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Zeitschrift
für
Mathematik und Physik
herausgegeben
Dr. 0. ScblOmilch und Dr. B. Witzschel.
Erster Jahrgang.
Mit 9 lithographirteu Tafeln und Holzschnitten.
LEIPZIG,
Verlag von B. G. Teubner.
1856.
INHALT.
ArithMetik and Analysis.
Seit«
Ueber eine besondere Gattung von Belhen. Von O. Bcblömilch • . 21
Elementarer Beweis eines arithmetischen Satzes. Von Demselben 47
Restbetrachtung für die Arcussinus - Beihe. Von Demselben 43
Ueber die £inführung unserer gegenwärtigen Ziffern in Europa.
Von Dr. Cantob 05
UeberdieEutwickelung Vielfacherintegrale. Von O. 8chlöm ilch. 75
Zur Theorie der Gammafunktion. Von Demselben 1 18
Ueber die Potenzenreihen und deren Res te. Voii Demselben . . 129
Bemerkungen über unendliche Reihen. Von Demselben . - I8O
Ueber die Entwickelung von Aresin x. Von Demselben 181
Ueber ein bestimmtes vielfaches Integpral. Nach J. Lioüyillb J84
Ueber ein bestimmtes einfaches Integral. Von O. Schlömilch 186
Ueber die Bernonlli^sche Funktion und deren G.ebrauch bei der
Entwickelung halbconvergenter Reihen. Von Demselben . . 193
Bemerkungen zu einigen Manuscriptcn Leibnizens. Von Dr. H. Weissbmbobh. 240
Ueber den Werth von 0°. Von Dr. CjLNTOB 244
Ueber die Funktionen
0 0
Von O. Schlömilch 245
Ueber Kreisbögen mit rationaler Tangente. Nach E. Pbouhet 313
Ueber die Reduction gewisser vielfacher Integrale. Nach
L. LiocviLLE 356
Ueber einen Satz der Zahlentheorie. Nach J. Liouvu^le ', , 372
Ueber das Additionstheorem für ellipt. Integrale erster Gattung. Nach M. Stubm 374
Die Oberfläche des dreiachsigen Ellipsoides und deren Schwerpunkt. Von
O. Schlömilch 376
Thedretische rad praktische Getnetrie.
Die Kegelschnitte als Collinear verwand te des Kreises. Von
O. Schlömilch 1
LehrsUtzc der analytischen Geometrie. Von Prof. Dr. Junge 50
Ueber die Gleichung der Ebene. Von Prof. Dr. Schell 106
Geometrische Aufgabe. Von O. Schlömilch 120
Einige trigonometrische Formeln. Von Demselben 121
Ein Paar Sätze vom Dreieck und Viereck. Von Demselben 122
Ueber die Genauigkeit der Längenmessungcn mit der Mess-
kette. Von J. Vobländeb , K. P. Steuerrath 142
Ueber einen Satz Leibnizens von den Scctoren der Kegelschnitte. Von Dr.
E. Baltzeb 177
T'cbcr Linien von gleicher Steigung aufgegebenen Flächen. Von O. S^lömilch. 250
Ueber die Reduction eines sphärischen Dreiecks von geringer
Krümmung auf sein Sehnendreieck. Von Lehrer A. Nagel . 257
Ueber den Beweis des Hauptsatzes der Transversalentheorie. Von O. Schlömilch 317
Ueber das Tangenten viereck. Von Demselben 317
Eine Eigenschaft der Kegelschnitte. Von Demselben 319
Ueber einige Arten der mechanischen Beschreibung der Ellipse
und über den Satz von Fagnano. Von C. Küppeb 303
Bemerkungen über die Ellipse. Von Böklen , Reallehrer 374
MeduudL
Die neueren hydraulischen Untersuchungen. Von B. Witz schel. 20
Die gleichgespannte Kettenbrückenlinie. Von O. Schlömilch 51
Zar Theorie der Torsion cylindrischer Wellen. Von Autenheimbb,
Ingenieur 212
IV Inhalt.
Seite
Ucber den volle n Aus fluss des Wassers ans Röhren beim Diirch-
gange durch Verengungen etc. Von Dr. C. Tu. Meter, Berg-
verwalter 275
Bemerkungen und Untersuchungen über ein ige Gegcns tände
der Ballistik. Von W. H. voh Rouvbot, K. S. General - Major . . 325
Optik.
Ueber das prismatische Spectrum des elektrischen Funkens. Nach Anoström. 57
Optische Eigenschaften einiger Kr^'stalle des tesseralen oder regulären Sy-
Sternes. Xach Marbach 58
Ein neuer Lichtinterferenz - Versuch , angegeben v. A. Poppe CO
Die Erscheinungen der Fluorescenz oder der inneren Disper-
sion. Von B. WiTzscHEL 160
Ueber Leuchtmaterialien. Von Dr. H. Fleck 217
Ueber die Wellenlängen des ultravioletten Lichts. Nach Esselbach u. Helmholtz 254
Ueber die Totalreflexion an der Oberfläche doppelt brechen-
der Kry stalle. Nach II. de Sexarvont, von B. Witzschel . . . 298
Veränderungen des Sonnenspectrums mit der Höhe der Sonne. Nach CgooK>:s. 320
Neue Methode, die Bilder in Relief zu sehen, angcg. von Prof. ZiifELLi . . 320
Das Funkeln der Fixsterne. Nach Moktigxy 384
Elfdricitat ud GalfaHisnu.
Die Fortschritte der elektrischen Telegraphic. Von L. (Jalle,
K. S. Telegrapheninspektor 85
Ueber einige Al)ändcrungen und Verbesserungen in der Ein-
richtung der Volta-Inductionsapparate. Von B. Witzschel. 220
Ueber eine lange Zeit wirksam bleiliende Vol tausche Batterie. Von Profes-
sor ßCD. BoTTGER 321
Eine neue Volta^schc Batterie 321
Erzeugung elektrischer Staubfiguren. Von Prot. Böttger 387
Kleinere HlttheilpBgen ferMischten Inhalte.
Einfacher Apparat zum Nachweis des Zusammenhanges der Tonhöhe mit der
Schwingungsgeschwindigkeit. Von Oppel 50
Ueber die Entstehung von Tönen durch Berührung ungleich warmer Körper.
Von J. Ttndall 50
Ueber ein eigenthümliches Verhalten des geschmolKcncn Wismuths beim Er-
starren. Von Rose und Schneider Ol
Ueber das Aluminium. Von H. Kose * Ol
Krystallmodelle aus Glas. Von Dr. Schsabel 03
Ucber Aufbewahrung des Brausepulvers 04
Notiz über Copierleinwand 04
Discours de M, J. Liouville, prononc^ aiuc funirtdlles de M, Stürm 115
Prix pt'oposös par l'Arademie des Sciences 110
Ueber das Aluminium. Von Prof. Heeren und Dir. Karmarsch 122
Leichte Methode, arsenhaltige Schwefelsäure von Arsen zu befreien. Von Büchner 1 25
Gasverdichtungsversuche. Von Natterer 120
Notiz über das 9amphin 128
Erzeugung eines Inftverdünnten Raumes. Von Brunner 188
Apparat zum Experimentiren mit Knallgas. Angeg. von Prof. Ixeichen . . . l^H)
Ueber das Reaumu rasche Porcellan. Nach Dumas und Peloüze 192
Mittel zur Beobachtung kleiner Zeittheilchen. Von Sanc. 322
Or^ide , eine dem Golde ähnliche Metalllegining 323
Ueber die Beschaffenheit des Ozons. Von Th. Andrews 323
Lang andauerndes Sieden einer übersättigten Glaubersalzlösung. Von K. Böttger 324
Ucber die rothe Färbung des Schwefels und dessen allotropische Zustände.
Von Mittscherlich und Magnus 379
Ueber die Temperaturgfrenze , bei welcher Flüssigkeiten die Gefässe zu be-
netzen aufhören. .Von Wolf 382
Neues Uahnsjstem für verdünnende u. verdichtende Luftpumpen. Von Silbermann 382
Blaue Dinte zum Zeichnen der Wäsche. Von Roder 388
I.
Die Kegelschnitte als Collinearverwandte 'deo: Kreises.
Von 0. SCHLÖMILCH.
JDei einer rein geometrischen Behandlung der Kegqjischnitte , welc(4 die
letzteren ihrem Namen gemäss definirt, sind swei verschiedene Methodj&q
anwendbar , je nachdem man vom Besonderen zum Allgemeinen aafsteig^p.
oder Jenes ans Diesem ableiten will ; man kann nämlich ebensowohl vom
geraden Kegel aasgehen und nachher die Schnitte des schiefen Kegels be-
trachten , als auch nmgekehrtr mit den letzteren den Anfang machen. Der
erste Gedankengang empfiehlt sich durch die Leichtigkeit, womit er zu den
auf Brennpunkte , Directricen, Tangenten etc. bezüglichen Eigenschaften,
überhaupt zu den metrischen Belationen an Kegelschnitten führt *),
und er dürfte daher in pädagogischer Beziehung unleugbare Vorzüge be-
sitzen; seine schwache Seite aber besteht darin , dass er seine Anwendbar-
keit verliert, sobald es auf diejenigen Eigenschaften der Kegelschnitte an-
kommt, welche der Geometrie der Lage angehören, wie z. B. das Pascal*-
sehe Sechseck. Anders, und zwar gerade umgekehrt, gestalten sich die
Verhältnisse, wenn man die Kegelschnitte als Schnitte des schiefen Kegels,
d. h. als perspectivische Projectionen (Collinearverwandte) des Kreises de-
finirt. Nach dem Poncelef sehen Verfahren ergeben sich hierbei die pro-
jectivischen Eigenschaften jener Curven mit überraschender Einfachheit
und Eleganz , wobei noch der wesentliche Umstand zu beachten ist , dass
die Betrachtung fortwährend im Gebiete der Anschauung bleibt ; dagegen
verursacht aber die Entwickelung der oben erwähnten metrischen Relatio-
nen einige Mühe und nur durch eine sorgfältige Untersuchung der involu-
torischen Punkte und Strahlen findet man sich auf den Mittelpunkt, die
*) Wie die belgischen Oeometer Qnetelet und Dandelin zuerst gezeigt ha-
ben , bedarf es hierzu nur der beiden Kugeln , welche den Rotstionskegel und die
schneidende Ebene berühren; die* Berührungspunkte sind die Brennpunkte. Eine von
diesem Principe ausgehende Darstellung 4er Kegelschnittslehre findet man in des
Verfassers „Qrundzügen der Geometrie; Th. II. Cap. VI. Eisenach. 1854.*'
Was die Directricen der Kegelschnitte betrifft , so sind dieselben die Durchschnitte
der schneidenden Ebene mit den Ebenen der beiden Kreise , in welchen jene Kugeln
den Kegel berühren. — Es ist übrigens bei diesem Verfahren ziemlich gleichgültig,
ob man die Kegelschnitte vorher planimetrisch als Entfemung^örter betrachtet hat
und nachher zum Kegel übergeht , wie Manche wollen , oder ob man gleich stereome-
triich anfängt; die Identität beider Definitionen ergiebt sich in jedem Falle sehr
laieht. Man s. hierüber das lesenswerthe Osterprogramm des Gymnasiums zu GroiS-
Qlogau (1855) vom Oberlehrer Dr. Buhle.
Z«lUchriA f. MathemaÜk n. Physik. L i
2 Die Kegelschnitte als CoUinearverwandtc des Kreises.
Achsen, Brennpunkte etc. der Kegelschnitte durch*). Diesem Uebelstande
wäre auf zweierlei Weisie alvzuhelfen ; man müsste entweder dircet, und
zwar rein geometrisch, dÄU.Sätz beweisen, dass jeder Schnitt eines schiefen
Kegels zugleich als Sckuitt eines anzugebenden geraden Kegels betrachtet
werden darf (was übrjgchs noch nicht geschehen ist) , oder man hätte für
den schiefen Kegel w^löer die projectivische Bedeutung des Mittelpunktes,
der Achsen etcj»natl«.ijiweisen. In dieser letzteren Richtung bewegen sich
die folgenden UitttfMuchungen, die als Skizze einer neuen Theorie der Ke-
gelschnitte gelt^a können.
..' ;!• Die perspectivische Projection,
Theii« um des Verständnisses der späteren Figuren willen , theils um
einige bisher, unbeachtete Punkte hervorzuheben, erinnern wir kurz an die
Grundgesetze der perspectivischen Projection. Zwei parallele Ebenen FG
und jff/, die kurz (S' und ß" heissen mögen, werden von einer dritten
Ebene '«SiT oder G geschnitten (Taf. I. Fig. 1); in ^' befinden sich beliebige
Funfetvj Ä\ B' etc., in (S" das Projectionscentrum 0, die Geraden 0A\
Qfe*/©tc. schneiden Ö in den Punkten A^ B etc. und letztere sind die per-
, s.pbctivischen Projektionen von A\ B' etc. Die in G und (5' liegen-
den Punktesysteme nennen wir einander collinear verwandt, den
Durchschnitt von 6 und Qc' die Collineationsachse, den Durchschnitt
von (5 und @" die Polare**) des SystemesHJ. Auf letztere fallen die per-
spectivischen Projectionen aller Punkte, welche in (5' unendlich weit von
der Collineationsachse entfernt sind; so entspricht z.B. P dem Punkte P' ^,
— Sehr wesentlich ist die Bemerkung, dass der Begriff der perspectivi-
schen Projection oder der coUinearen Verwandtschaft ein reciproker ist,
dass folglich auch die in (F' liegenden l^unkte als die perspectivischen Pro-
jectionen der in C^ befindliclien Punkte angesehen werden können. Dem-
gemäss besitzt das System (S' gleichfalls eine Polare, weiche die Projectio-
nen aller in (S unendlich entfernten Punkte enthält; ist Q^ ein derartiger
Punkt und Q' seine Projection auf C^', so stellt eine durch Q' parallel zur
Collineationsachse gelegte Gerade die Polar? des Systemes ©' dar. Im
Folgendon werden wir die durch P und (y gehenden Polaren mittelst der
kurzen Bezeichnungen Polare und Gegonpolare unterscheiden.
Die erwähnten Verhältnisse sind bequem in einer Ebene zu übersehen,
wenn man sich ö' soweit um die Collineationsachse und @" soweit um die
Polare gedreht denkt, dass alle drei Ebenen zusammenfallen; die Darstel-
lung ist dann folgende (Fig. 2). Die Horizontale durch G bedeutet die Col-
lineationsachse, die hierzu parallele Gerade //P die Polare , der Flächen-
streifon zwischen beiden Geraden ist die Ebene ^. lieber dieser liegt die
Ebene ^" mit dem Projectionscentrum 0, unterhalb G befindet sich der von
0 nach F hin laufende Theil der Ebene (£', dagegen fallt der von G nach
Q* sich erstreckende Theil von G ' mit auf @ , so dass der zwischen Collinea-
tionsachse und Gegenpolare enthaltene Flächenstreifen eine doppelte Be-
deutung hat und als zwei übereinander gelagerte Ebenen zu denken ist.
Man hat übrigens bei consequenter Anwendung der accentuirten Buchstaben
*) ö. die schöne Arbeit von Fr. Seydowitz in Qrunert's Archiv. Bd. IV.
S. 210.
**) In der Perspective heisst diese Gerade der Horizont; Magnns (fiebt ihr
(Anfgahen und Lehrsätze aus der analjt. Geometrie d. Ebene, S. 45) den Namen G e-
genachse, der den obigen Untersuchungen Eufolge nicht sehr passend sein dürfte.
Von O. SCHLÖMILCH.
ftir die Punkte der Ebene @' und der nicht accentnirtcn für die Punkte in (5
keine Verwechselung beider Ebenen zu besorgen. Ebenso würde auch der
unterhalb der CoUineationsachse liegende Theil der Zeichnung in den Fäl-
len doppeldeutig sein, wo man die unter die CoUineationsachse herab-
gehcnck Fortsetzung der (vorhin noch begrenzten) Ebene (5 darstellen will,
wobei dieselbe Bezeichnung zur Unterscheidung dient. Für die graphische
Darstellung ist es übrigens gut, sich dabei eine feste Hegel zu bilden; wir
haben uns im Folgenden zwischen CoUineationsachse und Polare immer die
Ebene ^, unterhalb der CoUineationsachse stets @' obenauf liegend ge-
dacht und alle Geraden, welche der jedesmal darunter liegenden Ebene
angehören, durch Pnnktirung hervorgehoben, wie es an der Gcgenpolarif
und tLU GQoi zu sehen ist.
Hinsichtlich der Constructionen , welche sich an die obige Darstellung
knüpfen , werden wenige Worte gentigen. Wenn , wie gewöhnlich , CoUi-
neationsachse, Polare und Projectionscentrum gegeben sind, so kann jede
in (5 ' befindliche unendliche Gerade GP'^ leicht auf die Weise projicirt
werden , dass man durch 0 parallel zu GP'^ eine Gerade legt , welche die
Polare in P schneidet , und nachher GP zieht ; legt man femer durch 0 eine
zn GP parallele Gerade, welche die Verlängerung von GP'^ in Q' schnei-
det, so hat man einen Punkt der Gegenpolare; letztere ist immer soweit
von der CoUineationsachse entfernt wie das Projectionscentrum von der Po-
lare. Umgekehrt findet man eben so leicht, wenn CoUineationsachse, Pro-
jectionscentrum, Gegenpolare und GP gegeben sind, die Projection GP'^
und die Polare. Legt man durch 0 irgend eine Gerade , die GP in A und
GP'^ in A' schneidet, so sind A und^' entsprechende Punkte. Aus einem
dieser beiden Punkte ist folglich der andere leicht abzuleiten, indem man
durch den gegebenen Punkt eine Hilfslinie {GP oder GP'^) legt, diese
projicirt und nachher die Gerade OAA' benutzt.
Vier in einer Geraden liegenden Punkten A\ B\ C\ D' des einen Syste-
mes entsprechen vier gleichfalls in gerader Linie liegende Punkte des an-
deren Systemes und zwar finden dabei die bekannten Doppclschnittsver-
hältnisso statt
AB^ AC_£B^ A^
B'l)' '
A'B'
BD
■ CD
AB
AD
BC
DC
AC
AD
CB •
DB
B'C
A'C
CB'
von denen wir auf zwei verschiedene Weisen Gebrauch machen werden.
Wenn erstens die linke Seite einer dieser Gleichungen = 1 ist, so hat
die rechte Seite denselben Werth, d. h. die Projcctionen von vier "harmoni-
Bchen I'nnkten einer Geraden liegen wiederum harmonisch. Nehmen wir
zweitens statt des Punktes C den Punkt P und statt 2> den Punkt Öod) so
tritt />'oo an die Stelle von C\ Q' an die von 2>' und die letzte Doppel-
schnittsgleichung geht dann in die folgende über
AP , , A'O' . AP B'O'
bp'^=^''bW' ^^^'^=zr-.
Die Punkte P und Q sind die von Steiner betrachteten Durchschnitte
der Parallelstrahlen und die für sie geltende Beziehung ist der Anfang der
IdTolationstheorie, auf die wir aber nicht weiter einzugehen brauchen.
1*
4 Die iS^egelBchnitte als Gollinearverwandte des EjreiBes.
Wichtig für das Spätere ist noch folgende, wie es scheint hisher anbe-
achtet gebliebene Bemerkung. Zwei entsprechende Punkte haben im All-
gemeinen verschiedene Entfernungen von der Collineationsachse , doch
giebt es eine Eeihe von Punkten, deren Projectionen eben so hoch ttber
der Collineationsachse liegen , als sie selbst unter derselben. Zieht man
nämlich von 0 (Fig. 3) aus eine Gerade , welche die Polare in D und die
Collineationsachse in A senkrecht schneidet, nimmt femer DF=zDO und
zieht die beliebige Gerade G FH^ welcher die Gerade GF' \\ OH entspricht,
so bemerkt man leicht die Congruenz der Dreiecke AGF und AGF'\ es
liegen demnach die entsprechenden Punkte F und F' in gleichen Abstän-
•den Yon der Collineationsachse. Einer durch F parallel zur Collineations-
achse gelegten Geraden entspricht eine durch F' gehende Parallele zu AG^
folglich sind alle auf diesen Parallelen liegenden einander entsprechenden
Punkte, wie z. B. E und E\ gleichweit von der Collineationsachse entfernt.
Bezeichnen wir den Abstand eines in (E liegenden Punktes von A G mit d
und den Abstand des ihm entsprechenden Punktes von derselben Geraden
mit d', so ist überhaupt
mid<AF, d >d\
„ d = AF, d=d\ .
„ d>AF, d< d'.
Die beiden einander entsprechenden Punkte F und ^, deren Verbin-
dungslinie von der Collineationsachse normal halbirt wird , wollen wir die
beiden Hauptpunkte der betrachteten coUinearen Systeme nennen ; sie
stehen in einer eigenthümlichen Beziehung zu je zwei anderen beliebigen
einander entsprechenden Punkten P und P\ deren ersten wir auf die will-
kührlich gezogene Gerade FG legen. Fällen wir nämlich auf OF und OF* die
Senkrechten PM und P'M\ so haben wir zunächst aus den ähnlichen Drei-
ecken FMP und F'M'P'
FP _F'P\
FM~ F'M''
die einander entsprechenden Punkte A^ F, 3f, D und A', F\ M\ 2>'« stehen
femer in dem Doppelschnittsverhältnisse
AF AD _ AF'
FM'MD~rM'''^
oder
DM_ AF'.AD _ AB
FM~ r M\AF~ fM' '
die Verbindung dieser Belation mit der vorigen giebt
FP_F'P'
DM~ AD
oder auch, wenn man DM durch die parallele und gleiche Gerade PN
ersetzt,
FP _F'P'
NP~ AD'
Diese Gleichung führt unmittelbar zu einer Eigenschaft der Kreis-
projection. Lässt man nämlich den Punkt P' einen mit dem Halbmesser
F' P' beschriebenen Kreis durchlaufen, so bleibt die rpchte Seite der obi-
gen.Gleichung bei jeder Lage von P' dieselbe, mithin ist auch linker Hand
für alle Punkte der Kreisprojection das Verhältniss FP : NP constant (d. h.
F der Brennpunkt und 2>2r die Directriz des entstehenden Kegelschnitts).
Von O, SCHLÖMILCH, 5
n. Die Ejreissclmitte des schiefen Kegels,
Aus der JSlementargeometrie setzen wir als bekannt voraus, dass jeder
sur Kegelbasis parallele und jeder Wechselschnitt des Kegels ein Kreis ist.
Die Parallelschnitte untersuchen wir nicht weiter, (sie würden auf die
Lehre von den Aehnlichkeitspunkten führen) dagegen haben wir uns die
Wechselschnitte etwas genauer anzusehen.
Die kürzeste Kegelseite sei 0A\ die längste 0B\ der zugehörige
Durchmesser der Basis A' B' und AB seine Projection; die letzteren Ge-
raden schneiden sich in einem Punkte i>, welcher auf der Collineations-
achse der beiden Ebenen 6 und 6' liegt (Fig. 4). Wir legen durch 2> eine
Ebene, welche den Kegel längs der Geraden OEE' berührt, und be-
merken , dass DE der Durchschnitt der Berührungsebene mit der
Ebene (S und die entsprechende Gerade DE' der Durchschnitt der Tangen-
tialebene mit (S' ist, woraus weiter folgt, dass DE den Kreis AEB^ DE'
den Kreb Ä E' B' berührt. Die ähnlichen Dreiecke AA* D und B' BD lie-
fern nun die Proportion
AD\A'D = B'D'.BD,
woraus
AD.BD = A'D.B'D,
d.h.
DE* = D'E' * oder DE=D'E'.
Legen wir die Ebenen <S und d' mit den darin befindlichen Kreisen
auf die in No. I. gezeigte Weise aus einander (Fig. 5) und ziehen von
ii^end einem anderen Punkte P der Collineationsacnse die Tangenten P(^
und iP^' an jene Kreise, so ist weiter
=DP^ + DM^ — ME^
=DP^ + DE*,
aus gleichem Grunde
Jq^^^dp^ + dF^
d. i. wegen des vorigen 2>jE = i>J&',
POz=^PQ\
Bei zwei collinearen und collinearliegenden Kreisen besitzt demnach
die CoUineationsachse die Eigenschaft, dass die von irgend einem ihrer
Punkte an die Kreise gelegten Tangenten von gleicher Länge sind; mit
anderen Worten : die CoUineationsachse zweier Kreise ist identisch mit de-
ren Potenzlinie.*)
Für zwei gegebene Kreise wird die Potenzlinie bekanntlich auf die
Weise gefunden, dass man einen dritten Kreis beschreibt, welcher den
ersten Kreis in 27 und F, den zweiten in U' und F' schneidet, darauf UV
und ü' V bis zu ihrem Durchschnitte W verlängert und von- diesem eine
Senkrechte auf die Centrale beider Kreise herablässt; für die vorige Be-
*) Ausser dor obigen Benennung sind noch die Namen Radicalachse,
C h o r d al e und idealeSehneim Gebranch ; nach der Entdeckung der Collineation
kann aber nur die Bezeichnung CollineationsachBe auf consequente Richtigkeit
Anspruch machen, weshalb auch Magnus nie ein anderes Wort gebraucht.
6 Die Kcgelschnitto als Collincarverwandtc des Kreises.
trachtuu^ folgt hieraus, dass zwei beliebige Kreise als collineare und colli-
nearliegende Figuren angesehen werden können. Um das Projections-
(Collineation8-)centrum zu finden, braucht man nur die gemeinschafllichen
äusseren Tangenten beider Kreise bis zu ihrem Durchschnitte 0 (dem äusse-
ren Aehnlichkeitspunkte) zu verlängern ; ebenso kann auch der innere Aehn-
lichkeitspunkt als Projectionscontrum dienen, nur liegt in diesem Falle der
Wechselschnitt nicht auf derselben, sondern auf der entgegengesetzten
Seite der Kcgelfiäche. Was endlich die beiden Polaren betrift't, so ergeben .
sie sich aus der Bemerkung , dass zwei parallelen Geraden in .^ ' zwei in
einem Punkte der Polaro von (S zusammenlaufende Gerade entsprechen
und umgekehrt; man legt daher an den einen Kreis zwei parallele Tan-
genten, welche die CoUineationsachse in zwei Punkten schneiden, dann
von den letzteren Punkten aus Tangenten an den zweiten Kreis, deren
Durchschnitt einen Punkt der ersten resp. zweiten Polare giebt.
Aus der Entstehung des Wechselschnittes geht leicht liervor , dass die
Mittelpunkte der beiden Kreise keine entsprechenden Punkte sind ; daran
knüpft sich die Frage nach der gegenseitigen Beziehung zwischen den
vier Punkten J/, M\ N, N\ von denen M und iV' die Mittelpunkte dor bei-
den Kreise und M , N die. ihnen entsprechenden Punkte bezeichuon (Fig. 6).
Jede durch JV' gehende Gerade wird von dem in E' betindlichen Kreise
harmonisch getlieilt, weil bekanntlich drei in gleichen Entfernungen auf
einer Geraden liegende Punkte A\ N\ B' mit dem unendlicli entfernten
Punkte P'^ dieser. Geraden zusammen ein System harmonischer Punkte
bilden; den Punkten A\ N\ B\ P'^ entsprechen der Keihe nach A^ N^
By Pj diese liegen gleichfalls harmonisch und deumach ist N der harmo-
nische Pol des ersten Kreises in Beziehung auf die durch P gehende
Polare. Aus gleichen Gründen ist 31' der harmonische Pol des zweiten
Kreises in Beziehung auf die durch 0' gehende Gegenpolaro. — Einem
Systeme zu A' B' paralleler Kreissehnen entspriclit eine Itcihe von Sehnen,
welche sich im Punkte P schneiden; hat man umgekehrt in C^ eine Schaar
von Sehnen parallel zu C/>, so" entspricht diesen in ^' eine Folge von Seh-
nen, welche durch Q' gehen. Ueberhaupt lassen sich an dieser Stelle die
bekannten Eigenschaften der harmonischen Pole und Polaren, BerUhrungs-
ceütren und Berührungssehnen , soweit sie den Kreis betreffen , leicht ab-
leiten.
Besondere Aufmerksamkeit verdienen des Folgenden wegen die'con-
jugirten Sehnen. In einem Kreise (Fig. 7) sei iV^der harmonische Pol
in Beziehung auf eine ausserhalb gegebene durch den Punkt E gehende
Polare; durch N ziehen wir eine beliebige Gerade, welche den Kreis in A
und By sowie die Polare in F schneidet, von letzterem Punkte legen wir an
den Kreis Tangenten, deren Berührungspunkte C, I) heissen mögen, und
ziehen endlich die Gerade CD. Diese geht durch den Pol N und ist die
dem Berührungscentrum F zugehörige Berührungssehne; die verlängerte
CD schneidet die Polare in G und zufolge bekannter Eigenschaften der
Pole , Polaren , Berührungscentra und Berührungssehnen ist nun G Berüh-
rungsqentrum für AB als BerührungS6ehne.r Zwei in dieser Weise zusam-
mengehörige Sehnen ^^ und CD mögen conjugirte Sehnen heissen; ihre
Construction ist im Vorigen unmittelbar enthalten, kann aber auch auf eine
andere Weise ausgeführt werden , die wegen späterer Folgerungen erörtert
werden muss. Ziehen wir die Geraden MF und MG^ welche die Sehnen
A B und CD in H und K senkrecht schneiden , so erkennen wir , dass das
Von O. ScHLöMiLcn.
Dreieck MHN in zwei Winkeln mit dem Dreiecke EFN^ ebenso Dreieck
Mk'N in zwei Winkeln mit Dreieck EGN übereinstimmt; daraus folgt
LH3fN=L EFN, L KMN =LEGN,
AMEGcK^AFEN, AMEFcKiAGEN-,
das Eine wie das Andere giebt
EG:EM=ENiEF
oder
EF.EG—EM.EN.
Legen wir von E aus an den Kreis eine Tangente, deren Bcrabrungs-
pnnkt 8 heissen möge und nobmen auf ^^ den Abscbnitt EIl = ES, so
wird die vorige Gleichung zu
EF.EG^^R^
und zeigt, dass ein über FG als Durchmesser beschriebener Kreis immer
durch den festen Punkt R geht. Kommt es also auf eine rasche Coustruction
zweier conjugirten Sehnen an, so braucht man durch den Punkt B nur zwei
auf einander senkrechte Gorade zu ziehen , welche die Polare in F und G
schneiden; FN und 6^iV sind dann die gesuchten Sehnen.
in. Die Kegelschnitte.
Wie der Name sagt, vorstehen wir unter einem Kegelschnitte jode
Curve , welche beim Durchschnitte irgend eines geraden oder schiefen Kc-
j^els mit irgend einer Ebene entsteht, oder was dasselbe ist, jede mit dem
Kreise in Collineationsverwandtschaft stehende Linie ; dabei ist auch die
Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass das Projections- oder Collineations-
centrum (der Mittelpunkt der Kegelfläcbe) ins Unendliche wegrückt, mithin
der Kegel zu einem Cylinder degenerirt.
Uebergehen wir gleich die speciellen und leicht zu behandelnden
Fälle, in denen der Kegelschnitt zu zwei Geraden, einer Geraden, oder zu
einem Punkte wird, so bleiben drei verschiedene Arten von Kegelschnitten
entsprechend den drei verschiedenen Lagen, welche die schneidende Ebene
gegen die Kegelfläche einnehmen kann. Die genannte Ebene trifft nämlich
entweder alle erzeugenden Geraden der Fläche (die Kegelseiten) auf der
einen Seite des Flächenmittelpunktes, oder sie schneidet alle jene Geraden
mit Ausnahme einer einzigen, oder endlich sie begegnet wiederum allen
aber so, dass die Durchschnitte theils auf der einen , theils auf der anderen
Seite des Mittelpunktes liegen ; die diesen Lagen entsprechenden Schnitte
heissen der Reihe nach elliptische, parabolische, hyperbolische. — Man
kann diese Definition noch etwas anders fassen, wenn man irgend einen
Kreisschnitt der Kegelfläche als deren Directrix anzieht und durch den
Mittelpunkt der Fläche parallel zur Schnittebene eine Hilfsebene legt ; aus
dem Vorigen geht dann unmittelbar hervor, dass der Kegelschnitt eine
Ellipse , Parabel oder Hyperbel ist , je nachdem die Hilfsebenc ausserhalb
der Directrix liegt, sie in einem Punkte berührt, oder in zwei Punkten
schneidet. Bei unserer projecti vischen Betrachtungsweise denken wir uns
jenen Kreisschnitt des Kegels als dessen Basis in der Ebene C?' liegend;
der Kegelschnitt ist dann die Projection dieses Kreises auf (5, die vorhin
constrairte Hilfsebene schneidet CS' in einer Geraden, welche mit der Ge-
genpolare identisch ist, und wir haben daher den Satz: Die porspec-
tivische Projection des Kreises wird zu einer Ellipse, Para
bei oder Hyperbel, je nachdem die Gcgenpolaro mit jenem
Die Kegelschnitte als Collin^rverwandte des Kreises.
Kreise keinen Punkt, einen Punkt oder zwei Punkte ge-
mein hat.
Aus bekannten Eigenschaften der perspectivischen Projection und des
Kreises folgt nun zunächst die ftir alle Kegelschnitte geltende Behauptung,
dass eine Gerade und ein Kegelschnitt höchstens zwei Punkte gemein haben,
femer dass letztere in einen Punkt zusammenfallen können , wobei die Se-
cante zur Tangente wird und dass endlich auch Gerade möglich sind , die
keinen Punkt mit dem Kegelschnitte gemein haben. Zugleich ergiebt sich
ein Verfahren zur Construction der Tangenten; soll nämlich durch einen
Punkt P eine Tangente an den Kegelschnitt K gelegt werden , so projicire
man P auf <S' und lege durch P' eine Tangente an den Kreis K\ die dieser
Geraden entsprechende Linie in (S ist die gesuchte Tangente. Soll ferner
an K eine Tangente parallel zu einer gegebenen Geraden PQ gelegt
werden, so projicire man PQ^ auf®' und nenne Q' die auf der Gegen-
polare liegende Projection des unendlich entfernten Punktes Q^\ man
ziehe ferner durch Q' eine den Kreis AT' berührende Gerade und projicire
letztere wieder auf % die Projection ist die verlangte Tangente. — Beide
Aufgaben haben im Allgemeinen zwei Lösungen, doch können letztere unter
Umständen zu einer einzigen Lösung zusammenfallen oder unmöglich werden.
Mittelst des Satzes, dass die Projection einer harmonisch getheilten
Geraden eine gleichfalls harmonisch getheilte Gerade ist, lassen sich die
ganzen Lehren von den harmonischen Polen und Polaren, den Berührungs-
mittelpunkten und den Berührungssehnen etc. unmittelbar vom Kreise auf
die Kegelschnitte übertragen ; ebenso bleiben alle nur linealen Constructio-
nen am Kreise dieselben bei den Kegelschnitten. Hierher gehören auch
die bekannten Eigenschaften der ein - und umbeschriebenen Drei - , Vier-,
Fünf- und Sechsecke (z. B. der PascaFsche Satz), was Alles keiner nähe-
ren Erläuterung bedarf. Dass aber auch die metrischen Relationen nunmehr
leicht zu entwickeln sind, wird man sogleich sehen.
1) Bie FarabeL
In Fig. 8 Tafel II. sei GH die Colüneationsachse, JK die Polare, Ü'V
die Gegenpolare, welche den um N' beschriebenen Kreis in V berührt,
und 0 das Projectionscentrum , dessen Abstand von der Polare wie immer
der Entfernung von Collineationsachse und Gegenpolare gleich ist Jede
durch N' gehende Gerade wird von N' und dem Kreise harmonisch getheilt,
dasselbe gilt auch von den entsprechenden durch K und den Kegelschnitt
bis zur Polare gehenden Geraden; es ist folglich die Projection des Ejreis-
mittelpunktes N' der harmonische Pol N des Kegelschnittes in Beziehung
auf die Polare JK, Etwas Aehnliches findet umgekehrt statt. Legen wir
nämlich durch irgend einen Punkt V' der Gegenpolare ^ine Reihe von
Kreissecanten wie z. B. V* P' Q' und suchen zu F', P\ Q' den vierten
zwischen P' und Q* fallenden harmonischen Punkt ilf' , so liegen alle diese
vierten harmonischen Punkte in einer Geraden , welche nichts Anderes als
die zu dem Berührungscentrum V gehörende Berührungssehne CM* ist;
letztere geht jederzeit durch den Punkt ü' wie auch V* auf der Gegenpo-
lare gewählt sein möge. Den in (S' construirten durch Q* gehenden Kreis-
secanten P' Q' V* etc. entsprechen in (5 parallele Sehnen PQV^ etc.
und da Q\ M\ P\ V harmonisch liegende Punkte waren, so müssen es
auch 0» My Py ^oD sein, was wegen des unendlich entfernten V^ nur
möglich ist, wenn M die Sehne PQ halbirt. Der Geraden C M\ welche alle
Von O. SCHLÖMILCH.
^^k^^h^^^^^^k^k^t^^^^^k/\^^W^^«^l^«^k^k^l^l^«^^^^^S^^^«^^^^^h^h^t^«^^^^MM^k^^«^l^k^hM^^%^^^^^^^^^t^^^^^^^^^^^^^^^«
M' enthXlt, entspricht nun eine Gerade CMy welche die Mittelpunkte If
aller parallelen Sehnen verbindet, und daCM' durch V geht, so geht CM
nach dem unendlich entfernten Punkte der Parabel; d. h. zusammen: die
Mittelpunkte aller parallelen Sehnen einer Parabel liegen
in einer Geraden einem sogenannten Durehmesser der Pa
rabel; alle Durchmesser sind parallel.
Die gemeinschaftliche Bichtung der Durchmesser kann leicht näher
Angegeben werden; bei zwei einander entsprechenden Geraden CMÜ^
und C'JU' ü' ist nämlich jederzeit (analog Fig. 2) Oü' || CM, die Durchmes-
ser der Parabel sind also sammt und sonders der Geraden 0 V parallel.
Es liegt nun die Frage nahe , ob die Richtung der parallelen Sehnen
so gewählt werden könnte, dass der zugehörige Durchmesser die Sehnen
normal halbirt; die Antwort hierauf ergiebt sich aus der Bemerkung, dass
einerseits 0 V die Bichtung der Durchmesser ist andererseits 0 V \\ PQ
sein muss, wenn PQ die Projection von P' Q' bedeutet. Die senkrechte
Lage von CM gegen PQ findet demnach statt, sobald 0 ü' mit 0 V einen
rechten Winkel bildet. Will man also a priori diejenigen Kreissehnen fin*
den . deren entsprechende Parabelsehnen von ihrem Durchmesser normal
halbirt werden , so nehme man 0 V" senkrecht auf 0 V und ziehe beliebige
durch V gehende Kreissehnen. Mit Rücksicht auf den Umstand , dass es
nur einen Punkt V von der verlangten Lage giebt, erhalten wir den Satz :
Für jede Parabel lässt sich eine einzige Bichtung paralle-
ler Sehnen angeben, bei welcher der zugehörige Durchmes-
ser die Sehnennormalhalbirt. Dieser Hauptdnrchmesser heisse die
Achse der Parabel, der Durchschnitt (C) der Achse mit der Parabel der
Scheitel. Die Parabel liegt symmetrisch zu beiden Seiten ihrer Achse.
Betrachten wir nächst den Sehnen die Tangenten etwas genauer.
Wenn durch T eine Tangente an die Parabel gelegt werden soll, so kommt
es zunächst darauf an , durch den entsprechenden Punkt T' eine Kreistan-
gente zu ziehen ; letzteres ist auf zweierlei Weise möglich, wenn T' ausser-
halb des Kreises liegt, auf einerlei Art, wenn T' der Kreisperipherie ange-
hört, und auf keine Weise, wenn T' innerhalb des Kreises liegt. Daraus
folgt unmittelbar : Von ei nem gegebenen Punkte aus lassen sich
zwei Tangenten, eine oder keine Tangente aA dieParabel
legen, je nachdem der erwähnte Punkt ausserhalb des von
der Parabel umschlossenen Raumes, auf der Parabel oder
innerhalb jenes Baumes liegt. — Um femer eine Tangente zu fin-
den, die einer gegebenen Geraden A B^ parallel ist , suchen wir zunächst
die entsprechende Gerade A'^B\ deren Durchschnitt mit der Gegenpo-
lare B' sein möge; von B' aus sind zwei Tangenten B' P' und B' V' an
den Kreis möglich, diesen entsprechen zwei Tangenten an die Parabel, von
denen die erste ^qoP den verlangten Bedingungen genügt, die zweite aber
nicht in Betracht kommen kann , weil sie einen unendlich entfernten Punkt
B^ mit einem anderen unendlich entfernten Punkte V^ verbindet, also
selber unendlich weit weg liegt. Demnach ergiebt sich immer eine be-
stimmte Auflösung der Aufgabe, wofern nicht B' mit U' zusammenfällt,
d. h. AB^ II CM ist; also: Zu jeder der Parabelachse nicht pa-
rallelen Geraden lässt sich immer eine und nur eine parallel
liegende Tangente an der Parabel finden. — Nennen wir S den
Durchschnitt der durch den Parabelpunkt P gehenden Tangente mit der
Farabelachse und S' den entsprechenden Punkt, so erhalten wir in (S' zwei
10 Die Eegelsclinitte als CoUincarverwandte des Kreises.
conjagirte Kreissehnen S' C M' V und Q' M' P' V weil 5' C 3/ '[7' Beruh-
mngssehne für das Bertihrungscentrum S* ist; den harmonisch liegenden
Punkten S\ C\ M\ U* entsprechen die gleichfalls harmonisch liegenden
Punkte 5, C^ M, Ug^^ und da der letzte ins Unendliche fällt, so muss C die
Mitte der Strecke SM sein. Dies giebt den bekannten Satz: Die Sub-
tangente der Parabel ist gleich der doppelten Abscisse.
Um einfachere und symmetrische Figuren zu erhalten, verlegen wir
das Projoctionscentrum auf die rückwärts verlängerte Parabelachse , d. h.
wir sehen die vorhandene Parabel als Schnitt eines anderen Kegels an, bei
welchem die schneidende Ebene senkrecht auf der Ebene der kleinsten und
grössten Kegelseite steht. *) Zu diesem Zwecke ziehen- wir irgend eine
Sehne JAK (Fig. 9) senkrecht zur Achse, legen durch einen zwischen C und
0 beliebig gewählton Punkt J) die Polare || JK und von D aus die Tangen-
ton DG und DH an die Parabel (indem wir CF= CD nehmen und durch F
die Bertthrungssehne GH || JK ziehen) ; den genannten Parabcllangenten
entsprechen zwei parallele auf der Collinentionsachse senkrechte Tangen-
ten am Kreise MG' und NH\ deren Berührungspunkte in einer Geraden
G*F'H' II MN liegen; es ist daher der Kreishalbmessor F'G' gleich der von
der Tangente abgeschnittenen Strecke AM, Ferner muss der gesuchte
Kreis durch die sich selbst entsprechenden Punkte /, K gehen und ist folg-
lich seiner Grösse und Lage nach vollkommen bestimmt. Sein Durchschnitt
U' mit AD giebt einen Punkt der Gegenpolarc, endlich erhält man das Pro-
jectionscentrum durch die Gleichung DO=r^ AU'. Wie man sieht, bleibt bei
dieser Construction die Polare willkührlich und es entsteht daher die Frage,
ob man letztere nicht so wählen könnte , dass der Krcismittelpunkt F" und
der ihm entsprechende harmonische Pol i'^zu Hauptpunkten der beiden
Fignrensysteme werden. Nun ist zufolge der zweiten Doppelschnittsgleich-
ung , wenn man sie auf die Punkte A^ Fy (7, D und die ihnen entsprechenden
A, F\ C\ D*^ anwendet,
AFAD_ AF'
FC ' DC ~ F'C '^'
oder kürzer wegen FC = DC und F'C -= AM
AF _ AF'
AD ~ AM '
für ^und F' als Jlauptpunkte muss aber AF= AF', folglich
AD — AM,
d. h. die Tangente DG uutor einem halben rechten Winkel gegen die Para-
belachso geneigt sein. In der vorigen Figur lässt sich diese Taugente con-
struiren , mau erhält dann statt des dort betrachteten Punktes S den Punkt
2>, damit zugleich die Polare und den Kreishalbmesser F' G' ^^=:AM =^ AD,
Was ferner die Lage des Projectiouscentrunis anbelangt, so bedarf es nur
der Bemerkung , dass DO~AU'= F' U' —F'A = AD — AF = DF =^cn,
ist. Die hiermit bestimmte speciello Polare DE heisst die Dir e ctrix, ihr
zugehöriger Pol F der Brennpunkt und die durch letzteren parallel zur
Directrix gelegte Sohne GH der Parameter der Parabel. Nach Nr. L
ist nun, wenn P einen beliebigen Piirabelpunkt* und PQ seine Entfernung
von der Dircctrix bezeichnet ,
*) Man wird bemerken , dass der ganze Gedankengang analog der analytisch-
geometrischen Discussion der Linien zweiten Grades verläuft; die obige Manipulation
entspricht der Aen^emng des Coordinatensystemes.
Von O. SCHLÖMILCH. 11
FP _F'P' _AD_
PQ~ AD ~ AD~ '
d. h. jeder P an ktdor Parabel ist von dem Brennpunkte eben-
soweit wie von der Directrix entfernt. Daraus folgt sehr leicht
der weitere Satz : Der Unterschied zwischen Radiusvector und
Absciss« eines Parabelpunktes ist constant und zwar gleich
der Entfernung des Brennpunktes* vom Scheitel.
Dass nun hieraus alle sonstigen metrischen Eigenschaften der Parabel '
mit Leichtigkeit abgeleitet werden können, ist zu bekannt, als dass wir uns
weiter mit der Parabel beschäftigen sollten.
2) Bie Ellipse.
In Fig. 10. Taf. DI. sei 0 das Projectionsoentrum , GH die Collinea-
tionsachse, JK die Polare, U'V die Gegenpolaro, N' der Mittelpunkt des
in ^' befindlichen Kreises und M' sein harmonischer Pol in Beziehung auf
U'V als Polare. Jede durch JS' gehende Gerade wird von dem Kreise har-
monisch getheilt, wenn man den unendlich entfernten Punkt der Geraden
mitrechnet ; dasselbe muss auch von jeder durch den entsprechenden Punkt
N gehenden Geraden gelten, d. h. die Projection N Ae» Kreismittelpnnktes
.V ist der harmonische Pol des Kegelschnittes in Beziehung auf die Polare
JK. Aehnlich verhält es sich mit den Punkten ^und AT'; legen wir näm-
lich durch irgend einen Punkt V der Gegenpolare Secanten des Kreises
und construiren gleichzeitig die zu V als Berührungscentrum gehörende
Berühruugssehne , so theilt letztere alle vorigen Secanten harmonisch und
geht ausserdem in jedem Falle durch den Punkt M'\ für die Ellipse giebt
dies den Satz: Die Mittelpunkte aller parallelen Sehnen einer
Ellipse liegen in einer geraden Linie, einem sogenannten
Durchmesser der Curve; alle Durchmesser gehen durch ei-
nen festen Punkt M, Jede durch M' gehende .Gerade wird von ilf',
dem Kreise und der Gegenpolare harmonisch getheilt, der Punkt ^
halbirt folglich alle durch ihn gelegten Durchmesser der
Ellipse und ist daher ihr Mittelpunkt.
Die zu V als Bertihrungscentrum gehörende Berülirungssehne sei J[B\
V ihr Durchschnitt mit der Gegenpolare und CD' die zu V gehörende
Berührungssehne; man hat jetzt zwei conjugirte Berührungssehnen, von
denen A'B' alle durch U\ und C*D* alle durch F' gehenden Secanten har-
monisch theilt; für die Ellipse folgt hieraus der Satz: Legt man zu den
von einem Durchmesser halbirten Sehnen eine Parallele
durch den Mittelpunkt, so ist diese Parallele selbst wieder
Durchmesser für alle Sehnen, welche mit dem ersten Durch-
mpsser gleiche Richtung haben; zwei in dieser Weise zusammen-
gehörige Durchmesser heissen einander conjugirt.
Daran knüpft sich die Frage , ob es unter der unendlichen Menge tson-
jugirter Durchmesser ein Paar giebt, welche auf einander senkrecht stehen.
Wie nun auch die Gerade Ü'C'D\ deren Projection CD ist, liegen möge, so
ist doch jederzeit OU' \\ CD^ ebenso OV \\ AB, mithin würde die senkrechte
Lage von iJD gegen AB vor allen Dingen erfordern, dass OU' senkrecht auf
OV* steht, oder dass V und V* die Endpunkte des Durchmessers von
einem Kreise sind , der seinen Mittelpunkt auf der Gegenpolare hat und
durch 0 geht. Ausserdem sollen VC D' und V'A'B' conjugirte Kreisseh«
nen sein und hierzu gehört die senkrechte Lage der Geraden U'R' und
12 Die Kegelschnitte als Collinearverwandte des Kreises^
^N^^^«««^«^W^^^^«M>^W%^W%M^W«««««i««A«^>N^«i««MiM««M«%/«A«W«A^«^«Ai»V^^^^^^^^«MW«
V'R'y wenn der Punkt R' hier die nämliche Bedeutung hat, wie R in Fig.7.
Beiden Bedingungen zusammen genügt man sehr leicht durch Construction
eines Kreises, welcher seinen Mittelpunkt auf der Gegenpolare hat und
ausserdem durch die Punkte 0 und R' geht; in jeder Ellipse giebt es
also ein und nur ein Paar senkrecht zu einander liegender
' conjugirter Durchmesser. Diese Hanptdurchmesser sind die Ach-
sen der Ellipse, AB die grössere, CD die kleinere.
Was femer die Tangenten betrifft , so wird man sich durch ähnliche
Betrachtungen wie bei der Parabel sehr leicht von folgenden Sätzen über-
zeugen: Durch einen gegebenen Punkt sind zwei Tangenten,
eine oder keine Tangente an die Ellipse möglich, je nach-
dem der Punkt ausserhalb des von der Curve umschlossenen
Raumes, auf der Ellipse oder innerhalb^ jenes Raumes liegt;
zu jeder gegebenen Geraden können zwei parallele Tan-
genten an die Ellipse construirt werden.
Um den Zusammenhang zwischen irgend einer Tangente und den
Achsen der Ellipse zu finden, legen wir durch V eine beliebige Kreissehne
P'Q' und an deren Endpunkte Tangenten, die sich in einem Punkte S' der
Hauptsehne A'B' schneiden. Da P'Q' als Berührungssehne für das Be-
rührungscentrum S' gelten kann, so liegen die Punkte A\ L\ B\ S' har-
monisch; dasselbe gilt von den entsprechenden Punkten Ay £, B^ Si und
zwar ist hier L der Durchschnitt von AB mit der darauf senkrechten Sehne
PQ und S der Durchschnitt von AB mit der Tangente in P oder Q. Für
MA =: MB = a, ML = x ergiebt sich aus dieser harmonischen Proportion
MS=^
X
und durch eine ganz ähnliche Betrachtung für MC=MD = bf LP = yy
b*
iJfr=-;
y
diese Beziehungen führen zu einer bekannten Construction der Tangente
an P mittelst des der Ellipse ein - oder umschriebenen Kreises. Auch die
Gleichung der Ellipse lässt sich leicht davon ableiten; man hat nämlich
vermöge der ähnlichen Dreiecke MST und LSP
MS^ MT
d. i. nach Substitution der obigen Werthe
-r T TT 1»
ar 6'
Wir nehmen jetzt das Projectionscentrum in der Verlängerung der
grossen Achse und suchen rückwärts einen neuen Kreis , als dessen Projec-
tion die gegebene Ellipse betrachtet werden kann. Die Collineationsachse
ist in- diesem Falle parallel zur kleinen Halbachse , darf aber im Uebrigen
willkührlich gewählt werden, weil parallele Collineationsachsen parallele
Schnitte des Kegels geben; das einfachste ist daher, die Collineationsachse
mit der kleinen Halbachse zusammenfallen zu lassen. Auf der verlänger-
ten AB (Fig. II) legen wir durch einen zwischen 0 und B beliebig einge-
schalteten Punkt E die Polare ||CZ> und von E aus. an die Ellipse eine Tan-
gente, welche die Curve in E berührt und die Collineationsachse in K
schneidet Der Geraden EHK entspricht nun die auf der Collineationsachse
senkrechte Gerade 1^J7', welche den fraglichen Kreis , dessen Mittelpunkt
Von O. SCHLÖMILCH. la
in der verlängerten BM zu snchen ist, in einem Punkte H' berühren mnss;
es ist daher MK der Halbmesser des gesuchten Kreises. Da ausserdem die
Punkte C und D sich selbst entsprechen, so hat man nur mit MK als Radius
einen durch C und D gehenden Kreis zu beschreiben. Das Projectionscen-
trum endlich ist der Punkt 0 , in welchem die Verbindtingslinie der ent-
sprechenden Punkte H' und H die verlängerte AB schneidet. Bei der Un-
bestimmtheit dieser Auflösung liegt die Frage nahe, ob sich die Punkte 0
und E so wählen lassen , dass der Kreismittolpunkt F' und der ihm ent-
sprechende harmonische Pol F der Ellipse zu Hauptpunkten der Collinea-
tion werden. Hierzu wäre MF=^ MF' oder i>^= DF'=^ MK erforderlich,
und zwar ist für MF= x, FH = yj
ti^ ab
aus der Gleichsetzung beider Linien ergiebt sich
o* a* ^_ 6*
~x~y^^' — - — a.
Der hiermit bestimmte Punkt F ist ein Brennpunkt dcir Ellipse,
sein Abstand vom Mittelpunkte die lineare Exentricität, die durch
ihn parallel zur kleinen Achse gelegte Sehne der Parameter, die zuge-
liörige Polare eine Directrix*). Vermöge der Eigenschaften der Haupt
punkte coUinearer Figuren gilt nun für irgend einen Ellipsenpunkt P, des
sen Abstand von der Directrix =/^ ist, die Gleichung
FP_F'P' _MK _ya^—\^
PQ~ ME ~ME~ a '
*) Wir haben im Obigen bei der Bestimmung der Hauptpunkte eine kleine Rech»
nung nicht verschmäht , weil sie durch die harmonischen Proportionen nahe gelegt
war ; indessen können wir auch ohne diese und ohne die Gleichung der Ellipse vorher
entwickelt su hahen , die Existena des Brennpunktes und der Directrix nachweisen.
Wir legen zu diesem Zwecke die CoUineationsachse durch den Endpunkt A (Fig. 12»
Taf. III.) der grossen Halbachse parallel zu CD und die Polare durch einen vor der
Hand beliebigen Punkt E in der Verlängerung von AB, Ist nun wiederum EH Tan-
gente an der Ellipse und K ihr Durchschnitt mit der CoUineationsachse , so erhält
man AK als Halbmesser des Kreises , von welchem die Ellipse die Projection sein
soll; dieser Kreis muss die CoUineationsachse berühren, also ist im vorliegenden
Falle AF'=z AK. Nun sind folgende Extreme möglich: entweder wählt man E sehr
nahe an B^ dann wird AK = ^jt sehr gross und kann jedenfalls grösser als AB^ mit-
hin um so mehr grösser als AF gemacht werden , weil F immer zwischen M und B
liegt ; oder man nimmt zweitens E sehr entfernt von B, dann kann AK der kleineren
Hidbachse MD beliebig nahe gebracht, also AK^s^AF jedenfalls kleiner als AF ge-
macht werden, weil letzteres in diesem Falle sich der grösseren Halbachse AM
nähert. Lässt man nun E von B ins Unendliche fortrücken, so ist anfangs AF'z:zAK
z=z CO ^AFf und am Ende AF'=:AKz=zDM< (AM = AF)^ mithin muss es eine
Lag^ von E geben, bei welcher der Uebergang vom Grösseren zum ELleineren eintritt,
d« h. AF's=: AF wird. Wie oben folgt dann
FP
— =:Constan8,
und wenn man diese Constante mit einem beliebigen Buchstaben (e) bezeichnet, so
kann man rückwärts die Theorie der Ellipse auf bekannte Weise entweder rein geo-
metrisch oder analytisch entwickeln, was Letzteres u. A. Herr Prof. Fort in seinem
Lehrbuch der analytischen Geometrie der Ebene (Leipzig. Teubner. 1855) mit vieler
Eleganz ausgeführt hat.
Ift Die Kegelschnitte »Is Collinearverwandtc des Kreises.
d.h. die Strecken, am welche ein Ellipsenpankt einerseits
von einem Brennpunkte, andererseits von der zugehörigen
Directrix entfernt ist, stehen in dem constanten Verhlllt-
niss der linearen Excentricität zur grossen Halbachse.
Da die Ellipse von der kleinen Halbachse in zwei congruente Theile
getheilt wird , so gilt för die zweite Hälfte dasselbe , wie fiir die erste ; es
existiren demnach zwei Brennpunkte F und JP, (Fig. 13), denen zwei Direc-
tricen EQ und J?| Q^ entsprechen. Durch Addition der beiden Gleichungen
FP~*- PQ, F,P = ^ PQ,
ergiebt sich weiter
FP^F^P= f— 0 <p, = f- 2ME= 2a,
a a
d.h. die Summe der Kadienvectoren eines Ellipsenpunktes
ist gleich der grossen Achse.
3) Die Hyperbel
In Fig. 14. Taf. 11. sei 0 das Projectionscentrum , Ü'V die Gegenpo-
lare und jff'Ä" ihr Durchschnitt mit dem Kreise , dessen Projection die Hy-
perbel ausmacht. Da den Punkten H' und A" unendlich entfernte Punkte
der Ebene (S entsprechen, so besteht die Hyperbel aus zwei getrennten un-
endlichen Zügen; der eine Zweig ist die Projection des auf der einen Seite
von ff'K' liegenden Kreisbogens H'A'K\ der andere Zweig entspricht dem
gegenüberliegenden Bogen H*B'K' *). Wie früher ist die Projection des
Kreismittelpunktes der Pol der Hyperbel für die gegebene Polare , umge-
kehrt findet ein ähnliches Verhältniss statt, wenn man H'K' als Berüh-
rungssehne (innere Polare) des Kreises ansieht und das zugehörige Berüh-
rungscentrum M' (den äusseren Pol) aufsucht. Zieht man nämlich durch
irgend einen Punkt ü' der Gegenpolare beliebige Kreissehnen , wie z. B.
Ü'O'P' und bestimmt zu den jedesmaligen drei Punkten U\ Q', P' den
vierten harmonischen Punkt L'^ so liegen alle Punkte der letzteren Art in
einer Geraden (der zu ü' geh5rigen Borührungssehne), diese geht in jedem
Falle durch M' und bildet eine zu H'K' conjugirte Berühr ungssehno ; für
die Projectionen der genannten Geraden folgt hieraus der Satz: Die Mit-
telpunkte aller parallelen Sehnen einer Hyperbel liegen in
einer Geraden, einem sogenannten Durchmesser derCurve;
alle Durchmesser gehen durch einen festen Punkt M, Jede
durch M' gehende Gerade wird von M\ dem Kreise und der Gegenpolare
harmonisch getheilt; der Punkt JKfhalbirt folglich alle durch ihn
gelegten Durchmesser der Hyperbel und ist daher ihr Mit-
telpunkt. Weil femer J?'A"*und L*M' conjugirte Berührungssehnen des
Kreises sind , so gilt für die Hyperbel der Satz : Legt man zu den von
einem Durchmesser halbirten Sehnen eine Parallele durch
den Mittelpunkt, so ist letztere selbst wieder Durchmesser
für alle Sehnen, welche mit dem erstenDurchmcsser gleiche
Richtung haben; man erhält also zwei conjugirte Durchmesser.
*) In der Figur hat man sich oberhalb der Collineationsachse die Ebene d in
ihrer ganzen Ansdehnnng, unterhalb der Collineationsachse die Ebene d' obcnanf zu
denken; die Ebene S", welche das Projectionscentmm enthält, liegt oberhalb der
Polare unter ^.
Von O. SCHLÖMTLCH. 15
Um die Frage nach der etwaigen senkrechten -Stellung zweier oonjn-
girten Durchmesser gegeneinander zu beantworten, betrachten wir die Ge-
raden OU' und 0V\ wobei V den Durchschnitt der conjngirten 'Kreisseh-
nen H'K' und L'M' bezeichnet. Nach den Grundlohren der perspeotivi-
schen Projection ist OU' \\ LP und OV \\ LMy die senkrechte Lage der pa-
rallelen Sehnen LP gegen die zugehörigen Durchmesser LM erfordert also
sonächfit, dass L IJ'0V*=^^ sei. Ausserdem müssen aber, da es sich nm
conjugirte Durchmesser, d. h. in <$' um conjugirte Sehnen- handelt, die
Punkte Ä", V\ H\ V harmonisch liegen, also die Geraden 0K\ 0V\ 0H\
OV einen harmonischen Strahlenbüschel bilden. Beiden Bedingungen zu-
sammen genügt man mittelst des bekannten Satzes: „Zu irgend zwei festen
Strahlen {pH\ OK') eines Strahlenbüschels giebt es unzählige Paare zuge-
ordneter harmonischer Strahlen, und namentlich sind die zwei Strahlen,
welche die Winkel zwischen jenen Strahlen halbiren , mithin senkrecht auf
einander stehen, ein solches Paar**; man erhält folglich die gesuchten
Richtungen durch Halbirung der von OH' und OK' gebildeten Winkel, d. b.
für jede*Hyperbel giebt es ein und nur ein Paar senkrecht
zu einander liegender conjugirter Durchmesser. Der eine von
diesen ist AB^ der andere steht in M senkrecht auf AB und schneidet die
Hyperbel nicht. Die Strecke AB heisse die Hauptachse der Hyperbel;
inwiefern auch eine Nebenachse existirt , wird sich gleich nachher bei der
Betrachtung der Tangenten zeigen.
Wenn durch einen ausserhalb des von beiden Hyperbel zweigen um-
schlossenen Kanmes befindlichen Punkt eine Tangente an die Hyperbel ge-
legt werden soll, so würde man zunächst den entsprechenden Punkt in (S'
aafsuchen , welcher dann ausserhalb des Kreises föUt , von ihm aus Tan-
genten an den Kreis ziehen und letztere auf (E projiciren. Im Allgemeinen
entsprechen jenen zwei Kreistangenten auch zwei nach angebbaren Hyper-
belpunkten gehende Hyperbeltangenten, doch sind hier einige Ausnahmen
möglich. Wäre nämlich M der gegebene , also M' der ihm entsprechende
Punkt, so würde man in 6' die Tangenten M'H' und M'K' erhalten und
diesen entsprechen in (S zwei nach unendlich fernen Punkten {H^ und K^
der Hyperbel gehende Tangenten; diese speciellen Tangenten MH^ und
MK^y deren Lagen zwar völlig bestimmt sind, deren Berührungspunkte
aber im Unendlichen liegen, heissen die Asymptoten der Hyperbel; der
spitze Winkel zwischen einer Asymptote und der grossen Achse ist der so-
genannte Asymp'totenwinkel. Fiele zweitens die Rückprojection des
gegebenen Punktes auf eine der Geraden MH' und MK\ z. B. zwischen M
und H\ so würde MH' die eine Tangente an den Kreis sein, die andere
Tangente wäre von MK' und ihr Berührungspunkt von K verschieden, d. h*
die eine Hyperbeltangente fallt mit der einen Asymptote zusammen, die
andere Tangente dagegen hat ihren Berührungspunkt in endlicher Ent-
fernung. Alles zusammen giebt den Satz: Durch einen ausserhalb
des Hypcrbelraumes liegenden Punkt können im Allgemei-
nen zwei Tangenten an die Hyperbel gezogen werden; liegt
der Punkt auf einer der Asymptoten, so gilt die betreffende "
Asymptote selber als die eine Tangente und ausserdem
existirt noch eine zweite; ist der gegebene Punkt der Mit-
telpunkt der Curvo, so sind die Asymptoten die gesuchten
Tangenten. Ferner überzeugt man sich leicht von folgenden Sätzen:
Durch einen gegebenenllyperbelpunkt geht nur eine, durch
16 Die Kegelschnitte als CoUinearverwandte des Elreises.
einen im Innern desHyperbelranmes liegenden Punkt keine
Tangente.
Wir untersuchen zweitens , ob sich ÜTperbeltangenten von bestimmter
Richtung constmiren lassen , und denken uns zu diesem Zwecke durch den
Mittelpimkt M eine Gerade g in der vorgeschriebenen Richtung gezogen;
die Rückprojection von g sei g' und G' ihr Durchschnitt mit der Gregen-
polare H K\ also G' die Rückprojection des unendlich entfernten Punktes
von g. Nun sind oiffenbar drei Lagen möglich ; entweder fällt g mit einer
der Asymptoten, also g' mit M'H' oder M'K' und G' mit H' oder K' zu-
sammen, dann ist g selber die geAichte Tangente für beide Hyperbelzweige
zugleich; wenn zweitens g die Hyperbel nicht schneidet, so kann g' den
Kreis ebensowenig schneiden, dann kommt G' ausserhalb des Krebes zu
liegen, und es sind von G' aus zwei Tangenten an den Kreis, folglich auch
zwei zu g parallele Hyperbeltangenten möglich ; endlich kann g die Hyper-
bel schneiden, dann schneidet g' den Kreis und G' fällt innerhalb des Krei-
ses , von wo aus keine Tangenten an diesen gelegt werden können. Dies
zusammen giebt den Satz: Parallel zu einer gegebenen*6eraden
sind zwei, eine oder keine Hyperbeltangenten möglich,
jenachdem eine durch den Mittelpunkt gelegte Parallele
die Hyperbel nicht schneidet, Asymptote ist, oder die Hy-
perbel schneidet.
Metrische Relationen für die Tangenten ergeben sich auf folgendem
Wege. An die Endpunkte P und Q einer auf der Hauptachse senkrechten
Sehne legen wir Tangenten, welche sich in einem Punkte S der Hauptachse
schneiden; ihnen entsprechen die Kreistangenten S' P' und S' Q\ deren
Berührungssehne P' Q' durch den Punkt £/' geht und mit ^'i?' ein Paar
conjugirter Ejreissehnen bildet ; hieraus folgt die harmonische Lage der
Punkte B\ L\ A\ S\ denen vier gleichfalls harmonisch liegende Punkte
B^ Z, Ay S entsprechen. Für MA = a , ML = x giebt diese harmonische
Proportion ^
MS = — .
X
Nennen wir femer X und Y die Punkte , in denen die an P gelegte
Tangente die Asymptoten schneidet, so erhalten wir in 6 ' (Tafel III. Fig. 16)
zwei conjugirte Berührungssehnen H' K' und M' P\ woraus leicht folg^
dass die Punkte X\ P\ Y' und der Durchschnitt Z' von H' K' mit X' Y'
ein harmonisches System bilden; dasselbe muss von den entsprechenden
Punkten gelten, wobei ab^r Z ins Unendliche föllt, mithin P die Mitte X Y
sein muss; also: der Berührungspunkt einer Hyperbeltangente
halbirtdie zwischen den Asymptoten liegende Strecke jener
Tangen te. Hierauf gründet sich folgende kleine Rechnung. Die im Schei-
tel A construirte auf der Hauptachse senkrechte Tangente sei C/>, ihre
Hälfte AC=h und LP=y] femer mögen a:, und y, die rechtwinkligen
Coordinaten von X, sowie x^ und y^ die von Y bezeichnen ; man hat dann
y^ : y = a:, — MS : x — MS
d.i.
b 0* a*
-.:,:y = ;r,--:a:--
und indem man x^ hieraus bestimmt
fl^y
* axy — b {x^ — a*)*
Von O. SCHLÖMILCH. 17
Auf gleich einfache Weise ergiebt sich
da nun P in der Mitte zwischen X and Y liegt, so muss x das arithmetische
Mittel zwischen x^ nnd x^ sein, und hieraus findet man
aV — ^"(«^ — «*) = 0
oder
Der Symmetrie wegen heisse h die Nebenhalbachse und die durch
Ji parallel zu CD gezogene Gerade die imagiulireAchse der Hyperbel.
Das Stück ATT, welches die Tangente X Y von der letzteren Achse abschnei-
det, findet sich aus der Proportion
3fT:MS = LP:LS
oder
X X
Wir bemerken noch, dass die Werthe von a:, und x^ , sowie die daraus
'folgenden von y, und y, eine symmetrischere Form annehmen, wenn mau für
^ (o;* — o*) den gleichgeltenden Ausdruck -j- setzt; es wird nämlich
(^b a*b
bx — ay bx + ay'
_ fl6« _ afe'
^^~bx — ay' ^*~bx + ay
. Aus denselben Oründen wie früher legen wir nun das Projcctions-
centrum in die Hauptachse , also die Polare und die Collineationsachse pa-
rallel zur Nebenachse. Die Rückprojection der Hyperbel d. h. den in @'
ihr entsprechenden Kreis construiren wir in diesem Falle auf folgende
Weise (Fig. 15). Sei E der Durchschnitt der willkührlich gewählten Polaro
nut der Hauptachse, EH eine von E aus an die Hyperbel gelegte Tangente,
welche die auf derselben Seite wie ihr Berührungspunkt H liegende Asymp-
tote in JSfi und die andere Asymptote in IC^ schneidet, femer sei durch ifi
die Collineationsachse gelegt, deren Durchschnitt mit der llypcrbelachse G
heissen möge ; der Hyperbel tangente A^| ff entspricht nun die auf der Colli-
neationsachse senkrechte Kreistangente K^ff' und es ist daher GK^ der
Halbmesser des gesuchten Kreises. Ausserdem muss letzterer durch die
rieh selbfft entsprechenden Punkte / und L gehen , in denen die Collinea-
üonsachse die Hyperbel schneidet; hieraus ergiebt sich eine einfache Con-
Btmction dieses Kreises und seines Berührungspunktes //' ; was endlich das
Collineationscentrum betrifft, so liegt dieses auf der Hauptachse der Hyper-
bel in einer geraden Linie mit den entsprechenden Punkten Ji und //'. Um
femer zu entscheiden, ob die eben behandelte unbestimmte Aufgabe auch
80 gelöst worden kann , dass der Kreismittelpunkt F' und der ihm entspre-
chende harmonische Pol F die Hauptpunkte des CoUineationssystemes sind,
Z«itichnfl f. Mathematik a. Physik. L 2
18 Die Kegelschnitte als CoUiziearverwaiidte des Kreises.
bemerken wir zunächst, dass für MF= x, FB==:^y die Funkte JTi und £^
mit den vorhin betrachteten Punkten X und Y identisch sind, also MG = Xiy
CATi = yi ist und ebenso o?,, y, die Coordinaten von A', sein würden. Für
F und F' als Hauptpunkte gilt nun die Gleichung FG = F'G oder FJ=
rj= GK^mithm
Tg* + g7* = gF^*
d.i.
hieraus ergiebt sich die einfache Beziehung
Xi — o; = 6,
welcher sich (wegen HKi = HK^) die analoge Gleichung
'X — Xt = b
anreiht; die Verbindung beider Relationen liefert weiter
Xi — a:, = 26
d. i. vermöge der Werthe von x^ und x,
a«y = 6«a;« — aV = o*^"
mithin
Hieraus findet man noch
JlfJ^= — = --==, MG:=Xi= , ,
^ y^ + b* ya* + b* — b
die Entfernung des Projectionscentrums von der Polare ist bei Haup^nnk-
ten = EF' also hier
= X — ME = = . =r.
Der feste Punkt F ist ein Brennpunkt der Hyperbel, sein Abstand
vom Mittelpunkte die lineare Excentricität, die durch jP senkrecht
zur Hauptachse gelegte Sehne der Parameter, und die dem Pole F ent-
sprechende Polare eine Directrix der Hyperbel*). Vermöge der den
Hauptpunkten collinearer Figuren zukommenden Eigenschaften gilt nun f&r
irgend einen Hyperbelpunkt P, dessen Abstand von der Directrix = PQ ist
die Gleichung
FP_ F'P' _ GK^ ^FH _}/(!? + b^
PQ~ GE ~ GE~ FE~ a
d, h. die Strecken, um welche ein Hyperbelpunkt einerseiti
von einem Brennpunkte andererseits von der zugehörigem
Directrix entfernt ist, stehen in dem constanten Verh<niss
der linearen Excentricität zur halben Hauptachse.
Da die Hyperbel symmetrisch su beiden Seiten der imaginären Achse
liegt, so exislirt ausser dem vorhin bestimmten Brennpunkte noch ein zwei*
ter mit einer ihm entsprechenden zweiten Directrix ; es gelten daher die
Gleichungen
*) Wie bei der Ellipse Utost sich auch hier ohne Rechanng der Naehweis tiefem,
daas F und F' in Hanptpnnkten der ColKneation werden können.
Von O. SCHLÖMILCn. 19
FP=zf- — ^ — PQ, F,P=^ ^ PQ,
a a
nnd aus diesen ergiebt sich durch Subtraction
i/o« 4- fr» i/fl« + fr«
a a
d. h. die Differenz dorKadienvoctoren eines Hyperbelpunk
tes ist gleich der Hauptachse.
Um nicht Bekanntes zu wiederholen, brechen wir die Eutwickelung
weiterer metrischer Relationen ab ; dass aber die Fruchtbarkeit der im Vo-
ri<^en benutzten Anschauungsweise damit nicht erschöpft ist, dass im Ge-
gentheil die Auseinander- und Aufeinanderlegung der Ebenen (^, (&\ (S"
nebst Polare und Gegenpolare etc. noch zu manchem bomerkenswerthen
Resultate führen kann, zeigen wir schliesslich an der
4) Constmetion eines Kegeladmittes durch fünf gegebene Pnnkte.
Die bekannten von Newton und Pascal herrührenden Auflösungen
dieses Problems stimmen insofern mit einander Überein, als sie aus den ge-
gebenen Punkten beliebig viele andere Punkte der Curve der Reihe nach
herleiten, ohne aber die Natur des betreffenden Kegelsclmitts zu individua-
lisiron oder die Achsen desselben zu bestimmen. Dieser planimetrischen
Auffassung der Sache stellen wir eine stereometrische Betrachtung gegen-
über , indem wir direct einen der Kegel construircn , auf welche sich die
durch die gegebenen Punkte gehende Linie zweiten Grades versetzen lässt;
mit anderen Worten , wir lösen die Aufgabe „fünf in einer Ebene®
gegebenePunkte-<4, ^, C, i>, ^aufeineandereihrerLagenach
gegebene Ebene (§:' so zu projiciren, dass die Projectionen
A\ B\ C'y D\ E' in die Peripherie eines und desselben Krei-
ses fallen."
Indem wir alle früheren Bezeichnungen beibehalten, wobei (Tafel IV.
Fig. 17) 0 das Projectionscentrum , Gq/Tq die Collineationsachse und G^H^
die Polare sein möge, versuchen wir zunächst, vier in (S gegebene Punkte
JjB^C^J) so auf 6' zu projiciren, dass A\B\ C\ D' in die Peripherie eines
and desselben Kreises fallen. Zu diesem Zwecke verbinden wir A^ By C, B
SU einem Vierecke und verlängern dessen Seiten AB, BC\ CD^ BA bis sie
die Collineationsachse der Reihe nach in A^^^ Bq^ Cq, Bq und die Polare in
j^i, ^1, C|, 2>, schneiden; durch A^, B^^Cq^ Bq legen wir Parallelen zu O^j,
OB^ , OCi , 07), und erhalten auf diese Weise vier Gerade, welche No. I. zu-
folge den Viereckssciten AB^ BCy CB^ BA entsprechen, und sich folglich
in den vier entsprechenden Punkten A\ B\ C\ B' schneiden. Damit nun
ä' B' C B' ein Sehnenviereck werde, ist es erforderlich, dass die Gleichung
L^' + iLC'=Li?' + Z.i>' = 180«
stattfinde; aus dieser kann leicht eine Beziehung zwischen den spitzen
Winkeln bei ^qy ^o« ^o» ^o hergeleitet werden, es ist nämlich
LA' = LAo + LBo, LC^LBo + LCo
folglich
LAo + LBo + LCo + LBo=m^
mitbin , wenn die bei A^, B^y C^ 2>| vorkommenden gleichen spitzen Win-
kel mit denselben Buchstaben bezeichnet werden,
LA^ + LB^ + LCt+LB^ = ieo\
2*
20 Die Kegelschnitte als Collinearverwandte des Kreises.
Es kommt also nur darauf an , den Punkt 0 so zu bestimmen , dass
durch die von ihm aus nach den gegebenen Punkten ^| , B^^ C^y D^ gezo-
genen Geraden vier der obigen Bedingung genügende Winkel entstehen.
Zur Lösung dieser neuen Aufgabe dient folgende Betrachtung.
Wenn LA^OM=LCi genommen wird, so ist
L0MB, = LA, + LA^0M = LA, + LC,,
femer
. LOMAi = LB,+LBiOMy
d.i.
l80^—(LA^ + C,) = LBi + LB,0M
oder
LA, + LB, + LCi + LB^OM= 180''.
Die Lösung der Aufgabe vorausgesetzt, folgt hieraus LB^OM^^LD^-
Weiter ist, da die Dreiecke A^OM und OC^M in zwei Winkeln übereiii-
stimmen
A^MiOM=OM.C^M
oder •
0^ = A,M.C,M
und auf gleiche Weise aus den Dreiecken J?, O^und OD^M
'0M^=:B,M.D^M,
Diese beiden Gleichungen geben zu erkennen, dass M derjenige Punkt
der Geraden A^ B ^ ist , von welchem aus zwei gleiche Tangenten an die
über A^ C^ und B^^ D^ beschriebenen Halbkreise gelegt werden können und
dass 0 auf der Peripherie eines Kreises liegt, der mit jener gleichen Tan-
gente als Halbmesser aus dem Mittelpunkte M beschrieben wird. Mit an-
deren Worten, M ist der Punkt, in welchem die Potenzlinie der über A^C^ •
und B^ Dl beschriebenen Kreise die Centrale A^ B^ schneidet , und der geo-
metrische Ort des Projectionscentrums 0 ist der Kreis, welcher M zum Mit-
telpunkte hat und jene beiden Kreise normal schneidet. Wir wollen ihn
kurz den Normalkreis des Vierecks AB CD in Beziehung auf die Polare
(?! Hl nennen ; seine Construction ergiebt sich unmittelbar aus dem Vorigen.
Sind nun in ß fünf Punkte A^ B, C, 2>, E gegeben , so bilde man aus
denselben zwei in drei Punkten übereinstimmende Vierecke, wie z. B. ABCD
und ABCE (Fig. 18), construire ferner die Normalkreise beider und nehme
den Durchschnitt der letzteren zum Projectionscentrum; man erhXlt jetzt
in CS' zwei Sehnenvierecke A' B' C D' und A' B' C E\ welche drei Ecken
gemein haben , also einem und demselben Kreise eingeschrieben sind. Die
Projection dieses Kreises ist der gesuchte Kegelschnitt.
Um zu entsoheiden, ob die hiermit gefundene Curve eine Ellipse , Pa-
rabel oder Hyperbel ist, bedarf es nur der Construction der Gegenpolare
JA^, welche || FqHq in derselben Entfernung wie 0 von der Polare liegt; je
nachdem die Gcgenpolare ausserhalb des Kreises fällt, ihn berührt oder
schneidet, ist die Curve eine Ellipse, Parabel oder Hyperbel.
Endlich können auch die Achsen des Kegelschnitts direct bestimmt
werden; man construirt zu diesem Zwecke diejenigen conjugirten Kreis-
selincn, denen senkrecht aufeinander stehende Durchmesser entsprechen;
die Projectionen dieser Sehnen sind die Achsen. Bei der Hyperbel kann
man gleichzeitig die Asymptoten nach dem in Nr. 3 erwähnten Verfahren
bestimmen.
n.
üeber eine besondere Gattung von Beihen.
Von 0. SCHLÖMILCH.
Uie Reihen, welchen wir im Folgenden eine kurze Untersuchung widmen,
sind von den Formen
A^ cos ^cos ^ + A^ cos^ ^cos2^+ A^ cos^ ^ cos^ + . . .
B^ cos ^sin^ + B^ co^ ^ sin 2^ + ^, cos^ ^ m 3^ + • • •
und bilden gewissermaassen eine Mittelgattung zwischen den nach Poten-
zen einer Variabelen {cos d) aufsteigenden und den nach Cosinus oder Sinus
der Vielfachen eines Bogens {d) fortschreitenden Eeihen. Wir werden zu-
nächst zeigen , wie sich manche Functionen , namentlich Integrale , mit
Leichtigkeit in derartige Reihen umsetzen lassen , und nachher die allge-
meinen Bedingungen erörtern , unter denen eine beliebige Function in eine
solche Reihe verwandelbar ist.
I. Die einfachsten Reihen der obigen Form ergeben sich aus den be-
kannten für jedes acht gebrochene r und beliebige ^ geltenden Gleichungen
1 — rcosd' , , ^ , • ^^ ,
-——j=l + rcos^ + r*cosM+ ...,
1 — 2rco5^ + r* ^
und zwar durch die Substitution r=zpcos^^ wobei p wiederum als achter
Bruch vorausgesetzt werden möge \ es ist dann
^ — '- rr= 1 +pcos^cos{^ + p*co^^cos^^'\- . . .
p cos ^ sin 9 « . ^
1 — (2p — p*) C05»^ /- I ^
und ftlrp = l — q<t wo nun q zwischen den Grenzen — 1 und + l liegen
muss,
^^^^~^1^^^.^ = \ + i\—q)cos^cos^ + {\ — qYco^^cos1^+...
{l — q)cos^sin^ ^ (l-g)cog^5tn^+ (1 — g)'cog«^5t;i2^+ . . .
1 — (1 — ff) cor ^
Zieht man von der ersten Gleichung die Einheit ab , dividirt nachher
beide Gleichungen durch 1 — q und drückt schliesslich cos 9, sowie sin^y
durch tond aus, so hat man folgende Formeln:
22 ' lieber eine besondere Gattung von Reihen.
I
i^>^*f*^^S^*^S^')^>^^^^^>^t^^>^l^>^S^>^>^S^^^^^^S^^0^^^^^0^^^^i>^^
1) 9,. ^^=:cos^cas^-{-(l — q)cos^ecos^^+(l'^qYcos^eco8S&+..
2) -— — = cos d' sin d + (1 — q) cos^ ^ sin 2 ^ + (1 — q)* cof ^ m 3^ + . ,
At^ diesen kann man beliebig viele andere und ähnliche Glcichnnge
dadurcji ableiten, dass man mit einer beliebigen Function f{q) und mit «
multij)licirt und zwischen Grenzen integrirt, welche nicht ausserhalb —
und + 1 liegen. Einige Beispiele hierzu sind folgende.
Wir multipliciren die Gleichung 1) mit q^'^^dq^ wo jü eine beliebig
positive Grösse bezeichnet, und benutzen rechter Hand die bekannte Form(
es wird dann
'^(^ + l)(,t+2)
Für q=^xtafi^ verwandelt sich die linke Seite
cotd-
' dx
1 . 2
co^^co*3^ +...]
^.-u .__,.
wir erhalten daher, wenn coid^ kurz mit h bezeichnet wird,
h
cf^dx
!1 1.2
COS^COS&'i -— -C0S*dC052^+ ; -— — -— - co«*^co«3^+.
f*+l (f* + 0(f*+2)
und diess ist die Entwickelung eines bestimmten Integrales , wobei der B
gen ^ durch die Gleichung cot^=h gegeben ist.
Aus der Formel 2) erhält man durch das nämliche Verfahren
h
0 '
Hf* — ^i 1 1.2'
= {cos^sin^-i r--cos*&sin2^ + -. — — -— — --r co^^5m3^ + ...
II « fi + 1 (|Ä+0(f*+2)
Setzt man in beiden Gleichungen x^=^yz^ h = yk, in der erst
/Li = 2il + 1 nnd in der zweiten ^=2iL + 2, so gelangt man zu dein £rge
nisse :
2Ä" ( 1 12
2k^ i 1 12
Von O. ScHi/ftMiLCH. 23
Diese Formeln dürften namentlich in den Fällen brauchbar sein , wo k
mehr als die Einheit, folglich ^=Ärccotyk weniger als ^9S beträgt und
gleichzeitig l ein Bruch mit grossem Zähler ubd t?enner oder eine Irratio-
nalzahl ist.
Als zweites Beispiel diene die Entwickelung der elliptischen Integrale
aller drei Arten. Aus Nr. 1) erhalten wir zunächst für ^=^,
q=j/l — k^sin*»r=: J^
und durch beiderseitige Division mit ^^ co^iff
6) 1
1 — k^ $in*m co^ijß "
= — 1 1 + (I — zf „) cosStf; + (1 — zf ^)* co5^ co^5^
+ (1 — z/^)»co**^co54i(; + ...|;
diese Gleichung multipliciren wir mit dwy integriren zwischen den Grenzen
(D=0 bis (o=^7Cj benutzen linker Hand die bekannte Formel
/:
dm n \
0
für 0*=!, b*=l — k^cos*ifi und setzen rechter Hand zur Abkürzung
4«
^ /(^-^«)"'t-=^-
wir gelangen auf diese Weise zu der Gleichung
Bei einer ferneren Multiplication mit afp und Integration zwischen den
Grenzen tp=0 bis •(;;==: if; kann die Formel
ß'
m-l.- . . -v , 1
} cos^^^flßcos (m+ l)^rf^ = ^cos^ilfSinmip
/q m
auf jedes einzelne Reihenglied angewendet werden; diess giebt die ge-
suchte Entwickelung:
d^
Die Coefficienten Kq^ K^^ K^. . . sind nach Nr. 7) leicht zu berechnen ;
bedienen wir uns der Jacobi^schen Bezeichnung für die vollständigen ellip-
tischen Integrale, nämlich
/$=^' >««^«=^.
0 •• 0
so erhalten wir für jene Coefficienten der Beihe nach die Werthe :
Kj.—K—tn + ZE + ^nk' u. s. w.
Will man in Nr. 6) statt der linken Seite das gewöhnliche elliptische
Integral
24 Ueber eine besondere Gationg von Reihen.
//5
^,_-JL__=F(*,9).
80 bedarf es nur der Bemerkung , dass
ist; man erhält dann für ^^ — ^ = ^
9) \n F(kj ql)'=zKq> — \K^ cosiff wt^— ^iTj cos^ipsin 2^ — . . .
Die Entwickelung des elliptischen Integrales zweiter Art erfordert zu- *
nächst die Ableitung einer Reihe für ]f/l — ^co^^\ hierzu dient wiederum
die Gleichung 6), wenn man beide Seiten derselben mit cof^ multiplicirt
und nachher von cosea^^f abzieht. Es ergiebt sich
1 — k*co^^ fi^^^^^\ ^
— ^^ j (1 — ^ö,) C052if;+ (1 - ^„)» C05* C053t(;+ . . . j ;
wir multipliciren ferner mit rfw, integriren zwischen den Grenzen »=0 bis
10 = ^ TT und setzen zur Abkürzung
4« in
das Ergobniss lautet dann
und hieraus folgt durch Multiplication mit d^ und Integration zwischen den
Grenzen t/;=0 bis ^^=i\f
n r"^ :
11) y /j/l — 1^co^i\fd^:=iEQi\} — \E^coS'^sinip — \E^co^^sin^^ — ..
0
Unter Anwendung der Integralformel
— — rfro = — / j/i — }^ sin* wdoü — J^ col m
findet man für die Cocfficienten dieser Reihe
Eo=E, E^ — \n—E, E^ — n—^E + k'*K,.,.
wo k' wie gewöhnlich^! — Ä* bezeichnet.
Aus der Gleichung 11) ergiebt sich noch die folgende
12) \nE(k, q))z=^Eq>'\'\E^ cosip sin^ + \E^cos*^ 5f>i2^+ . ..
worin if; das Complement von tp bedeutet.
Zur Entwickelung der elliptischen Integrale dritter Art dient eine
Gleichung, welche aus Nr. 6) dadurch erhalten wird, dass man erst 0 = 0,
nachher 01»= 0 setzt und die beiden entstehenden Gleichungen von einan-
der abzieht; die genannte Differenz ist:
Von O. SghlSmilch. 25
l^ (»in* a — gm*») cog*^
(1 — Ä* sin*aco^ilf) (l— A* «h*o> co^^)
1 1 1 . (1— ^« 1—^«
. +ja:^_il^U,^,»+...
Wir multipliciren dieselbe mit
da
sinket — 8in*m^
integriren zwischen den Grenzen io=0 bis €9=^n und setzen. dabei zur
Abkürzung
das Resultat ist
2 1 — Ar* sin* a cos^rj} j/T— Ä* cos^ ^
= Zq + -^1 C052^ 4- X, co*t/; cos^ij) + ^a C05*^ coä-4i(; + . . .
und hieraus folgt durch Multiplication mit d^ und Integration zwischen den
Grenzen t(;=0 bis ij;=i(;
y ■ '
2^ (l — Ä* m*« co^tf;) j/i — l^co^ilf
==Lq^ -^ \Li cosxff sin^ + i ^t ^05* t/; sm 2 1(; +
Nach der Jaco hinsehen Bezeichnung der elliptischen Integrale dritter
Art ist
9
//c^JfgSin a cos a sin* tp dtp
^ (1 - A» m»« ««V) ^9 ~ ^ ' "' '^'
mitbin das obige Integral
^ J7(Ar, g, ^Tg)— J7(Af, g, ^7g — tf;)
z^^ $i>t g CO« g '
tili ^n — ^ = g> hat man daher
n (Ar, a^q>)= n (Ar, g, 4 w) — z/^ 5m g C05g |Zo if; + {-Xj C05iJ; «m ^ + — >
Für 9 = 0 also ^ = J » giebt die vorstehende Gleichung
0 = J7(Ar, g, Ijä) — z/^j 5mg cosgXo^TS
and wenn man diese von der früheren abzieht, so bleibt
15) iI(Ar, g, g)) = J^j^ sina cos a \Lq(p + \ L^ co5^5mif;
+ 4X, C05'iJ;5m2if;+ . . .|
IL Zur Entscheidung der Frage, ob nicht unter gewissen Bedingungen
jede Function F {d) in die eine oder andere der Keihen
A^ co8^ cosd^ + A^ cos*d' co52^ + A^ cos^'9' co5 3d + ...
B^cos^sin^ + B^co^^sin2^ + B^cof^sinS^ + • • •
Ucber eine besondere Oattung von Reihen.
verwandelbar ist und wie in diesem Falle die Coefficienten zu bestimmen
sind, wird uns folgende Betrachtung führen.
Vorausgesetzt, dass der von x abhängige Ausdruck
F {Are ian x) cos xt dx
für alle positiven x endlich und stetig bleibt und dass die nämliche Eigen-
schaft auch den «ersten Differentialquotienten von 0{x) zukommt, ist zu-
folge des Theoremes von Mac Laurin
wo Pfi den in verschiedenen Formen darstellbaren Rest der Reihe bezeich-
net. Die vorstehende Gleichung multipliciren wir
— X
e cos [ix dXy
integriren zwischen den Grenzen a: = 0.bis a: = oo und benutzen rechter
Hand die bekannte Formel
Ä-i -«X 1.2... (Ä- 1) cos [hArc ian |]
X e cosßxdx=- TT
OB
indem wir gleichzeitig zur Abkürzung Are tan fL:=zd^ setzen \ wir erhalten
auf diese Weise;
CD
J 0{x) e cos [kxdx
0
= 0(p) eos^ cosd^ + O\0) cos^d' cos^9 + O"{0) cos^& cos^& + . . .
00
. . . + O^^''^\o) cos^ ^cosnd^ +J^n^^ cos^x dx.
0
Vermöge der Bedeutung von O (x) ist die linke Seite dieser Gloichnng
einerlei mit
Ji cos [kX dx I F {Are tan x) cos xxdx
0 t/o
d. i. zufolge des Fourier'sches Satzes, welcher für oo > ^ _ 0 richtig bleibt.
Die hiermit gewonnene Gleichung
16) ^ f'(^) = a>(0) eos^eos& + O' {0) cos^^cos2^ + • • •
... + O^^" *\o) co^ ^cosn^ + I P^J^ cos fix dx
enthält nun* folgendes Theorem :
Eine Reihenentwickelung von der Form
F{'d) = A^ cos^cosd' + A^ cos^e cos2d^ + . . . + A^ cos^ ^ cos n& + U„
ist unter der Bedingung möglich, dass die Function
/»oo
(P{x)^=e^ I F{Arctanx)cos XX dx
nebst ihren n ersten Differentialquotienten für alle positi-
Von 0- SCHLÖMILCH. 27
von X endlich und stetig bleibt; die Coefficienten j^ bestim-
men sieb mittelst der Formel
7t,
der Rest der Beihe ist:-
P^ e cos (txdx,
^.=if
woP„ denRestderfür <I>(a:) geltenden Pete naen reihe bezeich-
und fi = Are tan 9 ist.
Durch eine YöUig analoge Betrachtung gelangt man zu folgendem Cor-
relate des obigen Satzes :
Eine Reihenentwickelung von der Form
F(^) = B^ cosd' sind^ + B^cos^^sin^d^ + . .. + B,^ €os^^smn^+ V^
ist unter der Bedingung möglich, dass die Function
so (^
^{x) = « \F (Are tan x) sinxz dz
nebst ihren n ersten Differentialquotienten für alle positi-
veno: endlich und stetig bleibt; die Goefficienten ^ bestim-
men sich mittelst der Formel
5„ = i «?(«.-!) (0),
n
der Rest derReihe ist
2 /•* -«
^n = Z L^n^ siniixdx,
TS t/o
wo()„ denRestder für ?^(a*)gelt enden Potenzenreihe bezeich-
net und fi =::=^rc tan ^ ist.
Um den Zusammenhang zwischen diesen Theoremen und den früheren
Entwickelungen hervortreten zu lassen , wollen wir den ersten Satz auf die
Function . ^
yi—lc'cos'9 ]/{l + tan* d) (k' * + tan* 9)
anwenden, wo k'* wie gewöhnlich = 1 — ** ist. Wir erhalten in diesem
Falle
und würden nun beurtheilen müssen , ob der Werth des in endlicher Form
nicht entwickelbaren Integrales eine den angegebenen Bedingungen genü-
gende Function von x bildet. Für diesen Zweck ist aber die obige Form
von ^(x)sehr unbequem, wir benutzen daher die Substitution
ah n J c^ eo^ w + 6* sin^ co
fiir fl* = l + 1*, ft* == Af'* + 1* und erhalten
Oi^x) = ^e-JeosxxdxJ-—^=^e^Ja.J—^^
28 Ueber eine besondere Gattung von Reihen. Von O, Schlöhilch.
d. i. nach einer sehr bekannten Formel
Ans dieser neuen Gestalt von <I>(x) erkennt man leicht, dass <P(a:), <l^{x)
.... <^^'^{x) den verlangten Bedingungen genttgen; ausserdem findet sich
^=l*<-«(„,= |^(._^.)-.^
nnd wenn der Werth des Integrales mit JT^ bezeichnet wird, so hat man jetzt
n co8^ ^
= ICq cos ^ cos^ + K^ co^^ cos2^ + ICj^ co^ ^cos^^ +
. . . + -fi^n— 1 cos^ ^ co*(n— l)d+ ü^ .
Bei unendlich wachsenden.» convergirt der Rest U^ gegen die Null
und die vorige Gleichung wird dann mit derjenigen identbch , aus welcher
die Formel 8) abgeleitet wurde.
in.
Die neueren hydranlisohen Untersuchungen.
' Von WiTZSCHEL.
Von den üntersuchiingen Über die Bewegangen der Flttssigkeiten und des
Wassers , als des allgemeineren Repräsentanten derselben , bieten die auf
den Ansfloss ans verschiedenen Oeffnnngen bezüglichen ein nicht geringes
Interesse sowohl in theoretischer als in practischer Hinsicht dar. Obwohl
nun gerade die Hydraulik dasjenige Gebiet der Physik ist, welches zeither
einer verhältnissmässig geringeren Aufmerksamkeit sich zu erfreuen ge-
habt hat , aus Gründen , die der Hauptsache nach in der Umständlichkeit
der hierzu nöthigen Versuche, sowie in der Schwierigkeit, die hier ein-
schlagenden Molecularverhältnisse — bekannter und unbekannter Natur —
gehörig zu berücksichtigen und der Rechnung zu unterziehen, gesucht wer-
den müssen ; so konnte sich doch die Wissenschaft der Untersuchung der
Bewegnngsgesetze einer Substanz , die , wie das Wasser , in so allseitiger
und allzeitlicher Berührung mit uns und unseren Lebensverhältnissen steht,
nicht auf die Dauer entziehen , nur erhielten die darüber angestellten Ver-
snche und Beobachtungen eine Gestalt und einen Zuschnitt , nach welchem
das practische Bedürfniss immer in dem Vordergründe blieb. Namentlich
sind die Erscheinungen und Gesetze, welche sich auf den Ausfluss des
Wassers aus verschieden geformten Oeffnungen beziehen, Gegenstand viel-
HÜtiger Untersuchungen gewesen , die aber meist zur Ermittelung gewisser
für die Praxis wichtiger Daten und Regeln, weniger zu dem Zwecke, die
physikalischen Bedingungen der beim Ausfluss auftretenden eigenthüm-
lichen Erscheinungen zu erörtern und festzustellen, unternommen worden
sind. Theoretische Untersuchungen über die Querschnittsformen der Was-
serstrahlen , sowie über einige andere Ausflusserscheinungen hat F. Savart
angestellt, deren hauptsächliche Resultate bereits in die meisten Lehrbücher
der Physik übergegangen sind. In neuerer Zeit hat Magnus mehrere sehr
mteressante Versuche über die Formen des ausfliessenden Strahles bekannt
gemacht, nicht minder höchst befriedigende Erklärungen über die Entsteh^
ung der sonderbaren Gestalten desselben gegeben , auf welche aufmerksam
SU machen zum Theü der Zweck dieses Aufsatzes sein möge. Von den
Hydraulikern , welche gleichfalls Beschreibungen und Erklärungen der Ge-
stalten des Wasserstrahles gegeben haben, sind noch Eytelwein und Bi<
done, sowie Poncelet und Lesbros zu nennen«
30 Die neueren hydraulischen Untersuchungen.
•
Man wird es somit in der Natur der Sache begründet finden, wenn wir
hier bei Erörterung gewisser tlreoretischer Untersuchungen aus dem Gebiete
der Hydraulik auf Versuche und Beobachtungen zurückgehen, die zum
Theil schon seit längerer Zeit Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit ge-
wesen, zum Theil nur zur Verfolgung rein praktischer Zwecke unternom-
men worden sind. Zudem werden dieselben für Beurtheilung und Würdi-
gung der neueren , unten näher angegebenen Untersuchungen nicht unwe-
sentliche Momente abgeben.
Wie schon angedeutet, haben die meisten hydraulischen Untersuchun-
gen zunächst eine rein praktische Seite, und wenn wir uns insbesondere an
die über den Ausfluss des Wassers aus bestimmten Oeffnungen halten , so
sind dieselben in der Regel zu dem doppelten Zwecke angestellt, einmal
die Geschwindigkeit des ausfliessenden Wassers und dann die Menge
desselben in der Zeiteinheit zu bestimmen. Beide Fragen erlangen überall
da besondere Wichtigkeit, wo es sich um Verwendung der motorischen
Kraft des fliessenden Wassers handelt. Eine einfache Betrachtung lehrt
nun , dass die Menge m des ausfliessenden Wassers gleich dem Producte
aus dem Flächeninhalte a des Querschnitts der Oeflnung in die Ausfluss-
geschwindigkeit V oder m=:av ist, wenn die einzelnen Wasserfäden, ats
denen man den ausfliessenden Strahl sich zusammengesetzt denken kann,
einander parallel, wenigstens auf die Dauer einer Zeiteinheit, bleiben;
dass ferner die Geschwindigkeit des ausfliessenden Wassers aus einer im
Boden des Gefässes horizontalen Oef&inng so gross wie die Endgeschwindig-
keit eines von der Druckhöhe frei herabfallenden Körpers, oder v^=j/2gh
ist, wobei g die Beschleunigung der Schwere und h den senkrechten Ab-
stand des Wasserspiegels von der Mündung, oder die sogenannte Drück-
höhe bedeutet. Und in der That werden beide Gesetze , das letztere von
Torricelli *), nach Versuchen von Michelotti **), Eytelwein ♦**)
und Venturif) durch die Erfahrung fast vollständig bestätigt, wenn die
Druckhöhe gegen die Weite der Oeffnung etwas beträchtlich, und wenn die
Ausflussöffnung sich nach innen allmälig erweitert und ohne Ecken und
Kanten der inneren Gefilssfläche anschliesst. Sind jedoch diese Bedingun-
gen nicht erfüllt, so müssen obige Ausflussgesetze, sowie alle davon ab-
hängigen, bedeutend abgeändert werden, wenn sie mit der Erfahrung
übereinstimmen sollen. Die erfahrungsmässig bestimmte Ausflussmenge ist
immer beträchtlich geringer, als die nach obigen Gesetzen berechnete und
es findet daher entweder eine geringere Ausflussgeschwindigkeit statt, oder
es ist ein anderer Querschnitt als der der Oeffnung in Rechnung zu ziehen,
oder man muss beide Annahmen nebeneinander bestehen lassen.
Die bekannte Erscheinung der Contraction des Wasserstrahles bei
einer Ausflussöffhung in einer dünnen Wand und vorläufige Messungen über
den Querschnitt des contrahirten Wasserstrahls führten zu der Ansicht,
dass erst in einer gewissen Entfernung von der Ausflussöffnung , da wo die
Contraction am stärksten oder der Querschnitt des Strahles am kleinsten
ist, die Wasserfäden des Strahls als parallel angesehen werden könnten,
*) Del moto dei gravi, 1644.
*♦) Michelotti Spedmenii idraulichi: deutsch von Zimmermann : Fr, Dom. Miclie'
lottPs hydraulische Yersnche , nobat einem Anhange über die neueren Versuche von
J. Tlier. Michelotti. Berlin. 1808.
* *••) Handbuch der Mechanik und Hydraulik.
t) Recherches experimerrtales etc. Paris. 1797. OiIbert*fl Annid. B. II. 11h 1790.
Von Witzschel. 31
und dass die Ausflassmenge demnacli als das Prodnct ans dem Flächen-
kihalte dieses Qaerschnittes in die nach dem Torricelirschen Gesetze be-
stimmte Geschwindigkeit betrachtet werden müsse. Genauere Messungen *),
nach welchen die Geschwindigkeit aus der Sprungweite eines aus vertikaler
Oeffnung ausfliessenden Strahles, sowie die Menge des ausgeflossenen
Wassers und die Querschnitte an verschiedenen Stellen des Strahles direct
und unabhängig von einander bestimmt wurden , zeigten jedoch , dass der
Quersehnitt des zusammengezogenen Strahles nicht so direct als Element
lur Bestimmung der Wassermenge dienen kann. Nur bei kleineren Mün-
doBgen lässt sich unter Umständen die Differenz zwischen der wirklichen
und der so berechneten Ausflussmengew als eine zu vernachlässigende Grösse
ansehen.
Die Messungen der stärksten Contraction des Wasserstrahles und ihres
Abstandes von der (inneren) Mündung sind alle noch mit einer ziemlichen
Unsicherheit behaftet Für kreisförmige Mündungen schwankt das Yer-
hältnias des Durchmessers der grössten Zusammenziehung zu dem der Oe£F-
nung nach den Angaben von Bossut und Michelottid. J. zwischen 0,8a
und 0,76. Die Angaben von Eytelwein**) und Venturi***) stehen
uemlich mitten zwischen diesen .Grenzen. Noch stärker weichen die An*
gaben der beiden Erstgenannten bezüglich des Verhältnisses der Entfer-
mnng des Querschnittes der stärksten Contraction zum Durchmesser der
Mündung von einander ab , indem dasselbe zwischen 0,54 und 0,87 fallt Im
Mittel lassen sich nach den Beobachtungen der Genannten die Verhältnisse
10:8:5 zwischen dem Durchmesser der Oeflhung, dem des Querschnitts des
am stärksten zusammengezogenen Strahles und seinem Abstände von der
(inneren) Mündung annehmen. Schon die Messungen von Bossut und
Hichelotti, noch mehr aber die von Poncelet und Lesbros (s. oben)
deuten darauf hin, dass diese Verhältnisse veränderlich sind mit der Druck-
höhe, der Weite der Mündung und besonders auch mit der Gestalt des Um-
fanges derselben. So sind die Contractionserscheinungen bei quadratischen
Mündungen ganz andere als bei kreisförmigen t)* Poncelet und Lesbros
fanden bei einer quadratischen Oeflnung von 2 Decimeter Seite in einem
vertikal gerichteten Kupferbleche und bei einer Druckhöhe von 1,68 '^^ die
stärkste Contraction in einem Abstände von 30 Centimetem und das Ver-
h<nisa der Querschnittsfläche derselben zur Mündung wie 226:400=9:16
= 0,M3. Ausserdem scheint bei Oeffnungen jeder Art mit zunehmender
Dmckhöhe die stärkste Contraction grösser und ihr Abstand von der Mün-
dung kleiner zu werden. '
Das Verhältniss der wirklichen Geschwindigkeit des Strahles zur theo-
retischen , nach dem Toricelli'schen Gesetz berechneten , ist nach den gut
übereinstimmenden Messungen von Bossut und Michelott i d. Ae. =0,06.
Diese auf die Sprungweiten des Strahles gerichteten Messungen geben in-
dess keine Andeutung darüber, ob auch für jeden Querschnitt die Ge-
schwindigkeit in jedem einzelnen Punkte desselben dieselbe s^i, d. h. ob
die einzelnen nebeneinander liegenden Wasserfaden, aus denen man den
*) Ch, Sostut, Trtdt6 ihivrique et expärimental d'hydrodynandque, (Uebersotst
vou Langsdorf.) Castel, Noitveiles exp&rience* sur Väa>ulement de Venu. VI. exp, 9, 10.
Poncelet et Lesbros, Eocp&riences hydrauliques stir les lois de Vicotd, Paris, 1832.
**) Handbuch der Mechanik und Hydraulik. §. 92.
♦♦•) Gilbert'B Annal. B. III.
t) Qectiglick diaser •• unten Seite 46.
32 Die neueren hydraulischen Untersuchungen.
Strahl zusammengesetzt denken kann, in jedem Querschnitte des Strahles
gleiche Greschwindigkeit haben. Dass dem nicht so ist, wird naoh mehreren
noch weiter angeführten Erscheinungen und Resultaten wahrscheinlich.
Sehr häufig setzt man indess das Verhältniss der theoretischen zur wirk-
lichen Ausflussmenge aus dem Verhältnisse der theoretischen und wirklichen
Geschwindigkeit und dem der Querschnitte der Mündung und grössten Con«
traction zusammen, oder man betrachtet den Ausflusscoef&cient als ein Pro-
duct aus dem Oeschwindigkeits - und dem Contractionscoefficienten. Ob
diese aus practischen Gesichtspunkten gewonnene Ansicht sich theoretisch
rechtfertigen lässt , möchte demnach zweifelhaft sein , ist wenigstens eine
Frage , deren Beantwortung yon genaueren Messungen über die Geschwin-
digkeit des 'Strahles sowohl in seinen einzelnen Querschnitten als auch in
seinen zur Axe parallelen Theilen oder Fäden noch abhängig bleiben wird.
Berechnet man nach den mit grosser Umsicht angestellten Versuchen- von
Poncelet und Lesbros aus der wirklichen Ausfiussmenge oder aus dem
Ausflusscoefficienten , der für ],6s" Druckhöhe und eine quadratische Oeff-
nung von 3 Decimeter Seite =0,609 war, und aus dem derselben Druck-
höhe und Oeffhung zugehörigen Contractionscoefficienten = 0,5S3 den Gk-
schwindigkeitscoefficienten , so wird derselbe sogar grösser als 1,'d. h. die
wirkliche Geschwindigkeit wäre demnach grösser als die theoretische , was
dem Princip der ErhsJtung der lebendigen Kräfte widerstreitend anzusehen
ist. Zu bemerken aber ist hierbei , dass der Ausflusscoefficient unter Um-
ständen von Elementen und in einer Weise mit abhängig sein kann , die
den Contractionscoefficienten und den Geschwindigkeitscoefficienten gar
nicht, oder doch ganz anders beeinflussen und umgekehrt. So scheinen die
verschiedenen Gestalten der Mündung, welche die Form des contrahirten
Strahles wesentlich bedingen , auch auf die Geschwindigkeit des Strahles
in -seinen zur Axe parallelen Theilen einflussreicher zu sein, als man ge-
wöhnlich annahm, wie man ans weiter unten angeführten Contractions-
erscheinungen ohne Weiteres abnehmen kann. Auch der Ausflusscoefficient
hängt von der Form und den Dimensionen seines Umfanges in ganz eigen-
thümlicher Weise ab, wie die Ergebnisse der Versuche von Poncelet
und Lesbros zeigen. Die beiden Experimentatoren wendeten rectangu-
läre Oeffnungen von constanter Breite =0,2o'" und von veränderlicher Höhe
= 0,20°, 0,10°, 0,05°, 0,03", 0,02", 0,01° an. Die Druckhöhen wurden so-
wohl unmittelbar über der Oeflhung , wo der Wasserspiegel eine gewisse
Senkung zeigt , als auch weiter oben , wo die Wasserfläche als unveränder-
lich angesehen werden konnte, gemessen. Die Versuche haben ergeben,
dass bei einer Oeffnungshöhe der Mündung von
0,20°, 0,10°, 0,05°, 0,03°, 0,02°, 0,01°
die Maxima der Ausflusscoefficienten
0,605, 0,617, 0,631, 0,640, 0,660, 0,705
ZU einer Druckhöhe (nicht unmittelbar über der Mündung) von
1,000°, 0,500°, 0,160°, 0,050°, 0,015° [0,005°]
gehörten. Ueber und unter den bezeichneten Druckhöhen ergaben sich ge-
ringere Ausflusscoefficienten. Wurden die Druckhölicn unmittelbar über
der Mündung gemessen , so zeigte sich in der Ausflussmenge der Einfluss
einer eigenthümlichen Bewegung des Wassers vor dem Eintritt in die Oeff-
nung, welche auch in der erwähnten Senkung des Wasserspiegels sichtbar
ist. Die Senkung bei horizontalem Ausfluss durch eine vertikale Wand
nimmt bei vertikalem Ausfluss aus einer horizontalen Bodenwand gewölm-
Von WiTzscHEL. 33
lieh eine trichter- oder kegelförmige Gestalt an, wobei das Wasser in eine
wirbelnde Bewegung gerftth. Diese Wirbelbewegung ist bei den von Mag-
nns in neuerer Zeit angestellten Versuchen, deren unten Erwähnung ge-
schieht, üorgföltig durch eine besondere Vorrichtung aufgehoben worden.
Wie einflussreich sie auf die Ausflusserscheinungen sein mag, deuten schon
die Beobachtungen von Poncelet und Lesbros an; denn für dieselben
Oeffnangshöhen der Mündungen von
0,20", 0,10", 0,05", 0,03", 0,02", 0,01"
ergaben sich die Maxima der Ausflusscoefficienten zu
nnd!3> S;S» <>'^"' **'"^' "'""' **•''*'
bei den Druckhöhen (unmittelbar über den Mündungen)
0,0 ) 0,0 I „ Q ai Q „ «
0,9") ' 0,5") ' ' ' ' '• ' ' ' ;
Für die beiden ersten Oeffnungshöhen gehörte ein Minimum des Aus-
flusscoefficienten von
0,594 und 0,613,
zu den Dmckhöhen
0,07" und 0,04".
Uebrigens ergaben noch die Versuche , dass bei grösseren Druckhöhen
der Auflflnsscoefficient für verschiedene Oeffnungshöhen der rectangulären
Mfindong sich der Grenze O^eo oder 0,6i näherte.
Bei allen bisher erwähnten Ausflussverhältnissen ist die sogenannte
voUsUindige Contraction, wobei das Wasser von allen Seiten der Oeffnung
zuströmt und einen allseitig contrahirten Strahl bildet, vorausgesetzt wor-
den. Kann dagegen das Wasser nur von einigen Seiten der Oeffnung un-
gehindert zuströmen und findet demnach unvollständige oder partielle Con-
traction statt, io werden auch alle übrigen Ausflusserscheinungen in ent-
sprechender Weise modificirt. Die Versuche und Beobachtungen über den
Autffloss bei partieller Contraction sind , abgesehen von ihrer Wichtigkeit
für die Praxis, indem diese Art Ausfluss ungleich häufiger vorkommt, be-
sonders be achtens werth , wenn man auf die Ursachen und die Bedingungen
der einzelnen Contractionserscheinungen näher eingehen will. Wird durch
senkrecht auf die Ebene der Münduug gerichtete Wände oder innere Ein-
fassungen von einer oder mehreren Seiten der freie Zufluss des Wassers
zur Mündung gehindert, so nimmt zunächst die Axe des ausfliessenden
Strahles zur Ebene der Mündung eine von der früheren senkrechten ab-
weichende Richtung an , wenn die Form der Mündung unsymmetrisch, oder
wenn bei symmetrischer Form derselben die Einfassungen unsymmetrisch
am Umfange vertheilt sind. Es neigt sich dabei der Strahl mehr nach der
Seite des eingefassten Theiles der Mündung. Ebenso wird die Form der
Querschnitte des Strahles wesentlich verändert. Die ausgedehntesten Un-
tersuchungen hierüber hat früher Bidone *) angestellt, welcher sowohl die
Dimensionen der Querschnitte des zusammengezogenen Strahles , als auch
die Abweichungen der Axenrichtung desselben bei verschieden geformten
Anaßoflsöffhungen gemessen hat. Es würde aber zu weit führen, die nume-
rischen Resultate dieser und anderer Versuche anzuführen. Zudem erlangt
man ans den neueren Untersuchungen von Magnus eine klarere und über-
*) ExpSriences sur La forme et sur la direction des veines et des courans d'eau, in
Memarie della Reale Aeademia delle edenze di Tarino. T. XXXIV. 1880.
ZeiUchrifl f. MathamAtik u. Physik. I. 3
34 Die neueren hjdrauliechen Untersuchungen.
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sichtlichere Kenntniss von die&en Erscheinungen , so dass wir auch deshalb
die älteren Beobachtungen hier übergehen können. Ebenso müssen wir
von den Ausflusserscheinungen bei inneren oder äusseren, cylindrischen wie
konischen Ansatzröhren hier absehen, die, so wichtig sie für die Praxis
sind , doch zur Erörterung der einfacheren Phänomene als noch zu compli-
cirte Fälle dastehen , insofern anderweitige UDistände , wie z. B. das Ver«
hältni'ss des äusseren Luftdrucks und inneren Wasserdrucks , die Adhäsion
des Wassers an den Röhren wänden etc. mit ins Spiel treten *).
Schon aus den angeführten Ergebnissen dürfte hervorgehen , dass zur
Ermittelung der eigentlichen Ausflussgesetze und insbesondere zur Feststel-
lung der wesentlichen physikalischen Bedingungen der bezüglichen Er-
scheinungen die bisherigen Versuche nicht ausreichend und zweckent-
sprechend erscheinen. Es hat zwar nicht an Bemühungen gefehlt, auf die
Resultate der bisherigen Versuche eine Theorie der Ausflusserscheinungen
zu begründen, oder wenigstens eine Erklärung derselben zu geben, zu wel-
chem Zweck namentlich Bidone die ausführlichsten Untersuchungen an-
gestellt hat, doch haben diese Versuche entweder wegen der untergelegten
Voraussetzungen oder wegen der geringen Uebereinstimmung mit der Er-
fahrung wenig allgemeine Anerkennung finden können.
Newton**) bestimmte zuerst das Verhältniss der Querschnitte des
zusammengezogenen Strahles und der kreisförmigen Oeffnung =^^=0,i»7,
woraus sich der Durchmesser des zusammengezogenen Strahles =3 0,s4i er-
giebt, wenn der der Mündung := I gesetzt wird. Die Messungen haben
aber alle eine grössere Contraction oder einen kleineren Querschnitt des
zusammengezogenen Strahles herausgestellt.
Navier ***) giebt folgende Ausdrücke für den Ausflusseoefficienten
l
wobei vorausgesetzt wird, dass die Oberfläche des Wasserspiegels sehr
gross, die Bodenfläche des Gefässes =^, die der Mündung =a und die
Geschwindigkeit des an der Mündung ankommenden Wassers = -j v ist,
welche in der Mündung sofort in v übergehen soll. Der somit entstandene
Verlust an Druckhöhe kann durch
^g V aJ ^g
9*
ausgedrückt werden. Dieser nebst der Geschwindigkeitshöhe — muss die
ganze Druckhöhe geben , wodurch man
*) Wir verweisen hierbei auf den von Jul. Weis b ach bearbeiteten Artikel
„ Ausfluss** der allgemeinen Maachinenencydopädie von Hülsse, I. Bd. S. 464 (F.,
der eine grossenthieils kritische Zasammenstellong aller wichtigeren Yennche nmd
deren HesuUate enthält, sowie anf die eigenen Untersuchungen desselben Yerfasseni :
„Untersuchungen in der Mechanik nnd Hydraulik, Versuche über die unvollkommene
Contraction des Wassers etc. Leipzig. 1843." und auf dessen „Lehrbuch der Inge-
nieur- und Maschinen -Mechanik. L Th."
♦♦) PMlos, not, princ. nuUh. Lib. II, 36.
'^'*^) Risumi de$ lepons $ur VappNcaüoff de la mdcanique, Pwrit. 1844. T. //.
<»^»»^^^^^^^»>^»^^^^^^»>^^»^^/v^^w^A/v^»vwvv^<v^»V^»^/vv^^^»vv^^^^^^s^v»^<^<■^v^^M^v^^^v^^^^^^»M^^v^v^/v^^^/^^^/^^vi^ww^rf^^^
Von WiTZSCfiEL. 35
und
%
_ Vigh
erhält. Die Aasflnssmenge , als das Product des Querschnittes der Mün-
dang und dieser Oeschwindigkeit betrachtet, ist dann
y^wir'
▼oraiis der obige Ausflasscoef&eient folgt. Man kann hierbei die angege
bene (Geschwindigkeit v nicht als die wirkliche des Strahles ansehen , denn
diese ist nach den Beobachtungen viel weniger Yon der theoretischen ver-
sehiedeii. Es ist der obige Aosdmck für v nur dann für znlässig zu halten,
wem man diese Oesehwindigkeit für eine hypothetische , ftir diie Yorans-
setBimg giltige betrachtet, dass das Wasser ans der Mtindnng in einem
p ri am ati 8 c h e n Strahle ansfliesst. Nimmt man aber diese Geschwindigkeit
für die des Strahles an, so hat die Formel eine entschieden falsche Beden-
tong; das in ihr enthaltene richtige Element, insofern sie zn einem einiger
nassen richtigen Ansflusscoefficienten führt , mnss demnach unter anderen,
wenigstens dem Ausdrucke und der Bedeutung nach modificirten Voraus-
setsangen entwickelt werden. Bemerkt sei noch, dass wenn man a hin-
tauglich klein gegen A setst, man den Ausflusscoefficienten Newton's f/^
und füx die Geschwindigkeit v den Ausdruck J/gh erhält, welcher mit der
Yon demselben Mathematiker suerst gemachten Annahme übereinstimmt,
dass die Gesehwindigkeit gleich der eines von der halben Druckhöhe frei
herabfallenden Körpers sei.
Eise zweite Formel für den Ausflusscoefficienten wird dadurch abge
leitet, dass die kreisförmige Mündung in gleiche concentrische Ringe zer-
legt gedacht wird. Für jeden Bing wird die hindurchgehende Menge Was-
ser mit Berücksichtigung des Winkels, welchen dieselbe mit der Axenrich-
tung der Mündung bildet, bestimmt und die Summe dieser einzelnen
Wassermengen wird dann mit der theoretischen Ausflussmenge verglichen.
Es ergiebt sich nach diesem ein Ausflusscoefflcient
=5 — = 0,637,
n
welcher Werth mit der Erfahrung im Allgemeinen übereinstimmt. Pon-
celet legt auf diese Formel mehr als auf die übrigen Werth in seinen
ExpSriences f^/drauUques. In voriger Formel ist die Menge des Wassers in
den einzelnen zur Axe peripherischen Schichten gleich gross angenommen,
bei dieser dagegen die Geschwindigkeit. Beide Annahmen stimmen aber
not den Ausfiusserscheinungen nicht überein und insofern sind beide For-
meln mangelhaft in den Voraussetzungen ; ausserdem fehlt bei ihnen jede
Bertteksiehtigung der Druckhöhe und der Gestalt der Mündungen.
Buff *) geht bei der Bestimmung eines Ausflusscoefficienten von der
Ansicht aus, dass das Wasser nach dem Umfange zu mit abnehmender
^) PoggmkL Jbmai. B. XLVL
8»
36 Die neueren hydraalischeu Untersuchungen.
Geschwindigkeit und in parallelen Strahlen ausströme. Er theilt dahei den
Wasserstrahl in einen inneren Kemstrahl mit dem halben Querschnitt
— = — der Mündung und'der theoretischen Geschwindigkeit yigh und
in einen äusseren , den Kern umgebenden Strahl , dessen Geschwindigkeit
nach dem Umfange bis zu 0 abnimmt. Die ausiliessendc Wassermenge lässt
sich somit in der Form eines abgekürzten Kegels denken, dessen beide
Oberflächen r^n und — - sind, dessen Höhe }/^gh und dessen Volumen
demnach
r» « ^-i^titm ^^ = 0,735 r» « j/2^
o
ist. Hieraus ergiebt sich der Ausflusscoef&cient =0;736, der allen Erfah-'
Hingen zufolge viel zu gross ist.
Bidon e betrachtet den Ausflusscoefficienten als ein Produet des Ge-
schwindigkeits - und Contractionscoefficienten. Mit Zugrundelegung dieses
zweifelhaften Satzes sucht er letzteren Coefficienten direct zu bestimmen*)
und findet ihn = f bei einer kreisförmigen Mündung in einer dünnen Wand.
Aus dem Ausflusscoefficienten 0,(n ergiebt sich dann der G^schwindigkeits-
coefficient =0,62 . f =0,93.
In neuester Zeit hat Dejean der Academie der Wissenschaften sn
Paris ein Memoire überreicht , in welchem nach einer neuen Theorie die
Berechnung der Ausflussmenge für jede beliebige Oe&ung und Druckhöhe
gegeben wird. Ein Auszug **) davon enthält Folgendes. Der Verfasser
betrachtet die Flüssigkeiten aus kleinen festen Kügelchen (Bläschen) zu-
sammengesetzt , welche einander durchdringen , ein sehr kleines Volumen,
doch ein beträchtlich grösseres als ein Molecule haben. Der grössere oder
geringere Durchmesser dieser Kügelchen ist je nach dem Flüssigkeitsgrade
durch die Bedingung gegeben, dass die übrige Masse ohne Reibung auf de-
ren Oberfläche hingleiten kann. Eine Flüssigkeitssäule von demselben
Durchmesser soll wie ein fester Körper unempfänglich für die Wirkung der
Seitenpressungen sein und ohne Keibung an der umgebenden Masse hin-
gleiten können. Demgemäss soll dann im Momente , wo der Ausfluss be-
ginnt, die Flüssigkeitsmasse sich in Fäden von der Dicke dieser Kügelchen
zertheilen , welche dann an der Mündung unter gleichen Neigungen zu ein-
ander ankommen. Unter der Voraussetzung zuvörderst, dass diese Fäden
ausserhalb des Gefösses dem Einflüsse der Schwere noch entzogen und so
weit unabhängig von einander sind , dass sie nur ihre Klebrigkeit (tenaciid)
behalten , berechnet der Verfasser die Ausflussgeschwindigkeit und findet
dieselbe für alle Fäden gleich der eines von der halben Druckhöhe frei
fallenden Körpers. Indem er hierauf für den Strahl wieder den vollkom-
menen Flüssigkeitszustand annimmt^ dabei aber immer noch von der Wir-
kung der Schwere absieht , zeigt er , dass die Ablenkung der Fäden in der
N^he der Mündung, zu der sie normal ankommen, in jedem derselben eine
elastische Kraft entwickelt, deren Intensität direct proportional zur Neigung
der Fäden gegen die Axe der Mündung ist. Die elastische Kraft strebt
einerseits, die Flüssigkeit, bevor sie durch die Mündung geht, in das In-
*) Memoire sur la Determination th^orique de la section contractde des vcines &*-_
qmdeü im 34. Bande der Memoiren der Turiuer Academie.*
**) Comptes Rendus des siances de VAcad, Tom, XL, 1855. pag, 407.
Von WiTZSCHEL. 37
nere desGefösses zurückzudrängen, andererseits derselben, nach dem Durch-
gange durch die Mündung, einen Zuwachs an Geschwindigkeit zu geben.
£»*wird somit die Flüssigkeit jedes Fadens mit zweierlei Geschwindigkei-
ten getrieben, von denen die eine v, die innere, den Ausfluss regelt, die
andere,^ Süssere, v' durch ihr Verhältniss zur inneren die Contraction des
Strahles bestimmt.
Der Verfasser giebt für jedeü Faden diese beiderlei Geschwindigkei-
ten zuerst unter der Annahme, dass die Trennung der inneren und äusseren
Flüssigkeit ohne Widerstand vor sich gehen könne, sodann mit Berück-
sichtigung des Zusammenhanges der Molecüle. Er bestimmt hierauf den
vollen Ausfluss, d. h. er berechnet die innere mittlere Geschwindigkeit der ver-
8ehiedenen Fäden, welche er genau gleich der eines von dem dritten Theile
der Druckhöhe herabfallenden Körpers findet; ebenso sucht er die mittlere
äussere Geschwindigkeit, die er gleich der eines von | der Druckhöhe frei
herabfallenden Körpers erhält. Daraus ergiebt sich das Verhältniss beider
Geschwindigkeiten zu | , welches demnach auch der Contractionscoefficicnt
ist (wie ihn auch Bidone gefunden hat).
Unter Berücksichtigung des Einflusses der Schwere modificirt er die
Formel für den Ausfluss dergestalt, dass er diese Wirkung zum Theil durch
Zug auf die innere Flüssigkeit sich fortpflanzen lässt. Ist H die Druckhöhe,
h die vertikale Länge des (zusammenhängenden) Strahles , so soll der Aus-
flnsscoefficient sich mit dem Verhältniss -— vermehren oder vermindern.
/r
Diese Formel wird noch durch ein Glied vervollständigt, das einen
Zuwachs an Ausflussmengo giebt, welcher von dem Widerstände herrührt,
der gegen jede durch die Geschwindigkeitszunahme F' — V hervorgerufene
Erweiterung des Strahles gerichtet ist. Dieser Widerstand (bedeutend in
der Nähe der Mündung infolge einer Ungleichheit der Geschwindigkeiten,
welche den Strahl in einen ganz eigenthümlichen Zustand versetzt) soll
dem Durchmesser der Mündung umgekehrt proportional sein, d. h. der
Strahl soll sich mit um so grösserer Leichtigkeit zusammenziehen , je be-
trächtlicher dieser Durchmesser ist. Daraus folge, dass bei einer quadrati-
schen oder rectangulären Mündung der Strahl sich längs der Diagonale viel
leichter zusammenziehe, woraus die bekannten Wendungen des Strahles
oder der Blätter (renveirsemeni des nappes) hervorgehen.
Der Verfasser vergleicht die ErgobnisKO seiner Formel mit denen,
welche Poncelet und Losbros aus ihren Versuchen erhalten haben, und
findet sie mit denselben bis auf zwei oder drei Tausendtheilo übereinstim-
mend bei beliebigen Oeflnungen und für einen Druck gegen 0,5°*, dagegen
vollkommen genau für einen Druck von 1" und darüber. (V?) Mit Berück-
sichtigung der inneren und äusseren Geschwindigkeiten und des Wider-
standes der Luft entwickelt sodann der Verfasser den Zuwachs an Ausfluss
durch Ansatzröhren und macht seine Formel anwendbar für den Ausfluss
aus cjlindrischen Ansatzröhren. Zuletzt geht er auf die Pulsationen ein,
welche F. Savart in seiner Abhandlung über den Strahl beschrieben hat;
eine Erscheinung, die nach ihm durch die Zerlegung der Flüssigkeiten in
Fäden hervorgerufen wird, welche wegen ihrer Biegsamkeit sehr empfang-
lich für die an der Mündung entwickelten Druckveränderungen sind , wäh-
rend ihre eigene Geschwindigkeit viel weniger rasch durch die Druckver-
änderungen berührt wird, die ai^b an der Oberfläche der Flüssigkeit her
38 Die neueren hjdraoliBchen Untersuchungen.
^^«^^>«^^M^^>^^>^>^^>^«V^^>^iM^^>^^«WW^>^^^««*'«»M«M^>M^>MAAMMAMMMM^tM^IMMM<^MM•%
ausstellen. Er misst die Entstellung dieser Pulsationen der Wirkung ent-
gegengesetzter Kr&fte bei , denen die Flttssigkeit beim Diirch|puige dureh
die Mündung unterworfen ist und giebt die Gesetie derselben so, Vie
die Erfahrung sie kennen lehrt, nftmlich, dass die Zahl derselben uniU)-
hängig von der Natur der Flüssigkeit, dem Durchmesser der Oeihung ubh
gekehrt , der Quadratwurzel der Druckhöhe direct proportional ist.
Er erklärt noch die Bildung der ringfiSrmigen Anschwellungen^ welche
sich längs des durchsichtigen Theiles am Strahlb fortpflanaen , und selgt,
wie di^er Theil durch ein in der Nähe der Mündung tongebendes Instru-
ment bis auf zwei Drittel der ursprünglichen Länge verkürzt werden kann.
Man wird erst nach einer Veröffentlichung der vollständigen Abhand-
lung den Werth und die Richtigkeit der aufgestellten Gesetze über den
Ausfluss beurtheilen und sehen können, ob die dem Caleul untergelegten
Voraussetzungen nur Rechnungshypothesen sind, welche durch die Richtig-
keit des Endresultates sich rechtfertigen müssen , oder ob der Verfasser au
deren Annahme noch durch anderweitige Beobachtungen und Versuche
veranlasst worden ist. Eine Vergleichung dieser Resultate theoretischer
Betrachtungen mit einigen Ergebnissen der von Magnus angestellten
neueren Versuche kannindess schon jetzt zur Beurthoilung der ersteren führen.
Magnus hat bereits im Jahre 1850 Mehreres über die Bewegung
einer Flüssigkeit in einer anderen gleichartigen veröffentlicht, namentlich
über schon früher von Venturi u. A. beobachtete Erscheinungen, welche
beim Einströmen einer Flüssigkeit in eine grössese ruhende Masse dersel-
ben Art entstehen , über das Eindringen von Luft beim Einfluss eines
Strahles in eine grössere Flüssigkeitsmasse , sowie über den Vorgang beim
sogenannten Wassertrommolgebläse ♦).
Die im 95. Bande der Poggend. Anna], und in den Monatsberichten der
Preussischen Academie der Wissenschaften vom 14. December 1854 und
1. März 1855 bekannt gemachten Untersuchungen über den flüssigen Strahl
gehen weniger auf Bestimmung numerischer Verhältnisse , als vielmehr auf
die Ermittelung der physikalischen Bedingungen und Entstehungsursachen
der Contraction und der verschiedenen Formen des Strahles hinaus, schlies-
sen sich also den oben Seite 33 kurz erwähnten Bidon ersehen Untersuch-
ungen , sowie denen von Felix S a v a r t an *♦).
Magnus geht bei Erforschung der Form eines Wasserstrahles plan-
mässiger, wie es scheint, als seine Vorgänger zu Werke, indem er erst die
Einwirkung zweier kreisförmigen Strahlen aufeinander untersucht, um so
eine Ansicht über den gegenseitigen Einfluss der in einem zusammengesetz-
teren Strahle vereinigten Wasserfäden zu gewinnen. Schon aus den Unter-
suchungen S avart^s ist bekannt, dass, wenn zwei Strahlen von gleichem
Durchmesser und gleicher Geschwindigkeit gegen einander so gerichtet
werden, dass ihre Achsen in eine Linie zu liegen kommen, das Wasser eine
auf der gemeinschaftlichen Achse der Strahlen senkrechte kreisförmige
Scheibe bildet. Wenn die Strahlenachsen nicht mehr in eine Linie fallen,
aber parallele Richtung gegen einander haben, so bilden nach Magnus
die sich .treffenden Strahlen eine etwas gekrümmte, gegen die Strahlen
geneigte Wasserfläche von mehr ovaler Begrenzung, so dass die grös-
*) Poggend, AnnaL Bd. LXXX, 8. 1.
♦♦) ArmaL de chim, et de phys, II, Ser. Tarn, LIII et LV, Vergl. Pouitt^t,
iUmens de phyt. expiir. 6. edit. Tarn. 1. pag. 149.
Von W1TZ8CHEL. 39
sere Dimensioii in der dnrch die Achsen beider Strahlen gelegten Ebene
enthalten ist«
Bilden die Strahlen einen Winkel mit einander und liegen die Achsen
beider Strahlen in einer Ebene (Magnus nennt das Zusammentreffe bei
dieser Lage der Achsen ein centrales); so entsteht eine auf der Ebene
der Achsen senkrechte, ebene Wasserfläche, welche, wenn die Strahlen aus
gleichen Oefihongen mit gleicher Geschwindigkeit kommen, den Winkel
der Strahlen halbirt. Diese Fläche ist, von dem Punkte des Zusammentref-
fen« der Strahlen aus gerechnet, mehr nach der mittleren Kichtung beider
Strahlen aasgedehnt, dagegen um so weniger nach der Seite hin, welche
innerhalb des von den Strahlen gebildetei^ hohlen Winkels liegt, je spitzer
dieser Winkel ist. Ebenso nimmt die darauf senkrechte Dimension oder die
Breite der Fläche mit der Grösse dieses Winkels und mit der Geschwin-
digkeit der Strahlen ab.
Treffen die unter einem Winkel zu einander gerichteten Strahlen nicht
central , sondern berühren sie sich nur an ihren Rändern , so werden beide
Strahlen in ihrer Richtung etwas abgelenkt und nähern sich einander, wenn
der Winkel nicht grösser als 60^ — 70® ist; zwischen beiden Strahlen spannt
sich dabei vom Punkte des Zusammentreffens an eine dünne Wasserfläche
ras y welche je nach Umständen sich mehr oder weniger fortsetzt und dann
serreisst. Sie aerreisst aber nicht mehr, wenn unter übrigens gleichen Um-
ständen die Achsen der Strahlen einander genähert werden, oder ein grösse-
rer Theil der Wasserstrahlen auf einander treffen. Nach ihrem Zusammen-
treffen nähern sich dann die Strahlen viel mehr, kommen zum zweiten Male
lusammen und gehen übereinander hinweg, so dass der Strahl, welcher vor
dem ersten Zusammentreffen der obere und nach demselben der untere ist,
nach dem aweiten Zusammentreffen wieder der obere wird. Magnus hat
unter Beachtung einiger, den Apparat betreffender Vorkehrungen bei Win-
keln anter 30®, sowie bei massiger Geschwindigkeit ein viermaliges Ueber-
einandergehen der Strahlen und drei zwischen denselben ausgespannte dünne
Wasserflächen oder Membranen hervorgebracht. Letztere bilden etwas ge-
krflmmte Fläche% deren mittlere Stellung ziemlich parallel den Achsen
beider Strahlen ist« wenn letztere sich nur an ihren äusseren Randen treffen.
Rttcken dagegen die Achsen näher aneinander , so nimmt auch die mittlere
Stellang der ersten Wasserfläche eine grosse Neigung gegen die beiden
Strahlen parallele Ebene an, und die zweite Membrane bildet mit der ersten
nahe denselben Winkel, so dass, wenn die Achsen der Strahlen in eine
Ebene kommen oder ein centrales Zusammentreffen stattfindet, dieser Win-
kel am grössten wird, oder die erste Wasserfläche senkrecht auf der Ebene
der Achsen steht, die zweite aber wieder in dieser Ebene liegt. Beide
Strahlen bringen dann die durch Fig. 19 angedeutete Erscheinung hervor.
Von diesen in systematischer Reihenfolge hervorgerufenen Erscheinun-
gen giebt Magnus folgende einfache Erklärung. Jeden der beiden gleichen
Strahlen kann man als eine Aufeinanderfolge von gleichen Wassertheilchen
betrachten , die , wenn sie gegen einander und central gerichtet sind , ver-
möge ihrer leichten Beweglichkeit und in Folge des allseitigen und gleich-
massigen Drucks der darauf folgenden Theile von dem Orte des Zusam-
mentreffens aus eine gegen die Richtung der Strahlen symmetrische Seiten-
bewegnng annehmen, also mit gleicher Geschwindigkeit in Linien senkrecht
sar gemeinschaftlichen Achse ausweichen. Die Cohäsion bewirkt, dass diese
Linien rieh an einer einsigen kreisrunden Wasserfläche vereinigen, welche
48 Kleinere lfitiheilange&.
Die noch willkührliche ganze Zahl k werde nun > r-r gewählt, es ist
dann k (a — /5) > 1 mithin
a + m^y ß + m+V
dies giebt für m = 0, 1 , 2 . . . n — 1 und durch Hultiplication aller ent-
stehenden Beziehungen
« (« + I) (« + 2) . . . (« + «— I) ^ f" /J + «•
Hieraus folgt unmittelbar der zu beweisende Satz, von welchem bei Unter-
suchungen über die Convergenz und über die Reste der Reihen nicht selten
Gebrauch gemacht wird. Das Nächste giebt hierzu ein Beispiel.
n. Sestbetraehtung fax die ArensiiiLns-Beiha.
In den Lehrbüchern der Differentialrechnung findet man gewöhnlich
die Discussion der Reihenreste für (l +a:)^ , log o:, a*, co$ or, m ar, Are Um x
nicht aber für Are sin x wahrscheinlich wegen des etwas complicirten^ Aus-
druckes, den der n^^ Differentialquotient von* Are sin x liefert. Auf folgeftde
Weise wird die Sache sehr einfach.
Main hat zunächst
J/"^^Arcsinx=D'' -— L====. ==/>«[( l + ar)""* (l — ar)~*l
und mittelst der bekannten Regel für die mehrmalige Differentiation der
Producte
D"^-^^ Are sin X
_l.3.5...(2w— i) 1 i 1 Wi 1— ar 1.3 {n\ f^—^V
~ 2" }/\^^^ (l — ^r \ ^^~^ l+x'^ (2«— l)(2w— 3) \i+xJ
(2n— 1) (2n— 3) (2ii— 6) \l+xJ '^'y
wobei (w), , («)t etc. die Binomialcoefficienten n, ^n{n — I) etc. bedeuten.
Hinsichtlich der Coefficienten
1 W» l>3(yt), ; 1.3.5(n).
' 2n— 1' (2n— 1)(2«— 3)' (2« — 1)(2«— 3)(2« — 5) ' * *
welche unter der allgemeinen Form
1.3.5... (2x— 1) (n)^ _
(2/1 — 1)(2«— 3)...(2n— [2x — 1])~ *
enthalten sind, ist nun Folgendes zu bemerken. So lange x< ^{n — I)
oder w > 2 x + 1 bleibt, hat man
n — x>x+I, < — ; —
n — X x+r
Kleinere Mittheilangen. 49
.>-^t-j
2
n
d. h. nach geböriger Reduction
2x+ 1
2n — [2k+1] x+ J
und daraus folgt durch beiderseitige Multiplication mit C^
^x > ^x + i«
Wird später x > i(n— 1), so kehren sich alle diese Verhältnisse um, d. h.
zusammen : anfangs nehmen die Coefficienten ab und ^egen das Ende hin
wieder zu. Femer bemerkt man leicht, dass die von Anfang und Ende
gleich weit entfernten Coefffcienten C^ und C^„__x gleich sind, dass mithin
das Wachsthum der Coefficienten nicht über C„ = C© = 1 hinausgeht. Da
hiemach keiner der Coefficienten die Einheit überschreitet, so beträgt die
Summe der endlichen Eeihe
2w_i l + a:"^(2n— l)(2n — 3) \l + xj
in welcher wir x als positiv voraussetzen, ihrem absoluten Werthe nach we-
niger als die Summe der unendlichen convergirenden Eeihe
' + l + x^ \l + xj ^ aar '
folglich ist, wenn e einen nicht näher bestimmbaren ächten Brnch bezeichnet
2»j/l— a:» (l_a:)"2 a;
Nehmen wir jetzt den Mac Laurin'schen Satz :
«.,=m +q5> . + CB ^ + . . . + Ä.. + ^.,„
(1— »)"a;» + ' ,(n+i),
1.2. ..n
fOr f{x) = Are sin x in Ansprach , so erhalten wir
= , l-a.5...(2w— I) /(l— »)a-\" j^ j/T+J^
"+' ^ 2.4.6. ..(2«) Vi — da:/ #^ I— dar'
bei nnendlich wachsenden n wird hier (nach Nr. I. für u=l und /3 = 4)
,. 1.3.5...(2« — 1)
•^•"' 2.4.6. ..(2n) ="'
die tlbrigen Factoren bleiben endliche Grössen so lange x die Einheit nicht
überschreitet, und so ergiebt sich Xim Ä^^i =0 unter der Bedingung,
1 >x > 0, welche sich leicht auf i "> x > — 1 ausdehnen lässt.
O. SCHLÖMILCn.
^.+»=^7? „ r^^i^^i i>^>o
Z«iUcbrifl f. AUthematik u. Physik. I.
50 Kleinere Mittheiiungen.
^^V^^^f^PS^^^^WSy^^^^^^^^h^h^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^'^^^^^^^^^^^^^^^S^^^^^^^^^k^^h^^k^^^^^k^k^h^h^k^^t^k^^^k^h^k^k^hAA^h^k^t^^A^hM^^^^^^^^
m. Lehnätze der analytiBchen Geometrie.
Herr Prof. Dr. Junge an der K. S. Bergakademie zu Freiberg hat
mir folgende Sätze mitgetheilt, deren Beweis als zweckmässige Hebung in
der analytischen Geometrie der Ebene dienen kann:
Wenn die Grundlinie eines Dreiecks unveränderlich
gelassen und die Spitze desselben auf irgend einer
festen Geraden fortgeftlhrt wird, so beschreibt der
Durchschnitt der drei Höhen des Dreiecks im Allge-
meinen eine Hyperbel; umgekehrt, wenn die Leitlinie
der Dreieckspitze eine Hyperbel ist, so wird der geo-
metrische Ort des Höhendurchschnittes zu einer Ge-
raden.
Die Hyperbel degenerirt in eine Parabel, wenn die
Leitlinie parallel zurBasis liegt, und in eine Gerade,
wenn die Leitlinie entweder auf der Basis senkrecht
steht oder mit einer der Dreiecksseiten zusammenfällt.
Heisst AB die Grundlinie des veränderlichen Drei-
ecks ^^C und 2> der Durchschnitt derDirectrix mit der
Basis, so ist die in D auf ^i? errichtete Senkrechte die
eine Asymptote der Hyperbel; die andere Asymptote
erhält man dadurch, dass man vom Mittelpunkte iRfdei^
Basis aus den Abschnitt ME entgegengesetzt =MD
nimmt und von E eine Senkrechte auf die Directrix
herablässt.
In dem speciellen Falle, wo die Leitlinie parallel
zur Basis liegt, kann man über letzterer ein gleich-
schenkliges Dreiek construiren, dessen Spitze auf die
Directrix fällt; der Höhendurchschnitt dieses Drei-
ecks ist der Scheitel und der Abstand der Directrix
von der Basis der doppelte Parameter jener Parabel.
Die obige Mittheilung veranlasste mich zu einer flüchtigen Untersuch-
ung der Geraden, welche den Höhendurchschnitt, den Schwerpunkt und
den Mittelpunkt des umschriebenen Kreises verbindet ; bei jener Bewegung
der Dreieckspitze berührt nämlich die genannte Gerade im Allgemeinen
eine Curve, die aber meistens einem höheren Grade anzugehören scheint.
Nur in einem Falle gestaltet sich die Sache sehr einfach, nämlich:
Wenn die Spitze des veränderlich A Dreiecks eine
auf der Basis senkrechte stehende Gerade durchläuft,
so bleibt die erwähnte Transversale des Dreiecks
Tangente an einem festen Kegelschnitte; dieser ist
eine Ellipse oder Hyperbel, jenachdem die Leitlinie
die Basis oder deren Verlängerung schneidet. In Be-
ziehung auf ein rechtwinkliges Coordinatensystem,
dessen Anfang im Mittelpunkte M der Basis liegt und
dessen ar-Achse die Grundlinie ist, erhält man als
Gleichung des berührten Kegelschnittes:
Kleinere Mittheilungen. • &t
worin c die halbe BasisJK/^und a den Abstand derDi-
rectrix vom Üoordinatenanfange bezeichnet.
Man kann diesen Satz ebensowohl seiner Fassung entsprechend bewei-
sen , als aus der Theorie der eingehüllten Curven herleiten.
SCHLÖMILCn.
IT. Dia glaichgespannte Kettenbrackenlinie *).
Bekanntirch wächst die in der Tragkette einer Hängebrücke vorhan-
dene Spannung vom Scheitel nach den Aufhängepunkten zu und es ist da-
her bei einer überall gleich starken Kette die auf die Flächeneinheit fal-
lende Spannung (die ganze Spannung an einer Stelle dividirt durch den
Querschnitt) in demselben Maasse veränderlich. Diese Ungleichheit joner
Spannung hat eine ungleiche Sicherheit des ganzen Bauwerks zur Folge,
denn sobald an den Aufhängepunkten schon die nöthige Sicherheit vorhan-
den ist, findet im Scheitel eine noch grössere Sicherheit statt, die nicht nur
fiberflüssig , sondern sogar schädlich ist, weil das eigene Gewicht der Trag-
kette geringer ausgefallen wäre , wenn man ihren Querschnitt im Scheitel
kleiner und zwar gerade nur so gross genommen hätte , als zur Erreichung
derselben Siclierheit wie an deü Aufhängepunkten nöthig sein würde. Um
diesem Uebelatande abzuhelfen, muss man der Kette einen veränderlichen
Querschnitt geben , der vom Scheitel nach den Aufhängepunkten hin in der
Weise zunimmt, dass das Verhältniss der Spannung in jedem Kettenele-
mente zu dessen Querschnitte constant ist. Eine kurze Notiz über die
Gleichung einer solchen gleichgespannten oder gleichsicheren Ketten-
brückenlinie giebt Coriolis in Liouville^s Journal, Bd. I. , S. 75, ohne je-
doch die Frage zu erörtern, wie bei gegebener Spannweite, Pfeil, Sicher-
heit etc. das wichtigste Element, nämlich der Querschnitt in jedem Punkte,
bestimmt werden könne; mit der letzteren Aufgabe hat sich Prof. Kulik
mehrfach beschäftigt (u. A. in seinen Anfangsgründen der höheren Mecha-
nik , Cap. Vin.) , ist aber zufolge einer nicht glücklichen Anlage des Cal-
cüla in eine umständliche Näherungsrechnung gerathcn, welche sich voll-,
ständig vermeiden lässt. Dies ist der Grund , warum wir jene in theoreti-
scher Beziehung ebenso interessante als practisch wichtige Frage wieder
vornehmen.
Zwei in einer horizontalen Geraden liegende Punkte A und B denke
man sich durch eine Kette verbunden, deren tiefster Punkt C von A und B
gleichweit entfernt sein möge. Den Scheitel C nehmen wir zum Anfangs-
punkte eines rechtwinkligen Coordinatensystemes und legen die Abscissen-
achse horizontal mit der positiven Seite nach A hin, die Ordinatenachse
vertikal mit der positiven Seite nach oben, so dass die Curvo convex gegen
die Abscissenachse ist. Ferner sei
X die Abscisse eines Curvenpunktes P^
y die Ordinate „ „ P,
8 der von C bis P reichende Bogen,
% der spitze Winkel zwischen der Tangente an P und der positiven.
Seite der x - Achse ,
*) Aus dem Osterprognuam von 1855 der K. polytechnisch. Schule zu Dresden.
4*
S2 * Kleinere MitÜheiliingen.
^ q der Quersclinitt der Kette im Punkte P,
T die mn dieser Stelle auf q wirkende Spannung ,
y das Gewicht der Voliimeneinheit des Kettenmaterials ,
G das Gewicht der Längeneinheit der Brttckenhahn sammt deren Maxi-
malbelastnng mit Einschlnss des auf die Längeneinheit redncirten
Gewichtes der Tragstangen.
Lassen wir den Bogen s um sein Differential PP^ = ds zunehmen , so
wachsen o:, y, t, T um ihre Differentiale und es entsteht ein Kettenelement,
auf welches vier Kräfte wirken, nämlich die^in tangentialen Richtungen an
P und P, angreifenden Spannungen T und T+ dT^ ferner das eigene Ge-
wicht des Kettenelementes, endlich das Gewicht von demjenigen Theile
der Fahrbahn , welchen jenes Kettenelement tragen muss. Hinsichtlich je-
ner Spannungen ist zu bemerken, dass sie in entgegengesetztem Sinne wir-
ken , dass folglich T mit der Abscissenachse den Winkel i + 180®, und
T+dT mit derselben Achse den Winkel r + dv einschliesst; zerlegt man
jede dieser Kräfte in zwei den Coordinatenachsen parallele Componenten,
so sind die Seitenkräfte von T
Tcos{ieO^ + x) = —Tcost und T sin {ISO^ + v) = — Tsinvj
dagegen die von T+dT •
{T+dT)co8{x + dt) und {T + d T) iin {t + dt).
Femer ist qds das Volumen des Kettenelementes PPti mithin yqds
sein Gewicht, endlich hat das von dem Kettenelemente getragene Stttek
der Fahrbahn die Horizontalprojection von ds, nämlich dx zur Länge, mit-
hin Gdx zum Gewicht; letztere zwei Kräfte wirken vertikal abwärts und
sind daher negativ. Zum Gleichgewichte des Kettenelementes wird nun
erfordert, dass die Summe sowohl der horizontalen als der vertikalen Kräfte
fUr sich Null sei , und wir haben demgemäss die Bedingungsgleichungen :
{T+dT) cos (t + dt) — Tcosx = 0,
{T + dT) sin {t + dv) — Tstnx-^yqds — Gdx = 0^
oder in compendiöserer Form
1) d{TcoST)=0, d {TsinT)^=: yqds + Gdx.
Die erste Gleichung liefert durch Litegration
Tcost=^ Constans ,
und hier ergiebt sich die Bedeutung von Constans dnrch die Specialisirufag
ar = 0, wobei t zu Null und T gleich der im Scheitel C vorhandenen Span-
nung wird; bezeichnen wir letztere mit T^, so ist
2) Tcosv= To oder 7= J© ^^c t.
Vermöge des bekannten Werthes von sect können wir statt dieser
Gleichung
») /='-.s='-.-'/^^W
setzen und erhalten durch Substitution dieses Ausdruckes in die zweite
Gleichung von Nr. 2)
^od(^) = yqds + Gdx,
• ^y • '
oder, wenn wir — wie gewöhnlich mit y' bezeichnen und </« durch dx und
y' ausdrücken
Tody':^(yqj/T+^+G)dx.
Kleinere MiHheilongeii« 63
Nach Sonderling der Variabelen giebt die Integration
4) r, f- ^4== = «+. Com*.,
wobei auf der linken Seite die Fälle eines constanten und eines variabelen
q nnterscbieden werden müssen.
Für ein const^tes q hat zwar die Ausführung der angedeuteten auf y'
besttglichen Integration keine Schwierigkeit, gleichwohl ist aber mit dem
Resultate nicht viel anzufangen. Die gefundene Gleichung zwischen y und
X, welche im Allgemeinen die Fdrm f(jy)z=zx besitzt, muss nämlich auf y
reducirt werden, in der neuen unter der Form yz=sq>(x) enthaltenen Form
wäre dann für y sein Werth 3^ zu setzen und durch nochmalige Integra-
dx
tion nach dem Schema
y=fq>{x)dx = fp{x) + Const
die endliche Gleichung der Kettenbrückenlinie abzuleiten. Von diesen
Operationen ist schon die erste (die Rednetion auf y) unausführbar, weil
das auf y bezügliche Integral Potenzen und Logarithmen von y gleichzei-
tig enthält, wodurch die aufzulösende Gleichung eine transcentende Form
erhält ; hierin liegt der Grund , warum man sich' mit Näherungen begnügen
muss, indem man ^1 + y' • entweder schlechthin =1 , oder etwas genauer
= i + 4y'«^tzt.
Die angedeuteten Schwierigkeiten verschwinden gänzlich bei der Vor-
aussetzung , dass die auf die 'Flächeneinheit des Querschnittes fallende
T T
Spannung — überall dieselbe mithin == — sei , wo g« den Scheitelquer-
schnitt der Kette bezeichnet; wir haben in diesem Falle.
9o.
5) • q=^T=qo$ect = qoyi+tr,
und bekommen jetzt statt der Gleichung 4) die folgende
wobei die Integration wegep des rationalen Nenners sehr einfach wird. Unter
der Bemerkung, dass x und y=zianr gleichzeitig verschwinden, ergiebt sich
oder umgekehrt ,
Durch Multiplication mit dx und nochmalige Integration gelangt man
zur Gleichung der gleichgespannten Kettenbrttckenlinle
^ ^ Y9o To
wobei keine Integrationsconstante beizufügen ist, weil für a;=0 auch y=0
werden muss.
Sind nun die halbe Spannweite a und der Pfeil b gegeben , welche als
rechtwinklige Coordinaten des Endpunktes A betrachtet werden können, so
gilt erstens die Gleichung
34 Kleinere Mittheihingen.
. yqo To
setzen wir zweitens voraus , ^dass die Kette überall die n - fache Sicherheit
darbiete , so muss die auf die Flächeneinheit des KettenqaerschnittB wir-
T T
konde Spannung — =: — der w-to Theil der absoluten Festigkeit den Ket-
^ 9 9o
F
tenmaterials sein: letztere sei -Fund — =z f wir haben dann die zweite
' n ,
Bedingung
-»=/^oder ro = ^oA '
, Um aus den beiden vorhandenen Bcdingungsgleichungen die Unbe-
kannten q^ und Tq zu finden , substituiren wir den obigen Ausdruck für T,
in die erste Gleichung und erhalten :
y q^f
hieraus ergiebt sich q^ , wenn man erst den Hilfswinkel S nach der Forme]
8) lsece = ^-^
berechnet und daraus qo^ sowie Tq ableitet, nämlich
\ya/
Hat man q^ und Tq hiernach ermittelt, so kann man die in den Gleich-
unf^en 6) und 7) vorkommenden Coustanten berechnen, indem man etwa
netzt :
to) /,=-— .A_., k=-/'i+i^ = -L;
die gauze Uechnuiig geht dann nach den Formeln
f X %c
II) y^=z~ l sec rr^ tanT=ktan—^ q^^q^secx, T=^qf,
y h h
und ist äusserst einfach, wenn man Tafeln der natürlichen Logarithmei
der trigonometrischen Functionen zur Hand hat (z.B. J. C. Schulze's Samm-
lung mathematischer Tafeln, Berlin, 1778. 2 Bde.).
Um endlich das Gewicht der Kette zu bestimmen , braucht man siel
nur zu erinnern, dass yqds das Gewicht eines Kettenelementes bedeutet
dass mithin die von a: = 0 bis a: = a genommene Summe aller Elementar-
gewichte das Gewicht der halben Kette giebt. Nennen wir F das Gewichl
der ganzen Kette, so ist hiernach
r=2 jyqds = 2yqo I sccT ds
ar = 0 x=0
und durch .Substitution der Werthe von sec x = }/T+ ian^ x = yi + y *
und ds
Kleinere Mittheilungen. 55
a
r=^yqo ni+k^tan^j^ dx — ^yqoln + k' (hCauj—ajj.
Diese Formel vereinfaclit sich durch die Bemerkung , dass -r- einerlei
h
mit dem vorhin benutzten Hilfswinkel S , mithin h:= ^ ist ; man findet so
12) r=2r«?.['+Ä'(^-i)].
Beispielsweise sei ö = 210', 6 = 30', C=20 Ctnr., w=3, 2?*= 144. 500
Cinr. , mithin /"== 48.500 Ctnr. und y = 5 Ctnr.; die Formel 8) giebt dann
5 30
lsece= ' = 0,00625, ß — 6^24' = 0,1117,
4o . 500
femer ist nach Nr. 9)
4 4
^"^ /48 . 500 . 0,0II17Y ^ ^ 515178 "^ ^>^^^°'>
\ 5 . 210 /
oder nahe
•4
^0=1000" und ro=7TT^- 48. 500 = 17438 Ctnr.
5,517o
Die Formeln ll) werden
y = 4800./^ec^^, ton t = 2,547 . ten j^ ,
^ = 0,7249. 5öcr, r = 24000,5r;
hiemach beträgt z. B. an den Auf hängepunkten der Tangenten winkel 15^57 ',
der Querschnitt 108,57 D" nnd die Spannung 18095 Ctnr., für das Gewicht
der ganzen Kette ergiebt sich 1563,7 Ctnr. Zur Vergleichung setzen wir
die nach der gewöhnlichen parabolischen Theorie (d. h. für q = Consi. und
j/| 4-y'* = l) berechneten Werthe daneben ; sie sind
q = 0,7577 D ' = 109 D " circa ,
ro= 17485 Ctnr.,
^ = lSs' '"''^ = 71'
T= 17485 .secT, r= 1612,4 Ctnr. ,
wonach die gleichgespannte Kettenbrückonlinie bei der nämlichen Sicher-
heit eine Materialerspamiss von 48,7 Ctnr. gewährt.
In practischer Hinsicht bemerken wir noch , dass die wenigstens nähe-
nmgsweise Ausführung einer Kette von wachsendem Querschnitte keine
Schwierigkeit darbietet, weil die einzelnen Kettenglieder aus Schmiede-
eisen hergestellt werden und eben desswegen jede beliebige Form erhalten
können. Auch existirt bereits in London eine derartige Brücke {Hunger-
ford-bridge) , doch ist nichts über die ihr zu Grunde liegende Theorie be-
kannt geworden; wahrscheinlich haben auch die in der Praxis gewandten
und kühnen , mit der Theorie aber meistens wenig vertrauten englischen
Ingenieure überhaupt nach gar keinen Formeln construirt, sondern sich
hier wie bei unzähligen anderen Gelegenheiten auf empirische Versuche
und graphische Methoden verlassen. ' Schlömilch.
56 Kleinere Mittheilungen.
V. Einfacher Apparat zum ITachweis des Zmammeiiliaiiges dar Tonhöhe
mit der Schwingnngsgeiohwindigkeit.
In einer Abhandlung von Oppel (Poggend. Annal. Bd. 94. S. 564)
bezüglich einer besonderen Entstehungsweise von Tönen (Keflexionstöne)
wird gelegentlich von demselben Verfasser eine einfache Vorrichtung an-
gegeben, welche statt der.Savart' sehen Zahnräder oder anderer mehr
complicirter Apparate zur Anstellung der Fundamentalversuche über die
Entstehung der Töne dienen kann. Zum Einbinden der Bücher wird jetzt
häufig ein unter dem Namen „Cambric^^ bekannter Baumwollenstoff, in
welchem verschiedene Muster eingepresst sind, benutzt. Eine der einfach-
sten Sorten derselben ist diejenige^ bei welcher das Dessin als ein System
dichter paralleler gerader Linien sich hervorhebt. Mit diesem
Stoffe überkleide man zweckmässig geformte Körper von Holz oder Pappe,
so dass dieselben fein gefurchte Oberflächen erhalten. Zieht man dann
eine solche Fläche über eine andere, (z. B. die Decken zwdier mit „Cambric"
eingebundener Bücher) etwas rasch und mit massigem Drucke hinweg, so
dass die Richtung des Zugs auf der der gepressten Streifen senkrecht steht,
so hört man deutlich einen etwas hohen Ton, dessen Höhe mit der Ge-
schwindigkeit der Bewegung sich verändert. Ebenso entsteht der Ton,
wenn man über eine der gefürchten Flächen mit der Spitze eines geeignet
zugeschnittenen FederkieJ[es (eines Zahnstochers) in senkrechter Richtung
hinwegfährt. 'Ueberzieht man die cyliudrische Fläche eines Scheiben- oder
trommeiförmigen Körpers (z. B. den Rand einer runden Pappschachtel), der
mit einer Drehachse versehen ist, mit dem genannten Stoffe, so dass die
Richtung der Furchen der Drehachse parallel ist, so hat man eine Vorrich-
tung, welche das Savart'sche Zahnrad für die angegebenen Zwecke recht
gut ersetzt. Man kann mehrere solcher Trommeln von verschiedenen Durch-
messern durch eine gemeinschaftliche Drechachse verbinden und gemäss
nahe liegender Wahl in den Verhältnissen jener Durchmesser beliebige
Tonverhältnisse zur Anscliauung bringen. Voraussichtlich ändert sich auch
unter übrigens gleichen Umständen die JTonhöhe mit der Richtung, welche
man der Bewegung des Federkieles gegen die Richtung der Streifen giebt.
Fährt man in einer krummen Linie über eine so gestreifte Ebene hin, so ist
der Ton in dem Augenblicke am höchsten, wo die Bewegungsrichtung der
Federspitze die Streifen der Fläche rechtwinkelig durchschneidet; vorher
und nachher zeigt sich die Höhe, des Tones um so geringer, je schiefer der
Winkel beider Richtungen ist. Bei kleineren Winkeln (unter 35*^ — 30**)
wird der Ton zugleich merklich unbestimmter und undeutlicher. Es Hessen
sich daher bei einem Systeme vorhererwähnter Trommeln, welche alle über
eine Drehachse geschoben werden können , noch mehrfache Abänderungen
in sofern treffen, als man die Furchen des Stoffes nicht parallel mit der
Drehachse, sondern unter gewissen Winkeln gegen dieselbe geneigt stellte,
um so auch kleinere für gewisse Zwecke vorher bestimmte Tonintervalle
hervorzubringen.
YL lieber die Entstehnng von Tönen dnrch Berühnmg nngleich wanner
Körper hat J. Tyndall neuere Versuche angestellt, deren Resultate zum
Theil mehrere zeither als wahr hingenommene Ansichten berichtigen. Dera-
gemäss ist es zunächst nicht nothwendig, dass die beiden zur Berührung kom-
menden Körper (Wieger oder Wackler und die Unterlage beim bekannten
Kleinere Mittheilungen. 57
Trevelyau' sehen Versuche) verschiedene Metalle sind ; auch gleiche
Metalle geben , bei ungleichem Temperaturzustande unter geeigneten Be-
dingungen in Berührung gebracht, die bekannten Töne*). Auch Antimon
und Wismuth bringen, eben so gut als Träger wie als Wieger verwendet,
die Erscheinung hervor und bilden somit keine Ausnahme unter den Me-
tallen. Ferner ist es nicht nothwendig, dass beide Körper Metalle sind;
auch Unterlagen von verschiedenen anderen nicht metallischen Körpern
sind mehr oder minder geeignet hierzu, nur müssen dieselben — was auch
bei Metallen vortheilhaft ist — da , wo man den Wieger oder Wackler ba-
lanciren lässt, zu einer Kante zugeschärft, nicht abgerundet sein.
Als eine ganz vorzüglich geeignete Substanz zur Unterlage hat sich Stein-
salz bewährt. Auf der Kante eines Würfels davon «geräth ein (messinge-
ner) Wieger schon bei verhältnissmässig geringeren Temperaturerhöhungen
in Schwingungen, wobei ein deutlicher musikalischer Ton entsteht. Die
merkwürdigen thermischen Eigenschaften dieses Salzes sind somit um eine
neue vermehrt. Dieselben Versuche haben auch dargethan, dass die Vibra-
tionen keineswegs mit einer dem Unterschiede des Wärmeleitungsvermö-
geus der Metalle proportionaler Intensität geschehen , und dass das Metall
von schwächerem Leitungsvermögen nicht nothwendig das kältere sein
müsse. So geben kupferne, messingene, eiserne Wieger auf dem Kande einer
dünnen Silberplatte deutliche musikalische Töne. (Poggendorff. Annal.
Bd. 94. S. 613.)
Tu. Das prismatische Spectnim des elektrischen Funkens ist nach
Augström's Untersuchungen als eine Ueberdeckung zweier besonderer
Spectren zu betrachten, von denen das eine dem Metall, oder dem Körper,
aus dem der Leiter besteht, und das .andere der Luft, in welcher der Funke
überspringt, angehört. Es ergiebt sich dieses daraus, dass, wenn der Funke
in anderen Gasarteu als atmosphärische Luft überspringt, das Spectrum
entsprechende Veränderungen zeigt , dagegen bei verschiedenen Metallen,
welche als Leiter verwendet werden, in gewissen Theilen eine Unveräuder-
lichkeit und Unabhängigkeit von der Verschiedenheit der angewandten
Ijoiter zu erkennen giebt. Das elektrische Spectrum ist nämlich durchzogen
erstens von einer grossen Menge leuchtender Linien nach Anzahl und
Vertheilung in ähnlicher Weise wie das Sonnenspectrum von den dunklen
F raun ho fernsehen Linien. Dieselben sind (beim Ueberspringen des Fun-
kens in atmosphärischer Luft) für alle Metalle gleich, variiren nur an Inten-
sität nach ,der Stärke des Condensators und nach dem Feuchtigkeitsgrade
der Luft. Dagegen wird die Anzahl und Lage dieser Linien abgeändert,
wenn man den Funken durch verschiedene Gase gehen lässt. Die helleren
Linien im Spectrnm der atmosphärischen Luft scheinen mehr dem Stickstoff
angehörig zu sein, denn sie erscheinen zwar im reinen Stickstoff wieder,
nicht aber im reinen Sauerstoff (und fast eben so wenig im Kohlensäuregas).
Im Ganzen liegen die meisten hellen Linien beim Sauerstoffspectrum im
blauen und violetten Felde, beim Stickstoffspectrum im grünen und gelben,
beim Wasserstoffspectrum im rothen, was wohl mit den chemischen und
thermischen Eigenschaften dieser Gase im Zusammenhange stehen mag. Die
*) Was übrigens sckön S e e b eck (Folgend., Ann. Bd. 51. 1.) nachgewiesen hat.
58 Kleinere Mittheilungen.
Entstehung dieses dorch die Oase bedingten Spectmms erklSrt Angström
.durch ein Ergltthen der Gastheilehen, hauptsächlich hervorgerufen > oder
wenigstens befördert, wie es scheint, durch das Erglühen der vom Condnctor
abgerissenen und fortgeführten Metalltheilchen. Letztere bedingen nämlich
das Auftreten einer zweiten Art leuchtender Linien im elektdschen Spectrum,
welche glänzender , jedem besonderen Metalle eigenthümlich und von den
vorhergehenden in leicht bemerklicher Weise dadurch unterschieden sind,
dass sie , bei nicht allzu starker Ladung des Condensators , unvollständige
Querlinien bilden, indem sie scheinbar von beiden Kanten des Prisma's aus-
gehend schon erlöschen, ehe sie die Mitte erreichen. Der stärkere Glanz
dieser Lichtlinien verdunkelt die vorhergenannten etwas und erschwert de-
ren Beobachtung einigermaassen , doch sind jene wieder daran leichter zu
erkennen, dass sie mit unveränderlicher Intensität für jeden Punkt der
Querdimensionen erscheinen. Die Veränderlichkeit der Intensität der zwei-
ten Art von Lichtlinien erklärt sich leicht dadurch , dass die von beiden
Polen ausgehenden Theilchen der Leiter unterwegs ihre hohe Temperatur
und zugleich ihre Leuchtkraft verlieren. (Somit scheint aber das Glühen
der Gasthcilchen zu einem grossen Theile auch durch die^directe Fortpflan-
zung der Elektricität hervorgerufen zu werden.) (Poggend.Ann.Bd.94.S.141.)
Vm Optische Eigenschaften einiger Krystalle des toMoralen oder
regulären Systems. Das Gesetz, nach welchen die Krystalle des regulären
Systems in allen Richtungen in gleicher Weisse auf das Licht wirken, das-
selbe einfach brechen und in Bezug auf Polarisation von den ELryställen
anderer Systeme abweichen, hat einige Ausnahmen gefunden. Brewster
entdeckte eine Doppelbrechu n g am Analcim; er bezeichnete densel-
ben als mit unzähligen Achsen doppelter Brechung begabt, weil beim Anal-
cim in mehreren zu seinen Flächen symmetrisch geleg«nen, doch einzelnen
Ebenen nach jeder Richtung die Doppelbrechung fehlt. Ausserdem übt jedes
Theilchen dieses Minerals eine ähnliche Wirkung auf das Licht aus , wie
erhitztes oder gepresstes Glas. Dieselben Eigenschaften besitzen auch Leu-
cit und Boracit. Biot fand, dass mehrere Krystalle des tesseralen Sy-
stems, namentlich Alaun, Flussspath, Kochsalz eine eigenthümlicho
Einwirkung auf polarisirtes Licht haben und somit auf ein Vermögen , das
Licht wenigstens in einzelnen Theilen doppelt zu brechen, schliessen lassen.
Er bezeichnete diese Art von Erscheinungen mit Polarisation lamellaire und
erklärte dieselbe durch Annahme eines lamellenartigen Baues dieser Kry-
stalle (im Gegensatz zu einer molecularen Constitution). Mitscherlich
entdeckte dieselben Eigenschaften am chlorsaurcn Natron und bezeich-
nete zugleich die Krystallisation desselben als eine heraiedrische. An dem-
selben Salz entdeckte endlich H. Marbach in Breslau eine Drehung der
Polarisationsebene, wie sie am Quarz und bis dahin nur an demselben,
beobachtet wurde. (Poggend. Ann. Bd. 91. S. 482) Dieselben Erscheinun-
gen zeigen nach ihm entschieden auch bromsaures Natron, essigsau-
res Uranoxyd-Natron (iVitiO -f- 2 Ur^O^ -f-3 C^H^O^ und wahrscheinlich
noch einige andere Salze, welche die der Polarisation lamellaire besitzen,
nämlich bromsaures Nick oloxydul und bromsaures Kobaltoxydul (Poggend.
Ann. Bd. 94. S. 414). Das chlorsaure Natron, bromsaure Natron und das
essigsaure Uranoxyd - Natron geben nach Marbach die bezeichnete Er-
scheinung in folgender Weise zu erkennen.
SAemere Mittheilungen. 59
1) Von jeder dieser Substanzen findet man einige Krjstalle , welche
die Polarisationsebene nach rechts , andere , welche sie nach links drehen.
In welcher Kiehtnng aber auch diese Drehung vor sich geht, immer ist die
Grösse derselben für beide Arten von Krystallen dieselbe, wenn der vom
Lichte zurückgelegte Weg gleich gross ist.
2) Bei jeder Substanz ist die Drehung der Dicke der Platte proportio-
nal. Legt man mehrere Platten desselben Salzes übereinander, so ist die
Wirkung derselben proportional der Summe oder der Differenz der Dicken,
je nachdem die Krjstalle in gleichem oder entgegengesetztem Sinne wirken.
3) Die Drehung der Polarisationsebene bleibt für dieselbe Substanz und
bei unveränderter Dicke dieselbe , welche Richtung auch die Lichtstrahlen
zu den Krystallisationsachsen haben mögen.
4) Am chlorsauren Natron lassen die entgegengesetzten hemiedrischen
Gestalten (Tetraeder oder Pentagondodekaeder) im Voraus erkennen , ob
der Krystall ein rechts- oder linksdrehender ist. Denn die nach rechts
oder links symmetrisch ausgebildeten Flächensysteme dieser Körper geben
die damit übereinstimmende Drehungsrichtung unmittelbar an.
5) Die beschriebenen Erscheinungen erleiden bisweilen Modificationen
durch die der Polarisation lamellaire. An manchen Krystallen des chlorsau-
ren Natrons werden , wenn sie in den Polarisationsapparat gelegt sind , im
intensiv gefärbten Gesichtsfelde weisse Flecke sichtbar, die bei einer der
Krysiallplatte gegebenen Drehung in ihrer eigenen Ebene Abwechselnd ver-
schwinden und wieder entstehen. Wird ein derartiges Exemplar so in das
verdunkelte Gesichtsfeld des Polarisationsapparates gelegt, dass je ein Paar
der Würfelflächen einer der Polarisationsebenen parallel wird, und durch
das dritte Paar von Würfelflächen das Licht geht, so zeigen sich vier weisse
Flecke auf gefärbtem Grunde , die ein nicht in der Mitte zusammenhängen-
des Kreuz bilden u^d durch zwei Grade symmetrisch geschnitten werden,
welche 45 ® gegen die dem Lichte parallelen Würfelflächen geneigt sind.
Mit einer Drehung des Zerlegers wird der farbige Grund geändert, und
wenn dieser die dunkelste , die violette, Färbung angenommen hat , so sind
die Flecke am deutlichsten; dieselben vorschwinden wieder, wenn die
Drehung fortgesetzt und das Gesichtsfeld wieder hell wird. Sind die Flecke
recht deutlich geworden, so werden sie durch eine Drehung des Krystalles
wieder undeutlicher und verschwinden ganz, wenn die den Lichtstrahlen pa-
rallelen Würfelflächen 45^ gegen die Polarisationsebenen geneigt sind. In
dieser Stellung verhält sich der Krystall ganz wie ein gewöhnlicher dessel-
ben Salzes. Aehnliche Erscheinungen sind an (sehr vielen) Krystallen des
bromsauren Natrons, des bromsauren Nickels und des bromsauren Kobalts
zu beobachten, doch hat Marbach am essigsauren Uranoxyd-Natron keine
Andeutung von Polarisation lamellaire gefunden. An Krystallfragmenten
bleiben diese Erscheinungen unverändert dieselben.
6) Eine Lösung eines solchen Salzes, in eine Köhre von 25 Centimeter
Länge gebracht, zeigt keine Wirkung auf polarisirtes Licht, auch dann nicht,
wenn man nur Krystalle von einer Art, welche eine Drehung nach ein und
demselben Sinne bewirken, aufgelösst hat. Aus einer solchen Lösung von
Krystallen derselben Art scheiden sich sowohl links- als rechtsdrehende
Krystalle aus.
7) Die Grössen der Ablenkungen des gelben, der leinte sensible com-
plement&ren Lichtes sind bei diesen Substanzen im Vergleich zu der beim
60 Kleinere Mittheilongen«
i^MW«««#«M^^W«««^««^^«^IMM^l^^tMMMMA^iAM^^MWWMWMVWM
Quarz , Terpentinöl und der Znckerlösung für die gemeinschaftliche Dicke
von i par. Linie wie folgt gefunden worden.
Quarz 54* rechts oder links,
chlorsaurcs Natron . . . 8^® „ „ „
bromsaures Natron • • • 6^* „ „ „
essigsaures Uranoxjd- Natron 4® „ „ „
•Zuckerlösung 1 ®,65 rechts,
Terpentinöl 0^79 links.
{Compt, Rend. T. XL. p. 7S3. — Poggend. Ann. Bd. 94. S. 413.)
EL Ein neuer ein&cher Liohtinterferenz-Tersuoh wird von A. P o pp e
in Frankfurt a. M. in folgender Weisse angegeben. Man schneide in ein
StauniolblHttchen von einem Punkte aus drei kleine etwa 1 Millimeter lange
Linien unter Winkeln von 120®, biege die drei stumpfwinkligen Lappen so
weit zurück, dass sie auf der Ebene des Blättchens senkrecht stehen and
bringe über die somit entstandene Oeffnung von der Gestalt eines gleich-
seitigen Dreiecks ein Tröpfchen klares Oel oder auch Wasser mit Hilfe
eines feinen Pinsels. Die eingebrachte Flüssigkeit , jvon der sich ein Theil
vermöge der Oapillarattraction in das Loch ziehen wird, breite man auf der
Vorderseite gleichmässig rings um die Oeffnung in eine ebene oder schwach
convexe Fläche aus. Sieht man hierauf durch die dicht vor das Auge ge-
haltene Oeffnung dieses in eine geeignete Fassung gebrachten Präparates
nach einem leuchtenden Punkte, so nimmt man eine schöne und scharf aus-
geprägte lutorferenzerscheinung wahr. In der Mitte des Sehfeldes sieht
man auf lichtgrauem Grunde drei Systeme hyperbolisch gebogener schwar-
zer Streifen, welche durch helle Zwischenräume getrennt sind. Die Achsen
der drei Systeme stossen in einem Punkte unter Winkeln von 120" zu-
sammen. Im weissen Sonnenlichte erscheinen die Streifen gegen die Mitte
des Gesichtsfeldes farbig gesäumt. Bedient man sich eines rothen Glases,
so findet man die Anzahl der dunklen Streifen bedeutend vermehrt. Eines
finsteren Zimmers bedarf man zu diesem Versuche nicht, sondern es genügt
zur Abhaltung des Scitenlichts die Vorrichtung in die hohle Hand zu neh-
men, oder in eine innen geschwärzte Köhre zu stecken und nach dem Son-
nenbilde, welches von der vordem Fläche einer Sammellinse von 6 — 8 Zoll
Brennweite, oder von einem geschwärzten Glase zurückgestrahlt wird, aus
einer Entfernung von einigen Schritten zu sehen.
Die Erscheinung erklärt sich dadurch , dass durch die Adhäsion der
Flüssigkeit an den drei zurückgebogenen Lappen sich besondere, gegen die
Mitte der Oeffnung hin flacher werdende Erhebungen bilden, welche wie
das Interferenzprisma die durchgehenden Lichtstrahlen zur Interferenz
bringen. Die Zunahme des Abstandes der dunklen Streifen mit ihrer
Annäherung nach der Mitte des Gesichtfeldes, ist von dem allmäligen
Flacherwerdcn der Flüssigkeitsprismen gegen die Mitte der Oeffnung ab-
hängig. Der Versuch ist als eine Modification und, wegen der leichteren
Darstellung desselben, als eine Vereinfachung des Fnndamentalversuchs
mit den Spiegeln oder dem Prisma anzusehen. Lässt man den Wasser-
tropfen verdunsten odör vermindert den Oeltropfen in geeigneter Weise, so
.stellt die Erscheinung eine Reihenfolge regelmässiger Phasen von pracht-
vollem Farbenwechsel dar , wobei sich in der Mitte des Gesichtsfeldes ein
regelmässiges Sechseck bUdet, das mit Both beginnend der Beihe nach in
Kleinere Mittheilongen« 61
die übrigen Spectralfarben übergeht, während zugleich an seine Seiten sich
andere Sechsecke unter stetem Farbenwechsel anschlies^en. Je mehr
solche Reihen entstehen , desto kleiner worden die Sechsecke , bis sie end-
lich nicht mehr erkennbar sind. Zuletzt erscheint noch ein dreiseitiger,
mit feinen schwarzen Linien durchzogener Kaum, der in dem Maasse
dnnkler wird , als er sich ausbreitet , bis endlich ein Platzen des Fltissig-
keitshäutchens die Erscheinung beendigt. Die Interferenzfiguren gestalten
sich ganz den gewöhnlichen Gesetzen gemäss anders , wenn statt der drei-
seitigen mit drei zurückgebogenen Lappen versehenen Oefl'nung eine andere
polygonale vorbereitet wird. (Poggend. Ann. Bd. 95. S. 483.)
X. Heber ein eigenthümliches Verhalten des geschmolzenen Wis-
muthfl beim Erstarren bemerkt Kose nach mitpcetheilten Beobachtungen
Ton B. Schneider Folgendes. Es wird gewöhnlich als ein sicherer Be-
weis fHr die Ausdehnung, die das Wismuth beim Erstarren erfährt, ange-
sehen, flass, wenn dasselbe im geschmolzenen Zustande auf eine kalt«
Platte aasgegossen wird, während der Erstarrung zahlreiche Wismuthku-
geln aus der Masse hervordringen. Der Beweis ist 'nicht richtig : gerade
chemisch reines Wismuth , unbeschadet der Ausdehnung , die es beim Er-
starren erfahren mag, zeigt wenigstens nicht die Erscheinung hervordrin-
gender Wismuthkugeln. Diese Erscheinung wird vielmehr nur bei unreinem
Wismuth beobachtet und merkwürdiger «Weise zeigt sich, dass die aus die-
sem hervordringenden Wismuthkugeln einen hohen Grad von Keinheit be-
sitzen. Selbst dann , wenn das angewandte Metall eine bedeutende Menge
fremdartiger Stoffe (Schwefel, Arsenik, Eisen, Nickel, Kupfer, Silber)
in nicht unbedeutender Menge enthielt, wurden bis zu 50 Procent hervor-
gedrangener Wismuthkugeln erhalten , in welchen stets über 99,5 Procent
Wismnth enthalten waren. Bemerkenswerth ist , dass von den schwereren
Metallen nur das Silber dem hervortretenden Wismuth folgt, während z. B.
Kupfer vollständig in der Grundmasse zurückbleibt.
Ohne Zweifel wird das Hervordringen der Wismuthkugeln aus der
Oberfläche des erstarrenden unreinen Metalles dadurch bedingt, dass die
binären Verbindungen und Legirungen des Wismuths mit den es verunrei-
nigenden Stoffen sich im Momente ihrer Erstarrung ausdehnen und dabei
das wegen seines niedrigen Schmelzpunktes und seiner späteren Erstarrung
noch flüssige Wismuth aus der Masse herausdrängen. Da im Zeitpunkte
dieses Hervortretens jene fremden Stoffe bereits fixirt sind, so können sie
dem hervordringenden Wismuth nicht folgen. Dieses Verhalten könnte zu
einer wenn auch nur vorläufigen Keinigung des käuflichen Wismuths be-
nutzt werden. (Monatsber. der K. Prenss. Acad. d. Wiss. 1865. S. 495.)
XL Für das von Wo hl er entdeckte Aluminium sucht man bekannt-
lich in neuerer Zeit bequemere und weniger kostspielige Methoden seiner
Darstellung im Grossen und in zusammenhängenden Massen. In letzterem
Zustande zeigt nämlich dieses Metall Eigenschaften , welche an dem mehr
pulverförmigen Metalle, wie es Wöhler zuerst erhielt, nicht wahrgenommen
wurden. So kann es in zusammenhängenden Massen bis zur Kothglnht er-
hitzt Werden y ohne merklich zu oxydiren, während es in Pulverform zu
weisser Thonerde Verbrennt. Das Metall ist sehr geschmeidige beslUt
62 Kleinere Mittheilnngen.
grosse Un Veränderlichkeit an der Luft, widersteht der Salpeiersftare , soll
als ein vorzüglicher Elektricitätserreger zu galvanischen Elementen vor-
theilhaft zu verwenden sein etc. Dieses Metall wird nach D^ville gross-
tentheils noch mittelst Zersetzung des Chloralaminiums durch Natrium ge-
wonnen , ein Verfahren , das allerdings immer noch als ein mühsames wie
kostspieliges bezeichnet werden muss. Eine Aussicht auf grössere Wohl-
feilheit der Reductionsweise ist insofern gegeben, als es Deville gelungen
ist, die Darstellung des bisher gleichfalls kostbaren Natriums zu verbessern
und wohlfeiler zu machen. Die Anwendung des Chloraluminiums und seiner
Verbindung mit alkalischen Chlormetallen hat indessen wegen der Eigen-
schaft desselben , leicht Feuchtigkeit an sich zu ziehen , noch seine beson-
deren unangenehmen Seiten. Man ist deshalb darauf bedacht , diese Ver-
bindung durch eine andere zu ersetzen. H. Kose hat dafür die Verbindung
des Fluoraluminiums mit Fluornatrium, welche in der Natur als ITry olith
sich vorfindet^ zu verwenden gesucht. Der Kryolith kann mit Leichtigkeit
zu feinstem Pulver gebracht werden, ist wasserfrei, zieht keine Feuchtig-
keit aus der Luft an und bietet somit schon mehrere Vortheile gegen die
Anwendung des Chloraluminiums bei der Darstellung des betreffenden Me-
talles dar. Zudem kommt der Kryolith schon in bedeutenderen Massen
und von grosser Reinheit im Handel unter dem Namen Mineralsoda vor
(der Centner zu 3 Thlr. , für welchen Preis er bisher von Grönland über
Kopenhagen in Stettin zu beziehen ist ; vermittelst gebrannten Kalkes iKsst
sich daraus eine Natronlauge bereiten, welche wahrscheinlich wegen ihres
Thonerdegehaltes sich zur Darstellung mancher Seifen eignen mag). Kose
bediente sich zur Reduction kleiner dünner gusseisener Tiegel , in welchen
das feine Pulver des Kryoliths mit Natrium geschichtet und mit einer Lage
von Chlorkalium bedeckt zur starken Rothgluht gebracht wurde. Nach dem
Erkalten wurde der Inhalt des Tiegels mit Wasser behandelt, wodurch nur
eine sehr geringe , bisweilen kaum merkliche Gasentwickelung stattfand.
Die geringe Menge des entweichenden Wasserstoffgases hat denselben un-
angenehmen Geruch, welchen das bei der Auflösung des Roheisens in
Chlorwasserstoffsäure sich entwickelnde Gas besitzt. Der Kohlengehalt
rührt nur von der sehr geringen Menge des Steinöls her, welches dem Na-
trium auch nach dem Abtrocknen noch anhangt. Wegen der Schwerlös-
lichkeit des Fluomatriums erweicht die Masse nur langsam. Nach 12 Stun-
den indess kann man die ungelösten Klumpen mit einem Pistill in einem
Porzellanmörser zerdrücken. Man findet dann nebst kleineren auch grössere
Kugeln von Aluminium von 0,3 bis 0,4 Gramm Gewicht, welche man ab-
sondert. Die kleineren Kugeln können von der zugleich gebildeten Thon-
erde nicht durch Schlämmen getrennt werdeja. Man behandelt darauf das
Ganze mit verdünnter Salpetersäure , wodurch zwar die geglühte Thonerde
nicht gelöst wird , aber die Kugeln des Aluminiums erst ihren metallischen
Glanz erhalten. Man trocknet sie und nach dem Trocknen trennt man die
feine Thonerde durch Reiben auf seidnem Moussellin von den kleinen Me-
tallkugeln , welche auf dem Zeuge zurückbleiben. Die kleinen Kugeln des
Aluminiums können in einem bedeckten kleinen Porzellantiegel unter einer
Schicht von Chlorkalinm zusammengeschmolzen werden. Sie ohne ein
Flussmittel durch Schmelzen zu vereinigen, gelingt nicht. Denn wenn auch
das Aluminium durch Glühen an der Luft scheinbar sich nicht oxydirt , so
überzieht es sich doch dabei mit einer kaum sichtbaren Oxjdhaut, welche
das Zusammenschmelzen verhindert. Das Zusammenschmelzen unter einer
ELleinere Mittfaeilungen. 63
Decke von Chlorkaliam ist immer mit einem Verlast von Alominiom ver- -
banden ; eine Kagel von 3,w Gramm verlor darch Schmelzen anter Chlor-
kaliam 0,05 Gramm. Es warde daher aach das Verfahren vonD^ville
benatzt, nach welchem die Kngeln des Alominiams in einem hedeckten
Porsellantiegel anter einer Decke von Chloralamininmnatriam vorgenom-
men wird. — Diese Darstellungsmethode lüsst bezüglich der Aasbeate noch
Manches za wünschen übrig. Die günstigste Aasbeute betrag nur 9 Pro-
cent vom verwendeten Kr jolith , der überhaupt nur 13 Procent Aluminium
enthält. Wenn aher auch nur 6 — 4 Procent gewonnen wurden , so musste
dieses Resultat immer noch ein günstiges genannt werden, denn oft wurden
nur 3 Procent und bisweilen fast gar nichts erhalten. Diese verschiedenen
Besaltate hängen zum Theil von dem Grade der Erhitzung ab, sowie da-
von, dass während des Erkaltens, welches beim Zutritt von Luft geschah,
der feinzertheilte Theil des reducirten Aluminiums sich oxydirte. Kose
hofft, dass die Resultate dieser ersten Versuche nach fortgesetzten Unter-
Buchongen günstiger ausfallen werden.
(Monatsber. d. K. Preuss. Academ. 1865. S. 513.)
Xn. Kryitallmodelle ans Glas. Dr. Schnabel, Dir. der Realschule
la Siegen, hat in Verbindung mit dem Oberlehrer Kysaeus Krystall-
modelle aus Glas durch den Bachbindermeister Thomas an demselben
Orte anfertigen lassen , welche den Unterricht in der Mineralogie vor zahl-
reicheren Classen nicht unwesentlich unterstützen und befördern dürften.
Die Modelle ,5 — 8 Zoll gross , sind aus Glastafeln zusammengesetzt , die
Axen and Hilfslinien darin durch ausgespannte Seidenfaden angedeutet,
and Bwar in abweichenden Farben für die verschiedenen Flächen und an-
deren Linien. Die Kanten von den äusseren und inneren Formen sind
dorch Leisten von Papier eingefasst und auch diese haben verschiedene,
der Symmetrie der Kanten entsprechende Farben. Die Modelle umfassen
in drei Abtheilungen : 1) die holoedrischen , 2) die hemiedrischen Gestalten,
nnd 3) die wichtigsten binären Combinationen derselben für die 6 Krystall-
systeme.
Die Modelle der Holoeder unterscheiden sich von den bisher gebräuch-
lichen, aus Holz, Pappe etc. angefertigten dadurch, dass darin die Länge,
Verschiedenheit und Neigung der Achsen zu erkennen ist und die Bezieh-
uogen der Flttchensysteme zu denselben hervortreten; dass die Verschie-
denheit nnd Gleichartigkeit der Ecken und Kanten ersichtlich ist; dass die
Gnmdfbrm and deren Verhältniss zu den abgeleiteten Formen veranschau-
licht ist.
Die Modelle der hemiedrischen Körper sollen dienen , die Entstehung
dieseüf^ormen aas den entsprechenden holoedrischen durch Wachsen und
Verschwinden einzelner Flächen oder Flächensysteme zu erklären und zu
veranschaulichen. Zu dem Zwecke sind die Holoeder aus feinem Carton
oder Glas angefertigt, die Flächen der Hernieder aus Glas über die wach-
senden (colorirten) Flächen gelegt und bis zum Durchschneiden über den
verschwindenden (weissen) Flächen erweitert. Die wichtigsten hemiedri-
schen Foi^men werden noch besonderik mit Achsen und Grundformkanton
construirt.
Die binären Combinationen werden durch die dritte Art von Modellen
erläutert. Die aus Glas oder Carton angefertigte Krystallgestalt , welche
64 Kleinere Mlttheilungen.
dnrch Combination mit einer anderen Abänderungen erlitten bat, ist auf
den Combinationsfläcben mit Glastafeln bedeckt, die bis zur VeryoUstiindi-
gnng des abändernden Krystalles erweitert sind. Hinzugefügt zu diesen
sind noch die wichtigsten Zwillingskry stalle ans Glas mit Achsen.
Die krystallographischen Zeichen nach Weiss oder Naumann sind
auf den betreffenden Flächen in rother Oelfarbe angebracht.
Die Modelle sind verhältnissmässig billig, ihr Preis richtet sich haupt*
sächlich nach der Anzahl ihrer Flächen. Im Durchschnitt wird die Glas-
fläche zu 2 Sgr., die innen liegende Pappfläche zu 1 Sgr., jeder einge-
spannte Faden zu 1 Sgr. berechnet. (Poggend. Annal. Bd. 96. 8. 626»)
XnL Ueber Anfbewahrung des Brausepulvers, von Otto. Zu den
gebräuchlichsten Hausmitteln gehört jetzt das Brausepulver, am besten zu-
sammengesetzt aus 3 Theilen Weinsäure und 5Theilen doppeltkohlensaurem
Natron. Merkwürdig ist es nun, dass dasselbe in einer Glasflasche mit ein-
geriebenem Glasstöpsel schon nach einigen Tagen unbrauchbar wird, indem
es sich zu einem Klumpen zusammenballt und damit den Beginn einer Zer-
setzung anzeigt, während es sich in einer ganz gewöhnlichen Pappschach-
tel, wenn dieselbe nicht an einem feuchten Orte aufbewahrt wird, ganz
vortrefiElich hält und seine lockere Beschaffenheit bewahrt. Die Ursache die-
ses eigenthümlichen Verhaltens liegt höchst wahrscheinlich darin , dass das
Pulver eine gewisse Menge von Feuchtigkeit enthält, welche seine Zer-
setzung einleitet, wenn dieselbe nicht abdunsten kann oder weggeführt
wird. Wird das Brausepulver scharf getrocknet und nachher in ein Glas
gethan, so hält es sich besser; werden dagegen die Ingredienzen dazu vor
dem Vermischen einzeln getrocknet, so zersetzt sich die Mischung in einem
Glase ebenfalls sehr leicht. Es scheint somit, dass die Feuchtigkeit des
Natronsalzes, welche die Zersetzung einleitet, in Folge der durch das
Mischen des Salzes mit Weinsäure bewirkten Auflockerung und Zertheilung
leichter und bei niederer Temparatur abdunsten könne.
(Annal. d. Chem. u. Pharm, v. Wöhler. Bd. 93. S. 378.)
Praktisclie Notizen.
Pur Zeichner. Wer öfter Zeichnungen copirt hat, wird die Uebel-
stände kennen, welche aus der geringen Steifigkeit und unbedeutenden
Haltbarkeit des gewöhnlich benutzten durchscheinenden Papiers erftsprin-
gen; da auch das Aufkleben einer solchen Copic auf stärkeres Papier häu-
fig mit dem Zerreissen oder Verziehen derselben endigt, so ist in der That
ein längerer Gebrauch derartiger Copieen kaum möglich. Frei voü^allen
diesen Unbequemlichkeiten hält sich eine neuerdings in den Handel gekom-
mene Copierleinwand, die wir aus eigenem mehrfachen Gebraitche den
Zeichnern bestens empfehlen können. Wir legen eine Probe dieses aus-
gezeichneten Fabrikates bei , welches durch Robert Winckler in
Chemnitz zu beziehen ist. SchI/Ömilch.
IV.
Heber die Einfahnmg unserer gegenwärtigen Ziffern
• in Europa.
Von De. Cantoe, Privatdocent in Heidelberg:
nXjdi^ Gedanke, alle Quantitäten durch neun Zeichen auszudrücken, in-
dem man ihnen zugleich einen absoluten und einen Stellungswerth giebt,
ist so einfach, dass man eben deshalb nicht genugsam erkennt, welche Be-
wunderung er verdient."
