x)  —  ^hJF'{x) 


+ (-  ^)"  ..2:r.(2«-.)  ^^*"-"'  (-)  -^-5 


sie  giebt  in  diesem  Falle  eine  Reihenentwickelung  für  hF'  (rc),  bei  welcher 
—  R^m  den  Rest  d^r  Reihe  darstellt.  Den  Betrag  dieses  Ergänzungsgliedes 
genau  anzugeben  würde  nicht  rathsam  sein ,  weil  man  damit  auf  die  iden- 
tische Gleiehung  hF'(x)  =  äF'(x)  zurückkäme,  dagegen  kann  man  — B^m 
auf  verschiedene  Weisen  in  Grenzen  ein^chliessen,  wenn  man  den  Gang 


204  Ueber  die  Becnouiii'Bche  Fanktion  etc. 

von  g>(t^^n)  oder  von  F^'^^^Qc  +  ki)  innerbalb  ^des  Intenralles  1^=0  bis 
<  =  1  näher  nnteniacbt 

Bezeichnen  wir  mit  t^a  nnd  /  =s 6  diejenigen  zwischen  0  nnd  1  lie- 
genden Werihe  von  f ,  für  welche  ^"+i)  Qc  +  Ü)  innerhalb  jenes  Inter- 
valles  sein  absolutes  Maximum  nnd  sein  absolutes  Minimum  erreicht,  so  be- 
sitzen die  Diflüar^nzen 

l-i^ü+i)  (x  +  hi)  —  Fta^+i)  {x  +  ha), 
jp(a«+i)  Ix  +  H)  —  jP(*»+y  (x  +  hb) 

entgegengesetzte  Vorzeichen;  dasselbe  gilt,  weil  ^  (^  In)  sein  Vorzeichen 
nicht  ändert,  von  den  Produkten 

[Fdü+D  (se  +  fu)  —  if(««+«  (x  +  ha)]  g>  (/,  8«), 
[F(^n+^)(x  +  hi)—F^^+^>(x  +  hb)]ifi(t,^n) 

mithin  auch  von  djdn  Integralen,  welche  entstehen  sobald  man  die  vorlie- 
genden Ausdrucke  mit  dt  multiplicirt  und  zwischen  1  =  0  und  1  =  1  integrirt 
Der  Gegensatz  in  den  Vorzeichen  dieser  Integrale 


1  .1 

1  1 

/F(««+«)  {x  +  ht)  q,  ((,  an)  d/  — F<2«+«>  {x  +  hb)ftp  (t,%n)  di 
0 


1 


lässt  weiter  erkennen,  dass  der  Werth  von 

1 


/' 


F(«»  +  »  (x+ht)(p{l,2n)  di 

zwischen  den  Grössen 

1 
Fdn+i)  (ar  +  ha)  J(p  (<,  2n)  dt  =  F<««+»>  (x  +  ha)  (—  I)-  1?,,_., 

0 

1 

ir(an+i)  (a.  +  ^^)  y  y  ^t^  2n)  cf/  =  !•(*"+»  (x  +  hb)  (—  l)»  Btn^i 
ü 
enthalten  ist ;  man  kann  folglich 
1 
jr(tn  +  l)  (x+ht)  (p  (t,  2»)  cf/=  (— 1)" ^2,«  1  /*(««  +  »  (x  +  Äd) 


/' 


setzen,  wo  O  zwischen  a  nnd  b  mithin  auch  zwischen  0  und  1  liegt  d.  h.  ein 
positiver  ächter  Bruch  ist.  Durch  Substitution  des  obigen  Integralwerthes 
erhalten  wir  eine  neue  Form  von  R%n  und  überhaupt  die  Gleichung 


Von   O.  SCHLÖMILCH.  205 

27)       hF'{x)  =  JF  {x)  —  \hF'{x) 

worin  der  Kest  unter  der  allgemeinen  von  Malmst^n  angegebenen  Form 
dargestellt  ist. 

Eine  andere  Gestalt  bekommt  derselbe  wenn  man  von  der  Gleicbong 

1 

ausgeht  und  zunächst  das  Iptegral  in  zwei  Integrale  von  ^  =  0  bis  /  =  ^  und 
von  f  =  ^  bis  /=  I  zerlegt,  damit  in  jedem  Theile  für  sich  q>{t^1n  —  l) 
dasselbe  VorzeichenHbehalte.    Setzt  man  also 
l 


/' 


l 


=   rF<2->  {x  +  hi)  q>  (t,  2«  —  1)  di+JF^^''^  (oo  +  h()  ip  (t,  2w  —  1)  dt 

0  i 

und  im   zweiten  Integrale   rechter  Hand  1  —  i  statt  / ,  so  wird  wegen 
90-/,«i»  — l)  =  -g>(<,2n  — 1) 

1 

Jf^«»)  (x  +  ht)  tp{i^2n—l)  dt 
0 

=  y  [2?^«")  (x+ht)—F(^*>  (x  +  h—ht)]  q>  (f,2w  — 1)(//, 
0 
und  hier  sind  fast  ganz  dieselben  Betrachtungen  wie  vorhin  anwendbar; 
man  findet  mittelst  derselben ,  dass 
1 


/ 


F(»")(a:  +  Ä0<P(^2«-  l)rf/ 


=  [i^<2")  (x  +  h^)  —  F(2»)(ar  +  h  —  h^)]    i  q>(t,  2«  — I)  dt 

=  [!?'<«•)  (x  +  Äd)  —  F^^)  (x  +  A  -  h^)]  (—  1)"^^^  ^2«- 1 

gegeUt  werden  darf,  wo  ^  zwischen  0  und  ^  liegt.   Bezeichnen  wir  zur  Ab- 
J^örznng  l  —  O  mit  S ,  so  erhalten  wir  folgende  Formel : 


206  TJeber  die  Bernonlli'sche  Fonktion  etc. 

28)    hF'(se)  =  JF(x)  —  ^hF'(x) 

worin  die  Restbestimmung  gleichfalls  allgemein  und  bisher  nicht  bemerkt 
worden  ist 

Wenn  F^*^  (u)  von  u  =  x  bist<  =  a:  +  Ä  entweder  nur  wichst  oder 
nnr  abnimmt,  was  in. dem  Falle  eintritt,  wo  jP<'"+»(ti)  innerhalb  j6nes  In- 
tervalles  sein  Yoneiehen  nicht  wechselt,  so  ist  jP(S")  {x  +  h)  —  jP<*">  (x)  der 
grösste  Werih ,  den  F^'^  (x  +  Sh)  —  #*<•■>  (x  +  ^h)  erlangen  kann ,  und 
folglich  darf  man  setsen 

F<»")  (x+Sh)  —  JP0«>  (x+^h)  =\f  ^F^*)  («), 

wo  fi  einen  positiven  ächten  Brach  beseichnet     Das  Brgttnsnngsglied  der 
t>bigen  Reihe  wird  dann 

oder  anch 

^-'>-^'^.''r."(L)^^"'"'>' 

wo  f;  zwischen  0  and  2  liegt;  diese  Form  des  Restes  ist  insofern  beqaem, 
als  der  Faktor  von  {;  mit  dem  allgemeinen  Gliede  der  Reihe  übereinstimmt. 
Aaf  der  rechten  Seite  der  hiermit  gewonnenen  Gleichung 

29)       hF'(x)=dF(x)  —  ^hdF'(x) 

welche  nur  unter  der  Voraussetzung  gilt,  dass  f  (^«+1)  (u)  von  M  =  a:  bis 
u  =  x  +  h  sein  Vorzeichen  nicht  wechselt,  setzen  wir  noch  den  Aasdruck 

hinzu  und  ziehen  den  obigen  Rest  mit  dem  zweiten  Theile  des  vorstehen- 
den Aggregates  zusammen ;  für  f  —  1  =  ^  giebt  dies 


Von  O.  SCHLÖMILCH.  207 

30)      hr  {x)  =  JF{x)  —  \hjr(x) 

Da  Q  seiner  Bedeutung  nach  zwischen  +  1  und  —  1  liegt,  so  beträgt 
hier  der  Rest  einen  aliquoten  Theil  des  zuletzt  in  Rechnung  gebrachten 
Reihengliedes,  und  es  wäre  nur  noch  zu  untersuchen,  in  welchen  Fällen  o 
positiv  und  in  welchen  es  negativ  ist.  Die  Entscheidung  hierüber  wird  da- 
durch herbeigeführt ,  dass  man  in  der  allgemeinen  Formel  27)  n  +  l  an  die 
Stelle  vom  n  treten  lässt  und  das  Resultat  mit  der  obigen  Gleichung  zusam- 
menhält ;  nach  Hebung  der  gemeinschaftlichen  Faktoren  bleibt 


(.n+Iul^nVa)  ^'-^'>(-  +  *Ä)=-.^..-.^^«->(-; 


) 


oder 


(2 


M. 


Der  Voraussetzung  nach  ändert  ^(2«+i)  (t/),  d.  h.  überhaupt  jeder  Differen- 
tialquotient ungerader  Ordnung ,  sein  Vorzeichen  innerhalb  des  Intervalles 
ti  =  x  bis  w  =  o:  +  Ä  nicht;  dasselbe  gilt  von  F<*'»+3)  ^j^^  q^qj.  y^j^ 
F«i»+3)  (^  ^  ^Ä).  Besitzen  nun  ir<2ii+3>  (^)  ^n^  jr(2n^i)  („)  gleiche  Vor- 
zeichen, so  kommt  dieses  Zeichen  auch  dem  Integrale  zu,  und  es  muss  dann 
^negativ  sein,  weil  zwischen  zwei  von  Null  verschiedenen  entgegenge- 
setzten Grössen  keine  Gleichheit  bestehen  könnte ;  aus  ähnlichen  Gründen 
folgt,  dass  Q  positiv  ist,  wenn  ^(2«+i)  (u)  und  ^(*^n+3)  (u)  entgegenge- 
setzte Vorzeichen  behalten. 

V.  In  der  Formel  27)  setzen  wir  ftir  x  der  Reihe  nach  die  Grössen 

a,  ö  +  Ä,  a  +  2Ä, ö  +  (y  —  0  ^ 

und  addiren  alle  entstehenden  Gleichungen ;  dies  giebt 


h[F'  (a)  +  rXa  +  h)  +  r  {a  +  U)  +  ,  .  .  +  F'  {a  +  q—  \h)] 
=  F{a  +  qh)  —  F(a)  —  ^h  [F'  {a  +  qh)  —  F'  («)] 

+ 7:1  f^"  (« + ^Ä)  -  ^"  w]  -  rfryri  [^'''  (« + ^ä)  ~  ^''  («)] + - 

^^       *^  1.2. 3...  (-2/0^ 

worin  zur  Abkürzung  gesetzt  wurde 


308  Ueber  die  Bernoaili'Bohe  Funktion  eto. 


...  +  /■<«•+')  (a  +  g—lÄ +  e,Ä), 

und  O, ,  ^, . . .  d,  gewisse  positive  &chte  Brüche  beseichnen.  Die  Ghrössen 
a  +  ^ik^  a+  h  +  9thy  ...a  +  {q  —  1)  A  +  ^f^  liegen  sämmtiicli  swischen 
m  und  a+  qh^  miüun  betrKgt  der  absolute  Wertii  von  S  weniger  als  die 
Samme,  welche  snm  Vorschein  kommt,  wenn  man  an  die  Stelle  jedes  der 
obigen  Sammanden  den  grÖ4sten  absolaten  Werth  setit,  den  F^"'^i>(ii 
innerhalb  des  Intervalles  u  =  ahlBU^=a  +  qh  erreicht  Dieses  Maximum 
heisse  M;  es  ist  dann 

—  qM<S<qMoäerSsss9qM, 

wo  9  einen  positiven  oder  negativen  Kchten  Bruch  bedeutet    Nehmen  wir 
endlich 

b a 

a -|.  9^  =  6  mithin  ^= — r —  • 

und  setzen  F*  (ii)  =/'(fi),  so  erhalten  wir  die  folgende  Summenformel 


31)     h[f{a)  +  f{a  +  h)  +  na  +  ^h)  +  ...  +  f{a  +  q-lh] 
b 


=ff{u)du-^\h\f{b)-f{a)] 


welche  so  lange  gilt,  als  die  Funktionen  f{u)^f  (w),  f"  (w)  . . .  f^*^  (u)  in- 
nefhalb  des  Intervalles  ti  =  a  bis  w  =  6  stetig  und  endlich  bleiben;  M  ist 
der  ohne  Rücksicht  auf  sein  Vorzeichen  genommene  absolut  grösste  Werth, 
den  Z"^")  (m)  zwischen  ti  =  a  und  ti  =  ft  erreicht. 

Die  Operationen,  welche  von  der  Formel  27)  zur  vorigen  Summenformel 
führten ,  dienen  auch ,  um  aus  der  Gleichung  28)  eine  nur  in  der  Form  des 
Restes  von  Nr.  31)   abweichende  Summenformel  abzuleiten.     Man  findet 

sogleich  

h\f{a)+na  +  h)  +  na  +  2h)  +  ....+  f{a  +  i::^\h)] 
b 


=ff(u)du-ik[f{b)-na)] 


a 


worin  S  die  Summe  der  aus  q  Differenzen  bestehenden  endlichen  Reihe 
+  /"(ait- 1)  (a  +  A  +  e,Ä)  —  /"(««-O  (a  +  Ä  +  d,Ä)  +  .  . . 


Von  O.   8CHLÖMILCH.  209 

bezeichnet  und  jedes  S  zwischen  ^  und  1 ,  sowie  jedes  0  zwischen  0  und  ^ 
enthalten  ist.  Nennen  wir  T  den  ohne  Rücksicht  auf  sein  Vorzeichen  ge- 
nommenen grössten  Werth,  welchen  die  Differenz 

erreicht,  wenn  man  sowohl  v  als  w  das  Intervall  a  his  a  +  qh=zb  durch- 
laufen lässt,  so  beträgt  der  absolute  Werth  von  iS  weniger  als  qT  und 
folglich 

S  =  rjqT  =  rj^-:^T 

gesetzt  werden,  wenn  iy  einen  positiven  oder  negativen  ächten  Bruch  be- 
zeichnet.   Wir  gelangen  so  zu  der  neuen  und  allgemeinen  Formel 


32)     h[f{a)  +  f(a  +  h)+f{a  +  2h)  +  ...+f{a  +  q^lh)] 
h 

=  Jf{u)du-\h[f{h)-f{a)\ 

a 

+  T^\rib),-n«)]--i-^r*\r{i>)-r{'')]  + ... 
■•■  +  i-^)'  i ^i'~'(^7-'i)  t^''""" ^^^ -/^""-"^ («)] 

£twa8  einfacher  gestaltet  sich  ^  mithin  auch  das  Ergänzungsglied  in 
dem  speciellen  Falle,  wo  f^^^- »  (w)  von  M  =  abis  u  =  a  +  qh=2b  entwe- 
der nur  wächst  oder  nur  abnimmt,  d.  h.  wenn  f^^^^(u)  innerhalb  des  ge- 
nannten Intervalles  sein  Vorzeichen  nicht  wechselt.  Unter  dieser  Voraus- 
setzung liegt  nämlich  « 

f(2n-i)  (ö  +  ö^Ä)  — /-(a»-»  {a  +  ^,Ä) 

•  zwischen  0  und  /•(«»-»  («  +  Ä)  —  f(^^  -  »  (a), 
ebenso 

zwischen  0  und  /•(»»-»  (a  +  2Ä)  —  /•(«»  -»  («  +  Ä), 
•  u.  s.  w. 

mithin  ist  S  zwischen  0  und  /•(«»-*)  («  +  qh)—f^^^  -'>  (a)  enthalten  und  es 

darf  folglich 
.S  =  ,y[/^(2n-i)(«  +  ^Ä)— /•(»»-»  (a)]  =  i?[/^<2«-i)(^)_/'(a«-i)(«)] 

gesetzt  werden,  wo  ri  einen  positiven  ächten  Bruch  bezeichnet.  Addirt  man 
nach  Substitution  dieses  Ausdrucks  auf  der  rechten  Seite  der  Oleichnng 
noch  den  Ausdruck 

« = (-  ^)"^.'  1  .t.T.!''(L)  ^*'"""  (*)-/■*'"""  (">^ 

und  setzt 

Z«iUtfarin  f.  MAthernttik  a.  Physik.  1.  1 4 


21  ü  Ueber  die  BemoulH'sche  Funktion  etc. 

2»»— I 

wo  nun  f  ein  positiver  oder  negativer  Schter  Brach  ist,  so  hat  man  die  von 
Poisson  herrührende  Formel 


33)     h[f{a)+na  +  h)  +  f{a  +  U)  +  ...  +  na  +  q^lk)] 
b 


=Jf{u)du-^h[f(b)-f{ä)] 


+  ^\r  ^b)-r  {a)\-:^.^^\f"-  {b)-r  {a)]  +  .  .  .. 

Hier  beträgt  also  der  Rest  eineo  aliquoten  positiven  oder  negativen  Theil 
des'  letzten  Reihengliedes. 

Um  zu  entscheiden ,  in  welchen  Fällen  ^  positiv  und  in  welchen  es  ne- 
gativ ist,  braucht  man  nur  die  allgemeine  Formel  31)  so  in  Anspruch  zu 
nehmen ,  dass  man  die  Reihe  um  ein  Olied  weiter  fortsetzt  und  das  Ergeb- 
niss  mit  dem  Obigen  vergleicht.  Durch  ganz  ähnliche  Schlüsse,  wie  sie 
am  Ende  des  Abschnittes  IV.  benutzt  wurden,  findet  man  leicht,  dass  p  ne- 
gativ ist,  wenn  die  nicht  wechselnden  Vorzeichen  von  /^^"^  (m)  und /*('"+•>  (m) 
übereinstimmen,  und  dass  q  positiv  ist  wenn  jene  Vorzeichen  ent- 
gegengesetzt sind.  In  dem  ersten  Falle,  welcher  häufig  vorkommt,  lässt 
sich  das  letzte  Reihenglied  mit  dem  Reste  vereinigen  wenn  man  1  +  ^  ==  0 
setzt,  wo  ö  einen  positiven  ächten  Bruch  bezeichnet;  es  ist  dann  unter  der 
gemachten  Voraussetzung     * 


34)     h[f{a)+r{a  +  h)+f{a  +  ^h)  +  ...  +  f{a  +  q~\h)] 
b 

=fnu)du-^h[f(b)-f{a)] 

a 

Bei  dieser  von  Jacob i  angegebenen  Formel  beträgt  der  Rest  einen 
Bruchtheil  des  Gliedes ,  welches  bei  weiterer  Fortsetzung  der  Reihe  folgen 
würde. 

Der  zuletzt  genannten  Bedingung  genügt  z.  B.  die  Funktion  f(xi)  =  — » 

wenn  a  und  b  nicht  die  Null  zwischen  sich  fassen;  man  hat  also  für  a  =:=  1, 


Von  O.  SCHLÖHILCH.  211 

i+i  +  n-...  +  - 

+  (_,)-.  ^2=:z?r 1 ,]  +  (-i),''g^—r_j ,1. 

•••  +  <■     '^       2«-2L(y+i)-'"-''       J^^      '       2«      U^+l)*-      'J 

Nimmt  man  q  =  p  —  I ,  addirt  beiderseits  —  und  vereinigt  die  .von  p  nnab- 

hängigen  Glieder  zn  einer  Constante  C,  so  gelangt  man  zn  der  bekannten 
Formel 


=  '+'^  +  rp-j?+T?- 


r_|\il-l.         ^2».-3  _^  f       ^\n^^'in-\ 


>  +  (->r-'.,Vri^ +  (-!)- 


worin  C  durch  die  Gleichung 

C  =  Zim  I -  +  -+...  H /pj  ,     p  =  00 

bestimmt  wird  und  die  Constante  des  Integrallogarithmus  ist. 

Die  Formeln  31)  bis  31)  liefern  auch  die  Mittel  zur  näherungsweisen 
Berechnung  des  Integrales 


'  f(u)  du, 


o 

ß 


worauf  wir,  da  die  Sache  hinreichend  bekannt  ist,  nicht  weiter  eingehen. 

Schliesslich  noch  die  Bemerkung,  dass  man  statt  der  Formeln  31)  bis 
34)  leicht  etwas  allgemeinere  entwickeln  kann,  sobald  man  überhaupt  unter 

eine  Funktion  versteht,  welcher  die  Eigenschaft 

0{x  +  h)  —  0{x)=f{x)  oder  JO{x)=z  f{x) 

sokommt.  Man  setzt  nämlich  in  den  Gleichungen  des  vorigen  Abschnittes 
erst  F*  (u)  =  <f  (w),  nachher  JO{x)  =  f{x)  und  schafft  die  Constante  der 
endlichen  Integration  dadurch  weg ,  dass  man  t/  =  6 ,  ti  =  a  nimmt  ^nd  die 
entstehenden  Gleichungen  von  einander  subtrahirt.  Die  auf  solche  Weise  für 

a 

gewonnenen  Formeln  gehen  in  die  vorigen  über  wenn  b  —  a  ein  Vielfaches 
von  h  =  Jx  ausmacht. 


U* 


XII. 
Zur  Theorie  der  Torsion  cylindrischer  Wellen. 

Von  AüTENHEIMEE, 
Ingenieur  zu  Basel. 


Jbiö  werde  eine  Welle  von  der  Form  eines  senkrechten  Kreiscylinders  am 
einen  Ende  festgehalten  und  am  andern  durch  ein  Kräftßpaar,  das  in  einer 
zur  Axe  normalen  Ebene  liegt,  verwunden;  man  sucht  den  Zusammenhang 
zwischen  dem  statischen  Moment  jenes  Paars ,  den  Dimensionen  der  Welle, 
der  Grösse  der  Torsion  und  einem  von  der  Natur  des  Materials  abhängigen 
Coefficienten. 

I.  Voraussetzungen. 

Bei  Lösung  dieser  Aufgabe  gehen  wir  von  folgenden  Ani^hmen  aus: 

1.  Ein  beliebiger  materieller  Punkt  der  Welle  bewegt  sich  während  der 
Torsion  auf  der  Oberfläche  eines  Kreiscylinders,  dessen  Axe  die  Axe 
der  Welle  ist.  Diese  Bewegung  kann  in  zwei  Seitenbewegungen,  pa- 
rallel und  senkrecht  zur  Axe,  zerlegt  werden.  Die  Verschiebung  in 
einer  Normelebene  zur  Axe  ist  proportional  der  Entfernung  des 
Punktes  von  der  Axe  und  vom  befestigten  Ende  der  Welle.  (Die 
Verschiebung  der  Punkte  längs  der  Axe  ist  eine  Folge  der  Längen- 
än4erung  der  Fasern  ,  wie  sich  ergeben  wird.) 

2.  Die  Kraft,  welche  an  irgend  einer  Stelle  einer  Längenfaser  eine  Ver- 
schiebung bewirkt,  ist  proportional  dem  Querschnitt  der  Faser  und 
der  Grosse  der  Verschiebung. 

IL   Not h\v endig keit  einer  Längenverschiebung. 

J§de  Faser,  welclie  vor  der  Torsion  parallel  zur  Axe  liegt,  nimmt 
während  der  Torsion  die  Form  einer  Schraubenlinie  an ;  dadurch  werden 
die  äussern  Fasern  ausgedehnt.  Dieser  Ausdehnung  setzen  sie  einen  Wi- 
derstand entgegen,  der  sich  dadurch  äussert,  dass  sie  die  beiden  Endflächen 
der  Welle  einander  nähern.  Die  äussern  Faserschicliten  Averden  also  aus- 
gedehnt, die  inncrn  verkürzt.  Wo  die  Ausdehnung  in  die  Verkürzung  über- 
geht, liegt  eine  Schichte,  welche  keine  Längenänderung  erleidet  und  die 
wir  die  neutrale  Schichte  nennen  wollen.  In  jedem  normalen  Quer- 
schnitt der  Welle  muss  unter  den  ausdehnenden  und  compriniirenden  Mole- 
cularkräften  für  einen  beliebigen  Dehnungswinkel  Gleichgewicht  bestehen, 
weil  die  äussern  Torsionskräfte  keine  Componente  liefern,  welche  zur  Axe 


Zur  Theorie  der  Torsion  cylindr.  Wellen.  Von  Autenheimer.   213 

parallel  ist.  Hiernach  wird  sich  die  ganze  Welle  verkürzen  und  jeder  nor- 
male Querschnitt  längs  der  Axe  verschoben  um  einen  Weg,  welcher  seinem 
Abstand  vom  befestigten  Ende  der  Welle  proportional  ist. 

III.   Bestimmung  der  Lage  der  neutralen  Schichte. 

Die  neutrale  Schichte  wird  cylindrisch  vorausgesetzt  werden  können. 
Ihre  Lage  ist  durch  das  Verhältniss  der  Ausdehnbarkeit  und  Zusammen- 
drückbarkeit  bedingt.  Im  Folgenden  soll  der  Halbmesser  dieser  Schichte 
bestimmt  werden  für  den  Fall ,  dass  der  Widerstand  des  Materials  gegen 
Ausdehnung  und  Compression  der  gleiche  ist. 

Es  sei : 

L  die  Länge  der  Welle  vor  der  Torsion, 

R  der  Halbmesser  der  Welle, 

a  der  Halbmesser  der  neutralen  Schichte, 

9  der  Drehungswinkel  am  freien  Ende  der  Welle ,  abgetragen  als 

Bogen  eines  Kreises ,  dessen  Radius  die  Einheit  ist ; 
X  die  Entfernung  einer  Faser  von  der  Axe, 
E  der  Modul  der  Elasticität  für  die  Ausdehnung. 

Da  nun  irgend  eine  Faser  in  der  neutralen  Schichte  ihre  Länge  während 
der  Torsion  nicht  ändert,  so  bildet  sie  abgewickelt  die  Hypotenuse  eines 
rechtwinkligen  Dreiecks,  dessen  eine  Kathete  der  Bogen  aq>  und  dessen 
andere  Kathete  somit  }/L^  —  a^tp^  ist.  Eine  Faser  im 'Abstand  ar  von  der 
Axe  ist  die  Hypotenuse  eines  rechtwinkligen  Dreiecks ,  dessen  beide  Ka- 
theten fpx  und  yL*  —  rt*g)*  sind.  Folglich  ist  die  Länge  einer  solchen  Fa- 
ser =  yL*  —  a*  <p*  +  <p*x*,  und  ihre  Ausdehnung  =j/Z* — «*  qp*  +  <jp*a* — L. 
Diese  Ausdehnung  wird  =  0  für  a?  =ö  und  negativ  für  ar<a,  sie  wird  also 
im  letztem  Fall  zu  einer  Verkürzung.  Die  Kraft,  welcher  in  der  Richtung 
der  Faser  auf  eine  Querschnittseinheit  ausdehnend  wirkt,  wird  sein 

JL 

Man  zerlege  diese  Kraft  in  zwei  Seitenkräfte,  senkrecht  und  parallel 
xttr  Axe ;  so  ist  die  letztere  Seitenkraft 


^ •  


Hultiplicirt  man  dieselbe  mit  dem  Differenzial  Inxdx  des  Querschnittes 
und  integrirt  hierauf  zwischen  or  =  0  und  o:  =  Ä,  so  erhält  man  die  Summe 
der  ausdehnenden  und  comprimirenden  Kräfte  für  einen  und  denselben 
Querschnitt  der  Welle,  nämlich 

2^^/zr:r^y'  rl ^-__ \ ,^ 

da  aber  die  Kräfte  parallel  zur  Axe  in  jedem  Querschnitt  sich  daa  GU\r.W 


2t 4  Zur  Theorie  der  Torsion  cylindrischer. Wellen. 

gewicht  halten,  so  muss  dieses  Integral  =0  sein;  folglich  erhält  man  zur 
Bestimmung  von  a  die  Gleichung 

i  Ifr  . 

woraus  nach  einigen  Rednctionen  folgt 

Für  einen  kleinen  Torsiouswinkel  tp  ist  daher  annähernd 
4)  a  =  -^  =  0,707Ä 

d.  h.  der  Halbmesser  der  neutralen  Schichte  ist  für  kleine  Torsionen  0,707 
vom  Halbmesser  der  Welle. 

IV.  Mass  der  Verschiebungen  längs  der  Äxe. 
Die  Ausdehnung  der  Fasern  in  der  äussersten  Schichte  ist 
=  ^Z«  — aV  +  ^9*  —  ^^  diö  Verkürzung  der  Axe  =  Z  —  yL^  —  a*q>^. 
Entwickelt  man  diese  Ausdrücke  in  Reihen  tind  setzt  den  Werth  von  a  aus 
4)  ein ,  so  erhält  man ,  wenn  die  Glieder  von  der  4**  Potenz  von  tp  an  ver- 
nachlässigt werden,  für  beide  Längenänderungen  denselben  Werth.  Be- 
zeichnet l  die  Verkürzung  der  ganzen  Axe ,  so  ist 

Alle  Punkte  in  einem  und  demselben  normalen  Querschnitt  werden  so- 
mit längs  der  Axe  während  der  Torsion  verschoben  um 

wenn  z  den  Abstand  dieses  Querschnittes  vom  befestigten  Ende  der  W^elle 
bezeichnet. 

Da  die  Ausdehnung  einer  Faser  im  Abstand  x  von  der  Axe  für  kleine 

Torsionen  =^^ --— — ,  so  wird  die  Kraft,  welche  ein  Faserprisma  in  die- 

JL  Li  ■ 

ser  Lage  ausdehnt,  wenn  sein  Querschnitt  die  Flächeneinheit  ist,  sein 

(x^  —  fl«)  9« 


E 


%D 


Sie  wird  für  Fasern  in  der  äussersten  Schichte  =  jE* — v »  ^ör  Fasern  in  der 

4Z' 

neutralen  Schichte  =  0  und  für  Fasern  in  der  Axe  =  —  E — \, 

4Z* 
Wird  das  Integral  2)  zwischen  den  Grenzen  xsp  «  und  x  =z  R  genom- 
men, so  erhält  man  als  Summe  der  ausdehnenden  Kräfte,  wenn  die  Glieder 
mit  q>  von  der  4*®°  Potenz  an  wegfallen, 

TtE    äV 

^  8  *  /;»  * 


Von  AUTENHEINER.  215 


Die  Summe  der  comprimirenden  Kräfte  hat  denselben  Werth.  Würde 
keine  Verkürzung  der  Welle  angenommen ,  so  müsste  die  Summe  der  aus- 
dehnenden Kräfte  das  Doppelte  von  7)  betragen.  Das  Gleichgewicht  der 
Kräfte  längs  der  Axe  könnte  somit  nur  durch  eine  gleiche,  entgegengesetze 
äussere  Kraft  aufgehoben  werden ,  was  gegen  die  Voraussetzung  Ist. 

V.  Verhältniss  zwischen  der  Längen-  und  Quer- 
verschiebung. 

Ein  Punkt,  welcher  um  x  von  der  Axe  und  um  z  vom  befestigten  Ende 
der  Welle  absteht,  wird  während  der  Torsion  in  senkrechter  Richtung  zur 

z 
Axe  um  tpx  ,  -y  verschoben.    Durch  Vergleichung  mit  6)  beträgt  somit  das 

Verhältniss  der  Längen  -  und  Querverschiebung  eines  Punktes 

^    Lx 
Dasselbe  ist  für  Punkte  in  derselben  cjlindrischen  Schichte  constant, 

R  (D 

für  Punkte  in  der  äussersten  Schichte  =  J.-— ,  für  solche  in  der  neutralen 

R  a> 

Schichte  =  i  —r-  ^^d  für  die  Axe  =  oo. 
L       k 

VL   Statisches  Moment  der  Torsion,   hervorgebra'cht 
durch  die  Längonänderungen  der  Fasern. 

Die  Kraft  4) ,  welche  in  der  Richtung  der  Fasern  ausdehnend  wirkt, 
liefert  eine  zur  Axe  normale  Componente  gleich 

^^Z'^^'-hy'x'-X  (px 

Diese  Kraft  verschwindet  für  o?  =:  a,  weil  in  der  neutralen  Schichte  keine 
Resultante  vorhanden  ist;  sie  wird  für  Werthe  zwischen  x  =  a  und  x=.R 
positiv  und  für  Werthe  zwischen  x  =  a  und  ar  =  0  negativ.  Multiplicirt 
man  dieselbe  mit  dem  Hebelarme  x  und  dem  Flächeneloment  ^nxdx  und 
integrirt  innerhalb  der  Grenzen  o:  =  0  und  x^=  R,  so  ergiebt  sich 

R 

27 


h 


als  statisches  Moment  der  Torsion ,  welches  aus  der  Längenänderung  der 
fasern  entspringt.    Nun  ist 

x^dx x*  j/Z'  —  q«  y«  +  <p«a:'       2  (/.'  -  fl'y»  +  tp^a^  * 

folglich  das  obige  beßtimmte  Integral 

iyyjgr/y      LR^y£'--(^(p*+^      2Z(Z;«--<i'y«+y'7?«)i       21  (X«-fl«y')  *  1 

Entwickdt  man  in  Keihen  und  setzt  den  Werth  von  a  aus  3)  ein ,  so  erhält 


216  Zur  Theorie  der  Torsion  cylindr.  Wellen.  Von  Aütenheimer. 

man,  wenn  die  Glieder  von  der  b^^  Potenz  von  q>  an  vernachlässigt  werden, 
als  gesuchtes  Moment 

Da  dieser  Ausdruck  die  3**  Potenz  von  y  euthält,  so  üben  die  Läugen- 
änderc^ngen  für  kleine  Torsionen  einen  unmerklichen  Einflnss  aus  auf  das 
äussere  verdrehende  Moment. 

VII.   Statisches  Moment  der  Torsion,  hervorgebracht 
durch  die  Querverschiebungen. 
Es  sei  T  der  Modul  der  Elasticität  für  die  Querverschiebung,  so  ist 
T ,^j-  die  Kraft,  welche  ein  Faserprisma  von  der  Länge  L  und  dem  Quer- 

schnitte  1  im  Innern  der  Welle  um  (px  normal  zur  Axe  verschieben  kann. 
Multiplicirt  man  diese  Kraft  mit  dem  Flächcnelement  ^nxdx  und  dem  He- 
belsarm X  und  integrirt  innerhalb  x  =  0  und  x  =^  R,  ao  erhält  man  das  ver- 
langte statische  Moment  der  Torsion ,  nämlich 

9)  L«-^/*!.,/.,..-.!^.^. 

^  L     J  IL 

0  • 

VIII.    (jcsainmtcs  Torsionsmouient. 

Das  äussere  Moment  des  Kräftepaars,  welches  die  Welle  verdreht,  und 
das  wir  mit  M  bezeichnen  wollen,  ist  gleich  der  Summe  der  Momente  8)  und 
9);  mithin 

Nehmen  wir  mit  Kavier  r  =  0,4J5;  an,  so  wird,  indem  man  die  Aus- 
dehnung k  nach  5)  einführt: 


,0)  ,„„i5-.^(,  +  |i). 


Diese  Formel  hat  so  lange  Geltung,  als  die  Formänderung  innerhalb 
der  Grenzen  der  Elasticität  stattfindet.     Für  diese  Grenze  ist  nach  Pon- 

celet  bei  Schmicdoisen  — .    Mithin  verhalten  sich  in  diesem  Falle 

L        1500 

die  Momente ,  hervorgehend  aus  der  Längenänderung  und  den  Querver- 
schiebungen, wie  l  :  1800.  Sollte  die  vorangehende  Formel,  wenigstens  an- 
nähernd,   noch  Geltung  für  den  Bruch  haben  und  nimmt  man  für  diesen 

Fall  bei  Schmiedeisen  -----  an,  so  würden  sich  die  beiden  Momeüte  ver- 
L        50 

halten  wie  1  :  60.         ' 

Man  sieht  hieraus,  dass  es  bei  Versuchen  über  die  Torsion  kaum  mög- 
lich ist,  den  Einfluss  der  Lfingenändorung  der  Fasern  zu  beobachten.  Es 
geht  aber  auch  aus  unser(;r  Darstellung  überhaupt  hervor,  dass  die  Längen- 
änderung der  Fasern  nicht  zur  Bestimmung  des  Torsionsmomentes  benutzt 
werden  kann,  wie  diess  z.  B.  in  der  ,,  Ingenieur -Mechanik"  von  Weiss - 
bach   geschehen  ist. 


xm.  . 

lieber  LeuehtmaterialieiL 

Von  Dk.  Hugo  Fleck  , 

Assistent  an  der  königl.  polytechnischen  Schule  in  Dresden. 


X/>^^  Bestreben  der  Techniker ,  die  Apparate  der  Beleuchtung  zu  einer  so 
hoben  Vollkommenheit  gelangen  zu  lassen,  dass  dieselben,  mit  grösstmög- 
\ich»ter  Einfachheit  ausgestattet,  die  höchsten  Lichteffecte  zu  erzeugen  im 
Bttnde  seien,  hat  in  neuester  Zeit  eine  Reihe  sehr  wichtiger  Fragen  an  die 
Chemie  und  l^jsik  ergehen  lassen,  von  deren  völliger  und  unbestreitbarer 
Beantwortung  beide  Wissenschaften  zttm  grossen  Theil  noch  zu  weit  ent- 
fernt sind,  als  dass  nicht  Jeder,  üer  den  Fortschritten  der  Beleuchtungs- 
industrie  mit  wissenschaftlichem  Interesse  folgte,  sich  veranlasst  finden  sollte, 
in  die  Reihe  der  Antwortgeber  zu  treten. 

Ausser  den  öconomischen  Interessen,  deren  reiflichste  Erörterung  zu 
sehr  das  praktische  Gebiet  berührt ,  um  in  diesen  Blättern  erschöpfend  be- 
sprochen werden  zu  können,  sind  es  die  während  der  Verbrennung  der 
Leachtmaterialien  auftretenden  Zersetzungs  •  und  Verbindungsprozesse  und 
die  aus  denselben  resultirenden  Lichteffecte,  welche  um  so  mehr  einer  viel- 
seitigen Betrachtung  werth  sind,  als  von  ihnen  und  ihrer  gehörigen  Leitung, 
Förderung  und  Benutzung  einerseits  sowohl  ein  höheres  Leuchtvermögen 
der  Materialien ,  als  auch  andererseits  ein  aus  diesen  von  selbst  erwachsen- 
der Vortheil  für  die  Consumenten  entspringen  muss. 

Alle  organischen  Stoffe,  welche  mit  leuchtender  Flamme  brennen,  sind 
^ter  verschieden  günstigen  Einflüssen  der  Erzeugung  gleicher  Lichteffecte 
^%>  und  jeden  Augenblick  kann  durch  das  Experiment  bewiesen  werden, 
dass  der  Kiehnspahn  mit  dem  Glänze  der  Paraffinkerze  zu  brennen  im 
^**Jide  ist,  sobald  den  entweichenden  Zersetzungsprodukten  zu  ihren  völli- 
gen und  effektreichsten  Verbrennung  genügende  Quellen  geboten  sind.  Es 
werden  die  qualitativen  und  quantitativen  Verhältnisse,  in  denen  letztere 
•^  die  Leuchtmaterialien  wirken ,  bedingt  sein 
1*  durch  die  chemische  Zusammensetzung 

5.  durch  die  Form,   in  welcher  sie  als  Beleuchtungsmittel   verwendet 

werden;  beide  müssen  ihrem  Werth  nach  im  umgekehrten  Verhältniss 

zu  den  ihren  Lichteffekt  erhöhenden  Ilülfsmitteln  stehn. 

Dje  Fette  des  Thier  -  und  Pflanzenreichs  enthalten  als  nähere  Bestand- 

^hcile  in  Zusammensetzung  und  Consistenz  verschiedene  organische  Säuren, 

die  Fettsäuren ,  und  stellen ,  indem  sie  an  ein  organisches  Oxyd  gebunden 

^uid,  organische  Salze  dar,  deren  theil  weise  Zersetzung  und  Umsetzung 

d*ö  Qmndlagen  der  Seifen  -  und  Stearinfabrikation  bilden.    Ausser  diesen 


218 


Üeber  Lcuchtmaterialien. 


von  der  Natur  gebotenen  Leuchtmaterialien  hat  es  die  neuere  Zeit  verstan- 
den ,  in  den  aus  der  trocknen  Destillation  organischer  Stoffe  resultirenden 
Zersetzungsprodukten  eine  Reihe  grösstentheils  aus  Kohlenstoff  und  Wasser- 
stoff bestehende ,  theils  feste,  theils  flüssige  oder  gasförmige  Leuchtmateria- 
lien zu  erzeugen,  deren  Werth  für  die  Beleuchtungsindustrie  so  gross  und 
deren  fabrikmässige  Darstellung  so  folgenreich  für  letztere  ist,  dass  man  mit 
ihrem  Auftreten  unbedingt  eine  neue  Epoche  dieses  Industriezweiges  be- 
grüssen  muss. 

In  Bezug  auf  die  Leuchtkraft  hat  die  Erfahrung  bis  jetzt  den  Grund- 
satz geltend  zu  machen  versucht,  dass  erstere  ihren  Höhepunkt  da  erreicht, 
wo  das  Leuchtmaterial  oder  seine  während  der  Verbrennung  auftretenden 
Zersetzungsprodukte  sich  in  ihrer  Zusammensetzung  dem  Elajlgas  nähern, 
dass  ferner  der  Sauerstoffgehalt  derselben  durch  seine  Wasserstoff  absorbi- 
rende  Eigenschaft  hindernd  auf  das  Leuchtvermögen  und  auf  die  dasselbe 
bedingende  völlige  Erglühen  des  freiwerdenden  Kohlenstoffs  wirke,  und 
nur  in  den  Fällen,  wo  trotz  eines  geringen  Sauerstoffgebaltes  der  Lichteffekt 
ein  unterdrückter  war,  konnte  für  die  Verminderung  des  letzteren  ein  ge- 
nügender Grund  nicht  gegeben  werden.  —  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  hier 
ausser  der  chemischen  elementaren  Zusammensetzung,  welche  für  den  obi- 
gen Fall  massgebend  für  die  Leuchtkraft  sein  könnte,  noch  andere  Be- 
dingungen obwalten  müssen,  deren  Erörterung  die  Aufgabe  fst,  welche  sich 
der  Verfasser  in  Folgendem  gestellt  hat. 

Die  procentische  Zusammensetzung  der  Leuchtmaterialien,  in  soweit 
dieselbe  bis  jetzt  bekannt  ist,  macht  es  uns  möglich,  die  zunächst  liegenden 
Bedingungen  einer  grösseren  oder  geringeren  Leuchtkraft  zu  erkennen  und 
gestattet  uns ,  Vergleiche  anzustellen ,  welche  theilweise  praktisch  bewährt 
sind.  Ich  füge^  indem  ich  dieselben  folgen  lasse,  noch  die  Zusammen- 
setzung einiger  flüssiger  und  fester  Stoffe  bei ,  welche ,  obgleich  nicht  zu 
den  Leuchtmaterialien  gehörend,  doch  den  Schlüssel  zur  Lösung  einiger 
späteren  Fragen  bieten  sollen. 


Kohlenstoff. 

Wasserstoff. 

Sauerstoff. 

chemische  Formel. 

Elaylgas   \ 

Photogen 

85,71 

14,29 



C„  H„ 

Paraffin    J 

Wachs  (gebleicht) 

81,80 

12,67 

5,55 

^le  ^3»  ^J 

Wallrath 

81,00 

12,80 

5,60 

C«,  »,«  Oj 

Hammeltalg 

78,00 

11,70 

9,30 

C..  /'»o  0. 

Stearinsäure 

70,05 

12,68 

11,27 

C,.  //,.  O4 

Colophonium 

79,27 

10,15 

10,58 

c,„n,oO 

Terpenthinöl 

88,23 

11,77 



Cio  fl^ 

Aether 

04,85 

13,51 

21,62 

C«    H^    0 

Alkohol 

52,15 

13,04 

34,77 

C«    Ä,    0, 

Aceton 

68,5.7 

8,57 

22,86 

C,    Ht    0 

Ist  die  Annahme ,  dass  der  Sauerstoff  der  Leuchtmaterialien  sich  zur 
Wasserbildung  der  erforderlichen  Wasserstoffmengen  aus  dem  Wasserstoff- 
gehalte der  Leuchtmaterialien  bediene,  richtig,  und  lässt  sich  erwarten,  dass 
das  Elaylgas  (C,  H^  während  seiner  Verbrennung  in  der  Weise  zersetzt 
werde ,  dass  der  Wasserstoff  durch  seine  Vereinigung  mit  dem  atmosphari- 


Von  Dr.  H.  Fleck.  219 

sehen  Sauerstoff  das  Erglühen  des  Kohlenstoffs  und  dadurch  das  Leuchten 
der  Flamme  bewirke,  so  folgt:  dass  alle  organischen  Stoffe,  welche  nach 
der  Vereinigung  des  chemisch  gebundenen  Sauerstoffs  mit  einem  bestimm- 
ten Antheil  Wasserstoff,  noch  so  viel  von  letzterem  Elemente  enthalten,  als 
zur  Bildung  von  Elaylgas  mit  der  vorhandenen  Kohlenstoffmenge  nöthig  ist, 
bei  ihrer  Verbrennung  eine  dem  Elaylgas  gleiche  Flamme  geben  müssen ;  dass 
femer  Überall  da ,  wo  die  Kohlenstoffmenge  die  zur  Elaylgasbildung  erfor- 
derlichen Quantitäten  übersteigt,  feine  Kohlen  zurückbleiben,  also  ein  Ver- 
kohlungsprocess  stattfinden,  oder  solche  in  Form  von  Huss  während  der  Ver- 
brennung abgeschieden  werden  muss ,  sofern  er  sich  an  dem  Vergasungs- 
processe  betheiligt  hatte ;  dass  endlich  Leuchtmaterialien ,  welchen  die  zur 
Elaylgasbildung  nöthige  Kohlenstoffmenge  mangelt,  in  ihrem  Lichteffekte 
sich  um  so  mehr  dem  des  Sujnpfgases  {CH^  nähern  müssen,  als  sich  die 
Zusammensetzung  der  entweichenden  Gase  diesem  Atomcomplexe  nähert.  — 
Ein  Blick  auf  die  vorausgeschickte  Tabelle  und  auf  die  Lichteffekte,  welche 
den  meisten  der  daselbst  erwähnten  Stoffe  resultiren,  belehrt  uns  jedoch, 
dass  obige  Annahme  nicht  bei  jedem  Leuchtmaterial  in  vollem  Masse  Gel- 
tung finden  kann ,  und  dass ,  ausser  der  elementaren  Zusammensetzung,  die 
physikalischen  Eigenschaften  der  Leuchtmaterialien  (ihre  Dichtigkeit, 
Schmelzbarkeit,  die  grössere  oder  geringere  Differenz  ihrer  Zersetzungs- 
produkte) wesentliche  Einflüsse  auf  die  zu  erzielenden  Lichteffekte  äussern 
müssen. 

Versuche  ich  es,  die  vorausgeschickten,  aus  der  procentischen  Zu-. 
sammensetzung  berechneten  empirischen  Formeln  in  die  Bestandtheile  des 
Wassers  und  Elaylgases  zu  zerlegen,  so  resultirt: 


Wachs 

=  c„  +  r„Ä„  +  3Ä0. 

Wallrath 

=  C„  +  r„J?„  +  6/7ö. 

Talg 

=  c„  +  r^Ä«  +  5Ä0. 

Stearinsäure 

=  <7,  +  c„^„  +  4/ro. 

Colophoninm 

=  C  +  C,  ^,  +  HO. 

Terpenthinöl 

=  C,  +  C,ff,. 

Aether 

~  C^ff^  +  HO. 

Alcohol 

=  C^H^  +  iHO. 

Aceton 

=  C-\-CtHt  +  HO. 

Nach  dem  oben  Gesagten  müsste  diejenige  Verbindung,  welche  bei 
ihrer  Zersetzung  vollkommen  in  eine  dem  Elaylgas  polymere  Verbindung 
und  Wasser  aufgeht,  den  vollkommensten  Leuchteffekt,  alle  mit  Kohlen- 
stoffüberschuss  sich  zerlegenden  eine  Russabscbeidung  geben  und  die  daraus 
hervorgehende  Scala  wäre ,  wenn  ich  mit  dem ,  der  Formel  nach  den  höch- 
sten Lichteffekt  gebenden,  Aether  beginne  :.  Aether,  Weingeist,  Colopho- 
ninm, Stearinsäure,  Talg,  Wachs,  Wallrath,  Aceton,  Terpenthinöl. 

Die  gänzliche  Verschiedenheit  dieser  hypothetischen  Reihe  mit  der 
praktischen  Wahrheit  leuchtet  auf  den  ersten  Blick  ein.  Wir  dürfen ,  das 
geht  daraus  hervor,  die  empirische  Formel  der  Leuchtmaterialien  für  nichts 
Anderes  als  die  quantitative  Elementartiomenclatur  halten  und  müssen, 
wollen  wir  der  Wahrheit  auf  dem  Wege  der  Spekulation  näher  kommen,  zu 
anderen  Hülfsmitteln  greifen.  —  Je  höher  wir  in  der  Reihe  der  polymeren 
Kohlenwasserstoffe  von  der  Formel  CH  und  deren  abgeleiteten  Oxydations- 
oder Substitutionsprodukten  steigen ,  desto  dichter  gestalten  sich  dieselben^ 
desto  höher  liegt  ihr  Schmelzpunkt  und  Kocbputikl  uwäi  ^^«X.^  ^w^^t  Vi^^^ 


220  Ueber  Lcuchtmaterialicn. 

die  beiden  letzteren  zusammen,  desto  höher  atomisirt  gestalten  sich  aber 
auch  ihre  Zersetznngsprodakte  and  deren  Dichtigkeitsverhältnisse  bei 
gleichen  Zersetznngstemperatnren.  Ein  Blick  auf  die  Reihe  *der  sogenann- 
ten Fettsiluren  und  auf  die  durch  Erhitzung. ihrer  Salze  mit  freien  Alkalien 
resultirende  Acetonreihe  bestätigt  letztere  Annahme  und  lässt  keinen  Zweifel 
hegen,  dass  auch  bei  der  Zersetzung  der  Fette  während  deren  trockner  De- 
stillation Atomgruppen  sich  gestalten,  welche,  je  nach  der  Dichtigkeit  des 
Fettes,  Dämpfe  von  verschiedener  Dichte  bilden.  Der  in  dem  Kerzen-  oder 
Lampendocht  vor  sich  gehende  Zersetzungsprocess  ist  bei  seiner  Einleitung 
nichts  Anderes  als  eine  trockene  Destillation  des  organischen  Leuchtmate- 
rials. Je  nach  den  Wärmemengen,  welche  während  der  Verbrennung  der 
aus  den  Dochtröhren  freiwerdenden  Gase  auftreten,  muss  die  Temperatur 
in  den  Dochtröhren  eine  der  entwickelten  Wärme  proportionale  sein  und 
jedenfalls  Zersetzungsprodukte  von  stets  gleicher  Beschaffenheit  hervor- 
bringen, sobald  das  Lenchtmaterial  in  seiner  Masse  von  ganz  gleicher  Dich- 
tigkeit, von  gleicher  chemischer  Zusammensetzung,  von  constantem  und 
gleichem  Schmelz-  und  Kochpunkte  ist;  die  Folge  einer 'solchen  normalen 
•Gaseutbindung  muss  die  Gleichmässigkeit  der  Flammen  und  eine  der  ato- 
mistischen  Gruppirung  der  Elemente  proportionale  Leuchtkraft  sein.  Neh- 
men wir  —  vor  der  Hand  von  dem  Einfluss  des  in  den  Fetten  enthaltenen 
Sauerstoffs  auf  den  Zersetzungsprocess  absehend  —  an,  dass  die  entwei- 
chenden Kohlenwasserstoffe  von  der  Formel  {CH)  um  so  höher  atomisirt 
.  sind,  je  dichter,  je  schwerer  schmelz-  und  zersetzbar  die  organische  Ver- 
bindung ist,  so  erhellt,  dass  bei  der  Einwirkung  des  atmosphärischen  Sauer- 
stoffs auf  die  entweichenden  Gase  um  so  grössere  Mengen  Wasserstoff  aus 
den  letzteren  gleichzeitig  an  dem  Verbrennungsproccsse  theilnehmen 
müssen,  ferner,  dass  dadurch  eine  Wärmemenge  rcsültirt,  welche  sowohl 
das  Erglühen  des  seines  Wasserstoffs  beraubten  Kohlenstoffs  bedingt,  als 
auch  eine  vollständige  Verbrennung  desselben  gestattet,  sobald  er  aus  der 
verbrennenden  Wasserstoffschicht  austretend,  in  glühendem  Zustande  dem 
atmosphärischen  Sauerstoff  preisgegeben  ist.  Denkt  man  sich  nun  ein  Leucht- 
material aus  verschiedenen  Fettsäuren  zusammengesetzt,  wie  dies  beim  Talg 
der  Fall  ist,  aus  Fettsäuren,  deren  Schmelzpunkte  bedeutend  differiren  tmd 
deren  Kochpunkto  daher  um  so  weiter  von  einander  entfernt  sind ,  so  er- 
hellt, dass  die  Zersetzung  der  leichter  schmelz-  und  zersetzbaren -Oelsäure 
viel  schneller  und  mit  weit  grösserer  Heftigkeit  von  Statten  gehen  muss, 
als  die  der  schwerer  schmelzbaren  Stearinsäure,  dass  ferner  die  durch  die 
Verbrennung  der  aus  letzterer  austretenden ,  höher  atomisirten  Kohlenwas- 
serstoffe hervorgerufene  Temperatür  wohl  stets  gleiche  Zersetzungsprodukte 
von  dieser,  aber  völlig  mit  ihnen  differirende  der  Oelsäure  hervorrufen 
muss,  wodurch  eine  Ungloichmässigkeit  der  Gasbildung  bedingt  wird,  welche 
insofern  verändernd  auf  die  Leuchtkraft  der  Talgkerze  einwirken  muss,  als 
die  von  der  Oelsäure  mit  grösserer  Heftigkeit  entweichenden  Gase  während 
ihres  Durchdringens  der  aus  der  Stearinsäure  sich  bildenden  dichteren  Gase 
nicht  Zeit  genug  findet,  sich  mit  ersteren  zu  diffundiren,  und  daher,  den 
glühenden  Theil  der  Flamme  durchströmend,  sowohl, eine  Verminderung 
der  Verbrennungstemperatur  des  Wasserstoffs  und  daher  ein  herabgestimm- 
tes Erglühen  des  aus  seiner  Verbindung  mit  diesem  tretenden  Kohlenstoffs 
bedingt,  als'auch  durch  seine  eigne  Masse  verdünnend  und  daher  die  Leucht- 
kraft vermindernd  auf  den  hellen  Flammentheil  wirkt.  Wir  dürfen  die 
Dochte  der  Talgkerzen  als  ein  System  von  Gasretorten  betrachten,  in  wel- 


Von  Dr.  H.  Fleck.  221 

clien  je  nach  der  auf  letztere  wirkenden  Temperatur  sich  die  Zersotzungs- 
Produkte  der  Fettsäuren  mit  grösserer  oder  geringerer  Heftigkeit  und  Ge- 
schwindigkeit und  von  verschiedener  atoraistischer  Zusammensetzung,  daher 
auch  von  verschiedener  Dichtigkeit  entbinden;  die  daraus  resultirenden 
Differenzen  der  Gasströmuug  bedingen  eine  Unregelmässigkeit  der  Flamme 
und  eine  Verminderung  der  Leuchtkraft.  —  Da  sich  die  Dichtigkeiten  der 
Gase  proportional  dem  Quadrat  der  Ausströmungszeiten  verhalten,  so  muss 
aus  derselben  Ausströmungsöffnung  in  gleichen  Zeiträumen  von  zwei  Gasen 
eine  diesem  Verhältniss  entsprechende  Menge  ausströmen,  welche  um  so 
mehr  auf  die  Licliteffekte  influiren  muss,  je  grösser  die  Differenzen  der  Gas- 
dichtigkeit sich  gestalten. 

Durch  dieselbe  Oeffnung,  durch  welche  in  460  Secunden  3  Cubicfuss 
atmosphärische  Luft  strömen,  werden  in  derselben  Zeit  4,64  Cubicfuss  eines 
Gases  von  0,647  spec.  Gewicht  gehen,  also  beide  Gase  zusammen  in  920  Se- 
cunden einen  Raum  von  7,64  Cubicfuss  erfüllen.  Wenden  wir  dieses  Bei- 
spiel auf  die  in  dem  Dochte  sicli  bildenden  Gase  an,  so  werden,  da  ihre 
Entwickelung  während  des  Leuchtprocesses  eine  continuirliche  und  ihren 
Dichtigkeiten  proportionale  ist,  in  gleichen  Zeiträumen  von  den  dichteren 
Kohlenwasserstoffverbindungen  um  so  geringere  Mengen  den  Gasraum  er- 
füllen, je  grösser  die  Gasmengen  der  leichteren  Kohlenwasserstoffe  sind  und 
je  höher  die  auf  die  Dochtröhren  wirkende  Temperatur  ist.  Im'  Wachs  ist 
ein  Leuchtmaterial  geboten,  dessen  einzelne  Atomcomplexe  in  ihren  Dich- 
tigkeitsverhältnissen so  wenig  differiren,  dass  die  aus  denselben  sich  bil- 
denden Gase  sich  mit  "fast  gleicher  Intensität  an  dem  Verbrennungsprocesse 
betheiligen  können,  für  dessen  Vollständigkeit  die  so  hoch  atomisirte  Kohlen- 
wasserstoffgruppe, welche  bei  der  Zerlegung  der  Formel  hervortritt,  spricht. 
In  hohem  Grade  gleichmässig  müssen  sich  die  Vergasungsverhältnisse  der 
Stearinsäure  gestalten,  deren  Masse  von  stets  gleicher  Dichtigkeit  und 
Schmelzbarkeit  ist  und  daher  jedenfalls  gleich  zusammengesetzte  Gase  lie- 
fern muss.  Der  oben  zergliederten  empirischen  Formel  gemäss  stünde  zu 
erwarten ,  dass  das  Colophonium  mit  einer  der  Stearinsäure  gleichen  Inten- 
sität im  Dochte  verbrennen  müsse,  doch  lehrt  uns  die  Erfahrung  das  Ge- 
gentheil  und  die  physikalischen  FigenschafteYi  dieses  wie  der  meisten  Harze 
lassen  auch  nie  einen  hohen  Lichteffekt  unter  den  den  Kerzen  analogen 
Verbrennungsbedingungen  erwarten  Das  Colophonium  ist  eine  a^s  mehre- 
ren Harzsäuren  und  jedenfalls  noch  andern  nicht  genau  studirten  Atom- 
gruppen bestehende  Verbindung,  deren  Schmelzpunkt  bei  +  135^  C.  liegt. 
Die  Höhe  desselben  spricht  für  die  hohe  Atomisirung  seiner  Zersetzungs- 
produkte, zu  deren  völliger  Verbrennung  die  von  der  atmosphärischen  Luft 
gleichzeitig  gebotenen  Sauerstoffmengen  entweder  nicht  hinreichen  oder 
deren  gasförmige  Zersetzungsprodukte  wegen  ihrer  zu  grossen  Dichtigkeit 
.der  sie  umgebenden  Atmosphäre  nur  geringen  Zutritt  gestatten,  als  dass 
ein  vollständiges  Verbrennen  des  Wasserstoffs  und  ein  damit  Hand  in  Hand 
gehendes  genügend  helles  Erglühen  des  Kohlenstoffs  erzielt  werden  könnte. 

Es  unterliegt  somit  keinem  Zweifel ,  dass  die  Temperatur  der  Licht- 
flamme dem  gleichzeitig  dem  Verbrennungsprocesse  preisgegebenen  Brenn- 
material proportional  ist,  dass  daher  deren  Wärmeeffekt  sich  um  so  höher 
gestalten  muss,  je  mehr  atmosphärische  Luft  gleichzeitig  den  in  deren 
Sauerstoffgehalt  äquivalenten  Verhältnissen  auftretenden  Kohlenwasserstoff- 
verbindungen geboten  wird  und  je  weniger  chemisch  gebundener  Sauerstoff 
dem  Leuchtmaterial  inne  wohnt,  indem  derselbe  Wassewtoff  ^TLX.TAfeV^xÄL^Qswl 


232  Ueber  Leuchtmaterialien. 

somit  die  Flammentemperatur  in  zweifacher  Weise  doprimirend  wirkt ,  wie 
dies  beim  Aether,  noch  mehr  beim  Alkohol  der  Fall  ist.  Es  liegen  uns  über 
die  Temperaturwerthe  der  Lichtflamme  noch  so  wenig  zuverlässige  Resul- 
tate vor  und  die  zur  Zeit  dazu  verwendeten  Apparate  ermangeln  so  alles 
Vertrauens,  dass  wir,  sobald  es  darauf  ankommt,  Vergleiche  zwischen  den 
Temperaturen  der  verschiedenen  Lichtflammen  zu  ziehen,  vielleicht  mit 
mehr  Sicherheit  auf  die  Kesultate  der  Berechnung  bauen  dürfen.  Aus  dem 
bisher  Besprochenen  dürfte  zur  Genüge  erhellen,  dass  Flammentemperatur 
und  Lichteffekt  in  bestimmtem  Verhältnisse  zu  einander  stehen  müssen,  und[ 
dass ,  je  grössere  Mengen  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  in  gleicher  Zeit  an 
dem  Verbrennungsprocesse  Theil  nehmen ,  und  je  mehr  Sauerstoff  zuvör- 
derst die  Verbrennung  des  Wasserstoffs  befordert,  die  Leuchtkraft  um  so 
höher  steigen  muss.  Sind  uns  daher  die  Kohlenstoff-  und  Wasserstoffmen- 
gen bekannt,  welche  gleichzeitig  den  Verbrennungsprocess  bedingen  und 
kennen  wir  den  Wärmeeffekt ,  welchen  beide  Flemente  während  ihrer  Ver- 
brennung in  atmosphärischer  Luft  hervorbringen,  so  sind  wir  jedenfalb 
unter  Hinzuziehung  der  bereits  erlangten  photometrischen  Erfahrungen  in 
den  Stand  gesetzt ,  die  Verhältnisse  festzustellen ,  in  denen  die  Flammen- 
temperaturen zu  den  Lichteffekten  stehen  und  die 'Bedingungen  zu  be- 
gründen, welche  der  günstigsten  Gestaltung  ersterer  zu  Gebote  stehen 
müssen. 

In  den  Zersetzungsverhältnissen  organischer  Verbindungen  finden 
ebenso  streng  begrenzte  stöchiometrische  Verhältnisse  statt,  wie  sie  sich  bei 
den  Zersetzungen  unorganischer  Verbindungen  herausstellen  und  die  bis- 
her nur  angedeuteten  Progressionen  derselben  im  Verbal tniss  zu  ihrer  ato- 
mistischen  Gruppirung  und  der  auf  sie  wirkenden  Wärmemenge  lassen  ein 
Gesetz  vermuthen,  welches  allen  Zersetzungsprocessen  organischer  Ver- 
bindungen unterliegt. 

Es  lassen  sich  zuvörderst,  als  durch  die  Erfahrung  genügend  bestätigt, 
folgende  Sätze  feststellen : 

1.  Alle  aus  Kohlenstoff,  Wasserstoff  und  Sauerstoff  bestehenden  organi- 
schen Verbindungen  besitzen ,  je  nach  der  Atomenanzahl ,  in  welcher 
diese  Elemente  zusammengetreten  sind,  mit  denselben  wachsende 
Schmelz  -  und  Kochpunkte. 

2.  Mit  der  Anzahl  der  zu  einer  organischen  Verbindung  gruppirten  Ele- 
mentaratomc  sinken  die  Zersetzungstemperaturen,  so  dass  sich  letztere 
bei  den  höher  atomisirten  Verbindungen  unter  deren  Kochpunkt  befin- 
den und  dieser  unter  dem  obwaltenden  Atmosphärendruck  nicht  mehr 
constatirt  werden  kann. 

3.  Die  bei  constanten  Temperaturen  auftretenden  Zersetzungsprodukte 
organischer  Verbindungen  stehen  mit  letzteren  in  bestimmten  stöchio- 
metrischen  Beziehungen  und  sind  um  so  höher  atomisirt,  je  höher  es  , 
die  ursprüngliche  Verbindung  war. 

4.  Je  grösser  die  Wärmemengen  sind,  welche  gleichzeitig  den  Zersetzungs- 
process  hervorrufen,  desto  niedriger  atomisirt  resultiren  die  Zersetzungs- 
produkte, desto  geringer  ist  ihre  Dichtigkeit,  desto  grösser  ihre  Flüch- 
tigkeit. 

Aus  folgender  der  Fettsäuregruppe  angehörenden  Reihe  organischer 
Verbindungen  ergiebt  sich,  dass  mit  dem  Eintritt  eines  dem  Elaylgas  (C^H^ 
entsprechenden  Atomcomplexes  der  Kochpunkt  um  17  —  20*^  erhöht  wird, 
während  sich  die  Dichtigkeit  der  Dämpfe  um  0,4127  vermehrt: 


Von  Db.  H.  Fleck. 


223 


Farmel. 

|>lchtiffk«M. 

KothpuBki. 

A  ra  «isettfl  äiirehy  d  mi 

i\f/   0^-^f/O. 

I,5*JÖI 

t>9«  i:^h. 

Ksstf  siiiire  hy  d  ra  i 

i\H^O^'\'HO. 

2,0830 

J17»      ., 

M  «UceU»Ti  sia  reh  j  drat 

c^/i^o^^m. 

2,5112 

138«     ,, 

ButtprsMurehydrftt             i 

C^H.O^'^HO. 

3,0585 

157'     „ 

B  ftl  driAaaiur  «bj  dra  1 

C\^^^0^^1W. 

3,5458 

»7*1"     ,. 

C»p  ro  P  8  äurehf  Jjat 

C,^iI,,0^+itO, 

4,0^31 

P^"     „ 

0  c  naü  tbflüure  h  j  dra  t 

Ci^ff,,0,-h/IÖ. 

4,r»2fH    ' 

äl8"     ., 

CftpryljÄurebjdrat 

^M'/j*^i+//Ö. 

5,tKJ77 

m<>     „ 

JJie  Dampfdichte  der  Verbindung  C,/r,  (0,9746)  wächst  um  ihr  Gleiches, 
je  melir  dieses  Atomcomplexes  gleichzeitig  zusammengetreten  ist,  so  dass 
die  X>ampfdichte  eines  aus  C^ffs  bestehenden  Kohlenwasserstoffs,  der  unter 
der  mittleren  Temperatur  und  bei  normalem  Luftdrucke  eine  Flüssigkeit 
sein   ^würde,  schon  4.  0,9746  =  3,8984  beträgt. 

X3ie  Beobachtungen,  welche  Couerbe  in  der  Dichtigkeitszunahme 
der  folgenden  Kohlenwasserstoffe  machte,  beweist,  dass  anch  durch  das  Ein- 
tretest einfacher  Kohlenstoffatome  die  Differenzen  in  den  Dichtigkeitsver- 
blltd  m  flsen  gleichmässige  bleiben : 


C4  ^4  =1,9348 
C5  ^4  =  2,3494 
C,^4  =  2,7640 
(7^J?^  =  3,1786 
Ci  ^4  =  2,5932 


Diff.  =  0,4146. 


XDiese  berechnete  Dichtigkeit  stimmt  mit  der  Beobachtung  so  nahe 
über^in^  dass  auftretende  Verschiedenheiten  wohl  auf  Kosten  des  Experi- 
ment ^0  XQ  bringen  sind. 

Genügen  diese  Angaben,  um  zu  beweisen,  dass,  je  nach  der  Atom- 
gropi^irung,  die  Dichtigkeitsverhältnisse  organischer  Verbindungen  mathe- 
matisch begrenzte  sind,  so  liegt  es  nahe,  dass  auch  die  Zersetzungsprodukte, 
welcl^^  bei  bestimmten  Temperaturen  aus  denselben  hervorgehen,  progressiv 
atODÄi^irtsind. 

iDurch  die  Erhitzung  der  fettsauren  Alkalisalze  bei  Anwesenheit  freier 
Alk^l^Qn  resultirt  eine  Reihe  von  Destillationsprodukten,  welche  sowohl  in 
ihrep  Zusammensetzung  als  in  ihren  Siedepunkten  analoge  wachsende  Ver- 
"^^^£«se  aafstaweisen  haben  und  folgenden  Formeln  entsprechen: 

Aceton       z=iC^H^O^=z  Siedepunkt  bei  +  56 <>  Cels. 
Metaceton  =  (75^^50=  „  „     +  97«    „ 

Butyron     =zC^ff,0=  „  „    +138»    „ 

Valeron      =C^H^O=  „  „   +179«    „ 

^in  noch  sprechenderer  Beleg  geht  uns,  was  die  Zunahme  der  Dich- 
tigk^itg.  und  Flüchtigkeitsverhältnisse  bei  steigenden  Atom  Verhältnissen 
anbelangt,  aus  der  Reihe  der  Alkohole  hervor: 


224 


lieber  Leuchtmaterialien. 


' 

Formel. 

Dampfdichte. 

Kochpankt. 

Methyloxydhydrat 

(Holzgeist) 
Aethyloxydhydrat 

(Weingeist) 
Amylpxydhydrat 

(Kart^ffelfuselöl) 

1,1056 
1,5893 
3,0379 

-f  61  •Gels. 
+  78«     „ 
+  133»     „ 

Es  drängen  sich  uns  nun  zunächst  folgende  Fragen  zur  Beantwortung 
auf,  von  deren  Lösui%  die  Möglichkeit  abhängig  ist,  die  Temperaturen  der 
Lichtflammen  zu  finden  und  von  ihnen  aus ,  unter  Berücksichtigung  der  je- 
weiligen Consumtionsverhältnisse ,  den  Leuchtwerth  der  Leuchtmaterialien 
zu  bestimmen : 

1.  In  welchem  Verhältniss  stehen  die  Siedepunkte  organischer  Verbin- 
dung zu  ihrer  gefundenen  oder  berechneten  Dampfdichte? 

2.  Welche  Beziehungen  walten  zwischen  den  in  ersterer  Frage  gefun- 
denen Zahlengrössen  und  den  Schmelz-  und  Zersetzangstemperatu- 
ren  ob?  • 

3.  Von  welcher  Dichtigkeit  sind  die  bei  bestimmten  Zersetzungstempe- 
raturen auftretenden  Zersetzungsprodukte? 

4.  Welche  Wärmemengen  werden  bei  der  Verbrennung  derselben  er-- 
zeugt? 

Das  Verhältniss  der  Dampfdichte  organischer  Verbindungen  zu  ihrem 
Kochpunkte  lässt  sich  für  die  Reihe  der  Fettsäuren 
von  der  Formel  C„  H^  0^  (oder  C„  E„^i  0^  +  HO), 
für  die  der  Aetherarten  von  der  Formel  C«  -^«4-1  0 
und    für    die   Reihe   der   Alkohole   von   der  Formel    C«  H^^i  0   (oder 

CnHn  +  xO  +  HO) 

durch  folgende  Forfaeln  ausdrücken ,  in  welchen  d  und  D  die  Dampfdich- 
ten y  k  und  K  die  Kochpunkte  ausdrücken : 

d    k 
a)  für  die  Fettsäuren :  — :  -^  =  1  :  0,7575  .  .  . 

JJ      A 

d    k 
/>)  für  die  Aether :         --:--:  =  1  :  1,3419  ..  . 
JJ     K. 

d     k 
c)  für  die  Alcohole :      —  :  -  =  l  :  0,8853 

Durch  dieselben  sind  wir  in  den  Stand  gesetzt  die  Kochpunkte  derjenigen 
Atomgruppen  zu  finden,  deren  Zersetzungspunkt  noch  unter  dem  Koch- 
punkte liegt,  und  zu  ihnen  gehören  vor  Allem  die  Fettsäuren,  welche  in 
den  Thier-  und  Pflanzenfetten  vertreten  sind,  also  die  Basis  der  Leucht- 
materialien bilden. 

Nach  Formel  «)  gesteiltet  sich  die  Berechnung  des  Kochpunktes  der 
Stearinsäure  von  der  Zusammensetzung:  Cy^H^O^  -f  HO  in  folgender  Weise : 

9,8807    R        ,    ^^,^. 

~ — ^  • ;;;;  =  1  :  0,757» 

1,5961    99 

I)  und  K  sind  hier  die  Dampfdichte  und  der  Kochpunkt  des  Hydrats  der 
Ameisensäure ,  d  die  berechnete  Dampfdichte  der  Stearinsäure ,  so  dass 


Von  Db.  H.  Fleck.  225 

{log  d—logD)  +  {log  AT  +  log 0,7575)  =  logk 
log  kz=zlogN+  464,2*  Geis. 

Nach  Formel  b  treten  für  die  Kochpnnkte  des  im  Wallrath  enthaltenen 
Cethyloxjds  und  des  im  gebleichten  Wachs  verbundenen  Melissyloxjds  fol- 
gende Zahlen  auf: 

16,2175      ^    _  Q 

2;573r*35;4""*'''^ 
k  =  376,9^  Gels,  der  Kochpunkt  des  Cethjloxyds  =  {CnJ^t^O) 

2,5731  •35,4—^*'^*^ 
k  =;=  550,4^  Gels.,  der  Kochpunkt  des  Melissjloxjds  =  {C^ffn^)- 

Aus  dem  Verhältriiss  der  Dampfdichte  und  der  Kochpunkte  der  Aether- 
arten  und  Alkohole  ersehen  wir,  dass  ebenso,  wie  bei  den  Fettsäuren  durch 
das  Eintreten  von  1  Atom  HO  das  specivische  Gewicht  der  Dämpfe  um  eine 
bestimmte  Grösse  abnimmt;  denn  während  die  Dampfdichte  desMethjloxjds 
=  1,5982,  so  ist  die  Seines  Hydrats,  des  Alkohols  =  1,1037;  und  während 
die  Dampfdichte  der  wasserfreien  Ameisensäure  (C,jyOj)  =  2,5692,  so  ist 
die  des  Ameisensäurehydrats  =^  1,5961.  Die  hier  auftretenden  Differenzen 
sind  zwischen  dem  Aether  und  seinem  Hydrat  ==  0,4945  und  bei  den  Fett- 
säuren und  deren  Hydraten  =  0,9731.  -r-  In  den  Formeln  b  und  c  verhalten 
sich  die  Quotienten  von    ' 

Da  die  Differenz  der  durch  den  Zutritt  von  1  Atom  Wasser  zu  den 
Aetherarten  resultirenden  Dampfdichten  beinahe  halb  so  gross  ist  als  bei 
den  Fettsäuren ,  so  scheint  die  Annahme  nicht  ungegründet  zu  sein ,  dass 
die  Quotienten  aus  den  Dampfdichten  und  Kochpunkten  der  wasserfreien 
Fettsäuren  in  ihrem  Verhältniss  um  die  Hälfte  der  aus  b  und  c  gefundenen 

Differenz  ^ erhöhen  müssen ,  und  sich  dann  die  Formel 

2 

d)  für  die  wasserfreien  Fettsäuren  gestaltet : 

=  1  : 0,9858. 

Während  die  Dämpfe  der  wasserfreien  Fettsäuren  gleich  2  Volumen 
und  die  ihrer  Aethervcrbindungen  gleich  4  Volumen  sind ,  so  steht  zu  er- 
warten ,  dass  hier  Kochpunkte  und  Volumina  in  umgekehrtem  Verhältniss 
stehen  und  mithin  der  Kochpunkt  der  Fettsäuren  ein  doppelt  so  hoher  sein 
muss.  Diese  Annahme ,  welche  sich  allerdings  bis  jetzt  nur  bei  der  wasser- 
freien Ameisensäure  und  dem  ameisensauren  Aethyloxyd  bestätigt,  ^ich 
aber  jedenfalls  zwischen  der  Buttersäure  und  dem  bnttersanren  Amyloxyd 
aufrecht  erhält ,  gestaltet  die  Formel : 

df)  für  die  wasserfreien  Fettsäuren : 

14  =  1:0,9893, 

Zeitschrift  f.  Mathematik  u.  Physik.  I.  \^ 


226 


lieber  Leuchtinaterialicn. 


welche  mit  der  vorigen  fast  völlig  zusammen  fallt.    Nach  dieser  letzteren 
ergeben  sich  die  Kochpunkte  der  wasserfreien  Fettsäuren: 


Formel. 

Üamprdiehtc. 

Kochjmnkt. 

Ameisensäure 

EssigHäurc 

Buitcrsäure 

Baldilansäurc 

Palmitinsäure 

C^HO, 
C\//,0, 

2,5602 
3,5428 
5,4930 
6,4671 
17,1883 

106,8«  Cels. 
145,2«     „ 
225,1«     „ 
265,0«     „ 
706,8«     „ 

In  den  Fetten  erkennen  wir  nichts  Anderes  als  Verbindungen  wasser- 
freier Fettsäuren  mit  Aetherarten ,  welche  beide  hoch  atomisirt  und  dicht 
sind.  Um  die  Verhältnisse  zwischen  ihren  Dichtigkeiten  und  Kochpnnkteu 
aufzufinden  glaube  ich  noch  die  Dichtigkeits  -  uud  Siodepunktsverhftltnisse 
mehrerer  fettsaurer  Aethjloxjdverbindungen  vorausschicken  zu  dürfen, 
um  aus  ihnen  und  den  oben  angedeuteten  Verhältnissen  die  Kochpunkte  der 
Fette  zu  bestimmen. 


Formel. 

Dampfdichte. 

Koi'hpuitkt. 

Ameisensanres  Acthyloxyd 
Essi^aures               „ 
Buttersaures              „ 
Baldriansaures         „ 

2,5711 
3,0584 
4,0330 
4,5201 

+  53,40  ccl». 

+  70,0»  „ 
+  110,0»  „ 
+  133,5«     „ 

(Fortsetzung  folgt.) 


XIV. 

üeber    einige  Abänderungen   und  Verbesserungen   in 
Einrichtung  der  Volta-Inductionsapparate. 

Von   WlTZSCIIEL. 


der 


Di 


"ie  Inductionsappnrate  bieten  unter  Umständen  den  besondern  Vortheil 
dar,  dass  vermittels  einer  verhältnissmässig  schwachen  primären  Elektrici- 
tätsquelle  von  ein  oder  zwei  Elementen  sehr  kräfti<;:e  Elektricitätserschei- 
nungen  hervorgerufen  werden  können.  Letztere  hängen  von  einer  zweck- 
mässigen ,  den  Inductionserscheinungen  richtig  entsprechenden  Einrichtung 
und  Anordnung  des  Apparates  ab,  für  welchen  in  neuerer  Zeit  mannigfache 
Abänderungen  resp.  Verbesserungen  von  verschhcdenen  Seiten  angegeben 
worden  sind.  Eines  besonderen  Rufes  orfreuen  sich  bis  jetzt  die  Kuhm- 
korff'schen  Apparate,  welche  durch  Ilinzufügung  des  Fizeau 'sehen  so- 
genannten Condensators  eine  nicht  unwosentliclie Vebesserung  erhalten 
haben.    In  neuester  Zeit  haben  Poggendorf  (Monatsberichte  der  K.  Pr. 


Uüb.  einige ÄbändQr.  etc. d.Volta-Inductionsapp.  VonWiTzsCHEL.  227 

Akademie  der  Wissensch.  1865.,  1854  Dec.  S.  683.,  1855  Jan.  S.  12.,  März 
S.  208.  Annal.  der  Physik  u.  Chem.  Bd.  94.  S.  389. ,  Bd.  95.  S.  156.)  und 
Sinsteden  (Pogg.  Annal.  Bd.  96.  8.353)  über  Einrichtung ,  Theorie  und 
Wirkung  von  mannigfach  abgeänderten  Inductionsapparaten  sehr  beachtens- 
werthe  Angaben  gemacht,  auf  welche  sowie  auf  einige  andere  Beschreibun- 
gen von  Hüifs  -  und  Nebenapparaten  hier  näher  eingegangen  werden  mag. 
Die  Poggendorfschen  Abhandlungen  enthalten  zugleich  einige  Details  über 
die  Construction  der  Inductionsapparate  Überhaupt ,  so  dasS  es  nicht  unan- 
gemessen erscheinen  dürfte ,  dieselben  theilweise  ganz  unverkürzt  hier  zu 
wiederholen  und  daran  die  von  Sinsteden  angegebenen  Abänderungen 
anzuknüpfen. 

In  seiner  vollständigeren  Gestalt  besteht  der  Inductionsapparat  aus  6 
Haupttheilen,  nämlich  I .  der  Drahtrolle,  in  welcher  die  Inductiön  entwickelt 
yr ird ,  oder  der  Inductionsrolle;  3.  der  Drahtrolle ,  welche  den  induci- 
renden  galvanischen  Strom  leitet,  oder  der  Hauptrolle;  3.  dem  Eisen- 
drahtbündel; 4.  dem  Stromunterbrecher;  5.  dem  Condensator 
und  6.  der  Volta'schen  Batterie,  als  primärer  Elektricitätsquelle. 
Hierzu  kommen  noch  einige  Neben  -  oder  Hülfsapparate ,  nämlich  eine  Art 
allgemeinerAuslader,  um  einige  Beductionserscheinnngen  mit  grösse- 
rer Bequemlichkeit  und  Sicherheit  zu  beobachten ,  sodann  dai^  sogenannte 
elektrische  Ei,  sowie  einige  Vorrichtungen  auf  dem  Teller  einer  Luft- 
pumpe, um  die  Untersuchungen  der  Inductionserscheinnngen  im  partiellen 
Vacuum  mit  gi^össerer  Freiheit  als  mittels  des  elektrischen  Eies  anstellen 
und  abändern  zu  können. 

Diese  einzelnen  Theile ,  von  denen  jeder  auf  die  übrigen  fünf  und  auf 
die  Gesammtwirkung ,  den  Inductionsstrom ,  mehr  oder  weniger  einwirkt,^ 
sollen  nun  einzeln  kurz  betrachtet  werden. 

I.  Die  Inductionsrolle.  Bei  den  gewöhnlichen  Inductionsrollen 
bilden  die  Drahtwindungen  Lagen,  die  sich  hin  und  her  oline  Unterbrechung 
über  die  ganze  Länge  der  Holle  erstrecken ,  gewöhnlich  in  grader  Anzahl, 
so  dass  Anfang  und  Ende  des  Drahtes  an  ein  und  demselben  Ende  der  Holle 
liegen.  Da  aber  in  einem  Draht ,  dessen  Punkte  alle  in  ziemlich  gleichem 
Grade  elektrisch  erregt  werden,  die  Spannungen  von  der  Mitte  aus  nach 
den  Enden  hin  in  entgegengesetztem  Sinne  wachsen,  so  kommen  bei  dieser 
Anordnung  der  Drahtlagen  Punkte  von  grosser  elektrischer  Differenz  sehr 
nahe ,  wodurch  ein  Ueberspringen  von  Funken  aus  einer  Drahtlage  zur  an- 
dern leichter  möglich  gemacht  und  so  die  Wirkung  der  Rolle  abgeschwächt 
werden  kann. 

Diesem  Uebelstande  meint  Poggendorff  wenigstens  theilweise  da- 
durch abhelfen  zu  können,  dass  man  erstlich  die  Rolle  ihrer  Länge  nach  in 
mehrere  Abtheilungen  zerfällt  und  eine  nach  der  andern  in  der  früher  für 
die  ganze  Rolle  angewandten  Weise  mit  Draht  umwickelt ,  dabei  aber  eine 
ungrade  Anzahl  von  Lagen  nimmt,  damit  die  Drahtenden  in  jeder  Abthei- 
lung an  entgegengesetzten  Enden  derselben  auslaufen  und  mit  den  Enden 
der  darüber  und  darunter  stehenden  Abtheilung  leicht  m  Verbindung  ge- 
setzt werden  können.  Die  Enden  oder  Pole  der  gesammten  Inductionsrolle 
laufen  somit  auch  an  entgegengesetzten  Enden  derselben  ans. 

Ferner  muss  für  eine  gute  Isolation  der  Drahtwindungen  gesorgt  wer- 
den. Die  gewöhnliche  Umspinnung  des  Drahtes  mit  Seide  reicht  dazu  nicht 
aus,  wie  man  sich  schon  länger  davon  überzeugt  hat.  In  der  Regel  hat  man 
diese  Isolation  verstärkt  durch  einen  alkoholischen  Lackfimiss,  der  aber, 

15* 


228  lieber  einige  Abänderungen  etc.  der  Volta-  Inductionsapparaie. 


wenn  er  wegen  der  grossen  Länge  des  Drahtes ,  wie  nicht  gnt  anders  mög- 
lich ist,  lagenweise  aufgetragen  wird,  schwerlich  ganz  austrocknet,  vielmehr 
einen  solchen  Grad  von  Feuchtigkeit  noch  hartnäckig  festhält,  dass  dadurch 
eine  grössere  Leitung  unter  den  Drahtwindungen  sich  einstellt,  als  bei  trock- 
ner  Seide  stattfindet.  Poggendorff  hat  deshalb  einen  leicht  schmelzba- 
ren Isolator  (Wallrath,  Stearinsäure,  ein  Gemisch  von  Wachs  und  Oel)  an- 
gewendet und  zwar  denselben  über  seinen  Schmelzpunkt  überhitzt  aufge- 
tragen ,  damit  er  auf  den  kalten  Lagen  der  Drahtwindungen  nicht  sogleich 
erstarre ,  sondern  vorher  den  Seidenüberzug  gut  durchdringe  und  somit  den 
Draht  recht  allseitig  isolire.  Poggendorff  schlägt  als  einen  hierzu  tauglichen 
ebenfalls  leicht  schmelzbaren  und  nach  Riess  gut  isolirenden  Körper  noch 
Paraffin,  das  jetzt  käuflich  zu  haben  ist,  vor;  für  noch  bessere  Isolato- 
ren hält  er  aber  flüssige  Körper,  wie  rcctificirtes  Terpenthinöl ,  weil,  wenn 
dennoch  bei  starker  Spannung  in  der  InductionsroUe  die  Isolation  durch 
Ueberspringen  von  Funken  durchbrochen  wird  und  dadurch  Kanäle  für  einen 
leichten  Uebergang  der  Elektricität  aus  einer  Lage  in  die  andere  gebildet 
sind,  diese  isolirenden  Flüssigkeiten  die  unterbrochene  Isolation  durch  Ana- 
füllung  der  Kanäle  wieder  herstellen  können.  Sinsteden  hat  den  über- 
sponnenen  Draht  vor  dem  Aufwickeln  mit  Schellacklösung  getränkt  und  gut 
trocknen  lassen,  ferner  jede  Lage  des  aufgewickelten  Drahtes  mit  einem 
Blatt  Wachspapier  umgeben,  so  dass  durch  letzteres  die  Holle  nicht  nach 
ihrer  Länge  sondern  nach  ihrer  Dicke  in  eben  so  viel  von  einandei; 
isolirte,  über  einander  liegende  Abtheilungen  oder  Cylinder  mit  gemein- 
schaftlicher Axe  getheilt  ist,  als  sie  Drahtlagen  enthält.  Es  ist  indess  au 
bemerken,  dass  ein  gut  getrockneter  Schellacküberzug  sehr  spröde  ist,  und 
daher  beim  Aufwickeln,  wenn  auch  durch  den  Seidenüberzug  festgehalten, 
nicht  abspringt,  doch  zersplittert  und  somit  dem  Drahte  eine  Menge  Ecken 
und  Schärfen  darbietet,  an  welchen  sich  bekanntlich  die  Elektricität  leich- 
ter fortleitet,  da  doch  auch  der  Schellack  kein  absoluter  Isolator  ist.  Man 
vermeidet  vielleicht  diesen  Uobelstand,  wenn  man  dem  Schellack  etwas 
Wachs  oder  weiclien  Terpentliin  zusetzt,  die  weingeistige  Lösung  dieses 
Gemenges  in  sehr  verdünntem  Zustande  auf  den  Draht  überträgt  und  diesen 
Ueberstrich  mehrmals  wiederholt,  nachdem  der  jedesmal  vorhergehende  gul 
ausgetrocknet  ist.  Am  zweckmassigsten  indess  möchte  sich  ein  halbflüssigei 
Isolator,  wie  sogenannter  weicher  venetianischer  Terpentliin  herausstellen, 
dessen  Anwendung  nicht  viel  umständlicher  als  der  vorhergenannten  ist, 
und  der  den  von  Poggendorff  angeführten  Vortheil  der  Selbstwieder- 
herstelhing  der  Isolation  darbietet. 

Um  ferner  nach  Aussen  hin  eine  gute  Isolation  herzustellen ,  erachtete 
Poggendorff  es  für  zweckmässig,  den  Draht  auf  einen  Glascylinder  zu 
wickeln,  die  Seitenfassungen  dieses  Cjlinders  von  Guttapercha  zu  nehmen 
zumal  sich  in  derselben  die  Ansatzstifte  des  Drahts  gut  befestigen  lassen 
dann  die  ganze  Rolle  mit  einem  dicken  Wachsüberzug  zu  versehen  und 
endlich,  nachdem  auch  dieser  gelirnisst  worden,  zwei  starke  Ringe  vor 
Guttapercha  herumzulegen ,  mittelst  welcher  das  Ganze  auf  einem  llolzge* 
stelle  ruhen  könne. 

Nach  den  von  ihm  angegebenen  Prinzipien  hat  er  drei  Rollen,  jede  zi 
5^  pariser  Zoll  Länge  mit  einem  innern  Durchmesser  von  22  par.  Linier 
und  einem  äussern  von  32  par.  Linien  angefertigt.  Zwei  derselben  enthal 
ten  einen  äusserst  dünnen  Draht  von  nur  0,15  Millim.  Durchmesser,  in  dei 
dritten  hat  derselbe  0,25  Millim.  Durchmesser.    In  jeder  der  beiden  erstei 


Von  W1TZ8CHEL.  229 

bat  der  Draht  eine  Länge  von  gegen  J 0,000  par.  Fuss  und  macht  in  8  Ab- 
ibeilaugen, deren  jede  93  Lagen  enthält,  gegen  16000  Windungen.  In  der 
dritten  Kolle  hat  der  Draht  2400  par.  Fnss  Länge  und  bildet  19  Lagen. 

IVotz  dieser  besonderen  Vorkehrungen  empfiehlt  Poggendorff  doch  die 
Indactionsrollen  nicht  zu  sehr  anzustrengen  oder  zu  hohe  Spannungen  in 
denselben  herrorzurufen ,  weil  nach  seinen  Erfahrungen,  doch  ein  Durch- 
brechen oder  Ueberschlagen  der  Elektricität  innerhalb  der  Rolle  dadurch 
herbeigeführt  wird  und  dann  die  Hollen  weit  weniger  leisten  als  vorher. 
Ausser  der  Anwendung  einer  Fltlssigkeit  als  Isolationsmittel  empfiehlt  er 
daher  noch  einen  nicht  zu  dünnen  Draht  zu  nehmen  (Draht  von  %  Millini. 
halt  er  am  geeignetsten)  und  demselben  eine  recht  starke  Umspinnung  zu 
g^eben.    Auch  meint  er,  dass  die  bisher  angewendete  cylindrische  Form 
▼ortheilhafter  durch  eine  solenoid  -  oder  spindelartige  Gestalt  vertreten  wer- 
den könnte ,  weil  die  inducircnde  Rolle  und  das  Drahtbündel  ihre  Wirkung 
hauptsächlich  in  der  Mitte  ausüben. 

Sinsteden  hat  eine  Rolle  von  8  par.  Zoll  Länge  und  3  Zoll  Dicke 
ans  einem  &300  Fuss  langen  %  Linie  dicken  Drahte  (das  doppelte  Seiden - 
gespinnst  mit  gerechnet),  der  in  32  Lagen  10700  Windungen  macht,  ange- 
fertigt   Zwischen  jede  Lage  ist,  wie  erwähnt,  ein  Blatt  Wachspapier  ge- 
legt, wodurch  die  Rolle  wenig  verdickt  wird,  da  die  32  Papiordicken  zu- 
Bammen  nicht  eine  Linie  betragen.  Anfang  und  Ende  des  Inductionsdrahtes 
Hegen  an  entgegengesetzten  Enden  der  Rolle.    Das  innere  Ende  desselben 
i>t  an  das  Ende  der  Magnetisirungsspirale  gelöthet ,  das  äussere  Ende  da- 
i;^en  setzt  sich  in  ein  7  Fuss  langes  7  Zoll  breites  Stanniol blatt,  au  welches 
es  angelöthet  ist,  fort,  indem  dieses  Stanniolblatt  zugleich  mit  einem  8  Zoll 
breiten  und  7  Fuss  langen  Streifen   doppelten  Wachspapiers  in  gleicher 
Richtung  wie  der  Draht  auf  die  Rolle  fest  aufgewickelt  ist.   Dieses  grosse 
Statiniolblatt,  dessen  einzelne  breite  Windungen  durch  das  dazwischen  ge- 
^^Spie  Wachspapier  gut  von  einander  isolirt  sind,  hat  eine  die  Elektricität 
^•r  Pole  beträchtlich  vermehrende  Wirkung. 

3.  Die  Hauptrolle  und  das  Eisändrahtbündel.    Die  induciren- 

««a   Rollen  haben  an  den  Poggcndorf  sehen  Apparaten  keine  von  den 

ß^*^ ähnlichen  wesentlich  abweichende  Construction ,  mit  Ausnahme,   dass 

«n©  jede  derselben  zwei  übersponnene  und  überfirnisste  Drähte  enthält,  die 

i**©!*  Belieben  einzeln  oder  verbunden,  neben-  oder  hintereinander  ange- 

wetKlet  werden  können.  Der  Draht  ist  I  Millim.  dick  und  jede  seiner  Hälf- 

*®tt    1 00  par.  Fuss  lang.  Er  ist  bei  zwei  Exemplaren  auf  Röhren  von  Pappe, 

"**    Qinem  dritten  auf  eine  Glasröhre  mit  15^^  par.  Linien  innerem  Durch- 

messer  gewickelt,  und  bildet  auf  derselben  4  Lagen,  wodurch  er  die  In- 

^l^^tionsroUe   ausfüllt.     Eine  vierte  Hauptrolle  enthält  einen  0,67  Millim. 

wc^^ß  un^  -400  par.  Fuss  langen  Draht.   Es  ist  nämlich  unter  übrigens  glei-. 

cheti.  Umständen  die  reducirende  Wirkung  eines  galvanischen  Stromes  ganz 

^'^     seine  magnetisirende  Wirkung  ein  Produkt  aus  seiner  Stärke  in  seine 

Llii^e^  und  es  kann  daher  ein  kurzer,  dicker  Draht  bei  grösserer  Strom- 

■^^ke  durch  einen  längern,  dünnen  Draht  bei  kleinerer  Stromstärke  er- 

wt^t  werden.     Das  Letztere  ist  vortheilhaft ,  wenn  man  lang  andauernde 

^^kungen  haben  will,  weil  dabei  die  Vol tausche  Batterie  weniger  stark 

'    '^K^griffen  wird;  doch  wächst  dabei  der  innere  Inductionsstrom  oder  Extra- 

8*^^10  an  Intensität,  wodurch  wieder  Nachtheile  herbeigeführt  werden. 

Statt  des  gewöhnlichen  Bündels  von  ziemlich  dicken  Eisendrähten  oder 
dtinnen  Eisenstäben,  welche  von  einer  gemeinsamen  Hülle  fest  zusammen- 


230  Ueber  einige  Abänderungen  etc.  der  Volta-Indactionsapparaie. 

gehalten,  jedocb  durch  einen  isolirenden  Firniss  von  einander  getrennt 
werden,  wendet  Poggendorff  ein  ziemlich  kunstfoses  Bündel  sehrdttnner 
Eisendrähte  von  0,25  Millim.  Durchmesser  an.  Der  Draht  wird  ausgeglttht, 
in  Stücke  von  angemessener  Länge  zerschnitten  und  mit  Seidenfäden  zu 
einem  Bündel  gebunden ,  •  das  der  besseren  Handhabung  wegen  mit  einer 
Papierhülle  umgeben  wird.  Die  beim  Ausglühen  entstandene  Oxydulschicht, 
sowie  die  nicht  völlig  geradlinige  Gestalt  der  einzelnen  Drähte  vertritt  den 
Firniss  hinreichend,  wenn  insbesondere  das  Bündel  nicht  zu  fest  zusammen- 
geschnürt wird.  Jedes  Bündel  enthält  4200  Drähte,  welche  bei  zweien  6  par. 
Zoll  Länge,  also  wenig  mehr  als  die  Inductionsrolle  haben,  bei  einem  dritten 
Bündel  aber  dreimal  so  lang  oder  l'A  Fuss  sind.  Die  Anzahl  der  Drähte 
kann  aber  nach  Poggendorff  unbeschadet  der  Wirkung  bedeutend  ver- 
ringert werden.  Ein  hohles  Bündel  von  demselben  Draht,  das  einen  leeren 
cjlindrischen  Raum  von  9  par.  Linien  einschloss  und  halb  so  viel  als  der 
massive  wog ,  zeigte  dieselben  Wirkungen  wie  dieses. 

Am  Sinsteden 'sehen  Apparate  stehen  Hauptrolle,  Eisendrahtbündel 
und  Stromunterbrecher  wie  gewöhnlich  in  einem  viel  engem  Verhältnisse 
zu  einander,  dass  deren  Einrichtung  und  Wechselwirkung  auf  einander  sich 
nicht  gut  getrennt  von  einander  wiedergeben  lässt.  Dagegen  hat  es  Pog- 
gendorff vorgezogen, 

3.  den  Stromunterbrecher  in  Gestalt  des  sogenannten  Neef*  sehen 
oder  richtiger  Wagnerischen  Hammers  ganz  als  ein  selbständiges  mit  dem 
übrigen  Apparate  verschiedentlich  in  Verbindung  zu  setzendes  Instrument 
hinzustellen.  Zum  Stndium  des  Verlaufs  und  der  Wechselwirkung  der  im 
Apparat  entwickelten  Elektricitäten ,  namentlich  auch  des  Extrastromet, 
sowie  der  Wirkung  des  Condensators  hat  es  nämlich  Poggendorff  vor- 
theilhaft  gefunden,  den  Neef  sehen  Hammer  im  partiellen  Vacuum  unter 
der  Glocke  der  Luftpumpe  arbeiten  zu  lassen  (vergl.  Poggend.  Annal.  Bd.  95. 
S.  156;  Monatsber.  der  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Berlin.  1855.  S.  208).  Einem 
dieser  Stromunterbrecher  hat  er  die  gewöhnliche  Einrichtung  des  Necrschen 
Hammers  mit  federnder  Zunge,  die  gegen  den  darüber  stehenden  Platin- 
stift schlügt,  gegeben  und  nur  noch  einen  zweiten  Stift  unterhalb  der  Zunge 
angebracht,  gegen  welchen  dieselbe  beim  Herabgehen  schlägt,  wodurch  der 
galvanische  Strom  sowohl  doppelt  unterbrochen ,  als  auch  umgekehrt  wer- 
den kann  (Annal.  Bd.  91.  S.  290).  Der  andere  Stromunterbrecher  hat  den 
Zweck,  die  Unterbrechungen  im  Innern  einer  tropfbaren  Flüssigkeit  vor 
sich  gehen  zu  lassen.  Der  kleine  Elektromagnet  befindet  sich  deshalb  ober- 
halb des  Ankers  der  Zunge,  welche  auch  den  Platinstift  oder  Hammer 
trägt.  Dieser  Schlägt  gegen  den  Araboss,  welchen  ein  dicker  Platindraht 
vorstellt ,  der  mitten  in  einem  kleinen  Glascylinder  mit  messingnem  Fusse, 
auf  den  der  Platindraht  eingeschraubt  ist,  ruht.  Um  den  Draht  herum  ist 
der  Cylinder  mit  einer  Lage  Schwefel  ausgegossen,  welcher  den  meisten 
Flüssigkeiten  in  der  Kälte  zu  widerstehen  vermag. 

Sinsteden  ist  bei  der  Anordnung  seines  Apparates  darauf  ausgegan- 
gen, die  Vortheile,  welche  ein  hufeisenförmiger  Magnet  vor  einem  stah- 
förmigen  hat,  bei  dem  Inductionsapparate  zu  benutzen  und  hatte  zu  dem 
p]nde  den  die  Hauptrolle  bildenden  Draht  zuerst  um  zwei  9  Zoll  lange, 
%  Zoll  dicke  Cylinder  von  dünnen  Eisendrähten  a  und  b  (Fig.  I)  gewickelt, 
von  denen  a  innerhalb  der  mit  der  Axe  horizontal  liegenden  Inductions- 
rolle Ä,  b  unterhalb  derselben  zu  liegen  kam.  Den  Polen  der  Eisenstäbe 
wurden  hier  auf  dicke  Eisenstücke  r  und  Z  angelegt ,  von  denen  r  unbeweg- 


Von  WnzscuEL. 


231 


Figur  1. 


T^MT^  mf^n  w^*^ 


lieh  fest  angebracht  wurde,  Z  dagegen  an  eine  Feder  gelegt,  als  federnde 
Zunge  Bur  Unterbrechung  des  Stroms  diente.    Durch  verschiedene  Verbin- 
dung der  4  Enden  der  Magnetisirungsspirale  mit  zwei  Bunsen 'schon  Ele- 
menten untersuchte  er  zunächst  diejenige  Anordnung  der  Drähte  und  Rich- 
tung des  inducirenden  Stromes,  bei  welcher  die  stärkste  Wirkung  sich  am 
Apparat  herausstellte.  Dieselbe  zeigte  sich  dann,  wenn  der  Strom  nur  durch 
die  eine  innerhalb  der  IndnctionsroUe  befindliche  Magnetisirungsspirale  a 
geleitet  wurde.    Dabei  ergab  sich  aber  die  Anwesenheit  des  Eisencjlinders 
6  sowie  des  Eisenstücks  r  als  wesentliche  Theile  zur  Erhöhung  der  Kraft 
des  Apparats.  Es  wurde  daher  zunächst  nur  die  Drahtspirale  um  den  Eisen- 
cylinder  b  entfernt  und  der  Magnetisirungsdraht  um  a  gelassen ,  welcher 
«OS  zwei  50  Fuss  langen,  ^^  Linie  dicken,  gut  umsponnenen  und  gefirnissten 
Knpferdrfthten  bestand,  welche  neben  einander  herliefen,  250  Doppel win- 
ciangen  in  drei  Lagen  bildeten  und  deren  Enden  an  entgegengesetzten  En- 
den des  Ebencylinders  ausliefen.  Die  Wirkung  wurde  aber  noch  erheblich 
gesteigert,  wenn  an  die  Stelle  des  Eisenstücks  r  ein  kräftiger  Stahl- 
en agnet  von  50 — 60  Pfund  Tragkraft  so  vorgelegt  wurde,  dass   seine 
Pole  gegen  ungleichnamige  Pole  der  Eisencjlinder,  wenn 
diese  durch  die  Spirale  erregt  sind,  zu  liegen  kamen.    Diesen  Zu- 
wachs der  Wirkung  erklärt  Sinsteden  einmal  durch  den  sehr  starken,  so- 
wohl von  der  Elektricität  in  der  Spirale  als  auch  vom  Stahlmagneten  erreg- 
ten and  in  gleichem  Sinne  wirkenden  Magnetismus  und  sodann  durch  die 
JPKHslichkeit  und  rasche  Aufeinanderfolge  der  Unterbrechung  und  Schliessung 
^es  Stromes,  indem  nun  ein  starker,  mehrere  Pfund  betragender  Fed er- 
drück nöthig  ist ,  um  die  federnde  Zunge  Z  von  den  Polen  der  Eisenstäbe 
mbzutreiben.  Bei  Untersuchung  der  magnetischen  Vertheilung  in  denEisen- 
«ylindem,  während  sie  nur  vom  Stahlmaguetcn  erregt  sind,  durch  eine 
Ueine  Magnetnadel  hat  sich  ihm  nämlich  ergeben ,  dass  der  Cylindec  a  bis 
auf  einen  sehr  kleinen  Theil  N  ganz  südpolarisch  und  der  Cy linder  b  bis  auf 
'einen  kleinen  Theil  S  ganz  nordpolarisch  ist.    Wird  nun  der  Magnetismus 
durch  die  Spirale  erregt,  so  wird  nicht  nur  der  Magnetismus  der  Cylinder 
bedeutend  erhöht,  sondern  es  verschiebt  sich  auch,  wie  die  Untersuchung 
durch  eine  kleine  Magnetnadel  gelehrt  hat,  die  indifferente  Linie  m'  von  den 
Enden  der  Stäbe  nach  der  Mitte  m  derselben,  oder  der  Südmagnetismus, 
der  beinahe  den  ganzen  Cylinder  a  eingenommen  hatte,  zieht  sich  verstärkt 
auf  die  eine  Hälfte  zurück ,  während  die  andere  Hälfte  stark  nordpolarisch 
wird.   Dadurch  erhält  nun  erst  der  Magnetismus  in  den  Polen  der  Eisen- 


232  Ueber  einige  Abänderungen  etc.  der  Volta-Induction8apparate. 


cylindcr  das  Uebergewicht  über  den  starken  Federdruck,  welcher  das  Eisen- 
stück Z  von  ihnen  abhält,  dasselbe  wird  angezogen  und  tritt  mit  der  Platin- 
spitze p  dnrch  einen  nur  sehr  geringen  Zwischenraum  ausser  Verbindung. 
Der  durch  die  Unterbrechung  des  Stromes  hervorgerufene  gleichge- 
richtete Extrastrom  magnetisirt  die  Eisencylinder  momentan  noch  stärker, 
welche  durch  Reflex  wieder  auf  diesen  Strom  schwächend  wirken  allerdings 
in  einem  geringem  Grade ,  weil  sie  in  Form  von  Drahtbündeln  angebracht 
sind.  Für  den  Extrastrom  ist  aber  die  Leitung  nicht  mehr  geschlossen^  die 
bewegten  Elektricitäten  strömen  also  nach  der  Unterbrechungsstelle  hin 
und  entladen  sich  dort  in  Funken  um  so  mehr,  je  träger  und  unvollkommner 
im  Verhältniss  zur  Schnelligkeit  der  Strombewegung  die  durch  mechanische 
Mittel  bewirkte  Unterbrechung  ist.  Diese  Entladungen  oder  partiellen 
Schliessungen  der  Kette  trotz  der  wirklichen  Oeffnung  derselben  scheinen 
eine  gegenseitige  Schwächung  des  primären  und  Extrastromes  und  deren 
Wirkung  hervorzurufen,  die  dnrch  Anlegung  des  Condensators,  wovon  wei- 
ter unten,  sowie  aber  auch  durch  eine  zweckmässige  Einrichtung  des  Strom- 
unterbrechers wenigstens  theilweise  gehoben  werden  kann. 

Wird  die  federnde  Zunge  des  Stromunterbrechers  durch  verschiedene 
Stellschrauben  so  gestellt,  dass  sowohl  ihre  Schwingungsweite,  als  auch  der 
Druck,  der  sie  von  den  Polen  der  Eisencylinder  abtreibt,  ab  auch  der 
Stoss ,  den  sie  gegen  die  Platinspitze  macht ,  nach  Belieben  verändert  wer- 
den kann ,  so  ist  bei  einer  bestimmten  Anordnung  dieser  Verhältnisse  ein 
Maximum  der  Wirkung  an  den  Polen  der  Inductidnsrolle  zu  erwarten.  Auf 
diese  Weise  hat  SinsCeden  die  Bedingungen  für  dieses  Maximum  ermit- 
telt und  darnach  eine  möglichst  zweckmässige  und  einfache  Einrichtung  der 
Zunge  oder  des  Unterbrechers  wie  folgt  angegeben. 

Das  die  federnde  Zunge  bildende  dicke  Eisenstück  Z  (Fig.  2)  ist  mittels 
eines  Messingplättchens  biegsam  auf  dem  Fussbrett  des  Apparats  befestigt. 

Unten  hat  dies  Eisenstück  eine  horizontale 
Nuthe ,  die  durch  einen  dicken  Streifen  ge- 
schwefelten Kautschuk  y  angefüllt  ist,  der 
es  mit  grosser  Kraft  von  dem  Pole  S  des 
Eisenkerns  abtreibt.  Diesen  Druck  zu  re- 
guliren  liegt  oben  auf  der  entgegengesetz- 
ten Seite  des  Eisenstücks  eine  Kautschuk- 
platte a-,  welche  mit  einem  Messingplätt- 
chen  versehen  ist,  gegen  welches  die  ver- 
stellbare Schraube  b  mehr  oder  weniger 
angedrückt  werden  kann.  Die  Messingfe- 
der F  ist  oben  an  das  Eisenstück  Z  drehbar 
angeschraubt,  so  dass  sie  von  demsel- 
ben weg  federt,  worin  sie  durch  ein 
zwischen  geklemmtes  Stück  Kautschuk  un- 
terstützt wird;  der  Platiuspitze  p  gegen- 
über trägt  sie  ein  Platinplättchen.  Durch 
Drehung  und  Verschiebung  der  Feder  F  um  die  sie  befestigende  Schraube 
kann  der  Platinspitzc  p  immer  eine  andere  Stelle  des  Platinplattchens  ge- 
genüber gestellt  werden.  Wenn  nun  die  Theile  F  und  p  sich  berühren,  der 
galvanische  Strom  den  Eisencylinder  immer  stärker  magnetisirt,  bis  endlich 
der  Druck  des  Kautschnkstücks  y  überwunden  ist,  so  nähert  sich  Z  dem 
Pole  iS;   dadurch    wird  die  Feder  F  von  dem  Drucke,  der  sie  zurückbog, 


Von  WiTZSCUEL.  233 

immer  mehr  frei  nnd  bewegte  sich  mit  ihrer  Platinplatte  immer  mehr  nach 
entgegengesetzter  Kichtung  als  die  Zunge  Z,  d.  h.  das  Platinplftttchen  bleibt 
immer  noch  mit  der  Platinspitze  in  Berührung.  Ist  endlich  die  Feder  F 
an  der  Grenze  ihrer  Kückwärtsbewegnng ,  welche  sie  ausführen  kann,  an- 
gekommen ,  wobei  der  obere  Theil  der  Zunge  Z  beinahe  bis  zur  Berührung 
dem  Pole  S  sich  genähert  hat,  der  Magnetismus  des  Eisencylinders  also  am 
stärksten  wirkt,  so  wird  in  dem  kurzen  Moment,  In  welchem  Z  sich  völlig 
an  S  anlegt,  die  Feder  F  mit  derselben  Schnelligkeit,  wie  sich  Z  bewegt, 
vom  Platinstift  p  sich  trennen  und  den  Strom  unterbrechen.  Diese  Unter- 
brechung währt  nur  eine  sehr  kurze  Zeit,  weil  die  Contacttheile,  die  Feder 
und  der  Platinstift,  immer  in  der  grössten  Nähe  geblieben  sind,  so  dass  sie, 
wenn  der  obere  Theil  der  Zunge  vom  Pole  S  nicht  mehr  angesogen  wird 
und  von  dem  jetzt  aufs  Höchste  zusammengepressten  Kautschukstück  y 
zurückgeschnellt,  nur  die  kleinste  rückgängige  Bewegung  macht,  sogleich 
wieder  in  lang  dauernde  Berührung  gerathen.  Auf  diese  Weise,  sowie  auch 
durch  die  Trägheit  des  Eisenstücks  Z  kommt  ^  auf  eine  lang  anhaltende 
Schliessung  eine  plötzliche  und  kurze  Oe'ffnung  und  eine  ebenso  plötzliche 
Schliessung  der  Kette  zu  Stande,  welches  Spiel  für  die  grösstmöglichste 
Wirkung  an  den  Polen  der  Inductionsrolle  unter  übrigens  gleichen  Umstän- 
den am  günstigsten  zu  sein  scheint. 

4.  Der  Condensator.  Ueber  die  eigenthümliche  Wirkungsweise 
dieses  Instrumentes  giebt  es  verschied  entliche ,  mehr  oder  weniger  abwei- 
chende Ansichten.  So  viel  steht  wohl  fest ,  dass  derselbe  nicht  so ,  wie  der 
gewöhnliche  Condensator  wirkt,  weshalb  ihn  auch  Sinsteden  anders,  und 
zwar  nach  seiner  davon  gewonnenen  Ansicht  Conservator  genannt  wissen 
will.  Seine  bisherigen  Namen  hat  das  Instrument  von  der  dem  gewöhnlichen 
Condensator  ähnlichen  Einrichtung  erhalten.  Derselbe  besteht  meist  aus 
einem  laugen ,  auf  beiden  Seiten  mit  Stanniol  belegten  Stücke  Wachstaffl, 
gefaltet  zu  hin  -  und  hergehenden  Lagen,  damit  er  weniger  Kaum  einnehme 
und  zugleich  nur  die  Theile  einer  und  derselben  Belegung  mit  einander  in 
Berührung  kommen  lasse.  Die  Drähte ,  welche  denselben  mit  der  Leitung 
des  primären  Stromes  verbinden,  werden  dies-  und  jenseits  der  Unter- 
brcchungsstelle  am  Nee f  sehen  Hammer  angelegt  und  zwar  in  möglichst 
geringer  Entfernung  von  derselben ,  wenn  man  nicht  die  Wirkung  etwas 
abschwächen  will.  Einer  der  von  P  o  g  g  e  n  d  o  r  f f  construirten  Condensa- 
toren  hält  in  seinen  Zinnflächen  8  par.  Fuss  Länge  und  1 1  par.  Zoll  Breite, 
ein  anderer  bei  derselben  Breite  nur  23  par.  Zoll  Länge ,  wobei  aber  die 
zusammengefalteten  Lagen  durch  dazwischen  geschobene  Pappstreifen  ge- 
trennt sind,  damit  die  Belege  sich  nicht  rückseits  selber  berühren. 

Diese  grösseren  in  der  Regel  den  Ruh mkorf  fischen  Inductionsappa- 
raten  beigegebenen  Coudensatoren  sind  vom  Mechanikus  Halske  durch 
viel  kleinere  vertreten  und  thcilweise  auch  ersetzt  worden.  Die  letzteren 
bestehen  nur  aus  einem  beiderseitig  belegten  Glimmerblatt  von  nicht  mehr 
als  Octavformat  Grösse.  Für  diese  relative  Ueberlegenheit  des  Glimmer- 
Condcnsators  findet  Poggendorff  darin  den  Grund,  dass  die  condensi- 
renden  Flächen  auf  der  Rückseite  ganz  frei  die  Luft  berühren  und  zugleich 
einander  näher  stehen,  als  auf  der  grossen  Taffetwand,  die  nicht  allein  etwas 
dicker  ist,  als  das  angewandte  Glimmerblatt,  sondern  auch  durch  Krüm- 
mungen und  Falten  ein  enges  Anschliessen  der  Stanniolblätter  verhindert. 
Als  Ersatzmittel  für  Glimmer ,  welcher  nicht  überall  in  Tafeln  von  der  er- 
forderlichen Grösse  zu  haben  ist,  schlägt  Poggendorff  Postpapier,  auf 


234  Ueber  einige  Abänderungen  etc.  der  Volta  -Inductionsapparate. 

beiden  Seiten  mit  Schellack  oder  Bemsteinlack  bestrichen,  oder  dünnes 
Wachspapier  ebenfalls  mit  Lackfirniss  Überzogen,  vor;  Nach  Versuchen 
mit  solchen  Papiercondensatoren  von  54  und  von  30  par.  Quadrataoll  Fläche 
fand  er  dieselben  eben  so  wirksam,  wie  die  grossen  von  Wachstaffet,  was 
die  Schlag  weite  der  Inductionsf  unken  betrifft.  Doch  darin  waren^ 
die  grossen  den  kleinen  überlegen,  dass  sie  massigere ,  compaktere  Funken 
hervorriefen ,  und  dass  mit  ihnen  die  Funken  auch  schneller  auf  einander 
folgten ,  wenn  der  Abstand  der  Pole  der  Grenze  sich  näherte ,  bei  welcher 
die  Funken  einzeln  erschienen  oder  überhaupt  noch  zum  Vorschein  kamen. 
Ausserdem  scheinen,  aber  die  Wirkungen  der  grossen  Condensatoren  mehr 
hervorzutreten,  wenn  der  inducirende  Strom  intensiver  wird,  ganz  besonders 
aber,  wenn  der  Fxtrastrom  auf  irgend  eine  Weise  verstärkt  wird.  Die  klei- 
nen Condensatoren  sind  nur  vortheilhaft,  wenn  der  Extrastrom  relativ 
schwach  ist,  also  bei  einem  kurzen  und  dicken  Drahte,  welchen  der  Haupt- 
strom zu  durchlaufen  hat.  Wendet  man  dagegen  einen  langen  und  dünnen 
Draht  in  der  Hauptrolle  an,  so  nimmt  unter  übrigens  gleichen  Umständen 
die  Wirkung  der  kleinen  Condensatoren  um  so  mehr  ab,  je  kleiner  sie  sind. 
Hiervon  kann  man  sich  nach  Poggendorff  überzeugen,  wenn  man  an 
der  Hauptrolle,  welche  einen  Doppcldraht  hat,  die  Enden  einmal  so  ver- 
bindet, dass  der  Strom  einen  Draht  von  doppeltem  Querschnitt  und  einfacher 
Länge ,  sodann  dass  er  einen  Draht  von  einfachem  Querschnitt  und  doppel- 
ter Länge  durchläuft.  Li  letzterem  Falle  erhält  der  galvanische  Strom  eine 
relativ  geringere  der  Extrastrom  eine  relativ  grössere  Stärke  und  da- 
bei versagen  die  kleinen  Condensatoren  fast  ganz  ihre  Wirkung.  Endlich 
hängt  die  Wirkung  der  Condensatoren  auch  von  der  Beschaffenheit  der  Li- 
ductionsrolle  ab.  Enthält  diese  einen  kürzeren  und  dickeren  Draht,  so  sind 
auch  die  kleinen  Condensatoren  ziemlich  wirkungslos,  während  die  grossen 
eine,  wie  es  scheint,  nach  Verhältniss  ihrer  Grösse  zunehmende  Wirkung 
äussern.  Je  kräftiger  mithin  die  galvanische  Batterie,  je  leitender  und  län- 
ger die  Bahn  ihres  Stromes,  je  dicker  und  massiger  der  Inductionsdraht  ist, 
je  intensiver  der  Extrastrom  also  wird,  desto  grösser  muss  der  Condensator 
sein,  wenn  eine  energische  Funkenentwickelung  zwischen  den  Polen  des 
Apparats  hervorkommen  soll. 

Die  Gesammtwirkung  des  Condensators  scheint  hauptsächlich  darin  zu 
bestehen ,  dass  er  bei  Unterbrechung  des  Stromes  die  vielen  Theilentladun- 
gen  verhindert,  indem  er  die  nach  der  Untcrbrechuugsstelle  sich  hindrän- 
genden oder  daselbfTt  angehäuften  Elcktricitäten  auf  seine  beiden  Belegun- 
gen ableitet  und  so  bei  der  doch  immer  noch  all  mal  ig  stattfindenden  Tren- 
nung der  Leitung  durch  den  Unterbrecher  sämmtliche  Theilentladungen  zu 
einer  einzigen  vereinigt.  Da  diese  Theilentladungen,  welche  ohne  Conden- 
sator stattfinden,  hauptsächlich  durch  den  Extrastrom,  sowie  auch  durch 
das  magnetisirte  Ei.sendrahtbündel ,  welches  überhaupt  vielerlei  Complica- 
tioncn  herbeiführt,  hervorgerufen  werden,  so  ist  damit  auch  die  Abhängig- 
keit erklärlich,  in  welcher  die  verschiedenen  Wirkungen  eines  grossen  oder 
kleinen  Condensators  von  der  Beschaffenheit  und  relativen  Starke  desHaupt- 
und  Extra  -  Stroms  stehen. 

Poggendorff  ist  der  Ansicht,  dass  Durchbohrungen  des  Condensa- 
tors ,  welche  durchschlagende  Funken  hervorbringen ,  denselben  nicht  we- 
sentlich unwirksamer  machen.  Sinsteden  hält  dagegen  Durchbohrungen 
für  viel  bedenklicher,  wenij^stens  bei  einem  Apparate  von  so  beträchtlicher 
Stärke ,   wie  der  seinige.    Er  ist  daher  auch  darauf  bedacht  gewesen ,  dem 


Von  WiTZSCUEL.  235 

Condensatoreine  dauerhaftere  Einrichtnng  zu  geben  und  hat  zu  dem  Ende 
dflnnes  Tafelglas  anstatt  des  Wachstaffet  angewendet.  Acht  dünne  Glas-* 
tafeln,  18  Zoll  lang  und  10  Zoll  breit,  bis  auf  einen  Zoll  am  Kande  mit 
Stanniol  belegt,  sind  in  einem  flachen  Uolzkasten  über  einander  geschichtet, 
der  inwendig  mit  •%  Zoll  auseinander  stehenden  Nuthen  versehen  ist,  in 
denen  die  Glastafeln  eine  sichere  Lage  haben.  An  einer  Längsseite  sind 
die  beiden  Ecken  der  Glastafeln  abgeschnitten  und  hier  ein  dünner  Kupfer- 
draht mit  Siegellack  auf  dem  freien  Glasrande  festgelackt  und  mittels  leicht- 
flüssigen Metalls  an  das  Stanniolblatt  festgelöthet.  So  treten  an  je  einem 
£nde  der  Längsseite  des  Kastens  8  Kupferdrähte  hervor,  die  zusammen  und 
mn  eine  am  Kasten  wohl  isolirt  befestigte  Klemmschraube  gelöthet  sind. 
Die  sich  gegenüber  liegenden  Stanniolflächen  zweier  Tafeln  sind  immer  mit 
ein  nnd  derselben  Klemmschraube  verbunden,  so  dass  wenn  die  eine  Klemm- 
schraube mit  der  Zunge ,  die  andere  mit  der  Platinspitze  des  Stromunter- 
brechers Terbunden  ist,  jenen  gegen  einander  Überliegendon  Stanniolflächen 
gleichnamige  Elektricität  zugeführt  wird.  Von  solchergestalt  eingerichteten 
Condensatoren hat  Sinsteden  zwei,  jeden  mit  20  DFuss  Stanniolbelegung, 
angewendet  und  dabei  gefunden,  dass  immer  zwei  zugleich  benutzt  eine 
grössere  Wirkung  gab*en,  als  einer  allein;  ein  Beweis,  dass  die  Grösse  der 
belegten  Glasfläche  mit  den  angegebenen  Dimensionen  noch  nicht  über- 
schritten war. 

Die  Wirkungen'  des  in  solcher  Weise  von  Sinsteden  hergerichteten 
Indnetionsapparates  sind  seinen  Versicherungen  zufolge  allerdings  sehr  be- 
deutend* Der  Apparat,  dessen  wesentliche  von  ihm  hinzugefügte  Zuthaten 
die  Fortsetxung  und  Erweiterung  des  Inductionsdrahtes  in  eine  grössere 
mofgewiekelte  Stanniolfläche,  die  Verwendung  zweier  Eisendrahtbündel  und 
die  Anlegung  eines  Stahlmagneten  an  die  Pole  derselben ,  die  eigenthüm- 
liche  Einrichtung  des  Stromunterbrechers  sowie  des  Condensators  sind,  giebt 
mii*swei  Zinkkohlenelementen  ohne  Thonbecher,  nur  mit  verdünnter  Schwe- 
Felsäure,  der  etwas  saures  chxomsaures  Kali  zugesetzt  worden  ist,  geladen 
9  paris.  Linien  lange ,  einzelne  breite  Liductionsfunken ;  bei  7  Linien  Ab- 
stand der  Pole  fährt  ein  ununterbrochener  dichter  Feuerstrahl  anhaltend 
ttber,  und  sind  zwei  Leidner  Flaschen ,  jede  von  iVb  DFuss  innerer  Bele- 
^;ang,  in  einer  unten  näher  angegebenen  Weise  mit  in  den  Stromkreis  ein- 
geschaltet, so  sehlagen  bei  6  Linien  Abstand  der  Pole  rasch  hinter  einander 
^inselne  breite ,  lautknallcnde  Funken  über ,  die  bei  5  Linien  Abstand  con- 
'fcinmrlich  werden,  und  ein  betäubendes,  dicht  an  einander  gereihtes  Knallen 
"^emrsachen.   Eine  ^h  Fuss  lange  Blitztafel   mit  25  Unterbrechungsstellen 
^Beigt  ein  schönes  Funkenspiel.   Die  Fünkchen  der  vielen  Unterbrechnngs- 
^tellenaind  ungemein  klein  gegen  den  Funken  einer  einzigen  Unterbrechungs- 
^telle.  —  Wird  ein  Hühnerei  zwischen  die  Polspitzen  gelegt,  so  erglüht  das 
lEli,  so  lange  der  Strom  hindurchgeht,  in  einem  so  intensiven  Lichte,  dass 
^^s  selbst  bei  Tage  gut  zu  sehen  ist.    Zerschlägt  man  das  Ei ,  so  findet  man 
^3a,  wo  der  negative  Poldraht  angelogen  hat,  dicke  Klumpen  hartgeronuenen 
^käiweisses.  —   Fahren  die  Funken  über  ein  zwischen  die  Pole  gebrachtes 
Stückchen  Kreide  hin,  so  färben  sie  sich  schön  roth,  ohne  dass  die  Kreide 
feuchtend  wird;  Zucker  wird  durch  und  durch  schneeweiss  leuchtend.  — 
C]teht  der  Strom  zwischen  zwei  Stahl  -  oder  Platinspitzen  über,  so  bildet  sich 
in  der  Mitte  zwischen  ihnen ,  wo  dio  beiderseitigen  Feuerstrahlen  sich  be- 
gegnen ,  unter  heftigem  Sausen  eine  röthliche  Flammenscheibe,  an  der  sich 
Spiritus,  Baumwolle,  ein  Schwofelholz,  Schicsspulver,  Papier,  ein  Talg- 


^ 


236  Ueber  einige  Abänderungen  etc.  der  Volta-  Induetionsapparate. 

oder  Wachslicht  etc.  anzünden  lässt.  —  Werden  die  Polspitzen  soweit  ge- 
nähert, bis  sie  sich  beinahe  berühren,  so  umhüllt  sich  die  negative  von 
der  positiven  her  mit  violettem  Lichte  und  erglüht.  Ein  Platindraht  von 
0,75"^  Durchmesser  glüht  auf  eine  Strecke  von  3  bis  4"*"  noch  sehr  lebhaft. 
Sowie  die  Drähte  sich  wirklich  berühren,  hört  das  Glühen  sofort  auf  (s.u.). 
Werden  statt  der  dickeren  Drähte  dünnere  von  y,o  —  V«  par.  Linie  Durch- 
messer genommen ,  so  schmilzt  der  negative  Poldraht  am  Ende  in  ein  Kü- 
gelchen  zusammen  (l  "^  Durchmesser) ,  das  endlich  so  gross  wird ,  dass  der 
Strom  es  nicht  mehr  im  Fluss  erhalten  kann ;  dann  leuchtet  es  aber  wie  eine 
»trahlige  Sonne  stundenlang  fort.  Wird  ein  Glasfaden  an  die  glühende  Pla- 
tinkugel gehalten,  so  wird  sie,  sobald  das  schmelzende  Glas  sie  überzogen 
hat,  sogleich  dunkel  und  die  ihr  gegenüber  stehende  positive  Drahtspitse, 
die  bis  dahin  bei  allen  bisherigen  Versuchen  dunkel  geblieben  war,  fängt 
an  zu  glühen.  •^-  Werden  die  Pole  von  Bunsen^scher  Kohle  gebildet,  so 
entsteht  ein  brillantes  Koblenlicht,  welches  leichter  zu  unterhalten  ist,  da 
es  bei  sehr  verändertem  Abstände  der  Kohlen  nicht  erlischt.  Stehen  die 
Kohlenspitzen  etwa  iVb  Linie  auseinander,  so  zeigt  sich  zwischen  ihnen 
wieder  die  röthliche ,  heftig  sausende  Flamme.  Logt  man  in  derselben  einen 
Eisen-  oder  Platindraht  fest  gegen  die  negative  Kohle  und  schiebt  die 
Drahtspitze  gegen  die  positive  Kohle  hin,, ohne  diese  aber  zu  berühren,  so 
schmilzt  die  Drahtspitze  in  eine  Kugel  zusammen ,  die  durch  Nachschieben 
der  Drahtspitze  sich  ziemlich  vergrössert.  Platinkügelchen  von  V,  und  Eisen - 
kügelchen  von  2*^  lassen  sich  leicht  darstellen.  Das  Platin  sprüht  dabei 
Funken,  wie  Stahl,  nur  in  geringerem  Maasse.  —  So  ist  nach  diesen  Er- 
gebnissen zu  erwarten ,  dass  der  Apparat  auf  dem  eingeschlagenen  Wege 
noch  ganz  bedeutend  verstärkt  werden  kann,  so  dass  er  einer  dereinstigen 
praktischen  Verwendbarkeit  fähig  zu  sein  scheint,  z.  B.  zur  Darstellung  des 
Kohleuspitzeulichts ,  ohne  dazu  mehr  als  2  oder  4  galvanische  Elemente  zu 
bedürfen. 

Poggondorff  fand  bei  den  Dimensionen  seiner  Tnductionsapparate 
und  bei  den  Zwecken,  zu  welchen  er  seine  Versuche  anstellte,  fast  nie- 
mals nöthig,  mehr  als  zwei  Gro  versehe  Elemente  anzuwenden. 

Die  eingangs  erwähnten,  von  l^oggendorff  als  Hülfsapparate  be- 
zeichneten Vorrichtungen  sind  erstens  eine  Art  allgemeiner  Auslader, 
welcher  im  Ganzen  die  Einrichtung  eines  Funken  -  Mikrometers  erhalten 
hat.  Die  von  Glasstäben  getragenen  und  durch  Drähte  mit  den  Polen  der 
Inductionsrolle  zu  verbindenden  Platiiistifte  desselben  verstatten  sowohl  in 
horizontaler  Lage  eine  horizontale ,  vertikale  und  drehende  Bewegung ,  als 
auch  in  vertikaler  Lage  eine  Stellung  neben-  oder  übereinander.  Dieselben 
Stifte,  an  deren  Spitzen  sich  dünnere  Drähte,  Kugeln  oder  Platten  ansetzen 
lassen,  dienen  auch  als  Elektroden  bei  den  chemischen  Zersetzungen  durch 
den  Inductionsstrom.  —  Der  zweite  llülfsapparat,  das  elektrische  Ei, 
ist  bekannt.  —  Der  schon  erwähnte  Extrateller  zur  Luftpumpe  dient  zur 
Anstellung  elektrischer  Versuche  im  Vacuura ,  z.  B.  zur  Untersuchung  des 
Verhaltens  und  Einflusses  des  Stromunterbrechers,  wenn  derselbe  im  par- 
tiellen Vacuiim  arbeitet,  u.  a.  m.  Auf  die  Messingscheibe  des  Tellers  ist 
eine  Glasscheibe  gekittet  und  beide  haben  zwei  diametrale  Löcher,  in  wel- 
chen zwei  dicke  Kupferstifte  luftdicht  eingelassen  sind,  so  dass  sie  das 
Messing  nicht  berühren  und  unterhalb  und  oberhalb  hervorragen,  um  in  mit 
Klemmschrauben  verbundenen  Lüchern  die  nöthigen  Verbindungsdrähte  auf- 
zunehmen. 


Von  WiTZSCHEt.  237 

Die  Ersclieinnngen,  welche  der  Inductionsapparat  im  Allgemeinen 
darbietet,  sind  ihrer  Natur  nach  wesentlich  verschieden,  je  nachdem  die 
pole  des  Inductionsdrahtes  entweder  I.  verbunden  sind  durch  einen  guten 
LiCiter,  oder  2.  getrennt  durch  Luft  oder  Gase,  oder  3.  getrennt  durch  einen 
Hüssigen  oder  starren  Isolator.  Die  Eigenthümlichkeiten  der  Inductions- 
orscheiuungen  in  den  3  bezeichneten  Fällen  sind  zuerst  von  Poggendorf  f 
erfasst  und  gehörig  classificirt  worden. 

1.  Sind  die  Pole  des  Inductionsdrahtes  durch  einen  Metalldraht  oder 
eine  gut  leitende  Flüssigkeit  verbunden,  so  besteht  der  Inductionsstrom  aus 
Kwei  abwechselnd  hin-  und  herlaufenden  Theilen,  welche  der  Schliessung 
und  Oeffnung  des  inducirenden  galvanischen  Stroms,  in  entgegengesetzter 
und  gleicher  Richtung  mit  diesem  entsprechen.    Wird  nämlich  ein  Galva- 
nometer eingeschaltet,  so  zeigt  dasselbe,   wenn  der  Indnctionsdraht  sehr 
ilünn  und  lang  ist,  keine  Ablenkung,  oder  wenn  er  dicker  und  kürzer  und 
der  iudncirende  Strom  stärker  ist,  die  Erscheinung  der  doppelsinnigen  Ab- 
lenkung (Pogg.  Annal.  Bd.  45 ,  S.  353) ,  welche  auf  schnell  in  entgegenge- 
setzten Kichtungen   einander  folgenden   Magno tisirungen  der  Nadel  be- 
ruht. —  Wird  Wasser  oder  verdünnte  Schwefelsäure  zwischen  die  in  Platin- 
platten  endigenden  Pole  gebracht,  so  entwickelt  sich  an  jeder  Platte  Sauer- 
stoff und  Wasserstoff,  und  die  Platten  zeigen  nach  Aufhebung  des  Stromes 
keine  Polarisation.  —  Feuchtes  Jodkaliumpapier,  mit  den  Polen  in  Verbin- 
^^i^g  gebracht,  giebt  an  jedem  Polo  eine  Ausscheidung  von  Jod  in  gleicher 
Stärke  zu  erkennen.  —  Ein  Elektro  -  Thermometer  wird  zum  Steigen  ge- 
bracht, da  für  dasselbe  die  Richtung  des  Stromes  gleichgültig  ist,  aber  eine 
thermo  -  elektrische  Kette  nimmt  keine  Ladung  au.   Auf  alle  diese  Erschei- 
nangen  ist  der  Condensator  ohne  Einfluss. 

2.  Sind  die  Pole  durch  eine,  wenn  auch  noch  so  kurze  Luft  -  oder  Gas- 
streeke  unterbrochen,  so  äussert  sich  nur  der  durch  das  Oeffuen  des  galva- 
nigchen  Stroms  entstandene  Inductionsstrom ;  der  andere ,  beim  Schliessen 
bervorgerufene ,  bleibt  wirkungslos  nach  Aussen  in  der  Kolle  zurück.  Die 
Indactionsrolle  hat  auf  diese  Weise  feste  Pole  bekommen.  Sind  nämlich  die 
Pole  durch  eine  grosse  Luftstrecke ,  so  dass  keine  Funken  überspringen, 
von  emander  getrennt,  und  wird  mit  einem  der  Pole<wein  Elektrometer  in 
Berührung  gebracht,  so  hängt  es  ganz  vom  Zufalle  ab,  ob  dasselbe  positiv 
oder  negativ  geladen  wird ,  da  beide  Elcktricitäten  abwechselnd  nach  den 
Polen  hüiströmen.  Wird  aber  das  Elektrometer  nur  soweit  genähert,  dass 
^ken  überspringen ,  so  erhält  es  aus  jedem  Pol  eine  bestimmte  der  Rich- 
tung des  Oeffnungsstroms  entsprechende  Elektricität.  Wird  dabei  der  eine 
Pol  mit  der  Feder  in  leitende  Verbindung  gebracht,  so  ladet  sich  das  Elektro- 
i&eter  schon  aus  einiger  Entfernung  vom  andern  Pol,  ohne  dass  ein  Funken 
überspringt,  durch  blose  Ausstrahlung  mit  derjenigen  Elektricität,  welche 
diesem  Pole  entspricht.  Damit  stimmt  überein ,  dass ,  wenn  man  einem  der 
Pole  einen  mit  dem  Erdboden  verbundenen  Draht  bis  zur  Schlagweite  nähert 
vad  eine  Zeit  lang  Funken  auf  ihn  überspringen  lässt,  alsdann  die*ganze 
Indactionsrolle  nach  Erlöschen  des  Stroms  mit  der  dem  andern  Pol  zuge- 
Börigen  Elektricität  geladen  ist.  Poggendorff  erkennt  darin  ein  Mittel, 
die  Indactionsrolle  auf  die  Güte  ihrer  äussern  Isolation  zu  prüfen. 

Die  Funken,  welche  man  im  ungeschlössenen  Zustande  der  Inductions- 
l^üB  aus  einem  ihrer  Pole  zieht,  sind  stärker,  wenn  der  andere  Pol  zur 
^fde  abgeleitet  ist  and*wie  es  scheint,  auch  kräftiger  am  negativen  Pole, 
*'»  am  positiven. 


238  lieber  einige  Abänderungen  etc.  der  Volta-Inductionsapparate. 

Werden  die  Pole  der  Indoctionsrolle  soweit  einander  genähert,  dass 
Fanken  zwischen  ihnen  überschlagen,  so  kann  man  die  Kette  als  geschlossen 
betrachten ,  mit  dem  Unterschiede  jedoch  von  der  durch  einen  gaten  Leiter 
vermittelten  Schliessung,  dass  dabei  nur  der  Oeffbungsstrom  circulirt.  Man 
erhält  somit  einen  Strom  von  constanter  Richtung ,  der  mit  Ausnahme  der 
Discontinuität  alle  Eigenschaften  eines  galvanischen  Stromes  von  hoher 
Intensität,  ähnlich  dem  durch  eine  grosse  Ansahl  kleiner  Plattenpaare  er- 
regten ,  besitzt ;  die  Unterbrechung  kann  hierbei  so  klein  wie  nur  immer 
sein.  Ein  Stück  trocknes  Fliesspapier  zwischen  Platten,  iii  welche  die  Pole 
auslaufen ;  gebracht,  bewirkt  die  beabsichtigte  Unterbrechung  ganz  voll- 
kommen und  lässt  nur  den  Oeffnungsstrom  circuliren.  Man  bekommt  durch 
diesen  Strom  eine  Ablenkung  der  Magnetnadel  in  einem  bestimmten  Sinne, 
die  Ladung  einer  Thermokette  ganz  in  der  Weise  wie  von  einem  galvani- 
schen Strome,  entgegengesetzt  der  Hichtnng  desselben;  auch  eine  ther- 
mische Wirkung  im  Drahte  ist  den  Beobachtungen  von  R  i  e  s  s  zufolge  vor- 
handen, nur  eine  äusserst  schwache.  Dagegen  üben  die  Funken  an  der 
Unterbr^chungsstelle ,  wie  schon  oben  bemerkt  (vergl.  auch  Annal.  Bd.  94, 
S.  652) ,  eine  viel  stärkere  thermische  Wirkung  aus.  Die  chemischen  Zer- 
setzungen des  Wassers,  Jodkaliums  u.  s.  w.  erfolgen  ganz  wie  bei  einem 
gewöhnlichen  galvanischen  Strom,  indem  an  jedem  Pole  nur  einer  der 
Elektrolyte  ausgeschieden  wird.  —  Besonders  bemerkenswerthe  Lichter- 
scheinungen entstehen ,  wenn  die  Unterbrechung  des  Stromes  an  der  Flüs- 
sigkeit selbst  geschieht,  indem  die  Poldrähte  entweder  beide  in  vertikaler 
Richtung,  in  angemessener  Entfernung  über  die  Oberfläche  der  Flüssigkeit 
gestellt  werden,  wobei  die  Funken  aus  beiden  auf  die  Flüssigkeit  schlagen^ 
oder  indem  nur  einer  derselben  in  die  Flüssigkeit  eingetaucht  wird,  während 
der  andere  über  derselben  steht,  aus  welchem  die  Funken  in  die  Flüssig- 
keit tiberschlagen.  Der  Funkenstrom  des  positiven  Pols  erhält  oben  an  der 
Spitze  des  Drahts  eine  gelbe  oder  rothgelbe  Farbe  und  bildet  unten  auf  der 
Flüssigkeit  eine  blaue  Scheibe ,  umgekehrt  ist  der  Funkenstrom  am  nega- 
tiven Pol  blau ,  während  auf  der  Flüssigkeit  ein  gelber  Schein  liegt.  Bei 
grösserer  Nähe  der  Flüssigkeit  an  den  Drähten  reducirt  sich  das  Phänomen 
auf  einen  blauen  Funken  am  negativen  Pol  und  einen  gelben  am  positiven. 
Verschiedene  Flüssigkeiten  zeigen  es  übrigens  verschieden;  nicht  leitende, 
wie  Terpenthinöl  lassen  es  gar  nicht  erscheinen,  destillirtes  Wasser  nur  un- 
bedeutend ,  besser  mit  Schwefelsäure ,  Salzsäure,  Salpetersäure  angesäuer- 
tes, am  besten  die  concentrirte  Schwefelsäure.  Diese  Erscheinungen  wer- 
den in  einer  massig  (bis  etwa  auf  8  Zoll  Quecksilberdruck)  verdünnten  Lnft 
noch  schöner  entwickelt.  Von  einer  chemischen  Zersetzung  ist  dabei,  wenn 
die  beiden  Pole  Funken  auf  die  Flüssigkeit  senden ,  nichts  zu  sehen ;  ist 
aber  einer  der  Poldrähte,  gleichgültig  welcher,  in  die  Flüssigkeit  einge- 
taucht, so  erfolgt  an  diesem  eine  Gasentwickelung. 

Bei  dem  durch  Luft  oder  Gas  unterbrochenen  Inductionsstrom  spielt 
nun  der  Condensator  eine  sehr  eingreifende  Rolle.  Bemerkenswerth  sind 
dabei  auch  die  Unterbrechungsfunken  am  Neef  sehen  Hammer,  auf  dessen 
Spiel  sowohl  der  Condensator  als  auch  der  Inductionsstrom  wirksam  ist 
Poggendorff  hat  zum  Theil  auch  zu  dem  Zwecke  den  Einfluss  des  Con- 
densators  und  des  Extrastromes'  mehr  festzustellen,  die  Unterbrechungen 
am  Hammer  innerhalb  verschiedener  Flüssigkeiten,  später  auch  im  luft- 
verdünnten Räume  (Annal.  Bd.  95,  S.  156,  MonatSber.  der  Berliner  Aiad. 
1855,  S.  208)  vor  sich  gehen  lassen  und  dabei  gefunden,  dass  namentlich  die 


Von  WiTZSCliEL.  239 

irnnkenwirküng  der  Indnctionsrolle  bei  Anwendung  des  Hammers  i m 
Vacnnm  ohne  Condensator  eben  so  stark,  wo  nicht  noch  st&rker  ist, 
als  die,  welche  man  durch  den  Hammer  in  freier  Luft  mit  dem  Con- 
densator erhält.  Doch  wird  der  Hammer  beim  V ibriren  im  Vacuum,  wenn 
die  gegeneinander  schlagenden  Theile  von  Platin  sind «  heftig  angegriflen ; 
weniger  dagegen,  wenn  der  Platinstift  durch  einen  Silberstift  ersetzt  ist. 
Für  die  Praxis  ist  somit  diese  Anordnung  nicht  eben  vortheilhaft,  desto  in- 
teressanter in  theoretischer  Hinsicht.  Werden  zwischen  die  gegeneinander 
schlagenden  Theile  des  Hammers ,  an  welchem  der  Condensator  nicht  an- 
gelegt ist,  Flüssigkeiten  von  weder  zu  grosser  noch  zu  geringer  Leitungs- 
fkhigkeit,  wie  Weingeist,  Brunnen-  oder  destillirtes  Wasser  gebracht,  so 
wird  die  Wirkung  an  den  Polen  des  Inductionsdrahtes  bedeutend  erhöht, 
obgleich  der  grosso  Condensator  noch  einflussreicher  bleibt.  Ein  Tropfen 
destillirten  Wassers  zwischen  die  vibrirenden  Theile  des  Unterbrechers  ge- 
bracht, ruft  sogleich  einen  lebhaften  Funkenstrom  zwischen  den  Spitzen 
des  Ansladers  hervor. 

5«  Wird  in  den  Funkenstrom ,  der  zwischen  den  Polen  des  Apparates 
flbergeht,  eine  Glasplatte  eingeschoben,  so  wird  derselbe  im  Ganzen  so  gut, 
wie  ▼oUsUüidig unterbrochen,  wenn  die  Pole  aus  mehr  oder  weniger 
sngespitzten  Drfihten  bestehen.    Laufen  dagegen  die  Pole  in  Plat- 
ten aus,  legt  man  z.  B.  eine  quadratische  Kupferplatte,  die  mit  dem  einen 
Fol  in  Verbindung  steht  auf  den  Tisch,  bedeckt  sie  mit  einer  Glasplatte  und 
l«gt  darauf  wieder  eine  zweite,  kleinere,  runde  Kupferplatt^ ,  die  mit  dem 
ajndern  Pol  in  Verbindung  steht ,  so  hört  man ,  wenn  der  Apparat  in  Gang 
g^^setst  ist,  ein  fortwfthrendes  Knistern  und  im  Dunkeln  sieht  man  die  kleine, 
S'sinde  Scheibe  von  einer  Aureole  elektrischen  Lichts  umgeben,  die  aus  einer 
SAenge  kleiner,  in  fortwährender  Bewegung  befindlicher  Funken  besteht.  Je 
lK.leiner  dabei  die  runde  Platte  ist ,  desto  breiter  die  Aureole.    An  der  un- 
'ft^ren,  grösseren  Platte  ist  keine  Lichtentwickelung  wahrzunehmen;  immer 
%mt  es  die  kleinere  Platte ,  an  welcher  die  Aureole  entsteht ,  gleichgültig  mit 
-«reichem  Pole  sie  verbunden  ist.  -r  Wird  die  kleine  Scheibe  auf  der  Glas- 
platte so  weit  verschoben ,  dass  sie  nur  mit  einem  Theile  über  der  untern 
platte  bleibt,  so  ist  auch  nur  dieser  mit  der  Aureole  umgeben.    Sind  beide 
Plttten  von  gleicher  Grösse,  so  kommt  keine  Aureole  zum  Vorschein.  Sieht 
man  aber  von  der  Seite  her,  so  bemerkt  man  an  den  Stellen,  wo  beide  Plat- 
ten nicht  genau  an  das  Glas  sich  anlegen ,  von  beiden  Platten  unzählige 
Fünkchen  zum  Glase  überspringen.    Statt  einer  Glasplatte  können  deren 
mach  mehrere  genommen  werden,  sogar  so  viel,  dass  die  Dicke  aller  Platten 
pötser  ist  als  die  gewöhnliche  Schlagweite  der  Funken  in  der  Luft;  nur 
bleibt  bei  Vermehrung  der  Platten  die  Aureole  nicht  mehr  so  intensiv.  Wird 
dio  obere  Kupferplatte  von  einem  isolirenden  Träger  in  einem  entsprechen- 
den (7"*)  Abstände  von  der  untern  Platte  gehalten ,  so  springen  wie  ge- 
vöhnlich  die  Funken  zwischen  beiden  über.    Wird  aber  nun  auf  die  untere 
f"*«  Glasscheibe  (4**"  Dicke)  gelegt,  so  schiesst  ein  formlicher  Regen  von 
«feinen  Fanken  von  der  obern  Platte  auf  das  Glas  herab. 

Der  Einfluss  des  Glases  in  der  Fortpflanzung  der  Wirkung  der  In- 
^^ciionselektricität  ist  sonach  nicht  mehr  zweifelhaft. 

Werden  zwei  auf  der  einen  Seite  mit  Stanniol  belegte  Glastafeln  (von 
«twa  Quadratfuss  Grösse)  mit  den  unbelegten  Seiten  an  einander  gestellt 
l^'^^ie  Belege  hierauf  mit  den  Polen  in  Verbindung  gesetzt,  so  sieht  man 
iin  Dunklen  den  ganzen  Zwischenraum  der  Tafeln ,  soweit  er  den  Belegen 


242  Kleinere  Mittheilnngen. 

b  e 

ya:rfa:  =  — /  —  dysei.  Der 

Beweis  nach  ihm  ist  folgender:  Man  suche  das  Moment  der  Fläche  AECBA 
in  Bezug  auf  die  Librationsachse  AD.  Hierzu  dient  die  Momentvergleichung : 
Mbment  der  Fläche  AECBA  =  Moment  der  ganzen  Fläche  ADCBA  —  Mo- 
ment der  Fläche  AECBA.  Nun  ist  aber  ein  Element  der  Fläche  AECBA  = 
ydx,  der  Abstand  seines  in  der  Mitte  liegenden  Schwerpunkts  von  der  Achse 

b- 

AB=zx,  folglich  ist  das  Moment  der  Fläche  AECBA  =  lyxdx.   Das  Mo- 

b*c 
ment  der  Fläche  ADCBA  ist  offenbar  =  -^;  das  Moment  der  Ergänzungs- 

fläche  AECBA  ^  deren  Element  =xdy  ist,  und  dessen  in  seiner  Mitte  gele- 

e 

gener  Schwerpunkt  von  A  B  um  —-  entfernt  ist ,  ist  =  /  —  .  dy.     Wir  ha- 

0  * 

b  e 

/b*c         Cx^ 
yxdx^= /  —.dy.    Es  er- 
0 
giebt  sich  aus  dieser  Ableitung ,  dass  der  Satz  eine  geometrische  Bedeu- 
tung hat ;  man  kann  ihn  aber  auch  rein  analytisch  betrachten ,  denn  er  ent- 
hält nichts  weiter  als  die  Regel  der  partiellen  Integration  /  yxdx  =y  1  xdx 

—  j  dy  I  xdx=  — I  —  dy  angewandt  auf  ein  bestimmtes  Integral. 

Dieselbe  Regel  wiederholt  Leibniz  im  Mscr.  vom  26.  Oetober  1675  (in  III.) 

uUim.  n 

unter  der  Form  :    omn.  xtv  fl  ult.  x  omn.  tv  —  omn.  omn.  w,  d.  h.    j  xwdw 

0 

tdlim.  n  uUirn,  x  ultim.  w  u!i,  x 

C    .             (\        r  .       ;,       C       .          {ulLwy.ult.x        /V^ 
=  ul(.  X  .  I  wdm  —   I  dx     I  rvdrv  oder  I  xwdw=~ I  —Ar, 

0  0  0  0 

und  drückt  sie  in  Worten  aus.  Es  ist  jedoch  zu  bemerken,  dass  der  in  Rede 
stehende  Satz  in  der  letzten  Form:  omn.  xrvr]  ult,x,  omn.rv  —  omn.  omn.  w 
bei  weitem  ungenauer  ausgedrückt  ist,  als  in  der  am  vorigen  Tage  ange- 


b*c 


X 


,.« 


wendeten  Form  omn.  yx  adxr\— omn.  -^  ad y,  denn  in  dieser  Form 

ist  der  jed  esmalige  Integrationsbuchstabe  hinzugefügt,  in 
der  andern  fehlt  derselbe,  und  dieser  offenbare  Mangel  geht  durch 
alle  folgenden  Mscr.  der  früheren  Zeit  hindurch  und  verursacht  grossentheils 
die  in  denselben  sich  findenden  Unrichtigkeiten.  Es  möchte  überhaupt  von 
Bedeutung  sein  zu  erfahren,  ob  sich  nicht  etwa  unter  Leibniz ens  Pa- 
pieren eins  findet,  in  welchem  er  sich  über  das  Hinzufügen  des  Differen- 
zials  der  willkürlichen  Variabelcn  unter  dem  Integralzeichen,  auch  wenn 
das  Integral  nicht  als  Formel  für  eine  Flache  (wo  sich  diese  Uinzufiigung 


Kleinere  Mittheilungen.  243 

von  selbst  versteht),  sondern  rein  analytisch  im  Gegensätze  zum  Differenzial 
aufzufassen  ist,  ausspricht.  Es  wäre  jedenfalls  interessant  zu  wissen,  ob 
Leibniz  dasselbe  nur  aus  formellen  Gründen,  um  sich  stets  zu  erinnern, 
pach  welcher  Veränderlichen  integrirt  werden  soll,  angewendet,  oder  sich 
hierüber  auf  eine  Weise  erklärt  habe ,  die  Aufschlüsse  über  seine  Auffas- 
sung des  Differenzials  und  Integrals  liefert.  Denn  der  Algorithmus  war,  so 
lange  nicht  die  Noth wendigkeit,  dass  das  Differenzial  der  willkürlichen  Va- 
riabelen  unter  dem  Integralzeichen  gesetzt  werden  müsse  und  nicht  Mos 
könne,  dargelegt  war,  immer  noch  unvollkommen. 

Es  ist  ferner  offenbar  in  dem  Ms.  vom  29.  October  1675  (Beilage  IL  zu 

III.),  pag.  124*),  wo  L  e  i  b  n  i  z  die  Gleichung  aufstellt : '-^  Fl  omn,  omn.L- 

oder   ^ — — ^ —  =  omn,  ormi.  /.  —  ,/da8  Di  ff  erenzial  der  Ordinate  y,  also 

Ja  tl 

l  =  dy\  dies  sagt  Leibnitz  selbst,  indem  er  (III.  pag.  123)  y  Fl  omn.  l  und 

(ni.pag.  I24)^n^^^~-^setzt.  Der  Sinn  des  Satzes  ?^^-U  p  o^^n.  omn.  /.- 
2  2  2  a 

ist  also  kein  anderer,  ^s  -r=  1  dy  j  dy.   Ich  kann  daher  nicht  beistimmen, 

wenn  Herr  Dr.  Gerhardt  (III.  pag.  58  u.  59)  sagt:  „Er  (Leibniz)  macht 
die  Annahme  —  und  dies  ist,  wie  es  scheint,  der  Angelpunkt  der  Ent- 
deckung —  einen  solchen  Ausdruck,  wie  omn. y  als  eine  unendlich  kleine 
Linie  aufzufassen,"  und  (ebendaselbst  pag.  59):  „So  gewinnt  Leibniz  den 

Satz: '         riomn.  L  ~,   wo  /  die  Ordinate  der  Curve  bezeichnet." 