Wenn noch der berühmte Verfasser der exposition du sysUme du tnonde
sich in dieser Weise aussprechen konnte , so wäre der jetzigen Generation
gegenüber ein solcher Vorwurf der Undankbarkeit wohl ungegründet, in-
dem in diesem Jahrhunderte die bedeutendsten Forscher sich gerade mit
Untersuchungen über die Erfindung unseres Zahlensjstemes beschäftigten
und in der Heftigkeit ihrer Polemik ein glänzendes Zeugniss von der
Wichtigkeit des behandelten Gegenstandes ablegten*). Wenn wir auch
nach diesen Gelehrten versuchen wollen, über denselben Gegenstand Mit-
theilongen zu machen , so ist unser Zweck weniger der , Neues zu liefern,
als vielmehr das vorhandene Material zu sichten und unbeschadet der
scheinbaren Widersprüche es zu einem klaren Bilde zu vereinigen. Eben
deshalb wollen wir uns. auch auf die Betrachtung eines einzigen Zahlensj-
stemes beschränken und von anderweitigen Bezeichnungen nur so viel er-
wähnend vorausschicken, als zum Verständniss unumgänglich ist.
So ist aber vor Allem nothw endig ein Begriff von der Zahlenschrift
der Römer und Griechen. Beide basiren sich, wie es die Sprache auch mit
sich brachte , auf die Grundzahl 10. Bei den Römern bezeichnete ein Ver-
ticaistrich I die Einheit; zwei zu einem Kreuze verbundenen Striche X die
2#ehner; drei Striche, von denen einer vertical, zwei horizontal.waren, Q die
Hundert; endlich vier Striche, wo drei verticale von einem horizontalen
*) Zu den Hauptarbeiten, die in dieser Eichtang erschienen sind, gehören : Man-
nert, bt nwnerorum quos Arabicos vacani, vera origine Pyihagorica, (Norimb, 1801). Alex,
von Humboldt , Ueber die bei verschiedenen Völkern üblichen Systeme von Zahlzei-
chen etc. (in Crel]e*s Journal für reine und angewandte Mathematik Bd. IV, Berlin 1829).
Chasles, Geschichte der Geometrie (übersetzt von Sohncke 1839 8. 526 ff. der Ueber-
setzung). Libr% HUtohre des sdences mathimaiiques en Italie (Paris 1838 T. I. pag, 193,
201, 377, r. //. pag, 21, 287j. Nesselmann, Geschichte der Algebra bei den Griechen
(Berlin 1842, drittes Kapitel: Ueber Zahlensysteme nnd Zahlzeichen).
Z«iUehrift f. lUlhtmaÜk v, Physik. 1. 5
66 lieber die Einführang unserer gegenwärtigen Ziffern in Europa.
bedeckt waren, [J[ die Tausend*). Daraus bildeten sich zum Theil durch
Abrundung die späteren Zeichen I, X, C, (I) und aus den drei letzteren
durch Halbirnng die deichen V, L, D für 5, 50, 500, womit auch der Grund-
zahl fünf ein Recht eingeräumt war. Alle zwischenliegenden Zahlen bilde-
ten sich durch blosse Juxtapposition theils additiv, theils subtractiv, je
nachdem ein Zeichen, von geringerem Werthe einem höheren folgte oder
voranging. Wir Ifinden in dieser Art der Bezeichnung die unvollkommenste
Spur eines Systems, das unbehilflichste Mittel Rechnungen auszuführen.
Ganz unverhältnissmässig höher steht schon die Art, wie die Griechen
ihre Zahlen schrieben. Bei ihnen waren schon besondere Zeichen für die
einzelnen Zahlen zwischen jenen Hauptgrenzen so weit vorhanden, dass
jeder der verschiedenen Einer , Zehner und liunderter durch einen beson-
deren Buchstaben ihres Alphabetes angegeben wurde, was sowohl die Aus-
sprache der einzelnen Zahlen bedeutend erleichterte, als auch der Rech-
nung eine übersichtlichere Basis darbot. Missverständnissen war dadurch
vorgebeugt, dass in der Regel die Buchstaben als Zahlenausdrücke durch
einen darüber gezogeneh Horizontalstrich ausgezeichnet wurden, wie es
auch bei den semitischen Völkern gebräuchlich war, z. B. fi^=48, ^oiy=778,
i]^=:3il. Um die Tausender zu schreiben, wurden die früheren Buchstaben,
welche 1 bis 9 bezeichneten, wieder benutzt, indem denselben ein seitwärts
unten angebrachter Strich den so erhöhten Werth beilegte, z. B. ^o=1000,
j? = 2000, ^6 = 9000. Um 10000 hingegen jsu schreiben, benutzte man nicht
i sondern Moder Mv. als Anfangssilbe des Wortes [ivqiag, welchen Zei-
chen die Einheitszahlen als Factoren entweder vorgestellt, oder fiberge-
schrieben, oder auch wohl hinten angehängt wurden.**)
Jedenfalls ist aber nicht zu verkennen , dass der Gebrauch desselben
Buchstabens mit oder ohne Strich in verschiedener Bedeutung, sich schon
sehr der Bezeichnung nähert, welche e\nen Positionswerth anerkennt; und
hätte man, wie Humboldt scharfsinnig bemerkt***), die Strichnotation für
alle Gruppen angewandt und alle Zeichen nach dem 0=9 unterdrückt, so
hätte man in ß mit einem oder zwei oder drei Strichen Ausdrücke für iO,
200, 2000 gehabt, und wäre fast mit Nothwendigkeit auf die Bezeichnung
durch Stcllenwerth gekommen. Wenigstens lässt es sich nachweisen, dass
auf ganz ähnliche Art die chinesische ZiiFernschrift entstanden istf), die
von unserer jetzigen europäischen nur darin abweicht, dass die Zehner nicht
^links von den Einem, sondern über denselben stehen etc.
Unserer jetzigen Bezeichnung noch näher kamen die Griechen bei der
Art , wie sie sechzigtheilige Brüche schrieben , wo der Nenner des Bruches
nur durch accentartige Striche angegeben wurde. So bekamen die Sech-
zigstel eines Grades oder die Minuten einen Strich, die Sechzigstel der
Minuten oder die Secundcn zwei Striche n. s. f., eine Schreibart, deren wir
uns noch heute bedienen, um das Maas eines Winkels anzugeben. In dieser
Gedankenverbindung soll sogar das Zeichen der Null als Merkmal eines
*) Vergl. P. Rwni Scholarum Mathematicm'ton Ubriimus et triginia, BasüeaBf 1569, 4.
p. 1 17 und 0. J. Voasii de universae mai/ieseos natura et constitutione Über, cm subjungiiur
chronologia mathetfiaticortim, Atnstetod. lOoü, 4. Cap, VII L §. 4*.
**) Verjifl. NcRHeliiiiinn, Gcschiclite der Algebra bei den Griechen, S. 80.
*♦*) Vergl. Grelle, Journal für reine und angewandte Mathematik, Ud. IV, S. 222.
t) Vergl. Librx, Ilittoire de sciences mathanatiques en Italic T. I, p, 202.
Von Db. Caktob, Privatdocent in Heidelberg. 67
fehlenden Olredranges in Mannscripten des Pto lern aens vorkommen*),
sowie Boeckh Aehnliches auf einem von Müller bei Athen aufgefundenen
Steine entdeckt haben will**).
In demselben Grade , wie die Zahlenschrift der Griechen über äer der
Bömer stand, in demselben Grade war auch die Rechenkunst derselben
weiter vorgerückt, und nur so liest man ohne allzugrosse Verwunderung z.
B. die vollständige Theorie der Quadratwurzelausziehung bei Theon von
Alexandrien ***) dem Commentator des Ptolemäus aus dem vierten Jahr-
hundert. ,
Eine Frage von .grösster Wichtigkeit nun für unsere ganze Unter-
suchnng liegt darin, ob es nicht ausser der volksthümlichen Zahlenbezeich-
nung durch Buchstaben noch eine andere dem europäischen Systeme ganz
nahe stehende gab, aus welcher, eben jene Bruchbezeichnung herstammte,
nnd welche als der Wissenschaft allein angehörig vielleicht in dem ver-
loren gegangenen Werke des Archimed über Zahlensysteme, in den aqxalg
auseinandergesetzt war?
Zuerst Mannert, dann Chasles sprachen sich für die Wahrscheinlichkeit
aus, Libri dagegen. Und doch verschwindet bei näherer Betrachtung ihrer
Ansichten dieser .scheinbare Widerspruch, und beide treffen in der Mitte
überein , wo auch nach unserer Ansicht das Richtige zu finden ist Auch
wir glauben zwar nicht an eine ausgebildete Ziffernschrift von der ange-
gebenen Art, schon deshalb nicht, weil eine solche kaum ausschliessliches
- Eigenthnm der Gelehrten hätte bleiben können , weil sie dann wohl auch
in deutlichen Ueberresten vorhanden sein müsste. Aber wir glauben an
eine nach decadischem Systeme eingerichtete Rechenme-
thode, an die Existenz einer Rechentafel bei den Griechen in sehr früher
Zeh, einer Tafel , welche die entschiedenste Aehnlichkeit mit dem Abacus
der späteren Römer, mit dem Suanpan der Chinesen besass. Zeugnisse
dafür liefern viele alte Schriftsteller f) und ein römischer Abacus war noch
im 17. Jahrhunderte in den Händen eines augsburgischea Patriciers ff) aus
der bekannten Familie der Welser , der eine Beschreibung davon hinter- .
Hess. Ausführlicheres hat darüber Klügel in seinem mathematischen Wör-
terbuche (Bd. II, S. 736) unter dem Artikel „Instrumentale Arithmetik", wo
jene Beschreibung so wiedergegeben ist :
„Der Abacus war von Metall und hatte 8 längere und 8 kürzere
Einschnitte, je einen von jenen mit einem von diesen in gerader Linie.
In den Einschnitten waren bewegliche Stifte mit Knöpfen , in einem der
*) Vergl. Delambrc, Ueber die Arithmetik der Griechen, tibersetzt von Hoffmann,
Mainz 1817, 8. 11.
♦*) Vergl. Index lectionum qxiae in ttniversitate Frid. Ouilelma per semestre aestwnm
amd 1841 instiiuentwr.
***) Die ersten Ausgaben des betreffenden Werkes sind: Kl, IlToXBfAdiov (AsydXfjg
övrtäiBmg ßißX. ty, Simvog 'jtXt^ccvdQtag itg xd dvtd vnofivrjfidTav ßißX. la Basüeae
1553 nnd 1538.
+) Die Uanptstelle ist bei PolyhiusY, 26, 13: ^Ovtmg ydg iiaiv ovroinaQonXijaioi
Tttt^ inl %mv dßanlnv ^q>otg, 'Bkttvdi tb ydq %axä rrjv tov fprjfpitovtog ßovXrjOtv aqxi
XaXnovv %ai na^ctvjlna xdXctvxa tüxovatv oi xs nsQl xag dvXdg nccxd x6 xov ßaotXimg
ptvfut fumdifioi^ Tud ncegä noSag iXtiivol ylyvovxai. Femer Persiua Sat. /, v. 132; TVec
qui abaco numerus et seciu in pulvere metax seit. Dann noch Plntarch. vita Catonis Uttcensis
am Ende und Martiawa Capctla, de nuptiis Philologiae et Meraini, lih, VI de Oeometria.
tt) Vergl. Mord Velseri apera, Norib, 1082 pag. 819.
5*
68 Ueber die EinfUhrong unBerer gegenwärtigeü Ziffern in Eoropa.
längeren 5 Stück, in den übrigen 4, in den kürzeren je 1. Die längeren
Einschnitte waren bezeichnet mit:
e-i.x.c.(i).((i)).(((i))).[i].
Der Gebrauch dieser Rechentafel ist leicht einzusehen. Die Stifte oder
Knöpfchen 'in den längeren Einschnitten bedeuteten einzelne Einheiten
ihrer Klasse , die einzelnen Knöpfe in den kürzeren Einschnitten galten
5 solcher Einheiten. Der mit 0 bezeichnete Einschnitt enthielt die asses^
die übrigen die uncias oder sesteriios, Einer, Zehner, Hunderte etc. In
dem ersteren Einschnitte konnte man bis 1^ bemerken und wenn noch
mehrere dazu kamen, statt 12 daselbst I in dem Einschnitt I angeben.
In den folgenden 7 Einschnitten konnte man bis 9 Einheiten in jeder
Klasse von den Einern bis zu Millionen bezeichnen, wenn man die Knöpfe
von dem unteren Ende eines Einschnittes bis zu dem oberen yerschob,
um sie dadurch zu bedeutenden Zahlzeichen zu machen. So zeigten
2 verschobene Knöpfe in einem längeren Einschnitte und der einzelne in
dem zugehörigen kürzeren fortgerückt die Zahl 7 in der entsprechenden
Klasse an. Neben dem längeren Einschnitte für die Asses finden sich
noch 3 kleine mit 2 oder 1 Knöpfchen und gewissen Beizeichen. Ver-
muthlich dienten sie zu einer Bruchrechnung.*^
Nicht viel anders war der Suanpan der Ost- Asiaten, nicht viel anders
auch die Rechentafel, die an Ende des 16. Jahrhunderts in Deutschland
von allgemeinem .Gebrauche war, und welche von Büchern aus jener Zeit
dem Pythagoras zugeschrieben wird. Ein bedeutsames Denkmal in dieser
Beziehung ist die margaritha philosophica des Gregorius Reisch {Heidelbergae
1496, Argentoraii 1512 und häufiger). In diesem mannigfach merkwürdigen
Buche '*') findet sich nämlich ein Holzschnitt, auf welchem Pythagoras, wie
es die Ueberschrift ausser Zweifel lässt, mit einer Rechentafel abgebildet
ist, während neben ihm Boethius eine Rechnung mit Ziffern ausführt, die
mit den jetzigen völlig übereinstimmen. Auf letzteren Punkt werden wir
sogleich noch zurückkommen. Vorläufig galt es uns nur wahrscheinlich zu
machen , dass schon den alten Griechen der Sßa^ Nichts fremdes war , dass
wenigstens die P3rthogoräer und sonstige Mathematiker mit ihm vertrant
waren.
Wenn aber diese Thatsache anerkannt ist, dann war bei der UnbehilfT
lichkeit der metallnen Rechentafeln nichts natürlicher , als dass man bald
darauf kommen musste , in Ermanglung einer solchen einen Abacus in den
Sand zu zeichnen und die Knöpfchen durch Punkte zu ersetzen. Dann
war es auch ein leichter Schritt, die in jeder Columne enthaltenen Punkte
durch ein Zahlzeichen anzugeben. Anfangs mochten dazu die Buchstaben
des Alphabetes dienen, wenigstens haben wir keinen Grund das Gegentheil
anzunehmen. Später aber wurden von Einigen, wie die Quellen sagen**)
statt der Buchstaben besondere Zeichen mit besonderen Namen gewählt;
und diese Einige waren wohl nur solche, die mit indischen und semitischen
Völkern auf Reisen zusammengekommen waren, denn sowohl jene Zeichen
als ihre Naipen weisen deutlich auf diesen Ursprung hin. Gemeingut, selbst
*) Die straasburger Ausgabe, die einzige, deren wir uns bedienen konnten, ent-
hält eine Karte , auf welcher Amerika verzeichnet ist ; sowie eine hebräische Gram-
matik, welches nicht ohne Interesse sein dürfte, wenn man die Schwierigkeiten ver-
gleicht, mit denen noch Luther bei seiner Bibelübersetzung zu kämpfen hatte.
**) Die hierher gehörige Stelle aus der Geometrie des Boethius ist bei Mannert
und Chasles abgedruckt. Dann auch bei Nesselmann S. 93.
Von Db. Cantor, Privatdocent in Heidelberg. 69
der Gelehrten , war aber diese letztere Neuerung gewiss nicht , geschweige
denn dass sie ins Volksleben übergegangen wäre.
Deshalb finden wir auch so lange keinen sicheren Beleg vom Gebrauche
eines solchen Columnenwcrthen bis zu Sexlus Julius Africanus^ der um das
Jahr 222 unserer Zeitrechnung in seinem xcaroi eine römische Signalein-
richtnng beschreibt, die eines solchen sich bedient. Es waren nämlich drei
SignaUtangen aufgerichtet und an jeder konnten Fackeln befestigt werden.
Dann bedeutete jede Flamme links eine Einheit , in der Mitte Zehen und
rechts Hundert*).
Solche Andeutungen mögen noch hin und wieder vorhanden sein. Zur
Gewissheit aber wird das bisher Ausgesprochene durch eine berühmt ge-
wordene Stelle aus der Geometrie des Boethius , welche , wenn auch nicht
in allen Manuscripten , doch in zwei an verschiedenen Orten aufbewahrten
sich findet. Der Codex dieser Geometrie in Chartres, sowie der in Altdorf
beide aus dem elften Jahrhunderte , beschreibt ganz deutlich eine Richen-
tafel und setzt hinzu, die früheren Mathematiker hätten sie dem Erfinder
zu Ehren Tafel des Pythagoras genannt, in späterer Zeit habe man
dafür das Wort abacus eingeführt. Andere Exemplare haben allerdings auch
diese Namen, aber statt der Rechentafel eine Multiplicationstabelle und
daher rührt die so lange verbreitete apocryphe Meinung, als habe das so-
genannte Einmaleins Pythagoras zum Verfasser. Die erwähnten Manuscripte
haben femer beide jene schon oben angeführten Zeichen, die unter sich
nur wenig verschieden**) ihre Verwandtschaft mit den jetzt gebräuchlichen
Ziffern auch dem ungeübtesten Auge verrathen, während die Namen we-
nigstens zum grössten Theil von Nesselmann als semetisch erklärt sind.
Wenn daraus geschlossen werden kann, dass Boethius einen Positions-
werth von Ziffern kannte, so war diese Ansicht zu Anfang des 16. Jahrhun-
derts zur Genüge verbreitet. Das ist der Sinn jenes Holzschnittes aus der
margariiha philosophica. Dasselbe bezeugt ein anderes gleichzeitiges Werk,
welches Kästner in seiner Geschichte der Mathematik (Bd.I, S. 82) beschreibt,
nämlich die Arithmetice opuscula duo Theodorici Tzrvivel^ Monasterii 1507. In
diesem heisst es ausdrücklich von den neun Ziffern : characteres sive nume-
rorum apices a divo Severmo Boeihio mtncupantur.
Durch diese nicht we^rzuleugnende Uebereinstimmung so vieler Quellen
ins den verschiedensten Zeiten scheint es uns zur Evidenz erwiesen , dass
schon die alten Griechen und Kömer eine Rechenmethode besassen, welche
von dem Positionswerthe der Zahlzeichen Gebrauch machte und dass nur
4rci allerdings wesentliche Momente der Verschiedenheit von der heutigen
Zifferschrift es waren, die es erlauben, noch von einer Einführung der-
selben zu sprechen. Diese Momente bestehen darin, dass
1) der Abacus der Alten nur eine Rechenmethode, nicht aber eine
Schrift war;
2) dass die Alten Columnen nöthig hatten, um den Stellungswerth der
einzelnen Zahlzeichen anzugeben;
3) dass eben deshalb um das Nichtvorhandensein von Einheiten eines
bestimmten Ranges anzugeben, das Leerlassen der betreffenden Co-
lumne genügte, während wir uns dazu eines besonderen Zeichens,
der Null bedienen.
♦) Verg^l. Vhicent in den Comptes rendus kebdomadaires des siances de Vacndimie des
$cienee$ fdr den 3. Januar 1842 (T. XIV, p. 13).
**) Die Zeichen vergl. Nesselmann 8. 100, die Namen nnd deren Ableitung S. 102.
70 Ueber die Einflihrang unserer gegenwärtigen Ziffern in Europa.
Die Hauptfrage ist also die : Wo wurde das Zeichen der Null erfunden,
wann und durch wen wurde es in Europa bekannt?
Den früher erwähnten Hypothesen , als fände sich die Null schon bei
den Griechen, dürfen wir nur wenig Gewicht beilegen, weil auch, wenn sie
überhaupt begründet sind, keine der aus diesem Gebrauche so leicht folgen-
den Consequenzen irgend Beglaubigung finden. Wir stimmen daher mit der
verbreitetsten Ansicht überein, dass den Indern die Ehre dieser Erfindung
zukommt , und dass von ihnen erst die Araber sie erhielten in einer Zeit,
deren Ermittelung wir Anderen überlassen müssen , denen die Werke in
jener Sprache zugänglich sind:
Nur so viel müssen wir bemerken, dass die Behauptung von Libri*),
als hätten die Araber im Jahre 700 die indischen Ziffern noch nicht gekannt,
völlig unhaltbar erscheint. Abul — Pharajii hisL compend. dynasL sagt auf
8. 139 (nicht S. 127 wie bei Libri citirt ist) Chalif Welid I. habe 699 das
Gebo^ erlassen , die öffentlichen Bücher künftig arabisch zu führen , ohne
etwas über die Zahlenbezeichnung hinzuzusetzen. Die Stelle in des Theo-
phanes Chronicon aber ist so unverständlich**), dass wir es für sehr gewagt
halten, ihr* mit dem Commentator Jacobus Goar (um 1500) den Sinn beizule-
gen , als hätten die Araber damals noch keine Ziffernschrift gehabt. Denn
jedenfalls war denselben doch, wie aus anderen Quellen bekannt genug ist,
die Bezeichnung der Zahlen durch Buchstaben gebräuchlich , und die war
nicht schwerer und nicht leichter als die der Griechen. Es war also kein
Grund vorhanden, die Zahlen auf griechische Art schreiben zu lassen, wäh-
rend alles Uebrige arabisch eingetragen werden musste. Bei dem gänzlichen
Mangel authentischer Nachrichten***) ist daher dem auch sonst unzuver-
lässigen Theophanes hier kein Glaube zu schenken. Am wenigsten aber
möchten wir, wie Libri es thut, die Erklärung eines späten Commentators
als quellenmässige Ansicht substituiren.
So wissen wir denn positiv nur, dass Alkindi im 9. Jahrhunderte die
indische Arithmetik kannte ; wahrscheinlich abet war sie schon viel früher
bekannt. Jedenfalls kam die neue Arithmetik durch die Araber nach Spa-
nien und bildete einen der Gegenstände, die an den dortigen gelehrten
Schulen ausgebildet wurden ; dieselben gelehrten Schulen , deren productiv
mathematische Bedeutsamkeit man zu lange unterschätzt hat. Freilich war
die Abgeschlossenheit von dem übrigen Europa einerseits und das mangelnde
Interesse für die Wissenschaft andrerseits der Art, dass nur wenig von den
neuen Entdeckungen durchdrang. So existiren schon vor dem Jahre 1200 .
deutliche Spuren einer Buchstabenrechnung f) bei Ihn Almonam^ bei Alahdam
und bei Ihn Alhanhä^ während erst Franciscus Vieta (1540 — 1603) als europäi-
scher Erfinder derselben gilt. Ganz ähnlich ging es mit der decadischen
Ziffernrechnung. Während sie bei den östlichen dann bei den westlichen
Arabern mehr und mehr blühte, ging parallel damit ein allmäliges Vergessen
*) Vergl. Libri, Ilistoire des sei. math. en Italie T. I. p. 378.
**) Kai* ixdXvas yQdq)Sö9'ai 'EXXrjviaTl zoifg drjfioaiovg rmv Xoyod'Bolcov xcoSixag^
dXX' 'ylQaßioig, dvrä nccQacrjfidiviö^ai z^9^S ^^f tpijqxovy infidrj ddvvcttov xrj ixfivtov
yXmaarj fiovdÖa rjövada ij TQiäda ij oxroo -^fitifv ij TQla yqdtptaO'ai' Öiö x€cl ^tag aijfie^bv
.tiötv aifv avTotg vordqtoi XQiatiavoi,
***) Herr Professor G. Weil, der gelehrte Verfasser der Geschichte der Chalifea,
versichert uns, dass selbst das von Abulpharajiiis angeführte Gesetz in lUteren QiicU
len nirgends erwähnt werde.
t) Vergl« Woepke in dem Coupes Rendus vom 17, Juli 1854,
Von Db. Cantob, Privatdocentin Heidelberg. 71
des früheren Abacussystemes in dem christlichen Europa, so dass nur einige
erwähnenswerthe Werke über diese Rechnungsmethode sporadisch auf-
tauchen ; und auch diese nur innerhalb eines bestimmton engen Zeitraumes
von 150 Jahren, vom Ende des 10. bis zur Mitte des V2, Jahrhunderts. Es
sind dieses Werke, die alle einerlei Ursprung haben, die alle der von Ger-
be r t in Keims gestifteten Schule angehören.
An der Spitze steht die berühmte Abhandlung yyde nutnerorum divisione^^
welche von einer Widmung an Constantinus als Vorrede begleitet ist Auf-
fallender Weise findet sich dieselbe nicht nur in den Werken Gerberts (der
bekanntlich als Pabst Sylvester 11. 1003 starb) , sondern auch in fast wört-
licher Uebereinstimmung unter den Werken des englischen Mönchs Jß e d a
Vencrabilis, der drei Jahrhunderte früher (675 — 735) lebte. Es scheint in-
dessen keinem Zweifel unterworfen, dass Gerbcrt der wahre Verfasser dieser
Unterweisung in der Methode des Abacus ist, und zwar dass er die Kenntniss
derselben aus der Geometrie des Boethius geschöpft hat.
Für das Erstere spricht ausser dem Zcugniss des William von Malmes-
btiry (um 1250), der das Datum der Schrift näher auf das Jahr 999 präcisirt ^)
noch die Bemerkung des Richerus , eines Freundes Gerberts , dass „wer in
der Kunst des Abacus sich unterrichten wolle, dai^Buch lesen müsse, welches
Gerbert an C. den Gramatiker geschrieben habe*^ **). Und dass dieser C.
der Gramatiker Niemand anders als jener Constantinus ist, geht wohl mit
Bestimmtheit daraus hervor, dass auch sonst noch Briefe mathematischen
Inhaltes von Gerbert an seinen Freund Constantinus, einen Mönch der Abtei
Fleury existiren ***) , während bei Beda dieser Name nirgends weiter vor-
kommt. Zudem ist es durch den neuesten Herausgeber von Beda's Werken
klar genug gezeigt, mit welcher Schamlosigkeit man diesem Autor fremde
Arbeiten zuschrieb f) ; und ziehen wir endlich noch in Betracht , dass nach
der so gründlichen Darstellung der hiographie universelle (neueste Ausgabe)
Beda niemals England verlassen hat, dass also seine Kenntnisse in der
Arithmetik nur um so räthselhafter erscheinen würden, so ist die Autorschaft
Gerberts wohl bestimmt genug nachgewiesen.
Eben so evident erscheint es uns, dass Gerbert seine Kenntnisse in
dieser Beziehung aus der Geometrie des Boethius und nicht, wie man sonst
wohl behauptete, von den Arabern her hatte. Der schlagendste Grund dafür,
den zuerst Chasles anführte, liegt darin, „dass zur Zeit Gerberts die Mauren
io Spanien, sowie die Indier und Araber sich der Null (oder des Punktes
ab Null) bedienten; so dass Gerbert, indem er ihr Zahlensystem lieferte,
von der Null Gebrauch gemacht und ausdrücklich gesprochen hätte, wovon
wir aber in dem genannten Werke keine Spur finden , in welchem wir viel-
mehr annehmen müssen, dass dieses Ililfszeichen durch die Anwendung der
*) Vergl. Moniuela, Histoire des mathimatiques , nouvelle ediiion T, J. p, bOl, Kb
wäre also kurz vor seiner Erhebung zum Pabstc geschrieben, da diese am 2. April 909
stattfand.
♦*) Richeri histotiarum libri IUI in den von Pertz herausgegebenen monwnenta Ger-
maniae historica, T, Z, p. 618. Die hierher gehörigen Stellen finden sich auch in einer
Abhandlnng von Chasles: Comptes rendus vom 23. Januar 1843.
*•♦) Vergl. Histoire literaire 'de ia Frtmce, T. VI, p. 576 und 583.
i) Giles sagt in der Vorrede zu Beda's Werken, London 1843: The sh/melessness,
trith mhich ncrks were falsely ascribed io Bede ut sufficiently evident from onc instance, The
mnsical tracts eoniafn French names ofairs, but thal Umguage could not have been spoken tili
mmy aget öfter (he time ofBtde.
72 lieber die EinfUhrongninserer gegenwärtigen Ziffern in Europa.
Colnmnen ersetzt wurde, wie bei Boothius."*) Zur Unterstützung dient
dann der schon erwähnte Richerus, welcher ausdrücklich sagt: In geomebria
vero non minor in docendo lahor expensus estj cujus introduciioni abacum, id est
iabulam dimensionibus aptam opere scutarii effecit. Cujus longiiudini in viginH
Septem partes diduciae novem uumero notas omnem numerum signifi-
cantes disposuit. Ad quarum etiam similitudinem mille corneos effecit caracie-
res, quiper viginti Septem abaci partes mutuati cujusqüe numeri muUiplicationem
sive divisiojtem designarent. Eine deutliche Beschreibung der römischen Re-
chentafel mit neun Zahlzeichen und folglich ohne Null. Endlich spricht
noch eine Stelle aus dem Briefe ad Constantinum dagegen, dass arabische
Lehren zu Grunde liegen. In jener Vorrede heisst es nämlich : Itaque quum
aliquot lustra jam transierint, ex quo nee Hb r um, nee exercilium harum
rerum habuerimus, quaedam repetila memoria eisdem verbis proferimus, quaedam
eisdem sententiis. Daraus geht hervor, dass Gerbert, was er hier lehrt, selbst
aus einem bestimmten Buche schöpfte, welches er vor einer geraumen Zeit,
mindestens 15 — 20 Jahre früher in Händen gehabt hgtte. Ausserdem ist
aus Ademar von Chabanois, seines Zeitgenossen, Chronik bekannt, dass Ger-
bert seine ersten Studien auf einer Rundreise durch Frankreich machte,
während er erst später in Spanien den mündlichen Unterricht des Bischoffs
Haiton genoss. **) Wenn nun noch heute ein Mannscript des Boethius aus
dem elften Jahrhunderte in Chartres existirt , welches seinem Inhalte nach
wohl der Abhandlung Gerberts zu Grunde liegen konnte, dann ist doch wohl
anzunehmen, dass auch zu Gerberts Zeiten ein solches Manuscript in
Frankreich existirte, dessen Abschrift vielleicht der Codex von Chartres ist.
Von sonstigen Werken, die denselben Gegenstand in der genannten Zeit
behandeln, sind hauptsächlich die Schriften von Gerland und von Ra-
dulph V. Laon erhalten, sowie eine Abhandlung von unbekanntem Ver-
fasser regule abaci betitelt, welche Chasles in einem alten Manuscripte wahr-
scheinlich aus dem Anfange des 12.. Jahrhunderts- aufgefunden hat.***)
Diese alle enthalten nicht blos Zeichnungen von Rechentafeln, sondern auch
Ziffern, die mit denen im Boethius die grösste Aehnlichkeit haben, und
welche dieselben semitischen Namen führen. Zum Theil liefern sie sogar
die Rechnungsmethoden als Einleitung in die Geometrie , ganz wie sie bei
Boethius eingeführt werden, so dass alle Einzclnheiten die Ueberzeugung
noch bestärken müssen, dass Gerbert und seine Scbule ihre Lehren vom
Abacus nicht aus arabischen, sondern aus lateinischen Quellen schöpften.
Bis die indische Arithmetik in Europa bekannt wurde , sollte es noch
einige Zeit anstehen. Zwar existiren Uebersetzungen aus dem Arabischen
in's Lateinische, worin sie auseinandergesetzt wird^ so die Ysagoge alchorismi
in artem astronomicam a magistro Abraham Judeo ispano, qui dicitur Savacorda,
1134; aber doch blieben üebersetzung wie Original ohne grössere Ver-
breitung. Da zu Beginn des 13. Jahrhunderts erschienen plötzlich von
allen Seiten Bücher über die neue Rechnungsart, die mit fast unbegreiflicher
Geschwindigkeit die früheren Methoden verdrängten, bis kaum eine Spur
davon übrig blieb. Auch hier linden wir einen Mann an der Spitze, der
wenn auch nicht vom Schicksal in so günstige Verhältnisse gestellt wie
Gerbert , doch schon in der bescheidenen Lage als Kaufmann , Schule bil-
"*) Vergl. Chasles, Geschichte der Geometrie, S. 529 der Üebersetzung.
♦♦) Die Histoire literaire de l<f France VI, 560 citirt hierfür: Adern, ehr. 169.
***) Der wörtliche Abdruck dieser Schrift in den camptes rendu» T* XVI, p, 237.
Von Dr. Cantor, Privatdocent in Heidelberg. 73
dend auftrat nnd Denkmale seines Geistes hinterlies, die ihm nicht blos
der Zeit nach einen Platz zwischen Archimed nnd Newton anweisen.
Leonardu#mit dcmBcinamen Bigollone warder Sohn eines Schrei-
befrs, der für einen Kaufmann aus Pisa die Douanengeschäfte an der nordafri-
kanischen Küste führte und der auch nur unter dem Spottnamen Bonaccio be-
kannt ist. Nach ihm nannte sich der Sohn Filius Bonaccio und daraus ent-
stand durch Znsammenziehung der Name Leonardo FibonacciPisano.
Schon frühe an dem Aufenthalsorte seines Vaters in die Geheimnisse der
arabischen Rechenkunst eingeweiht, genügte es ihm nicht nur diese Metho-
den zu kennen , und auf den Geschäftsreisen , die er nach Aegypten , nach
Syrien, nach Griechenland, Sicilien unn der Provence machen musste, suchte
er sich überall neue Kenntnisse zu verschaffen. So war sein wissenschaft-
licher Gang der, dass er zuerst die indische Arithmetik kennen lernte,
welche er Abacus nennt, und dann erst die europäischen Methoden, die
er als den Algorithmus des Pythagoras bezeichnet. Sein scharfer
Geist erkannte alsbald die Vorzüge der ersteren vor den letzteren, die ihm
so bedeutend erschienen, dass er sjch ausdrückt : Algorismum Pictagorae quasi
errorem computavi respeclu modi Yndorum.
So entstand sein liber Ahacci compositus a Leonardo filio Bonacci Pisano
in anno 1202*), welches nur der Anfang einer ganzen Reihe von Büchern
war, die den Algorithmus lehrten. Eigenthümlicher Weise scheint näm-
lich nur bei Fibonacci die Verwechslung eingetreten zu sein , dass er die
Methode des Pythagoras Algorithmus nennt, während von allen anderen
Autoren gerade umgekehrt die indische Arithmetik mit 9 bedeutsamen
Ziffern und der 0 als zehntem Zeichen unter dem Algorithmus verstanden
wird. So in den Schriften des John of Balifax (gewöhnlicher Johannes de
saero Bosco 1232); in einer Schrift aus dem 13. Jahrhunderte: Opusculumde
praxi numerorum, quod Algorismum vocant, welche von Jodocus Chlichtovaeus
1503 herausgegeben wurde; in dem Algorithmus de numeris integris, fraciis,
regulis communibus et de proportionibus des Georg Pur bach (1 423 — 1 46 1 ) ; in
der margaritha philosophica; und selbst noch später wie bei Schoner, Algo-
rithmus demonstratus, Francofurti 1599 etc.
Allerdings scheint der Name Algorithmus arabischen Ursprunges zu
sein nnd so vorzugsweise für die Rechnungsmethoden zu passen , welche
zuerst bei den Arabern einheimisch geworden waren. Möge man nun dieses
Wort als Zusammensetzung des arabischen Artikels al mit dem griechischen
ttQi^Hog gelten lassen , oder es nach der Hypothese des gelehrten Orienta-
listen Reinaud von dem Namen des arabischen Mathematikers Mohamed ben-
Moussa Alkharesmi (starb 812 am Hofe Barun al BaschicTs) ableiten. Für die
erstcre Etymologie spricht indessen wohl die ganz ähnliche Entstehung
des Wortes „Almagest" aus al und fAiyiarog.
Fassen wir unsere bisherigen Untersuchungen zusammen, so erhalten
wir in Kürze ausgedrückt folgende Resultate :
1) Allen Sprachen des indogermanischen Stammes ist ein decadisches
Zahlensystem gemeinsam.
2) Bei allen Völkern dieses Stammes hat sich eine Rechnungsmethode
gebildet, welche gleichfalls von dem Systeme Gebrauch macht, indem
die verschiedene Rangordnung durch die Stellung der Zeichen aus-
gedrückt wird.
*) Der Anfang ist atojpedruckt bei L i b r i T. II. p. 287.
74 Ueber die Einführung anserer gegenwärtigen Ziffern in Europa.
^^^^'^^»^^V^^'W'^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^'^^S^k^
3) Die Europäer gingen nie über diese Rechnungsmethode hinaus und
bedienten sich dazu einer mit Columnen versehenen RechentafeL
4) Bei den Indiern machte die Erfindung der Null ^q Columnen un-
nöthig und von da an nimmt der frühere Kunstgriff ganz den Charakter
einer Schrift an.
5) Die Ziffernschrift verbreitete sich als solche unter dem Volke der
Araber, während die Rechnungsmethode nur bei einzelnen Gelehrten,
wie Boethius, Gerbert sich erhielt.
6) Die Einführung der zehn Zeichen der Indier gehört dem Leonardo
Fibonacci an und seit dieser Zeit wird die Rechenkunst mehr und
mehr Volkseigenthum. ,
Auf diese Weise aufgefasst, erscheint die Leistung des Pisaners in
einem ganz neuen Lichte. Es war nicht ein dem europäischen Bildungs-
gange ganz Fremdes, was er einführte. Dazu hätte jeder, andere auch min-
der begabte Geist hingereicht , wenn der Zufall ihn die Entdeckung hätte
machen lassen. Es war etwas scheinbar viel Geringeres , aber in Wirklich-
keit viel Bedeutsameres, was er that. Er lernte den Unterschied der euro-
päischen und der indischen Arithmetik kennen. Er begriff, dass die kleine
Verschiedenheit derselben, wonach die eine an eine Rechentafel gebunden,
die andere eine in jeder Beziehung freie Kunst war , von so grosser Wich-
tigkeit werden musste, dass er ausrief : Gegen die Indier war selbst Py tha-
goras nur ein Stümper ! Um dieses im Voraus einzusehen , dazu gehörte
allerdings das gewidtige Genie eines Leonardo Fibonacci. Es scheint fast
unmöglich, dass Gerbert bei seinem Aufenthalte in Spanien die Ziffernschrift
nicht sollte kennen gelernt haben ; und doch kam er nicht über die Methode
des Abacus hinaus.- Er blieb in der alten Gewohnheit befangen. Der Pi-
saner erst zeigte der Welt , welche grosse Erfolge durch die kleinste Um-
änderung gewonnen werden konnten. Und so musste sein Name unter die
der hervorragendsten Mathematiker eingetragen werden, wenn auch keins
seiner sonstigen Werke sich erhalten hätte. Um wie viel schöner ist aber
die nachträgliche Beglaubigung seiner Verdienste durch die im vorigen
Jahre von Baldassare Buoncompagni in der ambrosianischen Bibliothek zu
Mailand entdeckten Schriften, welche Leonardo Fibonacci auch als Meister
in der Zahlentheorie documentiren , welche ihn als Vorgänger der grossen
Algebristen zeigen, die erst Jahrhunderte nach ihm blühten.
V.
Ueber die Entwickelimg vielfacher Integrale.
Von 0. SCULÖMILCH.
I.
DekanntHch hat L. Dir i chic t zuerst bewiesen, das» der Werth deß viel-
fachen Integrales
/» /* /•
-* zP—^ . . .djidt/dz,
ffj-
worin sich die Integrationen auf alle positiven , der Bedingung
1 ^ a: + y + ^ + • • • ^ 0
genügenden Xy y, z , , . beziehen, durch
r{m)r{n)r{p).,. '
r{i + m + n + p + ,,.)
dargestellt wird; dieser elegante in der Theorie vielfacher Integrale häufig
anwendbare Satz erhielt später eine Erweiterung durch Liouville, wel-
cher -die allgemeinere Formel
/T/! . . 0:-- * y-* zP-^ . . . f{x + !/ + z + . .) djc dij dz . , .
r{m+n+p + ..)J^ /W«^
ableitete , worin linker Hand die für Xy y^ z . . , geltenden Bedingungeoi die«
selben wie vorhin sind und f^g) eine beliebige Function von q bedeutet.
Aber auch dieses Resultat ist nur ein specieller Fall des umfassenderen
llicoremcs
Jo^'-^y^^zP-K.f{x+y + z+,.,)
dx dy dz ,,,
ffJ
" {\ + ax+ßy + yz + ...)'^+''+P+-
— r{m + n+p+":.)J {i + a^y- (i + /?(>)'• (i + y?)^ • • '
woraus durch Variation der beliebigen Constauten « , j9, / * • * °^^^ zahl-
reiche Formeln ähnlicher Art hergeleitet werden können. Das genannte
Theorem habe ich zuerst im 2. Baude meiner Analytischen Studien
(§. 33) mittelst der Dirichlet'schen Integrationsmethode unter Awisteni; de«
76 üeber die Entwickelung vielfacher Integrale.
Fonrier'schen Satzes entwickelt, kann aber gegenwärtig einen weit ein-
facheren Beweis desselben geben, welcher nur die Kenntniss der Formel
'^ J [14- «1 + 4(1-1)]?+» r(p+y) (l+a)P(l+ft)»
in Anspruch nimmt. Von der Richtigkeit derselben ttbArzengt man sich
durch die Substitution
('+«)! ^„
1 + <.| + 6(I-|) • '''
woraus
_H_+b)(l-^) __ (i+a){t+b)di _
,4.«l + fr(rr|j-' "' [,+«|+ft(,_|)].-'"»'
man erhält nämlich
./[!+ «1 + 6(1-1)]"+' (1+«)''(H-*)'^^ ^ ^^ V
was mit der gemachten Angabe übereinstimmt. Lässt man — und -> an die
Stellen von a und b treten, so giebt Nr. 1)
. r^l^'(i-^)^'tf$ _r{p)r{g) I
und hieraus lassen sich durch mehrmalige Differenziation in Beziehung auf c
neue Formeln ableiten, bei denen der Exponent von aj + 6 (I — l) + c be-
liebig viel Einheiten mehr als p -f- 5^ beträgt.
Was nun das erwähnte vielfache Integral betrifft, so wird es hinrei-
chen, die Keduction desselben bei einer nicht zu grossen Anzahl Variabelcn
zu zeigen, da ans dem Gange der Rechnung unmittelbar einleuchtet, dass
das Verfahren bei jeder anderen Anzahl von Variabelen dasselbe bleibt.
Wir betrachten demgemäss das vierfache Integral
JJJJ (\+ax + §y + yz + du)'^'^''+P+^ ^
worin sich die Integrationen auf alle positiven , der Bedingung
genügenden .r, y, z, m erstrecken sollen; dabei sind unter Beibehaltung der
angegebenen Reihenfolge der Integrationen die Grenzen
für a: : a: = 0 und a: = I ,
>; y: y = o „ y=\ — x,
„z:z = 0 „ 2=1— o: — y,
„m:w = 0 „ M=l — X — y — z.
Das in Rede stehende Integral S ist ein specieller Fall des folgenden
r r r r x'—^y^^zi--ui^*f{x+y+z±u). . ^ ^
00 0 0 irifi^iy
welches eine Funktion der beliebigen Grösse q bildet und mit F{q) bezeich-
net werden möge; man hat dann 5 = jP(1) oder auch, weil F{q) mit ^
Von O. SCHLÖMILCH. 77
gleichseitig verschwindet, S = F {\) ^^ F (0). Uin weiter F{q) zu finden,
schreiben wir
0 0
if-x-y-z
0 0
0 "
nnd differenziren in Beziehung auf q , indem wir von der bekannten Regel
i/*(.,„.,.=*(.,„|-*(.,„|+/^^
a fl -
Gebrauch machen und berücksichtigen, dass im vorliegenden Falle
V {9, ^) = 0 und * (^ — a:, ^) = 0
ist ; es ergiebt sich
dFi
dg J dg '
0
rfp J^ ^ dg ' dg J dg '
oder bei Substitution von jeder Gleichung in die vorhergehende
g f-x g-x-y
JF(£)^ ,. fl f x'^-^y'^^z^Hg—x — y—z)9-^dxdydz
Um den Werth des vorstehenden dreifachen Integrales, worin f{g)
nicht mehr vorkommt, zu entwickeln, nehmen wir der Keihe nach
zz={g — x—y)t, y={g—x)fi, x^g^,
oder, was dasselbe ist,
x = 9i, y = *(i-l)i?, - = ?(«- {)(•-'»)£.
und erhalten
3) ££(?l=^-+-+P+»-i/'(^)7',
ag ^
worin T das dreifache Integral
^ ^ ^ f*»-i(I— g)»+yHg-i e/S.t,>'-'(l— iy)P+g"'rf,y..{:l^'(l-{:)y"'^t
[l+«p|+/J^(I-S)iy+y?(l~|)(l-i?){:+^?(l-S)(i-i?)(l-f)]-+-^^
0 Ö 0 •
bezeichnet. Hier Iftsst sich die auf % bezügliche Integration nach Formel 1)
ausführen und giebt
SSh
78 Ueber die Entwickelnng vielfacber Integrale.
1 r{m)r(n+p+q) /^A>-'(i— 1?)"+»-'^*? • i'^'O—i)^^ «g.
(I +«?)" r (m +«+i> + ?) JJ [i-HJt»n +yp (•-»?) f+^« ('-»») 0-0] "+'^*
0 0
wiederum kann jetzt mit Hülfe der Formel I) in Beziehung auf ij integrirt
Averden; es bleibt
1" r{m)r{n)r(p+q) r t>-'(i-t)T-irfe
^— (H-o^)-(l+^)- r{m+n+p+q) J [l + rPf+««(«-f)]'+' '
0
endlich bei nochmaligem Gebrauche derselben Formel:
., „ I rHn'>)np)T_(9)
"^ ^ ~ (1 + ag)" (1 -h ße)' (I + Y^y (I + «*)» r{m+n+p + q) '
Znfolge der Gleichung 3) ist nun
mithin
S=F(l)-F{0)=fQ-^-^-+P-^^-^f(Q) TdQ,
0
hier bedarf es nur der Substitution des für T gefundenen Wertbes , um für
S sogleich die Form zu erhalten, welche dem allgemeinen Theoreme ent-
spricht.
Ersetzt man «,]?,/... durch —,—, — ..., so hat man etwas allge-
meiner
^r(m) nn) r(p) . . . /•^^«.+n+;>+. '•-y(g) dg _
'r(m + ;,+;>+.. oJ "(x + agr (k + ßg^ (k +yg)P . . . '
durch Differenz iation in Beziehung auf x und Anwendung der bekannten .
Formeln
s r(s)—r(\+s), dP—PdlP
ergiebt sich noch
,., CCC a:"-'y'-'c"-'...A-»^ + y+» + --) . , ,
1
^ r{m) r(,n) . . . />■"+"+• -'/^(e)</g j _»._ n )
/•(l+m+/i+..) J (K + op)« (x+|Spr . . . \k+«q "^ X+/S9 ■♦'••• j
und überhaupt «würde es keine Schwierigkeit haben, durch mehrmalige
Differenziationen in Beziehung auf x den Exponenten von x + oa:+...
um beliebig viele Einheiten zu erhöhen. Wie die Dirichlet'sche Formel
kann jede der Gleichungen 5) und 6) noch dadurch etwas verallgemeinert
werden , dass der Reihe nac^
fö"(l)".(7)' ■™".— ■
Von O. SCHLÖMTLCH. ' 79
und — , — , — . . . nir m, fi, » . . .
■I n p
gesetzt wird ; die Integratioueu beziehen sich dann auf alle der Bedingung
•5(f)"+(l)"+(7)'+-S»
genügenden positiven a:, y, ? . . .
II.
Das vorhin benutzte Verfahren passt auch auf das Integra]
S= fff..x^-^y^^z^\.r( \~^Tl''^~'" )dxdydz..,
JJJ ^ ' XX + ax + ßy+yz-^r^'J '
worin sich die Integrationen wiederum auf alle positiven der Bedingung
\^x + y + z + .,..^0
genügenden x, y, c . . . erstrecken mögen. Nehmen wir z.B. drei Variabele
und setzen
9 f -« Q-ic-y
0 0 0
80 ist Uhnlich wie früher
S=FO) — F(0)
und durch Differenziation in Beziehung auf q
Mittelst der Substitutionen
x = g^, y = p(l— |)i;
ergiebt sich hieraus
II*
wobei zur Abkürzung
a=«| + /J(l-|)«j + y(I-|)(l-i,)
gpsetzt worden ist. Durch Multiplication. mit (Iq und Integration zwischen
den Grenzen q = 0 bis p=I erhalten wir weiter
111
0 0 0 ^9/
wir kehren hier die Anordnung der Integrationen in der Weise um , dass
wir uns die auf q bezügliche Integration zuerst ausgeführt denken; zu dem
Zwecke sei
^ = T, also, = ^^j-^, „,_____^^^^rf,,
den Grenzen ^=^0 und ^=1 entsprechen dann die Grenzen t=1 und
v=0, so dass yrir erhalten
80 Ueber die Entwickelung vielfacher Integrale.
Versparen wir die auf t bezügliche Integration an*8 Ende, so mnss zu-
nächst das nach | und tj genommen^ Integral
1— • (I -1)-+"-' 1»"-' a-5)^V
fß
(.+..)....M.,f. 0 + .)^^.,. ■
0 0'^
entwickelt werden , was nach den anfangs erwähnten Formeln keine
Schwierigkeit hat; man findet als Werth des fragliche^ Doppelintegrales
r(m) rjn) r(p) I i l + a l+ß , l + y|
r(n-»+«+p)0+«)"0+^')"0+r)'l i+« i+ßr^i+r)
and hieraas ein einfaches Integral für S. Uoberhaupt ist
~"r(I+m+«+..y (l+a«)-(l + ^r)".J 1 + «»"^ l + ßx'^-i'"-
Nimmt man bei zwei Variabelen m = n = ^ , f(r) = — = und lässt
nachher «*, y*, t*, — c', — /? für x, y, t, «, ß eintreten, so hat man die
Formel , y^^_^,^
0 0 "
* ^»^ I ■ — a 1 — p
f^ ^ I — a~T j \i — p' r-/ i* •** *^j^**
0
welche bekanntlich zur Complanation des dreiachsigen Ellipsoides dient.
' III.
Um zu einer weiteren und neuen Reduction eines vielfachen Integrales
zu gelangen , betrachten wir zunächst das einfache Integral
2«
fr
0
Wir zerlegen dasselbe in die drei Theile
C =jf [k sin (« + d)] (J^ + jf [k sin (a + ^)] d&
0 ^n^a
2«
+ ff[ksin(a+^)]d&,
in-i
Von O. SCHLÖMILCH. 81
und benutzen die Substitation
sin (a + ^) = 2 ;
aus dieser folgt
a + 0=Arcsinz, a + ^=it — Are sin z^ a + ^ = 27r + ^rc *f>i 2 etc. '
jenachdem
0<a + ^<j^«, ^it<a+^<\n, |7r<a + ^<|« etc.
Darcb'die vorgenommene Zerlegung sind diese Bedingungen der Reihe
nach in den einzelnen Integralen erfüllt, mithin ist im ersten Integrale*
dz
im zweiten
dz
d^=-
j/i — z?
and im dritten
d^ = +
}/\—z^
Hiernach ergiebt sich augenblicklich
d. i. bei gehöriger Zusammenziehung
Demnach hat man für z = cos B die Formel
f\ksin(a+ff)\ d^=2jf{kcosS) dß
ü 0
oder fttr tan «=— , k=y^+^
8)
/2 flf, /*Ä
f{acos^ + bsind)d^=2jf(y(^+b^cose)de.
0 0
Mittelst dieser Formel lässt sich das Doppelintegral
5= / j F{a+Vx + cy){h*—a^-if)^dxdy
leicht auf ein einfaches Integral reduciren. Durch Einführung der Polar-
coordinaten mittelst der Gleichungen
x^=rcos^^ y=rsin^, dxdy^ssrdr dd^
erhält man zunächst
Sz=z I I F(a+b'rcos» + crsind){h* — r*)'^rdrd^
0 0
ond nach Formel 8) wenn a = b'r^ b=cr und f{u)=zF{a +u) gesetzt wird
^ = 2J J F{a +j/F^'+7^rcose){h^ — t^)'^rdrde.
0 0
Zdtoeltfill f. MikUiMBattt «. Physik. L 6
82 Ueber die Entwiokelmig einfacher Integrale.
Das vorstehende Integral würde man gleichfalls erhalten, wenn man in der
Gleichung
5=2 / / F{a^y\)^'\-c^x) {h?—ci*—y')'^dxdy
— Ä 0
die Polarcoordinaten mittelst der Formeln x^=r cosS^ y=r sin S einge-
führt hätte; es bietet aber die letztere Gestalt des Integrales den wesent-
lichen Vortheil, dass die Variabele y nicht mehr in der willkürlichen Function
F vorkommt und dass folglich die auf y bezügliche Integration ausführbar
ist. Mittelst der Substitution
erhält man
0 _ ^
~* r(m+4) ^^-^^ '
setzt man diesen Werth ein und stellt die erste und letzte Form von S zu-
sammen, so ergiebt sich
f F{a + bx + cy) {h^—a^—y")^ dx dy
Mittelst dieser Gleichung können wir das vielfache Integral
f f f...F{ax + ßy + yz+,. .){\ — a^—y^ — z^— , . .)«• dx dy dz . . .
worin sich die Integrationen auf alle positiven und negativen der Bedingung
l>x^ + i/+z* + .,.^0
genügenden x^ y, z . . , erstrecken, leicht in ein einfaches Integral verwan-
deln ; es wird hinreichen, dies an dem dreifachen Integrale
J J jF{ax + ßy + yz) (I — .t' — y«— z«)"» dx dy dz
— 1 —yi — a^ — ^1 — a:« — 2^
nachzuweisen. Denkt man sich in der Formel 9) die Grössen
a, 6, c, Ä, X, y
durch
ax, ß, y, y\—a^^ y, z
ersetzt, so ist
J J F{ax + ßy + yz)(\ — a^—y^ — z')^dydz
ynr{^^^' ^^^^^
^±^y(l-a:«-y«r + i F{ax + }/V+?y) dy
n . ., -_„
Von O. SCHLÖMILCH. 83
und folglich wird das betrachtete, dreifache Integral gleich dem Doppel-
integrale
^rf^lV^f /(I- J-y»r+4 F {ax + /^+/y) dx dy;
dieses kann wieder nach Formel 9) behandelt werden, wenn man m + ^ für
m, a=0, 6=ß, c = }/a' + ßF setzt; der Werth des dreifachen Integrales
ist folglich
Ueberhaupt gilt für das nfache Integral die Keductionsformel
^0) Jj. . , (i--.x'—t/'— . . .)^ F{ax + ßy+ . . .) dx dt/ . . ,
n 2 r
K"+^')
&ti>/(I-^"+Vy(„)*,,
worin X zur Abkürzung für ya* + ß^+ , . . gesetzt worden ist. .Etwas all-
gemeiner wird die Gleichung, wenn man x, y, z..., a,/?, y... durch
X y z
-,-, — ..., cffl, ßbj yc , , , ersetzt; die Integrationen linker Hand be-
ziehen sich dann auf alle positiven und negativen der Bedingung
■s(f)V(?)'+(f)V...go
genügenden ar, y, z . . . und es ist
U)Jf...(l-^,-^,-...yF{ax + ßy+...)dxdy...
n' r(m + l)ab... f^ ,
Diese Formel, von welcher ich den speciellen Fall m = 0 schon früher
(Analytische Studien II, S. 186) auf anderem Wege gefunden habe, enthält
i&^hrere bekannte Resultate in sich, die bisher isolirt standen; so ist aus
Nr- 10) fär w=3 und bei Einführung der Polarcoordinaten
*= r co8<&j y = r sin ^cos a, z = r sin d' sin oo, dx dy dz=r^ sin & dr d^ e/o»,
J I 1(1 — r*)*^ F{ar cos ^ + ßr sin <& cos (o + yf' sin ^ Sinai) T^ sin ^drdd d(o
0 0 0 i
=-4— /(i— a^-+* ^M ^.
m + It/
Nimmt man specieller m = 0 und setzt überhaupt
V/'(^r)dr=/*(^)
0
6^
P
84 lieber die Entwickelimg einfacher Integrale,
oder für rfi=<,
0
woraus durch Dififerenziation in Beziehung auf fi
/•(^) = 3/'0») + ,i/'(f»)
folgt, 80 hat man
} f{acos^ + ß sin ^cos m + y sin ^ sin «) sin d d^ dm
0 Ö
fß
h j{i — a^ f{%x)dx + % J(x — sc") f {%x) dx\
— 1
das zweite Integral rechter Hand ist bei partieller Integration einerlei mit
— - l{l—^x')f{xx)dxy
und man gelangt so zu der von P o i s s o n angegebenen Formel
12) / //"(« cos b '\- ß sin ^ cos m-^ y sin ^ sin «) sin d d^ dm
0 0
= 2» lf{itx)dx=^n I f{xcose)sinede.
— 1 0
Durch ein - oder mehrmalige Differenziation in Beziehung auf a^ ß, y . > »
können aus den bisherigen Resultaten leicht neue Formeln abgeleitet wer-
den; auch die Differenziation in Beziehung auf das in der Gleichung 10)
enthaltene beliebige m hat keine Schwierigkeit, wenn man von der bekann-
ten Foipiel
1
r\p)=r{p) ^l^M =_ c+ P— 2^"' az, c=o, 5772156 . . .
0
Gebrauch macht. Bezeichnet man zur Abkürzung wie folgt
0
so gelangt man zu der Gleichung :
^^) JJ"'{l'-a:'—y'— ...)'- l{i-a^-y'-...)F{ax + ßy+...)dxdy,..
w— I
welche sich auf ähnliche Weise wie Nr. 10) noch etwas verallgemeinern
lässt.
VI.
Die Fortochritte der elektrischen Telegraphie.
Von L. Galle,
Telegraphen - Inspector in Leipzig.
I. Kurze Geschichte der Telegraphie bis zur Anwen-
dung des Elektromagnetismus und der Inductionselek-
tricität auf dieselbe.
D.
'em zu allen Zeiten vorhanden gewesenen Bedürfnisse, wichtige Mit-
theilnngen schnell an entfernte Orte gelangen zu lassen, konnte früher und
bis zn dem Zeitpunkte, von welchem an man das elektrische Fluidum
selbstsUindig zu erzeugen und in beliebigen Richtungen auf weite Strecken
fortzuleiten verstand, nur sehr unvollkommen genügt werden. Man bediente
sich hierzu akustischer und optischer Signale. Die akustischen Sig-
nale erfüllen den Zweck der schnellen Correspondenz auf grosse Entfer-
nungen wegen der Unvollkommenheit der hierzu verwendeten Instrumente
(Trompeten, Pfeifen, Olocken, Schallrohre, bohlgeschliffene Körper etc.)
und wegen ihrer Unsicherheit nur sehr unvollständig und man musste sich
daher fast ausschliesslich auf optische Signale beschränken. Die Alten be-
dienten sich hierzu der Fackeln, indem z. B. 24 beliebig sichtbar zu ma-
chende Feuerstellen, in drei gesonderte Gruppen zu je 8 getheilt, ^ Buch-
staben des Alphabets bezeichneten, während ausserdem durch 3 gesonderte
Feuerstellen angedeutet wurde , zu welcher der 3 Gruppen die gegebenen
Feuerzeichen gehörten; doch konnte diese Art Telegraphie wohl nur bei
za erwartenden wichtigen Ereignissen , weniger bei unerwarteten zur An-
wendung kommen.
Nachdem im Mittelalter wenig Gebrauch von den optischen Telegra-
phensignalen gemacht worden war, erlangte die optische Telegraphie erst
eine weitere Ausbildung, als gegen Ende des 17. Jahrhunderts Hook und
später Amontons die Anwendung des Fernrohres zur Beobachtung der
optischen Signale vorschlugen, welche Vorschläge indess erst ein Jahrhun-
dert später (1794) durch Chappe zur praktischen Anwendung kamen.
Der optische Telegraph von Ohappe besteht aus einem senkrechten
Haste, um dessen oberste Spitze ein gleicharmiger Hebel (Regulator) in
senkrechter Ebene drehbar ist, welcher letztere an jedem Ende einen eben-
falls in senkrechter Ebene drehbaren Flügel trägt. Mittelbt dieses Appa-
rates, der gewöhnlich auf einem Thurme oder Berge angebracht ist, können
durch die verschiedenen Stellungen des Armes und der Flügel 196 Speichen
gegeben werden , wenn man die leicht zu verwechselnde Stellung weglässt,
86 Die Fortschritte der elektrischen Telegraphie.
in welcher ein Flügel die Verlängerung des Armes hildet. Die englischen
(1796) und preussischon (1832) optischen Telegraphen sind von den Chappe-
schen einigermaassen abweichend ; die ersteren bestehen aus 6 achteckigen,
in zwei senkrechten Reihen angeordneten drehbaren Tafeln, die, jenach-
dem sie als Fläche oder als Linie erscheinen , in ihrer Verbindung 64 ver-
schiedene Zeichen geben können ; die optischen Telegraphen in Preussen
bestehen aus 3 unter einander befindlichen Fitigelpaaren, welche durch
Combination ihrer Stellungen 4096 Zeichen zu geben im Stande sind.
Obgleich verschiedene Vorschläge gemacht wurden, die optischen Te-
legraphen mittelst Lampen und Hohlspiegeln auch für die Nacht brauch-
bar zu machen, so sind sie doch ihrer Kostspieligkeit, Schwerfälligkeit und
beschränkten Benutzung wegen nur auf wenigen Linien zur Einführung
gekommen und gegenwärtig , mit Ausnahme auf Eisenbahnen und Schiffen,
überall durch die elektrischen Telegraphen verdrängt worden.
Die grosse Geschwindigkeit und die Eigenschaft der Keibungselek-
t r i c i t ä t , in der Feme gewisse mechanische Bewegungen (Anziehung und
Abstossung leichter Körper) hervorzubringen , sowie sich als tiberspringen-
der Funke sichtbar zu machen, ist zwar schon sehr lange bekannt, doch
findet sich erst im Jahre 1753 ein Vorschlag zur Anwendung derselben auf
die Telegraphie. In diesem Jahre machte nämlich ein Unbekannter in einem
englischen Journale den Vorschlag , soviel Drähte , als Buchstaben nötbig
erscheinen , isolirt aufzuspannen , jedes Ende mit einer Metallkugel zu ver-
binden und darunter ein mit einem Buchstaben bezeichnetes Papierblätt-
chen zu legen , welches , wenn der Conductor einer Elektrisirmaschine mit
dem zugehörigen Drahte in Verbindung kommt, angezogen und gleich dar-
auf wieder abgestossen wird.
Im Jahre 1774 schlug Lesage in Genf vor, die Abstossung von Hol-
lundermarkkügelchcn zur Telegraphie zu benutzen ; an jedem der isolirten
Leitungsdrähte sollte ein Paar solcher Ktigelchen hängen, die bei der La-
dung des Drahtes sich nach dem bekannten Gesetze abstossen und hier-
durch einen gewissen Buchstaben zu bezeichnen hatten.
Im Jahre 1794 machte Keissner den Vorschlag zu einer telegraphi-
schen Corrospondenz mit Benutzung des tiberspringenden elektrischen Fun-
kens. Er gedachte an der einen Station 26 Glastäfelchen aufzustellen , auf
deren jeder eine parallele Reihe schmaler Staniolstreifen mit kleinen Unter-
brechungen sich befinden sollten, dergestalt, dass die Lticken die Figur des
Buchstabens bildeten. Von einem Ende jedes Staniolstreifens sollte nun
ein Draht nach der andern Station laufen und dort mit dem Conductor
einer Elektrisirmaschine oder mit dem einem Belag einer Leydner Flasche
verbunden werden, während die sämmtlichen anderen Enden mittelst eines
gemeinschaftlichen 27. Drahtes mit dem andern Belag der Leydner Flasche
in Verbindung gebracht werden sollten. Durch die Entladung der Flasche
durch den einen oder andern der Staniolstreifen hindurch musste nun der
elektrische Funke tiber sämmtliche Lticken hinwegspringen und auf diese
Weise das leuchtende Bild dds Buchstabens darstellen.
Praktischer waren schon die Vorschläge , welche darauf hinausgingen,
mittelst weniger Drähte nur einige verschiedene Zeichen hervorzubringen
und durch die verschiedenen Combinationen derselben das Alphabet dar-
zustellen.
Hierher gehört der Vorschlag von L o m o n d (1787) , welcher ebenfalls
die Divergenz von HoUundermarkkügelchen zur Zeichengebung benutztOi
Von L. Galle. 87
durch kürzer oder länger andauerndes Drehen der Elektrisirmaschine die
Divergenz auf kürzere oder längere Zeit bewirkte und diese beiden unter-
scheidbaren Zeichen weiter combinirte; ferner der von Böckmann, wel-
cher mittelst zweier Leitungsdrähte den überspringendeen Funken in ge-
wissen Zeitzwischenräumen überspringen Hess und durch Combination die-
ser Zeichen die Buchstaben und Ziffern darstellte.
Andere derartige Vorschläge gingen aus von Dr. Salva in Madrid im
Jahre 1798, von Betankourt, von Cavallo im Jahre 1797, von Ko-
naids im Jahre 1816 und Andern.
Die Benutzung der Keibungselektricität zu telegraphischen Zwecken
ist jedoch nicht zur praktischen Anwendung im Grossen gekommen , weil
die Anlage wegen der vielen Drahtleitungen sehr kostspielig geworden
wäre , weil das Geben und Empfangen der Zeichen umständlich und nicht
sicher war und weil die Keibungselektricität unbeständig, von dem Feuch-
tigkeitszustande der Luft abhängig und schwer zu isolircn ist.
Durch die wichtige Entdeckung des Galvanismus im Jahre 1786
wurde ein glänzendes Feld für die weitere Ausbildung der elektrischen Te-
legraphie eröffnet, weil man durch die Volta'sche Säule, insbesondere durch
die von Daniell, Grove und Andern construirten constanten Batterien
einen ziemlich gleichmässigen elektrischen Strom erhält, dessen Stärke und
Dauer man in seiner Gewalt hat, weil man also die durch den Strom her-
vorgebrachiten Wirkungen den Sinnen auf beliebige Zeitdauer wahrnehm-
bar machen kann und weil die galvanische Elek^icität weniger von dem
Zustande der Atmosphäre abhängig und leicht zu isoliren ist.
Ungeachtet dieser für die Anwendung auf die Telegraphie vortheil-
haften Eigenschaften der galvanischen Elektricität fand dieselbe doch vor
der Entdeckung des Elektromagnetismus und der Inductionselektricität
keine dauernde Anwendung in grösserem Haassstabe.
Sömmering war im Jahre 1808 der erste, welcher mit Benutzung der
Volta^schen Säule einen Tolegraphenapparat construirte, indem er die Zer-
setzung des Wassers durch den galvanischen Strom zur Zeichengebung be-
nutzte. Er hatte ebensoviel Leitungsdrähte als Buchstaben im Alphabet
und setzte mittelst einer Claviatur die Pole einer Volta^schen Säule immer
mit zweien dieser Drähte in Verbindung. An der entfernten Station be-
fanden sich in einem Wasserbehälter ebensoviel umgestülpte , mit Wasser
gefüllte Gläschen , als Leitungsdrähte vorhanden waren , und die vergolde-
ten Enden der letzteren reichten von unten in je ein solches Gläschen hin-
ein. Sobald durch das Niederdrücken zweier Tasten die Kette geschlossen
war, entstand in zwei Gläschen auf der entfernten Station eine Gasent-
wickelung und es wurden hierdurch zugleich zwei Buchstaben bezeichnet,
von denen der als der erste galt, tei welchem die Wasserstoffentwickelung
vor sich ging. Auch hatte Sömmering mit seinem Apparate einen Wecker
verbunden, welcher aus einem waagerechten Hebel bestand, der eine bei
Aenderung der waagerechten Lage leicht herabfallende Kugel trug. Der
eine Arm dieses Hebels hatte einen unten glockenförmig ausgehöhlten An-
satz, welcher unter Wasser über dem Ende eines Leitungsdrahtes hing.
Sobald nun die Gasentwickelung unter dieser Glocke stattfand , wurde die-
selbe gehoben und der Hebel aus der horizontalen Lage gebracht, so dass,
nun die Kugel, welche das Lärmzeichen zu geben hatte, herabfallen musste.
Schweigger hielt zwei Drähte für ausreichend , um alle erforder-
lichgi Zeichen zu geben , indem er zwei Volta'sche Säulen von verschiede-
88 Die Fortschritte der elektrischen Telegraphie.
4.
ner Stärke anwenden and die Zeit zwischen den einzelnen Gasentwieke-
langen in Betracht ziehen wollte.
ProH C o X e in Philadelphia machte fUnf Jahre später den Vorschlag,
die Wirkung der galvanischen Elektricität aaf verschiedene Salze und an-
dere Sahstanzen zar Zeichengebang zu benatzen ; doch ist dieser Vorschlag
ebensowenig, wie der von Schweigger, zur praktischen Ausführung ge-
kommen.
Eine anderweite Anwendung des Galvanismus in der Telegraphie
wurde durch die Wahrnehmung hervorgerufen , dass der menschliche Kör-
per, wenn er in den Schliessungsbogen der elektrischen Kette eingeschaltet
wird , sowohl beim Oeffhen , als beim Schliessen der Kette Zuckungen und
Schläge empfindet. Ein solcher Apparat ist im Jahre 1839 von Vorssel-
mann de Heer vorgeschlagen und in kleinerem Maassstabe ausgeführt
worden. Derselbe besteht auf jeder Station aus zwei Abthißilnngen von je
zehn, nämlich fünf obern und fünf untern, metallischen Tasten, welche
durch Niederdrücken mit den Polen einer Batterie in Verbindung gebracht
werden können ; je zwei Tasten , eine obere und die nächste untere , sind
stets unter sich und mittelst eines Leitungsdrahtes mit den entsprechenden
Tasten der entfernten Station in Verbindung.
Wenn man eine Nachricht durch diesen Apparat zu erhalten hat , so
legt man die zehn Finger auf die zehn obern oder auf die zehn untern Ta-
sten. Werden nun auf der entfernten Station gleichzeitig zwei Tasten nie-
dergedrückt, so geht dor Strom von einem Batteriepole in einen Leitungs-
draht, durch zwei Finger des Zeichenempfängers und durch den andern,
mit der zweiten niedergedrückten Taste in Verbindung stehenden Leitungs-
draht zurück zum andern Pole der Batterie. Auf diese Weise kann man
einen Finger der linken und einen der rechten Hand oder zwei Finger der
rechten oder endlich zwei Finger der linken Hand gleichzeitig afticiren,
wodurch 45 Zeichen gegeben werden können. Beim Zeichengeben muss
man seidene Handschuhe anziehen, damit nicht der Strom durch die eige-
nen Finger sofort zur Batterie der Abgangsstation zurückkehre. Wenn der
Apparat ausser Thätigkeit ist, so werden die fünf Tasten einer jeden Cla-
viatur metallisch verbunden und mittelst zweier beweglichen Drähte mit
Metallplatten an den Enden mit irgend zwei unbedeckten Theilen des Kör-
pers in Verbindung gesetzt, so dass man auch in grösserer Entfernung vom
Apparate auf den Umfang der Correspondenz aufmerksam gemacht wer-
den kann.
Dieser physiologische Telegraph konnte um so weniger zar
praktischen Anwendung gelangen , als er wegen der dazu nöthigen Drabt-
leitungen kostspielig, femer unbequem zu handhaben und nicht hinreichend
sicher ist , da bei schnellerem Arbeiten Lßicht eine Verwechselung der Fin-
ger eintreten kann und weil , wie die Erfahrung gezeigt hat , der Körper
nach und nach uraempfindlich für schwächere Erschütterungen wird , wäh-
rend häufige starke Erschütterungen nachtheilig auf das Nervensystem
wirken.
In neuerer Zeit hat man, nachdem der Elektromagnetismus und die
Inductionselektricität schon längst bei der elektrischen Telegraphie Anwen-
dung gefunden hatten, den chemischen Wirkungen des galvanischen Stro-
mes wieder grössere Aufmerksamkeit zugewendet und die Construction
mehrerer Apparate hierauf gegründet, die zum Theil jetzt noch bei Tele-
graphenanlagen im Betriebe sind. Da dieselben jedoch gewöhnlich . mit
Von L. Galle.
Elektromagneten in Verbindung stehen und eigentlich zu den Schreibappa-
raten gehören, so sollen sie erst weiter unten näher betrachtet werden.
n. Ueber die Principien, auf denen die telegraphischen
Nadel-, Zeiger- und Schreib -Apparate beruhen, sowie
allgemeine Beschreibung derselben.
Die Entdeckung des Elektromagnetismus und der Inductionselektrici-
Ult durch Oerstedt, Arago, Faraday u. A. wurde die Veranlassung
zur Einführung der elektrischen Telegraphie in das praktische Leben und
zur befriedigenden Lösung der Aufgabe derselben, die sich in folgenden
Worten zusammenfassen lässt: Vollständige Oedankenmittheilung auf be-
liebige grosse Entfernungen zu jeder Zeit, aufschnelle, sichere und wenig
kostspielige Weise. ♦
Die Construction sämmtlicher elektrischer Telegraphenapparate be-
ruht auf einem oder mehreren der folgenden Principien :
1) Eine Magnetnadel wird von ihrer natürlichen Richtung abgelenkt,
wenn ein elektrischer Strom in der Nähe derselben vorbeigeht und es ist
die Richtung der Ablenkung von der Lage und Richtung des elektrischen
Stromes abhängig.
2) Ein Stück weiches , kohlenstofffreies Eisen wird , so lange ein elek-
trischer Strom um dasselbe circulirt, magnetisch, verliert aber den Magne-
tismus sogleich wieder, wenn der elektrische Strom unterbrochen wird. Die
magnetische Polarität kehrt sich um , sobald die Richtung des elektrischen
Stromes umgekehrt wird.
3) In einem geschlossenen Drahte entsteht bei Annäherung eines Mag-
neten ein elektrischer Strom von gewisser Richtung, bei Entfernung dessel-
ben ein elektrischer Strom von entgegengesetzter Richtung.
4) Wenn ein elektrischer Strom durch einen Draht hindurchgeht, so
entsteht in einem andern , nahe befindlichen geschlossenen Drahte in dem
Angenblicke des Eintretens des erstem ein momentaner Strom von ent-
gegengesetzter Richtung, dagegen im Augenblicke des Aufhörens des er-
stem ein momentaner gleichgerichteter Strom.
5) Viele farblose oder schwachgefSrbte Flüssigkeiten werden beim
Durchgange des elektrischen Stromes so zersetzt, dass sie eine tiefe Fär-
bung annehmen.
Schon im Jahre 1820 gab Ampere die Idee zu einem elektromag-
netischen Nadeltelegraphen an, indem er die Ablenkung von Mag-
netnadeln zur Zeichengebung zu benutzen vorschlug. Diese Idee kam je-
doch damals nicht zur Ausführung in grösserem Maassstabo , hauptsächlich
deshalb, weil sein Vorschlag dahin ging, ebensoviel Magnetnadeln und dop-
pelt soviel Leitungsdrähte anzuwenden , als Buchstaben zu bezeichnen wa-
ren, und abwechselnd je zwei LeiUingsdrähte mit den Polen einer Batterie
in Verbindung zu setzen, um durch die Ablenkung der Nadel eines beliebi-
gen Multiplicators irgend einen Buchstabon zu bezeichnen. Aehnliche Vor-
schläge gingen von Ritchie, Fe ebner, Davy und Alexander aus,
die jedoch zumTheil einen gemeinschaftlichen Rückleitungsdraht annahmen.
Der russische Staatsrath Baron Schilling vonCannstadt erwarb
sich dadurch ein Verdienst, dass er im Jahre 1832 einen Apparat mit nur
zwei liCitungsdrähten construirte und durch die Ablenkung einer Magnet-
nadel nach rechts oder links, mittelst Wechseln der Pole , sowie duf ch die
90 Die Fortschritte der elektrischen Telegraphie.
Gombinationen dieser beiden Ablenkungen die verschiedenen Zeichen dar-
stellte. Auch verband er einen Wecker mit seinem Apparate, indem er
durch die erste Bewegung der Magnetnadel eine Bleikugel fallen liess,
welche durch ihren Fall den Wecker auslöste.
Im Jahre 1833 waren es die Professoren Gauss und Weber, welche
das Princip der Nadelablenkung durch den elektrischen Strom zuerst in
grösserem Maassstabe praktisch anwendeten und das Oauss'sche Magneto-
meter benutzten , um zwischen der Sternwarte und dem physikalischen Ca-
binet in Göttingen zu telographiren , indem sie aus den Ablenkungen eines
Magnetstabes nach rechts und links und ans den Gombinationen dieser bei-
den Zeichen bis zu vier ganze die Buchstaben und Ziffern zusammensetzten.
Sie wandten Inductionsströme, von einem Stahlmagneten erzeugt, hierzu an.
Nach Gauss und Weber war es zunächst Steinheil, welcher sich um
dm elektrische Telegraphie verdient machte , indem er im .Jahre 1837 den
ersten elektromagnetischen Drucktelegraphen ausführte, zu
welchem er ebenfalls Inductionsströme von verschiedener Richtung ver-
wandte. Bei diesem Telegraphen dienen zwei in eine horizontale Linie
fallende Stabmagnete zum Zeichengeben; dieselben kehren die entgegen-
gesetzten Pole einander zu , sind um verticalo Achsen leicht drehbar und
von einer grossen Multiplicationsspule umgeben. An den einander zuge-
kehrten Polen der Magnetstäbe befinden sich messingene Ansätze, welche
an den vorderen Enden kleine Geßisschen tragen, die mit schwarzgefärbter
Flüssigkeit gefüllt sind und in einer hohlen, stets mit aufgesaugter Flüssig-
keit gefüllten Spitze endigen. Sobald nun ein elektrischer Strom in der
einen oder andern Kichtung durch die Windungen des Multiplicators hin-
durchgeht, so wird entweder der eine oder der andere Magnetstab mit dem
Ende , welches die gefüllte Spitze trägt , seitwärts bewegt und gegen einen
durch ein Uhrwerk fortbewegten Papicrstroifeu gedrückt, auf dem nun ein
schwarzer Punkt entstehen muss. Das Zurückgehen der Magnetstäbe in
ihre vorige Stellung nach dem Aufhören des Stromes erfolgt durch perma-
nente Stahlmagncte. Die Punkte, welche durch die beiden Magnetstäbe
auf dem Papierstreifen hervorgebracht werden, entstehen auf zwei Verschie-
denen Linien und es sind dieselben , um alle erforderlichen Zeichen geben
zu können, bis zu vieren zu combiniren. Gleichzeitig mit den sichtbaren
kann man auch hörbare Zeichen dadurch hervorbringen , dass man neben
den Spitzen Hämmerchen anbringt, welche an verschieden tönende Glöck-
chen anschlagen.
Noch mehr als durch diesen Apparat hat sich Steinheil dnrch seine
Entdeckung , die Erde als Eückleitung für den elektrischen Strom zu be-
nutzen , verdient gemacht.
Die Engländer Cooke und Wheatstone haben zur praktischen
Ausführung und Anwendung der Nadeltelegraphen viel beigetragen. Im
Jahre 1837 vollendeten dieselben einen N[/ideltelegraphen mit fünf Leitungs-
drähten und fünf Multiplicatornadeln auf jeder Station* durch deren con-
vergirende Stellung zu je zweien ein gewisser Buchstabe markirt wurde.
Die im Jahre 1840 auf der Great-Western-Bahn erfolgte Einführung dieses
Systems auf eine Länge von 39 engl. Meilen bewies sich nach den damali-
gen Anforderungen als praktisch , wurde jedoch seiner Kostspieligkeit we-
gen nicht weiter fortgesetzt.
Zu grösserer Ausbreitung gelangte der einfache Nadeltelegraph
von Cooke und Wheatstone, welcher, mit Benutzung der Erde als Rücklei-
Von L. Galle. 91
tang, nur einen einzigen Leitungsdraht erfordert und durch die Combina-
tionen von zwei Zeichen (die Ablenkung der Nadel nach rechts und links)
alle Bnchstaben und Ziffern anzudeuten im Stande ist. Bei allen Appara-
ten , welche , wie dieser , mit umgekehrten Strömen arbeiten müssen , ist es
von Wichtigkeit, eine Vorrichtung zu haben, durch welche der Strom leicht
und sicher umgekehrt werden kann. Solche Vorrichtungen, Commuta-
toren, Stromwender oder Schlüssel genannt, können auf sehr ver-
schiedene Weise construirt sein und es soll hier beispielsweise ein solcher
mit Hilfe der Fig. 23 beschrieben werden.
Der Commutator besteht aus einer, mittelst eines Handgriffes nach
rechts und links drehbaren Scheibe mit sieben in der Figur schwarz ange-
deuteten Metallstücken , von denen L mit 4, 2 mit 5, 3 mit 6 und 5 mit 7 in
permanenter leitender Verbindung ist, während vier Metallfedern, die be-
ziehentlich- mit der Erde, den Batteriepolen und der Leitung verbunden
sind , je nach der Drehung der Scheibe mit dem einen oder andern dieser
Metallstücke in Berührung kommen und dadurch den Strom in beliebiger
Richtung durch die Apparate gehen lassen. Ist die Commutatorschcibe,
wie in der Figur angedeutet, etwas nach rechts gedreht, so geht der Strom
in der Richtung der Pfeile vom + Pole der Batterie in das fünfte und sie-
bente Metallstück, von da durch den Multiplicator und in die Leitung, kehrt
in der Erde zurück und vollendet durch das dritte und sechste Metallstück
den Lauf zum — Pole der Batterie. Wird die Commutatorschcibe ebenso-
viel nach links gedreht, so dass die Erde mit 1, die Batterie mit 4 und 5 in
Berührung kommt, während die Leitung stets mit 7 in Verbindung bleibt,
so geht der Strom vom + Pole durch 4 und 1 zur Erde, steigt an der letz-
ten Station durch den Apparat in die Leitung empor und kehrt von da
durch 7 und 5 zum — Pole der Batterie zurück. , Da der Strom im letztern
Falle die entgegengesetzte Richtung von jenem hat, so werden auch alle
Nadeln nach der entgegengesetzten Seite abgelenkt, als bei der Drehung
der Commutatorscheibe nach rechts.
Wenn der Apparat in Ruhe ist , also zum Zeichenempfangen geschickt
sein soll, so steht die Cammutatorscheibe so, dass die Battcriepolc ausge-
schaltet sind und nur die hölzernen Zwischenräume zwischen 4 und 6 be-
rühren, während die Erde mit 2 und die Leitung mit 7 in leitender Verbin-
dung ist. Ein von der entfernten Station kommender Strom geht dann
durch den Multiplicator in das 7., 5. und 2. Metallstück und von da zur
Erdplatte P.
Der Doppelnadel telegraph, welcher jetzt noch fast allgemein in
England angewendet wird, ist eigentlich nur eine Verbindung von zwei
einfachen Nadel telegraphen zur Erzielung einer einfachem Zeichengebung,
weil durch die einzelnen oder gleichzeitigen Bewegungen zweier Nadeln
nach rechts und links die zu gebenden Zeichen aus weniger Nadelbewegun-
gen zusammengesetzt sein können; doch sind hierzu zwei Leitungsdrähte
erforderlich.
Der Nadeltelegraph von Bain ist im Principe dem einfachen 'Nadel-
telegraphen von Cooke und Wheatstone gleich und unterscheidet sich von
diesetn nur in der Construction des Commutators und Zeichengebers. Eine
Modification dieses Apparates vom Mechaniker E kling in Wien besteht
darin, dass der Commutator durch zwei nebeneinander liegende Tasten ge-
bildet wird, dass ein durch den Strom rechts oder links abgelenkter Arm
an zwei verschieden tönende Glöckchen schlägt und somit gleichzeitig
92 Die Fortschritte der elektrischen Telegraphie.
sichtbare und hörbare Zeichen giebt und dass die Bewegungen dieses Ar-
mes in kurze und lange geschieden werden; durch letatere Einrichtung
werden die Zeichen selbst so Vereinfacht, dass fast alle Buchstaben und
Ziffern durch zwei Ablenkungen ausgedrückt werden können. Der Ekling-
sche Apparat ist an österreichischen Eisenbahnen im Gebrauch, war' es
auch früher, vor Einführung der Schreibtelegraphen, bei den österreichi-
schen Staatstelegraphen.
Die elektromagnetischen Zeigertelegraphen, um deren
Ausführung sich besonders Wheatstone, Pelchrzim, Drescher,
Siemens und Halske, Fardelj, Kramer und Stöhrer verdient ge-
macht haben, beruhen hauptsächlich auf der Erzeugung von temporftren
Magnetismus in weichem Eisen durch den elektrbchen Strom , theilweise
auch auf der Erregung von elektrischen Strömen durch permanente Mag-
nete. Die Zeichengebung geschieht bei denselben durch einen Zeiger, wel-
cher beliebig durch die Wirkung eines oder mehrerer Elektromagneten um
den Mittelpunkt einer kreisförmigen Scheibe gedreht werden kann , bis er
auf einem der darauf verzeichneten Buchstaben oder sonstigen Zeichen,
welches angedeutet werden soll , stehen bleibt.
Bei den älteren Zeigerapparaten von Wheatstone geschieht die
Bewegung des den Zeiger treibenden Echappement - Rades unmittelbar
durch die anziehende Kraft des Elektromagneten , ohne die Wirkung eines
- Gewichtes oder einer Feder. Das successive Schliessen und Oefinen der
Batterie erfolgt mittelst einer senkrechten Speichenscheibe, welche an ihrem
Umfange abwechselnd kurze und lange Speichen hat , deren jede auf der
Scheibe selbst mit einem Buchstaben etc. bezeichnet ist. Unter der Scheibe
befindet sich eine Feder , von der ein Ende an einem Metallstifte anliegt
und dadurch den Schluss der Batterie durch die eine Leitung hindurch be-
wirkt. Steht nun eine lange Speiche unten senkrecht, so drückt sie die
Feder nieder , entfernt sie dadurch von dem Stifte und öffnet die Kette,
steht eine kurze Speiche senkrecht nach unten , so drückt die Feder empor
an den Stift und schliesst den Strom. Durch das Umdrehen der Speichen-
scheibe wird also die Batterie abwechselnd geschlossen und geöffnet , und
da die Buchstaben der Speichenscheibe mit denen der Zeigerscheibe cor-
respondiren, so wird auf letzterer immer der Buchstabe angezeigt, welcher
der unteren senkrecht stehenden Speiche entspricht. Bei der Stellung der
Speichenscheibe auf dem Nullpunkte ist die Batterie ausgeschlossen, dage-.
gen der Apparat zum Empfangen von Nachrichten bereit.
Wheatstone brachte , um solche Apparate auch mit schwächeren Strö-
men in Gang setzen zu können, ein besonderes Laufwerk mit Gewicht an,
welches das Rad fortzubewegen hat, während dieses durch ein von dem
Elektromagnet bewegtes Echappement bald angehalten, bald freigelassen
wird, wobei jedesmal der Zeiger um ein Feld vorwärts rückt. Durch Far-
dely sind die zuletzt bezeichneten Apparate in mehrerer Beziehung ver-
bessert und so an einigen deutschen Eisenbahnen in Gebrauch genommen
worden".
Die elektro - magnetischen Wecker beruhen auf denselben
Principien, wie die Zeigerapparate. Ein Schlagwerk der einfachsten Art
besteht aus einem Elektromagneten, welcher den Hammer einer Glocke
direct anzieht; doch ist diese Art nur bei kurzen Leitungen mit geringem
Widerstände anwendbar, weil ein ziemlich starker Strom dazu gehört. Bei
längeren Leitungen wendet man Weckerwerke an , welche durch ein Ge-
Von L. Galle. 93
wicht oder eine Feder im Gange erhalten und nur durch eine yom Elektro-
magneten zu bewegende Armatur ausgelöst und wieder arretirt wird.
Um auch mit sehr schwachen Strömen Schlag - oder Weckerwerke in
Bewegung &u setzen, kam Wheatstone auf die sinnreiche Idee , einen
Uebertrager anzuwenden, d.h. durch den schwachen, von der eutfern-
ten Station kommenden Strom eine neue Batterie (Localbatterie) am Orte
des Werkes zu schliessen und den kräftigen Strom dieser letzteren mittelst
eines besonderen Elektromagneten direct auf die Glocke wirken zu lassen.
Den Uebertrager bildet hier ein Multiplicator , innerhalb welches eine
senkrechte Magnetnadel um eine horizontale Axe leicht drehbar ist. Recht-
winklig zu dieser Axe und der Nadel ist ein daran befestigter metallener
Doppelarm , von dem ein Ende gabelförmig gestaltet ist und bei der seit-
lichen Ablenkimg der Nadel durch den schwachen Strom in zwei Queck-
silbemftpfchen taucht^ die nun, miteinander metallisch verbunden, den
Strom der Localbatterie ungehindert durch das Schlagwerk circuliren
lassen.
Der Zeigerapparat von Siemens und H a 1 s k e , einer der sinnreich-
sten Apparate seiner Art, arbeitet durch Selbstunterbrechung und ist in
seinen Haupttheilen in Fig. 24 dargestellt. MM' sind die Pole eines Elek-
tromagneten, AA' die Enden des zugehörigen um eine vertikale Achse
drehbaren Ankers , welcher mit einem Hebel f und einem anderen o h fest
verbunden ist. Letzterer trägt an seinem äussersten Ende einen Haken,
welcher in das gezahnte Stahlrädchen r eingreift. Dieses Bädchen kann
sich nur nach einer Richtung herumdrehen , indem ein an der linken Seite
desselben befestigter Sperrhaken die entgegengesetzte Bewegung verhin-
dert. Sobald der Anker AA* von dem Elektromagnet angezogen wird, greift
der Haken um einen Zahn des Rädchens r weiter , während dieses still
steht. Wenn aber nach dem Aufhören des elektrischen Stromes der Anker
durch die am Arme f befestigte Feder wieder zurückgezogen wird , so wird
das Rädehen r um einen Zahn fortgerückt, ebenso der auf derselben Achse
sitzende Zeiger Z um ein Feld.
Die hin- und hergehende Bewegung des Armes o wird durch Selbst-
unterbrechung des Stromes hervorgebracht. Zu dem Ende trägt die Mes-
singplatte S einen nahe unter dem Arme o hinlaufenden Messingstreifen m,
auf welchem eine kleine metallene Brücke ss' mit metallenen Hervor-
ragongen befestigt ist. Beim Hin - und Hergehen des Armes o , welcher
innerhalb der Brücke durch elfenbeinerne Stifte von derselben isolirt ist,
wird diese mit dem Streifen m um einen Drehpunkt der Platte S hin - iind
herbewegt, so dass m und dadurch $$' abwechselnd mit den Schrauben D
ond D' in metallische Berührung kommt.
Im Ruhestande des Apparates, wenn der Anker AA' nicht angezogen
ist, liegt die Hervorragung s' an der Schraube D' an. Wenn nun bei D'
ein Strom eintritt, so geht derselbe durch s'mS durch die Windungen des
Elektromagneten und weiter in die Linie; dadurch wird AA' angezogen
und der Haken bei h greift in den nächsten Zahn von r, gleichzeitig wird
aber auch die Brücke ««'an die Schraube D angedrückt, die Verbindung
swischen s' und D' aufgehoben und somit der Strom unterbrochen. Da nun
der Elektromagnet den Anker AA' nicht mehr anzieht, so wird derselbe
durch die Spiralfeder an f in seine vorige Lage zurückgebracht, wobei h
den ergriffenen Zahn mit zurückzieht und dadurch den Zeiger auf den
nächsten Bachstaben fortrückt. Durch das Zurückgehen von AA' wird
94 Die Fortschritte der elektrischen Telegraphie.
aber die Verbindung von $' und D' wiederhei^estellt, also die Kette von
Neuem geschlossen. Indem sich dieses Spiel wiederholt, geht der Zeiger Z
sprungweise von einem Felde der Zeigerscheibe zum andern , so lange als
die Batterie eingeschaltet bleibt oder bis ein mechanisches Hindemiss den
Zeiger anhält. Das letztere geschieht durch eine Taste , welche oben auf
der Zeigerscheibe, jedem Buchstaben gegenüber, angebracht ist und beim
Niedergehen gleichzeitig den Strom unterbricht. Es bleiben also die Zei-
ger aller eingeschalteten Stationen auf dem Buchstaben stehen , dessen zu-
gehörige Taste niedergedrückt worden ist, und zwar so lange, bis die Taste
wieder losgelassen wird. Mit jedem solchen Zeigerapparate ist ein Wecker
in Verbindung , der ganz ähnlich construirt ist und ebenfalls durch Selbst-
unterbrechung wirkt.
Der St Öhr er 'sehe Zeigerapparat unterscheidet ' sich wesentlich von
den übrigen Zeigerapparaten ; indem bei jenem der elektrische Strom nicht
durch Batterien , sondern durch die magneto - elektrische Rotationsmaschine
erzeugt wird , indem femer die Bewegung des Zeigers nicht durch das ab-
wechselnde Unterbrechen und Wiederherstellen des Stromes, sondern durch
fortwährende Umkehrung desselben und durch den hierbei hervorgerufenen
Polwechsel eines Elektromagneten bewirkt wird und indem das Telegraphi-
ren nicht durch Niederdrücken von Tasten oder Drehung einer Scheibe,
sondern durch Drehung eines Armes geschieht, den der Telegraphist mit
beliebiger Geschwindigkeit und in beliebiger Richtung auf das beabsichtigte
Zeichen einer Scheibe stellt.
Der elektro - magnetische Zeigertelegrifph von Drescher besteht im
Wesentlichen aus einem Uhrwerke, welches bei seinem Oange den Strom
in gleichen Zeitzwischenräumen abwechselnd schliesst und unterbricht und
hierdurch die Bewegung eines Zeigers veranlasst. Auf jedem Felde der
Zeigerscheibo befindet sich ein Knopf oder eine Taste , welche , wenn sie
niedergedrückt wird, den Zeiger auf dem entsprechenden Buchstaben an-
hält und das Uhrwerk arretirt. Die Batterien auf den verschiedenen Sta-
tionen sind so eingeschaltet , dass sie beim Telegraphiren sämmtlich in der-
selben Richtung wirken. Auf der arbeitenden Station sind die Zeiger und
das Uhrwerk in Bewegung, auf der empfangenden Station steht das Uhr-
werk still und nur der Zeiger läuft rund.
Der elektro - magnetische Zeigertelegraph von Kr am er ist dem Prin-
cipe nach ein Wheatstone'scher Zeigerapparat mit Laufwerk und unter-
scheidet sich von den oben beschriebenen hauptsächlich dadurch , dass der
Strom, welcher nach der entfernten Station geht, nicht dazu verwandt
wird, um dort den Zeigerapparat oder überhaupt den Zeichengeber zu be-
wegen, sondern vielmehr nur dazu dient, um durch eine kleine und leicht
zu erzeugende Bewegung eine Localbatterie abwechselnd zu öffnen und zu
schliessen, und es ist diess daher ein Zeigerapparat mit Uebertrager.
Die Localbatterie wirkt direct auf den Zeichengeber, und übt , da ihr Strom
nur wenig Widerstand zu tiberwinden hat , eine sehr kräftige Wirkung aus.
Kramer nennt den von ihm angewandten Uebertrager das Pendel.
Unter den elektrischen Schreibapparaten verdient der von
Morse vor allen andern den Vorzug. Mit demselben können die Zeichen
schnell (bis zu 100 Buchstaben in einer Minute) gegeben werden , er ist in
seiner Construction einfach , leicht zu handhaben und daher nicht oft Stö-
rungen unterworfen, die Zeichen werden auf einem Papierstreifen fixirt und
sind zugleich hörbar und es übt ein unrichtiges Zeichen keinen Einfluss
Von L. Galle. 95
auf die folgenden Zeichen ans, wie es z. B. bei den Zeigertelegraphen
der Fall ist.
Der Morse'sche Schreibapparat besteht in seiner einfachsten Gestalt
ans zwei Hanpttheilen, nämlich dem Taster und dem Schreibappa-
rate, welche in Fig. 25 von der Seite und in Fig. 26 im Grnndriss in ihren
Haupttheilen und in ihrer VerbinduDg , mit Berücksichtigung später ange-
brachter Verbesserungen , dargestellt sind. Der Taster besteht aus einem
Metallhebel T, welcher im Buhestande durch den Druck einer Feder auf
dem kleinen Ambose q fest aufliegt, während derselbe beim Zeichengeben
mittelst des Holzknopfes P auf den vordem Ambos p niedergedrückt und
dabei mit einem Pole K der Batterie in Verbindung gebracht wird. Der
Schreibapparat besteht aus einem Elektromagnet MM\ dessen Drahtenden
in dem vorliegenden Falle einerseits mit dem hintern Tasterambose q , an-
dererseits mit der Erde oder dem anderen Batteriepole Z in Verbindung
stehen. Der Eisenanker a ist in einem Hebel H eingelassen , welcher bei r
drehbar ist und an andern Ende einen stumpfen Stahlstift s trägt, der als
Schreibstift dient. Wenn ein Strom durch die Windungen des Elektromag-
neten geht, 80 wird der Anker a angezogen und der Schreibstift s schlägt
eine Erhöhung in einem Papierstreifen t ein , welcher durch die mit einem
Uhrwerke verbundenen Walzen v und w gleichmässig fortbewegt wird ; bei
knrser Anziehung des Ankers a, entsprechend einem kurzen Niederdrücken
des Tasters, entsteht auf dem Papierstreifen ein Punkt, bei länger dau-
ernder Anziehung, also bei längerem Niederdrücken des Tasters, ein
Strich, und aus den Combinationen dieser beiden Zeichen bis zu vier
werden die Buchstaben, zu fünf die Ziffern und zu sechs die Interpunctions-
ond sonstigen Zeichen dargestellt. Wie aus der Zeichnung ersichtlich ist,
geht beim Fortgeben von Zeichen, also beim Niederdrücken des Tasters,
der Strom vom Pole K durch p und T in die Leitung L nach der entfernten
Station und kehrt in der Erde zurück ; beim Empfangen von Zeichen , also
im Ruhestande des Tasters , geht der ankommende Strom von L durch J, q
imd den Elektromagneten zur Erde und zurück zur Abgangsstation.
Der Doppelstiftapparat von Stöhrer hat zwei Elektromagnete
und zwei Schreibstifte , welche willkührlich abwechselnd und auf zwei ver-
schiedenen Linien im Papierstreifen die Grundzeichen (Punkt und Strich)
hervorbringen , so dass die Buchstaben etc. durch viel einfachere Combina-
tionen dargestellt werden können , als bei dem Morse'schen Einstiftappa-
rate. Bei dem Stöhrer 'sehen Apparate ist ein Commutator, aus zwei Tasten
bestehend , erforderlich , welcher den Strom bald in der einen , bald in der
entgegengesetzten Richtung in die Leitung bringt, je nachdem der eine
oder der andere Schreibhebel in Bewegung gesetzt werden soll. *
Was nun die chemischen Schreibtoiegraphen anlangt, so
wurde im Jahre 1839 ein solcher von.Davy construirt, welcher aus einer
mit chembch präparirtem Zeuge überzogenen Walze besteht, deren Ober-
fläche durch Längen- und Querlinien in kleine Quadrate abgetheilt ist.
Diese Walze ist derart in die Leitung der Batterie eingeschaltet, dass durch
die Zersetzung der chemischen Stoffe in dem einen oder dem andern
Quadrate deutlich wahrnehmbare Striche entstehen, welche die Buchstaben
bezeichnen. Vermittelst 7 oder 8 Drahtlcitungen kann man diese Striche
bald in dem einen , bald in einem andern Quadrate entstehen lassen und
dadurph die erforderliche Mannichfaltigkeit der Zeichen hervorbringen. Die
absatzweise Umdrehung der Walze geschieht durch ein besonderes Echap-
96 Die Fortschritte der elektrischen Telegraphie.
pement, welches bei jedem Anziehen und Loslassen des Ankers eines Elek-
tromagneten einmal ausgelöst und wieder gehemmt wird, wobei jedesmal
der Umfang der Walze um ein Quadrat vorwärts rückt.
Einer der vollkommensten chemischen Schreibtelegraphen ist unzwei-
felhaft der im Jahre 1852 von Stöhrer construirte elektro-chemische
Doppelstift apparat. Derselbe besteht aus einem beliebig in Gang zu
setzenden Uhrwerke , welches einen mit Jodkaliumlösung getränkten und
angenetzten Papierstreifen, auf dem zwei von einander isolirte metallene
Schreibstifte liegen , gleichmässig fortbewegt. Der Papierstreifen geht un-
terhalb der Schreibstifte über eine Metall walze hinweg, so dass ein elektri-
scher Strom von jedem der Stifte durch die feuchte Papierschicht hindurch
zur Walze gelangen kann. Wenn nun ein positiver elektrischer Strom aus
einem der Schreibstifte durch das feuchte Papier in die Walze übergeht, so
wird das Jodkalium zersetzt und giebt auf der obern Fläche des Papier-
streifens eine braune Färbung, die je nach der kürzeren oder längeren
Dauer des Stromes als Punkt oder Strich erscheint.
Da man nun mittelst eines aus zwei Tasten bestehenden Commntators
den positiven Strom beliebig durch den einen oder den andern Schreibstift
zur Walze gelangen lassen kann, so werden die Zeichen auf zwei verschie-
denen Linien bald an dem einen, bald an dem andern Schreibstifte anf dem
Papier erscheinen und durch ihre Combinationen , so wie. bei dem elektro-
magnetischen Doppelstiftapparate , die Schrift darstellen. Der Apparat ist
ausserdem mit einem Glockenwerk versehen, damit man auf den Anfang
des Telegraphirens von der entfernten Station her aufmerksam gemacht
werden kann.-
Der elektrochemische Schreibapparat von Dr. Gintl ist ganz ähnlich
construirt wie der Stöhrer'sche , hat aber nur einen Schreibstift und ver-
hält sich also zum Stöhrer'schcn chemischen Apparate wie der Morse*sche
Einstiftapparat zum Stohrer'schon Doppelstiftapparate.
Endlich ist noch eines elektro-chemischen.Copirtclegraphen
von Bain zu gedenken, mittelst dessen es möglich ist, allerlei Handschrif-
ten und selbst Zeichnungen telegraphisch mitzutheilen. Derselbe hat im
Allgemeinen folgende Einrichtung : Durch ein Triebwerk werden auf bei-
den Stationen zwei gleich grosse Metallcylindcr mit genau gleicher Ge-
schwindigkeit in rotirende Bewegung versetzt; auf jedem derselben, wovon
einer in der Kegel zum Geben , der andere zum Empfangen von Nachrich-
ten benutzt wird , liegt ein Metallstift , welcher während der Drehung des
Cylinders langsam fortrückt und also auf dem Mantel des erstem eine dichte
Spirallinie beschreibt.
• Die zu gebende Nachricht wird mit Ilarzfirniss oder einem andern
nichtleitenden StoflFe auf Zinnfolie oder Goldpapier geschrieben und die so
vorbereitete Mittheilung auf einen Cylinder gebracht, während ein Oylin-
der des corrcspondirenden Instrumentes auf einer andern Station mit che-
misch präparirtem Papier Überzogen wird. Der Strom der Batterie geht
nun auf beiden Stationen durch den Stift und die Walze und erzeugt auf
dem, mit chemisch präparirtem Papier überzogenen Cylinder der Empfangs-
station , da derselbe rotirt , eine dichte Spirallinie, welche allemal dann un
terbrochen wird , wenn der Stift auf der Abgangsstation über den nicht-
leitenden Stoff hin wegstreicht und dabei den Strom unterbricht. Die aus-
gelassenen Stellen der Spirallinie auf der Empfangsstation geben daher
eine Copie der au der Abgangsstation aufgezeichneten Schriftzüge.
Von L. Galle. 97
ni. Ueber das Relais und den Uebertrager beim
Morse'schen Schreibapparate.
Der Morse^che Apparat war, wie oben unter 11. beschrieben wurde,
ursprünglich so construirt , das» der von der entfernten Station kommende
elektrische Strom direct in die Umwindungen des am Schreibwerk befind-
lichen Elektromagneten geführt wurde und dadurch den Schreibhebel an-
zog. Bei längeren Telegraph^nlinien mit grossem Widerstände wird der
Strom aber so schwach , dass der Elektromagnet nicht mehr im Stande ist,
den Schreibhebel kräftig anzuziehen und dass dann eine Unsicherheit in
der Zeichengebung entstehen muss. Dieser Umstand gab Veranlassung zur
Constmction des Relais, welches, durch einen schwachen Linienstrom
afficirt, eine zweite Batterie — Localbatterie genannt — in der Nähe
des Schreibapparates durch den Elektromagneten des letztern hindurch
ichliesst und dadurch eine kräftige -Anziehung des Schreibhebels bewirkt.
Das Relais nach der neuesten Construction von Siemens und H a 1 s k e
ist in Fig. 27 in der Ansicht von oben dargestellt, m und rn sind die Pole
eines mit sehr vielen feinen isolirten Drahtwindungen umgebenen Elektro-
magneten, dessen Drahtenden mittelst der Klemmen a und b mit den beider-
seitigen Telegraphenleitungen oder mit einer Leitung und der Erde ver-
bunden sind, hh ist ein um den Punkt. t leicht drehbarer Hebel, welcher
im Ruhestände des Apparates durch die mittelst der Schraube f zu regu-
lirende Spiralfeder g an die Schraube k angedrückt wird ; letztere ist mit
einem Achathütchen versehen und bleibt demnach von dem Hebel h isolirt.
/ ist eine metallische Schraube , welche mit k zugleich in dem Gehäuse n
sitzt und mittest der Schraube e verschoben werden kann, wobei gleichzei-
tig der Hebel h sich den Magnetpolen min nähert oder von denselben ent-
fernt. B bezeichnet die Localbatterie und MM' den Elektromagnet des
Schreibwerkes. Wenn nun ein elektrischer Strom durch die Umwindungen
des Relais- Elektromagneten geht, so wird der Hebel h von den Polen mm
uigezogen und das längere Ende desselben mit der Schraube / in Berüh-
rung gebracht. Hierdurch erfolgt der Schluss der Localbatterie, welche
ihren Strom nur durch den Elektromagnet des Schreibwerkes gehen lässt
und daher bei dem verhältnissmässig geringen Widerstände einen starken
Magnetismus und eine kräftige Anziehung des Schreibhebels bewirkt. Der
Localstrom geht dann nämlich von K durch d in den Hebel A, in die Schraube
', über n und c in die Umwindungen des Schreibelektromagneten und zu-
rück zum andern Pole Z,
Um den Widerstand dieses Stromes möglichst zu verringern, lässt
man die Localbatterie gewöhnlich nur aus einem oder wenigen grossen Ele-
menten bestehen und umwindet den Elektromagnet des Schreibwerkes nur
mit wenigen Lagen stärkeren Drahtes. Je schwächer der durch den Re-
laiselektromagneten gehende Strom ist , desto näher muss der Hebel h den
Polen m und m' stehen und desto schwächer muss die Spiralfeder ge-
spannt sein.
Obgleich jedes Relais mit dem Namen Uebertrager oder Trans-
lator bezeichnet werden kann, was auch häufig geschieht, so nennt man
doch Uebertrager vorzugsweise eine solche Vorrichtung, mittelst welcher
anstatt einer Localbatterie eine neue Linien - oder Telegraphir - Batterie
nach einer entfernten Station hin geschlossen wird. Die Erfindung dieses
ZeiUchrift f. Mathematik n. Physik. I. 7
Die Fortschritte der elektrischen Telegraphie.
Instrumentes wnrde durch den Umstand veranlasst , dass bei sehr grossen
Entfernungen der Strom in der Leitung endlich so schwach wird , dass das
Relai» selbst bei sehr zarter Stellung und bei Anwendung starker Batterien
nicht mehr im Stande ist, den Hebel A, welcher die Localbatterie zu schlies-
$en hat , kräftig genug und sicher anzuziehen. Durch Anwendung von
Uebertragem auf einer oder mehreren Zwischenstationen wird das Umtele-
graphiren, das ausserdem nöthig werden würde, erspart.
Die Priorität der Erfindung des Uebertragers wird von verschiedenen
Seiten her in Anspruch genommen und es ist auch nicht zu bezweifeln,
dass es mehreremals selbstständig erfunden worden ist. Als Erfinder Und
Verbesserer der Uebertrager sind besonders zu benennen* : Mazzenaner,
Siemens und Halske und Steinheil.
Die Gonstruction des Uebertragers ist in seiner einfachsten Fonction
der des Relais ganz gleich und in Fig. 28 mit den zugehörigen Einschaltun-
gen dargestellt. Wenn eine Nachricht von Station A nach C mittelst des
Uebertragers telegraphirt werden sol>, so tritt der Strom von Ä bei X, in
den kleinen Hebel y ein und geht durch den Elektromagneten des Ueber-
tragers zur Erde E, Der hierbei in den Eisenkernen m und m' entstehende
Magnetismus bewirkt die Anziehung des Hebels h und die Berührung des-
selben mit der Schraube /. Dadurch wird der Strom der Telegraphirbatte-
rie B^ von welcher ein Pol mit der Erde in Verbindung steht, durch /, *
und den Hebel x nach Z, und weiter nach C so lange ge^ihrt, als der Strom
von A her wirksam ist. Bei dieser Einschaltung kann man nur von A nach
C, nicht aber umgekehrt mit Uebertragung sprechen. Soll letzteres gesche-
hen , so sind die Hebel x und y in die Stellung x und y zu bringen. Dann
geht der von C kommende Strom durch Z, und y in den Elektromagnet des
Uebertragers und zur Erde, der Strom der Telegraphirbatterie B hingegen
durch /, Ä, x' und Z, nach A.
Bei der vorstehend beschriebenen Einrichtung des Uebertragers liegt
ein grosser Uebelstand darin , dass die Hebel x und y abwechselnd in die
Lage xy und xy gebracht werden müssen, jenachdem von A nach Coder
umgekehrt von C nach A mit Uebertragung gesprochen werden soll. Soll
diese unbequeme und störende Umschaltung vermieden werden , so ist es
nöthig , auf jeder Uebertragungsstation zwei Uebertrager mit einander in
Verbindung aufzustellen , denselben aber auch eine veränderte Einrichtung
zu geben. Die Schraube k darf dann nämlich nicht mit einem isolirenden
Achathütchon versehen, sondern mnss ganz metallisch, aber von der andern
Contactschraube / isolirt sein. Ein solcher Uebertrager heisst auch Dop-
pelcontact-Rclais, weil der Hobel h sowohl mit der Schraube / als
auch mit k in metallischen Contact kommen kann. Die Einrichtjung einer
Uebertragungsstation mit zwei Uebertragem, wo dann in beiden Richtun-
gen ohne weitere Hebelstcllung mit Uebertragung gesprochen werden kann,
ist in Fig. 29 dargestellt. Die von A kommende Leitung ist mit dem Hebel
h de« Uebertragers I., die von C kommende mit ä' des Uebertragers II. ver-
bunden, femer steht je ein Drahtende der Umwindungen beider Elektro-
magnete mit der Erde, dagegen das andere Drahtende von I. mit Ar', das .
von II. mit k in Verbindung. Ein Pol der Telegraphirbatterie B ist mit der
Erde, der andere Pol mit den Sclirauben / und /' in fortwährendem metalli-
schen Contact.
Wenn nun von A nach C mit Uebertragung gesprochen werden soll, so
gellt der von A kommende Strom durch h und k des Uebertragers I. in den
Von L. Galle. 99
Elektromagnet des Uebertragerflf IL und lur Erde E. Hierdurch wird der
Hebel h' von mtn dergestalt angezogen, dass er mit /' in Berührung kommt
und den Strom der Batterie B durch /' und*A' nach C hin so lange schliesst,
als der Strom von A her wirksam ist. Soll umgekehrt von C nach A mit
Uebertragung gesprochen werden, so geht der Strom von C durch A' und k'
in den Elektromagnet des Uebertragers I. und zur Erde E^ wodurch die
Batterie durch / und h nach A hin geschloss'en wird. Das Telegraphiren
mit Uebertragung in beiden Richtungen ist daher möglich, ohne dass irgend
eine Umsehaltung vorgenommen zu werden braucht.
In vielen Fällen ist es wünschenswerth , dass das, was zwischen A und
C coprespondirt wird, auf der Uebertragungsstation mitgelesen werden
könne. Dann kann man mit den beiden Uebertragern noch ein Relais ge-
wöhnlicher Construction und einen Schreibapparat in Verbindung setzen.
Schaltet man z. B. bei R Fig. 29 ein Relais ein , so wird dasselbe sowohl
Ton dem. von A als auch von dem von C kommenden und zur Erde gehen-
den Strome in gleicher Weise ,- wie einer der Uebertrager afiicirt und ist
demnach im Stande , den Strom einer besondem Localbatterie durch einen
Schreibapparat hindurch zu schliessen und letzteren in Thätigkeit zu setzen.
Man kann jedoch auch — und dies geschieht fast allgemein *auf Uebertra-
pingsstationen — das Schreibwerk gleichzeitig als Uebertra-
ger ben atzen und dann ist es nöthig, zwei Relais und zwei Schreibappa-
rate anfzustellen , welche die Uebertragung in beiden Richtungen vermit-
teln. Bei einem solchen , gleichzeitig als Uebertrager wirkenden Schreib-
tpparate (s. Fig. So) vertritt die Schraube c diejenige Schraube k (Fig. 29)
des Uebertragers, an welcher der Hebel h im Ruhestande anliegt, die
Schraube d (Fig. 35) entspricht der Schraube / (Fig. 39) und der Schreib-
hebel E dem Uebertragungshebel h. Fig. 30 stellt eine Skizze einer Ueber-
tragungsstation dar, auf welcher die Schreibapparate gleichzeitig als Ueber-
trager wirken.
Wird von A nach C mit Uebertragung gesprochen , so geht der Strom
Ton A in den Schreibhebel H des Schreibapparates I. und in die Schraube
c, hierauf in den Elektromagnet des Relais II. und zur Erde, der Rolais-
hebel h' wird angezogen und mit /' in Berührung gebracht und hierdurch
die Localbatterie 11. geschlossen , deren Strom nach der punktirten Linie
durch den Elektromagnet M' M' des Schreibapparates II. hindurchgeht.
Letzteres bewirkt die Anziehung des Schreibhebels H' und die Berührung
desselben mit der Schraube d\ welche mit einem Pole der Linienbattcrie
in Verbindung steht, gleichzeitig aber auch die Entfernung des mit H- ver-
bandenen Armes /' von der Schraube c. Der Strom der Linienbatterie
geht in Folge dessen durch d' und H' in die Leitung nach C und zwar
ebenso lange , als der Strom von A her wirksam ist. Ganz analog ist der
Btromlauf, wenn von C nach A hin mit Uebertragung gesprochen wird. Der
Strom g6ht dann von C nach H\ V und c' durch den Elektromagnet des
Relais I. und zur Erde, wodurch der Hebel h angezogen, mit / in Verbin-
dong gebracht und der Strom der Localbatterie I. durch den Elektromagnet
^M des Schreibapparates I. hindurch geschlossen wird. Die hierdurch be-
wirkte Anziehung des Schreibhebels H und dessen metallische Berührung
mit d schliesst die Linienbatterie durch d und H in die Leitung nach A,
Die telegraphische Correspondenz zwischen A und C mit Uebertragung ist
alio auch hier ohne irgend eine Umschaltung möglich. In der Regel wer-
den jedoch noch besondere, in der Zeichnung nicht angegebene Umschalter
7*
100 Die Fortschritte der elektrischen Telegraphie.
angebracht , durch deren Stellung man bewirkt , dass Apparat I. einseitig
nach C hin und Apparat II. gleichzeitig nach A hin correspondiren , auch
dass A und Cdirect, ohne Uebertragnng , mit einander verkehren können.
Schliesslich möge hier noch das Relais des Stöhrer'schen Doppelstift-
apparates Erwähnung finden. Dasselbe ist Fig. 31 in seinen Haupttheileo
im Grundriss dargestellt. Es besteht aus zwei hufeisenförmigen , senkrechl
stehenden, starken Stahlmagneten, deren Pole NS^ N' S' mit Schrauben-
spitzen versehen sind, in welchen sich die eisernen Relaisanker D und D'
leicht drehen. Die mittleren Theile dieser Relaisanker sind von Messing
und es besitzen die Enden ns, n$ durch Induction dieselbe magnetische
Polarität , wie die ihnen zunächst stehenden Enden der Stahlmagnete ; er^
stere stehen im Ruhestände des Apparates den eisernen Schenkelenden
mm des Elektromagneten MM' sehr nahe, ohne dieselben jedoch zu be-
rühren.
Wenn ein elektrischer Strom durch die Windungen des Elektromag-
neten geht, so erhalten bekanntlich die Pole min' desselben entgegengesetzte
magnetische Polarität und es ist klar, dass , je nach der Richtung des Stro-
mes im Elektromagnete , entweder der eine oder der andere Relaisankei
mit beiden Enden bis zur Berührung angezogen werden muss, wodoreh dei
Schluss der Localbatterie entweder durch den Elektromagnet des einen
oder durch den des andern Schreibhebels hindurch erfolgt. Es ist nämlich
ein Pol der Localbatterie B mit den Eisenkernen m m ' des Relais - Elektro-
magneten MM' fortwährend in leitender Verbindung, während der andere
Pol durch einen Elektromagnet des Schreibwerkes hindurch mit demjeni-
gen Relaisanker in Verbindung tritt, welcher vom Relais- Elektromagneten
angezogen wird; auf diese Weise wird der Durchgang des elektrischen
Stromes der Localbatterie entweder durch den einen oder andern Elektro-
magneten I. oder U. des Schreibwerkes vermittelt und demgemäss der eine
oder andere Schreibhebel angezogen.
IV. Ueber das gleichzeitige Telegraphiren auf einem
Drahte in entgegengesetzten Richtungen.
Das allgemein giltige Gesetz, dass zwei homogene gleichgrosse Kräfte,
welche in entgegengesetzter Richtung wirken, sich in ihren Wirkungen auf-
heben , Hess bis vor wenigen Jahren jeden Versuch einer gleichzeitigen te-
legraphischen Correspondenz auf einem Drahte in entgegengesetzten Rich-
tungen als vergeblich erscheinen. Da es jedoch keine nothwendige Folge
ist, dass die Kräfte, die sich in ihren Wirkungen auHieben, hierbei selbst
vernichtet werden , da man ferner nach Analogie zu der Annahme berech-
tigt ist, dass dem Wesen der Elektricität, gleich jenem des Schalles, der
Wärme und des Lichtes, Vibrationen eigenthümlicher Art zu Grunde liegen
und dass demnach hier ähnliche Fälle eintreten können , wie z. B. bei der
Fortpflanzung des Schalles, von welchem es nachgewiesen ist, dass sich
die Wellen desselben durch eine Röhrenleitung in entgegengesetzter Rich-
tung gleichzeitig und unbeirrt auf weite Distanzen fortpflanzen, da es femer
Thatsache ist, dass die elektrischen Ströme verschiedener Telegraphen-
leitungon iii einem gemeinschaftlichen p]rdleitungsdraht zu ihren Aus-
gangspunkten zurückgeführt werden können , ohne sich gegenseitig zu irri-
tiren: so glaubte der österreichisch^ Telegraphen - Director Dr. Gintl die
Möglichkeit einer gleichzeitigen entgegengesetzten Correspondenz anf
Von L. Galle. •..* •. 101
^ ^ • • •
einem Leitangsdrabte gegeben. Den Beweis für ^iQ«gleicbzeitige Coexi-
stens mehrerer elektriscben Ströme in einem DrahtDe/crat Dr. Gintl dnrcb
folgenden Versucb zn fübren gefübrt. In Fig. 3'i bezeicfftiien A nnd B zwei
chemische Schreibapparate , nftmlich T nnd T' die Taster **^ und M' Me-
tallstege, S nnd S' metallene Schreibstifte, Pund P' feuchlfe'.fpit Jodkalium-
lösnng getränkte Papierstreifen, p undp' die positiven, n nitd.fl.' die nega-
tiven Batteriepole. Beim Niederdrücken des Tasters T nimmt der positive
Strom der Batterie I. die Richtung der mit der Ziffer l bezeichnetmi Pfeile
und bringt am Apparat B bei seinem Uebergange vom Schreibstifte S\ zum
Stege M' auf der obern Seite des Papierstreifes TP' farbige Zeißhrii"-h«r-
vor; der vom positiven Pole der Batterie II. kommende Strom ninrttMr 'da-
gegen beim Niederdrücken des Tasters J' die Richtung der mit 2 bezftfer-
ten Pfeile und erzeugt am Apparate A beim Uebergange vom Schreibstil^t'e
5 mm Stege M auf der obern Seite des Papier Streifens farbige Zeichen.' -* .
Werden nun beide Taster zugleich niedergedrückt, so erscheinen airf
dem Papierstreifen der beiden Apparate A und B zugleicli farbige Zeichen
und zwar die am Taster T gegebenen Zeichen auf dem Papierstreifeu des
Apparates B und die am Taster T' gemachten Zeichen auf jenem des Ap-
parates Ay wovon man sich dadurch überzeugen kann, dass man z. B. mit
dem Taster T lange und mittelst des Tasters T* gleichzeitig kurze Zeichen
giebt. In diesem Falle erscheinen am Apparate B farbige Striche , welche
den mit dem Taster T gegebenen langen Zeichen entsprechen, und am Ap-
parate A farbige Punkte, welche von den mit dem Taster T' gegebenen
kurzen Zeichen herrühren.
Dr. Gintl schliesst hieraus, dass sich die zwei von den Batterien I. und
n. ausgegangenen elektrischen Ströme durch die Drahtleitung x in der
Richtung der beigesetzten Pfeile gleichzeitig und ungehindert fortpflanzen.
Dieser Versuch kann indess nicht vollständig entscheidend genannt
werden , weil beim gleichzeitigen Niederdrücken der Taster T und T' der
Strom von Batterie I. nicht blos durch den Draht or, sondern getheilt durch
X und y nach dem Apparate B liingelangt, und durch z zurückgekehrt,
ebenso der Strom von Batterie II. getheilt durch x und z nach A hin und
durch y zurück , und weil dann immer noch die Zeichen in der oben ange-
gebenen Weise an den Apparaten A und B entstehen müssen , wenn auch
die einander entgegengesetzten Zweigströme in dem Drahte x aufgehoben
würden, denn in den Drähten y und z gehen die Ströme von I. und II. in
gleicher Richtung.
Ein anderer Versuch GintPs , welcher in Fig. 33 dargestellt ist, spricht
indess mehr zu Gunsten der Annahme, dass mehrere Ströme in einem
Drahte gleichzeitig coexistiren können. Die Buchstaben haben hier dieselbe
Bedeutung, wie in Fig. 32. Hier sind die Pole der Batterien so verbunden,
dass beim Niederdrücken der Taster T^ und 7" die positiven Ströme zwi-
schen dem Schreibstifte und dem Metallstege des Apparats ./ entgegenge-
setzte Richtung haben , während der Strom von I. gleichzeitig in der Erde
nach Apparat B geht, dort von S' zu M' übergeht und in der Leitung L zu-
rückkehrt. Zwischen der Batterie 11. nnd dem Metallstege M des Appa-
tes ^ ist ein Widerstand W eingeschaltet , der grösser ist , als der im Pa-
pierstreifen des Apparates A^ damit beim gleichzeitigen Niederdrücken der
Taster T^ und T* der von der Batterie I. ausgehende Strom den Apparat A
nicht nmgehen kann. Wird der Taster T* allein niedergedrückt, so erhält
man am Apparate A das farbige Zeichen auf der obern Seite des Papier«
102 Die Fortschcittc der elektrischen Telegraphie.
Streifens und ebens<2 äilf dem PApierstreifen des Apparates B. Durch das
Niederdrücken des>/J[^ter8 T* für sich allein erscheint das farbige Zeichen
dagegen nur au£'ä«i:'lintern Seite des Papierstreifens am Apparate A, Beim
gleichzeitigen J^iederdrücken des Tasters T' und T* erscheint auf dem Pa-
pierstreifen d^s 'Apparates A weder oben , noch unten ein farbiges Zeichen,
wahrend aaZ/^'r obern Seite des Papierstreifens am Appasate B ein sol-
ches zum Yqrlschein kommt. Hieraus folgt , dass zwar die chemische Wir-
kuug de^^ elektrischen Stroms der Batterie I. am Papierstreifen des Appa-
rates A durch den gleichzeitigen , aber auf demselben Apparat beschräuk-
ton (^egftiistrom der Batterie II. aufgehoben, der Strom der Batterie I. selbst
al>eF.'^d«durch in seiner Existenz nicht vernichtet wird , weil sonst auf dem
Pa'pipl'streifen des Apparates ^ß kein Zeichen entstehen würde. Hebt man
aiü Apparate B die Verbindung des Schreibstifts mit der Erde auf und
*.su[;*kaltet dazwischen einen Taster J' und eine Batterie III. in gleicher
Weise, wie beim Apparat A ein, so erscheint, wenn man die Taster T\ J'
-und T' gleichzeitig niederdrückt, nicht allein das farbige Zeichen .auf dem
Papierstreifen des Apparates B^ sondern auch auf dem des Apparates A^
woraus zu schliessen ist, dass der von der Batterie IIL in den Leitungs-
draht L eingeführte elektrische Strom sich in demselben gleichzeitig mit
dem von der Batterie I. erzeugten fortpflanzt und am Apparate A das far-
bige Zeichen hervorbringt, während das farbige Zeichen am Apparate B
gleichzeitig durch den Strom der Batterie I. und III. erzeugt wird.
Wenn nun auch die Annahme von der unbeirrten Coexistenz mehrerer
elektrischer Ströme in einer Leitung Veranlassung zur Erflndung von Ap-
paraten wurde, mittelst welcher gleichzeitig auf einem Drahte in entgegen-
gei>etzten Richtungen gesprochen werden kann, so zeigte doch die Construc-
tion dieser Apparate, dass es dabei auf die Entscheidung obiger Frage gsr
nicht ankam, sondern dass mehr eine technische Aufgabe zu lösen war. Die
Schwierigkeit lag hauptsächlich darin, dass der Morsc'sche und auch der
elektrochemische Schreibapparat so eingerichtet ist, dass beim Fortgeben
von Nachrichten, also beim Niederdrücken des Tasters, der zugeliörige Ap-
parat aus der Linie ausgeschaltet, dagegen nur im Ruhestände und beim
Empfangen von Nachrichten in die Linie eingeschaltet bleibt. Wollte man
— was leicht ausführbar ist den Apparat fortwährend, also auch beim
Fortgeben von Nachrichten , in der Leitung eingeschaltet lassen , so würde
der Apparat nicht nur die ankommende, sondern auch die abgehende Schrift
aufzeichnen, was nothwendig bei gleichzeitigem Arbeiten auf beiden Sta-
tionen Verwirrung herbeiführen müsste. Das für die Doppelcorrespondenz
zu lösende Problem bestand demnach in Folgendem: Das Relais, resp.
der elektrochemische Schreibapparat muss stets in der
Leitung eingeschaltet bleiben, ohne jedoch durch den Strom
der zugehörigen Batterie beim Fortgeben von Nachrichten
afficirt zu werden.
Dr. Gintl hat dieses Problem zuerst im Jahre 1863 auf folgende sinn-
reiche Weise gelöst. Jedes Relais der Apparate A und B Fig. 34 besitzt
zwei von einander unabhängige Drahtumwickelungen, von denen die innere,
wie gewöhnlich, in die Linienbatterie und Linienleitung , die darüber ge-
wickelte, aus stärkerem Drahte bestehende in die Kette einer Localbatterie,
Ausgleichungsbatterie genannt, so eingeschaltet ist, dass beide Batterien
beim gleichzeitigen Schluss derselben in gleicher Stärke, aber in entgegen-
gesetztem Sinne auf den Elektromagnet einwirken , denselben also nicht
Von L. Galle.' 103
afficiren. Um die Linien - und Ausgleichnngsbatterie stets gleichzeitig za
fichliessen und zu öffnen, wird ein Doppeltaster angewandt, bestehend aus
zwei gewöhnlichen nebeneinander befindlichen, aber von einander isolirten*
Tastern , welche dnrch einen isolirenden Knopf gleichzeitig niedergedrückt
werden. Dieser Taster ist später von Dr. Gintl in sehr compendiöser Weise
mit einem aus zwei von einander isolirten Theilen bestehenden Hebel con-
struirt werden. In Fig. 34 sind bb' die Charniere der beiden Tasterhebel,
aa' die Ambose und cc' die Ruholager.
Wird nun auf einer Station, z. B. in A der Doppeltaster niedergedrückt,
80 wird die Linien- und Ausgleichungsbatterie gleichzeitig geschlobsen. Der
Strom der Linienbatterie geht dnrch a' und b' und durch die inneren IJm-
Windungen des Relais in die. Leitung, dann auf der entfernten Station B
durch die inneren Um Windungen des dortigen Kclaia, durch b' und c' zur
Erde und zurück nach A. Da aber auf der Station A gleichzeitig der Strom
der Ausgleichnngsbatterie in entgegengesetzter Richtung durch die äussere
Umwindung des Relais geleitet wird, so entsteht hier k(;in Magnotismus und
der Rclaishebel bleibt in Ruhe. Auf der entfernten Station D findet der an-
kommende Linienstrom im Relais keine solche Compensation und setzt letz-
teres in gewöhnlicher Weise in Thätigkeit.
Wird nun in B gleichzeitig der Dappeltaster niedergedrückt, so com-
pensirt sich hier der Strom der Linien - und Ausgleichungsbatterie und es
bleibt nur der von A herkommende Strom allein wirksam ; ebenso wirkt in
A, wo seither das Relais durcli das Tasterdrücken daselbst nicht afficirt
wurde, allein der von B herkommende Linienstrom und es ist somit klar,
dass gleichzeitig Zeichen von A nach B und von B nach A gelangen kön-
nen. Es ist hierbei ganz gleich, welche Pole der Linienbatterie in die Lei-
tung eingeschaltet werden, wenn nur der Strom der Ausgleichungsbatterie
dem der zugehörigen Linienbatterie entgegengerichtet ist.
Weil nun aber der Linienstrom fortwährenden Veränderungen unter-
liegt und weil die Ausgleichungsbatterie wegen des geringen zu überwin-
denden Widerstandes schneller in ihrer Stärke abnimmt, als die Linien-
batterie, so wird die Compensation der Strom Wirkungen im Relais beim
Niederdrücken des zugehörigen Doppeltastcrs nie vollständig erfolgen und
M vielen Störungen beim gleichzeitigen Entgegensprechen Veranlassung
geben. Dieser Umstand veranlasste den Dr. Gintl, den elektrochemischen
Schreibapparat hierbei anzuwenden , mit dem auch in der That ein günsti-
geres Resultat erzielt wurde , weil die Erfahrung gelehrt hat, dass auch bei
ziemlich verschiedener Stromstärke der Linien- und Ausgleichungsbatterie
in ihrer Verbindung dennoch eine Compensation der chemischen Wirkungen
dieser Ströme bei ihrem Durchgange durch den feuchten , chemisch präpa-
rirten Papierstreifen in entgegengesetzten Richtungen eintritt. Fig. 35 stellt
die Verbindungen zweier zum gleichzeitigen Entgegensprechen eingerichte-
ten chemischen Schreibapparate dar und es findet hierbei folgender Vor-
gang statt:
Wenn auf Station A der Doppeltaster niedergedrückt wird, so geht der
positive Strom der Linienbatterie durch a und c des Tasters in den Platin -
•tift dj durch das feuchte Papier zur Metall walze e und in die Leitung, der
positive Strom der Ausgleichungsbatterie dagegen durch einen Rheostaten
in die Metallwalze, in einer dem Linienstrome entgegengesetzten Richtung,
durch den Papierstreifen und durch d, c' und a zurück zur Batterie. Auf
dem Papierstreifen des Apparates A entsteht folglich kein Zeichen , wohl
104 Die Fortschritte der elektrischen Telegraphie.
aber auf dem des Apparates B , wo der von A herkommende positive Li-
nienstrom aus dem Schreibstifte d dnrch das feuchte Papier zur Walze e
und von hier durch c und b des Tasters zur Erde gelangt. Der Rheostat
ist deshalb eingeschaltet, damit der Linienstrom gezwungen wird, durch
den Papierstreifen hindurchzugehen und nicht denselben auf dem Wege
über c' a' und durch die Aiisgleichungsbatterie hindurch umgehen kann.
Wird nun am Apparate B gleichzeitig der Doppeltaster niedergedrückt,
so ist hier derselbe Vorgang wie bei A ; die Ströme der Linien • und Aus-
gleichungsbatterie gehen in entgegengesetzter Richtung durch den feuchten
Papierstreifen und compensiren sich hieV in ihrer chemischen Wirkung, so
dass der von ^ herkommende Strom allein wirksam bleibt, dagegen geht
der positive Linienstrom von B in der Erde nach A , durch die dortige Li-
nienbatterie über a und c in den Schreibstift, durch den Papierstreifeu und
über e in der Leitung zurück zum andern Pole der Linienbatterie von B.
Es entstehen also auf dem Papierstreifen des Apparates A so lange farbige
Zeichen , als in B der Doppeltaster niedergedrückt wird , ebenso Zeichen
auf dem Papier des Apparates B in dem Maasse als mit dem Taster in A
gearbeitet wird, es mag dies gleichzeitig geschehen oder nicht.
Da der elektrochemische Apparat keine hörbaren Zeichen giebt, so
muss mit jedem Apparate noch ein Weckerwerk verbunden werden , wel-
ches durch den von der entfernten Station kommenden Strom gelöst wird.
Im Jahre 1854 ist es dem Telegraphen • Ingenieur Frischen in Han-
nover, sowie den Herren Siemens und Halske in Berlin gelungen, dem
Morse'schen Schreibapparate eine solche Einrichtung zu geben, dass das
gleichzeitige Telegraphiren auf einem Drahte in entgegengesetzten Rich-
tungen nnabhHngig von dem variabelu Zustande der Batterien und ohne
Anwendung von Ausgleichungsbatterien vollkommen sicher ausgeführt wer-
den kann. Die Einrichtung und Verbindung zweier solcher Apparate A
und B ist in Fig. 36 dargestellt. Das Relais eines solchen Apparates ist mit
zwei gleichlangen und gleichstarken von einander isolirten Drähten um-
wunden, so dass zwei gleichstarke elektrische Ströme, welche gleichzeitig
in entgegengesetzten Richtungen durcli diese beiden Drähte hindurchge-
sandt werden, sich in ihrer elektromagnetischen Wirkung vollständig auf-
heben und keinerlei Bewegung an denselben hervorbringen. Geht hingegen
ein Strom durch eine dieser Windungen allein oder durch beide Windungen
in derselben Richtung oder gehen endlich zwei ungleichstarke Ströme in
entgegengesetzter Richtung durch beide Drahtwindungen, so wird das Re-
lais dadurch afficirt und der Strom der Localbatterie durch das Schreib-
werk hindurch geschlossen. Der Strom der Linienbatterie, welcher beim
Niederdrücken des Tasters in Circuiation tritt, theilt sich hinter dem Taster
in zwei Zweigströme, welche die beiden Drähte des Relais in entgegen-
gesetzten Richtungen und in gleicher Stärke durchströmen und demnach
keine Wirkung auf dasselbe hervorbringen. Der eine dieser Ströme geht
durch die Leitung nach der entfernten Station und kehrt in die Erde zu-
rück, der andere hingegen, um mit jenem gleiche Stärke zu haben, durch
einen eingeschalteten künstlichen Widerstand , welcher dem in der Leitung
und den eingeschalteten Apparaten zusammengenommen gleich ist, und
hierauf an derselben Station zurück zum andern Pole der Linienbatterie.
Der Vorgang beim einfachen Telegraphiren von A nach B ist demnach fol-
gender : Der Strom der Linienbatterie geht von p durch a und b des nieder-
gedrückten Tasters nach einer Metallfeder S und in den Hebel x und theilt
Von L. Galle. 105
fiich hier in zwei Zweige; einer derselben geht durch einen Relaisdraht in
der Richtung von e nach r/, durch den Widerstand zur Erde und zum an-
dern Batteriepole, der andere durch den zweiten Relaisdraht in der Rich-
tung von rf' nach e' und in der Leitung nach dem Apparate B, hier durch
einen Draht des Relais in der Richtung von c' nach iV in den Hebel x und
durch b und c des ruhenden Tasters zur Erde. Ein schwächerer Stromtheil
geht hier auch noch durch den zweiten Relaisdraht, jedoch in derselben
Richtung von e nach d und durch den Widerstand zur Erde. Das Relais
des Apparates A bleibt demnach in Ruhe, während in B des Relaishebel f
angezogen und mit der Schraube g in Berührung gebracht wird, wodurch
sich die Localbatterie durch den Elektromagnet des Schreibwerks hindurch
schliesst, wie aus der Zeichnung deutlich zu ersehen ist.
Wird nun in ß gleichzeitig der Taster niedergedrückt, so geht auch
hier der Linienstrom in zwei gleichstarken Zweigen und in entgegengesetz-
ten Richtungen durch das Relais und übt demnach keine Wirkung auf das-
selbe aus , es bleibt also nur der von A herkommende Strom hier wirksam.
Derjenige Zweigatrom der Linienbatteric von B^ welcher in der Leitung
nach A gelangt, geht hier durch den einen Relaisdraht in der Richfung von
e* nach d\ über x und S in den Tasterhebel b und von hier aus über a
(wenn der Taster niedergedrückt ist) oder über c (wenn der Taster in Ruhe
iflt) oder endlich durch den zweiten Relaisdraht in der Richtung von c nach
d und durch den Widerstand (wenn der Tasterhebel b während des Nieder-
drückens weder mit « noch mit c in Berührung ist) zur Erde , afficirt hier
das Relais und bewirkt dadurch den Schluss der Localbatterie. Das Nie-
derdrücken des Tasters in A wird daher stets nur entsprechende Zeichen
in B und das Tasterdrücken in B Zeichen in A hervorbringen , es mag dies
gleichzeitig geschehen oder nicht.
Zu demselben Resultate der Erklärung des gleichzeitigen Entgegen-
sprechens gelangt man auch , wenn nmn die gleichzeitige Coexistenz meh-
rere Ströme in einem Drahte läugnet. Wenn sich die Ströme in der Lei-
tung zerstören, so bleibt an jeder Station der Zweigstrom Übrig, welcher
durch den Widerstand hindurchgeht und welcher wegen seines einseitigen
Dnrchganges durch das Relais dasselbe nothwendigerweise afficiren muss.
Die in Fig. 36 dargestellten Apparate sind als Uebertragungsapparate
80 construirt, dass man durch jeden derselben eine ankommende Depesche
ohne Zuthun eines Beamten gleichzeitig znrücktelegraphiren , also coUa-
doniren lassen kann. In diesem Falle vorrichtet der Schreibhebel , indem
er die Zeichen auf dem Papierstreifen einschlägt, gleichzeitig die Function
de« Tasters. Wenn eine Depesche, welche von A nach B telegraphirt wird,
durch den Apparat B gleichzeitig' nach A zurücktelegraphirt werden soll,
60 wird in B der Hebel x auf die Feder C gestellt, wodurch der Taster aus-
* geschaltet wird und der Schreibhebel an dessen Stelle tritt. Der von A nach
B kommende Strom geht dann nämlich durch den einen Relaisdraht in der
Richtung von e* nach d' in den Hebel x^ über C in den Schreibhebel h und
Ton hier analog wie beim Taster, entweder durch die Schraube f oder durch
k oder endlich durch den andern Relaisdraht von e nach d und den Wider-
stand zur Erde.
Wenn nun der Schreibhebel h angezogen ist und auf der Schraube i
aufliegt, 80 geht der Linienstrom von p durch i und h nach C in den He-
bel x und von hier an in gleicher Weise, wie oben beschrieben wurde, näm-
lich in zwei gleichstarken Zweigen , aber in entgegengesetzten Richtungen
106 Ueber die Gleichung der Ebene.
durch die beiden Relaisdrähte, hierauf einerseits durch den Widerstand
zur Erde und Batterie zurück, andernseits in der Leitung nach A und bringt
hier dieselben Zeichen hervor, welche von da aus mittelst des Tasters nach
B hin telegraphirt werden.
In einem folgenden Artikel soll das auf einem ganz anderen Principe
beruhende gleichzeitige Telegraphiren von zwei gleichgerichteten Depe-
schen besprochen werden.
vn.
Ueber die Gleichung der Ebene.
Von Dr. W. Schell,
Privatdocent an der Universität Marburg.
u.
jm zu einer Gleichung für die Ebene in Bezug auf ein Parallelcoordina-
tensystem zu gelangen, besitzt die analytische Geometrie verschiedene
Mittel. Entweder betrachto£ man nämlich die Ebene als den Ort aller
Punkte, wolche von zwei festen Punkten gleichweit abstehen, oder man
geht von der Eigenschaft der Ebene auj», vermöge welcher von irgend
einem Punkte in ihr sieb unzählige Gerade ziehen lassen, welche ganz in
dieselbe hineinfallen, oder man sieht die Ebene als den Ort aller Punkte
an, welche mit dreien festen Punkten in ihr die Ecken einer Pyramide bil-
den, deren Volumen gleich Null ist, oder endlich man benutzt den Satz,
nach welchem die Projection eines geschlossenen Polygons auf irgend eine
Gerade im Kaume verschwindet. Jede dieser Methoden besitzt ihre Vor-
züge , aber alle haben Das gemein , dass ihre Anwendung bei schiefwinkli-
gen Coordinatensystemeu weniger einfach , als beim rechtwinkligen ist. Im
Folgenden soll nun eine Methode , die Gleichung der Ebene abzuleiten, ge-
geben werden , welche von diesem Mangel frei ist und zugleich die Rech-
nung auf ein Minimum reducirt. Es gründet sich dieselbe auf einen be-
kannten Satz über das Dreieck , dessen Beweis wir aber hier etwas sorg-
fältiger führen wollen , als sonst wohl zu geschehen pflegt.
Sind Ay B, C die Dur clischnitte dreier festen Geraden,
M ein beliebigerPunkt in ihrer Ebene und er, ßy y die Punkte,
in welchen die Transversalen MA^ MB ^ iIfCdie den Punkten A^
By C gegenüberliegenden Linien BC, CA^ AB treffen, so ist,
welches auch immer dieLage des Punktes ilf und die gegen-
seitige Lage der drei festen Geraden sein mag, die Summe
der absoluten Werthe der drei Verhältnisse
Von Db. W. Schell. 107
uM ßM yM
der positiven Einheit gleich.
Ein solches Verhältniss , z. B. — - wird hierbei alb positiv oder ne-
aA
gativ angesehen, je nachdem die beiden .Linien et Jlf und aA^ zwischen
denen es besteht, gleiche oder entgegengesetzte Richtung haben.
Im zweiten Falle ist also 7 als der absolute Werth dieses Verhältnisses
aA
einzuführen.
Beweis.
I. Wir wollen zunächst annehmen, dass keiner von den Punkten A^
B, C im Unendlichen liege. Dann theilen die drei Geraden , welche sich in
diesen Punkten schneiden , die gaa^e Ebene in sieben Theile (Flg. 37), von
denen einer, die Fläche F des Dreiecks ABC, endlich ist, während die sechs
übrigen sich ins Unendliche erstrecken. Von diesen letzteren werden drei
[U) durch F zu den Kliumen der Winkel Ay B, C ergänzt, während die drei
übrigen {V) in die Scheitelwinkel von A^ B^C fallen. Liegt nun der Punkt
M iu irgend einem dieser sieben Räume, so ist, wie man leicht sieht, in
allen Fällen die algebraische Summe der Dreiecke MBC^ MCA, MAB gleich
dem Dreiecke ABC. Insbesondere
a) wenn M in F liegt , so ist
A MBC + A MCA + A MAB = A ABC,
wenn dagegen
b) if sich-iu einem der Räume ü befindet, so besteht eine der Relationen
A MBC + A MCA — A MAB = A ABC
A MBC— A MCA + A MAB =.-= A ABC
— A MBC + A MCA + A MAB = A ABC
und swar hat hierin jedesmal dasjenige Dreieck das Zeichen — , welches
mit dem Dreieck ABC auf entgegengesetzten Seiten ihrer gemeinschaft-
lichen Seite liegt; fällt endlich
c) der Punkt M in einen der Räume F, so ist diese Relation durch eine
der folgenden
A MBC— A MCA — A MAB ^ A ABC
— A MBC + A MCA — A MAB ~ A ABC
— A MBC—A l^tCA + A MAB =^ A ABC
111 ersetzen und auch hier haben diejenigen beiden Dreiecke das Zeichen — ,
welche mit A ABC auf entgegengesetzten Seiten der gemeinschaftlichen
Seitenlinien liegen.
Liegt der Punkt M in einer der drei Geraden selbst, so gehört er
zweien Räumen F, U oder F, V oder ü, V gleichzeitig an und, wie leicht
SU sehen , bestehen die beiden hierauf bezüglichen Relationen dadurch si-
Q^nltan, dass das Dreieck, welches in der einen das entgegengesetzte Zei-
chen von dem hat, das es in der andern führt, verschwindet. Dies Dreieck
J8t immer dasjenige, ovelches die beiden Punkte A, B oder A, C oder B , C
in deren Verbindungslinie M liegt , mit M zu Ecken hat.
Fälh M in eine Ecke A, B, C^ so gehört dieser Punkt dem Räume F,
<)inem Räume V und zweien Räumen ü gleichzeitig an. Die hierauf bezüg-
lichen ^vier Relationeii bestehen auch hier simultan und zwar wird dies di^*
108 Ueber die Oleichung der Ebene.
durch möglich , dass diejenigen beiden Dreiecke verschwinden , welche die
Ecke gemein haben , mit welcher M susammenfällt.
Rückt M ins Unendliche , so bestehen die obigen Relationen ebenfalls
fort, nur gehen die Dreiecke, welche ilf zu einer Ecke haben, in Parallel-
streifen über.
Da die aufgestellten sieben Relationen sich nur durch die Vorzeichen
von einander unterscheiden, mit welchen die Dreiecke MBC^ MCA^ MAB
behaftet sind , und also aus irgend einer von ihnen abgeleitet werden kön-
nen , wenn man die nöthigen Bedingungen über den Wechsel dieser Zei-
chen hinzufügt, so genügt es, eine derselben als die allgemeine aufzustel-
len. Wir wählen hierzu die erste und stellen sie unter folgender Form dar:
A MBC A MCA A MAß _
'^ A ABC "^ Ä ABC '^ A ABO ~ "'
Die Bedingung ihrer Allgomeingültigkeit ist dem Vorigen zufolge die,
dass jedes der drei Verhältnisse auf d%r linken Seite mit dem Zeichen +
oder — versehen werden muss , je nachdem die beiden Dreiecke , zwischen
welchen es besteht, auf derselben oder auf entgegengesetzten Seiten ihrer
gemeinschaftlichen Seitenlinie liegen.
Nun bestehen femer, sowohl hinsichtlich der absoluten Werthe, als
auch der Vorzeichen , die Gleichungen (Fig. 38 und 39)
A MBC €tM
2)
Aabc m
AMCA _ßM
AABC'^ ßB
A MAB _ yM
AABC~^'
Von dem ersten Thcile dieser Behauptung überzeugt man sich sofort;
was aber die Vorzeichen betrifft, so erhält nach der oben gegebenen
Erklärung ein Verhältniss , wie — , das Zeichen + , wenn aM und aA gleiche,
das Zeichen — , wenn sie entgegengesetzte Richtung haben. Liegen M und
A auf derselben Seite von «, so tritt der erste, liegen sie auf entgegen-
gesetzten Seiten dieses Punktes, der zweite Fall ein. l5a der Punkt a aber
in der Linie BC liegt, so liegen die beiden Dreiecke MBC und ABC im er-
sten Falle auf derselben , im zweiten auf entgegengesetzter Seite der ge-
meinscliaftlichen Linie BC und es erhält also nach dem Obigen das Ver-
A JLIDQ
hältniss -r — --^7, ebenfalls das Zeichen + oder - . Es stimmen also auch
£\ AnL
die Vorzeichen von -j — ---- und — - überein. Ebenso verhält es sich bei
A ABC aA
den in der zweiten und dritten Gleichung vorkommenden Verhältnissen.
Addiren wir jetzt diß drei Gleichungen 2), so folgt mit Rücksicht auf 1)
ganz allgemein
^.ß^yM^^
oA'^ ßB^ yC
wie zu beweisen war.
2. Wir wollen jetzt zeigen, dass unser Satz auch noch gilt, wenn
einer der Punkte Ay B^ Cy z. B. C, im Unendlichen liegt. Da in diesem
Falle die Linien AC und BC parallel laufen , so geht die Fläche F in einen
Von Dr. W. Schall* 1*09
halben Parallelstreifen über , welchen einer der Räume ü ergänzt ; die bei*
den anderen Räume U fallen mit deh Räumen der Nebenwinkel von^^ und
B zusammen; ein Raum F yerschwindet im Unendlichen, während die bei-
den anderen bleiben (Fig. 40). Nun erkennt man sogleich , dass unter den-
selben Bedingungen der Allgemeinheit, welche unter 1. aufgestellt wurden,
auch jetzt noch die Relation
MBC + MCA + MAB — ABC
Qnd also auch die folgende
MBC MCA MAB _
^^ AABC'^ AABC^ AABC~^
besteht. Femer sieht man , dass , wenn
a) der Punkt M in den Halbparallelstreifen F oder in seine Ergänzung ü
fällt,
AMAB = A^MAy + AMBy,
dass dagegen
b) wenn M in einen der Räume U oder V fällt, welche durch die Linie
BC von F und seiner Ergänzung geschieden werden ,
A MAB=zA MAy — A MBy,
sowie, dass wenn
c) M in einem der Räume ü oder V sich findet , welche durch AC von F
und seiner Ergänzung getrennt sind,
AMAB = A MBy — A MAy
wird.
Fasst man diese drei Fälle in einen zusammen, so kann man sagen,
dass allgemein
A MAB — A MAy — A MBy = 0
iüt, wenn man dabei festhält, dass ein Dreieck wie MAy oder MBy das Zei-
chen ändert, sobald die dem ilf gegenäberliegende Seite Ay oder By ganz
in die Verlängerung von AB fällt. Dividiren wir diese Gleichung mit
A ABC und subtrahiren sie von der Gleichung 3) , so kommt
MBC + MBy MCA + MAy _
A ABC ■*" A ABC ~ ^ '
oder weil
MBC + MBy = CBy
MCA + MAy = CAy
ist,
Weiter ist aber
CBy CAy _
AABC^ Aabc~
CBy _
uM
AABC
ttA
CAy _
ßM
AABC
ßB'
daher hat man
rtM ßM
aA '^ ßB
= 1.
Da der Punkt C im
Unendlid
\ion liegt, so ist
• yl-^o
yC
1 10 üeber die Gleichung der Ebene.
nnd also, wenn man dies addirt,
aJ^ ßR^ yC~ '
wie zu beweisen war.
3) Hückea zwei Punkte B und C ins Unendliche (Fig. 41), so geht i
in den Winkelraum A^ zwei Räume U in die der Nebenwinkel von A ttber
der dritte Kaum U verschwindet im Unendlichen, ebenso zwei Räume V
und von dieser letzteren Art bleibt nur der Scheitclraum von A. Man sieht
leicht, dass auch hier noch
MBC + MCA + MAB = ABC
oder
MBC MCA MAB _
ABC """ ABC - ABC ~ '
ist, obgleich hier MCA und MAB Halbparallelhtreifen , MBC uftd ABC Win-
kelrüume sind. Auch hier ist noch
MBC aM
ABC aA
MCA AM ßM
ABC aA ßB
MAB AM yM
ABC ~ aM^ yC
und folglich
•''+;r+'';^=
aA ^ ßB ^ yC
Allpin weil
aM
aA
r=-o
ßB
y^^=o
yC
wird , so löst sich diese Gleichung in eine bedeutungslose Identität auf.
Der im Vorstehenden bewiesene Satz drückt die Bedingung aus, welche
erfüllt sein muss , wenn ein Punkt M in dor Ebene dreier fester Punkte A^
B, C liegen soll. Denn sobald M aus dieser Ebene heraustritt, so schnei-
den die Geraden MA , MBy MC die Seiten des Dreiecks ABC nicht mehr, es
hören also die Momente aM, ßM, yM, aA, ßB, yC auf zu existiren. Unser
Satz ist daher ein Ausspruch der charakteristischen Eigenschaft der Ebene
und kann in Folge dessen dazu dienen , eine Gleichung für die Ebene zu
entwickeln, wie wir dies sogleich sehen werden.
n.
Es werde die Ebene E auf irgend ein rechtwinkliges oder schiefwinkli-
ges Parallelcoordinatensystem der ar, y, z bezogen (Fig. 4*2) und seien y/, B,
C die Durchschnittspunkte derselben mit den Axen der .r, y, z und also AB,
BC, CA ihre Kantenlinien in den Ebenen der xy, yz, zx. Die Entfomungon
der Punkte A, B, C vom Coordinatenursprung 0, nämlich die Strecken OA,
OB, OC bezeichnen wir mit a, h, c; die Ooordinaten eines beliebigen Punk-
tes M der Ebene seien x , y, z.
Von Db. W. Schall. 11t
1. Nehmen wir znnXehst an, es seien n, ft, c alle endlich und po-
sitiv. Dnrch den Pnnkt M and die Axe x legen wir eine Ebene, welche
die Ebene E and die der yz in den Geraden Äa and Oa schneiden wird,
deren Durchschnittspankt a auf der Geraden BC liegt. Ziehen wir nun
darch M eine Gerade parallel der x - Axe , so ist das Stück Mp derselben
von M bis snm Darchschnitt dieser Geraden mit Oa die Coordinate x des
Paliktes M und es besteht sowohl dem absoluten Werthe als auch dem Vor-
zeichen nach die Gleichung
€tM X
aA a '
Ersteres sieht man sofort vermöge der Aehnlichkeit der Dreiecke aMO
und aMp ein, letzteres folgt so. Da a positiv ist, so hängt das Zeichen von
- nur vom Zeichen des x ab. Die Grenze für die positiven und negativen
fl ■ • •
Werthe von x bildet aber die xz - Ebene ; die Grenze für die positiven und
aM
negativen Werthe von — j ist aber nach den Entwickelangen unter I. die
Linie BC und da diese in derselben Ebene liegt, ebenfalls die xz- Ebene,
Daher stimmen — und — auch im Vorzeichen überein.
a aA
Legt man ebenso dnrch die ^-Axe und den Punkt 3f eine Ebene,
welche die Linie ^Am ß^ und durch die c-Axe und M eine Ebene, welche
AB in Y schneidet, so erhält man
ßM_l rJ^ — 1
ßB . b' yC c
Addirt man nun die drei Gleichungen, so folgt mit Rücksicht auf I.
- + 1 + 7=''
a 0 c
welches die Gleichung der Ebene ist.
3. Ist einer der Parameter z. B. negativ, so sind die Grössen
nM , X
— 7 und —
aA a
Absolut gleich , aber von entgegengesetztem Zeichen , mithin
aM X
nüthin ist die Gleichung der Ebene
a^ b*^ c
Aehnlich, wenn noch ein anderer oder anch alle drei Parameter
negativ sein sollten.
3. Läuft die Ebene parallel der or-Axe, so fällt A ins Unendliche, es
wird « = 00 und
mithin bleibt blos
als Gleichung der Ebene.
aM X
aA a
! + -=-•
b c
112 üeber die Gleichung der Ebene.
4. Läuft die Ebene zngleich auch noch mit der y Achse parallel , ist
also 6 = 00 , so bleibt blos
z
- = 1.
c
5. Fällt die Ebene mit einer der Coordinatenebenen s. B. der xy Ebene
zusammen, so wird 0 = 0, a==fr = co und die Gleichung geht über in
2 = 0
wie man sieht, wenn man sie unter der Form
ab
darstellt.
6. Verschwinden alle 3 Parameter, so dass « = 6'=r:=0 wird, wäh-
rend ihre Verhältnisse endlich bleiben, nämlich
a:6:c = A.:^:v,
so erhält man als Gleichung für eine durch den Ursprung der Coordinaten
gehenden Ebene
J + i^ + ^=o
wie man sieht, wenn man dieselbe unter einer Form, wie z. B.
a a
x + -ry+-:Z — a
o c
darstellt und für — , — , a ihre Werthe — , — , 0 eintetzt. Um die Be-
'b c ^ **
deutung von ü* fi, v zu erkennen, denke man «, 6, c im Momente des Ver-
schwindens und falle auf die Ebene vom Coordinatenursprung ein Perpen-
dikel, dessen Länge ;> gleichfalls mit a, ^, c verschwindet. Dann ist, wenn
a^ ß, y die Detenninantenwinkel der Richtung dieses Perpendikels sind,
a___ I
p cos a '
b _ 1
p cos ß '
c I
Hieraus folgt
a:b:c ^^
p cos y
1 1 I
cos a cos ß cos y
und weiter durch Vergleichung mit dem obigen
a:b :l^ = k: fiiv
1. 111
A : u : V = : 3 : .
cos a cos p cos y
Es sind also A, f*, v Zahlen, welche den Determinanten des im Ursprünge
auf die Ebene errichteten Perpendikels umgekehrt proportional sind.
Die Ebene ist eine von den vielen Flächen, deren Gleichungen sowohl
für rechtwinklige als schiefe Coordinaten in der allgemeinen Form
(7r+aA(f)'-
I
Von Db. W. Schell, 113
enthalten sind. Mit Hilfe des im Vorstehenden unter L hewiesenen Theo-
rems gelangt man ohne Mühe auch zu den Gleichungen solcher Flächen.
Wir wollen hier nur das Ellipsoid betrachten.
I. £s seien n, 6, c irgend drei conjugirte Diameter eines Ellipsoids,
deren Richtungen wir als Richtungen der Achsen eines Coordinatensystems
annehmen wollen, dessen Ursprung 0 im Mittelpunkt der Flttche liegt.
Durch einen beliebigen Punkt M der Fläche , dessen Coordinaten a: , y , z
seien, legen wir an diese die Tangentenebene; sie trifft die Achsen der a:,
y, z in Punkten A^ B, C und die Coordinatenebenen ocy^ yz^ zx in den Graden
AB^ BC^ CA. Durch die a: Achse und den Punkt M legen wir weiter eine
£bene , welche das Ellipsoid in eine Ellipse und die Tangentenebene in
einer Graden An^ nämlich der Tangente dieser Ellipse in if/, sowie die
xz Ebene in einer Graden Oa schneidet , deren Richtung zur Richtung OA
conjugirt ist (Fig. 43). Zieht man nun nach Mp=zx parallel OA und MP
parallel Ocr, so hat man
aM X
'iÄ~dA'
Nun ist aber einem bekannten Satze über die Ellipse zufolge
OP.OA = x.OA = a*
und daher wird
aM X /^Y
Tertanscht man die Achsen, so findet man ebenso
ßM y__/»Y
daher ist schliesslich unter Anwendung des unter I. bewiesenen Theorems
(7)'-(f^(7) = '-
Um die Gleichung der Tangentenebene des Ellipsoids im Punkte M
(', y, z) zu finden, genügt Folgendes. Ist iV ein beliebiger Punkt dieser
Ebene mit. den Coordinaten £, 17, {; so ist, wenn die durch N und die Coor-
dinatenachsen gelegten Ebenen die Graden BCy CA^ AB in a\ /?, / tre£Pen,
aA pB y C
Nun ist aber, wie leicht zu sehen
aA OA /^\ ö*
^^i ebenso
ß'N^yfl ,
ß'B b^
y'C c*
Z«ltsclirm f. Mathematik u. Phyiik. 1. 8
114 Ueber die Gleichung der Ebene. Von Db. W. Schell.
mithin ^^ . PV , ^i
-^ + 1;^ + ^=''
2. Kennt man für irgend eine Fläche die Natur der ebenen Schnitte,
welche durch die Achsen der x, y^ z geführt werden können und kann man
ans der Betraclitnng diesei> die Achsenabschnitte der Tangentenebenen,
nämlich die Strecken OA^ OB, OC erhalten , so ist die Gleichung der Fläche
OA^ OB^ OC
bedeuten p, <j, t die Subtangenten jener ebenen Schnitte, so wird
OA^z-x+Q, OB^=y + a, OC=z + t
und also die Gleichung der Fläche
Da ^, a, T als Functionen der Koordinaten .r, y, z ausgedrückt werden
müssen, so ist diese Methode insbesondere dann brauchbar, wenn diese
Längen nur von resp. a:, y, r allein abhängen, so dass etwa p = qj)(.r),
c= i^(^), T = xW wird, wie dies im Obigen der Fall ist. Die Gleichung
der Tangentenebene ist in allen Fällen , wenn S , iy , f laufende Coordinaten
auf derselben bedeuten
3. Schliesslich möge noch bemerkt werden , dass analoge Betrachtun-
gen auch zur Auffindung der Gleichung ebener Curven dienen können. So
ist z. B. für die Ellipse (Fig. 7), wenn dieselbe auf zwei conjngirte Diame-
ter OA und Ott bezogen wird und aA die Tangente in M (o-, y) ist
aM AM _
aA Aa
oder weil
aM_OP
tä in
AM _ PM
1^~ Oa
OP , PM
Da nun PJ^ die Richtung der Polaren des Punktes A und pM die der
Polaren von B ist, so sind A, P; Z>, // und rr, p'^ Ä\ K' zwei Quadrupel har-
monischer Punkte, mithin
0P.0A = 7W*
0p,0ct = OE^
oder weil
OPzr=x, Op-^y
ist, wenn noch die halben Diameter 07> und OA'mit a und b bezeichnet werden
x,OA = a^, y . Oa — b\
mithin, wenn man hieraus OA und Oa entnimmt und in die Gleichnng I)
einsetzt, so kommt als Gleichung der Ellipse
^* . y*
a» ^ h^
Kleinere Mittheilungen.
XIV. Disconn de M. J. lionvflle,
prononc^ aux fun^railles de M. Sturm,
le Jeudiy 20 Decembre 1855.
Messieurs.
Le g^omMre sup^rieur, rhomme excellent dont nous accompagnons
les restes mortels , a ^t^ pour moi, pendant yingt - cinq ans, nn ami d^vou^ ;
^ ptr la bont^ m^me de cette amiti^ , comme par les traits d^un caract^re
Bilf Uni k tant de profondeur , il me rappelait le mattre v^n^r^ qui a goid^
ntes Premiers pas dans la carri^re des matb^matiques , Fillustre Ampere.
M. Sttirm ^tait k mes yeux un second Ampere: candide comme lai, in-
soQciant comme lui de la fortnne et des vanit^s du monde ; tous deux joig-
nant k Tesprit d'invention une instmction encyclop^diqne ; n^glig^s ou
mtee d^daign^s par les babiles qui cberchent le ponvoir, mais exer^ant
nne haute influence sur la jeanesse des Cooles , que le g^nie frappe ; poss^-
^&nt enfin, sans Tavoir d^sir^, sans le savoir peut-^tre, une immense po-
pnlarit^.
Prenez au hasard un des candidats k notre Ecole Polytecbnique , et
^emandez - lui ce que c^est que le tb^orfeme de M. Sturm : tous verrez s'il
r^pondra! La question pourtant n^a jamais ^t^ exig^e par aucun pro-
grimme : eile est entr^e d^elle-m^me dans Tenseignement, eile s'est impos^e
€omme autrefois la tb^orie des couples.
Par cette d^couverte capitale , M. Sturm a tont k la fois simplifi^ et
perfectionn^ , en les enricbissant de r^sultäts nouveaux , les ^l^ments d^al-
fibre.
Ce magpiifique travail a surgi comme un corollaire d'iroportantes re-
cberches sur la m^canique analytique et sur la m^canique Celeste, que notre
confr^re a donn^es, par extrait senlement, dans le Bulletin des Sciences de
H. F^russac.
Deux beaux M^moires sur la discussion des 4quations diff^rentielles
^ k diff^rences partielles , propres aux grands problimes de la pbysique
luifth^matique y ont ^t^ du moins publi^s en entier, grÄce k mon insistance.
«La post^riti impartiale les placera k c6t^ des plus beaux M^moires de
Lagrange. » Yoilk ce que j^ai dit et imprim^ il 7 a vingt ans , et ce que je
r^pite sans craindre qu*aujourd*bui personne vienne me reprocber d'^tre
trop bardi.
• 8»
116 E^leinere Mittheilangen.
M. Sturm a ^t^ le coUaborateur de M. Colladon , dans des exp^riences
sur la compressibilit^ des liquides, que rAcad^mie a honor^es d'un de ses
grands prix.
Nons lui devons un travail curieux sur la vision , un Memoire sur Töp-
tique , d'int^ressantes * rechercLes sur la m^canique , et en particulier un
th^or^me remarquable sur la yariation que la force vive ^prouve lors d'un
changement brusque dans les liaisons d'un Systeme en mouvement. Quel-
ques articles sur des points de detail oment nos recueils scientifiques.
Mais , bien qu'il y ait de quoi suffire k plus d'une Imputation dans cet
ensemble de d^couvertes solidement Fondues et que le temps respectera, les
amis de notre confr^re savent que M. Sturm est loin d'^tre \k tout entier,
m^me comme g^om^tre. Puissent les manuscrits si pr^cieux que quelques-
uns de nous ont entrevus se retrouver intacts entre les malus de safamille!
En les publiant, eile ne d^parera pas les chefs - d^oeuvre que nous avons
tant admir^s.
L'orfginalitm dans les id^es, et, je le r^pite, la solidit^ dans Tex^cu-
tion , assurent k M. Sturm une place k part. H a en de plus le bonheur de
rencontrer une de ces v^rit^s destin^es k traverser les si^cles sans changer
de .forme, et en gardant le nom de Tinventeur, comme le cylindre et la
spbferc^ d'Archim^de.
Et la mort est venue nous Tenlever dans la force de T^e ! H est all^
rejoindre Abel et Galois , Qöpel , Eisenstein , Jacobi.
Ah I eher ami , ce n^est pas toi qnil faut plaindre. Echapp^e aox an-
goisses de cette vie terrestre, ton &me Immortelle et pure habite en pais
dans le sein de Dieu , et ton nom vivra autant que la science.
Adieu, Sturm, adieu.
Prix propos^s
par
TAcad^mie des Sciences*).
L^Acad^mie a propos^, sur des questions math^matiques , plusieurs
grands prix dont nous croyons devoir donner ici les programmes. La solu
tion des questions auxquelles ils se rapportent serait sans aucun doute d^un
tr^s - haut intärßt pour les gc^om^tres. Tous ces prix consistent en une m^-
daille d'or de la valeur de 3000 francs ; les noms des concurrents doivent
ßtre renferm^s dans un billet cacliet^ qu'on n'ouvrira que si la pi^ce est
couronn^e. Le terme de rigueur pour le d^pöt des M^moires (qui doivent
^tre adress^s francs de port au Secr^tariat de TAcad^mie) est seul difT^rent
Voici les programmes de ces prix au nombre de six.
I.
THEORIE DES PH^NOMÄNES CAPILLAIRES.
«iReprendre Texamen comparatif des th^ories relatives aux ph^nomi-
)) nes capillaires ; discuter les principes math^matiques et physiques sur les-
»quels on les a fond^es; signaler les modifications qu'ils peuyent exiger
*) Voyezy pour plus de d^tails^ les Comptes rendus^ tome XLII, s^ance da 28 jan-
vier 1806.
Kleinere Mittheilungen. 117
npoar s'adapter aax circonstances reelles dans lesqnelles ces pL^nom^nes
»s'accomplissent, et comparer les r^snltats du calcul k des exp^riences pr^-
»cises faites entre toutes les limites d^espace mesarables , dans des condi-
iitions telles, que les effets obtenns par chacuue d^elles soient constants. »
Terme de rigueur: le l*' avril 1856.
n.
THlSORJSME DE FERMAT.
«Trouyer, pour an exposant entier qnelconque /i, les Solutions en nom-
»bres entiers et in^gaux de T^quation
^* + y*" = ^* >
•OQ prouver qu*elle n'en a pas, quand n est >2.»
Terme de rigueur: le 1" avril 1856.
m.
THEORIE DES MARIES.
«Perfectionner dans quelque point essentiel la th^orie math^matique
des Maries.
Terme de rigueur: le i*' mai 1856.
IV.
MOUVEMENTS Gi^N^RAUX DE l'ATMOSPHERE.
«Etablir les ^quations des monvements g^n^raux de Tatmosph^re ter-
»restre en ayant ^gard k la rotation de la terre , k Taction calorifique du
»wleil, et aux forces attractives du soleil et de la lune.»
Les auteurs sont invit^s k faire voir la concordance de lenr th^orie
Avec quelques - uns des mouvements atmospb^riques les mieux constat^s.
Lors m^me que la questipn n'anrait pas ^t^ entiörement r^solue, si
Tanteur d*un Memoire avait fait quelque pas important vers la Solution,
TAcad^mie pourrait lui accorder le prix.
Terme de rigueur: le I" janvier 1857.
V.
^QUILIBRE INTERIEUR DES CORPS ^LASTIQUES.
«Trouver les integrales des ^quations de requilibre int^rieur d'un corps
»solide eiastique et homogene, dont toutes les dimensions sont finies, par
»exemple, d'un parall^lipip^de ou d'un cjlindre droit; en supposant con-
»111168 les pressions ou tractions inegales exerc^es aux diff^rents points de
»sasorface.»
Terme de rigueur : le 1*' avril 1857.
VI.
MOUYEMENT DE LA CHALEUR DANS UN ELLIPSOIDE.
«Trouver Tint^grale de T^quation connue du mouvement de la chaleur,
»pour le cas d'un ellipsoide bomog^e , dont la surface a un pouvoir rayon-
»nant constant, et qui, apr^s avoir ^t^ priraitivement ^chauff^e d'une ma-
»niire quelconque, se refroidit dans un milieu d'une temperature donn^e.»
Terme de rigueur: le l** octobre 1857.
NouB ajouterons encore le programme du prix Bordin. Quoique la
IQestion propos^e se rattacbe surtout k la pbysiquo exp^rimentale propre-
inent dite , eile n^est pourtant pas sans quelque liaison avec les questions
math^matiques qui pr^c^dent, par exemple avec celle des mouvements g^-
Q^raux de l'atmosphire.
118 Kleinere Mittheilungen.
PRIX BOEDIN.
Fea M. Bordin, ancien notaire, ayant l^gn^ k TAcad^mie nne rente de
irois mitte francs pour la fondation d'un prix annuel « k la meilleare compo-
sition sur des sujets ayant pour but: Tint^r^t public, le bien de Thumanit^,
les progres de la science et Thonneur national. »
L^Acad^mie a d^cid^ que ce prix serait d^cem^ alternativement dans
les Sections des Sciences math^matiques et dans celles des Sciences pby-
siques.
Elle propose en cons^quence , pour Fannie 18&6 , la question snivante
pour sujet de prix dans les Sections des Sciences matb<^matique8 :
« Un thermometre k mercure ^tant isol^ dans une masse d^air atmosph^-
»rique, limit^e on illimit^e, agit^e ou tranquille, dans des circonstances
»telles, qu'il accuse actuellement une temp^rature fixe, on demande de d^-
»terminer les corrections qu'il faut appliquer k ses indications apparentes,
» dans les conditions d'exposition oüi il se trouve , pour en conclure la tem-
» p^rature propre des particules gazeuses dont il est environn^. »
Ce prix consistera en une m^daille d'or de la valeur de irois mille francs.
Les M^moires devront ^tre d^pos^s, francs de port, au Secr^tariat de
rinstitut avant le l** octobre 1856, terme de rigueur.
ZV. Zur Theorie der Ganunafonktion.
Nach einem Yon Gauss in den Comment. Gotting. rec. T. II. (1812)
bewiesenen Satze kann die Funktion
1 _ 00
0 0
als der Grenzwertb angesehen werden, welchem sich das Produkt
I . 2 . 3 . . . yt ^
^(^ + 0(^ + 2). ..(^ + N)"
bei unendlich wachsenden n nähert; noch etwas genauer lässt sich die Sache
dadurch ausdrücken , dass man den Werth von r{^) zwischen zwei derar-
tige Produkte bringt, welche für unendlich werdende n gegen eine und die-
selbe Grenze convergiren. Hierzu dient folgende Betrachtung.
Wendet man den bekannten Satz
f{x + h) — f{x) = hr{x + eh), I >^>0
auf f{x) =0* an , so ergiebt sich
a^ — I =ha^^la
und fÜrfl = --,Ä= —
"'(f)="(-=-)'-^
demgemäss ist
r{(,)z.T.nf'-t l^l — z") z ' dt
0
und daraus wird mittelst der Substitatiou z^y*
Kleinere Mittheilungen. 119
1
0
Setzen wir ^ als positiv voraus und nennen k die nächst grössere ganze
positive Zahl , so haben wir die Ungleichungen
1 >i — ^>i_/r,
deren letzte stärker wird , wenn wir linker Hand statt O die grössere Ein-
heit nehmen und rechter Hand die, wegen ^{k — I) < k — 1 geltende,
Ungleichung ^ (1 — Ar) > I — k benutzen. So ist nun
« > w — 1 + O (I — fi) >n — k,
und weil y die Grenzen 0 und I nicht überschreitet ,
Demgemäss haben wir
1 ^l
nf'jiX -y)''-' y- dy < r(^) < n^ /(l - i/)^- ' y--' dy
0 0
und durch Ausführung der angedeuteten Integrationen, wenn n als ganze
positive Zahl >/f vorausgesetzt wird.
Hieraus folgt der Gauss'sche Satz , wenn man die beliebige Zahl n in's
Unendliche wachsen lässt und berücksichtigt, dass das erste. Produkt nur
^ie k Faktoren
(,,-^^-l)(;,_^ + 2)...;»
(fi + /i — Ar + I) (^ + /» — Ar + 2) . . . (<u+/0
mehr enthält als das zweite und dass diese in ihrer Gesammtheit für n = oo
den Werth 1 geben. Bezeichnet man
1 . 2 . 3 . . . yt
fi(ft+l)(fi + 2)...(^ + n)
mit Pft und setzt im zweiten Theile der obigen Formel ;t -{- /: für ;t , so hat
man auch
n^/>„<r(fi)<(;i + Ar)^P«
und umgekehrt
Am einfachsten gestalten sich diese Verhältnisse, wenn ^ ein positiver
icbter Bmcb, mithin k=\ ist.
120 Kleinere Mittheilongen.
ZVI. Oeometrische Au^bo.
In der Dresdener mathematischen -Gesellschaft stellte Herr Dr. Balt-
zer die Aufgabe:
Durch ein gegebenes Dreieck ABC eine Transversale , welche AC in
G und BC in H schneidet , so zu legen , dass die Strecken AG , BH und
GH gleich werden ;
mit der allgemeineren Forderung, dass jene Strecken sich wie drei gege-
bene Zahlen verhalten sollen , löste der Verfasser die Aufgabe folgender-
maassen.
Zur Abkürzung sei ^C=a, CA = b, AB = c, BH=zx, AGz=y^
GH=zz und x:yiz=za:ß:y\ man bilde unter der jederzeit zulässigen
Voraussetzung a<^b aus den Seiten AG und GH das Parallelogramm AGHF
und ziehe die Gerade BF^ welche AC in D schneiden möge. Aus ähnlichen
Dreiecken hat man jetzt
HF CD , HF y
-—- = --- mithm CD = —^.CB^=:^a,
HB CB HB X '
d, i. der gestellten Forderung gemäss,
li * CD—^a.
^ o
Ferner geben die nämlichen Dreiecke
HF_CD^ y _ß a
FB~DB^ ^^ FB~ä DB'
und wenn t/ mittelst der Proportion y\zz=zß:y durch z ausgedrtlckt wird,
z y ^
FB~'^ DB'
Legt man ferner durch D parallel zu GH eine Gerade, welche die ver-
längerte BA in E schneidet , so ist
FA_DE ^_:^
FB~ DB ^ ^^ FB~'DB
und der Vergleich mit dem Vorigen giebt
2) * DE=^a.
a
Aus den Gleichungen 1) und 2) folgt augenblicklich die Construktion ;
man bestimmt nämlich auf CA den Abschnitt CD nach Nr. I) und beschreibt
y
aus dem Mittelpunkte D mit dem Halbmesser — a einen Kreis , welcher BA
im Punkte £ schneidet; der Durchschnitt der Geraden BD und AF//DF giebt
den Punkt F, yior&\i( noch FH//AC und HG //DE 7A\ ziehen sind. Da der Hilfs-
kreis im Allgemeinen dfe verlängerte BA zweimal schneidet, so existiren zwei
der Aufgabe genügende Transversalen, von denen die eineC^ und CBy die an-
dere die Verlängerungen dieser Seiten schneidet. — Für a = ß = y wird sehr
einfach CD = DE=CB', für «=1, /3 = i-, y = - erhält man ax ~ by
= c-:, CD^ - \xndDE=--.
b c
Die obige Aufgabe ist sehr wohl geeignet, den vortheilhaften Gebrauch
von Hilfslinien zu zeigen; ohne^iese, z. B. analytisch behandelt, führt sie
auf ziemlich verwickelte Betrachtungen. "^
Kleinere Mittheilungen. 121
ZVn. Einige trigonometAsche Fomeln.
In dem reichhaltigen Apparate von Formeln, womit die ansführliche-
ren Lehrbücher der Trigonometrie versehen sind , dürften wohl auch fol-
gende Gleichungen Platz finden, auf die mich Herr Dr. Baltzer hier
aufmerksam gemacht hat:
5m* {w + ili) = sin* q), + sin* t/; + 2 sin q> sin t/; cos (<p + ij^) ,
sin* (<p — if') = sin* q> + sin* ^ — 2 sin <p sin '^ cos (tp — i^) ,
co#* (g> + ^) = cos* <p + sin* t(; — ^cos fp sin ^ sin (q) + ^) ^
cos^ {(p — ^) = cos* q> + sin* t/; + 2 cos q> sin t/; sin (<p — i^).
Da die Beweise für dieselben sich unmittelbar von selbst darbieten, so
tibergehe ich sie und erwähne nur den vortheilhaften Gebrauch , der sich
von den obigen Formeln machen lässt. Nicht selten hat man es nämlich
mit drei Gleichungen zu thun, deren erste auf stitg) oder cosq> reducirt wer-
den kann, deren zweite entweder sin-p oder cosi^f giebt und deren dritte
entweder 9 + t^ oder 9 — tf; kennen lehrt; in allen diesen Fällen dient eine
der obigen Gleichungen zur Aufstellung einer vierten Beziehung, worin die
Winkel fp und tf; nicht mehr vorkommen. Mit anderen Worten, die ge-
nannten Formeln *geben unter jenen Voraussetzungen eine rasche Elimina-
tion. — Wendet man z. B. die erste Formel auf das geradlinige Dreieck
für tp = A^ ^ = ^
a b
sinA^= — sinC, sinB=s — sinC, A+ B=\W—C
c c
an, so erhält man augenblicklich
c*^=a* + b* — ^ab cosC.
In dem Pothenot'schen Probleme kennt man die gegenseitige Lage
dreier Punkte Ay B^ Cy mithin^C== a, CA = by LaCB = y und ausserdem
die an einem vierten Punkte D gemessenen Winkel BDC =tt und ADC=ß\
will man nun sogleich die Diagonale CD^=z berechnen , so setze man
LCBD = 9>, LCAD = ij; und beachte die Gleichungen
z z
sinq)=z — sin «, sin t/; = — sinß^ <p + ^ =360° — (a + ß+y)-
Die erste trigonometrische Formel giebt dann sofort dre rein quadrati-
sche Gleichung
. •/ . /) . X rsin*a . sin*ß , ^sinasinß , . _ , ."1 _
zar Berechnung von 2.
Hat man eine Standlinie AB ■=• c und an den ausserhalb derselben lie-
genden Punkten C und 2> die Winkel ACB = a , BCB = /?, CDA = y, ABB
= ^ gemessen und will die Entfernung der Punkte CD direct berechnen, so
setze man CD = z^ LABC^=^ 9, LBAD = t/;; es ist dann
AC . ,^ *i>i y
^ c sin^a + ß-k-y)
mithin
Qnd auf ähnliche Weise
endlich 9 + ^ = /3 + y-
z stnastny z
Stn CD = : — 7 ; — rr^. : = — m ,
^ c stn{a + ß + y) c '
sin ß sind z
c sm(ß+y + d) c
122 Kleinere Mittheilangen.
Durch Anwendnng der ersten nnserer trigonometrischen Formeln fin-
det sich nun für z die rein quadratische Gleichung
worin tn und n zur Abkürzung benutzt worden sind.
ZVnL Ein Paar Satze vom Dreieck nnd Viereck.
1. Durch ein beliebiges Dreieck ^^C sei eine Transver-
sale gelegt, welche AB in C|, AC in B^ und BC in A^ schneidet;
die Mittelpunkte der Strecken B^C^y ^i-^^n A^\ mögen der
Reihe nach ^oi ^oi ^o heissen. Die Geraden AA^^ BB^^ CC^
schneiden die Dreiecksseiten BC, CA^ AB in drei in gerader
Linie liegenden Punkten.
2. Durch ein beliebiges Viereck ABCDy dessen Gegen-
seiten AB und CD sich in £*, dessen andere zwei Gegenseiten
^CundD^sich iujP*, und dessen Diagonalen sich in (? schnei-
den, sei eine Transversale gelegt, welche a6 nnd CD \u üi
und 17,, BC und DA in F, und T,, AC und BD in W^ und W^
trifft; die Mittelpunkte der Strecken V^ü^, FtF,, W^W^ mö-
gen der Reihe nach i7, F, W heissen. Die Geraden Eü^ FV,
GW gehen durch einen und denselben Funkt.
Der erste dieser Sätze ist das nach dem Reciprocitätsgesetze gebildete
Correlat des Satzes vom Schwerpunkte des Dreiecks; das zweite Theorem
entspricht dem Gauss^schen Satze , die Mittelpunkte der Diagonalen eines
Vierecks betreffend. Es wäre wünschenswerth , von den obigen S&tzen
ebenso einfache geometrische Beweise zu haben, wie sie für die entspre-
chenden Theoreme längst bekannt sind. Schlömilch.
XIX. lieber das Alumininm theilen Prof. Dr. Heeren und Dir. Kar-
marsch in HSinover folgende bemerkenswertho Thatsachon mit.
Auf der Pariser Industrieausstellung waren einige Dutzend Aluminium-
barren von etwa I Fuss Länge , 1 Zoll Breite und % Zoll Dicke , sowie ein
aus diesem Metall gefertigter kleiner Becher nebst einigen Löffeln ausge-
legt. Der Verkauf dos Metalles ist der Handlung von Rousseau freres , Rue
de Vecole de medicine, übertragen, doch erst nach wochenlangem Harren war
die bestellte Probe zu dem Preise von 3 Francs für das Gramm (11% Thlr.
das Hannoverische Loth) zu erlangen. Die chemische Analyse derselben
wies den nicht unbedeutenden Eisengehalt von 4,6 Procent nach (die Fa-
brikation im Grossen geschieht nämlich in eisernen Retorten) und es kön-
nen daher die im Folgenden aufgeführten Eigenschaften nur für das unreine
Pariser Aluminium gelten.
1. Physische Eigenschaften und V'erhalten bei
mechanischer Bearbeitung.
Eine reine blanke Fläche des Aluminiums erscheint grauweis von einer
Nuance , welche zwischen der Farbe des Zinns und jener des Zinks liegt.
Die Bruchflächen zeigen eine körnige Textur und zwar um so feiner,
je mehr das Metall einer mechanischen Bearbeitung unterworfen war (siehe
yreiter unten).
Kleinere Mittheilungen. 123
Das specifische Gewicht ist hei Gussstticken 2,7302 bis 2,7636, bei ge-
wabstem Blech 2,7696 bis 2,7979. Dieser grossen Leichtigkeit zufolge glaubt
man eher ein unecht versilbertes Stück Holz als ein Metallsttick in der
Hand zu haben ; gleichwohl besitzt das Metall eine so bedeutende Festig-
keit , dass jedenfalls eine ungewöhnliche Körperkraft dazu gehören würde,
eine Barre von den obenerwähnten Dimensionen zu biegen oder abzubrechen.
Ein gegossenes Aluminiumstäbchen , an einem Faden freischwebend,
mit einem harten Körper angeschlagen , giebt einen starken und schönen
Klang.
Im rohen Gussstück ist das Aluminium härter als Zinn , aber weicher
als Zink und Kupfer, etwa von gleicher Härte mit feinem Silber, voraus-
gesetst, dass letzteres ebenfalls roher Guss ist; denn Blech und Draht von
Feinsilber ritzen den Aluminium -Gussstab, sind also härter.
Das gegossene Stäbchen mit der Säge querüber nur ganz seicht ein-
geachnitten liess sich an dieser Stelle leicht abschlagen und brach mit un-
ebener, zackig feinkörniger Fläche, auf welcher einzelne Pünktchen schim-
merten , die aber im Ganzen ohne Glanz war. War kein vorläufiger Ein-
schnitt gemacht, so bog sich das Stäbchen unter den Hammerschlägen und
brach nur widerwillig ab.
Das Aluminium ist sehr leicht zu feilen, setzt sich aber im Feilhiebe
fest und verstopft denselben wie Blei oder Zinn. Unter dem Hammer zeigte
sich das Gussstäbchen geschmeidig , bekam aber bei etwas starkem Aus-
breiten viele und beträchtliche Kantenrisse. Zwischen Walzen gestreckt
nahm der Gussstab schon nach den ersten Durchgängen Kantenrisse an,
welche sich fort und fort vermehrten und ausbreiteten. Das gewalzte Me-
tall ist leicht zu zerbrechen und zeigt eine matte Bruchfläche von höchst
feinem Korn, etwa wie gehärteter Gussstahl (nur von hellerer Farbe als
dieser); dabei zeigt es einen bedeutenden Grad von Steifheit, jedoch ohne
auffallende Federkraft. Blech , zu Papierdicke gestreckt, verträgt ziemlich
das wiederholte Hin- und Herbiegen, bevor es bricht. Beim Auswalzen
var das Metall über der Spirituslampe angewärmt, etwa bis zu der Tem-
peratur, welche bei Zink angewendet wird und dort ein so vortreffliches
Mittel zur Erhöhung der Geschmeidigkeit ist, doch konnte hier kein Nutzen
dieser Operation bemerkt werden.
Das Aluminium zu Draht zu ziehen, wollte nicht gelingen. Bei dem
Versnche , von einem gewalzten Stücke , dessen Dicke Vi e Zoll betrug, mit
der Seheere Streifchen zu schneiden, zerbrachen diese während des Schnei-
dens schon in Trümmer. Als hierauf Streifchen von viel dünnerem Bleche
geschnitten und in die Löcher des Zieheisens gebracht wurden , war es un-
möglich , dieselben zu ziehen , denn stets riss die vielmals erneuerte Spitze
ab , sobald nur die geringste Zugkraft auf die Zange wirkte.
Die bei den letzteren Operationen beobachtete geringe Geschmeidig-
keit legt Dir. Karmarsch dem Eisengehalte des Aluminiums zur Last und
ist daher geneigt zu glauben, dass zur Anfertigung der in Paris ausgelegten
Becher, Löffel etc. ein reineres Metall genommen worden sei.
2. Chemische Eigenschaften.
Das Aluminium hält sich an der Luft sehr gut und erträgt selbst Glüh-
hitze , ohne sich beträchtlich zu oxydiren ; nur bildet sich dabei • auf der
Oberfläche ein Häutchen von Oxyd (Thonerde) , wodurch die Theile des
Hetalla dergestalt eingehüllt werden, dass ein ZuBammenfliessen zu einem
124 Kleinere Mittheilangen«
glänzenden Metallkügelchen nicht erfolgt. Man ist daher heim Schmelzen
nnd Giessen genöthigt, ein Flnssmittel anzuwenden, wozn sich nach Rose^s
Empfehlung sehr gut Chlorkalinm eignet. Noch hesser, obwohl mühsam zu
bereiten, ist das von Deville angewandte Chloraluminiuranatrium. Borax
oder Salpeter können hierzu nicht in Anwendung kommen, weil sie das Me-
tall stark sangreifen.
Der Schmelzpunkt liegt bei geringer Glühhitze weit unter dem des
Messings. Wenn der Schmelzpunkt des Zinks hei 432^ C und jener des
Messings zu 900^ C angenommen wird , so schätzt Prof. Heeren den des
Pariser Aluminiums zu etwa 700^ C\ eine genauere Bestimmung des Schmelz-
punktes schien wegen der mangelnden chemischen Reinheit nicht wichtig.
Besonders merkwürdig ist das Verhalten gegen die verschiedenen Auf-
lösungsmittel.
a) Salzsäure wirkt ausserordentlich heftig ein und löst das Metall
unter stürmischer Entwickelung von Wasserstoffgas zu einer farblosen , hei
längerem Kochen an der Luft in Folge des Eisengehaltes sich gelb färben-
den Flüssigkeit auf.
6) Verdünnte Schwefelsäure verhält sich der Salzsäure ähn-
lich , wirkt aber bedeutend langsamer.
c) Concentrirte Schwefelsäure scheint in der Kälte gar nicht
zu wirken , löst aber erhitzt das Metall langsam unter Entwickelung schwe-
feliger Säure auf.
d) Concentrirte Salpetersäure, sowohl kalt wie warm, wirkt
nicht im Geringsten.
e) Verdünnte Salpetersäure übt in der Kälte und selbst beim
Erwärmen so geringe Wirkung, dass es zweifelhaft wird, ob die ab und zu
sich entwickelnden Gasbläschen wirklich einer- stattfindenden Auflösung
oder Oxydation dos Metalls zuzuschreiben sind.
f) Essigsäure wirkt in der Kälte sehr wonig aber doch bemerk-
lich, in der Wärme schneller, wobei sich Wasserstoffgas entwickelt.
g) Aetzende Kalilauge bewirkt schon in der Kälte die Auflösung
des Aluminiums mit derselben Heftigkeit stürmischer Wasserstoffgasent-
wickelung wie Salzsäure, wobei sich das Eisen in Gestalt eines grau-
schwarzen , am Sonnenlichte glänzende Flitterchen zeigenden Pulvers ab-
scheidet.
Nach diesem Verhalten gegen die verschiedenen Auflösungsmittel ge-
hört das Aluminium, wie das Zink, zu den elektropositiven Metallen;
es steht in der Reihe derselben dem Zink mindestens gleich^ wenn es ihm
nicht noch vorgehen sollte, wie seine Leichtlöslichkeit in Aetzlauge be-
weist , welche selbst in der Wärme auf Zink kaum merklich einwirkt , wäh-
rend sich Ziukoxyd ebenso wie Thonerde mit grosser Leichtigkeit in Kali
löst. Nur die auffallende Indifferenz gegen Salpetersäure könnte auf den
ersten Blick befremden , da Zink von dieser mächtigen Säure mit fast ex-
plosionsartiger Heftigkeit oxydirt und gelöst wird. Seitdem man aber auch
beim Eisen, einem unstreitig elektropositiven Metalle, die Beobachtung
gemacht hat, dass es in Berührung mit concentrirter Salpetersäure in einen
elektronegativen oder passiven Zustand geräth, ist diese Erscheinung
beim Aluminium nicht mehr auffallend, wenn man sich vorstellt, dass letz-
teres bei Berührung mit Salpetersäure dem passiven Zustande mehr als das
Eisen und zwar in solchem Grade anheimfällt, das» es diesen schon durch
verdünnte Säure annimmt.
Kleinere Mittheilnngen. 125
Es wftre utm interessant gewesen, diesen Verhältnissen weiter nach-
sngehen, da sich gerade das Aluminium zu einer solchen Untersuchung eig-
net, aber hier Hess die Unreinheit des Metalls keine entscheidenden Resul-
tate hoffen. Aus demselben Grunde wurde die Absicht, alles disponibele
Metall zu Legirungen zu benutzen, aufgegeben. Zu erwähnen ist nur, dass
sich das Aluminium mit Quecksilber, selbst wenn es auf kochendem Queck-
silber schwimmt, nicht vereinigt, dass es dagegen mit Zinn zu einer ziem-
lich harten aber doch streckbaren Legirung zusammenschmilzt. Nach De-
Tille kann es mit Blei nicht vereinigt werden, verhält sich also in dieser
Beziehung wie Eisen.
. Nach seinen bis jetzt bekannten Eigenschaften gewährt das Aluminium
keine grosse Nutzbarkeit , da es schon wegen seiner unansehnlichen Farbe
und noch mehr wegen seiner Leichtlöslichkeit in den meisten Säuren und
Alkalien auf die Anwartschaft als Stellvertreter des Silbers verzichten
muss. Wollte z. B. der Zufall, dass ein Seifensieder seine Aluminium-Uhr
auf eine mit Lauge verunreinigte Stelle legte, so würde er sie durchlöchert
wieder aufnehmen.
Sollte es gelingen , dieses Metall auf leichte , wenig kostspielige Art
im Grossen zu produciren , so könnte es in vielen Fällen ein Ersatzmittel
für Eisen und Zink abgeben. Die einzigen zur Zeit bekannten Anwendun-
gen des Aluminiums sind: 1) bei sehr feinen Waagen zu den kleineren Ge-
wich tstticken , welche in Folge der Leichtigkeit des Metalls viel grösser
ausfallen, daher weniger leicht verloren gehen und auch leichter zu justiren
sind als die aus Messing, Argen tan oder Platin gefertigten; 3) zu galvani-
schen Apparaten , in welchen es statt des kostbaren Platins und der in vie-
ler Hinsicht unbequemen Kohle grosse Yortheile verspricht. Für diese
letztere Anwendung wäre auch in dem Falle eines nicht sehr niedrigen
Preises auf eine allgemeinere Verbreitung des Aluminiums zu rechnen.
(Mittheil, des Hannöv. Gewerbevereins. 1855. Nr. 6.)
XZ. Eine leichte Methode, arsenhaltige Sohwefelsanre vom Arsenik
n befreien, von Buchner. Die im Handel vorkommende Schwefelsäure
ist zuweilen in einem unverhältnissmässigen Grade mit fremdartigen Stof-
fen verunreinigt, von denen manche die Säure selbst zur gewöhnlichsten
Verwendung ganz unbrauchbar machen. Sehr störend ist der oft bedeutende
Gehalt derselben an arseniger Säure. Auf die Thatsache, dass sich letztere
durch Einwirkung der Salzsäure leicht in das viel flüchtigere Arsenchlorid
Terwandeln und dieses bei einer weit unter dem Siedepunkt (325^) der
Schwefelsäure liegenden Temperatur (unter 132°) überdestilliren lässt, grün-
det sich die von Buchner angegebene (übrigens schon früher von Otto —
8. dessen Lehrbuch d. Chem. 1. Aufl. B. IL S. 450 — angedeutete) Methode.
Nach derselben versetzt man die arsenhaltige Schwefelsäure mit ein wenig
Salzsäure und erwärmt dieselbe, oder noch besser, man leitet durch die
erhitzte Schwefelsäure einen massigen Strom von salzsaurem Gas. Dadurch
wird alles Arsenik schnell als Chlorarsen aus der Schwefelsäure entfernt.
Um jede Spur von Arsen zu vertreiben, braucht man nur nach dem Hin-
durchleiten des salzsauren Gases das Erhitzen noch ein wenig fortzusetzen.
Fast zum Ueberfluss sei noch bemerkt, dass Chlorarsen sehr giftig wirkt.
Durch dieses Verfahren wird zugleich die in der rohen Schwefelsäure ge-
126 Kleinere Mütheilungen.
wohnlich noch vorkommende salpetrige Säure als Chlor - Stickoxyd mit
verflüchtigt. (Annal. d. Ghem. n. Pharm, v. Wöhler. Bd. 94. S. 341.)
ZZL Die Oaiyerdiohtangsverfuche, welche Natterer schon früher
angestellt und (Sitznngsber. d. kaiserl. Akademie der Wissensch., mathem.-
naturw. Classe. Bd. Y. S. 351, 1850 und Bd. VI. S.657, 1851; vergl. Pog-
gend. Annal. Bd. 63. S. 132) bekannt gemacht hat, scheinen den Beweis zu
liefern, dass es unmöglich ist, die sogenannten permanenten Oase durch
blose Anwendung des mechanischen Druckes in den tropfbarflttssigen und
festen Aggregatzustand zu versetzen. Dieselben Versuche haben unzwei-
felhaft dargethan, dass das Mariotte'sche Gesetz für hohe Drucke nicht
mehr giltig ist, sondern dass die Gase sich bei gesteigertem Drucke in
einem immer geringeren Verhältnisse verdichten lassen , und dass auch bei
gleichem Drucke die Dichte verschiedener Gase verschieden ist. Bezüglich
der letzteren Punkte hat der genannte Experimentator unter Darlegung
sowohl hohen persönlichen Muthes als besonderer praktischer mechanischer
Einsicht wiederholte Untersuchungen angestellt (Sitznngsber. d. kaiserl.
Akad. Bd. XII. S. 199, 1854; vergl. Poggend. Annal. Bd. 94. S. 436) mit
einem für die Natur der Sache hinlänglichen Grade wissenschaftlicher
Schärfe und Genauigkeit. Der Druck des comprimirten Gases im Recipien-
ten wurde in ähnlicher Weise ermittelt, wie der Druck des Dampfes in
einem Kessel durch ein gewöhnliches Sicherheitsventil gemessen werden
kann. Zu dem Ende war am Recipienten eine genau cylindrische Bohrung
von 1,445 Wiener Linien Durchmesser angebracht, in welcher sich ein gut
eingeschliffener Stahlcylinder hin - und herbewegen konnte und durch wel-
chen die Oeffnung verschlossen wurde. Zum bessern Verschluss war an
dem untern Ende des Cylinders eine mit Fett getränkte Lederkappe be-
festigt. Das obere stumpf zugespitzte Ende des Cylinders ragte etwas aus
der Bohrung heraus und wirkte auf das System zweier in einander greifen-
der einarmiger Hebel dergestalt, dass, wenn der Cylinder durch den Druck
des Gases gehoben wurde , derselbe gegen den kürzern einen Zoll langep
Arm des ersten Hebels drückte und dadurch den langem 11 Zoll langen
Arm gegen den kurzen, ebenfalls 1 Zoll langen Arm des zweiten Hebels
trieb , dessen längerer Arm 16 Zoll lang mit einer Waagschale zur Auf-
nahme von Gewichten versehen war. Somit hielt ein in die Waagschale
gelegtes Gewicht einem 176 Mal so grossen Drucke , der auf das untere
Ende des Cylinders wirkte, das Gleichgewicht. Die Hebel nebst der Waag-
schale waren durch Gegengewichte gehörig balancirt, so dass deren Ge-
wicht ausser Acht gelassen werden konnte. Da der Durchmesser des Cy-
linders 1,445 Wien. Linien, die Grundfläche desselben, aufweiche das Gas
drückte, 1,6412 Quadratlinien enthielt, so übte eine Atmosphäre einen Druck
von 8 1,377 Grammen auf den Cylinder und es entsprach demnach einem Atmo-
81 377
Sphärendrucke das Gewicht von — ^— = 0,462 Grammen in der Waag-
schale. Mit Berücksichtigung der Reibung des Stahlcylinders bei seiner
Bewegung, zu welcher eine direkte Belastung von gegen 800 Grammen oder
ein Druck von 10 Atmosphären erforderlich war , konnte durch diese Vor-
richtung der Druck des Gases im Recipienten für jeden Moment hinlänglich
genau bestimmt werden. Das im Recipienten befindliche Gas wurde seinem
Volumen nach dadurch gemessen , dass es durch eine mittelst eines Schrau-
Kleinere Mittheilongen. 127
benhahns Terschliessbare Aasströmnngsöffhting nnd sodann dnrch einen
Kantschnkschlanch in eine Glasglocke geleitet wnrde, welche in einer
pneumatischen Wanne dnrch Rollen und Gegengewichte dergestalt aufge-
hangen war, dass sie sich in dem Maasse hob, als Gas in sie einströmte, also
stets das Gas in einer dem Drucke der Atmosphäre entsprechenden Di6hte
enthielt. Die Glasglocke war in 80 gleiche Raumtheile getheilt, deren jeder
dem Rauminhalte des Recipienten — 60 Kubikcentimeter — gleich war.
Indem das im Reeipienten comprimirte Gas langsam und successiv (wofür
•der Schraubenhahn entsprechende Einrichtung hatte) in die Glasglocke ge-
leitet wurde , konnte das Volumen desselben bestimmt werden.
Saueristoff Hess sich nur bis zu einem Drucke von 1360 Atmosphären
verdichten , weil , wie schon frühere Versuche gezeigt hatten , das Oel , wo-
mit das Ventil -Leder getränkt war, sich bei höherem Drucke entzündete,
wodurch ein Entzünden des Stahls und eine Zerstörung des Rebipienten
leicht möglich geworden wäre. Die übrigen Gase wurden im Reeipienten
Bowait verdichtet, bis ein Gewicht von 1290 Grammen in der Waagschale
grade noch gehoben wurde , was einem Drucke im Reeipienten von gegen
1790 Atmosphären entsprach. Durch wiederholtes Herauslassen einer ge-
wissen Quantität Gas in die Glasglocke wnrde nun dieser Druck nach und
nach vermindert und es zeigte' sich dabei eine bedeutende, für verschiedene
Gase übrigens verschiedene Abweichung vom Mariotte^schen Gesetze.
Wäre nämlich dasselbe bei so hohem Drucke noch giltig, so hätte,* wenn
10 Raumtheile Gas aus dem Reeipienten gelassen wurden , auch der Druck
in demselben um 10 Atmosphären abnehmen müssen. Allein der Druck
nahm bei gleicher Verminderung der Dichte in einem für die einzelnen
Gase verschiedenen und um so stärkern Verhältnisse ab, je grösser derselbe
oder die Dichte des Gases gewesen war. So sank der Druck .von 2970 At-
mosphären , wenn 10 Raumtheile Gas entwichen, nicht um 10 Atmosphären,
sondern bei Wasserstoffgas um 101 , bei Stickstoffgas um 136, bei atmosphä-
rischer Luft um 131 und bei Kohlenoxydgas um 163 Atmosphären. Erst
onter einem Drucke von 78 Atmosphären zeigte sich für Wasserstoffgas,
nnter 177 Atmosphären für Sauerstoffgas , unter 85 Atmosphären für Stick-
stoffgas, unter 96 für atmosphärische Luft, unter 127 Atmosphären für
Rohlenoxydgas das Mariotte'sche Gesetz giltig. Desgleichen entsprach
einem und demselben Drucke von 2790 Atmosphären nicht dieselbe Menge
von Raumtheilen oder dieselbe Dichte der verschiedenen Gase. Bei 279a
Atmosphären Druck waren vom Wasserstofi^ase 1008, vom Stickstoffgase
706, von atmosphärischer Luft 726, vom Kohlenoxydgase 727 Raumtheile
im Reeipienten comprimirt. Es stellte sich somit Wasserstoffgas als am
meisten, Stickstoffgas als am wenigsten zusammendrückbar heraus. Die
jedesmalige Menge des comprimirten Gases wnrde durch successives Ent-
leeren des Reeipienten um je 10 Raumtheile, bis derselbe vollständig entleert
war, bestimmt. Gleichzeitig wurde der Druck der noch im Reeipienten beffnd-
licben Gasmenge auf die oben angegebene Weise ermittelt. Die nachfol-
gende kleine Tabelle, welche einer vollständigeren, ans mehrern Versuchs-
reihen von Natterer zusammengestellten entnommen ist, zeigt für einzelne
Drackhöhen das Verhältniss des Drucks zum Volumen oder der Dichte des
Gases and die Abnahme des erstem, wenn das Volumen um je IQ Raum-
theüe vermindert wird.
128
Kleinere Hittheilangen.
^^^^^^^»^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^>^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^,^^^^^^^»l^^^»^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^»^^^^^^^^^^^^^^»^»^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^
WasfleratoSgas*
Stick»to%aä.
Süiiersioffg««*
Atmoaph. LufL
Kolli enoxydgaa, |
Ld
|g
fe
Bi
b
n
H
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« 1
Js
öl
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f — 1
>
<
1^
>
<
11
>
<
11
"5
>
<
ht
>
<
as
1008
2790
705
2790
657
1354
726
2790
727
2790
998
2ÖS9
löl
695
2654
136
647
1284
70
716
2059 131
717
2627
163
9S8
2594
95
6^5
2522
132
637
1218
66
706
2531
128
707
2477
150
978
2505
89
075
239i
128
627
1 100
58
696
2405
120
097
2339
138
968
2423
82
665
2272
122
617
1100
54
686
2283
122
087
2209
130
958
2347
70
055
2156
HO
607
1050
50
676
2165
118
077
2088
121
508
7O0
(22)
455
729
(35)
507
670
(30)
576
1273
(67)
577
1196
(68)
498
085
21
445
6Ö5
34
497
641
29
566
1212
61
567
1133
63
488
005
20
435
662
33
487
014
27
550
U56
56
557
1073
60
478
046
19
425
630
32
477
588
26
546
1101
55
547
1016
57
408
027
19
415
600
30
407
563
25,
530
1047
54
537
962
54
458
öoe
19
405
570
30
457
539
24'
526
993
54
527
911
51
32i
393
0?^)
265
292
(14)
307
322
(12J
376
459
(22)
377
424
(lö)
318
379
14
255
278
14
297
310
12
360
430
20
367
408
16
303
365
14
245
205
13
287
298
12
356'
420
19
357
394
14
298
352
13
235
252
13
277
287
11
346
401
19
347
381
13
SB8
339
13
225
240
12
267
276
11
336
383
18
3S7
368
13
278
320
13
215
228
12
257
265
11
320
367
16
327
355
13
128
134*
(12)
115
118
(in
207
210
(11)
126
129
(U)
177
182
(H)
IIS
122
12
105
107
11
197
199
U
116
' 118
11
107
171
11
108
111
11
95
96
u
187
188, 11
106
107
11
157
160
11
98
100
II
85
85
11
177
177
11
90
00
11
147
149
11
88
89
11
75
75
10
157
107
10
86
8Ü
10
137
138
11
78
7Ö
11
05
05
10
157
157
10
70
76
10
127
127
11
Ö8
08
10
55
55
10
147
147
10
66
06
10
117
^1^
10
58
58
10
45
45
10
137
137
10
50
56
10
107
107
10
48
48
10
35
35
10
127
127
10
40
46
10
97
97
10
88
38
10
25
25
10
117
117
10
1 36
30
10
87
87
10
28
28
10
15
15
10
107
107
10
20
26
10
77
77
10
XXTT. Das mannigfaltig in Anwendung kommende sogenannte Camphii
ist nichts anderes als vollkommen gereinigtes Terpenthinöl. Um dasselbe zt
bereiten wird Terpenthinöl mit einem Zusatz von Wasser und ^^^ friscl
gelöschtem Kalk destillirt , wodurch es weit vollkommener von allen harzi-
gen Theilen befreit wird , als bei einer einfachen Destillation ohne Kalk
Das von dem mit überdestillirtem Wasser abgenommene Camphin, welches
gewöhnlich durch eingemengtes Wasser trübe ist, wird mit Löschpapiei
(2 — 3 Bogen auf 10 Pfund Terpenthinöl) geschüttelt, bis es ganz wasser-
hell ist, und dann noch durch Löschpapier filtrirt.
(Dingler's polyt. Journal. Bd. 137. S. 209.)
Druck von B. G. Teubner in Dresden.
VIII.
üeber die Fotenzenreihen und deren Beste.
Von 0. SCHLÖMILCH.
TT enn man den Rest einer nach Potenzen von x fortschreitenden Reihe
genau ausdrücken will, so hat man im Allgemeinen kein anderes Mittel,
als den Mac Laurin'schen Satz in der Fassung :
1 .1
••^1.2...(« — 1) ^ "'
(Orf/;
diese Darstellung des Restes leidet aber an der grossen Unbequemlichkeit,
dass sie die independente Angabe von Z*^"^ {cc) oder /^"^ {t) voraussetzt, wel-
che letztere in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle auf sehr complicirte
Ausdrücke führt. Daraus entspringt nachher einige Schwierigkeit für die
Bestimmung der Grenzen, zwischen denen Rn Hegt, und es ist sogar nicht
leiten, dass man kein Mittel mehr sieht, um bei unendlich werdenden n
den Betrag von Lim Ä„ aufzufinden. So z. B. erhält man für
Qx -/ V Aresin X
3) f{x)==-—=
y 1 — .x«
sun&chst
(l_a^)/"(x) = l + a:/^(a:),
ferner durch m-malige Differentiation dieser Gleiclmng,
4) ^>-4..> (^y_ (2 »» + ') ^ /•'"> C-^) + »'• r'"- " O^-)
L — a:*
QDd hieraus der Reihe nach
/(o) =r(o) =/•''' (o)....=o
r(o)=i,
/-"(0) = 2V'(0)=2«
fy (0) = 4» f" (0) = 2» . 4« n. K. w.,
mithin
Arciin x .«..2.4^.
^/f^^ ■ » '3.5
ZeiUehi-m f. Mathematik u. Piiy^ik.
3.0.7... (2A •+ 1)
130 Ueber die Pot^nzenreihen und deren Reste.
der Rest aber wird sebr complicirt, wenn man aus der itecarsionsformel 4)
eine independente Formel für / ^"^ {x) abzuleiten versucht oder auch /"<*> (x)
direct durch n- malige Differentiation des Pröductes (I — a^) ^Jtrcsinx
bestimmt. Crleicbwobl ist im vorliegenden Falle eine sehr einfache Form
des Restes zu bekommen und zwar auf folgendem Wege. Einer bekann-
ten Reductionsformel zufolge ist
f x^dx ^^a^-^y|-a»« A + 2 /
X
oder , wenn zur Abkürzung
V\—^^% y\—x^
gesetzt wird,
hieraus ergiebt sich d^r Reihe nach
X 2
3 3
Substitilirt man jode Gleichung in die nächste, so wird
^' ^3.5 ^ ^3.5...(a*+l)
2.4.6....(2A) (2 AH-2) _
"•■ 3.5....C2ATT) — ^"+'
d. i. vermöge der Wcrthe von Pq und Pik^i
Aresin x i2j,2.4., , 2.4... (2A) ... . ,
+
2.4.6...(2A-)(2Ä + 2) 1 i" x^^-^hix
J
Bei dieser einfachen PVrm des Restes können leicht Grenzen für letzteren
angegeben werden; schreibt man nämlich das Integral in der Gestalt:
s
0 '^ I
so hat man für das Integralionsintcrvall / = 0 bis / rr- x
mithin
Von-O. SCHLÖMILCH. 131
X ' X X
y f/ vT—T* -t/x—g^J
i ^ y
d. i.
X
2Ar + 3^e/ yT=7^ /r=^«2Ar+3'
doT Rest der yorigen Reihe liegt also zwischen
2. 4. 6... (2^ + 2) a:^*-^3
3.5.7. ..(aAr + äJ^Tir^
and
2.4.6.. ..(2A: + 2)a?.a*"H3 *
3.5.7...(2Ar + 3) l—x*'
daraus folgt sehr leicht, dass R bei unendlich wachsenden k gegen die Null
conTergirt, sobald die Bedingung l>x> — 1 erfüllt ist.
Nach demselben Verfahren lassen sich alle in der algebraischen Ana-
IjTsis vorkommenden Reihen und deren Reste mit ebenso grosser Kürze als
Strenge entwickeln , Wie im Folgenden gezeigt werden soll.
Die binomische Reihe. Ans der bekannten Reductionsforroel
/;t*rfflr _ a:*-H I ^— ^-1 f x^+^ da:
(l+a)/'+i — it+i (|+.rf "^ ^+1 J {l+x)f*+^
0 ü
ergiefat sich , wenn
gesetzt wird,
^+« . u — k—\ ^
nimmt man k der Reihe nach = 0, 1, 2, 3, . . . (n — l) nnd substitnirt jede
Gleichung in die nächste , so hat man
• ^ 3 ^ 2.3
(m- !)(>*— 2)... (>.-«-!) ^ , 0^— I) (f*-2)... ((*-/!) „
••■^ ^ a.3...« "^ "2:3....« ^'"
and wegen
•_(l+;ry-l
-fo — ■
ergiebt sieh sofort
(i + xy =1 + ii ^ + fL(fL:zl)^.+ ?ik:z.'l(^).r. + ....
^'^ 1 1.2 1.2.3
'^ ^ 1.2....n "^ 1.2...W
Um den Rest is zwei Grenzen einzuschliesscn, geben wir Pn die Form
9*
132 Uebcr die Potenzenreihen und deren Reste.
X
dt
und bemerken, dass (1 + /)"''*""* jederzeit zwischen 1 und (1 + a:)"-'*"-' ent-
halten ist; es folgt daraus
0 0 ' ' 0
d. i.
x"-^^ ^ P«_ > 1 a^+^
;, + ! <li ^^a:)f'< (I +a:f+> u+i
Man kann demnach sagen, dass P« eine Mittelgrösse zwischen
^(l + ar)^und^ -
n+l^ ^ ^ n+\ i+x
ist, und daher den binomischen Satz in folgender Form darstellen
5) (l + a;)'*=I+(^),« + (^).a:'+(^),a» + ...... .
6) ^ = ^[('+-)''T^}
Die Bedingungen , unter denen der Rest bei unendlich wachsenden n
verschwindet, ergeben sich hieraus ohne alle Rechnung; wenn nämlich die
Reihe I + {t^^t^ + (f*)«^' + ... bei ihrer Fortsetzung in's Unendliche con-
vergirt, was für I > ir> — 1 der Fall ist, so hat man eo ipso
folglich auch
Lim[{fx)„+iX-'^^Q] = 0,
weil Q zufolge jener Determination zwischen endlichen Grössen liegt, also
seibor eine endliche Zahl sein muss.
Die Reihen für r' und /(a:+ 1) ergeben sich auf bekannte Weise aus der
Gleichung 5) ; setzt man nämlich a: = ~ und lässt nachher (i unendlich wer-
den, so folgt
7) e' ^l + - + + . . . +
.^/(6'^l);
1.2- ' 1 . 2 . . . ;i
1.2...(n + l)
zieht man ferner von beiden Seiton der Gleichung 5) die Einheit ab , divi-
dirt mit fi und geht zur Grenze für verschwindende ft über, so bleibt
8) /(l + aO = |a:-ix* + ia» — ... + (— 1)«^! I o:«
n
^ ^ ^ n+l \ ' l+xj
Für die Gleichungen 7) und 8) gilt wieder die Bemerkung, dass die
Reste verschwinden, sobald die Reihen couvergiron.
Die trigonometrischen und cyclome trischen Reihen. So-
wie die Binomialreihe als die Quelle aller Reihen für algebraische, expo-
Von 0. ÖOHLÖMILCH. 133
nentielle und logarithmische Functionen betrachtet werden kann, so lassen
sieb auch alle Reihen für trigonometrische und cy ciometrische Functionen
ans den Entwickelungen von cos ^z und sitifAZ nach Potenzen von sin z
herleiten. Hierzu gelangt man ohne Hilfe imaginärer Zahlen auf folgende
Weise.
Wendet man die bekannte Formel der theilweisen Integration
I UV dx =u j V dx — I du j vdx
zweimal nach einander auf das Integral
z
Plf^2 = / 5f>l*+2 zcos ^z dz
an , indem man das erste Mal u = sin^+^z und nachher u =^ sim* + ' 2 cos z
setzt , so findet man sehr leicht
{k + l) (Ar + 2) /*4 = f* sin^^'^z sin fiz + (Ar + 2) 5iw*+ ^zcosz cos ^ z
+ [(Ar + 2)«-^«]/>,+2;
durch eine ähnliche Rechnung , auf das Integral
2
Q^^2 = I W«*+^r sin fiz dz.
0
angewendet, ergiebt sich die entsprechende Relation
{k+ l) (Ar + 2) Ot = — fisin^-^'^ z cos iiz+{k + 2) 5m*+'c cos z sin fi:
+ [(Ar+2)«-u«]£)4+2.
Die erste Gleichung multipliciren wir mit sin ^z, die zweite mit cos fiz^
subtrahiren und setzen
ük = Pk sin fi z — Qk cos \kZ'^
wir erhalten dann nach Division mit (Ar+ I) (Ar + 2)
J) ■*"(*+ 1) (* + 2) "^ (Ä + I) (A + 2) *+•''
in ähnlicher Weise ergiebt sich für den Ausdruck
V\t :=Pi( cos fiz + Qk sin fi z
die Relation
sin'^^^zcosz (/r + 2)«-fi'
^0) ^*= ^+, +()t+,)()t + 2)^^+^- .
Die Gleichung 9) nehmen wir zunächst in Anspruch für Ar = 0, 2, 4, 6 ... .
(2n — 2) und substituiren die gefundenen Gleichungen in einander; dies
giebt
• 1.2 1.2.3.4 1.2.3.4.5.6 ^
M(2'->.')(4'->.')...(2>,-2--ft')
• + ry.TT. . . (2 «) *'" *
_ (2«-^')(4»-^')....(2;i'-^')
"*" 1.2.3.... (2;.) ^'"-
Vermöge der Bedeutung von Uk ist
134 Ueber die Poteiusenreihen and deren Reste.
Z X
Uo^=8in(iz I cos i/kzdz — cos (iz j sin ^z dz
- 0 0
sin uz I — cos uz » I — cos uz
=^stnuz — cos.uz =
. ^ • f* f*
also durch Substitution in die obige Gleichung
11) co,^z=l-^m«z-r-_^^^_^
snr z — .
1.2. 3. ...(2»)
>*(2'->*') (äy->**)„
f. 2.3.. ..(2«) *^'-
Zu einem ähnlichen Resultate führt die Gleichung 9) , wenn man sie für
Xr =: I, 3, 6, . . . (3n — I) benatit und gleichzeitig den Werth
.. siniiz — (isim
. ^' 1-^'
beachtet; man findet nämlich
,(.'-,';..;.(2-^-v)^;,;^;; -
^ 1.2.3....(2n + 0
■^ 1:^7:7. (^n+i) ''•^'•+»' '
Die unter Nr. 10) verzeichnete Relation gestattet zwei entsprechende An-
wendungen und giebt für Ar = 0, 2, 4'.. . (2n — 2)
^. siHfiz fi . ia(2«— (Ä«) .- , ^(2«—^*) (4* — ^«) ,, ,
'^^ -cJj-T''''' + ^\2i^ '''''+ 1.2.3.4.6 "^^ + "
^(2«-^')(4«-^«)...(2-;^±:?-^')
"^ 1.2.3.... (2« — 1) ^'"
^(2«-fi')(4«-^«)...(27;'-^») V^
1.2.3 (2w) ro5z
und für Ar=l, 3, 5, ...(2«— I)
... cos(iz ^ , V—fi* ., . (it_^f)(3«_»t)
^^> -co77 = ^ + -T.r "^^+ 1 2.3.4— ^"^'^""
(l«-^')(3'-f.»)...(2^^'-^')
"*^ 1.2.3... (2«)
1.2.3 (2n+l) co5r
Die nämlichen Resultate ergeben sich auch durch D.ifferenziation der Glei-
chungen 11) und 12).
Was nun die Reste der obigen vier Reihen betriff, so kommt es nur
darauf an, die Grössen ük und Vk in möglichst einfacher Gestalt darzu-
stellen. Schreibt man zu diesem Zwecke
Von O. SCHLÖMILCH. 136
i - z
Pk= I sin^ w cos ^fv dw^ Q/^ =: j sin^ w sin ^w dtv ^
0 d
86 erhalten ü^ and Vk die Formen:
r'
15) ük =^ I sit^ w sin f* (z — w) dw ,
0
z
16) Vk = f sinf' w cos^{z — w)dw,
0
Ein Paar Grenzen für üi^ und Fit finden sich auf folgende Weise. Wir
schreiben statt Nr. 15)
z
««tt (z — w) ,
CO« w ^ ^ dw
cosw
0
und bezeichnen mit a und ß das Maximum und das Minimum , welches die
gebrochene Function
sin (IL {z — w)
cosw
annimmt, wenn w das Integrationsintervall 0 bis z durchläuft; damit weder
o noch ß unendlich werde , müssen wir voraussetzen , dass cos w nicht zum
Verschwinden komme , dass also der grösste Werth von iv, nämlich z , we-
niger ala ^n betrage. Unter dieser Bedingung liegt Uk zwischen den
Grössen
a I stn^ w cos w dw^= a-
z
üit= j sin'' w i
und
demnach ist
*+'
z
/sin ^ z
sin'' w cos w dw = ß — ;
wo M (a, ß) eine zwischen a und ß liegende von k unabhängige Grösse be-
xeichnet. Nennen wir entsprechend y und d den grössten und den klein-
sten Werth , welchen die gebrochene Function
cos (i {z — w)
cosw
annimmt, wenn-n^ das Intervall 0 bis z durchläuft, so erhalten wir durch
eine ähnliche Schlussweise
sin'^^^z V
Unter ider gemeinschaftlichen Bedingung i»>2> — in haben wir nun
die vier Formeln
■sm
.a»-ii
136 Ueber die Potenzenreihen und deren Reste.
^'^ ^ 1.2.3.4.... (2m)
+ (_^)-+l ^^^'-^^ (f^'-^;^) ,,•„..+, z.M{a,ß),
^^ ^ 1.2.3....(2«+l) ^ ^^'
18) ,.«,z= ^ *^ - - tV. 3- ""' ^ + ^TTäJTT -"""' — ■
..+(_,),>>(^'-'')--y-^')..v.'->-^-z
^^ ^ 1.2.8.... (2w+ I)
' C0S2 1 1.2.3 I.2.3.4.&
■■"^^ ^ 1.2.3....(2«— 1)
'^ cr>sc 1.2 1.2.3.4
••+(-')'• -^^ 1.2.3.... (2.) '"'^
^^ '^ 1.2 (2/1 + 2) *''* ^ C05Z
Bei ganzen positiven fi sind gerade und ungerade fi zu unterscheiden;
die Reihen in 11) und 13) werden für ^ = 2« endlich und ihre Reste ver-
schwinden, ebenso brechen die Reiben 12) und 14) für ft=2/i + 1 ab mit
verschwindenden Resten. In jedem anderen Falle dagegen werden die
Reihen unendlich und dann ist aus den Formeln 17) bis 20) das Verhalten
der Reste zu erkennen, wenn die Bedingung 47t>t> — ^n festgehalten
wird. Jede der vier in den erwähnten Formeln vorkommenden Reihen con-
vergirt nämlich unter der gemachten Voraussetzung und daraus folgt, dass
für unendlich wachsende n jedes der allgemeinen Glieder die Null zur
Grenze hat. Der Faktor von M {a, ß) in Nr. 17) ist nun identisch mit dem
allgemeinen Gliede der Reihe 19), imd der Faktor von M {a^ ß) in Nr. 18)
einerlei mit dem allgemeinen Gliede der Reihe 20); die Reste der ersten
beiden Reihen verschwinden also für w = qo. Weil ferner die Coefficien-
ten von — ^'.^ in 1 9) und 20) mit den allgemeinen Gliedern der nämlichen
Reihen übereinstimmen, so verschwinden auch hier die Reste.
X
Die Reihe für cos x ergiebt sich aus Nr. 11), wenn man z = — setzt
und nachher (i unendlich werden lässt ; vermöge der Bedeutung voiv Uk in
Nr. 15) ist zunächst:
• Von O. SCHLÖMILCH. 137
1 / . ^V. ^ ^ V/ / . xY
1.2 V^ fiJ ^ 1.2.3.4 \^ fij
•• + (-•) i.a.3....(';^n) 1'**'%;
durch Einführung einer neuen Variabelen v ^= fiw oder tv=^— wird das
letzte Glied ^
<-"*' ,.1.i....{in) J (,»•""?] ».(x-.)d»
and für ^ = oc ergiebt sich nun
2t) cosx=l-— + ——--, ,. + {-1)"
1.2 1.2.3.4 • • • V / 1.2... (2w)
X
^ ^ 1.2...(2w),/ ^ ^
0
Aus' Nr. 12) erhält man durch dasselbe Verfahren
22) w«a:=-----^+.... + (-I)«
1.2.3 ' ' . ' 1.2.3... (2n+ I)
dt;.
0
Will man diese Reihen direct entwickeln, so braucht man nur von der
dnrch partielle Integration leicht erweisbaren GUeichung
X X
y r*+2 sin (x — v) dv = x^-^"^ — (ä" + 1) (A: + 2) j v^ sin {x — v) dv
0 0
oder
« OD
O 0
anszogehen und sie erst für Ar = 0, 1, 2, ... (2n — 2) und dann für Ar= 1,
3, 5 ... (2 n — 1) in Anwendung zu bringen. Da sin {x — v) von t; = 0 bis
pz= X ein ächter Bruch ist, so beträgt der Rest
07
I v'^sinlx — v)dv
einen Bruchtheil von
138 lieber die Pot^nsenreihen und deren Reste.
X
-i fv^dv=:
.... Ar«/
r*+l
1.2. ...Art/ l.2.3...(^+l)
und verschwindet ftir unendlich werdende k.
Zieht man beide Seiten der Gleichung II) von der Einheit ab und di-
vidirt mit ^4', so hat man ^
1.3.3 (2n)
+ ^ r-T^ \^ V / 5in^* w — ^--^^ 'dtv
1.3.... {2w) e/ f*
und für fi = 0
2.4.6... (2/1 — 2) wt^*g
3.5..7...(2« — I) 2«
z
3.5.7...(2w — I) t/
0
Liegt z zwischen — \n und + 1 »» so kann das vorkommende Integr<il
z
m^* wcoswdw
co^rv
0
leicht in zwei endliche Grenzen eingeschlossen werden; es ist nHmlich,
wenn a und 3 das Maximum und Minimum von bezeichnen
'^ cosm
2
• stn*^ w cos w dw= M(a, ff).
cosw 2n + l
0
Hieraus folgt sehr leicht, dass der Rest in 23) verschwindet, wenn die vor-
hergehende Reihe convergirt und \n> z> — \^n ist. Das Ergebniss be-
steht in der von Stainville zuerst entwickelten Formel für {Aresin x)\
Dividirt man beide Seiten der Gleichung 12) durch fi und lässt nach-
her n in Null übergehen, so bleibt ^
24) .^^^ + 4
I • » 3 ' 2.4 6 '
1.3.5.... (2w — I) ^fV^"+i2
2.4.6.... (2w) 2n+l
z
0
unter der Bedingung 4 ;i > t > - 1 n; ist wie vorhin der Rest
Von O. SCHLÖMILCH. 139
2.4.6... (2n) 2n + 2 ^ "^^
und verschwindet für n = oo. Im letzteren Falle erhält man die bekannte
Reihe für Arc9in x.
Ans der Gleichung 13) ergiebt sich durch Division mit f* und nachher
fÜrfisO
25) .±- = smz + tsin*z + l^sm^z +
^ cosz ^ /^3.5
, 2.4.6.... (211 — 2) . „.. ,
•••^3.5.7....(2« — l)*"*
z.
2. 4. 6. .•(2« — 2) 2n P ,
7 ^ I sm
3.5.6... (2 n —l) coszj
was für ^9s>2> — ^n mit dem in der Einleitung entwickelten Eesul-
tate übereinstimmt.
Nicht ohne Interesse sind noch die Ergebnisse, welche man aus den
Gleichungen 17) und 18) durch Multiplication mit dz und Integration zwi-
schen den Grenzen z = 0 bis z = ^ 9c ableiten kann. Unter Benutzung der
bekannten Formel
" .«. , 1.3.5...(2A:— 1) n
2.4.6.... (2Ä^) 2
Ö
erhält man nämlich aus Nr. 17)
sm\yLn_n f. ^* ^'(2« — fi')
2«. 4«
J-
8 L 3»
2*.4»....(2n)« J
1.2. 3.... (2«) J
and durch Zasammenziehung der eingeklammerten Reihe
tin\ji^_n_ (a«- ^') (4* ->.*).... (2?- p«)
"^^ F ~~* 2«. 4» (2n)«
.1*
"•->*■) /
l.2.3....(2»i)
,>(a'-^')(4»-^')...(i?-,t') Tj^^^rf,,
Vermöge der Bedeutung von I/q« ist
U^ndz
/'
^4« 2 4« z
^^= f Hnigzdz I siii^" w cos ^rv dw — I cosfiLzdz j sitfi'^tv sin fktvdw
0 0 0 0
140 Ueber die Potensenreihen und deren Reste.
und hier lässt sich auf jedes Doppelintegral rechter Hand die bekannte
Formel*)
h
h h
= 9> W / /* W d^ — / 9> W f{w) dw
v) dw
h
0 ö
anwenden, indem man h = ^n^ das erste Mal
cos Ai 2
fp (z) = -^-— , f{fv)=z. sin^'* w sin fiLW dw
f*
und das zweite Mal
, , • . sin uz _ , . . -
(p (2) = H ■ — , f(w)^= stn*^ w cos (iwdw
substituirt. Man erhält auf diese Weise
iz
fu^ndz
= cos^iin I sin^**w cos ^w dw -{ I cos iiw sin'^''w cos fiw dw
'0 %-
4« 4^
51« 4 f*7C / sin'^'*w sin fiw dw -{ / sin^w m**w sin fiw dw
" 0
d. i. bei Vereinigung aller Integrale
*) Bezeichnet man nämlich J f(w) div für dcirAugenblick mit F{w) , so ist das
in Rede stehende Doppelintegral
J=f'p'{z)di[F{z)-F{())]
0
=fF{t) q>' (z) dz -F(0) [9 (A) - <p (0)].
0
Bei unbestimmter'theilweiser Integration hat man weiter
/ F(z) q>' (i) dz = F{z) tp(z) -/f' (z) dz (p (z)
= F(z)ip(z)-fr{z)q,{z)dz,
mitliin nach Einführung der Grenzen z=shy z = 0 und durch Substitution in das
Vorige
J^F(f,) <p (Ä) - *'(0) tp (0) -J 9 (X) r(.z) dz - F(0) [<p (A) - <p (0)]
0
= 9 (h) [F(/.) - F (0)] -fq, (z) r(z) dz
= V {^)Jf(">) dl» —J 9 (f) /■('!') dm
0 0
wie oben behauptet wurde.
Von O. SCHLÖMILCH. 141
/ U^^ dz = — I «m^* IV [l — cosfi {^7t — w)] drv .
0 '** 0
Oller endlich mittelst der Substitution fv = ^n — v
/ U^n dz = — I cos^'^v . sin* ^ ^v dv.
0 '^ 0
Um den Werth dieses Integrales zwischen zwei bequeme Grenzen zu brin-
gen, setzen wir 2 > f4 > — 2 votaus; es ist dann
0 < sin* ^t^v<i [sin* » = 1 - cos* v] ,
und folglich liegt der Werth des Integrales zwischen 0 und .
— / (co*^** V — cos^'"^^v) dv
^ 0
2 1.3.5.... (2w—l) I ?r
fi 2.4.6. ...(2n) 2n + 2 2
Wir sind demgemüss berechtigt
l 1.3.5... (2n— 1) 2^ n
f
Ü2ndz= —
fi 2.4.6... (2«) 2« + 2 2
zu setzen, wo ^ einen positiven ächten Bruch bezeichnet. Nach Substitu-
tion dieses Werthes und für ^ = 2Jl ergiebt sich aus Nr. 26) unter der Be-
dingung I > A > — 1
«, (-'r)('-i-)(-S)-(-S)=1^"-V
2«+2
oder mit anderen Worten, der Werth des linker Hand stehenden Produktes
liegt zwischen
sin In , sin Xn ( , 1 \
und ( < + - j;
kn In \ nj
für n = 00 erhält man das bekannte unendliche Produkt für den Sinus.
Mnltiplicirt man die Gleichung 12) mit dz und integrirt von t = 0 bis
^ == l « unter Anwendung der bekannten Formel
r',",>^._,j,_. a.4.6....(2<:)
80 findet man zunächst
(l'-ft*)(3»-ft«)(5'-ft') ... (2M^1*- p»)
'"***" = 1'.3».5« (2« + l)'
"»* 1.2.3.... (2n+I) J ^2- + '<'*;
142 Ucber die Genauigkeit d. LängenmesBiingen m. d. Mesakette ete.
das noch übrige Integral kann ebenso wie das vorige behandelt werden,
wobei sich ergiebt, dass für 2 > fi > — 2
4« •
1 2.4. 6.. ..(2«) 2d
f'
fA 3.5.7... (-In+l) 2«+3
zu setzen ist, wenn ^ wiederum einen positiven ächten Bruch bezeichnet;
die vorige Gleichung geht dann in die folgende ttber
I
('-?.)(-;^)-(-5Äi?)=-i'
»-
211+3
aus welcher das unendliche Produkt f^r den Cosinus folgt..
Nach den hier mitgetheilten Entwickelungen dürfte man sich wohl zu
der Behauptung berechtigt halten , dass eine ausführlichere und genauere
Theorie der Potenzenreihen weniger in die Differentialrechnung, als viel-
mehr in die Integralrechnung gehört, wo sie vor den Lehren von den halb-
convergenten und von den periodischen Reihen eine passende Stelle fin-
den würde.
IX.
, üeber die Genauigkeit der Lftngemnessiingeii mit der
Mesftkette auf yerBchiedenen Bodenarten.
Von J..J. VORLAENDER,
Königl. Preuss. Steucrrath iu Preussisch Minden.
Xn den meisten Ländern ist der Genauigkeitsgrad der Längenmessungen,
welcher bei der Ausübung der Feldraesskunst erreicht werden muss, gesetz-
lich oder reglementarisch festgestellt, gewöhnlich in der Form, dass der
Fehler in der Angabe des Feldmessers einen gewissen aliquoten Theil der
betreffenden Länge nicht überschreiten soll.
Ohne Zweifel beruhen solche Bestimmungen auf practischen Erfahr-
ungen, wie genau man mit den in jenen Vorschriften vorausgesetzten Hülfs-
mitteln messen kann , aber weder die Vorschriften selbst noch die Lehr-
bücher über practische Feldmesskunst geben darüber genügenden Aufschluss.
Ist nun durch solche positive Vorschriften die Fehlergrenze bestimmt, so
haben Erfahrungen der gedachten Art seitdem keineswegs nur ein theore-
tisches Interesse; sie sind auch jetzt noch wichtig, um die Wahl der Werk-
zeuge und die Anforderungen an die letzteren zu leiten, um das Verfahren
bei der Messung zu regeln und das Urtheil des Feldmessers über seine Ar-
beiten sicher zu stellen. Zum Bedürfniss endlich wird die Xenntniss von
dem bei Längenmessungen erreichbarem Genauigkeitsgrade , wenn es sich
darum handelt, Messungen verschiedener Gattung, z. B. Längenmessungen
und Wiukelbeobachtungen, mit einander zu verbinden, um daraus diejenigen
Resultate für die zu bestimmenden Grössen zu entwickeln, welche allen
auf sie gerichteten Messungen am besten entsprechen. Der Feldmesser,
Von J. J. VOKLAENDER. 143
welcher mit dem Theodolithen und der Messkette operirt, wird, wenn et
seine Kunst mit wiBsenschaftlichem Interesse betreibt, nicht unterlassen, vor
dem Oebraach dieser Werkzeuge sich von dem wahrscheinlichen Fehler
einer einzelnen Winkelnahme und einer Anspannung der Messkette zu
unterrichten.
Die Ermittlung des wahrscheinlichen Fehlers einer einzelnen Winkel-
nahme hat im Allgemeinen wenig Schwierigkeit. Der Feldmesser braucht
nnr sein Instrument gehörig aufzustellen, den Winkel zwischen zwei scharf
bezeichneten Zielpunkten wiederholt zu messen und darauf Bedacht zu
nehmen , dass die Nonien bei dieser Operation den ganzen Umkreis des
Werkzeugs durchlaufen; er hat es ohne grosse Umstünde und Kosten in
seiner Gewalt, diese Arbeit so oft zu wiederholen, als er es fUr nöthig hält,
dtmit die zufillligen Fehler der einzelnen Ablesungen keinen merklichen
Einflnss auf das Endresultat ausüben können , der gemessene Winkel also
so genau bekannt wird , als er es wünschen mag. Die Vergleichung dieses
Resultats mit den einzelnen Beobachtungsresultate'n liefert dann unmittelbar
eine Reihe von Fehlern, woraus er den mittlem oder wenn er will den wahr-
scheinlichen Fehler der einzelnen Winkelnahme leicht berechnen kann.
Eine Untersuchung dieser Art hat auch noch die Bequemlichkeit, dass es
dabei auf die Grösse des gemessenen Winkels nicht ankommt , weil nach
allgemeiner Annahme unter den Sachverständigen der wahrscheinliche Feh-
ler der einzelnen Winkelnahme von der Grösse des gemessenen Winkels
nicht abhängig ist.
Schwieriger ist die Ermittlung des wahrscheinlichen Fehlers bei den
Längenmessungen. Versuchsweise Winkelmessungen kann der Feldmesser
tülenfalls von seiner Wohnstube oder doch von jedem beliebig gewählten
Standpunkte ans mit aller Bequemlichkeit anstellen; die Linienmessung er-
fordert noth wendig, dass er sich in der Richtung der zu messenden Linie
fortbewege und das Resultat der Operation ist allen Einflüssen der Boden-
verschiedenheit und anderer störenden Einwirkungen, ausgesetzt Wollte
er die Umstände so günstig als möglich wählen, etwa seine Versuchsmessung
Mf dem Fusswege einer ebnen Chaussee anstellen , so würde er ein Resul-
tat finden, welches von dem durchschnittlichen Genauigkeitsverhältniss der
in der practiachen Ausübung der Feldmesskunst vorkommenden Längen-
messungen ohne Zweifel beträchtlich abwiche. Er müsste also das Local
der Messung so oft wechseln, als nöthig wäre, um einigermaassen sicher zu
•teilen, dass die Einflüsse der Bodenverschiedenheit und anderer Umstände
Ach gegen einander ausgeglichen haben; auch müsste die Arbeit so oft
^Hederholt werden , dass von einer Gruppirung der als zufällige Fehler an-
gesehenen Messungsdifferenzen ein Schluss auf das ihnen zum Grunde lie-
^de Wahrscheinlichkeitsverhältniss gemacht worden könnte. Aber zu
j^er Messung einer geraden Linie vermittelst der Messkette bedarf der
Feldmesser wenigstens zweier Gehülfen (Ketten zieher); das Geschäft in
dem gedachten Umfange ausgeführt, würde also ein sehr kostspieliger Ver-
weh sein.
Diesen Schwierigkeiten ist es wohl hauptsächlich zuzuschreiben, dass
^is jetzt noch so wenig gründliche Untersuchungen über die Zuverlässigkeit
dtt Längenmessungen öffentlich mitgothcilt worden sind. Das Wenige,
vti wir haben , beschränkt sich auf Versuchsmessungen mit Ketten oder
Haassstäben von verschiedener Länge an ausgewählten Plälsen, die Anzahl
der verglichenen Resultate ist gering.
Indem ich zu diesen immerhin sebr schätzbarem VersucK^w «\w^Xk^^v
144 lieber die Genauigkeit d. Längenmessungen m. d. Messkette etc.
trag liefere, schlage ich einen von dem bisherigen Verfahren abweichenden
Weg ein; ich befrage nämlich einfach die Erfahrung in einem concreten
Falle. Dabei glaube ich den doppelten Vortheil zu erlangen, dass die be-
nutzten Thatsachen von den unvermeidlichen Mängeln eines willktihrlicb
angestellten Versuches völlig unabhängig sind und dass die genommenen
Resultate der Praxis um so sicherer entsprechen werden, als sie der Praxis
selbst ihren Ursprung verdanken.
Die Arbeit, welche jene Thatsachen geliefert hat, ist die in den Jahren
1852 und 1853 ausgeführte Vermessung dos Amtes Reckenberg im preussi-
sehen Regierungsbezirk Minden. Dieses Amt umfasst eine Fläche von
2V10 QuadratmeÜQn und wird durch den Emsfluss in zwei nahe gleichgrosse
Theile zerlegt, wovon der nördliche Theil aus lockerm Sandboden, der süd-
liche aus Kleiboden besteht. Die Vermessungsmethode war die in den
Jahren 1820 bis 1832 bei der Aufnahme' des Grundsteuerkatasters in den
Provinzen Westfalen und Rheinland fast überall zur Ausübung gekommene
sogenannte Polygonal - Constructionsmethode , wobei dem Feldmesser die
Coordinaton der Dreieckspunkte III. Ordnung gegeben wurden, zwischen
denen er Dreiecke IV. Ordnung zu construiren und in Verbindung damit
jede Flur, d. h. jede in dem.vorschriftsmässigen Maassstabe auf einem Kar-
tenbogen darstellbare in natürliche Grenzen eingeschlossene Fläche mit
einem Polygon zu umgeben hatte, in dessen Winkelpunkte und Seiten die
zur Aufnahme des im Innern befindlichen Details erforderlichen Con-
structionslinien eingebunden wurden. Die Winkel dieser Polygone wurden
,mit Theodolithen , die Seiten im Rheinlande mit Messruthen ^ in Westfalen
mit Messketten gemessen.
Im Amte Reckenberg wurden zu den Längenmessungen Messketten
von 5 Ruthen Länge gebraucht, deren einzelne Glieder ein Zehntel Ruthe
lang sind. Nach der Mittheilung des Herrn Kataster-Controleurs Sartor j
welcher die Vermessung des Amtes leitete, waren die im nördlichen Theile
desselben, also auf dem Sandboden gebrauchten Messketten nicht von gleicher
Beschaffenheit, wie diejenigen, welche später im südlichen Theile angewen-
det wurden. Erstere wogen 9% Pfund , ihre Glieder bestanden aus Eisen-
draht und waren durch messingene Ringe verbunden und die ganzen Ruthen
durch messingene Abzeichen kenntlich gemacht. An den beiden Ketten-
stäbenringcn und den Abzeichen der ganzen Ruthen waren Schrauben zum
Justiren angebracht. Die später gebrauchten Ketten hatten ein Gewicht
von 11 Pfund 24 Loth bis 12 Pfund 28Loth und hatten statt der messingenen
Ringe zwischen den einzelnen Gliedern eiserne Ringe. Die Ringe zwischen
den halben Ruthen waren zwar hier auch von Messing, aber bedeutend
stärker. Herr Sartor giebt den letztern Ketten den Vorzug, weil er be-
merkt hat, dass die messingenen Verbindungsringe der einzelnen Glieder
sich leichter abschleifen auch die Schraubengewinde der Justirungs Vorrich-
tungen beim Gebrauche der Messketten nachgeben und verschloissen.
Zur Prüfung dieser Messketten war für den nördlichen Theil des Amtes
auf einer Kegelbahn für den südlichen Theil in dem Wohnhause des Herrn
Sartor auf ebenem, gedieltem Boden die Länge von 5 Ruthen vermittelst
geaichter Maassstäbe von 5 Fuss Länge, deren Enden von Metall, mit mög-
lichster Vorsicht an einander gelegt wurden , abgesetzt. Jede neue Mess-
kette wurde vor dem Gebrauche mit einem dieser Normalmaasse verglichen
und in Ueber^instimmung gebracht und nach zwei- bis dreitägigem Ge-
brauche fand wieder eine Vergleichung statt. Gewöhnlich zeigte sich in
den ersten Tagen des Gebrauchs die grösste Veränderung der Kettenlänge,
Von J. J. VOBLAENDER. 145
•
welches Herr Bartor dem Umstände zuschreibt, dass bei der AnfertigUDg
der Ketten , insbesondere bei dem Umbiegen des Eisendrahtes nach Innen
hin ein Abblättern des Metalls entstanden sein mochte, welches bei dem
erstmaligem Oebranche abgerieben wurde, wodurch sich die Kette verlän-
gern mosste. Bei den Messungen im nördlichen Theile des Amtes geschah
die PrttfVing der neuen Ketten stets in Gegenwart des Herrn Sartor, bei
den spSiern Prüfungen ist er dagegen nicht immer anwesend gewesen ; im
südlichen Theile dagegen haben alle Prüfungen in seiner Gegenwart statt-
gefunden. Bei den Poljgonseitenmessungen geschahen die Prüfungen in
der Regel nach zweitägigem Gebrauche einer Messkette , bei der Parcellar-
▼eimessung nach siebentägigem Gebrauche. Jed« Polygonseite wurde zwei-
mal gemessen und zwar das eine Mal in der Kichtung von Ä nach B^ das
tndere Mal in der Richtung von B nach A. Ruthen und die zehntheiligen
Fssse worden auf der Kette selbst, die Zolle auf einem an das letzte Fuss-'
glied gelegtem Maassstabe abgelesen. Es ist nur nach vollen Zollen ge-
lesen worden , abo
von 0 bis zu 0,oes Ruthen ist gelesen 0,oo
„ 0,005 „ „ 0,015 „ „ „ 0,01
„ 0,015 „ „ 0,025 „ „ „ 0,0J
U. 8. W.
Bei der Sorgfalt, womit nicht nur die ganze Länge jeder Messkette,
sondern anch die Stellung des einzelnen Gliedes in derselben stets über-
wacht worden ist, darf angenommen werden, dass der Ablesungsfehler (ab-
gesehen von groben Irrthtimem im Ablesen der Glieder und Zollstriche)
aiemak einen vollen Zoll betragen hat, dass also die Differenz zwischen der
ersten und zweiten Seitenmessung lediglich den Schwankungen im Ein-
stecken der Kettenstäbe und im Anspannen der Messkette beizumessen ist.
Der wahrscheinliche Fehler einer Kettenmessuug ist nach dieser Voraus-
setznng nur noch von der Anzahl der in der gemessenen Länge enthaltenen
▼ollen Kettenzüge abhängig. In der nachfolgenden Betrachtung sind daher
^e Poljgonseiten, deren Längen um weniger als 5 Ruthen verschieden sind,
in eine Gruppe zusammengeworfen. Diese Vereinigung hat es möglich ge-
macht, die Resultate der Messung sämmtlicher 986 Poljgonseiten , soweit
nc flBr die gegenwärtige Betrachtung von Interesse sind , in den Raum der
inliegenden Verzeichnisse I. nnd U. zusammen zu drängen. Das erste
dieser Verzeichnisse enthält die Messungen auf dem Sandboden, das zweite
dio anf dem Kleiboden. Die erste Spalte derselben zeigt die Intervalle an,
^orin die gemessenen Poljgonseiten liegen, nämlich die Anzahl der in jeder
.der letzteren enthaltenen vollen Kettenlängen von 5 Ruthen, die zweite die
^sahl der Polygonseiten, welche einem Intervalle angehören. Die mit
O)*« his 0,45 überschriebenen Spalten zählen die Anzahl der Differenzen
»tischen der ersten und zweiten Seitenmessung von der im Kopfe der Ver-
i^iehnisse angegebenen Grösse. Die Summe der Producte ans der Anzahl
der Differenzen in die Grösse derselben ergibt das mit s überschriebene
'^S^gat der Differenzen. In der folgenden Spalte ist das Aggregat s ipit
der Quadratwurzel aus der Anzahl der Kettenlänge, in der letzten mit dieser
'^uhl selbst g^theilt. Die Einrichtung dieser Verzeichnisse springt zwar
leicht in die Augen, doch möge man erlauben, sie durch ein Beispiel zu er-
ntetem. Anf dem Sandboden sind 17 Polygonseiten vorgekommen, deren
Littge 5 voll^ Kettenzüge, also 35 bis 30 Ruthen betrug,. Bei der Ver-
gleiehung der ersten Seitenmessnngen mit den zweiten fanden sich
X«llMkriA r. lUtheiuUk «. Physik. 1. 10
über 0,006 and „ 0,015
»1
0,01
»1
0,03
„ 0,015 „ „ 0,025
»»
0,02
»»
0,06
„ 0,025 „ „ 0,085
»>
0,03
»»
0,06
„ 0,035 „ „ 0,045
11
0,04
»T
0,04
„ 0,045 „ „ 0,055
»1
0,05
»»
0,10
„ 0,055 „ „ 0,065
»»
0,06
11
0^2
146 Ueber die Oenaaigkeit d. Längenmessungen m. d. Messkette etc.
4 Messungen, deren Differenzen unter 0,005 also 0,00 überhaupt 0,00 waren
3
3
2
1
2
2
17 0,41
Die Theilung der Zahl 0,4 1 dnrch j/T= 2,3S6 giebt dann 0,i833
„ „ „ „ „ „ 5 selbst „ „ 0,0820
In der Zahl 0,4 1 sind alle Differenzen zwischen der ersten nnd zweiten
Seitenmessung zusammengezählt, ohne Unterschied, ob die erste oder die
zweite Seitenmessung das grössere von den beiden verglichenen Resul-
taten war.
Handelt es sich um Beurtheilung der Fehler vorliegender Messungen,
so muss zuvörderst bemerkt werden, dass wir nach theoretischen Unter-
suchungen und nach dem practischen Gefühl bei unmittelbaren, gleichförmigen
und gleich Vertrauens würdigen Beobachtungen, womit wir es hier zu thun
haben, den wahrscheinlichen Werth einer Grösse finden, wenn wir alle vor-
liegenden unmittelbaren Beobachtungsresultate zusammen addiren und die
Summe mit ihrer Anzahl theilen , oder nach dem gewöhnlichen Sprachge-
brauch das arithmetische Mittel ziehen. ,
Sind also a d' d" a<*) die einzelnen durch jene Beobachtung ge-
fundenen Werthe , so gelangen wir zu dem wahrscheinlichsten Werthe A
durch die Formel
^ d + d: -f d" + a^")
A =
« n
In dem gegenwärtigon Falle sind immer nur zwei Messungen vorhan-
den, die Formel zieht sich also zusammen auf:
2
Bei Beurtheilung der Fehler bedient man sich verschiedener charak-
teristischer Fehler , nämlich des
mittleren Fehlers m
wahrscheinlichen Fehlers . . r.
Der mittlere Fehler ist strenge genommen derjenige, welcher gefunden
würde, wenn von den einzelnen durch unmittelbare Beobachtung g^unde-
nen Werthen, der wahre Werth der beobachteten Grösse abgezogen, die
Unterschiede einzeln zum Quadrat erhoben und diese Quadrate summirt
würden, sodann die Summe durch die Anzahl der Unterschiede getheilt und
aus dem Quotienten die Quadratwurzel ausgezogen würde. Da wir aber
den wahren Werth eines Maasses niemals kennen können , wir uns immer
mit dem wahrscheinlichsten Werthe begnügen Füssen , so hat die Wahr-
scheinlichkeitsrechnung ein Schätzungsmittel an die Hand gegeben, welches
darin besteht, dass statt des wahren Werthes der Grösse der wahrschein-
lichste Werth derselben, von den unmittelbar beobachteten Werthen abge-
zogen, die Unterschiede quadrirt, die Quadratsumme mit der um 1 vermin-
derten Anzahl der Beobachtungen getheilt und aus dem Quotient die Qua-
dratwurzel ausgezogen wird.
l^ach äer obigen Bezeichnung wäre also:
Von J. J. VORLAENDEK. 147
,=/(^
— ^* + ja' - J)« + (g " — ^)« + . . , . (gjn) _ ^«
w— 1
oder Hir den vorliegenden Fall , wo n = 2 ist
«■-/(«•-°-4^)"+(""-=4^T=<"'-"'^r
Der wahrscheinliche Fehler endlich ist derjenige, welcher von den
^Fehlem der einzelnen Beobachtungen ebenso leicht überschritten wird , als
unerreicht bleibt. Bei einer grossen Anzahl von Fehlem werdea also nach
dem Charakter des Znfalls ebenso viele Fehler, abgesehen vom Zeichen,
unterhalb als oberhalb des wahrscheinlichen Fehlers fallen. Bei einer
solchen Anzahl von Beobachtungen kann man den wahrscheinlichen Fehler
anf mechanischem Wege finden. Man ordnet die einzelnen Fehler der
Ghr588e nach nnd sieht zu, auf welchen Fehler beim einfachen Herabzählen
die Hälfte aller Fehler trifft; jener ist der wahrscheinliche Fehler, wenig-
stens annäherungsweise. Bei scharfem Untersuchungen leitet man indessen
den wahrscheinlichen Fehler aus dem nach dem obigen Verfahren geschätzten
mittlem Fehler ab. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung ergiebt zu diesem
Ende folgende Relation :
r = 0,67450 . m.
Setzt man im dieser Formel für m den obigen Werth (a — a") ^J, so
erhalten wir für die vorliegende Betrachtung :
r = 0,47694 . (fl — fl").
Bei einer zweiten Poljgonseite , deren Länge, von der ersten nicht um
volle 5 Bnthen verschieden, bei der ersten Seitenmessung zu b' bei der zwei-
ten b" gefunden wäre , erhielte man :
r = 0,4761M . (ft' — ft")
bei einer dritten
r" = 0,47694 . (c — c")-
Die Werthe r r r" u. s. w. sind völlig unabhängig von einander, sie sind
auch gleichförmig entstanden' und gleich vertrauenswürdig, auf sie kann
daher der Satz vom arithmetischen Mittel angewendet werden. Dadurch
erhält man bei n Doppelmessungen, welche sich auf Längen, die nicht mehr
^ 5 Ruthen von einander verschieden sind , beziehen, den wahrscheinlich-
sten Werth des wahrscheinlichen Fehlers, welcher mit g bezeichnet werden
iDAg, durch die Formel:
^r + r' + r' + .. .r(*'-^)_ (ja — a") + {b' — b") + {c' — c') + . ..) , 0,47694
wobei die Addition der Werthe (a — a"), (6' — 6") , {c — c') u. s. w. , weil
zwischen der ersten und zweiten Messung kein wesentlicher Unterschied
l^estebt, ohne Rücksicht auf das Vorzeichen geschehen muss. Die Resul-
^ dieser Addition für die aufsteigende Anzahl der Kcttenlängen sind die
Zahlen, welche in den anliegenden Zusammenstellungen mit dem Buchstaben
* fiberschrieben sind. Mit Anwendung dieses Buchstabens ist also :
O = — . 0,47694.
n
Es kommt jetzt noch darauf an, den wahrscheinlichen Fehler aus Dop-
pelmessungen zu entwickeln , welche sich auf, um mehr als 5 Ruthen ver-
"thiedene Polygoi^Beiten beziehen. Um dieses zu können, muss das Gesetz
^kannt sein , wonach der wahrscheinliche Fehler bei zunehin^\id«t \Axi%^
1 48 Ueber die Genauigkeit d, Längenmessungen m. d. Messkette etc.
der gemessenen Linie sich ändert. Nach den Behauptungen der Wahr-
scheinlichkeitsrechner*) soll der Fehler im Verhältniss der Quadratwurzel
aus der Länge der Linie oder genauer aus der Anzahl der Maassstab- oder
Kettenlängen steigen. Bei den dessfallsigen Untersuchungen ist einfach
angenommen worden, dass eine einmalige Messung einer Linie von
n - Kettenlängen für den Zweck der Untersuchung vergleichbar sei mit der
n - maligen Messung einer Linie von einer Kettenlänge.
Es würde leicht sein, die wesentliche Verschiedenheit beider Operationen
und die Unzulässigkeit jener Voraussetzung nachzuweisen, aber es ist dem
Plane der gegenwärtigen Betrachtung angemessener, lediglich die That^
Sachen reden zu lassen. Die vorliegenden Beobachtungen sind daher sowohl
unter den Gesichtspunkt jenes theoretischen Schlusses , als auch unter den
des practischen Gefühls, wonach der Fehler einfach von der Länge der
Linie abhängig ist, gestellt worden. Benennt man die Anzahl der in einer
gemessenen Linie enthaltenen Maassstab- oder Kettenlängen mit dem Buch-
staben a, so ist der wahrscheinliche Fehler der ganzen Linie, wenn der
wahrscheinliche Fehler einer M%assstab- oder Kettenlänge = R ist:
L nach dem theoretischen Satze = B . ^a,
II. nach dem practischen Gefühl = /{ . a,
oder man hat, wenn wie oben der Fehler der gapzen Linie mit ^ beseichnet
ist, bei der Voraussetzung oder der Hypothese
n. Ä'=i.
a
oder wenn der obige Wertli von q substituirt wird :
s s
zu I. /? = -=■ . 0,47094 = — . Ä' ,
n ,y a n , y a
s s
zun. Ä' = .0,47694 = . if ,
n . a n , a
wo E an die Stelle des constanten Factors 0,47694 gesetzt ist.
Es fragt sich nun , welche von beiden Hypothesen den wirklichen Be-
obachtangen am besten entspricht.
Da /{und R' die wahrscheinlichen Fehler einer Kettenanspannung
bedeuten, somtissten, wenn der Seitenmessungen in allen Intervallen hin-
reichend viele angestellt wären und wenn eine der Voraussetzungen I. oder
n. die richtige wäre, von den kürzesten bis zu den längsten der gemessenen
s s
Polygonseiten die Ausdrücke -— odar unter sich gleiche Werthe
n.j/a n.a
ergeben und wenn die Messungen, was offenbar geschehen muss, sämmtlich
als zufällig fehlerhaft vorausgesetzt werden , so liegt wenigstens kein Grund
s s
vor, dass die Werthe von -= oder , je nachdem die eine oder die
n.ya ^ - ^
andere Voraussetzung richtig ist, mit der Grösse von a wachsen oder ab-
nehmen. Findet daher bei der einen oder der andern Hypothese ein solches
Wachsen oder Abnehmen statt, so kann sie nicht die richtige sein. Erscheint
bei beiden Hypothesen ein Wachsen oder Abnehmen, so liegt diejenige der
♦) Vergleiche G. Hagen s Gnindzüge der Wahrscheinlichkeitsrechnung, Berlin,
belF. Dümmler, 1837, Seite 07.
Von J. J. VORLAENDER. 149
Wahrheit näher, bei welcher jene Veränderlichkeit das kleinste Maass be-
hauptet.
Um zu untersuchen , ob ein Wachsen oder Abnehmen des wahrschein-
lichen Fehlers B einer Kettenanspannung mit der Länge der Linie wirklich
stattfindet, genügt schon der einfache Weg, aus sämmtlichen von den kür-
sesten bis zu den längsten Poljgonseiten B mit Berücksichtigung der ver-
schiedenen Seitenzahl innerhalb der aufeinander folgenden Intervallen von
5 Ruthen das arithmetische Mittel zu nehmen und dieses von oben bis unten
mit den einzelnen B zu vergleichen. Eine solche Vergleiehung ist in der
anliegenden III. Tabelle angestellt. In der ersten Spalte findet sich die
Anzahl der vollen Kettenlängen , welche in den gemessenen Polygonseiten
enthalten war (a) , in 3er zweiten die Anzahl der letzteren innerhalb der
Tersebiedenen Intervalle v5n 5 Ruthen Länge (n), in der dritten die Summe
der in die Intervalle gefallenen Differenzen zwischen der ersten und zweiten
Seitenmessung {{a — a") + {b'—b") + {c—c') + = *), in der vier-
ten und achten die Zahlenwerthe für die Ausdrücke -t= und •- , in der
ya «
g g
fttnfien und neunten die W^rthe für -=:: und , in der sechsten und
n .y a '*•«
sehnten die Unterschiede dieser Werthe gegen ihr mit Rücksicht auf die
Anzahl der Seiten gezogenes arithmetisches Mittel. Sind z. B. bei der
ersten Hypothese — ^-^—= . K, — ^ . K, ^' .K ^*'_ . K die
aufeinanderfolgenden wahrscheinlichsten Werthe der wahrscheinlichen Feh-
ler ftir die fi, , /t, , it, . . . n^ Polygonseiten, von der beziehungsweisen Ketten-
längenanzahl ag , n^i, a, . . . a«,, so ist das arithmetische Mittel derselben, wel-
ches mit M bezeichnet werden mag,
Jlf =0,47094. \ ^^'^^/ ""' U/ V ''' U/ V ' ' ' \nmVä^ I
' f «I .+ w, + It, + . . . «„,
d. h.
/_f«^ + -4. + -4= + i?.\
^=o,4T«4 . \y^L_v^i-p^ A^ 1
\ w, + n, + w, + . . . it« /
• Um also dieses arithmetische Mittel zu ziehen, braucht nur die Summe
der vierten Zahlenreihe mit der der zweiten Reihe getheilt zu werden. Der
Quotient mfisste nun mit dem constanten Factor K oder 0,47eo4 multiplicirt
werden« Diese Multiplication ist aber überall unterlassen , weil es ausrei*
ehend und bequemer ist, sie nur an dem Endresultat der Zusammenstellung
vorzunehmen. Der in der Klammer stehende Werth ist jetzt nur von den
tf tf o
einzelnen Weithen j= , — j= , — ^ u. s. w. algebraisch abzuziehen,
«i/«i «tr«t «s^öi
um der Reihe nach die in die sechste Spalte einzurückenden Zahlen zu er-
halten. Diese Zahlen sind in der Tabelle III. mit dem Buchstaben A über-
8chriebei|. Schon die Vorzeichen derselben geben ein Hilfsmittel an die
Hand, über das Verhalten beider Differenzreihen eine Vermuthung zu ent-
wickeln. Wäre der Wechsel der + und — Zeichen vor den Differenzen A
und A' lediglich dem Zufalle hingegeben, so würde der WahT^^Vi^vtAv^-
150 Ueber die Genauigkeit d. Längenmessungen m. d. Messkette etc.
keit nach in der ersten Hälfte der 43 Längen -Intervallen des Sandbodens
das Zeichen + oder — ebenso oft vorkommen , als in der zweiten. In der
That kommt aber vor :
in der Spalte fUr A in der Spalte für A'
in der ersten Hälfte in der ersten Hälfte
das Zeichen + 8mal das Zeichen + lOmal
)♦ >» *«^ »» n I» ■* 11
in der zweiten Hälfte in der zweiten Hälfte
das Zeichen + 15 mal - das Zeichen + 9 mal
11 %% ' ^ ^^ »1 ^'i ■* ^'i
Bei der zweiten Hypothese ist also ein Zunehmen der negativen und
ein Abnehmen der positiven Differenzen kaum merklich, wogegen bei der
ersten Hypothese ein Abnehmen der negativen und ein Zunehmen der
positiven Differenzen unverkennbar ist. Die Differenzen 'A' zeigen also
eine schwache Neigung zum Sinken , .die A dagegen eine merklich stärkere
Neigung zum Steigen , beides in positivem Sinne gedacht. Um aber das
Wesen beider Differenzreihen genauer kennen zu lernen , muss auch die
Grösse der einzelnen Differenzen ins Auge gefasst werden. Dieses geschieht
am zuverlässigsten , wenn jede Differenz zum Quadrat erhoben, dieses mit
der Anzahl der Polygonseiten in dem betreffenden Intervalle multiplicirt
wird und alle Producte dieser Art in eine Summe vereinigt werden. Je
grösser diese Summe ist, desto weniger stimmen r oder r mit -= oder
n ya
g
— überein , desto weniger bewähren sich die Hypothesen I. oder ü.
In der siebenten Spalte ist diese Summe gebildet; sie ist
für die Hypothese I. für die Hypothese 11.
0,01714378*27 0,000616'i644
Diese Resultate zeigen auf den ersten Blick, dass die Hypothese II.
der Wahrheit sehr viel näher liegt, als die L Hypothese. Ganz ähnliche
Erscheinungen zeigt die Tabelle III. auch in der Abtheilung flir den Klei-
boden.
Führte vorhin die Beobachtung des Zeichenwcchsels auf die Vermu-
thung, dass die nach der ersten Hypothese entwickelten wahrscheinlichen
Fehler einer Kettenanspannung /?| , /?,, Ä, u. s. w. für die steigende Ket-
tenlängenanzahl («) steigende, die naoh der zweiten Hypothese gefun-
denen /?,' , i?,' , Äj' u. s. w. sinkende Werthe haben , so kann nun dieser Er-
scheinung etwas näher getreten werden , wenn man , um die Untersuchung
möglichst einfach zuführen, die neue Hypothese aufstellt, dass jenes Steigen
und dieses Sinken, abgesehen von zufalligen Schwankungen, in einer arith-
metischen Reihe erfolgen , oder mit andern Worten , wenn der wahrschein-
liche Fehler einer Kettenanspannung, welcher eben war:
für die Hypothese . für die Hypothese
I. II.
j/a «
durch eine den Hypothesen I. und II. entsprechende lineare Gleichung von
der Form:
-l==:tj + j/a.t L^y' + a.t'
ya «
Von J. J. VORLAENDER. 151
oder — anch hier vorläirfig von dem gemeinschaftlichen Factor 0,47694 ab-
gesehen — durch :
— ^=y + /fl.^ -4=y' + «./'
n.ya w-«
ausgedrückt wird.
Die Factoren y und t (erstes Glied und Eeihendifferenz ) sind unbe-
kannt, sie können aber unter dem Princip entwickelt werden, dass die
s
Summe der Quadrate der Unterschiede zwischen den wirklichen — ;=. und
n ya
den y + V^. t^ und den y + a . /' so klein als möglich sein muss
n . a
oder wenn man diese 8nmme für alle a von den kleinsten bis zu den längsten .
Polygonseiten hinauf mit einer eckigen Klammer andeutet :
1/ — — — y — ^fl*. A | = Minimum, | y — at'\ c= Minimum,
wobei aber doch noch berücksichtigt werden muss , dass die einzelnen Qua-
drate, welche zu dieser Summe beitragen, verschiedene Zuverlässigkeiten
besitzen, je nachdem die Anzahl (;i) der Polygonseiten innerhalb eines In-
tervalls grösser oder geringer ist. Wird auch dieser Umstand berücksich-
tigt, so gestaltet sich die Bedingung , welcher die Factoren y und t genügen
sollen, wie folgt:
Differenziirt man diesen Ausdruck zaerst nach y und dann nach t und
setzt:
SO findet man :
wobei die eckigen Klammern die ihnen oben beigelegte Bedeutung behalten.
\n\ ist also die Anzahl aller gemessenen Polygonseiten , \n Y^\ die Summe
der Producte, welche, man erhält, wenn man für jede Gruppe von nicht um
5 Bnthen verschiedenen Polygonseiten die Anzahl der Seiten mit der Qua-
dratwurzel aus der entsprechenden Kettenlängenanzahl multiplicirt , \na\
die Summe, wenn statt mit der. Quadratwurzel mit der Anzahl der Seiten
selbst multiplicirt wird, \n aa\ die Summe, wenn die Multiplication mit dem
Quadrate von a erfolgt ; ferner ist s die Summe aller Messuhgsunterschiede,
endlich sind 1 -—=: I und — die Summen, welche entstehen, wenn man die
Fehlersumme jeder Gruppe mit der Quadratwurzel der betreffenden Ketten-
längenanzahl, beziehungsweise mit letzterer selbst multiplicirt und die Pro-
ducte addirt.
Werden diese Ziffern-Operationen yorgenommen, so erlüLlt m«.\i\
1 52 Ueber die Genauigkeit d« Lftngenmessungen m. cT. Messkette etc.
A. auf dem Sandboden -
für die Hypothese I. für die Hypothese II.
9,6772 = &35 y + I9<^2,5!is /, 2,«6i7 = &35 y + 7815 t\
37,75 = 1982,523 y + 7815 i, 37,7» = 7815 y +- 146853 f.
Daraus durch Elimination :
y = + 0,0031404, y = + 0,0053964,
/ = + 0,0040336, t' = — 0,0000301.
B. auf'dem Kleiboden
5,2705 = 451 y + 1638,025 /, 1,4724 = 451 y + 6297 /',
19,93 == 1638,025 y + 6297 r, 19,93 = 6297 y + 108377 /'.
Daraus durch Elimination :
y= + 0,0034593, y'= + 0,0036935,
i =z + 0,0022651, <' = 0,0900307.
Entspräche eine von den Hypothesen L oder U. über die Abhängig-
keit des wahrscheinlichen Fehlers in der Messung einer Linie von ihrer
Länge der Wahrheit genau, so müsste bei den vorstehenden Eliminationen
/:=0 oder /' =0 zum Vorschein kommen, vorausgesetzt, dass der Messungen
so viele sind, um eine Ausgleichung der zufälligen Fehler erwarten zu
können. Diejenige Hypothese also liegt der Wahrheit näher , bei welcher
t oder i' den kleinsten Werth hat.
Nun ist auf dem Sandboden :
t = + 0,0040336
r = — 0,0000301
auf dem Kleiboden :
/ = + 0,0022651
r'= — 0,0000307
Die zweite Hypothese liegt also der Wahrheit bedeutend näher , als
die zweite. Der Factor /' in der obigen Formel:
^ = y+ai' •
a
oder Q=z a ,y + aat'
ist so gering, dass er für gewöhnliche Rechnungen = 0 gesetzt werden
kann. Für solche Rechnungen bestätigt sich daher der, den bestehenden
landesherrlichen Verordnungen zu Grunde liegende Satz :
„Der bei der Messung einer geraden Linie zu befürchtende Fehler
„ist ihrer Länge proportional."
Für jschärfere Rechnungen würden wir zu setzen haben :
und nach Substitution der für y und t' gefundenen Werthe hätte man :
auf dem Sandboden : q = 0,0053964 a — 0,oooo30i a*
auf dem Kleiboden: 9 = 0,oo36935a — 0^ooooso7a*
oder endlich , wenn die bisher unterbliebene Multiplication mit 0,47694 jetzt
nachgeholt wird, so finden wir den wahrscheinlichen Fehler in der ein-
maligen Messung einer Linie von a Kettenlängen:
auf dem Sandboden = 0,0025737a — 0,ooooi44a'
auf dem Kleiboden = 0,ooi76i6a — 0,ooooi46a'
oder von einer Kettenlänge:
auf dem Sandboden = 0,0025737 — 0,ooooi44a
auf dem Kleiboden =0,0017616 — 0,ooooi46a.
Wenn, um noch einmal auf die weniger strengen Rechnungen zurück-
zukomnlcn, /' = 0 gesetzt wird , so muss zur bessern Ausgleichung für y,
welches der Länge einer Linie von einer Kettenlänge gegenübersteht, das
Von • J. J. VOBLABNDEB, 1 53
M
geseUt werden » wie er sich ans den ersten der obigen Normalgleichnngen :
mittlere y oder der in der dritten Tabelle gefundene Werth i=pp an die Stelle
[^]_
My' + [««]<'
anmittelbar ergiebt, wenn darin T =0. Man hat daher
anf dem Sandboden =^ 0,omw76
anf dem Kleiboden =2 0,6033(147;
beide mit 0,47604 multiplicirt :
anf dem Sandboden = 0,0003645
anf dem Kleiboden s= 0,ooi5S7i.
Diese wahrscheinlichen Fehler einer Kettenlänge sind in Buthen ans-
gedrfickt.
Sollen sie sich ittcht anf die fQnfmthige Kette, sondern anf eine Rnthe
beliehen, so müssen vorstehende Zahlen mit 5 getheilt werden. Es ist dann
der wihrscheinliche Fehler einer Ruthen - Ausspannung :
anf dem Sandboden = 0,ooo4729 = ^i t¥
auf dem Kleiboden =0,0003114 = -^^^
im ganzen Amte Reckenberg = 0,ooo399o = 95^18-*
Nach der Kataster - Instruction ist die äusserste Fehlergrenze = ^g-
= 0,003» . . . ; sie ist also
anf dem Sandboden das 7 fache des wahrscheinlichen Fehlers,
auf dem Kleiboden das tO fache des wahrscheinlichen Fehlers.
Nun ist aber nach der Wahrscheinlichkeits Rechnung unter 100000 Fällen
i^Qr ] Fall zu fürchten, wo der wirkliche Fehler den wahrscheinlichen Feh-
ler um das &h fache übersteigt; mithin ist ein solcher Fall bei der Vorsicht,
welche im Amte Reckenberg aufgewendet wurde, unter den 986 Doppel -
messnngen oder 1972 Einzelmessungen nicht zu fürchten. Zwar kommt
auf dem Kleiboden bei einer Poljgonseite von 105 Ruthen ein Unterschied
'^^ 0,45 Ruthen zwischen der ersten und zweiten Seitenmessung .vor , aber
einer dieser Messungen kann doch nach dem Obigen nur ein wahrschein-
lUk« w 1^1 («' — «")• 0,47694 0,45 ^ ^ j 1 1
lieber Fehler von ^^ — = .0,47694 = 0,003044 der noch merk-
a 105 •
lieb unterhalb 0,00333 . • . liegt, zugeschrieben werden.
Da die vorliegende Erfahrung dem auf theoretischem Wege entwickele
^n Satze, dass der wahrscheinliche Fehler in der Messung einer Linie dem »
Prodncte aus dem wahrscheinlichen Fehler einer Kettenanlegung und der
Q^idratwurzel aus der Anzahl dieser Anlegungen gleich sei , widerspricht,
▼iehnehr die Annahme des practischen Gefühls , dass der wahrscheinliche
Fehler der ganzen Linie dem Producte aus dem wahrscheinlichen Fehler
der einzelnen Kettenanlegung und der Anzahl der letzteren selbst gleich
^1) bis anf eine für gewöhnliche Arbeiten unerhebliche Abweichung bestä-
^P-^ so rechtfertigt sich dadurch zugleich das überall übliche praktische
ycrfabreni wonach der Fehler , welcher am Endpuncte einer Messungslinie
bemerkt wird , anf die etwa in ihr vorkommenden Abschnitte einfach im Ver-
bültniss der Abstände vom Anfangspuncte zur ganzen Länge vertheilt wird.
1-54 lieber die Genauigkeit d^LängenmeBSimgen m. d. Mesekette etc.
L Zusammenstellung der Differenzen zwischen je zw<
bestehenden Thefl
AnaaM
der
len-
3
4
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10
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Von J. J. VORLAENDBK.
155
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I Amtes Beckenberg.
iodoiÜLelt üuvr Grötae gaordnet.
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0,0554
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0,0125
0,0820
0,1433
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0,2363
0,2222
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U. Zusammenstellung der Differenzen zwischen je swc
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157
Messungen der Polygonseiten in dem ans Kleiboden
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1 58 Ueber die Genauigkeit d. Längenmessangen m. d. Messkette etc.
III. Vergleichung dea mittleren Werthes des wahrsch
den einzelnen In
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159
len Fehlers mit den wahrscheinlichen Fehlern aus
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X.
Die Eneheintingen der Fluorescens oder der inneren
Dispersion«
Von WiTKSCHEL.
Di
I. Von der Fluorescenz im Allgemeinen.
'ie von John Herschel an einer Lösung schwefelsauren Chinins, so*
wie von David Brewster an der alkoholischen Lösung des grfinen Farb-
stoffs der Blätter und am Flussspath . zuerst entdeckten eigenthttmlichen
Farbenerscheinungen sind der Ausgangspunkt einer Reihe beaohtenswer-
ther Untersuchungen über eine besondere Classe optischer Phänomene ge-
worden, welche im Ganzen genommen auf eine Veränderung der Brechbar-
keit des Lichts unter gewissen Umständen hinauslaufen und zuerst mit dem
Namen innere (epipolische) Uispersion, sodann mit Fluores-
cenz belegt worden sind. Eine Zusammenstellung der wichtigsten dahin
gehörigen Erscheinungen und der Resultate der darüber angestellten Unter-
suchungen dürfte daher für die Leser unserer Zeitschrift, welche von den
darauf bezüglichen Mittheilungen nähere Kenntniss zu nehmen nicht Zeit
und Gelegenheit gehabt haben , nicht unwillkommen sein.
Stellt man eine Auflösung von schwefelsaurem Chinin (etwa auf 100
Gramm Wasser eine Messerspitze schwefeis. Chinin, wozu noch 3 — 4 Trop-
fen Schwefelsäure hinzugesetzt werden) in einem cjlinderförmigen (Probir-)
Glase gegen die einfallenden Lichtstrahlen, und betrachtet die farblose
durchsichtige Flüssigkeit von oben herab, so sieht man an der Seite des ein-
< fallenden Lichts, da wo die Flüssigkeit das Glas berührt, eine dünne Schicht
Von himmelblauer Farbe. Wird dabei directes Sonnenlicht angewendet, so
rückt ein blauer Schein noch etwas weiter in die Flüssigkeit hinein. Eine
eigenthümliche Färbung eines Theiles der Flüssigkeit tritt hervor, wenn
man nach Brewsters Vorgange mittelst einer Sammellinse von kurzer
Brennweite ein verdichtetes Bündel Licht in der Flüssigkeit> concentrirt, indem
man die Linse so stellt, dass ihr Brennpunkt etwas tiefer in die Flüssigkeit
zu liegen kommt. Man erblickt dann einen Lichtkegel von himmelblauer
Farbe in der farblosen durchsichtigen Flüssigkeit. Wird derselbe Versuch
mit der alkoholischen Lösung des grünen Farbestoffs der Blätter angestellt,
so ist der in die Flüssigkeit fallende Lichtkegel durch eine blutrothe Farbe
ausgezeichnet , welcher gegen das Grün der übrigen Lösung auffallend ab-
sticht. Wie diese zeigen noch eine grosse Zahl von Auflösungen grössten-
theils pflanzlicher Stoffe , deren in der Folge zum Theil Erwähnung gethan
EHe Erscheinun^fh d. Fluorescenz etc. Von WiTSCHBL. 161
werden soll, in besondern Richtungen betrachtet eine ungewöhnliche Fär-
bung. Man hat diese Eigenschaft in der Folge nach dem Vorgange von
S tokos mit dem Namen „Fluorescenz" belegt, weil an einer gewissen
Sorte von (grünem) Flussspath dieselbe mit beobachtet worden ist, und hat
diesen (Trivial-) Namen demjenigen „innere Dispersion" vorgezo-
gen , weil er niehr als letzterer frei ist von irgend einer Andeutung theore-
tischer Erklärung der angezogenen Erscheinung.
Es lag der Gedanke nahe, dass der blaue oder rothe Lichtkegel in den
erwähnten Lösungen von besonderen Theilchen, welche daselbst in der
Schwebe gehalten würden, herrühre. Bei näherer Untersuchung fand sich
indess, dass das dispergirte Licht grossentheils unpolarisirt war, während
doch zu erwarten stand , dass ein von suspendirten Theilchen reflectirtes
Licht als durch Reflexion polarisirt erscheinen würde. Es zeigten sich aller-
dings nicht selten Spuren von Polarisation , eine schärfere Betrachtung er-
gab aber, dass dieses polarisirte Licht wirklich von schwebenden Theilchen
reflectirt war , dass dagegen das eigentliche dispergirte Licht ohne Polari-
tion ist.
* Zur Bestimmung des eigentlichen AVesens der Fluorescenz ist die
gleichfalls von J. Herschel gemachte Beobachtung nicht unwichtig, dass das
Licht , nachdem es die blaue Färbung oder überhaupt die Fluorescenz her-
vorgebracht hat, unfähig geworden ist, in einem zweiten Medium dieselbe
Erscheinung hervorzurufen , also insofern eine qualitative Veränderung er-
litten haben muss. J. Herschel nannte deshalb ein Licht, welches diese
Veränderung seiner Beschaffenheit zeigte,' epipolisirt.
Die ausgedehntesten und sorgfältigsten Untersuchungen über diese und
einige damit verwandte Erscheinungen hat George Stokes, Professor der
Mathematik zu Cambridge, angestellt.*) Derselbe prüfte zunächst das letzt-
erwähnte Resultat von J. Herschel durch mehrere Versuche, welche ihn zu-
gleich auf die eigentlicho^Natur der Fluorescenz führten.. Da ihm die Po-
larisation 9es Lichts in keiner Weise Anhaltepunkte zur Erklärung dieses
optischen Phänomens gab , vielmehr jede darauf gegründete Hypothese zu
Widersprüchen führte, nahm er an, dass der Vorgang in einer Veränderung
der Brechbarkeit des Lichts bestehe, eine Hypothese, welche allerdings
auch den bisherigen Ansichten über die Brechbarkeit des Lichts entgegen
. war y aber gegen andere Erklärungsweisen' gehalten immer noch die ein-
fachste blieb. Er nahm an, dass die unsichtbaren, jenseits des äussersten
Violett liegenden Strahlen des zusammengesetzten weissen Lichts in den
erwähnten Flüssigkeiten Anlass geben zu anderen Strahlen von niederer
Brechbarkeit, so dass diese dann zwischen den Brechbarkeitsgrenzen lie-
gen , innerhalb welcher die Netzhaut des Auges erregt werden kann ; oder
mit anderen Worten, dass die fluorescircnden Flüssigkeiten die Eigenschaft
haben, die Brechbarkeit der Lichtstrahlen zu erniedrigen, dass also bei-
spielsweise durch eine Lösung von schwefelsaurem Chinin die nicht sicht-
baren, ultravioletten Strahlen in weniger brechbare blaue Strahlen verwan-
delt und somit dem Auge sichtbar werden. Warum in der genannten Flüs-
sigkeit nur eine dünne Schicht von himmelblauer Farbe an der Seite der
einfallenden Lichtstrahlen sichtbar ist, erklärt er durch eine gewisse Opaci-
tat der Flüssigkeit für die unsichtbaren Strahlen , obgleich dieselbe trans-
*) Phil. Transact. f. 1852 p.463, 1853 p. 385. Poggend. Ann. Ergänz. Bd. iV
8.1T7. Bd. 96 S. 522. ErstereAbhandl. anssugsweise in Bd. 87 B.4^.
ZeiUchrift f. Hathematik o. Physik. I. \\
162 Die^Erscheinungen der Fluorescenz oder dN* innem Dispersion.
parent ist für die sichtbaren. Der Uebergang von der völlkommneren
Transparenz zur völligen Opacität würde die Strahlen von zwischenliegen-
der Brechbarkeit betreffen , welche dann den weiter in die Flüssigkeit rei-
chenden blauen Schein oder den durch eine Linse hervorgebrachten (von
Brewster beobachteten) blauen Liclitkegel erzeugen könnten. Folgende
von Stokes angestellten Versuche bestätigten seine Ansichten vollkommen.
In ein dunkles Zimmer wurde durch ein Loch im Fensterladen Licht
in horizontaler Richtung reflectirt. In dem Loclie war eine Linse von kür-
zerer Brennweite angebracht, vor welche ein Probirglas mit der Chinin-
lüsung vertikal in einem solchen Abstände von derselben aufgestellt wurde,
dass der Brennpunkt etwas innerhalb der Flüssigkeit fiel. Auf diese Weise
kam sowohl die zuerst genannte schmale blaue Schiclit oder Zone, als auch
der zuletzt erwähnte blaue Lichtkegel zum Vorschein. Als er hierauf von
mehreren verschiedenfarbigen Gläsern das eine bald zwischen das einfal-
lende Licht und die Flüssigkeit stellte , bald zwischen die Flüssigkeit und
das Auge hielt , bemerkte er sehr bald die qualitative Verschiedenheit des
einfallenden und des in der Flüssigkeit erzeugten Lichts, sowie dass unter
der Wirkung eines und desselben farbigen Glases der längere blaue Licht-
kegel und die schmale blaue Schicht sich nicht gleich verhielten. Unter den
Farbengläsern befand sich ein blassrauchfarbenes , welches , wenn es zwi-
schen das einfallende Licht und die Flüssigkeit gestellt wurde , den blauen
Kegel verschwinden Hess ; wurde es dagegen zwischen die Flüssigkeit und
das Auge gehalten , so konnte durch dasselbe der Kegel sehr gut gesehen
werden , nur war die Farbe desselben etwas verändert , mehr weisslich ge-
worden. Ein anderes Glas von Flohfarbe zeigte das entgegengesetzte Ver-
halten ; zwischen die Linse und die Flüssigkeit gestellt Hess es den Kegel
in der Flüssigkeit wie früher entstehen , absorbirte ihn aber , wenn es vor
das Auge gehalten wurde. Diese Versuche ergaben deutlich , dass das ein-
fallende und das fluorescirende Licht von ein und demselben Farbenglase
verschiedenartig afficirt wird. Da nun die absorbirende Wirkung eines far-
bigen Glases darin besteht, dass ein gewisser Theil der verschieden brech-
baren Strahlen aufgefangen und nur gewisse Strahlen, deren Brechbarkeit
innerhalb engerer Grenzen liegt , hindurcligelassen werden , so weist das
verschiedene Verhalten des einfallenden und fluorescirenden Lichts hinter
demselben oder hinter verschiedenen farbigen Glasern auf eine Veränderung
in der Brechbarkeit hin. Der folgende ebenfalls von Stokes angestellte
(Fundamental-) Versuch ist noch entscheidender.
Durch eine senkrechte Spalte im Fensterladen eines dunklen Zimmers
reflectirtc er das Sonnenlicht horizontal , leitete es durch drei dicht hinter
einander aufgestellte Flintglasprismen (jedes ziemlich in der Lage der Mi-
nimum-Ablenkung) und erzeugte so in einem Abstände von einigen Füssen
von der Spalte ein reines Farbenspectrum in horizontaler Richtung. Ein Rea-
genzglas mit einer Auflösung von schwefelsaurem Chinin stellte er nun zu-
nächst jenseits des äussersten Roth des Spectrums auf und führte es so-
dann in senkrechter Haltung durch die einzelnen Farben desselben hin-
durch. Bei dieser Wanderung fast entlang des ganzen sichtbaren Spec-
trums zeigte sich nichts Auffallendes, indem die farbigen Strahlen des
Spectrums durch die Lösung wie durch bloses Wasser hindurchgingen. Als
er jedoch mit dem Glase ziemlich bis an das äussersto Violett gekommen
war, erschien auf einmal ein Schein von blauem Lichtin demselben. Wurde
dasselbe noch weiter in derselben Richtung fortgeführt , so nahm das blaue
Von WiTZSCHEL, 183
Licht snerst an Intensität zu , hierauf wieder ah nnd verschwand nach nnd
naeb gans, indem es sich auf eine immer dünnere Schicht der Flüasigkeit
an der Seite des einfaltenden Lichts zurückzog, während bei seinem ersten
Anftreten kurz vor dem änssersten Violett es sich durch' die ganze Flüssig-
keit auf einmal verbreitet hatte. Das Verschwinden fand erst an einer
Stelle statt , welche weit über das violette Ende des sichtbaren Spectmms
hinanslag. Stokes äussert sich unter dem Eindrucke dieser höchst interes-
santer Erscheinung folgendermassen : „ Gewiss war es ein sonderbarer An-
blick, die Rühre beim Eintauchen in die unsichtbaren (ultravioletten) Stra-
len augenblicklich erleuchtet zu sehen; es war buchstäblich sichtbare
Dunkelheit^ die Erscheinung hatte etwas Ueberirdisches (tomelking of
M unearihly appearancey*^
Dass die Flüssigkeit hierbei auf die Strahlen von äusserster Brechbar-
keit eine der farbigen Gläser analoge Wirkung ausübt, wurde durch fol-
gende Abänderung des Versuchs noch dargethan. Die Spalte wurde mit
einem tief blauen Glase bedockt und hinter dasselbe zuerst ein Glas mit
Wasser gesetzt. Betrachtete er so die Spalte durch ein Prisma, so konnte
«r in Folge der gewöhnlichen Brechung des Lichts noch etwas Über die
brechbarere Linie der im Violetten befindlichen Doppelgruppe JI sehen.
Wurde aber das Wasser im Glase durch eine Lösung schwefelsauren Chi-
nins ersetzt , so erschien zunächst der blaue- fluorescirende Lichtstreifen in
derselben und bei Betrachtung der Spalte durch das Prisma fand er das
Speetrum schon zwischen den Linien G und ff abgeschnitten und zwar
ziemlich scharf, was eine rasche Zunahme der Absörptionskraft der Flüssig-
keit für die brechbareren Strahlen an dieser Stelle des Spectrums b&weist.
Lichtstrahlen demnach , welche durch eine Chininlösung (und ebenso durch
eine andere fluorescirende Flüssigkeit) gegangen sind und welche von
J. Herschel zuerst e'pipolisirtes Licht genannt wurden, sind von den
stärker brechbaren Strahlen des Spectrums gereinigt, und weil letztere wie-
der nur vorzugsweise die Fähigkeit haben, die Fluqrescenz zu erzeugen, in
Folge dessen unfähig geworden , dieselbe Erscheinung in einer zweiton da-
f&r empfindlichen Flüssigkeit hervorzubringen.
Man kann den Vorgang hierbei auch so ansehen , dass die in die fluo-
rescirende Flüssigkeit eindringenden (brechbaren) Lichtstrahlen dieselbe
bis zn einer gewissen Tiefe leuchtend (zum Theil zu einem in einer beson-
deren Farbe selbstleuchtenden Körper) machen , die je nach der Natur der
flaorescirenden Flüssigkeit verschieden sein kann. Im Allgemeinen wird
bei einer Flüssigkeit von grösserer fluorescirender Kraft der leuchtende
Theil tiefer eindringen. Aaben aber die einfallenden Lichtstrahlen eine
Flttssigkeitsschicht zu durchdringen , die dicker ist, als die Tiefe, bis zu
welcher rie leuchtend erscheint,- so können die übrigen durchgehenden Licht-
strahlen keine Fluorescenz in einer zweiten dazu empfindlichen Flüssigkeit
hervorbringen.
Folgender Versuch wird die obigen Beobachtungen bestätigen und die
Natnr des eigenthümlichen Vorganges von einer etwas anderen Seite er-
klären. Wird in einem dunklen Zimmer das Farbenspectrum auf der län-
geren Seitenwand eines parallelepipedischen GlasgeHlsses , das mit einer
fluorescirenden Flüssigkeit , z. B. mit schwefelsaurer Chininlösung gefüllt
ist, aufgefangen, so sieht man die weniger brechbaren Strahlen ungehin*
dert wie durch Wasser durch die Flüssigkeit hindurchgehen ; erst im Blau
beginnt die Dispersion , man erblickt dann einen Farbenstreifen von zer-
164 Die Erscheinungen der Flnorescenz od. d. innem Dispersion.
strentem Licht auf der Vorderseite des Gef^sses , der zwischen den Linien
G und E des Spectmm auffingt und sich noch weit über das Violett hinaus
fortsetzt. Dabei dringt, wie schon erwähnt, der blaue Schein zuerst am
tiefsten in die Flüssigkeit hinein und reducirt sich zuletzt in dem übervio-
letten Theile des Spectrums auf eine immer schmalere Schicht an der Ober-
fläche der Flüssigkeit zur Seite der einfallenden Strahlen. Die festen Li-
nien, welche dem Violett und den ultravioletten Strahlen angehören, geben
sich durch dunkle Ebenen zu erkennen, die den blauen Kaum unterbrechen.
Bei gehöriger Stellung des Auges projiciren sich dieselben als dunkle Li-
nien. Stokes hat von den dem ultravioletten Theile des Spectrums zuge-
hörigen Linien eine Zeichnung entworfen und die hervorstechenden Grup-
pen desselben in ähnlicher Weise wie Frauenhofer die des sichtbaren Spec-
trums besonders bezeichnet. Er hat hierzu die kleinen Buchstaben des la-
teinischen Alphabets /, m. ;t, o, p gewählt und bezeichnet mit einem dersel-
ben sowohl eine ganze Gruppe dunkler Linien , als auch die in der soge-
nannten Gruppe hervorstechendste dunkle Linie. Von der im äussersten
Violett liegenden Doppellinie nennt er die brechbarste k*). Auch in dem
Spectrum , welches , wie sofort beschrieben werden soll, auf einem mit fluo-
rescirender Flüssigkeit getränkten Papierstroifen entworfen ist, sind die
dunklen Linien der übervioletten Kegion wahrzunehmen.
Aus dem Vorstehenden geht hervor, dass man es mit zweierlei Licht-
mengen verschiedenen Verhaltens zu thun hat; die eine besteht aus ge-
wöhnlichem Licht, welches unter dem Prisma in das bekannte farbige
Spectmm zerlegt wird und das durch die betreifende Flüssigkeit ungehin-
dert hindurchgeht. Die andere wird aber durch die Flüssigkeit eigen-
thümlich modificirt und bringt die Erscheinung der Flnorescenz hervor, in-
dem sie ein zweites Farbenäpcctnim erzeugt, das innerhalb des ersten be-
ginnend über das äusscrstc Violett hinausgeht.
Statt der fluorcscirenden Flüssigkeiten können hierbei in einfacherer
Weise auch Papiorstreifen , welche mit diesen getränkt sind , angewendet
werden. Sehr emptindlich zeigt sich in dieser Hinsicht mit Ourenmatinktur
getränktes Papier. Sclion J. Hcrschel hatte an demselben die Eigenthüni-
lichkeit beobachtet , dass es, wenn man ein reines Spectmm auf dasselbe
fallen lasse, am violetten Ende viel weiter erleuchtet erscheine, als weisses
Papier. Die Farl)en vom rothen Ende des 8pectruins an bis gegen die
dunkle Linie F zeigen keine wesentliche FarbenHuderung, etwas weiter
zwisclien /''und G wird eine röthliche Farbe siclithar, die sich mit dem da-
selbst befindlichen Grün und lUau des Spectrums vermischt. Uel)er G hin-
aus wird die Farbe g>5ll)rich und die eigentliche Verlängerung des Spec-
trums ist gelblich - grün.
Dass die Abänderung dos gewöhnlichen Spectrums auf Flnorescenz
des getränkten J^apiers beruht, ist auf verschiedene Weise zu erkennen.
Bricht man nämlich das «auf das empfindliche Papier geworfene Spectrum
nochmals durch ein vor das Auge gehaltenes JVisma und zunächst so, dass
die Kefraction in einer den festen Linien des Spectrums parallelen Ebene
vor sich geht, so lasson sich alle diese durcli das ganze Spectrum hin deut-
lich verfolgen. Wird aber sodann das Prisma mit seiner brechenden Kante
senkrecht gegen die Längenrichtung der festen Linien gehalten, so sind
dieselben zwar in dem weniger brechbaren Tlieil des Spectrums etwa bis
zur Linie i^ eben noch deutlich wahrzunehmen, in dem übrigen Theile des
*) M. s. Tal). I Fig. l zu Pogg. Ann. Ergränz. Bd. IV.
Von WiTZSCHEL. ^ 166
Spectrams jedoch woniger oder mehr verwaschen oder ganz vernichtet , je
nach dem Grade ihrer ursprünglichen Stärke, sowie nach der Beschaffen-
heit und dem Abstände des hierbei gebrauchten Prisma's.
Noch entschiedener zeigt sich eine Verschiebung der festen Linien im
brechbareren Theile des Spectrums, wenn man letzteres auf einem weissen
Schirme auffängt, auf welchem ein Streifen mit Curcumatinktur getränk-
ten Papiers so aufgespannt ist, dass seine längere Seite das Spectrum der
Länge nach durchschneidet, also ein und dieselbe feste Linie zur Hälfte
. auf das getränkte , zur andern Hälfte auf das weisse Papier des* Schirmes
fällt, und wenn man dann dieses Spectrum durch ein Prisma so betrachtet,
dass es in einer gegen die festen Linien, senkrechten Richtung gebrochen
wird. Während dabei die Linie F noch ununterbrochen zu sehen ist, er-
scheint die Linie Q verschoben , indem das auf dem getränkten Papiere ge-
bildete Stück derselben weniger gebrochen ist, als das auf dem weissen
Papiere liegende. Letzteres zeigt sich schwach in das zum gefärbten Theile
des Schirmes gehörende Spectrum hinein verlängert, so dass hier Q doppelt
erscheint. Die Erscheinung cilclärt sich dadurch , dass das vom getränkten
Papier in der Nähe von Q herkommende' Licht aus zwei Theilen besteht;
einmal aus dem indigblauen Licht, welches durch Brechung in gewöhnlicher
Weise entstanden ist, und sodann zum grössern Theile aus solchem, welches
eine geringere Brechbarkeit als Q besitzt und durch Dispersion aus Licht
von höherer Brechbarkeit entstanden ist. Die Linie G entsteht nun durch
die Abwesenheit einmal des erstgenannten Lichts, sodann des zuletzt er-
wähnten , wodurch zwei dunkle Linien hervortreten müssen , die der ver-
schiedenen Brechbarkeit beider Lichtportionen entsprechende Lage haben.
Bei der Betrachtung eines auf Ourcumapapier aufgefangenen Spec-
tmms durch ein Prisma, dessen brechende Kante senkrecht zu den festen
dunklen Linien gehalten wird , tritt noch eine andere eigenthümliche Er-
scheinung hervor , welche gleichfalls auf die Anwesenheit zweier verschie-
dener Lichtportiouen hinweist. Liegt in dem ursprünglichen auf das ge-
tränkte Papier geworfenen Spoctruni das Roth zur Linken und wird das
Prisma vor dem Auge so gehalten, dass tue zu brechenden Strahlen auf-
wärts gehen, also das Bild nach dem Beobachter hin herabwärts gebrochen
wird", 80 gewahrt. man durch das Prisma zwei von einander wohl zu unter-
scheidende Spectra. Das eine, welches das durch die Brechung der ge-
wöhnlichen Lichtstrahlen hervorgebrachte ist, läuft dem Brechungs vermö-
gen der einzelnen Farbestrahlon gemäss von der Linken zur Rechten schräg
herab und enthält auch die natürlichen Farben des Spectrums vom Roth
biß zum Violett. Das zweite Spectrum ist weniger gebrochen , als das er-
Btore, liegt gegen dasselbe irtmer an ein und derselben Seite und gehört
den dispergirten Lichtstrahlen an. In beiden Spectrcn ist das blaue Ende
unten, das rothe oben und die den festen Linien des ursprünglichen Spec-
trams entsprechenden Unterbrechungen erscheinen nun verlängert und quer
durch die Farben laufend.
# Die Intensität und Farbenzusammensetzung des zweiten Spectrnms im
Ganzen und m seinen einzelnen Theilen und seine Ausdehnung nach den ver-
schiedenen Richtungen hängen übrigens von der Natur des fluorescirenden
Körpers ab, auf welchem das ursprüngliche Spectrum aufgefangen wird.
Im Allgemeinen geht es von dem helleren Theile des ersteren Spectrums
aus, erstreckt sich bis über das äusserste Violett hinaus und bleibt in seiner
Farbe mit der des auffangenden Körpers ziemlich übereinstimmend.
166 Die Erscheinungen der FlnoreBcenz od. d. inncrn Dispersion.
Die Verlängerung des auf Curcumapapier entworfenen Spectrums
wurde zuerst als ein Beweis für die Sichtbarkeit der übervioletten Strah-
len angesehen , obgleich es nach den Vorstehenden zunächst nur die Exi-
stenz gewisser unter gewöhnlichen Umständen nicht sichtbaren Strahlen
von höherer Brechbarkeit und deren Modification anzeigt. Eine andere
Frage ist, ob die ultravioletten "Strahlen eine directe Lichtempiindung im
Auge hervorzubringen im Stande sind , ob also die häufige Identificirung
der Ausdrücke „überviolette** und „unsichtbare** Strahlen des Spectrums
noch fortbestehen kann oder nicht. Stokes ist mehrfach bemüht gewesen, .
diese Frage zur Entscheidung zu bringen ; die geringe Intensität schon der
violetten, noch mehr aber der darüber hinausliegenden Strahlen, sowie der
Umstand, dass die Glasprismon einen grossen Theil der brechbareren Strah-
len absorbiren , machen die Untersuchung sehr schwierig , so dass es nicht
Wunder nehmen darf, wenn dem genannten Experimentator anfänglich da-
hin zielende und die Sache entscheidende Versuche missglückten. Erst
später ist, wie er bemerkt (Zus. B. der oben gen. Abhandl.), ihm eine be-
sondere Vorrichtung gelungen,* soweit in die übervioletten Stralilen hinein-
zusehen , dass er die Von ihm mif m, n und p bezeichneten Gruppen fester
Linien mittelst direct ins Auge gelangenden Lichtes erkennen und selbst
jenseits derselben noch Licht wahrnehmen konnte. Die Farbe dieser Strah-
len vergleicht er mit der von der CoroUe des Lavendels (weshalb er sie
auch „lavendelblaue** Strahlen nennt) und setzt hinzu, dass ihnen das Leuch-
tende des Blaus und die Höthe des Violetts fehle. Helmholtz hat die-
selben Untersuchungen mehrfach wieder aufgenommen. In einer Abhand-
lung über die Zusammensetzung von Spectralfarben*) erwähnt er eine auch
schon früher von ihm beschriebene Methode**), die brechbareren licht-
schwachen Strahlen dem Auge sichtbar zu machen, soWeit sie durch das
Glas hindurchzugehen im Stande sind. Er hat auf diesem Wege eine be-
deutende Verlängerung des violetten Endes des Spectrums beobachtet und
dessen feste Liniengruppon sowohl mit denen eines auf Chininlüsung ent-
worfenen Spectrums, als mit der von Stokes gegebenen Zeichnung verglei-
chen können. Die von Stokes mit /, m und n bezeichneten Gruppen sind
sehr leicht und deutlich und am äussersten Ende noch die ersten Linien der
Gruppe p zu beobachten gewesen. Helmholtz gebrauclit daher für diese
Strahlen die Bezeichnung „ üb e r v i o 1 e 1 1 e **, anstatt der allerdings nicht
mehr passenden unsichtbaren Strahlen, wenn auch durch dieselben das
Auge verhältnissmässig wenig afficirt wird. Dass sie bei objectiver Dar-
stellung in einem Spectrum auf weissem Papier so schwer zu* sehen sind,
davon Kegt der Grund in dem diffusen gewöhnlichen Lichte , welches die-
selben überstrahlt; dasselbe Ilinderniss findet auch in den meisten übrigen
Fällen statt.
Bezüglich der Farbe bemerkt er mit Stokes im Ganzen übereinstim-
mend , dass das zwischen G und H befindliche Violett bis zur Gruppe / sich
ausdehne. Der Farbenton wechsele übrigens sehr mit der Lichtintensität;
je licKtschwächer das Violett wird , desto mehr bekomme es einen Anflug
von Rosa, bei gesteigerter Lichtintensität werde es dem Blau ähnlicher und
gehe dann in ein weissliches Graublau über. Jenseits der Gruppe / seien
die Strahlen wieder indigblau bei geringer oder weissblau bei grösserer
*) Poggcnd. Annal. Hd. 04 Ö. U.
**) Dieselben Annal. Bd. 86 S. 513.
Von W1TZ8CHEL. 167
Lichtstärke. £s scheine somit die Keihe der Farheutöne des Spectrums bei
diesen Strahlen sich umzukehren.
Dieselben Untersuchungen hat er mit Hilfe eines Apparats von Quarz-
prismen, welche für die brechbareren Strahlen weit durchsichtiger sind als
Glas, wieder aufgenommen.*) Unter diesen Umständen schien ihm das
Auge keine geringere Empfindlichkeit für die äussersten überviolctten Strah-
len zu haben, als wie für die der Gruppe / und m. Soweit Chininpapier das
Vorhandensein von übervioletten Strahlen ihm anzeigte , konnte er diesel-
ben auch direct mit dem Auge wahrnehmen. Die Farbe derselben ist ihm
von / bis zum Ende hin als dieselbe erschienen, nämlich blau bis weisslich-
blau, und nttr an den lichtschwächeren Stellen ein dem Violett ähnlicheres
Indigblau, wie es alle indigblauen Strahlen bei geringerer Lichtintensität
zeigen.
Helmholtz suchte die hierbei sehr wichtige Frage auf dem Wege des
Experiments zu beantworten , ob die Netzhaut die überviolettcn Stranlen
unmittelbar, wie etwa die andern Farben des Spoctrums, sieht oder ob sie
unter deren Einflüsse fluorescirt, so dass die blaue Farbe Licht von gerin-
gerer Brechbarkeit ist, welches erst durch diesen Frocess auf der Netzhaut
in ähnlicher^Weise wie auf Chininpapier sich entwickelt. Seine Unter-
suchungen hatten das Ergebniss, dass die Netzhaut allerdings, wenn auch
nur schwach, fluorescirt (schwächer als Papier, Leinwand, Elfenbein, doch
stärker als Porzellan), und zwar mit gemischtem weissen dispergirten Licht,
dem sich ein blaugrüner Schein zugesellte und welchem, wie die Zerlegung
durch das Prisma ergab, das Koth fehlte. Das ziemlich gesättigte Blau des
ttbervioletten Lichts, wie es vom Auge direct wahrgenommen wird, und die
weisse Farbe des dispergirten Lichts der fluorescirenden Netzhaut scheinen
ihm nnn zu wenig die Ansicht zu unterstiftzen , dass die Netzhaut die über-
violetten nur nach ihrer Verwandlung in weniger brechbares Licht em-
pfinde, doch könne, wie einige andere seiner Untersuchungen zeigen, wohl
tngenommen werden , dass die Fluorescenz der Netzhaut stark genug ist,
am durch Beimischung des von ihr dispergirten Lichts die^Farbe des direct
empfundenen überviolctten merklich abzuändern. Die oben bemerkte Um-
kehr der Farbenreihe im übervioletten Lichte erklärt er demnach so , dass
einer schwachen Empfindung violetter Farbe , welche diese Strahlen direct
erregen, sich die Wahrnehmung des in der Netzhaut durch Fluorescenz er-
seogten grttnlich-weissen Lichts beimischt, wodurch die weisslich- indigblau e
Färbung entsteht, welche die übervioletten Strahlen unmittelbar dem Auge
darbieten. Als Resultate seiner Versuche stellt H. folgende auf:
1) Die menschliche Netzhaut ist im Stande, alle Strahlen des Sonnen-
lichts direct wahrzunehmen, deren Brechbarkeit die der äussersten
rothen Strahlen übertrifi^ [und von deren Vorhandensein man an-
derweitig Kenntniss hat]. •
3) Die Substanz der Netzhaut dispergirt unter dem Einflüsse der
überviolet^en Strahlen gemischtes Licht von niederer Brechbar-
keit, dessen Gesammtfarbe nicht ganz reines (grünlich blaues)
Weiss ist.
3) Die Fluorescenz der Netzhaut ist aber kein hinreichender Erklä-
rungsgrund dafür, dass die übervioletten Strahlen überhaupt wahr-
^ genommen werden.
*) Poggend. Annal. Bd. 94 8. 205.
168 Die Erscheinungen der Fluorescenz od. d. innern Dispersion«
n. Modificationen des dispergirten Lichts je nach der
Beschaffenheit der fluorescirenden Substanz und
des einfallienden Lichts.
Ausser am schwefelsauren Chinrn ist die Fluorcscens noch an unge-
mein vielen Lösungen hauptsächlich , organischer Substanzen, sowie auch
an einigen unorganischen Stoffen beobachtet Worden. Zur Herstellung der
zweckmässigsten Concentration der Lösungen ist es vortheilhaft, zu. einer
Quantität Wasser in einem cjlindrischon Glase, das gc^en die einfalleuden
Strahlen des Sonnenlichts vor das Fenster gestellt wird , eo viel von dem
(meist alkoholischen) Auszuge hinzuzugiessen, bis die Fluorescenz deutlich
hervortritt. Einige von den empfindlicheren Substanzen sind folgende.
1) Auszug der Rinde von Rosskastanien (Aesculinlösung).
Eine blose Abkochuug der Rinde dieses Baumes reicht statt einer lege arlis
bereiteten Aesculinlösung vollkommen hin. Die Flüssigkeit ist sehr em-
pfindlich und fluorescirt wie Chinin mit blauem Lichte. Die ifispersion
fäng^ im Spectrum etwas eher an, als bei der Chininlüsung , bei letzterer
nämlich zwischen G und /T, bei dieser etwas vor G, wodurch, wie Stokes
bemerkt, sich eine Beobachtung Herschers erklärt, nach welcher ein durch
Chininlösung hindurchgegangenes Lichtbündel durch Aesculin noch dis-
pergirt wird.
3) Alkoholischer Extract von Stechapfelsaamen. Diese
Flüssigkeit ist sehr empfindlich und zeigt auch schon bei zerstreutem Ta-
geslicht die Fluorescenz. Im durchgelassenen Lichte erscheint sie gelb
mit etwas grün ; an der Seite des einfallenden Lichtes fluorescirt sie mit
bläulich grünem Lichte.
3) Curcumatinktur. Im durchgehenden Lichte gelb, fluorescirt mit
grünlichem bis gelbgrünem Lichte. Die Dispersion scheint im Spectrüm
zwischen E und F bei der Linie b anzufangen. Die festen Linien im über-
violetten Theile des Spectrums zeigen sich in der oben beschriebenen Weise
an dieser Flüssigkeit l-echt gut.
4) Alkoholische Lösung von Guajakliarz; dispergirt in einer
sehr schmalen Schicht an der Oberfläche zur Seite der einfallenden Strah-
len ein violettes Licht. Im Spectrum geht die Dispersion bis zum Anfange
des Grün in der Nähe von h herab. Das dispergirte violette Licht wird
durch die übervioletten Strahlen zwischen m und n und darüber hinaus er-
zeugt, und für diese ist die Flüssigkeit stark ahsorbirend.
5) Alkoholische Lösung von Blattgrün. Die Blätter sind vor-
her in siedendem Wasser aufzuweichen, hierauf mit Alkohol auszuziehen, die
Flüssigkeit dann von den Blättern abzugiessen, wenn sie hinreichend concen-
trirt ist, und im Dunklen aufzubewahren. Sie ist im durchgehenden Lichte
dunkelgrün und dispergirt, wie schon bemerkt, ein rothes Licht. Der einzige
Zusammenhang des absorbirenden und fluorescirenden Aiermögens einer em-
pfindlichen Flüssigkeit giebt sich an dieser in eigenthümlicher Weise zu
erkennen. W^enn man nach Stokes die Lösung in ein reines Spectrum bringt
und von oben auf dieselbe durch ein rothes Glas herabsieht , so beobachtet
man gewisse Helligkeitsminima meistens in Gestalt von Zähnen , welche
zwischen den Absorptionsstreifen liegen, die durch dunkle Zähne von ent-
gegengesetzter Richtung angezeigt sind. Das abwechselnde Auftreten die-
ser Minima erklärt St. dadurch, dass je reichlicher das dispergirte Licht
Von W1TZ8CHEL. 169
entsteht, desto mehr das einfallende Licht dazu verbraucht wird. Minima
der Fluorescensthätigkeit entsprechen somit solchen Stellen des Spectrums,
an welchen das einfallende Licht auf verhältnissmftssig grössere Tiefen bis
zur völligen Absorption in die Lösung eindringen kann.
6) Grüner Flussspat h (von Alston-Moor) ; zeigt in gewissen Rich-
tungen betrachtet eine dunkelblaue Dispersion des Lichts, die zwischen den
Linien G and H beginnt und sich über H hinaus erstreckt. Die festen Li-
niengruppen Bj /, m und n sind von Stokes deutlich erkannt worden. Der
Abstand , bis zu welchem das disporgirte Licht von der Oberfläche an der
Seite der einfallenden Strahlen ab verfolgt werden kann, schien mit Zu-
nahme der Brechbarkeit des Lichts sich nicht schnell zu verringern, wie
bei einer Lösung von schwefelsaurem Chinin (s. 8. 163 u. 164).
8) Kanari eng las; ein gelbgrünliches Glas, dessen Farbe auch bis-
weilen mit annagrün bezeichnet wird, dispergirt ein gAnischtes lebhaft
grünes Licht. Es ist eine der empfindlichsten Substanzen mit sehr inten-
siver Fluorescenz und sehr bequem zu handhaben. Die Verwendung dieser
Glassorte zu Flacons und dergl. beruht grossonthoils auf dieser optischen
Eigenschaft, in Folge deren die daraus verfertigten Gegenstände^ ein eigen-
thümliches und gefälliges Ansehen erhalten. Die prismatische Zerlegung
des fluorescirenden Lichtes ergiebt nach Stokes dasselbe bestehend aus fünf
helleren Streifen von gleicher Breite und ziemlich gleichem Abstand und
getrennt durch schmale dunkle Streifen. Der erste helle Streifen ist roth,
der zweite röthlich orange , der dritte gelblich grün , der vierte und fünfte
grün. Im Spectrum beginnt die Fluorescenz plötzlich zwischen E und F
bei der Linie b und bleibt bis über das sichtbare Spectrum hinaus gleich
stark; nur etwas über F hinaus findet in dieser Beziehung ein Minimum
statt; desgleichen scheint die Farbe des dispergirten Lichts überall gleich-
formig zu sein. Die Fluorescenz beginnt im Spectrum an der Stelle, wo
das durch dieselbe modificirte Licht endet; oder denkt man sich das weisse
Licht in zwei Theile zerlegt, von denen der erste Strahlen aller niederen
Brochbarkeiten bis zur Linie b , der andere die übrigen Strahlen enthält,
80 kann man annähernd genau sagen , dass das dispergirte Licht Strahlen
enthält, welche dem erstem Theile angeliören; doch würde keine Fluores-
cenz entstehen , wenn das Glas nur von Strahlen des ersten Theiles be-
leuchtet würde, indem nur diejenigen des zweiten Theiles dieselbe her-
vorbringen und Strahlen (Farben) von der niedern Brechbarkeit des erste-
ren Theiles erzeugen (vergl. ob. S. 162). Dieses Glas ist eins der besten
Medien, um die festen Linien der ultravioletten StriUilcn zu zeigen.
8. Uran oxydsalze. Das „gelbe, ins Grünliche schillernde*^ Glas,
wie man häufig auch das vorhin genannte Glas bezeichnet, wird durch
Uranoxyd gelb gefärbt. Merkwürdiger Weise fluoresciren auch mehrere
Uranoxydsalze ziemlich auf dieselbe Weise, wie das Kanarienglas* So
zeigt sich krystallisirtes salpetersaures Uranoxy.d sehr empfindlich,
indem es ein grünes Licht dispergirt, dass dieselbe eigbnthümliche Zusam-
mensetzung, wie das von jenem Glase hat. Eine Lösung von salpetersau-
rcm Uranoxyd fand Stokes zwar auch empfindlich, doch nicht in so hohem
Grade. Das von derselben dispergirte Licht löste sich gleichfalls in helle
Streifen- auf und bei Untersuchung desselben im reinen Spectrum ergab
sich, dass die Fluorescenz an derselben Stelle des Spectrums beginnt, wie
beim Kanarienglase , und dass aucli darauf ein merkwürdiges Empfindlich-
keitsminimum, an derselben Stelle de.s Spectrums wie dort folgt. Ebenfalls
170 Die Erscheinungen der Fluorescenz od. d. innern Dispersion.
sehr empfindlich ist essigsanres Uranoxyd and der gelbe Uranit;
weniger, doch immer noch in wohl bemerkbarer Weise, das Uranoxyd-
hjdrat. Das Uranoxydnl scheint unempfindlich zu sein. (Das nach 8to-
kes Angabo aus dem salpetersauren Salz bereitete U^anoxyd von ziegel-
rother FarbQ dürfte vielleicht einer zu scharfen Uitze ausgesetzt gewesen
sein und Beimengungen von anderen Oxydationsstufen enthalten haben;
das bei einer niedrigeren Temperatur im Oelbade zersetzte Salpetersäure
Salz iHsst dagegen ein helleres, mehr gelbliches Oxyd zurück.)
9. Getränkte Papiere. Die oben genannten fluorescirenden Flüs-
sigkeiten, sowie auch wohl die meisten übrigen geben empfindliche gefärbte
Papiere, wenn man mit denselben- gewöhnliches Papier bestrichen hat.
Dieselben zeigen in der Regel mit den entsprechenden Tlüssigkeiten über-
einstimmende J^rechbarkeitsverXnderungen der Strahlen. Besonders be-
merkenswerth md ausser dem schon (S. 164) erwähnten Carcumapapier, die
mit schwefelsaurem Chinin oder mit einem Extract von Stechapfelsaamen
getränkten Papiere. Auf dem Chiuinpapiero sind in der oben (S. 163 u. 164)
angegebenen Weise die zu den übervioletten Strahlen gehörigen festen Li-
nien bis zur Gruppe p zu verfolgen.
Ausser den genannten organischen wie unorganischen Stoffen giebt es
noch ungemein viele, welche eine grössere oder geringere Fluorescenz ent-
wickeln. Um einen Körper anf diese Eigenthümlichkeit zu prüfen, sind
zwar im Obigen mehrfache Mittel zugleich mit angegeben , doch erfordern
die meisten einige, zum Thcil ziemlich umständliche Vorkehrungen. Bei
weiten einfachere Prüfhngsmittel und Methoden hat Stokes in einem spä-
tem Aufsatze angegeben*). Das von demselben eingehaltene Verfahren
möge durch -Anwendung auf einen besonderen Fall erläutert werden ; die
Uebcrtragung auf jeden andern Fall muiatis miUandis Ist dann leicht zu
machen.
Wie bemerkt, beginnt die Fluorescenz des Kanarienglases fast plötz-
lich zwischen E und F bei der dunklen Linie b des Spectrums und alle dis-
pergirten Strahlen zeigen eine niedere Brechbarkeit, als der genannten
Stelle des Spoctrums zugehört, werden aber von denjenigen Strahlen des
einfallenden weissen Lichts hervorgebracht, welchen eine höhere Brech-
barkeit als h zukommt. Es möge wieder derjenige Theil des Spectrums
und der zugehörigen Strahlen, welche unterhalb der Linie b liegen, als der
erste Theil, und der über der Linie b liegende Theil des Spectrums und der
zugehörigen Strahlen als der zweite Theil des gemischten weissen Lichts
bezeichnet werden. Besitzt man nun zweierlei Absorptionsmittel, von de-
nen das erste alle 45um ersten Theil gehörigen Strahlen absorbirt, oder für
dieselben undurchsichtig, dagegen für die zum zweiten Theile gehörigen
Strahlen (auch für die übervioletten) durchsichtig ist, das zweite dagegen
undurchsichtig für den zweiten Theil und durchsichtig für den ersten Theil
der Strahlen ist, so werden beide Absorptionsinittel auf einander gelegt ein
voUkommnes Absoi'ptionsmittel für Strahlen von jeder beliebigen Brech-
barkeit abgeben , d. h. man wird durch beide , wenn sie zugleich vor das
Auge gehalten werden, gar nichts sehen. Dasselbe muss auch im Allgemei-
nen der Fall sein , wenn mit dem ersten Absorptionsraittel die Oeffnung im
Fensterladen eines dunklen Zimmers versetzt wird, und das zweite Absorp-
tionsmittel vor das Auge gehalten wird. Denn die durch das erste Mittel
♦) Phil, Tranaact. für 1853 p. 385, Poggend. Annal. Bd, 06 8. 522.
Von WiTZSCHEL. 171
noch ms Zimmer eiDdringenden grünen, blauen, Yioletten und ttbervioletten
Strahlen, welche von den Gegenständen im Zimmer in gewöhnlicher Weise
sarfickgeworfen oder einfach zerstreut werden, können nicht durch das
Bweiie vor das Auge gehaltene Absorbeus dringen. Wenn aber bei dersel-
ben Anordnung der absorbirenden Medien zwischen denselben ein Gegen-
stand aufgestellt wird, der die Eigenschaft besitzt, Lichtstrahlen von höherer
Brechbarkeit in solche von niederer Brechbarkeit au verwandeln, so wird
man denselben auch durch das zweite Absorptionsmittel mit um so grösserer
Deutlichkeit erblicken müssen , je vollkommner ihm die erwtthnte Eigen-
schaft, zukommt. Wird also ein Stück Kanarienglas zwischen das erste und
zweite Absorptionsmittel gestellt, so setzt dasselbe alle darauf faUenden
durch das erste Mittel kommenden grünen , blauen , violetten und übervio-
letten Strahlen , deren Brochbarkeit sämmtlich über b liegt , in rotfie , oran-
gene und gelbe um, welche nun durch das zweite Mittel, weil es für solche
transparent ist, ungehindert ins Auge gelangen. Das Kanarienglas muss
also in dem ihm eigenen fiuorcscirenden gemischten Lichte sichtbar sein,
und kann wohl, da bei demselben die Fluorescenz sehr intensiv ist, gleich-
wie ein selbstleuchtender Körper, noch andere Gegenstände sichtbar machen.
Es ist hieraus im Allgemeinen ersichtlich , wie auf ähnlichem Wege fluo-
rescirende Körper von anderen , welche diese Eigenschaft nicht besitzen,
anterscheidbar gemacht werden können. Vorausgesetzt wird nun hierbei,
dass man zwei sich in der beschriebenen Weise ergänzende Absorptions-
mittel besitze , deren gemeinschaftliche Grens^e für die Absorption auch in
derjenigen Gegend des Spectrums liege, bis zu welcher die obere Grenze
der Brechbarkeit des dispergirten Lichtes von dem zu , prüfenden Körper
geht. Diesen Ansprüchen kann natürlich nicht vollkommen genügt werden,
weil einmal die oberen Grenzen der Brechbarkeit des fluorescirenden Lichts
nicht bei allen Substanzen dieselben sind, und dann weil es auch schwer
hält, für alle möglichen Grenzen Paare von Absorptipnsmitteln ausfindig
zu machen, welche ein so genaues Complementarverhältniss darbieten. In-
dessen werden einige Paare, bei welchen die gemeinschaftliche Grenze der
Absorption je zweier auf verschiedene Stellen des Spectrums, z. B. für das
eine Paar ins Violett, für ein anderes ins Dunkelblau oder ins Hellblau etc.
flillt, zur beabsichtigten Prüfuijg auf Fluorescenz hinreichend sein, auch
wenn dfg untere Grenze der Absorption des einen Mediums und die obere
des anderen für jedes Paar nicht genau auf em und derselben Stelle .des
Spectrums zusammentreffen. Für den Fall nämlich, dass die Absorptions-
mittel nicht streng complomentar sind, wird es zwar möglich sein, dass noch
eine gewisse Lichtmenge durch beide Medien hindurchgeht und es könnte
demgemäss zweifelhaft bleiben, ob die Helligkeit, womit man den zwischen
beide gesteUten Gegenstand sieht , blos von gewöhnlich zerstreutem, durch
beide Medien hindurchgegangenem, oder von wirklich fluorescirendem
Lichte herrührt; doch kann man sich darüber in den meisten Fällen da-
durch hinreichend vergewissem, dass man das vor das Auge gehaltene
zweite Mittel auch vor das Loch im Fensterladen stellt. War der Gegen-
stand vorher blos im gewöhnlich zerstreuten Lichte sichtbar, so wird er es
such jetzt in unveränderter Weise sein , wenn sonst das Zimmer gehörig
dunkel ist. War jedoch die Helligkeit des Gegenstandes durch fluoresciren-
des Licht vermittelt, so wird derselbe jetzt verhältnissmässig dunkel er-
•eheinen.
In Ermangelung eines dunklen Zimmers könnte man sich auch eines
1 72 Die Erscheinungen der Fluorescenz od. d. Innern Dispersion.
parallelepipeditchen, oder pyramidalen Kastens von Pappe, dessen Innen-
seiten gettchwärst sind , bedienen. Auf der einen Seite desselben befindet
sich eine Oeffnung, vor oder hinter welcher das erstgenannte Absorptions-
mittel gestellt wird, und durch welche das Licht einfi&llt ; auf der gegenüber-
stehenden Seite ist eine andere Oeffiiung angebracht, welche mit dem zwei-
ten Absorptionsmittel verschlossen wird und durch welches man den in den
Kasten durch eine Seitenöffnung eingebrachten , auf seine Fluorescenz zu
prüfenden -Oegenstand betrachtet.
Es ist gut neben den zu prüfenden Gegenstand einen anderen zu stel-
len, welcher gar nicht, oder doch ganz unbedeutend fluorescirt , damit man
aus der Vergleichung des Ansehens beider die Beobachtung mehr differen-
tial mache. Als eine solche Substanz empfiehlt S tokos ein Porcellan-
tftfelchen, auch kann dazu die untere matte Seite einer noch ungebrauchten
Abdampfschaale benutzt werden. Es ist indessen gut, eine solche Porcel-
lanfläche vorher auf ihre Fluorescenz zu prüfen; ganz frm ven dieser Eigen-
schaft sind dieselben nicht, namentlich bringen die am stärksten brechba-
ren Strahlen, welche allerdings meist durch Glas absorbirt werden und nur
durch Quarz hindurchgehen, immer einen Grad von Fluorescenz noch her-
vor; auch ist nicht jede Porcellanmasse für diese Zwecke gleich gut brauch-
bar. Desgleichen kann eine kleine Platte von Kreide als Vergleichsgegen-
stand gewählt werden.
S tokos giebt als Absorptionspaare folgende Substanzen an und be-
seichnet dabei dasjenige Medium, welches vor das Loch im Fensterladen
gesteUt wird, als Uauptabsorbens und das zweite als Complementar-
absorbens. Wenn beide zu wenig complementar sich erweisen und auch
das obige, für diesen Fall bemerkte Verfahren* unzureichend erscheint, so
dient zur Prüfung noch ein drittes Medium, welches er Uebertragungs-
mittel nennt. Dasselbe kann sowohl von dersolhen Art wie das erste als
auch wie das zweite, nur etwas blasser, sein, und wird bald vor das Auge
bald zwischen den Gegenstand und das Uauptabsorbens gehalten.
L Uauptabsorbens ein durch Mangan und etwas Kobalt tief violett
gefärbtes Glas, oder ein durch Mangan allein tief gefärbtes Glas, combinirt
mit einem blassblauon Kobaltglasc. Bei Prüfung der Substanzen durch
diese Medien ist in der Regel ein Complerayntarabsorbens nicht nöthig, doch
kann man sich als :jolchen eines blassgelben Glases wie bei der folgenden
Combination bedienen. Die Verbindung ohne das gelbe Glas ist aber gut,
wenn das fluorescirende Licht blau oder dunkelblau ist, weil sonst zu viel
Licht durch Abscprption im gelben Glase verloren geht.
2. Hauptabsorbens eine Lösung von schwefelsaurem Kupferoxyd-Aiii-
moniak in solcher Tiefe, dass ein tiefes Blau entsteht. Zweckmässig bringt
man die Lösung in eine Zelle mit parallelen Glaswänden oder in eine breite
flache Flasche (wie man sich deren auf Reisen bedient). Das Complemen-
tarabsorbens ist ein durch Silber gelb gefärbtes und schwach überbranntes
Glas. Wenn das Glas bei seiner Bereitung einer etwas höhern Hitze als
nöthig ausgesetzt gewesen ist, so erlangt es einen zarten blauen Schein,
welcher ziemlich das Ansehen einer Chininlösung hat, was jedoch mit Fluo-
rescenz in keinem Zusammenhange steht. Bei dieser Beschaffenheit ist das
Glas fast undurchsichtig für die übervioletten Strahlen, und für beide Stel- .
Inngen sowohl vor dem Auge als auch vor dem Loche im Fensterladen
brauchbar. Diese Verbindung ist in der Regel sehr wirksam, vorzüglich
wenn das fluorescirende Licht gelb , orange oder roth ist. Schreibt man
Von W1TZ8OHEL. 173
z. B. mit Tinte auf die erw&hnte Porcellanschaale , so ist nichts sn lesen,
wenn man dieselbe zwischen beide Medien bringt. Stellt man aber dazn
noch öin Stückchen Canarienglas oder eine ähnliche flnorescirende Sub-
stanz, so erscheint nicht blos das Glas leuchtend, sondern sendet auch so
viel Licht aus, dass die Schrift auf dem Porcellan sichtbar wird.
3. Das Hauptabsorbens der voHgen Zusammenstellung kann kuch
durch ein dunkelblaues Kobaltglas ersetzt werden. Bei dieser, wie bei der
vorhergehenden Verbindung liegt die ziemlich gemeinschaftliche Orense
der Absorptionsfähigkeit im Blau. Bei der folgenden liegt sie etwas tiefer
im Spectrum , doch bietet dieselbe nicht eben wesentliche Vortheile vor den
beiden eben genannten dar.
4. Hauptabsorbens eine Lösung von salpetersaurem Kupferoxyd und
Complementarabsorbens ein lichtrotlies oder tief orangenes Olas.
Durch die genannten Beobachtungsmittel und Methoden tritt die Flno-
rescenz nicht blos der schon genannten Substanzen, z.B. von Curcuma-,
Chinin-, Stramonium- (mit Stechapfelsamentiuktur gefllrbtes) Papier, son-
dern auch von solchen deutlich hervor, deren Fluprescenz nicht leicht zn
entdecken ist, z. B. von weissem Papier und von Baumwolle. Lässt man
ein Stück Rosskastanienrinde auf einem Glase Wasser schwimmen und stellt
dasselbe vor dem Hauptabsorbens auf, so kommen die herabiiiessenden
Striemen von Aesculinlösung vermöge ihrer Fluorescenz deutlich zum
Vorschein. %
Es ist ersichtlich , dass man nun auch umgekehrt das Phänomen der
Fluorescenz benutzen kann , um gewisse Substanzen auf die Fähigkeit zu
prüfen , Strahlen von hoher Brechbarkeit zu absorbiren oder auch zu re-
flectiren. Ist die zu prüfende Substanz ein Absorptionsmittel, so braucht
man mit demselben nur das Loch oder die Spalte im Fensterladen des dun-
keln Zimmers zu versetzen und zuzusehen , wie sich ein Gegenstand von
bekannter Fluorescenz verhält. Soll das Reflexionsvermögen einer Fläche
untersucht werden, so braucht man nur die von derselben zurückgeworfenen
Strahlen, von allen übrigen isolirt^ auf den fluorescirenden Gegenstand fal*
len zu lassen und dessen Verhalten zu beobachten.
Es ist unschwer vorauszusehen , dass auch die Beschaffenheit der ur-
sprünglichen Lichtquelle und des von derselben ausgehenden Lichtes auf
die Entwickeluug der Fluorescenz an einem dafür empfindlichen Gegen-
stande von EinfluRS sein wird. Die Natur der Fluorescenz deutet femer im
Voraus schon dahin, dass Licht von irgend einer Lichtquelle diese Erschei-
nung um so kräftiger unter Übrigens gleichen Umständen entwickeln wird,
je reicher es an Strahlen von höherer Brechbarkbit sein wird. In dieser
Beziehung wird die Beobachtung der Fluorescenz ein Mittel, die Zusam-
mensetsHing eines Lichts namentlich hinsichtlich der brechbareren Strahlen
zu untersuchen und festzustellen. Versuche von S tokos und Anderen ha-
ben nun gezeigt, dass die so schwach leuchtende Flamme des Alkohols in
einer Chininlösung eine starke Fluorescenz erzeugt, also reich an sehr brech-
baren Strahlen ist Bei Anstellung der betreffenden Versuche ist zu be-
rücksichtigen, dass das Glas, in welclicr die Chininlösung enthalten ist, einen
grossen Theil der brechbaren Strahlen absorbirt, und dass man daher eine
Vorkehrung treffen muss, nach welcher die einfallenden Strahlen der Flamme
entweder durch eine Quarzplatte gehen oder in das offene GeOtss auf die
Oberfläche der Flüssigkeit fallen , indem man die Flamme dicht darüber
hält. Da die Opacität einer Chininlösung mit der Brechbarkeit des Lichts
174 Die Erscheinnngen der Flnorescenz od. d. innem Dispersion
regelmässig und rssch zu wachsen scheint , so kann man die Brechbarkeit
nach dem Orade, in welchem sich hierbei die Beleuchtung der Flttssigkeit
auf die Oberfl&ehe zusammenzieht , beurtheilen. Es ist zweckmässig , die
Losung in recht verdünntem Zustande anzuwenden; denn auch in einer
solchen bringt die Alkoholflamme eine grosse Helligkeit hervor und die ein-
zelnen Schichten, wtblche vom Lichte verschiedener. Brechbarkeit herrüh-
ren, drängen sich nicht zu sehr zusammen. Die bedeutende Helligkeit so-
wie die starke Absorption durch das Glas machen es sehr wahrscheinlich,
dass die Weingeistflamme Strahlen von sehr hoher Brechbarkeit, welche
wohl noch über p hinausgehen, besitze. Beinahe dieselbe Wirkung übt eine
Naphthaflamme aus, eine geringere aber die Aetherflamme, sei es wegen
ihres grössern Reichthums an sichtbaren, oder wegen ihres Mangels an
ttbervioletten Strahlen. Dagegen bringt die Wasserstoffgasflamme eine
starke Wirkung hervor; dieselbe scheint überviolette Strahlen von noch
grösserer Brechbarkeit als die Alkoholflamme zu haben. Die Flamme des
Schwefelkohlenstoffs bringt eine viel stärkere Wirkung als die Weingeist-
flamme hervor und entwickelt namentlich an einer alkoholischen Lösung
von Ouajakharz eine Fluorescenz von blauem Licht, das, wie die Untere
snehnng im Spectmm ergiebt , von den übervioletten Strahlen der Linien-
gruppen m und n herrührt und das von der Alkoholflamme nicht hervorge-
bracht wird. Es scheint somit die letztere Flamme ausser an sichtbaren
auch noch arm an Übervioletten Strahlen aus der Gegend der genannten
Gruppen zu sein und das Meiste ihres übervioletten Lichtes eine weit hö-
here Brechbarkeit zu besitzen. Die Alkoholflamme wird dadurch ein Mittel,
gewisse Substanzen auf ihre Durchsichtigkeit für Strahlen von hoher Brech-
barkeit zu prüfen; man braucht nur dieselben einmal zwischen die Flamme
und eine Chininlösung zu stellen , dann wieder zu entfernen und dabei den
Unterschied in der Fluorescenz der Flüssigkeit zu beobachten. Auf diese
Weise bestätigt sich z. B. die Opacität der meisten Glassorten für Licht
von hoher Brechbarkeit, sowie die grosse Durchsichtigkeit des Quarzes für
dieselben Strahlen.
Der elektrische Funke ist gleichfalls sehr reich an Strahlen von hoher
Brechbarkeit. In einer soweit verdünnten schwefelsauern Chininlösung,
dass eine Alkoholflamme nur einen höchst schwachen Liclitscliimmer in der-
selben zu erzeugen vermochte, der nicht einmal entschieden auf Fluorescenz
hindeutete, brachte nach Stokes ein eloktrischor Funke eine sehr bemerk-
bare Fluorescenz hervor , und zwar ergab sich , dass , wenn der Funke als
ein schwacher, verästelter vom Conductor überschlug, das schwache fluo-
rescirende Licht eine grössere Verbreitung in der Lösung hatte , als wenn
der Funke hell und scharf war, oder eine Leidner Flasche entladen wurde,
in welchen letzteren Fällen das fluorescirende Licht nur auf eine schmale
Schicht der Lösung beschränkt war. Die Strahlen des scliwachen verästel-
ten Funkens wurden vom Glas in reichlichem Maassc durchgelassen, die des
scharfen und hellen Funkens aber vom Glase absorbirt, obwohl vom Quarze
durchgelassen. Nach dem oben Bemerkten bezüglich der Zunahme der Opa-
cität von Glas und von Chininlösung mit der Brechbarkeit der Strahlen
geht daraus hervor , dass ein starker elektrischer Funke sehr reich ist au
ttbervioletten Strahlen von hoher Breclibarkcit.
Die eben genannte Hervorrufung der Fluorescenz legt eine Vergleichung
dieser Erscheinung mit der der Phosphorescenz, — die des Leuchtens
gewisser Körper nach vorhergegangener Bestrahlung von irgend einer Licht-
Von WiTZSCHEL. 175
queUe — sehr nahe. Die Erfahrung hat gelehrt , dass die phosphorogeni-
schen Strahlen eines elektrischen Funkens , welche z. B. den Ganton^schen
Phosphor (Schwefelcalcium) leuchtend machen, ganz frei den Quarz durch-
dringen, aher von Glas schon bei massiger Dicke aufgefangen werden, dass
also dieselben ebenfalls Strahlen von hoher Brechbarkeit sind. Stokes
stellte hierüber folgenden Versuch an. Er bedeckte zuerst den Canton'schen
Phosphor mit einem Quarzgef^ss und brachte denselben durch einen elektri-
schen Funken zum Leuchten ; hierauf wiederholte er den Versuch mit einer
frischen Portion Phosphor, wobei er aber über denselben das Gefkss mit
Wasser gefilllt stellte. Es wurde eine ebenfalls starke Phosphorescens her-
vorgerufen, die ihm nur etwas weniger schwächer erschien als zuvor. Zu*
letzt wurde das Wasser im QuarzgefÜss durch eine schwache Lösung von
schwefelsaurem Chinin ersetzt und es ergab sich , dass nun der elektrische
Fanke keine Phosphorescenz erregen konnte. Schon eine Lösung, die in
lOOOO Theilen nur einen Theil Chinin enthielt, war bei einer Tiefe von einem
halben Zoll im Stande , die Phosphorescenz zu unterdrücken. Diese Ver-
suche seigen, dass die Fluorescenz und Phosphorescens durch Strählen
derselben Art, nämlich von hoher Brechbarkeit erregt werden und deuten
ausserdem in Verbindung mit anderen, früher erwähnten, eine grosse Aehn-
lichkeit in der Entstehungsweise dieser beiden Phänomene , sowie desjeni-
gen der Absorption an.
Stokes bemerkt hierüber, dass die Innern Verhältnisse der Fluorescens
sich wohl begreifen lassen, wenn man annimmt, dass das fluorescirende Me
dium während der Erregung durch die einfallenden Strahlen ein selbst-
leuchtende« ist. Der Unterschied zwischen Fluorescenz und Phosphorescens
besteht demgemäss hauptsächlich darin, dass bei letzterer die Wirkung de«
thätigen Lichtes noch eine Zeit lang im betreffenden Körper fortdauert,
nachdem derselbe dem unmittelbaren Einflüsse desselben entzogen ist,
während bei der Fluorescenz die Wirkung mit Entfernung des thätigen Lich-
tes aufhört. Nimmt man nun an, dass die Vibrationen des einfallenden
Lichts in dem fluorescirenden Körper gewisse Molecularvibrationen erzeu-
gen und diese wieder in dem denselben umgebenden Aether neue Schwingun-
gen hervorbringen , so ist im Allgemeinen die Entstehung des fluoresciren-
den Lichtes erklärlich. Da nun. die zeitherigen Beobachtungen als allge-
meines und einfaches Gesetz herausstellen, dass das fluorescirende Licht
immer aus Strahlen von niederer Brechbarkeit, als die thätigen Strahlen des
einfallenden Lichtes, besteht, so ist anzunehmen, dass durch die Uebertra-
g^ng der Vibrationen des Aethers an die Molecule des fluorescirenden Kör-
persund von diesen wieder an den Aether eine Verlängerung der Schwingungs-
periode herbeigeführt wird, eine Veränderung, die durch mannigfaltige Ver-
hältnisse der uns unbekannten Molecularconstitutionen bedingt sein kann,
und worüber vielerlei Hypothesen zulässig sein mögen , solange nur keine
derselben eine Verminderung der Quantität der Bewegung bei diesem Vor-
gänge involvirt. Die Phosphorescenz würde auf einem ähnlichen Vorgange
beruhen, ohne dass es auch zugleich nöthig wäre, eine ähnlicheVerlangsamung
der Schwingungsdauer durchgehends anzunehmen, da die Versuche eine Er-
niedrigung-der Brechbarkeit des phosphorescirenden Lichts mit Bestimmtheit
nicht dnrchgehends ergeben haben. Der Unterschied beider Erscheinungen,
nämlich die Fortdauer der Wirkung des thätigen Lichts bei der Phospho-
rescens einerseits und das sofortige Anfangen und Aufhören der Erleuch-
tung bei der Fluorescenz mit dem Beginn und dem Ende der unmittelbaren
1 76 Die Erscheinungen der Flnorescenz od. d. innem Dispersion.
Einwirkung des thätigen Lichts andererseits lässt sich vielleicht in analoger
Weise erklären, wie die Entwickelung stehender nnd fortschreitender
Schwingungen.
Die Einwirkung der brechbareren Strahlen des thätigen Lichts auf
eine Substanz, insofern in derselben eine gewisse Art Molecnlarvibrationen
erzeugt wird , kann auch je nach der Beschaffenheit der getroffenen Sub-
stanz so intensiv sein , dass die Schwingungsamplituden der Molecule oder
gewisser Atomgrnppen grösser werden , als dass ein Fortbestand des frü-
hem Gleichgewichts zwischen denselben mehr möglich bliebe, nnd dass ent-
weder ein neuer Gleichgewichtszustand oder eine vollständige Trennung der
Bestandtheile hervorgebracht wird. Auch hier dürfte der Umstand, dass die
violetten und übervioletten Strahlen vorzugsweise die sogenannten chemi-
schen sind, nicht bedeutungslos sein.
Da bei der Fluorescenz die Strahlen höherer Brechbarkeit in solche
von niederer Brechbarkeit verändert werden , so ist es auch denkbar , dass
gewisse Körper mit derselben Eigenschaft in der Weise versehen sind, dass
die fluorescirenden Strahlen eine Brechbarkeit besitzen , welche unter die
untere Grenze der Sichtbarkeit für das menschliche Auge fallt, so dass die
Anwesenheit dieser Strahlen nur etwa durch Wärmeerscheinungen nachge-
wiesen werden könnte. Es wäre hierbei auch möglich, dass der fluoresci-
rende Körper einen grössern oder geringern Thcil der unterhalb dem Vio-
lett liegenden oder sichtbaren Strahlen in solche verwandelte, welche unter -
dem äussersten Roth liegen, alsdann würde er diesen Theil der Strahlen in
sich aufgenommen haben, ohne dass diese eine weitere Lichtempfindung
davon im Auge erregen könnten , d. h. er würde , wie man sagt, sie ver-
schluckt oder absorbirt haben. Das Absorptionsvermögen der fluoresciren-
den Substanzen für die stärker brechbaren Strahlen ist schon oben näher
bemerkt worden : man erkennt somit den Zusammenhang, welchen die Er-
scheinungen der Fluorescenz und der gewöhnlichen Absorption haben kön-
nen, und wie beide durch einen Vorgang ein und derselben Art sich erklä-
ren lassen.
Die Hauptresultato der bezüglich der Fluorescenz vornehmlich von
Stokes angestellten Untersuchungen sind nun:
1. Bei dem Phänomen der Fluorescenz wird die Brochbarkeit des Lichts
geändert; einfallendes Licht von bestimmter Breclibarkeit giebt fluoresci-
rendes von verschiedenen Breclibarkeiten.
2. Die Brechbarkeit des einfallenden Lichts ist die obere Grenze der
Brechbarkeit der Bestandtheile des fluorescirenden Lichts.
3. Die Fjirbe des Lichts wird im Allgemeinen bei der Fluorescenz
geändert und die neue Farbe entspricht der neuen Brechbarkeit. Es ist
dabei gleichgültig, ob die einfallenden Stralilcn zum sichtbaren oder für ge-
wöhnlich unsichtbaren Tlieile des Spectrums gehören.
4. Das fluorescirende Licht scheint gleichmässig nach allen Richtungen
auszustrahlen, wie wenn die empfindliclie Substanz selbst leuchtend wäre.
5. Die Erscheinung der Brechbarkeitsvcränderung scheint ausseror-
dentlich gemein zu sein , besonders bei organischen Substanzen.
6. Das Stadium der übervioletten, für gewöhnlich unsichtbaren Strah-
len des Spectrums, sowie der Absorption, welche Medien auf dieselben aus-
üben, wird durch dieses Phänomen sehr erleichtert.
7. Dasselbe erhebt neue Schwierigkeiten für die Voraussetzung einer
verschiedenen Natur der leuchtenden , chemischen und phosphorogenischen
Kleinere Mittheilungen. 177
Strahlen , stimmt aber vollkommen mit der Annahme , dass die Erzengang
von Licht, von chemischer Veränderung und von Phosphorescenz nur ver-
schiedene Wirkungen ein und derselben Ursache seien. Die phosphoroge-
nischen Strahlen eines elektrischen Funkens, welche von Glas bekanntlich
aufgefangen werden, scheinen nichts anderes zu sein, als überviolette
Strahlen von ungemein hoher Brechbarkeit und es ist kein Grund vorhan-
den, sie ihrer Natur nach als verschieden von den Lichtstrahlen anzusehen.
WiTZSCHEL.
Kleinere Mittheilungen.
XXn. JJehet einen Sats Leibnizens von den Sectoren der Kegel-
lehnittOy von Dr. R. Baltzer. Der Herausgeber des Archiv für Mathema-
tik hat im 23. Bd. S. 385 ff. eine Stelle aus einem Briefe von L e i b n i z an
Uugens in Erinnerung gebracht und zur Deutung derselben eine ausführ-
liche Rechnung angestellt, aus der sich ergiebt, dass der daselbst von Lcib-
niz ausgesprochene Satz der besondere Fall eines allgemeineren ist. Einen
einfachen Beweis dieses Satzes, sowie einer vonHugens angedeuteten
Modification desselben, beide in allgemeinerer Fassung, erlaube ich mir im
Folgenden mitzutheilen. Die Stelle selbst (Leibnizens math. Schriften,
herausgeg.. von Gerhardt IL S. 55) lautet nach Wiederherstellung von
+ ^i^ statt^+^r*, welches ein Druckfehler der letzen Ausgabe dieses
Briefs*) ist:
y^ Seetor comprehensus arcu seciionis conicae a veKiice incipienie ei reciis
ex centro ad ejus exirema dticlis , aequaiur reciangulo sub semilatere irans-
verso et recta ' + l^'+5'' + f'^ ^^^* posito t esse pordonem iangeniis in
veriice^ inter verlicem et iangentem f) dlierius eoctremi inierceptam , ei recian-
ffulum sub dimidiis laieribus recio ei transversa . (id est quadratum a semiaxe
transversa) esse uniiatem. Est auiem + in hyperbola + in ellipse vel cir
culo ' — .
t) Hagen 8 hat bemerkt: Secantem,"
Um die Worte Leibnizens, an denen der Herausgeber des Archivs An-
8t088 genommen hat, und die mir ebenfalls der Verbesserung zu bedürfen
schienen , zu verstehen , braucht man sich nur zu erinnern , wie mein ver-
ehrter Lehrer Herr Professor Drobisch bemerkt, dass in der Sprache der
altem Geometer latus transversum die grosse Axe, latus rectum der Parame-
ter ist, axis iransvertus (hier statt axis conjugatus gesetzt**) die zweite Axe
des Kegelschnitts bedeutet, und dass, wenn das Quadrat über der zweiten
Axe als Flächeneinheit angenommen wird , die zweite Axe selbst die Län-
geneinheit ist, wonach der "erwähnte Tangentenabschnitt gemessen wird.
♦) Er ist schon früher abgedruckt in Christiani Hugenii aliorumqtie 8ecuH XVII
virorum celebriwn exercitaiiones mathematicae et philosophicae, ed, üylenbroek. Hagae
1833. p. 30.
**) Wie in der That in Leibnizens historia et origo calc, differ,, heransgeg. v. G e r -
hardt (Hannover 1846) p. 12 steht, wo der Satz fast mit denselben Worten, wie im
Briefe an Hugens, angeflUurt wird.
Z«itt«hrift f. Mathematik n. Physik. I. 12
178 Kleinere Mittheilangen.
Die Variante secanlem für kmgeniem^ welche Hugens hinsngefügt hat,
und deren Sinn Herr Grunert in Zweifel zieht, ist in der That sulässig,
wenn man zugleich im Satze semirectangulo für rectangulo sahstituirt.
Der Satz von L e i b n i z gilt , wie Herr G r a n e r t gefunden hat , auch
dann , wenn die Halbaxefi des Kegelschnitts durch irgend ein Paar conju-
/S girte Halbmesser desselben ersetzt werden. Der-
selben Erweiterung ist der Satz von Hugens
fähig.
Um die angeführten Sätze zu beweisen, kann
man sich der Formel \ sin a {xdy — ydjc) für
das Increment OMM' eines Flächensectors OAM
bedienen , worin x und y die Coordinaten von
M sind, deren Anfang 0 ist und deren Richtun-
gen OA und OB den Winkel a einschliessen.
1. Sind OA = a und OB = b conjugirte Halbmesser einer Ellipse , so
ist für jeden Punkt M derselben
folglich
dx
= -7— I «6 sin a .
j/(^-^x'
und durch Integration
OAM=z tr . OAB . arc cos ~.
a
Bekanntlich ist das Dreieck OAB für alle conjugirten Halbmesser von glei-
cher Fläche, und zwar der 1n^^ Theil der ganzen EUipseufläche.
X , y * (ly ;
2. Ist cos g) = — , so ist sin g> = — , lang tp = — , folglich
ö 0 bx
OAM= tr .OAB , arc lang ~.
^ bx
Sind insbesondere a und b die halben Axen, mithin a recht, so ist —
^-^ X
= lang AOM = fang ^ und
OAM = tr . OAB . arc iang ( — fang^j.
Vergl. Archiv f. Math. 23. S. 441 und 478.
Wird die Berührende an A von dem Vector OM in S geschnitten , so
ay
ist ohne Beschränkung AS : y = a : x, —- =. AS : 0B= s. also
bx
OAM =^tr .OAB . arc tang^s,
wie Hugens für den Fall behauptet, dass A ein Scheitel der Ellipse ist.
3. Ist 005 2-^ = — , so ist 2 sin^ tf; = ^ ^, 2 cos^ ^ = ^ '"^,
iang t[; = 7/ — ; — , daher
f a + X
Kleinere Mittheilungen. 179
OAM= 2 tr . GAB . arc tang j/^^—-^.
r a + oc
Für irgend einen Punkt x*y der Berührenden an aM ist
Für den Durchschnitt T derselben mit der Bertihrenden an A ist folglich
a^ b ' OB
-^at/ob^^''--^-=t/'^.
y
mithin
OAM = 2 /r . OAB . arc te/i^ (,
wie Leibniz fOr den Fall behauptet, dass A ein Scheitel der Ellipse ist,
und wie Herr Orunert allgemein nachgewiesen hat.
1*. Für die Hyperbel erhält man das apaloge Resultat durch Ver-
tanschnng von 6* mit — V , also
dx
OMM ^z^dbsina ■
' /x« — a«
und dnrch Integration von a bis o:
OAM= \absina. log ^ + A' — «'
a
OAM = ir . OAB . /o(; T^ + | Y
2*.I>»5-^=l.-ist/o,(f + |) = -/o,(^^|),also
2log{'- + ^)=log = log ,
ab bx
und wenn s die obige Bedeutung behält,
OAM=: tr . OAB . 4 % y^-
3*. Wenn man — + — mit 1 h -r multiplicirt und dividirt, und
ab ab
dabei — — i^ = J » so wie — — -^ ^ = l benutzt , worin i die obige Bedeu-
a* br ab
tung hat, so erhält man
X , y_l + i
folglich
OAM= tr . OAB . log -^^•
12 ♦
180 Kleinere Mittbeilungen.
4i. Beide Sätze nach Lcibnizens Art zusammengefasst geben ver-
möge der bekannten Keihen
r=:2lr.0AB.it±lt^ + ll^ + \r + .,\
worin 8 = AS: OB, i:=zAT:OB.
Bemerkenswerth sind die Kelationcn
X
(eil.) arc cos — = arc lang s = 2 arc iang t.
(Der K. S. Gesellsch. d. Wissensch. zu Leipzig mitgetheilt durch Prof.
Dr. Drob is eh. Sitzungsber. Jahrg. 1855, II.)
XXIV. Bemerkung Aber unendliche Seihen. In meiner algebraische^
Analjsis habe ich das Rechnen mit diyergenten Keihen aus dem Grunde als
unzulässig bezeichnet , weil alle Rechnungen durch Gleichungen vermittelt
werden und eine divergente Reihe keiner bestimmten Grösse gleich gesetzt
werden darf. Dies halte ich heute noch für vollkommen richtig, glaube
aber der Sache weit besser auf den Grund zu gehen , wenn ich in Folgen-
dem nachweise, dass die Forderung, mit einer — gleichviel ob convergen-
ten oder divergenten — unendlichen Reihe irgend eine Rechnungs-
operation auszuführen, streng genommen, einen Widerspruch involvirt.
Ich bitte dabei den geneigten Leser, sich auf jenen elementaren Standpunkt
zu versetzen, der überhaupt noch keine unendliche Reihe gesehen hat.
Nach Dem, was die Elementararithmetik über die Bedeutung des Plus-
zeichens und über den Gebrauch der Parenthesen feststellt, kann
b — (flr, + rt, + «3 + . . . + a„)
in Worte übersetzt nichts Anderes heissen als: „man addire die w-Grössen
rt, , «2 • • • ^n ) ^^nd nachdem man mit dieser Operation fertig geworden ist,
ziehe man ihr Ergebniss von b ab"; wer dies zugiebt — und wer sollte das
nicht — muss consequenter Weise den Ausdruck
6 — (flf, + «2 -f «3 + . . . in ifif,)
folgendermassen aussprechen: „man addire die unendliche, d. h. die nicht
endenwollende Reihe von Grössen öj , er, ••• '^ ''*/•' ^^^ nachdem man
diese Operation beendigt hat, subtrahire man ihr Ergebniss von b*\ -^
Der Widerspruch ist hier so auffallend, dass er sich bei genauer Fassung
schon in den Worten ausprägt; eine Operation erst in's Unendliche fort-
gehen lassen und dann noch von Dem reden, was hinterher kommen soll,
ist — streng genommen — völlig absurd und nicht besser , als wenn man
Jemandem zumuthete, eine Unendlichkeit zu leben und nachher deren
Geschichte zu schreiben. — Ganz ebenso verhält es sich mit jeder anderen
Operation , welche an die Stelle der oben angedeuteten Subtraction gesetzt
werden könnte , und wir gelangen damit zu der bemerkenswerthen That-
sache, dass im Anfange der Reihentheorie eine ganze ähnliche unmögliche
Forderung auftritt, wie sie in der Buchstabenrechnung bei den Ausdrücken
2 — 7 , yjö etc. zum Vorschein kommt. Das Mittel , dessen sich in solchen
Fällen die Arithmetik bedient, nämlich die Bildung neuer Zahlen, ist bc-
Kleinere Mitth^eilungen. 181
greiflicherweise hier nicht anwendbar , die Unmöglichkeit der geforderten
Operation rnnsa* daher anf andere Weise eliminirt werden.
Nun erhellt aber unmittelbar, dass der oben nachgewiesene Wider-
spruch zu existiren aufhört, sobald sich die Möglichkeit zeigt, jene in 's Un-
endliche fortlaufende Addition wirklich ausführen zu können; sei es nun,
dass man direkt diejenige Summe anzugeben weiss, die bei wirklicher Aus-
führung der Addition herauskommen w.ürde , sei es auch nur , dass man die
Existenz einer solchen Summe nachzuweisen versteht. Mit andern Wor-
ten, so lange die Convergenz einer Keihe nicht entschieden ist, so lange
hat es überhaupt gar keinen vernünftigen Sinn mit der Keihe rech-
nen zu wollen ; schon das blose Hinschreiben eines Ausdrucjcs wie
m{\ + l.x + l.^.x^ + l.2.S.x^+ ...)
enthält einen ebenso grossen Widerspruch, als wenn Jemand für ein Polyeder
^=5, /'=6, k = 20
gesetzt hätte, während ^ + /*=/: + 2 sein muss, bevor nur überhaupt von
einem Polyeder die Rede sein kann.
Dass man diesen Widerspruch nicht gleich anfangs bemerkt hat, scheint
mir übrigens an einem Principe zu liegen , welchem Viele , theils bewusst,
theils unbewusst , gefolgt sind. Man hat nämlich gemeint , was für jede
endliche Anzahl von Summanden gilt, wie z. B. der Satz
^ («1 + «1 + •••+«*) = m«! + ma, + ...+ ma)t,
muss auch für eine unendliche Menge von Summanden richtig bleiben, und
. damit war man flugs mitten in der Rechnung mit unendlichen Reihen. Ab-
gesehen von der unlogischen Form seiner Schlussweise (nämlich : was von
jedem ^gilt, gilt auch von Nicht -JF/), widerlegt sich das genannte Prin-
cip leicht durch bekannte Thatsachen; z. B. die Summe jeder endlichen
Anzahl rationaler Summanden ist rational, die Summe einer unendlichen
Menge solcher Summanden kann aber recht gut irrational sein , wie ^ = 2
+ J + ^ + ^j + etc. — Im Gegen theil muss man sagen, weil eine unend-
liche Reihe keine endliche Reihe, also etwas ganz Anderes ist, dürfen die
für endliche Reihen geltenden Sätze nicht ohne Weiteres für unendliche
Reihen in Anspruch genommen werden.
Schliesslich noch die Bemerkung, dass der oben geführte Nachweis
eines Widerspruchs nichts mit der speciellen Natur der Summanden a^ , a,,
a, . . . zn schaffen hat; man kann sich unter diesen eb^n sowohl Zahlen als
Ohm'sche Träger von Operationen vorstellen , der Widerspruch eines posi
infinitum bleibt immer. Damit fällt auch die von Ohm unairfliörlich wieder-
holte Behauptung , dass das Rechnen mit unendlichen Reihen im Allgemei-
nen von deren Convergenz unabhängig sei und dass letztere erst da in
Frage komme, wo es sich um numerische Reihen handle.
SCHLÖMILCH.
XZ7. Heber die Entwickelang von Aresin x. Da die im ersten
Hefte S. 48 und 49 mitgetheilte Restbetrachtung für Aresin x von Herrn
Prof. Grunert im Archiv der Mathem. Bd. 26 Nr. 2 nach vielem überflüs-
sigen Gerede feierlichst für null und nichtig erklärt worden ist , so nehme
ich hier die Sache noch einmal auf, um zu zeigen, dass es nur einer kleinen
Modification meiner Betrachtungsweise bedarf, um sie ohne Aufgabe des
zu Grunde liegenden Princips vor allen und selbst Grunert'schen Einwän-
1 82 Kleinere . Mittheilungen.
den sicher zu stellen. Zugleich will ich die Entwickelang von Aresin x voll-
ständig und nachher noch eine neue Restuntersnchnng geben.
I. Da man nach dem binomischen Satze schon die Oleichnng
^=L= = l + io:« + 1^^x^ + 144^+-
y\—x^ 2.4 2.4.6
hat, aus welcher hervorgeht, dass (I — x*) i nach dem Mac Laurim'schen
Satze entwickelbar sein mnss, so lassen sich die Werthe D (1 — a:*) ',
D* (1 — rc*) i etc. für den speciellen Fall ar = 0 im Voraus angeben ; es
ist nämlich
^- [d- {i-x^)-\\ ^ LiiLllI^ZlL) für gerade n.
1.2.3...« 1 ^ ^ J 2.4.6....n ^
= 0 für ungerade it.
Wegen D** Aresin x = />*"— ' (l — a^) « erhält man weiter
" fn- > . 1 1.3.5. ..'(m — 2) 1 ^, ,
, ^ ^ « \ />"• Aresm x \ ==i -— --r ) ~ — für ungerade m.
1.2.3...m| J 2.4.6...(m — 1) m ®
= 0 für gerade m,
und damit sind die Coefficienten des Arcussinusreihe bestimmt.
Um noch den Rest zu ermitteln, halten wir uns an die im ersten Hefte
bewiesene Formel
worin Cj, Q, C^ ... C« gewisse positive die Einheit nicht übersteigende
Coefficienten bezeichnen ; in diesem Satze (und das ist das Princip) liegt
ein Mittel, um die eingeklammerte Reihe, folglich auch JD'*'^^ Aresin x^ zwi-
schen zwei Grenzen einzuschliessen. Setzt man nämlich
5p = 1
l—x /l — xY /l — x\P
wählt p^ n und x als positiven ächten Bruch , so liegt der absolute Werth
jener eingeklammerten Reihe immer zwischen 0 und Sp , und nian kann auf
diesem Wege beliebig viele solcher Grenzen finden; a. a. O. nahm ich
p = QO , wer sich damit nicht befreunden mag, nehme p = n und setze zum
Ueberflusse noch jedes der obigen Reihenglieder, mit Ausnahme des ersten,
< 1» es ist dann der absolute Werth von
'-'^.([^:)^<^.(^:)"-+<-)-'--fe)"
zwischen 0 und w + 1 enthalten, mithin
r. _L.. . 1.3.5... (2;i—I) , , ,^
D''-^^ Aresin x = ^ — -^. c (n + I) ,
2n(i— a:")/l — x*
wo B einen nicht weiter bestimmbaren positiven oder negativen ächten Bruch
bezeichnet. Nach der Formel
I •^•O ..• fl
wird nun für f{x) = Aresin x
Kleinere Mittheilungen. 1S3
_ _ 1.3.5...(2>i-l) tx y^-<»*\"
^-+' — 3.4.6.... (2«) y.zT^f^ ^"+*HrH^;'
von den Faktoren rechter Hand ist der erste ein ächter Bruch , der hei un- '
endlich wachsenden n die Null zur Grenze hat; der zweite Faktor hleibt
immer eine endliche zwischen
+ und —
j/l — x^ j/\—a^
enthaltene Grösse; im dritten Faktor sei znr Abkürzung
X — ^x
dann ist £ ein positiver ächter Bruch ^ x , mithin
(«+ 1) I- < I + s+ r + 1» + ... + 1» < ^
folglich (n + 1) {■ eine positive endliche Grösse, welche höchstens =
1 X
werden könnte. Hieraus zusammen folgt, dass LünRn^i hei unendlich
wachsenden n gegen die Grenze Null convergirt, sobald x der Bedingung
1 >> X > 0 unterworfen ist.*) Zu demselben Resultate kann man auch ohne
Kenntnisfl des Satzes
1.3.5... (2w-l)_
^"" 2.4.6.... (2n) 7^
gelangen, nur muss man in diesem Falle nachweisen, dass Lim [(w + l)^"] =0
ist, was übrigens keine Schwierigkeit hat.**)
U. Ein anderer Weg zur Entwickelung von Aresin x und zur Discus-
sion des Restes ist folgender. Wie schon Euler gezeigt hat und wie man
leicht mittelst des Schlusses von n auf m + 1 verificiren kann , gilt für den
(« + I )*^ Differentialquotienten von Aresin x die Formel
/>»+> Aresin « = /)« (1 —a^ — \
=(l3^[^ + i^")'^"-'+2^w*-"-^+ii!^6W'--+-]'
^) Wenn Herr Professor Graner t beim Lesen meines Artikels seine Aufmerk-
samkeit anf die Hauptsache statt auf Nebendinge gerichtet hätte, so würde er nicht
von der „Yerfehltheit der ganzen Betrachtung^* gesprochen, sondern vielmehr be-
merkt haben, dass diese Betrachtung auf einem völlig richtigen Grundgedanken be-
ruht. Oleichwohl behält Herr G r u n e r t mit seinem errare humanum vollkommen Recht,
namentlich im Hinblick auf den mancherlei analytischen Nonsens , den er selber sei-
ner Zeit hat drucken lassen.
♦•) Da £ ^ o; ist, so wird Lim [(« + 1) |"} < Lim [(n + 1) a:»] und es bedarf daher
nur des Nachweises , dass der letztere Grenzwerth verschwindet. Für das acht ge-
brochene positive X kann man den Ausdruck setzen, worin y jedenfalls eine po-
sitive die Null übersteigende Grösse sein muss ; man hat dann •
• ( J-n n — J1±JL^ "4- 1
oder
1 + 1
(«+l)a?»<Y-
n
+ y + l(«-l)y«
woraus für unendlich wachsende n sofort Lim [(»4-1) x*] = 0 folgt.
184 Kleinere Mittheilungen.
woraus man für o: = 0 unmittelbar die Coefficienten der Arcussinus - Beihe
erhält. Ferner beträgt die eingeklammerte Summe , x als positiv voraus-
gesetzt, weniger als
ar- + («). x«- 2 + («), X'-* + OOe J.— « + =^ (^ + l)" + (x-ir
nnd es ist folglich, wenn t einen nicht weiter bestimmbaren positiVen ächten
Bruch bezeichnet,
„,.,- . 1.2.3....»(j: + l)'' + (a:— 1)"
(1— «*)"+* 2
* /r=^ \(i-*)-^(i+a^)-|
t)iese Form von />»+' Arcsin x führt sogleich zu folgender Form des Restes
unter der Voraussetzung J > a- > 0 sind und , , - ächte Brüche,
1 — VX 1 ■+• vÄ
deren successive Potenzen die Null zur Grenze haben , und da femer der
erste Faktor des obigen Ausdruckes eine endliche Grösse bleibt, so ergiebt
sich Zim'/?„^i = 0 wie vorhin. Schlömilch.
XZVI lieber ein bestimmtes vielfaches IntegraL Im Februarhefte
von 1856 seines JournaVs für Mathematik giebt Liouville folgende ele-
gante Entwickelung des {n — 1)- fachen Integrales:
^=1 l,.,e xy,.j r^n yn , , , dx dy . . .
0 0
Man betrachte einen speciellen Fall etwa w = 4 und differenzire die
betreffende Gleichung
S=jyyyi'-^^^^-^^) a:i''yi-''zi''dxdydz
0 0 0
in Beziehung auf r ; diesjs giebt
dr J J J xyz
0 0 0
Mittelst der Substitution
xz= ■»
worin | die neue Variabele bezeichnet, erhält man
' X %
den Grenzen x = 0 und a: = oc entsprechen die neuen Grenzen J = qo ,
1 = 0, und nach Umtausch derselben wird
SUeinere Mittheiltmgen. 185
_QO_QO,Ä
f = - *fTfe-^^-''^"''\ .*- ^*-' I*-' äy är .|;
0 0 0
da in einem bestimmten Integrale nichts auf die Wahl der Buchstaben an-
kommt, womit die Variabelen der Integration bezeichnet werden , so kann
man rechter Hand x^ y^ z für y, z, £ schreiben und dann ist das dreifache.
Integral wieder r= S also '
^ = — 4S mithin S= Ce"^^.
dr
Die Constante C bestimmt sich durch die Specialisirung r = 0, bei welcher
s = r{^)r{Jt)r{i)
wird ; es ist folglich
s=r{^)ni)ra)e-*r.
Auf gleiche Weise lässt sich das allgemeine (n — 1) fache Integral be-
handeln; man findet als Werth desselben
^=K^)KI)KI)-K"-^)'-'
oder kürzer nach einem bekannten Satze von den Oammafunctionen ,
# yn
Man hat demnach die bemerkenswerthe Integralformel
0 0
1 ,^ X-;; «»•
=:-^ (2^) ^ e
worin die Anzahl der Variabeln x^y, z . , . und mithin auch die der Inte-
grationen = 11 — 1 ist.
Ans der vorigen Formel leitet Lionville den Gauss*schen Satz von
den Gammafnnktionen folgendermaassen ab. Wenn man beide Seiten der
Oleichnng mit rf^''^ dr multiplicirt und zwischen den Greüzen r = 0 bis
r == 00 integriert, so hat man bei Voranstellung der auf r bezüglichen In-
tegration
I I...C x^ y* ...dxdylr e ^-'dr
Linker Hand ist das nach r genommene Integral von der Form
0 0 0
= -}={2n) 2 / r' 'e dr
v n 9/
j
0
und geht für r* = {; über in
V
f" ^ ^t=^ (i
n Cl
186 Kleinere MitiheilungeD.
rechter Hand ist der Werth des Integrales
Nach Substitution dieser Ausdrücke sowie des Werthes ---:=xyz. . . redu-
n
cirt sich die vorige Gleichung auf
H'^yHjJJ' ' ^ ...äa:dy...
ü 0
Die linke Seite zerfKllt in ein Produkt einfacher Integrale , und die nun-
mehrige Gleichung
stellt den erwähnten Oauss'sehep Sats dar.
XXVn. Heber das bestimmte Integral
0
Das vorstehende Integral , welches die bekannten Integrale
/ -^ — ^dx und / e~"y*^* cos^ßxdx
0 " "^^ 0
als specielle Fälle in sich enthält, lässt sich durch folgende Transforma-
tionen auf eine sehr bekannte Transcendonto zurückführen.
Statt des unter dem Integralzeichen vorkommenden Factors
a* + ar
setzen wir das Integral
/-
^-r«3+.«)«^^
0
und erhalten für das ursprüngliche Integral, dessen unbekannter Werth vor-
läufig M heissen möge,
M=^ I cos2ßxe—Y'^^ dx I c — («--t-^^-;« du
0 0
oder bei umgekehrter Anordnung der Integrationen
=^ f cos2ßxe — y*^^ (ix /c — ra*4-a:.»)«
0 0
shrter Anordnung der Integrationen
M
ö
Kleinere Mittheilnngen. 187
Nach einer bekannten Formel giebt diese
daraus wird mittebt der Substitution w = J* — y*
y
and statt dessen schreiben wir
y
In dem mit N bezeichneten Integrale benutzen wir die Substitution
ag — -| = ly, mithin g = ' — ^ ^^ ^»
und setzen die Constanten «r, /?, y als positiv voraus. Dieser Bestimmung
zufolge darf das vorkommende Radical nur mit dem p.ositiven Vorzeichen
genommen werden, weil sonst £, im Widerspruche mit den dafür geltenden
positiven Integrationsgrenzen y und oo , negativ ausfallen würde. Demge-
mäss ist
€cy^IL
wir beziehen die Integration auf beide Theile des Faktors von dtf , setzen
im zweiten Integrale
Vv' + ^^ß = t» woraus ^l\ = dj;,
^d erbalten
«y — £- ay-^-^
y y
ü»mit ist N auf die in der Wahrscheinlichkeitsrechnung und Wärmetheorie
oft gebrauchte Transcendente
"*^ckgeftthrt , die wir kurz mit T(fi) bezeichnen wollen; wir haben
nimlicii
^öd daraus folgt für M der Werth
^^Uen wir endlich die erste und letzte Form von M zusammen und lassen
^P durch ß vertreten , so gelangen wir zxx dem Resultate
188 Kleinere Mittheilungen.
A
cos ßx __v«-.« ^
-='^''"'" { '-'* K"-r,) + '■^•' K" + f,) }■
Durdh Differentiation in Beziehung auf ß unter Rücksicht auf die Gleichung
dT{ii)= — e f' dfi ergiebt sich noch
/
X sin ßx _y«a;«
t-L^ C-y-^- dx
0 ~
Mit Hülfe der ziemlich ausgedehnten Tafel, welche Kramp in seiner Ab-
handlung über die astronomische Sttahlenbrechung gegeben hat , und bei
Anwendung der leicht zu beweisenden Relation
— f» —00 f»
d.h.
hat die numerische Berechnung der in Rede- stehenden Integrale nicht die
mindeste Schwierigkeit. Füry = 0 wird T{ qc)=0, T{ — oo)=j/«^und dann
erhält man ein paar längst bekannte Formeln.
XXVm Die Erzeugung eines ioftverdünnten Ranmes wird in man-
chen Fällen nach Brunn er (Mittbeilungen der naturforsch. Gesellscb. in
Bern 1854^ Poggend. Annal. Bd. 94. S. 523), z. Th. auf vorth eilhaftere und
wirksamere Weise als durch die Luftpumpe, durch Absorption eines leicht
absorbirbaren Gases bewerkstelligt werden können ; ein Mittel, dessen auch
schon Andrews (Poggend. Ann. Bd. 88. S. 309.) und Fontaine (Corapt.
rend. Mars 1853) Erwähnung gethan haben. Selbstverständlich können im
Allgemeinen hierzu nur solche Gase gebraucht werden, welche wenig und
gar keine Einwirkung auf das Material des Apparates und die dem Ver-
suche noch anderweitig ausgesetzen Substanzen haben , und es werden da-
her Kohlensäure und etwa noch Ammoniak sich als die geeignetsten Gase
herausstellen. Kommt es behufs einer Demonstration zunächst und haupt-
sächlich nur auf Herstellung eines möglichst luftleeren Raumes an, so kann
man hierzu ein gewöhnliches starkes Bierglas verwenden , auf dessen sorg-
fältig abgeschliffenem und mit etwas Fett bestrichenem Rande ein metalle-
ner Deckel luftdicht aufsitzt. Der Deckel hat in der Nähe des inneren
Randes vom Glase eine Oeffhung, welche nach Aussen mit einem kurzen
Ansätze versehen ist und mit einem konisch geformten, gut eingeschliffenen
metallenen Stopfen verschlossen werden kann. Durch den Stopfen ist eine
Glasröhre von etwa 2 Millifti. Weite im Lichten geführt, an deren nach
Aussen etwas schief gerichtetem Ende eine Kugel angeblasen ist. Der an-
Kleinere Mittheilungen. 189
(lere für das Innere des Olases bestimmte Theil der Röhre ist an seinem
untern Ende offen and etwas nach entgegengesetzter Seite zn gebogen.
Durch den Deckel ist noch eine zweite, zweischenklige Glasröhre luftdicht
geführt, deren längerer ausserhalb des Glases herabsteigender Schenkel
30 Zoll lang ist und eine Barometerscale trügt. In das Glas wird ein auf
drei Füsschen von Glas oder Blei stehendes Schälchen gesetzt, welches mit-
tels eines daran angebrachten Messingdrahtes bequem eingestellt werden
kann, und auf welchem vorher etwa 4 Gramm trockner, gut gebrannter Aetz-
kftlk aal* einer Unterlage von 2 oder 3 Blättern Fliesspapier ausgebreitet
morden ist Vor dem Einsetzen des Schälchens werden auf den Boden
des Glases 40 — 50 Grammen englische Schwefelsäure gegossen. Die Oeff-
nung des Deckels, welche für die mit der Kugel versehene Glasröhre bestimmt
ist, verschliesst man zuerst in gewöhnlicher Weise mit einem durchbohrten
Korke, durch welchen eine Glasröhre aus einem Kohlensäureentwickelungs-
ftpparat bis nahe an die Oberfläche der Schwefelsäure herabgefülirt ist.
Nachdem nun das Glas mit Kohlensäure gefüllt und man sicher ist, dass
alle atmosphärische Luft durch die Barometerröhre hindurch ausgetrieben
worden, wofür einige vorläufige Versuche angestellt werden können, ver-
schliesst man die untere Oeffnung der Barometerröhre durch ein darunter
gesetztes Gefkss mit Quecksilber, dessen Oberfläche bis an das Nullzeichen
der Röhre steht. Hierauf wird die Röhre, durch welche das Gas einströmte,
herausgenommen und dafür die mit der Kugel versehene und mit Wasser
oder Kalilauge gefüllte Röhre luftdicht eingesetzt. Durch Erhitzung der
Kogel wird die Flüssigkeit derselben auf das mit Aetzkalk belegte Schäl-
chen getrieben , wobei das Fliesspapier eine allseitigere Verbreitung der
Flüssigkeit nnd eine sleichmässigere Löschung des Kalkes bewirkt. Das
&Qf diese Weise aus dem Aetzkalk entstandene Kalkhjdrat absorbirt nun
sehr begierig die Kohlensäure, wie aus dem alsbaldigen Steigen des Queck-
silbers in der Barometerröhre ersichtlich wird. Bei gehöriger Anordnung
^ßs Apparates von den bemerkten Dimensionen ist binnen ö — 6 Minuten
durch Absorption der Kohlensäure eine Verdünnung bis gegen 12'Millim.
Barometerstand erreicht. Die übrige Spannung rührt noch von dem gleich-
seitig mit entwickelten Wasserdampfe her, welcher nun, allerdings in einer
etwas langem Zeit (ll^ — 3 Stunden), von der Schwefelsäure grösstentheils
aufgenommen wird, so das« dann das Quecksilber sehr nahe dem Barometer-
Stande gleich steht.
Die oben vorausgesetzte vollständige Verdrängung der atmosphäri-
scken Luft durch die Kohlensäure lässt a- priori einige Zweifel bezüglich
^er Erreidiiing eines so hohen Grades von Verdünnung aufkommen , in-
^euen ist eine Verdünnung bis auf 1 Millim. Unterschied zwischen dem Ba-
^iQeterstandfr nnd der Qnecksilberprobe thatsächlich auf diesem Wege er-
reicht worden;
Der eben beschriebene Apparat lässt sich zur Anstellung anderer Ver-
sehe bequemer einrichten. Man kann sich hierbei einer grösseren Glasglocke
dienen, welche mit ihrem gut abgeschliffenen Rande auf einem ebenen
Teller luftdicht aufgesetzt wird. Die Glocke enthält oben die mit einer
'^^mgfassung umkleidete Oe&ung, durch welche die Röhre aus dem
Kohlensänreentwickelnngsapparat lose gesteckt wird, und welche dann
<lQreh die mit der Kugel versehene Röhre auf dieselbe oben beschriebene
^«ise luftdicht verschlossen werden kann. Aetzkalk und Schwefelsäure
werden in besonderen übereinanderstehenden Schälchen vorher eingesetzt
190 Kleinere Mittheilungen.
und ebenso werden eine abgekürzte Barometerprobe, wie sie unter der Olocke
einer Luftpumpe eingestellt zu werden pflegt, sowie die Gegenstände, welche
dem luft verdünnten Räume ausgesetzt werden .sollen, auf einem besonderen
Tischchen darüber oder daneben unter der Glocke aufgestellt.
Die aus möglichst dichtem kohlensauren Kalk (am besten Marmor) und
Salzsäure entwickelte Kohlensäure leite ' man , ehe sie in die Glocke tritt,
durch eine Waschflasche mit englischer Schwefelsäure, welche Wasser und
übergerbsene Salzsäure zurückhält. Wendet man einen Gasentwickelungs-
apparat und eine Waschflasche nicht grösser als nöthig ist an , so hat man
den Vortheil, nicht zu viel atmosphärische Luft vorher austreiben zu
müssen.
Dieser Apparat hat vor dem der Luftpumpe jedenfalls den Vorzug,
dass er leichter an jeden beliebigen Ort hingetragen werden kann ; doch ist
es wohl kaum nöthig zu bemerken , dass derselbe nicht in allen Fällen die
Luftpumpe zu ersetzen im Stande ist, namentlich dann nicht, wo es auf
möjglichst rasch zu bewirkende Luftverdünnung ankommt.
Wollte man ftlr dieselben Zwecke 4^nioniakgas verwenden, so würde
ab Absorptionsmittel sowohl für dasselbe als auch für den Wasserdampf
die englische Schwefelsäure gleichmässig dienen können; dieselbe würde
nach dem Einleiten des Gases auf dieselbe Weise vermittels der Röhre mit
der Kugel in den Apparat hineingebracht werden. Die Anwendung dieses
Gases hat indess für viele Fälle etwas umständlicheres.
XnXm Die Apparate vom Experimentiren mit Knallgaa sind in
der Regel ziemlich complicirt, daher nicht ohne erhebliche Kosten herzu-
stellen , sowie auch nicht besonders leicht zu handhaben und zu reguliren.
Eine eben so einfache wie gefahrlose Vorrichtung, die von jedem Laboran-
ten selbst ohne bedeutende Kosten hergestellt werden kann, hat Prof.
In eichen in Luzem angegeben, (Poggend. Ann. Bd. 95. S. 334). Dieselbe
besteht 4m Wesentlichen aus einem Fläschchen mit etwas weitem Halse (von
der Form sogenannter Opodeldocfläschchen), welches bis an den eidgepass-
ten Kork mit Wasser gefüllt ist. J)urch den Kork gehen zwei Glasröhren,
die erstere ist ziemlich bis an den ^oden des Glases oder doch einige Gen-
timeter bis unter die Oberfläche des Wassers geführt, an dem äusseren Ende
rechtwinklig gebogen und mittelst einer Kautschukröhre mit einer Messing-
röhre verbunden , die mit einem Hahne versehen ist und mit einem Gaso-
meter oder dem Behältniss, in welchem sich das Gas befindet, in Verbin-
dung steht. Die zweite durch den Kork der Flasche gesteckte Röhre endet
unmittelbar an der inneren Grundfläche des Korkes. An dieser Stelle ist
der Kork etwas ausgeschnitten, so dass zwischen diesem Theil der untern
Korkfläche und der Wasseroberfläche ein kleiner wasserleerer Raum sich
befindet , dessen obere Fortsetzung die letzterwähnte zweite Röhre, welche
ebenfalls umgebogen ist, bildet. Mit dieser Röhre ist vermittelst einer
Kautschukröhre noch eine zweite etwa 4 Decimeter lange und 1 Millimeter
weite Glasröhre verbunden und an diese wieder eine Löthrohrspitze ge-
steckt.
Wird auf das Gasgemenge im Gasometer ein Druck ausgeübt, so tritt
dasselbe durch die erste Röhre unter das Wasser im Glase , sammelt sich
in dem kleinen Räume unter der zweiten'Röhre und tritt durch dieselbe bis
an die Mündung der Löthrohrspitze, wo es angezündet wird. In dieser
Kleinere Mittheilungen. 191
Flamme können die bekannten Versnclie über das Siderallicht, die Schmel-
mng strengflüssiger Metalle, Verbrennung des Eisens etc. gefahrlos vorge-
Bommen werden, indem die Flamme nicht in den Gasbehälter zurücktreten,
sondern nur bis zu dem kleinen, unter dem Ende der zweiten Röhre und dem
Korke befindlichen Oasvolum gelangen kann. Dasselbe Iftsst sich aber so
klein machen, dass eine Explosion nicht zu besorgen ist. Beträgt es bis
gegen 27 Cubikcentimeter , so erhält das Glas durch Zurücksteigen der
Flamme nur eine kleine gefahrlose Erschütterung. Die Erschütterung wird
kaum bemerkbar, wenn das Volum bis auf 10 — 12 Cubikcentimeter herab-
gebracbt wird. Zu klein diesen Kaum zu machen ist deshalb nicht rath-
sam, weil dann die im Glase aufsteigenden Gasblasen leicht Wasser in die
iweite Bohre mit hinauftreiben.
Das sogenannte Beanmnr'sche Poreellan oder entglmite, un-
dnrehiielitig gewordene, Glai wird bekanntlich dadurch erhalten, dass ge-
wöhnliches Glas nach dem Schmelzen einer sehr langsamen Erkaltung,
oder einer andauernden Erweichung unterworfen wird. Dasselbe ist we-
niger dicht aber beträchtlich härter als das durchsichtige, indem es das
Ifitstere leicht ritst , und giebt am Stahl Funken ; es ist noch spröde , doch
viel weniger, als das durchsichtige; leitet die Wärme schlecht, dagegen
die Elektricität sehr merklich, etwa in einem Grade, wie Marmor, jedenfalls
besser als das gewöhnliche Glas und Poreellan. Das undurchsichtige Glas
ist keineswegs so unschmelzbar wie Poreellan, schmilzt im Gegentheil eben
80 leicht wie das gewöhnliche. Jodes Glas kann entglast oder undurch-
sichtig gemacht werden, das Kaliglas allerdings schwieriger als das Natron-
glas. Das dreifach kieselsaure Natron NaOySSiO* entglast sich unter allen
Silicaten am leichtesten.
lieber die Constitution dieses entglasten Gldses sind i. J. 18^ von Du-
mas und I8i5 YonLeblanc vergleichende Analjsen von durchsichtigem
und undurchsichtigem Glase angestellt worden. Dieselben betrachten letz-
terei als eine bestimmte chemische Verbindung, welche mehr Kieselerde
und weniger Alkali enthält, als das durchsichtige, und somit auch streng-
flfissiger ist. Die Entglasung wäre demnach eine Kristallisation des Glases
in Folge der Bildung bestimmter Verbindungen , welche bei der zur Zeit
der Entglasung -stattfindenden Temperatur unschmelzbar sind , und diese
rektiTe Unschmelzbarkeit würde entweder durch Verflüchtigung der alka-
lisoben Basis herbeigeführt, oder durch blose Vertheilung der Bestand-
tkefle des Glassatzes, wobei die Alkalien mehr in den Theil übergehen,
welcher den amorphen Zustand beibehält. Dass das Kcaumur'sche Porcel-
^ eine krjstallisirte Glasmasse ist, damit stimmen auch andere Chemiker,
*<>^e auch die Glasfabrikanten überein, dass diese Krystallisation aber
durch andere Vertheilung der Bestandtheile des Glassatzes herbeigeführt
werde, wird von Einigen, namentlich von P e 1 o u z e {Comptes rend, Juin 1855.
Nr. 26) in Zweifel gezogen. Derselbe hält nach den Kesultaten seiner Ana-
vion, welche die Zusammensetzung des krjstallisirten und amorphen Glases
^ identisch herausstellten , das erstere nur für eine andere Modification
des gewöhnlichen Glases vielleicht in Folge einer anderen Wärmecapacität
^d betrachtet somit die Entglasung lediglich als eine physische Verände-
"^ des Glases. Er glaubt seine Ansicht noch unterstützt durch den Um-
B^d, dass während der langsamen Erkältung des Glases beim Entglasen
192 Kleinere Mittheilungen.
keine Blasen, Streifen etc. als Anzeichen eingetretener Ungleichartigkeit in
der Zusammensetzung der Glasmasse entstehen, dass femer das Gewicht
der Glasmasse durch die Entglasung nicht verändert wird. Diese angeführ-
ten Umstände sind indessen noch nicht entscheidend genug. Man kann, wie
Dumas (a a. O.) nachträglich bemerkt, den Vorgang der Entglasung sich
' 80 Vorstellen , dass die zuerst entstandenen Krystalle und die Fortsetzung
der Erkaltung Veraulassung zur Bildung und Absonderung ganz verschie-
dener. Krjstalle von verschiedener Zusammensetzung geben. So wie also
in der scheinbar homogenen Masse durchsichtigen Glases verschiedene und
bestimmte , aber zusammengeschmolzene Silicate vorkommen , ebenso kön-
nen in den faserigen Massen von entglastem Glase neben einander Nadeln
von krjstallisirten Silicaten vorhanden sein, welche eine bestimmte Zusam-
mensetzung haben, unter einander aber vollkommen verschieden sind. Diese
undurchsichtigen Glasmassen werden dann, wieder geschmolzen, auch das-
selbe durchsichtige Glas von derselben Zusammensetzung geben , wie das-
jenige, woraus sie zuerst entstanden. Dumas vergleicht die Krystallmas*
sen des entglasten Glases mit gewissen Gemengen von festen Fettsäuren,
welche durch Schmelzen ebenfalls eine homogene Flüssigkeit geben , beim
Erstarren- aber eine faserige Masse bilden, in der das Auge nichts Ungleich-
artiges erkennt, obgleich jede Säure sich von der andern in bestimmten
Krystallen abgeschieden hat Diese Massen kann man , wie das krystalli-
sirte Glas, beliebig oft umschmelzen und wieder erstarren lassen, wobei sich
dieselben Erscheinungen wiederholen.
l>iurk von B. G. Teubner in Dresden.
XI.
Ueber die Bemoulli'sche Funktion und deren Gebrauch
bei der Entwickelung halbconvergenter Reihen.
Von O. SCHLÖMILCH.
u.
nter den zahlreichen Transformationen endlicher und unendlicher Kei-
hen, welche Stirling in seinem Meihodus differenlialis sive^ traciaius de
iumtnoHone serierum^ Londini 1730, entwickelt hat, ist besonders die Formel
/l + /2 + /3 + . . . + /p = 1/ (27r) + (p + 4) Ip -p
. ^1 b^L^.
l.2p 3.4p»"^
SU einer gewissen Berühmtheit gelangt , weil sie namentlich bei grossen p,
wie sie z. B. in der Wahrscheinlichkeitsrechnung vorkommen , ein leichtes
Mittel zur Benrtheilung des Werthes von / (l . 3 . 3 .../?) an die Hand giebt.
Die. oben erwähnte, nach Potenzen von — fortschreitende Reihe besitzt die
%enthiimlichkeit, dass sie anfangs zwar gut convergirt, späterhin aber
jedesmal divergirt (weil die Bemoulli^schen Zahlen B^y B^, . . rascher als
eine geometrische Progression wachsen) , und es ist daher gerade hier eine
genaue Untersuchung des Restes unerlässlich , da man sonst nicht einmal
diejenige Oliederzahl anzugeben wtisste , deren Summe dem Betrage von
'0*3.. .p) am nächsten liegt. Eine ähnliche Bemerkung trifft die allge-
meinere Formel
/(a?=p)
f{x)da
fil) + /'(2) + . . . + /-(p) = ConsL +J fix) dx + \f (p)
^^6 gewöhnlich als die Euler 'sehe Summenformel bezeichnet wird , ob-
scton sie nur die Folge eines von Mac Laurin im Treatise on fluxions
(P*g. 672) entwickelten Satzes ist. Da auch diese Reihe anfangs zu con-
^^fgiren und späterhin divergent zu werden pflegt, also unter die sogenann-
^n halbconvergenten Reihen gehört, so bedarf es wiederum einer
Untersuchung des Ergänznngsgliedes , und diese ist bereits von mehreren
^Älytikem auf vei^chiedene Weisen angestellt worden.
Den ersten derartigen Versuch findet man nach Erchinger's Vor-
gänge ausgeführt in Ettingshausen's Vorlesungen über höhere
Mathematik, und zwar wird dort die Restbestimmung auf die Integra-
^on einer gewissen Differentialgleichung zurückgebracht. Da aber letz-
ZeiUchrifl f. Bfalhematik o. PhyBik. 1. V^
194 Ueber die BernoulH'Bche Function etc.
tere nur bei vorausgesetzter Convergenz der Reihe besteht und gerade
dieser Umstand nicht immer stattfindet, so kann jene Restbestimmung nicht
als eine allgemein gültige angesehen werden.