2  a 

Denn  in  diesen  Gleichungen  bedeutet,  wie  erwähnt,  /  das  Differen- 
zial der  Ordinate.    Nur  in  der  letzten  Zeile  (IQ.' pag.  124),   wo 

Leibniz  mit  dem  soeben  gefundenen  Satze ^;-^-*^  Fl  omn.  omw. /.  —   den 


früheren  omn.  xw  r\  '^^^-  ^  omn.  rv  —  omn.  omn.  w  zusanämenstellt,  setzt  er  in 
dieser  letzten  Formel ,  die  er  hier  für  ein  unbestimmtes  Integral  anwendet, 
und  also  blos  x  an  die  Stelle  von  ult.  x  schreibt,  der  Uebereinstimmung  mit 
dem  Vorigen  wegen ,  /  an  die  Stelle  von  w  und  schreibt  also  den  früheren 


*)  Auf  derselben  Seite  befindet  sich  die  Stelle,  die  ich  pag.  73  meiner  Schrift: 
„Die  Principien  der  höhern  Analjsis  in  ihrer  Entwickelang  von  Leibniz  bis  auf 
Lagrange**  als  einen  Beweis  meiner  Ansicht,  dass  die  Methode  des  Gregorius  a 
Seto  Vincentio  nicht,  wie  Herr  Dr.  Gerhardt  (III.  pag.  38)  sich  ausspricht,  auf  Be- 
wegung gegründet  sei.  Wahrscheinlich  ist  die  Meinung  des  Letzteren  daher  entstan- 
den :  ducere  a  in  (oder  auch  sub)  h  heisst  nach  dem  Sprachgebrauche  der  damaligen 
Mathematiker,  das  Product  aus  a  und  b  bilden,  oder  in  geometrischem  Sinne,  daa 
Rechteck  aus  zwei  Linien  von  der  Länge  a  und  b  construiren.  Gregorius  nannte 
also  seine  Methode  (M.  s.  meine  Schrift  §.  5.)  mit  Recht:  ,,  ductua  plant  in  planum/' 
d.  h.  Construction  aller  Rechtecke  aus  den  Ordinaten  der  einen  und  der  zugehörigen 
Ordinaten  der  andern  ebenen  Cunre.  Da  aber. «fuc^r«  auch  „führen**  bedeutet,  lo 
mag  die  von  Herrn  Dr.  Gerhardt  aufgestellte  Vorstellung  entstanden  sein,  als  habe 
sich  Gregorius  die  Körper  durch  Fortfuhren  oder  Fortbewegen  einer  Ebene  an 
einer  andern  entstehend  gedacht.  Aus  Leibnizens  Worten  auf  dieser  Seite  (III. 
pag.  124)  geht  jedoch  hervor,  dass  auch  er  die'Methode  des  Gregorius  nicht  als 
auf  Bewegung  beruhend  ansieht.  Denn  er  unterscheidet  genau  „  dttcere  "  \\s\  %vdl\2a 
des  Gregorius  und  ,tferre  **  im  Sinne  von  bewegen. 


244  Kleinere  Mittheilungen. 


Satz :  omn.  a:/  Fl  ^-  omn,  l  —  omn,  omn.  L  Nur  in  dieser  Formel  also  bedeu- 
tet /  die  Ordinate,  —  In  demselben  Ms.  (DI.  pag.  125)  stellt  Leibniz  die 

Gleichung  auf;-—  fl  ///.  — i  welche  auch  Herr  Dr.  Gerhardt  (DI.p.&9) 

erwähnt.  Dieselbe  ist  offenbar  nicht  richtig.  Denn  sie  ist  dem  Zusammen- 
hange nach  nichts  Anderes,  als  die  pag.  124  von  Leibniz  unter  der  Form 

omn,  /.  [21  /  1       T.       1     .   j  :i 

^^r\omn.omn,L—  ausgesprochne  Kegel,  indem  er  nur  das  neu  er- 
fundene Integralzeichen  an  die  Stelle  des  frtlhern  ^^omny  setzt.    Wenn  er 

nun  also  hier  —  für '  *     ■■  schreibt,  so  ist  der  Grund  dieses  Irrthums  ent- 

2  2 

weder  ein  Versehen,  oder  Leibniz  war  damals  noch  der  Meinung,  dass 
wirklich  das  Quadrat  eines  Integrals  identisch  mit  dem  Quadrate  des  Inte- 
grals, dass  also  f  1/1  gleich  /  /*  oder  (  /  dy\  gleich  /rfy*  sei.  Letz- 
teres dürfte  der  wahrscheinlichere  Grund  sein,  denn  derselbe  Fehler  findet 
sich  auf  derselben  Seite  (125)  noch  einmal,  indem  Leibniz,  nachdem  er 

ilz=zx  gesetzt  hat,  den  Satz  aufstellt:  »i  /  t:  H  ///•  /,  id  est    --n  /of." 

—  Andere  Eigenthümlichkeiten  der  Leibnizischen  Manuscripte  habe 
ich  a.  a.  O.  erwähnt.  Dr.  H.  Weissekborn. 


XXXn.  Heber  den  Werth  von  0°.  Im  2.  Hefte  des  26.  Theiles  des  Ar- 
chivs der  Mathematik  und  Physik  befindet  sich  ein  kleiner  Aufsatz  „Ueber 
die  Wertbbestimmung  von  Functionen  in  unbestimmter  Form  von  Herrn 
Franz  ünferdinger,"  in  welchem  die  Lehrsätze  aufgestellt  sind: 

„Erscheint  die  Function  xi^  für  einen  bestimmten  Werth  a  der  Varia- 
bein X  unter  der  Form  0^  oder  unter  der  Form  qo°,  so  ist  ihr  Zahlwcrth 
stets  gleich  I." 

Es  handelt  sich  bei  diesen  Sätzen  um  einen  sehr  wesentlichen  Punkt 
des  mathematischen  Unterrichtes,  dessen  Verbesserung  ja  eine  der  Haupt- 
aufgaben des  Archives  ist  (Avie  Herr  Professor  Grunert  in  demselben  Hefte 
zu  erinnern  für  nöthig  findet)  und  so  hätten  wir  die  neue  Entdeckung  gern 
mit  freudiger  Ueberraschung  begrüsst;  wenn  sie  neu  und  richtig  wäre. 
Beides  ist  indessen  bekanntlich  nicht  der  Fall.  Schon  vor  einigen  zwanzig 
Jahren  hat  Libri  (Crelle's  Journal  Bd.  X.  S.  305)  nach  Mascheroni  die 
Behauptung  zu  begründen  gesucht,  dass  immer  0°=  1.  Diese  Behauptung 
wurde  von  einem  Ungenannten  (der  sich  SL  unterschrieb)  in  demselben  Jour- 
nale (Bd.  XL  S.  272)  angegriffen,  und  von  Moebius  (Grelle  Bd.  XII, 
S.  134)  vertheidigt;  worauf  endlich  (Bd.  XII,  S.  292)  noch  zwei  anonyme 
Widerlegungen  folgten  ^  mit  denen  der  Streit  beendet  war.  In  der  That  ist 
auch  der  Irrthum  des  seinsollend^n  Beweises  des  Herrn  U.  sehr  augenfällig, 
und  es  wundert  uns  nur,  dass  der  gelehrte  Herr  Herausgeber,  dessen  Ge- 
wissenhaftigkeit und  reine  Wahrheitsliebe  ihn  die  Prüfung  der  Arbeiten 
Anderer  so  genau  ausführen  lässt,  entweder  die  Abhandlung  des  Herrn 
Unf erdinger  gar  nicht  gelesen,  oder  doch  mit  sehr  wenig  Aufmerksamkeit 
gelesen  hat.     In  jenem  Beweise  wird  nämlich  gesagt  m«',  welches  die  G^- 


Kleinere  Mittheilungeii.  245 


u 
stalt  von  0"  annimmt,  habe  den  Zahlenwertb  Ä'=e^  wenn  w  = 


u  ,  V 
"vro   v\  v'  die  Differentialqaotienten  bedeuten,  und  soweit  ist  kein  Zweifel 

al>eT  die  Richtigkeit.    Falsch  aber  ist  es,  wenn  dann  -7  gegen—  gestri- 

dion  wird,  da  der  weitere  Factor  v  erst  noch  berücksichtigt  werden  müsste. 

Af  i^  anderen  Worten :  es  darf  nicht  früher  x  =  a  eingesetzt  werden,  als  bis 

der   Ausdruck  auf  seine  reducirteste  Form  gebracht  ist.  Dann  aber  ist  nicht 

imxxier  0®=  1 ,  wie  in  den  angeführten  Widerlegungen  gezeigt  wird;  z.  B. 

6  4-  a: 

für    t<  =  o:,  V  =  -; wird  m "  =  0"  bei  o?  =  0  und 

•  log  X 


(b  +  xV 
\logxJ 


^.       •      b  +  xl      b+x — xlogx 
\logx f 


l       {iogxy      ) 
indem  bekanntlich  x  ,logx  =  Oy  wenn  x  =  0,  Cantor. 


i 


TTTTTT.  lieber  die  Functionen 

X  X  ^ 

^{x)^-fJ^-^di    und  ^(a-)=J^^i^d|=-<p (-*•). 

Durch  eine  dynamische  Untersuchung,  welche  nach  ihrer  Vollendung 
^^  diesen  Blättern  erscheinen  soll,  wurde  die  Frage  nach  den  zweckmässig- 
^i[X  Mitteln  zur  numerischen  Berechnung  der  obigen  Funktionen  angeregt; 
^^B8  yeranlasste  den  Unterzeichneten  zu  einer  näheren  Ansicht  der  Sache, 
^c^bei  die  folgenden  zum  Theil  bemerkenswerthen  Resultate  gewonnen 
*^»*den. 

a.  Für  die  Funktion  q>  {x) ,  die  bei  positiven  x  nur  für  o:  ^  1  reelle 
^^Tthe  besitzt,  hat  man  unmittelbar  die  Reihe 

1)  «P(-)=fr+j.+p+?  +  .--- 

^l^tte  ist  indessen  niir  für  ^  ^  ^  zur  numerischen  Berechnung  brauchbar, 
^    grösseren  und  namentlich  der  Einheit  naheliegenden  x  tonvergirt  da- 
K^K^n  die  Reihe  äusserst  langsam.    Da  der  Werth  von  q>{\)  bekannt  ist, 
^XKilich 

2)  g>0)  =  ^^% 

^  liegt  der  Gedanke  nahe ,  die  Differenz 

1 

X 

woTnSglieh  so  zu  behandeln,  dass  eine  Beziehung  zwischen  q>  (x)  und  q>  (1 — x) 
S^woxmen  wird.   Man  hat  nun  für  ^  =  1  —  iy 


246  Kleinere  Mittheilungen. 


und  bei  theilweiser  Integration 

mithin  nach  {Einführung  der  Grenzen  i^  ==  0  und  17  :=  1  —  x 

0 

^7i'-q>{x)  =  l{\  —  x)lx+   PStZ^dr, 

e/  1? 

i  —  x 

das  noch  übrige  Integral  ist  9  (1  —  x),  und  man  gelangif  damit  zu  der  Ke- 
ductionsformel 

3)  (p(x)  =  ^n^  —  lx.l{l~-x)  —  q>{l  —  x). 

Mittelst  derselben  erhält  man  z.  B. 

Ein  anderer  Weg  zur  Berechnung  von  q>  (x)  ist  folgender.    Nach  einer 
bekannten  Formel  hat  man  unter  der  Bedingung  3  tt  >  o> 

•  1  l_ e-*»  £ 


•   =-*+,r-.«'-r 


ß)'+ 


2.3.4        '1 .2.. .6 


wobei  5,,  Biy  B^  etc.  die  B er noulli' sehen  Zahlen  ^,  y\y,  y*j  etc.  bezeich- 
nen; durch  Multiplication  mit  dco  und  Integration  zwischen  den  Grenzen 
00  =  00  und  0)  =  0  zieht  man  hieraus 

oder  auch 

/(l— e-^'j-^/w  — iw 

^^1.2  *1  .2.3.4      ^*^l.2...6 

Nochmalige  Multiplication  mit  dm  und  Integration  zwischen  den  Grenzen 
(0  =  2  und  (0  =  0  giebt  unter  der  Bedingung  2ä>  2 


j  l(\  —  e-'^)dm=^z(lz—  I)  —  i^ 


4. 1     ^^     ^3  _  1       ^3      .5  .    I       ^5      ,7  _ 
*1.2.3^        *1.2.  .5"    ^'^I.2..7* 

Setzt  man  e"^  =  J  und  e*"*  =  a-,  wo  nun  x  mehr  als  e"'^^  betragen  muss, 
so  folgt 


Kleinere  Mittheilungen.  247 


>'>'«A^«^WWft^^k^i«N/>M 


/ifi=l).,=,(l)[„(I)_,]_,[,(i)J 

+  'rf:.['Q)J-ir^['G)]V 

die  linke  Seite  ist  =q)(x)  —  g>(l)  =  <p(a:)  —  ^»*,  und  demgemäss 

„  ,w=,.,.+,(i)[„(i)_,]_t[,(|)j 

+  *rlh['(i)J-*T:fe['G)J>- 


l^a:>0,00i86745 

6.  Hinsichtlich  der  Funktion  ^  (x) ,  welche  für  alle  positiven  x  reell 
bleibt,  sind  die  Fälle  x  ^  1  und  a:>  1  zu  unterscheiden.  Unter  der  ersten 
Vora.U8setzung  hat  man 

/*»  /M*  /M*  «m4 

oder    auch,  wie  man  sogleich  bemerkt, 

7)  tf;(a:)  =  g>(a:)  — 4^(0;«), 

man  kann  demnach  die  Tafel  für  ^jj  {x)  leicht  aus  der  für  9  (o:)  berechneten 
ableiten.  Hat  man  diese  nicht ,  so  benutzt  man  von  o;  =  0  bis  a;  =  ^  die 
Formel  6)  und  nachher  die  Formel  7)  indem  man  gemäss  Nr.  3)  erst 

tf;  (ar)  =  j-Ä»  —  /o? .  /  (l  —  x)  —  q>{l—x) 

nnd  nachher  für  9(1  —  x)  und  9  (1  —  a^)  die  gleichgeltenden  Reihen  setzt, 
nämlich 

8)  ^{x)  =  ^^^  +  lx:l{i+x) 

n-x    (i-xY    {i-xy  1 

""L    1*     ^       2«       ^        3*       ^ J 

+  j[l^^.(±-/)!  +  (i9Ö'+ ]. 

TJm  zu  einer  Reihe  zu  gelangen ,  welche  dem  x  einen  grösseren  Spiel- 
'ÄUin  gewährt,  gehen  wir  von  der  bekannten  Gleichung  aus 

l  +  e»        «-r        j^2  1.2.3.4        ^ 

"^^ItipKciren  dieselbe  mit  dm  und  integriren  zwischen  den  Grenzen  o>=^e» 
'^^^  €D  =  0;  dies  giebt 

^'1.2  *   1.2.3.4  "  T^--    ' 

'^^iter  folgt  hieraus 


Slamaxe  Mittbeilungeüf 


z 


^*    i.a.3    *      *  ».2...ä  ^  +  --- 


n  >  s  >  —  3». 

ir  f!"^ I,  e»  =  .t  g<^ht  die  linke  Seite  iu 


über  und  es  wird  überhaupt 

23,14067  >^>  0,04321. 

Eine  dritte  Entwickelung  voa^(<r)  ^rgiebt  sich  auf  folgendem  Weg^ 
An  hat  bei  theil weiser  Integration 

iT      *  •        »'  +  ' 

und  wenn  man  recliter  Hand  |=  a^i^  substituirt 

1 

oder  kürzer 

Entwickelt  man  den  Bruch  — ; nach  Potenzen  von  x ,  was  nur  für  acht 

gebrochene  o:  angeht,  so  kommt  man  auf  die  Gleichung  6)  zurück;  setzt 
man  dagegen 

XX  1 

•  \+xri~i  +  x         a:(l^^' 
l  +  x 

X 

so  kann  man  für  jedes  positive  x  nach  Potenzen  von  7— — entwickeln  und 

1  +*c 
erhält 


1 
0 


1 

♦wn/''(|)fe+fe)' (-')+•••■]•"■ 


Von  WiTZSCHEL.  235 

Condensator  eine  dauerhaftere  Einricbtnng  zu  geben  nnd  hat  su  dem  Ende 
dünnes  Tafelglas  anstatt  des  Wachstaffet  angewendet.  Acht  dünne  Glas- 
tafeln, 18  Zoll  lang  und  10  Zoll  breit,  bis  auf  einen  Zoll  am  Rande  mit 
Stanniol  belegt,  sind  in  einem  flachen  Holzkasten  über  einander  geschichtet, 
der  inwendig  mit  •%  Zoll  auseinander  stehenden  Nuthen  versehen  ist,  in 
denen  die  Olastafeln  eine  sichere  Lage  haben.  An  einer  Längsseite  sind 
die  beiden  Ecken  der  Glastafeln  abgeschnitten  und  hier  ein  dünner  Kupfer- 
draht mit  Siegellack  auf  dem  freien  Glasrande  festgelackt  und  mittels  leicht- 
flüssigen Metalls  an  das  Stanniolblatt  festgelöthet.  So  treten  an  je  einem 
Ende  der  Längsseite  des  Kastens  8  Kupferdrähte  hervor,  die  zusammen  und 
an  eine  am  Kasten  wohl  isolirt  befestigte  Klemmschraube  gelöthet  sind. 
Die  sich  gegenüber  liegenden  Stanniolflächen  zweier  Tafeln  sind  immer  mit 
ein  und  derselben  Klemmschraube  verbunden,  so  dass  wenn  die  eine  Klemm- 
schraube mit  der  Zunge ,  die  andere  mit  der  Platinspitze  des  Stromunter- 
brechers verbunden  ist,  jenen  gegen  einander  Überliegendon  Stanniolfläcben 
gleichnamige  Elektricität  zugeführt  wird.  Von  solchergestalt  eingerichteten 
Condensatoren hat  Sinsteden  zwei,  jeden  mit  20  DFuss  Stanniolbelegung, 
angewendet  und  dabei  gefunden,  dass  immer  zwei  zugleich  benutzt  eine 
grössere  Wirkung  gaben,  als  einer  allein;  ein  Beweis,  dass  die  Grösse  der 
belegten  Glasfläche  mit  den  angegebenen  Dimensionen  noch  nicht  über- 
schritten war. 

Die  Wirkungen*  des  in  solcher  Weise  von  Sinsteden  hergerichteten 
Liductionsapparates  sind  seinen  Versicherungen  zufolge  allerdings  sehr  be- 
deutend. Der  Apparat,  dessen  wesentliche  von  ihm  hinzugefügte  Zuthaten 
die  Fortsetzung  und  Erweiterung  des  Inductionsdrahtes  in  eine  grössere 
aufgewickelte  Stanniolfläche,  die  Verwendung  zweier  Eisendrahtbündel  und 
die  Anlegung  eines  Stahlmagneten  an  die  Pole  derselben ,  die  eigenthüm- 
liche  Einrichtung  des  Stromunterbrechers  sowie  des  Condensators  sind,  giebt 
mii-zwei  Zinkkohlenelementen  ohne  Thonbecher,  nur  mit  verdünnter  Schwe- 
felsäure, der  etwas  saurös  chxomsaures  Kali  zugesetzt  worden  ist,  geladen 
9  paris.  Linien  lange ,  einzelne  breite  Inductionsfunken ;  bei  7  Linien  Ab- 
stand der  Pole  fährt  ein  ununterbrochener  dichter  Feuerstrahl  anhaltend 
über,  und  sind  zwei  Leidner  Flaschen ,  jede  von  l^k  DFuss  innerer  Bele- 
gung, in  einer  unten  näher  angegebenen  Weise  mit  in  den  Stromkreis  ein- 
geschaltet, so  schlagen  bei  6  Linien  Abstand  der  Pole  rasch  hinter  einander 
einzelne  breite ,  lautknallende  Funken  über ,  die  bei  5  Linien  Abstand  con- 
tinuirlich  werden,  und  ein  betäubendes,  dicht  an  einander  gereihtes  Knallen 
verursachen.  Eine  ^h  Fuss  lange  Blitztafel  mit  25  Unterbrechungsstellen 
zeigt  ein  schönes  Funkenspiel.  Die  Fünkchen  der  vielen  Unterbrechungs- 
stellen sind  ungemein  klein  gegen  den  Funken  einer  einzigen  Unterbrechungs- 
stelle. —  Wird  ein  Hühnerei  zwischen  die  Polspitzen  gelegt,  so  erglüht  das 
Ei,  so  lange  der  Strom  hindurchgeht,  in  einem  so  intensiven  Lichte,  dass 
es  selbst  bei  Tage  gut  zu  sehen  ist.  Zerschlägt  man  das  Ei ,  so  findet  man 
da,  wo  der  negative  Poldraht  angelegen  hat,  dicke  Klumpen  hartgeronnenen 
Eiweisses.  —  Fahren  die  Funken  über  ein  zwischen  die  Pole  gebrachtes 
Stückchen  Kreide  hin,  so  färben  sie  sich  schön  roth,  ohne  dass  die  Kreide 
leuchtend  wird ;  Zucker  wird  durch  und  durch  schneeweiss  leuchtend.  — 
Geht  der  Strom  zwischen  zwei  Stahl  -  oder  Platinspitzen  über,  so  bildet  sich 
in  der  Mitte  zwischen  ihnen ,  wo  die  beiderseitigen  Feuerstrahlen  sich  be- 
gegnen ,  unter  heftigem  Sausen  eine  röthliche  Flammenscheibe,  an  der  sich 
Spiritus,  Baumwolle,  ein  Schwefelholz,  Schioss^^uVvet ^'?«i:<^\^x^^\si.^i^- 


2&0  Kleinere  Mittheilungen. 

12)  ■tf.(ar)=^««  +  4(/a;)»-^(l) 

womit  ^(x)  auf  t^  (  —  j  zurückgeführt  ist.  Nach  den  Formeln  6),  8)  und  12) 
dürfte  die  Berechnung  einer  Tafel  für  ^(or)  keine  schwierige  Arbeit  sein. 

SCHLÖMILCH. 

XZZDT*  TJeber  Linien  von  gleicher  Steigung  auf  gegebenen  Fl&ohen. 
Wenn  eine  Chaussee  oder  Eisenbahn  einen  Berg  hinauf  geführt  werden  soll, 
so  liegt  die  Frage  nahe ,  ob  es  nicht  möglich  sein  würde,  dem  Strassenzuge 
eine  constante  Steigung  zugeben,  wie  sie  z.B.  die  Schraubenlinie  auf 
dem  geraden  Kreiscylinder  besitzt ;  in  wissenschaftlicher  Form  ausgedrückt 
lautet  dieses  Problem :  „  auf  einer  gegebenen  Fläche  von  einem  ihrer  Punkte 
aus  eine  Curve  zu  ziehen,  von  welcher  jedes  Element  unter  einem  und  dem- 
selben Winkel  gegen  eine  feste  Ebene  geneigt  ist.*'  Die  Lösung  dieser 
übrigens  nichts  weniger  als  schweren  Aufgabe  mag  hier  Platz  finden  theils 
wegen  ihrer  oft  interessanten  Ergebnisse,  theils  wegen  der  passenden  Bei- 
spiele ,  die  sie  zur  Uebung  in  der  Integralrechnung  darbietet. 

Die  feste  Ebene  denken  wir  uns  horizontal  als  Ebene  der  zu  einander 
senkrechten  Achsen  der  x  und  der  y,  die  Achse  der  z  sei  vertikal  gerichtet, 
z  =  f(^,  y)  die  Oleichung  der  gegebenen  Fläche,  v  der  constante  Neigungs- 
winkel jedjes  Curvenelementes  gegen  den  Horizont  und  x^yoto  der  aiif  der 
Fläche  liegende  Anfangspunkt  der  Curve.  Geht  man  von  einem  beliebigen 
Flächenpunkte  xyz  zu  einem  anderen  über,  dessen  Coordinaten  x  +  dx^ 
y  +  rfy,  z  +  dz  sind,  so  ist, man  in  horizontaler  Richtung  um  Vdo^  +  dy* 
fortgeschritten  und  in  vertikaler  Richtung  um  dz  gestiegen;  das  Verhält- 
niss  der  zweiten  zur  ersten  Strecke  giebt  die  Steigung  und  es  ist  daher 

1)  —  =  tan  V. 
-/dx^  +  dy' 

Setzt  man  für  dz  seinen  Werth  durch  x  und  y  ausgedrückt,  so  hat  man  un- 
mittelbar die  Differentialgleichung  der  Horizontalprojection  der  gesuchten 
Curve;  nach  Integration  der  Gleichung  I)  bestimmt  sich  die  willkürliche 
Constante  durch  die  Bedingung,  dass  die  endliche  Gleichung  der  Linie 
für  x-=Xq  und  y  =  yo  richtig  bleiben  muss. 

Bemerkenswerth  ist  die  Rectificabilität  der  Horizontalprojection  der 
Curve;  man  hat  nämlich  aus  Nr.  I),  wenn  ds  das  Bogenelement  der  Hori- 
zontalprojection bezeichnet, 

dz 

---  =  tanv  oder  ds  =  dz  cot  v, 

ds 

s  =  zcotv  +  ConsL 
und  wenn  der  Bogen  s  vom  Punkte  aro^o  ^^^  gerechnet  wird 

2)  fi^[f{x,y)—f{x^,yo)\cotv. 

Setzt  man  in  Nr.  l)  zur  Abkürzung  ianv  =  n  und  beachtet,  dass  die 
aus  der  gleichzeitigen  Aenderung  von  x  und  y  hervorgehende  totale  Aen- 

derung  des  z  aus  den  partiellen  Aenderungen  \-f~)^^  ^^^  1  J~)  ^^  ^®" 
steht,  so  hat  man 


Kleinere  Mittbeilungen.   '  251 


ödev  für  -T'  =  y' 

dx 

XcE^  Allgemeinen  ist  diese  DifTcrentialgleichnng  wegen  ihrer  irrationalen 
f*onn  nicht  leicht  zu  integriren,  wohl  aher  lassen  sich  einige  specielle  Fälle 
Av^S^^^Q)  IQ  denen  die  vollständige  Auflösung  ohne  Mühe  entwickelt  wer- 
dexm  kann. 

a.  Wenn  die  gegebene  Fläche  eine  gerade,  auf  der  xy- Ebene  senk- 
reolite  Cylinderfläche  ist,  hängt  z  nicht  von  x  und  y  ab ;  die  Horizontal- 

Erojection  der  gesuchten  Curve  fällt  dann  mit  der  Horizontalspur  der  gege- 
bnen Fläche  zusammen  und  ist  daher  unmittelbar  bekannt.  DieVerticalpro- 
j^c-tion  der  Curve  ergiebt  sich  aus  der  früheren  Bemerkung  jr=zco/v  +  Const. 
i^ftmlich 

5)  z=:n(s'^C)=n  I  dx/l  +  y^. 

Ftlir  y  =  ^a*  —  x^  d.  h.  für  den  geraden  Kreiscylinder  erhält  man  mit  a:=0 
^xid  z  =  0  anfangend 


/adx  .      .    AT 

—  =  naÄrcsm  — , 


}/a* 

'^^«is  die  bekannte  Gleichung  der  Vertikalprojection  der  Schraubenlinie  ist. 

6.  Gehört  die  gegebene  Fläche  zu  den  Umdrehungsflächen,  so 
®wlit  ihre  Gleichung  unter  der  Form 

'«»»d  dann  wird  die  Oleichnng  3)  zur  folgenden 

~  i- ,  wenn  man  das  rechter  Hand  vorkommende  Bogenelement  durch  die 
-^ol^rcoordinateri  r  und  d'  ausdrückt, 

f'{r)dr  =  n  j/df^ +  (r  dd)*. 

*-^i««e  Differentialgleichung  gestattet  die  Trennung  der  Variabelen  nämlich 

yr  (rY  —  n« 

'  '    ^  ^ dr^^nd^'^ 

^*^    Polargleichung  der  Horizontalprojection   der  gesuchten  Curve  lautet 

Ein  paar  interessante  Beispiele  hierzu  sind  folgende.    Für  einen  R  o  - 
^^ionskegel  hat  man 


138  Ueber  einige  AbAnderangen  «te*  der  Velta-Inductionsappftrate. 

Werden  die  Pole  der  ündnetionflrolle  toweit  einttider  genftherl,  dftM 
Fonkea  switehen  ihnen  ttbenehlagm,  eo  kann  man  die  Kette  als  gesehloaeea 
betrachten^  mit  dem  üntersehiede  jedoch  von  der  dnrch  einen  gnt^i  Leiter 
▼ermittelten  BeUieasangi  dara  dabei  nnr  der  Oeffiinngratrom  drenlirt  Man 
erhak  aomit  einen  Strom  ▼on  conetanter  Richtnng,  der  mit  Aotnahme  der 
Diacontimutät  alle  Eigenachaften  eines  galyanischen  Stromea  von  hober 
Intensität,  ähnlich  dem  darch  eine  grosse  Anaahl  kleiner  Plattenpaare  er- 
regten, besitst;  die  Unterbreehvng  kann  hierbei  so  klein  wie  nur  immer 
sein.  Ein  Stück  trecknea  Fliesspapier  awisehen  Platten,  iit  welche  die  Pole 
anslanfeBi  gebracht,  bewirkt  die  beabmchtigte  Unterbrechung  gana  ToUr 
kommen  vnd  lässt  nnr  den  Oeffiiungsstrom  cirenliren.  Man  bekommt  dnreh 
diesen  Btrom  eine  Ablenkung  der  Magnetnadel  in  einem  bestimmten  Sinne, 
die  Ladung  einer  l^ermokette  gana  in  der  Weise  wie  Ton  einem  galTsni- 
schen  Strome,  entgegengesetit  der  Richtung  desselben;  auch  eine  ther- 
mische Wirkung  im  Draäe  ist  den  Beobachtungen  von  Biess  sufolge  Yor- 
handen ,  nur  ehie  äusserst  schwache.  Dagegen  flben  die  Funken  an  der 
UnterbiH0chungssteUe,  wie  schon  oben  bemerkt  (Tergl.  auch  Annal.  Bd.  9^ 
S.  <M) ,  raie  Tiel  stbkere  thermische  Wirkung  aus.  Die  chemischen  2Ser- 
setaungen  des  Wassers,  Jodkaliums  n.  s.  w.  wTolgen  gana  wie  bei  einem 
gewöhnlichen  galTanischen  Strom,  indem  an  jedem  Pole  nur  einer  der 
Elektrolyte  ausgeschieden  wird.  —  Besonders  bemerkenswerthe  Lichter- 
scheinnngen  entstehen,  wenn  die  Dnterbreofanng  des  Stromes  an  der  Flüs- 
sigkeit selbst  geschieht,  indem  die  Poldrähte  entweder  beide  in  yertikaler 
Bichtung,  in  angemessener  Entfernung  über  die  Oberfläche'  der  FlüasigkcJt 
gestellt  werden,  wobei  die  Funken  aus  beiden  auf  die  Flüss%keit  schlagen, 
oder  indem  nur  einer  derselben  in  die  Flüssigkeit  eingetaucht  wird,  während 
der  andere  Über  derselben  steht,  aus  welchem  die  Funken  in  die  Flüssig- 
keit überschlagen.  Der  Fnnkenstrom  des  positiven  Pols  erhält  oben  an  der 
Spitze  des  Drahts  eine  gelbe  oder  rothgelbe  Farbe  und  bildet  unten  anf  der 
Flüssigkeit  eine  blaue  Scheibe ,  umgekehrt  ist  der  Fankenstrom  am  nega- 
tiven Pol  blau ,  während  auf  der  Flüssigkeit  ein  gelber  Schein  liegt  Bei 
grösserer  Nähe  der  Flüssigkeit  an  den  Drähten  reducirt  sich  das  Phänomen 
auf  einen  blauen  Funken  am  negativen  Pol  und  einen  gelben  am  positiven. 
Verschiedene  Flüssigkeiten  zeigen  es  übrigens  verschieden ;  nicht  leitende, 
wie  Terpenthinöl  lassen  es  gar  nicht  erscheinen,  destillirtes  Wasser  nur  un- 
bedeutend ,  besser  mit  Schwefelsäure ,  Salzsäure,  Salpetersäure  angesäuer- 
tes ,  am  besten  die  concentrirte  Schwefelsäure.  Diese  Erscheinungen  wer- 
den in  einer  massig  (bis  etwa  auf  8  Zoll  Quecksilberdruck)  verdünnten  Luft 
noch  schöner  entwickelt.  Von  einer  chemischen  Zersetzung  ist  dabei,  wenn 
die  beiden  Pole  Funken  auf  die  Flüssigkeit  senden ,  nichts  zu  sehen ;  ist 
aber  einer  der  Poldrähte ,  gleichgültig  welcher ,  in  die  Flüssigkeit  einge- 
taucht, so  erfolgt  an  diesem  eine  Oasentwickelung. 

Bei  dem  durch  Luft  oder  Gas  unterbrochenen  Inductionsstrom  spielt 
nun  der  Condensator  eine  sehr  eingreifende  Rolle.  Bemerkenswerth  sind 
dabei  auch  die  Unterbrechungsfunken  am  Nee  fischen  Hammer,  auf  dessen 
Spiel  sowohl  der  Condensator  als  auch  der  Inductionsstrom  wirksam  ist 
Poggendor ff  hat  zum  Theil  auch  zu  dem  Zwecke  den  Einfluss  des  Con- 
densators  und  des  Eztrastromes'  mehr  festzustellen,  die  .Unterbrechungen 
am  Hammer  innerhalb  verschiedener  Flüssigkeiten,  später  auch  im  luft- 
verdünnten Baume  (Annal.  Bd.  95,  S.  166,  MonatSber.  der  Berliner  AKad.* 
1855,  S.  208)  vor  sich  geben  lassen  und  dabei  gefunden,  dass  namentlich  die 


Kleinere  Mittheilungen.  253 


oder  mittelst  der  Substitution  j/o*  —  r*  =  u 


Di^  Ausführung  dieser  Integration  hat  keine  Schwierigkeit,  giebt  aber  einen 
et^^^TAs  complicirten  Ausdruck. 

Lässt  man  —  c*  an  die  Stelle  von  c*  treten ,  so  erhält  man  die  ent- 
spv- sehende  für  das  einfache  Rotationshyperboloid  geltende  Formel 

•  c 

»»e    liefert  bei  positiven  m*,  d.  h.  für  n>  — ,  ein  imaginäres  Kesultat. 

e.  Die  Integration  der  Oleichung  4)  gelingt  endlich  noch,  sobald 
5  ^=^(ar,y)  eine  homogene  Funktion  von  x  und  y  ist,  in  welchem  Falle 
jex^e  Gleichung  die  Form 

^i^x^immt.    Setzt  man  nämlich  ~  =  /  und  schreibt  kurz  ^  und  tf;  statt  q>(j) 
^*x»d  ^{i)'t  80  giebt  die  Auflösung  der  vorigen  Gleichung 


y  — 

^^dererseits  hat  man 


y  =  xi,       y  =x  —  +  iy 


<?)=/7^, 


^*id  aus  der  letzteren  Gleichung 
dx dt 

,    .  T~y—r 

^-    i.  vermöge  des  Werthes  von  y' 

8)     ih)=r {»*-^*)äi 

'**'oxnn  c  die  willkürliche  Constante  der  Integration  bedeutet.     Führt  man 

*^i^  angedeutete  Integration  aus  und  setzt  nachher  /  =  — ,    so   hat    man    in 

''^ohtwinkligen  Coordinaten  die  Gleichung  der  Horizontalprojection  der  ge- 
?J*^hten  Curve.  Es  scheint  indessen  wenig  Fälle  zu  geben,  in  denen  die 
^^jrmel  8)  zu  einer  Gleichung  von  geschlossener  Form  führt,  denn  schon 
^^i  der  einfachsten  Annahme 

z  =  j/aa^+ßy'y 
/rfz\  ax  <p(0  =  — =^=, 

W/       Yaa^+ßy'  j/a  +  ßt^ 

W/       yax'  +  ßy*  '  j/a  +  ßt^ 

^^'liält  das  in  Nr.  8)  vorkommende  Integral  eine  ziemlich  complicirte  Qe- 

•Wjt  SOHLÖMILGH. 


254  Kleinere  Mittheilungen. 

ZXZV.  Heber  die  Wellenlängen  des  nltravioletten  Liohti  sind  der 
König).  Akademie  in  Berlin  (Monatsber.  Decbr.  I85&.  S.  757)  durch  Herrn 
Magnus  folgende  Mittheilungen  des  Herrn  £.  Esselbacu  in  Bonn  nebst 
einigen  begleitenden  Bemerkungen  des  Herrn  Helmholtz  zugekommen: 
„Da  die  bisher  angewendeten  Methoden  zur  Messung  von  Wellenlängen, 
auch  die  von  Frauen  hofer,  welcher  Oitterspectra  dazu  gebrauchte,  we- 
gen Lichtschwäche  beim  ultravioletten  Lichte  sich  nicht  als  brauchbar  er- 
wiesen, musste  eine  andere  Methode  gewählt  werden,  welche  auf  ein  von 
Tal  bot  beobachtetes  Phänomen  gegründet  ist 

Betrachtet  man  ein  reines  Spectrum  im  Femrohr ,  während  man  von 
der  Seite  des  Violett  her  mit  einem  dünnen  Blättchen  durchsichtiger  Sub- 
stanz die  halbe  Pupille  bedeckt,  so  erscheint  das  Spectrum  in  helle  und 
dunkle  Streifen  gleichmässig  getheilt,  welche  abgesehen  von  ihrer  regel- 
mässigen Anordnung  den  Fr  auen  ho  f  er 'sehen  Linien  parallel  und  ähn- 
lich sind.  Mit  der  Dicke  des  Blättchens  wächst  ihre  Zahl  und  ihre  Feinheit. 
Sie  entstehen  durch  Literferenz  desjenigen  Theils  des  Strahlenbündels, 
welcher  durch  die  dünne  Platte  gegangen  ist,  mit  dem  andern  Theile  des- 
selben Bündels,  welcher  daran  vorbeigegangen  ist. 

Zu  den  Versuchen  wurde  ein  aus  Bergkrystalllinsen  zusammengesetztes 
Fernrohr  benutzt  und  zwei  Prismen  von  demselben  Material.  Das  Ultra- 
violett war  dem  Auge  unmittelbar  sichtbar^  wenn  man  nach  der  von  Helm- 
holtz vorgcscl^lagenen  Methode  (vergl.  die  Zeitschr.  3.  Heft  S.  166)  durch 
das  Fernrohr  und  ein  davorgesetztes  Prisma  einen  Spalt  betrachtet,  durch 
den  schon  ultraviolettes  Licht,  isolirt  durch  das  and&re  Prisma,  hindurch- 
drang. Die  Helligkeit  war  sogar  für  das  blosse  Auge  grösser ,  als  wenn  in 
die  Blendung  des  Oculars  eine  zwischen  Quarzplatten  eingeschlossene 
Schicht  von  Chininlosung  als  fluorescirender  Schirm  eingefügt  wurde. 

Ist  a  die  Dicke  der  Platte,  sind  ferner  A,  und  A,  die  Wellenlängen 
zweier  Farben  in  Luft,  «,  und  «,  die  Brechuugsverhältnisse  in  der  dünnen 
Platte  und  m  der  Gaugunterschied  der  durch  die  Platte  und  neben  ihr  vor- 
beigegangenen Strahlen  von  der  Wellenlänge  Aj ,  so  ist 

a  a 

=  m 

A|       n,  Ai 

für  jeden  hellen  Streifen  im  Spectrum  muss  m  eine  gapze  Zahl  sein,  für 
den  nächst  benachbarten  hellen  Streifen  um'  eine  Einheit  grösser  oder  klei- 
ner. Ist  also  zwischen  den  Farben  von  der  Wellenlänge  A,  und  A,  die  Zahl 
der  dunklen  Streifen  gleich  p ,  so  ist 

a  a 

-  -— -^M-h/;. 

Wählt  man  zuerst  zwei  Farben,  deren  Wellenlängen  und  Brechungsverhält- 
nisse bekannt  sind  (es  wurden  genommen  Frauen  ho  fers  Wellenlänge  für 
C  und  H) ,  so  kann  man  aus  diesen  beiden  Gleichungen  die  Constanten  a 
und  m  berechnen.  Stellt  man  dann  dieselbe  Gleichung  für  eine  Farbe  von 
unbekannter  Wellenlänge  auf  und  zählt  die  Streifen  zwischen  ihr  und  A,, 
so  giebt  die  Gleichung  den  Werth  ihrer  Wellenlänge,  vorausgesetzt,  dass 
man  ihr  Brechungsverhältniss  an  d^r  Platte  kennt.  ' 

Weil  dem  Autor  keine  Methode  bekannt  war,  den  Brechungsindex 
eines  Strahles  in  einem  dünnen  Blättchen  zu  bestimmen,  ohne  dass  die  Wel- 
lenlängen gegeben  waren,  so  wurde  ein  Bergkrystallplättchen  genommen, 
welches  senkrecht  gegen  die  Axe  geschnitten  war,  da  ja  doch  dieBrechungs- 


Kleinere  MittheiluQgen. 


255 


verliältiiisse  der  betreffenden  Strahlen  im  Bergkrystall  gleichzeitig  gemessen 
-werden  sollten.  Mit  dem  vorhandenen  Apparate  war  nur  die  4^  Decimale 
XU  erreichen,  was  aber  für  die  Bestimmung  der  Wellenlängen  hier  gentigt. 
Die  Werthe  der  Brechungscoefficienten  des  ordentlichen  Strahls  im  Berg- 
krystall, welche  in  der  folgenden  Tabelle  unter  n  angegeben  sind,  sind 
Mittelwerthe  aus  Bestimmungen  an  den  drei  Winkeln  desselben  Prisma  an- 
gestellt. Sie  sind  constant  0,0004  höher  alsRudbergs,  welche  zur  Ver- 
g'leichnng  daneben  stehen.  Die  festen  Linien  bis  P  sind  nach  Stokes  be- 
iia.iiiit,  mit  0  und  R  habe  ich  zwei  der  stärksten  Linien  des  nur  durch  Quarz- 
Apparate  sichtbaren  Theils  des  Ultraviolett  bezeichnet.  Mit  jd  ist  die  Zahl 
der  Talbo tischen  Streifen  zwischen  je  zwei  aufeinanderfolgenden  Fraun- 
liofer*8chen  Linien  bezeichnet,  wobei  die  Resultate  mehrerer  Zählungen 
^^^S^eben  sind.  Neben  die  von  mir  berechneten  Wellenlängen  habe  ich 
xiim  Vergleiche  die  von  Fraunhofer  ftir  das  sichtbare  Spectrum  gestellt, 
von  denen  die  ftir  C  und  H  zur  Bestimmung  der  Constanten  in  der  Rechnung 
benutzt  sind.  Man  sieht,  dass  die  Uebereinstimmung  beider  Reihen  sehr 
gross  ist.  In  der  letzten  Columne  sind  die  Wellenlängen  nach  der  Annähe- 
rungsformel von  Cauchy 


'''=='Q}-B 


^rechnet,  wobei  die  Constanten  c  und  X,  aus  den  Werthen  von  Fraun- 
hofer ftlr  C  und  ff  berechnet  wurden.  Man  sieht,  dass  diese  Formel  im 
ultravioletten  Spectrum  ziemlich  ebenso  gut  mit  den  Messungen  stimmt,  wie 
^iQ  sichtbaren. 


1^ 

BrteliuDg-t 
tefhiltni»  1« 

P^ 

WelLfriiLäDf^Ji 
n»eb  raeineii 

MiÜimelera. 

rrftDcnhoreri 
Werthe  der 

Formal, 

ß 

C 

p 

G 

// 

l. 

4f 

N 

O 

i* 

Q 
n 

1,5414 
1,5424 
1,5440 
1,5476 
1,5500 
1,5540 
1,5580 
1,5605 
1,5021 
1,5046 
1,5074 
1,5090 
1,5702 
1,5737 

1,5409 

1,5418 
1,5442 
1,5471 
1,5490 
1,.^542 
1,5582 

*  ■  «  * 

7,5^7 

20-19-19,5 

22.5—22—23 

18,5—18,5 

31-31^31 

24,5—25—25 

11-11 

11,5"  11,5 

14,5-15,5—15 

14,5-14,5 

8^7,5-8 

7—7 

IS 

0,0000874 

5880 
52*iO 
4845 
4287 

3791 

3057 
3498 

33rm 

32tK) 
32^2 
3001 

0,0000878 
05rH 
5888 
5260 

4843 
4291 
3929 

0,0000900 

5819    , 
5233 

4830 
4278 

3824 
3741 
3532 

3383 
3307 
3243 

3108 

Man  sieht,  dass  in  Bezug  auf  die  Wellenlängen  das  Intervall,  welches 
^iirch  das  Ultraviolett  zum  Spoctrum  hinzukommt,  allerdings  kleiner  ist,  als 
^^^  Ausbreitung  im  Quarzspectrum  es  erwarten  Hess.  Das  6  bis  8  mal  so 
i^nge  Ultraviolett  des  elektrischen  Kohlenlichts  wird  dem  bisher  gewonne- 
J^n  aber,  wenn  Cauchy 's  Formel  auch  dafür  gilt,  etwa  noch  eine  Octave 
anzufügen. 

Die  Methode  der  Linienzählung  wird  sich  in  gewissen  Fällen  mit  Vor- 
uieil  zur  Bestimmung  der  Brechungsindices  und  Dispersionsconstanten  an- 
wenden lassen,  wenn  man  die  Wellenlängen  als  bekannt  voraussetzt,  na- 


256 


Kleinere  Mittheilungen. 


mentlich  wo  man  nicht  mehr  Material  hat ,  als  um  eine  dünne  Platte  zu  bil- 
den, die  die  halbe  Papille  bedeckt  und  zweitens  bei  stark  absorbirenden 
Mitteln.  S  t  o  k  e  s  hat  ausserdem  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  man  den 
ersten  Brechungsindex  erhält ,  wenn  man  die  Plattendicke  durch  Neigung 
verändert." 

Diese  Resultate  der  Messungen  des  Herrn  Esselbach  hat  Herr  H e  1  m  - 
holtz  mit  folgenden  Bemerkungen  begleitet.  „Vorstehende  Messungen 
machen  es  möglich,  eine  ausgedehntere  Vergleichung  der  Verhältnisse  der 
Lichtwellenlängen  mit  denen  der  Tonintervalle  anzustellen,  als  es  bisher 
möglich  war.  Ich  bemerke,  dass  ich  selbst  vor  einiger  Zeit  die  Wellenlänge 
der  Linie  Ä  im  äussersten  Roth  nach  Fraunhofers  Methode  an  einem 
Spectrum  bestimmt  habe,  von  dem  alles  Licht,  mit  Ausnahme  des  äusser- 
sten Roth  durch  Anwendung  von  zwei  Prismen  und  zwei  Schirmen  abge- 
blendet war.  Ich  fand  diese  Wellenlänge  gleich  0,0007617  mm.  Es  war  aber 
jenseits  Ä  noch  ein  Streifen  rothen  Lichts  mit  einigen  Linien  darin  sichtbar, 
der  dem  Zwischenräume  von  Ä  und  B  an  Breite  etwa  gleich  kam. 

In  der  folgenden  Tabelle  habe  ich  das  Licht  der  Linie  Ä  dem  Tone  G 
entsprechend  gesetzt  und  die  den  einzelnen  halben  Tönen  entsprechenden 
Farben  daneben  gestellt.    In  der  letzten  Rubrik  sind  die  Fraunhofer - 

'  sehen  Linien  bei  den  ihnen  zunächst  liegenden  Tönen  aufgeführt. 

In  dieser  Tabelle  stellt  sich  sehr  deutlich  heraus ,  wia  wenig  Analogie 
zwischen  der  Tonismpfindung  und  Farbenempfindung  besteht.  In  der  Ge- 
gend des  Gelb  und  Grün  sind  die  Farbenübergänge  ausserordentlich  schnelli 
an  den  Enden  des  Spectrum  ausserordentlich  langsam.  Dort  sind  sämmt- 
liche  Uebergangsstufen  zwischen  Gelb  und  Grün  in  die  Breite  eines  kleinen 
halben  Tons  zusammengedrängt,  hier  befinden  sich  Intervalle  von  der  Grösse 

•einer  kleinen  oder  grossen  Terz,  in  denen  das  Auge  gar  keine  Veränderung 
des  Farbentones  wahrnimmt.  Der  ganze  sichtbare  Theil  des  Sonnen- 
spectrums  umfasst  etwa  eine  Octave  und  eine  Quarte. 


Ton. 

W  e  1 1  e  n  1  ü  n  g-  e. 

Entsprechende  Farbe. 

Frauenhofersche 

Linien  mit  ihrer 

Wellenlänge. 

e=  I 

G  =  7617 

Fis 
G 

Gi8 

A 
B 
H 

c 

eis 

d 

es 

e 

F 

Fis 

9 

gis 
a 
b 

h 

l 

H 
1 

V 

l 
i 
i 

? 

f 

i 

8124 
7617 
7312 
6771 
0317 
6094 
5713 
5217 
5078 
4701 
4570 
4285 
4062 
3808 
3056 
3385 
3173 

3047 

Ende  des  Roth 

Roth 

Roth 

Roth 

Rothorange 

Orange 

Gelb 

Grün 

Grünblau 

Cyanblau 

Indigoblau 

Violett 

Violett 

Ueberviolctt 

Ueberviolctt 

Ueberviolctt 

Ueberviolctt 
1  Ende  des Sonnen- j 
(  ßpectrums.           ) 

A    7617 

B   6878 
C    6564 

D    5888 
E    5200 

F   4843 

G    4291 

//  3929 

M  3657 

n   3091 

Druck  von  R.  G.  Teubner  in  Dreüden. 


XV. 

TJeber  die  Beduction  eines  Bphärischen  Dreiecks  von 
geringer  ErOmmting  anf  sein  Sehnendreieek. 

Von  A.  Nagel, 

Lehrer  der  höheren  Geodüsie  an  der  polytechnischen  Schule  zu  Dresden. 


Xllinige  Bemerkangen ,  welche  Herr  Kiedlv.  Leuensteru  in  Wien  bei 
Gelegenheit  der  Recension  des  Handbuches  der  höhern  und  ni  edern 
Hessknnde  von'Barfuss  in  der  Zeitschrift  des  österreichischen 
Ingenieur- Vereins,  1854  Juni  Nr.  11.  u.  12.  in  Bezug  auf  die  Keduction 
eines  an  der  Erdoberfläche  gemessenen  sphärischen  Dreiecks  auf  sein  Seh 
iiendreieck  anbrachte,  sind  für  die  Redaction  gegenwärtiger  Zeitschrift  Ver- 
fassung gewesen,  genannten  Herrn  um  Mittheilung  des  in  Oesterreich  ge- 
Wiuehlichen  und  von  dem  als  Erfinder  einer  Sprechmaschine  bekannten  Fa- 
^  er  herrührenden  Verfahrens  zu  bitten.  Dieser  Bitte  ist  derselbe  mit  anerken- 
nuDgswerther  Bereitwilligkeit  durch  Zusendung  der  von  ihm  unter  dem  Titel 
»»BeitrÄgezurTheoriederSehnenwi  nie  el, Wien  1827"  herausgege- 
benen Abhandlung  und  eines  für  die  gegenwärtige  Zeitschrift  bestimmten  An- 
hanges dazu,  die  erwähnte  Reduction  betreffend,  nachgekommen.  Da  jedoch 
dieser  Nachtrag,  auf  obige  Theorie  Bezug  nehmend,  den  Inhalt  jener  Schrift 
^b  bekannt  voraussetzt,  die  letztere  selbst  aber,  nach  dem  eigenen  Zu- 
S^atändnisse  des  Herrn  Verfassers  in  erwähnter  Recension,  in  weiteren  Krei- 
"^  nicht  80  bekannt  sein  dürfte,  als  sie  es  eigentlich  verdient,  so  hat  ge- 
^*niite  Redaction  nach  vorhergegangener  Einwilligung  des  Herrn  Verfassers 
^en  Unterzeichneten  mit  einer  gedrängten  Darstellung  der  v.  L  e  u  e-n  s  t  e  r  n  - 
^clen  Herleitung  der  Fa herrschen  Reductionsmethode  beauftragt.  Dieser 
Arbeit  unterzog  sich  derselbe  um  so  lieber,  als  einige  von  Herrn  v.  L  e  u  e  n  - 
^tern  in  seiner  Theorie  der  Sehnenwink cl  bewiesenen  Sätze  ein  Mittel  an 
^ie  Band  geben,  um  auf  sehr  einfache  Weise  zu  den  inzwischen  von  Herrn 
^'of.  Grunert  in  seinem  Archive  für  Mathematik  und  Physik  25.  Thl., 
°*  197  u.  f.  entwickelten  bequemen  Reductionsformeln  und  zu  dem  daselbst 
•^Miesslich  aufgestellten  Satze  zu  gelangen ,  der  dem  berühmten  L  e  - 
S^ndre^schen  Theoreme  zur  Seite  gestellt  zu  werden  verdient. 

Es  sollen  daher  im  Folgenden  zunächst  did  v.  Leuenstern' sehen* 
^*t»e  entwickelt,  dann  aber  aus  diesen  die  P  ab  er 'sehen  und  Grüne  rt- 

ZeitMhrift  f.  Mathematik  a.  Physik.  1.  V\ 


•258         Ueber  die  Rcduction  eines  sphärischen  Dreiecks  etc. 

sehen  Reductionsformeln  abgeleitet  und  endlich  von  diesen  zu  jenem ,  dem 
Leg endr ersehen  analogen  Satze  tib^gegangen  werden. 

Die  Sätze  von  Riedl  v.  Leuenstern. 

Legt  man  durch  die  drei  Eckpunkte  Ay  B.  C  (Fig.  44)  eines  sphärischen 
Dreiecks  eine  Ebene,  so  schneidet  dieselbe  die  Kugelfläche  in  einem  durch 
diese  Punkte  gehenden  Kugelkreise,  dessen  Pol  P  bekanntlich  zugleich 
Pol  des  sphärischen  Dreiecks  ABC  und  dessen  Mittelpunkt  P, ,  als  Projec- 
tion-d^s  Poles  P  auf  diese  Ebene,  zugleich  Mittelpunkt  des  in  letzterer  lie- 
genden und  von  den  Sehnen  AB^  BC^CA  gebildeten  Sehnendreiecks  ist. 

Verbindet  man  ferner  die  Eckpunkte  A^  B^  C,  sowie  die  Plalbirungs- 
punkte  Dy  Ey  F  der  Dreieckseiten  mit  dem  Pole  P  durch  Bögen  grösster 
Kreise,  so  sind  bekanntlich  P/>,P^,  PF  beziehendlich  normal  auf  den  Dreieck- 
seiten BCy  CAy  AB  und  das  ganze  Dreieck  wird  durch  diese  sechs  Bögen  in 
ebenso  viel  rechtwinklige  Poldreiecke  APE,  APF,  BPF,  BPD,  CPD 
und  CPE  zerlogt,  von  denen  je  zwei  an  einerlei  Dreieckseite  anliegende 
einander  symmetrisch  gleich  sind,  je  zwei  an  einerlei  Ecke  des  sphärischen 
Dreiecks  zusammentreffende  aber  einPolviereck  mit  zwei  einander  dia- 
gonal gegenüberliegenden  rechten  Winkeln  bilden. 

Die  Ebenen  dieser  grössten  Kreise  gehen  zugleich  durch  den  Mittel- 
punkt P|  des  Sehnendreiecks,  schneiden  die  Ebene  des  letztern  normal  und  hin« 
terlassen  in  derselben  Spuren ,  von  denen  P^  i>, ,  P,  E^  und  P,  F,  beziehend* 
lieh  rechtwinklig  auf  den  Seiten  BC,  CA  und  AB  des  Sehnendreiecks  sind, 
und  die  dasselbe  ebenfalls  in  sechs  rechtwinklige  Mittelpunktsdreiecke  i^Pi  JST,, 
AP^Fy  etc.  zerlegen,  von  denen  dasselbe  gilt,  was  bereits  von  den  zum 
sphärischen  Dreiecke  gehörenden  Poldreiecken  angeführt  wurde. 

Da  sämmtliche  sphärischen  Winkel  am  Pole  in  der  die  Kugelfläche' in 
diesem  Punkte  berührenden  Ebene  liegen,  letztere  aber  parallell  mit  der 
Ebene  des  Sehnendreiecks  ist,  so  sind  auch  die  sphärischen  Winkel  am 
Pole  der  einzelnen  Poldreiecke  ihren  Projectionen  auf  die  Ebene  des  Sehnen- 
dreiecks, d.  i.  den  entsprechenden  Mittelpunktswinkeln  des  letztern  gleich. 
Es  ist  demnach : 

L  APF=  L  AP,  F,  =  L  BP,F,  =  L  BPF, 
u.  s.  w. 

Bezeichnet  man  die  Winkel  des  sphärischen  Dreiecks  mit  A,  B,  C,  die 
entsprechenden  Winkel  des  zugehörenden  Sehnendreiecks  mit  -4,,  B^^C,,  den 
sphärischen  Excess  des  ganzen  Dreiecks  mit  E  und  den  zu  jedem  der  Win- 
kel A,  B,  C  gehörenden  Excessantheil  beziehendlich  mit  Ea,  E^,  Ec,  so  ist: 

1)  Ea  =  A  —  Ai\Ei,  =  B—Bi,  Ec  =  C—C,, 

und 

E  =  E^  +  El,  +  E^  =  A  + B +0—180''. 

Ferner  mögen  respective  E^.Eß,  Ec  die  sphärischen  Excesse  der  von  den 
Winkeln  A,  B,  C  eingeschlossenen  Polviorecke  bedeuten. 

Wegen  LAEP=LAFP=90P  ist  der  sphärische  Excess  des  Polvier- 
eckaAEPF: 

E^  =  A  +  LEPF—\&f, 
oder,  weil  L  EPF=  L  EPA  +  L  APF=  L  E,P,A,  +  L  AP,F,  =  B,  +  C, 
ist: 


Von  A.  Naoel.  259 

^:i=^+ ^1  +  ^1  — 180° 

und  9  wenn  man  für  Ä  seinen  aus  l)  folgenden  Werth  sabstituirt: 
£^  =  ^«  +  ^,+^,  +  C,  — 180^. 

Da  nnn  A^^B^^C^  die  Winkel  eines  ebenen  Dreiecks  sind,  deren  Summe 
=  18Cf  ist,  so  folgt  unter  gleichzeitiger  Verwechselung  der  beiden  Seiten 
der  Gleichung: 

(  Ea^=^EA\  analog  findet  sich : 
I.  j  Eh  ^=.EBy      '  • 

f  Ec=*=  Ec, 
d.  b.  der  su  jedem  Winkel  eines  sphärischen  Dreiecks  in  Be- 
E'og    anf  sein   Sehnendreieck   gehörende   Excessantheil    ist 
gleich  dem  sphärischen  Excesse  des  von  diesem  Winkel  ein- 
geschlossenen Polvierecks. 

Bekanntlich  verhält  sich  der  Excess  eines  sphärischen  Poljgones  zu 
vier  rechten  Winkeln  wie  der  Flächeninhalt  desselben  zur  Halbkugelfläche. 
Wendet  man  diesen  Satz  zur  Bestimmung  von  E^  an,  indem  man  die  Fläche 
des  Polvierecks  AEPF  =  F^  setzt ,  so  ergiebt  sich : 

_^.^{f.Fa_\&fFa 

180^ 
<>der ,  wenn  man  den  constanten  Factor  — ,  wie  es  im  Folgenden  immer 

geschehen  soll,  kurz  durch  fi  bezeichnet  und  nach  I.  E^  für  E^  setzt: 

Anf  ähnliche  Weise  bestimmen  sich  die  Excessantheile  J^n  und  E^  au» 
den  Flächeninhalten  F^  und  Fe  der  von  den  Winkeln  B  und  C  eingeschlos- 
^xien  Polvierecke,  so  dass  man  in  der  Zusammenstellung  für  sämmtliche 
drei  Excessantheile  hat: 

Da  der  Flächeninhalt  F  des  ganzen  Dreiecks  als  die  Summe  der  Flächen- 
^^l^mlte  1^«,  1^*, -Ptf  der  einzelnen  Polvierecke  zu  betrachten  ist,  so  ergiebt 
*^ch  durch  Summirung  der  Gleichungen  II.  mit  Leichtigkeit  der  bekannte 
"^^^mck  ftlr  den  Excess  des  ganzen  Dreiecks : 

2)  ^=^T^' 

^et  mit  jeder  der  Gleichungen  11.  verbunden,  folgende  drei  Proportionen 
^«fert: 

mEa         Ea        Eh         Fh        Et  Fe 

'  E        F^     E        F^     E        F 

^•h.*dersn  einem  Winkel  des  sphärischen  Dreiecks  in  Bezug 
^^f  sein  Sehnendreieck  gehörend^e  Excessantheil   verhält 


260        Ueber  die  Roduction  eineB  sphärischen  Dveiecks  etc. 

sich  zum  ganzen  Excess,  wie  der  Flächeninhalt  des  von  die 3- 

sem  Winkel   eingeschlossenen  Polvierecks   zum  Fläehenic=a. 
halte  des  ganzen  Dreiecks.  

Was  die  allgemeine»  Gültigkeit  dfSr  unter  L,  11.  ni\d  in.  anfgeste^Kll- 
ten  Sätze  anlangt,  so  ist  zn  bemerken,  daas  selbige  bis  jetzt  nur  nnter  d*  ^et 
Voranssetznng,  dass  der  Pol  innerhalb  des  sphärischen  Dreiecks  He^g^, 
nachgewiesen  sind ;  es  sind  aber  noch  zwei  andere  Fälle  möglich,  in  weleht»-  en 
nämlich  der  Pol  in  einer  Dreieckseite  oder  ausserhalb  des  Dre^^si- 
ecks  siclr befindet.  Um  die  Anwendbarkeit  der  genannten  Sätze  aach  a^^Buf 
diese  beiden  Fälle  einzusehen ,  braucht  es  offenbar  nur  untersucht  zu  w^s^mr- 
den ,  was  für  eine  sphärische  Figur  als  das  von  dem  betre£Eenden  Win^^sel 
eingeschlossene  Polviereck  zu  betrachten  ist,  und  ob  der  dem  FläehenBBn- 
halte  derselben  entsprechende  Excess  dem  Excessantheile  dieses  Wink^M»b 
gleichkommt. 

Erinnert  man  sich,  dass  jedes  Polviereck  in  Fig.  44  aus  den  beiden,  an 
der  entsprechenden  Ecke  des  Dreiecks  znsammenstossenden,  reehtwinlB^li- 
gen  Poldreiecken  besteht,  so  ersieht  man  sofort,  dass,  wenn  der  Pol  in^^Ker 
Dreieckseite  AB  (Fig.  45)  Hegt,  die  Mhere  Normale  HF  (Fig.  44)  in  Ncslf, 
mithin  auch  das  als  BesUndtheil  des  Polvierecks  AE PF  (Fig.  44)  aufgetar-e- 
tenen  Poldreieck  ^Pi^  in  Null,  das  Polviereck  selbst  aber  in  das  Poldrei»  «k 
APE  (Fig.  45)  übergegangen  ist.  Ist  daher  für  F«  der  Flächeninhalt  dieses 
Poldreiecks  und  für  Ejg  der  sphärische  Excess  desselben  anzusehen,  ^so 
bleibt  nur  noch  nachzuweisen  übrig,  dass  dieser  letztere  mit  dem  Excess- 
antheile E^  des  Wiükels  A  idenfisch  ist. 

Im  rechtwinkligen  sphärischen  Dreiecke  APE  ist 

Ea=A  +  LAPE—W, 

oder,  wegen  A=iA^  +  Ea  und  LAPE=  LAP^E^^=^  B^i 

Ea  =  e^  +  a,  +  b,-^w: 

Liegt  aber  der  Pol  P  in  der  Dreieckseito  A  B^  so  liegt  auch  dessen  Pr^^  ^ 
jection  P,  in  der  Sehne  BA^  das  Sehnendreieck  ABC  ist  in  diesem  Fall^ 
inC  rechtwinklig  und  -^j  +  i9,  =  90^.  Daher  ergiebt  sich  wie  im  vof^  ^ 
gen  Falle 

Eji=Ett, 

Für  den  andern  an  der  durch  den  Pol  gehenden  Seite  AB  liegende  ^^ 
Winkel  B  steUt  sich  ganz  dasselbe  heraus,  während  für  den  Winkel  C  i^^^ 
früheren  Verhältnisse  dieselben  bleiben.  Die  unter  L,  IL  und  lEL  au^^  ^ 
geführten  Sätze  finden  also  auch  für  den  Fall,  wo  die  ein.  ^ 
Dreieckseite  durch  den  Pol  geht,  An  wendung,  indemdie  a  '^^ 
dieser  Seite  anliegenden  Poldreiecke  die  zu  den  daselbst  bi^^ 
findlichen  Dreieckswinkeln  gehörenden  Polvierecke  veir*  "^ 
treten. 

Liegt  der  Pol  P  ausserhalb  des  Dreiecks  ABC  (Fig.  46),  so  liegt  auc^^ 
die  zu  P  gehörende  Projection  Pi  ausserhalb  des  Sehnendreiecks  und  let^  " 
teres  ist  in  dem  den  Mittelpunkt  einschliessenden  Winkel  C,  stumpfwinl^  " 
1  i g.  Durch  den  Uebergang  von  einem  Dreiecke  mit  eing<eschlo8sene  xac 
Pole  (Fig.  44)  zu  einem  solchen  mit  ausgeschlossenem  Pole  (Fig.  ^C) 
hat  der  von  P  nach  der  Mitte  der  Seite  AB  gezogene  Bogen  P^eine  ä,ef 
früheren  entgegengesetzte  Lage  angenommen;  das  zu  demselben  gehörende 
ganz  ausserhalb  des  Dreiecks  ABC  (Fig.  46)  liegende  Poldreieck  APFist         i 


Von  A.  Nagel.  261 

(laber  bei  der  Bestimmung  von  Fa  mit  entgegengesetzten  Zeicben  aufzu- 
tubren ,  d.  b.  es  muss  sein : 

F„  =  APE—APF. 

Da  bei  dieser  Subtraction  das  beiden  Preiecken  gemeinschaftlicbe  Dreieck 
^Si' wegfällt,  so  ergiebt  sieb  daraus 

Ta  =  AES—SPE, 
was  der  Fläcbeninbalt  des  überschlagenen  Polvicrecks  AEPF  ist,  bei 
welcbem  der  ausserhalb  des  Dreiecks  A  B  C  liegende  Theil  SPF  desselben 
negativ  auftritt.  Der  zu  Fa  gehörende  Excess  Ea  besteht  aber  in  diesem 
Falle  offenbar  aus  der  Differenz  der  Excesse  der  .beiden  rechtwinkligen 
Dreiecke  ^£S  und  PSF,  also : 

Ea  =  {A  +  LASE—W)^(LPSF+LSPP—W) 
und  wegen  der  Gleichheit  der  Scheitelwinkel  ASE  und  PSF\ 

Ea  =  A  —  LSPF. 
Es  ist  aber  L  8PF=  180°  —  (Z.  JPA  +  L  APB!)  =  180»  —  5j  —  C, , 
folglich,  wenn  man  hiermit  zugleich  auch  A^^Ea+  A^  einsetzt : 

Ea=^E^+  A.  +  B.  +  C,-^^ 
d.i. 

Ea  =  E^. 

Was  für  den  einen  der  beiden  den  Pol  auss^hliessenden  .Winkel 
gilt,  gilt  auch  für  den  andern  (^B) ,  dagegen  bleiben  für  den,  den  Pol  ein- 
schliessenden,  Winkel  {(T)  die  früheren  Verhältnisse  dieselben.  Es  ist 
demnach  die  Giltigkeit  der  Sätze  L,  II.  und  III.  auch  auf  den 
Fall  auszudehnen,  wenn  der  Pol  ausserhalb  des  Dreiecks 
liegt,  man  darf  nur  die  von  denSchenkeln  der  den  Pol  aus- 
schliessendenWinkelund  den  von  dem  Pole  auf  dieselben  ge- 
zogenen Normalen  gebildeten  überschlagenen  Vierecke  als 
die  zu  diesen  Winkeln  gehörenden  Polvierecke  betrachten; 
wobei  jedoch  berücksichtigt  werden  muss,  dass  die  ausser- 
halb des  sphärischen  Dreiecks  liegenden  Theile  derselben 
negativ  zu  nehmen  sind. 

Sofort  aus  der  Fig.  46  wird  klar,  dass  auch  in  diesem  Falle,  wie  in  den 
beiden  andern,  die  Summe  von  Fa,  F^,  Fe  den  Flächeninhalt  F  des  ganzen 
Dreiecks  giebt,  weil  die  in  den  Inhalten  Fa  und  Ft  auftretenden  negativen 
Theile  SPF  und  TPF  bereits  mit  in  Fe  positiv  enthalten  sind.  Eben  so  er- 
sichtlich ist,  dass  in  eineih  oder  dem  andern  der  beiden  überschlagenen 
Vierecke,  oder  auch  in  beiden  zugleich,  der  negative  Theil  desselben  eben 
so  gross  oder  grösser  auftreten  kann  als  der  positive  und  dass  dann  noth- 
wendig  der  Exccssantheil  des  einen  oder  des  andern  den  Pol  ausschliessen- 
den  Winkels,  oder  auch  beide  Excessantheile  zugleich  gleich  Null  oder 
kleiner  als  Null  sein  müssen. 

Durch  fortgesetze  Betrachtung  sind  nun  in  der  angeführten  „Theorie 
etc."  noch  viele  andere  interessante  Sätze  auf  elementare  Weise  abgeleitet, 
z.  6.  dass  ein  rechter  Winkel  den  halben  summarischen  Excess  erhält,  dass 
von  120°  an  der  stumpfe  Winkel  den  ganzen  Excess  und  noch  mehr  allein 
trägt ,  die  beiden  andern  Excessantheile  aber  zusammen  Null  oder  kleiner 
als  Null  werden  etc.,  hinsichtlich  derer  ich  jedoch  auf  die  genannte  Schrift 
verweisen  muss. 


262         Ueber  die  Keductiou  eines  sphärischen  Dreiecks  etc. 


Die  F  ab  er' sehen  Reduetionsformeln. 

Wenn  man  unter  einem  geodätischen  Dreiecke  überhaupt  ein  aaf 
der  Erdoberfläche  mit  den  gewöhnlichen  Hilfsmitteln  direct  messbares  ver- 
steht, so  kann  man  dasselbe  als  ein  solches  betrachten,  dessen  Seiten  in 
Bezug  auf  den  Krümmungshalbmesser  der  Kugel  sehr  klein  sind.  In  diesem 
Falle  kann  man  aber  mit  Hilfe  eines  der  obigen  Sätze  einfache  Reduetions- 
formeln zur  Bestimmung  des  zum  geodätischen  Dreiecke  gehörenden  Seh- 
nendreiecks ableiten.  Herr  Riedl  v.  Leuenstern  hat  die  Ableitung  der 
Faber 'sehen  Reduetionsformeln  ganz  einfach  dadurch  ermöglicht,  dass  er 
den  Flächeninhalt  des  geodätischen  Dreiecks  gleich  dem  Flächeninhalte  des 
entsprechenden  Sehnendreiecks  annahm,  woraus  sofort  folgte,  dass  aaeh 
der  Flächeninhalt  eines  in  demselben  liegenden  Polvierecks  gleich  dem  In- 
halte der  (perspectivischen)  Projection  desselben  auf  das  Sehnendreieck  an- 
zunehmen sei.  Der  letztere  lässt  sich  aber  sehr  einfach  aus  zwei  Seiten 
und  den  Gegenwinkeln  dßs  Sehnendreiecks  bestimmen  und  in  11.  einführen, 
wodurch  sofort  die  gewünschte  Reductionsformel  erhalten  wird. 

So  einfach  die  Art  und  Weise  dieser  Ableitung  erscheint,  so  gestattet 
sie  doch  nicht  sofort  die  nöthige  Einsicht,  welchem  Genauigkeitsgrade  die 
erhaltene  Formel  entspricht,  wenn  man  nicht  im  Voraus  weiss,  dass  der 
Inhalt  eines  Polvierecks  dem  Inhalte  seiner  Projection  mit  einem  Genauig- 
keitsgrade gleichgesetzt  werden  kann,  bei  welchem  erst  Glieder  die  in  Be- 
zug auf  die  Dreieckseiten  von  der  4.  Ordnung  sind,  vernachlässigt  werden. 
Ich  gestatte  mir  daher  einen  anderen,  deshalb  nicht  viel  umständlichem 
Weg  zur  Ableitung  der  Faber* sehen  Reduetionsformeln  einzuschlagen,  su 
welchem  Zwecke  ich  jedoch  vorher  im  Allgememeinen  den  sphärischen  Ex- 
cess  eines  rechtwinkligen  Dreiecks  in  einer  Kathete  und  dem  Gegenwinkel 
auszudrücken  suchen  mu8s. 

In  einem  boi  C  rechtwinkligen  Dreiecke  ABC,  dessen  Seiten  und  Win- 
kel auf  die  gewohnte  Weise  benannt  werden  mögen ,  ist  bekanntlich 

cos  A  -=.  cos  a  sifi  7?, 
also 

.1)  Stil  n  = . 

cos  a 

Ferner  ist  der  sphärische  Excess  desselben 

^=^+^  —  90", 

woraus  folgt: 

j^^go«  — (^—^  * 

und  demnach  auch 

4)  sin  B  '—  cos  {A  —  E). 
Aus  3)  und  4)  ergiebt  sich 

PN  /  .       ^N        COS  A 

5)  cos  (A  —  J5:)  = 

cos  a 

Obwohl  der  hiernach  sich  ergebende  Werth  für  E  im  Allgemeinen  zwei- 
deutig ist,  indem  der  aus  dieser  Gleichung  folgende  Cosinuswerth  ebenso- 
wohl einem  positiven  als  negativen  Winkel  angehören  kann,  so  verschwin- 
det doch  diese  Zweideutigkeit  bei  Anwendung  der  Gleichung  6)  auf  ein 
geodätisches  Dreieck,  wenn  man   gleichzeitig  zur  bessern  Vereinfachung 


Von  A.  Naoel.  263 


den  cos  (A —  E)  nach  A  und  E  auflöst  und  sodann  cos  Ez=l  nnd  sinE=E 
setzt.  Berücksichtiget  man  nämlich,  dass  E  dem  Flächeninhalte  des  betref- 
fenden Dreiecks  proportional  folglich  in  Bezug  auf  die  Dreieckseiten  eine 
Ghrösse  zweiter  Ordnung  ist,  so  werden  bei  obiger  Annahme  erst  Glieder 
▼emachlässiget,  die  in  Bezug  auf  die  Dreieckseiten  von  der  vierten  Ordnung 
sind.  Nach  Ausführung  der  hier  angedeuteten  Operationen  ergiebt  sich 
ans  5) 

^  ■    T,   .     .       cos  A 
cos  A  +  E  sm  A  = 

cos  a    - 

oder 

E=^  {sec  a  —  l)  cot  A, 

Entwickelt  man  sec  a  nach  der  entsprechenden  Reihe : 

'^^"=*+Tr2+r72T3r4+-v 

und  vernachlässiget  in  derselben  alle  Glieder  von  der  vierten  Ordnung  an, 
so  erhiHt  man 

_      a*  cot  A 

2 
Da  hierin  sowohl  i?  als  a  Bogenlängen  fUr  den  Kadius  1  bedeuten ,  so  ist, 
um  ^  in  Secunden  zu  erhalten, 

zu  setzen ,  wodurch  sich  ergiebt : 

ö)    .  E    =11   . — ^ — , 

welcher  Ausdruck,  mit  Vernachlässigung  von  Gliedern,  die.  in  Bezug"  auf 
die  Dreieckseiten  erst  von  der  vierten  Ordnung  sind,  den  Exces»  eines  recht- 
winkligen geodätischen  Dreiecks  aus  einer  Kathete  und  dem  Gegenwinkel 
^ebt. 

Um  nun  denselben  auf  die  Bestimmung  der  Excess^ntheile  der  einzelnen 
Winkel  eines  geodätischen  Dreiecks  anzuwenden ,  bezeichnen  wir  die  Län- 
gen der  den  Winkeln  A^  B^C  gegenüberliegenden  Seiten  mit  a,  6,  c,  mithin 

nnd,  wennjR  der  Halbmesser  der  Erde  ist,  —  ,  — ,  —  diese  Seiten  für  den 

R     H      R 

&Adias  1.  Es  besteht  aber  der  Excess  des  z.  B.  zu  A  gehörenden  Polvier- 
eolu  (Fig.  44  und  46)  aus  der  Summe  oder  Differenz  der  einstweilen  bezie- 
kendlich  mit  ß  und  y  bezeichneten  Excesse  der  Poldreiecke  APE  und  APF^ 
folglich  zugleich  mit  Rücksicht  auf  I. : 

7)  •         E^=EA=-ß±y. 

^^orin  das  obere  Zeichen  für  den  durch  Fig.  44  und  das  untere  Zeichen  für 
i^n  durch  Fig.  46  dargestellten  Fall  gilt.  Unter  Anwendung  von  6)  ist  aber 

ÄE^  cot  APE  b^cotß^ 

P  =  f*. 2 ^^-JrT- 

^r  beide  Fälle,  femer         

_     AF*cotAPF_     c*  cot  C^ 
y  —  ^  2  ~'*     SR*  ' 


264        lieber  die  Reduction  ein^  sphärischen  Dreiecks  etc. 

für  Fig.  44,  und ,  weil  in  Fig.  46 

Z.  ^PF=  180^  — /P^  =  180  —  C,  ist, 

^cotCx 

^~      ^    SR* 
ftir  den  durch  Fig.  46  repräsentirten  Fall,  mitiiin  fttr  beide  FAlle  sragleieh: 

.      c*  cot  C, 

Durch  Einführung  dieser  Werthe  ftir  ß  und  y  in  7)  erhftlt  man: 

8)  i?.  =  |* 8/^>       -     ' 

Dieser  Ausdruck  ist  insofern  allgemein,  als  er  auch  den  Fall  in  sich 
schliesst,  in  welchem  der  Pol  in  eii\pr  Dreieckseite,  s.  B.ia  AB  (Fig.  46), 
liegt ,  denn  dann  bt  C|  =  9QP ,  folglich  geht  8)  über  in 

worin  die  Se}te.  rechts  den  Excess  des  rechtwinkligen  Poldreiecks  APE 
Fig.  45  bedeutet,  Vas  bekann^ich  in  diesem  FsUe  das  betreflbnde  Fol- 
viereck  vertritt. 

In  der  Qleichung  8)  kann  man  noch  die  Cotangenten  der  Sehnenwinkel 
mit  den  Cotangenten  der  smgehörenden  sphärischen  Winkel  rertauschen. 
Denn  nach  dem  Taylor*  sehen  Satze  ist  a.  B. 

cotB,^cot(B  —  E,)  =  €OiB+-^  +  ^^^^  +  .... 

folglich  mit  dem  bisher  innegehaltenen  Genauigkeitsgrade: 

^,cotB,  =  —^cotB 


und  ebenso 


Daher  geht  6)  über  in : 


Ea=^ 


-  cot  C,  =  ^  cot  C. 
6«  cotB  +  c^  cot  C 


SR* 


Dass  für  E^  und  Ee  sich  analoge  Werthe  finden  lassen,  ist  für  sich  klar  und 
man  hat  daher  folgende  drei  Oleichnngen 

6«  cotB  +  c*  cot  C 


IV. 


^^  =  ^  SR* 

c^cotC  +  a*  cot  Ä 

^'  =  ^ SR* ' 

(^cotÄ  +  l^cotB 

^^==^ sT* ' 


welche  die  Excessantheile  der  einzelnen  Winkel  mit  einer  Genauigkeit  ge- 
ben ,  bei  welcher  erst  Grössen  Vernachlässigung  finden ,  die  in  Bezug  auf 
die  Dreieckseiten  von  der  4*"  Dimension  sind. 


Von  A.  Nag£L.  265 

Diese  Formeln  sind  es,  welche  Fab er,  in  Folge  des  Auftrages,  den 
Derselbe  von  dem  Leiter  der  österreichischen  Messungen,  General  Fallen, 
erhielt,  sur  Rednction  eines  geodätischen  Dreiecks  anf  sein  Behnendreieck 
auffand. und  die  bisher  bei  den  ebenerwähnten  Messungen  mit  grossem  Vor- 
theile  angewendet  wurden. 

Sie  bestimmen  die  Excessantheile  aus  den  Seiten  und  Winkeln  des 
geodätischen  Dreiecks,  sie  können  aber  auch  noch  so  umgewandelt  werden, 
dass  sie  die  fraglichen  Grössen  mit  Hilfe  der  betre£fenden  Bestandtheile 
des  Sehnendreiecks  geben. 

Beseichnen  «1,^1,  c^  die  den  sphärischen  Dreieckseiten  a,  6,  c  entspre- 
chenden Sehnen ,  so  ist  bekanntlich 


also 


2Ä«tn(^  ~  j  =  ai,  oder 


a         Gl 


zr^  =  ^^c  stn  — -- » 
2jR  2jR 


nad  nach  der  betreffenden  Reihe : 

od-cr 

Quadrirt  man  und  vernachlässiget  dabei  alle  Glieder  von  der  4^*^  Ordnung 
,  80  hat  man 


(5)'=©'  "^  "^"^ 


'^^ölche  Werthe  in  die  Gleichung  8)  eingeführt  geben ; 


9) 


=  fi  — ^^  ■ ;  entsprechend  erhält  man : 

'  Cj*  cot  (7,  +  ^*  co^  ^i 


SR 


„  «,•  cot  A^  +  ^i*  cot  Bi 


Aus  der  Vergleichung  dieser  Ausdrücke  mit  denen  unter  IV.  lässt  sich 
sofort  schliessen ,  dass  man  die  Excessantheile  immer  mit  demselben  Ge- 
nauigkeitsgrade erhält,  man  mag  die  Seiten  und  Winkel  des  geodätischen 
^der  die  des  entsprechenden  Sehnendreiecks  zur  Berechnung  desselben  be- 
n'^tzen.  Daher  wird  es  auch  gestattet  sein ,  mit*  Hilfe  der  einen  gegebenen 
^^ite  des  Sehnendreiecks  und  der  auf  180^  ausgeglichenen  sphärischen  Win- 
"^^l  die  beiden  andern  in  die  Rechnung  einzuführenden  Seiten  annäherungs- 


266         Ueber  die  Redactfon  eines  sphttriBchen  Dreieoka  etc. 

" 1 — I  -  I-  r  r  -  rii i~-i i--i--ir-ir~i ^irinriniririnnririnni~inrv^nr>nnnnrifvvir>nfM-M"MWl<Ut 

weise  iii  besümmeii,  ohne  deshalb  an  dem  oben  angegebenen  G(enan{|^eita- 
grade  an  verlieren. 

Addiirt  man  die  Gleichungen  9),  so  findet  sich  der  geaammte  Exceaa  am: 


10)  E"  =  t^ 


„  «,*  cotAi  +  b^cot  Bf  +  c^  cot  {7| 


^R 


s 


Darin  Zedenten  al>er,  wie  leicht  an  ersehen, 

4        '  4        '™        .  4    ~ 

respective  die  Flächeninhalte  der  Dreiecke  BPiC^  AP^C  and  AP^B  (Fig. 
44,  45  und 46),  daher  ist 

Ol*  cot  Af  +  V  ^oi  Bi  +  Ci*  coi  C| 

4  -^' 

der  Flftcheninhalt  des  ganaen  Sehnendreiecks.. Nach  EinfUhrong  desselben 
in  Gleichung  10)  ergiebt  sich: 


11)  Ä=^.|i« . 


woraus  im  IHnblick  auf  3)  folgt,  dass  man  lur  Berechnung  des  sphärischen 
Excesses  E  des  gansen  Dreiecks,  anstatt  des  Flächeninhaltes  des  wenig  ge- 
krttmmten  sphärischen  Dreiecks,  den  des  angehörenden  Sehnendreiecks 
substituiren  kann,  wobei  erst  Glieder,  die  in  Bezug  auf  die  Seiten  des 
Dreiecks  von  der  4^  Ordnung  sind,  vernachlässiget  werden. 

Die  Grün  er  t' sehen  ßeductionsformeln. 

Um  nun  auch  zu  den  im  Eingange  erwähnten  Formeln  des  Herrn  Prof. 
Grunertzu  gelangen,  schreibe  man  die  Gleichung  9)  folgendermaassen : 

and  berücksichtige,  dass  wegen  der  Qlelchheit  der  Faktoren 

*^  und     '^ 


sin  Bf  sin  C| 

dieselben  vertauscht  werden  können.  Es  ist  dann,  wenn  man  gleichzeitig 
6,  c,*als  Faktoren  zieht  und  die  dadurch  entstehende  Parenthese  auf  gleiche 
Benennung  bringt: 

bfCf    cos  Bf  sin  Bf  +  cos  Cf  sin  C, 

*       '*'8Ä*  *  sin  Bf  sin  Cf 

hf  Cf    sin  2Bf  +  sin  iCf 

^  '  8Ä»  '     2  sin  Bf  sin  Cf 
Weil  nun  aber  bekanntlich 

sin^Bf  +  m  2 C|  =2  2  sin  {Bf  +  Cf)  cos  (Bf  —  Cf) 
•  =2  sin  Af  cos  (Bf  —  Cf) 

ist ,  so  geht  diese  Gleichung  über  in : 


Von  A.  Nagel.  267 


bj  C|  sin  Af  cos  (Bj  —  fi) 

*""**•         ^R^sinB^sinC,        ' 
oder,  da  man  nach  11)  mit  demselben  Genauigkeitsgrade 

setsen  kann, 

_cos{B^  —  Ci)    „      1  +  cot  g.  cot  C. 
4  m  J?,  5f>i  Cj  4 

ICit  Hilfe  des  Taylor 'sehen  Satzes  ist  aber 

cotB,.cotC,  =  {cotB+-^  +  ...){cotC+^-^+...) 

=  cotB.cotC+^A^+^^  +  .... 
strr  D  strr  C 

'Wir  erhalten  daher  mit  einer  Genauigkeit,  bei  der  erst  Grössen,  die  inBe- 
xng  auf  die  Dreiebkseiten  von  der  vierten  Ordnung  sind ,  vernachlässiget 
-werden,  unter  gleichzeitiger  Beifügung  der  für  Et  und  Ec  auf  Ähnliche 
Weise  sich  ergebenden  Ausdrücke : 

^  ^l  +  coiBeoiC  j^^eas{B  —  C)    ^ 
*  4  '  ^sinB  sin  C ' 

l  +  cotCcoiA  cos{C — A) 

E^  = ;- .  E  =s : — ; — -  .  E 

4  4  stnC  stn  A 

\  +  cotAcotB      cos  {A  —  B) 

Ec  = 1 ,  A  — •- — : — - — : — -  ,  E, 

4  ^stnAstnB 

Diese  eleganten  Beductionsformeln  sind  von  dem  Herrn  Prof. 
Ornnert  bei  Gelegenheit  der  Entwickelung  seines  dem  Legendr  ersehen 
1*heorem«  analogen  Satzes  an  dem  im  Eingange  angegebenen  Orte  gefun- 
den ,  von  demselben  aber  nicht  so  hervorgehoben  worden ,  als  sie  es  eigent- 
lieh  verdienen.  Wahrscheinlich  hat  er  dabei  mehr  das  nocb  elegantere 
SSndresnltat  seiner  Untersuchung  ins  Auge  gefasst  und  dadurch  alle  sonsti- 
gen Beductionsformeln  für  überflüssig  erachtet.  Dass  letztere  aber  durch 
flieses  nicht  in  allen  Fällen  vertreten  werden  können,  davon  wird  man 
aich  überzeugen,  nachdem  der  mehrerwähnte  Satz  selbst  noch  abgeleitet 
Bein  wird. 

Ehe  wir  jedoch  zu  demselben  übergehen,  sei  noch  bemerkt,  dass  oben 
^ie  Grunert' sehen  Beductionsformeln  (V.)  aus  den  F a b e r ' sehen  (IV.) 
iibgeleitet  wurden,  weil,  nachdem  einmal  letztere  aufgestellt  waren,  von 
diesen  am  bequemsten  zu  den  ersteren  zu  gelangen  war.  Diesen  Umweg 
'^rird  man  jedoch  nicht  einschlagen,  wenn  es  sich  um  alleinige  Aufstellung 
cler  Formeln  V«  handelt,  indem  man  selbige  auch  direkt  mit  Hilfe  des  Ex- 
oesses  des  Polviereeks  herleiten  kann.  Um  diese  Entwickelungsweise  noch 
kurz  anzudeuten,  geh*en  wir  wieder  von  dem  Excessedes  rechtwinkligen 
XJreiecks  aus,  indem  wir  denselben  durch  die  Hjpothenuse  und  den  einen 
inliegenden  Winkel  zu  bestimmen  suchen.  Unter  der  bekannten  Bezeich- 
i^ung  der  Seiten  und  Winkel  des  in  C  rechtwinkligen  Dreiecks  ist 

E=A+  B  —  W, 
folglich 


B  Hedttction  eines  fiphänsclicti  Dreiocks  «te. 


wVbfiprt .-^f^V^ 


^  — ^=9tf  —  i? 
uud  daher 

(aft  {A  ^  £)  ^  cot  fi. 

Weil  nun  aber  im  recht winkligeji  Dreiecke 

cot  B  =  CQS  c  tan  A 

ist,  so  geht  dieser  Ansdnick  über  in 

12)  ^      ian  [A  —  E)  ^^cosc  .  Um  A. 

^e  weiter  i  lie  Discusaian.  dieitor  Gleichang  wpgen  der  Bestiinmiing^ 

E  für  die  <  ?lueii  Fülle  etnsngeheti,  wenden  wir  diesen  Ausdruck  so— 

;  auf  ein  bcheä  Dreieck  an ,  in  welehem  A  —  E  immer  ein  poBiti- 

spitzer  tt   .  iai.    Mit  dem  früher  innegehaltenen  Geuauigkettsgriule 


iit  dann  nach  d' 


1  80  kann 


B 


{rn^A 


lißb  durch  8 


fnn  A  - 


Gleichung  1$): 

•-  —  ian  A^ 
3 


oder 


E^=—  ^in^A, 
4 


und,  da  hier  E  die  Bogenlänge  für  den  Badin8  I  bedeutet: 


13) 


E"  =  ii"  .  —  sin  2^. 


Diesen  Ausdruck  auf  die  Bestimmung^  des  Exeesses  des  von  A  eingeschlos^ 
senen  Polvierecks  (Fig.  44  und  46)  angewendet,  indem  darin  die  sphäriacheim- 

Entfernungen  AP=i  BP=.  CP  =  --  gesetzt  werden,  giebt: 


14) 


E, 


=  ^^-^  {sin  25,  +  *i>i  2  C,)  und  entsprechend : 


(«i«2C,  +  sin^Ai), 


*        4Ä* 
^,  =  ^^  (^ 2^,  +  sin^B^). 


Durch  Summirung  dieser  drei  Werthe  erhält  man  den  Excess  des  gan- 
zen  Dreiecks: 

Et==^-^(sin2Ai  +  sinüB^  +  ^m2C,), 

mithin ,  in  Verbindung  desselben  mit  14) 

sin  2  ^1  +  *«w  2  (7, 


Ea- 


2  {sin 2^,  +  sin  25,  +  sin2C^) 


.E, 


Von  A.  Nagel.  269 

Nan  ist  aber  bekanntlich 

8m2Bi  +  sin  2Cj  =  2  sin  (5,  +  Cj)  cos  (5,  --  C,)  =  2  sinA^  cos  (J?,  —  C,) 
und,  wegen  2-4j  +2^i  +  2C,  =  360°,  wie  man  leicht  findet: 

sin  2  ^,  +  sin  2  ^,  +  sin  2  Cj  =  4  sin  A^  sin  B^  sin  C„ 
folglich 

^  _cos  {B,  —  C,)  ^^\  +  col  ByCOiCj  ^ 
^*       4  Äiw  ^,  sin  6', '  4 

wovon  man  nun  in  gleicher  Weise  wie  früher  übergeht  zu 

„        l+cotBcotC 
A«  = .  A, 

Der  dem  Legendre' sehen  Theoreme*  analoge  Satz  von 

Grunert. 

Im  Sehnendreieck  ist: 

.  -V  a, sin  A^ sin  (^A  —  £„) 

^  bl       sinB^       sin  {B  —  Ei,) 

und  nach  V. : 

E       E 

Ea=-z  +  -coiB  cot  C,. 
4         4 

worin  das  zweite  Glied  rechts  unter  der  früheren  Voraussetzung  eines  geo- 
dätischen Dreiecks  ebenfalls  eine  verhältnissmässig  nur  kleine  Grösse  ist, 
sdbst  wenn  B  und  C  sehr  spitze  Winkel  sind  *).  Also  ist 


sin 


z^sinyA —  —j  —  -j  cot B  cotC cosyA j 

=  sin\A—--y  \l  —  '^cotBcoiCcot\A-----\y 

und  da  man  hierin,  ohne  denselben  Genauigkeitsgrad  zu  beeinträchtigen, 
wie  man  leicht  einsieht, 

cot  {a  —  ■— J  mit  cot  A 
▼ertaaschen  kann, 

sin  {A  —  E„)  =  **'«  M  —  t)  I  *  —  T  ^'^  coiBcotCy 
Analog  findet  sich 

sin  (B—Ei)  —  sinyB—^  V~T  ^^^"^  ^^^^  ^^'  ^| 


*)   In  einem  Dreiecke ,  wie  es  wohl  nie  hei  einer  irdischen  Messung  vorkommen 
luuin ,  seien  B  und  C  tibertrieben  klein ,  nämlich  =  571' ,  also  «>/  ^  =  w/  C=  60,  und 

E 
BV  etwa  ==  43  Meilen ;  dand  ist  der  Excess  E  desselben  =  1"  mithin  -j  cotB  cotC 

=^900"=:  15'. 


270         Ueber  die  Rednction  eines  sph&rischen  Dreiecks  etc. 
und  nach  Einführung  dieser  beiden  Werthe  in  die  Proportion  15): 


16) 


stn  I 


sm 


(-1) 


mit  einem  Genauigkeitsgrade,  bei  dem  erst  Grössen  von  der  4***  Ordnnn^^ 
an  vernachlässiget  sind. 

Hierbei  sind  offenbar  die  Seiten  a^  und  6|  als  einem  Dreiecke  angehö  — 
rend  zu  betrachten,  worin  die  diesen  Seiten  entsprechenden  Gegenwinkel 

E  E 

durch  A  —  —  und  B  —  —  vertreten  sind.    Findet  sich  nun  durch  eine  dex- 

obigen  ähnliche  Bettachtung 


stn 


17) 


(--f) 


•^{"-i) 


80  liegen  a^  und  Ci  ebenfalls  in  einem  Dreiecke  mit  den  zu  denselben  gehö- 

E  E 

renden  Gegenwinkeln  A  —  -—  und  C  —  -- .     Da  nun  die  Summe  der  drei 

Winkel 

(^_|)  +  (5_f)  +  ((7-f)  =  ^+2»+C-f^ 

keineswegs  180®  giebt,  so  können  auch  beide  Dreiecke  nicht  als  identiscl^ 
und  am  allerwenigsten  das  eine  oder  das  andere  als  das  fragliche  Sehnen  - 
dreieck  betrachtet  werden ,  weil  im  letzteren  Falle  doch  auch 


i£: 


l+cotBcolC  1  +  cot  AcotB 

—  E  '^=^  E 


4  4 

sein  müsste,  was  nur  stattfinden  kann,  wenn 

^  =  90<*  ist. 

Setzt  man  nun  die  Seite  aj  als  bekannt  voraus ,  so  finden  sich  aus  16^ 
und  17)  die  beiden  andern  Seiten: 


VI. 


5j  =  a, 


,«(o-|) 


Diess  giebt  folgenden  wichtigen  Satz : 

Ist  die  eine  Seite  des  zu  einem  wenig  gekrümmten  Kugel «^ 
dreiecke  gehörenden  Sehnendreiecks  gegeben,  so  findet  man 
die  beiden  anderen  Seiten  desselben  unter  Anwendung  de0 
Sinussatzes  der  ebenen  Trigonometrie,  wennjede  der  gesucht 


Von  A.  Nagel.  271 

ten  Seiten  mit  der  gegebenen  als  einem  Dreiecke  angehörend 
betrachtet  werden,  worin  die  Gegenwinkel  dadurch  gebildet 
sind,  dass  jede^  entsprechende  sphärische  Winkel  nm  ein 
Viertheil  des  sphärischen  Excesses  vermindert  worden  ist. 

Dieser  von  Herrn  Prof.  Grnnert  in  dem  25.  Theile  seines  Archivs 
B.  209  zuerst  aufgestellte  Satz  ist  jedoch  daselbst  in  einer  Weise  ausgespro- 
chen, wodurch  man  zu  der  Meinung  gelangen  kann,  als  bekomme^man  die 
Winkel  des  Sehnendreiecks  einfach  durch  Verminderung  der  sphärischen 
Winkel  um  ein  Viertheil  des  sphärischen  Excesses.  Wohl  macht  der  Herr 
STerfasser  schliesslich  darauf  aufmerksam ,  dass  die  Summe  der  drei  so  er- 
laltenen  Winkel  nicht  genau  180®  giebt,  scheint  aber  die  dabei  stattfindende 
Differenz  von  ^E  als  bedingt  durch  die  Vernachlässigungen  bei  der  Ent- 
ivickelang  zu  halten.  Dieser  Auffasi^ung  kann  ich  mich  aber  um  so  weniger 
inschliessen ,  als ,  wenn  nach  der  Entwickelung 

l+coiBcoiC  J\ 
4 V 


sin{A-iE)       "^V' 


siniB-^^E)       ,J^_l+coiCcoiA\ 


mit  einem  gewissen  Genauigkeitsgrade  ist,  daraus  noch  nicht  folgt,  dass 
ftuch 


A  —  iE=A 
lind 


l  +  coiB  cot  C  . 


«       1  +  cotCcotA  „ 
B'-^E^==B ^ — E 

mit  demselben  Genauigkeitsgrade  stattfindet,  sondern  es  werden  eben  nur 
anstatt  der  Sehnenwinkel 


andere  Winkel 

A  —  ^E  und  B  —  ^E 

substituirt,  deren  Sinusverhältniss  mit  dem  Sinusyerhältniss  der  erstem  bis 
auf  denselben  Genauigkeitsgrad  identisch  ist. 

Daher  halte  ich  die  oben  angegebene  Fassung  dieses  Satzes  für  die 
richtigere,  wodurch  auch  die  Analogie  desselben  mit  dem  Legendr  ersehen 
Theoreme  keineswegs  gestört  wird.  Der  Unterschied  ist  nur,  dass  man  zur 
Berechnung  der  zwei  Seiten  des  Sehnendreiecks  aus  der  einen  gegebenen 
zwei  andere  Dreiecke  statt  des  Sehnendreiecks  substituirt,  während  beim 
Lege udre 'sehen  Theoreme  ein  und  dasselbe  ebene  Dreieck  die  drei 
Seiten  des  sphärischen  Dreiecks  enthält. 

Gestaltet  sich  nun  auch  die  Berechnung  der 'Seiten  des  Sehnen- 
dreiecks nach  dem  eleganten  Satze  VL  ausserordentlich  bequem,  so  wird 
man  doch  in  solchen  Fällen  nicht  Gebrauch  davon  machen  können,  in  de- 
nen es  sich  nicht  allein  um  die  Seiten  des  Sehnendreiecks,  sondern  auch 
um  die  Winkel  desselben  handelt.  Ich  erinnere  nur  an  die  anderweiten  Be- 
rechnungen des  Dreiecksnetzes,  die  z.  B.  durch  die  Verbindung  der  Dreiecke 
zweiter  Ordnung  mit  denen  der  ersten  Ordnung ,  durch  die  Coordinatenbe- 
stimmung  etc.   bedingt  werden.    Dann  wird  man  «bl\«Kd\su|gi^  ^^^^^Oas^^ 


272         Ueber  die  Reduction  eines  sphäriBchen  Dreiecks  etc. 

der  sphärischen  Winkel  auf  ihre  Sehnenwinkel  mit  MHfe  der  Formeln  lY. 
oder  V.  vorzanehmen  haben. 

Was  nun  den  Vorzug  der  einen  vor  der  anderen  derselben  anlangt ,  so 
ist  zu  bemerken,  dass  man  zwar  nach  den  Fa  her 'sehen  Formeln  (IV.) 
eine  vorhergehende  Berechnung  des  Excesses  nicht  nothwendig  hat,  weil 
man  denselben  später  durch  Addition  der  gefundenen  Excessantheile  erhal- 
ten kann.  Jedoch  wird  man  nie  unterlassen ,  den  Excess  zur  Prüfung  der 
Richtigkeit  der  gefundenen  drei  Excessantheile  zu  ermitteln  *) ,  und  dann 
erscheint  die  Anwendung  der  Fa  herrschen  Formeln  (IV.)  .wegen  der  vor- 
läufigen Bestimmung  zweier  Dreieckseiten  etwas  umständlicher  als  die  der  • 
Grüner  tischen  (V). 

RechnuDgsb  ei  spiel. 

Zur  besseren  Vergleichung  folge  hier  ein  Beispiel ,  welches  aus  dem . 
in  den  Jahren  18*28  und  1829  durch  Herrn  Kiedl  v.  Leuenstern  ausge- 
führten Netze  an  der  Grenze  zwischen  0 esterreich  und  Preussen  zur  Ver- 
bindung der  österreichischen  mit  den  preussischen  Messungen  entnommen 
ist,  und  das  sich  unter  anderen  in  dem  im  Eingange  gedachten  Nachtrage 
V.  Leuenstern's  vorfand. 

Die  gegebene  Seite  ist  (Fig.  47) : 

flj  =  51766,347  Wiener  Klaftern. 
Die  beobachteten,  also  mit  den  Beobachtungsfehlern  noch  behafteten**), 
Winkel  sind: 

^=14lM3'52"8, 
B—    24°  19'  23"0, 

C—    14^26'  48 "9, 

A+  ß  +  6'=l80°    0'    4"7, 
mithin  der  Excess  incl.  der  Beobachtungsfehler 

^-f  2:(r)  =  4"7. 

Für  beide  Reductionsmethoden  würde  zunächst  E  aus  der  gegebenen 
Seite  und  den  auf  180*^  ausgeglichenen  Winkeln  nach  der  bekannten  Formel 

öj*  sin  B  sin  C 

~  ^     2E^sinA 

zu  berechnen  sein.    Die  auf  180°  ausgeglichenen  und  bis  auf  Secunden  ab- 
gerundeten Winkel  sind 

^  =  141°  13' 51" 
B=   24°  19'  22" 

C=    14°  26' 47" 

^+J?-f  C  =  180°    0'    0". 

Zur  Rechnung  wird  für  R  der  Krümmungshalbmesser  der  Erde  für  45°geo- 
graph.  Breite  genommen,  nämlich 

R  =  3366860  Wiener  Klaftern; 


*)    In  der  That  scheint  man  auch  diese  Proberechnung  in  Oesterreich  ange- 
wendet zu  haben. 

**)  Da  im  Originalbeispiele  die  bereits  ausgeglichenen  sphärischen  Winkel  ent- 
halten waren ,  so  sind  hier  die  Beobachtungsfehler  fingirt.     * 


Von  A.  Nagel.  273 


diese  selbst  aber  mit  5 stelligen  Logarithmen  geführt,   indem  letztere  für 
die  grössten  Dreiecke  ausreichen. 


Es  ist  nun 


%^=        5,01340 
logB^z=z       13,05187 


'""^äÄ^""  0,96153  —  9 

loga^*=  9,42810 

log  sin  B  r=  0,61477  —  l 

log  sin  C  =  0,39703  —  l 

-  log  sin  A=^—  0,79670  +  1 

logE=:  0,60473 

E=  4,024, 


initliin 

£(v)  =  4,7  —  4,024  =  0,676. 

Jeder  der  beobachteten  Winkel  ist  nnn  um  — ^  =  0,226    zu   vermindern 

3 

(wenn  eine  andere  Bestimmung  hierüber  nicht  besteht),  um  die  sphärischen 

Wixftkel  zu  erhalten.    Diess  giebt  bis  auf  2  Decinralen  genau 

^=141»  13'52",58 

iP=   24«  19'22",77 

C  =    14«  26'  48",67 

^  +  ^  +  C  =  180«    0'    4",02 

Reduction  nach  Faber. 
Setzt  man  in  IV. 

oFcoiA  b*coiB       ^  c*coiC 

»0  i«t 

E^  =  ß  +  y,         E^  =  y  +  a,         Ec  =  tt  +  ß> 

^^^  Bechnang  selbst  steht  nun  folgendermaassen : 

/o^a  =  4,714047 
log  sin  Ä  =  0,796702  —  1 

'<>«j5i  =  0,96I53-9    %  ^  =  4,917345  %£j  =  4,917345 

%  4  =  0,60206  log  sin  B  =  0,614767  —  1    /ogf  m  C  =  0,397035  —  1 

^~l  =  0^947  —  9  logh  =  4,541 112  logc  =  4,314370 


'8Ä 


«o^a«  =  9,42810  /o^  6*  =  9,08222  /o^f  c*  =  8,62874 

^adA^=^  0,09522  log  cot B  =  0,34486  log  cot  C  =  0,58901 

10^^  =  0^35947 -9      /o^;^,  =  0,35947  —9      /o(7g^,  =  0,35947    -9 

togf  0  =  0,88279— 9  to^/J  =  0,76655  /o^f  y  =  0,57722 

«  =  —  7,635  /J  =  5,869  y  =  3,778 

ZtltMlirm  f.  MftlJMBMlik  o.  Physik.  L  V^ 


274  ie  Reduction  eines  aphärischen  Dreiecks  etc* 


Demiiftcli : 


E^^ß  +  y=       9,647 
Eff  ^z=;  j^  +  K  izzz  —  3,857 

E,  =  ti+ß  =  —  hl6B 


E=  E^  +  Et  +  K=       *'\ö24  wit'  ohen. 

RcdiictioD  nach  Grüne rt  (V.). 
Nach  ftpri  Formeln  V,   iet 

E^^t  +  EcotS  eoi  r;    Et,  =  ^  +  ^  eulCri^t  A;     E,^^  +  -CüiJ^Uii  B 
f      *    4  4         4  4         4 

Uäher  dtD  Redmung  wie  folg^t  rJi  führen: 

%  E  =  0,60475 
%  4  —  0,(K)'2t>6 

/ü;/  ^  =  0,00267  %  ^  =1  0,00267  %  ^  =  n,0(ö67 

'4  4  4 

/o^  ivji  JS  =1 0,34.406  /im;  ro/  C  =  0,58901  /o^  ^o/ ./  :=  0,09ä^ 

%  Cflf  C  =  0,58901  log  cot  A  =  0,095St  %  cö/  ^  =  a,;t44*?6 


«  Jf  £ 

mg^ctUB  cftfC=  0,93654  foi/  -  e&fCeQtA=  0,68690  %  -cotAcüiB^^  0,44^Tj 

■    4  *  4  4 

^  ^o/  B  eo/t'=  8,641  ^  rülCr0ljl=— 4,863  —  coMco;^=  — 17Tä 

4  4                              '4 

«  =  1,006  -=      1,006  -=      l,W6 

4  4  4 


J5:«  ^  9,647  ^^  =  —3,857  Ec  =  — 1,766 

JS:=  JF«  +  ^^  +  ^.  =  4",024; 

also  in  vollständiger  Ucbereinstimmung  mit  den  nach  den  Fab  er 'sehen 
Formeln  erhaltenen  Kesaltaten. 

Nach  beiden  Rechnungsmethoden  ergeben  eich  daher  die  Sehnen- 
winkel: 

^1=141»  13'  (52",Ö8  — 9",6o)  =  141»  13'  42",93 

Ä,  =  24»  19'  (22",77  +  3",86)=  24°  19'  26",63 

C,  =   14°  26'  (48",67  +  r\77)  =  14°  26'  50",44 

^1  +  Ä,  +  C,  =180°    0'    0",00. 

Vergleicht  man  dieselben  mit : 

E 
A—  -  =  141°  13' 51  ",57, 
4 

B—  ^=   24°  19'2r',76, 
4 

C—  ^=    14°  26' 47",66, 
4 


^  +  ^  +  C— 1^=180°    0'    0",99, 
80  zeigt  sich  recht  augenfällig,  wie  man  die  nach  Satz  VI.  gebildeten  Win- 
kel keineswegs  als  die  Winkel  des  Sehnendreiecks  ansehen  darf. 

Vergleichsweise  mögen  noch  die  fiechnungen  für  die  Seiten  ft,  nnd  c, 


Von  A.  Nagel.  275 


das  eine  llal  unter  Anwendung  der  wahren  Winkel  des  Sehnendreiecks, 
das  andere  Mal  nach  dem  Grün  er  tischen  Satze  VI.  folgen. 

Berechnung  unter  Anwendung  der  wahren  Sehnenwinkel. 

/o^a,  =4,7140475 
log  sin  A^  =  0  J967234  —  I 

log  -^  =  4,9173241  log  -Af  =  4,9173241 

sm  Ai  "^  51/1  Ai 

log  sin  B^  =  0,6147887  —  I  log  sin  fi  =  0,3970533  —  1 

log  6,  =  4,532 1 1 28  log  c,  ==  4,3 1 43774 

6,  =  34049,663  c,  =  20624,214 

Berechnung  nach  dem  Grun^rt' sehen  Satze  (VI). 

log  ö,  =  4,7140475 
logsin\A  —  -- j  =  0,7967088  —  I 

log  —  /"'  =  4,9173467  log  —-^1—^-  =  4,9173467 

sin(A--^j  sini^A^^j 

log  sin  (b-  -J  =0,6147661—1    log  sin  (c:-  ^  j  =  0,3970307—  I 

%  6,  =4,5321128  log  c,  =4,3143774 

ft,  =  34049,663  c,  =  20624,214 

wie  oben. 


XVI. 

üeber   den  vollen  Ausfluss  des  Wassers  aus  Röhren  beim 

Durchgang  durch  Verengungen  und  den  bei  dem  plötzlichen 

üeberspiingen  zu  dem  grossem  Querschnitt  stattfindenden 

Verlust  an  mechanischer  Arbeit 

Von  Dr.  C.  Th.  Meyee, 

Bergverwalter  in  Niederwürschnitz  bei  StoIIbcrg  in  Sachsen. 


Xn  Nr.  9.  des  Jahrgangs  1856  der  österreichischen  Zeitschrift  für  Berg-  nnd 
Hüttenwesen  (Seite  72)  ist  von  einer  der  geachtetsten  Capacitäten  des  öster- 
reichischen Maschinenwesens  ans  Veranlassung  der  Erscheinung  des  Wer- 
kes :  „  Die  Experimental  -  Hydraulik.  Von  Julius  Weisbach,  Professor 
an  der  Königl.  Sachs.  Bergakademie.  1855  "  die  Frage  aufgeworfen  worden, 
ob  es  nicht  richtiger  sei ,  den  bei  dem  plötzlichen  Uebergange  des  Wassers 
aus  einem  kleineren  Querschnitt  in  einen  grösseren  stattfindenden  Arbeits- 

18» 


276      Ueber  den  vollen-  Aasflass  des  Wassers  ans  Röhren  etc. 

verlast,  wenn  v  die  Gesehwindigkeit  in  kleineren,  p,  die  im  grösseren  Quer- 

scbnitt  bezeichnet,  durch  — - — ^  Qy  statt  dnrch  die  Formel  ^ — - — —  Oy. 

welche  bisher  als  richtig  angenommen  werde ,  auszudrücken ,  wenn  Q  das 
Wasserquantum ,  y  das  Gewicht  einer  Cubikeinheit  desselben  angiebt. 

Nr.  13  derselben  Zeitschrift  enthält  eine  Entgegnung  des  Herrn  Prof. 
Weisbach,  in  welcher  sich  derselbe  auf  mehrere  Autoritäten  und  nament- 
lich auf  einen  Ausspruch  Po<ncelet*8  beruft,  welcher  letztere  wieder  als 
Beweis  ein  Memoire  von  Bor  da  von  1766  anzieht;  die  Bedaction  erklärt 
jedoch  diese  Entgegnung  als  nicht  befriedigend  und  fordert  Fachmänner 
auf,  sich  mit  der  Lösung  der  aufgestellten  Frage  näher  zu  beschäfltigen.  — 

Ich  glaube  hoffen  zu  dürfen,  durch  die  nachstehende  Abhandlung  einen 
Beitrag  zur  Lösung  der  beregten  Streitfrage,  sowie  zur  Erklärung  des  beim 
Uoberspringen  des  Wassers  zu  einem  grösseren  Querschnitte  stattfindenden 
Verhaltens  zu  liefern,  wenn  ich  auch  keineswegs  behaupten  will,  alle  sich 
anschliessende  Folgerungen  vollständig  behandelt,  alle  möglichen  Einwürfe 
bereits  im  Voraus  beantwortet  zu  haben,  zumal  meine  Verhältnisse  die  selbst- 
ständige Ausführung  von  Versuchen  nicht  gestatteten,  und  ich,  insoweit 
Erfahrungsresultate  in  Betracht  kamen,  lediglich  auf  die  vorhandenen  be- 
schränkt war.  * 

Betrachten    wir  vorerst  kurz   die   Ableitung   der   beiden  Formeln 

a)  Alle  Beweisführungen  für  die  Formel  ^— — ^  Qy  gehen  von  dem 

Stosse  vollkommen  unelastischer,  fester  Körper  aus  (vergl.  Weisbach's 
Experimental  -  Hydraulik  S.  75,  Desselben  Lehrbuch  der  Ligenieur-  und 
Maschinen  -  Mechanik  2.  Auflage  S.  243,  Artikel  „Ausfluss"  von  Demselben 
inllülsse's  Maschinonencyclopädio  S.  495,  H.  Schefflcr's  Principien 
der  Hydrostatik  und  Hydraulik  S.  156  und  167  des  1.  Bandes  etc.);  es  sind 
die  Gesetze  des  Stosses  unelastischer  fester  Körper  meist  ohne  weitere, 
hinreichende  Erklärung  auf  den  Stoss  des  schneller  Hiessenden  Wassers  ge- 
gen das  langsamer  sich  bewegende  des  grösseren  Querschnitts  der  Röhre 
angewendet.  —  Dass  beim  Stosse  vollkommen  unelastischer  Körper  der 

Gesammt Verlust  an  Arbeit  ^^ — - — ^—G  beträgt,  wenn  ein  Körper  vom  Ge- 
wichte G  mit  der  Geschwindigkeit  v  gegen  eine  unendlich  grosse  Masse  trifft, 
welche  mit  der  Geschwindigkeit  v^  ausweicht,  ist  richtig  und  kann  in  dieser 
Beziehung  unmittelbar  kein  Einwurf  gegen  obige  Formel  erhoben  werden, 
wenn  auch  wohl  zu  beachten  ist,  dass  der  Verlust  des  stossenden  Körpers 

keineswegs  ^^ — - — ^C,  sondern G  beträgt  und  dass  der  Gesammt- 

verlust  nur  dadurch  auf  den  kleineren  Werth  ^ — ^ — ^  G   herab   gezogen 

wird,  dass,  wenn  sich  auch  die  Geschwindigkeit  des  gestossenen,  unendlich 
grossen  Körpers  nicht  angebbar  ändert,  der  Gewinn  an  Arbeit  desselben 
=^  00  . 0   doch   nicht  gleich  Null   zu   setzen   ist ,   sondern   dem  Wertbo 

^^ ^^— ^  G  entspricht.  —  Dagegen  wird  man  die  Beseitigung  folgenden 


Von  Dr.  C.  Th.  Meyer.  277 

erheblichen  Einwurf»  verlangen  können ,  ehe  die  Ableitung  obiger  Formel 
als  richtig  zu  betrachten  ist.  £s  kann  nämlich  noch  nicht  als  bewiesen  an- 
gesehen werden,  dass  man  die  Gesetze  des  Stosses  unelastisclier  fester 
Körper  ohne  Weiteres  auf  den  Stoss  des  Wassers  gegen  entgegenstehende 
Flächen  (welche  auch  von  langsamer  fliessend  cm  Wasser  gebildet  werden 
können)  übertragen  könne ;  der  Stoss  flüssiger  Körper  ist  so  sehr  von  dem 
fester  Körper  in  seinen  Principien  verschieden ,  dass  eine  derartige  lieber- 
tragung  meiner  Ansicht  nach  eine  sorgHiltige  und  in  s  Einzelne  eingehende 
Motivirung  verlangen  würde.  Wohin  solche  gezwungene  Uebertragungen 
führen,  geht  deutlich  daraus  hervor,  dass  man  sich  genöthigt  sieht,  das 
Wasser  einmal  als  vollkommen  elastischen,  das  ändert  Mal  als  vollkommen 
unelastischen  Körper  zu  betrachten;  es  wird  durch  dergleichen  Inconse- 
qnenzen  eine  nicht  zu  rechtfertigende  Unsicherheit  in  die  Lehre  der  Mecha- 
nik gebracht.  Ich  will  hier  nicht  weiter  darauf  eingehen ,  die  Unzuträg- 
liehkeit  zu  zeigen ,  die  Stossgesetze  fester  Körper  auf  flüssige  übertragen 
so  wollen ;  bei  jeder  Vergleichung  kommt  man  gar  bald  auf  Widersprüche, 
die  theils  dutch  den  Mangel  an  hinreichender  Cohäsion  des  Wassers,  theils 
dadurch  bedingt  werden,  dass  der  Gewinn  des  gestossenen  Wassers  an  me- 
chanischer Arbeit  =  ^ ^^— ^  Qy  unbemerkbau^erloren  gehen  soll,  theils 

widersprechen  selbst  Fälle,  in  welchen  man  mit  Recht  die  Formel 
— Qy  als  richtig  erkennt;  kurz  man  gelangt  sehr  bald  zu  der  Ueber- 

zeugung,  dass  eine  derartige  Beweisführung  als  Unzureichend  angesehen 
werden  muss.  Die  von  Poncelet  angezogene  Abhandlung  von  Borda, 
welche  wahrscheinlich  in  den  Mem,  de  VAcad,  de  Paris  1766  enthalten  ist, 
konnte  ich  leider  nicht  erlangen ,  es  scheint  aber  nach  dem  erwähnten  Aus- 
spruch von  Poncelet,  dass  in  derselben  der  Stoss  fester  Körper  ebenfalls 
nun  Anhalten  genommen  ist ,  so  dass  ein  als  richtig  anzuerkennender  Be- 
weis für  die  Formel  ^ — - — ^  Qy  dann  ebensowenig  in  ihr 'gefunden  wer- 
den kann. 

b)  Die  2.  Formel  — - — -  Qy  gestattet  eine  sehr  einfache  Ableitung. 
Die  mechanische  Arbeit  des  Wassers  im  kleinem  Querschnitt  der  Röhre  be- 
trägt  —  »Qy^  nach  dem  plötzlichen  Uebergange  beträgt  die  vorhandene 

Arbeit  desselben  Wasserquantums  nur  noch  -~-öy;  es  hat  somit  ein  Ar- 

beitsverlust  =  —       '    Qy  stattgefunden. 

Betrachtet  man  die  Einfachheit  und  Klarheit  der  Ableitung  der  2.  For- 
mel ond  dagegen  die  Gezwungenheit  und  Unsicherheit  des  Beweises  für  die 
erste  Formel,  so  wird  man  sich  unbedingt  geneigt  fühlen,  die  2.  Formel  fllr 
rich^  anzuerkennen,  und  dürfte  es  sonach  wohl  nicht  unwichtig  und  über- 
flüssig erscheinen ,  näher  auf  diesen  Gegenstand  einzugehen ,  die  Richtig- 
keit der  bisher  gebrauchten  Formel  — - — *-- .  Qy  darzuthun  und  den  Grund 
zu  zeigen,  weshalb  die  2.  Formel  unrichtig  ist;  es  ist  bei  ihrer  Ableitung 


278       lieber  den  vollen  Äusfluss  de«  Wassers  aus  Röhren  etc. 


der  Umstand  unberücksichtigt  gelassen ,  der  die  Geschwindigkeit  v  bedingt 
und  bei  dessen  Beachtung  sie  sogleich  mit  der  ersteren  Formel  zusammen- 
fällt. — 

In  allen  Fällen ,  bei  denen  ein  Ueberspringen  des  Wassers  ans  einem 
kleineren  Querschnitt  zu  einem  grösseren  stattfindet,- wie  z.  B.  bei  dem  Äus- 
fluss durch  kurze  Ansatzröhren ,  bei  dem  Uebertritt  des  Wassers  aus  einer 
engeren  Röhre  in  eine  weitere  oder  beim  Durchgang  des  Wassers  durch 
besonders  eingesetzte  Verengungen  in  Röhren  etc. ,  besitzt  dasselbe  in  dem 
engern  Querschnitt  eine  grössere  Geschwindigkeit,  als  man  nach  der  dispo- 
niblen Druckhöhe  unter  gehöriger  Berücksichtigung  der  Druckhöhenver- 
luste erwarten  sollt6 ,  und  liegt  die  Frage  sehr  nahe ,  wie  es  möglich  ist, 
wenn  auch  nur  auf  eine  gewisse  Zeit,  dem  Wasser  eine  mechanische  Arbeit 
mitzuthcilen ,  die  die  aufgewendete  zu  tibersteigen  scheint  und  die  in  sehr 
vielen  Fällen  sogar  grösser  ist,  als  die  der  ganzen  vorhandenen  Druckhöhe 
entsprechende  Arbeit.  Bringt  man  an  das  Wasserreservoir  R  (Fig.  48)  die 
Röhre  ^  an,  so  wird ,  nimmt  man  keine  Rücksicht  auf  die  Druckhöhen  Ver- 
luste, das  Wasser  mit  der  der  Druckhöhe  h  entsprechenden  Geschwindig- 
keit V  =  j/'2gh  ausfliesscn ;  stösst  man  aber  an  A  noch  die  weitere  Röhre  B 
an ,  so  fliesst  bekanntlich  bei  vollem  Ausflusse  mehr  Wasser  als  durch  A 
allein  aus ,  so  dass  alscÄlie  Geschwindigkeit  im  Rohre  A  eine  grössere  als 
y^gh  ßein  muss;  es  besitzt  sonach  das  Wasser  im  Rohre  A  eine  grössere 
mechanische  Arbeit,  als  der  vorhandenen  Druckhöhe  entspricht.  —  Soviel 
mir  bekannt,  ist  bis  jetzt  noch  keine  gründliche  Erklärung  dieser  jeden- 
falls auffälligen  Erscheinung  gegeben  worden ,  und  doch  hängt  grade  das 
richtige  Verständniss  des  Vorgangs  bei  plötzlichen  Querschnittsveränderun- 
gen des  Wassers  und  somit  die  Alcitung  der  Formel  für  den  bei  solchen 
stattfindenden  Arbeitsverlust  eng  mit  diesem  Verhalten  zusammen. 

Bei  der  folgenden  Betrachtung  der  bei  plötzlichen  Quersclmittsverän- 
derungen  eintretenden  Verhältnisse  werde  ich  den  bereits  angedeuteten  Fall 
zum  Anhalten^  nehmen,  dass  das  Wasser  aus  einem  grossen  Wasserreservoir 
ausströme  und  dass  die  Ausflussrölire  B  vom  Querschnitt  -F,  durch  die  engere 
Röhre  A  vom  Querschnitt  F  mit  dem  Wasserbehälter  verbunden  sei;  alle 
andern  Vorkommnisse  von  plötzlichen  Querschnittsveränderungen ,  als  die 
durch  die  Contraction  der  Wasserstrahlen  oder  durch  Verengungen  in  Röh- 
ren, durch  Schieber,  Klappen  u.  a.  hervorgerufenen,  lassen  sich  sogleich 
auf  vorliegendes  Beispiel  zurückführen.  —  Um  die  Beweisführung  nicht 
unnöthig  zu  compliciren ,  habe  ich  bei  Aufstellung  der  Theorie  von  allen 
durch  die  Reibung  des  Wassers  in  den  Röhren,  durch  Contraction  etc.  her- 
beigeführten Druckhöhenverlustcn  abgesehen  und  angenommen,  dass  der 
Äusfluss  ohne  solche  und  nur  modificirt  durch  den  Verlust  an  Arbeit,  welcher 
sich  bei  dem  plötzlichen  Ueborgang  aus  der  grösseren  in  die  kleinere  Ge- 
schwindigkeit ergiebt,  stattlinde.  Die  Ursache,  dass  das  AVasser  in  der 
Röhre  A  eine  grössere  als  die  der  vorhandenen  Druckhöhe  entsprechende 
Geschwindigkeit  besitzt,  glaube  ich  in  einer  theilweisen  Aufhebung  des 
Atmosphärendrucks  an  der  Mündung  der  Röhre  A  in  die  Röhre  B  suchen  zu 
müssen*);  um  diese  Grösse  wird  der  auf  die  Oberfläche  des  Wassers  im 


*)  Dass  der  Luftdruck  als  wirkende  Ursache  anzusehen  sei,  folgert  schon 
H.  15 uff  (I'ojrgcnd.  Annalen  der  Pliysik  und  Chemie,  IS30,  4().  Band,  Seite  241),  und 
eine,  ilhnlic-he  Erklärunj^  findet  sich  in  Mül  1  e  r-Pouille  t's  Lehrbuch  der  Physik 
und  Meteorologie. 


Von  Dr.  C.  Th.  Meyer.  279 

Reservoir  wirkende  Atniospbäreudruck  überwiegend  und  vermehrt  die  Druck- 
böhe  Ä,  80  dass  die  Geschwindigkeit  v  des  Wassers  in  A  nicht  nur  von  Ä, 
sondern  von  h  +  Druckhöhe  einer  der  Aufhebung  des  Atmosi)h;irendruck8 
entsprechenden  Wassersäule  abhängt.  Diese  Ansicht  soll  im  Folgenden 
näher  begründet  und  ihre  Richtigkeit  nachgewiesen  werden. 

TriflFt  ein  Wasserstrahl  mit  der  Geschwindigkeit  v  eine  ebene ,  mit  der 
Geschwindigkeit  r,  ausweichende  Fläche  (s.  Fig.  49) ,  so  geht  das  Wasser 
mit  der  Geschwindigkeit  v  —  v,  an  derselben  hin  (Weisbach's  Lehrbuch 
der  Ingenieur-  und  Maschinen  -  Mechanik,  2.  Auflage,  S.  632  u.  f.),  während 
es  die  Geschwindigkeit  v^  mit  der  gestossenen  Fläche  gemeinschaftlich  be- 
sitzt; hierbei  übt  das  Wasser  auf  die  Fläche  einen  Druck Qy    aus, 

9 

oder  verrichtet  eine  mechanische  Arbeit  ^ —■   -  Qy.  Die  der  Geschwin- 

9^ 

digkeit  v  —  ü,  entsprechende  Arbeit  -^ — - — ^  Q  y  geht  verloren,  die  Arbeit 

~  Qy  entspricht  der  Geschwindigkeit  »j,  die  das  Wasser  mit  der  Fläche 
gemeinsam  hat,  und  man  erhält  ganz  richtig: 

L_li.Jß,+  L_jIöy  +  _^öy=-öy,oder 

Ein  ganz  ähnliches  Verhalten  findet  nun  bei  dem  plötzlichen  Uebergang 
des  Wassers  aus  einem  kleineren  in  einen  grösseren  Querschnitt  statt.  Der 
aas  der  Röhre  A  (Fig.  48)  mit  der  Geschwindigkeit  v  kommende  Wasser- 
strom trifft  das  in  B  befindliche ,  den  Querschnitt  -F,  ausfüllende  und  mit 
der  Geschwindigkeit  »,  fliessende  Wasser,  stösst  also  gegen  eine  mit  der 
Geschwindigkeit  »,  ausweichende  Wasserfläche.  Die  Geschwindigkeit  v  geht 
durch  diesen  Stoss  in  v^  über ,  während  sich  der  Wasserstrahl  gleichzeitig 
mit  der  Geschwindigkeit  v  —  v^  nach  den  Seiten  ausbreitet  und  Wasserwir- 

V  ■ 
bei  bildet.  —  Die  mechanische  Arbeit  — ^  Q  y  behält  hiernach  das   Wasser 

und  gelangt  mit  solcher  zum  Ausfluss,  die  Arbeit  ^— - — ^-^Qy  geht  durch  die 

Wasserwirbel  verloren,  die  Arbeit -^^ —  gy  dagegen   bringt   einen 

2^ 

Druck  ^ ^  Qy  auf  die  mit  der  Geschwindigkeit  r,  entweichende  Wasser- 

fläche  hervor.  Dieser  Pruck  wirkt  dem  Atmosphärcndruck  auf  die  Ausmün- 
dang  entgegen  und  vermindert  denselben  in  Bezug  auf  das  durch  A  aus- 
fliessende Wasser ,  so  dass  die  Geschwindigkeit  v  desselben  nicht  blos  von 
der  Druckhöhe  A,  sondern  noch  von  der  Druckhöhe  einer  Wassersäule  ab- 
hängig wird,  welche  dem  Drucke  ^^ —  Qy   entspricht.      Dem    Drucke 

iv  —  Pf) 

-"* ^  Qy  gegen  die  Fläche  F^  entspricht  aber  eine  Druckhöho 


1  Tollea  Aüfifluea  des  Waseere  aus  Itöhren  etc. 


es  irird  somit       j  Geschwindigkeit  (^  von  der  Dmckböhe  A  +  -^^^ ^-^ 

ab]  !  ssea,—  Prüfen  wir  nun,  um  die  Hielitigkeit  oder  Unrich- 

teilten  Theorie  naclizuweiseü ,  ob  die  GesÄtumtdruckUöhe 

A  -j-  i    —     -i  aneli  wirküeli  im  Stande  ist,  die  Geschwindigkeit  v^  gleich  i? 

ff 
in  der  Verbindungs röhre  Ä  zu  erzeageu,  ob  mau  f«  mcht  >  oder  <Cp  er- 

( 1^  —  i^i )  Pi 
hält.  —  Die  d       L>ruckhöhe  A  +  ^ ^^—^  ents2>Techende  Ausflussgeschwin- 
digkeit i?o  ergiebt  sich 


Es  ist  aber,  um  A  in  i\  auszud         \u  * 

h 


1 


insofern  der  durch  den  ^'^^  en  Arbeits verlust  ^^ —  Oyhe- 

dingte  Drnckliöhenverlust  —  oet;        ,  während  —  die  der  Ge^chwln« 

digkeit  i\  eni  Iglich  ^ 


A=^  +  ^- 


*  +  »*  —  2ffi*| 


2£?  2*/  3^ 

Snbstituirt  man  diesen  Ausdruck  für  h  in  obige  Gleichung ,  so  erhält  man : 


«^0=^  2^(        \^ ^+        g     7  =  /V+P*-  2rt;,+2pt;,-2  V=r. 

Die  Geschwindigkeit  »  in  der  Verbindungsröhre  A  ist  also  wirklich 
gleich  der  durch  die  Druckhöhe  h  +  ^ ^^  erzeugten  Geschwindigkeit, 

und  wird  hierdurch  die  Richtigkeit  der  zu  Grunde  gelegten  Erklärung  des 
Vorgangs  bei  dem  Ueberspringen  des  Wassers  aus  einem  kleineren  Quer- 
schnitt zu  einem  grösseren  hinreichend  bestätigt.  — 

Die  Arbeit  ^^ ^^—^  Qy  des  aus  A  austretenden  Wasserstroms  wird 

g 

also  verwendet ,  um  erst  die  Geschwindigkeit  t;  in  ^  zu  erzeugen,  geht  mit- 
hin n  i  c  h  t  wie  die  Arbeit  ^ — - — ^öy  verloren,  und  somit  folgt,  dass  nur 

die  Formel  ^  — — ^  Qy  als  Arbeitsverlust  bei  dem  plötzlichen  üebergang 

des  Wassers  aus  einem  kleineren  in  einen  grösseren  Querschnitt  anzuneh- 
men bt. 

Bei  Ableitung  der  oben  angegebenen  2.  Formel  — - — -  Qy   fiir   den 

Arbeitsverlust  bei  den  in  Bede  stehenden  Querschnittsveränderungen  des 


Von  Dr.  Q.  Th.  Meyee.  281 

Wassers  ist,  wie  bereits  früher  angedeutet,  nicht  berücksichtigt,  dass  ein 
Theil  der  Arbeitsdifferenz  ( ~-  j  Qy  zur  Erzeugung  der  grössern  Ge- 

schwindigkeit  t'  in  dem  Verbindungsrohre  A  erforderlich  ist  und  verwendet 
wird ,  and  zieht  man  die  zur  Erzeugung  der  Vergrösserung  der  Geschwin- 
digkeit v  erforderliche  Arbeit  ^ ^-^Oy  von  — - — -Qy  ab,  so  findet 

man  wieder  den  Arbeitsverlust  gleich 

"^-'"Qy-^'-'^^'^Oy^^'-'^^Oy. 

Nach  Aufstellung  und  Begründung  der  Theorie  wollen  wir  nächst  ein- 
seinen speciellen  Fällen  die  wichtigsten  sich  anschliessenden  Folgerungen 
in  Betracht  ziehen ,  theils  um  einigen  leicht  zu  erhebenden  Einwürfen  zu 
begegnen ,  theils  um  die  Theorie  selbst  durch  das  Entlehnen  als  richtig  an- 
erkannter oder  anzuerkennender  Folgerungen  zu  befestigen. 

1.  Der  Verlust  an  mechanischer  Arbeit  beim  plötzlichen  Uebergange 
des  Wassers  aus  einem  kleineren  zu  einem  grösseren  Querschnitt  wird,  wie 
wir  gesehen  haben,  durch  die  entstehende  Seitengeschwindigkeit  v  —  v^  und 
die  durch  dieselbe  hervorgerufene  Wirbelbildung  bedingt.  Es  lässt  sich  da- 
her voraussetzen ,  dass  dieser  Verlust  kleiner  werden  muss ,  wenn  man  die 
Wirbelbildung  vermindert,  und  dass  derselbe  ganz  auf  hören  wird ,  wenn 
man  solche  ganz  verhindert,  welcher  Fall  eintritt,  wenn  man  das  Wasser 
allmählich  ans  der  Geschwindigkeit  v  in  die  kleinere  rj  überführt ,  wie  Fi- 
gur 60  zeigt.  Jede  Wasserschicht  trifft  bei  dem  Uebergange  mit  einer  nur 
unmerklich  verschiedenen  Geschwindigkeit  die  vorhergehende  Wasserfläche, 

wodurch  der  Arbeitsverlust  ^ — - — ^  Qy  aufgehoben  wird ,  während  im  Ge- 

"g 

gentheil  der  die  Geschwindigkeit  in  A  bedingende  Gegendruck  gegen  den 
Atmosphärendruck  zu  einem  Maximum  steigt,  wie  folgende  Rechnung  er- 
giebt.  Die  Arbeit,  welche  das  Wasserquantum  Q  verrichtet,  indem  es 
durch  Stoss  aus  einer  Geschwindigkeit  o:  iii  die  Geschwindigkeit  o?  —  dx 

fibergeht,  ist,  der  Formel  ^^ ^^—^  jpy  entsprechend ,  Qy,    folglich 

die  gesammte  Arbeit  beim  allmählichen  Uebergange  aus  der  Geschwindig- 
keit 9  in  Ti 

•  V 

»1 

,;t    _  ^t    Qy 

welcher  Arbeit  bei  der  Geschwindigkeit  v^  der  Druck —  und  eine 

Pruckhöhe  =  — - — -  entspricht. 

Da  femer  das  ganze  Arbeitsvermögen ,  welches  das  Wasser  verliert, 

j,t ^  f 

indem  es  aus  der  Geschwindigkeit  v  in  Vj  übergeht,  — - — -  Qy    beträgt, 

eine  gleich  grosse  Arbeit  aber  zur  Vermehrung  der  Geschwindigkeit  in  A 
verwendet  wird ,  so  folgt  der  effective  Arbeitsverlust  für  den  Ausfluss 


V 


282      Ueber  den  vollen  AuBflnss  des  Wassers  aus  Röhren  etc. 


-Öy-^'^'öy  =  o, 


2y         '  2g 

Es  bleibt  uns  nur  noch  zu  zeigen,  dass  auch  für  diesen  Fall  die  Geschwiu 
digkeit  v  in  Ä^^et  um   — vergrösserten  Druckhöhe  entspricht. 

Die  der  Druckhöhe  h  H entsprechende  Geschwindigkeit  r^  ist 

Es  ist  aber ,  da  ein  Arbeitsverlust  nicht  stattfindet ,  h  =  •—- ,   folglich^  wird 

Po  =  y2g^  —  v,^  +  v*  =  v. 

2.  Betrachten  wir  nun  den  speciellen  Fall ,  wenn  an  das  Rohr  B  eine 
3.  Ansatzröhre  C  stösst  (Fig.  61),  welche  wieder  enger  als  B  ist;  auf  die 
.beim  Uebertritt  des  Wassers  aus  B  nach  C  stattfindende  Contraction  wird 
natürlich  nicht  Rücksicht  genommen  werden.  —  Die  Geschwindigkeit  des 
Wassers  in  A  sei  wieder  durch  p,  die  in  B  durch  &|  und  die  in  C  durch  r, 
bezeichnet.  —  Der  beim  Uebertritt  des  Wassers  aus  A  nach  B  stattfindende 

Arbeitsverlust  beträgt  nach  dem  Früheren  -^ — - — —Oji  die  mechanische  Ar- 
beit dagegen,  welche  durch  den  Druck  auf  die  gestossene  Wasserfläche  aus- 
geübt wird,  ^^ ^^  £)y.    Diese  Arbeit  ^ —^  Qy  wird  nun  einestheils 

verwendet,  um  dem  ausflicsscnden  Wasser  die  Geschwindigkeit  r,  mitzu- 
thcilen ,  andernthcils  um  den  entgegenstehenden  Atmosphärendruck  theil- 
weiso  aufzulieben  und  dadurch  die  zur  Erzeugung  der  Geschwindigkeit  v 
in  A  wirksame  Druckhöhe  zu  vergrössern. —  Die  Arbeit,  welche  das  Wasser 
aufnimmt,    indem  es  aus  der  Geschwindigkeit  i\  in  r,  übergeht,  beträgt 

,, « jjt 

Oy,  folglich  bleibt  die  zur  Vergrösserung  der  Geschwindigkeit  in  A 

mittelbar  aufgewendete  Arbeit 

welche  Arbeit  einer  Druckhöhe  = entspricht,  so  dass  mit 

lg  ^ 

hin  ü  von  der  Druckhöhe  h  H abhängig  ist.  —  Prüfen  wir 

*g 

.schliesslich  wieder,   ob  wirklich  die    der  Druckhöhe  h  A ^ —     ' '- 

entsprechende  Geschwindigkeit  Vq  =  der  Geschwindigkeit  v  ist.     Es  wird 

folglich,  da  bei  dem  stattfindenden  Arbeitsverlust  ^^ ^t^y>  /<  —  - — 

2^  2g 


Von  Dr.  C.  Th.  Meyer.  283 


=  -^   und    somit   ^  =    '  ^  1 ^  ist, 


3)  Es  ist  angenscheinlich ,  dass  der  volle  Ausfluss  durch  B  (Fig.  48), 
da  solcher  nach  Obigem  durch  den  Dru<ik  der  Atmosphäre  vermittelt  wird, 
auDiören  muss,  wenn  die  gleichsam  als  Kraft  übertragendes  Medium  die- 
nende Luft  gar  nicht  oder  in  nicht  hinreichendem  Masse  vorhanden  ist, 
d.  i.  wenn  der  Ausfluss  im  luftleeren  oder  luftverdünnten  Kaume  stattfin- 
det, und  es  bleibt  daher  zu  ermitteln,  wie  tief  der  Atmosphärendruck  sin- 
ken kann ,  ura  noch  vollen  Ausfluss  als  möglich  erscheinen  zu  lassen. 

Bei  plötzlicher  Querschnittsveränderung,  wie  in   dem  durch  Fig.  50 

verdeutlichten  und  schon  mehrfach  behandelten  Falle,  ist  der  auf  den  Quer- 

/„  * \ 

schnitt  Fl  von  B  wirkende  Druck  =  -^ ^öy»  welchem  eine  Druckhöhe 

9 

^ ^^  entspricht.    Derselbe  wirkt  dem  Atmosphärendruck  entgegen 

und  vermehrt  somit  die  Druckhöhe  für  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  in 

der  Röhre  A  vom  Querschnitt  F  um  ^lll^iil*.  Diese  Vermehrung  an  Druck- 

9 
höhe  wird  nur  so  lange  stattfinden  können,  als  der  Atmosphärendruck  selbst 

(v  —  »,)  Tj 

noch  einem  Drucke  von  der  Höhe  einer  Wassersäule  = ent- 

9 

spricht,  und  giebt  daher  -^^ ^^  das  Minimum  an,  bis  zu  welchem  eine 

Verdünnung  der  Luft  stattfinden  kann ,  ohne  den  vollen  Ausfluss  zu  ver- 
hindern. 

Es  ist  nun  aber 


folglich  wird  das  Minimum  des  Atmosphärendrucks  gemessen  durch   die 
Höhe  einer  Wassersäule 

■"• ; :: TW — ^t 


9  .  ,+ 


(f-O 


Sinkt  der  Atmosphärendruck  unter  diese  Grenze  herab,  so  wird  der  volle 
Ausfluss  durch  B  aufhören  müssen,  und  das  Wasser  nur  durch  A  mit  der 
Geschwindigkeit  }/2gh  voll  ausfliessen.  Bei  Bestimmung  died.es  Gronzwer- 
thes  ist  vorausgesetzt,  dass,  wie  auch  bereits  zu  Anfang  angVgeben,  von 
allen  Arbeitsverlusten  ausser  dem  durch  die  plötzliche  Quersci^nittsvorän- 
derung  selbst  herbeigeführten  Verluste  abgesehen  wird. 


e  Reduction  einee  sphäriachen  Dreiecks  etc. 


■  sphäris      n  Winkel  auf  ihre  Bebnenwinkol  mit  HHffe  der  Formeln  IV j« 
oaer  V-  roia^u nehmen  haben*  ^ 

Was  nun  den  Vorzug  der  einen  vor  der  anderen  derselben  anlangt ,  so 
ißt  zu  bemerkoD,   dass  man  zwar  nach  den  Faber'echen  Formeln  (IV*) 
eine  vorhergehende  Berechnung  des  Excesses  nicht  noth wendig  hat^  weil 
m  denBGlben  später  durch  Addition  der  gefundenen  Excessantiieile  erhal- 
L  kann*     Jedoch  wird  man  nie  unterlassen,  den  Excpss  znr  Prüfung  dör 
:htigkeit  der  gefundenen  drei  Exceasantlieile  zu  ermitteln*),  und  dann 
-■-scheint  die  Anwendung  der  Fa herrschen  Formeln  (IV.) .wegen  der  vor 
figen  Bestimmung  zweier  Dreieckseiteu  etwas  umsUtndHeher  als  die  der* 
[in  ort' sehen  (Vj. 

RechnuDgsbeispieK 

Zur  besseren  Vergleichung  folge  hier  ein  Beispiel,  welches  aus  dem. 
in  den  Jahren  J 828  und  JB-19  durch  Herrn  Riedl  v,  Leuenatern  ausge- 
führten Netze  an  der  Grenze  zwischen  0 esterreich  und  Preussen  zur  Ver- 
bindung der  Ksterroichischen  mit  den  preussiscken  Messungen  entnoraraen 
ist^  und  das  sich  unter  anderen  in  dem  im  Eingange  gedschton  Nachtrage 
V.  Leuen  st  ern'a  vorfand. 

Die  gegebene  Seite  ist  (Fig.  47) : 

Äj  =  51766,317  Wiener  Klaftern, 
nie  beobachteten,  also  mit  deo  BeobacLtuagsfehlernnoch  behafteten*»), 
rinkel  Bind: 

^=i4P  Jd' Ö2"8, 
B~   24»  19'  23 "0, 

C=    14°  26'  48 "9, 

^+^  +  6^=1800    0'    4"7, 

mithin  der  Ezeess  incl.  der  Beobachtungsfehler 

^+ 2:(f;)  =  4"7. 

Für  beide  Rednctionsmethoden  würde  zunächst  E  ans  der  gegebenen 
Seite  und  den  auf  180°  ausgeglichenen  Winkeln  nach  der  bekannten  Formel 

„  «1*  sin  B  sin  C 

'^    2R*sinA 

zu  berechnen  sein.   Die  auf  180®  ausgeglichenen  und  bis  auf  Secunden  ab- 
gerundeten Winkelsind 

^  =  141»  13' 51" 

B=   24'  19'  22" 
C=    14<>26'  47" 

A+B  +  C —  180^    0'    0". 

Zur  Rechnung  wird  für  R  der  Krümmungshalbmesser  der  Erde  für  45®  geo- 
graph.  Breite  genommen ,  nftmlich 

Ä  =  3  366860  Wiener  Klaftern ; 


*)   In  der  That  scheint  man  auch  diese  Proberechnung  in  Oesterreich  ange- 
wendet zu  haben. 

**)  Da  im  Originalbeispiele  die  Bereits  ausgeglichenen  sphärischen  Winkel  ent- 
halten waren ,  so  sind  hier  die  Beobaohtang«fehler  fingiri.     * 


^rV 


Von  Dr.  C.  Th.  Meter.  285 

5(5-')^ 


"5 

F 


j£A _^ 


y 


ferenzialqaotientei] 

-       a,>  $(7-')>^ 


und  durch  Nullsetzen  dieses  ersten  Differenzialqaotienten : 


F. 
und  hieraus  —  ==  3. 
/^ 

Beispielsweise  ist 

^^  5  =  >i  ^  =p=^^2jÄ=  1,34  .  . .  j/2^ 

„    ~  =  2,   r=^?/2^=  1,414... ^^^2^ 

„    ^  =  3,   »  =  p=/27Ä=I,34.../2^ 

Die  im  Vorstehenden  abgeleitete  Folgerung,  dass  bei  Verdünnung  der 
Luft  bis  zu  einer  gewissen  Grenze  der  volle  Ausfiuss  aufhören  müsse ,  ist 
in  ihrer  Allgemeinheit  bestätigt  durch  die  Versuche  von  Hachette,  ver- 
gleiche Artikel  „Ausfluss"  von  Professor  Weisbacb  in  Hülsse^s  Ma- 
schinenencyclopädie  8.  500,  sowie  durch  die  Versuche  von  H.  Buff,  siehe 
Poggendorff's  Annalen  der  Physik  und  Chemie,  Bd.  46,  S.  240. 

Der  volle  Ausfluss  durch  B  wird  aber  nicht.nnr  in  dem  bisher  betrach- 
teten Falle,  d.  i.  beim  plötzlichen  Uebergang  des  Wassers  aus  einer 
grossem  in  eine  kleinere  Geschwindigkeit,  unter  entsprechender  Luftver- 
dünnung aufhöret! ,  sondern  auch  dann ,  wenn  das  Wasser  allmählich  seine 
Geschwindigkeit  verliert,  vergl.  Fig.  50,  und  dieses  Verhalten  müssen  wir 
noch  kurz  betrachten.  —  Die  die  Geschwindigkeit  t;    in  ^  vermehrende 

Dmckhöhe  beträgt  bei  einer  allmählichen  Querschnittsveränderung,    wie 

f^ I,  t 

wir  bereits  gesehen  haben ,  — - — ^ ,  somit  wird  der  Atmosphärendruck 

V*  —  V.* 

nicht  unter  ff^  =  — Wassersäule  sinken  dürfen,  wenn  voller  Ausfluss 

p  

durch  B  erhalten  werden  soll.   Nun  ist  aber  t?  =  -^  t;,,  »,  =  }/2gh^  folglich 

t'esnltirt  das  Minimum  des  Atmosphärendrucks   für  den   vollen  Ausfluss 

&^  =  — ~"   *  =M -JJ  —  ijh  Wassersäule.   Diese  Formel  giebt 

für  5=1  ^0  =  0, 


286      Ueber  den  vollen  Ansfluss  des  WasBera  ans  Röhren  eto. 

F 
«    ji^^^»  ^«  =  3A,  . 

»»    ^^^^»  iro  =  8Ä, 

„    —  =  4,  J70  =  15A, 

etc. ,  und  man  ersieht  hieraus ,  dass  in  dem  Torliegenden  FaUe  der  volle 
Ansflnss  durch  B  bei  eintretender  Lnftverdttnnong  weit  eher  als  beim  plöts- 
lichen  Ueberspringen  des  Wassers  gestört  wird. 

4)  Da  der  volle  Ausfluss  durch  die  Bohre  B  auf  hSrt ,  wenn  der  At- 
mosphärendruck im  Verhältniss  sur  Druckhöhe  im  Wasserreservoir  an  ge- 
ring wird ,  wie  in  3)  näher  betrachtet,  so  wird  dasselbe  Verhalten  auch  ein- 
treten müssen ,  wenn  umgekehrt  bei  gleichbleibendem  Atmosphlrendrudk 
die  Druckhöhe  eine  gewisse  Gkense  überschreitet. 

Bei  dem  in  3)  suerst  abgehandelten  Falle  eines  plötslichen  üebergangs 
des  Wassers  aus  einer  Geschwindigkeit  in  die  andere  (Fig.  84)  wird  der 
volle  Ausfluss  durch  B  aufhören  milssen ,  wenn ,  bezeichnet  man  den  durch 
die  Höhe  einer  Wassersäule  gemessenen  Atmosphärendruck  durch  JI^  die 
sur  Vermehrung,   der    Geschwindigkeit  in    A    erforderliche   Druckhöhe 

(i!-:::i^^grösfcristals^. 
9 

Nun  habpn  wir  gefunden 


{V  —  P|)t^i_ 


"(5-) 


•     ■+(5-)' 


folglich  wird  das  Maximum  h^  der  Druckhöhe,  bei  welcher  voller  Ausfluss 
stattfindet,  bestimmt  durch  die  Gleichung 

und  man  erhält 


A.= 


<5-) 


JF 
Diese  Function  giebt  für  -j  =  2  ein  Minimum ,  nämlich  An  =  jj,   so   dass 

also  bei  diesem  Qnerscbnittsverbältniss  der  volle  Ausfluss  durch  B  bereits 
bei  einer  Drnckböho  aufbort ,  die  dem  Atmosphärendruck  gleich  ist. 
Beispielsweise  erhält  man 


Von  Dr.  C.  Tn.  Meyeb.  287 


F 

„    ^  =  2,     h,  =  H, 

„   5  =  3,     A,  =  |^, 
F 

„    -p=15,    Ä||  =  7,5...ir, 

Auch  dieses  Verhalten  nimmt  in  seiner  Allgemeinheit  H.  Bnff  in  dem 
oben  erwähnten  Aufsatz,  Poggcndorff's  Annalen  der  Physik  und  Chemie, 
Bd.  46,  an,  sowie  dasselbe  bereits  von  Nävi  er  in  Ärchilectiire  hydranUque 
t>€ir  Belidor,  avec  des  notes  et  addilions  par  M.  Navier,  Paris  1819,  T.  I,  P.  294 
einer  näheren  Betrachtung  unterworfen  worden  ist. 

Bei  allmählichem  Uebergange  des  Wassers  aus  dem  kleinern  in 
^en  grössern  Quersschnitt  (s.  Fig.  60)  erhalten  wir  als  Maximum  der  Druck- 
liiihe  für  den  vollen  Ausfluss 

H 


Diese  Formel  giebt 

für 


(1 

)'- 

5=t. 

A-  =  V^. 

5=i 

hn  =  iff, 

5=«. 

A.  =  t^, 

5=^ 

h,  =  lß,etc., 

Bo  dass  also  selbst  für  nicht  sehr  grosse  Druckhöhen  der  volle  AusfliAs 
4urch  B  bei  allmählicher  üeberführung  des  Wassers  unmöglich  ist,  aller- 
dings unter  Nichtbeachtung  der  Druckhöhenverluste  durch  die  Reibung  in 
den  Röhren  etc.,  durch  deren  Berücksichtigung ,  wie  wir  später  sehen  wer- 
den ,  sich  die  angeführten  Maassverhältnisse  nicht  unwesentlich  ändern. 

Nicht  ganz  unwahrscheinlich  dürfte  es  sein,  dass,  wenn  die  Möglich- 
keit für  den  vollen  Ausfluss  ohne  Arbeitsverlust  nicht  mehr  geboten  ist,  der 
zuerst  betrachtete  Fall  eines  plötzlichen  Ueberspringens  eintritt  oder  sich 
herstellen  lässt,  bis  auch  das  fiir  diesen  geltende  Maximum  der  Druckhöhe 
für  den  vollen  Ausfluss  überschritten  wird. 

6)  Bei  den  gewöhnlichen  Ansatzröhren  (vergl.  Weisbach*8  Inge- 
nieur- und  Maschinen  -  Mechanik ,  2.  Auflage,  S.  519  u.  f.,  sowie  Desselben 
£xperimental  -  Hydraulik)  bildet  der  contrahirte  Wasserstrahl  die  Röhre  A, 


288      üeber  den  vollen  AnsfluBs  des  WaBaers  ans  Röhren  ete. 

~injL-nni — i  nj-n — u-^t^  —  -^-"'  —  —  «•^  — -  — -■~  —  --  — — -^^ — »-ini-  i-t ''i~i~innnninnn.njarnjVTJTj'LJxn-ru'i-n.rijTjrtrü 

Bei  Yollkommner  Contraction  ist  der  Querschnitt  des  contrahirten  Strahles 
=  (0,8)*  des  Querschnitts  der  Ansatzröhre  B  =  0,64  ^i ;  es  berechnet  sieh  so- 
mit die  Ausflussgeschwindigkeit  (yergl.  S.79  der  angesogenen  Experimental* 
Hydraulik)  • 

'^•+(5-).     '+(ö^-0 

für  welchen  Werth  aber  Versuche  nur  OySl&j/¥gh  ergeben  haben,  theik 
weil  schon  jeder  contrahirte  Wasserstrahl  nicht  gans  die  theoretische  Ge- 
schwindigkeit besitzt,  theils  weil  die  Beibang  an  der  Röhrenwand  einen 
Verlust  an  mechanischer  Arbeit  bedingt.  Die  Geschwindigkeit  in  dem  con- 
trahirten Querschnitt  beträgt  hiemach  v  =  --^  =  l-yöö  V| ,  d.  i.  iheoretiseh 

=  1,36  j/%gh,  effectiv  =  1,57  j/^. 