Eine von Poisson zu dem nämlichen Zwecke angestellte Unter-
suchung geht von dem Satze aus, dass jede Funktion f{x) innerhalb der
Grenzen a: = — ilbisa;= + il durch die Reihe
/^ W = i «0 + «1 ('OS — + a^ cos —j- +
+ Oj sm — — |- ö, stH — h . . . .
ausgedrückt werden kann, wenn die Coef&cicnten at und bi^ mittelst der
Formeln
+ Z +1
rtjt — y / f (m) cos -^ duy bk^=jj fiu) sm -y- du
'bestimmt werden. Abgesehen von dem Umstände, dass dieser Satz der
Sache selber* etwas fremd sein dürfte, ist auch das Endresultat der übrigeus
äusserst scharfsinnigen Deduction kein völlig allgemeines, denn nur für
den Fall , dass /"^^"^ {x) innerhalb des Intervalles , welches x bei der Sum-
nürung durchläuft (oben 1 bis/?) sein Vorzeichen nicht ändert, kommt es zu
einer in endlicher Form darstellbaren Restbestimmung.
Wie in vielen Theilen der Wisjsenschaft, so hat auch hier Jacobi den
entscheidenden Schritt gethan indem er zeigte, dass die Discussion des
Restes auf die Betrachtung einer gewissen ganzen rationalen und algebrai-
schen Function zurückkommt (De usu legitimo formulae summaloriae Machntri-
nianac. Crelles Jouru. Bd. 12, pag. 263) ; er leitete daraus eine kurze Aus-
drucksweise des Restes unter der Annahme her, dass x auf ein Intervall
besclirränkt wird, innerhalb dessen die Summen ^/'(2«) (x) und 2^/'^*^'*"+"2^(x)
beide das nämliche Vorzeichen behalten.
Auch dieses Resultat ist nicht allgemein , und es blieb daher immer
noch die Frage, ob nicht eine Restbestiramung möglich sei, bei welcher hin-
sichtlich der Function fijjc) nur die eine unumgängliche Bedingung der
Continuität von fix), f (.r), f" (.t) .... innerhalb des dem x ertheilten
Spielraumes gestellt würde. Die Antwort hierauf hat Malmst ^n gegeben
(Crelle's Journal Bd. 35, pag. 55) und damit die Sache wohl ohne Zweifel
zur vollständigen Erledigung gebracht. Der Ausgangspunkt der Malmst^n-
schen Untersuchung ist der nämliche wie bei Jacobi, aber eine genauere
Discussion der vorhin erwähnten ganzen rationalen algebraischen Funktion
führt zu einer von Jacobi nicht bemerkten Eigenschaft derselben, wo-
durch gerade die allgemeine Restbestimmung ermöglicht wird.
Wenn wir trotzdem diesen Gegenstand hier noch einmal aufnehmen,
so geschieht diess aus einem doppelten Grunde. Der Jacobi - Malmst^n'sche
Gedankengang erheischt vielerlei einzelne Entwickelungen, namentlich
Transformationen endlicher Reihen, unter denen sich die eigentliche Idee
fast vergräbt; dagegen wird die Sache äusserst einfach^ wenn man die bis-
her übersehene Bemerkung hinzubringt, dass jene algebraische Funktion,
auf die zuletzt Alles hinauskommt, ein Differentialquotient ist —
hieraus ergeben sich alle ihre Eic^enschaften mit grösster Leichtigkeit. Von
ganz anderer Seite her, ohne Zusammenhang mit der Mac Laurin'schen
Von O. SOHLÖMILCH. 195
Sammenformel , ist die nämliche Funktion nnter dem Namen der Ber-
nonll loschen Funktion betrachtet worden von Raabe in Crelle*s Journal
Bd. 43, pag. 348, und es wird daher die folgende Darstellung den weiteren
Vortbeil bieten, dass man auch die Kaabe'schen Ergebnisse ihrer eigent-
lichen Quelle entfliessen sieht.
Die Bernoulli'sche Funktion.
I. Von dem Ausdrucke v : (e*' — l) , den wir im Folgenden immer mit
l{v) bezeichnen wollen, ist bekannt, dass er sich für 2« >» > — 2ä in
eine nach Potenzen von v fortgehende Reihe verwandeln lässt , nämlich
^) x(^) = :^, = ^-h-
^1.2 1.2.3.4 ^1.2. ..6
worin -P,, -P,, ^5 . . . die Bemoulli'schen Zahlen !> tVv ^s* vV) bV * - * ^^-
deuten ; man hat daher
2) Jz(0) = 0, x'(0) = -l,
U<'-'(o)==(-i)"-'^2— I. z»-+»(o)=o, «
>o.
Nach der bekannten Regel für die mehrfache Differentiation der Pro-
dukte ist femer
K (" 7^0 = K h W (e" - D]
= X (p) t- «•« + (m)j x' (») *— ' e» + (m), x" W '"^ e" + ...
... + (m)«_, x<— » (f) ze" + («)„ x^--> (v) (e" — 1)
mithin für t> = 0 nnter Benutzung der Gleichungen 3)
wobei die Reihe rechter Hand nur soweit zu nehmen ist, dass (m),„ nicht
mdir Vorkommt, weil der Coefficient dieses Ausdrucks (vorhin e^* — l) je-
denfalls verschwindet. Die auf der rechten Seite der Gleichung 3) ver-
seichnete ganze rationale und algebraische Funktion von 2 wollen wir dieBer-
noulli'sche Funktion m**" Grades nennen und mit (p(z^ m) oder, wo die An-
gabe des Grades nicht nothwendig ist, kürzer mit q> {z) bezeichnen ; demnach
haben wir die Gleichungen
4) ^(,,«)=^;(,^^)^^^
oder auch, wie sich leicht findet,
5) ^(,,^)=.2):-'(^^)^^^
ond bei ansgeführter Differentiation
6) tp (r, ot) s= 2"» — I (m), j«»— •
+ (m), B^ z«— 1— {m\ B^z"-* + (m),5, j«— 6— . . .
196 Ueber die BemoulU'Bche Fnnktion etc.
also z. B.
9 (z, 2) = «* — « = t (j — I),
V(r,3) = z»-|z» + 4t = r(r-i)(t-l),
9,(,,5) = z>-|c* + fz»-^j,
,, (r, 7) = *' - Jz- + 5.» - ^J» + ^ .,
V (c, 8) = z« - 4.' + V^' - iz' + iz\
u. s. w.
Aus der Fundamentalgleichung 4) erhält man sofort für z = 0 und für
z = 1
7) g>(0,m) = 9(l,m)=Ö;
ferner ist nach Nr. 4)
(^r(x-l-l) e^'X-
^ TZ i )
und bei Ausführung der Differentiation
8) " q>(x + ljm) — 9(a:, m) = ma;'"— ';
daraus folgt umgekehrt tp (.r, tn) =: 2(mx^^^) wenn Jx = 1 gesetzt wird.
Dieses bekannte Resultat führen wir nur an um die Bemerkung daran zu
knüpfen, dass sich die Untersuchung von q> («, m) auf das Intervall z = 0
bis r = l beschränken kann; wäre nämlich z > 1, so würde man z in eine
ganze Zahl k und in einen acht gebrochenen Rest x zerlegen und dann
mittels!; der Formel 8) leicht zu folgender Relation gelangen :
9) g> {z, m) = <p{k + x, m)
= g)(a:,m) + m[a:'«-' + (a:+l)"— ' + (a: + 2)«— » + ... + (or + ^—l)'^»].
Für x = 0 erhält man specieller
10) q> {k, m) = m [l*"-« + S**-' + . . . + (^ — l)'"-']
was hinreichend bekannt ist und für uns aie Bedeutung hat, dass hiermit
der Werth von (p (z^ m) für ein ganzes positives Argument bestimmt wird.
Unter Rücksicht auf die identische Gleichung
ßvil—x) 1 ^-vx — I
e^' — i ^ e-" — 1
leitet man aus der Fundamentalformel 4) die folgende ab
oder wenn rechter Hand t; = — rv gesetzt wird,
für w = 0 mithin auch w = 0 giebt diess
11) <p{l—a;m) = {-~i)-tp(.,:,m).
Von 0* SCHLÖMILCH. 197
Die Bemoiilli*sche Funktion nimmt also von z = ^ bis z ^= 1 wieder diesel-
ben absoluten Werthe an, die sie von z = 0 bis z = ^ hatte und zwar mit dem
nämlichen oder mit dem entgegengesetzten Vorzeichen, jenachdem die
Funktion gerader oder ungerader Ordnung ist. Man ersieht zugleich, dass
sich vermöge dieser Eigenschaft die Discussion von tp (z, m) auf das Inter-
voll z = 0 bis z = J beschränken darf. Für o: = ^ ^nd ein ungerades
m=^^n — 1 giebt die Formel ll)
12) <)p(i,2n— l) = 0.
Auch für gerade m ist der Werth von g) (4, w) leicht zu ermitteln; man hat
nach Nr. 4)
und hier lässt sich die Differentiation mittelst der schon von Laplffce an-
gewendeten identischen Gleichung
•T^ — == X (i«^) — X W
leicht ausführen. Diess giebt nämlich
mithin fttr r = 0 und durch Substitution des bekannten Werthes von
3^(2.) (0) ^^^
13) 9'(ii2n) = (-l)»^^^2n-,.
Die 80 eben entwickelten Sätze sind nur specielle Fälle eines allge-
meineren Theoremes, zu welchem man durch den naheliegenden Versuch
gelangt, den Betrag von
j 2 k 1
9 (op, m) +9)(a:+-^,"m)+g)(a: + Y, »») + ... + 9>(^+ -jp» >»)
zu ermitteln, wo k eine beliebige positive ganze Zahl bedeutet. Man fin-
det zunächst den Werth dieser Summe
= ^-('^:-f-'['(r)-'«]l;
nimmt man t? = Ar«;, wp w mit v gleichzeitig verschwindet, so ist der vorige
Ausdruck
und hieraus ergiebt sich bei geraden m :
198
lieber die Bernoulli'sche Funktion etc.
14)
(p {x,m) + (p {x + j,m) + <p {x + j,m) + . .. + (p {x+ —^ , m )
= 7^^ [9> (*^, »«) + (- 1)*- (Ä* - 0 ^—i]
dagegen für ungerade m :
15)
I 2 k 1
q>{x,m)+q){x + —,m) + (p {x + j^m) + ... + q>(x+—j--,m)
1
= -j^;;^^i^^^^)'
IL Um die Eigenschaften der Differentialquotienten von g> (z, m) ken-
nen zu lernen, differenziren wir den Ausdruck
«•'» — 1
e«»— l
(m — l)mal in Beziehung auf t;, einmal in Beziehung auf z und machen von
dem Satze Gebrauch, dass diese Operationen in beliebiger Ordnung vorge-
nommen werden dürfen. Wir erhalten auf diese Weise
mithin für t; = 0 unter Benutzung der Formeln 5) und 4)
^.--^^='p(^.'«-0+z<"-'»(o).
Auf die Unterscheidung gerader und ungerader m eingehend ziehen wir
hieraus die Differentialformeln
16) ^^=-2n^(.,2.-,), .>!,
dz
sowie umgekehrt bei Rücksicht auf den Umstand , dass (p (z, m) für z = 0
verschwindet, die Integralformeln :
z
IS) fg,(zr2n-l)dz=^^^^, n> l,
0
19) f^(^z,in)dz = ^^^^^±Jl + i-l)'B,,_,z;
0
spccielle für z = -^ zum Vorschein kommende Fälle hiervon sind :
4
20) J,p (z, in — 1) dz = (- 1)» ^'"^~ ^ B-tn-i ,
Von O. SCHLÖMILCH. 199
21
) y^c^i^/i) jz=(-i)»4^2«-i.
0
Die Formeln 16) und 17) geben vollständigen Aufschluss über«deü Ver-
lauf der BernouUi'schen Funktion innerhalb des Intervalles z = 0 bis z=^-^
die betreffende Discussion fangen wir mit dem einfachsten Falle m = 2 an
und führen sie mittelst der obigen Relationen weiter.
• Hinsichtlich der ersten Funktion
9 (:r, 2) = z* — 2 == z (z — 1)
erhellt unmittelbar, dass sie von z = 0 bis z = ^ negativ bleibt und fort-
während abnimmt; der Werth 9(i,2) = — J ist folglich ihr absolutes
Minimum innerhalb des genannten Intervalles.
Weiter haben wir nach Formel 17)
dy(z,3)_ , «X . «.
t ^ — — 9> t^i 2; + ^, ;
die rechte Seite ist anfangs für z = 0 positiv , nimmt dann continuirlich ab
ttnd erhält für z = ^ den negativen Werth
woraus folgt, dass es zwischen z = 0 und z = ^ einen aber auch nur einen
Werth giebt, für welchen der fragliche Ausdruck verschwindet. Diesem
Verhalten von 9' (z, 3) gemäss steigt anfangs 9(z,3), erreicht zwischen
2 = 0 und z = ^ ein Maximum, und fällt dann wieder. Jenes Steigen fängt
an mit ^ (0, 3) = 0, das nachherige Fallen hört auf mit ^ (^ , 3) = 0, die
Funktion 9 (z, 3) bleibt also positiv während des Intervalles 0 bis ^ und
besitzt innerhalb desselben ein Maximum.
Die Formel 16) giebt
J^ = »(M), .
and da nach dem Vorigen die rechte Seite mithin auch 9' (z , 4) positiv ist,
80 findet bei 9(z,4) ein fortwährendes Wachsthum statt; dieses beginnt
mit 9 (0, 4) == 0 , mithin ist 9> (z, 4) positiv und zunehmend.
In der ferneren Gleichung
1 d(p (z, 5) ,^ ^,
t ^ = 9K^^V—^s
ist die rechte Seite anfangs für z = 0 negativ, wird aber immer grösser und
erreicht für z == J ihren grössten Werth
9)(i,4)— 2?,=(l-i)^„
welcher positiv ist. Aus diesem Verhalten von 9' (z , 5) folgt , dass q> (z, 5)
erst ab - und nachher wieder zunimmt. Die Abnahme ftingt mit <p (0, 5) == 0
an, die Zunahme hört mit g> (^, 5) = 0 auf, mithin bleibt g? (z, 5) negativ
▼on z = 0 bis z = ^ und besitzt innerhalb dieses Intervalles ein Mi-
nimum.
Weil ferner
^—dz ^(^^')
und die rechte Seite also auch q> (r, 6) immer negativ ist, so nimmt q) (c, 6)
200
* lieber die Bernoulli'sche Funktion etc.
immer ab mit 9 (O, 6) = 0 anfangend; mithin ist 9 (z, 6) negativ nnd ab-
nehmend.
Man übersieht augenblicklich den Fortgang dieser überaus einfachen
Schlüsse, deren Gesammtergebniss sich leicht graphisch darstellen lässt,
wenn mmn z als Abscisse nnd 9 (z, m) als zugehörige rechtwinklige Ordinate
construirt. Für ÄC=iCB^=^\ werden nämlich die Funktionen gerader Ord-
nung repräsentirt
Fig. 2.
Fig. I.
durch Fig. I. wenn m = 2, 6, 10, 14,
„ Fig. 2. „ m = 4, 8, 12, 16,
und die Funktionen ungerader Ordnung
Fig. 3.
. 4it — 2,
.. 4^,
durch Fig. 3, wenn m = 3, 7, II, 15, ... 4A: — l,
„ Fig. 4, „ m = 5,9, 13, I7,...4A:+1.
III. Wir versuchen jetzt die Bernoulli'sche Funktion in eine nach den
Cosinus oder Siuus der Vielfachen eines Bogens fortgehende Reihe zu ver-
wandeln indem wir den bekannten, für A^z >0 gültigen Satz
r/ \ I I nZ 27CZ ,
f(z) ==^ao + a, cos — + «, ^^*"~T~ +
2 l\. . kitz ,
in Anwendung bringen. Nehmen wir A = 1 und /"(z) = 9 (2, 2«), so ist für
1> ^^0
<p (z, 2w) = -J r?o + ö, cosnz + öTj cos 2nz + . . . .
und auch, wenn 1 — z an die Stelle von z tritt,
(p [zy 2w) = i «0 — «, C05 TT z + a, cos Inz — . . . . ;
hieraus folgt, dass die Coefficienten ungerader Nummer verschwinden, also
nur bleibt
9 (z, 2w):i=^flfo + atCOs27rz + rt4C05 4«z + . . . .
1
«fc = 2 I (f {z,2n)cos knz dz
worin k eine gerade Zahl bedeutet. Der Formel 4) zufolge ist
Von O. SCHLÖMILCH. 201
1
0^ = 2 I ^f, (v—- —) cosknzdz
and bei umgekehrter Anordnung der Operationen
l
wo nnn die Integration leicht auifgeführt werden kann wenn man die Fälle
Af = 0 und Ar > 0 unterscheidet. Für /r = 0 ergiebt sich
dagegen für Ar > 0
mithin ist die gesuchte Reihenentwickelung , worin 1 . 2 . 3 . . . m kurz mit
Hl ' bezeichnet werden möge,
9(«,2n)=(— l)«^2n-i
\«— 1 i^nf\cos1nz cos\nz cos^nz 1
+ ( 1)* 2 -^ry 2*» ^ 6^^^^ •" • • J-
Setzt man in dieser ftir 1 ^ z > 0 geltenden Gleichung z = 0 und subtrahirt
das entstehende specielle Ergebniss von der vorstehenden Gleichung, so
hat man ^uch
för l^r^O, \tp{z,1n)
(2n)' ri — C05 29CZ 1 — co$knz \ — co$^nz "l
~ V *)"""J^ [ 2*» 4^* 6^*^ •"••••]
oder
22) ftlr2^ti^a, \^{\u,%n)
- .^ (2n)' Fl — cosnu 1 — coslnu \ — cos^nu "1
Durch ein ähnliches Verfahren kann man tp{z^%n — l) oder fp{\u^1n — 1)
in eine nach Sinus fortgehende Reihe verwandeln , kürzer jedoch gelangt
mim hierzu durch Differentiation der vorigen Gleichung ; diess giebt
23) für 2^11^0, i<p(4w,2n — 1)
— \~^) (2«)««-i L 1^»-' "*" 2^»-* 32»-i + • • • • J-
Die Formeln 22) und 23) sind unter etwas anderer Gestalt längst be-
kannt aber niclit immer streng bewiesen worden; Prof. Raabe leitet sie in
seiner Abhandlung dadurch ab , dass er die Gleichung
202 Ueber die Bernonlli'sche Funktion etc.
i(* — «) = -|~ + -j— + — ^ + • • • •
mehrmals nach einander mit dx maltiplicirt und swischen 'den Grenzen
x:=0^ x^=x integrirt, wobei linker Hand der Reihe nach die Bemonlli-
Bchen Funktionen ^r m = 3, 6, 4 . . . znm Vorschein kommen. Die in den
Abschnitten I. und II. entwickelten Eigenschaften derselben werden dann
mittelst der Gleichungen 33) und 33) bewiesen » was gerade die Umkehnmg
des obigen Gedankenganges ist
«
Die Mac Laurin^sohe SummenformeL
IV. Wir beaeichnen im Folgenden mit F{u) eine beliebige Funktion
von ti, und mit x und h awei in der Art willkührlich gew&hlte Grössen, dass
die Funktionen •
F(u),r (u), r' («) F9'+» («)
von u = x hia u=sx + h stetig and endlich bleiben; femer aetseii wir
1
24) ^a.= .*'"^\„ , A» (<,«»)-?<»"+ "(* + «)*
1.S.3
1^ f
und versuchen den Werth der vorlllufig mit R^ bezeichneten Grösse zu er-
mitteln.
Für den einfachsten Fall n = ] ist
1
Ä, = 4Ä»y 9 (^3)r" {X + ht) dl-.
0
durch theilweise Integration nach der Formel
j ÜVdl~Ü j Vdt— fü'dlj Vdi
und unter Beachtung des Umstandes, dass C^=9)(/,3) sowohl fiir<=:l
als für < = 0 verschwindet , erhalten wir einfacher
l
Ä, = -\h^Jq>' (/, 3) r' {x + ht)di
1
= — 4ä» f{^t—l)F"{x + hi)dt,
%
und durch wiederholte theilweise Integrationen
R^ = -\h{F'{xJ^h) + r(x)] + F{x + h) — F{x)^
oder bei Gebrauch der gewöhnlichen Bezeichnung /'(ä+ä) — f{x) =Jf(x)^
25) R^^ — hF' {x) — \hJF' {x) + ^F{x).
'Auf ganz analoge Weise findet sich aus Nr. 34) durch einmalige par-
tielle Integration
Von O. SCHLÖMILCH. 203
' ^*' = - i.a.3.".(an) /"'('■ «") ^'"^ (^ + **) *
0
1
= - i.a..'(2n-l)/-^ C' ^'- ') ^''-n-+A') *.
und nach einer zweiten partiellen Integration
1
i
* "*\ 0
Integrirt man rechter Hand die einzelnen Theile , so giebt die Integration
des ersten Theiles den Ausdrack R^u—^ ^^^ es ist folglich
oder
R^ - ^-, = (- .)• ,.,^r.%"n"-^) ^^"""" (^^-
In dieser Gleichung setzen wir für n der Reihe nach die Zahlen 2, 3, 4 . . . n
und addiren alle entstehenden Gleichungen nebst der Gleichung 25) ; wir
erhalten dadurch
Äto = — Ä F' (xj — ^h JF' (x) + JF(x)
+ f^^'-w-fx^.^"'" w+- • •+'-)-.1:3'.!.'(^V^-''w
womit der Werth des fraglichen Integrales gefunden ist.
Die vorstehende Formel lässt sich noch unter einem anderen Gesichts-
punkte betrachten wenn man ihr die folgende Gestalt ertheilt
26) hF'{x) = JF{x) — ^hJF'{x)
+ (- ^)" ..2:r.(2«-.) ^^*"-"' (-) -^-5
sie giebt in diesem Falle eine Reihenentwickelung für hF' (rc), bei welcher
— R^m den Rest d^r Reihe darstellt. Den Betrag dieses Ergänzungsgliedes
genau anzugeben würde nicht rathsam sein , weil man damit auf die iden-
tische Gleiehung hF'(x) = äF'(x) zurückkäme, dagegen kann man — B^m
auf verschiedene Weisen in Grenzen ein^chliessen, wenn man den Gang
204 Ueber die Becnouiii'Bche Fanktion etc.
von g>(t^^n) oder von F^'^^^Qc + ki) innerbalb ^des Intenralles 1^=0 bis
< = 1 näher nnteniacbt
Bezeichnen wir mit t^a nnd / =s 6 diejenigen zwischen 0 nnd 1 lie-
genden Werihe von f , für welche ^"+i) Qc + Ü) innerhalb jenes Inter-
valles sein absolutes Maximum nnd sein absolutes Minimum erreicht, so be-
sitzen die Diflüar^nzen
l-i^ü+i) (x + hi) — Fta^+i) {x + ha),
jp(a«+i) Ix + H) — jP(*»+y (x + hb)
entgegengesetzte Vorzeichen; dasselbe gilt, weil ^ (^ In) sein Vorzeichen
nicht ändert, von den Produkten
[Fdü+D (se + fu) — if(««+« (x + ha)] g> (/, 8«),
[F(^n+^)(x + hi)—F^^+^>(x + hb)]ifi(t,^n)
mithin auch von djdn Integralen, welche entstehen sobald man die vorlie-
genden Ausdrucke mit dt multiplicirt und zwischen 1 = 0 und 1 = 1 integrirt
Der Gegensatz in den Vorzeichen dieser Integrale
1 .1
1 1
/F(««+«) {x + ht) q, ((, an) d/ — F<2«+«> {x + hb)ftp (t,%n) di
0
1
lässt weiter erkennen, dass der Werth von
1
/'
F(«» + » (x+ht)(p{l,2n) di
zwischen den Grössen
1
Fdn+i) (ar + ha) J(p (<, 2n) dt = F<««+»> (x + ha) (— I)- 1?,,_.,
0
1
ir(an+i) (a. + ^^) y y ^t^ 2n) cf/ = !•(*"+» (x + hb) (— l)» Btn^i
ü
enthalten ist ; man kann folglich
1
jr(tn + l) (x+ht) (p (t, 2») cf/= (— 1)" ^2,« 1 /*(«« + » (x + Äd)
/'
setzen, wo O zwischen a nnd b mithin auch zwischen 0 und 1 liegt d. h. ein
positiver ächter Bruch ist. Durch Substitution des obigen Integralwerthes
erhalten wir eine neue Form von R%n und überhaupt die Gleichung
Von O. SCHLÖMILCH. 205
27) hF'{x) = JF {x) — \hF'{x)
worin der Kest unter der allgemeinen von Malmst^n angegebenen Form
dargestellt ist.
Eine andere Gestalt bekommt derselbe wenn man von der Gleicbong
1
ausgeht und zunächst das Iptegral in zwei Integrale von ^ = 0 bis / = ^ und
von f = ^ bis /= I zerlegt, damit in jedem Theile für sich q>{t^1n — l)
dasselbe VorzeichenHbehalte. Setzt man also
l
/'
l
= rF<2-> {x + hi) q> (t, 2« — 1) di+JF^^''^ (oo + h() ip (t, 2w — 1) dt
0 i
und im zweiten Integrale rechter Hand 1 — i statt / , so wird wegen
90-/,«i» — l) = -g>(<,2n — 1)
1
Jf^«») (x + ht) tp{i^2n—l) dt
0
= y [2?^«") (x+ht)—F(^*> (x + h—ht)] q> (f,2w — 1)(//,
0
und hier sind fast ganz dieselben Betrachtungen wie vorhin anwendbar;
man findet mittelst derselben , dass
1
/
F(»")(a: + Ä0<P(^2«- l)rf/
= [i^<2") (x + h^) — F(2»)(ar + h — h^)] i q>(t, 2« — I) dt
= [!?'<«•) (x + Äd) — F^^) (x + A - h^)] (— 1)"^^^ ^2«- 1
gegeUt werden darf, wo ^ zwischen 0 und ^ liegt. Bezeichnen wir zur Ab-
J^örznng l — O mit S , so erhalten wir folgende Formel :
206 TJeber die Bernonlli'sche Fonktion etc.
28) hF'(se) = JF(x) — ^hF'(x)
worin die Restbestimmung gleichfalls allgemein und bisher nicht bemerkt
worden ist
Wenn F^*^ (u) von u = x bist< = a: + Ä entweder nur wichst oder
nnr abnimmt, was in. dem Falle eintritt, wo jP<'"+»(ti) innerhalb j6nes In-
tervalles sein Yoneiehen nicht wechselt, so ist jP(S") {x + h) — jP<*"> (x) der
grösste Werih , den F^'^ (x + Sh) — #*<•■> (x + ^h) erlangen kann , und
folglich darf man setsen
F<»") (x+Sh) — JP0«> (x+^h) =\f ^F^*) («),
wo fi einen positiven ächten Brach beseichnet Das Brgttnsnngsglied der
t>bigen Reihe wird dann
oder anch
^-'>-^'^.''r."(L)^^"'"'>'
wo f; zwischen 0 and 2 liegt; diese Form des Restes ist insofern beqaem,
als der Faktor von {; mit dem allgemeinen Gliede der Reihe übereinstimmt.
Aaf der rechten Seite der hiermit gewonnenen Gleichung
29) hF'(x)=dF(x) — ^hdF'(x)
welche nur unter der Voraussetzung gilt, dass f (^«+1) (u) von M = a: bis
u = x + h sein Vorzeichen nicht wechselt, setzen wir noch den Aasdruck
hinzu und ziehen den obigen Rest mit dem zweiten Theile des vorstehen-
den Aggregates zusammen ; für f — 1 = ^ giebt dies
Von O. SCHLÖMILCH. 207
30) hr {x) = JF{x) — \hjr(x)
Da Q seiner Bedeutung nach zwischen + 1 und — 1 liegt, so beträgt
hier der Rest einen aliquoten Theil des zuletzt in Rechnung gebrachten
Reihengliedes, und es wäre nur noch zu untersuchen, in welchen Fällen o
positiv und in welchen es negativ ist. Die Entscheidung hierüber wird da-
durch herbeigeführt , dass man in der allgemeinen Formel 27) n + l an die
Stelle vom n treten lässt und das Resultat mit der obigen Gleichung zusam-
menhält ; nach Hebung der gemeinschaftlichen Faktoren bleibt
(.n+Iul^nVa) ^'-^'>(- + *Ä)=-.^..-.^^«->(-;
)
oder
(2
M.
Der Voraussetzung nach ändert ^(2«+i) (t/), d. h. überhaupt jeder Differen-
tialquotient ungerader Ordnung , sein Vorzeichen innerhalb des Intervalles
ti = x bis w = o: + Ä nicht; dasselbe gilt von F<*'»+3) ^j^^ q^qj. y^j^
F«i»+3) (^ ^ ^Ä). Besitzen nun ir<2ii+3> (^) ^n^ jr(2n^i) („) gleiche Vor-
zeichen, so kommt dieses Zeichen auch dem Integrale zu, und es muss dann
^negativ sein, weil zwischen zwei von Null verschiedenen entgegenge-
setzten Grössen keine Gleichheit bestehen könnte ; aus ähnlichen Gründen
folgt, dass Q positiv ist, wenn ^(2«+i) (u) und ^(*^n+3) (u) entgegenge-
setzte Vorzeichen behalten.
V. In der Formel 27) setzen wir ftir x der Reihe nach die Grössen
a, ö + Ä, a + 2Ä, ö + (y — 0 ^
und addiren alle entstehenden Gleichungen ; dies giebt
h[F' (a) + rXa + h) + r {a + U) + , . . + F' {a + q— \h)]
= F{a + qh) — F(a) — ^h [F' {a + qh) — F' («)]
+ 7:1 f^" (« + ^Ä) - ^" w] - rfryri [^''' (« + ^ä) ~ ^'' («)] + -
^^ *^ 1.2. 3... (-2/0^
worin zur Abkürzung gesetzt wurde
308 Ueber die Bernoaili'Bohe Funktion eto.
... + /■<«•+') (a + g—lÄ + e,Ä),
und O, , ^, . . . d, gewisse positive &chte Brüche beseichnen. Die Ghrössen
a + ^ik^ a+ h + 9thy ...a + {q — 1) A + ^f^ liegen sämmtiicli swischen
m und a+ qh^ miüun betrKgt der absolute Wertii von S weniger als die
Samme, welche snm Vorschein kommt, wenn man an die Stelle jedes der
obigen Sammanden den grÖ4sten absolaten Werth setit, den F^"'^i>(ii
innerhalb des Intervalles u = ahlBU^=a + qh erreicht Dieses Maximum
heisse M; es ist dann
— qM<S<qMoäerSsss9qM,
wo 9 einen positiven oder negativen Kchten Bruch bedeutet Nehmen wir
endlich
b a
a -|. 9^ = 6 mithin ^= — r — •
und setzen F* (ii) =/'(fi), so erhalten wir die folgende Summenformel
31) h[f{a) + f{a + h) + na + ^h) + ... + f{a + q-lh]
b
=ff{u)du-^\h\f{b)-f{a)]
welche so lange gilt, als die Funktionen f{u)^f (w), f" (w) . . . f^*^ (u) in-
nefhalb des Intervalles ti = a bis w = 6 stetig und endlich bleiben; M ist
der ohne Rücksicht auf sein Vorzeichen genommene absolut grösste Werth,
den Z"^") (m) zwischen ti = a und ti = ft erreicht.
Die Operationen, welche von der Formel 27) zur vorigen Summenformel
führten , dienen auch , um aus der Gleichung 28) eine nur in der Form des
Restes von Nr. 31) abweichende Summenformel abzuleiten. Man findet
sogleich
h\f{a)+na + h) + na + 2h) + ....+ f{a + i::^\h)]
b
=ff(u)du-ik[f{b)-na)]
a
worin S die Summe der aus q Differenzen bestehenden endlichen Reihe
+ /"(ait- 1) (a + A + e,Ä) — /"(««-O (a + Ä + d,Ä) + . . .
Von O. 8CHLÖMILCH. 209
bezeichnet und jedes S zwischen ^ und 1 , sowie jedes 0 zwischen 0 und ^
enthalten ist. Nennen wir T den ohne Rücksicht auf sein Vorzeichen ge-
nommenen grössten Werth, welchen die Differenz
erreicht, wenn man sowohl v als w das Intervall a his a + qh=zb durch-
laufen lässt, so beträgt der absolute Werth von iS weniger als qT und
folglich
S = rjqT = rj^-:^T
gesetzt werden, wenn iy einen positiven oder negativen ächten Bruch be-
zeichnet. Wir gelangen so zu der neuen und allgemeinen Formel
32) h[f{a) + f(a + h)+f{a + 2h) + ...+f{a + q^lh)]
h
= Jf{u)du-\h[f{h)-f{a)\
a
+ T^\rib),-n«)]--i-^r*\r{i>)-r{'')] + ...
■•■ + i-^)' i ^i'~'(^7-'i) t^''""" ^^^ -/^""-"^ («)]
£twa8 einfacher gestaltet sich ^ mithin auch das Ergänzungsglied in
dem speciellen Falle, wo f^^^- » (w) von M = abis u = a + qh=2b entwe-
der nur wächst oder nur abnimmt, d. h. wenn f^^^^(u) innerhalb des ge-
nannten Intervalles sein Vorzeichen nicht wechselt. Unter dieser Voraus-
setzung liegt nämlich «
f(2n-i) (ö + ö^Ä) — /-(a»-» {a + ^,Ä)
• zwischen 0 und /•(«»-» (« + Ä) — f(^^ - » (a),
ebenso
zwischen 0 und /•(»»-» (a + 2Ä) — /•(«» -» (« + Ä),
• u. s. w.
mithin ist S zwischen 0 und /•(«»-*) (« + qh)—f^^^ -'> (a) enthalten und es
darf folglich
.S = ,y[/^(2n-i)(« + ^Ä)— /•(»»-» (a)] = i?[/^<2«-i)(^)_/'(a«-i)(«)]
gesetzt werden, wo ri einen positiven ächten Bruch bezeichnet. Addirt man
nach Substitution dieses Ausdrucks auf der rechten Seite der Oleichnng
noch den Ausdruck
« = (- ^)"^.' 1 .t.T.!''(L) ^*'""" (*)-/■*'""" (">^
und setzt
Z«iUtfarin f. MAthernttik a. Physik. 1. 1 4
21 ü Ueber die BemoulH'sche Funktion etc.
2»»— I
wo nun f ein positiver oder negativer Schter Brach ist, so hat man die von
Poisson herrührende Formel
33) h[f{a)+na + h) + f{a + U) + ... + na + q^lk)]
b
=Jf{u)du-^h[f(b)-f{ä)]
+ ^\r ^b)-r {a)\-:^.^^\f"- {b)-r {a)] + . . ..
Hier beträgt also der Rest eineo aliquoten positiven oder negativen Theil
des' letzten Reihengliedes.
Um zu entscheiden , in welchen Fällen ^ positiv und in welchen es ne-
gativ ist, braucht man nur die allgemeine Formel 31) so in Anspruch zu
nehmen , dass man die Reihe um ein Olied weiter fortsetzt und das Ergeb-
niss mit dem Obigen vergleicht. Durch ganz ähnliche Schlüsse, wie sie
am Ende des Abschnittes IV. benutzt wurden, findet man leicht, dass p ne-
gativ ist, wenn die nicht wechselnden Vorzeichen von /^^"^ (m) und /*('"+•> (m)
übereinstimmen, und dass q positiv ist wenn jene Vorzeichen ent-
gegengesetzt sind. In dem ersten Falle, welcher häufig vorkommt, lässt
sich das letzte Reihenglied mit dem Reste vereinigen wenn man 1 + ^ == 0
setzt, wo ö einen positiven ächten Bruch bezeichnet; es ist dann unter der
gemachten Voraussetzung *
34) h[f{a)+r{a + h)+f{a + ^h) + ... + f{a + q~\h)]
b
=fnu)du-^h[f(b)-f{a)]
a
Bei dieser von Jacob i angegebenen Formel beträgt der Rest einen
Bruchtheil des Gliedes , welches bei weiterer Fortsetzung der Reihe folgen
würde.
Der zuletzt genannten Bedingung genügt z. B. die Funktion f(xi) = — »
wenn a und b nicht die Null zwischen sich fassen; man hat also für a =:= 1,
Von O. SCHLÖHILCH. 211
i+i + n-... + -
+ (_,)-. ^2=:z?r 1 ,] + (-i),''g^—r_j ,1.
••• + <■ '^ 2«-2L(y+i)-'"-'' J^^ ' 2« U^+l)*- 'J
Nimmt man q = p — I , addirt beiderseits — und vereinigt die .von p nnab-
hängigen Glieder zn einer Constante C, so gelangt man zn der bekannten
Formel
= '+'^ + rp-j?+T?-
r_|\il-l. ^2».-3 _^ f ^\n^^'in-\
> + (->r-'.,Vri^ + (-!)-
worin C durch die Gleichung
C = Zim I - + -+... H /pj , p = 00
bestimmt wird und die Constante des Integrallogarithmus ist.
Die Formeln 31) bis 31) liefern auch die Mittel zur näherungsweisen
Berechnung des Integrales
' f(u) du,
o
ß
worauf wir, da die Sache hinreichend bekannt ist, nicht weiter eingehen.
Schliesslich noch die Bemerkung, dass man statt der Formeln 31) bis
34) leicht etwas allgemeinere entwickeln kann, sobald man überhaupt unter
eine Funktion versteht, welcher die Eigenschaft
0{x + h) — 0{x)=f{x) oder JO{x)=z f{x)
sokommt. Man setzt nämlich in den Gleichungen des vorigen Abschnittes
erst F* (u) = <f (w), nachher JO{x) = f{x) und schafft die Constante der
endlichen Integration dadurch weg , dass man t/ = 6 , ti = a nimmt ^nd die
entstehenden Gleichungen von einander subtrahirt. Die auf solche Weise für
a
gewonnenen Formeln gehen in die vorigen über wenn b — a ein Vielfaches
von h = Jx ausmacht.
U*
XII.
Zur Theorie der Torsion cylindrischer Wellen.
Von AüTENHEIMEE,
Ingenieur zu Basel.
Jbiö werde eine Welle von der Form eines senkrechten Kreiscylinders am
einen Ende festgehalten und am andern durch ein Kräftßpaar, das in einer
zur Axe normalen Ebene liegt, verwunden; man sucht den Zusammenhang
zwischen dem statischen Moment jenes Paars , den Dimensionen der Welle,
der Grösse der Torsion und einem von der Natur des Materials abhängigen
Coefficienten.
I. Voraussetzungen.
Bei Lösung dieser Aufgabe gehen wir von folgenden Ani^hmen aus:
1. Ein beliebiger materieller Punkt der Welle bewegt sich während der
Torsion auf der Oberfläche eines Kreiscylinders, dessen Axe die Axe
der Welle ist. Diese Bewegung kann in zwei Seitenbewegungen, pa-
rallel und senkrecht zur Axe, zerlegt werden. Die Verschiebung in
einer Normelebene zur Axe ist proportional der Entfernung des
Punktes von der Axe und vom befestigten Ende der Welle. (Die
Verschiebung der Punkte längs der Axe ist eine Folge der Längen-
än4erung der Fasern , wie sich ergeben wird.)
2. Die Kraft, welche an irgend einer Stelle einer Längenfaser eine Ver-
schiebung bewirkt, ist proportional dem Querschnitt der Faser und
der Grosse der Verschiebung.
IL Not h\v endig keit einer Längenverschiebung.
J§de Faser, welclie vor der Torsion parallel zur Axe liegt, nimmt
während der Torsion die Form einer Schraubenlinie an ; dadurch werden
die äussern Fasern ausgedehnt. Dieser Ausdehnung setzen sie einen Wi-
derstand entgegen, der sich dadurch äussert, dass sie die beiden Endflächen
der Welle einander nähern. Die äussern Faserschicliten Averden also aus-
gedehnt, die inncrn verkürzt. Wo die Ausdehnung in die Verkürzung über-
geht, liegt eine Schichte, welche keine Längenänderung erleidet und die
wir die neutrale Schichte nennen wollen. In jedem normalen Quer-
schnitt der Welle muss unter den ausdehnenden und compriniirenden Mole-
cularkräften für einen beliebigen Dehnungswinkel Gleichgewicht bestehen,
weil die äussern Torsionskräfte keine Componente liefern, welche zur Axe
Zur Theorie der Torsion cylindr. Wellen. Von Autenheimer. 213
parallel ist. Hiernach wird sich die ganze Welle verkürzen und jeder nor-
male Querschnitt längs der Axe verschoben um einen Weg, welcher seinem
Abstand vom befestigten Ende der Welle proportional ist.
III. Bestimmung der Lage der neutralen Schichte.
Die neutrale Schichte wird cylindrisch vorausgesetzt werden können.
Ihre Lage ist durch das Verhältniss der Ausdehnbarkeit und Zusammen-
drückbarkeit bedingt. Im Folgenden soll der Halbmesser dieser Schichte
bestimmt werden für den Fall , dass der Widerstand des Materials gegen
Ausdehnung und Compression der gleiche ist.
Es sei :
L die Länge der Welle vor der Torsion,
R der Halbmesser der Welle,
a der Halbmesser der neutralen Schichte,
9 der Drehungswinkel am freien Ende der Welle , abgetragen als
Bogen eines Kreises , dessen Radius die Einheit ist ;
X die Entfernung einer Faser von der Axe,
E der Modul der Elasticität für die Ausdehnung.
Da nun irgend eine Faser in der neutralen Schichte ihre Länge während
der Torsion nicht ändert, so bildet sie abgewickelt die Hypotenuse eines
rechtwinkligen Dreiecks, dessen eine Kathete der Bogen aq> und dessen
andere Kathete somit }/L^ — a^tp^ ist. Eine Faser im 'Abstand ar von der
Axe ist die Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks , dessen beide Ka-
theten fpx und yL* — rt*g)* sind. Folglich ist die Länge einer solchen Fa-
ser = yL* — a* <p* + <p*x*, und ihre Ausdehnung =j/Z* — «* qp* + <jp*a* — L.
Diese Ausdehnung wird = 0 für a? =ö und negativ für ar<a, sie wird also
im letztem Fall zu einer Verkürzung. Die Kraft, welcher in der Richtung
der Faser auf eine Querschnittseinheit ausdehnend wirkt, wird sein
JL
Man zerlege diese Kraft in zwei Seitenkräfte, senkrecht und parallel
xttr Axe ; so ist die letztere Seitenkraft
^ •
Hultiplicirt man dieselbe mit dem Differenzial Inxdx des Querschnittes
und integrirt hierauf zwischen or = 0 und o: = Ä, so erhält man die Summe
der ausdehnenden und comprimirenden Kräfte für einen und denselben
Querschnitt der Welle, nämlich
2^^/zr:r^y' rl ^-__ \ ,^
da aber die Kräfte parallel zur Axe in jedem Querschnitt sich daa GU\r.W
2t 4 Zur Theorie der Torsion cylindrischer. Wellen.
gewicht halten, so muss dieses Integral =0 sein; folglich erhält man zur
Bestimmung von a die Gleichung
i Ifr .
woraus nach einigen Rednctionen folgt
Für einen kleinen Torsiouswinkel tp ist daher annähernd
4) a = -^ = 0,707Ä
d. h. der Halbmesser der neutralen Schichte ist für kleine Torsionen 0,707
vom Halbmesser der Welle.
IV. Mass der Verschiebungen längs der Äxe.
Die Ausdehnung der Fasern in der äussersten Schichte ist
= ^Z« — aV + ^9* — ^^ diö Verkürzung der Axe = Z — yL^ — a*q>^.
Entwickelt man diese Ausdrücke in Reihen tind setzt den Werth von a aus
4) ein , so erhält man , wenn die Glieder von der 4** Potenz von tp an ver-
nachlässigt werden, für beide Längenänderungen denselben Werth. Be-
zeichnet l die Verkürzung der ganzen Axe , so ist
Alle Punkte in einem und demselben normalen Querschnitt werden so-
mit längs der Axe während der Torsion verschoben um
wenn z den Abstand dieses Querschnittes vom befestigten Ende der W^elle
bezeichnet.
Da die Ausdehnung einer Faser im Abstand x von der Axe für kleine
Torsionen =^^ --— — , so wird die Kraft, welche ein Faserprisma in die-
JL Li ■
ser Lage ausdehnt, wenn sein Querschnitt die Flächeneinheit ist, sein
(x^ — fl«) 9«
E
%D
Sie wird für Fasern in der äussersten Schichte = jE* — v » ^ör Fasern in der
4Z'
neutralen Schichte = 0 und für Fasern in der Axe = — E — \,
4Z*
Wird das Integral 2) zwischen den Grenzen xsp « und x =z R genom-
men, so erhält man als Summe der ausdehnenden Kräfte, wenn die Glieder
mit q> von der 4*®° Potenz an wegfallen,
TtE äV
^ 8 * /;» *
Von AUTENHEINER. 215
Die Summe der comprimirenden Kräfte hat denselben Werth. Würde
keine Verkürzung der Welle angenommen , so müsste die Summe der aus-
dehnenden Kräfte das Doppelte von 7) betragen. Das Gleichgewicht der
Kräfte längs der Axe könnte somit nur durch eine gleiche, entgegengesetze
äussere Kraft aufgehoben werden , was gegen die Voraussetzung Ist.
V. Verhältniss zwischen der Längen- und Quer-
verschiebung.
Ein Punkt, welcher um x von der Axe und um z vom befestigten Ende
der Welle absteht, wird während der Torsion in senkrechter Richtung zur
z
Axe um tpx , -y verschoben. Durch Vergleichung mit 6) beträgt somit das
Verhältniss der Längen - und Querverschiebung eines Punktes
^ Lx
Dasselbe ist für Punkte in derselben cjlindrischen Schichte constant,
R (D
für Punkte in der äussersten Schichte = J.-— , für solche in der neutralen
R a>
Schichte = i —r- ^^d für die Axe = oo.
L k
VL Statisches Moment der Torsion, hervorgebra'cht
durch die Längonänderungen der Fasern.
Die Kraft 4) , welche in der Richtung der Fasern ausdehnend wirkt,
liefert eine zur Axe normale Componente gleich
^^Z'^^'-hy'x'-X (px
Diese Kraft verschwindet für o? =: a, weil in der neutralen Schichte keine
Resultante vorhanden ist; sie wird für Werthe zwischen x = a und x=.R
positiv und für Werthe zwischen x = a und ar = 0 negativ. Multiplicirt
man dieselbe mit dem Hebelarme x und dem Flächeneloment ^nxdx und
integrirt innerhalb der Grenzen o: = 0 und x^= R, so ergiebt sich
R
27
h
als statisches Moment der Torsion , welches aus der Längenänderung der
fasern entspringt. Nun ist
x^dx x* j/Z' — q« y« + <p«a:' 2 (/.' - fl'y» + tp^a^ *
folglich das obige beßtimmte Integral
iyyjgr/y LR^y£'--(^(p*+^ 2Z(Z;«--<i'y«+y'7?«)i 21 (X«-fl«y') * 1
Entwickdt man in Keihen und setzt den Werth von a aus 3) ein , so erhält
216 Zur Theorie der Torsion cylindr. Wellen. Von Aütenheimer.
man, wenn die Glieder von der b^^ Potenz von q> an vernachlässigt werden,
als gesuchtes Moment
Da dieser Ausdruck die 3** Potenz von y euthält, so üben die Läugen-
änderc^ngen für kleine Torsionen einen unmerklichen Einflnss aus auf das
äussere verdrehende Moment.
VII. Statisches Moment der Torsion, hervorgebracht
durch die Querverschiebungen.
Es sei T der Modul der Elasticität für die Querverschiebung, so ist
T ,^j- die Kraft, welche ein Faserprisma von der Länge L und dem Quer-
schnitte 1 im Innern der Welle um (px normal zur Axe verschieben kann.
Multiplicirt man diese Kraft mit dem Flächcnelement ^nxdx und dem He-
belsarm X und integrirt innerhalb x = 0 und x =^ R, ao erhält man das ver-
langte statische Moment der Torsion , nämlich
9) L«-^/*!.,/.,..-.!^.^.
^ L J IL
0 •
VIII. (jcsainmtcs Torsionsmouient.
Das äussere Moment des Kräftepaars, welches die Welle verdreht, und
das wir mit M bezeichnen wollen, ist gleich der Summe der Momente 8) und
9); mithin
Nehmen wir mit Kavier r = 0,4J5; an, so wird, indem man die Aus-
dehnung k nach 5) einführt:
,0) ,„„i5-.^(, + |i).
Diese Formel hat so lange Geltung, als die Formänderung innerhalb
der Grenzen der Elasticität stattfindet. Für diese Grenze ist nach Pon-
celet bei Schmicdoisen — . Mithin verhalten sich in diesem Falle
L 1500
die Momente , hervorgehend aus der Längenänderung und den Querver-
schiebungen, wie l : 1800. Sollte die vorangehende Formel, wenigstens an-
nähernd, noch Geltung für den Bruch haben und nimmt man für diesen
Fall bei Schmiedeisen ----- an, so würden sich die beiden Momeüte ver-
L 50
halten wie 1 : 60. '
Man sieht hieraus, dass es bei Versuchen über die Torsion kaum mög-
lich ist, den Einfluss der Lfingenändorung der Fasern zu beobachten. Es
geht aber auch aus unser(;r Darstellung überhaupt hervor, dass die Längen-
änderung der Fasern nicht zur Bestimmung des Torsionsmomentes benutzt
werden kann, wie diess z. B. in der ,, Ingenieur -Mechanik" von Weiss -
bach geschehen ist.
xm. .
lieber LeuehtmaterialieiL
Von Dk. Hugo Fleck ,
Assistent an der königl. polytechnischen Schule in Dresden.
X/>^^ Bestreben der Techniker , die Apparate der Beleuchtung zu einer so
hoben Vollkommenheit gelangen zu lassen, dass dieselben, mit grösstmög-
\ich»ter Einfachheit ausgestattet, die höchsten Lichteffecte zu erzeugen im
Bttnde seien, hat in neuester Zeit eine Reihe sehr wichtiger Fragen an die
Chemie und l^jsik ergehen lassen, von deren völliger und unbestreitbarer
Beantwortung beide Wissenschaften zttm grossen Theil noch zu weit ent-
fernt sind, als dass nicht Jeder, üer den Fortschritten der Beleuchtungs-
industrie mit wissenschaftlichem Interesse folgte, sich veranlasst finden sollte,
in die Reihe der Antwortgeber zu treten.
Ausser den öconomischen Interessen, deren reiflichste Erörterung zu
sehr das praktische Gebiet berührt , um in diesen Blättern erschöpfend be-
sprochen werden zu können, sind es die während der Verbrennung der
Leachtmaterialien auftretenden Zersetzungs • und Verbindungsprozesse und
die aus denselben resultirenden Lichteffecte, welche um so mehr einer viel-
seitigen Betrachtung werth sind, als von ihnen und ihrer gehörigen Leitung,
Förderung und Benutzung einerseits sowohl ein höheres Leuchtvermögen
der Materialien , als auch andererseits ein aus diesen von selbst erwachsen-
der Vortheil für die Consumenten entspringen muss.
Alle organischen Stoffe, welche mit leuchtender Flamme brennen, sind
^ter verschieden günstigen Einflüssen der Erzeugung gleicher Lichteffecte
^%> und jeden Augenblick kann durch das Experiment bewiesen werden,
dass der Kiehnspahn mit dem Glänze der Paraffinkerze zu brennen im
^**Jide ist, sobald den entweichenden Zersetzungsprodukten zu ihren völli-
gen und effektreichsten Verbrennung genügende Quellen geboten sind. Es
werden die qualitativen und quantitativen Verhältnisse, in denen letztere
•^ die Leuchtmaterialien wirken , bedingt sein
1* durch die chemische Zusammensetzung
5. durch die Form, in welcher sie als Beleuchtungsmittel verwendet
werden; beide müssen ihrem Werth nach im umgekehrten Verhältniss
zu den ihren Lichteffekt erhöhenden Ilülfsmitteln stehn.
Dje Fette des Thier - und Pflanzenreichs enthalten als nähere Bestand-
^hcile in Zusammensetzung und Consistenz verschiedene organische Säuren,
die Fettsäuren , und stellen , indem sie an ein organisches Oxyd gebunden
^uid, organische Salze dar, deren theil weise Zersetzung und Umsetzung
d*ö Qmndlagen der Seifen - und Stearinfabrikation bilden. Ausser diesen
218
Üeber Lcuchtmaterialien.
von der Natur gebotenen Leuchtmaterialien hat es die neuere Zeit verstan-
den , in den aus der trocknen Destillation organischer Stoffe resultirenden
Zersetzungsprodukten eine Reihe grösstentheils aus Kohlenstoff und Wasser-
stoff bestehende , theils feste, theils flüssige oder gasförmige Leuchtmateria-
lien zu erzeugen, deren Werth für die Beleuchtungsindustrie so gross und
deren fabrikmässige Darstellung so folgenreich für letztere ist, dass man mit
ihrem Auftreten unbedingt eine neue Epoche dieses Industriezweiges be-
grüssen muss.
In Bezug auf die Leuchtkraft hat die Erfahrung bis jetzt den Grund-
satz geltend zu machen versucht, dass erstere ihren Höhepunkt da erreicht,
wo das Leuchtmaterial oder seine während der Verbrennung auftretenden
Zersetzungsprodukte sich in ihrer Zusammensetzung dem Elajlgas nähern,
dass ferner der Sauerstoffgehalt derselben durch seine Wasserstoff absorbi-
rende Eigenschaft hindernd auf das Leuchtvermögen und auf die dasselbe
bedingende völlige Erglühen des freiwerdenden Kohlenstoffs wirke, und
nur in den Fällen, wo trotz eines geringen Sauerstoffgebaltes der Lichteffekt
ein unterdrückter war, konnte für die Verminderung des letzteren ein ge-
nügender Grund nicht gegeben werden. — Es liegt auf der Hand, dass hier
ausser der chemischen elementaren Zusammensetzung, welche für den obi-
gen Fall massgebend für die Leuchtkraft sein könnte, noch andere Be-
dingungen obwalten müssen, deren Erörterung die Aufgabe fst, welche sich
der Verfasser in Folgendem gestellt hat.
Die procentische Zusammensetzung der Leuchtmaterialien, in soweit
dieselbe bis jetzt bekannt ist, macht es uns möglich, die zunächst liegenden
Bedingungen einer grösseren oder geringeren Leuchtkraft zu erkennen und
gestattet uns , Vergleiche anzustellen , welche theilweise praktisch bewährt
sind. Ich füge^ indem ich dieselben folgen lasse, noch die Zusammen-
setzung einiger flüssiger und fester Stoffe bei , welche , obgleich nicht zu
den Leuchtmaterialien gehörend, doch den Schlüssel zur Lösung einiger
späteren Fragen bieten sollen.
Kohlenstoff.
Wasserstoff.
Sauerstoff.
chemische Formel.
Elaylgas \
Photogen
85,71
14,29
C„ H„
Paraffin J
Wachs (gebleicht)
81,80
12,67
5,55
^le ^3» ^J
Wallrath
81,00
12,80
5,60
C«, »,« Oj
Hammeltalg
78,00
11,70
9,30
C.. /'»o 0.
Stearinsäure
70,05
12,68
11,27
C,. //,. O4
Colophonium
79,27
10,15
10,58
c,„n,oO
Terpenthinöl
88,23
11,77
Cio fl^
Aether
04,85
13,51
21,62
C« H^ 0
Alkohol
52,15
13,04
34,77
C« Ä, 0,
Aceton
68,5.7
8,57
22,86
C, Ht 0
Ist die Annahme , dass der Sauerstoff der Leuchtmaterialien sich zur
Wasserbildung der erforderlichen Wasserstoffmengen aus dem Wasserstoff-
gehalte der Leuchtmaterialien bediene, richtig, und lässt sich erwarten, dass
das Elaylgas (C, H^ während seiner Verbrennung in der Weise zersetzt
werde , dass der Wasserstoff durch seine Vereinigung mit dem atmosphari-
Von Dr. H. Fleck. 219
sehen Sauerstoff das Erglühen des Kohlenstoffs und dadurch das Leuchten
der Flamme bewirke, so folgt: dass alle organischen Stoffe, welche nach
der Vereinigung des chemisch gebundenen Sauerstoffs mit einem bestimm-
ten Antheil Wasserstoff, noch so viel von letzterem Elemente enthalten, als
zur Bildung von Elaylgas mit der vorhandenen Kohlenstoffmenge nöthig ist,
bei ihrer Verbrennung eine dem Elaylgas gleiche Flamme geben müssen ; dass
femer Überall da , wo die Kohlenstoffmenge die zur Elaylgasbildung erfor-
derlichen Quantitäten übersteigt, feine Kohlen zurückbleiben, also ein Ver-
kohlungsprocess stattfinden, oder solche in Form von Huss während der Ver-
brennung abgeschieden werden muss , sofern er sich an dem Vergasungs-
processe betheiligt hatte ; dass endlich Leuchtmaterialien , welchen die zur
Elaylgasbildung nöthige Kohlenstoffmenge mangelt, in ihrem Lichteffekte
sich um so mehr dem des Sujnpfgases {CH^ nähern müssen, als sich die
Zusammensetzung der entweichenden Gase diesem Atomcomplexe nähert. —
Ein Blick auf die vorausgeschickte Tabelle und auf die Lichteffekte, welche
den meisten der daselbst erwähnten Stoffe resultiren, belehrt uns jedoch,
dass obige Annahme nicht bei jedem Leuchtmaterial in vollem Masse Gel-
tung finden kann , und dass , ausser der elementaren Zusammensetzung, die
physikalischen Eigenschaften der Leuchtmaterialien (ihre Dichtigkeit,
Schmelzbarkeit, die grössere oder geringere Differenz ihrer Zersetzungs-
produkte) wesentliche Einflüsse auf die zu erzielenden Lichteffekte äussern
müssen.
Versuche ich es, die vorausgeschickten, aus der procentischen Zu-.
sammensetzung berechneten empirischen Formeln in die Bestandtheile des
Wassers und Elaylgases zu zerlegen, so resultirt:
Wachs
= c„ + r„Ä„ + 3Ä0.
Wallrath
= C„ + r„J?„ + 6/7ö.
Talg
= c„ + r^Ä« + 5Ä0.
Stearinsäure
= <7, + c„^„ + 4/ro.
Colophoninm
= C + C, ^, + HO.
Terpenthinöl
= C, + C,ff,.
Aether
~ C^ff^ + HO.
Alcohol
= C^H^ + iHO.
Aceton
= C-\-CtHt + HO.
Nach dem oben Gesagten müsste diejenige Verbindung, welche bei
ihrer Zersetzung vollkommen in eine dem Elaylgas polymere Verbindung
und Wasser aufgeht, den vollkommensten Leuchteffekt, alle mit Kohlen-
stoffüberschuss sich zerlegenden eine Russabscbeidung geben und die daraus
hervorgehende Scala wäre , wenn ich mit dem , der Formel nach den höch-
sten Lichteffekt gebenden, Aether beginne :. Aether, Weingeist, Colopho-
ninm, Stearinsäure, Talg, Wachs, Wallrath, Aceton, Terpenthinöl.
Die gänzliche Verschiedenheit dieser hypothetischen Reihe mit der
praktischen Wahrheit leuchtet auf den ersten Blick ein. Wir dürfen , das
geht daraus hervor, die empirische Formel der Leuchtmaterialien für nichts
Anderes als die quantitative Elementartiomenclatur halten und müssen,
wollen wir der Wahrheit auf dem Wege der Spekulation näher kommen, zu
anderen Hülfsmitteln greifen. — Je höher wir in der Reihe der polymeren
Kohlenwasserstoffe von der Formel CH und deren abgeleiteten Oxydations-
oder Substitutionsprodukten steigen , desto dichter gestalten sich dieselben^
desto höher liegt ihr Schmelzpunkt und Kocbputikl uwäi ^^«X.^ ^w^^t Vi^^^
220 Ueber Lcuchtmaterialicn.
die beiden letzteren zusammen, desto höher atomisirt gestalten sich aber
auch ihre Zersetznngsprodakte and deren Dichtigkeitsverhältnisse bei
gleichen Zersetznngstemperatnren. Ein Blick auf die Reihe *der sogenann-
ten Fettsiluren und auf die durch Erhitzung. ihrer Salze mit freien Alkalien
resultirende Acetonreihe bestätigt letztere Annahme und lässt keinen Zweifel
hegen, dass auch bei der Zersetzung der Fette während deren trockner De-
stillation Atomgruppen sich gestalten, welche, je nach der Dichtigkeit des
Fettes, Dämpfe von verschiedener Dichte bilden. Der in dem Kerzen- oder
Lampendocht vor sich gehende Zersetzungsprocess ist bei seiner Einleitung
nichts Anderes als eine trockene Destillation des organischen Leuchtmate-
rials. Je nach den Wärmemengen, welche während der Verbrennung der
aus den Dochtröhren freiwerdenden Gase auftreten, muss die Temperatur
in den Dochtröhren eine der entwickelten Wärme proportionale sein und
jedenfalls Zersetzungsprodukte von stets gleicher Beschaffenheit hervor-
bringen, sobald das Lenchtmaterial in seiner Masse von ganz gleicher Dich-
tigkeit, von gleicher chemischer Zusammensetzung, von constantem und
gleichem Schmelz- und Kochpunkte ist; die Folge einer 'solchen normalen
•Gaseutbindung muss die Gleichmässigkeit der Flammen und eine der ato-
mistischen Gruppirung der Elemente proportionale Leuchtkraft sein. Neh-
men wir — vor der Hand von dem Einfluss des in den Fetten enthaltenen
Sauerstoffs auf den Zersetzungsprocess absehend — an, dass die entwei-
chenden Kohlenwasserstoffe von der Formel {CH) um so höher atomisirt
. sind, je dichter, je schwerer schmelz- und zersetzbar die organische Ver-
bindung ist, so erhellt, dass bei der Einwirkung des atmosphärischen Sauer-
stoffs auf die entweichenden Gase um so grössere Mengen Wasserstoff aus
den letzteren gleichzeitig an dem Verbrennungsproccsse theilnehmen
müssen, ferner, dass dadurch eine Wärmemenge rcsültirt, welche sowohl
das Erglühen des seines Wasserstoffs beraubten Kohlenstoffs bedingt, als
auch eine vollständige Verbrennung desselben gestattet, sobald er aus der
verbrennenden Wasserstoffschicht austretend, in glühendem Zustande dem
atmosphärischen Sauerstoff preisgegeben ist. Denkt man sich nun ein Leucht-
material aus verschiedenen Fettsäuren zusammengesetzt, wie dies beim Talg
der Fall ist, aus Fettsäuren, deren Schmelzpunkte bedeutend differiren tmd
deren Kochpunkto daher um so weiter von einander entfernt sind , so er-
hellt, dass die Zersetzung der leichter schmelz- und zersetzbaren -Oelsäure
viel schneller und mit weit grösserer Heftigkeit von Statten gehen muss,
als die der schwerer schmelzbaren Stearinsäure, dass ferner die durch die
Verbrennung der aus letzterer austretenden , höher atomisirten Kohlenwas-
serstoffe hervorgerufene Temperatür wohl stets gleiche Zersetzungsprodukte
von dieser, aber völlig mit ihnen differirende der Oelsäure hervorrufen
muss, wodurch eine Ungloichmässigkeit der Gasbildung bedingt wird, welche
insofern verändernd auf die Leuchtkraft der Talgkerze einwirken muss, als
die von der Oelsäure mit grösserer Heftigkeit entweichenden Gase während
ihres Durchdringens der aus der Stearinsäure sich bildenden dichteren Gase
nicht Zeit genug findet, sich mit ersteren zu diffundiren, und daher, den
glühenden Theil der Flamme durchströmend, sowohl, eine Verminderung
der Verbrennungstemperatur des Wasserstoffs und daher ein herabgestimm-
tes Erglühen des aus seiner Verbindung mit diesem tretenden Kohlenstoffs
bedingt, als'auch durch seine eigne Masse verdünnend und daher die Leucht-
kraft vermindernd auf den hellen Flammentheil wirkt. Wir dürfen die
Dochte der Talgkerzen als ein System von Gasretorten betrachten, in wel-
Von Dr. H. Fleck. 221
clien je nach der auf letztere wirkenden Temperatur sich die Zersotzungs-
Produkte der Fettsäuren mit grösserer oder geringerer Heftigkeit und Ge-
schwindigkeit und von verschiedener atoraistischer Zusammensetzung, daher
auch von verschiedener Dichtigkeit entbinden; die daraus resultirenden
Differenzen der Gasströmuug bedingen eine Unregelmässigkeit der Flamme
und eine Verminderung der Leuchtkraft. — Da sich die Dichtigkeiten der
Gase proportional dem Quadrat der Ausströmungszeiten verhalten, so muss
aus derselben Ausströmungsöffnung in gleichen Zeiträumen von zwei Gasen
eine diesem Verhältniss entsprechende Menge ausströmen, welche um so
mehr auf die Licliteffekte influiren muss, je grösser die Differenzen der Gas-
dichtigkeit sich gestalten.
Durch dieselbe Oeffnung, durch welche in 460 Secunden 3 Cubicfuss
atmosphärische Luft strömen, werden in derselben Zeit 4,64 Cubicfuss eines
Gases von 0,647 spec. Gewicht gehen, also beide Gase zusammen in 920 Se-
cunden einen Raum von 7,64 Cubicfuss erfüllen. Wenden wir dieses Bei-
spiel auf die in dem Dochte sicli bildenden Gase an, so werden, da ihre
Entwickelung während des Leuchtprocesses eine continuirliche und ihren
Dichtigkeiten proportionale ist, in gleichen Zeiträumen von den dichteren
Kohlenwasserstoffverbindungen um so geringere Mengen den Gasraum er-
füllen, je grösser die Gasmengen der leichteren Kohlenwasserstoffe sind und
je höher die auf die Dochtröhren wirkende Temperatur ist. Im' Wachs ist
ein Leuchtmaterial geboten, dessen einzelne Atomcomplexe in ihren Dich-
tigkeitsverhältnissen so wenig differiren, dass die aus denselben sich bil-
denden Gase sich mit "fast gleicher Intensität an dem Verbrennungsprocesse
betheiligen können, für dessen Vollständigkeit die so hoch atomisirte Kohlen-
wasserstoffgruppe, welche bei der Zerlegung der Formel hervortritt, spricht.
In hohem Grade gleichmässig müssen sich die Vergasungsverhältnisse der
Stearinsäure gestalten, deren Masse von stets gleicher Dichtigkeit und
Schmelzbarkeit ist und daher jedenfalls gleich zusammengesetzte Gase lie-
fern muss. Der oben zergliederten empirischen Formel gemäss stünde zu
erwarten , dass das Colophonium mit einer der Stearinsäure gleichen Inten-
sität im Dochte verbrennen müsse, doch lehrt uns die Erfahrung das Ge-
gentheil und die physikalischen FigenschafteYi dieses wie der meisten Harze
lassen auch nie einen hohen Lichteffekt unter den den Kerzen analogen
Verbrennungsbedingungen erwarten Das Colophonium ist eine a^s mehre-
ren Harzsäuren und jedenfalls noch andern nicht genau studirten Atom-
gruppen bestehende Verbindung, deren Schmelzpunkt bei + 135^ C. liegt.
Die Höhe desselben spricht für die hohe Atomisirung seiner Zersetzungs-
produkte, zu deren völliger Verbrennung die von der atmosphärischen Luft
gleichzeitig gebotenen Sauerstoffmengen entweder nicht hinreichen oder
deren gasförmige Zersetzungsprodukte wegen ihrer zu grossen Dichtigkeit
.der sie umgebenden Atmosphäre nur geringen Zutritt gestatten, als dass
ein vollständiges Verbrennen des Wasserstoffs und ein damit Hand in Hand
gehendes genügend helles Erglühen des Kohlenstoffs erzielt werden könnte.
Es unterliegt somit keinem Zweifel , dass die Temperatur der Licht-
flamme dem gleichzeitig dem Verbrennungsprocesse preisgegebenen Brenn-
material proportional ist, dass daher deren Wärmeeffekt sich um so höher
gestalten muss, je mehr atmosphärische Luft gleichzeitig den in deren
Sauerstoffgehalt äquivalenten Verhältnissen auftretenden Kohlenwasserstoff-
verbindungen geboten wird und je weniger chemisch gebundener Sauerstoff
dem Leuchtmaterial inne wohnt, indem derselbe Wassewtoff ^TLX.TAfeV^xÄL^Qswl
232 Ueber Leuchtmaterialien.
somit die Flammentemperatur in zweifacher Weise doprimirend wirkt , wie
dies beim Aether, noch mehr beim Alkohol der Fall ist. Es liegen uns über
die Temperaturwerthe der Lichtflamme noch so wenig zuverlässige Resul-
tate vor und die zur Zeit dazu verwendeten Apparate ermangeln so alles
Vertrauens, dass wir, sobald es darauf ankommt, Vergleiche zwischen den
Temperaturen der verschiedenen Lichtflammen zu ziehen, vielleicht mit
mehr Sicherheit auf die Kesultate der Berechnung bauen dürfen. Aus dem
bisher Besprochenen dürfte zur Genüge erhellen, dass Flammentemperatur
und Lichteffekt in bestimmtem Verhältnisse zu einander stehen müssen, und[
dass , je grössere Mengen Kohlenstoff und Wasserstoff in gleicher Zeit an
dem Verbrennungsprocesse Theil nehmen , und je mehr Sauerstoff zuvör-
derst die Verbrennung des Wasserstoffs befordert, die Leuchtkraft um so
höher steigen muss. Sind uns daher die Kohlenstoff- und Wasserstoffmen-
gen bekannt, welche gleichzeitig den Verbrennungsprocess bedingen und
kennen wir den Wärmeeffekt , welchen beide Flemente während ihrer Ver-
brennung in atmosphärischer Luft hervorbringen, so sind wir jedenfalb
unter Hinzuziehung der bereits erlangten photometrischen Erfahrungen in
den Stand gesetzt , die Verhältnisse festzustellen , in denen die Flammen-
temperaturen zu den Lichteffekten stehen und die 'Bedingungen zu be-
gründen, welche der günstigsten Gestaltung ersterer zu Gebote stehen
müssen.
In den Zersetzungsverhältnissen organischer Verbindungen finden
ebenso streng begrenzte stöchiometrische Verhältnisse statt, wie sie sich bei
den Zersetzungen unorganischer Verbindungen herausstellen und die bis-
her nur angedeuteten Progressionen derselben im Verbal tniss zu ihrer ato-
mistischen Gruppirung und der auf sie wirkenden Wärmemenge lassen ein
Gesetz vermuthen, welches allen Zersetzungsprocessen organischer Ver-
bindungen unterliegt.
Es lassen sich zuvörderst, als durch die Erfahrung genügend bestätigt,
folgende Sätze feststellen :
1. Alle aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff bestehenden organi-
schen Verbindungen besitzen , je nach der Atomenanzahl , in welcher
diese Elemente zusammengetreten sind, mit denselben wachsende
Schmelz - und Kochpunkte.
2. Mit der Anzahl der zu einer organischen Verbindung gruppirten Ele-
mentaratomc sinken die Zersetzungstemperaturen, so dass sich letztere
bei den höher atomisirten Verbindungen unter deren Kochpunkt befin-
den und dieser unter dem obwaltenden Atmosphärendruck nicht mehr
constatirt werden kann.
3. Die bei constanten Temperaturen auftretenden Zersetzungsprodukte
organischer Verbindungen stehen mit letzteren in bestimmten stöchio-
metrischen Beziehungen und sind um so höher atomisirt, je höher es ,
die ursprüngliche Verbindung war.
4. Je grösser die Wärmemengen sind, welche gleichzeitig den Zersetzungs-
process hervorrufen, desto niedriger atomisirt resultiren die Zersetzungs-
produkte, desto geringer ist ihre Dichtigkeit, desto grösser ihre Flüch-
tigkeit.
Aus folgender der Fettsäuregruppe angehörenden Reihe organischer
Verbindungen ergiebt sich, dass mit dem Eintritt eines dem Elaylgas (C^H^
entsprechenden Atomcomplexes der Kochpunkt um 17 — 20*^ erhöht wird,
während sich die Dichtigkeit der Dämpfe um 0,4127 vermehrt:
Von Db. H. Fleck.
223
Farmel.
|>lchtiffk«M.
KothpuBki.
A ra «isettfl äiirehy d mi
i\f/ 0^-^f/O.
I,5*JÖI
t>9« i:^h.
Ksstf siiiire hy d ra i
i\H^O^'\'HO.
2,0830
J17» .,
M «UceU»Ti sia reh j drat
c^/i^o^^m.
2,5112
138« ,,
ButtprsMurehydrftt i
C^H.O^'^HO.
3,0585
157' „
B ftl driAaaiur «bj dra 1
C\^^^0^^1W.
3,5458
»7*1" ,.
C»p ro P 8 äurehf Jjat
C,^iI,,0^+itO,
4,0^31
P^" „
0 c naü tbflüure h j dra t
Ci^ff,,0,-h/IÖ.
4,r»2fH '
äl8" .,
CftpryljÄurebjdrat
^M'/j*^i+//Ö.
5,tKJ77
m<> „
JJie Dampfdichte der Verbindung C,/r, (0,9746) wächst um ihr Gleiches,
je melir dieses Atomcomplexes gleichzeitig zusammengetreten ist, so dass
die X>ampfdichte eines aus C^ffs bestehenden Kohlenwasserstoffs, der unter
der mittleren Temperatur und bei normalem Luftdrucke eine Flüssigkeit
sein ^würde, schon 4. 0,9746 = 3,8984 beträgt.
X3ie Beobachtungen, welche Couerbe in der Dichtigkeitszunahme
der folgenden Kohlenwasserstoffe machte, beweist, dass anch durch das Ein-
tretest einfacher Kohlenstoffatome die Differenzen in den Dichtigkeitsver-
blltd m flsen gleichmässige bleiben :
C4 ^4 =1,9348
C5 ^4 = 2,3494
C,^4 = 2,7640
(7^J?^ = 3,1786
Ci ^4 = 2,5932
Diff. = 0,4146.
XDiese berechnete Dichtigkeit stimmt mit der Beobachtung so nahe
über^in^ dass auftretende Verschiedenheiten wohl auf Kosten des Experi-
ment ^0 XQ bringen sind.
Genügen diese Angaben, um zu beweisen, dass, je nach der Atom-
gropi^irung, die Dichtigkeitsverhältnisse organischer Verbindungen mathe-
matisch begrenzte sind, so liegt es nahe, dass auch die Zersetzungsprodukte,
welcl^^ bei bestimmten Temperaturen aus denselben hervorgehen, progressiv
atODÄi^irtsind.
iDurch die Erhitzung der fettsauren Alkalisalze bei Anwesenheit freier
Alk^l^Qn resultirt eine Reihe von Destillationsprodukten, welche sowohl in
ihrep Zusammensetzung als in ihren Siedepunkten analoge wachsende Ver-
"^^^£«se aafstaweisen haben und folgenden Formeln entsprechen:
Aceton z=iC^H^O^=z Siedepunkt bei + 56 <> Cels.
Metaceton = (75^^50= „ „ + 97« „
Butyron =zC^ff,0= „ „ +138» „
Valeron =C^H^O= „ „ +179« „
^in noch sprechenderer Beleg geht uns, was die Zunahme der Dich-
tigk^itg. und Flüchtigkeitsverhältnisse bei steigenden Atom Verhältnissen
anbelangt, aus der Reihe der Alkohole hervor:
224
lieber Leuchtmaterialien.
'
Formel.
Dampfdichte.
Kochpankt.
Methyloxydhydrat
(Holzgeist)
Aethyloxydhydrat
(Weingeist)
Amylpxydhydrat
(Kart^ffelfuselöl)
1,1056
1,5893
3,0379
-f 61 •Gels.
+ 78« „
+ 133» „
Es drängen sich uns nun zunächst folgende Fragen zur Beantwortung
auf, von deren Lösui% die Möglichkeit abhängig ist, die Temperaturen der
Lichtflammen zu finden und von ihnen aus , unter Berücksichtigung der je-
weiligen Consumtionsverhältnisse , den Leuchtwerth der Leuchtmaterialien
zu bestimmen :
1. In welchem Verhältniss stehen die Siedepunkte organischer Verbin-
dung zu ihrer gefundenen oder berechneten Dampfdichte?
2. Welche Beziehungen walten zwischen den in ersterer Frage gefun-
denen Zahlengrössen und den Schmelz- und Zersetzangstemperatu-
ren ob? •
3. Von welcher Dichtigkeit sind die bei bestimmten Zersetzungstempe-
raturen auftretenden Zersetzungsprodukte?
4. Welche Wärmemengen werden bei der Verbrennung derselben er--
zeugt?
Das Verhältniss der Dampfdichte organischer Verbindungen zu ihrem
Kochpunkte lässt sich für die Reihe der Fettsäuren
von der Formel C„ H^ 0^ (oder C„ E„^i 0^ + HO),
für die der Aetherarten von der Formel C« -^«4-1 0
und für die Reihe der Alkohole von der Formel C« H^^i 0 (oder
CnHn + xO + HO)
durch folgende Forfaeln ausdrücken , in welchen d und D die Dampfdich-
ten y k und K die Kochpunkte ausdrücken :
d k
a) für die Fettsäuren : — : -^ = 1 : 0,7575 . . .
JJ A
d k
/>) für die Aether : --:--: = 1 : 1,3419 .. .
JJ K.
d k
c) für die Alcohole : — : - = l : 0,8853
Durch dieselben sind wir in den Stand gesetzt die Kochpunkte derjenigen
Atomgruppen zu finden, deren Zersetzungspunkt noch unter dem Koch-
punkte liegt, und zu ihnen gehören vor Allem die Fettsäuren, welche in
den Thier- und Pflanzenfetten vertreten sind, also die Basis der Leucht-
materialien bilden.
Nach Formel «) gesteiltet sich die Berechnung des Kochpunktes der
Stearinsäure von der Zusammensetzung: Cy^H^O^ -f HO in folgender Weise :
9,8807 R , ^^,^.
~ — ^ • ;;;; = 1 : 0,757»
1,5961 99
I) und K sind hier die Dampfdichte und der Kochpunkt des Hydrats der
Ameisensäure , d die berechnete Dampfdichte der Stearinsäure , so dass
Von Db. H. Fleck. 225
{log d—logD) + {log AT + log 0,7575) = logk
log kz=zlogN+ 464,2* Geis.
Nach Formel b treten für die Kochpnnkte des im Wallrath enthaltenen
Cethyloxjds und des im gebleichten Wachs verbundenen Melissyloxjds fol-
gende Zahlen auf:
16,2175 ^ _ Q
2;573r*35;4""*'''^
k = 376,9^ Gels, der Kochpunkt des Cethjloxyds = {CnJ^t^O)
2,5731 •35,4—^*'^*^
k =;= 550,4^ Gels., der Kochpunkt des Melissjloxjds = {C^ffn^)-
Aus dem Verhältriiss der Dampfdichte und der Kochpunkte der Aether-
arten und Alkohole ersehen wir, dass ebenso, wie bei den Fettsäuren durch
das Eintreten von 1 Atom HO das specivische Gewicht der Dämpfe um eine
bestimmte Grösse abnimmt; denn während die Dampfdichte desMethjloxjds
= 1,5982, so ist die Seines Hydrats, des Alkohols = 1,1037; und während
die Dampfdichte der wasserfreien Ameisensäure (C,jyOj) = 2,5692, so ist
die des Ameisensäurehydrats =^ 1,5961. Die hier auftretenden Differenzen
sind zwischen dem Aether und seinem Hydrat == 0,4945 und bei den Fett-
säuren und deren Hydraten = 0,9731. -r- In den Formeln b und c verhalten
sich die Quotienten von '
Da die Differenz der durch den Zutritt von 1 Atom Wasser zu den
Aetherarten resultirenden Dampfdichten beinahe halb so gross ist als bei
den Fettsäuren , so scheint die Annahme nicht ungegründet zu sein , dass
die Quotienten aus den Dampfdichten und Kochpunkten der wasserfreien
Fettsäuren in ihrem Verhältniss um die Hälfte der aus b und c gefundenen
Differenz ^ erhöhen müssen , und sich dann die Formel
2
d) für die wasserfreien Fettsäuren gestaltet :
= 1 : 0,9858.
Während die Dämpfe der wasserfreien Fettsäuren gleich 2 Volumen
und die ihrer Aethervcrbindungen gleich 4 Volumen sind , so steht zu er-
warten , dass hier Kochpunkte und Volumina in umgekehrtem Verhältniss
stehen und mithin der Kochpunkt der Fettsäuren ein doppelt so hoher sein
muss. Diese Annahme , welche sich allerdings bis jetzt nur bei der wasser-
freien Ameisensäure und dem ameisensauren Aethyloxyd bestätigt, ^ich
aber jedenfalls zwischen der Buttersäure und dem bnttersanren Amyloxyd
aufrecht erhält , gestaltet die Formel :
df) für die wasserfreien Fettsäuren :
14 = 1:0,9893,
Zeitschrift f. Mathematik u. Physik. I. \^
226
lieber Leuchtinaterialicn.
welche mit der vorigen fast völlig zusammen fallt. Nach dieser letzteren
ergeben sich die Kochpunkte der wasserfreien Fettsäuren:
Formel.
Üamprdiehtc.
Kochjmnkt.
Ameisensäure
EssigHäurc
Buitcrsäure
Baldilansäurc
Palmitinsäure
C^HO,
C\//,0,
2,5602
3,5428
5,4930
6,4671
17,1883
106,8« Cels.
145,2« „
225,1« „
265,0« „
706,8« „
In den Fetten erkennen wir nichts Anderes als Verbindungen wasser-
freier Fettsäuren mit Aetherarten , welche beide hoch atomisirt und dicht
sind. Um die Verhältnisse zwischen ihren Dichtigkeiten und Kochpnnkteu
aufzufinden glaube ich noch die Dichtigkeits - uud Siodepunktsverhftltnisse
mehrerer fettsaurer Aethjloxjdverbindungen vorausschicken zu dürfen,
um aus ihnen und den oben angedeuteten Verhältnissen die Kochpunkte der
Fette zu bestimmen.
Formel.
Dampfdichte.
Koi'hpuitkt.
Ameisensanres Acthyloxyd
Essi^aures „
Buttersaures „
Baldriansaures „
2,5711
3,0584
4,0330
4,5201
+ 53,40 ccl».
+ 70,0» „
+ 110,0» „
+ 133,5« „
(Fortsetzung folgt.)
XIV.
üeber einige Abänderungen und Verbesserungen in
Einrichtung der Volta-Inductionsapparate.
Von WlTZSCIIEL.
der
Di
"ie Inductionsappnrate bieten unter Umständen den besondern Vortheil
dar, dass vermittels einer verhältnissmässig schwachen primären Elektrici-
tätsquelle von ein oder zwei Elementen sehr kräfti<;:e Elektricitätserschei-
nungen hervorgerufen werden können. Letztere hängen von einer zweck-
mässigen , den Inductionserscheinungen richtig entsprechenden Einrichtung
und Anordnung des Apparates ab, für welchen in neuerer Zeit mannigfache
Abänderungen resp. Verbesserungen von verschhcdenen Seiten angegeben
worden sind. Eines besonderen Rufes orfreuen sich bis jetzt die Kuhm-
korff'schen Apparate, welche durch Ilinzufügung des Fizeau 'sehen so-
genannten Condensators eine nicht unwosentliclie Vebesserung erhalten
haben. In neuester Zeit haben Poggendorf (Monatsberichte der K. Pr.
Uüb. einige ÄbändQr. etc. d.Volta-Inductionsapp. VonWiTzsCHEL. 227
Akademie der Wissensch. 1865., 1854 Dec. S. 683., 1855 Jan. S. 12., März
S. 208. Annal. der Physik u. Chem. Bd. 94. S. 389. , Bd. 95. S. 156.) und
Sinsteden (Pogg. Annal. Bd. 96. 8.353) über Einrichtung , Theorie und
Wirkung von mannigfach abgeänderten Inductionsapparaten sehr beachtens-
werthe Angaben gemacht, auf welche sowie auf einige andere Beschreibun-
gen von Hüifs - und Nebenapparaten hier näher eingegangen werden mag.
Die Poggendorfschen Abhandlungen enthalten zugleich einige Details über
die Construction der Inductionsapparate Überhaupt , so dasS es nicht unan-
gemessen erscheinen dürfte , dieselben theilweise ganz unverkürzt hier zu
wiederholen und daran die von Sinsteden angegebenen Abänderungen
anzuknüpfen.
In seiner vollständigeren Gestalt besteht der Inductionsapparat aus 6
Haupttheilen, nämlich I . der Drahtrolle, in welcher die Inductiön entwickelt
yr ird , oder der Inductionsrolle; 3. der Drahtrolle , welche den induci-
renden galvanischen Strom leitet, oder der Hauptrolle; 3. dem Eisen-
drahtbündel; 4. dem Stromunterbrecher; 5. dem Condensator
und 6. der Volta'schen Batterie, als primärer Elektricitätsquelle.
Hierzu kommen noch einige Neben - oder Hülfsapparate , nämlich eine Art
allgemeinerAuslader, um einige Beductionserscheinnngen mit grösse-
rer Bequemlichkeit und Sicherheit zu beobachten , sodann dai^ sogenannte
elektrische Ei, sowie einige Vorrichtungen auf dem Teller einer Luft-
pumpe, um die Untersuchungen der Inductionserscheinnngen im partiellen
Vacuum mit gi^össerer Freiheit als mittels des elektrischen Eies anstellen
und abändern zu können.
Diese einzelnen Theile , von denen jeder auf die übrigen fünf und auf
die Gesammtwirkung , den Inductionsstrom , mehr oder weniger einwirkt,^
sollen nun einzeln kurz betrachtet werden.
I. Die Inductionsrolle. Bei den gewöhnlichen Inductionsrollen
bilden die Drahtwindungen Lagen, die sich hin und her oline Unterbrechung
über die ganze Länge der Holle erstrecken , gewöhnlich in grader Anzahl,
so dass Anfang und Ende des Drahtes an ein und demselben Ende der Holle
liegen. Da aber in einem Draht , dessen Punkte alle in ziemlich gleichem
Grade elektrisch erregt werden, die Spannungen von der Mitte aus nach
den Enden hin in entgegengesetztem Sinne wachsen, so kommen bei dieser
Anordnung der Drahtlagen Punkte von grosser elektrischer Differenz sehr
nahe , wodurch ein Ueberspringen von Funken aus einer Drahtlage zur an-
dern leichter möglich gemacht und so die Wirkung der Rolle abgeschwächt
werden kann.
Diesem Uebelstande meint Poggendorff wenigstens theilweise da-
durch abhelfen zu können, dass man erstlich die Rolle ihrer Länge nach in
mehrere Abtheilungen zerfällt und eine nach der andern in der früher für
die ganze Rolle angewandten Weise mit Draht umwickelt , dabei aber eine
ungrade Anzahl von Lagen nimmt, damit die Drahtenden in jeder Abthei-
lung an entgegengesetzten Enden derselben auslaufen und mit den Enden
der darüber und darunter stehenden Abtheilung leicht m Verbindung ge-
setzt werden können. Die Enden oder Pole der gesammten Inductionsrolle
laufen somit auch an entgegengesetzten Enden derselben ans.
Ferner muss für eine gute Isolation der Drahtwindungen gesorgt wer-
den. Die gewöhnliche Umspinnung des Drahtes mit Seide reicht dazu nicht
aus, wie man sich schon länger davon überzeugt hat. In der Regel hat man
diese Isolation verstärkt durch einen alkoholischen Lackfimiss, der aber,
15*
228 lieber einige Abänderungen etc. der Volta- Inductionsapparaie.
wenn er wegen der grossen Länge des Drahtes , wie nicht gnt anders mög-
lich ist, lagenweise aufgetragen wird, schwerlich ganz austrocknet, vielmehr
einen solchen Grad von Feuchtigkeit noch hartnäckig festhält, dass dadurch
eine grössere Leitung unter den Drahtwindungen sich einstellt, als bei trock-
ner Seide stattfindet. Poggendorff hat deshalb einen leicht schmelzba-
ren Isolator (Wallrath, Stearinsäure, ein Gemisch von Wachs und Oel) an-
gewendet und zwar denselben über seinen Schmelzpunkt überhitzt aufge-
tragen , damit er auf den kalten Lagen der Drahtwindungen nicht sogleich
erstarre , sondern vorher den Seidenüberzug gut durchdringe und somit den
Draht recht allseitig isolire. Poggendorff schlägt als einen hierzu tauglichen
ebenfalls leicht schmelzbaren und nach Riess gut isolirenden Körper noch
Paraffin, das jetzt käuflich zu haben ist, vor; für noch bessere Isolato-
ren hält er aber flüssige Körper, wie rcctificirtes Terpenthinöl , weil, wenn
dennoch bei starker Spannung in der InductionsroUe die Isolation durch
Ueberspringen von Funken durchbrochen wird und dadurch Kanäle für einen
leichten Uebergang der Elektricität aus einer Lage in die andere gebildet
sind, diese isolirenden Flüssigkeiten die unterbrochene Isolation durch Ana-
füllung der Kanäle wieder herstellen können. Sinsteden hat den über-
sponnenen Draht vor dem Aufwickeln mit Schellacklösung getränkt und gut
trocknen lassen, ferner jede Lage des aufgewickelten Drahtes mit einem
Blatt Wachspapier umgeben, so dass durch letzteres die Holle nicht nach
ihrer Länge sondern nach ihrer Dicke in eben so viel von einandei;
isolirte, über einander liegende Abtheilungen oder Cylinder mit gemein-
schaftlicher Axe getheilt ist, als sie Drahtlagen enthält. Es ist indess au
bemerken, dass ein gut getrockneter Schellacküberzug sehr spröde ist, und
daher beim Aufwickeln, wenn auch durch den Seidenüberzug festgehalten,
nicht abspringt, doch zersplittert und somit dem Drahte eine Menge Ecken
und Schärfen darbietet, an welchen sich bekanntlich die Elektricität leich-
ter fortleitet, da doch auch der Schellack kein absoluter Isolator ist. Man
vermeidet vielleicht diesen Uobelstand, wenn man dem Schellack etwas
Wachs oder weiclien Terpentliin zusetzt, die weingeistige Lösung dieses
Gemenges in sehr verdünntem Zustande auf den Draht überträgt und diesen
Ueberstrich mehrmals wiederholt, nachdem der jedesmal vorhergehende gul
ausgetrocknet ist. Am zweckmassigsten indess möchte sich ein halbflüssigei
Isolator, wie sogenannter weicher venetianischer Terpentliin herausstellen,
dessen Anwendung nicht viel umständlicher als der vorhergenannten ist,
und der den von Poggendorff angeführten Vortheil der Selbstwieder-
herstelhing der Isolation darbietet.
Um ferner nach Aussen hin eine gute Isolation herzustellen , erachtete
Poggendorff es für zweckmässig, den Draht auf einen Glascylinder zu
wickeln, die Seitenfassungen dieses Cjlinders von Guttapercha zu nehmen
zumal sich in derselben die Ansatzstifte des Drahts gut befestigen lassen
dann die ganze Rolle mit einem dicken Wachsüberzug zu versehen und
endlich, nachdem auch dieser gelirnisst worden, zwei starke Ringe vor
Guttapercha herumzulegen , mittelst welcher das Ganze auf einem llolzge*
stelle ruhen könne.
Nach den von ihm angegebenen Prinzipien hat er drei Rollen, jede zi
5^ pariser Zoll Länge mit einem innern Durchmesser von 22 par. Linier
und einem äussern von 32 par. Linien angefertigt. Zwei derselben enthal
ten einen äusserst dünnen Draht von nur 0,15 Millim. Durchmesser, in dei
dritten hat derselbe 0,25 Millim. Durchmesser. In jeder der beiden erstei
Von W1TZ8CHEL. 229
bat der Draht eine Länge von gegen J 0,000 par. Fuss und macht in 8 Ab-
ibeilaugen, deren jede 93 Lagen enthält, gegen 16000 Windungen. In der
dritten Kolle hat der Draht 2400 par. Fnss Länge und bildet 19 Lagen.
IVotz dieser besonderen Vorkehrungen empfiehlt Poggendorff doch die
Indactionsrollen nicht zu sehr anzustrengen oder zu hohe Spannungen in
denselben herrorzurufen , weil nach seinen Erfahrungen, doch ein Durch-
brechen oder Ueberschlagen der Elektricität innerhalb der Rolle dadurch
herbeigeführt wird und dann die Hollen weit weniger leisten als vorher.
Ausser der Anwendung einer Fltlssigkeit als Isolationsmittel empfiehlt er
daher noch einen nicht zu dünnen Draht zu nehmen (Draht von % Millini.
halt er am geeignetsten) und demselben eine recht starke Umspinnung zu
g^eben. Auch meint er, dass die bisher angewendete cylindrische Form
▼ortheilhafter durch eine solenoid - oder spindelartige Gestalt vertreten wer-
den könnte , weil die inducircnde Rolle und das Drahtbündel ihre Wirkung
hauptsächlich in der Mitte ausüben.
Sinsteden hat eine Rolle von 8 par. Zoll Länge und 3 Zoll Dicke
ans einem &300 Fuss langen % Linie dicken Drahte (das doppelte Seiden -
gespinnst mit gerechnet), der in 32 Lagen 10700 Windungen macht, ange-
fertigt Zwischen jede Lage ist, wie erwähnt, ein Blatt Wachspapier ge-
legt, wodurch die Rolle wenig verdickt wird, da die 32 Papiordicken zu-
Bammen nicht eine Linie betragen. Anfang und Ende des Inductionsdrahtes
Hegen an entgegengesetzten Enden der Rolle. Das innere Ende desselben
i>t an das Ende der Magnetisirungsspirale gelöthet , das äussere Ende da-
i;^en setzt sich in ein 7 Fuss langes 7 Zoll breites Stanniol blatt, au welches
es angelöthet ist, fort, indem dieses Stanniolblatt zugleich mit einem 8 Zoll
breiten und 7 Fuss langen Streifen doppelten Wachspapiers in gleicher
Richtung wie der Draht auf die Rolle fest aufgewickelt ist. Dieses grosse
Statiniolblatt, dessen einzelne breite Windungen durch das dazwischen ge-
^^Spie Wachspapier gut von einander isolirt sind, hat eine die Elektricität
^•r Pole beträchtlich vermehrende Wirkung.
3. Die Hauptrolle und das Eisändrahtbündel. Die induciren-
««a Rollen haben an den Poggcndorf sehen Apparaten keine von den
ß^*^ ähnlichen wesentlich abweichende Construction , mit Ausnahme, dass
«n© jede derselben zwei übersponnene und überfirnisste Drähte enthält, die
i**©!* Belieben einzeln oder verbunden, neben- oder hintereinander ange-
wetKlet werden können. Der Draht ist I Millim. dick und jede seiner Hälf-
*®tt 1 00 par. Fuss lang. Er ist bei zwei Exemplaren auf Röhren von Pappe,
"** Qinem dritten auf eine Glasröhre mit 15^^ par. Linien innerem Durch-
messer gewickelt, und bildet auf derselben 4 Lagen, wodurch er die In-
^l^^tionsroUe ausfüllt. Eine vierte Hauptrolle enthält einen 0,67 Millim.
wc^^ß un^ -400 par. Fuss langen Draht. Es ist nämlich unter übrigens glei-.
cheti. Umständen die reducirende Wirkung eines galvanischen Stromes ganz
^'^ seine magnetisirende Wirkung ein Produkt aus seiner Stärke in seine
Llii^e^ und es kann daher ein kurzer, dicker Draht bei grösserer Strom-
■^^ke durch einen längern, dünnen Draht bei kleinerer Stromstärke er-
wt^t werden. Das Letztere ist vortheilhaft , wenn man lang andauernde
^^kungen haben will, weil dabei die Vol tausche Batterie weniger stark
' '^K^griffen wird; doch wächst dabei der innere Inductionsstrom oder Extra-
8*^^10 an Intensität, wodurch wieder Nachtheile herbeigeführt werden.
Statt des gewöhnlichen Bündels von ziemlich dicken Eisendrähten oder
dtinnen Eisenstäben, welche von einer gemeinsamen Hülle fest zusammen-
230 Ueber einige Abänderungen etc. der Volta-Indactionsapparaie.
gehalten, jedocb durch einen isolirenden Firniss von einander getrennt
werden, wendet Poggendorff ein ziemlich kunstfoses Bündel sehrdttnner
Eisendrähte von 0,25 Millim. Durchmesser an. Der Draht wird ausgeglttht,
in Stücke von angemessener Länge zerschnitten und mit Seidenfäden zu
einem Bündel gebunden , • das der besseren Handhabung wegen mit einer
Papierhülle umgeben wird. Die beim Ausglühen entstandene Oxydulschicht,
sowie die nicht völlig geradlinige Gestalt der einzelnen Drähte vertritt den
Firniss hinreichend, wenn insbesondere das Bündel nicht zu fest zusammen-
geschnürt wird. Jedes Bündel enthält 4200 Drähte, welche bei zweien 6 par.
Zoll Länge, also wenig mehr als die Inductionsrolle haben, bei einem dritten
Bündel aber dreimal so lang oder l'A Fuss sind. Die Anzahl der Drähte
kann aber nach Poggendorff unbeschadet der Wirkung bedeutend ver-
ringert werden. Ein hohles Bündel von demselben Draht, das einen leeren
cjlindrischen Raum von 9 par. Linien einschloss und halb so viel als der
massive wog , zeigte dieselben Wirkungen wie dieses.
Am Sinsteden 'sehen Apparate stehen Hauptrolle, Eisendrahtbündel
und Stromunterbrecher wie gewöhnlich in einem viel engem Verhältnisse
zu einander, dass deren Einrichtung und Wechselwirkung auf einander sich
nicht gut getrennt von einander wiedergeben lässt. Dagegen hat es Pog-
gendorff vorgezogen,
3. den Stromunterbrecher in Gestalt des sogenannten Neef* sehen
oder richtiger Wagnerischen Hammers ganz als ein selbständiges mit dem
übrigen Apparate verschiedentlich in Verbindung zu setzendes Instrument
hinzustellen. Zum Stndium des Verlaufs und der Wechselwirkung der im
Apparat entwickelten Elektricitäten , namentlich auch des Extrastromet,
sowie der Wirkung des Condensators hat es nämlich Poggendorff vor-
theilhaft gefunden, den Neef sehen Hammer im partiellen Vacuum unter
der Glocke der Luftpumpe arbeiten zu lassen (vergl. Poggend. Annal. Bd. 95.
S. 156; Monatsber. der Akad. d. Wissensch. zu Berlin. 1855. S. 208). Einem
dieser Stromunterbrecher hat er die gewöhnliche Einrichtung des Necrschen
Hammers mit federnder Zunge, die gegen den darüber stehenden Platin-
stift schlügt, gegeben und nur noch einen zweiten Stift unterhalb der Zunge
angebracht, gegen welchen dieselbe beim Herabgehen schlägt, wodurch der
galvanische Strom sowohl doppelt unterbrochen , als auch umgekehrt wer-
den kann (Annal. Bd. 91. S. 290). Der andere Stromunterbrecher hat den
Zweck, die Unterbrechungen im Innern einer tropfbaren Flüssigkeit vor
sich gehen zu lassen. Der kleine Elektromagnet befindet sich deshalb ober-
halb des Ankers der Zunge, welche auch den Platinstift oder Hammer
trägt. Dieser Schlägt gegen den Araboss, welchen ein dicker Platindraht
vorstellt , der mitten in einem kleinen Glascylinder mit messingnem Fusse,
auf den der Platindraht eingeschraubt ist, ruht. Um den Draht herum ist
der Cylinder mit einer Lage Schwefel ausgegossen, welcher den meisten
Flüssigkeiten in der Kälte zu widerstehen vermag.
Sinsteden ist bei der Anordnung seines Apparates darauf ausgegan-
gen, die Vortheile, welche ein hufeisenförmiger Magnet vor einem stah-
förmigen hat, bei dem Inductionsapparate zu benutzen und hatte zu dem
p]nde den die Hauptrolle bildenden Draht zuerst um zwei 9 Zoll lange,
% Zoll dicke Cylinder von dünnen Eisendrähten a und b (Fig. I) gewickelt,
von denen a innerhalb der mit der Axe horizontal liegenden Inductions-
rolle Ä, b unterhalb derselben zu liegen kam. Den Polen der Eisenstäbe
wurden hier auf dicke Eisenstücke r und Z angelegt , von denen r unbeweg-
Von WnzscuEL.
231
Figur 1.
T^MT^ mf^n w^*^
lieh fest angebracht wurde, Z dagegen an eine Feder gelegt, als federnde
Zunge Bur Unterbrechung des Stroms diente. Durch verschiedene Verbin-
dung der 4 Enden der Magnetisirungsspirale mit zwei Bunsen 'schon Ele-
menten untersuchte er zunächst diejenige Anordnung der Drähte und Rich-
tung des inducirenden Stromes, bei welcher die stärkste Wirkung sich am
Apparat herausstellte. Dieselbe zeigte sich dann, wenn der Strom nur durch
die eine innerhalb der IndnctionsroUe befindliche Magnetisirungsspirale a
geleitet wurde. Dabei ergab sich aber die Anwesenheit des Eisencjlinders
6 sowie des Eisenstücks r als wesentliche Theile zur Erhöhung der Kraft
des Apparats. Es wurde daher zunächst nur die Drahtspirale um den Eisen-
cylinder b entfernt und der Magnetisirungsdraht um a gelassen , welcher
«OS zwei 50 Fuss langen, ^^ Linie dicken, gut umsponnenen und gefirnissten
Knpferdrfthten bestand, welche neben einander herliefen, 250 Doppel win-
ciangen in drei Lagen bildeten und deren Enden an entgegengesetzten En-
den des Ebencylinders ausliefen. Die Wirkung wurde aber noch erheblich
gesteigert, wenn an die Stelle des Eisenstücks r ein kräftiger Stahl-
en agnet von 50 — 60 Pfund Tragkraft so vorgelegt wurde, dass seine
Pole gegen ungleichnamige Pole der Eisencjlinder, wenn
diese durch die Spirale erregt sind, zu liegen kamen. Diesen Zu-
wachs der Wirkung erklärt Sinsteden einmal durch den sehr starken, so-
wohl von der Elektricität in der Spirale als auch vom Stahlmagneten erreg-
ten and in gleichem Sinne wirkenden Magnetismus und sodann durch die
JPKHslichkeit und rasche Aufeinanderfolge der Unterbrechung und Schliessung
^es Stromes, indem nun ein starker, mehrere Pfund betragender Fed er-
drück nöthig ist , um die federnde Zunge Z von den Polen der Eisenstäbe
mbzutreiben. Bei Untersuchung der magnetischen Vertheilung in denEisen-
«ylindem, während sie nur vom Stahlmaguetcn erregt sind, durch eine
Ueine Magnetnadel hat sich ihm nämlich ergeben , dass der Cylindec a bis
auf einen sehr kleinen Theil N ganz südpolarisch und der Cy linder b bis auf
'einen kleinen Theil S ganz nordpolarisch ist. Wird nun der Magnetismus
durch die Spirale erregt, so wird nicht nur der Magnetismus der Cylinder
bedeutend erhöht, sondern es verschiebt sich auch, wie die Untersuchung
durch eine kleine Magnetnadel gelehrt hat, die indifferente Linie m' von den
Enden der Stäbe nach der Mitte m derselben, oder der Südmagnetismus,
der beinahe den ganzen Cylinder a eingenommen hatte, zieht sich verstärkt
auf die eine Hälfte zurück , während die andere Hälfte stark nordpolarisch
wird. Dadurch erhält nun erst der Magnetismus in den Polen der Eisen-
232 Ueber einige Abänderungen etc. der Volta-Induction8apparate.
cylindcr das Uebergewicht über den starken Federdruck, welcher das Eisen-
stück Z von ihnen abhält, dasselbe wird angezogen und tritt mit der Platin-
spitze p dnrch einen nur sehr geringen Zwischenraum ausser Verbindung.
Der durch die Unterbrechung des Stromes hervorgerufene gleichge-
richtete Extrastrom magnetisirt die Eisencylinder momentan noch stärker,
welche durch Reflex wieder auf diesen Strom schwächend wirken allerdings
in einem geringem Grade , weil sie in Form von Drahtbündeln angebracht
sind. Für den Extrastrom ist aber die Leitung nicht mehr geschlossen^ die
bewegten Elektricitäten strömen also nach der Unterbrechungsstelle hin
und entladen sich dort in Funken um so mehr, je träger und unvollkommner
im Verhältniss zur Schnelligkeit der Strombewegung die durch mechanische
Mittel bewirkte Unterbrechung ist. Diese Entladungen oder partiellen
Schliessungen der Kette trotz der wirklichen Oeffnung derselben scheinen
eine gegenseitige Schwächung des primären und Extrastromes und deren
Wirkung hervorzurufen, die dnrch Anlegung des Condensators, wovon wei-
ter unten, sowie aber auch durch eine zweckmässige Einrichtung des Strom-
unterbrechers wenigstens theilweise gehoben werden kann.
Wird die federnde Zunge des Stromunterbrechers durch verschiedene
Stellschrauben so gestellt, dass sowohl ihre Schwingungsweite, als auch der
Druck, der sie von den Polen der Eisencylinder abtreibt, ab auch der
Stoss , den sie gegen die Platinspitze macht , nach Belieben verändert wer-
den kann , so ist bei einer bestimmten Anordnung dieser Verhältnisse ein
Maximum der Wirkung an den Polen der Inductidnsrolle zu erwarten. Auf
diese Weise hat SinsCeden die Bedingungen für dieses Maximum ermit-
telt und darnach eine möglichst zweckmässige und einfache Einrichtung der
Zunge oder des Unterbrechers wie folgt angegeben.
Das die federnde Zunge bildende dicke Eisenstück Z (Fig. 2) ist mittels
eines Messingplättchens biegsam auf dem Fussbrett des Apparats befestigt.
Unten hat dies Eisenstück eine horizontale
Nuthe , die durch einen dicken Streifen ge-
schwefelten Kautschuk y angefüllt ist, der
es mit grosser Kraft von dem Pole S des
Eisenkerns abtreibt. Diesen Druck zu re-
guliren liegt oben auf der entgegengesetz-
ten Seite des Eisenstücks eine Kautschuk-
platte a-, welche mit einem Messingplätt-
chen versehen ist, gegen welches die ver-
stellbare Schraube b mehr oder weniger
angedrückt werden kann. Die Messingfe-
der F ist oben an das Eisenstück Z drehbar
angeschraubt, so dass sie von demsel-
ben weg federt, worin sie durch ein
zwischen geklemmtes Stück Kautschuk un-
terstützt wird; der Platiuspitze p gegen-
über trägt sie ein Platinplättchen. Durch
Drehung und Verschiebung der Feder F um die sie befestigende Schraube
kann der Platinspitzc p immer eine andere Stelle des Platinplattchens ge-
genüber gestellt werden. Wenn nun die Theile F und p sich berühren, der
galvanische Strom den Eisencylinder immer stärker magnetisirt, bis endlich
der Druck des Kautschnkstücks y überwunden ist, so nähert sich Z dem
Pole iS; dadurch wird die Feder F von dem Drucke, der sie zurückbog,
Von WiTZSCUEL. 233
immer mehr frei nnd bewegte sich mit ihrer Platinplatte immer mehr nach
entgegengesetzter Kichtung als die Zunge Z, d. h. das Platinplftttchen bleibt
immer noch mit der Platinspitze in Berührung. Ist endlich die Feder F
an der Grenze ihrer Kückwärtsbewegnng , welche sie ausführen kann, an-
gekommen , wobei der obere Theil der Zunge Z beinahe bis zur Berührung
dem Pole S sich genähert hat, der Magnetismus des Eisencylinders also am
stärksten wirkt, so wird in dem kurzen Moment, In welchem Z sich völlig
an S anlegt, die Feder F mit derselben Schnelligkeit, wie sich Z bewegt,
vom Platinstift p sich trennen und den Strom unterbrechen. Diese Unter-
brechung währt nur eine sehr kurze Zeit, weil die Contacttheile, die Feder
und der Platinstift, immer in der grössten Nähe geblieben sind, so dass sie,
wenn der obere Theil der Zunge vom Pole S nicht mehr angesogen wird
und von dem jetzt aufs Höchste zusammengepressten Kautschukstück y
zurückgeschnellt, nur die kleinste rückgängige Bewegung macht, sogleich
wieder in lang dauernde Berührung gerathen. Auf diese Weise, sowie auch
durch die Trägheit des Eisenstücks Z kommt ^ auf eine lang anhaltende
Schliessung eine plötzliche und kurze Oe'ffnung und eine ebenso plötzliche
Schliessung der Kette zu Stande, welches Spiel für die grösstmöglichste
Wirkung an den Polen der Inductionsrolle unter übrigens gleichen Umstän-
den am günstigsten zu sein scheint.
4. Der Condensator. Ueber die eigenthümliche Wirkungsweise
dieses Instrumentes giebt es verschied entliche , mehr oder weniger abwei-
chende Ansichten. So viel steht wohl fest , dass derselbe nicht so , wie der
gewöhnliche Condensator wirkt, weshalb ihn auch Sinsteden anders, und
zwar nach seiner davon gewonnenen Ansicht Conservator genannt wissen
will. Seine bisherigen Namen hat das Instrument von der dem gewöhnlichen
Condensator ähnlichen Einrichtung erhalten. Derselbe besteht meist aus
einem laugen , auf beiden Seiten mit Stanniol belegten Stücke Wachstaffl,
gefaltet zu hin - und hergehenden Lagen, damit er weniger Kaum einnehme
und zugleich nur die Theile einer und derselben Belegung mit einander in
Berührung kommen lasse. Die Drähte , welche denselben mit der Leitung
des primären Stromes verbinden, werden dies- und jenseits der Unter-
brcchungsstelle am Nee f sehen Hammer angelegt und zwar in möglichst
geringer Entfernung von derselben , wenn man nicht die Wirkung etwas
abschwächen will. Einer der von P o g g e n d o r f f construirten Condensa-
toren hält in seinen Zinnflächen 8 par. Fuss Länge und 1 1 par. Zoll Breite,
ein anderer bei derselben Breite nur 23 par. Zoll Länge , wobei aber die
zusammengefalteten Lagen durch dazwischen geschobene Pappstreifen ge-
trennt sind, damit die Belege sich nicht rückseits selber berühren.
Diese grösseren in der Regel den Ruh mkorf fischen Inductionsappa-
raten beigegebenen Coudensatoren sind vom Mechanikus Halske durch
viel kleinere vertreten und thcilweise auch ersetzt worden. Die letzteren
bestehen nur aus einem beiderseitig belegten Glimmerblatt von nicht mehr
als Octavformat Grösse. Für diese relative Ueberlegenheit des Glimmer-
Condcnsators findet Poggendorff darin den Grund, dass die condensi-
renden Flächen auf der Rückseite ganz frei die Luft berühren und zugleich
einander näher stehen, als auf der grossen Taffetwand, die nicht allein etwas
dicker ist, als das angewandte Glimmerblatt, sondern auch durch Krüm-
mungen und Falten ein enges Anschliessen der Stanniolblätter verhindert.
Als Ersatzmittel für Glimmer , welcher nicht überall in Tafeln von der er-
forderlichen Grösse zu haben ist, schlägt Poggendorff Postpapier, auf
234 Ueber einige Abänderungen etc. der Volta -Inductionsapparate.
beiden Seiten mit Schellack oder Bemsteinlack bestrichen, oder dünnes
Wachspapier ebenfalls mit Lackfirniss Überzogen, vor; Nach Versuchen
mit solchen Papiercondensatoren von 54 und von 30 par. Quadrataoll Fläche
fand er dieselben eben so wirksam, wie die grossen von Wachstaffet, was
die Schlag weite der Inductionsf unken betrifft. Doch darin waren^
die grossen den kleinen überlegen, dass sie massigere , compaktere Funken
hervorriefen , und dass mit ihnen die Funken auch schneller auf einander
folgten , wenn der Abstand der Pole der Grenze sich näherte , bei welcher
die Funken einzeln erschienen oder überhaupt noch zum Vorschein kamen.
Ausserdem scheinen, aber die Wirkungen der grossen Condensatoren mehr
hervorzutreten, wenn der inducirende Strom intensiver wird, ganz besonders
aber, wenn der Fxtrastrom auf irgend eine Weise verstärkt wird. Die klei-
nen Condensatoren sind nur vortheilhaft, wenn der Extrastrom relativ
schwach ist, also bei einem kurzen und dicken Drahte, welchen der Haupt-
strom zu durchlaufen hat. Wendet man dagegen einen langen und dünnen
Draht in der Hauptrolle an, so nimmt unter übrigens gleichen Umständen
die Wirkung der kleinen Condensatoren um so mehr ab, je kleiner sie sind.
Hiervon kann man sich nach Poggendorff überzeugen, wenn man an
der Hauptrolle, welche einen Doppcldraht hat, die Enden einmal so ver-
bindet, dass der Strom einen Draht von doppeltem Querschnitt und einfacher
Länge , sodann dass er einen Draht von einfachem Querschnitt und doppel-
ter Länge durchläuft. Li letzterem Falle erhält der galvanische Strom eine
relativ geringere der Extrastrom eine relativ grössere Stärke und da-
bei versagen die kleinen Condensatoren fast ganz ihre Wirkung. Endlich
hängt die Wirkung der Condensatoren auch von der Beschaffenheit der Li-
ductionsrolle ab. Enthält diese einen kürzeren und dickeren Draht, so sind
auch die kleinen Condensatoren ziemlich wirkungslos, während die grossen
eine, wie es scheint, nach Verhältniss ihrer Grösse zunehmende Wirkung
äussern. Je kräftiger mithin die galvanische Batterie, je leitender und län-
ger die Bahn ihres Stromes, je dicker und massiger der Inductionsdraht ist,
je intensiver der Extrastrom also wird, desto grösser muss der Condensator
sein, wenn eine energische Funkenentwickelung zwischen den Polen des
Apparats hervorkommen soll.
Die Gesammtwirkung des Condensators scheint hauptsächlich darin zu
bestehen , dass er bei Unterbrechung des Stromes die vielen Theilentladun-
gen verhindert, indem er die nach der Untcrbrechuugsstelle sich hindrän-
genden oder daselbfTt angehäuften Elcktricitäten auf seine beiden Belegun-
gen ableitet und so bei der doch immer noch all mal ig stattfindenden Tren-
nung der Leitung durch den Unterbrecher sämmtliche Theilentladungen zu
einer einzigen vereinigt. Da diese Theilentladungen, welche ohne Conden-
sator stattfinden, hauptsächlich durch den Extrastrom, sowie auch durch
das magnetisirte Ei.sendrahtbündel , welches überhaupt vielerlei Complica-
tioncn herbeiführt, hervorgerufen werden, so ist damit auch die Abhängig-
keit erklärlich, in welcher die verschiedenen Wirkungen eines grossen oder
kleinen Condensators von der Beschaffenheit und relativen Starke desHaupt-
und Extra - Stroms stehen.
Poggendorff ist der Ansicht, dass Durchbohrungen des Condensa-
tors , welche durchschlagende Funken hervorbringen , denselben nicht we-
sentlich unwirksamer machen. Sinsteden hält dagegen Durchbohrungen
für viel bedenklicher, wenij^stens bei einem Apparate von so beträchtlicher
Stärke , wie der seinige. Er ist daher auch darauf bedacht gewesen , dem
Von WiTZSCUEL. 235
Condensatoreine dauerhaftere Einrichtnng zu geben und hat zu dem Ende
dflnnes Tafelglas anstatt des Wachstaffet angewendet. Acht dünne Glas-*
tafeln, 18 Zoll lang und 10 Zoll breit, bis auf einen Zoll am Kande mit
Stanniol belegt, sind in einem flachen Uolzkasten über einander geschichtet,
der inwendig mit •% Zoll auseinander stehenden Nuthen versehen ist, in
denen die Glastafeln eine sichere Lage haben. An einer Längsseite sind
die beiden Ecken der Glastafeln abgeschnitten und hier ein dünner Kupfer-
draht mit Siegellack auf dem freien Glasrande festgelackt und mittels leicht-
flüssigen Metalls an das Stanniolblatt festgelöthet. So treten an je einem
£nde der Längsseite des Kastens 8 Kupferdrähte hervor, die zusammen und
mn eine am Kasten wohl isolirt befestigte Klemmschraube gelöthet sind.
Die sich gegenüber liegenden Stanniolflächen zweier Tafeln sind immer mit
ein nnd derselben Klemmschraube verbunden, so dass wenn die eine Klemm-
schraube mit der Zunge , die andere mit der Platinspitze des Stromunter-
brechers Terbunden ist, jenen gegen einander Überliegendon Stanniolflächen
gleichnamige Elektricität zugeführt wird. Von solchergestalt eingerichteten
Condensatoren hat Sinsteden zwei, jeden mit 20 DFuss Stanniolbelegung,
angewendet und dabei gefunden, dass immer zwei zugleich benutzt eine
grössere Wirkung gab*en, als einer allein; ein Beweis, dass die Grösse der
belegten Glasfläche mit den angegebenen Dimensionen noch nicht über-
schritten war.
Die Wirkungen' des in solcher Weise von Sinsteden hergerichteten
Indnetionsapparates sind seinen Versicherungen zufolge allerdings sehr be-
deutend* Der Apparat, dessen wesentliche von ihm hinzugefügte Zuthaten
die Fortsetxung und Erweiterung des Inductionsdrahtes in eine grössere
mofgewiekelte Stanniolfläche, die Verwendung zweier Eisendrahtbündel und
die Anlegung eines Stahlmagneten an die Pole derselben , die eigenthüm-
liche Einrichtung des Stromunterbrechers sowie des Condensators sind, giebt
mii*swei Zinkkohlenelementen ohne Thonbecher, nur mit verdünnter Schwe-
Felsäure, der etwas saures chxomsaures Kali zugesetzt worden ist, geladen
9 paris. Linien lange , einzelne breite Liductionsfunken ; bei 7 Linien Ab-
stand der Pole fährt ein ununterbrochener dichter Feuerstrahl anhaltend
ttber, und sind zwei Leidner Flaschen , jede von iVb DFuss innerer Bele-
^;ang, in einer unten näher angegebenen Weise mit in den Stromkreis ein-
geschaltet, so sehlagen bei 6 Linien Abstand der Pole rasch hinter einander
^inselne breite , lautknallcnde Funken über , die bei 5 Linien Abstand con-
'fcinmrlich werden, und ein betäubendes, dicht an einander gereihtes Knallen
"^emrsachen. Eine ^h Fuss lange Blitztafel mit 25 Unterbrechungsstellen
^Beigt ein schönes Funkenspiel. Die Fünkchen der vielen Unterbrechnngs-
^tellenaind ungemein klein gegen den Funken einer einzigen Unterbrechungs-
^telle. — Wird ein Hühnerei zwischen die Polspitzen gelegt, so erglüht das
lEli, so lange der Strom hindurchgeht, in einem so intensiven Lichte, dass
^^s selbst bei Tage gut zu sehen ist. Zerschlägt man das Ei , so findet man
^3a, wo der negative Poldraht angelogen hat, dicke Klumpen hartgeronuenen
^käiweisses. — Fahren die Funken über ein zwischen die Pole gebrachtes
Stückchen Kreide hin, so färben sie sich schön roth, ohne dass die Kreide
feuchtend wird; Zucker wird durch und durch schneeweiss leuchtend. —
C]teht der Strom zwischen zwei Stahl - oder Platinspitzen über, so bildet sich
in der Mitte zwischen ihnen , wo dio beiderseitigen Feuerstrahlen sich be-
gegnen , unter heftigem Sausen eine röthliche Flammenscheibe, an der sich
Spiritus, Baumwolle, ein Schwofelholz, Schicsspulver, Papier, ein Talg-
^
236 Ueber einige Abänderungen etc. der Volta- Induetionsapparate.
oder Wachslicht etc. anzünden lässt. — Werden die Polspitzen soweit ge-
nähert, bis sie sich beinahe berühren, so umhüllt sich die negative von
der positiven her mit violettem Lichte und erglüht. Ein Platindraht von
0,75"^ Durchmesser glüht auf eine Strecke von 3 bis 4"*" noch sehr lebhaft.
Sowie die Drähte sich wirklich berühren, hört das Glühen sofort auf (s.u.).
Werden statt der dickeren Drähte dünnere von y,o — V« par. Linie Durch-
messer genommen , so schmilzt der negative Poldraht am Ende in ein Kü-
gelchen zusammen (l "^ Durchmesser) , das endlich so gross wird , dass der
Strom es nicht mehr im Fluss erhalten kann ; dann leuchtet es aber wie eine
»trahlige Sonne stundenlang fort. Wird ein Glasfaden an die glühende Pla-
tinkugel gehalten, so wird sie, sobald das schmelzende Glas sie überzogen
hat, sogleich dunkel und die ihr gegenüber stehende positive Drahtspitse,
die bis dahin bei allen bisherigen Versuchen dunkel geblieben war, fängt
an zu glühen. •^- Werden die Pole von Bunsen^scher Kohle gebildet, so
entsteht ein brillantes Koblenlicht, welches leichter zu unterhalten ist, da
es bei sehr verändertem Abstände der Kohlen nicht erlischt. Stehen die
Kohlenspitzen etwa iVb Linie auseinander, so zeigt sich zwischen ihnen
wieder die röthliche , heftig sausende Flamme. Logt man in derselben einen
Eisen- oder Platindraht fest gegen die negative Kohle und schiebt die
Drahtspitze gegen die positive Kohle hin,, ohne diese aber zu berühren, so
schmilzt die Drahtspitze in eine Kugel zusammen , die durch Nachschieben
der Drahtspitze sich ziemlich vergrössert. Platinkügelchen von V, und Eisen -
kügelchen von 2*^ lassen sich leicht darstellen. Das Platin sprüht dabei
Funken, wie Stahl, nur in geringerem Maasse. — So ist nach diesen Er-
gebnissen zu erwarten , dass der Apparat auf dem eingeschlagenen Wege
noch ganz bedeutend verstärkt werden kann, so dass er einer dereinstigen
praktischen Verwendbarkeit fähig zu sein scheint, z. B. zur Darstellung des
Kohleuspitzeulichts , ohne dazu mehr als 2 oder 4 galvanische Elemente zu
bedürfen.
Poggondorff fand bei den Dimensionen seiner Tnductionsapparate
und bei den Zwecken, zu welchen er seine Versuche anstellte, fast nie-
mals nöthig, mehr als zwei Gro versehe Elemente anzuwenden.
Die eingangs erwähnten, von l^oggendorff als Hülfsapparate be-
zeichneten Vorrichtungen sind erstens eine Art allgemeiner Auslader,
welcher im Ganzen die Einrichtung eines Funken - Mikrometers erhalten
hat. Die von Glasstäben getragenen und durch Drähte mit den Polen der
Inductionsrolle zu verbindenden Platiiistifte desselben verstatten sowohl in
horizontaler Lage eine horizontale , vertikale und drehende Bewegung , als
auch in vertikaler Lage eine Stellung neben- oder übereinander. Dieselben
Stifte, an deren Spitzen sich dünnere Drähte, Kugeln oder Platten ansetzen
lassen, dienen auch als Elektroden bei den chemischen Zersetzungen durch
den Inductionsstrom. — Der zweite llülfsapparat, das elektrische Ei,
ist bekannt. — Der schon erwähnte Extrateller zur Luftpumpe dient zur
Anstellung elektrischer Versuche im Vacuura , z. B. zur Untersuchung des
Verhaltens und Einflusses des Stromunterbrechers, wenn derselbe im par-
tiellen Vacuiim arbeitet, u. a. m. Auf die Messingscheibe des Tellers ist
eine Glasscheibe gekittet und beide haben zwei diametrale Löcher, in wel-
chen zwei dicke Kupferstifte luftdicht eingelassen sind, so dass sie das
Messing nicht berühren und unterhalb und oberhalb hervorragen, um in mit
Klemmschrauben verbundenen Lüchern die nöthigen Verbindungsdrähte auf-
zunehmen.
Von WiTZSCHEt. 237
Die Ersclieinnngen, welche der Inductionsapparat im Allgemeinen
darbietet, sind ihrer Natur nach wesentlich verschieden, je nachdem die
pole des Inductionsdrahtes entweder I. verbunden sind durch einen guten
LiCiter, oder 2. getrennt durch Luft oder Gase, oder 3. getrennt durch einen
Hüssigen oder starren Isolator. Die Eigenthümlichkeiten der Inductions-
orscheiuungen in den 3 bezeichneten Fällen sind zuerst von Poggendorf f
erfasst und gehörig classificirt worden.
1. Sind die Pole des Inductionsdrahtes durch einen Metalldraht oder
eine gut leitende Flüssigkeit verbunden, so besteht der Inductionsstrom aus
Kwei abwechselnd hin- und herlaufenden Theilen, welche der Schliessung
und Oeffnung des inducirenden galvanischen Stroms, in entgegengesetzter
und gleicher Richtung mit diesem entsprechen. Wird nämlich ein Galva-
nometer eingeschaltet, so zeigt dasselbe, wenn der Indnctionsdraht sehr
ilünn und lang ist, keine Ablenkung, oder wenn er dicker und kürzer und
der iudncirende Strom stärker ist, die Erscheinung der doppelsinnigen Ab-
lenkung (Pogg. Annal. Bd. 45 , S. 353) , welche auf schnell in entgegenge-
setzten Kichtungen einander folgenden Magno tisirungen der Nadel be-
ruht. — Wird Wasser oder verdünnte Schwefelsäure zwischen die in Platin-
platten endigenden Pole gebracht, so entwickelt sich an jeder Platte Sauer-
stoff und Wasserstoff, und die Platten zeigen nach Aufhebung des Stromes
keine Polarisation. — Feuchtes Jodkaliumpapier, mit den Polen in Verbin-
^^i^g gebracht, giebt an jedem Polo eine Ausscheidung von Jod in gleicher
Stärke zu erkennen. — Ein Elektro - Thermometer wird zum Steigen ge-
bracht, da für dasselbe die Richtung des Stromes gleichgültig ist, aber eine
thermo - elektrische Kette nimmt keine Ladung au. Auf alle diese Erschei-
nangen ist der Condensator ohne Einfluss.
2. Sind die Pole durch eine, wenn auch noch so kurze Luft - oder Gas-
streeke unterbrochen, so äussert sich nur der durch das Oeffuen des galva-
nigchen Stroms entstandene Inductionsstrom ; der andere , beim Schliessen
bervorgerufene , bleibt wirkungslos nach Aussen in der Kolle zurück. Die
Indactionsrolle hat auf diese Weise feste Pole bekommen. Sind nämlich die
Pole durch eine grosse Luftstrecke , so dass keine Funken überspringen,
von emander getrennt, und wird mit einem der Pole<wein Elektrometer in
Berührung gebracht, so hängt es ganz vom Zufalle ab, ob dasselbe positiv
oder negativ geladen wird , da beide Elcktricitäten abwechselnd nach den
Polen hüiströmen. Wird aber das Elektrometer nur soweit genähert, dass
^ken überspringen , so erhält es aus jedem Pol eine bestimmte der Rich-
tung des Oeffnungsstroms entsprechende Elektricität. Wird dabei der eine
Pol mit der Feder in leitende Verbindung gebracht, so ladet sich das Elektro-
i&eter schon aus einiger Entfernung vom andern Pol, ohne dass ein Funken
überspringt, durch blose Ausstrahlung mit derjenigen Elektricität, welche
diesem Pole entspricht. Damit stimmt überein , dass , wenn man einem der
Pole einen mit dem Erdboden verbundenen Draht bis zur Schlagweite nähert
vad eine Zeit lang Funken auf ihn überspringen lässt, alsdann die*ganze
Indactionsrolle nach Erlöschen des Stroms mit der dem andern Pol zuge-
Börigen Elektricität geladen ist. Poggendorff erkennt darin ein Mittel,
die Indactionsrolle auf die Güte ihrer äussern Isolation zu prüfen.
Die Funken, welche man im ungeschlössenen Zustande der Inductions-
l^üB aus einem ihrer Pole zieht, sind stärker, wenn der andere Pol zur
^fde abgeleitet ist and*wie es scheint, auch kräftiger am negativen Pole,
*'» am positiven.
238 lieber einige Abänderungen etc. der Volta-Inductionsapparate.
Werden die Pole der Indoctionsrolle soweit einander genähert, dass
Fanken zwischen ihnen überschlagen, so kann man die Kette als geschlossen
betrachten , mit dem Unterschiede jedoch von der durch einen gaten Leiter
vermittelten Schliessung, dass dabei nur der Oeffbungsstrom circulirt. Man
erhält somit einen Strom von constanter Richtung , der mit Ausnahme der
Discontinuität alle Eigenschaften eines galvanischen Stromes von hoher
Intensität, ähnlich dem durch eine grosse Ansahl kleiner Plattenpaare er-
regten , besitzt ; die Unterbrechung kann hierbei so klein wie nur immer
sein. Ein Stück trocknes Fliesspapier zwischen Platten, iii welche die Pole
auslaufen ; gebracht, bewirkt die beabsichtigte Unterbrechung ganz voll-
kommen und lässt nur den Oeffnungsstrom circuliren. Man bekommt durch
diesen Strom eine Ablenkung der Magnetnadel in einem bestimmten Sinne,
die Ladung einer Thermokette ganz in der Weise wie von einem galvani-
schen Strome, entgegengesetzt der Hichtnng desselben; auch eine ther-
mische Wirkung im Drahte ist den Beobachtungen von R i e s s zufolge vor-
handen, nur eine äusserst schwache. Dagegen üben die Funken an der
Unterbr^chungsstelle , wie schon oben bemerkt (vergl. auch Annal. Bd. 94,
S. 652) , eine viel stärkere thermische Wirkung aus. Die chemischen Zer-
setzungen des Wassers, Jodkaliums u. s. w. erfolgen ganz wie bei einem
gewöhnlichen galvanischen Strom, indem an jedem Pole nur einer der
Elektrolyte ausgeschieden wird. — Besonders bemerkenswerthe Lichter-
scheinungen entstehen , wenn die Unterbrechung des Stromes an der Flüs-
sigkeit selbst geschieht, indem die Poldrähte entweder beide in vertikaler
Richtung, in angemessener Entfernung über die Oberfläche der Flüssigkeit
gestellt werden, wobei die Funken aus beiden auf die Flüssigkeit schlagen^
oder indem nur einer derselben in die Flüssigkeit eingetaucht wird, während
der andere über derselben steht, aus welchem die Funken in die Flüssig-
keit tiberschlagen. Der Funkenstrom des positiven Pols erhält oben an der
Spitze des Drahts eine gelbe oder rothgelbe Farbe und bildet unten auf der
Flüssigkeit eine blaue Scheibe , umgekehrt ist der Funkenstrom am nega-
tiven Pol blau , während auf der Flüssigkeit ein gelber Schein liegt. Bei
grösserer Nähe der Flüssigkeit an den Drähten reducirt sich das Phänomen
auf einen blauen Funken am negativen Pol und einen gelben am positiven.
Verschiedene Flüssigkeiten zeigen es übrigens verschieden; nicht leitende,
wie Terpenthinöl lassen es gar nicht erscheinen, destillirtes Wasser nur un-
bedeutend , besser mit Schwefelsäure , Salzsäure, Salpetersäure angesäuer-
tes, am besten die concentrirte Schwefelsäure. Diese Erscheinungen wer-
den in einer massig (bis etwa auf 8 Zoll Quecksilberdruck) verdünnten Lnft
noch schöner entwickelt. Von einer chemischen Zersetzung ist dabei, wenn
die beiden Pole Funken auf die Flüssigkeit senden , nichts zu sehen ; ist
aber einer der Poldrähte, gleichgültig welcher, in die Flüssigkeit einge-
taucht, so erfolgt an diesem eine Gasentwickelung.
Bei dem durch Luft oder Gas unterbrochenen Inductionsstrom spielt
nun der Condensator eine sehr eingreifende Rolle. Bemerkenswerth sind
dabei auch die Unterbrechungsfunken am Neef sehen Hammer, auf dessen
Spiel sowohl der Condensator als auch der Inductionsstrom wirksam ist
Poggendorff hat zum Theil auch zu dem Zwecke den Einfluss des Con-
densators und des Extrastromes' mehr festzustellen, die Unterbrechungen
am Hammer innerhalb verschiedener Flüssigkeiten, später auch im luft-
verdünnten Räume (Annal. Bd. 95, S. 156, MonatSber. der Berliner Aiad.
1855, S. 208) vor sich gehen lassen und dabei gefunden, dass namentlich die
Von WiTZSCliEL. 239
irnnkenwirküng der Indnctionsrolle bei Anwendung des Hammers i m
Vacnnm ohne Condensator eben so stark, wo nicht noch st&rker ist,
als die, welche man durch den Hammer in freier Luft mit dem Con-
densator erhält. Doch wird der Hammer beim V ibriren im Vacuum, wenn
die gegeneinander schlagenden Theile von Platin sind « heftig angegriflen ;
weniger dagegen, wenn der Platinstift durch einen Silberstift ersetzt ist.
Für die Praxis ist somit diese Anordnung nicht eben vortheilhaft, desto in-
teressanter in theoretischer Hinsicht. Werden zwischen die gegeneinander
schlagenden Theile des Hammers , an welchem der Condensator nicht an-
gelegt ist, Flüssigkeiten von weder zu grosser noch zu geringer Leitungs-
fkhigkeit, wie Weingeist, Brunnen- oder destillirtes Wasser gebracht, so
wird die Wirkung an den Polen des Inductionsdrahtes bedeutend erhöht,
obgleich der grosso Condensator noch einflussreicher bleibt. Ein Tropfen
destillirten Wassers zwischen die vibrirenden Theile des Unterbrechers ge-
bracht, ruft sogleich einen lebhaften Funkenstrom zwischen den Spitzen
des Ansladers hervor.
5« Wird in den Funkenstrom , der zwischen den Polen des Apparates
flbergeht, eine Glasplatte eingeschoben, so wird derselbe im Ganzen so gut,
wie ▼oUsUüidig unterbrochen, wenn die Pole aus mehr oder weniger
sngespitzten Drfihten bestehen. Laufen dagegen die Pole in Plat-
ten aus, legt man z. B. eine quadratische Kupferplatte, die mit dem einen
Fol in Verbindung steht auf den Tisch, bedeckt sie mit einer Glasplatte und
l«gt darauf wieder eine zweite, kleinere, runde Kupferplatt^ , die mit dem
ajndern Pol in Verbindung steht , so hört man , wenn der Apparat in Gang
g^^setst ist, ein fortwfthrendes Knistern und im Dunkeln sieht man die kleine,
S'sinde Scheibe von einer Aureole elektrischen Lichts umgeben, die aus einer
SAenge kleiner, in fortwährender Bewegung befindlicher Funken besteht. Je
lK.leiner dabei die runde Platte ist , desto breiter die Aureole. An der un-
'ft^ren, grösseren Platte ist keine Lichtentwickelung wahrzunehmen; immer
%mt es die kleinere Platte , an welcher die Aureole entsteht , gleichgültig mit
-«reichem Pole sie verbunden ist. -r Wird die kleine Scheibe auf der Glas-
platte so weit verschoben , dass sie nur mit einem Theile über der untern
platte bleibt, so ist auch nur dieser mit der Aureole umgeben. Sind beide
Plttten von gleicher Grösse, so kommt keine Aureole zum Vorschein. Sieht
man aber von der Seite her, so bemerkt man an den Stellen, wo beide Plat-
ten nicht genau an das Glas sich anlegen , von beiden Platten unzählige
Fünkchen zum Glase überspringen. Statt einer Glasplatte können deren
mach mehrere genommen werden, sogar so viel, dass die Dicke aller Platten
pötser ist als die gewöhnliche Schlagweite der Funken in der Luft; nur
bleibt bei Vermehrung der Platten die Aureole nicht mehr so intensiv. Wird
dio obere Kupferplatte von einem isolirenden Träger in einem entsprechen-
den (7"*) Abstände von der untern Platte gehalten , so springen wie ge-
vöhnlich die Funken zwischen beiden über. Wird aber nun auf die untere
f"*« Glasscheibe (4**" Dicke) gelegt, so schiesst ein formlicher Regen von
«feinen Fanken von der obern Platte auf das Glas herab.
Der Einfluss des Glases in der Fortpflanzung der Wirkung der In-
^^ciionselektricität ist sonach nicht mehr zweifelhaft.
Werden zwei auf der einen Seite mit Stanniol belegte Glastafeln (von
«twa Quadratfuss Grösse) mit den unbelegten Seiten an einander gestellt
l^'^^ie Belege hierauf mit den Polen in Verbindung gesetzt, so sieht man
iin Dunklen den ganzen Zwischenraum der Tafeln , soweit er den Belegen
242 Kleinere Mittheilnngen.
b e
ya:rfa: = — / — dysei. Der
Beweis nach ihm ist folgender: Man suche das Moment der Fläche AECBA
in Bezug auf die Librationsachse AD. Hierzu dient die Momentvergleichung :
Mbment der Fläche AECBA = Moment der ganzen Fläche ADCBA — Mo-
ment der Fläche AECBA. Nun ist aber ein Element der Fläche AECBA =
ydx, der Abstand seines in der Mitte liegenden Schwerpunkts von der Achse
b-
AB=zx, folglich ist das Moment der Fläche AECBA = lyxdx. Das Mo-
b*c
ment der Fläche ADCBA ist offenbar = -^; das Moment der Ergänzungs-
fläche AECBA ^ deren Element =xdy ist, und dessen in seiner Mitte gele-
e
gener Schwerpunkt von A B um —- entfernt ist , ist = / — . dy. Wir ha-
0 *
b e
/b*c Cx^
yxdx^= / —.dy. Es er-
0
giebt sich aus dieser Ableitung , dass der Satz eine geometrische Bedeu-
tung hat ; man kann ihn aber auch rein analytisch betrachten , denn er ent-
hält nichts weiter als die Regel der partiellen Integration / yxdx =y 1 xdx
— j dy I xdx= — I — dy angewandt auf ein bestimmtes Integral.
Dieselbe Regel wiederholt Leibniz im Mscr. vom 26. Oetober 1675 (in III.)
uUim. n
unter der Form : omn. xtv fl ult. x omn. tv — omn. omn. w, d. h. j xwdw
0
tdlim. n uUirn, x ultim. w u!i, x
C . (\ r . ;, C . {ulLwy.ult.x /V^
= ul(. X . I wdm — I dx I rvdrv oder I xwdw=~ I —Ar,
0 0 0 0
und drückt sie in Worten aus. Es ist jedoch zu bemerken, dass der in Rede
stehende Satz in der letzten Form: omn. xrvr] ult,x, omn.rv — omn. omn. w
bei weitem ungenauer ausgedrückt ist, als in der am vorigen Tage ange-
b*c
X
,.«
wendeten Form omn. yx adxr\— omn. -^ ad y, denn in dieser Form
ist der jed esmalige Integrationsbuchstabe hinzugefügt, in
der andern fehlt derselbe, und dieser offenbare Mangel geht durch
alle folgenden Mscr. der früheren Zeit hindurch und verursacht grossentheils
die in denselben sich findenden Unrichtigkeiten. Es möchte überhaupt von
Bedeutung sein zu erfahren, ob sich nicht etwa unter Leibniz ens Pa-
pieren eins findet, in welchem er sich über das Hinzufügen des Differen-
zials der willkürlichen Variabelcn unter dem Integralzeichen, auch wenn
das Integral nicht als Formel für eine Flache (wo sich diese Uinzufiigung
Kleinere Mittheilungen. 243
von selbst versteht), sondern rein analytisch im Gegensätze zum Differenzial
aufzufassen ist, ausspricht. Es wäre jedenfalls interessant zu wissen, ob
Leibniz dasselbe nur aus formellen Gründen, um sich stets zu erinnern,
pach welcher Veränderlichen integrirt werden soll, angewendet, oder sich
hierüber auf eine Weise erklärt habe , die Aufschlüsse über seine Auffas-
sung des Differenzials und Integrals liefert. Denn der Algorithmus war, so
lange nicht die Noth wendigkeit, dass das Differenzial der willkürlichen Va-
riabelen unter dem Integralzeichen gesetzt werden müsse und nicht Mos
könne, dargelegt war, immer noch unvollkommen.
Es ist ferner offenbar in dem Ms. vom 29. October 1675 (Beilage IL zu
III.), pag. 124*), wo L e i b n i z die Gleichung aufstellt : '-^ Fl omn, omn.L-
oder ^ — — ^ — = omn, ormi. /. — ,/da8 Di ff erenzial der Ordinate y, also
Ja tl
l = dy\ dies sagt Leibnitz selbst, indem er (III. pag. 123) y Fl omn. l und
(ni.pag. I24)^n^^^~-^setzt. Der Sinn des Satzes ?^^-U p o^^n. omn. /.-
2 2 2 a
ist also kein anderer, ^s -r= 1 dy j dy. Ich kann daher nicht beistimmen,
wenn Herr Dr. Gerhardt (III. pag. 58 u. 59) sagt: „Er (Leibniz) macht
die Annahme — und dies ist, wie es scheint, der Angelpunkt der Ent-
deckung — einen solchen Ausdruck, wie omn. y als eine unendlich kleine
Linie aufzufassen," und (ebendaselbst pag. 59): „So gewinnt Leibniz den
Satz: ' riomn. L ~, wo / die Ordinate der Curve bezeichnet."
2 a
Denn in diesen Gleichungen bedeutet, wie erwähnt, / das Differen-
zial der Ordinate. Nur in der letzten Zeile (IQ.' pag. 124), wo
Leibniz mit dem soeben gefundenen Satze ^;-^-*^ Fl omn. omw. /. — den
früheren omn. xw r\ '^^^- ^ omn. rv — omn. omn. w zusanämenstellt, setzt er in
dieser letzten Formel , die er hier für ein unbestimmtes Integral anwendet,
und also blos x an die Stelle von ult. x schreibt, der Uebereinstimmung mit
dem Vorigen wegen , / an die Stelle von w und schreibt also den früheren
*) Auf derselben Seite befindet sich die Stelle, die ich pag. 73 meiner Schrift:
„Die Principien der höhern Analjsis in ihrer Entwickelang von Leibniz bis auf
Lagrange** als einen Beweis meiner Ansicht, dass die Methode des Gregorius a
Seto Vincentio nicht, wie Herr Dr. Gerhardt (III. pag. 38) sich ausspricht, auf Be-
wegung gegründet sei. Wahrscheinlich ist die Meinung des Letzteren daher entstan-
den : ducere a in (oder auch sub) h heisst nach dem Sprachgebrauche der damaligen
Mathematiker, das Product aus a und b bilden, oder in geometrischem Sinne, daa
Rechteck aus zwei Linien von der Länge a und b construiren. Gregorius nannte
also seine Methode (M. s. meine Schrift §. 5.) mit Recht: ,, ductua plant in planum/'
d. h. Construction aller Rechtecke aus den Ordinaten der einen und der zugehörigen
Ordinaten der andern ebenen Cunre. Da aber. «fuc^r« auch „führen** bedeutet, lo
mag die von Herrn Dr. Gerhardt aufgestellte Vorstellung entstanden sein, als habe
sich Gregorius die Körper durch Fortfuhren oder Fortbewegen einer Ebene an
einer andern entstehend gedacht. Aus Leibnizens Worten auf dieser Seite (III.
pag. 124) geht jedoch hervor, dass auch er die'Methode des Gregorius nicht als
auf Bewegung beruhend ansieht. Denn er unterscheidet genau „ dttcere " \\s\ %vdl\2a
des Gregorius und ,tferre ** im Sinne von bewegen.
244 Kleinere Mittheilungen.
Satz : omn. a:/ Fl ^- omn, l — omn, omn. L Nur in dieser Formel also bedeu-
tet / die Ordinate, — In demselben Ms. (DI. pag. 125) stellt Leibniz die
Gleichung auf;-— fl ///. — i welche auch Herr Dr. Gerhardt (DI.p.&9)
erwähnt. Dieselbe ist offenbar nicht richtig. Denn sie ist dem Zusammen-
hange nach nichts Anderes, als die pag. 124 von Leibniz unter der Form
omn, /. [21 / 1 T. 1 . j :i
^^r\omn.omn,L— ausgesprochne Kegel, indem er nur das neu er-
fundene Integralzeichen an die Stelle des frtlhern ^^omny setzt. Wenn er
nun also hier — für ' * ■■ schreibt, so ist der Grund dieses Irrthums ent-
2 2
weder ein Versehen, oder Leibniz war damals noch der Meinung, dass
wirklich das Quadrat eines Integrals identisch mit dem Quadrate des Inte-
grals, dass also f 1/1 gleich / /* oder ( / dy\ gleich /rfy* sei. Letz-
teres dürfte der wahrscheinlichere Grund sein, denn derselbe Fehler findet
sich auf derselben Seite (125) noch einmal, indem Leibniz, nachdem er
ilz=zx gesetzt hat, den Satz aufstellt: »i / t: H ///• /, id est --n /of."
— Andere Eigenthümlichkeiten der Leibnizischen Manuscripte habe
ich a. a. O. erwähnt. Dr. H. Weissekborn.
XXXn. Heber den Werth von 0°. Im 2. Hefte des 26. Theiles des Ar-
chivs der Mathematik und Physik befindet sich ein kleiner Aufsatz „Ueber
die Wertbbestimmung von Functionen in unbestimmter Form von Herrn
Franz ünferdinger," in welchem die Lehrsätze aufgestellt sind:
„Erscheint die Function xi^ für einen bestimmten Werth a der Varia-
bein X unter der Form 0^ oder unter der Form qo°, so ist ihr Zahlwcrth
stets gleich I."
Es handelt sich bei diesen Sätzen um einen sehr wesentlichen Punkt
des mathematischen Unterrichtes, dessen Verbesserung ja eine der Haupt-
aufgaben des Archives ist (Avie Herr Professor Grunert in demselben Hefte
zu erinnern für nöthig findet) und so hätten wir die neue Entdeckung gern
mit freudiger Ueberraschung begrüsst; wenn sie neu und richtig wäre.
Beides ist indessen bekanntlich nicht der Fall. Schon vor einigen zwanzig
Jahren hat Libri (Crelle's Journal Bd. X. S. 305) nach Mascheroni die
Behauptung zu begründen gesucht, dass immer 0°= 1. Diese Behauptung
wurde von einem Ungenannten (der sich SL unterschrieb) in demselben Jour-
nale (Bd. XL S. 272) angegriffen, und von Moebius (Grelle Bd. XII,
S. 134) vertheidigt; worauf endlich (Bd. XII, S. 292) noch zwei anonyme
Widerlegungen folgten ^ mit denen der Streit beendet war. In der That ist
auch der Irrthum des seinsollend^n Beweises des Herrn U. sehr augenfällig,
und es wundert uns nur, dass der gelehrte Herr Herausgeber, dessen Ge-
wissenhaftigkeit und reine Wahrheitsliebe ihn die Prüfung der Arbeiten
Anderer so genau ausführen lässt, entweder die Abhandlung des Herrn
Unf erdinger gar nicht gelesen, oder doch mit sehr wenig Aufmerksamkeit
gelesen hat. In jenem Beweise wird nämlich gesagt m«', welches die G^-
Kleinere Mittheilungeii. 245
u
stalt von 0" annimmt, habe den Zahlenwertb Ä'=e^ wenn w =
u , V
"vro v\ v' die Differentialqaotienten bedeuten, und soweit ist kein Zweifel
al>eT die Richtigkeit. Falsch aber ist es, wenn dann -7 gegen— gestri-
dion wird, da der weitere Factor v erst noch berücksichtigt werden müsste.
Af i^ anderen Worten : es darf nicht früher x = a eingesetzt werden, als bis
der Ausdruck auf seine reducirteste Form gebracht ist. Dann aber ist nicht
imxxier 0®= 1 , wie in den angeführten Widerlegungen gezeigt wird; z. B.
6 4- a:
für t< = o:, V = -; wird m " = 0" bei o? = 0 und
• log X
(b + xV
\logxJ
^. • b + xl b+x — xlogx
\logx f
l {iogxy )
indem bekanntlich x ,logx = Oy wenn x = 0, Cantor.
i
TTTTTT. lieber die Functionen
X X ^
^{x)^-fJ^-^di und ^(a-)=J^^i^d|=-<p (-*•).
Durch eine dynamische Untersuchung, welche nach ihrer Vollendung
^^ diesen Blättern erscheinen soll, wurde die Frage nach den zweckmässig-
^i[X Mitteln zur numerischen Berechnung der obigen Funktionen angeregt;
^^B8 yeranlasste den Unterzeichneten zu einer näheren Ansicht der Sache,
^c^bei die folgenden zum Theil bemerkenswerthen Resultate gewonnen
*^»*den.
a. Für die Funktion q> {x) , die bei positiven x nur für o: ^ 1 reelle
^^Tthe besitzt, hat man unmittelbar die Reihe
1) «P(-)=fr+j.+p+? + .---
^l^tte ist indessen niir für ^ ^ ^ zur numerischen Berechnung brauchbar,
^ grösseren und namentlich der Einheit naheliegenden x tonvergirt da-
K^K^n die Reihe äusserst langsam. Da der Werth von q>{\) bekannt ist,
^XKilich
2) g>0) = ^^%
^ liegt der Gedanke nahe , die Differenz
1
X
woTnSglieh so zu behandeln, dass eine Beziehung zwischen q> (x) und q> (1 — x)
S^woxmen wird. Man hat nun für ^ = 1 — iy
246 Kleinere Mittheilungen.
und bei theilweiser Integration
mithin nach {Einführung der Grenzen i^ == 0 und 17 := 1 — x
0
^7i'-q>{x) = l{\ — x)lx+ PStZ^dr,
e/ 1?
i — x
das noch übrige Integral ist 9 (1 — x), und man gelangif damit zu der Ke-
ductionsformel
3) (p(x) = ^n^ — lx.l{l~-x) — q>{l — x).
Mittelst derselben erhält man z. B.
Ein anderer Weg zur Berechnung von q> (x) ist folgender. Nach einer
bekannten Formel hat man unter der Bedingung 3 tt > o>
• 1 l_ e-*» £
• =-*+,r-.«'-r
ß)'+
2.3.4 '1 .2.. .6
wobei 5,, Biy B^ etc. die B er noulli' sehen Zahlen ^, y\y, y*j etc. bezeich-
nen; durch Multiplication mit dco und Integration zwischen den Grenzen
00 = 00 und 0) = 0 zieht man hieraus
oder auch
/(l— e-^'j-^/w — iw
^^1.2 *1 .2.3.4 ^*^l.2...6
Nochmalige Multiplication mit dm und Integration zwischen den Grenzen
(0 = 2 und (0 = 0 giebt unter der Bedingung 2ä> 2
j l(\ — e-'^)dm=^z(lz— I) — i^
4. 1 ^^ ^3 _ 1 ^3 .5 . I ^5 ,7 _
*1.2.3^ *1.2. .5" ^'^I.2..7*
Setzt man e"^ = J und e*"* = a-, wo nun x mehr als e"'^^ betragen muss,
so folgt
Kleinere Mittheilungen. 247
>'>'«A^«^WWft^^k^i«N/>M
/ifi=l).,=,(l)[„(I)_,]_,[,(i)J
+ 'rf:.['Q)J-ir^['G)]V
die linke Seite ist =q)(x) — g>(l) = <p(a:) — ^»*, und demgemäss
„ ,w=,.,.+,(i)[„(i)_,]_t[,(|)j
+ *rlh['(i)J-*T:fe['G)J>-
l^a:>0,00i86745
6. Hinsichtlich der Funktion ^ (x) , welche für alle positiven x reell
bleibt, sind die Fälle x ^ 1 und a:> 1 zu unterscheiden. Unter der ersten
Vora.U8setzung hat man
/*» /M* /M* «m4
oder auch, wie man sogleich bemerkt,
7) tf;(a:) = g>(a:) — 4^(0;«),
man kann demnach die Tafel für ^jj {x) leicht aus der für 9 (o:) berechneten
ableiten. Hat man diese nicht , so benutzt man von o; = 0 bis a; = ^ die
Formel 6) und nachher die Formel 7) indem man gemäss Nr. 3) erst
tf; (ar) = j-Ä» — /o? . / (l — x) — q>{l—x)
nnd nachher für 9(1 — x) und 9 (1 — a^) die gleichgeltenden Reihen setzt,
nämlich
8) ^{x) = ^^^ + lx:l{i+x)
n-x (i-xY {i-xy 1
""L 1* ^ 2« ^ 3* ^ J
+ j[l^^.(±-/)! + (i9Ö'+ ].
TJm zu einer Reihe zu gelangen , welche dem x einen grösseren Spiel-
'ÄUin gewährt, gehen wir von der bekannten Gleichung aus
l + e» «-r j^2 1.2.3.4 ^
"^^ItipKciren dieselbe mit dm und integriren zwischen den Grenzen o>=^e»
'^^^ €D = 0; dies giebt
^'1.2 * 1.2.3.4 " T^-- '
'^^iter folgt hieraus
Slamaxe Mittbeilungeüf
z
^* i.a.3 * * ».2...ä ^ + ---
n > s > — 3».
ir f!"^ I, e» = .t g<^ht die linke Seite iu
über und es wird überhaupt
23,14067 >^> 0,04321.
Eine dritte Entwickelung voa^(<r) ^rgiebt sich auf folgendem Weg^
An hat bei theil weiser Integration
iT * • »' + '
und wenn man recliter Hand |= a^i^ substituirt
1
oder kürzer
Entwickelt man den Bruch — ; nach Potenzen von x , was nur für acht
gebrochene o: angeht, so kommt man auf die Gleichung 6) zurück; setzt
man dagegen
XX 1
• \+xri~i + x a:(l^^'
l + x
X
so kann man für jedes positive x nach Potenzen von 7— — entwickeln und
1 +*c
erhält
1
0
1
♦wn/''(|)fe+fe)' (-')+•••■]•"■
Von WiTZSCHEL. 235
Condensator eine dauerhaftere Einricbtnng zu geben nnd hat su dem Ende
dünnes Tafelglas anstatt des Wachstaffet angewendet. Acht dünne Glas-
tafeln, 18 Zoll lang und 10 Zoll breit, bis auf einen Zoll am Rande mit
Stanniol belegt, sind in einem flachen Holzkasten über einander geschichtet,
der inwendig mit •% Zoll auseinander stehenden Nuthen versehen ist, in
denen die Olastafeln eine sichere Lage haben. An einer Längsseite sind
die beiden Ecken der Glastafeln abgeschnitten und hier ein dünner Kupfer-
draht mit Siegellack auf dem freien Glasrande festgelackt und mittels leicht-
flüssigen Metalls an das Stanniolblatt festgelöthet. So treten an je einem
Ende der Längsseite des Kastens 8 Kupferdrähte hervor, die zusammen und
an eine am Kasten wohl isolirt befestigte Klemmschraube gelöthet sind.
Die sich gegenüber liegenden Stanniolflächen zweier Tafeln sind immer mit
ein und derselben Klemmschraube verbunden, so dass wenn die eine Klemm-
schraube mit der Zunge , die andere mit der Platinspitze des Stromunter-
brechers verbunden ist, jenen gegen einander Überliegendon Stanniolfläcben
gleichnamige Elektricität zugeführt wird. Von solchergestalt eingerichteten
Condensatoren hat Sinsteden zwei, jeden mit 20 DFuss Stanniolbelegung,
angewendet und dabei gefunden, dass immer zwei zugleich benutzt eine
grössere Wirkung gaben, als einer allein; ein Beweis, dass die Grösse der
belegten Glasfläche mit den angegebenen Dimensionen noch nicht über-
schritten war.
Die Wirkungen* des in solcher Weise von Sinsteden hergerichteten
Liductionsapparates sind seinen Versicherungen zufolge allerdings sehr be-
deutend. Der Apparat, dessen wesentliche von ihm hinzugefügte Zuthaten
die Fortsetzung und Erweiterung des Inductionsdrahtes in eine grössere
aufgewickelte Stanniolfläche, die Verwendung zweier Eisendrahtbündel und
die Anlegung eines Stahlmagneten an die Pole derselben , die eigenthüm-
liche Einrichtung des Stromunterbrechers sowie des Condensators sind, giebt
mii-zwei Zinkkohlenelementen ohne Thonbecher, nur mit verdünnter Schwe-
felsäure, der etwas saurös chxomsaures Kali zugesetzt worden ist, geladen
9 paris. Linien lange , einzelne breite Inductionsfunken ; bei 7 Linien Ab-
stand der Pole fährt ein ununterbrochener dichter Feuerstrahl anhaltend
über, und sind zwei Leidner Flaschen , jede von l^k DFuss innerer Bele-
gung, in einer unten näher angegebenen Weise mit in den Stromkreis ein-
geschaltet, so schlagen bei 6 Linien Abstand der Pole rasch hinter einander
einzelne breite , lautknallende Funken über , die bei 5 Linien Abstand con-
tinuirlich werden, und ein betäubendes, dicht an einander gereihtes Knallen
verursachen. Eine ^h Fuss lange Blitztafel mit 25 Unterbrechungsstellen
zeigt ein schönes Funkenspiel. Die Fünkchen der vielen Unterbrechungs-
stellen sind ungemein klein gegen den Funken einer einzigen Unterbrechungs-
stelle. — Wird ein Hühnerei zwischen die Polspitzen gelegt, so erglüht das
Ei, so lange der Strom hindurchgeht, in einem so intensiven Lichte, dass
es selbst bei Tage gut zu sehen ist. Zerschlägt man das Ei , so findet man
da, wo der negative Poldraht angelegen hat, dicke Klumpen hartgeronnenen
Eiweisses. — Fahren die Funken über ein zwischen die Pole gebrachtes
Stückchen Kreide hin, so färben sie sich schön roth, ohne dass die Kreide
leuchtend wird ; Zucker wird durch und durch schneeweiss leuchtend. —
Geht der Strom zwischen zwei Stahl - oder Platinspitzen über, so bildet sich
in der Mitte zwischen ihnen , wo die beiderseitigen Feuerstrahlen sich be-
gegnen , unter heftigem Sausen eine röthliche Flammenscheibe, an der sich
Spiritus, Baumwolle, ein Schwefelholz, Schioss^^uVvet ^'?«i:<^\^x^^\si.^i^-
2&0 Kleinere Mittheilungen.
12) ■tf.(ar)=^«« + 4(/a;)»-^(l)
womit ^(x) auf t^ ( — j zurückgeführt ist. Nach den Formeln 6), 8) und 12)
dürfte die Berechnung einer Tafel für ^(or) keine schwierige Arbeit sein.
SCHLÖMILCH.
XZZDT* TJeber Linien von gleicher Steigung auf gegebenen Fl&ohen.
Wenn eine Chaussee oder Eisenbahn einen Berg hinauf geführt werden soll,
so liegt die Frage nahe , ob es nicht möglich sein würde, dem Strassenzuge
eine constante Steigung zugeben, wie sie z.B. die Schraubenlinie auf
dem geraden Kreiscylinder besitzt ; in wissenschaftlicher Form ausgedrückt
lautet dieses Problem : „ auf einer gegebenen Fläche von einem ihrer Punkte
aus eine Curve zu ziehen, von welcher jedes Element unter einem und dem-
selben Winkel gegen eine feste Ebene geneigt ist.*' Die Lösung dieser
übrigens nichts weniger als schweren Aufgabe mag hier Platz finden theils
wegen ihrer oft interessanten Ergebnisse, theils wegen der passenden Bei-
spiele , die sie zur Uebung in der Integralrechnung darbietet.
Die feste Ebene denken wir uns horizontal als Ebene der zu einander
senkrechten Achsen der x und der y, die Achse der z sei vertikal gerichtet,
z = f(^, y) die Oleichung der gegebenen Fläche, v der constante Neigungs-
winkel jedjes Curvenelementes gegen den Horizont und x^yoto der aiif der
Fläche liegende Anfangspunkt der Curve. Geht man von einem beliebigen
Flächenpunkte xyz zu einem anderen über, dessen Coordinaten x + dx^
y + rfy, z + dz sind, so ist, man in horizontaler Richtung um Vdo^ + dy*
fortgeschritten und in vertikaler Richtung um dz gestiegen; das Verhält-
niss der zweiten zur ersten Strecke giebt die Steigung und es ist daher
1) — = tan V.
-/dx^ + dy'
Setzt man für dz seinen Werth durch x und y ausgedrückt, so hat man un-
mittelbar die Differentialgleichung der Horizontalprojection der gesuchten
Curve; nach Integration der Gleichung I) bestimmt sich die willkürliche
Constante durch die Bedingung, dass die endliche Gleichung der Linie
für x-=Xq und y = yo richtig bleiben muss.
Bemerkenswerth ist die Rectificabilität der Horizontalprojection der
Curve; man hat nämlich aus Nr. I), wenn ds das Bogenelement der Hori-
zontalprojection bezeichnet,
dz
--- = tanv oder ds = dz cot v,
ds
s = zcotv + ConsL
und wenn der Bogen s vom Punkte aro^o ^^^ gerechnet wird
2) fi^[f{x,y)—f{x^,yo)\cotv.
Setzt man in Nr. l) zur Abkürzung ianv = n und beachtet, dass die
aus der gleichzeitigen Aenderung von x und y hervorgehende totale Aen-
derung des z aus den partiellen Aenderungen \-f~)^^ ^^^ 1 J~) ^^ ^®"
steht, so hat man
Kleinere Mittbeilungen. ' 251
ödev für -T' = y'
dx
XcE^ Allgemeinen ist diese DifTcrentialgleichnng wegen ihrer irrationalen
f*onn nicht leicht zu integriren, wohl aher lassen sich einige specielle Fälle
Av^S^^^Q) IQ denen die vollständige Auflösung ohne Mühe entwickelt wer-
dexm kann.
a. Wenn die gegebene Fläche eine gerade, auf der xy- Ebene senk-
reolite Cylinderfläche ist, hängt z nicht von x und y ab ; die Horizontal-
Erojection der gesuchten Curve fällt dann mit der Horizontalspur der gege-
bnen Fläche zusammen und ist daher unmittelbar bekannt. DieVerticalpro-
j^c-tion der Curve ergiebt sich aus der früheren Bemerkung jr=zco/v + Const.
i^ftmlich
5) z=:n(s'^C)=n I dx/l + y^.
Ftlir y = ^a* — x^ d. h. für den geraden Kreiscylinder erhält man mit a:=0
^xid z = 0 anfangend
/adx . . AT
— = naÄrcsm — ,
}/a*
'^^«is die bekannte Gleichung der Vertikalprojection der Schraubenlinie ist.
6. Gehört die gegebene Fläche zu den Umdrehungsflächen, so
®wlit ihre Gleichung unter der Form
'«»»d dann wird die Oleichnng 3) zur folgenden
~ i- , wenn man das rechter Hand vorkommende Bogenelement durch die
-^ol^rcoordinateri r und d' ausdrückt,
f'{r)dr = n j/df^ + (r dd)*.
*-^i««e Differentialgleichung gestattet die Trennung der Variabelen nämlich
yr (rY — n«
' ' ^ ^ dr^^nd^'^
^*^ Polargleichung der Horizontalprojection der gesuchten Curve lautet
Ein paar interessante Beispiele hierzu sind folgende. Für einen R o -
^^ionskegel hat man
138 Ueber einige AbAnderangen «te* der Velta-Inductionsappftrate.
Werden die Pole der ündnetionflrolle toweit einttider genftherl, dftM
Fonkea switehen ihnen ttbenehlagm, eo kann man die Kette als gesehloaeea
betrachten^ mit dem üntersehiede jedoch von der dnrch einen gnt^i Leiter
▼ermittelten BeUieasangi dara dabei nnr der Oeffiinngratrom drenlirt Man
erhak aomit einen Strom ▼on conetanter Richtnng, der mit Aotnahme der
Diacontimutät alle Eigenachaften eines galyanischen Stromea von hober
Intensität, ähnlich dem darch eine grosse Anaahl kleiner Plattenpaare er-
regten, besitst; die Unterbreehvng kann hierbei so klein wie nur immer
sein. Ein Stück trecknea Fliesspapier awisehen Platten, iit welche die Pole
anslanfeBi gebracht, bewirkt die beabmchtigte Unterbrechung gana ToUr
kommen vnd lässt nnr den Oeffiiungsstrom cirenliren. Man bekommt dnreh
diesen Btrom eine Ablenkung der Magnetnadel in einem bestimmten Sinne,
die Ladung einer l^ermokette gana in der Weise wie Ton einem galTsni-
schen Strome, entgegengesetit der Richtung desselben; auch eine ther-
mische Wirkung im Draäe ist den Beobachtungen von Biess sufolge Yor-
handen , nur ehie äusserst schwache. Dagegen flben die Funken an der
UnterbiH0chungssteUe, wie schon oben bemerkt (Tergl. auch Annal. Bd. 9^
S. <M) , raie Tiel stbkere thermische Wirkung aus. Die chemischen 2Ser-
setaungen des Wassers, Jodkaliums n. s. w. wTolgen gana wie bei einem
gewöhnlichen galTanischen Strom, indem an jedem Pole nur einer der
Elektrolyte ausgeschieden wird. — Besonders bemerkenswerthe Lichter-
scheinnngen entstehen, wenn die Dnterbreofanng des Stromes an der Flüs-
sigkeit selbst geschieht, indem die Poldrähte entweder beide in yertikaler
Bichtung, in angemessener Entfernung über die Oberfläche' der FlüasigkcJt
gestellt werden, wobei die Funken aus beiden auf die Flüss%keit schlagen,
oder indem nur einer derselben in die Flüssigkeit eingetaucht wird, während
der andere Über derselben steht, aus welchem die Funken in die Flüssig-
keit überschlagen. Der Fnnkenstrom des positiven Pols erhält oben an der
Spitze des Drahts eine gelbe oder rothgelbe Farbe und bildet unten anf der
Flüssigkeit eine blaue Scheibe , umgekehrt ist der Fankenstrom am nega-
tiven Pol blau , während auf der Flüssigkeit ein gelber Schein liegt Bei
grösserer Nähe der Flüssigkeit an den Drähten reducirt sich das Phänomen
auf einen blauen Funken am negativen Pol und einen gelben am positiven.
Verschiedene Flüssigkeiten zeigen es übrigens verschieden ; nicht leitende,
wie Terpenthinöl lassen es gar nicht erscheinen, destillirtes Wasser nur un-
bedeutend , besser mit Schwefelsäure , Salzsäure, Salpetersäure angesäuer-
tes , am besten die concentrirte Schwefelsäure. Diese Erscheinungen wer-
den in einer massig (bis etwa auf 8 Zoll Quecksilberdruck) verdünnten Luft
noch schöner entwickelt. Von einer chemischen Zersetzung ist dabei, wenn
die beiden Pole Funken auf die Flüssigkeit senden , nichts zu sehen ; ist
aber einer der Poldrähte , gleichgültig welcher , in die Flüssigkeit einge-
taucht, so erfolgt an diesem eine Oasentwickelung.
Bei dem durch Luft oder Gas unterbrochenen Inductionsstrom spielt
nun der Condensator eine sehr eingreifende Rolle. Bemerkenswerth sind
dabei auch die Unterbrechungsfunken am Nee fischen Hammer, auf dessen
Spiel sowohl der Condensator als auch der Inductionsstrom wirksam ist
Poggendor ff hat zum Theil auch zu dem Zwecke den Einfluss des Con-
densators und des Eztrastromes' mehr festzustellen, die .Unterbrechungen
am Hammer innerhalb verschiedener Flüssigkeiten, später auch im luft-
verdünnten Baume (Annal. Bd. 95, S. 166, MonatSber. der Berliner AKad.*
1855, S. 208) vor sich geben lassen und dabei gefunden, dass namentlich die
Kleinere Mittheilungen. 253
oder mittelst der Substitution j/o* — r* = u
Di^ Ausführung dieser Integration hat keine Schwierigkeit, giebt aber einen
et^^^TAs complicirten Ausdruck.
Lässt man — c* an die Stelle von c* treten , so erhält man die ent-
spv- sehende für das einfache Rotationshyperboloid geltende Formel
• c
»»e liefert bei positiven m*, d. h. für n> — , ein imaginäres Kesultat.
e. Die Integration der Oleichung 4) gelingt endlich noch, sobald
5 ^=^(ar,y) eine homogene Funktion von x und y ist, in welchem Falle
jex^e Gleichung die Form
^i^x^immt. Setzt man nämlich ~ = / und schreibt kurz ^ und tf; statt q>(j)
^*x»d ^{i)'t 80 giebt die Auflösung der vorigen Gleichung
y —
^^dererseits hat man
y = xi, y =x — + iy
<?)=/7^,
^*id aus der letzteren Gleichung
dx dt
, . T~y—r
^- i. vermöge des Werthes von y'
8) ih)=r {»*-^*)äi
'**'oxnn c die willkürliche Constante der Integration bedeutet. Führt man
*^i^ angedeutete Integration aus und setzt nachher / = — , so hat man in
''^ohtwinkligen Coordinaten die Gleichung der Horizontalprojection der ge-
?J*^hten Curve. Es scheint indessen wenig Fälle zu geben, in denen die
^^jrmel 8) zu einer Gleichung von geschlossener Form führt, denn schon
^^i der einfachsten Annahme
z = j/aa^+ßy'y
/rfz\ ax <p(0 = — =^=,
W/ Yaa^+ßy' j/a + ßt^
W/ yax' + ßy* ' j/a + ßt^
^^'liält das in Nr. 8) vorkommende Integral eine ziemlich complicirte Qe-
•Wjt SOHLÖMILGH.
254 Kleinere Mittheilungen.
ZXZV. Heber die Wellenlängen des nltravioletten Liohti sind der
König). Akademie in Berlin (Monatsber. Decbr. I85&. S. 757) durch Herrn
Magnus folgende Mittheilungen des Herrn £. Esselbacu in Bonn nebst
einigen begleitenden Bemerkungen des Herrn Helmholtz zugekommen:
„Da die bisher angewendeten Methoden zur Messung von Wellenlängen,
auch die von Frauen hofer, welcher Oitterspectra dazu gebrauchte, we-
gen Lichtschwäche beim ultravioletten Lichte sich nicht als brauchbar er-
wiesen, musste eine andere Methode gewählt werden, welche auf ein von
Tal bot beobachtetes Phänomen gegründet ist
Betrachtet man ein reines Spectrum im Femrohr , während man von
der Seite des Violett her mit einem dünnen Blättchen durchsichtiger Sub-
stanz die halbe Pupille bedeckt, so erscheint das Spectrum in helle und
dunkle Streifen gleichmässig getheilt, welche abgesehen von ihrer regel-
mässigen Anordnung den Fr auen ho f er 'sehen Linien parallel und ähn-
lich sind. Mit der Dicke des Blättchens wächst ihre Zahl und ihre Feinheit.
Sie entstehen durch Literferenz desjenigen Theils des Strahlenbündels,
welcher durch die dünne Platte gegangen ist, mit dem andern Theile des-
selben Bündels, welcher daran vorbeigegangen ist.
Zu den Versuchen wurde ein aus Bergkrystalllinsen zusammengesetztes
Fernrohr benutzt und zwei Prismen von demselben Material. Das Ultra-
violett war dem Auge unmittelbar sichtbar^ wenn man nach der von Helm-
holtz vorgcscl^lagenen Methode (vergl. die Zeitschr. 3. Heft S. 166) durch
das Fernrohr und ein davorgesetztes Prisma einen Spalt betrachtet, durch
den schon ultraviolettes Licht, isolirt durch das and&re Prisma, hindurch-
drang. Die Helligkeit war sogar für das blosse Auge grösser , als wenn in
die Blendung des Oculars eine zwischen Quarzplatten eingeschlossene
Schicht von Chininlosung als fluorescirender Schirm eingefügt wurde.
Ist a die Dicke der Platte, sind ferner A, und A, die Wellenlängen
zweier Farben in Luft, «, und «, die Brechuugsverhältnisse in der dünnen
Platte und m der Gaugunterschied der durch die Platte und neben ihr vor-
beigegangenen Strahlen von der Wellenlänge Aj , so ist
a a
= m
A| n, Ai
für jeden hellen Streifen im Spectrum muss m eine gapze Zahl sein, für
den nächst benachbarten hellen Streifen um' eine Einheit grösser oder klei-
ner. Ist also zwischen den Farben von der Wellenlänge A, und A, die Zahl
der dunklen Streifen gleich p , so ist
a a
- -— -^M-h/;.
Wählt man zuerst zwei Farben, deren Wellenlängen und Brechungsverhält-
nisse bekannt sind (es wurden genommen Frauen ho fers Wellenlänge für
C und H) , so kann man aus diesen beiden Gleichungen die Constanten a
und m berechnen. Stellt man dann dieselbe Gleichung für eine Farbe von
unbekannter Wellenlänge auf und zählt die Streifen zwischen ihr und A,,
so giebt die Gleichung den Werth ihrer Wellenlänge, vorausgesetzt, dass
man ihr Brechungsverhältniss an d^r Platte kennt. '
Weil dem Autor keine Methode bekannt war, den Brechungsindex
eines Strahles in einem dünnen Blättchen zu bestimmen, ohne dass die Wel-
lenlängen gegeben waren, so wurde ein Bergkrystallplättchen genommen,
welches senkrecht gegen die Axe geschnitten war, da ja doch dieBrechungs-
Kleinere MittheiluQgen.
255
verliältiiisse der betreffenden Strahlen im Bergkrystall gleichzeitig gemessen
-werden sollten. Mit dem vorhandenen Apparate war nur die 4^ Decimale
XU erreichen, was aber für die Bestimmung der Wellenlängen hier gentigt.
Die Werthe der Brechungscoefficienten des ordentlichen Strahls im Berg-
krystall, welche in der folgenden Tabelle unter n angegeben sind, sind
Mittelwerthe aus Bestimmungen an den drei Winkeln desselben Prisma an-
gestellt. Sie sind constant 0,0004 höher alsRudbergs, welche zur Ver-
g'leichnng daneben stehen. Die festen Linien bis P sind nach Stokes be-
iia.iiiit, mit 0 und R habe ich zwei der stärksten Linien des nur durch Quarz-
Apparate sichtbaren Theils des Ultraviolett bezeichnet. Mit jd ist die Zahl
der Talbo tischen Streifen zwischen je zwei aufeinanderfolgenden Fraun-
liofer*8chen Linien bezeichnet, wobei die Resultate mehrerer Zählungen
^^^S^eben sind. Neben die von mir berechneten Wellenlängen habe ich
xiim Vergleiche die von Fraunhofer ftir das sichtbare Spectrum gestellt,
von denen die ftir C und H zur Bestimmung der Constanten in der Rechnung
benutzt sind. Man sieht, dass die Uebereinstimmung beider Reihen sehr
gross ist. In der letzten Columne sind die Wellenlängen nach der Annähe-
rungsformel von Cauchy
'''=='Q}-B
^rechnet, wobei die Constanten c und X, aus den Werthen von Fraun-
hofer ftlr C und ff berechnet wurden. Man sieht, dass diese Formel im
ultravioletten Spectrum ziemlich ebenso gut mit den Messungen stimmt, wie
^iQ sichtbaren.
1^
BrteliuDg-t
tefhiltni» 1«
P^
WelLfriiLäDf^Ji
n»eb raeineii
MiÜimelera.
rrftDcnhoreri
Werthe der
Formal,
ß
C
p
G
//
l.
4f
N
O
i*
Q
n
1,5414
1,5424
1,5440
1,5476
1,5500
1,5540
1,5580
1,5605
1,5021
1,5046
1,5074
1,5090
1,5702
1,5737
1,5409
1,5418
1,5442
1,5471
1,5490
1,.^542
1,5582
* ■ « *
7,5^7
20-19-19,5
22.5—22—23
18,5—18,5
31-31^31
24,5—25—25
11-11
11,5" 11,5
14,5-15,5—15
14,5-14,5
8^7,5-8
7—7
IS
0,0000874
5880
52*iO
4845
4287
3791
3057
3498
33rm
32tK)
32^2
3001
0,0000878
05rH
5888
5260
4843
4291
3929
0,0000900
5819 ,
5233
4830
4278
3824
3741
3532
3383
3307
3243
3108
Man sieht, dass in Bezug auf die Wellenlängen das Intervall, welches
^iirch das Ultraviolett zum Spoctrum hinzukommt, allerdings kleiner ist, als
^^^ Ausbreitung im Quarzspectrum es erwarten Hess. Das 6 bis 8 mal so
i^nge Ultraviolett des elektrischen Kohlenlichts wird dem bisher gewonne-
J^n aber, wenn Cauchy 's Formel auch dafür gilt, etwa noch eine Octave
anzufügen.
Die Methode der Linienzählung wird sich in gewissen Fällen mit Vor-
uieil zur Bestimmung der Brechungsindices und Dispersionsconstanten an-
wenden lassen, wenn man die Wellenlängen als bekannt voraussetzt, na-
256
Kleinere Mittheilungen.
mentlich wo man nicht mehr Material hat , als um eine dünne Platte zu bil-
den, die die halbe Papille bedeckt und zweitens bei stark absorbirenden
Mitteln. S t o k e s hat ausserdem darauf aufmerksam gemacht, dass man den
ersten Brechungsindex erhält , wenn man die Plattendicke durch Neigung
verändert."
Diese Resultate der Messungen des Herrn Esselbach hat Herr H e 1 m -
holtz mit folgenden Bemerkungen begleitet. „Vorstehende Messungen
machen es möglich, eine ausgedehntere Vergleichung der Verhältnisse der
Lichtwellenlängen mit denen der Tonintervalle anzustellen, als es bisher
möglich war. Ich bemerke, dass ich selbst vor einiger Zeit die Wellenlänge
der Linie Ä im äussersten Roth nach Fraunhofers Methode an einem
Spectrum bestimmt habe, von dem alles Licht, mit Ausnahme des äusser-
sten Roth durch Anwendung von zwei Prismen und zwei Schirmen abge-
blendet war. Ich fand diese Wellenlänge gleich 0,0007617 mm. Es war aber
jenseits Ä noch ein Streifen rothen Lichts mit einigen Linien darin sichtbar,
der dem Zwischenräume von Ä und B an Breite etwa gleich kam.
In der folgenden Tabelle habe ich das Licht der Linie Ä dem Tone G
entsprechend gesetzt und die den einzelnen halben Tönen entsprechenden
Farben daneben gestellt. In der letzten Rubrik sind die Fraunhofer -
' sehen Linien bei den ihnen zunächst liegenden Tönen aufgeführt.
In dieser Tabelle stellt sich sehr deutlich heraus , wia wenig Analogie
zwischen der Tonismpfindung und Farbenempfindung besteht. In der Ge-
gend des Gelb und Grün sind die Farbenübergänge ausserordentlich schnelli
an den Enden des Spectrum ausserordentlich langsam. Dort sind sämmt-
liche Uebergangsstufen zwischen Gelb und Grün in die Breite eines kleinen
halben Tons zusammengedrängt, hier befinden sich Intervalle von der Grösse
•einer kleinen oder grossen Terz, in denen das Auge gar keine Veränderung
des Farbentones wahrnimmt. Der ganze sichtbare Theil des Sonnen-
spectrums umfasst etwa eine Octave und eine Quarte.
Ton.
W e 1 1 e n 1 ü n g- e.
Entsprechende Farbe.
Frauenhofersche
Linien mit ihrer
Wellenlänge.
e= I
G = 7617
Fis
G
Gi8
A
B
H
c
eis
d
es
e
F
Fis
9
gis
a
b
h
l
H
1
V
l
i
i
?
f
i
8124
7617
7312
6771
0317
6094
5713
5217
5078
4701
4570
4285
4062
3808
3056
3385
3173
3047
Ende des Roth
Roth
Roth
Roth
Rothorange
Orange
Gelb
Grün
Grünblau
Cyanblau
Indigoblau
Violett
Violett
Ueberviolctt
Ueberviolctt
Ueberviolctt
Ueberviolctt
1 Ende des Sonnen- j
( ßpectrums. )
A 7617
B 6878
C 6564
D 5888
E 5200
F 4843
G 4291
// 3929
M 3657
n 3091
Druck von R. G. Teubner in Dreüden.
XV.
TJeber die Beduction eines Bphärischen Dreiecks von
geringer ErOmmting anf sein Sehnendreieek.
Von A. Nagel,
Lehrer der höheren Geodüsie an der polytechnischen Schule zu Dresden.
Xllinige Bemerkangen , welche Herr Kiedlv. Leuensteru in Wien bei
Gelegenheit der Recension des Handbuches der höhern und ni edern
Hessknnde von'Barfuss in der Zeitschrift des österreichischen
Ingenieur- Vereins, 1854 Juni Nr. 11. u. 12. in Bezug auf die Keduction
eines an der Erdoberfläche gemessenen sphärischen Dreiecks auf sein Seh
iiendreieck anbrachte, sind für die Redaction gegenwärtiger Zeitschrift Ver-
fassung gewesen, genannten Herrn um Mittheilung des in Oesterreich ge-
Wiuehlichen und von dem als Erfinder einer Sprechmaschine bekannten Fa-
^ er herrührenden Verfahrens zu bitten. Dieser Bitte ist derselbe mit anerken-
nuDgswerther Bereitwilligkeit durch Zusendung der von ihm unter dem Titel
»»BeitrÄgezurTheoriederSehnenwi nie el, Wien 1827" herausgege-
benen Abhandlung und eines für die gegenwärtige Zeitschrift bestimmten An-
hanges dazu, die erwähnte Reduction betreffend, nachgekommen. Da jedoch
dieser Nachtrag, auf obige Theorie Bezug nehmend, den Inhalt jener Schrift
^b bekannt voraussetzt, die letztere selbst aber, nach dem eigenen Zu-
S^atändnisse des Herrn Verfassers in erwähnter Recension, in weiteren Krei-
"^ nicht 80 bekannt sein dürfte, als sie es eigentlich verdient, so hat ge-
^*niite Redaction nach vorhergegangener Einwilligung des Herrn Verfassers
^en Unterzeichneten mit einer gedrängten Darstellung der v. L e u e-n s t e r n -
^clen Herleitung der Fa herrschen Reductionsmethode beauftragt. Dieser
Arbeit unterzog sich derselbe um so lieber, als einige von Herrn v. L e u e n -
^tern in seiner Theorie der Sehnenwink cl bewiesenen Sätze ein Mittel an
^ie Band geben, um auf sehr einfache Weise zu den inzwischen von Herrn
^'of. Grunert in seinem Archive für Mathematik und Physik 25. Thl.,
°* 197 u. f. entwickelten bequemen Reductionsformeln und zu dem daselbst
•^Miesslich aufgestellten Satze zu gelangen , der dem berühmten L e -
S^ndre^schen Theoreme zur Seite gestellt zu werden verdient.
Es sollen daher im Folgenden zunächst did v. Leuenstern' sehen*
^*t»e entwickelt, dann aber aus diesen die P ab er 'sehen und Grüne rt-
ZeitMhrift f. Mathematik a. Physik. 1. V\
•258 Ueber die Rcduction eines sphärischen Dreiecks etc.
sehen Reductionsformeln abgeleitet und endlich von diesen zu jenem , dem
Leg endr ersehen analogen Satze tib^gegangen werden.
Die Sätze von Riedl v. Leuenstern.
Legt man durch die drei Eckpunkte Ay B. C (Fig. 44) eines sphärischen
Dreiecks eine Ebene, so schneidet dieselbe die Kugelfläche in einem durch
diese Punkte gehenden Kugelkreise, dessen Pol P bekanntlich zugleich
Pol des sphärischen Dreiecks ABC und dessen Mittelpunkt P, , als Projec-
tion-d^s Poles P auf diese Ebene, zugleich Mittelpunkt des in letzterer lie-
genden und von den Sehnen AB^ BC^CA gebildeten Sehnendreiecks ist.
Verbindet man ferner die Eckpunkte A^ B^ C, sowie die Plalbirungs-
punkte Dy Ey F der Dreieckseiten mit dem Pole P durch Bögen grösster
Kreise, so sind bekanntlich P/>,P^, PF beziehendlich normal auf den Dreieck-
seiten BCy CAy AB und das ganze Dreieck wird durch diese sechs Bögen in
ebenso viel rechtwinklige Poldreiecke APE, APF, BPF, BPD, CPD
und CPE zerlogt, von denen je zwei an einerlei Dreieckseite anliegende
einander symmetrisch gleich sind, je zwei an einerlei Ecke des sphärischen
Dreiecks zusammentreffende aber einPolviereck mit zwei einander dia-
gonal gegenüberliegenden rechten Winkeln bilden.
Die Ebenen dieser grössten Kreise gehen zugleich durch den Mittel-
punkt P| des Sehnendreiecks, schneiden die Ebene des letztern normal und hin«
terlassen in derselben Spuren , von denen P^ i>, , P, E^ und P, F, beziehend*
lieh rechtwinklig auf den Seiten BC, CA und AB des Sehnendreiecks sind,
und die dasselbe ebenfalls in sechs rechtwinklige Mittelpunktsdreiecke i^Pi JST,,
AP^Fy etc. zerlegen, von denen dasselbe gilt, was bereits von den zum
sphärischen Dreiecke gehörenden Poldreiecken angeführt wurde.
Da sämmtliche sphärischen Winkel am Pole in der die Kugelfläche' in
diesem Punkte berührenden Ebene liegen, letztere aber parallell mit der
Ebene des Sehnendreiecks ist, so sind auch die sphärischen Winkel am
Pole der einzelnen Poldreiecke ihren Projectionen auf die Ebene des Sehnen-
dreiecks, d. i. den entsprechenden Mittelpunktswinkeln des letztern gleich.
Es ist demnach :
L APF= L AP, F, = L BP,F, = L BPF,
u. s. w.
Bezeichnet man die Winkel des sphärischen Dreiecks mit A, B, C, die
entsprechenden Winkel des zugehörenden Sehnendreiecks mit -4,, B^^C,, den
sphärischen Excess des ganzen Dreiecks mit E und den zu jedem der Win-
kel A, B, C gehörenden Excessantheil beziehendlich mit Ea, E^, Ec, so ist:
1) Ea = A — Ai\Ei, = B—Bi, Ec = C—C,,
und
E = E^ + El, + E^ = A + B +0—180''.
Ferner mögen respective E^.Eß, Ec die sphärischen Excesse der von den
Winkeln A, B, C eingeschlossenen Polviorecke bedeuten.
Wegen LAEP=LAFP=90P ist der sphärische Excess des Polvier-
eckaAEPF:
E^ = A + LEPF—\&f,
oder, weil L EPF= L EPA + L APF= L E,P,A, + L AP,F, = B, + C,
ist:
Von A. Naoel. 259
^:i=^+ ^1 + ^1 — 180°
und 9 wenn man für Ä seinen aus l) folgenden Werth sabstituirt:
£^ = ^« + ^,+^, + C, — 180^.
Da nnn A^^B^^C^ die Winkel eines ebenen Dreiecks sind, deren Summe
= 18Cf ist, so folgt unter gleichzeitiger Verwechselung der beiden Seiten
der Gleichung:
( Ea^=^EA\ analog findet sich :
I. j Eh ^=.EBy ' •
f Ec=*= Ec,
d. b. der su jedem Winkel eines sphärischen Dreiecks in Be-
E'og anf sein Sehnendreieck gehörende Excessantheil ist
gleich dem sphärischen Excesse des von diesem Winkel ein-
geschlossenen Polvierecks.
Bekanntlich verhält sich der Excess eines sphärischen Poljgones zu
vier rechten Winkeln wie der Flächeninhalt desselben zur Halbkugelfläche.
Wendet man diesen Satz zur Bestimmung von E^ an, indem man die Fläche
des Polvierecks AEPF = F^ setzt , so ergiebt sich :
_^.^{f.Fa_\&fFa
180^
<>der , wenn man den constanten Factor — , wie es im Folgenden immer
geschehen soll, kurz durch fi bezeichnet und nach I. E^ für E^ setzt:
Anf ähnliche Weise bestimmen sich die Excessantheile J^n und E^ au»
den Flächeninhalten F^ und Fe der von den Winkeln B und C eingeschlos-
^xien Polvierecke, so dass man in der Zusammenstellung für sämmtliche
drei Excessantheile hat:
Da der Flächeninhalt F des ganzen Dreiecks als die Summe der Flächen-
^^l^mlte 1^«, 1^*, -Ptf der einzelnen Polvierecke zu betrachten ist, so ergiebt
*^ch durch Summirung der Gleichungen II. mit Leichtigkeit der bekannte
"^^^mck ftlr den Excess des ganzen Dreiecks :
2) ^=^T^'
^et mit jeder der Gleichungen 11. verbunden, folgende drei Proportionen
^«fert:
mEa Ea Eh Fh Et Fe
' E F^ E F^ E F
^•h.*dersn einem Winkel des sphärischen Dreiecks in Bezug
^^f sein Sehnendreieck gehörend^e Excessantheil verhält
260 Ueber die Roduction eineB sphärischen Dveiecks etc.
sich zum ganzen Excess, wie der Flächeninhalt des von die 3-
sem Winkel eingeschlossenen Polvierecks zum Fläehenic=a.
halte des ganzen Dreiecks.
Was die allgemeine» Gültigkeit dfSr unter L, 11. ni\d in. anfgeste^Kll-
ten Sätze anlangt, so ist zn bemerken, daas selbige bis jetzt nur nnter d* ^et
Voranssetznng, dass der Pol innerhalb des sphärischen Dreiecks He^g^,
nachgewiesen sind ; es sind aber noch zwei andere Fälle möglich, in weleht»- en
nämlich der Pol in einer Dreieckseite oder ausserhalb des Dre^^si-
ecks siclr befindet. Um die Anwendbarkeit der genannten Sätze aach a^^Buf
diese beiden Fälle einzusehen , braucht es offenbar nur untersucht zu w^s^mr-
den , was für eine sphärische Figur als das von dem betre£Eenden Win^^sel
eingeschlossene Polviereck zu betrachten ist, und ob der dem FläehenBBn-
halte derselben entsprechende Excess dem Excessantheile dieses Wink^M»b
gleichkommt.
Erinnert man sich, dass jedes Polviereck in Fig. 44 aus den beiden, an
der entsprechenden Ecke des Dreiecks znsammenstossenden, reehtwinlB^li-
gen Poldreiecken besteht, so ersieht man sofort, dass, wenn der Pol in^^Ker
Dreieckseite AB (Fig. 45) Hegt, die Mhere Normale HF (Fig. 44) in Ncslf,
mithin auch das als BesUndtheil des Polvierecks AE PF (Fig. 44) aufgetar-e-
tenen Poldreieck ^Pi^ in Null, das Polviereck selbst aber in das Poldrei» «k
APE (Fig. 45) übergegangen ist. Ist daher für F« der Flächeninhalt dieses
Poldreiecks und für Ejg der sphärische Excess desselben anzusehen, ^so
bleibt nur noch nachzuweisen übrig, dass dieser letztere mit dem Excess-
antheile E^ des Wiükels A idenfisch ist.
Im rechtwinkligen sphärischen Dreiecke APE ist
Ea=A + LAPE—W,
oder, wegen A=iA^ + Ea und LAPE= LAP^E^^=^ B^i
Ea = e^ + a, + b,-^w:
Liegt aber der Pol P in der Dreieckseito A B^ so liegt auch dessen Pr^^ ^
jection P, in der Sehne BA^ das Sehnendreieck ABC ist in diesem Fall^
inC rechtwinklig und -^j + i9, = 90^. Daher ergiebt sich wie im vof^ ^
gen Falle
Eji=Ett,
Für den andern an der durch den Pol gehenden Seite AB liegende ^^
Winkel B steUt sich ganz dasselbe heraus, während für den Winkel C i^^^
früheren Verhältnisse dieselben bleiben. Die unter L, IL und lEL au^^ ^
geführten Sätze finden also auch für den Fall, wo die ein. ^
Dreieckseite durch den Pol geht, An wendung, indemdie a '^^
dieser Seite anliegenden Poldreiecke die zu den daselbst bi^^
findlichen Dreieckswinkeln gehörenden Polvierecke veir* "^
treten.
Liegt der Pol P ausserhalb des Dreiecks ABC (Fig. 46), so liegt auc^^
die zu P gehörende Projection Pi ausserhalb des Sehnendreiecks und let^ "
teres ist in dem den Mittelpunkt einschliessenden Winkel C, stumpfwinl^ "
1 i g. Durch den Uebergang von einem Dreiecke mit eing<eschlo8sene xac
Pole (Fig. 44) zu einem solchen mit ausgeschlossenem Pole (Fig. ^C)
hat der von P nach der Mitte der Seite AB gezogene Bogen P^eine ä,ef
früheren entgegengesetzte Lage angenommen; das zu demselben gehörende
ganz ausserhalb des Dreiecks ABC (Fig. 46) liegende Poldreieck APFist i
Von A. Nagel. 261
(laber bei der Bestimmung von Fa mit entgegengesetzten Zeicben aufzu-
tubren , d. b. es muss sein :
F„ = APE—APF.
Da bei dieser Subtraction das beiden Preiecken gemeinschaftlicbe Dreieck
^Si' wegfällt, so ergiebt sieb daraus
Ta = AES—SPE,
was der Fläcbeninbalt des überschlagenen Polvicrecks AEPF ist, bei
welcbem der ausserhalb des Dreiecks A B C liegende Theil SPF desselben
negativ auftritt. Der zu Fa gehörende Excess Ea besteht aber in diesem
Falle offenbar aus der Differenz der Excesse der .beiden rechtwinkligen
Dreiecke ^£S und PSF, also :
Ea = {A + LASE—W)^(LPSF+LSPP—W)
und wegen der Gleichheit der Scheitelwinkel ASE und PSF\
Ea = A — LSPF.
Es ist aber L 8PF= 180° — (Z. JPA + L APB!) = 180» — 5j — C, ,
folglich, wenn man hiermit zugleich auch A^^Ea+ A^ einsetzt :
Ea=^E^+ A. + B. + C,-^^
d.i.
Ea = E^.
Was für den einen der beiden den Pol auss^hliessenden .Winkel
gilt, gilt auch für den andern (^B) , dagegen bleiben für den, den Pol ein-
schliessenden, Winkel {(T) die früheren Verhältnisse dieselben. Es ist
demnach die Giltigkeit der Sätze L, II. und III. auch auf den
Fall auszudehnen, wenn der Pol ausserhalb des Dreiecks
liegt, man darf nur die von denSchenkeln der den Pol aus-
schliessendenWinkelund den von dem Pole auf dieselben ge-
zogenen Normalen gebildeten überschlagenen Vierecke als
die zu diesen Winkeln gehörenden Polvierecke betrachten;
wobei jedoch berücksichtigt werden muss, dass die ausser-
halb des sphärischen Dreiecks liegenden Theile derselben
negativ zu nehmen sind.
Sofort aus der Fig. 46 wird klar, dass auch in diesem Falle, wie in den
beiden andern, die Summe von Fa, F^, Fe den Flächeninhalt F des ganzen
Dreiecks giebt, weil die in den Inhalten Fa und Ft auftretenden negativen
Theile SPF und TPF bereits mit in Fe positiv enthalten sind. Eben so er-
sichtlich ist, dass in eineih oder dem andern der beiden überschlagenen
Vierecke, oder auch in beiden zugleich, der negative Theil desselben eben
so gross oder grösser auftreten kann als der positive und dass dann noth-
wendig der Exccssantheil des einen oder des andern den Pol ausschliessen-
den Winkels, oder auch beide Excessantheile zugleich gleich Null oder
kleiner als Null sein müssen.
Durch fortgesetze Betrachtung sind nun in der angeführten „Theorie
etc." noch viele andere interessante Sätze auf elementare Weise abgeleitet,
z. 6. dass ein rechter Winkel den halben summarischen Excess erhält, dass
von 120° an der stumpfe Winkel den ganzen Excess und noch mehr allein
trägt , die beiden andern Excessantheile aber zusammen Null oder kleiner
als Null werden etc., hinsichtlich derer ich jedoch auf die genannte Schrift
verweisen muss.
262 Ueber die Keductiou eines sphärischen Dreiecks etc.
Die F ab er' sehen Reduetionsformeln.
Wenn man unter einem geodätischen Dreiecke überhaupt ein aaf
der Erdoberfläche mit den gewöhnlichen Hilfsmitteln direct messbares ver-
steht, so kann man dasselbe als ein solches betrachten, dessen Seiten in
Bezug auf den Krümmungshalbmesser der Kugel sehr klein sind. In diesem
Falle kann man aber mit Hilfe eines der obigen Sätze einfache Reduetions-
formeln zur Bestimmung des zum geodätischen Dreiecke gehörenden Seh-
nendreiecks ableiten. Herr Riedl v. Leuenstern hat die Ableitung der
Faber 'sehen Reduetionsformeln ganz einfach dadurch ermöglicht, dass er
den Flächeninhalt des geodätischen Dreiecks gleich dem Flächeninhalte des
entsprechenden Sehnendreiecks annahm, woraus sofort folgte, dass aaeh
der Flächeninhalt eines in demselben liegenden Polvierecks gleich dem In-
halte der (perspectivischen) Projection desselben auf das Sehnendreieck an-
zunehmen sei. Der letztere lässt sich aber sehr einfach aus zwei Seiten
und den Gegenwinkeln dßs Sehnendreiecks bestimmen und in 11. einführen,
wodurch sofort die gewünschte Reductionsformel erhalten wird.
So einfach die Art und Weise dieser Ableitung erscheint, so gestattet
sie doch nicht sofort die nöthige Einsicht, welchem Genauigkeitsgrade die
erhaltene Formel entspricht, wenn man nicht im Voraus weiss, dass der
Inhalt eines Polvierecks dem Inhalte seiner Projection mit einem Genauig-
keitsgrade gleichgesetzt werden kann, bei welchem erst Glieder die in Be-
zug auf die Dreieckseiten von der 4. Ordnung sind, vernachlässigt werden.
Ich gestatte mir daher einen anderen, deshalb nicht viel umständlichem
Weg zur Ableitung der Faber* sehen Reduetionsformeln einzuschlagen, su
welchem Zwecke ich jedoch vorher im Allgememeinen den sphärischen Ex-
cess eines rechtwinkligen Dreiecks in einer Kathete und dem Gegenwinkel
auszudrücken suchen mu8s.
In einem boi C rechtwinkligen Dreiecke ABC, dessen Seiten und Win-
kel auf die gewohnte Weise benannt werden mögen , ist bekanntlich
cos A -=. cos a sifi 7?,
also
.1) Stil n = .
cos a
Ferner ist der sphärische Excess desselben
^=^+^ — 90",
woraus folgt:
j^^go« — (^—^ *
und demnach auch
4) sin B '— cos {A — E).
Aus 3) und 4) ergiebt sich
PN / . ^N COS A
5) cos (A — J5:) =
cos a
Obwohl der hiernach sich ergebende Werth für E im Allgemeinen zwei-
deutig ist, indem der aus dieser Gleichung folgende Cosinuswerth ebenso-
wohl einem positiven als negativen Winkel angehören kann, so verschwin-
det doch diese Zweideutigkeit bei Anwendung der Gleichung 6) auf ein
geodätisches Dreieck, wenn man gleichzeitig zur bessern Vereinfachung
Von A. Naoel. 263
den cos (A — E) nach A und E auflöst und sodann cos Ez=l nnd sinE=E
setzt. Berücksichtiget man nämlich, dass E dem Flächeninhalte des betref-
fenden Dreiecks proportional folglich in Bezug auf die Dreieckseiten eine
Ghrösse zweiter Ordnung ist, so werden bei obiger Annahme erst Glieder
▼emachlässiget, die in Bezug auf die Dreieckseiten von der vierten Ordnung
sind. Nach Ausführung der hier angedeuteten Operationen ergiebt sich
ans 5)
^ ■ T, . . cos A
cos A + E sm A =
cos a -
oder
E=^ {sec a — l) cot A,
Entwickelt man sec a nach der entsprechenden Reihe :
'^^"=*+Tr2+r72T3r4+-v
und vernachlässiget in derselben alle Glieder von der vierten Ordnung an,
so erhiHt man
_ a* cot A
2
Da hierin sowohl i? als a Bogenlängen fUr den Kadius 1 bedeuten , so ist,
um ^ in Secunden zu erhalten,
zu setzen , wodurch sich ergiebt :
ö) . E =11 . — ^ — ,
welcher Ausdruck, mit Vernachlässigung von Gliedern, die. in Bezug" auf
die Dreieckseiten erst von der vierten Ordnung sind, den Exces» eines recht-
winkligen geodätischen Dreiecks aus einer Kathete und dem Gegenwinkel
^ebt.
Um nun denselben auf die Bestimmung der Excess^ntheile der einzelnen
Winkel eines geodätischen Dreiecks anzuwenden , bezeichnen wir die Län-
gen der den Winkeln A^ B^C gegenüberliegenden Seiten mit a, 6, c, mithin
nnd, wennjR der Halbmesser der Erde ist, — , — , — diese Seiten für den
R H R
&Adias 1. Es besteht aber der Excess des z. B. zu A gehörenden Polvier-
eolu (Fig. 44 und 46) aus der Summe oder Differenz der einstweilen bezie-
kendlich mit ß und y bezeichneten Excesse der Poldreiecke APE und APF^
folglich zugleich mit Rücksicht auf I. :
7) • E^=EA=-ß±y.
^^orin das obere Zeichen für den durch Fig. 44 und das untere Zeichen für
i^n durch Fig. 46 dargestellten Fall gilt. Unter Anwendung von 6) ist aber
ÄE^ cot APE b^cotß^
P = f*. 2 ^^-JrT-
^r beide Fälle, femer
_ AF*cotAPF_ c* cot C^
y — ^ 2 ~'* SR* '
264 lieber die Reduction ein^ sphärischen Dreiecks etc.
für Fig. 44, und , weil in Fig. 46
Z. ^PF= 180^ — /P^ = 180 — C, ist,
^cotCx
^~ ^ SR*
ftir den durch Fig. 46 repräsentirten Fall, mitiiin fttr beide FAlle sragleieh:
. c* cot C,
Durch Einführung dieser Werthe ftir ß und y in 7) erhftlt man:
8) i?. = |* 8/^> - '
Dieser Ausdruck ist insofern allgemein, als er auch den Fall in sich
schliesst, in welchem der Pol in eii\pr Dreieckseite, s. B.ia AB (Fig. 46),
liegt , denn dann bt C| = 9QP , folglich geht 8) über in
worin die Se}te. rechts den Excess des rechtwinkligen Poldreiecks APE
Fig. 45 bedeutet, Vas bekann^ich in diesem FsUe das betreflbnde Fol-
viereck vertritt.
In der Qleichung 8) kann man noch die Cotangenten der Sehnenwinkel
mit den Cotangenten der smgehörenden sphärischen Winkel rertauschen.
Denn nach dem Taylor* sehen Satze ist a. B.
cotB,^cot(B — E,) = €OiB+-^ + ^^^^ + ....
folglich mit dem bisher innegehaltenen Genauigkeitsgrade:
^,cotB, = —^cotB
und ebenso
Daher geht 6) über in :
Ea=^
- cot C, = ^ cot C.
6« cotB + c^ cot C
SR*
Dass für E^ und Ee sich analoge Werthe finden lassen, ist für sich klar und
man hat daher folgende drei Oleichnngen
6« cotB + c* cot C
IV.
^^ = ^ SR*
c^cotC + a* cot Ä
^' = ^ SR* '
(^cotÄ + l^cotB
^^==^ sT* '
welche die Excessantheile der einzelnen Winkel mit einer Genauigkeit ge-
ben , bei welcher erst Grössen Vernachlässigung finden , die in Bezug auf
die Dreieckseiten von der 4*" Dimension sind.
Von A. Nag£L. 265
Diese Formeln sind es, welche Fab er, in Folge des Auftrages, den
Derselbe von dem Leiter der österreichischen Messungen, General Fallen,
erhielt, sur Rednction eines geodätischen Dreiecks anf sein Behnendreieck
auffand. und die bisher bei den ebenerwähnten Messungen mit grossem Vor-
theile angewendet wurden.
Sie bestimmen die Excessantheile aus den Seiten und Winkeln des
geodätischen Dreiecks, sie können aber auch noch so umgewandelt werden,
dass sie die fraglichen Grössen mit Hilfe der betre£fenden Bestandtheile
des Sehnendreiecks geben.
Beseichnen «1,^1, c^ die den sphärischen Dreieckseiten a, 6, c entspre-
chenden Sehnen , so ist bekanntlich
also
2Ä«tn(^ ~ j = ai, oder
a Gl
zr^ = ^^c stn — -- »
2jR 2jR
nad nach der betreffenden Reihe :
od-cr
Quadrirt man und vernachlässiget dabei alle Glieder von der 4^*^ Ordnung
, 80 hat man
(5)'=©' "^ "^"^
'^^ölche Werthe in die Gleichung 8) eingeführt geben ;
9)
= fi — ^^ ■ ; entsprechend erhält man :
' Cj* cot (7, + ^* co^ ^i
SR
„ «,• cot A^ + ^i* cot Bi
Aus der Vergleichung dieser Ausdrücke mit denen unter IV. lässt sich
sofort schliessen , dass man die Excessantheile immer mit demselben Ge-
nauigkeitsgrade erhält, man mag die Seiten und Winkel des geodätischen
^der die des entsprechenden Sehnendreiecks zur Berechnung desselben be-
n'^tzen. Daher wird es auch gestattet sein , mit* Hilfe der einen gegebenen
^^ite des Sehnendreiecks und der auf 180^ ausgeglichenen sphärischen Win-
"^^l die beiden andern in die Rechnung einzuführenden Seiten annäherungs-
266 Ueber die Redactfon eines sphttriBchen Dreieoka etc.
" 1 — I - I- r r - rii i~-i i--i--ir-ir~i ^irinriniririnnririnni~inrv^nr>nnnnrifvvir>nfM-M"MWl<Ut
weise iii besümmeii, ohne deshalb an dem oben angegebenen G(enan{|^eita-
grade an verlieren.
Addiirt man die Gleichungen 9), so findet sich der geaammte Exceaa am:
10) E" = t^
„ «,* cotAi + b^cot Bf + c^ cot {7|
^R
s
Darin Zedenten al>er, wie leicht an ersehen,
4 ' 4 '™ . 4 ~
respective die Flächeninhalte der Dreiecke BPiC^ AP^C and AP^B (Fig.
44, 45 und 46), daher ist
Ol* cot Af + V ^oi Bi + Ci* coi C|
4 -^'
der Flftcheninhalt des ganaen Sehnendreiecks.. Nach EinfUhrong desselben
in Gleichung 10) ergiebt sich:
11) Ä=^.|i« .
woraus im IHnblick auf 3) folgt, dass man lur Berechnung des sphärischen
Excesses E des gansen Dreiecks, anstatt des Flächeninhaltes des wenig ge-
krttmmten sphärischen Dreiecks, den des angehörenden Sehnendreiecks
substituiren kann, wobei erst Glieder, die in Bezug auf die Seiten des
Dreiecks von der 4^ Ordnung sind, vernachlässiget werden.
Die Grün er t' sehen ßeductionsformeln.
Um nun auch zu den im Eingange erwähnten Formeln des Herrn Prof.
Grunertzu gelangen, schreibe man die Gleichung 9) folgendermaassen :
and berücksichtige, dass wegen der Qlelchheit der Faktoren
*^ und '^
sin Bf sin C|
dieselben vertauscht werden können. Es ist dann, wenn man gleichzeitig
6, c,*als Faktoren zieht und die dadurch entstehende Parenthese auf gleiche
Benennung bringt:
bfCf cos Bf sin Bf + cos Cf sin C,
* '*'8Ä* * sin Bf sin Cf
hf Cf sin 2Bf + sin iCf
^ ' 8Ä» ' 2 sin Bf sin Cf
Weil nun aber bekanntlich
sin^Bf + m 2 C| =2 2 sin {Bf + Cf) cos (Bf — Cf)
• =2 sin Af cos (Bf — Cf)
ist , so geht diese Gleichung über in :
Von A. Nagel. 267
bj C| sin Af cos (Bj — fi)
*""**• ^R^sinB^sinC, '
oder, da man nach 11) mit demselben Genauigkeitsgrade
setsen kann,
_cos{B^ — Ci) „ 1 + cot g. cot C.
4 m J?, 5f>i Cj 4
ICit Hilfe des Taylor 'sehen Satzes ist aber
cotB,.cotC, = {cotB+-^ + ...){cotC+^-^+...)
= cotB.cotC+^A^+^^ + ....
strr D strr C
'Wir erhalten daher mit einer Genauigkeit, bei der erst Grössen, die inBe-
xng auf die Dreiebkseiten von der vierten Ordnung sind , vernachlässiget
-werden, unter gleichzeitiger Beifügung der für Et und Ec auf Ähnliche
Weise sich ergebenden Ausdrücke :
^ ^l + coiBeoiC j^^eas{B — C) ^
* 4 ' ^sinB sin C '
l + cotCcoiA cos{C — A)
E^ = ;- . E =s : — ; — - . E
4 4 stnC stn A
\ + cotAcotB cos {A — B)
Ec = 1 , A — •- — : — - — : — - , E,
4 ^stnAstnB
Diese eleganten Beductionsformeln sind von dem Herrn Prof.
Ornnert bei Gelegenheit der Entwickelung seines dem Legendr ersehen
1*heorem« analogen Satzes an dem im Eingange angegebenen Orte gefun-
den , von demselben aber nicht so hervorgehoben worden , als sie es eigent-
lieh verdienen. Wahrscheinlich hat er dabei mehr das nocb elegantere
SSndresnltat seiner Untersuchung ins Auge gefasst und dadurch alle sonsti-
gen Beductionsformeln für überflüssig erachtet. Dass letztere aber durch
flieses nicht in allen Fällen vertreten werden können, davon wird man
aich überzeugen, nachdem der mehrerwähnte Satz selbst noch abgeleitet
Bein wird.
Ehe wir jedoch zu demselben übergehen, sei noch bemerkt, dass oben
^ie Grunert' sehen Beductionsformeln (V.) aus den F a b e r ' sehen (IV.)
iibgeleitet wurden, weil, nachdem einmal letztere aufgestellt waren, von
diesen am bequemsten zu den ersteren zu gelangen war. Diesen Umweg
'^rird man jedoch nicht einschlagen, wenn es sich um alleinige Aufstellung
cler Formeln V« handelt, indem man selbige auch direkt mit Hilfe des Ex-
oesses des Polviereeks herleiten kann. Um diese Entwickelungsweise noch
kurz anzudeuten, geh*en wir wieder von dem Excessedes rechtwinkligen
XJreiecks aus, indem wir denselben durch die Hjpothenuse und den einen
inliegenden Winkel zu bestimmen suchen. Unter der bekannten Bezeich-
i^ung der Seiten und Winkel des in C rechtwinkligen Dreiecks ist
E=A+ B — W,
folglich
B Hedttction eines fiphänsclicti Dreiocks «te.
wVbfiprt .-^f^V^
^ — ^=9tf — i?
uud daher
(aft {A ^ £) ^ cot fi.
Weil nun aber im recht winkligeji Dreiecke
cot B = CQS c tan A
ist, so geht dieser Ansdnick über in
12) ^ ian [A — E) ^^cosc . Um A.
^e weiter i lie Discusaian. dieitor Gleichang wpgen der Bestiinmiing^
E für die < ?lueii Fülle etnsngeheti, wenden wir diesen Ausdruck so—
; auf ein bcheä Dreieck an , in welehem A — E immer ein poBiti-
spitzer tt . iai. Mit dem früher innegehaltenen Geuauigkettsgriule
iit dann nach d'
1 80 kann
B
{rn^A
lißb durch 8
fnn A -
Gleichung 1$):
•- — ian A^
3
oder
E^=— ^in^A,
4
und, da hier E die Bogenlänge für den Badin8 I bedeutet:
13)
E" = ii" . — sin 2^.
Diesen Ausdruck auf die Bestimmung^ des Exeesses des von A eingeschlos^
senen Polvierecks (Fig. 44 und 46) angewendet, indem darin die sphäriacheim-
Entfernungen AP=i BP=. CP = -- gesetzt werden, giebt:
14)
E,
= ^^-^ {sin 25, + *i>i 2 C,) und entsprechend :
(«i«2C, + sin^Ai),
* 4Ä*
^, = ^^ (^ 2^, + sin^B^).
Durch Summirung dieser drei Werthe erhält man den Excess des gan-
zen Dreiecks:
Et==^-^(sin2Ai + sinüB^ + ^m2C,),
mithin , in Verbindung desselben mit 14)
sin 2 ^1 + *«w 2 (7,
Ea-
2 {sin 2^, + sin 25, + sin2C^)
.E,
Von A. Nagel. 269
Nan ist aber bekanntlich
8m2Bi + sin 2Cj = 2 sin (5, + Cj) cos (5, -- C,) = 2 sinA^ cos (J?, — C,)
und, wegen 2-4j +2^i + 2C, = 360°, wie man leicht findet:
sin 2 ^, + sin 2 ^, + sin 2 Cj = 4 sin A^ sin B^ sin C„
folglich
^ _cos {B, — C,) ^^\ + col ByCOiCj ^
^* 4 Äiw ^, sin 6', ' 4
wovon man nun in gleicher Weise wie früher übergeht zu
„ l+cotBcotC
A« = . A,
Der dem Legendre' sehen Theoreme* analoge Satz von
Grunert.
Im Sehnendreieck ist:
. -V a, sin A^ sin (^A — £„)
^ bl sinB^ sin {B — Ei,)
und nach V. :
E E
Ea=-z + -coiB cot C,.
4 4
worin das zweite Glied rechts unter der früheren Voraussetzung eines geo-
dätischen Dreiecks ebenfalls eine verhältnissmässig nur kleine Grösse ist,
sdbst wenn B und C sehr spitze Winkel sind *). Also ist
sin
z^sinyA — —j — -j cot B cotC cosyA j
= sin\A—--y \l — '^cotBcoiCcot\A-----\y
und da man hierin, ohne denselben Genauigkeitsgrad zu beeinträchtigen,
wie man leicht einsieht,
cot {a — ■— J mit cot A
▼ertaaschen kann,
sin {A — E„) = **'« M — t) I * — T ^'^ coiBcotCy
Analog findet sich
sin (B—Ei) — sinyB—^ V~T ^^^"^ ^^^^ ^^' ^|
*) In einem Dreiecke , wie es wohl nie hei einer irdischen Messung vorkommen
luuin , seien B und C tibertrieben klein , nämlich = 571' , also «>/ ^ = w/ C= 60, und
E
BV etwa == 43 Meilen ; dand ist der Excess E desselben = 1" mithin -j cotB cotC
=^900"=: 15'.
270 Ueber die Rednction eines sph&rischen Dreiecks etc.
und nach Einführung dieser beiden Werthe in die Proportion 15):
16)
stn I
sm
(-1)
mit einem Genauigkeitsgrade, bei dem erst Grössen von der 4*** Ordnnn^^
an vernachlässiget sind.
Hierbei sind offenbar die Seiten a^ und 6| als einem Dreiecke angehö —
rend zu betrachten, worin die diesen Seiten entsprechenden Gegenwinkel
E E
durch A — — und B — — vertreten sind. Findet sich nun durch eine dex-
obigen ähnliche Bettachtung
stn
17)
(--f)
•^{"-i)
80 liegen a^ und Ci ebenfalls in einem Dreiecke mit den zu denselben gehö-
E E
renden Gegenwinkeln A — -— und C — -- . Da nun die Summe der drei
Winkel
(^_|) + (5_f) + ((7-f) = ^+2»+C-f^
keineswegs 180® giebt, so können auch beide Dreiecke nicht als identiscl^
und am allerwenigsten das eine oder das andere als das fragliche Sehnen -
dreieck betrachtet werden , weil im letzteren Falle doch auch
i£:
l+cotBcolC 1 + cot AcotB
— E '^=^ E
4 4
sein müsste, was nur stattfinden kann, wenn
^ = 90<* ist.
Setzt man nun die Seite aj als bekannt voraus , so finden sich aus 16^
und 17) die beiden andern Seiten:
VI.
5j = a,
,«(o-|)
Diess giebt folgenden wichtigen Satz :
Ist die eine Seite des zu einem wenig gekrümmten Kugel «^
dreiecke gehörenden Sehnendreiecks gegeben, so findet man
die beiden anderen Seiten desselben unter Anwendung de0
Sinussatzes der ebenen Trigonometrie, wennjede der gesucht
Von A. Nagel. 271
ten Seiten mit der gegebenen als einem Dreiecke angehörend
betrachtet werden, worin die Gegenwinkel dadurch gebildet
sind, dass jede^ entsprechende sphärische Winkel nm ein
Viertheil des sphärischen Excesses vermindert worden ist.
Dieser von Herrn Prof. Grnnert in dem 25. Theile seines Archivs
B. 209 zuerst aufgestellte Satz ist jedoch daselbst in einer Weise ausgespro-
chen, wodurch man zu der Meinung gelangen kann, als bekomme^man die
Winkel des Sehnendreiecks einfach durch Verminderung der sphärischen
Winkel um ein Viertheil des sphärischen Excesses. Wohl macht der Herr
STerfasser schliesslich darauf aufmerksam , dass die Summe der drei so er-
laltenen Winkel nicht genau 180® giebt, scheint aber die dabei stattfindende
Differenz von ^E als bedingt durch die Vernachlässigungen bei der Ent-
ivickelang zu halten. Dieser Auffasi^ung kann ich mich aber um so weniger
inschliessen , als , wenn nach der Entwickelung
l+coiBcoiC J\
4 V
sin{A-iE) "^V'
siniB-^^E) ,J^_l+coiCcoiA\
mit einem gewissen Genauigkeitsgrade ist, daraus noch nicht folgt, dass
ftuch
A — iE=A
lind
l + coiB cot C .
« 1 + cotCcotA „
B'-^E^==B ^ — E
mit demselben Genauigkeitsgrade stattfindet, sondern es werden eben nur
anstatt der Sehnenwinkel
andere Winkel
A — ^E und B — ^E
substituirt, deren Sinusverhältniss mit dem Sinusyerhältniss der erstem bis
auf denselben Genauigkeitsgrad identisch ist.
Daher halte ich die oben angegebene Fassung dieses Satzes für die
richtigere, wodurch auch die Analogie desselben mit dem Legendr ersehen
Theoreme keineswegs gestört wird. Der Unterschied ist nur, dass man zur
Berechnung der zwei Seiten des Sehnendreiecks aus der einen gegebenen
zwei andere Dreiecke statt des Sehnendreiecks substituirt, während beim
Lege udre 'sehen Theoreme ein und dasselbe ebene Dreieck die drei
Seiten des sphärischen Dreiecks enthält.
Gestaltet sich nun auch die Berechnung der 'Seiten des Sehnen-
dreiecks nach dem eleganten Satze VL ausserordentlich bequem, so wird
man doch in solchen Fällen nicht Gebrauch davon machen können, in de-
nen es sich nicht allein um die Seiten des Sehnendreiecks, sondern auch
um die Winkel desselben handelt. Ich erinnere nur an die anderweiten Be-
rechnungen des Dreiecksnetzes, die z. B. durch die Verbindung der Dreiecke
zweiter Ordnung mit denen der ersten Ordnung , durch die Coordinatenbe-
stimmung etc. bedingt werden. Dann wird man «bl\«Kd\su|gi^ ^^^^^Oas^^
272 Ueber die Reduction eines sphäriBchen Dreiecks etc.
der sphärischen Winkel auf ihre Sehnenwinkel mit MHfe der Formeln lY.
oder V. vorzanehmen haben.
Was nun den Vorzug der einen vor der anderen derselben anlangt , so
ist zu bemerken, dass man zwar nach den Fa her 'sehen Formeln (IV.)
eine vorhergehende Berechnung des Excesses nicht nothwendig hat, weil
man denselben später durch Addition der gefundenen Excessantheile erhal-
ten kann. Jedoch wird man nie unterlassen , den Excess zur Prüfung der
Richtigkeit der gefundenen drei Excessantheile zu ermitteln *) , und dann
erscheint die Anwendung der Fa herrschen Formeln (IV.) .wegen der vor-
läufigen Bestimmung zweier Dreieckseiten etwas umständlicher als die der •
Grüner tischen (V).
RechnuDgsb ei spiel.
Zur besseren Vergleichung folge hier ein Beispiel , welches aus dem .
in den Jahren 18*28 und 1829 durch Herrn Kiedl v. Leuenstern ausge-
führten Netze an der Grenze zwischen 0 esterreich und Preussen zur Ver-
bindung der österreichischen mit den preussischen Messungen entnommen
ist, und das sich unter anderen in dem im Eingange gedachten Nachtrage
V. Leuenstern's vorfand.
Die gegebene Seite ist (Fig. 47) :
flj = 51766,347 Wiener Klaftern.
Die beobachteten, also mit den Beobachtungsfehlern noch behafteten**),
Winkel sind:
^=14lM3'52"8,
B— 24° 19' 23"0,
C— 14^26' 48 "9,
A+ ß + 6'=l80° 0' 4"7,
mithin der Excess incl. der Beobachtungsfehler
^-f 2:(r) = 4"7.
Für beide Reductionsmethoden würde zunächst E aus der gegebenen
Seite und den auf 180*^ ausgeglichenen Winkeln nach der bekannten Formel
öj* sin B sin C
~ ^ 2E^sinA
zu berechnen sein. Die auf 180° ausgeglichenen und bis auf Secunden ab-
gerundeten Winkel sind
^ = 141° 13' 51"
B= 24° 19' 22"
C= 14° 26' 47"
^+J?-f C = 180° 0' 0".
Zur Rechnung wird für R der Krümmungshalbmesser der Erde für 45°geo-
graph. Breite genommen, nämlich
R = 3366860 Wiener Klaftern;
*) In der That scheint man auch diese Proberechnung in Oesterreich ange-
wendet zu haben.
**) Da im Originalbeispiele die bereits ausgeglichenen sphärischen Winkel ent-
halten waren , so sind hier die Beobachtungsfehler fingirt. *
Von A. Nagel. 273
diese selbst aber mit 5 stelligen Logarithmen geführt, indem letztere für
die grössten Dreiecke ausreichen.
Es ist nun
%^= 5,01340
logB^z=z 13,05187
'""^äÄ^"" 0,96153 — 9
loga^*= 9,42810
log sin B r= 0,61477 — l
log sin C = 0,39703 — l
- log sin A=^— 0,79670 + 1
logE=: 0,60473
E= 4,024,
initliin
£(v) = 4,7 — 4,024 = 0,676.
Jeder der beobachteten Winkel ist nnn um — ^ = 0,226 zu vermindern
3
(wenn eine andere Bestimmung hierüber nicht besteht), um die sphärischen
Wixftkel zu erhalten. Diess giebt bis auf 2 Decinralen genau
^=141» 13'52",58
iP= 24« 19'22",77
C = 14« 26' 48",67
^ + ^ + C = 180« 0' 4",02
Reduction nach Faber.
Setzt man in IV.
oFcoiA b*coiB ^ c*coiC
»0 i«t
E^ = ß + y, E^ = y + a, Ec = tt + ß>
^^^ Bechnang selbst steht nun folgendermaassen :
/o^a = 4,714047
log sin Ä = 0,796702 — 1
'<>«j5i = 0,96I53-9 % ^ = 4,917345 %£j = 4,917345
% 4 = 0,60206 log sin B = 0,614767 — 1 /ogf m C = 0,397035 — 1
^~l = 0^947 — 9 logh = 4,541 112 logc = 4,314370
'8Ä
«o^a« = 9,42810 /o^ 6* = 9,08222 /o^f c* = 8,62874
^adA^=^ 0,09522 log cot B = 0,34486 log cot C = 0,58901
10^^ = 0^35947 -9 /o^;^, = 0,35947 —9 /o(7g^, = 0,35947 -9
togf 0 = 0,88279— 9 to^/J = 0,76655 /o^f y = 0,57722
« = — 7,635 /J = 5,869 y = 3,778
ZtltMlirm f. MftlJMBMlik o. Physik. L V^
274 ie Reduction eines aphärischen Dreiecks etc*
Demiiftcli :
E^^ß + y= 9,647
Eff ^z=; j^ + K izzz — 3,857
E, = ti+ß = — hl6B
E= E^ + Et + K= *'\ö24 wit' ohen.
RcdiictioD nach Grüne rt (V.).
Nach ftpri Formeln V, iet
E^^t + EcotS eoi r; Et, = ^ + ^ eulCri^t A; E,^^ + -CüiJ^Uii B
f * 4 4 4 4 4
Uäher dtD Redmung wie folg^t rJi führen:
% E = 0,60475
% 4 — 0,(K)'2t>6
/ü;/ ^ = 0,00267 % ^ =1 0,00267 % ^ = n,0(ö67
'4 4 4
/o^ ivji JS =1 0,34.406 /im; ro/ C = 0,58901 /o^ ^o/ ./ := 0,09ä^
% Cflf C = 0,58901 log cot A = 0,095St % cö/ ^ = a,;t44*?6
« Jf £
mg^ctUB cftfC= 0,93654 foi/ - e&fCeQtA= 0,68690 % -cotAcüiB^^ 0,44^Tj
■ 4 * 4 4
^ ^o/ B eo/t'= 8,641 ^ rülCr0ljl=— 4,863 — coMco;^= — 17Tä
4 4 '4
« = 1,006 -= 1,006 -= l,W6
4 4 4
J5:« ^ 9,647 ^^ = —3,857 Ec = — 1,766
JS:= JF« + ^^ + ^. = 4",024;
also in vollständiger Ucbereinstimmung mit den nach den Fab er 'sehen
Formeln erhaltenen Kesaltaten.
Nach beiden Rechnungsmethoden ergeben eich daher die Sehnen-
winkel:
^1=141» 13' (52",Ö8 — 9",6o) = 141» 13' 42",93
Ä, = 24» 19' (22",77 + 3",86)= 24° 19' 26",63
C, = 14° 26' (48",67 + r\77) = 14° 26' 50",44
^1 + Ä, + C, =180° 0' 0",00.
Vergleicht man dieselben mit :
E
A— - = 141° 13' 51 ",57,
4
B— ^= 24° 19'2r',76,
4
C— ^= 14° 26' 47",66,
4
^ + ^ + C— 1^=180° 0' 0",99,
80 zeigt sich recht augenfällig, wie man die nach Satz VI. gebildeten Win-
kel keineswegs als die Winkel des Sehnendreiecks ansehen darf.
Vergleichsweise mögen noch die fiechnungen für die Seiten ft, nnd c,
Von A. Nagel. 275
das eine llal unter Anwendung der wahren Winkel des Sehnendreiecks,
das andere Mal nach dem Grün er tischen Satze VI. folgen.
Berechnung unter Anwendung der wahren Sehnenwinkel.
/o^a, =4,7140475
log sin A^ = 0 J967234 — I
log -^ = 4,9173241 log -Af = 4,9173241
sm Ai "^ 51/1 Ai
log sin B^ = 0,6147887 — I log sin fi = 0,3970533 — 1
log 6, = 4,532 1 1 28 log c, == 4,3 1 43774
6, = 34049,663 c, = 20624,214
Berechnung nach dem Grun^rt' sehen Satze (VI).
log ö, = 4,7140475
logsin\A — -- j = 0,7967088 — I
log — /"' = 4,9173467 log —-^1—^- = 4,9173467
sin(A--^j sini^A^^j
log sin (b- -J =0,6147661—1 log sin (c:- ^ j = 0,3970307— I
% 6, =4,5321128 log c, =4,3143774
ft, = 34049,663 c, = 20624,214
wie oben.
XVI.
üeber den vollen Ausfluss des Wassers aus Röhren beim
Durchgang durch Verengungen und den bei dem plötzlichen
üeberspiingen zu dem grossem Querschnitt stattfindenden
Verlust an mechanischer Arbeit
Von Dr. C. Th. Meyee,
Bergverwalter in Niederwürschnitz bei StoIIbcrg in Sachsen.
Xn Nr. 9. des Jahrgangs 1856 der österreichischen Zeitschrift für Berg- nnd
Hüttenwesen (Seite 72) ist von einer der geachtetsten Capacitäten des öster-
reichischen Maschinenwesens ans Veranlassung der Erscheinung des Wer-
kes : „ Die Experimental - Hydraulik. Von Julius Weisbach, Professor
an der Königl. Sachs. Bergakademie. 1855 " die Frage aufgeworfen worden,
ob es nicht richtiger sei , den bei dem plötzlichen Uebergange des Wassers
aus einem kleineren Querschnitt in einen grösseren stattfindenden Arbeits-
18»
276 Ueber den vollen- Aasflass des Wassers ans Röhren etc.
verlast, wenn v die Gesehwindigkeit in kleineren, p, die im grösseren Quer-
scbnitt bezeichnet, durch — - — ^ Qy statt dnrch die Formel ^ — - — — Oy.
welche bisher als richtig angenommen werde , auszudrücken , wenn Q das
Wasserquantum , y das Gewicht einer Cubikeinheit desselben angiebt.
Nr. 13 derselben Zeitschrift enthält eine Entgegnung des Herrn Prof.
Weisbach, in welcher sich derselbe auf mehrere Autoritäten und nament-
lich auf einen Ausspruch Po<ncelet*8 beruft, welcher letztere wieder als
Beweis ein Memoire von Bor da von 1766 anzieht; die Bedaction erklärt
jedoch diese Entgegnung als nicht befriedigend und fordert Fachmänner
auf, sich mit der Lösung der aufgestellten Frage näher zu beschäfltigen. —
Ich glaube hoffen zu dürfen, durch die nachstehende Abhandlung einen
Beitrag zur Lösung der beregten Streitfrage, sowie zur Erklärung des beim
Uoberspringen des Wassers zu einem grösseren Querschnitte stattfindenden
Verhaltens zu liefern, wenn ich auch keineswegs behaupten will, alle sich
anschliessende Folgerungen vollständig behandelt, alle möglichen Einwürfe
bereits im Voraus beantwortet zu haben, zumal meine Verhältnisse die selbst-
ständige Ausführung von Versuchen nicht gestatteten, und ich, insoweit
Erfahrungsresultate in Betracht kamen, lediglich auf die vorhandenen be-
schränkt war. *
Betrachten wir vorerst kurz die Ableitung der beiden Formeln
a) Alle Beweisführungen für die Formel ^— — ^ Qy gehen von dem
Stosse vollkommen unelastischer, fester Körper aus (vergl. Weisbach's
Experimental - Hydraulik S. 75, Desselben Lehrbuch der Ligenieur- und
Maschinen - Mechanik 2. Auflage S. 243, Artikel „Ausfluss" von Demselben
inllülsse's Maschinonencyclopädio S. 495, H. Schefflcr's Principien
der Hydrostatik und Hydraulik S. 156 und 167 des 1. Bandes etc.); es sind
die Gesetze des Stosses unelastischer fester Körper meist ohne weitere,
hinreichende Erklärung auf den Stoss des schneller Hiessenden Wassers ge-
gen das langsamer sich bewegende des grösseren Querschnitts der Röhre
angewendet. — Dass beim Stosse vollkommen unelastischer Körper der
Gesammt Verlust an Arbeit ^^ — - — ^—G beträgt, wenn ein Körper vom Ge-
wichte G mit der Geschwindigkeit v gegen eine unendlich grosse Masse trifft,
welche mit der Geschwindigkeit v^ ausweicht, ist richtig und kann in dieser
Beziehung unmittelbar kein Einwurf gegen obige Formel erhoben werden,
wenn auch wohl zu beachten ist, dass der Verlust des stossenden Körpers
keineswegs ^^ — - — ^C, sondern G beträgt und dass der Gesammt-
verlust nur dadurch auf den kleineren Werth ^ — ^ — ^ G herab gezogen
wird, dass, wenn sich auch die Geschwindigkeit des gestossenen, unendlich
grossen Körpers nicht angebbar ändert, der Gewinn an Arbeit desselben
=^ 00 . 0 doch nicht gleich Null zu setzen ist , sondern dem Wertbo
^^ ^^— ^ G entspricht. — Dagegen wird man die Beseitigung folgenden
Von Dr. C. Th. Meyer. 277
erheblichen Einwurf» verlangen können , ehe die Ableitung obiger Formel
als richtig zu betrachten ist. £s kann nämlich noch nicht als bewiesen an-
gesehen werden, dass man die Gesetze des Stosses unelastisclier fester
Körper ohne Weiteres auf den Stoss des Wassers gegen entgegenstehende
Flächen (welche auch von langsamer fliessend cm Wasser gebildet werden
können) übertragen könne ; der Stoss flüssiger Körper ist so sehr von dem
fester Körper in seinen Principien verschieden , dass eine derartige lieber-
tragung meiner Ansicht nach eine sorgHiltige und in s Einzelne eingehende
Motivirung verlangen würde. Wohin solche gezwungene Uebertragungen
führen, geht deutlich daraus hervor, dass man sich genöthigt sieht, das
Wasser einmal als vollkommen elastischen, das ändert Mal als vollkommen
unelastischen Körper zu betrachten; es wird durch dergleichen Inconse-
qnenzen eine nicht zu rechtfertigende Unsicherheit in die Lehre der Mecha-
nik gebracht. Ich will hier nicht weiter darauf eingehen , die Unzuträg-
liehkeit zu zeigen , die Stossgesetze fester Körper auf flüssige übertragen
so wollen ; bei jeder Vergleichung kommt man gar bald auf Widersprüche,
die theils dutch den Mangel an hinreichender Cohäsion des Wassers, theils
dadurch bedingt werden, dass der Gewinn des gestossenen Wassers an me-
chanischer Arbeit = ^ ^^— ^ Qy unbemerkbau^erloren gehen soll, theils
widersprechen selbst Fälle, in welchen man mit Recht die Formel
— Qy als richtig erkennt; kurz man gelangt sehr bald zu der Ueber-
zeugung, dass eine derartige Beweisführung als Unzureichend angesehen
werden muss. Die von Poncelet angezogene Abhandlung von Borda,
welche wahrscheinlich in den Mem, de VAcad, de Paris 1766 enthalten ist,
konnte ich leider nicht erlangen , es scheint aber nach dem erwähnten Aus-
spruch von Poncelet, dass in derselben der Stoss fester Körper ebenfalls
nun Anhalten genommen ist , so dass ein als richtig anzuerkennender Be-
weis für die Formel ^ — - — ^ Qy dann ebensowenig in ihr 'gefunden wer-
den kann.
b) Die 2. Formel — - — - Qy gestattet eine sehr einfache Ableitung.
Die mechanische Arbeit des Wassers im kleinem Querschnitt der Röhre be-
trägt — »Qy^ nach dem plötzlichen Uebergange beträgt die vorhandene
Arbeit desselben Wasserquantums nur noch -~-öy; es hat somit ein Ar-
beitsverlust = — ' Qy stattgefunden.
Betrachtet man die Einfachheit und Klarheit der Ableitung der 2. For-
mel ond dagegen die Gezwungenheit und Unsicherheit des Beweises für die
erste Formel, so wird man sich unbedingt geneigt fühlen, die 2. Formel fllr
rich^ anzuerkennen, und dürfte es sonach wohl nicht unwichtig und über-
flüssig erscheinen , näher auf diesen Gegenstand einzugehen , die Richtig-
keit der bisher gebrauchten Formel — - — *-- . Qy darzuthun und den Grund
zu zeigen, weshalb die 2. Formel unrichtig ist; es ist bei ihrer Ableitung
278 lieber den vollen Äusfluss de« Wassers aus Röhren etc.
der Umstand unberücksichtigt gelassen , der die Geschwindigkeit v bedingt
und bei dessen Beachtung sie sogleich mit der ersteren Formel zusammen-
fällt. —
In allen Fällen , bei denen ein Ueberspringen des Wassers ans einem
kleineren Querschnitt zu einem grösseren stattfindet,- wie z. B. bei dem Äus-
fluss durch kurze Ansatzröhren , bei dem Uebertritt des Wassers aus einer
engeren Röhre in eine weitere oder beim Durchgang des Wassers durch
besonders eingesetzte Verengungen in Röhren etc. , besitzt dasselbe in dem
engern Querschnitt eine grössere Geschwindigkeit, als man nach der dispo-
niblen Druckhöhe unter gehöriger Berücksichtigung der Druckhöhenver-
luste erwarten sollt6 , und liegt die Frage sehr nahe , wie es möglich ist,
wenn auch nur auf eine gewisse Zeit, dem Wasser eine mechanische Arbeit
mitzuthcilen , die die aufgewendete zu tibersteigen scheint und die in sehr
vielen Fällen sogar grösser ist, als die der ganzen vorhandenen Druckhöhe
entsprechende Arbeit. Bringt man an das Wasserreservoir R (Fig. 48) die
Röhre ^ an, so wird , nimmt man keine Rücksicht auf die Druckhöhen Ver-
luste, das Wasser mit der der Druckhöhe h entsprechenden Geschwindig-
keit V = j/'2gh ausfliesscn ; stösst man aber an A noch die weitere Röhre B
an , so fliesst bekanntlich bei vollem Ausflusse mehr Wasser als durch A
allein aus , so dass alscÄlie Geschwindigkeit im Rohre A eine grössere als
y^gh ßein muss; es besitzt sonach das Wasser im Rohre A eine grössere
mechanische Arbeit, als der vorhandenen Druckhöhe entspricht. — Soviel
mir bekannt, ist bis jetzt noch keine gründliche Erklärung dieser jeden-
falls auffälligen Erscheinung gegeben worden , und doch hängt grade das
richtige Verständniss des Vorgangs bei plötzlichen Querschnittsveränderun-
gen des Wassers und somit die Alcitung der Formel für den bei solchen
stattfindenden Arbeitsverlust eng mit diesem Verhalten zusammen.
Bei der folgenden Betrachtung der bei plötzlichen Quersclmittsverän-
derungen eintretenden Verhältnisse werde ich den bereits angedeuteten Fall
zum Anhalten^ nehmen, dass das Wasser aus einem grossen Wasserreservoir
ausströme und dass die Ausflussrölire B vom Querschnitt -F, durch die engere
Röhre A vom Querschnitt F mit dem Wasserbehälter verbunden sei; alle
andern Vorkommnisse von plötzlichen Querschnittsveränderungen , als die
durch die Contraction der Wasserstrahlen oder durch Verengungen in Röh-
ren, durch Schieber, Klappen u. a. hervorgerufenen, lassen sich sogleich
auf vorliegendes Beispiel zurückführen. — Um die Beweisführung nicht
unnöthig zu compliciren , habe ich bei Aufstellung der Theorie von allen
durch die Reibung des Wassers in den Röhren, durch Contraction etc. her-
beigeführten Druckhöhenverlustcn abgesehen und angenommen, dass der
Äusfluss ohne solche und nur modificirt durch den Verlust an Arbeit, welcher
sich bei dem plötzlichen Ueborgang aus der grösseren in die kleinere Ge-
schwindigkeit ergiebt, stattlinde. Die Ursache, dass das AVasser in der
Röhre A eine grössere als die der vorhandenen Druckhöhe entsprechende
Geschwindigkeit besitzt, glaube ich in einer theilweisen Aufhebung des
Atmosphärendrucks an der Mündung der Röhre A in die Röhre B suchen zu
müssen*); um diese Grösse wird der auf die Oberfläche des Wassers im
*) Dass der Luftdruck als wirkende Ursache anzusehen sei, folgert schon
H. 15 uff (I'ojrgcnd. Annalen der Pliysik und Chemie, IS30, 4(). Band, Seite 241), und
eine, ilhnlic-he Erklärunj^ findet sich in Mül 1 e r-Pouille t's Lehrbuch der Physik
und Meteorologie.
Von Dr. C. Th. Meyer. 279
Reservoir wirkende Atniospbäreudruck überwiegend und vermehrt die Druck-
böhe Ä, 80 dass die Geschwindigkeit v des Wassers in A nicht nur von Ä,
sondern von h + Druckhöhe einer der Aufhebung des Atmosi)h;irendruck8
entsprechenden Wassersäule abhängt. Diese Ansicht soll im Folgenden
näher begründet und ihre Richtigkeit nachgewiesen werden.
TriflFt ein Wasserstrahl mit der Geschwindigkeit v eine ebene , mit der
Geschwindigkeit r, ausweichende Fläche (s. Fig. 49) , so geht das Wasser
mit der Geschwindigkeit v — v, an derselben hin (Weisbach's Lehrbuch
der Ingenieur- und Maschinen - Mechanik, 2. Auflage, S. 632 u. f.), während
es die Geschwindigkeit v^ mit der gestossenen Fläche gemeinschaftlich be-
sitzt; hierbei übt das Wasser auf die Fläche einen Druck Qy aus,
9
oder verrichtet eine mechanische Arbeit ^ —■ - Qy. Die der Geschwin-
9^
digkeit v — ü, entsprechende Arbeit -^ — - — ^ Q y geht verloren, die Arbeit
~ Qy entspricht der Geschwindigkeit »j, die das Wasser mit der Fläche
gemeinsam hat, und man erhält ganz richtig:
L_li.Jß,+ L_jIöy + _^öy=-öy,oder
Ein ganz ähnliches Verhalten findet nun bei dem plötzlichen Uebergang
des Wassers aus einem kleineren in einen grösseren Querschnitt statt. Der
aas der Röhre A (Fig. 48) mit der Geschwindigkeit v kommende Wasser-
strom trifft das in B befindliche , den Querschnitt -F, ausfüllende und mit
der Geschwindigkeit », fliessende Wasser, stösst also gegen eine mit der
Geschwindigkeit », ausweichende Wasserfläche. Die Geschwindigkeit v geht
durch diesen Stoss in v^ über , während sich der Wasserstrahl gleichzeitig
mit der Geschwindigkeit v — v^ nach den Seiten ausbreitet und Wasserwir-
V ■
bei bildet. — Die mechanische Arbeit — ^ Q y behält hiernach das Wasser
und gelangt mit solcher zum Ausfluss, die Arbeit ^— - — ^-^Qy geht durch die
Wasserwirbel verloren, die Arbeit -^^ — gy dagegen bringt einen
2^
Druck ^ ^ Qy auf die mit der Geschwindigkeit r, entweichende Wasser-
fläche hervor. Dieser Pruck wirkt dem Atmosphärcndruck auf die Ausmün-
dang entgegen und vermindert denselben in Bezug auf das durch A aus-
fliessende Wasser , so dass die Geschwindigkeit v desselben nicht blos von
der Druckhöhe A, sondern noch von der Druckhöhe einer Wassersäule ab-
hängig wird, welche dem Drucke ^^ — Qy entspricht. Dem Drucke
iv — Pf)
-"* ^ Qy gegen die Fläche F^ entspricht aber eine Druckhöho
1 Tollea Aüfifluea des Waseere aus Itöhren etc.
es irird somit j Geschwindigkeit (^ von der Dmckböhe A + -^^^ ^-^
ab] ! ssea,— Prüfen wir nun, um die Hielitigkeit oder Unrich-
teilten Theorie naclizuweiseü , ob die GesÄtumtdruckUöhe
A -j- i — -i aneli wirküeli im Stande ist, die Geschwindigkeit v^ gleich i?
ff
in der Verbindungs röhre Ä zu erzeageu, ob mau f« mcht > oder <Cp er-
( 1^ — i^i ) Pi
hält. — Die d L>ruckhöhe A + ^ ^^—^ ents2>Techende Ausflussgeschwin-
digkeit i?o ergiebt sich
Es ist aber, um A in i\ auszud \u *
h
1
insofern der durch den ^'^^ en Arbeits verlust ^^ — Oyhe-
dingte Drnckliöhenverlust — oet; , während — die der Ge^chwln«
digkeit i\ eni Iglich ^
A=^ + ^-
* + »* — 2ffi*|
2£? 2*/ 3^
Snbstituirt man diesen Ausdruck für h in obige Gleichung , so erhält man :
«^0=^ 2^( \^ ^+ g 7 = /V+P*- 2rt;,+2pt;,-2 V=r.
Die Geschwindigkeit » in der Verbindungsröhre A ist also wirklich
gleich der durch die Druckhöhe h + ^ ^^ erzeugten Geschwindigkeit,
und wird hierdurch die Richtigkeit der zu Grunde gelegten Erklärung des
Vorgangs bei dem Ueberspringen des Wassers aus einem kleineren Quer-
schnitt zu einem grösseren hinreichend bestätigt. —
Die Arbeit ^^ ^^—^ Qy des aus A austretenden Wasserstroms wird
g
also verwendet , um erst die Geschwindigkeit t; in ^ zu erzeugen, geht mit-
hin n i c h t wie die Arbeit ^ — - — ^öy verloren, und somit folgt, dass nur
die Formel ^ — — ^ Qy als Arbeitsverlust bei dem plötzlichen üebergang
des Wassers aus einem kleineren in einen grösseren Querschnitt anzuneh-
men bt.
Bei Ableitung der oben angegebenen 2. Formel — - — - Qy fiir den
Arbeitsverlust bei den in Bede stehenden Querschnittsveränderungen des
Von Dr. Q. Th. Meyee. 281
Wassers ist, wie bereits früher angedeutet, nicht berücksichtigt, dass ein
Theil der Arbeitsdifferenz ( ~- j Qy zur Erzeugung der grössern Ge-
schwindigkeit t' in dem Verbindungsrohre A erforderlich ist und verwendet
wird , and zieht man die zur Erzeugung der Vergrösserung der Geschwin-
digkeit v erforderliche Arbeit ^ ^-^Oy von — - — -Qy ab, so findet
man wieder den Arbeitsverlust gleich
"^-'"Qy-^'-'^^'^Oy^^'-'^^Oy.
Nach Aufstellung und Begründung der Theorie wollen wir nächst ein-
seinen speciellen Fällen die wichtigsten sich anschliessenden Folgerungen
in Betracht ziehen , theils um einigen leicht zu erhebenden Einwürfen zu
begegnen , theils um die Theorie selbst durch das Entlehnen als richtig an-
erkannter oder anzuerkennender Folgerungen zu befestigen.
1. Der Verlust an mechanischer Arbeit beim plötzlichen Uebergange
des Wassers aus einem kleineren zu einem grösseren Querschnitt wird, wie
wir gesehen haben, durch die entstehende Seitengeschwindigkeit v — v^ und
die durch dieselbe hervorgerufene Wirbelbildung bedingt. Es lässt sich da-
her voraussetzen , dass dieser Verlust kleiner werden muss , wenn man die
Wirbelbildung vermindert, und dass derselbe ganz auf hören wird , wenn
man solche ganz verhindert, welcher Fall eintritt, wenn man das Wasser
allmählich ans der Geschwindigkeit v in die kleinere rj überführt , wie Fi-
gur 60 zeigt. Jede Wasserschicht trifft bei dem Uebergange mit einer nur
unmerklich verschiedenen Geschwindigkeit die vorhergehende Wasserfläche,
wodurch der Arbeitsverlust ^ — - — ^ Qy aufgehoben wird , während im Ge-
"g
gentheil der die Geschwindigkeit in A bedingende Gegendruck gegen den
Atmosphärendruck zu einem Maximum steigt, wie folgende Rechnung er-
giebt. Die Arbeit, welche das Wasserquantum Q verrichtet, indem es
durch Stoss aus einer Geschwindigkeit o: iii die Geschwindigkeit o? — dx
fibergeht, ist, der Formel ^^ ^^—^ jpy entsprechend , Qy, folglich
die gesammte Arbeit beim allmählichen Uebergange aus der Geschwindig-
keit 9 in Ti
• V
»1
,;t _ ^t Qy
welcher Arbeit bei der Geschwindigkeit v^ der Druck — und eine
Pruckhöhe = — - — - entspricht.
Da femer das ganze Arbeitsvermögen , welches das Wasser verliert,
j,t ^ f
indem es aus der Geschwindigkeit v in Vj übergeht, — - — - Qy beträgt,
eine gleich grosse Arbeit aber zur Vermehrung der Geschwindigkeit in A
verwendet wird , so folgt der effective Arbeitsverlust für den Ausfluss
V
282 Ueber den vollen AuBflnss des Wassers aus Röhren etc.
-Öy-^'^'öy = o,
2y ' 2g
Es bleibt uns nur noch zu zeigen, dass auch für diesen Fall die Geschwiu
digkeit v in Ä^^et um — vergrösserten Druckhöhe entspricht.
Die der Druckhöhe h H entsprechende Geschwindigkeit r^ ist
Es ist aber , da ein Arbeitsverlust nicht stattfindet , h = •—- , folglich^ wird
Po = y2g^ — v,^ + v* = v.
2. Betrachten wir nun den speciellen Fall , wenn an das Rohr B eine
3. Ansatzröhre C stösst (Fig. 61), welche wieder enger als B ist; auf die
.beim Uebertritt des Wassers aus B nach C stattfindende Contraction wird
natürlich nicht Rücksicht genommen werden. — Die Geschwindigkeit des
Wassers in A sei wieder durch p, die in B durch &| und die in C durch r,
bezeichnet. — Der beim Uebertritt des Wassers aus A nach B stattfindende
Arbeitsverlust beträgt nach dem Früheren -^ — - — —Oji die mechanische Ar-
beit dagegen, welche durch den Druck auf die gestossene Wasserfläche aus-
geübt wird, ^^ ^^ £)y. Diese Arbeit ^ —^ Qy wird nun einestheils
verwendet, um dem ausflicsscnden Wasser die Geschwindigkeit r, mitzu-
thcilen , andernthcils um den entgegenstehenden Atmosphärendruck theil-
weiso aufzulieben und dadurch die zur Erzeugung der Geschwindigkeit v
in A wirksame Druckhöhe zu vergrössern. — Die Arbeit, welche das Wasser
aufnimmt, indem es aus der Geschwindigkeit i\ in r, übergeht, beträgt
,, « jjt
Oy, folglich bleibt die zur Vergrösserung der Geschwindigkeit in A
mittelbar aufgewendete Arbeit
welche Arbeit einer Druckhöhe = entspricht, so dass mit
lg ^
hin ü von der Druckhöhe h H abhängig ist. — Prüfen wir
*g
.schliesslich wieder, ob wirklich die der Druckhöhe h A ^ — ' '-
entsprechende Geschwindigkeit Vq = der Geschwindigkeit v ist. Es wird
folglich, da bei dem stattfindenden Arbeitsverlust ^^ ^t^y> /< — - —
2^ 2g
Von Dr. C. Th. Meyer. 283
= -^ und somit ^ = ' ^ 1 ^ ist,
3) Es ist angenscheinlich , dass der volle Ausfluss durch B (Fig. 48),
da solcher nach Obigem durch den Dru<ik der Atmosphäre vermittelt wird,
auDiören muss, wenn die gleichsam als Kraft übertragendes Medium die-
nende Luft gar nicht oder in nicht hinreichendem Masse vorhanden ist,
d. i. wenn der Ausfluss im luftleeren oder luftverdünnten Kaume stattfin-
det, und es bleibt daher zu ermitteln, wie tief der Atmosphärendruck sin-
ken kann , ura noch vollen Ausfluss als möglich erscheinen zu lassen.
Bei plötzlicher Querschnittsveränderung, wie in dem durch Fig. 50
verdeutlichten und schon mehrfach behandelten Falle, ist der auf den Quer-
/„ * \
schnitt Fl von B wirkende Druck = -^ ^öy» welchem eine Druckhöhe
9
^ ^^ entspricht. Derselbe wirkt dem Atmosphärendruck entgegen
und vermehrt somit die Druckhöhe für die Geschwindigkeit des Wassers in
der Röhre A vom Querschnitt F um ^lll^iil*. Diese Vermehrung an Druck-
9
höhe wird nur so lange stattfinden können, als der Atmosphärendruck selbst
(v — »,) Tj
noch einem Drucke von der Höhe einer Wassersäule = ent-
9
spricht, und giebt daher -^^ ^^ das Minimum an, bis zu welchem eine
Verdünnung der Luft stattfinden kann , ohne den vollen Ausfluss zu ver-
hindern.
Es ist nun aber
folglich wird das Minimum des Atmosphärendrucks gemessen durch die
Höhe einer Wassersäule
■"• ; :: TW — ^t
9 . ,+
(f-O
Sinkt der Atmosphärendruck unter diese Grenze herab, so wird der volle
Ausfluss durch B aufhören müssen, und das Wasser nur durch A mit der
Geschwindigkeit }/2gh voll ausfliessen. Bei Bestimmung died.es Gronzwer-
thes ist vorausgesetzt, dass, wie auch bereits zu Anfang angVgeben, von
allen Arbeitsverlusten ausser dem durch die plötzliche Quersci^nittsvorän-
derung selbst herbeigeführten Verluste abgesehen wird.
e Reduction einee sphäriachen Dreiecks etc.
■ sphäris n Winkel auf ihre Bebnenwinkol mit HHffe der Formeln IV j«
oaer V- roia^u nehmen haben* ^
Was nun den Vorzug der einen vor der anderen derselben anlangt , so
ißt zu bemerkoD, dass man zwar nach den Faber'echen Formeln (IV*)
eine vorhergehende Berechnung des Excesses nicht noth wendig hat^ weil
m denBGlben später durch Addition der gefundenen Excessantiieile erhal-
L kann* Jedoch wird man nie unterlassen, den Excpss znr Prüfung dör
:htigkeit der gefundenen drei Exceasantlieile zu ermitteln*), und dann
-■-scheint die Anwendung der Fa herrschen Formeln (IV.) .wegen der vor
figen Bestimmung zweier Dreieckseiteu etwas umsUtndHeher als die der*
[in ort' sehen (Vj.
RechnuDgsbeispieK
Zur besseren Vergleichung folge hier ein Beispiel, welches aus dem.
in den Jahren J 828 und JB-19 durch Herrn Riedl v, Leuenatern ausge-
führten Netze an der Grenze zwischen 0 esterreich und Preussen zur Ver-
bindung der Ksterroichischen mit den preussiscken Messungen entnoraraen
ist^ und das sich unter anderen in dem im Eingange gedschton Nachtrage
V. Leuen st ern'a vorfand.
Die gegebene Seite ist (Fig. 47) :
Äj = 51766,317 Wiener Klaftern,
nie beobachteten, also mit deo BeobacLtuagsfehlernnoch behafteten*»),
rinkel Bind:
^=i4P Jd' Ö2"8,
B~ 24» 19' 23 "0,
C= 14° 26' 48 "9,
^+^ + 6^=1800 0' 4"7,
mithin der Ezeess incl. der Beobachtungsfehler
^+ 2:(f;) = 4"7.
Für beide Rednctionsmethoden würde zunächst E ans der gegebenen
Seite und den auf 180° ausgeglichenen Winkeln nach der bekannten Formel
„ «1* sin B sin C
'^ 2R*sinA
zu berechnen sein. Die auf 180® ausgeglichenen und bis auf Secunden ab-
gerundeten Winkelsind
^ = 141» 13' 51"
B= 24' 19' 22"
C= 14<>26' 47"
A+B + C — 180^ 0' 0".
Zur Rechnung wird für R der Krümmungshalbmesser der Erde für 45® geo-
graph. Breite genommen , nftmlich
Ä = 3 366860 Wiener Klaftern ;
*) In der That scheint man auch diese Proberechnung in Oesterreich ange-
wendet zu haben.
**) Da im Originalbeispiele die Bereits ausgeglichenen sphärischen Winkel ent-
halten waren , so sind hier die Beobaohtang«fehler fingiri. *
^rV
Von Dr. C. Th. Meter. 285
5(5-')^
"5
F
j£A _^
y
ferenzialqaotientei]
- a,> $(7-')>^
und durch Nullsetzen dieses ersten Differenzialqaotienten :
F.
und hieraus — == 3.
/^
Beispielsweise ist
^^ 5 = >i ^ =p=^^2jÄ= 1,34 . . . j/2^
„ ~ = 2, r=^?/2^= 1,414... ^^^2^
„ ^ = 3, » = p=/27Ä=I,34.../2^
Die im Vorstehenden abgeleitete Folgerung, dass bei Verdünnung der
Luft bis zu einer gewissen Grenze der volle Ausfiuss aufhören müsse , ist
in ihrer Allgemeinheit bestätigt durch die Versuche von Hachette, ver-
gleiche Artikel „Ausfluss" von Professor Weisbacb in Hülsse^s Ma-
schinenencyclopädie 8. 500, sowie durch die Versuche von H. Buff, siehe
Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, Bd. 46, S. 240.
Der volle Ausfluss durch B wird aber nicht.nnr in dem bisher betrach-
teten Falle, d. i. beim plötzlichen Uebergang des Wassers aus einer
grossem in eine kleinere Geschwindigkeit, unter entsprechender Luftver-
dünnung aufhöret! , sondern auch dann , wenn das Wasser allmählich seine
Geschwindigkeit verliert, vergl. Fig. 50, und dieses Verhalten müssen wir
noch kurz betrachten. — Die die Geschwindigkeit t; in ^ vermehrende
Dmckhöhe beträgt bei einer allmählichen Querschnittsveränderung, wie
f^ I, t
wir bereits gesehen haben , — - — ^ , somit wird der Atmosphärendruck
V* — V.*
nicht unter ff^ = — Wassersäule sinken dürfen, wenn voller Ausfluss
p
durch B erhalten werden soll. Nun ist aber t? = -^ t;,, », = }/2gh^ folglich
t'esnltirt das Minimum des Atmosphärendrucks für den vollen Ausfluss
&^ = — ~" * =M -JJ — ijh Wassersäule. Diese Formel giebt
für 5=1 ^0 = 0,
286 Ueber den vollen Ansfluss des WasBera ans Röhren eto.
F
« ji^^^» ^« = 3A, .
»» ^^^^» iro = 8Ä,
„ — = 4, J70 = 15A,
etc. , und man ersieht hieraus , dass in dem Torliegenden FaUe der volle
Ansflnss durch B bei eintretender Lnftverdttnnong weit eher als beim plöts-
lichen Ueberspringen des Wassers gestört wird.
4) Da der volle Ausfluss durch die Bohre B auf hSrt , wenn der At-
mosphärendruck im Verhältniss sur Druckhöhe im Wasserreservoir an ge-
ring wird , wie in 3) näher betrachtet, so wird dasselbe Verhalten auch ein-
treten müssen , wenn umgekehrt bei gleichbleibendem Atmosphlrendrudk
die Druckhöhe eine gewisse Gkense überschreitet.
Bei dem in 3) suerst abgehandelten Falle eines plötslichen üebergangs
des Wassers aus einer Geschwindigkeit in die andere (Fig. 84) wird der
volle Ausfluss durch B aufhören milssen , wenn , bezeichnet man den durch
die Höhe einer Wassersäule gemessenen Atmosphärendruck durch JI^ die
sur Vermehrung, der Geschwindigkeit in A erforderliche Druckhöhe
(i!-:::i^^grösfcristals^.
9
Nun habpn wir gefunden
{V — P|)t^i_
"(5-)
• ■+(5-)'
folglich wird das Maximum h^ der Druckhöhe, bei welcher voller Ausfluss
stattfindet, bestimmt durch die Gleichung
und man erhält
A.=
<5-)
JF
Diese Function giebt für -j = 2 ein Minimum , nämlich An = jj, so dass
also bei diesem Qnerscbnittsverbältniss der volle Ausfluss durch B bereits
bei einer Drnckböho aufbort , die dem Atmosphärendruck gleich ist.
Beispielsweise erhält man
Von Dr. C. Tn. Meyeb. 287
F
„ ^ = 2, h, = H,
„ 5 = 3, A, = |^,
F
„ -p=15, Ä|| = 7,5...ir,
Auch dieses Verhalten nimmt in seiner Allgemeinheit H. Bnff in dem
oben erwähnten Aufsatz, Poggcndorff's Annalen der Physik und Chemie,
Bd. 46, an, sowie dasselbe bereits von Nävi er in Ärchilectiire hydranUque
t>€ir Belidor, avec des notes et addilions par M. Navier, Paris 1819, T. I, P. 294
einer näheren Betrachtung unterworfen worden ist.
Bei allmählichem Uebergange des Wassers aus dem kleinern in
^en grössern Quersschnitt (s. Fig. 60) erhalten wir als Maximum der Druck-
liiihe für den vollen Ausfluss
H
Diese Formel giebt
für
(1
)'-
5=t.
A- = V^.
5=i
hn = iff,
5=«.
A. = t^,
5=^
h, = lß,etc.,
Bo dass also selbst für nicht sehr grosse Druckhöhen der volle AusfliAs
4urch B bei allmählicher üeberführung des Wassers unmöglich ist, aller-
dings unter Nichtbeachtung der Druckhöhenverluste durch die Reibung in
den Röhren etc., durch deren Berücksichtigung , wie wir später sehen wer-
den , sich die angeführten Maassverhältnisse nicht unwesentlich ändern.
Nicht ganz unwahrscheinlich dürfte es sein, dass, wenn die Möglich-
keit für den vollen Ausfluss ohne Arbeitsverlust nicht mehr geboten ist, der
zuerst betrachtete Fall eines plötzlichen Ueberspringens eintritt oder sich
herstellen lässt, bis auch das fiir diesen geltende Maximum der Druckhöhe
für den vollen Ausfluss überschritten wird.
6) Bei den gewöhnlichen Ansatzröhren (vergl. Weisbach*8 Inge-
nieur- und Maschinen - Mechanik , 2. Auflage, S. 519 u. f., sowie Desselben
£xperimental - Hydraulik) bildet der contrahirte Wasserstrahl die Röhre A,
288 üeber den vollen AnsfluBs des WaBaers ans Röhren ete.
~injL-nni — i nj-n — u-^t^ — -^-"' — — «•^ — - — -■~ — -- — — -^^ — »-ini- i-t ''i~i~innnninnn.njarnjVTJTj'LJxn-ru'i-n.rijTjrtrü
Bei Yollkommner Contraction ist der Querschnitt des contrahirten Strahles
= (0,8)* des Querschnitts der Ansatzröhre B = 0,64 ^i ; es berechnet sieh so-
mit die Ausflussgeschwindigkeit (yergl. S.79 der angesogenen Experimental*
Hydraulik) •
'^•+(5-). '+(ö^-0
für welchen Werth aber Versuche nur OySl&j/¥gh ergeben haben, theik
weil schon jeder contrahirte Wasserstrahl nicht gans die theoretische Ge-
schwindigkeit besitzt, theils weil die Beibang an der Röhrenwand einen
Verlust an mechanischer Arbeit bedingt. Die Geschwindigkeit in dem con-
trahirten Querschnitt beträgt hiemach v = --^ = l-yöö V| , d. i. iheoretiseh
= 1,36 j/%gh, effectiv = 1,57 j/^.
Die Dmckhöhe, bu zu welcher der Atmosphftrendruck sinken kann,
ehe der Yolle Ausfluss aufhören muss, wird nach 3) durdi eine Wasserslaie
gemessen von der Höhe
,_»(5-')
man erbSlt daher für den ▼erliegenden Fall
ff. = f^ (i=0,855Ä ;
und umgekehrt wird der volle Ausfluss nach 4) ebenfalls unmöglich werden,
wenn die Druckhöhe h im Wasserreservoir die Höhe
überschreitet , d. i. wenn die Druckhöhe h mehr als 40,5 dresdn. Fuss oder
11,47 Meter oder 36,6 preuss. Fuss beträgt.
Da jedoch bei dieser Berechnung die theoretischen Geschwindigkeiten
vorausgesetzt sind, so werden sich die erhaltenen Zahlwerthe eflectiv etwas
anders gestalten , wie auch nachstehende Rechnung zeigt.
Die Formel für das Minimum des Atmosphärendrucks
SA
1 +
(^■)"
geht, nennt man das Verhältniss des efiectiven zum theoretischen Q^schwin-
digkeitscoefficienten, d. i. j^—- = 0,9345 = % über in
U,of ^
Von Dr, C. Th. Methb,
(5-)
2A
+(§-)■
insofern dann
«'i = 9> 2/ -
ügh
ist , und es ergiebt sieb
Hf, = 0,8733 X 0,8546Ä = 0,746Ä.
Denselben Wertb erbält man natürlich, berechnet man Hq nach der For-
mel J5ro= \ wenn man für v = 1,27 j/^gh, für t», = 0,815 j/Jgh
einführt. — Am einfachsten dürfte es aber sein , folgende Formel in An-
wendung zu bringen, die nur von dem Geschwindigkeitscoefficienten
9 =0,815 Gebrauch macht: Es ist
Ho = , aber Vi = <py2gh^
daher
^T vorliegenden Fall erhält man
ff. = ü. 0,815« (^ - l j Ä = 0,747 Ä.
^<^ Maximum der Druckhöhe, bei welcher noch voller Ausfluss stattfindet,
^« « findet man unter Berücksichtigung der effectiven statt der theoretischen
"^^schwindigkeiten
Ä„ = • 7-= T oder Ä„
v(9-') ■ v($-.)'
^ide Formeln geben für 9 = 0,9345 oder (p = 0,815
Ä« = 1,34 ir= 46,4 dresdn. Fuss = 13,14 Meter.
Wird bei der Einmündung der Ansatzröhre in das Wasserreservoir ein
Diaphragma eingesetzt (vergl. S. 546 der bereits mehrfach angezogenen In-
genieur- und Maschinen - Mechanik von Prof. Weisbach), so werden sich
^^Q Formeln für das Minimum des Atmosphärendrucks und das Maximum
i^r Druckhöhe bei gegebenem Atmosphärendruck, um noch vollen Ausfluss
^^ gestatten , folgend gestalten :
Bezeichnet o den Cbntractionscoefficienten, F den Querschnitt der Oeff-
i^Uug des Diaphragmas und F|, wie bisher, den Querschnitt der Ansatz-
'^hre, 80 wird der Querschnitt des stossenden Wasserstrahls = a/*, und es
^Tgiebt sich , nennt man , wie bereits oben angegeben , das Verhältniss des
affectiven zum theoretischen Geschwindigkeitscoefficienten (nicht daaV^x-
Z«itMlirift f. Mathematik u. Phytik. 1. \^
Q vollen Auefliis» dos Wasaers nu» Röhren etc.
miss d. iTfin Geschwindigkeit zu der der Dnickhöli*^ cntsprecli*»n^
^escb keil, weldjae eben den Geschwind igkeitÄCOcfficicntro 9
= ¥-
"(.4-)
1+
(f>-)'
(
a köuaen wir wieder zu Ofii aonebmeu (obgleich dieser Werth eigentUcli
F
bloa für das Verhältniss -^ =^ l im Mittel bei den gewabolicbon Dlm^ii'
BTöbren riehti? ist. tnsofnm derselbe bei kleinerem QiiPr^
i] l _ ^ miitisen wir dagegen zu folgeti*
***.* xmt iiiBBi'e *-, Li«nr nemi da wir nur den in W eisbacb*i
^ ^6, tlurcb a bezeicbncten Wertb»
»eze lehnen wüllen, oder den Wi-
•'=^V-tIH-V'-.
Sffft
dtth<>r
1
^=.
oder, führen wir den Widerstandscoefficicnten l ein,
. -^(f>-')'
Für das an der erwähnten Stelle in Weisbach's Mechanik berechnet^
F
Beispiel , bei welchem — - = ^^ angenommen und daher «i =0,606 zu setze ^^
Fi
ist, erhält man g?'=: 0,8784, und es folgt dann
H, = 0,8784 . -^^^ ~ h = 0.75 Ä.
Einfacher gelangt man auch in dem vorliegenden Falle zum Ziel« , inden^^
man die Berechnung von q) umgeht und die Bestimmung von i?« durch di^^
Formel fff^ = Üq>* f —^—ij Ä bewirkt. Den Werth für g> findet maa an^
d^m inWeisbach*s Mechanik S. 546 angegebenen Widerstandscoefficien^— —
ten f durch q> = j/ oder 9*= —j-j,j da r, = tp^^gh^ aber auc""
Von Dr. C. Th. Meyeb. 291
= ^^^ bt. Für obiges Beispiel wird q>* = = 0,211 . . ., und so-
yi -j- f I + 3,74
mit erhält man wieder
^•=^•'•^"(0-;^-') *="'''*•
Das Maximum der Druckhöbe für den vollen Ausfluss ergiebt sich den
obigen Formeln entsprechend
K-
oder einfacher
».= «
F F
Für -^ = 10 oder =-=0,1 ist nach Weis bach's Mechanik, 2. Auflage,
Jb ^1
S. 646 {[=231,7; hieraus folgt
i^d somit
<»• = = ! = 0,004297 . .
^ 1+t 1 + 231,7 "'""*'^'-
2.0,004297 (--1)
6) Es dürfte ein Widerspruch gegen die Erfahrung scheinen, dass wir
F
"* 5) bei dem Querschnittsverhältniss -^^^^^ wenn wir unter F nicht den
^Otrahirten Querschnitt, sondern die Oeffnung des Diaphragmas verste-
k Fl
^^tx, Am = 1,34 ZT und bei dem Querschnittsverhältniss — = — , A„ = 7,96^
Fl 10
S^^fonden haben, w&hrend doch bekanntlich der volle Ausfluss desto schwie-
'^ger herzustellen und zu erhalten ist, je enger die Oeffnung des Diaphrag-
^^ im Verhältniss zum Querschnitt der Ansatzröhre ist, so dass man sogar
^i kurzen Ansatzröhren keinen vollen Ausfluss mehr erlangt, wenn das
VUerschnittsverhältniss zu klein wird. Nichts desto weniger ist in dieser
"^^liatsacbe kein Einwurf gegen die aufgestellte Theorie enthalten , da die
abgehandelten Verhältnisse des vollen Ausflusses erst eintreten, nachdem
^^rselbe durch ein zufälliges Ueberspringen des Wassers oder durch eine
^ Erzielung desselben getroffene Vorkehrung u. a. (vergl. H ü 1 s s e ^ s Ma-
^binenenejclopädie , Artikel „ Ausfluss ", S. 494 und 502) hergestellt wor-
^^ ist. Dass bei weiten Mündungen und bei verhältnismässig kleinen Oeff-
^^gen des Diaphragmas der volle Ausfluss weniger leicht und zum Theil
S%T nieht hervorgebracht zu werden vermag, findet seine Erklärung einfach
^^rin, dass in beiden Fällen ein Eindringen der äusseren Luft weniger leicht
^^hiadert werden kann , und aus demselben Grunde ergiebt sich auch, wie
^i« Adhäsion des Wassers an der Röhrenwand Einfluss auszudb^Ti ^«tm%j^.
292 lieber den vollen Ausfluss des WasBers aus Röhren eto«
In der Adhäsion oder einer Anziehung der Ansatzröhre die Erklärung des
ganzen Phänomens des vollen AnsfiuBses fachen in wollen (Artikel „Am*
floss^S S. 499 und 494) ist jedenfalls unrichtig, wie bereits S. 497 des ange-
zogenen Aufsatzes von Prof. Weis b ach angegeben; die Adhftsioa hat blos
auf die leichtere oder schwierigere Herstellung, auf die Vorbedingungen
£influ8s. Dass aber auch die auf Seite 497* gegebene Erklärung als nicht
genügend betrachtet werden muss, bedarf keines weiteren Beweises, indem
solche nicht nur an und für sich zu unbestimmt gehalten ist, sondern auch
die vergrösserte Geschwindigkeit in dem engern Querschnitte nicht erklärt.
Viel specieller geht Navier in dem bereits angezogenen Werke ArckiiecL
hydraul. par Belidor, Nouv. Sdit. T. L Pag. 293 und 294 auf die bei Ansats-
röhren eintretenden Verhältnisse und namentlich auf das Minimum des At-
mosphärendrucks und das Maximum der Druckhöhe für den vollen Ausfluss
ein; doch ist seine Formelableitung nicht genug begründet, daher er aach
auf grössere Werthe kommt, sowie dieselbe ebenfiüls ganz von de^ Erklä-
rung der grösseren Geschwindigkeit in dem engeren Querschnitte absieht
7) Sind die Verengungen in Röhren angebracht (Fig. 52) welchen FaU
wir seiner Wichtigkeit halber noch besonders betrachten wollen , so werden
durch die eintretende , unvollkommene Contraction die in ö) abgehandelten
Verhältnisse einige Modificatibnen erleiden. — Den Contractionscoef&cien-
ten er müssen wir in diesem Falle , da ein anderes , sicheres Anhalten nicht
geboten ist, der Tabelle XVII., S. 74 der „Versuche über die unvollkom-
mene Contraction des Wassers etc., von Julius Weisbach. Leipzig 1854"
entnehmen; den Geschwindigkeitscoefficienten 9, ^^ den Durchgang durch
die Verengung können wir nach der auf derselben Seite ausgeführten Zu-
sammenstellung = 0,96 setzen. Da sich nun unter Berücksichtigung dieser
Coefiicicnten a und q)^ die Geschwindigkeit v^ des ausfliessondcu Wassers
nach der Formel
v.^j/'-
'igh
berechnen lässt (vergl. die lety.tangpzogeno Schrift S: 97 und Woisbach's
Ex pori mental - Hydraulik S. 81) , öo folgt :
._"(-(Ä-)'-(^-').'i-.)
■(Ä-)
F
Für das Verhtiltniss ~ = J = 0,75 findet man in der angegebeneu Tabelle
o = 0,817, und führt man diesen Werth in obige Formel ein, so ergiebt sich
Ä„ = J,19^.
Auf ein genaueres Resultat führt die Rechnung durch Einführung der Wi-
derstandscoefficienten in dieselbe, insofern die Richtigkeit obiger Coeflfi-
cienten , da solche nicht für die in Rede stehenden Verhältnisse beobachtet
und abgeleitet wurden, auch nicht als ganz sicher anzunehmen ist, während
für Verengungen in Röhren die Widerstandscoefficienten den Beobachtun-
gen entsprechend in Weisbach*8 Mechanik S. 547 anj^egeben sind. Be-
zeichnet 9) den Gofiiclnvindigkeitscoefficienten, welcher das Verhältniss der
Von Dr. C. Th. Meyer. 293
effectiven Geschwindigkeit r, zur Geschwindigkeit ausdrückt, welche der
Drnckhöhe h entspricht, so dass also Vi — g? Y^gh ist, so giebt die Gleichung
,_{v — v,)v _
i'f-'h-
Ä=(A_,)^.5J.,
aus welcher folgt
«.= "
^•(5-0
Xun ist aber tp* = ■ , wenn t den Widerstandscocflicienton bezeichnet,
dcüier
F
F'tlr -. == 0,76 findet man auf der angezogenen Seite 547 t=^ 0,5435, und
»^tzt man nun noch o = 0,817 wie oben voraus, so erhält man ä„ = 1,22^7.
• 8) Bedeutenden Einfluss wird auf die Höhe Ä„ natürlich noch der Rci-
l>Ya.ng8wider8tand des Wassers in den Eöhren ausüben, da durch denselben
^i^ Geschwindigkeit je nach den gegebenen Verhältnissen mehr oder we-
i^l^er beträchtlich vermindert wird. Das Maximum der Druckhöhe für den
tollen Aasflnss ergiebt sich unter Berücksichtigung des Röhrenreibungs-
^Widerstandes, da sich die Geschwindigkeit des Wassers durch
^^
^^«timmt, wenn f, wie oben, den Geschwindigkeitscoefficienten für den
^««chwindigkeitsverlust beim Durchgang durch die Verengung und fj den
^Qibungscoefficienten bezeichnet, durch die Formel
An =
'(5-)
^iese Formel gestattet nun aber keine sofortige Bestimmung von ^ , da £;
^1^ von der Geschwindigkeit des Wassers in den Röhren und somit von
^ abhängig ist; eben so wie v^ nur durch mehrfaches Einsetzen eines immer
'^chtiger werdenden Coefficienten bestimmt werden kann, so wird man auch
JUr Berechnung von ä„ für jeden einzelnen , vorliegenden Fall ein annä-
•^emdes Verfahren einzuschlagen haben. Man muss die Höhe ä« als gege-
^Qn betrachten und berechnen , ob für diese specielle Annahme ein voller
Ausflnss stattfinden wird oder nicht. Z. B. die Röhren tour habe 150' Länge
294 lieber den vollen Auaflnss des Wassera aus Röhren etc.
nnd 5 Zoll lichte Weite preoss. MaaBS*), die flbrigen Verhiltiiiste seien
wie in dem nnter 7) berechneten Beispiele, d. i« «r = f • Setien wir Torerst
eine Drnckhöhe yon 49' yoraos, welcher nngefihr eine Geschwindigkeit
Yon 20' nnd somit nach Weisbach's Mechanik 3. 533 ein Coef&cient
1^ = 0,0183 entspricht , nnd berechnen, um nns von der Bichtigkeit der Yor-
ausgesetzten Geschwindigkeit von 30' zu überzeugen,
so ergiebt aLch
/
I + 0,5435 + ^^^0,0183
die Anwendung des Coefficienten 0,0183 ist somit richtig, und es wird dem-
nach
1 +0,5435 + ^^^^ . 0,0188
■ = 6,4ir = 314 preuss. Fuss.
^\3. 0,817 7
Man ersieht hieraus, dass für eine Druckhöhe vcto 49' der YoUe'Ausflns^v
noch nicht gestört wird, doch ist der Werth 6,4 J7 keineswegs als das genäu^^
Maximum der Druckhöhe für den vollen Ausfluss zu betrachten, wenn leis —
teres auch unbedingt in die Nähe der berechneten Druckhöhe fallen wird ^
es ist 6,4-^ offenbar etwas zu gross. Nehmen wir, um ein sichereres An- — -
halten zu erlangen, die Druckhöhe =210' an und führen die Bechnung
von Neuem durch. Einer Druckhöhe von 210' wird unter den gegebenen
Verhältnissen un«;efähr eine Geschwindigkeit von 40' entsprechen, für
welche wir, da uns directe Angaben über den dieser Geschwindigkeit zu-
gehörigen Coefficienten fehlen, die Coefficienten bei grösseren Druckhöhen^^^^^^
aber wenig von einander abweichen , in Hinsicht auf die bereits angezo ' "
gene Tabelle 0,016 als Coefficienten anzunehmen berechtigt sein werden.^ — '
Die Rechnung giebt für diese Werthe :
7,906 ][/2TÖ
150 . 12
5435 -I . 0,016
5
42,5'
so dass also die Annahme des Coefficienten 0,016 (wenn solcher einer Gre
schwindigkeit von 40' entspricht) gerechtfertigt ist. Fär Ä„ findet man dam
1,5435 + i^?^ 0,016
Äa =ir. — = 5,78^= 190 preussische Fuss.
Bei 210' Druckhöhe wird also kein voller Ausfluss mehr stattfinden
'^) Es ist preuss. Maass angenommen, um die Umrechnung zu vermeiden, da di
CoefficientenUbelle inWeisbach^s Mechanik solches voraussetet.
Von Dr. C. Th. Mbyeb, 295
doch ist 190' als Maximum der Druckhöhe zu klein, ebenso wie 310' zu
gross war; nur soviel ist bestimmt, dass dasselbe zwischen 190' und 910'
liegen muss und jedenfalls 190 und einige Fuss betragen wird.
Das Maximum der Druckhöhe für den vollen Ausfluss ist in dem eben
berechneten Falle ziemlich gross , dagegen wird solches bedeutend herab-
gezogen werden, wenn durch eine weitere Röhrentour die Geschwindigkeit
in einem geringeren Grade vermindert wird , wie nachstehendes Beispiel
deutlich zeigt.
Die Länge der Köhrentour betrage 144' preuss. , die lichte Weite sei
15 Zoll. Für eine Druckhöhe = 144', eine Geschwindigkeit == 40' und so-
mit den Eeibungscoefficienten = 0,016 , erhält man
7,906 /Üi 94,872 _^W2_. «.
"" j/,,5436 + ^.^6~^*''*'' + •■««••'" '•"* ~ '' '
Für eine Geschwindigkeit von 50' ist nach den oben angeführten Gründen
der Eeibungscoefficient = 0,015 anzunehmen und dann wird
94£2^_94|72_
* j/3^b' 1,82
h^ orgiebt sich nun nach Feststellung des Coefficienten i^ == 0,015
1,5435+1,7280
hu = Ii . — g- = 2,6 Ä = 8o,4 preuss.
Bei 144' Druckhöhe findet sonach unter den gegebenen Verhältnissen kei«
voller Ausfluss statt. Führen wir daher , un^ das Maximum der Druckhöhe
für den vollen Ausfluss näher zu bestimmen , die Rechnung für eine Druck-
höhe von 100' nochmals durch. Es lässt sich aus obiger Berechnung leicht
folgern, dass einer Druckhöhe von 100' eine Geschwindigkeit von ungefähr
42' bis 43' entsprechen müsse, so dass also £^ = 0,016 einzusetzen ist, und
man erhält für diesen Werth
„ 1,5435 + 1,8432 ^„„ _ ,
K = B. -^ -^ = 2,7 Zr= 88,5' preuss.
Also auch bei 100' Druckhöhe findet noch kein voller Ausfluss statt,. viel-
mehr ist das gesuchte Maximum der Druckhöhe auf 90 bis 95 Fuss bq
setzen.
Betrachten wir nun noch, welche Wassermenge unter Annahme des
vollen Ausflusses bei letztgenanntem Beispiele ausfliessen müsste, und wie-
viel Wasser wirklich ausfliessen wird. Wie bereits bisher geschehen, müs-
aen wir auch in dieser Berechnung die bei geringeren Druckhöhen beobach-
teten Coefficienten für die grösseren Druckhöhen anwenden , da besondere
Angaben über letztere fehlen. — Die Geschwindigkeit des ausfliessenden
Wassers lässt sich unter Berücksichtigung der vorstehenden Rechnung leicht
zu 1^ X 51,2' = 42,7' ausmitteln; der Querschnitt fasst 1,2272 D', daher gäbe
der volle Ausfluss ein Wa^erquantum von 52,4 C Der Ausfluss durch die
nur \ . 1,2272 D', also 0,9204 D' haltende Mündung Fgiebt dagegen, setzt
man voraus, dass die Reibungshindernisse dieselben bleiben, sich also die
Verengung ziemlich zu Ende der Röhrentour befinde , und nimmt man, wie
bisher , den Contractionscoefficienten a = 0,877 , den Geschwindigkeitscoef-
296 Ueber den vollen AubAuss des Wassers aus Röhren etc.
ficientea = 0,96 und daher den diesem Geschwindigkeitsverlnst entspre-
chenden Widerstandscoefficienten {;= — — 1=0,08624, sowie femer, da
man eine Geschwindigkeit von ungefähr 50' voraussehen kann, den Bei-
bungscoefficimten {;, == 0,015 an , die Geschwindigkeit
7,904/TÖÖ ^^.^
j/i + 0,08624 + 115,2 . 0,015
und man erhält das effective Wasserquantum
= 0,9204 . 0,817 . 47 C ' = 35,4 Cuhikfuss-
Dieses efYective Ausflussquantum wird, wenn der Ausfluss nicht in die freie
Luft, sondern unter Wasser stattfindet, welches Verhältniss in Fällen der
Anwendung am meisten vorkommen dürfte, noch dadurch etwas vermin-
dert, dass dann der Ausflusscocfficient nach Weisbach*s „Versuche über
die unvollkommene Contraction des Wassers", S. 80, \^% kleiner ausfällt
und demgemäss auch der Geschwindigkeitscoefficient kleiner in die Rech-
nung einzuführen ist.
9) Aus den vorstehenden Beispielen ist sogleich ersichtlich, dass das
Maximum der Druckhöhe für den vollen Ausfluss bei Maschinen, welche
unter hohem Druck arbeiten, wie Wassersäulenmaschinen, Hochdrucktur-
binen etc. Einfluss erlangen kann, und dass daher für diese Maschinen die
entwickelte Theorie nicht ohne praktische Wichtigkeit sein dürfte. Na-
mentlich ist dieses Maximum auch deshalb zu berücksichtigen, da, wird
solches überstiegen und fliesst das Wasser durch die OefPnung F in das sich
vor der Mündung F aufstauende Wasser (s. z. B. Fig. 53) , der Verlust an
mechanischer Arbeit bei dem Uebergange aus dem kleineren Querschnitt
F in den grosseren F, nicht mehr ^ jpy, sondern — - — - Qy zu setzen
ist, so dass dann selbst bei scheinbar vollem Ausfluss die 2. der Eingangs
behandelten Formeln für den Arbeitsverlust in Anwendung kommt.
Dieses Verli;ilten ist ferner nicht nur bei der Anwendung, sondern
auch bei der Bestimmung der Widerstandscoefficienten für den Ausfluss un-
ter hohem Druck nicht unbeachtet zu lassen , denn fehlt es auch überhaupt
noch an Versuchsresultaten und Krfahrungswerthen für hohen Druck und
sind solche grösstentheils erst noch zu bestimmen, so ist es doch für den
Experimentator wichtig, bei den Versuchen eine richtige Theorie vor Augen
zu haben und die Vorgänge klar zu überschauen, die er durch Zahlenwerthe
normiren will. Ueberschreitet die Druckhöhe das für den vollen Ausfluss
geltende Maximum, so wird der Widerstandscoefflcient plötzlich einen viel
grösseren Werth erhalten, wenn man den Eintritt des gleichsam frei aus-
strömenden in das verstauende Wasser (wie z. B. in Fig. 5:^) nach Art des
vollen Ausflusses behandeln will, was für gewisse Verhaltnisse der Ein-
fachheit und Gleichförmigkeit halber nicht unzweckmässig sein dürfte.
Beachtung bei praktischen Ausführungen und Untersuchungen dürfte
das Vorstehende um so mehr verdienen, als dia durch Schieber, Hähne,
Klappen und Ventile hervorgebrachten Verengungen bekanntlich nach dem-
selben Princip als die in Obigem angenommenen Verengungen wirken und
die durch erstero hervorgebrachten Druckhöhenverluste auf ähnliche
AVeise zu betrachten und zu behandeln sind, wenn auch durch die Vcr-
Von Dr. C. Tu. Meyer. 297
schiedenartigkeit der Verengnngeu mehr oder weniger Modiücationen ein-
treten.
lO) Werfen wir zum Schlüsse dieser Abhandlung noch einen Blick auf
die aufgestellte Erklärung des vollen Ausflusses durch eine theilweise Auf-
hebung des Atmosphärendrucks oder gleichsam Uebertragung des Druckes
durch die Atmosphäre zurück, so dürfte es zur weiteren Begründung nicht
anzweckmässig sein, Beispiele anzuführen, bei denen eine solche Ueber-
tragung, wenn auch unter etwas verschiedenen Verhältnissen, ebenfalls
stattfindet und bereits als richtig anerkannt wird.
I . An das Gefläss Ä (Fig. 54) stosse eine engere, vertikale Röhre B^ so
wird, beträgt die gesammte Druckhöhe h ohne Berücksichtigung der Druck-
höhenverluste, das Wasser bei vollem Querschnitt (nachdem der volle Aus-
fluss nöthigenfalls hergestellt worden ist) mit der Geschwindigkeit v = yigh
ansfliessen. Dieselbe Geschwindigkeit hat natürlich das Wasser im gleich-
grossen Querschnitt ¥ und doch beträgt für denselben die Druckhöhe blos
h — Ä,. IJer Grund, dass das Wasser bereits im Querschnitt F eine grössere
Arbeit besitzt , als der Druckhöhe h — h^ entspricht , ist einfach darin zu
suchen, dass die unter F befindliche Wassersäule den Atmosphärendrnck
in Bezug auf den Querschnitt F zum Theil aufhebt, um einen der Druck-
höhe A| entsprechenden Druck vermindert, so dass nun die Geschwindigkeit
in F bedingende Druckhöhe nicht blos h — Äj , sondern h — Ä| + Ä| = Ä
mrird.
3. Beträgt im Gefässe A die Druckhöhe h^ und bezeichnet H die den
Atmoapbärendf uck messende Höhe einer Wassersäule , so wird , wenn der
Zutritt der Luft in die Bohre B verhindert ist , der volle Ausfluss so lange
stattfinden, als ^o + ^>^ i»t vorausgesetzt, dass v die Geschwindigkeit
des Wassers in der Röhre B bezeichnet und der Druckhöhenverlust beim
Uebertritt des Wassers aus A nach B nicht berücksichtigt wird; vergl.
H ü 1 8 8 e ^ s Maschinenencycloplädie , Artikel „ Ausfluss ^S S. 580. Auch in
diesem Falle tritt also eine Vermehrung des Wasserdrucks um den Atmo-
sphärendruck durch die entgegengesetzte Aufhebung desselben ein ; warum
sollte man nicht berechtigt sein, den vollen Ausfluss des Wassers beim
Durchgang durch Verengungen auf eine Weise zu erklären, welche mit der
Erklärung der eben angeführten Beispiele bis auf den Unterschied , dass
der dem Atmosphärendruck entgegenstehende und denselben zum Theil
oder ganz aufhebende Druck nicht durch eine Wassersäule , sondern durch
einen von dem bewegten Wasser hervorgebrachten Gegendruck gebildet
^wirdy vollkommen übereinstimmt!
A^
xvn.
TTeber die Totalreflexion an der Oberfläche doppelt
brechender Krystalle.
Von M. H, DE Senabmont*).
§ ^
X/»e Gestalt^ welche die LicLtwellen bei ihrer Fortp Ho nzuiiör in doppelt
btocheuden Mittclu aimchDicti, ist lientigeu Tages in »Ilen ilireu Einzelhei-
ten eine ao bekannte Sache ^ dasa ea weuig von der IJoppelbrecbung^ aU^
hängige Erecheinuögen giebt, deren geometrische Gesetze man nicht im
Voraus mit Hülfe der Fre^^nersehen Tiieorie beatimnit hätte,
Untersuchungen dieaer Art sind zu einem Exerctttum in der Aiialyi&U
geworden, wozu ein Jeder sich «eine eignen mehr oder minder elementHren
Methoden bihlen kann« und aut^U das irn Folgenden behandello Problem
würde nicht mehr als jedes nndere eine besondere Erwähnnng verdienen,
wenn es nicht zu einfachen, praktisch ausführbaren Folgerungen führte,
sowie zu einem ganzen System von Exjjerinienten, welche eine Art graphi-
scher Darstellung der bezeichnendsten ^Eigenschaften der Wellenfläche dar-
bieten.
§•3.
Jeden gewöhnlichen Lichtstrahl, welcher einen Krjstall trifft, kann
man als zusammengesetzt ansehen aus zwei rechtwinklig zu einander pola-
risirten Bündeln, von denen das eine den ordentlichen, das andere den.
ausserordentlichen Strahl hergeben muss.
Diese beiden Bündel richten sich nun beim Eindringen in das krjstal-
linische Mittel nach verscbiedenen Gesetzen. Ist dieses Mittel ein weniger
brechendes als dasjenige nicht kristallinische, aus welchem die Bündel aus-
treten , so gelangen diese nicht zugleich an die Brechungsgrenze , welche
der Totalreflexion unmittelbar vorausgeht, sondern jedes derselben erreicht
sie unter einer anderen Incidenz.
Es wird demnach auch jedem derselben eine bestimmte und gesonderte
Iris der Totalreflexion entsprechen.
In dem Folgenden sollen die Bedingungen der Bildung und die Gestalt
der irisirenden Bogen und einfallenden Strahlenkegel, deren Basis jene
bilden , bestimmt werden, wenn die Strahlen von einem Punkte aus ausser-
halb des Krystalls divergiren und wenn dieser Krystall von einer ebenen
Fläche begrenzt wi^d.
♦) Journal de Mathematiques p. lAouviUe, Aout 1856, p. 305.
lieber die Totalreflexion etc. Von M. II. de Sknakmont. 299
§.3.
Optisch einaxige Krystalle.
Sei V die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts in dem Mittel ausser-
halb des Xrjstalls, bedeuten a' und 6* die HauptelasticitUtscoefficienten pa-
rallel und senkrecht zur optischen Axe, O die Neigung der optischen Axe
xur Normale auf der brechenden oder Eintrittsfläche ; die Axe der X mag
mit dieser Normale gleichgerichtet sein, die Axe der 1^ in dem Hauptschnitte
liegen und die Axe der Z senkrecht auf diesem Schnitte stehen; seien femer
/«, m«,, iio,/^, me,n^ bezüglich die Winkelcoordinaten der ordentlichen und
ausserordentlichen Strahlen, L^, Moy No^ L,, M^, N, die Winkelcoordinaten
der entsprechenden einfallenden Strahlen : so hat man zuvörderst nach dem
Srechungsgesetz des Cartesius (oder vielmehr des Snellius) zur Bestim-
mung der Richtung des ordentlichen Strahles
cos Ho cos Nc sin Lo v
cos lo cos Lo ' sin /<, b '
ferner mit Berücksichtigung der Gesetze der Doppelbrechung von Hujghens
und der Polarisation von Malus, und wenn man zur Abkürzung
^ = o* m' d + b* ros* O, J9 = (ft« — a*) sin O cos O
seist , snr Bestimmung der Bichtung des ausserordentlichen Strahles :
cos n, a* cos Ng
cosh ~{Av*—Ai^cos^N^ — ^b*cos'M,)^'
cosm, a^b^cosN^ B '
cos h ~ A{Äf^ — Äa^co^N^ — a* 6* cosM,)i ^ '
^nd , weil bei eintretender Brechungsgrenze für den einen wie für den an-
dern Strahl
sin* /o = l » cos* /ir = 0
ist, znr Bestimmung der Bichtung der einfallenden Strahlen, welche dieser
Srscheinung entsprechen :
V* cos* Lo + ip'—b*) cos* Mo + iv* — b*) cos* N^ = 0,
V* cos* X, + (»• — ^) cos* M, + (v*—a*) cos* N, = 0.
Von diesen Strahlen sind demnach die ersteren auf der Oberfläche eines
Sevolntionskegels vertheilt, dessen Umdrehungsaxe die auf der brechenden
Pläche normal stehende Axe der ^ ist; die anderen liegen auf einer Kegel-
fläche zweiten Grades , deren Hauptaxen dieselbe Normale und die beiden
anderen Coordinatenaxen sind.
Verbindet man die beiden vorstehenden Gleichungen durch Subtraction,
so wird dem Besultate
b* coff ^coffM + {a* sin* ^ + b* co^ &) cos* N~0
nur durch
cos* d = 0 und C05* JV= 0
Genüge« geleistet. Diese Kegel haben demnach nur ihre Mittelpunkte mit
einander gemein, wenn anders die brechende Ebene der optischen Axe nicht
parallel ist, in diesem Falle haben sie in dem Hauptschnitte zwei Erzeu*
302 lie Totftlretlexion an der Überfliiche ete.
^. CO** / ggj'm €0^ n
3)
^ roÄ JL r (:os l g cos ^__ r cof ff» q cos v__ ^ <•<>* n
Anstatt im*D die allgemeineu und sehr verwit^kelten Formeln anzuwen-
den, welche die Abli^ingigkeit der RielUung eines einfallenden Strahls von
der Kit;htung der gebrochenen Strahlen aui^drückcn, wallen wir uns begiiii-
gen , die geometrische Construction , welche die Richtung dieser gebroche
nen Strahlen in dem besondev "" " " " i der Eintritts ebene zurück-
bleiben ^ bestimmt, in die Spracixe der aip- ^u übersetzen.
Man nehme heispielij weise die 1 lenda Ebene normal ^ur F-Äx
der mittleren Elasticität an und es sei li^ ur der EinfallsebeDc indlcs^
Eintrittsehene. (Fig. 55.) t2t man :== v, zieht PA senkrecht 21
ÖP, legt hierauf durch ^ "" an die Well enfläehe» deren^^"^^
Mittelpunkt 0 ist und t hrungapnnkten, so hat maiL-^E^
im Allgemeinen den doppeu il construirt«
In dem vorliegenden b< e; s aber jeder derselben gana^s^^
in der Eintnttsebene verblei oen, ea mubovu u^ininach (weil die Grösse Üf^^^^^'
zwei verschiedene Wcrthe hat, indem die lucide.nz für Strahlen, welche an^*^^*^
die Grenze der ordentlichen und der ausserordentlichen Brechnng gelan-^
gen , nicht dieselbe ist) zwei Grade wie PK selbst Tangenten zur Wellen- —
fläche oder zu den Durchschnittscurven derselben mit der brechenden -^^-«i
Ebene sein.
Die Gleichungen der Durchschnitte der Wellenfl&che mit einer zur "^*
Axe der F normalen Ebene erhält man nun, wenn man in der Gleichung 1) ^^
cos fi == 0 setzt. Die Gleichungen dieser Durchschnittscurven sind demnach ^^
^« = 5«
l co^X cos^v
Für die kreisförmige, den ordentlichen Strahlen entsprechende Durch-
schnittscurve , deren Gleichung
4) ^• = ft«
ist, fällt die Normale OP mit dem nach dem Berührungspunkt gezogenen
Badiusvector zusammen und man hat daher als Gleichung des geometrischen
Ortes der einfallenden Strahlen
oder
5) (v^ — b^){co^L + cos'N) + v^cos*M=0.
Bezüglich der elliptischen Durchschnittscurve, deren Gleichung
Von M. II. DE Senarmont. 303
1 co^l
-« c*
Q
ist , seie« q>, cos i , cos t/; Coordinaten des Punktes P. Da nun OP die Spur
der Einfallsebene ist, so hat man
cos L = sin Mcos%, cos N=sinM cos ^.
Die Gleichung der Tangente KP ist
1 cos 1 cos X . cos ib cos v
— + — „. —
Qq> c a'
und die Gleichung der Normale OP zu dieser Tangente
cos% cos^il; '
cos l cosv
^U8 dieser , sowie aus den vorhergehenden Gleichungen ergiebt sich
m = l/c* CO«* 2 + a* CO*" -1«; == -7-^
^nd für die Gleichung des geometrischen Orts der einfallenden Strahlen
6) {v^ — c") cos" L + iy" ''(^)co^N+ v*co^M=0,
Von den Gleichungen 5) und 6) ist die erste die eines Revolutionske-
^els mit einer zur Eintrittsebene senkrechten Umdrehungsaxe , die andere
die Gleichung eines Kegels zweiten Grades , dessen Gestalt noch näher zu
bestimmen ist. Verbindet man die Gleichungen beider Kegel durch Sub-
traction , so ist das Resultat
7) (6« — c»)cos*X+ (6« — a«)coÄ*iV=:0
die Gleichung zweier Ebenen, welche durch die Axe der mittleren Elasti-
cität und durch die wahren optischen Axen (Axen der inneren koni-
schen und der äusseren cylindrischen Brechung) hindurch gehen. Die Ke-
-^el ö) und 6) haben demnach vier gemeinschaftliche Erzeugungsgraden, von
denen je zwei in derselben Ebene enthalten sind , welches auch übrigens
der Werth von t^ ist, d. h. welche Gestalt auch der Kegel zweiten Grades
laben mag.
Die Neigungen der die Kegel erzeugenden Graden gegen ih^e Axe
sind in den Azimuten der Hauptschnitte bestimmt durch
Der Kegel zweiten Grades hat eine elliptische Basis , wenn
er redneirt sich auf zwei Ebenen , welche parallel zur Axe der 2C und sym-
metrisch gleiehgeneigt zur Axe deif Y sind , wenn
290 Ueber den vollen Ausfluss des Wassera au» Röhren etc.
hlltniss d€r effectiven Geschwindigkeit äh der der DruckhciliR entsprechen^
den Geschwindigkeit, welches eben den Geschwind tgkeitscoefiidenteii ^
giebl) = <p :
1+
&-)■
er können wir wieder zu 0,64 annehmen (obgleich dieser Werth eigentlich
P
B für das Verhältnis^ -^^=1 im Mittel bei den gewöhnlichen Dirnen-
r
zröhren richti^^ i«t, insofern derselbe bei kleinerem Qner-
ll^Ka*^J nrn /n mi Kj^c+J^nmeD müj^scn wir dagegen zu folgen-
^ ü^niwicKeln .rt nenmen, dft wir nur den tn Weiibacli*s
*' HP- ^ 5^ durch a bezeichneten Werth,
eze lehnen wollen, oder den Wi-
■/::Tlh^'=y':
dalicr
oder , führen wir den Widerstandscoefficicnten f ein,
. -^(f>-)'
'-—TR
Für das an der erwähnten Stelle in Weisbach's Mechanik berechnete
F
Beispiel , bei welchem — • = -^g- angenommen und daher a^ =0,606 zu setzen
ist, erhält man 9' = 0,8784, und es folgt dann
H, = 0,8784 . 7°;^* ;,- Ä = 0,75 h.
Einfacher gelangt man auch in dem vorliegenden Falle zum Ziele , indem
man die Berechnung von q> umgeht und die Bestimmung von H^ durch die
Formel J5ro = 29*(-~ — IJÄ bewirkt. Den Werth für g> findet man aus
djpm in Weisb ach' s Mechanik 8. 546 angegebenen Widerstandscoefficien-
ten t durch q> = j/ oder 9* = r^^t' ^^ ' ' ^^ T^V^Q^j ^^^^ ^^^^
Von M. H. DE Senarmont. . 305
{v* — €*) {cos' L + cos* M) + v*cos'N = 0,
(/♦• — &') cos* L + (r» — «*) cos* M + v* cos* N = 0,
In gleicher Weise giebt die Bedingongsgleichung für den Durchschnitt bei-
der Kegel unmögliche Werthe; ebenso findet sich, aass der Kegel zweiten
Grjrades ganz innerhalb des Hevolutionskegels (so lange letzterer vorhanden
ist.) liegt; dass er eine elliptische Basis hat und noch mit dem Hevolutions-
Icegel coexistirt, wenn
d^m^ss er ohne den Kevolutionskegel , der inzwischen imaginär geworden ist,
l>c^«teht und dabei noch elliptische Basis hat, wenn
d«t.«8 er in- zwei der X-Axe parallele und zur Z-Axe symmetrisch gleich-
st ^neigte Ebenen übergeht, wenn
V*=b*',
d s^^s er endlich eine hyperbolische Basis erhält , wobei die grosse Axe der
^^^.yperbel mit der F-Axe zusammenfallt, wenn
§.9.
Steht die brechende Ebene senkrecht auf der Axe der mittleren Ela-
^^^cjität, so giebt es gewisse Ausnahmefälle, unter welchen sich die Be-
^^^:igang für die Brechungsgrenze modificirt. Hierüber ist folgendes zu be-
^^rkcn.
Die sogenannten Nabelpunkte der Wellenfiäche sind in der brechenden
^l>ene enthalten. Da man durch einen solchen Punkt eine unendliche
^^nge verschiedener Tangentialebenen an diese Fläche legen kann, so ist
^^^h den in §. 6. gegebenen Bemerkungen klar, dass einem und demselben
^^t)rochenen Stri^le eine unendliche Menge von Einfallsebenen , und folg-
^'^l eine eben so grosse Menge von Einfallsstrahlen entsprechen. Die Rich-
^<ig dieser letzteren soll nun bestimmt werden.
Die Nabelpunkte sind aber die Durchschnittspunkte des Kreises, des-
*^^ Gleichung
^^cl der Ellipse , deren Gleichung
1 co^ k cos* V
\ Q* ei* a*
^jHr die nach den Nabelpunkten gerichteten Radienvectorcn gelten daher
^*o Bedingnngsgleichungen
Q*'^b*',
^a* — b* o , . a*b*—c*
*«tzt man diese Werthe in den Gleichungen 3) ein und lässt vorläufig der
Einfachheit wegen die Doppelzeichen unberücksichtigt (wobei man also nur
^Hen Nabelstrahl in Betracht zieht), so erhält man
ZeiUchrin f. Mathematik u. Physik. 1. ^0
J
t die Totalreflexion an der OberflfLche etc.
r— - =— - / (a* — c*) («' — ^'l eö# f,
— ^'=-,^i;/(a»-.')(6«-c^}
eo« fl
IQ«
8)
fr fr A^ — i,^ fr /fr< — ^,
eo9tt^
cösn.
Damuä ergSebt sich unter zwei TorscbiedenPti Formen für die Glcieha^ ng
der KögclflticIiO' wnlühft von den Riclituiiffen der FortpflaiiznugsgescLw^^n-
digkeit» die in i
gebildpt wird:
XI
, co$ t -
9S! —
y
u r^ «' — '^^
^ -cösn\ = Q,
Nimmt man aber die Richtungen der inneren Fortpflanzungsgeschwindig^^^®^*
als gegeben an , so kann man daraus leicht die Richtung der äusseren Fcr:=^rt-
pflanzungsgeschwindigkeit, d. h. die Richtung der entsprechenden Einfa ^^^'
strahlen ableiten. Man hat nämlich zwischen beiden Geschwindigkei ^"^en
folgende Beziehungen :
1. Die Richtung der inneren und äusseren Fortpflanzangsgeschwind^C^^?'
keit wird durch das Sinusgesetz bestimmt;
2. beide sind in derselben Ebene , der Einfallsebene, enthalten ;
3. die inneren Geschwindigkeiten sind bezüglich ihrer Richtungen dn ^^^"
eine Funktion gegeben , für welche die Gleichung 2), oder jede andere j^^^ß-
lation wie 8) zwischen / , n , r untergelegt werden kann.
Man hat also mit Berücksichtigung , däss «n m = 1 ist,
9)
cosl
cosn
cos L cos N
Eliminirt man mit Hülfe dieser Gleichungen aus 8) die Grössen r^l^n,
hat man für den geometrischen Ort aller einfallenden Strahlen, die m
nahmsweise sich zu einem einzigen gebrochenen Nabelstrahl vereinigeuB
Es bezeichne S den Winkel, welchen die einfallenden Strahlen mit
scheinbaren optischen Axe (Axe der uniradialen inneren , der k^
so
Jas-
per
Von M. H. DK Senarmont. 307
sehen äusseren Refraction) bilden. Da nun diese optische Axe mit den
Hauptaxen Winkel bildet deren cosinus bezüglich
iL 7/^'—^' ft ^ A« — r'
sind , so erhält man für den Winkel S
1t) ro*»e=~
Soll diese Gleichung Bedeutung haben , muss r* < 6* sein. Ist diese Be-
dingung erfüllt, so giebt es also ein Bündel einfallender Strahlen, welche
ainen Beyolutionskegel bilden, für den die Umdrehungsaxe die schein-
bare optische Axe ist^ und welche alle durch die Brechung zu einem ein-
Eigen mit dieser Axe zusammenfallenden Strahl vereinigt werden.
Die Gleichung 10) des Kegels kann übrigens auch unter folgenden
If^ormen wiedergegeben werden :
(t;t _ ftt) (^CO^ l ^ ^0^ TV)
(,,t _^) ^^^2 1 j^ (|,t_rt«) cos* N
Verbindet man diese durch Subtraction entweder mit der Gleichung 5) des
Revolntionskegels , oder mit der Gleichung 6) des andern Kegels, so findet
man in ersterem Falle
d. i. die Gleichung einer Ebene , welche durch die mittlere ElasticitMtsaxe
tind darch die scheinbare optische Axe gelegt ist; im andern Falle
d. i. die Gleichung einer Ebene, gelegt durch die mittlere Elasticitätsaxe
tmd durch die Durchschnittsgrade der brechenden Ebene mit derjenigen
konischen Fl&che (10), die eben der geometrische Ort der einfallenden
Strahlen ist, welche nach der Brechung sich in einem einzigen Strahl ver-
einigen. Die Kegel 5) und 6) der einfallenden Strahlen haben also nur
9ewei Erzeugungsgraden mit dem Kegel 10) gemeinschaftlich; alle drei ha-
ben die Axe der Y als Hauptdiameter, folglich berührt der letztere (10) die
beiden andern in der ganzen Länge einer der Erzeugungsgraden.
Derselbe Kegel liegt femer ganz innerhalb der Kegel 5) und 6) , so
dass seine Erzeugungsgraden nach einer Stelle der brechenden Ebene führen,
"WO die Bedingungen der Brechungsgrenze im Allgemeinen schon überschrit-
ten sind und wo die Brechung bereits in Totalreflexion übergegangen ist.
Will man den Kegel 10) auf seine Hauptaxen beziehen , so muss man
in dem neuen Coordinatensystem die scheinbare optische Axe zur Axe der
J[ machen , die Axe der Y unverändert lassen , und als Axe der Z eine auf
308 Üeber die Totalreflexion an der Oberfläche etc.
\
den beiden ersieren senkreclito Gerade annehmen. Die Oleiehnng 1 1) geht,
dann über in
(,;t ^ ftt) co^ i + r* (rof» N' + fof» Jf) = 0.
Der Durchschnitt dieser Kegel mit der brechenden Ebene gielit eine Hy^^A
perbel und die Tangeute des halben Asjmptotenwinkels dieser ITyperbe^
ist gleich
/5
§. 10.
Wenn gewisse Gmppen von Einfallsstrahlen , welche im Allgemeiner «sn
an die für die Totalreflexion reservirte Stelle kommen, dessen ohngeachti ^m it
nur die Orensbrechnng cirleiden (der streifenden Brechung unterworaHK- «r-
fen sind), so giebt es deren noch andere, welche, obgleich sie in das Oebi^^» et
dieser Brochungsgrenze fallen, doch ausnahmsweise nur die (rninhiiliilii Jin
Brechung erleiden.
Wenn nttmlieh
84) ist ein und dieselbe Orade, wie PK^ zugleich Tangente an dem kreL ^Sris-
forniigen und elliptischen Durchschnitt der Eintrittsebene mjt der Wellei^ ^n-
flHche. Diese beiden Punkte sind aber nicht die einsigen, welche mit dles^ ^eer
Fläche die durch PK gelegte Tangentialebene gemeinschaftlich habcL-^ «en
würde; die Ebene berührt dieselbe vielmehr in dem gansen Umfange ein^ .^ics
Kreises, so dass unzählige Grade von dem Punkte 0 aus nach diesem kle— =:^i-
uen Kreise liingchen, welolie eine KegelHäche bilden und eben so vier "^-F^le
gobrocliene Strahlen vorstellen, die zu einem einzigen Einfallsstrahl g» "ZS^'
hören.
Diese gebrochenen Str.ihlen sind nicht alle in der brechenden Eber:^ no
enthalten; der entsprechende Einfiillsstrahl ist also in Wirklichkeit nicM^ -'lit
einer streifenden, sondern einer gewöhnlichen Brechung unterworfen werde ^ "n.
Die Bedingungsgleichung
V
stn M
giebt zuvörderst
(r* — ^*) {cos^ L + cos" N) + /'« cu^ M = 0
sodann, in Betracht, dass
(p = ^V* co^ 1 + a* r«.v*t/; (§. 6),
(/>' — c*) cos^ L + {b* — ö») cos'^ N = 0,
Vergleicht man diese Bedingungsgleichungen* mit 5) und 7) , so erken-^*^"*
man , dass die Einfallsstrahlen , welche mit den Durchschnittskanten d-^B^""
beiden Kegel 5) und 6) gleiche Richtung haben, genau dieselben sind, welc' -^^he
von der streifenden Brechung ausgenommen sind, und die innere k ^*
nische, sowie nach ihrem Austritt die äussere cylindr Ische Brechu" — ^^S
erleiden.
Ist die Austrittsebene der Eintrittsebene parallel , so bleibt die cylrr^^^'
drische Fläche der austretenden Strahlen dem einfallenden Strahl paralJ^K- el.
Von Dr. C. Th. Mbyer. 295
doch ist 190' als Maximum der Druckhöhe zu klein, ebenso wie 310' zu
gross war; nur soviel ist bestimmt, dass dasselbe zwischen 190' und «SIO'
liegen muss und jedenfalls 190 und einige Fuss betragen wird.
Das Maximum der Druckhöhe für den vollen Ausfluss ist in dem eben
berechneten Falle ziemlich gross , dagegen wird solches bedeutend herab-
gezogen werden, wenn durch eine weitere Röhrentour die Geschwindigkeit
in einem geringeren Grade vermindert wird , wie nachstehendes Beispiel
deutlich zeigt.
Die Länge der Röhrentour betrage 144' preuss. , die lichte Weite sei
15 Zoll. Für eine Druckhöhe = 144', eine Geschwindigkeit = 40' und so-
mit den ReibungscoeMcienten = 0,016 , erhält man
7,906 /U4 94,872 _9^ffl2 ,
Für eine Geschwindigkeit von 50' ist nach den oben angeführten Gründen
der Reibungscoefficient =: 0,015 anzunehmen und dann wird
94,872 94,872 ^ ,
^^'3;27i5- 1,8
h^ crgiebt sich nun nach Feststellung des Coefficienten fi = 0,015
1,5435 -f 1,7280
^ ~ r264 = 2,6Ä = 8o,4 preuss.
Bei 144' Druckhöhe findet sonach unter den gegebenen Verhältnissen kei«
voller Ausfluss statt. Führen wir daher , uuv das Maximum der Druckhöhe
für den vollen Ausfluss näher zu bestimmen , die Rechnung für eine Druck-
höhe von 100' nochmals durch. Es lässt sich aus obiger Berechnung leicht
folgern, dass einer Druckhöhe von 100' eine Geschwindigkeit von ungefähr
42' bis 43' entsprechen müsse, so dass also i^ = 0,016 einzusetzen ist, und
man erhält für diesen Werth
Also auch bei 100' Druckhöhe findet noch kein voller Ausfluss statt,. viel-
mehr ist das gesuchte Maximum der Druckhöhe auf 90 bis 95 Fuss au
setzen.
Betrachten wir nun noch, welche Wassermenge unter Annahme des
vollen Ausflusses bei letztgenanntem Beispiele ausfliessen müsste, und wie-
viel Wasser wirklich ausfliessen wird. Wie bereits bisher geschehen, müs-
sen wir auch in dieser Berechnung die bei geringeren Druckhöhen beobach-
teten Coefficienten für die grösseren Druckhöhen anwenden , da besondere
Angaben über letztere fehlen. — Die Geschwindigkeit des ausflicssenden
Wassers lässt sich unter Berücksichtigung der vorstehenden Rechnung leicht
zu j^ X 51,2' = 42,7' aasmitteln; der Querschnitt fasst 1,2272 O', daher gäbe
der volle Ausfluss ein Wa^erquantum von 52,4 C. Der Ausfluss durch die
nur f. . 1,2272 0\ also 0,9204 D' haltende Mündung Fgiebt dagegen, setzt
man voraus , dass die Reibungshindernisse dieselben bleiben , sich also die
Verengung ziemlich zu Ende der Röhrentour befinde , und nimmt man, wie
bisher , den Contractionscoefficienten o = 0,877 , den Gescbwindigkeitscoef-
310 üeber die Totalreflexion an der Oberfläche etc.
I. Optisch einaxige Krystalle (§. 3).
• ^. Repnlsive oder negative.
\
1) Ist der Brechungsindez des auf den Ejystall gelegten homogenen
Mittels grösser als dessen grösster Brechungsindez :
80 ist der den ordentlichen Strahlen entsprechende Farbenring (Iris) ein
Kreis , der andere , den ausserordentlichen Strahlen zugehörige , eine mil
demselben concentrische und von ihm eingeschlossene Ellipse, deren kleine
Axe senkrecht zum Hanptschnitte steht, und unabhängig von der Neigun
der brechenden Ebene zur optischen Axe ist.
In dem besondem Falle , dass die brechende Ebene senkrecht zu den g"=?,r
optischen Axe gestellt ist, nimmt auch die zweite Iris die Kreisform an.
Wenn aber die brechende Ebene der optischen Aze parallel ist, so bleib^ciAt
dieselbe elliptisch und berührt mit ihren Scheiteln den ersten kreisförmiger ^sn
Farbenring.
2) Liegt der Brechungsindex des aufgelegten Mittels zwischen den beS <^i;
den Hauptbrechungscoefficienten des Krystalls:
so geht der zweite Farbenring erst in zwei dem Hauptschnitt parallele Grad .
über und nimmt dann die Form einer Hyperbel an , deren reelle Axe seu"
recht zum Hauptschnitte ist. Der ei*ste Farbenring verschwindet dagegei
B, Attractive oder positive Krystalle.
1) Wenn der Brechungsindex des auf den Krystall gelegten Mittels \
sehen den beiden Hauptindexen des Krystalls liegt:
so ist der erste, den ordentlich gebrochenen Strahlen entsprechende Farben
ring kreisförmig und von dem zweiten Farbenringe umschlossen. Letztere
ist mit erstcrem concentrisch und hat die Form einer Hyperbel, deren reellÄ^ ^'^
Axe dem Hanptschnitte parallel liegt.
2) Ist der Index des aufgelegten Mittels gleich dem grössten Index dc^^^ ^^
Krystalls :
80 ist der erste Farbenring ebenfalls kreisförmig, der zweite würde sie
auf zwei zum Hauptschnitte senkrechte Grade reduciren, doch verschwin
den diese im Allgemeinen.
Ein Gleiches findet statt, wenn
3) der Index des aufgelegten Mittels grösser als der grösste Index de^^^*
Krystalls ist, in welchem Falle der zweite Ring, wenn er zum Vor — '^'
schein käme, elliptisch wäre.
II. Optisch zweiaxige Krystalle.
A. Erscheinungen an einer zur mittleren Elasticitäts axe
senkrechten brechenden Ebene. (§.5.)
1) Wenn der Brechungsindex des auf den Krystall gelegten Mittel^^
grösser ist, als der grösste der drei Hauptbrechungsindexe desselben ^
so ist der erste Farbenring wieder ein Kreis , der zweite eine concentrische^'
Ellipse, deren grosse Axe der grössten Elasticitätsaxe parallel ist. Der^
Kreis und die Ellipse schneiden sich in vier Punkten, welche paarweise?
auf den wahren optischen Axcn liegen.
2) Ist der Index des aufgelegten Mittels gleich dem grössten Hauptindex
des Krystalls :
Von Dr. C. Th. Meyeu. 297
scbiedenartigkeit der Verengungen mehr oder weniger Modißcationeu ein-
treten.
JO) Werfen wir zum Schlüsse dieser Abhandlung noch einen Blick auf
die aufgestellte Erklärung des vollen Ausflusses durch eine theilweise Auf-
hebung des Atmosphärendrucks oder gleichsam Uebertragung des Druckes
durch die Atmosphäre zurück, so dürfte es zur weiteren Begründung nicht
unzweckmässig sein, Beispiele anzuführen, bei denen eine solche Ueber-
tragung, wenn auch unter etwas verschiedenen Verhältnissen, ebenfalls
stattfindet und bereits als richtig anerkannt wird.
1 . An das Gefäss A (Fig. ö4) stosse eine engere, vertikale Röhre B^ so
wird, beträgt die gesammte Druckhöhe h ohne Berücksichtigung der Druck-
höhenverluste, das Wasser bei vollem Querschnitt (nachdem der volle Aus-
fluss nöthigenfalls hergestellt worden ist) mit der Geschwindigkeit v = Y^gh
ausfliessen. Dieselbe Geschwindigkeit hat natürlich das Wasser im gleich-
grossen Querschnitt F und doch beträgt für denselben die Druckhöhe blos
h — Ä,. Der Grund, dass das Wasser bereits im Querschnitt F eine grössere
Arbeit besitzt , als der Druckhöhe h — Äj entspricht , ist einfach darin zu
suchen, dass die unter F befindliche Wassersäule den Atmosphären druck
in Bezug auf den Querschnitt F zum Theil aufhebt , um einen der Druck-
höhe h^ entsprechenden Druck vermindert, so dass nun die Geschwindigkeit
in F bedingende Druckhöhe nicht blos h — Ä, , sondern h — ä, + Äj = Ä
wird.
2. Beträgt im Gefässe Ä die Druckhöhe Aq ^^^ bezeichnet H die den
Atmosphärendfuck messende Höhe einer Wassersäule, so wird, wenn der
Zutritt der Luft in die Röhre B verhindert ist , der volle Ausfluss so lange
stattfinden, a\b h^ -^r B[> — ist vorausgesetzt, dass v die Geschwindigkeit
2y
des Wassers in der Röhre B bezeichnet und der Druckhöhenverlnät beim
Uebertritt des Wassers aus A nach B nicht berücksichtigt wird; vergl.
H ü 1 s s e ^ s Maschinenencycloplädie , Artikel „ Ausfluss ", S. 580. Auch in
diesem Falle tritt also eine Vermehrung des Wasserdrucks um den Atmo-
sphärendruck durch die entgegengesetzte Aufhebung desselben ein ; warum
sollte man nicht berechtigt sein, den vollen Ausfluss des Wassers beim
Durchgang durch Verengungen auf eine Weise zu erklären, welche mit der
Erklärung der eben angeführten Beispiele bis auf den Unterschied , dass
der dem Atmosphärendruck entgegenstehende und denselben zum Theil
oder ganz aufhebende Druck nicht durch eine Wassersäule , sondern durch
einen von dem bewegten Wasser hervorgebrachten Gegendruck gebildet
wird, vollkommen übereinstimmt!
JeSer dio TotalrefleKtoii^
«4j ffthlt dc^r erste Rin^ und di^r xweite ist \n ewai düf grössteti Kluätidtät^ ^
axe parallele Grade Ubargegangen*
i) Ijft zwlotat der Index dew auf^elegifiii Mittt^ls kloia^r tds der mittler -^«t
Iudex dee Kristall»;
Bti fehlt gleiuh falls der erste King and der zweite ist vum Hyperbel, derer — am
[reelle Axe der mittleren Ela&ticitätöaxe parallel i»t.
I/, ErscheiiLii£)gBu in Fulge koiiisclier Hcfraotioii« wf^nn
die Ureehetide Ebene normal %nv mittlerem Elaaticitil i& - ^^M
axe gestallt i»t (§p9u. lO)* ^
J) HesQndere Htrablrngnippen, welche ausserhalb der den beiden Farbei ^ n-
ritrgen entsprf clientipn iStrabkpkegel Hegen, ndr^r deren EtnfallsptinkW" ^te
ÄUsf^erhnlh des geonrc tri sehen Orts der Freebnngsg'renzen und innec^ :^sr-
halb des der Total rcÖejtion vorbehaltpnen Otdtietes liegen , entziehe^E^»ett
fticb diesf^r Reflexion und sind nur drr Grenzrefractioii unter ^^^r-
worfon* Diosf* Strablon bilden Revf>lntif>nskegel um die scheinbarcürzi^cn
dpti'jchen Axcn nnd vereinigen sieb nach der Hreehnng im Kry stall i ~ a^
einem einzigt^n Strahl^ entsprocben also ler iiussoreu konihichen ut^rr^rod
Inneren uitiradtalen Bn^chnng. Sfe tr ft'en dir» brechende Ebfij^r::^iie
unter verschiedenen Int;idenÄen nnd der geometrische Ort ihrer Eiiht ^o-
falbpunkte iet eine mit beiden Farbearingen concentrisehe und di^ Sit-
selben bernhif^ude Hyperbel, deren reelle Axf* parallel einer der aeheii^ .äio^
baren optisicben Axe ist,
2) Die beiden 8tr/iblenkftgeb welche den ersten und zweiten Farbenrin^
die eicii in vier Punkten scbneideu (§, ä; IL A,), zu Grundtlacben ua-^^
einen geuiein^cbaftlichen Scheitel liaben, müssen demzufolge aue
vier Strahlen T deren Einfallspunkte in der brechenden Ebene che
die Durchöehnitte der Iteiden Farbenringe sind, gerne insehaftltcb h^
ben. Diese vier Strahlen erleiden aber nicht die zur Brechangsgrenz
gehörige Reflexion , sondern dringen in den Krystall ein und sind dc^
inneren konischen Refraction unterworfen. Sie treten , falls de
Krystall durch zwei parallele Flächen begrenzt ist, der Richtung ihre
ursprünglichen Einfalls wieder aus und bilden nach dem Austrete'
einen Cylinder, dessen Grundfläche eine Hyperbel ist. Die Asyjnpto^^
ten dieser Hyperbel sind mit einer wahren und einer scheinbaren optn^^
sehen Axe gleichgerichtet.
Die beiden der Brechungsgrenze zugehörigen Farbenringe werden nn^^^^
so mehr von einander getrennt erscheinen, je grösser der Unterschied zwi- ^^^'
sche^ je zweien der Hauptbrechungsindexe d«s Krystalls ist Ausserdenr:^^-^
sind sie noch dadurch von einander zu unterscheiden, dass sie «woierlel^ ^^^
Strahlenbündeln entsprechen, welche rechtwinklig zu einander polarisir^^'^^^^^
sind. «
Die Bedingungen für den experimentalen Nachweis sind freilich in den^^^^-^
meisten Fällen ziemlich schwer zu erfüllen. Da nämlich der Brechnngs- '
index des optisch homogenen Mittels grösser sein muss, als die drei odei — ^^
wenigstens als zwei Hauptindexe des Krystalls, letztere aber auch merk- —
liehe Verschiedenheit unter einander haben müssen, wenn die Farbenringe
getrennt hervortreten sollen, so wird man einerseits eine sehr stark bre-
chende Flüssigkeit, andererseits einen Krystall zu suchen haben, dessen
Von M. H. DE Senarmoxt. 313
stärkster Hanptindex gegen den der Flüssigkeit sehr schwach, von dem
mittleren und kleinsten aber immer noch hinlänglich verschieden ist, wenn
anders auch die Beobachtung, welche immer unter einem sehr schiefen, der
ütreifenden Incidenz nahekommendem Winkel geschehen muss, nicht zu
schwierig werden soll. Von den Flüssigkeiten wäre Schwefelkohlenstoff
tiic geeignetste , wenn nicht die starke Dispersion desselben wieder störend
«•inwirkte und den Farbonringen eine zu grosse Breite gäbe. Bei Anwen-
dung von mehr homogenem Licht verschwindet zwar dieser Uebelstand
'theilweise , doch hat man dann wieder mit einem Mangel an Lichtintensität
zu kämpfen.
Noch schwieriger ist aber die Wahl der geeigneten Krystalle , indem
diese in der Kegel zu stark brechend sich erweisen. Am passendsten dürf-
ten einige der künstlichen , wasserhaltigen Salze sich herausstellen , die in
erwünschter Homogeneität und Grösse freilich nur durch Mittel, über welche
die Industrie zu gebieten hat, herzustellen sind.
Kleinere Mittheilungen.
a
a
a
; »
+ -,
n
a
n
XXZVI. TTeber die Kreisbögen mit rationaler Tangente. Von
-E. pROUHET (Liouville's Journal, Maiheft 1856).
1. Wenn eine ganze Zahl N in zwei Quadrate a* und «'* zerlegt ist, so
eoll jeder Bogen , dessen trigonometrische Tangente einen der vier Werthc
+ ^,
a
l)esitzt, ein Argument von N heisscn. Unter der unendlichen Menge von
Argumenten, welche hiernach einer bestimmten Zerlegung von N ent-
sprechen, giebt es ein einziges zwischen 0 und J-tt; dieser Bogen werde das
liauptargument von iV= «' + a* genannt. Ist also z. B. a die grössere
der beiden Zahlen a und a , bozcichnct man ferner mit Arctan den spitzen
SU einer gegebenen Tangente gehörigen Bogen, und mit >4r(/ das liaupt-
argument, so läsßt sich das Vorige durch die Gleichung
Arg N = Arg (a* + a'*) = Arclan —
ausdrücken. Jedes andere »Argument kann aus dem Ilauptargumentc her-
geleitet werden, es ist nämlich
7t CL
arg N= arg {a* + a'*) = k- + Arctan — ,»
'Worin arg ein beliebiges anderes Argument und k eine positive oder nega-
tive ganze Zahl bezeichnet. Man kann diesen Satz auch so ausdrücken :
'wenn a das Hauptargument für die Zerlegung N ^=a* + «'* und a^ irgend
«in anderes derselben Zerlegung entsprechendes Argument bedeutet, so ist
« i «ffr ein Vielfaches von ^ n in Zeichen
a + «fr ^ 0, mod, Jtt. .
314 Kleinere Mittheilongen.,
2. Die Zahl N kann im Allgemeinen auf mehr als eine Weise in die
Summe zweier Quadrate zerlegt werden, es giebt daher soviel yer^chie-
dene Hauptargumente derselben, als solcher Zerlegungen möglich sind.
So hat z. B. die Zahl 2 nur ein Hauptargnment =^ä; einer Primzahl von _^
der Form 4n + 1 kommt gleichfalls nur ein Hauptargument zu, weil eine^^^
derartige Zahl bekanntlich auf nicht mehr als eine Weise in zwei Quadrate^^^
zerlegbar ist. Das Hauptargument einer Quadratzahl = a' + 0* ist = 0 . ^
Primzahlen von der Form 4n — 1 können nicht in zwei Quadrate zerfällt- ^[
werden , besitzen also überhaupt keine Argumente. Dasselbe gilt von der
zusammengesetzten Zahlen, deren sämmtliche Primfaktoren der ForD
4n — 1 angehören , und nur in dem Falle, wo die auf solche Weise zusan
mengesetzte Zahl ein Quadrat ist , entspricht ihr wieder ein reelles Arg
ment = 0. Hieraus folgt noch, dass die Anzahl und Grösse der Argument:^^^
irgend einer in zwei Quadrate zerlegten Zahl N dieselbe ist wie bei d^^^^
Zahl m*7V, sobald m nur aus Primfaktoren von der Form 4w — I besteht..
3. Untersuchen wir jetzt, wie das Argument eines Produktes gebild ^|
wird. Es sei a ein Argument von iV=a* + a'', ß ein Argument v«rrÄii
P=b* +b'\ also
a ^ b
tana^=—,j ian ß:=i'-:^
a b
bo ist identisch
NP= {ab' ± baj + {a'b' + ab)\
mithin wenn o ein Argument von NP bezeichnet,
. , A + 4
ab + ba a — b iana -i-ianß . , , ^x
ian CD = -7-r—=—: = . = ■ ^ "—— - — ^ = tan (a + p)
ab 4- ab —ab \-\-tanatanß ^ ^'
1 + -p ^
a b
folglich kann man auch
CO = a + /^ ^^6r ^^ö {^^) == ^''9 ^ + ^^9 ^
setzen. Durch mehrmalige Anwendung dieser Formel gelangt man 161(5-^*
zu der allgemeineren
arg N + arg P ±argO ±. ,.=:^ arg {NPQ . . .)
d.h. jede algebraische Summe von Argumenten mehrer^^^
Zalilon ist ein Argument des Produktesjener Zahlen.
4. Um ferner zu untersuchen, ob dieser Satz auch umgekehrt gilt, de^^ .
kcn wir uns wieder eine Zahl N in zwei Quadrate a* + a'^ zerlegt, wob '^^
wir Primfaktoren von der Form 4« — 1 ausschliessen weil sie keinen Ei0^^^
fluss auf die Argumente haben , und bezeichnen mit a ein Argument von ^ ^ \
Nach einem bekannten Satze der Zablenlehre ist jeder Divisor der Za^^^^
iV= rt* + a'^ von der nämlichen Form, d^ h. die Summe zweier Quadrat ;^J
man kann folglich die im Allgemeinen als zusammengesetzt gedachte Za^I^^'
iV in zwei Faktoren P und Q zerlegen , sodass
iV = P£) d. h. a^ + «'* = (6« + ^'») (c* + c *)
oder auch
rt« + a^ ={pc' ± b'cy + (b'c + bc)\
Es sind daher bei bekannten ö, <i', />, b' die sich ergebenden Ausdrücke
Kleinere Mittheilungen. 315
ab' + ab . a'b' + ab
" — (,t + ft't ' ^ — ftt + (,'*
ganze Zahlen und zugleich ist
Nennen wir ß und y die Argumente von P und 0, so haben wir
c ab' + ab , . ^v
ian y = — = , .r^ . =ian{a + ß)
' c ab -{- ab — "^^
mithin
y^=€L ±^ß oder «= y + /^»
und nach der früheren Bezeichnung
arg{PQ)=^argP±argQ.
Durch mehrmalige Anwendung dieser Schlussweise gelangt man leicht zu
der allgemeineren Formel
arg (PPQ^R'' . . .) =p . arg P ± g . arg Q + r . argR +
d. h. das Argument einer zusammengesetzten Zahl besteht
aus den Argumenten ihrer Prim Faktoren.
5. Um zu erfahren , ob die Argumente a und ß zweier Primzahlen P
und Q in einem rationalen Verhältniss zu einander stehen , setzen wir vor-
läufig
~ = — oder w « — m p s= 0,
ß n
wo m und n relative Primzahlen sind. Nun ist aber eines der Argumente
von P^Q^ gleich
n.argP — m.argQ=zna — m/3 = 0;
daraus folgt, dass P" Q"^ ein Quadrat sein muss, was aber nicht möglich
ist, weil wenigstens einer der Exponenten m und n ungerade ist. Man er-
kennt hieran die Unrichtigkeit der Voraussetzung mithin die Bichtigkeit
des Satzes: Die Argumente zweier Primzahlen sind incommen-
surabel unter einander.
Da l fc das Argument der Zahl 2 ist , so hat man den weiteren Satz :
Die Argumente aller Primzahlen von der Form 4n4-l sind in-
commensurabel mit der Kreisperipherie.
6. Eine naheliegende Verallgemeinerung der vorigen Schlussweise ist
folgende. Sind o, |3, y . . . die Argumente der Primzahlen P, 0, Ä . . . und
/t,f,Xr... beliebige rationale Zahlen, und es sei als noch fraglich die
Gleichung
ha± iß±ky ± .... = 0
aufgestellt , worin immer angenommen werden kann , dass A, t, Ar . . . keinen
gemeinschaftlichen Thciler besitzen; wäre nun die vorige Gleichung rich-
tig, so müsste die Zahl
P^O'Ä*....,
von welcher Äa + ijS + Ary + . . . ein Argument darstellt, ein Quadrat sein,
was aber nicht möglich ist, weil mindestens eine der Zahlen Ä, f, Ar... unge-
rade ist. Eine algebraische endliche Summe von Primzahlen-
die Totalreflexion an der Oberfläche etc.
- cos* / cos* m ccs'fi
3)
p COS l r cos l Q cns ß. r cos m q cos tf r cos ft
Anstatt nifn die ftllgomeinen und sehr verwickelten Formeln Rnznwren*
den y welche die Abhängigkeit der Richtung eines einfallenden Strahls von
der Richtung der geVjrochonen Strahlen ausdrücken, wollen wir uns begnü-
gen, die geometrische Construction , welche die Kiciitnng dieser gebroche
nen Strahlen in dem besonderen Falle, wo sie in der Eintrittsebene zurück-
bleiben, bestimmt, in die Sprache der Algebra ^u tlbersetssen*
§.6.
Man nehme beiMpiels weise die brechende Ebene normal ssur F-Axe
der mittleren ElasticitUt au und es sei ^Pdie Spur der Einfallsebene in diese
p
Eintrittsebene. {Fisr.55,) Setzt man 0P== — -=v^= 9?i zieht PK senkrecht zu.
^ ^ ' $m M
OP^ legt hierauf durch i^i' Tangentialebenen an die Wellenflache, deren
Mittelpunkt 0 ist und verbindet 0 mit den Berührungspunkten, so hat man
im Aligemeinen den doppelt gebrochenen Strahl construirt,
IiT dem vorliegenden besondern Falle mtms aber jedf*r dcrsf^lbfn g-anz
in der Eintrittsebene verbleiben, es müssen demnach (weil die Grösse OP
zwei verschiedene Werthe hat, indem die Incidenz für Strahlen, welche an
die Grenze der ordentlichen und der ausserordentlichen Brechung gelan-
gen , nicht dieselbe ist) zwei Grade wie PIC selbst Tangenten zur Wellen-
fläche oder zu den Dnrchschnittscurven derselben mit der brechenden
Ebene sein.
Die Gleichungen der Durchschnitte der Wellenfläche mit einer zur
Axe der F normalen Ebene erhält man nun, wenn man in der Gleichung 1)
cos fi = 0 setzt. Die Gleichungen dieser Durchschnittscurven sind demnach
e' = b*
l co^ X COS^ V
?~""?~"*"""^~'
Für die kreisförmige, den ordentlichen Strahlen entsprechende Durch-
schnittscurve , deren Gleichung
4) ^«z^ft«
ist, Hillt die Normale OP mit dem nach dem Berührungspunkt gezogenen
Badiusvector zusammen und man hat daher als Gleichung des geometrischen
Ortes der einfallenden Strahlen
r« = 6«coÄ«>¥,
oder
5) (f — 6») {co^ L + cos^N) + f>* cos^ M= 0.
Bezüglich der elliptischen Durchschnittscurve, deren Gleichung
Von M. H. DE Senarmont. 303
CO«* l . C09* V
-• c*
Q
ist, seien <p, (*osx, cos ifß Coordinaten des Punktes P. Da nun OP die Spur
der Einfallsebene ist, so hat man
cos L = sin Mcos%, cos N = sin M cos ^.
Die Gleichung der Tangente KP ist
1 cos X cos X cos ^ cos V
und die Gleichung der Normale OP zu dieser Tangeute
COSX COS'lff
cos l cosv
Aus dieser , sowie ans den vorhergehenden Gleichungen ergiebt sich
m = l/c* COS^ 2 + ö* COS^ ib == . ,^
und für die Gleichung des geometrischen Orts der einfallenden Strahlen
6) (r* — c») cos* X + (»" — «•) co^ N+v* cos'M^O.
Von den Gleichungen 5) und 6) ist die erste die eines Bevolutionske-
gels mit einer zur Eintrittsebene senkrechten Umdrehungsaxe , die andere
die Gleichung eines Kegels zweiten Grades , dessen Gestalt noch näher zu
bestimmen ist. Verbindet man die Gleichungen beider Kegel durch Sub-
traction , so ist das Resultat
7) (6» — c»)cos*Z+ (6« — «•)coÄ*iV = o
die Gleichung zweier Ebenen, welche durch die Axe der mittleren Elasti-
cität und durch die wahren optischen Axen (Axen der inneren koni-
schen und der äusseren cjlindrischen Brechung) hindurch gehen. Die Ke-
^el 5) und 6) haben demnach vier gemeinschaftliche Erzeugungsgraden, von
denen je zwei in derselben Ebene enthalten sind , welches auch übrigens
der Werth von t;* ist, d. h. welche Gestalt auch der Kegel zweiten Grades
haben mag.
Die Neigungen der die Kegel erzengenden Graden gegen ih^e Axe
sind in den Azimuten der Hauptschnitte bestimmt durch
t9'M,=
«*
Der Kegel zweiten Grades hat eine elliptische Basis, wenn
er redncirt sich auf zwei Ebenen , welche parallel znr Axe der X und sym-
metrisch gleichgeneigt zur Axe dei^ Y sind , wenn
die Totalreflexion an der Oberfläche etc,
r— - = — - /K — O («' — Ä-*) ^ö5 /,
r^ - =— -^ |/(fl' — c») f/j' — e') cos n.
M9
S)
i
— = — 1/ COS)+ - /.' -; 5 I
cosn.
*ann ergiobt cli unter zwei verschiodcnon Formen für die Glcicliang
igclfliicbi , wnlmh« vrtn (Inn RtchtunB-pn der Fortpflanünngsgescliwiii-
;, die in un( zigen NabeletrftUI enisprecben,
i„(>t wird:
Nimmt man aber die Richtungen der inneren Fortpflanzungsgeschwindigkeit
als gegeben an, so kann man daraus leicht die Richtung der äusseren Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit, d. h. die Richtung der entsprechenden Einfalls-
strahlen ableiten. Man bat nämlich zwischen beiden Geschwindigkeiten
folgende Beziehungen :
1. Die Richtung der inneren und äusseren Fortpflanajungsgeschwindig-
keit wird durch das Sinusgesetz bestimmt;
2. beide sind in derselben Ebene , der Einfallsebene, enthalten ;
3. die inneren Geschwindigkeiten sind bezüglich ihrer Richtungen durch
eine Funktion gegeben, für welche die Gleichung 2), oder jede andere Re-
lation wie 8) zwischen l, n, r untergelegt werden kann.
Man hat also mit Berücksichtigung , dass sin m = 1 ist,
Q r 1 cosl cosn
V sinM cos L cos N
Eliminirt man mit Hülfe dieser Gleichungen aus 8) die Grössen r, /, w, so
hat man für den geometrischen Ort aller einfallenden Strahlen, die aus-
nahmsweise sich zu einem einzigen gebrochenen Nabelstrahl vereinigen.
Es beseichne S den Winkel, welchen die einfallenden Strahlen mit der
scheinbaren optischen Axe (Axe der uniradialen inneren, der koni-
Kleinere Mittheilungen. 319
fach ausdrucken, wenn man die Punkte G, N, /, K beachtet, in denen der
Kreis der Reihe nach von den Seiten AO^ OBy BC^ CA berührt wird, es ist
nümlich
AB, = AK+ B^K=AG + B,H,
A^B = A^J+ BJ = AiG + BHy
mithin
AB,—A,B:=zB^H—BH—{A,G — AG)
= BB^ —.AA^ = (h^ — h) — (a, — a).
Durch Snbstitntion dieses Werthes geht die vorige Formel über in
^woraus
. («61 — öTi b) sin y
Die Coordinaten p und q des Kreismittelpunktes M sind folglich
r ab^ — «1 6
^ ~ ^~sin y ~ * (6, _ 6) — (a, — «)'
€fl genügen aber die Werthe x = p und y=sq der für die Gerade />/>| auf-
gestellten Gleichung, mithin liegt M auf />/>, w. z. B. w.
Ueberträgt man diese Rechnung in Proportionen, wie es auch bei dem
gewöhnlichen elementaren Beweise des Gauss 'sehen Theoremcs der Fall
ist, so gelangt man in der That zu einem rein, geometrischen Beweise dos
Satzes ; doch bliebe dann eine kürzere und anschaulichere Herleitung immer
noch za wünschen. Schlömilch.
ZXXIX. Eine Eigenschaft der Kegelschnitte.
Constrnirt man zu einem centralen Kegelschnitte (El-
lipse oder Hyperbel) eine gleichsei tigeHyperbel,derenMit-
telpankt in den Mittelpunkt des ersten Kegelschnitts fällt,
and deren Scheitel die Brennpunkte jenes Kegelschnittes
sind, so bilden die von einem beliebigen Hyperbelpnnkte aus
an den Kegelschnitt gelegten Tangenten immer gleiche Win-
kel mit den Halbachsen des berührten Kegelschnitts. (Näm-
lich Hifa)^=sL (t<, b) wenn a, b die Halbachsen des Kegelschnittes, i und u
die Ton einem Hyperbelpunkte an ihn gelegten Tangenten sind.]
Die genannte Hyperbel wird zu zwei auf einander senkrechten Gera-
den, sobald der Kegelschnitt in einen Kreis übergeht. Ist ^er Kegelschnitt
eine Hyperbel , so muss^ a'^b sein , wenn die erwähnten Tangenten nicht
imaginär werden sollen.
Der ausgesprochene Satz gilt auch für die Parabel, wenn man die
gleichseitige Hyperbel durch eine im Brennpunkte senkrecht auf der Achse
errichtete Gerade vertreten lässt.
Betrachtet man die Abschnitte, welche die genannten Tangenten auf
den Achsen des centralen Kegelschnittes bilden, als Coordinaten eines ver-
320 Kleinere Mittheilungen.
änderlicilcn Punktes, so ist der Ort des letzteren eine Hyperbel mit dei\
TTalhachson
l/a* — h* . l/a* — b^
*— und
a b
\
XL. Veränderungen des Sonnenspectnims mit der Höhe der Bonne.
Nacli den photograpliischen Untersuchungen über das SonnenspectruKr-ii,
welche Herr Crookes (beauftragt, die meteorologischen Beobachtung^==".n
der Sternwarte zu Oxford photographisch zu registriren) ver offen tlicht It at
(Bulletin der photographischcu Gcsellschafs zu London, vom 21. Jan. I8^^6,
vcrgl. Cosmos Tom. VIII. p. 90) , enthalt das weisse Sonnenlicht eine um ^mo
grössere Anzahl Strahlen von hoher Breehbarkeit , je höher der Stand d -^r
Sonne ist, so dass die Länge des Sonnenspectrums an seinem brechbarst^^n
Ende der Höhe der Sonne fast proportional zu sein scheint. Nicht bl -^s
zeigt das Spectrum vom Mittag zu allen Jahreszeiten eine grössere Ac^i_ s-
dehuung an dem stärker brechbaren Ende, als das zu anderen Stunden d. -es
Tages aufgefangene, sondern es enthält auch das Spectrum vom Mitta^^^e
zur Zeit des Sommersolstitiums mehr der brechbaren Strahlen und Strahl^a^n
von höherer Brechbarkeit, als das Spectrum vom Mittage einer ander^^^^^
Jahreszeit. Diese Beobachtungen wurden ermöglicht mit llülfe eines pb_ o-
togrnphischcn Apparates, in welchem Prismen und Luisen von Bergkrysta Uf
welcher den höher brechbareren Strahlen den Durchgang gestattet, st
voji Glas angebracht waren.
Diese Thatsachen deuten auf einen absorbirenden Einfluss hin, welche
die Atmosphäre auf Strahlen von höherer Brechbarkeit ausübt, und gebc^-^^^
zugleich Anlass zur Erörterung verschiedener interessanter Fragen. Würi -*®
sich die Länge des Sj»ectriiins noch vergrössern , wenn man es bei senl — ^^'
rechter, im Zenit stellender Sonne, oder bei ganz wolkenlosem Ilimm^^
auflingeV Würde man in dieser Kiclitung die Grenze der brechbaren Sonneu-
(Liclit-) stralilen erreichen? Oder ist es vielmehr wahrscheinlicher , das
von der Sonne Ströme von Strahlen ausgehen, die, nachdem sie die obere
und späteren Schichten der Atniospliäre erreicht haben, aufgefangen und \z
qualitativ oder quantitativ andere ßewegungsgrössen verwandelt werden
oder deren Schwingungen mit veränderten Wellenlängen , verringerte
Brechbarkeit u. s. w. in der Form von Lielit und Wärme uns zugeführ ^
werden V
XLI. Neue Methode^ die Bilder in Eelief zu sehen, von Prof. Zinelli^
Die hier zu beschreibende ^Methode wendete Professor Zinelli seit mehre^
ren Jahren an , um irgend ein photographisches Bild in dem Effecte eines
Stereoskopischeu Bildes zu sehen.
Das zu betrachtende Bild soll in senkrechter Stellung etwa 3 bis 4 Me-
ter von einem Fenster entfernt auf einem Gestell angebracht werden, damit
das Licht diagonal, also mehr von oben herab auf selbiges falle.
Man betrachtet das Bild sodann durch ein Theater -Doppelperspectiv,
indem man hierbei durch Versuche bestimmt , welche die geeignetste Ent-
fernung zur Betrachtung ist, denn erstere variirt nach dem Perspective und
den Eigenschaften der Aug(»n, weshalb man sich nicht die Mühe verdriessen
:»•
Kleinere Mittlieilungen. 321
Imssen soll, den geeigneten Standpunkt aufzusuchen, denn man wird hier-
für dann reichlich belohnt, wenn man das Bild den Charakter eines stereo-
scopischen Bildes mit dem Relief und der Perspective der Natur anneh-
men sieht.
Man kann auf dieselbe Weise Gemälde und Zeichnungen betrachten;
wenn sie gut gemacht sind, ist die Erscheinung dieselbe, im Gegentheil
■eigen sich die Fehler im Bilde ganz deutlich.
Grosse Negativs auf diese Weise betrachtet , erzeugen einen imposan-
ten Effekt, namentlich Gebäude < weil selbe der lichten Fenster wegen im
Innern erleuchtet zu sein scheinen.
Es ist hierbei immer gut, die Bilder mit einem dunklen Rahmen zu um-
geben oder sie gleich in der Camera so zu erzeugen. (Aus La LumUre
durch Hörn 's photographisches Journal, 1856. Nr. 10.)
XLIL Ueber eine lange Zeit wirksam bleibende, besonders ftr tele-
grapbiaohe Zwecke sich dgnende Volta'sche Batterie. Von Professor
BuD. BöTTGER. Lässt' man eine aus mehreren Elementen bestehende , mit
Bansen* sehen Kohlencylindem und amalgamirtem Zink combinirte Bat-
terie (worin beide Elektricitätserreger, durch mattgebranpte Thonzellen von
einander getrennt, in verdünnter Schwefelsäure stehen, wie solche gegen-
wärtig auf den meisten Telegraphenlinien in Anwendung sind) längere Zeit
geschlossen, so bemerkt man schon nach wenigen Tagen (ob in Folge eines
Schwefeleiaengehaltes der Kohle, oder einer Zersetzung der Schwefelsäure,
lasse ich zur Zeit dahin gestellt sein) einen auffallenden Geruch nach Schwe-
felwasserstoffgas, und gleichzeitig eine ungemeine Schwächung des Stroms.
Mochte ich nun statt der B u n s e n ' sehen, aus der Fabrik des Herrn G r e ss-
ler in Erfurt bezogene Kohlencylinder , reine Koaksstücke oder auch die
sogenannte Gaskohle (die in den Gasretorten sich ablagernde steinharte
Kohle) in Anwendung bringen , — stets machte sich nach einiger Zeit Ge-
schlossenseins der Kette dieser auffallende Geruch nach Schwefelwasser-
stoffgas bemerklich und in Folge dessen allemal auch eine bedeutende Ab-
nahme der Stromstärke. Ebenso bemerkte ich schon nach wenigen Tagen
dne ahnliehe Schwächung des Stroms bei geschlossener Batterie, wenn die
Kohlencylinder, statt mit Bleistreifen, mit Kupferbändem leitend versehen
waren, und zwar lediglich in Folge einer endosmotischen Ueberftihrung
und Ablagerung von partiell gelöstem Kupfer auf die in den mattgebrann-
ten Thonzellen befindlichen Zinkplatten.
Dagegen erwies sich^^eine nur mit 5 Proeent Schwefelsäure haltigem
Wasser erregte Batterie , deren Kohlencylinder zuvor in concentrirte Sal-
petersäure eingetaucht und dann an der Luft etwa einen halben Tag stehen
gelassen worden waren, lange Zeit hindurch äusserst wirksam, und ver-
mochte ich bei so behandelten Kohlen oder Koaks in der geschlossenen
Kette niemals eine Entwickelung von Schwefelwasserstoffgas wahrzuneh-
men. (Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt a/M. fUr
1854 — 18&5.) •
zun. Bine neue Volta'sche Batterie. Die X. Lieferung des Cosmos
gegenwärtigen Jahrganges (Jörn. ///. p. 253) enthält folgende Beschreibung
der Einrichtung und Wirkung einer neuen Volta^schen Batterie , erfunden
ZtflUebrin f. MalhMnmtik a. Physik. I. 1\
322 Kleinere Mittlieilungen.
von den Herrn Lacassaqne und Thiehs , wobei sich der Ref^ent aaf die
verschiedenen, etwas dunkel gehaltenen Beschreibnngen bezieht y- welche -
drei Lyoner Zeitschriften davon gegeben haben.
Der neue Elcktricitätserreger wird aus trocknen Elementen zusammen-
gesetzt, in welchen die sonst gebräuchlichen Flüssigkeiten diirch wasser-
freie Salze ersetzt sind , die zum feurigen Flnsse gebracht werden. Ein
Element besteht aus zwei in einander gesetzten Tiegeln, welche dnrch einen
eisernen Cylinder von einander getrennt sind. Der äussere Tiegel wird mit
Kochsalz, der innere mit einem Aluminiumsalz angefüllt, ansserdem wird
in den inneren noch ein hohler oder massiver Kohlencylinder gestellt.
Hierauf wird der Apparat bis zur Kirschrothgluth erhitzt, wobei die Salze
in Fiuss gerathen, und der Kohlencylinder mit dem Eisencylinder durch
einen Leiter verbunden. Sowie letzteres geschehen , entsteht ein starker
elektrischer Strom. Ein Elektromagnet, in diesen Leiter eingeschaltet^
wnrde eben so stark erregt, wie durch ein Bunsen^sches Element von be-
trächtlicher Grösse, obgleich nur ein sehr kleines dieser neijen filement^
hierzu in Anwendung gekommen war. Ein solches Element soll sieh nich^^
blos mit andern derselben Art auf gewöhnliche Weise, sondern auch mift^-
Elementen anderer Construction zu einer Batterie verbinden lassen. Ausser^
dem soll hierbei noch ein sehr bemerkenswerthes Nebenprodukt gewonnene
werden. Nachdem nämlich das Element etwa zwei Stunden der Wirkung
des Feuers ausgesetzt gewesen war, wurde es zerschlagen und man fand,
auf dem Grunde des Tiegels einen schönen Kegulus von Ahniiiuium, bedeckt:^
mit einer Menge Kügelchen desselben Metalls.
XLIV. Mittel zur Beobachtung kleiner Zeittheüchen. Herr Sang hat
der schottischen Gesellschaft der Wisseusch. und Künste t^in« ühr, welche
er Chronophor nennt, vorgezeigt, welche sowohl die Vergl(»ichung voa
Uhren und Chronometern, als auch die Boobachtunjz; sehr kleiner Bruch-
theile einer Secnnde ermöglichen soll. Die gCAvöhnliche Art und Weise den
Gang eines Chronometers kennen zu lernen erf(»rdert eine längere Zeit
hindurch sogar mehrere Tage fortgesetzte Beobachtung desselben und mau
erfährt dadurch immer nur seinen mittleren Gang. Das von Herrn S. vor-
geschlagene Princip der Beobachtung ist dem des Verniers analog, wozu
ein Chronometer dient, welches hei seinem normalen Gange innerhalb eine»
und desselben Zeitraums einc^i Schlag mehr oder weniger als ein gewöhn-
liches Chronometer macht, sodass z.B. das Sp^rad des Chronophors 119
Schläge in der Minute giebt, während das eines Clironometers, welches
halbe Secunden anzeigt, l'iO Schläge macht. Vermittels dieser Vorrichtung
lassen sich Bruchtheile einer Secunde genau beobachten und es kann , weil
die Eintheilung eine beliebige ist, die Schärfe der Beobachtung soweit es
das Gehör gestattet getrieben werden. Diese Methode soll auch eine Ab-
kürzung der zur Beobachtung und Vergleichung der Seeuhren erforder-
lichen Zeit gewähren* und dürfte somit für die Schifffahrt von grossen»
Nutzen sein.
{BuUel. dp la Soriete rC Etironragpmnit . Tom. IJL Jnnv, 1856, p. 59.
nach Praclical Mechmncs Journal. Tom. VlIL)
Kleinere Mittheilungen. 323
XLV. Or6ide, eine dem Ctolde ähnliehe Metalllegirang. In der Ver-
sammlung der Mitglieder des Vereins für Gewerbfleiss zu Berlin im Februar
d. J. zeigte Director Dr. Druckenmüller Löflfel und Gabel von einer dem
Golde täuschend ähnlichen Mischung, in Paris gefertigt, vor. Die Metall-
legirung wird Or^ide genannt und besteht nach einer im Laboratorium des
königl. Gewerbe-Instituts zu Berlin angestellten Analyse genau aus 90Thei-
leu Kupfer und IG Theilen Zink. Seiner Bestandtheile wegen dürfte es sich
weniger zu Speisegeräthen als zu Ornamenten, Beschlägen und dergleichen
eignen. Wenn es erblindet, so kann es durch Putzen vollkommen gold-
glänzend gemacht werden. (Verhandlungen des Vereins zur Beförderung
des Gewerbfleisses in Preussen. 1856, S. 27.)
XLVI ITeber die Beschaffenheit des Ozoxis. Die bisherigen Resultate
der Untersuchungen über die Eigenschaften und das Verhalten dieses eigen-
' thümlichen Körpers gehen bekanntlich darauf hinaus, dass vor allen die
nähern Umstände, unter welchen sich derselbe erzengt hat, zu berücksich-
tigen bind , und dass die nach verschiedenen Bereitungsarten gewonnenen
gleichmässig mit dem Namen Ozon belegten Substanzen nicht identisch
sind. Man hat in dieser Beziehung hauptsächlich folgende drei Entstehungs-
weisen des Ozons von einander zu unterscheiden sich veranlasst gesehen :
1. Wenn elektrische Funken in atmosphärischer Luft oder in Sauerstoff-
gase überspringen.
2. Wenn reines oder Säuren und Salz haltiges Wasser durch den Volta-
schen Strom zersetzt wird, wobei das Ozon mit dem Sauerstoff am
positiven Pol auftritt.
3. Wenn gewisse Körper, namentlich Phosphor bei gewöhnlicher Tem-
peratur langsam in der atmosphärischen Luft verbrennen.
Die meisten Untersuchungen scheinen bisher darauf hinzudeuten, dass
das auf die erste Weise beim Uebersp ringen elektrischer Funken entstan-
dene Ozon blos Sauerstoff in einem allotropischen Zustande sei, dass dage-
gen das bei der Elektrolyse des Wassers gebildete Ozon ein Wasserstroff-
oxyd von der Formel HO^ sei , und dass endlich das durch Verbrennen des
Pliosphors erhaltene Ozon entweder nur Sauerstoff oder auch eine Verbin-
dung von Sauerstoff und Wasserstoff sei. Thomas Andrews, Professor
der Chemie in Belfast, hat nun die Frage, ob das unter den genannten ver->
schiedenen Umständen erzeugte Ozon eine und dieselbe oder verschiedene
Substanzen vorstellt, und welche Zusammensetzung und Beschaffenheit des
Ozons in dem einen oder anderen Falle hat, aufs neue zum Gegenstand
einer ausführlichen und genauen Experimentaluntersuchung gemacht (Phil.
Fr. f. 1865; Poggend. Annal. Bd. 98, S. 435), deren Resultate den Wasser-
stoff (ebenso auch den Stickstoff) als einen Bestandtheil des Ozons gänzlich
vefläugnen. Sie ergeben insbesondere, dass bei der Elektrolyse des Was-
sers keine Verbindung von der Zusammensetzung HO^ gebildet wird , und
dass Ozon, auf welche Weise es siph auch entwickelt hat, ein und dieselbe
Substanz von gleicher Beschaffenheit und kein (im gewöhnlichen Sinne) 'zu-
sammengesetzter Körper, sondern Sauerstoff in einer allotropischen Modi-
fieation ist. Von dem Verhalten und von den Eigenschaften, welche dem
Ozon, aus welcher Quelle es auch stammen mag, gleichmässig zukommen
möge nur noch folgendes erwähnt werden :
324 Kleinere Mittheilungen.
Alles Ozon wird von Manganhyperoxyd in Folge kataly tischer Wir-
kung zersfört; desgleichen wird es durch einfache Temperaturerhöhung in
reinen Sauerstoff verwandelt, und zwar um so schneller, je höher die Tem-
peratur steigt (bei gegen 240® verschwindet jede OzonreaCtion). Jedes
Ozon, direct mit Wasserdampf beim Siedepunkt in Berührung gebracht,
wird sofort zerstört. Das Ozon, wie es auch bereitet ist, besitzt glefchen
Geruch und das Bleichvermögen ohne vorhergegangene saure Reaction.
Alles Ozon zersetzt in gleicher Weise das Jodkalium unter Bildung von
jodsaurem Kali und bringt gelöste oxydirbare Stoffe, wie schwefelsaures
Eisenoxydul , auf eine höhere Oxydationsstufe.
XLVn. Encheinnng des lange andanemden Siedens einer übenät-
ügten GlaubersalzlÖBiing. Der bekannte, zuerst von Löwel angeregte
Versuch , eine in einem Glaskolben zuerst der Siedehitze ausgesetzte con-
centrirte Lösung von Glaubersalz bei Luftabschluss gehörig abkühlen zn.
lassen , wobei sie nicht krystallisirt , um sie dann auf verschiedene Weise
plötzlich zum Krystallisiren zu bringen, — hat Herrn Rud. Böttger Ge-
legenheit gegeben, ein nicht uninteressantes Phänomen zu beobachten^
welches wegen seiner Leichtigkeit es hervorzurufen, sowie wegen seines
instructiven Charakters bekannt zu werden verdient. Füllt man nämlich ein
Glaskölbchen mit etwas langem Halse bis auf etwa drei Viertel seines Rau-
mes mit einer concentrirten Lösung von Glaubersalz, bringt diese über einer
Weingeistlampe in heftiges Sieden und erhält sie darin, nm jede Spur
atmosphärischer Luft auszutreiben, einige Minuten lang der Art, dass un-
unterbrochen aus dem Halse des Kölbchens ein dichter Dampfstrahl empor-
steigt , und verschliesst dann , während dieses stattfindet-, so schnell als nur
immer möglich den Hals des Kölbchens mit einem zuvor gehörig erweich-
ten, der Oeffnung des Halses wohl angcpassten Korkpfropfen; so sieht
man, selbst nach Entfernung des Kölbchens von der Wärmequelle den In-
halt desselben oft noch nach einer halben, ja nicht selten sogar noch nach
einer ganzen Stunde sieden, d. h. so lange, als die Salzlösung heisser ist,
als die den luftleeren Raum des Kölbchens uuischliessende Glaswandung.
Hat endlich das Phänomen des Aufwallens oder Siedens aufgehört, so läsdt
es sich dennoch auf kurze Zeit von Neuem wieder hervorrufen, sobald man
die Wandung des obern Theiles vom Kölbchen mit etwas angefeuchtetem
Fliesspapier berührt. (Jahresber. des physik. Vereins zu Frankfurt s/M.
Jahrg. 1855 )
Druck von B. G. Teubner in Dresden.
XVIII.
Bemerkungen und üntersuehnngen Aber einige Oegenstände
der BaUistik.
Von.W. H. VON RouvROY,
König^l. Sachs. General -Major.
JL/ie Bewegung der Geschosse unserer Feuerwaffen bietet gewiss eines der
schwierigsten und interessantesten Probleme der Dynamik dar. In gewisser
Besiehung ist es allerdings auch eines der undankbarsten ; denn die For-
meln, auf welche die Theorie führt, sind fUr den Gebrauch in der Praxis
zu verwickelt, und einige Constanten, welche in denselben vorkommen,
müssen sur Zeit noch für jedes neue Geschüts oder Gescho^s durch Schiess -
versuche ermittelt werden, welche wenigstens einen Theil v«n dem, was
durch jene Formeln gefunden werden kann, unmittelbar geb^n. Man würde
indessen sehr irren , wenn man diese unmittelbaren* Ergebnisse der Praxis
für ganz frei von kleinen MKngeln und innem Widersprüchen halten wollte.
Die Temperatur und der Feuchtigkeitsgehalt der Luft bei der Bereitung
des Schiesspulvers und w&hrend der Aufbewahrung desselben , namentlich
in den letzten Wochen und Tagen vor den Versuchen, sind nicht ohne Ein-
§ass auf die Stärke des Pulvers , wirken aber auch während der Versuche
selbst auf deren Resultate ein, indem sie entweder das Zerfliessen oder die
Verhärtung des Pulverrückstandes in den Geschützrohren und Gewehren
begünstigen. Helles Sonnenlicht, welches die Gewehre erwärmend, eben-
falls die letztgedachte Wirkung hervorbringt, sich auf Visir und Korn spie-
gelnd, das Zielen stört, die hellere oder düstere Beleuchtung des Zieles
selbst, die gerade herrschenden Winde und noch manche andere Umstände
tragen zur Veränderung der Schiessresultate bei. Verallgemeinert man nun
dergleichen Resultate durch Berechnung einer Schusstafel, welche in der
Praxis das Rechnen überflüssig machen soll , und bedient man sich hierbei
einer gewöhnlichen Interpolationsformel, so giebt die Schnsstafel jene Re-
sultate allerdings genau , aber auch mit ihren Fehlem und Widersprüchen
wieder. Namentlich kann dadurch leicht der Einfluss, welchen Visirhöhen-
änderungen auf die Schussweiten ausüben, in dem einen Theil der Tafel
zu gross und in dem anderen Theil derselben zu klein erscheinen , und ge-
rade dies ist bei dem praktischen Gebrauch der Tafeln besonders störend.
Das sicherste Mittel zur Vermeidung von dergleichen Uebelständen besteht
nun offenbar darin, dass man die unmittelbaren Resultate der Schiessver-
suche zur Bestimmung der in den ballistischen Formeln vorkommenden
Constanten benutzt, die Schusstafel selbst aber nach jenen Formeln be-
Zeitschrift f. Mathematik n. Physik. L 32
Kleinere Mittheiluiigen,,
2. Di V ktton im AÜgemeiuen auf mehr als ein© Weis© in die
Stimme am ^jüftdrate zerlegt werden, es giebt daher soviel versch i D -
deao Hattptargum^nte deraeibon, ab solcher Zcrlegangen moglieh sind*
So hat K, B» die Zahl 2 nur ein Hauptar^ment =^ ^rt; einer Primzahl von
der Form 4rj + I kommt gleichfalls nur ein Jlauptargument zu, weil eine
derartige Zahl hckaontlich auf nicht mehr als eine Weise in zwei Quadrate
zerlegbar ist Das Uanplargumeut einer Quadrataahl = o* + 0' ist :r;^ O.
Primzahlen von der Form 4n — ] können nicht in zwei Quadrate zcrf.^llt
werden, besitzen also überhaupt keine Argumente. Dassel be gilt von den
zusammengesetzten Zahlen^ deren Ȋinmtliche Primfaktoreu der Form
4» — 1 angehören , und nur in dem Falle, wo die auf «olcbe Weise zusam-
mengesetzte Zahl ein (Quadrat ist^ entspricht ihr wieder ein reelles Argu-
ment = 0. Hieraus folgt noch, dass die Anzahl und Grosse der Argumente
irgend einer in jawei Quadrate zerlegten Zahl TV dienelbe Ist wie bei der
Zahl nt^N^ sobald m nur aus Primfaktoren von der Form 4« ^ 1 besteht.
3. Untersuchen wir jetzt, wie das Argument eines Produktes gebildet
wird. Es sei a ein Argument von JV^^a*+«'', ß ein Argument von
i* = i,*^^'% also
a 0
hii ist identisch
NP={ab' ± huf + {ah' + ab)\
initliiu wenn <o ein Argument von NP bezoichnet,
A + 4
^ ah' + ha a — ö' fiin a -h (fift ß , . ^^
tan m = -,-f^^—- = =t= - _^ ^— — '- = tan (a + ß)
ab +ah ab l + ianatanß - ^^
a 0
folglich kann man auch
n = ä + ß oder arg {NP) = arg N + arg P
setzen. Durch mehrmalige Anwendung dieser Formel gelangt man leicht
zu der allgemeineren
arg N + arg P ± arg 0 ± . . . = arg {NPQ . . .)
d. h. jede algebraische Summe von Argumenten mehrerer
Zahlen ist ein Argumentdes Produktes jener Zahlen.
4. Um ferner zu untersuchen, ob dieser Satz auch umgekehrt gilt, den-
ken wir uns wieder eine Zahl iV in zwei Quadrate a* + a^ zerlegt, wobei
wir Primfaktoren von der Form 4« — 1 ausschliessen weil sie keinen Ein-
fluss auf die Argumente haben , und bezeichnen mit a ein Argument von N.
Nach einem bekannten Satze der Zahlenlehre ist jeder Divisor der Zahl
^= a* + ^Jf' von der nämlichen Form, d^ h. die Summe zweier Quadrate,
man kann folglich die im Allgemeinen als zusammengesetzt gedachte Zahl
N in zwei Faktoren P und Q zerlegen , sodass
N = PQd. h. a* + a •= (6« + 6'*) {c^+c")
oder auch
0* + a • = (6c' + b'cy + {b'c + bc)\
Es sind daher bei bekannten a^ a\b^b' die sich ergebenden Ausdrücke
Von W* H, VON RoüVRriT'.
gariiig, a!i dass der Praktiker immer in der Lage sein sollte, die afifUng*
liehen Geschwindigkeiten der Gescliosse, deren Bahnen er unter suchen
will^ direkt bestimmen an konoeu, sondern er hat dazu oft keine anderen
Grundlagen, als die Ergebnisse der angestellten Schiess versuche*
11. Die Richtung^ .^ welche der Schwerpunkt des Geschusses in dem
Angenhlieke besjts&t, lu welchem das Letztere aus dem Goschrtit^rohre tritt
— d» u die TangentR des Anfangspunktes der Fiugbalin — denkt man sich
im Allgemeinen mit der Hichtung der Beelenaxe *) ÄUsaramenfallend oder
doch parallel, so dass der Neigungswinkel jener Axe gegen eine lloriKon-
laiebene — der Elevationswinkel des Geschützes — zugleich die
Lage jener Tangente bestimmt. BjS ist jedoch auch hierbei eine kleine Be-
Tiehtignug zu machen, weil:
L vermöge des Spie Iran ms die Kichtung des Schwerpunktes des Ge*
sehossee nicht vollständig parallel mit der Seelenaxe m sein braucht,
3, die Seelenaxe nicht immer genan den Elevationewinkcl besitzt , wel-
chen man derselben gegeben zu haben glaubt. Am ungenauesten ist
die> direkte Messung der Elevationswinkel mit den dazu bestimmten
► Gradbf^gen; denn Elevationsnnterechiede bis zu Vi Grad sind dabei
oft nicht mehr bemerk lieh. Sicherer bestimmt man — wie e^ gewribn-
Uch geschieht — jenen Winkel au^ der bekannter» Stellung der am
Geschütz oder Gewehr angebrachten Visirpnnkte g^^gen di^8eelena%e
und ans der Kntfernung und etwaigen Hohe des Zielpunktes von und
über dem hinteren Visirpnnkte.
Eine vollständige Genauigkeit giebt aber auch dieses Verfahren nicht,
denn die Betlexion des Bonnenlichts auf den Kanten des Kornes, die Beu-
gung des Lichts an den Kanten des Visirs, die gi^össere oder geringere Ent-
fernung, hellere oder dunklere Beleuchtung des Zieles, die Helligkeit oder
Dunkelheit seines Hintergrundes u, s, w, veranlassen den Zielenden unwill-
kürlich mit dem Ange eine etwas andere Stellung gegen die al« Visirpunkte
vorausgesetzten Punkte 2U nehmen^ und verursachen mithin eine Aenderung
In der Neigung der wahren Viairlinie gegen die Seelenaxe*
Um nun alle aus den gedachten Umständen entspringende Verse hie-
danheiten zwischen der beabsichtigten und der wirklich pingetretenen Rich-
tung des Geschützes soweit auszugleichen, als dies überhaupt möglich ist,
kann man den Unterschied zwiMchen der scheinbaren Kichtung d<>r Seelen -
nxe und der Richtung, in welcher die Geschosse das GeschützTohr verlas*
spu, durch das SehiesÄon ge^^n ein sehr nahes Ziel ermitteln* Allerdings
kommt hierbei nicht allein die Lage der Punkte, in welcher die ZielflÄche
g«ärofien wird, gegen den eigentlichen Zielpunkt, sondern auch der Abstand
dei vorderen Visirpunktea von der SeeJenaxe, und endlich selbsit die Grösse
des Raumes in Betracht, welchen die Gp=9chosse während ihrer Bewegung
bis zum Ziel vermöge der Schwerkraft durchfallen. Bei der geringen Länge
der durchlaufenen Bahn ist jedoch auch dieser Fallraum nur sehr geringe
10 dass selb^ eine ganz ungefähre Schätzung der Geschwindigkeit des Ge-
ichosses hinreicbt, um denselben mit der für obigen Zweck genügenden Ge-
nauigkeit zu bestimmen.
Der Winkel, um welchen sieh nach den Ergebnissen eines derartigen
Versuchs die ursprüngliche Richtung des Geschosses — an der Geschül«*
•J Unter der Seele eine«Gefchiits5e& oder Gewehres veratebt mau den
lu^Men Raum , wekber die Ladung und da« Ge^choss aufnimmt ^ unter dem M p i el -
fima den t^nt^rnobied der DuTchmeBser der Äeelo und de« Beti'boÄBes*
Kleinere MiUhGilungen,
I
furnenton, derenjedoB mit eifiem rationalen Faktor multi-
cirt ist, knnn rlÄher nicht gleicb Null hc in.
Für h^=i \ nnd P ^=^^ d. b. ü^^\n erbSlt man den Znstits: Die
»cisperipherifl kann nicht durch eino algebrai&ch^ end-
thß 8ummo von Primziihl oiiarg^umenten a wöge drückt wer
, d e r e n j c d P H mit einem rationalen F fi k t o r ni u 1 1 j p 1 1 c i r t i s t »
7. Nennen wir v das Argument der zugam menge Beizten Zahl
' -*, /J, y , - , die Arguuicnto ihrer Primfaktoren P^Q^R , . .^ m Uabeu wir
dorn früheren
1 dahei ist nicht ssu "—— - ^ dr- — — ofe der GJeichnngen
Tangente de.4 Bogen» v eine rationzilu Zahl «ein muHS. Wäre
nmetiijurabel mit n oder mit ^7r=^ «^gf ^i so würde
ir ==r Ar J: » = * . nrg 2
gefictzt werden können, wo ^ einen rationalen Faktor bedeutet, dann würde
aber die vorige Gleichung in
übergehen und dies ist nach dem frulieren Sat«e eine unmögliche Relation,
AIho : J e d p r V o n J IE V e r s c b i c d 0 n e B o g e n , d e j^ s e n Tang e n t e in
C'ODimensurablem Verhältniss zum Halbmesser steht, ist in-
commensurabel gegen die Peripherie ; ferner: „Das Quadrat
ist das einzige regelmässige Tangentenvieleck, dessen Um-
fang in rationalem Verhältniss zum Radius steht.
8. Um zu entscheiden, ob zwei Bögen, deren rationale Tangenten
— und Ti sind , ein commensurables Verhältniss zu einander haben , muss
a h
man die Primfaktoren der beiden Zahlen a* + a • und 6' + 6'* aufsuchen.
Sind diese Primfaktoren in beiden Fällen nicht dieselben , so' ist jenes Ver-
hältniss incommensurabel. Dasselbe findet statt, wenn zwar die Primfak-
toren die nämlichen, aber ihre Exponenten nicht proportional sind. Aus
beiden Bemerkungen zusammen folgt: Das Verhältniss
a h
Arctan — : Arctan 77
a b
ist nur dann ein rationales, wenn die Gl eichu ug
stattfindet, worin m und n ganze positive Zahlen bedeuten.
Als leichte Consequenz der vorigen Sätze erwähnen wir schliesslich
noch folgende : WennP, (),Ä... verschiedene Primzahlen von
derForm4w-|-l und «, ft, c . . . beliebige ganze Zahlen ohne ge-
meinschaftlichen Theiler sind, so kann kein aliquoter Theil
de^ Bozens
i
I
Von W. H. VON RoüVROT. 329
mente der Oberflftche eines Geschosses erleiden , jedesmal in eine Mittel*
kraft vereinigen lassen, deren Richtung derjenigen der Bewegung gerade
entgegen^eaeizt wäre. Von den genannten Vorbedingungen wiid aber wahr-
scheii^ich keine einzige vollstündig erfüllt, und daher ist auch kein Grund
vorhanden, um ansunehmen, dass die gedachte Mittelkraft die oben ange-
f)fthrte Richtung haben müsse. Unter allen Umständen kann man sich aber
dieselbe wieder in zwei Composanten zerlegt denken , von denen die eine
die gedachte Richtung und die andere eine auf diese rechtwinklige Rich-
tung besitzt. Wir werden daher — you dieser Freiheit Grebrauch machend ^--
jede dieser Ck>mposanten für sich disentiren.
V. Die erste Composante des Luftwiderstandes , deren Richtung der*
jenigen des Schwerpunktes im Geschoss entgegengesetzt ist, und die also
nach der bisher gewöhnlichen Annahme , als der Gesammtwiderstand der
Luft gegen ein Geschoss betrachtet wurde, hat bekanntlich bereits Newton
berechnet und z. B. für ein kugelförmiges Geschoss dem Gewicht einer
Luftaänle gleich gefunden , deren Grundfläche die grösste Kreisfläche der
Kugel und deren Höhe die Hälfte ihrer Geschwindigkeitshöhe ist. Bei der
Bestimmung dieser Kraft ist jedoch weder auf eine Verdichtung der Luft
Tor, noch auf eine Verdünnung derselben hinter der Kugel Rücksicht ge-
nommen, und da eines wie das andere sicherlich eintritt, so ist auch der
obige Ausdruck für den Widerstand der Luft gegen ein kugelförmiges Ge*
sehoas gewiss zu klein. Wird derselbe mit N und der wirklich stattfindende .
Widerstand mit CN bezeichnet, so muss demnach der Coefficient C stets
grösser als 1 sein. Es fragt sich aber überhaupt, ob derselbe für verschie-
iene (Geschwindigkeiten des Geschosses constant ist, und die Erfahrung
seheiBt dem zu widersprechen, denn Hutton fand durch eine Reihe von
sehr sorgfältig angestellten Versuchen unter anderen folgende Werthe
Ton C.
Geechwiadigkeit de« Geschosses w-...*k ^ä« r
in euglischen Fnssen.
5' 1,2
25' 1,27
100' 1,36
400' 1,43
1000' 1,77
1500' 2,06
2000' 2,00
JSIiae vollständige Richtigkeit ist, bei der grossen Schwierigkeit der-
artiger Versuche obigen Resultaten an sich nicht beizumessen , und daher
kann man zur Erleichterung der ballistischen Rechnungen von einem stren-
gen Festhalten an denselben absehen. Allein so lange keine anderen Gründe
dagegen aprechen, erscheint es immer zweckmässig, wenigstens bei Schüssen
mit grossen anfönglichen Geschwindigkeiten für C eine solche Funktion der
Geschwindigkeit v in Rechnung zu bringen, welche, ohne die Integrationen
wesenUich su erschweren, die von Hut ton gefundene Zunahme von C mit
V ungefähr ausdrückt, und hierzu empfiehlt sich besonders der von Eni er
Torgeschlagene Ausdruck
m welchen die Constanten a nnäj der obigen Tabelle ungefähr entsprechend,
oder nach anderen vorliegenden Gründen beliebig angenommen werden
können.
BaUifltische Unter^tiichungen.
Der Grütid, warum der Ealer*ache Ausdruck bisher nur wenig An-
weodung gefunden hat, liegt wohl haiiptsäcblich m dem UiuaUDde, daBs
bisher von dem Vorbaudenseiu der unten betrachteten zweiten Composante
des Luftwiderstandes ganz abgesehen wurde; denn dies bitte die Folge,^^
dass Wertbe von €y welehe sich den Huttonsäcben Angaben etnigermassen^
uäberteu, bei den ballist'i&cben Rechnungen auf Widersprüche ftlhrten. He—
stimmte man nämlicb aua jeder der Scbussweiten, welehe eiu gewisse» Ge—
ßchoss bei unveränderten Goschützladungen, aber unter yerscbiedenen Ele—
vacions winkeln erreicht hatte ^ die anfängliche Geschwindigkeit, so fan<I^
eich dieselbe gewöhnlich um so grösser, je grösser der Elevationswiokel
war^ Benutzte mau umgekehrt die aus den Häcberen Bahnen berechnett^
aufäogliehe Gesch^Yiudigkeit, um für die höheren Bahnen die Lage ihres
Endpunktes zu bestimmen, so ergab sich diese Lage in der Hegel viel tiefer
als dieselbe in der Wirklichkeit gewesen war* Man suchte nun diese Wi-
derspruche zw^ischeu TheoTie und Praxis xunäcbst in der über die Grösse
des Luftwiderstandes gern achten Annahme ; allein In neuerer Zeit hat der
kÖnigL preues* Artillerie- Uberstlieutcuant Otto iu einer schönen^ theils im
Archiv fiirOfficiere des köuigL preussisehen Ingenieurcorps (33* Band, 8* 75),
theils iu ^wei besonderen Abhandlungen^) , veröftentHcbten Arbeit nacli-
gewiesen, dai^s jene Widersprüehe durch VerHuderungeu in der Annahme
des direkten Widerstandes der Luft nicht beseitigt werden können, soudera
düss dies allein durch Berücksichtigung der ä weiten Composante des Luft-
widerstandes möglich ist.
Hält mau sich erst hiervon überzeugt, und der Verfasser glaubt, daaa
auch die gegenwärtige Arbeit mit dazu beitragen werde, diese Ueberzea-
gung immer allgemeiner su begründen ^ ^o schwinden auch die Bedenken
und Einwürfe gegen die Anwendung des En 1er* sehen Ausdrucks f ür C
und gegen die Bestimmung der darin vorkommenden Constanten aus Ha t-
ton's Versuchen, wenigstens so lange, bis genaue Zeitmessungen nach der
Andeutung in Nr. IIL , oder andere entsprechende Versuche zu einer noch
sicherern Bestimmung von C führen.
VI. Nachdem bereits in Nr. V. angedeutet wurde, dass eine Ueberein-
stimmung zwischen Theorie und Praxis ohne Berücksichtigung der zweiten
Composante des Luftwiderstandes, welche in dem Folgenden stets mit S
bezeichnet werden möge , nicht erreicht werden kann , so bleibt nnr noch
die Betrachtung der Gründe übrig, welche auch direkt für die Annahme
einer solchen seitlichen Wirkung der Luft auf die Geschosse sprechen. Un-
ter diesen Gründen steht die leicht erklärliche Rotation aller Geschosse oben
an; es sind jedoch bei kugelförmigen Geschossen in dieser Beziebnng fol"
gende drei Fälle zu unterscheiden:
l. wenn dergleichen Geschosse, deren Schwerpunkt in Folge ihrer in-
nernConstruction einen beträchtlichen Abstand vom Mittelpunkt hstV
so geladen werden, dass sich ihr Schwerpunkt entweder gerade nnte^
oder gerade über dem Mittelpunkt befindet, überdies die möglichst
centrale Wirkung der Pulverladung durch deren Lage in der cylindri-^
sehen Kammer**) deö Geschützrohres gesichert und dem Wiederan^
**) Hilfsnuttel für ballistische Rechnungen 1. und 2. Lieferung« Berlin, 1855.
**) Kammer wird der hintere zur Aufnahme der Pulverladung bestimmte Thei.^
Seele der eines Geschützrohres genannt, wenn derselbe enger als der übrige fhe^"*-
der Seele ist.
Kleinere MittheiloDgen. 319
fach ausdrücken, wenn man die Punkte G, N, /, K beachtet, in denen der
Kreis der Reihe nach von den Seiten AO, OB^ BC, CA berührt wird, es ist
nämlich
AB, — AK+B^K=AG + B^H,
A^B = A^J+ BJ = A^G + BH,
mithin
AB,—A^B = B^H—BJf—{AiG — AG)
= BBi —.AAi = {b^ — b) — (öi — a).
Durch Substitution dieses Werthes geht die vorige Formel über in
,[(^-6)-(a.-.)]=^''^'-'"^)"•-^
r
woraus
- («^1 — öTi b) sin Y
''~*(^-^)-(«i-a)'
Die Coordinaten p und q des Kreismittelpunktes M sind folglich
abi — Oib
stn
Y ^{b,-b)-{a,-ay
es genügen aber die Werthe x = p und y=sq der für die Gerade 2>/)| auf-
gestellten Gleichung, mithin liegt M auf />/>, w. z. B. w.
UebcrtrHgt man diese Rechnung in Proportionen, wie es auch bei dem
gewöhnlichen elementaren Beweise des Gauss 'sehen Theoremes der Fall
ist, so gelangt man in der That zu einem rein, geometrischen Beweise des
Satzes ; doch bliebe dann eine kürzere und anschaulichere Herleitung immer
noch zu wünschen. Schlömilch.
ZXXIX. Eine Eigenschaft der KegelBchnitte.
Construirt man zu einem centralen Kegelschnitte (El-
lipse oder Hyperbel) eine gleichseitige Hyperbel, derenMit-
telpunkt in den Mittelpunkt des ersten'Kegelschnitts fällt,
und deren Scheitel die Brennpunkte jenes Kegelschnittes
sind, so bilden die von einem beliebigen Hyperbel punkte aus
an den Kegelschnitt gelegten Tangenten immer gleiche Win-
kel mit den Halbachsen des berührten Kegelschnitts. (Näm-
lich L (/, a)^=:L (t<, b) wenn a, b die Halbachsen des Kegelschnittes , t und u
die von einem Hyperbelpunkte an ihn gelegten Tangenten sind.]
Die genannte Hyperbel wird zu zwei auf einander senkrecnten Gera-
den, sobald der Kegelschnitt in einen Kreis übergeht. Ist 4er Kegelschnitt
eine Hyperbel, so mussa>6 sein, wenn die erwähnten Tangenten nicht
imaginär werden sollen.
Der ausgesprochene Satz gilt auch für die Parabel, wenn man die
gleichseitige Hyperbel durch eine im Brennpunkte senkrecht auf der Achse
errichtete Gerade vertreten lässt.
Betrachtet man die Abschnitte, welche die genannten Tangenten auf
den Achsen des centralen Kegelschnittes bilden, als Coordinaten eines v«
Balltet ieche Untersucliangeii.
^1|^^|^^V^Mll^^^^«y^^^>fy''^^.^^i^J'^>"-^
nicht darüber in Zweifol iein , dasa die resp. tocb oder weit vom Geschüti
einachlagetiden Gcscbosfc voq unten nAcb oben, und die tief oder kurz tref-
fenden von oben nach unten rotirt haben* Soll dfiber eine bAllistiscbe IJn
tersuobuug tlber dergleichen SchiU&e angeitellt werden, so muss nmn beide
Gruppen trennen, und die aus der Kotation entdtebende seitliche Wirkung
dei Ltiftwiderstandös bei der ereteren Grappe von unten nacb oben wir-
kend und bei der zweiten Gruppe vöh »ben nach unten wirkend annebuieti.
Im dritten FMe ist die drehende Wirkung dea Pul vergase« auf die
Geschosse durch die Eiuriebtung der Munition niögUch&t vexinindert wot-
den. Vollständig beseitigt wird dieselbe aber nicht, weil, abgesehen vm
nur zufälligen UnregeltnÄBsigkeiten in der Entaändung der Palveriadung
u> s. w.
ö} die oben gedachte Entzündung nicht in der Seelenaxe, aondern wqü
oben erfolgt,
b) das Pulvergas über dem Geaclioss wegströmt und dabei einen Druck
von oben nach unten gegen dasselbe ausübt,
e) das Gcschoss in dem AngenbUck^ in wekbem es sich in Beweguug
ietzt, auf der unteren Seelen wand eine gewi&se Reibung erleidet.
Alle diese Um^^tände scheinen das Ei' treten der Eotationen von ob««!!
nach unten zn bedingen und wird daher lie unleugbare grossere Kegel-
mässigkeit der Schüsse mtt dergleichen Mmütion nicht blos in der geringe-
ren Geschwind igkeit, sondern auch in einer iui mergle ichen Hichtung ihrer
Rotationen geencht , d. b. glaubt man eine aus diesen Rotationen hervor*
gehende Ablenkung aller Geschosse nach einer bestimmten Hiebtuug an*
nehmen zu können, so sollte man meinen, diese Ablenkung müsste wie bei
unterwürtg gelegtem Schwerpunkt d. h. nach unten erfolgen. Dem wider-
spricht aber In dem vorliegenden Falle die Erfahrung auf das Desttmmtestef
denn :
1. wurde, wie bereits in der vorläufigen Bemerkung Nr. II. erwähnt,
mit der gleichen Munition beim Scbiessen auf 90 Ellen Entfernung
der Abgangs Winkel 3^^' und bei dem Schiessen anf 133% Ellen Ent-
fernung ein noch grösserer Abgangswinkel beobachtet;
S. weist die unten folgende Rechnung nach , dass anf diese Geschosse
während ihrer Bewegung eine bedeutende Kraft von unten nach oben
drückte.
Man muss daher wohl annehmen , dass in denjenigen GescbütsrOhren,
welche zn den gedachten Versuchen angewendet wurden, die grosse Mehr-
zahl der Geschosse an dem vorderen Theil der oberen Seelenwand an-
schlägt, und dadurch eine drehende Bewegung von unten nach oben erhält
Einzelne vorkommende grosse Abweichungen der Schüsse scheinen in dem
Unterbleiben dieses oberen Anschlages ihren Grund za haben; denn die
sehr abweichenden Schussweiten sind erfahrungsmässig stets zn klein and
nie zu gross, nnd dies erklärt sich durch den Umstand, dass der Kinflnss
der durch den Anschlag erzeugten Richtungsverändernng anf die Schnss-
weite viel kleiner ist, als derjenige der damit verbundenen Rotationsum-
kehrong.
£s versteht sich von selbst, dass in Geschützrohren von anderer Länge
oder anderem Spielraum und selbst bei anderen Pulverladungen, wie die
stimmte« Ziel sa treffen, so muss man sich dasu «ntsehliessen, aosschliMslich auf eine
oder die andere von beiden Treffergrappen eu speouUren, und die Schüsse, welche
der sweiten Gruppe entsprechen , als Fehlschüsse anansehen.
Kleinere MittheilungeD. 321
lassen soll, Aen geeigneten Standpunkt aufzusuchen, denn man wird hier-
für dann reichlich belohnt, wenn man das Bild den Charakter eines Stereo-
scopischen Bildes mit dem Relief und der Perspective der Natur anneh-
men sieht.
Man kann auf dieselbe Weise Gemälde und Zeichnungen betrachten;
wenn sie gut gemacht sind , ist die Erscheinung dieselbe , im Oegentheil
zeigen sich die Fehler im Bilde ganz deutlich.
Grosse Negativs auf diese Weise betrachtet , erzengen einen imposan-
ten Effekt, namentlich Gebäude < weil selbe der lichten Fenster wegen im
Innern erleuchtet zu sein scheinen.
Es ist hierbei immer gut, die Bilder mit einem dunklen Rahmen zu um-
geben oder sie gleich in der Camera so zu erzeugen. (Aus La Lumiere
durch Hörn 's photographisches Journal, 1856. Nr. 10.)