Die  Dmckhöhe,  bu  zu  welcher  der  Atmosphftrendruck  sinken  kann, 
ehe  der  Yolle  Ausfluss  aufhören  muss,  wird  nach  3)  durdi  eine  Wasserslaie 
gemessen  von  der  Höhe 

,_»(5-') 

man  erbSlt  daher  für  den  ▼erliegenden  Fall 

ff.  = f^ (i=0,855Ä ; 

und  umgekehrt  wird  der  volle  Ausfluss  nach  4)  ebenfalls  unmöglich  werden, 
wenn  die  Druckhöhe  h  im  Wasserreservoir  die  Höhe 

überschreitet ,  d.  i.  wenn  die  Druckhöhe  h  mehr  als  40,5  dresdn.  Fuss  oder 
11,47  Meter  oder  36,6  preuss.  Fuss  beträgt. 

Da  jedoch  bei  dieser  Berechnung  die  theoretischen  Geschwindigkeiten 
vorausgesetzt  sind,  so  werden  sich  die  erhaltenen  Zahlwerthe  eflectiv  etwas 
anders  gestalten ,  wie  auch  nachstehende  Rechnung  zeigt. 

Die  Formel  für  das  Minimum  des  Atmosphärendrucks 


SA 


1  + 


(^■)" 


geht,  nennt  man  das  Verhältniss  des  efiectiven  zum  theoretischen  Q^schwin- 
digkeitscoefficienten,  d.  i.  j^—-  =  0,9345  =  %  über  in 

U,of  ^ 


Von  Dr,  C.  Th.  Methb, 

(5-) 


2A 


+(§-)■ 


insofern  dann 


«'i  =  9>  2/    - 


ügh 


ist ,  und  es  ergiebt  sieb 

Hf,  =  0,8733  X  0,8546Ä  =  0,746Ä. 
Denselben  Wertb  erbält  man  natürlich,  berechnet  man  Hq  nach  der  For- 
mel J5ro=  \  wenn  man  für  v  =  1,27  j/^gh,   für  t»,  =  0,815  j/Jgh 

einführt.  —  Am  einfachsten  dürfte  es  aber  sein ,  folgende  Formel  in  An- 
wendung zu  bringen,  die  nur  von  dem  Geschwindigkeitscoefficienten 
9  =0,815  Gebrauch  macht:   Es  ist 

Ho  = ,  aber  Vi  =  <py2gh^ 

daher 

^T  vorliegenden  Fall  erhält  man 

ff.  =  ü.  0,815«  (^  -  l  j  Ä  =  0,747  Ä. 

^<^  Maximum  der  Druckhöhe,  bei  welcher  noch  voller  Ausfluss  stattfindet, 
^«  «  findet  man  unter  Berücksichtigung  der  effectiven  statt  der  theoretischen 
"^^schwindigkeiten 

Ä„  =  • 7-= T oder  Ä„ 


v(9-')         ■    v($-.)' 


^ide  Formeln  geben  für  9  =  0,9345  oder  (p  =  0,815 

Ä«  =  1,34 ir=  46,4  dresdn.  Fuss  =  13,14  Meter. 

Wird  bei  der  Einmündung  der  Ansatzröhre  in  das  Wasserreservoir  ein 
Diaphragma  eingesetzt  (vergl.  S.  546  der  bereits  mehrfach  angezogenen  In- 
genieur- und  Maschinen  -  Mechanik  von  Prof.  Weisbach),  so  werden  sich 
^^Q  Formeln  für  das  Minimum  des  Atmosphärendrucks  und  das  Maximum 
i^r  Druckhöhe  bei  gegebenem  Atmosphärendruck,  um  noch  vollen  Ausfluss 
^^  gestatten ,  folgend  gestalten : 

Bezeichnet  o  den  Cbntractionscoefficienten,  F  den  Querschnitt  der  Oeff- 
i^Uug  des  Diaphragmas  und  F|,  wie  bisher,  den  Querschnitt  der  Ansatz- 
'^hre,  80  wird  der  Querschnitt  des  stossenden  Wasserstrahls  =  a/*,  und  es 
^Tgiebt  sich ,  nennt  man ,  wie  bereits  oben  angegeben ,  das  Verhältniss  des 
affectiven  zum  theoretischen  Geschwindigkeitscoefficienten  (nicht  daaV^x- 

Z«itMlirift  f.  Mathematik  u.  Phytik.  1.  \^ 


Q  vollen  Auefliis»  dos  Wasaers  nu»  Röhren  etc. 


miss  d.  iTfin  Geschwindigkeit  zu  der  der  Dnickhöli*^  cntsprecli*»n^ 

^escb  keil,   weldjae  eben   den  Geschwind igkeitÄCOcfficicntro  9 


=  ¥- 


"(.4-) 


1+ 


(f>-)' 


( 


a  köuaen  wir  wieder  zu  Ofii  aonebmeu  (obgleich  dieser  Werth  eigentUcli 

F 
bloa  für  das  Verhältniss -^  =^  l  im  Mittel  bei  den  gewabolicbon  Dlm^ii' 

BTöbren  riehti?  ist.  tnsofnm  derselbe  bei  kleinerem  QiiPr^ 

i]         l  _  ^  miitisen  wir  dagegen  zu  folgeti* 

***.*  xmt  iiiBBi'e  *-,     Li«nr  nemi         da  wir  nur  den  in  W  eisbacb*i 

^       ^6,  tlurcb  a  bezeicbncten  Wertb» 
»eze lehnen  wüllen,  oder  den  Wi- 


•'=^V-tIH-V'-. 


Sffft 


dtth<>r 


1 


^=. 


oder,  führen  wir  den  Widerstandscoefficicnten  l  ein, 

.  -^(f>-')' 

Für  das  an  der  erwähnten  Stelle  in  Weisbach's  Mechanik  berechnet^ 

F 
Beispiel ,  bei  welchem  — -  =  ^^  angenommen  und  daher  «i  =0,606  zu  setze  ^^ 

Fi 
ist,  erhält  man  g?'=:  0,8784,  und  es  folgt  dann 

H,  =  0,8784  .  -^^^ ~  h  =  0.75  Ä. 

Einfacher  gelangt  man  auch  in  dem  vorliegenden  Falle  zum  Ziel« ,  inden^^ 
man  die  Berechnung  von  q)  umgeht  und  die  Bestimmung  von  i?«  durch  di^^ 

Formel  fff^  =  Üq>*  f —^—ij  Ä  bewirkt.   Den  Werth  für  g>  findet  maa  an^ 

d^m  inWeisbach*s  Mechanik  S.  546  angegebenen Widerstandscoefficien^— — 

ten  f  durch  q>  =  j/  oder  9*=  —j-j,j  da  r,  =  tp^^gh^  aber  auc"" 


Von  Dr.  C.  Th.  Meyeb.  291 


=  ^^^ bt.  Für  obiges  Beispiel  wird  q>*  =  =  0,211  .  . .,  und  so- 

yi  -j-  f  I  +  3,74 


mit  erhält  man  wieder 


^•=^•'•^"(0-;^-')  *="'''*• 


Das  Maximum  der  Druckhöbe  für  den  vollen  Ausfluss  ergiebt  sich  den 
obigen  Formeln  entsprechend 


K- 


oder  einfacher 


».=   « 


F  F 

Für -^  =  10  oder  =-=0,1  ist  nach  Weis bach's  Mechanik,  2.  Auflage, 
Jb  ^1 

S.  646  {[=231,7;  hieraus  folgt 
i^d  somit 


<»•  = = ! =  0,004297 . . 

^         1+t       1  +  231,7        "'""*'^'- 


2.0,004297  (--1) 

6)   Es  dürfte  ein  Widerspruch  gegen  die  Erfahrung  scheinen,  dass  wir 

F 
"*  5)  bei  dem  Querschnittsverhältniss  -^^^^^  wenn  wir  unter  F  nicht  den 

^Otrahirten  Querschnitt,  sondern  die  Oeffnung  des  Diaphragmas  verste- 

k  Fl 

^^tx,  Am  =  1,34  ZT  und  bei  dem  Querschnittsverhältniss  —  =  — ,  A„  =  7,96^ 

Fl        10 

S^^fonden  haben,  w&hrend  doch  bekanntlich  der  volle  Ausfluss  desto  schwie- 

'^ger  herzustellen  und  zu  erhalten  ist,  je  enger  die  Oeffnung  des  Diaphrag- 

^^  im  Verhältniss  zum  Querschnitt  der  Ansatzröhre  ist,  so  dass  man  sogar 

^i  kurzen  Ansatzröhren  keinen  vollen  Ausfluss  mehr  erlangt,  wenn  das 

VUerschnittsverhältniss  zu  klein  wird.    Nichts  desto  weniger  ist  in  dieser 

"^^liatsacbe  kein  Einwurf  gegen  die  aufgestellte  Theorie  enthalten ,  da  die 

abgehandelten  Verhältnisse  des  vollen  Ausflusses  erst  eintreten,  nachdem 

^^rselbe  durch  ein  zufälliges  Ueberspringen  des  Wassers  oder  durch  eine 

^  Erzielung  desselben  getroffene  Vorkehrung  u.  a.  (vergl.  H  ü  1  s  s  e  ^  s  Ma- 

^binenenejclopädie ,  Artikel  „  Ausfluss ",  S.  494  und  502)  hergestellt  wor- 

^^  ist.  Dass  bei  weiten  Mündungen  und  bei  verhältnismässig  kleinen  Oeff- 

^^gen  des  Diaphragmas  der  volle  Ausfluss  weniger  leicht  und  zum  Theil 

S%T  nieht  hervorgebracht  zu  werden  vermag,  findet  seine  Erklärung  einfach 

^^rin,  dass  in  beiden  Fällen  ein  Eindringen  der  äusseren  Luft  weniger  leicht 

^^hiadert  werden  kann ,  und  aus  demselben  Grunde  ergiebt  sich  auch,  wie 

^i«  Adhäsion  des  Wassers  an  der  Röhrenwand  Einfluss  auszudb^Ti  ^«tm%j^. 


292      lieber  den  vollen  Ausfluss  des  WasBers  aus  Röhren  eto« 

In  der  Adhäsion  oder  einer  Anziehung  der  Ansatzröhre  die  Erklärung  des 
ganzen  Phänomens  des  vollen  AnsfiuBses  fachen  in  wollen  (Artikel  „Am* 
floss^S  S.  499  und  494)  ist  jedenfalls  unrichtig,  wie  bereits  S.  497  des  ange- 
zogenen Aufsatzes  von  Prof.  Weis b ach  angegeben;  die  Adhftsioa  hat  blos 
auf  die  leichtere  oder  schwierigere  Herstellung,  auf  die  Vorbedingungen 
£influ8s.  Dass  aber  auch  die  auf  Seite  497*  gegebene  Erklärung  als  nicht 
genügend  betrachtet  werden  muss,  bedarf  keines  weiteren  Beweises,  indem 
solche  nicht  nur  an  und  für  sich  zu  unbestimmt  gehalten  ist,  sondern  auch 
die  vergrösserte  Geschwindigkeit  in  dem  engern  Querschnitte  nicht  erklärt. 
Viel  specieller  geht  Navier  in  dem  bereits  angezogenen  Werke  ArckiiecL 
hydraul.  par  Belidor,  Nouv.  Sdit.  T.  L  Pag.  293  und  294  auf  die  bei  Ansats- 
röhren  eintretenden  Verhältnisse  und  namentlich  auf  das  Minimum  des  At- 
mosphärendrucks und  das  Maximum  der  Druckhöhe  für  den  vollen  Ausfluss 
ein;  doch  ist  seine  Formelableitung  nicht  genug  begründet,  daher  er  aach 
auf  grössere  Werthe  kommt,  sowie  dieselbe  ebenfiüls  ganz  von  de^  Erklä- 
rung der  grösseren  Geschwindigkeit  in  dem  engeren  Querschnitte  absieht 
7)  Sind  die  Verengungen  in  Röhren  angebracht  (Fig.  52)  welchen  FaU 
wir  seiner  Wichtigkeit  halber  noch  besonders  betrachten  wollen ,  so  werden 
durch  die  eintretende ,  unvollkommene  Contraction  die  in  ö)  abgehandelten 
Verhältnisse  einige  Modificatibnen  erleiden.  —  Den  Contractionscoef&cien- 
ten  er  müssen  wir  in  diesem  Falle ,  da  ein  anderes ,  sicheres  Anhalten  nicht 
geboten  ist,  der  Tabelle  XVII.,  S.  74  der  „Versuche  über  die  unvollkom- 
mene Contraction  des  Wassers  etc.,  von  Julius  Weisbach.  Leipzig  1854" 
entnehmen;  den  Geschwindigkeitscoefficienten  9,  ^^  den  Durchgang  durch 
die  Verengung  können  wir  nach  der  auf  derselben  Seite  ausgeführten  Zu- 
sammenstellung =  0,96  setzen.  Da  sich  nun  unter  Berücksichtigung  dieser 
Coefiicicnten  a  und  q)^  die  Geschwindigkeit  v^  des  ausfliessondcu  Wassers 
nach  der  Formel 


v.^j/'- 


'igh 


berechnen  lässt  (vergl.  die  lety.tangpzogeno  Schrift  S:  97  und  Woisbach's 
Ex pori mental  -  Hydraulik  S.  81) ,  öo  folgt : 

._"(-(Ä-)'-(^-').'i-.) 


■(Ä-) 


F 

Für  das  Verhtiltniss  ~  =  J  =  0,75  findet  man  in  der  angegebeneu  Tabelle 

o  =  0,817,  und  führt  man  diesen  Werth  in  obige  Formel  ein,  so  ergiebt  sich 

Ä„  =  J,19^. 
Auf  ein  genaueres  Resultat  führt  die  Rechnung  durch  Einführung  der  Wi- 
derstandscoefficienten  in  dieselbe,  insofern  die  Richtigkeit  obiger  Coeflfi- 
cienten ,  da  solche  nicht  für  die  in  Rede  stehenden  Verhältnisse  beobachtet 
und  abgeleitet  wurden,  auch  nicht  als  ganz  sicher  anzunehmen  ist,  während 
für  Verengungen  in  Röhren  die  Widerstandscoefficienten  den  Beobachtun- 
gen entsprechend  in  Weisbach*8  Mechanik  S.  547  anj^egeben  sind.  Be- 
zeichnet 9)  den  Gofiiclnvindigkeitscoefficienten,  welcher  das  Verhältniss  der 


Von  Dr.  C.  Th.  Meyer.  293 

effectiven  Geschwindigkeit  r,   zur  Geschwindigkeit  ausdrückt,  welche  der 
Drnckhöhe  h  entspricht,  so  dass  also  Vi  —  g?  Y^gh  ist,  so  giebt  die  Gleichung 


,_{v  —  v,)v  _ 


i'f-'h- 


Ä=(A_,)^.5J., 


aus  welcher  folgt 


«.=   " 


^•(5-0 


Xun  ist  aber  tp*  =  ■ ,  wenn  t  den  Widerstandscocflicienton  bezeichnet, 

dcüier 

F 
F'tlr -.  ==  0,76  findet  man  auf  der  angezogenen  Seite  547  t=^  0,5435,  und 

»^tzt  man  nun  noch  o  =  0,817  wie  oben  voraus,  so  erhält  man  ä„  =  1,22^7. 

•  8)  Bedeutenden  Einfluss  wird  auf  die  Höhe  Ä„  natürlich  noch  der  Rci- 
l>Ya.ng8wider8tand  des  Wassers  in  den  Eöhren  ausüben,  da  durch  denselben 
^i^  Geschwindigkeit  je  nach  den  gegebenen  Verhältnissen  mehr  oder  we- 
i^l^er  beträchtlich  vermindert  wird.  Das  Maximum  der  Druckhöhe  für  den 
tollen  Aasflnss  ergiebt  sich  unter  Berücksichtigung  des  Röhrenreibungs- 
^Widerstandes,  da  sich  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  durch 


^^ 


^^«timmt,  wenn  f,  wie  oben,  den  Geschwindigkeitscoefficienten  für  den 
^««chwindigkeitsverlust  beim  Durchgang  durch  die  Verengung  und  fj  den 
^Qibungscoefficienten  bezeichnet,  durch  die  Formel 

An  = 


'(5-) 


^iese  Formel  gestattet  nun  aber  keine  sofortige  Bestimmung  von  ^ ,  da  £; 
^1^  von  der  Geschwindigkeit  des  Wassers  in  den  Röhren  und  somit  von 
^  abhängig  ist;  eben  so  wie  v^  nur  durch  mehrfaches  Einsetzen  eines  immer 
'^chtiger  werdenden  Coefficienten  bestimmt  werden  kann,  so  wird  man  auch 
JUr  Berechnung  von  ä„  für  jeden  einzelnen ,  vorliegenden  Fall  ein  annä- 
•^emdes  Verfahren  einzuschlagen  haben.  Man  muss  die  Höhe  ä«  als  gege- 
^Qn  betrachten  und  berechnen ,  ob  für  diese  specielle  Annahme  ein  voller 
Ausflnss  stattfinden  wird  oder  nicht.   Z.  B.  die  Röhren tour  habe  150'  Länge 


294      lieber  den  vollen  Auaflnss  des  Wassera  aus  Röhren  etc. 

nnd  5  Zoll  lichte  Weite  preoss.  MaaBS*),  die  flbrigen  Verhiltiiiste  seien 

wie  in  dem  nnter  7)  berechneten  Beispiele,  d.  i«  «r  =  f  •  Setien  wir  Torerst 

eine  Drnckhöhe  yon  49'  yoraos,  welcher  nngefihr  eine  Geschwindigkeit 
Yon  20'  nnd  somit  nach  Weisbach's  Mechanik  3.  533  ein  Coef&cient 
1^  =  0,0183  entspricht ,  nnd  berechnen,  um  nns  von  der  Bichtigkeit  der  Yor- 
ausgesetzten  Geschwindigkeit  von  30'  zu  überzeugen, 

so  ergiebt  aLch 


/ 


I  +  0,5435  +  ^^^0,0183 


die  Anwendung  des  Coefficienten  0,0183  ist  somit  richtig,  und  es  wird  dem- 
nach 

1  +0,5435  +  ^^^^  .  0,0188 

■  =  6,4ir  =  314  preuss.  Fuss. 


^\3. 0,817       7 


Man  ersieht  hieraus,  dass  für  eine  Druckhöhe  vcto  49'  der  YoUe'Ausflns^v 
noch  nicht  gestört  wird,  doch  ist  der  Werth  6,4  J7  keineswegs  als  das  genäu^^ 
Maximum  der  Druckhöhe  für  den  vollen  Ausfluss  zu  betrachten,  wenn  leis — 
teres  auch  unbedingt  in  die  Nähe  der  berechneten  Druckhöhe  fallen  wird  ^ 
es  ist  6,4-^  offenbar  etwas  zu  gross.    Nehmen  wir,  um  ein  sichereres  An- — - 
halten  zu  erlangen,  die  Druckhöhe  =210'  an  und  führen  die  Bechnung 
von  Neuem  durch.    Einer  Druckhöhe  von  210'  wird  unter  den  gegebenen 
Verhältnissen  un«;efähr  eine  Geschwindigkeit  von  40'   entsprechen,    für 
welche  wir,  da  uns  directe  Angaben  über  den  dieser  Geschwindigkeit  zu- 
gehörigen Coefficienten  fehlen,  die  Coefficienten  bei  grösseren  Druckhöhen^^^^^^ 

aber  wenig  von  einander  abweichen ,  in  Hinsicht  auf  die  bereits  angezo ' " 

gene  Tabelle  0,016  als  Coefficienten  anzunehmen  berechtigt  sein  werden.^ —    ' 
Die  Rechnung  giebt  für  diese  Werthe : 

7,906  ][/2TÖ 


150  .  12 

5435  -I .  0,016 

5 


42,5' 


so  dass  also  die  Annahme  des  Coefficienten  0,016  (wenn  solcher  einer  Gre 
schwindigkeit  von  40'  entspricht)  gerechtfertigt  ist.   Fär  Ä„  findet  man  dam 

1,5435  +  i^?^    0,016 
Äa  =ir. — =  5,78^=  190  preussische  Fuss. 

Bei  210'  Druckhöhe  wird  also  kein  voller  Ausfluss  mehr  stattfinden 


'^)  Es  ist  preuss.  Maass  angenommen,  um  die  Umrechnung  zu  vermeiden,  da  di 
CoefficientenUbelle  inWeisbach^s  Mechanik  solches  voraussetet. 


Von  Dr.  C.  Th.  Mbyeb,  295 


doch  ist  190'  als  Maximum  der  Druckhöhe  zu  klein,  ebenso  wie  310'  zu 
gross  war;  nur  soviel  ist  bestimmt,  dass  dasselbe  zwischen  190'  und  910' 
liegen  muss  und  jedenfalls  190  und  einige  Fuss  betragen  wird. 

Das  Maximum  der  Druckhöhe  für  den  vollen  Ausfluss  ist  in  dem  eben 
berechneten  Falle  ziemlich  gross ,  dagegen  wird  solches  bedeutend  herab- 
gezogen werden,  wenn  durch  eine  weitere  Röhrentour  die  Geschwindigkeit 
in  einem  geringeren  Grade  vermindert  wird ,  wie  nachstehendes  Beispiel 
deutlich  zeigt. 

Die  Länge  der  Köhrentour  betrage  144'  preuss. ,  die  lichte  Weite  sei 
15  Zoll.  Für  eine  Druckhöhe  =  144',  eine  Geschwindigkeit  ==  40'  und  so- 
mit den  Eeibungscoefficienten  =  0,016 ,  erhält  man 

7,906  /Üi 94,872  _^W2_.    «. 

""    j/,,5436  +  ^.^6~^*''*''  +  •■««••'"  '•"*   ~    ''    ' 

Für  eine  Geschwindigkeit  von  50'  ist  nach  den  oben  angeführten  Gründen 
der  Eeibungscoefficient  =  0,015  anzunehmen  und  dann  wird 

94£2^_94|72_ 

*        j/3^b'       1,82 

h^  orgiebt  sich  nun  nach  Feststellung  des  Coefficienten  i^  ==  0,015 

1,5435+1,7280 
hu  =  Ii  . — g- =  2,6  Ä  =  8o,4   preuss. 

Bei  144'  Druckhöhe  findet  sonach  unter  den  gegebenen  Verhältnissen  kei« 
voller  Ausfluss  statt.  Führen  wir  daher ,  un^  das  Maximum  der  Druckhöhe 
für  den  vollen  Ausfluss  näher  zu  bestimmen ,  die  Rechnung  für  eine  Druck- 
höhe von  100'  nochmals  durch.  Es  lässt  sich  aus  obiger  Berechnung  leicht 
folgern,  dass  einer  Druckhöhe  von  100'  eine  Geschwindigkeit  von  ungefähr 
42'  bis  43'  entsprechen  müsse,  so  dass  also  £^  =  0,016  einzusetzen  ist,  und 
man  erhält  für  diesen  Werth 

„    1,5435  +  1,8432        ^„„       _    , 
K  =  B.  -^ -^ =  2,7 Zr=  88,5'  preuss. 

Also  auch  bei  100'  Druckhöhe  findet  noch  kein  voller  Ausfluss  statt,. viel- 
mehr ist  das  gesuchte  Maximum  der  Druckhöhe  auf  90  bis  95  Fuss  bq 
setzen. 

Betrachten  wir  nun  noch,  welche  Wassermenge  unter  Annahme  des 
vollen  Ausflusses  bei  letztgenanntem  Beispiele  ausfliessen  müsste,  und  wie- 
viel Wasser  wirklich  ausfliessen  wird.  Wie  bereits  bisher  geschehen,  müs- 
aen  wir  auch  in  dieser  Berechnung  die  bei  geringeren  Druckhöhen  beobach- 
teten Coefficienten  für  die  grösseren  Druckhöhen  anwenden ,  da  besondere 
Angaben  über  letztere  fehlen.  —  Die  Geschwindigkeit  des  ausfliessenden 
Wassers  lässt  sich  unter  Berücksichtigung  der  vorstehenden  Rechnung  leicht 
zu  1^  X  51,2'  =  42,7'  ausmitteln;  der  Querschnitt  fasst  1,2272  D',  daher  gäbe 
der  volle  Ausfluss  ein  Wa^erquantum  von  52,4  C  Der  Ausfluss  durch  die 
nur  \  .  1,2272  D',  also  0,9204  D'  haltende  Mündung  Fgiebt  dagegen,  setzt 
man  voraus,  dass  die  Reibungshindernisse  dieselben  bleiben,  sich  also  die 
Verengung  ziemlich  zu  Ende  der  Röhrentour  befinde ,  und  nimmt  man,  wie 
bisher ,  den  Contractionscoefficienten  a  =  0,877 ,  den  Geschwindigkeitscoef- 


296      Ueber  den  vollen  AubAuss  des  Wassers  aus  Röhren  etc. 

ficientea  =  0,96  und  daher  den  diesem  Geschwindigkeitsverlnst  entspre- 
chenden Widerstandscoefficienten  {;=  — — 1=0,08624,  sowie  femer,  da 

man  eine  Geschwindigkeit  von  ungefähr  50'  voraussehen  kann,  den  Bei- 
bungscoefficimten  {;,  ==  0,015  an ,  die  Geschwindigkeit 

7,904/TÖÖ ^^.^ 


j/i  +  0,08624  +  115,2  .  0,015 

und  man  erhält  das  effective  Wasserquantum 

=  0,9204  .  0,817  .  47  C '  =  35,4  Cuhikfuss- 

Dieses  efYective  Ausflussquantum  wird,  wenn  der  Ausfluss  nicht  in  die  freie 
Luft,  sondern  unter  Wasser  stattfindet,  welches  Verhältniss  in  Fällen  der 
Anwendung  am  meisten  vorkommen  dürfte,  noch  dadurch  etwas  vermin- 
dert, dass  dann  der  Ausflusscocfficient  nach  Weisbach*s  „Versuche  über 
die  unvollkommene  Contraction  des  Wassers",  S.  80,  \^%  kleiner  ausfällt 
und  demgemäss  auch  der  Geschwindigkeitscoefficient  kleiner  in  die  Rech- 
nung einzuführen  ist. 

9)  Aus  den  vorstehenden  Beispielen  ist  sogleich  ersichtlich,  dass  das 
Maximum  der  Druckhöhe  für  den  vollen  Ausfluss  bei  Maschinen,  welche 
unter  hohem  Druck  arbeiten,  wie  Wassersäulenmaschinen,  Hochdrucktur- 
binen etc.  Einfluss  erlangen  kann,  und  dass  daher  für  diese  Maschinen  die 
entwickelte  Theorie  nicht  ohne  praktische  Wichtigkeit  sein  dürfte.  Na- 
mentlich ist  dieses  Maximum  auch  deshalb  zu  berücksichtigen,  da,  wird 
solches  überstiegen  und  fliesst  das  Wasser  durch  die  OefPnung  F  in  das  sich 
vor  der  Mündung  F  aufstauende  Wasser  (s.  z.  B.  Fig.  53) ,  der  Verlust  an 
mechanischer  Arbeit  bei  dem  Uebergange  aus  dem  kleineren  Querschnitt 

F  in  den  grosseren  F,  nicht  mehr      ^  jpy,  sondern  — - — -  Qy  zu  setzen 

ist,  so  dass  dann  selbst  bei  scheinbar  vollem  Ausfluss  die  2.  der  Eingangs 
behandelten  Formeln  für  den  Arbeitsverlust  in  Anwendung  kommt. 

Dieses  Verli;ilten  ist  ferner  nicht  nur  bei  der  Anwendung,  sondern 
auch  bei  der  Bestimmung  der  Widerstandscoefficienten  für  den  Ausfluss  un- 
ter hohem  Druck  nicht  unbeachtet  zu  lassen ,  denn  fehlt  es  auch  überhaupt 
noch  an  Versuchsresultaten  und  Krfahrungswerthen  für  hohen  Druck  und 
sind  solche  grösstentheils  erst  noch  zu  bestimmen,  so  ist  es  doch  für  den 
Experimentator  wichtig,  bei  den  Versuchen  eine  richtige  Theorie  vor  Augen 
zu  haben  und  die  Vorgänge  klar  zu  überschauen,  die  er  durch  Zahlenwerthe 
normiren  will.  Ueberschreitet  die  Druckhöhe  das  für  den  vollen  Ausfluss 
geltende  Maximum,  so  wird  der  Widerstandscoefflcient  plötzlich  einen  viel 
grösseren  Werth  erhalten,  wenn  man  den  Eintritt  des  gleichsam  frei  aus- 
strömenden in  das  verstauende  Wasser  (wie  z.  B.  in  Fig.  5:^)  nach  Art  des 
vollen  Ausflusses  behandeln  will,  was  für  gewisse  Verhaltnisse  der  Ein- 
fachheit und  Gleichförmigkeit  halber  nicht  unzweckmässig  sein  dürfte. 

Beachtung  bei  praktischen  Ausführungen  und  Untersuchungen  dürfte 
das  Vorstehende  um  so  mehr  verdienen,  als  dia  durch  Schieber,  Hähne, 
Klappen  und  Ventile  hervorgebrachten  Verengungen  bekanntlich  nach  dem- 
selben Princip  als  die  in  Obigem  angenommenen  Verengungen  wirken  und 
die  durch  erstero  hervorgebrachten  Druckhöhenverluste  auf  ähnliche 
AVeise  zu  betrachten  und  zu  behandeln  sind,  wenn  auch  durch  die  Vcr- 


Von  Dr.  C.  Tu.  Meyer.  297 

schiedenartigkeit  der  Verengnngeu  mehr  oder  weniger  Modiücationen  ein- 
treten. 

lO)  Werfen  wir  zum  Schlüsse  dieser  Abhandlung  noch  einen  Blick  auf 
die  aufgestellte  Erklärung  des  vollen  Ausflusses  durch  eine  theilweise  Auf- 
hebung des  Atmosphärendrucks  oder  gleichsam  Uebertragung  des  Druckes 
durch  die  Atmosphäre  zurück,  so  dürfte  es  zur  weiteren  Begründung  nicht 
anzweckmässig  sein,  Beispiele  anzuführen,  bei  denen  eine  solche  Ueber- 
tragung, wenn  auch  unter  etwas  verschiedenen  Verhältnissen,  ebenfalls 
stattfindet  und  bereits  als  richtig  anerkannt  wird. 

I .  An  das  Gefläss  Ä  (Fig.  54)  stosse  eine  engere,  vertikale  Röhre  B^  so 
wird,  beträgt  die  gesammte  Druckhöhe  h  ohne  Berücksichtigung  der  Druck- 
höhenverluste, das  Wasser  bei  vollem  Querschnitt  (nachdem  der  volle  Aus- 
fluss  nöthigenfalls  hergestellt  worden  ist)  mit  der  Geschwindigkeit  v  =  yigh 
ansfliessen.  Dieselbe  Geschwindigkeit  hat  natürlich  das  Wasser  im  gleich- 
grossen  Querschnitt  ¥  und  doch  beträgt  für  denselben  die  Druckhöhe  blos 
h  —  Ä,.  IJer  Grund,  dass  das  Wasser  bereits  im  Querschnitt  F  eine  grössere 
Arbeit  besitzt ,  als  der  Druckhöhe  h  —  h^  entspricht ,  ist  einfach  darin  zu 
suchen,  dass  die  unter  F  befindliche  Wassersäule  den  Atmosphärendrnck 
in  Bezug  auf  den  Querschnitt  F  zum  Theil  aufhebt,  um  einen  der  Druck- 
höhe A|  entsprechenden  Druck  vermindert,  so  dass  nun  die  Geschwindigkeit 
in  F  bedingende  Druckhöhe  nicht  blos  h  —  Äj  ,  sondern  h  —  Ä|  +  Ä|  =  Ä 
mrird. 

3.  Beträgt  im  Gefässe  A  die  Druckhöhe  h^  und  bezeichnet  H  die  den 
Atmoapbärendf uck  messende  Höhe  einer  Wassersäule ,  so  wird ,  wenn  der 
Zutritt  der  Luft  in  die  Bohre  B  verhindert  ist ,  der  volle  Ausfluss  so  lange 

stattfinden,  als  ^o  +  ^>^  i»t  vorausgesetzt,  dass  v  die  Geschwindigkeit 

des  Wassers  in  der  Röhre  B  bezeichnet  und  der  Druckhöhenverlust  beim 
Uebertritt  des  Wassers  aus  A  nach  B  nicht  berücksichtigt  wird;  vergl. 
H  ü  1 8  8  e  ^  s  Maschinenencycloplädie ,  Artikel  „  Ausfluss  ^S  S.  580.  Auch  in 
diesem  Falle  tritt  also  eine  Vermehrung  des  Wasserdrucks  um  den  Atmo- 
sphärendruck durch  die  entgegengesetzte  Aufhebung  desselben  ein ;  warum 
sollte  man  nicht  berechtigt  sein,  den  vollen  Ausfluss  des  Wassers  beim 
Durchgang  durch  Verengungen  auf  eine  Weise  zu  erklären,  welche  mit  der 
Erklärung  der  eben  angeführten  Beispiele  bis  auf  den  Unterschied ,  dass 
der  dem  Atmosphärendruck  entgegenstehende  und  denselben  zum  Theil 
oder  ganz  aufhebende  Druck  nicht  durch  eine  Wassersäule ,  sondern  durch 
einen  von  dem  bewegten  Wasser  hervorgebrachten  Gegendruck  gebildet 
^wirdy  vollkommen  übereinstimmt! 


A^ 


xvn. 


TTeber  die  Totalreflexion  an  der  Oberfläche  doppelt 
brechender  Krystalle. 

Von  M.  H,  DE  Senabmont*). 


§  ^ 


X/»e  Gestalt^  welche  die  LicLtwellen  bei  ihrer  Fortp Ho nzuiiör  in  doppelt 
btocheuden  Mittclu  aimchDicti,  ist  lientigeu  Tages  in  »Ilen  ilireu  Einzelhei- 
ten eine  ao  bekannte  Sache ^  dasa  ea  weuig  von  der  IJoppelbrecbung^  aU^ 
hängige  Erecheinuögen  giebt,  deren  geometrische  Gesetze  man  nicht  im 
Voraus  mit  Hülfe  der  Fre^^nersehen  Tiieorie  beatimnit  hätte, 

Untersuchungen  dieaer  Art  sind  zu  einem  Exerctttum  in  der  Aiialyi&U 
geworden,  wozu  ein  Jeder  sich  «eine  eignen  mehr  oder  minder  elementHren 
Methoden  bihlen  kann«  und  aut^U  das  irn  Folgenden  behandello  Problem 
würde  nicht  mehr  als  jedes  nndere  eine  besondere  Erwähnnng  verdienen, 
wenn  es  nicht  zu  einfachen,  praktisch  ausführbaren  Folgerungen  führte, 
sowie  zu  einem  ganzen  System  von  Exjjerinienten,  welche  eine  Art  graphi- 
scher Darstellung  der  bezeichnendsten  ^Eigenschaften  der  Wellenfläche  dar- 
bieten. 

§•3. 

Jeden  gewöhnlichen  Lichtstrahl,  welcher  einen  Krjstall  trifft,  kann 
man  als  zusammengesetzt  ansehen  aus  zwei  rechtwinklig  zu  einander  pola- 
risirten  Bündeln,  von  denen  das  eine  den  ordentlichen,  das  andere  den. 
ausserordentlichen  Strahl  hergeben  muss. 

Diese  beiden  Bündel  richten  sich  nun  beim  Eindringen  in  das  krjstal- 
linische  Mittel  nach  verscbiedenen  Gesetzen.  Ist  dieses  Mittel  ein  weniger 
brechendes  als  dasjenige  nicht  kristallinische,  aus  welchem  die  Bündel  aus- 
treten ,  so  gelangen  diese  nicht  zugleich  an  die  Brechungsgrenze ,  welche 
der  Totalreflexion  unmittelbar  vorausgeht,  sondern  jedes  derselben  erreicht 
sie  unter  einer  anderen  Incidenz. 

Es  wird  demnach  auch  jedem  derselben  eine  bestimmte  und  gesonderte 
Iris  der  Totalreflexion  entsprechen. 

In  dem  Folgenden  sollen  die  Bedingungen  der  Bildung  und  die  Gestalt 
der  irisirenden  Bogen  und  einfallenden  Strahlenkegel,  deren  Basis  jene 
bilden ,  bestimmt  werden,  wenn  die  Strahlen  von  einem  Punkte  aus  ausser- 
halb des  Krystalls  divergiren  und  wenn  dieser  Krystall  von  einer  ebenen 
Fläche  begrenzt  wi^d. 


♦)  Journal  de  Mathematiques  p.  lAouviUe,  Aout  1856,  p.  305. 


lieber  die  Totalreflexion  etc.  Von  M.  II.  de  Sknakmont.       299 


§.3. 
Optisch  einaxige  Krystalle. 

Sei  V  die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  des  Lichts  in  dem  Mittel  ausser- 
halb des  Xrjstalls,  bedeuten  a'  und  6*  die  HauptelasticitUtscoefficienten  pa- 
rallel und  senkrecht  zur  optischen  Axe,  O  die  Neigung  der  optischen  Axe 
xur  Normale  auf  der  brechenden  oder  Eintrittsfläche ;  die  Axe  der  X  mag 
mit  dieser  Normale  gleichgerichtet  sein,  die  Axe  der  1^ in  dem  Hauptschnitte 
liegen  und  die  Axe  der  Z  senkrecht  auf  diesem  Schnitte  stehen;  seien  femer 
/«,  m«,,  iio,/^,  me,n^  bezüglich  die  Winkelcoordinaten  der  ordentlichen  und 
ausserordentlichen  Strahlen,  L^,  Moy  No^  L,,  M^,  N,  die  Winkelcoordinaten 
der  entsprechenden  einfallenden  Strahlen :  so  hat  man  zuvörderst  nach  dem 
Srechungsgesetz  des  Cartesius  (oder  vielmehr  des  Snellius)  zur  Bestim- 
mung der  Richtung  des  ordentlichen  Strahles 

cos  Ho cos  Nc      sin  Lo v 

cos  lo       cos  Lo  '     sin  /<,         b  ' 

ferner  mit  Berücksichtigung  der  Gesetze  der  Doppelbrechung  von  Hujghens 
und  der  Polarisation  von  Malus,  und  wenn  man  zur  Abkürzung 

^  =  o*  m'  d  +  b*  ros*  O,    J9  =  (ft«  —  a*)  sin  O  cos  O 
seist ,  snr  Bestimmung  der  Bichtung  des  ausserordentlichen  Strahles : 

cos  n, a*  cos  Ng 

cosh  ~{Av*—Ai^cos^N^  —  ^b*cos'M,)^' 

cosm, a^b^cosN^  B       ' 

cos  h  ~  A{Äf^  —  Äa^co^N^  —  a* 6*  cosM,)i       ^  ' 

^nd ,  weil  bei  eintretender  Brechungsgrenze  für  den  einen  wie  für  den  an- 
dern Strahl 

sin*  /o  =  l »  cos*  /ir  =  0 
ist,  znr  Bestimmung  der  Bichtung  der  einfallenden  Strahlen,  welche  dieser 
Srscheinung  entsprechen : 

V*  cos*  Lo  +  ip'—b*)  cos*  Mo  +  iv*  —  b*)  cos*  N^  =  0, 
V*  cos*  X,  +  (»•  —  ^)  cos*  M,  +  (v*—a*)  cos*  N,  =  0. 

Von  diesen  Strahlen  sind  demnach  die  ersteren  auf  der  Oberfläche  eines 
Sevolntionskegels  vertheilt,  dessen  Umdrehungsaxe  die  auf  der  brechenden 
Pläche  normal  stehende  Axe  der  ^  ist;  die  anderen  liegen  auf  einer  Kegel- 
fläche zweiten  Grades ,  deren  Hauptaxen  dieselbe  Normale  und  die  beiden 
anderen  Coordinatenaxen  sind. 

Verbindet  man  die  beiden  vorstehenden  Gleichungen  durch  Subtraction, 
so  wird  dem  Besultate 

b* coff  ^coffM  +  {a* sin* ^  +  b* co^ &)  cos*  N~0 

nur  durch 

cos*  d  =  0  und  C05*  JV=  0 

Genüge«  geleistet.  Diese  Kegel  haben  demnach  nur  ihre  Mittelpunkte  mit 
einander  gemein,  wenn  anders  die  brechende  Ebene  der  optischen  Axe  nicht 
parallel  ist,  in  diesem  Falle  haben  sie  in  dem  Hauptschnitte  zwei  Erzeu* 


302  lie  Totftlretlexion  an  der  Überfliiche  ete. 


^.  CO**  /  ggj'm  €0^  n   


3) 


^  roÄ  JL       r  (:os  l       g  cos  ^__ r  cof  ff»      q  cos  v__  ^  <•<>*  n 


Anstatt  im*D  die  allgemeineu  und  sehr  verwit^kelten  Formeln  anzuwen- 
den, welche  die  Abli^ingigkeit  der  RielUung  eines  einfallenden  Strahls  von 
der  Kit;htung  der  gebrochenen  Strahlen  aui^drückcn,  wallen  wir  uns  begiiii- 
gen ,  die  geometrische  Construction ,  welche  die  Richtung  dieser  gebroche 
nen  Strahlen  in  dem  besondev      ""  "  "    "  i  der  Eintritts  ebene  zurück- 

bleiben ^  bestimmt,  in  die  Spracixe  der  aip-         ^u  übersetzen. 

Man  nehme  heispielij weise  die  1        lenda  Ebene  normal  ^ur    F-Äx 
der  mittleren  Elasticität  an  und  es  sei  li^       ur  der  EinfallsebeDc  indlcs^ 

Eintrittsehene.  (Fig.  55.)       t2t  man  :==  v,  zieht  PA  senkrecht  21 

ÖP,  legt  hierauf  durch   ^     ""  an  die  Well  enfläehe»  deren^^"^^ 

Mittelpunkt  0  ist  und  t  hrungapnnkten,  so  hat  maiL-^E^ 

im  Allgemeinen  den  doppeu  il  construirt« 

In  dem  vorliegenden  b<  e;  s  aber  jeder  derselben  gana^s^^ 

in  der  Eintnttsebene  verblei  oen,  ea  mubovu  u^ininach   (weil  die  Grösse  Üf^^^^^' 
zwei  verschiedene  Wcrthe  hat,  indem  die  lucide.nz  für  Strahlen,  welche  an^*^^*^ 

die  Grenze  der  ordentlichen  und  der  ausserordentlichen  Brechnng  gelan-^ 

gen ,  nicht  dieselbe  ist)  zwei  Grade  wie  PK  selbst  Tangenten  zur  Wellen-  — 
fläche  oder   zu  den   Durchschnittscurven   derselben   mit  der  brechenden  -^^-«i 
Ebene  sein. 

Die  Gleichungen  der  Durchschnitte  der  Wellenfl&che  mit  einer  zur  "^* 
Axe  der  F  normalen  Ebene  erhält  man  nun,  wenn  man  in  der  Gleichung  1)  ^^ 
cos  fi  ==  0  setzt.  Die  Gleichungen  dieser  Durchschnittscurven  sind  demnach    ^^ 

^«  =  5« 

l        co^X       cos^v 


Für  die  kreisförmige,  den  ordentlichen  Strahlen  entsprechende  Durch- 
schnittscurve ,  deren  Gleichung 

4)  ^•  =  ft« 

ist,  fällt  die  Normale  OP  mit  dem  nach  dem  Berührungspunkt  gezogenen 
Badiusvector  zusammen  und  man  hat  daher  als  Gleichung  des  geometrischen 
Ortes  der  einfallenden  Strahlen 

oder 

5)  (v^  —  b^){co^L  +  cos'N)  +  v^cos*M=0. 
Bezüglich  der  elliptischen  Durchschnittscurve,  deren  Gleichung 


Von  M.  II.  DE  Senarmont.  303 

1        co^l 


-«  c* 


Q 

ist ,  seie«  q>,  cos  i ,  cos  t/;  Coordinaten  des  Punktes  P.   Da  nun  OP  die  Spur 
der  Einfallsebene  ist,  so  hat  man 

cos  L  =  sin  Mcos%,     cos  N=sinM cos  ^. 
Die  Gleichung  der  Tangente  KP  ist 

1         cos  1  cos  X   .   cos  ib  cos  v 

—  + — „. — 


Qq>  c  a' 

und  die  Gleichung  der  Normale  OP  zu  dieser  Tangente 

cos%       cos^il;        ' 
cos  l cosv 

^U8  dieser ,  sowie  aus  den  vorhergehenden  Gleichungen  ergiebt  sich 


m  =  l/c*  CO«*  2  +  a*  CO*"  -1«;  ==  -7-^ 

^nd  für  die  Gleichung  des  geometrischen  Orts  der  einfallenden  Strahlen 

6)  {v^  —  c")  cos"  L  +  iy"  ''(^)co^N+  v*co^M=0, 

Von  den  Gleichungen  5)  und  6)  ist  die  erste  die  eines  Revolutionske- 
^els  mit  einer  zur  Eintrittsebene  senkrechten  Umdrehungsaxe ,  die  andere 
die  Gleichung  eines  Kegels  zweiten  Grades ,  dessen  Gestalt  noch  näher  zu 
bestimmen  ist.  Verbindet  man  die  Gleichungen  beider  Kegel  durch  Sub- 
traction ,  so  ist  das  Resultat 

7)  (6«  — c»)cos*X+ (6«  — a«)coÄ*iV=:0 

die  Gleichung  zweier  Ebenen,  welche  durch  die  Axe  der  mittleren  Elasti- 
cität  und  durch  die  wahren  optischen  Axen  (Axen  der  inneren  koni- 
schen und  der  äusseren  cylindrischen  Brechung)  hindurch  gehen.  Die  Ke- 
-^el  ö)  und  6)  haben  demnach  vier  gemeinschaftliche  Erzeugungsgraden,  von 
denen  je  zwei  in  derselben  Ebene  enthalten  sind ,  welches  auch  übrigens 
der  Werth  von  t^  ist,  d.  h.  welche  Gestalt  auch  der  Kegel  zweiten  Grades 
laben  mag. 

Die  Neigungen  der  die  Kegel  erzeugenden  Graden  gegen  ih^e  Axe 
sind  in  den  Azimuten  der  Hauptschnitte  bestimmt  durch 

Der  Kegel  zweiten  Grades  hat  eine  elliptische  Basis ,  wenn 

er  redneirt  sich  auf  zwei  Ebenen ,  welche  parallel  zur  Axe  der  2C  und  sym- 
metrisch  gleiehgeneigt  zur  Axe  deif  Y  sind ,  wenn 


290      Ueber  den  vollen  Ausfluss  des  Wassera  au»  Röhren  etc. 


hlltniss  d€r  effectiven  Geschwindigkeit  äh  der  der  DruckhciliR  entsprechen^ 

den  Geschwindigkeit,    welches  eben   den  Geschwind tgkeitscoefiidenteii   ^ 
giebl)  =  <p : 


1+ 


&-)■ 


er  können  wir  wieder  zu  0,64  annehmen  (obgleich  dieser  Werth  eigentlich 

P 
B  für  das  Verhältnis^  -^^=1  im  Mittel  bei  den  gewöhnlichen  Dirnen- 

r 

zröhren  richti^^  i«t,  insofern  derselbe  bei  kleinerem  Qner- 
ll^Ka*^J  nrn  /n  mi  Kj^c+J^nmeD    müj^scn  wir  dagegen  zu  folgen- 

^  ü^niwicKeln  .rt  nenmen,  dft  wir  nur  den  tn  Weiibacli*s 

*'  HP-  ^       5^  durch  a  bezeichneten  Werth, 

eze lehnen  wollen,  oder  den  Wi- 


■/::Tlh^'=y': 


dalicr 


oder ,  führen  wir  den  Widerstandscoefficicnten  f  ein, 

.  -^(f>-)' 

'-—TR 

Für  das  an  der  erwähnten  Stelle  in  Weisbach's  Mechanik  berechnete 

F 
Beispiel ,  bei  welchem  — •  =  -^g-  angenommen  und  daher  a^  =0,606  zu  setzen 

ist,  erhält  man  9' =  0,8784,  und  es  folgt  dann 

H,  =  0,8784  .        7°;^*       ;,- Ä  =  0,75 h. 

Einfacher  gelangt  man  auch  in  dem  vorliegenden  Falle  zum  Ziele ,  indem 
man  die  Berechnung  von  q>  umgeht  und  die  Bestimmung  von  H^  durch  die 

Formel  J5ro  =  29*(-~  —  IJÄ  bewirkt.  Den  Werth  für  g>  findet  man  aus 
djpm  in  Weisb ach' s  Mechanik  8.  546  angegebenen Widerstandscoefficien- 
ten   t  durch  q>  =  j/  oder  9*  =  r^^t'  ^^  ' '  ^^  T^V^Q^j  ^^^^  ^^^^ 


Von  M.  H.  DE  Senarmont.  .  305 

{v*  —  €*)  {cos' L  +  cos*  M)  +  v*cos'N  =  0, 
(/♦•  —  &')  cos*  L  +  (r»  —  «*)  cos*  M  +  v*  cos*  N  =  0, 

In  gleicher  Weise  giebt  die  Bedingongsgleichung  für  den  Durchschnitt  bei- 
der Kegel  unmögliche  Werthe;  ebenso  findet  sich,  aass  der  Kegel  zweiten 
Grjrades  ganz  innerhalb  des  Hevolutionskegels  (so  lange  letzterer  vorhanden 
ist.)  liegt;  dass  er  eine  elliptische  Basis  hat  und  noch  mit  dem  Hevolutions- 
Icegel  coexistirt,  wenn 

d^m^ss  er  ohne  den  Kevolutionskegel ,  der  inzwischen  imaginär  geworden  ist, 
l>c^«teht  und  dabei  noch  elliptische  Basis  hat,  wenn 

d«t.«8  er  in-  zwei  der  X-Axe  parallele  und  zur  Z-Axe  symmetrisch  gleich- 
st ^neigte  Ebenen  übergeht,  wenn 

V*=b*', 

d  s^^s  er  endlich  eine  hyperbolische  Basis  erhält ,  wobei  die  grosse  Axe  der 
^^^.yperbel  mit  der  F-Axe  zusammenfallt,  wenn 

§.9. 

Steht  die  brechende  Ebene  senkrecht  auf  der  Axe  der  mittleren  Ela- 
^^^cjität,  so  giebt  es  gewisse  Ausnahmefälle,  unter  welchen  sich  die  Be- 
^^^:igang  für  die  Brechungsgrenze  modificirt.  Hierüber  ist  folgendes  zu  be- 
^^rkcn. 

Die  sogenannten  Nabelpunkte  der  Wellenfiäche  sind  in  der  brechenden 
^l>ene  enthalten.  Da  man  durch  einen  solchen  Punkt  eine  unendliche 
^^nge  verschiedener  Tangentialebenen  an  diese  Fläche  legen  kann,  so  ist 
^^^h  den  in  §.  6.  gegebenen  Bemerkungen  klar,  dass  einem  und  demselben 
^^t)rochenen  Stri^le  eine  unendliche  Menge  von  Einfallsebenen ,  und  folg- 
^'^l  eine  eben  so  grosse  Menge  von  Einfallsstrahlen  entsprechen.  Die  Rich- 
^<ig  dieser  letzteren  soll  nun  bestimmt  werden. 

Die  Nabelpunkte  sind  aber  die  Durchschnittspunkte  des  Kreises,  des- 
*^^  Gleichung 

^^cl  der  Ellipse ,  deren  Gleichung 

1  co^  k       cos*  V 

\   Q*  ei*  a* 

^jHr  die  nach  den  Nabelpunkten  gerichteten  Radienvectorcn  gelten  daher 
^*o  Bedingnngsgleichungen 

Q*'^b*', 

^a*  —  b*  o  ,  .  a*b*—c* 

*«tzt  man  diese  Werthe  in  den  Gleichungen  3)  ein  und  lässt  vorläufig  der 
Einfachheit  wegen  die  Doppelzeichen  unberücksichtigt  (wobei  man  also  nur 
^Hen  Nabelstrahl  in  Betracht  zieht),  so  erhält  man 

ZeiUchrin  f.  Mathematik  u.  Physik.  1.  ^0 


J 


t  die  Totalreflexion  an  der  OberflfLche  etc. 


r—  -  =—  -  /  (a*  —  c*)  («'  —  ^'l  eö#  f, 


—  ^'=-,^i;/(a»-.')(6«-c^} 


eo«  fl 


IQ« 


8) 


fr       fr     A^  —  i,^  fr    /fr<  — ^, 


eo9tt^ 


cösn. 


Damuä  ergSebt  sich  unter  zwei  TorscbiedenPti  Formen  für  die  Glcieha^  ng 
der  KögclflticIiO'  wnlühft  von  den  Riclituiiffen  der  FortpflaiiznugsgescLw^^n- 
digkeit»  die  in  i 
gebildpt  wird: 


XI 


,  co$  t  - 


9S! — 


y 


u  r^ «' — '^^ 


^ -cösn\  =  Q, 


Nimmt  man  aber  die  Richtungen  der  inneren  Fortpflanzungsgeschwindig^^^®^* 
als  gegeben  an ,  so  kann  man  daraus  leicht  die  Richtung  der  äusseren  Fcr:=^rt- 
pflanzungsgeschwindigkeit,  d.  h.  die  Richtung  der  entsprechenden  Einfa  ^^^' 
strahlen  ableiten.  Man  hat  nämlich  zwischen  beiden  Geschwindigkei  ^"^en 
folgende  Beziehungen : 

1.  Die  Richtung  der  inneren  und  äusseren  Fortpflanzangsgeschwind^C^^?' 
keit  wird  durch  das  Sinusgesetz  bestimmt; 

2.  beide  sind  in  derselben  Ebene ,  der  Einfallsebene,  enthalten ; 

3.  die  inneren  Geschwindigkeiten  sind  bezüglich  ihrer  Richtungen  dn  ^^^" 
eine  Funktion  gegeben ,  für  welche  die  Gleichung  2),  oder  jede  andere  j^^^ß- 
lation  wie  8)  zwischen  / ,  n ,  r  untergelegt  werden  kann. 

Man  hat  also  mit  Berücksichtigung ,  däss  «n  m  =  1  ist, 


9) 


cosl 


cosn 


cos  L      cos  N 


Eliminirt  man  mit  Hülfe  dieser  Gleichungen  aus  8)  die  Grössen  r^l^n, 
hat  man  für  den  geometrischen  Ort  aller  einfallenden  Strahlen,  die  m 
nahmsweise  sich  zu  einem  einzigen  gebrochenen  Nabelstrahl  vereinigeuB 

Es  bezeichne  S  den  Winkel,  welchen  die  einfallenden  Strahlen  mit 
scheinbaren  optischen  Axe  (Axe  der  uniradialen  inneren ,  der  k^ 


so 
Jas- 


per 


Von  M.  H.  DK  Senarmont.  307 

sehen  äusseren  Refraction)  bilden.  Da  nun  diese  optische  Axe  mit  den 
Hauptaxen  Winkel  bildet  deren  cosinus  bezüglich 

iL  7/^'—^'        ft        ^      A«  —  r' 

sind ,  so  erhält  man  für  den  Winkel  S 

1t)  ro*»e=~ 

Soll  diese  Gleichung  Bedeutung  haben ,  muss  r*  <  6*  sein.  Ist  diese  Be- 
dingung erfüllt,  so  giebt  es  also  ein  Bündel  einfallender  Strahlen,  welche 
ainen  Beyolutionskegel  bilden,  für  den  die  Umdrehungsaxe  die  schein- 
bare optische  Axe  ist^  und  welche  alle  durch  die  Brechung  zu  einem  ein- 
Eigen  mit  dieser  Axe  zusammenfallenden  Strahl  vereinigt  werden. 

Die  Gleichung  10)  des  Kegels  kann  übrigens  auch  unter  folgenden 
If^ormen  wiedergegeben  werden : 

(t;t  _  ftt)    (^CO^  l   ^   ^0^  TV) 

(,,t  _^)  ^^^2 1  j^  (|,t_rt«)  cos*  N 

Verbindet  man  diese  durch  Subtraction  entweder  mit  der  Gleichung  5)  des 
Revolntionskegels ,  oder  mit  der  Gleichung  6)  des  andern  Kegels,  so  findet 
man  in  ersterem  Falle 


d.  i.  die  Gleichung  einer  Ebene ,  welche  durch  die  mittlere  ElasticitMtsaxe 
tind  darch  die  scheinbare  optische  Axe  gelegt  ist;  im  andern  Falle 

d.  i.  die  Gleichung  einer  Ebene,  gelegt  durch  die  mittlere  Elasticitätsaxe 
tmd  durch  die  Durchschnittsgrade  der  brechenden  Ebene  mit  derjenigen 
konischen  Fl&che  (10),  die  eben  der  geometrische  Ort  der  einfallenden 
Strahlen  ist,  welche  nach  der  Brechung  sich  in  einem  einzigen  Strahl  ver- 
einigen. Die  Kegel  5)  und  6)  der  einfallenden  Strahlen  haben  also  nur 
9ewei  Erzeugungsgraden  mit  dem  Kegel  10)  gemeinschaftlich;  alle  drei  ha- 
ben die  Axe  der  Y  als  Hauptdiameter,  folglich  berührt  der  letztere  (10)  die 
beiden  andern  in  der  ganzen  Länge  einer  der  Erzeugungsgraden. 

Derselbe  Kegel  liegt  femer  ganz  innerhalb  der  Kegel  5)  und  6) ,  so 
dass  seine  Erzeugungsgraden  nach  einer  Stelle  der  brechenden  Ebene  führen, 
"WO  die  Bedingungen  der  Brechungsgrenze  im  Allgemeinen  schon  überschrit- 
ten sind  und  wo  die  Brechung  bereits  in  Totalreflexion  übergegangen  ist. 

Will  man  den  Kegel  10)  auf  seine  Hauptaxen  beziehen ,  so  muss  man 
in  dem  neuen  Coordinatensystem  die  scheinbare  optische  Axe  zur  Axe  der 
J[  machen ,  die  Axe  der  Y  unverändert  lassen ,  und  als  Axe  der  Z  eine  auf 


308  Üeber  die  Totalreflexion  an  der  Oberfläche  etc. 


\ 


den  beiden  ersieren  senkreclito  Gerade  annehmen.    Die  Oleiehnng  1 1)  geht, 
dann  über  in 

(,;t  ^  ftt)  co^  i    +  r*  (rof»  N'  +  fof»  Jf)  =  0. 

Der  Durchschnitt  dieser  Kegel  mit  der  brechenden  Ebene  gielit  eine  Hy^^A 

perbel  und  die  Tangeute  des  halben  Asjmptotenwinkels  dieser  ITyperbe^ 

ist  gleich 


/5 


§.  10. 

Wenn  gewisse  Gmppen  von  Einfallsstrahlen ,  welche  im  Allgemeiner  «sn 
an  die  für  die  Totalreflexion  reservirte  Stelle  kommen,  dessen  ohngeachti  ^m  it 
nur  die  Orensbrechnng  cirleiden  (der  streifenden  Brechung  unterworaHK-  «r- 
fen  sind),  so  giebt  es  deren  noch  andere,  welche,  obgleich  sie  in  das  Oebi^^»  et 
dieser  Brochungsgrenze  fallen,  doch  ausnahmsweise  nur  die  (rninhiiliilii  Jin 
Brechung  erleiden. 

Wenn  nttmlieh 

84)  ist  ein  und  dieselbe  Orade,  wie  PK^  zugleich  Tangente  an  dem  kreL  ^Sris- 
forniigen  und  elliptischen  Durchschnitt  der  Eintrittsebene  mjt  der  Wellei^  ^n- 
flHche.  Diese  beiden  Punkte  sind  aber  nicht  die  einsigen,  welche  mit  dles^  ^eer 
Fläche  die  durch  PK  gelegte  Tangentialebene  gemeinschaftlich  habcL-^  «en 
würde;  die  Ebene  berührt  dieselbe  vielmehr  in  dem  gansen  Umfange  ein^  .^ics 
Kreises,  so  dass  unzählige  Grade  von  dem  Punkte  0  aus  nach  diesem  kle— =:^i- 
uen  Kreise  liingchen,  welolie  eine  KegelHäche  bilden  und  eben  so  vier  "^-F^le 
gobrocliene  Strahlen  vorstellen,  die  zu  einem  einzigen  Einfallsstrahl  g»  "ZS^' 
hören. 

Diese  gebrochenen  Str.ihlen  sind  nicht  alle  in  der  brechenden  Eber:^  no 
enthalten;  der  entsprechende  Einfiillsstrahl  ist  also  in  Wirklichkeit  nicM^  -'lit 
einer  streifenden,  sondern  einer  gewöhnlichen  Brechung  unterworfen  werde  ^      "n. 

Die  Bedingungsgleichung 

V 

stn  M 
giebt  zuvörderst 

(r*  —  ^*)  {cos^  L  +  cos"  N)  +  /'«  cu^  M  =  0 
sodann,  in  Betracht,  dass 

(p  =  ^V*  co^  1  +  a*  r«.v*t/;    (§.  6), 
(/>'  —  c*)  cos^  L  +  {b*  —  ö»)  cos'^  N  =  0, 

Vergleicht  man  diese  Bedingungsgleichungen*  mit  5)  und  7) ,  so  erken-^*^"* 
man ,  dass  die  Einfallsstrahlen ,  welche  mit  den  Durchschnittskanten  d-^B^"" 
beiden  Kegel  5)  und  6)  gleiche  Richtung  haben,  genau  dieselben  sind,  welc'  -^^he 
von  der  streifenden  Brechung  ausgenommen  sind,  und  die   innere  k  ^* 

nische,  sowie  nach  ihrem  Austritt  die  äussere  cylindr Ische  Brechu"  — ^^S 
erleiden. 

Ist  die  Austrittsebene  der  Eintrittsebene  parallel ,  so  bleibt  die  cylrr^^^' 
drische  Fläche  der  austretenden  Strahlen  dem  einfallenden  Strahl  paralJ^K-  el. 


Von  Dr.  C.  Th.  Mbyer.  295 

doch  ist  190'  als  Maximum  der  Druckhöhe  zu  klein,  ebenso  wie  310'  zu 
gross  war;  nur  soviel  ist  bestimmt,  dass  dasselbe  zwischen  190'  und  «SIO' 
liegen  muss  und  jedenfalls  190  und  einige  Fuss  betragen  wird. 

Das  Maximum  der  Druckhöhe  für  den  vollen  Ausfluss  ist  in  dem  eben 
berechneten  Falle  ziemlich  gross ,  dagegen  wird  solches  bedeutend  herab- 
gezogen werden,  wenn  durch  eine  weitere  Röhrentour  die  Geschwindigkeit 
in  einem  geringeren  Grade  vermindert  wird ,  wie  nachstehendes  Beispiel 
deutlich  zeigt. 

Die  Länge  der  Röhrentour  betrage  144'  preuss. ,  die  lichte  Weite  sei 
15  Zoll.  Für  eine  Druckhöhe  =  144',  eine  Geschwindigkeit  =  40'  und  so- 
mit den  ReibungscoeMcienten  =  0,016 ,  erhält  man 

7,906  /U4 94,872  _9^ffl2  , 

Für  eine  Geschwindigkeit  von  50'  ist  nach  den  oben  angeführten  Gründen 
der  Reibungscoefficient  =:  0,015  anzunehmen  und  dann  wird 

94,872       94,872         ^    , 


^^'3;27i5-       1,8 

h^  crgiebt  sich  nun  nach  Feststellung  des  Coefficienten  fi  =  0,015 

1,5435 -f  1,7280 
^  ~        r264 =  2,6Ä  =  8o,4   preuss. 

Bei  144'  Druckhöhe  findet  sonach  unter  den  gegebenen  Verhältnissen  kei« 
voller  Ausfluss  statt.  Führen  wir  daher ,  uuv  das  Maximum  der  Druckhöhe 
für  den  vollen  Ausfluss  näher  zu  bestimmen ,  die  Rechnung  für  eine  Druck- 
höhe von  100'  nochmals  durch.  Es  lässt  sich  aus  obiger  Berechnung  leicht 
folgern,  dass  einer  Druckhöhe  von  100'  eine  Geschwindigkeit  von  ungefähr 
42'  bis  43'  entsprechen  müsse,  so  dass  also  i^  =  0,016  einzusetzen  ist,  und 
man  erhält  für  diesen  Werth 

Also  auch  bei  100'  Druckhöhe  findet  noch  kein  voller  Ausfluss  statt,. viel- 
mehr ist  das  gesuchte  Maximum  der  Druckhöhe  auf  90  bis  95  Fuss  au 
setzen. 

Betrachten  wir  nun  noch,  welche  Wassermenge  unter  Annahme  des 
vollen  Ausflusses  bei  letztgenanntem  Beispiele  ausfliessen  müsste,  und  wie- 
viel Wasser  wirklich  ausfliessen  wird.  Wie  bereits  bisher  geschehen,  müs- 
sen wir  auch  in  dieser  Berechnung  die  bei  geringeren  Druckhöhen  beobach- 
teten Coefficienten  für  die  grösseren  Druckhöhen  anwenden ,  da  besondere 
Angaben  über  letztere  fehlen.  —  Die  Geschwindigkeit  des  ausflicssenden 
Wassers  lässt  sich  unter  Berücksichtigung  der  vorstehenden  Rechnung  leicht 
zu  j^  X  51,2'  =  42,7'  aasmitteln;  der  Querschnitt  fasst  1,2272  O',  daher  gäbe 
der  volle  Ausfluss  ein  Wa^erquantum  von  52,4  C.  Der  Ausfluss  durch  die 
nur  f. .  1,2272  0\  also  0,9204  D'  haltende  Mündung  Fgiebt  dagegen,  setzt 
man  voraus ,  dass  die  Reibungshindernisse  dieselben  bleiben ,  sich  also  die 
Verengung  ziemlich  zu  Ende  der  Röhrentour  befinde ,  und  nimmt  man,  wie 
bisher ,  den  Contractionscoefficienten  o  =  0,877 ,  den  Gescbwindigkeitscoef- 


310  üeber  die  Totalreflexion  an  der  Oberfläche  etc. 


I.   Optisch  einaxige  Krystalle  (§.  3). 
•    ^.  Repnlsive  oder  negative. 


\ 


1)  Ist  der  Brechungsindez  des  auf  den  Ejystall  gelegten  homogenen 
Mittels  grösser  als  dessen  grösster  Brechungsindez : 

80  ist  der  den  ordentlichen  Strahlen  entsprechende  Farbenring  (Iris)  ein 
Kreis ,  der  andere ,  den  ausserordentlichen  Strahlen  zugehörige ,  eine  mil 
demselben  concentrische  und  von  ihm  eingeschlossene  Ellipse,  deren  kleine 
Axe  senkrecht  zum  Hanptschnitte  steht,  und  unabhängig  von  der  Neigun 
der  brechenden  Ebene  zur  optischen  Axe  ist. 

In  dem  besondem  Falle ,  dass  die  brechende  Ebene  senkrecht  zu  den  g"=?,r 
optischen  Axe  gestellt  ist,  nimmt  auch  die  zweite  Iris  die  Kreisform  an. 

Wenn  aber  die  brechende  Ebene  der  optischen  Aze  parallel  ist,  so  bleib^ciAt 
dieselbe  elliptisch  und  berührt  mit  ihren  Scheiteln  den  ersten  kreisförmiger  ^sn 
Farbenring. 

2)  Liegt  der  Brechungsindex  des  aufgelegten  Mittels  zwischen  den  beS  <^i; 
den  Hauptbrechungscoefficienten  des  Krystalls: 

so  geht  der  zweite  Farbenring  erst  in  zwei  dem  Hauptschnitt  parallele  Grad . 
über  und  nimmt  dann  die  Form  einer  Hyperbel  an ,  deren  reelle  Axe  seu" 
recht  zum  Hauptschnitte  ist.    Der  ei*ste  Farbenring  verschwindet  dagegei 

B,  Attractive  oder  positive  Krystalle. 

1)  Wenn  der  Brechungsindex  des  auf  den  Krystall  gelegten  Mittels  \ 
sehen  den  beiden  Hauptindexen  des  Krystalls  liegt: 

so  ist  der  erste,  den  ordentlich  gebrochenen  Strahlen  entsprechende  Farben 
ring  kreisförmig  und  von  dem  zweiten  Farbenringe  umschlossen.  Letztere 
ist  mit  erstcrem  concentrisch  und  hat  die  Form  einer  Hyperbel,  deren  reellÄ^  ^'^ 
Axe  dem  Hanptschnitte  parallel  liegt. 

2)  Ist  der  Index  des  aufgelegten  Mittels  gleich  dem  grössten  Index  dc^^^  ^^ 
Krystalls : 

80  ist  der  erste  Farbenring  ebenfalls  kreisförmig,  der  zweite  würde  sie 
auf  zwei  zum  Hauptschnitte  senkrechte  Grade  reduciren,  doch  verschwin 
den  diese  im  Allgemeinen. 

Ein  Gleiches  findet  statt,  wenn 

3)  der  Index  des  aufgelegten  Mittels  grösser  als  der  grösste  Index  de^^^* 
Krystalls  ist,  in  welchem  Falle  der  zweite  Ring,  wenn  er  zum  Vor — '^' 
schein  käme,  elliptisch  wäre. 

II.   Optisch  zweiaxige  Krystalle. 

A.  Erscheinungen  an  einer  zur  mittleren  Elasticitäts  axe 
senkrechten  brechenden  Ebene.    (§.5.) 

1)  Wenn   der  Brechungsindex   des   auf  den   Krystall   gelegten   Mittel^^ 
grösser  ist,  als  der  grösste  der  drei  Hauptbrechungsindexe  desselben  ^ 

so  ist  der  erste  Farbenring  wieder  ein  Kreis ,  der  zweite  eine  concentrische^' 
Ellipse,  deren  grosse  Axe  der  grössten  Elasticitätsaxe  parallel  ist.    Der^ 
Kreis  und  die  Ellipse  schneiden  sich  in  vier  Punkten,  welche  paarweise? 
auf  den  wahren  optischen  Axcn  liegen. 

2)  Ist  der  Index  des  aufgelegten  Mittels  gleich  dem  grössten  Hauptindex 
des  Krystalls : 


Von  Dr.  C.  Th.  Meyeu.  297 


scbiedenartigkeit  der  Verengungen  mehr  oder  weniger  Modißcationeu  ein- 
treten. 

JO)  Werfen  wir  zum  Schlüsse  dieser  Abhandlung  noch  einen  Blick  auf 
die  aufgestellte  Erklärung  des  vollen  Ausflusses  durch  eine  theilweise  Auf- 
hebung des  Atmosphärendrucks  oder  gleichsam  Uebertragung  des  Druckes 
durch  die  Atmosphäre  zurück,  so  dürfte  es  zur  weiteren  Begründung  nicht 
unzweckmässig  sein,  Beispiele  anzuführen,  bei  denen  eine  solche  Ueber- 
tragung, wenn  auch  unter  etwas  verschiedenen  Verhältnissen,  ebenfalls 
stattfindet  und  bereits  als  richtig  anerkannt  wird. 

1 .  An  das  Gefäss  A  (Fig.  ö4)  stosse  eine  engere,  vertikale  Röhre  B^  so 
wird,  beträgt  die  gesammte  Druckhöhe  h  ohne  Berücksichtigung  der  Druck- 
höhenverluste, das  Wasser  bei  vollem  Querschnitt  (nachdem  der  volle  Aus- 
fluss  nöthigenfalls  hergestellt  worden  ist)  mit  der  Geschwindigkeit  v  =  Y^gh 
ausfliessen.  Dieselbe  Geschwindigkeit  hat  natürlich  das  Wasser  im  gleich- 
grossen  Querschnitt  F  und  doch  beträgt  für  denselben  die  Druckhöhe  blos 
h  —  Ä,.  Der  Grund,  dass  das  Wasser  bereits  im  Querschnitt  F  eine  grössere 
Arbeit  besitzt ,  als  der  Druckhöhe  h  —  Äj  entspricht ,  ist  einfach  darin  zu 
suchen,  dass  die  unter  F  befindliche  Wassersäule  den  Atmosphären  druck 
in  Bezug  auf  den  Querschnitt  F  zum  Theil  aufhebt ,  um  einen  der  Druck- 
höhe h^  entsprechenden  Druck  vermindert,  so  dass  nun  die  Geschwindigkeit 
in  F  bedingende  Druckhöhe  nicht  blos  h  —  Ä, ,  sondern  h  —  ä,  +  Äj  =  Ä 
wird. 

2.  Beträgt  im  Gefässe  Ä  die  Druckhöhe  Aq  ^^^  bezeichnet  H  die  den 
Atmosphärendfuck  messende  Höhe  einer  Wassersäule,  so  wird,  wenn  der 
Zutritt  der  Luft  in  die  Röhre  B  verhindert  ist ,  der  volle  Ausfluss  so  lange 

stattfinden,  a\b  h^  -^r  B[>  —  ist  vorausgesetzt,  dass  v  die  Geschwindigkeit 

2y 

des  Wassers  in  der  Röhre  B  bezeichnet  und  der  Druckhöhenverlnät  beim 
Uebertritt  des  Wassers  aus  A  nach  B  nicht  berücksichtigt  wird;  vergl. 
H  ü  1  s  s  e  ^  s  Maschinenencycloplädie ,  Artikel  „  Ausfluss  ",  S.  580.  Auch  in 
diesem  Falle  tritt  also  eine  Vermehrung  des  Wasserdrucks  um  den  Atmo- 
sphärendruck durch  die  entgegengesetzte  Aufhebung  desselben  ein ;  warum 
sollte  man  nicht  berechtigt  sein,  den  vollen  Ausfluss  des  Wassers  beim 
Durchgang  durch  Verengungen  auf  eine  Weise  zu  erklären,  welche  mit  der 
Erklärung  der  eben  angeführten  Beispiele  bis  auf  den  Unterschied ,  dass 
der  dem  Atmosphärendruck  entgegenstehende  und  denselben  zum  Theil 
oder  ganz  aufhebende  Druck  nicht  durch  eine  Wassersäule ,  sondern  durch 
einen  von  dem  bewegten  Wasser  hervorgebrachten  Gegendruck  gebildet 
wird,  vollkommen  übereinstimmt! 


JeSer  dio  TotalrefleKtoii^ 

«4j  ffthlt  dc^r  erste  Rin^  und  di^r  xweite  ist  \n  ewai  düf  grössteti  Kluätidtät^ ^ 
axe  parallele  Grade  Ubargegangen* 

i)   Ijft  zwlotat  der  Index  dew  auf^elegifiii  Mittt^ls  kloia^r  tds  der  mittler  -^«t 
Iudex  dee  Kristall»; 
Bti  fehlt  gleiuh falls  der  erste  King  and  der  zweite  ist  vum  Hyperbel,  derer — am 
[reelle  Axe  der  mittleren  Ela&ticitätöaxe  parallel  i»t. 

I/,   ErscheiiLii£)gBu  in  Fulge  koiiisclier  Hcfraotioii«  wf^nn 
die  Ureehetide  Ebene  normal  %nv  mittlerem  Elaaticitil i& -         ^^M 
axe  gestallt  i»t   (§p9u.  lO)*  ^ 

J)  HesQndere  Htrablrngnippen,  welche  ausserhalb  der  den  beiden  Farbei  ^  n- 
ritrgen  entsprf clientipn  iStrabkpkegel  Hegen,  ndr^r  deren  EtnfallsptinkW"  ^te 
ÄUsf^erhnlh  des  geonrc  tri  sehen  Orts  der  Freebnngsg'renzen  und  innec^  :^sr- 
halb  des  der  Total rcÖejtion  vorbehaltpnen  Otdtietes  liegen ,  entziehe^E^»ett 
fticb  diesf^r  Reflexion  und  sind  nur  drr  Grenzrefractioii  unter  ^^^r- 
worfon*  Diosf*  Strablon  bilden  Revf>lntif>nskegel  um  die  scheinbarcürzi^cn 
dpti'jchen  Axcn  nnd  vereinigen  sieb  nach  der  Hreehnng  im  Kry stall  i  ~  a^ 
einem  einzigt^n  Strahl^  entsprocben  also  ler  iiussoreu  konihichen  ut^rr^rod 
Inneren  uitiradtalen  Bn^chnng.  Sfe  tr  ft'en  dir»  brechende  Ebfij^r::^iie 
unter  verschiedenen  Int;idenÄen  nnd  der  geometrische  Ort  ihrer  Eiiht  ^o- 
falbpunkte  iet  eine  mit  beiden  Farbearingen  concentrisehe  und  di^  Sit- 
selben  bernhif^ude  Hyperbel,  deren  reelle  Axf*  parallel  einer  der  aeheii^  .äio^ 
baren  optisicben  Axe  ist, 

2)   Die  beiden  8tr/iblenkftgeb  welche  den  ersten  und  zweiten  Farbenrin^ 
die  eicii  in  vier  Punkten  scbneideu  (§,  ä;  IL  A,),  zu  Grundtlacben  ua-^^ 
einen   geuiein^cbaftlichen  Scheitel    liaben,   müssen    demzufolge   aue 
vier  Strahlen  T  deren  Einfallspunkte  in  der  brechenden  Ebene   che 
die  Durchöehnitte  der   Iteiden  Farbenringe  sind,  gerne insehaftltcb  h^ 
ben.    Diese  vier  Strahlen  erleiden  aber  nicht  die  zur  Brechangsgrenz 
gehörige  Reflexion ,  sondern  dringen  in  den  Krystall  ein  und  sind  dc^ 
inneren  konischen  Refraction  unterworfen.    Sie  treten ,  falls  de 
Krystall  durch  zwei  parallele  Flächen  begrenzt  ist,  der  Richtung  ihre 
ursprünglichen  Einfalls  wieder   aus  und   bilden  nach  dem  Austrete' 
einen  Cylinder,  dessen  Grundfläche  eine  Hyperbel  ist.    Die  Asyjnpto^^ 
ten  dieser  Hyperbel  sind  mit  einer  wahren  und  einer  scheinbaren  optn^^ 
sehen  Axe  gleichgerichtet. 


Die  beiden  der  Brechungsgrenze  zugehörigen  Farbenringe  werden  nn^^^^ 
so  mehr  von  einander  getrennt  erscheinen,  je  grösser  der  Unterschied  zwi-  ^^^' 
sche^  je  zweien  der  Hauptbrechungsindexe  d«s  Krystalls  ist  Ausserdenr:^^-^ 
sind  sie  noch  dadurch  von  einander  zu  unterscheiden,  dass  sie  «woierlel^ ^^^ 
Strahlenbündeln  entsprechen,  welche  rechtwinklig  zu  einander  polarisir^^'^^^^^ 
sind.  « 

Die  Bedingungen  für  den  experimentalen  Nachweis  sind  freilich  in  den^^^^-^ 

meisten  Fällen  ziemlich  schwer  zu  erfüllen.    Da  nämlich  der  Brechnngs- ' 

index  des  optisch  homogenen  Mittels  grösser  sein  muss,  als  die  drei  odei — ^^ 
wenigstens  als  zwei  Hauptindexe  des  Krystalls,  letztere  aber  auch  merk-    — 
liehe  Verschiedenheit  unter  einander  haben  müssen,  wenn  die  Farbenringe 
getrennt  hervortreten  sollen,  so  wird  man  einerseits  eine  sehr  stark  bre- 
chende Flüssigkeit,  andererseits  einen  Krystall  zu  suchen  haben,  dessen 


Von  M.  H.  DE  Senarmoxt.  313 


stärkster  Hanptindex  gegen  den  der  Flüssigkeit  sehr  schwach,  von  dem 
mittleren  und  kleinsten  aber  immer  noch  hinlänglich  verschieden  ist,  wenn 
anders  auch  die  Beobachtung,  welche  immer  unter  einem  sehr  schiefen,  der 
ütreifenden  Incidenz  nahekommendem  Winkel  geschehen  muss,  nicht  zu 
schwierig  werden  soll.  Von  den  Flüssigkeiten  wäre  Schwefelkohlenstoff 
tiic  geeignetste ,  wenn  nicht  die  starke  Dispersion  desselben  wieder  störend 
«•inwirkte  und  den  Farbonringen  eine  zu  grosse  Breite  gäbe.  Bei  Anwen- 
dung von  mehr  homogenem  Licht  verschwindet  zwar  dieser  Uebelstand 
'theilweise ,  doch  hat  man  dann  wieder  mit  einem  Mangel  an  Lichtintensität 
zu  kämpfen. 

Noch  schwieriger  ist  aber  die  Wahl  der  geeigneten  Krystalle ,  indem 
diese  in  der  Kegel  zu  stark  brechend  sich  erweisen.  Am  passendsten  dürf- 
ten einige  der  künstlichen ,  wasserhaltigen  Salze  sich  herausstellen ,  die  in 
erwünschter  Homogeneität  und  Grösse  freilich  nur  durch  Mittel,  über  welche 
die  Industrie  zu  gebieten  hat,  herzustellen  sind. 


Kleinere  Mittheilungen. 


a 

a 

a 

;  » 

+  -, 

n 

a 

n 

XXZVI.  TTeber  die  Kreisbögen  mit  rationaler  Tangente.  Von 
-E.  pROUHET  (Liouville's  Journal,  Maiheft  1856). 

1.  Wenn  eine  ganze  Zahl  N  in  zwei  Quadrate  a*  und  «'*  zerlegt  ist,  so 
eoll  jeder  Bogen ,  dessen  trigonometrische  Tangente  einen  der  vier  Werthc 

+  ^, 

a 

l)esitzt,  ein  Argument  von  N  heisscn.  Unter  der  unendlichen  Menge  von 
Argumenten,  welche  hiernach  einer  bestimmten  Zerlegung  von  N  ent- 
sprechen, giebt  es  ein  einziges  zwischen  0  und  J-tt;  dieser  Bogen  werde  das 
liauptargument  von  iV=  «'  +  a*  genannt.  Ist  also  z.  B.  a  die  grössere 
der  beiden  Zahlen  a  und  a  ,  bozcichnct  man  ferner  mit  Arctan  den  spitzen 
SU  einer  gegebenen  Tangente  gehörigen  Bogen,  und  mit  >4r(/  das  liaupt- 
argument, so  läsßt  sich  das  Vorige  durch  die  Gleichung 

Arg  N  =  Arg  (a*  +  a'*)  =  Arclan  — 

ausdrücken.  Jedes  andere  »Argument  kann  aus  dem  Ilauptargumentc  her- 
geleitet werden,  es  ist  nämlich 

7t  CL 

arg  N=  arg  {a*  +  a'*)  =  k-  +  Arctan  — ,» 

'Worin  arg  ein  beliebiges  anderes  Argument  und  k  eine  positive  oder  nega- 
tive ganze  Zahl  bezeichnet.  Man  kann  diesen  Satz  auch  so  ausdrücken : 
'wenn  a  das  Hauptargument  für  die  Zerlegung  N  ^=a*  +  «'*  und  a^  irgend 
«in  anderes  derselben  Zerlegung  entsprechendes  Argument  bedeutet,  so  ist 
«  i  «ffr  ein  Vielfaches  von  ^  n  in  Zeichen 

a  +  «fr  ^  0,      mod,  Jtt.  . 


314  Kleinere  Mittheilongen., 

2.  Die  Zahl  N  kann  im  Allgemeinen  auf  mehr  als  eine  Weise  in  die 
Summe  zweier  Quadrate  zerlegt  werden,  es  giebt  daher  soviel  yer^chie- 
dene  Hauptargumente  derselben,  als  solcher  Zerlegungen  möglich  sind. 

So  hat  z.  B.  die  Zahl  2  nur  ein  Hauptargnment  =^ä;  einer  Primzahl  von  _^ 
der  Form  4n  +  1  kommt  gleichfalls  nur  ein  Hauptargument  zu,  weil  eine^^^ 
derartige  Zahl  bekanntlich  auf  nicht  mehr  als  eine  Weise  in  zwei  Quadrate^^^ 

zerlegbar  ist.    Das  Hauptargument  einer  Quadratzahl  =  a'  +  0*  ist  =  0 .  ^ 

Primzahlen  von  der  Form  4n —  1  können  nicht  in  zwei  Quadrate  zerfällt-  ^[ 
werden ,  besitzen  also  überhaupt  keine  Argumente.    Dasselbe  gilt  von  der 
zusammengesetzten   Zahlen,    deren    sämmtliche  Primfaktoren    der    ForD 
4n  —  1  angehören ,  und  nur  in  dem  Falle,  wo  die  auf  solche  Weise  zusan 
mengesetzte  Zahl  ein  Quadrat  ist ,  entspricht  ihr  wieder  ein  reelles  Arg 
ment  =  0.  Hieraus  folgt  noch,  dass  die  Anzahl  und  Grösse  der  Argument:^^^ 
irgend  einer  in  zwei  Quadrate  zerlegten  Zahl  N  dieselbe  ist  wie  bei  d^^^^ 
Zahl  m*7V,  sobald  m  nur  aus  Primfaktoren  von  der  Form  4w  —  I  besteht.. 

3.  Untersuchen  wir  jetzt,  wie  das  Argument  eines  Produktes  gebild    ^| 

wird.     Es  sei   a  ein  Argument  von  iV=a*  +  a'',  ß  ein  Argument  v«rrÄii 

P=b*  +b'\  also 

a  ^       b 

tana^=—,j      ian  ß:=i'-:^ 
a  b 

bo  ist  identisch 

NP=  {ab'  ±  baj  +  {a'b'  +  ab)\ 

mithin  wenn  o  ein  Argument  von  NP  bezeichnet, 

.      ,     A  +  4 

ab  +  ba         a  —  b  iana  -i-ianß       .     ,     ,   ^x 

ian  CD  =  -7-r—=—:  = .   =  ■  ^    "—— - — ^  =  tan  (a  +  p) 

ab   4- ab  —ab        \-\-tanatanß  ^        ^' 

1  +  -p  ^ 

a   b 

folglich  kann  man  auch 

CO  =  a  +  /^  ^^6r  ^^ö  {^^)  ==  ^''9  ^  +  ^^9  ^ 
setzen.    Durch  mehrmalige  Anwendung  dieser  Formel  gelangt  man  161(5-^* 
zu  der  allgemeineren 

arg  N  +  arg  P  ±argO  ±.  ,.=:^  arg  {NPQ  .  .  .) 

d.h.  jede   algebraische   Summe  von  Argumenten    mehrer^^^ 
Zalilon  ist  ein  Argument  des  Produktesjener  Zahlen. 

4.  Um  ferner  zu  untersuchen,  ob  dieser  Satz  auch  umgekehrt  gilt,  de^^ . 
kcn  wir  uns  wieder  eine  Zahl  N  in  zwei  Quadrate  a*  +  a'^  zerlegt,  wob  '^^ 
wir  Primfaktoren  von  der  Form  4«  —  1  ausschliessen  weil  sie  keinen  Ei0^^^ 
fluss  auf  die  Argumente  haben ,  und  bezeichnen  mit  a  ein  Argument  von  ^ ^  \ 
Nach  einem  bekannten  Satze  der  Zablenlehre  ist  jeder  Divisor  der  Za^^^^ 
iV=  rt*  +  a'^  von  der  nämlichen  Form,  d^  h.  die  Summe  zweier  Quadrat  ;^J 
man  kann  folglich  die  im  Allgemeinen  als  zusammengesetzt  gedachte  Za^I^^' 
iV  in  zwei  Faktoren  P  und  Q  zerlegen ,  sodass 

iV  =  P£)  d.  h.  a^  +  «'*  =  (6«  +  ^'»)  (c*  +  c  *) 

oder  auch 

rt«  +  a^  ={pc'  ±  b'cy  +  (b'c  +  bc)\ 

Es  sind  daher  bei  bekannten  ö,  <i',  />,  b'  die  sich  ergebenden  Ausdrücke 


Kleinere  Mittheilungen.  315 

ab'  +  ab  .       a'b'  +  ab 


"  —    (,t  +  ft't   '       ^  —   ftt  +  (,'* 
ganze  Zahlen  und  zugleich  ist 

Nennen  wir  ß  und  y  die  Argumente  von  P  und  0,  so  haben  wir 

c        ab'  +  ab  ,     .   ^v 

ian  y  =  —  =   ,  .r^     .  =ian{a  +  ß) 

'         c        ab  -{-  ab  — "^^ 

mithin 

y^=€L  ±^ß  oder  «=  y  +  /^» 

und  nach  der  früheren  Bezeichnung 

arg{PQ)=^argP±argQ. 

Durch  mehrmalige  Anwendung  dieser  Schlussweise  gelangt  man  leicht  zu 
der  allgemeineren  Formel 

arg  (PPQ^R''  .  .  .)  =p  .  arg P ±  g  .  arg  Q  +  r  .  argR  + 

d.  h.  das  Argument  einer  zusammengesetzten  Zahl  besteht 
aus  den  Argumenten  ihrer  Prim Faktoren. 

5.  Um  zu  erfahren ,  ob  die  Argumente  a  und  ß  zweier  Primzahlen  P 
und  Q  in  einem  rationalen  Verhältniss  zu  einander  stehen ,  setzen  wir  vor- 
läufig 

~  =  —  oder  w  «  —  m  p  s=  0, 
ß        n 

wo  m  und  n  relative  Primzahlen  sind.  Nun  ist  aber  eines  der  Argumente 
von  P^Q^  gleich 

n.argP — m.argQ=zna — m/3  =  0; 

daraus  folgt,  dass  P"  Q"^  ein  Quadrat  sein  muss,  was  aber  nicht  möglich 
ist,  weil  wenigstens  einer  der  Exponenten  m  und  n  ungerade  ist.  Man  er- 
kennt hieran  die  Unrichtigkeit  der  Voraussetzung  mithin  die  Bichtigkeit 
des  Satzes:  Die  Argumente  zweier  Primzahlen  sind  incommen- 
surabel  unter  einander. 

Da  l  fc  das  Argument  der  Zahl  2  ist ,  so  hat  man  den  weiteren  Satz : 
Die  Argumente  aller  Primzahlen  von  der  Form  4n4-l  sind  in- 
commensurabel  mit  der  Kreisperipherie. 

6.  Eine  naheliegende  Verallgemeinerung  der  vorigen  Schlussweise  ist 
folgende.  Sind  o,  |3,  y  . . .  die  Argumente  der  Primzahlen  P,  0,  Ä  . .  .  und 
/t,f,Xr...  beliebige  rationale  Zahlen,  und  es  sei  als  noch  fraglich  die 
Gleichung 

ha±  iß±ky  ±  ....  =  0 

aufgestellt ,  worin  immer  angenommen  werden  kann ,  dass  A,  t,  Ar . . .  keinen 
gemeinschaftlichen  Thciler  besitzen;  wäre  nun  die  vorige  Gleichung  rich- 
tig, so  müsste  die  Zahl 

P^O'Ä*...., 

von  welcher  Äa  +  ijS  +  Ary  +  . . .  ein  Argument  darstellt,  ein  Quadrat  sein, 
was  aber  nicht  möglich  ist,  weil  mindestens  eine  der  Zahlen  Ä,  f,  Ar...  unge- 
rade ist.    Eine  algebraische  endliche  Summe  von  Primzahlen- 


die  Totalreflexion  an  der  Oberfläche  etc. 


-  cos*  /  cos*  m  ccs'fi   


3) 


p  COS  l      r  cos  l      Q  cns  ß. r  cos  m      q  cos  tf r  cos  ft 


Anstatt  nifn  die  ftllgomeinen  und  sehr  verwickelten  Formeln  Rnznwren* 
den  y  welche  die  Abhängigkeit  der  Richtung  eines  einfallenden  Strahls  von 
der  Richtung  der  geVjrochonen  Strahlen  ausdrücken,  wollen  wir  uns  begnü- 
gen,  die  geometrische  Construction ,  welche  die  Kiciitnng  dieser  gebroche 
nen  Strahlen  in  dem  besonderen  Falle,  wo  sie  in  der  Eintrittsebene  zurück- 
bleiben, bestimmt,  in  die  Sprache  der  Algebra  ^u  tlbersetssen* 

§.6. 

Man  nehme  beiMpiels weise  die  brechende  Ebene  normal  ssur   F-Axe 

der  mittleren  ElasticitUt  au  und  es  sei  ^Pdie  Spur  der  Einfallsebene  in  diese 

p 
Eintrittsebene.  {Fisr.55,)  Setzt  man  0P==  — -=v^=  9?i  zieht  PK  senkrecht  zu. 
^     ^       '  $m  M 

OP^  legt  hierauf  durch  i^i' Tangentialebenen  an  die  Wellenflache,  deren 
Mittelpunkt  0  ist  und  verbindet  0  mit  den  Berührungspunkten,  so  hat  man 
im  Aligemeinen  den  doppelt  gebrochenen  Strahl  construirt, 

IiT  dem  vorliegenden  besondern  Falle  mtms  aber  jedf*r  dcrsf^lbfn  g-anz 
in  der  Eintrittsebene  verbleiben,  es  müssen  demnach  (weil  die  Grösse  OP 
zwei  verschiedene  Werthe  hat,  indem  die  Incidenz  für  Strahlen,  welche  an 
die  Grenze  der  ordentlichen  und  der  ausserordentlichen  Brechung  gelan- 
gen ,  nicht  dieselbe  ist)  zwei  Grade  wie  PIC  selbst  Tangenten  zur  Wellen- 
fläche oder  zu  den  Dnrchschnittscurven  derselben  mit  der  brechenden 
Ebene  sein. 

Die  Gleichungen  der  Durchschnitte  der  Wellenfläche  mit  einer  zur 
Axe  der  F  normalen  Ebene  erhält  man  nun,  wenn  man  in  der  Gleichung  1) 
cos  fi  =  0  setzt.  Die  Gleichungen  dieser  Durchschnittscurven  sind  demnach 

e'  =  b* 

l  co^  X        COS^  V 

?~""?~"*"""^~' 

Für  die  kreisförmige,  den  ordentlichen  Strahlen  entsprechende  Durch- 
schnittscurve ,  deren  Gleichung 

4)  ^«z^ft« 

ist,  Hillt  die  Normale  OP  mit  dem  nach  dem  Berührungspunkt  gezogenen 
Badiusvector  zusammen  und  man  hat  daher  als  Gleichung  des  geometrischen 
Ortes  der  einfallenden  Strahlen 

r«  =  6«coÄ«>¥, 
oder 

5)  (f  —  6»)  {co^  L  +  cos^N)  +  f>*  cos^  M=  0. 
Bezüglich  der  elliptischen  Durchschnittscurve,  deren  Gleichung 


Von  M.  H.  DE  Senarmont.  303 

CO«*  l     .     C09*  V 


-•  c* 


Q 

ist,  seien  <p,  (*osx,  cos  ifß  Coordinaten  des  Punktes  P.   Da  nun  OP  die  Spur 
der  Einfallsebene  ist,  so  hat  man 

cos  L  =  sin  Mcos%,     cos  N  =  sin  M cos  ^. 

Die  Gleichung  der  Tangente  KP  ist 

1        cos  X  cos  X      cos  ^  cos  V 

und  die  Gleichung  der  Normale  OP  zu  dieser  Tangeute 

COSX         COS'lff 

cos  l cosv 

Aus  dieser ,  sowie  ans  den  vorhergehenden  Gleichungen  ergiebt  sich 


m  =  l/c*  COS^  2  +  ö*  COS^  ib  ==     .     ,^ 

und  für  die  Gleichung  des  geometrischen  Orts  der  einfallenden  Strahlen 

6)  (r*  —  c»)  cos*  X  +  (»"  —  «•)  co^  N+v* cos'M^O. 

Von  den  Gleichungen  5)  und  6)  ist  die  erste  die  eines  Bevolutionske- 
gels  mit  einer  zur  Eintrittsebene  senkrechten  Umdrehungsaxe ,  die  andere 
die  Gleichung  eines  Kegels  zweiten  Grades ,  dessen  Gestalt  noch  näher  zu 
bestimmen  ist.  Verbindet  man  die  Gleichungen  beider  Kegel  durch  Sub- 
traction ,  so  ist  das  Resultat 

7)  (6»  — c»)cos*Z+ (6«  — «•)coÄ*iV  =  o 

die  Gleichung  zweier  Ebenen,  welche  durch  die  Axe  der  mittleren  Elasti- 
cität  und  durch  die  wahren  optischen  Axen  (Axen  der  inneren  koni- 
schen und  der  äusseren  cjlindrischen  Brechung)  hindurch  gehen.  Die  Ke- 
^el  5)  und  6)  haben  demnach  vier  gemeinschaftliche  Erzeugungsgraden,  von 
denen  je  zwei  in  derselben  Ebene  enthalten  sind ,  welches  auch  übrigens 
der  Werth  von  t;*  ist,  d.  h.  welche  Gestalt  auch  der  Kegel  zweiten  Grades 
haben  mag. 

Die  Neigungen  der  die  Kegel  erzengenden  Graden  gegen  ih^e  Axe 
sind  in  den  Azimuten  der  Hauptschnitte  bestimmt  durch 


t9'M,= 


«* 


Der  Kegel  zweiten  Grades  hat  eine  elliptische  Basis,  wenn 

er  redncirt  sich  auf  zwei  Ebenen ,  welche  parallel  znr  Axe  der  X  und  sym- 
metrisch gleichgeneigt  zur  Axe  dei^  Y  sind ,  wenn 


die  Totalreflexion  an  der  Oberfläche  etc, 


r—  -  =  —  -  /K  —  O  («'  —  Ä-*)  ^ö5  /, 


r^  -  =—  -^  |/(fl'  —  c»)  f/j'  —  e')  cos  n. 


M9 


S) 


i 


—  =  —   1/ COS)+  -  /.'     -; 5  I 


cosn. 


*ann  ergiobt  cli  unter  zwei  verschiodcnon  Formen  für  die  Glcicliang 
igclfliicbi ,  wnlmh«  vrtn  (Inn  RtchtunB-pn  der  Fortpflanünngsgescliwiii- 
;,  die  in  un(  zigen  NabeletrftUI  enisprecben, 

i„(>t  wird: 


Nimmt  man  aber  die  Richtungen  der  inneren  Fortpflanzungsgeschwindigkeit 
als  gegeben  an,  so  kann  man  daraus  leicht  die  Richtung  der  äusseren  Fort- 
pflanzungsgeschwindigkeit, d.  h.  die  Richtung  der  entsprechenden  Einfalls- 
strahlen ableiten.  Man  bat  nämlich  zwischen  beiden  Geschwindigkeiten 
folgende  Beziehungen : 

1.  Die  Richtung  der  inneren  und  äusseren  Fortpflanajungsgeschwindig- 
keit  wird  durch  das  Sinusgesetz  bestimmt; 

2.  beide  sind  in  derselben  Ebene ,  der  Einfallsebene,  enthalten ; 

3.  die  inneren  Geschwindigkeiten  sind  bezüglich  ihrer  Richtungen  durch 
eine  Funktion  gegeben,  für  welche  die  Gleichung  2),  oder  jede  andere  Re- 
lation wie  8)  zwischen  l,  n,  r  untergelegt  werden  kann. 

Man  hat  also  mit  Berücksichtigung ,  dass  sin  m  =  1  ist, 

Q  r  1     cosl  cosn 

V        sinM      cos  L       cos  N 

Eliminirt  man  mit  Hülfe  dieser  Gleichungen  aus  8)  die  Grössen  r,  /,  w,  so 
hat  man  für  den  geometrischen  Ort  aller  einfallenden  Strahlen,  die  aus- 
nahmsweise sich  zu  einem  einzigen  gebrochenen  Nabelstrahl  vereinigen. 

Es  beseichne  S  den  Winkel,  welchen  die  einfallenden  Strahlen  mit  der 
scheinbaren  optischen  Axe  (Axe  der  uniradialen  inneren,  der  koni- 


Kleinere  Mittheilungen.  319 

fach  ausdrucken,  wenn  man  die  Punkte  G,  N,  /,  K  beachtet,  in  denen  der 
Kreis  der  Reihe  nach  von  den  Seiten  AO^  OBy  BC^  CA  berührt  wird,  es  ist 
nümlich 

AB,  =  AK+  B^K=AG  +  B,H, 

A^B  =  A^J+  BJ  =  AiG  +  BHy 
mithin 

AB,—A,B:=zB^H—BH—{A,G  —  AG) 

=  BB^  —.AA^  =  (h^  —  h)  —  (a,  —  a). 

Durch  Snbstitntion  dieses  Werthes  geht  die  vorige  Formel  über  in 

^woraus 

.  («61  —  öTi  b)  sin  y 

Die  Coordinaten  p  und  q  des  Kreismittelpunktes  M  sind  folglich 

r     ab^  —  «1 6 

^  ~  ^~sin  y  ~  *  (6,  _  6)  —  (a,  —  «)' 

€fl  genügen  aber  die  Werthe  x  =  p  und  y=sq  der  für  die  Gerade  />/>|  auf- 
gestellten Gleichung,  mithin  liegt  M  auf  />/>,  w.  z.  B.  w. 

Ueberträgt  man  diese  Rechnung  in  Proportionen,  wie  es  auch  bei  dem 
gewöhnlichen  elementaren  Beweise  des  Gauss 'sehen  Theoremcs  der  Fall 
ist,  so  gelangt  man  in  der  That  zu  einem  rein, geometrischen  Beweise  dos 
Satzes ;  doch  bliebe  dann  eine  kürzere  und  anschaulichere  Herleitung  immer 
noch  za  wünschen.  Schlömilch. 


ZXXIX.  Eine  Eigenschaft  der  Kegelschnitte. 

Constrnirt  man  zu  einem  centralen  Kegelschnitte  (El- 
lipse oder  Hyperbel)  eine  gleichsei  tigeHyperbel,derenMit- 
telpankt  in  den  Mittelpunkt  des  ersten  Kegelschnitts  fällt, 
and  deren  Scheitel  die  Brennpunkte  jenes  Kegelschnittes 
sind,  so  bilden  die  von  einem  beliebigen  Hyperbelpnnkte  aus 
an  den  Kegelschnitt  gelegten  Tangenten  immer  gleiche  Win- 
kel mit  den  Halbachsen  des  berührten  Kegelschnitts.  (Näm- 
lich Hifa)^=sL  (t<,  b)  wenn  a,  b  die  Halbachsen  des  Kegelschnittes,  i und  u 
die  Ton  einem  Hyperbelpunkte  an  ihn  gelegten  Tangenten  sind.] 

Die  genannte  Hyperbel  wird  zu  zwei  auf  einander  senkrechten  Gera- 
den, sobald  der  Kegelschnitt  in  einen  Kreis  übergeht.  Ist  ^er  Kegelschnitt 
eine  Hyperbel ,  so  muss^ a'^b  sein ,  wenn  die  erwähnten  Tangenten  nicht 
imaginär  werden  sollen. 

Der  ausgesprochene  Satz  gilt  auch  für  die  Parabel,  wenn  man  die 
gleichseitige  Hyperbel  durch  eine  im  Brennpunkte  senkrecht  auf  der  Achse 
errichtete  Gerade  vertreten  lässt. 

Betrachtet  man  die  Abschnitte,  welche  die  genannten  Tangenten  auf 
den  Achsen  des  centralen  Kegelschnittes  bilden,  als  Coordinaten  eines  ver- 


320  Kleinere  Mittheilungen. 

änderlicilcn  Punktes,  so  ist  der  Ort  des  letzteren  eine  Hyperbel  mit  dei\ 
TTalhachson 

l/a*  —  h*        .  l/a*  —  b^ 

*—  und 

a  b 


\ 


XL.  Veränderungen  des  Sonnenspectnims  mit  der  Höhe  der  Bonne. 

Nacli  den  photograpliischen  Untersuchungen  über  das  SonnenspectruKr-ii, 
welche  Herr  Crookes  (beauftragt,  die  meteorologischen  Beobachtung^==".n 
der  Sternwarte  zu  Oxford  photographisch  zu  registriren)  ver offen tlicht  It  at 
(Bulletin  der  photographischcu  Gcsellschafs  zu  London,  vom  21.  Jan.  I8^^6, 
vcrgl.  Cosmos  Tom.  VIII.  p.  90) ,  enthalt  das  weisse  Sonnenlicht  eine  um  ^mo 
grössere  Anzahl  Strahlen  von  hoher  Breehbarkeit ,  je  höher  der  Stand  d  -^r 
Sonne  ist,  so  dass  die  Länge  des  Sonnenspectrums  an  seinem  brechbarst^^n 
Ende  der  Höhe  der  Sonne  fast  proportional  zu  sein  scheint.  Nicht  bl  -^s 
zeigt  das  Spectrum  vom  Mittag  zu  allen  Jahreszeiten  eine  grössere  Ac^i_  s- 
dehuung  an  dem  stärker  brechbaren  Ende,  als  das  zu  anderen  Stunden  d.  -es 
Tages  aufgefangene,  sondern  es  enthält  auch  das  Spectrum  vom  Mitta^^^e 
zur  Zeit  des  Sommersolstitiums  mehr  der  brechbaren  Strahlen  und  Strahl^a^n 
von  höherer  Brechbarkeit,  als  das  Spectrum  vom  Mittage  einer  ander^^^^^ 
Jahreszeit.  Diese  Beobachtungen  wurden  ermöglicht  mit  llülfe  eines  pb_  o- 
togrnphischcn  Apparates,  in  welchem  Prismen  und  Luisen  von  Bergkrysta  Uf 
welcher  den  höher  brechbareren  Strahlen  den  Durchgang  gestattet,  st 
voji  Glas  angebracht  waren. 

Diese  Thatsachen  deuten  auf  einen  absorbirenden  Einfluss  hin,  welche 
die  Atmosphäre  auf  Strahlen  von  höherer  Brechbarkeit  ausübt,  und  gebc^-^^^ 
zugleich  Anlass  zur  Erörterung  verschiedener  interessanter  Fragen.   Würi        -*® 
sich  die  Länge  des  Sj»ectriiins  noch  vergrössern ,   wenn  man  es  bei  senl — ^^' 
rechter,   im   Zenit  stellender  Sonne,   oder   bei  ganz   wolkenlosem  Ilimm^^ 
auflingeV  Würde  man  in  dieser  Kiclitung  die  Grenze  der  brechbaren  Sonneu- 
(Liclit-)  stralilen  erreichen?    Oder  ist  es  vielmehr  wahrscheinlicher ,  das 
von  der  Sonne  Ströme  von  Strahlen  ausgehen,  die,  nachdem  sie  die  obere 
und  späteren  Schichten  der  Atniospliäre  erreicht  haben,  aufgefangen  und  \z 
qualitativ  oder  quantitativ  andere  ßewegungsgrössen  verwandelt  werden 
oder   deren   Schwingungen    mit    veränderten    Wellenlängen ,    verringerte 
Brechbarkeit  u.  s.  w.   in  der  Form  von  Lielit   und   Wärme  uns    zugeführ    ^ 
werden  V 


XLI.  Neue  Methode^  die  Bilder  in  Eelief  zu  sehen,  von  Prof.  Zinelli^ 
Die  hier  zu  beschreibende  ^Methode  wendete  Professor  Zinelli  seit  mehre^ 
ren  Jahren  an ,  um  irgend  ein  photographisches  Bild  in  dem  Effecte  eines 
Stereoskopischeu  Bildes  zu  sehen. 

Das  zu  betrachtende  Bild  soll  in  senkrechter  Stellung  etwa  3  bis  4  Me- 
ter von  einem  Fenster  entfernt  auf  einem  Gestell  angebracht  werden,  damit 
das  Licht  diagonal,  also  mehr  von  oben  herab  auf  selbiges  falle. 

Man  betrachtet  das  Bild  sodann  durch  ein  Theater -Doppelperspectiv, 
indem  man  hierbei  durch  Versuche  bestimmt ,  welche  die  geeignetste  Ent- 
fernung zur  Betrachtung  ist,  denn  erstere  variirt  nach  dem  Perspective  und 
den  Eigenschaften  der  Aug(»n,  weshalb  man  sich  nicht  die  Mühe  verdriessen 


:»• 


Kleinere  Mittlieilungen.  321 

Imssen  soll,  den  geeigneten  Standpunkt  aufzusuchen,  denn  man  wird  hier- 
für dann  reichlich  belohnt,  wenn  man  das  Bild  den  Charakter  eines  stereo- 
scopischen  Bildes  mit  dem  Relief  und  der  Perspective  der  Natur  anneh- 
men sieht. 

Man  kann  auf  dieselbe  Weise  Gemälde  und  Zeichnungen  betrachten; 
wenn  sie  gut  gemacht  sind,  ist  die  Erscheinung  dieselbe,  im  Gegentheil 
■eigen  sich  die  Fehler  im  Bilde  ganz  deutlich. 

Grosse  Negativs  auf  diese  Weise  betrachtet ,  erzeugen  einen  imposan- 
ten Effekt,  namentlich  Gebäude <  weil  selbe  der  lichten  Fenster  wegen  im 
Innern  erleuchtet  zu  sein  scheinen. 

Es  ist  hierbei  immer  gut,  die  Bilder  mit  einem  dunklen  Rahmen  zu  um- 
geben oder  sie  gleich  in  der  Camera  so  zu  erzeugen.  (Aus  La  LumUre 
durch  Hörn 's  photographisches  Journal,  1856.  Nr.  10.) 


XLIL  Ueber  eine  lange  Zeit  wirksam  bleibende,  besonders  ftr  tele- 
grapbiaohe  Zwecke  sich  dgnende  Volta'sche  Batterie.  Von  Professor 
BuD.  BöTTGER.  Lässt'  man  eine  aus  mehreren  Elementen  bestehende ,  mit 
Bansen* sehen  Kohlencylindem  und  amalgamirtem  Zink  combinirte  Bat- 
terie (worin  beide  Elektricitätserreger,  durch  mattgebranpte  Thonzellen  von 
einander  getrennt,  in  verdünnter  Schwefelsäure  stehen,  wie  solche  gegen- 
wärtig auf  den  meisten  Telegraphenlinien  in  Anwendung  sind)  längere  Zeit 
geschlossen,  so  bemerkt  man  schon  nach  wenigen  Tagen  (ob  in  Folge  eines 
Schwefeleiaengehaltes  der  Kohle,  oder  einer  Zersetzung  der  Schwefelsäure, 
lasse  ich  zur  Zeit  dahin  gestellt  sein)  einen  auffallenden  Geruch  nach  Schwe- 
felwasserstoffgas, und  gleichzeitig  eine  ungemeine  Schwächung  des  Stroms. 
Mochte  ich  nun  statt  der  B  u n s e  n '  sehen,  aus  der  Fabrik  des  Herrn  G  r  e ss- 
ler in  Erfurt  bezogene  Kohlencylinder ,  reine  Koaksstücke  oder  auch  die 
sogenannte  Gaskohle  (die  in  den  Gasretorten  sich  ablagernde  steinharte 
Kohle)  in  Anwendung  bringen ,  —  stets  machte  sich  nach  einiger  Zeit  Ge- 
schlossenseins der  Kette  dieser  auffallende  Geruch  nach  Schwefelwasser- 
stoffgas bemerklich  und  in  Folge  dessen  allemal  auch  eine  bedeutende  Ab- 
nahme der  Stromstärke.  Ebenso  bemerkte  ich  schon  nach  wenigen  Tagen 
dne  ahnliehe  Schwächung  des  Stroms  bei  geschlossener  Batterie,  wenn  die 
Kohlencylinder,  statt  mit  Bleistreifen,  mit  Kupferbändem  leitend  versehen 
waren,  und  zwar  lediglich  in  Folge  einer  endosmotischen  Ueberftihrung 
und  Ablagerung  von  partiell  gelöstem  Kupfer  auf  die  in  den  mattgebrann- 
ten Thonzellen  befindlichen  Zinkplatten. 

Dagegen  erwies  sich^^eine  nur  mit  5  Proeent  Schwefelsäure  haltigem 
Wasser  erregte  Batterie ,  deren  Kohlencylinder  zuvor  in  concentrirte  Sal- 
petersäure eingetaucht  und  dann  an  der  Luft  etwa  einen  halben  Tag  stehen 
gelassen  worden  waren,  lange  Zeit  hindurch  äusserst  wirksam,  und  ver- 
mochte ich  bei  so  behandelten  Kohlen  oder  Koaks  in  der  geschlossenen 
Kette  niemals  eine  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoffgas  wahrzuneh- 
men. (Jahresbericht  des  physikalischen  Vereins  zu  Frankfurt  a/M.  fUr 
1854  — 18&5.)  • 


zun.  Bine  neue  Volta'sche  Batterie.  Die  X.  Lieferung  des  Cosmos 
gegenwärtigen  Jahrganges  (Jörn. ///.  p.  253)  enthält  folgende  Beschreibung 
der  Einrichtung  und  Wirkung  einer  neuen  Volta^schen  Batterie ,  erfunden 

ZtflUebrin  f.  MalhMnmtik  a.  Physik.  I.  1\ 


322  Kleinere  Mittlieilungen. 


von  den  Herrn  Lacassaqne  und  Thiehs  ,  wobei  sich  der  Ref^ent  aaf  die 
verschiedenen,  etwas  dunkel  gehaltenen  Beschreibnngen  bezieht y- welche  - 
drei  Lyoner  Zeitschriften  davon  gegeben  haben. 

Der  neue  Elcktricitätserreger  wird  aus  trocknen  Elementen  zusammen- 
gesetzt, in  welchen  die  sonst  gebräuchlichen  Flüssigkeiten  diirch  wasser- 
freie Salze  ersetzt  sind ,  die  zum  feurigen  Flnsse  gebracht  werden.    Ein 
Element  besteht  aus  zwei  in  einander  gesetzten  Tiegeln,  welche  dnrch  einen 
eisernen  Cylinder  von  einander  getrennt  sind.  Der  äussere  Tiegel  wird  mit 
Kochsalz,  der  innere  mit  einem  Aluminiumsalz  angefüllt,  ansserdem  wird 
in  den   inneren   noch  ein   hohler   oder  massiver  Kohlencylinder  gestellt. 
Hierauf  wird  der  Apparat  bis  zur  Kirschrothgluth  erhitzt,  wobei  die  Salze 
in  Fiuss  gerathen,  und  der  Kohlencylinder  mit  dem  Eisencylinder  durch 
einen  Leiter  verbunden.    Sowie  letzteres  geschehen ,   entsteht  ein  starker 
elektrischer  Strom.     Ein  Elektromagnet,   in  diesen  Leiter  eingeschaltet^ 
wnrde  eben  so  stark  erregt,  wie  durch  ein  Bunsen^sches  Element  von  be- 
trächtlicher Grösse,  obgleich  nur  ein  sehr  kleines  dieser  neijen  filement^ 
hierzu  in  Anwendung  gekommen  war.    Ein  solches  Element  soll  sieh  nich^^ 
blos  mit  andern  derselben  Art  auf  gewöhnliche  Weise,  sondern  auch  mift^- 
Elementen  anderer  Construction  zu  einer  Batterie  verbinden  lassen.  Ausser^ 
dem  soll  hierbei  noch  ein  sehr  bemerkenswerthes  Nebenprodukt  gewonnene 
werden.    Nachdem  nämlich  das  Element  etwa  zwei  Stunden  der  Wirkung 
des  Feuers  ausgesetzt  gewesen  war,  wurde  es  zerschlagen  und  man  fand, 
auf  dem  Grunde  des  Tiegels  einen  schönen  Kegulus  von  Ahniiiuium,  bedeckt:^ 
mit  einer  Menge  Kügelchen  desselben  Metalls. 


XLIV.  Mittel  zur  Beobachtung  kleiner  Zeittheüchen.  Herr  Sang  hat 
der  schottischen  Gesellschaft  der  Wisseusch.  und  Künste  t^in«  ühr,  welche 
er  Chronophor  nennt,  vorgezeigt,  welche  sowohl  die  Vergl(»ichung  voa 
Uhren  und  Chronometern,  als  auch  die  Boobachtunjz;  sehr  kleiner  Bruch- 
theile  einer  Secnnde  ermöglichen  soll.  Die  gCAvöhnliche  Art  und  Weise  den 
Gang  eines  Chronometers  kennen  zu  lernen  erf(»rdert  eine  längere  Zeit 
hindurch  sogar  mehrere  Tage  fortgesetzte  Beobachtung  desselben  und  mau 
erfährt  dadurch  immer  nur  seinen  mittleren  Gang.  Das  von  Herrn  S.  vor- 
geschlagene Princip  der  Beobachtung  ist  dem  des  Verniers  analog,  wozu 
ein  Chronometer  dient,  welches  hei  seinem  normalen  Gange  innerhalb  eine» 
und  desselben  Zeitraums  einc^i  Schlag  mehr  oder  weniger  als  ein  gewöhn- 
liches Chronometer  macht,  sodass  z.B.  das  Sp^rad  des  Chronophors  119 
Schläge  in  der  Minute  giebt,  während  das  eines  Clironometers,  welches 
halbe  Secunden  anzeigt,  l'iO  Schläge  macht.  Vermittels  dieser  Vorrichtung 
lassen  sich  Bruchtheile  einer  Secunde  genau  beobachten  und  es  kann ,  weil 
die  Eintheilung  eine  beliebige  ist,  die  Schärfe  der  Beobachtung  soweit  es 
das  Gehör  gestattet  getrieben  werden.  Diese  Methode  soll  auch  eine  Ab- 
kürzung der  zur  Beobachtung  und  Vergleichung  der  Seeuhren  erforder- 
lichen Zeit  gewähren*  und  dürfte  somit  für  die  Schifffahrt  von  grossen» 
Nutzen  sein. 

{BuUel.  dp  la  Soriete  rC Etironragpmnit .  Tom.  IJL  Jnnv,  1856,  p.  59. 
nach  Praclical  Mechmncs  Journal.   Tom.  VlIL) 


Kleinere  Mittheilungen.  323 

XLV.  Or6ide,  eine  dem  Ctolde  ähnliehe  Metalllegirang.  In  der  Ver- 
sammlung der  Mitglieder  des  Vereins  für  Gewerbfleiss  zu  Berlin  im  Februar 
d.  J.  zeigte  Director  Dr.  Druckenmüller  Löflfel  und  Gabel  von  einer  dem 
Golde  täuschend  ähnlichen  Mischung,  in  Paris  gefertigt,  vor.  Die  Metall- 
legirung  wird  Or^ide  genannt  und  besteht  nach  einer  im  Laboratorium  des 
königl.  Gewerbe-Instituts  zu  Berlin  angestellten  Analyse  genau  aus  90Thei- 
leu  Kupfer  und  IG  Theilen  Zink.  Seiner  Bestandtheile  wegen  dürfte  es  sich 
weniger  zu  Speisegeräthen  als  zu  Ornamenten,  Beschlägen  und  dergleichen 
eignen.  Wenn  es  erblindet,  so  kann  es  durch  Putzen  vollkommen  gold- 
glänzend gemacht  werden.  (Verhandlungen  des  Vereins  zur  Beförderung 
des  Gewerbfleisses  in  Preussen.  1856,  S.  27.) 


XLVI  ITeber  die  Beschaffenheit  des  Ozoxis.  Die  bisherigen  Resultate 
der  Untersuchungen  über  die  Eigenschaften  und  das  Verhalten  dieses  eigen- 
'  thümlichen  Körpers  gehen  bekanntlich  darauf  hinaus,  dass  vor  allen  die 
nähern  Umstände,  unter  welchen  sich  derselbe  erzengt  hat,  zu  berücksich- 
tigen bind ,  und  dass  die  nach  verschiedenen  Bereitungsarten  gewonnenen 
gleichmässig  mit  dem  Namen  Ozon  belegten  Substanzen  nicht  identisch 
sind.  Man  hat  in  dieser  Beziehung  hauptsächlich  folgende  drei  Entstehungs- 
weisen des  Ozons  von  einander  zu  unterscheiden  sich  veranlasst  gesehen : 

1.  Wenn  elektrische  Funken  in  atmosphärischer  Luft  oder  in  Sauerstoff- 
gase überspringen. 

2.  Wenn  reines  oder  Säuren  und  Salz  haltiges  Wasser  durch  den  Volta- 
schen Strom  zersetzt  wird,  wobei  das  Ozon  mit  dem  Sauerstoff  am 
positiven  Pol  auftritt. 

3.  Wenn  gewisse  Körper,  namentlich  Phosphor  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur langsam  in  der  atmosphärischen  Luft  verbrennen. 

Die  meisten  Untersuchungen  scheinen  bisher  darauf  hinzudeuten,  dass 
das  auf  die  erste  Weise  beim  Uebersp ringen  elektrischer  Funken  entstan- 
dene Ozon  blos  Sauerstoff  in  einem  allotropischen  Zustande  sei,  dass  dage- 
gen das  bei  der  Elektrolyse  des  Wassers  gebildete  Ozon  ein  Wasserstroff- 
oxyd von  der  Formel  HO^  sei ,  und  dass  endlich  das  durch  Verbrennen  des 
Pliosphors  erhaltene  Ozon  entweder  nur  Sauerstoff  oder  auch  eine  Verbin- 
dung von  Sauerstoff  und  Wasserstoff  sei.  Thomas  Andrews,  Professor 
der  Chemie  in  Belfast,  hat  nun  die  Frage,  ob  das  unter  den  genannten  ver-> 
schiedenen  Umständen  erzeugte  Ozon  eine  und  dieselbe  oder  verschiedene 
Substanzen  vorstellt,  und  welche  Zusammensetzung  und  Beschaffenheit  des 
Ozons  in  dem  einen  oder  anderen  Falle  hat,  aufs  neue  zum  Gegenstand 
einer  ausführlichen  und  genauen  Experimentaluntersuchung  gemacht  (Phil. 
Fr.  f.  1865;  Poggend.  Annal.  Bd.  98,  S.  435),  deren  Resultate  den  Wasser- 
stoff (ebenso  auch  den  Stickstoff)  als  einen  Bestandtheil  des  Ozons  gänzlich 
vefläugnen.  Sie  ergeben  insbesondere,  dass  bei  der  Elektrolyse  des  Was- 
sers keine  Verbindung  von  der  Zusammensetzung  HO^  gebildet  wird ,  und 
dass  Ozon,  auf  welche  Weise  es  siph  auch  entwickelt  hat,  ein  und  dieselbe 
Substanz  von  gleicher  Beschaffenheit  und  kein  (im  gewöhnlichen  Sinne) 'zu- 
sammengesetzter Körper,  sondern  Sauerstoff  in  einer  allotropischen  Modi- 
fieation  ist.  Von  dem  Verhalten  und  von  den  Eigenschaften,  welche  dem 
Ozon,  aus  welcher  Quelle  es  auch  stammen  mag,  gleichmässig  zukommen 
möge  nur  noch  folgendes  erwähnt  werden : 


324  Kleinere  Mittheilungen. 

Alles  Ozon  wird  von  Manganhyperoxyd  in  Folge  kataly tischer  Wir- 
kung zersfört;  desgleichen  wird  es  durch  einfache  Temperaturerhöhung  in 
reinen  Sauerstoff  verwandelt,  und  zwar  um  so  schneller,  je  höher  die  Tem- 
peratur steigt  (bei  gegen  240®  verschwindet  jede  OzonreaCtion).  Jedes 
Ozon,  direct  mit  Wasserdampf  beim  Siedepunkt  in  Berührung  gebracht, 
wird  sofort  zerstört.  Das  Ozon,  wie  es  auch  bereitet  ist,  besitzt  glefchen 
Geruch  und  das  Bleichvermögen  ohne  vorhergegangene  saure  Reaction. 
Alles  Ozon  zersetzt  in  gleicher  Weise  das  Jodkalium  unter  Bildung  von 
jodsaurem  Kali  und  bringt  gelöste  oxydirbare  Stoffe,  wie  schwefelsaures 
Eisenoxydul ,  auf  eine  höhere  Oxydationsstufe. 


XLVn.  Encheinnng  des  lange  andanemden  Siedens  einer  übenät- 
ügten  GlaubersalzlÖBiing.  Der  bekannte,  zuerst  von  Löwel  angeregte 
Versuch ,  eine  in  einem  Glaskolben  zuerst  der  Siedehitze  ausgesetzte  con- 
centrirte  Lösung  von  Glaubersalz  bei  Luftabschluss  gehörig  abkühlen  zn. 
lassen ,  wobei  sie  nicht  krystallisirt ,  um  sie  dann  auf  verschiedene  Weise 
plötzlich  zum  Krystallisiren  zu  bringen,  —  hat  Herrn  Rud.  Böttger Ge- 
legenheit gegeben,  ein  nicht  uninteressantes  Phänomen  zu  beobachten^ 
welches  wegen  seiner  Leichtigkeit  es  hervorzurufen,  sowie  wegen  seines 
instructiven  Charakters  bekannt  zu  werden  verdient.  Füllt  man  nämlich  ein 
Glaskölbchen  mit  etwas  langem  Halse  bis  auf  etwa  drei  Viertel  seines  Rau- 
mes mit  einer  concentrirten  Lösung  von  Glaubersalz,  bringt  diese  über  einer 
Weingeistlampe  in  heftiges  Sieden  und  erhält  sie  darin,  nm  jede  Spur 
atmosphärischer  Luft  auszutreiben,  einige  Minuten  lang  der  Art,  dass  un- 
unterbrochen aus  dem  Halse  des  Kölbchens  ein  dichter  Dampfstrahl  empor- 
steigt ,  und  verschliesst  dann ,  während  dieses  stattfindet-,  so  schnell  als  nur 
immer  möglich  den  Hals  des  Kölbchens  mit  einem  zuvor  gehörig  erweich- 
ten, der  Oeffnung  des  Halses  wohl  angcpassten  Korkpfropfen;  so  sieht 
man,  selbst  nach  Entfernung  des  Kölbchens  von  der  Wärmequelle  den  In- 
halt desselben  oft  noch  nach  einer  halben,  ja  nicht  selten  sogar  noch  nach 
einer  ganzen  Stunde  sieden,  d.  h.  so  lange,  als  die  Salzlösung  heisser  ist, 
als  die  den  luftleeren  Raum  des  Kölbchens  uuischliessende  Glaswandung. 
Hat  endlich  das  Phänomen  des  Aufwallens  oder  Siedens  aufgehört,  so  läsdt 
es  sich  dennoch  auf  kurze  Zeit  von  Neuem  wieder  hervorrufen,  sobald  man 
die  Wandung  des  obern  Theiles  vom  Kölbchen  mit  etwas  angefeuchtetem 
Fliesspapier  berührt.  (Jahresber.  des  physik.  Vereins  zu  Frankfurt  s/M. 
Jahrg.  1855  ) 


Druck  von  B.  G.  Teubner  in  Dresden. 


XVIII. 

Bemerkungen  und  üntersuehnngen  Aber  einige  Oegenstände 

der  BaUistik. 

Von.W.  H.  VON  RouvROY, 

König^l.  Sachs.  General -Major. 


JL/ie  Bewegung  der  Geschosse  unserer  Feuerwaffen  bietet  gewiss  eines  der 
schwierigsten  und  interessantesten  Probleme  der  Dynamik  dar.  In  gewisser 
Besiehung  ist  es  allerdings  auch  eines  der  undankbarsten ;  denn  die  For- 
meln, auf  welche  die  Theorie  führt,  sind  fUr  den  Gebrauch  in  der  Praxis 
zu  verwickelt,  und  einige  Constanten,  welche  in  denselben  vorkommen, 
müssen  sur  Zeit  noch  für  jedes  neue  Geschüts  oder  Gescho^s  durch  Schiess - 
versuche  ermittelt  werden,  welche  wenigstens  einen  Theil  v«n  dem,  was 
durch  jene  Formeln  gefunden  werden  kann,  unmittelbar  geb^n.  Man  würde 
indessen  sehr  irren ,  wenn  man  diese  unmittelbaren*  Ergebnisse  der  Praxis 
für  ganz  frei  von  kleinen  MKngeln  und  innem  Widersprüchen  halten  wollte. 
Die  Temperatur  und  der  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  bei  der  Bereitung 
des  Schiesspulvers  und  w&hrend  der  Aufbewahrung  desselben ,  namentlich 
in  den  letzten  Wochen  und  Tagen  vor  den  Versuchen,  sind  nicht  ohne  Ein- 
§ass  auf  die  Stärke  des  Pulvers ,  wirken  aber  auch  während  der  Versuche 
selbst  auf  deren  Resultate  ein,  indem  sie  entweder  das  Zerfliessen  oder  die 
Verhärtung  des  Pulverrückstandes  in  den  Geschützrohren  und  Gewehren 
begünstigen.  Helles  Sonnenlicht,  welches  die  Gewehre  erwärmend,  eben- 
falls die  letztgedachte  Wirkung  hervorbringt,  sich  auf  Visir  und  Korn  spie- 
gelnd, das  Zielen  stört,  die  hellere  oder  düstere  Beleuchtung  des  Zieles 
selbst,  die  gerade  herrschenden  Winde  und  noch  manche  andere  Umstände 
tragen  zur  Veränderung  der  Schiessresultate  bei.  Verallgemeinert  man  nun 
dergleichen  Resultate  durch  Berechnung  einer  Schusstafel,  welche  in  der 
Praxis  das  Rechnen  überflüssig  machen  soll ,  und  bedient  man  sich  hierbei 
einer  gewöhnlichen  Interpolationsformel,  so  giebt  die  Schnsstafel  jene  Re- 
sultate allerdings  genau ,  aber  auch  mit  ihren  Fehlem  und  Widersprüchen 
wieder.  Namentlich  kann  dadurch  leicht  der  Einfluss,  welchen  Visirhöhen- 
änderungen  auf  die  Schussweiten  ausüben,  in  dem  einen  Theil  der  Tafel 
zu  gross  und  in  dem  anderen  Theil  derselben  zu  klein  erscheinen ,  und  ge- 
rade dies  ist  bei  dem  praktischen  Gebrauch  der  Tafeln  besonders  störend. 
Das  sicherste  Mittel  zur  Vermeidung  von  dergleichen  Uebelständen  besteht 
nun  offenbar  darin,  dass  man  die  unmittelbaren  Resultate  der  Schiessver- 
suche zur  Bestimmung  der  in  den  ballistischen  Formeln  vorkommenden 
Constanten  benutzt,  die  Schusstafel  selbst  aber  nach  jenen  Formeln  be- 

Zeitschrift  f.  Mathematik  n.  Physik.  L  32 


Kleinere  Mittheiluiigen,, 


2.  Di  V  ktton  im  AÜgemeiuen  auf  mehr  als  ein©  Weis©  in  die 

Stimme  am ^jüftdrate  zerlegt  werden,  es  giebt  daher  soviel  versch  i  D  - 

deao  Hattptargum^nte  deraeibon,  ab  solcher  Zcrlegangen  moglieh  sind* 
So  hat  K,  B»  die  Zahl  2  nur  ein  Hauptar^ment  =^  ^rt;  einer  Primzahl  von 
der  Form  4rj  +  I  kommt  gleichfalls  nur  ein  Jlauptargument  zu,  weil  eine 
derartige  Zahl  hckaontlich  auf  nicht  mehr  als  eine  Weise  in  zwei  Quadrate 
zerlegbar  ist  Das  Uanplargumeut  einer  Quadrataahl  =  o*  +  0'  ist  :r;^  O. 
Primzahlen  von  der  Form  4n —  ]  können  nicht  in  zwei  Quadrate  zcrf.^llt 
werden,  besitzen  also  überhaupt  keine  Argumente.  Dassel be  gilt  von  den 
zusammengesetzten  Zahlen^  deren  Ȋinmtliche  Primfaktoreu  der  Form 
4»  —  1  angehören ,  und  nur  in  dem  Falle,  wo  die  auf  «olcbe  Weise  zusam- 
mengesetzte  Zahl  ein  (Quadrat  ist^  entspricht  ihr  wieder  ein  reelles  Argu- 
ment =  0.  Hieraus  folgt  noch,  dass  die  Anzahl  und  Grosse  der  Argumente 
irgend  einer  in  jawei  Quadrate  zerlegten  Zahl  TV  dienelbe  Ist  wie  bei  der 
Zahl  nt^N^  sobald  m  nur  aus  Primfaktoren  von  der  Form  4«  ^  1  besteht. 

3.  Untersuchen  wir  jetzt,  wie  das  Argument  eines  Produktes  gebildet 
wird.  Es  sei  a  ein  Argument  von  JV^^a*+«'',  ß  ein  Argument  von 
i*  =  i,*^^'%  also 

a  0 

hii  ist  identisch 

NP={ab'  ±  huf  +  {ah'  +  ab)\ 

initliiu  wenn  <o  ein  Argument  von  NP  bezoichnet, 

A  +  4 

^  ah'  +  ha  a  — ö'         fiin  a  -h  (fift  ß  ,     .    ^^ 

tan  m  =  -,-f^^—-  = =t=  -  _^    ^— — '-  =  tan  (a  +  ß) 

ab   +ah  ab        l  +  ianatanß  -        ^^ 

a   0 

folglich  kann  man  auch 

n  =  ä  +  ß  oder  arg  {NP)  =  arg  N  +  arg  P 

setzen.  Durch  mehrmalige  Anwendung  dieser  Formel  gelangt  man  leicht 
zu  der  allgemeineren 

arg  N  +  arg  P  ±  arg  0  ±  .  .  .  =  arg  {NPQ  . . .) 

d.  h.  jede  algebraische  Summe  von  Argumenten  mehrerer 
Zahlen  ist  ein  Argumentdes  Produktes  jener  Zahlen. 

4.  Um  ferner  zu  untersuchen,  ob  dieser  Satz  auch  umgekehrt  gilt,  den- 
ken wir  uns  wieder  eine  Zahl  iV  in  zwei  Quadrate  a*  +  a^  zerlegt,  wobei 
wir  Primfaktoren  von  der  Form  4«  —  1  ausschliessen  weil  sie  keinen  Ein- 
fluss  auf  die  Argumente  haben ,  und  bezeichnen  mit  a  ein  Argument  von  N. 
Nach  einem  bekannten  Satze  der  Zahlenlehre  ist  jeder  Divisor  der  Zahl 
^=  a*  +  ^Jf'  von  der  nämlichen  Form,  d^  h.  die  Summe  zweier  Quadrate, 
man  kann  folglich  die  im  Allgemeinen  als  zusammengesetzt  gedachte  Zahl 
N  in  zwei  Faktoren  P  und  Q  zerlegen ,  sodass 

N  =  PQd.  h.  a*  +  a  •=  (6«  +  6'*)  {c^+c") 

oder  auch 

0*  +  a  •  =  (6c'  +  b'cy  +  {b'c  +  bc)\ 

Es  sind  daher  bei  bekannten  a^  a\b^b'  die  sich  ergebenden  Ausdrücke 


Von  W*  H,  VON  RoüVRriT'. 


gariiig,  a!i  dass  der  Praktiker  immer  in  der  Lage  sein  sollte,  die  afifUng* 
liehen  Geschwindigkeiten  der  Gescliosse,  deren  Bahnen  er  unter  suchen 
will^  direkt  bestimmen  an  konoeu,  sondern  er  hat  dazu  oft  keine  anderen 
Grundlagen,  als  die  Ergebnisse  der  angestellten  Schiess versuche* 

11.  Die  Richtung^ .^  welche  der  Schwerpunkt  des  Geschusses  in  dem 
Angenhlieke  besjts&t,  lu  welchem  das  Letztere  aus  dem  Goschrtit^rohre  tritt 
—  d»  u  die  TangentR  des  Anfangspunktes  der  Fiugbalin  —  denkt  man  sich 
im  Allgemeinen  mit  der  Hichtung  der  Beelenaxe  *)  ÄUsaramenfallend  oder 
doch  parallel,  so  dass  der  Neigungswinkel  jener  Axe  gegen  eine  lloriKon- 
laiebene  —  der  Elevationswinkel  des  Geschützes  —  zugleich  die 
Lage  jener  Tangente  bestimmt.  BjS  ist  jedoch  auch  hierbei  eine  kleine  Be- 
Tiehtignug  zu  machen,  weil: 

L  vermöge  des  Spie  Iran  ms  die  Kichtung  des  Schwerpunktes  des  Ge* 
sehossee  nicht  vollständig  parallel  mit  der  Seelenaxe  m  sein  braucht, 
3,   die  Seelenaxe  nicht  immer  genan  den  Elevationewinkcl  besitzt ,  wel- 
chen man  derselben  gegeben  zu  haben  glaubt.    Am  ungenauesten  ist 
die>  direkte  Messung  der  Elevationswinkel  mit  den  dazu  bestimmten 
►  Gradbf^gen;  denn  Elevationsnnterechiede  bis  zu  Vi  Grad  sind  dabei 

oft  nicht  mehr  bemerk  lieh.  Sicherer  bestimmt  man  —  wie  e^  gewribn- 
Uch  geschieht  —  jenen  Winkel  au^  der  bekannter»  Stellung  der  am 
Geschütz  oder  Gewehr  angebrachten  Visirpnnkte  g^^gen  di^8eelena%e 
und  ans  der  Kntfernung  und  etwaigen  Hohe  des  Zielpunktes  von  und 
über  dem  hinteren  Visirpnnkte. 
Eine  vollständige  Genauigkeit  giebt  aber  auch  dieses  Verfahren  nicht, 
denn  die  Betlexion  des  Bonnenlichts  auf  den  Kanten  des  Kornes,  die  Beu- 
gung des  Lichts  an  den  Kanten  des  Visirs,  die  gi^össere  oder  geringere  Ent- 
fernung, hellere  oder  dunklere  Beleuchtung  des  Zieles,  die  Helligkeit  oder 
Dunkelheit  seines  Hintergrundes  u,  s,  w,  veranlassen  den  Zielenden  unwill- 
kürlich mit  dem  Ange  eine  etwas  andere  Stellung  gegen  die  al«  Visirpunkte 
vorausgesetzten  Punkte  2U  nehmen^  und  verursachen  mithin  eine  Aenderung 
In  der  Neigung  der  wahren  Viairlinie  gegen  die  Seelenaxe* 

Um  nun  alle  aus  den  gedachten  Umständen  entspringende  Verse hie- 
danheiten  zwischen  der  beabsichtigten  und  der  wirklich  pingetretenen  Rich- 
tung des  Geschützes  soweit  auszugleichen,  als  dies  überhaupt  möglich  ist, 
kann  man  den  Unterschied  zwiMchen  der  scheinbaren  Kichtung  d<>r  Seelen  - 
nxe  und  der  Richtung,  in  welcher  die  Geschosse  das  GeschützTohr  verlas* 
spu,  durch  das  SehiesÄon  ge^^n  ein  sehr  nahes  Ziel  ermitteln*  Allerdings 
kommt  hierbei  nicht  allein  die  Lage  der  Punkte,  in  welcher  die  ZielflÄche 
g«ärofien  wird,  gegen  den  eigentlichen  Zielpunkt,  sondern  auch  der  Abstand 
dei  vorderen  Visirpunktea  von  der  SeeJenaxe,  und  endlich  selbsit  die  Grösse 
des  Raumes  in  Betracht,  welchen  die  Gp=9chosse  während  ihrer  Bewegung 
bis  zum  Ziel  vermöge  der  Schwerkraft  durchfallen.  Bei  der  geringen  Länge 
der  durchlaufenen  Bahn  ist  jedoch  auch  dieser  Fallraum  nur  sehr  geringe 
10  dass  selb^  eine  ganz  ungefähre  Schätzung  der  Geschwindigkeit  des  Ge- 
ichosses  hinreicbt,  um  denselben  mit  der  für  obigen  Zweck  genügenden  Ge- 
nauigkeit zu  bestimmen. 

Der  Winkel,  um  welchen  sieh  nach  den  Ergebnissen  eines  derartigen 
Versuchs  die  ursprüngliche  Richtung  des  Geschosses  —  an  der  Geschül«* 

•J  Unter  der  Seele  eine«Gefchiits5e&  oder  Gewehres  veratebt  mau  den 
lu^Men  Raum  ,  wekber  die  Ladung  und  da«  Ge^choss  aufnimmt  ^  unter  dem  M  p  i  el  - 
fima  den  t^nt^rnobied  der  DuTchmeBser  der  Äeelo  und  de«  Beti'boÄBes* 


Kleinere  MiUhGilungen, 


I 


furnenton,  derenjedoB  mit  eifiem  rationalen  Faktor  multi- 

cirt  ist,  knnn  rlÄher  nicht  gleicb  Null  hc in. 

Für  h^=i  \  nnd  P  ^=^^  d.  b.  ü^^\n   erbSlt  man   den    Znstits:    Die 
»cisperipherifl   kann  nicht  durch    eino    algebrai&ch^    end- 

thß   8ummo  von  Primziihl  oiiarg^umenten   a  wöge  drückt  wer 
,  d  e  r  e  n  j  c  d  P  H  mit  einem  rationalen  F  fi  k  t  o  r  ni  u  1 1  j  p  1 1  c  i  r  t  i  s  t » 

7.  Nennen  wir  v  das  Argument  der  zugam  menge  Beizten  Zahl 

'  -*,  /J,  y  ,  - ,  die  Arguuicnto  ihrer  Primfaktoren  P^Q^R  , .  .^  m  Uabeu  wir 
dorn  früheren 

1  dahei  ist  nicht  ssu  "—— -  ^  dr-  — — ofe  der  GJeichnngen 

Tangente  de.4   Bogen»  v  eine  rationzilu  Zahl  «ein  muHS.     Wäre 
nmetiijurabel  mit  n  oder  mit  ^7r=^  «^gf  ^i  so  würde 

ir  ==r  Ar  J: »  =  *  .  nrg  2 

gefictzt  werden  können,  wo  ^  einen  rationalen  Faktor  bedeutet,  dann  würde 

aber  die  vorige  Gleichung  in 

übergehen  und  dies  ist  nach  dem  frulieren  Sat«e  eine  unmögliche  Relation, 
AIho :  J e d p r  V o n  J IE  V e r  s c b i c d  0 n e  B o g e n ,  d e  j^  s e n  Tang e n  t e  in 
C'ODimensurablem  Verhältniss  zum  Halbmesser  steht,  ist  in- 
commensurabel  gegen  die  Peripherie  ;  ferner:  „Das  Quadrat 
ist  das  einzige  regelmässige  Tangentenvieleck,  dessen  Um- 
fang in  rationalem  Verhältniss  zum  Radius  steht. 

8.  Um  zu  entscheiden,  ob   zwei  Bögen,  deren  rationale  Tangenten 

—  und  Ti  sind ,  ein  commensurables  Verhältniss  zu  einander  haben ,  muss 
a  h 

man  die  Primfaktoren  der  beiden  Zahlen  a*  +  a  •  und  6'  +  6'*  aufsuchen. 
Sind  diese  Primfaktoren  in  beiden  Fällen  nicht  dieselben ,  so'  ist  jenes  Ver- 
hältniss incommensurabel.  Dasselbe  findet  statt,  wenn  zwar  die  Primfak- 
toren die  nämlichen,  aber  ihre  Exponenten  nicht  proportional  sind.  Aus 
beiden  Bemerkungen  zusammen  folgt:   Das  Verhältniss 

a  h 

Arctan  —      :     Arctan  77 

a  b 

ist  nur  dann  ein  rationales,  wenn  die  Gl  eichu  ug 

stattfindet,  worin  m  und  n  ganze  positive  Zahlen  bedeuten. 
Als  leichte  Consequenz  der  vorigen  Sätze  erwähnen  wir  schliesslich 
noch  folgende :  WennP,  (),Ä...  verschiedene  Primzahlen  von 
derForm4w-|-l  und  «,  ft,  c  .  . .  beliebige  ganze  Zahlen  ohne  ge- 
meinschaftlichen Theiler  sind,  so  kann  kein  aliquoter  Theil 
de^  Bozens 


i 
I 


Von  W.  H.  VON  RoüVROT.  329 

mente  der  Oberflftche  eines  Geschosses  erleiden ,  jedesmal  in  eine  Mittel* 
kraft  vereinigen  lassen,  deren  Richtung  derjenigen  der  Bewegung  gerade 
entgegen^eaeizt  wäre.  Von  den  genannten  Vorbedingungen  wiid  aber  wahr- 
scheii^ich  keine  einzige  vollstündig  erfüllt,  und  daher  ist  auch  kein  Grund 
vorhanden,  um  ansunehmen,  dass  die  gedachte  Mittelkraft  die  oben  ange- 
f)fthrte  Richtung  haben  müsse.  Unter  allen  Umständen  kann  man  sich  aber 
dieselbe  wieder  in  zwei  Composanten  zerlegt  denken ,  von  denen  die  eine 
die  gedachte  Richtung  und  die  andere  eine  auf  diese  rechtwinklige  Rich- 
tung besitzt.  Wir  werden  daher  — you  dieser  Freiheit  Grebrauch  machend  ^-- 
jede  dieser  Ck>mposanten  für  sich  disentiren. 

V.  Die  erste  Composante  des  Luftwiderstandes ,  deren  Richtung  der* 
jenigen  des  Schwerpunktes  im  Geschoss  entgegengesetzt  ist,  und  die  also 
nach  der  bisher  gewöhnlichen  Annahme ,  als  der  Gesammtwiderstand  der 
Luft  gegen  ein  Geschoss  betrachtet  wurde,  hat  bekanntlich  bereits  Newton 
berechnet  und  z.  B.  für  ein  kugelförmiges  Geschoss  dem  Gewicht  einer 
Luftaänle  gleich  gefunden ,  deren  Grundfläche  die  grösste  Kreisfläche  der 
Kugel  und  deren  Höhe  die  Hälfte  ihrer  Geschwindigkeitshöhe  ist.  Bei  der 
Bestimmung  dieser  Kraft  ist  jedoch  weder  auf  eine  Verdichtung  der  Luft 
Tor,  noch  auf  eine  Verdünnung  derselben  hinter  der  Kugel  Rücksicht  ge- 
nommen, und  da  eines  wie  das  andere  sicherlich  eintritt,  so  ist  auch  der 
obige  Ausdruck  für  den  Widerstand  der  Luft  gegen  ein  kugelförmiges  Ge* 
sehoas  gewiss  zu  klein.  Wird  derselbe  mit  N  und  der  wirklich  stattfindende  . 
Widerstand  mit  CN  bezeichnet,  so  muss  demnach  der  Coefficient  C  stets 
grösser  als  1  sein.  Es  fragt  sich  aber  überhaupt,  ob  derselbe  für  verschie- 
iene  (Geschwindigkeiten  des  Geschosses  constant  ist,  und  die  Erfahrung 
seheiBt  dem  zu  widersprechen,  denn  Hutton  fand  durch  eine  Reihe  von 
sehr  sorgfältig  angestellten  Versuchen  unter  anderen  folgende  Werthe 
Ton  C. 

Geechwiadigkeit  de«  Geschosses  w-...*k  ^ä«  r 

in  euglischen  Fnssen. 

5'  1,2 

25'  1,27 

100'  1,36 

400'  1,43 

1000'  1,77 

1500'  2,06 

2000'  2,00 

JSIiae  vollständige  Richtigkeit  ist,  bei  der  grossen  Schwierigkeit  der- 
artiger Versuche  obigen  Resultaten  an  sich  nicht  beizumessen ,  und  daher 
kann  man  zur  Erleichterung  der  ballistischen  Rechnungen  von  einem  stren- 
gen Festhalten  an  denselben  absehen.  Allein  so  lange  keine  anderen  Gründe 
dagegen  aprechen,  erscheint  es  immer  zweckmässig,  wenigstens  bei  Schüssen 
mit  grossen  anfönglichen  Geschwindigkeiten  für  C  eine  solche  Funktion  der 
Geschwindigkeit  v  in  Rechnung  zu  bringen,  welche,  ohne  die  Integrationen 
wesenUich  su  erschweren,  die  von  Hut  ton  gefundene  Zunahme  von  C  mit 
V  ungefähr  ausdrückt,  und  hierzu  empfiehlt  sich  besonders  der  von  Eni  er 
Torgeschlagene  Ausdruck 

m  welchen  die  Constanten  a  nnäj  der  obigen  Tabelle  ungefähr  entsprechend, 
oder  nach  anderen  vorliegenden  Gründen  beliebig  angenommen  werden 
können. 


BaUifltische  Unter^tiichungen. 


Der  Grütid,  warum  der  Ealer*ache  Ausdruck  bisher  nur  wenig  An- 
weodung  gefunden  hat,  liegt  wohl  haiiptsäcblich  m  dem  UiuaUDde,  daBs 
bisher  von  dem  Vorbaudenseiu  der  unten  betrachteten  zweiten  Composante 
des  Luftwiderstandes  ganz  abgesehen  wurde;  denn  dies  bitte  die  Folge,^^ 
dass  Wertbe  von  €y  welehe  sich  den  Huttonsäcben  Angaben  etnigermassen^ 
uäberteu,  bei  den  ballist'i&cben  Rechnungen  auf  Widersprüche  ftlhrten.  He— 
stimmte  man  nämlicb  aua  jeder  der  Scbussweiten,  welehe  eiu  gewisse»  Ge— 
ßchoss  bei  unveränderten  Goschützladungen,  aber  unter  yerscbiedenen  Ele— 
vacions winkeln  erreicht  hatte ^  die  anfängliche   Geschwindigkeit,  so   fan<I^ 
eich  dieselbe  gewöhnlich  um  so  grösser,  je  grösser  der  Elevationswiokel 
war^    Benutzte  mau  umgekehrt  die  aus  den  Häcberen  Bahnen  berechnett^ 
aufäogliehe  Gesch^Yiudigkeit,  um  für  die  höheren  Bahnen  die  Lage  ihres 
Endpunktes  zu  bestimmen,  so  ergab  sich  diese  Lage  in  der  Hegel  viel  tiefer 
als  dieselbe  in  der  Wirklichkeit  gewesen  war*    Man  suchte  nun  diese  Wi- 
derspruche zw^ischeu  TheoTie  und  Praxis  xunäcbst  in  der  über  die  Grösse 
des  Luftwiderstandes  gern  achten  Annahme ;   allein  In  neuerer  Zeit  hat  der 
kÖnigL  preues*  Artillerie- Uberstlieutcuant  Otto  iu  einer  schönen^  theils  im 
Archiv  fiirOfficiere  des  köuigL  preussisehen  Ingenieurcorps  (33*  Band,  8*  75), 
theils  iu  ^wei  besonderen  Abhandlungen^) ,  veröftentHcbten  Arbeit  nacli- 
gewiesen,  dai^s  jene  Widersprüehe  durch  VerHuderungeu  in  der  Annahme 
des  direkten  Widerstandes  der  Luft  nicht  beseitigt  werden  können,  soudera 
düss  dies  allein  durch  Berücksichtigung  der  ä weiten  Composante  des  Luft- 
widerstandes möglich  ist. 

Hält  mau  sich  erst  hiervon  überzeugt,  und  der  Verfasser  glaubt,  daaa 
auch  die  gegenwärtige  Arbeit  mit  dazu  beitragen  werde,  diese  Ueberzea- 
gung  immer  allgemeiner  su  begründen  ^  ^o  schwinden  auch  die  Bedenken 
und  Einwürfe  gegen  die  Anwendung  des  En  1er*  sehen  Ausdrucks  f ür  C 
und  gegen  die  Bestimmung  der  darin  vorkommenden  Constanten  aus  Ha  t- 
ton's  Versuchen,  wenigstens  so  lange,  bis  genaue  Zeitmessungen  nach  der 
Andeutung  in  Nr.  IIL ,  oder  andere  entsprechende  Versuche  zu  einer  noch 
sicherern  Bestimmung  von  C  führen. 

VI.  Nachdem  bereits  in  Nr.  V.  angedeutet  wurde,  dass  eine  Ueberein- 
stimmung  zwischen  Theorie  und  Praxis  ohne  Berücksichtigung  der  zweiten 
Composante  des  Luftwiderstandes,  welche  in  dem  Folgenden  stets  mit  S 
bezeichnet  werden  möge ,  nicht  erreicht  werden  kann ,  so  bleibt  nnr  noch 
die  Betrachtung  der  Gründe  übrig,  welche  auch  direkt  für  die  Annahme 
einer  solchen  seitlichen  Wirkung  der  Luft  auf  die  Geschosse  sprechen.  Un- 
ter diesen  Gründen  steht  die  leicht  erklärliche  Rotation  aller  Geschosse  oben 
an;  es  sind  jedoch  bei  kugelförmigen  Geschossen  in  dieser  Beziebnng  fol" 
gende  drei  Fälle  zu  unterscheiden: 

l.  wenn  dergleichen  Geschosse,  deren  Schwerpunkt  in  Folge  ihrer  in- 
nernConstruction  einen  beträchtlichen  Abstand  vom  Mittelpunkt  hstV 
so  geladen  werden,  dass  sich  ihr  Schwerpunkt  entweder  gerade  nnte^ 
oder  gerade  über  dem  Mittelpunkt  befindet,  überdies  die  möglichst 
centrale  Wirkung  der  Pulverladung  durch  deren  Lage  in  der  cylindri-^ 
sehen  Kammer**)  deö  Geschützrohres  gesichert  und  dem  Wiederan^ 


**)  Hilfsnuttel  für  ballistische  Rechnungen  1.  und  2.  Lieferung«  Berlin,  1855. 
**)  Kammer  wird  der  hintere  zur  Aufnahme  der  Pulverladung  bestimmte  Thei.^ 
Seele  der  eines  Geschützrohres  genannt,  wenn  derselbe  enger  als  der  übrige  fhe^"*- 
der  Seele  ist. 


Kleinere  MittheiloDgen.  319 

fach  ausdrücken,  wenn  man  die  Punkte  G,  N,  /,  K  beachtet,  in  denen  der 
Kreis  der  Reihe  nach  von  den  Seiten  AO,  OB^  BC,  CA  berührt  wird,  es  ist 
nämlich 

AB,  —  AK+B^K=AG  +  B^H, 

A^B  =  A^J+  BJ  =  A^G  +  BH, 
mithin 

AB,—A^B  =  B^H—BJf—{AiG  —  AG) 

=  BBi  —.AAi  =  {b^  —  b)  —  (öi  —  a). 