XLH üeber eine lange 2eit wirkzam bleibende, besonden für tele-
graphiBche Zwecke sich eignende Yolta'sche Batterie. Von Professor
BüD. BÖTTOER. Lässtman eine aus mehreren Elementen bestehende, mit
Bunsen* sehen Kohlencylindem und amalgamirtem Zink combinirte Bat-
terie (worin beide Elektricittttserreger, durch mattgebranpte Thonzellen von
einander getrennt, in verdünnter Schwefelsäure stehen, wie solche gegen-
wärtig auf den meisten Telegraphenlinien in Anwendung sind) längere Zeit
geschlossen, so bemerkt man schon nach wenigen Tagen (ob in Folge eines
Schwefelei^engehaltes der Kohle, oder einer Zersetzung der Schwefelsäure,
lasse ich zur Zeit dahin gestellt sein) einen auffallenden Geruch nach Schwe-
felwasserstoffgas, und gleichzeitig eine ungemeine Schwächung des Stroms.
Mochte ich nun statt der Bunsen^ sehen, aus der Fabrik des Herrn G r e s s-
1er in Erfurt bezogene Kohlencylinder , reine Koaksstücke oder auch die
sogenannte Gaskohle (die in den Gasretorten sich ablagernde steinharte
Kohle) in Anwendung bringen, — stets machte sich nach einiger Zeit Ge-
schlossenseins der Kette dieser auffallende Geruch nach Schwefelwasser-
stoffgas bemerklich und in Folge dessen allemal auch eine bedeutende Ab-
nahme der Stromstärke. Ebenso bemerkte ich schon nach wenigen Tagen
eine ähnliche Schwächung des Stroms bei geschlossener Batterie, wenn die
Kohlencjlinder, statt mit Bleistreifen, mit Kupferbändem leitend versehen
waren, und zwar lediglich in Folge einer endosmotischen UeberfÜhrung
und Ablagerung von partiell gelöstem Kupfer auf die in den mattgebrann-
ten Thonzellen befindlichen Zinkplatten.
Dagegen erwies sich^eine nur mit 5 Proeent Schwefelsäure haltigem
Wasser erregte Batterie , deren Kohlencylinder zuvor in concentrirte Sal-
petersäure eingetaucht und dann an der Luft etwa einen halben Tag stehen
gelassen worden waren, lange Zeit hindurch äusserst wirksam, und ver-
mochte ich bei so behandelten Kohlen oder Koaks in der geschlossenen
Kette niemals eine Entwickelung von Schwefelwasserstoffgas wahrzuneh-
men. (Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frimkfurt a/M. für
1854—1855.) ♦
aiiiii. Eine neue Yolta^scbe Batterie. Die X. Lieferung des Cosmos
gegenwärtigen Jahrganges {Tom. IIL p. 253) enthält folgende Beschreibung
der Einrichtung und Wirkung einer neuen Volta'schen Batterie , erfunden
Zeitschrin f. BUthemalik v. Physik. 1. 21
32S Kleinere Mittheilungen«
von den Herrn Lacassaqkb und Thieks , wobei dch der Beftreiit auf die
verschiedenen, etwas dunkel gehaltenen Beschreibungen besieht, 'welche
drei Ljoner Zeitschriften davon gegeben haben.
Der neae Elektricitätserreger wird ans trocknen Elementen zntammen-
gesetzt, in welchen die sonst gebräadhlichen Flüssigkeiten diireh wasser-
freie Salze ersetzt sind , die zum feurigen Flusse gebracht werden. Ein
Element besteht aus zwei in einander gesetzten Tiegeln, welche dureh einen
eisernen Cylinder von einander getrennt sind. Der äussere Tiegel wird mit
Kochsalz, der innere mit einem Aluminiumsala angefüllt, ausserdem wird
in den inneren noch ein hohler oder massiver Kohleneylinder gestellt.
Hierauf wird der Apparat bis zur Slirsehrothgluth erhitst, wobei die Salse
in Fluss gerathen, und der Kohlencjlinder mit dem Eisencjlinder dureh
einen Leiter verbunden. Sowie letzteres geschehen , entsteht ein stariLer
elektrischer Strom. Ein Elektromagnet, in diesen Leiter eingeschaltet,
wurde eben so stark erregt, wie durch ein Bunsen^sches Element von be-
träehtlfcher Grösse, obgleich nur ein sehr kleines dieser neiien Blemente
hieran in Anwendung gekommen war. Ein solches Element eoll sieh ntehi
Mos mit andern derselben Art auf gewöhnliche Weise, sondern auch mit
Elementen anderer Gonstruction zu einer Batterie verbinden lassen. Ausser-
dem soll hierbei noch ein sehr bemerkenswerthes Nebenprodukt gewonnen
werden. Nachdem nämlich das Element etwa zwei Stunden der Wirkung
des Feuers ausgesetzt gewesen war, wurde es zerschlagen und man fand
auf dem Grunde des Tiegels einen schönen Begnlus von Aluminium, bedeckt
mit einer Menge Kügelchen desselben Metalls.
XLIV. Mittel zur Beobachtung kleiner Zeittheilchen. Herr Sanq hat
der schottischen Gesellschaft der Wisseuöch. und Künste eine Uhr, welche
er Chronophor nennt, vorgezeigt, welche sowohl die Vergleichung von
Uhren und Chronometern, als auch die Beobachtung sehr kleiner Bruch-
theile einer Secuude ermöglichen soll. Die gewöhnliche Art und Weise den
Gang eines Chronometers kennen zu lernen erfordert eine längere Zeit
hindurch sogar mehrere Tage fortgesetzte Beobachtung desselben und man
erfährt dadurch immer nur seinen mittleren Gang. Das von Herrn S. vor-
geschlagene Princip der Beobachtung ist dem des Verniers analog, wozu
ein Chronometer dient, welches bei seinem normalen Gange innerhalb eines
und desselben Zeitraums einen Schlag mehr oder weniger als ein gewöhn-
liches Chronometer macht, «odass z.B. das Sp^rad des Chronophors 119
Schläge in der Minute giebt, während das eines Chronometers, welches
halbe Secunden anzeigt, 1*20 Schläge macht. Vermittels dieser Vorrichtung
lassen sich Bruchtheile einer Secunde genau beobachten und es kann , weil
die Eintheilung eine beliebige ist, die Schärfe der Beobachtung soweit es
das Gehör gestattet getrieben werden. Diese Methode soll auch eine Ab-
kürzung der zur Beobachtung und Vergleichung der Seeuhren erforder-
lichen Zeit gewähren* und dürfte somit für die Schifffahrt von grossem
Nutzen sein.
(Bullet, de la Socicle tf Encourngcmcnt , Tom. III , Jativ. 1856, p. 59.
nach Pracfical Mechanic's Journal, Tom. VIII, )
Kleinere Mittheilungen. 323
XLY. OrMde, eine dem Golde ähnliche Metalllegimng. In der Ver-
sammlnng der Mitglieder des Vereins für Gewerbfleiss zu Berlin im Februar
d. J. zeigte Director Dr. Druckenmüller LöflTel und Gabel von einer dem
Golde täuschend ähnlichen Mischung, in Paris gefertigt, vor. Die Metall-
legimng wird Or^ide genannt und besteht nach einer im Laboratorium des
königl. Gewerbe-Instituts zu Berlin angestellten Analyse genau aus 90Thei-
len Kupfer und 10 Theilen Zink. Seiner Bestandtheile wegen dürfte es sich
weniger zu Speisegeräthen als zu Ornamenten, Beschlägen und dergleichen
eignen. Wenn es erblindet, so kann es durch Putzen vollkommen gold-
glänzend gemacht werden. (Verhandlungen des Vereins zur Beförderung
des Gewerbfleisses in Preussen. 1856. S. 27.)
XL7L üeber die Beschaffenheit des Ozons. Die bisherigen Resultate
der Untersuchungen über die Eigenschaften und das Verhalten dieses eigen-
thümlichen Körpers gehen bekanntlich darauf hinaus, dass vor allen die
nähern Umstände, unter welchen sich derselbe erzeugt hat, zu berücksich-
tigen sind , und dass die nach verschiedenen Bereitungsarten gewonnenen
gleichmässig mit dem Namen Ozon belegten Substanzen nicht identisch
sind. Man hat in dieser Beziehung hauptsächlich folgende drei fintstehungs-
weisen des Ozons von einander zu unterscheiden sich veranlasst gesehen :
J. Wenn elektrische Funken in atmosphärischer Luft oder in Sauerstoff-
gase überspringen.
2. Wenn reines oder Säuren und Salz haltiges Wasser durch den Volta-
schen Strom zersetzt wird, wobei das Ozon mit dem Sauerstoff am
positiven Pol auftritt.
3. Wenn gewisse Körper, namentlich Phosphor bei gewöhnlicher Tem-
peratur langsam in der atmosphärischen Luft verbrennen.
Die meisten Untersuchungen scheinen bisher darauf hinzudeuten, dass
das auf die erste Weise beim Ueberspringen elektrischer Funken entstan-
dene Ozon blos Sauerstoff in einem alle tropischen Zustande sei, dass dage-
gen das bei der Elektrolyse des Wassers gebildete Ozon ein Wasserstroff-
oxyd von der Formel HO^ sei , und dass endlich das durch Verbrennen des
Phosphors erhaltene Ozon entweder nur Sauerstoff oder auch eine Verbin-
dung von Sauerstoff und Wasserstoff sei. ThomasAndrews, Professor
der Chemie in Belfast, hat nun die Frage, ob das unter den genannten ver-
schiedenen Umständen erzeugte Ozon eine und dieselbe oder verschiedene
Substanzen vorstellt, und welche Zusammensetzung und Beschaffenheit des
Ozons in dem einen oder anderen Falle hat, aufs neue zum Gegenstand
einer ausführlichen und genauen Experimentaluntersuchung gemacht (Phil.
Fr. f. 1856; Poggend. Annal. Bd. 98, S. 435), deren Resultate den Wasser-
stoff (ebenso auch den Stickstoff) als einen Bestandtheil des Qzons gänzlich
verläugnen. Sie ergeben insbesondere , dass bei der Elektrolyse des Was-
sers keine Vorbindung von der Zusammensetzung HO^ gebildet wird , und
dass Ozon, auf welche Weise es sich auch entwickelt hat, ein und dieselbe
Substanz von gleicher Beschaffenheit und kein (im gewöhnlichen Sinne)' zu-
sammengesetzter Körper, sondern Sauerstoff in einer allotropischen Modi-
fication ist. Von dem Verhalten und von den Eigenschaften, welche dem
Ozon, aus welcher Quelle es auch stammen mag, gleichmässig zukommen
möge nur noch folgendes erwähnt werden:
336 BalÜBtische üntersucbungen.
In dem Punkte D endÜeii erreicht ^ »«Inen gröastea Wertli , sod&iin
uimmt fMä oach und nach lEnnier mehr ab , und kann zuletzt selbst negativ
werden. Da indessten der hinter B liegende Theil der Flugbahn nur knrx
in Vergleich mit dem anderen Theil derselben i«t, so »ieht man leicht, das»
^^ nicht beträchtliche negative Werthe enthalten kann.
Der Ausdruck für die Beschleunigung der zweiten Composante S des
Luftwider^andes soll, dem Vorschlag dea Herrn Oberstlieutenant Otto m\-
flp rechend j auä einem wenigstens beinahe Constanten uud ans einem veMut-
lichen versfnderlichen GÜede zusammen gesetzt werden. Unter der Voratus-
setsung» dass positive Vorzeichen einen Druck nach oben und negatiTe
Verzeichen einen Druck nach unten andeuten , äei ullmlicb die ßt^arhleu'
ntgung der Kraft 5
dx . . d\~igß]dx
ds dx äi
Hierhei bezeichnen m und h GrÖsaen ^ welche bei jedem Gcschoss m lange
constant bleiben, als dasselbe aus dem nämlichen GeschütK und mit der näm-
lichen Ladung gescbosBen wird, und deren positiv^e oder negative Werthe
aus den entsprechenden Bahnen selbst zu bestimmen sind. Der Kürae we-
gen soll sich indessen die nachstehende Untersuchung ssnuächst nur aufdeia
Fall beschränken , dass h positiv ist.
Mit 7 eudlich »oll eine Funktion von s bezeichnet werden, über deren
BeschafTenheit zur Zeit nur so viel festgesetzt wird, dass ihr Werth nie be-
trächlllch von der Einheit abweicht. Zur Rechtfertigung aller dieser An-
nahmen sei endlich noch Folgendes bemerkt:
J. der von Herrn Obers tlieatenant Otto für flache Bahnen bewährt
gefundene empirische Ausdruck kann auch unter der Form
dargestellt werden , und für m = 0 und ä = 0 wird , wie sich aus ^^'
unten folgenden Entwickelung leicht übersehen lässt:
d*y dx gdt* dx
dx^' ds dx* ' ds'
Der erste Ausdruck ist demnach dem zweiten sehr ähnlich und ^^^
bei den flachen Bahnen , bei welchen letzteren sich bereits bewäbi^®^
ungefähr eben so gut passen als dieser.
2. Denkt man sich unter Benutzung des zweiten Ausdrucks die Wef^*^^
der Constanten m und h aus kürzeren und flacheren Bahnen bestiaEi^*|
und sodann bei der Untersuchung über eine höhere und wesentl*^"
längere Bahn angewendet, so kann die Rechnung möglicherweise ß^'
gen das Ende der Bahn hin für .— ^ positive Werthe geben ; ^^^^
würde aber eine Wiederabnahme der Neigungswinkel der Geschöpf
richtungen im absteigenden Aste der Bahn ausdrücken und mi^^^^
widersinnig sein. Bei Anwendung des ersten Ausdrucks kann oi^*
hingegen, wie der unten entwickelte Werth von —-5 seigt, nie eiot^*'
XVIII.
Bemerkungen und Untenuchimgen über einige Gegenstände
der BalliBtik.
Von.W- H. VON RoiJVROY,
Königl. Sachs. General -Major.
Xyie Bewegung der Geschosse unserer Feuerwaffen bietet gewiss eines der
schwierigsten und interessantesten Probleme der Dynamik dar. In gewisser
Besiehung ist es allerdings auch eines der undankbarsten ; denn die For-
meln, auf welche die Theorie führt, sind für den Gebrauch in der Praxis
zu Terwickelt, und einige Constanten, welche in denselben vorkommen,
mttssen aur Zeit noch für jedes neue Geschüts oder Gescho^s durch Schiess-
yersuche ermittelt werden, welche wenigstens einen Theil y«n dem, was
durch jene Formeln gefunden werden kann, unmittelbar geb^n. Man würde
indessen sehr irren , wenn man diese unmittelbaren* Ergebnisse der Praxis
für ganz frei von kleinen Mängeln und innem Widersprüchen halten wollte.
Die Temperatur und der Feuchtigkeitsgehalt der Luft bei der Bereitung
des Schiesspulvers und während der Aufbewahrung desselben , namentlich
in den letzten Wochen und Tagen vor den Versuchen, sind nicht ohne Ein-
fluss auf die Stärke des Pulvers, wirken aber auch während der Versuche
selbst auf deren Resultate ein, indem sie entweder das Zerfliessen oder die
Verhärtung des Pulyerrückstandes in den Geschützrohren und Gewehren
begünstigen. Helles Sonnenlicht, welches die Gewehre erwärmend, eben-
falls die letztgedachte Wirkung hervorbringt, sich auf Visir und Korn spie-
gelnd, das Zielen stört, die hellere oder düstere Beleuchtung des Zieles
selbst, die gerade herrschenden Winde und noch manche andere Umstände
tragen zur Veränderung der Schiessresultate bei. Verallgemeinert man nun
dergleichen Resultate durch Berechnung einer Schusstafel, welche in der
Praxis das Rechnen überflüssig machen soll , und bedient man sich hierbei
einer gewöhnlichen Interpolationsformel, so giebt die Schusstafel jene Re«
sultate allerdings genau , aber auch mit ihren Fehlem und Widersprüchen
wieder. Namentlich kann dadurch leicht der Einfluss, welchen Visirhöhen-
änderungen auf die Schussweiten ausüben , in dem einen Theil der Tafel
zu gross und in dem anderen Theil derselben zu klein erscheinen, und ge-
rade dies ist bei dem praktischen Gebrauch der Tafeln besonders störend*
Das sicherste Mittel zur Vermeidung von dergleichen Uebelständen besteht
nun offenbar darin, dass man die unmittelbaren Resultate der Schiessver-
suche zur Bestimmung der in den ballistischen Formeln vorkommenden
Constanten benutzt, die Schusstafel selbst aber Tiafi\i ^«i^«a I^^tb^^SolX)^
Zsittehrift f. MMtheoutik n. Phfgik, L ^Si
326 Büllietiechc UntersuclmngeB*
recliu<^t) und je geriaaer die letateren der Natar der Sache ent»pT€ehei:i> atn
so besser wird die Si;hu^stafe! inil der Praxis übereiiiAtiminen, Dieü ist
indessen nicht der einÄige Nutzen der Ballistik, sondern die Untarj^uchun-
gen über dieselbe aubärfen und berichtigen auch das Urtheil über die Wir-
kung der Feuerwaffen unter verschiedenen Terrainverbältnissen , und über
viele andere den Gebrauch dieser Watfen, sowie die Taktik und die Befe-
stigungskunat betreffende FrHgen, Ks dürfteu daher vielleicht auch die nach-
stebendeu AuaemandersetÄUngen und UntcrsucUungen » äh welchen einige
in den Jahren 18ä4 und 18ä6 allerdings zu andern Zwecken angestellte Ver-
suche Veranlassung gaben, nicht g^an^ oline Interesse sein.
Die Schwierigkeiten der Unter auchungen über die Bewegung gewor-
fener und geöchoasener Körper sind zweifacher Art. Erstlich ktrnnen tiäin-
Itch die Integrale, auf welche dieselben fülireu, zum Tbcll nur durch Reiben
ausgedrückt werden, deren Convergenz bei hohen und sehr gekrümmten
Bahnen sich nicht über die ganze Länge der letzteren erstreckt. Zweitens
kennt man aber auch die Kräfte, welche auf die Geschosse wirken, mit
Ausnahme der Schwerkraft nur unvoIlstJindig und von den Bahnen selbst
kaum etwas mehr als den Anfangspunkt und den Endpunkt Folgende Er-
örterungen werden dies noch heller in das Licht setzen:
L l>ie Bewegung der Geschosse innerhalb der Geschützrohre und un-
ter Einwirkung der Pnlvergase erfolgt natürlich nach ganz anderen Gesetzen
als die weitere Bewegung derselben dnrcli dieLnft; man beginnt daher die
Untersuchungen über diese letztere Bew^eguug bei dem Moment, in welchetu
die Geschosse d^a GeRchützrohr verlassen, und versteht deshalb unter ihrer
anfänglichen Geschwindigkeit diejenige Geschwindigkeit, ivelche
sie in diesem Äugenblick besitsfion. Wenn nun dabei natürlich stillschwei-
gend die Voraussetzung gemacht wird^ dass mit diesem Moment jede Ein*
Wirkung der Pulvergase auf die Geschosse aufhöre , so ist dies allerdings
nicht ganz richtig, aber doch nur sehr wenig von der Wahrheit entfernt ^
denn man weiss aus der Erfahrung, dass eine beträchtliche Verlängerung
der Geschützröhre, durch welche die Pulvergase viel länger als jetzt hinter
der Kugel zusammengehalten werden, die Geschwindigkeit der letztere^
verhältnissmässig nur sehr wenig vergrössert, um wie viel geringer muss
also noch diejenige Zunahme jener Geschwindigkeit sein, welche in densel-
ben Abständen vom Ursprung der Bewegung eintritt, wenn die Gase dort
nicht mehr durch die Wände der Geschützbohrung zusammen gehalten wer«
den. Auf welche Weise endlich auch die sogenannte anfängliche Geschwin-
digkeit gemessen werden möge, das Resultat der Messung wird immer min-
destens den grössten Theil der Geschwindigkeitszunahmen mit enthalten,
welche erst vor der Geschützmündung eingetreten sind und die Annahme,
das Geschoss habe diese ganze Geschwindigkeit schon an der Mündung be-
sessen, kann daher höchstens bei der Berechnung der Flugzeit, nicht aber
bei der Bestimmung der Gestalt und Länge der Flugbahn einen einiger-
massen merklichen Fehler verursachen.
Hat man nun auch durch die obigen Annahmen für ballistische Unter-
suchungen die Gesammtwirkung des Pulvergases gleichsam auf einen Stoss
zurückgeführt, welcher dem Geschoss seine anfängliche Geschwindigkeit
ertheilt, so ist doch diese Geschwindigkeit in den wenigsten Fällen bekannt;
denn die Anschaffung und Anwendung der Maschinen, welche zur Bestim-
mung derselben dienen, sind zu kostspielig und zu zeitraubend, und die da-
hei Für die LöBung von praktischen Fragen zu erlangenden Vortheile oft aa
Von W. H. VON RoüVROv. 327
gering , als dass der Praktiker immer in der Lage sein sollte , die anfing-
liehen Geschwindigkeiten der Geschosse, deren Bahnen er untersuchen
will, direkt bestimmen zu können, sondern er hat dazu oft keine anderen
Grundlagen , als die Ergebnisse der angestellten Sebiessrersuche.
II. Die Kicbtung, welche der Schwerpunkt des Geschosses in dem
Augenblicke besitzt, in welchem das Letztere aus dem Grescbtitzrohre tritt
— d. i. die Tangente des Anfangspunktes der Flugbahn — denkt man sich
im Allgemeinen mit der Richtung der Seelenaxe *) zusammenfallend oder
doch parallel , so dass der Neigungswinkel jener Axe gegen eine Horizon«
talebene — der £levationswinkel des Geschützes — zugleich die
I^age jener Tangente bestimmt. Es ist jedoch auch hierbei eine kleine Be-
richtigung zu machen, weil:
1. vermöge des Spielraums die Richtung des l^chwerpunktes des Ge-
schosses nicht vollständig parallel mit der Seelenaxe zu sein braucht,
2. die Seelenaxe nicht immer genau den £levationswinkel besitzt, wel-
chen man derselben gegeben zu haben glaubt. Am ungenauesten ist
die direkte Messung der Elevationswinkel mit den dazu bestimmten
Gradbögen; denn Elevationsunterschiede bis zu Va Grad sind dabei
oft nicht mehr bemerklich. Sicherer bestimmt man — wie es gewöhn-
lich geschieht — jenen Winkel aus der bekannten Stellung der am
Geschütz oder Gewehr angebrachten Visirpunkte gegen die Seelenaxe
und aus der Entfernung und etwaigen Höhe des Zielpunktes von und
über dem hinteren Visirpunkte.
Eine vollständige Genauigkeit giebt aber auch dieses Verfahren nicht,
denn die Reflexion des Sonnenlichts auf den Kanten des Kornes , die Beu-
gung des Lichts an den Kanten des Visirs, die grössere oder geringere Ent-
fernung , hellere oder dunklere Beleuchtung des Zieles , die Helligkeit oder
Dunkelheit seines Hintergrundes u. s. w. veranlassen den Zielenden unwill-
kürlich mit dem Auge eine etwas andere Stellung gegen die als Visirpunkte
vorausgesetzten Punkte zu nehmen, und verursachen mithin eine Aenderung
in der Neigung der wahren Visirlinie gegen die Seelenaxe.
Um nun alle aus den gedachten Umständen entspringende Verschie-
denheiten zwischen der beabsichtigten und der wirklich eingetretenen Rich-
tung des Geschtitzes soweit auszugleichen , als dies Überhaupt möglich ist,
kann man den Unterschied zwischen der scheinbaren Richtung der Seelen-
axe und der Richtung, in welcher die Geschosse das Geschützrohr verlas-
sen, durch das Schiessen gegen ein sehr nahes Ziel ermitteln. Allerdings
kommt hierbei nicht allein die Lage der Punkte , in welcher die Zielfläche
getroffen wird, gegen den eigentlichen Zielpunkt, sondern auch der Abstai^d
des vorderen Visirpunktes von der Seelenaxe, und endlich selbst die Grösse
des Raumes in Betracht, welchen die Geschosse während ihrer Bewegung
bis zum Ziel vermöge der Schwerkraft durchfallen. Bei der geringen Länge
der durchlaufenen Bahn ist jedoch auch dieser Fallraum nur sehr geringe
80 dass selbst eine ganz ungeHihre Schätzung der Geschwindigkeit des Ge-
schosses hinreicht, um denselben mit der für obigen Zweck genügenden Ge-
nauigkeit zu bestimmen.
Der Winkel, um welchen sich nach den Ergebnissen eines derartigen
Versuchs die ursprüngliche Richtung des Geschosses — an der Geschütz-
*) Unter der Seele eines Geschatzes oder Gewehres versteht man den
hohlen Raum , welcher die Ladung und das Geschoss aufnimmt , unter dem S p i el -
raam den Unterschied der Durchmesser der Seele und de« 0^c\iöä%^^*
SM BalttBtische Untersocbtiiigeil*
ük
3)
9« Icommt:
l^'ro«'*
Betrachtet man nun zuvöHerst den Fall , d^BS keine zweite Composanti
Jf^a Lufiwiderstatidea existirt, folgUcli A==^0, w==0 und e ^^= 0 ist, imd
aeichnet man das diesem Falle entsprechende y «nr Unterscheidung duict^
^,, so wird:
"^ cos ttf
und hl diese? Gleichung^ mus« zuvörderst i^ durch | ausgedrückt werdei^^ ^'
Ua aber ^ nur sehr klein ist^ und erit d&nn merkbare Werthe erhält, wen n
et betrltchtUeU grösser als 6 geworden ist, «o genttgt ein NäherugawerU li
ven tp, br^i densen Berechnung
tf Ä* COS W
gesetzt wird. Aus dieser letzteren Gleichung folgt nnn, da filr £^^ 0
--^= igmwird:
dx cosm ^
und hieraus:
=f(' + V»-'-^(^-.)+^(^-.««+.))'
= (fS[i — (2p«>i«;(ei— i)-^«(g<— ^?« + i))j4
Die durch den Exponenten \ angedeutete Qnadratwurselausziehung kan^ ^v
durch Entwickelung in eine Keihe, deren erstes Glied I ist, so lange ai
geführt werden als
2^ 511t tu {e^ _ 1) _ ^« (e6 _ i)t < i
bleibt , und dies ist der Fall so lange als v
^ (e* — 1) < {sin TV + cos w)
oder
^> — 45M8t.
Bei Schüssen unter keinem grösseren Elevationswinkel als 15*, höchstens
20® ist dies mit Sicherheit anzunehmen, und daher kann:
dz = (f J [1 — (^ sin w (e^ — \) — le*(^* — 2e« + 1))]
Von W. H. VON RocvROT. 329
Diente der Oberfläche eines Qeschosses erleiden , jedesmal in eine Mittel*
kraft vereinigen lassen, deren Kichtnng derjenigen der Bewegung gerade
entgegengesetzt wäre. Von den genannten Vorbedingungen wird aber wahr-
scheinlich keine einzige vollständig erfüllt, und daher ist auch kein Grund
vorhanden , um anzunehmen , dass die gedachte Mittelkraft die oben ange-
führte Richtung haben müsse. Unter allen Umständen kann man sich aber
dieselbe wieder in zwei Composanten zerlegt denken, von denen die eine
die gedachte Richtung und die andere eine auf diese rechtwinklige Rich-
tung besitzt. Wir werden daher — von dieser Freiheit Gebrauch machend -^
jede dieser Composanten für sich disentiren.
V. Die erste Composante des Luftwiderstandes, deren Richtung der-
jenigen des Schwerpunktes im G^schoss entgegengesetzt ist, und die also
nach der bisher gewöhnlichen Annakme , als der Gesammtwiderstand der
Luft gegen ein Geschoss betrachtet wurde, hat bekanntlich bereits Newton
berechnet und z. B. für ein kugelförmiges Geschoss dem Gewicht einer
Luftsäule gleich gefunden , deren Grundfläche die grösste Kreisfläche der
Kugel und deren Höhe die Hälfte ihrer Gkschwindigkeitshöhe ist Bei der
Bestimmung dieser Kraft ist jedoch weder auf eine Verdichtung der Luft
vor , noch auf eine Verdünnung derselben hinter der Kugel Rücksicht ge-
nommen, und da eines wie das andere sicherlich eintritt, so ist auch der
obige Ausdruck für den Widerstand der Luft gegen ein kugelfÖrmigeiE^ (Ge-
schoss gewiss zu klein. Wird derselbe mit N und der wirklich stattfindende .
Widerstand mit CN bezeichnet, so muss demnach der Coefficient C stets
grösser als 1 sein. £& fragt sich aber überhaupt, ob derselbe für verschie-
dene (Geschwind igkeiten des Geschosses eonstant ist, und die Erfahrung
scheint dem zu widersprechen, denn Hutton fand durch eine Reihe von
sehr sorgfältig angestellten Versuchen unter anderen folgende Werthe
von r.
Geschwindigkeit des Geschosses ur-.»*i. «ta« #*
• ■• I '«^ w er«ii voll c^'.
in euglischen Fnssen.
5' 1,3
25' 1,27
100' 1,36
400' 1,43
1000' 1,77
1500' 2,06
2000' 2,00
Eine vollständige Richtigkeit ist, bei der grossen Schwierigkeit der-
artiger Versuche obigen Resultaten an sich nicht beizumessen, und daher
kann man zur Erleichterung der ballistischen Rechnungen von einem stren-
gen Festhalten an denselben absehen. Allein so lange keine anderen Gründe
dagegen sprechen, erscheint es immer zweckmässig, wenigstens bei Schüssen
mit grossen anfänglichen Geschwindigkeiten für C eine solche Funktion der
Geschwindigkeit v in Rechnung zu bringen, welche, ohne die Integrationen
wesenüich zu erschweren, die von Hut ton gefundene Zunahme von C mit>
V ungeflihr ausdrückt, und hierzu empfiehlt sich besonders der von Euler
vorgeschlagene Ausdruck
in welchen die Constanten a und 7 der obigen Tabelle ungefähr entsprechend,
oder nach anderen vorliegenden Ghründen beliebig angenommen werden
können.
342 Ballistische Untersucliungeii,
Beilie , und daher ist dte Abnahme dieser letzteren Glieder eine Acbcitibar
sehr niirogelmJls»ige- Dasselbe trügt sieb aber, weoD auch in geriögerem
Maasse, auf die ans ihr durch Integration bervorgebenden Jteihcn för
—^ lind flir Vi iib(*n 80 würde man k» B. in dieser letaleren Reibe »deren
dx
Anfang die Gleichung 13)^ giebt, durch wiUkUrliclies Abbrechen derselben
bei dem dritten Gliede in manchen Fällen einen gr^saem Fehler begcLcßf
als wenn man auch sogleich das zweite Glif^d mit wegHcsse.
Wendet man* sich nun wieder ssn dem Falle einer seitlichen Wirkuag
des Luftwiderstandes auf die Geschosse und aetzt rnan in der Gleicbting JO)
für z seinen Werth g — ^ ein , so konunt :
In dieser Gknebuug kommt die noch unbestimmte Funktion ^ vor^för
welche bei der empirischen AufeteUung d^s Aufdrucks für die zweite Com-
posante 5 des Luftwiderstandes keine andere Bedingung vorbelialten wurde»
als dass q> wahrend der ganzen Dauer der Bewegung keine von der Eintieit
sehr verschiedeuen Werth e annehmen solle. Dieser Bedingung über wird
genügt, wenn man
^ l+ti9i(rf-*+«— d)""l + «(««— «>
setzt. Da nämlich ^ und i für den Anfang der Bewegung Null und ftber»
haupt in der ersten Periode 'derselben die Differenz (ifi — t) , wie oben er-
wiesen wurde , sehr klein ist und tp nicht selbst bestimmt , sondern nur eine
ungefähre Grenze der Werthe , die es annehmen kann , gefunden werden
soll, so kann ö gegen ^s — '^ + ^ vernachlässigt, und indem man die Brüche
auf beiden Seiten des Gleichheitszeichens umkehrt, die Gleichung folgen-
dermassen geschrieben werden
I +t/yg^-'» + ^ 1 + ue^
d. i. auch :
oder
e'^-' — l
q>=l — .
Oben wurde ferner bereits gezeigt, dass tf; — 8 bei Flugbahnen von
nicht sehr grosser Länge während der ganzen Dauer der Bewegung, ^^'J
bei ungewöhnlich langen Bahnen in dem ganzen aufsteigenden Ast ud^
einem beträchtlichen Theil des absteigenden Astes ein sehr kleiner Brucn
bleibt. So oft und so lange dies stattfindet, kann man daher setzen
1/;— 6
(p~l —
*) Wird die Reihe nach Potenzen von 9 noch weiter fortgesetzt, so gehört a"^j
zu dem in Nr. 13 aufgeführten letzten Gliede noch ein Theil, welcher ebenfalls ^^
zum Faktor hat , dessen Weglassung aber durch das oben Gesagte , sowie durch
ganzen Gang der Entwickelang gerechtfertigt sein dürfte.
Von W. H, VON RoüVROT. 331
treffen der einmal in Bewegang gesetzten Geschosse au den Seelen-
wänden durch die Kürz^ des Rohres vorgebeugt ist.
2. Wenn beim Laden der Geschosse die Lage ihrer Schwerpunkte dem
Zufall überlassen bleibt, oder doch bei eintretender Drehung dersel-
ben während des Ladens, wegen der Länge der Geschützröhre weder
beobachtet noch berichtigt werden kann, und überdies auch die an-
deren oben angeführten Bedingungen für den Eintritt und ungestör-
ten Fortgang der Rotationen in einer bestimmten Richtung unerfüllt
bleiben.
3. Wenn Geschosse, welche nicht durch die innere Construction, sondern
nur durch die Unvollkommenheiten des Gusses etwas excentrisch
sind , in cylindrische Spiegel so eingesetzt werden , dass beim Laden
derselben ihr Schwerpunkt stets hinter ihrem Mittelpunkt bleiben
muss, wie sich auch die Spiegel mit den Geschossen um ihre Axe
drehen.
In dem ersten Falle ist sowohl die Existenz als die Richtung einer seit-
lich auf das Geschoss wirkenden Kraft durch die Erfahrung unzweifelhaft
festgestellt. Lag z. B. der Schwerpunkt des Geschosses im Geschützrohr
unter dem Mittelpunkt und geht also die Rotation desselben vorn*) von
oben nach unten , so äussert sich diese Kraft als ein Druck von oben nach
unten, welcher die Krümmung der Bahn vergrössemd, die Schussweite ver-
kürzt. Bei der entgegengesetzten Lage des Schwerpunktes tritt auch der
entgegengesetzte Erfolg ein, und jene Kraft hat daher ebenfalls die ent-
gegengesetzte Richtung.
Im zweiten Falle kann vom regelmässigen Eintritt der Rotationen in
einer bestimmten Richtung nicht die Rede sein , sondern dieselben erfolgen
im Allgemeinen um mehr oder weniger schräg liegende Axen, bald von oben
nach unten , bald in umgekehrter Richtung. Dies spricht sich denn aueh
bereits bei dem Schiessen auf kleinere Entfernungen durch grosse Verschie-
denheiten der einzelnen Schüsse aus, und will man dennoch auch in diesem
Falle eine durch die Rotation der Geschosse hervorgerufene seitliche Wir-
kung auf dieselben in einer bestimmten Richtung in Rechnung bringen , so
kann dies nur unter der Voraussetzung geschehen, dass noch andere Um-
stände, als die Lage der Schwerpunkte die Rotationsrichtung bedingen,
und wenn auch nicht bei allen Schüssen, aber wenigstens bei. der Mehrzahl
derselben vorwalten. Was hierüber zu sagen wäre, ist bei Betrachtung des
dritten Falles erörtert. Bei dem Schiessen auf grosse Entfernungen gestal-
tet sich endlich — in dem eben betrachteten zweiten Falle — die Sache oft
noch ganz anders, namentlich wenn die Geschosse aus excentrischen Hohl*
kugeln bestehen. Alsdann bilden nämlich sehr oft die Treffpunkte der
grossen Mehrzahl der einzelnen Schüsse auf der vertikalen oder horizonta-
len Fläche , auf welchen dieselben markirt werden , zwei weit auseinander
liegende Gruppen, von denen die eine resp. höher oder weiter und die
zweite tiefer oder näher am Gescliütz liegt**). Alsdann kann man wohl
*) Wir werden überall, wo in dem Folgenden von der Richtung der Rotationen
die Rede sein wird, die Bewegung der vorderen Halbkugel also entweder von
oben nach unten oder von unten nach oben anführen, ohne diese Halbkugel jedesmal
besonders wieder zu benennen.
**) Es sind dies die F^le, in denen die Bestimmung eines mittleren
Treffpunktes aus allen Schüssen unstatthaft wird, und beabsichtigt man un-
ter Umständen , welche erfahrungsmässig «n derartigen Ergebnissen fUhieti ^Va. V«^-
» _ ^Jt = '9 « ^ « r cos b\ . ^t dieC- «i-
Ferner bat «^-be. ^^rd..!^^^
o „ Ita ersten r»
Von W. H. VON RouvHOY. 333
bei den genannten Versuchen gebrauchten, auch andere Anschläge der Ge-
schosse an den Seelenwänden eintreten , und dadurch die Kichtungen der
seitlich auf die Geschosse wirkenden KLräfte sich verändern können. Nach
vielfachen schon in früherer Zeit theils von Herrn Oberstlieut. Otto, theils
von dem Verfasser, theils bei der französischen Artillerie angestellten Unter-
suchungen ist indessen bei Kanonen die Richtung der gedachten Kraft vou
unten nach oben die gewöhnlichere, indem die ohne Berücksichtigung dieser
Kraft geführten Rechnungen in der Regel für höhere Elevationswinkel
grössere anfängliche Geschwindigkeiten als für niedrigere Richtungswinkel
geben.
Der Verfasser legte sich auch die Frage vor, ob vielleicht ausser der
Rotation noch ein zweiter Umstand zu einer ungleichen Dichtheit der Lufl
vor dem Geschoss, und dadurch zu einer veränderten Richtung der Resul-
tante aller gegen die Oberflächenelemente desselben ausgeübten Wider-
stände beitrage. Der einzige denkbare Grund hierzu*) schien ihm die
unausgesetzte Richtungsveränderung des Geschosses , welche vielleicht den
Abfluss dekr verdrängten Luft auf der unteren Seite mehr als auf der oberen
erschwerend , eine derartige Wirkung hervorbringen könnte. Bei näherer
Bestimmung der Grösse der Elraft , welche hebend auf die in Rede stehen-
den Geschosse gewirkt hatte, musste er' sich indessen sagen, dass ein so
grosser Erfolg jenem Umstände schwerlich beigemessen werden kann, und
so bleibt wohl nichts übrig, als die Annahme, dass die gedachten Geschosse
ungeachtet der scheinbar dagegen sprechenden Umstände doch von unten
nach oben rotirt haben.
Wie dem aber auch sei , der Calcül hat damit nichts zu thun ; denn
zur Zeit kann bei demselben für die Beschleunigung der Kraft S nur ein
empirisch aufgestellter Ausdruck in Ansatz gebracht werden und die Er-
fahrung allein hat darüber zu entscheiden , ob durch die für denselben ge-
wählte Form die gewünschte Uebereinstimmung zwischen Theorie und
Praxis erzielt wird , oder nicht.
Nach diesen vorläufigen Auseinandersetzungen, welche allerdings gross«
tentheils schon Bekanntes enthielten, aber gleichwohl nothwendig schienen,
um genau den Standpunkt festzustellen, von welchem in der nachstehenden
Untersuchung ausgegangen wurde ^ kann nun zur Entwickelnng einer Glei-
chung für die Flugbahn übergegangen werden^
Diese Gleichung soll auch %uf eine bei 15® Elevation beschriebene un-
gewöhnlich lange Bahn angewendet werden und — vielleicht mit etwas we-
niger Genauigkeit — auch bei Schüssen unter 20* Elevation, d. h. also auf
alle bei Kanonen und Haubitzen gewöhnlich vorkommende Fälle anwend-
bar sein. Der letztere Zweck ist indessen zunächst nur Nebensache, und
der Verfasser beschränkt sich daher der Kürze wegen bei der speciellen
Discussion auf den Elevationswinkel 15*. Die Bezeichnungen und Voraus-
*) Die Abnahme der Beschleunigung der Schwere and der Dichtheit der Luft in
den oberen Laft8chichten hat allerdings auch den Erfolg, dass die unter höheren Ele-
vaiionswinkeln abgeschossenen Kugeln etwas weiter gehen , ab es die ohne Berück-
sichtigung jener Veränderungen angestellten Rechnungen geben, und der Einfluss
dieser Yeränderungen vermengt sich daher mit demjenigen einer seitlich auf die Ge-
schosse wirkenden, hebenden Kraft. Man kann sich indessen durch eine leichte Rech-
nung überzeugen, dass in denjenigen Höhen über der Erdoberflüche, welche die Ge-
schosse erreichen, jene Veränderungen nooh sa geringfügig sind, um merkliche Ver-
änderungen der Flugbahnen horTorsnbringen.
334 BflUisttsche Untersiichimgetj.
Betzungen, welche m der folgenden Entwickelung in Anwendung kommen,
bestehen zunächst in Folgendem:
Der Mittelpunkt A (Fig^,'l) der <jre8ckutzmünduiig aei der Anfang der
reclitwinkiigen Coordinaten, die Richtung der x horizontal, diejenige der'
Fig. K
y vertikal, die anfängliche Geschwindigkeit des Creöchoases, welche» in der
Ebene der ar, ^, und in der Richtung AE" m Bewegung gesetzt wird, V. Der
Elevationswinkel E^ AE" sei w, die Zeit in welcher das Gegcho^B, den Bo-
gen s durchlaufend , deu Punkt xy erreicht f , und in dieaem Punkte der
Neigungswinkel seiner Richtung gegen die Richtung der o"» ß nnd seine Ge-
schwindigkeit V. Endlich bezeichne g die Beschleunigung der Schwere ^ €
die Grundzahl der natürlichen Logarithmen und yt das VerhÜltniss der Peri*
pherie zum Durchmesser des Kreises. Als unabhängige Veränderliche werde
die Coordinate ;r betrachtet.
Der bereits in Nr. V, gedachte Coefficient C für den Widerstand der
Luft sei a [l +^*^'] ^i^d die ihm entsprechende Beschleunigung der Bewe-
guug in der Richtung der Bahntangente = — ^ [^ + J^*]' ^®^ ^^^ unten
folgenden Anwendung der entwickelten Formeln auf einige Flugbahnen,
bei denen die anfängliche Geschwindigkeit V gegen 700 Ellen'*') zu schätzen
war, wurde a = 1,2 und j == — gesetzt, so dass C ungefähr die den Hut -
tonischen Angaben entsprechenden Werthe erhielt. Zugleich fand sich
dabei — wenn alle Längen in Ellen ausgedrückt sind — für die angewen-
deten Geschosse — =0,00075. Hiernach lassen sich die Zahlenwerthe beur-
theilen, welche die Grössen k und J in der Praxis ungefähr annehmen kön-
nen. Da endlich der Elevationswinkel w nicht über 15® bis höchstens 20*
betragen soll, so kann asnäherungsweise anstatt [l +7^'] der Ausdruck
L ^ cos^w'^ J V ^ cos* tv df)
gesetzt werden ; denn anfänglich sind beide Ausdrücke völlig gleich und
selbst im Scheitel C der Bahn wird ihr Unterschied erst Jv^t^w d. i, z. B.
für y = -r^ und w= 15®, 0,065—. Vom Scheitel aus convergirt dann
dieser Unterschied wieder gegen die Grenze 0, welche er für j3 = — w er-
*) Bei allen hier und in der Folge in Ellen angegebenen Maasse sind Dresdner
Ellen zu verstehen; 1 Dresdner Elle r=: 0,56038 Meter,
Von W. H. VON RoüVBOY. 335
reicht; sodann wechselt derselbe das Zeichen, bleibt aber wegen der fort-
währenden Abnahme von 7^ nur sehr klein , wenn auch cos ß beträchtlich
kleiner als cos w wird. Demnach kann die obige Beschleanignng •
2kl '^ cos^wd^J ^kdt^l '^cos^wdfj
geschrieben werden.
Bevor endlich zu den übrigen Grundlagen der Untersachnng überge-
gangen wird , mögen hier noch einige Bemerkungen folgen, welche wesent-
lich auf der Grösse der Werthe beruhen, die, der oben gegebenen Andeu-
tung gemäss, die Constante k in der Praxis erhalten kann. Wird durch den
Punkt xy, welchen in Fig. 1 B vorstelle, eine Senkrechte ff* Bff gezogen
und drückt man die drei durch diese Gerade begrenzten Linien, nämlich
die Geraden AB* und AB** und den Bogen AB in demjenigen Maasse aus,
dessen Einheit = A ist, so erhält man für dieselben:
Bogen AB = —, was = 2 sei
jß" t=z , was=gsek,
k cos w
und die Zahlenwerthe dieser Grössen enthalten wegen des angewendeten
grossen Maassstabes höchstens einige Einheiten. 80 wird z. B. selbst an
den Enden der unten untersuchten vier Bahnen nur :
in der ersten Bahn | = 0,6751
„ „ zweiten „ | = 1,0506
„ „ dritten „ |= 1,4276
„ „ vierten „ | = 3,4873.
/|» /'icX
Denkt man sich ferner die Länge j- in unendlich kleine Elemente ^ i'r)
getheilt^ und durch die Endpunkte jedes dergleichen Elements zwei Paral-
lelen zu ^' ^" dergestalt gezogen, dass dieselben auch auf dem Bogen AB
und auf der Geraden AB** entsprechende Elemente Jz und J ^ abschnei-
den , so hat man zunächst für die ganze Ausdehnung der Bahn :
Stellt femer 2> denjenigen Punkt der Bahn vor , dessen Tangente mit der
Axe der x den Winkel PGx = — w bildet, so ist für jedes zwischen A und
D liegende Element von z
J^<Jz<^l^,
jedes zwischen D und dem Ende der Bahn liegende Element von z hingegen
grösser als das entsprechende Element von |. Setzt man daher:
I — « = t»
so ist von dem Anfangspunkt A bis zu dem Punkt Z> der Bahn
0 < -V; < I [1 — CO* w] z. B. fftr w = 15®, kleiner als 0,04 1.
la dem Punkte B endlich erTeidit t// seinen grösaten WertK ^ sod&no
nimmt ^^ nneh und nach immer toehr ab , und kann zuletst selbst uegatjy
werden. Da indessen der hinter B liegende Theil der Flugbahn nur kara
tn Yerglcicli mit dem anderen Theil derselben iät^ so flieht man leicht, das»
^ nicht beträchtliche negative Werthe enthalten kann.
Der Ausdruck für die Beschleunigung der zweiten Composante S des
Luftwiderstandes soll, dem Vorschlag des Herrn Oberstlientenant Ott» ent-
sprechendj aus einem wenigstens beinahe constanten und aus einem wesent-
lichen veränderlichen Gliede zusammengesetzt werden. Unter der Voraus-
B&txung, dasa positive Vorzeichen einen Druck nach oben und negatire
Vorzeichen einen Druck nach nuten andeuten ^ aei nämlich die Beschleu-
nigung der Kraft S
ÜB äx ds
=-[-+*»-S]
dx
Hierbei bezeichnen m und h Grössen, welche bei Jedem Geschoss ho lange
eonstant bleiben, als dasselbe ans dem nämlichen Geschütz und mit der näm-
lichen Ladung geBchoäsen wird, und deren positive oder negative Werthe
aus den entsprechenden Bahnen selbst zu bestimmen sind- Der Kürze we-
gen soll sich indessen die nachstehende Untersuchung zunächst nur auf den
Fall beschränken, dass A positiv ist
Mit <p endlieh soll eine Funktion von x bezeichnet werden, über deren
Beschaffenheit ^ur Zeit nur 00 viel festgesetzt wird, dass ihr Werth nie be-
trächtlich von der Einheit ah weicht. Zur Rechtfertigung aller dieser An-
nahmen sei endlich noch Folgendes bemerkt:
\, der von Herrn Oberstlieutenant Otto für flache Bahnen bewährt
gefundene empirische Ausdruck kann auch unter der Form
dargestellt werden , und für m=^0 und A = 0 wird , wie sich aus der
unten folgenden Entwickelung leicht übersehen lässt:
d*t/ dx gdt* dx
da** ds dx* ' ds'
Der erste Ausdruck ist demnach dem zweiten sehr ähnlich und wird
bei den flachen Bahnen , bei welchen letzteren sich bereits bewährte,
ungefähr eben so gut passen als dieser.
2. Denkt man sich unter Benutzung des zweiten Ausdrucks die Werthe
der Constanten m und A aus kürzeren und flacheren Bahnen bestimmt,
und sodann bei der Untersuchung über eine höhere und wesentlich
längere Bahn angewendet, so kann die Rechnung möglicherweise ge-
d^y
gen das Ende der Bahn hin für .— r- positive Werthe geben ; dies
dx
würde aber eine Wiederabnahme der Neigungswinkel der Geschoss-
richtungen im absteigenden Aste der Bahn ausdrücken und mithin
widersinnig sein. Bei Anwendung des ersten Ausdrucks kann dies
hingegen, wie der unten entwickelte Werth von T-5 zeigt» nie eintre-
Von W. H. VON RouVROY. 337
ten, und dieser Ausdruck scheint daher einer allgemeinern Anwen-
dung fähig, als der zweite.
Aus den im Vorstehenden gemachten Voraussetzungen ergeben sich
nun für die Geschwindigkeitszunahmen in beiden Coordinatenrichtungen
und während der Zeit di^ die Differenzialgleichungen :
,{dx\_ dxdU_ ^ dxdsf J ^\,
^ \dt)~ dl' ~ ^k dt' \ '^cos'w' d^J
und
Multiplicirt man die erste dieser Gleichungen mit -— dy und die zweite mit
dx und addirt man dann dieselben, so kommt:
'^==-gdxd(-(m + hv^)dxdl
nnd hieraus folgt:
Lässt man ferner in der Gleichung 1) das letzte auf die zweite Composante
S des Luftwiderstandes bezügliche Glied fUr den Augenblick weg, so kann
wegen -r = 2; diese Gleichung auch auf nachstehende Weise geschrieben
werden :
dt d't
2 — .
dx dx
da^ coi^ fv
und hieraus ergiebt sich, wenn man durch i^ die Constante des Integrals
bezeichnet:
dar cor w
dt* 1
Für r = 0 wird -T-i = ;;= — -r- i»nd setzt man:
dar F^cortv
4) i+yr« = «,
wobei noch bemerkt werden möge, dass z. B. bei der unten gemachten An-
wendung der entwickelten Formeln a = 4 ^^^ A =: ^ intd > %<^ ^t\i%\\. \sc^sGk^.
338 BftlliBtiÄche Untersuchungen,
-^ = -
unil
Dieser Aaadruck lat durcU die YemaclilMfistgung der Iiorizontalen Compo-
sante von S ungeuaUf und setzt man den wahren vVertli von -7--r=-r — -5-^
iübt in Betreff der: 0r$s8e von t folgendes zn bemerken:;
Be^eicHnot man den zuerst erbaltenen imrichtigen Werth von ^t=:^vcosß
durch p, and den wahren Werth dieser Grösse durch r, — v^^ so kann nur
gegen das Ende sehr langer Flugbahnen, bei denen y, vieJmal kleiner als
Vco^w wird, f'„ sehr beträchtlich gegen f, auffallen*
Wird demnach dieaer letztere Fall vor der Hand ausgeBchlosseD , so
ist (r^ — v„y nahe t'/ — 3 1'^ e'„.
Ferner kann t%, nicht eher betrÄcbtliche Werthe erhalten, als bis die
horizontale Composaute der Kraft S eine Zeit lang wirksam gewesen, und
mithin e' viel grosser als 6 geworden ist. Zur Ermittelung der unge füh-
ren Werthe von e kann man demnach setzen ;
1 ae'^
V* r*cos'w
1 oe»+«
",'
— 2»,p„ V*cos'w
und mithin
oder nahe
1— 2*^ = 6-«
Die Geschwindigkeit v^ nimmt vom Anfang der Bewegung an unausgesetzt
ab, Vf^ hingegen ist anfänglich Null, und wächst dann, wegen der abneh-
menden Neigung der Richtung von S, nur sehr langsam bis zum Scheitel
der Bahn. Von hier an nimmt die horizontale Composante von S die ent-
gegengesetzte Richtung an, und mithin r„ wieder ab. Anfänglich geschieht
dies nur langsam, aber wegen der zunehmenden Neigung der Richtung und
der fortwährenden Zunahme von S nach und nach immer schneller, so dass
v„ bald negativ wird. Die Grösse e == 2 ~ ist daher im ganzen aufstei-
genden Ast der Bahn ein positiver und kleiner ächter Bruch, erreicht im
absteigenden Ast der Bahn, nicht weit vom Scheitel ihr Maximum, wird
alsdann sehr bald negativ, und kann gegen das Ende sehr langer und sehr
gekrümmter Bahnen beträchtliche negative Werthe erhalten.
Um dies an einem recht in die Augen fallenden Beispiel zu zeigen,
liegt ein ganz ungewöhnlicher Fall vor, in welchem die Zunahme von « ge-
I
I
I
albcd®^^^ Elevationswittkels ^ so erhält man dan Fehler , welcher bei der
Boatimmoog von ff' durch den Versuch staltgefnoden liJitte, wenn die der
Recbnung zum Grunde liegende Hypothese über den LuftwiderKtand die
riohtige wäre. Endlich zeigt die Vergleicluing der auf solche Art bestimm-
test Fehler von ig n> mit den vorn aufgeführten ungenibren Grenzen der
MT ahrsclieiiiUchen Fehler von (gm, wie die angewendete llypf>thcse über
d^n Witleretand der Luft auf die drei ersten Versuche passt- In Begiehung
auf den vierten Versuch ist dieses Verfahren nicht anwendbar 5 weil sich
di^ljei so grosse Felilor von m herausstellen konnten ^ dass dadurch auch |,
u ^nd r wesentliche Aendcrungen erlitten* Hier muss daher der Elevations-
^Winkel m als richtige und dagegen als möglicherweise fehlerhaft'die Höhe
^-E" Fig. h angesehen werden, um welche am Eudo der Bahn das Geschosa
»■Hs seiner ursprünglichen Richtung herabgesunken ist Aus den Versuchen
*«ilbflt ergiebt eich diese Hölie j welche wir der Kür^e wegen den Fallranm
ttannen , und mit F bezeichnen wollen ^ 4490 ig 15" 3^' — 34 Ellen ^^ 1174
Kllen^ mit der ungefähren Orenae von 20 Ellen für wahrscheinliche Febler,
^iid berechnet man dagegen unter Annahme der zn prüfenden Hypothese
tlBer deo Widerstand der Luft und des derselben entsprechenden ^ aus den
Versuchen L, IL und 111, abgeleiteten Mittel werthos A^ denselben Fallraum
Ml seigi der Vergleich dieses berechneteti F mit dem durch Beobachtung ge-
landenen F= 1174 Ellen, in wie weit die angewendete Hypothese über den
Widerstand der Luft geeignet ist, das Verhalttiiss der bei allen vier Ver-
suchen erreicliten Schuaa weiten darzustellen und mithin die Theorie mit der
Erfahrung in Uebereinstimmuug zu bringen.
Dem voriicgcüden Zweck gemäss wurde auvörderst versucht^ ob diese
Debcreiustimmnng auch ohne Annahme eines seitlichen Luftwiderstandes
^ erreichbar sei, und daher bei allen vier Versuchen die Gleichung 13) un-
ter versebiedenen Annahmen über k und Ö angewendet. Bezeichnet w^icder,
»*^ie in der vorlMuügen Bemerkung Nr. V* » € den Faktor , mi£ welchem der
^on Newton angegebene Widerstand der Luft raultiplicirt w^erden mussj
ttm den wahren Widerstand derselben zu erhalten , so wurde zuvörderst
^='K'+|-.)
^esetzt^ um ungefähr den von Halt on gefundenen Werthen dl eiea Faktors
*Ti entsprechen, und hierbei erhielt — den Werth 0,00075 ^ $ den Werth ^
i:tnd « den Werth |, wie schon oben zur Beurtbeilung der Convergenz der
^Vorkommenden Reiben u. s<w, bemerkt wurde; der bei dieser Voraussetzung
j^efundene Fallraum F war jedoch in Vergleich mit dem von den Geschossen
F irklich durchfallenen viel zu gross^ und daher wurde die Eechnung säuerst
mter der Annahme C= LÜ und da auch hier i^ noch zu groie kam, noch
einmal für C= 1 wiederholt.
Die Ergebnisse dieser drei Eeehnungen enthält die nachstehende Ta-
Yaelle und in derselben bezeichnen
X*, H-i m, tind rV- die Nummern der Versuche^ über welche die Rechnung
angestellt wurde,
die erreichte Bchuftswoite,
k
ä53
BftHkti^be U^terettcfanng^,
/^igm^^T&n^Bnie Üüb oben angegebeneD ^ iinmiUelbar aae dem Vertue h
abgeleitf^tpti — Tnngeate dos dirrch die Kechnutig gefundetieu
ElevatiDTts Winkels,
V die autt dem Mittelwertli ^^^^i^^Ä' berechnete anfängliche Gesell wind fg-
. keit, und ebenfulls unter der Annahme von ^= — ^^:
.iV = e/f{fi6-iä|'~|-i)
. X„=Qnsi„ n> {U-^^ - (S— I) e« - il - I)
findlicb
AF^=^— 117-i Ellen, (lag idt also das, uns wajs die ballistische F^rmc)
den von dem Geschoss am Ende der Balin durchfalleneu Hauoi
%M gross giebt :
den Anfftijg der D^we-
gnng also ;^ 1 ,8.
€=l,2, mithin c = l
und a=o.
f;^ 1, mithin « = l
und dn^O,
I.
n.
III.
L
n.
IIL
r.
U.
HL
£C =
900 Ell,
HOOKtl
1900 EIL
000 mi.
1400 EIL
1000 EIL
900E1L
1400 EIL
lOüom
A^
Bi,na 1
85,785
82,547
f54,305
65,Öti2
00.4^7
9ö,54
101,07
, 105,4S
i:Mff ipzz^
0,0005
U,0QO3
-0,002
-0,IKK)5
0/J002
0,0008
^0,001
0,0002
0,002
A
85490
Ö5,5d5
101,21
r
• 730 Kllen
Ü85 Ellen
t^GO Ellen
IV
. jc = 44iJ0EllGn.
4-2'i3l EUeu
^ 258,7 „
+ 251,0 .,
+ 1840,5 Ellen
^ 153,3 „
+ 119,5 „
+ 1455,2 Ellen
- 70,5 „
+ 44,3 ,,
r
2231,2 Ellen
J81&,7 Ellen
1423 Ellen
AF
IC
KM),2 Elle
m
i
m,7Eii<
in
1
249 Ellen
Aus der Betrachtung dieser Ergebnisse der RechnuDg geht Folgendes
hervor.
1. Solange es sich allein um die drei ersten Versuche handelt, gewährt
jede der drei verschiedenen Hypothesen über C insoweit eine Uebereinstim-
mung zwischen Theorie und Praxis, als die dabei übrig bleibenden Fehler
von ig rv die oben angeführten Grenzen der wahrscheinlichen Fehler nicht,
oder doch höchstens nur wenig überschreiten. Bei der zweiten Hypothese
sind aber diese Fehler am kleinsten , und es ist eigenthümlich , dass über-
haupt ähnliche Annahmen über C zur Zusammenstellung von dergleichen
flachen Bahnen , ohne Annahme eines seitlichen Luftwiderstandes der Luft
Von W. H. VON RouvBOY. 353
am besten zu passen scheinen. So erhielt z. B. der Verfasser schon in frü-
herer Zeit bei einer Untersuchung über Bahnen derselben, jedoch mit grösse-
ren Polyerladnngen wie bei den obigen Versuchen abgeschossenen Geschütz-
kageln durch die Methode der kleinsten Quadrate C= 1,15. Am wenigsten
passt endlich anter den drei oben angeführten Hypothesen die letzte C= 1 ;
inwiefern ein so kleiner Werth von C anch aus theoretischen Gründen un-
wahrscheinlich ist, wurde bereits in der Einleitung bemerkt.
2. Bei der Anwendung des aus den Versuchen L, ü. und IIL abgelei-
teten Mittelwerthes ^| = ^ Ar auf den Versuch IV. fällt wohl zunächst die
geringe Verschiedenheit der Glieder X,^ und X^,, in das Auge , welche sich
in allen drei Fällen zum' grössten Theil aufheben , so dass der Fehler der
gleichzeitigen Weglassung beider Glieder weit geringer sein würde, als der
aus der alleinigen Weglassung des letzten Gliedes entstehende Fehler. Dies
liegt zunächst darin, dass die angewendete Formel überhaupt nicht mit dem
Ergebnbs der Praxis übereinstimmt , sondern der Endpunkt der Bahn viel
zu tief, mithin auch der Bogen s in Vergleich mit £ zu gross giebt, es be-
stätigt aber auch die oben über die Convergenz der Otto' sehen Eeihe ge-
machte Bemerkung.
S. Für alle drei Hypothesen giebt die Rechnung die durchfallenen
Räume viel zu gross. Die Fehler A^ nehmen allerdings mit den dem Fak-
tor C beigelegten Werthen ab , allein selbst die kleinste Annahme über C,
welche allenfalls noch mit einigem Schein von Wahrscheinlichkeit gemacht
werden kann, und auf die Versuche I., II., III. schon weniger gut als die
andern Hypothesen passt . nämlich C = 1 , giebt doch noch A F viel
za gross.
Die obigen Ergebnisse beweisen daher wohl unverkennbar, dass bei
Schüssen, welche mit gleichen Fulverladungen , aber unter so verschiede-
nen Elevationswinkeln , wie bei den Versuchen I. bis IV. geschehen, die
Erlangung der gewünschten Uebereinstimmung zwischen Theorie und
Praxis ohne Annahme einer seitlichen Wirkung der Luft auf die Geschosse
auch dann unmöglich ist , wenn beim Laden der letzteren ihr Schwerpunkt
genau hinter dem Mittelpunkt gelegt worden war. Bei der Annahme eines
seitlichen Luftwiderstandes S war keine Veranlassung zu einem Wechsel
mit den Werthen von C vorhanden , sondern es wurde
und
^='•4^+2?-.]
i. == 0,00075,
k
vas den Hutton* sehen Angaben ungefähr entspricht, überall beibehal-
^n. Dagegen wurden nach und nach verschiedene Hypothesen über die
yt
Grösse von 5, d. h. verschiedene Werthe von — — versucht. Die Ergeb-
ah
^t«se dieser Untersuchung enthält die folgende Tabelle, welche nach dem
^^reits oben Bemerkten von selbst verständlich sein wird.
Ballistische UoterBuctiingen.
■WT^wV^H'»->^*lfV^-"l^^-,'>*^^*'-*<«>i^-,--V'W%«i^^*V*^
Reihe, und daber ist die Abnahme dieser letzteren Glieder eine Bchoinbur
sehr iiurogelmässige. Dasselbe tnigt sich aber, wenn auch iu geringer etp
Maasse, auf die aus ihr durelj lute^^ratiou her vorgehenden lieihen für
—^ und für v, über. So würde man ä. B* in dieser letzteren Reihe ^ deren
da:
Anfang die Gleichung J3) *) gieht, dtirch willkiirlichcs Abbrechen derselben
bei dem drUteu Glicde in manch cu Fällen einen grtlasern Fehler begebeiij
als wenn man auch soglcicli das zweite Glied mit wegliesse.
Wendet man sich nuu wieder äu dem Falle einer zeitlichen Wirkung
des Luftwiderstandes auf die Geschosse und set^t man iu der Gleichung )0)
flir z seinen Werth £ — 't^ ein, so kommt:
14) ^=— i-f ei-'^-^^-ö 1
^ dx COS «ai+ y(p (d -%>^^-ö)J ®
In dieser Gleichung kommt die noch unbestimmte Funktion q> vor, für
welche bei der empirischen Aufstellung des Aui^drucks für die zweite Oom-
posante S des Luftwiderstandes keine andere Bedingung vorbehalten wurde,
als dass 9 w^ahrend der ganzen Daner der Bewegung keine von der Einheit
sehr verschiedenen Werthe annehmen solle. Dieser Bedingung aber wird
genügt , wenn man
setzt. Da nämlich ^ and g für den Anfang der Bewegung Null and tiber*
haapt in der ersten Periode 'derselben die Differenz (^ — f) , wie oben er-
wiesen wurde, sehr klein ist und g> nicht selbst bestimmt, sondern nur eine
ungefähre Grenze der Werthe , die es annehmen kann , gefunden werden
soll, so kann d gegen e^~'^'^^ vernachlässigt, und indem man die Brüche
auf beiden Seiten des Gleichheitszeichens umkehrt, die Gleichung folgen-
dermassen geschrieben werden
d. i. auch :
.oder
e^-^ — i
(p=l —- —
Oben wurde ferner bereits gezeigt, dass tf; — e bei Flugbahnen von
nicht sehr grosser Länge während der ganzen Dauer der Bewegung, und
bei ungewöhnlich langen Bahnen in dem ganzen aufsteigenden Ast und
einem beträchtlichen Theil des absteigenden Astes ein sehr kleiner Bruch
bleibt. So oft und so lange dies stattfindet, kann man daher setzen
*) Wird die Reihe nach Potenzen von q noch weiter fortgesetzt, so srehört auch
zu dem in Nr. 13 aufgeführten letzten Gliedc noch ein Theil, welcher ebenfalls ^'
zum Faktor hat, dessen VVeglassung aber durch das oben Gesagte, sowie durch den
'ganzen Gang der Entwickelung gerechtfertigt sein dürfte.
Von W. H. VON RoüVBOY. 355
mang des Elevationswinkels w für die Schussweite 1900 Ellen die Einfalls-
winkel der schon vor der Zielfiäche aufgeschlagenen Kugeln nur nach der
gewöhnlicl)ßn ballistischen Theorie, ohne Hücksicht auf einen seitlichen
Luftwiderstand berechnet werden konnten , weil man die Richtbng und die
Grösse dieses Widerstandes noch nicht kannte ; denn auf diese Weise muss-
ten die Einfallswinkel zu gross, und mithin die Treffpunkte in der Ziel-
fläche zu tief in Rechnung kommen, der passende Elevationswinkel w folg-
lich zu gross gefunden werden.
S. Aus einer kleinen Anzahl von Schüssen, welche bei einer späteren
Gelegenheit auf die Schussweite von 3600 Ellen geschehen sind , und deren
Resultate allerdings nicht zu einer genauen Bestimmung des jener Entfer-
nung entsprechenden Elevationswinkels w ausreichen, geht doch so viel
liervor, dass in diesem Abstand vom Geschütz ^tgrv bestimmt schon ne-
gativ geworden ist , mithin ein fortwährendes Wachsen von ^ ig w weit
über die Schussweite 1900 Ellen hinaus nicht eintritt. Die Hypothese
F*
— dürfte daher bei der Zusammenstellung der vier Versuche I. , II. , III.
üh
und IV. die gewünschte Uebereinstimmung zwischen Theorie und Praxis
wenigstens insoweit gewähren , als es für die letztere von Nutzen ist , und
ohne Anwendung von sehr weitläufigen, nach den Potenzen von gk \x, s«w.
entwickelten Formeln überhaupt beansprucht werden kann. Es mögen
daher hier noch einige weitere auf dieselbe Hypothese gegründete Erör-
terungen folgen:
Da in dem erhaltenen Mittelwerth
-^1 — qK — —
die noch unbekannte Grösse m vorkommt, so konnte die anföngliche Ge-
schwindigkeit F nicht hieraus, sondern nur aus den beobachteten Flugzei-
ten vermittelst der Gleichung 28) oder 29) berechnet werden.
Man erhielt hierbei , je nachdem die Flugzeit des ersten , zweiten oder
dritten Versuchs zum Grunde gelegt wurde:
Aus der Flugzeit I. F = 715 Ellen
„ „ „ II. F = 721 „
„ „ „ m.F = 7D8 „
Nach dem bereits oben über die Beobachtung der gedachten Zeiten
Und über die anfänglichen Geschwindigkeiten der Geschosse Bemerkten ist
^^ = 769 Ellen bestimmt zu gross , und mithin die entsprechende Zeit zu
klein. Auch die anderen beiden Zeiten sind wahrscheinlich wenigstens in-
sofern zu klein, als die zu denselben gehörigen Hunderttheile von Secun-
den nicht mit beobachtet werden konnten. Da nun auch die beiden aus
ibnen abgeleiteten Geschwindigkeiten im Vergleich mit der bei dem längern
französischen Geschütz erhaltenen noch etwas zu gross erscheinen , so wird
Haan gewiss wenig fehlgreifen, wenn man jene Zeiten anstatt 1,6" und 2,8 ''
etwa l,64"'und 2,87" annimmt. Alsdann folgt aus der ersten Zeit F=698
Sollen und aus der zweiten Zeit F =± 703 Ellen ; im Durchschnitt also
1^ = 700,5 Ellen. Benutzt man diese letztere Geschwindigkeit, um nach
den Gleichungen 30), 31) und 32) m^ G und C^o zu berechnen, so ergiebt sich
9n = 3 Ellen und
I
'=[-=+ '«.33 (^-^^4äj)]^"--
das i El Versuch III. am Ende der Bahn G ^^ 6,025 Kllen, End-
lich — -.Anfang der Bewegung die Be&cbleiLnigung der Kraft S\
C^j=0,l Elleuj
d»f isi also ganz unmerklich.
Nimmt man die antlinglkbe Geschwindigkeit V so an^ wie sich die-
selbe aus den beiden eraten ohne llundorttheile von Secunden augefüLrtcn
Flugzeiten ergiebt, so wird die Beschleunigung der Kraft S Tür den An-
fang der Bewegung ^^ — 0 J6 Ellen und erst nach einiger Zeit positiv. Die
Kraft S müsste a!öo im Anfang der Bewegung von oben nach natca
drücken f und dann, durch Null hindurchgehend, ibre Richtung umkeUret)^
und da dieä nicht wabr^cheinlich ist., so spricht auch dieser Umstand für
die oben allerdings nur willkürlich vorgenommene Kinzufügung von Ilan-
dcrtth eilen der Secunden zu den nur bia zu den Zehntheilseeunden aogege-
benen Zeiten.
Ueber die Beduotion gewisser vielfttcller Integrale.
(Nach Liouville's Memoire sur la riduction de classes tris - ^iendues d' integrales m**^'
tiples. Jowmal de Malhdmatiques ; deuxikme siiie, Tome 7. Aout 1856).
Mittelst eines von L i o u v il 1 e angegebenen und im 3. Hefte dieser Ze^\
Schrift S. 184 mitgetheilten Verfahrens findet sich der Werth des (n —
fachen Integrales
1) y /..e v'*■^'*■••■*■^■^i^]^T^.)a:»~*y«~^./"^^'da:rfy...^
0 0
7= (2^)'
2 p — nk.
/IT
Hieraus können nach eiaer späteren Bemerkung des Verfassers noch mebrei
interessante Ergebnisse abgeleitet werden.
Führt man in das n fache Integral
..^-('+y+-+'+«)9,(xy..fw)a:'*y''...M '^ dxdy...duy
Ö Ö
worin q> eine beliebige Funktion bezeichnet (natürlich der Art, dass da^
Integral einen bestimmten Werth erhält) die neue Variabele k mittelst de^^
Substitution
//■
Von W. H. VON RoüVEOT. 345
In dem zweiten der obigen Fälle ist
I
X=jlognat(^l + lei^d^
= / log nut ^1 + i cf j d| + /% nat (• + ^ c^) rf|
Endlich hat man noch /*(!) = ^j»* und mithin:
z=j«.-^(I)-/-(i:) + 4(i-i)«
Setzt man nun diese Werthe von X\vl die Gleichung 21) ein, so er-
giebt sich:
d) für den Fall , dass e^ < r d. h. | < iL ist
24), = .^.-?-*[-ia|'+i(/(!,')-/-(l)-|/o,««.(. + i))]
li) wenn e5>r d. h. 5>A ist
25) y=x.,«-g[-i«|. + i(*«. _/-(l)_/-(^^) + 4(g_i).
Bei der Entwickelung aller vorstehenden Gleichungen wurde, wie
gleich anfänglich bemerkt , die Voraussetzung gemacht , dass h und mithin
den Gleichungen 9) und 17) gemäss auch u und r positiv sei. Tritt der ent-
gegengesetzte Fall ein, so erhält t ebenfalls entgegengesetzte Vorzeichen.
Bei der Bestimmung von t/; — z sind alsdann die Zahlenwerthe der einzel-
nen Grössen t^ und e da zu addiren, wo dieselben im ersten Falle subtra-
hirt wurden , und so umgekehrt. Die Differenz tf; — e wird mithin nun im
aufsteigenden Ast der Bahn und in dem nächst daran grenzenden Theil des
absteigenden Astes grösser als bei der oben geführten Untersuchung, in dem
hinteren Theil des absteigenden Astes hingegen kleiner als oben. Da aber
gerade während des ersten Theils der Bewegung sowohl tf;, als das nun ne-
gative i nur sehr kleine Werthe haben , und mitbin 4tuch ^ — t doch nur
r ^ _ _
r die Reduction gewisser Tielfaclier Integrale,
der Bädmgtiiig i^>ir>0 d. h- b"^ xy , , ,u >Q nicht genügen, und daa
Integral bezieht sich dann nur auf ftllo positiven die Ungleichung
3) i^>^^,. • . «>0
befriedigenden Werthö der Variabelen a:» ^ . . . »; dies giebt die IntogfÄl-
formel
0 1 »— ]
e
= j/lT (2 jf)'^^ / e- " * 9 (Ar") Jt "- 1 dit,
0
WO c = ^^ gesetzt und die Bedingung 3) festzuhalten ist*
Das Verfahren, welches früher cur Entwickeiung der anfangs orwäbn-
teu Fundameutalformel angewendet wurde , führt auch xur Keduction des
(h — 1) fachen Integrales
worin h und k beliebige Constanten besei^hnen. Nennen wir V den Werih
des Integrales, so finden wir leicht
0 0
/ n .
X . ,.t
0 Ö
Führen wir in das vorstehende Integral eine neue Variabele | ein mit-
telst der Substitution
80 erhalten wir
dV
dk
JSDCC
,dtäl
wobei es nun auch erlaubt ist, y, z . . . g durch xr, y . . . / zu ersetzen. Da^^
haben wir aber
dV _ dV
dk ~'' dh
und das vollständige Integral dieser partiellen Differentialgleichung la^te'
worin ^ eine willkürliche Funktion bezeichnet. Diese bestimmt sich durch
Von W. H. VON RovvROY. 347
,.,=.u[,,^-,/^y
gVq-d-i
oder da y = c* und für 1 = 0 auch < = 0 ist
Eine zur Anwendupg bequeme Formel für das Produkt Vi erhält man,
wenn in der obigen Gleichung {e^ — ö)^ in einer Reihe entwickelt wird.
Dies giebt :
29) Vdi = aik (cH- lie-ii—l S^e^ii ....)d^
und
wobei natürlich beide Parenthesen mit gleichen Potenzen von d abgebrochen
werden müssen.
Ist V aus der Gleichung 28 oder 24 , oder auf andere Weise gefunden
worden, und aus den bei gleichen Pulverladungeu aber verschiedenen Ele-
vationswinkeln beschriebenen Bahnen eines Geschosses
bestimmt worden , so erhält man
"" "=7(t)'-»-
Wurde dann aus denselben Bahnen auch v
ah
9)
V*co^w
berechnet, so ergiebt sich die Beschleunigung der Kraft 5, welche durch
G bezeichnet werden möge, aus dem sogleich ursprünglich für dieselbe auf:
gestellten Ausdruck, in Verbindung mit den Gleichungen 16) und 8).
Unter der, bereits bei der Bestimmung von V gemachten Voraussetzung
d oc
eines kleinen Elevationswinkels kann hierbei —- = 1 und g? = 1 gesetzt
as
werden , und man erhält daher :
/ e^ — i \
^-+ et — d^
u
352
Ballistiiche Untersuchungen,
j^ /^«; =: Tangente de« oben Angegebenen » unmittelbar ans dem Versoch
ÄU*^eleit(^ten — Tangente das durch die Reclumng gefundenen
Klevationswinkelsi
l' difi aus dem Mittelwertb Ji ^= qk bereclinete anfängHche Geschwindig-
keit, und ebenfalls unter der Annahme von o =^ — A t
k
. ,r„ = j«A «11 m {le^i - (|_ I) ,t _ 4S _ J)
endlieh
^Fzn=F — 1174 Ellen, das ist also das, um wm die ballistisclie Fnrtnel
den von dem Geachoss am Ende der Bahn dnrehfallenen Raum
zu gross giebt:
C=l,2[l+^],fiir
den Anfanjjp der Bewe^
pingalüo^^ 1,8.
C=l,2, mithm «—1
lind d=ÄO,
C=i\, raithSa «r^l
und ff =1=0,
I.
IL
IIL
^
11*
HL
L
U.
111.
J?^=
900 EIL
14<I0EII
1000 Ell
000 Ell,
1400 Ell.
lOOOEU.
OOOEIU
1400E11
1000 Ell
A^
' 87,^140
85,7S&
82,547
04,305
65,9*12
00,427
00,54 i
10Uft7
105,42
At0ip^
0,0005
0,0<i03
-0,002
-0,0000
0,0002
0,li008
~0,0<H
0,0002
0,002
A
8&,190
ßö,505
101,21
r
• 7S6 Ellen
085 Ellen
ÖflÜ Ellen 1
IV
, iE = 4490 Ellen.
-x„
+ 2231 Ellen
- 2^8,7 ,.
^ 201,0 „
+ 1840,5 Ellen
— 153,3 „
+ 110,5 „
+ 1455,2 Ellen
- 76,5 „
+ 44,3 „
F
2034,2 Ellen
1815,7 Ellen
1423 Ellen
AF
K
)60,2 EU«
;n
i
>4l,7Klh
in
249 Ellen 1
Aus der Betracbtung dieser Ergebnisse der Becbnung geht Folgendes
liervor.
1- Solange es sich allein nm die drei ersten Versuche bandelt, gewährt
jede der drei verschiedenen Hypotheson über C insoweit eine Uebereinatira-
mnng zwischen Theorie und Praxis , als die dabei übrig bleibenden Fehler
von tgtv die oben angefiihrten Grenzen der waiirscbeinlichon Fehler nicht,
oder docb hocbütens nur wenig überschreiten. Bei der zweiten Hypothese
sind aber diene Fehler am kleinsten, und es ist etgenthümlicb , dass über-
haupt ähnliche Aunabmen über C zur Zusainmenstellnng von dergleirhfn
flachen Bahnen^ ohne Annahme eines seitlichen Luftwiderstandes der Luft
Von W. H. VON RouvBOY. 353
am besten zu passen scheinen. So erhielt z. B. der Verfasser schon in frü-
herer Zeit bei einer Untersuchung über Bahnen derselben, jedoch mit grösse-
ren Pulverladungen wie bei den obigen Versuchen abgeschossenen Geschütz-
kugeln durch die Methode der kleinsten Quadrate C= 1,15. Am wenigsten
passt endlich unter den drei oben angefahrten Hypothesen die letzte C= 1 ;
inwiefern ein so kleiner Werth von C auch aus theoretischen Gründen un-
wahrscheinlich ist, wurde bereits in der Einleitung bemerkt.
2. Bei der Anwendung des aus den Versuchen L, ü. und IIL abgelei-
teten Mittelwerthes A^ = Qk auf den Versuch IV. föllt wohl zunächst die
geringe Verschiedenheit der Glieder JC„ und X,„ in das Auge , welche sich
in allen drei Fällen zum' grössten Theil aufheben , so dass der Fehler der
gleichzeitigen Weglassung beider Glieder weit geringer sein würde, als der
aus der alleinigen Weglassung des letzten Gliedes entstehende Fehler. Dies
liegt zunächst darin, dass die angewendete Formel überhaupt nicht mit dem
Ergebniss der Praxis übereinstimmt , sondern der Endpunkt der Bahn viel
zu tief, mithin auch der Bogen s in Vergleich mit £ zu gross giebt, es be-
stätigt aber auch die oben über die Convergenz der. Otto* sehen Keihe ge-
machte Bemerkung.
3. Für alle drei Hypothesen giebt die Rechnung die durchfallenen
Räume viel zu gross. Die Fehler A-^ nehmen allerdings mit den dem Fak-
tor C beigelegten Werthen ab , allein selbst die kleinste Annahme über C,
welche allenfalls noch mit einigem Schein von Wahrscheinlichkeit gemacht
werden kann, und auf die Versuche L, IL, UI. schon weniger gut als die
andern Hypothesen passt . nämlich C == l y giebt doch noch A F viel
zu gross.
Die obigen Ergebnisse beweisen daher wohl unverkennbar, dass bei
Schüssen, welche mit gleichen Pulverladungen, aber unter so verschiede-
nen Elevationswinkeln , wie bei den Versuchen I. bis IV. geschehen , die
Erlangung der gewünschten Uebereinstimmung zwischen Theorie und
Praxis ohne Annahme einer seitlichen Wirkung der Luft auf die Geschosse
auch dann unmöglich ist, wenn beim Laden der letzteren ihr Schwerpunkt
genau hinter dem Mittelpunkt gelegt worden war. Bei der Annahme eines
seitlichen Luftwiderstandes S war keine Veranlassung zu einem Wechsel
mit den Werthen von C vorhanden , sondern es wurde
und
'=''4^ + äF.]
1 = 0,00075^
was den Hutton 'sehen Angaben ungefähr, entspricht, überall beibehal-
ten. Dagegen wurden nach und nach verschiedene Hypothesen über die
F*
Grösse von 5, d. h. verschiedene Werthe von — — versucht. Die Ergeb-
ah
nisse dieser Untersuchung enthält die folgende Tabelle, welche nach dem
bereits oben Bemerkten von selbst verständlich sein wird.
583 ie Rednction gewisser vielfacher Integralg,
Für n =; 2 kann man diefie merkwürdig© Formel leicht Terifieiten imd dS"^'^
Integralo geometrisch deuten. Das Doppelmtegral
r=^ffnx + y)g^ (x|^) i,* d^ tfy
Iftsflt sich nämlicli als ein Volnmen betrachten, welches oberhalb dnrch di ^^»«
Fläche s := /" (ü? + ^) <p C^y) y^ begrenzt wii l tind zur Basis eine ans dcn^^^""
DnrchicKnitte einer Geraden mit einer gleichseitigen Hjperbel eotaprin.^ ~''
genden Figur hat. Um letztere zu construiren , denke man sich gnn&cb. i i^t
eine Gerade, die von der x - Achse das StUck OA ^^ h nnd von der y - Äcba^ -^e
das gleiche Stück OB=^h abschneidet; die erste Bedingung A > ^ + y>*' ^
charakteriairt dann alle inn^halb des Dreiecks JOB liegenden Funkte x^
Die zweite Bedingung A* >■ xy >■ 0 sagt, dass der Punkt zwischen den Coor
dinatenach»en und der durch die Gleichung xy = k' bestimmten gl eiche ei
tigen II]rperbe], deren Asymptoten die Coordinatenachsen sind, liegen muse
Wenn nun die Gerade AB die Hyperbel in zwei Punkten C und i> achne^^^^i-
det, was für Ar'< |^ der ^all Ist, so können beide Bedingungen ' zusamme :^^sn
bestehen und der Punkt xy hat die Fläche des gemischtlimgen Fänfec^^^^is
AGB D€A zum Spielraum; dieses Fünfeck ist die Basis des Volumens V~
Bei der Symmetrie der Figur bleibt V Dasselbe , wenn auch die CoordinE
ten vertauscht werden , also
^=JJ f(^ + y) (p{xy)x^dxdy
nnd femer
V = kfjfix + y) 9Vy)(/^ + }/l)dxdy.
Mittelst der Substitutionen
x + y = H + n^ xy = ^
erhält man
nnd nach der bekannten Regel für die Einführung neuer Yariabelen
Demnach wird
y*in+v
= d^df,.
y = "^fff {n+n)9 (!•) -F=rfi rf»
V^
Nach LiouviLLE.
363
und hier beziehen sich die Integrationen anf alle positiven | nnd 17, welche
den Bedingnngen
Ä>2S + i?>0, Ä»>6*>0
gleichzeitig genügen ; daraus ergeben sich die Grenzen £ = 0 nnd £ = Ar,
sowie 1} = 0 und 1} = A — 2| , endlich ist
Ar A— 26
0 0 '^^
und dieses Resultat stimmt mit der Formel 12) für n := 2 überein. In der
letzten Form bedeutet V das Doppelte eines anderen Volumens mit trapez-
förmiger Basis ; dieses Trapez wird Ton den Coordinatenachsen der £ und
1}, Ton einer in der Entfernung k parallel zur 1;- Achse gehenden Geraden
und endlich Ton einer Geraden gebildet , die auf der £ - Achse die Strecke
^h nnd auf der 1}- Achse die Strecke h abschneidet.
XX.
Heber einige Arten der mechanischen Beschreibung der
Ellipse und über den Satz von Fagnano.
Von C. Küpper in Trier.
Ich knüpfe meine Betrachtungen an folgenden Satz an :
Wenn eine gerade Linie Ton unveränderlicher Länge mit ihren End-
punkten anf den Schenkeln eines rechten Winkels gleitet , so beschreibt
irgend ein Punkt derselben eine Ellipse , deren Halbachsen die Segmente
sind, in welche dieser Punkt die bewegliche Linie theilt.
Fig. 2, XY sei die bewegliche Ge-
rade, MX^ MYdie Schenkel des rech-
ten Winkels, C der beschreibende Punkt.
Stellen wir uns vor, das Rechteck
MXN Y sei mit X Y beweglich , so be-
schreibt die Ecke N einen Kreis um den
fnnkt itf , dessen Radius X Y ist. Zie-
hen wir nun CA normal auf MX^ CB
nonnal auf ilfF, so erhalten wir auf der
Diagonale MN zwei Punkte, Aj B, deren
Oerter zwei Kreise sind, welche iifzum
Mittelpunkt und zu Radien beziehlich
MA—CY — a, und MB — CX—h
haben.
Das8 nun der Ort Ton C eine Ellipse
ist, welche a, h zu Halbachsen hat, er-
giebt sich daraus, dass AA' \CA = a'.h
'=^Const.f und somit die Curve, welche
C beschreibt, als rechtwinklige Projek-
tion des Kreises erscheint, auf welchem
35& BalÜBtische UnterÄuchimgen,
^AÄjürfü^iÄÄ^f
""=[-'+ '^Hmr^]^
Ellen,
daa Ist 5£, Bn beim Versuch IIL am Ende der Bahn G = 6,025 Ellen, End-
lich Ist für den Anfang der Bewegung die Beschleunigung der Kraft Sz
Cg = 0,l Ellen,
ans ist also ganz unmerklich.
Nimmt man die anffingliehe Geschwindigkeit F so an^ wie sieh die-
selbe aus den beiden ersten ohne Hunderttheile von Secunden angeführten
Flugzeiten ergrebt, so wird die Beschleunigung der Kraft S für den An-
fang der Bewegung = — Ojö Ellen und erst nach einiger Zeit positiv. Die
Krnft S müsste also im Anfang der Bewegung von oben nach unten
drücken, nnd dann, durch NuH hindurchgehend, ihre ftichtnng nuikehren,'
und da dies nicht wahrsebeiulicb ist, so spricht auch dieser Umstand für
die oben allerdings nur TÄiUkUrlich vorgenommene Hinzufügung von Hun-
derttheilen der Secunden zu den nur bis zu den Zehntheilsecuuden angege-
benen Zeiten«
XIX.
üeber die Beduotion gewisser yiellkcher Integrale.
(Nach Liouville* 8 Mimoire svr In riduction de classes (res - ^tendues d' integrales mul-
tiples. Jow^ial d£ Mathömatiques ; deiucienie sine, Tome /. Aout 1856).
Mittelst eines von Liou ville angegebenen und im 3. Hefte dieser Zeit-
schrift S. 184 mitgetheilten Verfahrens findet sich der Werth des (n — 1)
fachen Integrales
I) j I .,e \ ^^xy..fj^n yn _^ n dxdy.,,dt
0 0
1 ^^
yn
ELieraus können nach eiaer späteren Bemerkung des Verfassers noch mehrere
interessante Ergebnisse abgeleitet werden.
Führt man in das n fache Integral
..e-<'+y+-+'+«)9)(a:y..^t<)a;''y'»...ii " dxdy.,.du,
0 0
worin (p eine beliebige Funktion bezeichnet (natürlich der Art, dass das
Integral einen bestimmten Werth erhält) die neue Variabele k mittelst der
Substitution
//
Kreise, dcsften Hadiiis 0C===-— — | ferner bilden die Radien MO^ OC mit
MM fiÄcli entgegengesetzter Seite gleiche Winkel. Also :
Wenn eine Gerade MO von unveränderlicher Lange mn einen ihrer
Endpunkte (itf) sich dreht, während eine andere constante Gerade
($V um den andern Endpunkt 0 sich in entgegengesetztem Sinne, aber
mit gleicher Winkelgeschwindigkeit dreht, bo beschreibt der freie
Endpunkt C dieser Geraden eino Ellipse, deren beide Halbachsen
MO + 0€ und MO — OC sind. Die Normale der Ellipse erhält mau,
weun man den ersten liadins MO um ein gleicheH Sttlck ÖiViiber 0
hinaus verlängert und N mit C verbindet
Betraehten wir das Parallelogramm, MO€ö\ so giebt dieses;
Wenn eine Ecke eines Parallelogrammes festgehalten wird, and diä
^^^ beiden, in dieser Ecke zuaammenstossenden Seiten in entgegengesetz-
^^B tem Sinne, mit gleicher Winkelgeschwindigkeit rotiren, so beschreibt
^^H die gegenüberUegende Ecke eine Ellipse, deren Achsen in den un*
^^B veränderlichen Halbirungtjliuien des innem und äussern Winkels an
^^^ der festen Ecke liegen, deren grosse Halbachse der Summe, deren
H kleine Halbachse der Differenz zweier zusammenstosscnder Seiten im
I Parallelogramme gleich ist,
■ 3) Betrachten wir das gleichschenkelige Dreieck MOX (oder MÖX*)x
■ Wenn ein gleichachenklidies Dreieck^ dessen gleiche Seiten nnver-
I änderlich sind, so seine Gestalt verändert, dass ein Endpunkt seiner
^^_ Grundlinie fest bleibt, während der andere die Gerade durchUnft, in
^^H wr>lcher die Grundlinie Hegt, so beschreibt irgend ein Punkt der der
^^^ festen Ecke gegenüberliegenden Seite eine Ellipse.
W 4) Mit MO beschreibe um 3/ einen Kreis, und lasse eine Gerade Ml
S*eieh dem Radius MO sich so bewegen, dass der eine Endpunkt den Kreis,
jler Hadere eine durch deu Mittelpunkt des Kreises gehende Gerade durch-
lltiafi^ 80 beschreibt jeder Punkt dieser Geraden eine Ellipse«
5) Fig. 4* Wenn ein Kreis 0 in einem andern {M) von doppeltem Um-
^^ge rollt, so beschreibt bekanntlich jeder Punkt des Umfanges jenes
f^^eises eine Gerade und zwar einen Durchmesser des Gnindkreises {M),
^ie Endpunkte eines Durchmessers des Kreises (0) gleiten mithin bei der
*^^wegung dieses Kreises auf den Schenkeln eines rechten Winkels, Dem-
'^^Mib beschreibt jeder Punkt eines solchen DurchmeRsers eine Ellipse, Wenti
^^«n die Ebene als ein festes mit dem rollenden Kreise (O) unveränderlich
,^^^^ rhu a den es System betrachtet, so beschreibt jeder Punkt derselben eino
"^^llipse, deren Halbachsen die gro.sste nnd kleinste Linie sind, welche von
*S(*jn Punkt nach dem Umfang des rollenden Kreises sich ziehen lassen,
«ifi Stück der Normale zwischen dem beschreibenden Punkt C und dem
V*ge^nblicklicben Drehpunkt N des Systems ist der Hälfte des äu CM gebii-
*^en conjugirten Durchmessers gleich«
, Denken wir uns durch den beschreibenden Funkt eine beliebige Se-
^*Hite fur den Kreis (''), so bleiben die Etidimnkte der in ihr liegenden
^^liDe auf swei Gera*len, und man überzeugt sieh, dass, wenn eine Gerade
^*^n constanter LMnge L mit ihren Endpunkten auf den Schenkeln eines
'Kinkels von beliebiger Grösse g? gleitet, jeder Punkt derselben eine El-
k
366 Ueber die mecbaniache Beechreibiuig der Kllipse etc<
lips© besebreibt, fttr welche der Anedruek — — entweder die H&lbaclifien-
'^ SVi 7?
Summe oder deren Differena angiebt, je nachdem der beschreibende Ptiiikt
ftuf der Gongtauten Strecke selbst, oder auf deren Verlängcrnng liegt. E«
ist leicht za erkennen, wie die Achsen der Ellipse construirt werden»
6) In Flg. 4. sei (0) die Lage des rollenden Kreises , bei welcher der
beschreibende Pnukt mit dem Endpunkt X der grossen Aebse der tod ihm
Fig. #.
beschriebenen Ellipse zusammenfallt. Der Kreis (0) möge in der Richt^^^^
des Pfeils rollen. Zieht man die Gerade MPN, so wird einmal der P^°^ V^
mit dem Punkte N zusammenfallen, und um die Lage Czu bekommen, wel^^
dann der beschreibende Punkt einnimmt, verfahre man so : der Durchme» ^^^
PL fällt mit NM zusammen und weil L NMV = L PLL\ so nimmt die Se? ^^^
LX des Dreiecks PLX die Lage ML' an; mithin hat man immer ML' ^
verlängern und darauf ^C = ATZ abzuschneiden. Nach dem, was oben 1^ -^
wiesen worden , ist CN im Punkte C normal auf der Ellipse und zugle?
halb so lang , wie der zu CM gehörige conjugirte Durchmesser. Die La
dieses Durchmessers lässt sich finden, wie folgt:
Ich verlängere XP^ bis diese Linieden Kreis wieder in P' trifft, u'
ziehe MP' N'. Bei der Bewegung des Kreises (0) wird das Dreie
XLP auf das ihm congruente CMN gelegt. Da aber L PLP' = L PMf
Nach LiouviLLB. 359
die Supposition Ar = 0; man hat dann vennöge der nrsprttnglichen Bedeu-
tung von V
i-i i-i — '
d. i. nach einer bekannten Formel*)
*) Im 2>« Hefte S. 75 findet eiah die Formel
. JJ i''~^fl'~^-'9(i + n+'")äidn.'..
0
bei welcher Tonraa^eeetst ist, due die Ihtegntionen linker H«nd anf alle poeiti^en,
der Ungleichung
l>l + i| + ...>0
genügenden | , 17 . . . beiogen werden. Setit man | ^ — , 17 =-^ etc., 9 (q) =zF(a^),
so wird
1
r(«+«+...)J ^ ^^«e;«^
mit der Bedingong
a>« + y+... >0;
mittelst der Substitutionen 9 es' — , ^ (*) = /(^ "I* *) folgt weiter unter derselben Be-
dingung
/ / ...«"•""* y""•^../'(i^ + «+y 4-...) Ad djr
0
1 2
Nimmt man endlich a = 00 nnd schreibt --, ^ . • . für siyfi • • ., so gelangt man su der
Formel
j j ...x^ y""" .../ • *" /(*+«+y+.. + OAB*--*
" r(i)r(l)...r(l:^) W».-. ,
r«-
"2
welche im Texte angewendet wurde.
1
l
mei-haniecho Bcsohrcibung der Ellipse etc.
t
le von d Bndpuokten ügb DttrcItTiieäiirsri der grossen und kleinen
ise der I >»e gleich sind, ao igt:
rlftT Ä^^fltand des Punktes X ron irgend eineui Panktö P des Kreise»
p^öes bestimmteo DurcUmesscrs der Ellijjsc gleich. -
XMP ist die exceutrisclie Anomalie ftir die Endpunkte ^
messers der Ellipse«
^&ariir> des Punktca Ä vom andern Endpunkt L des siii P gehö*
J flessers des Kreises itt der Hälfte des au jenetn Dnrck- ^
ji Hipse conjngirten Durchmessers gleich*
jivi Sekante XPP* des Kreises (0) and c*inatruiren nacK 6) ^^
fl Punt^re C, C der Ellipse, für welche die Hälften der zugeUöri* - —
lugirten Durchmesser beziehlich XPund XP* sind, dann wird die^^^
iz der elliptischen Bohren VC' und X€ sich constniiren lassen.
,,. g Nennt man p den verSndi^r — -
*' * ITid des Punktes JT Ton deir^^
i Bogens 9?/*, w die excen —
n&lio des Punktes C\ &o läs«^ ^=t
infucUe Betrachtung der Be-
I Punktes A\ während d^^" r
n Kreise (itf) rollt.
zeigen
äAs& das Integral f p , dt
den ellipti
sehe n XC ausd nickt, (Wenw
der ivrei 0) auf seiner Tangente itv
Punkte 9? fortrollte, so würde der Puok-
-V ein Stück einer C^kloide heschrei
ben, welches zum Maass 3
, j p.da
0
hat
^1
Bezeichnet man durch p* deu vei
ände fliehen AWand des Punktes .
von den Punkten des Bogens MP'
durch w' den Winkel 3f3iP* oder d
Coniplement der ex centri sehen Anom
He des Punktes C, so erhält man ebenso^:^^ "^
VC
=y>.
d(a.
Man kann auch leicht diese Integrale mit den auf gewöhnlichem Wege er:^ ^^^
haltenen identificiren , indem man /?' durch a, 6, lo' ausdrückt. Die Diffe^^^^^
renz der beiden Integrale ergiebt sich nun sogleich, wenn man erwägt, das ^
p :p' = dfo : dm' und somit:
pdm' — pd(o=^ (jp +p) (dm — dm).
Führen wir nun den Winkel MXP=z g) = (»' — m ein , so hat man
dm' — rfcD^rf^), p + p' •= (a + 6) CO* 9,
folglich
Nach LiouviLLE. 361
Setzung hinzubringt, dass die Funktionen fnnd 9 ausserhalb gewisser In-
tervalle verschwinden. Wir wollen diese Andeutung noch etwas ausführen.
Wenn erstens f(tv) für alle ausserhalb des Intervalles w = 0 bis w=h
liegende w verschwindet, so bleiben in dem vielfachen Integrale nur dieje-
nigen Elemente übrig, für welche h > x+y -fe ... + w > 0; in dem Doppel-
integrale rechter Hand sind dann gleichfalls nur die der Bedingung
^>''J + iJ>0 genügenden Elemente zu behalten und es werden daher
die Integrationsgrenzen 1/ = 0 bis 1; = A — n^ für iy sowie {=0 bis |
= — Ä für |. Dies giebt den Satz: wenn sich die nach o:, ^, z ... ti zu ver-
richtenden n Integrationen auf alle positiven der Ungleichung
7) h>x + y + z+...+'u>0
genügenden Werthe der Variabelei| beziehen , so ist
8) I j »>f(x+y + ... + u)g){xy...u)x*y''...u " dxdy...du
1 .
r(-^j 0 0
Wir betrachten zweitens den Fall, dass die Funktion (p{w) für alle w
ausserhalb des Intervalles rv=^0 bis n^ =^ Ar" verschwindet; es sind dann
rechter Hand alle Elemente auszuscheiden, für welche |" >/r* d.4i. {>A:.
Die übrige bleibende Gleichung enthält den Satz : wenn sich die Integra-
tionen auf alle positiven der Ungleichung
9) ;t">ary2...M>0
genügenden o*, y, z . . . t< beziehen , so ist
/* /• — 1 » — i
10) / / .../*(a:+y-f-...+M)9)(a:y...w)a:"y*...w * dxdy...du
Am eigenthümlichsten wird die Sache im dritten Falle, wenn man näm-
lich voraussetzt, dass die vorhin betrachteten einzelnen Bedingungen des
Verschwindens von ({w) und 9 (rv) zusammen bestehen ohne einander zu
widersprechen. Die Integrationen linker Hiand beziehen sich dann auf alle
positiven x^y^z . , .u, welche den Ungleichungen
U) h>x + y+z + . ..+ h>0, ^•>xyz...ii>0
gleichzeitig genügen , und rechter Hand sind die Integrationen nach £ und
ri auf alle § und rj zu erstrecken, für die gleichzeitig Ä>n5 + ij>0 «und
k>^'^0\ dies giebt die Integrationsgrenzen | = 0bis5 = Ä:, iy = 0 bis
71 = h — n $ , was voraussetzt , dass der kleinste Werth von 17 , nämlich
h — nk, noch positiv folglich k <— h sei. Unter den in Nr. 11) verzeich-
neten Bedingungen ist nun
370 1 [nechaniBche Beschreib, d, Ellipse etc. Von C-Köppei.
dip
ö — I
dia
v>-{^j-"^- ' y.-^-.'
Setsen wir r= **»
a — b
dm
Hier Ut
*'>*' (T^*^**^ ^<"'
Kimmt man den Pt ^ eines Kreises an, dessen Durch-
nicsser a + ^ i^^t ^^ lasfi^.. oge Betrachtungen aastellan, und
man erhält bei übereinsttmi ^. ^ mung: 9 = u + o',
cf^ a ^ l dm*
a — 5
0 + ^
= ^ gesetst , giebt :
dp
im'
/l — A» sin 7." 1 + A , / JA
^ 0+"*)*"
Hier ist
(Vergl. Jacobi, lettre ä M. Eertnite.)
Trier, den 1. September 1856.
stn m
(In Fig. 6 ist o und m' statt n und n zu lesen.)
Nach LiouviLLE.
363
und hier beziehen sich die Integrationen auf alle positiven | und i;, welche
den Bedingungen
Ä>2S + i?>0, Ä»>6*>0
gleichzeitig genügen ; daraus ergeben sich die Grenzen £ =: 0 und | = Ar,
sowie ij = 0 und iy = A — 2|, endlich ist
k A— 26
0 0 ^^
und dieses Resultat stimmt mit der Formel 12) für n := 2 überein. In der
letzten Form bedeutet V das Doppelte eines anderen Volumens mit trapez-
förmiger Basis ; dieses Trapez wird von den Coordinatenachsen der | und
fl , von einer in der Entfernung k parallel zur ti - Achse gehenden Geraden
und endlich von einer Geraden gebildet , die auf der £ - Achse die Strecke
^h und auf der 17 -Achse die Strecke h abschneidet.
XX.
üeber einige Arten der mechanischen Beschreibung der
Ellipse und über den Satz von Fagnano.
Von C. Küpper in Trier.
Ich knüpfe meine Betrachtungen an folgenden Satz an :
Wenn eine gerade Linie von unveränderlicher Lfinge mit ihren End-
punkten auf den Schenkeln eines rechten Winkels gleitet , so beschreibt
irgend ein Punkt derselben eine Ellipse , deren Halbachsen die Segmente
sind, in welche dieser Punkt die bewegliche Linie theilt.
Fig. 2. AT F sei die bewegliche Ge-
rade, MX^ ilf Fdie Schenkel des rech-
ten Winkels, C der beschreibende Punkt.
Stellen wir uns vor, das Rechteck
MXN T sei mit X Y beweglich , so be-
schreibt die Ecke i\r einen Kreis um den
Punkt M , dessen Radius X Y ist. Zie-
hen wir nun CA normal auf MX^ CB
normal auf ilfF, so erhalten wir auf der
Diagonale MN zwei Punkte, A^ F, deren
Oerter zwei Kreise sind, welche ilf zum
Mittelpunkt und zu Radien beziehlich
MA=^ CY = a, und MB = CX=h
haben.
Dass nun der Ort von C eine Ellipse
ist, welche a, h zu Halbachsen hat, er-
giebt sich daraus, dass AA' : CA = a:b
= Consi.y und somit die Curve, welche
C beschreibt, als rechtwinklige Projek-
tion des Kreises erscheint, auf welchem
Kleinere MlttheUiuaget].
Mittelst einer ähnHcfien Betracbtungswebo lä&si sLch eatscheiden, im-
ter welchen Umständen die GleichuEgeß
anä
auflösbar Bind oder niebt,
(LioaTiHe im Journal des Muthematiques, Septbr* 1856)*
TT.TT Ueber dat Additionttlidarem für eliiptiBcbe Intagrala erster Qat*
tan^i Das Integral der I>Merc;ntialgleicbiiiig
kann man in algebraiBcher Form auf folgendem Wege erbalten, der iinr
die tb eil weise Integration verlangt Han bat asunäcbst
dxj/l — y^ + d^ }/l — J2* = 0
folglicb
/ dxj/} — /+ I d^j/A~^ = CvmL
Bei th eil weiser Integration ist aber
«/ t/ ^ 1 — V»
^ t/ j/l — o:»
mitbin durch Addition
Hier verschwindet der vorausgesetzten Differentialgleichung zufolge ^®^
unter dem Integralzeichen stehende Ausdruck und es bleibt daher
1) xj/l — y^ +yy\—x^=.Con8t.
als gesuchte Integralgleichung übrig.
Nehmen wir
X
I '=a folglich X = sin g, ](/l — a:*==C05a,
f . ^ = ß folglich y = sin ß, j/l — y* = co* j3,
so verwandelt sich die ursprüngliche Differentialgleichung in
Von C. Küpper. 365
Kreise, dessen Radius 0C= — - — ; ferner bilden die Radien MO^ OC mit
JtfX nach entgegengesetzter Seite gleiche Winkel, Also :
Wenn eine Gerade MO von unveränderlicher Länge um einen ihrer
Endpunkte {M) sich dreht, während eine andere constante Gerade
OC um den andern Endpunkt 0 sich in entgegengesetztem Sinne, aber
mit gleicher Winkelgeschwindigkeit dreht, so beschreibt der freie
Endpunkt C dieser Geraden eine Ellipse, deren beide Halbachsen
M0+ OC und MO — OC sind. Die Normale der Ellipse erhält man,
wenn man den ersten Radius MO um ein gleiches Stück Oi^über 0
hinaus verlängert und N mit C verbindet.
Betrachten wir das Parallelogramm, MOCO\ so giebt dieses:
Wenn eine Ecke eines Parallelogramm es festgehalten wird , und die
beiden, in dieser Ecke zusammenstossend«n Seiten in entgegengesetz-
tem Sinne , mit gleicher Winkelgeschwindigkeit rotiren, so beschreibt
die gegenüberliegende Ecke eine Ellipse, deren Achsen in den un-
veränderlichen Halbirungslinien des innem und äussern Winkels an
der festen Ecke liegen, deren grosse Halbachse der Summe, deren
kleine Halbachse der Differenz zweier zusammenstossender Seiten im
Parallelogramme gleich ist.
3) Betrachten wir das gleichschenkelige Dreieck MOX (oder MOX')i
Wenn ein gleichschenkliches Dreieck^ dessen gleiche Seiten unver-
änderlich sind , 80 seine Gestalt verändert , dass ein Endpunkt seiner
Grundlinie fest bleibt, während der andere die Gerade durchläuft, in
welcher die Grundlinie liegt , so beschreibt irgend ein Punkt der der
festen Ecke gegenüberliegenden Seite eine Ellipse.
4) Mit MO beschreibe um itf einen Kreis, und lasse eine Gerade MX
gleich dem Radius MO sich so bewegen, dass der eine Endpunkt den Kreis,
der andere eine durch den Mittelpunkt des Kreises gehende Gerade durch-
läuft , so beschreibt jeder Punkt dieser Geraden eine Ellipse.
5) Fig. 4. Wenn ein Kreis 0 in einem andern {M) von doppeltem Um-
fange rollt, so beschreibt bekanntlich jeder Punkt des Umfanges jenes
Kreises eine Gerade und zwar einen Durchmesser des Grundkreises {M).
Die Endpunkte eines Durchmessers des Kreises (0) gleiten mithin bei der
Bewegung dieses Kreises auf den Schenkeln eines rechten Winkels. Dem-
nach beschreibt jeder Punkt eines solchen Durchmessers eine Ellipse. Wenn
man die Ebene als ein festes mit dem rollenden Kreise (0) unveränderlich
verbundenes Sjstem betrachtet, so beschreibt jeder Punkt derselben eine
Ellipse , deren Halbachsen die grösste und kleinste Linie sind , welche von
diesem Punkt nach dem Umfang des rollenden Kreises sich ziehen lassen.
Das Stück der Normale zwischen dem beschreibenden Punkt C und dem
augenblicklichen Drehpunkt N des Systems ist der Hälfte des zu CM gehö-
rigen conjugirten* Durchmessers gleich.
Denken wir uns durch den beschreibenden Punkt eine beliebige Se-
kante für den Kreis (0) , so bleiben die Endpunkte der in ihr liegenden
Sehne auf zwei Geraden, und man überzeugt sich, dass, wenn eine Gerade
von constanter Länge L mit ihren Endpunkten auf den Schenkeln eines
Winkels von beliebiger Grösse q> gleitet, jeder Punkt deraelh^is. ^>ää ^\-
lipse besclireibt, für welche der Ausdruck —r — entweder die Hftibaclisen*
^ ' strt<p
Summe oder deren Differenz anglebt , je nacbdetn der beBcHreibendo Ptiukt
auf der Constanten Strecke selbst, oder auf deren Verlängerung liegt. Es
ist leicht zu erkennen, wie die Achsen der Ellipse construirt werden.
6) In Fig. 4* sei (0) die Lage des rollenden Kreises, bei welcher der
besehreibeude Punkt mit dem Endpunkt X der grossen Achse der von ihm
Eig, *.
beschriebenen Ellipse zusammenfällt. Der Kreis (0) möge in der Kiclitung
des Pfeils rollen. Zieht man die Gerade MPN, so wird einmal der Punkt P
mit dem Punkte N zusammenfallen, und um die Lage Czu bekommen, welche
dann der beschreibende Punkt einnimmt, verfahre man so : der Durchmesser
PL fällt mit NM zusammen und weil L NML' = L PLL\ so nimmt die Seite
LX des Dreiecks PLX die Lage ML' an; mithin hat man immer ML' zti
verlängern und äajAnf M C = X L abzuschneiden. Nach dem, was oben be^
wiesen worden , ist CN im Punkte C normal auf der Ellipse und zugleich
halb so lang , wie der zu CM gehörige conjugirte Durchmesser. Die Lage
dieses Durchmessers lässt sich finden, wie folgt:
Ich verlängere XPj bis diese Linieden Kreis wieder in P' trifft, uni
ziehe MP'N'. Bei der Bewegung des Kreises (0) wird das Dreieck
ATZP auf das ihm congruente CMN gelegt. Da aber L PLP' = L PMN\
Von C. Küpper.
367
so wird auch die Kathete LP' des rechtwinkligen Dreiecks XLP' auf
die Linie MN' fallen. Folglich ist CN normal auf MN\ oder MN'
fällt in die Richtung des zu C gehörigen conjugirten Durchmessers der
Ellipse.
Wenn man also in einem Kreise (0) beliebige Durchmesser zieht (wie
L P) , und deren Endpunkte mit einem willkürlichen Punkte JT verbindet,
so sind diese Verbindungslinien jedesmal die Hälften Ton zwei conjugirten
Durchmessern einer Ellipse, deren Halbachsen die kürzeste und längste
Linie sind, welche von J[ aus sich an jenen Kreis ziehen lassen. Wenn L\
P' die beiden Punkte sind, in welchen die Geraden JTZ, XP den Kreis zum
zweiten Male treffen, so hat man nur ML\ MP' zu ziehen, und auf diesen
Geraden auf beiden Seiten von M die Stücke JTZ, XP abzutragen , um vier
Punkte der Ellipse zu erhalten , nämlich die vier Endpunkte eines Paars
conjugirter Durchmesser.
Wenn der Kreis (0) im Punkte N den Orundkreis berührt, so ist 0'
die Lage seines Mittelpunktes, er schneidet alsdann die Linien MX^ MY
in zwei Punkten , X\ Y\ deren Verbindungslinie durch C geht , denn X' ist
die Lage des Punktes , welcher ursprünglich mit 9^ zusammenlag , Y* die
Lage des Punktes, der früher in itf sich befand. — Die Figur MX' NY' ist
ein Rechteck und zwar das in Fig. 3. mit MX' N' Y' bezeichnete; ein Blick
auf diese Figur lehrt, dass L X' MO' =^L XMN die excentrische Anomalie
des Punktes C ist.
Ueber den Fagnano' sehen Satz.
Die in Nr. 6. geführte Untersuchung ergiebt Folgendes :
Fig. 5 u. 6. Wenn man über der Differenz der Halbachsen a , b einer
Fig. 5/
Ellipse als Durchmesser einen Kreis (0) beschreibt, und auf der Verlänge-
i-ung eines Durchmessers dieses Kreises den Punkt X so ^\5\5\\.;^ ^'^'e» wsä
Kleinere Mittheilungen,
13. Auf dem Quadranten einer Ellipse giebt es einen Pnnkt^ d^um
Normalabstand ein Mdxiniam ist, und der folgende Eigenschaften W: der
Inhalt seines Krümmungskreieea ist gleich dem der Ellipae> Bein Normal
abstand ist gleich a — b. Dib Verlängerungen der Axeu treffen seine Tm*
gente in zwei Funkten, deren Entferuungen vom Bei-äbruiigspuiikt gleich
a und gleich b sind* Die Entfernungen dieser Durchschniltäpuuktti voui
Fusspunkte des vom Mittelpunkt auf die Tangente gefällten PerpendikeU
Bind ebenfalle gleich a und gleich b, Zit^bt man durch den Kr ilmui ungern it^
telpunkt Parallelen mit den Axen^ so treffen diese die Tangente in iwri
Punkten, deren Entfernungen vum Berührungspunkt auch gleich a und
gleich b sind.
%u\z a./N. A. BöKLEK, Keallehrer.
«en Formeln *""■
t Tor°""*etzi
Kominer "^
dretachi
seste sein. "
Die Halbscbs«
voraussetzen j fon^^j
1
y«'-
ElUpioidea und deren Schwer-
aafunktionen und dif^ darati!$ fol-
vielfacher Integrale nicht rU hc-
pgHchst wenig Hülfsmittcln aus-
■ Bestimmung der Oberfläclißdeü
erpunktes der anal^istih kSr*
n^ffr^c^beisseUf wobei wira>^>c
/3-
_j/&' — c>
so Ist bekanntlich die OberÜäclte eines Octanten des Ellipsoides
0 0 ^ I 1 Z—7-.
oder für a: = a^, y = 6iy
1 yy-
Durch Einführung von Polarcoordinaten mittelst der SubstitutioJ^^
J = ^ cos ^, ti=z Q sin ^j d^ dri=^ q dq dd^ wird hieraus
^n 1
»=-/-/'^'/{^f^}
wobei zur Abkürzung
gesetzt worden ist. Führt man statt q eine neue Variabele u ein indem m
Von C. EüPPBB. 369
pdm — prfa = (a+6) cosfpdtp^
und durch Integration:
YC — XC:=:{a + h) sin q>=zLP' = J.
Die Punkte C, C haben , wie aus 6. erhellt , folgende Eigenschaften :
1. Das Kechteck aus den Hälften der zu ihnen gehörigen conjugirten
Durchmesser =a,b,
2. Die Abstände der in diesen Punkten auf der Ellipse errichteten Nor-
malen vom Mittelpunkt der Ellipse sind = J.
3. Der Winkel t/;, den die Normale CN mit der Achse MX bildet, ist
das Complement der excentrischen Anomalie , und umgekehrt , das
Complement der excentrischen Anomalie des Punktes C ist dem Win-
kel gleich, den die Normale im Punkte C mit der grossen Achse
bildet.
Wenn Xn Tangente des Kreises (0) ist, und r der Punkt, mit«welchem
beim Rollen des Kreises der Punkt n zusammenfällt ; y die entsprechende
Lage des die Ellipse beschreibenden Punktes , so hat man :
Yy — Xy^=a—b,
Für diesen Fall ist der Abstand der Normalen vom Mittelpunkt der Ellipse
ein Maximum. (Bei der gestreckten und verkürzten gemeinen Cycloide
spielen die besonderen Punkte dieselbe Rolle, wie. bei der Ellipse der
Punkt y).
Beschreibt man also um den Mittelpunkt einer Ellipse Kreise mit Ra-
dien , welche kleiner sind , als die Differenz der Halbachsen , so giebt es
auf jedem zwischen den Achsen liegenden Quadranten eines solchen Kreises
zwei Tangenten, welche Normalen der Ellipse sind. Die Punkte, in welchen
sie auf der Tangente normal stehen, haben die von Fagnano entdeckte
Eigenschaft, dass die Differenz der beiden, von den Endpunkten der Achsen
und diesen Punkten begrenzten elliptischen Bögen 'sich construiren lässt,
dieselbe ist dem Radius des gedachten Kreises gleich.
Schliesslich werde hervorgehoben, dass die beiden Gleichungen:
1 ) g) = (O' CO, "
2) 4?L=^
' dm p
die Landen* sehe Substitution enthalten. Denn es ist
Q. dm dm — dm dq>
P P—P P-P
Das Dreieck XMP' liefert:
P^aj/
1 ^—stnm*
Um p' — p zu erhalten, ziehe man OT senkrecht BXifPP' und man bekommt
aus dem Dreieck OPV:
p'-p^ia-b)j/l-{^ysing,*.
-Also wird aus 3)
Kl<iis«re MHOieilungen.
I.^V^Jt^T'**!'^^^'^
herigen | = ^ co* e, ij = ^ ^rit # orhalten wir stÄtt dieser B'oTmela die fol-
genden
= a'tj cos e il&J f* rfg t/J ' ^'^^^f l,
0
0 0
Führen wir In die erste Gleicliiing statt p die Variabele « durch die
nämliciie Snbstitotion wie früher ein, so ergiebt si^li
A. i. bei nmgekchrtor Anordnung der Integrationen und TcrmSgo äet Ba-
deutung von B
U El
Nach bekannten Formeln ist aber
/*
cos^&d^ 2 l
0
mithin erhalten wir
1
Sa
/* sin* '»cos&dd^ ^ 1
_ , ,. A 1 — o* , 1 — /y ] du ^/{ 1 — nM
- ^" V f r^^Tßvr« + r=^«j i - ««w« y \i-pu*\
Durch gehörige Bnchstabenvertauschnng lÄsst sich hieraus der Werth
Sh ableiten, nämlich
Endlich kann man in dem für Sc angegebenen Doppelintegrale die
p bezügliche Integration sofort ausführen ; sie giebt ,
Kleinere Mittheilungen.
XLYHI Veber einen Sati der ZahlenthaoriA. Vermöge des Wilson-
seben Theoremes kann der Ansdmck
1 /2 . 8 . . . (p — 1) + 1
nur dann ein Vielfaches der ganzen ZaU p werden , wenn p eine Primaahl
ist. Daraas folgt , dass auch die Gleichung
1 . 2 . 8 . • • (i> — 1) + 1 =/>•
bei ganzen positiven p und m nur dann bestehen kann , wenn p eine Prim-
zahl ist; so hat man z. B. in den Fallen j9=iS,/»=23,p=5
1 + 1 = 2«, 1.2+1=3S 1.2.3.4+1 = 5*.
Es entsteht nun die Frage, ob die genannte Gleichung von grösseren Prim-
zahlen erfUlt werden kann.
Zieht man von beiden Seiten der Gleichung die Einheit ab und divi-
dirt nachher mit p — 1 , so hat man
1.2.3...(p — 2)=/>«->+i>«-^«+... + |>+l.
Das Produkt linker Hand enthftit, sobald/» die Zahl ö übersteigt, die bei-
den verschiedenen Faktoren 2 und \{p — 1), und ist folglich durch 2 • ^ (p— -1)
==p — 1 theilbar; dasselbe muss von der rechten Seite der vorigen Glei-
chung gelten, wenn dieselbe überhaupt bestehen soll. Giabt man der rechts
vorkommenden Summe die Form
(p— > — l) + (p— 2— l) + ... + (p — l) + m,
so liefert die Division mit/» — 1 den Best m und es muss daher m theilbar
durch p — 1 also m ein Vielfaches von p — 1 sein. Aus m>p — 1 folgt
weiter, wenn man auf die ursprüngliche Gleichung znrüekgeEt»
1.2.3...(p— l)^p^^-> — 1;
nun ist aber andererseits», weil jede der Zahlen 1 » 2 , . . . (p — 2) weniger
als p — 1 betragt,
1.2.3...(p — l)<(p — l)i'-><pi'-»— 1;
diese immer stattfindende Ungleichung widerspricht der vorigen und muss
daher die frühere Voraussetzung unrichtig sein. Die Gleichung
1.2.3...(p — l) + l=p*
ist mithin für p >5 unmöglich.
Man erkennt nachtrfiglieh leicht die Bedeutung der AusnahmefUle
jö = 2, p = 3 und p = 5. Fürp = 2undp=3 fSshlt in dem Produkte
1 .2...(p — 2) der Faktor 2; für p =3 5 sind die Faktoren 2 und Kp — l)
nicht verschieden, und man darf daher auch nicht behaupten, dass
X . 2... (p — 2) durch 2 . ^(p — 1) theilbar sei.
372 Kleinere Mittheilungen,
Mittekt eiDor ähiiliülicn Betrachtungsweise lässt sich entgclieiden , nu-
tet welcheti Umständet] die Gleichnngeä
und
1.2.3... (*— 1) .1.2.5... (p— ») s^^* + l
auflösbar siüd oder nicht.
(Lioavilleim Journal des Mathätnaiifues. Septbr., 1956).
I Veber das AdditionBthdorem für elHptiBcbe Integrale erster Gat'
tung: Das Integral der DifEerentialgleicbung
kann man in algebratecber Form auf folgendem Wege erhalten, der ttnr
die tlieüweläe Litegration yerlangt. Man bat zunächst
d^y^ — f + dtf }/l~os* = 0
folglich
/ dxj/l —f^ +J dyj/T^t=^Conit.
Bei theilweißer Integration ist abeit
mithin durch Addition
x}/i—y'+y}/i — x'+ I xy(-^d^ + -yjL=) = Const.
t/ \yi — a^ yi—yi/
Hier verschwindet der vorausgesetzten Differentialgleichung zufolge der
unter dem Integralzeichen stehende Ausdruck und es bleibt daher
1) ^yi — y^+yj/l—x^ =.Con8l.
als gesuchte Integralgleichung übrig.
Nehmen wir
X
I = a folglich X = sin «, ][/l — x^ =cosaj
i-r=M== = 13 folglich y = sin ß, j/i — y" = cos ß,
so verwandelt sich die ursprüngliche Differentialgleichung in
dtt + dß=: 0,
Kleinere Mittheiiungen. 373
woraus
folgt, wenn y eine Constante bedeutet. Für «==0 wird im speciellen Falle
;r = 0 , |3 = y , rj = sin ß = siny und nach Nr. I) Const. = y=z sin y, ' Man
hat nun bei Rückkehr zu dem allgemeinen Falle
^ y^ — y* +y^/l--- x^ = sin y = sin (a + ß)
oder vermöge der Werthe von x und y
2) sin (a + 13) = «n a cos ß + sin ß Cos a,
und dies ist die Fundamentalformel der trigonometrischen Funktionen.
Mittelst desselben Verfahrens kann man leicht zu dem bekanntlich von
E u 1 e r zuerst gegebenen Integrale der Differentialgleichung
y{i -X«) (I -Ä«^) yO -y^) {i-k'y*)
= 0
gelangen und daraus die Fundamentalformel für die elliptischen Funktionen
ableiten. Durch Multiplication mit dem Produkte der beiden Nenner , Di-
vision mit 1 — f^x^i^ und Integration erhält man zuerst
Das erste Integral giebt bei theil weiser Integration
j
A*a:V 1 — A*a:»y»
(H-A*)(H-A*x»y»)-2A:*(a:*+y') dy
{l — k^x'y')
hieraus erhält man durch gegenseitige Vertanschung von o: und ^ die ent-
sprechende Transformation des zweiten Integrales, und nachher durch
Addition
l—Z^a-'y' "'" l — A»ar»y»
r (t+^)(»+^A')-2^(^+y*)f <<y . dx )
Der vorausgesetzten Differentialgleichung zufolge verschwinden die unter
den Integralzeichen stehenden Ausdrücke und es bleibt daher
1 — k^a^t^
als gesuchte Integralgleichung übrig.
Zeitschrift f. Mathematik n. Physik. 1. ^^
r
i%^ kleinere Mittheilnngen.
erhalten, doch, von demselben eJnmRl ^»»geschiedeti, tiicht wieder
darin autlöRlieh.
Zu erwHhnen ist hierbei nocli der
h* Bchwarge Bchwefel, weblipr durcii Beimengung fremder BubsUn^
sfieu entstanden^ nicht grade ab allotropiscber Zustand, doch wegen
der oben genannten Eigenschaften aU eine besondere ModiJicatioD
des ächwefela betrachtet werden kann.
I
I
Lm. Üebar die TempdratnrgreiLzo, bei welcher Flüaaigkeiten die 6e-
fässe 211 benetzen auf hören hat Herr Wolf (Prof. rL Phytsik zn Metz) einige
Verbuche tnit Schwefclathcr angestellt {CompL rend. 1\ XX IL />. 9&H), Be-
kanntlich nimmt die Capillarelevation einer Flüssigkeit nnter sonst gleichen
Umständen mit der Temperatur ab, doch ist das betreffende Geaetf nicht
übet den gewöhnlichen Siedepunkt hinaufj beobachtet oder festgestellt wor-
den. Es ist natürlich von Interesse zw wissen , in wieweit und wie sieh
dieses Gesetss über diese Grenze hinaus gestaltet und oh es eine Grenzteta*
peratar giehti bei welcher die Cöpillarelevation =0 wird und über weiche
hinaus dieselbe etwa in eine Depression übergeht.
Unter Voraussetzung der Uichtigkelt des von Herrn Brnnner and
anderen Physikern aufgestellten Gesetzes Über die Abnahme der Capillar
höhe auch jenseits der Grenzen der Versnche würde das Wasser bei bl^^*
und Schwefcläther bei l9l"C. aurtiTiren das Glas zw benetzen und in einer
Capülarröhro zu steigen. Da die Versuche mit Wasser sonach sich imrbu-
llch erwiesen, so wurde der Versuch mit Aether in folgender Weise vorge-
nommen.
In eine starke Glasröhre von etwa 1 Centim. Durchmesser wurde etwas
Schwefeläther und ein Haarröhrchen gebracht, die Röhre vor der Lampe
geschlossen, nachdem vorher alle Luft aus derselben ausgetrieben war.
Hierauf wurde die Röhre in eine umgekehrte Glocke voll Leinöl gestellt
und daneben eine zweite , offene , mit Oel gefüllte Röhre , in welches ein
Thermometer eingesenkt war.
Sowie nun die Temperatur erhöht wurde, sank die Flüssigkeitssänle
in dem Haarröhrchen und war bei 190 — 191° C. ganz verschwunden; %^'
gleich verflachte sich in der weiten Röhre die anfänglich concave Ober-
fläche des Aethers und wurde bei der zuletzt angegebenen Temperatur g*'^*
eben. Bei weiterer Temperaturerhöhung ist ein capillarer Meniskus unW^"
halb der Flüssigkeit im äussern Rohre zu bemerken; bei 198® scheint s\^
die nun stark convexe Oberfläche des Aethers mit einer dicken Wolke *^
bedecken und zeigt unbestimmte Umrisse. Bei 200® C. endlich ist, wie »^^
Caguiard Latour bemerkt hat, die Flüssigkeit ganz in Dampf ver\v *^"
delt. Sinkt die Temperatur, so kommen die vorhergehenden Erscheinuimß^^
in umgekehrter Reihenfolge wieder.
LIV. Anwendung eines neuen Hahnsystems auf verdännende
verdichtende Luftpumpen; von Herrn J. Silbermann {Compt, rend. Tom.X^-^
p, 1051). Die mit diesem neuen Hahn versehenen Luftpumpen gesta^^i^
mehrfache Combinationen, welche Physikern und Chemikern bei ihren ^^,'
tersuchungen , sowie bei Anstellung von Versuchen in öffentlichen Vo^^
sungen höchst wünscbenswertb erscheinen. Mit Hülfe dieser Vorricht^L:*^
Kleinere Mittheilungen*
383
^ann das Vacunm beliebig auf ylei Tellern und gleichzeitig in einem oder
piwei Kecipienten durch einfaches oder doppeltes Äuspuiiipen bewirkt wer-
ien und dasselbe gilt auch fiir die Compression. Fertiei lassen »ich damit
Basarten aus niuem oder zwei HecipieDten in einen oder zwei andere über-
flillert und durch Verbindung von je zweien der Eeeipieuten einer oder zwei
pasströme herstellen, was zu verschiedenen physikalischen wie chemischen
pntersucbUQgen der Gase von besonderra Vortheil sein kann-
Eiue otnätieflige mit diesem Hahne veräeheue Maschine hat wesent-
Hch folgende Einrichtung, Iü einem senkrechten Cyünder beweg-t sich ein
■ns Lederscheiben Äitüammengesets&ter undurchbohrter Kolben* Auf dem
B^den de^ Cylinders hetiaden sich ^wel konische Ventile , von denen daa
biae für die Verdünnung, das andere für die Verdichtung bestimmt ist. Je-
ies dieser Ventile arbeitet in einer kleinen Büchse, die an eine senkrechte
t>urclibohrung dorEiasatKröhre eines darunter angebrachten grossen llahneö
Rngeschraubt ist. Die horizontale Axe dieses Hahnes lüt parallel der Ver-
bindungslinie der Mittelpunkte beider Ventile und liegt in der Ebene der
|ieiden Durchbohrungen ^er Emäatzröbre. Der Hahn selbst hat folgende
drei verschiedene Durchbohrungen*
> I. Ist derselbe zweimal diametral durchbohrt, wodurch die beiden
penkrechten Kanäle der Ventile fortgesetzt werden bis anr tiefsten Gegend
der Einsntzrohrei von wo nn sie horizontal und divergent nach Aussen ge-
fiiührt sind und mit zwei Recipienten und dergh m Verbindung gesetzt wer-
iden können«
3. Nächst diesen beiden parallelen Kanälen bat der Hahn zwei gegen
4ie Aste schiefe Durchbohrungen j die sich X formig kreuzen, ohne aber
frafeioander zu treÖen, indem sie in der Mitte in entgegengesetzter Ricli-
ng gekrümmt sind und sieh so gegenseitig ausweiclien* Diese schief en
anale liegen in einer durch die Axe des Hahnes gehenden Ebene, die 30*^
egen die Ebene der beiden ersten Kanäle geneigt ist.
3. In einer ebenfalls durch die Axe des Hahns gelegten gegen die vor-
ergenannten aber wieder nm 30" gewendeten Ebene liegen awei der
Babnajie parallele Kanäle uud deren Üeffnungen, welche im Ganzen die
Gef^talt zweier von einander abgewendeter Parenthesen {^) haben. Die-
ielbeo setzen den Stiefel und die Kecipienten ausser Verbindung, stellen
idagegen eine solche oben zwischen den beiden Ventilen einerseits uud un*
len andererseits zwischen dem Sang- und Druckkanal her. Ausserdem sind
die der Axe parallelen Kanäle nach der dem Handgriff gegenüberliegenden
beite verlängert und durch einen kleinen konischen angesehraubten Btopsel
^^^fepßhlossen> Vermittelst dieser Kanäle kann das Gleichgewicht des
HHbkes zwischen ^wei Kecipienten hergestellt werden, oder, wenn der
genannte Stöpsel gezogen wird^ zwischen einem Kecipienten und der
Husaern Luft,
Um die richtige Drehung des Hahnes ssu sichern, ist der Handgriff
desselben in der Gestalt eines sechseckigen Sterns ausgeführt, dessen drei
t>iame(er den drei Ebenen entsprechen, in welchen jedesmal ein Paar dieser
Kanäle liegt* In'je zwei gegenüberstehenden Ecken des Sterns ist eins der
Kelchen II , X , ^ angebracht und somit die Stellung des Hahns fiir jede ^
Art von Verbind ungsr obren bezeichnet Bei den zwiseheuliegendeu Stel-
uögen des Hahns ist von demselben jede Communicatiou unterbrochen.
Bei der z weis tief Hg en Maschine ist jeder Stiefel mit einem Saug-
nd einem Druckventil verschen* Alle vier Ventile befinden sich in der-
Kleinere Mittiidluni'en.
'Ü?^
selben vortikalen Ebeue, Die beiden einunder am nÄchsten stehenden Yen*
tile von zw^ i Stiefeln sind von ihrem untern Endo durch ßiumi hnü-
zontalen, in 'ömdnschaft liehen Basii beider Stiefel ausgeboUrteu Kanal
verbtmdet ao sind die Leiden einander entfernteren Ventik dnrcb
einon hoi len Xanal verbunden. An den Yerbindnngspnnkten der bei-
den horij on Kanäle mit jedem der vier vertikalen befindet sich ein
Habu mit arei die Gestalt eines T bildenden Diirclibohniugen* Jedes der
vier Ventile kann daber vermittelst des bori^fioutalen KanaU des Habnes
nnd eines daranatoB senden Ansatzes mit einem Becipienten veihuadeu
werden.
Ausserdem let jeder Stiefel mit einem Manometer und einem abgeküns-
ten Barometer (Eprouvette) versehen, welche seitwärts nahe an tl^n Stio-
feln angebracht sind nnd mit dem Innern derselben diireb einen kleinen bt*-
»-^^outalen Kanal in Verbindung stehen* F' sser horizontale Kanal tnftt <!flii
■*ikalen jedes Ventils zwischen diesem d dem Hahn. Dadnrt^h sind dk
mmeter und Barometer von den Verel iungen des Hohnes nnabbäogip.
lieh ißt jede der llc^hreu für die Ma meter und Barometer über der
lu Üeßnung eines kleinen Hahnes r gebracht ^ der mit den tratuver-
„ Kanälen von T- Gestalt in Yerbi mg steht. Die BUchse diesem
xnee bat gegenüber ä&m Stiefel ein ;h , das man ö^net, wenu idaii
ivü das Manometer tragenden Hahn um ^m^ dreht. Man arbeitet ia dm^i
SVeise, weun man die Verdünnung oder V<trdichtung zugleich in zwei Be-
cipienten herstellen wilK
LV. B&a Fankdln der EixBteme hat bekanntlich Aragq durch Inter^
ferenzen erklärt, weiche durch das fortwährende Dazwischentreten nn-
gleich dichter Luftwell eu in die liichtiiug des vom Sterne ausgehenden
Jjichts hervorgerufen werden. Eine etwas davon abweichende Ansiclit bat
Herr Muntiükv autgeelnllt, iiber welche in dem Bullet de fAcad. des Scif^^
ces elc. de Belgique Tmn. XX IL pt IL p, 347 berichtet wird. HerrMontigny
stützt seine Ansicht zunächst darauf, dass, wenn ein Stern nicht sehr bocb
tlber dem Horizonte steht , die von ihm ausgehenden Strahlen nicht allein
in der Atmosphäre gebrochen, sondern auch dispergirt werden , ao dasa tla&
Bild desselben ans einem kleinen Spectrura besteht, welches nur eine «^
geriuge Ausbreitung hat, um vom Auge als solches wahrgcnorameu aawß^"
den, das aber deutlicher hervortritt, wenn man sich eines hinreichend st*''
ken Fernrohres bedient. Berücksichtigt man zunächst die den ätisserst^^
Farben dieses Spectrums entsprechenden Lichtbündel, deren Durcbme^®®'
dem der Pupille oder des Fernrohrs gleich ist, jenachdem man ohne o^®*
mit Fernrohr beobachtet, so bilden diese beim Eintritt in das Auge o^J^
Fernrohr unter sich einen kleinen Winkel , weshalb sie in der Atmospl^ ^^®
und zuvor im Leeren zwei getrennnte Bahnen durchlaufen haben müs^ *^'
die, vor dem Eintritt in die Atmosphäre gradlinig und einander parallel, n^J^
dem Eintritt convergent und in der Oeffiiung des Auges oder des Femror ^^
sich durchkreuzend anzunehmen sind. Die Bahnen der zu den übri^^^
Farben des Spectrums gehörigen Lichtbündel liegen zwischen den heic^T.
änssersten und es bilden sonach die Lichtbündel aller Farben einen Li<^ ^ \
streifen, dessen Breite, gemessen in der Vertikalebene und senkrecht ^^.
der Richtung des mittleren Bündels, von der Grenze der Atmosphäre an ^^
zum Auge fortwährend abnimmt.
Kleinere Mittheilangen. 377
also
setzt, so verwandelt sich die vorige Gleichung in
0 0^ '
d. i. wenn man für 6* seinen Werth setzt und die Reihenfolge der Integra-
tionen umkehrt,
J V[(l — «*M»)co«*^ + (l — /5«w«)m«^]«
Unter Anwendung der bekannten Formeln
0
sin^^dd' ij»
m cos^ ^ + n sin^ d)*
t/ (m cojr V T » »17« v; i, ^ mn
erhalten wir nun fttr S das einfache Integral
^«•)
Bezeichnen wir die drei Coordinaten des Schwerpunktes von S mit a,
b , c , so haben wir ferner
Sa
•JJ'yä.äy j/l
a
Sb=/ / yVfxdtf 2/ ^ lf~~^
a*'
Durch Anwendung der Substitutionen a; = a|, y = df^und d^t ^^<5.W
:i86 Kleinere Mittlieilungen,
des- Auaserdcm leitet er anch d»e zeitweiJi^e und momentaoe Versctwm*
den von Bildern im Felde des Fernrobra, Trenn die Objeete davon nahe am
Horizonte liegten ^ ans dem Einänsee von Luftw eilen und den dadnrcti Ler-
vorgerufenen totalen KeÜextonf^n ab,
Herr Montigny pro fit seine Theorie dnrch Vergleich der daraus zu
ziebenden Folgerungen mit bekannten Th&tgaehen und erinnert dabei ftti
Folgendes :
i. Die dem brecbbaraten Theilo de« Bpectrnms eugnhörigen Lick-
bfiudel nehmen in dem oben erwähnten I^ichtstreifen einen grossern Ranni
ein^ als die tibrigen Farbestrab len und daher ist anch grössere Wahrscbcm-
lichkoit dafür vorhanden , dass die bredibareren Strahlen hauBger als die
übrigen total reflectirt werden. Zudem sind für die brechbareren StraliW
die Grenaen der Einfalläwinkol, unter welchen eine Totalreflexion erfolgen
kann, weniger enge. Aus jedem der beiden Umstünde folgt, dass die vio-
lette und blaue Farbe öfter als die übrigen versehwinden müssen, was mli
den Beobachtungen tibereinstimmt«
2) Wenn man die Ocularrtihre des Penirohrs weiter heransEiehtT so
dasä das Bild des funkelnden Sterns in eine Scheibe übergeht, so tritt jede
Farbe nicht sofort in der ganzen Flache der Scbeibf^ auf, sondern an ver-
schiedenen Stellen dnr&elhen in unterschiedenen Zeitpausen, Diesem Vet«
halten erklärt Herr Montignj daraus, daas, wenn blos ein Theil tm
einem der Farbenbündel durch eine Luftwelle reflectirt wird , diR rertpctir»
ten Strahlen auch nur einen Theil der Scheibe In der su ihnen complemen-
tären Farbe erscheinen lassen,
3. Diejenigen Strahlen, welche nicht total reflectirt werden, erleiden
beim Durchgang durch die I>nftwellen eine Refractieu, in Fol^i^ i^^reti .«le
um weniges abgelenkt werden , und hieraas erklärt sich die mehrfach be-
stätigte Erscheinung, dass die funkelnden Sterne auch kleinen Schwankun-
gen unterworfen zu sein scheinen. Nur»wenn die beiden Oberflächen der
brechenden Luftwellen nahezu parallel sind, werden die Lichtstrahlen nm
eine zu unmerkliche Winkelgrösse abgelenkt werden, als dass die Wirkung
davon durch ein scheinbares Schwanken des Sternes bemerkbar werden
kann. Es ist also das Funkeln der Sterne nicht noth wendig mit Einern
Schwanken derselben begleitet, wie ebenfalls die Erfahrung bestätigt
4. Da der oben erwähnte Lichtstreifen, welchen sämmtliche Farben-
strahlen bilden , um so ausgedehnter sein muss, je schiefer das Licht in die
Atmosphäre eintritt und die Wahrscheinlichkeit der Reflexion mehrerer
Farbestrahlen in den dazwischen tretenden Luftwellen um so grösser wird,
je breiter der Streifen ist, so folgt, dass tiefer stehende oder dem Hori«ont
nähere Sterne um so mehr funkeln müssen, was ebenfalls mit der Erfahrung
übereinstimmt.
5. Dass die Planeten, mit Ausnahme von Venus und Merkur, wenig
oder gar nicht funkeln, davon sucht Herr Montigny übereinstimmend ^^^
Arago den Grund in dem scheinbaren Durchmesser dieser Gestirne, ^^'
dem das Funkeln der Lichtportionen , welche von irgend einer Gegend ^^^
Planetenscheibe herkommen, nicht mit den Lichterscheinungen, die "^^^
vielen andern Theilen der Scheibe herrühren, gleichzeitig übereinstimi^®^
kann, da die entsprechenden Strahlen einen grössern Raum neben einaa^^^
einnehmen und so durch zu sehr von einander getrennte Lufttheilchen J*^^'
durchgehen.
6. Andererseits können sehr kleine Sterne, wie von 7. Grösse, wel^
I
Kleinere Mittheilungen. 381
nen Zuständen , oder diese beiden Modificationen können wenigstens aus
diesem hergestellt werden. Wird nämlich ein Theil des Schwefelkohlen-
stoffs von der Lösung abgedampft und dann die Lösung abgekühlt, so kry-
stallisirt octaedrischer Schwefel heraus, wird dann die Flüssigkeit von die-
sem abgegossen, derselben Schwefelkohlenstoff von neuem, ebenso wie
vorhin, entzogen und oktaedrischer Schwefel ausgeschieden, so bleibt nach
Wiederholung dieser Operation am Ende eine zähe, in Fäden ausziehbare
Masse übrig, welche ebenfalls noch Schwefel enthält und der sich als eine
kr um liehe Substanz abscheidet, wenn man den Schwefelkohlenstoff lang-
sam abdunsten lässt. Obgleich dieser krümliche Schwefel eine grössere
Löslichkeit in Schwefelkohlenstoff als der oktaedrische Schwefel hatte, weil
er sieb aus der Flüssigkeit zuletzt abgeschieden hat, so ist er doch von nun
an, d.h. nach seiner einmaligen Trennung vom Schwefelkohlenstoff in dem-
selben unlöslich, auch wenn kochender Schwefelkohlenstoff dazu ver-
wendet wird. Dieser krümliche Schwefel ist rein gelb, wenn der weiche
Schwefel nur einmal bis 300" erhitzt und vor jeder geringsten Beimengung
von Fett bewahrt worden war, dagegen mehr oder weniger roth gefärbt,
wenn der weiche Schwefel mehrmals erhitzt und ausgegossen worden war.
Da der krümliche Schwefel vorher im Schwefelkohlenstoff löslich, nach
seiner Trennung von demselben aber darin unlöslich ist, so ist er sowohl
von dem völlig löslichen, wie von dem unlöslichen zu unterscheiden und
wird demgemäss von Herrn Magnus als eine besondere allotropische Mo-
dification angesehen.
Die Gegenwart dieser Modification scheint auch das besondere Verhal-
ten des schnell abgekühlten weichen Schwefels zu bedingen. Der weiche
Schwefel wird bekanntlich nach einigen Tagen vollständig hart und brüchig.
Eine Untersuchung des weichen und wieder erhärteten Schwefels auf den
Gehalt an krümlichen Schwefel hat nun ein auffallendes Verschwinden der
letzteren Modification in dem erhärteten Schwefel dargethan. Während
nämlich weicher Schwefel unmittelbar nach dem Erkalten mit Schwefel-
kohlenstoff ausgezogen 4 — 5 Procent krümlichen Schwefel lieferte, gab der-
selbe, nach 4—5 Tagen vollständig erhärtete Schwefel nur 0,6 bis l Pro-
cent krümlichen Schwefel. Ob letzterer beim Erhärten in die unlösliche
oder lösliche Modification übergegangen war, hat bis dahin nicht entschie-
den werden können. Die Anwesenheit einer grösseren Quantität der krüm-
lichen Modification in dem weichen Schwefel scheint aber dessen Biegsam-
keit und Elasticität zu bedingen. Etwas Aehnliches findet auch beim soge-
nannten schwarzen Schwefel statt , der durch eine ganz geringe Beimischung
einer anderen Substanz (nur etwa 0,0003 seines Gewichts Paraffin ist schon
hinreichend) erhalten, nach Erhitzen bis auf 300® und plötzlichem Abkühlen
durch Ausgiessen in kaltes Wasser weich und schmierig wird und dieses
Verhalten einige Zeit festhält. So wie diese Eigenschaft des schwarzen
Schwefels von der Zugabe schon einer so geringen Quantität einer anderen
Substanz herrührt, ebenso kann die Biegsamkeit und Elasticität des gelben
weichen Schwefels von der Anwesenheit des krümlichen Schwefels abzu-
leiten sein. Man hat demnach folgende allotropischen Zustände des
Schwefels :
l' nw ™V'**''l" ^a^^^^f^ I beide in Schwefelkohlenstoff löslich;
2. Oktaedrischer Schwefel )
3. Unlöslicher Schwefel;
4. Krümlicher Schwefel, aus seiner Lösung in 8^Un?^^^\Vj5\!X^\n&\ä?&.
Kleinere Mittheilungeii.
cvrhulteu, docli, vou demselben eiDiual aii»^eächiedea, uieht wisd^r
darin aüflöslicb.
Zu erwähnen ist hierbei noch der
5. Schwarze Schwefel, welcher durch BeimeDgung fremder Substiin-
aea eutsitanden, nicht gradß als allütropischer Zui^tand^ docli wegen
der oben g^enannten Kigenachaften ab eine besondere Moditication
des ßchwefek betrachtet werden kann.
Lin, ITeber die Tamperaturgranzd, bei wölcher Fltflsigkeltea dia Ge«
fäiae zu benetzen aufhören hat Herr Wolf (Prof. d. Physik zu Metz ) einige
Verstiche mit Stiiwefeläther angestellt (Vompt^ rend, T. XX IL p. 968). Be-
kanutlicb nimmt die Capillareleyation einer Flüaaigkeit unter sonst gleichen
Umständen mit der Temperatur ab, doch ist das betrcfiende Geaetz nicht
über den gewöhniicheu Siedepunkt hinaus beobachtet oder festgestellt wor-
den. Es ist natürlich von Interesse zu wissen ^ in wiew^eit und wie stich
dicsea Gesetz über diese Grenze hinaus gestaltet und ob es eine Grenztem-
poratur gißbt, bei welcher die Captllarelevation =0 wird und über welche
liinaus dteselhe etwa in eine Depression übergebt.
Unter Voraussetzung- der Richtig^keit des von Herrn Brunne r und
anderen Physikern aufgestellten Gesetzes über die Ahnahmo der Capillar-
hohö auch jenseits der Grenzen der Versuche würde dae Wasser bei 536*C,
und Schwefeläther bei 191" C* aufhören das Glas zu benetzen und in einer
CapillftiTÖhre xn steigen. Da die Versuche mit Wasser sonach sich unthu-
lieh erwiesen T so wurde der Versuch mit Aether in folgender Weise vor;ge-
nommen.
In eine starke Glasröhre von etwa 1 Centim. Durchmesser wurde etwas
Schwefeläther und ein Haarröhrchen gebracht, die Röhre vor der Lampe
geschlossen, nachdem vorher alle Luft aus derselben ausgetrieben war.
Hierauf wurde die Röhre in eine umgekehrte Glocke voll Leinöl gestellt
und daneben eine zweite, offene, mit Oel gefüllte Röhre , in welches ein
Thermometer eingesenkt war.
Sowie nun die Temperatur erhöht wurde, sank die Flüssigkeitssäule
in dem Haarröhrchen und war bei 190 — 191® C. ganz verschwunden; zu-
gleich verflachte sich in der weiten Röhre die anfänglich concave Ober- '
fläche des Aethers und wurde bei der zuletzt angegebenen Temperatur gan«
eben. Bei weiterer Temperaturerhöhung ist ein capillarer Meniskus unter-
halb der Flüssigkeit im äussern Rohre zu bemerken; bei 198® scheint sich
die nun stark convexe Oberfläche des Aethers mit einer dicken Wolke zu
bedecken und zeigt unbestimmte Umrisse. Bei 200® C. endlich ist, wie auch
Cagniard Latour bemerkt hat, die Flüssigkeit ganz in Dampf verwan-
delt. Sinkt die Temperatur, so kommen die vorhergehenden Erscheinungen
in umgekehrter Reihenfolge wieder.
LIV. Anwendung eines nenen Hahnsystems auf verdännende und
verdichtende Lnftpnmpen; von Herrn J. Silbermann {CompU rend. Tom. XXII
p. 1051). Die mit diesem neuen Hahn versehenen Luftpumpen gestatten
mehrfache Combinationen, welche Physikern und Chemikern bei ihren Un-
tersuchungen , sowie bei Anstellung von Versuchen in öffentlichen Vorle-
sungen höchst wünschenswerth erscheinen. Mit Hülfe dieser Vorrichtung
Literaturzeitung
der
itschrift für Mathematik und Physik
herausgegeben
Dr. 0. ScUömilch und Dr. B. WitzscheL
ffrster Jahrgang.
LEIPZIG,
Verlag von B. G. Teubner.
1856.
Kleinere Mittheilungen. 385
Wenn nun ein Fernrohr von 10 Centimeter Oeffnung auf einen 10® über
dem Horizont stehenden Stern gerichtet wird , so sind nach Herrn M o n -
tigny's Demonstration die von diesem Sterne ausgegangenen, den ver-
schiedenen Farben entsprechenden Lichtbtindel in 1000 Meter Abstand vor
dem Fernrohr noch hinreichend und so weit von einander getrennt , dass
eine Luftwelle durch die Bahn eines dieser Bündel allein hindurchgehen
und auf dasselbe einwirken kann, ohne dass doch die anderen Lichtbündel
gleichzeitig davon afficirt würden, so dass also ein Lichtphftnomen möglich
wird , welches nur durch Beeinflussung der Strahlen dieses einzigen Far-
benbündels seine Entstehung erhält. Dies vorausgesetzt, kann nun eine
Luftwelle die Bahn eines Bündels oft so treffen, dass dasselbe entweder an
der Hinter - oder Yorderfläche der Welle , jenachdem diese dichter als die
umgebende Luft ist oder nicht, total reflectirt wird und somit in daa Auge
oder Fernrohr nicht eintrifft. Das Fehlen dieses Farbenbündels hat aber
zur Folge , dass alle übrigen Farbestrahlen , welche das Auge treffen , sich
zur complementären Farbe vereinigen. Dies wird auch beim Gebrauche
eines Fernrohrs noch stattfinden, wenn dieses nicht hinreichend stark ist,
das Bild des Sternes als ein kleines Spectrum darzustellen. Sonach müssen
die totalen Reflexionen der verschiedenen Farbebündel, sowie sie in kurzer
Zeit in grosser Anzahl vor sich gehen, die Farbe des Sternes fast continuir-
lich verändern.
Tritt dagegen eine Luftwelle , wenn sie eine totale Reflexion bewirkt,
in grösserer Nähe am Auge durch die Bahn des Lichtstreifens , wo sich die
Farbenbündel schon viel mehr genähert haben , so bewirkt sie das momen-
tane Verschwinden aller oder fast aller Lichtbündel , d. h. der Stern ver-
schwindet für einen Augenblick oder erführt eine dem fast gleich zu ach-
tende Schwächung seines Glanzes ohne wahrnehmbare Farbenänderung.
Die Beobachtungen und Versuche, auf die Herr Montigny seine
Theorie stützt, sind wesentlich folgende. Er brachte vor dem Objectiv eines
Femrohrs ein Prisma an, welches das Bild eines Sternes in ein Farben-
spectrum verwandelt. In diesem Spectrum beobachtete er nun beständige
Veränderungen, insbesondere rasche Verlängerungen und Verkürzungen
beider Enden, am häufigsten und stärksten aber des violetten Endes. Das
Spectrum zog sich dabei oft bis auf die Hälfte seiner Länge zurück, indem
das Violett und auch das Blau gänzlich verschwand. An dem andern Ende
des Spectrums verkürzte sich das Roth einigermaassen , oder das Gelb griff
in das Roth über, doch waren diese Verkürzungen schon verhältnissmässig
seltener und geringer. Ausserdem erhielt das ganze Spectrum plötzlich
transversale Schwankungen und bisweilen durchfuhr eine Lichtlinie wie
ein Blitz das ganze stark bewegte Spectrum.
Die Möglichkeit von Reflexionen an den Grenzflächen von Luftwellen,
die schon durch die Erscheinung der Luftspiegelung dargethan wird, hat
Herr Montigny noch durch einen besondem Versuch nachzuweisen unter-
nommen. Zu dem Ende leitete er künstlich erzeugte beisse Luftströme
durch das Linere des von einem Sonnenmikroskop ausgehenden Lichtkegels
und beobachtete dann, dass die äussern Ränder eines solchen Stroms auf
dem entgegengehaltenen Schirme durch erhöhten Glanz bemerkbar und ge-
gen die andern, mehr nach Innen liegenden Theile hervorstechend wurden.
Dieser stärkere Glanz, meint Herr Montigny, könne nur von den Strah-
len herrühren , welche den Strom sehr nahe an denselben Rändern durch-
dringen und durch zwei successive Brechungen nach Aobe^xv^^^V^is^^^x-
I D U a 1 1.
MadbYi Mariiidteutnaüt, Die pti^sUcbe GeograiibJe dea Mi>ere&i uh«ri»etat ^ön
Prof. T)t. BrjTTGKtt g
QütHTUB IciLJUB, Dr* G, V,, Experimentalphysik ....,-♦..♦, 10
FfCuiCEE, Prof, Dr., Die pfavAikaÜAchc und philoRopliiflche Atomeiilelire ... 18
EifOKL lind ScaiäLtDArH, Prof., D&ra teil ende Optik ,....-..* . 33
%tiits , Prof.f Die NatitFwiflfft^nAebuflcii in ihron B^i^iehungen an den niatencL
leö und g-daiigen Interessen der Menschheit .,,...,.. 4^
Wkbkm.^ Bootsmeiflter , Di© Entstehung^ dos GrundeUcs *...**», 49
Kopi'E, Prof., Anfangsgründe der Physik ,**-,...,,.♦.. 60
L^xNafiirrn, Dr., Bemerkungen Eur Methode de» physikaliacheo Unteirichts
(ProgTÄuim) ..,,»,,.., .-..,, 53
Fllebkeb, Dr«E.p Aufgaben aus der I^hjsik 113
«
BIBLIOGRAPHIE. . - . , Seite 22, 30, 54 , 73, 100, 110.
Kleinere MittheilunMn. 387
't»
einen zu schwachen Glanz haben, auf der Netzhaut keinen deutlichen Ein-
druck von Farbenänderung hervorbringen , wenn ein Theil der von ihnen
ausgegangenen Farbestrahlen durch totale Reflexion abgelenkt, die Ge-
sammtheit des Lichtes somit zu sehr vermindert wird. Man beobachtet da*
her an so kleinen Sternen keine Farben&nderung.
7. Dass man die funkelnden Sterne nicht wie beim Phänomen der
Kimmung doppelt erblickt, hat einen einfachen Grund. Die Luftwellen,
welche das Funkeln des Sternes hervorbringen, haben nämlich nicht die
regelmässige und übereinstimmende Gestalt, dass die von ihnen reflectirten
Lichtstrahlen sich zu einem geordneten zweiten Bilde des Sternes wieder
vereinigen können, wenigstens wäre dieses nur bei einem seltsamen Znsam-
menwirken dieser Wellen und wohl auch nur auf ganz kurze Zeit möglich.
Grade beim Phänomen der Kimmung dagegen müssen allen Beobachtungen
zufolge die verschieden brechbaren Luftschichten eine gewisse Beständig-
keit und Regelmässigkeit besitzen, damit ein zweites Bild zu Stande kommt.
Würde allerdings unter besonderen günstigen Umständen von einem
funkelnden Sterne ein zweites, wenn auch noch so verzerrtes Bild oder ir-
gend ein Schein davon unzweideutig wahrgenommen, so dürfte eine
solche Beobachtung die aufgestellte Theorie nicht unwesentlich unterstützen.
LTI. Erieugnng elektrlBcher (Lichtenberg'scher) Staubfig^en in
grösster Vollkommenheit und in verschiedenen Farben. Von
Prof. BÖTTOER (Jahresbericht d. phjsik. Vereins zu Frankfurt a/M. 1854 bis
1865). Man verschafft sich runde, aus gewöhnlichem Weissblech gefertigte,
mit einem 2 Linien hohen Rande versehene, circa 4 — 5 Zoll Durehmesser
haltende Schälchen , in welche man nach einer schwachen Erwärmung der-
selben feinen Siegellack , den man in einer Porzellanschale durch eine ge-
wöhnliche Weingeistlampe in dünnen Fluss gebracht hat, derart eingiesst,
dass die Höhe der Harzschicht dem 2 Linien hohen Rande des Schälchens
völlig gleich kommt. Einen besonders hübschen Effect geben aus rothem^
weissem und schwa^em Siegellack gegossene Harzkuchen. Sind diese
dünnen Harzkuchen in der Weissblechform erkaltet, so hält man, um ihnen
eine völlig blasenfreie Oberfläche zu geben, in geringer Entfernung ein
heissgem achtes Bügeleisen horizontal darüber.
Unter den durch schwache Reibung oder Beutelung leicht elektrisch
zu erregenden Stoffen habe ioh folgende, beim Ausstäuben stark entgegen-
gesetzt elektrisch werdende Pulver ab vorzüglich geeignet gefunden , und
zwar zum Bestäuben :
1. eines aus weissem Siegellack bestehenden Har^kuchens :
a) ein Gemisch aus Zinnober und Ultramarin , oder
b) aus Schweinfurter Grün und Mennige,
c) aus Mennige und schwarzem Schwefelantimon,
d) aus Ultramarin und Schwefel.
2. Für einen aus rothem Siegellack bestehenden Harzkuchen:
a) Ultramarin und Schwefel,
b) Schweinfurter Grün und Mennige,
c) Zinnober und Ultramarin,
d) Mennige und Schwefel.
3. Für einen Harzkuchen von schwarzem Siegellack:
a) Ultramarin und Schwefel,
b) Zinnober und Ultramarin,
c) Mennige und Schwefek
Eeferent gegen des Abdruck vieler Uebungs aufgaben etc.^ sobald dasLelsr-
buch von den Scinllern angeschaiTt werden ninss; eia kleiner derartiger
Anhang wird bald durch genommen uutl kann in den näcbst^n 2—3 Jahren
nicht wieder benutzt werden, weil sonst die Schüler sich in den hintcrlas-
^enen Heften ihrer Vorgänger wohlfeilen llath holen würden, ein grosser
Anhang dagegen yerthcuert das Buch uicUt wenig. Anders liegen die Sachen
bei Conipendien für den höhern Unterricht. Wer mh der Differentiahecli*
nung ete, intimere Bekanntaehafl anknüpft, thut dies entweder ans hesoa-
derer Neigung, oder weil er «ie braucht (wie z. B. der Ingeuienr); in bdden
Fällen ist es ihm angenehtni in dem Lehrbuehe Aufschhiäs über diesen od«:
jenen Punkt zu finden, der Kwar nicht gerade im Unterrichte berührt wurde,
der aber bei irgend einer Gelegenheit (z, B. in einer neuen mechanischen
Theorie n. dergL) plötzlich zur Sprache kommt. Hier wird das Compendium
zum Hand- nnd Nachscb lagebuche für den weiter ScUreiteuden, ÜifiÄCB
Ansichten gemä^iä möchte Eeferent das KullerVsche Werk als Schulbuch
nicht in Gebraueh nehmen, so bereit er auch son^t ist, die Vorscüge desfel^
ben anzuerkennen.
Was nnn die neue umgearbeitete Auflage des Werkes im Vergleicli
zur ersten 1840 erschienenen Ansg&be betritt, so hat sich die Logik des
Verfassers um ein Bedeutendes ansclianlleber gestaltet. Den Anfang macht
— die Gombinationslehre. Dies mag auf den ersten Blick etwas wunderlicb
aussehen , näher betrachtet hat aber diese Anordnung mancherlei für sicli-
Wenn irgend wie viel Diuge gegeben sind, so ist die verschiedene Neben*
einanderstellung derselben oflenhar das erste mögliche Geschäft , wobei die
Unter sehe idnng des Gleichartigen und Ungleichartigen noch gar nicht ein-
mal in Frage kommt. Diese Operation besitzt einen so hohen Grad tod
Anschaulicbkeit, daJüs sie unbedenklich auch im Unterrichte voraus genom-
men werden darf, und wenn man dabei die zu combinirenden Elemente
durch Buchstaben bezeichnet, so gewöhnt man die Schüler fast unvermerkt
an die zu Buchstabenoperationen erforderliche Abstraction. Fernere Vor-
theile der Combinationslehre sind , einmal dass sie nur die Kenntniss der
natürlichen ganzen Zahlen voraussetzt, zweitens dass sie dem Lernenden
Fertigkeit im Aufsuchen der möglichen Fälle verschafft und ihn hierdurch
in den Stand setzt , auch bei späteren Disciplinen , wie z. B. in der ebenen
und körperlichen Geometrie, einen rascheren Ueberblick zu gewinnen.
Selbstverständlich können bei dem vom Verfasser eingeschlagenen Gedan-
kengange keine Formeln für die Anzahl der Permutationen, Combin»^^**"
nen etc., sondern nur wörtliche Eegeln aufgestellt werden, dies ist ^^}
wenigstens nach Ansicht des Referenten, der das Denken höher al* ^^®
Formelmacherei stellt, kein so entsetzliches Unglück, im Gegentheil^ ^'
wächst daraus eine gute pädagogische Uebung; man kann nämlich sp^^"
hin, wenn der Buchstabe seine Bedeutung als willkührliche Zahl erh^^ .
hat, jene Eegeln in Formeln übertragen lassen und bei dieser Geleget:^^.^
den Schülern handgreiflich zeigen, dass jede Buchstabenformel nichts w^^^
als eine in kürzen Symbolen dargestellte Eegel ist.
Von der Juxtaposition beliebiger Dinge geht der Verfasser zur '
bindung gleichartiger Dinge, d. h. der Grössen über, bespricht d«
Waehsthum und Abnahme, und gewinnt damit den Uebergang zur Zf
welche hier als Coefficient der Einheit mithin vorerst nur als ganze
auftritt. Mit dieser werden die Grundoperationen in der bekannten ^
durchgenommen, dass die Subtraction als die, wegen a+b=zb + ay eiB
Literaturzeitung.
mögliche Umkehrang der Addition, und die Division als die, wegen ab = 6a,
einzige Umkelirang der Multiplication erscheint. Die Fälle , in denen der
Subtrahend den Minuenden tibersteigt, und wenn der Divisor keinen aliquo-
ten Theil des Dividenden ausmacht, geben Veranlassung zur Erweiterung
der Zahlenreihe nach der negativen Seite und zur Interpolation derselben
durch positive und negative Brüche. Auch die Irrationalzahlen finden hier,
noch vor der Wurzel ausziehung , ihre Berücksichtigung; der Verfasser ge-
langt dazu durch die Vergleichung und Ausmessung der Grössen (wie sie
auch in der Geometrie vorkommt) und giebt, um nicht bei der blos logischen
Möglichkeit des Irrationalen stehen zu bleiben, die Ausmessung der Diago-
nale eines Quadrates durch dessen Seite als Beispiel für die Realität dieser
neuen Zwischenzahlen. Grenzenbetrachtungen liefern nachher den Beweis,
dass die für rationale Zahlen erwiesenen Lehrsätze auch bei Irrationalzah-
len ihre Geltung behalten. Dieser Gedankengang, der dem von Dr. WiU-
Mtein befolgten ähnelt , ist heuristisch , streng und nach des Referenten An-
sicht, auch der einzig wissenschaftliche. Es mag freilich bequemer sein,
gleich mit allgemeinen Definitionen von grosser Kraft für alle Zahlen und
mit allgemeinen Regeln herauszurücken , aber dabei entsteht eine doppelte
Schwierigkeit; wissenschaftlich kann die allgemeine Fassung nur durch die
empirische Thatsache gerechtfertigt werden , dass die fortgeschrittene Wis-
senschaft eine solche Allgemeinheit nöthig gemacht habe, und pädagogischer-
seits ist es eine bekannte Erfahrung , dass mit der Allgemeinheit auch die
Schwierigkeit des Begreifens wächst — hat man doch hei schon gereifteren
Schülern mit der unendlich einfachen Erklärung der Function immer einige
Noth. Dagegen bietet der obenerwähnte Gedankengang den Vortheil, dass
dem Schüler selber die Nothwendigkeit einleuchtet , die Definitionen durch
Erweiterung der neuen Zahlen anzupassen und die Gültigkeit der alten
Sätze für die neuen Zahlen zu ermitteln , was ihn immer wieder auf die
Principien jeder Rechnungsstufe zurückführt und in diesen von Neuem
befestigt.
Nachdem der Verfasser durch das Vorige zu dem unendlich wichtigen
Satze gelangt ist, dass die Zahlenreihe als eine continuirliche betrachtet
werden kann, verlässt er auf kurze Zeit den aufsteigenden Gang von einer
Operation zur nächst höheren und schaltet die Lehre von den algebraischen
Oleichungen ersten Grades ein. Haarscharfe Systematiker werden dies
wahrscheinlich tadeln und meinen, man müsse erst die Reihe der möglichen
Operationen durchlaufen haben , ehe man sich um die Anwendungen der-
selben zur Ermittelung des Werthes unbekannter Zahlen (Auflösung der
▼ersebiedenen Gleichungen) kümmern dürfe ; dies lässt sich gewiss verthei-
digen, nicht minder gewiss dürfte aber sein, dass man beim Unterrichte wohl
tknt, nicht zu viel Theorie aufeinander zu häufen, sondern bei Zeiten seinen
Schülern zu zeigen, was sich mit dem Bisherigen ausrichten lässt. So z. B.
pflegt Referent nach der Entwickelung des ersten und zweiten Difierential-
{uotienten die geometrischen Anwendungen derselben (Tangenten, Norma-
len etc.) einzuschalten, wodurch gelegentlich auch die nöthige Fertigkeit
.ta Differenziren erworben wird , und dann erst die Lehre von den höheren
[>ifferentialquotienten vorzunehmen, obschon das wenig systematisch ist.
Nach Beendigung dieser Digression zur eigentlichen Theorie zurück-
kehrend, leitet der Verfasser die Potenz auf dieselbe Weise aus der Mul-
^plication ab , wie diese aus der Addition entsprungen war , erhält also zu-
i^ftchet nur Potenzen mit ganzen positiven Exponenten und beliebiger
r
Literatnrzeitung.
r^^sf^^w* ^V^-^'^^^iN^w^W^^^^^^^^.r^^H^^^H^^'^^'*^'^'*^Wi^*^V^vi'S^ w ■V^^^^i^a^i^^^rti^^^'>^^^h^^^^^^fc^*^^*^>^*'^^M^^^i^^^^*^hi^^^^^M^rt
Grundzahl ; auf die Bedeutung vou o* und «* läsgt eicli der VerfaHsex darcli
die Dmsion führen, bq dass hier ebenso wenig wie bei der Maltiplicatioo
eine Generaldefinition der Foteoz gegeben wird* Aus der Bemerkung, dass
a** im Allgemeinen von b* verschieden ist, erhelU die Möglichkeit von zwei
umgekehrten Operationeu {Wurzel und Logarithmus)» deren erste «»merselt«
die Potenzen mit gebrochenem Exponenten, andererseits die imagiuMreD
Zahlen kennen lehrt. Die Ausdehnung der Operationen des Potcnxlrens
und Logarithmireus auf irrationale Zahlen geschieht wiederum mitteUi
Grenzbelrachtungen, In einem Rückblicke auf die drei Hf^i^hnungsstafcii
mit ihren sieben Grundöperationen eteUt der Verfasser die erhaltenen Er
gebniase zusammen , erörtert die Art des Fortachnttes reu einer Operation
zur anderen (entweder Zusammensetzung einer wiederholten Operation
oder Umkehrung) zeigt ^ dass wegen {«*')''= ö^ eine weitere Zusanmien'
Setzung der Operationen nichts wesentlich Neues geben würde , nnd be*
spricht endlich den Zuwachs» welchen das Zahlengebiqt durch die inverscn
Operationen erhalten hat, bei welcher Gelegenheit auch der complexea
Zahlen kurz gedacht wird»
Naturgämäsa knüpft sich hieran die Theorie der nach einem bestimm-
ten Zahlensysteme gebildeten Zahlen, sowie die AusfEihruug der früheren
Operationen an dekadischen Zahlen, namentlich die Wnr^elauäziehung, die
Berechnung der Brigg'acben Logarithmen und die Aufsuchung der einem
gegebenen Logarithmus entsprechenden Zahl, Die letzteren zwei Aufgabpii
löst der Verfasser auf bekannte Weise mittelst der Werthö von Itf*'*, Jö*'°* ete.
Den Beschluss des eigentlichen Compendlums macht die Lehre von den
quadratischen Gleichungen mit einer und mit mehreren Unbekannten, Eto
circa 8 Bogen starker Anhaug enthalt eine bedeutende Menge vonUebun^-
aufgaben und Excursrn verschiedener Art, wie z. B. Rechnung mit tm voll-
ständigen Decimalzahlen , Anwendung der dekadischen Ergänzung bei der
Division , numerische Auflösung von beliebig vielen simultanen linearen
Gleichungen und dergl. mehr.
Zum Schlüsse hält sich Referent zu dem Urtheile berechtigt , dass das
vorliegende Werk in seiner neuen Gestalt an Uebersichtlichkeit der Dis-
position , sowie au Klarheit und Anschaulichkeit der Exposition um ein Be-
deutendes höher steht, als die erste Auflage, und dass es bei der ihm eige-
nen BegrifiFsschärfe und systematischen Vollständigkeit als eines der besten
Handbücher für Lehrer gelten muss. Schlömilch.
lehrbuch der Elementarmathematik von Dr. Theodor Wittstbin, Pro-
fessor und Lehrer an der Königl. Cadetten-Anstalt , der Königl-
Militäracademie und der städtischen Handelsschule zu Hannover.
I. Band, Arithmetik und Planimetrie. Hannover, Hahn^sche Hof-
buchhandluug 1857. 398 S. 8.
Dieses mathematische Lehrbuch enthält nach der Meinung des Ver-
fassers „genau nicht mehr und nicht weniger als in den Unterrichtsstunden
durchgenommen werden soll, legt aber diesen seinen Inhalt bis in die klein-
sten Einzelnheiten ausgearbeitet dem Schüler vor. Dasselbe hat zu seinem
nächsten Zwecke, dem mathematischen Unterrichte an der Königlichen
Cadetten-Anstalt (zu Hannover) zur Grundlage zu dienen." Es ist jeden-
falls ein dankenswerthes Bemühen , den Lehrstoff in der Elementarnaathe-
matik auf ein möglich Geringstes zusammenzuziehen, um einmal dem Scbü-
Literatorzeitong.
1er die üebersichtlichkoit über das Ganze nicht za rauben nnd dann anch
anf die Festlegung nnd Begründung der Elemente die nöthige Zeit und
Sorgfalt verwenden zu können. Dieser Gesichtspunkt darf jedesmal da um
so weniger ausser Acht gelassen werden, wo der Unterricht in der Mathe-
matik nicht lediglich als Mittel zu andern Zwecken dienen soll, sondern als
obersten und höchsten Zweck den hat, im Verein mit den anderen Discipli-
nen des Unterrichts eine allgemeinere Ausbildung des Verstandes zu vermit-
teln. Dass auch an einer Cadettenanstalt die Mathematik um des letztbe-
seichneten Grundes willen mit in die Zahl der Unterrichtsgegenstände auf-
genommen ist, darüber wird mit dem Verfasser wohl Jedermann einver-
standen sein. Allein an welcher Bildungsanstalt überhaupt soll die Mathematik
nicht den genannten Zweck erfüllen V Dem Beferenten erscheinen demnach
die hieraus abgeleiteten Ansichten über den Unterricht der Mathematik als
80 ganz allgemeine, selbstverständliche, mit der Natur des Gegenstandes so
innig verknüpfte, im Uebrigen auch allgemein anerkannte Grundsätze, dass
sich aus diesen eine besondere Darstellung des mathematischen Lehrstoffes,
die nach Form oder nach Inhalt eigenthümlich zu nennen wäre, nicht erge-
ben kann. Man kann mit dem vom Verfasser in 'der Vorrede aufgestellten
Satze , dass der mathematische Unterricht ein allgemein und formal-bilden-
der auch an einer Cadettenanstalt sein solle, ganz einverstanden sein, ohne
den Weg, welchen als diesem Zwecke ganz entsprechend der Verfasser be-
zeichnet, als den alleinigen und unfehlbar zum Ziele führenden anzusehen.
Denn so viel auch hierbei auf die Natur und Beschaffenheit der übrigen
Unterrichtsgegenstände ankommt, wenn die Ausdehnung des mathematischen
Unterrichts bemessen werden soll , so muss doch jedenfalls eine ernstliche
Selbstbeschäftigung mit den dahin gehörigen Gegenständen dem Schüler
angesonnen oder zur Pflicht gemacht werden, soll der ganze Unterricht nicht
grossentheils ein vergeblicher sein. Der mathematische Unterricht in den
Lehrstunden kann daher immer von Seiten der Anstalt möglichst beschränkt,
desto mehr muss aber die Beschäftigung der Schüler mit Mathemathik
angeregt, befördert, verlangt und befohlen werden. Es ist jedoch eine
starke Zumuthung für den Schüler, sich fortwährend blos mit einem magern
Gerippe der betreffenden Disciplin, worauf vielleicht der eigentliche Unter-
richt au beschränken ist, beschäftigen zu sollen, auch möchte das Maass der
hieraus entspringenden allgemeinen Bildung f(ir denselben nicht eben
erheblich ausfallen. Sicherheit in den Elementen und Grundlinien einer
Wissenschaft oder Sprache erhält man auch nicht durch fortwährende Wie-
derholung derselben nach einem vorgezeichneten Systeme, sondern dur^h
wiederholte Anwendung derselben auf den weitem Ausbau dieser Grund-
begriffe. Da den Schülern der bezeichneten Anstalten zu dieser anhalten-
den Beschäftigung mit Mathematik ausser dem eingeführten Lehrbuche
m der Regel keine andern Ilülfsbücher in die Hände gegeben werden , so
stellt es sich von selbst wünschenswerth heraus, dass in dem Lehrbuche dem
eigentlichen fiir den Unterricht bestimmten Lehrstoffe sich noch andere in
möglichst genauem Zusammenhange mit demselben stehende Theile an-
ichliessen, welche für eine angemessene Selbstthätigkeit des Schülers be-
rechnet sind. Ob also das Lehrbuch, welches an einer Cadettenanstalt
>der ähnlichen Anstalt eingeführt werden soll , auf ein solches Minimum,
Brie der Verfasser meint, zu rcduciren ist, darüber kann man wohl aus
len angedeuteten Gründen anderer Meinung sein, wenn man auch an-
lererseits wieder zugeben kann , dass der Verfasser die ihm vorliegenden
Inhalt.
' Seite
Maubt , Marinelieuinant, Die physische Geographie des Meeres ; tihersetzt Yon
Prof. Dr. BöTTGSB , 8
Quurrus IciLiuB, Dr. G. v., Experimentalphysik ......' 10
FECHinBR, Prof. Dr., Die physikalische und philosophische Atomenlehre ... 18
Ehoel und ScHBLLBACH, Prof., Darstellende Optik 33
Stbih , Prof., Die Naturwissenschaften in ihren Beziehungen zu den materiel-
len und geistigen Interessen der Menschheit 48
Wkbbb, Bootsmeister, Die Entstehung des Gmndeises 49
KoppB, Prof., Anfangsgründe der Physik 50
Lanckicth, Dr., Bemerkungen zur Methode des physikalischen Unterrichts
(Programm) • • • 53
Flibdveb, Dr. E., Aufgahen aus der Physik 113
BIBLIOGRAPHIE Seite 22, 36, 54, 73, 100, 119.
Literaturzeitung.
Ben Zahlen durch eine beliebige Zahl interpolirt hat, führen den Namen
Brüche oder gebrochene Zahlen. Sie werden absolute Brüche genannt, wenn
die Zahlenreihe rückwärts mit der Null abbricht; dagegen algebraische
Brüche, wenn die Zahlenreihe über Null auch nach der negativen Seite
unbegrenzt fortgehf Endlich kommt §. 83 die „Erklärung: Jeder abso-
lute Bruch -T besteht aus einem Zähler a und einem Nenner b \ der Zähler
ist die absolute ganze Zahl, welche die Stelle anzeigt, die der Bruch in der
interpolirten Zahlenreihe einnimmt; der Nenner ist die absolute ganze Zahl,
welche anzeigt, in wie viele Theile man die Einheit der Zahlenreihe getheilt
hat", worauf noch 2 „Erklärungen" (§§. 84 und 85), die uneigentlichen, so
wie die ächten und unächten Brüche betreffend, folgen. Man muss gestehen,
dem Schüler wird sehr viel „erklärt", wie viel er davon versteht , ist aber
wohl ohne weitere Auseinandersetzung leicht abzunehmen. Diese Bruch-
lehre bietet überhaupt mancherlei Eigenthtimlichkciten dar, von denen aber
Referent der Meinung ist, dass sie eine schärfere Auffassung des Gegen-
standes von Seiten des Schülers nicht eben zu befördern geeignet sind, z. B.
der erste die Addition der Brüche betreffende Satz ist die „Aufgabe, zu
fl c
einem gegebenen Bruche — einen zweiten gegebenen Bruch -- zu addiren.
Auflösung. Man suche den Bruch — in der Zahlenreihe der biel auf, und
sehreite von ihm in der Zahlenreihe um c solcher Theile der Einheit fort,
wie Bie die Zahlenreihe der dtel enthält. Derjenige Bruch, zu welchem man
auf diese Weise gelangt, ist die gesuchte Summe." Es ist dem Referent nicht
klar, welchen Nutzen für den Schüler diese Auffassung der bezeichneten
Aufgabe haben soll. Dass übrigens das Lehrbuch nicht ganz „genau nicht
mehr nnd nicht weniger enthält, als was in den Unterrichtsstunden vorge-
nommen werden soll", beweist eine Vergleichung der gegebenen Lehrsätze,
Aufgaben etc. mit den beigefügten Beispielen zbr Uebung, von welchen
manche dem Schüler, der nicht mehr Unterweisung in den Lehrstunden er-
iialten hat, als nach dem gegebenen Materiale abzunehmen ist, zu grosse
Schwierigkeiten darbieten dürften. So ist auch für diese Beispiele in §. 33
ond 33 nur der Begriff der Potenz , nicht aber die Multiplication und Divi-
fion der Potenzen mit gleichen Grundzahlen vorläufig gegeben, letztere aber
doch xnr Ausrechnung von Beispielen vorausgesetzt worden. Sehr ange-
messen dagegen hat der Verfasser so zeitig, wie es nur thun-
lieh war, die Auflösung der Gleichungen 1. Grades in den
liehrgang der allgemeinen Arithmetik eingesetzt und dadurch
•ein Lehrbuch dem Unterrichte , wie er doch wohl von jedem verständigen
liehrer in Wirklichkeit betrieben wird, als eine geeignetere Unterlage ange-
psBst. — Der geometrische Theil ist im Allgemeinen in Euklideischer Weise
durchgeführt, doch scheinen Beferent manche Erklärungen und Darstellun-
gen von dem Geiste der Alten etwas abzuweichen, z. B. die Definition §. 174.
^on §• 187 und 188 sollten die Umkehrungen mit aufgeführt sein. — Sehr
V^eachtenswerth ist der siebente Abschnitt, welcher die Verhältnisse und
^Proportionen unter Linien behandelt, insbesondere die Anordnung der be-
"^xeffenden Sätze nach einer Eintheilung und Unterscheidung der Strahlen-
Systeme mit parallelen Transversalen, unter welchem Titel die gewöhn-
lichen SAtze über A^hnlichkeit der geradlinigen Figuren und Proportiona-
lität ihrer Seiten etc, «ufgerdbrt werden , ferner der Strnhlenj3jstfiine mit
nie hl parallele u Traixsversalen , wabei dtij WicUtigete über D^ppel-
Terhültiiisse uöd harmaniscbe Proportionen und Härmen ikalea rork&iumt,
endlich der Strahlen Systeme in Verbindung mit einein Kroiee {Proportio-
nen beitn Kreise)* Der Vt'rfafe&er hat hier deutlich das BcdlLrfnLsä geruhlt^
den .Stoff nach Beinern Innern ZusammcnhaDge anzuordnen und Äiisammen-
KUtttellon, dabei ancb recht glücklich richtige Gesichtspunkte getroffen. Im
Ganzen enthält trot^ der ge machten Auästellungen da« Lehrbacb vor niaa^
ehern anderen Jtljnllchen Umfangt-s vielfache Vorzüge und k a n n j e d o jj f a Us
allen den Lehrern zur naiieru Einsicht and weitern Beach*
tung empfohlen werden, denen für ihren Unterricht eitt*
yerhältuissniäflsig beschränkte Zeit stugemea^en iuL
WiTZSCiUW».
Die physisch 5 Geographie des Meeres, von M* F*MAimY, Manueleutaaut
der Verein. Htaaten von Nordamerika. Deutsch bearbeitet von
rDK, C> BöTTüEB, Prof. am GymnaMum zu Dessau* Leipzig, Ga*t.
^ Majer. I8ä6.
Trotz vieler einzelnen Werke und trotz der zahllosen von den ver-
Bchiedeni^ten Seiten herrührenden Notizen über den Ocean bleibt eint
einTgermaassen umfassende Darstellung der physischen Geographie d«f
Meeres (einer bekanntlich Ton A* v, Humboldt angeregten und hensnntea
Wissenschaft) immer noch eine sehr schwere Aufgabe. Zu einer genügen-
den Lösung derselben gehört nicht nur ein mit dem gesaminteu tellurificheB
Leben wohlvertrauter Gelehrter , sondern auch ein praktischer Seetaam^
der das Meer aus lan^ ähriger eigentjr Anschanung unter allen Lungen ntd
Breiten kennt und ausserdem das Talent besitzt, durch lebendige Darstfll'
lang dem Werke das rechte Colorit zu geben. Diese Verbindungen finden
sich bei dem Verfasser, dessen mannichfaltige Verdienste um die Vervoll-
kommnung der Wind • und Strömungskarten auch über die Grenzen seines
Vaterlandes hinaus bekannt sind ; in einem nicht gewöhnlichen Grade ver-
einigt und jede Seite des Werkes legt davon ein sprechendes Zeugniss ab.
In markigen Zügen entwirft der Verfasser in jedem Capitel zuerst ein
klares Bild der einzelnen Erscheinung, welche er zu discutiren beabsich-
tigt, und lässt darauf die eigentliche wissenschaftliche Untersuchung folgen,
bei welcher eine ebenso grosse Fülle von Beobachtungen über die einzelnen
Modificationen jener Erscheinung als andererseits eine genaue Bekannt-
schaft mit allen in Frage kommenden physikalischen Gesetzen hervortritt
Die Gegenstände , welche in den Kreis der Betrachtung gezogen werden,
sind folgende: Cap, L Der Golfstrom. Cap. II. Einfluss des Golfstromes
auf klimatische Verhältnisse. Cap. III. Die Atmosphäre. Cap. IV. Roth®
Nebel und Seestaub. Cap. V. Ueber die wahrscheinliche Beziehung 2^*'
sehen dem Magnetismus und der Circulation der Atmosphäre. Cap. VI«
Meeresströmungen. Cap. VII. Das offene Meer im arktischen Oceafl'
Cap. VIII. Das Salz des Meerwassers. Cap.. IX. Der äquatoriale Wolken-
ring. Cap. X. Ueber die geologische Einwirkung der Winde. Cap. XI-
Die Tiefen des Oceans. Cap. XII. Das Becken des atlantischen Oceans.
Cap. XIIL Die Winde. Cap. XIV. Die klimatischen Verhältnisse des
Oceans. Cap, XII. Ueber die Driftströmungen der See. Cap. XVI. I^*®
Stürme. Cap. XVIL Routen. Cap XVIII. Schlusswort. — Man wird aus
dieser Inhaltsangabe zweierlei ersehen , einerseits eine grosse Vollständig'
Literaturzeitung.
mögliche Unikehrang der Addition, und die Division als die, wegen ab = bay
einzige Umkehrung der Multiplication erscheint. Die Fälle , in denen der
Subtrahend den Minuenden übersteigt, und wenn der Divisor keinen aliquo-
ten Theil des Dividenden ausmacht , geben Veranlassung zur Erweiterung
der Zahlenreihe nach der negativen Seite und zur Interpolation derselben
durch positive und negative Brüche. Auch die Irrationalzahlen finden hier,
noch vor der Wurzelausziehung , ihre Berücksichtigung ; der Verfasser ge-
langt dazu durch die Vergleichung und Ausmessung der Grössen (wie sie
auch in der Geometrie vorkommt) und giebt, um nicht bei der blos logischen
Möglichkeit des Irrationalen stehen zu bleiben, die Ausmessung der Diago-
nale eines Quadrates durch dessen Seite als Beispiel für die Realität dieser
neuen Zwischenzahlen. Grenzenbetrachtungen liefern nachher den Beweis,
dass die für rationale Zahlen erwiesenen Lehrsätze auch bei Irrationalzah-
len ihre Geltung behalten. Dieser Gedankengang, der dem von Dr. WUi-
stein befolgten ähnelt , ist heuristisch , streng und nach des Referenten An-
sicht, auch der einzig wissenschaftliche. Es mag freilich bequemer sein,
gleich mit allgemeinen Definitionen von grosser Kraft für alle Zahlen und
mit allgemeinen Regeln herauszurücken , aber dabei entsteht eine doppelte
Schwierigkeit ; wissenschaftlich kann die allgemeine Fassung nur durch die
empirische Thatsache gerechtfertigt werden , dass die fortgeschrittene Wis-
senschaft eine solche Allgemeinheit nöthig gemacht habe, und pädagogischer-
seits ist es eine bekannte Erfahrung , dass mit der Allgemeinheit auch die
Schwierigkeit des Begreifens wächst — hat man doch "bei schon gereifteren
Schülern mit der unendlich einfachen Erklärung der Function immer einige
Noth. Dagegen bietet der obenerwähnte Gedankengang den Vortheil, dass
dem Schüler selber die Nothwendigkeit einleuchtet, die Definitionen durch
Erweiterung der neuen Zahlen anzupassen und die Gültigkeit der alten
Sätze für die neuen Zahlen zu ermitteln , was ihn immer wieder auf die
Principien jeder Rechnungsstufe zurückführt und in diesen von Neuem
befestigt.
Nachdem der Verfasser durch das Vorige zu dem unendlich wichtigen
Satze gelangt ist, dass die Zahlenreihe als eine continuirliche betrachtet
werden kann, verlässt er auf kurze Zeit den aufsteigenden Gang von einer
Operation zur nächst höheren und schaltet die Lehre von den algebraischen
Gleichungen ersten Grades ein. Haarscharfe Systematiker werden dies
wahrscheinlich tadeln und meinen, man müsse erst die Reihe der möglichen
Operationen durchlaufen haben , ehe man sich um die Anwendungen der-
selben zur Ermittelung des Werthes unbekannter Zahlen (Auflösung der
verschiedenen Gleichungen) kümmern dürfe ; dies lässt sich gewiss verthei-
digen, nicht minder gewiss dürfte aber sein, dass man beim Unterrichte wohl
thut, nicht zu viel Theorie aufeinander zu häufen, sondern bei Zeiten seinen
Schülern zu zeigen, was sich mit dem Bisherigen ausrichten lässt. So z. B.
pflegt Referent nach der Entwickelung des ersten und zweiten DiflFerential-
quotienten die geometrischen Anwendungen derselben (Tangenten, Norma-
len etc.) einzuschalten, wodurch gelegentlich auch die nöthige Fertigkeit
im Differenziren erworben wird , und dann erst die Lehre von den höheren
Differentialquotienten vorzunehmen, obschon das wenig systematisch ist.
Nach Beendigung dieser Digression zur eigentlichen Theorie zurück-
kehrend , leitet der Verfasser die Potenz auf dieselbe Weise aus der Mul-
tiplication ab , wie diese aus der Addition entsprungen war , erhält also zu-
nächst nur Potenzen mit ganzen poBitiveu Ex|^OTL^Ti^'^^ \»A X^^Cv^v^^
10 Literaturzeitong.
zur Seite etell^a kaiin. Letztere haben amser der Ihnen an eich aiilcoin-
niemlen Genauigkeit noch deu Vortheil, dase ans der Operation selber Aöf
den Grad der erreichten Prficision gefichlosseii werden, wozu hei harame-
trischen Meäsungen vor der Ilantl keine Anhaltep unkte existiren.
Exp^TÜnentalphTaik, etn Leitfaden bei Vortrügen, von Du, G- v, QriKTa
[t'ILU,*«, Lehrer an der poljteebnischen Schule in Hannover.
Hannover* Scbmorl und v. Seefeld, ISbb, 45 Bg, gr. 8*
Der Verfasser hat mit der Ansarbeitung dieses Buches sunächtt sei-
nen Schülern , »einen Leitfaden ssur Repetition, der sich dep
Vortrfigen genau anschliesst/^ zu geben beabaicbtigt; würde »ich
aber, wie er bemerkt, freuen, wenn der Anordnung und Ausführung dei-
öelbsn andere Lehrer beistimmeu könnten und »ich 2ur Einführung desMl-
ben bei ihren Schülern bewogen fühlten, 1) jG.se Freude möirhte nun uacli
der Ansicht de» Referenten dem Verfasser billiger oder gerechter Weise m
Tbeil werden, wenn sonst andere Umstünde, die bei Einfühmng eines
Lehrbuchs mit obwalten , nicht hindernd in den Weg treten. Das Buch g»'
hört ohne Zw^eifel zu den besseren Werken dieser Art und bat, gegen viele
andere gehalten, Vorzüge, die es einer allgemeineren Aufmerksamkeit und
Empfehlung nicht unwürdig machen. Selbstverständlich müseen bei ß«>-
urtheiJung dieses Leitfadens die VerbSltnisae der Schule, an welcher d«
Verffisöer wirkt, sowie der allgemeine Standpunkt der Scbfiler, ftir welclie
das Buch beötimmt ist, mit ins Auge gefaäst werden» In Betreff dessen be-
merkt der Verfasser» das§ sein Bcvstreben vorzüglich darauf gerichtet^
richtet gewesen sei; „die physikalischen Lebren in ihrem Zu -
aammenh an ge darzustellen und den Schülern eine Einslclit
in die Methoden zu geben, nach welchen experimentelle
Untersuchungen anzustellen sind" — oder, wie Referent nach
der vorliegenden Ausführung die Absicht des Verfassers bezeichnen möchte,
die Schüler in den Geist und das rein Wissenschaftliche des Experimenti
und der Beobachtung einzuführen. — Dadurch werden die Schüler gewöhnt,
,,die Resultate der Wissenschaft auch ihrem inneren Znsam-
menhange nach aufzufassen", was an technischen Anstalten, wo die
Resultate und deren Anwendungen zu practischen Zwecken nicht selten auf
Kosten strengerer Wissenschaftlichkeit mehr in den Vordergrund treten,
für eine allgemeinere Ausbildung der Schüler von nicht unerheblichem
Momente sein dürfte. Die mathematische Bildung, welche der Verfasser
bei den meisten Schülern voraussetzen durfte , erlaubte ihm erforderlichen
Falls „einen strengeren mathematischen Weg einzuschlagen
(mit Ausschluss indess der Differenzial- und Integralrechnung), als ihp
viele der verbreiteten phy,sikalischen Lehrbücher verfol-
gen." Diese vortheilhaftere Stellung, welche damit der Verfasser bei Be-
arbeitung seines Werkes hatte , ist von ihm in der ersteren Hälfte dessel-
ben — ob absichtlich oder nicht, mag dahin gestellt sein — weniger wahr-
genommen, als nach der Meinung des Referenten hätte geschehen können,
dagegen in der anderen Hälfte (Optik , Elektricitätslehre) häufiger benot£t
worden. Es ist zwar in der ersteren Hälfte eine mathematische Behand-
lungsweise des Stoffes nicht zu verkennen, auch bemisst Referent die
Durchführung einer solchen Darstellung nicht nach der Menge und Läöge
der Formeln und Gleichungen , welche beim Aufschlagen des Baches in <ue
Literatorzeitong.
1er die Uebersichtlichkeit über das Ganze nicht zu ranben nnd dann auch
auf die Festlegung und Begründung der Elemente die nöthige Zeit und
Sorgfalt verwenden zu können. Dieser Gesichtspunkt darf jedesmal da um
so weniger ausser Acht gelassen werden , wo der Unterricht in der Mathe-
matik nicht lediglich als Mittel zu andern Zwecken dienen soll, sondern als
obersten und höchsten Zweck den hat, im Verein mit den anderen Discipli-
nen des Unterrichts eine allgemeinere Ausbildung des Verstandes zu vermit-
teln. Dass auch an einer Cadettenanstalt die Mathematik um des letztbe-
zeichneten Grundes willen mit in die Zahl der Unterrichtsgegenstände auf-
genommen ist, darüber wird mit dem Verfasser wohl Jedermann einver-
standen sein. Allein an welcher Bildungsanstalt überhaupt soll die Mathematik
nicht den genannten Zweck erfüllen V Dem Beferenten erscheinen demnach
die hieraus abgeleiteten Ansichten über den Unterricht der Mathematik als
so ganz allgemeine, selbstverständliche, mit der Natur des Gegenstandes so
innig verknüpfte, im Uebrigen auch allgemein anerkannte Grundsätze, dass
sich aus diesen eine besondere Darstellung des mathematischen Lehrstoffes,
die nach Form oder nach Inhalt eigenthümlich zu nennen wäre, nicht erge-
ben kann. Man kann mit dem vom Verfasser in 'der Vorrede aufgestellten
Satze , dass der mathematische Unterricht ein allgemein und formal-bilden-
der auch an einer Cadettenanstalt sein solle, ganz einverstanden sein, ohne
den Weg, welchen als diesem Zwecke ganz entsprechend der Verfasser be-
zeichnet, als den alleinigen und unfehlbar zum Ziele führenden anzusehen.