Durch  Substitution  dieses  Werthes  geht  die  vorige  Formel  über  in 

,[(^-6)-(a.-.)]=^''^'-'"^)"•-^ 

r 

woraus 

-  («^1  —  öTi  b)  sin  Y 

''~*(^-^)-(«i-a)' 

Die  Coordinaten  p  und  q  des  Kreismittelpunktes  M  sind  folglich 


abi  —  Oib 


stn 


Y        ^{b,-b)-{a,-ay 


es  genügen  aber  die  Werthe  x  =  p  und  y=sq  der  für  die  Gerade  2>/)|  auf- 
gestellten Gleichung,  mithin  liegt  M  auf  />/>,  w.  z.  B.  w. 

UebcrtrHgt  man  diese  Rechnung  in  Proportionen,  wie  es  auch  bei  dem 
gewöhnlichen  elementaren  Beweise  des  Gauss 'sehen  Theoremes  der  Fall 
ist,  so  gelangt  man  in  der  That  zu  einem  rein, geometrischen  Beweise  des 
Satzes ;  doch  bliebe  dann  eine  kürzere  und  anschaulichere  Herleitung  immer 
noch  zu  wünschen.  Schlömilch. 


ZXXIX.  Eine  Eigenschaft  der  KegelBchnitte. 

Construirt  man  zu  einem  centralen  Kegelschnitte  (El- 
lipse oder  Hyperbel)  eine  gleichseitige  Hyperbel,  derenMit- 
telpunkt  in  den  Mittelpunkt  des  ersten'Kegelschnitts  fällt, 
und  deren  Scheitel  die  Brennpunkte  jenes  Kegelschnittes 
sind,  so  bilden  die  von  einem  beliebigen  Hyperbel  punkte  aus 
an  den  Kegelschnitt  gelegten  Tangenten  immer  gleiche  Win- 
kel mit  den  Halbachsen  des  berührten  Kegelschnitts.  (Näm- 
lich L  (/,  a)^=:L  (t<,  b)  wenn  a,  b  die  Halbachsen  des  Kegelschnittes ,  t  und  u 
die  von  einem  Hyperbelpunkte  an  ihn  gelegten  Tangenten  sind.] 

Die  genannte  Hyperbel  wird  zu  zwei  auf  einander  senkrecnten  Gera- 
den, sobald  der  Kegelschnitt  in  einen  Kreis  übergeht.  Ist  4er  Kegelschnitt 
eine  Hyperbel,  so  mussa>6  sein,  wenn  die  erwähnten  Tangenten  nicht 
imaginär  werden  sollen. 

Der  ausgesprochene  Satz  gilt  auch  für  die  Parabel,  wenn  man  die 
gleichseitige  Hyperbel  durch  eine  im  Brennpunkte  senkrecht  auf  der  Achse 
errichtete  Gerade  vertreten  lässt. 

Betrachtet  man  die  Abschnitte,  welche  die  genannten  Tangenten  auf 
den  Achsen  des  centralen  Kegelschnittes  bilden,  als  Coordinaten  eines  v« 


Balltet ieche  Untersucliangeii. 


^1|^^|^^V^Mll^^^^«y^^^>fy''^^.^^i^J'^>"-^ 


nicht  darüber  in  Zweifol  iein ,  dasa  die  resp.  tocb  oder  weit  vom  Geschüti 
einachlagetiden  Gcscbosfc  voq  unten  nAcb  oben,  und  die  tief  oder  kurz  tref- 
fenden von  oben  nach  unten  rotirt  haben*  Soll  dfiber  eine  bAllistiscbe  IJn 
tersuobuug  tlber  dergleichen  SchiU&e  angeitellt  werden,  so  muss  nmn  beide 
Gruppen  trennen,  und  die  aus  der  Kotation  entdtebende  seitliche  Wirkung 
dei  Ltiftwiderstandös  bei  der  ereteren  Grappe  von  unten  nacb  oben  wir- 
kend und  bei  der  zweiten  Gruppe  vöh  »ben  nach  unten  wirkend  annebuieti. 
Im  dritten  FMe  ist  die  drehende  Wirkung  dea  Pul  vergase«  auf  die 
Geschosse  durch  die  Eiuriebtung  der  Munition  niögUch&t  vexinindert  wot- 
den.  Vollständig  beseitigt  wird  dieselbe  aber  nicht,  weil,  abgesehen  vm 
nur  zufälligen  UnregeltnÄBsigkeiten  in  der  Entaändung  der  Palveriadung 
u>  s.  w. 

ö}  die  oben  gedachte  Entzündung  nicht  in  der  Seelenaxe,  aondern  wqü 

oben  erfolgt, 
b)  das  Pulvergas  über  dem  Geaclioss  wegströmt  und  dabei  einen  Druck 

von  oben  nach  unten  gegen  dasselbe  ausübt, 
e)  das  Gcschoss  in  dem  AngenbUck^  in  wekbem  es  sich  in  Beweguug 
ietzt,  auf  der  unteren  Seelen  wand  eine  gewi&se  Reibung  erleidet. 
Alle  diese  Um^^tände  scheinen  das  Ei'  treten  der  Eotationen  von  ob««!! 
nach  unten  zn  bedingen  und  wird   daher    lie  unleugbare  grossere  Kegel- 
mässigkeit  der  Schüsse  mtt  dergleichen  Mmütion  nicht  blos  in  der  geringe- 
ren Geschwind  igkeit,  sondern  auch  in  einer  iui mergle ichen  Hichtung  ihrer 
Rotationen  geencht ,    d.  b.  glaubt  man  eine  aus  diesen  Rotationen  hervor* 
gehende  Ablenkung  aller  Geschosse  nach  einer  bestimmten  Hiebtuug  an* 
nehmen  zu  können,  so  sollte  man  meinen,  diese  Ablenkung  müsste  wie  bei 
unterwürtg  gelegtem  Schwerpunkt  d.  h.  nach  unten  erfolgen.    Dem  wider- 
spricht aber  In  dem  vorliegenden  Falle  die  Erfahrung  auf  das  Desttmmtestef 
denn : 

1.  wurde,  wie  bereits  in  der  vorläufigen  Bemerkung  Nr.  II.  erwähnt, 
mit  der  gleichen  Munition  beim  Scbiessen  auf  90  Ellen  Entfernung 
der  Abgangs  Winkel  3^^'  und  bei  dem  Schiessen  anf  133%  Ellen  Ent- 
fernung ein  noch  grösserer  Abgangswinkel  beobachtet; 
S.  weist  die  unten  folgende  Rechnung  nach ,  dass  anf  diese  Geschosse 
während  ihrer  Bewegung  eine  bedeutende  Kraft  von  unten  nach  oben 
drückte. 
Man  muss  daher  wohl  annehmen ,  dass  in  denjenigen  GescbütsrOhren, 
welche  zn  den  gedachten  Versuchen  angewendet  wurden,  die  grosse  Mehr- 
zahl der  Geschosse  an  dem  vorderen  Theil  der  oberen  Seelenwand   an- 
schlägt, und  dadurch  eine  drehende  Bewegung  von  unten  nach  oben  erhält 
Einzelne  vorkommende  grosse  Abweichungen  der  Schüsse  scheinen  in  dem 
Unterbleiben  dieses  oberen  Anschlages  ihren  Grund  za  haben;  denn  die 
sehr  abweichenden  Schussweiten  sind  erfahrungsmässig  stets  zn  klein  and 
nie  zu  gross,  nnd  dies  erklärt  sich  durch  den  Umstand,  dass  der  Kinflnss 
der  durch  den  Anschlag  erzeugten  Richtungsverändernng  anf  die  Schnss- 
weite  viel  kleiner  ist,  als  derjenige  der  damit  verbundenen  Rotationsum- 
kehrong. 

£s  versteht  sich  von  selbst,  dass  in  Geschützrohren  von  anderer  Länge 
oder  anderem  Spielraum  und  selbst  bei  anderen  Pulverladungen,  wie  die 

stimmte«  Ziel  sa  treffen,  so  muss  man  sich  dasu  «ntsehliessen,  aosschliMslich  auf  eine 
oder  die  andere  von  beiden  Treffergrappen  eu  speouUren,  und  die  Schüsse,  welche 
der  sweiten  Gruppe  entsprechen ,  als  Fehlschüsse  anansehen. 


Kleinere  MittheilungeD.  321 

lassen  soll,  Aen  geeigneten  Standpunkt  aufzusuchen,  denn  man  wird  hier- 
für dann  reichlich  belohnt,  wenn  man  das  Bild  den  Charakter  eines  Stereo- 
scopischen  Bildes  mit  dem  Relief  und  der  Perspective  der  Natur  anneh- 
men sieht. 

Man  kann  auf  dieselbe  Weise  Gemälde  und  Zeichnungen  betrachten; 
wenn  sie  gut  gemacht  sind ,  ist  die  Erscheinung  dieselbe ,  im  Oegentheil 
zeigen  sich  die  Fehler  im  Bilde  ganz  deutlich. 

Grosse  Negativs  auf  diese  Weise  betrachtet ,  erzengen  einen  imposan- 
ten Effekt,  namentlich  Gebäude <  weil  selbe  der  lichten  Fenster  wegen  im 
Innern  erleuchtet  zu  sein  scheinen. 

Es  ist  hierbei  immer  gut,  die  Bilder  mit  einem  dunklen  Rahmen  zu  um- 
geben oder  sie  gleich  in  der  Camera  so  zu  erzeugen.  (Aus  La  Lumiere 
durch  Hörn 's  photographisches  Journal,  1856.  Nr.  10.) 


XLH  üeber  eine  lange  2eit  wirkzam  bleibende,  besonden  für  tele- 
graphiBche  Zwecke  sich  eignende  Yolta'sche  Batterie.  Von  Professor 
BüD.  BÖTTOER.  Lässtman  eine  aus  mehreren  Elementen  bestehende,  mit 
Bunsen* sehen  Kohlencylindem  und  amalgamirtem  Zink  combinirte  Bat- 
terie (worin  beide  Elektricittttserreger,  durch  mattgebranpte  Thonzellen  von 
einander  getrennt,  in  verdünnter  Schwefelsäure  stehen,  wie  solche  gegen- 
wärtig auf  den  meisten  Telegraphenlinien  in  Anwendung  sind)  längere  Zeit 
geschlossen,  so  bemerkt  man  schon  nach  wenigen  Tagen  (ob  in  Folge  eines 
Schwefelei^engehaltes  der  Kohle,  oder  einer  Zersetzung  der  Schwefelsäure, 
lasse  ich  zur  Zeit  dahin  gestellt  sein)  einen  auffallenden  Geruch  nach  Schwe- 
felwasserstoffgas, und  gleichzeitig  eine  ungemeine  Schwächung  des  Stroms. 
Mochte  ich  nun  statt  der  Bunsen^  sehen,  aus  der  Fabrik  des  Herrn  G  r  e  s  s- 
1er  in  Erfurt  bezogene  Kohlencylinder ,  reine  Koaksstücke  oder  auch  die 
sogenannte  Gaskohle  (die  in  den  Gasretorten  sich  ablagernde  steinharte 
Kohle)  in  Anwendung  bringen,  —  stets  machte  sich  nach  einiger  Zeit  Ge- 
schlossenseins der  Kette  dieser  auffallende  Geruch  nach  Schwefelwasser- 
stoffgas bemerklich  und  in  Folge  dessen  allemal  auch  eine  bedeutende  Ab- 
nahme der  Stromstärke.  Ebenso  bemerkte  ich  schon  nach  wenigen  Tagen 
eine  ähnliche  Schwächung  des  Stroms  bei  geschlossener  Batterie,  wenn  die 
Kohlencjlinder,  statt  mit  Bleistreifen,  mit  Kupferbändem  leitend  versehen 
waren,  und  zwar  lediglich  in  Folge  einer  endosmotischen  UeberfÜhrung 
und  Ablagerung  von  partiell  gelöstem  Kupfer  auf  die  in  den  mattgebrann- 
ten Thonzellen  befindlichen  Zinkplatten. 

Dagegen  erwies  sich^eine  nur  mit  5  Proeent  Schwefelsäure  haltigem 
Wasser  erregte  Batterie ,  deren  Kohlencylinder  zuvor  in  concentrirte  Sal- 
petersäure eingetaucht  und  dann  an  der  Luft  etwa  einen  halben  Tag  stehen 
gelassen  worden  waren,  lange  Zeit  hindurch  äusserst  wirksam,  und  ver- 
mochte ich  bei  so  behandelten  Kohlen  oder  Koaks  in  der  geschlossenen 
Kette  niemals  eine  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoffgas  wahrzuneh- 
men. (Jahresbericht  des  physikalischen  Vereins  zu  Frimkfurt  a/M.  für 
1854—1855.)  ♦ 


aiiiii.  Eine  neue  Yolta^scbe  Batterie.  Die  X.  Lieferung  des  Cosmos 
gegenwärtigen  Jahrganges  {Tom.  IIL  p.  253)  enthält  folgende  Beschreibung 
der  Einrichtung  und  Wirkung  einer  neuen  Volta'schen  Batterie ,  erfunden 

Zeitschrin  f.  BUthemalik  v.  Physik.  1.  21 


32S  Kleinere  Mittheilungen« 

von  den  Herrn  Lacassaqkb  und  Thieks  ,  wobei  dch  der  Beftreiit  auf  die 
verschiedenen,  etwas  dunkel  gehaltenen  Beschreibungen  besieht, 'welche 
drei  Ljoner  Zeitschriften  davon  gegeben  haben. 

Der  neae  Elektricitätserreger  wird  ans  trocknen  Elementen  zntammen- 
gesetzt,  in  welchen  die  sonst  gebräadhlichen  Flüssigkeiten  diireh  wasser- 
freie Salze  ersetzt  sind ,  die  zum  feurigen  Flusse  gebracht  werden.  Ein 
Element  besteht  aus  zwei  in  einander  gesetzten  Tiegeln,  welche  dureh  einen 
eisernen  Cylinder  von  einander  getrennt  sind.  Der  äussere  Tiegel  wird  mit 
Kochsalz,  der  innere  mit  einem  Aluminiumsala  angefüllt,  ausserdem  wird 
in  den  inneren  noch  ein  hohler  oder  massiver  Kohleneylinder  gestellt. 
Hierauf  wird  der  Apparat  bis  zur  Slirsehrothgluth  erhitst,  wobei  die  Salse 
in  Fluss  gerathen,  und  der  Kohlencjlinder  mit  dem  Eisencjlinder  dureh 
einen  Leiter  verbunden.  Sowie  letzteres  geschehen ,  entsteht  ein  stariLer 
elektrischer  Strom.  Ein  Elektromagnet,  in  diesen  Leiter  eingeschaltet, 
wurde  eben  so  stark  erregt,  wie  durch  ein  Bunsen^sches  Element  von  be- 
träehtlfcher  Grösse,  obgleich  nur  ein  sehr  kleines  dieser  neiien  Blemente 
hieran  in  Anwendung  gekommen  war.  Ein  solches  Element  eoll  sieh  ntehi 
Mos  mit  andern  derselben  Art  auf  gewöhnliche  Weise,  sondern  auch  mit 
Elementen  anderer  Gonstruction  zu  einer  Batterie  verbinden  lassen.  Ausser- 
dem soll  hierbei  noch  ein  sehr  bemerkenswerthes  Nebenprodukt  gewonnen 
werden.  Nachdem  nämlich  das  Element  etwa  zwei  Stunden  der  Wirkung 
des  Feuers  ausgesetzt  gewesen  war,  wurde  es  zerschlagen  und  man  fand 
auf  dem  Grunde  des  Tiegels  einen  schönen  Begnlus  von  Aluminium,  bedeckt 
mit  einer  Menge  Kügelchen  desselben  Metalls. 


XLIV.  Mittel  zur  Beobachtung  kleiner  Zeittheilchen.  Herr  Sanq  hat 
der  schottischen  Gesellschaft  der  Wisseuöch.  und  Künste  eine  Uhr,  welche 
er  Chronophor  nennt,  vorgezeigt,  welche  sowohl  die  Vergleichung  von 
Uhren  und  Chronometern,  als  auch  die  Beobachtung  sehr  kleiner  Bruch- 
theile  einer  Secuude  ermöglichen  soll.  Die  gewöhnliche  Art  und  Weise  den 
Gang  eines  Chronometers  kennen  zu  lernen  erfordert  eine  längere  Zeit 
hindurch  sogar  mehrere  Tage  fortgesetzte  Beobachtung  desselben  und  man 
erfährt  dadurch  immer  nur  seinen  mittleren  Gang.  Das  von  Herrn  S.  vor- 
geschlagene Princip  der  Beobachtung  ist  dem  des  Verniers  analog,  wozu 
ein  Chronometer  dient,  welches  bei  seinem  normalen  Gange  innerhalb  eines 
und  desselben  Zeitraums  einen  Schlag  mehr  oder  weniger  als  ein  gewöhn- 
liches Chronometer  macht,  «odass  z.B.  das  Sp^rad  des  Chronophors  119 
Schläge  in  der  Minute  giebt,  während  das  eines  Chronometers,  welches 
halbe  Secunden  anzeigt,  1*20  Schläge  macht.  Vermittels  dieser  Vorrichtung 
lassen  sich  Bruchtheile  einer  Secunde  genau  beobachten  und  es  kann ,  weil 
die  Eintheilung  eine  beliebige  ist,  die  Schärfe  der  Beobachtung  soweit  es 
das  Gehör  gestattet  getrieben  werden.  Diese  Methode  soll  auch  eine  Ab- 
kürzung der  zur  Beobachtung  und  Vergleichung  der  Seeuhren  erforder- 
lichen Zeit  gewähren* und  dürfte  somit  für  die  Schifffahrt  von  grossem 
Nutzen  sein. 

(Bullet,  de  la  Socicle  tf  Encourngcmcnt ,  Tom.  III ,  Jativ.  1856,  p.  59. 

nach  Pracfical  Mechanic's  Journal,  Tom.  VIII, ) 


Kleinere  Mittheilungen.  323 

XLY.  OrMde,  eine  dem  Golde  ähnliche  Metalllegimng.  In  der  Ver- 
sammlnng  der  Mitglieder  des  Vereins  für  Gewerbfleiss  zu  Berlin  im  Februar 
d.  J.  zeigte  Director  Dr.  Druckenmüller  LöflTel  und  Gabel  von  einer  dem 
Golde  täuschend  ähnlichen  Mischung,  in  Paris  gefertigt,  vor.  Die  Metall- 
legimng wird  Or^ide  genannt  und  besteht  nach  einer  im  Laboratorium  des 
königl.  Gewerbe-Instituts  zu  Berlin  angestellten  Analyse  genau  aus  90Thei- 
len  Kupfer  und  10  Theilen  Zink.  Seiner  Bestandtheile  wegen  dürfte  es  sich 
weniger  zu  Speisegeräthen  als  zu  Ornamenten,  Beschlägen  und  dergleichen 
eignen.  Wenn  es  erblindet,  so  kann  es  durch  Putzen  vollkommen  gold- 
glänzend gemacht  werden.  (Verhandlungen  des  Vereins  zur  Beförderung 
des  Gewerbfleisses  in  Preussen.  1856.  S.  27.) 


XL7L  üeber  die  Beschaffenheit  des  Ozons.  Die  bisherigen  Resultate 
der  Untersuchungen  über  die  Eigenschaften  und  das  Verhalten  dieses  eigen- 
thümlichen  Körpers  gehen  bekanntlich  darauf  hinaus,  dass  vor  allen  die 
nähern  Umstände,  unter  welchen  sich  derselbe  erzeugt  hat,  zu  berücksich- 
tigen sind ,  und  dass  die  nach  verschiedenen  Bereitungsarten  gewonnenen 
gleichmässig  mit  dem  Namen  Ozon  belegten  Substanzen  nicht  identisch 
sind.  Man  hat  in  dieser  Beziehung  hauptsächlich  folgende  drei  fintstehungs- 
weisen  des  Ozons  von  einander  zu  unterscheiden  sich  veranlasst  gesehen : 

J.  Wenn  elektrische  Funken  in  atmosphärischer  Luft  oder  in  Sauerstoff- 
gase überspringen. 

2.  Wenn  reines  oder  Säuren  und  Salz  haltiges  Wasser  durch  den  Volta- 
schen Strom  zersetzt  wird,  wobei  das  Ozon  mit  dem  Sauerstoff  am 
positiven  Pol  auftritt. 

3.  Wenn  gewisse  Körper,  namentlich  Phosphor  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur langsam  in  der  atmosphärischen  Luft  verbrennen. 

Die  meisten  Untersuchungen  scheinen  bisher  darauf  hinzudeuten,  dass 
das  auf  die  erste  Weise  beim  Ueberspringen  elektrischer  Funken  entstan- 
dene Ozon  blos  Sauerstoff  in  einem  alle  tropischen  Zustande  sei,  dass  dage- 
gen das  bei  der  Elektrolyse  des  Wassers  gebildete  Ozon  ein  Wasserstroff- 
oxyd von  der  Formel  HO^  sei ,  und  dass  endlich  das  durch  Verbrennen  des 
Phosphors  erhaltene  Ozon  entweder  nur  Sauerstoff  oder  auch  eine  Verbin- 
dung von  Sauerstoff  und  Wasserstoff  sei.  ThomasAndrews,  Professor 
der  Chemie  in  Belfast,  hat  nun  die  Frage,  ob  das  unter  den  genannten  ver- 
schiedenen Umständen  erzeugte  Ozon  eine  und  dieselbe  oder  verschiedene 
Substanzen  vorstellt,  und  welche  Zusammensetzung  und  Beschaffenheit  des 
Ozons  in  dem  einen  oder  anderen  Falle  hat,  aufs  neue  zum  Gegenstand 
einer  ausführlichen  und  genauen  Experimentaluntersuchung  gemacht  (Phil. 
Fr.  f.  1856;  Poggend.  Annal.  Bd.  98,  S.  435),  deren  Resultate  den  Wasser- 
stoff (ebenso  auch  den  Stickstoff)  als  einen  Bestandtheil  des  Qzons  gänzlich 
verläugnen.  Sie  ergeben  insbesondere ,  dass  bei  der  Elektrolyse  des  Was- 
sers keine  Vorbindung  von  der  Zusammensetzung  HO^  gebildet  wird ,  und 
dass  Ozon,  auf  welche  Weise  es  sich  auch  entwickelt  hat,  ein  und  dieselbe 
Substanz  von  gleicher  Beschaffenheit  und  kein  (im  gewöhnlichen  Sinne)' zu- 
sammengesetzter Körper,  sondern  Sauerstoff  in  einer  allotropischen  Modi- 
fication  ist.  Von  dem  Verhalten  und  von  den  Eigenschaften,  welche  dem 
Ozon,  aus  welcher  Quelle  es  auch  stammen  mag,  gleichmässig  zukommen 
möge  nur  noch  folgendes  erwähnt  werden: 


336  BalÜBtische  üntersucbungen. 

In  dem  Punkte  D  endÜeii  erreicht  ^  »«Inen  gröastea  Wertli ,  sod&iin 
uimmt  fMä  oach  und  nach  lEnnier  mehr  ab ,  und  kann  zuletzt  selbst  negativ 
werden.  Da  indessten  der  hinter  B  liegende  Theil  der  Flugbahn  nur  knrx 
in  Vergleich  mit  dem  anderen  Theil  derselben  i«t,  so  »ieht  man  leicht,  das» 
^^  nicht  beträchtliche  negative  Werthe  enthalten  kann. 

Der  Ausdruck  für  die  Beschleunigung  der  zweiten  Composante  S  des 
Luftwider^andes  soll,  dem  Vorschlag  dea  Herrn  Oberstlieutenant  Otto  m\- 
flp rechend j  auä  einem  wenigstens  beinahe  Constanten  uud  ans  einem  veMut- 
lichen  versfnderlichen  GÜede  zusammen  gesetzt  werden.  Unter  der  Voratus- 
setsung»  dass  positive  Vorzeichen  einen  Druck  nach  oben  und  negatiTe 
Verzeichen  einen  Druck  nach  unten  andeuten ,  äei  ullmlicb  die  ßt^arhleu' 
ntgung  der  Kraft  5 

dx    .    .        d\~igß]dx 

ds  dx         äi 

Hierhei  bezeichnen  m  und  h  GrÖsaen  ^  welche  bei  jedem  Gcschoss  m  lange 
constant  bleiben,  als  dasselbe  aus  dem  nämlichen  GeschütK  und  mit  der  näm- 
lichen Ladung  gescbosBen  wird,  und  deren  positiv^e  oder  negative  Werthe 
aus  den  entsprechenden  Bahnen  selbst  zu  bestimmen  sind.  Der  Kürae  we- 
gen soll  sich  indessen  die  nachstehende  Untersuchung  ssnuächst  nur  aufdeia 
Fall  beschränken ,  dass  h  positiv  ist. 

Mit  7  eudlich  »oll  eine  Funktion  von  s  bezeichnet  werden,  über  deren 
BeschafTenheit  zur  Zeit  nur  so  viel  festgesetzt  wird,  dass  ihr  Werth  nie  be- 
trächlllch  von  der  Einheit  abweicht.  Zur  Rechtfertigung  aller  dieser  An- 
nahmen sei  endlich  noch  Folgendes  bemerkt: 

J.    der  von  Herrn  Obers tlieatenant  Otto  für   flache  Bahnen  bewährt 
gefundene  empirische  Ausdruck  kann  auch  unter  der  Form 

dargestellt  werden ,  und  für  m  =  0  und  ä  =  0  wird ,  wie  sich  aus  ^^' 
unten  folgenden  Entwickelung  leicht  übersehen  lässt: 

d*y  dx      gdt*  dx 

dx^'  ds        dx*  ' ds' 
Der  erste  Ausdruck  ist  demnach  dem  zweiten  sehr  ähnlich  und   ^^^ 
bei  den  flachen  Bahnen ,  bei  welchen  letzteren  sich  bereits  bewäbi^®^ 
ungefähr  eben  so  gut  passen  als  dieser. 
2.   Denkt  man  sich  unter  Benutzung  des  zweiten  Ausdrucks  die  Wef^*^^ 
der  Constanten  m  und  h  aus  kürzeren  und  flacheren  Bahnen  bestiaEi^*| 
und  sodann  bei  der  Untersuchung  über  eine  höhere  und  wesentl*^" 
längere  Bahn  angewendet,  so  kann  die  Rechnung  möglicherweise  ß^' 

gen  das  Ende  der  Bahn  hin  für    .— ^    positive    Werthe    geben ;     ^^^^ 

würde  aber  eine  Wiederabnahme  der  Neigungswinkel  der  Geschöpf 
richtungen  im  absteigenden  Aste  der  Bahn  ausdrücken  und  mi^^^^ 
widersinnig  sein.    Bei  Anwendung  des  ersten  Ausdrucks  kann   oi^* 

hingegen,  wie  der  unten  entwickelte  Werth  von  —-5  seigt,  nie  eiot^*' 


XVIII. 

Bemerkungen  und  Untenuchimgen  über  einige  Gegenstände 

der  BalliBtik. 

Von.W-  H.  VON  RoiJVROY, 

Königl.  Sachs.  General -Major. 


Xyie  Bewegung  der  Geschosse  unserer  Feuerwaffen  bietet  gewiss  eines  der 
schwierigsten  und  interessantesten  Probleme  der  Dynamik  dar.  In  gewisser 
Besiehung  ist  es  allerdings  auch  eines  der  undankbarsten ;  denn  die  For- 
meln, auf  welche  die  Theorie  führt,  sind  für  den  Gebrauch  in  der  Praxis 
zu  Terwickelt,  und  einige  Constanten,  welche  in  denselben  vorkommen, 
mttssen  aur  Zeit  noch  für  jedes  neue  Geschüts  oder  Gescho^s  durch  Schiess- 
yersuche  ermittelt  werden,  welche  wenigstens  einen  Theil  y«n  dem,  was 
durch  jene  Formeln  gefunden  werden  kann,  unmittelbar  geb^n.  Man  würde 
indessen  sehr  irren ,  wenn  man  diese  unmittelbaren*  Ergebnisse  der  Praxis 
für  ganz  frei  von  kleinen  Mängeln  und  innem  Widersprüchen  halten  wollte. 
Die  Temperatur  und  der  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  bei  der  Bereitung 
des  Schiesspulvers  und  während  der  Aufbewahrung  desselben ,  namentlich 
in  den  letzten  Wochen  und  Tagen  vor  den  Versuchen,  sind  nicht  ohne  Ein- 
fluss  auf  die  Stärke  des  Pulvers,  wirken  aber  auch  während  der  Versuche 
selbst  auf  deren  Resultate  ein,  indem  sie  entweder  das  Zerfliessen  oder  die 
Verhärtung  des  Pulyerrückstandes  in  den  Geschützrohren  und  Gewehren 
begünstigen.  Helles  Sonnenlicht,  welches  die  Gewehre  erwärmend,  eben- 
falls die  letztgedachte  Wirkung  hervorbringt,  sich  auf  Visir  und  Korn  spie- 
gelnd, das  Zielen  stört,  die  hellere  oder  düstere  Beleuchtung  des  Zieles 
selbst,  die  gerade  herrschenden  Winde  und  noch  manche  andere  Umstände 
tragen  zur  Veränderung  der  Schiessresultate  bei.  Verallgemeinert  man  nun 
dergleichen  Resultate  durch  Berechnung  einer  Schusstafel,  welche  in  der 
Praxis  das  Rechnen  überflüssig  machen  soll ,  und  bedient  man  sich  hierbei 
einer  gewöhnlichen  Interpolationsformel,  so  giebt  die  Schusstafel  jene  Re« 
sultate  allerdings  genau ,  aber  auch  mit  ihren  Fehlem  und  Widersprüchen 
wieder.  Namentlich  kann  dadurch  leicht  der  Einfluss,  welchen  Visirhöhen- 
änderungen  auf  die  Schussweiten  ausüben ,  in  dem  einen  Theil  der  Tafel 
zu  gross  und  in  dem  anderen  Theil  derselben  zu  klein  erscheinen,  und  ge- 
rade dies  ist  bei  dem  praktischen  Gebrauch  der  Tafeln  besonders  störend* 
Das  sicherste  Mittel  zur  Vermeidung  von  dergleichen  Uebelständen  besteht 
nun  offenbar  darin,  dass  man  die  unmittelbaren  Resultate  der  Schiessver- 
suche zur  Bestimmung  der  in  den  ballistischen  Formeln  vorkommenden 
Constanten  benutzt,  die  Schusstafel  selbst  aber  Tiafi\i  ^«i^«a  I^^tb^^SolX)^ 

Zsittehrift  f.  MMtheoutik  n.  Phfgik,  L  ^Si 


326  Büllietiechc  UntersuclmngeB* 


recliu<^t)  und  je  geriaaer  die  letateren  der  Natar  der  Sache  ent»pT€ehei:i>  atn 
so  besser  wird  die  Si;hu^stafe!  inil  der  Praxis  übereiiiAtiminen,  Dieü  ist 
indessen  nicht  der  einÄige  Nutzen  der  Ballistik,  sondern  die  Untarj^uchun- 
gen  über  dieselbe  aubärfen  und  berichtigen  auch  das  Urtheil  über  die  Wir- 
kung der  Feuerwaffen  unter  verschiedenen  Terrainverbältnissen ,  und  über 
viele  andere  den  Gebrauch  dieser  Watfen,  sowie  die  Taktik  und  die  Befe- 
stigungskunat  betreffende  FrHgen,  Ks  dürfteu  daher  vielleicht  auch  die  nach- 
stebendeu  AuaemandersetÄUngen  und  UntcrsucUungen »  äh  welchen  einige 
in  den  Jahren  18ä4  und  18ä6  allerdings  zu  andern  Zwecken  angestellte  Ver- 
suche Veranlassung  gaben,  nicht  g^an^  oline  Interesse  sein. 

Die  Schwierigkeiten  der  Unter auchungen  über  die  Bewegung  gewor- 
fener und  geöchoasener  Körper  sind  zweifacher  Art.  Erstlich  ktrnnen  tiäin- 
Itch  die  Integrale,  auf  welche  dieselben  fülireu,  zum  Tbcll  nur  durch  Reiben 
ausgedrückt  werden,  deren  Convergenz  bei  hohen  und  sehr  gekrümmten 
Bahnen  sich  nicht  über  die  ganze  Länge  der  letzteren  erstreckt.  Zweitens 
kennt  man  aber  auch  die  Kräfte,  welche  auf  die  Geschosse  wirken,  mit 
Ausnahme  der  Schwerkraft  nur  unvoIlstJindig  und  von  den  Bahnen  selbst 
kaum  etwas  mehr  als  den  Anfangspunkt  und  den  Endpunkt  Folgende  Er- 
örterungen werden  dies  noch  heller  in  das  Licht  setzen: 

L  l>ie  Bewegung  der  Geschosse  innerhalb  der  Geschützrohre  und  un- 
ter Einwirkung  der  Pnlvergase  erfolgt  natürlich  nach  ganz  anderen  Gesetzen 
als  die  weitere  Bewegung  derselben  dnrcli  dieLnft;  man  beginnt  daher  die 
Untersuchungen  über  diese  letztere  Bew^eguug  bei  dem  Moment,  in  welchetu 
die  Geschosse  d^a  GeRchützrohr  verlassen,  und  versteht  deshalb  unter  ihrer 
anfänglichen  Geschwindigkeit  diejenige  Geschwindigkeit,  ivelche 
sie  in  diesem  Äugenblick  besitsfion.  Wenn  nun  dabei  natürlich  stillschwei- 
gend die  Voraussetzung  gemacht  wird^  dass  mit  diesem  Moment  jede  Ein* 
Wirkung  der  Pulvergase  auf  die  Geschosse  aufhöre ,  so  ist  dies  allerdings 
nicht  ganz  richtig,  aber  doch  nur  sehr  wenig  von  der  Wahrheit  entfernt ^ 
denn  man  weiss  aus  der  Erfahrung,  dass  eine  beträchtliche  Verlängerung 
der  Geschützröhre,  durch  welche  die  Pulvergase  viel  länger  als  jetzt  hinter 
der  Kugel  zusammengehalten  werden,  die  Geschwindigkeit  der  letztere^ 
verhältnissmässig  nur  sehr  wenig  vergrössert,  um  wie  viel  geringer  muss 
also  noch  diejenige  Zunahme  jener  Geschwindigkeit  sein,  welche  in  densel- 
ben Abständen  vom  Ursprung  der  Bewegung  eintritt,  wenn  die  Gase  dort 
nicht  mehr  durch  die  Wände  der  Geschützbohrung  zusammen  gehalten  wer« 
den.  Auf  welche  Weise  endlich  auch  die  sogenannte  anfängliche  Geschwin- 
digkeit gemessen  werden  möge,  das  Resultat  der  Messung  wird  immer  min- 
destens den  grössten  Theil  der  Geschwindigkeitszunahmen  mit  enthalten, 
welche  erst  vor  der  Geschützmündung  eingetreten  sind  und  die  Annahme, 
das  Geschoss  habe  diese  ganze  Geschwindigkeit  schon  an  der  Mündung  be- 
sessen, kann  daher  höchstens  bei  der  Berechnung  der  Flugzeit,  nicht  aber 
bei  der  Bestimmung  der  Gestalt  und  Länge  der  Flugbahn  einen  einiger- 
massen  merklichen  Fehler  verursachen. 

Hat  man  nun  auch  durch  die  obigen  Annahmen  für  ballistische  Unter- 
suchungen die  Gesammtwirkung  des  Pulvergases  gleichsam  auf  einen  Stoss 
zurückgeführt,  welcher  dem  Geschoss  seine  anfängliche  Geschwindigkeit 
ertheilt,  so  ist  doch  diese  Geschwindigkeit  in  den  wenigsten  Fällen  bekannt; 
denn  die  Anschaffung  und  Anwendung  der  Maschinen,  welche  zur  Bestim- 
mung derselben  dienen,  sind  zu  kostspielig  und  zu  zeitraubend,  und  die  da- 
hei  Für  die  LöBung  von  praktischen  Fragen  zu  erlangenden  Vortheile  oft  aa 


Von  W.  H.  VON  RoüVROv.  327 

gering ,  als  dass  der  Praktiker  immer  in  der  Lage  sein  sollte ,  die  anfing- 
liehen  Geschwindigkeiten  der  Geschosse,  deren  Bahnen  er  untersuchen 
will,  direkt  bestimmen  zu  können,  sondern  er  hat  dazu  oft  keine  anderen 
Grundlagen ,  als  die  Ergebnisse  der  angestellten  Sebiessrersuche. 

II.  Die  Kicbtung,  welche  der  Schwerpunkt  des  Geschosses  in  dem 
Augenblicke  besitzt,  in  welchem  das  Letztere  aus  dem  Grescbtitzrohre  tritt 
—  d.  i.  die  Tangente  des  Anfangspunktes  der  Flugbahn  —  denkt  man  sich 
im  Allgemeinen  mit  der  Richtung  der  Seelenaxe  *)  zusammenfallend  oder 
doch  parallel ,  so  dass  der  Neigungswinkel  jener  Axe  gegen  eine  Horizon« 
talebene  —  der  £levationswinkel  des  Geschützes  —  zugleich  die 
I^age  jener  Tangente  bestimmt.  Es  ist  jedoch  auch  hierbei  eine  kleine  Be- 
richtigung zu  machen,  weil: 

1.  vermöge  des  Spielraums  die  Richtung  des  l^chwerpunktes  des  Ge- 
schosses nicht  vollständig  parallel  mit  der  Seelenaxe  zu  sein  braucht, 

2.  die  Seelenaxe  nicht  immer  genau  den  £levationswinkel  besitzt,  wel- 
chen man  derselben  gegeben  zu  haben  glaubt.  Am  ungenauesten  ist 
die  direkte  Messung  der  Elevationswinkel  mit  den  dazu  bestimmten 
Gradbögen;  denn  Elevationsunterschiede  bis  zu  Va  Grad  sind  dabei 
oft  nicht  mehr  bemerklich.  Sicherer  bestimmt  man  —  wie  es  gewöhn- 
lich geschieht  —  jenen  Winkel  aus  der  bekannten  Stellung  der  am 
Geschütz  oder  Gewehr  angebrachten  Visirpunkte  gegen  die  Seelenaxe 
und  aus  der  Entfernung  und  etwaigen  Höhe  des  Zielpunktes  von  und 
über  dem  hinteren  Visirpunkte. 

Eine  vollständige  Genauigkeit  giebt  aber  auch  dieses  Verfahren  nicht, 
denn  die  Reflexion  des  Sonnenlichts  auf  den  Kanten  des  Kornes ,  die  Beu- 
gung des  Lichts  an  den  Kanten  des  Visirs,  die  grössere  oder  geringere  Ent- 
fernung ,  hellere  oder  dunklere  Beleuchtung  des  Zieles ,  die  Helligkeit  oder 
Dunkelheit  seines  Hintergrundes  u.  s.  w.  veranlassen  den  Zielenden  unwill- 
kürlich mit  dem  Auge  eine  etwas  andere  Stellung  gegen  die  als  Visirpunkte 
vorausgesetzten  Punkte  zu  nehmen,  und  verursachen  mithin  eine  Aenderung 
in  der  Neigung  der  wahren  Visirlinie  gegen  die  Seelenaxe. 

Um  nun  alle  aus  den  gedachten  Umständen  entspringende  Verschie- 
denheiten zwischen  der  beabsichtigten  und  der  wirklich  eingetretenen  Rich- 
tung des  Geschtitzes  soweit  auszugleichen ,  als  dies  Überhaupt  möglich  ist, 
kann  man  den  Unterschied  zwischen  der  scheinbaren  Richtung  der  Seelen- 
axe und  der  Richtung,  in  welcher  die  Geschosse  das  Geschützrohr  verlas- 
sen, durch  das  Schiessen  gegen  ein  sehr  nahes  Ziel  ermitteln.  Allerdings 
kommt  hierbei  nicht  allein  die  Lage  der  Punkte ,  in  welcher  die  Zielfläche 
getroffen  wird,  gegen  den  eigentlichen  Zielpunkt,  sondern  auch  der  Abstai^d 
des  vorderen  Visirpunktes  von  der  Seelenaxe,  und  endlich  selbst  die  Grösse 
des  Raumes  in  Betracht,  welchen  die  Geschosse  während  ihrer  Bewegung 
bis  zum  Ziel  vermöge  der  Schwerkraft  durchfallen.  Bei  der  geringen  Länge 
der  durchlaufenen  Bahn  ist  jedoch  auch  dieser  Fallraum  nur  sehr  geringe 
80  dass  selbst  eine  ganz  ungeHihre  Schätzung  der  Geschwindigkeit  des  Ge- 
schosses hinreicht,  um  denselben  mit  der  für  obigen  Zweck  genügenden  Ge- 
nauigkeit zu  bestimmen. 

Der  Winkel,  um  welchen  sich  nach  den  Ergebnissen  eines  derartigen 
Versuchs  die  ursprüngliche  Richtung  des  Geschosses  —  an  der  Geschütz- 

*)  Unter  der  Seele  eines  Geschatzes  oder  Gewehres  versteht  man  den 
hohlen  Raum ,  welcher  die  Ladung  und  das  Geschoss  aufnimmt ,  unter  dem  S  p  i  el  - 
raam  den  Unterschied  der  Durchmesser  der  Seele  und  de«  0^c\iöä%^^* 


SM  BalttBtische  Untersocbtiiigeil* 


ük 


3) 
9«  Icommt: 


l^'ro«'* 


Betrachtet  man  nun  zuvöHerst  den  Fall ,  d^BS  keine  zweite  Composanti 
Jf^a  Lufiwiderstatidea  existirt,  folgUcli  A==^0,  w==0  und  e  ^^=  0  ist,  imd 
aeichnet  man  das  diesem  Falle  entsprechende  y  «nr  Unterscheidung  duict^ 
^,,  so  wird: 

"^  cos  ttf 

und  hl  diese?  Gleichung^  mus«  zuvörderst  i^  durch  |  ausgedrückt  werdei^^  ^' 

Ua  aber  ^  nur  sehr  klein  ist^  und  erit  d&nn  merkbare  Werthe  erhält,  wen  n 

et  betrltchtUeU  grösser  als  6  geworden  ist,  «o  genttgt  ein  NäherugawerU  li 
ven  tp,  br^i  densen  Berechnung 

tf  Ä*  COS  W 

gesetzt  wird.     Aus  dieser  letzteren  Gleichung  folgt  nnn,  da  filr  £^^         0 
--^=  igmwird: 

dx  cosm  ^ 

und  hieraus: 

=f('  +  V»-'-^(^-.)+^(^-.««+.))' 

=  (fS[i  — (2p«>i«;(ei— i)-^«(g<— ^?«  +  i))j4 

Die  durch  den  Exponenten  \  angedeutete  Qnadratwurselausziehung  kan^  ^v 
durch  Entwickelung  in  eine  Keihe,  deren  erstes  Glied  I  ist,  so  lange  ai 
geführt  werden  als 

2^  511t  tu  {e^  _  1)  _  ^«  (e6  _  i)t  <  i 

bleibt ,  und  dies  ist  der  Fall  so  lange  als  v 

^  (e*  —  1)  <  {sin  TV  +  cos  w) 
oder 

^>  — 45M8t. 

Bei  Schüssen  unter  keinem  grösseren  Elevationswinkel  als  15*,  höchstens 
20®  ist  dies  mit  Sicherheit  anzunehmen,  und  daher  kann: 

dz  =  (f  J  [1  —  (^  sin  w  (e^  —  \)  — le*(^*  —  2e«  +  1))] 


Von  W.  H.  VON  RocvROT.  329 

Diente  der  Oberfläche  eines  Qeschosses  erleiden ,  jedesmal  in  eine  Mittel* 
kraft  vereinigen  lassen,  deren  Kichtnng  derjenigen  der  Bewegung  gerade 
entgegengesetzt  wäre.  Von  den  genannten  Vorbedingungen  wird  aber  wahr- 
scheinlich keine  einzige  vollständig  erfüllt,  und  daher  ist  auch  kein  Grund 
vorhanden ,  um  anzunehmen ,  dass  die  gedachte  Mittelkraft  die  oben  ange- 
führte Richtung  haben  müsse.  Unter  allen  Umständen  kann  man  sich  aber 
dieselbe  wieder  in  zwei  Composanten  zerlegt  denken,  von  denen  die  eine 
die  gedachte  Richtung  und  die  andere  eine  auf  diese  rechtwinklige  Rich- 
tung besitzt.  Wir  werden  daher  — von  dieser  Freiheit  Gebrauch  machend  -^ 
jede  dieser  Composanten  für  sich  disentiren. 

V.  Die  erste  Composante  des  Luftwiderstandes,  deren  Richtung  der- 
jenigen des  Schwerpunktes  im  G^schoss  entgegengesetzt  ist,  und  die  also 
nach  der  bisher  gewöhnlichen  Annakme ,  als  der  Gesammtwiderstand  der 
Luft  gegen  ein  Geschoss  betrachtet  wurde,  hat  bekanntlich  bereits  Newton 
berechnet  und  z.  B.  für  ein  kugelförmiges  Geschoss  dem  Gewicht  einer 
Luftsäule  gleich  gefunden ,  deren  Grundfläche  die  grösste  Kreisfläche  der 
Kugel  und  deren  Höhe  die  Hälfte  ihrer  Gkschwindigkeitshöhe  ist  Bei  der 
Bestimmung  dieser  Kraft  ist  jedoch  weder  auf  eine  Verdichtung  der  Luft 
vor ,  noch  auf  eine  Verdünnung  derselben  hinter  der  Kugel  Rücksicht  ge- 
nommen, und  da  eines  wie  das  andere  sicherlich  eintritt,  so  ist  auch  der 
obige  Ausdruck  für  den  Widerstand  der  Luft  gegen  ein  kugelfÖrmigeiE^  (Ge- 
schoss gewiss  zu  klein.  Wird  derselbe  mit  N  und  der  wirklich  stattfindende  . 
Widerstand  mit  CN  bezeichnet,  so  muss  demnach  der  Coefficient  C  stets 
grösser  als  1  sein.  £&  fragt  sich  aber  überhaupt,  ob  derselbe  für  verschie- 
dene (Geschwind igkeiten  des  Geschosses  eonstant  ist,  und  die  Erfahrung 
scheint  dem  zu  widersprechen,  denn  Hutton  fand  durch  eine  Reihe  von 
sehr  sorgfältig  angestellten  Versuchen  unter  anderen  folgende  Werthe 
von  r. 

Geschwindigkeit  des  Geschosses  ur-.»*i.  «ta«  #* 

•  ■•     I        '«^  w  er«ii  voll  c^'. 

in  euglischen  Fnssen. 

5'  1,3 

25'  1,27 

100'  1,36 

400'  1,43 

1000'  1,77 

1500'  2,06 

2000'  2,00 

Eine  vollständige  Richtigkeit  ist,  bei  der  grossen  Schwierigkeit  der- 
artiger Versuche  obigen  Resultaten  an  sich  nicht  beizumessen,  und  daher 
kann  man  zur  Erleichterung  der  ballistischen  Rechnungen  von  einem  stren- 
gen Festhalten  an  denselben  absehen.  Allein  so  lange  keine  anderen  Gründe 
dagegen  sprechen,  erscheint  es  immer  zweckmässig,  wenigstens  bei  Schüssen 
mit  grossen  anfänglichen  Geschwindigkeiten  für  C  eine  solche  Funktion  der 
Geschwindigkeit  v  in  Rechnung  zu  bringen,  welche,  ohne  die  Integrationen 
wesenüich  zu  erschweren,  die  von  Hut  ton  gefundene  Zunahme  von  C  mit> 
V  ungeflihr  ausdrückt,  und  hierzu  empfiehlt  sich  besonders  der  von  Euler 
vorgeschlagene  Ausdruck 

in  welchen  die  Constanten  a  und  7  der  obigen  Tabelle  ungefähr  entsprechend, 
oder  nach  anderen  vorliegenden  Ghründen  beliebig  angenommen  werden 
können. 


342  Ballistische  Untersucliungeii, 

Beilie ,  und  daher  ist  dte  Abnahme  dieser  letzteren  Glieder  eine  Acbcitibar 
sehr  niirogelmJls»ige-  Dasselbe  trügt  sieb  aber,  weoD  auch  in  geriögerem 
Maasse,   auf  die   ans   ihr  durch  Integration   bervorgebenden  Jteihcn  för 

—^  lind  flir  Vi  iib(*n  80  würde  man  k»  B.  in  dieser  letaleren  Reibe  »deren 
dx 

Anfang  die  Gleichung  13)^  giebt,  durch  wiUkUrliclies  Abbrechen  derselben 

bei  dem  dritten  Gliede  in  manchen  Fällen  einen  gr^saem  Fehler  begcLcßf 

als  wenn  man  auch  sogleich  das  zweite  Glif^d  mit  wegHcsse. 

Wendet  man*  sich  nun  wieder  ssn  dem  Falle  einer  seitlichen  Wirkuag 

des  Luftwiderstandes  auf  die  Geschosse  und  aetzt  rnan  in  der  Gleicbting  JO) 

für  z  seinen  Werth  g  —  ^  ein ,  so  konunt : 

In  dieser  Gknebuug  kommt  die  noch  unbestimmte  Funktion  ^  vor^för 
welche  bei  der  empirischen  AufeteUung  d^s  Aufdrucks  für  die  zweite  Com- 
posante  5  des  Luftwiderstandes  keine  andere  Bedingung  vorbelialten  wurde» 
als  dass  q>  wahrend  der  ganzen  Dauer  der  Bewegung  keine  von  der  Eintieit 
sehr  verschiedeuen  Werth e  annehmen  solle.  Dieser  Bedingung  über  wird 
genügt,  wenn  man 

^  l+ti9i(rf-*+«— d)""l  +  «(««— «> 

setzt.  Da  nämlich  ^  und  i  für  den  Anfang  der  Bewegung  Null  und  ftber» 
haupt  in  der  ersten  Periode  'derselben  die  Differenz  (ifi  —  t) ,  wie  oben  er- 
wiesen wurde ,  sehr  klein  ist  und  tp  nicht  selbst  bestimmt ,  sondern  nur  eine 
ungefähre  Grenze  der  Werthe ,  die  es  annehmen  kann ,  gefunden  werden 
soll,  so  kann  ö  gegen  ^s  — '^  +  ^  vernachlässigt,  und  indem  man  die  Brüche 
auf  beiden  Seiten  des  Gleichheitszeichens  umkehrt,  die  Gleichung  folgen- 
dermassen  geschrieben  werden 

I  +t/yg^-'»  +  ^      1  +  ue^ 

d.  i.  auch : 

oder 

e'^-'  —  l 
q>=l — . 

Oben  wurde  ferner  bereits  gezeigt,  dass  tf;  —  8  bei  Flugbahnen  von 
nicht  sehr  grosser  Länge  während  der  ganzen  Dauer  der  Bewegung,  ^^'J 
bei  ungewöhnlich  langen  Bahnen  in  dem  ganzen  aufsteigenden  Ast  ud^ 
einem  beträchtlichen  Theil  des  absteigenden  Astes  ein  sehr  kleiner  Brucn 
bleibt.    So  oft  und  so  lange  dies  stattfindet,  kann  man  daher  setzen 

1/;—  6 
(p~l — 

*)  Wird  die  Reihe  nach  Potenzen  von  9  noch  weiter  fortgesetzt,  so  gehört  a"^j 
zu  dem  in  Nr.  13  aufgeführten  letzten  Gliede   noch  ein  Theil,  welcher  ebenfalls ^^ 
zum  Faktor  hat ,  dessen  Weglassung  aber  durch  das  oben  Gesagte ,  sowie  durch 
ganzen  Gang  der  Entwickelang  gerechtfertigt  sein  dürfte. 


Von  W.  H,  VON  RoüVROT.  331 

treffen  der  einmal  in  Bewegang  gesetzten  Geschosse  au  den  Seelen- 
wänden durch  die  Kürz^  des  Rohres  vorgebeugt  ist. 

2.  Wenn  beim  Laden  der  Geschosse  die  Lage  ihrer  Schwerpunkte  dem 
Zufall  überlassen  bleibt,  oder  doch  bei  eintretender  Drehung  dersel- 
ben während  des  Ladens,  wegen  der  Länge  der  Geschützröhre  weder 
beobachtet  noch  berichtigt  werden  kann,  und  überdies  auch  die  an- 
deren oben  angeführten  Bedingungen  für  den  Eintritt  und  ungestör- 
ten Fortgang  der  Rotationen  in  einer  bestimmten  Richtung  unerfüllt 
bleiben. 

3.  Wenn  Geschosse,  welche  nicht  durch  die  innere  Construction,  sondern 
nur  durch  die  Unvollkommenheiten  des  Gusses  etwas  excentrisch 
sind ,  in  cylindrische  Spiegel  so  eingesetzt  werden ,  dass  beim  Laden 
derselben  ihr  Schwerpunkt  stets  hinter  ihrem  Mittelpunkt  bleiben 
muss,  wie  sich  auch  die  Spiegel  mit  den  Geschossen  um  ihre  Axe 
drehen. 

In  dem  ersten  Falle  ist  sowohl  die  Existenz  als  die  Richtung  einer  seit- 
lich auf  das  Geschoss  wirkenden  Kraft  durch  die  Erfahrung  unzweifelhaft 
festgestellt.  Lag  z.  B.  der  Schwerpunkt  des  Geschosses  im  Geschützrohr 
unter  dem  Mittelpunkt  und  geht  also  die  Rotation  desselben  vorn*)  von 
oben  nach  unten ,  so  äussert  sich  diese  Kraft  als  ein  Druck  von  oben  nach 
unten,  welcher  die  Krümmung  der  Bahn  vergrössemd,  die  Schussweite  ver- 
kürzt. Bei  der  entgegengesetzten  Lage  des  Schwerpunktes  tritt  auch  der 
entgegengesetzte  Erfolg  ein,  und  jene  Kraft  hat  daher  ebenfalls  die  ent- 
gegengesetzte Richtung. 

Im  zweiten  Falle  kann  vom  regelmässigen  Eintritt  der  Rotationen  in 
einer  bestimmten  Richtung  nicht  die  Rede  sein ,  sondern  dieselben  erfolgen 
im  Allgemeinen  um  mehr  oder  weniger  schräg  liegende  Axen,  bald  von  oben 
nach  unten ,  bald  in  umgekehrter  Richtung.  Dies  spricht  sich  denn  aueh 
bereits  bei  dem  Schiessen  auf  kleinere  Entfernungen  durch  grosse  Verschie- 
denheiten der  einzelnen  Schüsse  aus,  und  will  man  dennoch  auch  in  diesem 
Falle  eine  durch  die  Rotation  der  Geschosse  hervorgerufene  seitliche  Wir- 
kung auf  dieselben  in  einer  bestimmten  Richtung  in  Rechnung  bringen ,  so 
kann  dies  nur  unter  der  Voraussetzung  geschehen,  dass  noch  andere  Um- 
stände, als  die  Lage  der  Schwerpunkte  die  Rotationsrichtung  bedingen, 
und  wenn  auch  nicht  bei  allen  Schüssen,  aber  wenigstens  bei. der  Mehrzahl 
derselben  vorwalten.  Was  hierüber  zu  sagen  wäre,  ist  bei  Betrachtung  des 
dritten  Falles  erörtert.  Bei  dem  Schiessen  auf  grosse  Entfernungen  gestal- 
tet sich  endlich  —  in  dem  eben  betrachteten  zweiten  Falle  —  die  Sache  oft 
noch  ganz  anders,  namentlich  wenn  die  Geschosse  aus  excentrischen  Hohl* 
kugeln  bestehen.  Alsdann  bilden  nämlich  sehr  oft  die  Treffpunkte  der 
grossen  Mehrzahl  der  einzelnen  Schüsse  auf  der  vertikalen  oder  horizonta- 
len Fläche ,  auf  welchen  dieselben  markirt  werden ,  zwei  weit  auseinander 
liegende  Gruppen,  von  denen  die  eine  resp.  höher  oder  weiter  und  die 
zweite  tiefer  oder  näher  am  Gescliütz  liegt**).    Alsdann  kann  man  wohl 


*)  Wir  werden  überall,  wo  in  dem  Folgenden  von  der  Richtung  der  Rotationen 
die  Rede  sein  wird,  die  Bewegung  der  vorderen  Halbkugel  also  entweder  von 
oben  nach  unten  oder  von  unten  nach  oben  anführen,  ohne  diese  Halbkugel  jedesmal 
besonders  wieder  zu  benennen. 

**)  Es  sind  dies  die  F^le,  in  denen  die  Bestimmung  eines  mittleren 
Treffpunktes  aus  allen  Schüssen  unstatthaft  wird,  und  beabsichtigt  man  un- 
ter Umständen ,  welche  erfahrungsmässig  «n  derartigen  Ergebnissen  fUhieti  ^Va.  V«^- 


»  _  ^Jt  =  '9  «  ^  «  r  cos  b\  . ^t  dieC- «i- 

Ferner  bat  «^-be.  ^^rd..!^^^ 

o  „    Ita  ersten  r» 


Von  W.  H.  VON  RouvHOY.  333 

bei  den  genannten  Versuchen  gebrauchten,  auch  andere  Anschläge  der  Ge- 
schosse an  den  Seelenwänden  eintreten ,  und  dadurch  die  Kichtungen  der 
seitlich  auf  die  Geschosse  wirkenden  KLräfte  sich  verändern  können.  Nach 
vielfachen  schon  in  früherer  Zeit  theils  von  Herrn  Oberstlieut.  Otto,  theils 
von  dem  Verfasser,  theils  bei  der  französischen  Artillerie  angestellten  Unter- 
suchungen ist  indessen  bei  Kanonen  die  Richtung  der  gedachten  Kraft  vou 
unten  nach  oben  die  gewöhnlichere,  indem  die  ohne  Berücksichtigung  dieser 
Kraft  geführten  Rechnungen  in  der  Regel  für  höhere  Elevationswinkel 
grössere  anfängliche  Geschwindigkeiten  als  für  niedrigere  Richtungswinkel 
geben. 

Der  Verfasser  legte  sich  auch  die  Frage  vor,  ob  vielleicht  ausser  der 
Rotation  noch  ein  zweiter  Umstand  zu  einer  ungleichen  Dichtheit  der  Lufl 
vor  dem  Geschoss,  und  dadurch  zu  einer  veränderten  Richtung  der  Resul- 
tante aller  gegen  die  Oberflächenelemente  desselben  ausgeübten  Wider- 
stände beitrage.  Der  einzige  denkbare  Grund  hierzu*)  schien  ihm  die 
unausgesetzte  Richtungsveränderung  des  Geschosses ,  welche  vielleicht  den 
Abfluss  dekr  verdrängten  Luft  auf  der  unteren  Seite  mehr  als  auf  der  oberen 
erschwerend ,  eine  derartige  Wirkung  hervorbringen  könnte.  Bei  näherer 
Bestimmung  der  Grösse  der  Elraft ,  welche  hebend  auf  die  in  Rede  stehen- 
den Geschosse  gewirkt  hatte,  musste  er' sich  indessen  sagen,  dass  ein  so 
grosser  Erfolg  jenem  Umstände  schwerlich  beigemessen  werden  kann,  und 
so  bleibt  wohl  nichts  übrig,  als  die  Annahme,  dass  die  gedachten  Geschosse 
ungeachtet  der  scheinbar  dagegen  sprechenden  Umstände  doch  von  unten 
nach  oben  rotirt  haben. 

Wie  dem  aber  auch  sei ,  der  Calcül  hat  damit  nichts  zu  thun ;  denn 
zur  Zeit  kann  bei  demselben  für  die  Beschleunigung  der  Kraft  S  nur  ein 
empirisch  aufgestellter  Ausdruck  in  Ansatz  gebracht  werden  und  die  Er- 
fahrung allein  hat  darüber  zu  entscheiden ,  ob  durch  die  für  denselben  ge- 
wählte Form  die  gewünschte  Uebereinstimmung  zwischen  Theorie  und 
Praxis  erzielt  wird ,  oder  nicht. 

Nach  diesen  vorläufigen  Auseinandersetzungen,  welche  allerdings  gross« 
tentheils  schon  Bekanntes  enthielten,  aber  gleichwohl  nothwendig  schienen, 
um  genau  den  Standpunkt  festzustellen,  von  welchem  in  der  nachstehenden 
Untersuchung  ausgegangen  wurde  ^  kann  nun  zur  Entwickelnng  einer  Glei- 
chung für  die  Flugbahn  übergegangen  werden^ 

Diese  Gleichung  soll  auch  %uf  eine  bei  15®  Elevation  beschriebene  un- 
gewöhnlich lange  Bahn  angewendet  werden  und  —  vielleicht  mit  etwas  we- 
niger Genauigkeit  —  auch  bei  Schüssen  unter  20*  Elevation,  d.  h.  also  auf 
alle  bei  Kanonen  und  Haubitzen  gewöhnlich  vorkommende  Fälle  anwend- 
bar sein.  Der  letztere  Zweck  ist  indessen  zunächst  nur  Nebensache,  und 
der  Verfasser  beschränkt  sich  daher  der  Kürze  wegen  bei  der  speciellen 
Discussion  auf  den  Elevationswinkel  15*.    Die  Bezeichnungen  und  Voraus- 


*)  Die  Abnahme  der  Beschleunigung  der  Schwere  and  der  Dichtheit  der  Luft  in 
den  oberen  Laft8chichten  hat  allerdings  auch  den  Erfolg,  dass  die  unter  höheren  Ele- 
vaiionswinkeln  abgeschossenen  Kugeln  etwas  weiter  gehen ,  ab  es  die  ohne  Berück- 
sichtigung jener  Veränderungen  angestellten  Rechnungen  geben,  und  der  Einfluss 
dieser  Yeränderungen  vermengt  sich  daher  mit  demjenigen  einer  seitlich  auf  die  Ge- 
schosse wirkenden,  hebenden  Kraft.  Man  kann  sich  indessen  durch  eine  leichte  Rech- 
nung überzeugen,  dass  in  denjenigen  Höhen  über  der  Erdoberflüche,  welche  die  Ge- 
schosse erreichen,  jene  Veränderungen  nooh  sa  geringfügig  sind,  um  merkliche  Ver- 
änderungen der  Flugbahnen  horTorsnbringen. 


334  BflUisttsche  Untersiichimgetj. 

Betzungen,  welche  m  der  folgenden  Entwickelung  in  Anwendung  kommen, 
bestehen  zunächst  in  Folgendem: 

Der  Mittelpunkt  A  (Fig^,'l)  der  <jre8ckutzmünduiig  aei  der  Anfang  der 
reclitwinkiigen  Coordinaten,  die  Richtung  der  x  horizontal,  diejenige  der' 

Fig.  K 


y  vertikal,  die  anfängliche  Geschwindigkeit  des  Creöchoases,  welche»  in  der 
Ebene  der  ar,  ^,  und  in  der  Richtung  AE"  m  Bewegung  gesetzt  wird,  V.  Der 
Elevationswinkel  E^  AE"  sei  w,  die  Zeit  in  welcher  das  Gegcho^B,  den  Bo- 
gen s  durchlaufend ,  deu  Punkt  xy  erreicht  f ,  und  in  dieaem  Punkte  der 
Neigungswinkel  seiner  Richtung  gegen  die  Richtung  der  o"»  ß  nnd  seine  Ge- 
schwindigkeit V.  Endlich  bezeichne  g  die  Beschleunigung  der  Schwere  ^  € 
die  Grundzahl  der  natürlichen  Logarithmen  und  yt  das  VerhÜltniss  der  Peri* 
pherie  zum  Durchmesser  des  Kreises.  Als  unabhängige  Veränderliche  werde 
die  Coordinate  ;r  betrachtet. 

Der  bereits  in  Nr.  V,  gedachte  Coefficient  C  für  den  Widerstand  der 
Luft  sei  a  [l  +^*^']  ^i^d  die  ihm  entsprechende  Beschleunigung  der  Bewe- 

guug  in  der  Richtung  der  Bahntangente  =  —  ^  [^  +  J^*]'   ^®^  ^^^  unten 

folgenden  Anwendung  der  entwickelten  Formeln  auf  einige  Flugbahnen, 
bei  denen  die  anfängliche  Geschwindigkeit  V  gegen  700  Ellen'*')  zu  schätzen 

war,  wurde  a  =  1,2  und  j  ==  —  gesetzt,  so  dass  C  ungefähr  die  den  Hut  - 

tonischen  Angaben  entsprechenden  Werthe  erhielt.  Zugleich  fand  sich 
dabei  —  wenn  alle  Längen  in  Ellen  ausgedrückt  sind  —  für  die  angewen- 
deten Geschosse  —  =0,00075.  Hiernach  lassen  sich  die  Zahlenwerthe  beur- 

theilen,  welche  die  Grössen  k  und  J  in  der  Praxis  ungefähr  annehmen  kön- 
nen. Da  endlich  der  Elevationswinkel  w  nicht  über  15®  bis  höchstens  20* 
betragen  soll,  so  kann  asnäherungsweise  anstatt  [l  +7^']  der  Ausdruck 


L    ^  cos^w'^    J       V    ^  cos*  tv    df) 


gesetzt  werden ;  denn  anfänglich  sind  beide  Ausdrücke  völlig  gleich  und 
selbst  im  Scheitel  C  der  Bahn  wird  ihr  Unterschied  erst  Jv^t^w  d.  i,  z.  B. 

für  y  = -r^  und  w=  15®,    0,065—.     Vom  Scheitel  aus  convergirt   dann 

dieser  Unterschied  wieder  gegen  die  Grenze  0,  welche  er  für  j3  =  —  w  er- 


*)  Bei  allen  hier  und  in  der  Folge  in  Ellen  angegebenen  Maasse  sind  Dresdner 
Ellen  zu  verstehen;  1  Dresdner  Elle  r=: 0,56038  Meter, 


Von  W.  H.  VON  RoüVBOY.  335 

reicht;  sodann  wechselt  derselbe  das  Zeichen,  bleibt  aber  wegen  der  fort- 
währenden  Abnahme  von  7^  nur  sehr  klein ,  wenn  auch  cos  ß  beträchtlich 
kleiner  als  cos  w  wird.    Demnach  kann  die  obige  Beschleanignng  • 

2kl  '^  cos^wd^J  ^kdt^l    '^cos^wdfj 

geschrieben  werden. 

Bevor  endlich  zu  den  übrigen  Grundlagen  der  Untersachnng  überge- 
gangen wird ,  mögen  hier  noch  einige  Bemerkungen  folgen,  welche  wesent- 
lich auf  der  Grösse  der  Werthe  beruhen,  die,  der  oben  gegebenen  Andeu- 
tung gemäss,  die  Constante  k  in  der  Praxis  erhalten  kann.  Wird  durch  den 
Punkt  xy,  welchen  in  Fig.  1  B  vorstelle,  eine  Senkrechte  ff* Bff  gezogen 
und  drückt  man  die  drei  durch  diese  Gerade  begrenzten  Linien,  nämlich 
die  Geraden  AB*  und  AB**  und  den  Bogen  AB  in  demjenigen  Maasse  aus, 
dessen  Einheit  =  A  ist,  so  erhält  man  für  dieselben: 

Bogen  AB  =  —,  was  =  2  sei 

jß"  t=z ,  was=gsek, 

k  cos  w 

und  die  Zahlenwerthe  dieser  Grössen  enthalten  wegen  des  angewendeten 
grossen  Maassstabes  höchstens  einige  Einheiten.  80  wird  z.  B.  selbst  an 
den  Enden  der  unten  untersuchten  vier  Bahnen  nur : 

in  der  ersten    Bahn  |  =  0,6751 

„     „    zweiten      „     |  =  1,0506 

„     „    dritten       „     |=  1,4276 

„     „   vierten      „     |  =  3,4873. 

/|»  /'icX 

Denkt  man  sich  ferner  die  Länge  j-  in  unendlich  kleine  Elemente  ^  i'r) 

getheilt^  und  durch  die  Endpunkte  jedes  dergleichen  Elements  zwei  Paral- 
lelen zu  ^'  ^"  dergestalt  gezogen,  dass  dieselben  auch  auf  dem  Bogen  AB 
und  auf  der  Geraden  AB**  entsprechende  Elemente  Jz  und  J  ^  abschnei- 
den ,  so  hat  man  zunächst  für  die  ganze  Ausdehnung  der  Bahn : 

Stellt  femer  2>  denjenigen  Punkt  der  Bahn  vor ,  dessen  Tangente  mit  der 
Axe  der  x  den  Winkel  PGx  =  —  w  bildet,  so  ist  für  jedes  zwischen  A  und 
D  liegende  Element  von  z 

J^<Jz<^l^, 

jedes  zwischen  D  und  dem  Ende  der  Bahn  liegende  Element  von  z  hingegen 
grösser  als  das  entsprechende  Element  von  |.    Setzt  man  daher: 

I  —  «  =  t» 
so  ist  von  dem  Anfangspunkt  A  bis  zu  dem  Punkt  Z>  der  Bahn 

0  <  -V;  < I  [1  —  CO*  w]  z.  B.  fftr  w  =  15®,  kleiner  als  0,04 1. 


la  dem  Punkte  B  endlich  erTeidit  t//  seinen  grösaten  WertK  ^  sod&no 
nimmt  ^^  nneh  und  nach  immer  toehr  ab ,  und  kann  zuletst  selbst  uegatjy 
werden.  Da  indessen  der  hinter  B  liegende  Theil  der  Flugbahn  nur  kara 
tn  Yerglcicli  mit  dem  anderen  Theil  derselben  iät^  so  flieht  man  leicht,  das» 
^  nicht  beträchtliche  negative  Werthe  enthalten  kann. 

Der  Ausdruck  für  die  Beschleunigung  der  zweiten  Composante  S  des 
Luftwiderstandes  soll,  dem  Vorschlag  des  Herrn  Oberstlientenant  Ott»  ent- 
sprechendj  aus  einem  wenigstens  beinahe  constanten  und  aus  einem  wesent- 
lichen veränderlichen  Gliede  zusammengesetzt  werden.  Unter  der  Voraus- 
B&txung,  dasa  positive  Vorzeichen  einen  Druck  nach  oben  und  negatire 
Vorzeichen  einen  Druck  nach  nuten  andeuten  ^  aei  nämlich  die  Beschleu- 
nigung der  Kraft  S 

ÜB  äx        ds 


=-[-+*»-S] 


dx 


Hierbei  bezeichnen  m  und  h  Grössen,  welche  bei  Jedem  Geschoss  ho  lange 
eonstant  bleiben,  als  dasselbe  ans  dem  nämlichen  Geschütz  und  mit  der  näm- 
lichen Ladung  geBchoäsen  wird,  und  deren  positive  oder  negative  Werthe 
aus  den  entsprechenden  Bahnen  selbst  zu  bestimmen  sind-  Der  Kürze  we- 
gen soll  sich  indessen  die  nachstehende  Untersuchung  zunächst  nur  auf  den 
Fall  beschränken,  dass  A  positiv  ist 

Mit  <p  endlieh  soll  eine  Funktion  von  x  bezeichnet  werden,  über  deren 
Beschaffenheit  ^ur  Zeit  nur  00  viel  festgesetzt  wird,  dass  ihr  Werth  nie  be- 
trächtlich von  der  Einheit  ah  weicht.  Zur  Rechtfertigung  aller  dieser  An- 
nahmen sei  endlich  noch  Folgendes  bemerkt: 

\,   der  von  Herrn  Oberstlieutenant  Otto  für   flache  Bahnen   bewährt 
gefundene  empirische  Ausdruck  kann  auch  unter  der  Form 

dargestellt  werden ,  und  für  m=^0  und  A  =  0  wird ,  wie  sich  aus  der 
unten  folgenden  Entwickelung  leicht  übersehen  lässt: 

d*t/  dx      gdt*  dx 

da**  ds       dx*  ' ds' 

Der  erste  Ausdruck  ist  demnach  dem  zweiten  sehr  ähnlich  und    wird 

bei  den  flachen  Bahnen ,  bei  welchen  letzteren  sich  bereits  bewährte, 

ungefähr  eben  so  gut  passen  als  dieser. 

2.   Denkt  man  sich  unter  Benutzung  des  zweiten  Ausdrucks  die  Werthe 

der  Constanten  m  und  A  aus  kürzeren  und  flacheren  Bahnen  bestimmt, 

und  sodann  bei  der  Untersuchung  über  eine  höhere  und  wesentlich 

längere  Bahn  angewendet,  so  kann  die  Rechnung  möglicherweise  ge- 

d^y 
gen  das  Ende  der  Bahn  hin  für    .— r-    positive    Werthe    geben ;     dies 

dx 

würde  aber  eine  Wiederabnahme  der  Neigungswinkel  der  Geschoss- 
richtungen im  absteigenden  Aste  der  Bahn  ausdrücken  und  mithin 
widersinnig  sein.    Bei  Anwendung  des  ersten  Ausdrucks  kann  dies 

hingegen,  wie  der  unten  entwickelte  Werth  von  T-5  zeigt»  nie  eintre- 


Von  W.  H.  VON  RouVROY.  337 


ten,  und  dieser  Ausdruck  scheint  daher  einer  allgemeinern  Anwen- 
dung fähig,  als  der  zweite. 
Aus  den  im  Vorstehenden  gemachten  Voraussetzungen  ergeben  sich 
nun  für  die  Geschwindigkeitszunahmen  in  beiden  Coordinatenrichtungen 
und  während  der  Zeit  di^  die  Differenzialgleichungen : 

,{dx\_      dxdU_        ^  dxdsf  J       ^\, 

^  \dt)~        dl'     ~      ^k  dt'  \    '^cos'w'  d^J 

und 

Multiplicirt  man  die  erste  dieser  Gleichungen  mit  -—  dy  und  die  zweite  mit 
dx  und  addirt  man  dann  dieselben,  so  kommt: 

'^==-gdxd(-(m  +  hv^)dxdl 
nnd  hieraus  folgt: 

Lässt  man  ferner  in  der  Gleichung  1)  das  letzte  auf  die  zweite  Composante 
S  des  Luftwiderstandes  bezügliche  Glied  fUr  den  Augenblick  weg,  so  kann 

wegen  -r  =  2;  diese  Gleichung  auch  auf  nachstehende  Weise  geschrieben 

werden : 

dt     d't 
2  — . 

dx     dx 


da^      coi^  fv 

und  hieraus  ergiebt  sich,  wenn  man  durch  i^  die  Constante  des  Integrals 
bezeichnet: 

dar      cor  w 

dt*  1 

Für  r  =  0  wird  -T-i  =  ;;= — -r-  i»nd  setzt  man: 
dar      F^cortv 

4)  i+yr«  =  «, 

wobei  noch  bemerkt  werden  möge,  dass  z.  B.  bei  der  unten  gemachten  An- 
wendung der  entwickelten  Formeln  a  =  4  ^^^  A  =:  ^  intd  >  %<^  ^t\i%\\.  \sc^sGk^. 


338  BftlliBtiÄche  Untersuchungen, 


-^  =  - 


unil 

Dieser  Aaadruck  lat  durcU  die  YemaclilMfistgung  der  Iiorizontalen  Compo- 
sante  von  S  ungeuaUf  und  setzt  man  den  wahren  vVertli  von  -7--r=-r — -5-^ 

iübt  in  Betreff  der: 0r$s8e  von  t  folgendes  zn  bemerken:; 

Be^eicHnot  man  den  zuerst  erbaltenen  imrichtigen  Werth  von  ^t=:^vcosß 

durch  p,  and  den  wahren  Werth  dieser  Grösse  durch  r,  —  v^^  so  kann  nur 
gegen  das  Ende  sehr  langer  Flugbahnen,  bei  denen  y,  vieJmal  kleiner  als 
Vco^w  wird,  f'„  sehr  beträchtlich  gegen  f,  auffallen* 

Wird  demnach  dieaer  letztere  Fall  vor  der  Hand  ausgeBchlosseD ,  so 
ist  (r^  —  v„y  nahe  t'/  —  3 1'^  e'„. 

Ferner  kann  t%,  nicht  eher  betrÄcbtliche  Werthe  erhalten,  als  bis  die 
horizontale  Composaute  der  Kraft  S  eine  Zeit  lang  wirksam  gewesen,  und 
mithin  e'  viel  grosser  als  6  geworden  ist.  Zur  Ermittelung  der  unge füh- 
ren Werthe  von  e  kann  man  demnach  setzen ; 

1  ae'^ 


V*       r*cos'w 

1                  oe»+« 

",' 

—  2»,p„       V*cos'w 

und  mithin 

oder  nahe 

1— 2*^  =  6-« 

Die  Geschwindigkeit  v^  nimmt  vom  Anfang  der  Bewegung  an  unausgesetzt 
ab,  Vf^  hingegen  ist  anfänglich  Null,  und  wächst  dann,  wegen  der  abneh- 
menden Neigung  der  Richtung  von  S,  nur  sehr  langsam  bis  zum  Scheitel 
der  Bahn.  Von  hier  an  nimmt  die  horizontale  Composante  von  S  die  ent- 
gegengesetzte Richtung  an,  und  mithin  r„  wieder  ab.  Anfänglich  geschieht 
dies  nur  langsam,  aber  wegen  der  zunehmenden  Neigung  der  Richtung  und 
der  fortwährenden  Zunahme  von  S  nach  und  nach  immer  schneller,  so  dass 

v„  bald  negativ  wird.  Die  Grösse  e  ==  2  ~  ist  daher  im  ganzen  aufstei- 
genden Ast  der  Bahn  ein  positiver  und  kleiner  ächter  Bruch,  erreicht  im 
absteigenden  Ast  der  Bahn,  nicht  weit  vom  Scheitel  ihr  Maximum,  wird 
alsdann  sehr  bald  negativ,  und  kann  gegen  das  Ende  sehr  langer  und  sehr 
gekrümmter  Bahnen  beträchtliche  negative  Werthe  erhalten. 

Um  dies  an  einem  recht  in  die  Augen  fallenden  Beispiel  zu  zeigen, 
liegt  ein  ganz  ungewöhnlicher  Fall  vor,  in  welchem  die  Zunahme  von  «  ge- 


I 


I 

I 


albcd®^^^  Elevationswittkels  ^  so  erhält  man  dan  Fehler ,  welcher  bei  der 
Boatimmoog  von  ff'  durch  den  Versuch  staltgefnoden  liJitte,  wenn  die  der 
Recbnung  zum  Grunde  liegende  Hypothese  über  den  LuftwiderKtand  die 
riohtige  wäre.  Endlich  zeigt  die  Vergleicluing  der  auf  solche  Art  bestimm- 
test Fehler  von  ig  n>  mit  den  vorn  aufgeführten  ungenibren  Grenzen  der 
MT  ahrsclieiiiUchen  Fehler  von  (gm,  wie  die  angewendete  llypf>thcse  über 
d^n  Witleretand  der  Luft  auf  die  drei  ersten  Versuche  passt-  In  Begiehung 
auf  den  vierten  Versuch  ist  dieses  Verfahren  nicht  anwendbar  5  weil  sich 
di^ljei  so  grosse  Felilor  von  m  herausstellen  konnten  ^  dass  dadurch  auch  |, 
u  ^nd  r  wesentliche  Aendcrungen  erlitten*  Hier  muss  daher  der  Elevations- 
^Winkel  m  als  richtige  und  dagegen  als  möglicherweise  fehlerhaft'die  Höhe 
^-E"  Fig.  h  angesehen  werden,  um  welche  am  Eudo  der  Bahn  das  Geschosa 
»■Hs  seiner  ursprünglichen  Richtung  herabgesunken  ist  Aus  den  Versuchen 
*«ilbflt  ergiebt  eich  diese  Hölie  j  welche  wir  der  Kür^e  wegen  den  Fallranm 
ttannen ,  und  mit  F  bezeichnen  wollen  ^  4490  ig  15"  3^'  —  34  Ellen  ^^  1174 
Kllen^  mit  der  ungefähren  Orenae  von  20  Ellen  für  wahrscheinliche  Febler, 
^iid  berechnet  man  dagegen  unter  Annahme  der  zn  prüfenden  Hypothese 
tlBer  deo  Widerstand  der  Luft  und  des  derselben  entsprechenden  ^  aus  den 
Versuchen  L,  IL  und  111,  abgeleiteten  Mittel werthos  A^  denselben  Fallraum 

Ml  seigi  der  Vergleich  dieses  berechneteti  F  mit  dem  durch  Beobachtung  ge- 
landenen  F=  1174  Ellen,  in  wie  weit  die  angewendete  Hypothese  über  den 
Widerstand  der  Luft  geeignet  ist,  das  Verhalttiiss  der  bei  allen  vier  Ver- 
suchen erreicliten  Schuaa weiten  darzustellen  und  mithin  die  Theorie  mit  der 
Erfahrung  in  Uebereinstimmuug  zu  bringen. 

Dem  voriicgcüden  Zweck  gemäss  wurde  auvörderst  versucht^  ob  diese 
Debcreiustimmnng  auch  ohne  Annahme  eines  seitlichen  Luftwiderstandes 
^  erreichbar  sei,  und  daher  bei  allen  vier  Versuchen  die  Gleichung  13)  un- 
ter versebiedenen  Annahmen  über  k  und  Ö  angewendet.  Bezeichnet  w^icder, 
»*^ie  in  der  vorlMuügen  Bemerkung  Nr.  V* »  €  den  Faktor ,  mi£  welchem  der 
^on  Newton  angegebene  Widerstand  der  Luft  raultiplicirt  w^erden  mussj 
ttm  den  wahren  Widerstand  derselben  zu  erhalten ,  so  wurde  zuvörderst 


^='K'+|-.) 


^esetzt^  um  ungefähr  den  von  Halt on  gefundenen  Werthen  dl eiea  Faktors 

*Ti  entsprechen,  und  hierbei  erhielt  —   den  Werth  0,00075  ^  $  den  Werth  ^ 

i:tnd  «  den  Werth  |,  wie  schon  oben  zur  Beurtbeilung  der  Convergenz  der 
^Vorkommenden  Reiben  u. s<w,  bemerkt  wurde;  der  bei  dieser  Voraussetzung 
j^efundene  Fallraum  F  war  jedoch  in  Vergleich  mit  dem  von  den  Geschossen 
F irklich  durchfallenen  viel  zu  gross^  und  daher  wurde  die  Eechnung  säuerst 
mter  der  Annahme  C=  LÜ  und  da  auch  hier  i^  noch  zu  groie  kam,  noch 
einmal  für  C=  1  wiederholt. 

Die  Ergebnisse  dieser  drei  Eeehnungen  enthält  die  nachstehende  Ta- 
Yaelle  und  in  derselben  bezeichnen 

X*,  H-i  m,  tind  rV-  die  Nummern  der  Versuche^  über  welche  die  Rechnung 
angestellt  wurde, 
die  erreichte  Bchuftswoite, 


k 


ä53 


BftHkti^be  U^terettcfanng^, 


/^igm^^T&n^Bnie  Üüb  oben  angegebeneD  ^  iinmiUelbar  aae  dem  Vertue h 
abgeleitf^tpti  —  Tnngeate  dos  dirrch  die  Kechnutig  gefundetieu 
ElevatiDTts  Winkels, 

V  die  autt  dem  Mittelwertli  ^^^^i^^Ä'  berechnete  anfängliche  Gesell  wind  fg- 
.   keit,  und  ebenfulls  unter  der  Annahme  von  ^=  —  ^^: 

.iV  =  e/f{fi6-iä|'~|-i) 

.   X„=Qnsi„  n>  {U-^^  -  (S—  I)  e«  -  il  -  I) 

findlicb 

AF^=^—  117-i  Ellen,  (lag  idt  also  das,  uns  wajs  die  ballistische  F^rmc) 
den  von  dem  Geschoss  am  Ende  der  Balin  durchfalleneu  Hauoi 
%M  gross  giebt : 


den  Anfftijg  der  D^we- 
gnng  also  ;^  1 ,8. 

€=l,2,  mithin  c  =  l 

und  a=o. 

f;^  1,  mithin  «  =  l 
und  dn^O, 

I. 

n. 

III. 

L 

n. 

IIL 

r. 

U. 

HL 

£C  = 

900  Ell, 

HOOKtl 

1900  EIL 

000  mi. 

1400  EIL 

1000  EIL 

900E1L 

1400  EIL 

lOüom 

A^ 

Bi,na  1 

85,785 

82,547 

f54,305 

65,Öti2 

00.4^7 

9ö,54 

101,07 

,  105,4S 

i:Mff  ipzz^ 

0,0005 

U,0QO3 

-0,002 

-0,IKK)5 

0/J002 

0,0008 

^0,001 

0,0002 

0,002 

A 

85490 

Ö5,5d5 

101,21 

r 

•        730  Kllen 

Ü85  Ellen 

t^GO  Ellen 

IV 

.  jc  =  44iJ0EllGn. 

4-2'i3l     EUeu 
^   258,7     „ 
+    251,0     ., 

+  1840,5  Ellen 
^    153,3      „ 

+    119,5      „ 

+  1455,2  Ellen 

-      70,5      „ 
+      44,3      ,, 

r 

2231,2  Ellen 

J81&,7  Ellen 

1423  Ellen 

AF 

IC 

KM),2  Elle 

m 

i 

m,7Eii< 

in 

1 

249  Ellen 

Aus  der  Betrachtung  dieser  Ergebnisse  der  RechnuDg  geht  Folgendes 
hervor. 

1.  Solange  es  sich  allein  um  die  drei  ersten  Versuche  handelt,  gewährt 
jede  der  drei  verschiedenen  Hypothesen  über  C  insoweit  eine  Uebereinstim- 
mung  zwischen  Theorie  und  Praxis,  als  die  dabei  übrig  bleibenden  Fehler 
von  ig  rv  die  oben  angeführten  Grenzen  der  wahrscheinlichen  Fehler  nicht, 
oder  doch  höchstens  nur  wenig  überschreiten.  Bei  der  zweiten  Hypothese 
sind  aber  diese  Fehler  am  kleinsten ,  und  es  ist  eigenthümlich ,  dass  über- 
haupt ähnliche  Annahmen  über  C  zur  Zusammenstellung  von  dergleichen 
flachen  Bahnen ,  ohne  Annahme  eines  seitlichen  Luftwiderstandes  der  Luft 


Von  W.  H.  VON  RouvBOY.  353 

am  besten  zu  passen  scheinen.  So  erhielt  z.  B.  der  Verfasser  schon  in  frü- 
herer Zeit  bei  einer  Untersuchung  über  Bahnen  derselben,  jedoch  mit  grösse- 
ren Polyerladnngen  wie  bei  den  obigen  Versuchen  abgeschossenen  Geschütz- 
kageln  durch  die  Methode  der  kleinsten  Quadrate  C=  1,15.  Am  wenigsten 
passt  endlich  anter  den  drei  oben  angeführten  Hypothesen  die  letzte  C=  1 ; 
inwiefern  ein  so  kleiner  Werth  von  C  anch  aus  theoretischen  Gründen  un- 
wahrscheinlich ist,  wurde  bereits  in  der  Einleitung  bemerkt. 

2.  Bei  der  Anwendung  des  aus  den  Versuchen  L,  ü.  und  IIL  abgelei- 
teten Mittelwerthes  ^|  =  ^  Ar  auf  den  Versuch  IV.  fällt  wohl  zunächst  die 
geringe  Verschiedenheit  der  Glieder  X,^  und  X^,,  in  das  Auge ,  welche  sich 
in  allen  drei  Fällen  zum'  grössten  Theil  aufheben ,  so  dass  der  Fehler  der 
gleichzeitigen  Weglassung  beider  Glieder  weit  geringer  sein  würde,  als  der 
aus  der  alleinigen  Weglassung  des  letzten  Gliedes  entstehende  Fehler.  Dies 
liegt  zunächst  darin,  dass  die  angewendete  Formel  überhaupt  nicht  mit  dem 
Ergebnbs  der  Praxis  übereinstimmt ,  sondern  der  Endpunkt  der  Bahn  viel 
zu  tief,  mithin  auch  der  Bogen  s  in  Vergleich  mit  £  zu  gross  giebt,  es  be- 
stätigt aber  auch  die  oben  über  die  Convergenz  der  Otto'  sehen  Eeihe  ge- 
machte Bemerkung. 

S.  Für  alle  drei  Hypothesen  giebt  die  Rechnung  die  durchfallenen 
Räume  viel  zu  gross.  Die  Fehler  A^  nehmen  allerdings  mit  den  dem  Fak- 
tor C  beigelegten  Werthen  ab ,  allein  selbst  die  kleinste  Annahme  über  C, 
welche  allenfalls  noch  mit  einigem  Schein  von  Wahrscheinlichkeit  gemacht 
werden  kann,  und  auf  die  Versuche  I.,  II.,  III.  schon  weniger  gut  als  die 
andern  Hypothesen  passt .  nämlich  C  =  1 ,  giebt  doch  noch  A  F  viel 
za  gross. 

Die  obigen  Ergebnisse  beweisen  daher  wohl  unverkennbar,  dass  bei 
Schüssen,  welche  mit  gleichen  Fulverladungen ,  aber  unter  so  verschiede- 
nen Elevationswinkeln ,  wie  bei  den  Versuchen  I.  bis  IV.  geschehen,  die 
Erlangung  der  gewünschten  Uebereinstimmung  zwischen  Theorie  und 
Praxis  ohne  Annahme  einer  seitlichen  Wirkung  der  Luft  auf  die  Geschosse 
auch  dann  unmöglich  ist ,  wenn  beim  Laden  der  letzteren  ihr  Schwerpunkt 
genau  hinter  dem  Mittelpunkt  gelegt  worden  war.  Bei  der  Annahme  eines 
seitlichen  Luftwiderstandes  S  war  keine  Veranlassung  zu  einem  Wechsel 
mit  den  Werthen  von  C  vorhanden ,  sondern  es  wurde 


und 


^='•4^+2?-.] 


i.  ==  0,00075, 
k 


vas  den  Hutton* sehen  Angaben  ungefähr  entspricht,  überall  beibehal- 
^n.    Dagegen  wurden  nach  und  nach  verschiedene  Hypothesen  über  die 

yt 
Grösse  von  5,  d.  h.  verschiedene  Werthe  von  — —  versucht.     Die  Ergeb- 

ah 

^t«se  dieser  Untersuchung  enthält  die  folgende  Tabelle,  welche  nach  dem 
^^reits  oben  Bemerkten  von  selbst  verständlich  sein  wird. 


Ballistische  UoterBuctiingen. 


■WT^wV^H'»->^*lfV^-"l^^-,'>*^^*'-*<«>i^-,--V'W%«i^^*V*^ 


Reihe,  und  daber  ist  die  Abnahme  dieser  letzteren  Glieder  eine  Bchoinbur 
sehr  iiurogelmässige.  Dasselbe  tnigt  sich  aber,  wenn  auch  iu  geringer etp 
Maasse,    auf  die   aus   ihr  durelj  lute^^ratiou  her  vorgehenden  lieihen    für 

—^  und  für  v,  über.  So  würde  man  ä.  B*  in  dieser  letzteren  Reihe  ^  deren 
da: 

Anfang  die  Gleichung  J3)  *)  gieht,  dtirch  willkiirlichcs  Abbrechen  derselben 

bei  dem  drUteu  Glicde  in  manch cu  Fällen  einen  grtlasern  Fehler  begebeiij 

als  wenn  man  auch  soglcicli  das  zweite  Glied  mit  wegliesse. 

Wendet  man  sich  nuu  wieder  äu  dem  Falle  einer  zeitlichen  Wirkung 

des  Luftwiderstandes  auf  die  Geschosse  und  set^t  man  iu  der  Gleichung  )0) 

flir  z  seinen  Werth  £  —  't^  ein,  so  kommt: 

14)  ^=— i-f     ei-'^-^^-ö     1 

^  dx  COS  «ai+  y(p  (d  -%>^^-ö)J   ® 

In  dieser  Gleichung  kommt  die  noch  unbestimmte  Funktion  q>  vor,  für 
welche  bei  der  empirischen  Aufstellung  des  Aui^drucks  für  die  zweite  Oom- 
posante  S  des  Luftwiderstandes  keine  andere  Bedingung  vorbehalten  wurde, 
als  dass  9  w^ahrend  der  ganzen  Daner  der  Bewegung  keine  von  der  Einheit 
sehr  verschiedenen  Werthe  annehmen  solle.  Dieser  Bedingung  aber  wird 
genügt ,  wenn  man 

setzt.  Da  nämlich  ^  and  g  für  den  Anfang  der  Bewegung  Null  and  tiber* 
haapt  in  der  ersten  Periode  'derselben  die  Differenz  (^  —  f) ,  wie  oben  er- 
wiesen wurde,  sehr  klein  ist  und  g>  nicht  selbst  bestimmt,  sondern  nur  eine 
ungefähre  Grenze  der  Werthe ,  die  es  annehmen  kann ,  gefunden  werden 
soll,  so  kann  d  gegen  e^~'^'^^  vernachlässigt,  und  indem  man  die  Brüche 
auf  beiden  Seiten  des  Gleichheitszeichens  umkehrt,  die  Gleichung  folgen- 
dermassen  geschrieben  werden 

d.  i.  auch : 

.oder 

e^-^  —  i 
(p=l —-  — 


Oben  wurde  ferner  bereits  gezeigt,  dass  tf;  —  e  bei  Flugbahnen  von 
nicht  sehr  grosser  Länge  während  der  ganzen  Dauer  der  Bewegung,  und 
bei  ungewöhnlich  langen  Bahnen  in  dem  ganzen  aufsteigenden  Ast  und 
einem  beträchtlichen  Theil  des  absteigenden  Astes  ein  sehr  kleiner  Bruch 
bleibt.    So  oft  und  so  lange  dies  stattfindet,  kann  man  daher  setzen 

*)  Wird  die  Reihe  nach  Potenzen  von  q  noch  weiter  fortgesetzt,  so  srehört  auch 
zu  dem  in  Nr.  13  aufgeführten  letzten  Gliedc  noch  ein  Theil,  welcher  ebenfalls  ^' 
zum  Faktor  hat,  dessen  VVeglassung  aber  durch  das  oben  Gesagte,  sowie  durch  den 
'ganzen  Gang  der  Entwickelung  gerechtfertigt  sein  dürfte. 


Von  W.  H.  VON  RoüVBOY.  355 

mang  des  Elevationswinkels  w  für  die  Schussweite  1900  Ellen  die  Einfalls- 
winkel der  schon  vor  der  Zielfiäche  aufgeschlagenen  Kugeln  nur  nach  der 
gewöhnlicl)ßn  ballistischen  Theorie,  ohne  Hücksicht  auf  einen  seitlichen 
Luftwiderstand  berechnet  werden  konnten ,  weil  man  die  Richtbng  und  die 
Grösse  dieses  Widerstandes  noch  nicht  kannte ;  denn  auf  diese  Weise  muss- 
ten  die  Einfallswinkel  zu  gross,  und  mithin  die  Treffpunkte  in  der  Ziel- 
fläche zu  tief  in  Rechnung  kommen,  der  passende  Elevationswinkel  w  folg- 
lich zu  gross  gefunden  werden. 

S.  Aus  einer  kleinen  Anzahl  von  Schüssen,  welche  bei  einer  späteren 
Gelegenheit  auf  die  Schussweite  von  3600  Ellen  geschehen  sind ,  und  deren 
Resultate  allerdings  nicht  zu  einer  genauen  Bestimmung  des  jener  Entfer- 
nung entsprechenden  Elevationswinkels  w  ausreichen,  geht  doch  so  viel 
liervor,  dass  in  diesem  Abstand  vom  Geschütz  ^tgrv  bestimmt  schon  ne- 
gativ geworden  ist ,  mithin  ein  fortwährendes  Wachsen  von  ^  ig  w  weit 
über  die  Schussweite   1900  Ellen   hinaus  nicht  eintritt.     Die   Hypothese 

F* 

—  dürfte  daher  bei  der  Zusammenstellung  der  vier  Versuche  I. ,  II. ,  III. 
üh 

und  IV.  die  gewünschte  Uebereinstimmung  zwischen  Theorie  und  Praxis 
wenigstens  insoweit  gewähren ,  als  es  für  die  letztere  von  Nutzen  ist ,  und 
ohne  Anwendung  von  sehr  weitläufigen,  nach  den  Potenzen  von  gk  \x,  s«w. 
entwickelten  Formeln  überhaupt  beansprucht  werden  kann.  Es  mögen 
daher  hier  noch  einige  weitere  auf  dieselbe  Hypothese  gegründete  Erör- 
terungen folgen: 

Da  in  dem  erhaltenen  Mittelwerth 


-^1  —  qK  — — 


die  noch  unbekannte  Grösse  m  vorkommt,  so  konnte  die  anföngliche  Ge- 
schwindigkeit F nicht  hieraus,  sondern  nur  aus  den  beobachteten  Flugzei- 
ten vermittelst  der  Gleichung  28)  oder  29)  berechnet  werden. 

Man  erhielt  hierbei ,  je  nachdem  die  Flugzeit  des  ersten ,  zweiten  oder 
dritten  Versuchs  zum  Grunde  gelegt  wurde: 

Aus  der  Flugzeit  I.      F  =  715  Ellen 
„       „         „         II.    F  =  721     „ 
„       „  „         m.F  =  7D8     „ 

Nach  dem  bereits  oben  über  die  Beobachtung  der  gedachten  Zeiten 
Und  über  die  anfänglichen  Geschwindigkeiten  der  Geschosse  Bemerkten  ist 

^^  =  769  Ellen  bestimmt  zu  gross ,  und  mithin  die  entsprechende  Zeit  zu 
klein.  Auch  die  anderen  beiden  Zeiten  sind  wahrscheinlich  wenigstens  in- 
sofern zu  klein,  als  die  zu  denselben  gehörigen  Hunderttheile  von  Secun- 
den  nicht  mit  beobachtet  werden  konnten.  Da  nun  auch  die  beiden  aus 
ibnen  abgeleiteten  Geschwindigkeiten  im  Vergleich  mit  der  bei  dem  längern 
französischen  Geschütz  erhaltenen  noch  etwas  zu  gross  erscheinen ,  so  wird 
Haan  gewiss  wenig  fehlgreifen,  wenn  man  jene  Zeiten  anstatt  1,6"  und  2,8 '' 
etwa  l,64"'und  2,87"  annimmt.  Alsdann  folgt  aus  der  ersten  Zeit  F=698 
Sollen  und   aus    der   zweiten  Zeit   F  =±  703  Ellen ;    im  Durchschnitt  also 

1^  =  700,5  Ellen.     Benutzt  man  diese  letztere  Geschwindigkeit,  um  nach 

den  Gleichungen  30),  31)  und  32)  m^  G  und  C^o  zu  berechnen,  so  ergiebt  sich 

9n  =  3  Ellen  und 


I 


'=[-=+ '«.33  (^-^^4äj)]^"-- 


das  i  El  Versuch  III.  am  Ende  der  Bahn  G  ^^  6,025  Kllen,   End- 

lich —     -.Anfang  der  Bewegung  die  Be&cbleiLnigung  der  Kraft  S\ 

C^j=0,l  Elleuj 
d»f  isi  also  ganz  unmerklich. 

Nimmt  man  die  antlinglkbe  Geschwindigkeit  V  so  an^  wie  sich  die- 
selbe aus  den  beiden  eraten  ohne  llundorttheile  von  Secunden  augefüLrtcn 
Flugzeiten  ergiebt,  so  wird  die  Beschleunigung  der  Kraft  S  Tür  den  An- 
fang der  Bewegung  ^^  —  0  J6  Ellen  und  erst  nach  einiger  Zeit  positiv.  Die 
Kraft  S  müsste  a!öo  im  Anfang  der  Bewegung  von  oben  nach  natca 
drücken f  und  dann,  durch  Null  hindurchgehend,  ibre  Richtung  umkeUret)^ 
und  da  dieä  nicht  wabr^cheinlich  ist.,  so  spricht  auch  dieser  Umstand  für 
die  oben  allerdings  nur  willkürlich  vorgenommene  Kinzufügung  von  Ilan- 
dcrtth eilen  der  Secunden  zu  den  nur  bia  zu  den  Zehntheilseeunden  aogege- 
benen  Zeiten. 


Ueber  die  Beduotion  gewisser  vielfttcller  Integrale. 

(Nach  Liouville's  Memoire  sur  la  riduction  de  classes  tris - ^iendues  d' integrales m**^' 
tiples.  Jowmal  de  Malhdmatiques ;  deuxikme  siiie,  Tome  7.  Aout  1856). 


Mittelst  eines  von  L i o u  v il  1  e  angegebenen  und  im  3.  Hefte  dieser  Ze^\ 
Schrift   S.  184  mitgetheilten  Verfahrens  findet  sich  der  Werth  des  (n  — 
fachen  Integrales 

1)       y    /..e   v'*■^'*■••■*■^■^i^]^T^.)a:»~*y«~^./"^^'da:rfy...^ 


0    0 


7=  (2^)' 


2      p  —  nk. 


/IT 

Hieraus  können  nach  eiaer  späteren  Bemerkung  des  Verfassers  noch  mebrei 
interessante  Ergebnisse  abgeleitet  werden. 
Führt  man  in  das  n  fache  Integral 

..^-('+y+-+'+«)9,(xy..fw)a:'*y''...M    '^    dxdy...duy 

Ö    Ö 

worin  q>  eine  beliebige  Funktion  bezeichnet  (natürlich  der  Art,  dass  da^ 
Integral  einen  bestimmten  Werth  erhält)  die  neue  Variabele  k  mittelst  de^^ 
Substitution 


//■ 


Von  W.  H.  VON  RoüVEOT.  345 

In  dem  zweiten  der  obigen  Fälle  ist 
I 
X=jlognat(^l  +  lei^d^ 

=  /  log  nut  ^1  +  i  cf  j  d|  +  /%  nat  (•  +  ^  c^)  rf| 
Endlich  hat  man  noch /*(!)  =  ^j»*  und  mithin: 

z=j«.-^(I)-/-(i:)  +  4(i-i)« 

Setzt  man  nun  diese  Werthe  von  X\vl  die  Gleichung  21)  ein,  so  er- 
giebt  sich: 

d)  für  den  Fall ,  dass  e^  <  r  d.  h.  |  <  iL  ist 
24),  =  .^.-?-*[-ia|'+i(/(!,')-/-(l)-|/o,««.(.  +  i))] 
li)  wenn  e5>r  d.  h.  5>A  ist 
25)  y=x.,«-g[-i«|.  +  i(*«.  _/-(l)_/-(^^)  +  4(g_i). 

Bei  der  Entwickelung  aller  vorstehenden  Gleichungen  wurde,  wie 
gleich  anfänglich  bemerkt ,  die  Voraussetzung  gemacht ,  dass  h  und  mithin 
den  Gleichungen  9)  und  17)  gemäss  auch  u  und  r  positiv  sei.  Tritt  der  ent- 
gegengesetzte Fall  ein,  so  erhält  t  ebenfalls  entgegengesetzte  Vorzeichen. 
Bei  der  Bestimmung  von  t/;  —  z  sind  alsdann  die  Zahlenwerthe  der  einzel- 
nen Grössen  t^  und  e  da  zu  addiren,  wo  dieselben  im  ersten  Falle  subtra- 
hirt  wurden ,  und  so  umgekehrt.  Die  Differenz  tf;  —  e  wird  mithin  nun  im 
aufsteigenden  Ast  der  Bahn  und  in  dem  nächst  daran  grenzenden  Theil  des 
absteigenden  Astes  grösser  als  bei  der  oben  geführten  Untersuchung,  in  dem 
hinteren  Theil  des  absteigenden  Astes  hingegen  kleiner  als  oben.  Da  aber 
gerade  während  des  ersten  Theils  der  Bewegung  sowohl  tf;,  als  das  nun  ne- 
gative i  nur  sehr  kleine  Werthe  haben ,  und  mitbin  4tuch  ^  —  t  doch  nur 


r  ^  _       _ 

r  die  Reduction  gewisser  Tielfaclier  Integrale, 


der  Bädmgtiiig  i^>ir>0  d.  h-  b"^  xy  , ,  ,u  >Q  nicht  genügen,  und  daa 
Integral  bezieht  sich  dann  nur  auf  ftllo  positiven  die  Ungleichung 

3)  i^>^^,.  • .  «>0 

befriedigenden  Werthö  der  Variabelen  a:»  ^  .  . .  »;  dies  giebt  die  IntogfÄl- 
formel 

0      1  »— ] 


e 
=  j/lT  (2  jf)'^^  /  e- "  *  9  (Ar")  Jt "- 1  dit, 
0 

WO  c  =  ^^  gesetzt  und  die  Bedingung  3)  festzuhalten  ist* 

Das  Verfahren,  welches  früher  cur  Entwickeiung  der  anfangs  orwäbn- 
teu  Fundameutalformel  angewendet  wurde ,  führt  auch  xur  Keduction  des 
(h  —  1)  fachen  Integrales 

worin  h  und  k  beliebige  Constanten  besei^hnen.   Nennen  wir  V  den  Werih 
des  Integrales,  so  finden  wir  leicht 

0    0 


/  n         . 

X  .  ,.t 
0    Ö 

Führen  wir  in  das  vorstehende  Integral  eine  neue  Variabele  |  ein  mit- 
telst der  Substitution 


80  erhalten  wir 

dV 


dk 

JSDCC 


,dtäl 


wobei  es  nun  auch  erlaubt  ist,  y,  z . .  .  g  durch  xr,  y  . .  .  /  zu  ersetzen.  Da^^ 
haben  wir  aber 


dV  _      dV 
dk  ~''  dh 


und  das  vollständige  Integral  dieser  partiellen  Differentialgleichung  la^te' 
worin  ^  eine  willkürliche  Funktion  bezeichnet.    Diese  bestimmt  sich  durch 


Von  W.  H.  VON  RovvROY.  347 


,.,=.u[,,^-,/^y 


gVq-d-i 


oder  da  y  =  c*  und  für  1  =  0  auch  <  =  0  ist 


Eine  zur  Anwendupg  bequeme  Formel  für  das  Produkt  Vi  erhält  man, 
wenn  in  der  obigen  Gleichung  {e^  —  ö)^  in  einer  Reihe  entwickelt  wird. 
Dies  giebt : 

29)    Vdi  =  aik  (cH-  lie-ii—l  S^e^ii  ....)d^ 
und 

wobei  natürlich  beide  Parenthesen  mit  gleichen  Potenzen  von  d  abgebrochen 
werden  müssen. 

Ist  V  aus  der  Gleichung  28  oder  24 ,  oder  auf  andere  Weise  gefunden 
worden,  und  aus  den  bei  gleichen  Pulverladungeu  aber  verschiedenen  Ele- 
vationswinkeln  beschriebenen  Bahnen  eines  Geschosses 

bestimmt  worden ,  so  erhält  man 

""  "=7(t)'-»- 

Wurde  dann  aus  denselben  Bahnen  auch  v 

ah 


9) 


V*co^w 


berechnet,  so  ergiebt  sich  die  Beschleunigung  der  Kraft  5,  welche  durch 

G  bezeichnet  werden  möge,  aus  dem  sogleich  ursprünglich  für  dieselbe  auf: 

gestellten  Ausdruck,  in  Verbindung  mit  den  Gleichungen  16)  und  8). 

Unter  der,  bereits  bei  der  Bestimmung  von  V  gemachten  Voraussetzung 

d  oc 
eines  kleinen  Elevationswinkels  kann  hierbei  —-  =  1    und  g?  =  1   gesetzt 

as 

werden ,  und  man  erhält  daher : 

/       e^  —  i       \ 

^-+  et  — d^ 
u 


352 


Ballistiiche  Untersuchungen, 


j^ /^«;  =:  Tangente  de«  oben  Angegebenen »  unmittelbar  ans  dem  Versoch 
ÄU*^eleit(^ten  —  Tangente  das  durch  die  Reclumng  gefundenen 
Klevationswinkelsi 

l'  difi  aus  dem  Mittelwertb  Ji  ^=  qk  bereclinete  anfängHche  Geschwindig- 
keit,  und  ebenfalls  unter  der  Annahme  von  o  =^  —  A  t 

k 

.  ,r„  =  j«A  «11  m  {le^i  -  (|_  I)  ,t  _  4S _  J) 

endlieh 

^Fzn=F —  1174  Ellen,  das  ist  also  das,  um  wm  die  ballistisclie  Fnrtnel 
den  von  dem  Geachoss  am  Ende  der  Bahn  dnrehfallenen  Raum 

zu  gross  giebt: 


C=l,2[l+^],fiir 

den  Anfanjjp  der  Bewe^ 
pingalüo^^  1,8. 

C=l,2,  mithm  «—1 
lind  d=ÄO, 

C=i\,  raithSa  «r^l 
und  ff  =1=0, 

I. 

IL 

IIL 

^ 

11* 

HL 

L 

U. 

111. 

J?^= 

900  EIL 

14<I0EII 

1000  Ell 

000  Ell, 

1400  Ell. 

lOOOEU. 

OOOEIU 

1400E11 

1000  Ell 

A^ 

'  87,^140 

85,7S& 

82,547 

04,305 

65,9*12 

00,427 

00,54  i 

10Uft7 

105,42 

At0ip^ 

0,0005 

0,0<i03 

-0,002 

-0,0000 

0,0002 

0,li008 

~0,0<H 

0,0002 

0,002 

A 

8&,190 

ßö,505 

101,21 

r 

•       7S6  Ellen 

085  Ellen 

ÖflÜ  Ellen              1 

IV 

,  iE  =  4490  Ellen. 

-x„ 

+  2231     Ellen 
-   2^8,7     ,. 
^    201,0     „ 

+  1840,5  Ellen 
—    153,3      „ 
+    110,5      „ 

+  1455,2  Ellen 
-      76,5      „ 
+      44,3      „ 

F 

2034,2  Ellen 

1815,7  Ellen 

1423  Ellen 

AF 

K 

)60,2  EU« 

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>4l,7Klh 

in 

249  Ellen              1 

Aus  der  Betracbtung  dieser  Ergebnisse  der  Becbnung  geht  Folgendes 

liervor. 

1-  Solange  es  sich  allein  nm  die  drei  ersten  Versuche  bandelt,  gewährt 
jede  der  drei  verschiedenen  Hypotheson  über  C  insoweit  eine  Uebereinatira- 
mnng  zwischen  Theorie  und  Praxis ,  als  die  dabei  übrig  bleibenden  Fehler 
von  tgtv  die  oben  angefiihrten  Grenzen  der  waiirscbeinlichon  Fehler  nicht, 
oder  docb  hocbütens  nur  wenig  überschreiten.  Bei  der  zweiten  Hypothese 
sind  aber  diene  Fehler  am  kleinsten,  und  es  ist  etgenthümlicb ,  dass  über- 
haupt ähnliche  Aunabmen  über  C  zur  Zusainmenstellnng  von  dergleirhfn 
flachen  Bahnen^  ohne  Annahme  eines  seitlichen  Luftwiderstandes  der  Luft 


Von  W.  H.  VON  RouvBOY.  353 

am  besten  zu  passen  scheinen.  So  erhielt  z.  B.  der  Verfasser  schon  in  frü- 
herer Zeit  bei  einer  Untersuchung  über  Bahnen  derselben,  jedoch  mit  grösse- 
ren Pulverladungen  wie  bei  den  obigen  Versuchen  abgeschossenen  Geschütz- 
kugeln durch  die  Methode  der  kleinsten  Quadrate  C=  1,15.  Am  wenigsten 
passt  endlich  unter  den  drei  oben  angefahrten  Hypothesen  die  letzte  C=  1 ; 
inwiefern  ein  so  kleiner  Werth  von  C  auch  aus  theoretischen  Gründen  un- 
wahrscheinlich ist,  wurde  bereits  in  der  Einleitung  bemerkt. 

2.  Bei  der  Anwendung  des  aus  den  Versuchen  L,  ü.  und  IIL  abgelei- 
teten Mittelwerthes  A^  =  Qk  auf  den  Versuch  IV.  föllt  wohl  zunächst  die 
geringe  Verschiedenheit  der  Glieder  JC„  und  X,„  in  das  Auge ,  welche  sich 
in  allen  drei  Fällen  zum'  grössten  Theil  aufheben ,  so  dass  der  Fehler  der 
gleichzeitigen  Weglassung  beider  Glieder  weit  geringer  sein  würde,  als  der 
aus  der  alleinigen  Weglassung  des  letzten  Gliedes  entstehende  Fehler.  Dies 
liegt  zunächst  darin,  dass  die  angewendete  Formel  überhaupt  nicht  mit  dem 
Ergebniss  der  Praxis  übereinstimmt ,  sondern  der  Endpunkt  der  Bahn  viel 
zu  tief,  mithin  auch  der  Bogen  s  in  Vergleich  mit  £  zu  gross  giebt,  es  be- 
stätigt aber  auch  die  oben  über  die  Convergenz  der. Otto* sehen  Keihe  ge- 
machte Bemerkung. 

3.  Für  alle  drei  Hypothesen  giebt  die  Rechnung  die  durchfallenen 
Räume  viel  zu  gross.  Die  Fehler  A-^  nehmen  allerdings  mit  den  dem  Fak- 
tor C  beigelegten  Werthen  ab ,  allein  selbst  die  kleinste  Annahme  über  C, 
welche  allenfalls  noch  mit  einigem  Schein  von  Wahrscheinlichkeit  gemacht 
werden  kann,  und  auf  die  Versuche  L,  IL,  UI.  schon  weniger  gut  als  die 
andern  Hypothesen  passt .  nämlich  C  ==  l  y  giebt  doch  noch  A  F  viel 
zu  gross. 

Die  obigen  Ergebnisse  beweisen  daher  wohl  unverkennbar,  dass  bei 
Schüssen,  welche  mit  gleichen  Pulverladungen,  aber  unter  so  verschiede- 
nen Elevationswinkeln ,  wie  bei  den  Versuchen  I.  bis  IV.  geschehen ,  die 
Erlangung  der  gewünschten  Uebereinstimmung  zwischen  Theorie  und 
Praxis  ohne  Annahme  einer  seitlichen  Wirkung  der  Luft  auf  die  Geschosse 
auch  dann  unmöglich  ist,  wenn  beim  Laden  der  letzteren  ihr  Schwerpunkt 
genau  hinter  dem  Mittelpunkt  gelegt  worden  war.  Bei  der  Annahme  eines 
seitlichen  Luftwiderstandes  S  war  keine  Veranlassung  zu  einem  Wechsel 
mit  den  Werthen  von  C  vorhanden ,  sondern  es  wurde 


und 


'=''4^  +  äF.] 


1  =  0,00075^ 


was  den  Hutton 'sehen  Angaben  ungefähr,  entspricht,  überall  beibehal- 
ten.   Dagegen  wurden  nach  und  nach  verschiedene  Hypothesen  über  die 

F* 
Grösse  von  5,  d.  h.  verschiedene  Werthe  von  — —  versucht.     Die  Ergeb- 

ah 

nisse  dieser  Untersuchung  enthält  die  folgende  Tabelle,  welche  nach  dem 

bereits  oben  Bemerkten  von  selbst  verständlich  sein  wird. 


583  ie  Rednction  gewisser  vielfacher  Integralg, 

Für  n  =;  2  kann  man  diefie  merkwürdig©  Formel  leicht  Terifieiten  imd  dS"^'^ 
Integralo  geometrisch  deuten.   Das  Doppelmtegral 

r=^ffnx  +  y)g^  (x|^)  i,*  d^  tfy 

Iftsflt  sich  nämlicli  als  ein  Volnmen  betrachten,  welches  oberhalb  dnrch  di  ^^»« 
Fläche  s  :=  /"  (ü?  +  ^)  <p  C^y)  y^  begrenzt  wii  l  tind  zur  Basis  eine  ans  dcn^^^"" 
DnrchicKnitte  einer  Geraden  mit  einer  gleichseitigen  Hjperbel  eotaprin.^  ~'' 
genden  Figur  hat.  Um  letztere  zu  construiren ,  denke  man  sich  gnn&cb.  i  i^t 
eine  Gerade,  die  von  der  x  -  Achse  das  StUck  OA  ^^  h  nnd  von  der  y  -  Äcba^  -^e 
das  gleiche  Stück  OB=^h  abschneidet;  die  erste  Bedingung  A  >  ^  +  y>*'  ^ 
charakteriairt  dann  alle  inn^halb  des  Dreiecks  JOB  liegenden  Funkte  x^ 
Die  zweite  Bedingung  A*  >■  xy  >■  0  sagt,  dass  der  Punkt  zwischen  den  Coor 
dinatenach»en  und  der  durch  die  Gleichung  xy  =  k'  bestimmten  gl  eiche  ei 
tigen  II]rperbe],  deren  Asymptoten  die  Coordinatenachsen  sind,  liegen  muse 
Wenn  nun  die  Gerade  AB  die  Hyperbel  in  zwei  Punkten  C  und  i>  achne^^^^i- 
det,  was  für  Ar'<  |^  der  ^all  Ist,  so  können  beide  Bedingungen ' zusamme  :^^sn 
bestehen  und  der  Punkt  xy  hat  die  Fläche  des  gemischtlimgen  Fänfec^^^^is 
AGB D€A  zum  Spielraum;  dieses  Fünfeck  ist  die  Basis  des  Volumens  V~ 
Bei  der  Symmetrie  der  Figur  bleibt  V  Dasselbe ,  wenn  auch  die  CoordinE 
ten  vertauscht  werden ,  also 

^=JJ  f(^  +  y)  (p{xy)x^dxdy 


nnd  femer 


V  =  kfjfix  +  y)  9Vy)(/^  +  }/l)dxdy. 


Mittelst  der  Substitutionen 

x  +  y  =  H  +  n^     xy  =  ^ 
erhält  man 

nnd  nach  der  bekannten  Regel  für  die  Einführung  neuer  Yariabelen 


Demnach  wird 


y*in+v 


=  d^df,. 


y = "^fff  {n+n)9  (!•)  -F=rfi  rf» 


V^ 


Nach  LiouviLLE. 


363 


und  hier  beziehen  sich  die  Integrationen  anf  alle  positiven  |  nnd  17,  welche 
den  Bedingnngen 

Ä>2S  +  i?>0,      Ä»>6*>0 
gleichzeitig  genügen ;  daraus  ergeben  sich  die  Grenzen  £  =  0  nnd  £  =  Ar, 
sowie  1}  =  0  und  1}  =  A  —  2| ,  endlich  ist 

Ar    A— 26 

0    0  '^^ 


und  dieses  Resultat  stimmt  mit  der  Formel  12)  für  n  :=  2  überein.  In  der 
letzten  Form  bedeutet  V  das  Doppelte  eines  anderen  Volumens  mit  trapez- 
förmiger Basis ;  dieses  Trapez  wird  Ton  den  Coordinatenachsen  der  £  und 
1},  Ton  einer  in  der  Entfernung  k  parallel  zur  1;- Achse  gehenden  Geraden 
und  endlich  Ton  einer  Geraden  gebildet ,  die  auf  der  £  -  Achse  die  Strecke 
^h  nnd  auf  der  1}- Achse  die  Strecke  h  abschneidet. 


XX. 

Heber  einige  Arten   der  mechanischen  Beschreibung  der 

Ellipse  und  über  den  Satz  von  Fagnano. 

Von  C.  Küpper  in  Trier. 


Ich  knüpfe  meine  Betrachtungen  an  folgenden  Satz  an : 

Wenn  eine  gerade  Linie  Ton  unveränderlicher  Länge  mit  ihren  End- 
punkten anf  den  Schenkeln  eines  rechten  Winkels  gleitet ,  so  beschreibt 
irgend  ein  Punkt  derselben  eine  Ellipse ,  deren  Halbachsen  die  Segmente 
sind,  in  welche  dieser  Punkt  die  bewegliche  Linie  theilt. 

Fig.  2,  XY  sei  die  bewegliche  Ge- 
rade, MX^  MYdie  Schenkel  des  rech- 
ten Winkels,  C  der  beschreibende  Punkt. 
Stellen  wir  uns  vor,  das  Rechteck 
MXN  Y  sei  mit  X  Y  beweglich ,  so  be- 
schreibt die  Ecke  N  einen  Kreis  um  den 
fnnkt  itf ,  dessen  Radius  X  Y  ist.  Zie- 
hen wir  nun  CA  normal  auf  MX^  CB 
nonnal  auf  ilfF,  so  erhalten  wir  auf  der 
Diagonale  MN  zwei  Punkte,  Aj  B,  deren 
Oerter  zwei  Kreise  sind,  welche  iifzum 
Mittelpunkt  und  zu  Radien  beziehlich 
MA—CY  —  a,  und  MB  —  CX—h 
haben. 

Das8  nun  der  Ort  Ton  C  eine  Ellipse 
ist,  welche  a,  h  zu  Halbachsen  hat,  er- 
giebt  sich  daraus,  dass  AA'  \CA  =  a'.h 
'=^Const.f  und  somit  die  Curve,  welche 
C  beschreibt,  als  rechtwinklige  Projek- 
tion des  Kreises  erscheint,  auf  welchem 


35&  BalÜBtische  UnterÄuchimgen, 


^AÄjürfü^iÄÄ^f 


""=[-'+ '^Hmr^]^ 


Ellen, 

daa  Ist  5£,  Bn  beim  Versuch  IIL  am  Ende  der  Bahn  G  =  6,025  Ellen,    End- 
lich Ist  für  den  Anfang  der  Bewegung  die  Beschleunigung  der  Kraft  Sz 

Cg  =  0,l  Ellen, 
ans  ist  also  ganz  unmerklich. 

Nimmt  man  die  anffingliehe  Geschwindigkeit  F  so  an^  wie  sieh  die- 
selbe aus  den  beiden  ersten  ohne  Hunderttheile  von  Secunden  angeführten 
Flugzeiten  ergrebt,  so  wird  die  Beschleunigung  der  Kraft  S  für  den  An- 
fang der  Bewegung  =  —  Ojö  Ellen  und  erst  nach  einiger  Zeit  positiv.  Die 
Krnft  S  müsste  also  im  Anfang  der  Bewegung  von  oben  nach  unten 
drücken,  nnd  dann,  durch  NuH  hindurchgehend,  ihre  ftichtnng  nuikehren,' 
und  da  dies  nicht  wahrsebeiulicb  ist,  so  spricht  auch  dieser  Umstand  für 
die  oben  allerdings  nur  TÄiUkUrlich  vorgenommene  Hinzufügung  von  Hun- 
derttheilen  der  Secunden  zu  den  nur  bis  zu  den  Zehntheilsecuuden  angege- 
benen Zeiten« 


XIX. 
üeber  die  Beduotion  gewisser  yiellkcher  Integrale. 

(Nach  Liouville* 8  Mimoire  svr  In  riduction  de  classes  (res - ^tendues  d' integrales  mul- 
tiples. Jow^ial  d£  Mathömatiques ;  deiucienie  sine,  Tome  /.  Aout  1856). 


Mittelst  eines  von  Liou  ville  angegebenen  und  im  3.  Hefte  dieser  Zeit- 
schrift S.  184  mitgetheilten  Verfahrens  findet  sich  der  Werth  des  (n  —  1) 
fachen  Integrales 

I)         j      I  .,e    \  ^^xy..fj^n  yn  _^     n  dxdy.,,dt 

0      0 

1  ^^ 

yn 

ELieraus  können  nach  eiaer  späteren  Bemerkung  des  Verfassers  noch  mehrere 
interessante  Ergebnisse  abgeleitet  werden. 
Führt  man  in  das  n  fache  Integral 

..e-<'+y+-+'+«)9)(a:y..^t<)a;''y'»...ii    "    dxdy.,.du, 

0    0 

worin  (p  eine  beliebige  Funktion  bezeichnet  (natürlich  der  Art,  dass  das 
Integral  einen  bestimmten  Werth  erhält)  die  neue  Variabele  k  mittelst  der 
Substitution 


// 


Kreise,  dcsften  Hadiiis  0C===-— — |  ferner  bilden  die  Radien  MO^  OC  mit 
MM  fiÄcli  entgegengesetzter  Seite  gleiche  Winkel.  Also : 

Wenn  eine  Gerade  MO  von  unveränderlicher  Lange  mn  einen  ihrer 
Endpunkte  (itf)  sich  dreht,  während  eine  andere  constante  Gerade 
($V  um  den  andern  Endpunkt  0  sich  in  entgegengesetztem  Sinne,  aber 
mit  gleicher  Winkelgeschwindigkeit  dreht,  bo  beschreibt  der  freie 
Endpunkt  C  dieser  Geraden  eino  Ellipse,  deren  beide  Halbachsen 
MO  +  0€  und  MO  —  OC  sind.  Die  Normale  der  Ellipse  erhält  mau, 
weun  man  den  ersten  liadins  MO  um  ein  gleicheH  Sttlck  ÖiViiber  0 
hinaus  verlängert  und  N  mit  C  verbindet 

Betraehten  wir  das  Parallelogramm,  MO€ö\  so  giebt  dieses; 

Wenn  eine  Ecke  eines  Parallelogrammes  festgehalten  wird,  and  diä 
^^^  beiden,  in  dieser  Ecke  zuaammenstossenden  Seiten  in  entgegengesetz- 
^^B  tem  Sinne,  mit  gleicher  Winkelgeschwindigkeit  rotiren,  so  beschreibt 
^^H  die  gegenüberUegende  Ecke  eine  Ellipse,  deren  Achsen  in  den  un* 
^^B  veränderlichen  Halbirungtjliuien  des  innem  und  äussern  Winkels  an 
^^^  der  festen  Ecke  liegen,  deren  grosse  Halbachse  der  Summe,  deren 
H  kleine  Halbachse  der  Differenz  zweier  zusammenstosscnder  Seiten  im 

I  Parallelogramme  gleich  ist, 

■  3)   Betrachten  wir  das  gleichschenkelige  Dreieck  MOX  (oder  MÖX*)x 

■  Wenn  ein  gleichachenklidies  Dreieck^  dessen  gleiche  Seiten  nnver- 
I  änderlich  sind,  so  seine  Gestalt  verändert,  dass  ein  Endpunkt  seiner 
^^_  Grundlinie  fest  bleibt,  während  der  andere  die  Gerade  durchUnft,  in 
^^H  wr>lcher  die  Grundlinie  Hegt,  so  beschreibt  irgend  ein  Punkt  der  der 
^^^  festen  Ecke  gegenüberliegenden  Seite  eine  Ellipse. 

W  4)    Mit  MO  beschreibe  um  3/ einen  Kreis,   und  lasse  eine  Gerade  Ml 

S*eieh  dem  Radius  MO  sich  so  bewegen,  dass  der  eine  Endpunkt  den  Kreis, 
jler  Hadere  eine  durch  deu  Mittelpunkt  des  Kreises  gehende  Gerade  durch- 
lltiafi^  80  beschreibt  jeder  Punkt  dieser  Geraden  eine  Ellipse« 

5)  Fig.  4*  Wenn  ein  Kreis  0  in  einem  andern  {M)  von  doppeltem  Um- 
^^ge  rollt,  so  beschreibt  bekanntlich  jeder  Punkt  des  Umfanges  jenes 
f^^eises  eine  Gerade  und  zwar  einen  Durchmesser  des  Gnindkreises  {M), 
^ie  Endpunkte  eines  Durchmessers  des  Kreises  (0)  gleiten  mithin  bei  der 
*^^wegung  dieses  Kreises  auf  den  Schenkeln  eines  rechten  Winkels,  Dem- 
'^^Mib  beschreibt  jeder  Punkt  eines  solchen  DurchmeRsers  eine  Ellipse,  Wenti 
^^«n  die  Ebene  als  ein  festes  mit  dem  rollenden  Kreise  (O)  unveränderlich 
,^^^^  rhu  a  den  es  System  betrachtet,  so  beschreibt  jeder  Punkt  derselben  eino 
"^^llipse,  deren  Halbachsen  die  gro.sste  nnd  kleinste  Linie  sind,  welche  von 


*S(*jn  Punkt  nach  dem  Umfang  des  rollenden  Kreises  sich  ziehen  lassen, 
«ifi  Stück  der  Normale   zwischen  dem  beschreibenden  Punkt  C  und  dem 


V*ge^nblicklicben  Drehpunkt  N  des  Systems  ist  der  Hälfte  des  äu  CM  gebii- 

*^en  conjugirten  Durchmessers  gleich« 
,  Denken  wir  uns  durch  den  beschreibenden  Funkt  eine  beliebige  Se- 

^*Hite  fur  den  Kreis  (''),  so  bleiben  die  Etidimnkte  der  in  ihr  liegenden 
^^liDe  auf  swei  Gera*len,  und  man  überzeugt  sieh,  dass,  wenn  eine  Gerade 

^*^n  constanter  LMnge  L  mit  ihren  Endpunkten  auf  den  Schenkeln  eines 
'Kinkels  von  beliebiger  Grösse  g?  gleitet,  jeder  Punkt  derselben  eine  El- 


k 


366        Ueber  die  mecbaniache  Beechreibiuig  der  Kllipse  etc< 


lips©  besebreibt,  fttr  welche  der  Anedruek  — —  entweder  die  H&lbaclifien- 

'^  SVi  7? 

Summe  oder  deren  Differena  angiebt,  je  nachdem  der  beschreibende  Ptiiikt 
ftuf  der  Gongtauten  Strecke  selbst,  oder  auf  deren  Verlängcrnng  liegt.  E« 
ist  leicht  za  erkennen,  wie  die  Achsen  der  Ellipse  construirt  werden» 

6)   In  Flg.  4.  sei  (0)  die  Lage  des  rollenden  Kreises ,  bei  welcher  der 
beschreibende  Pnukt  mit  dem  Endpunkt  X  der  grossen  Aebse  der  tod  ihm 

Fig.  #. 


beschriebenen  Ellipse  zusammenfallt.  Der  Kreis  (0)  möge  in  der  Richt^^^^ 
des  Pfeils  rollen.  Zieht  man  die  Gerade  MPN,  so  wird  einmal  der  P^°^  V^ 
mit  dem  Punkte  N  zusammenfallen,  und  um  die  Lage  Czu  bekommen,  wel^^ 
dann  der  beschreibende  Punkt  einnimmt,  verfahre  man  so :  der  Durchme»  ^^^ 
PL  fällt  mit  NM  zusammen  und  weil  L  NMV  =  L  PLL\  so  nimmt  die  Se?  ^^^ 
LX  des  Dreiecks  PLX  die  Lage  ML'  an;  mithin  hat  man  immer  ML'      ^ 
verlängern  und  darauf  ^C  =  ATZ  abzuschneiden.    Nach  dem,  was  oben  1^    -^ 
wiesen  worden ,  ist  CN  im  Punkte  C  normal  auf  der  Ellipse  und  zugle? 
halb  so  lang ,  wie  der  zu  CM  gehörige  conjugirte  Durchmesser.   Die  La 
dieses  Durchmessers  lässt  sich  finden,  wie  folgt: 

Ich  verlängere  XP^  bis  diese  Linieden  Kreis  wieder  in  P'  trifft,  u' 
ziehe  MP'  N'.  Bei  der  Bewegung  des  Kreises  (0)  wird  das  Dreie 
XLP  auf  das  ihm  congruente  CMN  gelegt.  Da  aber  L  PLP'  =  L  PMf 


Nach  LiouviLLB.  359 

die  Supposition  Ar  =  0;  man  hat  dann  vennöge  der  nrsprttnglichen  Bedeu- 
tung von  V 


i-i  i-i    — ' 


d.  i.  nach  einer  bekannten  Formel*) 


*)  Im  2>«  Hefte  S.  75  findet  eiah  die  Formel 

.  JJ  i''~^fl'~^-'9(i  +  n+'")äidn.'.. 

0 
bei  welcher  Tonraa^eeetst  ist,  due  die  Ihtegntionen  linker  H«nd  anf  alle  poeiti^en, 
der  Ungleichung 

l>l  +  i|  +  ...>0 

genügenden  | ,  17  . . .  beiogen  werden.  Setit  man  |  ^  — ,  17 =-^  etc.,  9  (q)  =zF(a^), 

so  wird 

1 

r(«+«+...)J  ^  ^^«e;«^ 

mit  der  Bedingong 

a>«  +  y+...  >0; 

mittelst  der  Substitutionen  9  es'  — ,  ^  (*)  =  /(^  "I*  *)  folgt  weiter  unter  derselben  Be- 
dingung 

/  /  ...«"•""* y""•^../'(i^  +  «+y 4-...) Ad djr 

0 

1     2 

Nimmt  man  endlich  a  =  00  nnd  schreibt  --,  ^  .  • .  für  siyfi  •  • .,  so  gelangt  man  su  der 

Formel 

j  j  ...x^      y"""    .../  •   *"  /(*+«+y+..  +  OAB*--* 

"   r(i)r(l)...r(l:^)    W».-.   , 


r«- 
"2 
welche  im  Texte  angewendet  wurde. 


1 


l 


mei-haniecho  Bcsohrcibung  der  Ellipse  etc. 


t 


le  von  d      Bndpuokten  ügb  DttrcItTiieäiirsri  der  grossen  und  kleinen 
ise  der  I       >»e  gleich  sind,  ao  igt: 
rlftT  Ä^^fltand  des  Punktes  X  ron  irgend  eineui  Panktö  P  des  Kreise» 
p^öes  bestimmteo  DurcUmesscrs  der  Ellijjsc  gleich.  - 
XMP  ist  die  exceutrisclie  Anomalie  ftir  die  Endpunkte        ^ 
messers  der  Ellipse« 
^&ariir>     des  Punktca  Ä  vom  andern  Endpunkt  L  des  siii  P  gehö* 
J  flessers  des  Kreises  itt  der  Hälfte  des  au  jenetn  Dnrck-      ^ 

ji  Hipse  conjngirten  Durchmessers  gleich* 

jivi  Sekante  XPP*  des  Kreises  (0)  and  c*inatruiren  nacK  6)  ^^ 

fl  Punt^re  C,  C  der  Ellipse,  für  welche  die  Hälften  der  zugeUöri*  - — 
lugirten  Durchmesser  beziehlich  XPund  XP*  sind,  dann  wird  die^^^ 
iz  der  elliptischen  Bohren  VC'  und  X€  sich  constniiren  lassen. 

,,.     g  Nennt  man  p  den  verSndi^r —    - 

*'    *  ITid  des  Punktes  JT  Ton  deir^^ 

i  Bogens  9?/*,  w  die  excen — 
n&lio  des  Punktes  C\  &o  läs«^  ^=t 
infucUe  Betrachtung  der  Be- 
I    Punktes   A\   während  d^^"      r 
n  Kreise  (itf)  rollt. 


zeigen 


äAs&  das  Integral    f  p  ,  dt 


den  ellipti 

sehe  n    XC    ausd  nickt,     (Wenw 

der  ivrei  0)  auf  seiner  Tangente  itv 
Punkte  9?  fortrollte,  so  würde  der  Puok- 
-V  ein   Stück   einer  C^kloide   heschrei 


ben,  welches  zum  Maass  3 


,   j p.da 
0 


hat 


^1 


Bezeichnet  man  durch  p*  deu  vei 
ände fliehen  AWand  des  Punktes  . 
von  den  Punkten  des  Bogens  MP' 
durch  w'  den  Winkel  3f3iP*  oder  d 
Coniplement  der  ex centri sehen  Anom 
He  des  Punktes  C,  so  erhält  man  ebenso^:^^  "^ 


VC 


=y>. 


d(a. 


Man  kann  auch  leicht  diese  Integrale  mit  den  auf  gewöhnlichem  Wege  er:^  ^^^ 
haltenen  identificiren ,  indem  man  /?'  durch  a,  6,  lo'  ausdrückt.  Die  Diffe^^^^^ 
renz  der  beiden  Integrale  ergiebt  sich  nun  sogleich,  wenn  man  erwägt,  das  ^ 
p  :p'  =  dfo  :  dm'  und  somit: 

pdm'  — pd(o=^  (jp  +p)  (dm  —  dm). 
Führen  wir  nun  den  Winkel  MXP=z  g)  =  (»'  —  m  ein ,  so  hat  man 

dm'  —  rfcD^rf^),     p  +  p' •=  (a  +  6)  CO*  9, 
folglich 


Nach  LiouviLLE.  361 


Setzung  hinzubringt,  dass  die  Funktionen  fnnd  9  ausserhalb  gewisser  In- 
tervalle verschwinden.  Wir  wollen  diese  Andeutung  noch  etwas  ausführen. 
Wenn  erstens  f(tv)  für  alle  ausserhalb  des  Intervalles  w  =  0  bis  w=h 
liegende  w  verschwindet,  so  bleiben  in  dem  vielfachen  Integrale  nur  dieje- 
nigen Elemente  übrig,  für  welche  h  >  x+y  -fe  ...  +  w  >  0;  in  dem  Doppel- 
integrale rechter  Hand  sind  dann  gleichfalls  nur  die  der  Bedingung 
^>''J  +  iJ>0  genügenden  Elemente  zu  behalten  und  es  werden  daher 
die  Integrationsgrenzen  1/ =  0  bis  1;  =  A  —  n^  für  iy  sowie  {=0  bis  | 

=  —  Ä für  |.  Dies  giebt  den  Satz:  wenn  sich  die  nach  o:,  ^,  z  ...  ti  zu  ver- 

richtenden  n  Integrationen  auf  alle  positiven  der  Ungleichung 

7)  h>x  +  y  +  z+...+'u>0 
genügenden  Werthe  der  Variabelei|  beziehen ,  so  ist 

8)  I  j »>f(x+y  +  ...  +  u)g){xy...u)x*y''...u  "     dxdy...du 

1  . 

r(-^j  0    0 

Wir  betrachten  zweitens  den  Fall,  dass  die  Funktion  (p{w)  für  alle  w 
ausserhalb  des  Intervalles  rv=^0  bis  n^  =^  Ar"  verschwindet;  es  sind  dann 
rechter  Hand  alle  Elemente  auszuscheiden,  für  welche  |"  >/r*  d.4i.  {>A:. 
Die  übrige  bleibende  Gleichung  enthält  den  Satz :  wenn  sich  die  Integra- 
tionen auf  alle  positiven  der  Ungleichung 

9)  ;t">ary2...M>0 
genügenden  o*,  y,  z .  . .  t<  beziehen ,  so  ist 

/*  /•  —   1        »  — i 

10)  /  /  .../*(a:+y-f-...+M)9)(a:y...w)a:"y*...w  *    dxdy...du 

Am  eigenthümlichsten  wird  die  Sache  im  dritten  Falle,  wenn  man  näm- 
lich voraussetzt,  dass  die  vorhin  betrachteten  einzelnen  Bedingungen  des 
Verschwindens  von  ({w)  und  9  (rv)  zusammen  bestehen  ohne  einander  zu 
widersprechen.  Die  Integrationen  linker  Hiand  beziehen  sich  dann  auf  alle 
positiven  x^y^z . ,  .u,  welche  den  Ungleichungen 

U)         h>x  +  y+z  +  . ..+  h>0,     ^•>xyz...ii>0 

gleichzeitig  genügen ,  und  rechter  Hand  sind  die  Integrationen  nach  £  und 
ri  auf  alle  §  und  rj  zu  erstrecken,  für  die  gleichzeitig  Ä>n5  +  ij>0  «und 
k>^'^0\  dies  giebt  die  Integrationsgrenzen  |  =  0bis5  =  Ä:,  iy  =  0  bis 
71  =  h  —  n  $ ,   was  voraussetzt ,  dass  der  kleinste  Werth  von  17 ,  nämlich 

h  —  nk,  noch  positiv  folglich  k  <—  h  sei.  Unter  den  in  Nr.  11)  verzeich- 
neten Bedingungen  ist  nun 


370  1  [nechaniBche  Beschreib,  d,  Ellipse  etc.  Von  C-Köppei. 


dip 


ö  — I 


dia 


v>-{^j-"^-  '  y.-^-.' 


Setsen  wir  r=  **» 

a  — b 


dm 


Hier  Ut 


*'>*'    (T^*^**^    ^<"' 


Kimmt  man  den  Pt         ^  eines  Kreises  an,  dessen  Durch- 

nicsser  a  +  ^  i^^t  ^^  lasfi^..  oge  Betrachtungen  aastellan,  und 

man  erhält  bei  übereinsttmi ^.  ^  mung:  9  =  u  +  o', 

cf^  a  ^  l  dm* 


a  — 5 


0  +  ^ 


=  ^  gesetst ,  giebt : 


dp 


im' 


/l  —  A»  sin  7."       1  +  A  ,  / JA 

^  0+"*)*" 

Hier  ist 

(Vergl.  Jacobi,  lettre  ä  M.  Eertnite.) 
Trier,  den  1.  September  1856. 


stn  m 


(In  Fig.  6  ist  o  und  m'  statt  n  und  n  zu  lesen.) 


Nach  LiouviLLE. 


363 


und  hier  beziehen  sich  die  Integrationen  auf  alle  positiven  |  und  i;,  welche 
den  Bedingungen 

Ä>2S  +  i?>0,      Ä»>6*>0 

gleichzeitig  genügen ;  daraus  ergeben  sich  die  Grenzen  £  =:  0  und  |  =  Ar, 
sowie  ij  =  0  und  iy  =  A  —  2|,  endlich  ist 

k    A— 26 

0    0  ^^ 

und  dieses  Resultat  stimmt  mit  der  Formel  12)  für  n  :=  2  überein.  In  der 
letzten  Form  bedeutet  V  das  Doppelte  eines  anderen  Volumens  mit  trapez- 
förmiger Basis ;  dieses  Trapez  wird  von  den  Coordinatenachsen  der  |  und 
fl ,  von  einer  in  der  Entfernung  k  parallel  zur  ti  -  Achse  gehenden  Geraden 
und  endlich  von  einer  Geraden  gebildet ,  die  auf  der  £  -  Achse  die  Strecke 
^h  und  auf  der  17 -Achse  die  Strecke  h  abschneidet. 


XX. 

üeber   einige  Arten   der  mechanischen  Beschreibung  der 

Ellipse  und  über  den  Satz  von  Fagnano. 

Von  C.  Küpper  in  Trier. 


Ich  knüpfe  meine  Betrachtungen  an  folgenden  Satz  an : 

Wenn  eine  gerade  Linie  von  unveränderlicher  Lfinge  mit  ihren  End- 
punkten auf  den  Schenkeln  eines  rechten  Winkels  gleitet ,  so  beschreibt 
irgend  ein  Punkt  derselben  eine  Ellipse ,  deren  Halbachsen  die  Segmente 
sind,  in  welche  dieser  Punkt  die  bewegliche  Linie  theilt. 

Fig.  2.  AT  F  sei  die  bewegliche  Ge- 
rade, MX^  ilf  Fdie  Schenkel  des  rech- 
ten Winkels,  C  der  beschreibende  Punkt. 
Stellen  wir  uns  vor,  das  Rechteck 
MXN  T  sei  mit  X  Y  beweglich ,  so  be- 
schreibt die  Ecke  i\r  einen  Kreis  um  den 
Punkt  M ,  dessen  Radius  X  Y  ist.  Zie- 
hen wir  nun  CA  normal  auf  MX^  CB 
normal  auf  ilfF,  so  erhalten  wir  auf  der 
Diagonale  MN  zwei  Punkte,  A^  F,  deren 
Oerter  zwei  Kreise  sind,  welche  ilf  zum 
Mittelpunkt  und  zu  Radien  beziehlich 
MA=^  CY  =  a,  und  MB  =  CX=h 
haben. 

Dass  nun  der  Ort  von  C  eine  Ellipse 
ist,  welche  a,  h  zu  Halbachsen  hat,  er- 
giebt  sich  daraus,  dass  AA'  :  CA  =  a:b 
=  Consi.y  und  somit  die  Curve,  welche 
C  beschreibt,  als  rechtwinklige  Projek- 
tion des  Kreises  erscheint,  auf  welchem 


Kleinere  MlttheUiuaget]. 


Mittelst  einer  ähnHcfien  Betracbtungswebo  lä&si  sLch  eatscheiden,  im- 
ter  welchen  Umständen  die  GleichuEgeß 

anä 

auflösbar  Bind  oder  niebt, 

(LioaTiHe  im  Journal  des  Muthematiques,    Septbr*  1856)* 


TT.TT  Ueber  dat  Additionttlidarem  für  eliiptiBcbe  Intagrala  erster  Qat* 
tan^i   Das  Integral  der  I>Merc;ntialgleicbiiiig 


kann  man  in  algebraiBcher  Form   auf  folgendem  Wege  erbalten,  der  iinr 
die  tb  eil  weise  Integration  verlangt    Han  bat  asunäcbst 


dxj/l  —  y^  +  d^  }/l  —  J2*  =  0 
folglicb 

/  dxj/}  — /+  I  d^j/A~^  =  CvmL 
Bei  th  eil  weiser  Integration  ist  aber 

«/  t/  ^  1  —  V» 

^  t/  j/l  — o:» 

mitbin  durch  Addition 

Hier  verschwindet  der  vorausgesetzten  Differentialgleichung  zufolge     ^®^ 
unter  dem  Integralzeichen  stehende  Ausdruck  und  es  bleibt  daher 

1)  xj/l  —  y^  +yy\—x^=.Con8t. 

als  gesuchte  Integralgleichung  übrig. 
Nehmen  wir 

X 

I  '=a  folglich  X  =  sin  g,  ](/l — a:*==C05a, 

f    .    ^      =  ß  folglich  y  =  sin  ß,  j/l  — y*  =  co*  j3, 
so  verwandelt  sich  die  ursprüngliche  Differentialgleichung  in 


Von  C.  Küpper.  365 


Kreise,  dessen  Radius  0C=  — - — ;  ferner  bilden  die  Radien  MO^  OC  mit 
JtfX  nach  entgegengesetzter  Seite  gleiche  Winkel,  Also : 

Wenn  eine  Gerade  MO  von  unveränderlicher  Länge  um  einen  ihrer 
Endpunkte  {M)  sich  dreht,  während  eine  andere  constante  Gerade 
OC  um  den  andern  Endpunkt  0  sich  in  entgegengesetztem  Sinne,  aber 
mit  gleicher  Winkelgeschwindigkeit  dreht,  so  beschreibt  der  freie 
Endpunkt  C  dieser  Geraden  eine  Ellipse,  deren  beide  Halbachsen 
M0+  OC  und  MO  —  OC  sind.  Die  Normale  der  Ellipse  erhält  man, 
wenn  man  den  ersten  Radius  MO  um  ein  gleiches  Stück  Oi^über  0 
hinaus  verlängert  und  N  mit  C  verbindet. 

Betrachten  wir  das  Parallelogramm,  MOCO\  so  giebt  dieses: 

Wenn  eine  Ecke  eines  Parallelogramm  es  festgehalten  wird ,  und  die 
beiden,  in  dieser  Ecke  zusammenstossend«n  Seiten  in  entgegengesetz- 
tem Sinne ,  mit  gleicher  Winkelgeschwindigkeit  rotiren,  so  beschreibt 
die  gegenüberliegende  Ecke  eine  Ellipse,  deren  Achsen  in  den  un- 
veränderlichen Halbirungslinien  des  innem  und  äussern  Winkels  an 
der  festen  Ecke  liegen,  deren  grosse  Halbachse  der  Summe,  deren 
kleine  Halbachse  der  Differenz  zweier  zusammenstossender  Seiten  im 
Parallelogramme  gleich  ist. 

3)  Betrachten  wir  das  gleichschenkelige  Dreieck  MOX  (oder  MOX')i 

Wenn  ein  gleichschenkliches  Dreieck^  dessen  gleiche  Seiten  unver- 
änderlich sind ,  80  seine  Gestalt  verändert ,  dass  ein  Endpunkt  seiner 
Grundlinie  fest  bleibt,  während  der  andere  die  Gerade  durchläuft,  in 
welcher  die  Grundlinie  liegt ,  so  beschreibt  irgend  ein  Punkt  der  der 
festen  Ecke  gegenüberliegenden  Seite  eine  Ellipse. 

4)  Mit  MO  beschreibe  um  itf  einen  Kreis,  und  lasse  eine  Gerade  MX 
gleich  dem  Radius  MO  sich  so  bewegen,  dass  der  eine  Endpunkt  den  Kreis, 
der  andere  eine  durch  den  Mittelpunkt  des  Kreises  gehende  Gerade  durch- 
läuft ,  so  beschreibt  jeder  Punkt  dieser  Geraden  eine  Ellipse. 

5)  Fig.  4.  Wenn  ein  Kreis  0  in  einem  andern  {M)  von  doppeltem  Um- 
fange rollt,  so  beschreibt  bekanntlich  jeder  Punkt  des  Umfanges  jenes 
Kreises  eine  Gerade  und  zwar  einen  Durchmesser  des  Grundkreises  {M). 
Die  Endpunkte  eines  Durchmessers  des  Kreises  (0)  gleiten  mithin  bei  der 
Bewegung  dieses  Kreises  auf  den  Schenkeln  eines  rechten  Winkels.  Dem- 
nach beschreibt  jeder  Punkt  eines  solchen  Durchmessers  eine  Ellipse.  Wenn 
man  die  Ebene  als  ein  festes  mit  dem  rollenden  Kreise  (0)  unveränderlich 
verbundenes  Sjstem  betrachtet,  so  beschreibt  jeder  Punkt  derselben  eine 
Ellipse ,  deren  Halbachsen  die  grösste  und  kleinste  Linie  sind ,  welche  von 
diesem  Punkt  nach  dem  Umfang  des  rollenden  Kreises  sich  ziehen  lassen. 
Das  Stück  der  Normale  zwischen  dem  beschreibenden  Punkt  C  und  dem 
augenblicklichen  Drehpunkt  N  des  Systems  ist  der  Hälfte  des  zu  CM  gehö- 
rigen conjugirten*  Durchmessers  gleich. 

Denken  wir  uns  durch  den  beschreibenden  Punkt  eine  beliebige  Se- 
kante für  den  Kreis  (0) ,  so  bleiben  die  Endpunkte  der  in  ihr  liegenden 
Sehne  auf  zwei  Geraden,  und  man  überzeugt  sich,  dass,  wenn  eine  Gerade 
von  constanter  Länge  L  mit  ihren  Endpunkten  auf  den  Schenkeln  eines 
Winkels  von  beliebiger  Grösse  q>  gleitet,  jeder  Punkt  deraelh^is.  ^>ää  ^\- 


lipse  besclireibt,  für  welche  der  Ausdruck  —r —  entweder  die  Hftibaclisen* 
^  '  strt<p 

Summe  oder  deren  Differenz  anglebt ,  je  nacbdetn  der  beBcHreibendo  Ptiukt 

auf  der  Constanten  Strecke  selbst,  oder  auf  deren  Verlängerung  liegt.    Es 

ist  leicht  zu  erkennen,  wie  die  Achsen  der  Ellipse  construirt  werden. 

6)   In  Fig.  4*  sei  (0)  die  Lage  des  rollenden  Kreises,  bei  welcher  der 

besehreibeude  Punkt  mit  dem  Endpunkt  X  der  grossen  Achse  der  von  ihm 

Eig,  *. 


beschriebenen  Ellipse  zusammenfällt.  Der  Kreis  (0)  möge  in  der  Kiclitung 
des  Pfeils  rollen.  Zieht  man  die  Gerade  MPN,  so  wird  einmal  der  Punkt  P 
mit  dem  Punkte  N  zusammenfallen,  und  um  die  Lage  Czu  bekommen,  welche 
dann  der  beschreibende  Punkt  einnimmt,  verfahre  man  so :  der  Durchmesser 
PL  fällt  mit  NM  zusammen  und  weil  L  NML'  =  L  PLL\  so  nimmt  die  Seite 
LX  des  Dreiecks  PLX  die  Lage  ML'  an;  mithin  hat  man  immer  ML'  zti 
verlängern  und  äajAnf  M C  =  X L  abzuschneiden.  Nach  dem,  was  oben  be^ 
wiesen  worden ,  ist  CN  im  Punkte  C  normal  auf  der  Ellipse  und  zugleich 
halb  so  lang ,  wie  der  zu  CM  gehörige  conjugirte  Durchmesser.  Die  Lage 
dieses  Durchmessers  lässt  sich  finden,  wie  folgt: 

Ich  verlängere  XPj  bis  diese  Linieden  Kreis  wieder  in  P'  trifft,  uni 
ziehe  MP'N'.  Bei  der  Bewegung  des  Kreises  (0)  wird  das  Dreieck 
ATZP  auf  das  ihm  congruente  CMN  gelegt.  Da  aber  L  PLP'  =  L  PMN\ 


Von  C.  Küpper. 


367 


so  wird  auch  die  Kathete  LP'  des  rechtwinkligen  Dreiecks  XLP'  auf 
die  Linie  MN'  fallen.  Folglich  ist  CN  normal  auf  MN\  oder  MN' 
fällt  in  die  Richtung  des  zu  C  gehörigen  conjugirten  Durchmessers  der 
Ellipse. 

Wenn  man  also  in  einem  Kreise  (0)  beliebige  Durchmesser  zieht  (wie 
L  P) ,  und  deren  Endpunkte  mit  einem  willkürlichen  Punkte  JT  verbindet, 
so  sind  diese  Verbindungslinien  jedesmal  die  Hälften  Ton  zwei  conjugirten 
Durchmessern  einer  Ellipse,  deren  Halbachsen  die  kürzeste  und  längste 
Linie  sind,  welche  von  J[  aus  sich  an  jenen  Kreis  ziehen  lassen.  Wenn  L\ 
P'  die  beiden  Punkte  sind,  in  welchen  die  Geraden  JTZ,  XP  den  Kreis  zum 
zweiten  Male  treffen,  so  hat  man  nur  ML\  MP'  zu  ziehen,  und  auf  diesen 
Geraden  auf  beiden  Seiten  von  M  die  Stücke  JTZ,  XP  abzutragen ,  um  vier 
Punkte  der  Ellipse  zu  erhalten ,  nämlich  die  vier  Endpunkte  eines  Paars 
conjugirter  Durchmesser. 

Wenn  der  Kreis  (0)  im  Punkte  N  den  Orundkreis  berührt,  so  ist  0' 
die  Lage  seines  Mittelpunktes,  er  schneidet  alsdann  die  Linien  MX^  MY 
in  zwei  Punkten ,  X\  Y\  deren  Verbindungslinie  durch  C  geht ,  denn  X'  ist 
die  Lage  des  Punktes ,  welcher  ursprünglich  mit  9^  zusammenlag ,  Y*  die 
Lage  des  Punktes,  der  früher  in  itf  sich  befand.  —  Die  Figur  MX' NY'  ist 
ein  Rechteck  und  zwar  das  in  Fig.  3.  mit  MX' N'  Y'  bezeichnete;  ein  Blick 
auf  diese  Figur  lehrt,  dass  L  X' MO'  =^L  XMN  die  excentrische  Anomalie 
des  Punktes  C  ist. 


Ueber  den  Fagnano' sehen  Satz. 

Die  in  Nr.  6.  geführte  Untersuchung  ergiebt  Folgendes : 

Fig.  5  u.  6.  Wenn  man  über  der  Differenz  der  Halbachsen  a ,  b  einer 

Fig.  5/ 


Ellipse  als  Durchmesser  einen  Kreis  (0)  beschreibt,  und  auf  der  Verlänge- 
i-ung  eines  Durchmessers  dieses  Kreises  den  Punkt  X  so  ^\5\5\\.;^  ^'^'e»  wsä 


Kleinere  Mittheilungen, 


13.  Auf  dem  Quadranten  einer  Ellipse  giebt  es  einen  Pnnkt^  d^um 
Normalabstand  ein  Mdxiniam  ist,  und  der  folgende  Eigenschaften  W:  der 
Inhalt  seines  Krümmungskreieea  ist  gleich  dem  der  Ellipae>  Bein  Normal 
abstand  ist  gleich  a  —  b.  Dib  Verlängerungen  der  Axeu  treffen  seine  Tm* 
gente  in  zwei  Funkten,  deren  Entferuungen  vom  Bei-äbruiigspuiikt  gleich 
a  und  gleich  b  sind*  Die  Entfernungen  dieser  Durchschniltäpuuktti  voui 
Fusspunkte  des  vom  Mittelpunkt  auf  die  Tangente  gefällten  PerpendikeU 
Bind  ebenfalle  gleich  a  und  gleich  b,  Zit^bt  man  durch  den  Kr ilmui ungern it^ 
telpunkt  Parallelen  mit  den  Axen^  so  treffen  diese  die  Tangente  in  iwri 
Punkten,  deren  Entfernungen  vum  Berührungspunkt  auch  gleich  a  und 
gleich  b  sind. 

%u\z  a./N.  A.  BöKLEK,  Keallehrer. 


«en  Formeln  *""■ 

t  Tor°""*etzi 
Kominer  "^ 

dretachi 
seste  sein.  " 

Die  Halbscbs« 
voraussetzen  j  fon^^j 


1 


y«'- 


ElUpioidea  und  deren  Schwer- 
aafunktionen  und  dif^  darati!$  fol- 
vielfacher  Integrale  nicht  rU  hc- 
pgHchst  wenig  Hülfsmittcln  aus- 
■  Bestimmung  der  Oberfläclißdeü 
erpunktes    der    anal^istih  kSr* 

n^ffr^c^beisseUf  wobei  wira>^>c 


/3- 


_j/&'  — c> 


so  Ist  bekanntlich  die  OberÜäclte  eines  Octanten  des  Ellipsoides 


0     0  ^       I       1 Z—7-. 


oder  für  a:  =  a^,  y  =  6iy 

1  yy- 


Durch  Einführung  von  Polarcoordinaten  mittelst   der  SubstitutioJ^^ 
J  =  ^  cos  ^,  ti=z  Q  sin  ^j  d^  dri=^  q  dq  dd^  wird  hieraus 

^n       1 


»=-/-/'^'/{^f^} 


wobei  zur  Abkürzung 

gesetzt  worden  ist.   Führt  man  statt  q  eine  neue  Variabele  u  ein  indem  m 


Von  C.  EüPPBB.  369 

pdm — prfa  =  (a+6)  cosfpdtp^ 
und  durch  Integration: 

YC  —  XC:=:{a  +  h)  sin  q>=zLP'  =  J. 
Die  Punkte  C,  C  haben ,  wie  aus  6.  erhellt ,  folgende  Eigenschaften : 

1.  Das  Kechteck  aus  den  Hälften  der  zu  ihnen  gehörigen  conjugirten 
Durchmesser  =a,b, 

2.  Die  Abstände  der  in  diesen  Punkten  auf  der  Ellipse  errichteten  Nor- 
malen vom  Mittelpunkt  der  Ellipse  sind  =  J. 

3.  Der  Winkel  t/;,  den  die  Normale  CN  mit  der  Achse  MX  bildet,  ist 
das  Complement  der  excentrischen  Anomalie ,  und  umgekehrt ,  das 
Complement  der  excentrischen  Anomalie  des  Punktes  C  ist  dem  Win- 
kel gleich,  den  die  Normale  im  Punkte  C  mit  der  grossen  Achse 
bildet. 

Wenn  Xn  Tangente  des  Kreises  (0)  ist,  und  r  der  Punkt,  mit«welchem 
beim  Rollen  des  Kreises  der  Punkt  n  zusammenfällt ;  y  die  entsprechende 
Lage  des  die  Ellipse  beschreibenden  Punktes ,  so  hat  man : 

Yy — Xy^=a—b, 

Für  diesen  Fall  ist  der  Abstand  der  Normalen  vom  Mittelpunkt  der  Ellipse 
ein  Maximum.  (Bei  der  gestreckten  und  verkürzten  gemeinen  Cycloide 
spielen  die  besonderen  Punkte  dieselbe  Rolle,  wie.  bei  der  Ellipse  der 
Punkt  y). 

Beschreibt  man  also  um  den  Mittelpunkt  einer  Ellipse  Kreise  mit  Ra- 
dien ,  welche  kleiner  sind ,  als  die  Differenz  der  Halbachsen ,  so  giebt  es 
auf  jedem  zwischen  den  Achsen  liegenden  Quadranten  eines  solchen  Kreises 
zwei  Tangenten,  welche  Normalen  der  Ellipse  sind.  Die  Punkte,  in  welchen 
sie  auf  der  Tangente  normal  stehen,  haben  die  von  Fagnano  entdeckte 
Eigenschaft,  dass  die  Differenz  der  beiden,  von  den  Endpunkten  der  Achsen 
und  diesen  Punkten  begrenzten  elliptischen  Bögen  'sich  construiren  lässt, 
dieselbe  ist  dem  Radius  des  gedachten  Kreises  gleich. 

Schliesslich  werde  hervorgehoben,  dass  die  beiden  Gleichungen: 

1 )  g)  =  (O'  CO,  " 

2)  4?L=^ 

'  dm  p 

die  Landen* sehe  Substitution  enthalten.  Denn  es  ist 

Q.                                dm        dm  —  dm  dq> 

P            P—P  P-P 
Das  Dreieck  XMP'  liefert: 


P^aj/ 


1 ^—stnm* 


Um  p'  — p  zu  erhalten,  ziehe  man  OT  senkrecht  BXifPP'  und  man  bekommt 
aus  dem  Dreieck  OPV: 


p'-p^ia-b)j/l-{^ysing,*. 
-Also  wird  aus  3) 


Kl<iis«re  MHOieilungen. 


I.^V^Jt^T'**!'^^^'^ 


herigen  |  =  ^  co*  e,  ij  =  ^  ^rit  #  orhalten  wir  stÄtt  dieser  B'oTmela  die  fol- 
genden 

=  a'tj  cos  e  il&J  f*  rfg  t/J  '  ^'^^^f  l, 


0 


0  0 

Führen  wir  In  die  erste  Gleicliiing  statt  p  die  Variabele  «  durch  die 
nämliciie  Snbstitotion  wie  früher  ein,  so  ergiebt  si^li 


A.  i.  bei  nmgekchrtor  Anordnung  der  Integrationen  und  TcrmSgo  äet  Ba- 
deutung  von  B 

U  El 

Nach  bekannten  Formeln  ist  aber 


/* 


cos^&d^  2       l 


0 

mithin  erhalten  wir 
1 

Sa 


/*     sin*  '»cos&dd^        ^       1 


_  ,  ,.  A   1  — o*    ,   1  — /y  ]     du     ^/{  1  — nM 

-  ^"  V  f  r^^Tßvr«  +  r=^«j  i - ««w« y  \i-pu*\ 

Durch  gehörige  Bnchstabenvertauschnng  lÄsst  sich  hieraus  der  Werth 
Sh  ableiten,  nämlich 

Endlich  kann  man  in  dem  für  Sc  angegebenen  Doppelintegrale  die 
p  bezügliche  Integration  sofort  ausführen ;  sie  giebt  , 


Kleinere  Mittheilungen. 


XLYHI  Veber  einen  Sati  der ZahlenthaoriA.  Vermöge  des  Wilson- 
seben Theoremes  kann  der  Ansdmck 

1  /2  .  8 . . .  (p  —  1)  +  1 

nur  dann  ein  Vielfaches  der  ganzen  ZaU  p  werden ,  wenn  p  eine  Primaahl 
ist.    Daraas  folgt ,  dass  auch  die  Gleichung 

1 . 2 . 8  .  •  •  (i>  —  1)  +  1  =/>• 

bei  ganzen  positiven  p  und  m  nur  dann  bestehen  kann ,  wenn  p  eine  Prim- 
zahl ist;  so  hat  man  z.  B.  in  den  Fallen  j9=iS,/»=23,p=5 

1  +  1  =  2«,     1.2+1=3S      1.2.3.4+1  =  5*. 

Es  entsteht  nun  die  Frage,  ob  die  genannte  Gleichung  von  grösseren  Prim- 
zahlen erfUlt  werden  kann. 

Zieht  man  von  beiden  Seiten  der  Gleichung  die  Einheit  ab  und  divi- 
dirt  nachher  mit  p  —  1 ,  so  hat  man 

1.2.3...(p  — 2)=/>«->+i>«-^«+...  +  |>+l. 

Das  Produkt  linker  Hand  enthftit,  sobald/»  die  Zahl  ö  übersteigt,  die  bei- 
den verschiedenen  Faktoren  2  und  \{p  —  1),  und  ist  folglich  durch  2  •  ^  (p— -1) 
==p  —  1  theilbar;  dasselbe  muss  von  der  rechten  Seite  der  vorigen  Glei- 
chung gelten,  wenn  dieselbe  überhaupt  bestehen  soll.  Giabt  man  der  rechts 
vorkommenden  Summe  die  Form 

(p— >  — l)  +  (p— 2— l)  +  ...  +  (p  — l)  +  m, 

so  liefert  die  Division  mit/» — 1  den  Best  m  und  es  muss  daher  m  theilbar 
durch  p  —  1  also  m  ein  Vielfaches  von  p  —  1  sein.  Aus  m>p  —  1  folgt 
weiter,  wenn  man  auf  die  ursprüngliche  Gleichung  znrüekgeEt» 

1.2.3...(p— l)^p^^->  — 1; 

nun  ist  aber  andererseits»,  weil  jede  der  Zahlen  1 » 2 , . . .  (p  —  2)  weniger 
als  p  —  1  betragt, 

1.2.3...(p  — l)<(p  — l)i'-><pi'-»— 1; 

diese  immer  stattfindende  Ungleichung  widerspricht  der  vorigen  und  muss 
daher  die  frühere  Voraussetzung  unrichtig  sein.    Die  Gleichung 

1.2.3...(p  — l)  +  l=p* 
ist  mithin  für  p  >5  unmöglich. 

Man  erkennt  nachtrfiglieh  leicht  die  Bedeutung  der  AusnahmefUle 
jö  =  2,  p  =  3  und  p  =  5.  Fürp  =  2undp=3  fSshlt  in  dem  Produkte 
1  .2...(p  — 2)  der  Faktor  2;  für p  =3  5  sind  die  Faktoren  2  und  Kp  —  l) 
nicht  verschieden,  und  man  darf  daher  auch  nicht  behaupten,  dass 
X  .  2...  (p  —  2)  durch  2 .  ^(p  —  1)  theilbar  sei. 


372  Kleinere  Mittheilungen, 


Mittekt  eiDor  ähiiliülicn  Betrachtungsweise  lässt  sich  entgclieiden ,  nu- 
tet welcheti  Umständet]  die  Gleichnngeä 

und 

1.2.3...  (*— 1)  .1.2.5...  (p— »)  s^^*  +  l 

auflösbar  siüd  oder  nicht. 

(Lioavilleim  Journal  des  Mathätnaiifues.  Septbr.,  1956). 


I  Veber  das  AdditionBthdorem  für  elHptiBcbe  Integrale  erster  Gat' 
tung:   Das  Integral  der  DifEerentialgleicbung 


kann  man  in  algebratecber  Form   auf  folgendem  Wege  erhalten,  der  ttnr 
die  tlieüweläe  Litegration  yerlangt.    Man  bat  zunächst 

d^y^  —  f  +  dtf  }/l~os*  =  0 
folglich 

/  dxj/l  —f^  +J  dyj/T^t=^Conit. 
Bei  theilweißer  Integration  ist  abeit 

mithin  durch  Addition 

x}/i—y'+y}/i  —  x'+  I  xy(-^d^  +  -yjL=)  =  Const. 

t/        \yi  —  a^     yi—yi/ 

Hier  verschwindet  der  vorausgesetzten  Differentialgleichung  zufolge  der 
unter  dem  Integralzeichen  stehende  Ausdruck  und  es  bleibt  daher 

1)  ^yi  —  y^+yj/l—x^  =.Con8l. 

als  gesuchte  Integralgleichung  übrig. 
Nehmen  wir 

X 

I  =  a  folglich  X  =  sin  «,  ][/l  — x^  =cosaj 

i-r=M==  =  13  folglich  y  =  sin  ß,  j/i  —  y"  =  cos  ß, 
so  verwandelt  sich  die  ursprüngliche  Differentialgleichung  in 

dtt  +  dß=:  0, 


Kleinere  Mittheiiungen.  373 

woraus 

folgt,  wenn  y  eine  Constante  bedeutet.  Für  «==0  wird  im  speciellen  Falle 
;r  =  0 ,  |3  =  y ,  rj  =  sin  ß  =  siny  und  nach  Nr.  I)  Const.  =  y=z  sin  y,  '  Man 
hat  nun  bei  Rückkehr  zu  dem  allgemeinen  Falle 


^  y^  — y*  +y^/l---  x^  =  sin  y  =  sin  (a  +  ß) 
oder  vermöge  der  Werthe  von  x  und  y 

2)  sin  (a  + 13)  =  «n  a  cos  ß  +  sin  ß  Cos  a, 

und  dies  ist  die  Fundamentalformel  der  trigonometrischen  Funktionen. 

Mittelst  desselben  Verfahrens  kann  man  leicht  zu  dem  bekanntlich  von 
E  u  1  e  r  zuerst  gegebenen  Integrale  der  Differentialgleichung 


y{i  -X«)  (I  -Ä«^)       yO  -y^)  {i-k'y*) 


=  0 


gelangen  und  daraus  die  Fundamentalformel  für  die  elliptischen  Funktionen 
ableiten.  Durch  Multiplication  mit  dem  Produkte  der  beiden  Nenner ,  Di- 
vision mit  1  —  f^x^i^  und  Integration  erhält  man  zuerst 


Das  erste  Integral  giebt  bei  theil weiser  Integration 

j 


A*a:V  1  — A*a:»y» 

(H-A*)(H-A*x»y»)-2A:*(a:*+y')  dy 


{l  —  k^x'y') 

hieraus  erhält  man  durch  gegenseitige  Vertanschung  von  o:  und  ^  die  ent- 
sprechende Transformation  des  zweiten  Integrales,  und  nachher  durch 
Addition 


l—Z^a-'y'  "'"  l  — A»ar»y» 

r   (t+^)(»+^A')-2^(^+y*)f       <<y         .        dx        ) 

Der  vorausgesetzten  Differentialgleichung  zufolge  verschwinden  die  unter 
den  Integralzeichen  stehenden  Ausdrücke  und  es  bleibt  daher 


1  —  k^a^t^ 
als  gesuchte  Integralgleichung  übrig. 

Zeitschrift  f.  Mathematik  n.  Physik.  1.  ^^ 


r 


i%^  kleinere  Mittheilnngen. 

erhalten,  doch,  von  demselben  eJnmRl  ^»»geschiedeti,  tiicht  wieder 
darin  autlöRlieh. 
Zu  erwHhnen  ist  hierbei  nocli  der 

h*  Bchwarge  Bchwefel,  weblipr  durcii  Beimengung  fremder  BubsUn^ 
sfieu  entstanden^  nicht  grade  ab  allotropiscber  Zustand,  doch  wegen 
der  oben  genannten  Eigenschaften  aU  eine  besondere  ModiJicatioD 
des  ächwefela  betrachtet  werden  kann. 


I 
I 


Lm.  Üebar  die  TempdratnrgreiLzo,  bei  welcher  Flüaaigkeiten  die  6e- 
fässe  211  benetzen  auf  hören  hat  Herr  Wolf  (Prof.  rL  Phytsik  zn  Metz)  einige 
Verbuche  tnit  Schwefclathcr  angestellt  {CompL  rend.  1\  XX IL  />.  9&H),  Be- 
kanntlich nimmt  die  Capillarelevation  einer  Flüssigkeit  nnter  sonst  gleichen 
Umständen  mit  der  Temperatur  ab,  doch  ist  das  betreffende  Geaetf  nicht 
übet  den  gewöhnlichen  Siedepunkt  hinaufj  beobachtet  oder  festgestellt  wor- 
den. Es  ist  natürlich  von  Interesse  zw  wissen ,  in  wieweit  und  wie  sieh 
dieses  Gesetss  über  diese  Grenze  hinaus  gestaltet  und  oh  es  eine  Grenzteta* 
peratar  giehti  bei  welcher  die  Cöpillarelevation  =0  wird  und  über  weiche 
hinaus  dieselbe  etwa  in  eine  Depression  übergeht. 

Unter  Voraussetzung  der  Uichtigkelt  des  von  Herrn  Brnnner  and 
anderen  Physikern  aufgestellten  Gesetzes  Über  die  Abnahme  der  Capillar 
höhe  auch  jenseits  der  Grenzen  der  Versnche  würde  das  Wasser  bei  bl^^* 
und  Schwefcläther  bei  l9l"C.  aurtiTiren  das  Glas  zw  benetzen  und  in  einer 
Capülarröhro  zu  steigen.  Da  die  Versuche  mit  Wasser  sonach  sich  imrbu- 
llch  erwiesen,  so  wurde  der  Versuch  mit  Aether  in  folgender  Weise  vorge- 
nommen. 

In  eine  starke  Glasröhre  von  etwa  1  Centim.  Durchmesser  wurde  etwas 
Schwefeläther  und  ein  Haarröhrchen  gebracht,  die  Röhre  vor  der  Lampe 
geschlossen,  nachdem  vorher  alle  Luft  aus  derselben  ausgetrieben  war. 
Hierauf  wurde  die  Röhre  in  eine  umgekehrte  Glocke  voll  Leinöl  gestellt 
und  daneben  eine  zweite ,  offene ,  mit  Oel  gefüllte  Röhre ,  in  welches  ein 
Thermometer  eingesenkt  war. 

Sowie  nun  die  Temperatur  erhöht  wurde,  sank  die  Flüssigkeitssänle 
in  dem  Haarröhrchen  und  war  bei  190 — 191°  C.  ganz  verschwunden;  %^' 
gleich  verflachte  sich  in  der  weiten  Röhre  die  anfänglich  concave  Ober- 
fläche des  Aethers  und  wurde  bei  der  zuletzt  angegebenen  Temperatur  g*'^* 
eben.    Bei  weiterer  Temperaturerhöhung  ist  ein  capillarer  Meniskus  unW^" 
halb  der  Flüssigkeit  im  äussern  Rohre  zu  bemerken;  bei  198®  scheint  s\^ 
die  nun  stark  convexe  Oberfläche  des  Aethers  mit  einer  dicken  Wolke  *^ 
bedecken  und  zeigt  unbestimmte  Umrisse.  Bei  200®  C.  endlich  ist,  wie  »^^ 
Caguiard  Latour  bemerkt  hat,  die  Flüssigkeit  ganz  in  Dampf  ver\v *^" 
delt.   Sinkt  die  Temperatur,  so  kommen  die  vorhergehenden  Erscheinuimß^^ 
in  umgekehrter  Reihenfolge  wieder. 


LIV.    Anwendung  eines  neuen  Hahnsystems  auf  verdännende 
verdichtende  Luftpumpen;  von  Herrn  J.  Silbermann  {Compt,  rend.  Tom.X^-^ 
p,  1051).     Die  mit  diesem  neuen  Hahn  versehenen  Luftpumpen  gesta^^i^ 
mehrfache  Combinationen,  welche  Physikern  und  Chemikern  bei  ihren  ^^,' 
tersuchungen ,  sowie  bei  Anstellung  von  Versuchen  in  öffentlichen  Vo^^ 
sungen  höchst  wünscbenswertb  erscheinen.    Mit  Hülfe  dieser  Vorricht^L:*^ 


Kleinere  Mittheilungen* 


383 


^ann  das  Vacunm  beliebig  auf  ylei  Tellern  und  gleichzeitig  in  einem  oder 
piwei  Kecipienten  durch  einfaches  oder  doppeltes  Äuspuiiipen  bewirkt  wer- 
ien  und  dasselbe  gilt  auch  fiir  die  Compression.  Fertiei  lassen  »ich  damit 
Basarten  aus  niuem  oder  zwei  HecipieDten  in  einen  oder  zwei  andere  über- 
flillert  und  durch  Verbindung  von  je  zweien  der  Eeeipieuten  einer  oder  zwei 
pasströme  herstellen,  was  zu  verschiedenen  physikalischen  wie  chemischen 
pntersucbUQgen  der  Gase  von  besonderra  Vortheil  sein  kann- 

Eiue  otnätieflige  mit  diesem  Hahne  veräeheue  Maschine  hat  wesent- 
Hch  folgende  Einrichtung,    Iü  einem  senkrechten  Cyünder  beweg-t  sich  ein 
■ns  Lederscheiben  Äitüammengesets&ter  undurchbohrter  Kolben*     Auf  dem 
B^den  de^  Cylinders  hetiaden  sich  ^wel  konische  Ventile ,  von  denen  daa 
biae  für  die  Verdünnung,  das  andere  für  die  Verdichtung  bestimmt  ist.  Je- 
ies  dieser  Ventile  arbeitet  in  einer  kleinen  Büchse,  die  an  eine  senkrechte 
t>urclibohrung  dorEiasatKröhre  eines  darunter  angebrachten  grossen  llahneö 
Rngeschraubt  ist.    Die  horizontale  Axe  dieses  Hahnes  lüt  parallel  der  Ver- 
bindungslinie der  Mittelpunkte  beider  Ventile  und  liegt  in  der  Ebene  der 
|ieiden  Durchbohrungen  ^er  Emäatzröbre.    Der  Hahn  selbst  hat  folgende 
drei  verschiedene  Durchbohrungen* 

>  I.  Ist  derselbe  zweimal  diametral  durchbohrt,  wodurch  die  beiden 
penkrechten  Kanäle  der  Ventile  fortgesetzt  werden  bis  anr  tiefsten  Gegend 
der  Einsntzrohrei  von  wo  nn  sie  horizontal  und  divergent  nach  Aussen  ge- 
fiiührt  sind  und  mit  zwei  Recipienten  und  dergh  m  Verbindung  gesetzt  wer- 
iden  können« 

3.  Nächst  diesen  beiden  parallelen  Kanälen  bat  der  Hahn  zwei  gegen 
4ie  Aste  schiefe  Durchbohrungen j  die  sich  X formig  kreuzen,  ohne  aber 
frafeioander  zu  treÖen,  indem  sie  in  der  Mitte  in  entgegengesetzter  Ricli- 
ng  gekrümmt  sind  und  sieh  so  gegenseitig  ausweiclien*  Diese  schief en 
anale  liegen  in  einer  durch  die  Axe  des  Hahnes  gehenden  Ebene,  die  30*^ 
egen  die  Ebene  der  beiden  ersten  Kanäle  geneigt  ist. 

3.  In  einer  ebenfalls  durch  die  Axe  des  Hahns  gelegten  gegen  die  vor- 

ergenannten    aber    wieder  nm  30"  gewendeten   Ebene   liegen   awei   der 

Babnajie  parallele  Kanäle  uud  deren  Üeffnungen,  welche  im  Ganzen  die 

Gef^talt  zweier  von  einander  abgewendeter  Parenthesen  {^)  haben.    Die- 

ielbeo  setzen  den  Stiefel  und  die  Kecipienten  ausser  Verbindung,  stellen 

idagegen  eine  solche  oben  zwischen  den  beiden  Ventilen  einerseits  uud  un* 

len  andererseits  zwischen  dem  Sang-  und  Druckkanal  her.  Ausserdem  sind 

die  der  Axe  parallelen  Kanäle  nach  der  dem  Handgriff  gegenüberliegenden 

beite  verlängert  und  durch  einen  kleinen  konischen  angesehraubten  Btopsel 

^^^fepßhlossen>      Vermittelst   dieser  Kanäle    kann    das    Gleichgewicht   des 

HHbkes  zwischen  ^wei  Kecipienten  hergestellt  werden,  oder,  wenn  der 

genannte   Stöpsel   gezogen    wird^   zwischen   einem   Kecipienten   und   der 

Husaern  Luft, 

Um  die  richtige  Drehung  des  Hahnes  ssu  sichern,  ist  der  Handgriff 
desselben  in  der  Gestalt  eines  sechseckigen  Sterns  ausgeführt,  dessen  drei 
t>iame(er  den  drei  Ebenen  entsprechen,  in  welchen  jedesmal  ein  Paar  dieser 
Kanäle  liegt*  In'je  zwei  gegenüberstehenden  Ecken  des  Sterns  ist  eins  der 
Kelchen  II ,  X ,  ^  angebracht  und  somit  die  Stellung  des  Hahns  fiir  jede  ^ 
Art  von  Verbind ungsr obren  bezeichnet  Bei  den  zwiseheuliegendeu  Stel- 
uögen  des  Hahns  ist  von  demselben  jede  Communicatiou  unterbrochen. 

Bei  der  z  weis  tief  Hg  en  Maschine  ist  jeder  Stiefel  mit  einem  Saug- 
nd  einem  Druckventil  verschen*    Alle  vier  Ventile  befinden  sich  in  der- 


Kleinere  Mittiidluni'en. 


'Ü?^ 


selben  vortikalen  Ebeue,  Die  beiden  einunder  am  nÄchsten  stehenden  Yen* 
tile  von  zw^  i  Stiefeln  sind  von  ihrem  untern  Endo  durch  ßiumi  hnü- 
zontalen,  in  'ömdnschaft liehen  Basii  beider  Stiefel  ausgeboUrteu  Kanal 

verbtmdet  ao   sind  die  Leiden   einander  entfernteren   Ventik  dnrcb 

einon  hoi  len  Xanal  verbunden.   An  den  Yerbindnngspnnkten  der  bei- 

den  horij  on  Kanäle  mit  jedem  der  vier  vertikalen   befindet  sich  ein 

Habu  mit  arei  die  Gestalt  eines  T  bildenden  Diirclibohniugen*  Jedes  der 
vier  Ventile  kann  daber  vermittelst  des  bori^fioutalen  KanaU  des  Habnes 
nnd  eines  daranatoB senden  Ansatzes  mit  einem  Becipienten  veihuadeu 
werden. 

Ausserdem  let  jeder  Stiefel  mit  einem  Manometer  und  einem  abgeküns- 

ten  Barometer  (Eprouvette)  versehen,  welche  seitwärts  nahe  an  tl^n  Stio- 

feln  angebracht  sind  nnd  mit  dem  Innern  derselben  diireb  einen  kleinen  bt*- 

»-^^outalen  Kanal  in  Verbindung  stehen*  F'  sser  horizontale  Kanal  tnftt  <!flii 

■*ikalen  jedes  Ventils  zwischen  diesem      d  dem  Hahn.   Dadnrt^h  sind  dk 

mmeter  und  Barometer  von  den  Verel     iungen  des  Hohnes  nnabbäogip. 

lieh  ißt  jede  der  llc^hreu  für  die  Ma     meter  und  Barometer  über  der 
lu  Üeßnung  eines  kleinen  Hahnes  r     gebracht  ^  der  mit  den  tratuver- 

„  Kanälen  von   T- Gestalt  in  Yerbi      mg   steht.     Die  BUchse  diesem 

xnee  bat  gegenüber  ä&m  Stiefel  ein  ;h ,  das  man  ö^net,  wenu  idaii 
ivü  das  Manometer  tragenden  Hahn  um  ^m^  dreht.  Man  arbeitet  ia  dm^i 
SVeise,  weun  man  die  Verdünnung  oder  V<trdichtung  zugleich  in  zwei  Be- 
cipienten  herstellen  wilK 


LV.  B&a  Fankdln  der  EixBteme  hat  bekanntlich  Aragq  durch  Inter^ 

ferenzen  erklärt,  weiche  durch  das  fortwährende  Dazwischentreten  nn- 
gleich  dichter  Luftwell eu   in   die  liichtiiug  des   vom  Sterne   ausgehenden 
Jjichts  hervorgerufen  werden.    Eine  etwas  davon  abweichende  Ansiclit  bat 
Herr  Muntiükv  autgeelnllt,  iiber  welche  in  dem  Bullet  de  fAcad.  des  Scif^^ 
ces  elc.  de  Belgique  Tmn.  XX IL  pt  IL  p,  347  berichtet  wird.  HerrMontigny 
stützt  seine  Ansicht  zunächst  darauf,  dass,  wenn  ein  Stern  nicht  sehr  bocb 
tlber  dem  Horizonte  steht ,  die  von  ihm  ausgehenden  Strahlen  nicht  allein 
in  der  Atmosphäre  gebrochen,  sondern  auch  dispergirt  werden ,  ao  dasa  tla& 
Bild  desselben  ans  einem  kleinen  Spectrura   besteht,  welches  nur  eine  «^ 
geriuge  Ausbreitung  hat,  um  vom  Auge  als  solches  wahrgcnorameu  aawß^" 
den,  das  aber  deutlicher  hervortritt,  wenn  man  sich  eines  hinreichend  st*'' 
ken  Fernrohres  bedient.    Berücksichtigt  man  zunächst  die  den  ätisserst^^ 
Farben  dieses  Spectrums  entsprechenden  Lichtbündel,  deren  Durcbme^®®' 
dem  der  Pupille  oder  des  Fernrohrs  gleich  ist,  jenachdem  man  ohne  o^®* 
mit  Fernrohr  beobachtet,  so  bilden  diese  beim  Eintritt  in  das  Auge  o^J^ 
Fernrohr  unter  sich  einen  kleinen  Winkel ,  weshalb  sie  in  der  Atmospl^  ^^® 
und  zuvor  im  Leeren  zwei  getrennnte  Bahnen  durchlaufen  haben  müs^  *^' 
die,  vor  dem  Eintritt  in  die  Atmosphäre  gradlinig  und  einander  parallel,  n^J^ 
dem  Eintritt  convergent  und  in  der  Oeffiiung  des  Auges  oder  des  Femror  ^^ 
sich  durchkreuzend  anzunehmen  sind.     Die  Bahnen  der  zu  den  übri^^^ 
Farben  des  Spectrums  gehörigen  Lichtbündel  liegen  zwischen  den  heic^T. 
änssersten  und  es  bilden  sonach  die  Lichtbündel  aller  Farben  einen  Li<^  ^  \ 
streifen,  dessen  Breite,  gemessen  in  der  Vertikalebene  und  senkrecht  ^^. 
der  Richtung  des  mittleren  Bündels,  von  der  Grenze  der  Atmosphäre  an    ^^ 
zum  Auge  fortwährend  abnimmt. 


Kleinere  Mittheilangen.  377 


also 


setzt,  so  verwandelt  sich  die  vorige  Gleichung  in 

0  0^  ' 

d.  i.  wenn  man  für  6*  seinen  Werth  setzt  und  die  Reihenfolge  der  Integra- 
tionen umkehrt, 

J     V[(l  — «*M»)co«*^  +  (l  — /5«w«)m«^]« 
Unter  Anwendung  der  bekannten  Formeln 


0 


sin^^dd'  ij» 

m  cos^  ^  +  n  sin^  d)* 


t/  (m cojr  V  T  »  »17«  v;  i,  ^  mn 

erhalten  wir  nun  fttr  S  das  einfache  Integral 


^«•) 


Bezeichnen  wir  die  drei  Coordinaten  des  Schwerpunktes  von  S  mit  a, 
b ,  c ,  so  haben  wir  ferner 


Sa 


•JJ'yä.äy    j/l 


a  

Sb=/    /     yVfxdtf    2/  ^ lf~~^ 


a*' 


Durch  Anwendung  der  Substitutionen  a;  =  a|,  y  =  df^und  d^t  ^^<5.W 


:i86  Kleinere  Mittlieilungen, 

des-  Auaserdcm  leitet  er  anch  d»e  zeitweiJi^e  und  momentaoe  Versctwm* 
den  von  Bildern  im  Felde  des  Fernrobra,  Trenn  die  Objeete  davon  nahe  am 
Horizonte  liegten ^  ans  dem  Einänsee  von  Luftw eilen  und  den  dadnrcti  Ler- 
vorgerufenen  totalen  KeÜextonf^n  ab, 

Herr  Montigny  pro  fit  seine  Theorie  dnrch  Vergleich  der  daraus  zu 
ziebenden  Folgerungen  mit  bekannten  Th&tgaehen  und  erinnert  dabei  ftti 
Folgendes : 

i.  Die  dem  brecbbaraten  Theilo  de«  Bpectrnms  eugnhörigen  Lick- 
bfiudel  nehmen  in  dem  oben  erwähnten  I^ichtstreifen  einen  grossern  Ranni 
ein^  als  die  tibrigen  Farbestrab len  und  daher  ist  anch  grössere  Wahrscbcm- 
lichkoit  dafür  vorhanden ,  dass  die  bredibareren  Strahlen  hauBger  als  die 
übrigen  total  reflectirt  werden.  Zudem  sind  für  die  brechbareren  StraliW 
die  Grenaen  der  Einfalläwinkol,  unter  welchen  eine  Totalreflexion  erfolgen 
kann,  weniger  enge.  Aus  jedem  der  beiden  Umstünde  folgt,  dass  die  vio- 
lette  und  blaue  Farbe  öfter  als  die  übrigen  versehwinden  müssen,  was  mli 
den  Beobachtungen  tibereinstimmt« 

2)  Wenn  man  die  Ocularrtihre  des  Penirohrs  weiter  heransEiehtT  so 
dasä  das  Bild  des  funkelnden  Sterns  in  eine  Scheibe  übergeht,  so  tritt  jede 
Farbe  nicht  sofort  in  der  ganzen  Flache  der  Scbeibf^  auf,  sondern  an  ver- 
schiedenen Stellen  dnr&elhen  in  unterschiedenen  Zeitpausen,  Diesem  Vet« 
halten  erklärt  Herr  Montignj  daraus,  daas,  wenn  blos  ein  Theil  tm 
einem  der  Farbenbündel  durch  eine  Luftwelle  reflectirt  wird ,  diR  rertpctir» 
ten  Strahlen  auch  nur  einen  Theil  der  Scheibe  In  der  su  ihnen  complemen- 
tären  Farbe  erscheinen  lassen, 

3.  Diejenigen  Strahlen,  welche  nicht  total  reflectirt  werden,  erleiden 
beim  Durchgang  durch  die  I>nftwellen  eine  Refractieu,  in  Fol^i^  i^^reti  .«le 
um  weniges  abgelenkt  werden ,  und  hieraas  erklärt  sich  die  mehrfach  be- 
stätigte Erscheinung,  dass  die  funkelnden  Sterne  auch  kleinen  Schwankun- 
gen unterworfen  zu  sein  scheinen.  Nur»wenn  die  beiden  Oberflächen  der 
brechenden  Luftwellen  nahezu  parallel  sind,  werden  die  Lichtstrahlen  nm 
eine  zu  unmerkliche  Winkelgrösse  abgelenkt  werden,  als  dass  die  Wirkung 
davon  durch  ein  scheinbares  Schwanken  des  Sternes  bemerkbar  werden 
kann.  Es  ist  also  das  Funkeln  der  Sterne  nicht  noth wendig  mit  Einern 
Schwanken  derselben  begleitet,  wie  ebenfalls  die  Erfahrung  bestätigt 

4.  Da  der  oben  erwähnte  Lichtstreifen,  welchen  sämmtliche  Farben- 
strahlen bilden ,  um  so  ausgedehnter  sein  muss,  je  schiefer  das  Licht  in  die 
Atmosphäre  eintritt  und  die  Wahrscheinlichkeit  der  Reflexion  mehrerer 
Farbestrahlen  in  den  dazwischen  tretenden  Luftwellen  um  so  grösser  wird, 
je  breiter  der  Streifen  ist,  so  folgt,  dass  tiefer  stehende  oder  dem  Hori«ont 
nähere  Sterne  um  so  mehr  funkeln  müssen,  was  ebenfalls  mit  der  Erfahrung 
übereinstimmt. 

5.  Dass  die  Planeten,  mit  Ausnahme  von  Venus  und  Merkur,  wenig 
oder  gar  nicht  funkeln,  davon  sucht  Herr  Montigny  übereinstimmend  ^^^ 
Arago  den  Grund  in  dem  scheinbaren  Durchmesser  dieser  Gestirne,  ^^' 
dem  das  Funkeln  der  Lichtportionen ,  welche  von  irgend  einer  Gegend  ^^^ 
Planetenscheibe  herkommen,  nicht  mit  den  Lichterscheinungen,  die   "^^^ 
vielen  andern  Theilen  der  Scheibe  herrühren,  gleichzeitig  übereinstimi^®^ 
kann,  da  die  entsprechenden  Strahlen  einen  grössern  Raum  neben  einaa^^^ 
einnehmen  und  so  durch  zu  sehr  von  einander  getrennte  Lufttheilchen  J*^^' 
durchgehen. 

6.  Andererseits  können  sehr  kleine  Sterne,  wie  von  7.  Grösse,  wel^ 


I 


Kleinere  Mittheilungen.  381 

nen  Zuständen ,  oder  diese  beiden  Modificationen  können  wenigstens  aus 
diesem  hergestellt  werden.  Wird  nämlich  ein  Theil  des  Schwefelkohlen- 
stoffs von  der  Lösung  abgedampft  und  dann  die  Lösung  abgekühlt,  so  kry- 
stallisirt  octaedrischer  Schwefel  heraus,  wird  dann  die  Flüssigkeit  von  die- 
sem abgegossen,  derselben  Schwefelkohlenstoff  von  neuem,  ebenso  wie 
vorhin,  entzogen  und  oktaedrischer  Schwefel  ausgeschieden,  so  bleibt  nach 
Wiederholung  dieser  Operation  am  Ende  eine  zähe,  in  Fäden  ausziehbare 
Masse  übrig,  welche  ebenfalls  noch  Schwefel  enthält  und  der  sich  als  eine 
kr  um  liehe  Substanz  abscheidet,  wenn  man  den  Schwefelkohlenstoff  lang- 
sam abdunsten  lässt.  Obgleich  dieser  krümliche  Schwefel  eine  grössere 
Löslichkeit  in  Schwefelkohlenstoff  als  der  oktaedrische  Schwefel  hatte,  weil 
er  sieb  aus  der  Flüssigkeit  zuletzt  abgeschieden  hat,  so  ist  er  doch  von  nun 
an,  d.h.  nach  seiner  einmaligen  Trennung  vom  Schwefelkohlenstoff  in  dem- 
selben unlöslich,  auch  wenn  kochender  Schwefelkohlenstoff  dazu  ver- 
wendet wird.  Dieser  krümliche  Schwefel  ist  rein  gelb,  wenn  der  weiche 
Schwefel  nur  einmal  bis  300"  erhitzt  und  vor  jeder  geringsten  Beimengung 
von  Fett  bewahrt  worden  war,  dagegen  mehr  oder  weniger  roth  gefärbt, 
wenn  der  weiche  Schwefel  mehrmals  erhitzt  und  ausgegossen  worden  war. 
Da  der  krümliche  Schwefel  vorher  im  Schwefelkohlenstoff  löslich,  nach 
seiner  Trennung  von  demselben  aber  darin  unlöslich  ist,  so  ist  er  sowohl 
von  dem  völlig  löslichen,  wie  von  dem  unlöslichen  zu  unterscheiden  und 
wird  demgemäss  von  Herrn  Magnus  als  eine  besondere  allotropische  Mo- 
dification  angesehen. 

Die  Gegenwart  dieser  Modification  scheint  auch  das  besondere  Verhal- 
ten des  schnell  abgekühlten  weichen  Schwefels  zu  bedingen.  Der  weiche 
Schwefel  wird  bekanntlich  nach  einigen  Tagen  vollständig  hart  und  brüchig. 
Eine  Untersuchung  des  weichen  und  wieder  erhärteten  Schwefels  auf  den 
Gehalt  an  krümlichen  Schwefel  hat  nun  ein  auffallendes  Verschwinden  der 
letzteren  Modification  in  dem  erhärteten  Schwefel  dargethan.  Während 
nämlich  weicher  Schwefel  unmittelbar  nach  dem  Erkalten  mit  Schwefel- 
kohlenstoff ausgezogen  4 — 5  Procent  krümlichen  Schwefel  lieferte,  gab  der- 
selbe, nach  4—5  Tagen  vollständig  erhärtete  Schwefel  nur  0,6  bis  l  Pro- 
cent krümlichen  Schwefel.  Ob  letzterer  beim  Erhärten  in  die  unlösliche 
oder  lösliche  Modification  übergegangen  war,  hat  bis  dahin  nicht  entschie- 
den werden  können.  Die  Anwesenheit  einer  grösseren  Quantität  der  krüm- 
lichen Modification  in  dem  weichen  Schwefel  scheint  aber  dessen  Biegsam- 
keit und  Elasticität  zu  bedingen.  Etwas  Aehnliches  findet  auch  beim  soge- 
nannten schwarzen  Schwefel  statt ,  der  durch  eine  ganz  geringe  Beimischung 
einer  anderen  Substanz  (nur  etwa  0,0003  seines  Gewichts  Paraffin  ist  schon 
hinreichend)  erhalten,  nach  Erhitzen  bis  auf  300®  und  plötzlichem  Abkühlen 
durch  Ausgiessen  in  kaltes  Wasser  weich  und  schmierig  wird  und  dieses 
Verhalten  einige  Zeit  festhält.  So  wie  diese  Eigenschaft  des  schwarzen 
Schwefels  von  der  Zugabe  schon  einer  so  geringen  Quantität  einer  anderen 
Substanz  herrührt,  ebenso  kann  die  Biegsamkeit  und  Elasticität  des  gelben 
weichen  Schwefels  von  der  Anwesenheit  des  krümlichen  Schwefels  abzu- 
leiten sein.  Man  hat  demnach  folgende  allotropischen  Zustände  des 
Schwefels : 

l'   nw  ™V'**''l"  ^a^^^^f^  I  beide  in  Schwefelkohlenstoff  löslich; 

2.  Oktaedrischer  Schwefel ) 

3.  Unlöslicher  Schwefel; 

4.  Krümlicher  Schwefel,  aus  seiner  Lösung  in  8^Un?^^^\Vj5\!X^\n&\ä?&. 


Kleinere  Mittheilungeii. 


cvrhulteu,  docli,  vou  demselben  eiDiual  aii»^eächiedea,  uieht  wisd^r 

darin  aüflöslicb. 
Zu  erwähnen  ist  hierbei  noch  der 

5.  Schwarze  Schwefel,  welcher  durch  BeimeDgung  fremder  Substiin- 
aea  eutsitanden,  nicht  gradß  als  allütropischer  Zui^tand^  docli  wegen 
der  oben  g^enannten  Kigenachaften  ab  eine  besondere  Moditication 
des  ßchwefek  betrachtet  werden  kann. 


Lin,  ITeber  die  Tamperaturgranzd,  bei  wölcher  Fltflsigkeltea  dia  Ge« 
fäiae  zu  benetzen  aufhören  hat  Herr  Wolf  (Prof.  d.  Physik  zu  Metz )  einige 
Verstiche  mit  Stiiwefeläther  angestellt  (Vompt^  rend,  T.  XX IL  p.  968).  Be- 
kanutlicb  nimmt  die  Capillareleyation  einer  Flüaaigkeit  unter  sonst  gleichen 
Umständen  mit  der  Temperatur  ab,  doch  ist  das  betrcfiende  Geaetz  nicht 
über  den  gewöhniicheu  Siedepunkt  hinaus  beobachtet  oder  festgestellt  wor- 
den. Es  ist  natürlich  von  Interesse  zu  wissen  ^  in  wiew^eit  und  wie  stich 
dicsea  Gesetz  über  diese  Grenze  hinaus  gestaltet  und  ob  es  eine  Grenztem- 
poratur  gißbt,  bei  welcher  die  Captllarelevation  =0  wird  und  über  welche 
liinaus  dteselhe  etwa  in  eine  Depression  übergebt. 

Unter  Voraussetzung-  der  Richtig^keit  des  von  Herrn  Brunne  r  und 
anderen  Physikern  aufgestellten  Gesetzes  über  die  Ahnahmo  der  Capillar- 
hohö  auch  jenseits  der  Grenzen  der  Versuche  würde  dae  Wasser  bei  536*C, 
und  Schwefeläther  bei  191"  C*  aufhören  das  Glas  zu  benetzen  und  in  einer 
CapillftiTÖhre  xn  steigen.  Da  die  Versuche  mit  Wasser  sonach  sich  unthu- 
lieh  erwiesen T  so  wurde  der  Versuch  mit  Aether  in  folgender  Weise  vor;ge- 
nommen. 

In  eine  starke  Glasröhre  von  etwa  1  Centim.  Durchmesser  wurde  etwas 
Schwefeläther  und  ein  Haarröhrchen  gebracht,  die  Röhre  vor  der  Lampe 
geschlossen,  nachdem  vorher  alle  Luft  aus  derselben  ausgetrieben  war. 
Hierauf  wurde  die  Röhre  in  eine  umgekehrte  Glocke  voll  Leinöl  gestellt 
und  daneben  eine  zweite,  offene,  mit  Oel  gefüllte  Röhre ,  in  welches  ein 
Thermometer  eingesenkt  war. 

Sowie  nun  die  Temperatur  erhöht  wurde,  sank  die  Flüssigkeitssäule 
in  dem  Haarröhrchen  und  war  bei  190 — 191®  C.  ganz  verschwunden;  zu- 
gleich verflachte  sich  in  der  weiten  Röhre  die  anfänglich  concave  Ober- ' 
fläche  des  Aethers  und  wurde  bei  der  zuletzt  angegebenen  Temperatur  gan« 
eben.  Bei  weiterer  Temperaturerhöhung  ist  ein  capillarer  Meniskus  unter- 
halb der  Flüssigkeit  im  äussern  Rohre  zu  bemerken;  bei  198®  scheint  sich 
die  nun  stark  convexe  Oberfläche  des  Aethers  mit  einer  dicken  Wolke  zu 
bedecken  und  zeigt  unbestimmte  Umrisse.  Bei  200®  C.  endlich  ist,  wie  auch 
Cagniard  Latour  bemerkt  hat,  die  Flüssigkeit  ganz  in  Dampf  verwan- 
delt. Sinkt  die  Temperatur,  so  kommen  die  vorhergehenden  Erscheinungen 
in  umgekehrter  Reihenfolge  wieder. 


LIV.  Anwendung  eines  nenen  Hahnsystems  auf  verdännende  und 
verdichtende  Lnftpnmpen;  von  Herrn  J.  Silbermann  {CompU  rend.  Tom.  XXII 
p.  1051).  Die  mit  diesem  neuen  Hahn  versehenen  Luftpumpen  gestatten 
mehrfache  Combinationen,  welche  Physikern  und  Chemikern  bei  ihren  Un- 
tersuchungen ,  sowie  bei  Anstellung  von  Versuchen  in  öffentlichen  Vorle- 
sungen höchst  wünschenswerth  erscheinen.    Mit  Hülfe  dieser  Vorrichtung 


Literaturzeitung 


der 


itschrift  für  Mathematik  und  Physik 


herausgegeben 


Dr.  0.  ScUömilch  und  Dr.  B.  WitzscheL 


ffrster  Jahrgang. 


LEIPZIG, 

Verlag  von  B.  G.  Teubner. 

1856. 


Kleinere  Mittheilungen.  385 

Wenn  nun  ein  Fernrohr  von  10  Centimeter  Oeffnung  auf  einen  10®  über 
dem  Horizont  stehenden  Stern  gerichtet  wird ,  so  sind  nach  Herrn  M  o  n  - 
tigny's  Demonstration  die  von  diesem  Sterne  ausgegangenen,  den  ver- 
schiedenen Farben  entsprechenden  Lichtbtindel  in  1000  Meter  Abstand  vor 
dem  Fernrohr  noch  hinreichend  und  so  weit  von  einander  getrennt ,  dass 
eine  Luftwelle  durch  die  Bahn  eines  dieser  Bündel  allein  hindurchgehen 
und  auf  dasselbe  einwirken  kann,  ohne  dass  doch  die  anderen  Lichtbündel 
gleichzeitig  davon  afficirt  würden,  so  dass  also  ein  Lichtphftnomen  möglich 
wird ,  welches  nur  durch  Beeinflussung  der  Strahlen  dieses  einzigen  Far- 
benbündels  seine  Entstehung  erhält.  Dies  vorausgesetzt,  kann  nun  eine 
Luftwelle  die  Bahn  eines  Bündels  oft  so  treffen,  dass  dasselbe  entweder  an 
der  Hinter  -  oder  Yorderfläche  der  Welle ,  jenachdem  diese  dichter  als  die 
umgebende  Luft  ist  oder  nicht,  total  reflectirt  wird  und  somit  in  daa  Auge 
oder  Fernrohr  nicht  eintrifft.  Das  Fehlen  dieses  Farbenbündels  hat  aber 
zur  Folge ,  dass  alle  übrigen  Farbestrahlen ,  welche  das  Auge  treffen ,  sich 
zur  complementären  Farbe  vereinigen.  Dies  wird  auch  beim  Gebrauche 
eines  Fernrohrs  noch  stattfinden,  wenn  dieses  nicht  hinreichend  stark  ist, 
das  Bild  des  Sternes  als  ein  kleines  Spectrum  darzustellen.  Sonach  müssen 
die  totalen  Reflexionen  der  verschiedenen  Farbebündel,  sowie  sie  in  kurzer 
Zeit  in  grosser  Anzahl  vor  sich  gehen,  die  Farbe  des  Sternes  fast  continuir- 
lich  verändern. 

Tritt  dagegen  eine  Luftwelle ,  wenn  sie  eine  totale  Reflexion  bewirkt, 
in  grösserer  Nähe  am  Auge  durch  die  Bahn  des  Lichtstreifens ,  wo  sich  die 
Farbenbündel  schon  viel  mehr  genähert  haben ,  so  bewirkt  sie  das  momen- 
tane Verschwinden  aller  oder  fast  aller  Lichtbündel ,  d.  h.  der  Stern  ver- 
schwindet für  einen  Augenblick  oder  erführt  eine  dem  fast  gleich  zu  ach- 
tende Schwächung  seines  Glanzes  ohne  wahrnehmbare  Farbenänderung. 

Die  Beobachtungen  und  Versuche,  auf  die  Herr  Montigny  seine 
Theorie  stützt,  sind  wesentlich  folgende.  Er  brachte  vor  dem  Objectiv  eines 
Femrohrs  ein  Prisma  an,  welches  das  Bild  eines  Sternes  in  ein  Farben- 
spectrum  verwandelt.  In  diesem  Spectrum  beobachtete  er  nun  beständige 
Veränderungen,  insbesondere  rasche  Verlängerungen  und  Verkürzungen 
beider  Enden,  am  häufigsten  und  stärksten  aber  des  violetten  Endes.  Das 
Spectrum  zog  sich  dabei  oft  bis  auf  die  Hälfte  seiner  Länge  zurück,  indem 
das  Violett  und  auch  das  Blau  gänzlich  verschwand.  An  dem  andern  Ende 
des  Spectrums  verkürzte  sich  das  Roth  einigermaassen ,  oder  das  Gelb  griff 
in  das  Roth  über,  doch  waren  diese  Verkürzungen  schon  verhältnissmässig 
seltener  und  geringer.  Ausserdem  erhielt  das  ganze  Spectrum  plötzlich 
transversale  Schwankungen  und  bisweilen  durchfuhr  eine  Lichtlinie  wie 
ein  Blitz  das  ganze  stark  bewegte  Spectrum. 

Die  Möglichkeit  von  Reflexionen  an  den  Grenzflächen  von  Luftwellen, 
die  schon  durch  die  Erscheinung  der  Luftspiegelung  dargethan  wird,  hat 
Herr  Montigny  noch  durch  einen  besondem  Versuch  nachzuweisen  unter- 
nommen. Zu  dem  Ende  leitete  er  künstlich  erzeugte  beisse  Luftströme 
durch  das  Linere  des  von  einem  Sonnenmikroskop  ausgehenden  Lichtkegels 
und  beobachtete  dann,  dass  die  äussern  Ränder  eines  solchen  Stroms  auf 
dem  entgegengehaltenen  Schirme  durch  erhöhten  Glanz  bemerkbar  und  ge- 
gen die  andern,  mehr  nach  Innen  liegenden  Theile  hervorstechend  wurden. 
Dieser  stärkere  Glanz,  meint  Herr  Montigny,  könne  nur  von  den  Strah- 
len herrühren ,  welche  den  Strom  sehr  nahe  an  denselben  Rändern  durch- 
dringen und  durch  zwei  successive  Brechungen  nach  Aobe^xv^^^V^is^^^x- 


I  D  U  a  1 1. 


MadbYi  Mariiidteutnaüt,  Die  pti^sUcbe  GeograiibJe  dea  Mi>ere&i  uh«ri»etat  ^ön 

Prof.    T)t.  BrjTTGKtt g 

QütHTUB  IciLJUB,  Dr*  G,  V,,  Experimentalphysik  ....,-♦..♦,  10 

FfCuiCEE,  Prof,  Dr.,  Die  pfavAikaÜAchc  und  philoRopliiflche  Atomeiilelire  ...  18 

EifOKL  lind  ScaiäLtDArH,  Prof.,  D&ra  teil  ende  Optik  ,....-..*  .  33 
%tiits ,  Prof.f  Die  NatitFwiflfft^nAebuflcii  in  ihron  B^i^iehungen  an  den  niatencL 

leö  und  g-daiigen  Interessen  der  Menschheit      .,,...,..  4^ 

Wkbkm.^  Bootsmeiflter ,  Di©  Entstehung^  dos  GrundeUcs     *...**»,  49 

Kopi'E,  Prof.,  Anfangsgründe  der  Physik  ,**-,...,,.♦..  60 
L^xNafiirrn,  Dr.,    Bemerkungen   Eur   Methode   de»   physikaliacheo  Unteirichts 

(ProgTÄuim)     ..,,»,,.., .-..,,  53 

Fllebkeb,  Dr«E.p  Aufgaben  aus  der  I^hjsik 113 

« 

BIBLIOGRAPHIE.     .     -     .     , Seite  22,  30,  54 ,  73,  100,  110. 


Kleinere  MittheilunMn.  387 


't» 


einen  zu  schwachen  Glanz  haben,  auf  der  Netzhaut  keinen  deutlichen  Ein- 
druck von  Farbenänderung  hervorbringen ,  wenn  ein  Theil  der  von  ihnen 
ausgegangenen  Farbestrahlen  durch  totale  Reflexion  abgelenkt,  die  Ge- 
sammtheit  des  Lichtes  somit  zu  sehr  vermindert  wird.  Man  beobachtet  da* 
her  an  so  kleinen  Sternen  keine  Farben&nderung. 

7.  Dass  man  die  funkelnden  Sterne  nicht  wie  beim  Phänomen  der 
Kimmung  doppelt  erblickt,  hat  einen  einfachen  Grund.  Die  Luftwellen, 
welche  das  Funkeln  des  Sternes  hervorbringen,  haben  nämlich  nicht  die 
regelmässige  und  übereinstimmende  Gestalt,  dass  die  von  ihnen  reflectirten 
Lichtstrahlen  sich  zu  einem  geordneten  zweiten  Bilde  des  Sternes  wieder 
vereinigen  können,  wenigstens  wäre  dieses  nur  bei  einem  seltsamen  Znsam- 
menwirken dieser  Wellen  und  wohl  auch  nur  auf  ganz  kurze  Zeit  möglich. 
Grade  beim  Phänomen  der  Kimmung  dagegen  müssen  allen  Beobachtungen 
zufolge  die  verschieden  brechbaren  Luftschichten  eine  gewisse  Beständig- 
keit und  Regelmässigkeit  besitzen,  damit  ein  zweites  Bild  zu  Stande  kommt. 

Würde  allerdings  unter  besonderen  günstigen  Umständen  von  einem 
funkelnden  Sterne  ein  zweites,  wenn  auch  noch  so  verzerrtes  Bild  oder  ir- 
gend ein  Schein  davon  unzweideutig  wahrgenommen,  so  dürfte  eine 
solche  Beobachtung  die  aufgestellte  Theorie  nicht  unwesentlich  unterstützen. 


LTI.  Erieugnng  elektrlBcher  (Lichtenberg'scher)  Staubfig^en  in 
grösster  Vollkommenheit  und  in  verschiedenen  Farben.  Von 
Prof.  BÖTTOER  (Jahresbericht  d.  phjsik.  Vereins  zu  Frankfurt  a/M.  1854  bis 
1865).  Man  verschafft  sich  runde,  aus  gewöhnlichem  Weissblech  gefertigte, 
mit  einem  2  Linien  hohen  Rande  versehene,  circa  4 — 5  Zoll  Durehmesser 
haltende  Schälchen ,  in  welche  man  nach  einer  schwachen  Erwärmung  der- 
selben feinen  Siegellack ,  den  man  in  einer  Porzellanschale  durch  eine  ge- 
wöhnliche Weingeistlampe  in  dünnen  Fluss  gebracht  hat,  derart  eingiesst, 
dass  die  Höhe  der  Harzschicht  dem  2  Linien  hohen  Rande  des  Schälchens 
völlig  gleich  kommt.  Einen  besonders  hübschen  Effect  geben  aus  rothem^ 
weissem  und  schwa^em  Siegellack  gegossene  Harzkuchen.  Sind  diese 
dünnen  Harzkuchen  in  der  Weissblechform  erkaltet,  so  hält  man,  um  ihnen 
eine  völlig  blasenfreie  Oberfläche  zu  geben,  in  geringer  Entfernung  ein 
heissgem achtes  Bügeleisen  horizontal  darüber. 

Unter  den  durch  schwache  Reibung  oder  Beutelung  leicht  elektrisch 
zu  erregenden  Stoffen  habe  ioh  folgende,  beim  Ausstäuben  stark  entgegen- 
gesetzt elektrisch  werdende  Pulver  ab  vorzüglich  geeignet  gefunden ,  und 
zwar  zum  Bestäuben : 

1.  eines  aus  weissem  Siegellack  bestehenden  Har^kuchens : 

a)  ein  Gemisch  aus  Zinnober  und  Ultramarin ,  oder 

b)  aus  Schweinfurter  Grün  und  Mennige, 

c)  aus  Mennige  und  schwarzem  Schwefelantimon, 

d)  aus  Ultramarin  und  Schwefel. 

2.  Für  einen  aus  rothem  Siegellack  bestehenden  Harzkuchen: 

a)  Ultramarin  und  Schwefel, 

b)  Schweinfurter  Grün  und  Mennige, 

c)  Zinnober  und  Ultramarin, 

d)  Mennige  und  Schwefel. 

3.  Für  einen  Harzkuchen  von  schwarzem  Siegellack: 

a)  Ultramarin  und  Schwefel, 

b)  Zinnober  und  Ultramarin, 

c)  Mennige  und  Schwefek 


Eeferent  gegen  des  Abdruck  vieler  Uebungs aufgaben  etc.^  sobald  dasLelsr- 

buch  von  den  Scinllern  angeschaiTt  werden  ninss;  eia  kleiner  derartiger 
Anhang  wird  bald  durch  genommen  uutl  kann  in  den  näcbst^n  2—3  Jahren 
nicht  wieder  benutzt  werden,  weil  sonst  die  Schüler  sich  in  den  hintcrlas- 
^enen  Heften  ihrer  Vorgänger  wohlfeilen  llath  holen  würden,  ein  grosser 
Anhang  dagegen  yerthcuert  das  Buch  uicUt  wenig.  Anders  liegen  die  Sachen 
bei  Conipendien  für  den  höhern  Unterricht.  Wer  mh  der  Differentiahecli* 
nung  ete,  intimere  Bekanntaehafl  anknüpft,  thut  dies  entweder  ans  hesoa- 
derer  Neigung,  oder  weil  er  «ie  braucht  (wie  z.  B.  der  Ingeuienr);  in  bdden 
Fällen  ist  es  ihm  angenehtni  in  dem  Lehrbuehe  Aufschhiäs  über  diesen  od«: 
jenen  Punkt  zu  finden,  der  Kwar  nicht  gerade  im  Unterrichte  berührt  wurde, 
der  aber  bei  irgend  einer  Gelegenheit  (z,  B.  in  einer  neuen  mechanischen 
Theorie  n.  dergL)  plötzlich  zur  Sprache  kommt.  Hier  wird  das  Compendium 
zum  Hand-  nnd  Nachscb lagebuche  für  den  weiter  ScUreiteuden,  ÜifiÄCB 
Ansichten  gemä^iä  möchte  Eeferent  das  KullerVsche  Werk  als  Schulbuch 
nicht  in  Gebraueh  nehmen,  so  bereit  er  auch  son^t  ist,  die  Vorscüge  desfel^ 
ben  anzuerkennen. 

Was  nnn  die  neue  umgearbeitete  Auflage  des  Werkes  im  Vergleicli 
zur  ersten  1840  erschienenen  Ansg&be  betritt,  so  hat  sich  die  Logik  des 
Verfassers  um  ein  Bedeutendes  ansclianlleber  gestaltet.   Den  Anfang  macht 
—  die  Gombinationslehre.   Dies  mag  auf  den  ersten  Blick  etwas  wunderlicb 
aussehen ,  näher  betrachtet  hat  aber  diese  Anordnung  mancherlei  für  sicli- 
Wenn  irgend  wie  viel  Diuge  gegeben  sind,  so  ist  die  verschiedene  Neben* 
einanderstellung  derselben  oflenhar  das  erste  mögliche  Geschäft ,  wobei  die 
Unter  sehe  idnng  des  Gleichartigen  und  Ungleichartigen  noch  gar  nicht  ein- 
mal in  Frage  kommt.    Diese  Operation  besitzt  einen  so  hohen  Grad  tod 
Anschaulicbkeit,  daJüs  sie  unbedenklich  auch  im  Unterrichte  voraus  genom- 
men werden  darf,  und  wenn  man  dabei  die  zu  combinirenden  Elemente 
durch  Buchstaben  bezeichnet,  so  gewöhnt  man  die  Schüler  fast  unvermerkt 
an  die  zu  Buchstabenoperationen  erforderliche  Abstraction.    Fernere  Vor- 
theile  der  Combinationslehre  sind ,  einmal  dass  sie  nur  die  Kenntniss  der 
natürlichen  ganzen  Zahlen  voraussetzt,  zweitens  dass  sie  dem  Lernenden 
Fertigkeit  im  Aufsuchen  der  möglichen  Fälle  verschafft  und  ihn  hierdurch 
in  den  Stand  setzt ,  auch  bei  späteren  Disciplinen ,  wie  z.  B.  in  der  ebenen 
und  körperlichen  Geometrie,   einen  rascheren  Ueberblick  zu  gewinnen. 
Selbstverständlich  können  bei  dem  vom  Verfasser  eingeschlagenen  Gedan- 
kengange keine  Formeln  für  die  Anzahl  der  Permutationen,  Combin»^^**" 
nen  etc.,  sondern  nur  wörtliche  Eegeln  aufgestellt  werden,  dies  ist  ^^} 
wenigstens  nach  Ansicht  des  Referenten,  der  das  Denken  höher  al*   ^^® 
Formelmacherei  stellt,  kein  so  entsetzliches  Unglück,  im  Gegentheil^  ^' 
wächst  daraus  eine  gute  pädagogische  Uebung;  man  kann  nämlich  sp^^" 
hin,  wenn  der  Buchstabe  seine  Bedeutung  als  willkührliche  Zahl  erh^^   . 
hat,  jene  Eegeln  in  Formeln  übertragen  lassen  und  bei  dieser  Geleget:^^.^ 
den  Schülern  handgreiflich  zeigen,  dass  jede  Buchstabenformel  nichts  w^^^ 
als  eine  in  kürzen  Symbolen  dargestellte  Eegel  ist. 

Von  der  Juxtaposition  beliebiger  Dinge  geht  der  Verfasser  zur ' 
bindung  gleichartiger  Dinge,  d.  h.  der  Grössen  über,  bespricht  d« 
Waehsthum  und  Abnahme,  und  gewinnt  damit  den  Uebergang  zur  Zf 
welche  hier  als  Coefficient  der  Einheit  mithin  vorerst  nur  als  ganze 
auftritt.   Mit  dieser  werden  die  Grundoperationen  in  der  bekannten  ^ 
durchgenommen,  dass  die  Subtraction  als  die,  wegen  a+b=zb  +  ay  eiB 


Literaturzeitung. 

mögliche  Umkehrang  der  Addition,  und  die  Division  als  die,  wegen  ab  =  6a, 
einzige  Umkelirang  der  Multiplication  erscheint.  Die  Fälle ,  in  denen  der 
Subtrahend  den  Minuenden  tibersteigt,  und  wenn  der  Divisor  keinen  aliquo- 
ten Theil  des  Dividenden  ausmacht,  geben  Veranlassung  zur  Erweiterung 
der  Zahlenreihe  nach  der  negativen  Seite  und  zur  Interpolation  derselben 
durch  positive  und  negative  Brüche.  Auch  die  Irrationalzahlen  finden  hier, 
noch  vor  der  Wurzel ausziehung ,  ihre  Berücksichtigung;  der  Verfasser  ge- 
langt dazu  durch  die  Vergleichung  und  Ausmessung  der  Grössen  (wie  sie 
auch  in  der  Geometrie  vorkommt)  und  giebt,  um  nicht  bei  der  blos  logischen 
Möglichkeit  des  Irrationalen  stehen  zu  bleiben,  die  Ausmessung  der  Diago- 
nale eines  Quadrates  durch  dessen  Seite  als  Beispiel  für  die  Realität  dieser 
neuen  Zwischenzahlen.  Grenzenbetrachtungen  liefern  nachher  den  Beweis, 
dass  die  für  rationale  Zahlen  erwiesenen  Lehrsätze  auch  bei  Irrationalzah- 
len ihre  Geltung  behalten.  Dieser  Gedankengang,  der  dem  von  Dr.  WiU- 
Mtein  befolgten  ähnelt ,  ist  heuristisch ,  streng  und  nach  des  Referenten  An- 
sicht, auch  der  einzig  wissenschaftliche.  Es  mag  freilich  bequemer  sein, 
gleich  mit  allgemeinen  Definitionen  von  grosser  Kraft  für  alle  Zahlen  und 
mit  allgemeinen  Regeln  herauszurücken ,  aber  dabei  entsteht  eine  doppelte 
Schwierigkeit;  wissenschaftlich  kann  die  allgemeine  Fassung  nur  durch  die 
empirische  Thatsache  gerechtfertigt  werden ,  dass  die  fortgeschrittene  Wis- 
senschaft eine  solche  Allgemeinheit  nöthig  gemacht  habe,  und  pädagogischer- 
seits  ist  es  eine  bekannte  Erfahrung ,  dass  mit  der  Allgemeinheit  auch  die 
Schwierigkeit  des  Begreifens  wächst  —  hat  man  doch  hei  schon  gereifteren 
Schülern  mit  der  unendlich  einfachen  Erklärung  der  Function  immer  einige 
Noth.  Dagegen  bietet  der  obenerwähnte  Gedankengang  den  Vortheil,  dass 
dem  Schüler  selber  die  Nothwendigkeit  einleuchtet ,  die  Definitionen  durch 
Erweiterung  der  neuen  Zahlen  anzupassen  und  die  Gültigkeit  der  alten 
Sätze  für  die  neuen  Zahlen  zu  ermitteln ,  was  ihn  immer  wieder  auf  die 
Principien  jeder  Rechnungsstufe  zurückführt  und  in  diesen  von  Neuem 
befestigt. 

Nachdem  der  Verfasser  durch  das  Vorige  zu  dem  unendlich  wichtigen 
Satze  gelangt  ist,  dass  die  Zahlenreihe  als  eine  continuirliche  betrachtet 
werden  kann,  verlässt  er  auf  kurze  Zeit  den  aufsteigenden  Gang  von  einer 
Operation  zur  nächst  höheren  und  schaltet  die  Lehre  von  den  algebraischen 
Oleichungen  ersten   Grades   ein.    Haarscharfe   Systematiker  werden  dies 
wahrscheinlich  tadeln  und  meinen,  man  müsse  erst  die  Reihe  der  möglichen 
Operationen  durchlaufen  haben ,  ehe  man  sich  um  die  Anwendungen  der- 
selben zur  Ermittelung  des  Werthes  unbekannter  Zahlen  (Auflösung  der 
▼ersebiedenen  Gleichungen)  kümmern  dürfe ;  dies  lässt  sich  gewiss  verthei- 
digen,  nicht  minder  gewiss  dürfte  aber  sein,  dass  man  beim  Unterrichte  wohl 
tknt,  nicht  zu  viel  Theorie  aufeinander  zu  häufen,  sondern  bei  Zeiten  seinen 
Schülern  zu  zeigen,  was  sich  mit  dem  Bisherigen  ausrichten  lässt.    So  z.  B. 
pflegt  Referent  nach  der  Entwickelung  des  ersten  und  zweiten  Difierential- 
{uotienten  die  geometrischen  Anwendungen  derselben  (Tangenten,  Norma- 
len etc.)  einzuschalten,  wodurch  gelegentlich  auch  die  nöthige  Fertigkeit 
.ta  Differenziren  erworben  wird ,  und  dann  erst  die  Lehre  von  den  höheren 
[>ifferentialquotienten  vorzunehmen,  obschon  das  wenig  systematisch  ist. 

Nach  Beendigung  dieser  Digression  zur  eigentlichen  Theorie  zurück- 
kehrend, leitet  der  Verfasser  die  Potenz  auf  dieselbe  Weise  aus  der  Mul- 
^plication  ab ,  wie  diese  aus  der  Addition  entsprungen  war ,  erhält  also  zu- 
i^ftchet   nur  Potenzen  mit  ganzen  positiven  Exponenten  und  beliebiger 


r 


Literatnrzeitung. 


r^^sf^^w*  ^V^-^'^^^iN^w^W^^^^^^^^.r^^H^^^H^^'^^'*^'^'*^Wi^*^V^vi'S^  w  ■V^^^^i^a^i^^^rti^^^'>^^^h^^^^^^fc^*^^*^>^*'^^M^^^i^^^^*^hi^^^^^M^rt 


Grundzahl ;  auf  die  Bedeutung  vou  o*  und  «*  läsgt  eicli  der  VerfaHsex  darcli 
die  Dmsion  führen,  bq  dass  hier  ebenso  wenig  wie  bei  der  Maltiplicatioo 
eine  Generaldefinition  der  Foteoz  gegeben  wird*  Aus  der  Bemerkung,  dass 
a**  im  Allgemeinen  von  b*  verschieden  ist,  erhelU  die  Möglichkeit  von  zwei 
umgekehrten  Operationeu  {Wurzel  und  Logarithmus)»  deren  erste  «»merselt« 
die  Potenzen  mit  gebrochenem  Exponenten,  andererseits  die  imagiuMreD 
Zahlen  kennen  lehrt.  Die  Ausdehnung  der  Operationen  des  Potcnxlrens 
und  Logarithmireus  auf  irrationale  Zahlen  geschieht  wiederum  mitteUi 
Grenzbelrachtungen,  In  einem  Rückblicke  auf  die  drei  Hf^i^hnungsstafcii 
mit  ihren  sieben  Grundöperationen  eteUt  der  Verfasser  die  erhaltenen  Er 
gebniase  zusammen ,  erörtert  die  Art  des  Fortachnttes  reu  einer  Operation 
zur  anderen  (entweder  Zusammensetzung  einer  wiederholten  Operation 
oder  Umkehrung)  zeigt ^  dass  wegen  {«*')''=  ö^  eine  weitere  Zusanmien' 
Setzung  der  Operationen  nichts  wesentlich  Neues  geben  würde ,  nnd  be* 
spricht  endlich  den  Zuwachs»  welchen  das  Zahlengebiqt  durch  die  inverscn 
Operationen  erhalten  hat,  bei  welcher  Gelegenheit  auch  der  complexea 
Zahlen  kurz  gedacht  wird» 

Naturgämäsa  knüpft  sich  hieran  die  Theorie  der  nach  einem  bestimm- 
ten Zahlensysteme  gebildeten  Zahlen,  sowie  die  AusfEihruug  der  früheren 
Operationen  an  dekadischen  Zahlen,  namentlich  die  Wnr^elauäziehung,  die 
Berechnung  der  Brigg'acben  Logarithmen  und  die  Aufsuchung  der  einem 
gegebenen  Logarithmus  entsprechenden  Zahl,  Die  letzteren  zwei  Aufgabpii 
löst  der  Verfasser  auf  bekannte  Weise  mittelst  der  Werthö  von  Itf*'*,  Jö*'°*  ete. 
Den  Beschluss  des  eigentlichen  Compendlums  macht  die  Lehre  von  den 
quadratischen  Gleichungen  mit  einer  und  mit  mehreren  Unbekannten,  Eto 
circa  8  Bogen  starker  Anhaug  enthalt  eine  bedeutende  Menge  vonUebun^- 
aufgaben  und  Excursrn  verschiedener  Art,  wie  z.  B.  Rechnung  mit  tm voll- 
ständigen Decimalzahlen ,  Anwendung  der  dekadischen  Ergänzung  bei  der 
Division ,  numerische  Auflösung  von  beliebig  vielen  simultanen  linearen 
Gleichungen  und  dergl.  mehr. 

Zum  Schlüsse  hält  sich  Referent  zu  dem  Urtheile  berechtigt ,  dass  das 
vorliegende  Werk  in  seiner  neuen  Gestalt  an  Uebersichtlichkeit  der  Dis- 
position ,  sowie  au  Klarheit  und  Anschaulichkeit  der  Exposition  um  ein  Be- 
deutendes höher  steht,  als  die  erste  Auflage,  und  dass  es  bei  der  ihm  eige- 
nen BegrifiFsschärfe  und  systematischen  Vollständigkeit  als  eines  der  besten 
Handbücher  für  Lehrer  gelten  muss.  Schlömilch. 


lehrbuch  der  Elementarmathematik  von  Dr.  Theodor  Wittstbin,  Pro- 
fessor und  Lehrer  an  der  Königl.  Cadetten-Anstalt ,  der  Königl- 
Militäracademie  und  der  städtischen  Handelsschule  zu  Hannover. 
I.  Band,  Arithmetik  und  Planimetrie.   Hannover,  Hahn^sche  Hof- 
buchhandluug  1857.    398  S.  8. 
Dieses  mathematische  Lehrbuch  enthält  nach  der  Meinung  des  Ver- 
fassers „genau  nicht  mehr  und  nicht  weniger  als  in  den  Unterrichtsstunden 
durchgenommen  werden  soll,  legt  aber  diesen  seinen  Inhalt  bis  in  die  klein- 
sten Einzelnheiten  ausgearbeitet  dem  Schüler  vor.  Dasselbe  hat  zu  seinem 
nächsten  Zwecke,  dem  mathematischen  Unterrichte  an  der  Königlichen 
Cadetten-Anstalt  (zu  Hannover)  zur  Grundlage  zu  dienen."   Es  ist  jeden- 
falls ein  dankenswerthes  Bemühen  ,  den  Lehrstoff  in  der  Elementarnaathe- 
matik  auf  ein  möglich  Geringstes  zusammenzuziehen,  um  einmal  dem  Scbü- 


Literatorzeitong. 

1er  die  üebersichtlichkoit  über  das  Ganze  nicht  za  rauben  nnd  dann  anch 
anf  die  Festlegung  nnd  Begründung  der  Elemente  die  nöthige  Zeit  und 
Sorgfalt  verwenden  zu  können.  Dieser  Gesichtspunkt  darf  jedesmal  da  um 
so  weniger  ausser  Acht  gelassen  werden,  wo  der  Unterricht  in  der  Mathe- 
matik nicht  lediglich  als  Mittel  zu  andern  Zwecken  dienen  soll,  sondern  als 
obersten  und  höchsten  Zweck  den  hat,  im  Verein  mit  den  anderen  Discipli- 
nen  des  Unterrichts  eine  allgemeinere  Ausbildung  des  Verstandes  zu  vermit- 
teln. Dass  auch  an  einer  Cadettenanstalt  die  Mathematik  um  des  letztbe- 
seichneten  Grundes  willen  mit  in  die  Zahl  der  Unterrichtsgegenstände  auf- 
genommen ist,  darüber  wird  mit  dem  Verfasser  wohl  Jedermann  einver- 
standen sein.  Allein  an  welcher  Bildungsanstalt  überhaupt  soll  die  Mathematik 
nicht  den  genannten  Zweck  erfüllen  V  Dem  Beferenten  erscheinen  demnach 
die  hieraus  abgeleiteten  Ansichten  über  den  Unterricht  der  Mathematik  als 
80  ganz  allgemeine,  selbstverständliche,  mit  der  Natur  des  Gegenstandes  so 
innig  verknüpfte,  im  Uebrigen  auch  allgemein  anerkannte  Grundsätze,  dass 
sich  aus  diesen  eine  besondere  Darstellung  des  mathematischen  Lehrstoffes, 
die  nach  Form  oder  nach  Inhalt  eigenthümlich  zu  nennen  wäre,  nicht  erge- 
ben kann.  Man  kann  mit  dem  vom  Verfasser  in  'der  Vorrede  aufgestellten 
Satze ,  dass  der  mathematische  Unterricht  ein  allgemein  und  formal-bilden- 
der auch  an  einer  Cadettenanstalt  sein  solle,  ganz  einverstanden  sein,  ohne 
den  Weg,  welchen  als  diesem  Zwecke  ganz  entsprechend  der  Verfasser  be- 
zeichnet, als  den  alleinigen  und  unfehlbar  zum  Ziele  führenden  anzusehen. 
Denn  so  viel  auch  hierbei  auf  die  Natur  und  Beschaffenheit  der  übrigen 
Unterrichtsgegenstände  ankommt,  wenn  die  Ausdehnung  des  mathematischen 
Unterrichts  bemessen  werden  soll ,  so  muss  doch  jedenfalls  eine  ernstliche 
Selbstbeschäftigung  mit  den  dahin  gehörigen  Gegenständen  dem  Schüler 
angesonnen  oder  zur  Pflicht  gemacht  werden,  soll  der  ganze  Unterricht  nicht 
grossentheils  ein  vergeblicher  sein.  Der  mathematische  Unterricht  in  den 
Lehrstunden  kann  daher  immer  von  Seiten  der  Anstalt  möglichst  beschränkt, 
desto  mehr  muss  aber  die  Beschäftigung  der  Schüler  mit  Mathemathik 
angeregt,  befördert,  verlangt  und  befohlen  werden.  Es  ist  jedoch  eine 
starke  Zumuthung  für  den  Schüler,  sich  fortwährend  blos  mit  einem  magern 
Gerippe  der  betreffenden  Disciplin,  worauf  vielleicht  der  eigentliche  Unter- 
richt au  beschränken  ist,  beschäftigen  zu  sollen,  auch  möchte  das  Maass  der 
hieraus  entspringenden  allgemeinen  Bildung  f(ir  denselben  nicht  eben 
erheblich  ausfallen.  Sicherheit  in  den  Elementen  und  Grundlinien  einer 
Wissenschaft  oder  Sprache  erhält  man  auch  nicht  durch  fortwährende  Wie- 
derholung derselben  nach  einem  vorgezeichneten  Systeme,  sondern  dur^h 
wiederholte  Anwendung  derselben  auf  den  weitem  Ausbau  dieser  Grund- 
begriffe. Da  den  Schülern  der  bezeichneten  Anstalten  zu  dieser  anhalten- 
den Beschäftigung  mit  Mathematik  ausser  dem  eingeführten  Lehrbuche 
m  der  Regel  keine  andern  Ilülfsbücher  in  die  Hände  gegeben  werden ,  so 
stellt  es  sich  von  selbst  wünschenswerth  heraus,  dass  in  dem  Lehrbuche  dem 
eigentlichen  fiir  den  Unterricht  bestimmten  Lehrstoffe  sich  noch  andere  in 
möglichst  genauem  Zusammenhange  mit  demselben  stehende  Theile  an- 
ichliessen,  welche  für  eine  angemessene  Selbstthätigkeit  des  Schülers  be- 
rechnet sind.  Ob  also  das  Lehrbuch,  welches  an  einer  Cadettenanstalt 
>der  ähnlichen  Anstalt  eingeführt  werden  soll ,  auf  ein  solches  Minimum, 
Brie  der  Verfasser  meint,  zu  rcduciren  ist,  darüber  kann  man  wohl  aus 
len  angedeuteten  Gründen  anderer  Meinung  sein,  wenn  man  auch  an- 
lererseits  wieder  zugeben  kann ,  dass  der  Verfasser  die  ihm  vorliegenden 


Inhalt. 


'  Seite 
Maubt  ,  Marinelieuinant,  Die  physische  Geographie  des  Meeres ;  tihersetzt  Yon 

Prof.  Dr.  BöTTGSB , 8 

Quurrus  IciLiuB,  Dr.  G.  v.,  Experimentalphysik  ......' 10 

FECHinBR,  Prof.  Dr.,  Die  physikalische  und  philosophische  Atomenlehre  ...  18 

Ehoel  und  ScHBLLBACH,  Prof.,  Darstellende  Optik 33 

Stbih  ,  Prof.,  Die  Naturwissenschaften  in  ihren  Beziehungen  zu  den  materiel- 
len und  geistigen  Interessen  der  Menschheit 48 

Wkbbb,  Bootsmeister,  Die  Entstehung  des  Gmndeises  49 

KoppB,  Prof.,  Anfangsgründe  der  Physik 50 

Lanckicth,  Dr.,  Bemerkungen  zur  Methode  des  physikalischen  Unterrichts 

(Programm) •    •    • 53 

Flibdveb,  Dr.  E.,  Aufgahen  aus  der  Physik 113 


BIBLIOGRAPHIE Seite  22,  36,  54,  73,  100,  119. 


Literaturzeitung. 

Ben  Zahlen  durch  eine  beliebige  Zahl  interpolirt  hat,  führen  den  Namen 
Brüche  oder  gebrochene  Zahlen.  Sie  werden  absolute  Brüche  genannt,  wenn 
die  Zahlenreihe  rückwärts  mit  der  Null  abbricht;  dagegen  algebraische 
Brüche,  wenn  die  Zahlenreihe  über  Null  auch  nach  der  negativen  Seite 
unbegrenzt  fortgehf  Endlich  kommt  §.  83  die  „Erklärung:  Jeder  abso- 
lute Bruch  -T  besteht  aus  einem  Zähler  a  und  einem  Nenner  b  \  der  Zähler 

ist  die  absolute  ganze  Zahl,  welche  die  Stelle  anzeigt,  die  der  Bruch  in  der 
interpolirten  Zahlenreihe  einnimmt;  der  Nenner  ist  die  absolute  ganze  Zahl, 
welche  anzeigt,  in  wie  viele  Theile  man  die  Einheit  der  Zahlenreihe  getheilt 
hat",  worauf  noch  2  „Erklärungen"  (§§.  84  und  85),  die  uneigentlichen,  so 
wie  die  ächten  und  unächten  Brüche  betreffend,  folgen.  Man  muss  gestehen, 
dem  Schüler  wird  sehr  viel  „erklärt",  wie  viel  er  davon  versteht ,  ist  aber 
wohl  ohne  weitere  Auseinandersetzung  leicht  abzunehmen.  Diese  Bruch- 
lehre bietet  überhaupt  mancherlei  Eigenthtimlichkciten  dar,  von  denen  aber 
Referent  der  Meinung  ist,  dass  sie  eine  schärfere  Auffassung  des  Gegen- 
standes von  Seiten  des  Schülers  nicht  eben  zu  befördern  geeignet  sind,  z.  B. 
der  erste  die  Addition  der  Brüche  betreffende  Satz  ist  die  „Aufgabe,  zu 

fl  c 

einem  gegebenen  Bruche  —  einen  zweiten  gegebenen  Bruch  --  zu  addiren. 

Auflösung.   Man  suche  den  Bruch  —  in  der  Zahlenreihe  der  biel  auf,  und 

sehreite  von  ihm  in  der  Zahlenreihe  um  c  solcher  Theile  der  Einheit  fort, 
wie  Bie  die  Zahlenreihe  der  dtel  enthält.  Derjenige  Bruch,  zu  welchem  man 
auf  diese  Weise  gelangt,  ist  die  gesuchte  Summe."  Es  ist  dem  Referent  nicht 
klar,  welchen  Nutzen  für  den  Schüler  diese  Auffassung  der  bezeichneten 
Aufgabe  haben  soll.    Dass  übrigens  das  Lehrbuch  nicht  ganz  „genau  nicht 
mehr  nnd  nicht  weniger  enthält,  als  was  in  den  Unterrichtsstunden  vorge- 
nommen werden  soll",  beweist  eine  Vergleichung  der  gegebenen  Lehrsätze, 
Aufgaben  etc.  mit  den  beigefügten  Beispielen  zbr  Uebung,  von  welchen 
manche  dem  Schüler,  der  nicht  mehr  Unterweisung  in  den  Lehrstunden  er- 
iialten  hat,  als  nach  dem  gegebenen  Materiale  abzunehmen  ist,  zu  grosse 
Schwierigkeiten  darbieten  dürften.    So  ist  auch  für  diese  Beispiele  in  §.  33 
ond  33  nur  der  Begriff  der  Potenz ,  nicht  aber  die  Multiplication  und  Divi- 
fion  der  Potenzen  mit  gleichen  Grundzahlen  vorläufig  gegeben,  letztere  aber 
doch  xnr  Ausrechnung  von  Beispielen  vorausgesetzt  worden.    Sehr  ange- 
messen dagegen  hat  der  Verfasser  so  zeitig,  wie  es  nur  thun- 
lieh  war,   die  Auflösung  der  Gleichungen  1.  Grades   in  den 
liehrgang  der  allgemeinen  Arithmetik  eingesetzt  und  dadurch 
•ein  Lehrbuch  dem  Unterrichte ,  wie  er  doch  wohl  von  jedem  verständigen 
liehrer  in  Wirklichkeit  betrieben  wird,  als  eine  geeignetere  Unterlage  ange- 
psBst.  —  Der  geometrische  Theil  ist  im  Allgemeinen  in  Euklideischer  Weise 
durchgeführt,  doch  scheinen  Beferent  manche  Erklärungen  und  Darstellun- 
gen von  dem  Geiste  der  Alten  etwas  abzuweichen,  z.  B.  die  Definition  §.  174. 
^on  §•  187  und  188  sollten  die  Umkehrungen  mit  aufgeführt  sein.  —  Sehr 
V^eachtenswerth  ist  der  siebente  Abschnitt,   welcher  die  Verhältnisse  und 
^Proportionen  unter  Linien  behandelt,  insbesondere  die  Anordnung  der  be- 
"^xeffenden  Sätze  nach  einer  Eintheilung  und  Unterscheidung  der  Strahlen- 
Systeme  mit  parallelen  Transversalen,  unter  welchem  Titel  die  gewöhn- 
lichen SAtze  über  A^hnlichkeit  der  geradlinigen  Figuren  und  Proportiona- 


lität  ihrer  Seiten  etc,  «ufgerdbrt  werden ,  ferner  der  Strnhlenj3jstfiine  mit 
nie  hl  parallele  u  Traixsversalen ,  wabei  dtij  WicUtigete  über  D^ppel- 
Terhültiiisse  uöd  harmaniscbe  Proportionen  und  Härmen  ikalea  rork&iumt, 
endlich  der  Strahlen  Systeme  in  Verbindung  mit  einein  Kroiee  {Proportio- 
nen beitn  Kreise)*  Der  Vt'rfafe&er  hat  hier  deutlich  das  BcdlLrfnLsä  geruhlt^ 
den  .Stoff  nach  Beinern  Innern  ZusammcnhaDge  anzuordnen  und  Äiisammen- 
KUtttellon,  dabei  ancb  recht  glücklich  richtige  Gesichtspunkte  getroffen.  Im 
Ganzen  enthält  trot^  der  ge machten  Auästellungen  da«  Lehrbacb  vor  niaa^ 
ehern  anderen  Jtljnllchen  Umfangt-s  vielfache  Vorzüge  und  k  a  n  n  j  e  d  o  jj  f  a  Us 
allen  den  Lehrern  zur  naiieru  Einsicht  and  weitern  Beach* 
tung  empfohlen  werden,  denen  für  ihren  Unterricht  eitt* 
yerhältuissniäflsig  beschränkte  Zeit  stugemea^en  iuL 

WiTZSCiUW». 

Die  physisch 5  Geographie  des  Meeres,  von  M*  F*MAimY,  Manueleutaaut 
der  Verein.  Htaaten   von  Nordamerika.     Deutsch   bearbeitet  von 

rDK,  C>  BöTTüEB,  Prof.  am  GymnaMum  zu  Dessau*    Leipzig,  Ga*t. 
^  Majer.  I8ä6. 

Trotz  vieler  einzelnen  Werke  und  trotz  der  zahllosen  von  den  ver- 
Bchiedeni^ten  Seiten  herrührenden  Notizen  über  den  Ocean  bleibt  eint 
einTgermaassen  umfassende  Darstellung  der  physischen  Geographie  d«f 
Meeres  (einer  bekanntlich  Ton  A*  v,  Humboldt  angeregten  und  hensnntea 
Wissenschaft)  immer  noch  eine  sehr  schwere  Aufgabe.  Zu  einer  genügen- 
den Lösung  derselben  gehört  nicht  nur  ein  mit  dem  gesaminteu  tellurificheB 
Leben  wohlvertrauter  Gelehrter ,  sondern  auch  ein  praktischer  Seetaam^ 
der  das  Meer  aus  lan^  ähriger  eigentjr  Anschanung  unter  allen  Lungen  ntd 
Breiten  kennt  und  ausserdem  das  Talent  besitzt,  durch  lebendige  Darstfll' 
lang  dem  Werke  das  rechte  Colorit  zu  geben.  Diese  Verbindungen  finden 
sich  bei  dem  Verfasser,  dessen  mannichfaltige  Verdienste  um  die  Vervoll- 
kommnung der  Wind  •  und  Strömungskarten  auch  über  die  Grenzen  seines 
Vaterlandes  hinaus  bekannt  sind ;  in  einem  nicht  gewöhnlichen  Grade  ver- 
einigt und  jede  Seite  des  Werkes  legt  davon  ein  sprechendes  Zeugniss  ab. 
In  markigen  Zügen  entwirft  der  Verfasser  in  jedem  Capitel  zuerst  ein 
klares  Bild  der  einzelnen  Erscheinung,  welche  er  zu  discutiren  beabsich- 
tigt, und  lässt  darauf  die  eigentliche  wissenschaftliche  Untersuchung  folgen, 
bei  welcher  eine  ebenso  grosse  Fülle  von  Beobachtungen  über  die  einzelnen 
Modificationen  jener  Erscheinung  als  andererseits  eine  genaue  Bekannt- 
schaft mit  allen  in  Frage  kommenden  physikalischen  Gesetzen  hervortritt 
Die  Gegenstände ,  welche  in  den  Kreis  der  Betrachtung  gezogen  werden, 
sind  folgende:  Cap,  L  Der  Golfstrom.  Cap.  II.  Einfluss  des  Golfstromes 
auf  klimatische  Verhältnisse.  Cap.  III.  Die  Atmosphäre.  Cap.  IV.  Roth® 
Nebel  und  Seestaub.  Cap.  V.  Ueber  die  wahrscheinliche  Beziehung  2^*' 
sehen  dem  Magnetismus  und  der  Circulation  der  Atmosphäre.  Cap.  VI« 
Meeresströmungen.  Cap.  VII.  Das  offene  Meer  im  arktischen  Oceafl' 
Cap.  VIII.  Das  Salz  des  Meerwassers.  Cap..  IX.  Der  äquatoriale  Wolken- 
ring. Cap.  X.  Ueber  die  geologische  Einwirkung  der  Winde.  Cap.  XI- 
Die  Tiefen  des  Oceans.  Cap.  XII.  Das  Becken  des  atlantischen  Oceans. 
Cap.  XIIL  Die  Winde.  Cap.  XIV.  Die  klimatischen  Verhältnisse  des 
Oceans.  Cap,  XII.  Ueber  die  Driftströmungen  der  See.  Cap.  XVI.  I^*® 
Stürme.  Cap.  XVIL  Routen.  Cap  XVIII.  Schlusswort.  —  Man  wird  aus 
dieser  Inhaltsangabe  zweierlei  ersehen ,  einerseits  eine  grosse  Vollständig' 


Literaturzeitung. 

mögliche  Unikehrang  der  Addition,  und  die  Division  als  die,  wegen  ab  =  bay 
einzige  Umkehrung  der  Multiplication  erscheint.  Die  Fälle ,  in  denen  der 
Subtrahend  den  Minuenden  übersteigt,  und  wenn  der  Divisor  keinen  aliquo- 
ten Theil  des  Dividenden  ausmacht ,  geben  Veranlassung  zur  Erweiterung 
der  Zahlenreihe  nach  der  negativen  Seite  und  zur  Interpolation  derselben 
durch  positive  und  negative  Brüche.  Auch  die  Irrationalzahlen  finden  hier, 
noch  vor  der  Wurzelausziehung ,  ihre  Berücksichtigung ;  der  Verfasser  ge- 
langt dazu  durch  die  Vergleichung  und  Ausmessung  der  Grössen  (wie  sie 
auch  in  der  Geometrie  vorkommt)  und  giebt,  um  nicht  bei  der  blos  logischen 
Möglichkeit  des  Irrationalen  stehen  zu  bleiben,  die  Ausmessung  der  Diago- 
nale eines  Quadrates  durch  dessen  Seite  als  Beispiel  für  die  Realität  dieser 
neuen  Zwischenzahlen.  Grenzenbetrachtungen  liefern  nachher  den  Beweis, 
dass  die  für  rationale  Zahlen  erwiesenen  Lehrsätze  auch  bei  Irrationalzah- 
len ihre  Geltung  behalten.  Dieser  Gedankengang,  der  dem  von  Dr.  WUi- 
stein  befolgten  ähnelt ,  ist  heuristisch ,  streng  und  nach  des  Referenten  An- 
sicht, auch  der  einzig  wissenschaftliche.  Es  mag  freilich  bequemer  sein, 
gleich  mit  allgemeinen  Definitionen  von  grosser  Kraft  für  alle  Zahlen  und 
mit  allgemeinen  Regeln  herauszurücken ,  aber  dabei  entsteht  eine  doppelte 
Schwierigkeit ;  wissenschaftlich  kann  die  allgemeine  Fassung  nur  durch  die 
empirische  Thatsache  gerechtfertigt  werden ,  dass  die  fortgeschrittene  Wis- 
senschaft eine  solche  Allgemeinheit  nöthig  gemacht  habe,  und  pädagogischer- 
seits  ist  es  eine  bekannte  Erfahrung ,  dass  mit  der  Allgemeinheit  auch  die 
Schwierigkeit  des  Begreifens  wächst  —  hat  man  doch  "bei  schon  gereifteren 
Schülern  mit  der  unendlich  einfachen  Erklärung  der  Function  immer  einige 
Noth.  Dagegen  bietet  der  obenerwähnte  Gedankengang  den  Vortheil,  dass 
dem  Schüler  selber  die  Nothwendigkeit  einleuchtet,  die  Definitionen  durch 
Erweiterung  der  neuen  Zahlen  anzupassen  und  die  Gültigkeit  der  alten 
Sätze  für  die  neuen  Zahlen  zu  ermitteln ,  was  ihn  immer  wieder  auf  die 
Principien  jeder  Rechnungsstufe  zurückführt  und  in  diesen  von  Neuem 
befestigt. 

Nachdem  der  Verfasser  durch  das  Vorige  zu  dem  unendlich  wichtigen 
Satze  gelangt  ist,  dass  die  Zahlenreihe  als  eine  continuirliche  betrachtet 
werden  kann,  verlässt  er  auf  kurze  Zeit  den  aufsteigenden  Gang  von  einer 
Operation  zur  nächst  höheren  und  schaltet  die  Lehre  von  den  algebraischen 
Gleichungen  ersten  Grades  ein.  Haarscharfe  Systematiker  werden  dies 
wahrscheinlich  tadeln  und  meinen,  man  müsse  erst  die  Reihe  der  möglichen 
Operationen  durchlaufen  haben ,  ehe  man  sich  um  die  Anwendungen  der- 
selben zur  Ermittelung  des  Werthes  unbekannter  Zahlen  (Auflösung  der 
verschiedenen  Gleichungen)  kümmern  dürfe ;  dies  lässt  sich  gewiss  verthei- 
digen,  nicht  minder  gewiss  dürfte  aber  sein,  dass  man  beim  Unterrichte  wohl 
thut,  nicht  zu  viel  Theorie  aufeinander  zu  häufen,  sondern  bei  Zeiten  seinen 
Schülern  zu  zeigen,  was  sich  mit  dem  Bisherigen  ausrichten  lässt.  So  z.  B. 
pflegt  Referent  nach  der  Entwickelung  des  ersten  und  zweiten  DiflFerential- 
quotienten  die  geometrischen  Anwendungen  derselben  (Tangenten,  Norma- 
len etc.)  einzuschalten,  wodurch  gelegentlich  auch  die  nöthige  Fertigkeit 
im  Differenziren  erworben  wird ,  und  dann  erst  die  Lehre  von  den  höheren 
Differentialquotienten  vorzunehmen,  obschon  das  wenig  systematisch  ist. 

Nach  Beendigung  dieser  Digression  zur  eigentlichen  Theorie  zurück- 
kehrend ,  leitet  der  Verfasser  die  Potenz  auf  dieselbe  Weise  aus  der  Mul- 
tiplication ab ,  wie  diese  aus  der  Addition  entsprungen  war ,  erhält  also  zu- 
nächst  nur  Potenzen  mit  ganzen  poBitiveu  Ex|^OTL^Ti^'^^  \»A  X^^Cv^v^^ 


10  Literaturzeitong. 


zur  Seite  etell^a  kaiin.  Letztere  haben  amser  der  Ihnen  an  eich  aiilcoin- 
niemlen  Genauigkeit  noch  deu  Vortheil,  dase  ans  der  Operation  selber  Aöf 
den  Grad  der  erreichten  Prficision  gefichlosseii  werden,  wozu  hei  harame- 
trischen  Meäsungen  vor  der  Ilantl  keine  Anhaltep  unkte  existiren. 


Exp^TÜnentalphTaik,  etn  Leitfaden  bei  Vortrügen,  von  Du,  G- v,  QriKTa 
[t'ILU,*«,   Lehrer   an    der    poljteebnischen  Schule   in  Hannover. 
Hannover*  Scbmorl  und  v.  Seefeld,  ISbb,    45  Bg,  gr.  8* 
Der  Verfasser  hat  mit  der  Ansarbeitung  dieses  Buches  sunächtt  sei- 
nen Schülern  , »einen  Leitfaden    ssur  Repetition,    der  sich   dep 
Vortrfigen  genau  anschliesst/^  zu  geben  beabaicbtigt;  würde  »ich 
aber,  wie  er  bemerkt,  freuen,  wenn  der  Anordnung  und  Ausführung  dei- 
öelbsn  andere  Lehrer  beistimmeu  könnten  und  »ich  2ur  Einführung  desMl- 
ben  bei  ihren  Schülern  bewogen  fühlten,    1) jG.se  Freude  möirhte  nun  uacli 
der  Ansicht  de»  Referenten  dem  Verfasser  billiger  oder  gerechter  Weise  m 
Tbeil    werden,    wenn   sonst  andere   Umstünde,    die   bei  Einfühmng  eines 
Lehrbuchs  mit  obwalten  ,  nicht  hindernd  in  den  Weg  treten.    Das  Buch  g»' 
hört  ohne  Zw^eifel  zu  den  besseren  Werken  dieser  Art  und  bat,  gegen  viele 
andere  gehalten,  Vorzüge,  die  es  einer  allgemeineren  Aufmerksamkeit  und 
Empfehlung  nicht  unwürdig  machen.     Selbstverständlich  müseen  bei  ß«>- 
urtheiJung  dieses  Leitfadens  die  VerbSltnisae  der  Schule,  an  welcher  d« 
Verffisöer  wirkt,  sowie  der  allgemeine  Standpunkt  der  Scbfiler,  ftir  welclie 
das  Buch  beötimmt  ist,  mit  ins  Auge  gefaäst  werden»    In  Betreff  dessen  be- 
merkt der  Verfasser»  das§  sein  Bcvstreben  vorzüglich  darauf  gerichtet^ 
richtet  gewesen  sei;   „die   physikalischen  Lebren   in    ihrem  Zu  - 
aammenh an ge  darzustellen    und   den  Schülern  eine  Einslclit 
in    die   Methoden    zu    geben,    nach   welchen   experimentelle 
Untersuchungen   anzustellen   sind"  —  oder,  wie  Referent  nach 
der  vorliegenden  Ausführung  die  Absicht  des  Verfassers  bezeichnen  möchte, 
die  Schüler  in  den  Geist  und  das  rein  Wissenschaftliche  des  Experimenti 
und  der  Beobachtung  einzuführen.  —  Dadurch  werden  die  Schüler  gewöhnt, 
,,die  Resultate  der  Wissenschaft  auch  ihrem  inneren  Znsam- 
menhange nach  aufzufassen",  was  an  technischen  Anstalten,  wo  die 
Resultate  und  deren  Anwendungen  zu  practischen  Zwecken  nicht  selten  auf 
Kosten  strengerer  Wissenschaftlichkeit   mehr  in  den  Vordergrund  treten, 
für  eine   allgemeinere  Ausbildung  der  Schüler  von  nicht  unerheblichem 
Momente  sein  dürfte.   Die  mathematische  Bildung,  welche  der  Verfasser 
bei  den  meisten  Schülern  voraussetzen  durfte ,  erlaubte  ihm  erforderlichen 
Falls  „einen  strengeren  mathematischen  Weg  einzuschlagen 
(mit  Ausschluss  indess  der  Differenzial-  und  Integralrechnung),  als  ihp 
viele  der  verbreiteten   phy,sikalischen  Lehrbücher  verfol- 
gen."   Diese  vortheilhaftere  Stellung,  welche  damit  der  Verfasser  bei  Be- 
arbeitung seines  Werkes  hatte ,  ist  von  ihm  in  der  ersteren  Hälfte  dessel- 
ben —  ob  absichtlich  oder  nicht,  mag  dahin  gestellt  sein  —  weniger  wahr- 
genommen, als  nach  der  Meinung  des  Referenten  hätte  geschehen  können, 
dagegen  in  der  anderen  Hälfte  (Optik ,  Elektricitätslehre)  häufiger  benot£t 
worden.    Es  ist  zwar  in  der  ersteren  Hälfte  eine  mathematische  Behand- 
lungsweise   des   Stoffes  nicht   zu   verkennen,   auch  bemisst  Referent  die 
Durchführung  einer  solchen  Darstellung  nicht  nach  der  Menge  und  Läöge 
der  Formeln  und  Gleichungen ,  welche  beim  Aufschlagen  des  Baches  in  <ue 


Literatorzeitong. 

1er  die  Uebersichtlichkeit  über  das  Ganze  nicht  zu  ranben  nnd  dann  auch 
auf  die  Festlegung  und  Begründung  der  Elemente  die  nöthige  Zeit  und 
Sorgfalt  verwenden  zu  können.  Dieser  Gesichtspunkt  darf  jedesmal  da  um 
so  weniger  ausser  Acht  gelassen  werden ,  wo  der  Unterricht  in  der  Mathe- 
matik nicht  lediglich  als  Mittel  zu  andern  Zwecken  dienen  soll,  sondern  als 
obersten  und  höchsten  Zweck  den  hat,  im  Verein  mit  den  anderen  Discipli- 
nen  des  Unterrichts  eine  allgemeinere  Ausbildung  des  Verstandes  zu  vermit- 
teln. Dass  auch  an  einer  Cadettenanstalt  die  Mathematik  um  des  letztbe- 
zeichneten Grundes  willen  mit  in  die  Zahl  der  Unterrichtsgegenstände  auf- 
genommen ist,  darüber  wird  mit  dem  Verfasser  wohl  Jedermann  einver- 
standen sein.  Allein  an  welcher  Bildungsanstalt  überhaupt  soll  die  Mathematik 
nicht  den  genannten  Zweck  erfüllen  V  Dem  Beferenten  erscheinen  demnach 
die  hieraus  abgeleiteten  Ansichten  über  den  Unterricht  der  Mathematik  als 
so  ganz  allgemeine,  selbstverständliche,  mit  der  Natur  des  Gegenstandes  so 
innig  verknüpfte,  im  Uebrigen  auch  allgemein  anerkannte  Grundsätze,  dass 
sich  aus  diesen  eine  besondere  Darstellung  des  mathematischen  Lehrstoffes, 
die  nach  Form  oder  nach  Inhalt  eigenthümlich  zu  nennen  wäre,  nicht  erge- 
ben kann.  Man  kann  mit  dem  vom  Verfasser  in  'der  Vorrede  aufgestellten 
Satze ,  dass  der  mathematische  Unterricht  ein  allgemein  und  formal-bilden- 
der auch  an  einer  Cadettenanstalt  sein  solle,  ganz  einverstanden  sein,  ohne 
den  Weg,  welchen  als  diesem  Zwecke  ganz  entsprechend  der  Verfasser  be- 
zeichnet, als  den  alleinigen  und  unfehlbar  zum  Ziele  führenden  anzusehen. 
Denn  so  viel  auch  hierbei  auf  die  Natur  und  Beschaffenheit  der  übrigen 
Unterrichtsgegenstände  ankommt,  wenn  die  Ausdehnung  des  mathematischen 
Unterrichts  bemessen  werden  soll ,  so  muss  doch  jedenfalls  eine  ernstliche 
Selbstbeschäftigung  mit  den  dahin  gehörigen  Gegenständen  dem  Schüler 
angesonnen  oder  zur  Pflicht  gemacht  werden,  soll  der  ganze  Unterricht  nicht 
grossentheils  ein  vergeblicher  sein.  Der  mathematische  Unterricht  in  den 
Lehrstunden  kann  daher  immer  von  Seiten  der  Anstalt  möglichst  beschränkt, 
desto  mehr  muss  aber  die  Beschäftigung  der  Schüler  mit  Mathemathik 
angeregt,  befördert,  verlangt  und  befohlen  werden.  Es  ist  jedoch  eine 
starke  Zumuthung  für  den  Schüler,  sich  fortwährend  blos  mit  einem  magern 
Gerippe  der  betreffenden  Disciplin,  worauf  vielleicht  der  eigentliche  Unter- 
richt zu  beschränken  ist,  beschäftigen  zu  sollen,  auch  möchte  das  Maass  der 
hieraus  entspringenden  allgemeinen  Bildung  für  denselben  nicht  eben 
erheblich  ausfallen.  Sicherheit  in  den  Elementen  und  Grundlinien  einer 
Wissenschaft  oder  Sprache  erhält  man  auch  nicht  durch  fortwährende  Wie- 
derholung derselben  nach  einem  vorgezeichneten  Systeme,  sondern  dur^h 
wiederholte  Anwendung  derselben  auf  den  weitem  Ausbau  dieser  Grund- 
begriffe. Da  den  Schülern  der  bezeichneten  Anstalten  zu  dieser  anhalten- 
den Beschäftigung  mit  Mathematik  ausser  dem  eingeführten  Lehrbuche 
in  der  Regel  keine  andern  Hülfsbücher  in  die  Hände  gegeben  werden ,  so 
stellt  es  sich  von  selbst  wünschenswerth  heraus,  dass  in  dem  Lehrbuche  dem 
eigentlichen  für  den  Unterricht  bestimmten  Lehrstoffe  sich  noch  andere  in 
möglichst  genauem  Zusammenhange  mit  demselben  stehende  Theile  an- 
schliessen,  welche  für  eine  angemessene  Selbstthätigkeit  des  Schülers  be- 
rechnet sind.  Ob  also  das  Lehrbuch,  welches  an  einer  Cadettenanstalt 
oder  ähnlichen  Anstalt  eingeführt  werden  soll,  auf  ein  solches  Minimum, 
wie  der  Verfasser  meint,  zu  reduciren  ist,  darüber  kann  man  wohl  aus 
den  angedeuteten  Gründen  anderer  Meinung  sein,  wenn  man  auch  an- 
dererseits wieder  zugeben  kann,  dass  der  VerfaasÄT  4\ft\\iXELN^'^^^|^'«ÄM^ 


I 


IC fi gilt-*!»  der  SCuftAuimpnsctziiiig  und  Zerlegung  der  Bewegungeu  da,  äu 
w^der  vorher  noch  später  genugsam  bervörgehoben  ist,  W^re  tiberbaiipt 
auf  die  Natur  der  schwingenden  Bewegung:  etwas  naher  eingeg-augen ,  di6 
einfachste  Art  derselben  genauer  erörtert  und  au  geeigneten  StelIeD  her- 
vorgehoben  worden ,  dass  die  eirifatdisteii  Bedingiiiigen»  unter  denen  eine 

f ichwing'f'iid**  Bewegung  entsteht,  nicht  immer  einzig  und  allein  vorlieg:PD; 
t^  hätten  manche  daliin  gehörige  Erscheinungen  eine  durchsichtigere  Er- 
klärung gefunden,  z.  B,  in  §§,  47  —  50,  insbesaudere  §.  11t  und  die  wieder 
darauf  gegründeten  Erörterungen  in  §,  157- 

Der  Unterricht  der  Physik  au  Heal-  und  polytechnischen  Schulen  und 
ein  dafilr  beaticimter  Leitfaden  würde  ferner  den  übrigen  Disciplmen  »In- 
eelbst  sehr  nahe  gestellt  werden ,  wrun  bei  einem  möglichst  streng  maibc- 

p  Biatischen  Lehrgange  desselben  das  Prinetp  der  Erhaltung  der  lebeadigeii 
Kräfte,  so  oft  es  thunlich  ist^  als  Ausgangspunkt  der  Dedactioneu  gewählt 
wftrde;  jene«  fruchtbare  Principe  das  schon  von  Joh.  Bernoulli  {s,  deeseti 
liydrofHnamica)  so  glücklieh  angev^^endet  in  der  theoretischen  BearbeitDag 
der  heutigen  Technik  wieder  in  allgemeinere  Aufnahme  gekommen  ht^  der 
Art ,  dass  dasselbe  einen  Mittelpunkt  für  den  Techniker  bei  Betracbttm^ 
fremder  wie  eigener  Speculationeu  abgiebt.  Steht  demselben  nun  ehonfsllu 
die  Physik  in  ihren  hauptsächlichsten  Lmrissen  auf  dieselbe  Basis  gebaut 
vor  ftrHncm  Geiste ,  so  wird  er  auch  erforderlichen  FaUs  die  speciellercD 
Lehren  derselben,  wenn  sie  ihm  für  practisehe  Zwecke  von  besonderer 
Wichtigkeit  werden»  dnreh  eigenes  Studium  leichter  dnrclidringen  und  *o 
verarbeiten  können ,  wie  er  eben  in  der  Schule  bereits  von  den  physikaU- 
achen  Fnndamenten  au  bis  zum  technischen  Ausbau  derselben  die  notluge 
Anleitung  erhalten  hat.  Wie  bedeutsam  und  nützlich  sich  dieses  Friöcip 
erweist ,  davon  hat  der  Verfasser  des  besprochenen  Leitfadens  selbst  in  dem 
IV.  Abschnitte  (Optik)  §.  1^,  Seite  330  eine  Andeutung  und  in  dem  V.Ab- 
schnitte (Wärmelehre)  ein  recht  überzeugendes  und  elegantes  Beispiel  ge- 
geben. Die  Erörterungen  nämlich  über  die  mechanische  Arbeit  des  Dampfes 
und  das  Arbeitsäquivalent  der  Wärme  (3.  Cap.)  bahnen  daselbst  ganz  n«- 
turgemäss  die  Vorstellung  von  der  Wärme  als  einem  Bewegungsztistande 
an  und  umgekehrt  rechtfertigen  später  (4.  Cap.)  diejenigen  Erscheinnngen, 
welche  diese  Auffassung  des  Wärmebegriffes  anderweitig  unterstützen ,  die 
Anwendung  desselben  Princips  bei  allen  Untersuchungen  über  die  techni- 
sche Verwerthung  der  Wärme. 

Es  lässt  sich  zwar  gegen  Alles  dieses  einwenden ,  dass  an  einer  poly- 
technischen Schule  neben  dem  Unterricht  in  der  Physik  derjenige  in  der 
mechanischen  Naturlehre  parallel  oder  vorausgehe ,  die  gestellten  Forder- 
ungen also  z.  Th.  durch  letzteren  erfüllt  werden  können ;  allein  einmal  tri§ 
und  beseitigt  dieser  Einwand  doch  nicht  die  gemachten  Ausstellungen  in 
ihrem  vollen  Umfange,  sodann  aber  würde,  ersteres  zugegeben,  ein  nur 
für  die  Verhältnisse  dieser  Schule  geschriebenes  Lehrbuch  hinsichtlich  sei* 
ner  Verbreitung  eigentlich  in  engere  Grenzen  verwiesen  werden,  als  wir  es 
bezüglich  des  vorliegenden  wegen  der  übrigen  trefflichen  Eigenschaften  und 
Vorzüge  desselben  wünschen  möchten. 

Schärfer  tritt  die  Benutzung  der  Mathematik  z.  Th.  mit  Einschluss  der 
reinen  Mechanik  in  der  zweiten  Hälfte  des  Buches,  namentlich  in  der  Lehre 
von  der  Elektricität  und  dem  Magnetismus  hervor.  Die  schönen,  in  den 
meisten  Lehrbüchern  noch  nicht  befindlichen ,  zum  Theil  von  W.  Weber 


Literaturzeitung. 

zen  Zahlen  durch  eine  beliebige  Zahl  interpolirt  hat,  führen  den  Namen 
Brüche  oder  gebrochene  Zahlen.  Sie  werden  absolute  Brüche  genannt,  wenn 
die  Zahlenreihe  rückwärts  mit  der  Null  abbricht;  dagegen  algebraische 
Brüche ,  wenn  die  Zahlenreihe  über  Null  auch  nach  der  negativen  Seite 
unbegrenzt  fortgeht.'^  Endlich  kommt  §.  83  die  „Erklärung:  Jeder  abso- 
lute Bruch  -r  besteht  aus  einem  Zähler  a  und  einem  Nenner  b ;  der  Zähler 

ist  die  absolute  ganze  Zahl,  welche  die  Stelle  anzeigt,  die  der  Bruch  in  der 
intcrpolirten  Zahlenreihe  einnimmt;  der  Nenner  ist  die  absolute  ganze  Zahl, 
welche  anzeigt,  in  wie  viele  Theile  man  die  Einheit  der  Zahlenreihe  getheilt 
hat",  worauf  noch  2  „Erklärungen"  (§§.  84  und  85),  die  uneigentlichen,  so 
wie  die  ächten  und  unächten  Brüche  betreffend,  folgen.  Man  muss  gestehen, 
dem  Schüler  wird  sehr  viel  „erklärt",  wie  viel  er  davon  versteht,  ist  aber 
wohl  ohne  weitere  Auseinandersetzung  leicht  abzunehmen.  Diese  Bruch- 
lehre bietet  überhaupt  mancherlei  Eigenthümlichkeiten  dar,  von  denen  aber 
Referent  der  Meinung  ist,  dass  sie  eine  schärfere  Auffassung  des  Gegen- 
standes von  Seiten  des  Schülers  nicht  eben  zu  befördern  geeignet  sind,  z.  B. 
der  erste  die  Addition  der  Brüche  betreffende  Satz  ist  die  „Aufgabe,  zu 

G  C 

einem  gegebenen  Bruche  -r-  einen  zweiten  gegebenen  Bruch  -r-  zu  addiren. 

Auflösung.    Man  suche  den  Bruch  —  in  der  Zahlenreihe  der  fttel  auf,  und 

schreite  von  ihm  in  der  Zahlenreihe  um  c  solcher  Theile  der  Einheit  fort, 
wie  sie  die  Zahlenreihe  der  dtel  enthält.  Derjenige  Bruch,  zu  welchem  man 
auf  diese  Weise  gelangt,  ist  die  gesuchte  Summe."  Es  ist  dem  Keferent  nicht 
klar ,  welchen  Nutzen  für  den  Schüler  diese  Auffassung  der  bezeichneten 
Aufgabe  haben  soll.  Dass  übrigens  das  Lehrbuch  nicht  ganz  „genau  nicht 
mehr  und  nicht  weniger  enthält,  als  was  in  den  Unterrichtsstunden  vorge- 
nommen werden  soll",  beweist  eine  Vergleichung  der  gegebenen  Lehrsätze, 
Aufgaben  etc.  mit  den  beigefügten  Beispielen  zbr  Uebung,  von  welchen 
manche  dem  Schüler,  der  nicht  mehr  Unterweisung  in  den  Lehrstunden  er- 
halten hat,  als  nach  dem  gegebenen  Materiale  abzunehmen  ist,  zu  grosse 
Schwierigkeiten  darbieten  dürften.  So  ist  auch  für  diese  Beispiele  in  §.  3!2 
und  33  nur  der  Begriff  der  Potenz ,  nicht  aber  die  Multiplication  und  Divi- 
sion der  Potenzen  mit  gleichen  Grundzahlen  vorläufig  gegeben,  letztere  aber 
doch  zur  Ausrechnung  von  Beispielen  vorausgesetzt  worden.  Sehr  ange- 
messen dagegen  hat  der  Verfasser  so  zeitig,  wie  es  nur  thun- 
lich  war,  die  Auflösung  der  Gleichungen  1.  Grades  in  den 
Lehrgang  der  allgemeinen  Arithmetik  eingesetzt  und  dadurch 
aein  Lehrbuch  dem  Unterrichte ,  wie  er  doch  wohl  von  jedem  verständigen 
Lehrer  in  Wirklichkeit  betrieben  wird,  als  eine  geeignetere  Unterlage  ange- 
passt.  —  Der  geometrische  Theil  ist  im  Allgemeinen  in  Euklideischer  Weise 
durchgeführt,  doch  scheinen  Referent  manche  Erklärungen  und  Darstellun- 
gen von  dem  Geiste  der  Alten  «twas  abzuweichen,  z.  B.  die  Definition  §.  174. 
Von  §.  187  und  188  sollten  die  Umkehrungen  mit  aufgeführt  sein.  —  Sehr 
beachtenswerth  ist  der  siebente  Abschnitt,  welcher  die  Verhältnisse  und 
Proportionen  unter  Linien  behandelt,  insbesondere  die  Anordnung  der  be- 
treffenden Sätze  nach  einer  Eintheilung  und  Unterscheidung  der  Strahlen- 
sjsteme  mit  parallelen  Transversalen,  unter  welchem  Titel  die  gewöhn- 
lichen Sätze  über  A^hnlichkeit  der  geradlinigem  ¥\^ux^Ti^TA'^xQr^^xÄÄ'^»r 


LiterattirseHtmg- 


womit  viele  der  neuereii  Lehrbücher  in  emeiu  tiber  dae  wahre  Bedürfniüi 
hiDatisgehendeii  Luxus  vereebcu  sirad,  wegbleiben  und  der  Prein  des  aiein- 
lich  umfangrekhen  Buches  im  VerhäUuis»  ermassigt  werden.  Es  ist  nicht 
BU  leugnen ,  der  in  der  neueren  Zeit  Mode  gewordene  Luxus  in  der  Am* 
fltattung  durch  perspeetivieche  Abbildungen  von  Apparaten  und  MaschineB 
ist  nicht  selten  zur  Beßtechung  des  kaufenden  PnbHknms  angebracht  mid 
rerdeckt  eine  gewisse  Armseligkeit  und  Unwissenschaftlicbkeit  des  ührigen 
luballeß  ^  und  man  ist  daher  verpÜichtet^  Demjenigen,  welcher  dieser  Üa^ 
sitte  entgegen  uud  mit  einer  der  wahren  Wissenschaft  besser  entsprechen- 
den Einfachheit  wieder  vorantritt ^  die  gebührende  Anerkennung  uichl  tu 
versagen.  Nur  in  einem  Punkte  scheint  mir  der  Verfasser  d«s  Leitfaden« 
etwas  asn  sparsam  gewesen  zu  sein,  mit  denjenigen  graphischen  Darsteh 
lungen  nämlich ,  welche  zur  ErläuteruDg  und  Erleichterung  des  Vcrstäad* 
Bisses  rein  wissenschaftlicher  Erörterungen  dienen  können.  Sowie  in  tier 
allgemeinen  Analysiä  oft  geometrische  Einkleidungen  der  Sätze  zum  kl&Ten 
Verständnisse  führen ,  obgleich  streng  genooimen  die  Allgemeinheit  beem- 
träebtigt  wird,  so  mag  raan  es  in  der  Physik  noch  weniger  verschmäheB, 
die  Auffassung  der  den  Erscheinungen  onterltegeuden  Verhältuisse  tbtui- 
lichat  durch  graphische  DarstelluDgeu  zu  erleichtern.  Wenn  dadurch  mit- 
telbar gewisse  Beschränkungen  einer  allgemeineren  Giltigkeit  hervorgerufen 
werden,  so  lassen  sich  dieselben  durch  entsprechende  Bemerkungen  leiebt 
wieder  aufhebet  ^  dagegen  kÄun  die  Vorstellung  vou  den  betroffen^&ü 
physikalischen  Bessiehüngen  um  so  leichter  in  der  nothigen  Allgemeinbeit 
entwickelt  werden ,  je  bestimmter  und  klarer  sich  davon  eine ,  wenn  aueh 
vorläufig  beschränkte,  Grundansichi  gebildet  hat.  80  würden  an  mehrereii 
ßtelleu,  insbesondere  des  L ,  (2,)  3,  und  4,  Abschnittes  (Schwere,  Schall, 
Licht)  graphische  Erläuterungen  viel  zum  besseren  Vefständniss  heigetri- 
gen  haben.  Die  Erwägung,  ob  für  diesen  oder  jenen  Gegenstand  eine  Fig^ur 
beizugeben  ist  oder  nicht ,  muss  nicht  von  der  grösseren  oder  geringeren 
Leichtigkeit ,  womit  sich  derselbe  ohne  Hilfe  einer  Figur  behandeln  lässt, 
sondern  von  dem  vorausgesetzten  mittleren  Auffassungsvermögen  der 
Schüler  abhängig  gemacht  werden.  Dazu  kommt,  daas  beim  mündlichen 
Vortrage  dergleichen  graphische  Erläuterungen  kaum  zu  entbehren  sind, 
um  die  Aufmerksamkeit  einer  grösseren  Anzahl  von  Schülern  für  eine  viel- 
leicht länger  oder  abstracter  geführte  Deduction  zu  fixiren.  Ist  nun  die  e^ 
forderliche  Zeichnung  etwas  zusammengesetzt,  so  gewinnt  man  mit  dem 
einfachen  Hinweis  auf  die  dem  Leitfaden  beigedruckte  Figur  eine  nicht 
unerhebliche  Zeitersparniss.  Eine  Unterstützung  femer  des  Vorstellung»* 
Vermögens  oder  des  Gedächtnisses  durch  einfache  charakteristische  Linear- 
figuren ist  gewiss  nicht  zu  verwerfen  und  leistet  noch  keineswegs  einer 
unwissenschaftlichen  Flachheit  und  Hohlheit  Vorschub ,  wie  man  von  den 
jetzt  häufig  vorkommenden  physikalischen  Bilderbüchern  befürchten  muw« 
Endlich  ist  man  zur  Beobachtung  einer  gewissen  Gleichmässigkeit  in  der 
Darstellungs weise  gehalten,  Schülern,  denen  man  beispielsweise  die  ein- 
fachste Zusammensetzung  der  Bewegungen  und  Kräfte  mit  einiger  Vm- 
ständlichkeit  zu  erörtern  für  nöthig  findet,  andere  Partien  der  Physik  nicht 
ungleich  schwieriger  für  die  Auffassung  und  das  Verständniss  hinzustellen' 
In  dieser  Hinsicht  scheinen  z.  B.  die  auch  anderweitig  sehr  empfehlend 
werthen  „Anfangsgründe  der  Physik"  von  A.  v.  Ettingshausen, 
in  denen  gleichfalls  weitläufige  Beschreibungen  und  kostspielige  AbbildnO' 
gen  von  Apparaten  vermieden  sind,  die  gehörige  Mitte  zu  halten. 


Literaturzeitung.  15 

Der  Styl  des  Verfassers  ist  im  Oanzen  ein  einfacher,  correqter  und 
dem  Gregenstande  angemessener.  Nur  sehr  wenige  Stellen  sind  in  Betreff 
dessen  Referenten  auffällig  erschienen,  z.  B.  §.  75,  S.  128,  wo,  beinahe  wie 
in  einem  lege  artis  abgefassten  Urthel,  mit  den  Worten:  „Ist  alsdann  der 
▼  erschliessbare  Schenke]  etc/*  ein  Vordersatz  von  11  Zeilen  ziem- 
lich compressen  Drucks  beginnt,  dem  ein  Nachsatz  von  etwas  über  1  Zeile 
folgt.  £benso  möchte  ein  Satz,  wie  in  §.  156,  S.  324,  „Hinsichtlich  der 
Einwirkung  des  etc.  auf ...  auf...  auf...  so  dass  ...  so  dass  etc." 
einem  Schüler  nicht  eben  als  ein  Muster  der  Construction  dienen. 

Jeder ,  der  mehrere  der  vorhandenen  Lehrbücher  der  Physik  aufmerk- 
samer durchlesen,  mit  einander  verglichen  und  ihre  verschiedenartigen 
Mängel  erkannt  hat,  wird  ohne  längere  Auseinandersetzung  finden,  dass 
die  bemerkten  Ausstellungen  im  Einzelnen  wie  insgesammt,  noch  nicht  von 
80  erheblicher  Natur  sind ,  um  den  allgemeinen  Werth  vorliegenden  Buches 
wesentlich  zu  beeinträchtigen.  Vielmehr  bilden  nach  Abzug  dieser  Unvoll- 
kommenheiten  schon  die  oben  gleichzeitig  mit  namhaft  gemachten  vorzüg- 
lichen Eigenschaften  dieses  ausführlicher  bearbeiteten  Leitfadens  eine 
Summe,  welche  denselben  aller  Empfehlung  würdig  machen.  In  demselben 
Verhältnisse  werden  auch  noch  die  folgenden  Bemerkungen,  resp.  Aus- 
stellungen ,  bezüglich  einiger  Stellen  zur  Beurtheilung  des  Ganzen  stehen, 
welche  an  die  Angabe  des  Inhalts  der  einzelnen  Abschnitte  und  Kapitel 
geknüpft  werden  sollen.  Die  Erwähnung  derselben  mag  als  Beweis  dienen, 
dass  auch  dies  günstigere  Urtheil  des  Beferenten  sich  auf  eine  genauere 
Einsicht  des  Buches  stützt  und  nicht  blos  auf  eine  flüchtige  Durchlesung 
der  Vorrede  und  des  Inhaltsverzeichnisses  gegründet  ist. 

L  Abschnitt,  von  der  Schwere  in  3  Kapiteln:  1)  vom  Falle  der  Kör- 
per, 3)  von  den  drehenden  Bewegungen,  3)  von  der  Verschiedenheit  der 
Schwere  an  verschiedenen  Punkten  der  Erde  und  der  allgemeinen  Gravi- 
tation.—  Indem  der  Verfasser  von  den  einfachen  Erscheinungen  des  Falles 
als  Ursache  die  Schwerkraft  angiebt,  sowie  den  Grad  des  Fallbestrebens 
eines  Körpers  als  dessen  Gewicht  bezeichnet,  geht  er  etwas  zu  unmerk- 
lich auf  den  allgemeinen  Begriff  der  Kraft  über  und  entwickelt  den  der 
Trägheit,  ohne  eine  Bemerkung  über  das  Verhältniss  der  speciellen  Schwer- 
kraft cur  Kraft  überhaupt  mit  einfliessen  zu  lassien.  Die  Unterlassung 
solcher  Erörterungen  kann  leicht  zu  Unklarheiten  führen ,  indem  z.  B.  der 
Begriff  der  Trägheit  als  nur  durch  die  Erscheinungen  der  Schwere  hervor- 
gerafen  und  bedingt  angesehen  werden  könnte.  Diese  etwas  zu  enge  Be- 
griffsbestimmung giebt  später  (§.  7)  bei  der  Erklärung  von  Masse  Veran- 
Jusiing  zu  Bemerkungen ,  deren  Verständniss  dem  Schüler  nicht  zugehen 
wird,  wenn  er  es  nicht  schon  anderweitig  besitzt;  z.  B.  S.  14:  „Nun  wir- 
ken in  unserem  früheren  Versuche  etc.",  wo  im  Grunde  eine  Unter- 
Aengnng  der  allgemeinen  Kraft  und  der  besonderen  Schwerkraft,  der  all- 
gemeinen beschleunigenden  Kraft  und  der  durch  die  Schwere  hervorgeru- 
fenen nicht  vermieden  ist.  Daher  sieht  sich  der  Verfasser  noch  genöthigt, 
mit  den  Worten:  „Eigentlich  haben  wir  unter  Q  etc."  nochmals  auf 
den  Unterschied  der  ponderabelen  und  trägen  Materie  erläuternd 
mrflckaukommen ,  wobei  nur  nicht  klar  hervortritt,  wie  derselbe  aus  dem 
Vorhergehenden  sich  ergiebt.  —  Unter  den  Gesetzen  bezüglich  der  schie- 
fen Ebene  (§.  14)  ist  das  Verhältniss  der  horizontalen  und  vertikalen  Com- 
iMnente  nicht  mit  ausgeführt,  welches  bei  Anwendungen  der  schiefen 
fibene  ab  sogenannter  einfacher  Maschine  (z.  B.  bei  der  Schraube)  gleich- 


jiteratöfzettimg. 


» 


fftlU  mit  zu  bcnicksichtigen  ist-  —  In  §.  33  u.  f,  wird  beim  Uebergauge  you 
der  Bcbwere  zur  angemeben  Gravi tatioo  Newton's  Gesetz  erst  hypotheüsch 
aufgestellt  und  dann  defiscn  Giltigkeit  durch  Ergebnisse  bei  Fendcher 
enelieu,  aowie  au  der  Bewegung  des  Houdes  nachgewiesen.  Das  Attrac- 
tionsgesetz  als  eine  unmittelbar  sich  ergebende»  naturgcmMsse  Hypotheae 
zur  Erklärung  der  an  verschiedeneu  Punkten  der  Erdo  beobachteten  ver* 
Hchiedenen  Schwere  hinzustellen ,  ist  nicht  recht  gelungen.  Die  UnabbSa- 
gigkeit  der  Fallgesetze  vou  der  materiellen  Verschiodenheit  der  falkiiden 
Körper  ^  die  5Äiiäamfiicnsetzung  der  Erde ,  soweit  wir  sie  kennen  ^  aus  den 
manu  ig  faltigsten  Stoffen  wtirdeö  die  Vernmthung  nüher  legen,  dass  alle  uiatfi- 
riellen  Theilchen  mit  Auziehuogskraft  versehen  sind  und  somit  jeder  Körper 
im  Verhältniss  seiner  Has»e  diee^c  Kraft  ausübt.  Oass  die  Andehung  inm 
Quadrat  der  Eutfernung  der  Massen  im  umgekehrten  Verbhltniss  stellt, 
liesse  sich  aus  der  ßetracb tutig  dieser  Kraft  als  einer  von  der  anziehenden 
Masse  ausgehenden  und  nach  allen  Seiten  sich  verbreitenden ,  somit  itn 
Verhältniss  von  Kugeloberflächeü  veründerliehen,  ableiten.  Hierauf  kijnn^ 
ten  die  Einwirkungen  einer  homogenen  oder  ans  homogenen  Schichteu  in* 
flammengesetzten  Kugel  auf  ein  innerhalb  oder  ausserhalb  derselbe»  ^^o- 
kindliches  Massenthellcheo  erörtert  werden,  woran  sich  dann  die  ErgehniäiM3 
der  directen  Versuche  von  Cavendish  und  Reich,  die  üntersuchMftg^ü 
bezüglicb  der  Abplattung  der  Erde  eCc, ,  sowie  die  Beziehungen  der  AI- 
traetionsgesetze  zu  den  Kf^plcr' sehen  leicht  anknüpfen  lassen.  Gegen  einen 
Schluss  aber ,  wie  (S*  56)  „da  das  Gewicht  eines  Körpers**  (d*  h. der 
Grad  seines  Fallbestrebens ^  §,  1—3)  ,, seiner  Masse  proportiossl 
ist,  so  ist  es  wahrscheinlich^  dass'anch  jeder  Punkt  der  Erde 
eine  Anziehung  ansübt,  welche  seiner  Mashc  pr oporCioa^l  - 
ist",  möchte  viel  eio zuwenden  sein,  1 

n.  Abschnitt,  von  den  Aggregatzuständen  der  Körper  in  3  Kapiteln: 

1)  von  den  festen,  2)  von  den  tropfbar  flüssigen,  3)  von  den  gasförmigen 
Körpern. —  Gründlich  und  möglichst  vollständig  sind  im  1.  Kap.  die  Gesetze 
der  Elasticität  und  der  Schwingungen  erörtert,  es  würde  aber,  wie  schon 
bemerkt,   eine  Betrachtung   der  Schwingungsbewegungen   überhaupt  dem 
Ganzen  mehr  Einheit  und  Abrundung  gegeben  haben.  —  Die  in  §.56  ge- 
gebene Eintheilung  der  Reibung  in  gleitende ,  Zapfenreibung  und  rollende, 
sowie  die  Angabe  der  Unterscheidungsmerkmale  dieser  Arten  ist  nicht  gww 
richtig.    Die  Zapfenreibung  ist  eine  besondere  Art  der  gleitenden  und  bei 
beiden  wechseln  die  Berührungspunkte  nur  an  einem  Körper,  während  die- 
selben bei  der  rollenden  an  beiden  Körpern  verändert  werden.  —  In  §.68 
wird   als  Hauptursache   der  Contraction  des  Wasserstrahls   bis  zu  |  der 
Oefl'nung'  die  Zunahme   der  Fallgeschwindigkeit   (in  Verbindung  mit  der 
Cohäsion)  der  einzelnen  Wassertheilchen  des  zusammenhängenden  Strahles 
angegeben.     Dieselbe  kann  aber  innerhalb  der  so  kurzen  Entfernung  d^ 
Cbntractionsmaximums  von   der   Oeffnung  jene   Erscheinung  nicht  aUei^^ 
hervorbringen  (vergl.  diese  Zeitschrift,  S.  42).  —  Ebenda  (S.  117)  hätte  vieV 
leicht  der  übrigen  Haltung  des  Buches  gemäss  die  Ausflussgeschwindigkc^^ 
y2gH  aus   der  vertikalen  Sprunghöhe  oder  der  horizontalen  Sprungwei^^ 
abgenommen  und  dann  durch  theoretische  Betrachtungen  unterstützt  we  ^ 
den  können ,  statt  dass  der  umgekehrte  Gang  eingeschlagen  worden  ist. 

ni.  Abschnitt,   vom  Schalle,   in  2  Kapiteln,    1)   von   der  Erregung 

2)  von  der  Ausbreitung  und  Wahrnehmung  desselben. — Wie  schon  bemerk^^ 
würde  in  §.  112  beim  Hinweis  auf  die  Ursachen  der  Klangverschiedenheite^ 


Literaturzeitang.  1 1 


Augen  fallen ;  wohl  aber  möchte  man  eine  durchgängige  Unterlegnng  der 
reinen  Mechanik  nnd  ihrer  Hanptprincipien  erwarten,  so  dass  die  einzel- 
nen Theile  der  Physik  viel  sichtlicher  als  Anwendungen  derselben  auf  die 
verschiedenen  Kräfte  sich  herausstellen.  Die  Beobachtungen  in  der  Natur 
oder  am  Experiment  würden  dann  entweder  inductiv  auf  schon  bekannte 
Sätze  der  reinen  Mechanik  führen,  oder  bei  analytisch  -  demonstrativem 
Gange  die  Anwendung  derselben  rechtfertigen :  eine  Darstellungs weise,  wie 
sie  der  Verfasser  z.  B.  im  3.  Capitel  des  I.  Abschnitts  §.  31 — 34  zum  Theil 
auch  eingehalten  hat.  Dass  nicht  alle  Partien  der  Physik  sich  in  dieser 
Art  und  gleich  gut  behandeln  lassen,  auch  einige  derselben  nach  ihrem 
jetzigen  Standpunkte  mehr  als  elementare  Kenntnisse  der  Mathematik  in 
Anspruch  nehmen,  ist  zwar  wahr,  doch  kein  durchschlagender  Einwand 
dagegen.  Versucht  möchte  doch  dieser  Weg  "werden,  soweit  als  es  mit  Be- 
rücksichtigung anderer  Hauptmojmente  nur  möglich  ist.  Dabei  könnten  die 
Hanptlehren  der  allgemeinen  Mechanik  als  bekannt  vorausgesetzt,  oder  was 
einer  allgemeineren  Verbreitung  des  Lehrbuchs  günstiger  sein  dürfte,  in 
den  Lehrgang  mit  eingeflochten  werden.  Für  manche  Punkte  der  erwähn- 
ten Abschnitte  wäre  dann  sowohl  eine  schärfere  Fassung  gewonnen  wor- 
den, als  auch  der  innere  Zusammenhang  mehr  hervorgetreten.  Ich  er- 
wähne beispielsweise  zuerst  die  Wurfbewegung  (§.  16) ,  welche  unter  eini- 
germaassen  erzwungenem  Uebergange  (s.  unten)  sich  an  die  Bewegung  auf 
der  schiefen  Ebene  mit  der  Bemerkung  anschliesst,  dass  „ausser  dem 
eben  betrachteten  Falle  eines  Körpers  auf  der  schiefen 
Ebene  es  häufig  in  der  Natur  vorkomme,  dass  ein  Körper  in 
einer  anderen  als  senkrechten  Richtung  falle^^  Die  Beding- 
ungen der  krummlinigen  Wurfbewegung  und  der  auf  der  schiefen  Ebene 
sind  aber  doch  etwas  verschiedener,  als  nach  dieser  Einleitung  und  der 
darauf  folgenden  Darstellung  es  erscheint.  Bei  den  auf  die  schiefe  Ebene 
bezüglichen  Gesetzen  hat  der  Verfasser  es  für  nöthig  gehalten,  auf  die  Zu- 
sammensetzung und  Zerlegung  zweier  Bewegungen  und  ihrer  zugehörigen 
Kräfte  besonders  einzugehen.  Dass  aber  die  Bedingungen,  unter  welchen 
eine  geradlinige  oder  krummlinige  Bewegung  aus  mehreren  anderen  gerad- 
linigen oder  krummlinigen  resultirt,  nicht  näher  angegeben  und  erörtert 
sind,  oder  bei  der  Wurfbewegung  nicht  wenigstens  soweit,  als  es  diese  be- 
trifft ,  darauf  hingewiesen  ist ,  glaubt  Referent  nicht  rechtfertigen  zu  kön- 
nen. Die  Folgen  der  Umgehung  solcher  allgemeinen  phoronomischen  Be- 
trachtungen treten  auch  später  noch  anderweitig  hervor.  So  erscheint  es 
nicht  empfehlenswerth ,  eine  Formel ,  z.  B.  die  flär  den  Ablenkungswinkel 
eines  Pendels ,  als  eine  Funktion  der  Zeit  (§.  26)  ohne  Weiteres  hinzustel- 
len, und  dann  deren  Zulässigkeit  unter  gewissen,  für  den  Schüler  nicht 
ohne  Weiteres  erklärlichen  Voraussetzungen  mit  einem  ziemlichen  Apparat 
von  Rechnung  nachzuweisen  ,*  statt  die  Formel  aus  den  gegebenen  Beding- 
ungen nach  den  Gesetzen  der  reinen  Mechanik  zu  entwickeln.  Solche 
künstliche  Umwege  werden  jedenfalls  den  Schüler  mehr  oder  minder  ver- 
blüffen und  zu  einer  klaren  Durchdringung  der  einschlagenden  Verhältnisse 
wenigstens  nicht  auf  dem  kürzesten  Wege  hinführen.  Der  dort  eingehaltene 
Weg  möchte  nur  dann  als  zulässig  erscheinen,  wenn  mehr  als  elementare 
Hilfsmittel  in  Anspruch  genommen  werden  müssten.  Etwas  Aehnliches  gilt 
von  'der  Zusammensetzung  und  Zerlegung  schwingender  Bewegungen  (vergl. 
§.  162,  170  u.  a.).  In  §.  162  hat  der  Verfasser  zwar  die  Entstehung  ellipti- 
scher Schwingungen  direct  nachgewiesen,  doch  ftt^hl  4\ft%^ "Ei^Wv^^ÄCBSi^ 


) 


t2  *         LiteraturzettTin^, 

aU  Tf^rPinzfilte  Anwendun«:  eines  allgemeineren  meckanischen  Princips  be- 

iGiig;licli  der  Zusaüiraenäetzung  und  ZerJeguog  der  Bewegungen  da ,  das 
weder  rorh*^r  not^h  ejj«ter  genu^^sam  bervorgehobeD  ist.  WSre  übßrhatipt 
Ätjf  die  Natur  der  schwingenden  Bewegung  etwas  nÄher  eingegangen,  die 
oinfachste  Art  derselben  genauer  erörtert  und  an  geeigneten  Stellen  ber- 
vorgeboben  worden,  dastä  die  einfachsten  Hedingnugen,  unter  denen  ein© 
schwingende^  Bewegung  entsteht,  nicht  iinnier  einzig  und  allein  vorliegen; 
Rrv  hatten  manche  dahin  gehörige  Erscheinungen  eine  durchsichtigere  Er- 
klarnng  gefunden,  z.  B.  in  §§.  47 — -50,  insbesondere  §,  11*2  und  die  wieder 
darauf  gegründeten  Erörterungen  in  §.  157- 

Der  Unterrieht  der  Physik  an  Real-  und  polytechnischen  Schulen  und 
ein  dafür  bestimmter  Leitfaden  würde  ferner  den  übrigen  Disciplinen  da- 
selbst sehr  nahe  gestellt  werden,  wenn  hei  einem  möglichst  streng  mathe- 
ni »tischen  Lehrgänge  desselben  das  Princip  der  Erhaltung  der  lebendigen 
Kräfte,  so  oft  es  thnnlich  iat,  als  Ausgangspunkt  der  Deductionen  gewählt 
wiirde;  jenes  fruchtbare  Princip,  das  schon  von  Job,  Bernonlli  (k,  dessen 
Hydro<lynamica)  so  glücklich  angewendet  in  der  theoretischen  Bearbeitung 
der  heutigen  Technik  wieder  in  allgemeinero  Aufnahme  gekommen  ist,  der 
Art,  dass  dasBelbe  einen  Mittelpunkt  für  den  Techniker  hei  Betrachtung 
fremder  wie  eigener  Speculationen  abgiobt.  Steht  deni  selben  nun  ebenfallis 
die  I*hysiik  in  ihren  hauptsnchlichsten  Umrissen  auf  dieselbe  Basis  gebaut 
vor  fii*inem  Geiste,  so  wird  er  auch  erforderlichen  Falls  die  speciel leren 
Lehrou  derselben^  wenn  sie  ihm  für  pr  actis  che  Zwecke  von  besonderer 
Wichtigkeit  werden,  durch  eigenes  Studium  leichter  durchdringen  und  so 
verarbeiten  können ,  wie  er  eben  in  der  Schule  bereits  von  den  phy^ikali^ 
«eben  Fundamenten  an  bis  zum  technischen  Ausbau  derselben  die  nöthige 
Anleitung  erhalten  hat*  Wie  bedeutsam  und  nützlich  sich  dieses  Princip 
erweist,  davon  hat  der  Verfasser  des  besprochenen  Leitfadens  selbst  in  dem 
IV.  Abschnitte  (Optik)  §.  138,  Seite  330  eine  Andeutung  und  in  dem  V.  Ab- 
schnitte (Wärmelehre)  ein  recht  überzeugendes  und  elegantes  Beispiel  ge- 
geben. Die  Erörterungen  nämlich  über  die  mechanische  Arbeit  des  Dampfes 
und  das  Arbeitsäquivalent  der  Wärme  (3.  Cap.)  bahnen  daselbst  ganz  na- 
turgemäss  die  Vorstellung  von  der  Wärme  als  einem  Bewegungszüstande 
an  und  umgekehrt  rechtfertigen  später  (4.  Cap.)  diejenigen  Erscheinungen, 
welche  diese  Auffassung  des  Wärmebegriffes  anderweitig  unterstützen ,  die 
Anwendung  desselben  Princips  bei  allen  Untersuchungen  über  die  techni- 
sche Verwerthnng  der  Wärme. 

Es  lässt  sich  zwar  gegen  Alles  dieses  einwenden ,  dass  an  einer  poly- 
technischen Schule  neben  dem  Unterricht  in  der  Physik  derjenige  in  der 
mechanischen  Naturlehre  parallel  oder  vorausgehe ,  die  gestellten  Forder- 
ungen also  z.  Th.  durch  letzteren  erfüllt  werden  können ;  allein  einmal  trifft 
und  beseitigt  dieser  Einwand  doch  nicht  die  gemachten  Ausstellungen  in 
ihrem  vollen  Umfange,  sodann  aber  würde,  ersteres  zugegeben,  ein  nur 
für  die  Verhältnisse  dieser  Schule  geschriebenes  Lehrbuch  hinsichtlich  sei- 
ner Verbreitung  eigentlich  in  engere  Grenzen  verwiesen  werden,  als  wir  es 
bezüglich  des  vorliegenden  wegen  der  übrigen  trefflichen  Eigenschaften  und 
Vorzüge  desselben  wünschen  möchten. 

Schärfer  tritt  die  Benutzung  der  Mathematik  z.  Th.  mit  Einschluss  der 
reinen  Mechanik  in  der  zweiten  Hälfte  des  Buches,  namentlich  in  der  Lehre 
von  der  Elektricität  und  dem  Magnetismus  hervor.  Die  schönen ,  in  den 
meisten  Lehrbüchern  noch  nicht  befindlichen,  zum  Theil  von  W.  Weber 


Litcraturzeitung.  1 9 


gehorchen  den  allgemeinen  mechanischen  Gesetzen  des  Gleichgewichtes 
und  der  Bewegung.  Die  letzten  Atome  sind  entweder  an  sich  unzerstörbar 
oder  es  sind  wenigstens  im  Bereiche  der  Physik  und  Chemie  keine  Mittel 
gegeben,  sie  zu  zerstören  und  liegen  keine  Gründe  vor,  eine  je  eintretende 
Zerstörung  oder  Verflüchtigung  derselben  anzunehmen.  Von  diesen  letzten 
Atomen  vereinigen  sich  im  Gebiete  des  Wägbaren  mehr  oder  weniger  zu 
kleinen  Gruppen  (Moleculen),  die  weiter  von  einander  entfernt  sind  als  die 
Atome  jeder  Gruppe  für  sich.  Vom  Abstände  der  letzten  Atome  ist  nur  so 
viel  gewiss ,  dass  er  sehr  gross  im  Vorhältniss  zu  den  Dimensionen  der  be- 
treffenden Atome  ist.  Von  den  absoluten  Dimensionen  der  Atome ,  ja  ob 
die  letzten  Atome  angebbare  Dimensionen  haben,  ist  nichts  bekannt;  den 
Moleculen  kann  eine  bestimmte  Gestalt  als  Umriss  der  von  ibncn  befassten 
Gruppe  beigelegt  werden,  von  der  Gestalt  der  letzten  Atome  ist  nichts  be- 
kannt. Die  Kräfte  der  Atome  sind  theils  anziehender ,  theils  abstosscnder 
Natur  (nach  Poisson  ziehen  sich  die  wägbaren  Atome  gegenseitig  an  und 
stossen  sich  die  Aetheratome  ab,  während  zwischen  einem  wägbaren  und 
einem  Aetheratome  Anziehung  stattfindet) ;  sie  auf  blos  anziehende  zurück- 
snfübren,  ist  noch  nicht  geglückt.  Sie  wirken  nach  Functionen  der  Distanz 
der  Theilchen,  das  genaue  Gesetz  der  Kräfte  ist  nicht  bekannt.*^ 

Diese  Ansicht  vertheidigt  der  Verfasser  in  der  ersten  Hälfte  seines 
Werkes  vom  Standpunkte  der  Experimentalphysik  aus  und  zwar  im  All- 
gemeinen auf  die  Weise,  dass  er  verschiedene  physikaliscbe  Erscheinun- 
gen, wie  z.B.  Lichtbrechung,  Wärmebewegung  etc.  hervorbebt,  die  sich 
durch  die  dynamische  Vorstellung  einer  stetigen  Kaumerfüllung  weniger 
leicht  und  vollständig  als  durch  obige  Voraussetzungen  erklären  lassen. 
Obschon  nun  der  Verfasser  seine  Beispiele  meistens  glücklich  wählt  und 
mit  vielem  Geschick  behandelt ,  so  muss  doch  Keferent  gestehen ,  dass  er 
trotzdem  die  überzeugende  Beweiskraft  nicht  recht  finden  kann.    Es  liegt 
dies  hauptsächlich  an  der  Art  des  Beweises.    Die  dynamische  Ansicht  be- 
steht xur  Zeit  nur  aus  einer  einzigen  Hypothese  und  ist  überhaupt  noch 
sehr  wenig  ausgebildet ;  die  atomistische  Ansicht  dagegen  enthält  mindestens 
sechs  verschiedene  Hypothesen  (in  der  Poisson  sehen  Lehre  stecken  allein 
Ewei  Hypothesen ,  die  Wirkung  der  Aetheratome  unter  sich  und  auf  wäg- 
bare Atome  betreffend),   was  Wunder  also,  wenn  man  mit  einem  halben 
Dntxend  combinirter  Hypothesen,  sobald  sie  nur  einigermaassen  glücklich 
g^egriffen  sind,  mehr  erklären  kann  als  mit  einer;  Hesse  sich  doch  auch  eine 
Planetenbahn  durch  sechs  gut  gewählte  Epicykeln  mit  ansehnlicher  Gc- 
oanigkeit  darstellen.    Will  man  aber  einmal  auf  die  Weisse  streiten ,  dass 
der  Eine  zeigt,  was  er  kann,  und  dem  Andern  das  zum  Vorwurfe  macht, 
«ras  letzterer  nicht  kann,  so  gicbt  es  auch  mancherlei  Thatsachcn,  mit  denen 
3ie  Atomistik  schwer  fertig  werden  möchte.    Die  Mechanik  z.  B.  berechnet 
3ie  Anziehung  einer  Kugel  auf  einen  Punkt  unter  der  Voraussetzung ,  dass 
iie  anziehende  Masse  in  der  Kugel  stetig  vertbeilt  sei;  das  Resultat  stimmt 
mit  der  Erfahrung,  sollte  ihr  abqa  widersprechen,  wenn  die  Atomistik  Eecht 
hat.    Schon  Poisson  fühlte  diese  Discrepanz' und  versuchte  eine  Erklärung, 
bei  der  sich  auch  unser  Verfasser  beruhigt;   aber  gerade  diese  Erklärung 
ist  an  sieh  unglücklich  und  widerspricht  ausserdem  noch  den  oben  erwähn- 
ten Grandzügen  der  Atomistik.    Zuerst  macht  nämlich  Poisson  (Mechanik, 
L  §•  98)  eine  doppelte  Distinction ,  er  unterscheidet  unendlich  kleine  Grös- 
sen  (Differentiale)  von   endlichen  Grössen  und   theilt  letztere  wieder  in 
sensible  and  insensible ,  was  für  einen  Mathematiker  eine  ganz  haarsträu- 

2» 


bende  Vorstellnng  ist,  angserdom  aber  Bagt  er  cavali^remönt,  die  Zwiscben*' 
räume  zwischen  den  Moloculen  eeifa  so  klein,  dasa  man  sie  vcrnachlässi^ea 
könno.  Hier  steckt  nun  der  "VVidersprucL.  Denken  wir  uns,  um  eiß  den 
Atomiätikern  sebr  gelauöges  Bild  ku  gehtauchen ,  das  Atora  als  einen  PU- 
neten  und  ans  Molecul  ab  ein  Plauetensystem,  so  entspricht  dem  Kürper 
eine  Gruppe  Ton  Plaueteu^y Sternen  eine  sogenannte  SterneninseL  Die  An* 
Ziehung  derselben  auf  einen  aUBirerbftlb  Hegendeu  Punkt  wtirdejedeu  falls 
inillionenfacb  grösser  werden,  wenn  man  die  ungeheuren  leeren  Zwischen- 
räume  diese«  Compleite^  mit  Masse  stetig  erfüllte,  und  da  die  Mechanik  dia 
letztere  Voraussetzung  macht  ^  so  inftssten  ihre  Resultate  viel  «u  gross  aus- 
fallen, aber  trotzdem  sind  und  bleiben  die  Stömngsreehnungea  richtig,  Wiü 
mau  dagegen  mit  Poisson  die  Zwischenräume  für  nnbedentend  erklären^  so 
verliert  die  ato mistische  Ansicht  g<^rade  ihre  Hauptstütze,  —  Beispitde  dieser 
Art,  wie  sie  die  Mechanik  des  Himmel»  in  Menge  liefert,  sind  jedenfalt» 
nicht  so  ohne  Weiteres  zu  ignoriren* 

Was  der  VerfÄSser  gegen  die  Philosophen  sagt^  scheint  dem  Referent 
von  keiner  Bedeutung  zu  sein,  Dass  mit  den  Philosophemen  von  Schellin^. 
Hegel  ^  Comp*  in  der  Physik  nichts  auszurichten  ist,  wissen  die  Natur- 
forscher sattsam,  und  daher  war  die  Polemik  g^gen  jene  tiberÜÜssig ;  der 
Verfasser  blitte  sich  lieber  an  die  wenigen  Pliilosuphen  wenden  sollen ^  de- 
nen gründliche  mathematische  und  physikalische  Kenntnisse  zu  Gebüte 
stand en^  wie  z,  B,  Altvater  Kant  und  sein  treuer  Schüler  Fries.  Wir  hätten 
wenigstens  geglanbt,  das»  der  Urheber  der  fülschHch  nach  Lapiacr  benann- 
ten Entstehnngfihypothese  unseres  Sounensystemes,  und  der  erste  Entdecker 
des  Z'opc'scheu  Gesetzes  der  Windesdrebung  Berücksichtigung  verdient  bitte. 
M%Uch  und  zum  Theil  wahrscheinlich,  dass  des  Verfassers  Ansichten  biBr* 
bf^i  manche  Modification  erlitten  haben  würden^  gfiM  iss  wenigstens,  dnss  der 
Verfasser  nicht  allen  Philosophen  die  Schelling' sehe  Idee,  aus  blossen  Kräf- 
ten ohne  Substrat  die  Materie  construiren  zu  wollen ,  zugeschrieben  hätte. 