Denn so viel auch hierbei auf die Natur und Beschaffenheit der übrigen
Unterrichtsgegenstände ankommt, wenn die Ausdehnung des mathematischen
Unterrichts bemessen werden soll , so muss doch jedenfalls eine ernstliche
Selbstbeschäftigung mit den dahin gehörigen Gegenständen dem Schüler
angesonnen oder zur Pflicht gemacht werden, soll der ganze Unterricht nicht
grossentheils ein vergeblicher sein. Der mathematische Unterricht in den
Lehrstunden kann daher immer von Seiten der Anstalt möglichst beschränkt,
desto mehr muss aber die Beschäftigung der Schüler mit Mathemathik
angeregt, befördert, verlangt und befohlen werden. Es ist jedoch eine
starke Zumuthung für den Schüler, sich fortwährend blos mit einem magern
Gerippe der betreffenden Disciplin, worauf vielleicht der eigentliche Unter-
richt zu beschränken ist, beschäftigen zu sollen, auch möchte das Maass der
hieraus entspringenden allgemeinen Bildung für denselben nicht eben
erheblich ausfallen. Sicherheit in den Elementen und Grundlinien einer
Wissenschaft oder Sprache erhält man auch nicht durch fortwährende Wie-
derholung derselben nach einem vorgezeichneten Systeme, sondern dur^h
wiederholte Anwendung derselben auf den weitem Ausbau dieser Grund-
begriffe. Da den Schülern der bezeichneten Anstalten zu dieser anhalten-
den Beschäftigung mit Mathematik ausser dem eingeführten Lehrbuche
in der Regel keine andern Hülfsbücher in die Hände gegeben werden , so
stellt es sich von selbst wünschenswerth heraus, dass in dem Lehrbuche dem
eigentlichen für den Unterricht bestimmten Lehrstoffe sich noch andere in
möglichst genauem Zusammenhange mit demselben stehende Theile an-
schliessen, welche für eine angemessene Selbstthätigkeit des Schülers be-
rechnet sind. Ob also das Lehrbuch, welches an einer Cadettenanstalt
oder ähnlichen Anstalt eingeführt werden soll, auf ein solches Minimum,
wie der Verfasser meint, zu reduciren ist, darüber kann man wohl aus
den angedeuteten Gründen anderer Meinung sein, wenn man auch an-
dererseits wieder zugeben kann, dass der VerfaasÄT 4\ft\\iXELN^'^^^|^'«ÄM^
I
IC fi gilt-*!» der SCuftAuimpnsctziiiig und Zerlegung der Bewegungeu da, äu
w^der vorher noch später genugsam bervörgehoben ist, W^re tiberbaiipt
auf die Natur der schwingenden Bewegung: etwas naher eingeg-augen , di6
einfachste Art derselben genauer erörtert und au geeigneten StelIeD her-
vorgehoben worden , dass die eirifatdisteii Bedingiiiigen» unter denen eine
f ichwing'f'iid** Bewegung entsteht, nicht immer einzig und allein vorlieg:PD;
t^ hätten manche daliin gehörige Erscheinungen eine durchsichtigere Er-
klärung gefunden, z. B, in §§, 47 — 50, insbesaudere §. 11t und die wieder
darauf gegründeten Erörterungen in §, 157-
Der Unterricht der Physik au Heal- und polytechnischen Schulen und
ein dafilr beaticimter Leitfaden würde ferner den übrigen Disciplmen »In-
eelbst sehr nahe gestellt werden , wrun bei einem möglichst streng maibc-
p Biatischen Lehrgange desselben das Prinetp der Erhaltung der lebeadigeii
Kräfte, so oft es thunlich ist^ als Ausgangspunkt der Dedactioneu gewählt
wftrde; jene« fruchtbare Principe das schon von Joh. Bernoulli {s, deeseti
liydrofHnamica) so glücklieh angev^^endet in der theoretischen BearbeitDag
der heutigen Technik wieder in allgemeinere Aufnahme gekommen ht^ der
Art , dass dasselbe einen Mittelpunkt für den Techniker bei Betracbttm^
fremder wie eigener Speculationeu abgiebt. Steht demselben nun ehonfsllu
die Physik in ihren hauptsächlichsten Lmrissen auf dieselbe Basis gebaut
vor ftrHncm Geiste , so wird er auch erforderlichen FaUs die speciellercD
Lehren derselben, wenn sie ihm für practisehe Zwecke von besonderer
Wichtigkeit werden» dnreh eigenes Studium leichter dnrclidringen und *o
verarbeiten können , wie er eben in der Schule bereits von den physikaU-
achen Fnndamenten au bis zum technischen Ausbau derselben die notluge
Anleitung erhalten hat. Wie bedeutsam und nützlich sich dieses Friöcip
erweist , davon hat der Verfasser des besprochenen Leitfadens selbst in dem
IV. Abschnitte (Optik) §. 1^, Seite 330 eine Andeutung und in dem V.Ab-
schnitte (Wärmelehre) ein recht überzeugendes und elegantes Beispiel ge-
geben. Die Erörterungen nämlich über die mechanische Arbeit des Dampfes
und das Arbeitsäquivalent der Wärme (3. Cap.) bahnen daselbst ganz n«-
turgemäss die Vorstellung von der Wärme als einem Bewegungsztistande
an und umgekehrt rechtfertigen später (4. Cap.) diejenigen Erscheinnngen,
welche diese Auffassung des Wärmebegriffes anderweitig unterstützen , die
Anwendung desselben Princips bei allen Untersuchungen über die techni-
sche Verwerthung der Wärme.
Es lässt sich zwar gegen Alles dieses einwenden , dass an einer poly-
technischen Schule neben dem Unterricht in der Physik derjenige in der
mechanischen Naturlehre parallel oder vorausgehe , die gestellten Forder-
ungen also z. Th. durch letzteren erfüllt werden können ; allein einmal tri§
und beseitigt dieser Einwand doch nicht die gemachten Ausstellungen in
ihrem vollen Umfange, sodann aber würde, ersteres zugegeben, ein nur
für die Verhältnisse dieser Schule geschriebenes Lehrbuch hinsichtlich sei*
ner Verbreitung eigentlich in engere Grenzen verwiesen werden, als wir es
bezüglich des vorliegenden wegen der übrigen trefflichen Eigenschaften und
Vorzüge desselben wünschen möchten.
Schärfer tritt die Benutzung der Mathematik z. Th. mit Einschluss der
reinen Mechanik in der zweiten Hälfte des Buches, namentlich in der Lehre
von der Elektricität und dem Magnetismus hervor. Die schönen, in den
meisten Lehrbüchern noch nicht befindlichen , zum Theil von W. Weber
Literaturzeitung.
zen Zahlen durch eine beliebige Zahl interpolirt hat, führen den Namen
Brüche oder gebrochene Zahlen. Sie werden absolute Brüche genannt, wenn
die Zahlenreihe rückwärts mit der Null abbricht; dagegen algebraische
Brüche , wenn die Zahlenreihe über Null auch nach der negativen Seite
unbegrenzt fortgeht.'^ Endlich kommt §. 83 die „Erklärung: Jeder abso-
lute Bruch -r besteht aus einem Zähler a und einem Nenner b ; der Zähler
ist die absolute ganze Zahl, welche die Stelle anzeigt, die der Bruch in der
intcrpolirten Zahlenreihe einnimmt; der Nenner ist die absolute ganze Zahl,
welche anzeigt, in wie viele Theile man die Einheit der Zahlenreihe getheilt
hat", worauf noch 2 „Erklärungen" (§§. 84 und 85), die uneigentlichen, so
wie die ächten und unächten Brüche betreffend, folgen. Man muss gestehen,
dem Schüler wird sehr viel „erklärt", wie viel er davon versteht, ist aber
wohl ohne weitere Auseinandersetzung leicht abzunehmen. Diese Bruch-
lehre bietet überhaupt mancherlei Eigenthümlichkeiten dar, von denen aber
Referent der Meinung ist, dass sie eine schärfere Auffassung des Gegen-
standes von Seiten des Schülers nicht eben zu befördern geeignet sind, z. B.
der erste die Addition der Brüche betreffende Satz ist die „Aufgabe, zu
G C
einem gegebenen Bruche -r- einen zweiten gegebenen Bruch -r- zu addiren.
Auflösung. Man suche den Bruch — in der Zahlenreihe der fttel auf, und
schreite von ihm in der Zahlenreihe um c solcher Theile der Einheit fort,
wie sie die Zahlenreihe der dtel enthält. Derjenige Bruch, zu welchem man
auf diese Weise gelangt, ist die gesuchte Summe." Es ist dem Keferent nicht
klar , welchen Nutzen für den Schüler diese Auffassung der bezeichneten
Aufgabe haben soll. Dass übrigens das Lehrbuch nicht ganz „genau nicht
mehr und nicht weniger enthält, als was in den Unterrichtsstunden vorge-
nommen werden soll", beweist eine Vergleichung der gegebenen Lehrsätze,
Aufgaben etc. mit den beigefügten Beispielen zbr Uebung, von welchen
manche dem Schüler, der nicht mehr Unterweisung in den Lehrstunden er-
halten hat, als nach dem gegebenen Materiale abzunehmen ist, zu grosse
Schwierigkeiten darbieten dürften. So ist auch für diese Beispiele in §. 3!2
und 33 nur der Begriff der Potenz , nicht aber die Multiplication und Divi-
sion der Potenzen mit gleichen Grundzahlen vorläufig gegeben, letztere aber
doch zur Ausrechnung von Beispielen vorausgesetzt worden. Sehr ange-
messen dagegen hat der Verfasser so zeitig, wie es nur thun-
lich war, die Auflösung der Gleichungen 1. Grades in den
Lehrgang der allgemeinen Arithmetik eingesetzt und dadurch
aein Lehrbuch dem Unterrichte , wie er doch wohl von jedem verständigen
Lehrer in Wirklichkeit betrieben wird, als eine geeignetere Unterlage ange-
passt. — Der geometrische Theil ist im Allgemeinen in Euklideischer Weise
durchgeführt, doch scheinen Referent manche Erklärungen und Darstellun-
gen von dem Geiste der Alten «twas abzuweichen, z. B. die Definition §. 174.
Von §. 187 und 188 sollten die Umkehrungen mit aufgeführt sein. — Sehr
beachtenswerth ist der siebente Abschnitt, welcher die Verhältnisse und
Proportionen unter Linien behandelt, insbesondere die Anordnung der be-
treffenden Sätze nach einer Eintheilung und Unterscheidung der Strahlen-
sjsteme mit parallelen Transversalen, unter welchem Titel die gewöhn-
lichen Sätze über A^hnlichkeit der geradlinigem ¥\^ux^Ti^TA'^xQr^^xÄÄ'^»r
LiterattirseHtmg-
womit viele der neuereii Lehrbücher in emeiu tiber dae wahre Bedürfniüi
hiDatisgehendeii Luxus vereebcu sirad, wegbleiben und der Prein des aiein-
lich umfangrekhen Buches im VerhäUuis» ermassigt werden. Es ist nicht
BU leugnen , der in der neueren Zeit Mode gewordene Luxus in der Am*
fltattung durch perspeetivieche Abbildungen von Apparaten und MaschineB
ist nicht selten zur Beßtechung des kaufenden PnbHknms angebracht mid
rerdeckt eine gewisse Armseligkeit und Unwissenschaftlicbkeit des ührigen
luballeß ^ und man ist daher verpÜichtet^ Demjenigen, welcher dieser Üa^
sitte entgegen uud mit einer der wahren Wissenschaft besser entsprechen-
den Einfachheit wieder vorantritt ^ die gebührende Anerkennung uichl tu
versagen. Nur in einem Punkte scheint mir der Verfasser d«s Leitfaden«
etwas asn sparsam gewesen zu sein, mit denjenigen graphischen Darsteh
lungen nämlich , welche zur ErläuteruDg und Erleichterung des Vcrstäad*
Bisses rein wissenschaftlicher Erörterungen dienen können. Sowie in tier
allgemeinen Analysiä oft geometrische Einkleidungen der Sätze zum kl&Ten
Verständnisse führen , obgleich streng genooimen die Allgemeinheit beem-
träebtigt wird, so mag raan es in der Physik noch weniger verschmäheB,
die Auffassung der den Erscheinungen onterltegeuden Verhältuisse tbtui-
lichat durch graphische DarstelluDgeu zu erleichtern. Wenn dadurch mit-
telbar gewisse Beschränkungen einer allgemeineren Giltigkeit hervorgerufen
werden, so lassen sich dieselben durch entsprechende Bemerkungen leiebt
wieder aufhebet ^ dagegen kÄun die Vorstellung vou den betroffen^&ü
physikalischen Bessiehüngen um so leichter in der nothigen Allgemeinbeit
entwickelt werden , je bestimmter und klarer sich davon eine , wenn aueh
vorläufig beschränkte, Grundansichi gebildet hat. 80 würden an mehrereii
ßtelleu, insbesondere des L , (2,) 3, und 4, Abschnittes (Schwere, Schall,
Licht) graphische Erläuterungen viel zum besseren Vefständniss heigetri-
gen haben. Die Erwägung, ob für diesen oder jenen Gegenstand eine Fig^ur
beizugeben ist oder nicht , muss nicht von der grösseren oder geringeren
Leichtigkeit , womit sich derselbe ohne Hilfe einer Figur behandeln lässt,
sondern von dem vorausgesetzten mittleren Auffassungsvermögen der
Schüler abhängig gemacht werden. Dazu kommt, daas beim mündlichen
Vortrage dergleichen graphische Erläuterungen kaum zu entbehren sind,
um die Aufmerksamkeit einer grösseren Anzahl von Schülern für eine viel-
leicht länger oder abstracter geführte Deduction zu fixiren. Ist nun die e^
forderliche Zeichnung etwas zusammengesetzt, so gewinnt man mit dem
einfachen Hinweis auf die dem Leitfaden beigedruckte Figur eine nicht
unerhebliche Zeitersparniss. Eine Unterstützung femer des Vorstellung»*
Vermögens oder des Gedächtnisses durch einfache charakteristische Linear-
figuren ist gewiss nicht zu verwerfen und leistet noch keineswegs einer
unwissenschaftlichen Flachheit und Hohlheit Vorschub , wie man von den
jetzt häufig vorkommenden physikalischen Bilderbüchern befürchten muw«
Endlich ist man zur Beobachtung einer gewissen Gleichmässigkeit in der
Darstellungs weise gehalten, Schülern, denen man beispielsweise die ein-
fachste Zusammensetzung der Bewegungen und Kräfte mit einiger Vm-
ständlichkeit zu erörtern für nöthig findet, andere Partien der Physik nicht
ungleich schwieriger für die Auffassung und das Verständniss hinzustellen'
In dieser Hinsicht scheinen z. B. die auch anderweitig sehr empfehlend
werthen „Anfangsgründe der Physik" von A. v. Ettingshausen,
in denen gleichfalls weitläufige Beschreibungen und kostspielige AbbildnO'
gen von Apparaten vermieden sind, die gehörige Mitte zu halten.
Literaturzeitung. 15
Der Styl des Verfassers ist im Oanzen ein einfacher, correqter und
dem Gregenstande angemessener. Nur sehr wenige Stellen sind in Betreff
dessen Referenten auffällig erschienen, z. B. §. 75, S. 128, wo, beinahe wie
in einem lege artis abgefassten Urthel, mit den Worten: „Ist alsdann der
▼ erschliessbare Schenke] etc/* ein Vordersatz von 11 Zeilen ziem-
lich compressen Drucks beginnt, dem ein Nachsatz von etwas über 1 Zeile
folgt. £benso möchte ein Satz, wie in §. 156, S. 324, „Hinsichtlich der
Einwirkung des etc. auf ... auf... auf... so dass ... so dass etc."
einem Schüler nicht eben als ein Muster der Construction dienen.
Jeder , der mehrere der vorhandenen Lehrbücher der Physik aufmerk-
samer durchlesen, mit einander verglichen und ihre verschiedenartigen
Mängel erkannt hat, wird ohne längere Auseinandersetzung finden, dass
die bemerkten Ausstellungen im Einzelnen wie insgesammt, noch nicht von
80 erheblicher Natur sind , um den allgemeinen Werth vorliegenden Buches
wesentlich zu beeinträchtigen. Vielmehr bilden nach Abzug dieser Unvoll-
kommenheiten schon die oben gleichzeitig mit namhaft gemachten vorzüg-
lichen Eigenschaften dieses ausführlicher bearbeiteten Leitfadens eine
Summe, welche denselben aller Empfehlung würdig machen. In demselben
Verhältnisse werden auch noch die folgenden Bemerkungen, resp. Aus-
stellungen , bezüglich einiger Stellen zur Beurtheilung des Ganzen stehen,
welche an die Angabe des Inhalts der einzelnen Abschnitte und Kapitel
geknüpft werden sollen. Die Erwähnung derselben mag als Beweis dienen,
dass auch dies günstigere Urtheil des Beferenten sich auf eine genauere
Einsicht des Buches stützt und nicht blos auf eine flüchtige Durchlesung
der Vorrede und des Inhaltsverzeichnisses gegründet ist.
L Abschnitt, von der Schwere in 3 Kapiteln: 1) vom Falle der Kör-
per, 3) von den drehenden Bewegungen, 3) von der Verschiedenheit der
Schwere an verschiedenen Punkten der Erde und der allgemeinen Gravi-
tation.— Indem der Verfasser von den einfachen Erscheinungen des Falles
als Ursache die Schwerkraft angiebt, sowie den Grad des Fallbestrebens
eines Körpers als dessen Gewicht bezeichnet, geht er etwas zu unmerk-
lich auf den allgemeinen Begriff der Kraft über und entwickelt den der
Trägheit, ohne eine Bemerkung über das Verhältniss der speciellen Schwer-
kraft cur Kraft überhaupt mit einfliessen zu lassien. Die Unterlassung
solcher Erörterungen kann leicht zu Unklarheiten führen , indem z. B. der
Begriff der Trägheit als nur durch die Erscheinungen der Schwere hervor-
gerafen und bedingt angesehen werden könnte. Diese etwas zu enge Be-
griffsbestimmung giebt später (§. 7) bei der Erklärung von Masse Veran-
Jusiing zu Bemerkungen , deren Verständniss dem Schüler nicht zugehen
wird, wenn er es nicht schon anderweitig besitzt; z. B. S. 14: „Nun wir-
ken in unserem früheren Versuche etc.", wo im Grunde eine Unter-
Aengnng der allgemeinen Kraft und der besonderen Schwerkraft, der all-
gemeinen beschleunigenden Kraft und der durch die Schwere hervorgeru-
fenen nicht vermieden ist. Daher sieht sich der Verfasser noch genöthigt,
mit den Worten: „Eigentlich haben wir unter Q etc." nochmals auf
den Unterschied der ponderabelen und trägen Materie erläuternd
mrflckaukommen , wobei nur nicht klar hervortritt, wie derselbe aus dem
Vorhergehenden sich ergiebt. — Unter den Gesetzen bezüglich der schie-
fen Ebene (§. 14) ist das Verhältniss der horizontalen und vertikalen Com-
iMnente nicht mit ausgeführt, welches bei Anwendungen der schiefen
fibene ab sogenannter einfacher Maschine (z. B. bei der Schraube) gleich-
jiteratöfzettimg.
»
fftlU mit zu bcnicksichtigen ist- — In §. 33 u. f, wird beim Uebergauge you
der Bcbwere zur angemeben Gravi tatioo Newton's Gesetz erst hypotheüsch
aufgestellt und dann defiscn Giltigkeit durch Ergebnisse bei Fendcher
enelieu, aowie au der Bewegung des Houdes nachgewiesen. Das Attrac-
tionsgesetz als eine unmittelbar sich ergebende» naturgcmMsse Hypotheae
zur Erklärung der an verschiedeneu Punkten der Erdo beobachteten ver*
Hchiedenen Schwere hinzustellen , ist nicht recht gelungen. Die UnabbSa-
gigkeit der Fallgesetze vou der materiellen Verschiodenheit der falkiiden
Körper ^ die 5Äiiäamfiicnsetzung der Erde , soweit wir sie kennen ^ aus den
manu ig faltigsten Stoffen wtirdeö die Vernmthung nüher legen, dass alle uiatfi-
riellen Theilchen mit Auziehuogskraft versehen sind und somit jeder Körper
im Verhältniss seiner Has»e diee^c Kraft ausübt. Oass die Andehung inm
Quadrat der Eutfernung der Massen im umgekehrten Verbhltniss stellt,
liesse sich aus der ßetracb tutig dieser Kraft als einer von der anziehenden
Masse ausgehenden und nach allen Seiten sich verbreitenden , somit itn
Verhältniss von Kugeloberflächeü veründerliehen, ableiten. Hierauf kijnn^
ten die Einwirkungen einer homogenen oder ans homogenen Schichteu in*
flammengesetzten Kugel auf ein innerhalb oder ausserhalb derselbe» ^^o-
kindliches Massenthellcheo erörtert werden, woran sich dann die ErgehniäiM3
der directen Versuche von Cavendish und Reich, die üntersuchMftg^ü
bezüglicb der Abplattung der Erde eCc, , sowie die Beziehungen der AI-
traetionsgesetze zu den Kf^plcr' sehen leicht anknüpfen lassen. Gegen einen
Schluss aber , wie (S* 56) „da das Gewicht eines Körpers** (d* h. der
Grad seines Fallbestrebens ^ §, 1—3) ,, seiner Masse proportiossl
ist, so ist es wahrscheinlich^ dass'anch jeder Punkt der Erde
eine Anziehung ansübt, welche seiner Mashc pr oporCioa^l -
ist", möchte viel eio zuwenden sein, 1
n. Abschnitt, von den Aggregatzuständen der Körper in 3 Kapiteln:
1) von den festen, 2) von den tropfbar flüssigen, 3) von den gasförmigen
Körpern. — Gründlich und möglichst vollständig sind im 1. Kap. die Gesetze
der Elasticität und der Schwingungen erörtert, es würde aber, wie schon
bemerkt, eine Betrachtung der Schwingungsbewegungen überhaupt dem
Ganzen mehr Einheit und Abrundung gegeben haben. — Die in §.56 ge-
gebene Eintheilung der Reibung in gleitende , Zapfenreibung und rollende,
sowie die Angabe der Unterscheidungsmerkmale dieser Arten ist nicht gww
richtig. Die Zapfenreibung ist eine besondere Art der gleitenden und bei
beiden wechseln die Berührungspunkte nur an einem Körper, während die-
selben bei der rollenden an beiden Körpern verändert werden. — In §.68
wird als Hauptursache der Contraction des Wasserstrahls bis zu | der
Oefl'nung' die Zunahme der Fallgeschwindigkeit (in Verbindung mit der
Cohäsion) der einzelnen Wassertheilchen des zusammenhängenden Strahles
angegeben. Dieselbe kann aber innerhalb der so kurzen Entfernung d^
Cbntractionsmaximums von der Oeffnung jene Erscheinung nicht aUei^^
hervorbringen (vergl. diese Zeitschrift, S. 42). — Ebenda (S. 117) hätte vieV
leicht der übrigen Haltung des Buches gemäss die Ausflussgeschwindigkc^^
y2gH aus der vertikalen Sprunghöhe oder der horizontalen Sprungwei^^
abgenommen und dann durch theoretische Betrachtungen unterstützt we ^
den können , statt dass der umgekehrte Gang eingeschlagen worden ist.
ni. Abschnitt, vom Schalle, in 2 Kapiteln, 1) von der Erregung
2) von der Ausbreitung und Wahrnehmung desselben. — Wie schon bemerk^^
würde in §. 112 beim Hinweis auf die Ursachen der Klangverschiedenheite^
Literaturzeitang. 1 1
Augen fallen ; wohl aber möchte man eine durchgängige Unterlegnng der
reinen Mechanik nnd ihrer Hanptprincipien erwarten, so dass die einzel-
nen Theile der Physik viel sichtlicher als Anwendungen derselben auf die
verschiedenen Kräfte sich herausstellen. Die Beobachtungen in der Natur
oder am Experiment würden dann entweder inductiv auf schon bekannte
Sätze der reinen Mechanik führen, oder bei analytisch - demonstrativem
Gange die Anwendung derselben rechtfertigen : eine Darstellungs weise, wie
sie der Verfasser z. B. im 3. Capitel des I. Abschnitts §. 31 — 34 zum Theil
auch eingehalten hat. Dass nicht alle Partien der Physik sich in dieser
Art und gleich gut behandeln lassen, auch einige derselben nach ihrem
jetzigen Standpunkte mehr als elementare Kenntnisse der Mathematik in
Anspruch nehmen, ist zwar wahr, doch kein durchschlagender Einwand
dagegen. Versucht möchte doch dieser Weg "werden, soweit als es mit Be-
rücksichtigung anderer Hauptmojmente nur möglich ist. Dabei könnten die
Hanptlehren der allgemeinen Mechanik als bekannt vorausgesetzt, oder was
einer allgemeineren Verbreitung des Lehrbuchs günstiger sein dürfte, in
den Lehrgang mit eingeflochten werden. Für manche Punkte der erwähn-
ten Abschnitte wäre dann sowohl eine schärfere Fassung gewonnen wor-
den, als auch der innere Zusammenhang mehr hervorgetreten. Ich er-
wähne beispielsweise zuerst die Wurfbewegung (§. 16) , welche unter eini-
germaassen erzwungenem Uebergange (s. unten) sich an die Bewegung auf
der schiefen Ebene mit der Bemerkung anschliesst, dass „ausser dem
eben betrachteten Falle eines Körpers auf der schiefen
Ebene es häufig in der Natur vorkomme, dass ein Körper in
einer anderen als senkrechten Richtung falle^^ Die Beding-
ungen der krummlinigen Wurfbewegung und der auf der schiefen Ebene
sind aber doch etwas verschiedener, als nach dieser Einleitung und der
darauf folgenden Darstellung es erscheint. Bei den auf die schiefe Ebene
bezüglichen Gesetzen hat der Verfasser es für nöthig gehalten, auf die Zu-
sammensetzung und Zerlegung zweier Bewegungen und ihrer zugehörigen
Kräfte besonders einzugehen. Dass aber die Bedingungen, unter welchen
eine geradlinige oder krummlinige Bewegung aus mehreren anderen gerad-
linigen oder krummlinigen resultirt, nicht näher angegeben und erörtert
sind, oder bei der Wurfbewegung nicht wenigstens soweit, als es diese be-
trifft , darauf hingewiesen ist , glaubt Referent nicht rechtfertigen zu kön-
nen. Die Folgen der Umgehung solcher allgemeinen phoronomischen Be-
trachtungen treten auch später noch anderweitig hervor. So erscheint es
nicht empfehlenswerth , eine Formel , z. B. die flär den Ablenkungswinkel
eines Pendels , als eine Funktion der Zeit (§. 26) ohne Weiteres hinzustel-
len, und dann deren Zulässigkeit unter gewissen, für den Schüler nicht
ohne Weiteres erklärlichen Voraussetzungen mit einem ziemlichen Apparat
von Rechnung nachzuweisen ,* statt die Formel aus den gegebenen Beding-
ungen nach den Gesetzen der reinen Mechanik zu entwickeln. Solche
künstliche Umwege werden jedenfalls den Schüler mehr oder minder ver-
blüffen und zu einer klaren Durchdringung der einschlagenden Verhältnisse
wenigstens nicht auf dem kürzesten Wege hinführen. Der dort eingehaltene
Weg möchte nur dann als zulässig erscheinen, wenn mehr als elementare
Hilfsmittel in Anspruch genommen werden müssten. Etwas Aehnliches gilt
von 'der Zusammensetzung und Zerlegung schwingender Bewegungen (vergl.
§. 162, 170 u. a.). In §. 162 hat der Verfasser zwar die Entstehung ellipti-
scher Schwingungen direct nachgewiesen, doch ftt^hl 4\ft%^ "Ei^Wv^^ÄCBSi^
)
t2 * LiteraturzettTin^,
aU Tf^rPinzfilte Anwendun«: eines allgemeineren meckanischen Princips be-
iGiig;licli der Zusaüiraenäetzung und ZerJeguog der Bewegungen da , das
weder rorh*^r not^h ejj«ter genu^^sam bervorgehobeD ist. WSre übßrhatipt
Ätjf die Natur der schwingenden Bewegung etwas nÄher eingegangen, die
oinfachste Art derselben genauer erörtert und an geeigneten Stellen ber-
vorgeboben worden, dastä die einfachsten Hedingnugen, unter denen ein©
schwingende^ Bewegung entsteht, nicht iinnier einzig und allein vorliegen;
Rrv hatten manche dahin gehörige Erscheinungen eine durchsichtigere Er-
klarnng gefunden, z. B. in §§. 47 — -50, insbesondere §, 11*2 und die wieder
darauf gegründeten Erörterungen in §. 157-
Der Unterrieht der Physik an Real- und polytechnischen Schulen und
ein dafür bestimmter Leitfaden würde ferner den übrigen Disciplinen da-
selbst sehr nahe gestellt werden, wenn hei einem möglichst streng mathe-
ni »tischen Lehrgänge desselben das Princip der Erhaltung der lebendigen
Kräfte, so oft es thnnlich iat, als Ausgangspunkt der Deductionen gewählt
wiirde; jenes fruchtbare Princip, das schon von Job, Bernonlli (k, dessen
Hydro<lynamica) so glücklich angewendet in der theoretischen Bearbeitung
der heutigen Technik wieder in allgemeinero Aufnahme gekommen ist, der
Art, dass dasBelbe einen Mittelpunkt für den Techniker hei Betrachtung
fremder wie eigener Speculationen abgiobt. Steht deni selben nun ebenfallis
die I*hysiik in ihren hauptsnchlichsten Umrissen auf dieselbe Basis gebaut
vor fii*inem Geiste, so wird er auch erforderlichen Falls die speciel leren
Lehrou derselben^ wenn sie ihm für pr actis che Zwecke von besonderer
Wichtigkeit werden, durch eigenes Studium leichter durchdringen und so
verarbeiten können , wie er eben in der Schule bereits von den phy^ikali^
«eben Fundamenten an bis zum technischen Ausbau derselben die nöthige
Anleitung erhalten hat* Wie bedeutsam und nützlich sich dieses Princip
erweist, davon hat der Verfasser des besprochenen Leitfadens selbst in dem
IV. Abschnitte (Optik) §. 138, Seite 330 eine Andeutung und in dem V. Ab-
schnitte (Wärmelehre) ein recht überzeugendes und elegantes Beispiel ge-
geben. Die Erörterungen nämlich über die mechanische Arbeit des Dampfes
und das Arbeitsäquivalent der Wärme (3. Cap.) bahnen daselbst ganz na-
turgemäss die Vorstellung von der Wärme als einem Bewegungszüstande
an und umgekehrt rechtfertigen später (4. Cap.) diejenigen Erscheinungen,
welche diese Auffassung des Wärmebegriffes anderweitig unterstützen , die
Anwendung desselben Princips bei allen Untersuchungen über die techni-
sche Verwerthnng der Wärme.
Es lässt sich zwar gegen Alles dieses einwenden , dass an einer poly-
technischen Schule neben dem Unterricht in der Physik derjenige in der
mechanischen Naturlehre parallel oder vorausgehe , die gestellten Forder-
ungen also z. Th. durch letzteren erfüllt werden können ; allein einmal trifft
und beseitigt dieser Einwand doch nicht die gemachten Ausstellungen in
ihrem vollen Umfange, sodann aber würde, ersteres zugegeben, ein nur
für die Verhältnisse dieser Schule geschriebenes Lehrbuch hinsichtlich sei-
ner Verbreitung eigentlich in engere Grenzen verwiesen werden, als wir es
bezüglich des vorliegenden wegen der übrigen trefflichen Eigenschaften und
Vorzüge desselben wünschen möchten.
Schärfer tritt die Benutzung der Mathematik z. Th. mit Einschluss der
reinen Mechanik in der zweiten Hälfte des Buches, namentlich in der Lehre
von der Elektricität und dem Magnetismus hervor. Die schönen , in den
meisten Lehrbüchern noch nicht befindlichen, zum Theil von W. Weber
Litcraturzeitung. 1 9
gehorchen den allgemeinen mechanischen Gesetzen des Gleichgewichtes
und der Bewegung. Die letzten Atome sind entweder an sich unzerstörbar
oder es sind wenigstens im Bereiche der Physik und Chemie keine Mittel
gegeben, sie zu zerstören und liegen keine Gründe vor, eine je eintretende
Zerstörung oder Verflüchtigung derselben anzunehmen. Von diesen letzten
Atomen vereinigen sich im Gebiete des Wägbaren mehr oder weniger zu
kleinen Gruppen (Moleculen), die weiter von einander entfernt sind als die
Atome jeder Gruppe für sich. Vom Abstände der letzten Atome ist nur so
viel gewiss , dass er sehr gross im Vorhältniss zu den Dimensionen der be-
treffenden Atome ist. Von den absoluten Dimensionen der Atome , ja ob
die letzten Atome angebbare Dimensionen haben, ist nichts bekannt; den
Moleculen kann eine bestimmte Gestalt als Umriss der von ibncn befassten
Gruppe beigelegt werden, von der Gestalt der letzten Atome ist nichts be-
kannt. Die Kräfte der Atome sind theils anziehender , theils abstosscnder
Natur (nach Poisson ziehen sich die wägbaren Atome gegenseitig an und
stossen sich die Aetheratome ab, während zwischen einem wägbaren und
einem Aetheratome Anziehung stattfindet) ; sie auf blos anziehende zurück-
snfübren, ist noch nicht geglückt. Sie wirken nach Functionen der Distanz
der Theilchen, das genaue Gesetz der Kräfte ist nicht bekannt.*^
Diese Ansicht vertheidigt der Verfasser in der ersten Hälfte seines
Werkes vom Standpunkte der Experimentalphysik aus und zwar im All-
gemeinen auf die Weise, dass er verschiedene physikaliscbe Erscheinun-
gen, wie z.B. Lichtbrechung, Wärmebewegung etc. hervorbebt, die sich
durch die dynamische Vorstellung einer stetigen Kaumerfüllung weniger
leicht und vollständig als durch obige Voraussetzungen erklären lassen.
Obschon nun der Verfasser seine Beispiele meistens glücklich wählt und
mit vielem Geschick behandelt , so muss doch Keferent gestehen , dass er
trotzdem die überzeugende Beweiskraft nicht recht finden kann. Es liegt
dies hauptsächlich an der Art des Beweises. Die dynamische Ansicht be-
steht xur Zeit nur aus einer einzigen Hypothese und ist überhaupt noch
sehr wenig ausgebildet ; die atomistische Ansicht dagegen enthält mindestens
sechs verschiedene Hypothesen (in der Poisson sehen Lehre stecken allein
Ewei Hypothesen , die Wirkung der Aetheratome unter sich und auf wäg-
bare Atome betreffend), was Wunder also, wenn man mit einem halben
Dntxend combinirter Hypothesen, sobald sie nur einigermaassen glücklich
g^egriffen sind, mehr erklären kann als mit einer; Hesse sich doch auch eine
Planetenbahn durch sechs gut gewählte Epicykeln mit ansehnlicher Gc-
oanigkeit darstellen. Will man aber einmal auf die Weisse streiten , dass
der Eine zeigt, was er kann, und dem Andern das zum Vorwurfe macht,
«ras letzterer nicht kann, so gicbt es auch mancherlei Thatsachcn, mit denen
3ie Atomistik schwer fertig werden möchte. Die Mechanik z. B. berechnet
3ie Anziehung einer Kugel auf einen Punkt unter der Voraussetzung , dass
iie anziehende Masse in der Kugel stetig vertbeilt sei; das Resultat stimmt
mit der Erfahrung, sollte ihr abqa widersprechen, wenn die Atomistik Eecht
hat. Schon Poisson fühlte diese Discrepanz' und versuchte eine Erklärung,
bei der sich auch unser Verfasser beruhigt; aber gerade diese Erklärung
ist an sieh unglücklich und widerspricht ausserdem noch den oben erwähn-
ten Grandzügen der Atomistik. Zuerst macht nämlich Poisson (Mechanik,
L §• 98) eine doppelte Distinction , er unterscheidet unendlich kleine Grös-
sen (Differentiale) von endlichen Grössen und theilt letztere wieder in
sensible and insensible , was für einen Mathematiker eine ganz haarsträu-
2»
bende Vorstellnng ist, angserdom aber Bagt er cavali^remönt, die Zwiscben*'
räume zwischen den Moloculen eeifa so klein, dasa man sie vcrnachlässi^ea
könno. Hier steckt nun der "VVidersprucL. Denken wir uns, um eiß den
Atomiätikern sebr gelauöges Bild ku gehtauchen , das Atora als einen PU-
neten und ans Molecul ab ein Plauetensystem, so entspricht dem Kürper
eine Gruppe Ton Plaueteu^y Sternen eine sogenannte SterneninseL Die An*
Ziehung derselben auf einen aUBirerbftlb Hegendeu Punkt wtirdejedeu falls
inillionenfacb grösser werden, wenn man die ungeheuren leeren Zwischen-
räume diese« Compleite^ mit Masse stetig erfüllte, und da die Mechanik dia
letztere Voraussetzung macht ^ so inftssten ihre Resultate viel «u gross aus-
fallen, aber trotzdem sind und bleiben die Stömngsreehnungea richtig, Wiü
mau dagegen mit Poisson die Zwischenräume für nnbedentend erklären^ so
verliert die ato mistische Ansicht g<^rade ihre Hauptstütze, — Beispitde dieser
Art, wie sie die Mechanik des Himmel» in Menge liefert, sind jedenfalt»
nicht so ohne Weiteres zu ignoriren*
Was der VerfÄSser gegen die Philosophen sagt^ scheint dem Referent
von keiner Bedeutung zu sein, Dass mit den Philosophemen von Schellin^.
Hegel ^ Comp* in der Physik nichts auszurichten ist, wissen die Natur-
forscher sattsam, und daher war die Polemik g^gen jene tiberÜÜssig ; der
Verfasser blitte sich lieber an die wenigen Pliilosuphen wenden sollen ^ de-
nen gründliche mathematische und physikalische Kenntnisse zu Gebüte
stand en^ wie z, B, Altvater Kant und sein treuer Schüler Fries. Wir hätten
wenigstens geglanbt, das» der Urheber der fülschHch nach Lapiacr benann-
ten Entstehnngfihypothese unseres Sounensystemes, und der erste Entdecker
des Z'opc'scheu Gesetzes der Windesdrebung Berücksichtigung verdient bitte.
M%Uch und zum Theil wahrscheinlich, dass des Verfassers Ansichten biBr*
bf^i manche Modification erlitten haben würden^ gfiM iss wenigstens, dnss der
Verfasser nicht allen Philosophen die Schelling' sehe Idee, aus blossen Kräf-
ten ohne Substrat die Materie construiren zu wollen , zugeschrieben hätte.
So gern man den klaren Betrachtungen im ersten Tbeile des Fechner'-
sehen Werkes, wenn sie auch nicht durchgängige und vollständige Befrie-
digung erwecken , folgen wird , so wenig dürfte der zweite Theil geeignet
sein, sich viele Freunde zu gewinnen. Die Anhänger der jKon^'schen
Philosophie können die Eesultate der -F^cÄner'schen Speculation kur« mit
den Worten bezeichnen, dass der Verfasser in der alten Antinomie des Ein-
fachen und Stetigen befangen geblieben ist, ohne die von Kant darüber ge-
gebene Lehre zu beachten ; die Schellingianer und Hegelianer werden eine
von der handgreiflichen Erfahrung ausgehende Betrachtung für flach nnd
nicht philosophisch tief genug erklären (was freilich für jeden Anderen kein
Tadel ist) , aber auch die exacten Naturforscher werden sich wohl schwer-
lich mit des Verfassers Idee befreunden. Der Verfasser giebt nämlich selber
zu , dass eine philosophische Auffassung nicht bei den Atomen als kleinen
ausgedehnten Massen stehen bleiben darf, dass letztere nicht das philoso-
phisch Letzte sein können ; n^n bleibt sMbt nur zweierlei übrig. Entweder
geht man zur continuirlichen Raumerfüllung und damit ins Lager der Dj'
namiker über, oder man treibt die discontinuirliche Massenvertheilung
auf die Spitze und reducirt die Atome auf blosse Punkte. Das Erste m^S
der Verfasser nicht, theils weil er im ersten Abschnitte die stetige Ranmer-
füllung widerlegt zu haben glaubt , theils weil ihn fortwährend die grund-
falsche Erinnerung genirt, dass alle Dynamiker die Materie aus Kräfte"
construirten (wogegen man im Interesse Kants und seiner Schüler nicht go-
Literatorzeitong. 21
nng protestiren kann) und so bleibt nnr der zweite Weg übrig. Damit ge-
räth der Verfasser auf eine Monadologie , welche die Materie ans blossen
Kraftmittelpnnkten zusammensetzt. Dies scheint dem Referenten eine noch
weniger denkbare Vorstellung ; haben jene Punkte irgend eine Ausdehnung
im Räume, so sind sie kleine Massenpartikel, d. h. Atome im gewöhnlichen
Sinne, und dann wäre nichts gewonnen; haben sie keine Ausdehnung (und
das ist wohl die Meinung des Verfassers), so sind sie mathematische Punkte
im strengen Sinne des Wortes, dann hat man aber auch allen und jeden
materiellen Inhalt heraussublimirt und es sind nur noch Kräfte übrig, welche
an bestimmten Stellen im Räume wirken. Dadurch entsteht eine eigen-
thttmliche Schwierigkeit. Die Punkte des mathematischen leeren Raumes
sind völlig gleichgültig gegeneinander, d. h. kein Punkt hat vor dem ande-
ren irgend etwas Besonderes voraus, wie kommen nun die Kräfte dazu, sich
gerade hier und da niederzulassen , sich gerade so und nicht anders zu lo-
calisiren? Wenn ferner die Materie aus mathematischen Punkten und
Kräften eonstruirt wird , so verfällt man streng genommen doch wieder in
dieselbe Unbegreiflichkeit, die man der Schelling'Bchen Hypothese mit Recht
vorgeworfen hat; das Unbegreifliche lag darin, dass der Philosoph von
Contrahiren und Expandiren sprach , während gar nichts da war , was ex-
pandirt oder contrahirt werden konnte , dieses Etwas sollte eben durch die
im Leeren herumarbeitenden Kräfte entstehen; dies ist aber bei der Fech-
ner'achen Ansicht ganz ebenso oder vielmehr in noch höherem Grade der
Fall, weil jene Kräfte aus unbekannten Gründen an bestimmte Punkte ge-
bunden sind. — Endlich erhebt sich noch eine Schwierigkeit für die ma-
thematische Physik. Bei der gegenwärtigen Behandlungsweise unterschei-
det man die leere Form (den mathematischen Körper) von seinem materiellen
Inhalte; das Verhältniss der Masse zu dem Volumen giebt die Dichtigkeit,
und wenn später noch Kräfte in Rechnung kommen , so werden diese als
der Masse inhärirend und ihr proportional betrachtet; alle diese einfachen
Vorstellungen müssen nach der Fechnerachen Ansicht geändert werden.
Was ist z. B. Dichtigkeit, Maas der anziehenden Kraft etc. ? wir wollen nicht
leugnen, dass dafür neue Definitionen gegeben werden könnten, aber damit
allein ist noch nichts gewonnen , sobald die fraglichen Definitionen die An-
wendung des Calcüls nicht ebenso leicht gestatten, wie die bisherigen. Der
Verfasser berührt zwar hie und da diese Punkte, erwähnt auch, dass künftig
rein aufgehende Summen an die Stelle der Integrale treten müssten , aber
dma sind nur Vorschläge und es würde , wenn die Theorie der Kraftccntra
Anwendung finden und nicht eine müssige Hypothese bleiben soll, jedenfalls
bötbig sein , die nothwendigen Modificationen des Calcüls thatsächlich an
einigen Beispielen nachzuweisen. So lange dies nicht geschieht, bleibt jene
Lehre für den mathematischen Physiker eine Ansicht, welche für seine
Bpecnlationen noch keine praktische Bedeutsamkeit erlangt hat.
Aus diesen Bemerkungen zusammen dürfte mit Sicherheit wenigstens
so viel hervorgehen, dass die vom Verfasser versuchte philosophische Vol-
lendung der Atomistik noch mancherlei Zweifel gestattet und dass überhaupt
Sie Acten in dieser Angelegenheit noch lange nicht geschlossen sind; zu
wfinschen wäre aber, dass auch von der entgegengesetzten Seite her so viel
Fleiss auf die Begründung dei; dynamischen Ansicht, wie sie besonders
J^ries und dessen genialer Schüler Schieiden aufzufassen pflegen , verwandt
werden möge, als es hier im Interesse der Atomistik geschehen ist.
' O. SOHLÖMILCH.
n
Bibliographie
vom t. Oetobcr bis 31. December 1855,
BaÜLd und angewandte Mathematik.
Wp.isHi!:KBORKf Dr. Herrn, Die cyclischen Curven, Mit 7 UtliograpL
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3 Th, , mit io den Text gedr, Holzschnitten. Leips^ig, B» G* Teubn^r.
2% Tlilr.
Fh-4ns;, Rector, Bte liaumlebre^ mit Bück sieht auf die preufis* Kegolative
für Volki^sehnlen behandelt» Berlin^ Wiegandt u, Grieben, n.i^^k^%f^
UofiN^Ui Prof. Job. Bemerkungen zur Zahlen! ehre. Allgemeipe
EigenHchaften der Tlieilbarkeit der Zahlen in Beziehung auf beliebige
Zahlensysteme. Aus dem Jahresberichte der Oberreal schule zu Grati
abgedr. Gratz , Hefise. netto V> Thh.
SiTZUNtJSBKJtrcHTB der Kaiser!, Academie der Wissenschaften zu Wien. '
Mathem. - naturwissenech. Ciasee. Bd. XVTL Jahrgang 18^5. 1. Heft.
Wien, Braumüller. netto 1% Thlr.
Fischer, Dr., Lehrbuch der analytischen Geometrie der Ebene.
Xn u. 311 S. mit 10 lithogr. Tafeln. Darmstadt, Kern, netto 2 Thlr.
KüLP, Prof. Dr. Die Differential- und Integralrechnung und
deren Anwendung auf die Gtt>metrie. 4. Abthlg. Darmstadt, Leske.
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Berichte über die Verhandlungen der K. Gesellsch. der Wissenschaften SQ
Leipzig. Mathem. • physik. Classe. Jahrgang 1855. 1. Heft. Leipzig»
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Kaufmann, Prof. Lehrbuch der ebenen Geometrie. 3. Auflage*
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Lehrbuch der Stereometrie. 3. Anfl. ebendas. ?t Thl^*
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CbellBi Geh. Oberbaurath, Dr. Verzeichniss des Inhalts undUmfangs
der ersten 50 Bände des Journals für reine und angewandte Mathema-
tik. Berlüi, Reimer. % Thlr.
LüDOWiEO, Gymnasial - Oberlehrer. Die elementare Stereometrie.
VUI u. 120 S. mit 3 lithograph. Tafeln. Stade. (Hannover, Hahn.)
netto 1% Thlr.
WlsOAHD , Dr. Aug. Wie ist der mathematische Unterricht auf
Gymnasien fruchtbar zu machen? Ein Vortrag, gehalten in
der Versammlung deutscher Realschulmänuer zu Hannover am 29. Sept.
1866. Nebst dem darin Versprochenen. 28 S. Halle, Schmidt, n. % Thlr.
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Bd. 61. 4 Hefte. Berlin, Reimer. ^ netto 4 Thlr.
^öHKy Dr. Jos. Methode, geographische Breite und Azimut zugleich aus
blossen Azimuthbeobachtungen der Circumpolarsterne, ohne Kenntniss
der Zeit, aufs Genaueste zu finden. Bestimmung der geographischen
Breite von Innspruck. Aus den Abhandl. der K. böhmischen Gesell -
gebaft der Wissensch. 28 S. Prag, Calve. netto 8 Ngr.
^■uber, Lehrer. Versuch, eine Kreisfläche in einer gerad-
linigen Figur darzustellen, oder über d. Auflösung d. Problems
der Quadratur des Kreises. 16 S. mit 2 Tafeln. Essen , Bädocker in
Commiss. netto 6 Ngr.
ZBthmg*
ScHAVB, Prof- Dr., Cumpemlio tli iiigofmmHrm piane e sferiea. Traduziam
dal tedescü eow f*olJ dei frateUi B. e l, Zamarün 38 S. mit 1 Taf, Trmk^
IHtczione de Lhyd ausir. netto J6 Xgr.
Koppe, die Stereometrie. 5. kuü. VIII u. 96 8. mit 7 lithogr* Tafeln,
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LiBRt, Qftlileo Galilei, aus dem Fran^öi^. mit Atimerkun^en v. CaroT*?.
2* (Titel-) Ausgabe, Wieabaden , Friedrich. 'A Thlr.
Reuter , Dr. L c b r b u c h d e r G e o m e t r i e, K Tb, Planimetrie. VD n.
1Q4 S. mit 3 lithogn Taf. Wismar, Hmstorft', *Ä Ttiir.
Fhysik iiiid verwandte WisseEschalteji'
DovE, H* W. Die Verbreitung der Wärme in der nÖrdUcheö
Hemisphäre innerhalb des 40, Breitengrades, Auf I Tun
IT. Kiepert entworfenen Karten darge^teUt und erläutert. 3 S. Tf^it
in Folio. Berlin, D, Reimer. In Kappe. netto 1% Thlr.
Hartig, Oberforstrath u. Prof, Heber dagVerbKltniss des Brenn-
wertbea v-erschied euer Holz- und Torfarten. V u. 109 8*
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Mehmges physiques et chimiqucs tires du buUcHn ph^mco - mathemaftque de faca
demic impm de Petersbourg, Tome 11^ Iwr, B; uvec % planches. Petm .
hourg, Leipzig , VoiM. netto 17 Ngr* 1
Elsneä, Dt. H. Die gtilTanische Vergoldung, Versilberung et«.
3. Aufl. Leipzig, Araelaog, 1856. 1 Tbli-
Kr£Jl, K, Magnetiache und geographische Ortsbestimmungen J
an den Ktisten des adriatischen Golfs. Aus den Denkschriften 1
der Kaiserl, Academie za Wien, Wien , Brauniüller. netto % Tlilr.
QuiHTUB IciLjus, Dr, T. Experimentalphysik, Ein Leitfaden Ijpi ,
Vortragen. Hannover, Schraorl und v. Seefeld. 1855. 3 Thlr
MijLLBR, Prof. Dr. Joh. Or undriss der Physik und Meteorologie.
5. Aufl. Erste Hälfte. Braunschweig, Vieweg. netto 1% Thlr.
Fortschritte der Physik im Jahre 1852; dargestellt von der phyßik.
Gesellschaft in Berlin, redig. von Dr. Krönig. 2. Abthlg. Electrid-
tätslehre und Physik der Erde. Berlin , Reimer. 5 Thlr.
ScHABUS, Lehrer, Leicht fassliche Anfangsgründe der Natur-
lehre für Unterrealschulen. und Untergymnasien. 3. Auflage. Wien,
Gerold's Sohn. l Thlr.
Grundzüge der Physik für die oberen Classen der Gymnasien
und Realschulen. L Lief, ebendas. compl. 2% Tbir.
ScHOEDLER, Buch derNatUT. 9. Aufl. Braunschweig, Vieweg. n. l*^Thl^
Abhandlungen der Senckenberg^schen naturforschenden Gesellschaft
1. Bd. 2. Lief. Frankfurt, Brönner. netto 2% Thlr.
Hummel, Prof. Dr. Physische Geographie. 188 S. Graz. (Wien, W«l-
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Beobachtungen, magnetische und meteorologische, zu Prag ; herausgeg.
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Peters, Lehrer. Mathematische, physische und politischeGeo-
graphie für Navigationsschulen. 2. Aufl. Wismar, Hinstorff. %Thlr.
Druck von B. G. Teobner in Dresden.
Literaturzeitung. 1 9
gehorchen den allgemeinen mechanischen Gesetzen des Gleichgewichtes
und der Bewegung. Die letzten Atome sind entweder an sich unzerstörhar
oder es sind wenigstens im Bereiche der Physik und Chemie keine Mittel
gegeben, sie zu zerstören und liegen keine Gründe v.or, eine je eintretende
Zerstörung oder Verflüchtigung derselben anzunehmen. Von diesen letzten
Atomen vereinigen sich im Gebiete des Wägbaren mehr oder weniger zu
kleinen Gruppen (Moleculen), die weiter von einander entfernt sind als die
Atome jeder Gruppe für sich. Vom Abstände der letzten Atome ist nur so
viel gewiss , dass er sehr gross im Verhältniss zu den Dimensionen der be-
treffenden Atome ist. Von den absoluten Dimensionen der Atome, ja ob
die letzten Atome angebbare Dimensionen haben , ist nichts bekannt ; den
Moleculen kann eine bestimmte Gestalt als Umriss der von ihnen befassten
Gruppe beigelegt werden, von der Gestalt der letzten Atome ist nichts be-
kannt. Die Kräfte der Atome sind theils anziehender , theils abstossender
Natur (nach Poisson ziehen sich die wägbaren Atome gegenseitig an und
stossen sich die Aetberatome ab, während zwischen einem wägbaren und
einem Aetberatome Anziehung stattfindet); sie auf blos anziehende zurück-
zufuhren, ist noch nicht geglückt. Sie wirken nach Functionen der Distanz
der Theilcheuy das genaue Gesetz der Kräfte ist nicht bekannt.**
Diese Ansicht vertheidigt der Verfasser in der ersten Hälfte seines
Werkes vom Standpunkte der Experimentalphysik aus und zwar im All-
gemeinen auf die Weise, dass er verschiedene physikalische Erscheinun-
gen , wie z. B. Lichtbrechung , Wärmebewegung etc. hervorhebt , die sich
durch die dynamische Vorstellung einer stetigen Kaumerfüllung weniger
leicht und vollständig als durch obige Voraussetzungen erklären lassen.
Obschon nun der Verfasser seine Beispiele meistens glücklich wählt und
mit vielem Geschick behandelt , so muss doch Keferent gestehen , dass er
trotzdem die überzeugende Beweiskraft nicht recht finden kann. Es liegt
dies hauptsächlich an der Art des Beweises. Die dynamische Ansicht be-
steht zur Zeit nur aus einer einzigen Hypothese und ist überhaupt noch
sehr wenig ausgebildet ; die atomistische Ansicht dagegen enthält mindestens
sechs verschiedene Hypothesen (in der PoissoTC sehen Lehre stecken allein
zwei Hypothesen , die Wirkung der Aetberatome unter sich und auf wäg-
bare Atome betreffend), was Wunder also, wenn man mit einem halben
Dutzend combinirter Hypothesen, sobald sie nur einigermaassen glücklich
gegriffen sind, mehr erklären kann als mit einer ; Hesse sich doch auch eine
Planetenbahn durch sechs gut gewählte Epicykeln mit ansehnlicher Ge-
nauigkeit darstellen. Will man aber einmal auf die Weisse streiten, dass
der Eine zeigt, was er kann, und dem Andern das zum Vorwurfe macht,
was letzterer nicht kann, so giebt es auch mancherlei Thatsachen, mit denen
die Atomistik schwer fertig werden möchte. Die Mechanik z. B. berechnet
die Anziehung einer Kugel auf einen Punkt unter der Voraussetzung , dass
die anziehende Masse in der Kugel stetig vertheilt sei ; das Resultat stimmt
mit der Erfahrung, sollte ihr abqa widersprechen, wenn die Atomistik Recht
hat. Schon Poisson fühlte diese Discrepanz' und versuchte eine Erklärung,
bei der sich auch unser Verfasser beruhigt; aber gerade diese Erklärung
ist an sich unglücklich und widerspricht ausserdem noch den oben erwähn-
ten Grundzügen der Atomistik. Zuerst macht nämlich Poisson (Mechanik,
I. §. 98) eine doppelte Distinction , er unterscheidet unendlich kleine Grös-
sen (Differentiale) von endlichen Grössen und theilt letztere wieder in
sensible und insensible , was für einen Mathematiker eine gaiiii 12Aäx^\x&^-
Sd LiteraturÄeitung.
^i"l»'i.HMlM».lts<V^*>PM*^^ij*J^^**K;^^i M M h M -trfMWUm^^Hli^H^^ljM^ajtftlU'
B ist der g:erÄde Weg fler kürxeäte". Wi» ist 3ct Mensch, der mit einw
Rolle Bindfaden in der Hand, die Wege von J niicb B au 'ige messen und
die BöobachtuDg AB <C Are Aß gemacht hat? kennt Jenrand den Experi-
mentator? Beil Mensch enge denken ist dieser Versuch nicht gemacht wor-
den» woher nlso jene Knnde? Aher vielleicht hat in ganz unvordenklicher
Zeit, vielleicbt einer der sieben Weisen Griechenlands jene Entdeckung
gemAcht; möglich wohl , aber dann wMre der betreffende Satz nur darcK
Tradition auf nns gekommen, und da nach bekannten Gesetecn der
Wahrscheinlichkeitsrechnung die Probabiltt^t der Hicbtigkeit eines Refi?-
rates in geometrischer Progression abnimmt, wenn die Zahl der Wieder-
erzähler in aritbmetischf^r Progression wachst, so würde die geg^nwärti^p
Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit jenea Satxefä enorm klein sein, wahrend
sie tbateäcbUch ^= L ist, ^ Aber noch mehr; man kann a pHuH wissen,
dass der Satx nicht ans der Erfahrung stammt, weil a priori bewiesen wer-
den kann^ dass die betretende Erfahrung unmöglich ist. Von J nach #
giebt es einen einzigen geradlinigen W^eg, aber unendlich viel krumine
Wege; alle letzteren aussumcsseif und mit dem ersten zu Tergleicben, e^
lauVit die Endlichkeit des menschlichen Lebens nicht — in seiner präci-
aen Fassung kann also der Satas gar nicht au® der Erfahrung sein — wollt*
man sich aber mit der ÄuamesHnng einiger Wege begnügen und im Üebri'
gen nach Analogie schliestJen, so h^tte man aus einer endlichen An»ahl vöh
Eälleu auf eine nuend liehe Anzahl verschiedener höchst unähnlicher Füll«
geschlossen und das glibe nur eine geringe Wahrscheinlichkeit.. Auf diesem
Standpunkte muss es sich der Verfasser ganz ruhig gefallen iasseji, wenn
ihm Jömaud erzählt, er habe durch langjährige feine astronomisebe Beob-
»chtungen herausgebracht, dass der kürzeste Weg von Frankfurt nach Hei-
delberg über den Mond gehe. Kh wundert uns um so mehr, dass der Vt^r
fasser in den alten Sensualismus zarückverfallen ist, als es ein sehr nahe-
liegendes Kennzeichen giebt, um die nothwendigen Wahrheiten (SäUe
a priori) von den zufälligen (a posteriori = Erfahrungssätzen) zu unter-
scheiden; nothwendig ist nämlich jeder Satz, dessen Gegentheil man sich
nicht denken kann. Wer nur ehrlich gegen sich selber sein will, wird ge-
wiss zugestehen, dass er sich einen von zwei geraden Linien umschlossenen
Kaum schlechterdings gar nicht vorzustellen vermag, während er sich s.B-
sehr wohl denken kann, dass die Wärme zusammenziehend auf Körper
wirke, etwa wie beim Schwinden des Thones. Aehnlich geht es mit alle^
mathematischen Grundsätzen und daraus erklärt sich sattsam die allgemein®
höchliche Verwunderung, wenn Jemand die erwähnten Axiome mit exper*"
mentalen Beweisen zu versehen sucht ^).
Zum Glück für das vorliegende Buch hat die philosophische Ansicl^
des Verfassers keinen wesentlichen Einfluss auf die Behandlung des, Stoff^^
ausgeübt; der Verfasser ist zu guter Mathematiker, ab dass er sich durc^^
*) Man hat es der Kant* schon Lehre von den Urtheilen a priofi hier und ^'
Kum Vorwurfe gemacht, dass sie die verrufenen „ angeborenen Ideen " rehabiliti^^
und hat die Existenz der letzteren sehr unbegreiflich gefunden. Dieser Einwand h&t^^
Grand, wenn Kant so unbedachtsam gewesen wäre , jedem Neugeborenen ohne We^
teres fertige Urtheile beizulegen ; beachtet man aber das zwar kurse, aber klare Vfo^
(Kritik der reinen Vernunft 8. 1), „Dass alle unsere Erkenntniss mit der Erfahrung
anfange, daran ist gar kein Zweifel . . . Wenn aber gleich alle unsere Erkenotnii^
mit der Erfahrung anhebt, so entspringt sie darum doch nicht eben alle aus der E^^
-fahrung", so reducirt sich jener Vorwurf auf ein reine« Missvers* ändniss. Die Erfafc^
ruDg" wirkt nämlich auf doppelte Weise ; sie bereichert uns einerseits historisch ai^ '^
Literatorseitung. 21
nug protestiren kann) und so bleibt nnr der zweite Weg übrig. Damit ge-
räth der Verfasser auf eine Monadologie , welche die Materie ans blossen
Kraftmittelpunkten zusammensetzt. Dies scheint dem Referenten eine noch
weniger denkbare Vorstellung ; haben jene Punkte irgend eine Ausdehnung
im Räume, so sind sie kleine Massenpartikel, d. h. Atome im gewöhnlichen
Sinne, und dann wäre nichts gewonnen; haben sie keine Ausdehnung (und
das ist wohl die Meinung des Verfassers), so sind sie mathematische Punkte
im strengen Sinne des Wortes , dann hat man aber auch allen und jeden
materiellen Inhalt heraussublimirt und es sind nur noch Kräfte übrig, welche
an bestimmten Stellen im Räume wirken. Dadurch entsteht eine eigen-
thümliche Schwierigkeit. Die Punkte des mathematischen leeren Raumes
sind völlig gleichgültig gegeneinander, d. h. kein Punkt hat vor dem ande-
ren irgend etwas Besonderes voraus, wie kommen nun die Kräfte dazu, sich
gerade hier und da niederzulassen , sich gerade so und nicht anders zu lo-
calisiren? Wenn ferner die Materie aus mathematischen Punkten und
Kräften construirt wird , so verfällt man streng genommen doch wieder in
dieselbe Unbegreiflichkeit, die man der Schelling'Bchen Hypothese mit Recht
vorgeworfen hat; das Unbegreifliche lag darin, dass der Philosoph von
Contrahiren und Expandiren sprach , während gar nichts da war , was ex-
pandirt oder contrahirt werden konnte, dieses Etwas sollte eben durch die
im Leeren herumarbeitenden Kräfte entstehen; dies ist aber bei der Fech-
ner'schen Ansicht ganz ebenso oder vielmehr in noch höherem Grade der
Fall, weil jene Kräfte aus unbekannten Gründen an bestimmte Punkte ge-
bunden sind. — Endlich erhebt sich noch eine Schwierigkeit für die ma-
thematische Physik. Bei der gegenwärtigen Behandlungsweise unterschei-
det man die leere Form (den mathematischen Körper) von seinem materiellen
Inhalte ; das Verhältniss der Masse zu dem Volumen giebt die Dichtigkeit,
und wenn später noch Kräfte in Rechnung kommen , so werden diese als
der Masse inhärirend und ihr proportional betrachtet; alle diese einfachen
Vorstellungen müssen nach der /Venerischen Ansicht geändert werden.
Was ist z. B. Dichtigkeit, Maas der anziehenden Kraft etc. ? wir wollen nicht
leugnen, dass dafür neue Definitionen gegeben werden könnten, aber damit
allein ist noch nichts gewonnen , sobald die fraglichen Definitionen die An-
wendung des Calcüls nicht ebenso leicht gestatten, wie die bisherigen. Der
Verfasser berührt zwar hie und da diese Punkte, erwähnt auch, dass künftig
rein aufgehende Summen an die Stelle der Integrale treten müssten , aber
das sind nur Vorschläge und es würde , wenn die Theorie der Kraftcentra
Anwendung finden und nicht eine müssige Hypothese bleiben soll, jedenfalls
nöthig sein, die nothwendigen Modificationen des Calcüls thatsächlich an
einigen Beispielen nachzuweisen. So lange dies nicht geschieht, bleibt jene
Lehre für den mathematischen Physiker eine Ansicht, welche für seine
Spcculationen noch keine praktische Bedeutsamlceit erlangt hat.
Aus diesen Bemerkungen zusammen dürfte mit Sicherheit wenigstens
so viel hervorgehen, dass die vom Verfasser versuchte philosophische Vol-
lendung der Atomistik noch mancherlei Zweifel gestattet und dass überhaupt
die Acten in dieser Angelegenheit noch lange nicht geschossen sind; zu
wünschen wäre aber, dass auch von der entgegengesetzten Seite her so viel
Fleiss auf die Begründung dei; dynamischen Ansicht, wie sie besonders
Fries und dessen genialer Schüler Schieiden aufzufassen pflegen , verwandt
werden möge, als es hier im Interesse der Atomistik geschehen ist.
tt ^^miV LiteratnrzüHtiiig*
Tpetiü dif*fl consequeut gesclielreii sollte, so musste ^ a mit Hilf^ d^i
' Begriffs vom contrÄren Gegensatz definirt und natibher gezeigt werden,
I vie f a mit }^^^^ nnd dergl. zusammcuhÄngt (es ist nämlich / a ^^at^\
► venu ^ den Winkel zwiscben / und -^ bezeicbnet). Von dem Allen ist
über nicht die Rede, es wird nur statnirt ^ dass 'f <f = + »a und \^=^ — la
*«ei und dann die Lehre von den conplexcn Grössen wie gewöhnlich behan-
delt y wobei aber Referent nicht recht einsiebt , warum immer cqs ß f sin ß
fitutt co^ ß + ' ^^fi ß und röf (!? ^ sirt ß statt coS ß — * sin ß geschrieben wird»
Wenn wir im Vorigen einige wenige Partien des Werkes nk nicht ge-
langen bezeichnet haben , ese wolle man daran» doch keinen Bchlui^s »af
das GftnÄe sieben; im Gegentheil bekennen wir gf^m, dass uns das Werk-
eben in seiner Total itiit rf^cbt gut gefallen hat und dass namentlich das
ernste Streben des Verfnssera, gepaart mit der glücklichen Gabe einer an
liebenden Darstellung, im Allgemeinen den Eindruck der Befricdiguuf
, hinterlässt. SruLÖSf ilcil
J treatise on the calculu£ of Operations: deiigned to ftwiUMe the pro-
cess4^s of iht differeniial and intr.grnl mirulus and ihf* caicuiu» of fimif
äiff^erenccs* By t/ir Rev. Robert Carmichaei^ fiiionf of (he trMn
cöUrge , ßuhlin ct€> London , L^mgmtin , Brown , Green and Long-
maus, 1855*
Bei der mohrfaclien DifTerentintion der Produkte von ahb^ngigeu Va*
tiabelen hatte bereits LeibnitK die sswiacben des Foteti^exponenten und
den Wiederholungsexponenten der Differentiation stattfindende Analogie
bemerkt , so kann z. B. die bekannte Formel
d* {uv) = ud"v + («)j du d^-^v + («),d*ii d'^-^v + ...
auch unter der Gestalt
d-(uv)={du + d,)-
dargestellt werden, wenn man d^^ für einerlei mit d^u und d^u für u er-
klärt. Diese Beobachtung blieb indessen unfruchtbar bis zum Jabre 1771,
wo Lagrange die Idee Leibnitzens in allgemeinerer Form wieder auf-
nahm , sie auf die Differenzen der Funktionen ausdehnte und eine Reib^
von sogenannten symbolischen Formeln aufstellte; wird z. B. ti=/'(^,j/)
gesetzt, so ist hiernach
f{x + ^x,y + Jy) = [{l + ^,){l + J,)]u,
wobei die rechte Seite den Ausdruck
bedeuten soll; in demselben Sinne ist unter der Voraussetzung, dass de^ '
Tajlor'sche Satz gilt und Jx mit k bezeichnet wird,
Lagrange leitet seine Formeln auf inductorischem Wege ab und hSl^
direkte Beweise derselben für ziemlich schwer, später hat aber Laplac^
(im 7. Bande der Savans etrangers) die letzteren auf sehr elegante Weisi^
gegeben und im 1. Buche der Theorie analytique des prohabilüäs zahlreiche^
Anwendungen davon namentlich auf die Theorie der Reihen gemacht. Eine^
weitere Verfolgung dieser Idee, jedoch immer noch auf die Differenzen und
Differentiale beschränkt, findet man in dem Calcul de derivaiion von Arbo-
gast (Nr. 371 und 404), die Bezeichnung ist aber unbequem und die gaose
Literatorzeitong. 23
Sitzung SBERiQDTE der Kaiaerl. Academie der Wissenschaften zu Wien.
Math.-phys. Classe. Bd. XVII. Jahrgang 1856. 2. Heft. Wien, Brau-
müller, netto 2 Thlr.
RüuLMANN, Prof. Dr. Logarithmische, trigonometrische und
andere Tafeln. 5. Aufl. Leipzig, Arnold. netto 16 Ngr,
Weisbach, Prof. Jul. Lehrbuch der Ingenieur- und Maschinen-
mechanik. 3. Aufl. I . bis 3. Lief. Braunschweig, View eg. n. 1 % Thlr.
Darapskt, Hauptm. Ebene Trigonometrie und ihre Anwendung
auf Kriegswissenschaf t. VII u. 248 S. mit 3 lithograph. Tafeln.
Cassel , Bertram. netto 1% Thlr.
Jahrbuch , Berliner astronomisches , für 1858. Herausgeg. vom Director
Dr. Encke. Berlin, Dümmler. netto 3 Thlr.
LüBSEN, Einleitung in die Infinitesimalrechnung. 2. Theil, In-
tegralrechnung. Haqiburg, Perthes, Besser u. Mauke, netto 1% Thlr.
Meyer , C. Th. u. M. H. Lehrbuch der axonometrischen Projec-
tionslehre. 3. Lief. Leipzig , Hassel. netto 2 Thlr.
MogNiK, Schulrath Dr., Lehrbuch der Arithmetik für das Unter-
gymnasium. 5. Aufl. Wien , Gerold's Sohn. % Thlr.
Lehrbuch der Geometrie für die Obergymnasien. 4. Aufl.
ebendas. 1% Thlr.
Peters, Gymnasiallehrer, Arithmetik für die mittleren Classen
des Gymnasiums. IV u. 96 S. Osnabrück, Fredewest. Vi Thlr.
Rebhai^n, Minist-Ingen. Höhere Ingenieur wissenschaffen. 5. u.
6. Lief. (Schluss.) Wien, Gerold's Sohn. netto k 24 Ngr.
Rosenbero, Dr., die Arithmetik für die Schule und ihre Lehrer.
1. Abth., die elementare Zahlenlehre. VUI u. 72 S. Hamburg, Per«
thes , Besser und Mauke. netto 12 Ngr.
Büro, Reg.-Rath und Prof. Lehrbuch der Maschinenlehre für
Oberrealschulen; bearbeitet im Auftrage des Minister. VUI u.
239 S. mit 14 Taf. Wien , Gerold's Sohn. 2 Thlr. 12 Ngr.
Creli«e , Geh. Oberbaurath, Dr. Verzeichniss des Inhalts und Umfangs
der ersten 50 Bände des Journals für reine und angewandte Mathema-
tik. Berlin, Reimer. % Thlr.
LuDOWiBO, Gymnasial - Oberlehrer. Die elementare Stereometrie.
VUI u. 120 S. mit 3 lithograph. Tafeln. Stade. (Hannover, Hahn.)
netto 1% Thlr.
WiBGAKD , Dr. Aug. Wie ist der mathematische Unterricht auf
Gymnasien fruchtbar zu machen? Ein Vortrag, gehalten in
der Versammlung deutscher Realschulmänuer zu Hannover am 29. Sept.
1855. Nebst dem darin Versprochenen. 28 S. Halle, Schmidt. n.%Thlr.
Journal für die reine und angewandte Mathematik, v. Grelle.
Bd. 51. 4 Hefte. Berlin, Reimer. ^ netto 4 Thlr.
Böhm, Dr. Jos. Methode, geographische Breite und Azimut zugleich aus
blossen Azimuthbeobachtungen der Circumpolarsteme, ohne Kenntniss
der Zeit, aufs Genaueste zu finden. Bestimmung der geographischen
Breite von Innspruck. Aus den Abhandl. der K. böhmischen Gesell-
schaft der Wissensch. 28 S. Prag , Calve. netto 8 Ngr.
Heuser, Lehrer. Versuch, eine Kreisfläche in einer gerad»
linigen Figur darzustellen, oder über d. Auflösung d. Problems
der Quadratur des Kreises. 16 S. mit 2 Tafeln. Essen , Bädecker in
Commiss. ijäJCv» ^^^*
fiimg biJrlejten» die nachher Äur Tnie^riiüt>n von Diffprentialgleidiiitii^n
nuf^hnr gemacht werden könnrn. 80 i**t %. \\, w onn der in BoiÄielmn;^' auf
a' genoairaene Difl^^rentiaUiiiotient durch ein vorgtiä<3tÄtes li^ hezrklm*;!
wird,
li ^ ^
utid allgemein
Ein pft£iT äpecleile Gleldjungen dieser Art sind
Durch Umkehrtmg der Gleichung l) erhält nian
.V^^ -j- - H x"^ oder -— * a"^ ^ — ,
ebenso aus Nr. 2)
die Formeln 4) liefern die entsprechenden:
Wie der Verfssser diese Relationen zur Integration von Diflferential-
gleichiingen verwendet, wollen wir an einem der einfacheren Beispiele
zeigen. Die Differentialgleichung sei
-—=sax^^ oder x*D^xy=('^^i
giebt man ilir die aus der Isoh'rung der Operationszeichen unmittelbar her-
vorgehende Eorm
xDx(xDx — 1) . y = ax^
und denkt sich rechter Hand noch die Null zugesetzt, so hat man umge-
kehrt die symbolische Lösung
y =
xVj,{xD,— \)
(«a:^+0)
^ ax^+—-l- ,.0,
xDjc(xl)j,~\) xDj,{xD, — l)
bei welcher es nun darauf ankommt, die Symbolik wieder los zu werden-
Nach Nr. 4) ist aber
1 ß (i x^
ax^ —
ferner hat man
1 / I 1_\
xD^{xDs—l)' ~\xD,--\ xDj'^ ^
xD,— \* xJ),
.0 ~— .0 = ^x — j?
X
Literaturzeitung. 3 1'
(nach Nr. 6); als vollständiges Integral der gegebenen Differentialgleichung
ergiebt sich daher
y=—f r: + Ax—B,
worin J und B willkührliche Constanten bedeuten.
Die Integration der Differentialgleichungen zerschiedener Gattungen
bildet den Inhalt der Cap. III, IV, V und VI; in dem letzteren, welches
sich mit den simultanen Differentialgleichungen beschäftigt, findet man unter
Anderen diejenigen analytischen Entwickclungen, welche sich. auf die klei-
nen Bewegungen der Gase, elastischer fester Körper und der tropfbaren
Flüssigkeiten beziehen, sowie ferner die Theorie der Centralbewegung und
eine Untersuchung über die von Foncault beobachtete Drehung der Pen-
delebene. Der betreffende Calcul zeichnet sich durch Eleganz und kurzen
direkten Gang vortheilhaffaus.
Cap. VIII giebt sehr interessante Anwendungen des Operationscalculs.
auf die Geometrie ; namentlich sind es die Verschiebungen und Drehungen
einer Curve oder Fläche , welche eine kurze Behandlung mittelst symboli-
scher Formeln zulassen. Während z. B. die Gleichung i^(a:,y) = 0 durch
Verschiebung des Coordinatenanfanges (oder der Curve) in F{x+a^y+b)=0
übergeht, wird dieser Procos symbolisch durch die Formel
e ' ^F{x,y)^0
ausgedrückt; ebenso entspricht die Gleichung
e ^ y ^ '^ F{x,y) — 0
einer Drehung und ist mit der gewöhnlichen Gleichung
F{x cos (o — y sin a>, x sin « + y cos uo) = 0
identisch. Durch Rechnung mit dergleichen symbolischen Formeln gelangt
der Verfasser auf überraschend kurzem Wege zu verschiedenen neuen geo-
metrischen Sätzen, von denen "wir ein Paar anführen wollen: I) Dreht man
einen Kegelschnitt unendlich wenig um einen beliebigen Punkt seiner Ebene,
80 liegen die Durchschnitte des ersten und des gedrehten Kegelschnittes
anf einer gleichseitigen Hyperbel, welche durch den festen Punkt geht.
Wenn der Kegelschnitt ein Kreis ist, so degenerirt die Hyperbel in eine
Gerade. 9) Dreht man eine Fläche zweiten Grades unendlich wenig um
eine Achse, so liegen die Durchschnittscurven der beiden erhaltenen Flächen
auf einer dritten Fläche zweiten Grades. Man wird sogleich bemerken, dass
diese und ähnliche Sätze für die die Theorie der Umhüllungscurven und
einhüllenden Flächen von Werth sind und dass es dem Verfasser hierdurch
möglich wurde , in der angedeuteten Richtung manches bemerkenswerthe
Resultat zu erreichen.
Cap. X enthält die Anwendungen des Operationscalcpls auf die Diffe-
renzenrechnnng in einer zum Theil neuen und eleganten Form. Den Be-
schluss des Werkes machen einige Anhänge , in denen man unter Anderem
einen scharfsinnigen Beweis des Gauss 'sehen Satzes von der Anziehung
einer zwischen zwei sich nicht schneidenden Flächen enthaltenen Masse auf
einen beliebigen Punkt findet.
Aus dem Mitgetheilten wird man ersehen, dass das Werk CarmichaeTs
genug des Neuen und Eigenthümlichen bietet, um die Aufmerksamkeit der
Analytiker für sich in Anspruch nehmen zu dürfen. Bei dem hohen Preise
des Originales und der etwas lakonischen Sprache des Verfassers wäre es
iß Literaturzeitung.
B ist der gerade Weg der kürzeste". Wo ist der Mensch, der mit einer
Rolle Bindfaden in der Hand , die Wege von A nacb B ausgemessen und
die Beobachtung AB ^ Are AB gemacht hat? kennt Jemand den Experi-
mentator? Seit Menschengedenken ist dieser Versuch nicht gemacht wor-
den, woher also jene Kunde? Aber vielleicht hat in ganz unvordenklicher
Zeit, vielleicht einer der sieben Weisen Griechenlands jene Entdeckung
gemacht; möglich wohl, aber dann wäre der betreffende Satz nur durch
Tradition auf uns gekommen, und da nach bekannten Gesetzen der
Wahrscheinlichkeitsrechnung die Probabilität der Hichtigkeit eines Refe-
rates in geometrischer Progression abnimmt, wenn die Zahl der Wieder-
erzähler in arithmetischer Progression wächst, so würde die gegenwärtige
Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit jenes Satzes enorm klein sein, während
sie thatsächlich = 1 ist. — Aber noch mehr; man kann a priori wissen,
dass der Satz nicht aus der Erfahrung stammt , weil a priori bewiesen wer-
den kann, dass die betreffende Erfahrung unmöglich ist. Von A nach B
giebt es einen einzigen geradlinigen Weg, aber unendlich viel krumme
Wege; alle letzteren auszumessen* und mit dem ersten zu vergleichen, er-
laubt die Endlichkeit des menschlichen Lebens nicht — in seiner p r ä c i -
Ben Fassung kann also der Satz gar nicht aus der Erfahrung sein — wollte
man sich aber mit der Ausmessung einiger Wege begnügen und im üebri-
gen nach Analogie schliessen, so hätte man aus einer endlichen Anzahl von
Fällen auf eine unendliche Anzahl verschiedener höchst unähnlicher Fälle
geschlossen und das gäbe nur eine geringe Wahrscheinlichkeit. Auf diesem
Standpunkte muss es sich der Verfasser ganz ruhig gefallen lassen , wenn
ihm Jemand erzählt, er habe durch längjährige feine astronomische Beob-
achtungen herausgebracht, dass der kürzeste Weg von Frankfurt nach Hei-
delberg über den Mond gelie. Es wundert uns um so mehr, dass der Ver-
fasser in den alten Sensualismus zurückverfallen ist, als es ein sehr nahe-
liegendes Kennzeichen giebt, um die notliwendigen Wahrheiten (Satze
a priori) von den zufälligen (« posteriori = Erfahrungssätzen) zu unter-
scheiden; nothwendig ist nämlich jeder Satz, dessen Gegentheil man sich
nicht denken kann. Wer nur ehrlich gegen sich selber sein will, wird ge-
wiss zugestehen, dass er sich einen von zwei geraden Linien umschlossenen
Kaum schlechterdings gar nicht vorzustellen vermag, während er sich z. B.
sehr wohl denken kann, dass die Wärme zusammenziehend auf Körper
wirke, etwa wie beim Schwinden des Thoues. Aehnlich geht es mit allen
mathematischen Grundsätzen und daraus erklärt sich sattsam die allgemeine
höchliche Verwunderung, wenn Jemand die erwähnten Axiome mit experi-
mentalen Beweisen zu versehen sucht*).
Zum Glück für das vorliegende Buch hat die philosophische Ansicht
des Verfassers keinen wesentlichen Einfluss auf die Behandlung des Stoffes
ausgeübt; der Verfasser ist zu guter Mathematiker, als dass er sich durch
*) Man hat es der Kant' sehen I.ehre von den l'rtheilen a pviovi hier uiid da
zum Vorwurfe gemacht, dass sie die verrufenen ,, angeborenen Ideen*' rehabilitirc
und hat die Existenz der kHzteren sehr unbegreiflich gefunden. Dieser Einwand hätte
Grund, wenn Kant so unbedaehtsani gewesen wäre , jedem Neugeborenen ohne Wei-
teres fertige Urtheile beizulegen; bcaelitet man aber das zwar kurze, aber klare Ayort
(Kritik der reinen Vernunft S. I), ,,I)ass alle unsere Krkenntniss mit der Erfahrung
anfange, daran ist gar kein Zweifel .. . AVenn aber gleich alle unsere Erkenntnis«
mit der Erfahrung anhebt, so entspringt sie darum doch nicht eben alle aus der Er-
fahrung'^^ so reducirt sich jener Vorwurf auf ein reines Missvers'iindniss. Die Erfah-
riing- wirkt nämlich auf doppelte Weise* s\ii \^eTe\v!\wtV v\\\% ^vwerseits historisch mit
Literaturzeitang. 27
philosophische Grillen in seinem ruhigen Gedankengange stören Hesse. Der
ganzen Anordnung nach ähnelt das Werkcheii der früheren schönen Arheit
von Wittstein (Hannover 18^), ohne indess die meistens synthetische
etwas spröde Form derselben nachsuahmen; im Gegentheil besitzt die Can-
tor'sche Darstellung eine gewisse akademische Eleganz, die wenigstens den
Keferenten angenehm berührt hat, auch lässt der Verfasser an geeigneten
Stellen historische und kritische Anmerkungen gern einfliessen. Nur an
zwei verwandten Stellen ist Referent durch die Philosophie des Verfassers
etwas gestört worden. Der Verfasser gelangt nämlich durch die Subtrac-
tion für den Fall, dass der Subtrahend den Minuenden übersteigt, zum Be-
griff der negativen Zahl , und das wäre soweit ganz schön , wenn der Ver-
fasser es nicht für noth wendig gehalten hätte, dies auch philosophisch mit-
telst des Begriffes vom Gegensatze zu begründen. Zu diesem Zwecke wer-
den statt + a und — a vor der üand die Zeichen — >* a und •<— a eingeführt
und nun sollte eigentlich auch der Beweis geliefert werden, dass die durch
den Begriff des Gegensatzes gewonnenen Zahlen mit den bei jenem beson-
deren Falle der Subtraction noth wendigen negativen Zahlen einerlei sind
(— ► « = + «, -<— a = — a); dieser ganze Beweis fehlt aber und statt des-
sen heisst es nur S. 19: „in der Regel werden nicht die von uns benutzten
Zeichen — ► und <-, sondern + und — verwandt ". Wie es uns scheinen
will , hat sich der Verfasser die Sache unnütz schwer gemacht und ist da-
bei in eine antiquirte Vorstellungs weise zurückverfallen. In den früheren
Lehrbüchern (wie z. B. in T e 1 1 k a ra p f ' s Vorschule der Mathematik) pflegte
man sehr eilig mit dem Positiven und Negativen bei der Hand zu sein ;
weil es entgegengesetzte Grössen, wie Wärme und Kälte, Vermögen und
Schulden giebt, wollte man auch entgegengesetzte Zahlen haben, aber
dabei war immer die Noth, dass sich nicht recht beweisen Hess, warum ge-
rade die Zeichen der Addition und Subtraction diesen Gegensatz ausdrücken
sollten ; lässt man dagegen die negativen Zahlen aus der Subtraction ent-
stehen, wobei — a das unausgeführte Subtractionsexempel 0 — a bedeutet,
so versteht sich das Minuszeichen eo ipso und wenn man jene Operation in
der Zahlenlinie zu construiren versucht, so zeigt sich von selbst, dass die
negativen Zahlen die entgegengesetzten Zahlen sind ; mit anderen Worten,
der heutige Gedankengang ist gerade das Umgekehrte des früheren. Sei
es nun, dass der Verfasser es Beiden recht machen wollte, sei es, dass ihn
nur eine philosophische Regung beschlichen hat, befriedigend scheint uns
das gleichzeitige Inbetrachtziehen von unausführbarer Subtraction und
von Gegensatz nicht, und es wäre besser gewesen, der modernen Anschau-
ung stricte zu folgen. Damit steht die nachherige Betrachtung der latera-
len Zahlen in Verwandtschaft. Kaum ist Y—a als nicht angebbar erkannt,
80 verlässt der Verfasser das mathematische Gebiet, spricht von conträ-
ren Gegensätzen und will diese in die Mathematik übertragen wissen ;
der Kenntniss von allerhand Thatsachen, sie reg^ aber gleichzeitig zum Selbstdenken
an und durch letzteres bilden wir die Keime der nothwendigen Wahrheiten zu ferti-
Urtheilen aus , was ohne jene Anrcg^mg allerdings nicht geschehen wUre. Wer es
liebt, von einem Baume der Erkenntnis» zu reden, dem sind die Urtheile a priori die-
jenigen Früchte, welche der Baum bei normaler Witterung and fi^höriger Pflege kraft
«einer Organisation von selber hervorbringt, und dass es in diesem Sinne nothweii-
dige Wahrheiten giebt, ist gerade nicht wunderbarer, als dass der Weinstock Trau-
ben und keine Datteln trügt; die zufillligen Wahrheiten dii^efr^n gleichen in diesem
Bilde den vergoldeten, oft genug tauben Nüssen, womit «s'mv Wfevij^'AA'^vf. \\^\\\ ^«vw
Weihnachtsbaum scbmtickt.
Auf Tftf* fl Ändeti wir die C«tacaiwtica dps Kreis^a für den F^ll^ d&4i
die Ificbtstrfthlfln Ton i^inem Punkte atisgfrhetK Der Text erwähnt (nur hi
itiOfrii$eh) die Gloichnng der betreffend«*« Cnrv^ und bemerkt richtig binEU,
dus eine Dis^iiT^sioti jener Gleichung' (6. Grades) nur mit Bfiihe die Geetalt
der Curve erkennen lasse, während sieb diese aus der Zeichnung gant von
selber ergiebt. Hieran schliesöt sieb auf Tat III die Darätellung der Wir-
kungsweise eines sphärischen Hoblsplegelsi wobei die verscbiedenen objec-
tiven BUfler, welche elu und derselbe geft|>iegelte Gegenstand * fiir ver&cbie-
den gestellte Augen liefert, mit riejer Deutlicbkek hervorgeboben mA\
Taf, IV giebt dann die snbjectiven Bilder hinter dem Hohlspiegel, Put-
sprechend dem subjetrtiTen Biidern hinter fleni I^langpiegeL Einigt* sye*
cielle Fälle der Hcßexion beim Kreise sind auf Taf. V 2iisaininengc§tcllt;
[ erstens die Catacau^tica filr die betfondore Annahme, da^9 der leiicht^^ude
Punkt um den vierten Theil des Kadins vom Mittelpunkte entfernt ibt,
Bweiten^i ftir pÄrallel einfallende Strahlen und drittens ftlr die Keflfixion
Von der eonve^xen Seite des Kreises. Aus den fiir diese Fülle gelten^eu
Brennlinien ergeben aicli nacbber die entsprechenden ftpecielleren Bilder
des Hohlspiegels, sowie die des Convexspiegels, welche auf den heirWii
nHchsten Tafeln dargestellt sind.
Taf* VIII etlüiUert die Wirkang des Prisnia*s mit Hlicksicbt anf di<^
totale Reflexion und F'arbenzerfltrenung- Bei den grossen Dimenä^ionen ci^f
Zeichnung war es recht gut möglicb, die äussereten farbigen Bilder unter
Annahme der Brecbungsindiees l,so für rothe und 1^&3 för violette Strahli^n
deutUcb anjseinander 2U halten und derb Nachweis z\x liefern , dass dn^ Bild
eines ausgedehnten Gegenstandes in der Mitte farblos und an den Räntlem
farbig gestunit ist.
Besondere Aufraerksainkeit dürfte Taf. TX verdienen, welche d^
Gang der Licbtatrablen durch eine biconvcxe Linse veranschaulicht; wo-
bei die verschiedenen Fälle eines in und eines ausser der Achse liegenden
leuchtenden Punktes unterschieden sind. Die sorgfaltige Erörterung der
hier auftretenden Verhältnisse bietet die Mittel zur Construction der ver-
schiedenen Bilder, welche eine Linse liefern kann; so ist z. B. die auf der
nächsten Tafel gegebene Ansicht der Loupenwirkung mit ihrer starken
sphärischen Abweichung an den Grenzen des Gesichtsfeldes von über-
raschender Klarheit. Der besondere Fall , dass der lichtspendende Punkt
sehr weit entfernt ist (Wirkung der Objective) findet auf Taf. XI seine Er-
ledigung. Auch hier ist auf die Farben Zerstreuung Überall die gehörige
Rücksicht genommen. In ähnlicher, wenn auch minder ausführlicher Weise,
werden auf Taf. XII die Concavlinsen betrachtet; Taf. XIII zeigt den
Gang der Lichtstrahlen durch eine Convexlinse mit dahinter gestellter Con-
cavlinse, was einerseits die Theorie der achromatischen Objective,- anderer-
seits die des Galilei'schen Fernrohrs begründet.
Taf. XrV enthält die Theorie des Regenbogens und war nach des Ver-
fassers Erklärung die erste Ursache zur Entstehung des vorliegenden Wer-
kes. Der Verfasser erwähnt nämlich , dass er als Lehrer und Examinator
oft in Erfahrung gebracht habe, wie selten bei Studirenden der Physik eine
genügende Einsicht in die der Entstehung des Regenbogens zu Grunde lie-
genden optischen Vorgänge zu finden sei; diesem Mangel habe er dnrcb
eine sorgfältige graphische Darstellung abzuhelfen gesucht und der gute
Erfolg dieses ersten Versuches sei ihm eine Aufforderung gewesen, auch
die übrigen optischen Erscheinungen auf gleiche Weise zu behandeln. HK
Literaturzeitung. 29
Betrachtungsweise etwas entfernt von dem Gange des gewöhnlichen Calculs;
dies und der umstand , dass die Besultate hie und da etwas paradox , um
nicht zu sagen unrichtig, auffallen, mögen die Ursachen sein, warum der
Gegenstand weniger Aufmerksamkeit fand, als er wohl verdient hätte.
Unter einem weit allgemeineren Gesichtspunkte vereinigte Servois diese
verschiedenen Versuche (Gergonne's Annalen, Bd. V, pag. 93) und darf
daher als der eigentliche Gründer des Operationscalcüls gelten. Von
der Bemerkung ausgehend, dass Gleichungen wie
^ (fi + r) = Jtt + dv,
i:(u + v) = £u + ^,
unter der allgemeineren Form
F{u + v) = F{u) + F{v)
enthalten sind , gieht Servois zunächst eine Theorie dieser sogenaniiteil
distrihutiven Funktionen, wobei es hauptsächlich auf die Gesetze an-
kommt, welche für die Wiederholung der Funktion, sowie für ihre Um-
kehrung gelten. So hat man z. B., wenn F [F{u)] mit F\u) bezeichnet wird,
F'{u + v) = F*{u) +F^{v)
und analog für höhere Wiederholungsindices ; ferner wird F^{u) für u und
F~~' als diejenige Funktion erklärt, welche der Bedingung
F'"[F{u)]=zu
genügt. Servois verallgemeinert weiter die bekannten Relationen
dJu = Jdti und dZu = £du
indem er die sogenannten commutativen Funktionen durch die Gleichung
erklärt und auch für diese die Gesetze der Wiederholung und Umkehrung
entwickelt. Daran schliesst sich die Betrachtung zusammengesetzter Funk-
tionen, wobei von symbolischen Gleichungen wie z. B.
häufig Gebrauch gemacht wird. — In Deutschland scheint diese Speculation
trotz unserer Vorliebe für abstrakte Theorieen keinen sonderlichen Anklang
gefunden zu haben , desto mehr haben sich die Engländer in neuerer Zeit
damit beschäftigt, namentlich Boole, Hargreave, Bronwin, Graves,
Sylvester, Donkin und Spottiswoode, deren Arbeiten der Verfasser
zu einem systematischen Ganzen zu verarbeiten gesucht hat.
Die Principien, von denen der Verfasser ausgeht, sind im Wesentlichen
dieselben wie bei Servois nur in schärferer und theilweis allgemeinerer
Fassung. So wird gleich anfangs richtig bemerkt, dass es sich eigentlich
nicht um Funktionen, sondern um Operationen handelt und demgemäss auch
nicht q> {u) sondern (p .u zn schreiben ist ; hier bedeutet q>^ dass mit u irgend
eine Operation vorgenommen werden soll, und wenn das hierbei entstehende
Kesultat JC heisst, so wird
g> ,u=zX und umgekehrt g>~"' .X=u
gesetzt. Dabei kann in vielen Fällen von u und X ganz, abstrahirt werden,
sobald zusammengesetzte Operationen vorkommen, man gelangt dann zn
Gleichungen, wie man sie auch in der Flementarmathematik nicht selten
benutzt, z. B.
jf/]/ = Z/ oder «n*=j/l — co5*.
Cap. n giebt die^ Theorie der commutativen , sowie der distributiven
Operationen, wobei die ebenerwähnte Isolirung der Operationszeichen zum
Princip gemacht wird. Da die Differentiation beiden Operationsclassen an*
leraturseiiun^*
Hm)» für die übrigen t4 stellt er die betrf^ffendea Gleichangett auf, woihb
l«f *icli sogar eine vom 7, Grade findet. Zum Sclilusae theilt der VrrfMtjer
noch eioe Tabelle ron 4$ Zablenbeis^iieleQ luit, bei detien itämmtlicbe £waif
Segmente rationale Werthe haben, «dj
Referent glaubt dieses Schriftchen als Aufgabensamoilutig empfeWefl^
Ru kennen, da namenükb die 2ft ersten Aufgaben fast nur den pythagoräi-
ßchen Öata und die AebnliLOikeit der Drgificke poituliren, und eben «iess-
wegen eine nicht zu «ehwere Uebung im algebraisch - g<»ometriscben Calcu!
bieten. Nur Einea hätte fiefercnt anders gewünscht, nämlich die Wahl der
Buchstaben. Der Verfasser hexeiclinct die Seitenaegmente mit A, i» A, /, rtr,
n^ die Höhensegmente mit o, p^ q^ u, t\ w\ für die Uehersicbt und immt'Dl'
lieh Air die combinatorischen Bemerkungen wäre ee aber wohl EweckmÄasI'
ger gewesen, die Seiten mit 0, 6, c^ die zugehörigen Höhen etwa mit o, jJ,^
und dem entsprechend die 8eitenab.Hchnitte mit ü^^a^^h^^ &, , ^i » ^t* ^***^*
die Hühensegmeule mit ofj , <*t, ^j , JS^t y» 1 )*! äu bejseicbnen.
Bibliographie
vom 1, JftDuar bis 15. Äpril 1856*).
n
t
FeriodliGhe Schrifteit
8lT£DKG6BeRiCHT£ der katserl. Akademie der Wissenschaften Kii Wien
ixisthemat.'natiirwissciiscb. Classe; Jabrgaug 1855. Wien, Braumüller.
netto 2% Thlr^
^ I>Eir£»eiiRiFT£X der kaiserL Akademie der Wissonachaften zu Wien. Hip
themat.^naturw. Ciasee. Bd. X. Jahrgang 18^5, Wien, Braumüiler*
netto 6% Thlr.
Monatsberichte der königl. preuss. Akademie der Wiaseusch. zu Berlin.
Jahrgang 1856, Heft I. Berlin, Dtiramler. pro compl. 1% Thlr.
Berichte über die Verhandlungen der K. S. Gesellschaft der Wissensch.
zu Leipzig. Mathem.-phys. Classe. Jahrgang 1855, Heft 2. Leipzig»
Hirzel. % Thlr.*
Melanges malhematiques et astronomiques, tires du buUetin physico - m€Hhematiqü^
de Vacademie imperiale de SL Peter sbourg. Tome II j livraison 4. Leipzigs
Voss. 1855. 17 Ng^-
Comptes retidues des seances de Vacademie des sciences de Paris. Annee 185^"»
Nr. 1 — 15. Paris ^ Maltet- Bachelier.
Astronomische Nachrichten, herausgegeben von C. A. F. Peter ^'
Bd. 43. Nr. 1. Altena und Hamburg, Perthes, Besser u. Mauke.
pro compl. 5 Thl^
Bremiker, Nautisches Jahrbuch oder vollständige Ephemeriden ui^^
Tafeln für das Jahr 1858. Unter amtlicher Aufsicht herausgegeben
Jahrgang 7. Berlin, Schropp u. Comp. % Thm
Annuaire de fobservatoire de Bruxelles , par A. Quetelet. Annee 23. Bruxelte^
1856. 20 Ngr^
*) Wir firlauben unseren Lesern einen kleinen Dienst zu erweisen, wenn wir si^
darauf ai^fmerksam machen, dass alle ausländischen Werke ohne wesentliche Freist
erhöhung durch die Buchhandlnng von F. A. Brockhaus in Leipzig zu beziehet
sind , welche ihre Thätigkeit dem internationalen literarischen Verkehr mit besonde
r^ Vorliebe zuwendet« •
Literaiarzeitung. 33
delsverkehr gesetzliche Geltung haben , durch ihre nur geringen Abweich-
ungen von den bestehenden Maasten. Nebenbei bliebe es den Technikern
unbenommen, nach dem Meter zu arbeiten and eine einzige Rednctions-
tabelle würde der Yermittelung dienen. Scui^ömilch.
Darstellende Optik von F. Enoel (Lehrer der darstellenden Geometrie)
und K. Schellbach (Prof. am Fried.- Wilh. Gymnasium zu Ber-
lin). Nebst 21 Kupfertafeln. Halle, Verlag von H. W. Schmidt. 18S6-
So wenig geläugnet werden kann, dass der Weg, den ein Lichtstrahl
bei mehreren auf einander folgenden Zurückwerfungen oder Brechungen
durchläuft, am genauesten mit Hilfe der Rechnung zu verfolgen ist, so ge-
wiss wird man auch zugeben , dass hierzu immer schon einige analytische
Fertigkeit, sowie Uebung im geometrischen Ausdeuten der Rechnungsresul-
tate gehört. Weit schwieriger aber wird die Sache, wenn es sich um die
Benrtheilung des optischen Effectes eines zurückgeworfenen oder gebroche-
nen Strahlenbündels handelt; hier kommt es weniger auf den Weg des
einzelnen Strahles als vielmehr auf den geometrischen Ort der Durchschnitte
der rcflektirten oder gebrochenen Strahlen an, mit anderen Worten, es ist
die von letzteren Strahlen eingehüllte Curve, eine sogenannte Brennlinie,
zu bestimmen. Die Gleichungen dieser Curven sin4 so verwickelt und wer-
den durch die verschiedenen Stellungen des Auges so mannichfaltig roodi-
ficirt, dass selbst nach dem Urtheile eines DüHchlei und Jacobi „eine rein
analytische Behandlung nicht geeigi^et ist, die grosse Mannichfaltigkeit der
hier eintretenden Fälle übersichtlich darzulegen**. Dieser wissenschaft-
lichen Lücke entspricht eine pädagogische ; man findet zwar in allen Lehr-
büchern der Physik den Weg eines einzelnen Lichtstrahles erörtert, dar-
über hinaus aber (wie z. B. schon bei der Kugelabweichiug) wird der Vor-,
trag referirend , ohne dass irgend ein brauchbares Mittel aufgezeigt würde,
welches von den complicirteron Verhältnissen Rechenschaft gäbe. £s war
daher ohne Zweifel ein sehr glücklicher Gedanke der Herren Engel und
Schellbach, die katoptrischen und dioptrischen Erscheinungen durch
graphische Darstellungen zu veranschaulichen, und Referent glaubt den
Lesern einen Dienst zu erweisen , wenn er den -Inhalt des Werkes etwas
näher angiebt.
Taf. I behandelt die Spiegelung und Brechung leuchtender Punkte
durch eine Ebene. Hier giebt bereits Fig. 3 das erste und einfachste Bei-
spiel einer Brennlinie ; wenn nämlich zwei homogene durchsichtige Media
durch eine Ebene getrennt sind und die Strahlen eines ebenen Strahlen-
büschels bei dem Uebergange aus dem einen Mittel in das andere eine Re-
fraction erleiden, so stehen bekanntlich die gebrochenen Strahlen senkrecht
auf einem bestimmten Kegelschnitte; die von ihnen eingehüllte Brennlinie
ist daher die Evolute jenes Kegelschnitts. Gemäss der Eigenthümlichkeit
aller graphischen Methoden ergiebt sich zwar die Natur der Brennlinie
nicht unmittelbar, wohl aber erhellt, und das ist hier die Hauptsache , ihre
Existenz , und zugleich sind auch die möglichen Spitzen der Curve durch
die Construction ihrer Lage nach bestimmt. Die optische Bedeutung der-
selben für die Sinnesanschauung bespricht der Text. Fig. 4 zeigt die ver-
schiedenen krummlinigen Formen , unter denen ein im Wasser liegender
Pfeil von einem über dem Wasser befindlichen Auge in verschiedenen Stel-
lungen gesehen wird,
Meyek, GjmtiÄS,- Profi Lelirbucli der Geometrie für Gymnasieo.
I. Theil : Planiinetne. Ö, Aufl, Mölilbeim a. d. Ruhr, Bagel. n. 11% Ngr.
BuEKKECKE, Dir. Dr. Trigonometri*^ fUr Uöliere L elira üäI Alten-
Mit in Uen Text geJr, Htvlxschuitteii, Berlin, En^lm, uetto % Tlilr*
6all£KKamp , Rector. S ä in m 1 u ti g trigonometrischer A u f g a b e Q,
1. Abtl). : Rein matUoiruiiiselie Aii%n.beti, U, Ausgabe. Mübllii>im i\A.
Ruhr, BagoL netto 12 Ngt*
MefkRp C\ Th. und Dr. AT. H, Constructi ve Aufgaben fiber Kt-
gelschDitte« (Abgedr. aui der axanometariackea Prejection sichre.)
Leipzig, Hassel. l Thlr.
^äriihmiHique des ecofes pnm&ires; par CnmuteL 7. cdiüon^ Paris chez PfrZohr^,
E* Magihhme,
Arithmrlique elvmentaire pnr Ä. DumoucheU Oiwruge mtUrkS pur k comeil fif
t insiruriwtt publique. Paris rhez Ih'zobrf/, E. Mügdeklmu
Tfaite {fÄnthmefiquc par A. Ditmotsehet ^( J* ihtpuis. Ouvrage mtiorise pär funi
rersikK Pur in thcz Dru^hrf/^ E* Maßdeicinr.
Ltyons für ie systimie metriqu«! ei mr ks apptitatiom tle fttrÜhmeHtfUt h tu m
mre den hngurur$, des surfnnes fta pur A, Thirion. % ödiiion. Parif
i'hez 0ez0brif, E* Mugddeine*
Cours ifkmintüire de trigormmeitie rectiligne t par A» Guilmiti. Paris* I^urmd.
Memoire nur ks nurfaren dnni ks Ugnes de tune des eourhures soni plann ^w
npfterigues ; par M. A* SerriU { Exiraii des CompteH rendueu.} Paria, Md
kt- Bnehelier,
Mncychpidie mttth^matique, par de Mnntferrier, 1. par He: Mtdhemaiiquts pum.
* Paris* {Complei en 4 mlume$ qh eti %0 livraisons ä Ib N^jr^}
Prmcipfi de malhemaiique , orithmeHtpte ^ aigehre, geomririe ei irigontmärki i
par Vahhe Chastain. 2* t'ditiuji, Ttmiouse chez E. Prieat*
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Trinily CoUege etc, London , Longman , Brown and Comp. *.
Kimber, Maihematical cotirse for ihe universily of London. 2. edilion, London,
Longman. 9 sä«
Whemell. Conic seclionSj iheir principks proved geomelrically, 3. edit. Londm,
Parker and Son. 3 sh. 6 d.
Bavies and Peck. Maihematical Diciionary and cyclopaedia of malhematicol
science. New -York. \%9^
Compendio de maiemaiicas puras y mixiaSy por Don J. M. Vaüejo. Para uso ^^
los colegios de la republica mejicana. Nueva edicion. 2 Vol. Paris ch^^
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Angewandte Hathematik.
Heym, Dr. Die Anfertigung des Rechnungsabschlusses v ^^^
Grabekassen und Krankenkassen. Im Auftrage der K. S. K^
gierung verfasst. Leipzig, G. Wigand. %Tl]t^
Grundriss für die Vorträge auf der königl. Artillerie- ut:^
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rieht im Planzeichnen , bearbeitet vom Ingenieur - Hauptmann Fellet
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Pfleiderer, Prof. Entwurf einer mathematischen Geographi
I. Theil. Stuttgart und Tübingen, Fiies. netto % ThL^
DoMKE, Navigationslehrer. Nautische, astronomische und loga^
rith mische Tafeln für die k. preuss. Navigationsschulen. 2. kuv
Berlin, Decker. ITW^
Literaturaeitung. 35
besonderer Vorliebe verweilt der Verfasser bei der genannten Theorie und
bespricht mit ebenso grosser Genauigkeit als Klarheit die beiden auf Ta-
fel XIV verzeichneten Figuren, von denen die erste die Entstehung des
Hauptbogens , die zweite die Entstehung der verßchiedenen möglichen Ne-
benbögen erläutert. Uebrigens sind diese Figuren durchaus nicht compli-
cirt und gewähren bei dem gewählten grossen Maassstabe ein vollkommen
deutliches Bild.
Auf den noch übrigen fllnf Tafeln sind verschiedene einfachere und
zusammengesetztere optische Apparate in ihren Wirkungen dargestellt,
z. B. die Linse von bester Form, das achromatische Prisma, das achroma-
tische Fernrohr sowohl mit astronomischen als terrestrischen Ocular, das
Gregory'sche Spiegelteleskop u. s. w.; der zugehörige Text ist vermöge
der früheren einleitenden Betrachtungen kürzer gehalten , ohne jedoch der
Deutlichkeit Eintrag zu tliun.
Was nun den Schulgebrauch des Werkes anbelangt, so möchten wir
nicht ratheu, die Originalkupfertafeln den Schülern vorzulegen, denn selbst
abgesehen von 'möglichen Beschädigungen würde es doch nur einer sehr
geringen Schülerzahl möglich sein, die Zeiohnungen so deutlich zu sehen,
dass hierdurch eine wesentliche Förderung der mündlichen Exposition er-
reicht werden könnte; wir rathen dagegen, die Tafeln in grösserem etwa
doppelten Maassstabo copiren und angemessen coloriren zu lassen , was na-
mentlich in Realschulen und polytechnischen Instituten durch die Schüler
selbst geschehen kann, diese Zeichnungen als Wandtafeln zu benutzen und
daran den Vortrag zu knüpfen. Dieses Verfahren, welches am hiesigen po-
lytechnischen Institute bei allen Gegenständen, von denen keine Modelle
zu Gebote stehen, seit Jahren angewendet wird, können wir als ein den
besten Erfolg verheissendes allseitig empfehlen.
Schliesslich wünschen wir, dass die vorliegende Anzeige etwas zu
einer möglichst weiten Verbreitung des genannten, neuerdings auch in
einer englischen Ausgabe erschienenen Werkes beitragen und der Verleger
hierdurch einen Ersatz der aufgewendeten, jedenfalls nicht geringen Kosten
finden möge. Schlömilch.
Programme.
L Eine Gruppe von Aufgaben nber das geradlinige Dreieck. Von Dr.
Grebe. Osterprogramrti von 1856 des Gymnasiums zu Marburg.
Bekanntlich schneiden sich die drei Höhen des ebenen Dreiecks' in
einem und denselben Punkte. Dieser liegt beim spitzwinkligen Dreieck,
welches die genannte Abhandlung ausschliesslich berücksichtigt, innerhalb
der Figur. Dabei erscheinen sowohl die Seiten als die Höhen des Dreiecks
als Summen je zweier Abschnitte , so dass im Ganzen zwölf Segmente vor-
handen sind; drei von diesen bestimmen im Allgemeinen das Dreieck und
es knüpft sich daran die Aufgabe, aus irgend drei Segmenten die übrigen
. neun und damit das ganze Dreieck zu berechnen. Hierin liegen 43 einzelne
Aufgaben, unter denen 28 durch Gleichungen ersten und zweiten Grades
lösbar sind, 14 auf Gleichungen höherer Grade führen und eine entweder
unmöglich oder unbestimmt ist. Für die 28 ersten giebt der Verfasser die
vollständig entwickelten Werthe der jedesmaligen 9 ünbekannted (ohne
Beweis , da dieser in den meisten Fällen nicht die geriqgste Sc hwierigkeit
Analyiieal view öf Nfwian*i PHncipia. By ff. Lord Braugham anä K /- Äoiili
London ^ Longman , Branm «urf Comp. U sÄ.
ffandbook of naturftl phitomphif* By Bion. Lardfter* ff^ärojfiufics^ Pnefanatm
find ffeaL London ^ Longman , ßromn and Comp* % li
GifUsi, (he United Stafe» Antronomicai ej^pediHon io ike southrrn hrmi$phert,
during Oie yeuts 1849, 18^, 1851 and IBoJ. IFauhmf^ion, 4 L
Feicr, Prof* Dr. DJe physikalische Technik. 3. vermehrte und
Terbeaaerte AtiHage, Braunschweig , Vieweg u, Sohn- netto 2^ji Tlilr.
SciiWEiaoERt Prof. Dr. Ueber Magnetismus in akusti scher Be^
siohnng^ und damit s^usamnieuhÜDgende welth&rmoulscho G^eaetm
(AbhandL d. natnrforsch. G**s. zn Halle.) Halle, Schmidt, n. % Tfalr.
Knochbnhaukr, Dir. Ueber die gemeinsame Wirkung zweier
elektrischer Ströme, (Sitaungsher, d. kais. Akademie bu WieoJ
Wien, BraiimüUer, nMto % Ttlr-
DovE, H, W, Dar stell ung der Wärmecrscheinungen durch fünf'
IM g Ige Mittel von 1782 — 18ää mit besonderer Berüekfiichtigung d«
strengen Winter. (AbhandL d» Berliner Akademie*) Berlin, Dümml^r.
netto 3 Tür
HEfCHENBAH, Dr* C. V, Odisch- magnetische Briefe. Erste Reibe.
% Ausgab?. Stuttgart, Cotta. netto 27 N^.
Mabtiit. Kepertorium der Galvanoplastik, Erster Band, Wies,
Gerold^s Sohn. l^ Tbb
Stein, Prof. Die NatnrwissenachaTten in ihreti Beziehungen
zn den materiellen nnd geistigen Intereasen der Mensch^ ^
he it. Dresden, Schönfeld. *4 Thlr.
Erdmann, Prof. Dr. Ueber die Fortschritte der Naturwissen-
schaften unter der Regierung Sr. Maj. des Königs Fr. Wilhelm IV.
Festrede am 15. October 1855. Berlin, HirschWald. 4 Ngr.
Allgemeine Encyclopttdie der Physik, bearbeitet von W.-Bbix«
G. Dbcher, 0. V. Feilitzsch etc., herausgegeben v. G. Kabste»«
I.Lieferung. Leipzig, Voss. 2% l'bl'-
Heusser. Das Erdbeben im Visperthale, Kanton Wallis, 1855. (Ne^-
jahrsblatt der Züricher naturforsch. Gesellschaft.) 30 Np-
Zaborowski^ De tripHci in materia cohaerendi statu, Disquisitio physica. P^'
naniae. 12 ^ff'
Tratte ilementaire de physique expSrimentale et de mSteorologie : par A. Gitf^
6. Edition. Paris chez Vauteur ; rue de Vaugirard 52.
Elemens de physique exp&imentale et de mSteorologie : pnr M. Pouiilet. 7. ^*
tion. Paris, ffachelte. ISfrar^^
Manuel de t^lSgraphie Slectrique, par L. Breguet. Paris, VicL DalmonL
TraitS d^SlSctriciti Morique et appliqu^e, par A. de la Rive, 2 9oL Pa^
(Erscheint noch Band 3.)
Traitä deUctricite et de magnStisme, par Ant. et Edm. Becquereh Tome
Magnätisme et electro-magnitismer Paris, pro Band 2% Th*^
Carpenter, the microscope and its revelatiens, JUustrated by 345 mood-engr^'
vings, London, 5 Th
Orack von B. G. Teubn«r in Dresden.
Literaturzeitung.
Rec«nsionen.
Vebnngen in der Anwendung der Integralrechnung. Von Dr. M. Ohm,
Professor etc. Nürnberg, Fr. Komische Buchhandlung. 1856.
Die Ansichten des Verfassers sind so hinreichend bekannt und werden
▼on 80 Wenigen getheilt, dass wir eine Erörterung derselben für überflüs-
sig halten; es mag in dieser Beziehung die Notiz genügen, dass Herr Prof.
Ohm seit der Herausgabe seiner ersten Versuche zur Construktion eines
„▼ollkommen consequenten " Systems der Ma^ematik nichts gelernt und
nichts vergessen hat, wie denn auch hier die in allen Ohm'schen Werken
stereotype Jtedensart „ der Anfänger kann aus diesem Buche sehr viel ler-
nen " unverdrossen wiederholt wird. Der Uebungen nun, welche der Verf.
mittheilt, sind drei, und diese lassen sich wieder auf eine reduciren, denn
man findet im ganzen Buche eigentlich nichts weiter als Beispiele zu der
bekannten Aufgabe von der Substitution neuer Variabelen in ein- oder
mehrfache bestimmte Integrale. Die erste Uebung betrifft die Umwand-
lung von
b
dx
Jf{x)dx
mittelst der Substitution x^=z<p{z) unter Rücksicht auf die etwaige Mehr-
dentigkoit von 9 (z). Die zweite Uebung hat es mit dem Doppelintegralo
//
f(x,y)dxdy
in thun, dessen Integrationsgrenzen durch eine gegebene Bedingung, z. B.
«* + ^^ Ä*, bestimmt sind; hier werden der Reihe nach die einzelnen Fälle
durchgegangen, ob man bloss für o:, oder nur für y^ oder für x und y gleich-
seitig neue Variabein einführen will , welche mit den ursprünglichen Ver-
änderlichen durch bekannte Gleichungen verbunden sind (wie z. B. beim
Uebergange von rechtwinkligen zu Polarcoordinaten : x:=:rcos^,y==: r sin 9),
Eine gleich ausführliche Behandlung wird dem dreifachen Integrale
///'
fix,y,z)dxdydz
cum Theil. Die geometrische Bedeutung solcher Transformationen hebt der
Verfasser klar und deutlich hervor ; für das dreifache Integral namentlich
benutzt derselbe die Veranschaulichung , dx dy dz als Volumenelement,
LHeralarilg-. d. Zeitschr. f. Math. u. I'hys. I. 4l
)
^£YEK t GymnaB.-Prof, L eli r b la c H d er 6 e o m e t r i e f fi r 0 j^mna a i e a.
l, Theil : Planimetrie. 8, Änfl. MUhlheim a, d, Ruhr, BageL n, iVk Ngr.
BaENNKCKE^ Dir, Dr, Trigono tu ötri« für höhere Leiiraoät alten.
Mit in den Text gedr. Jlolzschnittey. Berlin , Enhli«. netto % Thlr,
Gällekkamp, Eect^ir* Sammlung trigoiiome triBcIier Aufgaben.
L Abth, : Kein mathematisclie Aufgaben« 3, Ausgabe* Mühlhf!im a. d,
Unhr, BageL netto 13 Ngr.
Meyer, C, Th. und Dr. M* H* Constructive Aufgaben über Ke-
gel sehn itte. (Abgedr, ans der axonometriiäebcii rrojectionslübre,)
Leipzig, Hassel, l Tblf.
AriihmtHique des eeoles pnmatresi par CrimoieL 7. edition. Paris chez l^^zohr^^
E. Magdeldne*
Ari(kmt:iique efrmenfairt* par J, tlumifuchei. Oiwrage autortse par U cotiieH de
fmi^trHeiiojf puhlique. Paris rhez Ihhobry^ E. MagfMnm'.
Traite tfArit/tmt*iit/ue par A, IHtmouchfi ei J. &ifpui». Ott v rage autorise par tuni*
versite^ Puris chez Dezohtp^ E* Magdeh'inf%
Ze{*ons mr le ^sfemt; meirique ei snr les uppiicttiimis de rnritkmtiique a ia mr-
surt des hngitcttrs^ des surfares etc»- par A. Thirion* 9. ediÜQti* Paris
rhfi Dezohrtf^ E. Mägdelein e^
€öur$ el^itietttatre de trigonometrie rectüigne : par A. Qudmtu, Pari»* iMtrand*
Memoire snr Ics mrfarcs thmt ks ligncs de fune de$ courhur es sont pfanes ou
üfihtriqurs : par M, A. SrrreL {E^^trait des Compieit rendues,) Pariji^ Mal*
iel - Baehelie-r.
Mncifclnpedie mathemaiique^ pur de Montferner, I. parlier Math/müiiqufi pures.
Pnri», {Compiet en 4 mlumes &u ett 2ö livrtiisom a tb I^gr,y
Pfiticipes de mathrmafiqtit, artthmetiqur ^ fthjehiY, fjt'fimt'trie et trigonometrif •
par Vabbe Chastain, 2. edition. Toulouse chez E. Privat,
Manual. of Euclid. Books 1 and IL By Galbraith and HaugfUon, Fellows of the
Trinily College elc, London , Longman , Brown and Comp, *.
Kimher. Malhematical course for the universily of London, 2. edition, London,
Longman. 9 sh.
TVhewell. Conic sectionSy iheir principles proved geometrically, 3. edit. London,
Parker and Son, ^ sh. 6 d.
Davies and Peak. Malhematical Dictionary and cyclopaedia of malhematical
science. New -York. \8 sh,
Compendio de matematicas puras y mixtas , por Don J. M. Vallejo. Para uso de
los colegios de la republica mejicana. Nueva edicion. 2 Vol. Paris chez
Garnier frires.
Angewandte Hathematik.
Heym, Dr. Die Anfertigung des Kechnungs ab Schlusses von
Grabekassen und Krankenkassen. Im Auftrage der K. S. Re-
gierung verfasst. Leipzig, G, Wigand. % Thlr.
Grundriss für die Vorträge auf der königl. Artillerie- und
Ingenieurschule zu Berlin. I. Theil : Leitfaden für den Unter-
richt im Planzeichnen , bearbeitet vom Ingenieur - Hauptmann FsLi^sa.
Berlin , Behr. netto % Thlr.
PPLBIDERER, Prof. Entwurf einer mathematischen Geographie.
1. Theil. Stuttgart und Tübingen, Fues. netto % Thlr.
DoMKE, Navigationslehrer. Nautische, astronomische und loga-
rith mische Tafeln für die k. preuss. Navigationsschulen. 2. Aufl.
Berlin, Decker. 2 Thlr,
Literaturzeitung. 43
\dxdy
-'f/r ("•')■
die Substitution x = aQ cos q>y y=bQ sin ip als sehr erspriesslich, weil sie
constante Integrationsgrenzen herbeiführt, nämlich
1 4«
S^=zab I I f{aQCosq>^b(fsm^)(fdQdg>
ii
und nnn die Anordnung der Integrationen willküMlich wird ; dagegen wäre
diese Substitution bei dem Integrale
X*
T:
= I ff{^,y)äxdy
übel angebracht, vielmehr muss man hier x = ut^y = u(l — f) setzen um
Constanze Integrationsgrenzen zu erhalten, nämlich
a 1
T= f j f{ut, u — ut*) ti (l + 1*) du i
^ ^ , ^ id(.
Ö Ö
Mit nur einiger Gewandtheit entdeckt man dabei leicht die Fälle, in denen*
die Reduction auf ein einfaches Integral allgemein möglich ist. So ersieht
man z. B. aua der zweiten Form von S unmittelbar, dass die Reduction ge*
lingt, 8obald fipc^y) eine Funktion von -^ + ^ ^^) etwas Aehnliches gilt
ftr das Integral T wenn /*(a?, y) = (p (4a:* + y*), es wird nämlich nach der
zweiten Form
1 a
Y/.-c
_ /'y[a'(l + O']-y(0)
(I + <•)•] u{\+i^)dtdu
1
0
Was , beiläufig bemerkt, nicht bekannt zu sein scheint.
Wir zweifeln nicht , dass das vorliegende Werk des Herrn Prof. Ohm
Von dessen Verehrern mit der nöthi^en Bewunderung hingenommen wer-
den wird, möchten es aber über diesen Kreis hinaus Niemandem empfehlen.
SCHLÖMILCII.
^hrbnoh der unbestimmten Analytik für höhere Lehranstalten. Von
W. Berkhan, Oberlehrer am Gymnasium zu Blankenburg. Erste
Abtheilung. (Auch unter dem besonderen Titel : Die Auflösung
der Diophantischen Gleichungen ersten Grades.) Halle, bei
H. W. Schmidt. 1855.
Bei dem allgemeinen Interesse , welches die unbestimmten Aufgaben
^on jeher auf sich gezogen haben und bei der geringen Anzahl von aus-
eelüiesäHcb diesem Gegenstaude gewidmeten Lehrbdchern darf timu mm
neue Bearbeitung der Diophaiitischen Probleme als einen seitgeuiäshen Gc>
danken bezeichnen; iu wie weit der Verfasser bei Ansfübrung desselbeü
glücklich gewesen ist, wollen wir etwas näher nntersucKen.
Gleieb i« medium rem gehend lehrt der VerfaÄser auf S. 3 das bekannte
Verfahren, wonach die GleieUuug ajr ^ by ^^ e durch .'sueeesüive Substitu-
tionen so lange in andere mit kleineren Coefficienten versehene GleicbiiD-
gen transformirt wird^ bis man auf eine Gleichiing kommt , w^erin einer der
CoefTicienten der Einheit gleich iüt; gnr Erläuterung dieser Metbode folgt
cirea ein Dutzend in änsserüter YoUsländigkeit ausgerecbneter Beispiele*
DiesB igt allerdings seh» praktisch ^ jedoch wenig wissenschaftlich. Das
Verfahren selber begreift sich xwar leicht, nicht aber dessen Noth wendig-
keit^ jedenfalls durfte es der Verfasser nicht bei der blossen Angabe einer
Regel be Wender^ lassen, deren Pointe (nlinilieh die foHwährende Yerklei-
nernug der Coefficienten) übcrdiess uncrwlilint bleibt, er hatte im Gegen-
iheil beweisen miUscn, dass früher oder spüter eine Gleichung erscheint,
worin ein Coefiicient :=^ I ist, dass man also seh U esslich doch 211 einer Auf-
lösung gelangt und sich nicht etwa mit endlosen Transforniationen im Kreise
herumtreibt^ Die auf S. 13 stehende Bemerkung, dass hei Gleichungen Fßo
der Form dir + i>^:= c die obige Rege! nicht erst angewendet xu werden
brauchö sondern ohne Weiteres a' = r + % zu nehmeu sei, hätte dann den
Anfang machen müssen und es wäre an die Stelle einer unmotivirteu Hegel
• der heuristische Gedanke getreten, rtx + &i/:^=c auf eine der Fomifln
oj -f T/ =^ y oder | + /^*? ^^^ ^ zurückzuführen.
Ebensowenig kann sich Referent damit einverstaudeir erklären , dass
erst auf S, 17 gezeigt wird, wie aus einer Aiiflösnng *r ^^ u und ^ = 1; di« ,
allgemeine Auflösung
,T = ^( + nbf y = ^- + "« {^ <^ine beliebige g^nnze Zahl)
folgt, und dass gar erst auf S. 75 die Möglichkeit der Auflösung einer un-
bestimmten Gleichung nachgewiesen wird. Letztere Deduction musste de^
Anfang machen und es wäre dann folgende Anordnung entstanden, welcb®
Referent für die einzige von wissenschaftlicher Strenge hält. l) Wenn ^^^
Coefficienten a und b in der Gleichung ax +^by = c einen gemeinsch^-^'
liehen Theiler t haben, so muss dieser auch in c aufgehen, sonst ist ^^®
Gleichung in ganzen Zahlen unlösbar. Man dividire also mit / und ner*^^^
tt, ß, y die Quotienten, so kommt es jetzt auf die Lösung von ax J^ ßlf^^^^^ '
an, worin a und ß relativ e Primzahlen sind. 2) Die vorstehende 0%^ ^
chung giebt
— ax — y
und nun liegt gewiss kein Gedanke näher, als versuchsweise für x die ga.-^
zen Zahlen 1,2,3 zu setzen und zuzusehen, ob einmal der Quotie^^
rechter Hand zu einer ganzen Zahl wird. Nimmt man aber für x der Rei^
nach 1, 2, 3 .... ^, so erhält man durch die ß verschiedienen Divisoren au<^^
ß verschiedene Reste, wie sich wegen der relativ primen a und ß leicC^
zeigen lässt; alle jene ß Reste sind < ß mithin ist einer =0. 3) Aus d^^
einen hiermit gefundenen Auflösung folgen andere nach den vorhin e ^
wähnten Formeln. 4) Weiss man einmal, dass die Auflösung möglich^i
80 kann man zur Auffindung derselben auch verschiedene andere Wege eii
schlagen ; hier reihen sich die manniclifaltigsten Methoden leicht 1
Literaturzeitung. 4 5
einander, je nachdem man dem einen oder anderen Grundgedanken
Folgt.
Ausser dem anfangs genannten Reductionsverfahren theilt der Verfasser
loch die Auflösungen durch Kettenbrüche , durch Systembrüche , durch
sjklische Perioden und zuletzt eine von Prof. Kunze in Weimar herrüh-
rende Methode mit, welche freilich, nach des Verfassers Urtheile, einen
lufmerksamen und gewandten Rechner verlangt, ungern hat Referent die
iberaus elegante Auflösung vermisst, die Cauchy in seinem Memoire sur
a resohiHon des Squations indeierminees du premier dSgre en nomhres entiers
'Bxercices tT Analyse et de Physique mathemaUque, Tome II, Paris 1841) gegeben
lat. Bezeichnet nämlich n die Anzahl der relativen Primzahlen zu N^
nrelche kleiner als N sind , so ist die Auflösung der Gleichung
Mx + Ny=zL oder + y = r=
in der einfachen Formel
Bnthalten, wo z eine beliebige ganze Zahl bedeutet; vermöge dieses Wer-
thes .von x wird nämlich
— r^"— 1 . »^
+ y = L—^^ + Mz,
M" — i
and hier ist — r- — eine ganze Zahl zufolge des von £ a 1 e r •rweiterten
Fermat'schen Satzes. Diese Auflösung wird zwar in allen den Fällen wo
tf" eine grosse Zahl ist, keinen praktischen Vortheil gewähren, aber sie
hat dagegen den eigenthümlichen wissenschaftlichen Werth, dass sie ohne
die Zwischenrechnung das Problem auf die Fundamentalaufgabe der Zahlen-
lehre, nämlich auf die Zerlegung einer Zahl in ihre Primfaktoren, zurück-
führt. Ist diese Zerfallung nach dem Schema
N^a^b^ cy
gemacht, so hat man bekanntlich
= <-i)(-T)0-i)-
und dann sogleich die fertige Lösung. Für die Gleichung
5a: — 12y=n
ergiebt sich z. B. wegen i\r= 12 und n = 4
a:=ll .5»+ 122=1375+ 12z=:7 + 12(ll4 + z)
d. i. wenn 114 + z = 5 gesetzt wird
ebenso für die Gleichung
bx^ 12y= 101,
a:=101.5»+ 12z=l + 12^ y = 8 — 5/.
Der Verfasser wird vielleicht einwenden , dass der Beweis dieser Auf-
ISfung au viel Vorbereitungen erfordere ; diess ist aber nicht der Fall. Der
Bai er 'sehe Satz kann bequem auf einer Seite entwickelt werden und
lie Ableitung der Formel für n bedarf ebenfalls nur weniger Worte, sobald
Qan sich eines von Dir ic biet herrührenden und später durch Andere be-
4Q Literaturzeitung,
kannt gewordeaen Verfahrens bedient*). Der Hatim Merzu würde sicligB-
foiidoD haben wenn der Verfasser mit Beispielen, oder wenigstens mit voll-
ständig ausgereehneten Beispielen, minder freigebig gewesen wäre.
Betrachten wir das Buch im Gänsen , so mdehten wir sagen , d&ss die
wisaensehaftliehe Seite desselbea weniger bedeutend ist als seine teehmscbt.
Der Verfasser stellt dio verschiedenen Auflösnngsmetboden neben eicander
wie es kömmt, ebne deren inneren Zusammenhang aufzudecken; dA£s
manche Methode von der anderen saobticb gar nicht sondern nur iii der
äusseren Anlage der Rechnung abweicht, sagt der Verfasser nirgends und
doch wäre dieas zur Beförderung einer tiefereu Einsicht gerade da sek
nöthig gewesen, wo anscbeinend ganz verschiedene Wege xura Ziele führeo.
Dagegen wollen wir nicht leugnen, dass der Verfasser das, was er giebt,
sehr klar und deutlich vortragt, und wir zweifeln nicht, dass das Bocli
Lehrern j denen an einer roichen Sammlung von Beispielen für luelirere
Auflösungfimethoden gelegen ist, recht willkommen sein wird.
__ SCHLOMTLOn.
*) Weim die Zahl N nach dem Schema N^= a^ h" t^ , ^ , in Ihre PrimfakloMB
»erlegt ist, ao bilde man Mgrende Tabelle i
1,2,3 N,
n , 2 A , 3 fJ , , - — « ; ö^ 2 A ^ , i , — A ; c, 2 c , » . . ^^ — C ; • > , *
a Q c
aÖ y 2 aif^ ♦ . . — aft ; or, 2 /te, * , . — «f ; öc, 2 Ar, . - . j— de ; , _ ,
« UV «c oe
y N
HOC ao«
In dieser kommt jede unter .V liegende relative Primzahl xti N nur einTnal tot ([uder
ersten RLÜbo) , jede nicht zti jV prime Zahl mebriniitH, Irjjtjnd einu Zfibi Ä^, wehhft
nicht relative rrlniztLhl zu N ist ^ entlinlto % ätr Faktoren a» 6, c . . . , darm kooiisit K
in der ersten Reihe 1 mal , in der zweiten % mal , in der dritten — mal , in der
X (x 1) (x 2)
vierten — ^ — - — ^-^-^ mal etc. vor. Addirt man jene Reihen mit wechBelnden Zei-
chen, so hat man K zusammen
r H x(»-l) «(x-l)(x-2) 1
d. h. nullmal (j^enommen ; bei der erwähnten Addition verschwinden folglich alle Zah-
len, die nicht relative Primzahlen zu N sind und es bleiben allein diese letsteren
übrig. Will man statt der Summe der relativen Primzahlen ihre Menge wissen , so
braucht man nur jede in der obigen Tabelle vorkommende Zahl durch eine 1 »n er-
setzen und dann zu addiren , wobei die von nicht relativen Primzahlen herrührenden
Einheiten wie vorhin ausfallen ; diess giebt
d. h.
\fl o c / \ao ac /
'=>(-J)0-l)0-i)-
Dieses äusserst sinnreiche Verfahren passt auch auf beliebige Funktionen der relati-
ven Primzahlen. Man erhält z. B. die Summe ihrer Quadrate, wenn man statt jeder
in obiger Tabelle vorkommenden Zahl deren Quadrat setzt und dann addirt; nach ge-
höriger Zusammenziehung findet man diese Quadratsamme
= 4^(iv.±i«6c...)(i-i)(i-|)(i _!)....
= ^{N^ ±^abc. . .)n
wobei das obere oder untere Zeichen gilt, jenachdem die Anzahl der PrimfaWoren
/?, 6, c . . . gerade oder ungerade ist.
Literaturzeitung. 43
S^= j j f {x, y) dx dy
die Substitution x^=zaQC08q>, y=bQ8inq) als sehr erspriesslich, weil sie
constante Integrationsgrenzen herbeiführt, nämlich
1 i»
S=zab I I fiaq cos 9» 6p «m 9) 9 dg d(p
0 0
und nun die Anordnung der Integrationen willküHllich wird ; dagegen wäre
diese Substitution bei dem Integrale
r=/y/^(^,y)
dx dy
übel angebracht, vielmehr muss man hier ar = ii<, y = « (1 — f) setzen um
Constanze Integrationsgrenzen zu erhalten, nämlich
a 1
T— IJ f{ut,u — ut')u(l + t')dui
0 Ö
Mit nur einiger Gewandtheit entdeckt man dabei leicht die Fälle, in denen*
die Reduction auf ein einfaches Integral allgemein möglich ist. So ersieht
man z. B. aus. der zweiten Form von S unmittelbar, dass die Beduction ge-
lingt, sobald f(x, y) eine Funktion von -^ + u ^^^) etwas Aehnliches gilt
für das Integral T wenn /'(a?, y) = 9' (4a:* + y*), es wird nämlich nach der
zweiten Form
1 a
-11'"'
_ ryK(i + O«]-y(0)^.
1
0
was , beiläufig bemerkt, nicht bekannt zu sein scheint.
Wir zweifeln nicht , dass das vorliegende Werk des Herrn Prof. Ohm
von dessen Verehrern mit der nöthigen Bewunderung hingenommen wer-
den wird, möchten es aber über diesen Kreis hinaus Niemandem empfehlen.
SCHLÖMILCH.
Lehrbnoh der nnbeftimmten Aiudytik Ar höhere Lehranstalten. Von
W. Berkhan, Oberlehrer am Gymnasium zu Blankenburg. Erste
Abtheilung. (Auch unter dem besonderen Titel: Die Auflösung
der Diophantischjen Oleichungen ersten Grades.) Halle, bei
H. W. Schmidt. 1856.
Bei dem allgemeinen Interesse, welches die unbestimmten Aufgaben
von jeher auf sich gezogen haben nnd bei der ^«tin^eni AanA3c\^^\iw^-
iu den g§. ]3 und VA abgehandelt; den Beächluät§ macht in g. 14 die«nh&nge-
webe BetracUtnng mehrerer anderer Rollcurren.
Wir müsaen dein Verfasser das Zeugui^» geben, das» er seinen Gegen-
aUnd mit eben so viel Fleks als Geschick bearbeitet hat; den Freondender
cyclischen Ourven ki'Snnen wir dag Werkchen als eine sehr voHatfindige
Monographie derselben empfehlen, angehende Mathematiker werden es ils
ein verständlich gescbriebenes Uebungsbuch in der aualytischen Geometrie^
der DifTerenliiü* und Ititegralrecbnung benutzen können»
♦ BCEILÖMILCE* J
Dia KaturiiPUfleiiichaiten in ihren Beziehnagen m den materiellen und
gektigea Intereiten der Keaachlieit » von W. 8t ei^ , Prof. der
Chemie an der Konigh jK>lytechn* Schule zu Üreaden- (38 Sp ÖP-)
% Thlr.
Wenn auch diese Gelege ubeitsschrifl eine Frage behandelt, über deren
Beantwortung die meisten Leser dieser Zeitschrift yoUstitndig im Klaren
nnd mit dem Verfasser im vollkonimnen Einverständniss sein werden, so
hält es Referent doch nicht überßüssig auch hier auf dieselbe aufmerksam
zu machen, weil darin in musterhaft einfacher und verständlicher und darcm
wabl überzeugender und gewinnender Welse das Thema behandelt wird.
I>ie darin niedergelegte Scbilderung^dea wobhh^tigen Einflusses der Na-
turwissenschaften auf Förderung der geistigen wie materiellen Intereaseu
des Menscheu ist ein Wort zur rechten Zeit gewissen Anfeindungen ge-
genüber, w*ekben die Pflege d^r Naturwissenschaften aus MissverständniM,
üO mag man es nennen^ ausgesetzt ist, indem oder weil Ueberschreitungea
Einzelner auf dem Gebiete natnrwissenschafLlicher Speculation tHlscblieh
im JV**Kt>n tlit'Mt^r Wisi^iiiischaften* statt in allgemeinen Zcitverhnltnisseu so-
wie in der Individualität dieser Excedenten — deren es übrigens ja zu allen
Zeiten auf allen Gebieten der Wissenschaften gegeben hat — als begründet
gesucht und gefunden werden. Die Schrift enthält ferner ein Wort der Be-
ruhigung für ängstliche Gemüther, denen es bei den gewaltigen Fortschrit-
ten der Naturwissenschaften und ihres Einflusses auf die gesammte Mensch-
heit bangt, das Heiligste, was sie besitzen und ihren Nachkommen auch un-
verkürzt vererben möchten, angeblich oder scheinbar unterschätzt und preis-
gegeben zu sehen oder zu wissen durch rastlose Bestrebungen profanen
Menschenwitzes und Wissens. So wenig es nämlich zu billigen und für die
Sache der Naturwissenschaften selbst forderlich ist, wenn gewisse Resultate
wissenschaftlicher Untersuchungen in einer für den gemeinen Menschen-
verstand paradoxen Form hingestellt und mit Speculationen gleichsam ge-
spickt werden, welche zum Theil dem Gebiete der betreflfenden Wissen-
schaften gar nicht angehören , zum Theil auch aus einer ähnlichen Effect-
hascherei hervorgehen , wie sich beispielsweise jetzt auch auf dem Gebiete
der dramatischen Kunst und Musik in bizarrer Manier hervorthut — so ver-
werflich auch dergleichen Kundgebungen sein mögen ; so ist es doch an-
dererseits unbestritten wahr, dass einmal, wie schon angedeutet, die Natar-
wissenschaften und die Gesammtheit ihrer Verehrer und Träger nicht dafür
verantwortlich gemacht werden können, und dass zweitens, was die Haupt-
sache ist, keine Wissenschaft so stark und reichlich die Elemente ihrer
eignen Rectitication und Purification von möglichen Abwegen und Irrthü-
mern in sich selbst trägt, als die Naturwissenschaften, so dass man in aller
Literaturzeitung. 45
einander, je nachdem man dem einen oder anderen Grundgedanken
folgt.
Ausser dem anfangs genannten Reductionsverfahren theilt der Verfasser
noch die Auflösungen durch Kettenbrüche, durch Systembrüche, durch
cyklische Perioden und zuletzt eine von Prof. Kunze in Weimar herrüh-
rende Methode mit, welche freilich, nach des Verfassers Urtheile, einen
aufmerksamen und gewandten Rechner verlangt. Ungern hat Referent die
überaus elegante Auflösung vermisst, die Cauchj in seinem Memoire sur
la resoiution des equations indeterminees du premier dSgre en nombres entiers
(Exercices d* Analyse et de Pkysique mathematiquCy Tome II, Paris 1841) gegeben
hat. Bezeichnet nämlich n die Anzahl der relativen Primzahlen zu N,
welche -kleiner als N sind, so ist die Auflösung der Gleichung
Mx + Ni/=zL oder + y = —
ija der einfachen Formel
x = LM'*-^ + Nz
enthalten, wo z eine beliebige ganze Zahl bedeutet; vermöge dieses Wer-
thes von x wird nämlich
+ y = L^^^^ + Mz,
und hier ist — — eine ganze Zahl zufolge des von Euler «rweiterten
Fermat'schen Satzes. Diese Auflösung wird zwar in allen den Fällen wo
ilf" eine grosse Zahl ist , keinen praktischen Vortheil gewähren , aber sie
hat dagegen den eigenthümlichen wissenschaftlichen Werth, dass sie ohne
alle Zwischenrechnung das Problem auf die Fundamentalaufgabe der Zahlen-
lehre, nämlich auf die Zerlegung einer Zahl in ihre Primfaktoren, zurück-
führt. Ist diese Zerfallung nach dem Schema
N^a^'bßcy
gemacht, so hat man bekanntlich
.=»(._i)(.-i)(,-i)
und dann sogleich die fertige Lösung. Für die Gleichung
5a; — 12y=ll
ergiebt sich z. B. wegen iV= 12 und it = 4
ar=ll.5»+ 12z =1375 + 12«=; 7+ 12(ll4 + z)
d. i. wenn 114 + z = ä gesetzt wird
a: = 7+12Ä undy = -^-j^ = 2 + 5«;
ebenso für die Gleichung
5a: + 12y= 101,
a:= 101.5» + 12z=l + 12^ y = 8 — 5^.
Der Verfasser wird vielleicht einwenden, dass der Beweis dieser Auf-
lösung zu viel Vorbereitungen erfordere ; diess ist aber nicht der Fall. Der
Euler 'sehe Satz kann bequem auf einer Seite entwickelt werden und
die Ableitung der Formel für n bedarf ebenfalls nur weniger Worte, sobald
man sich eines von Dirichlet herrührenden und g^&tföx dxttOcL KxääxOw^-
Beobachtung^en in aller Kür^e sowohl wie mit hinlänglicher KlarU^itAns-
eiun.mIerge8Ctzi äind, und kommt Uann (8. 10) auf die Erklärung des Gruad-
ebee und seinor FIiitsH^hnEig ^n spreclien. Er widerlegt i^unäctist die häQ%
sich vorfiudt^iide KrkUirnngT insbesondere anch die in Gehl er 's pbpik.
Lexicon aufgeooininene: ^,der deutKcbe Name (Iriindeis bezeichnet äi<Mie
Art Von Ejö S(o hcatimmt, dä*6ö cö keiner Krklariuig bedarf, es isl Ein,
wekbe« auf dem Grund© entsteht" nnd »teilt dem entgegen auf, d^sdns
Grundeiä ebenfalls wiejedes andere Eis auf der Über flficJi^
des Wassers entsteht und als unentwickelti^ü Treibeis anev^
gehen ist. Da« bei starker Kulte auf der OberHäebe gebildete Eis werde
durch den Wind, welcher allen Beobachtungen zufolge hei der^EntstehüDg
des Grnndeises mitwirkend erscheint, gehindert au festen zasaraujenbäiigeii-
den Stücken ans^nwachiMin, sodass e^ nur in zusamtnengeächobenen Blatt-
eben sich locker verbiDdo und so mit dem erregten Watjäer leichter fort^e-
rifiaeii auch theilwoise unter die Obertläche und bei Stromschnellen selbst
tiefer nach dem Grunde 2u getrieben werden könne, sumal da bei der loeke^
ren BescbatiTcnheit deaflelben der b^dro^itattsche Auftrieb weniger wirk»»fQ
sei. Ist es auf diese Weise hinter den Strüm^cbnellen^ an den sogenannten
stauen Stellen, anf dem Grunde angekenimen, so werde es, weil dasell^st
ein ve rhu Unis 8 massig langsamerem Strönien, bisweilen iogar ein BtUlstind
des Wassers vor banden ist, an Steinen und sonstigen Erbrdiuugen Rcb nn-
set^en und £war zuerst wohl schmelzen, doeb sp^lter, naclidein der Gruod
dadurch mehr erkaltet ist^ bei fortgesetzter Zufuhr in uuvenlndert#r Weise
sich anlegen und ^n compakteren Masdcn zuäammeufrieren* Der Yerfais^cr
unterstutzt seine Erklärung sowohl dttrch bekannte physikalische Erscbei-
nungen und GosetÄö, als auch darcb besoudere Beobachtungcti von Schiffern
üod Reisenden, sowie durch seine eignen Erfahrungen in einer ebenso
wohlgeordneten und klaren wie ansprachlosen Darstellung und Beweis-
führung. So fest er auch von der Wahrheit seiner Ansichten überzeugt ist,
so giebt er doch bescheiden genug dieselben einer weitem Prüfung anfaeim,
wozu er nicht blos auffordert, sondern auch Mittel und Wege anführt, wo-
durch die Entstehung des Grundeises in allen ihren Einzelheiten festgestellt
werden könnte.
Nimmt schon die Berufsstellung des Verfassers die Anerkennung des-
selben als eines praktisch erfahrenen wie theoretisch durchgebildeten Man-
nes im Voraus in Anspruch, so giebt auch der Inhalt de» Schriftchens die-
sem vorausgenommenen Urtheil nachträglich eine beachtenswerthe Be-
gründung. WiTZSCHEL.
AnfaBgigrande der Physik , für den Unterricht in den obern Klassen der
Gymnasien und Realschulen, sowie zum Selbstunterricht, von
K. Koppe, Prof. und Oberl. am Königl. Pr. Gymnasium zu Soest
5. Auflage, 8. 412 S. mit eingedruckten Holzschn. Essen, Bi-
decker. 1 Thlr. ö Ngr.
Dieses für den ersten Unterricht in der Physik ganz treffliche Lehr-
buch ist schon vielseitig in den früheren Auflagen günstig beurtheilt wor-
den; die in verhältnissmäsig kurzem Zeiträume nöthig gewordene 5. Ani-
lage legt gleichfalls von der Brauchbarkeit desselben ein auffallendes
Zeugniss ab. In der That , sein gedrängter Inhalt bei einer massigen Bo-
genzahl, seine Reichhaltigkeit erklärender Figuren, in deren Ansfahrong
Literaturzeitung. 4 7
Die cycliflohen durreiL Von Dr. H. Wbissenborn. Eisenach , bei
J. Fr. Baerecke.
Der Verfasser giebt in der Vorrede zwei Gründe; an, die ihn zur Heraus-
gabe seiner Schrift bewogen haben. Er weist zunächst darauf hin, dass die
Ojcloiden für die Mechanik der irdischen Körper (d. h. für die Maschinen-
lehre) von eben so grosser Wichtigkeit sind wie die Kegelschnitte für die
Mechanik des Himmels , dass aber trotzdem eine Monographie der cjcli-
schen Curven mit besonderer Rücksicht auf die in der Praxis hauptsächlich
vorkommenden verlängerten und verkürzten Cycloiden zur Zeit noch fehle.
Als zweiten Grund bezeichnet der Verfasser ein gewisses methodisches Iq-
teresse und äussert sich hierüber wie'folgt: „Dsl in den Lehrbüchern der
Differentialrechnung fast immer angenommen ist, die Ordinate sei unmittel-
bar als Funktion der Abscisse gegeben, so leuchtet von selbst ein, dass bei
den cyclischen Curven, bei denen beide Coordinaten durch eine dritte Va-
riable ausgedrückt sind, die aufgestellten Regeln nicht anwendbar sind.^'
So gern Referent den ersten Grund ab einen vollgültigen anerkennt, so
wenig scheint ihm der zweite von Gewicht zu sein ; der Berührungswinkel t
ist durch die Formel
r- ^y ^y
tan X = Ltm — - = -^
Jx dx
unter allen Umständen bestimmt, die Curve mag herkommen wo sie will, ja
selbst, wenn sie durch einen beliebi^n regellosen Zug mit dem Bleistifte
entstanden wäre; ebendesswegen ist es auch ganz gleichgültig, ob man sich
y als Funktion von x^ oder x als Funktion von y, oder endlich beide Coor-
dinaten als Funktionen einer dritten Variabele t denkt, nur hat man im
letzteren Falle selbstverständlich auch dx und dy durch i auszudrücken.
Die Polemik des Verfassers richtet sich hier gegen eine Anschauungsweise,
die man bei den besseren Schriftstellern wohl kaum antreffen möchte. «
Wenden wir uns zum Buche selbst, so finden wir zuerst eine recht gute
durch scharfe Begriffsbestimmung ausgezeichnete Classification der Curven
nach ihrer Entstehungs weise , woran sich in §. 2 die Construction der ver-
schiedenen Cycloiden anschliesst. Hieraus werden in §. 5 die Gleichungen
der betreffenden Curven und daraus in §. 4 die verschiedenen Constructio-
nen für die Tangenten und Normalen an denselben abgeleitet. Die in dem
vorigen Paragraphen durch Anwendung der Differentialrechnung gefunde-
nen Resultate verificirt dcfr Verfasser in §. 5 auf elementarem Wege mit-
telst phoronomischer Betrachtungen, die wir für eine der gelungensten Par-
tieen des Buches halten. §.6 behandelt die Rectification und Quadratur
der Cycloiden, §. 7 ihre Krümmungshalbmesser und Evoluten; hier, sowie
in den drei folgenden Paragraphen, welche sich mit verschiedenen geome-
trischen Eigenschaften der cyclischen Curven beschäftigen, findet man eine
reichhaltige Sammlung theils bekannter theils neuer Constructionen und
Lehrsätze, die übrigens fast immer allgemein d. h. so gehalten sind, dass
sie auf alle Arten von Cycloiden gleichförmig passen.
In §. 11 verallgemeinert der Verfasser den Begriff der Cycloide inso-
fern, als er die Ebene des wälzenden Kreises nicht mehr mit der Ebene des
ruhenden Kreises zusammenfallen sondern um irgend einen Winkel gegen
dieselbe geneigt sein lässt; die entstehenden Cycloiden werden in diesem
Falle zu sphärischen Curven. *
Die verschiedenen mechanischen und physikalischen Eigenschaften
der cyclischen Curven {z. B. Brachistochrone , Catacaustica und dergl.) sind
AI ^^^^^^B Literattir^eitung.
lieher Anzahl (W) ,- von denen iitir om gerinnt Tbeil bekiitmt rü icin
scheint. Die kurs&e eJeg^ante Darstellttog und ihre n©tti?ii Heeulute wfrdpTi
»ich ohne Zweifel viele Fretinde gewiiiuen, welche das Schriftdieu beim
Unterrichte wnd namentlich bei der Einübung der ur^prüngti ebbten trigö*
nometmchen Formeln gut gebrauchen dfirften*
8. tTohor das HarentiiieT Prohldm* Von Dt. Ki.üäs> Oj^terprogramm fdr
1Ö56 des Gymnasiums za Bautzen.
Vi Viani stellte bekanntlich den G^ometern seiner Xeit die Anfgab^
ein« j^phHriäche Cnrve äti finden, deren FlÄch© entweder selbst geomeirii*h
qtiadrirbar ist, oderi von einem augebbaren Theile der Kugel flache weg-
genommen, einen quadrirbaren Rest übrig Iks^V Die Bestimmung dieser
BphÜriscben Curve geschieht analytisch durch ihre Projection auf die Ebejie
eines grössten Kugclkreiscs , und echon Euter hat auf diesem Weg^ be-
merkt, dsLSB die Aufgabe unendlich viel Lösungen zu Iftsst. Die einfacUstef
von Viviani selbst gefundene Lösung gieht em Kreis, dessen Durch-
messer dem Halbmesser der Kugel gleichkommt ; die s|diärische Cnrve iti
dann einer der beiden Durchschnitte der Kugel mit demjenigen geraden
Cylinder, welcher auf der Ebene einea grössten Kreises sienkrecht stellt
und jenen kleinen Kreis zum normalen C^uerschuttte bat. Hierzu bemeTkte
Montucla^ daaa auch der von der Kugelfläcbo begrenzte Theil des CwB
Itndcrmanlels leicht r[uadrirbar und awar gleich dem (Quadrate des Kugelt
dnrcbmessera ist^ ferner zeigte Bossut^ dass der Inhalt dieses CyliDderd^
vom Inhalte der ihn einschHesaenden Halbkugel weggenommen, einen R^st
^^^ I vom Cubns des KngeldarcbniesBers übrig bisst ; endlich hat Fßs^
nachgewiesen , dass der Umfang eines der Durchschnitte von Kugel und
Cylinder dem halben Umfange einer Ellipse gleichkommt, deren kleine
Halbachse und deren lineare Excentricität mit dem Kngelradius ttberein-
stimmt. Diesen einfachen und eleganten metrischen Relationen sind in
neuerer Zeit durch Herrn Prof. Drobisch noch mehrere angereiht wor-
den , namentlich in Folge der Bemerkung , dass jede Auflösung des Flo-
rentiner Problems zwei connexe Lösungen mit sich führt, welche durcli
Projection der einmal gefundenen sphärischen Curve auf zwei andere «n
zu der ersten Ebene senkrechte Ebenen grösstor Kreise entstehen (Ab-
handl. d. mathem.-physikal. Classe der K. S. Ges. d. W. Bd. L S. 431 nnd
Berichte derselben Gesellschaft aus dem Jahre 1854, S. 14). An die letite-
ren Arbeiten schliesst sich die Abhandlung des Verfassers insofern an,»l«
sie vorzüglich darauf ausgeht , zwischen der Mantelfläche oder dem Vola-
men des projicirenden Cylinders und der Oberfläche oder dem Inhalte des
durchbrochenen Gewölbes einfache Verhältnisse aufzufinden. Dabei wird
die allgemeinere Voraussetzung gemacht , dass das Gewölbe keine Kngeli
sondern ein zwei - oder dreiachsiges EUipsoid oder ein Paraboloid sei «o^
in der That lässt sich ein grosser Theil der vorhin genannten Sätze in ent-
sprechender Weise auf diese Annahme übertragen. Darstellung und Calcnl
des Verfassers zeichnen sich durch Uebersichtlichkeit und Eleganz vor-
theilhaft aus; Lehrern an höheren Unterrichtsanstalten werden die gegebe-
nen Entwickelungen als Beispiele für Cubaturen, Complanationen etc. ohne
Zweifel sehr willkommen sein. Schlömilgh.
Literaturzeitung. 53
1 Bemerkungen cur Kethode des physikaliflohen Unterrichts, von Dr. Lang-
GUTH, Programm des Stiftsgymnasiums in Zeitz 1856.
Der Verfasser entwickelt in dieser Gelegenheitsschrift Ansichten über
die Anlage und Botreibung des physikalischen Unterrichts (auf Gymnasien)
denen man im Allgemeinen durchgängig beipflichten kann , wenn sich auch
bexüglich der besonderen Ausführung der aufgestellten Grundsätze und des
von ihm gegebenen Abrisses von dem mechanischen Theile derPhyäik abwei-
chende Meinungen geltend machen und durchfuhren Hessen. Ob z. B. die
Bewegungslehre erst nach der Lehre vom Gleichgewicht für alle drei Ag-
gregatxustäiide folgen, oder dieselbe für jeden Aggregatzustand gesondert
der Statik der betreifenden Körper unmittelbar angereiht werden soll, dar-
über können unterschiedliclie Verhältnisse maassgebend werden, sodass man
weder die eiHe noch andere Anordnung vorzugsweise rathsam oder verwerf-
lich finden kann. Sehr richtig aber citirt der Verfasser in Botreff der ge-
wöhnlichen Darstellungen der Physik in den meisten Lehrbüchern die
Worte D'Alembert's: „Man ist mehr bemüht gewesen, das Gebäude der
Mechanik zu vergrössern , als dessen Eingange Licht zu geben ; man hat
den Bau immer fortgesetzt , ohne für die gehörige Festigkeit des Grundes
xa «orgen." Es ist vielleicht nirgends nöthiger und unabweislicher dieser
Worte Btets eingedenk zu sein, als beim Unterrichte der Physik auf Gym-
tt aa ien, oder überhaupt auf allen den Anstalten, wo es nicht blos auf Ver-
mehrung der positiven Kenntnisse der Schüler , sondern hauptsächlich mit
anf die regelrechte Ausbildung ihrer Geisteskräfte ankommt, nicht blos auf
Nahrung für den Verstand, sondern auch auf eine harmonische p]ntwicke-
Inn^ desselben abgesehen ist. Derselbe Grund ist es auch, welcher Kefe-
renten bestimmt hat, in dem von ihm herausgegebenen Lehrbuche der Phy-
sik (Leipzig bei O. Wigand) den mechanischen Abschnitten einen verhält-
nisamilBsig grössern Theil vom Ganzen einzuräumen, als es gewöhnlich der
Fall ist (M, s. die Vorrede).
Herr Dr. Lakoouth giebt sodann von einer ezperimentalen Darstellung
einen Abriss der Statik und Mechanik der ponderabelen Körper in den
^ Aggregatzuständen, womit man im Ganzen genommen sich recht wohl ein-
verstanden erklären kann; namentlich ist die Entwickelung der Hebeige- *
setse und der darauf gegründeten Zusammensetzung von Kräften , welche
einen Punkt wirken, bcachtcnswerth, wenn auch nicht ganz neu. Ob aber
der Verfasser bei consequenter Ausarbeitung und Durchführung des in die-
sem Abrisse Angedeuteten nicht auf einzelne Schwicrigkeiteiytossen würde,
die flieh zwar verdecken nicht aber so leicht heben lassen, mag dahingestellt
l>leiben. So ist die Ausdehnung des Hebelgesetzes auf den Winkelhebel,
ohne Anwendung der Holle (wenn man nicht das Gesetz des gleicharmigen
"V^inkelhebels anticipiren will) nicht gut experimentell nachzuweisen oder
«^uf daa Gesetz des gradarmigen Hebels zu basiren , so lauge der Einfluss
der Richtung der Kraft auf deren Wirkung ausser Betracht bleiben soll.
X'rof. Muller hat daher in seinem Lehrbuche doch so ganz Unrecht nicht,
^Mrenn er, wie Herr Dr. Langguth bemerkt, „als von selbst verstehend**
annimmt, dass eine Kraft in ihrer Wirkung nicht verändert wird, wenn man
Cftie an einem über eine Rolle gelegten Faden wirken lässt. Man kann die-
Cften Satz eben so gut als Grundsatz oder von gleicher Evidenz annehmen,
"^wie den von Herrn Dr. L. an die Spitze gestellten Archimedischen Grund-
satz vom gleicharmigen Hebel, man braucht nur hinzuzufügen, dass es
gleicbguUig ist, ob die gleichen Arme einen gestrecktan oder emea mit
beliebigon Winkel mit einander bilden^ ,
Ferner lieisst es im zweiten Absclinitt dei gegebenen Abrisses (8. lä)
bei EütwickelQng der Faligesetze vermittel» der schiefen Ebene ;
„§. L Durcb Versuobe orgeben sich zunJichst folgende drei Gesebe:
I, Alle Körper fallen inj luftleeren Ratime gleich schnell*
S, Die auf einer schiefen Ebene in verschiedenen Zeitabschnitten durch-
laufonen KKnme verhalten eich wie die Quadrate der wäbr^tid d^
Fftllens verflossenen Zeiten.
3. In eincin vertikalen Kreise werden alle Sehnen^ welche in dem tief
§ten Punkte desselben zusammcnfitossen, in derselben Zeit darchUa^
frn. Da nun der Quotient einer Sehne durch den Sinus dea Win-
kels, welche sie mit der im tiefsten punkte an den Kreis gezogenen
I Tangente bildet , gleich der vertikalen Sehne ist , so i streicht eiitxv-
sehen, dasm das Fallgesetz der schiefen Kbene auch fiir den freien
Fall Geltung hat.**
Wie der unter Nr. 3* zuerst bemerkte Satss durch unmittelbaren V«r-
euch Bich ©rgicbt, darüber w^re eine nibere Angabe von Seiten des Herrn
Verfassers recht erwünscht gewesen l
Iin Uebrigon aber würde, wie schon angedeutet, eine weitere Äusflii-
rung des gegebenen Abrisses und eine in diesem Sinne gegebenen Verar-
beitung des ganzen Gebietes der Physik gewiss eine nicht unverdienstlichft
Arbeit seiu^ so wenig es auch Maugel an physikalischen Lehrbüchern, Leit-
faden und dergleichen giebt. Witzschel,
Bibliographie
vom 1 5, April bis 1* Juni 1856, ^•
Periodiiohe Schriften.
Journal für reine und angewandte Mathematik v. A. L. Grelle.
Bd. 62, Heft 1 u. 2. Berlin , Reimer. compl. 4Thlr.
Zeitsohrift des deutsch-österreichischen Telegraphenver-
" eines; in dessen Auftr. herausgeg. von d. K. prenss. Telegraphen-
direction. Redigirt von Dr. P. W. Brix. Jahrgang III, 1856. I. Heft.
(Compl. in 12 Heften). Berlin, Ernst u. Korn. compl. n. 6%Thlr.
M^langes pkysiques et chimiques, iirSs du btillelin physico - mathSmatique de taca-
dSmie imp4ßia!e des sciences de St Peter sbourg. Tome II, livraison 4. Leip-
zig , Voss. 14 Ngr.
Socidti des sciences naturelles du grand duckS de Luxembourg. Tome 3. Luxem-
bourg, Bück. l%Thlr.
Atmual of scientific discovery, or, Year-Book of facts in science and arl f(^
1856. Edited by D. Wells. Boston. London. 7 «*. 6 *
Annali di scienze matematiche et fisiche, compilali par B. Tortolini. 1856; yf.%
Roma.
Ännuario mariltimo per Vanno 1856 compilato dal Lloyd austriaeo colf appt^^
zione delV eccelso i. r. govemo centrale maritUmo. IV. Armata. Trie^i
Direzione del Lloyd austr. n. 1 Thlr«
Ännuario del Reale osservatorio astronomico di tfapoli per Vanno 1856, o siJ^'
manacco annuale, che contiene inoltre particolari tavole utüi eneces9<ff^^
alla- Nautica, Gnomonicä, Geografia e scienze affini. Napoli. 1 Thlr. iS'Sp'
Literaturseitung. 51
das Wesentliche berücksichtigt, jeder überflüssige Luxus aber vermieden
ist, und seine Wohlfeilheit machen das Lehrbuch in mehr als einer Hinsicht
zur Einführung in Schulen empfehlenswerth und es haben , wie auch der
£rfo]g zeigt, sowohl der Verfasser, wie die Verlagsbuchhandlung ihre Auf-
gabe recht wohl begriffen und durchgeführt, wenn sie diesem Werke mög-
lichst viele Freunde erwerben wollten. In der Anordnung des Lehrstoffes
unterscheidet sich das Lehrbuch nicht wesentlich von anderen, doch ist die
Darstellung von der Art, dass der Lehrer nach Bedürfniss von der im Buche
gegebenen Reihenfolge der einzelnen Theile der Physik ohne besondere
Schwierigkeiten abweichen kann. Ob daher von den drei Hauptabtlieilun-
gen und den Unterabtheilungen derselben, in welche der Verfasser den In-
halt des Ganzen getheilt hat (erste Abtheil, mechanische Erscheinungen,
zweite Abth. chemische, magnetische und elektrische Erscheinungen, dritte
Abth. Schall, Licht, Wärme) der eine oder andere Abschnitt dem Schüler
eher oder später vorgeführt wird , verbleibt hiernach unwesentlich ; bei der
im Buche gegebenen Anordnung beabsichtigte vielmehr der Verfasser , wie
recht, dass jede für einen Jahrescursus bestimmte Abtheilung des Lehr-
buchs in ihren einzelnen Abschnitten ein gehörig geordnetes Ganze bilde.
Gegen die Einreihung der einen oder andern Erscheinung und ihrer Erklä-
rung sowie des bezüglichen Gesetzes an dem gegebenen Platze lässt sich
zwar Manches einwenden (z. B. Capillarität, Endosmose §. 14. u. 15. in die
Einleitung gestellt, statt nach der Entwickelung der hydrostatischen Ge-
setze , zu welchen jene Erscheinungen doch in ein^ Art Gegensatz treten ;
ferner die Einschiebung der Begriffserklärungen von Wirkungsfähigkeit,
lebendiger Kraft behufs der Ableitung der Pendelgesetze , statt jenen weit
greifenden und wichtigen Begriffen eine abgesonderte Darstellung an pas-
sender Stelle einzuräumen); doch ist nicht zu verkennen, dass der Verfasser
bei Herausgabe einer neuen Auflage seines schon weit verbreiteten Schul-
buches auf die früheren Auflagen bisweilen mehr Bücksicht nehmen muss,
als es ihm vielleicht selbst nach seinen eignen wie fremden Erfahrungen
im betreffenden Lehrfache wünsch enswerth sein mag. Uebrigens bleiben
dergleichen Ausstellungen von w«nig Belang für die Beurtheilung des Gan-
zen und werden eben so wenig wie früher die günstige Aufnahme auch die-
ser Auflage wesentlich beeinträchtigen. Witzscueii.
Programme.
2. TTeber die Proportionalitat voii Stücken des geradlinigen Dreiecks mit
den trigpnometriiohen Functionen der ganzen, kalben und dop-
pelten Winkel desselben. Von Dr. Grebe. Osterprogramm für
1856 der Realschule zu Gassei *).
Der Fundamentalsatz der Trigonometrie, dass die Seiten eines ebenen
Dreiecks dem Sinus der Gegenwinkel proportional sind , hat den Verfasser
zu der Frage veranlasst, ob es nicht Dreiecksstücke giebt, welche sich wie
die Cosinus, Tangenten etc. der gansen, halben oder doppelten Winkel
verhalten. Derartige Beziehungen findet der Verfasser in nicht unbeträcht-
*) Herr Dr. Grebe wurde im Berbste des vorigen Jahres vom Gymnasium in
Marbarg als Director der Realschale nach Cassel versetzt; hieraus erklärt sich, dass
zu Ostern dieses Jahres zwei zu verschiedenen Schulen gehörende Programme des-
selben Verfassers erscheinen konnten.
Tab l es ofthf Moon^ eonsimtted from Plana i U^eory milk Air^s aud Uay^
tlrM^s correeiian»* Wa&hmgifm. %\ $k
Tab! es nf thv ßfoon^s Paraliax, consfrtici^ä frum IVafkrrs and Admt
KüifzEK, A* Studien auader höheren Physik. Wien, Branmüller'a
V^rl^gsconto, 2Thlr. 4Ngr.
Reichenbägr, V. 0 die che Erwidertingen an die Herren Prof, Fort-
läge, Bchleidßii, Feehner und Carus. Wien, BrauraüUeri Vet*
lagsconto. 16 Xgr.
BBRaiiAUBf H, Grundlinien der plijsi kaiischen Erdbeschr^^i^
buüg- 2. Ansg. Stuttgart, Hall berger. 27 Ngr.
Tu]C£N , Mario oltentn. Die Deviation der Compassn adel, sowie
Regc^ln für die Aufstellung und Untersuchung des Com-
paq s e s a p Bord, Iii'g Deutsche Übertr, v, KavigationslebreT 0 raff.
Stettin, HijUer. n. H^/iiN^,
Weber , Bootsrueister. Die Entstehung des G runde iaes, nach Er-
fahrung ssätzeu und physikaliscl^u Hegeln erläutert, Setiandau (Drei-
den, Burdach)* n, !4 Thlr,
Räusmank, J, Fr, L. üe her die durch Molecularbewegungenin
starren leblosen Kcirpern bewirkten FormA^e raudertiD-
gen. (AbhandK d, Göttinger GeselLsch. der Wissenäch.) Qütlingeif
Dietrich. n, f^Thlr.
GAETKKJiAOSEn , C. G. G onie inf ass 1 1 ch G Naturlehr o auf üekninU
Erscheinungen des tÜgUchea Lebens gestützt. Carlsruhe , BraitQ.
16 Ngr.
AmHimmel und auf der Erde. Naturwissenschaftliche Unterhaltun-
gen. Mit Beiträgen von Dr. L. H e r o s , Prof. Dr. M ä d 1 e r etc., herans-
gegeben von A n t. 6 u b i t z. Mit Holzschnitten im Texte. Berlin, Ver-
einsbuchhandlnng. 1% Thlr.
GöBEL, Ad. Untersuchung eines am 39. April (l. Mai) 1865 auf
Oesel niedergefallenen Meteorsteines. (Aus dem ArchiTför
die Naturkunde Liv-, Esth - u. Kurlands.) Dorpat, Glaset. 9NgT.
Kessleb, Dr. Photographie auf Stahl, Kupfer und Stein, ii^
Anfertigung von Druckplatten. Berlin, artistische Anstalt. Ver-
klebt. iThlr.
KoHLRAuscp und W.Weber. Elektrodynamische Maassbestim-
mungen ins<besondere Zurückführung der Stromintensi-
tätsmessungen auf absolutes Maass. (Aus den Abhandl. der
K. S. Gesellsch. d.Wissensch. zuXieipzig). Leipzig, Hirzel. * n. t6Ngr.
PiSKO, Gymnas.-Lehrer. Lehrbuch der Physik für Unterrealechalen*
2. Auf 1. Mit Holzschnitten im Texte. Brunn , Winiker. n^24Ngr'
Schenkl, Dr. Der Barometer und seine Benutzung, vorzüglich
als Instrument zum Höhenmessen. Brunn , Winiker. n. 8 Ngr?
Lescriplion de quelques inslruments mäte'oroloffiques et magnetiques; par Fr, Bo-
nalds ancien direcieur de Vobservaioire de Kern. Paris j impr, de Briire.
Sartorius V. Waltershausek. Gauss zum Gedächtnis s. Leipaig)
Hirzel. n. 1 Thlr.
Druck von B. G. Teabner in Dreftdeo.
Literaturzeitung.
Recensionen.
Mm Prineipiai der höheren Analyfis in ihrer Entwicklung von Leibnis
Üe anf Lagrange y als ein historisch - kritischer Beitrag zur Ge-
schichte der Mathematik dargestellt von Dr. Hekmann Weissen-
BORH. Halle 1856.
Ueber Zweck und Plan dieses Werkchens giebt der Herr Verfasser
•elbat in der Vorrede uns Auskunft. Es soll nur „ eine Darstellung der
Principien der höheren Analysis sein, weil die Aufstellung derselben der
bei weitem, schwierigste und wichtigste Schritt in der Geschichte der Ma-
thematik war, und weil ihre Begründung eine so mannigfaltige für den Ma-
thematiker sowohl als Philosophen interessante isf Eine historische
Darstellung wird gewählt, weil „einmal durch die Entwicklungsgeschichte
einer jeden Wissenschaft ein richtiges ürtheil über den gegenwärtigen
Stand derselben ermöglicht und zweitens durch sie rermöge der von ihr her-
'voigebraehten Erweiterung des Gesichtskreises die allgemeine Bildung ge-
ftrdert wird.*' Und endlich als historisch -kritisch wird die Arbeit be-
seichnet, weil der Verfasser, „um ein möglich treues Bild von der Art und
Weise, wie sich ein jeder der in dieser Schrift erwähnten Manner aus-
drfiekte, bq verschaffen, die Sätze erst in der Form wiedergab, wie sie sich
bei ihnen finden, sodann aber, indem er das ihnen zu Grunde liegende Prin-
dp hininstellen versuchte, sie einestheils in der jetzigen Sprache der Wis-
•ensehaft ausdrückte, anderntheils ihre fiichtigkeit oder Unrichtigkeit
prflfte.'«
Sehen wir nun im Einzelnen zu, wie diese Aufgabe von dem Herrn
Yerfaaser gelöst wird.
Nachdem das Hauptverdienst Descartes mit Recht darin gefunden
-wird, dass er zuerst den Begriff der Veränderung in die Geometrie ein-
fthrte, giebt Herr W. eine Eintheilung sämmtlicher auf Descartes fussen-
den Arbeiten nach drei Kategorien. Die erste umfasst die Arbeiten, „welche
Tom Begriffe der Funktion ausgehend die Natur der Curven untersuchen,"
wie Lagr ange's Derivationsrechnung. In der zweiten sind umgekehrt die-
jenigen Entdeckungen enthalten, bei welchen, von der Geometrie ausgehend,
die Analysis ihre weitere Ausbildung fand, d. h. die Differenzial- und In-
t^ralrechnung seit Leibniz. Endlich als dritte Methode wird die genannt,
welche. auf die reine Bewegungslehre oder die Phoronomie sich stützt, und
welche die Newton^sche Fluxionsrechnung bildet. Auf diesen Einthei-
lungsgmnd Irin zerfallt das Buch in drei Kapitel :
LherAtorzly. d. Zeit»chr. f. Bfath. u. Phys. I. ^
I^^^^N^,^«Jl*^»hrti»i^W,»i<Hi n .»i^ljiWWWifMV-
- I, di*5 FluKiönBrechnaiigf
I % die Dtfifereazialreclititingf
3. die DeriT^aüOQiircchiiiiiig^,
indem die drei Methoden ngeli ihrer InstorUchen Zeitfolge dnrcU^enommeii
werden« IH0 Hir sämmtllche Kategorieen wicbtigen Vorarbeiten v^n Des-
cartes» Fermat, Üavaleri werd en als bekannt ToransgesetEt nnd m
wird denn liobarval ab der erste geniuint, in deesen Anflci^fung des Täti-
gen tenproble m*» eine phoronomiscbo AnschanuDg au Tage kommt , ieidem
immer awoi oder mehrer« Bewegungen gesucht werden, rermlttelfit deiew
die Curv© entstanden gedacht werden kann, und die Eegnltantc dieser 111
Kräflteparall€flogramnieö Tercinigten Kiehtnug^n als die Tangente im be-
treffenden Cnrvenpunkte sich erweist. Wenn daher der Herr Verf, (8.(1)
den BatK aunsprudit: „diese Methode könne mit Klarheit und ohne Zwfuig
nur dann angewandt werden , wenn eine Definition £U Grunde gelegt war*
den ist, die die Vorstellung einer contiunlrlichen Bewegung iuvolvirt,** so
scheint uns dieses eine Tautologie, da da« ÄurHUchen dieser Deiiint'uvn «elbit
achon »u der Methode gehört, und wenn an ein;celi]en Beispielen geieigt
wird, wie die Methode bald mehr bald minder kUr, so möchte dieses ire^
niger an dem ersten ErBnder liegen^ als nn dem Verfasser des Aufsatiei:
öbi&^aiion$ sur la cömpüsitian dcü^ mauvemenis etc. Diese Abhandlung räbtt
nümlieh bekanntlich von einem anonymen Schüler Rober v als her, d#f^
wie die handschriftlichen Handl>emerkungen des letzteren verratheu, tiichl
tmm^ durch die Art seiner Auseinandersets img dessen Zufriedenheit er-
warb, wenn auch Roherval den ganzen Aufsatz 1668 snm Thema elnei
Vortrage» in der Academie machte-
Elne fernere AusstelUmg, die wir in Beisug auf Boberv ais Arbeit«!
EU machen habeu, i»t die, dnss seine Quadratur der Oycloide gleic^b hier ha^
hantlelt wirfl, während sie olTonbar dem Principe nach zu den Anfaugeodei
Differentialrechnung gehört, gleichwie die zweite Tangentenmethode Bar-
row's, die der Herr Verf. mit vollem Rechte von den übrigen Arbeite!
dieses Autors abgesondert hat.
Die erste Tangentenmethode Barrow's, die sich von Rabervari
Methode nnr dadurch wesentlich unterscheidet, das« der Begriff der Ge-
schwindigkeit klarer hingestellt ist, und dass die Bewegungen, wekke die
Curve erzeugen, auf zwei bestimmte Linien (direcirix und generairix) lorttck-
geführt werden, findet ihre verdiente ausführliche Darstellung (S. l6*-il)i
die zugleich als Einleitung zu den Arbeiten Newton 's dient.
Wir konnten uns für diese leider nicht dieselben Ausgaben verschaffeDt
deren Herr W. sich bediente; doch dürfte der Unterschied der Texte W
Horslej und Castillon meistens nur wenig bedeutend sein, namentlich
in der Hauptabhandlung De quadraiura curvarum und in der Analysis p^
aequationes elc.^ die zuerst lateinisch erschienen; wenn auch die methodus
ftuxionum elc, eine grössere Verschiedenheit zulässt, da Castillon sie erst
aus dem Englischen (Golson) und Französischen (Buffon) ins Lateinieehe
zurückübersetzte. Von den Principia philosophiae naturalis mathemaUca be-
nutzten wir die Ausgabe : Amsterdam 1723 (ein Abdruck der sogenannten
Bentley'schen Ausgabe von 1713).
Wir würden uns desshalb fast scheuen , einige Citate des Herrn Verf.
zu berichtigen, wenn nicht ähnliche Irrthümer auch an Stellen vorkämen^
wo uns sicherlich dieselbe Quelle zu Gebote stand, und wo der Fehler of-
fenbar eine Vergesslichkeit des Herrn Verf. ist, dem bei an drei Jahre Un-
Literalarzeitang. 59
gern Zurücklegen seiner Arbeit Manches ans dem Gedächtnisse geschwun-
den sein mag. So ist (S. 26 in der Note) eine Stelle ans der Quadrat, curv.
citirty welche sich in dieser ganzen Abhandlung nicht findet, wohl aber in
der Meihodus fluxionutHj Probt, IL praeparatio in sstutionem (ed^Cast, L pag.6i).
S. 56 io der Note ist statt Propositio IX, ^ Propositio XI, zu lesen. S. 116 ist
aus den acta erudit, 1694 pag. 437 angegeben, Bernoulli schreibe omn, ydx;
wfthrend an der angegebenen Stelle integr, ydx steht und omn, in dieser Be-
deutung nur in anderen Aufsätzen vorkommt. S. 1 19 in der Note ' ist Acta
erudiL 1696 pag. 78 statt pag. 82 citirt. Wenn wir auf diese Mängel aufmerk-
sam machen , so geschieht es , weil wir aus Erfahrung wissen , wie unange-
nehm ein falsches Citat für den aufmerksamen Leser ist. Eine ähnliche
Vergessliehkeit ist wohl Schuld daran, wenn (S. 45 in der Note) zuerst rich-
ti|^ citirt ist: Newton confoit tes fluxions comme tes demiSres raisons ,,, und
dann flbersetst wird leg fluxions soni comme les demiSres raisons ,,,, was na-
türlich den Sinn durchaus verändert und Gelegenheit giebt Montucla der
Begriffaverwiming zu beschuldigen. Nicht weniger setzte uns in Erstaunen,
wie der Herr Verf. (S. 77 in der Note) behaupten kann, Leibniz habe den
Banrow vor der Entdeckung der Differenzialrechnung studirt, und zur Un-
tersttttsung die Stelle anführt : ubi magnam partem meorum theorematum prae-
repiam vidiy die offenbar grade beweist, dass Leibniz die theoremata schon
hesaas, als er des Barrow Lectiones zum ersten Male sah. Zudem sagt
LieibniB in den acta erudit, 1686, pag. 298, nachdem er von dem cha-
rakteristischen Dreiecke gesprochen, unde statim innumera theore-
tmmia nüüo negotio condebam quorum partem postea apud Gregorios et Barro-
vium deprehendi. Doch kehren wir zu Newton und dessen Fluxionsrechnung
surttck.
Zuerst ist (S. 22) von der Abhandlung de analysi per aeguationes etc.
die Hede und der darin enthaltenen Quadratur der parabolischen Cnrven,
die allerdings in dem verschwindenden Wachsthume der Fläche den Grund-
Sedanken der sich später klarer entwickelnden Methode benutzt. Doch
ttrfterits zu weit gegangen sein (S. 23) zu behaupten, Newton bezeichne
hier das Increment der Abscisse ^n vornherein durch Null ; das Increment
wird vielmehr durch o bezeichnet, wie deutlich aus der Stelle hervorgeht:
91 Jam tupponamus Bß in infinitum diminui et evanescere, sive o esse nihil, erunt
veiff aequales (Demonstratio quadraturae Curvarum simplicium in regula prima,
praeparatio pro regula prima demonstranda ; ed. Gast, /, pag, 25).
Das eigentliche System der Fluxionsrechnung wird hierauf (S. 24 flgg.)
entwickelt, wie es sich in der Methodus fluxionum, in der Quadratura curvarum
und in den Principia philosophiae ausspricht. Es wird gezeigt, wie Raum und
Zeit nur durch dritte Grössen, welche dieselben repräsentiren , verglichen
werden können , und wie als diese dritte Grössen gewisse Linien , Coordi-
naten benutzt werden, die als solche ab- und zunehmend gedacht werden
nnd den Namen Fluenten erhalten, während die Geschwindigkeit ihrer
momentanen Veränderung Fluxion, die momentane Veränderung selbst
Moment heisst. Unbegreiflich erscheint uns nur, wie trotz dieser lichten
Darstellung Herr W. (S. 25 in der Note) sagen kann: „Newton spreche
sieb nirgends bestimmt aus , ob er unter Fluenten den Kaum und die Zeit,
oder die Repräsentanten derselben, die Coordinaten, also Linien verstan-
den wissen wolle.'* Uns wenigstens bleibt kein Zweifel darüber nach Ver-
gleichnng folgender Stellen : Iniis, quae sequuntur , Tempus formaliter non
eonsidero : sed suppono quod una ex propositio quantitatibus homogenea cum aliis
I
frgncai uequahiH fltacu, adqutint eetera^, t«m^§mm «if Tifmpmfj referatUtir^ tpatf
iacü per umthgitim nun mCQucinm riki imif*st Tempm. i^üties i^iiur pux Tempm
in »equmtihm invatkUir l emn mdem saephncuit %i^urpapi pcmpieuitnih fl dUim^
Cikmh Cftasiii ho^ verbum sutm'tulitm vsi^ mm (ptuiii lVmpu$ mtelleji ti^item in ma
fönmäi gigni/iCfiiiom\ xM Uififputm xirpiificttnA (pmfditnii'm Uhim a Trmpitfx *fi^
rer$um, rujm aequuhih ineremenU» v*'i fhijm 7>mpiijt 4\rp&miur ei m^^wtirtilur,
(Mcthttd, fluj-,: Trfutjsüiti fni tmthufinm ftusitmum : ett CasL /. ptrg. 54) und ; dm
Mt-rantfo iijitur tjttati qnmiHiHtes uequahhuB UMpttrihitx ereKcrrtii^s ti vrestendt
tjetittae t pro vehriiatt* majori Pcl minnH^ ^hü ereteuf^t ac gruerantur » ei^udmt
tNtfJorrit vtl mitiüre»^ methmiam tftmrreham tkfermifwndi qmmtiialf'n ^x t^elüciiaH
hfiit mtjiutim vi'l iitrrrmrtttfuttfH . qmftuie t^enrrmttur : ei k4ix mittuum ^tl mcremm*
lorttm r*'hntalr» numifUisniu fliuitmea et iptunMtMtet tjt'mtm nftmittamlo fluentet m
Cf/ii pfttiiittim annii 1665^/ 1660 in mrlhndum fluxiomim [{hfudrat rurr,; hitrv
tfticfh; nL Cttid. /, |i* 20V). HeKfirnuKi^r, »cWtut uu»« bütto sich Newton
Hiebt auäd rücken können, W^as t\her die voti Herrn W, citirte e^ii(^i?g«ii-
sprochf^ntlfi Rtüllo betrifft , s<i beiä.st »1« nnob unüeror Berichligauj; «1p* ül-
ttttt*.'* fi>)g<?intleriiia8§oii : Itt prop*mtn arfpmtmnf »yntimla ftu^mmtm i»unt mm
qHUfttilaif^^ tiwasi grnrris ab us quarum ßuxitmeft %nnh in singiilrs termtnnHM^M-
drrt* ifrbrtti nd aeque aitfijt dimfftsifmfs my/. C(tgt* L Jp'if/* tiS)/ Wir kÖnoi^iJ ilier
darin keinen Widerispriicb Hndeia ^ indem wir interpri^tireö »^mbatn flu
xiitn H m bedeute \wt eiiifacli x^if als die B o z e i c h n n n g der F 1 u x i oti
oder der Geschwindigkeit, und dass diese von den iJutrendeii CoordjAftten
ver&cK linden l&i^ versteht sich von »elbäL
Im Weseutlicben bat nun die Fluxbnftrechimng »wei Aufgaben au ll5
w&ni Hei gegebenen Flnenten ein VerhJiltniss der Flnxbneu zu öndeü und
nmgekebrt, aus einer Gleichung zwischen Fhixionen auf dtsn Zusamiueii-
bang der Fluenten äu öcbliesüen. Die erste Aufgabe löst K e w ton ftir al-
gebrniscbe Functionen, wenn ancb mit vielen Uinüchweifcn* Weniger glück-
lifb ist sohlt? T^<ivniig dos zivpiteii Pr-nKTi^in'^, 'lio mir iti 0Tnz''Inf'^n Frilb'u rtili-
tig ist (S. 32 flgg.). Und diese Unvollkomraenheit der Newton'schen
Methode tiberall, wo sie das Gepräge aDalytischer Untersuchung ze%t, vcr-
läugnet sich auch nicht in ihren geometffschen Anwendungen. So ist das
Tangentenproblem nur zum Theil gelöst (S. 46) ; am besten das Problem
der Maxima und Minima, an welches eine Betrachtung der Krtimmungsver-
hSltnisse, der Evolution und der Kectification sich anschliesst (S. 47— öl);
am unzureichendsten aber sind die Methoden zur Quadratur (S. 51— 5^).
Wenn wir so den Gang augegeben haben, den der Herr Verf. bei derDw*
iBtellung und Kritik der New tonischen Fluxionsrechnung einhält, so könn-
ten wir noch bemerken , dass er an einzelnen Stellen sich unnöthig Schwie-
rigkeiten bereitet. Wenn z. B. (S. 35) gesagt wird: „ans der Fluxions-
gleichung -r = — folgere Newton y=— =ooin Hinblick auf die Qna-
XX ü
drirung der gleichseitigen Hyperbel", so ist dieses gewiss erst ein nach-
träglicher Gedanke Newton's gewesen, wenn er ihn je hatte. Da unser
Autor sagt, dass diese Fluentengleichung aus seiner Regel folge: AequaÜo
-V = — dai y = — ; narn si — mxdtipHcelur per x conficUur a , et si a divida-
X X 0 X
Irr per numentm dimensionum x, vidcliccl per 0, habetur — quae quantitas v^f'
Ulla debel esse valor y {ed. Cast. /, pag, 67).
Literaturzeitung.
Recensionen.
Die Principien der höheren Analyiii in ihrer Entwicklung von Leibnis
bis anf Lagrange, als ein historisch - kritischer Beitrag zur Ge-
schichte der Mathematik dargestellt von Dr. Hermann Weissen-
BORN. Halle 1856.
lieber Zweck and Plan dieses Werkchens giebt der Herr Verfasser
selbst in der Vorrede uns Auskunft. Es soll nur „ eine Darstellung der
Principien der höheren Analjsis sein, weil die Aufstellung derselben der
bei weitem schwierigste und wichtigste Schritt in der Geschichte der Ma-
thematik war, und weil ihre Begründung eine so mannigfaltige fQr den Ma-
thematiker sowohl als Philosophen interessante ist.** £ine historische
Darstellung wird gewählt, weil „einmal durch die Entwicklungsgeschichte
einer jeden Wissenschaft ein richtiges Urtheil über den gegenwärtigen
Stand derselben ermöglicht und zweitens durch sie rermöge der von ihr her-
vorgebrachten Erweiterung des Gesichtskreises die allgemeine Bildung ge-
fördert wird.** Und endlich als historisch -kritisch wird die Arbeit be-
zeichnet, weil der Verfasser, „um ein möglich treues Bild von der Art und
Weise, wie sich ein jeder der in dieser Schrift erwähnten Männer aus-
drückte, zu verschaffen, die Sätze erst in der Form wiedergab, wie sie sich
bei ihnen finden, sodann aber, indem er das ihnen zu Grunde liegende Prin-
cip hinzustellen versuchte , sie einestheils in der jetzigen Sprache der Wis-
senschaft ausdrückte, andemtbeils ihre Hichtigkeit oder Unrichtigkeit
prüfte.**
Sehen wir nun im Einzelnen au, wie diese Aufgabe von dem Herrn
Verfasser gelöst wird.
Nachdem das Hauptverdienst Descartes mit Recht darin gefunden
wird, dass er zuerst den Begriff der Veränderung in die Geometrie ein-
fahrte, giobt Herr W. eine Eintheilung sämmtlicher auf Descartes fassen-
den Arbeiten nach drei Kategorien. Die erste umfasst die Arbeiten, „welche
▼om Begriffe der Funktion ausgehend die Natur der Curven untersuchen,**
wie Lagrange 's Derivationsrechnung. In der zweiten sind umgekehrt die-
jenigen Entdeckungen enthalten, bei welchen, von der Geometrie ausgehend,
die Analysis ihre weitere Ausbildung fand, d. h. die Differenzial- und In-
tegralrechnung seit L e i bn i z. Endlich als dritte Methode wird die genannt,
welche. auf die reine Bewegungslehre oder die Phoronomie sich stützt, und
welche die New ton' sehe Fluxionsrechnung bildet. Auf diesen Einthei-
lungsgrund Irin zerfällt das Buch in drei Kapitel :
Lileralurzt^. d. Zeitschr. f. BlUih. a. Phys. I. 5 '
I
tient nesnt. Der Grund die^^s Sdriwackens achebt uns darin mn Liegen, dui
die eiDe AnsicUt bequemer in d^r geoinetrischea Anweudnog war, die an-
dere geeigneter Angriffen zu widerstehen , wie die von Nieuwe utiit, n
welchen nach später die Bemarqttes äe M. Rolle tuttchant le pr^blime gefteral
des tangenie», Paris 1703 katn, welche eine Erwithnniig wohl verdient hHtteu,
Die Frage, ob LeiUni^, der die Differentialrechnung jedenfalk Bplier
entdeckte, als Newton seine Fliixifinämethode, von dieser Letzteren w€*
oig&teni indireet Kenntniös gehabt haben könne^ wird (8- lOä — 114) gleich*
falls genau beleuchte^ wenn auch eine gcwieit^e Pietät, wie ei scheint, Herrn
W, ^urüekhält offen zu gestehen, was in der ganzen Untereuchung dutth-
dringt, das« er nämlich glaubt, dass Leibniz diege Kenotniis gehabt htbej
ein Urtheil, welche*? wir zwar ungern aber volbtändig unterschrei bea. Wif
möchten z* B. zu den S, ill citirten Steilen, an welchen Leibnis pLoro«
Qomijche Begriffe wie Geaehwiudigkeit , momentaner Zuwai^bs und der]gL
gebraucht, noeh eine hinzufügen. In den Acta erudit 1695, pag. SUdrücta
Leibniz eicli j^o au» l Ncmpe ut jam uHu9 nutttre memini » quuniiUtä onlvmriA,
qnmUüai inßmtesima prima neu tlifferentiaUt et q%iantikii iliffrreniio * difffrmii^ii
wei infimti^sima ucunän sese h^fni^ ui Hwiu$ fi ctkräui et iulicitalio^ quae Ui
eivmcntum cdcriUttU,
Nachdem nun als Beispiel der weiteren Auähilduttg der Differeniiil*
rechnung im 17* Jahrlmuderte gezeigt wird (S, 116—132}, wie Johaanei
BernouUi die nach ihm benannte Keibc entwickelte, und wie derselbe die
Beaune'äche Aufgabe löste , geht Herr W* zur Theorie Nieuwentiit'«
fiber, die er etwas aui^fuhrUcher (8, 123 — 13») auseiuanderaetzt, aU sie e»
wohl verdiente; indem wir keineswegs beistimmen können, es iei die^6i
Theorie damit Unrecht geschehen, dass sie ao bald in gänzliche Vergessen^
heit gerieth. Da indessen der Herr Verf, einigen Werth darauf äu legen
scheint, so möge er uns eine kleine Berichtigung erlauber>, Scbori fyiiber
(S. 97) und wiederholt (S. 123) wird angenommen, die eraten Angriffo Nieu-
wentiit's gegen Leibniz seien in iLen Acta ertML 1695 pag. 97S erfolgt
Dem ist aber nicht so, sondern diese citirte Stelle enthält nur eine Anieige
einer kleinen Schrift von Nieuwentiit, welche unter dem Titel: Owiwto-
raltones circa analyseos ad quanlitaies infinite parvas appUcaiae principia €t c§i'
culi differentialis usum in resolvendis problematibus geometriciSy Jmstelod. Ifi9i
drei Bogen stark erschien. Was den Verfasser der angeftihrten Becension
betrifft, so könnte es allerdings eine Selbstanzeige sein, wenn nicht ein eigea-
thümlicher Umstand uns bestimmte , einer anderen Meinung anxnliftD§;en«
In dem Exemplare der acta eruditorum nämlich , welches die Heidelberger
Universitätsbibliothek besitzt, sind bei den meisten Recensionen wahrschein:
lieh von der Hand eines gleichzeitigen Besitzers die Namen der Verfasser
mit Dinte beigefügt; und auf diese Weise ist angegeben, jene Anzeige der
Nieuwentiit'schen Schrift rühre von Magister Martin Knorr her. Nun
lebte allerdings ein Professor der Mathematik dieses Namens in Wittenberg,
der unter Anderen De quadratica aequatione und De methodo exhauttioms et in-
divisibUium schrieb und am 23. März 1699 in Leipzig starb. Er soll (Acta eru-
dit. 1699, pag. 192 nota) eifriger Mitarbeiter dieses Journals gewesen sein,
und da er in den Registern nirgends als Verfasser selbstän^ger Aufsätze
angegeben wird, so kann sich seine Mitarbeiterschaft nur auf anonyme ELri*
tiken beziehen. Es wäre also jedenfalls zu erforschen, ob nicht noch andere
Exemplare in ähnlicher Weise mit Handbemerkungen versehen sind, dieMar-
tiu Knorr als Urheber der freilich höchst unwichtigen Anzeige docomentiren.
Literaturzeitang. 63
*'*''^^''*^^>^^S^>f-^>>^^^^''^^^'^^^^^^^'^^'^^^^'^^^S^^'^,
Noch eine andere Bemerkung , die wir hier einzuschalten haben , be-
sieht rieh auf einen weniger unbekannten Mann. Schon (S. 103) wird „ ein
damaliger Basier Mathematiker Hermann ^^ genannt, der dann (S. 124) „ein
von L e i b n i z erwähnter Basler Mathematiker Namens Herrmann ^* heisst.
Wir glauben, dass Jacob Hermann, der berühmte Verfasser der Phoro-
nomia^ Amsielod. 1716 in einem geschichtlichen Werke wohl etwas weniger
geringschätzend hätte angeführt werden dürfen.