So  gern  man  den  klaren  Betrachtungen  im  ersten  Tbeile  des  Fechner'- 
sehen  Werkes,  wenn  sie  auch  nicht  durchgängige  und  vollständige  Befrie- 
digung erwecken ,  folgen  wird ,  so  wenig  dürfte  der  zweite  Theil  geeignet 
sein,  sich  viele  Freunde  zu  gewinnen.  Die  Anhänger  der  jKon^'schen 
Philosophie  können  die  Eesultate  der  -F^cÄner'schen  Speculation  kur«  mit 
den  Worten  bezeichnen,  dass  der  Verfasser  in  der  alten  Antinomie  des  Ein- 
fachen und  Stetigen  befangen  geblieben  ist,  ohne  die  von  Kant  darüber  ge- 
gebene Lehre  zu  beachten ;  die  Schellingianer  und  Hegelianer  werden  eine 
von  der  handgreiflichen  Erfahrung  ausgehende  Betrachtung  für  flach  nnd 
nicht  philosophisch  tief  genug  erklären  (was  freilich  für  jeden  Anderen  kein 
Tadel  ist) ,  aber  auch  die  exacten  Naturforscher  werden  sich  wohl  schwer- 
lich mit  des  Verfassers  Idee  befreunden.  Der  Verfasser  giebt  nämlich  selber 
zu  ,  dass  eine  philosophische  Auffassung  nicht  bei  den  Atomen  als  kleinen 
ausgedehnten  Massen  stehen  bleiben  darf,  dass  letztere  nicht  das  philoso- 
phisch Letzte  sein  können ;  n^n  bleibt  sMbt  nur  zweierlei  übrig.  Entweder 
geht  man  zur  continuirlichen  Raumerfüllung  und  damit  ins  Lager  der  Dj' 
namiker  über,  oder  man  treibt  die  discontinuirliche  Massenvertheilung 
auf  die  Spitze  und  reducirt  die  Atome  auf  blosse  Punkte.  Das  Erste  m^S 
der  Verfasser  nicht,  theils  weil  er  im  ersten  Abschnitte  die  stetige  Ranmer- 
füllung  widerlegt  zu  haben  glaubt ,  theils  weil  ihn  fortwährend  die  grund- 
falsche Erinnerung  genirt,  dass  alle  Dynamiker  die  Materie  aus  Kräfte" 
construirten  (wogegen  man  im  Interesse  Kants  und  seiner  Schüler  nicht  go- 


Literatorzeitong.  21 

nng  protestiren  kann)  und  so  bleibt  nnr  der  zweite  Weg  übrig.  Damit  ge- 
räth  der  Verfasser  auf  eine  Monadologie ,  welche  die  Materie  ans  blossen 
Kraftmittelpnnkten  zusammensetzt.  Dies  scheint  dem  Referenten  eine  noch 
weniger  denkbare  Vorstellung ;  haben  jene  Punkte  irgend  eine  Ausdehnung 
im  Räume,  so  sind  sie  kleine  Massenpartikel,  d.  h.  Atome  im  gewöhnlichen 
Sinne,  und  dann  wäre  nichts  gewonnen;  haben  sie  keine  Ausdehnung  (und 
das  ist  wohl  die  Meinung  des  Verfassers),  so  sind  sie  mathematische  Punkte 
im  strengen  Sinne  des  Wortes,  dann  hat  man  aber  auch  allen  und  jeden 
materiellen  Inhalt  heraussublimirt  und  es  sind  nur  noch  Kräfte  übrig,  welche 
an  bestimmten  Stellen  im  Räume  wirken.  Dadurch  entsteht  eine  eigen- 
thttmliche  Schwierigkeit.  Die  Punkte  des  mathematischen  leeren  Raumes 
sind  völlig  gleichgültig  gegeneinander,  d.  h.  kein  Punkt  hat  vor  dem  ande- 
ren irgend  etwas  Besonderes  voraus,  wie  kommen  nun  die  Kräfte  dazu,  sich 
gerade  hier  und  da  niederzulassen ,  sich  gerade  so  und  nicht  anders  zu  lo- 
calisiren?  Wenn  ferner  die  Materie  aus  mathematischen  Punkten  und 
Kräften  eonstruirt  wird ,  so  verfällt  man  streng  genommen  doch  wieder  in 
dieselbe  Unbegreiflichkeit,  die  man  der  Schelling'Bchen  Hypothese  mit  Recht 
vorgeworfen  hat;  das  Unbegreifliche  lag  darin,  dass  der  Philosoph  von 
Contrahiren  und  Expandiren  sprach ,  während  gar  nichts  da  war ,  was  ex- 
pandirt  oder  contrahirt  werden  konnte ,  dieses  Etwas  sollte  eben  durch  die 
im  Leeren  herumarbeitenden  Kräfte  entstehen;  dies  ist  aber  bei  der  Fech- 
ner'achen  Ansicht  ganz  ebenso  oder  vielmehr  in  noch  höherem  Grade  der 
Fall,  weil  jene  Kräfte  aus  unbekannten  Gründen  an  bestimmte  Punkte  ge- 
bunden sind.  —  Endlich  erhebt  sich  noch  eine  Schwierigkeit  für  die  ma- 
thematische Physik.  Bei  der  gegenwärtigen  Behandlungsweise  unterschei- 
det man  die  leere  Form  (den  mathematischen  Körper)  von  seinem  materiellen 
Inhalte;  das  Verhältniss  der  Masse  zu  dem  Volumen  giebt  die  Dichtigkeit, 
und  wenn  später  noch  Kräfte  in  Rechnung  kommen ,  so  werden  diese  als 
der  Masse  inhärirend  und  ihr  proportional  betrachtet;  alle  diese  einfachen 
Vorstellungen  müssen  nach  der  Fechnerachen  Ansicht  geändert  werden. 
Was  ist  z.  B.  Dichtigkeit,  Maas  der  anziehenden  Kraft  etc.  ?  wir  wollen  nicht 
leugnen,  dass  dafür  neue  Definitionen  gegeben  werden  könnten,  aber  damit 
allein  ist  noch  nichts  gewonnen ,  sobald  die  fraglichen  Definitionen  die  An- 
wendung des  Calcüls  nicht  ebenso  leicht  gestatten,  wie  die  bisherigen.  Der 
Verfasser  berührt  zwar  hie  und  da  diese  Punkte,  erwähnt  auch,  dass  künftig 
rein  aufgehende  Summen  an  die  Stelle  der  Integrale  treten  müssten ,  aber 
dma  sind  nur  Vorschläge  und  es  würde ,  wenn  die  Theorie  der  Kraftccntra 
Anwendung  finden  und  nicht  eine  müssige  Hypothese  bleiben  soll,  jedenfalls 
bötbig  sein ,  die  nothwendigen  Modificationen  des  Calcüls  thatsächlich  an 
einigen  Beispielen  nachzuweisen.  So  lange  dies  nicht  geschieht,  bleibt  jene 
Lehre  für  den  mathematischen  Physiker  eine  Ansicht,  welche  für  seine 
Bpecnlationen  noch  keine  praktische  Bedeutsamkeit  erlangt  hat. 

Aus  diesen  Bemerkungen  zusammen  dürfte  mit  Sicherheit  wenigstens 
so  viel  hervorgehen,  dass  die  vom  Verfasser  versuchte  philosophische  Vol- 
lendung der  Atomistik  noch  mancherlei  Zweifel  gestattet  und  dass  überhaupt 
Sie  Acten  in  dieser  Angelegenheit  noch  lange  nicht  geschlossen  sind;  zu 
wfinschen  wäre  aber,  dass  auch  von  der  entgegengesetzten  Seite  her  so  viel 
Fleiss  auf  die  Begründung  dei;  dynamischen  Ansicht,  wie  sie  besonders 
J^ries  und  dessen  genialer  Schüler  Schieiden  aufzufassen  pflegen ,  verwandt 
werden  möge,  als  es  hier  im  Interesse  der  Atomistik  geschehen  ist. 

'  O.  SOHLÖMILCH. 


n 


Bibliographie 

vom  t.  Oetobcr  bis   31.  December  1855, 


BaÜLd  und  angewandte  Mathematik. 
Wp.isHi!:KBORKf  Dr.  Herrn,   Die  cyclischen  Curven,    Mit  7  UtliograpL 

Tafeln.    Vm  n.  318  8.    Ebenach,  B« rocke.    1856.  1*4  Thk 

BKKNotLj.j,  J,  A*  Vad^mecum  des  MecliÄnikers*  Achte»  von  Altto- 

n EI ÄfKR  umgearbeitete  Auflage.    Stuttgart,  Cotta.  Pj^  Thk 

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höhere  Lehranstalten,    L  Abthlg. ,  «uch  unter   deoi  Titel:  ,,die  Auf 

hißuog  der  Diophaiitischen  Gleichungen  eraten  Grades",  VIII  u,  212S. 

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Drobi^ch,  M,  W. ,   Nachträge    zur   Theorie   der  musikalisch^u 

T  5nvo  rhältnisse.  Aus  den  Abhandlungen  dcrniathera.-phj'B.Ck^ise 

der  K,  Geg^^lkch,  der  Wisienäch.  zu  Leipzig.    40  S,    Leipzig ,  Hir^el^ 

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3  Th, ,  mit  io  den  Text  gedr,  Holzschnitten.    Leips^ig,  B»  G*  Teubn^r. 

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Fh-4ns;,  Rector,  Bte  liaumlebre^  mit  Bück  sieht  auf  die  preufis*  Kegolative 

für  Volki^sehnlen  behandelt»    Berlin^  Wiegandt  u,  Grieben,    n.i^^k^%f^ 
UofiN^Ui  Prof.  Job.    Bemerkungen    zur  Zahlen! ehre.     Allgemeipe 

EigenHchaften  der  Tlieilbarkeit  der  Zahlen  in  Beziehung  auf  beliebige 

Zahlensysteme.    Aus  dem  Jahresberichte  der  Oberreal schule  zu  Grati 

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Lite;ratarzeitang.  23 

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mechanik. 3.  Aufl.  1 .  bis  3.  Lief.  Braunschweig,  View  eg.    n.  1  %  Thlr. 

Darapskt,  Hanptm.  Ebene  Trigonometrie  und  ihre  Anwendung 
auf  Kriegswissenschaft.  VII  u.  248  S.  mit  3  lithograph.  Tafeln. 
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Jah&buch  ,  Berliner  nstronomisches ,  für  1858«  Herausgeg.  vom  Director 
Dr.  Encke.    Berlin,  Dümmler.  netto  3  Thlr. 

LüBSEN,  Einleitung  in  die  Infinitesimalrechnung.  2.  Theil,  In- 
tegralrechnung.   Haqiburg,  Perthes,  Besser  u.  Mauke,     netto  \%  Thlr. 

Meter,  C.  Th.  u.  M.H.  Lehrbuch  der  ax onometrischen  Projec- 
tionslehre.   3.  Lief.   Leipzig ,  Hassel.  netto  2  Thlr. 

M09KIK,  Bchulrath  Dr.,  Lehrbuch  der  Arithmetik  für  das  Unter- 
gjmnasium.   5.  Aufl.    Wien ,  Gerold's  Sohn.  ^  Thlr. 

Lehrbuchder  Geometrie  für  die  Obergymnasien.  4.  Aufl. 

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PiTSBS,  Gymnasiallehrer,  Arithmetik  für  die  mittleren  Classen 
des  Gymnasiums.   IV  u.  96  S.    Osnabrück,  Fredewest.        Vi  Thlr. 

Sebhann,  Minist. -Ingen.  Höhere  Ingenieur  wissen  Schäften.  5.  u. 
6.  Lief.  (Schluss.)  Wien,  Gerold's  Sohn.  netto  k  24  Ngr. 

B08B11BERO,  Dr.,  die  Arithmetik  für  die  Schule  und  ihre  Lehrer. 
1.  Abth.,  die  elementare  Zahlenlehre.  VUI  u.  72  S.  Hamburg,  Per* 
tkes.  Besser  und  Mauke.  netto  12  Ngr. 

Bobo,  Reg.-Rath  und  Prof.  Lehrbuch  der  Maschinenlehre  für 
Oberrealschulen;  bearbeitet  im  Auftrage  des  Minister.  VIII  u. 
139  S.  nut  14  Taf.    Wien ,  Gerold's  Sohn.  2  Thlr.  12  Ngr. 

CbellBi  Geh.  Oberbaurath,  Dr.  Verzeichniss  des  Inhalts  undUmfangs 
der  ersten  50  Bände  des  Journals  für  reine  und  angewandte  Mathema- 
tik.  Berlüi,  Reimer.  %  Thlr. 

LüDOWiEO,  Gymnasial  -  Oberlehrer.  Die  elementare  Stereometrie. 
VUI  u.  120  S.  mit  3  lithograph.  Tafeln.     Stade.   (Hannover,  Hahn.) 

netto  1%  Thlr. 

WlsOAHD ,  Dr.  Aug.  Wie  ist  der  mathematische  Unterricht  auf 
Gymnasien  fruchtbar  zu  machen?  Ein  Vortrag,  gehalten  in 
der  Versammlung  deutscher  Realschulmänuer  zu  Hannover  am  29.  Sept. 
1866.  Nebst  dem  darin  Versprochenen.  28  S.  Halle,  Schmidt,  n.  %  Thlr. 
Joornal  für  die  reine  und  angewandte  Mathematik,  v.  Cbelle. 
Bd. 61.   4  Hefte.   Berlin,  Reimer.  ^  netto  4  Thlr. 

^öHKy  Dr.  Jos.  Methode,  geographische  Breite  und  Azimut  zugleich  aus 
blossen  Azimuthbeobachtungen  der  Circumpolarsterne,  ohne  Kenntniss 
der  Zeit,  aufs  Genaueste  zu  finden.  Bestimmung  der  geographischen 
Breite  von  Innspruck.  Aus  den  Abhandl.  der  K.  böhmischen  Gesell - 
gebaft  der  Wissensch.   28  S.   Prag,  Calve.  netto  8  Ngr. 

^■uber,  Lehrer.  Versuch,  eine  Kreisfläche  in  einer  gerad- 
linigen Figur  darzustellen,  oder  über  d.  Auflösung  d.  Problems 
der  Quadratur  des  Kreises.  16  S.  mit  2  Tafeln.  Essen ,  Bädocker  in 
Commiss.  netto  6  Ngr. 


ZBthmg* 

ScHAVB,  Prof-  Dr.,  Cumpemlio  tli  iiigofmmHrm  piane  e  sferiea.    Traduziam 

dal  tedescü  eow  f*olJ  dei  frateUi  B.  e  l,  Zamarün    38  S.  mit  1  Taf,    Trmk^ 

IHtczione  de  Lhyd  ausir.  netto  J6  Xgr. 

Koppe,  die  Stereometrie.  5.  kuü.    VIII  u.  96  8.  mit  7  lithogr*  Tafeln, 

Essen,  Badeker,  t3  Ngr. 

LiBRt,  Qftlileo  Galilei,  aus  dem  Fran^öi^.  mit  Atimerkun^en  v.  CaroT*?. 

2*  (Titel-)  Ausgabe,    Wieabaden  ,  Friedrich.  'A  Thlr. 

Reuter  ,  Dr.    L  c  b  r  b  u  c  h  d  e  r  G  e  o  m  e  t  r  i  e,    K  Tb,    Planimetrie.    VD  n. 

1Q4  S.  mit  3  lithogn  Taf.    Wismar,  Hmstorft',  *Ä  Ttiir. 

Fhysik  iiiid  verwandte  WisseEschalteji' 
DovE,  H*  W.    Die  Verbreitung   der  Wärme   in   der  nÖrdUcheö 

Hemisphäre    innerhalb  des  40,  Breitengrades,     Auf  I  Tun 

IT.  Kiepert  entworfenen  Karten  darge^teUt  und  erläutert.    3  S.  Tf^it 

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Hartig,  Oberforstrath  u.  Prof,    Heber  dagVerbKltniss  des  Brenn- 

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Elsneä,  Dt.  H.    Die  gtilTanische  Vergoldung,  Versilberung  et«. 

3.  Aufl.    Leipzig,  Araelaog,  1856.  1  Tbli- 

Kr£Jl,  K,  Magnetiache  und  geographische  Ortsbestimmungen  J 

an  den  Ktisten  des  adriatischen  Golfs.    Aus  den  Denkschriften  1 

der  Kaiserl,  Academie  za  Wien,    Wien ,  Brauniüller.       netto  %  Tlilr. 
QuiHTUB    IciLjus,   Dr,  T.     Experimentalphysik,    Ein  Leitfaden  Ijpi    , 

Vortragen.    Hannover,  Schraorl  und  v.  Seefeld.    1855.  3  Thlr 

MijLLBR,  Prof.  Dr.  Joh.    Or  undriss  der  Physik  und  Meteorologie. 

5.  Aufl.    Erste  Hälfte.    Braunschweig,  Vieweg.  netto  1%  Thlr. 

Fortschritte  der  Physik  im  Jahre  1852;  dargestellt  von  der  phyßik. 

Gesellschaft  in  Berlin,  redig.  von  Dr.  Krönig.    2.  Abthlg.    Electrid- 

tätslehre  und  Physik  der  Erde.    Berlin ,  Reimer.  5  Thlr. 

ScHABUS,  Lehrer,   Leicht  fassliche  Anfangsgründe  der  Natur- 

lehre  für  Unterrealschulen. und  Untergymnasien.   3.  Auflage.   Wien, 

Gerold's  Sohn.  l  Thlr. 
Grundzüge  der  Physik  für  die  oberen  Classen  der  Gymnasien 

und  Realschulen.    L  Lief,  ebendas.  compl.  2%  Tbir. 

ScHOEDLER,  Buch  derNatUT.  9.  Aufl.  Braunschweig,  Vieweg.  n.  l*^Thl^ 
Abhandlungen    der    Senckenberg^schen    naturforschenden    Gesellschaft 

1.  Bd.  2.  Lief.   Frankfurt,  Brönner.  netto  2%  Thlr. 

Hummel,  Prof.  Dr.  Physische  Geographie.  188  S.  Graz.  (Wien,  W«l- 

lishausers  Sep.-Conto.)  1  Thlr.  22  Ngr. 

Fbchner,  G.  Th.    Professor  Schieiden  und  der  Mond.   XVU  und 

427  S.    Leipzig,  Gumbrecht.  netto  2  Thlr. 

Beobachtungen,  magnetische  und  meteorologische,  zu  Prag ;  herausgeg. 

von  Prof.  Dr.  Böhm  und  Adj.  Dr.  Kunes.    Bd.  13.    Jahrgang  1851 

Prag,Calve.  netto  2% .Thlr. 

Peters,  Lehrer.  Mathematische,  physische  und  politischeGeo- 

graphie  für  Navigationsschulen.  2.  Aufl.  Wismar,  Hinstorff.  %Thlr. 


Druck  von  B.  G.  Teobner  in  Dresden. 


Literaturzeitung.  1 9 

gehorchen  den  allgemeinen  mechanischen  Gesetzen  des  Gleichgewichtes 
und  der  Bewegung.  Die  letzten  Atome  sind  entweder  an  sich  unzerstörhar 
oder  es  sind  wenigstens  im  Bereiche  der  Physik  und  Chemie  keine  Mittel 
gegeben,  sie  zu  zerstören  und  liegen  keine  Gründe  v.or,  eine  je  eintretende 
Zerstörung  oder  Verflüchtigung  derselben  anzunehmen.  Von  diesen  letzten 
Atomen  vereinigen  sich  im  Gebiete  des  Wägbaren  mehr  oder  weniger  zu 
kleinen  Gruppen  (Moleculen),  die  weiter  von  einander  entfernt  sind  als  die 
Atome  jeder  Gruppe  für  sich.  Vom  Abstände  der  letzten  Atome  ist  nur  so 
viel  gewiss ,  dass  er  sehr  gross  im  Verhältniss  zu  den  Dimensionen  der  be- 
treffenden Atome  ist.  Von  den  absoluten  Dimensionen  der  Atome,  ja  ob 
die  letzten  Atome  angebbare  Dimensionen  haben ,  ist  nichts  bekannt ;  den 
Moleculen  kann  eine  bestimmte  Gestalt  als  Umriss  der  von  ihnen  befassten 
Gruppe  beigelegt  werden,  von  der  Gestalt  der  letzten  Atome  ist  nichts  be- 
kannt. Die  Kräfte  der  Atome  sind  theils  anziehender ,  theils  abstossender 
Natur  (nach  Poisson  ziehen  sich  die  wägbaren  Atome  gegenseitig  an  und 
stossen  sich  die  Aetberatome  ab,  während  zwischen  einem  wägbaren  und 
einem  Aetberatome  Anziehung  stattfindet);  sie  auf  blos  anziehende  zurück- 
zufuhren, ist  noch  nicht  geglückt.  Sie  wirken  nach  Functionen  der  Distanz 
der  Theilcheuy  das  genaue  Gesetz  der  Kräfte  ist  nicht  bekannt.** 

Diese  Ansicht  vertheidigt  der  Verfasser  in  der  ersten  Hälfte  seines 
Werkes  vom  Standpunkte  der  Experimentalphysik  aus  und  zwar  im  All- 
gemeinen auf  die  Weise,  dass  er  verschiedene  physikalische  Erscheinun- 
gen ,  wie  z.  B.  Lichtbrechung ,  Wärmebewegung  etc.  hervorhebt ,  die  sich 
durch  die  dynamische  Vorstellung  einer  stetigen  Kaumerfüllung  weniger 
leicht  und  vollständig  als  durch  obige  Voraussetzungen  erklären  lassen. 
Obschon  nun  der  Verfasser  seine  Beispiele  meistens  glücklich  wählt  und 
mit  vielem  Geschick  behandelt ,  so  muss  doch  Keferent  gestehen ,  dass  er 
trotzdem  die  überzeugende  Beweiskraft  nicht  recht  finden  kann.  Es  liegt 
dies  hauptsächlich  an  der  Art  des  Beweises.  Die  dynamische  Ansicht  be- 
steht zur  Zeit  nur  aus  einer  einzigen  Hypothese  und  ist  überhaupt  noch 
sehr  wenig  ausgebildet ;  die  atomistische  Ansicht  dagegen  enthält  mindestens 
sechs  verschiedene  Hypothesen  (in  der  PoissoTC sehen  Lehre  stecken  allein 
zwei  Hypothesen ,  die  Wirkung  der  Aetberatome  unter  sich  und  auf  wäg- 
bare Atome  betreffend),  was  Wunder  also,  wenn  man  mit  einem  halben 
Dutzend  combinirter  Hypothesen,  sobald  sie  nur  einigermaassen  glücklich 
gegriffen  sind,  mehr  erklären  kann  als  mit  einer ;  Hesse  sich  doch  auch  eine 
Planetenbahn  durch  sechs  gut  gewählte  Epicykeln  mit  ansehnlicher  Ge- 
nauigkeit darstellen.  Will  man  aber  einmal  auf  die  Weisse  streiten,  dass 
der  Eine  zeigt,  was  er  kann,  und  dem  Andern  das  zum  Vorwurfe  macht, 
was  letzterer  nicht  kann,  so  giebt  es  auch  mancherlei  Thatsachen,  mit  denen 
die  Atomistik  schwer  fertig  werden  möchte.  Die  Mechanik  z.  B.  berechnet 
die  Anziehung  einer  Kugel  auf  einen  Punkt  unter  der  Voraussetzung ,  dass 
die  anziehende  Masse  in  der  Kugel  stetig  vertheilt  sei ;  das  Resultat  stimmt 
mit  der  Erfahrung,  sollte  ihr  abqa  widersprechen,  wenn  die  Atomistik  Recht 
hat.  Schon  Poisson  fühlte  diese  Discrepanz' und  versuchte  eine  Erklärung, 
bei  der  sich  auch  unser  Verfasser  beruhigt;  aber  gerade  diese  Erklärung 
ist  an  sich  unglücklich  und  widerspricht  ausserdem  noch  den  oben  erwähn- 
ten Grundzügen  der  Atomistik.  Zuerst  macht  nämlich  Poisson  (Mechanik, 
I.  §.  98)  eine  doppelte  Distinction ,  er  unterscheidet  unendlich  kleine  Grös- 
sen (Differentiale)  von  endlichen  Grössen  und  theilt  letztere  wieder  in 
sensible  und  insensible ,  was  für  einen  Mathematiker  eine  gaiiii  12Aäx^\x&^- 


Sd  LiteraturÄeitung. 


^i"l»'i.HMlM».lts<V^*>PM*^^ij*J^^**K;^^i  M  M  h   M -trfMWUm^^Hli^H^^ljM^ajtftlU' 


B  ist  der  g:erÄde  Weg  fler  kürxeäte".  Wi»  ist  3ct  Mensch,  der  mit  einw 
Rolle  Bindfaden  in  der  Hand,  die  Wege  von  J  niicb  B  au 'ige  messen  und 
die  BöobachtuDg  AB  <C  Are  Aß  gemacht  hat?  kennt  Jenrand  den  Experi- 
mentator? Beil  Mensch  enge  denken  ist  dieser  Versuch  nicht  gemacht  wor- 
den» woher  nlso  jene  Knnde?  Aher  vielleicht  hat  in  ganz  unvordenklicher 
Zeit,  vielleicbt  einer  der  sieben  Weisen  Griechenlands  jene  Entdeckung 
gemAcht;  möglich  wohl ,  aber  dann  wMre  der  betreffende  Satz  nur  darcK 
Tradition  auf  nns  gekommen,  und  da  nach  bekannten  Gesetecn  der 
Wahrscheinlichkeitsrechnung  die  Probabiltt^t  der  Hicbtigkeit  eines  Refi?- 
rates  in  geometrischer  Progression  abnimmt,  wenn  die  Zahl  der  Wieder- 
erzähler  in  aritbmetischf^r  Progression  wachst,  so  würde  die  geg^nwärti^p 
Wahrscheinlichkeit  der  Richtigkeit  jenea  Satxefä  enorm  klein  sein,  wahrend 
sie  tbateäcbUch  ^=  L  ist,  ^  Aber  noch  mehr;  man  kann  a  pHuH  wissen, 
dass  der  Satx  nicht  ans  der  Erfahrung  stammt,  weil  a  priori  bewiesen  wer- 
den kann^  dass  die  betretende  Erfahrung  unmöglich  ist.  Von  J  nach  # 
giebt  es  einen  einzigen  geradlinigen  W^eg,  aber  unendlich  viel  krumine 
Wege;  alle  letzteren  aussumcsseif  und  mit  dem  ersten  zu  Tergleicben,  e^ 
lauVit  die  Endlichkeit  des  menschlichen  Lebens  nicht  —  in  seiner  präci- 
aen  Fassung  kann  also  der  Satas  gar  nicht  au®  der  Erfahrung  sein  — wollt* 
man  sich  aber  mit  der  ÄuamesHnng  einiger  Wege  begnügen  und  im  Üebri' 
gen  nach  Analogie  schliestJen,  so  h^tte  man  aus  einer  endlichen  An»ahl  vöh 
Eälleu  auf  eine  nuend liehe  Anzahl  verschiedener  höchst  unähnlicher  Füll« 
geschlossen  und  das  glibe  nur  eine  geringe  Wahrscheinlichkeit..  Auf  diesem 
Standpunkte  muss  es  sich  der  Verfasser  ganz  ruhig  gefallen  iasseji,  wenn 
ihm  Jömaud  erzählt,  er  habe  durch  langjährige  feine  astronomisebe  Beob- 
»chtungen  herausgebracht,  dass  der  kürzeste  Weg  von  Frankfurt  nach  Hei- 
delberg über  den  Mond  gehe.  Kh  wundert  uns  um  so  mehr,  dass  der  Vt^r 
fasser  in  den  alten  Sensualismus  zarückverfallen  ist,  als  es  ein  sehr  nahe- 
liegendes Kennzeichen  giebt,  um  die  nothwendigen  Wahrheiten  (SäUe 
a  priori)  von  den  zufälligen  (a  posteriori  =  Erfahrungssätzen)  zu  unter- 
scheiden; nothwendig  ist  nämlich  jeder  Satz,  dessen  Gegentheil  man  sich 
nicht  denken  kann.  Wer  nur  ehrlich  gegen  sich  selber  sein  will,  wird  ge- 
wiss zugestehen,  dass  er  sich  einen  von  zwei  geraden  Linien  umschlossenen 
Kaum  schlechterdings  gar  nicht  vorzustellen  vermag,  während  er  sich  s.B- 
sehr  wohl  denken  kann,  dass  die  Wärme  zusammenziehend  auf  Körper 
wirke,  etwa  wie  beim  Schwinden  des  Thones.  Aehnlich  geht  es  mit  alle^ 
mathematischen  Grundsätzen  und  daraus  erklärt  sich  sattsam  die  allgemein® 
höchliche  Verwunderung,  wenn  Jemand  die  erwähnten  Axiome  mit  exper*" 
mentalen  Beweisen  zu  versehen  sucht  ^). 

Zum  Glück  für  das  vorliegende  Buch  hat  die  philosophische  Ansicl^ 
des  Verfassers  keinen  wesentlichen  Einfluss  auf  die  Behandlung  des,  Stoff^^ 
ausgeübt;  der  Verfasser  ist  zu  guter  Mathematiker,  ab  dass  er  sich  durc^^ 

*)  Man  hat  es  der  Kant* schon  Lehre  von  den  Urtheilen  a priofi  hier  und  ^' 
Kum  Vorwurfe  gemacht,  dass  sie  die  verrufenen  „ angeborenen  Ideen "  rehabiliti^^ 
und  hat  die  Existenz  der  letzteren  sehr  unbegreiflich  gefunden.  Dieser  Einwand  h&t^^ 
Grand,  wenn  Kant  so  unbedachtsam  gewesen  wäre ,  jedem  Neugeborenen  ohne  We^ 
teres  fertige  Urtheile  beizulegen ;  beachtet  man  aber  das  zwar  kurse,  aber  klare  Vfo^ 
(Kritik  der  reinen  Vernunft  8.  1),  „Dass  alle  unsere  Erkenntniss  mit  der  Erfahrung 
anfange,  daran  ist  gar  kein  Zweifel  . . .  Wenn  aber  gleich  alle  unsere  Erkenotnii^ 
mit  der  Erfahrung  anhebt,  so  entspringt  sie  darum  doch  nicht  eben  alle  aus  der  E^^ 
-fahrung",  so  reducirt  sich  jener  Vorwurf  auf  ein  reine«  Missvers* ändniss.  Die  Erfafc^ 
ruDg"  wirkt  nämlich  auf  doppelte  Weise  ;  sie  bereichert  uns  einerseits  historisch  ai^  '^ 


Literatorseitung.  21 


nug  protestiren  kann)  und  so  bleibt  nnr  der  zweite  Weg  übrig.  Damit  ge- 
räth  der  Verfasser  auf  eine  Monadologie ,  welche  die  Materie  ans  blossen 
Kraftmittelpunkten  zusammensetzt.  Dies  scheint  dem  Referenten  eine  noch 
weniger  denkbare  Vorstellung ;  haben  jene  Punkte  irgend  eine  Ausdehnung 
im  Räume,  so  sind  sie  kleine  Massenpartikel,  d.  h.  Atome  im  gewöhnlichen 
Sinne,  und  dann  wäre  nichts  gewonnen;  haben  sie  keine  Ausdehnung  (und 
das  ist  wohl  die  Meinung  des  Verfassers),  so  sind  sie  mathematische  Punkte 
im  strengen  Sinne  des  Wortes ,  dann  hat  man  aber  auch  allen  und  jeden 
materiellen  Inhalt  heraussublimirt  und  es  sind  nur  noch  Kräfte  übrig,  welche 
an  bestimmten  Stellen  im  Räume  wirken.  Dadurch  entsteht  eine  eigen- 
thümliche  Schwierigkeit.  Die  Punkte  des  mathematischen  leeren  Raumes 
sind  völlig  gleichgültig  gegeneinander,  d.  h.  kein  Punkt  hat  vor  dem  ande- 
ren irgend  etwas  Besonderes  voraus,  wie  kommen  nun  die  Kräfte  dazu,  sich 
gerade  hier  und  da  niederzulassen ,  sich  gerade  so  und  nicht  anders  zu  lo- 
calisiren?  Wenn  ferner  die  Materie  aus  mathematischen  Punkten  und 
Kräften  construirt  wird ,  so  verfällt  man  streng  genommen  doch  wieder  in 
dieselbe  Unbegreiflichkeit,  die  man  der  Schelling'Bchen  Hypothese  mit  Recht 
vorgeworfen  hat;  das  Unbegreifliche  lag  darin,  dass  der  Philosoph  von 
Contrahiren  und  Expandiren  sprach ,  während  gar  nichts  da  war ,  was  ex- 
pandirt  oder  contrahirt  werden  konnte,  dieses  Etwas  sollte  eben  durch  die 
im  Leeren  herumarbeitenden  Kräfte  entstehen;  dies  ist  aber  bei  der  Fech- 
ner'schen  Ansicht  ganz  ebenso  oder  vielmehr  in  noch  höherem  Grade  der 
Fall,  weil  jene  Kräfte  aus  unbekannten  Gründen  an  bestimmte  Punkte  ge- 
bunden sind.  —  Endlich  erhebt  sich  noch  eine  Schwierigkeit  für  die  ma- 
thematische Physik.  Bei  der  gegenwärtigen  Behandlungsweise  unterschei- 
det man  die  leere  Form  (den  mathematischen  Körper)  von  seinem  materiellen 
Inhalte ;  das  Verhältniss  der  Masse  zu  dem  Volumen  giebt  die  Dichtigkeit, 
und  wenn  später  noch  Kräfte  in  Rechnung  kommen ,  so  werden  diese  als 
der  Masse  inhärirend  und  ihr  proportional  betrachtet;  alle  diese  einfachen 
Vorstellungen  müssen  nach  der  /Venerischen  Ansicht  geändert  werden. 
Was  ist  z.  B.  Dichtigkeit,  Maas  der  anziehenden  Kraft  etc.  ?  wir  wollen  nicht 
leugnen,  dass  dafür  neue  Definitionen  gegeben  werden  könnten,  aber  damit 
allein  ist  noch  nichts  gewonnen ,  sobald  die  fraglichen  Definitionen  die  An- 
wendung des  Calcüls  nicht  ebenso  leicht  gestatten,  wie  die  bisherigen.  Der 
Verfasser  berührt  zwar  hie  und  da  diese  Punkte,  erwähnt  auch,  dass  künftig 
rein  aufgehende  Summen  an  die  Stelle  der  Integrale  treten  müssten ,  aber 
das  sind  nur  Vorschläge  und  es  würde ,  wenn  die  Theorie  der  Kraftcentra 
Anwendung  finden  und  nicht  eine  müssige  Hypothese  bleiben  soll,  jedenfalls 
nöthig  sein,  die  nothwendigen  Modificationen  des  Calcüls  thatsächlich  an 
einigen  Beispielen  nachzuweisen.  So  lange  dies  nicht  geschieht,  bleibt  jene 
Lehre  für  den  mathematischen  Physiker  eine  Ansicht,  welche  für  seine 
Spcculationen  noch  keine  praktische  Bedeutsamlceit  erlangt  hat. 

Aus  diesen  Bemerkungen  zusammen  dürfte  mit  Sicherheit  wenigstens 
so  viel  hervorgehen,  dass  die  vom  Verfasser  versuchte  philosophische  Vol- 
lendung der  Atomistik  noch  mancherlei  Zweifel  gestattet  und  dass  überhaupt 
die  Acten  in  dieser  Angelegenheit  noch  lange  nicht  geschossen  sind;  zu 
wünschen  wäre  aber,  dass  auch  von  der  entgegengesetzten  Seite  her  so  viel 
Fleiss  auf  die  Begründung  dei;  dynamischen  Ansicht,  wie  sie  besonders 
Fries  und  dessen  genialer  Schüler  Schieiden  aufzufassen  pflegen ,  verwandt 
werden  möge,  als  es  hier  im  Interesse  der  Atomistik  geschehen  ist. 


tt  ^^miV  LiteratnrzüHtiiig* 


Tpetiü  dif*fl  consequeut  gesclielreii  sollte,  so  musste  ^  a  mit  Hilf^  d^i 
'  Begriffs  vom  contrÄren  Gegensatz  definirt  und   natibher  gezeigt  werden, 
I  vie  f  a  mit  }^^^^  nnd  dergl.  zusammcuhÄngt  (es  ist  nämlich  /  a  ^^at^\ 
►  venu  ^  den  Winkel  zwiscben  /  und -^  bezeicbnet).    Von  dem  Allen  ist 
über  nicht  die  Rede,  es  wird  nur  statnirt ^  dass  'f  <f  =  +  »a  und  \^=^  —  la 
*«ei  und  dann  die  Lehre  von  den  conplexcn  Grössen  wie  gewöhnlich  behan- 
delt  y  wobei  aber  Referent  nicht  recht  einsiebt ,  warum  immer  cqs  ß  f  sin  ß 
fitutt  co^  ß  +  '  ^^fi  ß  und  röf  (!?  ^  sirt  ß  statt  coS  ß  —  *  sin  ß  geschrieben  wird» 
Wenn  wir  im  Vorigen  einige  wenige  Partien  des  Werkes  nk  nicht  ge- 
langen bezeichnet  haben ,  ese  wolle  man  daran»  doch   keinen  Bchlui^s  »af 
das  GftnÄe  sieben;  im  Gegentheil  bekennen  wir  gf^m,  dass  uns  das  Werk- 
eben in  seiner  Total itiit  rf^cbt  gut  gefallen  hat  und   dass  namentlich  das 
ernste  Streben  des  Verfnssera,  gepaart  mit  der  glücklichen  Gabe  einer  an 
liebenden  Darstellung,   im  Allgemeinen   den  Eindruck  der  Befricdiguuf 
,  hinterlässt.  SruLÖSf ilcil 


J  treatise  on  the  calculu£  of  Operations:  deiigned  to  ftwiUMe  the pro- 

cess4^s  of  iht  differeniial  and  intr.grnl  mirulus  and  ihf*  caicuiu»  of  fimif 
äiff^erenccs*  By  t/ir  Rev.  Robert  Carmichaei^  fiiionf  of  (he  trMn 
cöUrge ,  ßuhlin  ct€>  London ,  L^mgmtin ,  Brown ,  Green  and  Long- 
maus,    1855* 

Bei  der  mohrfaclien  DifTerentintion  der  Produkte  von  ahb^ngigeu  Va* 
tiabelen  hatte  bereits  LeibnitK  die  sswiacben  des  Foteti^exponenten  und 
den  Wiederholungsexponenten  der  Differentiation  stattfindende  Analogie 
bemerkt ,  so  kann  z.  B.  die  bekannte  Formel 

d*  {uv)  =  ud"v  +  («)j  du  d^-^v  +  («),d*ii  d'^-^v  +  ... 
auch  unter  der  Gestalt 

d-(uv)={du  +  d,)- 

dargestellt  werden,  wenn  man  d^^  für  einerlei  mit  d^u  und  d^u  für  u  er- 
klärt.   Diese  Beobachtung  blieb  indessen  unfruchtbar  bis  zum  Jabre  1771, 
wo  Lagrange  die  Idee  Leibnitzens  in  allgemeinerer  Form  wieder  auf- 
nahm ,  sie  auf  die  Differenzen  der  Funktionen  ausdehnte  und  eine  Reib^ 
von  sogenannten  symbolischen  Formeln  aufstellte;  wird  z.  B.  ti=/'(^,j/) 
gesetzt,  so  ist  hiernach 

f{x  +  ^x,y  +  Jy)  =  [{l  +  ^,){l  +  J,)]u, 
wobei  die  rechte  Seite  den  Ausdruck 

bedeuten  soll;  in  demselben  Sinne  ist  unter  der  Voraussetzung,  dass  de^  ' 
Tajlor'sche  Satz  gilt  und  Jx  mit  k  bezeichnet  wird, 

Lagrange  leitet  seine  Formeln  auf  inductorischem  Wege  ab  und  hSl^ 
direkte  Beweise  derselben  für  ziemlich  schwer,  später  hat  aber  Laplac^ 
(im  7.  Bande  der  Savans  etrangers)  die  letzteren  auf  sehr  elegante  Weisi^ 
gegeben  und  im  1.  Buche  der  Theorie  analytique  des  prohabilüäs  zahlreiche^ 
Anwendungen  davon  namentlich  auf  die  Theorie  der  Reihen  gemacht.  Eine^ 
weitere  Verfolgung  dieser  Idee,  jedoch  immer  noch  auf  die  Differenzen  und 
Differentiale  beschränkt,  findet  man  in  dem  Calcul  de  derivaiion  von  Arbo- 
gast  (Nr.  371  und  404),  die  Bezeichnung  ist  aber  unbequem  und  die  gaose 


Literatorzeitong.  23 

Sitzung  SBERiQDTE  der  Kaiaerl.  Academie  der  Wissenschaften  zu  Wien. 
Math.-phys.  Classe.  Bd.  XVII.  Jahrgang  1856.  2.  Heft.  Wien,  Brau- 
müller, netto  2  Thlr. 

RüuLMANN,  Prof.  Dr.  Logarithmische,  trigonometrische  und 
andere  Tafeln.    5.  Aufl.   Leipzig,  Arnold.  netto  16  Ngr, 

Weisbach,  Prof.  Jul.  Lehrbuch  der  Ingenieur-  und  Maschinen- 
mechanik. 3.  Aufl.  I .  bis  3.  Lief.  Braunschweig,  View  eg.    n.  1  %  Thlr. 

Darapskt,  Hauptm.  Ebene  Trigonometrie  und  ihre  Anwendung 
auf  Kriegswissenschaf t.  VII  u.  248  S.  mit  3  lithograph.  Tafeln. 
Cassel ,  Bertram.  netto  1%  Thlr. 

Jahrbuch  ,  Berliner  astronomisches ,  für  1858.  Herausgeg.  vom  Director 
Dr.  Encke.    Berlin,  Dümmler.  netto  3  Thlr. 

LüBSEN,  Einleitung  in  die  Infinitesimalrechnung.  2.  Theil,  In- 
tegralrechnung.  Haqiburg,  Perthes,  Besser  u.  Mauke,     netto  1%  Thlr. 

Meyer ,  C.  Th.  u.  M.  H.  Lehrbuch  der  axonometrischen  Projec- 
tionslehre.   3.  Lief.    Leipzig ,  Hassel.  netto  2  Thlr. 

MogNiK,  Schulrath  Dr.,  Lehrbuch  der  Arithmetik  für  das  Unter- 
gymnasium.   5.  Aufl.   Wien ,  Gerold's  Sohn.  %  Thlr. 

Lehrbuch  der  Geometrie  für  die  Obergymnasien.  4.  Aufl. 

ebendas.  1%  Thlr. 

Peters,  Gymnasiallehrer,  Arithmetik  für  die  mittleren  Classen 
des  Gymnasiums.   IV  u.  96  S.    Osnabrück,  Fredewest.        Vi  Thlr. 

Rebhai^n,  Minist-Ingen.  Höhere  Ingenieur  wissenschaffen.  5.  u. 
6.  Lief.  (Schluss.)  Wien,  Gerold's  Sohn.  netto  k  24  Ngr. 

Rosenbero,  Dr.,  die  Arithmetik  für  die  Schule  und  ihre  Lehrer. 
1.  Abth.,  die  elementare  Zahlenlehre.  VUI  u.  72  S.  Hamburg,  Per« 
thes ,  Besser  und  Mauke.  netto  12  Ngr. 

Büro,  Reg.-Rath  und  Prof.  Lehrbuch  der  Maschinenlehre  für 
Oberrealschulen;  bearbeitet  im  Auftrage  des  Minister.  VUI  u. 
239  S.  mit  14  Taf.    Wien ,  Gerold's  Sohn.  2  Thlr.  12  Ngr. 

Creli«e ,  Geh.  Oberbaurath,  Dr.  Verzeichniss  des  Inhalts  und Umfangs 
der  ersten  50  Bände  des  Journals  für  reine  und  angewandte  Mathema- 
tik.  Berlin,  Reimer.  %  Thlr. 

LuDOWiBO,  Gymnasial  -  Oberlehrer.  Die  elementare  Stereometrie. 
VUI  u.  120  S.  mit  3  lithograph.  Tafeln.     Stade.   (Hannover,  Hahn.) 

netto  1%  Thlr. 

WiBGAKD ,  Dr.  Aug.  Wie  ist  der  mathematische  Unterricht  auf 
Gymnasien  fruchtbar  zu  machen?  Ein  Vortrag,  gehalten  in 
der  Versammlung  deutscher  Realschulmänuer  zu  Hannover  am  29.  Sept. 
1855.  Nebst  dem  darin  Versprochenen.  28  S.  Halle,  Schmidt.  n.%Thlr. 

Journal  für  die  reine  und  angewandte  Mathematik,  v.  Grelle. 
Bd.  51.   4  Hefte.    Berlin,  Reimer.  ^  netto  4  Thlr. 

Böhm,  Dr.  Jos.  Methode,  geographische  Breite  und  Azimut  zugleich  aus 
blossen  Azimuthbeobachtungen  der  Circumpolarsteme,  ohne  Kenntniss 
der  Zeit,  aufs  Genaueste  zu  finden.  Bestimmung  der  geographischen 
Breite  von  Innspruck.  Aus  den  Abhandl.  der  K.  böhmischen  Gesell- 
schaft der  Wissensch.   28  S.    Prag ,  Calve.  netto  8  Ngr. 

Heuser,  Lehrer.  Versuch,  eine  Kreisfläche  in  einer  gerad» 
linigen  Figur  darzustellen,  oder  über  d.  Auflösung  d. Problems 
der  Quadratur  des  Kreises.  16  S.  mit  2  Tafeln.  Essen ,  Bädecker  in 
Commiss.  ijäJCv»  ^^^* 


fiimg  biJrlejten»  die  nachher  Äur  Tnie^riiüt>n  von  Diffprentialgleidiiitii^n 
nuf^hnr  gemacht  werden  könnrn.  80  i**t  %.  \\,  w  onn  der  in  BoiÄielmn;^'  auf 
a'  genoairaene  Difl^^rentiaUiiiotient  durch  ein  vorgtiä<3tÄtes  li^  hezrklm*;! 
wird, 

li  ^  ^ 

utid  allgemein 

Ein  pft£iT  äpecleile  Gleldjungen  dieser  Art  sind 

Durch  Umkehrtmg  der  Gleichung  l)  erhält  nian 

.V^^  -j-  -  H  x"^  oder     -—  *  a"^  ^ — , 
ebenso  aus  Nr.  2) 

die  Formeln  4)  liefern  die  entsprechenden: 

Wie  der  Verfssser  diese  Relationen  zur  Integration  von  Diflferential- 
gleichiingen  verwendet,  wollen  wir  an  einem  der  einfacheren  Beispiele 
zeigen.    Die  Differentialgleichung  sei 

-—=sax^^  oder  x*D^xy=('^^i 

giebt  man  ilir  die  aus  der  Isoh'rung  der  Operationszeichen  unmittelbar  her- 
vorgehende Eorm 

xDx(xDx —  1)  .  y  =  ax^ 
und  denkt  sich  rechter  Hand  noch  die  Null  zugesetzt,  so  hat  man  umge- 
kehrt die  symbolische  Lösung 


y  = 


xVj,{xD,—  \) 


(«a:^+0) 


^  ax^+—-l- ,.0, 


xDjc(xl)j,~\)  xDj,{xD,  —  l) 

bei  welcher  es  nun  darauf  ankommt,  die  Symbolik  wieder  los  zu  werden- 
Nach  Nr.  4)  ist  aber 


1                      ß           (i  x^ 
ax^  — 


ferner  hat  man 

1  /       I 1_\ 

xD^{xDs—l)'     ~\xD,--\       xDj'^  ^ 


xD,—  \*  xJ), 


.0       ~— .0  =  ^x  — j? 


X 


Literaturzeitung.  3 1' 

(nach  Nr.  6);  als  vollständiges  Integral  der  gegebenen  Differentialgleichung 
ergiebt  sich  daher 

y=—f r:  +  Ax—B, 

worin  J  und  B  willkührliche  Constanten  bedeuten. 

Die  Integration  der  Differentialgleichungen  zerschiedener  Gattungen 
bildet  den  Inhalt  der  Cap.  III,  IV,  V  und  VI;  in  dem  letzteren,  welches 
sich  mit  den  simultanen  Differentialgleichungen  beschäftigt,  findet  man  unter 
Anderen  diejenigen  analytischen  Entwickclungen,  welche  sich. auf  die  klei- 
nen Bewegungen  der  Gase,  elastischer  fester  Körper  und  der  tropfbaren 
Flüssigkeiten  beziehen,  sowie  ferner  die  Theorie  der  Centralbewegung  und 
eine  Untersuchung  über  die  von  Foncault  beobachtete  Drehung  der  Pen- 
delebene. Der  betreffende  Calcul  zeichnet  sich  durch  Eleganz  und  kurzen 
direkten  Gang  vortheilhaffaus. 

Cap.  VIII  giebt  sehr  interessante  Anwendungen  des  Operationscalculs. 
auf  die  Geometrie ;  namentlich  sind  es  die  Verschiebungen  und  Drehungen 
einer  Curve  oder  Fläche ,  welche  eine  kurze  Behandlung  mittelst  symboli- 
scher Formeln  zulassen.  Während  z.  B.  die  Gleichung  i^(a:,y)  =  0  durch 
Verschiebung  des  Coordinatenanfanges  (oder  der  Curve)  in  F{x+a^y+b)=0 
übergeht,  wird  dieser  Procos  symbolisch  durch  die  Formel 

e     '        ^F{x,y)^0 
ausgedrückt;  ebenso  entspricht  die  Gleichung 

e   ^     y     ^   '^  F{x,y)  —  0 
einer  Drehung  und  ist  mit  der  gewöhnlichen  Gleichung 

F{x  cos  (o  —  y  sin  a>,  x  sin  «  +  y  cos  uo)  =  0 
identisch.  Durch  Rechnung  mit  dergleichen  symbolischen  Formeln  gelangt 
der  Verfasser  auf  überraschend  kurzem  Wege  zu  verschiedenen  neuen  geo- 
metrischen Sätzen,  von  denen  "wir  ein  Paar  anführen  wollen:  I)  Dreht  man 
einen  Kegelschnitt  unendlich  wenig  um  einen  beliebigen  Punkt  seiner  Ebene, 
80  liegen  die  Durchschnitte  des  ersten  und  des  gedrehten  Kegelschnittes 
anf  einer  gleichseitigen  Hyperbel,  welche  durch  den  festen  Punkt  geht. 
Wenn  der  Kegelschnitt  ein  Kreis  ist,  so  degenerirt  die  Hyperbel  in  eine 
Gerade.  9)  Dreht  man  eine  Fläche  zweiten  Grades  unendlich  wenig  um 
eine  Achse,  so  liegen  die  Durchschnittscurven  der  beiden  erhaltenen  Flächen 
auf  einer  dritten  Fläche  zweiten  Grades.  Man  wird  sogleich  bemerken,  dass 
diese  und  ähnliche  Sätze  für  die  die  Theorie  der  Umhüllungscurven  und 
einhüllenden  Flächen  von  Werth  sind  und  dass  es  dem  Verfasser  hierdurch 
möglich  wurde ,  in  der  angedeuteten  Richtung  manches  bemerkenswerthe 
Resultat  zu  erreichen. 

Cap.  X  enthält  die  Anwendungen  des  Operationscalcpls  auf  die  Diffe- 
renzenrechnnng  in  einer  zum  Theil  neuen  und  eleganten  Form.  Den  Be- 
schluss  des  Werkes  machen  einige  Anhänge ,  in  denen  man  unter  Anderem 
einen  scharfsinnigen  Beweis  des  Gauss 'sehen  Satzes  von  der  Anziehung 
einer  zwischen  zwei  sich  nicht  schneidenden  Flächen  enthaltenen  Masse  auf 
einen  beliebigen  Punkt  findet. 

Aus  dem  Mitgetheilten  wird  man  ersehen,  dass  das  Werk  CarmichaeTs 
genug  des  Neuen  und  Eigenthümlichen  bietet,  um  die  Aufmerksamkeit  der 
Analytiker  für  sich  in  Anspruch  nehmen  zu  dürfen.  Bei  dem  hohen  Preise 
des  Originales  und  der  etwas  lakonischen  Sprache  des  Verfassers  wäre  es 


iß  Literaturzeitung. 

B  ist  der  gerade  Weg  der  kürzeste".  Wo  ist  der  Mensch,  der  mit  einer 
Rolle  Bindfaden  in  der  Hand ,  die  Wege  von  A  nacb  B  ausgemessen  und 
die  Beobachtung  AB  ^  Are  AB  gemacht  hat?  kennt  Jemand  den  Experi- 
mentator? Seit  Menschengedenken  ist  dieser  Versuch  nicht  gemacht  wor- 
den, woher  also  jene  Kunde?  Aber  vielleicht  hat  in  ganz  unvordenklicher 
Zeit,  vielleicht  einer  der  sieben  Weisen  Griechenlands  jene  Entdeckung 
gemacht;  möglich  wohl,  aber  dann  wäre  der  betreffende  Satz  nur  durch 
Tradition  auf  uns  gekommen,  und  da  nach  bekannten  Gesetzen  der 
Wahrscheinlichkeitsrechnung  die  Probabilität  der  Hichtigkeit  eines  Refe- 
rates in  geometrischer  Progression  abnimmt,  wenn  die  Zahl  der  Wieder- 
erzähler in  arithmetischer  Progression  wächst,  so  würde  die  gegenwärtige 
Wahrscheinlichkeit  der  Richtigkeit  jenes  Satzes  enorm  klein  sein,  während 
sie  thatsächlich  =  1  ist.  —  Aber  noch  mehr;  man  kann  a  priori  wissen, 
dass  der  Satz  nicht  aus  der  Erfahrung  stammt ,  weil  a  priori  bewiesen  wer- 
den kann,  dass  die  betreffende  Erfahrung  unmöglich  ist.  Von  A  nach  B 
giebt  es  einen  einzigen  geradlinigen  Weg,  aber  unendlich  viel  krumme 
Wege;  alle  letzteren  auszumessen* und  mit  dem  ersten  zu  vergleichen,  er- 
laubt die  Endlichkeit  des  menschlichen  Lebens  nicht  —  in  seiner  p  r  ä  c  i  - 
Ben  Fassung  kann  also  der  Satz  gar  nicht  aus  der  Erfahrung  sein  —  wollte 
man  sich  aber  mit  der  Ausmessung  einiger  Wege  begnügen  und  im  üebri- 
gen  nach  Analogie  schliessen,  so  hätte  man  aus  einer  endlichen  Anzahl  von 
Fällen  auf  eine  unendliche  Anzahl  verschiedener  höchst  unähnlicher  Fälle 
geschlossen  und  das  gäbe  nur  eine  geringe  Wahrscheinlichkeit.  Auf  diesem 
Standpunkte  muss  es  sich  der  Verfasser  ganz  ruhig  gefallen  lassen ,  wenn 
ihm  Jemand  erzählt,  er  habe  durch  längjährige  feine  astronomische  Beob- 
achtungen herausgebracht,  dass  der  kürzeste  Weg  von  Frankfurt  nach  Hei- 
delberg über  den  Mond  gelie.  Es  wundert  uns  um  so  mehr,  dass  der  Ver- 
fasser in  den  alten  Sensualismus  zurückverfallen  ist,  als  es  ein  sehr  nahe- 
liegendes Kennzeichen  giebt,  um  die  notliwendigen  Wahrheiten  (Satze 
a  priori)  von  den  zufälligen  («  posteriori  =  Erfahrungssätzen)  zu  unter- 
scheiden; nothwendig  ist  nämlich  jeder  Satz,  dessen  Gegentheil  man  sich 
nicht  denken  kann.  Wer  nur  ehrlich  gegen  sich  selber  sein  will,  wird  ge- 
wiss zugestehen,  dass  er  sich  einen  von  zwei  geraden  Linien  umschlossenen 
Kaum  schlechterdings  gar  nicht  vorzustellen  vermag,  während  er  sich  z.  B. 
sehr  wohl  denken  kann,  dass  die  Wärme  zusammenziehend  auf  Körper 
wirke,  etwa  wie  beim  Schwinden  des  Thoues.  Aehnlich  geht  es  mit  allen 
mathematischen  Grundsätzen  und  daraus  erklärt  sich  sattsam  die  allgemeine 
höchliche  Verwunderung,  wenn  Jemand  die  erwähnten  Axiome  mit  experi- 
mentalen  Beweisen  zu  versehen  sucht*). 

Zum  Glück  für  das  vorliegende  Buch  hat  die  philosophische  Ansicht 
des  Verfassers  keinen  wesentlichen  Einfluss  auf  die  Behandlung  des  Stoffes 
ausgeübt;  der  Verfasser  ist  zu  guter  Mathematiker,  als  dass  er  sich  durch 

*)  Man  hat  es  der  Kant' sehen  I.ehre  von  den  l'rtheilen  a  pviovi  hier  uiid  da 
zum  Vorwurfe  gemacht,  dass  sie  die  verrufenen  ,, angeborenen  Ideen*'  rehabilitirc 
und  hat  die  Existenz  der  kHzteren  sehr  unbegreiflich  gefunden.  Dieser  Einwand  hätte 
Grund,  wenn  Kant  so  unbedaehtsani  gewesen  wäre ,  jedem  Neugeborenen  ohne  Wei- 
teres fertige  Urtheile  beizulegen;  bcaelitet  man  aber  das  zwar  kurze,  aber  klare  Ayort 
(Kritik  der  reinen  Vernunft  S.  I),  ,,I)ass  alle  unsere  Krkenntniss  mit  der  Erfahrung 
anfange,  daran  ist  gar  kein  Zweifel  ..  .  AVenn  aber  gleich  alle  unsere  Erkenntnis« 
mit  der  Erfahrung  anhebt,  so  entspringt  sie  darum  doch  nicht  eben  alle  aus  der  Er- 
fahrung'^^  so  reducirt  sich  jener  Vorwurf  auf  ein  reines  Missvers'iindniss.  Die  Erfah- 
riing-  wirkt  nämlich  auf  doppelte  Weise*   s\ii  \^eTe\v!\wtV  v\\\%  ^vwerseits  historisch  mit 


Literaturzeitang.  27 

philosophische  Grillen  in  seinem  ruhigen  Gedankengange  stören  Hesse.  Der 
ganzen  Anordnung  nach  ähnelt  das  Werkcheii  der  früheren  schönen  Arheit 
von  Wittstein  (Hannover  18^),  ohne  indess  die  meistens  synthetische 
etwas  spröde  Form  derselben  nachsuahmen;  im  Gegentheil  besitzt  die  Can- 
tor'sche  Darstellung  eine  gewisse  akademische  Eleganz,  die  wenigstens  den 
Keferenten  angenehm  berührt  hat,  auch  lässt  der  Verfasser  an  geeigneten 
Stellen  historische  und  kritische  Anmerkungen  gern  einfliessen.  Nur  an 
zwei  verwandten  Stellen  ist  Referent  durch  die  Philosophie  des  Verfassers 
etwas  gestört  worden.  Der  Verfasser  gelangt  nämlich  durch  die  Subtrac- 
tion  für  den  Fall,  dass  der  Subtrahend  den  Minuenden  übersteigt,  zum  Be- 
griff der  negativen  Zahl ,  und  das  wäre  soweit  ganz  schön ,  wenn  der  Ver- 
fasser es  nicht  für  noth wendig  gehalten  hätte,  dies  auch  philosophisch  mit- 
telst des  Begriffes  vom  Gegensatze  zu  begründen.  Zu  diesem  Zwecke  wer- 
den statt  +  a  und  —  a  vor  der  üand  die  Zeichen  — >*  a  und  •<—  a  eingeführt 
und  nun  sollte  eigentlich  auch  der  Beweis  geliefert  werden,  dass  die  durch 
den  Begriff  des  Gegensatzes  gewonnenen  Zahlen  mit  den  bei  jenem  beson- 
deren Falle  der  Subtraction  noth  wendigen  negativen  Zahlen  einerlei  sind 
(— ►  «  =  +  «,  -<— a  =  —  a);  dieser  ganze  Beweis  fehlt  aber  und  statt  des- 
sen heisst  es  nur  S.  19:  „in  der  Regel  werden  nicht  die  von  uns  benutzten 
Zeichen  — ►  und  <-,  sondern  +  und  —  verwandt ".  Wie  es  uns  scheinen 
will ,  hat  sich  der  Verfasser  die  Sache  unnütz  schwer  gemacht  und  ist  da- 
bei in  eine  antiquirte  Vorstellungs weise  zurückverfallen.  In  den  früheren 
Lehrbüchern  (wie  z.  B.  in  T  e  1 1  k  a ra  p  f '  s  Vorschule  der  Mathematik)  pflegte 
man  sehr  eilig  mit  dem  Positiven  und  Negativen  bei  der  Hand  zu  sein ; 
weil  es  entgegengesetzte  Grössen,  wie  Wärme  und  Kälte,  Vermögen  und 
Schulden  giebt,  wollte  man  auch  entgegengesetzte  Zahlen  haben,  aber 
dabei  war  immer  die  Noth,  dass  sich  nicht  recht  beweisen  Hess,  warum  ge- 
rade die  Zeichen  der  Addition  und  Subtraction  diesen  Gegensatz  ausdrücken 
sollten ;  lässt  man  dagegen  die  negativen  Zahlen  aus  der  Subtraction  ent- 
stehen, wobei  —  a  das  unausgeführte  Subtractionsexempel  0  —  a  bedeutet, 
so  versteht  sich  das  Minuszeichen  eo  ipso  und  wenn  man  jene  Operation  in 
der  Zahlenlinie  zu  construiren  versucht,  so  zeigt  sich  von  selbst,  dass  die 
negativen  Zahlen  die  entgegengesetzten  Zahlen  sind ;  mit  anderen  Worten, 
der  heutige  Gedankengang  ist  gerade  das  Umgekehrte  des  früheren.  Sei 
es  nun,  dass  der  Verfasser  es  Beiden  recht  machen  wollte,  sei  es,  dass  ihn 
nur  eine  philosophische  Regung  beschlichen  hat,  befriedigend  scheint  uns 
das  gleichzeitige  Inbetrachtziehen  von  unausführbarer  Subtraction  und 
von  Gegensatz  nicht,  und  es  wäre  besser  gewesen,  der  modernen  Anschau- 
ung stricte  zu  folgen.  Damit  steht  die  nachherige  Betrachtung  der  latera- 
len Zahlen  in  Verwandtschaft.  Kaum  ist  Y—a  als  nicht  angebbar  erkannt, 
80  verlässt  der  Verfasser  das  mathematische  Gebiet,  spricht  von  conträ- 
ren  Gegensätzen  und  will  diese  in  die  Mathematik  übertragen  wissen ; 

der  Kenntniss  von  allerhand  Thatsachen,  sie  reg^  aber  gleichzeitig  zum  Selbstdenken 
an  und  durch  letzteres  bilden  wir  die  Keime  der  nothwendigen  Wahrheiten  zu  ferti- 
Urtheilen  aus ,  was  ohne  jene  Anrcg^mg  allerdings  nicht  geschehen  wUre.  Wer  es 
liebt,  von  einem  Baume  der  Erkenntnis»  zu  reden,  dem  sind  die  Urtheile  a  priori  die- 
jenigen Früchte,  welche  der  Baum  bei  normaler  Witterung  and  fi^höriger  Pflege  kraft 
«einer  Organisation  von  selber  hervorbringt,  und  dass  es  in  diesem  Sinne  nothweii- 
dige  Wahrheiten  giebt,  ist  gerade  nicht  wunderbarer,  als  dass  der  Weinstock  Trau- 
ben und  keine  Datteln  trügt;  die  zufillligen  Wahrheiten  dii^efr^n  gleichen  in  diesem 
Bilde  den  vergoldeten,  oft  genug  tauben  Nüssen,  womit  «s'mv  Wfevij^'AA'^vf.  \\^\\\  ^«vw 
Weihnachtsbaum  scbmtickt. 


Auf  Tftf*  fl  Ändeti  wir  die  C«tacaiwtica  dps  Kreis^a  für  den  F^ll^  d&4i 
die  Ificbtstrfthlfln  Ton  i^inem  Punkte  atisgfrhetK  Der  Text  erwähnt  (nur  hi 
itiOfrii$eh)  die  Gloichnng  der  betreffend«*«  Cnrv^  und  bemerkt  richtig  binEU, 
dus  eine  Dis^iiT^sioti  jener  Gleichung'  (6.  Grades)  nur  mit  Bfiihe  die  Geetalt 
der  Curve  erkennen  lasse,  während  sieb  diese  aus  der  Zeichnung  gant  von 
selber  ergiebt.  Hieran  schliesöt  sieb  auf  Tat  III  die  Darätellung  der  Wir- 
kungsweise eines  sphärischen  Hoblsplegelsi  wobei  die  verscbiedenen  objec- 
tiven  BUfler,  welche  elu  und  derselbe  geft|>iegelte  Gegenstand  *  fiir  ver&cbie- 
den  gestellte  Augen  liefert,  mit  riejer  Deutlicbkek  hervorgeboben  mA\ 
Taf,  IV  giebt  dann  die  snbjectiven  Bilder  hinter  dem  Hohlspiegel,  Put- 
sprechend  dem  subjetrtiTen  Biidern  hinter  fleni  I^langpiegeL  Einigt*  sye* 
cielle  Fälle  der  Hcßexion  beim  Kreise  sind  auf  Taf.  V  2iisaininengc§tcllt; 
[ erstens  die  Catacau^tica  filr  die  betfondore  Annahme,  da^9  der  leiicht^^ude 
Punkt  um  den  vierten  Theil  des  Kadins  vom  Mittelpunkte  entfernt  ibt, 
Bweiten^i  ftir  pÄrallel  einfallende  Strahlen  und  drittens  ftlr  die  Keflfixion 
Von  der  eonve^xen  Seite  des  Kreises.  Aus  den  fiir  diese  Fülle  gelten^eu 
Brennlinien  ergeben  aicli  nacbber  die  entsprechenden  ftpecielleren  Bilder 
des  Hohlspiegels,  sowie  die  des  Convexspiegels,  welche  auf  den  heirWii 
nHchsten  Tafeln  dargestellt  sind. 

Taf*  VIII  etlüiUert  die  Wirkang  des  Prisnia*s  mit  Hlicksicbt  anf  di<^ 
totale  Reflexion  und  F'arbenzerfltrenung-  Bei  den  grossen  Dimenä^ionen  ci^f 
Zeichnung  war  es  recht  gut  möglicb,  die  äussereten  farbigen  Bilder  unter 
Annahme  der  Brecbungsindiees  l,so  für  rothe  und  1^&3  för  violette  Strahli^n 
deutUcb  anjseinander  2U  halten  und  derb  Nachweis  z\x  liefern ,  dass  dn^  Bild 
eines  ausgedehnten  Gegenstandes  in  der  Mitte  farblos  und  an  den  Räntlem 
farbig  gestunit  ist. 

Besondere  Aufraerksainkeit  dürfte  Taf.  TX  verdienen,  welche  d^ 
Gang  der  Licbtatrablen  durch  eine  biconvcxe  Linse  veranschaulicht;  wo- 
bei die  verschiedenen  Fälle  eines  in  und  eines  ausser  der  Achse  liegenden 
leuchtenden  Punktes  unterschieden  sind.  Die  sorgfaltige  Erörterung  der 
hier  auftretenden  Verhältnisse  bietet  die  Mittel  zur  Construction  der  ver- 
schiedenen Bilder,  welche  eine  Linse  liefern  kann;  so  ist  z.  B.  die  auf  der 
nächsten  Tafel  gegebene  Ansicht  der  Loupenwirkung  mit  ihrer  starken 
sphärischen  Abweichung  an  den  Grenzen  des  Gesichtsfeldes  von  über- 
raschender Klarheit.  Der  besondere  Fall ,  dass  der  lichtspendende  Punkt 
sehr  weit  entfernt  ist  (Wirkung  der  Objective)  findet  auf  Taf.  XI  seine  Er- 
ledigung. Auch  hier  ist  auf  die  Farben  Zerstreuung  Überall  die  gehörige 
Rücksicht  genommen.  In  ähnlicher,  wenn  auch  minder  ausführlicher  Weise, 
werden  auf  Taf.  XII  die  Concavlinsen  betrachtet;  Taf.  XIII  zeigt  den 
Gang  der  Lichtstrahlen  durch  eine  Convexlinse  mit  dahinter  gestellter  Con- 
cavlinse,  was  einerseits  die  Theorie  der  achromatischen  Objective,- anderer- 
seits die  des  Galilei'schen  Fernrohrs  begründet. 

Taf.  XrV  enthält  die  Theorie  des  Regenbogens  und  war  nach  des  Ver- 
fassers Erklärung  die  erste  Ursache  zur  Entstehung  des  vorliegenden  Wer- 
kes. Der  Verfasser  erwähnt  nämlich ,  dass  er  als  Lehrer  und  Examinator 
oft  in  Erfahrung  gebracht  habe,  wie  selten  bei  Studirenden  der  Physik  eine 
genügende  Einsicht  in  die  der  Entstehung  des  Regenbogens  zu  Grunde  lie- 
genden optischen  Vorgänge  zu  finden  sei;  diesem  Mangel  habe  er  dnrcb 
eine  sorgfältige  graphische  Darstellung  abzuhelfen  gesucht  und  der  gute 
Erfolg  dieses  ersten  Versuches  sei  ihm  eine  Aufforderung  gewesen,  auch 
die  übrigen  optischen  Erscheinungen  auf  gleiche  Weise  zu  behandeln.  HK 


Literaturzeitung.  29 

Betrachtungsweise  etwas  entfernt  von  dem  Gange  des  gewöhnlichen  Calculs; 
dies  und  der  umstand ,  dass  die  Besultate  hie  und  da  etwas  paradox ,  um 
nicht  zu  sagen  unrichtig,  auffallen,  mögen  die  Ursachen  sein,  warum  der 
Gegenstand  weniger  Aufmerksamkeit  fand,  als  er  wohl  verdient  hätte. 
Unter  einem  weit  allgemeineren  Gesichtspunkte  vereinigte  Servois  diese 
verschiedenen  Versuche  (Gergonne's  Annalen,  Bd.  V,  pag.  93)  und  darf 
daher  als  der  eigentliche  Gründer  des  Operationscalcüls  gelten.  Von 
der  Bemerkung  ausgehend,  dass  Gleichungen  wie 

^  (fi  +  r)  =  Jtt  +  dv, 

i:(u  +  v)  =  £u  +  ^, 
unter  der  allgemeineren  Form 

F{u  +  v)  =  F{u)  +  F{v) 
enthalten  sind ,  gieht  Servois  zunächst  eine  Theorie  dieser  sogenaniiteil 
distrihutiven  Funktionen,  wobei  es  hauptsächlich  auf  die  Gesetze  an- 
kommt, welche  für  die  Wiederholung  der  Funktion,  sowie  für  ihre  Um- 
kehrung gelten.    So  hat  man  z.  B.,  wenn  F  [F{u)]  mit  F\u)  bezeichnet  wird, 

F'{u  +  v)  =  F*{u)  +F^{v) 
und  analog  für  höhere  Wiederholungsindices ;  ferner  wird  F^{u)  für  u  und 
F~~'  als  diejenige  Funktion  erklärt,  welche  der  Bedingung 

F'"[F{u)]=zu 
genügt.    Servois  verallgemeinert  weiter  die  bekannten  Relationen 

dJu  =  Jdti  und  dZu  =  £du 
indem  er  die  sogenannten  commutativen  Funktionen  durch  die  Gleichung 

erklärt  und  auch  für  diese  die  Gesetze  der  Wiederholung  und  Umkehrung 
entwickelt.  Daran  schliesst  sich  die  Betrachtung  zusammengesetzter  Funk- 
tionen, wobei  von  symbolischen  Gleichungen  wie  z.  B. 

häufig  Gebrauch  gemacht  wird.  —  In  Deutschland  scheint  diese  Speculation 
trotz  unserer  Vorliebe  für  abstrakte  Theorieen  keinen  sonderlichen  Anklang 
gefunden  zu  haben ,  desto  mehr  haben  sich  die  Engländer  in  neuerer  Zeit 
damit  beschäftigt,  namentlich  Boole,  Hargreave,  Bronwin,  Graves, 
Sylvester,  Donkin  und  Spottiswoode,  deren  Arbeiten  der  Verfasser 
zu  einem  systematischen  Ganzen  zu  verarbeiten  gesucht  hat. 

Die  Principien,  von  denen  der  Verfasser  ausgeht,  sind  im  Wesentlichen 
dieselben  wie  bei  Servois  nur  in  schärferer  und  theilweis  allgemeinerer 
Fassung.  So  wird  gleich  anfangs  richtig  bemerkt,  dass  es  sich  eigentlich 
nicht  um  Funktionen,  sondern  um  Operationen  handelt  und  demgemäss  auch 
nicht  q>  {u)  sondern  (p  .u  zn  schreiben  ist ;  hier  bedeutet  q>^  dass  mit  u  irgend 
eine  Operation  vorgenommen  werden  soll,  und  wenn  das  hierbei  entstehende 
Kesultat  JC  heisst,  so  wird 

g>  ,u=zX  und  umgekehrt  g>~"'  .X=u 
gesetzt.    Dabei  kann  in  vielen  Fällen  von  u  und  X  ganz,  abstrahirt  werden, 
sobald  zusammengesetzte  Operationen  vorkommen,  man  gelangt  dann  zn 
Gleichungen,  wie  man  sie  auch  in  der  Flementarmathematik  nicht  selten 
benutzt,  z.  B. 

jf/]/  =  Z/    oder    «n*=j/l  —  co5*. 

Cap.  n  giebt  die^  Theorie  der  commutativen ,  sowie  der  distributiven 
Operationen,  wobei  die  ebenerwähnte  Isolirung  der  Operationszeichen  zum 
Princip  gemacht  wird.  Da  die  Differentiation  beiden  Operationsclassen  an* 


leraturseiiun^* 


Hm)»  für  die  übrigen  t4  stellt  er  die  betrf^ffendea  Gleichangett  auf,  woihb 
l«f  *icli  sogar  eine  vom  7,  Grade  findet.    Zum  Sclilusae  theilt  der  VrrfMtjer 
noch  eioe  Tabelle  ron  4$  Zablenbeis^iieleQ  luit,  bei  detien  itämmtlicbe  £waif 
Segmente  rationale  Werthe  haben,  «dj 

Referent  glaubt  dieses  Schriftchen  als  Aufgabensamoilutig  empfeWefl^ 
Ru  kennen,  da  namenükb  die  2ft  ersten  Aufgaben  fast  nur  den  pythagoräi- 
ßchen  Öata  und  die  AebnliLOikeit  der  Drgificke  poituliren,  und  eben  «iess- 
wegen  eine  nicht  zu  «ehwere  Uebung  im  algebraisch  -  g<»ometriscben  Calcu! 
bieten.  Nur  Einea  hätte  fiefercnt  anders  gewünscht,  nämlich  die  Wahl  der 
Buchstaben.  Der  Verfasser  hexeiclinct  die  Seitenaegmente  mit  A,  i»  A,  /,  rtr, 
n^  die  Höhensegmente  mit  o,  p^  q^  u,  t\  w\  für  die  Uehersicbt  und  immt'Dl' 
lieh  Air  die  combinatorischen  Bemerkungen  wäre  ee  aber  wohl  EweckmÄasI' 
ger  gewesen,  die  Seiten  mit  0,  6,  c^  die  zugehörigen  Höhen  etwa  mit  o,  jJ,^ 
und  dem  entsprechend  die  8eitenab.Hchnitte  mit  ü^^a^^h^^  &, ,  ^i »  ^t*  ^***^* 
die  Hühensegmeule  mit  ofj ,  <*t,  ^j ,  JS^t  y»  1  )*!  äu  bejseicbnen. 


Bibliographie 

vom  1,  JftDuar  bis   15.  Äpril  1856*). 


n 


t 


FeriodliGhe  Schrifteit 
8lT£DKG6BeRiCHT£  der  katserl.  Akademie  der  Wissenschaften  Kii  Wien 

ixisthemat.'natiirwissciiscb.  Classe;  Jabrgaug  1855.    Wien,  Braumüller. 

netto  2%  Thlr^ 
^  I>Eir£»eiiRiFT£X  der  kaiserL  Akademie  der  Wissonachaften  zu  Wien.   Hip 

themat.^naturw.  Ciasee.    Bd.  X.    Jahrgang   18^5,     Wien,  Braumüiler* 

netto  6%  Thlr. 
Monatsberichte  der  königl.  preuss.  Akademie  der  Wiaseusch.  zu  Berlin. 

Jahrgang  1856,  Heft  I.    Berlin,  Dtiramler.  pro  compl.  1%  Thlr. 

Berichte  über  die  Verhandlungen  der  K.  S.  Gesellschaft  der  Wissensch. 

zu  Leipzig.    Mathem.-phys.  Classe.    Jahrgang  1855,  Heft  2.    Leipzig» 

Hirzel.  %  Thlr.* 

Melanges  malhematiques  et  astronomiques,  tires  du  buUetin  physico  -  m€Hhematiqü^ 

de  Vacademie  imperiale  de  SL  Peter sbourg.    Tome  II  j  livraison  4.    Leipzigs 

Voss.  1855.  17  Ng^- 

Comptes  retidues  des  seances  de  Vacademie  des  sciences  de  Paris.    Annee  185^"» 

Nr.  1  —  15.    Paris ^  Maltet- Bachelier. 
Astronomische  Nachrichten,  herausgegeben  von  C.  A.  F.  Peter ^' 

Bd.  43.  Nr.  1.    Altena  und  Hamburg,  Perthes,  Besser  u.  Mauke. 

pro  compl.  5  Thl^ 
Bremiker,  Nautisches  Jahrbuch  oder  vollständige  Ephemeriden  ui^^ 

Tafeln  für  das  Jahr  1858.     Unter  amtlicher  Aufsicht  herausgegeben 

Jahrgang  7.    Berlin,  Schropp  u.  Comp.  %  Thm 

Annuaire  de  fobservatoire  de  Bruxelles ,  par  A.  Quetelet.   Annee  23.    Bruxelte^ 

1856.  20  Ngr^ 


*)  Wir  firlauben  unseren  Lesern  einen  kleinen  Dienst  zu  erweisen,  wenn  wir  si^ 
darauf  ai^fmerksam  machen,  dass  alle  ausländischen  Werke  ohne  wesentliche  Freist 
erhöhung  durch  die  Buchhandlnng  von  F.  A.  Brockhaus  in  Leipzig  zu  beziehet 
sind ,  welche  ihre  Thätigkeit  dem  internationalen  literarischen  Verkehr  mit  besonde 
r^  Vorliebe  zuwendet«  • 


Literaiarzeitung.  33 

delsverkehr  gesetzliche  Geltung  haben ,  durch  ihre  nur  geringen  Abweich- 
ungen von  den  bestehenden  Maasten.  Nebenbei  bliebe  es  den  Technikern 
unbenommen,  nach  dem  Meter  zu  arbeiten  and  eine  einzige  Rednctions- 
tabelle  würde  der  Yermittelung  dienen.  Scui^ömilch. 


Darstellende  Optik  von  F.  Enoel  (Lehrer  der  darstellenden  Geometrie) 
und  K.  Schellbach  (Prof.  am  Fried.- Wilh.  Gymnasium  zu  Ber- 
lin). Nebst  21  Kupfertafeln.  Halle,  Verlag  von  H.  W.  Schmidt.  18S6- 

So  wenig  geläugnet  werden  kann,  dass  der  Weg,  den  ein  Lichtstrahl 
bei  mehreren  auf  einander  folgenden  Zurückwerfungen  oder  Brechungen 
durchläuft,  am  genauesten  mit  Hilfe  der  Rechnung  zu  verfolgen  ist,  so  ge- 
wiss wird  man  auch  zugeben ,  dass  hierzu  immer  schon  einige  analytische 
Fertigkeit,  sowie  Uebung  im  geometrischen  Ausdeuten  der  Rechnungsresul- 
tate gehört.  Weit  schwieriger  aber  wird  die  Sache,  wenn  es  sich  um  die 
Benrtheilung  des  optischen  Effectes  eines  zurückgeworfenen  oder  gebroche- 
nen Strahlenbündels  handelt;  hier  kommt  es  weniger  auf  den  Weg  des 
einzelnen  Strahles  als  vielmehr  auf  den  geometrischen  Ort  der  Durchschnitte 
der  rcflektirten  oder  gebrochenen  Strahlen  an,  mit  anderen  Worten,  es  ist 
die  von  letzteren  Strahlen  eingehüllte  Curve,  eine  sogenannte  Brennlinie, 
zu  bestimmen.  Die  Gleichungen  dieser  Curven  sin4  so  verwickelt  und  wer- 
den durch  die  verschiedenen  Stellungen  des  Auges  so  mannichfaltig  roodi- 
ficirt,  dass  selbst  nach  dem  Urtheile  eines  DüHchlei  und  Jacobi  „eine  rein 
analytische  Behandlung  nicht  geeigi^et  ist,  die  grosse  Mannichfaltigkeit  der 
hier  eintretenden  Fälle  übersichtlich  darzulegen**.  Dieser  wissenschaft- 
lichen Lücke  entspricht  eine  pädagogische ;  man  findet  zwar  in  allen  Lehr- 
büchern der  Physik  den  Weg  eines  einzelnen  Lichtstrahles  erörtert,  dar- 
über hinaus  aber  (wie  z.  B.  schon  bei  der  Kugelabweichiug)  wird  der  Vor-, 
trag  referirend ,  ohne  dass  irgend  ein  brauchbares  Mittel  aufgezeigt  würde, 
welches  von  den  complicirteron  Verhältnissen  Rechenschaft  gäbe.  £s  war 
daher  ohne  Zweifel  ein  sehr  glücklicher  Gedanke  der  Herren  Engel  und 
Schellbach,  die  katoptrischen  und  dioptrischen  Erscheinungen  durch 
graphische  Darstellungen  zu  veranschaulichen,  und  Referent  glaubt  den 
Lesern  einen  Dienst  zu  erweisen ,  wenn  er  den  -Inhalt  des  Werkes  etwas 
näher  angiebt. 

Taf.  I  behandelt  die  Spiegelung  und  Brechung  leuchtender  Punkte 
durch  eine  Ebene.  Hier  giebt  bereits  Fig.  3  das  erste  und  einfachste  Bei- 
spiel einer  Brennlinie ;  wenn  nämlich  zwei  homogene  durchsichtige  Media 
durch  eine  Ebene  getrennt  sind  und  die  Strahlen  eines  ebenen  Strahlen- 
büschels bei  dem  Uebergange  aus  dem  einen  Mittel  in  das  andere  eine  Re- 
fraction  erleiden,  so  stehen  bekanntlich  die  gebrochenen  Strahlen  senkrecht 
auf  einem  bestimmten  Kegelschnitte;  die  von  ihnen  eingehüllte  Brennlinie 
ist  daher  die  Evolute  jenes  Kegelschnitts.  Gemäss  der  Eigenthümlichkeit 
aller  graphischen  Methoden  ergiebt  sich  zwar  die  Natur  der  Brennlinie 
nicht  unmittelbar,  wohl  aber  erhellt,  und  das  ist  hier  die  Hauptsache ,  ihre 
Existenz ,  und  zugleich  sind  auch  die  möglichen  Spitzen  der  Curve  durch 
die  Construction  ihrer  Lage  nach  bestimmt.  Die  optische  Bedeutung  der- 
selben für  die  Sinnesanschauung  bespricht  der  Text.  Fig.  4  zeigt  die  ver- 
schiedenen krummlinigen  Formen ,  unter  denen  ein  im  Wasser  liegender 
Pfeil  von  einem  über  dem  Wasser  befindlichen  Auge  in  verschiedenen  Stel- 
lungen gesehen  wird, 


Meyek,  GjmtiÄS,- Profi   Lelirbucli  der  Geometrie  für  Gymnasieo. 

I.  Theil :  Planiinetne.  Ö,  Aufl,   Mölilbeim  a.  d.  Ruhr,  Bagel.   n.  11%  Ngr. 
BuEKKECKE,  Dir.  Dr.    Trigonometri*^  fUr  Uöliere  L elira üäI Alten- 

Mit  in  Uen  Text  geJr,  Htvlxschuitteii,    Berlin,  En^lm,      uetto  %  Tlilr* 
6all£KKamp  ,  Rector.    S  ä  in  m  1  u  ti  g   trigonometrischer  A  u  f  g  a  b  e  Q, 

1.  Abtl). :  Rein  matUoiruiiiselie  Aii%n.beti,    U,  Ausgabe.    Mübllii>im  i\A. 

Ruhr,  BagoL  netto  12  Ngt* 

MefkRp  C\  Th.  und  Dr.  AT.  H,    Constructi ve  Aufgaben   fiber  Kt- 

gelschDitte«    (Abgedr.  aui  der  axanometariackea  Prejection sichre.) 

Leipzig,  Hassel.  l  Thlr. 

^äriihmiHique  des  ecofes  pnm&ires;  par  CnmuteL    7.  cdiüon^    Paris  chez  PfrZohr^, 

E*  Magihhme, 
Arithmrlique  elvmentaire  pnr  Ä.  DumoucheU   Oiwruge  mtUrkS  pur  k  comeil  fif 

t insiruriwtt  publique.    Paris  rhez  Ih'zobrf/,  E.  Mügdeklmu 
Tfaite  {fÄnthmefiquc  par  A.  Ditmotsehet  ^(  J*  ihtpuis.   Ouvrage  mtiorise  pär  funi 

rersikK    Pur  in  thcz  Dru^hrf/^  E*  Maßdeicinr. 
Ltyons  für  ie  systimie  metriqu«!  ei  mr  ks  apptitatiom  tle  fttrÜhmeHtfUt  h  tu  m 

mre  den  hngurur$,  des  surfnnes  fta  pur  A,  Thirion.    %  ödiiion.    Parif 

i'hez  0ez0brif,  E*  Mugddeine* 
Cours  ifkmintüire  de  trigormmeitie  rectiligne  t  par  A»  Guilmiti.    Paris*  I^urmd. 
Memoire  nur  ks  nurfaren  dnni  ks  Ugnes  de  tune  des  eourhures  soni  plann  ^w 

npfterigues ;  par  M.  A*  SerriU    { Exiraii  des  CompteH  rendueu.}    Paria,  Md 

kt-  Bnehelier, 
Mncychpidie  mttth^matique,  par  de  Mnntferrier,    1.  par  He:  Mtdhemaiiquts  pum. 
*         Paris*    {Complei  en  4  mlume$  qh  eti  %0  livraisons  ä  Ib  N^jr^} 
Prmcipfi  de  malhemaiique ,    orithmeHtpte  ^   aigehre,   geomririe  ei  irigontmärki    i 

par  Vahhe  Chastain.    2*  t'ditiuji,    Ttmiouse  chez  E.  Prieat* 
Manual, of  EucUd.  Books  1  and  IL    By  Galbraith  and  HaugfUon,  Fellowf  of  tk 

Trinily  CoUege  etc,   London ,  Longman ,  Brown  and  Comp.     *. 
Kimber,  Maihematical  cotirse  for  ihe  universily  of  London.   2.  edilion,   London, 

Longman.  9  sä« 

Whemell.   Conic  seclionSj  iheir  principks  proved  geomelrically,    3.  edit.    Londm, 

Parker  and  Son.  3  sh.  6  d. 

Bavies  and  Peck.    Maihematical  Diciionary  and  cyclopaedia  of  malhematicol 

science.    New -York.  \%9^ 

Compendio  de  maiemaiicas  puras  y  mixiaSy  por  Don  J.  M.  Vaüejo.    Para  uso  ^^ 

los  colegios  de  la  republica  mejicana.    Nueva  edicion.   2  Vol.   Paris  ch^^ 

Garnier  frdres. 

Angewandte  Hathematik. 
Heym,  Dr.    Die   Anfertigung  des   Rechnungsabschlusses  v  ^^^ 

Grabekassen  und  Krankenkassen.    Im  Auftrage  der  K.  S.  K^ 

gierung  verfasst.    Leipzig,  G.  Wigand.  %Tl]t^ 

Grundriss  für  die  Vorträge  auf  der  königl.  Artillerie-  ut:^ 

Ingenieurschule  zu  Berlin.    I.  Theil:  Leitfaden  für  den  ünt€f^ 

rieht  im  Planzeichnen ,  bearbeitet  vom  Ingenieur  -  Hauptmann  Fellet 

Berlin ,  Behr.  netto  %  Th^ 

Pfleiderer,  Prof.    Entwurf  einer  mathematischen  Geographi 

I.  Theil.    Stuttgart  und  Tübingen,  Fiies.  netto  %  ThL^ 

DoMKE,  Navigationslehrer.    Nautische,  astronomische  und  loga^ 

rith mische  Tafeln  für  die  k.  preuss.  Navigationsschulen.    2.  kuv 

Berlin,  Decker.  ITW^ 


Literaturaeitung.  35 

besonderer  Vorliebe  verweilt  der  Verfasser  bei  der  genannten  Theorie  und 
bespricht  mit  ebenso  grosser  Genauigkeit  als  Klarheit  die  beiden  auf  Ta- 
fel XIV  verzeichneten  Figuren,  von  denen  die  erste  die  Entstehung  des 
Hauptbogens ,  die  zweite  die  Entstehung  der  verßchiedenen  möglichen  Ne- 
benbögen erläutert.  Uebrigens  sind  diese  Figuren  durchaus  nicht  compli- 
cirt  und  gewähren  bei  dem  gewählten  grossen  Maassstabe  ein  vollkommen 
deutliches  Bild. 

Auf  den  noch  übrigen  fllnf  Tafeln  sind  verschiedene  einfachere  und 
zusammengesetztere  optische  Apparate  in  ihren  Wirkungen  dargestellt, 
z.  B.  die  Linse  von  bester  Form,  das  achromatische  Prisma,  das  achroma- 
tische Fernrohr  sowohl  mit  astronomischen  als  terrestrischen  Ocular,  das 
Gregory'sche  Spiegelteleskop  u.  s.  w.;  der  zugehörige  Text  ist  vermöge 
der  früheren  einleitenden  Betrachtungen  kürzer  gehalten ,  ohne  jedoch  der 
Deutlichkeit  Eintrag  zu  tliun. 

Was  nun  den  Schulgebrauch  des  Werkes  anbelangt,  so  möchten  wir 
nicht  ratheu,  die  Originalkupfertafeln  den  Schülern  vorzulegen,  denn  selbst 
abgesehen  von  'möglichen  Beschädigungen  würde  es  doch  nur  einer  sehr 
geringen  Schülerzahl  möglich  sein,  die  Zeiohnungen  so  deutlich  zu  sehen, 
dass  hierdurch  eine  wesentliche  Förderung  der  mündlichen  Exposition  er- 
reicht werden  könnte;  wir  rathen  dagegen,  die  Tafeln  in  grösserem  etwa 
doppelten  Maassstabo  copiren  und  angemessen  coloriren  zu  lassen ,  was  na- 
mentlich  in  Realschulen  und  polytechnischen  Instituten  durch  die  Schüler 
selbst  geschehen  kann,  diese  Zeichnungen  als  Wandtafeln  zu  benutzen  und 
daran  den  Vortrag  zu  knüpfen.  Dieses  Verfahren,  welches  am  hiesigen  po- 
lytechnischen Institute  bei  allen  Gegenständen,  von  denen  keine  Modelle 
zu  Gebote  stehen,  seit  Jahren  angewendet  wird,  können  wir  als  ein  den 
besten  Erfolg  verheissendes  allseitig  empfehlen. 

Schliesslich  wünschen  wir,  dass  die  vorliegende  Anzeige  etwas  zu 
einer  möglichst  weiten  Verbreitung  des  genannten,  neuerdings  auch  in 
einer  englischen  Ausgabe  erschienenen  Werkes  beitragen  und  der  Verleger 
hierdurch  einen  Ersatz  der  aufgewendeten,  jedenfalls  nicht  geringen  Kosten 
finden  möge.  Schlömilch. 


Programme. 

L   Eine  Gruppe  von  Aufgaben  nber  das  geradlinige  Dreieck.    Von  Dr. 

Grebe.  Osterprogramrti  von  1856  des  Gymnasiums  zu  Marburg. 
Bekanntlich  schneiden  sich  die  drei  Höhen  des  ebenen  Dreiecks'  in 
einem  und  denselben  Punkte.  Dieser  liegt  beim  spitzwinkligen  Dreieck, 
welches  die  genannte  Abhandlung  ausschliesslich  berücksichtigt,  innerhalb 
der  Figur.  Dabei  erscheinen  sowohl  die  Seiten  als  die  Höhen  des  Dreiecks 
als  Summen  je  zweier  Abschnitte ,  so  dass  im  Ganzen  zwölf  Segmente  vor- 
handen sind;  drei  von  diesen  bestimmen  im  Allgemeinen  das  Dreieck  und 
es  knüpft  sich  daran  die  Aufgabe,  aus  irgend  drei  Segmenten  die  übrigen 
.  neun  und  damit  das  ganze  Dreieck  zu  berechnen.  Hierin  liegen  43  einzelne 
Aufgaben,  unter  denen  28  durch  Gleichungen  ersten  und  zweiten  Grades 
lösbar  sind,  14  auf  Gleichungen  höherer  Grade  führen  und  eine  entweder 
unmöglich  oder  unbestimmt  ist.  Für  die  28  ersten  giebt  der  Verfasser  die 
vollständig  entwickelten  Werthe  der  jedesmaligen  9  ünbekannted  (ohne 
Beweis ,  da  dieser  in  den  meisten  Fällen  nicht  die  geriqgste  Sc  hwierigkeit 


Analyiieal  view  öf  Nfwian*i  PHncipia.  By  ff.  Lord  Braugham  anä  K  /-  Äoiili 
London  ^  Longman ,  Branm  «urf  Comp.  U  sÄ. 

ffandbook  of  naturftl  phitomphif*  By  Bion.  Lardfter*  ff^ärojfiufics^  Pnefanatm 
find  ffeaL    London  ^  Longman  ,  ßromn  and  Comp*  %  li 

GifUsi,  (he  United  Stafe»  Antronomicai  ej^pediHon  io  ike  southrrn  hrmi$phert, 
during  Oie  yeuts  1849,  18^,  1851  and  IBoJ.     IFauhmf^ion,  4  L 

Feicr,  Prof*  Dr.  DJe  physikalische  Technik.  3.  vermehrte  und 
Terbeaaerte  AtiHage,    Braunschweig ,  Vieweg  u,  Sohn-  netto  2^ji  Tlilr. 

SciiWEiaoERt  Prof.  Dr.  Ueber  Magnetismus  in  akusti  scher  Be^ 
siohnng^  und  damit  s^usamnieuhÜDgende  welth&rmoulscho  G^eaetm 
(AbhandL  d.  natnrforsch.  G**s.  zn  Halle.)    Halle,  Schmidt,  n.  %  Tfalr. 

Knochbnhaukr,  Dir.  Ueber  die  gemeinsame  Wirkung  zweier 
elektrischer  Ströme,  (Sitaungsher,  d.  kais.  Akademie  bu  WieoJ 
Wien,  BraiimüUer,  nMto  %  Ttlr- 

DovE,  H,  W,  Dar  stell  ung  der  Wärmecrscheinungen  durch  fünf' 
IM g Ige  Mittel  von  1782 — 18ää  mit  besonderer  Berüekfiichtigung  d« 
strengen  Winter.    (AbhandL  d»  Berliner  Akademie*)   Berlin,  Dümml^r. 

netto  3  Tür 

HEfCHENBAH,  Dr*  C.  V,  Odisch- magnetische  Briefe.  Erste  Reibe. 
%  Ausgab?.    Stuttgart,  Cotta.  netto  27  N^. 

Mabtiit.  Kepertorium  der  Galvanoplastik,  Erster  Band,  Wies, 
Gerold^s  Sohn.  l^  Tbb 

Stein,  Prof.    Die  NatnrwissenachaTten  in  ihreti  Beziehungen 
zn  den  materiellen  nnd  geistigen  Intereasen  der  Mensch^    ^ 
he  it.    Dresden,  Schönfeld.  *4  Thlr. 

Erdmann,  Prof.  Dr.  Ueber  die  Fortschritte  der  Naturwissen- 
schaften unter  der  Regierung  Sr.  Maj.  des  Königs  Fr.  Wilhelm  IV. 
Festrede  am  15.  October  1855.    Berlin,  HirschWald.  4  Ngr. 

Allgemeine  Encyclopttdie  der  Physik,  bearbeitet  von  W.-Bbix« 
G.  Dbcher,  0.  V.  Feilitzsch  etc.,  herausgegeben  v.  G.  Kabste»« 
I.Lieferung.    Leipzig,  Voss.  2%  l'bl'- 

Heusser.  Das  Erdbeben  im  Visperthale,  Kanton  Wallis,  1855.  (Ne^- 
jahrsblatt  der  Züricher  naturforsch.  Gesellschaft.)  30  Np- 

Zaborowski^  De  tripHci  in  materia  cohaerendi  statu,    Disquisitio  physica.   P^' 
naniae.  12  ^ff' 

Tratte  ilementaire  de  physique  expSrimentale  et  de  mSteorologie :  par  A.  Gitf^ 
6.  Edition.    Paris  chez  Vauteur ;  rue  de  Vaugirard  52. 

Elemens  de  physique  exp&imentale  et  de  mSteorologie :  pnr  M.  Pouiilet.   7.  ^* 
tion.   Paris,  ffachelte.  ISfrar^^ 

Manuel  de  t^lSgraphie  Slectrique,  par  L.  Breguet.    Paris,  VicL  DalmonL 

TraitS  d^SlSctriciti  Morique  et  appliqu^e,  par  A.  de  la  Rive,    2  9oL    Pa^ 
(Erscheint  noch  Band  3.) 

Traitä   deUctricite   et  de  magnStisme,  par  Ant.  et  Edm.  Becquereh    Tome 
Magnätisme  et  electro-magnitismer  Paris,  pro  Band  2%  Th*^ 

Carpenter,  the  microscope  and  its  revelatiens,    JUustrated  by  345  mood-engr^' 
vings,   London,  5  Th 


Orack  von  B.  G.  Teubn«r  in  Dresden. 


Literaturzeitung. 


Rec«nsionen. 

Vebnngen  in  der  Anwendung  der  Integralrechnung.  Von  Dr.  M.  Ohm, 
Professor  etc.  Nürnberg,  Fr.  Komische  Buchhandlung.  1856. 
Die  Ansichten  des  Verfassers  sind  so  hinreichend  bekannt  und  werden 
▼on  80  Wenigen  getheilt,  dass  wir  eine  Erörterung  derselben  für  überflüs- 
sig halten;  es  mag  in  dieser  Beziehung  die  Notiz  genügen,  dass  Herr  Prof. 
Ohm  seit  der  Herausgabe  seiner  ersten  Versuche  zur  Construktion  eines 
„▼ollkommen  consequenten "  Systems  der  Ma^ematik  nichts  gelernt  und 
nichts  vergessen  hat,  wie  denn  auch  hier  die  in  allen  Ohm'schen  Werken 
stereotype  Jtedensart  „  der  Anfänger  kann  aus  diesem  Buche  sehr  viel  ler- 
nen "  unverdrossen  wiederholt  wird.  Der  Uebungen  nun,  welche  der  Verf. 
mittheilt,  sind  drei,  und  diese  lassen  sich  wieder  auf  eine  reduciren,  denn 
man  findet  im  ganzen  Buche  eigentlich  nichts  weiter  als  Beispiele  zu  der 
bekannten  Aufgabe  von  der  Substitution  neuer  Variabelen  in  ein-  oder 
mehrfache  bestimmte  Integrale.  Die  erste  Uebung  betrifft  die  Umwand- 
lung von 

b 

dx 


Jf{x)dx 


mittelst  der  Substitution  x^=z<p{z)  unter  Rücksicht  auf  die  etwaige  Mehr- 
dentigkoit  von  9  (z).    Die  zweite  Uebung  hat  es  mit  dem  Doppelintegralo 


// 


f(x,y)dxdy 


in  thun,  dessen  Integrationsgrenzen  durch  eine  gegebene  Bedingung,  z.  B. 
«*  +  ^^  Ä*,  bestimmt  sind;  hier  werden  der  Reihe  nach  die  einzelnen  Fälle 
durchgegangen,  ob  man  bloss  für  o:,  oder  nur  für  y^  oder  für  x  und  y  gleich- 
seitig neue  Variabein  einführen  will ,  welche  mit  den  ursprünglichen  Ver- 
änderlichen durch  bekannte  Gleichungen  verbunden  sind  (wie  z.  B.  beim 
Uebergange  von  rechtwinkligen  zu  Polarcoordinaten :  x:=:rcos^,y==:  r  sin  9), 
Eine  gleich  ausführliche  Behandlung  wird  dem  dreifachen  Integrale 


///' 


fix,y,z)dxdydz 

cum  Theil.  Die  geometrische  Bedeutung  solcher  Transformationen  hebt  der 
Verfasser  klar  und  deutlich  hervor ;  für  das  dreifache  Integral  namentlich 
benutzt   derselbe   die  Veranschaulichung ,  dx  dy  dz  als  Volumenelement, 

LHeralarilg-.  d.  Zeitschr.  f.  Math.  u.  I'hys.  I.  4l 


) 


^£YEK  t  GymnaB.-Prof,  L  eli  r b la  c H  d er  6 e o  m e t r  i  e  f  fi r  0  j^mna  a i  e a. 
l,  Theil :  Planimetrie.  8,  Änfl.   MUhlheim  a,  d,  Ruhr,  BageL   n,  iVk  Ngr. 

BaENNKCKE^  Dir,  Dr,  Trigono  tu  ötri«  für  höhere  Leiiraoät alten. 
Mit  in  den  Text  gedr.  Jlolzschnittey.    Berlin ,  Enhli«.      netto  %  Thlr, 

Gällekkamp,  Eect^ir*  Sammlung  trigoiiome  triBcIier  Aufgaben. 
L  Abth, :  Kein  mathematisclie  Aufgaben«  3,  Ausgabe*  Mühlhf!im  a.  d, 
Unhr,  BageL  netto  13  Ngr. 

Meyer,  C,  Th.  und  Dr.  M*  H*  Constructive  Aufgaben  über  Ke- 
gel sehn  itte.  (Abgedr,  ans  der  axonometriiäebcii  rrojectionslübre,) 
Leipzig,  Hassel,  l  Tblf. 

AriihmtHique  des  eeoles  pnmatresi  par  CrimoieL  7.  edition.  Paris  chez  l^^zohr^^ 
E.  Magdeldne* 

Ari(kmt:iique  efrmenfairt*  par  J,  tlumifuchei.  Oiwrage  autortse  par  U  cotiieH  de 
fmi^trHeiiojf  puhlique.    Paris  rhez  Ihhobry^  E.  MagfMnm'. 

Traite  tfArit/tmt*iit/ue  par  A,  IHtmouchfi  ei  J.  &ifpui».  Ott v rage  autorise  par  tuni* 
versite^    Puris  chez  Dezohtp^  E*  Magdeh'inf% 

Ze{*ons  mr  le  ^sfemt;  meirique  ei  snr  les  uppiicttiimis  de  rnritkmtiique  a  ia  mr- 
surt  des  hngitcttrs^  des  surfares  etc»-  par  A.  Thirion*  9.  ediÜQti*  Paris 
rhfi  Dezohrtf^  E.  Mägdelein e^ 

€öur$  el^itietttatre  de  trigonometrie  rectüigne :  par  A.  Qudmtu,    Pari»*  iMtrand* 

Memoire  snr  Ics  mrfarcs  thmt  ks  ligncs  de  fune  de$  courhur  es  sont  pfanes  ou 
üfihtriqurs :  par  M,  A.  SrrreL  {E^^trait  des  Compieit  rendues,)  Pariji^  Mal* 
iel  -  Baehelie-r. 

Mncifclnpedie  mathemaiique^  pur  de  Montferner,  I.  parlier  Math/müiiqufi  pures. 
Pnri»,    {Compiet  en  4  mlumes  &u  ett  2ö  livrtiisom  a  tb  I^gr,y 

Pfiticipes  de  mathrmafiqtit,  artthmetiqur ^  fthjehiY,  fjt'fimt'trie  et  trigonometrif  • 
par  Vabbe  Chastain,    2.  edition.    Toulouse  chez  E.  Privat, 

Manual. of  Euclid.  Books  1  and  IL  By  Galbraith  and  HaugfUon,  Fellows  of  the 
Trinily  College  elc,   London ,  Longman ,  Brown  and  Comp,     *. 

Kimher.  Malhematical  course  for  the  universily  of  London,  2.  edition,  London, 
Longman.  9  sh. 

TVhewell.  Conic  sectionSy  iheir  principles  proved  geometrically,  3.  edit.  London, 
Parker  and  Son,  ^  sh.  6  d. 

Davies  and  Peak.  Malhematical  Dictionary  and  cyclopaedia  of  malhematical 
science.    New -York.  \8  sh, 

Compendio  de  matematicas  puras  y  mixtas ,  por  Don  J.  M.  Vallejo.  Para  uso  de 
los  colegios  de  la  republica  mejicana.  Nueva  edicion.  2  Vol.  Paris  chez 
Garnier  frires. 

Angewandte  Hathematik. 

Heym,  Dr.  Die  Anfertigung  des  Kechnungs  ab  Schlusses  von 
Grabekassen  und  Krankenkassen.  Im  Auftrage  der  K.  S.  Re- 
gierung verfasst.    Leipzig,  G,  Wigand.  %  Thlr. 

Grundriss  für  die  Vorträge  auf  der  königl.  Artillerie-  und 
Ingenieurschule  zu  Berlin.  I.  Theil :  Leitfaden  für  den  Unter- 
richt im  Planzeichnen ,  bearbeitet  vom  Ingenieur  -  Hauptmann  FsLi^sa. 
Berlin ,  Behr.  netto  %  Thlr. 

PPLBIDERER,  Prof.  Entwurf  einer  mathematischen  Geographie. 
1.  Theil.    Stuttgart  und  Tübingen,  Fues.  netto  %  Thlr. 

DoMKE,  Navigationslehrer.  Nautische,  astronomische  und  loga- 
rith mische  Tafeln  für  die  k.  preuss.  Navigationsschulen.  2.  Aufl. 
Berlin,  Decker.  2  Thlr, 


Literaturzeitung.  43 


\dxdy 


-'f/r  ("•')■ 


die  Substitution  x  =  aQ  cos  q>y  y=bQ  sin  ip  als  sehr  erspriesslich,  weil  sie 
constante  Integrationsgrenzen  herbeiführt,  nämlich 

1     4« 

S^=zab  I   I  f{aQCosq>^b(fsm^)(fdQdg> 

ii 

und  nnn  die  Anordnung  der  Integrationen  willküMlich  wird ;  dagegen  wäre 
diese  Substitution  bei  dem  Integrale 


X* 


T: 


=  I  ff{^,y)äxdy 


übel  angebracht,  vielmehr  muss  man  hier  x  =  ut^y  =  u(l  —  f)  setzen  um 
Constanze  Integrationsgrenzen  zu  erhalten,  nämlich 

a    1 


T=  f  j  f{ut,  u  —  ut*)  ti  (l  + 1*)  du  i 


^     ^     ,      ^     id(. 

Ö   Ö 

Mit  nur  einiger  Gewandtheit  entdeckt  man  dabei  leicht  die  Fälle,  in  denen* 
die  Reduction  auf  ein  einfaches  Integral  allgemein  möglich  ist.  So  ersieht 
man  z.  B.  aua  der  zweiten  Form  von  S  unmittelbar,  dass  die  Reduction  ge* 

lingt,  8obald  fipc^y)  eine  Funktion  von  -^  +  ^  ^^)  etwas  Aehnliches  gilt 

ftr  das  Integral  T  wenn  /*(a?,  y)  =  (p  (4a:*  +  y*),  es  wird  nämlich  nach  der 
zweiten  Form 

1     a 


Y/.-c 


_       /'y[a'(l  +  O']-y(0) 


(I  +  <•)•]  u{\+i^)dtdu 

1 


0 
Was ,  beiläufig  bemerkt,  nicht  bekannt  zu  sein  scheint. 

Wir  zweifeln  nicht ,  dass  das  vorliegende  Werk  des  Herrn  Prof.  Ohm 
Von  dessen  Verehrern  mit  der  nöthi^en  Bewunderung  hingenommen  wer- 
den wird,  möchten  es  aber  über  diesen  Kreis  hinaus  Niemandem  empfehlen. 

SCHLÖMILCII. 


^hrbnoh  der  unbestimmten  Analytik  für  höhere  Lehranstalten.  Von 
W.  Berkhan,  Oberlehrer  am  Gymnasium  zu  Blankenburg.  Erste 
Abtheilung.  (Auch  unter  dem  besonderen  Titel :  Die  Auflösung 
der  Diophantischen  Gleichungen  ersten  Grades.)  Halle,  bei 
H.  W.  Schmidt.  1855. 
Bei  dem  allgemeinen  Interesse ,  welches  die  unbestimmten  Aufgaben 

^on  jeher  auf  sich  gezogen  haben  und  bei  der  geringen  Anzahl  von  aus- 


eelüiesäHcb  diesem  Gegenstaude  gewidmeten  Lehrbdchern  darf  timu  mm 
neue  Bearbeitung  der  Diophaiitischen  Probleme  als  einen  seitgeuiäshen  Gc> 
danken  bezeichnen;  iu  wie  weit  der  Verfasser  bei  Ansfübrung  desselbeü 
glücklich  gewesen  ist,  wollen  wir  etwas  näher  nntersucKen. 

Gleieb  i«  medium  rem  gehend  lehrt  der  VerfaÄser  auf  S.  3  das  bekannte 
Verfahren,  wonach  die  GleieUuug  ajr  ^  by  ^^  e  durch  .'sueeesüive  Substitu- 
tionen so  lange  in  andere  mit  kleineren  Coefficienten  versehene  GleicbiiD- 
gen  transformirt  wird^  bis  man  auf  eine  Gleichiing  kommt ,  w^erin  einer  der 
CoefTicienten  der  Einheit  gleich  iüt;  gnr  Erläuterung  dieser  Metbode  folgt 
cirea  ein  Dutzend  in  änsserüter  YoUsländigkeit  ausgerecbneter  Beispiele* 
DiesB  igt  allerdings  seh»  praktisch  ^  jedoch  wenig  wissenschaftlich.  Das 
Verfahren  selber  begreift  sich  xwar  leicht,  nicht  aber  dessen  Noth wendig- 
keit^  jedenfalls  durfte  es  der  Verfasser  nicht  bei  der  blossen  Angabe  einer 
Regel  be Wender^ lassen,  deren  Pointe  (nlinilieh  die  foHwährende  Yerklei- 
nernug  der  Coefficienten)  übcrdiess  uncrwlilint  bleibt,  er  hatte  im  Gegen- 
iheil  beweisen  miUscn,  dass  früher  oder  spüter  eine  Gleichung  erscheint, 
worin  ein  Coefiicient  :=^  I  ist,  dass  man  also  seh U esslich  doch  211  einer  Auf- 
lösung gelangt  und  sich  nicht  etwa  mit  endlosen  Transforniationen  im  Kreise 
herumtreibt^  Die  auf  S.  13  stehende  Bemerkung,  dass  hei  Gleichungen  Fßo 
der  Form  dir  +  i>^:=  c  die  obige  Rege!  nicht  erst  angewendet  xu  werden 
brauchö  sondern  ohne  Weiteres  a'  =  r  +  %  zu  nehmeu  sei,  hätte  dann  den 
Anfang  machen  müssen  und  es  wäre  an  die  Stelle  einer  unmotivirteu  Hegel 
•  der  heuristische  Gedanke  getreten,  rtx  +  &i/:^=c  auf  eine  der  Fomifln 
oj  -f  T/  =^  y  oder  |  +  /^*?  ^^^  ^  zurückzuführen. 

Ebensowenig  kann  sich  Referent  damit  einverstaudeir  erklären ,  dass 
erst  auf  S,  17  gezeigt  wird,  wie  aus  einer  Aiiflösnng  *r  ^^  u  und  ^  =  1;  di«     , 
allgemeine  Auflösung 

,T  =  ^(  +  nbf  y  =  ^-  +  "«    {^  <^ine  beliebige  g^nnze  Zahl) 
folgt,  und  dass  gar  erst  auf  S.  75  die  Möglichkeit  der  Auflösung  einer  un- 
bestimmten Gleichung  nachgewiesen  wird.    Letztere  Deduction  musste  de^ 
Anfang  machen  und  es  wäre  dann  folgende  Anordnung  entstanden,  welcb® 
Referent  für  die  einzige  von  wissenschaftlicher  Strenge  hält.    l)  Wenn  ^^^ 
Coefficienten  a  und  b  in  der  Gleichung  ax  +^by  =  c  einen  gemeinsch^-^' 
liehen  Theiler  t  haben,  so  muss  dieser  auch  in  c  aufgehen,  sonst  ist  ^^® 
Gleichung  in  ganzen  Zahlen  unlösbar.    Man  dividire  also  mit  /  und  ner*^^^ 
tt,  ß,  y  die  Quotienten,  so  kommt  es  jetzt  auf  die  Lösung  von  ax  J^  ßlf^^^^^ ' 
an,  worin  a  und  ß  relativ  e  Primzahlen  sind.  2)  Die  vorstehende  0%^  ^ 
chung  giebt 

—  ax  —  y 

und  nun  liegt  gewiss  kein  Gedanke  näher,  als  versuchsweise  für  x  die  ga.-^ 

zen  Zahlen  1,2,3 zu  setzen  und  zuzusehen,  ob  einmal  der  Quotie^^ 

rechter  Hand  zu  einer  ganzen  Zahl  wird.  Nimmt  man  aber  für  x  der  Rei^ 
nach  1,  2,  3  ....  ^,  so  erhält  man  durch  die  ß  verschiedienen  Divisoren  au<^^ 
ß  verschiedene  Reste,  wie  sich  wegen  der  relativ  primen  a  und  ß  leicC^ 
zeigen  lässt;  alle  jene  ß  Reste  sind  <  ß  mithin  ist  einer  =0.   3)  Aus  d^^ 
einen  hiermit  gefundenen  Auflösung  folgen  andere  nach  den  vorhin  e     ^ 
wähnten  Formeln.    4)  Weiss  man  einmal,  dass  die  Auflösung  möglich^i 
80  kann  man  zur  Auffindung  derselben  auch  verschiedene  andere  Wege  eii 
schlagen ;    hier   reihen   sich    die    manniclifaltigsten   Methoden  leicht    1 


Literaturzeitung.  4  5 

einander,  je  nachdem  man  dem  einen  oder  anderen  Grundgedanken 
Folgt. 

Ausser  dem  anfangs  genannten  Reductionsverfahren  theilt  der  Verfasser 
loch  die  Auflösungen  durch  Kettenbrüche ,  durch  Systembrüche ,  durch 
sjklische  Perioden  und  zuletzt  eine  von  Prof.  Kunze  in  Weimar  herrüh- 
rende Methode  mit,  welche  freilich,  nach  des  Verfassers  Urtheile,  einen 
lufmerksamen  und  gewandten  Rechner  verlangt,  ungern  hat  Referent  die 
iberaus  elegante  Auflösung  vermisst,  die  Cauchy  in  seinem  Memoire  sur 
a  resohiHon  des  Squations  indeierminees  du  premier  dSgre  en  nomhres  entiers 
'Bxercices  tT Analyse  et  de  Physique  mathemaUque,  Tome  II,  Paris  1841)  gegeben 
lat.  Bezeichnet  nämlich  n  die  Anzahl  der  relativen  Primzahlen  zu  N^ 
nrelche  kleiner  als  N  sind ,  so  ist  die  Auflösung  der  Gleichung 

Mx  +  Ny=zL  oder  +  y  = r= 

in  der  einfachen  Formel 

Bnthalten,  wo  z  eine  beliebige  ganze  Zahl  bedeutet;  vermöge  dieses  Wer- 
thes  .von  x  wird  nämlich 

—  r^"— 1   .    »^ 

+  y  =  L—^^  +  Mz, 

M" — i 
and  hier  ist  — r- —  eine  ganze  Zahl  zufolge  des  von  £  a  1  e  r  •rweiterten 

Fermat'schen  Satzes.  Diese  Auflösung  wird  zwar  in  allen  den  Fällen  wo 
tf"  eine  grosse  Zahl  ist,  keinen  praktischen  Vortheil  gewähren,  aber  sie 
hat  dagegen  den  eigenthümlichen  wissenschaftlichen  Werth,  dass  sie  ohne 
die  Zwischenrechnung  das  Problem  auf  die  Fundamentalaufgabe  der  Zahlen- 
lehre, nämlich  auf  die  Zerlegung  einer  Zahl  in  ihre  Primfaktoren,  zurück- 
führt.   Ist  diese  Zerfallung  nach  dem  Schema 

N^a^b^  cy 

gemacht,  so  hat  man  bekanntlich 


=  <-i)(-T)0-i)- 


und  dann  sogleich  die  fertige  Lösung.   Für  die  Gleichung 

5a:  — 12y=n 
ergiebt  sich  z.  B.  wegen  i\r=  12  und  n  =  4 

a:=ll  .5»+  122=1375+  12z=:7  +  12(ll4  +  z) 
d.  i.  wenn  114  +  z  =  5  gesetzt  wird 


ebenso  für  die  Gleichung 

bx^  12y=  101, 
a:=101.5»+  12z=l  +  12^  y  =  8  — 5/. 
Der  Verfasser  wird  vielleicht  einwenden ,  dass  der  Beweis  dieser  Auf- 
ISfung  au  viel  Vorbereitungen  erfordere ;  diess  ist  aber  nicht  der  Fall.  Der 
Bai  er 'sehe  Satz  kann  bequem  auf  einer  Seite  entwickelt  werden  und 
lie  Ableitung  der  Formel  für  n  bedarf  ebenfalls  nur  weniger  Worte,  sobald 
Qan  sich  eines  von  Dir ic biet  herrührenden  und  später  durch  Andere be- 


4Q  Literaturzeitung, 

kannt  gewordeaen  Verfahrens  bedient*).  Der  Hatim  Merzu  würde  sicligB- 
foiidoD  haben  wenn  der  Verfasser  mit  Beispielen,  oder  wenigstens  mit  voll- 
ständig ausgereehneten  Beispielen,  minder  freigebig  gewesen  wäre. 

Betrachten  wir  das  Buch  im  Gänsen ,  so  mdehten  wir  sagen ,  d&ss  die 
wisaensehaftliehe  Seite  desselbea  weniger  bedeutend  ist  als  seine  teehmscbt. 
Der  Verfasser  stellt  dio  verschiedenen  Auflösnngsmetboden  neben  eicander 
wie  es  kömmt,  ebne  deren  inneren  Zusammenhang  aufzudecken;  dA£s 
manche  Methode  von  der  anderen  saobticb  gar  nicht  sondern  nur  iii  der 
äusseren  Anlage  der  Rechnung  abweicht,  sagt  der  Verfasser  nirgends  und 
doch  wäre  dieas  zur  Beförderung  einer  tiefereu  Einsicht  gerade  da  sek 
nöthig  gewesen,  wo  anscbeinend  ganz  verschiedene  Wege  xura  Ziele  führeo. 
Dagegen  wollen  wir  nicht  leugnen,  dass  der  Verfasser  das,  was  er  giebt, 
sehr  klar  und  deutlich  vortragt,  und  wir  zweifeln  nicht,  dass  das  Bocli 
Lehrern  j  denen  an  einer  roichen  Sammlung  von  Beispielen  für  luelirere 
Auflösungfimethoden  gelegen  ist,  recht  willkommen  sein  wird. 

__  SCHLOMTLOn. 

*)  Weim  die  Zahl  N  nach  dem  Schema  N^=  a^  h"  t^  ,  ^  ,  in  Ihre  PrimfakloMB 
»erlegt  ist,  ao  bilde  man  Mgrende  Tabelle  i 

1,2,3 N, 

n ,   2  A  ,  3  fJ  ,  ,  -  —  « ;     ö^  2  A  ^  ,  i  ,  —  A  ;     c,  2  c ,  » . .  ^^ —  C ;  •  >  ,  * 
a  Q  c 

aÖ  y  2  aif^  ♦  .  .  —  aft ;     or,  2  /te,  * , .  —  «f ;     öc,  2  Ar,  .  - .  j—  de ; ,  _  , 
«  UV  «c  oe 

y  N 

HOC  ao« 


In  dieser  kommt  jede  unter  .V  liegende  relative  Primzahl  xti  N  nur  einTnal  tot  ([uder 
ersten  RLÜbo) ,  jede  nicht  zti  jV  prime  Zahl  mebriniitH,  Irjjtjnd  einu  Zfibi  Ä^,  wehhft 
nicht  relative  rrlniztLhl  zu  N  ist  ^  entlinlto  %  ätr  Faktoren  a»  6,  c  .  . . ,  darm  kooiisit  K 

in  der  ersten  Reihe  1  mal ,  in  der  zweiten  %  mal ,  in  der  dritten  —  mal ,   in  der 

X  (x 1)  (x 2) 

vierten  — ^ — - — ^-^-^ mal  etc.  vor.    Addirt  man  jene  Reihen  mit  wechBelnden  Zei- 

chen,  so  hat  man  K  zusammen 

r         H       x(»-l)        «(x-l)(x-2)  1 

d.  h.  nullmal  (j^enommen ;  bei  der  erwähnten  Addition  verschwinden  folglich  alle  Zah- 
len, die  nicht  relative  Primzahlen  zu  N  sind  und  es  bleiben  allein  diese  letsteren 
übrig.  Will  man  statt  der  Summe  der  relativen  Primzahlen  ihre  Menge  wissen ,  so 
braucht  man  nur  jede  in  der  obigen  Tabelle  vorkommende  Zahl  durch  eine  1  »n  er- 
setzen und  dann  zu  addiren ,  wobei  die  von  nicht  relativen  Primzahlen  herrührenden 
Einheiten  wie  vorhin  ausfallen ;  diess  giebt 


d.  h. 


\fl        o        c  /      \ao      ac  / 

'=>(-J)0-l)0-i)- 


Dieses  äusserst  sinnreiche  Verfahren  passt  auch  auf  beliebige  Funktionen  der  relati- 
ven Primzahlen.  Man  erhält  z.  B.  die  Summe  ihrer  Quadrate,  wenn  man  statt  jeder 
in  obiger  Tabelle  vorkommenden  Zahl  deren  Quadrat  setzt  und  dann  addirt;  nach  ge- 
höriger Zusammenziehung  findet  man  diese  Quadratsamme 

=  4^(iv.±i«6c...)(i-i)(i-|)(i  _!).... 

=  ^{N^  ±^abc.  .  .)n 
wobei  das  obere  oder  untere  Zeichen  gilt,  jenachdem  die  Anzahl  der  PrimfaWoren 
/?,  6,  c .  . .  gerade  oder  ungerade  ist. 


Literaturzeitung.  43 


S^=  j  j  f  {x,  y)  dx  dy 

die  Substitution  x^=zaQC08q>,  y=bQ8inq)  als  sehr  erspriesslich,  weil  sie 
constante  Integrationsgrenzen  herbeiführt,  nämlich 

1     i» 

S=zab  I  I  fiaq  cos  9»  6p  «m  9)  9  dg  d(p 

0    0 
und  nun  die  Anordnung  der  Integrationen  willküHllich  wird ;  dagegen  wäre 
diese  Substitution  bei  dem  Integrale 


r=/y/^(^,y) 


dx  dy 


übel  angebracht,  vielmehr  muss  man  hier  ar  =  ii<,  y  =  «  (1  —  f)  setzen  um 
Constanze  Integrationsgrenzen  zu  erhalten,  nämlich 

a    1 


T—  IJ  f{ut,u  —  ut')u(l  +  t')dui 


0  Ö 

Mit  nur  einiger  Gewandtheit  entdeckt  man  dabei  leicht  die  Fälle,  in  denen* 
die  Reduction  auf  ein  einfaches  Integral  allgemein  möglich  ist.  So  ersieht 
man  z.  B.  aus.  der  zweiten  Form  von  S  unmittelbar,  dass  die  Beduction  ge- 

lingt,  sobald  f(x,  y)  eine  Funktion  von  -^  +  u  ^^^)  etwas  Aehnliches  gilt 

für  das  Integral  T  wenn  /'(a?,  y)  =  9'  (4a:*  +  y*),  es  wird  nämlich  nach  der 
zweiten  Form 

1  a 


-11'"' 


_     ryK(i  +  O«]-y(0)^. 


1 


0 
was ,  beiläufig  bemerkt,  nicht  bekannt  zu  sein  scheint. 

Wir  zweifeln  nicht ,  dass  das  vorliegende  Werk  des  Herrn  Prof.  Ohm 
von  dessen  Verehrern  mit  der  nöthigen  Bewunderung  hingenommen  wer- 
den wird,  möchten  es  aber  über  diesen  Kreis  hinaus  Niemandem  empfehlen. 

SCHLÖMILCH. 


Lehrbnoh  der  nnbeftimmten  Aiudytik  Ar  höhere  Lehranstalten.  Von 
W.  Berkhan,  Oberlehrer  am  Gymnasium  zu  Blankenburg.  Erste 
Abtheilung.  (Auch  unter  dem  besonderen  Titel:  Die  Auflösung 
der  Diophantischjen  Oleichungen  ersten  Grades.)  Halle,  bei 
H.  W.  Schmidt.  1856. 
Bei  dem  allgemeinen  Interesse,  welches  die  unbestimmten  Aufgaben 

von  jeher  auf  sich  gezogen  haben  nnd  bei  der  ^«tin^eni  AanA3c\^^\iw^- 


iu  den  g§.  ]3  und  VA  abgehandelt;  den  Beächluät§  macht  in  g.  14  die«nh&nge- 
webe  BetracUtnng  mehrerer  anderer  Rollcurren. 

Wir  müsaen  dein  Verfasser  das  Zeugui^»  geben,  das»  er  seinen  Gegen- 
aUnd  mit  eben  so  viel  Fleks  als  Geschick  bearbeitet  hat;  den  Freondender 
cyclischen  Ourven  ki'Snnen  wir  dag  Werkchen  als  eine  sehr  voHatfindige 
Monographie  derselben  empfehlen,  angehende  Mathematiker  werden  es  ils 
ein  verständlich  gescbriebenes  Uebungsbuch  in  der  aualytischen  Geometrie^ 
der  DifTerenliiü*    und   Ititegralrecbnung  benutzen  können» 

♦  BCEILÖMILCE*        J 


Dia  KaturiiPUfleiiichaiten  in  ihren  Beziehnagen  m  den  materiellen  und 
gektigea  Intereiten  der  Keaachlieit »  von  W.  8t ei^  ,  Prof.  der 
Chemie  an  der  Konigh  jK>lytechn*  Schule  zu  Üreaden-  (38  Sp  ÖP-) 
%  Thlr. 
Wenn  auch  diese  Gelege  ubeitsschrifl  eine  Frage  behandelt,  über  deren 
Beantwortung  die  meisten  Leser  dieser  Zeitschrift  yoUstitndig  im  Klaren 
nnd  mit  dem  Verfasser  im  vollkonimnen  Einverständniss  sein  werden,  so 
hält  es  Referent  doch  nicht  überßüssig  auch  hier  auf  dieselbe  aufmerksam 
zu  machen,  weil  darin  in  musterhaft  einfacher  und  verständlicher  und  darcm 
wabl  überzeugender  und  gewinnender  Welse  das  Thema  behandelt  wird. 
I>ie  darin  niedergelegte  Scbilderung^dea  wobhh^tigen  Einflusses  der  Na- 
turwissenschaften auf  Förderung  der  geistigen  wie  materiellen  Intereaseu 
des  Menscheu  ist  ein  Wort  zur  rechten  Zeit  gewissen  Anfeindungen  ge- 
genüber, w*ekben  die  Pflege  d^r  Naturwissenschaften  aus  MissverständniM, 
üO  mag  man  es  nennen^  ausgesetzt  ist,  indem  oder  weil  Ueberschreitungea 
Einzelner  auf  dem  Gebiete  natnrwissenschafLlicher  Speculation  tHlscblieh 
im JV**Kt>n  tlit'Mt^r  Wisi^iiiischaften*  statt  in  allgemeinen  Zcitverhnltnisseu  so- 
wie in  der  Individualität  dieser  Excedenten  —  deren  es  übrigens  ja  zu  allen 
Zeiten  auf  allen  Gebieten  der  Wissenschaften  gegeben  hat  —  als  begründet 
gesucht  und  gefunden  werden.  Die  Schrift  enthält  ferner  ein  Wort  der  Be- 
ruhigung für  ängstliche  Gemüther,  denen  es  bei  den  gewaltigen  Fortschrit- 
ten der  Naturwissenschaften  und  ihres  Einflusses  auf  die  gesammte  Mensch- 
heit bangt,  das  Heiligste,  was  sie  besitzen  und  ihren  Nachkommen  auch  un- 
verkürzt vererben  möchten,  angeblich  oder  scheinbar  unterschätzt  und  preis- 
gegeben zu  sehen  oder  zu  wissen  durch  rastlose  Bestrebungen  profanen 
Menschenwitzes  und  Wissens.  So  wenig  es  nämlich  zu  billigen  und  für  die 
Sache  der  Naturwissenschaften  selbst  forderlich  ist,  wenn  gewisse  Resultate 
wissenschaftlicher  Untersuchungen  in  einer  für  den  gemeinen  Menschen- 
verstand paradoxen  Form  hingestellt  und  mit  Speculationen  gleichsam  ge- 
spickt werden,  welche  zum  Theil  dem  Gebiete  der  betreflfenden  Wissen- 
schaften gar  nicht  angehören ,  zum  Theil  auch  aus  einer  ähnlichen  Effect- 
hascherei  hervorgehen ,  wie  sich  beispielsweise  jetzt  auch  auf  dem  Gebiete 
der  dramatischen  Kunst  und  Musik  in  bizarrer  Manier  hervorthut  —  so  ver- 
werflich auch  dergleichen  Kundgebungen  sein  mögen ;  so  ist  es  doch  an- 
dererseits unbestritten  wahr,  dass  einmal,  wie  schon  angedeutet,  die  Natar- 
wissenschaften  und  die  Gesammtheit  ihrer  Verehrer  und  Träger  nicht  dafür 
verantwortlich  gemacht  werden  können,  und  dass  zweitens,  was  die  Haupt- 
sache ist,  keine  Wissenschaft  so  stark  und  reichlich  die  Elemente  ihrer 
eignen  Rectitication  und  Purification  von  möglichen  Abwegen  und  Irrthü- 
mern  in  sich  selbst  trägt,  als  die  Naturwissenschaften,  so  dass  man  in  aller 


Literaturzeitung.  45 

einander,  je  nachdem  man  dem  einen  oder  anderen  Grundgedanken 
folgt. 

Ausser  dem  anfangs  genannten  Reductionsverfahren  theilt  der  Verfasser 
noch  die  Auflösungen  durch  Kettenbrüche,  durch  Systembrüche,  durch 
cyklische  Perioden  und  zuletzt  eine  von  Prof.  Kunze  in  Weimar  herrüh- 
rende Methode  mit,  welche  freilich,  nach  des  Verfassers  Urtheile,  einen 
aufmerksamen  und  gewandten  Rechner  verlangt.  Ungern  hat  Referent  die 
überaus  elegante  Auflösung  vermisst,  die  Cauchj  in  seinem  Memoire  sur 
la  resoiution  des  equations  indeterminees  du  premier  dSgre  en  nombres  entiers 
(Exercices  d* Analyse  et  de  Pkysique  mathematiquCy  Tome  II,  Paris  1841)  gegeben 
hat.  Bezeichnet  nämlich  n  die  Anzahl  der  relativen  Primzahlen  zu  N, 
welche  -kleiner  als  N  sind,  so  ist  die  Auflösung  der  Gleichung 

Mx  +  Ni/=zL  oder  +  y  = — 

ija  der  einfachen  Formel 

x  =  LM'*-^  +  Nz 
enthalten,  wo  z  eine  beliebige  ganze  Zahl  bedeutet;  vermöge  dieses  Wer- 
thes  von  x  wird  nämlich 

+  y  =  L^^^^  +  Mz, 

und  hier  ist — —  eine  ganze  Zahl  zufolge  des  von  Euler  «rweiterten 

Fermat'schen  Satzes.  Diese  Auflösung  wird  zwar  in  allen  den  Fällen  wo 
ilf"  eine  grosse  Zahl  ist ,  keinen  praktischen  Vortheil  gewähren ,  aber  sie 
hat  dagegen  den  eigenthümlichen  wissenschaftlichen  Werth,  dass  sie  ohne 
alle  Zwischenrechnung  das  Problem  auf  die  Fundamentalaufgabe  der  Zahlen- 
lehre, nämlich  auf  die  Zerlegung  einer  Zahl  in  ihre  Primfaktoren,  zurück- 
führt.   Ist  diese  Zerfallung  nach  dem  Schema 

N^a^'bßcy 

gemacht,  so  hat  man  bekanntlich 


.=»(._i)(.-i)(,-i) 


und  dann  sogleich  die  fertige  Lösung.    Für  die  Gleichung 

5a;  — 12y=ll 
ergiebt  sich  z.  B.  wegen  iV=  12  und  it  =  4 

ar=ll.5»+  12z  =1375 +  12«=;  7+  12(ll4  +  z) 
d.  i.  wenn  114  +  z  =  ä  gesetzt  wird 

a:  =  7+12Ä  undy  =  -^-j^ =  2  +  5«; 

ebenso  für  die  Gleichung 

5a:  +  12y=  101, 
a:=  101.5»  +  12z=l  +  12^  y  =  8  — 5^. 
Der  Verfasser  wird  vielleicht  einwenden,  dass  der  Beweis  dieser  Auf- 
lösung zu  viel  Vorbereitungen  erfordere ;  diess  ist  aber  nicht  der  Fall.  Der 
Euler 'sehe  Satz  kann  bequem  auf  einer  Seite  entwickelt  werden  und 
die  Ableitung  der  Formel  für  n  bedarf  ebenfalls  nur  weniger  Worte,  sobald 
man  sich  eines  von  Dirichlet  herrührenden  und  g^&tföx  dxttOcL  KxääxOw^- 


Beobachtung^en  in  aller  Kür^e  sowohl  wie  mit  hinlänglicher  KlarU^itAns- 
eiun.mIerge8Ctzi  äind,  und  kommt  Uann  (8.  10)  auf  die  Erklärung  des  Gruad- 
ebee  und  seinor  FIiitsH^hnEig  ^n  spreclien.  Er  widerlegt  i^unäctist  die  häQ% 
sich  vorfiudt^iide  KrkUirnngT  insbesondere  anch  die  in  Gehl  er 's  pbpik. 
Lexicon  aufgeooininene:  ^,der  deutKcbe  Name  (Iriindeis  bezeichnet  äi<Mie 
Art  Von  Ejö  S(o  hcatimmt,  dä*6ö  cö  keiner  Krklariuig  bedarf,  es  isl  Ein, 
wekbe«  auf  dem  Grund©  entsteht"  nnd  »teilt  dem  entgegen  auf,  d^sdns 
Grundeiä  ebenfalls  wiejedes  andere  Eis  auf  der  Über  flficJi^ 
des  Wassers  entsteht  und  als  unentwickelti^ü  Treibeis  anev^ 
gehen  ist.  Da«  bei  starker  Kulte  auf  der  OberHäebe  gebildete  Eis  werde 
durch  den  Wind,  welcher  allen  Beobachtungen  zufolge  hei  der^EntstehüDg 
des  Grnndeises  mitwirkend  erscheint,  gehindert  au  festen  zasaraujenbäiigeii- 
den  Stücken  ans^nwachiMin,  sodass  e^  nur  in  zusamtnengeächobenen  Blatt- 
eben  sich  locker  verbiDdo  und  so  mit  dem  erregten  Watjäer  leichter  fort^e- 
rifiaeii  auch  theilwoise  unter  die  Obertläche  und  bei  Stromschnellen  selbst 
tiefer  nach  dem  Grunde  2u  getrieben  werden  könne,  sumal  da  bei  der  loeke^ 
ren  BescbatiTcnheit  deaflelben  der  b^dro^itattsche  Auftrieb  weniger  wirk»»fQ 
sei.  Ist  es  auf  diese  Weise  hinter  den  Strüm^cbnellen^  an  den  sogenannten 
stauen  Stellen,  anf  dem  Grunde  angekenimen,  so  werde  es,  weil  dasell^st 
ein  ve  rhu  Unis  8  massig  langsamerem  Strönien,  bisweilen  iogar  ein  BtUlstind 
des  Wassers  vor  banden  ist,  an  Steinen  und  sonstigen  Erbrdiuugen  Rcb  nn- 
set^en  und  £war  zuerst  wohl  schmelzen,  doeb  sp^lter,  naclidein  der  Gruod 
dadurch  mehr  erkaltet  ist^  bei  fortgesetzter  Zufuhr  in  uuvenlndert#r  Weise 
sich  anlegen  und  ^n  compakteren  Masdcn  zuäammeufrieren*  Der  Yerfais^cr 
unterstutzt  seine  Erklärung  sowohl  dttrch  bekannte  physikalische  Erscbei- 
nungen  und  GosetÄö,  als  auch  darcb  besoudere  Beobachtungcti  von  Schiffern 
üod  Reisenden,  sowie  durch  seine  eignen  Erfahrungen  in  einer  ebenso 
wohlgeordneten  und  klaren  wie  ansprachlosen  Darstellung  und  Beweis- 
führung. So  fest  er  auch  von  der  Wahrheit  seiner  Ansichten  überzeugt  ist, 
so  giebt  er  doch  bescheiden  genug  dieselben  einer  weitem  Prüfung  anfaeim, 
wozu  er  nicht  blos  auffordert,  sondern  auch  Mittel  und  Wege  anführt,  wo- 
durch die  Entstehung  des  Grundeises  in  allen  ihren  Einzelheiten  festgestellt 
werden  könnte. 

Nimmt  schon  die  Berufsstellung  des  Verfassers  die  Anerkennung  des- 
selben als  eines  praktisch  erfahrenen  wie  theoretisch  durchgebildeten  Man- 
nes im  Voraus  in  Anspruch,  so  giebt  auch  der  Inhalt  de»  Schriftchens  die- 
sem vorausgenommenen  Urtheil  nachträglich  eine  beachtenswerthe  Be- 
gründung. WiTZSCHEL. 


AnfaBgigrande  der  Physik ,  für  den  Unterricht  in  den  obern  Klassen  der 
Gymnasien   und  Realschulen,   sowie   zum  Selbstunterricht,  von 
K.  Koppe,  Prof.  und  Oberl.  am  Königl.  Pr.  Gymnasium  zu  Soest 
5.  Auflage,  8.  412  S.  mit  eingedruckten  Holzschn.     Essen,  Bi- 
decker.     1  Thlr.  ö  Ngr. 
Dieses  für  den  ersten  Unterricht  in  der  Physik  ganz  treffliche  Lehr- 
buch ist  schon  vielseitig  in  den  früheren  Auflagen  günstig  beurtheilt  wor- 
den; die  in  verhältnissmäsig  kurzem  Zeiträume  nöthig  gewordene  5.  Ani- 
lage   legt  gleichfalls   von   der  Brauchbarkeit  desselben  ein   auffallendes 
Zeugniss  ab.     In  der  That ,  sein  gedrängter  Inhalt  bei  einer  massigen  Bo- 
genzahl, seine  Reichhaltigkeit  erklärender  Figuren,  in  deren  Ansfahrong 


Literaturzeitung.  4  7 

Die  cycliflohen  durreiL  Von  Dr.  H.  Wbissenborn.  Eisenach ,  bei 
J.  Fr.  Baerecke. 
Der  Verfasser  giebt  in  der  Vorrede  zwei  Gründe;  an,  die  ihn  zur  Heraus- 
gabe seiner  Schrift  bewogen  haben.  Er  weist  zunächst  darauf  hin,  dass  die 
Ojcloiden  für  die  Mechanik  der  irdischen  Körper  (d.  h.  für  die  Maschinen- 
lehre) von  eben  so  grosser  Wichtigkeit  sind  wie  die  Kegelschnitte  für  die 
Mechanik  des  Himmels ,  dass  aber  trotzdem  eine  Monographie  der  cjcli- 
schen  Curven  mit  besonderer  Rücksicht  auf  die  in  der  Praxis  hauptsächlich 
vorkommenden  verlängerten  und  verkürzten  Cycloiden  zur  Zeit  noch  fehle. 
Als  zweiten  Grund  bezeichnet  der  Verfasser  ein  gewisses  methodisches  Iq- 
teresse  und  äussert  sich  hierüber  wie'folgt:  „Dsl  in  den  Lehrbüchern  der 
Differentialrechnung  fast  immer  angenommen  ist,  die  Ordinate  sei  unmittel- 
bar als  Funktion  der  Abscisse  gegeben,  so  leuchtet  von  selbst  ein,  dass  bei 
den  cyclischen  Curven,  bei  denen  beide  Coordinaten  durch  eine  dritte  Va- 
riable ausgedrückt  sind,  die  aufgestellten  Regeln  nicht  anwendbar  sind.^' 
So  gern  Referent  den  ersten  Grund  ab  einen  vollgültigen  anerkennt,  so 
wenig  scheint  ihm  der  zweite  von  Gewicht  zu  sein ;  der  Berührungswinkel  t 
ist  durch  die  Formel 

r-   ^y    ^y 

tan  X  =  Ltm  — -  =  -^ 
Jx      dx 

unter  allen  Umständen  bestimmt,  die  Curve  mag  herkommen  wo  sie  will,  ja 
selbst,  wenn  sie  durch  einen  beliebi^n  regellosen  Zug  mit  dem  Bleistifte 
entstanden  wäre;  ebendesswegen  ist  es  auch  ganz  gleichgültig,  ob  man  sich 
y  als  Funktion  von  x^  oder  x  als  Funktion  von  y,  oder  endlich  beide  Coor- 
dinaten als  Funktionen  einer  dritten  Variabele  t  denkt,  nur  hat  man  im 
letzteren  Falle  selbstverständlich  auch  dx  und  dy  durch  i  auszudrücken. 
Die  Polemik  des  Verfassers  richtet  sich  hier  gegen  eine  Anschauungsweise, 
die  man  bei  den  besseren  Schriftstellern  wohl  kaum  antreffen  möchte.    « 

Wenden  wir  uns  zum  Buche  selbst,  so  finden  wir  zuerst  eine  recht  gute 
durch  scharfe  Begriffsbestimmung  ausgezeichnete  Classification  der  Curven 
nach  ihrer  Entstehungs weise ,  woran  sich  in  §.  2  die  Construction  der  ver- 
schiedenen Cycloiden  anschliesst.  Hieraus  werden  in  §.  5  die  Gleichungen 
der  betreffenden  Curven  und  daraus  in  §.  4  die  verschiedenen  Constructio- 
nen  für  die  Tangenten  und  Normalen  an  denselben  abgeleitet.  Die  in  dem 
vorigen  Paragraphen  durch  Anwendung  der  Differentialrechnung  gefunde- 
nen Resultate  verificirt  dcfr  Verfasser  in  §.  5  auf  elementarem  Wege  mit- 
telst phoronomischer  Betrachtungen,  die  wir  für  eine  der  gelungensten  Par- 
tieen  des  Buches  halten.  §.6  behandelt  die  Rectification  und  Quadratur 
der  Cycloiden,  §.  7  ihre  Krümmungshalbmesser  und  Evoluten;  hier,  sowie 
in  den  drei  folgenden  Paragraphen,  welche  sich  mit  verschiedenen  geome- 
trischen Eigenschaften  der  cyclischen  Curven  beschäftigen,  findet  man  eine 
reichhaltige  Sammlung  theils  bekannter  theils  neuer  Constructionen  und 
Lehrsätze,  die  übrigens  fast  immer  allgemein  d.  h.  so  gehalten  sind,  dass 
sie  auf  alle  Arten  von  Cycloiden  gleichförmig  passen. 

In  §.  11  verallgemeinert  der  Verfasser  den  Begriff  der  Cycloide  inso- 
fern, als  er  die  Ebene  des  wälzenden  Kreises  nicht  mehr  mit  der  Ebene  des 
ruhenden  Kreises  zusammenfallen  sondern  um  irgend  einen  Winkel  gegen 
dieselbe  geneigt  sein  lässt;  die  entstehenden  Cycloiden  werden  in  diesem 
Falle  zu  sphärischen  Curven.  * 

Die  verschiedenen  mechanischen  und  physikalischen  Eigenschaften 
der  cyclischen  Curven  {z.  B.  Brachistochrone ,  Catacaustica  und  dergl.)  sind 


AI  ^^^^^^B  Literattir^eitung. 


lieher  Anzahl  (W) ,-  von  denen  iitir  om  gerinnt  Tbeil  bekiitmt  rü  icin 
scheint.  Die  kurs&e  eJeg^ante  Darstellttog  und  ihre  n©tti?ii  Heeulute  wfrdpTi 
»ich  ohne  Zweifel  viele  Fretinde  gewiiiuen,  welche  das  Schriftdieu  beim 
Unterrichte  wnd  namentlich  bei  der  Einübung  der  ur^prüngti ebbten  trigö* 
nometmchen  Formeln  gut  gebrauchen  dfirften* 


8.  tTohor  das  HarentiiieT  Prohldm*    Von  Dt.  Ki.üäs>    Oj^terprogramm  fdr 

1Ö56  des  Gymnasiums  za  Bautzen. 

Vi  Viani  stellte  bekanntlich  den  G^ometern  seiner  Xeit  die  Anfgab^ 
ein«  j^phHriäche  Cnrve  äti  finden,  deren  FlÄch©  entweder  selbst  geomeirii*h 
qtiadrirbar  ist,  oderi  von  einem  augebbaren  Theile  der  Kugel  flache  weg- 
genommen, einen  quadrirbaren  Rest  übrig  Iks^V    Die  Bestimmung  dieser 
BphÜriscben  Curve  geschieht  analytisch  durch  ihre  Projection  auf  die  Ebejie 
eines  grössten  Kugclkreiscs ,  und  echon  Euter  hat  auf  diesem  Weg^  be- 
merkt, dsLSB  die  Aufgabe  unendlich  viel  Lösungen  zu Iftsst.    Die  einfacUstef 
von  Viviani   selbst  gefundene  Lösung  gieht  em  Kreis,   dessen  Durch- 
messer dem  Halbmesser  der  Kugel  gleichkommt ;  die  s|diärische  Cnrve  iti 
dann  einer  der  beiden  Durchschnitte  der  Kugel  mit  demjenigen  geraden 
Cylinder,  welcher  auf  der  Ebene  einea  grössten  Kreises  sienkrecht  stellt 
und  jenen  kleinen  Kreis  zum  normalen  C^uerschuttte  bat.    Hierzu  bemeTkte 
Montucla^  daaa  auch  der  von  der  Kugelfläcbo  begrenzte  Theil  des  CwB 
Itndcrmanlels  leicht  r[uadrirbar  und  awar  gleich  dem  (Quadrate  des  Kugelt 
dnrcbmessera  ist^  ferner  zeigte  Bossut^  dass  der  Inhalt  dieses  CyliDderd^ 
vom  Inhalte  der  ihn  einschHesaenden  Halbkugel  weggenommen,  einen  R^st 
^^^  I   vom  Cubns    des  KngeldarcbniesBers    übrig    bisst ;   endlich  hat  Fßs^ 
nachgewiesen ,  dass  der  Umfang  eines  der  Durchschnitte  von  Kugel  und 
Cylinder  dem  halben  Umfange  einer  Ellipse  gleichkommt,   deren  kleine 
Halbachse  und  deren  lineare  Excentricität  mit  dem  Kngelradius  ttberein- 
stimmt.     Diesen   einfachen  und   eleganten  metrischen  Relationen  sind  in 
neuerer  Zeit  durch  Herrn  Prof.  Drobisch  noch  mehrere  angereiht  wor- 
den ,  namentlich  in  Folge  der  Bemerkung ,  dass  jede  Auflösung  des  Flo- 
rentiner Problems  zwei  connexe  Lösungen  mit  sich  führt,  welche  durcli 
Projection  der  einmal  gefundenen  sphärischen  Curve  auf  zwei  andere  «n 
zu  der  ersten  Ebene   senkrechte  Ebenen  grösstor  Kreise  entstehen  (Ab- 
handl.  d.  mathem.-physikal.  Classe  der  K.  S.  Ges.  d.  W.  Bd.  L  S.  431  nnd 
Berichte  derselben  Gesellschaft  aus  dem  Jahre  1854,  S.  14).    An  die  letite- 
ren  Arbeiten  schliesst  sich  die  Abhandlung  des  Verfassers  insofern  an,»l« 
sie  vorzüglich  darauf  ausgeht ,  zwischen  der  Mantelfläche  oder  dem  Vola- 
men  des  projicirenden  Cylinders  und  der  Oberfläche  oder  dem  Inhalte  des 
durchbrochenen  Gewölbes  einfache  Verhältnisse  aufzufinden.    Dabei  wird 
die  allgemeinere  Voraussetzung  gemacht ,  dass  das  Gewölbe  keine  Kngeli 
sondern  ein  zwei  -  oder  dreiachsiges  EUipsoid  oder  ein  Paraboloid  sei  «o^ 
in  der  That  lässt  sich  ein  grosser  Theil  der  vorhin  genannten  Sätze  in  ent- 
sprechender Weise  auf  diese  Annahme  übertragen.    Darstellung  und  Calcnl 
des  Verfassers  zeichnen  sich  durch  Uebersichtlichkeit  und  Eleganz  vor- 
theilhaft  aus;  Lehrern  an  höheren  Unterrichtsanstalten  werden  die  gegebe- 
nen Entwickelungen  als  Beispiele  für  Cubaturen,  Complanationen  etc.  ohne 
Zweifel  sehr  willkommen  sein.  Schlömilgh. 


Literaturzeitung.  53 


1  Bemerkungen  cur  Kethode  des  physikaliflohen  Unterrichts,  von  Dr.  Lang- 
GUTH,  Programm  des  Stiftsgymnasiums  in  Zeitz  1856. 

Der  Verfasser  entwickelt  in  dieser  Gelegenheitsschrift  Ansichten  über 
die  Anlage  und  Botreibung  des  physikalischen  Unterrichts  (auf  Gymnasien) 
denen  man  im  Allgemeinen  durchgängig  beipflichten  kann ,  wenn  sich  auch 
bexüglich  der  besonderen  Ausführung  der  aufgestellten  Grundsätze  und  des 
von  ihm  gegebenen  Abrisses  von  dem  mechanischen  Theile  derPhyäik  abwei- 
chende Meinungen  geltend  machen  und  durchfuhren  Hessen.  Ob  z.  B.  die 
Bewegungslehre  erst  nach  der  Lehre  vom  Gleichgewicht  für  alle  drei  Ag- 
gregatxustäiide  folgen,  oder  dieselbe  für  jeden  Aggregatzustand  gesondert 
der  Statik  der  betreifenden  Körper  unmittelbar  angereiht  werden  soll,  dar- 
über können  unterschiedliclie  Verhältnisse  maassgebend  werden,  sodass  man 
weder  die  eiHe  noch  andere  Anordnung  vorzugsweise  rathsam  oder  verwerf- 
lich finden  kann.  Sehr  richtig  aber  citirt  der  Verfasser  in  Botreff  der  ge- 
wöhnlichen Darstellungen  der  Physik  in  den  meisten  Lehrbüchern  die 
Worte  D'Alembert's:  „Man  ist  mehr  bemüht  gewesen,  das  Gebäude  der 
Mechanik  zu  vergrössern ,  als  dessen  Eingange  Licht  zu  geben ;  man  hat 
den  Bau  immer  fortgesetzt ,  ohne  für  die  gehörige  Festigkeit  des  Grundes 
xa  «orgen."  Es  ist  vielleicht  nirgends  nöthiger  und  unabweislicher  dieser 
Worte  Btets  eingedenk  zu  sein,  als  beim  Unterrichte  der  Physik  auf  Gym- 
tt  aa  ien,  oder  überhaupt  auf  allen  den  Anstalten,  wo  es  nicht  blos  auf  Ver- 
mehrung der  positiven  Kenntnisse  der  Schüler ,  sondern  hauptsächlich  mit 
anf  die  regelrechte  Ausbildung  ihrer  Geisteskräfte  ankommt,  nicht  blos  auf 
Nahrung  für  den  Verstand,  sondern  auch  auf  eine  harmonische  p]ntwicke- 
Inn^  desselben  abgesehen  ist.  Derselbe  Grund  ist  es  auch,  welcher  Kefe- 
renten  bestimmt  hat,  in  dem  von  ihm  herausgegebenen  Lehrbuche  der  Phy- 
sik (Leipzig  bei  O.  Wigand)  den  mechanischen  Abschnitten  einen  verhält- 
nisamilBsig  grössern  Theil  vom  Ganzen  einzuräumen,  als  es  gewöhnlich  der 
Fall  ist  (M,  s.  die  Vorrede). 

Herr  Dr.  Lakoouth  giebt  sodann  von  einer  ezperimentalen  Darstellung 
einen  Abriss  der  Statik  und  Mechanik  der  ponderabelen  Körper  in  den 
^  Aggregatzuständen,  womit  man  im  Ganzen  genommen  sich  recht  wohl  ein- 
verstanden erklären  kann;  namentlich  ist  die  Entwickelung  der  Hebeige-  * 
setse  und  der  darauf  gegründeten  Zusammensetzung  von  Kräften ,  welche 
einen  Punkt  wirken,  bcachtcnswerth,  wenn  auch  nicht  ganz  neu.  Ob  aber 
der  Verfasser  bei  consequenter  Ausarbeitung  und  Durchführung  des  in  die- 
sem Abrisse  Angedeuteten  nicht  auf  einzelne  Schwicrigkeiteiytossen  würde, 
die  flieh  zwar  verdecken  nicht  aber  so  leicht  heben  lassen,  mag  dahingestellt 
l>leiben.  So  ist  die  Ausdehnung  des  Hebelgesetzes  auf  den  Winkelhebel, 
ohne  Anwendung  der  Holle  (wenn  man  nicht  das  Gesetz  des  gleicharmigen 
"V^inkelhebels  anticipiren  will)  nicht  gut  experimentell  nachzuweisen  oder 
«^uf  daa  Gesetz  des  gradarmigen  Hebels  zu  basiren ,  so  lauge  der  Einfluss 
der  Richtung  der  Kraft  auf  deren  Wirkung  ausser  Betracht  bleiben  soll. 
X'rof.  Muller  hat  daher  in  seinem  Lehrbuche  doch  so  ganz  Unrecht  nicht, 
^Mrenn  er,  wie  Herr  Dr.  Langguth  bemerkt,  „als  von  selbst  verstehend** 
annimmt,  dass  eine  Kraft  in  ihrer  Wirkung  nicht  verändert  wird,  wenn  man 
Cftie  an  einem  über  eine  Rolle  gelegten  Faden  wirken  lässt.  Man  kann  die- 
Cften  Satz  eben  so  gut  als  Grundsatz  oder  von  gleicher  Evidenz  annehmen, 
"^wie  den  von  Herrn  Dr.  L.  an  die  Spitze  gestellten  Archimedischen  Grund- 
satz vom  gleicharmigen  Hebel,  man  braucht  nur  hinzuzufügen,   dass  es 


gleicbguUig  ist,  ob  die  gleichen  Arme  einen  gestrecktan  oder  emea  mit 
beliebigon  Winkel  mit  einander  bilden^  , 

Ferner  lieisst  es  im  zweiten  Absclinitt  dei  gegebenen  Abrisses  (8.  lä) 
bei  EütwickelQng  der  Faligesetze  vermittel»  der  schiefen  Ebene ; 

„§.  L    Durcb  Versuobe  orgeben  sich  zunJichst  folgende  drei  Gesebe: 
I,   Alle  Körper  fallen  inj  luftleeren  Ratime  gleich  schnell* 
S,   Die  auf  einer  schiefen  Ebene  in  verschiedenen  Zeitabschnitten  durch- 
laufonen  KKnme  verhalten  eich  wie  die  Quadrate  der  wäbr^tid  d^ 
Fftllens  verflossenen  Zeiten. 
3.    In  eincin  vertikalen  Kreise  werden  alle  Sehnen^  welche  in  dem  tief 
§ten  Punkte  desselben  zusammcnfitossen,  in  derselben  Zeit  darchUa^ 
frn.     Da  nun  der  Quotient  einer  Sehne  durch  den  Sinus  dea  Win- 
kels, welche  sie  mit  der  im  tiefsten  punkte  an  den  Kreis  gezogenen 
I  Tangente  bildet ,  gleich  der  vertikalen  Sehne  ist ,  so  i streicht  eiitxv- 

sehen,  dasm  das  Fallgesetz  der  schiefen  Kbene  auch  fiir  den  freien 
Fall  Geltung  hat.** 
Wie  der  unter  Nr.  3*  zuerst  bemerkte  Satss  durch  unmittelbaren  V«r- 
euch  Bich  ©rgicbt,  darüber  w^re  eine  nibere  Angabe  von  Seiten  des  Herrn 
Verfassers  recht  erwünscht  gewesen  l 

Iin  Uebrigon  aber  würde,  wie  schon  angedeutet,  eine  weitere  Äusflii- 
rung  des  gegebenen  Abrisses  und  eine  in  diesem  Sinne  gegebenen  Verar- 
beitung des  ganzen  Gebietes  der  Physik  gewiss  eine  nicht  unverdienstlichft 
Arbeit  seiu^  so  wenig  es  auch  Maugel  an  physikalischen  Lehrbüchern,  Leit- 
faden und  dergleichen  giebt.  Witzschel, 

Bibliographie 

vom  1  5,  April  bis   1*  Juni  1856,  ^• 

Periodiiohe  Schriften. 

Journal  für  reine  und  angewandte  Mathematik  v.  A.  L.  Grelle. 
Bd.  62,  Heft  1  u.  2.    Berlin ,  Reimer.  compl.  4Thlr. 

Zeitsohrift  des  deutsch-österreichischen  Telegraphenver- 

"  eines;  in  dessen  Auftr.  herausgeg.  von  d.  K.  prenss.  Telegraphen- 
direction.  Redigirt  von  Dr.  P.  W.  Brix.  Jahrgang  III,  1856.  I.  Heft. 
(Compl.  in  12  Heften).    Berlin,  Ernst  u.  Korn.         compl.  n.  6%Thlr. 

M^langes  pkysiques  et  chimiques,  iirSs  du  btillelin  physico  -  mathSmatique  de  taca- 
dSmie  imp4ßia!e  des  sciences  de  St  Peter sbourg.  Tome  II,  livraison  4.  Leip- 
zig ,  Voss.  14  Ngr. 

Socidti  des  sciences  naturelles  du  grand  duckS  de  Luxembourg.  Tome  3.  Luxem- 
bourg,  Bück.  l%Thlr. 

Atmual  of  scientific  discovery,  or,  Year-Book  of  facts  in  science  and  arl  f(^ 
1856.   Edited  by  D.  Wells.  Boston.  London.  7  «*.  6  * 

Annali  di  scienze  matematiche  et  fisiche,  compilali  par  B.  Tortolini.  1856;  yf.% 
Roma. 

Ännuario  mariltimo  per  Vanno  1856  compilato  dal  Lloyd  austriaeo  colf  appt^^ 
zione  delV  eccelso  i.  r.  govemo  centrale  maritUmo.  IV.  Armata.  Trie^i 
Direzione  del  Lloyd  austr.  n.  1  Thlr« 

Ännuario  del  Reale  osservatorio  astronomico  di  tfapoli  per  Vanno  1856,  o  siJ^' 
manacco  annuale,  che  contiene  inoltre  particolari  tavole  utüi  eneces9<ff^^ 
alla-  Nautica,  Gnomonicä,  Geografia  e  scienze  affini.  Napoli.     1  Thlr.  iS'Sp' 


Literaturseitung.  51 

das  Wesentliche  berücksichtigt,  jeder  überflüssige  Luxus  aber  vermieden 
ist,  und  seine  Wohlfeilheit  machen  das  Lehrbuch  in  mehr  als  einer  Hinsicht 
zur  Einführung  in  Schulen  empfehlenswerth  und  es  haben ,  wie  auch  der 
£rfo]g  zeigt,  sowohl  der  Verfasser,  wie  die  Verlagsbuchhandlung  ihre  Auf- 
gabe recht  wohl  begriffen  und  durchgeführt,  wenn  sie  diesem  Werke  mög- 
lichst viele  Freunde  erwerben  wollten.  In  der  Anordnung  des  Lehrstoffes 
unterscheidet  sich  das  Lehrbuch  nicht  wesentlich  von  anderen,  doch  ist  die 
Darstellung  von  der  Art,  dass  der  Lehrer  nach  Bedürfniss  von  der  im  Buche 
gegebenen  Reihenfolge  der  einzelnen  Theile  der  Physik  ohne  besondere 
Schwierigkeiten  abweichen  kann.  Ob  daher  von  den  drei  Hauptabtlieilun- 
gen  und  den  Unterabtheilungen  derselben,  in  welche  der  Verfasser  den  In- 
halt des  Ganzen  getheilt  hat  (erste  Abtheil,  mechanische  Erscheinungen, 
zweite  Abth.  chemische,  magnetische  und  elektrische  Erscheinungen,  dritte 
Abth.  Schall,  Licht,  Wärme)  der  eine  oder  andere  Abschnitt  dem  Schüler 
eher  oder  später  vorgeführt  wird ,  verbleibt  hiernach  unwesentlich ;  bei  der 
im  Buche  gegebenen  Anordnung  beabsichtigte  vielmehr  der  Verfasser ,  wie 
recht,  dass  jede  für  einen  Jahrescursus  bestimmte  Abtheilung  des  Lehr- 
buchs in  ihren  einzelnen  Abschnitten  ein  gehörig  geordnetes  Ganze  bilde. 
Gegen  die  Einreihung  der  einen  oder  andern  Erscheinung  und  ihrer  Erklä- 
rung sowie  des  bezüglichen  Gesetzes  an  dem  gegebenen  Platze  lässt  sich 
zwar  Manches  einwenden  (z.  B.  Capillarität,  Endosmose  §.  14.  u.  15.  in  die 
Einleitung  gestellt,  statt  nach  der  Entwickelung  der  hydrostatischen  Ge- 
setze ,  zu  welchen  jene  Erscheinungen  doch  in  ein^  Art  Gegensatz  treten ; 
ferner  die  Einschiebung  der  Begriffserklärungen  von  Wirkungsfähigkeit, 
lebendiger  Kraft  behufs  der  Ableitung  der  Pendelgesetze ,  statt  jenen  weit 
greifenden  und  wichtigen  Begriffen  eine  abgesonderte  Darstellung  an  pas- 
sender Stelle  einzuräumen);  doch  ist  nicht  zu  verkennen,  dass  der  Verfasser 
bei  Herausgabe  einer  neuen  Auflage  seines  schon  weit  verbreiteten  Schul- 
buches auf  die  früheren  Auflagen  bisweilen  mehr  Bücksicht  nehmen  muss, 
als  es  ihm  vielleicht  selbst  nach  seinen  eignen  wie  fremden  Erfahrungen 
im  betreffenden  Lehrfache  wünsch enswerth  sein  mag.  Uebrigens  bleiben 
dergleichen  Ausstellungen  von  w«nig  Belang  für  die  Beurtheilung  des  Gan- 
zen und  werden  eben  so  wenig  wie  früher  die  günstige  Aufnahme  auch  die- 
ser Auflage  wesentlich  beeinträchtigen.  Witzscueii. 


Programme. 

2.  TTeber  die  Proportionalitat  voii  Stücken  des  geradlinigen  Dreiecks  mit 
den  trigpnometriiohen  Functionen  der  ganzen,  kalben  und  dop- 
pelten Winkel  desselben.    Von  Dr.  Grebe.    Osterprogramm  für 
1856  der  Realschule  zu  Gassei  *). 
Der  Fundamentalsatz  der  Trigonometrie,  dass  die  Seiten  eines  ebenen 
Dreiecks  dem  Sinus  der  Gegenwinkel  proportional  sind ,  hat  den  Verfasser 
zu  der  Frage  veranlasst,  ob  es  nicht  Dreiecksstücke  giebt,  welche  sich  wie 
die  Cosinus,  Tangenten  etc.  der  gansen,  halben  oder  doppelten  Winkel 
verhalten.   Derartige  Beziehungen  findet  der  Verfasser  in  nicht  unbeträcht- 

*)  Herr  Dr.  Grebe  wurde  im  Berbste  des  vorigen  Jahres  vom  Gymnasium  in 
Marbarg  als  Director  der  Realschale  nach  Cassel  versetzt;  hieraus  erklärt  sich,  dass 
zu  Ostern  dieses  Jahres  zwei  zu  verschiedenen  Schulen  gehörende  Programme  des- 
selben Verfassers  erscheinen  konnten. 


Tab l es  ofthf  Moon^  eonsimtted  from  Plana i  U^eory  milk  Air^s  aud  Uay^ 

tlrM^s  correeiian»*    Wa&hmgifm.  %\  $k 

Tab! es  nf  thv  ßfoon^s  Paraliax,  consfrtici^ä  frum  IVafkrrs  and  Admt 

KüifzEK,  A*  Studien  auader  höheren  Physik.  Wien,  Branmüller'a 
V^rl^gsconto,  2Thlr.  4Ngr. 

Reichenbägr,  V.  0  die  che  Erwidertingen  an  die  Herren  Prof,  Fort- 
läge,  Bchleidßii,  Feehner  und  Carus.  Wien,  BrauraüUeri  Vet* 
lagsconto.  16  Xgr. 

BBRaiiAUBf  H,  Grundlinien  der  plijsi kaiischen  Erdbeschr^^i^ 
buüg-    2.  Ansg.    Stuttgart,  Hall  berger.  27  Ngr. 

Tu]C£N ,  Mario  oltentn.  Die  Deviation  der  Compassn  adel,  sowie 
Regc^ln  für  die  Aufstellung  und  Untersuchung  des  Com- 
paq s  e  s  a p  Bord,  Iii'g  Deutsche  Übertr,  v, KavigationslebreT  0 raff. 
Stettin,  HijUer.  n.  H^/iiN^, 

Weber  ,  Bootsrueister.  Die  Entstehung  des  G  runde  iaes,  nach  Er- 
fahrung ssätzeu  und  physikaliscl^u  Hegeln  erläutert,  Setiandau  (Drei- 
den,  Burdach)*  n,  !4  Thlr, 

Räusmank,  J,  Fr,  L.  üe her  die  durch  Molecularbewegungenin 
starren  leblosen  Kcirpern  bewirkten  FormA^e  raudertiD- 
gen.  (AbhandK  d,  Göttinger  GeselLsch.  der  Wissenäch.)  Qütlingeif 
Dietrich.  n,  f^Thlr. 

GAETKKJiAOSEn ,  C.  G.  G onie inf ass  1 1  ch G  Naturlehr o  auf  üekninU 
Erscheinungen  des  tÜgUchea  Lebens  gestützt.     Carlsruhe ,  BraitQ. 

16  Ngr. 

AmHimmel  und  auf  der  Erde.  Naturwissenschaftliche  Unterhaltun- 
gen. Mit  Beiträgen  von  Dr.  L.  H  e  r  o  s ,  Prof.  Dr.  M  ä  d  1  e  r  etc.,  herans- 
gegeben  von  A  n  t.  6  u  b  i  t  z.  Mit  Holzschnitten  im  Texte.  Berlin,  Ver- 
einsbuchhandlnng.  1%  Thlr. 

GöBEL,  Ad.  Untersuchung  eines  am  39.  April  (l.  Mai)  1865  auf 
Oesel  niedergefallenen  Meteorsteines.  (Aus  dem  ArchiTför 
die  Naturkunde  Liv-,  Esth  -  u.  Kurlands.)   Dorpat,  Glaset.         9NgT. 

Kessleb,  Dr.  Photographie  auf  Stahl,  Kupfer  und  Stein,  ii^ 
Anfertigung  von  Druckplatten.  Berlin,  artistische  Anstalt.  Ver- 
klebt. iThlr. 

KoHLRAuscp  und  W.Weber.  Elektrodynamische  Maassbestim- 
mungen ins<besondere  Zurückführung  der  Stromintensi- 
tätsmessungen auf  absolutes  Maass.  (Aus  den  Abhandl.  der 
K.  S.  Gesellsch.  d.Wissensch.  zuXieipzig).  Leipzig,  Hirzel.  *  n.  t6Ngr. 

PiSKO,  Gymnas.-Lehrer.  Lehrbuch  der  Physik  für  Unterrealechalen* 
2.  Auf  1.    Mit  Holzschnitten  im  Texte.    Brunn ,  Winiker.         n^24Ngr' 

Schenkl,  Dr.  Der  Barometer  und  seine  Benutzung,  vorzüglich 
als  Instrument  zum  Höhenmessen.    Brunn ,  Winiker.  n.  8  Ngr? 

Lescriplion  de  quelques  inslruments  mäte'oroloffiques  et  magnetiques;  par  Fr,  Bo- 
nalds  ancien  direcieur  de  Vobservaioire  de  Kern.  Paris  j  impr,  de  Briire. 

Sartorius  V.  Waltershausek.  Gauss  zum  Gedächtnis s.  Leipaig) 
Hirzel.  n.  1  Thlr. 


Druck  von  B.  G.  Teabner  in  Dreftdeo. 


Literaturzeitung. 


Recensionen. 

Mm  Prineipiai  der  höheren  Analyfis  in  ihrer  Entwicklung  von  Leibnis 
Üe  anf  Lagrange y  als  ein  historisch  -  kritischer  Beitrag  zur  Ge- 
schichte der  Mathematik  dargestellt  von  Dr.  Hekmann  Weissen- 
BORH.  Halle  1856. 
Ueber  Zweck  und  Plan  dieses  Werkchens  giebt  der  Herr  Verfasser 
•elbat  in  der  Vorrede  uns  Auskunft.  Es  soll  nur  „  eine  Darstellung  der 
Principien  der  höheren  Analysis  sein,  weil  die  Aufstellung  derselben  der 
bei  weitem, schwierigste  und  wichtigste  Schritt  in  der  Geschichte  der  Ma- 
thematik war,  und  weil  ihre  Begründung  eine  so  mannigfaltige  für  den  Ma- 
thematiker sowohl  als  Philosophen  interessante  isf  Eine  historische 
Darstellung  wird  gewählt,  weil  „einmal  durch  die  Entwicklungsgeschichte 
einer  jeden  Wissenschaft  ein  richtiges  ürtheil  über  den  gegenwärtigen 
Stand  derselben  ermöglicht  und  zweitens  durch  sie  rermöge  der  von  ihr  her- 
'voigebraehten  Erweiterung  des  Gesichtskreises  die  allgemeine  Bildung  ge- 
ftrdert  wird.*'  Und  endlich  als  historisch -kritisch  wird  die  Arbeit  be- 
seichnet,  weil  der  Verfasser,  „um  ein  möglich  treues  Bild  von  der  Art  und 
Weise,  wie  sich  ein  jeder  der  in  dieser  Schrift  erwähnten  Manner  aus- 
drfiekte,  bq  verschaffen,  die  Sätze  erst  in  der  Form  wiedergab,  wie  sie  sich 
bei  ihnen  finden,  sodann  aber,  indem  er  das  ihnen  zu  Grunde  liegende  Prin- 
dp  hininstellen  versuchte,  sie  einestheils  in  der  jetzigen  Sprache  der  Wis- 
•ensehaft  ausdrückte,  anderntheils  ihre  fiichtigkeit  oder  Unrichtigkeit 
prflfte.'« 

Sehen  wir  nun  im  Einzelnen  zu,  wie  diese  Aufgabe  von  dem  Herrn 
Yerfaaser  gelöst  wird. 

Nachdem  das  Hauptverdienst  Descartes  mit  Recht  darin  gefunden 
-wird,  dass  er  zuerst  den  Begriff  der  Veränderung  in  die  Geometrie  ein- 
fthrte,  giebt  Herr  W.  eine  Eintheilung  sämmtlicher  auf  Descartes  fussen- 
den  Arbeiten  nach  drei  Kategorien.  Die  erste  umfasst  die  Arbeiten,  „welche 
Tom  Begriffe  der  Funktion  ausgehend  die  Natur  der  Curven  untersuchen," 
wie  Lagr  ange's  Derivationsrechnung.  In  der  zweiten  sind  umgekehrt  die- 
jenigen Entdeckungen  enthalten,  bei  welchen,  von  der  Geometrie  ausgehend, 
die  Analysis  ihre  weitere  Ausbildung  fand,  d.  h.  die  Differenzial-  und  In- 
t^ralrechnung  seit  Leibniz.  Endlich  als  dritte  Methode  wird  die  genannt, 
welche. auf  die  reine  Bewegungslehre  oder  die  Phoronomie  sich  stützt,  und 
welche  die  Newton^sche  Fluxionsrechnung  bildet.  Auf  diesen  Einthei- 
lungsgmnd  Irin  zerfallt  das  Buch  in  drei  Kapitel : 

LherAtorzly.  d.  Zeit»chr.  f.  Bfath.  u.  Phys.  I.  ^ 


I^^^^N^,^«Jl*^»hrti»i^W,»i<Hi  n  .»i^ljiWWWifMV- 


-    I,  di*5  FluKiönBrechnaiigf 
I  %  die  Dtfifereazialreclititingf 

3.  die  DeriT^aüOQiircchiiiiiig^, 
indem  die  drei  Methoden  ngeli  ihrer  InstorUchen  Zeitfolge  dnrcU^enommeii 
werden«  IH0  Hir  sämmtllche  Kategorieen  wicbtigen  Vorarbeiten  v^n  Des- 
cartes»  Fermat,  Üavaleri  werd en  als  bekannt  ToransgesetEt  nnd  m 
wird  denn  liobarval  ab  der  erste  geniuint,  in  deesen  Anflci^fung  des  Täti- 
gen tenproble  m*»  eine  phoronomiscbo  AnschanuDg  au  Tage  kommt ,  ieidem 
immer  awoi  oder  mehrer«  Bewegungen  gesucht  werden,  rermlttelfit  deiew 
die  Curv©  entstanden  gedacht  werden  kann,  und  die  Eegnltantc  dieser  111 
Kräflteparall€flogramnieö  Tercinigten  Kiehtnug^n  als  die  Tangente  im  be- 
treffenden Cnrvenpunkte  sich  erweist.  Wenn  daher  der  Herr  Verf,  (8.(1) 
den  BatK  aunsprudit:  „diese  Methode  könne  mit  Klarheit  und  ohne  Zwfuig 
nur  dann  angewandt  werden ,  wenn  eine  Definition  £U  Grunde  gelegt  war* 
den  ist,  die  die  Vorstellung  einer  contiunlrlichen  Bewegung  iuvolvirt,**  so 
scheint  uns  dieses  eine  Tautologie,  da  da«  ÄurHUchen  dieser  Deiiint'uvn  «elbit 
achon  »u  der  Methode  gehört,  und  wenn  an  ein;celi]en  Beispielen  geieigt 
wird,  wie  die  Methode  bald  mehr  bald  minder  kUr,  so  möchte  dieses  ire^ 
niger  an  dem  ersten  ErBnder  liegen^  als  nn  dem  Verfasser  des  Aufsatiei: 
öbi&^aiion$  sur  la  cömpüsitian  dcü^  mauvemenis  etc.  Diese  Abhandlung  räbtt 
nümlieh  bekanntlich  von  einem  anonymen  Schüler  Rober v als  her,  d#f^ 
wie  die  handschriftlichen  Handl>emerkungen  des  letzteren  verratheu,  tiichl 
tmm^  durch  die  Art  seiner  Auseinandersets img  dessen  Zufriedenheit  er- 
warb, wenn  auch  Roherval  den  ganzen  Aufsatz  1668  snm  Thema  elnei 
Vortrage»  in  der  Academie  machte- 

Elne  fernere  AusstelUmg,  die  wir  in  Beisug  auf  Boberv  ais  Arbeit«! 
EU  machen  habeu,  i»t  die,  dnss  seine  Quadratur  der  Oycloide  gleic^b  hier  ha^ 
hantlelt  wirfl,  während  sie  olTonbar  dem  Principe  nach  zu  den  Anfaugeodei 
Differentialrechnung  gehört,  gleichwie  die  zweite  Tangentenmethode  Bar- 
row's,  die  der  Herr  Verf.  mit  vollem  Rechte  von  den  übrigen  Arbeite! 
dieses  Autors  abgesondert  hat. 

Die  erste  Tangentenmethode  Barrow's,  die  sich  von  Rabervari 
Methode  nnr  dadurch  wesentlich  unterscheidet,  das«  der  Begriff  der  Ge- 
schwindigkeit klarer  hingestellt  ist,  und  dass  die  Bewegungen,  wekke  die 
Curve  erzeugen,  auf  zwei  bestimmte  Linien  (direcirix  und  generairix)  lorttck- 
geführt  werden,  findet  ihre  verdiente  ausführliche  Darstellung  (S.  l6*-il)i 
die  zugleich  als  Einleitung  zu  den  Arbeiten  Newton 's  dient. 

Wir  konnten  uns  für  diese  leider  nicht  dieselben  Ausgaben  verschaffeDt 
deren  Herr  W.  sich  bediente;  doch  dürfte  der  Unterschied  der  Texte  W 
Horslej  und  Castillon  meistens  nur  wenig  bedeutend  sein,  namentlich 
in  der  Hauptabhandlung  De  quadraiura  curvarum  und  in  der  Analysis  p^ 
aequationes  elc.^  die  zuerst  lateinisch  erschienen;  wenn  auch  die  methodus 
ftuxionum  elc,  eine  grössere  Verschiedenheit  zulässt,  da  Castillon  sie  erst 
aus  dem  Englischen  (Golson)  und  Französischen  (Buffon)  ins  Lateinieehe 
zurückübersetzte.  Von  den  Principia  philosophiae  naturalis  mathemaUca  be- 
nutzten wir  die  Ausgabe :  Amsterdam  1723  (ein  Abdruck  der  sogenannten 
Bentley'schen  Ausgabe  von  1713). 

Wir  würden  uns  desshalb  fast  scheuen ,  einige  Citate  des  Herrn  Verf. 
zu  berichtigen,  wenn  nicht  ähnliche  Irrthümer  auch  an  Stellen  vorkämen^ 
wo  uns  sicherlich  dieselbe  Quelle  zu  Gebote  stand,  und  wo  der  Fehler  of- 
fenbar eine  Vergesslichkeit  des  Herrn  Verf.  ist,  dem  bei  an  drei  Jahre  Un- 


Literalarzeitang.  59 

gern  Zurücklegen  seiner  Arbeit  Manches  ans  dem  Gedächtnisse  geschwun- 
den sein  mag.  So  ist  (S.  26  in  der  Note)  eine  Stelle  ans  der  Quadrat,  curv. 
citirty  welche  sich  in  dieser  ganzen  Abhandlung  nicht  findet,  wohl  aber  in 
der  Meihodus  fluxionutHj  Probt,  IL  praeparatio  in  sstutionem  (ed^Cast,  L  pag.6i). 
S.  56  io  der  Note  ist  statt  Propositio  IX,  ^  Propositio  XI,  zu  lesen.  S.  116  ist 
aus  den  acta  erudit,  1694  pag.  437  angegeben,  Bernoulli  schreibe  omn,  ydx; 
wfthrend  an  der  angegebenen  Stelle  integr,  ydx  steht  und  omn,  in  dieser  Be- 
deutung nur  in  anderen  Aufsätzen  vorkommt.  S.  1 19  in  der  Note '  ist  Acta 
erudiL  1696  pag.  78  statt  pag.  82  citirt.  Wenn  wir  auf  diese  Mängel  aufmerk- 
sam machen ,  so  geschieht  es ,  weil  wir  aus  Erfahrung  wissen ,  wie  unange- 
nehm ein  falsches  Citat  für  den  aufmerksamen  Leser  ist.  Eine  ähnliche 
Vergessliehkeit  ist  wohl  Schuld  daran,  wenn  (S.  45  in  der  Note)  zuerst  rich- 
ti|^  citirt  ist:  Newton  confoit  tes  fluxions  comme  tes  demiSres  raisons ,,,  und 
dann  flbersetst  wird  leg  fluxions  soni  comme  les  demiSres  raisons ,,,,  was  na- 
türlich den  Sinn  durchaus  verändert  und  Gelegenheit  giebt  Montucla  der 
Begriffaverwiming  zu  beschuldigen.  Nicht  weniger  setzte  uns  in  Erstaunen, 
wie  der  Herr  Verf.  (S.  77  in  der  Note)  behaupten  kann,  Leibniz  habe  den 
Banrow  vor  der  Entdeckung  der  Differenzialrechnung  studirt,  und  zur  Un- 
tersttttsung  die  Stelle  anführt :  ubi  magnam  partem  meorum  theorematum  prae- 
repiam  vidiy  die  offenbar  grade  beweist,  dass  Leibniz  die  theoremata  schon 
hesaas,  als  er  des  Barrow  Lectiones  zum  ersten  Male  sah.  Zudem  sagt 
LieibniB  in  den  acta  erudit,  1686,  pag.  298,  nachdem  er  von  dem  cha- 
rakteristischen Dreiecke  gesprochen,  unde  statim  innumera  theore- 
tmmia  nüüo  negotio  condebam  quorum  partem  postea  apud  Gregorios  et  Barro- 
vium  deprehendi.  Doch  kehren  wir  zu  Newton  und  dessen  Fluxionsrechnung 
surttck. 

Zuerst  ist  (S.  22)  von  der  Abhandlung  de  analysi  per  aeguationes  etc. 
die  Hede  und  der  darin  enthaltenen  Quadratur  der  parabolischen  Cnrven, 
die  allerdings  in  dem  verschwindenden  Wachsthume  der  Fläche  den  Grund- 

Sedanken  der  sich  später  klarer  entwickelnden  Methode  benutzt.  Doch 
ttrfterits  zu  weit  gegangen  sein  (S.  23)  zu  behaupten,  Newton  bezeichne 
hier  das  Increment  der  Abscisse  ^n  vornherein  durch  Null ;  das  Increment 
wird  vielmehr  durch  o  bezeichnet,  wie  deutlich  aus  der  Stelle  hervorgeht: 
91  Jam  tupponamus  Bß  in  infinitum  diminui  et  evanescere,  sive  o  esse  nihil,  erunt 
veiff  aequales  (Demonstratio  quadraturae  Curvarum  simplicium  in  regula  prima, 
praeparatio  pro  regula  prima  demonstranda ;  ed.  Gast,  /,  pag,  25). 

Das  eigentliche  System  der  Fluxionsrechnung  wird  hierauf  (S.  24  flgg.) 
entwickelt,  wie  es  sich  in  der  Methodus  fluxionum,  in  der  Quadratura  curvarum 
und  in  den  Principia  philosophiae  ausspricht.  Es  wird  gezeigt,  wie  Raum  und 
Zeit  nur  durch  dritte  Grössen,  welche  dieselben  repräsentiren ,  verglichen 
werden  können ,  und  wie  als  diese  dritte  Grössen  gewisse  Linien ,  Coordi- 
naten  benutzt  werden,  die  als  solche  ab-  und  zunehmend  gedacht  werden 
nnd  den  Namen  Fluenten  erhalten,  während  die  Geschwindigkeit  ihrer 
momentanen  Veränderung  Fluxion,  die  momentane  Veränderung  selbst 
Moment  heisst.    Unbegreiflich  erscheint  uns  nur,  wie  trotz  dieser  lichten 
Darstellung  Herr  W.  (S.  25  in  der  Note)  sagen  kann:  „Newton  spreche 
sieb  nirgends  bestimmt  aus ,  ob  er  unter  Fluenten  den  Kaum  und  die  Zeit, 
oder  die  Repräsentanten  derselben,  die  Coordinaten,  also  Linien  verstan- 
den wissen  wolle.'*     Uns  wenigstens  bleibt  kein  Zweifel  darüber  nach  Ver- 
gleichnng  folgender  Stellen :  Iniis,  quae  sequuntur ,  Tempus  formaliter  non 
eonsidero :  sed  suppono  quod  una  ex  propositio  quantitatibus  homogenea  cum  aliis 


I 


frgncai  uequahiH  fltacu,  adqutint  eetera^,  t«m^§mm  «if  Tifmpmfj  referatUtir^  tpatf 
iacü  per  umthgitim  nun  mCQucinm  riki  imif*st  Tempm.  i^üties  i^iiur  pux  Tempm 
in  »equmtihm  invatkUir  l  emn  mdem  saephncuit  %i^urpapi  pcmpieuitnih  fl  dUim^ 
Cikmh  Cftasiii  ho^  verbum  sutm'tulitm  vsi^  mm  (ptuiii  lVmpu$  mtelleji ti^item  in  ma 
fönmäi  gigni/iCfiiiom\  xM  Uififputm  xirpiificttnA  (pmfditnii'm  Uhim  a  Trmpitfx  *fi^ 
rer$um,  rujm  aequuhih  ineremenU»  v*'i  fhijm  7>mpiijt  4\rp&miur  ei  m^^wtirtilur, 
(Mcthttd,  fluj-,:  Trfutjsüiti  fni  tmthufinm  ftusitmum :  ett  CasL  /.  ptrg.  54)  und  ;  dm 
Mt-rantfo  iijitur  tjttati  qnmiHiHtes  uequahhuB  UMpttrihitx  ereKcrrtii^s  ti  vrestendt 
tjetittae  t  pro  vehriiatt*  majori  Pcl  minnH^  ^hü  ereteuf^t  ac  gruerantur »  ei^udmt 
tNtfJorrit  vtl  mitiüre»^  methmiam  tftmrreham  tkfermifwndi  qmmtiialf'n  ^x  t^elüciiaH 
hfiit  mtjiutim  vi'l  iitrrrmrtttfuttfH .  qmftuie  t^enrrmttur :  ei  k4ix  mittuum  ^tl  mcremm* 
lorttm  r*'hntalr»  numifUisniu  fliuitmea  et  iptunMtMtet  tjt'mtm  nftmittamlo  fluentet  m 
Cf/ii  pfttiiittim  annii  1665^/  1660  in  mrlhndum  fluxiomim  [{hfudrat  rurr,;  hitrv 
tfticfh;  nL  Cttid.  /,  |i*  20V).  HeKfirnuKi^r,  »cWtut  uu»«  bütto  sich  Newton 
Hiebt  auäd rücken  können,  W^as  t\her  die  voti  Herrn  W,  citirte  e^ii(^i?g«ii- 
sprochf^ntlfi  Rtüllo  betrifft ,  s<i  beiä.st  »1«  nnob  unüeror  Berichligauj;  «1p*  ül- 
ttttt*.'*  fi>)g<?intleriiia8§oii :  Itt  prop*mtn  arfpmtmnf  »yntimla  ftu^mmtm  i»unt  mm 
qHUfttilaif^^  tiwasi  grnrris  ab  us  quarum  ßuxitmeft  %nnh  in  singiilrs  termtnnHM^M- 
drrt*  ifrbrtti  nd  aeque  aitfijt  dimfftsifmfs  my/.  C(tgt*  L  Jp'if/*  tiS)/  Wir  kÖnoi^iJ  ilier 
darin  keinen  Widerispriicb  Hndeia  ^  indem  wir  interpri^tireö  »^mbatn  flu 
xiitn  H  m  bedeute  \wt  eiiifacli  x^if  als  die  B  o  z  e  i  c  h  n  n  n  g  der  F 1  u  x  i  oti 
oder  der  Geschwindigkeit,  und  dass  diese  von  den  iJutrendeii  CoordjAftten 
ver&cK linden  l&i^  versteht  sich  von  »elbäL 

Im  Weseutlicben  bat  nun  die  Fluxbnftrechimng  »wei  Aufgaben  au  ll5 
w&ni  Hei  gegebenen  Flnenten  ein  VerhJiltniss  der  Flnxbneu  zu  öndeü  und 
nmgekebrt,  aus  einer  Gleichung  zwischen  Fhixionen  auf  dtsn  Zusamiueii- 
bang  der  Fluenten  äu  öcbliesüen.  Die  erste  Aufgabe  löst  K  e  w  ton  ftir  al- 
gebrniscbe  Functionen,  wenn  ancb  mit  vielen  Uinüchweifcn*  Weniger  glück- 
lifb  ist  sohlt?  T^<ivniig  dos  zivpiteii  Pr-nKTi^in'^,  'lio  mir  iti  0Tnz''Inf'^n  Frilb'u  rtili- 
tig  ist  (S.  32  flgg.).  Und  diese  Unvollkomraenheit  der  Newton'schen 
Methode  tiberall,  wo  sie  das  Gepräge  aDalytischer  Untersuchung  ze%t,  vcr- 
läugnet  sich  auch  nicht  in  ihren  geometffschen  Anwendungen.  So  ist  das 
Tangentenproblem  nur  zum  Theil  gelöst  (S.  46) ;  am  besten  das  Problem 
der  Maxima  und  Minima,  an  welches  eine  Betrachtung  der  Krtimmungsver- 
hSltnisse,  der  Evolution  und  der  Kectification  sich  anschliesst  (S.  47— öl); 
am  unzureichendsten  aber  sind  die  Methoden  zur  Quadratur  (S.  51— 5^). 
Wenn  wir  so  den  Gang  augegeben  haben,  den  der  Herr  Verf.  bei  derDw* 
iBtellung  und  Kritik  der  New  tonischen  Fluxionsrechnung  einhält,  so  könn- 
ten wir  noch  bemerken ,  dass  er  an  einzelnen  Stellen  sich  unnöthig  Schwie- 
rigkeiten bereitet.    Wenn  z.  B.  (S.  35)  gesagt  wird:   „ans  der  Fluxions- 

gleichung  -r  =  —  folgere  Newton  y=— =ooin  Hinblick  auf  die  Qna- 

XX  ü 

drirung  der  gleichseitigen  Hyperbel",  so  ist  dieses  gewiss  erst  ein  nach- 
träglicher Gedanke  Newton's  gewesen,  wenn  er  ihn  je  hatte.  Da  unser 
Autor  sagt,  dass  diese  Fluentengleichung  aus  seiner  Regel  folge:  AequaÜo 

-V  =  —  dai  y  =  — ;  narn  si  —  mxdtipHcelur  per  x  conficUur  a ,  et  si  a  divida- 
X        X  0  X 

Irr  per  numentm  dimensionum  x,  vidcliccl  per  0,  habetur  —  quae  quantitas  v^f' 

Ulla  debel  esse  valor  y  {ed.  Cast.  /,  pag,  67). 


Literaturzeitung. 


Recensionen. 

Die  Principien  der  höheren  Analyiii  in  ihrer  Entwicklung  von  Leibnis 
bis  anf  Lagrange,  als  ein  historisch  -  kritischer  Beitrag  zur  Ge- 
schichte der  Mathematik  dargestellt  von  Dr.  Hermann  Weissen- 
BORN.   Halle  1856. 

lieber  Zweck  and  Plan  dieses  Werkchens  giebt  der  Herr  Verfasser 
selbst  in  der  Vorrede  uns  Auskunft.  Es  soll  nur  „  eine  Darstellung  der 
Principien  der  höheren  Analjsis  sein,  weil  die  Aufstellung  derselben  der 
bei  weitem  schwierigste  und  wichtigste  Schritt  in  der  Geschichte  der  Ma- 
thematik war,  und  weil  ihre  Begründung  eine  so  mannigfaltige  fQr  den  Ma- 
thematiker sowohl  als  Philosophen  interessante  ist.**  £ine  historische 
Darstellung  wird  gewählt,  weil  „einmal  durch  die  Entwicklungsgeschichte 
einer  jeden  Wissenschaft  ein  richtiges  Urtheil  über  den  gegenwärtigen 
Stand  derselben  ermöglicht  und  zweitens  durch  sie  rermöge  der  von  ihr  her- 
vorgebrachten Erweiterung  des  Gesichtskreises  die  allgemeine  Bildung  ge- 
fördert wird.**  Und  endlich  als  historisch -kritisch  wird  die  Arbeit  be- 
zeichnet, weil  der  Verfasser,  „um  ein  möglich  treues  Bild  von  der  Art  und 
Weise,  wie  sich  ein  jeder  der  in  dieser  Schrift  erwähnten  Männer  aus- 
drückte, zu  verschaffen,  die  Sätze  erst  in  der  Form  wiedergab,  wie  sie  sich 
bei  ihnen  finden,  sodann  aber,  indem  er  das  ihnen  zu  Grunde  liegende  Prin- 
cip  hinzustellen  versuchte ,  sie  einestheils  in  der  jetzigen  Sprache  der  Wis- 
senschaft ausdrückte,  andemtbeils  ihre  Hichtigkeit  oder  Unrichtigkeit 
prüfte.** 

Sehen  wir  nun  im  Einzelnen  au,  wie  diese  Aufgabe  von  dem  Herrn 
Verfasser  gelöst  wird. 

Nachdem  das  Hauptverdienst  Descartes  mit  Recht  darin  gefunden 
wird,  dass  er  zuerst  den  Begriff  der  Veränderung  in  die  Geometrie  ein- 
fahrte, giobt  Herr  W.  eine  Eintheilung  sämmtlicher  auf  Descartes  fassen- 
den Arbeiten  nach  drei  Kategorien.  Die  erste  umfasst  die  Arbeiten,  „welche 
▼om  Begriffe  der  Funktion  ausgehend  die  Natur  der  Curven  untersuchen,** 
wie  Lagrange 's  Derivationsrechnung.  In  der  zweiten  sind  umgekehrt  die- 
jenigen Entdeckungen  enthalten,  bei  welchen,  von  der  Geometrie  ausgehend, 
die  Analysis  ihre  weitere  Ausbildung  fand,  d.  h.  die  Differenzial-  und  In- 
tegralrechnung seit  L e  i bn i z.  Endlich  als  dritte  Methode  wird  die  genannt, 
welche. auf  die  reine  Bewegungslehre  oder  die  Phoronomie  sich  stützt,  und 
welche  die  New  ton' sehe  Fluxionsrechnung  bildet.  Auf  diesen  Einthei- 
lungsgrund  Irin  zerfällt  das  Buch  in  drei  Kapitel : 

Lileralurzt^.  d.  Zeitschr.  f.  BlUih.  a.  Phys.  I.  5         ' 


I 


tient  nesnt.  Der  Grund  die^^s  Sdriwackens  achebt  uns  darin  mn  Liegen,  dui 
die  eiDe  AnsicUt  bequemer  in  d^r  geoinetrischea  Anweudnog  war,  die  an- 
dere geeigneter  Angriffen  zu  widerstehen ,  wie  die  von  Nieuwe utiit,  n 
welchen  nach  später  die  Bemarqttes  äe  M.  Rolle  tuttchant  le  pr^blime  gefteral 
des  tangenie»,  Paris  1703  katn,  welche  eine  Erwithnniig  wohl  verdient  hHtteu, 
Die  Frage,  ob  LeiUni^,  der  die  Differentialrechnung  jedenfalk  Bplier 
entdeckte,  als  Newton  seine  Fliixifinämethode,  von  dieser  Letzteren  w€* 
oig&teni  indireet  Kenntniös  gehabt  haben  könne^  wird  (8-  lOä — 114)  gleich* 
falls  genau  beleuchte^  wenn  auch  eine  gcwieit^e  Pietät,  wie  ei  scheint,  Herrn 
W,  ^urüekhält  offen  zu  gestehen,  was  in  der  ganzen  Untereuchung  dutth- 
dringt,  das«  er  nämlich  glaubt,  dass  Leibniz  diege  Kenotniis  gehabt  htbej 
ein  Urtheil,  welche*?  wir  zwar  ungern  aber  volbtändig  unterschrei bea.  Wif 
möchten  z*  B.  zu  den  S,  ill  citirten  Steilen,  an  welchen  Leibnis  pLoro« 
Qomijche  Begriffe  wie  Geaehwiudigkeit ,  momentaner  Zuwai^bs  und  der]gL 
gebraucht,  noeh  eine  hinzufügen.  In  den  Acta  erudit  1695,  pag.  SUdrücta 
Leibniz  eicli  j^o  au»  l  Ncmpe  ut  jam  uHu9  nutttre  memini »  quuniiUtä  onlvmriA, 
qnmUüai  inßmtesima  prima  neu  tlifferentiaUt  et  q%iantikii  iliffrreniio  *  difffrmii^ii 
wei  infimti^sima  ucunän  sese  h^fni^  ui  Hwiu$  fi  ctkräui  et  iulicitalio^  quae  Ui 
eivmcntum  cdcriUttU, 

Nachdem  nun  als  Beispiel  der  weiteren  Auähilduttg  der  Differeniiil* 
rechnung  im  17*  Jahrlmuderte  gezeigt  wird  (S,  116—132},  wie  Johaanei 
BernouUi  die  nach  ihm  benannte  Keibc  entwickelte,  und  wie  derselbe  die 
Beaune'äche  Aufgabe  löste ,   geht  Herr  W*  zur  Theorie   Nieuwentiit'« 
fiber,  die  er  etwas  aui^fuhrUcher  (8,  123  —  13»)  auseiuanderaetzt,  aU  sie  e» 
wohl  verdiente;  indem  wir  keineswegs  beistimmen  können,   es  iei  die^6i 
Theorie  damit  Unrecht  geschehen,  dass  sie  ao  bald  in  gänzliche  Vergessen^ 
heit  gerieth.    Da  indessen  der  Herr  Verf,  einigen  Werth  darauf  äu  legen 
scheint,  so  möge  er  uns  eine  kleine  Berichtigung  erlauber>,     Scbori  fyiiber 
(S.  97)  und  wiederholt  (S.  123)  wird  angenommen,  die  eraten  Angriffo  Nieu- 
wentiit's  gegen  Leibniz  seien  in  iLen  Acta  ertML  1695  pag.  97S  erfolgt 
Dem  ist  aber  nicht  so,  sondern  diese  citirte  Stelle  enthält  nur  eine  Anieige 
einer  kleinen  Schrift  von  Nieuwentiit,  welche  unter  dem  Titel:  Owiwto- 
raltones  circa  analyseos  ad  quanlitaies  infinite  parvas  appUcaiae  principia  €t  c§i' 
culi  differentialis  usum  in  resolvendis  problematibus  geometriciSy  Jmstelod.  Ifi9i 
drei  Bogen  stark  erschien.    Was  den  Verfasser  der  angeftihrten  Becension 
betrifft,  so  könnte  es  allerdings  eine  Selbstanzeige  sein,  wenn  nicht  ein  eigea- 
thümlicher  Umstand  uns  bestimmte ,   einer  anderen  Meinung  anxnliftD§;en« 
In  dem  Exemplare  der  acta  eruditorum  nämlich ,  welches  die  Heidelberger 
Universitätsbibliothek  besitzt,  sind  bei  den  meisten  Recensionen  wahrschein: 
lieh  von  der  Hand  eines  gleichzeitigen  Besitzers  die  Namen  der  Verfasser 
mit  Dinte  beigefügt;  und  auf  diese  Weise  ist  angegeben,  jene  Anzeige  der 
Nieuwentiit'schen  Schrift  rühre  von  Magister  Martin  Knorr  her.  Nun 
lebte  allerdings  ein  Professor  der  Mathematik  dieses  Namens  in  Wittenberg, 
der  unter  Anderen  De  quadratica  aequatione  und  De  methodo  exhauttioms  et  in- 
divisibUium  schrieb  und  am  23.  März  1699  in  Leipzig  starb.   Er  soll  (Acta  eru- 
dit.  1699,  pag.  192  nota)  eifriger  Mitarbeiter  dieses  Journals  gewesen  sein, 
und  da  er  in  den  Registern  nirgends  als  Verfasser  selbstän^ger  Aufsätze 
angegeben  wird,  so  kann  sich  seine  Mitarbeiterschaft  nur  auf  anonyme  ELri* 
tiken  beziehen.  Es  wäre  also  jedenfalls  zu  erforschen,  ob  nicht  noch  andere 
Exemplare  in  ähnlicher  Weise  mit  Handbemerkungen  versehen  sind,  dieMar- 
tiu  Knorr  als  Urheber  der  freilich  höchst  unwichtigen  Anzeige  docomentiren. 


Literaturzeitang.  63 


*'*''^^''*^^>^^S^>f-^>>^^^^''^^^'^^^^^^^'^^'^^^^'^^^S^^'^, 


Noch  eine  andere  Bemerkung ,  die  wir  hier  einzuschalten  haben ,  be- 
sieht rieh  auf  einen  weniger  unbekannten  Mann.  Schon  (S.  103)  wird  „  ein 
damaliger  Basier  Mathematiker  Hermann  ^^  genannt,  der  dann  (S.  124)  „ein 
von  L  e  i  b  n  i  z  erwähnter  Basler  Mathematiker  Namens  Herrmann  ^*  heisst. 
Wir  glauben,  dass  Jacob  Hermann,  der  berühmte  Verfasser  der  Phoro- 
nomia^  Amsielod.  1716  in  einem  geschichtlichen  Werke  wohl  etwas  weniger 
geringschätzend  hätte  angeführt  werden  dürfen. 

•  Weiter  geht  der  Herr  Verfasser  noch  zu  Brook  Taylor  über  (S.  139 
bis  153)  dem  Begründer  der  Differenzenrechnung,  von  welcher  einige  schätz- 
bare Proben  gegeben  werden;  und  nachdem  endlich  Euler 's  Begründung 
der  Differenzialrechnung  angedeutet  worden ,  enthält  ein  letzter  Paragraph 
dieses  zweiten  Kapitals  (S.  155-^  160)  noch  Ideen  über  die  Möglichkeit  einer 
strengen  Begründung  der  Differentialrechnung.  Es  wird  bemerkt,  dass  be- 
reits der  anouTme  Verfasser  der  Schrift :  The  analyst  (wahrscheinlich  war  es 
Barkley,  Bischof  von  Cloyne)  gezeigt  hat,  dass  wenn  einerseits  die  Rich- 
tigkeit der  Schlussresultate  bei  der  Fluxionsrechnung  auf  einem  gegensei- 
tigen Aufheben  von  Fehlern  beruhen  müsse ,  andrerseits  diese  Fehlercom- 
pensaUon  in  gewissen  Fällen  streng  nachgewiesen  werden  könne.  Und  diese 
Methode  des  strengen  Nachweises ,  wie  in  entgegengesetztem  Sinne  gleich 
grosse  Fehler  begangen  worden,  eine  Methode,  welche  erst  Carnot  wieder 
henrorgesucht  habe ,  hält  Herr  W.  für  die  sicherste  und  wissenschaftlichste 
Baris.  Jedenfalk,  glauben' wir,  dürfte  ein  Versuch,  eine  derartige  höhere 
Analysis  zu  schreiben,  zu  den  mühseligsten  und  verhältnissmässig  nicht 
dankbaren  Arbeiten  gehören,  und  so  müssen  wir  bezweifeln,  ob  noch  Ma- 
thematiker geneigt  wären ,  sich  derselben  zu  unterziehen. 

Doch  wir  eilen  zum  Schlüsse ,  von  dem  wir  bereits  nur  wenig  entfernt 
sind,  da  das  dritte  Kapitel  (S.  160 — 185)  in  compendiösestcr  Weise  die  De- 
rivationsrechnung  von  Lagrange  behandelt  und  noch  spätere  Arbeiten 
mit  Recht  ganz  übergeht,  da  sie  theils  hinlänglich  bekannt  sind,  theils  ihrer 
Neuheit  wegen  noch  nicht  eigentlich  der  Geschichte  angehören. 

Fassen  nun  wir  endlich  das  Urtheil  kurz  zusammen,  welches  sich  in 
ims  bei  der  Abfassung  dieses  durch  die  Wichtigkeit  des  Gegenstandes  ge- 
botenen ausführlichen  Referates  gebildet  hat,  so  müssen  wir  zugeben,  dass 
der  Herr  Verfasser,  wenn  er  auch  nicht  alle  Schwierigkeiten  überwunden 
hat,  die  sein  überreiches  Thema  ihm  bot,  doch  viel  schätzbaren  Stoff  be- 
ifiltig^e,  und  dass  in  seiner  Schrift  ein  neuer,  bequemerer  Ausgangspunkt 
ftr  weitere  Forschungen  gewonnen  ist,  deren  Einige  wir  vielleicht  im  Laufe 
unseres  Referates  angedeutet  haben.  —  M.  Cantor. 


Toniiohv  die  Differendalreohnnng  auf  andre  als  die  bisherige  Weise  zu 
begründen.  Eine  mathematische  Abhandlung  von  H.  Sloman,  Dr. 
Paris  bei  Gläser.    1856. 
Der  in  Paris  lebende  Verfasser  scheint  an  der  eleganten  Manier,  wo- 
mit die  Franzosen  die  Differentialrechnung  nach  der  sogenannten  Grenzen- 
methode behandeln ,  wenig  Gefallen  gefunden  zu  haben ,  namentlich  ver- 
misflt  er  darin  die  philosophische  Tiefe,  die  er  als  ein  nothwendiges  Requisit 
jener  abstrakten  Rechnung  ansieht.    Ein  paar  hierauf  bezügliche  Stellen 
der  Abhandlung  führen  wir  zun<Hchst  an ,  weil  sie  für  den  Standpunkt  des 
Verfassers  bezeichnend  sind.   S.  XXXV :  „  Ausserdem  besteht  die  Eleganz 
in  riner  coquettirenden  Ueberrumplung  beim  Beweisen  und  in  einer  Frende 


64  Li&orattirxfiltimg. 

an  der  äasserliclieii  SyEiinietrie  iler  Fonnolii,  I>lo  Gleidmog  der  g^^mcirn 
Lfiite,  wenn  Kwei  ilirfir  Punkte  (jt'  y  müd  x"  |/")  gegeben  «ind,  sclireibt  mit» 
z*  IV*  am  Uchitt^n 

aJoT  gar 

Ä>  y— ^'  — y  — y" 

anstatt  ehrlich  vi  gestehen ,  dass 

Diese  letztere  Sebreibartj  oder  algebr&bcbe  Denkweise  ißt,  obglcidi  flir 
das  Auge  nicht  m  eymmetriödi,  für  den  Geist  viel  klarer,  da  sie  es  gkndi 
fasöt»  dass  das  Ende  der  E'ormel 

die  Constante  und  ^  das  stii  Beatimmende  ist."  —  Heferent  nitiss  diese  Weis- 
bell  geradezu  als  öchtilprbaft  beÄelcbnen^  denn  nur  Anfängern  wird  n 
schwer ,  sich  die  Gleichuüg  einer  Geraden  in  einer  anderen  als  in  der  «tc- 
reo  typ  eil  Form  j^^=#ix  +  h  vorzuslenen,  jeder  Mathematiker  aber  TerstcKt 
unter  drr  Gleicliuiig  einer  Curv©  nichts  weiter  als  diejenige  Gleichung^ 
weiche  zwischen  den  Coordinaten  eines  Punktes  stattÜBden  muss,  wciiu 
dieser  Punkt  auf  der  Ciirve  liegen  soll|  ob  dabei  y  ala  ,^das  zu  Bestim* 
mende^^  angesehen,  oder  ob  die  Gleichung  auf  x  reducirt  oder  nach  keiner 
von  beiden  Coordinaten  aufgelöst  wird,  ist  ganz  gleichgültig;  ,, für  den 
Geist*'  des  Mathematikers  existirt  hier  nur  da»  in  einer  Gleichung  ans|e- 
sprochene  Gesetz  des  Zusammenhanges,  die  Form  bleibt  ihm  willkürlich.— 
,  Weiter  heisst  ea  auf  S.  J!6;  „Ich  denke  äti  die  Zeit,  als  ich  noch  gläu- 
big an  dem  Grenzenbeweis  hing,  aber  doch  nicht  umhin  konnte,  zu  lücheliit 
wenn  ein  Professor  im  Collegium  eine  Mengp  Zahlen  und  Bnchstabcn  io 
Reihen  an  di^  langen  Tafeln  gezeichnet  hatte  und  dann  plötzlich  sieh  nm- 
wendend  sagte :  Mmnimdui  Mf^sfiivurs  passons  ft  fa  fimita^  Wie  im  Nu  trur- 
den  dann  durch  einen  nassen  Schwamm  die  langen  Rechnungen  w^iedcr  weg- 
getrieben," Auch  hier  hat  sich  der  Verf.  lediglicli  von  der  Form  der 
Rechnung  täuschen  lassen;  es  ist  allerdings  kein  empfehlenswcrthes  Ver- 
fahren,  /"(j^)  dadurch  zu  dittercnziren,  dass  man /{ar -j- Ä)  in  eine  nach  Po- 
tenzen von  h  fortgehende  Reihe  etwa 

f(x  +  h)=f{a:)  +  JC.h  +  X.h^  +... 
verwandelt,  nachher 

entwickelt  und  zuletzt  bei  der  passage  aux  limiies  Alles  bis  auf  Xf  wegstreicht 
(denn  das  heisst  im  Grunde  den  Taylor^  sehen  Satz  oder  wenigstens  eiaeii 
speciellen  Fall  desselben  anticipiren) ,  aber  dieses  Verfahren  ist  gar  nicht  • 
etwa  der  Grenzenmethode  eigen thümlich ,  im  Gegentheil  muss  letztere 
gerade  ohne  Reihenentwickelungen  auskommen  um  nachher  die  Reihen- 
theorie  desto  sicherer  begründen  zu  können.    So  z*  B.  billigt  es  Ref.  kei* 


Literaturzeitunff.  6 1 


•ö 


Einer  der  eifrigsten  Nachfolger  und  Verehrer  Newton's  war  Mac- 
lanrin  (8.  58  —  69),  dessen  Treatise  of  ßuxions  indessen  nur  wenig  beitrug, 
die  Theorie  seines  Lehrers  von  den  Vorwürfen  der  Unklarheit  zu  reinigen, 
die  ihr  von  verschiedenen  Seiteu  gemacht  wurden.  Im  Gegentheile  ist  bei 
ihm  die  Begründung  nur  um  so  mehr  Angriffen  ausgesetzt,  als  er  halb  miss- 
verstandene Begrifle  aus  der  Differenzialrechnung  mit  hineinzieht  (S.  64). 
Zudem  ist  dieses  Werk  Nichts  weniger  als  augenehm  zu  lesen,  was  der  syn- 
thetischen Beweisführung  zuzuschreiben  ist,  deren  sich  Maclaurin  (wohl 
in  Nachahmung  der  Principia  phUosophiae  naturalis  malhematica)  immer  be- 
dient. Von  bleibendem  Werthe  ist  nur  die  nach  ihm  benannte  Keihenent- 
wicklung,  bei  deren  Darstellung  (S.  67)  wir  indessen  die  Untersuchung  ver- 
missen, ob  Maclaurin  wirklich  der  Erfinder,  oder  ob  Stirling  sie  schon 
vorher  ersonnen.  Letztere  Ansicht  wurde  bekanntlich  von  Binet  in  sei- 
nem Aufsätze  über -Euler'sche  Integrale  (Journal  de  Tecole  poJyL  T.  XVI) 
Buerst  aufgestellt,  und  ihm  folgten  Cournot,  Franke  und  Andere.  Wenn 
wir  auch  persönlich  von  der  Ungerechtigkeit  der  Ansprüche  Stirling 's 
überzeugt  sind,  so  dürften  indessen  auch  nach  der  Widerlegung  durch  G  r  u  - 
nert  (Archiv  der  Phys.  und  Math.  Bd.  17,  liter.  Bericht  über  Frankens 
Lehrbuch  der  höheren  Mathematik)  noch* interessante  Forschungen  darüber 
anzustellen  sein;  z.B.  ob  das  bei  Montucla  Angeiiiihrte  Werk  Stirlings 
Metkodus  differentialis  wirklich  existirt,  oder  ob  dieses  nur  der  zweite  Titel 
des  bekannten  Werkes  Tractaius  de  summatione  ist.  In  dem  Cataloge  der 
Schumacher'schen  Bibliothek  fanden  sich  von  Stirling  Nro.  1129:  The  dif- 
forential  meihod  or  a  treatise  concerning  swmnation  and  interpolation  of  infinite 
series,  4**>»  London  1749  und  Nro.  1129  a:  TractcUus  de  summatione  et  interpola- 
tione  serierum  infinitarum,  4°.  Londini  176^,  welches  für  die  letztere  Ansicht 
zu  sprechen  scheint.  Dann  aber  wäre  die  Prioritätsfrage  endgültig  ent- 
schieden, da  di«  erwähnte  Formel  in  dem  Tractatus  de  summatione  nicht  vor- 
kommt (wie  Herr  Prof.  Stern  in  Göttingen  uns  mit  Bestimmtheit  versichert; 
wir  selbst  haben  die  Schrift  uns  nicht  verschaffen  können). 

Das  nun  folgende  zweite  Kapitel  ist  der  Darstellung  der  Geschichte 
der  Diiferenzialrechnung  gewidmet,  und  beginnt  mit  der  Entwicklung  der 
Arbeiten  über  Quadratur  von  Gregorius  a  S.  Vincentio  (S.  70),  der 
«weiten  Tangentenmethode  Barrow's  (S.  73),  der  ziemlich  unbedeutenden 
Versuche  über  die  drei  Hauptprobleme  der  Tangenten,  der  Maxima  und  Mi- 
nima und  der  Quadratur  von  Tschirnhaus  (S.  78),  und  der  weit  wichti- 
gerea  Formeln  zur  Quadratur  von  Sturm  (S.  82).  Hier,  glauben  wir,  wäre 
auch  der  richtigere  Platz  für  Robe  rvals  Quadratur  der  Cycloidc  gewesen, 
zu  welchen  noch  P  ascals  Untersuchungen  hinzuzufügen  sind.  Ueberhaupt 
sind  die  Verdienste  dieses  Mathematikers  viel  zu  wenig  bekannt,  und  wir 
hoffen,  dass  ein  geistvolles  JÜEitglicd  der  Pariser  Akademie,  Herr  B  i  e  n  ay  m  e, 
sein  uns  mündlich  gegebenes  Versprechen  erfüllen  und  seine  Forschungen 
in  dieser  Beziehung  bald  veröffentlichen  werde. 

Die  Entdeckung  der  Differcnzialrechnung  durch  Leibniz  endlich  ist 
(S.  84 —  104)  mit  grosser  Gründlichkeit  vorgetragen,  wobei  der  Herr  Verf. 
die  trefflichen  Vorarbeiten  von  Guhrauer  und  Gerhardt  mit  Fleiss  und 
Einsicht  benutzt  hat.  Ein  besonderes  Gewicht  wird  mit  Recht  auf  den  bei 
Leibniz  selbst  nirgends  motivirten Wechsel  der  Ansichten  gelegt,  wonach 
er  die  Differenziale  bald  ohne  Weiteres  in  Rechnung  zieht  und  sie  unend- 
lich kleine  Grössen  sein  lässt;  bald  statt  ihrer  andere  endliche  Grössen 
nimmt,  die  nur  in  dem  Verhältnisse  stehen,  welches  man  Differenzialcvjxo- 


TbcÜ  besohr linken.  Allgemein  ftufigedrüekl  wäre  hiernacK  die  Aufgabe  der 
Differ^^u^ialreclinung  folgende:  ^^man  zerlege  den  DiSereaaenquotieütai  in 
iwei  Theile  nach  dem  Schema 


fp{_a:)  +  ^{^,h) 


i 


und  unteratiche^  ob  ^{^)  die  Änfangawirkniig  de»  h  d.  h<  diejenige  Wirfciiig 
von  h  iüt ,  wo  f(x)  noch  Funktion  von  *r  und  noch  nicht  von  ^  +  li  war; 
dann  hebst  ^(j^)  der  Differenzialq^uotient  von  f{-^)-^^  Nach  dieser  Erkll- 
rung,  die  sich  im  ßuche  selber  scharf  ausgesprochen  eigentlich  tilcht  findtt^ 
die  wir  aber  für  richtig  im  Sinno  des  Verf*  halten  müsfien^  weil  sie  aus  den 
Worten  der  S.  9  zusammengegetat  und  nur  dahin  verallgemeinert  bt,  dass 
f{x)  ,  ^  (j:),  ^{x,h)  statt  x"^  2  a: ,  A  gesagt  wurde,  scheint  es,  als  ob  dieDif* 
ferentiation  auf  eine  blosse  al geh raischr  Transformation  hinauskäme.  Frd^ 
Hell  scheint  es  auch  nur  so;  denn  erstens«  woher  weiss  denn  der  Verf*, da^i 
eine  Gleichung  von  der  Form  e)  möglich  ist,  und  zweitens,  wenn  sie  mo^- 
lieh  istf  welche  Operationen  sind  noth wendige  om  die  postulirte  Zarspaltung 

Ton  — — — ^ — -^-^  in  9  (a?)  und  ^  (*ar,  h)  auszuführen.    Ist  ferner  diese 
h 

Aufgabe  eine  bestimmte  oder  unbestimmte ,  kann  man  nicht  vielleicht  äitst 
Zerspaltung  auf  mehrere  verschiedene  Weisen  ausführen ;  welche  Zerlegung 
ist  dauu  die  richtige,  oder  was  auf  Dasselbe  hinauskommt,  woran  erkennt 
man,  dass  gj(.r)  die  Anfangswirkung  und  ip{^)  -|-  i^{^,  A)  die  Wirkung  des 
,, massenhaften '^  A  darstellt?  Das  Alles  sind  Fragen,  auf  die  wir  vergeblicfa 
aach  einer  bestimmten  klaren  Antwort  gesucht  haben^  Koch  schlimmer 
wird  die  Bache  in  der  Praxis  d.  h.  da,  wo  nun  wirklich  diese  und  jene 
Funktion  ffge  ariis  differenzirt  werden  soll.  So  spendabel  der  Verf.  mit  alt- 
gemeinen Redensarton  ist,  so  knauserig  ist  er  mit  dem  CalcüK  Die  poetu- 
Firte  Zerlegung  in  q>(x)  und  ^(a?,  A)  geht  freilich  recht  gut  bei  «*,  aber 
schon  bei  a'  muss  der  Verf.  den  allgemeinen  binoaischen  Sats  su  Hülfe 
nehmen,  um 

£g)  =  a'[-(l-«)-i(l-a)»-|(l-«)»-....l 

mühselig  genug  herauszubringen,  wobei  noch  sehr  die  Frage  ist,  was  maa 
für  a>  l  mit  der  divergenten  Reihe  anfangen  soll.  Hiermit  erreicht  der 
ganze  Calcül  sein  Ende ,  und  seltsam  genug  nimmt  sich  auf  S.  77  die  Be- 
friedigung des  Verf.  aus,  wenn  er  sagt:  „Damit  ist  die  Differenzialreob^ 
nung  beendet.  Denn  wenn  sie  die  Hauptrechnungsarten,  die  HauptreiheiK 
x^  x*^,  a'  differenzirt,  d.  h.  ihrer  Subtractivität  nach  verglichen,  mit  der 
Subtractivität  der  einfachsten  Reihe  a?,  welche  dx  ist,  gemessen  hat,  abo 
ihr  Sein  aus  ihrem  einfachsten  Werden ,  ihr  Integral  aus  ihrem  Diffexenzial 
begriffen  und  eine  Brücke  zwischen  beiden  erbaut  hat,  so  ist  die  Differen- 
zirung  aller  denkbaren  Funktionen  möglich  gemacht ,  da  alle  andern  un- 
endlich vielen  Reihen  oder  Ordnungen  und  Oesetzlichkeiten ,  die  in  die 
Vielheit  hineingebracht  werden  können,  nur  Nebenreihen  jener  Hanptreihen 
sind.^*  —  Woher  der  Verf.  weiss,  dass  z.  B.  sin  x  auf  «■•  oder  a*  aurtfckge- 
führt  worden  kann,  ist  uns  unbegreiflich,  es  müsste  denn  sein ,  dass  sieh 
der  Verf.  auf  die  Siuusreihe  beriefe,  die  aber  freilich  erst  durch  die  Dif- 
ferenzialrechnung  entwickelt  wird. 

Die  Stellung  des  Verfassers  ist  hiemach  mit  wenig  Worten  zu  bezeich- 


Literaturzeitung.  67 

nen.  Lagrange  setzte  die  Möglichkeit  einer  Entvickelnng  Ton  der 
Form 

woraus  nm  X^  als  ersten  Differenzialqnotienten  definiren  zn  können;  Herr 
Sloman  macht  die  Hypothese  einer  Zerlegung  nach  dem  Schema  c),  wo- 
bei aber  ^  (or,  h)  für  A  =  0  verschwinden  muss ,  wenn  (p  {x)  die  Anfangswir- 
kung von  h  sein  soll,  d.  h.  er  setzt  stillschweigend  den  Satz 

f{x+h)  =  f{x)+hr{x)+ih'r(^+^h) 

voraus,  um  nachher 

und  Bnf{x)  den  ersten  Differenzialqnotienten  zu  haben;  das  Eine  wie  das 
Andere  ist  ein  voxsqov  nQoxsQov.  In  der  Praxis  kommt  Beides  auf  dasselbe 
und  zwar  darauf  hinaus ,  dass  die  Differentiation  einer  Funktion  nicht  eher 
geschehen  kann,  als  bis  die  Funktion  selber  oder  eine  ihr  nahe  verwandte 
in  eine  unendliche  Beihe  umgesetzt  ist.  —  Das  heisst  die  Sachen  auf  den 
Kopf  stellen. 

Was  die  Darstellung  des  Verfassers  anbelangt,  so  haben  wir  derselben 
keinen  Geschmack  abgewinnen  können.  Eine  gewaltige  Breite  und  der 
Gebrauch  von  Ausdrücken  wie  „Absolutheil**,  „subtractive  Relativitlit**  etc., 
von  denen  keine  Definition  gegeben  wird ,  machen  die  Darstellung  schwer- 
fUlig  und  dunkel,  sodass  man  sich  oft  veranlasst  fUhlt,  den  bekannten 
Satz  „ein  klarer  Gedanke  lässt  sich  auch  klar  aussprechen ",  zum  Nach- 
theile' des  Verfassers  umzukehren.  Schlömilch. 


lehrbaoh  der  Mechanik ,  von  Dr.  G.  C.  J.  Ulric«,  ordentl.  Prof.  an  der 
Georg  -  Augusts  -  Universität  etc.  —  Erste  Lieferung :  die  Grund- 
lehren  über  Bewegung  und  mechanische  Kräfte,  sowie 
Statik  festerKörper  enthaltend.  —  Göttingon,  Dieterich*sche 
Buchhandlung.   ]86ö. 
Der  in  weiteren  Kreisen  namentlich  durch  sein  „Lehrbuch  der  prak- 
tiaehen  Geometrie*^  (Göttingen,  1832  und  33)  rühmlich  bekannte  Verfasser 
Unternimmt  in  dem  vorliegenden  Werke  in  einer  ähnlichen  Weise  die  durch 
ihre  mannigfachen  Anwendungen  im  praktischen  Leben  immer  wichtiger 
werdenden  mechanischen  Wissenschaften  zu  behandeln.    Nach  Inhalt  der 
Vorrede  hat  er  sich  dabei  die  Aufgabe  gestellt,  die  Grundlagen  dieser  Dis- 
eiplinen  gehörig  zu  erörtern  und  ihre  Entwickelung  klar  und  von  verschie- 
denen Gesichtspunkten  aus  zu  unternehmen,  so  dass  man  in  den  Stand  ge- 
setzt werde,  ein  richtiges  Verständniss  der  oft  für  schwierig  gehaltenen 
Xiebren  und  eben  dadurch  eine  Selbständigkeit  in  weiterer  Untersuchung, 
sowie  für  technische  Anwendungen  zu  erlangen.   Der  Gang  der  Entwicke- 
lung ,  welchen  der  Verfasser  bei  Behandlung  seines  Lehrgegenstandes  ein- 
eefalägt ,  weicht  in  so  mancher  Hinsicht  von  dem  gewöhnlichen  ab,  dass  der 
lteferent,wenn  ersieh  auch  nicht  allenthalben  mit  den  angebrachten  Neuerun- 
gen einverstanden  erklären  kann ,  den  Lesern  einen  nützlichen  Dienst  zu 
erweisen  glaubt,  indem  er  ihnen  den  Inhalt  des  vorliegenden  Theiles  des 
auf  einen  grösseren  Umfang  berechneten  Werkes  näher  angiebt. 


Van  dem  riehtigeii  Gesichtspunkte  ausgehend,  daes  man  ntiir  dtirch  die 
ErftcUeinuTJ*;en  rier  Bewegimg  zu  einer  kUren  Vorstelluüg  von  dem  geUtj- 
geu  könne»  was  Inder  M*^clia(iik  mit  dem  Namen  ,^  Kraft  ^*  bcsEeicIinet  wtnl 
bejginnt  das  Lehrbuch  mit  Entw  icke  laug  der  iinf  Bewegung  bezüglichen 
ßruüdbegrifte,  Varau&geÄchickt  ist  eine  kurze  Erörterung  über  die  allge^ 
mcuieu  Eigenschaften  der  Körper »  die  Bogriffe  der  Ma^se  und  Dichte,  «a- 
wie  Über  tlie  Ag^regatzustÄnde  (§.  1  und  2).  Wenn  hierbei  in  strenger  Fest- 
hfthung  einer  atomitttisehen  NÄtnranaicht  der  Unterschied  zwischen  den 
Velüin-  und  Massenverhältnisaen  der  Kfirpcr  lediglich  auf  Rechnung  der 
Porosität  gebracht  wird,  so  dürfte  der  Verfasser  in  dieser  fliusicht  wohl 
schwerlich  allgemeine  Beistimmung  finüen«  Dem  Referenten  wenigste*!!? 
scheint  es  schon  ha  didaktischer  Hinsicht  sweckniEssigeri  den  Begriff  der 
Masse  dahin  zu  verweisen,  wo  bei  Betrachtung  der  verschiedenen  Wir- 
kung derselben  Kraft  auf  verschiedene  X6rper  seine  Noth wendigkeit  be- 
dingt wird. 

Au  die  phötono'tniachc  Untersuchung  der  geradlinigen  gl  eich  Hin«  iget 
und  gleichförmig  beschleunigten  Bewegung  (§*  4  —  \*2)  sehlieset  sich  mit 
Einführung  des  Trägheitsgesetzes  die  Lehre  von  der  Kesaung  dtrr  bewe- 
genden Kräfte  durch  die  von  ihnen  nach  gleichen  Zeiten  herrührenden 
(Quantitäten  der  Bewegung  (§-  13 — 17\  sowie  ein  Excurs  tlber  die  Schwer- 
kraft, in  w^elchem  die  Gesetze  der  Fallbewegung  und  die  Atwood\che  Fall- 
maschine  zur  Sprache  kommen  (§.  18 — 21).  I>er  Verfasser  erläutert  bicr«tif 
die  Begrirt'e  der  mechanischen  Arbeit,  sowie  der  davon  herrührenden  le- 
bendigen Kraft  der  bewegenden  Masse,  wobei  nach  Belanger  füv  flu 
halbe  Product  der  Masse  in  das  Quadrat  ihrer  Geschwindigkeit  der  Naiue 
lebendige  Potenz  {putssance  mtt)  eingeführt  wird,  Znr  Krlnut^?rnng  riot 
Theorie en  sind  die  Bewegung^gesctxe  eines  in  gerader  Linie  schwingetideu 
materiellen  Punktes  untersucht ,  dessen  Schwingung  durch  eine  Kraft  be- 
dingt wird ,  welche  seinem  Abstände  von  einem  festen  Punkte  seiner  Bahn 
proportional  ist  (§.  22  —  28). 

Bis  hierher  sind  die  vom  Verfasser  zur  Verdeutlichung  der  mechani- 
schen Begriffe  an  mehreren  Stellen  benutzten  praktischen  Beispiele  so  ge- 
wählt, dass  sie,  wenn  dies  auch  nicht  immer  unmittelbar  ausgesprochen 
wird,  nach  dem  Standpunkte  der  vorgeführten  Theorie  zunächst  nur  anf 
die  Bewegung  materieller  Punkte  bezogen  werden  dürfen.  Jetzt  wendet  er 
sich  zum  Principe  der  Gleichheit  des  Druckes  und  Gegendruckes  (§.  29 — 3l), 
und  das  Bestreben,  auch  dieses  Princip  möglichst  anschaulich  zu  erläutern, 
führt  auf  einmal  znr  Lehre  vom  centralen  Stosse  fester  Körper ,  sowie  znr 
Theorie  des  Einrammens  der  Pfähle  (§.32  —  40).  Selbstverständlich  kann 
hierbei,  wo  die  Theorie  auf  die  Gleichheit  von  Druck  und  Gegendruck 
während  der  durch  den  Stoss  bedingten  Formveränderung  basirt  ist,  von 
blossen  materiellen .  Punkten  nicht  mehr- die  Rede  sein.  Es  ist  dies  nnn 
zwar  durchaus  auch  nicht  die  Ansicht  des  Verfassers,  wohl  aber  vermißst 
man  an  dieser  Stelle  das  vermittelnde  Band ,  wodurch  die  Bewegung  eines 
festen  Körpers  an  die  eines  seiner  Punkte  geknüpft  wird.  Der  Inhalt  der 
§§.  29  und  30  kann  wenigstens  hierzu  nicht  als  ausreichend  erscheinen; 
ebensowenig  rechtfertigt  sich  das  plötzliche  Auftreten  des  Schwerpnnkts- 
begriffes,  welcher  erst  viel  später  in  der  Statik  fester  Körper  seine  gehörige 


♦)   Cours  de  mccaniquc,  ou  Rcftumc  de  lepons  sur  la  dj/nwmque,  lastatique  ei  Iturs  ap- 
plicaiiowt  u  Vttrt  de  l'ingenieia\    Paris  1847.  " 


Literaturzeitung.  69 

Begründung  findet.  Das  Lehrbuch  giebt  nicht  an ,  für  welchen  Leserkreis 
es  zunächst  bestimmt  ist;  die  Vorrede  sagt  nur,  dass  es  mehrjährigen  aka- 
demischen  Vorträgen  des  Verfassers  seinen  Ursprung  verdankt.  Jedenfalls 
sind  Les^r  vorausgesetzt,  denen  eine  allgemeine  Kenntniss  der  besprochenen 
Gegenstände  nicht  abgeht;  ausserdem  würde  die  Herausreissung  eines 
Theilea  der  Dynamik  fester  Körper  aus  dem  Zusammenhange  sich  schwer 
rechtfertigen  lassen^  auch  wären  dann  Anticipationon  nicht  zulässig,  wie 
z.  B.  auf  S.  32,  wo  ein^  Masse  nach  Gewichtseinheiten  gemessen  wird,  wäh- 
rend erst  auf  S.  28  die  Proportionalität  von  Masse  und  Gewicht  zur  Unter- 
suchung gelangt  Gerade  für  einen  solchen  Leserkreis  dürfte  es  aber  am 
wenigsten  nöthig  sein ,  einem  erläuternden  Beispiele  die  logische  Verbin- 
dung des  Ganzen  aufzuopfern,  um  so  weniger,  als  an  der  Stelle,  wo  das 
Beispiel  aufgenommen  ist,  es  nicht  einmal  vollständig  durchgeführt  werden 
konnte.  Da  die  hierzu  nöthigen  Grundlagen  fehlen ,  so  ist  die  ganze  Stoss- 
theorie  eine  theilweis  ungenügende  geworden ;  so  muss  z.  B.  die  im  §.  33 
enthaltene  angenäherte  Berechnung  der  Zeit,  innerhalb  welcher  die  £r- 
scUeinnngen  des  Stosses  vor  sich  gehen  sollen ,  jeder  Erfahrung  widerspre- 
chen, da  sie  auf  der  Annahme  eines  während  der  Formverändomng  der  sich 
bertthrenden  Körper  constant  bleibenden  Druckes  basirt  ist.  Aehnliches  gilt 
von  der  Theorie  des  Pfahlrammens,  welche  die  Voraussetzungen  enthält, 
dass  Pfahl  und  Rammbär  als  absolut  hart  und  unelastisch  zu  betrachten  sind, 
und  dass  die  Tiefe,  um  welche  sich  der  Pfahl  senkt,  während  er  die  durch 
den  Stoss  bedingte  Geschwindigkeit  annimmt,  ausser  Betracht  gelassen  wer- 
den kann. 

In  den  §§.  41  bis  49  sind  die  Lehren  von  der  Zusammensetzung  und 
Zerlegung  der  Bewegungen  und  der  Kräfte  mit  einander  verknüpft  durch 
das  Naturgesetz,  dass  ein  materieller  Punkt,  auf  welchen  gleichzeitig  meh- 
rere äussere  Ursachen  wirken ,  sich  für  jede  derselben  gleich  empHinglich 
zeigt.  Bei  der  Zusammensetzung  zweier  geradlinigen  Bewegungen,  von 
denen  die  eine  gleichförmig,  die  andere  gleichförmig  beschleunigt  ist,  ver- 
misst  Referent  den  allgemeinen  Beweis  dafür,  dass  die  zusammengesetzte 
Bewegung  eine  parabolische  sein  müsse ,  indem  die  im  §.  47  enthaltene  ma- 
thematische Entwickelung  sich  nur  auf  das  Beispiel  der  Wurf bewegung  be- 
sieht. Der  Beweis  würde  dabei  eine  einfachere  Form  erlangt  haben,  wenn 
die  Coordinatenachsen  in  die  Richtungen  der  zusammenzusetzenden  Be- 
wegungen gelegt  worden  wären ;  das  rechtwinklige  Coordinatensystem  mit 
horizontaler  und  vertikaler  Achse  empfiehlt  sich  einzig  bei  Berechnung  der 
Wurfweite  und  Wurf  höhe.  Beiläufig  sei  bemerkt,  dass  für  die  Richtigkeit 
der  auf  S.  68  ausgesprochenen  Behauptung,  die  Parabel  verdanke  dem  Um- 
stände, dass  sie  Wurflinie  ist,  ihren  Namen,  der  Nachweis  schwer  fallen 
dürfte. 

Zur  Anwendung  der  für  die  Zerlegung  von  Bewegungen  aufgestellton 
Oesetae  sind  in  den  §§.  50  bis  64  die  einfacheren  Fälle  der  Lehre  von  den 
gezwungenen  Bewegungen  abgehandelt,  wobei  unter  Anderm  der  Begriff 
der  Centrifagalkraft  entwickelt  wird.  An  die  Untersuchung  der  vertikalen 
Bewegung  eines  schweren  Körpers  auf  gebrochener  und  krummer  Linie 
schliesst  sich  die  Theorie  des  einfachen  Kreispendels,  und  hieran  wieder 
die  des  conischen  oder  Centrifugalpendels.  Das  im  Allgemeinen  anerken- 
nnngswerthe  Bestreben  des  Verfassers,  die  theoretischen  Betrachtungen  so- 
fort durch  praktische  Beispiele  zu  erläutern ,  führt  ihn  hierbei  zu  einem 
Excnrs  über  den  Centrifugalregulator  bei  Dampfmaschinen ,  sowie  über  die 


ton  G*A.  Frank©  (ehemaligen  Eleven  der  poljrtechmteben  Betäub  sa 
Haanover)  ftngegebetie  slnureichQ  Verbefiserung  diesem  Apparates^  wonach 
dl©  SchwiBgiingÄpuakta  der  ScHwimgkngeln  gentithigt  werden ,  sich  anf  der 
OberÜÄclie  eines  KoUitian^paraboloidej^  a&u  bewegen.  Nur  will  es^eferea* 
ten  bedenken ,  als  ob  sich  dieser  gan^e  Exeurs  wieder  nicht  an  der  rechten 
Stelle  befinde ,  da  für  den  Uebcrgang  vom  mathemattscben  lum  matenellea 
Apparate  die  veruiitte laden  Anktitipfuogspuakte  febleti. 

Den  Scbluss  des  von  den  Grund  lehren  über  Bewegang  nnd  mechanische 
KrÄfte  handebdeu  Abschnitten  bildet  die  Theorie  der  relativen  Bewegung 
(§<  64 — 76),  worin  nach  dem  Vorgange  von  Uoriolls*)  diejenigen  Kr&ft6 
ermittelt  werden^  welche  einem  in  relativer  Bowegnog  befindlichen  mate- 
riellen Punkte  eine  hiermit  identii^che  abüoiute  Bewegung  ertheilen  würden. 

Der  zweite  Hauptabschnitt  enthält  die  Statik  der  festen  Körper,  wobei 
m  dem  vorliegenden  Theile  die  durch  die  Natur  des  Lehrabjecteä  bedingt« 
Anordnung  des  Stofiej)  im  Wesentlichen  dietielbe  bleibt,  wie  in  den  übrigen 
besseren  Lehrbüebem  der  Statik.  Nachdem  einleituugsweis  (§-  7@  —  69)  die 
Bedingungen  des  Gleichgewichten  für  solche  KräFte  ermittelt  sind,  welche 
au  demselben  materiellen  Punkte  aDgreifen^  wird  die  entsprechend  s  Unter- 
suchung für  Krfifte  mit  verachiedeiveu ,  in  starrer  Verbindung  stehenden, 
Aügrijf»2>ii^^^^u  geführt,  sowohl  für  den  Fall^  wo  die  Klcbtuugen  dieser 
Kräfte  in  einer  Ebene  (§.90 —  (19),  alä  wo  s»ie  beliebig  im  Kaume  gelegen 
sind  (§<  120  — 170).  Es  sseiehuet  sieh  dieser  ganze  Tbeil  durch  möglichst 
Yollatändige  Behandlung  aller  hierher  gehörigen  Fälle,  sowia  durch  ge- 
schickte  Verwendung  der  dazu  dienlichen  HQlfsmittel  ans-  Namentlich  ver- 
dient die  Art  und  Weise  Anerkennung,  in  welcher  die  Peius o tischen 
Kräftepaare  zu  geeigneter  Verwendung  gelangeo  \  dankenswerth  ist  auch 
jedenfalls  die  Aufnahme  der  bia  jetzt  in  den  meisten  Lehrbüchern  vermiss- 
ten  M  ö  b  i  u  s '  sehen  Untersuchungen  über  Sicherheit  und  Unsicherheit  des 
Gleichgewichtes ,  mit  Feststellung  der  Function ,  aus  deren  Vorzeichen  er- 
kannt wird,  ob  ein  gegebenes  Gleichgewicht  ein  fortdauerndes  oder  augen- 
blickliches sei. 

•  An  die  allgemeinen  Untersuchungen  über  Gleichgewicht  und  Bewegung 
schliesst  sich  die  Lehre  von  den  virtuellen  Momenten  (§.  171  — 185) ,  wobei 
auch  das  Historische  der  Entdeckung  des  wichtigen  Principes  der  virtuellen 
Geschwindigkeiten  und  die  bezügliche  Literatur  Berückaichtignng  erlan- 
gen. Den  Schlnss  der  ersten  Lieferung  bildet  die  Schwerpnnktstheorie ,  in 
80  umfönglicher  Behandlung,  dass  wohl  kaum  eine  dahin  einschlagende  Me- 
thode vermisst  werden  wird  (§.  184 — 235).  Auffällig  ist  es  Referenten  nur 
erschienen ,  dass ,  wie  in  vielen  andern  Lehrbüchern ,  so  auch  hier  das  Ver- 
dienst der  Entdeckung  der  centrobarischen  Methode  dem  Jesuiten  Gnldi- 
nus  zugeschrieben  wird,  ohne  dass  dabei  des  Alexandriners  Pappns  Er- 
wähnung geschieht. 

Ob  der  Verfasser  hiermit  die  Statik  der  festen  Körper,  deren  theore- 
tische Seite  die  vorliegende  erste  Lieferung  möglichst  erschöpfend  behan- 
delt hat,  als  vollendet  ansieht,  darüber  geht  dem  Referenten  jede  Kenntniss 
ab,  da  sich  nirgends  eine  Andeutung  über  den  Plan  der  Fortsetzung  des 
Werkes  vorfindet.  Wünschenswerth  wäre  es  jedenfalls ,  wenn  der  statische 
Theil,  der  sich  von  dem  vorausgehenden  allgemeinen  Abschnitte  durch  eine 


*)   Tratte  de  la  micanique  des  coi*ps  solides  et  du  calctd  de  Veffet  des  maeMnes,   Pa- 
ris 1844. 


Literaturzeitang.  67 

nen.  Lag  ränge  setzte  die  Möglichkeit  einer  Entwickelnng  Ton  der 
Form 

woraus  nm  JT,  als  ersten  Differenzialqnotienten  definiren  zu  können;  Herr 
Sloman  macht  die  Hypothese  einer  Zerlegung  nach  dem  Schema  c),  wo- 
bei aber  ^  {x,  h)  für  A  =  0  verschwinden  mnss ,  wenn  (p  {x)  die  Anfangswir- 
kung von  k  sein  soll,  d.  h.  er  setzt  stillschweigend  den  Satz 

f{x+h)==:f{x)+hr{x)+ih*r(^+^h) 

voraus,  um  nachher 

und  tLnf'{x)  den  ersten  Differenzialqnotienten  zu  haben;  das  Eine  wie  das 
Andere  ist  ein  vöxbqov  n^otsgov.  In  der  Praxis  kommt  Beides  auf  dasselbe 
und  zwar  darauf  hinaus ,  dass  die  Differentiation  einer  Funktion  nicht  eher 
geschehen  kann,  als  bis  die  Funktion  selber  oder  eine  ihr  nahe  verwandte 
in  eine  unendliche  Beihe  umgesetzt  ist.  —  Das  heisst  die  Sachen  auf  den 
Kopf  stellen. 

Was  die  Darstellung  des  Verfassers  anbelangt,  so  haben  wir  derselben 
keinen  Geschmack  abgewinnen  können.  Eine  gewaltige  Breite  und  der 
Grebrauch  von  Ausdrücken  wie  „Absolutheil^S  „subtractive  Relativität"  etc., 
von  denen  keine  Definition  gegeben  wird ,  machen  die  Darstellung  schwer- 
fällig und  dunkel,  sodass  man  sich  oft  veranlasst  fühlt,  den  bekannten 
Satz  „ein  klarer  Oedanke  lässt  sich  auch  klar  aussprechen",  zum  Nach- 
theile' des  Verfassers  umzukehren.  Schlömilch. 


Lehrbuch  der  Mechanik ,  von  Dr.  6.  C.  J.  Ulric«,  ordentl.  Prof.  an  der 
Georg  •  Augusts  -  Universität  etc.  —  Erste  Lieferung :  die  Grund- 
lehren  über  Bewegung  und  mechanische  Kräfte,  sowie 
StatikfesterKörper  enthaltend.  —  Göttingen,  Dieterich*sche 
Buchhandlung.   ]85ö. 
Der  in  weiteren  Kreisen  namentlich  durch  sein  „Lehrbuch  der  prak- 
tischen Geometrie"  (Göttingen,  1832  und  33)  rtthmlich  bekannte  Verfasser 
unternimmt  in  dem  vorliegenden  Werke  in  einer  ähnlichen  Weise  die  durch 
ihre  mannigfachen  Anwendungen  im  praktischen  Leben  immer  wichtiger 
werdenden  mechanischen  Wissenschaften  zu  behandeln.    Nach  Inhalt  der 
Vorrede  hat  er  sich  dabei  die  Aufgabe  gestellt,  die  Grundlagen  dieser  Dis- 
ciplinen  gehörig  zu  erörtern  und  ihre  Entwickelnng  klar  und  von  verschie- 
denen Gesichtspunkten  aus  zu  unternehmen ,  so  dass  man  in  den  Stand  ge- 
setzt werde,  ein  richtiges  Verständniss  der  oft  für  schwierig  gehaltenen 
Lehren  und  eben  dadurch  eine  Selbständigkeit  in  weiterer  Untersuchung, 
sowie  für  technische  Anwendungen  zu  erlangen.   Der  Gang  der  Entwicke- 
lnng ,  welchen  der  Verfasser  bei  Behandlung  seines  Lehrgegenstandes  ein- 
schlägt ,  weicht  in  so  mancher  Hinsicht  von  dem  gewöhnlichen  ab,  dass  der 
Referent,  wenn  ersieh  auch  nicht  allenthalben  mit  den  angebrachten  Neuerun- 
gen einverstanden  erklären  kann,  den  Lesern  einen  nützlichen  Dienst  zu 
erweisen  glaubt,  indem  er  ihnen  den  Lihalt  des  vorliegenden  Theiles  des 
auf  einen  grösseren  Umfang  berechneten  Werkes  näher  anhiebt. 


mmh  Benutasnng  tlrr  Olpichxing  A=  —  tiie  neue  Varlabele  r  tjmgßfUhrt  imd 
flSiluiTh  filr  die  GeHammtarbeit  auf  dem  Woge  *  d(^p  nicht  recht  vpMtSni- 

liehe  Ausdruck    /  in  p r//^  gewonnen.   Winl  dann  wfiiler  gesagt,  man  k  ö aae , 

ü 
wenn  iinf  dem  Wege  s  die  Gcsehwindigki^it  c^a  in  r  übergehe,  »tatt  der  Gren* 
Keil  df^s  vorstehenden  Intej^raleä  auch  Tq  "wd  c  üclireiben ^  so  ist  die*»  cme 
Form  der  Einführung  der  durch  eine  neue  VÄriftbcle  bedingten  infegrAl' 
grenseHf  die  mind^estena  olä  nicbt  vulik^nnuien  klur  bezeichnet  werden  iim«#. 
Derartige  Steilen  erscheinen  um  so  auffHUiger,  da  im  Uebrigen  die  analj* 
tischen  Untersuchungen  des  Verfassers  einer  gowiaaen  Eleganz  nicbt  eat* 
hehren. 

Ein  weiter  gehendeö  Urtheil  üher  das  vorliogisiide  Werk,  an  welchem 
Keferent  nocbumlÄ  dio  Keichtmltigkeit  de^  darin  behandelten  Materiala  h^f* 
Yorli*d>t»  mnss  bis  xu  der  Zeit  ^uruekgeimlten  werden^  wo  dasselbp,  r<vlka- 
det  vcirliogen  wird.  Hie  kü  erwartende  Fi»rt»et;siing  wird  jedenfalb  üele* 
gcnb<dt  gehen  i  darauf  zurückzukommen«  *  O^  Fom* 


i 


Programme, 

ß.  Die  geometrische HänrifltilL  Für  d  ie  Schule  bearbeitet  von  Dr.  M.  A,  F,  Pbe-' 
öTKi.,  Oborkdirer  am  Gj^mnaBium  zu  Emden,    Erstes  Buch,  Di* 

geometriachen  Üerter  nebst  128  Aufgaben,  Emden,  in  Coniiiiiii»iüii 

hf'i  X^>tfduKiriu   1^56. 

Nach  einer  längeren  Einleitung,  worin  die  Nachtheile  des  synthetischen 
Verfahrens  n.  A.  auch  mit  Zuziehung  Mephistophelischer  Kritik  (aus  der 
sogenannten  Schülerscene)  besprochen  werden,  erklärt  der  Verfasser,  der 
Zweck  seiner  Arbeit  sei,  die  Schüler  mit  den  Grundsätzen  bekannt  zu  ma- 
chen, von  denen  man  beim  analytischen  Verfahren  ausgeht,  die  Anwen- 
dung der  nöthigen  Regeln  zu  zeigen  und  endlich  die  Anfänger  durch  grup- 
penweis  zusammengestellte  Aufgaben  zur  Selbstthätigkeit  zu  veranlassen.  — 
Dem  entsprechend ,  wird  zunächst  das  analytische  Verfahren  im  Allgemei- 
nen charakterisirt  und  gezeigt,  wie  die  synthetische  Darstellung' aus  der 
umgekehrten  Anordnung  des  analytischen  Gedankenganges  entspringt.  Eine 
gewisse  Breite  der  Diction  abgerechnet,  findet  Referent  gegen  diese  Partie 
nichts  zu  erinnern ,  nur  der  Schlusssatz :  „  die  synthetische  Form  der  Dar- 
stellung macht  das  Wesen  alles  Dessen  aus,  was  man  mit  dem  Namen 
klassisch  bezeichnet'*  dürfte  eine  gewagte  Behauptung  sein,  da  es  hier- 
nach sehr  leicht  wäre,  klassisch  zu  schreiben  und  da  andererseits  auch  viele 
unbezweifelt  klassische  Werke ,  wie  z.  B.  die  Thdorie  analytique  des  proba- 
bililes,  nicht  synthetischer  Natur  sind.     Der  Abschnitt  IL,   „Regeln  für 
geometrische  Untersuchungen'*  betitelt,  enthält  einen  Versuch ,  das  Erfin- 
den zu  lehren.  Der  Verfasser  hat  sich  offenbar  viel  Mühe  mit  diesem  Theile 
gegeben,   ob  er  aber  etwas  damit  erreichen  wird,   möchte  zu  bezweifeln 
sein.   Das  Erfundene  begreifen  kostet  nur  Arbeit,  selber  erfinden,  verlangt 
Talent,  und  wo  dieses  fehlt,  helfen  auch  die  Regeln  nichts.    Ohnehin  sind 
letztere  meistens  so  allgemeiner  Natur,  dass  sie  wenigstens  Schüler  kaum 


Literaturzeitung.  69 

Begründung  findet.  Das  Lehrbuch  giebt  nicht  an  ,  für  welchen  Leserkreis 
es  zunächst  bestimmt  ist;  die  Vorrede  sagt  nur,  dass  es  mehrjährigen  aka- 
demischen Vorträgen  des  Verfassers  seinen  Ursprung  verdankt.  Jedenfalls 
sind  Les^r  vorausgesetzt,  denen  eine  allgemeine  Konntniss  der  besprochenen 
Gegenstände  nicht  abgeht;  ausserdem  würde  die  llerausrebsung  eines 
Thciles  der  Dynamik  fester  Körper  aus  dem  Zusammenhange  sich  schwer 
rechtfertigen  lassen^  auch  wären  dann  Anticipationeu  nicht  zulässig,  wie 
z.  B.  auf  S.  32,  wo  einf.  Masse  nach  Gewichtseinheiten  gemessen  wird,  wäh- 
rend erst  auf  8.  28  die  Proportionalität  von  Masse  und  Gewicht  zur  Unter- 
suchung gelangt.  Gerade  für  einen  solchen  Leserkreis  dürfte  es  aber  am 
wenigsten  uöthig  sein ,  einem  erläuternden  Beispiele  die  logische  Verbin- 
dung des  Ganzen  aufzuopfern,  um  so  weniger,  als  an  der  Stelle,  wo  das 
Beispiel  aufgenommen  ist,  es  nicht  einmal  vollständig  durchgeführt  werden 
konnte.  Da  die  hierzu  nöthigen  Grundlagen  fehlen ,  so  ist  die  ganze  Stoss- 
theorie  eine  thoilweis  uugenügende  geworden ;  so  muss  z.  B.  die  im  §.  33 
enthaltene  angenäherte  Berechnung  der  Zeit,  innerhalb  welcl^er  die  Er- 
scheinungen des  Stosses  vor  sich  gehen  sollen ,  jeder  Erfahrung  widerspre- 
chen, da  sie  auf  der  Annahme  eines  während  der  Formveränderung  der  sich 
berührenden  Körper  constant  bleibenden  Druckes  basirt  ist.  Aehnliches  gilt 
von  der  Theorie  des  Pfahlrammens,  welche  die  Voraussetzungen  enthält, 
dass  Pfahl  und  Rammbär  als  absolut  hart  und  unelastisch  zu  betrachten  sind, 
und  dass  die  Tiefe,  um  welche  sich  der  Pfahl  senkt,  während  er  die  durch 
den  Stoss  bedingte  Geschwindigkeit  annimmt,  ausser  Betracht  gelassen  wer* 
den  kann. 

In  den  §§.  41  bis  49  sind  die  Lehren  von  der  Zusammensetzung  und 
Zerlegung  der  Bewegungen  und  der  Kräfte  mit  einander  verknüpft  durch 
das  Naturgesetz ,  dass  ein  materieller  Punkt ,  auf  welchen  gleichzeitig  meh-- 
rere  äussere  Ursachen  wirken ,  sich  für  jede  derselben  gleich  empHinglich 
zeigt.  Bei  der  Zusammensetzung  zweier  geradlinigen  Bewegungen,  von 
denen  die  eine  gleichförmig,  die  andere  gleichförmig  beschleunigt  ist,  ver- 
misst  Referent  den  allgemeinen  Beweis  dafür,  dass  die  zusammengesetzte 
Bewegung  eine  parabolische  sein  müsse,  indem  die  im  §.  47  enthaltene  ma- 
thematische Entwickelung  sich  nur  auf  das  Beispiel  der  Wurf  bewegung  be- 
zieht. Der  Beweis  würde  dabei  eine  einfachere  Form  erlangt  haben,  wenn 
die  Coordinatenachsen  in  die  Richtungen  der  zusammenzusetzenden  Be- 
wegungen gelegt  worden  wären ;  das  rechtwinklige  Coordinatensystem  mit 
horizontaler  und  vertikaler  Achse  empfiehlt  sich  einzig  bei  Berechnung  der 
Wurfweite  und  Wurf  höhe.  Beiläufig  sei  bemerkt,  dass  für  die  Richtigkeit 
der  auf  8.  68  ausgesprochenen  Behauptung,  die  Parabel  verdanke  dem  Um- 
stände, dass  sie  Wurflinie  ist,  ihren  Namen,  der  Nachweis  schwerfallen 
dürfte. 

Zur  Anwendung  der  für  die  Zerlegung  von  Bewegungen  aufgestellten 
Gesetze  sind  in  den  §§.  50  bis  64  die  einfacheren  Fälle  der  Lehre  von  den 
gezwungenen  Bewegungen  abgehandelt,  wobei  unter  Anderm  der  Begriff 
der  Centrifugalkraft  entwickelt  wird.  An  die  Untersuchung  der  vertikalen 
Bewegung  eines  schweren  Körpers  auf  gebrochener  und  krummer  Linie 
schliesst  sich  die  Theorie  des  einfachen  Kreispendels,  und  hieran  wieder 
die  des  conischen  oder  Centrifugalpendels.  Das  im  Allgemeinen  anerken- 
nungswerthe  Bestreben  des  Verfassers,  die  theoretischen  Betrachtungen  so- 
fort durch  praktische  Beispiele  zu  erläutern.,  führt  ihn  hierbei  zu  einem 
Excurs  über  den  Centrifugalregulator  bei  DamipfmÄa^Yivii^XL^  ^v«\ä*^^x  ^^ä 


Amiaii  iH  sdenze  matemaiiche  et  ß^iehe,  compilaii  par  B*  ToHoImu   1656;  ÜTaI' 

3,  4.   Eamü ,  tipogntfiu  tkUt  belle  arU. 
Effemeridi  aslronomiclte  di  Miiofto  det  urmo  1867,    Milane-  (Mtltioh^n ,  Ptiui). 

JmeHcmi  Ephen\eri9  and  nattHcal  Almanac  fnr  ike  yeat  1Ö68  \  puhlhh^d  h^j  Au(h 

Hit/.    Wmhingiütu 
Luuar  Jlmmmc  attä  Melforoiogicat  Ephemer ii  for  1857.  Lon^mi^  Srnplin.    I  ih. 

Reine  Hatlidmatik. 

BaETfiCHKKiBüR,  C  A» ,  Pfof,  Dr.  System  der  Arttbmetik  and  A^a* 

1  j  g IS.    I.  Lehrgang.    J^ua ,  Mauke.  1£  Kp. 

MfissEL,  Dr.  E.  F.    Eepetitor  der  Etementar*  Mutb^^mati  k.  Dct« 

ÜB ,  artiBtifiche  Anstak.  ^j^  Tlih 

ä£jD£Lf  L.    Beinerklingen  ftb«r  den  Zneammeu  hang  a  wie«  heo 

^^^L.  dem  BUilungs^eset^e  eineeKettenbrußhefi  und  der  Art 
^^^P  des  Portgangs  seiner  N  äherungs  brtiehe«  (Aus  d^.  Al»haQdl 
I  der  Bair.  Akad.  d.  Wbseuöch,)  Manchen,  Fraßz  in  Comm.     n,  l6NgT. 

I  HiGCKi:,  Prof.  Die  Rechnung  mitRichtnngszahlen  oderdte^^o- 
I  ,  metrische  Behandlung  imaginärer  Grös^on.  Btutt^arti 
L  Metzler.  1%  Tblr 

H  Sl.o5L4K,  Versuch^  die  Diff erenzialrechnung  auf  andere  &la  dio 
■  bifiher  Ige  W  eise  zu  begründe  n.    Paris^  Gläaer.  l  Tblr- 

I  BouvROY ,  Generalmajor  W.  li,  v.  Sammlung  Ton  algebr  aischeo 
I  Aufgaben   und   deren    Auflösnngeji.      Dresden,   Adler  imd 

W-  Dietze.  ^Tlrlf. 

Balsam,  Gymn.- Lehrer.    Leitfaden  d  er  Planimetrie  nebsteiner 
•  geschichtlichen  Üeb ersieht    Stettin,  Grasamann.       n.  läN^- 

Glasl,  Prof.  Geometrie  für  Sonntags-  u,  Gewerbschnlent  WiptIt 
Gerold*«  Sohn.  JZNgT, 

KoMMERELL,  Dir.  Schulbuch  der  ebenen  Geometrie*  Tübingen, 
Buchhandlung  Zu  -  Guttcnberg.  n.  %  Thlr* 

Hellw'iq^  Lehrer.  Das  Problem  de^  Ayollauius  nehsi  daa  *£keo~ 
rien  der  Potenzörter,  Aehnlichkeitspnnkte,  Pole  undPo- 
laren  etc.   Halle,  Schmidt.  n.  *iliTblr. 

Commercium  epistolicum  /.  Collins  et  aliorum  de  dnalysi  promota  etc,^  reimprtf^ 
sur  Vidition  originale  de  1712  avec  tindication  des  vitriantes  de  f^diHon  d^ 
1722,  complelä  par  une  collection  de  pieces  justificaHves  ei  de  documeni^' 
puhlie  par  B.  Biot  et  J.  Lefbrt.  Paris.  5  ThV«' 

Tables  des  logarithmes  pour  les  nombres  et  les  sinus  ä  cinq  decimales,  par  /.  i^ 
lande,  revues  par  le  haron  Raynaud.   Paris  ^  Mallei -Bachelier,  ^r^ 

Angewandte  Mathematik. 

Bauernpeind ,  Prof.  Dr.  Elemente  der  Vermessungskunde.  I.  Bd  - 
die  Messinstrumente  und  ihr  Gebrauch.  Mit  HolzscHnitten  im  Text^ 
München,  litterarisch- artistische  Anstalt,  n.  2  Thlr.  24Ngr.  (3  fl.  48  xr.  rL-- 

Die  Declination  der  Sonne  und  Zeitgleiche  fttr  die  Jahre  1^6  b^ 
1860  nach  dem  Meridian  von  Greenwich.  Hamburg  (Leipsig,  6e^ 
hard).  %Thl^ 


Literatorzeitung.  75 


Anleitung  lar  militärischen  Aufnahme,  mit  den  Vorstudien  der 
Terrainlehre  und  Situationszeichnung.  Von  W.  K.  2.  Aufl.  Olmütz, 
Hölzel.  n.  1%  Thlr. 

Mabin,  Prof.  Elemente  der  Maschinenlehre  für  Oberrealschn- 
len.    2.  Hälfte.  Brunn,  Buschak  u.  Irrgang.  compl.  n.  2  Thlr. 

Büro,  A.  ▼.  lieber  den  Einflussdes  Maschinenwesens  auf  un- 
sere socialenVerhältnisse.  Wien,  BraumtillerinComm.   n.4Ngr. 

Precis  de  mecanique  iheorique  et  applique  pour  renseignemeni  des  lycdes ;  par 
M.  Deguin.   Paris,  Eug.  Belin. 

A  Courte  of  practieal  Geometry ;  by  W.  Pease.  3.  edii.  London.  2  sh.  6  d. 

The  Prindples  of  UydrosUttics ;  by  Thomas  Webster,  4.  edit.  Cambridge,  Deighton 
Beü  &  Comp.  7  sh.  6  d. 

The  Theory  of  the  Motion  of  Flmds;  by  the  same  Auihor.  By  the  same.         9  sh, 

Lunar- Motion,  Correspondeiice  beiween  iMe  Astronomer  Roy/ü  et  Mr,  Symon  on 
ihis  tubject,  with  the  arguments  on  each  side.    Groombridge.  1  sh. 

Physik. 

Fbick,  Prof.  Dr.  Anfangsgründe  der  Natnrlehre.  3.  Aufl.  Mit 
.  Holzschnitten  im  Texte.    Freiburg  im  Br. ,  Wagner.  n.  27  Ngr. 

Habckeb,  P.  W.  Zur  Theorie  des  Magnetismus.  Nürnberg, 
J.  L.  Schmidt.  2  Thlr. 

Physikalisches  Lexicon  von  0.  Marbach,  fortges.  von  S.  Cornelius. 
3.  Aufl.    Lieferung  45  bis  48.    Leipzig,  0.  Wigand.  k  %  '^^^^r. 

CoRNBLius,  Dr.  C.  Grundriss  der  physikalischen  Geographie. 
2.  verb.,Aufl.   Halle,  Schmidt.  n.  %  Thlr. 

Baumoaertner ,  Dr.  A.  v.  Das  mechanische  Aequivalent  der 
Wärme  und  seine  Bedeutung  in  den  Naturwissenschaften. 
Vortrag  in  der  feierl.  A^aflemiesitzung  vom  80.  Mai  1856.  Wien,  Brau- 
müller.  4  Ngr. 

Hoffmann,  F.  Zur  Widerlegung  der  absoluten  und  bedingten 
Atomistik.   Leipzig ,  Bethmann.  %  Thlr. 

Prestsl,  Gymn.-Lehrer  Dr.  Tabellarischer  Grundriss  der  Ex- 
perimentalphysik.   Emden  (Leipzig,  F.Fleischer).         n.  1  Thlr. 

HiNBiCHS,  Gust.  Die  elektrormagnetische  Telegraphie;  mit  einer 
Telegraphenkarte  von  Mitteleuropa.  Hamburg,  Perthes,  Besser  und 
Mauke.  n.  %  Thlr. 

Das  Windsystem  oder  die  Luftbewegungen  an  der  Erdober- 
fläche und  in  den  höheren  Regionen  der  Atmosphäre.  Von 
Dr.  Lartigüe.  Nach  der  2.  Aufl.  deutsch  bearb.  von  D.  Trübst.  Wei- 
mar ,  Voigt.  %  Thlr. 

Observations  mStcorologiques  faitcs  ä  TObservatoire  imp.  de  Paris  pendant  les  an- 
ndes  1854  et  1855.    Paris.  1%  Thlr. 

ikiwrs  dePhysique  redigi  conformement  aux  programmes  officiels  etc.par  M.  Peyrc. 
'  3.  Edition.  Paris  chez  Delalaiu.  4  fr.  50  c. 

JSxpoiä  des  applications  de  telectricitci  par  le  vicomte  Th.  du  Moriel.  Tome  1. 
Notions  technologiques.    Paris ,  Hachette.  5  fr. 


7ß 


ilcratnrxiMtmig. 


Solution  r/un  prahlhm  ^aconstiqu^  nnfStenU'*   Iah  phfftiqu^  ei  mafhemutique  dt  k 
fjfimmß  ei  de  la  dimthn  tk  »Ci  itiicrvaftes  i  par  Muf/.  Vignonu    Pahi,  Firmm 

The  SicreoscopPt  its  Histury,  Theory  and  (^nsiruction  r  bif  Pm^id  Brewiter.  hfh 
dm ,  Murra^^  *  a  *A.  6  i 

Theortj  üfthß  nmrts,  htj  Capium  Wilke»  ü,  S.  N*  New  Yürk* 
Hnmlbimk  of  Ekctridt^,  Magnetitm  and  AcouBfia ;  hy  I>r,  Lntdner.  Li^ndon.  &ci 
Httnaicfn,  Vhr.    Brn  mngnfdskv  Inrtinatiöns  Füranderinfj  t  dfn  nurdti^f.  tm 
pfreHf  Zme,    Leipzig ^  Lorck.  I  Thlr, 


fr^% 


l>r  uckfehlor» 


\  - 

3 


In  den  Fonneln  27)  und  28)  des  Aufsatzes  XI.  ist  rechter  Hand  ^hF'ix)  darcb 
4  A  A  F'  {x)  zu  ersetzen.  ^ 


Druck  voq  B.  G.  Tcubncr  in  Dresden. 


Literatnraeitung.  73 


gebranchen  können.  Wenn  es  s.  B.  in  11.,  S  heisst  „man  zerlege  die 
Schwierigkeit  in  so  viel  Theile  als  möglich ",  so  ist  erstens  die  Frage ,  w  o 
eigentlich  die  Schwierigkeit  steckt  und  zweitens,  wie  sie  zerlegt  werden 
soll.  Ebensowenig  nützt  es  etwas,  wenn  der'Verfasser  in  Beziehnng  anf 
die  Hülfslinien  sagt:  „Hat  man  die  Aufgabe  sorgfältig  durchdacht,  so  wird 
man  durch  die  in  ihr  enthaltenen  Bedingungen  in  der  Regel  schon  auf  die 
nüthigen  Hülfslinien  hingeführt*^;  denn  das  Aufsuchen  der  Hülfslinien  ist 
meistens  schwer  und  jenes  „in  der  Regel**  möchte  nur  bei  sehr  leichten 
Aufgaben  wahr  bleiben. 

Für  weit  verdienstlicher  hält  Referent  den  letzten  Abschnitt  „Aufga- 
ben und  geometrische  Oerter.**  Der  Verfasser  stellt  nttmlich  Ghruppen  von 
Aufgaben  in  der  Weise  zusammen ,  dass  eine  oder  zwei  unbestimmte  Auf- 
gaben den  Anfang  einer  solchen  Gruppe  bilden,  und  dass  nachher  eine 
Schaar  von  bestimmten  Aufgaben  folgt,  die  sich  mittelst  der  aus  jenen  un- 
bestimmten Aufgaben  abgeleiteten  geometrischen  Oerter  leicht  lösen  lassen. 
Diese  Anordnung  bietet  den  Vortheil,  dass  sie  die  Ansprüche  auf  Talent 
zur  Erfindung  auf  ein  Minimum  reducirt  ohne  die  Selbstthätigkeit  des 
Schülers  aufzuheben.  Hauptsächlich  dieser  Aufgabensammlung  wegen 
glaubt  Referent  das  Prestel'sche  Schriftcheiv  den  Schulmännern  zur 
Beachtung  empfehlen  zu  müssen. 


SCHLÖMILCH. 


Bibliographie 

vom  1.  Juni  bis  15.  August  1856. 


Periodiiche  Sohriften. 

Berichte  Über  die   Verhandlungen  der  K.  S.  Gesellsch.  der 

*  Wissenschaften  zu  Leipzig.    Mathem.  phys.  Classe.    Jahrgang 

1856.  I,   Leipzig,  Hirzel.  n.  %  Thlr. 

Sitzungsberichte  der  Ka'iserl.  Akademie  der  Wissensch.  zu 
Wien.  Mathem.  -  naturwissensch.  Classe.  Bd.  XVHI ,  Heft  2 ,  Jahrg. 
1855.  Wien,  Braumüller  in  Comm.  n.  1%  Thlr. 

Dieselben  Bd.  XIX,  Jahrg.  1856.   Heft  l  und 3.  Ebendas.     n.  1%  Thlr. 

Abhandlungen  der  mathem.  -  phys.  Classe  der  K.  Bai eri sehen 
Akademie  der  Wissenschaften.  Bd.  VII.  Abth.  3.  (In  der  Reihe 
der  Denkschriften  Bd.  XXVIII).  München  1855,  Franz  in  Commission. 

n.  3  Thlr.  (3  fl.  36  xr.  rh.) 

Vierteljahresschrift  der  naturforschenden  Gesellsch.  in  Zü- 
rich. Red.  V.  R.  Wolf.  I.  Jahrg.,  I.Heft.  Zürich,  Höhe  in  Comm. 
pr.  4  Hefte:  n.  3  Thlr. 

Archiv  der  Mathematik  von  J.A.  Orunert.  Theil 36 ,  Hefte  2  und  3. 
Greifswald,  Koch. 

Journal  de Maihematiques  pures  eiappliquees;  par  J. lAouville,  Deu- 
xieme  sirie,    Tome  i,  cahiers  3,  3,  4, 5.   Paris y  Maltet- Bachelier. 

LUeralurzt^.  (L  Zeilsehr.  f.  Math.  a.  Phys.  L  ^ 


proteatirt)  der  Trigonometrie  voraus^esetit  Ebefl  so  erlaubt  wÄre  e«  gp- 
wesen^  auch  dfts  Wichtigste  über  Reihe  nconvergeiiK  äIs  bekannt  anÄusetieo 
und  dadurch  gründlichere  Betrachtungen  zu  erzielen «  als  die  sind,  auf 
Vrelehe  z.  B.  die  Berechnung  von  e  (S.  42}  sich  stützt.  Wir  sind  der  Mei- 
nung ^  daas  alle  diese  sogenannten  elementaren  Entwicklungen  dea  Datür- 
üchen  Expoueutialaystemä  doch  nur  nogenUgend  auffallen  roasseu,  und  dass 
man  daher  entweder  auf  dem  Boden  der  Änalysia  sich  hewfgen  soll,  oJer 
zugestehen,  dass  mau  hier  eine  noch  nicht  ausgefüllte  (vielleicht  uicbtau^ 
zufüllende)  Lücke  vor  sieh  habe. 

Bei  seinen  Vorleanngen  über  Aualysia  pflegt  Referent  folgenden  Gaug 
einzuschlagen  j  der^  wie  er  glaubt,  noch  nicht  veröfTt^nt  licht  iüt.  Die  Reibe 
für  e^  wird  nach  Cauchy  entwickelt  und  dann  als  Definition  der  Foteot 
im  allgemeinsten  Sinne  gegeben.  Hierauf  wird  als  Argument  dieser  Funk- 
tien  e^  der  Werth  xj/ —  1  eingesetzt,  wodurch  die  Gleichung  eutateht 


V        1.3^1,3.3.4  7       '^  Vi        K33^1-^.3A5       / 

In  der  Eletnentarmathematik  wurde  aber  bewiesen  ^  dasß  wenn  ein 
Punkt  der  Zahlenebene  gegeben  war  ^  zu  dem  ein  Weg  führte ,  der  tlieili 
direct  (d*  h.  positiv  oder  negat^r),  theila  lateral  war,  jener  erste  Tlieil  «U 
Cofitnus ,  jener  zweite  als  Sinns  eines  Bogens  9  betrachtet  werden  knatite, 
während  der  Radius  als  neue  Einheit  genommen  wurde.  In  dieseiu  FfAk 
wird  daher 

1.2       1.3,3*4  ^*        l         K3,a^l.3.3,4.5 

zu  setzen  sein.  Der  Bogen  q>  ist  unbekannt,  wird  aber  auf  irgend  eine 
Weise  von  x  abhängen.  Wir  führen  daher  die  neue  Bezeichnung  ein,  dass 
wir  die  erstere  Reihe  (also  cos  g>)  jetzt  cos  x  nennen  wollen ,  und  ebenso 
werden  wir  den  sin  q>  jetzt  sinx  nennen,  wo  also  x  irgend  eine  Zahl,  keine 
Drehung  bedeutet. 
Fanden  wir  nun 

e*'^'^^  =  cos  X  -{-  // —  I  ^iVi  x, 
so  wird  ganz  analog 

e-'^^^  =  cos{—x)+y^^\sin{  —  x) 

sein  müssen.  Wir  werden  aber  auch  —  x  ]/—  1  für  den  Exponenten  in  die 
Exponentialreihe  substituiren  können  und  erhalten  alsdann 

^^xl^—i  -^^Qg  ^  —  y —  1  ^  sinx. 

So  ergiebt  sich ,  dass  auch  in  der  neuen  Bezeichnung : 

cos  ( —  x)  =  cos  x,     sin  ( —  o;)  =  —  sin  x, 

wie  es  sich  bei  Drehungen  bekantermaassen  verhält. 
Werden  ausserdem  die  beiden  Gleichungen: 

«*'^— '  =  cos  fp  +  y —  1  •  ^m  9),    e—'Y—  i  ^-^cosfp  —  j/ —  l  .sin(p 

multiplicirt  und  in  Erwägung  gezogen,  dass  schon  in  den  Elementen  der 
Satz  (cot  fp)*  +  {sin  9))'=  1  bewiesen  wurde,  so  ist  evident 


Literaturzeitung.  79 

woraus  folgt,  daas  die  Rechnung  mit  ExponentialgröDsen  mit  lateralen  Ex- 
ponenten ganz  auf  dieselbe  Weise  ausgeführt  wird ,  wie  die  mit  directen 
Exponenten.  Seferent  fühlt  wohl,  dass  auch  dieser  Beweis  noch  nicht  voll- 
kommen streng  ist,  glaubt  aber  in  diesem  analytischen  Wege  die  richtige 
Methode  gefunden  zu  haben,  die  nur  noch  der  Ausarbeitung  bedarf. 

Es  scheint  uns  diesen  analytischen  Weg  schon  deshalb  vorzuziehen, 
weil  dadurch  es  je^em  Geschmacke  freigestellt  bleibt,  ob  man  die  Zahlen- 
ebene als  blosses  Bild  benutzen  will  oder  mit  dem  Herrn  Verfasser  die  De- 
finition der  Zahl  (8.  1 10)  als  einer  nach  einer  bestimmten  Einheit  gemesse- 
nen graden  Linie  aufstellt. 

Unter  den  vielen  schönen  Anwendungen ,  welche  ein  Drittel  des  gan- 
zen Buches  ausmachen ,  heben  wir  besonders  die  Methoden  hervor ,  mittelst 
deren  angenäherte  Rectificationen  und  Wurzelausziehungen  erzielt  werden. 

n 

Letztere  beruhen  auf  dem  eleganten  Satze,  dass  wenn  y  A  =x  und  a  ein  zu 
kleiner  Näherungswerth  von  x  ist,  immer  die  Grenzen  existiren : 

Auch  die  Discussion  der  quadratischen  (S.  96)  und  cubischen  Gleichungen 
(S.  100)  ist  voller  Interesse. 

Am  Schlüsse  finden  sich  noch  historische  und  literarische  Notizen,  zu 
welchen  einige  Zusätze  erlaubt  sein  mögen ,  die  wir  zum  Theile  unserem 
oben  erwähnten  eigenen  Leitfaden  entnehmen : 

FranfoiSyNouveauarprincipes  de  gSomdtrie  de  position  in  Gergonnes  Annales 
des  moMmatiques  Tome  IV,  pag,  61  {ann^e  1813)  bedient  sich  bei  richtigen 
Ansichten  der  Zeichen 

!.  =  +,     1»  =  -;    ^n  =  V=^.     1  ,,=^->crf. 

t  I      • 

In  demselben  Bande  pag.  153  beansprucht  Arg  and,  Essai  sur  une  ma- 
niire  de  reprSsenter  les  quantitäs  imaginaires  dans  les  consiruction  g^om^triques, 
die  Priorität  dieser  Ansichten  unter  Berufung  auf  eine  Schrift  desselben 
Titels  wie  der  Aufsatz,  welches  letztere  vom  Herrn  Professor  Riecke  auf 
8.  162  angeführt  ist. 

Endlich  bemerkt  Cauchj  in  einem  Aufsatze  in  den  Comptes  rendus  de 
tmeadämie  des  sciences  (J.  29,  1849,  pag.  2&0):  ^^sur  les  quantites  g^omSlriques'', 
welcher  gleichfalls  hierher  gehört ,  als  Anmerkung :  Une  grande  pariie  des 
risuUals  de  ces  recher ches  avaient  iti^  ä  ce  quil  parait,  obtenue  mime  avant  le 
sUcle  priseni  ei  dis  Tannie  1786  par  un  savani  modeste,  Mr.  Henry- Dominique 
Trueif  qui  apris  les  avoir  consignSs  dans  divers  manuscritSy  les  a  commumquäs, 
vers  fannäe  1810,  d  Mr.  AugusUn  Normand  constructeur  de  vaisseaux  au  Havre. 

Zum  Schlnss  müssen  wir  noch  die  sorgfältige  Ausstattung  erwähnen, 
indem  uns  nur  ein  Druckfehler  aufgcstossen  ist.  Auf  S.  170  wird  nämlich 
der  Verfasser  der  Eludes philosophiques  sur  la  science  du  calcul  V alias  ge- 
nannt, während  er  Vall^s  heisst. 

*  Möge  die  Schrift  recht  viele  Leser  finden  und  den  vom  Herrn  Verfasser 
gewünschten  Erfolg  im  vollsten  Maasse  haben.  Cantok. 


Theorie  der  Determinaiiten  tmd  ihre  hampUäehlicheteu  Anwendluigni, 
Von  Dr.  Frahtcesco  BmoBCiii,  Proff^ssor  aii  der  UntvcrsiUit  Fmk, 
Aus  dem  Italiiinischen  übersetzt  Mit  einem  Vorwort  von  Prof. 
SoHELLBACH.    BerHn  ,  Verlag  von  Duncker  &  Hnroblot.   I85di 

B^i  der  Auf Ii)suDg  HneÄter  Glekliutigen  zwischen  mehreren  Unbekauo- 
ten  »tiSsfit  m&n  bekannllicli  auf  gewisse  Funktiooeii  der  Coeffidenten,  wekli* 
Funktionen  früher  (von  Cramer  und  BeÄOnt)  Kesttltantezi  genannt  wnt* 
den,  gegenwärtig  aber,  nach  dem  Vorgange  von  Gaoas^  aUgetneln  Deter- 
minanten heiiüEäen«    Bei  ^^wei  Gleichungcxn  z.  B. 

ist  der  gemeinseh^ftliche  Nenner  von 

X  t=  -^— = ^—^  und  y^^  — -z* 

die  Deternünante  aus  den  Elementen  an  ^i ,  6j ,  &, ;  die  ZlHler  »md  «^lelcTi- 
r»lia  Deternitnanten  und  entstehen  dadurch,  dass  tnati  einmal  «ti  ^  tt^^  u^^^i 
das  andere  Mal  &|,  b^  durch  A^ ,  k^  ersetzt,  In  gleicher  Wei«e  get^hieht  dit 
Auflösung  der  drei  üleichuugen 

ajX+  hilf  +  e^z  ==*,, 

man  bildet  sunäehit  die  Determinante  dritter  Ordnung 

f  (ö,  b,  c)  =  flj  6, Ca  —  ff,  fe^r,  +  cf, Ä, r,  —  at  ^  r,  +  a^ &j  r,  —  a^b^  ft 
und  hat  nachher 

''—  na,b,cy         y-f{a,b,cy  f{a,b,c) 

Ueherhaupt  ist  die  Determinante  aus  den  w*  Elementen 


tut  aiv 

4 


^311 


.  .  .  a- 


ein  Aggregat  von  lauter  Produkten  ans  je  n  Elementen ;  jedes  solche  Pro- 
dukt kann  «us  dem  als  positiv  angesehenen  Produkte 


^ni  "2?  2  "ii» 


^IDfl 


durch  Permutation  der  Indices  abgeleitet  werden  und  erhält  das  positive 
oder  negative  Vorzeichen,  jenachdem  die  Anzahl  der  ersten  Indices,  welche 
permntirt  wurden,  gerade  oder  ungerade  ist.  Nach  Jacobi  bezeichnet  man 
diese  Determinante  mit 

^{:t.  ^IH  ^212   «ats   •  •  •   flfllfl), 

in  den  Fällen  aber,  wo  specielle  Operationen  mit  den  Elementen  auszu- 
führen sind,  oder  wo  einige  Elemente  besondere  Werthe  annehmen,  wählt 
man  die  ausführlichere  Bezeichnung 


Literaturzeitung. 


in  welcher  alle  Elemente  sichtbar  sind;  also  e.  B. 


'^(±  «ni  Ot>t  «81 3)^= 


0,,,  «,,,  a,,, 

«t»  1  «f » «  «8»  8 
«Stl    «Sit  «8»  8 


Ö|>1  <»8ltö«»8  ö^t»!  öl»tÖ8i8  «811  «2>t  öl*»8-  * 

Das  Bildangsgesetz  der  Determinanten  und  die  daraus  folgenden  Eigen- 
schafiten,  wonach  die  Determinanten  ihr  Vorzeichen  wechseln  oder  ver* 
schwinden ,  sobald  gewisse  Elemente  permutirt  oder  gleichgesetzt  werden, 
waren  bereits  Laplace  und  Vandermonde  bekannt,  ebenso  die  Zusam- 
mensetzung einer  Determinante  aus  Determinanten  niedrigerer  Ordnung.  In 
den  Abhandlungen  über  die  Rotation  eines  festen  Körpers  und  über  die 
dreiseitige  Pyramide  hat  Lagrange  einen  sehr  ausgedehnten  Gebrauch 
▼on  den  Determinanten  dritter  Ordnung  gemacht  und  namentlich  auch  die 
beiden  Sätze  bewiesen ,  dass  das  Quadrat  einer  Determinante  wieder  eine 
Determinante  ist,  und  dass  zweitens  die  Determinante  aus  den  sogenannten 
reciproken  Elementen  einer  Determinante  dritter  Ordnung  dem  Quadrate 
dieser  letzten  Determinante  gleichkommt.  Die  erste  dieser  Eigenschaften 
erhielt  eine  Erweiterung  durch  Gauss,  welcher  in  den  Disquiss,  arithm. 
zeigte,  dass  das  Produkt  zweier  Determinanten  zweiter  oder  dritter  Ord- 
nung wiederum  eine  Determinante  ist  z.  B. 


d.h. 


{ad-bc){ad-ßy) 
=  {aa  +  bß)  {CY+  </d)  -  (ay  +  bö)  {ca  +  äß) 


a,b 

€,d 


a,ß 


act  +  bßy  ay  +  bd 
Ca  +  dß^  cy  +  rfd 


Das  allgemeine  Multiplicationstheorem  für  Determinanten  beliebiger  Ord- 
nungen und  die  Haupteigonschaften  der  Determinanten  mit  reciproken  Ele- 
menten hat  Cauchy  entwickelt  im  Joum.  de  fecole  polyL  Cah,  XVll  (1815). 
Erst  im  Jahre  1841,  also  über  ein  Vierteljahrhuqdert  später,  legte  Jacob i 
in  seiner  Abhandlung  De  formatione  et  proprietatibus  determinanlium  (Crelle^s 
Journal  Bd.  22)  den  Grund  zu  einer  eigentlichen  Theorie  der  Determinanten 
Qnd  gab  zugleich  die  wichtige  Lehre  von  »den  Funktionaldeterminanten, 
welche  letztere  auf  die  Weise  entstehen,  dass  n  abhängige  Variabele  ^j,  Vt* 
y,  . . .  5fs  als  Funktionen  der  n  unabhängigen  Variabelen  Xj,  j:,,  x^  . .  ,Xn  be- 
trachtet und  die  partiellen  Differenzialquotienten 


dyx 

dxr 

dyt 

dyt 
dx^ 

dyt 

"dXn' 

dyt 

dx,' 

dyr 

dar/ 

dx," 

dyt 

'  '  dXn' 

LiteraUtrzeiiQfig. 


LM^MBM^II^Wl  >  W  g  W  tf  ■ 


^y«        ^Ifn        f^lfu 

aU  Elemente  zur  Bildung  der  Detertninatite 


äJt^ 


benutzt  werden.  Hier  ab  achliesaen  öich  aahlreiche  Arbeiten  sowohl  über 
eiiijolne  Piinktö  der  Theorie  als  äbßr  deron  Anwendungen  auf  algebraisclie 
Gleichungen^  Zahlenlelire,  Aualysia ,  Geometrie  und  Mechanik,  woran  «kh 
Jacobif  Hesse,  Borcbardt,  Joacb  iuistbal,  Canchj,  Hermite, 
Cayley^  Sylvester,  Balmon^  Briosehi,  Malraat^n  n,  Ä.  belhei%- 
teu,  ^Trot»  der  regen  ThJitigkeit  auf  dieäem  neuen  Felde  der  Wissenschaft 
war  an  Lehrbüchern  der  iJeterminantenthoorie  ein  empfindlicher  Man°^el: 
die  Abbandlungen  Jacobi's  und  eine  nicht  sebr  correkte  Schrift  von 
Spottiswoode  bet*  EhmefUffry  throremi  relatin^  to  dei^rmmartis ,  Landen. 
George  BeU  1851 »  waren  bisher  die  einstigen  Mittf^l  seum  Erlenjen  der  ge* 
nannten  Theorie.  Der  Verfasser  sowie  der  ungenannte  üebersetÄer  Terdie* 
nen  daher  den  Dank  des  wisaenachaft liehen  Publikums  filr  die  Herausgabe 
des  vorliegenden  neuen  Lehrbuches j  dessen  Inhalt  wir  naher  angeben 
wollen. 

Nachdem  der  Verfaeser  in  den  beiden  ersten  Paragraphen  BeÄelchnna^ 
und  BilflungsgeietÄ  d*>r  Determinanten  erörtert  hat,  entwickelt  er  in  ^,  3 
die  allgemeinen,  auf  Vertauschung  der  Elemente,  Vorzeichen wec hsel  uod 
Verschwinden  der  Deterniinanten  besüglicben  Eigenscbaften ;  so  ist  «.  B, 


Olli 

Oary  1 

1  oiV 

xQzff 

l2*0a:*     ~ 

^tOx 

1  y*j^*0 

zy  a?0 

und  zwar  bedeutet  diese  Determinante  das  16  fache  Quadrat  von  dem  In- 
halte desjenigen  Dreiecks,  dessen  Seiten  x,  y,  z  sind.  Ein  anderes  gutes 
Beispiel,  welches  der  Verfasser  hier  beibringt,  ist  folgendes.  Wenn  Sq,  5„ 
Sfy  *s,  *4  di<^  Summen  der  O**",  l^,  S**",  3''"  und  4*~  Potenzen  von  den  Wur- 
zeln der  Gleichung 

a:^  +  ax'  +  bx  +  c  =  0 

bedeuten^  so  ist  die  Gleichung 


*o  *i  *t 

Sf    S»   Sm 


=  0 


die  Bedingung  dafür,  dass  jene  Gleichung  zwei  gleiche  Wnrzeln  besitzt. 
Die  allgemeine  Auflösung  der  linearen  algebraischen  Gleichungen  swi- 
sehen  beliebig  vielen  Unbekannten  bildet  den  Inhalt  des  vierten  Paragra- 
phen. Als  Anwendungen  davon  giebt  der  Verfasser  eine  rapide  Entwicke- 
lung  der  Theorie  der  Pole  und  Polaren  für  Kegelschnitte ,  und  einige  Be- 
trachtungen über  die  homogenen  Funktionen.  Setzt  man  nämlich  die  beiden 
ersten  partiellen  Differentialquotienten  einer  homogenen  Funktion  sweier 
Variabelen  gleich  Null  und  eliminirt  die  Variabelen  aus  den  so  gewonuenen 


Literaturzeitung. 


83 


zwei  Gleichungen,  so  bleibt  eine  Bedingungsgleichung  übrig,  deren  linke 
Seite  (vorausgesetzt ,  dass  die  Gleichung  auf  Null  gebracht  ist)  die  D  i  s  - 
er  im  in  ante  jener  homogenen  Funktion  heisst.  Für  die  homogene  Funk- 
tion zweiten  Grades 

ax^  +  ^bxy  -^ct^ 
sind  die  Differentialgleichungen 

nach  Elimination  von  y  bleibt  die  Bedingungsgleichnng 

ac  —  6*  =  0, 

mitbin  ist  ac  —  6*  die  Discriminante  jener  FunkMon.  Mittelst  eines  überaus 
einfachen  von  Sylvester  angegebenen  Verfahrens  kann  diese  Discrimi- 
nante immer  als  Determinante  dargestellt  werden;  sie  ist  für  die  obige 
Funktion 

ja,  h 

\b,c  ' 
fär  die  homogene  Funktion  dritten  Grades 

bei  welcher  die  Entwickelung  auf  gewöhnlichem  Wege  schon  ziemlich  weit- 
läufig ausfallen  würde,  ist  die  Discriminante 


=  («d  — 6c)«  — 4(ac  — 6«)(6d  — c«). 


Ueberhaupt  besteht  die  Discriminante  einer  homogenen  Funktion  fi*^  Gra< 
des  mit  zwei  Variabelen  aus  einer  homogenen  Funktion  (2n  —  2)*^  Grades 
der  Coefficienten. 

Die  Multiplication  und  Potenzirung  der  Determinanten  findet  ihre  Er- 
örterung in  §.  5  und  wird  auf  verschiedene  Beispiele  angewendet.  So  kann 
man  n.  A.  die  bekannte  cubische  Gleichung 

{a-i){p-s)(c-s)  \_ 

welche  zur  Bestimmung  der  Hauptachsen  der  Flächen  zweiter  Ordnung 
aa^  +  bi^  +  CZ*  +  2ayz  +  ^ßxz  +  2ya?y  -f  . . .  =  0, 

sowie  zur  Ermittelung  der  Hauptträgheitsachsen  eines  Körpers  etc.  gebraucht 
wird ,  in  Form  einer  Determinante  schreiben,  nämlich 

a—8,  y,  ß 
y,  b  —  s,  a 
ß,       a,      c—s 


aüb 

c  0 

0  a 

26  c 

63c 

d  0 

0  b 

2c  d 

0, 


und  daraus  nach  Sylvester*s  Anleitung  einen  einfachen  Beweis  für  die 
Realität  ihrer  drei  Wurzeln  herleiten.  Von  nicht  n^nderem  Interesse  sind 
die  übrigen  Anwendungen  auf  die  analytische  Geometrie,  das  Tetraeder  etc. 
Der  6.  Paragraph  behandelt  die  Determinanten  mit  sogenannten  reci- 
proken  Elementen  (Determinanten  vcyi  Determinanten);  bezeichnet  man 
nämlich  mit  P  die  Determinante 


84 


Lite  r  at  urzei  tuug . 


betrachtet  ai©  als  Funktion  ihrer  variabelen  EleuM^nte  unil  «eist  «mr  Ib- 

ktlrzung  den  partiellen  Differentialquotienten 

— —  Or^sf 

SO  vev&teht  Brioaehi  un^er  der  zur  Determinante  P  gehörigen  Determi- 
nante mit  teciproken  Elementen  rlip  folgende 


«nn  ^'mf  '  ■  ' 

-  '  «f|i.fl 

Die  Haupteigenschafl  der  letzteren  besteht  darin »  dass  ihr  Werth  =^P"-' 
ist.  Man  wird  durch  die  hieher  gehörigen  Formeln  in  den  Stand  gesetzt, 
mehrere  geometriBche  Probleme  mit  grödäter  Leiehügkeit  zu  l^senf  «.  B,  <len 
Flächeninhalt  eines  Dreiecks  zn  finden ^  wenn  die  Gleichungen  Meiner  Sei* 
ten  gegeben  sind,  oder  das  Volumen  eines  Tetraoder«  aus  den  GleichuEgeu 
seiner  Seitenebenen  herzuleiten ^  ferner  an  entscheiden^  ob  ein  gegebener 
Punkt  inner balhf  auf  oder  ansserhalb  einer  gegebenen  Linie  oder  Fläche 
zweiten  Grades  Hegt  und  dcrgl.  mehr. 

Der  7.  Paragraph  behandelt  die  Eigenschaften  der  Unterdctermmaü^ 
ten,  welche  aus  einer  ursprünglichen  vollständigen  Determinante  durch 
Weglassung  einer  beliebigen  Anzahl  von  Horizontalreihen  oder  Vertical- 
colonnen  entstehen.  Zur  Anwendung  der  gewonnenen  Resultate  bespricht 
der  Verfasser  das  Problem  „  eine  quadratische  Funktion  von  n  Variabelen 
durch  lineare  Substitutionen  in  eine  andere  quadratische  Funktion  zu  ver- 
wandeln^ welche  nur  die  Quadrate  der  neuen  Variabelen  enthält",  was  für 
«  =  3  die  Aufgabe  von  der  Bestimmung  der  Hauptachsen  einer  Fläche 
zweiter  Ordnung  ist.    Soll  nämlich  die  Funktion 

U  —    -  ^T*  4b>/  ^r  ^  s  *^r*^$  ,  • 

mittelst  der  Substitutionen 

^1  =  ^lU  2^1  +  ^«»1  ^2  +  •  •  •  +  ^H»!  ^ 


auf  die  Form 

V^ErArZr' 

gebracht  werden,  so  sind  die  n  Coefficienten  Ar  die  Würzein  der  Gleichung 
n^  Grades 


«tm 


.  .  .  «!■•■—* 


=  0. 


Literaturzeitung.  85 

)a88  diese  Gleichung,  auf  welche  zuerst  La  place  bei  seinen  Untersuchun- 
;en  über  die  sficularen  Ungleichheiten  der  Planeten  stiess,  n  reelle  Wurzeln 
»esitzt,  haben  früher  schon  Jacobi  und  Borchardt  gezeigt;  der  Verf. 
;iebt  einen  neuen  Beweis  von  ausserordentlicher  Kürze. 

Eine  Determinante,  deren  Elemente  die  Eigenschaft  a,,r  =  —  «rw  be- 
itzen ,  beisst  eine  übersohlagene  (gohho ,  gauche)  und  ausserdem  s y m - 
letriach,  wenn  zugleich  ar,r  =  0.  Diese  besonderen  Determinanten  be^ 
rächtet  der  Verf.  in  §.8;  charakteristisch  für  dieselben  sind  .die  beiden 
iigenschaften ,  dass  jede  übersohlagene  symmetrische  Determinante  nnge- 
ader  Ordnung  gleich  Null,  und  jede  überschlagene  symmetrische  Determi- 
ante  gerader  Ordnung  ein  Quadrat  ist.  Die  Benutzung  derartiger  Deter- 
linanten  bietet  wesentliche  Vortheile  bei  der  Theorie  der  Rotation  eines 
LÖrpers  um  einen  Punkt  (Hamilton,  Cayley)  und  bei  den  Formeln  für 
ie  Variation  der  willkürlichen  Gonstanten  durch  störende  Kräfte.  Noch 
rwfthnt  der  Verf.  die  einfach  symmetirischen  Determinanten,  deren 
Elemente  der  Bedingung  a,,^:=:  +  a^,,  genügen,  wie  b.  B. 

iid  macht  davon  Gebrauch  zur  Entwickelung  eines  in  die  Theorie  der  al- 
lebraischen  Gleichungen  gehörenden  Satzes. 

Die  Determinanten  der  Wurzeln  algebraischer  Gleichungen  werden  in 
[.  9  betrachtet;  mit  ihrer  Hülfe  lassen  sich  mehrere  ziemlich  versteckt  lie- 
;ende  Relationen  sehr  einfach  beweisen.  Als  Anwendung  dient  die  Unter- 
niehimg  solcher  Determinanten ,  deren  Elemente  bestimmte  einfache  Inte- 
;rale  sind  \  der  Werth  der  Determinante  ist  in  diesem  Falle  ein  mehrfaches 
ntegjral^  und  es  können  auf  diesem  Wege  Reductionen  von  vielfachen  In- 
egralen  auf  Determinanten  einfacher  Integrale  gewonnen  werden.  Im  Zn- 
ammenhange  damit  stehen  die  Determinanten  der  particulären  Integrale 
tnearer  Differentialgleichungen;  hierbei  ergiebt  sich  auch  der  interessante 
ialmst^n^sche  Satz,  dass  aus  n  —  1  particulären  Integralen  einer  linea- 
ea  Differentialgleichung  n'*'  Ordnung  das  letzte  (n^)  particuläre  Integral 
abgeleitet  werden  kann. 

Die  in  §.  10  auseinandergesetzte  Theorie  der  Funktionaldeterminanten 
iefert  die  Mittel  zur  Einführung  neuer  Variabelen  in  Differentialgleichun- 
gen, wodurch  mehrere  von  Jacobi,  Laplace,  Sylvester  u.  A.  gefun- 
lene  Transformationen  entwickelt  werden.  Auch  ergiebt  sich  aus  dieser 
Theorie  die  allgemeine  Formel  zur  Einführung  neuer  Variabelen  in  ein 
nehrfaches  Integral ,  welche  bekanntlich  das  hauptsächlichste  Mittel  zur 
fleduction  vielfacher  Integrale  und  schon  mehrfach ,  wenn  auch  nicht  im- 
ner  auf  so  einfache  Weise  behandelt  worden  ist. 

Der  11.  und  letzte  Paragraph  beschäftigt  sich  mit  den  Determinanten 
Sessels.  Bezeichnet  nämlich  u  eine  ganze  homogene  Funktion  der  Varia- 
9elen  x^y  x^j  x^. , .  Xn  und  setzt  man 

d*u     _         _ 
üo  wird  die  Determinante 


m 


Llteratuoeitang» 


nach  ihrem  Erfinder  genannt;  ist  u  vom  m*™  Grade,  so  bildet  p  eine  bomo' 
gene  Funktion  desj  i?  (m  ^ —  3)  ***  Grades,  HauptsäcbUeh  bei  geometrischeD 
Uotersuchungen  spielt  diese  Determinante  eine  hervorr^etide  Bolle;  be- 
zeichnet 2.  B.  w  =  0  die  homogene  Gleichong  einer  Carve  m*"  Ordnung  iwt- 
schen  drei  sogenannten  Linearcoordinaten,  so  ist  das  Verscb winden  von 
p  die  Bedingung  dafür  ^  das»  jene  Curve  aus  m  durch  einen  und  denfielbeti 
Punkt  gehenden  Geraden  besteht*) ;  wenn  ferner  u  ^^=Q  die  homogene  Gki- 
chnng  einer  Fläche  m^  Ordnung  zwischen  irier  Linearcoordlnaten  bedeu- 
tet, so  wird  die  Fläche  zu  einem  Kegel  für  e  =  0* 

Aus  dieser  Mitthellung  wird  mÄn  ersehen ,  dass  das  Brioac hinsehe 
Werk  einen  sehr  i eichen  Inhalt  bietet ,  der  Übrigens  anf  Terhültnis^mÜsii^ 
kleinem  Räume  (102  Seiten  in  4^^)  zusammengedrängt  isL  8o  gern  Eefer 
diess  anerkennt,  so  wenig  darf  er  andererseits  verschweigen,  dass  das  Stre- 
ben nach  Kürze  und  Concinnität  den  Verfasser  oft  2U  lakonischen  Bedens- 
arten  und  Gedaakeusprilngen  veranlasst  hat,  wie  sie  in  einem  Lebrbuche 
keine  nf all  3  vorkommen  dürften,  Pflicht  des  U  eher  setz  er  s  wäre  es  daher  ge- 
weseu,  diese  Lücken  auszufüllen^  überhaupt  ungeübteren  Lesern  mit  er 
läuternden  Noten  unter  die  Arme  zn  greifen;  dass  dies  nicht  geschehen, 
muss  Referent  als  einen  wesentlichen  Mangel  der  Uehersetznng  bezeichnen* 
Ferner  möchte  Referent  die  Angabe  des  Vorworts ,  dass  Briosohi  sorg^ 
flltig  anf  die  Quellen  verweise»  nicht  unbedingt  unterschreiben;  der  Ver/, 
citirt  allerdings  viel  aber  oft  nur  secnndäre  Quellen,  und  fast  möchte 
man  glauben ,  B  r  i  o  s  c  h  i  habe  sich  von  den  Engländern  so  sehr  imponiren 
lassen,  dass  ihm  nicht  selten  die  primitiven  Quellen  aus  dem  Gesichts- 
kreise eutschwunden  sind.  Es  wäre  nämlich  ausserdem  unbegreiflich,  warum 
der  Verf.  sich  oft  an  die  miserable  englische  Terminologie  anschliesst,  wo 
schon  Gauss  und  Jacobi  die  passendere  Bezeichnung  früher  angegeben 
haben.  So  sagt  Jacobi  nicht  Unterdeterminante,  sondern  partielle 
Determinante;  ungeschickt  ist  ferner  der  Ausdruck  „Determinante  mitre- 
ciproken   Elementen,   weil    mau  nach   deutscher   Hede  weise   hiemaeh 

schliessen  muss ,  dass  die  neue  Determinante  aus  den  Elementen ,  — - 

etc.  gebildet  ist;  es  muss  stattdessen  b^issen:  Determinante  mit  adjun- 


•)  Die  Gleichung  der  Kegelschnitte  z.  B. 

^  a:«  +  i9  y*  +  2  C  a?  y  +  2 />  X  +  2  Ä  y  +  #*  =  0 

wird  homogeh  wenn  man  x  =:  ~ ,  y=:  — ^  setzt,  nämlich 

u  =  Axi*  +  ßxt*  +  20«!  or,  +  2/>a?i  a?8  +  2Äj:t  «s  +  Fxz*=0; 
mithin  ist  die  genannte  Bedingung 

2A 2C  2D 

2C  2B  2E  '  =  0 

2/>  2E  2F 
d.  i.  nach  Ausrechnung  und  Weglassung  des  gemeinschaftlichen  Faktors  8 

was  mit  einem  bekannten  Satze  der  analytischen  Geometrie  übereinstimmt. 


Lit  eraturzeitang.  87 

;irteD  ElementeD.  Auch  hier  hätte  der  Uebersetzer,  wenn  er  etwas  von 
ler  Sache  verstand,  die  bessere  Bezeichnung  anführen  sollen.  Was  Hessens 
>eterminante  (englisch  A  Hessian  I)  betrifft,  so  dürfte  vielleicht  der  Ausdruck 
nflexionsdeterminante  durch  seine  Erinnerung  an  den  Gebrauch 
lieaer  Determinante  passend  sein. 

Trotz  dieser  Ausstellungen  bleibt  indessen  Br losch i*s  Buch  immer 
ine  werthvoUe  Arbeit,  die  von  Seiten  der  deutschen  Mathematiker  alle 
leachtnng  verdient.  Die  typographische  Ausstattung  der  Uebersetzung 
it  eben  so  elegant  wie  die  des  Originales  und  scheint  auch  von  Druck- 
ehlem  fast  gänzlich  frei  zu  sein.  Scblömilch. 


Die  Lehre  der  Messung  von  Kr&ften  mittelst  der  Bifllarsuspension.  Von 
Dx.  Chr.  Stähelin.  Aus  den  neuen  Denkschriften  der  allgemei- 
nen Schweizerischen  Gesellschaft  für  die  gesammten  Naturwissen- 
schaften.   Bd.  XIII.  Zürich  1853.  —  (In  Quart  mit  gr.  Kupfertaf.) 

Bei  dem  allgemeinen  Bestreben,  alle  Naturerscheinungen  nach  Zahl 
und  Maass  zu  bestimmen,  und  dadurch  eine  von  der  sinnlichen  Anschauung 
und  blossen  Schätznng  möglichst  unabhängige  Grundlage  für  die  Theorie 
zu  gewinnen  und  die  physikalischen  Probleme  so  auf  mathematische  zurück- 
zuführen, handelt  es  sich  vielfach  darum,  sehr  kleine  Kräfte  der  Anziehung 
and  Abstossung  nicht  blos  zur  Erscheinung  zu  bringen,  sondern  auch  quan- 
titativ genau  zu  bestimmen.  Das  Letztere  ist  in  vielen  Fällen  äusserst 
schwierig,  um  so  mehr,  je  kleiner  die  zu  messenden  Kräfte  sind.  Der  Grund 
davon  liegt  gewöhnlich  in  der  Reibung ;  denn  es  wird  häufig  durch  dieselbe 
ein  grosser  Theil  der  zu  messenden  Kraft  annuUirt  und  der  Beobachtung 
entiogen,  so  dass  selbst  unter  günstigen  Umständen  sich  oft  kaum  mehr 
erreichen  lässt ,  als  die  Reibung  eben  zu  überwinden.  Dann  ist  zwar  das 
Vorhandensein  der  Kraft  nachgewiesen  und  dieselbe  ist  qualitativ  bestimm- 
bar, aber  von  einer  Messung  derselben  kann  in  diesem  Falle  nicht  die  Rede 
sein;  denn  es  müsste  dann  die  Reibung  einer  scharfen  quantitativen  Be- 
stimmnng  fähig  sein  und  für  die  zu  messende  Kraft  substituirt  werden  kön- 
nen ,  was  durchaus  nicht  der  Fall  ist.  Man  muss  daher  bei  jeder  feineren 
Meesnng  voraussetzen  können ,  dass  die  Reibung  im  Vergleich  mit  der  zu 
messenden  Kraft  nur  ein  verschwindend  kleiner  Bruchtheil  sei.  Diese  Vor- 
aussetzung lässt  sich  nur  bei  der  Messung  grösserer  Kräfte  machen  und 
selbst  dann  muss  auf  möglichste  Veränderung  der  Reibung  Bedacht  genom- 
men werden ,  sobald  es  sich  um  feinere  Bestimmungen  handelt.  Zur  Mes- 
sung sehr  kleiner  Kräfte  aber ,  wie  der  Variationen  der  erdmagnetischen 
Kraft,  oder  schwacher  elektrischer  Kräfte  oder  Ströme  oder  der  Anziehung 
zweier  ponderabler  Massen  gegenüber  der  Schwerkraft  n.  s.  w.  lässt  sich 
nur  dann  ein  Instrument  herstellen,  wenn  die  Reibung  gänzlich  aus- 
geschlossen wird.  Diesem  letzteren  Bedürfnisse  verdanken  zwei  sehr 
wichtige  Vorrichtungen  ihren  Ursprung:  die  Drehwaage  von  Coulomb, 
ttberhauptdieunifilare  Aufhängung,  und  diebifilare  Aufhängung 
(Bifilarsuspension)  von  Gauss.  Beiden  Instrumenten  hat  Gauss  die  be- 
kannte sinnreiche  Einrichtung  mit  Spiegel,  Scale  und  Fernrohr  zur  Bestim- 
mung der  Drehungswinkel  hinzugefügt ,  wodurch  dieselben  zu  den  feinsten 
Messwerkzeugen  erhoben  worden  sind ,  die  man  Vielleicht  gegenwärtig  hat, 
und  mit  denen  sich  daher,  da  sie  überdiess  ausser  den  bisherigen  gewiu 


noek  m&0cbdr  anderer  Anwendungen  fHkig  ßiad,  jeder  angehende  Fhjsike; 
Tertrant  in&cben  soUte^ 

Hierzu  ist  die  Abiiandlimg  des  Herrn  Dr.  Stäbelia  % egenwMrtig  Pre»- 
fesaor  der  Physik  an  der  UniFersität  zu  Basel)  ^  in  welcher  Theorie  und 
Praxis  der  hitilaren  Aufhängung  (dio  unitilare  kann  als  ein  besonderer  Fall 
derselben  angesehen  werden)  äusserst  klar  und  erschöpfend  vorgetragen 
werden,  in  hohem  Grade  geeignet  und  Ist  dieselbe  als  ein  aebr  dankem- 
wertbes  UnterDehmen  zu  hegrüssen* 

Referent  bat  im  Jahre  lÖöO  im  Programme  der  Zittaner  Gewerbsdiule 
schon  eine  Theorie  der  biliaren  Auf  bMngung  gegeben  *) ,  mneete  sieb  aber 
damals  bei  dem  sengemessenen  Raame ;  den  eine  solche  (ielegenbeitaschrift 
nur  gewährt,  auf  die  Tbeorie  derselben  beschränken,  und  konnte  nach  die«f 
nur  soweit  aueführeui  als  die  Bifilaraufhängnng  einzig  nur  der  Scbwerkrsfi 
unterworfen  ist  Derselbe  hatte  damals  am  Schlaüs  seiner  Abbandlung  dit 
Absicht  ausgesprochen,  in  einem  späteren  Programme  den  praktiacUeti 
Theil  der  bifilaren  Aufhängung  behandeln  zu  wellen. 