• Weiter geht der Herr Verfasser noch zu Brook Taylor über (S. 139
bis 153) dem Begründer der Differenzenrechnung, von welcher einige schätz-
bare Proben gegeben werden; und nachdem endlich Euler 's Begründung
der Differenzialrechnung angedeutet worden , enthält ein letzter Paragraph
dieses zweiten Kapitals (S. 155-^ 160) noch Ideen über die Möglichkeit einer
strengen Begründung der Differentialrechnung. Es wird bemerkt, dass be-
reits der anouTme Verfasser der Schrift : The analyst (wahrscheinlich war es
Barkley, Bischof von Cloyne) gezeigt hat, dass wenn einerseits die Rich-
tigkeit der Schlussresultate bei der Fluxionsrechnung auf einem gegensei-
tigen Aufheben von Fehlern beruhen müsse , andrerseits diese Fehlercom-
pensaUon in gewissen Fällen streng nachgewiesen werden könne. Und diese
Methode des strengen Nachweises , wie in entgegengesetztem Sinne gleich
grosse Fehler begangen worden, eine Methode, welche erst Carnot wieder
henrorgesucht habe , hält Herr W. für die sicherste und wissenschaftlichste
Baris. Jedenfalk, glauben' wir, dürfte ein Versuch, eine derartige höhere
Analysis zu schreiben, zu den mühseligsten und verhältnissmässig nicht
dankbaren Arbeiten gehören, und so müssen wir bezweifeln, ob noch Ma-
thematiker geneigt wären , sich derselben zu unterziehen.
Doch wir eilen zum Schlüsse , von dem wir bereits nur wenig entfernt
sind, da das dritte Kapitel (S. 160 — 185) in compendiösestcr Weise die De-
rivationsrechnung von Lagrange behandelt und noch spätere Arbeiten
mit Recht ganz übergeht, da sie theils hinlänglich bekannt sind, theils ihrer
Neuheit wegen noch nicht eigentlich der Geschichte angehören.
Fassen nun wir endlich das Urtheil kurz zusammen, welches sich in
ims bei der Abfassung dieses durch die Wichtigkeit des Gegenstandes ge-
botenen ausführlichen Referates gebildet hat, so müssen wir zugeben, dass
der Herr Verfasser, wenn er auch nicht alle Schwierigkeiten überwunden
hat, die sein überreiches Thema ihm bot, doch viel schätzbaren Stoff be-
ifiltig^e, und dass in seiner Schrift ein neuer, bequemerer Ausgangspunkt
ftr weitere Forschungen gewonnen ist, deren Einige wir vielleicht im Laufe
unseres Referates angedeutet haben. — M. Cantor.
Toniiohv die Differendalreohnnng auf andre als die bisherige Weise zu
begründen. Eine mathematische Abhandlung von H. Sloman, Dr.
Paris bei Gläser. 1856.
Der in Paris lebende Verfasser scheint an der eleganten Manier, wo-
mit die Franzosen die Differentialrechnung nach der sogenannten Grenzen-
methode behandeln , wenig Gefallen gefunden zu haben , namentlich ver-
misflt er darin die philosophische Tiefe, die er als ein nothwendiges Requisit
jener abstrakten Rechnung ansieht. Ein paar hierauf bezügliche Stellen
der Abhandlung führen wir zun<Hchst an , weil sie für den Standpunkt des
Verfassers bezeichnend sind. S. XXXV : „ Ausserdem besteht die Eleganz
in riner coquettirenden Ueberrumplung beim Beweisen und in einer Frende
64 Li&orattirxfiltimg.
an der äasserliclieii SyEiinietrie iler Fonnolii, I>lo Gleidmog der g^^mcirn
Lfiite, wenn Kwei ilirfir Punkte (jt' y müd x" |/") gegeben «ind, sclireibt mit»
z* IV* am Uchitt^n
aJoT gar
Ä> y— ^' — y — y"
anstatt ehrlich vi gestehen , dass
Diese letztere Sebreibartj oder algebr&bcbe Denkweise ißt, obglcidi flir
das Auge nicht m eymmetriödi, für den Geist viel klarer, da sie es gkndi
fasöt» dass das Ende der E'ormel
die Constante und ^ das stii Beatimmende ist." — Heferent nitiss diese Weis-
bell geradezu als öchtilprbaft beÄelcbnen^ denn nur Anfängern wird n
schwer , sich die Gleichuüg einer Geraden in einer anderen als in der «tc-
reo typ eil Form j^^=#ix + h vorzuslenen, jeder Mathematiker aber TerstcKt
unter drr Gleicliuiig einer Curv© nichts weiter als diejenige Gleichung^
weiche zwischen den Coordinaten eines Punktes stattÜBden muss, wciiu
dieser Punkt auf der Ciirve liegen soll| ob dabei y ala ,^das zu Bestim*
mende^^ angesehen, oder ob die Gleichung auf x reducirt oder nach keiner
von beiden Coordinaten aufgelöst wird, ist ganz gleichgültig; ,, für den
Geist*' des Mathematikers existirt hier nur da» in einer Gleichung ans|e-
sprochene Gesetz des Zusammenhanges, die Form bleibt ihm willkürlich.—
, Weiter heisst ea auf S. J!6; „Ich denke äti die Zeit, als ich noch gläu-
big an dem Grenzenbeweis hing, aber doch nicht umhin konnte, zu lücheliit
wenn ein Professor im Collegium eine Mengp Zahlen und Bnchstabcn io
Reihen an di^ langen Tafeln gezeichnet hatte und dann plötzlich sieh nm-
wendend sagte : Mmnimdui Mf^sfiivurs passons ft fa fimita^ Wie im Nu trur-
den dann durch einen nassen Schwamm die langen Rechnungen w^iedcr weg-
getrieben," Auch hier hat sich der Verf. lediglicli von der Form der
Rechnung täuschen lassen; es ist allerdings kein empfehlenswcrthes Ver-
fahren, /"(j^) dadurch zu dittercnziren, dass man /{ar -j- Ä) in eine nach Po-
tenzen von h fortgehende Reihe etwa
f(x + h)=f{a:) + JC.h + X.h^ +...
verwandelt, nachher
entwickelt und zuletzt bei der passage aux limiies Alles bis auf Xf wegstreicht
(denn das heisst im Grunde den Taylor^ sehen Satz oder wenigstens eiaeii
speciellen Fall desselben anticipiren) , aber dieses Verfahren ist gar nicht •
etwa der Grenzenmethode eigen thümlich , im Gegentheil muss letztere
gerade ohne Reihenentwickelungen auskommen um nachher die Reihen-
theorie desto sicherer begründen zu können. So z* B. billigt es Ref. kei*
Literaturzeitunff. 6 1
•ö
Einer der eifrigsten Nachfolger und Verehrer Newton's war Mac-
lanrin (8. 58 — 69), dessen Treatise of ßuxions indessen nur wenig beitrug,
die Theorie seines Lehrers von den Vorwürfen der Unklarheit zu reinigen,
die ihr von verschiedenen Seiteu gemacht wurden. Im Gegentheile ist bei
ihm die Begründung nur um so mehr Angriffen ausgesetzt, als er halb miss-
verstandene Begrifle aus der Differenzialrechnung mit hineinzieht (S. 64).
Zudem ist dieses Werk Nichts weniger als augenehm zu lesen, was der syn-
thetischen Beweisführung zuzuschreiben ist, deren sich Maclaurin (wohl
in Nachahmung der Principia phUosophiae naturalis malhematica) immer be-
dient. Von bleibendem Werthe ist nur die nach ihm benannte Keihenent-
wicklung, bei deren Darstellung (S. 67) wir indessen die Untersuchung ver-
missen, ob Maclaurin wirklich der Erfinder, oder ob Stirling sie schon
vorher ersonnen. Letztere Ansicht wurde bekanntlich von Binet in sei-
nem Aufsätze über -Euler'sche Integrale (Journal de Tecole poJyL T. XVI)
Buerst aufgestellt, und ihm folgten Cournot, Franke und Andere. Wenn
wir auch persönlich von der Ungerechtigkeit der Ansprüche Stirling 's
überzeugt sind, so dürften indessen auch nach der Widerlegung durch G r u -
nert (Archiv der Phys. und Math. Bd. 17, liter. Bericht über Frankens
Lehrbuch der höheren Mathematik) noch* interessante Forschungen darüber
anzustellen sein; z.B. ob das bei Montucla Angeiiiihrte Werk Stirlings
Metkodus differentialis wirklich existirt, oder ob dieses nur der zweite Titel
des bekannten Werkes Tractaius de summatione ist. In dem Cataloge der
Schumacher'schen Bibliothek fanden sich von Stirling Nro. 1129: The dif-
forential meihod or a treatise concerning swmnation and interpolation of infinite
series, 4**>» London 1749 und Nro. 1129 a: TractcUus de summatione et interpola-
tione serierum infinitarum, 4°. Londini 176^, welches für die letztere Ansicht
zu sprechen scheint. Dann aber wäre die Prioritätsfrage endgültig ent-
schieden, da di« erwähnte Formel in dem Tractatus de summatione nicht vor-
kommt (wie Herr Prof. Stern in Göttingen uns mit Bestimmtheit versichert;
wir selbst haben die Schrift uns nicht verschaffen können).
Das nun folgende zweite Kapitel ist der Darstellung der Geschichte
der Diiferenzialrechnung gewidmet, und beginnt mit der Entwicklung der
Arbeiten über Quadratur von Gregorius a S. Vincentio (S. 70), der
«weiten Tangentenmethode Barrow's (S. 73), der ziemlich unbedeutenden
Versuche über die drei Hauptprobleme der Tangenten, der Maxima und Mi-
nima und der Quadratur von Tschirnhaus (S. 78), und der weit wichti-
gerea Formeln zur Quadratur von Sturm (S. 82). Hier, glauben wir, wäre
auch der richtigere Platz für Robe rvals Quadratur der Cycloidc gewesen,
zu welchen noch P ascals Untersuchungen hinzuzufügen sind. Ueberhaupt
sind die Verdienste dieses Mathematikers viel zu wenig bekannt, und wir
hoffen, dass ein geistvolles JÜEitglicd der Pariser Akademie, Herr B i e n ay m e,
sein uns mündlich gegebenes Versprechen erfüllen und seine Forschungen
in dieser Beziehung bald veröffentlichen werde.
Die Entdeckung der Differcnzialrechnung durch Leibniz endlich ist
(S. 84 — 104) mit grosser Gründlichkeit vorgetragen, wobei der Herr Verf.
die trefflichen Vorarbeiten von Guhrauer und Gerhardt mit Fleiss und
Einsicht benutzt hat. Ein besonderes Gewicht wird mit Recht auf den bei
Leibniz selbst nirgends motivirten Wechsel der Ansichten gelegt, wonach
er die Differenziale bald ohne Weiteres in Rechnung zieht und sie unend-
lich kleine Grössen sein lässt; bald statt ihrer andere endliche Grössen
nimmt, die nur in dem Verhältnisse stehen, welches man Differenzialcvjxo-
TbcÜ besohr linken. Allgemein ftufigedrüekl wäre hiernacK die Aufgabe der
Differ^^u^ialreclinung folgende: ^^man zerlege den DiSereaaenquotieütai in
iwei Theile nach dem Schema
fp{_a:) + ^{^,h)
i
und unteratiche^ ob ^{^) die Änfangawirkniig de» h d. h< diejenige Wirfciiig
von h iüt , wo f(x) noch Funktion von *r und noch nicht von ^ + li war;
dann hebst ^(j^) der Differenzialq^uotient von f{-^)-^^ Nach dieser Erkll-
rung, die sich im ßuche selber scharf ausgesprochen eigentlich tilcht findtt^
die wir aber für richtig im Sinno des Verf* halten müsfien^ weil sie aus den
Worten der S. 9 zusammengegetat und nur dahin verallgemeinert bt, dass
f{x) , ^ (j:), ^{x,h) statt x"^ 2 a: , A gesagt wurde, scheint es, als ob dieDif*
ferentiation auf eine blosse al geh raischr Transformation hinauskäme. Frd^
Hell scheint es auch nur so; denn erstens« woher weiss denn der Verf*, da^i
eine Gleichung von der Form e) möglich ist, und zweitens, wenn sie mo^-
lieh istf welche Operationen sind noth wendige om die postulirte Zarspaltung
Ton — — — ^ — -^-^ in 9 (a?) und ^ (*ar, h) auszuführen. Ist ferner diese
h
Aufgabe eine bestimmte oder unbestimmte , kann man nicht vielleicht äitst
Zerspaltung auf mehrere verschiedene Weisen ausführen ; welche Zerlegung
ist dauu die richtige, oder was auf Dasselbe hinauskommt, woran erkennt
man, dass gj(.r) die Anfangswirkung und ip{^) -|- i^{^, A) die Wirkung des
,, massenhaften '^ A darstellt? Das Alles sind Fragen, auf die wir vergeblicfa
aach einer bestimmten klaren Antwort gesucht haben^ Koch schlimmer
wird die Bache in der Praxis d. h. da, wo nun wirklich diese und jene
Funktion ffge ariis differenzirt werden soll. So spendabel der Verf. mit alt-
gemeinen Redensarton ist, so knauserig ist er mit dem CalcüK Die poetu-
Firte Zerlegung in q>(x) und ^(a?, A) geht freilich recht gut bei «*, aber
schon bei a' muss der Verf. den allgemeinen binoaischen Sats su Hülfe
nehmen, um
£g) = a'[-(l-«)-i(l-a)»-|(l-«)»-....l
mühselig genug herauszubringen, wobei noch sehr die Frage ist, was maa
für a> l mit der divergenten Reihe anfangen soll. Hiermit erreicht der
ganze Calcül sein Ende , und seltsam genug nimmt sich auf S. 77 die Be-
friedigung des Verf. aus, wenn er sagt: „Damit ist die Differenzialreob^
nung beendet. Denn wenn sie die Hauptrechnungsarten, die HauptreiheiK
x^ x*^, a' differenzirt, d. h. ihrer Subtractivität nach verglichen, mit der
Subtractivität der einfachsten Reihe a?, welche dx ist, gemessen hat, abo
ihr Sein aus ihrem einfachsten Werden , ihr Integral aus ihrem Diffexenzial
begriffen und eine Brücke zwischen beiden erbaut hat, so ist die Differen-
zirung aller denkbaren Funktionen möglich gemacht , da alle andern un-
endlich vielen Reihen oder Ordnungen und Oesetzlichkeiten , die in die
Vielheit hineingebracht werden können, nur Nebenreihen jener Hanptreihen
sind.^* — Woher der Verf. weiss, dass z. B. sin x auf «■• oder a* aurtfckge-
führt worden kann, ist uns unbegreiflich, es müsste denn sein , dass sieh
der Verf. auf die Siuusreihe beriefe, die aber freilich erst durch die Dif-
ferenzialrechnung entwickelt wird.
Die Stellung des Verfassers ist hiemach mit wenig Worten zu bezeich-
Literaturzeitung. 67
nen. Lagrange setzte die Möglichkeit einer Entvickelnng Ton der
Form
woraus nm X^ als ersten Differenzialqnotienten definiren zn können; Herr
Sloman macht die Hypothese einer Zerlegung nach dem Schema c), wo-
bei aber ^ (or, h) für A = 0 verschwinden muss , wenn (p {x) die Anfangswir-
kung von h sein soll, d. h. er setzt stillschweigend den Satz
f{x+h) = f{x)+hr{x)+ih'r(^+^h)
voraus, um nachher
und Bnf{x) den ersten Differenzialqnotienten zu haben; das Eine wie das
Andere ist ein voxsqov nQoxsQov. In der Praxis kommt Beides auf dasselbe
und zwar darauf hinaus , dass die Differentiation einer Funktion nicht eher
geschehen kann, als bis die Funktion selber oder eine ihr nahe verwandte
in eine unendliche Beihe umgesetzt ist. — Das heisst die Sachen auf den
Kopf stellen.
Was die Darstellung des Verfassers anbelangt, so haben wir derselben
keinen Geschmack abgewinnen können. Eine gewaltige Breite und der
Gebrauch von Ausdrücken wie „Absolutheil**, „subtractive Relativitlit** etc.,
von denen keine Definition gegeben wird , machen die Darstellung schwer-
fUlig und dunkel, sodass man sich oft veranlasst fUhlt, den bekannten
Satz „ein klarer Gedanke lässt sich auch klar aussprechen ", zum Nach-
theile' des Verfassers umzukehren. Schlömilch.
lehrbaoh der Mechanik , von Dr. G. C. J. Ulric«, ordentl. Prof. an der
Georg - Augusts - Universität etc. — Erste Lieferung : die Grund-
lehren über Bewegung und mechanische Kräfte, sowie
Statik festerKörper enthaltend. — Göttingon, Dieterich*sche
Buchhandlung. ]86ö.
Der in weiteren Kreisen namentlich durch sein „Lehrbuch der prak-
tiaehen Geometrie*^ (Göttingen, 1832 und 33) rühmlich bekannte Verfasser
Unternimmt in dem vorliegenden Werke in einer ähnlichen Weise die durch
ihre mannigfachen Anwendungen im praktischen Leben immer wichtiger
werdenden mechanischen Wissenschaften zu behandeln. Nach Inhalt der
Vorrede hat er sich dabei die Aufgabe gestellt, die Grundlagen dieser Dis-
eiplinen gehörig zu erörtern und ihre Entwickelung klar und von verschie-
denen Gesichtspunkten aus zu unternehmen, so dass man in den Stand ge-
setzt werde, ein richtiges Verständniss der oft für schwierig gehaltenen
Xiebren und eben dadurch eine Selbständigkeit in weiterer Untersuchung,
sowie für technische Anwendungen zu erlangen. Der Gang der Entwicke-
lung , welchen der Verfasser bei Behandlung seines Lehrgegenstandes ein-
eefalägt , weicht in so mancher Hinsicht von dem gewöhnlichen ab, dass der
lteferent,wenn ersieh auch nicht allenthalben mit den angebrachten Neuerun-
gen einverstanden erklären kann , den Lesern einen nützlichen Dienst zu
erweisen glaubt, indem er ihnen den Inhalt des vorliegenden Theiles des
auf einen grösseren Umfang berechneten Werkes näher angiebt.
Van dem riehtigeii Gesichtspunkte ausgehend, daes man ntiir dtirch die
ErftcUeinuTJ*;en rier Bewegimg zu einer kUren Vorstelluüg von dem geUtj-
geu könne» was Inder M*^clia(iik mit dem Namen ,^ Kraft ^* bcsEeicIinet wtnl
bejginnt das Lehrbuch mit Entw icke laug der iinf Bewegung bezüglichen
ßruüdbegrifte, Varau&geÄchickt ist eine kurze Erörterung über die allge^
mcuieu Eigenschaften der Körper » die Bogriffe der Ma^se und Dichte, «a-
wie Über tlie Ag^regatzustÄnde (§. 1 und 2). Wenn hierbei in strenger Fest-
hfthung einer atomitttisehen NÄtnranaicht der Unterschied zwischen den
Velüin- und Massenverhältnisaen der Kfirpcr lediglich auf Rechnung der
Porosität gebracht wird, so dürfte der Verfasser in dieser fliusicht wohl
schwerlich allgemeine Beistimmung finüen« Dem Referenten wenigste*!!?
scheint es schon ha didaktischer Hinsicht sweckniEssigeri den Begriff der
Masse dahin zu verweisen, wo bei Betrachtung der verschiedenen Wir-
kung derselben Kraft auf verschiedene X6rper seine Noth wendigkeit be-
dingt wird.
Au die phötono'tniachc Untersuchung der geradlinigen gl eich Hin« iget
und gleichförmig beschleunigten Bewegung (§* 4 — \*2) sehlieset sich mit
Einführung des Trägheitsgesetzes die Lehre von der Kesaung dtrr bewe-
genden Kräfte durch die von ihnen nach gleichen Zeiten herrührenden
(Quantitäten der Bewegung (§- 13 — 17\ sowie ein Excurs tlber die Schwer-
kraft, in w^elchem die Gesetze der Fallbewegung und die Atwood\che Fall-
maschine zur Sprache kommen (§. 18 — 21). I>er Verfasser erläutert bicr«tif
die Begrirt'e der mechanischen Arbeit, sowie der davon herrührenden le-
bendigen Kraft der bewegenden Masse, wobei nach Belanger füv flu
halbe Product der Masse in das Quadrat ihrer Geschwindigkeit der Naiue
lebendige Potenz {putssance mtt) eingeführt wird, Znr Krlnut^?rnng riot
Theorie en sind die Bewegung^gesctxe eines in gerader Linie schwingetideu
materiellen Punktes untersucht , dessen Schwingung durch eine Kraft be-
dingt wird , welche seinem Abstände von einem festen Punkte seiner Bahn
proportional ist (§. 22 — 28).
Bis hierher sind die vom Verfasser zur Verdeutlichung der mechani-
schen Begriffe an mehreren Stellen benutzten praktischen Beispiele so ge-
wählt, dass sie, wenn dies auch nicht immer unmittelbar ausgesprochen
wird, nach dem Standpunkte der vorgeführten Theorie zunächst nur anf
die Bewegung materieller Punkte bezogen werden dürfen. Jetzt wendet er
sich zum Principe der Gleichheit des Druckes und Gegendruckes (§. 29 — 3l),
und das Bestreben, auch dieses Princip möglichst anschaulich zu erläutern,
führt auf einmal znr Lehre vom centralen Stosse fester Körper , sowie znr
Theorie des Einrammens der Pfähle (§.32 — 40). Selbstverständlich kann
hierbei, wo die Theorie auf die Gleichheit von Druck und Gegendruck
während der durch den Stoss bedingten Formveränderung basirt ist, von
blossen materiellen . Punkten nicht mehr- die Rede sein. Es ist dies nnn
zwar durchaus auch nicht die Ansicht des Verfassers, wohl aber vermißst
man an dieser Stelle das vermittelnde Band , wodurch die Bewegung eines
festen Körpers an die eines seiner Punkte geknüpft wird. Der Inhalt der
§§. 29 und 30 kann wenigstens hierzu nicht als ausreichend erscheinen;
ebensowenig rechtfertigt sich das plötzliche Auftreten des Schwerpnnkts-
begriffes, welcher erst viel später in der Statik fester Körper seine gehörige
♦) Cours de mccaniquc, ou Rcftumc de lepons sur la dj/nwmque, lastatique ei Iturs ap-
plicaiiowt u Vttrt de l'ingenieia\ Paris 1847. "
Literaturzeitung. 69
Begründung findet. Das Lehrbuch giebt nicht an , für welchen Leserkreis
es zunächst bestimmt ist; die Vorrede sagt nur, dass es mehrjährigen aka-
demischen Vorträgen des Verfassers seinen Ursprung verdankt. Jedenfalls
sind Les^r vorausgesetzt, denen eine allgemeine Kenntniss der besprochenen
Gegenstände nicht abgeht; ausserdem würde die Herausreissung eines
Theilea der Dynamik fester Körper aus dem Zusammenhange sich schwer
rechtfertigen lassen^ auch wären dann Anticipationon nicht zulässig, wie
z. B. auf S. 32, wo ein^ Masse nach Gewichtseinheiten gemessen wird, wäh-
rend erst auf S. 28 die Proportionalität von Masse und Gewicht zur Unter-
suchung gelangt Gerade für einen solchen Leserkreis dürfte es aber am
wenigsten nöthig sein , einem erläuternden Beispiele die logische Verbin-
dung des Ganzen aufzuopfern, um so weniger, als an der Stelle, wo das
Beispiel aufgenommen ist, es nicht einmal vollständig durchgeführt werden
konnte. Da die hierzu nöthigen Grundlagen fehlen , so ist die ganze Stoss-
theorie eine theilweis ungenügende geworden ; so muss z. B. die im §. 33
enthaltene angenäherte Berechnung der Zeit, innerhalb welcher die £r-
scUeinnngen des Stosses vor sich gehen sollen , jeder Erfahrung widerspre-
chen, da sie auf der Annahme eines während der Formverändomng der sich
bertthrenden Körper constant bleibenden Druckes basirt ist. Aehnliches gilt
von der Theorie des Pfahlrammens, welche die Voraussetzungen enthält,
dass Pfahl und Rammbär als absolut hart und unelastisch zu betrachten sind,
und dass die Tiefe, um welche sich der Pfahl senkt, während er die durch
den Stoss bedingte Geschwindigkeit annimmt, ausser Betracht gelassen wer-
den kann.
In den §§. 41 bis 49 sind die Lehren von der Zusammensetzung und
Zerlegung der Bewegungen und der Kräfte mit einander verknüpft durch
das Naturgesetz, dass ein materieller Punkt, auf welchen gleichzeitig meh-
rere äussere Ursachen wirken , sich für jede derselben gleich empHinglich
zeigt. Bei der Zusammensetzung zweier geradlinigen Bewegungen, von
denen die eine gleichförmig, die andere gleichförmig beschleunigt ist, ver-
misst Referent den allgemeinen Beweis dafür, dass die zusammengesetzte
Bewegung eine parabolische sein müsse , indem die im §. 47 enthaltene ma-
thematische Entwickelung sich nur auf das Beispiel der Wurf bewegung be-
sieht. Der Beweis würde dabei eine einfachere Form erlangt haben, wenn
die Coordinatenachsen in die Richtungen der zusammenzusetzenden Be-
wegungen gelegt worden wären ; das rechtwinklige Coordinatensystem mit
horizontaler und vertikaler Achse empfiehlt sich einzig bei Berechnung der
Wurfweite und Wurf höhe. Beiläufig sei bemerkt, dass für die Richtigkeit
der auf S. 68 ausgesprochenen Behauptung, die Parabel verdanke dem Um-
stände, dass sie Wurflinie ist, ihren Namen, der Nachweis schwer fallen
dürfte.
Zur Anwendung der für die Zerlegung von Bewegungen aufgestellton
Oesetae sind in den §§. 50 bis 64 die einfacheren Fälle der Lehre von den
gezwungenen Bewegungen abgehandelt, wobei unter Anderm der Begriff
der Centrifagalkraft entwickelt wird. An die Untersuchung der vertikalen
Bewegung eines schweren Körpers auf gebrochener und krummer Linie
schliesst sich die Theorie des einfachen Kreispendels, und hieran wieder
die des conischen oder Centrifugalpendels. Das im Allgemeinen anerken-
nnngswerthe Bestreben des Verfassers, die theoretischen Betrachtungen so-
fort durch praktische Beispiele zu erläutern , führt ihn hierbei zu einem
Excnrs über den Centrifugalregulator bei Dampfmaschinen , sowie über die
ton G*A. Frank© (ehemaligen Eleven der poljrtechmteben Betäub sa
Haanover) ftngegebetie slnureichQ Verbefiserung diesem Apparates^ wonach
dl© SchwiBgiingÄpuakta der ScHwimgkngeln gentithigt werden , sich anf der
OberÜÄclie eines KoUitian^paraboloidej^ a&u bewegen. Nur will es^eferea*
ten bedenken , als ob sich dieser gan^e Exeurs wieder nicht an der rechten
Stelle befinde , da für den Uebcrgang vom mathemattscben lum matenellea
Apparate die veruiitte laden Anktitipfuogspuakte febleti.
Den Scbluss des von den Grund lehren über Bewegang nnd mechanische
KrÄfte handebdeu Abschnitten bildet die Theorie der relativen Bewegung
(§< 64 — 76), worin nach dem Vorgange von Uoriolls*) diejenigen Kr&ft6
ermittelt werden^ welche einem in relativer Bowegnog befindlichen mate-
riellen Punkte eine hiermit identii^che abüoiute Bewegung ertheilen würden.
Der zweite Hauptabschnitt enthält die Statik der festen Körper, wobei
m dem vorliegenden Theile die durch die Natur des Lehrabjecteä bedingt«
Anordnung des Stofiej) im Wesentlichen dietielbe bleibt, wie in den übrigen
besseren Lehrbüebem der Statik. Nachdem einleituugsweis (§- 7@ — 69) die
Bedingungen des Gleichgewichten für solche KräFte ermittelt sind, welche
au demselben materiellen Punkte aDgreifen^ wird die entsprechend s Unter-
suchung für Krfifte mit verachiedeiveu , in starrer Verbindung stehenden,
Aügrijf»2>ii^^^^u geführt, sowohl für den Fall^ wo die Klcbtuugen dieser
Kräfte in einer Ebene (§.90 — (19), alä wo s»ie beliebig im Kaume gelegen
sind (§< 120 — 170). Es sseiehuet sieh dieser ganze Tbeil durch möglichst
Yollatändige Behandlung aller hierher gehörigen Fälle, sowia durch ge-
schickte Verwendung der dazu dienlichen HQlfsmittel ans- Namentlich ver-
dient die Art und Weise Anerkennung, in welcher die Peius o tischen
Kräftepaare zu geeigneter Verwendung gelangeo \ dankenswerth ist auch
jedenfalls die Aufnahme der bia jetzt in den meisten Lehrbüchern vermiss-
ten M ö b i u s ' sehen Untersuchungen über Sicherheit und Unsicherheit des
Gleichgewichtes , mit Feststellung der Function , aus deren Vorzeichen er-
kannt wird, ob ein gegebenes Gleichgewicht ein fortdauerndes oder augen-
blickliches sei.
• An die allgemeinen Untersuchungen über Gleichgewicht und Bewegung
schliesst sich die Lehre von den virtuellen Momenten (§. 171 — 185) , wobei
auch das Historische der Entdeckung des wichtigen Principes der virtuellen
Geschwindigkeiten und die bezügliche Literatur Berückaichtignng erlan-
gen. Den Schlnss der ersten Lieferung bildet die Schwerpnnktstheorie , in
80 umfönglicher Behandlung, dass wohl kaum eine dahin einschlagende Me-
thode vermisst werden wird (§. 184 — 235). Auffällig ist es Referenten nur
erschienen , dass , wie in vielen andern Lehrbüchern , so auch hier das Ver-
dienst der Entdeckung der centrobarischen Methode dem Jesuiten Gnldi-
nus zugeschrieben wird, ohne dass dabei des Alexandriners Pappns Er-
wähnung geschieht.
Ob der Verfasser hiermit die Statik der festen Körper, deren theore-
tische Seite die vorliegende erste Lieferung möglichst erschöpfend behan-
delt hat, als vollendet ansieht, darüber geht dem Referenten jede Kenntniss
ab, da sich nirgends eine Andeutung über den Plan der Fortsetzung des
Werkes vorfindet. Wünschenswerth wäre es jedenfalls , wenn der statische
Theil, der sich von dem vorausgehenden allgemeinen Abschnitte durch eine
*) Tratte de la micanique des coi*ps solides et du calctd de Veffet des maeMnes, Pa-
ris 1844.
Literaturzeitang. 67
nen. Lag ränge setzte die Möglichkeit einer Entwickelnng Ton der
Form
woraus nm JT, als ersten Differenzialqnotienten definiren zu können; Herr
Sloman macht die Hypothese einer Zerlegung nach dem Schema c), wo-
bei aber ^ {x, h) für A = 0 verschwinden mnss , wenn (p {x) die Anfangswir-
kung von k sein soll, d. h. er setzt stillschweigend den Satz
f{x+h)==:f{x)+hr{x)+ih*r(^+^h)
voraus, um nachher
und tLnf'{x) den ersten Differenzialqnotienten zu haben; das Eine wie das
Andere ist ein vöxbqov n^otsgov. In der Praxis kommt Beides auf dasselbe
und zwar darauf hinaus , dass die Differentiation einer Funktion nicht eher
geschehen kann, als bis die Funktion selber oder eine ihr nahe verwandte
in eine unendliche Beihe umgesetzt ist. — Das heisst die Sachen auf den
Kopf stellen.
Was die Darstellung des Verfassers anbelangt, so haben wir derselben
keinen Geschmack abgewinnen können. Eine gewaltige Breite und der
Grebrauch von Ausdrücken wie „Absolutheil^S „subtractive Relativität" etc.,
von denen keine Definition gegeben wird , machen die Darstellung schwer-
fällig und dunkel, sodass man sich oft veranlasst fühlt, den bekannten
Satz „ein klarer Oedanke lässt sich auch klar aussprechen", zum Nach-
theile' des Verfassers umzukehren. Schlömilch.
Lehrbuch der Mechanik , von Dr. 6. C. J. Ulric«, ordentl. Prof. an der
Georg • Augusts - Universität etc. — Erste Lieferung : die Grund-
lehren über Bewegung und mechanische Kräfte, sowie
StatikfesterKörper enthaltend. — Göttingen, Dieterich*sche
Buchhandlung. ]85ö.
Der in weiteren Kreisen namentlich durch sein „Lehrbuch der prak-
tischen Geometrie" (Göttingen, 1832 und 33) rtthmlich bekannte Verfasser
unternimmt in dem vorliegenden Werke in einer ähnlichen Weise die durch
ihre mannigfachen Anwendungen im praktischen Leben immer wichtiger
werdenden mechanischen Wissenschaften zu behandeln. Nach Inhalt der
Vorrede hat er sich dabei die Aufgabe gestellt, die Grundlagen dieser Dis-
ciplinen gehörig zu erörtern und ihre Entwickelnng klar und von verschie-
denen Gesichtspunkten aus zu unternehmen , so dass man in den Stand ge-
setzt werde, ein richtiges Verständniss der oft für schwierig gehaltenen
Lehren und eben dadurch eine Selbständigkeit in weiterer Untersuchung,
sowie für technische Anwendungen zu erlangen. Der Gang der Entwicke-
lnng , welchen der Verfasser bei Behandlung seines Lehrgegenstandes ein-
schlägt , weicht in so mancher Hinsicht von dem gewöhnlichen ab, dass der
Referent, wenn ersieh auch nicht allenthalben mit den angebrachten Neuerun-
gen einverstanden erklären kann, den Lesern einen nützlichen Dienst zu
erweisen glaubt, indem er ihnen den Lihalt des vorliegenden Theiles des
auf einen grösseren Umfang berechneten Werkes näher anhiebt.
mmh Benutasnng tlrr Olpichxing A= — tiie neue Varlabele r tjmgßfUhrt imd
flSiluiTh filr die GeHammtarbeit auf dem Woge * d(^p nicht recht vpMtSni-
liehe Ausdruck / in p r//^ gewonnen. Winl dann wfiiler gesagt, man k ö aae ,
ü
wenn iinf dem Wege s die Gcsehwindigki^it c^a in r übergehe, »tatt der Gren*
Keil df^s vorstehenden Intej^raleä auch Tq "wd c üclireiben ^ so ist die*» cme
Form der Einführung der durch eine neue VÄriftbcle bedingten infegrAl'
grenseHf die mind^estena olä nicbt vulik^nnuien klur bezeichnet werden iim«#.
Derartige Steilen erscheinen um so auffHUiger, da im Uebrigen die analj*
tischen Untersuchungen des Verfassers einer gowiaaen Eleganz nicbt eat*
hehren.
Ein weiter gehendeö Urtheil üher das vorliogisiide Werk, an welchem
Keferent nocbumlÄ dio Keichtmltigkeit de^ darin behandelten Materiala h^f*
Yorli*d>t» mnss bis xu der Zeit ^uruekgeimlten werden^ wo dasselbp, r<vlka-
det vcirliogen wird. Hie kü erwartende Fi»rt»et;siing wird jedenfalb üele*
gcnb<dt gehen i darauf zurückzukommen« * O^ Fom*
i
Programme,
ß. Die geometrische HänrifltilL Für d ie Schule bearbeitet von Dr. M. A, F, Pbe-'
öTKi., Oborkdirer am Gj^mnaBium zu Emden, Erstes Buch, Di*
geometriachen Üerter nebst 128 Aufgaben, Emden, in Coniiiiiii»iüii
hf'i X^>tfduKiriu 1^56.
Nach einer längeren Einleitung, worin die Nachtheile des synthetischen
Verfahrens n. A. auch mit Zuziehung Mephistophelischer Kritik (aus der
sogenannten Schülerscene) besprochen werden, erklärt der Verfasser, der
Zweck seiner Arbeit sei, die Schüler mit den Grundsätzen bekannt zu ma-
chen, von denen man beim analytischen Verfahren ausgeht, die Anwen-
dung der nöthigen Regeln zu zeigen und endlich die Anfänger durch grup-
penweis zusammengestellte Aufgaben zur Selbstthätigkeit zu veranlassen. —
Dem entsprechend , wird zunächst das analytische Verfahren im Allgemei-
nen charakterisirt und gezeigt, wie die synthetische Darstellung' aus der
umgekehrten Anordnung des analytischen Gedankenganges entspringt. Eine
gewisse Breite der Diction abgerechnet, findet Referent gegen diese Partie
nichts zu erinnern , nur der Schlusssatz : „ die synthetische Form der Dar-
stellung macht das Wesen alles Dessen aus, was man mit dem Namen
klassisch bezeichnet'* dürfte eine gewagte Behauptung sein, da es hier-
nach sehr leicht wäre, klassisch zu schreiben und da andererseits auch viele
unbezweifelt klassische Werke , wie z. B. die Thdorie analytique des proba-
bililes, nicht synthetischer Natur sind. Der Abschnitt IL, „Regeln für
geometrische Untersuchungen'* betitelt, enthält einen Versuch , das Erfin-
den zu lehren. Der Verfasser hat sich offenbar viel Mühe mit diesem Theile
gegeben, ob er aber etwas damit erreichen wird, möchte zu bezweifeln
sein. Das Erfundene begreifen kostet nur Arbeit, selber erfinden, verlangt
Talent, und wo dieses fehlt, helfen auch die Regeln nichts. Ohnehin sind
letztere meistens so allgemeiner Natur, dass sie wenigstens Schüler kaum
Literaturzeitung. 69
Begründung findet. Das Lehrbuch giebt nicht an , für welchen Leserkreis
es zunächst bestimmt ist; die Vorrede sagt nur, dass es mehrjährigen aka-
demischen Vorträgen des Verfassers seinen Ursprung verdankt. Jedenfalls
sind Les^r vorausgesetzt, denen eine allgemeine Konntniss der besprochenen
Gegenstände nicht abgeht; ausserdem würde die llerausrebsung eines
Thciles der Dynamik fester Körper aus dem Zusammenhange sich schwer
rechtfertigen lassen^ auch wären dann Anticipationeu nicht zulässig, wie
z. B. auf S. 32, wo einf. Masse nach Gewichtseinheiten gemessen wird, wäh-
rend erst auf 8. 28 die Proportionalität von Masse und Gewicht zur Unter-
suchung gelangt. Gerade für einen solchen Leserkreis dürfte es aber am
wenigsten uöthig sein , einem erläuternden Beispiele die logische Verbin-
dung des Ganzen aufzuopfern, um so weniger, als an der Stelle, wo das
Beispiel aufgenommen ist, es nicht einmal vollständig durchgeführt werden
konnte. Da die hierzu nöthigen Grundlagen fehlen , so ist die ganze Stoss-
theorie eine thoilweis uugenügende geworden ; so muss z. B. die im §. 33
enthaltene angenäherte Berechnung der Zeit, innerhalb welcl^er die Er-
scheinungen des Stosses vor sich gehen sollen , jeder Erfahrung widerspre-
chen, da sie auf der Annahme eines während der Formveränderung der sich
berührenden Körper constant bleibenden Druckes basirt ist. Aehnliches gilt
von der Theorie des Pfahlrammens, welche die Voraussetzungen enthält,
dass Pfahl und Rammbär als absolut hart und unelastisch zu betrachten sind,
und dass die Tiefe, um welche sich der Pfahl senkt, während er die durch
den Stoss bedingte Geschwindigkeit annimmt, ausser Betracht gelassen wer*
den kann.
In den §§. 41 bis 49 sind die Lehren von der Zusammensetzung und
Zerlegung der Bewegungen und der Kräfte mit einander verknüpft durch
das Naturgesetz , dass ein materieller Punkt , auf welchen gleichzeitig meh--
rere äussere Ursachen wirken , sich für jede derselben gleich empHinglich
zeigt. Bei der Zusammensetzung zweier geradlinigen Bewegungen, von
denen die eine gleichförmig, die andere gleichförmig beschleunigt ist, ver-
misst Referent den allgemeinen Beweis dafür, dass die zusammengesetzte
Bewegung eine parabolische sein müsse, indem die im §. 47 enthaltene ma-
thematische Entwickelung sich nur auf das Beispiel der Wurf bewegung be-
zieht. Der Beweis würde dabei eine einfachere Form erlangt haben, wenn
die Coordinatenachsen in die Richtungen der zusammenzusetzenden Be-
wegungen gelegt worden wären ; das rechtwinklige Coordinatensystem mit
horizontaler und vertikaler Achse empfiehlt sich einzig bei Berechnung der
Wurfweite und Wurf höhe. Beiläufig sei bemerkt, dass für die Richtigkeit
der auf 8. 68 ausgesprochenen Behauptung, die Parabel verdanke dem Um-
stände, dass sie Wurflinie ist, ihren Namen, der Nachweis schwerfallen
dürfte.
Zur Anwendung der für die Zerlegung von Bewegungen aufgestellten
Gesetze sind in den §§. 50 bis 64 die einfacheren Fälle der Lehre von den
gezwungenen Bewegungen abgehandelt, wobei unter Anderm der Begriff
der Centrifugalkraft entwickelt wird. An die Untersuchung der vertikalen
Bewegung eines schweren Körpers auf gebrochener und krummer Linie
schliesst sich die Theorie des einfachen Kreispendels, und hieran wieder
die des conischen oder Centrifugalpendels. Das im Allgemeinen anerken-
nungswerthe Bestreben des Verfassers, die theoretischen Betrachtungen so-
fort durch praktische Beispiele zu erläutern., führt ihn hierbei zu einem
Excurs über den Centrifugalregulator bei DamipfmÄa^Yivii^XL^ ^v«\ä*^^x ^^ä
Amiaii iH sdenze matemaiiche et ß^iehe, compilaii par B* ToHoImu 1656; ÜTaI'
3, 4. Eamü , tipogntfiu tkUt belle arU.
Effemeridi aslronomiclte di Miiofto det urmo 1867, Milane- (Mtltioh^n , Ptiui).
JmeHcmi Ephen\eri9 and nattHcal Almanac fnr ike yeat 1Ö68 \ puhlhh^d h^j Au(h
Hit/. Wmhingiütu
Luuar Jlmmmc attä Melforoiogicat Ephemer ii for 1857. Lon^mi^ Srnplin. I ih.
Reine Hatlidmatik.
BaETfiCHKKiBüR, C A» , Pfof, Dr. System der Arttbmetik and A^a*
1 j g IS. I. Lehrgang. J^ua , Mauke. 1£ Kp.
MfissEL, Dr. E. F. Eepetitor der Etementar* Mutb^^mati k. Dct«
ÜB , artiBtifiche Anstak. ^j^ Tlih
ä£jD£Lf L. Beinerklingen ftb«r den Zneammeu hang a wie« heo
^^^L. dem BUilungs^eset^e eineeKettenbrußhefi und der Art
^^^P des Portgangs seiner N äherungs brtiehe« (Aus d^. Al»haQdl
I der Bair. Akad. d. Wbseuöch,) Manchen, Fraßz in Comm. n, l6NgT.
I HiGCKi:, Prof. Die Rechnung mitRichtnngszahlen oderdte^^o-
I , metrische Behandlung imaginärer Grös^on. Btutt^arti
L Metzler. 1% Tblr
H Sl.o5L4K, Versuch^ die Diff erenzialrechnung auf andere &la dio
■ bifiher Ige W eise zu begründe n. Paris^ Gläaer. l Tblr-
I BouvROY , Generalmajor W. li, v. Sammlung Ton algebr aischeo
I Aufgaben und deren Auflösnngeji. Dresden, Adler imd
W- Dietze. ^Tlrlf.
Balsam, Gymn.- Lehrer. Leitfaden d er Planimetrie nebsteiner
• geschichtlichen Üeb ersieht Stettin, Grasamann. n. läN^-
Glasl, Prof. Geometrie für Sonntags- u, Gewerbschnlent WiptIt
Gerold*« Sohn. JZNgT,
KoMMERELL, Dir. Schulbuch der ebenen Geometrie* Tübingen,
Buchhandlung Zu - Guttcnberg. n. % Thlr*
Hellw'iq^ Lehrer. Das Problem de^ Ayollauius nehsi daa *£keo~
rien der Potenzörter, Aehnlichkeitspnnkte, Pole undPo-
laren etc. Halle, Schmidt. n. *iliTblr.
Commercium epistolicum /. Collins et aliorum de dnalysi promota etc,^ reimprtf^
sur Vidition originale de 1712 avec tindication des vitriantes de f^diHon d^
1722, complelä par une collection de pieces justificaHves ei de documeni^'
puhlie par B. Biot et J. Lefbrt. Paris. 5 ThV«'
Tables des logarithmes pour les nombres et les sinus ä cinq decimales, par /. i^
lande, revues par le haron Raynaud. Paris ^ Mallei -Bachelier, ^r^
Angewandte Mathematik.
Bauernpeind , Prof. Dr. Elemente der Vermessungskunde. I. Bd -
die Messinstrumente und ihr Gebrauch. Mit HolzscHnitten im Text^
München, litterarisch- artistische Anstalt, n. 2 Thlr. 24Ngr. (3 fl. 48 xr. rL--
Die Declination der Sonne und Zeitgleiche fttr die Jahre 1^6 b^
1860 nach dem Meridian von Greenwich. Hamburg (Leipsig, 6e^
hard). %Thl^
Literatorzeitung. 75
Anleitung lar militärischen Aufnahme, mit den Vorstudien der
Terrainlehre und Situationszeichnung. Von W. K. 2. Aufl. Olmütz,
Hölzel. n. 1% Thlr.
Mabin, Prof. Elemente der Maschinenlehre für Oberrealschn-
len. 2. Hälfte. Brunn, Buschak u. Irrgang. compl. n. 2 Thlr.
Büro, A. ▼. lieber den Einflussdes Maschinenwesens auf un-
sere socialenVerhältnisse. Wien, BraumtillerinComm. n.4Ngr.
Precis de mecanique iheorique et applique pour renseignemeni des lycdes ; par
M. Deguin. Paris, Eug. Belin.
A Courte of practieal Geometry ; by W. Pease. 3. edii. London. 2 sh. 6 d.
The Prindples of UydrosUttics ; by Thomas Webster, 4. edit. Cambridge, Deighton
Beü & Comp. 7 sh. 6 d.
The Theory of the Motion of Flmds; by the same Auihor. By the same. 9 sh,
Lunar- Motion, Correspondeiice beiween iMe Astronomer Roy/ü et Mr, Symon on
ihis tubject, with the arguments on each side. Groombridge. 1 sh.
Physik.
Fbick, Prof. Dr. Anfangsgründe der Natnrlehre. 3. Aufl. Mit
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Habckeb, P. W. Zur Theorie des Magnetismus. Nürnberg,
J. L. Schmidt. 2 Thlr.
Physikalisches Lexicon von 0. Marbach, fortges. von S. Cornelius.
3. Aufl. Lieferung 45 bis 48. Leipzig, 0. Wigand. k % '^^^^r.
CoRNBLius, Dr. C. Grundriss der physikalischen Geographie.
2. verb.,Aufl. Halle, Schmidt. n. % Thlr.
Baumoaertner , Dr. A. v. Das mechanische Aequivalent der
Wärme und seine Bedeutung in den Naturwissenschaften.
Vortrag in der feierl. A^aflemiesitzung vom 80. Mai 1856. Wien, Brau-
müller. 4 Ngr.
Hoffmann, F. Zur Widerlegung der absoluten und bedingten
Atomistik. Leipzig , Bethmann. % Thlr.
Prestsl, Gymn.-Lehrer Dr. Tabellarischer Grundriss der Ex-
perimentalphysik. Emden (Leipzig, F.Fleischer). n. 1 Thlr.
HiNBiCHS, Gust. Die elektrormagnetische Telegraphie; mit einer
Telegraphenkarte von Mitteleuropa. Hamburg, Perthes, Besser und
Mauke. n. % Thlr.
Das Windsystem oder die Luftbewegungen an der Erdober-
fläche und in den höheren Regionen der Atmosphäre. Von
Dr. Lartigüe. Nach der 2. Aufl. deutsch bearb. von D. Trübst. Wei-
mar , Voigt. % Thlr.
Observations mStcorologiques faitcs ä TObservatoire imp. de Paris pendant les an-
ndes 1854 et 1855. Paris. 1% Thlr.
ikiwrs dePhysique redigi conformement aux programmes officiels etc.par M. Peyrc.
' 3. Edition. Paris chez Delalaiu. 4 fr. 50 c.
JSxpoiä des applications de telectricitci par le vicomte Th. du Moriel. Tome 1.
Notions technologiques. Paris , Hachette. 5 fr.
7ß
ilcratnrxiMtmig.
Solution r/un prahlhm ^aconstiqu^ nnfStenU'* Iah phfftiqu^ ei mafhemutique dt k
fjfimmß ei de la dimthn tk »Ci itiicrvaftes i par Muf/. Vignonu Pahi, Firmm
The SicreoscopPt its Histury, Theory and (^nsiruction r bif Pm^id Brewiter. hfh
dm , Murra^^ * a *A. 6 i
Theortj üfthß nmrts, htj Capium Wilke» ü, S. N* New Yürk*
Hnmlbimk of Ekctridt^, Magnetitm and AcouBfia ; hy I>r, Lntdner. Li^ndon. &ci
Httnaicfn, Vhr. Brn mngnfdskv Inrtinatiöns Füranderinfj t dfn nurdti^f. tm
pfreHf Zme, Leipzig ^ Lorck. I Thlr,
fr^%
l>r uckfehlor»
\ -
3
In den Fonneln 27) und 28) des Aufsatzes XI. ist rechter Hand ^hF'ix) darcb
4 A A F' {x) zu ersetzen. ^
Druck voq B. G. Tcubncr in Dresden.
Literatnraeitung. 73
gebranchen können. Wenn es s. B. in 11., S heisst „man zerlege die
Schwierigkeit in so viel Theile als möglich ", so ist erstens die Frage , w o
eigentlich die Schwierigkeit steckt und zweitens, wie sie zerlegt werden
soll. Ebensowenig nützt es etwas, wenn der'Verfasser in Beziehnng anf
die Hülfslinien sagt: „Hat man die Aufgabe sorgfältig durchdacht, so wird
man durch die in ihr enthaltenen Bedingungen in der Regel schon auf die
nüthigen Hülfslinien hingeführt*^; denn das Aufsuchen der Hülfslinien ist
meistens schwer und jenes „in der Regel** möchte nur bei sehr leichten
Aufgaben wahr bleiben.
Für weit verdienstlicher hält Referent den letzten Abschnitt „Aufga-
ben und geometrische Oerter.** Der Verfasser stellt nttmlich Ghruppen von
Aufgaben in der Weise zusammen , dass eine oder zwei unbestimmte Auf-
gaben den Anfang einer solchen Gruppe bilden, und dass nachher eine
Schaar von bestimmten Aufgaben folgt, die sich mittelst der aus jenen un-
bestimmten Aufgaben abgeleiteten geometrischen Oerter leicht lösen lassen.
Diese Anordnung bietet den Vortheil, dass sie die Ansprüche auf Talent
zur Erfindung auf ein Minimum reducirt ohne die Selbstthätigkeit des
Schülers aufzuheben. Hauptsächlich dieser Aufgabensammlung wegen
glaubt Referent das Prestel'sche Schriftcheiv den Schulmännern zur
Beachtung empfehlen zu müssen.
SCHLÖMILCH.
Bibliographie
vom 1. Juni bis 15. August 1856.
Periodiiche Sohriften.
Berichte Über die Verhandlungen der K. S. Gesellsch. der
* Wissenschaften zu Leipzig. Mathem. phys. Classe. Jahrgang
1856. I, Leipzig, Hirzel. n. % Thlr.
Sitzungsberichte der Ka'iserl. Akademie der Wissensch. zu
Wien. Mathem. - naturwissensch. Classe. Bd. XVHI , Heft 2 , Jahrg.
1855. Wien, Braumüller in Comm. n. 1% Thlr.
Dieselben Bd. XIX, Jahrg. 1856. Heft l und 3. Ebendas. n. 1% Thlr.
Abhandlungen der mathem. - phys. Classe der K. Bai eri sehen
Akademie der Wissenschaften. Bd. VII. Abth. 3. (In der Reihe
der Denkschriften Bd. XXVIII). München 1855, Franz in Commission.
n. 3 Thlr. (3 fl. 36 xr. rh.)
Vierteljahresschrift der naturforschenden Gesellsch. in Zü-
rich. Red. V. R. Wolf. I. Jahrg., I.Heft. Zürich, Höhe in Comm.
pr. 4 Hefte: n. 3 Thlr.
Archiv der Mathematik von J.A. Orunert. Theil 36 , Hefte 2 und 3.
Greifswald, Koch.
Journal de Maihematiques pures eiappliquees; par J. lAouville, Deu-
xieme sirie, Tome i, cahiers 3, 3, 4, 5. Paris y Maltet- Bachelier.
LUeralurzt^. (L Zeilsehr. f. Math. a. Phys. L ^
proteatirt) der Trigonometrie voraus^esetit Ebefl so erlaubt wÄre e« gp-
wesen^ auch dfts Wichtigste über Reihe nconvergeiiK äIs bekannt anÄusetieo
und dadurch gründlichere Betrachtungen zu erzielen « als die sind, auf
Vrelehe z. B. die Berechnung von e (S. 42} sich stützt. Wir sind der Mei-
nung ^ daas alle diese sogenannten elementaren Entwicklungen dea Datür-
üchen Expoueutialaystemä doch nur nogenUgend auffallen roasseu, und dass
man daher entweder auf dem Boden der Änalysia sich hewfgen soll, oJer
zugestehen, dass mau hier eine noch nicht ausgefüllte (vielleicht uicbtau^
zufüllende) Lücke vor sieh habe.
Bei seinen Vorleanngen über Aualysia pflegt Referent folgenden Gaug
einzuschlagen j der^ wie er glaubt, noch nicht veröfTt^nt licht iüt. Die Reibe
für e^ wird nach Cauchy entwickelt und dann als Definition der Foteot
im allgemeinsten Sinne gegeben. Hierauf wird als Argument dieser Funk-
tien e^ der Werth xj/ — 1 eingesetzt, wodurch die Gleichung eutateht
V 1.3^1,3.3.4 7 '^ Vi K33^1-^.3A5 /
In der Eletnentarmathematik wurde aber bewiesen ^ dasß wenn ein
Punkt der Zahlenebene gegeben war ^ zu dem ein Weg führte , der tlieili
direct (d* h. positiv oder negat^r), theila lateral war, jener erste Tlieil «U
Cofitnus , jener zweite als Sinns eines Bogens 9 betrachtet werden knatite,
während der Radius als neue Einheit genommen wurde. In dieseiu FfAk
wird daher
1.2 1.3,3*4 ^* l K3,a^l.3.3,4.5
zu setzen sein. Der Bogen q> ist unbekannt, wird aber auf irgend eine
Weise von x abhängen. Wir führen daher die neue Bezeichnung ein, dass
wir die erstere Reihe (also cos g>) jetzt cos x nennen wollen , und ebenso
werden wir den sin q> jetzt sinx nennen, wo also x irgend eine Zahl, keine
Drehung bedeutet.
Fanden wir nun
e*'^'^^ = cos X -{- // — I ^iVi x,
so wird ganz analog
e-'^^^ = cos{—x)+y^^\sin{ — x)
sein müssen. Wir werden aber auch — x ]/— 1 für den Exponenten in die
Exponentialreihe substituiren können und erhalten alsdann
^^xl^—i -^^Qg ^ — y — 1 ^ sinx.
So ergiebt sich , dass auch in der neuen Bezeichnung :
cos ( — x) = cos x, sin ( — o;) = — sin x,
wie es sich bei Drehungen bekantermaassen verhält.
Werden ausserdem die beiden Gleichungen:
«*'^— ' = cos fp + y — 1 • ^m 9), e—'Y— i ^-^cosfp — j/ — l .sin(p
multiplicirt und in Erwägung gezogen, dass schon in den Elementen der
Satz (cot fp)* + {sin 9))'= 1 bewiesen wurde, so ist evident
Literaturzeitung. 79
woraus folgt, daas die Rechnung mit ExponentialgröDsen mit lateralen Ex-
ponenten ganz auf dieselbe Weise ausgeführt wird , wie die mit directen
Exponenten. Seferent fühlt wohl, dass auch dieser Beweis noch nicht voll-
kommen streng ist, glaubt aber in diesem analytischen Wege die richtige
Methode gefunden zu haben, die nur noch der Ausarbeitung bedarf.
Es scheint uns diesen analytischen Weg schon deshalb vorzuziehen,
weil dadurch es je^em Geschmacke freigestellt bleibt, ob man die Zahlen-
ebene als blosses Bild benutzen will oder mit dem Herrn Verfasser die De-
finition der Zahl (8. 1 10) als einer nach einer bestimmten Einheit gemesse-
nen graden Linie aufstellt.
Unter den vielen schönen Anwendungen , welche ein Drittel des gan-
zen Buches ausmachen , heben wir besonders die Methoden hervor , mittelst
deren angenäherte Rectificationen und Wurzelausziehungen erzielt werden.
n
Letztere beruhen auf dem eleganten Satze, dass wenn y A =x und a ein zu
kleiner Näherungswerth von x ist, immer die Grenzen existiren :
Auch die Discussion der quadratischen (S. 96) und cubischen Gleichungen
(S. 100) ist voller Interesse.
Am Schlüsse finden sich noch historische und literarische Notizen, zu
welchen einige Zusätze erlaubt sein mögen , die wir zum Theile unserem
oben erwähnten eigenen Leitfaden entnehmen :
FranfoiSyNouveauarprincipes de gSomdtrie de position in Gergonnes Annales
des moMmatiques Tome IV, pag, 61 {ann^e 1813) bedient sich bei richtigen
Ansichten der Zeichen
!. = +, 1» = -; ^n = V=^. 1 ,,=^->crf.
t I •
In demselben Bande pag. 153 beansprucht Arg and, Essai sur une ma-
niire de reprSsenter les quantitäs imaginaires dans les consiruction g^om^triques,
die Priorität dieser Ansichten unter Berufung auf eine Schrift desselben
Titels wie der Aufsatz, welches letztere vom Herrn Professor Riecke auf
8. 162 angeführt ist.
Endlich bemerkt Cauchj in einem Aufsatze in den Comptes rendus de
tmeadämie des sciences (J. 29, 1849, pag. 2&0): ^^sur les quantites g^omSlriques'',
welcher gleichfalls hierher gehört , als Anmerkung : Une grande pariie des
risuUals de ces recher ches avaient iti^ ä ce quil parait, obtenue mime avant le
sUcle priseni ei dis Tannie 1786 par un savani modeste, Mr. Henry- Dominique
Trueif qui apris les avoir consignSs dans divers manuscritSy les a commumquäs,
vers fannäe 1810, d Mr. AugusUn Normand constructeur de vaisseaux au Havre.
Zum Schlnss müssen wir noch die sorgfältige Ausstattung erwähnen,
indem uns nur ein Druckfehler aufgcstossen ist. Auf S. 170 wird nämlich
der Verfasser der Eludes philosophiques sur la science du calcul V alias ge-
nannt, während er Vall^s heisst.
* Möge die Schrift recht viele Leser finden und den vom Herrn Verfasser
gewünschten Erfolg im vollsten Maasse haben. Cantok.
Theorie der Determinaiiten tmd ihre hampUäehlicheteu Anwendluigni,
Von Dr. Frahtcesco BmoBCiii, Proff^ssor aii der UntvcrsiUit Fmk,
Aus dem Italiiinischen übersetzt Mit einem Vorwort von Prof.
SoHELLBACH. BerHn , Verlag von Duncker & Hnroblot. I85di
B^i der Auf Ii)suDg HneÄter Glekliutigen zwischen mehreren Unbekauo-
ten »tiSsfit m&n bekannllicli auf gewisse Funktiooeii der Coeffidenten, wekli*
Funktionen früher (von Cramer und BeÄOnt) Kesttltantezi genannt wnt*
den, gegenwärtig aber, nach dem Vorgange von Gaoas^ aUgetneln Deter-
minanten heiiüEäen« Bei ^^wei Gleichungcxn z. B.
ist der gemeinseh^ftliche Nenner von
X t= -^— = ^—^ und y^^ — -z*
die Deternünante aus den Elementen an ^i , 6j , &, ; die ZlHler »md «^lelcTi-
r»lia Deternitnanten und entstehen dadurch, dass tnati einmal «ti ^ tt^^ u^^^i
das andere Mal &|, b^ durch A^ , k^ ersetzt, In gleicher Wei«e get^hieht dit
Auflösung der drei üleichuugen
ajX+ hilf + e^z ==*,,
man bildet sunäehit die Determinante dritter Ordnung
f (ö, b, c) = flj 6, Ca — ff, fe^r, + cf, Ä, r, — at ^ r, + a^ &j r, — a^b^ ft
und hat nachher
''— na,b,cy y-f{a,b,cy f{a,b,c)
Ueherhaupt ist die Determinante aus den w* Elementen
tut aiv
4
^311
. . . a-
ein Aggregat von lauter Produkten ans je n Elementen ; jedes solche Pro-
dukt kann «us dem als positiv angesehenen Produkte
^ni "2? 2 "ii»
^IDfl
durch Permutation der Indices abgeleitet werden und erhält das positive
oder negative Vorzeichen, jenachdem die Anzahl der ersten Indices, welche
permntirt wurden, gerade oder ungerade ist. Nach Jacobi bezeichnet man
diese Determinante mit
^{:t. ^IH ^212 «ats • • • flfllfl),
in den Fällen aber, wo specielle Operationen mit den Elementen auszu-
führen sind, oder wo einige Elemente besondere Werthe annehmen, wählt
man die ausführlichere Bezeichnung
Literaturzeitung.
in welcher alle Elemente sichtbar sind; also e. B.
'^(± «ni Ot>t «81 3)^=
0,,, «,,, a,,,
«t» 1 «f » « «8» 8
«Stl «Sit «8» 8
Ö|>1 <»8ltö«»8 ö^t»! öl»tÖ8i8 «811 «2>t öl*»8- *
Das Bildangsgesetz der Determinanten und die daraus folgenden Eigen-
schafiten, wonach die Determinanten ihr Vorzeichen wechseln oder ver*
schwinden , sobald gewisse Elemente permutirt oder gleichgesetzt werden,
waren bereits Laplace und Vandermonde bekannt, ebenso die Zusam-
mensetzung einer Determinante aus Determinanten niedrigerer Ordnung. In
den Abhandlungen über die Rotation eines festen Körpers und über die
dreiseitige Pyramide hat Lagrange einen sehr ausgedehnten Gebrauch
▼on den Determinanten dritter Ordnung gemacht und namentlich auch die
beiden Sätze bewiesen , dass das Quadrat einer Determinante wieder eine
Determinante ist, und dass zweitens die Determinante aus den sogenannten
reciproken Elementen einer Determinante dritter Ordnung dem Quadrate
dieser letzten Determinante gleichkommt. Die erste dieser Eigenschaften
erhielt eine Erweiterung durch Gauss, welcher in den Disquiss, arithm.
zeigte, dass das Produkt zweier Determinanten zweiter oder dritter Ord-
nung wiederum eine Determinante ist z. B.
d.h.
{ad-bc){ad-ßy)
= {aa + bß) {CY+ </d) - (ay + bö) {ca + äß)
a,b
€,d
a,ß
act + bßy ay + bd
Ca + dß^ cy + rfd
Das allgemeine Multiplicationstheorem für Determinanten beliebiger Ord-
nungen und die Haupteigonschaften der Determinanten mit reciproken Ele-
menten hat Cauchy entwickelt im Joum. de fecole polyL Cah, XVll (1815).
Erst im Jahre 1841, also über ein Vierteljahrhuqdert später, legte Jacob i
in seiner Abhandlung De formatione et proprietatibus determinanlium (Crelle^s
Journal Bd. 22) den Grund zu einer eigentlichen Theorie der Determinanten
Qnd gab zugleich die wichtige Lehre von »den Funktionaldeterminanten,
welche letztere auf die Weise entstehen, dass n abhängige Variabele ^j, Vt*
y, . . . 5fs als Funktionen der n unabhängigen Variabelen Xj, j:,, x^ . . ,Xn be-
trachtet und die partiellen Differenzialquotienten
dyx
dxr
dyt
dyt
dx^
dyt
"dXn'
dyt
dx,'
dyr
dar/
dx,"
dyt
' ' dXn'
LiteraUtrzeiiQfig.
LM^MBM^II^Wl > W g W tf ■
^y« ^Ifn f^lfu
aU Elemente zur Bildung der Detertninatite
äJt^
benutzt werden. Hier ab achliesaen öich aahlreiche Arbeiten sowohl über
eiiijolne Piinktö der Theorie als äbßr deron Anwendungen auf algebraisclie
Gleichungen^ Zahlenlelire, Aualysia , Geometrie und Mechanik, woran «kh
Jacobif Hesse, Borcbardt, Joacb iuistbal, Canchj, Hermite,
Cayley^ Sylvester, Balmon^ Briosehi, Malraat^n n, Ä. belhei%-
teu, ^Trot» der regen ThJitigkeit auf dieäem neuen Felde der Wissenschaft
war an Lehrbüchern der iJeterminantenthoorie ein empfindlicher Man°^el:
die Abbandlungen Jacobi's und eine nicht sebr correkte Schrift von
Spottiswoode bet* EhmefUffry throremi relatin^ to dei^rmmartis , Landen.
George BeU 1851 » waren bisher die einstigen Mittf^l seum Erlenjen der ge*
nannten Theorie. Der Verfasser sowie der ungenannte üebersetÄer Terdie*
nen daher den Dank des wisaenachaft liehen Publikums filr die Herausgabe
des vorliegenden neuen Lehrbuches j dessen Inhalt wir naher angeben
wollen.
Nachdem der Verfaeser in den beiden ersten Paragraphen BeÄelchnna^
und BilflungsgeietÄ d*>r Determinanten erörtert hat, entwickelt er in ^, 3
die allgemeinen, auf Vertauschung der Elemente, Vorzeichen wec hsel uod
Verschwinden der Deterniinanten besüglicben Eigenscbaften ; so ist «. B,
Olli
Oary 1
1 oiV
xQzff
l2*0a:* ~
^tOx
1 y*j^*0
zy a?0
und zwar bedeutet diese Determinante das 16 fache Quadrat von dem In-
halte desjenigen Dreiecks, dessen Seiten x, y, z sind. Ein anderes gutes
Beispiel, welches der Verfasser hier beibringt, ist folgendes. Wenn Sq, 5„
Sfy *s, *4 di<^ Summen der O**", l^, S**", 3''" und 4*~ Potenzen von den Wur-
zeln der Gleichung
a:^ + ax' + bx + c = 0
bedeuten^ so ist die Gleichung
*o *i *t
Sf S» Sm
= 0
die Bedingung dafür, dass jene Gleichung zwei gleiche Wnrzeln besitzt.
Die allgemeine Auflösung der linearen algebraischen Gleichungen swi-
sehen beliebig vielen Unbekannten bildet den Inhalt des vierten Paragra-
phen. Als Anwendungen davon giebt der Verfasser eine rapide Entwicke-
lung der Theorie der Pole und Polaren für Kegelschnitte , und einige Be-
trachtungen über die homogenen Funktionen. Setzt man nämlich die beiden
ersten partiellen Differentialquotienten einer homogenen Funktion sweier
Variabelen gleich Null und eliminirt die Variabelen aus den so gewonuenen
Literaturzeitung.
83
zwei Gleichungen, so bleibt eine Bedingungsgleichung übrig, deren linke
Seite (vorausgesetzt , dass die Gleichung auf Null gebracht ist) die D i s -
er im in ante jener homogenen Funktion heisst. Für die homogene Funk-
tion zweiten Grades
ax^ + ^bxy -^ct^
sind die Differentialgleichungen
nach Elimination von y bleibt die Bedingungsgleichnng
ac — 6* = 0,
mitbin ist ac — 6* die Discriminante jener FunkMon. Mittelst eines überaus
einfachen von Sylvester angegebenen Verfahrens kann diese Discrimi-
nante immer als Determinante dargestellt werden; sie ist für die obige
Funktion
ja, h
\b,c '
fär die homogene Funktion dritten Grades
bei welcher die Entwickelung auf gewöhnlichem Wege schon ziemlich weit-
läufig ausfallen würde, ist die Discriminante
= («d — 6c)« — 4(ac — 6«)(6d — c«).
Ueberhaupt besteht die Discriminante einer homogenen Funktion fi*^ Gra<
des mit zwei Variabelen aus einer homogenen Funktion (2n — 2)*^ Grades
der Coefficienten.
Die Multiplication und Potenzirung der Determinanten findet ihre Er-
örterung in §. 5 und wird auf verschiedene Beispiele angewendet. So kann
man n. A. die bekannte cubische Gleichung
{a-i){p-s)(c-s) \_
welche zur Bestimmung der Hauptachsen der Flächen zweiter Ordnung
aa^ + bi^ + CZ* + 2ayz + ^ßxz + 2ya?y -f . . . = 0,
sowie zur Ermittelung der Hauptträgheitsachsen eines Körpers etc. gebraucht
wird , in Form einer Determinante schreiben, nämlich
a—8, y, ß
y, b — s, a
ß, a, c—s
aüb
c 0
0 a
26 c
63c
d 0
0 b
2c d
0,
und daraus nach Sylvester*s Anleitung einen einfachen Beweis für die
Realität ihrer drei Wurzeln herleiten. Von nicht n^nderem Interesse sind
die übrigen Anwendungen auf die analytische Geometrie, das Tetraeder etc.
Der 6. Paragraph behandelt die Determinanten mit sogenannten reci-
proken Elementen (Determinanten vcyi Determinanten); bezeichnet man
nämlich mit P die Determinante
84
Lite r at urzei tuug .
betrachtet ai© als Funktion ihrer variabelen EleuM^nte unil «eist «mr Ib-
ktlrzung den partiellen Differentialquotienten
— — Or^sf
SO vev&teht Brioaehi un^er der zur Determinante P gehörigen Determi-
nante mit teciproken Elementen rlip folgende
«nn ^'mf ' ■ '
- ' «f|i.fl
Die Haupteigenschafl der letzteren besteht darin » dass ihr Werth =^P"-'
ist. Man wird durch die hieher gehörigen Formeln in den Stand gesetzt,
mehrere geometriBche Probleme mit grödäter Leiehügkeit zu l^senf «. B, <len
Flächeninhalt eines Dreiecks zn finden ^ wenn die Gleichungen Meiner Sei*
ten gegeben sind, oder das Volumen eines Tetraoder« aus den GleichuEgeu
seiner Seitenebenen herzuleiten ^ ferner an entscheiden^ ob ein gegebener
Punkt inner balhf auf oder ansserhalb einer gegebenen Linie oder Fläche
zweiten Grades Hegt und dcrgl. mehr.
Der 7. Paragraph behandelt die Eigenschaften der Unterdctermmaü^
ten, welche aus einer ursprünglichen vollständigen Determinante durch
Weglassung einer beliebigen Anzahl von Horizontalreihen oder Vertical-
colonnen entstehen. Zur Anwendung der gewonnenen Resultate bespricht
der Verfasser das Problem „ eine quadratische Funktion von n Variabelen
durch lineare Substitutionen in eine andere quadratische Funktion zu ver-
wandeln^ welche nur die Quadrate der neuen Variabelen enthält", was für
« = 3 die Aufgabe von der Bestimmung der Hauptachsen einer Fläche
zweiter Ordnung ist. Soll nämlich die Funktion
U — - ^T* 4b>/ ^r ^ s *^r*^$ , •
mittelst der Substitutionen
^1 = ^lU 2^1 + ^«»1 ^2 + • • • + ^H»! ^
auf die Form
V^ErArZr'
gebracht werden, so sind die n Coefficienten Ar die Würzein der Gleichung
n^ Grades
«tm
. . . «!■•■—*
= 0.
Literaturzeitung. 85
)a88 diese Gleichung, auf welche zuerst La place bei seinen Untersuchun-
;en über die sficularen Ungleichheiten der Planeten stiess, n reelle Wurzeln
»esitzt, haben früher schon Jacobi und Borchardt gezeigt; der Verf.
;iebt einen neuen Beweis von ausserordentlicher Kürze.
Eine Determinante, deren Elemente die Eigenschaft a,,r = — «rw be-
itzen , beisst eine übersohlagene (gohho , gauche) und ausserdem s y m -
letriach, wenn zugleich ar,r = 0. Diese besonderen Determinanten be^
rächtet der Verf. in §.8; charakteristisch für dieselben sind .die beiden
iigenschaften , dass jede übersohlagene symmetrische Determinante nnge-
ader Ordnung gleich Null, und jede überschlagene symmetrische Determi-
ante gerader Ordnung ein Quadrat ist. Die Benutzung derartiger Deter-
linanten bietet wesentliche Vortheile bei der Theorie der Rotation eines
LÖrpers um einen Punkt (Hamilton, Cayley) und bei den Formeln für
ie Variation der willkürlichen Gonstanten durch störende Kräfte. Noch
rwfthnt der Verf. die einfach symmetirischen Determinanten, deren
Elemente der Bedingung a,,^:=: + a^,, genügen, wie b. B.
iid macht davon Gebrauch zur Entwickelung eines in die Theorie der al-
lebraischen Gleichungen gehörenden Satzes.
Die Determinanten der Wurzeln algebraischer Gleichungen werden in
[. 9 betrachtet; mit ihrer Hülfe lassen sich mehrere ziemlich versteckt lie-
;ende Relationen sehr einfach beweisen. Als Anwendung dient die Unter-
niehimg solcher Determinanten , deren Elemente bestimmte einfache Inte-
;rale sind \ der Werth der Determinante ist in diesem Falle ein mehrfaches
ntegjral^ und es können auf diesem Wege Reductionen von vielfachen In-
egralen auf Determinanten einfacher Integrale gewonnen werden. Im Zn-
ammenhange damit stehen die Determinanten der particulären Integrale
tnearer Differentialgleichungen; hierbei ergiebt sich auch der interessante
ialmst^n^sche Satz, dass aus n — 1 particulären Integralen einer linea-
ea Differentialgleichung n'*' Ordnung das letzte (n^) particuläre Integral
abgeleitet werden kann.
Die in §. 10 auseinandergesetzte Theorie der Funktionaldeterminanten
iefert die Mittel zur Einführung neuer Variabelen in Differentialgleichun-
gen, wodurch mehrere von Jacobi, Laplace, Sylvester u. A. gefun-
lene Transformationen entwickelt werden. Auch ergiebt sich aus dieser
Theorie die allgemeine Formel zur Einführung neuer Variabelen in ein
nehrfaches Integral , welche bekanntlich das hauptsächlichste Mittel zur
fleduction vielfacher Integrale und schon mehrfach , wenn auch nicht im-
ner auf so einfache Weise behandelt worden ist.
Der 11. und letzte Paragraph beschäftigt sich mit den Determinanten
Sessels. Bezeichnet nämlich u eine ganze homogene Funktion der Varia-
9elen x^y x^j x^. , . Xn und setzt man
d*u _ _
üo wird die Determinante
m
Llteratuoeitang»
nach ihrem Erfinder genannt; ist u vom m*™ Grade, so bildet p eine bomo'
gene Funktion desj i? (m ^ — 3) *** Grades, HauptsäcbUeh bei geometrischeD
Uotersuchungen spielt diese Determinante eine hervorr^etide Bolle; be-
zeichnet 2. B. w = 0 die homogene Gleichong einer Carve m*" Ordnung iwt-
schen drei sogenannten Linearcoordinaten, so ist das Verscb winden von
p die Bedingung dafür ^ das» jene Curve aus m durch einen und denfielbeti
Punkt gehenden Geraden besteht*) ; wenn ferner u ^^=Q die homogene Gki-
chnng einer Fläche m^ Ordnung zwischen irier Linearcoordlnaten bedeu-
tet, so wird die Fläche zu einem Kegel für e = 0*
Aus dieser Mitthellung wird mÄn ersehen , dass das Brioac hinsehe
Werk einen sehr i eichen Inhalt bietet , der Übrigens anf Terhültnis^mÜsii^
kleinem Räume (102 Seiten in 4^^) zusammengedrängt isL 8o gern Eefer
diess anerkennt, so wenig darf er andererseits verschweigen, dass das Stre-
ben nach Kürze und Concinnität den Verfasser oft 2U lakonischen Bedens-
arten und Gedaakeusprilngen veranlasst hat, wie sie in einem Lebrbuche
keine nf all 3 vorkommen dürften, Pflicht des U eher setz er s wäre es daher ge-
weseu, diese Lücken auszufüllen^ überhaupt ungeübteren Lesern mit er
läuternden Noten unter die Arme zn greifen; dass dies nicht geschehen,
muss Referent als einen wesentlichen Mangel der Uehersetznng bezeichnen*
Ferner möchte Referent die Angabe des Vorworts , dass Briosohi sorg^
flltig anf die Quellen verweise» nicht unbedingt unterschreiben; der Ver/,
citirt allerdings viel aber oft nur secnndäre Quellen, und fast möchte
man glauben , B r i o s c h i habe sich von den Engländern so sehr imponiren
lassen, dass ihm nicht selten die primitiven Quellen aus dem Gesichts-
kreise eutschwunden sind. Es wäre nämlich ausserdem unbegreiflich, warum
der Verf. sich oft an die miserable englische Terminologie anschliesst, wo
schon Gauss und Jacobi die passendere Bezeichnung früher angegeben
haben. So sagt Jacobi nicht Unterdeterminante, sondern partielle
Determinante; ungeschickt ist ferner der Ausdruck „Determinante mitre-
ciproken Elementen, weil mau nach deutscher Hede weise hiemaeh
schliessen muss , dass die neue Determinante aus den Elementen , — -
etc. gebildet ist; es muss stattdessen b^issen: Determinante mit adjun-
•) Die Gleichung der Kegelschnitte z. B.
^ a:« + i9 y* + 2 C a? y + 2 /> X + 2 Ä y + #* = 0
wird homogeh wenn man x =: ~ , y=: — ^ setzt, nämlich
u = Axi* + ßxt* + 20«! or, + 2/>a?i a?8 + 2Äj:t «s + Fxz*=0;
mithin ist die genannte Bedingung
2A 2C 2D
2C 2B 2E ' = 0
2/> 2E 2F
d. i. nach Ausrechnung und Weglassung des gemeinschaftlichen Faktors 8
was mit einem bekannten Satze der analytischen Geometrie übereinstimmt.
Lit eraturzeitang. 87
;irteD ElementeD. Auch hier hätte der Uebersetzer, wenn er etwas von
ler Sache verstand, die bessere Bezeichnung anführen sollen. Was Hessens
>eterminante (englisch A Hessian I) betrifft, so dürfte vielleicht der Ausdruck
nflexionsdeterminante durch seine Erinnerung an den Gebrauch
lieaer Determinante passend sein.
Trotz dieser Ausstellungen bleibt indessen Br losch i*s Buch immer
ine werthvoUe Arbeit, die von Seiten der deutschen Mathematiker alle
leachtnng verdient. Die typographische Ausstattung der Uebersetzung
it eben so elegant wie die des Originales und scheint auch von Druck-
ehlem fast gänzlich frei zu sein. Scblömilch.
Die Lehre der Messung von Kr&ften mittelst der Bifllarsuspension. Von
Dx. Chr. Stähelin. Aus den neuen Denkschriften der allgemei-
nen Schweizerischen Gesellschaft für die gesammten Naturwissen-
schaften. Bd. XIII. Zürich 1853. — (In Quart mit gr. Kupfertaf.)
Bei dem allgemeinen Bestreben, alle Naturerscheinungen nach Zahl
und Maass zu bestimmen, und dadurch eine von der sinnlichen Anschauung
und blossen Schätznng möglichst unabhängige Grundlage für die Theorie
zu gewinnen und die physikalischen Probleme so auf mathematische zurück-
zuführen, handelt es sich vielfach darum, sehr kleine Kräfte der Anziehung
and Abstossung nicht blos zur Erscheinung zu bringen, sondern auch quan-
titativ genau zu bestimmen. Das Letztere ist in vielen Fällen äusserst
schwierig, um so mehr, je kleiner die zu messenden Kräfte sind. Der Grund
davon liegt gewöhnlich in der Reibung ; denn es wird häufig durch dieselbe
ein grosser Theil der zu messenden Kraft annuUirt und der Beobachtung
entiogen, so dass selbst unter günstigen Umständen sich oft kaum mehr
erreichen lässt , als die Reibung eben zu überwinden. Dann ist zwar das
Vorhandensein der Kraft nachgewiesen und dieselbe ist qualitativ bestimm-
bar, aber von einer Messung derselben kann in diesem Falle nicht die Rede
sein; denn es müsste dann die Reibung einer scharfen quantitativen Be-
stimmnng fähig sein und für die zu messende Kraft substituirt werden kön-
nen , was durchaus nicht der Fall ist. Man muss daher bei jeder feineren
Meesnng voraussetzen können , dass die Reibung im Vergleich mit der zu
messenden Kraft nur ein verschwindend kleiner Bruchtheil sei. Diese Vor-
aussetzung lässt sich nur bei der Messung grösserer Kräfte machen und
selbst dann muss auf möglichste Veränderung der Reibung Bedacht genom-
men werden , sobald es sich um feinere Bestimmungen handelt. Zur Mes-
sung sehr kleiner Kräfte aber , wie der Variationen der erdmagnetischen
Kraft, oder schwacher elektrischer Kräfte oder Ströme oder der Anziehung
zweier ponderabler Massen gegenüber der Schwerkraft n. s. w. lässt sich
nur dann ein Instrument herstellen, wenn die Reibung gänzlich aus-
geschlossen wird. Diesem letzteren Bedürfnisse verdanken zwei sehr
wichtige Vorrichtungen ihren Ursprung: die Drehwaage von Coulomb,
ttberhauptdieunifilare Aufhängung, und diebifilare Aufhängung
(Bifilarsuspension) von Gauss. Beiden Instrumenten hat Gauss die be-
kannte sinnreiche Einrichtung mit Spiegel, Scale und Fernrohr zur Bestim-
mung der Drehungswinkel hinzugefügt , wodurch dieselben zu den feinsten
Messwerkzeugen erhoben worden sind , die man Vielleicht gegenwärtig hat,
und mit denen sich daher, da sie überdiess ausser den bisherigen gewiu
noek m&0cbdr anderer Anwendungen fHkig ßiad, jeder angehende Fhjsike;
Tertrant in&cben soUte^
Hierzu ist die Abiiandlimg des Herrn Dr. Stäbelia % egenwMrtig Pre»-
fesaor der Physik an der UniFersität zu Basel) ^ in welcher Theorie und
Praxis der hitilaren Aufhängung (dio unitilare kann als ein besonderer Fall
derselben angesehen werden) äusserst klar und erschöpfend vorgetragen
werden, in hohem Grade geeignet und Ist dieselbe als ein aebr dankem-
wertbes UnterDehmen zu hegrüssen*
Referent bat im Jahre lÖöO im Programme der Zittaner Gewerbsdiule
schon eine Theorie der biliaren Auf bMngung gegeben *) , mneete sieb aber
damals bei dem sengemessenen Raame ; den eine solche (ielegenbeitaschrift
nur gewährt, auf die Tbeorie derselben beschränken, und konnte nach die«f
nur soweit aueführeui als die Bifilaraufhängnng einzig nur der Scbwerkrsfi
unterworfen ist Derselbe hatte damals am Schlaüs seiner Abbandlung dit
Absicht ausgesprochen, in einem späteren Programme den praktiacUeti
Theil der bifilaren Aufhängung behandeln zu wellen.
Durch die vorliegende Arbeit dos Herrn StShelin hat sich aber diens
Aufgabe völlig erledigt. Derselbe hat ansser der Theorie der btülaren Auf
hängung, sofern dieselbe blos noter dem Einflüsse der Schwere steht, aacb
die Fälle behandelt, wo sogenannte adjongirte Kräfte* hinzutreten, w*a
eigentlich die Hauptbesttmmung des Apparates ausmacht; ferner hat der-
selbe die ausserordentliche Leistungsfähigkeit dieses Instrumenta in seineei
verschiedenen Leistungen überall in's klare Licht gesetzt und endlich in
oinem besonderen praktlseben Theü über die Einrichtung des Apparatei
fUr verschiedene Zwecke, dessen Anfitellung und Behandlung vor nnd hei
den Beobachtungen das Nötbige hinzugefügt, so dass diese Arbeit wohl
Alles enthält, was auf Theorie und Praxis der bifilaren Aufhängung Bezog
hat und bei deren Anwendung zu wissen nöthig ist. Es scheint , daas diese
vorzügliche Arbeit noch nicht die Beachtung gefunden hat, welche sie ver-
dient, daher es bei der Wichtigkeit des Gegenstandes nicht unangemessen
sein dürfte , wenn wir in Folgendem über den Hauptinhalt derselben etwu
ausführlicher referiren , als es sonst wohl zu geschehen pflegt.
Zuerst giebt der Verfasser einige historische Notizen und erwähnt, dass
eine Aufhängung an zwei Fäden früher vielleicht schon öfter benntxt wor-
den sei, aber nur um die Wirkung äusserer Kräfte qualitativ zn zeigen
(durch W. Weber, 1833, um die Wirkung galvanischer Ströme zur Erschei-
nung zu bringen , wobei allerdings die beiden Auf hängungsdräthe nur zur
Zu- und Ableitung des galvanischen Stromes dienten). Snow Harris
scheint (1836) den ersten Versuch gemacht zu haben, die bifilare Auf-
hängung zu quantitativer Bestimmung äusserer Kräfte zu benutzen , doch
kann sein Apparat als ein Bifllarapparat im jetzigen Sinne nicht angesehen
werden und hat auch keinen Eingang gefunden. Die wahre Methode der
bifilaren Aufhängung und die Erkennung der richtigen Gesetze derselben
ist zuerst von Gaus 9 aufgefunden und zn allseitigem Vortheile der Wissen-
schaft in das Gebiet der Physik eingeführt worden; — zuerst als Bifilar-
magnetometer , ein Instrument, das gegenwärtig allgemein Terbreitet ist
und zur Bestimmung der Intensitätsänderungen des Erdmagnetismus dient,
— sodann als Stellvertreter der astatischen Nadel, in Terkehrter Lage
•) Die Theorie der biliaren Aufhängung von Fr an« Dietzel. Programm der
Gewerbscbule zu Zittau. Ostern 1850.
Literaturzeitung. 85
Dass diese Gleichung, auf welche zuerst Laplace bei seinen Untersuchun-
gen tlber die säcularen Ungleichheiten der Planeten stiess, n reelle Wurzeln
besitzt , haben früher schon J a c o b i und Borchardt gezeigt ; der Verf.
giebt einen neuen Beweis von ausserordentlicher Kürze.
Eine Determinante, deren Elemente die Eigenschaft a,,r = — «m be-
sitzen, heisst eine übersohlagene (gobho^ gauche) und aoAserdem sym-
metrisch, wenn zugleich ar,r = 0. Diese besonderen Determinanten be^
trachtet der Verf. in §.8; charakteristisch für dieselben sind .die beiden
Eigenschaften , dass jede überschlagene symmetrische Determinante unge-
rader Ordnung gleich Null, und jede überschlagene symmetrische Determi-
nante gerader Ordnung ein Quadrat ist. Die Benutzung derartiger Deter-
minanten bietet wesentliche Vortheile bei der Theorie der Rotation eines
Körpers um einen Funkt (Hamilton, Cayley) und bei den Formeln für
die Variation der willkürlichen Gonstanten durch störende Kräfte. Noch
erwähnt der Verf. die einfach symmetirischen Determinanten, deren
Elemente der Bedingung a«,^:==: + a^,, genügen, wie b. B.
^1 *t ^n
^1 ^f ^«+1
und macht davon Gebrauch zur Entwickelung eines in die Theorie der al-
gebraischen Gleichungen gehörenden Satzes.
Die Determinanten der Wurzeln algebraischer Gleichungen werden in
§. 9 betrachtet; mit ihrer Hülfe lassen sich mehrere ziemlich versteckt lie-
gende Relationen sehr einfach beweisen. Als Anwendung dient die Unter-
suchong solcher Determinanten , deren Elemente bestimmte einfache Inte-
grale sind ; der Werth der Determinante ist in diesem Falle ein mehrfaches
Integral, und es können auf diesem Wege Reductionen von vielfachen In-
tegralen auf Determinanten einfacher Integrale gewonnen werden. Im Zu-
sammenhange damit stehen die Determinanten der particulären Integrale
linearer Differentialgleichungen; hierbei ergiebt sich auch der interessante
Malmst^n'sche Satz, dass aus n — 1 particulären Integralen einer linea-
ren Differentialgleichung n^' Ordnung das letzte (ji^) particuläre Integral
abgeleitet werden kann.
Die in §. 10 auseinandergesetzte Theorie der Funktionaldeterminanten
liefert die Mittel zur Einführung neuer Variabelen in Differentialgleichun-
gen, wodurch mehrere von Jacobi,Laplace, Sylvester u. A. gefun-
dene Transformationen entwickelt werden. Auch ergiebt sich aus dieser
Theorie die allgemeine Formel zur Einführung neuer Variabelen in ein
mehrfaches Integral, welche bekanntlich das hauptsächlichste Mittel zur
Reduction vielfacher Integrale und schon mehrfach , wenn auch nicht im-
mer auf so einfache Weise behandelt worden ist.
Der 11. und letzte Paragraph beschäftigt sich mit den Determinanten
Hessens. Bezeichnet nämlich ti eine ganze homogene Funktion der Varia-
belen Xi^x^^ x^. . . Xn und setzt man
d^u _ _
so wird die Determinante
E^ LiteraturKeitimg. g
kalte. Jedenfalls liegt in die&cr Anwendutig des Djaamoiueters nocb eine
ffeioh« Quelte zu Untersuchungen ftir die Zukunft und e§ werden rielleicM
auf diese Welse Ströme ond elektmche Schwingungen in der Natur ml-
deckt werden , die für uns bii jetzt noch verborgen »ind.
Die^e ausserordentlichen Leistungen des Biliar djuamometera glaubte
Referent ausführlicher bervorheben ku müssen , um nani entlieh angehend«
Physiker auf die Wichtigkeit und Bedeutung dieses Instruments hiuiv^
weisen.
§§-39 — 7L schickt der VerfasBer einen allgemeinen UeberhUck der
Hes^ultate der Theorie rorau»^ hauptsächlich wohl, um das Verstlndniss
der eigentlichen Theorie vor an bereiten^ sowie um einige nöthige ßegrife^
bestimmnngen vorausgehen zu lasiten. Die Ditilarsuspensioti ist liieruacb
die Aufhängung eines Körpers an ^wei Fäden nach bestimmten Hegeln,
mit der Absicht j die Kräfte zu messen ^ welche von anderen -Körpera auf
ihn ausgeübt werden, und ^war vermittelst kleiner BrehniigeuT die der
Körper um die Vertikale durch seinen Schwerpunkt erleidet und die man
Ablenkungen nennt ^ hierbei wird der Ablenkungswinkel gemessen , abfrr
auch Schwnngungsbeobachtungen lassen sich mit derselben Schärfe ans-
führen- Bei diesen Messungen ist in der Eegel eine mit dem Apparate t«!-
bundene Spiegeleinrichtung vorauszusBtscen. Die Theorie zeigt (§§. 78 — f^\
dass Alles in Be^ug auf die durch den Schwerpunkt des angehängten Kör-
pers gedachte Vertikale, D r e h u n^ s a x e oder kurzweg A x e , symmetrisch
sein mnss \ die Fäden können dabei entweder vertikal oder g^eneigt ^eh.
Unter dem blossen Einflüsse der Schwere stellt sich eine Oleicb^
gewichtslagß ein, in welcher die Burch die zwei untern Fadenendptmktft
gedacht*^ Gerade, welche der Verfa^aer die Copnla nennt ^ und di^ O-
rade durch die zwei obern Fadenenden einander parallel sind. Wird der
Körper aus dieser Lage abgelenkt , so steigt er etwas , und die Schwere
strebt ihn in die Gleichgewichtslage zurückzuführen, mit einem Drehongs-
moment , welches hinlänglich genau' dem Sinus des Ablenkungswinkels ^
proportional gesetzt werden kann, und welches der Verfasser' d a a rück-
treibende Moment der Schwere nennt; die horizontalen Kräfte, durch
die es versinnlicht werden kann, werden die Kräfte der Schwere ge-
nannt. Für p = 90° ist das rücktreibende Moment ein Maximum und heisst
dann (nach Gauss) das Dir ectionsmoment der Schwere oder äA
statische Dire ctionsmoment (die mathjsmatischen Ausdrücke wer-
den wir weiter unten folgen lassen). Wenn äussere Kräfte dem Körpei:.eiDe
«Ablenkung q ertheilen, so ist ihr Drehungsmoment gleich dem rüektreiben-
den Moment der Schwere q ; dieses letztere aber lässt sich aus dem Ablen-
kungswinkel , den man gemessen hat , berechnen : das Moment der äussern
Kräfte ist also bekannt, die Kräfte sind gemessen. Es handelt sich folglich
nur darum, das rücktreibende Moment oder vielmehr ein für allemal das
Directionsmoment der Schwere auszumitteln ; dieses wird im theoretischen
Theile (§. 223 ff.) gelehrt.
Wenn nun neben der Schwere noch andere Kräfte (Kräftepaare) auf-
treten, welche der Verf. adjungirte Kräfte nennt, so tritt ein neuer Gleich-
gewichtszustand ein , den man den complexen nennen kann. Mit ihm kann
auch eine neue Gleichgewichtslage verbunden sein , wenn die Richtung der
adjungirten Kräfte von der der Schwerkräfte abweicht; diese neue Gleich-
gewichtslage ist eine Zwischenlage zwischen den früheren (unter der blossen
Einwirkung der Schwere) und der Lage, welche die adjungirten Kräfte
Literaturzeitung. 91
allein (ohne Bifilarsnspension, bei freier Beweglichkeit des Körpers) herbei-
führen wttrden, und lässt sich dieselbe mit Hülfe des Kräfteparallelogramms
leicht finden. Der Körper wird daher nach einer Ableitung mit einem neuen
Drehnngsmomente in die Gleichgewichtslage surückgetrieben, welches auch
dem Sinns des Ablenkungswinkels ^proportional ist und vom Verfasser das
resnltirende oder complexe rticktreibende Moment genannt
wird; es findet ein neues, das resultirende'oder complexe Direc-
tionsmoment statt, sowie eine neue Schwingungsdauer und eine neue
Empfindlichkeit des Apparats.
Je nachdem iie Richtungen der Kräfte der Schwere mit denen der ad-
jnngirten Kräfte entweder zusammenfallen odeif ihnen entgegenge-
seist sind oder mit ihnen einen Winkel bilden, nennt Oauss diese
3 Fälle beim Bifilarmagnetometer die natürliche, die verkehrte und
die transversaleLage. Dieselben Bezeichnungen lassen sich allgemein
einführen und es geschieht dies im ganzen Verfolge der Abhandlung , also
I. B. namentlich bei der Betrachtung des Elektrodynamometers.
Der Verfasser charakterisirt nun diese drei Lagen näher und setzt sehr
klar auseinander, wie bei der zweiten oder verkehrten Lage dem Apparate
jeder Grad von Empfindlichkeit ertheilt , derselbe so nahe man will a s t a -
tisch gemacht werden kann. Natürlich müssen die Schwerkräfte etwas
grösser sein , als die adjungirten Kräfte , wenn der Gleichgewichtszustand
stabil sein soll ; je geringer aber die Dififerenz, desto empfindlicher der Ap-
parat ; diese Differenz kann man aber beliebig andern, indem man nur, was
leicht ausführbar ist, den Abstand der Fäden zu ändern braucht; man kann
so einen vielmal empfindlicheren Apparat erhalten, als ihn die unifilare
Aufhängung gewährt*. Dadurch ist unter andern auch das Mittel gegeben,
die Richtungsänderungen der adjungirten Kräfte, z. B. die Declinations-
ändernng beim Erdmagnetismus so vielmal vergrössert zu erhalten, als man
et wünscht (§. 9, 64, 331).
§. 73 ff. folgt nun die eigentliche Theorie der Bifilarsnspension — zu-
nächst unter Voraussetzung idealer Verhältnisse — ; die Fäden werden als
gerade , gewichtlose , nnausdehnbare Linien betrachtet , die um ihre nnver-
inderlieh angenommenen Befestigungspunkte vollkommen beweglich sein
sollen; vom Luftwiderstande und sonstigen Bewegungshindemissen wird
vorerst abstrahirt. — §. 75. wird der bekannte von Gauss aufgestellte
Oleiehgewichtssatz bewiesen: die Vertikale durch den Schwerpunkt
des Körpers und die durch die Fäden dargestellten geraden
Linien müssen sich in EinerForm befinden und zugleich ent*
weder unter sich parallel sein oder sich in Einem Punkte
schneiden. In §. 79 werden die Bahnen berechnet, welche die unteren
Fadenenden beschreiben, wenn der Apparat sich um seine Axe dreht und
in §. 80. die horizontalen Kräfte , welche die Schwere in den besagten Fa-
den bei einer Ablenkung q liefert. Auf beide Rechnungen gestützt folgt der
Beweis des Satzes, dass Alles in Bezug auf die Axe symmetrisch sein muss,
wenn der Apparat brauchbar sein soll; und sodann die Bestimmung des
rüektreibenden Momentes (welche in §. 100 und in §. 119 auf zwei andere
Arten gegeben wird). Zerlegt man bei einer Ablenkung um einen Winkel
Q das auf die Fadenenden transponirte Gewicht des Körpers, gMj in zwei
Componenten , die eine in Richtung der Fäden , welche aufgehoben wird,
Littratammtung.
Miii^iiM^^^www-
jäm ftiidere hori^ontnl*), m werflnn bei vorausgesetzter «Symmetrie dpsÄp-
llfii diese btalerea Cotiipooenten auf beulen Seiten gleiche Grosse and
Siipfi^lale aber entgegengc^etxie L&ge haben , mithin ein Kräftep&aj- sein,
Hikbes das liorisoutaltä Dreiiuag^mi^inent oder d&s rticktrri^
bende Moment der Schwere
~ f^h* — tah'li — cos q]
giebt; dieses dient bciAblenknngsversucUen als Maas s der ab*
lenkenden Kräfte; Ji bezeichnet die M^sc des angehängten Korpers,
g die Fallbe&chlennignnj^, 2a den Äbötand der »wei untereo ^ 2^ den der
Ewei oberen F&denendpUDkte , A die Hohe der letzteren über den erKteren.
Um einen einfachem Auädruck zu gewinnen^ nimmt man in der Pntx.isdio
Länge der Fädep (wovon h abhängt) im Vergleich %n ihren Abständen (Sa
und 2^) sehr gross; dann kann da:^ Drehungsmoment der Schwere hinrci^
chend angenähert gesetzt werden
ubqM .
n = — '- — Sin ^
und man erreicht dndurcb den grossen Vörtheü, daas das Drehungsmfiinent
dem Sinns des Ablenkiingsmittek proportional ibI, im IJebrigen aber üür
Ton den Constanten a^ b^ g^ M und h abhängig ist. Das Maximum desselben
oder das statische Directionsmomont ist dann
80 dasB
u = D sin Q
d.h. das rücktreibende Moment der Schwere ist gleich dem
Producte aus dem Directio^nsmomente and dem Sinus des Ab-
lenkungswinkels.
Die Fehler sind um so kleiner , je kleiner a und b gegen h sind , und
bei kleinen Ablenkungswinkeln, wie sie in der Praxis immer nur angewandt
werden, ist der Unterschied zwischen dem wahren Drehungsmomente U und
dem genäherten u = J) sin q durchaus verschwindend , was der Verfasser
analytisch nachweist und durch Zahlenbeispiele belegt.
Indem dem Apparat hierdurch ein so einfaches Reactionsgesetz
!!=:/> sin Q verschafft wird , erhält gleichzeitig durch diesen Umstand das
Instrument seine grösste Empfindlichkeit, womit auch die Abnahme der
vertikalen Steigung des aufgehängten Körpers im Zusammenhange steht;
Überdiess aber wird dadurch die Theorie für Anwendung des Apparates bei
Gegenwart adjungirter Kräfte auf die einfache Weise ermöglicht, welche
der Bifilarsuspension eine so hohe Bedeutung giebt (§. 43). Uebrigens ist
die Aenderung des Abstandes der Fäden leicht und beqnem auszuführen
und also jederzeit die Möglichkeit gegeben , die Empfindlichkeit des Appa-
rate» zu verändern.
§. 106 ff. entwickelt der Verf. das Gesetz des Snow Harris'schen Ap-
*) Diese horizontale Oomponente an jedem Fadenende ist besonders gemeint,
wenn knriweg von den Schwerkräften gesprochen wird.
Literaturzeitung. 93
parates und benutzt das. Resultat dieser Entwickelung zuglQich, um daran
zu zeigen , welchen Einfluss es hat , wenn an irgend einer Stelle zwischen
den obern und untern Aufhängungspunkten der Abstand der Drähte ver-
ändert wird, wie dies W. Weber gethan hat (§. 342).
Eine der wichtigsten Entwickelungen ist nun die des Schwingungsge-
setzes (§. 120 ff.) ; hierbei bedient sich der Verf. der Methode , in welcher
Lagrange das Princip von D^Alejnbert mit dem Principe der virtuellen
Geschwindigkeit vereinigt hat. Er beweist , dass die Bewegung eine regel-
mässig oscillirende ist und entwickelt für die Schwingungsdauer^d. i.
die Zeit, welche zwischen zwei aufeinanderfolgenden grössten Ablenkungen
oder Elongationen + Q ^uid — q verfiiesst , den Ausdruck
von IC das Trägheitsmoment des angehängten Körpers, G den ganzen hori-
zontalen Schwingungsbogen, welcher während der Zeit T durchlaufen wird,
bezeichnet, a, 6, ^, h und M aber die frühere Bedeutung haben. Daraus er-
giebt sich dann der Grenzwerth der Schwingungsdauer (für G = 0),
t/ ÄÄ^
bgM
HO wie die Keduction der Schwingungsdauer auf unendlich kleine Bögen,
welche hinreichend genau nach der Formel
^•=^'0-D
bewirkt werden kann, wenn T, die beobachtete Schwingungsdauer ist. Al-
lein wegen der Kleinheit der beobachteten Bögen ist diese Reduction mei-
stens uhnöthig.
Führt man das .Directionsmoment D = — | — ein, so wird jener Grenz-
werth
■/l
d. h. das Quadrat der Schwingungszeit ist proportional dem
Trägheitsmoment und umgekehrt proportional dem Direc-
tionsmoment.
Es folgt nun (§. 131 ff.) die Specialtheorie des Apparates bei Zutritt
von adjnngirten Kräften. Das Directionsmoment der adjungirten Kräfte ist
mit E^ das der Schwere wie bisher mit D bezeichnet. Es sind nun die früher
erwähnten drei Hauptlagen behandelt :
i; Erste oder natürliche Lage. Der Körper ist in Folge der Bi-
filarsuspension unter dem blossen Einfluaie der Schwere in der Lage , in
welche ihn auch die adjungirten Kräfte zu versetzen streben; die Gleich-
gewichtslage wird also durch das Einwirken jener Kräfte nicht geändert,
sondern nur der Gleichgewichtszustand; die Kräfte der Schwere und die
adjungirten Kräfte summiren sich; es entsteht bei einer Ablenkung z ein
resultirendes oder complexes rücktreibendes Moment
Liteiatui/tg. d. Zeilsohr. f. Math. u< Phyi. I. ^
{D -^ E}um z^ itatj rea»iiUirende oder eompjexe Dir^etlonamo-
ment ist i? + ^; die Scbwiagungödauer tf^=^ssj/ ^rr^*
IL Zweite ader YOTkchrte Lag e* Der Körper erhält durcli die
blosse BifilaraUijpens]On eiae Lage, welche mit derjenigea, die ihm die ftd-
juügirten Kräfte zu ertheileu streben, eiaen Winkel von lft(f bildet; die
Kräfte der Schwere und die adjungirtfen Kriifte sind einander entgegenge-
setzt; es entsteht daher, wie vorbin, keine neue Gleichgewiehtslage^ son-
dern nur ein neuer GleichgewichtsKU&tand; damit dieBer stabil aei , müssea
die Kräfte der Schwere grösser sein, als die adjungirteu. Das eomplexe
rüclttreibende Moment ist (D — £) sin z, das complexe Direc-
tionsmoment D-^E^ die Schwingungsdan er t^^^nT/ j. — --
Die Empfindlichkeit kann beliebig gesteigert, insbesondere kann sie gröf&fier
gemacht werden, als diejenige, die bei einer Unifilarsuspension ohne Tor-
siona widerstand unter dem Einflüsse der adjuugirten Krüfte Btattfinden
würde, und zwar im Verhältnisse von Ei B — E. — Dipse Lage kommt,
wie die vorige, in Betracht: K hei der Aufstellung des Bifilarmaguetometeri
{§§. 69, 161, 3'i4, 331,) und % beim Gebrauche des Elektrodynamomet^n
(§§. $47^349 und %':>b — 359*) Ueberdies dient sie zu den Änwendung^D,
(galvanometriscber u. s. w*), die wir früher erwähnt haben. — §. |:^9 gieU
der Verf* an, wie eine UTiahsichtliche Abweichung des Körpers von der er-
sten oder zweiten Lage, oder die Richtung der adjungirtiHi Kräfte in Br-
Ziehung auf den Apparat, bestimmt wird, und wie man, wenn dies gesch©"
hcn, den Körper in die richtige Lage bringt. Von diesen Bestimmungen
wird bei der Behandlung des Bifilarraagnetometers und des Elektrodyna-
mometers Gebrauch gemacht (§§. 318, 3i9, 350).
III. Dritte oder transversale Lage. Bei dieser schliessen im
Allgemeinen die adjungirten und die Schwerkräfte einen Winkel zwischen
0® und 180® ein, der bei der transversalen Lage im engem Sinne ungefähr
156® beträgt. Es entsteht dann nicht nur ein neuer Gleichgewichtszustand,
sondern auch eine neue Gleichgewichtslage, die complexe oder resultirende.
Das äussere Kennzeichen dieser Lage ist, dass die Fäden im Gleichgewichts-
zustände nicht in Einer Ebene sind. Diese Lage gewährt uns das Mittel,
die kleinen Aenderungen zu messen, welche in der Intensität der adjungir-
ten Kräfte vor sich gehen können, und findet ihre Anwendung beim Bifilar-
magnetometer*). Jene Aenderungen nämlich bringen Ablenkungen des
Körpers von seiner complexen Gleichgewichtslage hervor, diese Ablen-
kungen sollen gemessen und aus ihnen die Grösse der Aenderungen berech-
net werden. Allein es kann ja auch die Richtung der adjungirten Kräfte
sich ändern und Ablenkungen hervorbringen, und wir wüssten dann nicht,
von welchem Umstände die letzteren herrührten, oder wir müssten jedesmal
zugleich die Hichtungsänderungen an einem besonderen Instrumente be-
*) Nach der von Gauss in seinfV „Intensitas vis terrestris ad mensuram absoluUtm
revocata** angegebene Methode erfordert die BeAtimmung der Intensität des Erd-
magnetismus längere Zeit und es ist deshalb diese Methode zur Messung der Varia-
tionen des Erdmagnetismus , die z. B. bei den Terrainsbeobachtungen von 5 zu 5 Mi-
nuten bestimmt zu werden pflegen, nicht geeignet; es konnten daher die Intenpitäts.
Variationen erst nach Erfindung des Bifilargalvanometers zu diesen Beobachtungen
mit hinzugezogen werden. D.
Literaiarzeitung. 95
stimmen und ihren Einflnss mit dem der Intensitätsändemngen in Rechnung
bringen , was natürlich sehr unpraktisch wäre. Es mnss also dem Apparate
wo möglich eine solche Einrichtung gegeben werden, dass der Einfluss der
Richtungsänderungen (wenigstens wenn sie nicht sehr gross sind)^ soviel
wie gänzlich annullirt werde, und hierin besteht nur die transversale
Lage im engern Sinne, welche wir baldigst besprechen werden. Zu
diesem Behufe behandelt der Verfasser die dritte Lage allgemein, wenn
die Copula in der neuen complexen Gleichgewichtslage einen Winkel 9
mit der ursprünglichen Lage oder mit der Geraden durch die obern Faden-
endpunkte , einen Winkel a aber mit der Richtung der adjungirten Kräfte
bildet. Er entwickelt die Ausdrücke für das complexe rücktreibeude Mo-
ment [= {D cos (p + E cos a) sin z = d sin z]] das complexe Directionsmo-
mant {d) und die Schwingungsdauer 1 =nj/ — 1, sowie diejenigen, welche
den Zusammenhang zwischen den Ablenkungswinkeln und den Aenderun-
gen der adjungirten Kräfte angeben. Es ergiebt sich , dass man im Allge-
meinen wirklich die Richtungsänderungen jedesmal besonders ausmitteln
müsste , um die Intensitätsänderungen aus den Ablenkungen zu berechnen.
Allein aus seinen analytischen Betrachtungen entwickelt dann der Verf.,
wie derEinfluss der Richtungsänderungen soviel als gänzlich
verschwindet, wenn man — und dies ist dann eben die transversale
Lage im engern Sinne — erstens dem Winkel g> einen schicklichen Werth
(60® — 70®, §. 311) und zweitens dem Winkel « den Werth 90<> ertheilt, so
dass die sogenannte Normallage (resultirende Gleichgewichtslage am An-
fange der Beobachtung) des aufgehängten Körpers mit derjenigen , die ihm
die adjungirten Kräfte zu ertheilen streben (erste oder natürliche Lage)
einen rechten Winkel bildet. Es lässt sich dann derBruchtheil n, um
welchen sich die Intensität der adjungirten Kräfte (beim Bi-
filarmagnetometer die horizontale Intensität des Erdmagnetismus) geän-
dert hat, aus der beobachteten Ablenkung z durch die einfache
Formel
n = coig g> tang z
berechnen, wie wenn die Richtungsänderung (Declinationsänderung beim
Erdmagnetismus) Null wäre. Der Zweck des Apparates, in diesem Falle
die Aenderungen der Intensität und nur diese zu messen , ist also erreicht.
— Allein diese Einrichtung gewährt nun noch neue Vortheile (§§. 151 — 154)
nämlich die : dass die Aufstellung und Anwendung des Apparates sehr leicht
mit der grössten Schärfe ins Werk gesetzt werden kann, und zwar durch
die Bestimmung der Schwingungszeiten in der ersten und zweiten Lage , ^
und /",. Denn diese geben uns mittelst der in §. 153 bewiesenen, von
Gauss und Weber in den Resultaten a. d. Beobacht. d. n\agn. Vereins im
J. 1837. S. 35 u. 36 beim Bifilarmagnetometer angewandten Formeln
*m g) = TT
<.' - <i'
eotangq>= -—^
•1 — h
sowohl den Winkel tp^ den man bei Aufstellung des Apparates braucht, als
8»
Rudi das Verhälmie« von Ei B {B iät eine bckAnnte Gröeae) und den Wertfi
iF^a cfiiang <p zur Berechnung von n,
Entülcli miisKen wir noch einlgo seVir bpmerkenswerthe Resultate her-
vorheben, dio der Verf. in §* J-16 — 141* durch Rechnung entwick'^li: die
Schwingen gsdauer m der besprochenen Lage wird nämlich nicht merklich
geändert durch dio kleinen Inten^^itäteaBdernugen der adjnngirten Krurti^
wohl öher durch die kleinen Eicht uiigsÄnderungen deraelben, und letztere
lassen sich, wenn iic alUdit ötattfinden, aus den Sehwingungaaeilen srbr
'j* - /* CtiS 2
einfach berechnen (fö/ig ö =: -^-^ , . . — , wenn / die auf ausliehe
Öehwingungsdauöri t dieselbe bei der JÜchtungsfindernug ß der adjuagirtni
Kräfte und der Alibnikmig r ist)- Daraus gfdit hervor, dass der Bifiljir*
ap parat in dur dritten Lage durch den veränderten Stand die
1 n t *^ n s i t ä t ft ,^ u d r r u II Ij' e n , durch die v e r .'i n d e r t e *S c h w i n g u n gjj *
d axT e r d i e R i c h t u n g s ji ii d e r u n g e n d e r a d j n ug ir t e u Kr M ft © (welche
letsstere man In der Kwerteu Lage durch den verrindeiten Stand erh.-iltj an-
giehf; hei dem llnifilaTa|>|mrRt (keine Torsion voraufttgesetist) findet gerade
das fte^^entheil statt*
Kacbdeni nuu dio Theorie unter Voraussetzung Idealer Vcrliältujsse
erledigt i^t, geht der Verf, über zur Betrachtung der in Wirklichkeit
stattfindenden V erhriltnisse (Luftwiderstand, Elasticitat der Füden
u. s. w.jf um zu (M-mlttcln, 4ib und welelien EinHuss &ie auf die aufgestell-
ten Geäet/e haben* Er findet^ dasia man durch sorgfiikige Äusführnng des
A|.iparatcä alle wirklich schlidlicheu EindUsiae ansschlicsseu kann , dass an-
dere Eintliisise in Rechnung gezogen werden können, nämlich die Elastlci^
t£t der Finden, und Jass endlich nur noch die öQgenanuten Hindernisse der
Bewegung zu betrachten bleiben. Der Einfluss der Elasticität wird in
§§. 171 — 180 behandelt, man bedarf indess in der Praxis seiner Berücksich-
tigung nicht. — Dio Hindernisse der Bewegung folgen in §§. 181 — 219.
Bei der Langsamkeit der Schwingungen kann von einem Widerstände, wel-
cher dem Quadrate oder hohem Potenzen der Geschwindigkeit proportional
wäre ,» füglich abstrahirt werden. Es bleibt demnach nur zu untersuchen,
ob ein der Geschwindigkeit proportionaler Widerstand od zugleich mit die-
sem auch ein constanter stattfinde. Für beide Falle müssen die mechani-
schen Gesetze durch Rechnung aufgefunden, und es muss sodann durch die
Erfahrung ausgemittelt werden, ob die wirklichen Erscheinungen diesen
Gesetzen entsprechen. Dies thut der Verf. zuerst für einen der Geschwin-
digkeit proportionalen Widerstand in §§. 185 — 206. Er giebt die Theorie
dieses Falles ausführlich, weil sie auch als Grundlage bei der Anwendung
und bei der Untersuchung inducirter Ströme dient; sowohl bei der soge-
nannten Dämpfung, als bei der Erforschung der Gesetze der magnetoelektri-
schen und der Volta - Induction. Es werden die Unterschiede von dem
Gange eines Apparats, bei welchem kein Widerstand stattfände, nachge-
wiesen: die Vergrösserung der Schwingungszeit, die merkwürdigen Phasen
der Bewegung, und namentlich die Abnahme der Schwingungsbögen in geo-
metrischer Progression. Hierbei wird Alles, was auf das so häufig vorkom-
mende, von Gauss eingeführte logarithmische Decrement (Result. a. den
Boob. d. magn. Vereins im J. 1838, p. 68) Bezug hat, auseinandergesetzt,
auch die Berechnung miitelst kleinster Quadrate gegeben und dann gezeigt,
wie aus der blossen Kenntniss der Schwingungsdaucr und des logarithmi-
. Literaturzeituiiii:.
&•
bcheu Decremeutes nicht nur die Grösse des Widerstandes gefunden wird,
bondern auch die Schwingungsdaner und das Dircctionsmoment, welche ohne
den Widerstand stattfinden würden, und welche man direct durch blosse
Beobachtungen natürlich nicht ausmitteln könnte.
In zweiter Linie entwickelt dann der Verf. in §§. 207 — 219 die Er-
scheinungen, welche eintreten müssen, wenn neben dem der Geschwindig-
keit proportionalen Widerstände noch ein constanter Widerstand vorhanden
ist. Hier hat der Apparat nicht mehr, wie bisher, eine constante
Gleichgewichtslage, und eignet sich, wenn der constante Widerstand
erheblich ist, nicht mehr zur genauen Messung ablenkender Kräfte. Die
Schwingungszeit ist dieselbe, wie im vorigen Falle, die Abnahme der Bö-
gen aber erfolgt nicht mehr im geometrischen Verhältnisse, sondern in
einem grossem. — Die Vergleichung der Resultate aller dieser Kechnungen
mit den bisherigen Beobachtungen zeigt aber : dass der constante Wider-
stand Null oder für uns verschwindend klein ist, dass man nur einen der
Geschwindigkeit proportionalen Widerstand annehmen kann, dass aber der
Einiiuss dieses letztem auf die Schwingungsdauer für uns nicht merkbar
ibt , und dass seine Grösse sowie sein Einfluss immer leicht bestimmt wer-
den können. Und als Endresultat der gesammten Beobachtungen ergiebt
sich, dass wir den Apparat unter den wirklichen Verhältnissen
ganz eben so gut gebrauchen können, wie wenn die (früher vor-
ausgesetzten) idealen Verhältnisse vorhanden wären.
§§. 223 — 232 giebt der Verf. die Bestimmung des Directions - und
Trägheitsmomentes, wodurch die Bifilarsuspension ihre volle Sicherheit und
Tadellosigkeit erhält, und geht dann über auf den praktischen Theil. —
Da aber bei Besprechung des theoretischen Theils die Grenzen des uns ge-
statteten Kaumes schon überschritten sind, so müssen wir uns in Beziehung
auf den praktischen Theil auf wenige Worte beschränken. Der Verf. be-
handelt J) die praktische Einrichtung und Anfstellnng des Apparates;
B) den Gebrauch desselben zu Ablenkungs - und Schwingungsbeobachtun-
gen : Vorsichtsmaassregeln u. s. w. ; Reduction der Scalentheile anf Winkel
oder Bögen; Erörterung des Einflusses, wenn der Spiegel, wie bei der uni- *
filaren Aufhängung, eine erhebliche Entfernung von der Drehungsaxe hat
(excentrisch ist), sodann wenn derselbe nicht ein Metall-, sondern ein Glas-
spiogel ist*). Für grosse Excentricität und nicht sehr kleine Ablenkungs -
bögen hat der Verf. den Ausdruck entwickelt :
*) Herr -Stegmann hat kürElich eine Abhandlung über die Restimmang des
Dreliun^swinkels an MeMsinatrumenten mit Scale , Spiegel und Fernrohr in Gnmert*s
Archiv, 1805, vcrüffcntlicht. Derselbe geht von sehr allgemeinen Voraussetzungen
ans: die Umdrehungsaxe soll nicht in der Spiegelcboue liegen und ihr auch nicht pa>
rallel sein (der Spiegel ist also excentrisch und seine Ebene ausserdem unter einem
Winkel S gegen die Drehungsaxe geneigt angenommen) und die Umdrehungsaxe soll
nicht in der Visircbcne liegen ; er leitet dann aus seinen allgemeinen Formeln fol-
gende Nähcrungsformeln
X h
^;= 7i und ccosB:^ cosi(a — y)cMl(a-fy)
^ 2cco8 9 cosy ^^ " ^^ ''
ab, deren sich Herr W. Weber bedient hat; wobei ^ den Drchungswinkel , o? die
zugehörige Anzahl von Scalentheilen, h den in horizontaler Richtung gemessenen Ab-
stand de« Spicgelmittel]iunktes von einer durch die Scale gelegten Verticalebene , a
den Winkel, unter welchem die optische Axe des Fernrohrs ge^^en den Horizont, und
y den Winkel, unter welchem diejenige Ebene, die durch die Scale und den Mittel-
punkt des Spiegels bei dessen Anfangsstellung bu legen ist, gegen den HorijBont ge<
wobei ft den Brecliungsexpoucntea fiU" den UebergÄog dös Lichtes aus der
Luft in das Spiegelglas, £ die Entfernung der vorderen Spiegelfläclie von
der Drcihuoj^eaxe» S die Dicke dea Spiegelglases, Ä die lioriEontale Eot-
fernuug dea Spiegek voti der ^cale in der Gleichgewichtslage {E, R und S
jn Seal eilt heilen gemessen), p dea Ablenkuiigswinkel und tip die demselben
entsprechende Anzahl von Scalentlieilen bezeichnen, — Das erste Glied
ist constaat, das zweite kann ohne Nachtbefl als constant und das dritte bei
der bifilaren Aufhängung soviel wie immer als Null augesehen werden.
Mao kann dahi^r bei der biülaren AiifhJingung ohne Bedenken «etseu
und bei sehr kleben AblenkungBi^inkcln
In der Praxis ist gewöhiiHch |^' gegen li verschwindend klein und man er-
häU dann di^ längst gebräucbliehe Farmel
* op
Hierauf geht der Verf. die einzelnen Fälle von Anwendungen durch; A) An-
wpuduiigen de« Apparates ohne Mitwirkung adjungirter Kräfte. Zu den
Verhuehen, die Dichtigkeit, der Erde an beatlmmen von Cavendish,
Keicli und Baily würde deli der BifiJarapparat besonders eignen* Be-
stimmung des Trägheitsmomentes von Körpern, die keine regelmässige
Form haben oder nicht homogen sind. Bestimmung der Intensität galvani-
scher Ströme nach absolutem Maasse (Bifilargalvanometer). B) Anwen-
dungen des Apparats bei Gegenwart adjungirter Kräfte. L Bitilarmagneto-
'meter; 2. Elektrodynamometer. .— Endlich vergleicht der Verf. die Bifilar-
suspension mit andern Messmethoden und stellt die Eigenthümlichkeiten
und Vortheile der erstem summarisch zusammen.
Referent hat diese Arbeit des Herrn Stähelin mit vielem Vergnügen
studirt und empfiehlt dieselbe allen Physikern, welche mit dem Wesen und
der Einrich4;ung des Bifilarapparates nicht schon völlig vertraut sind. Denn
wenn auch die hauptsächlichsten Resultate der Theorie in den betreffenden
Schriften von Gauss und Weber schon enthalten sind, so pflegen diese
dieselben doch nur in wenigen eleganten Formeln anzudeuten, die Ent-
wickelung grösstentheils dem Leser überlassend. Und diese letztere hat
der Verfasser sehr klar und erschöpfend und in eleganter Weise gegeben*).
neigt ist, bezeichnet. Dabei hat Herr Stegmann stillschweigend einen Metallspie-
gel voransgesetzt — • und es kann auch füglich die Correction beim Glasspiegel ausser
Acht bleiben, da die Dicke des Spiegelglases im Vergleich zum Abstände des Spiegels
vom Fernrohr gewöhnlich sehr klein ist und dagegen vernachlässigt werden kann.
*) Unter Anderem glaubt Referent besonders die sehr einfache Art, auf welche
der Verfasser §. 184 die Gleichung
d^O ado
^+-^ + j, + ,, + A=0.
in welcher n, 6, g und h constante Grössen sind, integrirt, hervorheben zu müssen. Kr
Literaturzeitung. 99
Dabei hat derselbe das Wesen und die Eigenthtimlichkeiten der bifilaren
Aufhängung und deren Anwendungen scharf und schlagend erörtert. In
seinen p]nt Wickelungen ist derselbe vielfach von allgemeinern Voraussetzun-
gen ausgegangen , als es bisher geschehen , und hat aus seineu allgemeinen
Ausdrücken dann die in der Praxis üblichen speciellen Fälle abgeleitet;
auch sind manche Umstände, die bisher numerisch nicht ausgedrückt wor-
den waren, vom Verfasser der Rechnung unterworfen worden, so dass in
dieser Hinsicht seine Arbeit vieles Neue enthält. Die mehreren Abschnit-
ten beigefügten Zahlenbeispiele werden vielen Lesern erwünscht sein.
Zittau. C. F. Dietzel.
Die Theorie der Hangebrücken; mit besonderer Rücksicht auf deren An-
wendung bearbeitet von IL Tellkampf, Ingenieur-Assistent. Mit
2 lithograph. Tafeln. Hannover, Hellwing.
Der Verfasser erklärt in der Vorrede, seine Absicht sei gewesen, „aus
allen ihm bekannten Arbeiten über die Theorie der Kettenbrücken das dem
Techniker Wesentlichste und Wichtigste zu entnehmen und in übersicht-
licher Weise zusammenzustellen." Diesem Zwecke gemäss erörtert der Verf.
zunächst die Eigenthümlichkeiten der Hängebrücken überhaupt sowie ihre
Oonstruction und Bestandtheilc , giebt dann eine kurze Geschichte dieser
Bauwerke, wobei die Brücken zu Prag, Lorient und Pesth einer genaueren
Betrachtung unterzogen werden , und wendet sich nachher zur eigentlichen
Theorie, welche zum Schlüsse auf eine Reihe von Beispielen angewendet
wird. Was nun die Theorie selbst betrifft, so vermisst Referent darin die
wissenschaftliche Durcharbeitung; der Verf. stellt nach einander die ver-
schiedenen Arbeiten Gerstner's, Navier*setc. nebeneinander wie es
kommt, ohne zu bemerken, dass die Principien immer dieselben sind und
dass nur die Form der Rechnung verschieden ist. Daher trifft es sich auch,
dass dem Verf. die Indentität mancher Theorien entgeht , sobald die For-
meln etwas anders aussehen. So z. B. findet sich in §.21 die für die gleich-
|;espannte Ketten - (nicht Kettenbrücken -) linie die Gleichung
a: = — gl cos —
Q
wobei die Abscissen x in vertikaler Richtung gezählt werden; mit genau
setzt 69-f^^-fA = uc;^'-f^, wobei e die Basis des natürlichen Logarithmensjitems
bezeichnet. In der dadurch entstandenen Qleichong
wird2o-fa = 0 und f-J^ ß=:0 gesetzt und durch —r- dividirt , wodurch sich die-
0 o
selbe auf
reducirt, woraus bekanntlich für 5 > ^r;^, ti = c' #ih —^ — - »
ui,dfür6<J«», « = c'eH'^''-<» + c"e-'i'''-^^
sich ergieht, wenn <f und (f* die willkürlichen Conitanten bezeichnen ; hieraus sind nun
leicht die entsprechenden Werthe für ^ abzuleiten.
LttemturKeitutig.
d6ni»elben gerlngeu lie^hnuagsaufwande hiitte der Verfasser dte vom
Keferenten aogegebeae Glekhungdergleicbgespaunten Kcttenbrückeüliiiie'')
JT ^= — nlcoH ^
Ableiten köniiPD, uuterlÄsst dies aber, weil nie ihm j^ ziemlich wcitlllifig**
vorkommt^ daj;egeii eiitwkkeU fir nach Ü öra tnor auf emtJin in der Tliat
sehr umatUndlicböü Wege die Formel
4 o"*
die aber mit der vorhergebeüden identiscb ist. — Üb es with übrigen.^
nach dieser Gleiclmiig be4]^ucmer ai« nach der vorigen rcthuiat, bt?Kwdfek
Roferentj da^ii meliriaaligo Poteüaireo von ^t ist weit beschwerlicher alü iIäj»
AnrscbUgen von l cos ^ wenn man Tafeln der natürlichen Logiyrithmen der
trigonotnetriäeben Funktionen zur II and hat. — Uebersicbtlicher und klarer
warau des Verfassers theoretische Erörterungen geworden, wenn folgeudt;
eiufaebe DLstinctloneu vorauägeäuhiekt wurden; 1* man i^ielit die Kette oat-
weder als Polygon oder als stetige Curve an, man heuutzt also entweder
die Üifferenzeu - und Sumineurochramg odor die Differential- und Integial-
rechnung; 2. man giabt der Ivette entweder einen conätanten oder einen dei
Bpannung proportional waehseudeu Querschnitt.» Dies »ind zusammen vier
Falte, vou denen je zwei mtt einer gan^ gleichen Betrachtung anfangen und
erst später hei der Substitution r/ = CtmiiL oder q = m T auseinander geiicw.
Demgomäss können überhaupt nur vier Formelnsystyme für die Ketteu-
brtickcnliüie exii*ttren; alles Ändere ist analytische Uuiwatidlun;;.
Die Anwendungen auf die Praxis zeugen vop den Kenntnissen und
dem Fleisse des Verfassers , und möchte Referent diesen Theil überhaupt
für den gelungeneren erklären. Ingenieure werden das Schrifteben ohne
Zweifel mit Nutzen studiren. Sculömilch.
Bibliographie
vom 15. August bis 15. October 1856.
Periodische Schriften.
Denkschriften der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften.
Mathematisch -naturwisseuschaftl. Classe. XI. Bd. gr. 4. (V. u. 360 S.
mit eingedr. Holzschn. und 61 lithogr. u. chromolith. Taf. in gr. 4. und
qu. Fol.). Wien, Braumüller. Geh. n. 18% Thlr.
Sitzungsberichte der Kaiserl. Akademie der Wissensch. zu
Wien. Mathem. - naturwissensch. Classe. Bd. XX. , Heft I., 2. u. 3.
Lex.-Form.). In Comm. Braumüller's Verlagsconto in Wien. 3% Thlr.
Jahresbericht der natur forschenden Gesellschaft Graubün-
de ns. Neue Folge. 1. Jahrg. 1854—55. gr. 8. Grubemann'sche Buch-
handlung in Chur in Comm. Geb. % Thlr.
*) Heft I. der Zeitschrift für Mathematik und Physik , S. 53 Formel 7.
Literaturzeitun^j:. 1>7
•r
dcLeu Decremeutes uicbt nur die Grösse dos Widorstniidos jrotuiuloii wird,
Äoiidern auch die Schwingungsdauer und das Dirootiousniomont, woK*ho ohne
den Widerstand statttinden würden, und welche man direot durch Uosse
I^ c^obachtungen natürlich nicht ausniitteln könnte.
In aweiter Linie entwickelt dann der Verf. in §§. 207 - 219 die Kt-
^«2 Meinungen, welche eintreten müssen, wenn neben dem der H esch windig;;-
Ic^it proportionalen Widerstände noch ein constanter Widerstand vorhanden
ist:. Hier hat der Apparat nicht mehr, wio bisher , eine constanto
Ci leichgewichtslage, und eignet sich, wenn der oonstante Widerstand
erheblich ist, nicht mehr zur genauen Messung ablenkender Kr^tYo, l)ie
^ehwingungszeit ist dieselbe, wie im vori;*en Falle, die Abnahme der Hi)<
i;%^n aber erfolgt nicht mehr im geometrischen VorhnltnisNO, sondern in
einem grossem. — Die Vergleichung der Resultate aller dieser Rechnungen
mit den bisherigen Beobachtungen zeigt aber: dass der constante Wider-
stand Null oder für uns verschwindend kloin ist, dass man nur einen der
Geschwindigkeit proportionalen Widerstand annehmen kann, dass aber der
Einfiuss dieses letztem auf die Schwingungsdauer für uns nicht merkbar
ist, und dass seine Grösse sowie sein EinHuss immer leicht bestimmt wer-
den können. Und als Endresultat der gesammten Boobachtungeir ergiobt
uch, dass wir den Apparat unter den wirklichen Verb Hit nisson
ganz eben so gut gebrauchen können, wie wenn die (früher vor-
ausgesetzten) idealen Verhältnisse vorhanden w/iren.
§§. 223 — 232 giebt der Verf. die Bestimmung des Directions- und
Trägheitsmomentes, wodurch die Bifilarsuspension ihre volle Sicherheit und
Tadellosigkeit erhält, und geht dann über auf den praktischen Theil.
Da aber bei Besprechung des theoretischen Theils die Grenzen dos uns ge-
statteten Raumes schon überschritten sind, so müssen wir uns in Beziehung
auf den praktischen Theil auf wenige Worte beschränken. Der Verf. be-
handelt A) die praktisch« Einrichtung und Aufstellung des Apparates;
B) den Gebrauch desselben zu Ableukungs • und Schwingungsbeobachtun-
gen: Vorsiehtsmaassregoln u. s. w.; Reduction der Scalentheiln anf Winkel
oder Bögen; Erörterung des Einflusses, wenn der Spiegel, wie bei der uni- '
klaren Anfhftngnug, eine erhebliche Entfernung von der lJrehung»axe hat
(excentrisch ist), sodann wenn derselbe nicht ein Metali-, sondern ein Glas-
apiegel ist*). Für grosse ExcentricitAt und nicht sehr kleine Ablenkangs-
bögen hat der Verf. den Ausdruck entwickelt:
*; Herr-Stegmann hat kürzlich eine Abhaudlang über die Hestimmooi; de«
X>relrangswinkeU an MeHsinAtruinenten mit Scale, :^pieir(:I und Femrohr io Gnin<:rt's
Arebiv, 1855, verüffentlicht. Derselbe geht von sehr allgemeinen Voraoüiietziuig^B
mjOMz die Umdrebiingsaxe soll nicht in der Spicgelcbene liegen oud ihr aucli nicht i^s-
s^allel sein (der Spiegel ist aluo cxcentriiich und s>:ii.c Kiiene aiu «erdern ant^r eineen
XKTinkel S gegen die Drehangsaxe geneigt an^enoounen und die fmdrehnng^axe soll
xiicht in der Visirebene liegen ; er leitet dann ais «einen allgemeinen Formel?» fol-
gende Xakerongsformeln
*i= ^ ^ und ccot S=^ co$ ka — y n^l «-fF'
tccosG ro*f » ' » '
«b, deren tich Herr W. Weber bedient hat: wobei i$ den I>r<(kiiLg«?ri£^i»^! . r -f:^
«ngckJ^rlge Anzahl Ton Scalentheileu. h den in horizontaler BIch.tr.Bijr zia**»*a*tL \r^
stand de* Spi'^zelmittelj'uuktes von ein^^r dr.rch die 5?cale ^le-rsea Vertira^-tc-ii-? . c
dem Wim**! , vnter welchem die optL«che Axe de« F^mrohr» c*-r«- i*- nr^i'Zi. ii»i
7 den WiAkel. iinter welchem diejenige Etene. ui^ d^rci die S.'.4.d zz.i £•:=. Id».-
pnakt de» i^picfeb bei de«scb ^ntangi^stelhing zu le«eii ist. ree«a ^ics Hcü
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Brettner , H. A. Mathematische Geographie. Ein Leitfaden beim
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OuDEMANS, J. A. C. Zweijährige Beobachtungen der meisten
jetzt bekannten veränderlichen Sterne. Aus den Abhandl.
der mathem.-physik. Classe der Königl. Niederl. Akademie der Wissen-
schaften. Amsterdam , C. G. van der Post. 1 f. 90 c.
D'Arrebt, H. Resultate aus Beobachtungen der Nebelflecken
und Sternhaufen. LReihe. gr.Lex.-8. Leipzig, Hirzel. Geh.24Ngr.
V. LiTTROw, K; lieber lichte Fäden im dunkeln Felde bei Meri-
dian-Instrumenten. Lex.-8. Wien, Braumüller. Geh. 4 Ngr.
Von demselben. Drei Quellen über den Kometen'v. 1556. Lex.-8.
Ebendas. ' Geh. % Thlr.
Matzka, W. Ein neuer Beweis des Kräften-Parallelogramms.
gr. 4. Prag, Calve'sche Verlagshdl. in Comm. Geh. 8 Ngr.
V. Schwind, F. Vädemecum d; österreichischen prakt. Mecha-
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Krbil, K. lieber die Bestimmung der Beehölie auü dem beob*
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Stark, J. B. Eine neue Methode des Doppelsprechens in der-
selben Richtung und auf einem Drathe. Lex. -8. Wien, Brau-
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Martin, Castor A. Repertorium der Galvanoplastik u. Galva-
nostegie oder der Metallreduction auf nassem Wege in
dicken oder dünnen Schi chten. 2 Bde. Die Galvanostegie. gr. 8-
(IIL U.201S.) Wien, Gerolds Sohn. Geh. lThlr.8 Ngr. (cplt. 2Thlr. 23Ngr.)
Physikalisches Lexikon. Encyclopädie der Physik und ihrer Mülfs-
wissenschaften. 2. Aufl. Von O. Marbach. Fortges. von C. S. Corne-
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Sciences, par A. Labosne, professeur de mathematiques. Problemesie
physique. In 12. de ^ feuilles %. Impr, de Gaillet, a Paris. A Paris chtz
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Druck von B. C. Teubnei in Dieüden.
Literaturzeitung.
Recensionen.
Das Problem des Appollonint, nebst der Theorie der Potenzörter, Potenz-
punkte , Aehnlichkeitspnnkte, Aehnlichkeitsgraden , Potenzkreise,
Pole und Polaren im Sinne der neueren Geometrie für alle Lagen
der gegebenen Kreise leicht fasslich dargestellt von Hellwio, or-
dentl. Lehrer an der Realschule zu Erfurt. (43 S. in 8. nebst 4 Fi-
gurentaf.) Halle , H. W. Schmidt.
Die Entwickelungen der neueren Geometrie geben von dem Tactionen-
problem Lösungen , welche , wie auch der Verfasser bemerkt , an Eleganz
nichts zu wünschen übrig lassen. Gewährt dasselbe nun schon in dieser Be-
ziehung nicht geringes Interesse , so ist es auch noch aus mehreren andern
Gründen wohl geeignet, Gegenstand einer besondern Monographie zu wer-
den, wovon das erste, leider verloren gegangene Specimen schon der grösste
Analyst des Alterthums , dessen Namen es auch führt , gegeben hat. Beab-
sichtigt man ferner, Schülern und Anfängern in der Mathematik die haupt-
sächlichsten Begriffe und Lehrsätze der neueren Geometrie , soweit sie ins-
besondere die Kreislehre betreffen , an einem abgerundeten, concinnen Bei-
spiele zur Anwendung vorzuführen , so empfiehlt sich dieses Problem ganz
besonders. Diesen Zweck scheint auch der Verfasser vorliegender Schrift
im Auge gehabt zu haben, wenn er ihn auch nicht in der Vorrede ausdrück-
lich hervorgehoben hat, und von diesem Standpunkte aus glaubt Referent
diese Schrift aller Beachtung werth empfehlen zu können trotz einiger Aus-
stellungen, welche er sich im Nachstehenden lediglich im Interesse der
Sache zu machen erlaubt.
Im Allgemeinen kann es Referent nicht billigen, dass der Verfasser
bei Bezeichnung begrenzter Graden oder Strecken nicht das Princip der
Richtungen und Zeichen beobachtet hat, dessen Beachtung doch nun die
bessern Schriftsteller über neuere Geometrie nach dem längst gemachten
Vorgange von M ö b i u s sich angelegen sein lassen. Abgesehen von den
vielen positiven Vortheilen, welche die Befolgung dieses Princips bei geo-
metrischen Untersuchungen gewährt, welche aufzuzählen hier nicht der
Ort sein kann, so bietet die Nichtbeachtung desselben von Seiten des Autors
(z.B. 8.1: M,D + M^D=M^M^,E^H=M,E, — M^H,&.Z,HF—FK'-'HK
und anderwärts) für den Leser vielfache Unbequemlichkeiten in der Orien-
tirung und Vergleichung der zum Texte nöthigen Figuren dar , macht auch
in manchen Fällen eine Figur nöthig, welche andernfalls wohl erspart oder
dem Leser zu entworfen füglich überlassen werden könnte.
Lileraturztg. d. Zeitichr. f. Math. a. Phyt. I. 9
Ferne? gewÄhrt emo möglichst stretjge DnrclifJmän^ der cyclitchen
Bf^^elcliiiQiig etit»precUender Panktc oder Constroctionsekmcrnte , dm ans
andam ebenso bezeichneten auf dieselbe Weise hervorgehen, leichtereUeber-
sichiHeUkeit der Figuren, jaatnentlich wenn dieselben etwas zusamnipiige-
setzt sind (wie z. B. Fig. 'J^ auf Taf, TIL) und giebt ausserdem dem in di«
Glekhuiig^ umgekleideten Lelir^Atze eine syramo tri sehe Form, aus welcher
er leicht heraitsgesfiogeu und in Worten wiedergegeben werden kann. Dem
entgegen stellt der VerfasKcr %. B- die Aehnlichkeitspnnkte dreier KreiÄC
mit deren Mittelj^junkten M^, M^^ M^ so zusammen, daea er den äussern uad
Innern %^on M^ und M^ tnit A^ uod /, , die von M^ und M^ mit A^ und /, otid
die vr>n ^/, und itf, mit A^ und J^ bezeichnet, statt diese Punkte pinaoder
fto zu^euördnen , das» A^ und Jj zu M^ und Af,, j#, und J, äu M^ und M^ uoii
At^ und </j Är^ Jf, und j/, gehiiren. Dann hätten unter andern die OleicbuQ-
gen (17), (*i*2) bis (*i9) {Satz des Menelaus und desnen recipreker von Jo-
hann Bornoulli) einen fiber^'iiehl lieberen Ausdruck erhalten können.
Dieät? Fonnalien, wenn sie Jemand daftir nehmen will, mogpn vi**lleielit
ftir di<^ Baehe Nebendinge bleiben^ in einer Sebulschrift jedoch möchleUef-
denselben keine zu untergeordnete Bedeutnng beigelegt wissen.
Zur weitem Beurtheiinng wird es dif^nlicb öcin , den Inhalt der vorüc*-
g enden Schrift etwas nUher anzugeben. In den 9 ersten Paragraphen (S. 1
bis 24) bat der Verf. die zur Ltlsitng des allgemeinen Problems nötbigeia
Begritläerkliirungen und Butze vorausgesebiekt. In den beiden eisten Pa-
ragraphen bell and elt er die Eig^enscbaften der Potenzlinie zweier Kreis*
und detinirt dieselbe als den g<*ometriscben (Irt aller solcher Punkte, dajs
die Diftorenz der Quadrate der Verbindungsgradpu eines jeden derselben
mit den Mittelpunkten der beiden Kreise der Difteren^ der Quadrate der
Iladiea von denselben Kreisen gleich ist. £r nennt diese Grade den er-
sten Potenzort der beiden Kreise-, indem er zu einem besondern Zwecke,
wovon weiter unten das Nähere, noch als zweiten Potenzort eine Grade
von der Eigenschaft einführt, dass die eben erwähnte Differenz der Quadrate
der Verbindungslinien eines jeden Punktes derselben mit den Mittelpunkten
der Kreise gleich der negativen Differenz der Quadrate der Radien ist.
Die Durchschnitte der beiden Potenzörter mit der Centrale (die Haupt-
punkte) liegen also vom Halbirungspnnkte der Centrale zu beiden Seiten
gleich weit entfernt. In §. 3. werden einige Eigenschaften der beiden, den
eben genannten zwei Potenzörtem entsprechenden Potenzmittelpunkte
dreier Kreise aufgestellt. §. 4. enthält die Erklärung und einen Satz be-
züglich der Berührungskreise zu zwei gegebenen Kreisen; §. 5. die
Definition der Aehnlichkeitspunkte, welche auf eine bekannte Eigen-
schaft der Berührungssehnen der Berührungskreise basirtwird, sowie meh-
rere diese Punkte betreffende Sätze. In §. 6. kommt der bekannte Sats
über die Aehnlichkeitspunkte und Aehnlichkeits-Graden oder - A x en
dreier Kreise, und in §. 7. werden noch einige Sätze Über Transversa-
len und Poteiftskreise, wetehe von den Aehnlichkeitspunkten aus gezo*
gen sind, aufgestellt. §. 8. enthält die Erklärung von Pol und Polare und
den Satz, dass alle Polaren von Punkten einer Graden durch einen und
denselben Punkt, den Pol der Graden, hindurchgehen, und endlieh werden
in §. 9. die Hauptsätze über die Berührungskreise zu zwei gegebenen Krei-
sen behufs der Construction derselben aufgeführt , worauf sich die Lösung
des eigentlichen Problems der Hauptsache nach stützt. Diese ist in §. I4K
etwa in folgender Weise gegeben:
Literatnrzeitang. 107
Seien ^i, ilf„ M^ die Mittelpunkte der gegebenen Kreise und beseicbnen
Anftchst 0, & die MittelpunEte zweier solcher Kreise , welche alle drei ge-
gebene gleichartig (entweder alle von aussen , oder alle von innen) berüh-
ren. Man bestimme zu Af| und Mf den äusseren und inneren Aehnlichkeits-
punkt A^ und J^, ebenso Ai und Ji zu M^ und ilf, und A^ und Jf zu ilf, und
Jf, und lege durch den (ersten) Potenzmittelpunkt 77 aller drei Kreise eine
Senkrechte zur Aehnlichkeitsaxe A^ A^ A^^ auf welcher Senkrechten die beiden
Mittelpunkte 0,0' liegen werden. Femerbestimme man zu dem Potenzmittel-
punkte 77 die Polaren bezüglich der drei Kreise .V, ,^21^8) welche die
Aehnlichkeitsgrade A^ A^ A^ in drei Punkten U^y Uf^ {/, schneiden , von {^,
lege man die beiden Tangenten an den Kreis M^ , so sind die Berührungs-
punkte Jf und Ti derselben mit dem Kreise zugleich dessen Berührungs-
punkte mit den gesuchten Kreisen 0 und 0\ In gleicher Weise werden
von Uf und ü^ aus die Tangenten an die Kreise M^ und M^ gezogen und die
Berührungspunkte Tf , T^ und T, , T,' bestimmt. Jede der Verbindungsli-
nien Jlf, Ti j MfT^y My 7, wird die durch 77 gelegte Senkrechte zu Ai A^A^ in
dem einen Kreismittelpunkte 0 und ebenso jede der Verbindungslinien die-
selbe Grade in dem andern Mittelpunkte 0' schneiden. Für die drei an-
deren Kreispaare , welche nur zwei der gegebenen Kreise gleichartig (ent-
weder zwei von aussen und den dritten von innen, oder zwei von innen und
den dritten von aussen) berühren, treten in der Construction der*Beihe
nach die drei anderen Aehnlichkeitsgraden ^/^/s, A^J^J^^ A^J^J^ und die
auf dfieselben durch 77 gelegten Senkrechten nebst den Durchschnitten
derselben mit den Polaren des Punktes 77 bezüglich ilfj , ilf, , M^ ein , wäh-
rend im Uebrigen die Construction dieselbe bleibt.
Diese Construction stimmt im Wesentlichen mit der von Gergonne
gegebenen Lösung desselben Problems üb^rein, wenn auch die Fassung
jener bezüglich einiger Constmctionselemente von dieser etwas abzuweichen
scheint. Sind nämlich die Bezeichnungen der gegebenen und gesuchten
Grössen dieselben wie oben, so werden nach Gergonne die beiden gleich-
artig berührenden Kreise 0^0* auf folgende Weise gefunden. Man be-
stimme zur Aehnlichkeitsgraden A^AfA^ bezüglich jeden Kreises Mf^ Mf^ M^
die drei Pole P, , P, , P, und verbinde dieseben mit dem Potenzmittelpunkt
77 durch die Graden 77 P,, 77Pti J^-Pa- Von diesen Verbindungslinien
schneide die erste den Kreis M^ in den Punkten T^ und J/, die zweite den
Kreis ilft in T^ und 7"/, die dritt#den Kreis ilf, in 7, und T,', alsdann sind
Tiy 7,, r, die Berührungspunkte des einen und 7,', 7«', ^s' ^^^ ^^^ andern
der gesuchten Kreise 0, 0' mit den drei gegebenen. Dieselbe Construction
bezüglich der drei andern Aehnlichkeitsgraden A^J^J^ n. s. w. mit übrigens
denselben Constructionselemcnten ausgeführt , giebt die drei andern Paare
von Kreisen, welche der Aufgabe genügen, und welche jedesmal diejenigen
beiden der gegebenen Kreise gleichartig berühren, von denen der äussere
Aehnlichkeitspunkt in der zur Construction verwendeten Aehnlichkeitsgra-
den liegt.
Die Uebereinstimmung beider Constmctionen in ihren Grundzügen ist
leicht zu erkennen. Ihre Begründung geht wesentlich von folgenden Sätzen
aus: Wenn ein Kreis ilf, von zwei anderen 0^0' berührt wird, so liegen
die Berührungspunkte mit einem der Aehnliehkeitspunkte von 0, 0' in
einer Geraden und die Tangenten in den Berührungspunkten schneiden
sich auf der Potenzlinie von 0, 0'. Werden also zwei Kreise M^ und M^
von zwei anderen 0,0' gleichartig berührt, von dem ersten in 7,, 7„ von
9*
dem letzten in ST,* und 7/ , so dass die Graden T^ T, und T/ T^, welche tls
Betinen der Kreise 0, 0" die Bprtihrnngspunkte Terbioden, beidt* dem^clh&S
Aihnlk-Ukeiteimtikt A^ lier Krenc jlf, , Af, trPÖ'pti, *o geht die Poteujelmic
der Kreise 0» 0' auch durch diesen AehnlichkeiUputtkt A^ und iimgekehri
liegt wi(*der ein Aelmlichkeitäpunkt U von 0, 0' auf der roteiizUuie v*iii
iW,, Mj nud im Durchsthuitt der beiden Gradeu f, T/ und T^T^\ welche al«
Sehnen der Kreta e M^, M^ die HeriiUruijgäpnukte verbinden* Hieraus gehen
für die Benihnnig dreit^r Krniae M, , M^^ M^ durch xwei andere 0, O' fol-
gende bereits von Gaultier in einer dīBelhe Problem betroftendrsu Ab-
liaiHlIuijg {Memoitt* sur //'« nmieni tjenfrüiu: du iumätruirtt ifraphiqHemcut m
ct*veh dfiU'tmine par trtiia funditiuns vt um ifpher^ dvicrminee pur quatre eumü
tiumt Janrnat de tEnde Poit/k'rhtiif/w- A77' rahit^r 1813) ttiifgestidlten Sätzn
hervor; 1) die Polenalliüe von 0, O' geht durch drei Aehalichkelt»jpmikti?
zugleich t veklie die drei Kreise M^ , ,V|, M^ zu je zweien haben» d Ji, jcJo
Aehnlidikeitsgrftde, wie A^A^A^^ welche drei der sechs Aehnliehskcits^
punkte der gegebenen Kreiöe enthUlt, ist die Petenzlinic zweier Kreide 0,
0\ welche dift «;egöbenen Kreise in derselben ^Veiso berühren — unii deren
Centrale 0 (V also auf dieser Aebnlichkeitsgratien senkrecht steht — 2) Hie
Sehne T^ T^\ welelie die Berührungspunkte 7', , 7/ der beiden Kreise 0, (^'
mit eineui der gegebenen Kreise il/, verbindet, geht durch einen Aehnlich-
keitHpitnkt von 0^0\ oder durrb den Prttpnxniittcdpunkt 77 der dr<^t ge^e^
henen Kreise* 3) Die Tangenten, welche in den Beriihrnng-spuiikten T^^T^
an die berührenden Krei*ie gelegt »ind^ schneiden sich in einem PuukYe t^j
der Pdtenzlinie von 0, (}\ d. h. in di^r Aehnlichkeitsgraden A^A^A^, Ana
dem letzten Satae folgt nun noch , da*» die Sehne T, 7*/ die Polare des
Punktes U^ bezüglich des Kreises M, ist, und dnss umgekehrt ä) die T, T,
durch Jen Pol P^ der Aehnlichkeititgraden A^A^A^ beKÜgHch des Kreises AT,
geht und h) dass die Polare des auf 7, T,' liegenden Punktes Tl bezüglich
desselben Kreises A/, durch U^ geht.
Von diesen eng mit einander verbundenen Sätzen sind nach der 6er-
gonne' sehen Fassung der Auflösung vorzugsweise der erste und zweite,
sowie die unter a) bemerkten Folgerungen des dritten berücksichtigt, da-
gegen in der von Herrn Hellwig anfgenommenen der erste und dritte,
- nebst der unter h) aufgeführten Folgerung benutzt worden. Hinsichtlich
der Kürze und Leichtigkeit der Ausführung bietet übrigens die letztge-
nannte Construction keinen Vortheil ^^'^^ die crstere dar.
In §. 13 und 14 giebt der Verf. die Abänderungen der allgemeinen
Construction an, welche entweder für besondere Lagen der drei gegebenen
Kreise, oder für singulare Werthe ihrer Radien (wenn dieselben 0 oder oo
werden, oder die Kreise in Punkte oder Grade übergehen) nothwendig wer-
den. Für diese Diskussionen werden in den vorhergehenden §§. 11 n. 13
die Grenzfälle für die Potenzörter, Aehnlichkeitspunkte und Potenzkreise
erörtert, wenn einer oder mehrere Radien die angegebenen Grenzen er-
reichen.
Besondern Werth hierbei scheint nun der Verfasser auf die in §. 13
enthaltenen Untersuchungen zu legen; er bemerkt darüber in der Vorrede:
„Die Schriftsteller (welche nach den Hülfsmitteln der neueren Geometrie
das Problem behandelt haben) scheinen einen Fall unberücksichtigt ge-
lassen zu haben, der gleichwohl eine besondere Berücksichtigung verdient,
nämlich den, in welchem die Mittelpunkte der gegebenen Kreise derselben
Graden angehören. Um eine auch für diesen Fall gültige Auflösung hin-
Literaturzeitung. 1 09
zustellen, wird es nöthig, die Theorie der sogenannten Potenzlinie zu er-
weitern. Beide Lücken will die vorliegende Schrift ausfüllen. Zu dem Ende
ist in die vorbereitenden Betrachtungen neben den Theorien der oben (im
Titel) angedeuteten geometrischen Oerter diejenige des zweiten Potenz-
ortes, welchem in G r u n e r t's Achiv (Bd. 1 9) unter der Bezeichnung Linie
ilquidifferenter Potenzen ein Aufsatz von Dr. Kösters gewidmet
ist, aufgenommen und mit der des ersten Potenzortes (Potenzlinie) verknüpft
worden."
ßeferent ist nun der Ansicht, dass von einer wesentlichen Lücke, welche
liese Schrift ausfüllen soll , nicht eigentlich die Hede sein kann , und dass,
wenn man sie auch zugeben will, zur Ausfüllung derselben es einer Erwei-
terung der Theorie der Potenzenlinie nicht bedurft hätte. Zuzugeben ist
allerdings , dass sehr viele Schriftsteller den besondern Fall , dass die Mit-
telpunkte der drei Kreise in einer Graden liegen, einer genaueren oder
umständlicheren Erörterung nicht unterworfen zu haben scheinen und wenn
Herr Hellwig in einer Schulschrift eine Diskussion desselben nicht unter-
lassen zu dürfen glaubt, so hat er in soweit vollkommen Recht. Zur Lösung
der Aufgabe ist aber die Herbeiziehung eines besonderen geometrischen
Orts und einer Theorie desselben, wodurch die Anlage der Schrift, so wie
sie vorliegt, grossentheils mit bedingt worden ist, nicht nothwendig gebo-
ten, vielmehr bleibt die von Gergonne gegebene Lösung mit nur gerin-
gen Zusätzen auch für diesen besondem Fall noch anwendbar, wie sich
aus folgenden Betrachtungen, die sich am einfachsten an die 6 e r g on ü e*sche
Construction anknüpfen lassen, hervorgehen wird.
Liegen die Mittelpunkte 3fj, ^,, M^ der drei gegebenen Kreise in einer
Graden , so fallt zwar der Potenzmittelpunkt 11 derselben ins Unendliche,
desgleichen weil jede der Aehnlichkeitsgradeu mit der Centrale der drei
Kreise zusammenfällt, liegen auch die Pole P,, I\^ I\ der Aehnlichkeitsaxe
Ax A^ yij bezüglich der drei Kreise im Unendlichen, doch lassen sich die Ver-
bindungsgraden von n mit Pj , Pfi P91 welche die drei Kreise in den Be-
rührungspunkten derselben mit den gesuchten Kreisen schneiden, in diesem
Falle immer noch angeben. Der Pol P^ zur Aehnlichkeitsgradeu Ai A^ A^
bezüglich des Kreises M^ muss nämlich im Durchschnittspunkte der Polaren
der Punkte A^ und A^ bezüglich desselben Kreises (im Durchschnitt der so-
genannten Aehnlichkeitspolaren) liegen und ebenso muss der Potenzpunkt
27 als der Durchschnittspunkt der Potenzlinien der Kreispaare A/j , M^ und
4f, , M^ angesehen werden können. Diese beiden Potenzlinien und Polaren
sind vier Parallelen, welche auf der Centrale senkrecht stehen. Dabei
schneide die Aehnlichkcitspolare von A^ die Centrale in dem Punkte p„ die
von A^ dieselbe in p^ und die Durchschnittspunkte der beiden Potenzlinien
mit der Centrale seien respect. n^ und xr,. Man lege nun durch p, und /;,
zwei beliebige nicht parallele Grade, welche sich in dem Punkte r^ schnei-
den mögen, und durch tk, und n^ zwei den vorigen gleich- aber entgegen-
gesetzt gerichtete Grade , deren DurchschnittHpunkt ^| sei , so also , dass
n^Qx gleiche aber entgegengesetzte Richtung mit />8r| und ebenso n^Qi mit
p^Ti hat, oder dass die ähnlichen Dreiecke p, Tj p, und n^i^^n^ auf verschie-
denen Seiten der Centrale liegen. Man ziehe dann die Verbindungslinie
r, ^, , welche die Centrale in dem Punkte 5| schneide , und lege durch s^
eine Senkrechte zur Centrale, so trifift diese den Kreis ilf| in seinen Be-
rührungspunkten r, , r/ mit den beiden gesuchten Kreisen Ö, 0\ In ähn-
licher Weise findet mau die Berührungspunkte derselben Kreise mit iff.
uüd Mf Wie man darcli Horbebiebung der inuerea Aelmlicbkeiteptiiikte
uod deren Verbindung zn j© zweien mit oincam der änssern sowie der be-
ireffeQden AdmlicbkelUpolaren die übrigen Kreigpaare^ welclie der Äaf-
gftbe mögUüher Weise nocb genügen, finden könne^ iat hieraus and ans der
oben angegebeoen allgemeinen Construction leicht abzunehmen.
Zum Öcblnss bat in §, I^ der Vorfasser die Bcitimmung derjenigen
6 Kreise gegeben, von welchen jeder vier von den acht Berührnngüikr eisen
der drei gegebenen Kreide berührt, eine Betracbtnng, welche allerdiogi
„zu lehrreichen Hecapitulationen Veranlassung giebt'*, von der aber Manches
schon in §, !0 oder vorher einen passenden Platz hätte fLnden können. Nicht
überflüssig wäre es in Berüeksiehtignng Derjenigen, für welche die Schhfi
Tor^ngsweiae beötimmt ist , gewesen , die Umstände an erörtem , unter
welchen eines oder dm andere Kretspaar imaginär wird , nnd wie die «nr
Lösung benutzten Couatructionselemente in diesem Falle sich sn einander
ver ballen*
Im Uebrigen ist, wie bemerkt, das Studium dieser Schrift recht wohl
ansuempfeblen, insbesondere Schülero, denen in mögltchsteF Ktrze einige
der wichtigeren Begriffe und Lehrsätze der neueren Geomctne nebst einer
eleganten Anwendung derselben auf eines der interesiantesten Probleme
vorgeftibtt werden soll. Desgleichen werden sie vielleicht nicht ohne eiiii^
gen Nutzen auch Lehrer durchlesen , denen daran liegt , Einiges ans der
neueren Geometrie in den gewöhnlichen Ctirsns der E le nie nt arge ometrie
mit aufzonehmen* Die dei' Löaung des Problenüi vorangebenden 9 Para-
graphen sind, wenn auch Manches den »»»^^'ten Potonzort*' betref-
fende in Abzug SU bringen wäre^ doch mit vieler Umsieht zusammengestellt
und insofern der Beachtung werth.
WiTSCSCttEL,
Ein neuer Beweii des Kräftenparalldlogrammes. Von Dr. W. Matzka,
Prof. an d. Univers. Prag. (Ans den Abhandl. der K. böhm. Ges.
der Wisseusch. V. Folge, 9. Bd.) Prag, in Comm. der Calve'schen
Buchhandlung.
Die gewöhnlichen statischen Beweise für den Satz vom Parallelogramm
der Kräfte lassen sich füglich in zwei Classen bringen ; man behält etweder
den Angriffspunkt der gegebenen Kräfte unverändert bei und sucht durch
verschiedene Combinationen von mehreren (meistens vier) auf den Punkt
wirkenden Kräften die Resultante zu bestimmen, oder man nimmt au jenem
Angriffspunkte noch neue Angriffspunkte hinzu, die man sich mit dem er-
sten fest verbunden denken muss , und benutzt das Princip der Verlegung
der Kräfte zur Lösung des Problemes. In die erste Categorie gehören u. A.
die Beweise von Laplace, d'Alembert und Poisson, überhaupt die
specifisch analytischen Beweise, über welche die vorliegende Zeitschrift
nächstens einige Erörterungen bringen wird ; unter den zur zweiten Cate-
gorie gehörigen dürfte der Duhamel* sehe, der übrigens völlig elementar
ist, am bekanntesten sein. Der Beweis des Verfassers steht insofern zwi-
schen den Extremen, als er beide Principe zugleich benutzt; durch einige
Kräfteverlegungen kommt nämlich der Verfasser zu einer Relation, welche
im Grunde eine Funktionalgleichung ist, die sich aber wegen ihrer ein-
fachen Form elementar behandeln lässt. Die Sache selber besteht in fol-
gendem.
Literatorzeitung. Hl
Die Kräfte P und Q mögen linear durch die unter einem beliebigen
gegebenen Winkel znsammenstossendon Strecken OAf und ON dargestellt
sein; eine zwischenliegende Gerade repräsentire die Kichtung der Resul-
tante. Diese Richtung wäre bekannt , wenn man den Punkt S wtisste , in
welchem die Kichtung der Resultante eine durch M parallel z\x ON gezo-
gene Gerade schneidet , d. h. wenn das Stück MS =: y bestimmt wäre. Um
nun eine Eigenschaft dieses y zu finden , lassen wir P constant und ändern
Q^ indem wir eine neue in der Richtung von ON wirkende Kraft Q' hinzu-
bringen ; es sind dann folgende Verlegungen ausführbar. Die Kräfte P und
Q versetzen wir parallel zu sich selbst nach S^ ziehen durch S eine zu OM
parallele Gerade, welche ON in T schneidet, und verschieben das an S
wirkende P in seiner Richtung weiter nach T, sowie Q' an 0 gleichfalls
nach r. Die Kräfte Pund Q' 9kn T haben eine Resultante, deren Richtung
die verlängerte MS in einem Punkte U schneidet; an diesen Punkt verlegen
wir P und Q parallel zu sich selbst, ebendahin auch das in S noch Übrige Q*
Wir haben jetzt an ü die Kräfte P und Q + Q' gerade wie in 0 nur parallel
verschoben, folglich ist U ein Punkt der Resultante aus P und Q+ Q\ Nach
der Bezeichnung y für ^S müssen wir Süy weil es zu den Kräften Pund Q>
gehört, y nennen, woraus Mü=iy + y folgt. Dieses Mü ist aber das zu
den Kräften P und 0+ Q' gehörende y, es findet daher zwischen detf bei-
den veränderlichen Grössen Q und y ein derartiger Zusammenhang statt,
dass y in y + y übergeht, sobald 0 zn 0 + Q' wird. Analytisch ausgedrückt
heisst dies, wenn y als Funktion von Q betrachtet und demgemäss y== f{0)
gesetzt wird , so gilt die Gleichung
nQ+Q')=no)+no')-
Hieraus schliesst man entweder auf analytischem Wege oder auch durch
elementare Betrachtungen (Förstemann, Lehrbuch der Geometrie, Bd. I.
S. 213, und Kuar, Anfangsgründe der Arithmetik, §. 538), dass f(J)) von
der Form ii'Q also y = fiQ ist, wo fi einen constanten Faktor bezeichnet;
diese Constante bestimmt sich durch die Specialisirung (ß = P, in welchem
Falle die Richtung der Resultanten den Winkel ilfOiV^ ^halbirt, folglich
y = />=ö d. h. fA = l ist. Die Gleichung y=0 beweist nun, dass die
Richtung der Resultirenden mit der Diagonale des aus OM=:^P und
0N= Q construirten Parallelogrammes zusammenfällt. — Die Grösse der
Resultante wird nachher sehr einfach ganz wie bei Duhamel ermittelt.
Streng genommen beruht dieser Beweis auf keinem neuen Principe,
denn die Kräfte Verlegungen geschehen bei dem Verfasser ebenso, wie bei
Duhamel und der Unterschied besteht nur darin, dass Duhamel diese
Verlegung mehrmals, der Verfasser aber nur zweimal anwendet. Auch ana-
lytisch ist dies leicht nachzuweisen. Behufs der Auflösung obiger Funktio-
nalgleichung muss man nämlich eine neue Gleichung von der Form
nOi +('.+... + Ok)=fm + no,) + . . .+fiOt)
bilden und daraus f&t Qi = Qt . . .= Qt die Gloicliuug
/'(*£>) = */((>)
ziehen ; diese gicbt füT k = n, 0 = P
f{nP)=nf{P) = nP,
ferner für k :z:^m^
f{fnQ) = mf{0);
ist Htm ä&» Verhältniss von i* zu ö ©in radanales, etwa P : 0 = m :nVl»o
mQ=^nP, so hat man am der letseten Gleichnng
m fWi fft
Macht lUÄB dieae Schlüsse nicht analytisch, sondern geometrisch gleich in
der Figur selbst, indem man OAf in m, ÖN in n gleiche Theile theilt tiö4'
die erwähnte Kräfte Verlegung rnnmal vornimmt, so hat man wörtlich den
Beweis von Duhamel. — Gleichwohl ist nicht zu verkennen , dass der
Matzk ansehe Beweis den Vorzug der Einfacliheit haben würde, wenn die
elementare Aufltisung der er wähnten Funktional gl ei chnng ra der That ein«
genügende sf^in eallte. Schlömilch. ^
Fenpectiva oder Lehre von der Abliildtiiig naoh Form, Belenchtnng nM
Farbe* Von Dr. F* \V. Ukger* Göttingen, Vandenhoek & Kup-
recht, 18a6.
Nicht mit Unrecht tadelt dor Verfasser in der Vorrede, dass die griJsse-
ren Werke über Perspective oft mehr Sorgfalt auf viele einzelne Beispiele
al8 anf pnnctpielle Erörternngen verwenden , und er verseucht es daher, die
Theorie mit möglichster Einfachheit darzustellen, complicirte Fälle nur an-
deutend* So gern Referent dieses Streben anerkennt, so kann er doch an-
dererseits die Befürchtung nicht vorheLlen, doss der Verfasser dabei oft zu
weit gegangen sein dürfte; die Darstellung de^ Verfassers wird zwar einen
matheiuatiäch Gebildeten vollkommen befriedigen, den Künstlern aber, auf
die das Buch berechnet ist, und denen mathematische Kenntnisse gewöhn*
Heb f^*lilon , mfjcb^r' (IIa Sprncbf" do^ Vorfai^s^rs kti knr'^ nju] übst rn^kt sf'm.
Allerdings giebt es keine via regia zur Mathematik, gerade die Perspective
ist aber eine so überaus einfache und anschauliche Sache, dass sie auch
ohne allem eigentlichen mathematischen Apparat Jedermann klar gemacht
werden kann. — • Was die Theorie selber betrifft, so hat Referent zweierlei
zu erinnern. In Nr. 31 bleibt das Haupterfordemiss einer gut gewählten
Distanz unerwähnt; die Distanz muss nämlich so gross sein, dass von ihrem
Ende aus die ganze in eine gegebene Umrahmung zu bringende Zeichnung
bequem übersehbar sein muss. Aus dieser Bedingung folgt das Minimum
der Distanz, welches bestimmt angegeben werden kann, wogegen der Verf.
gerade diesen wichtigen Punkt — denn bei zu kleiner Distanz wird die
ganze Zeichnung unnatürlich — mit den unbestimmten Redensarten „man
pflegt anzunehmen", „es möchte zu empfehlen sein" zu erledigen sucht.
Ferner wäre es passend gewesen, mehr Aufmerksamkeit auf diejenigen
Constructionen zu verwenden , welche ohne Distanzpunkt ausführbar sind,
weil bei praktischen Zeichnungen die Distanz meistens so gross genommen
werden muss, dass der Distanzpunkt in bedeutende Entfernung über die
Einrahmung des Bildes hinausfällt*). In dieser Beziehung erlaubt sich
Referent, der jahrelang perspectiviscb viel gezeichnet hat, das in §. 71 6.
♦) Ist z. B. das Bild 21 Zoll breit, 16" hoch und der Augenpunkt in der Mitte,
80 beträgt das Minimum der Distanz circa 26"; der Distanzpunkt liegt also 16" über
den Hand des Bildes hinaus , und um von dem Distanzpunkte nach der entferntesten
Ecke des Bildes eine Distanzlinie ziehen zu können, bedarf es eines Lineales von
39" Länge. Und doch sind das noch sehr massige Verhältnisse.
LiteraturzeituDg. 1 1 3
seiner Stereometrie (Gmndzüge einer wissenschaftlichen Darstellung der
Geometrie, Bd. 3.) gezeigte Verfahren als das bequemste zu empfehlen.
Die Abschnitte n. und III. (Beleuchtung und Farbe) sind verhältniss-
mässig ausführlicher als die Linearperspective gehalten und nur da^Ka-
pitel „ Schattenperspectiye ^* leidet wieder an einer gewissen Dürftigkeit ;
auch hier wäre zu zeigen gewesen, wie man ohne Fluchtpunkte auskommen
kann , denn letztere liegen bei einigerifiassen grossen Zeichnungen fast im-
mer unbequem. Für das Gelungenste in der ganzen Schrift hält Referent
die physikalischen und physiologischen Erörterungen über Spiegelung, Re
flexe, Beleuchtung der Schatten, Colorit etc. ; sie werden demjenigen Künst-
ler, der .sich mit der Linearperspective schon hinreichend vertraut gemacht
hat, ohne Zweifel sehr willkommen sein. Schlömilch.
An^ben ans der Phyiik nebst ihren Anflötangen und einem Anhange^
physikaliaohe Tabellen enthaltend; zum Gebrauche für Lehrer
und Schüler an hohem Unterrichtsanstalten und besonders beim
Selbstunterric^ bearbeitet von Dr. £. Fliedneb. Zweite verbes-
« serte tfnd vermehrte Auflage , in zwei (getrennten) Abtheilungen,
erste Abth.: die Aufgaben und physik. Tabellen, zweite Abth. :
die Auflösungen enthaltend. Braunschweig , Vieweg & Sohn. 1856.
Vorliegende Aufgabensammlung hat sich schon durch das Erscheinen
ihrer zweiten Auflage als ein gelungenes Unternehmen von Seiten des
Herrn Verfassers und Verlegers gerechtfertigt. Es dürfte wohl auch nicht
eben nothwendig erscheinen, die Zweckmässigkeit der Einführung und des
Gebrauchs einer Sammlung von Aufgaben aus dem Gebiete der Physik für
den gedeihlichen Unterricht in dieser Wissenschaft besonders hervorzuhe-
ben. Sammlungen dieser Art sind indessen namentlich im Verhältniss zu
den für den mathematischen insbesondere arithmethischen Unterricht be-
stimmten selten , umsomehr wird daher Lehrern , denen diese Lücke in der
Literatur empfindlich gewesen ist, schon die erste Auflage seiner Zeit eine
angenehme Aushülfe gewährt haben. Diese zweite Auflage ist in mehr als
einer Beziehung eine vermehrte und verbesserte zu nennen. Zunächst deu-
tet schon die Erhöhung der Seitenzahl von beiläufig 236 bis auf !283 bei
übrigens gleicher Ausstattung im Allgemeinen eine Vermehrung an. Bei
genauerer Einsicht findet sieh nun , dass nicht nur ein ganzes Kapitel von
Aufgaben über die Dispersion, welcher Gegenstand früher unberücksichtigt
geblieben war, neu hinzugekommen ist, sondern dass auch die übrigen Ab-
schnitte nicht unwesentliche Vermehrungen erhalten haben. So sind in Ka-
pitel I. (Bewegung der Körper) 12, in Kap. II. (Maass der Kräfte) 3, in
Kap. III. (Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte) 3, in Kap.V. (ein-
fache Maschinen) 17, in Kap. X., XL, XIL (Hydrostatik) 12, in Kap. XIV.
(Aerostatik) 3, in Kap. XVIL (Wärme) 9, in Kap. XXIV. (Optik) 8 und
in den übrigen Kapiteln ebenfalls noch einige ^eue Aufgaben hinzugekom-
men. Ausserdem hat der Verfasser „ auf den Wunsch mehrerer Amtsge-
nossen, welche diese Aufgabensammlung beim Unterrichte in der Hand
der Schüler wünschten , aber theils in dem Preise derselben , theils in der
Verbindui% der Aufgaben mit den Auflösungen ein Hindemiss fanden^*
— wie er in der Vorrede bemerkt — die Auflösungen von den Aufgaben
gänzlich getrennt und die Sammlung in zwei getrennten Heften erscheinen
lassen , so dass die Aufgaben auch allein ohne die Auflösungen bezogen
J M Litemturzeitung,
werden kiSnoan. Dadtirch Tiifd oliDstreltig verschiede neu Bedürfnisse^
rglelchmnsäig begegnet, indem m den Füllen, wo die Zugabe der Auflöaun^
gen in die Hände der Schüler wünschenswerth oder notb wendig eraclieint,
die grwähnte Trennung kein Hindernis^ darbietet. Ueber die BennUmig
der Äuflöifangeii von Beilen der Schüler und über die Zuläisigkeit» sie ihofD
in die Hände zu geben, hat übrigens der Verfasfier hereita in der VorrtMie
zur ersten Anfluge die nach der Meinung des Referentea ganz ricLtlg€B
Gerichts punkte selbst aufgestellt irnd jeder erfahrene Lehrer dürfte thm
darm wohl bei^immen. ^
Ob alle Aufgaben 'der Fassungskraft eines Schillers angemessen sLiii^l
darüber werden voraussichtlich die Urtbeile verschieden audfallen^ auch
wird dabei die griissere oder geringere Ausdehnung de« Unterriehtji tuMs-
«'gebend werden* Haue ho Aufgaben oder Fragen hätten nach der Ansiclit
des Referenten besser wegbleiben können, namentlich solche, deren Losung
oder Beantwortung von Seiten eines Schülers filgtich in Nichts auderepit
als in einer einfachen oder wörtlichen Reproduktion des im Lehrbuebe dM'
über Gelesenen oder beim Unterrichte Gehörten bestehen kann « da am doe
eigene Bearbeitung des Gegenstandes noch nicht A denken ist. Z. B« die
Fragen m XXIV. Nr. 10: „Man sieiit oß, besonders an heissen T^geUj (Üß
Spitzen ferner Gegenstände lebhaft zittern^ worauf beruht dieses? Nr. Ih
Wie erklärt sich das Funkeln der Sterne V Waium bemerken wir es stnrk«
au Fixsternen als an Planeten? Nr. 13: Wenn man Papier mit Gel trMukt^
so wird es durchsichtiger, wie erklärt man dies, da doch die Lnft, die rar-
her die Poren des Papiers einnahm, durchsichtiger ist als Gel? n» s. w.
Derartige Fragen veranlassen den Schüler , die Antwort ohne Weitere«
entweder aus dem Lehrhnche, reapective niedergeschriebenen Hefte odit
aus den beigegebenen Auflösungen abzuschreiheu, oder sind im Staiwle) '
maüche Persönlichkeiten zur Aufstellung von unreifen , dünkelhaften Ur-
theilen zu reizen. Beiläufig bemerkt, sind über die Ursache des Funkeins
der Sterne die Physiker noch nicht einmal übereinstimmender und ent-
schiedener Meinung und die vom Verfasser in den Anflösnngen gegebene
Erklärung fasst das Phänomen nur einseitig auf, und kann schon deshalb
nicht genügen. (Vergl. diese Zeitschrift S. d84 u. f.)
Für das Ganze werden indessen diese oder einige dem ähnliche Aus-
stellungen von nur unerheblicher Natur bleiben und können den Werthdei
Sammlung wenig beeinträchtigen. Es sei also schlüsslich noch der Wnnscb
ausgesprochen , dass eine fleissige Benutzung dieser Sammlung das unter
Schülern noch weit verbreitete Vorurtheil mit verbannen helfe, dass die
Unterrichtsstunden in der Physik (und Chemie) lediglich zu ihrer Unter-
haltung und Ergötzung angesetzt seien. Witzschel.
Die Redaction der pädagogischeu Monatsschrift für die Schweiz über-
sendet luns eine bereits in jener Zeitschrift abgedruckte Recension,- die auch
in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdient; wir theilen ihren Haupt-
inhalt im Folgenden mit, die Verantwortlichkeit dafür den Herren Verfas-
sern überlassend«
Elemente der allgemeinen Arithmetik von Bootz , Hilfslehrer der Mathe-
matik an d. technisch. Schule zu Erlangen. (Erlangen, Friedr. Enke.)
Wir bedauern , den Verfasser des genannten Werkes in seinem Stre-
ben nach literarischem Rufe ein bischen stören und unsem Lesern von einem
Literaturseitung. 1 1 5
neu erschienenen mathematiflohen Werke sprechen zu müssen, das mit Aus-
nahme einer nicht selten ganz inkorrekten Darstellung zum grossen Theü
ein Plagiat ist, eklatanter, als es unsere an literarischen Erscheinungen
doch'so reiche Zeit vielleicht je aufzuweisen hatte, von einem Buche, das
selbst bis zur Vorrede hin andern Werken häufig ganz wörtlich, dann wie-
der mit Auslassungen und Abänderungen entnommen wurde, wie sie der
Lehrer etwa bei trägen oder unfähigen Schülern wahrzunehmen Gelegen-
heit hat. Man nimmt es bekanntlich einem Autor durchaus nicht übel, wenn
er bei Abfassung eines Buches bereit^ vorhandene Werke benützt, das
Oute derselben nachzuahmen, deren Fehler zu vermeiden sucht; ja man
lässt es noch hingehen, wenn er ganze Stellen wörtlich abdruckt, wofern
er dann ehrlich genug ist, die Quellen zu nennen. Wenn er aber blos
abschreibt und dabei höchstens sich die Mühe nimmt , den Stoff durch-
einander zu rütteln , da ubd dort nach Art des Schulbuben einen Ausdruck
abzuändern oder wegzulassen, dann solches Machwerk für eigene Arbeit
ausgiebt, Honorar dafür bezieht und das Publikum täuscht: so ist das frei-
lich eine Manier , die ernstlich gerügt zu werden verdient.
Dies ist nun wirklich in auffallendem Grade bei der Arbeit des Herrn
Bootz der Fall, die nicht etwa eine anständige „ Benützung *S sondern
snm grossen Theil eine bald wörtliche, bald entstellte Copie der vori-
ges Jahr erschienenen „ Algebra von Orelli *' ist, und wir haben allen Grund
anzunehmen, dass der übrige Theil in gleicher Weise irgend einem andern,
uns nicht gerade bekannten Werke entnommen sei. Zum Belege für unsere
Behauptung wollen wir nur Einiges von dem aufzählen, was wir in der Zeit
einer flüchtigen Stunde sofort theils als wörtlichen Abdruck, theils als Ent-
stellung des genannten Werkes über Algebra erkannt haben , um dem Le-
ser , der sich die Mühe der Vergleichung nehmen will , langes Suchen zu
ersparen. Schon die Lehre von den Wurzelgrössen riecht, wie wir in der
Folge noch specieller zeigen werden , sehr stark nach fremdem und nichts
weniger als selbstständig verarbeitetem Eigenthum; §. 76 (Seite 104 bis 109)
ist durchgchends reine Copie mit geringen, jedoch stets auf Unkosten der
Deutlichkeit gemachten Abänderungen. Die „Lösungen" der Aufgaben 19,
20, 21 und 22 auf Seite U6, 147 und 148, dann die Aufgaben 3 und 4 auf
Seite 176 und 176, sowie alles auf die Diskussion der Gleichungen Bezüg-
liche sind theils wörtlich, theils mit entstellenden Weglassungen abge-
dicuckt. Der Leser vergleiche gefälligst §. 88 und 89 in Bootz init Nr. 112
in Orelli, ferner §. 98 in jenem mit Nr. 126 in diesem, §. 96 und 97 in er-
sterm mit Nr. 124 und 131 in letzterm und er wird finden, dass Herr Bootz
sich bisweilen nicht einmal die Mühe nimmt , die Beispiele zu ändern (vgl.
Anmerkung auf S. 168 mit pag. 118 in Orelli). Und wo Herr Bootz ^r
gut gefunden, Abänderungen vorzunehmen, da hat er nicht selten Unrich-
tigkeiten oder förmlichen Unsinn zu Tage gefordert. So wird z. B. auf
Seite 112 in Orelli' 8 Lehrbuch gezeigt, dass die quadratische Gleichung
nicht mehr als zwei Wurzeln haben könne und ausdrücklich bemerkt , dass
dieser Satz später noch in anderer Weise dargethan werde. Was thut nun
Herr Bootz? Er will zwei Fliegen mit einem Schlage haben , und zieht
darum die beiden Beweise in der Art zusammen, dass er den zweiten als
Begründung des ersten erscheinen lässt; denn nachdem er den ersten mit:
„es hat folglich eine Gleichung des zweiten Grades nie mehr als zwei Wur-
zeln^' geschlossen, leitet er mit „denn" sogleich den zweiten ein. Das ist
Bootz 'sehe Logik! Ebenso ungeschickt reiht er auf Seite 148 den voran-
gehenden Anf^aben noch die Aufgabe 23 an, wekiie anf Seite 102 des mehr-
FäcU geiiÄnnlen Bncheg als Beispiel benutzt wird, nm zu zeig^^n, wie bis-
weilen die Fassung solcher Aufgabe o , deren Unmög^licbkett sieb durcb ne-
gative Wertbe der Unbekannten kund giebt, so abgelindert werden liann,
dass diese gefundenen Wertbe, absolut genommen, der verand^rteti Auf-
gabe ein Genüge leisten. Nun schreibt Herr Boot^ einfach Aufgabe und
LiVsung ab, Iftsst aber die zum VerBtändniös ihrer Stellung und Bedeatutif
erforderlichen Benierkungen weg, so dass der Leser weder begreift, win
die Aufgabe bieher gekommen, noch woati afe überhaupt dienen soll Am
eehlimm^ten ist's Herrn Bootz in der Lehre von den Potenzen und Wai*^
zelgrossen ergangen. Da bringt er nämUch auf S.Öl den Satz: „FfirP^H
teuren und Wurzelgrössen mit gebrochenen Exponenten gelten ganz ^
uäinlicben Hegeln, wie für Potenzen und Wurzelgrössen mit ganssen Exp-
nenten", der eich in Orelli auf Seite 49 findet. Nun ist in letsctemi Buche
das Verfabren bloss au einigen Blitzen auß der l'otenzenlcbre uud an eiwem
odar zweien aus der Lehre von den Wnrzelgröesen gezeigt wordt^u, dili
vollstäind ige Durchführung aber dem Schüler überlassen ; Ja es Ist sogar a
Yeriäohen das letzte Betspiel
nicht ganz zu Ende geführt,
pmr
dem tLJtmlich mit dem letzten Resultat a'**^ noch eine kleine Transfonui
.K^
iinn vorzunehmen wäre, nmf a zu erhalten. Herr Boots bringt eiq
nicht blos die gleichen Beispiel«, nicht mehr, nicht weniger, &m-
deru er ist bei dem letzten auch ganss am gteicbou un volleudett^n
Ziele stehen gebliebeu, wie sein Original, Wir sind Ibm jedoch die
Anerkennung schuldig , dass er in den Entwicklungeu 3 , 4 und 5, pag, Öli
eine kleine Aenderuug vcrsucbte, dabei aber regelmässig iu den für ilio
zwar uubcdeutoudcn Fehler vcrlicl, dmi au bawciiJunJcn Satz bereits rüraus
zu setzen und sich also gerade auf das zu stützen, was er beweisen sollte.
Aehnliches Halheur ist ihm auf S. 72 bei der Potenzirung eines Produktes
passirt; er scheint eine Citation missverstanden zu haben uud wendet dann
einen Sat& an , mit dem man niemals zum Ziele kommen kann.
Doch wir wollen den Leser selber urtheilen lassen, indem wir nur
einige Proben mittheilen, wie man sie in Bootz mehr als nur zu Dutzen-
den ünden kann.
Bootz: Seite 147
„Auflösung: Die Menge des
herausfliessenden Wassers hängt ab
von der Weite der Röhre und von
der Geschwindigkeit des Wasser-
Orelli: Seite96
„Auflösung: Die Menge des
herausfliessenden Wassers hängt of-
fenbar ab I) von der Weite der Röhre,
2) von der Geschwindigkeit des Was-
stroms; wären die Geschwindigkei- serstroms, und soviel ist jedenfalls
ten bei beiden Röhren gleich, so
mtissten die herausfliessenden Was-
sermengen sich verhalten wie die Wei-
ten der Röhren, während wenn beide
Röhren gleiche Weiten hätten , die
herausfliessenden Wassermengen sich
klar, dass, wenn die Geschwindigkei-
ten bei beiden Röhren gleich wären,
die herausfliessenden Wassermengen
sich zu einander verhalten müssten,
wie die Weiten der Röhren, während
wenn beide Röhren gleiche Weiten
Literatnrzeitaiig.
lll
Bootz:
wie die Geschwindigkeiten der Was-
serströme verhielten. Nnn heben
aber die beiden Röhren R und Ä'
weder gleiche Oeffnungen , noch
gleiche Geschwindigkeiten des Was-
Herstroms; um daher das Verhältniss
der aus beiden herausfliessenden
Wassermengen zu bestimmen, den-
ken wir uns eine dritte Röhre r,
ivelche mit der Röhre R gleiche
Weite der Oeffnung , mit der Röhre
R' gleiche Geschwindigkeit des Was-
serstroms hat. Da nun R undr gleiche
Oeffnungen haben, so werden sich
die aus ihnen fliessenden Wasser-
mengen M und m wie die Geschwin-
digkeiten der Wasserströme , also
I) M:m — 6:7
verhalten** etc.
Seite 182
„Wenn wir einen zweitheiligen
Ausdruck, von welchem entweder e i n
oder auch beide Glieder Wurzel-
grössen vom zweiten Grade sind,
qnadriron, so erhalten wir Ausdrücke,
die aus einem rationalen und einem
irrationalen Theil bestehen und also
allgemein von der Form M + j/H^
sind; denn"
(folgen einige Beispiele, wie sie im
Original vorangestellt sind).
Umgekehrt werden wir einen Aus-
druck von der Form M + j/lPf als
das Quadrat eines ganz oder zum
Theil irrationellen zweitheiligen Aus-
druckes ansehen können und es wird
deshalb manchmal möglich sein , die
Quadratwurzel aus einem solchen
Ausdruck in eine Summe zweier
Wnrzelgrössen zu zerlegen ** etc.
Aus dem Vorwort von Bootz:
„Ich bemühte mich, neben Gründ-
lichkeit und Klarheit in der Darstel-
lung auch Vollständigkeit in der Art
zu erzielen , dass dem sorgfältig stu-
direnden Leser auch nicht e in e Stelle
unverständlich bleibe: denn nichts
Orelli:
hätten, die herausfliessenden Wasser-
mengen sich zu einander verhielten,
wie die Geschwindigkeiten der Was-
serströme. Nun haben aber die Röh-
ren A und B weder gleiche Weiten,
noch gleiche Geschwindigkeiten des
Wasserstroms; um daher das Verhält-
niss der aus beiden herausfliessenden
Wassermengen zu bestimmen, denken
wir uns für einen Augenblick noch
eine dritte Röhre C, welche mit .4
gleiche Weite, mit B gleiche Ge-
schwindigkeit des Wnsserstromes hat.
Da nun A und C gleiche Oeffnungen
haben, so werden sich die ans ihnen
herausfliessenden Wassermengen m
und ilf, wie die Geschwindigkeiten
der Wasserströme verhalten , also :
iw:ilf, =8:7 (l)
u. s. f."
Seite 143
„Wir haben hier also durch
Quadrirung eines Binoms, von wel-
chem entweder e i n oder auch beide'
Glieder Wnrzelgrössen vom zweiten
Grade waren. Ausdrücke erhalten,
die aus einem rationalen und einem
irrationalen Theil bestehen und also
allgemein von der Form sind A + ]/B,
Umgekehrt werden wir auch einen
Ausdruck von der Form A-i^j/ B als
das Quadrat eines ganz oder wenig-
stens zum Theil irrationalen Binoms
ansehen können , und es wird daher
bisweilen ofiöglich sein, die Quadrat-
wurzel auS' einem solchen Ausdruck
in eine Summe zweier Wnrzelgrössen
zu zerlegen** etc.
Aus d. Vorwort v. O r e 1 1 i p. vii :
„Soll ein Lehrbuch der Mathema-
tik auch ohne Anleitung eines Lehrers
mit Erfolg benutzt werden können,
so ist neben Klarheit und Gründlich-
keit in der Darstellung auch Voll-
ständigkeit in der Art erforderlich
Angdwandte Hathematik
Schauplatz» neuer, der Künste und Haud werke« 184, Bd.: Pp
epective, oder di© Lehre von den Projectionen ; beÄrb. von A-W.Hee-
TEL. 2. Äufi, Mii AtlasijiQu,-FoL 1857. Weimar, Voigt. Geh, ^% Thlr,
Lemocu, J. Lehrbucbder praktischen Geometrie, :2, Aufl* Lex,<ö.
1857. Wien, BrauimiUer's VerlagseontQ. Geh. 3 Thln 18 Ngr.
GouEARD -Henrionnet* Haodbuch der Feldmesskunde. Deuttcb
bearbeitet von A. W. Hjertel. '2. AuB. gr, 8. 1857, Weimar, Voigt.
Geh. 2 Thlr,
Hkidre^ E, Sp Systematisehe Anleitung enm Traciren u. Ero-
ject - Verfasaen der Eisenbahnen, gr* 8. Wien, Zamareky.
Geh. 1 Tlilr.
UeltzeNj W- Nachweis d* Vorkommens von Sternen aas den
Angolander^&chen nördlichen Zonen in andern Quellen.
2Abth. Lex.-Ö. Wien, Braumüller in Comm. Geh* V2 Ngr*
MilLLKa, Ji Die Acquatorialzoue des gestirnten Himmels,
qn* Inip.^Fol. Mit Text in 6- Freiburg im Br*, Wagnerische Bnch-
h^andlung. 1 Thlr. 8 Ngr.
AitAG o ^ F* Oeuvres c»mpletes puhliees pur /. Ä. BartaL Tum, AUL Astro*
nouiie* Tom, JII- gn 8* Berlin , Schneider & Comp* Geh. 2 Thir,
Physik. ^
V» Kalcksteik , M, Grundlinien einer physikalischen Erdbe-
Schreibung. 3. Aufl* gr» Ö, Berlin, Schneider k Comp. Geh* % Tklr.
CoRNRLirs, CS, UehcrdieBildnngder Materie aus ihren ein- ^
f a e h c n E 1 e m e n t e u. gr. 6. Leipzig , 0. Wigand. Geh. % Thlr-
Huber, Ph. Grnndaüge der teekntsehen Naturlchre. gr. 8,
Pforzheim , Flaramer. Geh. % Thlr,
ScnABUB, J. LeichtfassHeh e Anfangsgründe der Naturleh re.
4. Aufl. gr.8. 1857. Wien, Gerold^s Sohn. Geh* 1 Thlr.
DE Claüde'8 Anfangsgründe der Physik, gr.8* München ^ ICaiser*
Geh. 1 Thlr. 12 Ngr.
ScHÄHUSjJ. Grundzilge.der Physik. 2. Lfg. gr* 8, W^ien, Gerold's
Sohn. Als Rest. cplt. 2 Thlr. 12 Ngr,
Die Fortschritte der Physik im J. 1853. Dargestellt von der physi-
kalischen Gesellschaft zu Berlin. IX* Jahrg. Rgdig. v* A. KßÖNiö.
gr. 8. Berlin , G. Keimer. Geh- 4 Thlr.
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Polsrisations-Saecharometers zu chemisch^t^chnisohen
Proben. Lex*-8. Wien, Braumüller in Comm. Geh. % Thlr.
ScuABüS , Principii fondameniale di fisica. Prima traducione italiana da HL G.
Marinu 8. 1857- Wien , Gerold's Sohn, Geh. 1 Thlr,
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0rsdc<tfrll B* G. T^tibDcr in Drc»«den^
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Angewaiidtd Hathematik
Schauplatz, netier, der Künste und ilaod werke. I$4. Bd, : Per-
spective, oder die Lehre ven den Projectioncn ; bearb. von A.W.Her-
TBL, X Aufl. Mit Atlas in Qu.'FoL Jöo7. Weimar, Voigt. Geh. ^% Thln
L^MOCU, X Lehrbuch der praktischen Geometrie. Z Anfl* Lex. -8.
18o7* Wien, Braumüller's VerUgsconto. Geh, 3 Tbir. 18 Ngr.
Goulard-Henrionnkt, Handbuch der Feldmeeskunde. Deutsch
bearbeifeet von A, W* Hertbl. 2, Aufl- gr. 8. 1857. Weimar, Veigt,
Geb. 2 Tblr.
Hkiper, E, B« Systematische Anleitung zum Traciren u. Pro-
ject - Verfassen der Eisenbahnen, gr. 8, Wien, Zaniarsky*
Geh, 1 Thlr.
Of:i.T!5EK, W, Nachweis d. Vorkommens von Sternen ans den
Angelander'Scben nördlichen Zonenin andern Quellen.
2 Abth, Lex,-8* Wien, Braumüller in Comm, Geh. 12 Ngr.
MDller, J. Die Aeqnatorialzone des geBtirnten Himmels,
qu* Imp.-FoL Mit Text in 8, Freiburg im Br. , Wagoer^scbo Buch-
Handlung. i Thlr. 8 Ngr.
AuArtO, F. Oeuvres cempletes publikes pur J. A* Barr ah Tom* Ä' HL Astro-
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Phyiik
V, KALCKßTEiN , M, Grundlinien einer physikalischen Erdbe
Bchrcibung. t, Aufl* gr* 8. Berlin, Schneider & Comp. Geb. *A Tblr
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fachen Elementen, gr. 8. LeipsEig, O, Wigand, Geh. V^ Thlr.
Hoher, Ph. Grundlage der technischen Natur lehre, gr. 8,
Pforzheim , Flammer. Geh. % Thlr.
ScHABUBfJ. Leichtfassliche Anfangsgründe der Naturleh re,
4. Aufl. gr.8. 18a7. Wien, Gerold'^ Sobn, Geh. 1 Tblr.
D£ Claüde'b Anfangsgründe der P b y e i k, gr. 8. München , Kaiser*
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Sohn. Als Rest. cplt, 2 Thlr. 12 Ngr.
Die Portschritte der Physik im J. 1853. Dargestellt von der physi-
kalischen Gesellschaft zu Berlin. IX. Jahrg. Hedig. v. A, Khükig.
gr. 8, Bcrlia , G. Reimer. Geh. 4 Thlr-
POBL, J-X üeber die Verwendbarkeit des Mitsch er lieh' sehen
Polaiisations- Saccharometers zu chemisch -technischen
Frohen. Lex. -8, Wien, Branmüllcr in Comm. Geh. % Thln
SCHABUS , Principit fondamentaJe di fisica. Prima traducione iiaJwna da 3L G*
Marinu 8. 1867- Wien, Gerold^s Sohn. Geh. I Thlr-
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