Durch  die  vorliegende  Arbeit  dos  Herrn  StShelin  hat  sich  aber  diens 
Aufgabe  völlig  erledigt.  Derselbe  hat  ansser  der  Theorie  der  btülaren  Auf 
hängung,  sofern  dieselbe  blos  noter  dem  Einflüsse  der  Schwere  steht,  aacb 
die  Fälle  behandelt,  wo  sogenannte  adjongirte  Kräfte*  hinzutreten,  w*a 
eigentlich  die  Hauptbesttmmung  des  Apparates  ausmacht;  ferner  hat  der- 
selbe die  ausserordentliche  Leistungsfähigkeit  dieses  Instrumenta  in  seineei 
verschiedenen  Leistungen  überall  in's  klare  Licht  gesetzt  und  endlich  in 
oinem  besonderen  praktlseben  Theü  über  die  Einrichtung  des  Apparatei 
fUr  verschiedene  Zwecke,  dessen  Anfitellung  und  Behandlung  vor  nnd  hei 
den  Beobachtungen  das  Nötbige  hinzugefügt,  so  dass  diese  Arbeit  wohl 
Alles  enthält,  was  auf  Theorie  und  Praxis  der  bifilaren  Aufhängung  Bezog 
hat  und  bei  deren  Anwendung  zu  wissen  nöthig  ist.  Es  scheint ,  daas  diese 
vorzügliche  Arbeit  noch  nicht  die  Beachtung  gefunden  hat,  welche  sie  ver- 
dient, daher  es  bei  der  Wichtigkeit  des  Gegenstandes  nicht  unangemessen 
sein  dürfte ,  wenn  wir  in  Folgendem  über  den  Hauptinhalt  derselben  etwu 
ausführlicher  referiren ,  als  es  sonst  wohl  zu  geschehen  pflegt. 

Zuerst  giebt  der  Verfasser  einige  historische  Notizen  und  erwähnt,  dass 
eine  Aufhängung  an  zwei  Fäden  früher  vielleicht  schon  öfter  benntxt  wor- 
den sei,  aber  nur  um  die  Wirkung  äusserer  Kräfte  qualitativ  zn  zeigen 
(durch  W.  Weber,  1833,  um  die  Wirkung  galvanischer  Ströme  zur  Erschei- 
nung zu  bringen ,  wobei  allerdings  die  beiden  Auf  hängungsdräthe  nur  zur 
Zu-  und  Ableitung  des  galvanischen  Stromes  dienten).  Snow  Harris 
scheint  (1836)  den  ersten  Versuch  gemacht  zu  haben,  die  bifilare  Auf- 
hängung zu  quantitativer  Bestimmung  äusserer  Kräfte  zu  benutzen ,  doch 
kann  sein  Apparat  als  ein  Bifllarapparat  im  jetzigen  Sinne  nicht  angesehen 
werden  und  hat  auch  keinen  Eingang  gefunden.  Die  wahre  Methode  der 
bifilaren  Aufhängung  und  die  Erkennung  der  richtigen  Gesetze  derselben 
ist  zuerst  von  Gaus  9  aufgefunden  und  zn  allseitigem  Vortheile  der  Wissen- 
schaft in  das  Gebiet  der  Physik  eingeführt  worden;  —  zuerst  als  Bifilar- 
magnetometer ,  ein  Instrument,  das  gegenwärtig  allgemein  Terbreitet  ist 
und  zur  Bestimmung  der  Intensitätsänderungen  des  Erdmagnetismus  dient, 
—  sodann  als  Stellvertreter  der  astatischen  Nadel,  in  Terkehrter  Lage 


•)  Die  Theorie  der  biliaren  Aufhängung  von  Fr  an«  Dietzel.   Programm  der 
Gewerbscbule  zu  Zittau.  Ostern  1850. 


Literaturzeitung.  85 

Dass  diese  Gleichung,  auf  welche  zuerst Laplace  bei  seinen  Untersuchun- 
gen tlber  die  säcularen  Ungleichheiten  der  Planeten  stiess,  n  reelle  Wurzeln 
besitzt ,  haben  früher  schon  J a c o b i  und  Borchardt  gezeigt ;  der  Verf. 
giebt  einen  neuen  Beweis  von  ausserordentlicher  Kürze. 

Eine  Determinante,  deren  Elemente  die  Eigenschaft  a,,r  =  —  «m  be- 
sitzen, heisst  eine  übersohlagene  (gobho^  gauche)  und  aoAserdem  sym- 
metrisch, wenn  zugleich  ar,r  =  0.  Diese  besonderen  Determinanten  be^ 
trachtet  der  Verf.  in  §.8;  charakteristisch  für  dieselben  sind  .die  beiden 
Eigenschaften ,  dass  jede  überschlagene  symmetrische  Determinante  unge- 
rader Ordnung  gleich  Null,  und  jede  überschlagene  symmetrische  Determi- 
nante gerader  Ordnung  ein  Quadrat  ist.  Die  Benutzung  derartiger  Deter- 
minanten bietet  wesentliche  Vortheile  bei  der  Theorie  der  Rotation  eines 
Körpers  um  einen  Funkt  (Hamilton,  Cayley)  und  bei  den  Formeln  für 
die  Variation  der  willkürlichen  Gonstanten  durch  störende  Kräfte.  Noch 
erwähnt  der  Verf.  die  einfach  symmetirischen  Determinanten,  deren 
Elemente  der  Bedingung  a«,^:==:  +  a^,,  genügen,  wie  b.  B. 

^1  *t ^n 

^1  ^f ^«+1 

und  macht  davon  Gebrauch  zur  Entwickelung  eines  in  die  Theorie  der  al- 
gebraischen Gleichungen  gehörenden  Satzes. 

Die  Determinanten  der  Wurzeln  algebraischer  Gleichungen  werden  in 
§.  9  betrachtet;  mit  ihrer  Hülfe  lassen  sich  mehrere  ziemlich  versteckt  lie- 
gende Relationen  sehr  einfach  beweisen.  Als  Anwendung  dient  die  Unter- 
suchong  solcher  Determinanten ,  deren  Elemente  bestimmte  einfache  Inte- 
grale sind ;  der  Werth  der  Determinante  ist  in  diesem  Falle  ein  mehrfaches 
Integral,  und  es  können  auf  diesem  Wege  Reductionen  von  vielfachen  In- 
tegralen  auf  Determinanten  einfacher  Integrale  gewonnen  werden.  Im  Zu- 
sammenhange damit  stehen  die  Determinanten  der  particulären  Integrale 
linearer  Differentialgleichungen;  hierbei  ergiebt  sich  auch  der  interessante 
Malmst^n'sche  Satz,  dass  aus  n —  1  particulären  Integralen  einer  linea- 
ren Differentialgleichung  n^'  Ordnung  das  letzte  (ji^)  particuläre  Integral 
abgeleitet  werden  kann. 

Die  in  §.  10  auseinandergesetzte  Theorie  der  Funktionaldeterminanten 
liefert  die  Mittel  zur  Einführung  neuer  Variabelen  in  Differentialgleichun- 
gen, wodurch  mehrere  von  Jacobi,Laplace,  Sylvester  u.  A.  gefun- 
dene Transformationen  entwickelt  werden.  Auch  ergiebt  sich  aus  dieser 
Theorie  die  allgemeine  Formel  zur  Einführung  neuer  Variabelen  in  ein 
mehrfaches  Integral,  welche  bekanntlich  das  hauptsächlichste  Mittel  zur 
Reduction  vielfacher  Integrale  und  schon  mehrfach ,  wenn  auch  nicht  im- 
mer auf  so  einfache  Weise  behandelt  worden  ist. 

Der  11.  und  letzte  Paragraph  beschäftigt  sich  mit  den  Determinanten 
Hessens.  Bezeichnet  nämlich  ti  eine  ganze  homogene  Funktion  der  Varia- 
belen Xi^x^^  x^. . .  Xn  und  setzt  man 

d^u      _         _ 
so  wird  die  Determinante 


E^  LiteraturKeitimg.  g 

kalte.  Jedenfalls  liegt  in  die&cr  Anwendutig  des  Djaamoiueters  nocb  eine 
ffeioh«  Quelte  zu  Untersuchungen  ftir  die  Zukunft  und  e§  werden  rielleicM 
auf  diese  Welse  Ströme  ond  elektmche  Schwingungen  in  der  Natur  ml- 
deckt  werden ,  die  für  uns  bii  jetzt  noch  verborgen  »ind. 
Die^e  ausserordentlichen  Leistungen  des  Biliar djuamometera  glaubte 
Referent  ausführlicher  bervorheben  ku  müssen ,  um  nani entlieh  angehend« 
Physiker  auf  die  Wichtigkeit  und  Bedeutung  dieses  Instruments  hiuiv^ 
weisen. 

§§-39 — 7L  schickt  der  VerfasBer  einen  allgemeinen  UeberhUck  der 
Hes^ultate  der  Theorie  rorau»^  hauptsächlich  wohl,  um  das  Verstlndniss 
der  eigentlichen  Theorie  vor  an  bereiten^  sowie  um  einige  nöthige  ßegrife^ 
bestimmnngen  vorausgehen  zu  lasiten.  Die  Ditilarsuspensioti  ist  liieruacb 
die  Aufhängung  eines  Körpers  an  ^wei  Fäden  nach  bestimmten  Hegeln, 
mit  der  Absicht  j  die  Kräfte  zu  messen  ^  welche  von  anderen -Körpera  auf 
ihn  ausgeübt  werden,  und  ^war  vermittelst  kleiner  BrehniigeuT  die  der 
Körper  um  die  Vertikale  durch  seinen  Schwerpunkt  erleidet  und  die  man 
Ablenkungen  nennt  ^  hierbei  wird  der  Ablenkungswinkel  gemessen ,  abfrr 
auch  Schwnngungsbeobachtungen  lassen  sich  mit  derselben  Schärfe  ans- 
führen-  Bei  diesen  Messungen  ist  in  der  Eegel  eine  mit  dem  Apparate  t«!- 
bundene  Spiegeleinrichtung  vorauszusBtscen.  Die  Theorie  zeigt  (§§.  78 — f^\ 
dass  Alles  in  Be^ug  auf  die  durch  den  Schwerpunkt  des  angehängten  Kör- 
pers gedachte  Vertikale,  D  r  e  h  u  n^  s  a  x  e  oder  kurzweg  A  x  e ,  symmetrisch 
sein  mnss  \  die  Fäden  können  dabei  entweder  vertikal  oder  g^eneigt  ^eh. 
Unter  dem  blossen  Einflüsse  der  Schwere  stellt  sich  eine  Oleicb^ 
gewichtslagß  ein,  in  welcher  die  Burch  die  zwei  untern  Fadenendptmktft 
gedacht*^  Gerade,  welche  der  Verfa^aer  die  Copnla  nennt ^  und  di^  O- 
rade  durch  die  zwei  obern  Fadenenden  einander  parallel  sind.  Wird  der 
Körper  aus  dieser  Lage  abgelenkt ,  so  steigt  er  etwas ,  und  die  Schwere 
strebt  ihn  in  die  Gleichgewichtslage  zurückzuführen,  mit  einem  Drehongs- 
moment ,  welches  hinlänglich  genau'  dem  Sinus  des  Ablenkungswinkels  ^ 
proportional  gesetzt  werden  kann,  und  welches  der  Verfasser' d a a  rück- 
treibende  Moment  der  Schwere  nennt;  die  horizontalen  Kräfte,  durch 
die  es  versinnlicht  werden  kann,  werden  die  Kräfte  der  Schwere  ge- 
nannt. Für  p  =  90°  ist  das  rücktreibende  Moment  ein  Maximum  und  heisst 
dann  (nach  Gauss)  das  Dir ectionsmoment  der  Schwere  oder  äA 
statische  Dire  ctionsmoment  (die  mathjsmatischen  Ausdrücke  wer- 
den wir  weiter  unten  folgen  lassen).  Wenn  äussere  Kräfte  dem  Körpei:.eiDe 
«Ablenkung  q  ertheilen,  so  ist  ihr  Drehungsmoment  gleich  dem  rüektreiben- 
den  Moment  der  Schwere  q  ;  dieses  letztere  aber  lässt  sich  aus  dem  Ablen- 
kungswinkel ,  den  man  gemessen  hat ,  berechnen :  das  Moment  der  äussern 
Kräfte  ist  also  bekannt,  die  Kräfte  sind  gemessen.  Es  handelt  sich  folglich 
nur  darum,  das  rücktreibende  Moment  oder  vielmehr  ein  für  allemal  das 
Directionsmoment  der  Schwere  auszumitteln ;  dieses  wird  im  theoretischen 
Theile  (§.  223  ff.)  gelehrt. 

Wenn  nun  neben  der  Schwere  noch  andere  Kräfte  (Kräftepaare)  auf- 
treten, welche  der  Verf.  adjungirte  Kräfte  nennt,  so  tritt  ein  neuer  Gleich- 
gewichtszustand ein ,  den  man  den  complexen  nennen  kann.  Mit  ihm  kann 
auch  eine  neue  Gleichgewichtslage  verbunden  sein ,  wenn  die  Richtung  der 
adjungirten  Kräfte  von  der  der  Schwerkräfte  abweicht;  diese  neue  Gleich- 
gewichtslage ist  eine  Zwischenlage  zwischen  den  früheren  (unter  der  blossen 
Einwirkung  der  Schwere)  und  der  Lage,  welche  die  adjungirten  Kräfte 


Literaturzeitung.  91 

allein  (ohne  Bifilarsnspension,  bei  freier  Beweglichkeit  des  Körpers)  herbei- 
führen wttrden,  und  lässt  sich  dieselbe  mit  Hülfe  des  Kräfteparallelogramms 
leicht  finden.  Der  Körper  wird  daher  nach  einer  Ableitung  mit  einem  neuen 
Drehnngsmomente  in  die  Gleichgewichtslage  surückgetrieben,  welches  auch 
dem  Sinns  des  Ablenkungswinkels  ^proportional  ist  und  vom  Verfasser  das 
resnltirende  oder  complexe  rticktreibende  Moment  genannt 
wird;  es  findet  ein  neues,  das  resultirende'oder  complexe  Direc- 
tionsmoment  statt,  sowie  eine  neue  Schwingungsdauer  und  eine  neue 
Empfindlichkeit  des  Apparats. 

Je  nachdem  iie  Richtungen  der  Kräfte  der  Schwere  mit  denen  der  ad- 
jnngirten  Kräfte  entweder  zusammenfallen  odeif  ihnen  entgegenge- 
seist  sind  oder  mit  ihnen  einen  Winkel  bilden,  nennt  Oauss  diese 
3  Fälle  beim  Bifilarmagnetometer  die  natürliche,  die  verkehrte  und 
die  transversaleLage.  Dieselben  Bezeichnungen  lassen  sich  allgemein 
einführen  und  es  geschieht  dies  im  ganzen  Verfolge  der  Abhandlung ,  also 
I.  B.  namentlich  bei  der  Betrachtung  des  Elektrodynamometers. 

Der  Verfasser  charakterisirt  nun  diese  drei  Lagen  näher  und  setzt  sehr 
klar  auseinander,  wie  bei  der  zweiten  oder  verkehrten  Lage  dem  Apparate 
jeder  Grad  von  Empfindlichkeit  ertheilt ,  derselbe  so  nahe  man  will  a  s  t  a  - 
tisch  gemacht  werden  kann.  Natürlich  müssen  die  Schwerkräfte  etwas 
grösser  sein ,  als  die  adjungirten  Kräfte ,  wenn  der  Gleichgewichtszustand 
stabil  sein  soll ;  je  geringer  aber  die  Dififerenz,  desto  empfindlicher  der  Ap- 
parat ;  diese  Differenz  kann  man  aber  beliebig  andern,  indem  man  nur,  was 
leicht  ausführbar  ist,  den  Abstand  der  Fäden  zu  ändern  braucht;  man  kann 
so  einen  vielmal  empfindlicheren  Apparat  erhalten,  als  ihn  die  unifilare 
Aufhängung  gewährt*.  Dadurch  ist  unter  andern  auch  das  Mittel  gegeben, 
die  Richtungsänderungen  der  adjungirten  Kräfte,  z.  B.  die  Declinations- 
ändernng  beim  Erdmagnetismus  so  vielmal  vergrössert  zu  erhalten,  als  man 
et  wünscht  (§.  9,  64,  331). 

§.  73  ff.  folgt  nun  die  eigentliche  Theorie  der  Bifilarsnspension  —  zu- 
nächst unter  Voraussetzung  idealer  Verhältnisse — ;  die  Fäden  werden  als 
gerade ,  gewichtlose ,  nnausdehnbare  Linien  betrachtet ,  die  um  ihre  nnver- 
inderlieh  angenommenen  Befestigungspunkte  vollkommen  beweglich  sein 
sollen;  vom  Luftwiderstande  und  sonstigen  Bewegungshindemissen  wird 
vorerst  abstrahirt.  —  §.  75.  wird  der  bekannte  von  Gauss  aufgestellte 
Oleiehgewichtssatz  bewiesen:  die  Vertikale  durch  den  Schwerpunkt 
des  Körpers  und  die  durch  die  Fäden  dargestellten  geraden 
Linien  müssen  sich  in  EinerForm  befinden  und  zugleich  ent* 
weder  unter  sich  parallel  sein  oder  sich  in  Einem  Punkte 
schneiden.  In  §.  79  werden  die  Bahnen  berechnet,  welche  die  unteren 
Fadenenden  beschreiben,  wenn  der  Apparat  sich  um  seine  Axe  dreht  und 
in  §.  80.  die  horizontalen  Kräfte ,  welche  die  Schwere  in  den  besagten  Fa- 
den bei  einer  Ablenkung  q  liefert.  Auf  beide  Rechnungen  gestützt  folgt  der 
Beweis  des  Satzes,  dass  Alles  in  Bezug  auf  die  Axe  symmetrisch  sein  muss, 
wenn  der  Apparat  brauchbar  sein  soll;  und  sodann  die  Bestimmung  des 
rüektreibenden  Momentes  (welche  in  §.  100  und  in  §.  119  auf  zwei  andere 
Arten  gegeben  wird).  Zerlegt  man  bei  einer  Ablenkung  um  einen  Winkel 
Q  das  auf  die  Fadenenden  transponirte  Gewicht  des  Körpers,  gMj  in  zwei 
Componenten ,  die  eine  in  Richtung  der  Fäden ,  welche  aufgehoben  wird, 


Littratammtung. 


Miii^iiM^^^www- 


jäm  ftiidere  hori^ontnl*),  m  werflnn  bei  vorausgesetzter  «Symmetrie  dpsÄp- 

llfii  diese  btalerea  Cotiipooenten  auf  beulen  Seiten  gleiche  Grosse  and 

Siipfi^lale  aber  entgegengc^etxie  L&ge  haben ,  mithin  ein  Kräftep&aj-  sein, 

Hikbes  das   liorisoutaltä   Dreiiuag^mi^inent   oder   d&s  rticktrri^ 

bende  Moment  der  Schwere 

~  f^h* —  tah'li  — cos  q] 

giebt;  dieses  dient  bciAblenknngsversucUen  als  Maas s  der  ab* 
lenkenden  Kräfte;  Ji  bezeichnet  die  M^sc  des  angehängten  Korpers, 
g  die  Fallbe&chlennignnj^,  2a  den  Äbötand  der  »wei  untereo  ^  2^  den  der 
Ewei  oberen  F&denendpUDkte ,  A  die  Hohe  der  letzteren  über  den  erKteren. 
Um  einen  einfachem  Auädruck  zu  gewinnen^  nimmt  man  in  der  Pntx.isdio 
Länge  der  Fädep  (wovon  h  abhängt)  im  Vergleich  %n  ihren  Abständen  (Sa 
und  2^)  sehr  gross;  dann  kann  da:^  Drehungsmoment  der  Schwere  hinrci^ 
chend  angenähert  gesetzt  werden 

ubqM   . 
n  =  — '- —  Sin  ^ 

und  man  erreicht  dndurcb  den  grossen  Vörtheü,  daas  das  Drehungsmfiinent 
dem  Sinns  des  Ablenkiingsmittek  proportional  ibI,  im  IJebrigen  aber  üür 
Ton  den  Constanten  a^  b^  g^  M  und  h  abhängig  ist.  Das  Maximum  desselben 
oder  das  statische  Directionsmomont  ist  dann 

80  dasB 

u  =  D  sin  Q 

d.h.  das  rücktreibende  Moment  der  Schwere  ist  gleich  dem 
Producte  aus  dem  Directio^nsmomente  and  dem  Sinus  des  Ab- 
lenkungswinkels. 

Die  Fehler  sind  um  so  kleiner ,  je  kleiner  a  und  b  gegen  h  sind ,  und 
bei  kleinen  Ablenkungswinkeln,  wie  sie  in  der  Praxis  immer  nur  angewandt 
werden,  ist  der  Unterschied  zwischen  dem  wahren  Drehungsmomente  U  und 
dem  genäherten  u  =  J)  sin  q  durchaus  verschwindend ,  was  der  Verfasser 
analytisch  nachweist  und  durch  Zahlenbeispiele  belegt. 

Indem  dem  Apparat  hierdurch  ein  so  einfaches  Reactionsgesetz 
!!=:/>  sin  Q  verschafft  wird ,  erhält  gleichzeitig  durch  diesen  Umstand  das 
Instrument  seine  grösste  Empfindlichkeit,  womit  auch  die  Abnahme  der 
vertikalen  Steigung  des  aufgehängten  Körpers  im  Zusammenhange  steht; 
Überdiess  aber  wird  dadurch  die  Theorie  für  Anwendung  des  Apparates  bei 
Gegenwart  adjungirter  Kräfte  auf  die  einfache  Weise  ermöglicht,  welche 
der  Bifilarsuspension  eine  so  hohe  Bedeutung  giebt  (§.  43).  Uebrigens  ist 
die  Aenderung  des  Abstandes  der  Fäden  leicht  und  beqnem  auszuführen 
und  also  jederzeit  die  Möglichkeit  gegeben ,  die  Empfindlichkeit  des  Appa- 
rate» zu  verändern. 

§.  106  ff.  entwickelt  der  Verf.  das  Gesetz  des  Snow  Harris'schen  Ap- 


*)  Diese  horizontale  Oomponente  an  jedem  Fadenende  ist  besonders  gemeint, 
wenn  knriweg  von  den  Schwerkräften  gesprochen  wird. 


Literaturzeitung.  93 


parates  und  benutzt  das. Resultat  dieser  Entwickelung  zuglQich,  um  daran 
zu  zeigen ,  welchen  Einfluss  es  hat ,  wenn  an  irgend  einer  Stelle  zwischen 
den  obern  und  untern  Aufhängungspunkten  der  Abstand  der  Drähte  ver- 
ändert wird,  wie  dies  W.  Weber  gethan  hat  (§.  342). 

Eine  der  wichtigsten  Entwickelungen  ist  nun  die  des  Schwingungsge- 
setzes (§.  120  ff.) ;  hierbei  bedient  sich  der  Verf.  der  Methode ,  in  welcher 
Lagrange  das  Princip  von  D^Alejnbert  mit  dem  Principe  der  virtuellen 
Geschwindigkeit  vereinigt  hat.  Er  beweist ,  dass  die  Bewegung  eine  regel- 
mässig oscillirende  ist  und  entwickelt  für  die  Schwingungsdauer^d.  i. 
die  Zeit,  welche  zwischen  zwei  aufeinanderfolgenden  grössten  Ablenkungen 
oder  Elongationen  +  Q  ^uid  —  q  verfiiesst ,  den  Ausdruck 

von  IC  das  Trägheitsmoment  des  angehängten  Körpers,  G  den  ganzen  hori- 
zontalen Schwingungsbogen,  welcher  während  der  Zeit  T  durchlaufen  wird, 
bezeichnet,  a,  6,  ^,  h  und  M  aber  die  frühere  Bedeutung  haben.  Daraus  er- 
giebt  sich  dann  der  Grenzwerth  der  Schwingungsdauer  (für  G  =  0), 


t/  ÄÄ^ 


bgM 

HO  wie  die  Keduction  der  Schwingungsdauer  auf  unendlich  kleine  Bögen, 
welche  hinreichend  genau  nach  der  Formel 


^•=^'0-D 


bewirkt  werden  kann,  wenn  T,  die  beobachtete  Schwingungsdauer  ist.  Al- 
lein wegen  der  Kleinheit  der  beobachteten  Bögen  ist  diese  Reduction  mei- 
stens uhnöthig. 

Führt  man  das  .Directionsmoment  D  =  — | —  ein,  so  wird  jener  Grenz- 


werth 


■/l 


d.  h.  das  Quadrat  der  Schwingungszeit  ist  proportional  dem 
Trägheitsmoment  und  umgekehrt  proportional  dem  Direc- 
tionsmoment. 

Es  folgt  nun  (§.  131  ff.)  die  Specialtheorie  des  Apparates  bei  Zutritt 
von  adjnngirten  Kräften.  Das  Directionsmoment  der  adjungirten  Kräfte  ist 
mit  E^  das  der  Schwere  wie  bisher  mit  D  bezeichnet.  Es  sind  nun  die  früher 
erwähnten  drei  Hauptlagen  behandelt : 

i;  Erste  oder  natürliche  Lage.  Der  Körper  ist  in  Folge  der  Bi- 
filarsuspension  unter  dem  blossen  Einfluaie  der  Schwere  in  der  Lage ,  in 
welche  ihn  auch  die  adjungirten  Kräfte  zu  versetzen  streben;  die  Gleich- 
gewichtslage wird  also  durch  das  Einwirken  jener  Kräfte  nicht  geändert, 
sondern  nur  der  Gleichgewichtszustand;  die  Kräfte  der  Schwere  und  die 
adjungirten  Kräfte  summiren  sich;  es  entsteht  bei  einer  Ablenkung  z  ein 
resultirendes     oder     complexes     rücktreibendes    Moment 

Liteiatui/tg.  d.  Zeilsohr.  f.  Math.  u<  Phyi.  I.  ^ 


{D  -^  E}um  z^  itatj  rea»iiUirende  oder  eompjexe  Dir^etlonamo- 
ment  ist  i?  +  ^;  die  Scbwiagungödauer  tf^=^ssj/  ^rr^* 

IL  Zweite  ader  YOTkchrte  Lag  e*  Der  Körper  erhält  durcli  die 
blosse  BifilaraUijpens]On  eiae  Lage,  welche  mit  derjenigea,  die  ihm  die  ftd- 
juügirten  Kräfte  zu  ertheileu  streben,  eiaen  Winkel  von  lft(f  bildet;  die 
Kräfte  der  Schwere  und  die  adjungirtfen  Kriifte  sind  einander  entgegenge- 
setzt; es  entsteht  daher,  wie  vorbin,  keine  neue  Gleichgewiehtslage^  son- 
dern nur  ein  neuer  GleichgewichtsKU&tand;  damit  dieBer  stabil  aei ,  müssea 
die  Kräfte  der  Schwere  grösser  sein,  als  die  adjungirteu.  Das  eomplexe 
rüclttreibende  Moment  ist  (D  —  £)  sin  z,  das  complexe  Direc- 

tionsmoment  D-^E^  die   Schwingungsdan  er  t^^^nT/  j. — -- 

Die  Empfindlichkeit  kann  beliebig  gesteigert,  insbesondere  kann  sie  gröf&fier 
gemacht  werden,  als  diejenige,  die  bei  einer  Unifilarsuspension  ohne  Tor- 
siona widerstand  unter  dem  Einflüsse  der  adjuugirten  Krüfte  Btattfinden 
würde,  und  zwar  im  Verhältnisse  von  Ei  B  —  E.  —  Dipse  Lage  kommt, 
wie  die  vorige,  in  Betracht:  K  hei  der  Aufstellung  des  Bifilarmaguetometeri 
{§§.  69,  161,  3'i4,  331,)  und  %  beim  Gebrauche  des  Elektrodynamomet^n 
(§§.  $47^349  und  %':>b — 359*)  Ueberdies  dient  sie  zu  den  Änwendung^D, 
(galvanometriscber  u.  s.  w*),  die  wir  früher  erwähnt  haben.  —  §.  |:^9  gieU 
der  Verf*  an,  wie  eine  UTiahsichtliche  Abweichung  des  Körpers  von  der  er- 
sten  oder  zweiten  Lage,  oder  die  Richtung  der  adjungirtiHi  Kräfte  in  Br- 
Ziehung  auf  den  Apparat,  bestimmt  wird,  und  wie  man,  wenn  dies  gesch©" 
hcn,  den  Körper  in  die  richtige  Lage  bringt.  Von  diesen  Bestimmungen 
wird  bei  der  Behandlung  des  Bifilarraagnetometers  und  des  Elektrodyna- 
mometers  Gebrauch  gemacht  (§§.  318,  3i9,  350). 

III.  Dritte  oder  transversale  Lage.  Bei  dieser  schliessen  im 
Allgemeinen  die  adjungirten  und  die  Schwerkräfte  einen  Winkel  zwischen 
0®  und  180®  ein,  der  bei  der  transversalen  Lage  im  engem  Sinne  ungefähr 
156®  beträgt.  Es  entsteht  dann  nicht  nur  ein  neuer  Gleichgewichtszustand, 
sondern  auch  eine  neue  Gleichgewichtslage,  die  complexe  oder  resultirende. 
Das  äussere  Kennzeichen  dieser  Lage  ist,  dass  die  Fäden  im  Gleichgewichts- 
zustände nicht  in  Einer  Ebene  sind.  Diese  Lage  gewährt  uns  das  Mittel, 
die  kleinen  Aenderungen  zu  messen,  welche  in  der  Intensität  der  adjungir- 
ten Kräfte  vor  sich  gehen  können,  und  findet  ihre  Anwendung  beim  Bifilar- 
magnetometer*).  Jene  Aenderungen  nämlich  bringen  Ablenkungen  des 
Körpers  von  seiner  complexen  Gleichgewichtslage  hervor,  diese  Ablen- 
kungen sollen  gemessen  und  aus  ihnen  die  Grösse  der  Aenderungen  berech- 
net werden.  Allein  es  kann  ja  auch  die  Richtung  der  adjungirten  Kräfte 
sich  ändern  und  Ablenkungen  hervorbringen,  und  wir  wüssten  dann  nicht, 
von  welchem  Umstände  die  letzteren  herrührten,  oder  wir  müssten  jedesmal 
zugleich  die  Hichtungsänderungen  an   einem  besonderen  Instrumente  be- 


*)  Nach  der  von  Gauss  in  seinfV  „Intensitas  vis  terrestris  ad  mensuram  absoluUtm 
revocata**  angegebene  Methode  erfordert  die  BeAtimmung  der  Intensität  des  Erd- 
magnetismus längere  Zeit  und  es  ist  deshalb  diese  Methode  zur  Messung  der  Varia- 
tionen des  Erdmagnetismus ,  die  z.  B.  bei  den  Terrainsbeobachtungen  von  5  zu  5  Mi- 
nuten bestimmt  zu  werden  pflegen,  nicht  geeignet;  es  konnten  daher  die  Intenpitäts. 
Variationen  erst  nach  Erfindung  des  Bifilargalvanometers  zu  diesen  Beobachtungen 
mit  hinzugezogen  werden.  D. 


Literaiarzeitung.  95 

stimmen  und  ihren  Einflnss  mit  dem  der  Intensitätsändemngen  in  Rechnung 
bringen ,  was  natürlich  sehr  unpraktisch  wäre.  Es  mnss  also  dem  Apparate 
wo  möglich  eine  solche  Einrichtung  gegeben  werden,  dass  der  Einfluss  der 
Richtungsänderungen  (wenigstens  wenn  sie  nicht  sehr  gross  sind)^  soviel 
wie  gänzlich  annullirt  werde,  und  hierin  besteht  nur  die  transversale 
Lage  im  engern  Sinne,  welche  wir  baldigst  besprechen  werden.  Zu 
diesem  Behufe  behandelt  der  Verfasser  die  dritte  Lage  allgemein,  wenn 
die  Copula  in  der  neuen  complexen  Gleichgewichtslage  einen  Winkel  9 
mit  der  ursprünglichen  Lage  oder  mit  der  Geraden  durch  die  obern  Faden- 
endpunkte ,  einen  Winkel  a  aber  mit  der  Richtung  der  adjungirten  Kräfte 
bildet.  Er  entwickelt  die  Ausdrücke  für  das  complexe  rücktreibeude  Mo- 
ment [=  {D  cos  (p  +  E cos  a)  sin  z  =  d sin  z]]  das  complexe  Directionsmo- 

mant  {d)  und  die  Schwingungsdauer  1  =nj/  —  1,  sowie  diejenigen,  welche 

den  Zusammenhang  zwischen  den  Ablenkungswinkeln  und  den  Aenderun- 
gen  der  adjungirten  Kräfte  angeben.  Es  ergiebt  sich ,  dass  man  im  Allge- 
meinen wirklich  die  Richtungsänderungen  jedesmal  besonders  ausmitteln 
müsste ,  um  die  Intensitätsänderungen  aus  den  Ablenkungen  zu  berechnen. 
Allein  aus  seinen  analytischen  Betrachtungen  entwickelt  dann  der  Verf., 
wie  derEinfluss  der  Richtungsänderungen  soviel  als  gänzlich 
verschwindet,  wenn  man  —  und  dies  ist  dann  eben  die  transversale 
Lage  im  engern  Sinne  —  erstens  dem  Winkel  g>  einen  schicklichen  Werth 
(60®  — 70®,  §.  311)  und  zweitens  dem  Winkel  «  den  Werth  90<>  ertheilt,  so 
dass  die  sogenannte  Normallage  (resultirende  Gleichgewichtslage  am  An- 
fange der  Beobachtung)  des  aufgehängten  Körpers  mit  derjenigen ,  die  ihm 
die  adjungirten  Kräfte  zu  ertheilen  streben  (erste  oder  natürliche  Lage) 
einen  rechten  Winkel  bildet.  Es  lässt  sich  dann  derBruchtheil  n,  um 
welchen  sich  die  Intensität  der  adjungirten  Kräfte  (beim  Bi- 
filarmagnetometer  die  horizontale  Intensität  des  Erdmagnetismus)  geän- 
dert hat,  aus  der  beobachteten  Ablenkung  z  durch  die  einfache 
Formel 

n  =  coig  g>  tang  z 

berechnen,  wie  wenn  die  Richtungsänderung  (Declinationsänderung  beim 
Erdmagnetismus)  Null  wäre.  Der  Zweck  des  Apparates,  in  diesem  Falle 
die  Aenderungen  der  Intensität  und  nur  diese  zu  messen ,  ist  also  erreicht. 
—  Allein  diese  Einrichtung  gewährt  nun  noch  neue  Vortheile  (§§.  151  — 154) 
nämlich  die :  dass  die  Aufstellung  und  Anwendung  des  Apparates  sehr  leicht 
mit  der  grössten  Schärfe  ins  Werk  gesetzt  werden  kann,  und  zwar  durch 
die  Bestimmung  der  Schwingungszeiten  in  der  ersten  und  zweiten  Lage ,  ^ 
und  /",.  Denn  diese  geben  uns  mittelst  der  in  §.  153  bewiesenen,  von 
Gauss  und  Weber  in  den  Resultaten  a.  d.  Beobacht.  d.  n\agn.  Vereins  im 
J.  1837.  S.  35  u.  36  beim  Bifilarmagnetometer  angewandten  Formeln 


*m  g)  =  TT 


<.'  -  <i' 

eotangq>=      -—^ 
•1  — h 

sowohl  den  Winkel  tp^  den  man  bei  Aufstellung  des  Apparates  braucht,  als 

8» 


Rudi  das  Verhälmie«  von  Ei  B  {B  iät  eine  bckAnnte  Gröeae)  und  den  Wertfi 
iF^a  cfiiang  <p  zur  Berechnung  von  n, 

Entülcli  miisKen  wir  noch  einlgo  seVir  bpmerkenswerthe  Resultate  her- 
vorheben, dio  der  Verf.  in  §*  J-16 — 141*  durch  Rechnung  entwick'^li:  die 
Schwingen gsdauer  m  der  besprochenen  Lage  wird  nämlich  nicht  merklich 
geändert  durch  dio  kleinen  Inten^^itäteaBdernugen  der  adjnngirten  Krurti^ 
wohl  öher  durch  die  kleinen  Eicht uiigsÄnderungen  deraelben,  und  letztere 
lassen  sich,  wenn  iic  alUdit  ötattfinden,  aus  den  Sehwingungaaeilen  srbr 

'j*  -  /*  CtiS  2 

einfach  berechnen  (fö/ig  ö  =: -^-^ ,    .   . — ,     wenn    /    die     auf  ausliehe 

Öehwingungsdauöri  t  dieselbe  bei  der  JÜchtungsfindernug  ß  der  adjuagirtni 
Kräfte  und  der  Alibnikmig  r  ist)-  Daraus  gfdit  hervor,  dass  der  Bifiljir* 
ap parat  in  dur  dritten  Lage  durch  den  veränderten  Stand  die 
1  n  t  *^  n  s  i  t  ä  t  ft  ,^  u  d  r  r  u  II  Ij'  e  n ,  durch  die  v  e  r  .'i  n  d  e  r  t  e  *S  c  h  w  i  n  g  u  n  gjj  * 
d  axT  e  r  d  i  e  R  i  c  h  t  u  n  g  s  ji  ii  d  e  r  u  n  g  e  n  d  e  r  a  d  j  n  ug  ir  t  e  u  Kr  M  ft  ©  (welche 
letsstere  man  In  der  Kwerteu  Lage  durch  den  verrindeiten  Stand  erh.-iltj  an- 
giehf;  hei  dem  llnifilaTa|>|mrRt  (keine  Torsion  voraufttgesetist)  findet  gerade 
das  fte^^entheil  statt* 

Kacbdeni  nuu  dio  Theorie  unter  Voraussetzung  Idealer  Vcrliältujsse 
erledigt  i^t,  geht  der  Verf,  über  zur  Betrachtung  der  in  Wirklichkeit 
stattfindenden  V  erhriltnisse  (Luftwiderstand,  Elasticitat  der  Füden 
u.  s.  w.jf  um  zu  (M-mlttcln,  4ib  und  welelien  EinHuss  &ie  auf  die  aufgestell- 
ten Geäet/e  haben*  Er  findet^  dasia  man  durch  sorgfiikige  Äusführnng  des 
A|.iparatcä  alle  wirklich  schlidlicheu  EindUsiae  ansschlicsseu  kann ,  dass  an- 
dere Eintliisise  in  Rechnung  gezogen  werden  können,  nämlich  die  Elastlci^ 
t£t  der  Finden,  und  Jass  endlich  nur  noch  die  öQgenanuten  Hindernisse  der 
Bewegung  zu  betrachten  bleiben.  Der  Einfluss  der  Elasticität  wird  in 
§§.  171 —  180  behandelt,  man  bedarf  indess  in  der  Praxis  seiner  Berücksich- 
tigung nicht.  —  Dio  Hindernisse  der  Bewegung  folgen  in  §§.  181  — 219. 
Bei  der  Langsamkeit  der  Schwingungen  kann  von  einem  Widerstände,  wel- 
cher dem  Quadrate  oder  hohem  Potenzen  der  Geschwindigkeit  proportional 
wäre ,»  füglich  abstrahirt  werden.  Es  bleibt  demnach  nur  zu  untersuchen, 
ob  ein  der  Geschwindigkeit  proportionaler  Widerstand  od  zugleich  mit  die- 
sem auch  ein  constanter  stattfinde.  Für  beide  Falle  müssen  die  mechani- 
schen Gesetze  durch  Rechnung  aufgefunden,  und  es  muss  sodann  durch  die 
Erfahrung  ausgemittelt  werden,  ob  die  wirklichen  Erscheinungen  diesen 
Gesetzen  entsprechen.  Dies  thut  der  Verf.  zuerst  für  einen  der  Geschwin- 
digkeit proportionalen  Widerstand  in  §§.  185  —  206.  Er  giebt  die  Theorie 
dieses  Falles  ausführlich,  weil  sie  auch  als  Grundlage  bei  der  Anwendung 
und  bei  der  Untersuchung  inducirter  Ströme  dient;  sowohl  bei  der  soge- 
nannten Dämpfung,  als  bei  der  Erforschung  der  Gesetze  der  magnetoelektri- 
schen und  der  Volta  -  Induction.  Es  werden  die  Unterschiede  von  dem 
Gange  eines  Apparats,  bei  welchem  kein  Widerstand  stattfände,  nachge- 
wiesen: die  Vergrösserung  der  Schwingungszeit,  die  merkwürdigen  Phasen 
der  Bewegung,  und  namentlich  die  Abnahme  der  Schwingungsbögen  in  geo- 
metrischer Progression.  Hierbei  wird  Alles,  was  auf  das  so  häufig  vorkom- 
mende, von  Gauss  eingeführte  logarithmische  Decrement  (Result.  a.  den 
Boob.  d.  magn.  Vereins  im  J.  1838,  p.  68)  Bezug  hat,  auseinandergesetzt, 
auch  die  Berechnung  miitelst  kleinster  Quadrate  gegeben  und  dann  gezeigt, 
wie  aus  der  blossen  Kenntniss  der  Schwingungsdaucr  und  des  logarithmi- 


.  Literaturzeituiiii:. 


&• 


bcheu  Decremeutes  nicht  nur  die  Grösse  des  Widerstandes  gefunden  wird, 
bondern  auch  die  Schwingungsdaner  und  das  Dircctionsmoment,  welche  ohne 
den  Widerstand  stattfinden  würden,  und  welche  man  direct  durch  blosse 
Beobachtungen  natürlich  nicht  ausmitteln  könnte. 

In  zweiter  Linie  entwickelt  dann  der  Verf.  in  §§.  207 — 219  die  Er- 
scheinungen, welche  eintreten  müssen,  wenn  neben  dem  der  Geschwindig- 
keit proportionalen  Widerstände  noch  ein  constanter  Widerstand  vorhanden 
ist.  Hier  hat  der  Apparat  nicht  mehr,  wie  bisher,  eine  constante 
Gleichgewichtslage,  und  eignet  sich,  wenn  der  constante  Widerstand 
erheblich  ist,  nicht  mehr  zur  genauen  Messung  ablenkender  Kräfte.  Die 
Schwingungszeit  ist  dieselbe,  wie  im  vorigen  Falle,  die  Abnahme  der  Bö- 
gen aber  erfolgt  nicht  mehr  im  geometrischen  Verhältnisse,  sondern  in 
einem  grossem.  —  Die  Vergleichung  der  Resultate  aller  dieser  Kechnungen 
mit  den  bisherigen  Beobachtungen  zeigt  aber :  dass  der  constante  Wider- 
stand Null  oder  für  uns  verschwindend  klein  ist,  dass  man  nur  einen  der 
Geschwindigkeit  proportionalen  Widerstand  annehmen  kann,  dass  aber  der 
Einiiuss  dieses  letztem  auf  die  Schwingungsdauer  für  uns  nicht  merkbar 
ibt ,  und  dass  seine  Grösse  sowie  sein  Einfluss  immer  leicht  bestimmt  wer- 
den können.  Und  als  Endresultat  der  gesammten  Beobachtungen  ergiebt 
sich,  dass  wir  den  Apparat  unter  den  wirklichen  Verhältnissen 
ganz  eben  so  gut  gebrauchen  können,  wie  wenn  die  (früher  vor- 
ausgesetzten) idealen  Verhältnisse  vorhanden  wären. 

§§.  223  —  232  giebt  der  Verf.  die  Bestimmung  des  Directions  -  und 
Trägheitsmomentes,  wodurch  die  Bifilarsuspension  ihre  volle  Sicherheit  und 
Tadellosigkeit  erhält,  und  geht  dann  über  auf  den  praktischen  Theil.  — 
Da  aber  bei  Besprechung  des  theoretischen  Theils  die  Grenzen  des  uns  ge- 
statteten Kaumes  schon  überschritten  sind,  so  müssen  wir  uns  in  Beziehung 
auf  den  praktischen  Theil  auf  wenige  Worte  beschränken.  Der  Verf.  be- 
handelt J)  die  praktische  Einrichtung  und  Anfstellnng  des  Apparates; 
B)  den  Gebrauch  desselben  zu  Ablenkungs  -  und  Schwingungsbeobachtun- 
gen :  Vorsichtsmaassregeln  u.  s.  w. ;  Reduction  der  Scalentheile  anf  Winkel 
oder  Bögen;  Erörterung  des  Einflusses,  wenn  der  Spiegel,  wie  bei  der  uni-  * 
filaren  Aufhängung,  eine  erhebliche  Entfernung  von  der  Drehungsaxe  hat 
(excentrisch  ist),  sodann  wenn  derselbe  nicht  ein  Metall-,  sondern  ein  Glas- 
spiogel  ist*).  Für  grosse  Excentricität  und  nicht  sehr  kleine  Ablenkungs - 
bögen  hat  der  Verf.  den  Ausdruck  entwickelt : 

*)  Herr -Stegmann  hat  kürElich  eine  Abhandlung  über  die  Restimmang  des 
Dreliun^swinkels  an  MeMsinatrumenten  mit  Scale ,  Spiegel  und  Fernrohr  in  Gnmert*s 
Archiv,  1805,  vcrüffcntlicht.  Derselbe  geht  von  sehr  allgemeinen  Voraussetzungen 
ans:  die  Umdrehungsaxe  soll  nicht  in  der  Spiegelcboue  liegen  und  ihr  auch  nicht  pa> 
rallel  sein  (der  Spiegel  ist  also  excentrisch  und  seine  Ebene  ausserdem  unter  einem 
Winkel  S  gegen  die  Drehungsaxe  geneigt  angenommen)  und  die  Umdrehungsaxe  soll 
nicht  in  der  Visircbcne  liegen ;  er  leitet  dann  aus  seinen  allgemeinen  Formeln  fol- 
gende Nähcrungsformeln 

X  h 

^;= 7i  und  ccosB:^ cosi(a — y)cMl(a-fy) 

^       2cco8  9  cosy       ^^       "       ^^       '' 

ab,  deren  sich  Herr  W.  Weber  bedient  hat;  wobei  ^  den  Drchungswinkel ,  o?  die 
zugehörige  Anzahl  von  Scalentheilen,  h  den  in  horizontaler  Richtung  gemessenen  Ab- 
stand de«  Spicgelmittel]iunktes  von  einer  durch  die  Scale  gelegten  Verticalebene ,  a 
den  Winkel,  unter  welchem  die  optische  Axe  des  Fernrohrs  ge^^en  den  Horizont,  und 
y  den  Winkel,  unter  welchem  diejenige  Ebene,  die  durch  die  Scale  und  den  Mittel- 
punkt des  Spiegels  bei  dessen  Anfangsstellung  bu  legen  ist,  gegen  den  HorijBont  ge< 


wobei  ft  den  Brecliungsexpoucntea  fiU"  den  UebergÄog  dös  Lichtes  aus  der 
Luft  in  das  Spiegelglas,  £  die  Entfernung  der  vorderen  Spiegelfläclie  von 
der  Drcihuoj^eaxe»  S  die  Dicke  dea  Spiegelglases,  Ä  die  lioriEontale  Eot- 
fernuug  dea  Spiegek  voti  der  ^cale  in  der  Gleichgewichtslage  {E,  R  und  S 
jn  Seal  eilt  heilen  gemessen),  p  dea  Ablenkuiigswinkel  und  tip  die  demselben 
entsprechende  Anzahl  von  Scalentlieilen  bezeichnen,  —  Das  erste  Glied 
ist  constaat,  das  zweite  kann  ohne  Nachtbefl  als  constant  und  das  dritte  bei 
der  bifilaren  Aufhängung  soviel  wie  immer  als  Null  augesehen  werden. 
Mao  kann  dahi^r  bei  der  biülaren  AiifhJingung  ohne  Bedenken  «etseu 

und  bei  sehr  kleben  AblenkungBi^inkcln 

In  der  Praxis  ist  gewöhiiHch  |^'  gegen  li  verschwindend  klein  und  man  er- 
häU  dann  di^  längst  gebräucbliehe  Farmel 
*  op 

Hierauf  geht  der  Verf.  die  einzelnen  Fälle  von  Anwendungen  durch;  A)  An- 
wpuduiigen  de«  Apparates  ohne  Mitwirkung  adjungirter  Kräfte.  Zu  den 
Verhuehen,  die  Dichtigkeit,  der  Erde  an  beatlmmen  von  Cavendish, 
Keicli  und  Baily  würde  deli  der  BifiJarapparat  besonders  eignen*  Be- 
stimmung des  Trägheitsmomentes  von  Körpern,  die  keine  regelmässige 
Form  haben  oder  nicht  homogen  sind.  Bestimmung  der  Intensität  galvani- 
scher Ströme  nach  absolutem  Maasse  (Bifilargalvanometer).  B)  Anwen- 
dungen des  Apparats  bei  Gegenwart  adjungirter  Kräfte.  L  Bitilarmagneto- 
'meter;  2.  Elektrodynamometer. .—  Endlich  vergleicht  der  Verf.  die  Bifilar- 
suspension  mit  andern  Messmethoden  und  stellt  die  Eigenthümlichkeiten 
und  Vortheile  der  erstem  summarisch  zusammen. 

Referent  hat  diese  Arbeit  des  Herrn  Stähelin  mit  vielem  Vergnügen 
studirt  und  empfiehlt  dieselbe  allen  Physikern,  welche  mit  dem  Wesen  und 
der  Einrich4;ung  des  Bifilarapparates  nicht  schon  völlig  vertraut  sind.  Denn 
wenn  auch  die  hauptsächlichsten  Resultate  der  Theorie  in  den  betreffenden 
Schriften  von  Gauss  und  Weber  schon  enthalten  sind,  so  pflegen  diese 
dieselben  doch  nur  in  wenigen  eleganten  Formeln  anzudeuten,  die  Ent- 
wickelung  grösstentheils  dem  Leser  überlassend.  Und  diese  letztere  hat 
der  Verfasser  sehr  klar  und  erschöpfend  und  in  eleganter  Weise  gegeben*). 

neigt  ist,  bezeichnet.  Dabei  hat  Herr  Stegmann  stillschweigend  einen  Metallspie- 
gel voransgesetzt  — •  und  es  kann  auch  füglich  die  Correction  beim  Glasspiegel  ausser 
Acht  bleiben,  da  die  Dicke  des  Spiegelglases  im  Vergleich  zum  Abstände  des  Spiegels 
vom  Fernrohr  gewöhnlich  sehr  klein  ist  und  dagegen  vernachlässigt  werden  kann. 

*)  Unter  Anderem  glaubt  Referent  besonders  die  sehr  einfache  Art,  auf  welche 
der  Verfasser  §.  184  die  Gleichung 

d^O     ado 

^+-^  +  j,  +  ,,  +  A=0. 

in  welcher  n,  6,  g  und  h  constante  Grössen  sind,  integrirt,  hervorheben  zu  müssen.   Kr 


Literaturzeitung.  99 

Dabei  hat  derselbe  das  Wesen  und  die  Eigenthtimlichkeiten  der  bifilaren 
Aufhängung  und  deren  Anwendungen  scharf  und  schlagend  erörtert.  In 
seinen  p]nt Wickelungen  ist  derselbe  vielfach  von  allgemeinern  Voraussetzun- 
gen ausgegangen ,  als  es  bisher  geschehen ,  und  hat  aus  seineu  allgemeinen 
Ausdrücken  dann  die  in  der  Praxis  üblichen  speciellen  Fälle  abgeleitet; 
auch  sind  manche  Umstände,  die  bisher  numerisch  nicht  ausgedrückt  wor- 
den waren,  vom  Verfasser  der  Rechnung  unterworfen  worden,  so  dass  in 
dieser  Hinsicht  seine  Arbeit  vieles  Neue  enthält.  Die  mehreren  Abschnit- 
ten beigefügten  Zahlenbeispiele  werden  vielen  Lesern  erwünscht  sein. 
Zittau.  C.  F.  Dietzel. 


Die  Theorie  der  Hangebrücken;  mit  besonderer  Rücksicht  auf  deren  An- 
wendung bearbeitet  von  IL  Tellkampf,  Ingenieur-Assistent.  Mit 
2  lithograph.  Tafeln.  Hannover,  Hellwing. 
Der  Verfasser  erklärt  in  der  Vorrede,  seine  Absicht  sei  gewesen,  „aus 
allen  ihm  bekannten  Arbeiten  über  die  Theorie  der  Kettenbrücken  das  dem 
Techniker  Wesentlichste  und  Wichtigste  zu  entnehmen  und  in  übersicht- 
licher Weise  zusammenzustellen."  Diesem  Zwecke  gemäss  erörtert  der  Verf. 
zunächst  die  Eigenthümlichkeiten  der  Hängebrücken  überhaupt  sowie  ihre 
Oonstruction  und  Bestandtheilc ,  giebt  dann  eine  kurze  Geschichte  dieser 
Bauwerke,  wobei  die  Brücken  zu  Prag,  Lorient  und  Pesth  einer  genaueren 
Betrachtung  unterzogen  werden ,  und  wendet  sich  nachher  zur  eigentlichen 
Theorie,  welche  zum  Schlüsse  auf  eine  Reihe  von  Beispielen  angewendet 
wird.  Was  nun  die  Theorie  selbst  betrifft,  so  vermisst  Referent  darin  die 
wissenschaftliche  Durcharbeitung;  der  Verf.  stellt  nach  einander  die  ver- 
schiedenen Arbeiten  Gerstner's,  Navier*setc.  nebeneinander  wie  es 
kommt,  ohne  zu  bemerken,  dass  die  Principien  immer  dieselben  sind  und 
dass  nur  die  Form  der  Rechnung  verschieden  ist.  Daher  trifft  es  sich  auch, 
dass  dem  Verf.  die  Indentität  mancher  Theorien  entgeht ,  sobald  die  For- 
meln etwas  anders  aussehen.  So  z.  B.  findet  sich  in  §.21  die  für  die  gleich- 
|;espannte  Ketten  -  (nicht  Kettenbrücken  -)  linie  die  Gleichung 

a:  =  —  gl  cos  — 
Q 
wobei  die  Abscissen  x  in  vertikaler  Richtung  gezählt  werden;  mit  genau 


setzt  69-f^^-fA  =  uc;^'-f^,  wobei  e  die  Basis  des  natürlichen  Logarithmensjitems 
bezeichnet.   In  der  dadurch  entstandenen  Qleichong 

wird2o-fa  =  0  und f-J^  ß=:0  gesetzt  und  durch  —r-  dividirt ,  wodurch  sich  die- 

0  o 

selbe  auf 

reducirt,  woraus  bekanntlich  für  5  >  ^r;^,  ti  =  c'  #ih —^ — - » 


ui,dfür6<J«»,   «  =  c'eH'^''-<»  +  c"e-'i'''-^^ 


sich  ergieht,  wenn  <f  und  (f*  die  willkürlichen  Conitanten  bezeichnen ;  hieraus  sind  nun 
leicht  die  entsprechenden  Werthe  für  ^  abzuleiten. 


LttemturKeitutig. 


d6ni»elben  gerlngeu  lie^hnuagsaufwande  hiitte  der  Verfasser  dte  vom 
Keferenten  aogegebeae  Glekhungdergleicbgespaunten  Kcttenbrückeüliiiie'') 

JT  ^=  —  nlcoH  ^ 

Ableiten  köniiPD,  uuterlÄsst  dies  aber,  weil  nie  ihm  j^ ziemlich  wcitlllifig** 
vorkommt^  daj;egeii  eiitwkkeU  fir  nach  Ü  öra  tnor  auf  emtJin  in  der  Tliat 
sehr  umatUndlicböü  Wege  die  Formel 

4       o"* 

die  aber  mit  der  vorhergebeüden  identiscb  ist.  —  Üb  es  with  übrigen.^ 
nach  dieser  Gleiclmiig  be4]^ucmer  ai«  nach  der  vorigen  rcthuiat,  bt?Kwdfek 
Roferentj  da^ii  meliriaaligo  Poteüaireo  von  ^t  ist  weit  beschwerlicher  alü  iIäj» 

AnrscbUgen  von  l  cos  ^  wenn  man  Tafeln  der  natürlichen  Logiyrithmen  der 

trigonotnetriäeben  Funktionen  zur  II and  hat.  —  Uebersicbtlicher  und  klarer 
warau  des  Verfassers  theoretische  Erörterungen  geworden,  wenn  folgeudt; 
eiufaebe  DLstinctloneu  vorauägeäuhiekt  wurden;  1*  man  i^ielit  die  Kette  oat- 
weder  als  Polygon  oder  als  stetige  Curve  an,  man  heuutzt  also  entweder 
die  Üifferenzeu  -  und  Sumineurochramg  odor  die  Differential-  und  Integial- 
rechnung;  2.  man  giabt  der  Ivette  entweder  einen  conätanten  oder  einen  dei 
Bpannung  proportional  waehseudeu  Querschnitt.»  Dies  »ind  zusammen  vier 
Falte,  vou  denen  je  zwei  mtt  einer  gan^  gleichen  Betrachtung  anfangen  und 
erst  später  hei  der  Substitution  r/  =  CtmiiL  oder  q  =  m  T  auseinander  geiicw. 
Demgomäss  können  überhaupt  nur  vier  Formelnsystyme  für  die  Ketteu- 
brtickcnliüie  exii*ttren;  alles  Ändere  ist  analytische  Uuiwatidlun;;. 

Die  Anwendungen  auf  die  Praxis  zeugen  vop  den  Kenntnissen  und 
dem  Fleisse  des  Verfassers ,  und  möchte  Referent  diesen  Theil  überhaupt 
für  den  gelungeneren  erklären.  Ingenieure  werden  das  Schrifteben  ohne 
Zweifel  mit  Nutzen  studiren.  Sculömilch. 


Bibliographie 

vom  15.  August  bis   15.  October  1856. 


Periodische  Schriften. 

Denkschriften  der  Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften. 
Mathematisch -naturwisseuschaftl.  Classe.  XI.  Bd.  gr.  4.  (V.  u.  360  S. 
mit  eingedr.  Holzschn.  und  61  lithogr.  u.  chromolith.  Taf.  in  gr.  4.  und 
qu.  Fol.).   Wien,  Braumüller.  Geh.  n.  18%  Thlr. 

Sitzungsberichte  der  Kaiserl.  Akademie  der  Wissensch.  zu 
Wien.  Mathem. -  naturwissensch.  Classe.  Bd.  XX. ,  Heft  I.,  2.  u.  3. 
Lex.-Form.).   In  Comm.  Braumüller's  Verlagsconto  in  Wien.  3%  Thlr. 

Jahresbericht  der  natur forschenden  Gesellschaft  Graubün- 
de ns.  Neue  Folge.  1.  Jahrg.  1854—55.  gr.  8.  Grubemann'sche  Buch- 
handlung in  Chur  in  Comm.  Geb.  %  Thlr. 


*)  Heft  I.  der  Zeitschrift  für  Mathematik  und  Physik ,  S.  53  Formel  7. 


Literaturzeitun^j:.  1>7 


•r 


dcLeu  Decremeutes  uicbt  nur  die  Grösse  dos  Widorstniidos  jrotuiuloii  wird, 
Äoiidern  auch  die  Schwingungsdauer  und  das  Dirootiousniomont,  woK*ho  ohne 
den  Widerstand  statttinden  würden,  und  welche  man  direot  durch  Uosse 
I^  c^obachtungen  natürlich  nicht  ausniitteln  könnte. 

In  aweiter  Linie  entwickelt  dann  der  Verf.  in  §§.  207    -  219  die  Kt- 
^«2 Meinungen,  welche  eintreten  müssen,  wenn  neben  dem  der  H esch windig;;- 
Ic^it  proportionalen  Widerstände  noch  ein  constanter  Widerstand  vorhanden 
ist:.     Hier  hat  der  Apparat  nicht  mehr,   wio  bisher ,  eine  constanto 
Ci  leichgewichtslage,  und  eignet  sich,  wenn  der  oonstante  Widerstand 
erheblich  ist,  nicht  mehr  zur  genauen  Messung  ablenkender  Kr^tYo,     l)ie 
^ehwingungszeit  ist  dieselbe,  wie  im  vori;*en  Falle,  die  Abnahme  der  Hi)< 
i;%^n  aber  erfolgt  nicht  mehr  im  geometrischen  VorhnltnisNO,  sondern   in 
einem  grossem.  —  Die  Vergleichung  der  Resultate  aller  dieser  Rechnungen 
mit  den  bisherigen  Beobachtungen  zeigt  aber:  dass  der  constante  Wider- 
stand Null  oder  für  uns  verschwindend  kloin  ist,  dass  man  nur  einen  der 
Geschwindigkeit  proportionalen  Widerstand  annehmen  kann,  dass  aber  der 
Einfiuss  dieses  letztem  auf  die  Schwingungsdauer  für  uns  nicht  merkbar 
ist,  und  dass  seine  Grösse  sowie  sein  EinHuss  immer  leicht  bestimmt  wer- 
den können.    Und  als  Endresultat  der  gesammten  Boobachtungeir  ergiobt 
uch,  dass  wir  den  Apparat  unter  den  wirklichen  Verb  Hit  nisson 
ganz  eben  so  gut  gebrauchen  können,  wie  wenn  die  (früher  vor- 
ausgesetzten) idealen  Verhältnisse  vorhanden  w/iren. 

§§.  223  —  232  giebt  der  Verf.  die  Bestimmung  des  Directions-  und 
Trägheitsmomentes,  wodurch  die  Bifilarsuspension  ihre  volle  Sicherheit  und 
Tadellosigkeit  erhält,  und  geht  dann  über  auf  den  praktischen  Theil. 
Da  aber  bei  Besprechung  des  theoretischen  Theils  die  Grenzen  dos  uns  ge- 
statteten Raumes  schon  überschritten  sind,  so  müssen  wir  uns  in  Beziehung 
auf  den  praktischen  Theil  auf  wenige  Worte  beschränken.  Der  Verf.  be- 
handelt A)  die  praktisch«  Einrichtung  und  Aufstellung  des  Apparates; 
B)  den  Gebrauch  desselben  zu  Ableukungs  •  und  Schwingungsbeobachtun- 
gen:  Vorsiehtsmaassregoln  u.  s.  w.;  Reduction  der  Scalentheiln  anf  Winkel 
oder  Bögen;  Erörterung  des  Einflusses,  wenn  der  Spiegel,  wie  bei  der  uni-  ' 
klaren  Anfhftngnug,  eine  erhebliche  Entfernung  von  der  lJrehung»axe  hat 
(excentrisch  ist),  sodann  wenn  derselbe  nicht  ein  Metali-,  sondern  ein  Glas- 
apiegel ist*).  Für  grosse  ExcentricitAt  und  nicht  sehr  kleine  Ablenkangs- 
bögen  hat  der  Verf.  den  Ausdruck  entwickelt: 

*;  Herr-Stegmann  hat  kürzlich  eine  Abhaudlang  über  die  Hestimmooi;  de« 
X>relrangswinkeU  an  MeHsinAtruinenten  mit  Scale,  :^pieir(:I  und  Femrohr  io  Gnin<:rt's 
Arebiv,  1855,  verüffentlicht.  Derselbe  geht  von  sehr  allgemeinen  Voraoüiietziuig^B 
mjOMz  die  Umdrebiingsaxe  soll  nicht  in  der  Spicgelcbene  liegen  oud  ihr  aucli  nicht  i^s- 
s^allel  sein  (der  Spiegel  ist  aluo  cxcentriiich  und  s>:ii.c  Kiiene  aiu «erdern  ant^r  eineen 
XKTinkel  S  gegen  die  Drehangsaxe  geneigt  an^enoounen  und  die  fmdrehnng^axe  soll 
xiicht  in  der  Visirebene  liegen ;  er  leitet  dann  ais  «einen  allgemeinen  Formel?»  fol- 
gende Xakerongsformeln 

*i=  ^ ^  und  ccot  S=^ co$  ka  —  y  n^l  «-fF' 

tccosG  ro*f        »  '  »  ' 

«b,  deren  tich  Herr  W.  Weber  bedient  hat:  wobei  i$  den  I>r<(kiiLg«?ri£^i»^! .  r  -f:^ 
«ngckJ^rlge  Anzahl  Ton  Scalentheileu.  h  den  in  horizontaler  BIch.tr.Bijr  zia**»*a*tL  \r^ 
stand  de*  Spi'^zelmittelj'uuktes  von  ein^^r  dr.rch  die  5?cale  ^le-rsea  Vertira^-tc-ii-? .  c 
dem  Wim**! ,  vnter  welchem  die  optL«che  Axe  de«  F^mrohr»  c*-r«-  i*-  nr^i'Zi.  ii»i 
7  den  WiAkel.  iinter  welchem  diejenige  Etene.  ui^  d^rci  die  S.'.4.d  zz.i  £•:=.  Id».- 
pnakt  de»  i^picfeb  bei  de«scb  ^ntangi^stelhing  zu  le«eii  ist.  ree«a  ^ics  Hcü 


Kompendium  der  ehenen  und  aphirisehen  Trigonometttt, 
gr,  8.    Wien,  Braumillkr  in  Comm.  geh*  l%Thlf* 

V*  HEMBYz^y  G.  Ghilain*  LehrUucb  der  Geometrie  für  den  4*  Jahr- 
gang der  k*  k*  Cadeten- Institute  etc,   gr,  8,    Wien,  Seidel  io  Comm* 

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BaeYaiA^^K,  K.  Lehrbacti  der  reinen  Mathematik  für  Foriftlfttte. 
3,  Tbl,    Wien,  Gerold^s  Sohn.  Geh.  Ü'Ä  Thlr. 

KoPPCr  ^<  An  fangsgründe  der  reinen  Mathematik,  2  ThL  A,  ii. 
d,  T-;  die  Planimetne  für  d.  Schul-  u.  Selbat-üntemcbL  6,  Aufl.  gr,Ö. 
Essen,  Bädeker,  l@  N^, 

Gandthek,  J.  O,  ,  und  JuNOtiAKä,  K.  F,  SamralangvQnLehraätBen 
und  Aufgaben  aus  der  Planimetrie,  Für  den  Scbutgebraueh. 
L  Tbeil.  gr,  8.   Berlin,  Weidmännische  Buebbandlong.      Geh-  %  Tbk 

WüCKELf  L.  Die  Geometrie  der  Alten  in  einer  Sammlung  t*  6ä0  Auf* 
gaben.   4.  Auft.  8.    Nürnberg  ^p  Bauer  &  Haspe. 

GRUSßRT,  J,  A,  Auaijrtiacbe  Geometrie  der  Ebene  und  desHao^ 
mea  für  polare  Coordinatensysterae*  gr*Lex, -8,  1857*  Greifi- 
wald,  Kochs  Verlag,  Geh.  I^^Tblt* 

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diu  seiences) ,'  par  M.  E*  Prou/u^L  In  8f  d*un€  feuitie  %*  Impr.  de  M<iUti 
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4^  edit.  In  8"  de  [BfeuiUej^  Va  Impr.  de  Laurent  u  Vhatons-  jrrfr  Marne.  A 
Paris  chez  Bachelle,  Maltet- Bachelier,  Victor  Dalmont  (\8o7),  Prix  3/r.  50c. 

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sees  dans  le  Traite  de  geomelrie  suppefrieure ,  de  M.  Chasles ,  au  mouvemenl 
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ordre  etc. ,  et  de  la  traduction  du  Traite  de  Maclaurin  sur  les  courbes  äu 
troisieme  ordre,  par  E,  de  Jorquieres ,  lieutenant  de  vaisseau.  In  8"  de  17 
feuilleSy  plus  bplanches.  Impr,  de  Maltet- Bachelier,  A  Paris  chez  Mattet- 
Bachelier,    Prix  5  /r. 

Angewandte  Mathematik. 

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und  Verfassung  d.  militär. -geographischen  Kartenwerke. 
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Sedlaczek,  E.  Ueber  Visir-  und  Rechen-Instrumente.  Wien, 
Braumüller  in  Commission.  Geh.  8  Ngr. 

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ter im  Fernrohre  des  Meridiankreises  der  Sternwarte  zu 
Kremsmüuster.   Lex.- 8.  Braumtiller  in  Wien.  Geb.  6  Ngr. 

DowaPSKY.  Anwendung  der  ebenen  Trigonometrie  auf  ver- 
schiedene Problem^  der  Messkunst.   gr.8.    Bertram  in  Cassel. 

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Literaturzeitung.  1 03 

Lieber,  A.  lieber  die  Lage  des  Standpunktes  gegen  das  fehler- 
zeigende Dreieck  bei  dem  Rückwärtseinschneiden  mit 
dem  Messtische,   gr.  8.    Ebendaselbst.  Geh.  %  Thlr. 

Tabellen  zur  Reduction  der  Ausser  Meridian-Höhen.  Aus  dem 
Englischen  von  H.  V. . . .  r  gr.  8.  Hamburg.  Rein'sche  Buchhandl.  in 
Leipzig.   Cart.  %  Thlr. 

Brettner ,  H.  A.  Mathematische  Geographie.  Ein  Leitfaden  beim 
Unterrichte  in  hohem  Lehranstalten.  4.  Aufl.  gr.  8.  Breslau ,  Max  & 
Comp.  Geh.  12  Ngr. 

OuDEMANS,  J.  A.  C.  Zweijährige  Beobachtungen  der  meisten 
jetzt  bekannten  veränderlichen  Sterne.  Aus  den  Abhandl. 
der  mathem.-physik.  Classe  der  Königl.  Niederl.  Akademie  der  Wissen- 
schaften.  Amsterdam ,  C.  G.  van  der  Post.  1  f.  90  c. 

D'Arrebt,  H.  Resultate  aus  Beobachtungen  der  Nebelflecken 
und  Sternhaufen.  LReihe.  gr.Lex.-8.  Leipzig, Hirzel.  Geh.24Ngr. 

V.  LiTTROw,  K;  lieber  lichte  Fäden  im  dunkeln  Felde  bei  Meri- 
dian-Instrumenten. Lex.-8.    Wien,  Braumüller.  Geh.  4  Ngr. 

Von  demselben.  Drei  Quellen  über  den  Kometen'v.  1556.  Lex.-8. 
Ebendas.  '  Geh.  %  Thlr. 

Matzka,  W.  Ein  neuer  Beweis  des  Kräften-Parallelogramms. 
gr.  4.    Prag,  Calve'sche  Verlagshdl.  in  Comm.  Geh.  8  Ngr. 

V.  Schwind,  F.  Vädemecum  d;  österreichischen  prakt.  Mecha- 
nikers. Nach  MoRiN*s  Aide  Memoire  tibersetzt  u.  f.  Österreich.  Maass 
u.  Gewicht  vollständig  umgerechnet,  gr.  8.  Wien ,  BraumüUer's  Ver- 
lagsconto.  Geh.  2  Thlr. 

Weissbach,  Jul.,  Prof.  Lehrbuch  der  Ingenieur-  und  Maschinen- 
Mechanik.  Mit  den  nöthigen  Hülfsiehren  aus  der  Analysis  f.  d.  Un- 
terricht an  techn.  Lehranstalten ,  sowie  zum  Gebrauche  für  Techniker 
bearb.  3.  verb.  u.  vervollst.  Aufl.  6  —  10  Lfg.  gr.  8.  (1.  Tbl.  theoret. 
Mechanik,  S.  V — XXV.  u.  481— 946  m.  eingedr.  Holzschn.)  Braun- 
schweig ,  Vieweg  &  Sohn.  .    Geh.  n.  3  Thlr. 

Miller,  W.  H.  Lehrbuch  der  Krjstallographie.  Uebersetzt  von 
J.  Grailich.  gr.  8.  Mit  Atlas,  in  4.  Wien ,  Gerold's  Sohn.    Geh.  3%  Thlr. 

Rädell,  C.  Anweisung,  die  Lebensfähigkeit  der  Versiche- 
rungsanstalten zu  untersuchen.    Berlin ,  Janke.      n.  2%  Thlr. 

Elements  de  geomelrie ,  comprenani  la  geomelrie  pure  et  appliquie ,  redigis  con- 
formement  aux  programmes  officieh  des  lycdes  et  aux  instructions  ministe- 
rielles de  1854.  Par  A,  Endes ,  professeur  au  lyce'e  Napolion.  GSometrie 
appliquee,  LevS  des  plans.  Projection.  Nivellement.  In  9P  de  1  feuüles  % 
plus  3  pl.  et  des  figures  dans  le  texte,  Imp.  dHennuger ,  atix  Batiguolles. 
A  Paris,  chez  Victor  Dalmont.  Prix  ^fr.^c. 

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struction  publique  et  des  cultes ,  du  30.  aoiU  1852.  pour  le  baccalaurdat  is 
Sciences ;  par  M.  Furiet,  ingSnieur  au  corpt  impdrial  des  mines.  In  9P  de 
22  feuilles.  Imp.  de  Maltet -Bachelier,  ä  Paris.  —  A  Paris  chez  Mallet- 
Bachelier.  Prix  6  fr. 

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PeasCy  W.  A.  Course  of  practical  Geometris,  being  an  Introduction  to  every 
Branch  of  Mathematical  Drawing.  3.  edit.  12mo.  pp.  80.  By  the  same. 
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üirdt^S  US  üppiifd  in  Hiiüway  Struciurt^^  ami  io  Btii/dtngs  generfithj  rcüh 
tmmrretfm  Kcumplcs  draffn  tu  n  innje  srft!t%  sdi'rlrd  from  tkr  Puhiie  If VÄ| 
of  ihf  Mitst  Emintmi  Enr/infers  -  PuhUshf^d  MmUhlif*  Pari  i*  FqHo*  lundm, 
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Physik. 

MüLLSB,  J,  Löhrbüch  der  Physik  uud  Meteorologie.  Theilw^isc 
OAcb  Pouillet*H  Lelirbucb  der  Physik  eM^lbständig  bearboiteL  S^Aiii 
1.  Bd.  l,u,2.  Liefer»  gr.  8-  Brauasichweig^  Vicwcg^&Sohn,    Geh.ö^jiThir. 

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FUEDNER,  C, ,  Haupt! eh rer  Dr,  Aufgalien  au«  der  Physik  uebit 
tbren  AEflösnngen  u.  einem  Anb*  pbysikal.  Tabelleu  eutbalUni 
Zum  Gebratiche  fftr  Lehrer  u,  SchlÜ^T  in  liöbern  Uüterricbtsanatiilion 
und  besonders  beim  Selbstunterrichte,  2  Ablbeih  (Die  Autgabeu  und 
physikal.  "f abellen,  —  Die  AuflösuDgen),  Mit  VM  in  d.  Text  eing^df- 
llolüschu*  2.  renn,  und  verb.  Auflage,  gr,  8.  (VU.  u.  156.  IlL  n.  IIÖSO 
Braunschweig ,  Vieweg  i%  Boljn,  Geb.  n,  1  Ü  Thli- 

KofiLtEAüscii,  K.  Praktische  Regeln  zur  gen aneren  Bebtim- 
mmig  des  spec  ifischen  Ge  w  ichts,  gr.  Ö,  Marburgs  ElwenVfbe 
Univerö.-BuchhftiidL  Geh,  l4Ngr. 

Krbil,  K.  lieber  die  Bestimmung  der  Beehölie  auü  dem  beob* 
achteten  Luft  drucke.  Lex.  -  8,  Wien  ^  BraumüUer's  Yeriag5- 
cöttipt.  Geh.  4N^^ 

ZEiiEKDEu,  W*  Anloitnng  zum  StndiumderDioptrik  des  mensch' 
liehen  Auges.  LTheil.  Lex.-8.  Erlangen,  Enke.    Geh.  I  Thlr.6Ngr. 

Grailich.  Brechung  und  Reflexion  des  Lichtes  an  den  Zwil- 
lingsflächen optisch  einaxiger  vollkommen  durchsichti- 
ger Medien.    Wien  ,  Braumüller's  Verlagsconto.  %Thlr. 

Paramelle,  Abb^.  Quellenkunde.  Lehre  von  der  Bildung  und 
Auffindung  der  Quellen.  Aus  dem  Franz.  Mit  einem  Vorwort 
V.  Bernhard  Cotta.  8.  (XXVL  u.  341  S.  m.  eingedr.  Holzschn.)  Leip- 
zig, Weber.  Geh.  n.  l*/iThlr. 

Stark,  J.  B.  Eine  neue  Methode  des  Doppelsprechens  in  der- 
selben Richtung  und  auf  einem  Drathe.  Lex. -8.  Wien,  Brau- 
müller's  Verlagsconto.  Geh.  6  Ngr. 

Martin,  Castor  A.  Repertorium  der  Galvanoplastik  u.  Galva- 
nostegie  oder  der  Metallreduction  auf  nassem  Wege  in 
dicken  oder  dünnen  Schi  chten.  2  Bde.  Die  Galvanostegie.  gr. 8- 
(IIL  U.201S.)  Wien,  Gerolds  Sohn.  Geh.  lThlr.8  Ngr. (cplt.  2Thlr.  23Ngr.) 

Physikalisches  Lexikon.  Encyclopädie  der  Physik  und  ihrer  Mülfs- 
wissenschaften.  2.  Aufl.  Von  O.  Marbach.  Fortges.  von  C.  S.  Corne- 
lius ,  49.  u.  50.  Liefer.  Lex.-8.  Leipzig ,  0.  Wigand.        Geh.  ä  %  Thlr. 

Problemes  de  malhemaliques  et  physique,  ä  fusage  des  aspiranis  au  baccalaureat  es 
Sciences,  par  A.  Labosne,  professeur  de  mathematiques.  Problemesie 
physique.  In  12.  de  ^  feuilles  %.  Impr,  de  Gaillet,  a  Paris.  A  Paris  chtz 
Dezohry ,  E.  Magdeleine, 


Druck  von   B.   C.  Teubnei    in   Dieüden. 


Literaturzeitung. 


Recensionen. 

Das  Problem  des  Appollonint,  nebst  der  Theorie  der  Potenzörter,  Potenz- 
punkte ,  Aehnlichkeitspnnkte,  Aehnlichkeitsgraden ,  Potenzkreise, 
Pole  und  Polaren  im  Sinne  der  neueren  Geometrie  für  alle  Lagen 
der  gegebenen  Kreise  leicht  fasslich  dargestellt  von  Hellwio,  or- 
dentl.  Lehrer  an  der  Realschule  zu  Erfurt.  (43  S.  in  8.  nebst  4  Fi- 
gurentaf.)   Halle ,  H.  W.  Schmidt. 

Die  Entwickelungen  der  neueren  Geometrie  geben  von  dem  Tactionen- 
problem  Lösungen ,  welche ,  wie  auch  der  Verfasser  bemerkt ,  an  Eleganz 
nichts  zu  wünschen  übrig  lassen.  Gewährt  dasselbe  nun  schon  in  dieser  Be- 
ziehung nicht  geringes  Interesse ,  so  ist  es  auch  noch  aus  mehreren  andern 
Gründen  wohl  geeignet,  Gegenstand  einer  besondern  Monographie  zu  wer- 
den, wovon  das  erste,  leider  verloren  gegangene  Specimen  schon  der  grösste 
Analyst  des  Alterthums ,  dessen  Namen  es  auch  führt ,  gegeben  hat.  Beab- 
sichtigt man  ferner,  Schülern  und  Anfängern  in  der  Mathematik  die  haupt- 
sächlichsten Begriffe  und  Lehrsätze  der  neueren  Geometrie ,  soweit  sie  ins- 
besondere die  Kreislehre  betreffen ,  an  einem  abgerundeten,  concinnen  Bei- 
spiele zur  Anwendung  vorzuführen ,  so  empfiehlt  sich  dieses  Problem  ganz 
besonders.  Diesen  Zweck  scheint  auch  der  Verfasser  vorliegender  Schrift 
im  Auge  gehabt  zu  haben,  wenn  er  ihn  auch  nicht  in  der  Vorrede  ausdrück- 
lich hervorgehoben  hat,  und  von  diesem  Standpunkte  aus  glaubt  Referent 
diese  Schrift  aller  Beachtung  werth  empfehlen  zu  können  trotz  einiger  Aus- 
stellungen, welche  er  sich  im  Nachstehenden  lediglich  im  Interesse  der 
Sache  zu  machen  erlaubt. 

Im  Allgemeinen  kann  es  Referent  nicht  billigen,  dass  der  Verfasser 
bei  Bezeichnung  begrenzter  Graden  oder  Strecken  nicht  das  Princip  der 
Richtungen  und  Zeichen  beobachtet  hat,  dessen  Beachtung  doch  nun  die 
bessern  Schriftsteller  über  neuere  Geometrie  nach  dem  längst  gemachten 
Vorgange  von  M  ö  b  i  u  s  sich  angelegen  sein  lassen.  Abgesehen  von  den 
vielen  positiven  Vortheilen,  welche  die  Befolgung  dieses  Princips  bei  geo- 
metrischen Untersuchungen  gewährt,  welche  aufzuzählen  hier  nicht  der 
Ort  sein  kann,  so  bietet  die  Nichtbeachtung  desselben  von  Seiten  des  Autors 
(z.B.  8.1:  M,D  +  M^D=M^M^,E^H=M,E,  —  M^H,&.Z,HF—FK'-'HK 
und  anderwärts)  für  den  Leser  vielfache  Unbequemlichkeiten  in  der  Orien- 
tirung  und  Vergleichung  der  zum  Texte  nöthigen  Figuren  dar ,  macht  auch 
in  manchen  Fällen  eine  Figur  nöthig,  welche  andernfalls  wohl  erspart  oder 
dem  Leser  zu  entworfen  füglich  überlassen  werden  könnte. 

Lileraturztg.  d.  Zeitichr.  f.  Math.  a.  Phyt.  I.  9 


Ferne?  gewÄhrt  emo  möglichst  stretjge  DnrclifJmän^  der  cyclitchen 
Bf^^elcliiiQiig  etit»precUender  Panktc  oder  Constroctionsekmcrnte ,  dm  ans 
andam  ebenso  bezeichneten  auf  dieselbe  Weise  hervorgehen,  leichtereUeber- 
sichiHeUkeit  der  Figuren,  jaatnentlich  wenn  dieselben  etwas  zusamnipiige- 
setzt  sind  (wie  z.  B.  Fig.  'J^  auf  Taf,  TIL)  und  giebt  ausserdem  dem  in  di« 
Glekhuiig^  umgekleideten  Lelir^Atze  eine  syramo  tri  sehe  Form,  aus  welcher 
er  leicht  heraitsgesfiogeu  und  in  Worten  wiedergegeben  werden  kann.  Dem 
entgegen  stellt  der  VerfasKcr  %.  B-  die  Aehnlichkeitspnnkte  dreier  KreiÄC 
mit  deren  Mittelj^junkten  M^,  M^^  M^  so  zusammen,  daea  er  den  äussern  uad 
Innern  %^on  M^  und  M^  tnit  A^  uod  /, ,  die  von  M^  und  M^  mit  A^  und  /,  otid 
die  vr>n  ^/,  und  itf,  mit  A^  und  J^  bezeichnet,  statt  diese  Punkte  pinaoder 
fto  zu^euördnen ,  das»  A^  und  Jj  zu  M^  und  Af,,  j#,  und  J,  äu  M^  und  M^  uoii 
At^  und  </j  Är^  Jf,  und  j/,  gehiiren.  Dann  hätten  unter  andern  die  OleicbuQ- 
gen  (17),  (*i*2)  bis  (*i9)  {Satz  des  Menelaus  und  desnen  recipreker  von  Jo- 
hann Bornoulli)  einen  fiber^'iiehl lieberen  Ausdruck  erhalten  können. 
Dieät?  Fonnalien,  wenn  sie  Jemand  daftir  nehmen  will,  mogpn  vi**lleielit 
ftir  di<^  Baehe  Nebendinge  bleiben^  in  einer  Sebulschrift  jedoch  möchleUef- 
denselben  keine  zu  untergeordnete  Bedeutnng  beigelegt  wissen. 

Zur  weitem  Beurtheiinng  wird  es  dif^nlicb  öcin ,  den  Inhalt  der  vorüc*- 
g enden  Schrift  etwas  nUher  anzugeben.  In  den  9  ersten  Paragraphen  (S.  1 
bis  24)  bat  der  Verf.  die  zur  Ltlsitng  des  allgemeinen  Problems  nötbigeia 
Begritläerkliirungen  und  Butze  vorausgesebiekt.  In  den  beiden  eisten  Pa- 
ragraphen bell  and  elt  er  die  Eig^enscbaften  der  Potenzlinie  zweier  Kreis* 
und  detinirt  dieselbe  als  den  g<*ometriscben  (Irt  aller  solcher  Punkte,  dajs 
die  Diftorenz  der  Quadrate  der  Verbindungsgradpu  eines  jeden  derselben 
mit  den  Mittelpunkten  der  beiden  Kreise  der  Difteren^  der  Quadrate  der 
Iladiea  von  denselben  Kreisen  gleich  ist.  £r  nennt  diese  Grade  den  er- 
sten Potenzort  der  beiden  Kreise-,  indem  er  zu  einem  besondern  Zwecke, 
wovon  weiter  unten  das  Nähere,  noch  als  zweiten  Potenzort  eine  Grade 
von  der  Eigenschaft  einführt,  dass  die  eben  erwähnte  Differenz  der  Quadrate 
der  Verbindungslinien  eines  jeden  Punktes  derselben  mit  den  Mittelpunkten 
der  Kreise  gleich  der  negativen  Differenz  der  Quadrate  der  Radien  ist. 
Die  Durchschnitte  der  beiden  Potenzörter  mit  der  Centrale  (die  Haupt- 
punkte) liegen  also  vom  Halbirungspnnkte  der  Centrale  zu  beiden  Seiten 
gleich  weit  entfernt.  In  §.  3.  werden  einige  Eigenschaften  der  beiden,  den 
eben  genannten  zwei  Potenzörtem  entsprechenden  Potenzmittelpunkte 
dreier  Kreise  aufgestellt.  §.  4.  enthält  die  Erklärung  und  einen  Satz  be- 
züglich der  Berührungskreise  zu  zwei  gegebenen  Kreisen;  §.  5.  die 
Definition  der  Aehnlichkeitspunkte,  welche  auf  eine  bekannte  Eigen- 
schaft der  Berührungssehnen  der  Berührungskreise  basirtwird,  sowie  meh- 
rere diese  Punkte  betreffende  Sätze.  In  §.  6.  kommt  der  bekannte  Sats 
über  die  Aehnlichkeitspunkte  und  Aehnlichkeits-Graden  oder  - A x en 
dreier  Kreise,  und  in  §.  7.  werden  noch  einige  Sätze  Über  Transversa- 
len und  Poteiftskreise,  wetehe  von  den  Aehnlichkeitspunkten  aus  gezo* 
gen  sind,  aufgestellt.  §.  8.  enthält  die  Erklärung  von  Pol  und  Polare  und 
den  Satz,  dass  alle  Polaren  von  Punkten  einer  Graden  durch  einen  und 
denselben  Punkt,  den  Pol  der  Graden,  hindurchgehen,  und  endlieh  werden 
in  §.  9.  die  Hauptsätze  über  die  Berührungskreise  zu  zwei  gegebenen  Krei- 
sen behufs  der  Construction  derselben  aufgeführt ,  worauf  sich  die  Lösung 
des  eigentlichen  Problems  der  Hauptsache  nach  stützt.  Diese  ist  in  §.  I4K 
etwa  in  folgender  Weise  gegeben: 


Literatnrzeitang.  107 


Seien  ^i,  ilf„  M^  die  Mittelpunkte  der  gegebenen  Kreise  und  beseicbnen 
Anftchst  0,  &  die  MittelpunEte  zweier  solcher  Kreise ,  welche  alle  drei  ge- 
gebene gleichartig  (entweder  alle  von  aussen ,  oder  alle  von  innen)  berüh- 
ren. Man  bestimme  zu  Af|  und  Mf  den  äusseren  und  inneren  Aehnlichkeits- 
punkt  A^  und  J^,  ebenso  Ai  und  Ji  zu  M^  und  ilf,  und  A^  und  Jf  zu  ilf,  und 
Jf,  und  lege  durch  den  (ersten)  Potenzmittelpunkt  77  aller  drei  Kreise  eine 
Senkrechte  zur  Aehnlichkeitsaxe  A^  A^  A^^  auf  welcher  Senkrechten  die  beiden 
Mittelpunkte  0,0'  liegen  werden.  Femerbestimme  man  zu  dem  Potenzmittel- 
punkte 77  die  Polaren  bezüglich  der  drei  Kreise  .V,  ,^21^8)  welche  die 
Aehnlichkeitsgrade  A^  A^  A^  in  drei  Punkten  U^y  Uf^  {/,  schneiden ,  von  {^, 
lege  man  die  beiden  Tangenten  an  den  Kreis  M^ ,  so  sind  die  Berührungs- 
punkte Jf  und  Ti  derselben  mit  dem  Kreise  zugleich  dessen  Berührungs- 
punkte mit  den  gesuchten  Kreisen  0  und  0\  In  gleicher  Weise  werden 
von  Uf  und  ü^  aus  die  Tangenten  an  die  Kreise  M^  und  M^  gezogen  und  die 
Berührungspunkte  Tf ,  T^  und  T, ,  T,'  bestimmt.  Jede  der  Verbindungsli- 
nien Jlf,  Ti  j  MfT^y  My  7,  wird  die  durch  77  gelegte  Senkrechte  zu  Ai  A^A^  in 
dem  einen  Kreismittelpunkte  0  und  ebenso  jede  der  Verbindungslinien  die- 
selbe Grade  in  dem  andern  Mittelpunkte  0'  schneiden.  Für  die  drei  an- 
deren Kreispaare ,  welche  nur  zwei  der  gegebenen  Kreise  gleichartig  (ent- 
weder zwei  von  aussen  und  den  dritten  von  innen,  oder  zwei  von  innen  und 
den  dritten  von  aussen)  berühren,  treten  in  der  Construction  der*Beihe 
nach  die  drei  anderen  Aehnlichkeitsgraden  ^/^/s,  A^J^J^^  A^J^J^  und  die 
auf  dfieselben  durch  77  gelegten  Senkrechten  nebst  den  Durchschnitten 
derselben  mit  den  Polaren  des  Punktes  77  bezüglich  ilfj ,  ilf, ,  M^  ein ,  wäh- 
rend im  Uebrigen  die  Construction  dieselbe  bleibt. 

Diese  Construction  stimmt  im  Wesentlichen  mit  der  von  Gergonne 
gegebenen  Lösung  desselben  Problems  üb^rein,  wenn  auch  die  Fassung 
jener  bezüglich  einiger  Constmctionselemente  von  dieser  etwas  abzuweichen 
scheint.  Sind  nämlich  die  Bezeichnungen  der  gegebenen  und  gesuchten 
Grössen  dieselben  wie  oben,  so  werden  nach  Gergonne  die  beiden  gleich- 
artig berührenden  Kreise  0^0*  auf  folgende  Weise  gefunden.  Man  be- 
stimme zur  Aehnlichkeitsgraden  A^AfA^  bezüglich  jeden  Kreises  Mf^  Mf^  M^ 
die  drei  Pole  P, ,  P, ,  P,  und  verbinde  dieseben  mit  dem  Potenzmittelpunkt 
77  durch  die  Graden  77 P,,  77Pti  J^-Pa-  Von  diesen  Verbindungslinien 
schneide  die  erste  den  Kreis  M^  in  den  Punkten  T^  und  J/,  die  zweite  den 
Kreis  ilft  in  T^  und  7"/,  die  dritt#den  Kreis  ilf,  in  7,  und  T,',  alsdann  sind 
Tiy  7,,  r,  die  Berührungspunkte  des  einen  und  7,',  7«',  ^s'  ^^^  ^^^  andern 
der  gesuchten  Kreise  0,  0'  mit  den  drei  gegebenen.  Dieselbe  Construction 
bezüglich  der  drei  andern  Aehnlichkeitsgraden  A^J^J^  n.  s.  w.  mit  übrigens 
denselben  Constructionselemcnten  ausgeführt ,  giebt  die  drei  andern  Paare 
von  Kreisen,  welche  der  Aufgabe  genügen,  und  welche  jedesmal  diejenigen 
beiden  der  gegebenen  Kreise  gleichartig  berühren,  von  denen  der  äussere 
Aehnlichkeitspunkt  in  der  zur  Construction  verwendeten  Aehnlichkeitsgra- 
den liegt. 

Die  Uebereinstimmung  beider  Constmctionen  in  ihren  Grundzügen  ist 
leicht  zu  erkennen.  Ihre  Begründung  geht  wesentlich  von  folgenden  Sätzen 
aus:  Wenn  ein  Kreis  ilf,  von  zwei  anderen  0^0'  berührt  wird,  so  liegen 
die  Berührungspunkte  mit  einem  der  Aehnliehkeitspunkte  von  0,  0'  in 
einer  Geraden  und  die  Tangenten  in  den  Berührungspunkten  schneiden 
sich  auf  der  Potenzlinie  von  0,  0'.  Werden  also  zwei  Kreise  M^  und  M^ 
von  zwei  anderen  0,0'  gleichartig  berührt,  von  dem  ersten  in  7,,  7„  von 

9* 


dem  letzten  in  ST,*  und  7/ ,  so  dass  die  Graden  T^  T,  und  T/  T^,  welche  tls 
Betinen  der  Kreise  0,  0"  die  Bprtihrnngspunkte  Terbioden,  beidt*  dem^clh&S 
Aihnlk-Ukeiteimtikt  A^  lier  Krenc  jlf, ,  Af,  trPÖ'pti,  *o  geht  die  Poteujelmic 
der  Kreise  0»  0'  auch  durch  diesen  AehnlichkeiUputtkt  A^  und  iimgekehri 
liegt  wi(*der  ein  Aelmlichkeitäpunkt  U  von  0,  0'  auf  der  roteiizUuie  v*iii 
iW,,  Mj  nud  im  Durchsthuitt  der  beiden  Gradeu  f,  T/  und  T^T^\  welche  al« 
Sehnen  der  Kreta e  M^,  M^  die  HeriiUruijgäpnukte  verbinden*  Hieraus  gehen 
für  die  Benihnnig  dreit^r  Krniae  M, ,  M^^  M^  durch  xwei  andere  0,  O'  fol- 
gende bereits  von  Gaultier  in  einer  dīBelhe  Problem  betroftendrsu  Ab- 
liaiHlIuijg  {Memoitt*  sur  //'«  nmieni  tjenfrüiu:  du  iumätruirtt  ifraphiqHemcut  m 
ct*veh  dfiU'tmine  par  trtiia  funditiuns  vt  um  ifpher^  dvicrminee  pur  quatre  eumü 
tiumt  Janrnat  de  tEnde  Poit/k'rhtiif/w-  A77'  rahit^r  1813)  ttiifgestidlten  Sätzn 
hervor;  1)  die  Polenalliüe  von  0,  O'  geht  durch  drei  Aehalichkelt»jpmikti? 
zugleich  t  veklie  die  drei  Kreise  M^ ,  ,V|,  M^  zu  je  zweien  haben»  d  Ji,  jcJo 
Aehnlidikeitsgrftde,  wie  A^A^A^^  welche  drei  der  sechs  Aehnliehskcits^ 
punkte  der  gegebenen  Kreiöe  enthUlt,  ist  die  Petenzlinic  zweier  Kreide  0, 
0\  welche  dift  «;egöbenen  Kreise  in  derselben ^Veiso  berühren  —  unii  deren 
Centrale  0  (V  also  auf  dieser  Aebnlichkeitsgratien  senkrecht  steht  —  2)  Hie 
Sehne  T^  T^\  welelie  die  Berührungspunkte  7', ,  7/  der  beiden  Kreise  0,  (^' 
mit  eineui  der  gegebenen  Kreise  il/,  verbindet,  geht  durch  einen  Aehnlich- 
keitHpitnkt  von  0^0\  oder  durrb  den  Prttpnxniittcdpunkt  77  der  dr<^t  ge^e^ 
henen  Kreise*  3)  Die  Tangenten,  welche  in  den  Beriihrnng-spuiikten  T^^T^ 
an  die  berührenden  Krei*ie  gelegt  »ind^  schneiden  sich  in  einem  PuukYe  t^j 
der  Pdtenzlinie  von  0,  (}\  d.  h.  in  di^r  Aehnlichkeitsgraden  A^A^A^,  Ana 
dem  letzten  Satae  folgt  nun  noch ,  da*»  die  Sehne  T,  7*/  die  Polare  des 
Punktes  U^  bezüglich  des  Kreises  M,  ist,  und  dnss  umgekehrt  ä)  die  T,  T, 
durch  Jen  Pol  P^  der  Aehnlichkeititgraden  A^A^A^  beKÜgHch  des  Kreises  AT, 
geht  und  h)  dass  die  Polare  des  auf  7,  T,'  liegenden  Punktes  Tl  bezüglich 
desselben  Kreises  A/,  durch  U^  geht. 

Von  diesen  eng  mit  einander  verbundenen  Sätzen  sind  nach  der  6er- 
gonne' sehen  Fassung  der  Auflösung  vorzugsweise  der  erste  und  zweite, 
sowie  die  unter  a)  bemerkten  Folgerungen  des  dritten  berücksichtigt,  da- 
gegen in  der  von  Herrn  Hellwig  anfgenommenen  der  erste  und  dritte, 
-  nebst  der  unter  h)  aufgeführten  Folgerung  benutzt  worden.  Hinsichtlich 
der  Kürze  und  Leichtigkeit  der  Ausführung  bietet  übrigens  die  letztge- 
nannte Construction  keinen  Vortheil  ^^'^^  die  crstere  dar. 

In  §.  13  und  14  giebt  der  Verf.  die  Abänderungen  der  allgemeinen 
Construction  an,  welche  entweder  für  besondere  Lagen  der  drei  gegebenen 
Kreise,  oder  für  singulare  Werthe  ihrer  Radien  (wenn  dieselben  0  oder  oo 
werden,  oder  die  Kreise  in  Punkte  oder  Grade  übergehen)  nothwendig  wer- 
den. Für  diese  Diskussionen  werden  in  den  vorhergehenden  §§.  11  n.  13 
die  Grenzfälle  für  die  Potenzörter,  Aehnlichkeitspunkte  und  Potenzkreise 
erörtert,  wenn  einer  oder  mehrere  Radien  die  angegebenen  Grenzen  er- 
reichen. 

Besondern  Werth  hierbei  scheint  nun  der  Verfasser  auf  die  in  §.  13 
enthaltenen  Untersuchungen  zu  legen;  er  bemerkt  darüber  in  der  Vorrede: 
„Die  Schriftsteller  (welche  nach  den  Hülfsmitteln  der  neueren  Geometrie 
das  Problem  behandelt  haben)  scheinen  einen  Fall  unberücksichtigt  ge- 
lassen zu  haben,  der  gleichwohl  eine  besondere  Berücksichtigung  verdient, 
nämlich  den,  in  welchem  die  Mittelpunkte  der  gegebenen  Kreise  derselben 
Graden  angehören.     Um  eine  auch  für  diesen  Fall  gültige  Auflösung  hin- 


Literaturzeitung.  1 09 

zustellen,  wird  es  nöthig,  die  Theorie  der  sogenannten  Potenzlinie  zu  er- 
weitern. Beide  Lücken  will  die  vorliegende  Schrift  ausfüllen.  Zu  dem  Ende 
ist  in  die  vorbereitenden  Betrachtungen  neben  den  Theorien  der  oben  (im 
Titel)  angedeuteten  geometrischen  Oerter  diejenige  des  zweiten  Potenz- 
ortes, welchem  in  G  r  u  n  e  r  t's  Achiv  (Bd.  1 9)  unter  der  Bezeichnung  Linie 
ilquidifferenter  Potenzen  ein  Aufsatz  von  Dr.  Kösters  gewidmet 
ist,  aufgenommen  und  mit  der  des  ersten  Potenzortes  (Potenzlinie)  verknüpft 
worden." 

ßeferent  ist  nun  der  Ansicht,  dass  von  einer  wesentlichen  Lücke,  welche 
liese  Schrift  ausfüllen  soll ,  nicht  eigentlich  die  Hede  sein  kann ,  und  dass, 
wenn  man  sie  auch  zugeben  will,  zur  Ausfüllung  derselben  es  einer  Erwei- 
terung der  Theorie  der  Potenzenlinie  nicht  bedurft  hätte.  Zuzugeben  ist 
allerdings ,  dass  sehr  viele  Schriftsteller  den  besondern  Fall ,  dass  die  Mit- 
telpunkte der  drei  Kreise  in  einer  Graden  liegen,  einer  genaueren  oder 
umständlicheren  Erörterung  nicht  unterworfen  zu  haben  scheinen  und  wenn 
Herr  Hellwig  in  einer  Schulschrift  eine  Diskussion  desselben  nicht  unter- 
lassen zu  dürfen  glaubt,  so  hat  er  in  soweit  vollkommen  Recht.  Zur  Lösung 
der  Aufgabe  ist  aber  die  Herbeiziehung  eines  besonderen  geometrischen 
Orts  und  einer  Theorie  desselben,  wodurch  die  Anlage  der  Schrift,  so  wie 
sie  vorliegt,  grossentheils  mit  bedingt  worden  ist,  nicht  nothwendig  gebo- 
ten, vielmehr  bleibt  die  von  Gergonne  gegebene  Lösung  mit  nur  gerin- 
gen Zusätzen  auch  für  diesen  besondem  Fall  noch  anwendbar,  wie  sich 
aus  folgenden  Betrachtungen,  die  sich  am  einfachsten  an  die  6  e  r  g  on  ü  e*sche 
Construction  anknüpfen  lassen,  hervorgehen  wird. 

Liegen  die  Mittelpunkte  3fj,  ^,,  M^  der  drei  gegebenen  Kreise  in  einer 
Graden ,  so  fallt  zwar  der  Potenzmittelpunkt  11  derselben  ins  Unendliche, 
desgleichen  weil  jede  der  Aehnlichkeitsgradeu  mit  der  Centrale  der  drei 
Kreise  zusammenfällt,  liegen  auch  die  Pole  P,,  I\^  I\  der  Aehnlichkeitsaxe 
Ax  A^  yij  bezüglich  der  drei  Kreise  im  Unendlichen,  doch  lassen  sich  die  Ver- 
bindungsgraden von  n  mit  Pj ,  Pfi  P91  welche  die  drei  Kreise  in  den  Be- 
rührungspunkten derselben  mit  den  gesuchten  Kreisen  schneiden,  in  diesem 
Falle  immer  noch  angeben.  Der  Pol  P^  zur  Aehnlichkeitsgradeu  Ai  A^  A^ 
bezüglich  des  Kreises  M^  muss  nämlich  im  Durchschnittspunkte  der  Polaren 
der  Punkte  A^  und  A^  bezüglich  desselben  Kreises  (im  Durchschnitt  der  so- 
genannten Aehnlichkeitspolaren)  liegen  und  ebenso  muss  der  Potenzpunkt 
27  als  der  Durchschnittspunkt  der  Potenzlinien  der  Kreispaare  A/j ,  M^  und 
4f, ,  M^  angesehen  werden  können.  Diese  beiden  Potenzlinien  und  Polaren 
sind  vier  Parallelen,  welche  auf  der  Centrale  senkrecht  stehen.  Dabei 
schneide  die  Aehnlichkcitspolare  von  A^  die  Centrale  in  dem  Punkte  p„  die 
von  A^  dieselbe  in  p^  und  die  Durchschnittspunkte  der  beiden  Potenzlinien 
mit  der  Centrale  seien  respect.  n^  und  xr,.  Man  lege  nun  durch  p,  und  /;, 
zwei  beliebige  nicht  parallele  Grade,  welche  sich  in  dem  Punkte  r^  schnei- 
den mögen,  und  durch  tk,  und  n^  zwei  den  vorigen  gleich-  aber  entgegen- 
gesetzt gerichtete  Grade ,  deren  DurchschnittHpunkt  ^|  sei ,  so  also ,  dass 
n^Qx  gleiche  aber  entgegengesetzte  Richtung  mit />8r|  und  ebenso  n^Qi  mit 
p^Ti  hat,  oder  dass  die  ähnlichen  Dreiecke p, Tj p,  und  n^i^^n^  auf  verschie- 
denen Seiten  der  Centrale  liegen.  Man  ziehe  dann  die  Verbindungslinie 
r,  ^, ,  welche  die  Centrale  in  dem  Punkte  5|  schneide ,  und  lege  durch  s^ 
eine  Senkrechte  zur  Centrale,  so  trifift  diese  den  Kreis  ilf|  in  seinen  Be- 
rührungspunkten r, ,  r/  mit  den  beiden  gesuchten  Kreisen  Ö,  0\  In  ähn- 
licher Weise  findet  mau  die  Berührungspunkte  derselben  Kreise  mit  iff. 


uüd  Mf  Wie  man  darcli  Horbebiebung  der  inuerea  Aelmlicbkeiteptiiikte 
uod  deren  Verbindung  zn  j©  zweien  mit  oincam  der  änssern  sowie  der  be- 
ireffeQden  AdmlicbkelUpolaren  die  übrigen  Kreigpaare^  welclie  der  Äaf- 
gftbe  mögUüher  Weise  nocb  genügen,  finden  könne^  iat  hieraus  and  ans  der 
oben  angegebeoen  allgemeinen  Construction  leicht  abzunehmen. 

Zum  Öcblnss  bat  in  §,  I^  der  Vorfasser  die  Bcitimmung  derjenigen 
6  Kreise  gegeben,  von  welchen  jeder  vier  von  den  acht  Berührnngüikr  eisen 
der  drei  gegebenen  Kreide  berührt,  eine  Betracbtnng,  welche  allerdiogi 
„zu  lehrreichen  Hecapitulationen  Veranlassung  giebt'*,  von  der  aber  Manches 
schon  in  §,  !0  oder  vorher  einen  passenden  Platz  hätte  fLnden  können.  Nicht 
überflüssig  wäre  es  in  Berüeksiehtignng  Derjenigen,  für  welche  die  Schhfi 
Tor^ngsweiae  beötimmt  ist ,  gewesen ,  die  Umstände  an  erörtem ,  unter 
welchen  eines  oder  dm  andere  Kretspaar  imaginär  wird ,  nnd  wie  die  «nr 
Lösung  benutzten  Couatructionselemente  in  diesem  Falle  sich  sn  einander 
ver  ballen* 

Im  Uebrigen  ist,  wie  bemerkt,  das  Studium  dieser  Schrift  recht  wohl 
ansuempfeblen,  insbesondere  Schülero,  denen  in  mögltchsteF  Ktrze  einige 
der  wichtigeren  Begriffe  und  Lehrsätze  der  neueren  Geomctne  nebst  einer 
eleganten  Anwendung  derselben  auf  eines  der  interesiantesten  Probleme 
vorgeftibtt  werden  soll.  Desgleichen  werden  sie  vielleicht  nicht  ohne  eiiii^ 
gen  Nutzen  auch  Lehrer  durchlesen ,  denen  daran  liegt ,  Einiges  ans  der 
neueren  Geometrie  in  den  gewöhnlichen  Ctirsns  der  E le nie nt arge ometrie 
mit  aufzonehmen*  Die  dei'  Löaung  des  Problenüi  vorangebenden  9  Para- 
graphen sind,  wenn  auch  Manches  den  »»»^^'ten  Potonzort*'  betref- 
fende in  Abzug  SU  bringen  wäre^  doch  mit  vieler  Umsieht  zusammengestellt 
und  insofern   der  Beachtung  werth. 

WiTSCSCttEL, 


Ein  neuer  Beweii  des  Kräftenparalldlogrammes.  Von  Dr.  W.  Matzka, 
Prof.  an  d.  Univers.  Prag.  (Ans  den  Abhandl.  der  K.  böhm.  Ges. 
der  Wisseusch.  V.  Folge,  9.  Bd.)  Prag,  in  Comm.  der  Calve'schen 
Buchhandlung. 
Die  gewöhnlichen  statischen  Beweise  für  den  Satz  vom  Parallelogramm 
der  Kräfte  lassen  sich  füglich  in  zwei  Classen  bringen ;  man  behält  etweder 
den  Angriffspunkt  der  gegebenen  Kräfte  unverändert  bei  und  sucht  durch 
verschiedene  Combinationen  von  mehreren  (meistens  vier)  auf  den  Punkt 
wirkenden  Kräften  die  Resultante  zu  bestimmen,  oder  man  nimmt  au  jenem 
Angriffspunkte  noch  neue  Angriffspunkte  hinzu,  die  man  sich  mit  dem  er- 
sten fest  verbunden  denken  muss ,  und  benutzt  das  Princip  der  Verlegung 
der  Kräfte  zur  Lösung  des  Problemes.  In  die  erste  Categorie  gehören  u.  A. 
die  Beweise  von  Laplace,  d'Alembert  und  Poisson,  überhaupt  die 
specifisch  analytischen  Beweise,  über  welche  die  vorliegende  Zeitschrift 
nächstens  einige  Erörterungen  bringen  wird ;  unter  den  zur  zweiten  Cate- 
gorie gehörigen  dürfte  der  Duhamel* sehe,  der  übrigens  völlig  elementar 
ist,  am  bekanntesten  sein.  Der  Beweis  des  Verfassers  steht  insofern  zwi- 
schen den  Extremen,  als  er  beide  Principe  zugleich  benutzt;  durch  einige 
Kräfteverlegungen  kommt  nämlich  der  Verfasser  zu  einer  Relation,  welche 
im  Grunde  eine  Funktionalgleichung  ist,  die  sich  aber  wegen  ihrer  ein- 
fachen Form  elementar  behandeln  lässt.  Die  Sache  selber  besteht  in  fol- 
gendem. 


Literatorzeitung.  Hl 

Die  Kräfte  P  und  Q  mögen  linear  durch  die  unter  einem  beliebigen 
gegebenen  Winkel  znsammenstossendon  Strecken  OAf  und  ON  dargestellt 
sein;  eine  zwischenliegende  Gerade  repräsentire  die  Kichtung  der  Resul- 
tante. Diese  Richtung  wäre  bekannt ,  wenn  man  den  Punkt  S  wtisste ,  in 
welchem  die  Kichtung  der  Resultante  eine  durch  M  parallel  z\x  ON  gezo- 
gene Gerade  schneidet ,  d.  h.  wenn  das  Stück  MS  =:  y  bestimmt  wäre.  Um 
nun  eine  Eigenschaft  dieses  y  zu  finden ,  lassen  wir  P  constant  und  ändern 
Q^  indem  wir  eine  neue  in  der  Richtung  von  ON  wirkende  Kraft  Q'  hinzu- 
bringen ;  es  sind  dann  folgende  Verlegungen  ausführbar.  Die  Kräfte  P  und 
Q  versetzen  wir  parallel  zu  sich  selbst  nach  S^  ziehen  durch  S  eine  zu  OM 
parallele  Gerade,  welche  ON  in  T  schneidet,  und  verschieben  das  an  S 
wirkende  P  in  seiner  Richtung  weiter  nach  T,  sowie  Q'  an  0  gleichfalls 
nach  r.  Die  Kräfte  Pund  Q'  9kn  T  haben  eine  Resultante,  deren  Richtung 
die  verlängerte  MS  in  einem  Punkte  U  schneidet;  an  diesen  Punkt  verlegen 
wir  P  und  Q  parallel  zu  sich  selbst,  ebendahin  auch  das  in  S  noch  Übrige  Q* 
Wir  haben  jetzt  an  ü  die  Kräfte  P  und  Q  +  Q'  gerade  wie  in  0  nur  parallel 
verschoben,  folglich  ist  U  ein  Punkt  der  Resultante  aus  P  und  Q+  Q\  Nach 
der  Bezeichnung  y  für  ^S  müssen  wir  Süy  weil  es  zu  den  Kräften  Pund  Q> 
gehört,  y  nennen,  woraus  Mü=iy  +  y  folgt.  Dieses  Mü  ist  aber  das  zu 
den  Kräften  P  und  0+  Q'  gehörende  y,  es  findet  daher  zwischen  detf  bei- 
den veränderlichen  Grössen  Q  und  y  ein  derartiger  Zusammenhang  statt, 
dass  y  in  y  +  y  übergeht,  sobald  0  zn  0  +  Q'  wird.  Analytisch  ausgedrückt 
heisst  dies,  wenn  y  als  Funktion  von  Q  betrachtet  und  demgemäss  y==  f{0) 
gesetzt  wird ,  so  gilt  die  Gleichung 

nQ+Q')=no)+no')- 

Hieraus  schliesst  man  entweder  auf  analytischem  Wege  oder  auch  durch 
elementare  Betrachtungen  (Förstemann,  Lehrbuch  der  Geometrie,  Bd.  I. 
S.  213,  und  Kuar,  Anfangsgründe  der  Arithmetik,  §.  538),  dass  f(J))  von 
der  Form  ii'Q  also  y  =  fiQ  ist,  wo  fi  einen  constanten  Faktor  bezeichnet; 
diese  Constante  bestimmt  sich  durch  die  Specialisirung  (ß  =  P,  in  welchem 
Falle  die  Richtung  der  Resultanten  den  Winkel  ilfOiV^  ^halbirt,  folglich 
y  =  />=ö  d.  h.  fA  =  l  ist.  Die  Gleichung  y=0  beweist  nun,  dass  die 
Richtung  der  Resultirenden  mit  der  Diagonale  des  aus  OM=:^P  und 
0N=  Q  construirten  Parallelogrammes  zusammenfällt.  —  Die  Grösse  der 
Resultante  wird  nachher  sehr  einfach  ganz  wie  bei  Duhamel  ermittelt. 

Streng  genommen  beruht  dieser  Beweis  auf  keinem  neuen  Principe, 
denn  die  Kräfte  Verlegungen  geschehen  bei  dem  Verfasser  ebenso,  wie  bei 
Duhamel  und  der  Unterschied  besteht  nur  darin,  dass  Duhamel  diese 
Verlegung  mehrmals,  der  Verfasser  aber  nur  zweimal  anwendet.  Auch  ana- 
lytisch ist  dies  leicht  nachzuweisen.  Behufs  der  Auflösung  obiger  Funktio- 
nalgleichung muss  man  nämlich  eine  neue  Gleichung  von  der  Form 

nOi +('.+...  +  Ok)=fm  +  no,)  + . .  .+fiOt) 

bilden  und  daraus  f&t  Qi  =  Qt . .  .=  Qt  die  Gloicliuug 

/'(*£>)  =  */((>) 

ziehen ;  diese  gicbt  füT  k  =  n,  0  =  P 

f{nP)=nf{P)  =  nP, 

ferner  für  k  :z:^m^ 

f{fnQ)  =  mf{0); 


ist  Htm  ä&»  Verhältniss  von  i*  zu  ö  ©in  radanales,  etwa  P  :  0  =  m  :nVl»o 
mQ=^nP,  so  hat  man  am  der  letseten  Gleichnng 

m  fWi  fft 

Macht  lUÄB  dieae  Schlüsse  nicht  analytisch,  sondern  geometrisch  gleich  in 
der  Figur  selbst,  indem  man  OAf  in  m,  ÖN  in  n  gleiche  Theile  theilt  tiö4' 
die  erwähnte  Kräfte  Verlegung  rnnmal  vornimmt,  so  hat  man  wörtlich  den 
Beweis  von  Duhamel.  —  Gleichwohl  ist  nicht  zu  verkennen ,  dass  der 
Matzk  ansehe  Beweis  den  Vorzug  der  Einfacliheit  haben  würde,  wenn  die 
elementare  Aufltisung  der  er  wähnten  Funktional  gl  ei  chnng  ra  der  That  ein« 
genügende  sf^in  eallte.  Schlömilch.        ^ 

Fenpectiva  oder  Lehre  von  der  Abliildtiiig  naoh  Form,  Belenchtnng  nM 
Farbe*    Von  Dr.  F*  \V.  Ukger*    Göttingen,  Vandenhoek  &  Kup- 

recht,   18a6. 

Nicht  mit  Unrecht  tadelt  dor  Verfasser  in  der  Vorrede,  dass  die  griJsse- 
ren  Werke  über  Perspective  oft  mehr  Sorgfalt  auf  viele  einzelne  Beispiele 
al8  anf  pnnctpielle  Erörternngen  verwenden ,  und  er  verseucht  es  daher,  die 
Theorie  mit  möglichster  Einfachheit  darzustellen,  complicirte  Fälle  nur  an- 
deutend*  So  gern  Referent  dieses  Streben  anerkennt,  so  kann  er  doch  an- 
dererseits die  Befürchtung  nicht  vorheLlen,  doss  der  Verfasser  dabei  oft  zu 
weit  gegangen  sein  dürfte;  die  Darstellung  de^  Verfassers  wird  zwar  einen 
matheiuatiäch  Gebildeten  vollkommen  befriedigen,  den  Künstlern  aber,  auf 
die  das  Buch  berechnet  ist,  und  denen  mathematische  Kenntnisse  gewöhn* 
Heb  f^*lilon  ,  mfjcb^r'  (IIa  Sprncbf"  do^  Vorfai^s^rs  kti  knr'^  nju]  übst rn^kt  sf'm. 
Allerdings  giebt  es  keine  via  regia  zur  Mathematik,  gerade  die  Perspective 
ist  aber  eine  so  überaus  einfache  und  anschauliche  Sache,  dass  sie  auch 
ohne  allem  eigentlichen  mathematischen  Apparat  Jedermann  klar  gemacht 
werden  kann.  — •  Was  die  Theorie  selber  betrifft,  so  hat  Referent  zweierlei 
zu  erinnern.  In  Nr.  31  bleibt  das  Haupterfordemiss  einer  gut  gewählten 
Distanz  unerwähnt;  die  Distanz  muss  nämlich  so  gross  sein,  dass  von  ihrem 
Ende  aus  die  ganze  in  eine  gegebene  Umrahmung  zu  bringende  Zeichnung 
bequem  übersehbar  sein  muss.  Aus  dieser  Bedingung  folgt  das  Minimum 
der  Distanz,  welches  bestimmt  angegeben  werden  kann,  wogegen  der  Verf. 
gerade  diesen  wichtigen  Punkt  —  denn  bei  zu  kleiner  Distanz  wird  die 
ganze  Zeichnung  unnatürlich  —  mit  den  unbestimmten  Redensarten  „man 
pflegt  anzunehmen",  „es  möchte  zu  empfehlen  sein"  zu  erledigen  sucht. 
Ferner  wäre  es  passend  gewesen,  mehr  Aufmerksamkeit  auf  diejenigen 
Constructionen  zu  verwenden ,  welche  ohne  Distanzpunkt  ausführbar  sind, 
weil  bei  praktischen  Zeichnungen  die  Distanz  meistens  so  gross  genommen 
werden  muss,  dass  der  Distanzpunkt  in  bedeutende  Entfernung  über  die 
Einrahmung  des  Bildes  hinausfällt*).  In  dieser  Beziehung  erlaubt  sich 
Referent,  der  jahrelang  perspectiviscb  viel  gezeichnet  hat,  das  in  §.  71  6. 

♦)  Ist  z.  B.  das  Bild  21  Zoll  breit,  16"  hoch  und  der  Augenpunkt  in  der  Mitte, 
80  beträgt  das  Minimum  der  Distanz  circa  26";  der  Distanzpunkt  liegt  also  16"  über 
den  Hand  des  Bildes  hinaus ,  und  um  von  dem  Distanzpunkte  nach  der  entferntesten 
Ecke  des  Bildes  eine  Distanzlinie  ziehen  zu  können,  bedarf  es  eines  Lineales  von 
39"  Länge.    Und  doch  sind  das  noch  sehr  massige  Verhältnisse. 


LiteraturzeituDg.  1 1 3 


seiner  Stereometrie  (Gmndzüge  einer  wissenschaftlichen  Darstellung  der 
Geometrie,  Bd.  3.)  gezeigte  Verfahren  als  das  bequemste  zu  empfehlen. 

Die  Abschnitte  n.  und  III.  (Beleuchtung  und  Farbe)  sind  verhältniss- 
mässig  ausführlicher  als  die  Linearperspective  gehalten  und  nur  da^Ka- 
pitel  „  Schattenperspectiye  ^*  leidet  wieder  an  einer  gewissen  Dürftigkeit ; 
auch  hier  wäre  zu  zeigen  gewesen,  wie  man  ohne  Fluchtpunkte  auskommen 
kann ,  denn  letztere  liegen  bei  einigerifiassen  grossen  Zeichnungen  fast  im- 
mer unbequem.  Für  das  Gelungenste  in  der  ganzen  Schrift  hält  Referent 
die  physikalischen  und  physiologischen  Erörterungen  über  Spiegelung,  Re 
flexe,  Beleuchtung  der  Schatten,  Colorit  etc. ;  sie  werden  demjenigen  Künst- 
ler, der  .sich  mit  der  Linearperspective  schon  hinreichend  vertraut  gemacht 
hat,  ohne  Zweifel  sehr  willkommen  sein.  Schlömilch. 


An^ben  ans  der  Phyiik  nebst  ihren  Anflötangen  und  einem  Anhange^ 
physikaliaohe  Tabellen  enthaltend;  zum  Gebrauche  für  Lehrer 
und  Schüler  an  hohem  Unterrichtsanstalten  und  besonders  beim 
Selbstunterric^  bearbeitet  von  Dr.  £.  Fliedneb.  Zweite  verbes- 
« serte  tfnd  vermehrte  Auflage ,  in  zwei  (getrennten)  Abtheilungen, 
erste  Abth.:  die  Aufgaben  und  physik.  Tabellen,  zweite  Abth. : 
die  Auflösungen  enthaltend.  Braunschweig ,  Vieweg  &  Sohn.  1856. 
Vorliegende  Aufgabensammlung  hat  sich  schon  durch  das  Erscheinen 
ihrer  zweiten  Auflage  als  ein  gelungenes  Unternehmen  von  Seiten  des 
Herrn  Verfassers  und  Verlegers  gerechtfertigt.  Es  dürfte  wohl  auch  nicht 
eben  nothwendig  erscheinen,  die  Zweckmässigkeit  der  Einführung  und  des 
Gebrauchs  einer  Sammlung  von  Aufgaben  aus  dem  Gebiete  der  Physik  für 
den  gedeihlichen  Unterricht  in  dieser  Wissenschaft  besonders  hervorzuhe- 
ben. Sammlungen  dieser  Art  sind  indessen  namentlich  im  Verhältniss  zu 
den  für  den  mathematischen  insbesondere  arithmethischen  Unterricht  be- 
stimmten selten ,  umsomehr  wird  daher  Lehrern ,  denen  diese  Lücke  in  der 
Literatur  empfindlich  gewesen  ist,  schon  die  erste  Auflage  seiner  Zeit  eine 
angenehme  Aushülfe  gewährt  haben.  Diese  zweite  Auflage  ist  in  mehr  als 
einer  Beziehung  eine  vermehrte  und  verbesserte  zu  nennen.  Zunächst  deu- 
tet schon  die  Erhöhung  der  Seitenzahl  von  beiläufig  236  bis  auf  !283  bei 
übrigens  gleicher  Ausstattung  im  Allgemeinen  eine  Vermehrung  an.  Bei 
genauerer  Einsicht  findet  sieh  nun ,  dass  nicht  nur  ein  ganzes  Kapitel  von 
Aufgaben  über  die  Dispersion,  welcher  Gegenstand  früher  unberücksichtigt 
geblieben  war,  neu  hinzugekommen  ist,  sondern  dass  auch  die  übrigen  Ab- 
schnitte nicht  unwesentliche  Vermehrungen  erhalten  haben.  So  sind  in  Ka- 
pitel I.  (Bewegung  der  Körper)  12,  in  Kap.  II.  (Maass  der  Kräfte)  3,  in 
Kap.  III.  (Zusammensetzung  und  Zerlegung  der  Kräfte)  3,  in  Kap.V.  (ein- 
fache Maschinen)  17,  in  Kap.  X.,  XL,  XIL  (Hydrostatik)  12,  in  Kap.  XIV. 
(Aerostatik)  3,  in  Kap.  XVIL  (Wärme)  9,  in  Kap.  XXIV.  (Optik)  8  und 
in  den  übrigen  Kapiteln  ebenfalls  noch  einige  ^eue  Aufgaben  hinzugekom- 
men. Ausserdem  hat  der  Verfasser  „  auf  den  Wunsch  mehrerer  Amtsge- 
nossen, welche  diese  Aufgabensammlung  beim  Unterrichte  in  der  Hand 
der  Schüler  wünschten ,  aber  theils  in  dem  Preise  derselben ,  theils  in  der 
Verbindui%  der  Aufgaben  mit  den  Auflösungen  ein  Hindemiss  fanden^* 
—  wie  er  in  der  Vorrede  bemerkt  —  die  Auflösungen  von  den  Aufgaben 
gänzlich  getrennt  und  die  Sammlung  in  zwei  getrennten  Heften  erscheinen 
lassen ,  so  dass  die  Aufgaben  auch  allein  ohne  die  Auflösungen  bezogen 


J  M  Litemturzeitung, 


werden  kiSnoan.  Dadtirch  Tiifd  oliDstreltig  verschiede  neu  Bedürfnisse^ 
rglelchmnsäig  begegnet,  indem  m  den  Füllen,  wo  die  Zugabe  der  Auflöaun^ 
gen  in  die  Hände  der  Schüler  wünschenswerth  oder  notb  wendig  eraclieint, 
die  grwähnte  Trennung  kein  Hindernis^  darbietet.  Ueber  die  BennUmig 
der  Äuflöifangeii  von  Beilen  der  Schüler  und  über  die  Zuläisigkeit»  sie  ihofD 
in  die  Hände  zu  geben,  hat  übrigens  der  Verfasfier  hereita  in  der  VorrtMie 
zur  ersten  Anfluge  die  nach  der  Meinung  des  Referentea  ganz  ricLtlg€B 
Gerichts  punkte  selbst  aufgestellt  irnd  jeder  erfahrene  Lehrer  dürfte  thm 
darm  wohl  bei^immen.  ^ 

Ob  alle  Aufgaben 'der  Fassungskraft  eines  Schillers  angemessen  sLiii^l 
darüber  werden  voraussichtlich  die  Urtbeile  verschieden  audfallen^  auch 
wird  dabei  die  griissere  oder  geringere  Ausdehnung  de«  Unterriehtji  tuMs- 
«'gebend  werden*  Haue  ho  Aufgaben  oder  Fragen  hätten  nach  der  Ansiclit 
des  Referenten  besser  wegbleiben  können,  namentlich  solche,  deren  Losung 
oder  Beantwortung  von  Seiten  eines  Schülers  filgtich  in  Nichts  auderepit 
als  in  einer  einfachen  oder  wörtlichen  Reproduktion  des  im  Lehrbuebe  dM' 
über  Gelesenen  oder  beim  Unterrichte  Gehörten  bestehen  kann  «  da  am  doe 
eigene  Bearbeitung  des  Gegenstandes  noch  nicht  A  denken  ist.  Z.  B«  die 
Fragen  m  XXIV.  Nr.  10:  „Man  sieiit  oß,  besonders  an  heissen  T^geUj  (Üß 
Spitzen  ferner  Gegenstände  lebhaft  zittern^  worauf  beruht  dieses?  Nr.  Ih 
Wie  erklärt  sich  das  Funkeln  der  Sterne V  Waium  bemerken  wir  es  stnrk« 
au  Fixsternen  als  an  Planeten?  Nr.  13:  Wenn  man  Papier  mit  Gel  trMukt^ 
so  wird  es  durchsichtiger,  wie  erklärt  man  dies,  da  doch  die  Lnft,  die  rar- 
her  die  Poren  des  Papiers  einnahm,  durchsichtiger  ist  als  Gel?  n»  s.  w. 
Derartige  Fragen  veranlassen  den  Schüler ,  die  Antwort  ohne  Weitere« 
entweder  aus  dem  Lehrhnche,  reapective  niedergeschriebenen  Hefte  odit 
aus  den  beigegebenen  Auflösungen  abzuschreiheu,  oder  sind  im  Staiwle)  ' 
maüche  Persönlichkeiten  zur  Aufstellung  von  unreifen ,  dünkelhaften  Ur- 
theilen  zu  reizen.  Beiläufig  bemerkt,  sind  über  die  Ursache  des  Funkeins 
der  Sterne  die  Physiker  noch  nicht  einmal  übereinstimmender  und  ent- 
schiedener Meinung  und  die  vom  Verfasser  in  den  Anflösnngen  gegebene 
Erklärung  fasst  das  Phänomen  nur  einseitig  auf,  und  kann  schon  deshalb 
nicht  genügen.    (Vergl.  diese  Zeitschrift  S.  d84  u.  f.) 

Für  das  Ganze  werden  indessen  diese  oder  einige  dem  ähnliche  Aus- 
stellungen von  nur  unerheblicher  Natur  bleiben  und  können  den  Werthdei 
Sammlung  wenig  beeinträchtigen.  Es  sei  also  schlüsslich  noch  der  Wnnscb 
ausgesprochen ,  dass  eine  fleissige  Benutzung  dieser  Sammlung  das  unter 
Schülern  noch  weit  verbreitete  Vorurtheil  mit  verbannen  helfe,  dass  die 
Unterrichtsstunden  in  der  Physik  (und  Chemie)  lediglich  zu  ihrer  Unter- 
haltung und  Ergötzung  angesetzt  seien.  Witzschel. 


Die  Redaction  der  pädagogischeu  Monatsschrift  für  die  Schweiz  über- 
sendet luns  eine  bereits  in  jener  Zeitschrift  abgedruckte  Recension,-  die  auch 
in  weiteren  Kreisen  bekannt  zu  werden  verdient;  wir  theilen  ihren  Haupt- 
inhalt im  Folgenden  mit,  die  Verantwortlichkeit  dafür  den  Herren  Verfas- 
sern überlassend« 

Elemente  der  allgemeinen  Arithmetik  von  Bootz  ,  Hilfslehrer  der  Mathe- 
matik an  d.  technisch.  Schule  zu  Erlangen.  (Erlangen,  Friedr.  Enke.) 

Wir  bedauern ,  den  Verfasser  des  genannten  Werkes  in  seinem  Stre- 
ben nach  literarischem  Rufe  ein  bischen  stören  und  unsem  Lesern  von  einem 


Literaturseitung.  1 1 5 


neu  erschienenen  mathematiflohen  Werke  sprechen  zu  müssen,  das  mit  Aus- 
nahme einer  nicht  selten  ganz  inkorrekten  Darstellung  zum  grossen  Theü 
ein  Plagiat  ist,  eklatanter,  als  es  unsere  an  literarischen  Erscheinungen 
doch'so  reiche  Zeit  vielleicht  je  aufzuweisen  hatte,  von  einem  Buche,  das 
selbst  bis  zur  Vorrede  hin  andern  Werken  häufig  ganz  wörtlich,  dann  wie- 
der mit  Auslassungen  und  Abänderungen  entnommen  wurde,  wie  sie  der 
Lehrer  etwa  bei  trägen  oder  unfähigen  Schülern  wahrzunehmen  Gelegen- 
heit hat.  Man  nimmt  es  bekanntlich  einem  Autor  durchaus  nicht  übel,  wenn 
er  bei  Abfassung  eines  Buches  bereit^  vorhandene  Werke  benützt,  das 
Oute  derselben  nachzuahmen,  deren  Fehler  zu  vermeiden  sucht;  ja  man 
lässt  es  noch  hingehen,  wenn  er  ganze  Stellen  wörtlich  abdruckt,  wofern 
er  dann  ehrlich  genug  ist,  die  Quellen  zu  nennen.  Wenn  er  aber  blos 
abschreibt  und  dabei  höchstens  sich  die  Mühe  nimmt ,  den  Stoff  durch- 
einander zu  rütteln ,  da  ubd  dort  nach  Art  des  Schulbuben  einen  Ausdruck 
abzuändern  oder  wegzulassen,  dann  solches  Machwerk  für  eigene  Arbeit 
ausgiebt,  Honorar  dafür  bezieht  und  das  Publikum  täuscht:  so  ist  das  frei- 
lich eine  Manier ,  die  ernstlich  gerügt  zu  werden  verdient. 

Dies  ist  nun  wirklich  in  auffallendem  Grade  bei  der  Arbeit  des  Herrn 
Bootz  der  Fall,  die  nicht  etwa  eine  anständige  „ Benützung *S  sondern 
snm  grossen  Theil  eine  bald  wörtliche,  bald  entstellte  Copie  der  vori- 
ges Jahr  erschienenen  „  Algebra  von  Orelli  *'  ist,  und  wir  haben  allen  Grund 
anzunehmen,  dass  der  übrige  Theil  in  gleicher  Weise  irgend  einem  andern, 
uns  nicht  gerade  bekannten  Werke  entnommen  sei.  Zum  Belege  für  unsere 
Behauptung  wollen  wir  nur  Einiges  von  dem  aufzählen,  was  wir  in  der  Zeit 
einer  flüchtigen  Stunde  sofort  theils  als  wörtlichen  Abdruck,  theils  als  Ent- 
stellung des  genannten  Werkes  über  Algebra  erkannt  haben ,  um  dem  Le- 
ser ,  der  sich  die  Mühe  der  Vergleichung  nehmen  will ,  langes  Suchen  zu 
ersparen.  Schon  die  Lehre  von  den  Wurzelgrössen  riecht,  wie  wir  in  der 
Folge  noch  specieller  zeigen  werden ,  sehr  stark  nach  fremdem  und  nichts 
weniger  als  selbstständig  verarbeitetem  Eigenthum;  §.  76  (Seite  104  bis  109) 
ist  durchgchends  reine  Copie  mit  geringen,  jedoch  stets  auf  Unkosten  der 
Deutlichkeit  gemachten  Abänderungen.  Die  „Lösungen"  der  Aufgaben  19, 
20,  21  und  22  auf  Seite  U6,  147  und  148,  dann  die  Aufgaben  3  und  4  auf 
Seite  176  und  176,  sowie  alles  auf  die  Diskussion  der  Gleichungen  Bezüg- 
liche sind  theils  wörtlich,  theils  mit  entstellenden  Weglassungen  abge- 
dicuckt.  Der  Leser  vergleiche  gefälligst  §.  88  und  89  in  Bootz  init  Nr.  112 
in  Orelli,  ferner  §.  98  in  jenem  mit  Nr.  126  in  diesem,  §.  96  und  97  in  er- 
sterm  mit  Nr.  124  und  131  in  letzterm  und  er  wird  finden,  dass  Herr  Bootz 
sich  bisweilen  nicht  einmal  die  Mühe  nimmt ,  die  Beispiele  zu  ändern  (vgl. 
Anmerkung  auf  S.  168  mit  pag.  118  in  Orelli).  Und  wo  Herr  Bootz  ^r 
gut  gefunden,  Abänderungen  vorzunehmen,  da  hat  er  nicht  selten  Unrich- 
tigkeiten oder  förmlichen  Unsinn  zu  Tage  gefordert.  So  wird  z.  B.  auf 
Seite  112  in  Orelli' 8  Lehrbuch  gezeigt,  dass  die  quadratische  Gleichung 
nicht  mehr  als  zwei  Wurzeln  haben  könne  und  ausdrücklich  bemerkt ,  dass 
dieser  Satz  später  noch  in  anderer  Weise  dargethan  werde.  Was  thut  nun 
Herr  Bootz?  Er  will  zwei  Fliegen  mit  einem  Schlage  haben ,  und  zieht 
darum  die  beiden  Beweise  in  der  Art  zusammen,  dass  er  den  zweiten  als 
Begründung  des  ersten  erscheinen  lässt;  denn  nachdem  er  den  ersten  mit: 
„es  hat  folglich  eine  Gleichung  des  zweiten  Grades  nie  mehr  als  zwei  Wur- 
zeln^' geschlossen,  leitet  er  mit  „denn"  sogleich  den  zweiten  ein.  Das  ist 
Bootz 'sehe  Logik!    Ebenso  ungeschickt  reiht  er  auf  Seite  148  den  voran- 


gehenden  Anf^aben  noch  die  Aufgabe  23  an,  wekiie  anf  Seite  102  des  mehr- 
FäcU  geiiÄnnlen  Bncheg  als  Beispiel  benutzt  wird,  nm  zu  zeig^^n,  wie  bis- 
weilen die  Fassung  solcher  Aufgabe o ,  deren  Unmög^licbkett  sieb  durcb  ne- 
gative Wertbe  der  Unbekannten  kund  giebt,  so  abgelindert  werden liann, 
dass  diese  gefundenen  Wertbe,  absolut  genommen,  der  verand^rteti  Auf- 
gabe ein  Genüge  leisten.    Nun  schreibt  Herr  Boot^  einfach  Aufgabe  und 
LiVsung  ab,  Iftsst  aber  die  zum  VerBtändniös  ihrer  Stellung  und  Bedeatutif 
erforderlichen  Benierkungen  weg,   so  dass  der  Leser  weder  begreift,  win 
die  Aufgabe  bieher  gekommen,  noch  woati  afe  überhaupt  dienen  soll    Am 
eehlimm^ten  ist's  Herrn  Bootz  in  der  Lehre  von  den  Potenzen  und  Wai*^ 
zelgrossen  ergangen.     Da  bringt  er  nämUch  auf  S.Öl  den  Satz:  „FfirP^H 
teuren  und  Wurzelgrössen    mit  gebrochenen  Exponenten  gelten  ganz  ^ 
uäinlicben  Hegeln,  wie  für  Potenzen  und  Wurzelgrössen  mit  ganssen  Exp- 
nenten",  der  eich  in  Orelli  auf  Seite  49  findet.    Nun  ist  in  letsctemi  Buche 
das  Verfabren  bloss  au  einigen  Blitzen  auß  der  l'otenzenlcbre  uud  an  eiwem 
odar  zweien  aus  der  Lehre  von  den  Wnrzelgröesen  gezeigt  wordt^u,  dili 
vollstäind ige  Durchführung  aber  dem  Schüler  überlassen ;  Ja  es  Ist  sogar  a 


Yeriäohen  das  letzte  Betspiel 


nicht  ganz  zu  Ende  geführt, 

pmr 

dem  tLJtmlich  mit  dem  letzten  Resultat  a'**^   noch  eine   kleine  Transfonui 


.K^ 


iinn  vorzunehmen  wäre,  nmf  a  zu  erhalten.  Herr  Boots  bringt  eiq 
nicht  blos  die  gleichen  Beispiel«,  nicht  mehr,  nicht  weniger,  &m- 
deru  er  ist  bei  dem  letzten  auch  ganss  am  gteicbou  un volleudett^n 
Ziele  stehen  gebliebeu,  wie  sein  Original,  Wir  sind  Ibm  jedoch  die 
Anerkennung  schuldig ,  dass  er  in  den  Entwicklungeu  3 ,  4  und  5,  pag,  Öli 
eine  kleine  Aenderuug  vcrsucbte,  dabei  aber  regelmässig  iu  den  für  ilio 
zwar  uubcdeutoudcn  Fehler  vcrlicl,  dmi  au  bawciiJunJcn  Satz  bereits  rüraus 
zu  setzen  und  sich  also  gerade  auf  das  zu  stützen,  was  er  beweisen  sollte. 
Aehnliches  Halheur  ist  ihm  auf  S.  72  bei  der  Potenzirung  eines  Produktes 
passirt;  er  scheint  eine  Citation  missverstanden  zu  haben  uud  wendet  dann 
einen  Sat&  an ,  mit  dem  man  niemals  zum  Ziele  kommen  kann. 

Doch  wir  wollen  den  Leser  selber  urtheilen  lassen,  indem  wir  nur 
einige  Proben  mittheilen,  wie  man  sie  in  Bootz  mehr  als  nur  zu  Dutzen- 
den ünden  kann. 


Bootz:  Seite  147 

„Auflösung:    Die  Menge  des 

herausfliessenden  Wassers  hängt  ab 

von   der  Weite  der  Röhre  und  von 

der    Geschwindigkeit    des    Wasser- 


Orelli:  Seite96 

„Auflösung:  Die  Menge  des 
herausfliessenden  Wassers  hängt  of- 
fenbar ab  I)  von  der  Weite  der  Röhre, 
2)  von  der  Geschwindigkeit  des  Was- 


stroms;   wären  die  Geschwindigkei-    serstroms,  und  soviel  ist  jedenfalls 


ten  bei  beiden  Röhren  gleich,  so 
mtissten  die  herausfliessenden  Was- 
sermengen sich  verhalten  wie  die  Wei- 
ten der  Röhren,  während  wenn  beide 
Röhren  gleiche  Weiten  hätten ,  die 
herausfliessenden  Wassermengen  sich 


klar,  dass,  wenn  die  Geschwindigkei- 
ten bei  beiden  Röhren  gleich  wären, 
die  herausfliessenden  Wassermengen 
sich  zu  einander  verhalten  müssten, 
wie  die  Weiten  der  Röhren,  während 
wenn  beide  Röhren  gleiche  Weiten 


Literatnrzeitaiig. 


lll 


Bootz: 
wie  die  Geschwindigkeiten  der  Was- 
serströme verhielten.  Nnn  heben 
aber  die  beiden  Röhren  R  und  Ä' 
weder  gleiche  Oeffnungen ,  noch 
gleiche  Geschwindigkeiten  des  Was- 
Herstroms;  um  daher  das  Verhältniss 
der  aus  beiden  herausfliessenden 
Wassermengen  zu  bestimmen,  den- 
ken wir  uns  eine  dritte  Röhre  r, 
ivelche  mit  der  Röhre  R  gleiche 
Weite  der  Oeffnung ,  mit  der  Röhre 
R'  gleiche  Geschwindigkeit  des  Was- 
serstroms hat.  Da  nun  R  undr  gleiche 
Oeffnungen  haben,  so  werden  sich 
die  aus  ihnen  fliessenden  Wasser- 
mengen M  und  m  wie  die  Geschwin- 
digkeiten der  Wasserströme ,  also 

I)     M:m  — 6:7 
verhalten**  etc. 

Seite  182 

„Wenn  wir  einen  zweitheiligen 
Ausdruck,  von  welchem  entweder  e  i  n 
oder  auch  beide  Glieder  Wurzel- 
grössen  vom  zweiten  Grade  sind, 
qnadriron,  so  erhalten  wir  Ausdrücke, 
die  aus  einem  rationalen  und  einem 
irrationalen  Theil  bestehen  und  also 
allgemein  von  der  Form  M  +  j/H^ 
sind;  denn" 

(folgen  einige  Beispiele,  wie  sie  im 
Original  vorangestellt  sind). 
Umgekehrt  werden  wir  einen  Aus- 
druck von  der  Form  M  +  j/lPf  als 
das  Quadrat  eines  ganz  oder  zum 
Theil  irrationellen  zweitheiligen  Aus- 
druckes ansehen  können  und  es  wird 
deshalb  manchmal  möglich  sein ,  die 
Quadratwurzel  aus  einem  solchen 
Ausdruck  in  eine  Summe  zweier 
Wnrzelgrössen  zu  zerlegen  **  etc. 

Aus  dem  Vorwort  von  Bootz: 
„Ich  bemühte  mich,  neben  Gründ- 
lichkeit und  Klarheit  in  der  Darstel- 
lung auch  Vollständigkeit  in  der  Art 
zu  erzielen ,  dass  dem  sorgfältig  stu- 
direnden  Leser  auch  nicht  e  in  e  Stelle 
unverständlich   bleibe:   denn   nichts 


Orelli: 
hätten,  die  herausfliessenden  Wasser- 
mengen sich  zu  einander  verhielten, 
wie  die  Geschwindigkeiten  der  Was- 
serströme. Nun  haben  aber  die  Röh- 
ren A  und  B  weder  gleiche  Weiten, 
noch  gleiche  Geschwindigkeiten  des 
Wasserstroms;  um  daher  das  Verhält- 
niss der  aus  beiden  herausfliessenden 
Wassermengen  zu  bestimmen,  denken 
wir  uns  für  einen  Augenblick  noch 
eine  dritte  Röhre  C,  welche  mit  .4 
gleiche  Weite,  mit  B  gleiche  Ge- 
schwindigkeit des  Wnsserstromes  hat. 
Da  nun  A  und  C  gleiche  Oeffnungen 
haben,  so  werden  sich  die  ans  ihnen 
herausfliessenden  Wassermengen  m 
und  ilf,  wie  die  Geschwindigkeiten 
der  Wasserströme  verhalten ,  also : 

iw:ilf,  =8:7  (l) 

u.  s.  f." 

Seite  143 
„Wir  haben  hier  also  durch 
Quadrirung  eines  Binoms,  von  wel- 
chem entweder  e  i  n  oder  auch  beide' 
Glieder  Wnrzelgrössen  vom  zweiten 
Grade  waren.  Ausdrücke  erhalten, 
die  aus  einem  rationalen  und  einem 
irrationalen  Theil  bestehen  und  also 
allgemein  von  der  Form  sind  A  +  ]/B, 


Umgekehrt  werden  wir  auch  einen 
Ausdruck  von  der  Form  A-i^j/ B  als 
das  Quadrat  eines  ganz  oder  wenig- 
stens zum  Theil  irrationalen  Binoms 
ansehen  können ,  und  es  wird  daher 
bisweilen  ofiöglich  sein,  die  Quadrat- 
wurzel auS'  einem  solchen  Ausdruck 
in  eine  Summe  zweier  Wnrzelgrössen 
zu  zerlegen**  etc. 

Aus  d.  Vorwort  v.  O  r  e  1 1  i  p.  vii : 
„Soll  ein  Lehrbuch  der  Mathema- 
tik auch  ohne  Anleitung  eines  Lehrers 
mit  Erfolg  benutzt  werden  können, 
so  ist  neben  Klarheit  und  Gründlich- 
keit in  der  Darstellung  auch  Voll- 
ständigkeit in  der  Art  erforderlich 


Angdwandte  Hathematik 

Schauplatz»  neuer,   der  Künste  und  Haud werke«    184,  Bd.:   Pp 

epective,  oder  di©  Lehre  von  den  Projectionen ;  beÄrb.  von  A-W.Hee- 

TEL.  2.  Äufi,  Mii  AtlasijiQu,-FoL  1857.  Weimar,  Voigt.  Geh,  ^%  Thlr, 
Lemocu,  J.  Lehrbucbder  praktischen  Geometrie,  :2,  Aufl*  Lex,<ö. 

1857.    Wien,  BrauimiUer's  VerlagseontQ.  Geh.  3  Thln  18  Ngr. 

GouEARD -Henrionnet*    Haodbuch   der  Feldmesskunde.    Deuttcb 

bearbeitet  von  A.  W.  Hjertel.    '2.  AuB.  gr,  8.   1857,    Weimar,  Voigt. 

Geh.  2  Thlr, 
Hkidre^  E,  Sp    Systematisehe  Anleitung  enm  Traciren  u.  Ero- 

ject  -  Verfasaen   der  Eisenbahnen,    gr*  8.    Wien,  Zamareky. 

Geh.  1  Tlilr. 
UeltzeNj  W-     Nachweis  d*  Vorkommens  von  Sternen  aas  den 

Angolander^&chen  nördlichen  Zonen  in  andern  Quellen. 

2Abth.  Lex.-Ö.    Wien,  Braumüller  in  Comm.  Geh*  V2  Ngr* 

MilLLKa,  Ji      Die    Acquatorialzoue   des   gestirnten    Himmels, 

qn*  Inip.^Fol.   Mit  Text  in  6-    Freiburg  im  Br*,  Wagnerische  Bnch- 

h^andlung.  1  Thlr.  8  Ngr. 

AitAG  o  ^  F*    Oeuvres  c»mpletes  puhliees  pur  /.  Ä.  BartaL    Tum,  AUL    Astro* 

nouiie*   Tom,  JII-  gn  8*    Berlin ,  Schneider  &  Comp*  Geh.  2  Thir, 

Physik.  ^ 

V»  Kalcksteik ,  M,  Grundlinien  einer  physikalischen  Erdbe- 
Schreibung.  3.  Aufl*  gr»  Ö,  Berlin,  Schneider  k  Comp.   Geh*  %  Tklr. 

CoRNRLirs,  CS,    UehcrdieBildnngder  Materie  aus  ihren  ein-  ^ 
f  a  e  h  c  n  E 1  e  m  e  n  t  e  u.    gr.  6.    Leipzig ,  0.  Wigand.  Geh.  %  Thlr- 

Huber,  Ph.  Grnndaüge  der  teekntsehen  Naturlchre.  gr.  8, 
Pforzheim ,  Flaramer.  Geh.  %  Thlr, 

ScnABUB,  J.  LeichtfassHeh  e  Anfangsgründe  der  Naturleh  re. 
4.  Aufl.   gr.8.   1857.   Wien,  Gerold^s  Sohn.  Geh*  1  Thlr. 

DE  Claüde'8  Anfangsgründe  der  Physik,   gr.8*    München ^  ICaiser* 

Geh.  1  Thlr.  12  Ngr. 

ScHÄHUSjJ.  Grundzilge.der  Physik.  2.  Lfg.  gr*  8,  W^ien,  Gerold's 
Sohn.    Als  Rest.  cplt.  2  Thlr.  12  Ngr, 

Die  Fortschritte  der  Physik  im  J.  1853.  Dargestellt  von  der  physi- 
kalischen Gesellschaft  zu  Berlin.  IX*  Jahrg.  Rgdig.  v*  A.  KßÖNiö. 
gr.  8.    Berlin ,  G.  Keimer.  Geh-  4  Thlr. 

Pohl,  J.  J.  TJober  die  Verwendbarkeit  des  Mitscherlich" scheu 
Polsrisations-Saecharometers  zu  chemisch^t^chnisohen 
Proben.   Lex*-8.   Wien,  Braumüller  in  Comm.  Geh.  %  Thlr. 

ScuABüS ,  Principii  fondameniale  di  fisica.  Prima  traducione  italiana  da  HL  G. 
Marinu  8.  1857-    Wien ,  Gerold's  Sohn,  Geh.  1  Thlr, 


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Angewaiidtd  Hathematik 

Schauplatz,  netier,  der  Künste  und  ilaod  werke.  I$4.  Bd, :  Per- 
spective, oder  die  Lehre  ven  den  Projectioncn ;  bearb.  von  A.W.Her- 
TBL,  X  Aufl.  Mit  Atlas  in  Qu.'FoL  Jöo7.  Weimar,  Voigt.  Geh.  ^%  Thln 

L^MOCU,  X  Lehrbuch  der  praktischen  Geometrie.  Z  Anfl*  Lex. -8. 
18o7*    Wien,  Braumüller's  VerUgsconto.  Geh,  3  Tbir.  18  Ngr. 

Goulard-Henrionnkt,  Handbuch  der  Feldmeeskunde.  Deutsch 
bearbeifeet  von  A,  W*  Hertbl.    2,  Aufl-  gr.  8.    1857.    Weimar,  Veigt, 

Geb.  2  Tblr. 

Hkiper,  E,  B«  Systematische  Anleitung  zum  Traciren  u.  Pro- 
ject  -  Verfassen    der  Eisenbahnen,     gr.  8,     Wien,  Zaniarsky* 

Geh,  1  Thlr. 

Of:i.T!5EK,  W,  Nachweis  d.  Vorkommens  von  Sternen  ans  den 
Angelander'Scben  nördlichen  Zonenin  andern  Quellen. 
2  Abth,  Lex,-8*    Wien,  Braumüller  in  Comm,  Geh.  12  Ngr. 

MDller,  J.  Die  Aeqnatorialzone  des  geBtirnten  Himmels, 
qu*  Imp.-FoL  Mit  Text  in  8,  Freiburg  im  Br. ,  Wagoer^scbo  Buch- 
Handlung.  i  Thlr.  8  Ngr. 

AuArtO,  F.  Oeuvres  cempletes  publikes  pur  J.  A*  Barr  ah  Tom*  Ä' HL  Astro- 
nomie.   Tont.  IIL  gr.  8.    Berlin ,  Schneider  &  Comp,  Geh.  2  Thlr. 


Phyiik 

V,  KALCKßTEiN ,  M,     Grundlinien   einer  physikalischen  Erdbe 
Bchrcibung.  t,  Aufl*  gr*  8.  Berlin,  Schneider  &  Comp.  Geb.  *A  Tblr 

CoRNELiu^J ,  CS.  Ucberdie  Bildung  der  Materie  aus  ihren  ein- 
fachen Elementen,    gr.  8.    LeipsEig,  O,  Wigand,  Geh.  V^  Thlr. 

Hoher,  Ph.  Grundlage  der  technischen  Natur  lehre,  gr.  8, 
Pforzheim ,  Flammer.  Geh.  %  Thlr. 

ScHABUBfJ.  Leichtfassliche  Anfangsgründe  der  Naturleh  re, 
4.  Aufl.  gr.8.   18a7.    Wien,  Gerold'^  Sobn,  Geh.  1  Tblr. 

D£  Claüde'b  Anfangsgründe  der  P  b  y  e  i  k,   gr.  8.    München ,  Kaiser* 

Geh.  l  Tblr,  13  Ngr. 

SCHABUS,J.  Grundztige.der  Physik,  2,  Lfg.  gr.  8.  Wien,  Gerold'g 
Sohn.    Als  Rest.  cplt,  2  Thlr.  12  Ngr. 

Die  Portschritte  der  Physik  im  J.  1853.  Dargestellt  von  der  physi- 
kalischen Gesellschaft  zu  Berlin.  IX.  Jahrg.  Hedig.  v.  A,  Khükig. 
gr.  8,    Bcrlia ,  G.  Reimer.  Geh.  4  Thlr- 

POBL,  J-X  üeber  die  Verwendbarkeit  des  Mitsch  er  lieh' sehen 
Polaiisations- Saccharometers  zu  chemisch -technischen 
Frohen.   Lex. -8,    Wien,  Branmüllcr  in  Comm.  Geh.  %  Thln 

SCHABUS ,  Principit  fondamentaJe  di  fisica.  Prima  traducione  iiaJwna  da  3L  G* 
Marinu  8.  1867-    Wien,  Gerold^s  Sohn.  Geh.  I  Thlr- 


^ 


Df«ck  von  6.  Q,  Taub  aar  \t\  Dreidi-n. 


Fdg,^r. 


Fig.  i9. 


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